Carl Goerdeler gegen die Verfolgung der Juden 9783412211707, 9783412210243


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Carl Goerdeler gegen die Verfolgung der Juden
 9783412211707, 9783412210243

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CARL GOERDELER gegen die Verfolgung der Juden

Peter Hoffmann

2013

BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN

Carl Friedrich Goerdeler * 31. Juli 1884 † 2. Februar 1945

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek : Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie ; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http ://dnb.d-nb.de abrufbar.   Umschlagabbildung : Hitler und Goerdeler bei der Grundsteinlegung für das Richard-Wagner-Denkmal in Leipzig am 6. März 1934. Bundesarchiv, Bild 102-15591.   © 2013 by Böhlau Verlag GmbH & Cie , Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1 , D-50668 Köln , www.boehlau-verlag.com © 2013 by Peter Hoffmann Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Lektorat und Redaktion: Stefan Wunsch, Köln Korrektorat : Herbert Hutz, Wien Satz : synpannier. Gestaltung & Wissenschaftskommunikation, Bielefeld Druck und Bindung : Drukkerij Wilco, Amersfoort Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the Netherlands ISBN 978-3-412-21024-3

INHALT Dank  9 Prolog  11 1 | Gegebenheiten  25 2 | Judenverfolgung I  29 3 | Widerstand  45 4 | Hitler treibt zum Krieg  49 5 | Carl Friedrich Goerdeler  53 6 | Judenverfolgung II  65 7 | Kommunalebene  75 8 | Denkschrift 1934  79 9 | Denkschrift 1935  83 10 | Denkschriften 1936  89 11 | Rücktritt  97 12 | Reisen: Schweden, England, Frankreich  101 13 | Reisen: Kanada  109 14 | Reisen: Amerika  115 15 | Internationaler Kontext  121 16 | Landesverrat und Judenverfolgung III  137 17 | Verschwörung  177 18 | Status der Juden  193 19 | Analyse: Begriffe  197 20 | Analyse: Zahlen  213 21 | Ehen und Geburten: Juden, ehemals jüdische Christen, Nichtjuden  217 22 | Einbürgerung  219 23 | Resümee  233 24 | Gefängnis und Rückblick  249 Anhang  259

DANK Den Anstoß zu dieser Studie verdanke ich den Fragen meiner Studenten. Auch von Kritikern Carl Friedrich Goerdelers und meiner bisherigen Untersuchungen über ihn kamen Anregungen, besonders jedoch von Fritz Kieffers rechtswissenschaftlicher Analyse einer Passage in Goerdelers Denkschrift »Das Ziel«. Fritz Kieffer verdanke ich außerdem wichtige Hinweise in juristischen Fragen und zur Einbürgerungspolitik im 19. Jahrhundert. Dankenswerte Kommentare kamen von Norman J. W. Goda, Michael Marrus, Jeffrey Herf, Richard Evans, Brendan Simms, Bernhard Fulda und Gerhard Weinberg. Meinem Sohn Peter F. Hoffmann danke ich für das sorgfältige Lesen mehrerer Entwürfe und für viele wertvolle Hinweise. Besonders danke ich auch den Bibliothekaren und Bibliothekarinnen der McGill University, der Württembergischen Landesbibliothek, der Universitätsbibliothek Tübingen sowie den Archivaren des Bundesarchivs in Berlin und Koblenz, dessen Präsidenten Prof. Dr. Hartmut Weber, der mit seinen Mitarbeitern unermüdlich hilfreich war, ferner den Archivaren des Stadtarchivs Leipzig, des Modern Records Centre der University of Warwick, der National Archives des Vereinigten Königreichs in Kew, der Library and Archives Canada in Ottawa, des Historischen Archivs der Fried. Krupp AG in Essen, meinem Schüler Francis R. Nicosia und meiner Assistentin Eliza R. Wood. Der Robert Bosch Stiftung und der McGill University danke ich für die Befreiung von Lehrverpflichtungen während des akademischen Jahres 2010/11. Peter Hoffmann, Montreal, März 2013

PROLOG König Friedrich Wilhelm III. von Preußen bestimmte 1812 in dem »Edikt betreffend die bürgerlichen Verhältnisse der Juden in dem Preußischen Staate«: »Die in Unseren Staaten jetzt wohnhaften, mit General-Privilegien, NaturalisationsPatenten, Schutzbriefen und Konzessionen versehenen Juden und deren Familien sind für Einländer und Preußische Staatsbürger zu achten.« 1 In dem von Preußen geführten Norddeutschen Bund bestimmte am 3. Juli 1869 das »Gesetz betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung«: Einziger Artikel Alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte werden hierdurch aufgehoben. Insbesondere soll die Befähigung zur Theilnahme an der Gemeinde- und Landesvertretung und zur Bekleidung öffentlicher Ämter vom religiösen Bekenntniß unabhängig sein.2

Diese Bestimmungen gingen 1871 in das Rechtssystem des Deutschen Reiches ein. Im 19. Jahrhundert entwickelten sich aus der Emanzipation der Juden in Deutschland und im übrigen Europa im Gefolge der Französischen Revolution die Hauptströmungen der Akkulturation, der Assimilation und des Zionismus.3 Akkulturation bedeutete Anpassung ohne Aufgabe der eigenen jüdischen religiösen bzw. kulturellen Identität, das Annehmen äußerer Gegebenheiten und Gepflogenheiten, die Übernahme der vorherrschenden Sprache, die Eingliederung in die üblichen Berufslaufbahnen und die für alle Bürger geltenden Vorschriften der Verwaltung. Marion Kaplan formulierte: »Juden stellten ihr Deutschtum zur Schau, während sie ihr Judentum – oder Deutschsein und Judesein – privatisierten.« Unter Assimilation ist ein über Emanzipation und Akkulturation hinausreichendes Stadium zu verstehen, welches bis zur Inte­ gration in den gesellschaftlichen und religiösen Rahmen der jeweiligen Gesellschaft reicht, bei Aufgabe der jüdischen kulturellen und religiösen Identität. Der Zionismus hingegen strebte die Wiederbesiedlung der jüdischen Heimat in Palästina und den Aufbau eines jüdischen Staates an.4 Die Verwirklichung der Kriegsziele der Alliierten und Assoziierten Mächte im Ersten Weltkrieg gegenüber der Türkei – die Zerschlagung der Reste des Osmanischen Reiches, zu dem 1914 effektiv noch die heutige Türkei, Syrien, der Libanon, Palästina (Unabhängiger Sanjak von Jerusalem), Mesopotamien

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(Irak) und ein Teil Arabiens mit Mekka gehörten – brachten das Ziel des Zionismus der Verwirklichung näher. Noch im Krieg kam es zu dem als »Balfour Declaration« bekannten Plan vom 2. November 1917 zugunsten der Errichtung einer »nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk«, niedergelegt im Friedensvertrag mit der Türkei vom 10. August 1919, auf den unten zurückzukommen sein wird.5 Die »Jüdische Frage« stellte sich als vielgestaltiger Komplex von Interessen, Wünschen und Drohungen sowie der Integration und Ausschließung dar. In der Welt der 1930er-Jahre war die »Jüdische Frage« die Frage, wo die Juden in Frieden leben könnten, und weiter, wo sie zusammenleben könnten. Folgt man Anthony Julius, so ist die »Jüdische Frage« in der Mitte und der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus ideologischen Fraktionen in den jüdischen Gemeinden hervorgegangen, zugespitzt als die Frage nach Integration oder Zionismus.6 Der als »Balfour Declaration« bekannte Brief des britischen Außenministers Arthur James Balfour vom 2. November 1917 an Baron Walter Rothschild 7 und die auf sie folgende Politik der britischen Mandatsmacht für Palästina gaben eine unentschiedene und für die Betroffenen unbefriedigende Antwort. Zudem waren viele Juden in den Ländern und Nationen, in denen sie wohnten, verwurzelt. In Deutschland empfanden alteingesessene jüdische Familien – manche lassen sich bis in das 10. Jahrhundert zurückverfolgen – trotz der erst in der Neuzeit erfolgten Emanzipation ein starkes Heimatbewusstsein. Anfeindungen und Pogrome begleiteten im 19. und 20. Jahrhundert die Emanzipation und die Zionistische Bewegung, vorwiegend in osteuropäischen Ländern einschließlich Russlands. 1891 wurden Juden aus Moskau vertrieben, 1903 wurden in Chișinău (Kishinev) in der Moldau über 70 Juden ermordet, Pogrome folgten auf die Revolution von 1905.8 Der Fall des zu Unrecht des Landesverrats bezichtigten jüdischen Generalstabs-Hauptmanns Alfred Dreyfus warf ein Schlaglicht auf den Antisemitismus in Frankreich. In England hatte sich der antijüdische Affekt, wie Anthony Julius versichert, in den Jahren zwischen 1066 und 1290 derart festgesetzt, dass er sich in den fast 400 Jahren seit 1290, in denen Juden nicht in England wohnen durften, gehalten hat. Er wirkte sich zwar viel weniger als auf dem europäischen Kontinent auf die Behandlung der Juden durch die Obrigkeiten aus, aber in subtilen Formen blieb er allgegenwärtig.9 In Deutschland mischte sich religiöser Anti-Judaismus mit vulgärem Antisemitismus und fand literarischen Ausdruck in den Werken von Paul de Lagarde, Karl Marx, Heinrich von Treitschke, Julius Langbehn, Benedikt Momme Nissen, Friedrich Delitzsch.10 Heinrich Class, Vorsitzender des Alldeutschen Verbands, veröffentlichte 1912 mit großem Erfolg sein Büchlein Wenn

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ich der Kaiser wär ’, in dem er den Ausschluss und die Vertreibung der Juden forderte.11 Adolf Hitler drohte in seiner Rede im Münchner Hofbräuhaus am 13. August 1920, die Juden umzubringen, und wiederholte die Drohung mehrfach: in seinem Buch Mein Kampf, in seinem Memorandum von August 1936 zum Zweiten Vierjahresplan, in seiner Ansprache vor Kreisleitern der NSDAP am 29. April 1937 und in seiner Reichstagsrede vom 30. Januar 1939.12 Die Emanzipation und die überall, wenn auch ungleichmäßig fortschreitende Demokratisierung verbreiterten die Diskussion der »Jüdischen Frage« in der Welt. Die imperialen Interessen Großbritanniens waren verbunden mit dem in der Balfour-Erklärung vom 2. November 1917 enthaltenen Ziel der »Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk«. In Osteuropa, insbesondere in Polen, führten Pogrome und Massaker zu einer Petition jüdischer Gruppen an die in Paris tagende Friedenskonferenz, in der die »Anerkennung der nationalen Gemeinschaft des Judentums« gefordert wurde.13 Die Pogrom-Ausbrüche in Polen 1918 – 1920, 1929 – 1930 und 1935 – 1937/38 sowie die akute Phase der Judenverfolgung in Deutschland seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 zeigten, wie wenig die im Versailler Vertrag unternommenen Anstrengungen zum Schutz von Minderheiten gefruchtet hatten. Rechtlich denkende Menschen suchten nach einer Antwort auf die »Jüdische Frage«: Wo in der Welt können Juden unabhängig zusammen leben? Palästina nahm zu wenige von ihnen auf. In den 1930er-Jahren, etwa bis zum Pogrom vom 9. November 1938 oder bis zu Hitlers Rede vom 30. Januar 1939, war der systematische Massenmord, der Völkermord an den Juden kaum vorstellbar. Psychologen, Kriminologen, Philo­ sophen und Geistliche wussten, was griechische Tragöden und Augustinus wussten: In »normalen«, auch in außergewöhnlich fähigen Menschen können mörderische Impulse heraufdringen. Gleichwohl konnte man sich Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka und Auschwitz damals nicht vorstellen. Die unfassbaren Verbrechen und die passive oder aktive Teilnahme Tausender Deutscher aber behindern wie ein unübersteigbares Gebirge den vorurteilslosen Zugang zum Denken der Zeitgenossen. Der Massenmord an den Juden setzte 1941 im Großen ein, zunächst durch die »Einsatzgruppen« in der Sowjetunion, ab September 1941 in Auschwitz und ab Dezember 1941 in Chelmno dann mit Gaswagen und Gaskammern.14 Im Wechsel von Geheimhaltung, absichtlich veröffentlichten Einblicken und der nicht-amtlichen Verbreitung von Berichten über Vorgänge in Polen, in der Sowjetunion, in Frankreich, Griechenland oder Jugoslawien drang vieles in die Öffentlichkeit. Das Gewissen vieler bis dahin passiver Menschen wurden bis

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zur Bereitschaft zum Sturz der Regierung aufgerüttelt. Der Massenmord war nicht nur in Kreisen von Verschwörern gegen Hitler Gesprächsgegenstand, wie aus ihren Aussagen gegenüber der Geheimen Staatspolizei (Gestapo) nach dem fehlgeschlagenen Aufstand des 20. Juli 1944 hervorgeht.15 Über die rund 700 wegen des Verdachts der Beteiligung an der Revolte des 20. Juli 1944 Verhafteten, selbst über die rund 200 aufgrund ihrer Beteiligung an dem Umsturzversuch Hingerichteten 16 wurden nur wenige Biographien erarbeitet, und auch diese enthalten allenfalls nur wenige Hinweise auf die Einstellung der beschriebenen Persönlichkeiten gegenüber den Juden. Man ist in dem fraglichen Punkt – Antisemitismus oder nicht, Motivation des Widerstands durch die Judenverfolgung oder nicht – gut unterrichtet etwa über Helmuth James von Moltke, Hans von Dohnanyi, Dietrich Bonhoeffer, Henning von Tresckow, Claus Schenk Graf von Stauffenberg und Walter Cramer.17 Laut den erhalten gebliebenen Unterlagen erklärten wenigstens 37 der am »20. Juli« Beteiligten, die Ermordung der Juden sei ein Hauptmotiv für ihre Beteiligung am Umsturzversuch gewesen. Der für die Zusammenfassung der Verhörergebnisse nach dem 20. Juli 1944 zur Vorlage bei Hitler verantwort­ liche Beamte der Geheimen Staatspolizei stellte nach mehreren Monaten der Ermittlungen fest: Die ganze innere Fremdheit, die die Männer des reaktionären Verschwörerkreises gegenüber den Ideen des Nationalsozialismus kennzeichnete, kommt vor allem in der Stellung zur Judenfrage zum Ausdruck. Die Erlebnisse der Jahre [vor] 1933 und die auf ein breites Tatsachenmaterial gestützte unermüdliche Aufklärungsarbeit der NSDAP über die Judenfrage ist an diesem Kreis von Personen spurlos vorübergegangen. Trotz aller bitteren Erfahrungen, die das deutsche Volk und wahrscheinlich auch sie selbst bis 1933 haben machen müssen, stehen sie stur auf dem Standpunkt des liberalen Denkens, das den Juden grundsätzlich die gleiche Stellung zuerkennen will wie jedem Deutschen.18

Mehr als zwei Dutzend der Verschwörer schleuderten im Verhör den Beamten der Gestapo ihre Empörung über die Morde an den Juden ins Gesicht. Hans Bernd von Haeften erklärte dem Präsidenten des sogenannten Volksgerichtshofs, dem Terrorrichter Roland Freisler, er halte den »Führer« für einen großen »Vollstrecker des Bösen«; Ulrich Graf Schwerin von Schwanenfeld nannte »die vielen Morde in Polen«, ehe Freisler ihn niederbrüllte.19 Henning von Tresckow sagte seiner Sekretärin Margarethe von Oven im Sommer 1943, vor allem die Ermordung der Juden habe ihm und den Mitverschworenen den Anstoß zur Umsturzverschwörung gegeben.20 Am Vorabend seines Todes sagte er s­ einem Ordonnanzoffizier Fabian von Schlabrendorff, »der sittliche

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Wert eines Menschen beginnt erst dort, wo er bereit ist, für seine Überzeugung sein Leben hinzugeben«. Schon im August 1942 hatte Stauffenberg sich über die Verfolgungen ähnlich geäußert. Im Zentralarchiv des Sicherheitsdienstes der Russischen Föderation in Moskau, dem früheren Archiv des sowjetischen Komitees für Staatssicherheit (KGB), fand sich die Aussage des Majors i. G. Joachim Kuhn, eines Mitverschworenen Stauffenbergs, in der er in sowjetischer Gefangenschaft im August 1944 Stauffenbergs Begründung für den geplanten Umsturz zitierte: Wenn man überhaupt einem Angriffskriege einen Sinn geben kann, so ist es der, daß er einer Politik den Weg bahnen soll, die fruchttragend für einen möglichst großen Teil der Menschen ist. Die täg­ lichen Berichte von Stäben über die Behandlung der Bevölkerung durch die deutsche Zivilverwaltung, der Mangel an politischer Zielgebung für die besetzten Länder, die Judenbehandlung beweisen, daß die Behauptungen Hitlers den Krieg für eine Umordnung Europas zu führen, falsch sind. Damit ist dieser Krieg ungeheuerlich, wenn er nun noch so geführt wird, daß er aus operativen und organisatorischen Gründen nicht einmal gewonnen werden kann, so ist er als sinnloses Verbrechen zu bezeichnen, ganz abgesehen davon, daß dieser Krieg vom Augenblick, wo wir den Fehler machten Rußland anzugreifen, personell und materiell für Deutschland auch bei bester Führung gar nicht durchzustehen ist. Solche Feststellung allein genügt aber nicht. Man hat erstens nach der letzten Ursache und zweitens nach der Konsequenz zu fragen. Letzte Ursache liegt, darüber bin ich mir nun vollkommen im Klaren [sic], in der Person des Führers und im Nationalsozialismus. Konsequenz ist, zu fragen, was hat der deutsche Generalstab infolge dieser Lage für eine Aufgabe. Als Generalstabsoffizier und Soldat, der sich schon einen gewissen Namen gemacht hat (­Stauffenberg galt im OKH als ›der kommende Mann‹) glaube ich das Recht und die Pflicht zu haben, gerade hiernach zu suchen. Der Generalstab ist nicht eine Congregation geschulter Handwerker, sondern er ist an der Führung maßgeblich beteiligt. ›Führen‹ heißt auch Verantwortung tragen und seinen tätigen Einfluß geltend zu machen.21 Einfluß worauf? Wenn der Krieg nicht mehr zu gewinnen ist, so kann das nur noch der Einfluß auf die Erhaltung des deutschen Volkes sein. Das ist nur möglich durch schnellsten Abschluß eines Friedens, und zwar jetzt wo wir im Besitz unserer Kräfte sind. Haben wir unseren Einfluß bisher anders als durch Kritik und Worte geltend gemacht? Nein! So hat Tag und Nacht unser Denken dieser unserer einziger [sic] Pflicht heute – solange es noch nicht zu spät ist – zu gelten.22

Kritiker bringen es fertig, selbst die nachträglicher Apologetik unverdächtige Aussage Kuhns in sowjetischer Gefangenschaft infrage zu stellen, ohne dies konkret zu begründen.23 Die Frage, inwieweit diese Vorgänge »den Widerstand« motivierten, lässt sich für einzelne Personen genau, für Personenkreise aber nur annähernd beantworten.

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Nur ein Teil der Personen, auf die eine Definition des Widerstandleistens zutrifft, ist der Forschung bekannt; über diese Personen liegen nur in wenigen Fällen so detaillierte biographische Kenntnisse vor, dass die Frage, ob die Judenverfolgung zu ihren Motiven zählte, beantwortet werden kann. In dem zentralen Fall von Carl Goerdeler, dessen Bemühungen um Alternativen zu den nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen gegen die Juden den Gegenstand der vorliegenden Untersuchung bilden, ist dies jedoch zwingend gegeben. Joachim Fest konstatierte für Deutschland das Bestehen einer »denunziatorischen Laune« und eine »Verschmähung des Vermächtnisses des Widerstandes« in der heutigen deutschen Öffentlichkeit.24 Hans Mommsen erklärte in einem Interview im Februar 1999: »Bedauerlich scheint mir, daß die meisten jüngeren Fachhistoriker nicht mehr in der Lage sind, Schriften angemessen zu analysieren, die unter totalitären Bedingungen verfaßt wurden, und den Kontext nicht mehr wahrzunehmen [sic].« 25 Carl Friedrich Goerdeler und Generaloberst Ludwig Beck, die als Regierungs- und Staatsoberhäupter nach dem Sturz Hitlers vorgesehen waren, ziehen besondere Aufmerksamkeit auf sich. Man stuft Beck ohne viel Aufhebens als »nationalkonservativ«, also »antisemitisch« ein und lässt es dabei bewenden.26 Goerdeler, der in den Jahren vor dem 20. Juli 1944 Kanzlerkandidat des Widerstandes war, wird dagegen mit Schärfe und Ausdauer angegriffen.27 Forscher, Publizisten, selbst Redaktionen gelehrter Zeitschriften sträuben sich oft gegen eine unvoreingenommene Betrachtung der schriftlichen Äußerungen Goerdelers und seines Handelns und bestehen darauf, dass Goerdeler eine antisemitische Gesinnung gehabt habe. Eine genaue Betrachtung solcher Behauptungen ergibt meistens, dass sie von anderen Autoren übernommen wurden, die Goerdelers Äußerungen und Handeln nur oberflächlich oder selektiv berücksichtigt hatten oder einfach Meinungen äußerten wie zum Beispiel die Auffassung, da Goerdeler »nationalkonservativ« gewesen sei und der »Oberschicht« angehört habe, in der die antisemitische Denkweise vorgeherrscht habe, sei er offensichtlich antisemitisch gesinnt gewesen. Was Goerdeler schrieb und tat, bleibt unbeachtet, wenn es nicht scheinbar die Behauptung von der antisemitischen »Gesinnung« stützt, und die Scheinbelege werden so selektiv aus ihrem Zusammenhang gelöst behandelt, dass sie Goerdelers Äußerungen und Handeln verfälschen. Am 22. April 1993 wurde das United States Holocaust Memorial Museum in Washington eröffnet, in der »Mall«, im heiligen Bezirk der amerikanischen Nation, wo das Washington Memorial, das Jefferson Memorial und das L ­ incoln Memorial stehen. Das Museum dient der Darstellung der Judenverfolgung

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in allen Phasen und Einzelheiten, vor allem derjenigen durch das deutsche nationalsozialistische Regime. Der Kampf deutscher Gegner des national­so­ zialistischen Regimes gegen die Judenverfolgung ist dort nicht dokumentiert, abgesehen von der Mitteilung, die Geschwister Scholl und ihre Freunde hätten als einzige »Organisation« innerhalb Deutschlands öffentlich gegen die Ermordung der Juden protestiert. Selbst in dieser engen Formulierung trifft das nicht zu, bedenkt man nur die Flugblätter der Gruppe um Harro SchulzeBoysen und Arvid Harnack und die von Dietrich Bonhoeffer mit Peter Graf Yorck und anderen für die Pastoren der Altpreußischen Bekennenden Kirche zum Bußtag im November 1943 verfasste Kanzelabkündigung, worin die Tötung von Angehörigen anderer Rassen verurteilt wurde.28 Die an Hitler gerichtete Denkschrift von Führern der Bekennenden Kirche vom Juli 1936, Goerdelers Interventionen seit 1933, die mehrfachen Protestschreiben von Landesbischof D. Theophil Wurm 29 und die Motivation der Verschwörer vom 20. Juli 1944 sind alle ausgeklammert.30 Zeitgenössische Antworten auf die Verfolgung der Juden und anderer Opfer der Diktatur wie Kommunisten, Sozialdemokraten oder Schriftsteller, fanden sich oft in Formen, die der heute in Deutschland gegenüber Menschen der Vergangenheit geübte moralische Rigorismus für »inakzeptabel« erklärt. Einzelne Gegner Hitlers halfen Juden, ihre gesetzlichen Rechte, die sie noch hatten, zu vertreten, andere halfen bei der Emigration, der Sicherung von Vermögen. Manche hohe Beamte bemühten sich, die Diskriminierungen gesetzlich einzugrenzen, da es nicht möglich war, sie zu verhindern, solange Hitler herrschte; Kritiker sehen darin teils administrative, teils opportunistische Motive. Der prominenteste Kritiker findet, nicht nur in der »Gesellschaft« überhaupt, auch unter den Gegnern Hitlers habe »eine antisemitische Grundstimmung« geherrscht.31 Entschlossene Regimegegner der ersten Stunde wie Helmuth James von Moltke konnten jüdischen Freunden zur Emigration raten und ihnen helfend zur Seite stehen. Die vielen anderen mutigen Männer und Frauen wussten, dass sie kaum Konkretes erreichen konnten und mussten schließlich allein für die Geste des versuchten Aufstandes Todesangst, quälendes Wissen oder Nichtwissen um das Schicksal ihrer Familien und am Ende den grausamen Tod durch langsames Erhängen erleiden. Nachträglich werden sie überdies als Sympathisanten der Nationalsozialisten, als Elitisten, Antidemokraten und Antisemiten angesehen. Ihre grundsätzlichen Stellungnahmen im Angesicht des Todes werden ignoriert. In der historischen Wissenschaft gilt es als anachronistisch, Persönlichkeiten nach Maßstäben zu beurteilen, die in ihrer Zeit unbekannt waren, sondern nach solchen, die erst nach der untersuchten Epoche Allgemeingut geworden sind.

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Gleichermaßen unwissenschaftlich ist die Anwendung eines weithin akzeptierten Allgemeinbefundes, wie es der des verbreiteten Antisemitismus in der deutschen Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ist, auf Einzelne, ohne den Befund in einem solchen Einzelfall zu beweisen. Carl Goerdelers lebenslanger Einsatz für das Recht und für die Rechte der Juden, auch sein Vorschlag einer internationalen globalen Lösung in seiner Denkschrift »Das Ziel«, trugen ihm gleichwohl den Antisemitismus-Vorwurf ein und die Anschuldigung, er habe die deutschen Juden ausbürgern und gar deportieren wollen.32 Moralrichter, die unentwegt die Deutschen anprangern, die den Verbrechen keinen Widerstand entgegensetzten, stellen die wenigen unter den durch Stellung und Kenntnisse Berufenen, die gegen die nationalsozialistische Diktatur und besonders die Judenverfolgung Stellung nahmen, als »keine Demokraten«, »Nationalkonservative« und Antisemiten hin. Offenbar sieht sich ein großer Teil des Publikums dadurch angesprochen und bestätigt. Ist vielleicht Hannah Arendts Formel, »where all are guilty, no one is«, dafür die Erklärung?33 In den Kapiteln dieses Buches wird keine neue Biographie, sondern die Entwicklung der Interventionen Goerdelers für die verfolgten Juden von 1933 bis 1941/42 nachgezeichnet, die Entwicklung seiner Versuche, innerhalb des herrschenden nationalsozialistischen Regierungssystems anlässlich seiner Tätigkeit als Berater der Regierung in Fragen der Wirtschaft für eine Änderung der Judenpolitik wirtschaftliche Argumente einzusetzen, die Entwicklung seiner immer schärfer vorgetragenen Argumentation, die wirtschaftliche Lage Deutschlands sei von der Änderung der Politik gegenüber den Juden abhängig. 1937 führte Goerdeler humanitäre und ethische Begründungen an. 1938 stand hin und wieder die deutsche Wirtschaft im Vordergrund, doch schließlich machte Goerdeler die Lösung aller Lebensfragen Deutschlands von der Änderung der Judenpolitik und der Beendigung der Verfolgungen abhängig. Er versuchte sogar, die britische Regierung zu veranlassen, das Fortbestehen diplomatischer Beziehungen zum Deutschen Reich für davon abhängig zu erklären, dass die Judenverfolgung beendet werde. 1941 entwickelte er einen globalen Plan zum Status der Juden als Antwort, wie er in der Denkschrift »Das Ziel« schrieb, auf »Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten«, auf »Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland«.34 In der Denkschrift ist der »Jüdischen Frage« ein eigener Abschnitt gewidmet. Goerdelers Status erlaubte ihm, seine Kritik und seine Forderungen der Regierung in den Jahren vor dem Beginn des neuen großen Krieges unmittelbar zur Kenntnis zu bringen. Er verwendete damals Argumente, die er für im wohlverstandenen Interesse der Nation und ihrer Führung liegend hielt, die dem heutigen Leser

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suspekt erscheinen können und die er nach dem Beginn des Massenmordes an den Juden nicht mehr verwendet hätte. Doch muss man auch Goerdeler, mit Thomas Nipperdey zu sprechen, seine für ihn damals offene Zukunft lassen: »Der Historiker und sein Leser müssen der Vergangenheit wiedergeben, was sie einmal hatte, was jede Zeit und auch unsere Gegenwart hat, nämlich eine offene Zukunft.« 35 In den folgenden Kapiteln wird die Vorgeschichte der Denkschrift »Das Ziel« beleuchtet werden, der Zusammenhang ihrer Entstehung skizziert und dann der entscheidende Text analysiert. Die hauptsächlichen Quellen für die Untersuchung sind Goerdelers Schriften aus den Jahren 1933 bis 1945 sowie Aufzeichnungen über seine Kontakte mit der englischen Regierung seit 1937. Die meisten von Goerdelers Schriften befinden sich im Bundesarchiv in Koblenz, einige auch im Archiv der Stadt Leipzig. Der größere Teil seiner Memoranden, die sich teils bei Freunden Goerdelers, teils in amtlichen Akten erhalten haben, wurde 2003 in einer zweibändigen Edition veröffentlicht. Seine Kontakte zur englischen Regierung haben sich in den Papieren des britischen Außenamts und des Kabinetts im britischen Staatsarchiv (National Archives, Kew) und in den Papieren von Arthur Primrose Young im Modern Records Centre der University of Warwick Library niedergeschlagen.36 Ferner grundlegend sind die Ergebnisse der Volkszählungen und statistischen Erhebungen seit 1870. In der Historiografie zum Widerstand gegen Hitler sind fünf Phasen zu erkennen, die ungefähr politischen Entwicklungen entsprechen. Die erste und die zweite Phase verliefen fast gleichzeitig. Hitlers Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, gab 1944 die Sprachregelung des Regimes aus und bezeichnete die Verschwörer als Verräter. Diese Auffassung blieb in der Bevölkerung nach 1945 jahrelang verbreitet.37 Gleichzeitig begannen nach der Kapitulation der Wehrmacht im Mai 1945 Sozialdemokraten, Kommunisten, Gewerkschafter, Kirchenleute und Studenten ihre im Widerstand umgekommenen Freunde zu ehren. In der dritten Phase, seit der Gründung der Deutschen Demokratischen Republik und der Bundesrepublik Deutschland 1949, traten scharfe Gegensätze in der Bewertung der Opposition gegen Hitler hervor. Im östlichen, sowjetisch besetzten Teil Deutschlands galt nur kommunistischer Widerstand auf der Linie des Stalinismus als legitim. Seit 1964, nachdem ein sowjetischer Forscher vier führende Hitler-Gegner, Oberst i. G. Claus Schenk Graf von ­Stauffenberg, Oberst i. G. Albrecht Ritter Mertz von Quirnheim, Carl Goerdeler und ­Helmuth James von Moltke für »progressiv« und links-tendierend erklärt hatte, unterschied

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man in der DDR den nicht-kommunistischen Widerstand nach reaktionären und progressiven Gruppierungen.38 Dabei scheute man vor Quellenfälschungen nicht zurück.39 Konservative und militärische Hitler-Gegner wurden weiterhin meist negativ beurteilt. In der Bundesrepublik wurde zunehmend alles, was »groß« war in der neueren deutschen Geschichte, als »national« bzw. nationalistisch, imperialistisch, aggressiv, revanchistisch oder reaktionär abgewertet, mit Ausnahme von »progressiven« revolutionären Bewegungen wie dem Hambacher Fest von 1832, gewissen Strömungen in den 1840er-Jahren und der Revolution von 1848. Diese Tendenz hat sich durch den wachsenden Zeitabstand etwas abgeschwächt. 1951 begann die Bundesregierung zögernd, die Toten des Widerstands zu ehren. Im Lauf der Zeit wurde ein jährliches Ritual daraus. Veröffentlichungen letzter Briefe, Berichte Überlebender des Widerstands, ein detailliertes Tagebuch sowie die ersten bedeutenden Werke der Geschichtsschreibung zur Bewegung des 20. Juli trugen dazu bei.40 1948 veröffentlichte Hans Rothfels, evangelischer Christ jüdischer Herkunft, im Ersten Weltkrieg dekorierter Offizier, Professor in Königsberg, 1938 widerwillig emigriert, dann Professor an der University of Chicago, ein Buch über den Widerstand, das 1948 englisch und 1949 deutsch erschien.41 1952 veröffentlichte der Arzt Eberhard Zeller sein gründliches Buch Geist der Freiheit 42 und 1954 Gerhard Ritter seine unübertroffene GoerdelerBiografie.43 Die Umwelt der vierten historiografischen Phase entstand seit dem Bau der »Mauer« zwischen der DDR und der Bundesrepublik am 13. August 1961. Wahlen in Westdeutschland führten 1966 zu einer Großen Koalition von CDU/CSU und SPD . 1968 brach weltweit die Studentenrebellion aus, das Aufbegehren gegen den Vietnamkrieg in Amerika, die »Außerparlamentarische Opposition« (APO) in Deutschland gegen alles Etablierte; die Terrortaten der Brigate Rosse und der Baader-Meinhof-Bande (»Rote Armee Fraktion«) seit 1970 folgten. Die Terroristen nahmen für sich das Recht des »Widerstands« gegen die herrschenden »Eliten« in Anspruch. Außer dem Wort »Widerstand« erinnert nichts in ihrem Tun an den Kampf gegen Hitlers Verbrecherstaat. Der Widerstand der wenigen in den Jahren 1933 bis 1945 bereitete allerdings damals den vielen, die Hitler zugestimmt und dem Regime gedient hatten, Verlegenheit, die auch heute noch unter ihren Nachfahren zu bemerken ist. Historiker, die in den 1950er-Jahren studiert hatten, suchten gesellschaftliche Kräfte zu analysieren und befassten sich mit Konservativismus, Antimodernismus, Kapitalismus, Marxismus, Faschismus, Imperialismus und Sozialimperialismus; nach ihrer Auffassung charakterisierten diese ideologischen Komplexe

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die Politik der Regierungen vor, während und nach dem Ersten Weltkrieg. Verwirrung herrscht unter Historikern hinsichtlich der empfundenen Notwendigkeit, einen Standpunkt einzunehmen, der ethische Grundsätze und ideologische Glaubenssysteme in Einklang brächte. Es gab wohlwollende Beurteilungen der aus der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands hervorgegangenen DDR, die Demokratie und Menschenrechte mit Füßen trat und ihre Bürger hinter stacheldraht- und maschinengewehrbewehrten Mauern, Wachtürmen und Minenfeldern gefangen hielt und den Wachen befahl, jeden zu erschießen, der versuchte, den ersten deutschen »Arbeiter- und Bauernstaat« unerlaubt zu verlassen. Historiker suchten seit den 1960er-Jahren glaubhaft zu machen, dass die konservativ orientierten Kämpfer gegen Hitler, also vielleicht die Mehrheit der Verschwörer des 20. Juli 1944, nicht dem Zwang ihres Gewissens folgte, dass sie nicht bewusst Folter, Hinrichtung und die Verfolgung ihrer Familien auf sich genommen hätten, sondern vielmehr dieselben Ziele verfolgten wie Hitler und die Nationalsozialisten, dass sie »keine Demokraten« gewesen seien und dass sie keine grundsätzlichen Einwände gegen die antijüdische Politik des Regimes hatten.44 Jedoch erschienen auch von diesen Zeitströmungen unabhängige Werke, die das Geschehene darstellten und analysierten, wie die von Karl Dietrich Bracher, Andreas Hillgruber und Klaus Hildebrandt. 1967 erschienen von Ger van Roon das Werk über den »Kreisauer Kreis«, Neuordnung im Widerstand,45 und 1969 vom Verfasser Widerstand, Staatsstreich, Attentat, in dem der Verfasser weitgehend aufgrund von der Forschung unbeachteter Quellen ein Gesamtbild des Widerstands bietet, der mit der versuchten Erhebung am 20. Juli 1944 seinen Höhepunkt und seine Zerschlagung fand, und 1992 / 2009 die ebenfalls auf neu erschlossenen Quellen beruhende Biografie der am 20. Juli 1944 führenden Persönlichkeit, Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Zur Zeit des Umschwungs von der sozialdemokratisch-liberalen zur konservativ-liberalen Regierung 1981/82 begann eine fünfte Phase, in der die Histo­ rikerzunft den Blick wieder mehr auf bedeutende Gestalten richtete.46 Nun erschienen Biografien auch über Hermann Göring, Kaiser Wilhelm II., Adolf Hitler, Thomas Mann, Adolf Heusinger, Mildred Harnack, Friedrich Fromm, Ludwig Beck, Heinrich Himmler, Adam von Trott zu Solz, Stefan George.47 Gleichzeitig stellten sich die Kritiker des Widerstands gegen Hitler neu auf. Sie bedienten sich dazu 1994, als man des fünfzigsten Jahrestages des Umsturzversuches vom 20. Juli 1944 gedachte, unter anderem eines als »Wehrmachtausstellung« bekannt gewordenen Unternehmens. Die Ausstellung zeigte Fotografien vieler von SS-Leuten und Soldaten begangenen Gräueltaten, schrieb jedoch auch

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Untaten sowjetischer, ukrainischer oder rumänischer Täter Deutschen zu, gab vielfach falsche Orte und Zeitpunkte an und diskreditierte sich mit unrichtigen Bildunterschriften. Gleichwohl gelang den Veranstaltern der Ausstellung beinahe, was dem Nürnberger Internationalen Gerichtshof 1945/46 nicht gelungen war, nämlich die Verurteilung der deutschen Wehrmacht als verbrecherische Organisation.48 Die Veranstalter und ihre Mitarbeiter zielten auch auf führende Gegner Hitlers wie Ludwig Beck, Henning von Tresckow und Carl Goerdeler. Wenn die Führenden in die Nähe der nationalsozialistischen Verbrechen gerückt werden konnten, fiel der Schatten auf die ganze Bewegung. Generaloberst Beck war seit August 1938 außer Dienst und hat seine Einschätzung der Verbrechen des Regimes in von ihm mitverfassten Aufrufen für den Umsturz niedergelegt.49 Seine Persönlichkeit und das Fehlen einer substanziellen Verwicklung in die »Jüdische Frage« boten geringe Angriffsflächen. Henning von Tresckow wurde 1999 und 2004 von Historikern durch ­Innuendo, ohne schlüssigen Beleg, schwer verdächtigt und eines opportunistischen Gewissens bezichtigt.50 Goerdeler dagegen engagierte sich so in der »Jüdischen Frage«, dass Missverständnisse und Missdeutungen nicht auszuschließen waren. Kritiker Goerdelers sehen einen »Beweis« für den ihm zugeschriebenen Antisemitismus in seiner 1941/42 verfassten Denkschrift »Das Ziel«.51 Die Denkschrift war als Grundlage einer Neuordnung Deutschlands nach dem Sturz Hitlers und des Nationalsozialismus konzipiert. Goerdeler entwickelte in ihr seine Gedanken über den Status der Juden in der Welt, der durch die Gründung eines jüdischen Staates und den Erwerb der Staatsangehörigkeit dieses Staates durch alle Juden geregelt werden sollte. Diesen Ausführungen entnehmen manche Historiker, Goerdeler habe die meisten oder alle deutschen Juden ausbürgern wollen. Die Frage nach Goerdelers Absichten hat grundsätzliche Bedeutung. Da die Umsturzbewegung des 20. Juli 1944 im deutschen Widerstand gegen den Nationalsozialismus Carl Goerdeler als künftigen Kanzler akzeptierte, wäre der Antisemitismus-Vorwurf gegen diese führende Gestalt, träfe er zu, ein schwerwiegender Makel an der deutschen Widerstandsbewegung. Es geht somit darum, Goerdelers Verhältnis zur und sein Verhalten gegenüber der »Jüdischen Frage« vorurteilsfrei zu analysieren. Dazu ist – wie gesagt – keine neue Biografie nötig, wohl aber eine eingehende Untersuchung. Als Quellen sind vor allem Goerdelers Denkschriften an die Reichsregierung aus den Jahren 1934 bis 1939, einschließlich seines 1936 von Göring angeforderten Gutachtens zum Zweiten Vierjahresplan, seine Kontakte zur britischen Regierung von 1937 bis 1939 und schließlich die erwähnte Denkschrift »Das Ziel« von Ende 1941/Anfang 1942 heranzuziehen. Die wichtigsten und eindeutigsten Quellen sind sämtlich

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zeitgenössische Dokumente, von Goerdeler, von deutschen Beamten, Politikern, Industriellen und von Beamten des britischen Außenamts zur Zeit des Geschehens verfasst, es handelt sich nicht um die manchen Historikern suspekten und oft mit dem Adjektiv »nachträglich« doppelt infrage gestellten Erinnerungen. Die Nennung der verbreitetsten Missverständnisse, die ­Goerdelers Verhalten gegenüber der »Jüdischen Frage« betreffen, lässt sich nicht vermeiden, da diese Missverständnisse sich unter Zunftkollegen, Journalisten und Publizisten festgesetzt haben. Andere kontroverse Fragen, wie die nach Goerdelers Politikverständnis, werden allenfalls gestreift.52

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1 |  GEGEBENHEITEN Die Umstände der Beendigung des Weltkrieges im November 1918 und vieles, was darauf folgte, empfanden die meisten Deutschen als ungerecht und erniedrigend. Der Präsident der amerikanischen Vormacht, Woodrow Wilson, verlangte als Bedingung eines Waffenstillstands die Beseitigung der Monarchien im ganzen Deutschen Reich; die Monarchen traten am 8. und 9. November 1918 mehr oder minder freiwillig ab, am 11. November wurde der Waffenstillstand unterzeichnet. Der Deutschland 1919 aufgezwungene Versailler Friedensvertrag ließ das wiederhergestellte Polen Goerdelers Heimat Westpreußen annektieren sowie 1921 einen Teil von Oberschlesien (obwohl dort eine Volksabstimmung laut polnischen Statistiken zu Deutschlands Gunsten ausgegangen war 53). Knapp zwei Jahre später besetzte französisches und belgisches Militär das Ruhrgebiet und errichtete eine blutig-gewalttätige Militärherrschaft. Nach Hyperinflation, Erholung und Weltwirtschaftskrise gelang den Nationalsozialisten, die das alles rückgängig machen wollten, 1930 der Durchbruch zur stärksten Partei und Reichstagsfraktion und schließlich, im Januar 1933, die Ernennung Hitlers zum Reichskanzler durch Täuschung Präsident von Hindenburgs über den Rückhalt seines Kabinetts im Reichstag. Mit der Hilfe des alternden Reichspräsidenten und durch eine Neuwahl des Reichstages am 5. März 1933 (die dritte in weniger als einem Jahr) sowie die Koalition mit der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) verschaffte Hitler sich Vollmachten und ein Ermächtigungsgesetz zur Errichtung seiner Diktatur. Das Parteiprogramm der Nationalsozialisten sah den Ausschluss aller deutschen Juden aus der deutschen »Volksgemeinschaft« vor.54 Vier Tage nach seiner Ernennung zum Reichskanzler kündigte Hitler den Generalen des Heeres Aufrüstung und Krieg an.55 In Polen war man sich der deutschen Revisionsabsichten bewusst. Im 1925 unterzeichneten Vertragswerk von Locarno erklärte das Deutsche Reich nur seine Westgrenze für unverletzlich. Die polnische Außenpolitik zielte auf einen Vertrag mit dem Deutschen Reich »nach dem Muster von Locarno«.56 Aber seit 1930 erwog Józef Piłsudski, Erster Marschall von Polen, einen im Verein mit Frankreich zu führenden Präventivkrieg gegen Deutschland.57 Im März und April 1933 beabsichtigte er, Danzig, Ostpreußen und den beim Deutschen Reich gebliebenen Teil von Oberschlesien als »territoriale Pfänder« zu besetzen, um Deutschland zur Einhaltung der Rüstungsbeschränkungen und Anerkennung seiner Ostgrenze sowie Hitler zum Rücktritt zu zwingen und dann die besetzten Gebiete wieder zu verlassen, doch die französische Regierung wollte

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sich nicht beteiligen. Sie lehnte wieder ab, als Piłsudski im November 1933 nach dem Austritt Deutschlands aus dem Völkerbund und noch einmal im Januar 1934 seinen Vorschlag wiederholte.58 In den diplomatischen Korridoren war im Frühjahr 1933 die französisch-polnische militärische Intervention gegen das Deutsche Reich Gesprächsthema.59 Im Mai 1933 war in Paris und Washington der Ausdruck eines »dismemberment of Germany« zu hören.60 Im Auswärtigen Amt wusste man von den polnischen Plänen, Außenminister Konstantin von Neurath stellte am 7. April 1933 in einer Ministerbesprechung mit Hitler fest: Der Ernst der uns bedrohenden Gefahren ist nicht zu unterschätzen. Mit dem Gedanken eines Präventivkrieges wird von verschiedenen Seiten bereits gedroht. Als seinerzeit Reichskanzler Dr. ­Brüning die Erklärung abgab,61 daß Deutschland keine Reparationen mehr zahlen werde, hatte dies eine Teilmobilmachung Frankreichs zur Folge.

In Bezug auf Polen führte Neurath aus, das deutsche Hauptziel sei die »Umgestaltung der Ostgrenze«, und zwar komme »nur eine totale Lösung in Frage«; Deutschlands Sicherheit gegenüber Polen beruhe auf dessen geografischer Lage zwischen Deutschland und Russland, wobei sich die Beziehungen zu Russland letzthin gelockert hätten; eine Verständigung mit Polen sei weder möglich noch erwünscht; Polen spiele »mit dem Gedanken eines Präventivkrieges wegen unserer territorialen Forderungen«. In der Kabinettssitzung vom 25. April 1933 trug Neurath Berichte der deutschen Gesandten in Prag (Gesandter Walter Koch) und Warschau (Gesandter Hans-Adolf von Moltke) vor über »Vorbereitungen zu einem Präventivkrieg sowohl an der deutsch-polnischen wie an der deutschtschechoslowakischen Grenze«.62 Das Deutsche Reich war dazu nicht gerüstet, und Hitler hielt am 17. Mai im Reichstag eine Friedensrede. Am 27. Mai ließ er im Völkischen Beobachter eine Erklärung drucken, in der der Satz stand: »Der Nationalsozialismus kennt keine Politik der Grenzkorrekturen auf Kosten fremder Völker.« Deutschland wolle auch »keinen Krieg nur zu dem Zweck, um einige Millionen Menschen vielleicht zu Deutschland zu bringen, die gar keine Deutschen sein wollen und es auch nicht sein können«.63 Aber schon damals schätzten Beobachter die Nationalsozialisten anders ein. Als der amerikanische Journalist Walter Lippmann am 16. Mai 1933 den Vorsitzenden der amerikanischen Foreign Policy Association und Anwärter auf den amerikanischen Botschafterposten in Berlin, James G. McDonald, fragte, was im Fall einer französisch-polnischen Besetzung Deutschlands geschehen würde, antwortete McDonald, »ein allgemeines Massaker an den Juden«.64

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Die Aufrüstung Deutschlands begann allmählich, doch schon rivalisierten die aus Berufssoldaten bestehende Reichswehr und die an Zahl vierzigmal so starke SA um den Vorrang als »Waffenträger der Nation«. Der SA-Führer Ernst Röhm wollte eine »Volksarmee« und die Verschmelzung der SA mit der Reichswehr unter seiner Führung, er stellte damit Hitlers Alleinherrschaft infrage. Die inzwischen begonnene Aufrüstung erhöhte die Spannung; Hitler entschied sich gegen die SA, die er ohnehin für militärisch wertlos hielt, und ließ ihre Führer am 30. Juni und 1. Juli 1934 erschießen.65 Es folgten Revisionen des Versailler Vertrags, 1935 ein Flottenabkommen mit England, die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht und 1936 die Remilitarisierung des linken Rheinufers.66

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2 | JUDENVERFOLGUNG I Zu den ständig angesprochenen Hauptprojekten der Nationalsozialisten gehörte neben dem Kampf gegen »Versailles« die Verfolgung und Verdrängung der Juden. Im Februar 1932 protestierten die Vorsitzenden des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, Justizrat Dr. Julius Brodnitz und Rechtsanwalt Dr. Bruno Weil, zusammen mit anderen Führern jüdischer Organisationen beim Reichsminister des Innern, General Wilhelm Groener, wegen der »maßlosen nationalsozialistischen Agitation gegen den jüdischen Teil der deutschen Bevölkerung«, gegen Pogromaufforderungen »der Nationalsozialisten, selbst leitender Männer«, Friedhofsschändungen und Gewalttaten gegen Juden im Rheinland, in Westfalen, Ostpreußen und Berlin und den »durch die Duldung einer zügellosen Agitation gegen eine religiöse Minderheit entstehenden Folgen«.67 Es gab auch schon staatliche Maßnahmen gegen Juden. Das preußische Innenministerium unter dem mit der Wahrung der Geschäfte des preußischen Ministers des Innern beauftragten Stellvertretenden Reichskommissar für Preußen und Reichsminister ohne Geschäftsbereich Franz Bracht hatte im November 1932 Richtlinien erlassen, die die Namensänderung von Juden einschränkten. Die Einwanderungs- und Einbürgerungsbestimmungen für Juden wurden immer wieder verschärft.68 Seit dem 30. Januar 1933 komplementierten die zunehmenden Misshandlungen und Beleidigungen von Juden auf den Straßen von Berlin, Königsberg, Breslau oder Halle sowie in der Presse einerseits diskriminierende neue Gesetze und Verordnungen und lieferten andererseits zugleich die Begründungen für weitere antijüdische Gesetze und Verordnungen, um die Verfolgungen und Misshandlungen und die Beraubungen in »geordnete« Bahnen zu fassen. Hitlers damaligem Ausland-Pressechef Ernst Hanfstaengl war Hitler die wegen der antisemitischen Politik im Reich gegen Deutschland gerichtete Boykottbewegung im Ausland willkommen, um seinerseits eine große »Aktion« gegen die Juden anzuordnen; er lavierte zwischen den Parteiradikalen und der Begrenzung des außen- und wirtschaftspolitischen Schadens.69 In diesem engen Spielraum erging am 28. März 1933 der Aufruf zum »Gegenboykott« jüdischer Geschäfte im ganzen Reich.70 ­Hanfstaengl unterrichtete McDonald darüber und fügte hinzu, die Nazis könnten mit 600.000 Juden leicht fertig werden, jeder Jude habe seinen SA-Mann, »in einer einzigen Nacht könnte das erledigt werden«.71 Am 1. April 1933, einem Samstag, der für den Beginn des Boykotts angesetzt war, hielten auf Empfehlung des Verbandes Deutscher Waren- und Kaufhäuser

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viele Warenhäuser geschlossen, insbesondere die in jüdischem Besitz, so alle Tietz-Häuser und das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin, um Gewalttaten vorzubeugen.72 Strenggläubige Juden hielten ohnehin am Sabbat ihre Geschäfte geschlossen. Es kam zu Gewaltaktionen gegen jüdische Geschäfte, einzelne Juden wurden öffentlich gedemütigt, doch nach diesem ersten Tag wurde die Aktion beendet.73 Die nun in schneller Folge erlassenen gesetzgeberischen Maßnahmen gegen Juden eröffneten eine lange Liste von Einschränkungen. Am 7. April 1933 wurde das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« ausgegeben, das schon vor dem Boykott vorbereitet worden war.74 Jüdische und zum Christentum konvertierte ehemals jüdische Steuerberater, Beamte, viele Notare, Anwälte, Ärzte, konvertierte katholische Priester und evangelische Pfarrer unterlagen nun Berufsverboten. Viele jüdische Geschäftsleute, Bankiers und Fabrikanten wurden enteignet, ihr Besitz in nicht-jüdischen Händen »arisiert«, Emigranten verloren ihr Eigentum.75 Ein »Gesetz über die Zulassung von Steuerberatern« vom 6. Mai 1933 verbot die Zulassung von Juden als Steuerberater. Seit Mai 1934 erhielten Ärzte mit einem jüdischen Großvater oder einer jüdischen Großmutter keine Approbation mehr; seit Juli 1934 mussten kommunale Gesundheitsämter Einrichtungen für Erb- und Rassenpflege einführen.76 Ein »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933 und die dazugehörige Durchführungsverordnung vom 26. Juli ermöglichten die Ausbürgerung von Juden, besonders solchen osteuropäischer Herkunft.77 Juden durften nicht mehr als Schöffen fungieren, mussten Ehrenämter in Veteranenvereinigungen und in der Sozialversicherung aufgeben. Das preußische Ministerium für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung ließ jüdische Studenten und Lehramtskandidaten nicht mehr zur Prüfung zu; jüdische Soldaten und Offiziere waren zu entlassen, obzwar die militärische Führung sich dagegen sträubte. Jüdische Schriftsteller, Journalisten und Künstler durften nicht mehr veröffentlichen oder ausstellen, Hochschullehrer und Wissenschafter wurden unter dem Gesetz vom 7. April 1933 entlassen oder aus ihren Ämtern verdrängt.78 Tausende von Juden emigrierten. Schließungen, Verkäufe sowie der Verfall von Synagogen in kleineren Gemeinden spiegelten den schon länger bemerkbaren, nun beschleunigten Rückgang der jüdischen Bevölkerung. Die Verringerung der gesamten jüdischen Bevölkerung in Deutschland vom 1910 erreichten Höchststand von 615.021 (davon 538.634 deutsche Staatsangehörige) auf 564.379 (davon 456.632 deutsche Staatsangehörige) im Jahr 1925 und 499.682 (davon 400.935 deutsche Staatsangehörige) in der Volkszählung von 1933 war schon vor 1933 als Tendenz erkennbar.79

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Emigrierende Juden, die Vermögen hatten, durften nur einen geringen Teil davon mitnehmen. Die britische Mandatsmacht in Palästina verlangte von Juden, die außerhalb der geltenden Zuzugsquoten einwanderten, dass sie ein Vermögen von mindestens 1.000 Palästina-Pfund einbrachten.80 Juden, die aus Deutschland nach Palästina auswanderten, durften bis zu 2.500 Reichsmark in Palästina-Pfund bzw. Gegenwerte wie zum Beispiel Land in Palästina in Anspruch nehmen. Besaß also ein deutscher Jude ein Sparkonto und etwa ein Einfamilienhaus mit dem behördlich festgelegten Einheitswert von 25.000 Reichsmark, wobei der Marktwert wesentlich höher sein mochte, so konnte er in Palästina über höchstens ein Zehntel dieser Summe verfügen. Die deutsche Regierung wandte zugleich jedes gesetzliche oder scheingesetzliche Mittel an, um Juden zu berauben, sei es durch die 1931 (damals nicht eigens gegen Juden) eingeführte Reichsfluchtsteuer, sei es durch »verschärfte Betriebsprüfungen« oder Devisenstrafverfahren.81 Die Reichsfluchtsteuer belief sich auf einen Betrag »in Höhe eines Viertels des gesamten steuerpflichtigen Vermögens«. Außer im Fall der Einwanderung in das britische Mandatsgebiet Palästina durften Emigranten vom 1. bis 31. August 1931 den Gegenwert von bis zu 3.000 Reichsmark mitnehmen, ab Ende August 1931 verringerte sich die Summe auf bis zu 1.000 Reichsmark an ausländischen Valutabeträgen, seit Oktober 1931 belief sie sich auf den Gegenwert von nur noch 200 Reichsmark. Diese Freigrenzen galten für alle »natürliche[n] Personen, die im Deutschen Reiche ihren Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben«. Weitere Veränderungen des Freibetrags galten ebenfalls für alle solche Personen. Sie trafen besonders Juden und andere unter Emigrationsdruck stehende Deutsche wie missliebige Schriftsteller, Künstler und Wissenschafter, die ohne geregeltes Auswanderungsverfahren fliehen mussten. Im April 1934 erließen das Reichswirtschaftsministerium und das Reichsministerium der Finanzen eine neue Verordnung, die den Freibetrag auf 50 Reichsmark, seit September 1934 auf nur noch zehn Reichsmark herab­ setzte. Wer emigrieren – eigentlich in den meisten Fällen fliehen – musste und wollte, musste sein zehn Reichsmark übersteigendes Vermögen zurücklassen. Wenn die unfreiwilligen Emigranten keine anderen Möglichkeiten hatten, etwa Verwandte oder Besitz im Ausland, konnten sie als mittellose Personen im Ausland kaum Aufnahme finden. James G. McDonald, seit Oktober 1933 »Hoher Kommissar des Völkerbunds für Flüchtlinge aus Deutschland«, appellierte unermüdlich an jüdische Organisationen und Privatpersonen, die deutschen jüdischen Emigranten finan­ ziell zu unterstützen, doch der Widerhall war entmutigend.82 Am 5. Mai 1934 wandte sich McDonald an Felix Warburg, eine der bedeutendsten jüdischen

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Führungspersönlichkeiten in Amerika. Eineinhalb Jahre später sagte er ihm, in Deutschland gebe es für Juden keine Zukunft.83 Ein Bruder Warburgs, Max M., war Seniorpartner in der M. M. Warburg Bank in Hamburg; im Ersten Weltkrieg hatte er als deutscher Patriot nach Kräften die Kriegsanstrengungen unterstützt und erkannte nun 1933, dass so viele deutsche Juden wie nur möglich emigrieren mussten, um sich zu retten. McDonald schrieb an Felix Warburg: Je mehr vages Gerede er über die mögliche Zuwanderung in anderen Teilen der Welt höre, umso mehr schätze er den Wert Palästinas.84 Nach zweijähriger Tätigkeit schrieb McDonald, dem der Völkerbund keinerlei Budget zugeteilt hatte, in seinem Rechenschaftsbericht, dass zehn Millionen US-Dollar zusammengekommen seien, drei Millionen davon stammten von amerikanischen Juden und zweieinhalb Millionen von englischen Juden; 80.000 jüdische Personen seien zu »Flüchtlingen« geworden (nicht mitgerechnet die Zehntausende, die Deutschland verlassen hatten, ohne in der Flüchtlingsstatistik des Hochkommissars zu erscheinen), 27.000 von ihnen seien in Palästina, 6.000 in den Vereinigten Staaten, 3.000 in Südamerika und 800 in anderen Ländern angesiedelt; 18.000 habe man in zentral- und osteuropäische Länder repatriiert; 27.000 seien noch als Flüchtlinge in Europa.85 McDonalds Bemühungen, bei der Reichsregierung auf eine geordnete Emi­ gration deutscher Juden mithilfe außerhalb Deutschlands zur Verfügung gestellter Mittel hinzuwirken, stießen auf Zurückweisung. Nachdem der Hochkommissar dem deutschen Außenminister seine Vorschläge unterbreitet hatte, lehnte ­Neurath ein weiteres Gespräch ab. Am 12. März 1934 unterrichtete der amerikanische Botschafter in Berlin, William E. Dodd, Hitler darüber, dass McDonald einige Millionen Dollar zur Verfügung habe, die vorwiegend in Deutschland ausgegeben werden sollten, um Juden bei der Emigration zu unterstützen; auf diese Weise, so Dodd, wäre das Problem in etwa acht bis zehn Jahren zu lösen. Hitler antwortete, ihm sei gleichgültig, wie viele Millionen Dollar in das Projekt investiert würden, es werde nicht verwirklicht werden, weil die Juden in und außerhalb Deutschlands das Reich lediglich angreifen und ihm endlose Ungelegenheiten bereiten würden.86 Manche Historiker registrieren für die Zeit von Juli 1933 bis September 1935 ein Nachlassen der Judenverfolgung in Deutschland. Uwe Adam vermutet dafür wirtschaftliche und außenpolitische Gründe;87 Ian Kershaw erklärt mit Bestimmtheit: »Im Laufe des Jahres 1934 hatte das Regime die Gewalt gegen Juden, die die ersten Monate der NS-Herrschaft gekennzeichnet hatte, im Zaum gehalten, und zwar hauptsächlich aufgrund außenpolitischer Rücksichten und der unsicheren Wirtschaftslage.« Unmittelbar anschließend fährt Kershaw jedoch

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fort: »Damit war die Barbarei vorübergehend, wenn auch keineswegs völlig zum Stillstand gekommen. Die scharfe Diskriminierung ging unvermindert weiter. Auch die Einschüchterung wurde unerbittlich fortgesetzt.« 88 Mark Wischnitzer, Generalsekretär des »Hilfsvereins der deutschen Juden« (seit 1935 »Hilfsverein der Juden in Deutschland« 89) und Leiter der jüdischen Auswandererstelle in Berlin, Verfasser eines 1935 im Berliner Erich Reiss Verlag erschienenen Überblicks über Die Juden in der Welt und ihre damalige Lage, beschrieb in einem 1940 veröffentlichten Bericht eine Phase panikartiger Emigration zu Anfang des Jahres 1933 und deren Abklingen im Herbst 1933.90 Man habe den Eindruck bekommen, man müsse und könne sich anpassen und werde in der Industrie, im Handwerk und Handel unter erträglichen Bedingungen arbeiten können. Bekanntgaben, Erlasse und Direktiven der Länderregierungen und der Reichsregierung verstärkten diesen Eindruck. Das württembergische Wirtschaftsministerium verbot beispielsweise in einer Verordnung vom 24. Oktober 1933 die Diskriminierung nicht-arischer Geschäftsleute und Gewerbetreibender, nachdem es zu Beschwerden über Beschränkungen beim Besuch von Messen, Jahr- und Wochenmärkten gekommen war: Eine unterschiedliche Behandlung von arischen und nichtarischen oder nicht rein arischen Unternehmen [sic] oder Gewerbetreibenden innerhalb der Wirtschaft ist untunlich und undurchführbar. Aus diesem Grund wurden auf wirtschaftlichem Gebiet für Nichtarier auch keinerlei Ausnahmegesetze erlassen. Solange daher nichtarische Gewerbetreibende nicht gegen die bestehenden Gesetze oder gegen die Grundsätze der kaufmännischen Ehre verstoßen, liegt kein berechtigter Anlass vor, Sondermaßnahmen gegen sie zu treffen.

Es sei ihnen der gleiche Schutz wie anderen Marktbesuchern »gegen etwaige unberechtigte Eingriffe zu gewähren«.91 Der Reichsminister des Innern Wilhelm Frick richtete am 17. Januar 1934 ein Schreiben an die Obersten Reichsbehörden, die Reichsstatthalter und die Landesregierungen, in dem es hieß, weitgehend gleichlautend mit Fricks Aufsatz »Grenzen der Ariergesetzgebung« in der Deutschen Juristen-Zeitung vom 4. Januar 1934, die Ariergesetzgebung sei »aus völkischen und staatspolitischen Gründen notwendig«, doch habe »sich die Reichsregierung selbst gewisse Grenzen gesteckt [sic]«; es sei bedenklich, wenn der sogenannte »Arierparagraph« (§ 3 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums) manchmal »wahl- und kritiklos« auf Gebiete ausgedehnt werde, für die er nicht bestimmt sei, nämlich insbesondere auf die freie Wirtschaft. Zwar sei die deutsche Ärzteschaft auch nach der »Säuberungsaktion bei den Krankenkassen noch sehr stark

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von jüdischen Elementen durchsetzt«, in Berlin zum Beispiel immer noch zu 60 Prozent; es lasse sich jedoch »kaum rechtfertigen, wenn jüdische Angestellte eines Warenhauses in nicht leitender Stellung entlassen werden, selbst wenn sie Frontkämpfer sind. Derartige Bestrebungen verkennen, daß es auch in der Ariergesetzgebung Grenzen gibt, die beachtet werden müssen, und sind deshalb auch von der Regierung schon wiederholt mit Nachdruck abgelehnt worden.« 92 »Ich bitte daher wiederholt, derartigen Übergriffen mit aller Entschiedenheit entgegenzutreten und auch die unterstellten Behörden nachdrücklich darauf hinzuweisen, daß sie ihren Maßnahmen und Entscheidungen nur die geltenden Gesetze zugrunde zu legen haben.« 93 Martin Sobotker, der Führer des Bundes deutsch-jüdischer Jugend, schrieb in der Zeitung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, der C. V.-Zeitung vom 4. Januar 1934: Wir wollen eine neue Emanzipation deutscher Juden, aber das Entscheidende: dieser äußeren Emanzipation muß eine innere notwendig vorausgehen. (Kellermann, »Morgen« 1933, S. 176) Wir wollen das Deutschtum uns erhalten, aber wir müssen das Judentum uns neu erwerben; es muß neu gelebt und erlebt werden, auch außerhalb der Formen, die Ritus und Kult bedeuten. […] Wenn wir nicht ghettoisieren wollen, oder nicht veralten wollen, gilt es, den Kontakt mit der Umwelt, so wie sie ist und nicht wie man sie möchte, aufrechtzuerhalten. Darum muß das heutige Deutschland, wie immer es sich auch politisch, kulturell und ökonomisch darstellt, uns Gegenstand unserer Bildungsarbeit sein.94

Der Vorsitzende des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten Leo Löwenstein schrieb in deren Organ, Der Schild, am 13. April 1934: Unsere Jugend ist aber auch mit uns der Anschauung, daß eine Befriedung der jüdischen Frage innerhalb des nationalsozialistischen Staates möglich ist. Wenigstens dann, wenn die rassische Scheidung nicht rassische Diffamierung bedeutet, die wir aufgrund unserer ebenbürtigen Leistung als ungerecht zurückweisen müssten, und wenn uns nicht die Wege zu Berufen wie Landwirtschaft und Handwerk erschwert werden.95

Diesem Bestreben und ebenso der Qualifizierung zur Auswanderung dienten Hachschara-Ausbildungslager, im nationalsozialistischen Sprachgebrauch »Umschulungslager«, die seit Anfang 1933 wachsenden Zuspruch besonders vonseiten zionistischer Familien erfuhren. Die »Reichsvertretung der deutschen Juden« förderte die Vorbereitung junger Juden auf die Auswanderung nach Kräften, auch in Lehrplänen für die Schulen schlug sich dies nieder; der

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»Zentralausschuss der deutschen Juden für Hilfe und Aufbau«, als Teil der Reichsvertretung, erließ im Juni 1934 Richtlinien für jüdische Ausbildungsprogramme in Landwirtschaft und Handwerk.96 Der Vorsitzende des »Hilfsvereins der deutschen Juden«, Eugen Landau, machte auf dessen Jahresversammlung am 27. Mai 1934 detaillierte Ausführungen über die Hindernisse für die jüdische Auswanderung in fast alle infrage kommenden Länder der Welt und erklärte, wegen der großen und in vielen Fällen unüberwindlichen Schwierigkeiten für Auswanderungswillige müssten die Juden »versuchen, um die Erhaltung ihrer Stellung in Deutschland selbst zu kämpfen«. Freilich, so Landau, werde der Drang zur Auswanderung bestehen bleiben, »vor allem bei denen, die sich hier nicht behaupten können«.97 Max M. Warburg leitete am 18. Juli 1935 als stellvertretender Vorsitzender für den am 19. Februar 1935 verstorbenen Eugen Landau die Jahresversammlung. Er sprach von den schweren Aufgaben des Hilfsvereins, »denjenigen zu helfen, die aus seelischer oder materieller Not gezwungen sind, Deutschland zu verlassen«.98 Mark Wischnitzer konstatierte Erfolge bei den Bemühungen um Auswanderung in andere Länder und eine Abnahme der Schwierigkeiten, unter anderem durch berufliche »Umschichtung«, durch Umstellung auf Tätigkeiten, mit denen etwa in südamerikanischen Ländern oder in Südafrika ein Lebensunterhalt möglich werde.99 McDonald durchschaute jedoch die Verhältnisse. Unter dem 3. Mai 1935 schrieb er an Präsident Roosevelt: Es heißt oft in diesen Tagen in Meldungen aus Deutschland, das Regime dort mäßige seine Haltung gegenüber den Juden und in anderer Hinsicht. Ich glaube nicht, dass diese Berichte in irgendeiner Weise begründet sind. Sie scheinen berechnet, im Ausland einen bestimmten Eindruck hervorzurufen, haben aber keinerlei Entsprechung in der wirklichen Lage in Deutschland. Im Gegenteil, es gibt gewichtige Anzeichen, dass der notorische Arierparagraph, der bisher hauptsächlich auf Beamte und Berufe mit akademischer Ausbildung 100 angewandt wurde, nicht nur praktisch, wie das schon geschieht, auf das wirtschaftliche Gebiet ausgedehnt werde, sondern auch in der Theorie.101

Tatsächlich ging die gegen die Juden gerichtete Politik unverändert weiter in den von Raul Hilberg aufgezählten Kategorien – Entlassungen, »Arisierungen«, Vermögenssteuern, Sperrkonten, Zwangsarbeit und Lohnregulierung, Sondereinkommensteuer, Hungermaßnahmen; Enteignungen und Zwangsemigration sind überdies zu nennen.102 Gewiss wollte das NS-Regime im Ausland den Eindruck eines geordneten Rechtsstaatswesens erwecken, die Boykottbewegung gegen die deutsche Wirtschaft zurückdrängen und die Politik der Aufrüstung außenpolitisch absichern. Diesem Zweck diente auch das am 18. Juni 1935 mit

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Großbritannien durch Notenaustausch geschlossene Flottenabkommen, demzufolge Deutschland seine Kriegsflotte bis zur Stärke von 35 Prozent der britischen aufbauen konnte.103 Zugleich wollte man die Einfuhr seltener Metalle und anderer Rohstoffe für die Rüstung sichern. Doch gingen, wie gesagt, die antijüdischen Maßnahmen weiter, wobei Hitler einen vorsichtigen Kurs zwischen Radikalisierung und Mäßigung steuerte.104 1935 führten antijüdische Vorfälle einerseits zu der Forderung nach Mäßigung der Verfolgung und gesetzlicher Regelung der Stellung der Juden sowie zu Beschwerden aus allen Gesellschaftskreisen, andererseits aber auch zu Rufen nach noch radikaleren Maßnahmen gegen die Juden.105 Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht übergab Hitler am 3. Mai 1935, auf einer Probefahrt des Schlachtschiffes »Scharnhorst«, eine achtseitige Denkschrift mit der Überschrift »Betrifft Imponderabilien des Exports«, in der er Hitler vorhielt: Was die Judenfrage verschärft wieder zur Bedeutung gebracht hat, ist auch hier wieder die regellose Bekämpfung einzelner Juden außerhalb des Gesetzes, ja gegen ausdrückliche Regierungsverordnungen, die dem [sic] Juden im Wirtschaftsleben eine Betätigungsmöglichkeit gewährleistet haben. Die quälende Verfolgung einzelner jüdischer Personen unter Führung oder Mitwirkung parteimäßiger Stellen und das Versagen der staatlichen Organe demgegenüber läßt den jüdischen Boykott gegen den deutschen Export immer wieder aufflammen, weil jeder, auch der kleinste Fall sofort groß aufgemacht und verbreitet wird nach dem bekannten Wort von Schopenhauer: daß, wenn einem Juden in Frankfurt einmal auf den Fuß getreten wird, die ganze internationale Presse von Moskau bis San Franzisko ein Wehgeschrei erhebt.106

Hitlers vage Zusicherungen genügten Schacht nicht. Schachts Bereitschaft, die Stellung der Juden im Staat und in kulturellen Bereichen einzuschränken, entsprach seiner persönlichen Auffassung, aber sein eigentliches Anliegen waren der Schutz und die Förderung der Wirtschaft.107 Er wusste natürlich, wie Fritz Kieffer schreibt, »dass eine Totalopposition gegen die offizielle Judenpolitik ihn ins Abseits führen« würde.108 Entgegen einem Verbot der Berliner Gauleitung fanden auf Initiative der Hitlerjugend und unterer Parteistellen im Juni 1935 in Spandau und Pankow »Demonstrationen« gegen Juden statt, vor den Eisdielen jüdischer Inhaber wurden Krawalle und Anpöbelungen angezettelt, sodass eine Pogromstimmung entstand. Am 15. Juli 1935 versammelte sich vor dem Lichtspielhaus am Kurfürstendamm eine Menschenmenge, griff »jüdisch« aussehende Passanten tätlich an und drang auch in umliegende Lokale ein, um Juden zu verprügeln. Die Krawalle setzten sich am 16. Juli unvermindert fort. Die Angreifer waren

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im Glauben, sich an einer von der Parteiführung gebilligten Aktion zu beteiligen; sie beschimpften die eingesetzten Polizeikräfte als »Judenknechte« und bedrohten sie; den verunsicherten Polizisten gelang es nicht, die Ruhe wiederherzustellen. Der Polizeipräsident von Berlin, Magnus von Levetzow, wurde kurz darauf durch Wolf Graf von Helldorf abgelöst.109 Der neue Polizeipräsident, ein notorischer Judenhasser, bestand in einer Pressenotiz vom 26. Juli 1935 auf der »restlosen Abstellung von Einzelaktionen«; denn »der Kampf gegen das Judentum wird von Staat und Bewegung auf andere Weise geführt«.110 Hitler wollte damals, dass die Möglichkeit, Vermögen mitzunehmen, den Juden einen Anreiz zur Auswanderung böte. Sie sollten auch zur Emigration gedrängt werden, aber ansonsten sollte kein Druck auf sie ausgeübt und die in der Wirtschaft tätigen Juden sollten nicht oder möglichst wenig behelligt werden.111 Unter dem Datum des 20. August 1935 unterschrieb Reichsminister des Innern Frick einen Erlass an die Landesregierungen, die »Verhinderung von Ausschreitungen« betreffend: Der Führer und Reichskanzler habe angeordnet, »dass Einzelaktionen gegen Juden von Mitgliedern der NSDAP, ihrer Gliederungen und der angeschlossenen Verbände unbedingt zu unterbleiben haben«. Jeder Zuwiderhandelnde werde »als Provokateur, Rebell und Staatsfeind betrachtet«. Es folgt eine mit »insbesondere« beginnende Aufzählung der häufigen Vergehen: »strafbare Handlungen der Sachbeschädigung, der Körperverletzung, der Nötigung, des Haus- und Landfriedensbruchs und der Zusammenrottung«. Nachlässige Beamte und Polizeibeamte hätten mit der schärfsten dienststrafrechtlichen Ahndung zu rechnen.112 Am 18. August 1935 hielt Schacht eine Rede in Königsberg, in der er weiter ging als zuvor und ungesetzliche Angriffe gegen Juden als Sabotage gegen die deutsche Wirtschaft und Wehrwirtschaft verurteilte:113 Das sind die Leute, die nächtlicher Weile heldenhaft Fensterscheiben beschmieren, die jeden Deutschen, der in einem jüdischen Geschäft kauft, als Volksverräter plakatieren, die alle ehemaligen Freimaurer für Lumpen erklären, und die im berechtigten Kampf gegen politisierende Pfarrer und Kapläne nun ihrerseits die Unterscheidung zwischen Religion und Kanzelmißbrauch nicht machen können. Das Ziel, das diese Leute im Auge haben, ist überall richtig und gut. Für Geheimbünde, auch wenn sie harmlos sind, ist kein Platz im Dritten Reich. Die Pfarrer und Kapläne sollen Seelsorge treiben und keine Politik machen. Die Juden müssen sich damit abfinden, daß ihr Einfluß bei uns ein für allemal vorbei ist. Wir wünschen unser Volk und unsere Kultur rein und eigen zu erhalten, wie es die Juden seit dem Propheten Esra für ihr Volk als Forderung jederzeit aufgestellt haben. Aber die Lösung aller dieser Aufgaben muß unter staatlicher Führung geschehen und kann nicht ungeregelten Einzelaktionen überlassen bleiben, die eine schwere Beunruhigung der

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Wirtschaft bedeuten und die deshalb auch immer wieder von den staatlichen wie von den Parteiorganen verboten worden sind. Nach wie vor ist nach dem Stande der Gesetzgebung wie nach den verschiedensten Erklärungen des Stellvertreters des Führers, des Reichsministers des Innern und des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda (vom Wirtschaftsminister ganz zu schweigen) den jüdischen Geschäften die Ausübung ihrer geschäftlichen Tätigkeit gestattet. Es ist Sache der Reichsregierung, zu entscheiden, ob und wann hierin eine Beschränkung eintreten soll. Alle diejenigen aber, die sich dieser Einstellung der Regierung nicht unterwerfen, handeln disziplinlos, und ich werde sie dafür verantwortlich machen, wenn die finanz- und wirtschaftspolitische Durchführung der uns vom Führer gestellten Aufgabe unmöglich gemacht wird. […] Es ist für die Führung unserer Wirtschaftspolitik unerläßlich, daß das Vertrauen in Deutschland als einen Rechtsstaat unerschüttert bleibt. Niemand in Deutschland ist rechtlos. Nach Punkt 4 des nationalsozialistischen Parteiprogramms kann der Jude weder Staatsbürger noch Volksgenosse sein.114 Aber Punkt 5 des Parteiprogramms sieht auch für ihn eine Gesetzgebung vor, das heißt, er darf nicht der Willkür unterstehen, sondern dem Gesetz. Diese Gesetzgebung ist in Vorbereitung und muß abgewartet werden.115 Bis dahin sind die bestehenden Gesetze zu achten. Das sage ich hier auch mit Bezug auf den Komplex der Kirchenfrage, die ja für Deutschland von viel größerer Bedeutung als die Judenfrage ist.

Der Rundfunk übertrug die Rede, Goebbels wurde aufmerksam, in seinem Tagebuch notierte er: »Heyderich [Heydrich] kommt zum Vortrag. Erörtert seine Sorgen bezgl. R. W. und Schacht. Schacht hat Königsberg [sic] provokatorische Rede à la Papen gehalten. Chefbesprechung. Da hat er seinen Semitismus verteidigt.« Goebbels verbot den Abdruck in den Zeitungen. Schacht ließ 250.000 Exemplare der Rede in der Reichsbank-Druckerei herstellen und verteilte sie über die 400 Zweigstellen der Reichsbank im ganzen Reich.116 Die weitere Vorgeschichte der in Vorbereitung befindlichen Gesetzgebung, nämlich der »Nürnberger Rassegesetze«, wirft Licht auf verschiedene Haltungen zur »Jüdischen Frage« innerhalb der Reichsregierung und bildet den Hintergrund für Goerdelers Versuche zur Einflussnahme, die in den Kapiteln 3 bis 7 behandelt werden. Am 13. August 1935 lud Schacht für den 20. August zu einer interministeriellen Besprechung der »Judenfrage« in das Wirtschaftsministerium ein, die laut einem zwei Tage später nachgereichten Rundschreiben Schachts als Chefbesprechung geführt werden sollte. Außer dem Reichsbankpräsidenten und Reichsminister der Wirtschaft Schacht als Gastgeber nahmen teil der Reichsund Preußische Minister des Innern Frick, Reichsminister der Finanzen Lutz Graf Schwerin von Krosigk und Reichsjustizminister Gürtner, der Preußische Finanzminister Johannes Popitz, General von Reichenau vom Kriegsministerium,

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Staatssekretär Dr. Bernhard Wilhelm von Bülow vom Auswärtigen Amt, Ministerialdirektor Wilhelm Haegert vom Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, Staatssekretär Krohn vom Reichsarbeitsministerium, Staatssekretär Backe vom Reichsministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Reichsleiter Groß vom Rassenpolitischen Amt der NSDAP sowie für die Partei der Gauleiter von München-Oberbayern und bayerische Innenminister Adolf Wagner und weitere Vertreter des Innen-, des Justiz- und des Verkehrsministeriums, des Auswärtigen Amtes, des Werberats der Deutschen Wirtschaft und des Reichskommissars für das Kreditwesen.117 Der Chef des Geheimen Staats­polizeiamts und des Sicherheitsdienstes (SD) der SS, SS-Gruppenführer ­Reinhard Heydrich, war auch dabei und schrieb einen elfseitigen Bericht.118 Diesem Bericht zufolge richtete Heydrich an Schacht die Forderung, anscheinend ohne Abstimmung mit Wagner, »daß gerade auch auf dem Gebiet der freien Wirtschaft der Grundsatz der Gleichheit aufgegeben wird« und die bisherige »Vormachtsstellung [sic]« der Juden in der Wirtschaft gebrochen werde, dann werden auch die »Einzelaktionen« abebben, durch die die »Judenfrage« nicht zu lösen sei. Die Juden sollten, da sie »entsprechend den nat.soz. Grundsätzen nicht zur deutschen Volksgemeinschaft zählen«, unter Fremdenrecht gestellt werden; ihre Freizügigkeit solle aufgehoben werden, um sie am Zuzug in die Großstädte zu hindern; Mischehen sollten verboten und sexuelle Beziehungen zwischen Juden und Nichtjuden bestraft werden; Aufträge der öffentlichen Hand sollten nicht an Juden vergeben werden; Juden dürften keine Gewerbetriebe mehr eröffnen; Besitz an und Handel mit Grund und Boden solle ihnen verwehrt sein; im Ausland abwesende Hausbesitzer sollen, wenn nicht enteignet, so doch zu durchgreifender Instandsetzung gezwungen werden; Juden sollen keine Pässe bekommen und wenn dies doch im Interesse der deutschen Wirtschaft nötig sei, so solle die rassische Zugehörigkeit des Passinhabers auffällig gekennzeichnet werden. Abschließend erklärte Heydrich: »Dieser Angriff auf die Vormachtsstellung [sic] der Juden in der Wirtschaft würde andererseits dazu dienen, sie auf den Zionismus hinzulenken und den Anreiz zur Abwanderung wirksam zu fördern.« 119 In der Besprechung am 20. August 1935 schilderte Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident Schacht die Rückwirkungen der deutschen Judenpolitik auf die Wirtschaft und bezweifelte, dass der von der Rohstoffbeschaffung aus dem Ausland abhängige Aufbau der Wehrmacht möglich sei; er lehnte es ab, als judenfreundlich abgestempelt zu werden, wies aber auf die Folgen einer unverantwortlichen Judenhetze auf sein Ressort hin und übte scharfe Kritik an den Einzelaktionen von Parteistellen, der Deutschen Arbeitsfront (DAF), der

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Nationalsozialistischen Handwerks-, Handels- und Gewerbeorganisation und des Nürnberger Gauleiters Julius Streicher. Frick schloss sich Schachts Kritik an und verlas seinen nicht veröffentlichten Erlass an die Länderregierungen vom selben Tag. Staatsminister Wagner erklärte, auch die Partei missbillige Einzelaktionen, doch müsse der Staat der antisemitischen Stimmung der Bevölkerung Rechnung tragen und die Juden schrittweise durch gesetzliche Maßnahmen aus der Wirtschaft ausschalten; er schlage die gesetzliche Ausschaltung der Juden bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vor sowie ein Verbot der Neugründung jüdischer Geschäfte. Schacht stimmte dem zu. Staatssekretär Dr. Bernhard Wilhelm von Bülow sagte, »die Rückwirkungen von Ausschreitungen unverantwortlicher Stellen gegenüber den Juden bedeuten eine erhebliche Belastung der Außen­ politik«. Er verwies auf die hohe außenpolitische Bedeutung der bevorstehenden Olympiade (1936); die erwartete große Zahl von Ausländern dürfe nicht Zeuge solcher Vorfälle wie der am Kurfürstendamm geschehenen werden.120 Schacht bezeichnete die Wirkung der antisemitischen Welle des Sommers 1935 auf die Wirtschaft als katastrophal und zitierte eine Anzahl Beispiele von eklatanten Nachteilen und Schädigungen deutscher wirtschaftlicher Interessen; die antijüdischen Ausschreitungen hätten das Geschäft der Ostpreußenmesse stark in Mitleidenschaft gezogen; viele ausländische Einkäufer und Geschäftspartner waren Juden; Einkäufer, etwa bei der Schuhfabrik Salamander, machten große Aufträge rückgängig oder reisten in die Tschechoslowakei weiter, weil ihnen die antijüdischen Plakate in Deutschland und Hotelschilder mit der Aufschrift »Juden unerwünscht« nicht behagt hätten; »das in Leipzig erlassene Badeverbot für Juden« sei ihm unverständlich, wenn man »von den Juden zur Messe Aufträge für die deutsche Industrie erwarte, müsse man ihnen doch zumindest Gelegenheit geben, irgendwo baden zu können«.121 Schacht erklärte, dass es auf dem Gebiet der Wirtschaft keine »Judenfrage« geben dürfe. Der Preußische Finanzminister Johannes Popitz äußerte ähnliche wirtschaftliche und politische Bedenken wie Schacht. Frick sagte, er könne der Auffassung des Reichsbankpräsidenten nicht zustimmen; allerdings könne die »Judenfrage« nicht durch wilde Einzelaktionen gelöst werden, und er habe angeordnet, dass diese »unter allen Umständen zu unterbleiben hätten«; im Übrigen stehe das Rassegesetz unmittelbar vor dem Abschluss; die Frage der Badeverbote sei nicht generell zu regeln, aber »in einer internationalen Handelsstadt wie Leipzig sei ein Badeverbot für Juden bestimmt nicht am Platz«. Gauleiter Wagner verlangte ein Ende des Chaos, nicht nur zwischen Partei und Staat bestehe eine Divergenz, »sondern selbst in den einzelnen Ressorts im Reiche [seien] widersprechende Meinungen vertreten«.122 Noch deutlicher

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stand im Bericht von Legationsrat Dr. Hans Röhrecke vom Auswärtigen Amt, dass in der Diskussion sowohl von Schacht wie von Parteiseite darauf hingewiesen worden sei, »daß es sich in dieser [Diskussion] um eine Divergenz der Grundauffassung zwischen Partei und Staat handele, die über den konkreten Anlaß hinaus eine grundsätzliche Bedeutung habe«.123 Doch kam es dann zu den Versuchen der gesetzlichen Regelung und der Umgehung weiterer Schäden für die deutsche Wirtschaft in Gestalt der »Nürnberger Rassegesetze« und der nachfolgenden Durchführungsverordnungen. Der Berichterstatter des Auswärtigen Amts, Legationsrat Dr. Hans Röhrecke, hatte zur Vorbereitung der Chefbesprechung für Staatssekretär von Bülow eine Aufzeichnung des grundsätzlichen Standpunktes des Auswärtigen Amts in der »Jüdischen Frage« verfasst; sie begann mit dem Satz: »Das A[uswärtige] A[mt] hat sich seit Akutwerden des Judenproblems auf den Standpunkt gestellt, daß innenpolitisch notwendige Maßnahmen in dieser Frage nicht unter dem Druck des Auslands zurückgestellt oder gemildert werden dürfen.« Eine andere Frage sei, ob außenpolitische Nachteile den innenpolitischen Erfolg »einer Maßnahme gegen das Judentum« so sehr überwiegen, »daß die Zweckmäßigkeit der Maßnahme in Frage gestellt wird«. Die Aufzeichnung spricht weiter vom beherrschenden Einfluss des Judentums auf die internationale Presse, auf die Regierungen von Amerika und England, vom »Einfluß der jüdischen City« in London, von der »Verbundenheit englischer Politiker mit dem Judentum«. »Rigorose Maßnahmen gegen das Judentum« erschwerten die deutsch-englische Zusammenarbeit, eine »weniger auffallende Haltung der deutschen Regierung in der Judenfrage« sei vorzuziehen; es »sollten bei völliger Aufrechterhaltung des Judenprogramms der NSDAP im außenpolitischen Interesse unauffällige Methoden der Durchführung gewählt werden, die der antideutschen Hetze im Auslande kein Material in die Hände spielen«.124 Röhrecke lehnte die gegenwärtig angewandten Methoden ohne Alternative ab. Der Berichterstatter des Auswärtigen Amts hielt als Ergebnis der Besprechung fest, daß allgemein an dem Judenprogramm der Partei materiell festgehalten, die eingeschlagene Methode jedoch einer Kritik unterworfen wurde. Die uferlose Ausdehnung antisemitischer Betätigung unverantwortlicher Organisationen bzw. Privater auf alle möglichen Lebensgebiete soll durch gesetzliche Maßnahmen unterbunden werden. Gleichzeitig soll das Judentum einer Sondergesetzgebung auf bestimmten, vor allem wirtschaftlichen Gebieten unterworfen werden, im übrigen aber grundsätzlich seine Freizügigkeit behalten. Ein großzügiges und einheitliches Ziel der deutschen Judenpolitik schälte sich aus der Debatte nicht heraus. Aus dem Vorbringen der einzelnen Fach­ minister ergab sich lediglich, daß die Judenfrage eine Belastung ihrer politischen Aufgaben bedeute.

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Die Äußerung von Herrn Schacht, er müsse ohne Abhilfe gegenüber antisemitischen Übergriffen die Verantwortung für eine Durchführung des Aufbauprogramms ablehnen, klang zwar in verschiedenen Variationen ultimativ. Jedoch zog Herr Schacht nicht die Konsequenz, eine radikale Änderung des Judenprogramms der Partei oder auch nur der Durchführungsmethoden, z. B. ein Verbot des Stürmers zu fordern. Er hielt vielmehr an der Fiktion einer 100prozentigen Aufrechterhaltung des Judenprogramms fest. […] Für das A[uswärtige] A[mt] dürfte angesichts dieser zunächst überwiegenden innenpolitischen Bedeutung der Frage keine Veranlassung bestehen, mit außenpolitischen Motiven die Judenfrage vorwärts zu treiben, zumal Herr Schacht diese Aufgabe unter wirtschaftspolitischen Gesichtspunkten bereits übernommen hat.125

Ian Kershaws Resümee der Sitzung vom 20. August 1935 – »grundsätzlich uneinig war man sich nicht über die Ziele, sondern nur über die Methoden« 126 – bleibt an der Oberfläche. Die Sitzung war auch nicht grundlegend für den Erlass der »Nürnberger Rassegesetze«, die auf jahrelangen Vorarbeiten beruhten, der Reichsinnenminister Frick hatte davon gesprochen.127 Allerdings griff die Regierung dann angesichts der außer Kontrolle geratenen »Einzelaktionen« – wie der Vorfälle auf dem Kurfürstendamm am 15. Juli 1935 – einerseits zu Maßnahmen, die die radikalen NS -Parteigänger zur Zurückhaltung anhalten sollten, und schritt andererseits zur Intensivierung der Arbeit an den gesetz­lichen Maßnahmen gegen die Juden.128 Am 15. September 1935 wurden im Rahmen des »Reichsparteitags« der NSDAP in Nürnberg (10.–16. September) das »Reichsbürgergesetz« und das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« verkündet, Verordnungen der folgenden Monate und Jahre regelten die Einzelheiten.129 Diese unterschieden »Deutschblütige« und »Artverwandte« von »Juden« und »Mischlingen« nach der Zahl ihrer jüdischen Großeltern, und zwar aufgrund deren Zugehörigkeit zu jüdischen Religionsgemeinschaften. Derart definierte »Juden« und »Mischlinge« seien keine Reichsbürger. Weiter hieß es: »Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichsbürgerbriefes erworben.« Dieser »Reichsbürgerbrief« kam nie zustande und wurde nie verliehen. Doch wurden Juden mit diesem Schritt von den übrigen Deutschen getrennt, erniedrigt, gedemütigt, weitgehend entrechtet und ausgegrenzt. Als Nicht-»Reichsbürger« verloren sie ihre bisherigen politischen Rechte, das passive und aktive Wahlrecht, die Möglichkeit, Geschworenendienst zu leisten, Beamte zu sein, öffentliche Ämter irgendeiner Art zu bekleiden. Aber ihre deutsche Staatsangehörigkeit verloren sie ausdrücklich nicht, wie es im »Reichsbürgergesetz« heißt: »Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben.« Diesen Vorschriften zufolge erwarb man die

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deutsche Staatsangehörigkeit durch Geburt, Legitimation, Aufnahme, Heirat (für Frauen), Militärdienst, Anstellung im Reichsdienst. Da das Regime bemüht war, Juden durch Drohungen, Drangsalierung und Beraubung zur Emigration zu veranlassen, konnte es sie nicht zu Staatenlosen machen und ihnen damit die Aussicht auf Aufnahme im Ausland nehmen. Die Lesart, dass Juden durch die »Nürnberger Rassegesetze« staatenlos werden sollten, ist eine Fehlinterpretation und schafft Verwirrung.130 Diese Verwirrung ist besonders groß in der englischen Sprache, in der die Bedeutung von »Reichsbürger« und »Staatsangehöriger« in dem Wort »citizen« zusammenfällt. Im Deutschen verhindert die Anwendung des Ausdrucks »Reichsbürger« die Verwechslung mit dem Begriff »Staatsangehöriger«. Jedoch durften Juden sich nicht mehr Deutsche nennen. Der »Hilfsverein der deutschen Juden« wurde der »Hilfsverein der Juden in Deutschland«, der »Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens« wurde zum »Centralverein der Juden in Deutschland« und die »Reichsvertretung der deutschen Juden« wurde zur »Reichsvertretung der Juden in Deutschland«. Es sollte, jedenfalls nominell, keine deutschen Juden mehr geben, nur noch allfällige »Juden in Deutschland«. Der Verkündung der »Nürnberger Gesetze« folgten Wochen der Beratungen sowie Auseinandersetzungen über die Definitionen des Begriffs »Jude« mit allen seinen Halb- bis Achtel-Varianten und Graden des »Mischlingtums« und über die Ausführung der verschiedenen Bestimmungen.131

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3 | WIDERSTAND Während der zwölf Jahre der Herrschaft Hitlers war die Judenverfolgung immer ein Motiv der meisten Widerstand leistenden deutschen Hitler-Gegner, für manche war sie das Hauptmotiv. Dietrich Bonhoeffer veröffentlichte im Juni und September 1933 in zwei Zeitschriften eine Kritik, in der er zwar das souveräne Recht des Staates, über seine Bürger Bestimmungen zu treffen, anerkannte, aber die antijüdische Politik der Regierung infrage stellte, indem er die Einschränkung machte, dass die Menschenrechte und die religiösen Rechte nicht berührt werden dürften. Es sei Aufgabe des Staates, für Ordnung zu sorgen; wenn der Staat zu viel Ordnung schaffe, dann gelte es nicht nur den Opfern zu helfen, sondern dem Staat selbst »in die Speichen zu fallen«.132 Die Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche und der Rat der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union richteten am 4. Juni 1936 eine Protestdenkschrift an Hitler, in der sie Antisemitismus und antijüdische Politik verurteilten. Die Denkschrift hat Hitler vielleicht nicht erreicht, jedenfalls bekamen die Verfasser keine Antwort, aber der Text gelangte an ausländische Journalisten, worauf kurze Auszüge ins Englische übersetzt in der New York Herald Tribune vom 16. Juli 1936 und am 17. Juli auch in England in The ­Morning Post erschienen. Der deutsche Text wurde in einer Beilage zu den Basler Nachrichten vom 23. Juli abgedruckt, und schließlich erschien der gesamte Text in englischer Übersetzung in der New York Herald Tribune vom 28. Juli. Pfarrer Julius von Jan in Oberlenningen in Württemberg verurteilte in seiner Predigt zum Buß- und Bettag am 16. November 1938 in klaren Worten den Pogrom vom 9. November und prophezeite, dass diese Saat dem deutschen Volk eine böse Ernte bringe. Er wurde von SA-Schlägern verprügelt und bestohlen, kam ins Gefängnis und wurde vom »Sondergericht« in Stuttgart wegen Verstößen gegen den »Kanzelparagraphen« und das Heimtückegesetz zu 16 Monaten Gefängnis verurteilt.133 Der Tischler Georg Elser aus dem württembergischen Königsbronn, ein Einzelgänger, der über die inflationäre Preisentwicklung ohne Lohnerhöhung empört und überdies ein Kriegsgegner war, arbeitete vor dem 8. November 1939 sechs Wochen lang nachts im »Bürgerbräu« am Rosenheimer Platz in München am Einbau einer Höllenmaschine, um Hitler während seiner alljährlichen langen Rede zur Erinnerung an den 1923 misslungenen Putsch zu töten. Hitler musste aber wegen eines Termins am nächsten Tag in Berlin früher als gewöhnlich weg und redete ungewohnt kurz, sodass der Anschlag misslang.134

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Im Juni 1942 verfassten Hans Scholl und Alexander Schmorell das Zweite Flugblatt der »Weißen Rose«, worin sie den Deutschen vorhielten, daß seit der Eroberung Polens dreihunderttausend Juden in diesem Land auf bestialischste Art ermordet worden sind. Hier sehen wir das fürchterlichste Verbrechen an der Würde des Menschen, ein Verbrechen, dem sich kein ähnliches in der ganzen Menschengeschichte an die Seite stellen kann. […] Warum verhält sich das deutsche Volk angesichts all dieser scheußlichsten, menschenunwürdigsten Verbrechen so apathisch? [… so] schläft das deutsche Volk in seinem stumpfen, blöden Schlaf weiter und gibt diesen faschistischen Verbrechern Mut und Gelegenheit, weiterzuwüten – und diese tun es. […] Jetzt, da uns in den letzten Jahren die Augen vollkommen geöffnet worden sind, da wir wissen, mit wem wir es zu tun haben, jetzt ist es allerhöchste Zeit, diese braune Horde auszurotten.135

Die Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union, die am 16. und 17. Oktober 1943 in Breslau tagte, beschloss eine »Handreichung an die Pfarrer und Ältesten zum fünften Gebot« mit einer »Auslegung des 5. Gebotes«. Darin hieß es (II.14): Begriffe wie »Ausmerzen«, »Liquidieren« und »unwertes Leben« kennt die göttliche Ordnung nicht. Vernichtung von Menschen, lediglich weil sie Angehörige eines Verbrechers, alt oder geisteskrank sind, oder einer fremden Rasse angehören, ist keine Führung des Schwertes, das der Obrigkeit von Gott gegeben ist.136

Und im 4. Beschluss der Synode steht in dem »Wort der Bekenntnissynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union an die Gemeinden zum Buß- und Bettag 1943«: Wehe uns und unserem Volk, wenn das von Gott gegebene Leben für gering geachtet und der Mensch, nach dem Ebenbilde Gottes erschaffen, nur nach seinem Nutzen bewertet wird; wenn es für berechtigt gilt, Menschen zu töten, weil sie für lebensunwert gelten oder einer anderen Rasse angehören, wenn Haß und Unbarmherzigkeit sich breit machen. Denn Gott spricht: »Du sollst nicht töten.« 137

Die Synode erklärte in der an die »Pfarrer und Ältesten der Bekennenden Kirche in Preußen« gerichtete Handreichung die angefügte »Auslegung des 5. Gebotes«: »Sie soll eine Handreichung zu eurem Dienst in der Verkündigung und Seelsorge sein, Regierende und Regierte, Richtende und Gerichtete, Angefochtene und Leidtragende durch das Evangelium recht zu binden und zu

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lösen.« 138 Das war zwar kein bindender Auftrag an die Pfarrer, die »Auslegung des 5. Gebotes« oder Teile davon wörtlich von der Kanzel zu verlesen, aber der Ausdruck »zu eurem Dienst in der Verkündigung« macht deutlich, dass es ihnen zumindest nahegelegt war. Um Missverständnisse zu vermeiden: Die hier angeführten Beispiele waren Einzelfälle und nicht repräsentativ für bedeutende deutsche Gesellschaftsschichten. Es waren immer Einzelne, die in den 1930er-Jahren in Deutschland Widerstand gegen die Judenverfolgung übten – Helmuth James Graf von Moltke, Hans Oster oder Walter Cramer sind Beispiele. Einige von ihnen fanden sich seit 1938 zu einer Umsturzverschwörung zusammen. Doch Carl Goerdeler, der auf der Ebene der Regierung unablässig gegen deren antijüdische Politik arbeitete, stand damit allein.

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4 | HITLER TREIBT ZUM KRIEG Im Sommer 1936, zur Zeit der Olympischen Spiele in Berlin, diktierte Hitler seine Denkschrift zum Zweiten Vierjahresplan.139 Der russisch-französische Pakt von 1935 war 1936 ratifiziert worden; Hitler ergriff die Gelegenheit dieses Bruchs des Vertragswerks von Locarno, um – in symbolischer Zahl – Truppen in das kraft des Versailler Vertrages entmilitarisierte Rheinland einmarschieren zu lassen. Italien hatte den 1935 begonnenen Krieg gegen Abessinien gewonnen; im Juli 1936 brach der Spanische Bürgerkrieg aus. Hitlers neuer Vierjahresplan bereitete Deutschland auf den von ihm als unausweichlich bezeichneten Hauptkrieg gegen »den Bolschewismus« bzw. die Sowjetunion und zugleich auf einen Krieg gegen die Westmächte vor. Die Wehrmacht müsse in vier Jahren kriegsbereit sein, hieß es im Plan.140 In der damals veröffentlichten Version des Vierjahresplanes fehlen aber die folgenden Sätze aus Hitlers Denkschrift: Ich halte es aber weiter für notwendig, sofort eine Überprüfung vorzunehmen der Devisenaus[sen]stände der deutschen Wirtschaft im Auslande. Es gibt keinen Zweifel, daß die Außenstände unserer Wirtschaft heute ganz enorme sind. Und es gibt weiter keinen Zweifel, daß sich dahinter zum Teil auch die niederträchtige Absicht verbirgt, für alle Fälle im Ausland gewisse, dem inneren Zugriff entzogene Reserven zu besitzen. Ich sehe darin eine bewußte Sabotage der nationalen Selbstbehauptung bzw. der Verteidigung des Reiches, und ich halte aus diesem Grund die Erledigung zweier Gesetze vor dem Reichstag für notwendig: 1.) ein Gesetz, das für Wirtschaftssabotage die Todesstrafe vorsieht und 2.) ein Gesetz, das das gesamte Judentum haftbar macht für alle Schäden, die durch einzelne Exemplare dieses Verbrechertums der deutschen Wirtschaft und damit dem deutschen Volke zugefügt werden.

Das erste der von Hitler verlangten Gesetze wurde am 1. Dezember 1936 verkündet, es lautete: 1.) Ein deutscher Staatsangehöriger, der wissentlich und gewissenlos, aus grobem Eigennutz oder aus anderen niederen Beweggründen den gesetzlichen Bestimmungen zuwider Vermögen nach dem Auslande [sic] verschiebt oder im Ausland [sic] stehenläßt und damit der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügt, wird mit dem Tode bestraft. Sein Vermögen wird eingezogen. Der Täter ist auch strafbar, wenn er die Tat im Auslande [sic] begangen hat. 2.) Für die Aburteilung ist der Volksgerichtshof zuständig.141

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Das zweite Gesetz wurde nicht geschrieben. Weder Hitler noch Göring, ­Heydrich oder Himmler wollten den Mordbefehl gegen die Juden schriftlich niederlegen. Er erging von Hitler teils mündlich, teils indirekt, und Göring gab ihn im Juli 1941 verschleiert an SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich weiter, als er schon in den eroberten Gebieten der Sowjetunion ausgeführt wurde.142 Der »Anschluss« Österreichs am 12. März 1938 ging mit Drohungen und Erpressung, aber sonst friedlich vor sich, auf dem Heldenplatz in Wien wurde Hitler von der Bevölkerung gefeiert. Die Annexion des Sudetenlandes aufgrund des Münchner Abkommens mit Großbritannien, Frankreich und Italien vom 30. September 1938 verlief ebenfalls ohne Kämpfe.143 Am 15. März 1939 brach ­Hitler das Abkommen und ließ die »Resttschechei« militärisch besetzen. Premier­minister Neville Chamberlain erklärte am 31. März 1939 im Unterhaus, dass die britische Regierung im Falle einer Aktion, die die polnische Unabhängigkeit bedrohe, und die polnische Regierung den Widerstand mit ihren nationalen Streitkräften für lebenswichtig halte, »der polnischen Regierung sofort jede Unterstützung gewähren [werde], die in ihrer Macht steht«.144 Hitler unterrichtete am 23. Mai 1939 die Führer der Wehrmacht von seinem »Entschluß, bei erster passender Gelegenheit Polen anzugreifen«.145 Nach dem Abschluss eines am 23. August unterzeichneten Paktes mit Stalin zur Teilung Polens und zur Festlegung der beiderseitigen Interessensphären im Baltikum und in Südosteuropa befahl Hitler den Angriff auf Polen am 1. September. Am 3. September erklärten Großbritannien, Frankreich, Australien, Indien und Neuseeland dem Deutschen Reich den Krieg, am 6. September Südafrika und am 10. September Kanada. Das deutsche Heer bezwang den zähen polnischen Widerstand; am 17. September marschierten der sowjetische General M. P. Kovalew mit einer Heeresgruppe aus vier Armeen und Marschall Semjon K. Timoshenko mit drei Armeen in Polen ein und besetzten es bis zu der im Hitler-Stalin-Pakt vereinbarten Linie. Im Mai und Juni 1940 überfielen deutsche Truppen die neutralen Staaten Luxemburg, Belgien und die Niederlande und griffen Frankreich über die Maas an, in wenigen Tagen stießen die 6. und die 7. Panzer-Division an die Kanalküste durch. Am 22. Juni 1940 schlossen Frankreich und Deutschland einen Waffenstillstand, der am 25. Juni in Kraft trat. Nach vergeblichen Versuchen, England durch Luftangriffe niederzuwerfen, begann Hitler am 22. Juni 1941 seinen Hauptkrieg gegen die Sowjetunion. Nach großen Erfolgen in den ersten Wochen scheiterte der Angriff am Widerstand der Roten Armee und an einer Schlammperiode, gefolgt von Massen an Schnee und extrem tiefen Temperaturen bis -38° C. Inzwischen unterstützten die Vereinigten Staaten England nicht nur mit Versorgungsgütern, Kriegsschiffen und Waffen, sie nahmen auch

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direkt an militärischen Operationen zur See mit dem Ziel teil, die deutschen Streitkräfte zu provozieren, wie Präsident Franklin Delano Roosevelt dem englischen Premierminister Winston Churchill im August 1941 bei ihren Zusammenkünften in der kanadischen Placentia Bay sagte: »er werde Krieg führen, aber ihn nicht erklären, er werde mehr und mehr provozieren«, und »er werde einen ›Zwischenfall‹ suchen, der ihn zur Eröffnung der Feindseligkeiten berechtigen werde«.146 Am 14. August 1941 verkündeten Roosevelt und Churchill die Atlantic Declaration (Atlantic Charter) mit gemeinsamen Kriegszielen – obwohl Amerika nominell neutral war –, die Deutschland die Entwaffnung androhten. Nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor am 7. Dezember erklärte Hitler am 11. Dezember den Vereinigten Staaten den Krieg. Hitler hatte aber schon am 19. November erkannt, dass er den Krieg nicht gewinnen würde.147 Die verantwortungslose deutsche Kriegführung ebenso wie die Kriegsverbrechen, die Ermordung gefangener politischer Kommissare sowie die Misshandlung und das Verhungernlassen von Millionen Soldaten der Roten Armee, die Massenmorde an der Zivilbevölkerung und an Juden – Männern, Frauen und Kindern – riefen einen zwar zahlenmäßig geringfügigen, aber aus allen Teilen der deutschen Gesellschaft – Beamten, Soldaten und Offizieren, Geistlichen, Intellektuellen, Industriellen, Arbeitern – hervorgehenden Gegenentwurf und Widerstand hervor, der die Beseitigung des Verbrecherregimes, die Beendigung des Krieges und die Wiederherstellung des Rechtsstaats zum Ziel hatte.148 Propagandaminister Goebbels klagte am 28. Oktober 1941 in seinem Tagebuch: »Unsere intellektuellen und gesellschaftlichen Schichten haben plötzlich wieder ihr Humanitätsgefühl für die armen Juden entdeckt.« Er führte die verbreitete Missbilligung der Deportationen von Juden aus Berlin auf die intellektuelle Erziehung »unserer akademischen und Gesellschaftskreise« zurück.149 Einerseits suchten SS und Polizei den Massenmord an den Juden unter Strafandrohung geheim zu halten, andererseits konnten die Erzählungen von den im Laufe der Jahre Hunderttausenden von Fronturlaubern, die von der Ostfront kurzfristig heimkehrten, nicht kontrolliert werden. Zugleich machte das Regime die eigene Bevölkerung zu Mitwissern und Komplizen, indem es immer wieder mehr oder minder offen bekanntgab, was geschah. Am 27. Februar 1942 zitierte das offizielle Parteiblatt Völkischer Beobachter Hitler mit den Worten: »Der Jude wird ausgerottet werden!« Goebbels schrieb am 14. Juni 1942 in seinem all­wöchent­ lichen Leitartikel in der Wochenzeitung Das Reich: »Die Juden treiben in diesem Kriege ihr frevelhaftes Spiel, und sie werden das mit der Ausrottung ihrer Rasse in Europa und vielleicht weit darüber hinaus zu bezahlen haben.« 150 Dazu kamen, wie erwähnt, die Augenzeugenberichte der Fronturlauber über

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Massenerschießungen.151 Nur wenige hatten freilich die moralische Motivation und den Mut, auch nur dagegen zu sprechen, wie die Geschwister Scholl und ihre Freunde vom Sommer 1942 bis zu ihrer Verhaftung und Hinrichtung im Februar 1943, oder die nicht-jüdischen Frauen jüdischer Männer, die im März 1943 in der Berliner Rosenstraße für die Freilassung ihrer zur Deportation dort festgehaltenen Männer demonstrierten und sich von den auf sie gerichteten Maschinengewehren der SS nicht vertreiben ließen, bis Goebbels, der auch Gauleiter von Berlin und Reichsverteidigungskommissar war, nachgab.152 Es gab jedoch keine Massenbewegung gegen die Misshandlung und Ermordung der Juden. Im folgenden Kapitel wird Goerdelers Laufbahn skizziert; Kapitel 6 legt Bemühungen um die Normalisierung der Lage der Juden dar; Kapitel 7 bis 17 behandeln Goerdelers Versuche, die Politik der Regierung zugunsten der Juden zu beeinflussen. In den Kapiteln 18 bis 22 wird Goerdelers Planentwurf vorgestellt und analysiert. Kapitel 23 fasst die Ergebnisse zusammen.

5 | CARL FRIEDRICH GOERDELER Nach der Ausbildung im Feldartillerie-Regiment 16 in Königsberg arbeitete der 1884 in der Provinz Posen geborene Carl Goerdeler in einer Bank, der Königlichen Seehandlung, die 1918 in die Preußische Staatsbank umbenannt wurde. Seit dem 1. Oktober 1911 war er in der Solinger Stadtverwaltung tätig, wohin er nach dem Krieg zurückkehrte. Im Ersten Weltkrieg leistete er vom 4. August 1914 bis zum 31. Januar 1919 Militärdienst, zuletzt als Hauptmann im Stab der 10. Armee an der Ostfront unter ihrem Oberbefehlshaber Generaloberst Erich von Falkenhayn.153 Er verwaltete am Ende des Krieges Weißrussland und Litauen und brachte die von den Bolschewiken ausgeraubten Kassen wieder ins Gleichgewicht, zugleich sorgte er für die materiellen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung.154 Er hatte unmittelbare Kenntnis von vielen Gräueltaten, Pogromen, Plünderungen, Misshandlungen und Morden an Juden, die in Polen und Weißrussland sowie in anderen osteuropäischen Staaten in den Jahren 1918 bis 1921 mit Billigung oder Ermutigung durch die jeweiligen Regierungen geschahen.155 In den Wochen vor der Unterzeichnung des Versailler Vertrags nahm er im Juni 1919 Urlaub, um für seine westpreußische Heimat an Ort und Stelle einzutreten. Zusammen mit seinem Bruder Fritz meldete er sich zum Dienst beim Feldartillerie-Regiment 71 und wurde sogleich zum XVII. Armee-Korps nach Danzig als politischer Verbindungsoffizier zwischen dem Korpskommando und dem parlamentarischen Aktionskomitee für die Rettung der deutschen Gebiete entsandt. Der Chef des Korpsstabes, Oberstleutnant i. G. Stapff, fragte ihn am 13. Juni nach seiner Auffassung der Ostfrage. Goerdelers Memorandum lautete: 1. Der Friede wird nach mir bekannten Stimmungen im Westen unterzeichnet werden; 2. Die einzige Möglichkeit, das Deutschtum im Osten und die Ostmark dem Reiche zu retten, ist die militärische Niederwerfung Polens; 3. Aus 1. und 2. ergibt sich die Notwendigkeit für den Osten, selbständig zu handeln; 4. Dies Handeln wird, wenn rechtzeitig und militärisch erfolgreich, die Bevölkerung mitreißen, selbst wenn die Parteiführer sich jetzt abwartend verhalten.156

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Abb 1    Die Familie Goerdeler in Marienwerder, ca. 1909. Sitzend von links nach rechts: Frau Adelheit, geb. Roloff, und Geheimrat Dr. Julius Goerdeler. Stehend deren Söhne, von links nach rechts: Carl Friedrich, Gustav mit seiner Frau Rosel, Franz und Fritz. (Quelle: Familienbesitz Goerdeler)

Es kam zu keiner Aktion und die Abtrennung deutscher Gebiete nahm ihren im Vertrag von Versailles vorgezeichneten Verlauf. 1920 wurde Goerdeler Zweiter Bürgermeister in Königsberg. Die Besorgnis um das Deutschtum und die Bindung an die Heimat zogen ihn nach Ostpreußen.157 Goerdeler schrieb später, er sei zu Hause »in einem Nationalismus enger Art« erzogen worden.158 Dies schlug sich in seiner Mitarbeit in der Deutschnationalen Volkspartei (DNVP) nieder, die er jedoch im Dezember 1931 verließ, um einen Interessenkonflikt in seinem Amt als Reichskommissar für Preisüberwachung zu vermeiden. Goerdeler musste als Preiskommissar mit Reichskanzler Brüning zusammenarbeiten, während der Vorsitzende der DNVP, Alfred Hugenberg, gegen Brüning Obstruktion betrieb. In einem Brief an Hugenberg schrieb ­Goerdeler jedoch, er fühle sich »nach wie vor mit den politischen und weltanschaulichen Grundsätzen der Deutschnationalen Volkspartei verbunden«.159 Sein Verhalten nach dem 30. Januar 1933 spricht allerdings dagegen, dass er mit den aus Punkt 11 des Parteiprogramms der DNVP ableitbaren Folgerungen einverstanden war.

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In Punkt 11 ihres Programms erklärte sich die Partei »gegen jeden zersetzenden, undeutschen Geist, mag er von jüdischen oder anderen Kreisen ausgehen«.160 Goerdeler überwand seinen »Nationalismus«, soweit er in der Bindung an die westpreußische Heimat und an das deutsche Vaterland bestand, nie ganz. Doch später enthielten Goerdelers Pläne und die seines »Flügels« in der Verschwörung für die Zeit nach Hitlers Sturz ebenso wie die Pläne M ­ oltkes und seiner Freunde (»Kreisauer Kreis«) »eine klare und zukunftsweisende Absage an das Prinzip des Nationalstaats« und an »anfängliche Träume von einer deutschen Suprematie in einem europäischen Staatenbund zugunsten der völligen Gleichberechtigung der Partner«.161 Als Oberbürgermeister der wichtigen Industrie- und Messestadt Leipzig (seit 1930), als Preiskommissar, als Experte für die Wirtschaft hatte er zahlreiche Kontakte mit Ausländern und dem Ausland. Goerdeler empfand den Vorwurf, die Republik habe versagt, als ungerecht. Wer habe denn die Republik gegen die Revolution gerettet? Sozial­demokraten und Soldaten, schrieb er 1944: Noske, Ebert, Offiziere und Soldaten, wir, ich mit, der ich März 1919 von der Ostfront kommend, sogleich gegen Spartakus in Königsberg marschierte. Und dann haben wir gearbeitet, gearbeitet, gearbeitet, die Familie vergessen, geschuftet, um der Verwirrung Herr zu werden, die Verwaltung zu reinigen, zu ordnen, zu modernisieren, die Finanzen zu ordnen, Recht, Anstand und Pflicht wieder zur Geltung zu bringen, die Wohnungslosigkeit zu beseitigen, die Verkehrs- und Versorgungsbetriebe wieder in Stand zu bringen, die der Arbeit Entwöhnten wieder zu steter Arbeit zu gewöhnen, um das Diktat von Versailles zu beseitigen. Wie unrecht ist es, gerade die letztere Arbeit und ihre von Stresemann erreichten Erfolge zu übersehen! Mit Gewalt ließ sich doch nichts anfangen, ohne Heer, also blieb die Klugheit. Die einzige heroische Tat, der Ruhrkampf, kostete uns den Rest der Währung. Aber wir hatten Willen und Verstand. Wie klug war die Propaganda, die mein damaliger Oberbürgermeister [Hans] Lohmeyer 162 gegen den Korridor entfaltete. Sie erreichte, daß die Franzosen seit 1930 seine Unsinnigkeit anerkannten.163

Goerdeler blieb in seiner westpreußischen Heimat Posen verwurzelt, als Zweiter Bürgermeister in Königsberg waren ihm die Sorgen um den deutschen Osten – wie zum Beispiel auch Hans Rothfels, Professor der Universität Königsberg – stets gegenwärtig. Hier knüpfte er auch weitere Kontakte zu den Generalen, auf die er später so viel Hoffnung für den Sturz Hitlers setzte. In Königsberg war das Hauptquartier der 1. Division der auf 100.000 Mann beschränkten Reichswehr und des Wehrkreiskommandos I, wo Goerdeler die führenden Offiziere kennenlernte, so die Divisionskommandeure: 1923 – 1926 Generalleutnant Wilhelm Heye; 1926 – 1929 Generalleutnant Friedrich Freiherr von Esebeck; 1929 – 1930 Generalmajor Werner von Blomberg (1933 bis 1938 Kriegsminister);

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ferner Hauptmann i. G. Georg Thomas im Stab der Kommandantur der Festung Königsberg, später als Oberst d. G. Chef der Abteilung Wehrwirtschaftsstab und Waffenwesen (W).164 Goerdeler lernte damals auch Generalmajor ­Werner Freiherr von Fritsch kennen sowie Generalmajor Ludwig Beck, als dieser Artillerieführer IV in Dresden war.165 In seiner Eigenschaft als Vorstandsmitglied des Deutschen Städtetages und als Vorsitzender deutscher Gemeinde- und Kommunalverbände und später, 1934, als Vorsitzender des Reichsverbands kommunaler und anderer öffentlicher Arbeitgeberverbände e. V. (Reichsarbeitgeberverband – RVA)166 sowie durch sein Engagement für Reformen wurde Goerdeler im ganzen Reich bekannt. Im Dienste der Stadt Königsberg lernte er die Anliegen der Arbeiterorganisationen und Gewerkschaften kennen, er beriet Reichspräsident Paul von Hindenburg und war schließlich von Dezember 1931 bis Dezember 1932 Reichskommissar für Preisüberwachung.167 Als die Stellung Reichskanzler Brünings nach der mit Unterstützung der Linken erfolgten Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten (10. April 1932) und nach den Landtagswahlen in Preußen (24. April 1932) prekär wurde, wollte Brüning Goerdeler, wie seine Frau Anneliese ihrem Sohn Ulrich schrieb, »nicht nur in wichtigen Ministerkonferenzen haben, sondern wie Du auch schon weißt ihm das Reichswirtschaftsministerium anbieten«.168 Ende Mai verschob man mehrfach Kabinettssitzungen, um Goerdeler aus Leipzig dazukommen zu lassen. Am 29. Mai schrieb Anneliese Goerdeler an den Sohn Ulrich, der Vater »beschäftigt sich eingehend mit der letzten Notverordnung u. hofft noch in letzter Stunde Brüning morgen zu durchgreifenden Änderungen zu bringen«.169 Als Hindenburg Brüning im Mai 1932 fallen ließ, insistierte Brüning immer wieder beim Reichspräsidenten, Goerdeler zum Reichskanzler und preußischen Ministerpräsidenten zu ernennen.170 Im Dezember 1955 schrieb Brüning an Ewald Löser, der bei Goerdeler bis Ende 1934 Zweiter Bürgermeister gewesen war: Im rein politischen Instinkt, wenn Sie mir erlauben, das zu sagen, waren Sie Goerdeler, den ich noch immer sehr hoch schätze und um den ich trauere, weit überlegen. Trotzdem wäre es eine Rettung Deutschlands gewesen, wenn man meinem Vorschlag gefolgt wäre, Goerdeler zu meinem Nachfolger zu machen. Er war auch bei den Sozialdemokraten wegen seiner verständnisvollen Politik mit den Gewerkschaften hoch angesehen, ebenso beim Reichspräsident[en …].171

Dann wollten Hindenburg und Brünings Nachfolger Franz von Papen ­Goerdeler für das neue Kabinett gewinnen. Goerdeler lehnte wegen seines mangelnden Vertrauens in die Fähigkeiten Papens ab.172 Als Papen im Spätsommer 1932 scheiterte, wurde Goerdeler wieder als Kanzlerkandidat genannt, aber Reichswehrminister

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Generalleutnant Kurt von Schleicher hatte nicht gegen Papen intrigiert, um Goerdeler zum Reichskanzler zu machen, sondern sich selbst. Am 24. März 1933 hielt Goerdeler eine kurze Ansprache zur Eröffnung der Sitzung des Rates der Stadt Leipzig. Eingangs kommentierte er mit wenigen Worten das eben vom Reichstag verabschiedete Ermächtigungsgesetz, »das mit bisher in der deutschen Reichsgeschichte noch nicht bekannten Vollmachten ein ebenso großes Maß von Verantwortung auf die Schultern der Reichsregierung legt«; zum ersten Mal seit der Reichsgründung durch Bismarck sei die Möglichkeit gegeben, die Verfassung des Reichs und der Länder, das Recht der Gemeinden und der sonstigen Selbstverwaltungskörperschaften einheitlich so zu gestalten, wie es nach den Erfahrungen der letzten sechzig Jahre den Lebensinteressen des deutschen Volkes, seiner Eigenart, seinem nationalen Willen und seiner Ehre entspricht.173

Die »jetzige Stunde« verpflichte ihn, den Rat, die Stadtverordneten und die Verwaltung der Stadt, mit unserer ganzen Person hinter die Arbeit der Reichsregierung uns zu stellen, ihr die Arbeit auf jede uns mögliche Weise zu erleichtern, denn jetzt hängt von dem Gelingen dieser Arbeit die Rettung unseres Vaterlandes als Staat, die Erhaltung unseres Volkes als Nation ab.

In Hitlers Regierungserklärung zum Ermächtigungsgesetz sah Goerdeler »allen Grund« anzunehmen, dass die im Verwaltungsbericht der Stadt Leipzig für das Jahr 1931 festgehaltenen Grundsätze bestimmend für die Arbeit der Reichsregierung sein werden: Behebung der Arbeitslosigkeit; Bemessung der Ausgaben nach der zur Verfügung stehenden Deckung durch Einnahmen; Einfachheit und Sparsamkeit in der Verwaltung. Diese »Begrüßung des Ermächtigungsgesetzes vom 23.3.1933« 174 enthält ein gutes Maß zurückhaltender Skepsis. Goerdeler verfügte über mannigfache Kontakte zur Reichsregierung, aus seiner Zeit als Reichskommissar für Preisüberwachung im Jahr 1932. Am 12. Februar 1933 nahm Hitler mit drei Reichsministern an der Feier zum 50. Todestag Richard Wagners in Leipzig teil, bei der Goerdeler eine Rede hielt.175 Am 6. März 1934 war Hitler zur Grundsteinlegung für ein Richard-Wagner-Denkmal wieder in Leipzig, diesmal mit einem größeren Aufgebot an Würdenträgern (Reichspostminister Paul Freiherr Eltz von Rübenach, Staatssekretär und Chef der Reichskanzlei Dr. Hans-Heinrich Lammers, Vizekanzler Franz von Papen, Winifried Wagner, Reichsstatthalter und Gauleiter von Sachsen Martin Mutschmann und Reichsminister Dr. Joseph Goebbels).176

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Abb 2    Grundsteinlegung für das Richard-Wagner-Denkmal in Leipzig am 6. März 1934. Von links nach rechts: Reichsverkehrs- und Postminister Paul Freiherr von Eltz-Rübenach, Chef der Reichskanzlei Dr. Hans Heinrich Lammers, Vizekanzler Franz von Papen, Winifried Wagner, Reichskanzler Adolf Hitler, Oberbürgermeister Dr. Carl Friedrich Goerdeler, Gauleiter Martin Mutschmann, Reichspropagandaminister Dr. Josef Goebbels. (Quelle: Bundesarchiv, Bild 102-15591)

Goerdeler übersandte Hitler Denkschriften zur Arbeitslosenfürsorge (18. April und 26. Mai 1933, 17. März 1934), war zu einer »Chefbesprechung« mit Hitler, Ministern und Staatssekretären am 4. Juli 1933 in der Reichskanzlei eingeladen und konnte feststellen, dass seine Anregungen aufgenommen worden waren.177 Auf Wunsch Hitlers wurde Goerdeler am 6. November 1934 noch einmal Reichskommissar für Preisüberwachung.178 Seine Dienststelle war eine Abteilung in der Reichskanzlei und hatte ein »bescheidenes Büro am Potsdamer Platz«, in der Voßstraße 8, Berlin W 9.179 Als Oberbürgermeister von Leipzig hatte er zudem Nebenämter inne, so bei der Deutschen Bücherei in Leipzig, beim Deutschen Gemeindetag, im Gewandhaus-Vorstand, bei der Gewerkschaft Deutschland in Olsnitz, im Landeskonservatorium der Musik zu Leipzig, im Zentralvorstand des Gustav-Adolf-Werks, bei städtischen Sparkassenverbänden, in einem Beratungsgremium des Reichsministeriums für Arbeit; die Deutsche Juristen-Zeitung der Hefte 1 – 10 des Jahres 1934 führte ihn auf ihrer Titelseite als Mitherausgeber auf.180

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Als Reichskommissar war Goerdeler quasi Kabinettsmitglied, nahm an Ministerberatungen teil und hatte Zugang zu Ministern und Beamten auf der höchsten Ebene. Als Oberst Erich Friderici, Kommandeur des 11. Infanterie-Regiments in Leipzig, am 30. Juni 1934, dem Tag der Ermordung der SA-Führer, Befehl erhielt, alle Truppen in den Kasernen zu halten, bat er Goerdeler, festzustellen, ob die Garnison für politische Zwecke missbraucht werde. Goerdeler fuhr nach Berlin zum Kriegsminister Generalfeldmarschall von Blomberg und wurde sofort, um 15 Uhr, empfangen.181 Ein anderer Hinweis auf Goerdelers Status ist Hitlers Antwort im Juli 1935 auf die Bitte um eine jährliche Aufwandsentschädigung von 2.400 Reichsmark für Ausgaben, die in Goerdelers Tätigkeit als Preiskommissar anfielen. Lammers forderte Goerdeler auf, die Bemessung seiner Aufwandsentschädigung vorzuschlagen; Goerdeler tat dies erst nach der Beendigung seiner Tätigkeit im Juli 1935, und gab die bescheidenen tatsächlichen Kosten an. Zugleich bat er, der Führer möge seinem Stellvertreter, Bürgermeister Haake, »einige Worte des Dankes und freundlicher Anerkennung« aussprechen, weil Haake ihm, Goerdeler, wegen seiner Tätigkeit als Preiskommissar viel Arbeit abnehmen musste. Lammers antwortete Goerdeler am 2. August, der Führer habe auf Lammers Vortrag hin angeordnet, dass Goerdeler dieselbe Aufwandsentschädigung erhalte, wie ein Reichsminister, das heißt 4.800 Reichsmark jährlich, umgelegt auf die Zeit vom 6. November 1934 bis zum 30. Juni 1935.182 Goerdeler bemühte sich über die Preiskontrolle für Lebensmittel hinaus um die Sanierung des Reichsbahnhaushalts, die Deutsche Gemeindeordnung, Arbeitslöhne und vieles mehr. Am 23. Januar 1935, dem Tag vor einer Kabinettssitzung über den Entwurf der Deutschen Gemeindeordnung, an deren Zustandekommen er beteiligt war, drang er zu Hitler durch und trug ihm seine Einwände vor.183 Bei einer anderen Gelegenheit im März 1935 folgte Hitler Goerdelers Einwand gegen eine Bestimmung in dem vorliegenden Entwurf der neuen Gemeindeordnung, die Goerdeler zusammen mit anderen Oberbürgermeistern und Vertretern der Regierung ausgearbeitet hatte, die aber die Staatsaufsicht gegenüber den Gemeinden nach Goerdelers Auffassung zu sehr ausweitete; Goerdeler wollte die Staatsaufsicht vielmehr weiter eingeengt und die Selbstständigkeit der Kommunen gestärkt sehen. Hitler stimmte Goerdeler zu, ließ sofort Reichsinnenminister Frick kommen und befahl diesem auf der Stelle in Goerdelers Gegenwart und ohne sich auf Fricks Einwände einzulassen, den Entwurf für die Gemeindeordnung nach Goerdelers Vorschlägen umzuarbeiten. Anschließend lud er Goerdeler zum Mittagessen ein.184 Am 2. Mai 1935 nahm Goerdeler an einer Chefbesprechung über Lohn­ politik teil, bei der im Arbeitsministerium unter dem Vorsitz des Reichs- und

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preußischen Arbeitsministers Franz Seldte unter anderem Reichskriegsminister von Blomberg, der Reichs- und preußische Minister des Innern Frick, der Reichsfinanzminister Graf Schwerin von Krosigk, der Reichs- und preußische Wirtschaftsminister und Reichsbankpräsident Schacht, der Reichs- und preußische Minister für Ernährung und Landwirtschaft Walther Darré, der Reichspostminister und Reichs- und preußische Verkehrsminister Freiherr von Eltz-Rübenach, der Stellvertreter des Führers Rudolf Heß, der Staatsminister A. Wagner und der Reichsstatthalter und Gauleiter von Hamburg Karl ­Kaufmann zusammenkamen.185 Als Schacht und Goerdeler in einer Besprechung bei Hitler im Juni 1935 in einer finanzpolitischen Frage uneins waren, wies Hitler sie an, die Sache unter sich zu regeln. Goerdeler erbat eine Erweiterung seiner Befugnisse und Hitler stimmte sofort zu.186 Am 28. Juni 1935 nahm Goerdeler an einer Chefbesprechung im Reichsverkehrsministerium über den Haushalt der Reichsbahn teil und plädierte – charakteristisch – für den Ausgleich durch betriebliche Maßnahmen wie die Aufhebung von Tarifermäßigungen, zudem sprach er sich gegen Zuschüsse durch das Reich aus.187 Goebbels nannte Goerdeler einen klugen Kopf und wollte, dass Hitler ihn dem Reichsbauernführer und Minister für Ernährung und Landwirtschaft, Richard Walther Darré, den Goebbels nicht mochte, vorsetze; noch im Oktober 1936 plädierte Goebbels für die Wiederernennung Goerdelers als Reichskommissar für Preisüberwachung.188 Als Hitler 1935 Goerdelers Amtszeit als Reichskommissar verlängern wollte und auf dessen Forderung nach erweiterten Kompetenzen eingegangen war, erhob Darré Widerspruch. Goerdelers Vertreter, Ministerialrat Walter von Baltz, teilte ihm den Widerspruch mit, worauf Goerdeler erklärte: »Verhandlungen mit den Ministern müßten mich in eine schiefe Lage bringen, insbesondere auch den Eindruck erwecken, als ob ich das Amt unter allen Umständen fortführen wolle, während ich im Gegenteil gerade die Übertragung der Preisüberwachung an sie [sic] zunächst vorgeschlagen hatte.« 189 Nachdem sein Mandat im Juli 1935 nicht erneuert worden war, schrieb ­Goerdeler am 1. November 1935 an Lammers, er habe bei den Vorarbeiten für seinen letzten Bericht »einen Blick in den Stand der Arbeiten beim Reichskommissariat für Preisüberwachung, Voßstraße 8, genommen«. Er halte sich für verpflichtet, mitzuteilen, »daß diese Dienststelle nicht mehr genügend beschäftigt ist« und empfehle daher, ihrem Leiter, Ministerialrat von Baltz, den Auftrag zu geben, »die Dienststelle ab sofort personell und räumlich zu verkleinern und alles vorzubereiten, daß ihre Auflösung am Ende dieses Jahres durchgeführt werden kann«. Einem Teil des Personals müsse man kündigen, ein

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anderer werde einstweilen den hauptbeteiligten Ministerien zu überweisen sein. Goerdeler empfahl, die Akten beisammen zu lassen und entweder in der Reichskanzlei oder im Reichswirtschaftsministerium zu lagern. Lammers notierte am 5. November 1935: »1.) Der Führer hat Kenntnis.« Hitler habe entschieden, »daß die Dienststelle vorläufig noch nicht aufgelöst werden solle«; Goerdeler sei – nach vorheriger Rücksprache mit Lammers – zu benachrichtigen.190 Lammers berichtete Goerdeler am 10. November von Hitlers Entscheidung, das Reichskommissariat noch nicht aufzulösen und die zu wenig beschäftigten Mitarbeiter anderweitig unterzubringen.191 Am 5. Februar 1936 vermerkte Dr. Otto Willuhn, ebenso am 21. Mai 1936 Lammers, dass Hitler erneut entschieden habe, von der Auflösung der Dienststelle bis auf Weiteres abzusehen. Am 29. Oktober 1936 wurde die Bestellung eines neuen »Reichkommissars für die Preisbildung« durch Gesetz verfügt; der Reichskommissar, Josef Wagner, unterstand nun dem Beauftragten für den Vierjahresplan, Göring. Im November 1936 wurde die alte Dienststelle abgewickelt.192 Auch nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister von Leipzig im November 1936 korrespondierte Goerdeler wie zuvor mit dem Chef der Reichskanzlei und wandte sich auch weiterhin schriftlich an Hitler. Er kritisierte direkt und indirekt die seinerzeitige Politik, indem er Vorschläge zu ihrer Änderung machte. Er verkannte jedoch die Eile, mit der Hitler seinen Zielen zustrebte. Im Sommer 1934 hatte er in einer Denkschrift zur Innenpolitik geschrieben: »Entscheidend ist die Notwendigkeit, die Erreichung des Endzieles 193 nicht zu gefährden. Nicht entscheidend ist der Zeitraum, in dem die Erreichung des Endzieles ermöglicht wird.« 194 Das Wort »Endziel« aus Goerdelers Feder meinte eine gesunde Wirtschaft, einen geordneten Reichshaushalt, die Versorgung der Bevölkerung; es entsprach natürlich nicht dem, was Hitler im Sinn hatte, setzte aber offenbar voraus, dass Hitler für richtig halten musste, was Goerdeler als Wirtschaftsfachmann vorschlug und forderte.195 Als Hitler die oben zitierte Denkschrift zum Zweiten Vierjahresplan abschloss, beauftragte er Göring am 2. September 1936 mit der Wahrnehmung der darin skizzierten Wirtschafts- und Rüstungsmaßnahmen und ernannte ihn am 18. Oktober 1936 zum Reichskommissar für die Durchführung des Vierjahresplanes.196 Damit war Schacht zugunsten Görings weitgehend entmachtet.197 Während der Ausarbeitung des Planes im Sommer forderte Göring am 7. August von Goerdeler eine Denkschrift zu den Wirtschaftsfragen an.198 Goerdeler reichte unter dem 31. August eine vorläufige Fassung ein, in der er für Haushaltausgleich, Einschränkung der Rüstung und eine Änderung der gegen die Juden gerichteten Politik plädierte.199 Bei der Verlesung des Vierjahresplans in

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der Ministerratssitzung am 4. September 1936 sagte Göring: »Von einzelnen Persönlichkeiten sind Denkschriften über die grundsätzliche Wirtschaftsführung eingefordert worden. Bisher wurde nur vorgelegt die des Dr. Goerdeler, die völlig unbrauchbar ist. Neben vielen anderen abwegigen Gedanken enthält sie den Vorschlag wesentlicher Rüstungseinschränkung.« 200 Die ausführlichere Fassung der Denkschrift Goerdelers vom 17. September enthielt, wie schon die kürzere, seine bis dahin kompromissloseste Forderung, die antijüdische Politik zu ändern. Wenige Wochen später trat Goerdeler, erst im Frühjahr für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt, von seinem Amt als Oberbürgermeister von Leipzig zurück.201 Einige Monate zuvor wollte Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, dass Goerdeler im Juni 1936 in das dreiköpfige Direktorium der Fried. Krupp A. G. eintrete. Goerdeler war dazu bereit, Krupp fragte Hitler, ob er einverstanden sei, aber Hitler äußerte die Absicht, »Herrn Gördeler doch wieder für staat­ liche Zwecke einzubauen«, sodass es besser sei, wenn Goerdeler sich frei halte. Nach dem plötzlichen Tod des Vorstandsmitglieds, dessen Nachfolger ­Goerdeler werden sollte, fragte Krupp im Oktober 1936 wieder nach. Inzwischen hatte Goerdeler in der von Göring angeforderten Denkschrift für eine Einschränkung der Rüstungen plädiert. Hitler ließ Krupp im Februar 1937 deutlicher antworten, dass er den Eintritt Goerdelers in den Vorstand der Fried. Krupp A. G. »nicht begrüßen« würde. Der »Einbau« in den staatlichen Dienst geschah dann, allerdings inoffiziell, in Verbindung mit dem damals mächtigen, zum Nachfolger Hitlers bestimmten Göring durch Goerdelers Reisen in den Jahren 1937 bis 1939.202 Goerdeler genoss weiterhin hohes Ansehen, noch im Februar 1939 ließ Hitler Krupp durch Martin Bormann mitteilen, dass er nichts gegen eine Verwendung Goerdelers in der Industrie einzuwenden habe, nur wolle er nicht, dass Goerdeler bei Krupp tätig werde.203 Goerdeler lehnte die ihm von Gustav Krupp von Bohlen angebotene Abfindung von 100.000 Reichsmark ab. Jedoch unternahm er auf Anraten Schachts und im Einvernehmen mit Göring Auslandsreisen, die Krupp finanzierte. Robert Bosch, Gründer der Robert Bosch GmbH und Gegner des Nationalsozialismus, kannte Goerdeler seit 1932 und verpflichtete ihn nun als Berater und Vertreter mit Sitz in Berlin. Goerdeler vertrat die Robert Bosch GmbH bei den Gebrüdern Marcus und Jacob Wallenberg, den Eigentümern der Stockholms Enskilda Bank. Die Gebrüder Wallenberg fungierten als Nachfolger von Fritz Mannheimer vom Bankhaus Mendelssohn & Co. in Berlin, später in Amsterdam. Sie halfen, die Interessen von Bosch zu wahren und Bosch-Töchter wie die American Bosch Corporation in Springfield (Massachusetts) gegen eine

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Beschlagnahme im Kriegsfall zu tarnen. Nach dem Krieg gelang es der Robert Bosch GmbH und den Gebrüdern Wallenberg mit Unterstützung von John Foster und Alan Welsh Dulles, das Eigentum der Robert Bosch GmbH wiederzuerlangen.204 Goerdeler warnte auf seinen Reisen im Ausland vor Hitlers Absichten und entwarf Friedenspläne. Da er in den folgenden Jahren bis 1943 wenigstens zehnmal in Geschäften nach Stockholm reiste, konnte er seine Friedensbemühungen auch während des Krieges tarnen.205 Allerdings waren Goerdelers Vorschläge nach dem Beginn des Zweiten Weltkrieges mit den Kriegszielen der gegen das Deutsche Reich alliierten Mächte unvereinbar.206 Zugleich mühte sich Goerdeler, eine Koalition der innerdeutschen Hitler-Gegner einschließlich militärischer Befehlshaber zusammenzubringen.207 In den Kapiteln 6 bis 16 werden im Folgenden die Zusammenhänge skizziert, in denen Goerdeler in den Jahren 1933 bis 1939 versuchte, die gegen die Juden gerichtete Politik der Hitler-Regierung auf offiziellem Wege, durch drängende Empfehlungen und Forderungen auf der höchsten Ebene zu ändern. Zugleich versuchte er seit 1937, dieses Ziel durch Zusammenarbeit mit der britischen Regierung zu erreichen. Seit 1938 suchte er dasselbe Ziel durch den Sturz der eigenen Regierung zu erreichen.

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6 | JUDENVERFOLGUNG II Während Goerdeler am Ende des Ersten Weltkrieges in der deutschen Verwaltung Weißrusslands und Litauens tätig war, kam es in etwa einhundert polnischen Orten zu den oben erwähnten antijüdischen Pogromen. Nachdem die russischen, österreichischen und deutschen Verwaltungen das wiederhergestellte Polen 1919 verlassen hatten, mehrten sich insbesondere dort die Pogro­me und Morde an Juden, die es auch in anderen osteuropäischen Staaten gab.208 Berichten zufolge (mit anscheinend stark aufgerundeten Zahlen) wurden in Osteuropa in den Jahren 1918 bis 1921 rund 150.000 Juden ermordet. Die Morde in Lwów (Lemberg) vom 22. bis 24. November 1918 und die Massaker in Pińsk, Wilna, Lida und Minsk im April 1919 sind die bekanntesten dieser Ereignisse.209 An dieser Stelle sind größere internationale Zusammenhänge in den Blick zu rücken. Zum Teil als Reaktion auf die Erfahrung von Diskriminierung und Verfolgung entstand im 19. Jahrhundert die Zionistische Bewegung für eine jüdische Heimstatt und einen jüdischen Staat in Palästina. Der führende Verfechter dieses Gedankens war Theodor Herzl, Gründer und erster Präsident der Zionistischen Organisation auf dem ersten Zionistischen Kongress Ende August 1897 in Basel. Er hatte erkannt, dass der Gedanke nur mit der Hilfe der Großmächte und mit der Hilfe der Protestanten in Europa sowie in Amerika Wirklichkeit werden konnte. Als Führer der Zionisten erwirkte er Audienzen bei Kaiser Wilhelm  II ., den er in Istanbul und Jerusalem am 18. Oktober und 2. November 1898 traf, bei Sultan Abdul Hamid II . in Istanbul am 18. Mai 1901, bei König Viktor ­Emmanuel von Italien am 23. Januar 1904 und bei Papst Pius X. zwei Tage später.210 Er konnte bedeutende jüdische Finanzmagnaten sowie die britische und die russische Regierung für seine Gedanken gewinnen.211 Wilhelm  II . versprach sich innen- und außenpoli­ tische Vorteile von einer deutschen Förderung des jüdischen Staates, ließ aber von dem Gedanken wieder ab. Dem Sultan ging es um finanzielle Vorteile, darunter die Tilgung der türkischen Schulden bei europäischen Gläubigern, er suchte Herzl gegen den französischen Finanzier Maurice Rouvier auszuspielen, doch war und blieb er ein entschiedener Gegner der jüdischen Siedlung in Palästina.212 Vor dem Hintergrund starker Zuwanderung von Juden aus Osteuropa setzte die britische Regierung 1902 die »Royal Commission on Alien Immigration« ein, die den Zuzug untersuchen sollte.213 Die Kommission hatte den Auftrag,

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zu untersuchen – 1. Art und Umfang der Mißstände, die der unbeschränkten Einwanderung von Ausländern, besonders in der Metropole, zugeschrieben werden; 2. Die Maßnahmen, die in fremden Staaten und in den britischen Kolonien zur Beschränkung und Kontrolle der Ausländereinwanderung eingeführt wurden.214

Die Verhandlungen der Kommission bezogen sich fast ausschließlich auf die Umstände und Auswirkungen der jüdischen Einwanderung aus Russland und Polen. Dies war insofern unvermeidlich, als diese jüdischen Einwanderer andere Gruppen wie Italiener, Deutsche und Franzosen an Zahl weit übertrafen. Zudem hatte ihr Zuzug zu den als belastend empfundenen Veränderungen wie überbelegtem Wohnraum, Billiglohnkonkurrenz und der Entstehung nicht-assimilierter Gruppen innerhalb der Bevölkerung geführt.215 Die Kommission empfahl, die »Einwanderung bestimmter Ausländerkategorien« unter staatliche Kontrolle zu stellen und zu regulieren; zu diesen Kategorien gehörten »Unerwünschte«, nämlich Kriminelle, Prostituierte, Idioten, Verrückte, »Personen mit notorisch schlechtem Charakter« und solche, die »wahrscheinlich der öffentlichen Hand zur Last« fallen würden. Ein zu schaffendes Amt für Einwanderung und ein Schnellgericht sollten in solchen Fällen die Ausweisung verfügen können; überfüllte Wohnbezirke sollten für gesperrt erklärt und bestimmte ausländische Einschiffungshäfen entsprechend informiert werden. Die einzige deutlich gegen jüdische Einwanderer gerichtete Empfehlung bezog sich darauf, die Überfüllung von Wohnbezirken in Ost-London zu vermeiden, ohne jedoch Juden als die hauptsächlich Betroffenen zu nennen; sie war damit ebenso allgemein gehalten wie das Mandat der Kommission.216 Tatsächlich ging es in den Anhörungen und Ermittlungen der Kommission aber vor allem um die jüdischen Einwanderer. So erklärte Theodor Herzl, als Führer der Zionisten aufgefordert, vor der Kommission zu erscheinen, vor dieser am 7. Juli 1902: »Tarnen Sie es, wie Sie wollen, der Ruf nach Beschränkung der Ausländereinwanderung rührt her von der Anwesenheit einer erheblichen Anzahl Juden und dem Wunsch, dass deren Zahl nicht merklich wachse.« 217 Die in Betracht gezogenen Maßnahmen, sagte Herzl, werden aber den Strom der Einwanderung nicht oder nicht wesentlich verlangsamen, solange die verzweifelte Lage der Juden in Russland, Rumänien und Polen besteht und solange England an seiner Tradition des Asyls für Verfolgte und Unterdrückte festhält; denn die Verbrecher, Prostituierten, Idioten, Verrückten, Arbeitsscheuen oder Alkoholiker und die mit »schlechtem Charakter« machten nur eine winzige Minderheit der jüdischen Einwanderer aus. Die jüdischen Hilfsorganisationen nahmen 95 Prozent der in London ankommenden Juden in ihre Obhut, brachten sie unter, halfen ihnen über die Anfänge hinweg.218

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Die Kommissionsmitglieder Nathaniel Mayer Lord Rothschild und Sir Kenelm E. Digby unterzeichneten den Bericht der Kommission, fügten aber Memoranden mit Vorbehalten an, in denen sie auf die voraussichtliche Wirkungslosigkeit der Empfehlungen der Kommission hinwiesen. Lord Rothschild merkte weiter an, dass die Behörden auf den Mangel an Wohnraum nicht mit der Sperrung von Wohnbezirken, sondern mit dem Bau von qualitativ hochwertigen Wohnungen reagieren sollten. Die Anzahl einheimischer und zugewanderter Juden aus anderen Ländern, so Rothschild, sei in London nicht größer als 110.000, und viele der nach England kommenden Juden zögen weiter nach Amerika oder in die Provinzen. Er lehne Beschränkungen für »Unerwünschte« ab, weil sie »sicher würdige und arbeitsame Männer betreffen würden, deren Mittellosigkeit bei der Ankunft nicht bedeute, dass sie unfähig seien, sich wirtschaftlich unabhängig zu machen«.219 Als Theodor Herzl am 7. Juli 1902 vor der Kommission erschien, wies er diese auf die weltumspannende Dimension der »Jüdischen Frage« hin und brachte zwingende Argumente für die Gründung eines jüdischen Siedlungsgebietes vor. Herzl erklärte vor der Kommission: Die Lösung des jüdischen Problems ist die Anerkennung der Juden als Volk und der Erwerb einer rechtlich anerkannten Heimstatt, in die die Juden aus den Teilen der Welt, in denen sie unterdrückt sind, natürlicherweise zuwandern würden; denn dort würden sie, allein weil sie Juden sind, als Bürger ankommen und nicht als Ausländer.220

Herzls anfänglicher Plan für jüdische Siedlungen in Sinai, El Arish und Zypern war nicht als Alternative, sondern als Annäherung an Palästina gedacht; er wurde Lord Rothschild und dem Kolonialminister Joseph Chamberlain unterbreitet.221 Am 23. Oktober 1902 traf Herzl mit Chamberlain in dessen Ministerium zusammen, anschließend sprach er mit Lord Rothschild und am Nachmittag mit Außenminister Lord Lansdowne im britischen Außenamt.222 1903 bot die britische Regierung der Zionistischen Bewegung an, Juden in Britisch-Ostafrika anzusiedeln (die Rede war von »Uganda«, das in Aussicht genommene Gebiet liegt heute in Kenia).223 Damit gab die britische Regierung eine Erklärung ab, in der sie die Juden als Volk und nationale Gemeinschaft anerkannte. Es war die erste Anerkennung der Juden als Volk und Nation seitens einer Regierung. Der sechste Zionistische Kongress in Basel beschloss im August 1903, eine Kommission zur Feststellung der Möglichkeiten einer Ansiedlung nach Britisch-Ostafrika zu entsenden. Der Widerstand gegen den Ostafrika-Plan war jedoch schon vor und während des Kongresses so stark, dass

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der Plan nicht weiter verfolgt wurde. Aber eine »amtliche« Beziehung zwischen der Vertretung der Judenheit in der Welt, nun als Volk und Staatsvolk in spe anerkannt, und der britischen Regierung war hergestellt. Herzl, der am 3. Juli 1904 starb, war es gelungen, den Gedanken des jüdischen Staates in Palästina zu einem dauernden Traktandum der internationalen Politik und Diplomatie zu machen. Charles Dreyfus, Gründer der Clayton Aniline Company in Manchester und Arbeitgeber von Dr. Chaim Weizmann, befürwortete den »Uganda-Plan«, Weizmann bekämpfte ihn und befürwortete Palästina. Anfang 1906 kandidierte Arthur James Balfour bei der Unterhauswahl in Nord-Manchester. Dreyfus, Wahlkampfleiter für Balfour, war mit Weizmann befreundet und wollte, dass Balfour Weizmann von seinem »Irrtum« abbringe. Balfour seinerseits wollte einen der Juden kennenlernen, die gegen die Annahme der sogenannten »UgandaOfferte« gekämpft hatten, und Dreyfus brachte Weizmann mit Balfour zusammen. Weizmann machte großen Eindruck auf Balfour und verließ den Politiker mit Erstaunen darüber, wie wenig dieser und vermutlich andere Minister der britischen Regierung von der zionistischen Bewegung wussten. Das Gespräch hatte Weizmann auch davon überzeugt, dass das Wohlwollen der englischen Regierung für die Zionistische Bewegung längst gesichert gewesen wäre, wenn es nicht zu der fatalen vorläufigen Zustimmung zur »Uganda-Offerte« durch den Zionistischen Kongress gekommen wäre.224 David Lloyd George hatte als Anwalt die Charta für die jüdische Siedlung in Ostafrika (»Uganda«) zu der Zeit entworfen, als Balfour Premierminister war.225 Als die Herstellung von Artillerie- und Gewehrpatronen 1916 in Großbritannien durch Mangel an Aceton gefährdet war, wurde Weizmann Lloyd George, nunmehr Vorsitzender des Kriegsmunitions-Komitees, als Chemiker empfohlen, der eine neue, von Enzymen bewirkte Synthese für Aceton entwickeln könnte, was Weizmann auch gelang. Als Lloyd George ihm danken und ihn für eine Auszeichnung vorschlagen wollte, gab Weizmann ihm zu verstehen, Großbritannien solle stattdessen etwas für das jüdische Volk tun und für die Schaffung einer nationalen Heimstätte in Palästina für die Juden sorgen. Nachdem Lloyd George am 7. Dezember 1916 Premierminister geworden war, besprach er das Anliegen mit Außenminister Balfour. Die britische Regierung bemühte sich damals um Unterstützung durch die Juden in neutralen Staaten, besonders in Amerika. Anfang 1917 hoffte sie, Russland nach der FebruarRevolution und dem Sturz des Zaren in der Allianz gegen die Mittelmächte Deutschland, Österreich-Ungarn und das Osmanische Reich zu halten, und man meinte in London, eine Erklärung zugunsten der Ansiedlung der Juden in

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Palästina würde deren pazifistische Propaganda in Russland dämpfen. In Amerika, so hoffte man weiter, würde eine solche Erklärung die dortige öffentliche Meinung zugunsten eines amerikanischen Kriegseintritts auf der Seite Großbritanniens beeinflussen. Am 13. Juni 1917 teilte Weizmann durch Sir Ronald Graham dem britischen Außenamt mit, dass die deutsche Regierung mit allen Mitteln versuche, die Zionisten zu einer Friedenskampagne zu gebrauchen, weshalb eine britische Erklärung zugunsten der Zionisten und der Ansiedlung in Palästina dringend geboten sei. So kam es zur »Balfour Declaration«, in der Großbritannien eine »nationale Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk« befürwortete.226 Chaim Weizmann gilt als Hauptarchitekt des Bündnisses der zionistischen Bewegung mit dem Vereinigten Königreich.227 Die Kriegsziele der Alliierten und Assoziierten Mächte im Ersten Weltkrieg sahen die Auflösung des mit Deutschland und Österreich-Ungarn verbündeten Osmanischen Reiches vor. So konnten sie nach ihrem Sieg über das zum Osmanischen Reich zählende Palästina verfügen. Großbritannien beanspruchte Palästina aus verschiedenen Gründen, auch aus geopolitischen Interessen in der Region, als Mandatsgebiet des Völkerbundes und erhielt es nach dem Ende des Ersten Weltkrieges. Der folgenreichste Grund dafür war eben die Absicht, die Errichtung einer »nationale[n] Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk« zu fördern. Für ihre Erklärung zugunsten dieser nationalen Heimstätte, die »Balfour Declaration«, hatte die britische Regierung die Form eines Briefes des Außenministers Arthur James Balfour vom 2. November 1917 an Baron Walter Rothschild gewählt, worin es hieß, die Regierung Seiner Majestät steht der Gründung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk wohlwollend gegenüber und wird die Verwirklichung nach besten Kräften anstreben, wobei sich versteht, dass nichts geschehen werde, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nicht-jüdischer Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status, den Juden in irgend einem anderen Land genießen, präjudizieren könnte.228

Der Friedensvertrag von Sèvres mit der Türkei vom 10. August 1920 bestimmte, dass die Mandatsmacht für Palästina »verantwortlich« sei für die Verwirklichung der Erklärung der britischen Regierung vom 2. November 1917, also der »Balfour Declaration«, welche sich auch die mit dem Vereinigten Königreich verbündeten Mächte zu eigen gemacht haben. Die britische Regierung und ihre Verbündeten, hieß es im Vertrag von Sèvres, haben sich »zugunsten der Errichtung einer nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk« erklärt. Jedoch werde, lautete es im Vertrag weiter, »nichts geschehen, was die bürgerlichen und

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politischen Rechte der bestehenden nicht-jüdischen Gemeinschaften in Palästina oder die Rechte und den politischen Status, den Juden in irgend einem anderen Land genießen, präjudizieren könnte«. Der Friedensvertrag vermied ebenso wie die »Balfour Declaration« den Begriff eines jüdischen Staates.229 Ein weiterer Schritt zu einer internationalen Regelung war eine Anregung, die Präsident Woodrow Wilson während der Pariser Friedenskonferenz aufnahm. Am 15. März 1919 gründeten Vertreter jüdischer Gemeinden aus Osteuropa das »Comité des Délégations Juives auprès de la Conférence de la Paix«. Das Komitee unterbreitete der Friedenskonferenz in Paris die von Israel Cohen verfasste Schrift A Report on the Pogroms in Poland und eine Denkschrift von Léo Motzkin mit dem Titel »Les Droits Nationaux des Juifs en Europe O ­ rientale«. Motzkin schrieb, dass etwa 6.500.000 Juden in dem Gebiet lebten, das seit dem Wiener Kongress von 1815 Polen hieß (Kongress-Polen), 2.250.000 in Österreich-Ungarn, 240.000 in Rumänien und 9.000.000 im Osmanischen Reich, in Griechenland, Bulgarien »etc.«. Als Motzkin gegen Ende des Ersten Weltkriegs seine Denkschrift verfasste, gab es keine zuverlässigen demographischen Statistiken, seine Zahlen waren Schätzungen.230 Die besten gegenwärtig zugänglichen Schätzungen betragen für Polen im Jahr 1921 rund 2.845.300 Juden; für Österreich-Ungarn 667.062 Juden im Jahr 1910; für Österreich 128.859 Juden im Jahr 1925; für Rumänien 756.900 Juden im Jahr 1930; für Griechenland 10.000 Juden vor 1914; für Bulgarien 43.232 Juden im Jahr 1920; das Osmanische Reich zählte mindestens 187.073 Juden im Jahr 1914 (da die Juden steuerlichen Nachteilen unterlagen, schätzt man die tatsächliche Zahl auf 220.000).231 Der Bericht des Komitees schloss: In Anbetracht der ungewöhnlichen Lage der Juden in den Ländern, in denen sie unterdrückt sind, sowie ihrer Zerstreuung in der Welt, was sie hindert, in irgendeinem Land eine Mehrheit zu bilden, empfiehlt es sich, den fünfzehn Millionen Juden eine Teilnahme [participation] am Völkerbund zu gewährleisten. Diese Teilnahme muss mit der Anerkennung der nationalen Gemeinschaft des Judentums verbunden sein.

Ein aus allgemeinen Wahlen der Juden hervorgegangener Jüdischer Weltkongress (Congrès juif mondial) werde Delegierte wählen, die die Juden im Völkerbund vertreten.232 Am Vormittag des 1. Mai 1919 um 11 Uhr, in einer Sitzung der »Großen Drei« – Ministerpräsident George Clemenceau, Präsident Woodrow Wilson und Premierminister David Lloyd George –, griff der amerikanische Präsident unter den Problemen, die den Frieden in der Welt störten, die Verfolgung der

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Juden auf: »Un des éléments qui troublent la paix du monde est la persécution des Juifs.« 233 In Polen wurden die Juden übel behandelt, und in Rumänien waren ihnen die Bürgerrechte entzogen. Wilson wies auf eine Möglichkeit der Einwirkung hin: »Im Vertrag mit Deutschland legen wir Bedingungen für Polen fest« (»in the treaty with Germany, we stipulate concerning Poland«).234 Auf künftig polnischem Gebiet lebten Millionen Deutsche, Österreicher, Ungarn und Russen; Schutzbestimmungen für die nationalen (ethnischen) und religiösen Minderheiten waren daher nötig. Lloyd George meinte aber, die Juden wollten einen Staat im Staate bilden und nichts werde gefährlicher sein. Wilson schlug die Bildung eines Expertenausschusses vor, der die nötigen Klauseln formulieren solle, und die »Großen Drei« einigten sich, dass entsprechende Klauseln in die zu unterzeichnenden Verträge aufgenommen würden.235 Die »Kommission für neue Staaten und für Minderheitenschutz« wurde am 1. Mai 1919 »aus dem Schoße der Friedenskonferenz« gebildet.236 Polen, die Tschechoslowakei, Rumänien, Griechenland, Österreich, Bulgarien, Ungarn und die Türkei mussten sich verpflichten, »ethnischen, rassischen und religiösen Minderheiten« innerhalb ihrer Staaten Schutz zu gewähren. Deutschland musste den Oberschlesien betreffenden Anordnungen zustimmen.237 Die Artikel 86 und 93 des Friedensvertrags mit Deutschland sahen vor, dass die Tschechoslowakei und Polen in einem künftigen Vertrag mit den Alliierten und Assoziierten Mächten Bestimmungen zum Schutz der Interessen »nationaler«, sprachlicher und religiöser Minderheiten akzeptieren müssten.238 Am 28. Juni 1919 unterzeichneten die Repräsentanten der Zweiten Republik Polen – unter Protest – einen Friedensvertrag mit den Vereinigten Staaten, dem Vereinigten Königreich, Frankreich, Italien und Japan, in dem die ersten zwölf Artikel die Rechte der Minderheiten in Polen festlegten.239 Sowohl Assimilationisten wie Zionisten unter den Juden waren unzufrieden. Auch die deutschen Zionisten lehnten einen nationalen Minderheitenstatus mit fest umrissenen Bürgerrechten, ein Sonderrecht für Juden, ab.240 In den nun polnischen Gebieten fürchteten dort ansässige, bisher deutsche, österreichische, ungarische und russische Staatsangehörige sowie Juden gleich welcher Staatsangehörigkeit ebenso wie während des Krieges Geflohene und Soldaten der im Weltkrieg kämpfenden Streitkräfte, dass sie enteignet und aus den Polen zugeschlagenen Gebieten ausgewiesen würden. Nach den 1919 festgelegten Minderheitenschutzbestimmungen wurden bisher deutsche, österreichische, ungarische und russische Staatsangehörige, die in nunmehr polnischen Gebieten ihren »gewöhnlichen Aufenthalt« hatten, ipso facto und ohne Formalitäten polnische Staatsangehörige.241 Russische Juden und Deutsche

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sahen sich benachteiligt. Zwar wurde rassischen, religiösen und sprachlichen Minderheiten kulturelle Eigenständigkeit sowie der Gebrauch der eigenen Sprache vor Gericht, in ihren eigenen, selbst finanzierten Schulen und sonstigen Einrichtungen zugestanden, aber die Forderung nach ethnisch-kultureller Autonomie wurde nicht erfüllt, und die Wirklichkeit entsprach oft auch nicht dem Vertragstext.242 Kamen Beschwerden von Minderheiten an den zuständigen Völkerbundsrat, favorisierte dieser eher die »neuen« Staaten gegenüber ihren Minderheiten. Auch als Deutschland dem Völkerbund beigetreten war, wurde deutschen Beschwerden zugunsten deutscher Minderheiten in Polen keine Genugtuung zuteil, England und Frankreich wehrten den deutschen Vorschlag ab, der Völkerbund möge zugunsten der Minderheiten mehr Tätigkeit entfalten.243 Hitler war seit 30. Januar 1933 mehr an der Beraubung und Vertreibung der Juden interessiert als am Schutz deutscher Minderheiten im Ausland.244 Am 26. Januar 1934 schloss Deutschland mit Polen einen Nichtangriffspakt; Polen kündigte am 13. September 1934 den Minderheitenschutzvertrag.245 Hitlers spätere Auftritte zugunsten verfolgter deutscher Minderheiten in der Tschechoslowakei und in Polen waren Vorwände, um diese Staaten mit Krieg zu überziehen. Als er 1939 für den Fall des Krieges mit Frankreich und England seine Südflanke absichern musste, gab er das österreichisch-deutsche Südtirol an Italien preis und ordnete an, die Südtiroler umzusiedeln, also aus ihrer Heimat zu vertreiben.246 Zwölf Tage nach der Verkündigung des deutschen Gesetzes vom 14. Juli 1933 zum Widerruf von Einbürgerungen und zum Entzug der Staatsangehörigkeit brachte der britische Unterhausabgeordnete Oliver Locker-Lampson eine Gesetzesvorlage ein, die für außerhalb des britischen Reiches wohnende Juden den Erwerb der britischen Staatsangehörigkeit erleichtern sollte. Locker-Lampson setzte sich in seiner Rede zur Einführung der Vorlage für die deutschen Juden ein, die nach dem Weltkrieg als deutsche Patrioten von England eine faire Behandlung für Deutschland gefordert hätten und nun vertrieben würden. Der ersten Lesung am 26. Juli 1933 folgte jedoch nichts mehr, die Vorlage ist nicht einmal in den Drucksachen des Unterhauses erschienen.247 Als nach dem »Anschluss« Österreichs an Deutschland im März 1938 eine große Anzahl jüdischer Flüchtlinge im Ausland Aufnahme suchte, wurde im britischen Unterhaus die Frage gestellt, ob österreichischen Bürgern, die »einige Zeit« im Vereinigten Königreich gewohnt hatten, die sofortige Einbürgerung gewährt werden könne. Innenminister Sir Samuel Hoare sprach in seiner Antwort am 22. März von nötigen Kontrollen und der zu erwartenden Verschärfung der Arbeitslosigkeit, des Wohnungsmangels und anderer sozialer Probleme, wollte

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aber, »soweit durchführbar«, Asyl bieten, nur ohne den Eindruck zu erwecken, die Tür stände offen für Immigranten aller Art.248 Seit Hitlers Ernennung zum Reichskanzler war die Judenfeindschaft kaum irgendwo so extrem, brutal, öffentlich und staatlich gefördert wie in Deutschland. Nur wenige Beobachter konnten die grauenhafte Entwicklung jedoch damals voraussehen. Einer war James G. McDonald, der schon 1933 sagte, im Fall eines Krieges werde es zum Massenmord an den Juden kommen.249 Er setzte sich zwar mit der größten Energie dafür ein, das Los der Juden zu mildern, fand aber fast nirgends den politischen Willen zu mehr als bloßen Worten, geschweige denn die nötige Verbindung von politischem Willen mit materiellen Mitteln und Möglichkeiten. Nachdem die Völkerbundsversammlung und der Völkerbundsrat James G. McDonald am 12. bzw. 26. Oktober 1933 nach monatelangen Beratungen zum »Hohen Kommissar für Flüchtlinge aus Deutschland« – ohne Budget, ohne Finanzierung seitens des Völkerbunds – ernannt hatten, blieb der Hohe Kommissar von Beiträgen privater Organisationen abhängig. Der Generalsekretär des Völkerbunds, Joseph Avenol, bestimmte jedoch, dass private Organisationen den Hohen Kommissar nur beraten durften. Jeder Anschein, als sei die Hohe Kommission eine jüdische Einrichtung, würde ihre Wirksamkeit kompromittieren, besonders in ihren etwaigen Beziehungen zum Deutschen Reich, und sollte daher vermieden werden.250 Die Völkerbundsversammlung und der Völkerbundsrat setzten McDonalds Tätigkeit weitere strenge Grenzen: Er durfte sich nur für Flüchtlinge einsetzen, die Deutschland schon verlassen hatten; er durfte weder der Völkerbundsversammlung noch dem Völkerbundsrat, sondern nur dem seiner Kommission beigeordneten Verwaltungsrat berichten, der aus Vertretern der Aufenthaltsstaaten und der in Betracht kommenden Wohltätigkeitsvereine zusammengesetzt war. Ferner durfte er das Deutsche Reich nicht kritisieren und nicht öffentlich über die Ursache des Flüchtlingsproblems ­sprechen. Die deutsche Regierung lehnte den Kontakt mit der Kommission ab.251 Am 3. November 1933 erklärte McDonald am Vorabend seiner Abreise nach Europa in New York vor einer Gruppe des amerikanischen Federal Council of Churches seine Lage: Was in Deutschland geschieht, ist etwas so Furchtbares, so Erschütterndes, dass es schwer ist, einem, der nicht selbst dort war, eine annähernd angemessene Vorstellung davon zu geben […] Man muss sich in brutaler, kalter, verächtlicher Weise ausdrücken, um die Haltung der Nazis gegenüber den Juden zu verdeutlichen […] Wichtig ist aber, dass das, was heute in Deutschland vor sich geht, nächste Woche oder nächsten Monat in Österreich geschehen kann. Und wenn diese Dinge

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in Deutschland und Österreich zur Regel werden und eine solche Politik im ganzen Erfolg hat, dann, denke ich, wird es für die Juden überall auf dem Erdteil zwischen Frankreich und Russland unmöglich werden zu leben. Selbst in unserem eigenen Land sehen wir von Zeit zu Zeit Anzeichen von Vorurteilen, welche die Konservativsten unter uns beunruhigen dürften.252

Die britische Regierung verwehrte der Hohen Kommission jeglichen Einfluss in Palästina. Weder der Völkerbund noch die Staaten, in denen die Flüchtlinge Aufnahme suchten, waren bereit, sich der »Jüdischen Frage« effektiv anzunehmen.253 Am 12. November 1933 sprach McDonald in Genf gegenüber Chaim Weizmann von seinem Grauen angesichts der Haltung der Nazis und von seiner »Befürchtung, dass ihrem Beispiel anderswo gefolgt würde«.254 Weizmann antwortete ihm, er sei überzeugt, dass die Gefahr für das Weltjudentum ganz so ernst sei, wie ich dächte; dass unmittelbare Gefahr in Polen in dem Augenblick bestehe, in dem Piłsudski nicht mehr da sei, und dass auch in Österreich und in Ungarn und in Rumänien Gefahr drohe. Selbst in Großbritannien, in den Vereinigten Staaten und in Frankreich könne es keine wirkliche Sicherheit für die Zukunft geben. Die Juden hätten immer durch die Überreste ihrer Rasse überlebt und müssten es vielleicht wieder tun. Trotz dieser offensichtlichen Gefahren hätten die meisten der wohlhabenden Juden im Westen keinerlei Begriff von der wirklichen Lage.255

Im April 1934 bestätigte der Vertreter Polens im Direktorium 256 der »Hohen Kommission für Flüchtlinge aus Deutschland«, Withold Chodzko, gegenüber McDonald, was Weizmann über die Gefahr für die Juden in Polen gesagt hatte.257 Nach Gesprächen im April 1934 mit jüdischen Führern, Diplomaten und Vertretern der Regierungen in London, Paris, Wien, Prag und Warschau sowie des Völkerbundes in Genf, sandte McDonald folgendes Telegramm an die American Foreign Policy Association: Überall Paris Wien Prag Warschau überwältigende Beweise zwingende Notwendigkeit Korporation grosszügigen Masses stop Lage im Fluss fordert Taten stop wünschte Ihre Kollegen könnten gegenwärtige Tragödie sehen und Gefahr Katastrophe erfassen.258

7 |  KOMMUNALEBENE Als am 1. April 1933 Schlägertrupps der SA die Juden in Leipzig misshandelten, erschien Oberbürgermeister Goerdeler im feierlichen Anzug zusammen mit seinem Stellvertreter, dem Zweiten Bürgermeister Ewald Löser, in einem jüdischen Viertel der Stadt, dem Brühl, und schützte Juden und ihre PelzwarenGeschäfte, wie der Augenzeuge Henry Rosedale berichtet: soviel ich mich erinnern kann, kam Ihr Herr Vater einen Tag nach dem Juden-Boykott im schwarzen Anzug, vielleicht auch Gehrock (es ist nun zu lange für meine Erinnerungen) mit Zylinder auf den Leipziger Bruehl und besuchte einige jüdische Rauchwaren (Pelzgroßhändler)-Geschäfte, um damit seinen Abscheu auszudrücken.259

Er setzte die städtische Polizei zur Befreiung von Juden ein, die die SA festgenommen hatte.260 Hermann Scharf berichtet: Gleich zu Anfang des Jahres 1933 wurde ich von der SA verhaftet und in die Volkszeitung geschleppt, welche von der SA Hamburg besetzt war. Kommunisten und Juden wurden misshandelt und geschlagen. Am dritten Tag kam der Oberbürgermeister Dr. Goerdeler mit vier Polizisten und holte uns heraus. Ich wurde auf eine Polizeiwache gebracht und musste ein Protokoll unterschreiben, das besagte, dass ich den ›Führer‹ beleidigt hatte. Darauf stand die Todesstrafe. Der Polizeiwachtmeister empfahl mir, Leipzig für einige Zeit zu verlassen. Ich war dann vier Wochen in Halle versteckt. Dr. Goerdeler hat mir das Leben gerettet.261

Im selben Monat begann die Reichsregierung, antijüdische Gesetze und ganze Bündel antijüdischer Verordnungen zu erlassen, von denen teils schon die Rede war, darunter das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April, das Juden von allen Ebenen der Regierung und Verwaltung ausschloss, auch von der Lehre und Forschung, von der Lehrtätigkeit an Primarschulen, Sekundarschulen, Hochschulen, Universitäten und Akademien. Ausnahmen galten lediglich für Beamte, die vor oder seit dem 1. August 1914 schon Beamte waren, sowie für Veteranen des Weltkriegs und die Söhne oder Väter im Weltkrieg gefallener Väter oder Söhne.262 Am 6. September 1933 nahm die von den nazifreundlichen »Deutschen Christen« und Teilnehmern in SAUniformen dominierte preußische und Reichs-Synode (»braune Synode«) den § 3 des Gesetzes, den »Arierparagraphen«, als Kirchengesetz zur Anwendung auf Kleriker und Beamte der Kirche an, andere Landeskirchen folgten.263 Wie

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Reichsinnenminister Frick in der Deutschen Juristen-Zeitung vom 1. Januar 1934 schrieb, »ergaben sich auf diesem Gebiet bald schwerwiegende Bedenken dogmatischer Art« sowie auch »rechtliche Zweifel«, da weder das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« vom 7. April 1933 noch das Beamtengesetz vom 30. Juni 1933 die Anwendung eines »Arierparagraphen« in den Religionsgemeinschaften verlangten. Der Vollzug des von der »braunen Synode« beschlossenen »Arierparagraphen« wurde dann durch das »Gesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Beamten der Landeskirchen« vom 16. November 1933 ausgesetzt, und das vorläufige Kirchengesetz der deutschen Evangelischen Kirche vom 8. Dezember 1933 enthält keinen Arierparagraphen.264 Eine Verordnung schloss »nicht-arische« Kassenärzte, die weder Weltkriegsveteranen noch Söhne oder Väter im Weltkrieg gefallener deutscher Juden waren, von der kassenärztlichen Praxis aus.265 Im Mai 1934 wurden Ärzte mit auch nur einem jüdischen Großelternteil sowie nicht-jüdische Ärzte, wenn sie mit einem nicht-arischen Partner verheiratet waren, von der Approbation als Kassenärzte ausgeschlossen; früher approbierte Ärzte waren davon ausgenommen.266 Das »Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens« vom 3. Juli 1934 ordnete die Einrichtung von Gesundheitsämtern in Stadt- und Landkreisen an, einschließlich Einrichtungen zur »Erb- und Rassenpflege«. Goerdeler machte in seiner Neujahrsansprache vor den Stadtverordneten und dem Rat am 30. Januar 1935 deutlich, dass es die Reichsgesetzgebung war, welche die Stadt zur Eingliederung eines »Rasseamts« in das städtische Gesundheitsamt zwang. Es ging um den Frieden in der Stadtregierung: Die neuen Reichsorganisationen […] bringen es mit sich, daß der ortsgebundene Behauptungswille – selbstverständlich stets bereit, sich in große, tragende Richtlinien einzugliedern – sich nur segensreich entfalten kann, wenn am Ort nicht eine Zersplitterung der Aufgaben und ein Kampf zwischen Personen stattfindet.

Das war ein Hinweis auf die Meinungsverschiedenheiten in der »Jüdischen Frage« zwischen Oberbürgermeister Goerdeler und dem Nachfolger Lösers als Zweiter Bürgermeister, dem Nationalsozialisten und »Alten Kämpfer« (NSDAPMitglied seit 1922) Rudolf Haake. Goerdeler äußerte seinen oben zitierten Standpunkt noch einmal bei der Vorstellung der Deutschen Gemeindeordnung, die an diesem Tag verkündet wurde: Wenn einmal die Entscheidung gefallen sei, habe man die Pflicht, sich einzuordnen.267 Am 9. April 1935 ging bei Goerdeler eine Beschwerde des Landesverbands Mitteldeutschland des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen

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Glaubens e. V. gegen Haake ein, weil dieser allen städtischen Beamten und Angestellten die Konsultation jüdischer Ärzte untersagt habe; Haake habe erklärt, es sei »unmoralisch, wenn ein Beamter zu einem jüdischen Arzt geht«, und Zuwiderhandelnden mit Disziplinarmaßnahmen gedroht.268 Goerdeler schritt sofort gegen diesen ungesetzlichen Boykott ein. Am 11. April unterzeichnete er eine Liste derjenigen »nicht-arischen« Ärzte, denen das Gesetz die Tätigkeit als Kassenärzte nicht untersagte, und gab die Liste in den Umlauf der städtischen Verwaltung.269 Er konnte das Gesetz nicht außer Kraft setzen, aber wenigstens einen Teil der Ärzte in ihrem Recht gegenüber Haakes widerrechtlicher Willkür schützen. Schon 1933 war für Juden in einigen Städten (zum Beispiel Tübingen, Plauen, Nürnberg, Erlangen, München) der Zugang zu öffentlichen Bädern, Sporteinrichtungen, Bibliotheken, Archiven und Krankenhäusern eingeschränkt worden.270 Aus den Akten des Leipziger Stadtarchivs geht hervor, dass Juden in Leipzig der Zutritt zu öffentlichen Bädern seit Juli 1935 verwehrt war und das durch die Regierung nicht sanktionierte Vorgehen in Leipzig auf Bürgermeister Haake zurückging, der in dieser Frage federführend auftrat. Auf einen Einspruch gegen das Verbot der Benützung städtischer Bäder für Juden antwortete er am 19. August 1935 in der ersten Person: »ich habe die Berechtigung des Verlangens« nach dem Verbot anerkannt, und den »Einspruch weise ich hiermit zurück«. Auf eine Beschwerde, dass Juden im Germaniabad baden, reagierte er am 2. Juli 1936 mit dem Hinweis, dass dieses Bad nicht der Stadt gehöre und er »auch keine Möglichkeit [habe], auf die Eigentümer des Bades einzuwirken«.271 Bald darauf teilte ein Wirtschaftsfachberater der Gauleitung Haake mit, »von Berlin aus und vom Reichswirtschaftsberater Köhler wären schwere Bedenken gegen das erfolgte Verbot der Bäder für Juden ausgesprochen worden«, im Ausland nutze man es zur Propaganda gegen die Leipziger Messe. Haake antwortete, das Verbot nun zurückzuziehen sei zwecklos, »da die Propaganda nun bereits im Ausland vor sich gegangen« sei und keine ausländische Zeitung über eine etwaige Aufhebung des Verbots berichten würde. Haake führte 1935 und 1936 diese Korrespondenzen allein und war offensichtlich der Initiator des Verbotes.272 Die letzte Verantwortung lag jedoch bei Goerdeler, obwohl sein Name in der Sache erst in seiner Antwort vom 19. September 1936 auf eine Anfrage des Deutschen Gemeindetages in Erscheinung tritt.273 Goerdeler schrieb, in der dritten Person passiv, seit Juli 1935 werde Juden der Zutritt zu den städtischen Schwimmbädern, Hallenbädern und anderen städtischen Badeeinrichtungen nicht mehr gewährt. Hjalmar Schacht hatte bei der oben skizzierten Chefbesprechung über die antijüdische Politik am 20. August 1935 erklärt, dass für ihn das in Leipzig 1935

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erlassene Badeverbot für Juden unverständlich sei. Wenn man von den Juden auf der Leipziger Messe Aufträge für die deutsche Industrie erwarte, müsse man ihnen zumindest Gelegenheit geben, irgendwo zu baden.274 Vorgänge im Spätsommer 1936 können, wie unten zu sehen sein wird, ­Goerdelers zurückhaltenden Ton in seiner Antwort auf die Anfrage des Deutschen Gemeindetages erklären. Die Antwort erging am 19. September 1936, zwei Tage nachdem Goerdeler Göring die angeforderte lange Denkschrift zur Lage der Wirtschaft eingereicht hatte.275 Goerdeler wurde in den großen Fragen der Zeit immer noch von der Reichsregierung konsultiert. Von einem NachAuschwitz-Standpunkt aus möchte man wohl wünschen, Goerdeler hätte sich in der Bädersache deutlich gegen Haakes Vorgehen verwahrt; doch sind seine Überlegungen hierzu nicht bekannt, die Akten ergeben nur, dass Haake hier wort- und federführend agierte und dass Goerdeler sich nicht öffentlich gegen das Verbot stellte. Vielleicht wollte Goerdeler für seinen schon 1933 erwogenen Rücktritt als Oberbürgermeister einen Anlass mit größerer öffentlicher Wirkung wählen.276 Allerdings schließen Goerdelers Empörung über die Beseitigung des Mendelssohn-Denkmals hinter seinem Rücken, die Spontaneität seiner Reaktionen und seine ganze Persönlichkeit eine berechnende Inszenierung eher aus. Vermutungen führen hier nicht weiter.277 Sicher ist aber, dass er noch hoffte, die Wirtschaftspolitik und die gegen die Juden gerichtete Politik der Regierung zu beeinflussen. Er sah seine Rolle damals noch als die eines Staatsdieners und Angehörigen einer loyalen Opposition. Seine scheinbar konforme Mitarbeit in der Regierung ermöglichte es ihm, Forderungen vorzubringen. Die Morde an den SAFührern, dem Vorgänger Hitlers als Reichskanzler, Generalleutnant a. D. Kurt von Schleicher, dessen Mitarbeiter Generalmajor a. D. Ferdinand von Bredow und zwei Mitarbeitern des Vizekanzlers, Herbert von Bose und Edgar Jung,278 hinderten Goerdeler nicht, deutliche Kritik an der Politik der Regierung zu üben. Da andere Motive nicht belegt sind als die in Goerdelers später 279 noch zu behandelnden Willensäußerungen, sind diese zu akzeptieren.

8 | DENKSCHRIFT 1934 In seiner Denkschrift vom Sommer 1934 begrüßte Goerdeler die »Beseitigung der Parteiherrschaft in Deutschland« und ihren Ersatz durch »die Verschmelzung von Partei und Staat«.280 Innen- und Außenpolitik verfolgten dasselbe Ziel: »Macht, Wohlfahrt, Ehre«. Deshalb seien »alle Schritte auf dem Gebiet der Innenpolitik auf ihre Wirkungen nach außen auf das sorgfältigste zu prüfen«, und deshalb sei es unzweckmäßig, dass die Außenpolitik von verschiedenen Stellen betrieben werde, nämlich vom Auswärtigen Amt und vom Propagandaministerium. Goerdeler forderte an erster Stelle »die Sicherung der Autorität des Staates, die Herstellung einer einfachen, billigen und zuverlässigen Verwaltung«, eine allmähliche Senkung der Steuern und »die möglichst weit zu treibende Umstellung öffentlicher Ausgaben auf Wehrhaftmachung«, schließlich die Behebung der Rohstoffknappheit (er nannte »pflanzliche Rohöle«, Kupfer, Wolle, Baumwolle, Kautschuk) mithilfe durch Export finanzierten Imports.281 Die »Wiederherstellung eines gewissen Maßes von Vertrauen in der Welt« sei Voraussetzung, um die Währungsfrage in Ordnung zu bringen. Ferner seien die deutschen Preise zu hoch.282 Unter dem Leitsatz, »daß das deutsche Volk um die Sicherung seiner Existenz kämpfen muß«, erörterte Goerdeler die Lage zwischen Deutschland und Polen: »Das von seiner Ostmark getrennte Deutschland kann überhaupt unter vernünftigen Bedingungen nicht leben; der Korridor ist ein Pfahl im Fleische seiner Wirtschaft und seiner Ehre.« 283 Die Präventivkriegskrise von 1933 war in frischer Erinnerung.284 Den deutsch-polnischen Nichtangriffspakt vom 26. Januar 1934 charakterisierte Goerdeler als fragwürdig: »auf Polen ist gar kein Verlaß«, Polen bleibe hinter den Kulissen mit Frankreich verbunden und gehe in raffinierter Weise gegen das Deutschtum vor, wie der Blick in die polnischen Zeitungen der letzten Monate lehre. Ausführlich ließ sich Goerdeler auf mehreren Seiten über die Sicherung des Deutschtums besonders in Danzig und im Osten aus, über Zugeständnisse gegenüber Polen, die, wie er annehme, nur zur Abschirmung der Aufrüstung gemacht würden. Keines der infolge des »Diktats von Versailles« umstrittenen Gebiete, in denen das Deutschtum »widerstandsfähig und geschlossen« gehalten werden müsse, »darf aufgegeben werden«. Doch dürfe man »das letzte Ziel« nicht gefährden und dazu sei eine straffe »Zusammenfassung der innen- und außenpolitischen Betätigung« nötig.285 Bismarck habe darauf hingewiesen, dass Deutschland durch seine zentrale Lage genötigt sei, »alle Schritte auf dem Gebiet der Innenpolitik auf ihre Wirkungen nach außen auf das sorgfältigste zu prüfen«. So, mit dem Argument

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der Abhängigkeit außenpolitischer Ziele von der Innenpolitik, kam er auf die »Rassenpolitik« und die Kirchenpolitik zu sprechen: Immer wieder wird von Männern, die Erfahrungen im Auslande sammeln und denen man ein Urteil zutrauen kann, darauf hingewiesen, daß es notwendig ist, die deutsche Rassenpolitik zu konsolidieren. Das, was das Gesetz festgelegt hat, wird verständigerweise im Auslande als Selbstschutz kaum beanstandet werden, wenn in diesem Rahmen sich nunmehr alles unter eiserner Disziplin und unter Vermeidung von Ausartungen und Kleinlichkeiten vollzieht. Wird diese Grenze verletzt, so werden wir nur zu immer größeren Konzessionen genötigt sein. Auf dem Gebiete des Sportwesens glaube ich, solche bereits sehen zu müssen.286

Nachdem Goerdeler als Kritik die Stimmen anonym bleibender Männer mit Erfahrungen im Ausland zitiert hatte, identifizierte er sich in den beiden nächsten Sätzen mit der Forderung nach »Konsolidierung« der deutschen Rassenpolitik. Er verwendete Deutschlands Beurteilung im Ausland als Hebel für eine ethisch vertretbare Politik. Seine Einschätzung, gesetzlich festgelegte und vernünftig angewandte Maßnahmen des Staates würden im Ausland kaum beanstandet werden, war sicher richtig, und er fand sie in den folgenden Jahren besonders in Großbritannien bestätigt.287 Unmittelbar anschließend ironisierte er die Rassenpolitik und was er als Zugeständnisse bezeichnete: Wenn uns auf dem Gebiete der Kunst beispielsweise die Mendelssohnsche Komposition der Schöpfung nicht behagt, so sollen wir sie nicht aufführen, wir sollten aber nicht verkünden, daß sie aus rassepolitischen Gründen durch eine andere Komposition ersetzt werden müsse. Wir können uns da auch argen Schlappen aussetzen, denn es wäre ja immerhin denkbar, daß kein lebender deutscher Komponist eine bessere Komposition zustande brächte.288

Goerdeler anerkannte das souveräne Recht des Staates, seine Bürger zu definieren, ebenso wie Dietrich Bonhoeffer dies 1933 tat;289 im selben Atemzug aber verlachte er die »Rassenpolitik«. Auch für seine Forderung, keinen Zwang auf die Kirchen auszuüben, führte Goerdeler außenpolitische Gründe an. Die »Kirchenpolitik muß als ein Instrument der Machtwirkung nach außen nicht nur vom Führer gewertet werden«. Er meinte die evangelische Kirche und begrüßte, »daß der Führer Konfliktmöglichkeiten mit der katholischen Kirche ablehnt«. Goerdeler ignorierte die ständigen Verletzungen des am 20. Juli 1933 unterzeichneten Konkordats und wies darauf hin, dass Deutschland »an fast allen Grenzen von katholischen Völkern umgeben« sei, Konflikte mit der Katholischen Kirche also ebenfalls

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außenpolitische Gefahren hervorrufen würden. Auch Bismarck habe »diesen Konflikt – aus außenpolitischen Gründen nicht einmal erfolgreich – erst wagen können, als Deutschland die stärkste Macht auf dem europäischen Kontinent war«.290 Angesichts Goerdelers unzweifelhafter religiöser Bindung ist in dieser Forderung jedenfalls keine opportunistische Instrumentalisierung der Kirchenfrage zu handels- und außenpolitischen Zwecken zu sehen. Schließlich mahnte er, der Eigenart des deutschen Volkes Rechnung zu tragen, »nämlich seinem untrüglichen Empfinden für Rechtlichkeit und seinem im letzten Ende unerschütterlichen Beharren auf der Freiheit des Gewissens«. Schlecht meinende Kritik sei abzulehnen, aber »ebenso sicher muß jeder ernsthaften, auf Erfahrung gegründeten und von heißer Liebe zum Vaterlande getragenen abweichenden Meinung eine Ausdrucksmöglichkeit gelassen werden«.291 Zu den Grundlagen der Politik gehöre auch: Die »Sicherung gewisser Grundrechte, wie des Eigentums, der Wohnung und der persönlichen Freiheit gegen jede nicht richterlich gedeckte Beeinträchtigung ist für die deutsche Art ein unerläßliches Erfordernis, um höchste Hingabe an Staat und Volk zu erzielen«.292 Auf fünf Seiten sprach Goerdeler in dieser Denkschrift, die hauptsächlich von wirtschaftlichen Fragen handelte, über »Rassenpolitik«, Kirchenpolitik, Rechtlichkeit, Freiheit des Gewissens, Grundrechte, persönliche Freiheit, Recht auf Eigentum, Recht auf Wohnung.293 Goerdeler kritisierte also mit seinen Forderungen die Politik der deutschen Regierung in ihrer grundsätzlichen Anlage. Er schrieb der Regierung zugleich ein Lehrbuch zur Verwaltung, zur Wirtschaft- und Sozialpolitik. Die damaligen Äußerungen Goerdelers oder des preußischen Finanzministers Popitz sind nach dem damaligen Gedankenbild ihrer Urheber einzuschätzen, nicht nach den Geschehnissen seit 1938 und 1941. Von dem Genozid, den Hitler erst in seinem Hauptkrieg gegen das Stalin-Regime rückhaltlos wagte, machte sich fast niemand eine Vorstellung. Nur die wenigsten, wie eben der Hohe Kommissar des Völkerbunds für Flüchtlinge aus Deutschland, James G. McDonald, waren hellsichtig genug, ein Massaker an den Juden vorauszusagen.294 Goerdeler war aber beunruhigt über die Schutzlosigkeit der Juden.

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9 | DENKSCHRIFT 1935 Mitte der 1930er-Jahre meldeten Stimmungsberichte eine verbreitete Unzufriedenheit, ja Unruhe in Deutschland angesichts der Mangelerscheinungen bei Lebensmitteln, der Teuerung und des niedrigen Lohnniveaus sowie auch des korrupten und skandalösen Verhaltens von Parteifunktionären und der Kampagnen gegen die Juden und die Kirchen.295 Am 24. Juli 1935 schrieb Reichs­ innenminister Frick an den Staatssekretär der Reichskanzlei, seit drei Monaten gebe es eine neue Preiswelle, diese wirke sich »angesichts der gleich gebliebenen Löhne sehr ungünstig auf die Stimmung der Bevölkerung und insbesondere der Arbeiterschaft« aus. Er rege an, den Sachverhalt »dem Führer und Reichskanzler vorzutragen und die staatspolitische Notwendigkeit der beschleunigten und unveränderten Annahme des von Ihnen vorgelegten Gesetzentwurfs über die Verlängerung des Amtes des Preiskommissars zu betonen«. Frick fügte mehrere Lageberichte über die Stimmung in der Bevölkerung an, zudem einen »besonders kennzeichnenden« Bericht des Oberbürgermeisters von Stuttgart, wonach gegenüber 1933 Erbsen um 71 Prozent verteuert waren, Herrenanzüge um 26 Prozent, Frauenkleider um 53 Prozent, Bettzeug um 26 Prozent; ein Gesamtindex der aufgeführten Waren erwies eine durchschnittliche Inflation von 19 Prozent in zwei Jahren. Die Ernährung hatte sich insgesamt um 51,7 Prozent verteuert, die Kosten für eine Wohnung um 17,9 Prozent, Bekleidung um 11,2 Prozent.296 Aus Recklinghausen im Regierungsbezirk Münster wurden noch höhere Preissteigerungen gemeldet, für Fleisch und Fett bzw. Öl 20 bis 30 Prozent, für Frühgemüse und Zwiebeln 150 Prozent: »Ein Eingreifen des Preiskommissars ist hier unbedingt erforderlich.« Diesen und ähnliche Berichte, die den Ernst der Lage bestätigten, schickte Frick am 5. August 1935 an die Reichskanzlei. Aus dem Regierungsbezirk Münster hieß es, »das Schlimmste« sei zu befürchten, von dort wurde die Drohung der Bergleute gemeldet, beim Ausbleiben einer Abhilfe durch Senkung der übermäßig gestiegenen Lebensmittelpreise in den Hungerstreik zu treten; von Lohnerhöhungen hielten die Bergleute nichts, sie wollten niedrigere Preise für Lebensmittel, wie es früher gewesen sei, denn »vor dem Kriege hätte der Arbeiter auch nicht mehr verdient und doch ein besseres Leben geführt«.297 Hitler verlangte daraufhin, dass ihm am 1. September genaue statistische Angaben über »die wichtigsten Waren des Lebenshaltungsindex« für die Monate Juni und August 1933, 1934 und 1935 vorgelegt werden. Der Persönliche Referent des Führers und Reichskanzlers Oberregierungsrat Dr. Willy Meerwald teilte Goerdeler, datiert Haus Alexandra in Berchtesgaden,

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19. August 1935, nach Bad Kissingen eine Abschrift des an den Präsidenten des Statistischen Reichsamtes gerichteten Schreibens aus der Reichskanzlei mit.298 Goerdeler antwortete am 22. August, die Zahlen des Reichsamtes für Statistik gäben die Wirklichkeit unvollkommen wieder, man sollte auch die Treuhänder zu kurzen Berichten über Arbeitszeit, Brutto- und Netto-Löhne und die Entwicklung der wichtigsten Preise auffordern. Meerwald reichte ­Goerdelers Schreiben an Lammers weiter. Das große »Ja!« am Rand des Schreibens stammte wahrscheinlich von Lammers. Die Besprechung der Treuhänder der Arbeit fand am 27. August statt,299 mit dem Ergebnis, dass zwar die Löhne autoritär eingefroren, die Warenpreise aber nicht stabil gehalten werden können, wenn das Warenangebot ungenügend sei, man müsse sie vielmehr »von der Versorgungsseite her« beeinflussen; doch dies erfordere Import und dafür Devisen.300 Eine Aufzeichnung für Staatssekretär Lammers vom 4. September 1935 stellte fest: »Seitdem der Preiskommissar nicht mehr tätig ist – 21. August 1935 gegen[über] 19. Juni 1935, ist der Gesamtindex der Lebenshaltungskosten um 1,5 % gestiegen und zwar bei Fleisch und Wurstwaren um etwa ½ bis 2½ %, bei Eiern um 23,4 %. Die Kartoffelpreise sind erheblich gestiegen.« 301 Lammers erbat Anfang Oktober 1935, vier Monate nach dem Ende von ­Goerdelers Mandat als Reichskommissar für Preisüberwachung, von ihm einen neuen Bericht über die wirtschaftliche Lage. Goerdeler übersandte ihn mit folgendem Begleitschreiben vom 26. Oktober 1935: »Abredegemäß überreiche ich hiermit den für den Führer und Reichskanzler gewünschten Bericht. Ich bitte, ihn dem Führer und Reichskanzler vorzulegen.« Lammers vermerkte mit dem Datum des 31. Oktober 1935 auf dem Begleitbrief: »Der Führer hat Kenntnis.« 302 Am 10. November schrieb Lammers an Goerdeler: Sehr verehrter Herr Oberbürgermeister! Der Führer und Reichskanzler läßt Ihnen für die Übersendung Ihres Berichts vom 26. Oktober 1935 über die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage [»verbindlichst« mit Tinte gestrichen] danken. Er hat von dem Bericht Kenntnis genommen.303

In seiner Denkschrift vom Sommer 1934 war Goerdeler nicht über den Rahmen der Kritik hinausgegangen, in dem auch Schacht argumentierte. Nun, und dies nach der Verkündung der »Nürnberger Gesetze«, erhöhte er den Druck in der »Jüdischen Frage«. In seiner Denkschrift vom 26. Oktober 1935 skizzierte Goerdeler, wie man der Mangelerscheinungen in der Rohstoffzufuhr und im Devisenbestand Herr werden könne: Rationierung durch Karten wäre ein zu deutliches Schwächesignal, stille Rationierung durch Anweisungen an die Einzelhändler könnten

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zwar das Hamstern hemmen, aber doch nicht auf Dauer aufrechterhalten werden, denn schließlich würden »die sozialen und damit die politischen Wirkungen unerträglich«.304 Im fortgesetzten Mangelzustand seien die Alternativen Zwangswirtschaft, Verlosung oder Preiserhöhungen: Wenn zehn Interessenten für ein Pfund Butter da seien, müsse man entweder Fünfziggrammstücke zuteilen oder den Preis so erhöhen, dass die meisten Interessenten verzichteten. Zwangswirtschaft rufe Umgehung und Übertretungen hervor. Weitere Beispiele folgten: Wenn der Bauer für 50 Kilogramm Ochsen den festgesetzten Preis von rund 50 Reichsmark erhalte, für 50 Kilogramm nicht preisreguliertes Kalb jedoch rund 70 Reichsmark, dann werde er nicht weitere sechs bis zwölf Monate Futter und Arbeit in ein Rind investieren. Nötig sei die Lockerung der »zu weit getriebene[n] Marktordnung« und der Planwirtschaft, Verringerung der Ansprüche, die an die Volkswirtschaft gestellt werden, die breite Öffnung der Wege für den Warenaustausch zwischen Deutschland und anderen Ländern – oder man müsse sich mit der zunehmenden Abschnürung Deutschlands vom Weltmarkt abfinden und »eine erhebliche Herabsetzung des Lebensstandards« in Kauf nehmen. Diese zweite Möglichkeit enthielt die schon angesprochenen und der Regierung bekannten politischen Risiken. Tatsächlich waren die Löhne für fast die Hälfte der arbeitenden Bevölkerung auf dem Stand von 1932 geblieben, somit wesentlich niedriger als 1928, unter der Armutsgrenze. Goerdeler sprach aus, vielleicht schärfer als andere, was Hitler seit 1934 immer wieder berichtet wurde und wovon der Diktator selbst »revolutionäre Zustände im Volk« befürchtete. Das Protokoll einer Kabinettssitzung vom 5. November 1934 hielt Hitlers Äußerung fest: Er habe der Arbeiterschaft sein Wort dafür gegeben, daß er keine Preiserhöhungen dulden werde. Die Lohnempfänger würden ihn, wenn er nicht gegen die Preissteigerung vorgehen würde, des Wortbruchs beschuldigen. Revolutionäre Zustände im Volk würden die weitere Folge sein. Er werde deshalb die wüsten Preistreibereien nicht gestatten.305

Goerdeler verwendete Argumente, die der politischen Linie der Regierung entgegenkamen. Er befürwortete die Rüstung prinzipiell, was, so wie er es verstand, also mit Maß und Ziel, auch seiner Überzeugung entsprach. Er bezog sich auf Hitlers »Mai-Rede 1935«, in der dieser die Grundlage für eine offene »Aussprache mit den wesentlichen Kulturstaaten über wirtschaftliche Fragen« vorbereitet und umrissen habe; oder er trat für die Kleinsiedlung gewerblicher Arbeiter ein und führte dafür außer größerer Krisenfestigkeit den »außerdem erzielbare[n] ­rassenund nationalpolitische[n] Gewinn gegenüber der Großstadt-Kaserne« an.306

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Der Zugang zum Weltmarkt und eine freiere Marktwirtschaft boten nach Goerdelers Ansicht die größeren politischen Sicherheiten. Für Deutschlands Verhältnis zum Ausland müsse jedoch, schrieb Goerdeler, »den ­Imponderabilien besondere Beachtung geschenkt werden«, was Bismarck für unerlässlich gehalten habe: »Ich glaube, daß wir die Möglichkeit, unser Haus allein nach unseren eigenen Wünschen einzurichten, bei der Enge und Verbundenheit europäischer Verhältnisse überschätzt haben.« Man müsse auf die Gebräuche anderer Rücksicht nehmen. Wenn man wisse, dass ein ehrenwerter Ausländer eine bedeutende Stelle im Logenwesen einnimmt, dann dürfe man nicht deutsche oder ausländische Logenangehörige generell als Volksfeinde behandeln. Grundprinzipien des menschlichen Zusammenlebens seien zu respektieren: Ich sehe kaum eine greifbare Möglichkeit, mit dem Auslande in ein erträgliches Verhältnis zu kommen, wenn wir nicht die Freiheit der Person und die Unantastbarkeit des Eigentums, ein Bollwerk gegen bolschewistische Verseuchung, vor solchen polizeilichen Eingriffen sicherstellen, die nicht vom Richter angeordnet oder mindestens sofort von ihm nachgeprüft werden. Die Gesetze, die die Grundlage für solche richterliche Akte bieten, mögen so scharf wie nötig sein. Aber die Grundlage ist unerläßlich. Daraus ergibt sich von selbst auch die Notwendigkeit, das Judenproblem klar und auf einer an den Imponderabilien des Auslandes nicht vorübergehenden Grundlage zu lösen.307

»Auf dieser Grundlage«, also auf der Grundlage einer »Lösung« des »Juden­ problem[s]«, die für das »Ausland« akzeptabel wäre, halte Goerdeler es für nicht schwer, mit den Kulturstaaten zu einer offenen Aussprache über wirtschaftliche Fragen zu kommen, zumal »der Führer und Reichskanzler durch die Mai-Rede 1935 die Grundlage für eine solche Fühlungnahme vorbereitet und umrissen hat«. Es wäre absurd zu behaupten, Goerdeler hätte die wirtschaftlichen Schwierigkeiten nur angeführt, um in der »Judenfrage« Druck auszuüben. Goerdeler hatte über die Wirtschaft zu berichten und Maßnahmen für einen insgesamt gesunden Zustand Deutschlands vorzuschlagen. Er argumentierte auch, dass deutsche Schwäche »für die Franzosen im Westen, für die Polen im Osten Anlaß sein kann, sich alte und neue Wünsche zu erfüllen«, nämlich den Präventivkrieg gegen Deutschland – das schien Goerdeler außerhalb jeden Zweifels.308 In den Denkschriften und im Denken Goerdelers standen 1934 und 1935 wirtschaftliche Besorgnisse im Vordergrund. Aber er versicherte, die wirtschaftliche und die äußere Politik hingen von der Änderung der Kirchen- und Judenpolitik ab. Diese gehörten zu seinen fundamentalen Anliegen. Auch in dieser Denkschrift zur wirtschaftlichen Lage schrieb er ausführlich von der Logenfrage,

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der »Judenfrage«, der Freiheit der Person, der Unantastbarkeit des Eigentums, der Wahrheit, der Gerechtigkeit.309 Er plädierte nicht für eine Änderung der Juden- und Kirchenpolitik als opportunistisch-zynische Geste, um dadurch die Wirtschaftslage zu verbessern; vielmehr plädierte er für fundamentale ethische Prinzipien. Für bloße wirtschaftliche Anliegen hätte die opportunistische Geste genügt. Die »Freiheit der Person und die Unantastbarkeit des Eigentums« waren Forderungen, deren Erfüllung auch die Juden schützen würde; denn: Aus den Grundsätzen der persönlichen Freiheit, der Unantastbarkeit des Eigentums und des Rechtsstaats »ergibt sich von selbst auch die Notwendigkeit, das Judenproblem klar und auf einer an den Imponderabilien des Auslandes nicht vorüber­ gehenden Grundlage zu lösen«. 310 In seinen Denkschriften von 1936 wurde Goerdeler noch deutlicher.

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10 |  DENKSCHRIFTEN 1936 Am 7. August 1936 ließ Göring Goerdeler brieflich auffordern, bis Mitte September ein Gutachten zur Devisen-, Rohstoff- und Währungslage vorzulegen.311 Unter dem 31. August reichte Goerdeler eine kurze Vorausfassung ein und unter dem 17. September die ausführliche. Er musste wissen, dass die Bekanntmachung eines neuen Vierjahresplanes bevorstand, kannte aber dessen Inhalt am 31. August noch nicht. So forderte er, wie er es in den Denkschriften vom 7. September 1933, vom Sommer 1934 und vom 26. Oktober 1935 getan hatte, Sparpolitik, eine Verlangsamung der Aufrüstung, fiskalische Verantwortlichkeit und die Änderung der Judenpolitik.312 Goerdeler ironisierte Pläne, die man ihn zu kommentieren gebeten hatte; diese verließen sich auf »Liebenswürdigkeiten« seitens des Auslands, die Deutschland nicht erwarten könne. Wenn ein Handelspartner einmal erfahren habe, dass er nicht den vollen Kaufpreis für seine Lieferung erhalte – was nach Schachts Neuem Plan durch Abwertung ausländischer Forderungen der Fall sein konnte –, dann werde der Außenhandel mit einer Risikoprämie belastet und der Handelspartner werde bei nächster Gelegenheit den Preis erhöhen.313 Eine Angleichung der Reichsmark an das Weltwährungssystem und damit die Abwertung der Reichsmark sei unvermeidlich, »England und Frankreich müssen allerdings eine mit ihnen vereinbarte deutsche Währungsangleichung mit ihrem überflüssigen Gold stützen«, entweder unmittelbar oder über die Bank für Internationale Zahlungen als Treuhänder.314 Doch sei die Währungsangleichung nur möglich, wenn drei Voraussetzungen erfüllt seien: erstens die Ordnung des Haushalts, zweitens die Ordnung der Schuldenwirtschaft und drittens eine Verständigung mit dem Ausland. Misslängen die ersten zwei Voraussetzungen, werde auch der Binnenmarkt zerrüttet und die Lebenshaltung der Bevölkerung gefährdet, in welchem Falle die Machtmittel (drakonische Strafen) schließlich versagen. Darauf folgte ein ganz anderer Vorstoß. Goerdeler führte eine weitere Bedingung an, ohne die für Deutschland der Versuch, »die Grundlage für eine [wirtschaftliche] Gesundung der ganzen Welt mit herbeizuführen«, scheitern würde, wie er nun ausführte: Aber eins ist sicher: England und Frankreich und jedes andere Volk der Welt werden handfeste Klarheit darüber verlangen, daß wir unsere Finanzen in Ordnung bringen und halten. […] Ich zweifle auch nicht, daß England und Frankreich gewisse Wünsche auf anderem Gebiete haben. Ich könnte

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mir denken, daß wir manche Fragen, wie z. B. die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage, in eine gewisse größere Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen anderer Völker werden bringen müssen.315 Aber ich behaupte, daß diese Opfer ein Nichts sind gegenüber dem Verlauf der Ereignisse, der einsetzt, wenn wir jetzt nicht zu dem allein möglichen Entschluß kommen, für den es einen Ersatzentschluß irgendeiner Art gar nicht gibt. [… Nämlich] den Haushaltplan des Reiches sofort so in Ordnung zu bringen, daß unter Verantwortung des Finanzministers echte Einnahmen alle laufenden Ausgaben decken. Es ist auf keinem einzigen Gebiete, auch nicht auf dem der Rüstung, irgendeine Abweichung möglich.316

Dazu gehöre, daß dann auch die Rüstung des deutschen Volkes, die mit soviel Glauben und soviel Notwendigkeit die besten Eigenschaften des deutschen Volkes zu diesem Lebenskampfe stählen will, sich in sich selbst verblutet. Denn mit zurückgehenden Nahrungsmitteln und mit zurückgehenden Rohstoffen kann die Armee auf die Dauer weder verpflegt noch ausgerüstet noch munitioniert werden.317

Die deutsche Wirtschaft und Rüstung waren abhängig von »größere[r] Übereinstimmung« mit England und Frankreich betreffend »die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«. Goerdeler gab der »Judenfrage«, der Logenfrage, der Rechtssicherheit, der Kirchenfrage (in dieser Reihenfolge) rhetorisch geringeres Gewicht als den Finanzzwängen und wirtschaftlichen Erfordernissen, ebenso in der langen Version seiner Denkschrift vom 17. September 1936; die wirtschaftlichen Belange mussten in einer Stellungnahme zur »Devisen-, Rohstoff- und Währungslage« im Vordergrund stehen. Zudem stellte er »manche Fragen, wie z. B. die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage« als geringfügige Dinge hin, in denen Zugeständnisse ein Leichtes wären, »ein Nichts«, eine Lappalie gegenüber den katastrophalen wirtschaftlichen und politischen Folgen, die einträten, wenn man die jetzt nötigen Entschlüsse nicht fasse. Diese müssen »mit einer rücksichtslosen Vereinfachung der Verwaltung und sämtlicher Organisationen, die es in Deutschland gibt, mit der unbedingten Herstellung der alleinigen Souveränität des Staates, mit der Wiederaufrichtung von Recht und Moral, verbunden sein«. Und: »Nach meiner besten Überzeugung wird das Volk, das diesen harten Weg geht, das erste Volk dieser Erde im kommenden Jahrhundert.« Durch technische Entwicklung, Fleiß, Lohn nach Leistung werde der Weg überraschend schnell aufwärts führen und gestatten, »die Wehrkraft organisch auszubauen«. Goerdeler war damals noch nicht klar, welche Ungeheuerlichkeiten Hitler plante und was in der Denkschrift zum (zweiten) Vierjahresplan stand: Kriege zur

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Eroberung von »Lebensraum« und zur Gewinnung der Ressourcen für weitere Kriege, Todesdrohung für alle Juden.318 Er verlangte hingegen radikale Maßnahmen – die Vereinfachung »sämtlicher Organisationen, die es in Deutschland gibt«, also der wuchernden und unproduktiven Parteiorganisationen; ein Eingehen auf gewisse Wünsche Englands und Frankreichs hinsichtlich der deutschen Politik in der »Judenfrage«, in der Logenfrage, bezüglich der Rechtssicherheit im Reich, in der Kirchenfrage; die unbedingte »Herstellung der alleinigen Souveränität des Staates, mit der Wiederaufrichtung von Recht und Moral« gegen die Partei, die Bonzenherrschaft, die Korruption. In jedem Fall verschoben Goerdelers Forderungen die große Aufrüstung auf eine ferne Zukunft. In der längeren Fassung vom 17. September berief sich Goerdeler auf dieselben Prinzipien.319 Er sei überzeugt, »daß England und Frankreich dazu gebracht werden können, uns entweder direkt oder über die Bank für internationale Zahlungen das erforderliche Gold zu geringsten Zinsen zur Verfügung zu stellen«. Dann folgt im nächsten Satz noch einmal die angeblich so leicht zu erfüllende Voraussetzung, und zugleich lockt Goerdeler mit zusätzlichen Vorteilen: Selbstverständlich muß man damit rechnen, daß England und Frankreich sehr bestimmte Wünsche haben. Einer ist unerläßlich, nämlich der, daß wir handfeste Ordnung in unsere Haushalts- und Schuldenwirtschaft bringen. Man kann von niemandem verlangen, daß er sein Gold hergibt, damit andere es verbrauchen. Aber die Wünsche Englands und Frankreichs werden weitergehen. Es sitzen dort nun einmal Regierungen mit anderen Anschauungen, und es gibt Fragengebiete, auf denen große Unstimmigkeiten zutage getreten sind. Bekannt sind die Bedenken über die Behandlung der Judenfrage, der Logenfrage, der Kirchenfrage. Aber da es sich nach allen Erfahrungen der Weltgeschichte im allgemeinen weniger um das Grundsätzliche als um die Art der Handhabung handelt, und da ja im Vordergrund Ehre, Freiheit und Existenz des deutschen Volkes stehen, da außerdem jetzt offenbar die Möglichkeit besteht, unsere Kolonialforderungen aussichtsvoll zur Verhandlung zu stellen, da wir ohnehin zur ruhigen Aufrüstung Zeit brauchen, so scheinen mir gewisse Opfer in der Form ein Nichts gegenüber dem Verlaufe der Ereignisse, der mit Sicherheit einsetzen muß, wenn wir jetzt nicht zu dem allein gebotenen Entschluß kommen.320

In der Denkschrift vom 31. August 1936 hatte Goerdeler die Worte »die Logenfrage« und die Worte »nicht im Grundsätzlichen, aber in der Handhabung« gestrichen, seine Forderung also kategorisch ausgesprochen.321 Unter dem 17. September 1936 fasste er seine Forderung, die Politik in »der Judenfrage, der Logenfrage, der Kirchenfrage« zu ändern, etwas gedämpfter, gestand aber das »Grundsätzliche« zu, sofern die Handhabung geändert werde.

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Dann forderte Goerdeler deutlicher als in der Kurzfassung die Einschränkung »der bisherigen Ausgabengewöhnung« und die Verlangsamung der Rüstung: Und wenn ich nun voranstelle, daß es geradezu entscheidend ist, die deutsche Armee in allen ihren Teilen schlagkräftig zu machen, weil nach meiner Überzeugung gewisse Fragen der deutschen Zukunft nur mit dem Einsatz der Armee gelöst werden können, so möchte ich meinen, daß das jetzt einzuwerfende Opfer des Lohnes wert ist. Ich kann mir nicht denken, daß es der Armee in ihrem inneren Bestande schaden könnte, wenn sie zu einem langsameren Tempo und bei ortsfesten Anlagen zu einfacheren Formen der Aufrüstung genötigt sein würde.322

Die Entscheidung darüber sei leicht, weil »mit zurückgehenden Nahrungsmitteln und zurückgehenden Rohstoffen auf die Dauer überhaupt keine große Armee verpflegt, ausgerüstet und munitioniert werden könnte«. Es bedürfe »zunächst eines mehrjährigen Friedenszeitraumes«, um »in Ruhe Armee und Wirtschaft des Volkes« aufzubauen. Das besagt gar nicht, daß nicht ebenso unerschütterlich die Tatsache feststeht, daß beispielsweise die Rückgewinnung des Korridors und die Bereinigung der deutschen Ostfrage nur erreicht werden können, wenn wir nicht 323 die geballte Kraft unseres Volkes einsetzen können. Unerträglich ist die Teilung Deutschlands in zwei getrennte Gebiete. Welcher Deutsche, dessen Heimat polnisch geworden ist, möchte nicht sein Leben dafür hingeben, daß dieser Zustand beseitigt wird. Niemals wird der Pole, auch nicht im Kompromißwege, auch nur einen Fußbreit Landes, das er jetzt besitzt, freiwillig wieder hergeben.324

Seiner Auffassung nach müsse man Polen mit Waffengewalt zur Herausgabe des Korridors zwingen, und dazu sei der Aufbau der Wehrmacht nötig.325 Goerdelers Zustimmung zur Lösung »gewisse[r] Fragen der deutschen Zukunft« durch Krieg entsprach sicherlich seiner Überzeugung zur Zeit der Abfassung der Denkschrift. Offenbar war er seinem »Nationalismus enger Art« 326 nicht ganz entwachsen. Eine solche Lösung setzte die Aufrüstung voraus, nur musste diese langsamer, organisch vor sich gehen – und sie war ihrerseits abhängig von etwas ganz leicht zu Schaffendem: einer Änderung der Politik betreffend »die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«. Goerdeler schloss mit dem Appell, den Anstoß zu einem »Zeitalter ungewöhnlichen Aufschwungs für die Menschheit« zu geben; dazu gehören »neben der nationalen Sicherheit des Volkes die absolute Rechtssicherheit«, »die Freiheit, die besten Kräfte des Geistes, des Körpers und des Charakters an den Lebenskampf

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(Wirtschaft) zu setzen«. »Kein Volk« wolle einen Krieg.327 Er ahnte also, worauf der neue Vierjahresplan zielte. Goerdeler kannte zwar die Beachtung, die englische Zeitungen im Allgemeinen der Lage der Juden in Deutschland schenkten.328 Sie berichteten seit den Landtagswahlen 1928 über den Aufstieg der NSDAP, sie informierten über die vorgezogenen Reichstagwahlen im September 1930 und im Zusammenhang damit über Ausschreitungen gegen Juden, und dies umso mehr seit dem 30. Januar 1933, nachdem die Verfolgungen zur Regierungspolitik geworden waren.329 Allerdings war in englischen Zeitungen auch zu lesen, der deutsche Antisemitismus, wenn auch nicht die Exzesse, habe seinen Grund im Verhalten der Juden. Die Unterscheidung zwischen Antisemitismus als einer legitimen Einstellung einerseits und unmenschlicher Behandlung der Juden andererseits war in der englischen Presse nicht ungewöhnlich.330 Goerdeler selbst schrieb im Juli 1937 nach einer Reise durch England in seinem Reisebericht, zwar seien »die ausgesprochen gebildeten Menschen«, die Träger der eigentlichen politischen Entwicklung, »zu großer Kritik auch Deutschland gegenüber geneigt«. Aber: »Was insbesondere die Stimmung gegenüber den deutschen Verhältnissen und Deutschland betrifft, so habe ich auch hier feststellen müssen, daß die Judenfrage eine untergeordnete Rolle spielt.« Sehr viel ernster sei »der Einfluß der Kirchenvorgänge in Deutschland auf die Haltung des Engländers«.331 Später, als Goerdeler 1938 aus eigenem Antrieb die englische Regierung drängte, Druck auf die Reichsregierung auszuüben, damit diese die Judenverfolgung beende, erklärte er sich »beunruhigt darüber, daß in den Demokratien, in der Presse, der Kirche und im Parlament noch keinerlei starke Reaktion festzustellen sei gegen die barbarische, sadistische und grausame Verfolgung von 10.000 polnischen Juden in Deutschland«.332 Der kritische Leser der Denkschriften vom 31. August und 17. September 1936 wird feststellen, dass Goerdelers Mahnungen hinsichtlich der »Bedenken über die Behandlung der Judenfrage, der Logenfrage, der Kirchenfrage« 333 allgemein gehalten waren und ohne spezifische Forderungen vorgetragen wurden. In den Denkschriften ist nicht mehr als eine Mahnung zur Erleichterung der Lebens- und Emigrationsbedingungen für Juden zu erkennen. Die angemahnten Änderungen mochten auch Einschränkungen in der beruflichen Tätigkeit, den Ausschluss vom politischen Leben und die »Arisierungen« des Eigentums von Juden betreffen. Übrigens akzeptierten die jüdischen Führer – die nichtzionistischen zwar nicht zustimmend – die Emigration der Juden aus Europa.334 Goerdeler hatte im Entwurf seiner kurzen Denkschrift vom 31. August 1936 das Zugeständnis formuliert, man werde »z. B. die Judenfrage, die Logenfrage,

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die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage, in eine gewisse Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen« anderer Völker bringen müssen, zwar »nicht im Grundsätzlichen, aber in der Handhabung«. Die Worte »nicht im Grundsätzlichen, aber in der Handhabung« hat er im Zuge seiner handschriftlichen Bleistiftkorrekturen gestrichen, dieses Zugeständnis also zurückgezogen. Der erste Satz der »Schlußbemerkung« in der Fassung vom 31. August 1936 lautet in dem im Besitz des Verfassers befindlichen maschinenschriftlichen Exemplar der Denkschrift, jedoch nicht in dem im Bundesarchiv befindlichen: Wird diese Reorganisation, die mit einer rücksichtslosen Vereinfachung der Verwaltung und sämtlicher Organisationen, die es in Deutschland gibt, mit der unbedingten Herstellung der alleinigen Souveränität des Staates, mit der Wiederaufrichtung von Recht und Moral verbunden sein muß, durchgeführt, so wird auch allein die Grundlage geschaffen, auf der noch die politischen Leiter der menschlichen Instinkte Herr werden können.

Die kritischen Worte »mit der Wiederaufrichtung von Recht und Moral« hat Goerdeler mit Bleistift im ersten Satz der »Schlußbemerkung« eingefügt. In der Langfassung vom 17. September 1936 finden sich diese Wendungen nicht mehr.335 Robuste Wendungen, die die Aufrüstung befürworten, Zeit »zu einer voll verwendungsfähigen Rüstung« und »zur ruhigen Aufrüstung« verlangen,336 die Überzeugung, dass das Volk, das den von Goerdeler vorgezeichneten »harten Weg geht, das erste Volk dieser Erde im kommenden Jahrhundert« wird,337 dass Goerdelers Weg Deutschland »allmählich zu Macht und Wohlstand führen« werde,338 dass »die Rückgewinnung des Korridors und die Bereinigung der deutschen Ostfrage« nur mit Einsatz der geballten Kraft unseres Volkes zu erreichen seien,339 dass »jetzt offenbar die Möglichkeit besteht, unsere Kolonialforderungen aussichtsvoll zur Verhandlung zu stellen«,340 – solche Wendungen stehen im Widerspruch zu den Hinweisen auf Friedenssehnsucht, wie zum Beispiel es könne »nicht dem geringsten Zweifel unterliegen, daß in Wahrheit kein Volk ernstlich einen Krieg will«.341 Als Göring in einer Ministerratssitzung am 4. September den Vierjahresplan vorstellte, sagte er, wie oben zitiert, von einzelnen Persönlichkeiten seien »Denkschriften über die grundsätzliche Wirtschaftsführung eingefordert worden. Bisher wurde nur vorgelegt die des Dr. Goerdeler, die völlig unbrauchbar ist. Neben vielen abwegigen Gedanken enthält sie den Vorschlag wesentlicher Rüstungseinschränkung.« 342 Außer Göring nahmen an der Sitzung Blomberg, Schacht, Schwerin von Krosigk, Popitz, Staatssekretär im preußischen Staatsministerium Paul Körner, der Beauftragte des Führers und Reichskanzlers für Wirtschaftfragen Wilhelm

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Keppler, Ministerialdirektor beim preußischen Staatsministerium Erich Neumann, Stabsamtsführer im Reichsnährstand Dr. Hermann Reischle teil. Goerdeler hatte sein Gutachten vom 31. August 1936 mit Datum des 2. September Ministerialdirektor Neumann im preußischen Staatsministerium eingereicht.343 Goerdeler schrieb im Januar 1945 im Gefängnis: Mein Gutachten wurde noch schlechter aufgenommen, als ich gedacht hatte. Hitler benützte den wenige Tage später stattfindenden Parteitag dazu, um mein Gutachten ohne Namensnennung schroff abzulehnen.344

Göring hatte es mit höhnischen Randbemerkungen an Hitler nach Berchtes­ gaden geschickt, worauf Hitler in der Proklamation des Zweiten Vierjahresplans vom 9. September 1936 den Argumenten Goerdelers die Alternative Export oder Aufrüstung (Krieg) entgegengestellte: Wenn aber fremde Kritiker für die deutsche Butternot die deutsche Rüstung verantwortlich machen, d. h. uns also vorwerfen, daß wir, statt Butter zu kaufen, die deutsche Aufrüstung durchführen, dann kann ich diesen bedeutenden Nationalökonomen nur den Rat geben, sich einmal zu überlegen, was dann die Folge sein würde, wenn die Millionenmasse der deutschen Arbeiter, die heute für die inneren deutschen Bedürfnisse und damit auch für unsere Rüstung tätig ist, auf die Fabrikation von Exportartikeln angesetzt würde. Ich fürchte sehr, daß diese klugen Wirtschaftspolitiker dann erst recht Verzweiflungsschreie ausstoßen würden angesichts der unter solchen Umständen nicht zu vermeidenden Überschwemmung des Weltmarktes mit billigen deutschen Exporten.

Der Chef des Allgemeinen Heeresamts General Friedrich Fromm hatte am 4. Juni 1936 darauf hingewiesen, daß zum Zeitpunkt der Vollendung der geplanten gigantischen Rüstung die Aufrechterhaltung der dazu erforderlichen Rüstungskapazität zum Krieg zwänge; würde die Kapazität auf zivile Bedürfnisse umgestellt (was Hitler in seiner Proklamation wahrheitswidrig versprach), so könnte sie im Fall des Krieges den dann nötigen Ersatz für ein Riesenheer von 4 Millionen Mann nicht liefern. Krieg gegen die Sowjetunion war Hitlers neuem Vierjahresplan zufolge unvermeidlich, Krieg gegen die Westmächte nicht auszuschließen; die Vorbereitungen dafür beherrschten alles. Steigerung des Exports durch Abwertung der Reichsmark und internationale Abkommen zur Lockerung des weltweiten Protektionismus waren für Hitler indiskutabel. Die Goerdelers Denkschrift zufolge durch Milderung der antijüdischen Politik erreichbaren wirtschaft­ lichen Vorteile interessierten Hitler nicht.

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11 |  RÜCKTRITT Am 8. und erneut am 27. Mai 1936 hatte der Kulturbeauftragte der NSDAPKreisleitung Leipzig an das Kulturamt der Stadt geschrieben, das »Denkmal des Vollblutjuden« Felix Mendelssohn-Bartholdy (des getauften Enkels des Philosophen Moses Mendelssohn, Gründers des Leipziger Konservatoriums und Förderers des Chors der Thomas-Kirche in Leipzig) errege öffentliches Ärgernis, und um dessen Beseitigung gebeten. Der zuständige Stadtrat August Hauptmann unterrichtete Goerdeler darüber erst im Juni. Goerdeler war am 22. Mai vom Reichsminister des Innern in seinem Amt als Oberbürgermeister bestätigt worden und hoffte, die Kampagne gegen das Denkmal lahmzulegen. In einer Beratung im Stadtrat am 19. Juni war die Debatte kontrovers; ­Goerdeler beschied die Stadträte, man werde im Herbst in die Prüfung der Sache eintreten. Inzwischen verschaffte er sich Rückendeckung in Berlin, wo ihm der NS-Staatskommissar und Reichskulturwalter im Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda, SS-Brigadeführer Hans Hinkel (»Sonderreferat Hinkel – Judenfragen«), versicherte, Goebbels und somit Hitler wünschten die Beseitigung nicht.345 Goerdeler entschied nun, dass das Denkmal stehen bleibe und wies seinen Stellvertreter Haake entsprechend an.346 Dann druckte die Leipziger Tageszeitung am 16. September 1936 einen Angriff gegen das Denkmal und erhob die Forderung, es zu beseitigen, und begann damit die Diskussion in der Öffentlichkeit.347 Auf neuerliches Drängen Haakes weigerte sich Goerdeler wiederum, das Denkmal beseitigen zu lassen. Am 8. November reiste Goerdeler auf Einladung der Deutsch-Finnischen Handelskammer zu einem Vortrag nach Helsingfors. In der Nacht vom 9. auf den 10. November ließ Haake das Denkmal abreißen.348 Goerdeler erfuhr davon auf der Rückreise in Stockholm.349 Am 13. November traf er in Leipzig ein und verlangte am 14. November eine Erklärung von Haake. Dieser schrieb ihm am 16. November, der Oberbürgermeister habe gegen die Umbenennung jeder einzelnen nach einer jüdischen Persönlichkeit benannten Straße stets »die schwersten Bedenken« vorgebracht; Goerdeler habe aus seiner »inneren Einstellung zur Judenfrage heraus« die Verantwortung für die Beseitigung des Mendelssohn-Denkmals nicht tragen können. Zwei Wochen danach schrieb Haake dem Reichsstatthalter und Gauleiter Martin Mutschmann, der von Dresden aus Sachsen regierte, Goerdeler habe bei allen entscheidenden Fragen die Maßnahmen der nationalsozialistischen Regierung in Zweifel gezogen, so bei der Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, der Rheinlandbesetzung, den

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wirtschaftlichen und finanziellen Maßnahmen, so zuletzt in seiner Denkschrift für »Minister Göring» in der Kirchenfrage; und schließlich: Die Einstellung Dr. Goerdelers zur Judenfrage ist durch die Angelegenheit mit dem MendelssohnDenkmal außerordentlich klar zutage getreten. Wie auch aus meinem Schreiben hervorgeht, hat er nicht nur bei dem Mendelssohn-Denkmal, sondern bei jeder Umbenennung nach einem Juden bezeichneter Straßen außerordentliche Schwierigkeiten gemacht.350

Haake rechtfertigte seinen Ungehorsam ideologisch. Er mag an die Richtigkeit und im höheren Sinne die Rechtlichkeit der Beseitigung alles Jüdischen geglaubt haben. Er wollte aber auch endlich die Macht des Nationalsozialismus in der Regierung und Verwaltung der Stadt Leipzig durchsetzen. Er fand nicht, dass seine Politik der Messestadt Nachteile bringe.351 Goerdeler kommentierte: Angesichts der Weigerung der zuständigen Behörden im sächsischen Ministerium des Innern, »den offenbaren Ungehorsam meines Vertreters so zu ahnden, wie ich es verlangen mußte, wenn meine Autorität gewahrt werden sollte«, konnte er aus den Vorgängen keine andere Folgerung als die seines Rücktritts ziehen.352 Beide, Goerdeler und Haake, brachten vor, was in ihrer jeweiligen Lage vertretbar war. Das bedeutet nicht, dass sie sonst keine Gründe für ihr Handeln hatten. Goerdeler musste zurücktreten, weil seine Autorität öffentlich und schwerwiegend geschädigt war, wie er in einer Aufzeichnung vom Juli 1937 und später an Reichsstatthalter und Gauleiter Mutschmann schrieb.353 Goerdeler protestierte jedoch zugleich gegen eine »Kulturschandtat«, wie er Anfang 1945 noch in der Todeszelle schrieb: »Vor aller Welt hatte ich mit meinem Abschied gegen den Sturz des Mendels[s]ohn-Denkmals protestiert und so wurde dies auch überall aufgefasst.« 354 Goerdeler war also nicht zurückgetreten, nur weil er seine Autorität verloren hatte;355 sondern er hatte seine Autorität verloren, weil er in der »Jüdischen Frage« einen klaren und eindeutigen Standpunkt gegen den der National­sozialisten eingenommen hatte. Diesen Standpunkt hatte er gegen alle Angriffe auf das Mendelssohn-Denkmal während des Jahres 1936 vertreten. Erst durch H ­ aakes Handeln am 9. November 1936 kam das Moment des Ungehorsams seines Stellvertreters hinzu. Der Leipziger Presse wurde die Berichterstattung über den Abbruch des Denkmals untersagt, doch konnte jedermann am 10. November 1936 die Reste des leeren Sockels vor dem Gewandhaus sehen. Am 8. Dezember 1936 erschien in der Leipziger Tageszeitung der Hinweis, Mendelssohn sei »von seinem Thron

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vor dem Gewandhaus« herabgestiegen. Dazu kamen aus der ganzen Welt Anfragen wegen des Denkmals, die internationale Presse berichtete schon seit dem 10. November 1936 darüber.356 Goerdelers Rücktritt aus Protest war in der Öffentlichkeit bekannt, wie er 1945 im Gefängnis festhielt, es sei hier wiederholt: »Vor aller Welt hatte ich mit meinem Abschied gegen den Sturz des Mendels[s]ohnDenkmals protestiert und so wurde dies auch überall aufgefasst.« 357

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12 |  REISEN: SCHWEDEN, ENGLAND, FRANKREICH Anfang 1936 reiste Goerdeler nach Schweden, wo er auf Einladung der Deutschen Handelskammer in Stockholm am 14. Januar 1936 einen Vortrag hielt; er unterrichtete Hitler am 10. Januar darüber und schrieb dazu, das Propaganda­ ministerium und das Wirtschaftsministerium hätten keine Einwände und er nehme an, »daß auch seitens des Führers und Reichskanzlers Bedenken nicht bestehen«, was ihm Lammers aus eigener Einschätzung bestätigte, da Hitler abwesend war. Der Vortrag über »Preise und Wirtschaft«, in Anwesenheit des deutschen Gesandten Prinz zu Wied und des Wüstenforschers und HitlerBewunderers Sven Hedin und seiner Schwester war ein großer Erfolg. ­Goerdeler sprach über die Themen Stabilität der Währung, freier Warenaustausch, g­ esicherte Rechtsgrundlage, gegenseitige Achtung der Lebensinteressen der Völker. Am folgenden Tag wurde er vom schwedischen Kronprinzen empfangen.358 Nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister begann Goerdeler eine Reihe von Reisen, die in einem größeren Zusammenhang stehen. Die Regierung förderte sie, um Erkenntnisse über die Einstellung des (westlichen) Auslandes zu Deutschland zu gewinnen, und zugleich unterrichtete Goerdeler ausländische Regierungen über deutsche Verhältnisse und die deutsche Politik. Krupp hatte Goerdeler 1937, als dessen Eintritt in Krupps Direktorium an Hitlers Einspruch gescheitert war, eine Abfindung von 100.000 Reichsmark angeboten, doch Goerdeler hatte sie, wie oben ausgeführt, abgelehnt.359 Schacht riet nun Goerdeler zu Reisen ins Ausland, um »dort mit angesehenen Männern Fühlung« zu nehmen; man »müsse draußen erfahren, daß es noch ein anderes, gutes, anständiges und vernünftiges Deutschland gebe«, Krupp werde die Reisen finanzieren.360 Goerdeler war einverstanden und schrieb an Krupp aus Leipzig am 31. März 1937: Die Frage einer Auslandsreise habe ich vertraulich mit Herrn Präsidenten Dr. Schacht besprochen. Er hält sie für wichtig, begrüßt sie lebhaft und hat mir sehr zugeredet, Ihr großzügiges Angebot anzunehmen. Allerdings bittet er, daß Sie die Devisenfrage mit Hilfe Ihrer Auslandsverbindungen regeln. Unter dieser Voraussetzung nehme ich Ihr gütiges Anerbieten mit herzlichem Dank und in der Hoffnung an, damit der deutschen Wirtschaft einen Dienst erweisen zu können. Einen Sonderbericht [Ihnen zu erstatten],361 würde ich für meine Pflicht erachten.362

Nach einigem Hin und Her sorgte dann Dr. Karl Blessing, Mitglied des Reichsbankdirektoriums, für die erforderlichen Devisen.363

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Gauleiter Mutschmann ließ nun Goerdelers Pass beim Reisebüro beschlagnahmen und wies dieses an, Goerdeler hinzuhalten.364 Aber Göring sorgte für die Ausstellung eines neuen Passes. Er verlangte einen Bericht über Finanzierung, Ziel und Zweck der Reise, Goerdeler übersandte den Bericht am 21. Mai und wurde am 22. gebeten, Göring am 25. Mai um 11 Uhr aufzusuchen. Auf das Gespräch mit Göring hin hielt Goerdeler am 30. Mai einen neuen »Pass mit allen nunmehr diplomatischen Visen« in der Hand und wollte am 2. Juni abreisen, zuerst nach Belgien, dann nach England, Amerika, Kanada. Ende August schrieb er an Krupp, der Zeitplan für die vorgesehenen Reisen habe sich verschoben, weil er für London von Herrn Generaloberst Göring »besondere Aufträge« erhalten und sich deshalb in England »sehr viel länger aufgehalten [habe], als beabsichtigt«.365 Goerdeler sollte einschätzen, ob und von welcher Seite Deutschland kriegerische Interventionen zu gewärtigen habe.366 Die britische Außenpolitik des Appeasement konnte irreführen. Goerdelers England-Kontakte im Jahr 1937 geben dem Leser ein Bild von dem inoffiziellen Diplomaten, seinem Status in den Korridoren der interna­tionalen Politik und seinen Bemühungen, eine Änderung der gegen die Juden gerichteten deutschen Politik zu erreichen. Goerdeler erlangte Zugang zu Mitgliedern der britischen Regierung und äußerte sich freimütig, wobei er Vorsicht walten ließ bei der Nennung von Namen deutscher Oppositioneller. Er hatte Begegnungen mit dem deutschen Botschafter in London, Joachim von R ­ ibbentrop, mit Arthur Balfour (1st Baron Riverdale) in Sheffield; dem Besitzer des Observer Waldorf Astor (2nd Viscount Astor), Außenminister Anthony Eden, dessen Nachfolger Lord Halifax, dem Industriellen A. P. Young, dem Bankier und Beamten des Schatzamts Robert J. Stopford, dem Führer der Liberalen Partei Sir Archibald Sinclair, dem Bildungsexperten mit verzweigten Kontakten Reinhold Schairer, dem Gouverneur der Bank von England Norman Montagu, dem Wirtschaftsreferenten im britischen Außenamt Frank Ashton-Gwatkin, dem Staatssekretär und Leiter des Außenamts (Permanent Under-Secretary of State for Foreign Affairs) Sir Robert Vansittart.367 Die englischen Quellen über Goerdelers Kontakte spiegeln nicht nur die Einschätzung seiner Persönlichkeit wider, sondern auch die Mitteilungen, die Goerdeler in England vortrug. Im britischen Außenamt gab es kaum Idealisten wie Goerdelers Freund, Arthur Primrose Young, den Leiter der British Thomson-Houston-Werke in Rugby und Coventry. Zwar waren alle beeindruckt von Goerdelers Mut und Freimut, aber niemand außer A. P. Young, ­Ashton-Gwatkin und Vansittart verstand Goerdelers ambivalentes Auftreten richtig, und nur Young und Ashton-Gwatkin unterstützten sein Ringen um die

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Rettung des Friedens und die Beendigung der Verfolgungen in Deutschland. Goerdelers Vorsicht bei Namensnennungen der »Gemäßigten«, das heißt der Verschwörer gegen Hitler, seine Freizügigkeit bei der Erwähnung von Göring und Schacht sowie die Tatsache, dass er ungehindert reisen konnte, sprachen in britischer Wahrnehmung für den Verdacht, er sei beauftragt, die englische Außenpolitik der deutschen gefügig zu machen.368 Ende 1936 hatte Dr. Reinhold Schairer, der 1934 aus Deutschland emigriert war und noch vor der englischen Kriegserklärung vom 3. September 1939 als britischer Untertan eingebürgert wurde, den Wunsch geäußert, die Werke der British Thomson-Houston Co. Ltd. in Rugby zu besuchen, da er von ihrer Lehrlingsausbildung und ihren Fortbildungseinrichtungen gehört hatte. Das Institute of Education in London fragte für ihn in Rugby an und brachte ihn mit dem Leiter der Werke, A. P. Young, in Verbindung. Da Schairer Robert Bosch kannte und Young wiederum Robert Bosch verehrte, kam Young ihm umso freundlicher entgegen.369 Anfang 1937 sagte Schairer Young, er habe einen Brief von Dr. Carl Goerdeler, der nach London kommen wolle, um Mitglieder der Regierung zu sprechen, vor allen Sir Robert Vansittart, den Leiter des Außenamts, den er seit 1935 kannte.370 Am 10. Juni kam Goerdeler nach London.371 Young lud Goerdeler mit Schairer zu einem Abendessen im National Liberal Club ein, zusammen mit zwei Freunden von Young und Sir Wyndham Deedes, einem Unterhausabgeordneten der Konservativen und Gemeinderat in Bethnal Green, einem der ärmsten Viertel Londons, wo er ehrenamtlich in der Sozialarbeit tätig war: Sir Wyndham sollte Goerdeler bei Vansittart einführen.372 Goerdelers Bekanntschaft mit Vansittart war entweder nicht so vertraut, dass er ihm einfach eine Zusammenkunft vorschlagen konnte, oder in beider Interesse war Diskretion angezeigt. Goerdeler erklärte den anderen Gästen und seinem Gastgeber, von der von Göring vorgegebenen Linie abweichend, Hitler sähe die Appeasement-Politik nur als Ausdruck der Schwäche, für die freiheitlich gesinnten Kräfte in Deutschland, die mit England zusammenarbeiten wollten, um »eine Lösung des HitlerProblems zu finden«, sei sie entmutigend.373 Zu Goerdelers ersten Kontakten im Juni 1937 zählten Frank Ashton-Gwatkin und Sigismund David Waley, ein hoher Beamter des Schatzamtes.374 Beide waren von Goerdeler beeindruckt. Ashton-Gwatkin fand Goerdeler »ehrlich«, war sich jedoch im Unklaren darüber, in wessen Auftrag und zu welchem genauen Zweck er nach England gereist sei.375 Goerdeler war zu ehrlich, um zu verbergen, dass seine nicht-amtliche Mission mit amtlichen Aufträgen verquickt war. Seine eigene politische Absicht war, hierin im Sinne von Görings Auftrag agierend, der

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Reichsregierung zu »zeigen, daß die Erhaltung des Friedens durchaus wesentlich vom Verhalten der deutschen Regierung abhänge«; nirgends im Ausland seien Angriffsabsichten zu entdecken; die westlichen Demokratien seien zur Verständigung mit Deutschland in wirtschaftlichen und politischen Fragen bereit; allerdings gebe es »eine ganz bestimmte Grenze der Nachgiebigkeit gegenüber deutschen Machtansprüchen und Eroberungsplänen, deren Überschreitung für Deutschland lebensgefährlich sein würde«.376 Der Umstand, dass Goerdeler ohne Schwierigkeiten reisen konnte, die Anregung von Schacht, der Welt die Wahrheit über Deutschland zu sagen, Görings Genehmigung der Reisen Goerdelers, dessen offizielle Berichte für die Reichsregierung über die wirtschaftlichen Potentiale der bereisten Länder 377 und ­Goerdelers Bestreben, sowohl die englische wie die deutsche Politik zu beeinflussen und dabei weder den Verdacht der deutschen noch der englischen Regierung zu erregen, zugleich Goerdelers offenes Eintreten für die Ablösung des Hitler-Regimes, das alles zusammen ergab ein zwiespältiges Bild.378 Goerdeler sagte Ashton-Gwatkin, der Ausgleich zwischen Deutschland und England werde kommen, »wenn die richtigen Männer in Deutschland die Kontrolle hätten«, zuerst aber müsse eine Machtprobe zwischen den konkurrierenden Lagern in Hitlers Umgebung erfolgen.379 In einem Gespräch am 4. Juli mit einem Mitarbeiter der Times, A. E. Barker, worüber Barker der Nachrichtenabteilung des Außenamtes berichtete, wurden Goerdelers der Reichsregierung gegenüber gegnerische und subversive Absichten und sein Status eines geschätzten Beraters der deutschen politischen Führung deutlicher. Goerdeler berichtete Barker, er sei am 20. Juni auf Aufforderung von General Göring für einige Stunden nach Berlin geflogen und danach wieder nach London zurückgekehrt.380 Göring sei »deprimiert«, »ratlos« gewesen und habe gemeint, das Regime sei dem Chaos und Zusammenbruch nahe, doch sei er, Göring, zu schwach, den Gang der Ereignisse aufzuhalten. Göring kann sich einem Wirtschaftsfachmann wie Goerdeler gegenüber nur auf die Finanzlage des Reichs bezogen haben, wie ja schon Schacht zu Hitler gesagt hatte, Deutschland stehe finanziell vor dem Zusammenbruch.381 ­Goerdeler schloss aus Görings Äußerungen, dies sagte er zu Barker, das Regime könne sich nicht mehr länger als sechs bis acht Monate halten. Vor Kurzem habe er mit Generaloberst von Fritsch gesprochen und ihn gedrängt, das Heer zu einem militärischen »Coup« zu führen, aber Fritsch habe gesagt, da müsse man Himmler und Heydrich zum Beginn eines allgemeinen Massakers töten, und für so eine Säuberung sei es noch zu früh, die öffentliche Meinung sei darauf nicht vorbereitet.

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Sir Orme Sargent, der Stellvertretende Unterstaatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten 382, las Barkers Bericht am 6. Juli und mutmaßte, Goerdeler sei ein Abgesandter der »Reichswehr« 383 und solle deren der NSDAP gegenüber gegnerische Einstellung zum Ausdruck bringen. Goerdeler war viel weiter gegangen, als man ihm zu Hause nachsehen würde, er setzte sein Leben aufs Spiel. Barker ließ er wissen, er habe seine Frau für den Fall seines plötzlichen Endes instruiert. Am 3. Juli verfasste er einen langen Bericht an Göring, in dem er betonte, Deutschland müsse sich unter allen Umständen mit den Westmächten verständigen. Barker notierte: »Seine Argumente, meinte er, werden wahrscheinlich wirkungslos bleiben, aber es sei seine Pflicht, sie vorzubringen.« Dasselbe sagte Goerdeler in diesen Tagen zu Vansittart: Er könne nicht mit Erfolg rechnen, aber er werde sein Äußerstes tun, es sei seine vaterländische Pflicht.384 Deedes führte Goerdeler kurz nach dem von Young gegebenen Abendessen bei Vansittart ein, mit dem Goerdeler in den Tagen vor dem 6. Juli zwei lange Gespräche führte, eines im Außenamt in Whitehall, das zweite bei Vansittart auf dem Land in Denham Place.385 Vansittart schrieb über Goerdeler in einer vom 6. Juli 1937 datierten Denkschrift, der er eine Zusammenfassung seiner Gespräche mit Goerdeler und Auszüge aus einem Bericht von Oberst d. G. Georg Thomas anfügte, er sei eine »beeindruckende Persönlichkeit, vernünftig 386 und ernst, ein Mann von großer Intelligenz und großem Mut, und ein aufrichtiger Patriot«;387 er sei »Partei-Mann«, also NSDAP-Mitglied, was nicht zutraf; ferner sei er ein naher Freund Schachts, in vertrauter Beziehung zu den Führern des Heeres, Fritsch und Beck, und habe ein gutes Verhältnis zu Außenminister Konstantin von Neurath. Goerdeler sagte Vansittart, er wisse genau, dass er durch Rat und Kritik in Deutschland oder durch irgendwelche nicht die eigene Regierung lobende Äußerungen im Ausland seinen Kopf in die Schlinge stecke. Vansittart kommentierte, Goerdelers Wagnis sei größer als er selbst wisse, denn bisher hätten wahrscheinlich nur seine Freundschaften im Heer ihm Immunität gegenüber der Gestapo verschafft. Goerdeler ließ Vansittart wissen, der Zweck seiner Reise sei, Deutschlands Lage von außen her einzuschätzen und bestimmte eigene Überzeugungen den Verantwortlichen im Ausland zur Kenntnis zu bringen, um die Katastrophe, auf die Deutschland zusteuere, abzuwenden oder zu mildern. Zugleich werde er weiterhin versuchen, die Einflussreichen in Deutschland zu vernünftigen Anschauungen zu bringen. Er wisse, dass seine Erfolgschancen verschwindend gering seien, aber er werde sein Möglichstes tun. England solle »geduldig und fest« bleiben, dann hätten die Vernünftigen in Deutschland eine Chance. Schacht habe Hitler gesagt, Deutschland stehe finanziell vor dem

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Zusammenbruch. Der Nationalsozialismus sei nicht so sehr eine politische wie eine quasi-religiöse Bewegung, die ihre »Weltanschauung« überall durchsetzen und den Deutschen aufzwingen wolle, der Kampf gehe um moralische Grundsätze. Eine klare, entschiedene öffentliche Stellungnahme der britischen Regierung sei nötig. England müsse der Welt und Deutschland zur Anschauung bringen, dass seine Grundsätze die althergebrachten hohen Prinzipien der Moral und der Achtung der Gesetze seien. Vansittart befürwortete in seiner Denkschrift die Ratschläge Goerdelers. In seinen Memoiren setzte Vansittart Goerdeler später ein Denkmal aus einer Mischung von dem, was er – auch noch nach dem furchtbaren Krieg – an Goerdeler bewunderte, und aus Kenntnissen, die er im und nach dem Zweiten Weltkrieg erworben hatte. Trotz seiner erklärten Bewunderung ist ­Vansittarts Ton ironisch bis sarkastisch, und auch faktisch trifft nicht alles zu, was er schrieb. Goerdeler sei früher ein rechtsorientierter Nationalist gewesen (dies bekundete Goerdeler später selbst, er sei nationalistisch erzogen worden und sei bis 1930 Nationalist geblieben, bis er in Leipzig mit der Welt in Kontakt gekommen sei 388), und Goerdeler sei Gegner der Weimarer Republik gewesen – was nicht zutrifft. Nach 1933 habe er eine Weile »in absolutem Vertrauen« mit den National­sozialisten zusammengearbeitet und Deutschlands geheime Aufrüstung begrüßt, doch sei dann die »Erleuchtung« eingetreten. Er wollte, so ­Vansittart, Danzig und den Korridor, die Revision der deutschen Ostgrenze auf den Stand von 1914; aber Hitler müsse weg. Er meinte, das Sudetenland sei deutsch; aber H ­ itler müsse umgebracht werden. Goerdeler sei durchschaubar aufrichtig gewesen, Vansittart habe nach Österreich und den Kolonien gar nicht gefragt, Goerdeler sei zu offenherzig gewesen.389 Die deutschen Verschwörer wollten alle unrechtmäßige Zugeständnisse für fiktive Leistungen haben, doch ­Goerdeler war »echt«, »der einzige mit solch einer Vergangenheit, den ich je leiden mochte; denn ­Goerdeler wollte Hitlers Vernichtung mit catonischer Einfachheit«. Sein Kopf war aber voller Illusionen, dass plötzlich tugendhafte Mörder auftreten würden. »Er glaubte sogar an deutsche Generale und gab sich große Mühe mich zu überzeugen, eine Palastwache werde den schäumenden Führer zusammenhauen.« 390 Sir Alexander Cadogan, nach Edens Rücktritt im Februar 1938 Unterstaats­ sekretär und Leiter des britischen Außenamts,391 hatte Vansittarts Memorandum sofort gelesen. Er verstand Goerdelers Äußerungen, wie er in einer Notiz vom 6. Juli 1937 festhielt, als die Mitteilung, in Deutschland drohe eine innere und äußere Explosion; England und Frankreich müssten durch »harte Haltung der Reichswehr und den Gemäßigten helfen«. Cadogan kommentierte, er wisse

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freilich nicht recht, wie, überhaupt sei er eher zurückhaltend gegenüber unverlangten Ratschlägen von Deutschen.392 Vansittarts Denkschrift kam im Außenamt in den Umlauf; dem Kabinett ließ Außenminister Eden sie nicht vorlegen.393 Dabei trat Eden selbst für eine harte Haltung gegenüber Hitler ein. Vansittart war aber sicher, dass Sir Horace Wilson, seit 1930 Chefberater der Regierung für die Industrie, für die Nichtvorlage verantwortlich gewesen sei.394 Premierminister Neville Chamberlain blieb bei seiner Beschwichtigungsmethode. Am 19. November 1937, vierzehn Tage nach Hitlers interner Ankündigung, er werde die Tschechoslowakei und Österreich einverleiben, die möglicherweise nicht geheim geblieben war, suchte der designierte britische Außenminister, Lord Halifax, Hitler in dessen »Berghof« bei Berchtesgaden auf und stellte große englische Zugeständnisse in Aussicht. Sie betrafen Danzig, Österreich und die Tschechoslowakei, ferner die Rüstung und die Kolonien, sofern Hitler nur freundlich verhandle.395 Halifax notierte, er habe Hitler gesagt, zwar gebe es vieles im nationalsozialistischen System, was die britische Seite verärgere, so »die Behandlung der Kirche; in vielleicht geringerem Maße die Behandlung der Juden; die Behandlung der Gewerkschaften«; doch verkenne er nicht Hitlers Leistungen, den Kommunismus aus Deutschland ferngehalten und seine Ausbreitung nach Westen blockiert zu haben.396 Die deutsche Aufzeichnung über die Unterredung erwähnt von den von Halifax genannten Punkten, die in England kritisch beurteilt werden, die Kirchen- und die Arbeiterfrage, aber nicht die »Judenfrage«.397 Eden war mit der gegenüber Hitler verfolgten Beschwichtigungspolitik nicht einverstanden und trat am 20. Februar 1938 zurück. Am 21. Februar erklärte er im Unterhaus, er sei mit dem Premierminister zwar über das Ziel der Politik einig, den Frieden zu erhalten, aber nicht über die Methode, immer wieder auf die Bedingungen anderer einzugehen, statt diese zu veranlassen, auf britische Bedingungen einzugehen. Mit der Appeasement-Politik könne man nur den Eindruck erwecken, das Vereinigte Königreich gebe ständigem Druck nach. Er sei aber überzeugt von der entschiedenen Denkweise der Nation: »Dieser keinen Ausdruck zu geben, so glaube ich, ist weder fair gegenüber diesem Land noch gegenüber der Welt.« 398 Die Verhältnisse in London waren nicht günstig für Goerdelers Bemühungen, eine harte Haltung gegenüber Hitler zu erwirken. Überdies standen im britischen Außenamt andere Fragen im Vordergrund als die Judenverfolgung in Deutschland. Obwohl Goerdeler in seinen Denkschriften 1936 betont hatte, »daß England und Frankreich gewisse Wünsche auf anderem Gebiete haben [… betreffend]

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die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«,399 stellte er in England die »Jüdische Frage« offenbar nicht in den Vordergrund, wenn er sie überhaupt ansprach. Wie sich dies 1938 änderte, wird weiter unten berichtet. Goerdelers vor 1937 ohne unmittelbare Kontakte mit englischen Staatsmännern der Presse entnommene Vorstellungen jedenfalls hatten sich bei seinen Kontakten in England nicht bestätigt.400 In einer Niederschrift vom Dezember 1937, die er in New York hinterlegte, bestimmt zur Veröffentlichung, »wenn er das Zeichen dazu geben würde oder wenn ihm etwas zustieße«, drückte er sein Befremden aus über die Gleichgültigkeit der »Welt« gegenüber dem National­ sozialismus und die Unwissenheit »über die moralischen Qualitäten und über die moralischen Gefahren dieses Systems«. Es interessiere »kaum noch eine breite Schicht in der Welt, wieviele Geistliche in Deutschland im Gefängnis gehalten werden«.401 Gegen so hartnäckiges Appeasement war er machtlos. Bevor Goerdeler die Überfahrt nach Amerika antrat, reiste er nach Frankreich. In seinem Bericht vom 5. August 1937 über den Besuch in Paris weist er darauf hin, dass man in Frankreich eine Verständigung mit Deutschland wünschte. Er notierte jedoch auch die französische Enttäuschung über die Haltung Deutschlands und schließlich das Misstrauen gegenüber Deutschland sowie die zu erwartende vollständige Geschlossenheit der auf ihr Militär stolzen Nation in jedem »Krieg, zu dem die Regierung gegen Deutschland oder Italien aufruft«, und »daß Frankreich seinen Bündnispflichten im Südosten Europas unter allen Umständen nachkommen würde«. Die »Jüdische Frage« ist mit keinem Wort angedeutet, ebenso wenig »die Logenfrage, die Rechts­ sicherheit, die Kirchenfrage«.402 Vor seiner Amerika-Reise kehrte Goerdeler nach Deutschland zurück und stellte fest, dass keine besonders nachteiligen Informationen über ihn dorthin gelangt seien; »seine Freunde in der Reichswehr hätten ihn wieder herausgeholt«, ließ er Stopford wissen.403

13 |  REISEN: KANADA Im August 1937 kam Goerdeler zunächst nach Kanada. Ende September schrieb er an zwei aufeinanderfolgenden Tagen Berichte darüber.404 Seine Gespräche mit Premierminister William Lyon Mackenzie King und mit dessen Ministern in Ottawa, sowie mit Mr. Euler 405 in Kitchener (vormals Berlin) in Ontario, erwähnte er darin nicht. Orte und Daten ließ er auch weg, er berichtete über die Natur, die Wirtschaft, die gesellschaftliche Verfassung und Görings Auftrag entsprechend über die Einstellung zu Deutschland. Mackenzie King ließ in seinem Tagebuch über Goerdelers Besuch in Ottawa am Nachmittag des 19. August leere Stellen für die Namen Goerdelers und des Verfassers eines Einführungsbriefes, bezeichnete seinen Besucher jedoch am Ende des Eintrags als den zurückgetretenen Oberbürgermeister von Leipzig.406 Goerdeler erklärte, er sei auf Anregung von Dr. Schacht auf Auslandsreise, um vertraulich über die Lage in Deutschland zu sprechen.407 Görings Auftrag scheint er nicht erwähnt zu haben. Mackenzie King notierte: »Es war klar, dass er eine andere Anschauung vertrat, als die Regierung.« Goerdeler wies zuerst darauf hin, dass die 1932 in Ottawa geschlossenen zwölf bilateralen Abkommen über Vorzugszölle und Handelsregelungen zwischen England, Kanada und anderen Commonwealth-Ländern und Territorien sowie Indien (»Ottawa Agreements«) wirtschaftlicher Imperialismus seien, alle Arten des wirtschaftlichen Nationalismus hätten großen Schaden verursacht.408 Zweitens erklärte er eine international anerkannte und stabile Währung für nötig. Schließlich sei »die Wiederherstellung moralischer Normen in Deutschland – auf einer Grundlage internationaler Vereinbarungen, der Kirche, etc.« nötig. Der darauf unmittelbar folgende, größere Teil des Tagebucheintrags von Mackenzie King hielt Goerdelers Äußerungen zu moralischen Fragen und zur innenpolitischen Zukunft Deutschlands fest: Er [Goerdeler] glaubte, das deutsche Volk habe den Charakter, der diese Dinge neu entwickeln werde – Was von dem, was er sagte, am bedeutsamsten und ernstesten war, ist, dass sich in Deutschland mit Sicherheit eine Situation entwickeln werde, die schlimmer sei als die gegenwärtige, – dass die Gegenwart eine Revolution sei, dass der Radikalismus weiter gehen werde – dass die Rüstungsproduktion enden müsse, und dann werde eine Zeit großer Bedrängnis kommen, die intern schwer zu bewältigen sein werde. Deutschland werde »einen [sic] Diktator aufgeben und zum britischen parlamentarischen Regierungssystem übergehen« müssen. Er sagte, Neurath (über den ich meine hohe Meinung äußerte) sei ein ausgezeichneter und rechter Mann, der aber nicht

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zählte, keinen Einfluss habe, dass die jüngeren Männer Hitler umgingen und die Entscheidungen der älteren und weiseren Männer umgestoßen werden. Er [Goerdeler] schien mir äußerst intelligent, ein ausgezeichneter Typ – Sprach von dem moralischen Problem, das ihr eigenes sei – Er war Bürgermeister von Leipzig gewesen, aber ein Standbild von Mendelssohn sei zerstört worden, während er von der Stadt abwesend gewesen sei. Er würde so etwas nicht dulden und habe sich geweigert, im Amt zu bleiben. Ich hätte gerne ein längeres Gespräch mit ihm geführt.

Damit endet der Eintrag über Goerdelers Besuch bei Premierminister Mackenzie King, in dem »das moralische Problem« den größten Raum einnahm. G ­ oerdeler war wohl vorsichtiger als bei seinen Gesprächen mit Ashton-Gwatkin und ­Vansittart, aber seine Ankündigung einer »Zeit großer Bedrängnis, die intern schwer zu bewältigen sein werde«, war ein Hinweis auf einen Umsturz. Mackenzie Kings Worte von der »Wiederherstellung moralischer Normen in Deutschland – auf einer Grundlage internationaler Vereinbarungen, der ­Kirche, etc.« und Goerdelers in seinem Bericht vom 27. September 1937 geäußerte Ansicht, die Juden hätten keinen nennenswerten Einfluss auf die kanadische Regierung, sprechen dafür, dass Goerdeler die »Jüdische Frage« in der immer wieder gebrauchten Formel »die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage« 409 zur Sprache gebracht hat. Die Wendung von der »Wiederherstellung moralischer Normen in Deutschland – auf einer Grundlage internationaler Vereinbarungen, der Kirche, etc.«, in der die Feststellung des Fehlens »moralischer Normen in Deutschland« liegt, bezog sich auf »die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«. Dasselbe gilt für den Hinweis auf Goerdelers Grund für seinen Rücktritt als Oberbürgermeister, nämlich die Zerstörung des Mendelssohn-Standbilds und die Feststellung, er »würde so etwas nicht dulden und habe sich geweigert, im Amt zu bleiben«. Goerdeler beginnt seinen ersten Bericht über Kanada vom 27. September 1937 mit dem Satz: »In diesem Sonderbericht möchte ich über die Möglichkeiten der Ausübung eines politischen Einflusses auf Kanada etwas sagen.« 410 Dann legt er dar, was dem im Wege stehe und fängt an mit der Feststellung, dass in Kanada »die zunehmenden Betrachtungen über die Lage der Kirchen in Deutschland« nun »die an sich vorzügliche Stimmung gegenüber Deutschland mehr und mehr zu stören beginn[en]«, behandelt dann auf der ersten und einem Teil der zweiten von insgesamt vier Seiten die »Judenfrage«.411 Obwohl Juden in Kanada kaum in Erscheinung treten und, soweit Goerdeler sehen konnte, »die Juden irgendeinen nennenswerten Einfluß auf die kanadische Regierung« nicht haben, »begegnet auch die Behandlung der Judenfrage in Kanada größerem Interesse als im Westen Europas«, wird »in Kanada der Behandlung

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der Juden in Deutschland ein auffallend hohes Interesse gewidmet«, und zwar »deshalb, weil in diesem jungen Lande eine ungewöhnlich hohe Achtung vor allen Menschlichkeitswerten zu Tage tritt«. In welch absoluter Weise dies nach Goerdelers Auffassung galt, demonstriert er darauf an der kanadischen Toleranz gegenüber »dem Neger«. Aber die Rechtsstellung des Negers und die Notwendigkeit, ihm zu helfen, ist vollkommen anerkannt, zumal der Augenschein lehrt, daß der Neger intelligent, fleißig und tüchtig ist. Man wird sich auch nicht rassenmäßig mit dem Neger vermischen; wer es doch tut, hat gesellschaftliche Folgen zu tragen. Aber man überläßt dies alles dem gesunden Sinn. Da man mit dieser Politik in der Negerfrage durchaus befriedigende Ergebnisse erzielt hat, versteht man vollkommen, daß in Deutschland öffentliche Stellen den Juden entzogen sind. Aber man spricht viel und abfällig über Eingriffe in die wirtschaftliche Rechtssphäre, in das Familienleben und persönliche Kränkungen. Gerade deswegen, weil man diese eigenen Erfahrungen in Rassefragen [sic] hat sammeln können, begegnet ihre Behandlung in Deutschland hier einem schlechthin auffallenden Interesse.

Den Eindruck, »man« habe in Kanada Verständnis dafür, »daß in Deutschland öffentliche Stellen den Juden entzogen sind«, wird Goerdeler auch aus den Gesprächen mit Mackenzie King und anderen Ministern mitgenommen haben, auch als einen weiteren Anhaltspunkt dafür, dass die Juden keinen nennenswerten Einfluss auf die Politik ausübten, und als einen weiteren Hinweis darauf, wie leicht »die an sich vorzügliche Stimmung gegenüber Deutschland« erhalten werden könne – durch die »Wiederherstellung moralischer Normen in Deutschland – auf einer Grundlage internationaler Vereinbarungen, der Kirche, etc.«. Somit sagte Goerdeler, man sehe in Kanada die Verhältnisse in Deutschland als durch Missachtung der »Menschlichkeitswerte« charakterisiert. Dann erst wandte er sich auf eineinhalb Seiten der »Kirchenfrage« zu: »Aber ungleich größer und bedeutsamer ist die Teilnahme an der Entwicklung der Kirchenfrage in Deutschland.« Denn in Kanada sei »das Christentum in allen seinen Bekenntnisformen der große innere Halt, den die Kolonisten im Kampf ums Dasein hier einwarfen«. Eine nationale Idee konnte es nicht geben, weil das neue Vaterland erst geschaffen werden musste, so herrsche hier »in weiten Gebieten noch tätiges Christentum. Deswegen ist hier auch die Achtung vor der Persönlichkeit so groß.« Daran anknüpfend beschreibt Goerdeler die Lehren für die deutsche Regierung: Welche Reformen des kirchlichen Lebens in Deutschland auch immer notwendig sind, man sollte sie, wenn nicht schon aus der inneren Notwendigkeit heraus, daß Zwang in Gewissensfragen nur

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Heuchler erziehen könnte, doch aus außenpolitischen Gründen den gesunden Kräften der Kirche selbst überlassen, und zwar so nachdrücklich und sichtbar wie möglich. Vor allem aber sollte jeder Anschein vermieden werden, als ob die Regierung der christlichen Lehre und Kirche gegenüber gleichgültig oder gar kämpferisch eingestellt ist. Ich bin in Kanada einer ebenso natürlichen wie schroffen Ablehnung des Bolschewismus begegnet. Wenn man sie politisch auswerten will, muß man auch auf religiösem Gebiet der Zersetzung des Bolschewismus das bestimmte Bekenntnis zur christlichen Kirche immer wieder entgegensetzen.

Nach den Mahnungen zur Änderung der Judenpolitik und der Kirchenpolitik wies er »auf die besondere Empfindlichkeit des Rechtsgefühls« hin. Er habe angenommen, man würde im Lebenskampf in einem jungen Kolonialland »robuster« empfinden. »Das Gegenteil ist der Fall. Das Leben dieses Landes ist auf fanatisches Suchen nach Gerechtigkeit und auf Sicherung des Rechtes, selbst im rauhen Norden, gerichtet.« Fragen, die an ihn »als Deutschen gerichtet wurden«, seien ihm auf dieser Grundlage verständlich. Zum Schluss sprach Goerdeler von der kanadischen Demokratie, die »etwas ganz Naturhaftes« sei und mahnte, »daß eine grundsätzliche Minderwertigkeitserklärung der demokratischen Staatsform die Kanadier aller Richtungen in ihrem natürlichen Empfinden und in ihrem Ehrgefühl verletzt«. Zusammenfassend: »Dies sind die Punkte, die die deutsche Politik für ihre Entschließung betreffend Kanada wissen muß.« Goerdeler sprach sich in seinem »Sonderbericht« für Toleranz aus, indem er die Behandlung der Juden in Deutschland und die der Schwarzen in Kanada verglich; er verlangte die Unterstützung der Kirchen als Schutz gegen den Bolschewismus; er mahnte den Rechtsstaat an; und er verteidigte die kana­ dische Demokratie. Das Wort »Recht« findet sich in dem vier Schreibmaschinenseiten langen Bericht fünfmal, in den Verbindungen »Rechtssphäre«, »Rechtsstellung«, »Rechtsgefühl«, »Gerechtigkeit«, einmal steht es für sich. Die Worte »Wirtschaft« oder »wirtschaftlich«, die in den oben behandelten Denkschriften dominierten, kommen in diesem »Sonderbericht« überhaupt nicht vor; der einzige Anklang an die Wirtschaft ist die Mitteilung, nach Jahren ohne Streiks habe erst die Aufschwungkonjunktur des letzten Jahres einige Ausstände gezeitigt. Goerdeler machte sich sicher keine Illusionen über die Bereitwilligkeit seiner Regierung zu den ihm notwendig scheinenden »Reformen«. Er ließ das in seinem Gespräch mit Mackenzie King erkennen, wenn er von einer »Zeit großer Bedrängnis« sprach, »die intern schwer zu bewältigen sein werde«, und dass dann Deutschland »einen [sic] Diktator aufgeben und zum britischen

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parlamentarischen Regierungssystem übergehen« müsse. Goerdeler war auch klar, dass Kanada mit seinen riesigen Wald-, Land- und Bodenschätzen in einem Krieg auf der Seite Englands stünde; das hatte Mackenzie King schon im Juni 1937 Göring gegenüber betont.412 In seinem zweiten Bericht über Kanada vom 28.  September 1937 ging ­Goerdeler nur auf Export-, Rohstoff- und Handelsfragen ein.413 Deutschland könne aus Kanada alle nötigen Rohstoffe beziehen und die eigenen in Reserve halten; Kanada könne den ganzen Bedarf Deutschlands an Erzen und ebenso an Nahrungsmitteln decken, somit sei das Land für Deutschland besonders wichtig. Von einem offen gegen Deutschland gerichteten Boykott habe er nichts bemerkt. Kanada werde eines Tages »die überschüssige weiße Bevölkerung Europas« aufnehmen müssen. Die Deutschen in Kanada bemühten sich sehr um die Erhaltung ihres Deutschtums, es gebe ganze anscheinend deutsche Städte, aber nationalsozialistische Organisationsformen fänden keinen Nährboden: »Ja sie [sic] würden sich bald jedes Einflusses entkleidet sehen, weil sie dem Mißtrauen des Rechtsstaats begegnen.« In Kanada sei man sich bewusst, dass die Wohlfahrt des Landes von der Verbindung mit der Welt abhänge; man werde sich auch notfalls einem militärischen Beitrag zur Sicherung des Friedens nicht entziehen. Es gebe Tendenzen zur reinen Verteidigung einerseits oder zur Hochrüstung andererseits. Es wäre ein Leichtes für die Regierung, die Politik, je nachdem die Weltlage es erfordere, auf den einen oder den anderen Weg zu lenken. Es sei aber ebenso ein Leichtes, von außen her Einfluss auf diese möglichen Wendungen zu gewinnen, »wenn man es will und die entsprechende Politik treibt«. Die Voraussetzungen und Grundlagen für »die entsprechende Politik« stehen in dem Bericht vom 27. September 1937 – eine rechtsstaatlich orientierte deutsche Regierung, die den Juden gegenüber Toleranz übte und die Kirchen achtete, könnte die kanadische Politik »beeinflussen«, das heißt sie wäre dann nicht durch Reibungen wie die deutsche Juden- und Kirchenpolitik behindert. Dann gäbe es keine Hindernisse für beiderseits offene Handelsbeziehungen, dann hätte Deutschland Zugang zu den vorderhand unerschöpflichen Rohstoffen Kanadas, könnte »aus Kanada alle nötigen Rohstoffe beziehen«. Wenn aber Deutschland »auf einer Grundlage, die ich näher darzulegen selbstverständlich bereit bin«, seine Ansprüche klar und offen vertrete, werde Kanada für den Widerruf des Diktats von Versailles eintreten, für die Einräumung von Kolonien an Deutschland, werde es Deutschland »billiges Gold für Währungszwecke zur Verfügung stellen, wird [es] das Ottawa-System zu unseren Gunsten verlassen und wird [es] weder einen Mann noch ein Kriegsschiff nach Europa senden«.

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14 |  REISEN: AMERIKA In den ersten Septembertagen 1937 reiste Goerdeler von Toronto nach ­Washington, erlitt einen Hitzschlag, lag drei Wochen krank und erholte sich gegen Ende des Monats. Den Plan, nach Südamerika zu reisen, gab er auf, sein Arzt hätte das für »verrückt« erklärt, da wäre dort die größte Hitze.414 Anfang Oktober begann er seine Reise durch die Südstaaten der Vereinigten Staaten, worauf ihn ein Herzanfall für weitere Wochen an das Bett fesselte, in Virginia im Haus des englischen Historikers John W. Wheeler-Bennett. Goerdeler kannte ihn aus seiner ersten Zeit als Reichskommissar für Preisüberwachung während ­Brünings Kanzlerschaft, als Wheeler-Bennett in Berlin gewohnt hatte.415 Mehreren Gesprächen entnahm Wheeler-Bennett, dass Goerdelers Denken zur konstitutionellen Monarchie tendierte.416 Goerdeler setzte die Reise dann bis Mitte Dezember fort und kehrte am 19. Dezember nach Deutschland zurück.417 Sein Bericht über die Amerika-Reise ist vom 2. Januar 1938 datiert.418 Er sandte ihn an den Adjutanten Hitlers, Hauptmann Fritz Wiedemann, zur Vorlage bei Hitler, an Hermann Göring, an den Oberbefehlshaber des Heeres Generaloberst Freiherr von Fritsch, an den Chef des Generalstabes des Heeres General Ludwig Beck, an General Franz Halder und an den Chef der Abteilung Wehrwirtschaftsstab und Waffenwesen (W) Oberst d. G. Georg Thomas und etwas später an Gustav Krupp von Bohlen und Halbach und an Robert Bosch.419 Auch in Amerika sprach Goerdeler mit Persönlichkeiten, die er in seinem Bericht unerwähnt ließ: mit Außenminister Cordell Hull, dem früheren Landwirtschaftsminister Henry A. Wallace, mit Präsident Roosevelt, Unterstaatssekretär George Strausser Messersmith im Außenministerium; Unterstaatssekretär im Außenministerium Benjamin Sumner Welles; mit »Mr. Mooney und Mr. Smith, leitende Direktoren der großen Automobilfabrik in Detroit (nicht Ford)«; dem einflussreichen Mann der Jugenderziehung in New York, Spencer Miller; den Leitern der großen Banken und des Rockefeller Trusts in New York; mit Charles Phelps Taft in Cincinnati, dem Sohn des Präsidenten William Howard Taft (1909 – 1913); dem ehemaligen Präsidenten (1929 – 1933) Herbert Hoover; dem Kriegsminister, Henry L. Stimson; Ralph C. Busser, dem früheren amerikanischen Generalkonsul in Leipzig, derzeit Philadelphia; dem Chefredakteur der New York Times und zahlreichen anderen, darunter Owen Young (Young-Plan), Leiter der General Electric Company.420 Nachdem er die Vereinigten Staaten dreieinhalb Monate von Ost nach West und von Nord nach Süd »hin und her durchreist« hatte, nannte Goerdeler im

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ersten Absatz des Berichts die Zahlen der Bevölkerung – 130 Millionen insgesamt, davon zwölf Millionen Schwarze, 300.000 Indianer, 150.000 Japaner und Chinesen, rund sieben Millionen in Deutschland oder von deutschen Eltern geborene Einwohner; der Anteil der Juden an der Bevölkerung betrage knapp 3,8 Prozent, also etwa 4.940.000 Einwohner. Darauf folgen Beschreibungen der Land- und Bodenschätze, der Industrie, der Löhne, der Landwirtschaft, der äußerst widerstands- und leistungsfähigen Staatsform, des hohen Wertes der Persönlichkeitsrechte, der von Goerdeler für falsch gehaltenen Innenpolitik Präsident Roosevelts, dessen wirtschaftlicher Dirigismus zu Fehlentwicklungen geführt habe.421 Trotz der Neutralitätsakte werde die amerikanische Regierung keine Schwierigkeiten haben, »eine Politik der Weltverbindung« einzuschlagen, wenn sie das für richtig halte. Roosevelt weise nun den Weg zur Arbeitsbeschaffung durch Rüstung. Das sind die Antworten auf Görings Auftrag. »Den entscheidenden Schritt in dieser Richtung hat der Präsident mit seiner Rede in Chicago im September oder Oktober 1937 getan.« In seiner »Quarantäne-Rede«, wonach Angreiferstaaten von der Staatengemeinschaft unter Quarantäne gestellt werden müssen, reagierte Roosevelt auf japanische Kriegszüge und auf die Bedrohungen in Europa.422 Sehr bald, fuhr Goerdeler fort, werde Amerika in seinen Rüstungsaufwendungen nicht mehr wesentlich hinter England zurückbleiben. Übrigens werde Amerika aus Interesse an Absatzmärkten wirtschaftlich und ebenso angesichts der Lage in Ostasien politisch mit England zusammengehen. Und England, das sein Weltreich auf alle Fälle halten wolle, rüste nicht zur Abschreckung, sondern zum Gebrauch, als Abschreckungsrüstung wäre sie viel zu teuer, denn in zehn Jahren müsste sie erneuert werden. Und außerdem: »Schon mit dem Beginn der Aufrüstung ist man dem Gedanken näher getreten, diesmal – anders als im Weltkrieg – sich von vornherein die Mitwirkung der Vereinigten Staaten zu sichern.« Man wisse in England, dass dies nur um den Preis des von Amerika begehrten Handelsvertrags möglich sei. Man sei sich der Tragweite der zu treffenden Vereinbarungen bewusst. England habe vorher noch einmal den Versuch gemacht, »die europäische Front durch Verständigung mit Deutschland zu klären«. Für eine solche Verständigung würde England bedeutende wirtschaftliche Zugeständnisse machen. Ohne das japanische Vorgehen in Ostasien gäbe es heute noch eine Chance, mit den Vereinigten Staaten zu einem Handelsvertrag zu kommen, »wenn die Bereitschaft besteht, dabei schließlich auch über die häufig erwähnten Imponderabilien zu sprechen«.423 In absehbarer Zeit werde Amerika mit England eine Vereinbarung unterschreiben, »die in jedem Kriegsfalle die Vereinigten Staaten von Nordamerika [sic] an Englands Seite stellen wird«. Eine deutsche Verständigung mit

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Amerika sei deshalb praktisch nur noch im Zusammenhang mit einer Bereinigung der politischen Lage in Europa möglich. Ehe England sich jedoch militärisch der Lage in Ostasien zuwendet, wird es die Bedrohungen im Mittelmeer zu beseitigen suchen.424 Für den Fall der Bereitschaft der Reichsregierung zur Verständigung mit England und Amerika wäre eine den deutschen Lebensinteressen entsprechende und der Außerkraftsetzung der wesentlichen Teile des Diktats von Versailles gleichkommende Bereinigung, nach dem, was Goerdeler in Amerika gehört habe, möglich: Man wird sicher bereit sein, Deutschland Kolonien, wenn auch nicht alle ehemaligen, wohl aber einen geschlossenen Besitz in Westafrika, zu geben. Man ist sicher bereit, Oesterreich den freien Anschluß zu gestatten, über das sudetendeutsche Gebiet und den Korridor mit uns befriedigende Abmachungen zu treffen. Man wird uns das Gold zur Verfügung stellen, das notwendig ist, um unsere Währung wieder bewegungsfähig zu machen und die Devisenzwangswirtschaft aufzu­heben. Aber man wird uns nicht vollkommen freie Hand lassen im Osten und Südosten Europas, insbesondere gegen die Tschechoslowakei, die mit Frankreich einen echten Bündnisvertrag hat. Da wir nicht die Möglichkeit haben, uns diese Zugeständnisse zu erzwingen, weil wir dabei auf einen sicheren Krieg mindestens mit Frankreich rechnen müssten, so liegen die Folgerungen auf der Hand. [...] den öffentlichen Haushalt in Ordnung zu bringen und damit auch die Rüstungsausgaben aus eigenem souveränen Entschluß zu begrenzen [...].425

Goerdeler fuhr fort, übrigens sei er überall dem Wunsch nach freundlichen Beziehungen begegnet, man dürfe sich nicht den Blick durch die Boykottbewegung trüben lassen, sie habe ihren Hauptsitz in New York, verblasse mit der Entfernung von dieser Stadt und sei nicht charakteristisch für das ganze Land: Man muß immer wissen, daß es kaum einen Klub in den Vereinigten Staaten gibt, der Juden aufnimmt; daß in manchen Hotels Juden keinen Zutritt haben und daß wohl auf allen Universitäten der Prozentsatz der jüdischen Studenten unausgesprochen festgelegt ist. Man hat also eine bestimmte, den Angelsachsen eigentümliche Zurückhaltung gegenüber den Juden, aber man spricht darüber nicht gern. Meines Erachtens ist die ganze Boykottbewegung zu Ende in dem Augenblick, in dem Deutschland praktisch zu erkennen gibt, daß ihm am Grundsatz gelegen ist, daß aber der einzelne Jude im Rahmen des Gesetzes nicht mit außerordentlichen Mitteln um jede Existenzmöglichkeit gebracht werden soll. Wenn aber Deutschland die Entwicklung der Judenfrage in Osteuropa zum Anlaß nimmt, eine positive Lösung des Judenproblems – Palästina reicht nicht aus – unter allen beteiligten und interessierten Staaten anzuregen, so würde sofort jede Hemmung, die mit dieser Frage in Verbindung steht, auch in den Vereinigten Staaten beseitigt sein, da sich dann das größte Interesse aller an einer positiven Lösung offenbaren müsste.426

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Goerdelers anekdotische Beobachtungen haben sich durch die Forschung als zutreffend und repräsentativ erwiesen. Goerdeler sagte die Haltung Amerikas zur Kriegsgefahr in Europa richtig voraus. Er bemerkte mit seiner Wendung, England »rüste nicht zur Abschreckung, sondern zum Gebrauch«, dass die britische Regierung den Krieg in Europa für unvermeidbar hielt. Seine Erkenntnisse hinsichtlich der »Jüdischen Frage« erwiesen sich als zutreffend. Meinungsumfragen zufolge waren mindestens drei Fünftel der amerikanischen Bevölkerung in den Jahren 1938 bis 1940 antisemitisch eingestellt; im Juli 1938 sprachen sich laut einer Umfrage der Zeitschrift Fortune 68 Prozent gegen die Erhöhung der Quoten für Einwanderer aus; in den Kriegsjahren wurde die judenfeindliche Einstellung noch stärker. Obwohl die Amerikaner nicht wie die Deutschen massiver antijüdischer Propaganda ausgesetzt waren, fand über ein Drittel von ihnen, die Juden seien zu mächtig; ein Drittel war bereit, eine allgemeine antijüdische Kampagne zu unterstützen; ein Drittel lehnte eine antijüdische Kampagne ab; ein Drittel wäre über eine solche Kampagne wenig bekümmert gewesen.427 Die amerikanische Einwanderungsbehörde verwendete für die Verwaltung der Einwandernden und zur Einschränkung von Einwanderungen den Begriff der »jüdischen Rasse« (»Jewish race«).428 Sehr viel bedeutsamer, so Goerdeler in seinem Bericht, wie er auch schon in dem »Sonderbericht« über Kanada geschrieben hatte, würden »die Vorgänge auf kirchlichen Gebieten« in den Vereinigten Staaten empfunden: »Absolute Sicherung der Gewissensfreiheit [in Deutschland] würde auch hier die notwendige Entspannung herbeiführen.« Der Nationalsozialismus und an diesen angelehnte Vereinigungen stoßen auf Ablehnung: »Als ganz unerträglich wurde die Betätigung des amerikanisch-deutschen Volksbundes bei deutsch Geborenen 429 und nichtdeutschen Amerikanern empfunden.« Es werde auf die Unmöglichkeit hingewiesen, jedem an der Entwicklung der Vereinigten Staaten beteiligten Volksteil »eine politische Betätigung nach dem Vorbilde des Heimatlandes zu gestatten«, das würde zu einer Sprengung der Nation führen, und die werden weder das Volk noch die Regierung dulden.430 Endlich werde der »Frage des Rechts und der Unabhängigkeit der Richter in Deutschland eine immer größere Bedeutung beigemessen«, die Bedeutung des Rechts werde wie in Kanada »ganz besonders lebendig empfunden«. Und: »Auch auf diesem Gebiet bereiten sich bedenkliche Spannungen vor.« 431 Selbstverständlich wäre es verhängnisvoll zu glauben, dass sich die Bereitschaft zu freundlichen wirtschaftlichen Beziehungen mit Deutschland »ohne jede Gegenleistung« verwirklichen lasse: »Die Gegenleistungen liegen, wie überall, auf dem Gebiete der Imponderabilien und auf der Bereitschaft, grundsätzlich wenigstens wieder in einen freieren Wirtschaftsverkehr der Völker einzutreten.« 432 »Imponderabilien«,

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das war den Lesern der früheren Berichte und Denkschriften Goerdelers klar, war das Kennwort für »die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«, welche die Deutschen »in eine gewisse größere Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen anderer Völker werden bringen müssen«.433 Weitere Punkte in Goerdelers Bericht über Amerika bedürfen hier der Kommentierung. Sofort fällt auf, dass Goerdeler vehementer als zuvor dafür eintrat, die antijüdische deutsche Politik zu ändern: Der »Sonderbericht« über Kanada und nun der Amerika-Bericht suchen Änderungen der deutschen Juden- und Kirchenpolitik nicht mehr wie die Denkschriften von 1935 und 1936 nur auf dem Umweg über wirtschaftliche Argumentationen zu erreichen. Sie sprechen sie unmittelbar an und fordern sie direkt. Ein Jahr nach Goerdelers Forderung vom 31. August 1936, »daß wir manche Fragen, wie z. B. die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage, in eine gewisse größere Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen anderer Völker werden bringen müssen«,434 und ein Jahr nach seinem ausdrücklich durch die Ablehnung einer antijüdischen Maßnahme motivierten Rücktritt 435 brachte Goerdeler erneut den Gegenstand und seinen Standpunkt gegenüber der nationalsozialistischen antijüdischen Politik auf der höchsten Ebene zur Kenntnis. Er sprach den mächtigsten Mann des Reiches, Hitler, und auch den zweitmächtigsten, Hitlers designierten Nachfolger Göring,436 sowie die Führer des Heeres an. Obwohl Goerdeler wusste und schrieb, dass man in Amerika überwiegend nicht judenfreundlich sei, und obwohl er an »eine bestimmte, den Angelsachsen eigentümliche Zurückhaltung gegenüber den Juden« 437 erinnerte, versuchte er doch auf Hitler und Göring einzuwirken mit dem Hinweis auf »die häufig erwähnten Imponderabilien«.438 Und dann drang Goerdeler überraschend darauf, dass wenn Deutschland die Entwicklung der Judenfrage in Osteuropa zum Anlaß nimmt, eine positive Lösung des Judenproblems – Palästina reicht nicht aus – unter allen beteiligten und interessierten Staaten anzuregen, so würde sofort jede Hemmung, die mit dieser Frage in Verbindung steht, auch in den Vereinigten Staaten beseitigt sein, da sich dann das größte Interesse aller an einer positiven Lösung offenbaren müsste.439

Auch in den Vereinigten Staaten, wie Goerdeler formulierte, und »unter allen beteiligten und interessierten Staaten«; das heißt einschließlich Deutschlands. Zwischen den Zeilen steht, dass Deutschland, wenn es eine »positive Lösung des Judenproblems – Palästina reicht nicht aus – unter allen beteiligten und interessierten Staaten« anregen wollte, seine eigene Judenpolitik ändern müsste.

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Die Änderung müsste, außer geordneter Emigration aus den osteuropäischen Ländern, in einer menschenwürdigen Auswanderung der in Deutschland lebenden Juden bestehen. Anderes ist den Formulierungen Goerdelers in diesem Bericht und zu diesem Zeitpunkt nicht zu entnehmen. Goerdeler versuchte noch immer, die Adressaten des Berichts belegen es, innerhalb des existierenden Regimes in Deutschland eine wesentliche Milderung der Judenpolitik zu erreichen. Zweifellos war die implizite Erkenntnis richtig, dass unter dem nationalsozialistischen Regime in keinem Fall mehr zu erreichen wäre.440 Goerdeler war sich klar über die fanatische Entschlossenheit der deutschen Regierung, alle Juden aus Deutschland zu entfernen.441 Solange die HitlerRegierung bestand, konnte er nur Milderung erhoffen. Auch diese Hoffnung hing davon ab, ob die Milderung Ergebnisse zeitigte, die der Regierung erwünscht wären. Also schrieb er, die Reichsregierung möge »am Grundsatz« festhalten, nur erklären, »daß aber der einzelne Jude im Rahmen des Gesetzes nicht mit außerordentlichen Mitteln um jede Existenzmöglichkeit gebracht werden soll«. In seiner Denkschrift vom 17. September 1936 hatte er ebenfalls »das Grundsätzliche« konzediert zugunsten einer Änderung – Milderung – der »Art der Handhabung«, die in der Weltgeschichte im Zweifelsfall wichtiger sei als »das Grundsätzliche«.442 Die weltweiten Ethnophobien und der weltweite Widerstand gegen die jüdische Einwanderung waren Goerdeler bekannt. Ein Jahr vor der Konferenz von Évian-les-Bains, fast zwei Jahre vor der unglücklichen Fahrt der St. Louis mit 937 Passagieren, fast alles Juden, denen am 27. Mai 1939 die Landung in Havanna und in den Vereinigten Staaten verweigert wurde – Großbritannien, Belgien, Frankreich und die Niederlande teilten die Flüchtlinge schließlich auf und gewährten ihnen Aufnahme 443 –, glaubte Goerdeler, Deutschland brauche seine Politik nur geringfügig zu ändern, um die Lage in einem großen Teil der Welt zu entschärfen.444 Goerdeler durfte glauben, dass das Deutsche Reich die Zustimmung der Westmächte zu einer erweiterten Rolle in Osteuropa erreichen könnte, wenn es die Initiative zu einer »Lösung« der »Jüdischen Frage« ergriff. Dieser Gedanke mochte der Reichsregierung attraktiv erscheinen. Hans Walz, der »Betriebsführer« und Kopf des Bosch-Konzerns, beschrieb Goerdelers Lage und Vorgehen so: Goerdeler hatte sich »gegenüber extremistisch gerichteten Persönlichkeiten z. B. über die Judenfrage zu äußern« und musste »unter Betonung des Prinzips der Menschlichkeit« Zugeständnisse machen. Oder er erging sich zur Judenfrage in irgendwelchen theoretischen Erwägungen, die darauf berechnet waren, vorerst einmal die Notwendigkeit zur Erleichterung der prekären Lage der Juden plausibel erscheinen zu lassen.445

15 |  INTERNATIONALER KONTEXT Zahlreiche Ansätze, eine »Lösung« der »Jüdischen Frage« zu finden, etwa durch die Gründung von Kolonien, wurden lange vor 1933 diskutiert. Sie gehören zum Hintergrund der Bemühungen Goerdelers. Zwischen 1906 und 1928 gab es Pläne, jüdische Flüchtlinge in Zypern anzusiedeln. Die Voraussetzungen – internationale Vereinbarungen und Finanzierung – erwiesen sich jedoch als unerreichbar. Amerikanische jüdische Gemeinden und Verbände wären zur Finanzierung am ehesten fähig gewesen, die Unterstützung des Planes durch die Amerikanische Kolonisations-Vereinigung war jedoch zu gering. Im August 1935 sprach McDonald mit Max Warburg über eine Wiederbelebung des Zypern-Gedankens, wozu größere Summen nötig wären, die nur aus Amerika kommen konnten. Max Warburg zeigte sich sehr enttäuscht, dass sein Bruder Felix Warburg nur 10.000 US-Dollar beisteuern wollte, wo ein Vielfaches erforderlich gewesen wäre.446 Als McDonald am 23. Oktober 1935 kurz vor seinem Rücktritt als »Hoher Kommissar für Flüchtlinge aus Deutschland« mit George Bell, Bischof von ­Chichester, zu Mittag aß, kam am Ende der Mahlzeit Lord Lothian (Philip Henry Kerr, 11th Marquess of Lothian), der von 1931 bis 1932 Unterstaatssekretär für Indien gewesen war und über Verbindungen in Deutschland verfügte, hinzu, und McDonald appellierte an ihn, er möge seinen Einfluss in Deutschland einsetzen. Aber Lord Lothian äußerte Zweifel an der Möglichkeit, solange Deutschland nicht eine Frage wie die Rückgabe seiner Kolonien zur Sprache brächte, denn dann, so Lothian, könnte die britische Regierung sagen: »Wir können uns nicht mit euch zusammensetzen, bis ihr eure Politik der Intoleranz geändert habt.« 447 Als McDonald darauf den Stellvertretenden Unterstaats­ sekretär im britischen Außenamt, Sir Orme Sargent, aufsuchte und den Gedanken Lord Lothians vorbrachte, gab ihm Sargent zu verstehen, erstens könnten Monate oder Jahre vergehen, bis Deutschland die Frage der Kolonien zur Sprache brächte, zweitens würde sich die britische Regierung auf so einen Handel nicht einlassen, und selbst wenn die britische Regierung entsprechenden Verhandlungen zustimmte, könnte Deutschland dann von England die Aufnahme einer festzulegenden Quote von Flüchtlingen aus Deutschland verlangen.448 Die britische Regierung hatte am 2. November 1917 eine Erklärung ihrer Politik, die schon erwähnte »Balfour Declaration«, abgegeben, in der sie sich zugunsten der Errichtung einer »nationalen Heimstätte in Palästina für das jüdische Volk« und somit für die jüdische Einwanderung nach Palästina erklärte.

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Diese Absichtserklärung wurde durch die Aufnahme in den Friedensvertrag mit der Türkei vom 10. August 1919 zu internationalem Recht.449 Die britischen Weißbücher von 1922 und 1930 schränkten jedoch die jüdische Einwanderung nach Palästina ein.450 Die Mandatsmacht in Palästina musste die gegensätzlichen Interessen der Araber und Juden auszugleichen suchen, zumal nach den Unruhen von 1930, und versichern, »dass sie Palästina weiterhin innerhalb der Mandatsbestimmungen verwalten werde, ohne Personen aufgrund ihrer Religion oder Rasse zu diskriminieren«.451 Auf jüdischen Druck hin hob die britische Regierung 1931 die 1930 neu eingeführten Beschränkungen auf, nach dem Ausbruch des arabischen Aufstands (1936 – 1938) traten sie wieder in Kraft. Im Mai 1939, als das Problem jüdischer »Flüchtlinge« aus europäischen Ländern schon lange akut und drängend war, veröffentlichte die britische Regierung ihr Weißbuch Palestine. Statement of Policy, das die jüdische Einwanderung in Palästina auf 75.000 Personen im Zeitraum der darauffolgenden fünf Jahre begrenzte. Englische und deutsche Zeitungen berichteten ausführlich darüber.452 Chaim Weizmann, der englische Zionistenführer, Präsident der Zionistischen Organisation (1929 – 1931 und 1935 – 1946), sagte dem »Hohen Kommissar für Flüchtlinge aus Deutschland« 1933, er würde gerne »ein beträchtliches Stück Land in Syrien« kaufen, wo es an Transjordanien und Palästina grenzt, und dass er wegen des Kaufs mit der Mandatsmacht Frankreich verhandle. Das ergäbe einen »Brückenkopf im Jordantal«. Wenn das Gebiet »von 5.000 Familien mit ausreichender Bewaffnung zum Schutz gegen räuberische Beduinen besiedelt würde, dann wäre der Weg offen für die Massenkolonisation in Transjordanien«. Auf solcher Basis erwarte er die Entstehung einer zusammenhängenden konsolidierten jüdischen Bevölkerung von rund fünf Millionen.453 Weizmann hielt die bestehenden Siedlungsmöglichkeiten für Juden in Palästina für zu beschränkt. Seine Ziele kollidierten außerdem mit den britischen Interessen. Um dasselbe wie Weizmann bemühte sich Goerdeler, obwohl er die Versuche, seine eigene Regierung dazu umzustimmen, für vergeblich hielt. Goerdeler gab Krupp immer Rechenschaft über die Ergebnisse seiner Reisen und die Verwendung des Budgets. Am 5. Februar 1938 kündigte er zugleich seine Reiseberichte über Kanada und Amerika an und bemerkte, mit den Umbesetzungen in der militärischen Führung und im Auswärtigen Amt (Kriegsminister von Blomberg und Oberbefehlshaber des Heeres Freiherr von Fritsch wurden zum Rücktritt gezwungen, Fritsch durch Walther von Brauchitsch ersetzt, Neurath durch ­Ribbentrop) sei »auch die Entscheidung in der Außenpolitik erfolgt«, nämlich für eine Politik, die zum Kriege führe (am selben Tag sagte Robert Bosch dasselbe zu A. P. Young 454).

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Goerdeler schrieb an Krupp: »Nichtsdestoweniger werde ich in den besprochenen persönlichen Vorträgen, falls sie zustande kommen, meine Auffassungen vertreten. Es wird nichts nützen, ist aber Pflicht.« 455 Das geschah. Am 30. Mai schrieb Goerdeler an Krupp: »Der politische Teil [der Berichte] ist aber bereits Ende April den politischen Stellen des Reichs erstattet. Die Lage ist nun klar, die politischen und wirtschaftlichen Zukunftsaussichten liegen auf der Hand.« 456 Das Motiv für Goerdelers Versuche, im Interesse des Friedens und einer Milderung der Judenpolitik Einfluss zu nehmen, bestand zum einen darin, eine Verbesserung der Lage der Juden zu erreichen. Goerdelers Absichtserklärungen finden sich in seinen Denkschriften von 1934 bis 1941.457 Er hoffte immer noch auf eine Änderung der deutschen Politik, setzte aber seit August 1938 nicht mehr darauf, seine Regierung selbst zu überreden, sondern auf Druck von außen, den er mit konspirativen Mitteln zuwege zu bringen suchte. Goerdeler war der einzige der aktiven innerdeutschen Gegner Hitlers, die auf Regierungsebene agieren konnten, der sich in diesem Ausmaß und mit dieser Intensität um die Besserung der Lage der Juden bemühte. Er nahm den Gedanken der Konferenz von Évian-les-Bains voraus, Monate, ehe Präsident Roosevelt diese unvermittelt im März 1938 anregte. Es wäre sinnlos, Goerdeler vorzuwerfen, er habe nicht kurz und bündig eine grundsätzliche radikale Protestposition eingenommen und sich damit jede mögliche Wirksamkeit verbaut. Er selbst war sich des Zwiespalts zwischen den konkurrierenden Grundsätzen bewusst, wie er es in seiner Aufzeichnung vom 9. Juli 1937 formuliert hatte.458 Bestenfalls hätte er das Schicksal von M ­ artin N ­ iemöller geteilt, der nach seinen freimütigen Predigten in der Dahlemer ­Dorfkirche rund acht Jahre im Konzentrationslager verbrachte. Goerdeler musste versuchen, wenn er irgendetwas bewirken wollte, mit den gegebenen Größen, innerhalb des vorgefundenen Rahmens zu agieren. In den Worten »Palästina reicht nicht aus« liegt der von Goerdeler angedeutete oder vorausgesetzte Weg für »eine positive Lösung des Judenproblems«: Emigration und Umsiedlung. Goerdeler sprach also von einer Teillösung. Er und die anderen Befürworter der Umsiedlung setzten voraus, dass die Juden in der Welt, oder jedenfalls die meisten von ihnen, nicht auf die Dauer zerstreut und gefährdet, sondern als ein Volk mit einem Territorium leben wollten. Von Zwangsmaßnahmen war in Goerdelers Denkschriften nicht die Rede. Auch in der 1941 verfassten Denkschrift »Das Ziel« blieb dem einzelnen deutschen Juden überlassen, ob er in Deutschland bleiben oder in einem jüdischen Staat wohnen wollte. Die zivilisierte Welt erwog und praktizierte damals Möglichkeiten unfreiwilliger Neu- und Umsiedlungen. Das 20. Jahrhundert hatte die weitherum

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verurteilte Umsiedlung und teilweise Ermordung der Armenier von 1915 gesehen; die Mächte hatten die Aussiedlung von rund 1,5 Millionen ionischer Griechen aus der Rest-Türkei nach 1920 gemeinsam getragen; sie hatten nach 1919 die »optativen« Umsiedlungen deutscher Staatsangehöriger erzwungen, die in den an Polen abgetretenen Gebieten – einem Teil von Ostpreußen, Westpreußen, Schlesien – beheimatet waren und nicht Polen werden wollten; der britische Außenminister Lord Halifax schrieb am 13. Februar 1940 an Premierminister Chamberlain, er rechne damit, »dass wir unsererseits zustimmen würden, dass das Sudetenland Gegenstand von Verhandlungen sein oder die Sache vielleicht im Wege eines Bevölkerungstransfers erledigt wird« (»or perhaps dealt with by way of population transfer«).459 In Polen und in Rumänien drängten die Regierungen die Juden ständig zur Emigration, ebenso wie seit 1933 die HitlerRegierung in Deutschland. Hitler ließ Umsiedlungen von rund 770.500 – das Lexikon der Vertreibungen nennt mehr als eine Million – außerhalb Deutschlands lebenden Deutschstämmigen, »Volksdeutschen«, so aus Südtirol, aus Bulgarien, Serbien, Bosnien, Griechenland, Rumänien, Polen und den baltischen Ländern vornehmen.460 Nach dem Krieg wurden die drei Millionen Sudetendeutschen aus ihrer Heimat vertrieben, rund 1,4 Millionen Polen wurden aus der Sowjetunion umgesiedelt,461 an die 16 Millionen Deutsche wurden aus den von Polen, der Tschechoslowakei und der Sowjetunion annektierten deutschen Gebieten vertrieben.462 Bevölkerungsverschiebungen – so der Euphemismus für Vertreibung – geschahen seitdem und geschehen immer noch in großer Zahl, in Sri Lanka, Bosnien, im Kosovo, im Kongo, im früheren englischen Mandatsgebiet Palästina, um nur einige fortgesetzte erzwungene Migrationen zu erwähnen. In der Öffentlichkeit der westlichen Welt wurde viel von den Leiden der deutschen und osteuropäischen Juden gesprochen und geschrieben. Im Mai 1935 sprach der frühere französische Unterstaatssekretär für die Kolonien ­Gratien Candace in einem Interview über die Möglichkeit der Auswanderung polnischer Juden nach Madagaskar.463 1936 wollte die polnische Regierung die Frage afrikanischer Kolonien für Polen zur Sprache bringen. Die polnische Regierung hoffte, in diesem Zusammenhang die jüdische Auswanderung aus Polen nach Madagaskar zu fördern und überhaupt die Zahl der jüdischen Emigranten aus Polen auf 100.000 jährlich zu bringen. Der Gedanke polnisch-jüdischer Emigra­tion nach Madagaskar war nicht neu. Als im August 1936 die englische Mandatsmacht die jüdische Zuwanderung nach Palästina beschränkte, wurde die Debatte in Polen intensiver.464 Der polnische Außenminister Oberst Józef Beck erklärte am 2. Oktober 1936 dem Mitgründer und Präsidenten

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des Jüdischen Weltkongresses, Nahum Goldmann, der zugleich Vertreter des Jüdischen Weltkongresses beim Völkerbund war, die jüdische Emigration aus Polen sei das wichtigste konstruktive Mittel zur Lösung der »Jüdischen Frage« in Polen.465 Neben Palästina müssten andere Territorien gefunden werden. Beck bat ­Goldmann, die Exekutive des Jüdischen Weltkongresses möge sich mit der Bitte an Frankreich wenden, dass dessen Regierung die Einwanderung polnischer Juden nach Madagaskar ermögliche.466 Einige Tage später gelangte die Anregung an Ministerpräsident Léon Blum. Außenminister Yvon Delbos befürwortete den Gedanken. Die Zeitungen berichteten darüber,467 solche Erwägungen und Ansinnen waren nicht geheim. Im November 1936 überreichte das »Comité pour la Défense des Droits des Israélites en Europe Centrale et Orientale« im französischen Außenministerium eine Note über mögliche Ansiedlungen ost- und zentraleuropäischer Juden in den französischen Kolonien (»Überseeterritorien«) Madagaskar und Neukaledonien. In der Note hieß es, die schwierige Lage der Juden in Deutschland, Rumänien, Litauen, Russland und Polen mache die Zurverfügungstellung kolonialer Terri­torien für die Verfolgten zur Notwendigkeit. Jüdische Hilfsorganisationen wie das »American Jewish Joint Distribution Committee« und die »New York Refugee Economic Corporation« seien zu großzügiger finanzieller Unterstützung bereit. Angesichts der hohen Hürden gegen die jüdische Einwanderung in Argentinien, Brasilien (wo das politische und wirtschaftliche Klima von Antisemitismus durchtränkt sei) sowie auch in den Vereinigten Staaten seien andere Territorien in Betracht zu ziehen, eben Madagaskar und Neukaledonien.468 Im Januar 1937 sagte der französische Minister für die Kolonien Marius Moutet in einem Interview, der Gouverneur von Madagaskar habe sich zur Frage der Besiedlung der Insel positiv geäußert, aber zugleich vor übertriebenen Hoffnungen auf rasche Massenkolonisation gewarnt, wie die Zeitung Israelitisches Familienblatt am 21. Januar 1937 berichtete.469 Der französische Botschafter in Warschau berichtete, die Nachrichten über eine mögliche jüdische Kolonisation französischer Territorien »provoquent à Varsovie une sensation«. Doch wurden die Erwartungen empfindlich gedämpft, als der Unterstaatssekretär (sous-secrétaire d’État) im französischen Kolonialministerium, Paul Bouteille, der Jewish Agency und der Presse sagte, im Jahr 1937 könnten höchstens zehn Familien in den französischen Kolonien untergebracht werden, 1938 vielleicht 30 und 1939 etwa 50. Moutet und andere Beamte der Regierung teilten mit, jeder Siedler müsse mindestens 1.000 Britische Pfund mitbringen, also etwa denselben Betrag, den die britische Palästina­ regierung verlangte; das Kolonialministerium habe dafür kein Geld.470 An eine

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Evakuierung der Juden aus Polen und anderen Ländern sei also nicht zu denken, sagte ­Moutet, solche Hoffnungen entbehrten der Grundlage; es gehe in erster Linie um die Ansiedlung von Flüchtlingen, die sich schon in Frankreich befänden. Die zuständigen Stellen in der französischen Regierung berechneten, dass 300.000 Französische Franc pro Einwanderer für die Ansiedlung in den Neuen Hebriden investiert werden müssten, dass die Siedlungen in den ersten Jahren hoch defizitär wären; weder die französische oder die polnische Regierung noch die jüdischen Organisationen seien in der Lage, solche Unternehmen zu finanzieren.471 Ende Mai 1938 war klar, dass sich die Hoffnungen auf die Aussiedlung einer bedeutenden Zahl polnischer Juden in die französischen Kolonien zerschlagen hatten, teils wegen ungünstiger Bedingungen in Madagaskar, teils weil die französische Regierung so oft wechselte, allein im Jahr 1938 gab es ihrer vier mit drei verschiedenen Kolonialministern.472 Die polnische jüdische Presse schrieb, Juden könnten nicht in der »Wüste« siedeln, die amerikanische jüdische Presse wies Kolonialsiedlung für Juden einmütig zurück.473 Auch in der jüdischen Presse Deutschlands fehlte es an Begeisterung für die koloniale Siedlung, die C.-V. Zeitung schlug im Januar 1937 vor, Transjordanien und Syrien für die jüdische Einwanderung zu öffnen, ferner gebe es in Argentinien und Australien viel bessere Bedingungen als in den vorgeschlagenen Wüstengebieten.474 Übrigens berichteten auch große Zeitungen wie die Berliner Börsenzeitung, das Berliner Tageblatt, die Danziger Neuesten Nachrichten, die Deutsche Rundschau, die Fränkische Tageszeitung, die Neue Zürcher Zeitung, die Times und die Parteizeitung der NSDAP, der Völkische Beobachter, über Ansiedlungsprojekte in Madagaskar und in anderen Gebieten.475 Die Times berichtete, Außenminister Beck habe im polnischen Senat von der sozialen und wirtschaftlichen Problematik gesprochen, welche die 3.500.000 Juden in Polen darstellten. Der Warschauer Korrespondent der Times berichtete weiter, laut dem jüdischen Statistiker M. Leszczynski seien von 1830 bis 1930 rund 4.215.000 Juden aus dem Land ausgewandert, davon 2.900.000 in die Vereinigten Staaten, 300.000 in andere amerikanische Länder, 260.000 nach England und 140.000 nach Frankreich. Die 1933 im Deutschen Reich und 1934 in Österreich gezählten polnischen Juden erwähnte Leszczynski nicht. Seit dem Ersten Weltkrieg hätten alle europäischen und die meisten überseeischen Staaten strenge Einschränkungen für die Einwanderung eingeführt, die Millionen noch in Polen lebenden Juden seien ohne Ausweg eingesperrt. In dem neu gegründeten Land ohne bedeutende Kapitalquellen und Industrie, ohne wesentliche Exportgüter, inmitten einer Weltwirtschaftskrise, mussten Landbewohner, denen die Landwirtschaft keinen genügenden Lebensunterhalt bot und

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die in die vielfach von großen jüdischen Mehrheiten bewohnten Städte drängten, dort mit den jüdischen Gewerbetreibenden in Wettbewerb treten. Die jungen polnischen Juden entwickelten zunehmend Tendenzen zur politischen Linken hin, antisemitische Demonstrationen nähmen dadurch zu. In der Dekade von 1926 bis 1935 seien 185.365 Juden aus Polen emigriert, doch habe sich die jüdische Bevölkerung gleichzeitig um 100.000 Personen vermehrt. 300.000 polnische Juden pro Dekade müssten emigrieren, allein um die Zahl der jüdischen Bevölkerung in Polen stabil zu halten. Daher die polnische Feststellung, die jüdische Auswanderung sei nicht nur ein Palästina-Problem, da Palästina Einwanderer in der sich aus der Lage ergebenden Zahl nicht aufnehmen könne. Zweifellos, so schloss der Korrespondent, müssten zu einer Lösung andere Gebiete für die Ansiedlung jüdischer Emigranten aus Polen gefunden und zugleich auch etwa steuerbegünstigte und subventionierte Industrien besonders im Osten des Landes aufgebaut werden. Am 7. Juli 1937 veröffentlichte die nach dem Ausbruch des Araberaufstands in Palästina eingesetzte Königliche Kommission unter dem Vorsitz des früheren Staatssekretärs für Indien, Rt. Hon. William Robert Wellesley, 1st Earl Peel (»Peel Commission«) ihren Bericht, in dem sie die Teilung Palästinas vorschlug, wodurch ein kleiner arabischer und ein jüdischer Staat Israel hätten entstehen können. Dieser hätte Pässe ausstellen, staatenlose und verfolgte Juden zu Staatsangehörigen des Staates Israel machen und vielen von ihnen Zuflucht und Schutz gewähren können.476 Die deutsche Reichsregierung erkannte die Gefahr für ihre Judenpolitik durch die so entstehende Konzentration einer jüdischen Staatsbevölkerung und einer Zentrale jüdischer Staatlichkeit mit internationalem Staatsstatus sowie des daraus abgeleiteten völkerrechtlichen Schutzes aller Juden durch die Völkergemeinschaft. Das Auswärtige Amt hielt in einem Runderlass vom 25. Januar 1939 an alle deutschen Auslandsvertretungen fest: »Ein jüdischer Staat würde aber dem Weltjudentum einen völkerrechtlichen Machtzuwachs bringen.« 477 Das britische Kabinett lehnte die Teilung ab. Anthony Julius gibt in seinem Buch über den Antisemitismus in England die Schuld dafür dem Leiter der Ostabteilung im britischen Außenamt, George Rendel, der darauf bestand, dass britische Interessen die Zufriedenstellung der Araber erforderten, und der das Kabinett überredete, den Peel-Bericht abzulehnen.478 Tatsächlich war der Prozess komplizierter. Die von der Regierung dann eingesetzte Teilungskommission unter dem Vorsitz von Sir John Woodhead zur Festlegung von Teilungsgrenzen schlug mehrheitlich die Teilung in zwei kleine Staaten, einen jüdischen und einen arabischen sowie ein verbleibendes Mandatsgebiet vor. In

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der Schlussbemerkung des Berichts der Kommission heißt es, um nicht ihr Unvermögen zur Vorlage eines durchführbaren Planes zu berichten, schlage die Kommission eine Abwandlung des Teilungsplans vor. Die eigentliche Teilung sei nicht durchführbar, stattdessen empfehle die Kommission souveräne Zonen innerhalb einer Wirtschaftsföderation, in der jedoch den arabischen und jüdischen Staaten die fiskalische Autonomie vorenthalten bliebe; dies könne die Basis einer zufriedenstellenden Regelung sein, falls die Regierung Seiner Majestät bereit sei, die damit verbundenen sehr beträchtlichen finanziellen Lasten zu übernehmen.479 Die Regierung zog daraus den Schluss, dass wegen der großen damit verbundenen Schwierigkeiten die Bildung unabhängiger arabischer und jüdischer Staaten in Palästina unausführbar sei.480 Als am 12. März 1938 deutsche Truppen in Österreich einmarschierten, waren alle dort lebenden Juden augenblicklich der Verfolgung ausgesetzt. Tausende Juden flohen sofort nach dem 12. März 1938, wobei sie noch in und über die Schweiz reisen konnten, ehe der Visazwang eingeführt wurde.481 SS-Obersturmführer Adolf Eichmann vom Judenreferat des Sicherheitsdienstes (SD) der SS kam nach Wien, durchsuchte die jüdischen Gemeindeeinrichtungen, beschlagnahmte Akten und begann mit der Einrichtung der »Zentralstelle für jüdische Auswanderung«, die am 20. August offiziell eröffnet wurde, um so viele Juden wie möglich so rasch wie möglich zu vertreiben. Zwischen August 1938 und Juni 1939 »vermittelte« die Stelle die Emigration oder Vertreibung von 110.000 Juden.482 Hier soll der Hinweis nicht fehlen, dass sich hinter Ausdrücken wie »beschlagnahmen«, »vertreiben« und »prekär« kaum beschreibbare Grausamkeiten, Quälereien und Ausraubungen verbergen.483 Die Lage der in Österreich und Deutschland lebenden und aus den 1919 polnisch gewordenen Gebieten (Galizien) stammenden Juden, besonders solcher Personen, deren Staatsangehörigkeit ungeklärt war, wurde zudem prekär, weil die polnische Regierung auf die Nachricht vom »Anschluss« Österreichs hin Maßnahmen ergriff, die die befürchtete Einreise von 30.000 Juden nach Polen verhindern sollten.484 Die Satzung des Völkerbunds sah keine Interventionen in die inneren Angelegenheiten fremder Staaten vor, etwa um eine Minderheit gegen Verfolgung zu schützen. Artikel 15 setzte vielmehr die Nichteinmischung in innere Angelegenheiten folgendermaßen fest: Macht eine Partei geltend, und erkennt der Rat [des Völkerbundes] an, daß sich der Streit auf eine Frage bezieht, die nach internationalem Rechte zur ausschließlichen Zuständigkeit dieser Partei gehört, so hat der Rat dies in einem Berichte festzustellen, ohne eine Lösung der Frage vorzuschlagen.485

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Jedoch beunruhigte die »Jüdische Frage« einige Mächte so sehr, dass ihre Regierungen sich zu Reaktionen entschlossen. So brachte die polnische Regierung am 15. März 1938 im Parlament, dem Sejm, einen Gesetzesentwurf ein, der am 31. März verabschiedet wurde.486 Das Gesetz sollte bestimmten Kategorien von nicht in Polen ansässigen Polen die polnische Staatsangehörigkeit entziehen, um die Einwanderung oder Rückwanderung von Juden nach Polen zu verhindern.487 Zugleich forcierte die Konsularabteilung im polnischen Außenministerium die Massenemigration von Juden aus Polen.488 Am 15. Juni 1938 berichtete die Polnische Telegrafenagentur, dass Juden aus Wien, denen die Einreise nach Polen gelungen sei und die noch in Polen waren, in das Konzentrationslager Bereza Kartuska in Polen verbracht würden.489 Das britische Innenministerium benachrichtigte am 14. März 1938 das Außenamt in einem vertraulichen Memorandum, die erwartete große Zunahme »von Flüchtlingen jüdischer Rasse und Abstammung« erfordere die Einführung eines Visen-Systems zur Kontrolle solcher Personen. Wenn auch die einzelnen Flüchtlinge nicht unerwünscht wären, so das Memorandum, könnte ihre Zahl doch »soziale und Arbeitsmarkt-Probleme schaffen«.490 Am 15. März, als sechs Personen in Folkstone ankamen, war die Verschärfung der Einreisebestimmungen schon bemerkbar.491 Am 16. März beriet das britische Kabinett auf Drängen des Innenministers, Sir Samuel Hoare, über die Wiedereinführung des 1928 zwischen Großbritannien und dem Deutschen Reich aufgehobenen Visazwanges. Das Innenministerium machte nicht nur die Befürchtung eines großen Zustroms an Flüchtlingen und der daraus sich ergebenden sozialen und Arbeitsmarkt-Probleme geltend, sondern auch die vermutete deutsche Absicht, Großbritannien mit Flüchtlingen zu überschwemmen, um dort ein Judenproblem zu schaffen.492 Die hier genannten Reaktionen und Maßnahmen beruhten auf praktisch begründeten Überlegungen, waren aber auch mit antijüdischen (»antisemitischen«) Tendenzen verbunden. Anthony Julius beschreibt den Antisemitismus im Großbritannien der 1930er-Jahre als »überall vorhanden« (»pervasive«), »in der Luft liegend« (»in the air«), wofür er sich auch auf Malcolm Muggeridge stützt, der treffende Beispiele anführt.493 Eine Erweiterung des britischen »Aliens Restriction Act« von 1914, verabschiedet am 23. Dezember 1919, verbot »Fremden« den Namen zu ändern, den sie am 4. August 1914 trugen. Anthony Julius schreibt, dies sei im Zusammenhang mit Diskussionen über »bolschewistische Sympathisanten« geschehen, unter denen unverhältnismäßig viele Juden sein sollten.494 Julius nennt für diesen Punkt keine Quelle. Er nennt jedoch zwei in den Unterhausdebatten über die

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Einwanderung vorgebrachte Begründungen, die antisemitisch gefärbt gewesen seien (die Bezeichnung »Jude« kam in der Debatte nicht vor): Die »Fremden« seien »klüngelhaft« und nähmen gebürtigen Engländern die Arbeitsplätze weg.495 Als das britische Unterhaus am 3. November 1919 über die Einschränkung der Annahme englischer Namen durch Ausländer (»aliens«) nach dem 4. August 1914 beriet, ging es fast allein um deutsche Staatsangehörige (»enemy aliens«), Osteuropäer wurden nur als bedauernswerte Träger unaussprechlicher Namen erwähnt. Die in der ursprünglichen Vorlage enthaltene, vom Abgeordneten Sir John Butcher befürwortete Vorschrift, dass in genehmigten Ausnahmefällen der neue englische Name soweit möglich das Äquivalent des ursprüng­ lichen Namens sein müsse, wurde gestrichen, nachdem Innenminister Edward Shortt darauf hingewiesen hatte, dass viele Deutsche »Fleischer« hießen und dann Sir Johns Namen trügen (ohne zu erwähnen, dass auch viele »Kurz« hießen). Somit mussten ausländische Juden, die englische Namen tragen wollten, sich nicht etwa Prunetree oder Almondtree nennen. Am Schluss der Debatte brach es dann aus dem Abgeordneten Sir H. Nield heraus: Man brauche den Schutz gegen einen Fremdenzustrom, wie er in den letzten 30 oder 40 Jahren stattgefunden habe; diese Fremden brächten nicht wie die Hugenotten »die besten Traditionen ihrer Rasse« mit nach England, sondern sie seien »Fremde, die die Antipathie der britischen Öffentlichkeit erregt haben, indem sie sich absonderten, während sie den britischen Arbeiter [im Lohn] unterböten, sie seien jederzeit bereit, das Asyl auszunützen, das wir ihnen gewährt haben […]. Ich sähe gerne England von oben bis unten von Fremden befreit.« 496 Anthony Julius sieht Antisemitismus auch in Aspekten der AppeasementPolitik als evident, zudem in der Art der Aufnahme jüdischer Flüchtlinge und in der weit verbreiteten Meinung gegen Ende des Jahres 1939, »die Juden« trügen die Schuld am Krieg.497 Der Führer und Unterhausabgeordnete der British Union, die eine ähnliche Ideologie wie die NSDAP vertrat, Sir Oswald Mosley, schrieb in einem 1939 erschienenen Traktat, Tomorrow We Live, die Juden wollten ein eigenes Land gründen und sollten das auch tun. Sofern Juden im Vereinigten Königreich ihre Interessen über die des Landes stellten und sofern ihr Verhalten britischem Charakter und Herkommen fremd sei, müssten sie Großbritannien verlassen. Die anderen würden auf den Ausländerstatus ohne die Vorrechte britischer Staatsangehörigkeit herabgestuft, den sie in ihrer Mehrheit schon selbst gewählt haben.498 Während am Ende der Appeasement-Zeit ein Gefühl nationaler Erniedrigung herrschte und die Remilitarisierung des Rheinlands, der »Anschluss« Österreichs, das Ansichreißen des Sudetenlandes, die Besetzung der Tschechoslowakei [sic] als Provokationen Hitlers empfunden worden seien,

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registrierte Anthony Julius, dass die Judenverfolgung überhaupt nicht als Provokation angesehen worden sei.499 Unter der Oberfläche des Appeasement sei auch der Antisemitismus verborgen gewesen, mit Sicherheit seien viele »Appeaser« gegenüber der Judenverfolgung indifferent gewesen, bereit, die Judenverfolgung mit Entschuldigungen abzutun in der Überzeugung, dass die inneren Angelegenheiten Deutschlands »nicht unsere Sache« seien.500 Unter dem Eindruck von Österreichs »Anschluss« an Deutschland fragte der Abgeordnete R. D. Denman am 17. März 1938 im britischen Unterhaus, ob der Antrag debattiert werden könne, dass »nach Ansicht des Unterhauses die Einwanderung von Juden nach Palästina entsprechend dem Grundsatz der Ende März 1938 [bestehenden] wirtschaftlichen Aufnahmefähigkeit wiederaufgenommen werden solle«. Der Premierminister erklärte, die Regierung habe für eine solche Debatte keine Zeit (im Parlament zur Verfügung).501 Am 22. März erklärte der britische Innenminister im Unterhaus, man könne aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen Asylsuchende nicht unterschiedslos aufnehmen, selbst in hochqualifizierten Berufen müsse Überfüllung vermieden werden.502 Im April hob die britische Regierung das Visum-Abkommen von 1928 auf und sandte den britischen Konsulaten Kriterien zur Visa­ erteilung an deutsche und österreichische Reisende.503 Präsident Roosevelt hatte das Schicksal der Juden in Deutschland schon lange mit Anteilnahme verfolgt, ohne einen Versuch zu machen, die Hürden für die Einwanderung aus Deutschland zu lockern. In der amerikanischen Zeitschrift Foreign Affairs erschien im April 1938 ein Aufsatz von Dorothee Thompson mit dem Titel »Refugees, A World Problem«. Die Verfasserin sprach sich für die Bildung einer Organisation aus, die eine Brücke herstellen könne zwischen den antisemitischen Staaten und den Staaten, die bereit wären, Juden aufzunehmen. Im amerikanischen Außenministerium wurde darüber nachgedacht, die jüdische Auswanderung aus den antisemitischen Staaten mithilfe des eingefro­ renen beträchtlichen jüdischen Vermögens in Deutschland zu bewerkstelligen, analog der von Dr. Fridtjof Nansen organisierten Umsiedlung der Griechen aus Anatolien nach Makedonien und Thrakien in den Jahren 1922 bis 1930.504 Am 24. März 1938 beschloss Präsident Roosevelt, ohne das amerikanische Außenministerium zu konsultieren, einige Regierungen zu fragen, ob sie sich an einer internationalen Kommission beteiligen würden mit dem Ziel, die von privaten Organisationen zu finanzierende Einwanderung »politischer Flüchtlinge« aus Österreich und Deutschland zu ermöglichen.505 Die Initiative führte zu der Konferenz von Évian-les-Bains im Juli 1938, an der 32 Staaten teilnahmen.506 Die amerikanische Note, die am 24. März im britischen Außenministerium

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überreicht wurde, sagte nichts darüber, ob die Vereinigten Staaten ihre Quoten für Einwanderer erhöhen wollten, wo und wie die Flüchtlinge aufgenommen werden könnten, und schlug im Übrigen vor, das Mandat des »Hohen Kommissars für Flüchtlinge aus Deutschland« auf die aus Österreich kommenden zu erweitern. Die amerikanische Note bezeichnete Personen als »Flüchtlinge«, die Deutschland oder Österreich noch nicht verlassen hatten, die aber wegen der Verfolgung zu emigrieren wünschten, der sie aus »politischen, rassischen oder religiösen Gründen« ausgesetzt waren. Angesichts der vagen Formulierungen und der Unklarheit über Roosevelts Motive vermutete man im britischen Außenamt, dass der Vorstoß des Präsidenten auf Druck aus bestimmten großstädtischen Wahlkreisen zurückzuführen sei. Man bemerkte auch, solche vagen Gesten seien immer gefährlich, besonders wenn man mit der Verwirklichung private Organisationen befassen wolle, die kein Geld haben.507 Zugleich begrüßte die britische Regierung die – neue – amerikanische Bereitschaft, sich in internationalen Angelegenheiten überhaupt und zumal solchen des Völkerbunds zu engagieren, da man einen Krieg im Jahr 1938 oder im Jahr darauf für ziemlich sicher hielt.508 Trotz aller Unklarheiten und ausweichenden Haltungen erkannte man im britischen Außenamt, dass die deutsche Politik der Beraubung und Vertreibung der jüdischen Bevölkerung »Fragen von weltweiter Wichtigkeit« aufwarf.509 Die amerikanische Regierung kam durch die Initiative des Präsidenten in Verlegenheit; denn weder die Öffentlichkeit noch der Kongress würden eine Liberalisierung der Einwanderungsgesetze dulden. Selbst wenn österreichischen Juden erlaubt würde, etwa ungenützte Plätze in der Jahresquote von 27.370 Personen für Einwanderer aus Deutschland einzunehmen, wäre die Zahl der Juden, die aufgenommen werden könnten, doch sehr klein gewesen. Überdies konnte ohne deutsche Beteiligung kaum etwas in der Sache erreicht werden.510 Anregungen von privater Seite, wo Juden angesiedelt werden könnten, und Reaktionen darauf von amtlicher Seite gab es reichlich. Immer wieder war die Rede davon, Deutschland einen Teil seiner Kolonien für diesen Zweck zurückzugeben, wenn das Deutsche Reich Frankreich und England darum ersuchte; die Vereinigten Staaten sollten mit Schuldenerlass bei der Finanzierung von Ansiedlungen helfen.511 Kenia, Tanganjika oder Nord-Rhodesien und Australien könnten allenfalls nur ganz wenige Siedler aufnehmen, hieß es; in Kanada waren nicht einmal britische Einwanderer willkommen; Neuseeland konnte gar keine aufnehmen; in Südafrika war der Antisemitismus sehr stark.512 Australien teilte dem Staatssekretariat für Dominien-Angelegenheiten mit, man könnte bis zu 5.000 Siedler jährlich aufnehmen – falls sie Kapital mitbrächten.513

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Eine Woche nach dem Pogrom vom 9.  November 1938 sprach Henry ­Morgenthau Jr., der amerikanische Finanzminister, mit Präsident Roosevelt über den Gedanken, Französisch- und Britisch-Guayana gegen den Erlass von Kriegsschulden einzutauschen und Holländisch-Guayana als jüdisches Siedlungsgebiet zu erwerben. Roosevelt hielt das Klima für ungeeignet, »die Juden würden fünfundzwanzig bis fünfzig Jahre brauchen, das Fieber zu überwinden«, doch könne man dieselbe Methode des Schuldenerlasses auf das ehemals deutsche Kamerun anwenden, es sei erforscht und habe ein gutes Klima.514 Im Januar 1939 nannte Präsident Roosevelt dem britischen Premierminister Chamberlain Angola als »jüdisches Ergänzungsheimland« und als »einen wesentlichen Schritt zur Lösung der ›Jüdischen Frage‹ «.515 Der Unterstaatssekretär im amerika­nischen Außenministerium Benjamin Sumner Welles schlug dem Präsidenten Ende August 1939 Britisch-Guayana, die Dominikanische Republik, Mindanao und Angola (das von Portugal für eine große Summe zu kaufen wäre) vor. Ein den Präsidenten über politische Flüchtlingsfragen beratender Ausschuss nannte dieselben möglichen Siedlungsgebiete und außerdem noch Nord-Rhodesien.516 Die Konferenz von Évian-les-Bains auf der französischen Seite des G ­ enfer Sees, zu der Präsident Roosevelt eingeladen hatte, tagte vom 6. bis 15. Juli 1938. Die britische Delegation nahm einen möglichst positiven Standpunkt ein, nämlich, dass keine Einschränkungen europäischer Einwanderung in Kolonialgebiete bestehen, sofern die Einwanderer Arbeitsaussichten oder andere Mittel für ihren Unterhalt glaubhaft machen konnten.517 Die britische Regierung wollte, obwohl sie nicht an eine deutsche Kooperationsbereitschaft glaubte, auf dem Grundsatz bestehen, dass »das Herkunftland einen Beitrag zur Lösung des Emigra­ tionsproblems« leisten solle; den anderen zentraleuropäischen Regierungen solle klargemacht werden, dass man von ihnen einen Beitrag verlangen werde, »wenn sie ihre jüdischen Bevölkerungen loswerden wollten«. Kein Land wollte seine Bevölkerung um mittellose und demoralisierte Ausgestoßene vermehren.518 Die Konferenz in Évian beschloss, die Bezeichnung »Flüchtlinge« durch »unfreiwillige Emigranten« zu ersetzen und einen zwischenstaatlichen Ausschuss einzusetzen, um mit Deutschland zu verhandeln.519 Die Delegierten der 32 in Évian vertretenen Staaten erklärten ihre Anteilnahme am Schicksal der Flüchtlinge bzw. Vertriebenen; keiner von ihnen bot jedoch die Aufnahme einer irgend erheblichen Zahl der Unglücklichen an. Der australische Delegierte, der Minister für Handel und Zölle, Oberstleutnant Thomas W. White, nahm kein Blatt vor den Mund: Man werde wohl verstehen, dass Australien, das keine Rassenfrage habe, sich auch keine zu importieren wünsche.520 Abgesehen davon, dass die Öffentlichkeit der Welt zum wiederholten Male auf die

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»Jüdische Frage« und die Politik der Reichsregierung aufmerksam gemacht wurde, wobei der Sudetenkrise und der Kriegsgefahr größere Aufmerksamkeit gewidmet wurde, war das praktische Ergebnis der Konferenz lediglich die Einrichtung eines zwischenstaatlichen Ausschusses. Auf die Frage an Hitler, warum ein zivilisiertes Land wünsche, so viele wertvolle Bürger loszuwerden, konnte dieser antworten, die Kritiker wollten sie auch nicht haben. In seiner Rede am Jahrestag seiner »Machtergreifung« am 30. Januar 1939 sagte er, es sei »nicht einzusehen, weshalb man die Angehörigen dieser Rasse sonst gerade dem deutschen Volk zumutet, aber in den so sehr für diese ›prächtigen Leute‹ schwärmenden Staaten die Aufnahme plötzlich unter allen nur möglichen Ausflüchten ablehnt«; es gebe keinen Grund, warum sie überall als ein Prozentsatz von Nutznießern der Produktivität anderer Völker leben sollten, es gebe in der Welt Siedlungsraum genug, da müssten sie eben solide Aufbauarbeit leisten; er könne aber prophezeien, »wenn es dem internationalen Finanzjudentum in und außerhalb Europas gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen«, dann werde das Ergebnis »die Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa« sein.521 Da Hitler selbst »die Völker noch einmal in einen Weltkrieg« stürzte, enthüllte er so seine bestehende Absicht, die jüdische »Rasse« in Europa zu vernichten. Inzwischen verschärften und beschleunigten die Nationalsozialisten die Verfolgung, Beraubung und Vertreibung der Juden unausgesetzt. Der amerikanische Konsul in Berlin, Raymond H. Geist, berichtete seinem Ministerium am 28. Oktober 1938, das Konsulat sei im September Tag um Tag von Tausenden förmlich überrannt worden, die Visen beantragten, während die jährliche Quote von 27.300 Einwanderern aus Deutschland, so Geist, »nicht ausreichend« sei für etwa 125.000 Bewerber und dass Neubewerber drei oder auch vier Jahre warten müssten und dass viele von ihnen »sicher seien, so lange nicht überleben zu können«.522 Aber das amerikanische Außenministerium blieb hart. Obwohl nie alle Plätze der deutschen Quote ausgeschöpft waren, wurden die meisten jüdischen Visabewerber abgewiesen. Selbst Messersmith, der den deutschen Antisemitismus scharf verurteilte, hielt als amerikanischer Generalkonsul in Berlin und noch 1938 als Unterstaatssekretär im Außenministerium die amerikanischen Vorschriften für richtig, schließlich seien in Amerika sehr viele arbeitslos und die Flüchtlinge würden mit ihnen um Arbeitsstellen konkurrieren. Er glaubte, das Hitler-Regime werde bald selbst zusammenbrechen und die Juden sollten nicht fliehen, sondern »wachsam warten«.523 Er nahm auch den Standpunkt ein, dass die in den Händen der Nationalsozialisten befindlichen Juden nicht zu retten seien, ohne überall die Menschenrechte zu gefährden; die Deutschen wollten das Flüchtlingsproblem als

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Hebel instrumentalisieren, um Amerika zu Handelsgesprächen mit Deutschland zu bewegen, oder sonst wie zum Vorteil ihrer Wirtschaft benützen. Mit Hitler zu handeln sei gefährlich; schon jetzt verlangten die Polen, dass jedes Deutschland gegebene Zugeständnis zur Entfernung seiner Juden auch Polen zugestanden werden müsse. Humanes Verhalten ermutige die Brutalität. Dabei war die Lage der jüdischen Bevölkerungen in Polen, Rumänien und Ungarn ebenso verzweifelt oder noch verzweifelter als in Deutschland. Die polnische Regierung suchte seit 1936 noch intensiver als vorher nach einem Weg der Emigration für die dortigen Juden und erwartete dafür britische Finanzhilfe. Hätte aber die Évian-Konferenz sich auf irgendwelche Emigrations- und Ansiedlungspläne geeinigt, hätte das die osteuropäischen Regierungen zu noch größerem Druck auf ihre jüdischen Bevölkerungen ermutigt. In Osteuropa ging es um Millionen von potenziellen Migranten. Nach dem Ende der Konferenz am 15. Juli 1938 wurde der »Zwischenstaatliche Ausschuss für die Erleichterung der Auswanderung von Flüchtlingen aus Deutschland« am 3. August in London unter seinem Direktor, dem amerikanischen Anwalt George S. Rublee, tätig und erarbeitete Empfehlungen für die »unfreiwillige Emigration« großer Zahlen von Menschen.524 Dazu war die Kooperation der »Zufluchtländer« und »des Herkunftlandes (Deutschland einschließlich Österreichs)« erforderlich. Der Ausschuss verstand unter »Kooperation«: Das Herkunftsland wird seinen Beitrag leisten, indem es den unfreiwilligen Emigranten die Möglichkeit gibt, »mit Besitz und Vermögen in einem geordneten Verfahren zu emigrieren«. Der Ausschuss beschloss, Direktor Rublee solle diese und damit zusammenhängende Fragen mit der Regierung des »Herkunftlandes« besprechen. Ferner definierte der Ausschuss die Personen, die Nutznießer der Regelung sein sollten: (1) Personen, die ihr Herkunftland (Deutschland einschließlich Österreichs) noch nicht verlassen haben, die aber wegen ihrer politischen Einstellung, ihres religiösen Glaubens oder ihrer rassischen Herkunft emigrieren mussten; und (2) Personen, die, wie in (1) definiert, ihr Herkunftland schon verlassen und sich noch nicht anderswo dauerhaft ansässig gemacht haben.

Am 17., 18. und 24. Oktober 1938 überreichten die in Berlin akkreditierten Botschafter des Vereinigten Königreichs, der Vereinigten Staaten und Frankreichs im Auswärtigen Amt Noten, in denen sie die Reichsregierung dringend zur Kooperation mit dem Zwischenstaatlichen Ausschuss aufforderten. Die britische Note zitierte die oben genannten Kategorien von Personen, die zur Emigration gezwungen würden »wegen ihrer politischen Einstellung, ihrem religiösen

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Glauben oder ihrer rassischen Herkunft« und nannte als »Bedingungen der Auswanderung« (»conditions of exodus«), dass das Herkunftsland den Personen, die es zur Emigration zwinge, die Erlaubnis zur Mitnahme »eines vernünftigen Prozentsatzes ihres Eigentums« gebe. Die amerikanische und die franzö­ sische Note enthielten ähnliche Texte. Aus allen drei Noten ergab sich, dass die »Zufluchtländer« nicht bereit waren, mittellose Juden aufzunehmen. Die amerikanische Note enthielt noch die Erklärung: Der [zwischenstaatliche] Ausschuss enthält sich strikt jeglicher Kritik oder des Versuches der Einmischung in Deutschlands unbeschränktes Recht zu innenpolitischen Maßnahmen betreffend die politische Einstellung, den religiösen Glauben und die rassische Organisation seiner Bürger.

Die französische Note gab die folgende Versicherung: Aucun de ces États [vertreten im Zwischenstaatlichen Ausschuss] ne conteste au Gouvernement allemande le droit absolu de prendre à l’égard de certains des ses ressortissants des mesures qui relevant uniquement de l’exercice de sa souveraineté.

Keine der drei Noten widersprach der deutschen Politik der Vertreibung.525 Die amerikanische und die französische Note nahmen den Standpunkt des geltenden Völkerrechts ein. Das Auswärtige Amt lehnte die Einreise von George S. Rublee zu Konsultationen ab.526 Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt Ernst Freiherr von Weizsäcker gab am 8. Juli 1938 in einem Rundschreiben an die deutschen Botschaften in London, Paris, Rom, Warschau und Washington sowie an die deutschen Gesandtschaften in Belgrad, Bukarest, Budapest, Prag und Sofia und an das Konsulat in Genf »zur Regelung der Sprache« die Mitteilung, der britische Botschafter in Berlin habe den Reichsaußenminister gefragt, ob die Reichsregierung bereit sei, »bei der Lösung der Emigrantenfrage, insbesondere bei der Förderung der Auswanderung von Juden deutscher Staatsangehörigkeit« mit den übrigen interessierten Staaten zusammenzuarbeiten; der Botschafter habe gesagt, »kein Land sei bereit, die auswandernden deutschen Juden aufzunehmen, wenn sie mittellos seien«, ob also die Reichsregierung »bei der Transferierung von Kapital in jüdischen Händen mitzuwirken« bereit sei. Der Reichsaußenminister habe Anfang Juli 1938, anlässlich des Beginns der Konferenz von Évian, »eine Zusammenarbeit mit anderen interessierten Staaten in der deutschen Judenfrage grundsätzlich« abgelehnt; »ein Transfer des von den Juden – vor allem nach dem Kriege – angesammelten Kapitals [könne] Deutschland nicht zugemutet werden«.527

16 |  LANDESVERRAT UND JUDENVERFOLGUNG III Was nun hier zu behandeln ist, bezieht sich auf eine im Strafgesetzbuch verankerte Voraussetzung, nämlich den »Vorsatz, das Wohl des Reichs zu gefährden«. Goerdeler hatte diesen Vorsatz nicht. Das Gesetz schützte das Wohl des Reiches, nicht das der augenblicklichen nationalsozialistischen Diktatur Hitlers. Goerdelers »Vorsatz« war, Gefährdung vom Reich abzuwenden. Das Reichsgericht fällte am 20. Oktober 1931 eine Entscheidung wegen der Beschuldigung gegen den 1925 verstorbenen Reichspräsidenten Friedrich Ebert, er habe Landesverrat begangen, indem er sich im Januar 1918 an der Führung eines Munitionsarbeiterstreiks beteiligt habe. Er hatte dies getan, nachdem der Streik begonnen hatte, um den Streik zu beenden. Das Reichsgericht entschied, Ebert habe keinen Landesverrat begangen.528 Goerdeler allerdings wäre kaum vor das Reichsgericht gekommen, sondern vor den sogenannten Volksgerichtshof, ein Instrument nationalsozialistischer Justizwillkür. Doch setzte er für das Wohl des Reiches sein Leben ein. Ende Januar und Anfang Februar 1938 besuchte der Elektroingenieur und Industrielle Arthur Primrose Young die Werke der Allgemeinen Elektrizitätsgesellschaft (AEG) in Berlin und Nürnberg sowie die Werke von Robert Bosch in Stuttgart.529 Am 1. Februar verabredete er sich in Berlin mit Goerdeler, der im Hotel Fürstenhof wohnte, um sich im Hotel Bristol mit ihm zu treffen. Goerdeler erschien nicht. Einige Wochen später, als Goerdeler in London war, erklärte er Young, dass er es für unklug und gefährlich gehalten habe, die Verabredung einzuhalten, da er mit dem entlassenen Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst von Fritsch, in engen Beziehungen stand und selbst hinter den Kulissen in die Vorgänge verwickelt war.530 Am Samstag, dem 5. Februar 1938, trafen Young und sein Kollege Leslie ­Satchell mit Robert Bosch im Verwaltungsgebäude der Firma in Stuttgart zusammen und luden deren Geschäftsführer, dem die Technische Hauptleitung unterstand, ein, die British Thomson-Houston-Werke in Rugby zu besuchen.531 Die Sprache kam auf die am Morgen bekannt gemachte Entlassung von Generaloberst von Fritsch und »Deutschlands Lage unter dem Hitlerismus«. Bosch sagte mit Tränen in den Augen: »Das bedeutet Krieg! Und alles, was ich in den letzten fünfzig Jahren hier aufgebaut habe, wird von Bomben zerstört werden.« Am selben Tag schrieb Goerdeler aus Leipzig an Krupp, mit den Umbesetzungen in der militärischen und außenpolitischen Führung sei »tatsächlich auch die Entscheidung in der Außenpolitik erfolgt«, nämlich für die Kriegspolitik.532

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Ein Schulfreund von Arthur Young, Freddie Leggett, Stellvertretender Sekretär in der Industrie-Schlichtungsabteilung des britischen Arbeitsministeriums, arrangierte für Goerdeler eine Einladung des »Institute of Public Adminis­ tration« zu einem Vortrag in der London School of Economics, um ihm einen unverfänglichen Reisegrund zu verschaffen.533 Goerdeler erhielt die Einladung am 24. Februar und reiste am 15. März mit seiner Frau und seiner Tochter über Paris, wo er auf Empfehlung Dr. Reinhold Schairers den Hölderlin-Forscher und Professor für Germanistik der Universität von Toulouse, Pierre Bertaux traf, der damals Chef de Cabinet war in der Abteilung Éducation Nationale im Kultusministerium bei Alexis Léger, dem Secrétaire Général du Ministère des Affaires Étrangères, als Dichter unter dem Namen Saint-John Perse bekannt. Bertaux hörte sich an, dass und warum Frankreich die deutschen Forderungen ablehnen solle, teilte auch Goerdelers Einschätzung der Europa drohenden Gefahren, musste aber Goerdeler zu verstehen geben, dass man ihn in Paris nicht ernst nehmen und seinen Rat zu einer harten Haltung gegenüber Hitler sicher nicht befolgen werde.534 Goerdeler reiste weiter über Brüssel, wo er noch mit Brüning zusammentraf.535 Am 24. März trafen sich Goerdeler und Young in London. Young traf Goerdeler vor dem Gebäude der London School of Economics stehend an, mit einer Abendzeitung in den Händen. Am Nachmittag hatte Premierminister Chamberlain im Unterhaus eine Rede zur Außenpolitik des Königreichs gehalten, worin er immer wieder den Wunsch der britischen Regierung betont hatte, den Frieden zu erhalten. Die Annexion Österreichs, so Chamberlain, habe man nicht verhindern können, das Vereinigte Königreich habe die Verpflichtung zu Konsultationen mit Frankreich erfüllt.536 Die Regierung Seiner Majestät habe Verpflichtungen zur Verteidigung Frankreichs und Belgiens, ferner gegenüber Portugal, Irak und Ägypten, könne sich aber nicht im Voraus festlegen, mit seiner gesamten militärischen Macht Frankreich beizustehen, wenn dieses wegen eines deutschen Angriffs auf die Tschechoslowakei seine Bündnispflicht gegenüber diesem Staat erfülle. Mit solch einer Garantie würde die britische Regierung die Entscheidung über Krieg und Frieden anderen überlassen. Allerdings – »wenn Krieg ausbräche, so wäre es unwahrscheinlich, dass er sich auf die Staaten beschränken würde, die vertragliche Verpflichtungen übernommen haben«. Dennoch: »Wir beabsichtigen weiterhin, und bitten andere dringend, die Methoden der Vernunft und der Diplomatie anzuwenden statt die der Drohung und der Gewalt.« 537 Nachdem der Führer der Opposition, Clement Attlee, und der Führer der Liberalen Partei, Sir Archibald Sinclair, gesprochen hatten, hielt Churchill eine glänzende Rede, in der er des Premierministers weitgehende Festlegung der englischen

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Politik gegen weitere deutsche Gewaltschritte konstatierte, und verlangte die öffentliche Erklärung, England werde mit Frankreich zusammen gegen einen gewaltsamen deutschen Einmarsch in die Tschechoslowakei Widerstand leisten; der Einfluss der bisher gedemütigten Kräfte, die sich für Recht und Freiheit einsetzten, würde dadurch »ungemein gemehrt«. Ob Echo oder nicht, das war, was Goerdeler ständig forderte. Churchill erklärte auch, Deutschland könnte sich in diesem Jahr nur einen kurzen Krieg leisten, wenn es Deutschland aber gelänge, seine Herrschaft über die Balkanländer bis zum Schwarzen Meer auszudehnen, dann könne »das Naziregime sich unbegrenzt versorgen, wie lange der Krieg auch dauere«. Das müsse verhindert werden.538 Goerdeler hatte rasch gelesen und verstanden, dass die englische Regierung ankündigte, sie werde nichts tun, die Nuancen waren ihm wohl entgangen, denn er sagte zornig zu Young: Es ist nutzlos, dass Ihr Premierminister so redet, Hitler blufft, blufft und blufft wieder. Er wird diese Rede als Ausdruck der Schwäche ansehen. Nur eine klare und entschiedene Politik kann Hitler abschrecken. Es muss ganz klargemacht werden, dass Großbritannien bereit ist, wenn nötig der Gewalt mit Gewalt zu begegnen, um den Frieden zu erhalten. Eine solche Erklärung würde Hitler dazu bringen, seinen Kurs zu ändern, der jetzt direkt zum Krieg führt.539

Am 2. April suchte Goerdeler in London den Wirtschaftsberater im britischen Außenamt Sir Frederick Leith-Ross auf.540 Goerdeler erklärte ihm, im deutschen Volk wachse ständig die Ablehnung des nationalsozialistischen Regimes, ebenso der Einfluss der Kirchen, die Behandlung Niemöllers habe Empörung erregt. Eine feste, auch harte Haltung der britischen Regierung sei zur Rettung des europäischen Friedens nötig. Das Vereinigte Königreich müsse ferner »darauf bestehen, dass die Verfolgung der Juden aufhöre«. Auf die Frage von Leith-Ross, wie es Goerdeler möglich sei, solche Ansichten zu vertreten und doch frei zu reisen, antwortete Goerdeler, das sei ihm ermöglicht durch den Status, den er sich erworben habe, besonders durch seine Tätigkeit als Reichskommissar für Preisüberwachung. In dieser Position habe er etliche Kontakte mit Hitler und anderen führenden Persönlichkeiten gehabt, und obwohl er seine Ansichten offen zum Ausdruck gebracht habe, selbst durch seinen Rücktritt als Oberbürgermeister, schienen sie ihn zu schätzen. Nach seiner letzten Englandreise und seinem Aufenthalt in Amerika hatten sie ihn um Berichte seiner Eindrücke gebeten. Goerdeler nutzte die Gelegenheit noch einmal zu der Erklärung, er habe den führenden Persönlichkeiten des Regimes die wachsende

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Ablehnung der deutschen Politik im Ausland unter anderem wegen der Verfolgung der Juden klargemacht. Leith-Ross notierte aus ­Goerdelers Erwiderung: Er habe darauf ganz offen geantwortet, er habe eine Bereitschaft zur Erörterung aller legitimen Gravamina festgestellt, aber eine zunehmende Aversion gegenüber der deutschen Politik wegen ihrer dauernden Störung der internationalen Ruhe, der Verfolgung der Juden, und ihrer wirtschaftlichen Maßnahmen. Er werde diesen Standpunkt weiterhin vertreten und darauf dringen, dass Deutschland sein Haus in Ordnung bringe und zu Vereinbarungen durch Verhandlungen komme. Es könne sein, dass er verhaftet werde. Er habe von Zeit zu Zeit gefürchtet, dass gegen ihn vorgegangen würde; aber er habe entschieden, er müsse das Risiko auf sich nehmen und denke nicht, dass das Risiko sehr groß sei.541

Am 4. April 1938 reiste Goerdeler aus England ab.542 In Paris ging er am 5. April noch einmal zu Bertaux. Dringend bat er um einen Kontakt mit einer hohen Stelle der Regierung, Bertaux konnte ihn bei Alexis Léger anmelden. Goerdeler drängte während der zwei Stunden dauernden Unterredung auf eine unnachgiebige Haltung gegenüber Hitler, Léger antwortete in allgemeinen Phrasen. Am 8. April trat der erst seit dem 13. März amtierende Ministerpräsident Léon Blum zurück, am 10. April wurde Édouard Daladier sein Nachfolger, Bertaux kehrte an die Universität Toulouse zurück.543 Auch die neue französische Regierung war damals zu instabil, um eine »harte Haltung« einzunehmen. Goerdeler erwähnte diesen Abstecher nicht in seiner Aufzeichnung, das Ergebnis taugte auch nicht zur Abschreckung Hitlers. Goerdeler berichtete am 30. April 1938 über seine Reise. Von der 1937 festgestellten Freundlichkeit sei nichts mehr zu merken,544 doch habe er »wieder die Überzeugung gewonnen, daß es möglich ist, alle nationalen Lebensrechte Deutschlands, selbst den Gebietsanschluß Sudetendeutschlands, im Verhandlungswege zu erreichen«; wende Deutschland militärische Mittel an, führe das zum allgemeinen Krieg in Europa.545 Hitlers Persönlicher Adjutant, Wiedemann, weigerte sich, den Bericht weiterzugeben, das wäre für ihn und Goerdeler lebensgefährlich, Hitlers Kriege seien beschlossene Sache und ja, das bedeute Weltkrieg, aber daran sei nichts mehr zu ändern.546 Bei Goerdelers vorhergegangenem Besuch in England waren er und S ­ topford so verblieben, dass Stopford Goerdeler auf ein Zeichen von ihm hin ihn sofort in Deutschland aufsuchen würde. Goerdeler benachrichtigte Stopford Ende Juli 1938. Stopfords Name stand jedoch nun schon in den Zeitungen als Mitglied der von Lord Walter Runciman (1st Viscount Runciman of Doxford) geleiteten

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Mission in Prag, die zwischen der tschechoslowakischen Regierung und den Sudetendeutschen vermitteln sollte, und Stopfords Besuch in Deutschland und bei Goerdeler wäre aufgefallen. Vansittart bat Stopford deshalb, A. P. Young zu der Reise zu Carl Goerdeler aufzufordern.547 Es ergab sich, dass eine Besichtigungsreise für Ingenieure der British Thomson­Houston Company in Deutschland geplant war, und so reiste Young am Samstag, dem 6. August 1938, mit Ingenieuren seines Betriebes nach Berlin, stieg im Hotel Bristol ab, ließ im Hotel Goerdelers Telefonnummer in dessen Haus in Rauschen, 30 Kilometer nördlich Königsbergs, ermitteln und rief ihn an. Auf die Reise nach Königsberg nahm er zur Tarnung einen seiner Ingenieur-­Kollegen mit, sie stiegen in einem Hotel beim Bahnhof ab, die Kleinbahn brachte Young an dem drückend heißen Nachmittag nach Rauschen Düne zu Goerdeler, der ihm auf einem Gang durch den Wald – Goerdelers Bruder Fritz begleitete sie – seine Mahnungen an die englische Regierung mitteilte und den nahen Umsturz in Deutschland vorhersagte. Hitler und Genossen seien »Verbrecher«. Goerdeler wollte erreichen, durch die britische Außenpolitik die deutsche Judenpolitik zu verändern. Young notierte aus seinen Gesprächen vom 6. und 7. August: Indem X [= Goerdeler, P. H.] über die Judenverfolgung sprach, sagte er, er dächte, wir sollten unseren Abscheu über die Nazi-Methoden kraftvoller zum Ausdruck bringen. Er ging sogar soweit, uns nahezulegen, taktvoll zu verstehen zu geben, dass, wenn solche Praktiken anhielten, es dies für uns äußerst schwierig machen würde, über jene »Lebensfragen«, die auf Lösung warteten, zu verhandeln.548

Goerdeler wusste, und wenige Wochen später beschwerte er sich darüber, dass »in England und anderen Ländern Hitlers Behandlung der Juden« keine hohe Priorität hatte.549 Seine Äußerung in diesen Gesprächen mit Young, die »wachsende Ablehnung in England und anderen Ländern gegenüber Hitlers Behandlung der Juden treibe Hitler weiter auf dem Pfade des Krieges«, war realistischer.550 In den ins Englische übersetzten Wendungen Goerdelers ist noch das Echo von General Ludwig Becks Sprache seiner Denkschrift vom 16. Juli 1938 für den Oberbefehlshaber des Heeres vernehmbar. Beck schrieb vom »Einspruch berufener Männer« gegen den Krieg, worauf »mit erheblichen innerpolitischen Spannungen zu rechnen« sei, und dass man »eine klärende Auseinandersetzung zwischen Wehrmacht und SS« herbeiführen müsse.551 Durch Goerdelers am 6. und 7. August ausgesprochene Erwartung einer »Revolution« ist der

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Zusammenhang deutlich zwischen der Dringlichkeit des Kontakts mit der englischen Regierung, den Goerdeler Ende Juli erbeten hatte, und General Becks Staatsstreichvorbereitungen. General Beck verabredete Ende Juli mit dem neuen Oberbefehlshaber des Heeres, Generaloberst Walther von Brauchitsch, die Kommandierenden Generale am 4. August zu versammeln, um sie zu gemeinsamer Befehlsverweigerung aufzufordern, falls Hitler den Angriff auf die Tschechoslowakei befehle. Am 4. August aber verlas Brauchitsch die entscheidende Passage des von Beck entworfenen Appells nicht, vielmehr ließ er Beck, seinen eigenen Chef des Generalstabes, im Stich.552 Danach blieb die Hoffnung, nicht nur für den Optimisten Goerdeler, dass Becks darauf folgender Rücktritt das Regime destabilisieren würde. Hitler wusste dem vorzubeugen, indem er die Bekanntgabe des Rücktritts verbot.553 Danach richteten sich die Hoffnungen auf Becks Nachfolger, General Franz Halder. Goerdeler rechnete damit, dass der Umsturz einen sich hinziehenden Verlauf nehmen würde. Auf die Umgestaltung der Regierung »nach vernünftigen und aufgeklärten Gesichtspunkten« würde eine monatelange Phase innerer Spannungen und Unruhen folgen.554 Noch einmal unterstrich Young die Seriosität und Aufrichtigkeit Goerdelers, seinen großen moralischen Mut und seine geistige Kraft.555 Um die Tarnung zu wahren, bat Goerdeler jüngere Freunde, Young und seinem Kollegen die Umgebung von Königsberg einschließlich der Grabstätte Hindenburgs bei Tannenberg zu zeigen. Die jungen Leute verzehrten sich in Neugier über die wahren Gründe der Reise der beiden Engländer.556 Am Sonntag fuhren diese nach Berlin zurück und am Montag, dem 8. August, reisten sie weiter nach London. Unterwegs schrieb Young das von Goerdeler Gehörte nieder.557 Am Dienstagnachmittag, dem 9. August, kam er in der Victoria Station an und begab sich sofort ins Außenamt zu Vansittart, der den Bericht von seiner Sekretärin ins Reine schreiben ließ, wovon sie Young ein Exemplar schickte.558 Dieser und die weiteren »X-Berichte« befinden sich in den Akten des britischen Außenamts. Young gab Abschriften an Anthony Eden, seinen Abgeordneten im Wahlkreis Warwick-Leamington,559 an Francis Williams, Herausgeber des Daily Herald, und Vernon Bartlett vom News Chronicle,560 an Dr. Schairer, der gerade in Amerika war, mit der Bitte, den Bericht auch Owen D. Young, Ehrenvorsitzer der General Electric Company, Vorsitzer der Federal Reserve Bank von New York, zu zeigen, 561 sowie an Außenminister Cordell Hull.562 Weitere Empfänger waren F. W. Leggett, Attlee, Stopford, der Herausgeber des Manchester ­Guardian W. P. Crozier,563 Ernest Bevin,564 Dr. G. P. Bronisch, der Assistant Secretary of State

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in Washington George Strausser Messersmith sowie der Erzbischof von York, später von Canterbury, William Ebor (Dr. Temple).565 Der König der Belgier und Paul Reynaud erhielten den Bericht durch Schairer.566 Youngs Bruder James reichte diesen und spätere Berichte in Pretoria an Präsident General Jan ­Christian Smuts weiter sowie an den südafrikanischen Verteidigungsminister Oswald Pirow, Premierminister General James Barry Munnik Hertzog und Dr. C. L. Botha; Premierminister Joseph Lyons von Australien erhielt sie ebenfalls.567 Noch am 9. August verfasste Vansittart eine Denkschrift und fügte eine Anzahl geheimer Berichte aus Deutschland an, darunter auch Youngs Bericht über die Gespräche mit Goerdeler am 6. und 7. August, die alle belegten, dass Deutschland die militärische Invasion der Tschechoslowakei vorbereitete.568 In seiner Denkschrift wiederholte Vansittart seinen dringenden Rat einer harten, klaren Haltung, ließ aber die Möglichkeit einer Lösung durch die von Lord Runciman geleitete Mission in Prag offen, also eine Autonomie oder Abtrennung des Sudetenlandes.569Am 10. August ließ er Youngs Bericht Außenminister Halifax vorlegen.570 Die Akten belegen, wie ernst man im britischen Außenamt Goerdelers Mitteilungen nahm. Er war zwar eine von vielen Quellen, von denen das Außenamt auch sich widersprechende Nachrichten aus und über Deutschland erhielt, aber er war der hochrangigste deutsche »Berater« der englischen Regierung, mit direkten Kontakten in der Reichsregierung und mit Aufträgen von Göring versehen. Seine Mitteilungen hatten Gewicht. Goerdeler und Young hatten am 7. August ein weiteres Treffen verabredet: Young werde im September, sobald Goerdeler ihn darüber benachrichtige, dass er in der Schweiz sei, dorthin kommen. Am 10. September 1938 telegraphierte Goerdeler aus Zürich an Young, dieser flog am 11. September, einem Sonntag, früh nach Zürich und traf Goerdeler im St. Gotthard-Hotel. Nach ihrem Gespräch nahm Young am selben Abend den Zug nach Boulogne, verfasste einen weiteren Bericht und kam am 12. September nachmittags um 16 Uhr wieder in London an. Eine halbe Stunde nach seiner Ankunft übergab er Vansittart seine Aufzeichnung.571 Goerdeler hatte in der Hauptsache wiederholt, dass Hitler im Begriff sei, die größte Erpressung der Geschichte zu tätigen (»biggest HOLD-UP in history« 572), er sei wahnsinnig und halte sich für unfehlbar. Die für den Diktator lebenswichtige Serie der Erfolge müsse, so Goerdeler, gebrochen werden; 100.000 der schlechtesten Elemente der Deutschen, 0,15 Prozent der Bevölkerung, beherrschten das Land. Hitler wolle den Krieg, sollte er darauf bestehen, so werden die Generale ihn daran hindern, versicherte Goerdeler. Im Kriegsfall

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werde Frankreich der Tschechoslowakei beistehen, Polen werde Ostpreußen besetzen und die Deutschen dort behandeln wie die Juden; Russland werde der Tschechoslowakei Flugzeuge und Panzer liefern. Bleibe der Friede erhalten, so werde er, Goerdeler, zwei bis drei Monate lang Deutschland fernbleiben, weil Hitler dann wüsste, dass er, Goerdeler, gewonnen habe, dann sei es für ihn in Deutschland zu gefährlich.573 Young hielt weiter fest: »Er erzählte mir von der furchtbaren Behandlung der Juden in diesen Lagern. Wenn das deutsche Volk die ganze Wahrheit wüsste, denke er, könnte eine Revolution gegen das gegenwärtige Regime wohl in Gang kommen.«

Abb 3    Im Garten ihres Hauses in Leipzig, 1938, von links nach rechts: Ulrich, Anneliese, Carl Friedrich und ­Reinhard Goerdeler. (Quelle: Familienbesitz Goerdeler)

Am 14. September beriet das britische Kabinett von 11 Uhr vormittags bis zum Abend, ehe Downing Street den Entschluss des Premierministers bekannt gab, am folgenden Tag nach Deutschland zu fliegen und Hitler auf seinem »Berghof« bei Berchtesgaden aufzusuchen.574 Ebenfalls am 14. September schrieb ­Goerdeler an Young, jede weitere Konzession gegenüber Hitler werde diesen noch mehr anstacheln, nur eine »ultimative, vollkommen harte Haltung« werde Hitler zum Stehen bringen, die »gemäßigten Leute in Deutschland stärken und

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einen dauerhaften Frieden vorbereiten, indem die Lebensfragen geregelt werden in gerechter und ehrenhafter Art zwischen Gentlemen«.575 Alle Bemühungen, den Premierminister zur Lektüre der Aufzeichnungen über das Gespräch zwischen Young und Goerdeler zu veranlassen, blieben vergeblich. Chaim Weizmann gelangte in den Besitz eines Exemplars der Aufzeichnungen und bat einen Freund im Kabinett, es Chamberlain zu lesen zu geben, umsonst. Weizmann ging – nach Chamberlains erstem Flug zu Hitler am 15. September – zu Sir Warren Fisher, der als Leiter des Home Civil Service (der Beamtenschaft der Krone) und naher Freund Chamberlains sein Zimmer neben diesem in der Downing Street Nr. 10 hatte; Fisher öffnete seinen Schreibtisch, zeigte Weizmann ein Exemplar eines »X-Berichts« und sagte, er besitze es seit zehn Tagen und habe immer wieder vergeblich versucht, den Premierminister zu einem Blick darauf zu bewegen.576 Die Runciman-Mission empfahl unter dem Datum des 21. September aufgrund der repressiven tschechoslowakischen Politik im Sudetenland die sofortige Selbstbestimmung für die vorwiegend deutschen Grenzbezirke und deren sofortige Abtretung an Deutschland.577 Am 22. September flog Chamberlain noch einmal nach Deutschland und traf sich mit Hitler im Hotel Dreesen in Bad Godesberg. Die deutsche Seite übergab dem Premierminister ein Memorandum zur Weitergabe an die tschechoslowakische Regierung mit der Forderung der Abtrennung des Sudetenlandes »nunmehr ohne jede weitere Verzögerung«, Termin 1. Oktober 1938.578 In einer groß aufgezogenen Rede am 26. September wiederholte Hitler seine ultimative Forderung. Am 27. September (Donnerstag) druckte der Völkische Beobachter den Wortlaut des deutschen Memorandums. In der Nacht zum 27. September erreichte Berlin die Nachricht, dass das Vereinigte Königreich die Flotte mobilgemacht habe, und am 28. September verkündete der Völkische Beobachter, das offizielle Organ des Regimes, in Balkenüberschrift auf der ersten Seite: »Die Tür zu Verhandlungen nicht zugeschlagen«, und erläuterte darunter, »dass die Rede des Führers die Tür zu weiteren Verhandlungen offen gelassen hat«. Die Kehrtwendung war so prompt wie möglich. Nun nahm Hitler auch die Warnungen Sir Horace Wilsons vom 26. und 27. September vor einem Weltkrieg ernst.579 Goebbels wies die Presse an, es habe kein Ultimatum gegeben.580 Goerdeler kannte die Lage und verstand die Zusammenhänge. Noch am 28. September telefonierte er um 22 Uhr mit Vansittart und drang darauf, keinen Schritt nachzugeben, Hitler sei jetzt in einer äußerst »ungemütlichen« Lage.581 Doch weder die kompromisslose britische Unnachgiebigkeit, die Chamberlain als »Bluff« abtat, obschon er schließlich der Mobilmachung der Flotte zustimmte, trat ein noch

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die »Revolution« in Deutschland. Im Münchner Abkommen vom 30. September 1938 sprachen England, Frankreich und Italien das Sudetenland Deutschland zu.582 Young traf Goerdeler wieder am 15. Oktober 1938 in Zürich.583 Er fand ihn verzweifelt, wie er ihn zuvor noch nicht gesehen hatte.584 Am besten gab Hauptmann i. G. Hans Ritter, beim deutschen Luftattaché in Paris tätig und Informant von Group Captain Malcolm Grahame Christie, in einem Brief an Christie von Ende 1938 die Geistes- und Gemütsverfassung der deutschen Gegner Hitlers wieder, die versucht hatten, den Diktator zu stürzen: Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, was ich und meine Freunde empfinden. Fünf Jahre lang haben wir gearbeitet, unser Leben hundertfach aufs Spiel gesetzt, Eurer Regierung Informationen geliefert, wie sie der beste Geheimdienst der Welt nicht hätte liefern können, die Revolution im Innern, die Meuterei der Armee, alles haben wir vorbereitet – und da fliegt der alte Schwächling nach München und fällt auf die Knie! Vor einem Nichts!! Vor einer Gefahr, die gar nicht bestand. Und er konnte wissen, daß keine Gefahr eines »langen, entsetzlichen Krieges«, von dem er und seine Helfer heute tagtäglich zur Entschuldigung stammeln, bestanden hat. Wir hatten darüber bis aufs letzte informiert. Er musste das wissen. Er hat keinen schweren Krieg vermieden, wie er es jetzt für sich als Ruhmestitel reklamiert; es wäre gar nicht so weit gekommen. Wohl aber hat er jetzt einen schweren und langen Krieg 1939 oder 1940 unvermeidlich gemacht.585

Nach Youngs Bericht zu urteilen, sprach Goerdeler die »Jüdische Frage« bei dem Treffen in Zürich nicht an. Er konnte noch nicht von Ribbentrops Aufforderung an Heydrich und die Gestapo wissen, am 28. Oktober 1938 »etwa 16.000 Juden polnischer Staatsangehörigkeit« nach Polen abzuschieben.586 Die Volkszählung von 1933 hatte ergeben, dass sich im deutschen Reichsgebiet 148.092 polnische Personen aufhielten, die meisten mit entsprechenden Papieren; 56.480 von ihnen waren der Volkszählung »Glaubensjuden«.587 Nach dem »Anschluss« Österreichs ergriff die polnische Regierung Maßnahmen gegen einen großen Zustrom polnischer Juden. Bereits am 13. September 1934 hatte der polnische Außenminister Józef Beck in Genf den von Polen 1919 unterzeichneten Minderheitenschutz-Vertrag gekündigt.588 Am 6. Oktober 1938 gab die polnische Regierung bekannt, dass die Pässe von im Ausland lebenden Polen vom 29. Oktober an nur noch mit neuen Sichtvermerken der zuständigen Konsulate zur Einreise nach Polen berechtigten. Die Reichsregierung verfügte: »Die in Deutschland befindlichen Juden polnischer Staatsangehörigkeit werden deshalb vorsorglich sofort mit kürzester Frist aus dem Reich verwiesen werden.« 589 Die Verfügung geschah am 28. Oktober in aller Öffentlichkeit. Die Times und andere Zeitungen berichteten davon.590

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Die Parteizeitung Völkischer Beobachter berichtete am 30. Oktober auf der ersten Seite, man habe vor dem Stichtag die Zahl der rund 150.000 polnischen Staatsangehörigen in Deutschland »vermindert«, indem man »einige tausend polnische Staatsangehörige, die von den deutschen Behörden als unerwünscht angesehen werden […], nach der polnischen Grenze abbefördert« habe.591 Die nächste Begegnung von Goerdeler und Young war für Anfang November vorgesehen, doch Young war wegen der für die Rüstung erhöhten Produktion in Rugby unabkömmlich. Zu seiner Vertretung arrangierte er (auch finanziell) die Reise für Dr. Schairer. Schairer traf Goerdeler am 6. und 7. November 1938 in der Schweiz. Goerdeler kündigte vor dem Attentat des Juden Herszel Grynszpan in Paris die Folgen des unerwarteten Sieges Hitlers in der Sudetenkrise an. »In Deutschland sagt X eine große Steigerung der Verfolgung von Juden und Christen voraus.« Er erklärte sich stark beunruhigt darüber, dass es noch nirgendwo in den Demokratien Anzeichen einer starken Reaktion in der Presse, der Kirche und im Parlament gegen die barbarische, sadistische und grausame Verfolgung von 10.000 polnischen Juden in Deutschland gebe. Diese armen Kreaturen werden wie wilde Tiere mit auf ihre Rücken gerichteten Maschinengewehren über den Rhein in die Schweiz und über die polnische Grenze getrieben. Zehntausend dieser Menschen sind in Verzweiflung. Niemals seit der Christenverfolgung durch die römischen Kaiser wurden Christen so verfolgt wie jetzt [die Juden; P. H.592] in Deutschland. Wenn die Kirchen in England und Amerika und wenn die Presse der demokratischen Länder weiter schweigen, brechen sie ihr eigenes moralisches Rückgrat. Das ist genau, was Goebbels zu tun beabsichtigt. Er wird sich bemühen, die Stimmen Englands, Amerikas und Frankreichs während der nächsten Phase der Erpressung und Grausamkeit in ihrem Schweigen verharren zu lassen. Das würde Hitler zu dem Glauben veranlassen, dass die Demokratien weiter schweigen würden, auch wenn etwas Schlimmeres geschähe.593

Diese Äußerungen tat Goerdeler, wie erwähnt, ehe er von dem Attentat in Paris und dem nachfolgenden Pogrom wusste. Schairer kehrte am 8. November nach London zurück und gab Young am 10. November seine vorbereiteten Notizen, aus denen Young sofort das »X-Dokument Nr. 4« erstellte, das er noch am 10. November persönlich ins Außenamt zu Ashton-Gwatkin brachte – wenige Stunden, nachdem Hitler die Prognose Goerdelers durch die Zerstörung von Hunderten von Synagogen und Beträumen, demolierte Geschäfte jüdischer Besitzer, eingeschlagene Schaufensterscheiben, Brandstiftungen, Plünderungen, Misshandlungen auf offener Straße und Morde wahrgemacht hatte. In Bayern wurden sämtliche Synagogen und

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Beträume zerstört oder beschädigt, die Synagogen in Ansbach, Aschaffenburg, Augsburg, Bad Brückenau, Bad Kissingen, Bamberg, alle fünf Synagogen in Fürth wurden niedergebrannt. In Nürnberg, wo die Hauptsynagoge schon am 10. August abgerissen worden war, wurden eine von noch vier Synagogen abgebrannt und ein Betraum beschädigt, in München wurde eine der drei Synagogen durch Brandstiftung zerstört. In Berlin wurden 23 Synagogen oder Beträume niedergebrannt oder auf andere Weise zerstört, 16 Synagogen stark beschädigt und 18 geschlossen. Haus Ashkenaz in Jerusalem zählt 1.574 in Deutschland während des Pogroms zerstörte Synagogen.594 Der Pogrom des 9. November 1938 war die zweite spektakuläre Grausamkeit gegen die Juden innerhalb von nur 14 Tagen. Goerdeler wusste davon bei seinem Treffen mit Schairer am 6. und 7. November nichts, ebenso wenig vom Vorwand für den Pogrom des 9. November, der Ermordung des Gesandtschaftsrats I. Klasse Ernst vom Rath am 7. November in Paris durch den wohnungslosen jungen Juden Herszel Grynszpan.595 Die Neue Zürcher Zeitung berichtete am 8. November mit Datum vom 7. November aus Berlin, wie man »aus unterrichteten Kreisen« erfahre, werde das Attentat Grynszpans »aller Wahrscheinlichkeit nach schwere Folgen für die Juden in Deutschland und auch für die hier lebenden Juden ausländischer Staatsangehörigkeit haben. Welcher Art die Maßnahmen der Reichsregierung sein werden, ist noch nicht zu erfahren.« 596 Der Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Ernst Freiherr von Weizsäcker, wies am 8. November den polnischen Botschafter Jósef Lipski auf »den Fall vom Rath« hin und sagte: »Ich würde mich nicht wundern, wenn dieser Vorgang noch zu einer ganz erheblichen Verschärfung der deutschen Maßnahmen gegen die polnischen Juden führte.« 597 Die Parteizeitung Völkischer Beobachter berichtete am 9. November auf Seite 1 über das Attentat, aber erst am 11. November, ebenfalls auf der ersten Seite, über die Empörung, die sich Luft verschafft habe durch »Vergeltungsaktionen gegen jüdische Gebäude und Geschäfte«. Im Auswärtigen Amt gingen auf die Ausschreitungen hin Interventionen wegen der Beschädigung und Zerstörung jüdischen Eigentums von zwölf verschiedenen Staaten ein – Italien, England, den Niederlanden, Ungarn, Brasilien, Litauen, Sowjetrussland, Guatemala, Lettland, Finnland, Polen, den Vereinigten Staaten von Amerika.598 Die Reaktionen in der deutschen Öffentlichkeit waren, trotz verbreitetem Antisemitismus, überwiegend negativ, wenn auch gedämpft. Wer öffentlich protestierte, wurde von SA -Schlägern verprügelt und eingekerkert.599 Hitler ließ ausstreuen, die Ausschreitungen seien ohne sein Wissen geschehen. Diese

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Version gab der Oberbefehlshaber des Heeres seinen Generalen weiter, ­worauf Generaloberst Fedor von Bock fragte: »Kann man dieses Schwein, den ­Goebbels, nicht aufhängen?« 600 Goebbels seinerseits konstatierte Bedarf an antisemitischer Propaganda: Propagandakonferenz bzgl. Judenfrage. Wir wollen nun eine lange und intensive Kampagne eröffnen. Vor allem das Bürgertum aufklären. Und zwar nicht in sichtbarer Absicht, sondern durch ständige penetrante Bearbeitung. Das wirkt am besten.601

Ein »Stimmungsbericht«, den Goebbels erhielt, behandelte »fast ausschließlich Judenfrage. Teils positiv, teils negativ. Wir müssen das Volk und vor allem die Intellektuellen über die Judenfrage aufklären.« 602 Die Reaktion der Bevölkerung auf die Kriegsgefahr im September 1938 und nun auf die befohlenen Pogrome zeigte Hitler, dass er sie für seine Vorhaben – Eroberungskriege um die Vorherrschaft in Europa und in der Welt und die »Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa«, die er mehrfach angekündigt hatte und am 30. Januar 1939 öffentlich voraussagte – noch nicht genügend in der Hand hatte.603 Als Hitler am 27. September 1938 Teile der 2. Division (mot.) aus Stettin samt einigen Panzern durch Berlin hatte marschieren lassen, hatte die Bevölkerung den erwarteten Jubel verweigert. William Lawrence Shirer, Columbia-Broadcasting-System-Korrespondent in Berlin, notierte seine Beobachtungen an der Ecke Wilhelmstraße und Unter den Linden: Die Berliner, die gegen Abend aus den Büros strömten, seien sofort in den U-Bahn-Eingängen verschwunden, sie weigerten sich, dem Spektakel zuzuschauen. Und jene Handvoll, die am Straßenrand stand, verharrte in völligem Schweigen, unfähig zu einer Freudenreaktion angesichts der Blüte der Jugend, die da in den ruhmreichen Krieg zog. Es war die bewegendste Demonstration gegen Krieg, die ich jemals gesehen habe.604

Am 10. November, als noch Synagogen brannten und rauchten – die Feuerwehr durfte nur angrenzende Gebäude schützen –, sprach Hitler in München im »Führerbau« bei einem Abendempfang für die deutsche Presse vor über 400 deutschen Journalisten und Verlegern, in Anwesenheit des »Stellvertreters des Führers«, Rudolf Heß, des Reichsministers für Volksaufklärung und Propaganda, Joseph Goebbels, des Präsidenten der Reichspressekammer, Reichsleiter Max Amann sowie des Reichsleiters Alfred Rosenberg, des Staatssekretärs im Propagandaministerium Karl Hanke und des Reichspressechefs Reichsleiter Otto

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Dietrich.605 Da Hitler dabei sein Denken offenlegte, folgt hier ein ausführliches Zitat. Hitler forderte die Journalisten auf, die Bevölkerung auf den Krieg vorzubereiten. Es sei notwendig gewesen, dem deutschen Volk bestimmte außenpolitische Vorgänge so zu beleuchten, daß die innere Stimme des Volkes selbst langsam nach der Gewalt zu schreien begann. Das heißt also, bestimmte Vorgänge so zu beleuchten, daß im Gehirn der breiten Masse des Volkes ganz automatisch allmählich die Überzeugung ausgelöst wurde: wenn man das eben nicht im Guten abstellen kann, dann muß man es mit Gewalt abstellen; so kann es aber auf keinen Fall weitergehen. Diese Arbeit hat Monate erfordert, sie wurde planmäßig begonnen, planmäßig fortgeführt, verstärkt. Viele haben sie nicht begriffen, meine Herren; viele waren der Meinung, das sei doch alles etwas übertrieben. Das sind jene überzüchteten Intellektuellen, die keine Ahnung haben, wie man ein Volk letzten Endes zu der Bereitschaft bringt, geradezustehen, auch wenn es zu blitzen und zu donnern beginnt. […] Man hat mir oft die Frage vorgelegt: »Halten Sie das für richtig? Seit Monaten wird jetzt im Umkreis der Tschechoslowakei auf jeden [sic] Schießplatz fortgesetzt Tag und Nacht geschossen, ununterbrochen wird hier auf tschechische Bunker geschossen, ununterbrochen wird mit scharfer Munition geschossen, ja, Sie machen ja alles aufmerksam!« Ich war der Überzeugung, daß ich durch diese monatelange Tätigkeit langsam aber sicher die Nerven dieser Herren in Prag zerstören werde. […] Aber gewisse Intellektuelle, die ja immer sich in Deutschland als Wächter einer anderen Moral fühlen und vor allem verantwortlich fühlen für die sogenannte Gerechtigkeit usw., für das Maßhalten in allem und jedem. [Satz sic] Viele solche Menschen haben das nicht verstanden. Glauben Sie, es war aber notwendig. Und letzten Endes, der Erfolg ist ja entscheidend.606

Im Lauf des Oktober und bis zum 8. November 1938 reichten Cadogan, Strang, Lawrence Collier (Nordeuropa-Abteilung des Außenamts), Gwatkin, P. B. B. Nichols (Südeuropa-Abteilung des Außenamts) und der Secret Service (S. I. S.) Denkschriften zur Frage der künftigen britischen Politik ein.607 Die Denkschriften beschrieben und analysierten die außenpolitische Lage. Zudem legte Ashton-Gwatkin Außenminister Halifax den am 10. November erhaltenen Bericht Youngs sofort vor.608 Am 14. November kam der Kabinettsausschuss für Außenpolitik um 18 Uhr unter dem Vorsitz und im Zimmer des Premierministers im Unterhaus in Westminster zusammen. Die Mitglieder des Ausschusses waren Schatzkanzler Sir John Simon, Innenminister Sir Samuel Hoare, Minister für die Dominien und Kolonien Malcolm MacDonald, Lord-Präsident des Rates Lord ­Runciman, Außenminister Lord Halifax, Minister für Verteidigungskoordination Sir ­Thomas Inskip, Präsident der Handelskammer Oliver Stanley; der Ständige Unterstaatssekretär im Außenamt Sir Alexander Cadogan nahm ebenfalls teil. Der

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Premierminister hatte den Ausschuss auf Wunsch des Außenministers kurzfristig einberufen, um das englisch-deutsche Verhältnis im Licht der jüngsten Ereignisse zu erörtern.609 Der Außenminister sagte, die Entwicklungen seit »München« und die Geschehnisse der letzten Tage stellten das widerwillige Eingeständnis H ­ itlers dar, dass die Münchner Vereinbarung kein vollständiger Triumph gewesen sei, dass Deutschland (das deutsche Volk) gegen Krieg gewesen sei und den britischen Premierminister als Retter des Friedens angesehen habe. Zweitens denke Hitler nun, man habe in Deutschland die Kriegsgefahr überschätzt und ­Ribbentrop habe vielleicht doch recht gehabt mit seiner Meinung, England werde niemals Krieg beginnen. In diesem Zusammenhang verdienten Berichte aus höchst vertraulichen Quellen Beachtung, sagte Halifax, die sich in den letzten Monaten als im Ganzen zutreffend erwiesen haben. Alle, auch der erste, aus dem er zitieren werde, der von einem extrem anti-nationalsozialistisch eingestellten Informanten stamme, gingen in die gleiche Richtung. Und nun zitierte Halifax unmittelbar und fast wörtlich aus Goerdelers Mitteilungen vom 6. und 7. November, dem »X-Dokument Nr. 4«, ohne Goerdelers Namen zu nennen, doch mit der Bemerkung, der Gewährsmann gelte als jemand, der die Ansichten von Herrn Schacht, Hauptmann Wiedemann und General Beck wiedergebe: Die finan­ zielle Lage Deutschlands sei wegen der Kosten der Verteidigung am Rhein, der Mobilmachung und der Rüstung desperat, Schacht sehe das finanzielle Chaos kommen, doch sei er dagegen machtlos; Hitler müsse entweder abwerten oder die Ausgaben einschränken, lehne aber beides ab; Ribbentrop dränge Hitler zur Expansion in Richtung Schwarzes Meer, Türkei und Indien; Göring hemme ihn; die extremen Nazis glaubten, »dass ›das Jahrtausend des Nationalsozialismus‹ begonnen habe, in dem ›Erpressung und jede Form von Mord und Verbrechen nicht nur erlaubt, sondern oberste Pflicht ihrer Staatsmänner sei‹«; sie wollten mit Italien das britische und das französische Weltreich teilen; die Araber würden veranlasst, »vor Weihnachten einen offenen Krieg zu beginnen«.610 Die Warnungen seien ernst zu nehmen, die britischen Vorbereitungen zur Verteidigung seien durch freiwilligen Kriegsdienst und Doppelschichten zur Beschleunigung der Flugzeugproduktion zu verstärken.611 Die Niederschrift der darauf folgenden Aussprache zur »jüdischen Seite des Problems«, in der mehrere von Goerdelers Stellungnahmen anklangen, nimmt fast ein Drittel der Niederschrift der Sitzung ein, in der Mitte zwischen zwei anderen Abschnitten zu den britisch-deutschen Beziehungen. Innenminister Hoare begann mit der Frage, welche besonderen Maßnahmen hinsichtlich der

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deutschen Judenverfolgung erwogen würden. Er wisse nicht, wie vorzugehen sei, es gebe aber Anzeichen, dass, wenn nichts geschehe, das Unterhaus und das Land aus dem Ruder laufen könnten. Die Deutschen hätten die Anregung der Konferenz von Évian, die Juden mit ihrem Geld emigrieren zu lassen, damit beantwortet, dass sie deren Geld beschlagnahmt haben. Halifax sagte, er sei zu dem Schluss gekommen, der beste einzuschlagende Kurs sei vielleicht, »nicht unmittelbar an die deutsche Regierung heranzutreten, da ein positiver Schritt unsererseits die Lage der deutschen Juden noch verschlechtern würde«. Schatzkanzler Simon meinte, »nichts zu tun möchte die Nazi-Auffassung bestätigen, wir seien rückgratlos und fürchteten uns«. Halifax sagte, der amerikanische Botschafter in London, Joseph P. Kennedy, habe von Berichten gesprochen und in einem heiße es (das Folgende stand wörtlich in Goerdelers Äußerungen in A. P. Youngs »X-Dokument Nr. 4« 612): Wenn die Kirchen in England und Amerika und wenn die Presse der demokratischen Länder weiter schwiegen, brächen sie ihr eigenes moralisches Rückgrat. Das ist genau, was Goebbels zu tun beabsichtigt. Er wird sich bemühen, die Stimmen Englands, Amerikas und Frankreichs während der nächsten Phase der Erpressung und Grausamkeit in ihrem Schweigen verharren zu lassen. Das würde Hitler zu dem Glauben veranlassen, dass die Demokratien weiter schweigen würden, auch wenn etwas Schlimmeres geschähe. Wenn das einträfe, würden freie Persönlichkeiten zu mora­ lischen Sklaven. Protestieren genügt nicht, vielmehr muss man es mit den stärksten Ausdrücken tun. Die wirkliche Lösung 613 könne nur eintreten, wenn England, Frankreich und Amerika mit einem neuen Weltplan auf der Grundlage der Imponderabilien – Liebe, Freiheit und Recht – eine starke und mächtige Initiative ergreifen.

Der Minister für Verteidigungskoordination regte wirtschaftliche Sanktionen an, um Deutschlands Handel zu treffen. Das würde die Welt mehr beeindrucken als Reden. »Das einzige, was wir eindeutig nicht tun könnten, sei wegen dieser [ Jüdischen] Frage Krieg führen.« Der Premierminister zeigte sich überrascht, wie sanft die Presse (einschließlich News Chronicle und Daily Herald) die Sache behandelt habe, es habe keine Forderungen zu sofortigem Handeln gegeben. »So unerfreulich es sei, man müsse einsehen, dass wir nichts tun könnten außer Nadelstiche zu versetzen, und welchem nützlichen Zweck könnte das dienen? Die Deutschen seien jetzt viel stärker und arroganter als je, und was immer wir an Drohungen äußerten, könnte nur zu dem Verlangen führen, unsere Karten auf den Tisch zu legen. Unter den gegenwärtigen Umständen seien wir nicht in der Lage, Deutschland zu ängstigen. Auf der anderen Seite bestehe ein

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allgemeiner und starker Wunsch, dass etwas Wirkungsvolles geschehe, um das furchtbare Los der Juden in Deutschland zu erleichtern. Eine solche Aktion im Zusammenwirken mit Amerika würde das öffentliche Gewissen erleichtern.« »Wenn es weiterhin starken Druck in der [ Jüdischen] Frage gäbe, wäre es wohl nötig zu sagen, angesichts dessen, was in Deutschland geschehen sei und noch in Deutschland geschehe, könnten wir nicht erwägen, in die Gespräche einzutreten, die beabsichtigt waren.« Chamberlain folgte Goerdelers Forderungen, die im »X-Dokument Nr. 3« vom 15. Oktober 1938 standen.614 Der Präsident der Handelskammer sagte, er habe mit Winston Churchill über das Thema gesprochen. Churchill meine, unsere Politik solle nicht in Drohungen gegen Deutschland, sondern in Hilfe für die Juden bestehen. Er befürwortete jüdische Ansiedlung in einer britischen Kolonie, zum Beispiel Britisch-Guayana. Der Premierminister sagte, er stimme mit Churchill überein, dass dies die richtige Politik sei.615 Zugleich müsse man sich klar sein, dass die Erschließung eines unterentwickelten tropischen Landes für Ansiedlungen viel Zeit und sehr viel Geld brauche. Es sei vorgeschlagen, 250.000 Juden in Britisch-Guayana anzusiedeln, es sei aber klar, dass selbst unter den günstigsten Umständen die Ansiedlung einer solchen Anzahl sehr lange dauern würde. Allgemein gesprochen seien, soweit das Britische Reich infrage komme, die geeignetsten Gegenden zur Massenansiedlung dieser europäischen Juden nur in den Dominien zu finden. Der Ausschuss beschloss, »dem Außenminister nahezulegen, in ­Washington die Auffassung der Regierung der Vereinigten Staaten zu ermitteln zu dem Vorschlag, dass wir einen Teil unserer amerikanischen Einwanderungsquote dazu verwenden, deutschen jüdischen Flüchtlingen die Einwanderung in die Vereinigten Staaten zu ermöglichen«. Die Aussprache im Außenpolitischen Ausschuss des britischen Kabinetts zeigt, wie ernst man Goerdelers Mitteilungen und Vorhersagen nahm, nachdem sie sich als richtig erwiesen hatten. Nur war es, wie sich schon abzeichnete, zu spät, Krieg schien trotz »München« unausweichlich – wenn nicht »die Gemäßigten« Hitler bald stürzten. Goerdelers möglicherweise immer noch zutreffende Vorhersagen nützten nun nicht mehr, seine Mahnungen wegen der Judenverfolgung irritierten in London eher. Man begann in der britischen Regierung, sich von ihm zu distanzieren. Nur Chamberlain und Goerdeler hofften noch, beide wider bessere Einsicht, auf die Erhaltung des Friedens. Man liest den Hergang der Diskussion im britischen Kabinett vom 14. November 1938 nach den Massenmorden des Zweiten Weltkriegs fast ungläubig. Er gibt die Denkweise der Zeit vor dem 1. September 1939 und vor der tatsächlichen weitgehenden Vernichtung des europäischen Judentums im Zweiten Weltkrieg

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wieder. Nur wenige sahen die Katastrophe für die Juden kommen, aber auch sie ahnten kaum den Umfang und die grauenhaften Methoden des Massenmordes. Inzwischen verließen täglich Juden Deutschland, wie und wohin sie konnten. Im britischen Unterhaus fragten Abgeordnete im November 1938, was man tun könne, um Flüchtlingen die Einreise nach England oder Palästina zu ermöglichen und überhaupt eine Heimstatt für die verfolgten Juden zu finden, etwa in den britischen Dominien. Der Premierminister antwortete, er dächte, der Zwischenstaatliche Ausschuss kümmere sich darum. Auf die Frage, ob die Regierung etwas für die Opfer der Unterdrückung in Deutschland tun könne, sagte er, darauf könne er nicht ohne vorherige Anmeldung der Frage antworten.616 Immer wieder hing alles davon ab, ob die unfreiwilligen Emigranten einen Teil ihres Besitzes mitnehmen könnten.617 Am 21. November 1938 antwortete Chamberlain im Unterhaus auf die Frage eines Abgeordneten, welche Fortschritte die »International Commission« (gemeint war der »Zwischenstaat­ liche Ausschuss für die Erleichterung der Auswanderung von Flüchtlingen aus Deutschland«) in der Behandlung der Flüchtlingsfrage gemacht habe: Infolge der jüngsten Ereignisse in Deutschland seien Teile der deutschen Bevölkerung bestrebt, nach Übersee zu emigrieren und Einzelne hätten außerhalb Deutschlands zeitweiliges Asyl gefunden. Die Zahl der Flüchtlinge, die das Vereinigte Königreich vorübergehend oder dauernd aufnehmen könne, sei begrenzt durch die Leistungsfähigkeit der freiwilligen Organisationen für die Auswahl, Aufnahme und Versorgung weiterer Flüchtlinge. Seit 1933 habe das Vereinigte Königreich 11.000 Personen die Einreise gestattet; 4.000 bis 5.000 weitere Personen seien nach Übersee emigriert. Die britische Regierung glaube, dass es im britischen Kolonialreich kein Gebiet gebe, in dem Flüchtlinge sofort in großer Zahl angesiedelt werden könnten, in einzelnen Gebieten mögen kleine Siedlungen möglich sein. Der Gouverneur von Tanganjika meine, er könnte nach Konsultation des Gesetzgebenden Rats etwa 20.000 Hektar Land zur Verfügung stellen, außerdem werde die Ansiedlung von 200 Siedlern erwogen. Auch in Kenia, Nord-Rhodesien und Njassaland (Malawi) mögen Siedlungen in geringem Umfang möglich sein. Die Regierung erwäge, etwa 26.000 Quadrat­ kilometer in Britisch-Guayana zu großzügigen Bedingungen für Siedlung zur Verfügung zu stellen. Das kleine Land Palästina könne in keinem Fall eine Lösung des jüdischen Flüchtlingsproblems bieten, doch leiste es seinen Beitrag. »Nicht weniger als 40 Prozent der jüdischen Palästina-Einwanderer der letzten zwölf Monate sind aus Deutschland gekommen.« 618 Innenminister Hoare erklärte dem Unterhaus die von der Regierung verfolgte Einwanderungspolitik und ihre Schwierigkeiten. Eine massenhafte Zulassung

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jüdischer Flüchtlinge oder Einwanderer würde eine antijüdische Bewegung in England wachsen lassen und das dürfe nicht geschehen, Schaden für den britischen Arbeitsmarkt sei zu vermeiden. Die 11.000 Flüchtlinge, die sich in den letzten Monaten in England ansiedeln durften, hätten jedoch schon 15.000 britische Arbeitsplätze geschaffen. Die Regierung sei bereit, eine unbegrenzte Zahl jüdischer Kinder, ohne ihre Eltern oder Begleitung, ohne Überprüfung der einzelnen Personen aufzunehmen, sofern ihr Unterhalt durch Freunde oder Hilfsorganisationen gewährleistet sei.619 Die »Kindertransporte« brachten mehr als 10.000 jüdische Kinder nach England.620 Am 15. November 1938 hatte Außenminister von Ribbentrop dem amerikanischen Botschafter Hugh R. Wilson mitgeteilt, »nichtamtliche« Personen könnten Flüchtlingsfragen mit George S. Rublee, dem Direktor des Zwischenstaatlichen Ausschusses, besprechen, etwa in den Niederlanden. Wilson wurde am frühen Morgen des 15. November von Außenminister Cordell Hull zur Berichterstattung über die antijüdische Kampagne in Deutschland nach Washington beordert, an sich ein Zeichen von Besorgnis bzw. Missbilligung. Da er am 16. November Berlin verließ und nicht zurückkehrte, während Alexander C. Kirk von Mai 1939 bis Oktober 1940 Chargé d’Affaires war, handelte es sich de facto um die Abberufung des Botschafters, eine Antwort auf den Pogrom.621 Dann schien die Reichsregierung einlenken oder jedenfalls eine Begrenzung des durch den Pogrom angerichteten außenpolitischen Schadens versuchen zu wollen. Der frühere österreichische Wirtschaftsminister Hans Fischböck und der Journalist Karl-Heinz Abshagen sollten sich am 8. Dezember 1938 in Brüssel mit einem Angehörigen des State Department in Washington, Robert Pell, und mit George S. Rublee treffen. Unterdessen gelang es Schacht, mit dem Ziel, wirkliche Erleichterungen für jüdische Emigranten zu erreichen, mit Unterstützung Görings und Zustimmung Hitlers die anderen Mächtigen des Regimes – Ribbentrop, Goebbels und Himmler – auszumanövrieren und die Angelegenheit in die Hand zu bekommen. Er besorgte sich eine Einladung vom Gouverneur der Bank von England, Norman Montagu, und traf sich am 15. Dezember 1938 mit Lord Winterton und Rublee in London. Im Januar 1939 kam Rublee mit zwei Beratern nach Berlin und verhandelte mit dem bei Göring tätigen Ministerialdirektor Helmuth Wohlthat. Dann wurde Schacht am 21. Januar 1939 als Präsident der Reichsbank entlassen und Göring übernahm das Dossier selbst. Rublee kehrte am 3. Februar mit einem deutschen Memorandum nach London zurück, das einen unilateralen deutschen Plan enthielt, über den das Deutsche Reich mit keinem anderen Land verhandeln werde: 1. Die Reichsregierung werde allen berufstätigen Juden, Männern und Frauen

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(zwischen 15 und 45 Jahren), deren Zahl auf 150.000 bis 200.000 geschätzt wird, die Emigration erlauben; sobald sie außerhalb Deutschlands angesiedelt seien und Einkommen bezögen, sollten sie die Emigration ihrer etwa 250.000 Angehörigen und Verwandten finanzieren. 2. Die Reichsregierung verspreche bessere Behandlung der Angehörigen und Verwandten der Emigrierten und derer, die zur Auswanderung zu alt seien. 3. Die Reichsregierung habe der Errichtung eines Treuhand-Fonds aus 25 Prozent des noch vorhandenen Vermögens der Juden in Deutschland zugestimmt; aus diesem Fonds können die Emigranten proportional zu ihrem (im Übrigen zurückzulassenden) Vermögen die Kosten der Auswanderung (Schiffspassage, Gepäcktransport, Geräte zur Berufsausübung) finanzieren. Bisher konnten emigrierende Juden aus Deutschland fünf Prozent ihres Vermögens mitnehmen. Die Times berichtete dazu, erst nach der Klärung »verschiedener Schwierigkeiten« könnte das »Évian Komitee« (der »Zwischenstaatliche Ausschuss für die Erleichterung der Auswanderung von Flüchtlingen aus Deutschland«) beginnen, mit Aufnahmeländern zu verhandeln. Neuerdings gebe es Aufnahmeangebote von den Philippinen und Santo Domingo.622 Auf jüdischer Seite, besonders in Amerika, zögerte man, dem deutschen Plan zuzustimmen, weil man damit erstens antijüdischen Maßnahmen einschließlich der Wegnahme jüdischen Eigentums und der Zwangsemigration zugestimmt, zweitens die Existenz eines Phänomens »internationales Judentum« bestätigt und drittens Deutschlands Export unterstützt hätte. Eine neue Umfrage in den Vereinigten Staaten ergab außerdem, dass 83 Prozent der Bevölkerung eine Erhöhung der Einwandererquoten ablehnten.623 Rublee beendete sein Mandat als Direktor des Zwischenstaatlichen Ausschusses und kehrte nach Amerika zurück. Sir Herbert Emerson, »Hoher Kommissar des Völkerbunds für Flüchtlinge aus Deutschland«, wurde nun zugleich Rublees Nachfolger als Direktor des Zwischenstaatlichen Ausschusses.624 Wilfrid Israel, Erbe des Berliner Kaufhauses Nathan Israel und einer der Initiatoren der »Kindertransporte«, erklärte gegenüber Robert Pell, Sir Herbert Emerson und Max Warburg am 1. Mai 1939 in Berlin, er halte Görings Ministerialdirektor Wohlthat für aufrichtig, doch der ganze Plan würde zusammenbrechen, wenn die in dem deutschen Memorandum vorgeschlagene Körperschaft und der Treuhand-Fonds zur Finanzierung der Emigration nicht sofort errichtet werden. Der amerikanische Generalkonsul Raymond H. Geist berichtete dem Stellvertretenden Staatssekretär im Department of State, Benjamin Sumner Welles, wenn nicht in kurzer Zeit Ansiedlungsplätze zur Verfügung gestellt würden, werden die Radikalen in Deutschland wieder die Kontrolle erlangen.625 Die amerikanische und die britische Regierung sowie jüdische Organisationen

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(außer den Zionisten) erklärten sich bereit, eine Stiftung für Ansiedlungen zu errichten und zu finanzieren. Aber dann unterließ die deutsche Seite die Errichtung des vorgesehenen Treuhand-Fonds.626 Die jüdischen Führer erklärten Pell in Berlin, sie würden nun Schiffsladungen ihrer Leute ohne Papiere nach Schanghai, in den Mittelmeerraum und in die Karibik entsenden. Pell sagte ihnen, damit zerstörten sie die Bemühungen, die Einwanderung in Südamerika zu ermöglichen. Aber sie lachten ihn aus. »Nach sechs Jahren der Befassung mit dem Problem sind sie sehr hart. Sie glauben nicht an Versprechen.« 627 So kam es zu der unglücklichen Fahrt der St. Louis.628 Am 8. November 1938, dem Tag nach dem Mord in Paris, fasste Sir ­Alexander Cadogan in einer Denkschrift die Auffassungen der zuständigen Beamten des britischen Außenamts, die er angefordert hatte, zu der Frage zusammen, welche Politik nach »München« zu verfolgen sei. Die Beamten befürworteten im Wesentlichen die Fortsetzung der Appeasement-Politik. Halifax stimmte in einer Notiz vom 22. November 1938 zu: Wir werden unseren Wunsch nach freundlichen Beziehungen zu erkennen geben und »sollten die Aufrüstung vorantreiben«. Die Absicht, die Appeasement-Politik vorderhand fortzusetzen, war beschlossene Sache.629 Allerdings konnte sie Hitler zu seiner nächsten Unternehmung ermutigen und dadurch abrupt enden. Ebenfalls am 22. November 1938 gab Ashton-Gwatkin eine deutsche Abschrift und die englische Übersetzung eines Briefes von Goerdeler an Schairer vom 17. November im Außenamt in Umlauf. Goerdeler versuchte in diesem Schreiben noch einmal, die britische Regierung zu Druck auf die deutsche Führung zu bewegen, um einen innerdeutschen Umsturz vorzubereiten und eine Änderung der Politik gegen die Juden zu bewirken. Etwa so wie in diesem Brief äußerte er sich dann am 4. Dezember auch gegenüber Young: Erhalte er »Gewissheit, dass gehandelt werden soll, so ist er bereit noch einmal das Geschäft mit Grauem Tuch [der Heeresführung; P. H.] zu versuchen«.630 Jetzt sei noch einmal die Zeit für ein Ultimatum gekommen: Die britische Regierung solle die deutsche auffordern, sofort Vertreter zu schicken und bis zum Abschluss [der Konsultationen] Anstand zu wahren. Sonst Abbruch diplomatischer (Beziehungen). Naechster Stoss [nach dem Pogrom] trifft Kreuz [Kirchen], übernaechster Kapital. Festigkeit allein kann Bann brechen und wird es zum Erstaunen aller [sic]. Sagen Sie es Bobby [Stopford]. Ich stehe dafür.

Ashton-Gwatkin verstand Goerdelers Ansinnen und notierte:

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Die englische und die französische Regierung sollten der Reichsregierung eine diplomatische Note überreichen mit der Aufforderung zu sofortigen Verhandlungen zur Regelung anstehender Fragen – Abrüstung, Kolonien, wirtschaftliche Vereinbarungen, Finanzhilfe, etc., aber unter der Bedingung, daß die Politik der Gewalt in inneren Angelegenheiten, z. B. Juden, und in auswärtigen Angelegenheiten sofort aufhört bis zum Abschluß der Verhandlungen. Falls Deutschland dieses Angebot und die Bedingung nicht annähme, Abbruch der diplomatischen Beziehungen. In diesem Fall garantiert G[oerdeler], daß die zweckmäßige Aktion innerhalb Deutschlands beginnen werde, um eine Regierung zu bilden, die unter den Bedingungen verhandeln würde.631

Der Deutschlandreferent im britischen Außenamt, Frank K. Roberts, kommentierte die Aufzeichnung des Wirtschaftsreferenten, Frank Ashton-Gwatkin, und der Stellvertretende Unterstaatssekretär im Außenamt Sir Orme Sargent sowie Unterstaatssekretär Sir Alexander Cadogan lasen sie. Ende November 632 bat Ashton-Gwatkin Young ins Außenamt und forderte ihn zu einem geheimen Besuch bei Goerdeler auf, »um von ihm die Bedingungen zu beschaffen, unter denen Deutschland in einer möglichen Nach-Hitler-Zeit mit Goerdeler als Kanzler mit dem Vereinigten Königreich würde zusammenarbeiten wollen«. Young schrieb am 27. November 1938 seinem älteren Bruder James nach Johannesburg, er habe bis jetzt, wenn auch in Verbindung mit der britischen Regierung, so doch als Privatmann und »British subject« gehandelt und sei niemand Rechenschaft schuldig gewesen. Aber am 4. Dezember gehe er in die Schweiz, um X. zu treffen und »dieses Mal mit der Autorität der britischen Regierung hinter mir, wenn ich mit X spreche«.633 Das britische Außenamt verfolgte Youngs Reise und war ständig auch über Goerdelers Reisen, Aufenthalte und Tätigkeiten unterrichtet, wie unzählige Notizen über ihn in den Akten belegen. Mehr als ein Dutzend der höchsten Beamten des Außenamts, von Referenten bis zum Ständigen Unterstaatssekretär, Außenminister und Premierminister, befassten sich mit Goerdelers Tätigkeiten. Viele von ihnen kannten Goerdeler persönlich, so Frank Ashton-Gwatkin, Sir Frederick W. Leith-Ross, Sir Alexander Cadogan, Sir Robert Vansittart, Lord Halifax, Neville Chamberlain, Sir Orme Gaston Sargent, Ivone Kirkpatrick, William Strang, Sir Victor Mallet. Die meisten waren und blieben skeptisch, nur Ashton-Gwatkin unterstützte Goerdelers Anliegen, wenn auch nicht ohne Einschränkungen. Am 3. Dezember notierte Ashton-Gwatkin, Young sei heute in die Schweiz abgereist, um Goerdeler zu treffen und mit ihm über Deutschlands Finanzlage zu sprechen, um von ihm ein schriftlich festgehaltenes politisches Programm zu erlangen und um mit ihm über seine »Zukunft« zu sprechen – Goerdeler solle nur ja nicht nach Deutschland zurückkehren.634

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Ashton-Gwatkin notierte am 3. Dezember auch, was er als Goerdelers Ansinnen kannte und dass er das gleiche Ansinnen von Schacht erwartete, wenn dieser nach London käme.635 Die britische Regierung solle von Hitler die Sanierung des Reichshaushalts und das »Ende der agitatorischen Politik, Frieden für die Juden« fordern und zugleich »die äußersten Zugeständnisse seitens Frankreichs und Englands zur wirtschaftlichen Wiederherstellung Deutschlands« erklären.636 Young reiste über Brüssel mit dem Nachtzug nach Zürich und verbrachte dort den ganzen Sonntagnachmittag, 4. Dezember, mit Goerdeler in einem Hotel. Goerdeler äußerte seine Auffassungen über den Balkan, Italien, Deutschland. Hier sei Himmler der wahre Herr; man müsse sich klar sein, dass man es mit Gangstern der verderbtesten Art zu tun habe, die kein moralisches und kein menschliches Recht anerkennten. Young zitierte Goerdeler: Die Verfolgung der Juden wird mit noch größerer Grausamkeit weitergehen. Die Verfolgung der Christen wird verstärkt und darauf folgt der Angriff auf das Kapital. Der Hitlerismus wünscht die endgültige Vernichtung der Juden, des Christentums, des Kapitalismus. Hitler ist jenseits [einer Möglichkeit] der Besserung.637

Es gelang, im Hotel eine Schreibmaschine zu leihen, und Goerdeler tippte mit einem Finger stundenlang drei Seiten der »Bedingungen«, die Ashton-Gwatkin erbeten hatte. Mehrere Male unterbrach er die Arbeit, um in einer Telefonzelle zu telefonieren, Young nahm an, um Freunde zu konsultieren; einmal sprach er mit Hans Walz.638 Wenn er damit rechnete, dass seine Gespräche abgehört wurden, können sie nicht detailliert gewesen sein. Youngs Schilderung zufolge hatte ihn die Aufforderung des britischen Außenamts angeregt und begeistert, also überrascht, sonst hätte er schon einen Entwurf mitbringen können. Das mag erklären, warum er bereit war, ohne Vorankündigung, ohne Vorberatung, ohne Bedenkzeit, ein so wichtiges Dokument – eine Regierungserklärung oder eine Grundlage für Verhandlungen – zu schreiben und sofort aus der Hand zu geben. Am Morgen des 6. Dezember erhielt Ashton-Gwatkin die »geheime Denkschrift« bzw. das »politische Programm« Goerdelers, brachte es im Außenamt in Umlauf und empfahl es in einer begleitenden Notiz als für England ungemein vorteilhaft.639 Goerdeler, so Ashton-Gwatkin, kehre heute, am 6. Dezember, nach mehrmonatigem Auslandsaufenthalt nach Deutschland zurück und wünsche, durch den Konsul Seiner Majestät in Leipzig mündliche Mitteilung zu erhalten, ob die Regierung Seiner Majestät dem Programm zustimme als Grundlage ihrer künftigen Beziehungen zu Deutschland. Goerdeler erbat eine Antwort innerhalb der nächsten vierzehn Tage, womöglich früher. Ehe er mit

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Militärs, Industrieführern und »religiösen Denkern« 640 in Verbindung träte, um die deutsche Politik umzugestalten, müsse er die Gewissheit haben, »dass nach einem solchen Wechsel die britische Regierung sofort zu Verhandlungen auf der Grundlage dieses Programms bereit wäre«. Wenn er diesmal in Deutschland keine Unterstützung finde, werde er das Land verlassen und die Opposition von außen weiterführen. Das »Programm« nennt als ersten Punkt die Zustimmung Englands zur Beseitigung des Polnischen Korridors; zweitens erhalte Deutschland ein zusammenhängendes Kolonialgebiet und könne sich an der Einwanderung in solche Teile des britischen Weltreiches beteiligen, in denen Weiße siedeln können; drittens erhalte Deutschland eine zinslose »Goldanleihe von 4 – 6 Md. Goldmark, um seine Währung international zu sichern«;641 viertens solle die Aufrüstung sofort aufhören und England, Frankreich und Deutschland sollen über Abrüstung beraten; fünftens wolle Deutschland keine Hegemonie in Südosteuropa,642 der Handel in diesen Ländern solle allen Nationen offenstehen; sechstens sei die »freundschaftliche Wiederherstellung einer vernünftigen Ordnung in Russland« gemeinsames Interesse Deutschlands, Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten von Amerika; siebtens garantiere Deutschland den gegenwärtigen Status quo im Mittelmeer und beende sofort seine Beteiligung am spanischen Bürgerkrieg; achtens werde Deutschland »mitarbeiten bei der Wiederherstellung der Rechte und der Stellung der weißen Rassen 643 in Ostasien« und »gemeinsame militärische Maßnahmen« mit England und Frankreich ergreifen, wenn diese »eine wohlwollende Haltung gegenüber der sofortigen Beseitigung des Korridors einnehmen«, Polens Zugang zum Meer könne auf andere Weise gesichert werden; neuntens sollen England, Frankreich und Deutschland einen neuen Völkerbund gründen, Kriege in Europa seien durch Kooperation abzuschaffen.644 Ashton-Gwatkin fand, in Goerdelers Programm sei »nichts für uns Unannehmbares; es enthält vieles, was uns gewaltige Vorteile brächte. Es ist, kurz gesagt, der Vorschlag eines Bündnisses zwischen England, Frankreich und Deutschland zur Sicherung des Friedens in Europa und zur Wiederherstellung der Lage im Fernen Osten.« Ashton-Gwatkin hoffe, dass der Vorschlag sorgsam bedacht werde und Dr. Goerdeler eine positive Antwort erhalte. Goerdeler sei »sehr zuversichtlich«, dass seine Politik unter den Generalen Unterstützung fände, wenn er die Zustimmung der britischen Regierung berichten könne. Er habe die KorridorFrage an den Anfang des »Programms« gestellt, um die Generale zu gewinnen.645 Die Kommentare der anderen Beamten des britischen Außenamts zu ­Goerdelers »Programm« fielen weniger zustimmend aus. Assistant Under-Secretary of State Sargent schrieb, Goerdeler stehe auf dem Standpunkt, England solle

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Hitler persönlich alles verweigern, weil er darauf aus sei, das Christentum und den Kapitalismus zu vernichten, wir aber sollten bereit sein, alles, was Hitler verlange, einer künftigen deutschen Regierung, die ihn stürzt, zu gewähren, nicht, weil eine solche künftige deutsche Regierung notwendigerweise gegenüber Großbritannien freundlicher eingestellt sein werde – Goerdeler hat das nie versprochen – sondern, weil sie im Innern eine gesellschaftlich und politisch konservative Regierung unter Kontrolle des Heeres wäre. […] Eine eindeutige und effiziente Militärdiktatur könnte noch gefährlicher sein als das gegenwärtige Nazi-Regime, das mit allen Arten finanzieller und wirtschaftlicher Behinderungen kämpft.646

Unterstaatssekretär Cadogan schrieb am 10. und 11. Dezember, man solle Goerdelers »Programm« nicht einfach ignorieren, Goerdeler könnte auch »mit weniger zufrieden sein«, aber dann war er doch dagegen, darauf einzugehen. In seinem Tagebuch notierte er, das »Programm« sei »zu sehr wie Mein Kampf«; er glaube nicht, dass an Goerdelers Plänen etwas sei, wenn aber doch, dann sei es »das größte Ding seit Jahrhunderten«. Am 11. Dezember legte er das »Programm« dem Premierminister vor. Cadogan notierte: »Der Premierminister will nichts damit zu tun haben«, und er habe sicherlich recht. »Diese Leute müssen ihre Arbeit selbst machen.« 647 Halifax setzte am 13. Dezember nur seine Paraphe dazu.648 Der Chef der Zentralabteilung im britischen Außenamt, William Strang, sah in Goerdelers »Programm« eine »Familienähnlichkeit« mit anderen Plänen der sogenannten Gemäßigten in Deutschland. Der Typus sei so: »Gebt Deutschland territorial, wirtschaftlich und finanziell alles, was es in den Friedensverträgen verloren hat, dann wird es ein guter europäischer Staat werden und die Nazis von der Macht entfernen. Lehnt ihr ab, wird Hitler versuchen, euch zu zerschlagen, und es wird ihm wahrscheinlich gelingen.« Dr. Goerdeler zufolge sollen wir, inter alia, erstens den Polnischen Korridor hinter Polens Rücken verkaufen; zweitens einen allgemeinen Beitrag eines großen zusammenhängenden Kolonialgebiets für Deutschland organisieren; drittens Deutschland ein zinsloses Darlehen von mehreren hundert Millionen Pfund gewähren. Wenn diese Zugeständnisse gewährt sind, sind sie unwiderruflich. Dafür bekommen wir die minderwertige Währung bloßer Versprechungen – erstens die Rückkehr zu einem freien Wechselkurssystem; zweitens Stillstand der Aufrüstung; drittens keine Errichtung einer Vorherrschaft in Südost-Europa; viertens die Garantie des status quo im Mittelmeer etc. etc. Da ist auch eine mysteriöse Wendung von »freundlicher Wiederherstellung einer vernünftigen Ordnung in Russland«, die nach »Mein Kampf« riecht. Ich bin sicher, dass wir mit [all] dem nichts zu tun haben sollten.649

Dann klingen Goerdelers Warnungen aus dem Gespräch mit Young wider:

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Die herrschende Clique befindet sich im Zustand einer Exaltation. Sie hegt die wildesten außenpolitischen Ambitionen und ist wahrscheinlich im Begriff, an die Ausplünderung der Juden ähnliche Maßnahmen gegen die, die »Weiße Juden« genannt werden‚ die christlichen Gemeinden anzuschließen, und gegen die Intellektuellen und die »bourgeois«, die über Vermögen und Privilegien verfügen, fortzusetzen. Die beste Antwort darauf ist sicherlich eine Politik der Entschiedenheit: Erstens strenge aber maßvolle Missbilligung deutscher Ausschreitungen; zweitens anderer Völker Besitz nicht im Voraus preisgeben, auch wenn wir nicht in der Lage sein mögen, ihn zu retten; drittens, wo wir in der Lage sind, einer Forderung zu widerstehen – z. B. finanzielle Hilfe oder Kolonien – an einem kategorischen Nein festhalten. Deutschland hat sich seine finanziellen und wirtschaftlichen Schwierigkeiten selbst zugezogen. […] Die Politik der gegenwärtigen extremistischen Herrscher Deutschlands bringt erstens die übrige Welt gegen sie auf; senkt zweitens den deutschen Lebensstandard; schafft drittens innere Spannungen […] so ist nicht leicht zu erkennen, was es uns einbringen könnte – außer ein oder zwei Jahre unsichere Ruhe – wenn wir helfen, Leute wie Goerdeler und die Armee an ihre Stelle [die der extremistischen Herrscher, P. H.] zu bringen.650

Strangs zweiter Punkt enthält eine Kritik an der Politik des Premierministers im Jahr 1938. 1919 hatte man Deutschland den Korridor genommen, Polen aus bisher deutschem, österreichischem und russischem Gebiet wiederhergestellt, Österreich alle nicht-deutschen Gebiete genommen, Ungarn auf ein Drittel seines Gebiets reduziert, die Tschechoslowakei aus österreichisch-ungarischen Provinzen gegründet. Und nun hatte man der Tschechoslowakei das Sudetenland weggenommen. Der Sinn von Strangs Bemerkung musste sein, dass Deutschland keine weiteren Konzessionen gemacht werden sollten. Sir Orme Sargent stimmte in einem darauffolgenden weiteren Kommentar Strang zu, fasste aber Goerdelers Ansinnen anders auf. Sein Kommentar gibt einen Einwand wieder, der öfter in den Akten zu finden ist.651 Dieser »Plan«, schrieb Sargent, sei eine Alternative zu Goerdelers früherem Plan vom November 1938,652 auf den er keine Antwort bekommen habe. In seinem früheren Plan behielten wir wenigstens die Initiative und hatten es mit der deutschen Regierung zu tun. Noch gaben wir irgendetwas weg, ehe wir verhandelten. In diesem neuen Plan machen wir alle unsere Angebote, ehe die deutsche Regierung irgendeinen Schritt tut. (Übrigens enthält dieser Plan keine Bestimmung für die Einstellung der Judenverfolgung, wie sie der frühere enthielt.) Überdies soll unser Angebot nicht der Regierung gemacht werden, sondern einigen unbekannten Personen, die angeblich Druck auf die Regierung ausüben können, und dieses durch die Vermittlung eines Menschen, dessen einzige Legitimation seine eigenen Versicherungen sind. Was würde geschehen, wenn die Gestapo Dr. Goerdelers Korrespondenz in die Hände bekäme oder Dr. Goerdeler selbst oder einen seiner Vertrauten und stellte fest, dass das Außenamt mit unzufriedenen Elementen

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in Deutschland gegen die deutsche Regierung intrigierte? Mit einem Wort, das ganze Vorgehen wäre eindeutig äußerst gefährlich und schwerlich zu rechtfertigen, selbst wenn die vorgeschlagenen »Vereinbarungen« in sich völlig zufriedenstellend wären. So erweist sich der Plan, fürchte ich, als doppelt zu verwerfen.

»Personen« wie Goerdeler und Beck waren Sargent zwar nicht unbekannt, doch war tatsächlich unklar, welche reale Macht sie hinter sich hatten. Verhandlungen mit (teils) unbekannten Personen, die nur eine vielleicht entstehende Regierung repräsentieren konnten, hätten keine realistische Grundlage, könnten Großbritannien als gutgläubigen Tölpel bloßstellen und die Glaubwürdigkeit der englischen Regierung in der Welt untergraben. Allerdings ist der Standpunkt, man solle nicht mit missvergnügten Elementen in einem anderen Land intrigieren, widersprüchlich, denn, wie Sargent selbst notierte, praktizierte das Außenamt dies mit Goerdeler bereits seit mehr als einem Jahr. Auch die vorhergegangene Äußerung Sargents, Goerdeler habe nie eine freundliche Einstellung der künftigen deutschen Regierung gegenüber Großbritannien versprochen, ist unzutreffend, da Goerdeler stets von aufrichtiger Zusammenarbeit mit England sprach. Goerdeler hatte am 17. November 1938 das britische Außenamt wissen lassen, er wolle »noch einmal das Geschäft mit Grauem Tuch versuchen«, aber unter der Voraussetzung, dass die englische Regierung Hitler ein Ultimatum stelle mit der Bedingung, bis zum Abschluss von Verhandlungen »Anstand zu wahren. Sonst Abbruch der diplomatischen (Beziehungen).«653 Sargents Hinweis darauf, dass eine »Bestimmung für die Einstellung der Judenverfolgung« fehle, illustriert, was man im britischen Außenamt von ­Goerdeler mittlerweile erwartete. Sargent wusste auch aus Youngs Bericht über den 4. Dezember und aus Strangs Kommentar, wie weitgehend ­Goerdeler sich in dem Gespräch mit Young zur »Jüdischen Frage« geäußert hatte. ­Goerdeler schilderte am 4. Dezember gegenüber Young laut dessen Bericht an das Außenamt wiederum die Verfolgung und Beraubung der Juden. Die Stimmung in Deutschland sei wegen der mutwillig verursachten und geförderten Kriegsgefahr und aufgrund von Goebbels’ Lügen gegen die Machthaber gerichtet. Aber: »Die Hauptsache ist die tiefe Missbilligung der Verfolgung der Juden und der Art, wie die Nazi-Führer sich durch Diebstahl jüdischen Eigentums bereicherten.« 654 Und: »sobald die geplante Verfolgung der Kirchen beginnt, oder die neue Judenverfolgung anfängt, ist es absolut notwendig, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen«.655 Der »Plan« bzw. das »Programm«, mit dem ­Goerdeler erklärtermaßen versuchte, Argumente zu gewinnen, um »die Generale« zu überzeugen, hätte für diesen Zweck schwerlich mehr erreicht, wenn er die »Jüdische

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Frage« angesprochen hätte. Sargent suggeriert auch nicht, dass der »Plan« in der englischen Regierung durch Einfügung einer »Bestimmung für die Einstellung der Judenverfolgung« mehr Aussicht auf Zustimmung gehabt hätte. Er musste ohnedies wissen, dass Goerdeler seine Haltung und sein Eintreten für die Rechte und Sicherheit der Juden nicht geändert hatte. Der »Plan« war, laut Sargent, aus anderen Gründen »doppelt zu verwerfen«. In einem Punkt stellen Sargents »Gründe« die Sache auf den Kopf. Eine deutsche Regierung, die Schritte tun könnte, von denen Goerdeler einige wichtige vorgezeichnet hatte (zum Beispiel eine Beteiligung an Militäraktionen im Fernen Osten), sollte erst entstehen, und zwar eben durch die »Bedingungen«, deren Annahme durch England »die Generale« zum Sturz der »gegenwärtigen extremistischen Herrscher« Deutschlands hätte bewegen sollen. Der »Plan« sollte die Grundlage für Verhandlungen sein.656 Sargent musste auch sehen, wie sehr der größte Teil der Erklärung – Punkte vier bis neun – auf die Interessen Englands gerichtet war.657 Während Sargent die ungünstigen Umstände der Abfassung des »Plans« ignorierte, ist Goerdeler doch Hast, Leichtgläubigkeit und Unklugheit vorzuwerfen. Goerdeler ließ sich in Zürich offenbar überrumpeln von der Forderung, seine »Bedingungen« hier und jetzt, nach monatelanger Abwesenheit aus Deutschland und unter dem größten Zeitdruck niederzuschreiben. Die Aufforderung der britischen Regierung an ihn, eine Erklärung der Bedingungen für künftige Beziehungen zwischen einer Regierung Goerdeler und dem Vereinigten Königreich zu geben, war vielversprechend, aber Goerdeler war auch überrascht darüber, dass er die Erklärung sofort schriftlich und ohne Gelegenheit zu Beratungen mit seinen Mitverschworenen über Inhalt und Form geben sollte, von hastigen Telefongesprächen mit Hans Walz abgesehen. Alexander Cadogan missverstand Goerdelers »Plan« ebenso, als er sich am 10. Dezember mit Strang und Sargent einverstanden erklärte und kritisierte, England solle »Dinge liefern« (»deliver goods«), während Deutschland nur Schuldscheine gäbe. Goerdelers »Plan« verlangte aber von England nur Versprechungen, mit denen »die Generale« überzeugt werden sollten, nicht, dass England irgendetwas sofort »liefern« solle. Cadogan höhnte weiter, der Plan schlage einen »Stillstand« der Rüstungen vor, wie ihn diejenigen gerne unterbreiten, die schon einen Vorsprung haben. Zu der Bestimmung im »Plan«, England, Frankreich und Deutschland müssten »sofort« über eine Verminderung der Rüstungen beraten, unterstellte Cadogan, ohne dass der »Plan« dafür einen Anhaltspunkt geboten hätte, Goerdeler wolle weder den deutschen Rüstungsstand reduzieren und dem englischen anpassen, noch den deutschen Stand als

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Obergrenze beibehalten; obwohl Goerdeler von »Verminderung« spreche, werde er das bestehende Stärkeverhältnis beibehalten wollen. Das hieß, Goerdeler lüge und wolle Hitlers Wettrüsten gegen die Westmächte fortsetzen.658 Sir Robert Vansittart schrieb, wie man wisse, kenne er Goerdeler seit einiger Zeit und »habe ihn schon seit einiger Zeit im Verdacht, lediglich Strohmann für die deutsche militärische Expansion zu sein«, und zwar für die Vorstellungen von Expansion, die im deutschen Heer vorherrschten im Gegensatz zu denen der Nazis – zwischen denen aber nur wenig Unterschied sei. Ewald von KleistSchmenzins Forderung des Korridors im vergangenen August bestätige dies.659 »Obwohl Dr. Goerdeler von Zeit zu Zeit interessante Informationen über die Zustände in Deutschland beibringt, ist er als Vermittler für einen Ausgleich nicht nur wertlos, sondern verdächtig.« Er sei in dieser Hinsicht so ziemlich wie jeder andere deutsche Expansionist. Mag Goerdelers »Plan« vom Standpunkt professioneller Diplomaten gesehen kindlich zu nennen sein (1941 sprach Hassell allgemein von Goerdelers »kindlichen Planvorstellungen« 660), ist doch die abrupte Art bemerkenswert, in der Vansittart die Umstände seiner Entstehung und den Zweck des »Plans« verkannte und zwischen Goerdeler, der Hitler-Regierung, den militärischen Expansionisten und den Deutschen im Allgemeinen so gut wie keine Unterschiede mehr sah, so, als sei Goerdelers Tätigkeit geradezu identisch mit der der Reichsregierung: Die Deutschen, nicht zufrieden damit, dass sie die Tschechoslowakei zerstückelt hatten, wünschen nun Polen dasselbe anzutun und wünschen, dass wir offiziell gemeinsame Sache mit ihnen machen für ihr Bestreben, mit uns im voraus die Polen zu hintergehen. Keine ehrenhafte Nation kann so eine Haltung einnehmen.

Obwohl, dies sei angemerkt, die britische Regierung genau dies soeben im Fall der Tschechoslowakei getan hatte. Die Ribbentrop-Schule, so Vansittart, sei darauf aus, »die Ukraine von Russland abzulösen und das gegenwärtige russische Regime von innen aufzubrechen. Auch dies erscheint in Dr. Goerdelers Vorschlägen, siehe den letzten Satz von Absatz 6.« Damit sei Deutschland dabei, ganz Europa zu dominieren, und von Großbritannien erwarte man »Komplizenschaft und Zustimmung im Voraus«. Alle englischen Zugeständnisse wären unwiderruflich, alle deutschen jederzeit kündbar. Zum Schluss wolle Vansittart die Gelegenheit nützen, erneut zu sagen: »Traut Dr. Goerdeler nicht, außer als einem gelegentlichen Informanten. Er ist ganz vertrauensunwürdig und er hält es mit den falschen Menschen und

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Denkweisen, weil sein eigenes Denken verkehrt ist.« Auch Vansittart tat, als verlange Goerdeler Konzessionen an Hitler, obwohl er wusste, dass Goerdeler stets das Gegenteil geraten hatte und noch riet. Goerdeler sei kein deutscher Gemäßigter (»a German moderate«), er halte es mit der Armee und das sei eine ganz andere Sache. Konnten plötzlich so viele englische Beamte Goerdeler missverstehen? In den Augen Strangs, Cadogans, Vansittarts bedrohten die »gemäßigten« Verschwörer das europäische Gleichgewicht und damit die Unabhängigkeit des Vereinigten Königreichs ebenso, wie es die »extremistischen« Nationalsozialisten taten, weil sie dieselben territorialen Revisionen, also Expansionsziele, vertraten. Die friedliche Absicht und die friedlichen Methoden, die Goerdeler vorschlug, änderten an der den Engländern zu weit gehenden Machtverschiebung nichts. So gesehen war auch Goerdeler ein gefährlicher Expansionist. Seine Interventionen für die Juden stießen dabei auf wenig Interesse. Ein Zusammenhang mit der englischen Demütigung von »München« wäre schwer von der Hand zu weisen. Wohl ist verständlich, dass man nicht viel Vertrauen in die Fähigkeit Goerdelers hatte, eine »Revolution« in Deutschland zustande zu bringen, hatte man doch die Möglichkeit dazu mit der in München betriebenen Appeasement-Politik sabotiert. Wenn nun Hitler nicht gestürzt werden konnte, wenn »das Heer« dies jetzt noch weniger wollte als im September 1938, war der Krieg unausweichlich. Darauf stellte man sich in Großbritannien ein. Die Konsequenzen von Kontakten mit Goerdeler und anderen Abgesandten des deutschen Widerstandes sah man nur noch negativ. Die Korridor-Forderung Kleist-Schmenzins im August 1938661 und nun dieselbe Forderung Goerdelers bestärkte maßgebende Beamte im britischen Außenamt in ihrer Skepsis und in der Auffassung, die Vertreter der deutschen Opposition, der »Gemäßigten«, seien ebenso gefährliche Expansionisten wie Hitlers Koterie. Seit »München« beherrschte weniger die Möglichkeit, einen Krieg noch zu vermeiden, als die Unvermeidbarkeit des kommenden Krieges das Denken im britischen Außenamt. Die Logik des Ablaufes entging den Beamten nicht: In München hatte man um einen zu hohen Preis den Frieden gerettet und zugleich den Krieg unausweichlich gemacht, indem man Hitler in seinen Ambitionen bestärkt hatte. Großbritannien bereitete sich nun vor, seine Interessen, sein Weltreich, sein Überleben zu verteidigen. Goerdelers weitere Bemühungen, mithilfe englischen Druckes die deutsche Politik zu ändern, mussten fruchtlos bleiben. Wenn die englische Regierung ferner zu dem Schluss gekommen war, die deutsche Politik sei durch nichts zu ändern und dass sie unter einer Umsturzregierung materiell dieselbe wäre wie unter Hitler und ebenso zur deutschen

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Hegemonie in Europa führe, also die Unabhängigkeit des Vereinigten Königreichs gefährde, dann musste dieses sich zum Kampf stellen. Goerdeler hatte im Juli 1937 zu Vansittart gesagt, seine Bemühungen seien wahrscheinlich nutzlos, aber vaterländische Pflicht.662 Im Februar 1938 hatte er an Krupp geschrieben, er werde gegenüber Göring und Hitler, falls er ihnen vortragen könne, seine Auffassungen vertreten, und hinzugefügt: »Es wird nichts nützen, ist aber Pflicht.« 663 Gleichwohl muss man fragen, ob Goerdeler seinerseits wirklich glaubte, dass die britische Regierung bereit gewesen wäre, Polen zur Aufgabe des Korridors zu überreden. Das Ansuchen Goerdelers um britische Hilfe war auch das Eingeständnis, die Rückgabe des Korridors nicht ohne britische Hilfe erreichen zu können. Gewiss hatte Halifax Hitler am 19. November 1937 auch Zugeständnisse »Danzig« bzw. den Korridor betreffend in Aussicht gestellt.664 Aber diese Äußerungen waren durch die Erfahrungen von »München« als überholt anzusehen. 1936 hatte Goerdeler in seiner Denkschrift für Göring geschrieben: »Niemals wird der Pole, auch nicht im Kompromisswege, auch nur einen Fußbreit Landes, das er jetzt besitzt, freiwillig wieder hergeben.« 665 Seiner (dama­ ligen) Auffassung nach müsse man Polen mit Waffengewalt zur Herausgabe des Korridors zwingen und dazu sei der Aufbau der Wehrmacht nötig, nur müsse man diesen im Interesse des Haushaltsausgleichs drosseln.666 Die Korridorforderung war durch die von Halifax am 19. November 1937 Hitler in Aussicht gestellten Zugeständnisse nicht unerhört. Konnte Goerdeler aber glauben, die Polen würden auf englischen Druck hin bereit sein, »polnischen Boden« preiszugeben? Goerdelers Warnungen waren immer noch akut. Goerdeler riet der britischen Regierung noch einmal auf das Eindringlichste, und zwar in seinem Gespräch mit Young am 4. Dezember 1938: Nicht mehr verhandeln, sondern handeln: […] Sobald die geplante Verfolgung der Kirchen beginnt, oder die neue Verfolgung der Juden einsetzt, ist es absolut wesentlich, die diplomatischen Beziehungen abzubrechen.667

Wenn die Demokratien sich schützen wollten, müssten ihre Augen ganz geöffnet sein für die Tatsachen der Lage. Diese seien: 1. Hitler ist entschlossen die Welt zu erobern. 2. Um dieses Ziel zu erreichen, hat er beschlossen, Juden, Christentum, Kapitalismus zu vernichten. Die Behauptungen in seinen Reden und Gesprächen, er bilde ein Bollwerk gegen den Bolschewismus, sind Lügen.

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Klares und hartes Handeln kann die Welt noch vor der Katastrophe bewahren. »Aber die allerletzte Gelegenheit ist JETZT.« 668 »Jetzt« wäre noch vor Hitlers Bruch des Münchner Abkommens gewesen. Zu genügend drastischem Handeln war die britische Regierung zu der Zeit noch nicht bereit, sie stellte sich erst allmählich auf die so lange angeratene harte Haltung um. Als Hitler eine Vereinbarung mit der Tschechoslowakei über ein Protektorat schloss, die Slowakei sich am 14. März 1939 für unabhängig erklärte und am 15. März 1939 deutsche Truppen die »Resttschechei« besetzten, unternahm Großbritannien, das am 30. September 1938 die Unverletzlichkeit der Grenzen der Tschechoslowakei mit garantiert hatte, zunächst nichts. Chamberlain erklärte dem Unterhaus am 15. März, der Staat, dessen Grenzen England garantiert hatte, habe sich durch die Unabhängigkeitserklärung der Slowakei aufgelöst und die britische Regierung könne sich nicht mehr für an die gegenüber der Tschechoslowakei als ganzer übernommene Verpflichtung gebunden betrachten.669 Am 20. März 1939 im Kabinett und am 31. März im Unterhaus erklärte Chamberlain jedoch, das Vereinigte Königreich werde der polnischen Regierung sofort jede in seiner Macht stehende Hilfe gewähren in dem Fall einer Aktion, die eindeutig die polnische Unabhängigkeit bedrohe und gegen die die polnische Regierung mit ihren nationalen Streitkräften Widerstand zu leisten für lebensnotwendig erachtet.670

Am 16. März 1939 traf sich Goerdeler in London noch einmal mit Young.671 Goerdeler sprach von den wirtschaftlichen Bedrängnissen in Deutschland, vom Rückgang der Ausfuhr, vom Kapitalmangel, der Gefahr und fast sicheren Erwartung des Krieges. Er entwickelte einen Plan, wie es den »drei großen Demokratien, Amerika, England und Frankreich« noch gelingen könnte, mit harter Haltung Hitler zum Einlenken zu bringen. Sie müssten zusammen erklären, dass sie die Besetzung der Tschechei nicht anerkennen; dass sie ihre Botschafter aus Berlin abberufen; dass die britische Regierung ihre auf einer Handelsmission befindlichen Industriellen aus Berlin zurückrufe. Sie müssten Hitler zu einer Konferenz einladen, um die Aufrüstung anzuhalten und darauf gleichzeitig mit Deutschland abrüsten. Vorbedingungen: Keine weitere Aggression seitens Hitlers; Hitler müsse Sicherheiten geben, dass er sein Wort halten werde; die Freiheit der Tschechoslowakei müsse gemäß dem Münchner Abkommen wiederhergestellt werden. Hitler werde die Bedingungen nicht annehmen und sei dann vor der Welt und dem deutschen Volk als »nationaler Bandit« gebrandmarkt und die Demokratien seien so gestärkt, dass ihr Sieg »über diejenigen, die das ewig gültige Moralgesetz brechen«, sicher sei. Das deutsche Volk könnte sich

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noch auflehnen, wenn die Erkenntnis des Geschehenen in sein inneres Gewissen eingedrungen sei. Hitler habe nun die falsche Richtung eingeschlagen und schon drei Abschnitte von großer historischer Bedeutung auf dem Weg zu seiner endgültigen Vernichtung passiert, und zwar erstens den Pogrom gegen die Juden vom 9. und 10. November (Goerdeler führte Einzelheiten der dabei begangenen Grausamkeiten unter anderem gegen junge Mädchen und Kinder an), zweitens die Entlassung von Dr. Schacht, womit Hitler sich für einen finanziellen und wirtschaftlichen Amoklauf entschieden habe, und drittens die neuerliche brutale Aggression gegen die Tschechoslowakei. Die Demokratien müssten dies alles nun den Deutschen durch eine mora­ lische Propaganda-Gegenoffensive klarmachen. Für Goerdeler stand der P ­ ogrom gegen die Juden an erster Stelle unter den Abschnitten auf Hitlers Weg zu seiner endgültigen Vernichtung. Der Korridor und die wirtschaftlichen Desiderata sind in Youngs Bericht über das Gespräch vom 16. März 1939 nicht erwähnt. Im Gegensatz zu den noch am 4. Dezember 1938 vorgebrachten Gravamina stellte Goerdeler jetzt fest, »die vernünftigen Argumente, die das deutsche Volk für eine Beseitigung der ihm in diesem [Versailler] Vertrag zugemuteten Auflagen vorgebracht habe, könnten jetzt nicht mehr verwendet werden«. Die Vermeidung des Krieges stand im Vordergrund. Nach dem Abklingen des Schocks vom 15. März 1939 tauchte der Korridor aber doch wieder auf. Goerdeler besuchte London zum letzten Mal vom 25. bis 30. Mai 1939.672 Am 25. Mai 1939 erklärte er Ashton-Gwatkin in einem langen Gespräch, es sei im vergangenen September richtig gewesen, das Sudetenland Deutschland zuzusprechen, aber falsch, diese Maßnahme nicht von der gleichzeitigen Regelung der Rüstung und der wirtschaftlichen Komplexe abhängig zu machen. Hitler hätte ein solches Angebot mit Sicherheit abgelehnt und den Einmarsch in die Tschechoslowakei befohlen, die Heerführung hätte den Befehl nicht ausgeführt oder wäre »gegen Hitler marschiert«. Diese Gelegenheit werde nicht wiederkehren, das Heer werde einen Befehl zum Angriff auf Polen zweifellos befolgen; denn Danzig und der Korridor lägen den Offizieren mehr am Herzen als Österreich und das Sudetenland. Weiter sprach Goerdeler von wirtschaftlichen Mangelerscheinungen und von den Eigenschaften Görings (krank, ohne Einfluss), Ribbentrops (ehrgeizig und eitel), Himmlers (Terrorist, kein Staatsmann), Heß’ (ohne Bedeutung), Rosenbergs (fanatisch anti-christlich und antijüdisch) sowie der Gauleiter (zwei Drittel Gangster). Der Leiter des britischen Außenamts, Unterstaatssekretär Sir ­Alexander Cadogan, bestätigte Goerdelers Einschätzung in einem Kommentar zu

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Ashton-Gwatkins Aufzeichnung: »Dr. G. – wie viele andere Kritiker – sagt gerne, wie recht wir gehabt hätten, wenn wir in der Vergangenheit auf seinen Rat gehört hätten. Er mag recht haben.« 673 Am Samstag, dem 27. Mai, sprach Goerdeler wieder mit Ashton-Gwatkin, der von ihm wissen wollte, »wenn seine Freunde im Heer und außerhalb desselben zu dem bestimmten Schluss gekommen seien, […] es sei unmöglich, Hitler zu einer nicht-katastrophalen Politik zu bewegen, warum sie dann nicht das Nazi-Regime stürzten und die Lage selbst unter ihre Kontrolle nähmen«.674 Am 30. Mai sprach Goerdeler noch einmal mit Ashton-Gwatkin und setzte ihm auseinander, wie er sich eine künftige Politik zur Erhaltung des Friedens denke.675 Und nun war auch die Korridorforderung wieder da. Er habe bedacht, sagte Goerdeler, dass Ashton-Gwatkin ihm gesagt habe, die englische Regierung könne nicht die Revolution in Deutschland für die Deutschen machen, doch müsse das deutsche Volk betreffend die Haltung der anderen Mächte in diesem Falle Sicherheiten haben. Die britische und französische Regierung sollten einen Plan zur Beendung des Wettrüstens und der Wiederherstellung eines dauerhaften Friedens auf neuer und fester Grundlage durch den Rundfunk und die Botschafter in allen Hauptstädten verkünden, die Botschafter in Berlin sollten der Reichsregierung die Annahme nahelegen. Der Plan müsste »den gerechten Forderungen des deutschen Volkes, einschließlich Kolonien«, also auch hinsichtlich des Korridors, entgegenkommen, wobei Goerdeler nicht den Hinweis auf das englische Angebot von 1937 zur Wiederherstellung vormals deutscher Gebiete versäumte; Freihandel, Wiederherstellung des Rechtsstaats und der »Grundrechte des Individuums, Gewissensfreiheit (einschließlich religiöser Überzeugungen und ihrer Ausübung), persönliche Sicherheit«, keine ungesetzliche Inhaftierung, Auflösung der Konzentrationslager, schrittweise Abrüstung lauteten die weiteren Punkte. Die Formulierungen über die »Grundrechte des Menschen«, dazu die Abschaffung der Konzentrationslager und »die gleiche Sprache der Moral« in den Völkern bezogen die »Jüdische Frage« für Goerdeler logischerweise ein. Nähme Hitler den Plan an, so gäbe er sein System selbst auf, seine Diktatur wäre erledigt, lehne er ihn ab oder ignoriere er ihn, würden die Führer des Heeres und die mit der Widerstandsbewegung Verbundenen »intervenieren«. Werde der Plan im Juli oder jedenfalls vor dem Parteitag im September 1939 verkündet, so könnte »die ganze Sache«, meinte Goerdeler, »bis Ende Oktober erledigt sein«. Die Militärs wüssten, dass sie sich mit der SS auseinandersetzen müssten, die Liquidation der SS-Organisation und der Gestapo sei der zentrale Punkt ihrer Politik. Man könnte Hitler eventuell behalten, als Präsident im goldenen Käfig, ohne Kontrolle über Politik und Heer. Auf jeden Fall werde der »Plan« zur Revolution führen.

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Auch diesen Plan kommentierten die Diplomaten des britischen Außenamts skeptisch bis ungläubig, nur Cadogan meinte, wenn »Danzig« in einen breiten Plan eingebettet sei, bestünde vielleicht Hoffnung auf Verständigung. Goerdeler sagte, er werde nicht mehr nach England zurückkehren, sondern »seine Tour nach Nordafrika, Palästina, Syrien usw. unternehmen, wofür er die Genehmigung seiner Regierung habe«; Mitte Juli werde er noch einmal Deutschland verlassen, aber nur für einen Tag in der Schweiz; geeignete Personen können ihn in Leipzig gefahrlos aufsuchen.676 Goerdeler erklärte damit offen, dass er die Verbindungen aufrechterhalten wollte, die in den Augen des nationalsozialistischen Regimes landesverräterische Beziehungen waren. Im Juni 1939 reiste Goerdeler nach Libyen, Ägypten, Palästina, Syrien und in die Türkei.677 Seine Berichte schickte er an Krupp, dessen Fonds die Reise finanzierte, und an Göring, der die nötigen Visen genehmigte. Ob die Berichte Hitler erreichten, ist fraglich; Hauptmann Wiedemann hatte sich schon seit April 1938 geweigert, Goerdelers Berichte Hitler vorzulegen und war seit Januar 1939 als Generalkonsul nach San Francisco versetzt.678 Die Lage der Juden in Polen, Rumänien, Ungarn und Deutschland war noch prekärer als 1937. Goerdeler kannte die öffentlichen Erklärungen und Erwägungen in England zur Palästinapolitik seit 1919, das Weißbuch vom Oktober 1930 und den britischen Standpunkt vor und anlässlich der Évian-Konferenz, nämlich dass Palästina als Aufnahmegebiet für jüdische Flüchtlinge überhaupt nicht zu erwähnen sei. Goerdeler hatte Kenntnis vom Bericht der »Peel-Commission« vom Juli 1937 und dem Weißbuch vom 17. Mai 1939, worüber britische und deutsche Zeitungen berichteten.679 Die »Peel-Commission« empfahl eine Teilung Palästinas als Lösung der arabisch-jüdischen Gegensätze. Das Weißbuch vom Mai 1939 begrenzte die jüdische Zuwanderung aus der ganzen Welt nach Palästina für die nächsten fünf Jahre auf 75.000; eine lächerlich geringe Quote, befand Chaim Weizmann, Präsident der Zionistischen Organisation und der Jüdischen Agentur ( Jewish Agency).680 Kaiser Wilhelm II. hatte Theodor Herzl am 2. November 1898 in Jerusalem gesagt: »Das Land hat Platz für alle.« 681 Seitdem hatte es viele Verschiebungen und Verwicklungen gegeben. Goerdeler glaubte nun, wie er im Sommer 1939 über seine Palästina-Reise vom Juli des Jahres berichtete, dass Palästina wirtschaftlich fähig sei, eine größere Judeneinwanderung aufzunehmen, wobei die primitive arabische Wirtschaftsform durch die fortgeschrittene jüdische ersetzt werden würde, die von der gleichen Fläche mehr Menschen ernährt. Für die Lösung der Judenfrage in der Welt wäre das nur ein Vorteil.682

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Allerdings sei der Widerstand der Araber ein Hindernis. Die Araber fühlten sich in ihren nationalen Belangen beeinträchtigt und werden »daher immer das bekämpfen, was der Jude gerade tut, und immer das Entgegengesetzte von dem verlangen, was gerade da ist«. Die Juden wirtschaften und arbeiten mit Erfolg, sie haben Schulen, deren Besuch gut sei, höhere Ausbildungsanstalten einschließlich der Universität Jerusalem, wissenschaftliche Kenntnisse. Tatsache sei, »daß der Jude mit den natürlichen Kräften Palästinas ungleich besser fertig wird als der Araber, so daß Europa gar keinen Grund hat, hier dem Araber­ tum, dem wir sonst alles Gute wünschen mögen, den Steigbügel zu halten. Sie haben jede gute Gelegenheit, aus Palästina etwas zu machen, vollkommen versäumt.« Zum Beispiel hätten die Araber in der Bewässerung »so gut wie nichts geleistet«. Die Araber könnten nicht ertragen, dass die Juden sich angesichts ihrer Erfolge ihnen überlegen fühlten. Überdies seien die Araber keine Freunde Deutschlands, da dieses mit Italien verbündet sei, während »den Arabern ebenso wie allen anderen Anwohnern des südlichen und östlichen Mittelmeers heute Italien das am besten gehaßte Volk ist«. Der Araber werde sich gegen Deutschland entscheiden, wenn er vor der Wahl zwischen England und Frankreich einerseits sowie Deutschland und Italien andererseits stehe.683 Zurzeit sei noch nicht zu übersehen, ob der Widerstand der Araber sich allmählich mildern und schließlich ganz beseitigen lasse. Am Willen der deutschen Reichsregierung, alle Juden aus Deutschland zu entfernen, war nicht zu zweifeln und nicht zu rütteln. Die »Zehnte Verordnung zum Reichsbürgergesetz« datiert vom 4. Juli 1939, durch sie wurde die »Reichsvereinigung der Juden« gegründet, der »alle staatsangehörigen und staatenlosen Juden« angehörten, »die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Reichsgebiet haben«. In § 2 steht das Ziel: »Die Reichsvereinigung hat den Zweck, die Auswanderung der Juden zu fördern.« Dies suchte die Verordnung dadurch zu erreichen, dass sie den Juden ständig neue finanzielle Lasten auferlegte und sie zur eigenen Finanzierung aller sonst staatlichen Wohlfahrts- und Fürsorgebereiche wie Schulen und Krankenhäuser zwang.684 Also bestehe, schrieb Goerdeler, ein deutsches Interesse daran, »daß möglichst viel [sic] [deutsche] Juden sich in Palästina ansiedeln«. Goerdelers Bericht über seine Palästina-Reise enthält auch Ungereimtheiten, die auf eilige Abfassung hindeuten. Zum Beispiel meinte Goerdeler, rein europäische Juden wären dem Klima bei körperlicher Arbeit auf die Dauer nicht gewachsen, nachdem er zuvor seitenlang bewiesen hatte und obwohl er danach seitenlang bewies, dass jüdische Siedler das Klima erfolgreich ertrugen. In diesen Befund hatte er implizit »reine Europäer« einbezogen oder jedenfalls keine konkreten gegenteiligen Fälle angeführt.

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Der Bericht dokumentiert zum wiederholten Male Goerdelers Anliegen, den Juden einen Ausweg aus Diskriminierung, Verfolgung, Beraubung und Vertreibung zu suchen. Vertreibung: Am 6. und 7. Juni 1939 trieben deutsche Polizeikräfte etwa 2.000 Juden, die meisten aus Wien, in Schlesien über die Grenze nach Polen.685 Auf der Konferenz von Évian hatten die 32 Teilnehmerstaaten erklärt, keine mittellosen Juden aufzunehmen; die Vereinigten Staaten waren nicht bereit, zugunsten von deutschen und österreichischen Juden, auch vermögenden, ihre Gesamtquote für deutsche Einwanderer von 27.370 Personen jährlich zu erhöhen.686 Goerdeler legte also der Reichsregierung erneut nahe, den deutschen Juden einen erträglichen Ausweg zu gewähren. Seit 1934 sprach sich Goerdeler in verschiedenen Formen und Zusammenhängen immer wieder gegenüber der eigenen Regierung dafür aus, die Judenverfolgung einzuschränken und zu beenden, und er suchte sogar die britische Regierung wenigstens ein halbes Dutzend mal dazu zu bewegen, für dieses sein Ziel Druck auf die Reichsregierung auszuüben. Wie er die polnischen Juden, die die Reichsregierung im Oktober 1938 deportieren ließ – oder deportieren zu lassen versuchte –, vor ihrem in Polen zu erwartenden Schicksal bewahrt wissen wollte, indem er ihre Deportation verurteilte, so suchte er im Sommer 1939 das Schicksal der deutschen Juden – Diskriminierung, Enteignung, erzwungene Emigration oder Elend, Konzentrationslager, Deportation – durch die Möglichkeit ihrer Ansiedlung in Palästina zu mildern; das über die Juden 1941 herein­brechende Schlimmere wird Goerdeler kaum geahnt haben. Die mit immer mehr Fanatismus von der Hitler-Regierung betriebene Verfolgung und Vertreibung der Juden, Vertreibung in verzweifelte Armut und Rechtlosigkeit, hat Goerdeler nicht mildern können, alle seine Vorstöße blieben ergebnislos. Die Emigration nach Palästina wäre immerhin eine mögliche Maßnahme gewesen, die die Verfolgung beendet hätte. Goerdelers Bericht ist ein einziges Lob auf die Fähigkeiten und die Tüchtigkeit der jüdischen Siedler in Palästina. Er stellte die Aufnahmefähigkeit Palästinas für jüdische Zuwanderung fest und betonte das deutsche Interesse, »daß möglichst viel [sic] Juden sich in Palästina ansiedeln«, weshalb es kurzsichtig sei, die englischen »Schwierigkeiten in Palästina ohne schöpferische Idee ausnutzen zu wollen«. Goerdeler argumentierte, die deutsche Politik solle den Engländern in Palästina keine zusätzlichen Schwierigkeiten bereiten, damit die (deutschen) Juden dort einwandern könnten. Er deutete an, was das Resultat solcher zusätzlicher Schwierigkeiten wäre: »Die Folgen können nur sein, unnütze Verärgerung der Engländer, getäuschte Erwartungen der Araber und schließlich ein Zustand,

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der uns nichts nutzt, in den wir aber unnötigerweise materielle und moralische Mittel hineingesteckt haben.« Und er vertraute auf die Engländer: Soweit ich urteilen kann, wird es den Engländern schließlich gelingen, Juden und Araber zu einer gewissen Zusammenarbeit zu bringen. Das letzte Wort über die Entwicklung in Palästina wird durch die weitere europäische Entwicklung gesprochen werden. Geht Deutschland in einen Konflikt mit den Westmächten, so werden die englischen Schwierigkeiten nicht wachsen, sondern sinken, weil dann der Araber geneigt ist, im Hinblick auf seine Feindschaft gegen Italien England keine weiteren Schwierigkeiten zu machen.687

Immer führte Goerdeler jedes ihm denkbare Argument zugunsten einer Milderung der Judenverfolgung an. Nur: Eine verstärkte jüdische Einwanderung über eine durchschnittliche Jahresquote von 15.000 Personen hinaus müsste, jedenfalls nach englischer Einschätzung, »die englischen Schwierigkeiten in Palästina« doch vermehren. Dieser Widerspruch entsprang dem zweifachen Wunsch, einerseits den deutschen Juden zu einer menschenwürdigen, von Verfolgung und Diskriminierung freien Existenz zu verhelfen und andererseits die Tür für die jüdische Einwanderung nach Palästina offen zu halten. Noch am 30. August 1939 sagte Goerdeler dem britischen Militärattaché in Stockholm, Oberst Reggie Sutton Pratt, nur Hitler wolle den Krieg und glaube, dass England und Frankreich nicht kämpfen werden. Das Volk stehe nicht hinter ihm und die Generale seien gegen einen großen Krieg, während ein Krieg gegen Polen allein ihnen annehmbar schiene; allerdings werde »diesmal die Armee marschieren«, während Goerdeler überzeugt sei, dass sie vor einem Jahr den Gehorsam verweigert hätte. England müsse diesmal hart bleiben, das Risiko eines Krieges sei nicht groß, aber ein erneutes Nachgeben würde Hitlers Ansehen über alles erhöhen und das Englands auf ein Niveau erniedrigen, von dem es sich nicht mehr erholen würde. Käme der Krieg, werde Deutschland zerbrechen, sich erheben und in Kürze die Partei stürzen. England müsse unter der Bedingung der Demobilisierung Deutschlands eine Konferenz anbieten, bei der die Tschechoslowakei wiederhergestellt würde, Deutschland eine Anleihe zur Sanierung seiner Finanzen erhielte, wenn es seinen Haushalt ausgleiche. Nehme Hitler diese Bedingungen an, so sei er verloren, ebenso, wenn er sie nicht annehme. Am Abend des 30. August telefonierte Goerdeler gegen 23 Uhr aus Stockholm noch mit Ashton-Gwatkin und sagte ihm, Hitlers Haltung werde schwächer, England müsse hart bleiben, keinen Kompromiss anbieten und die Initiative für

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umfassende Vereinbarungen unter starken Bedingungen ergreifen. Halifax zeichnete diese Meldung am 31. August ab, der Premierminister sah sie ebenfalls.688 Es gibt Anzeichen dafür, dass Hitler Polen nicht angegriffen hätte, wenn er von der eingetretenen entschlossenen Intervention Englands und Frankreichs vorher überzeugt gewesen wäre. Der Chefdolmetscher Paul Schmidt berichtet, Hitler habe nach der englischen Kriegserklärung am 3. September 1939 R ­ ibbentrop gefragt: »Was nun?« 689 Während des Feldzuges in Polen und während des halben Jahres danach griffen die Westmächte Deutschland nicht an, während die Sowjetunion am 17. September, wie zwischen Hitler und S ­ talin vereinbart, in Polen einfiel. Hitler wollte seinerseits die Westoffensive im November 1939 eröffnen, verschob sie aber aus verschiedenen Gründen immer wieder bis zum 10. Mai 1940. Am 30. November 1939 begann die Sowjetunion einen Krieg gegen Finnland. Deutschland führte einen intensiven Versorgungskrieg zur See mit dem Ziel der Blockade der Britischen Inseln. In dieser Phase hofften die Verschwörer, mithilfe englischer Zusicherungen »die Generale« doch noch zum Sturz Hitlers zu bewegen und damit die gefürchtete Westoffensive zu vermeiden. Aus der Vatikan-Mission Dr. Josef Müllers vom November 1939 bis Februar 1940, die das Ziel hatte, eine Vermittlung des Papstes zwischen den Verschwörern und der britischen Regierung zu ermöglichen, und aus den durch Papst Pius XII. übermittelten Äußerungen der englischen Regierung, ergaben sich Auffassungen der deutschen Verschwörer, zu welchen Zugeständnissen die britische Regierung gegenüber einem von Hitler und vom Hitlerismus befreiten Deutschland bereit wäre. Diese Auffassungen stehen in einem von Hans von Dohnanyi im Oberkommando der Wehrmacht / Amt Ausland / Abwehr verfassten »X-Bericht«. Zu den darin enthaltenen Punkten gehörte nach übereinstimmender Erinnerung der Beteiligten die Regelung der »Ostfragen« zugunsten Deutschlands.690 Die Wiedergewinnung des Korridors war somit angesichts der Zusagen von Halifax am 19. November 1937 und des (von Goerdeler nicht mitverfassten) »X-Berichts« kein Hirngespinst G ­ oerdelers und auch nicht aus dessen Wunsch entstanden, dass seine Heimat wieder deutsch werde. Die Hauptbeteiligten der Umsturzplanung gaben sich offenbar noch 1939 und Anfang 1940 Illusionen über die britische Einstellung hin, die sich jedoch in den Monaten nach »München« und definitiv am 15. März 1939 (Einmarsch in »Prag«) grundlegend gewandelt hatte.

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17 | VERSCHWÖRUNG Am 1. September 1939 verkündete Hitler den Beginn des Krieges gegen Polen mit der Lüge: »Seit 5 Uhr 45 wird jetzt zurückgeschossen.« 691 Am 3. September erklärten das Vereinigte Königreich, Frankreich, Australien, Indien, Neuseeland, am 6. September Südafrika und am 10. September Kanada dem Deutschen Reich den Krieg. Im Oktober kapitulierte Polen und im Mai und Juni 1940 besiegte das deutsche Heer Frankreich in 39 Tagen. Hitlers Angriff auf die Sowjetunion am 22. Juni 1941, der Feldzug in Nordafrika, der japanische Überfall auf Amerika, dessen gleichzeitiger Eintritt in den europäischen Krieg und schließlich der »Washington Pact«, den 26 Staaten am 1. Januar 1942 vor allem gegen das Deutsche Reich unterzeichneten, hatte nun nicht nur den Zweifrontenkrieg herbeigeführt, dessen Vermeidung Hitler 1936 zur Doktrin erklärt hatte, sondern den Weltkrieg. Die zum Sturz Hitlers Verschworenen wollten das Regime ändern, um einen annehmbaren Frieden zu erreichen und den Rechtsstaat wiederherzustellen. Sie waren Beamte, Geistliche oder zeitweise von den Nationalsozialisten inhaftierte Gewerkschaftsführer und Politiker. Einige waren Soldaten. Weder die Beamten noch die früheren Politiker oder die Soldaten konnten öffentlich gegen das Regime auftreten. Sie konnten keine Massen von Anhängern aufrütteln und um sich sammeln. Sie hatten so gut wie keine Stütze im Volk. Es gab keine verbreitete Unzufriedenheit und Regimekritik, die eine Massenaufwallung ermöglicht hätte. Die Verschwörer stellten das in ihren Planungen von 1938 bis 1944 stets in Rechnung. Sie konnten das Regime nicht ohne das Militär stürzen. Die Generale wollten nicht putschen. Sie begründeten das verschieden, etwa damit, dass Soldaten so etwas nicht tun oder dass das Heer gespalten würde und dies zum Bürgerkrieg führen könnte.692 In der Zeit der militärischen Erfolge konnten die Verschwörer hoffen, gegenüber den Kriegsgegnern eine brauchbare Verhandlungsposition zu haben. Angesichts des seit September 1939, eigentlich seit 15. März 1939, festliegenden Kriegsziels Englands, Frankreichs und Amerikas, nämlich der wirksamen und lange dauernden Entwaffnung Deutschlands, war die Vorstellung von einer günstigen Verhandlungsposition vermutlich auch damals illusionär.693 In der englischen Regierung machte man seit Ende 1938 keinen Unterschied mehr zwischen der Bedrohung durch eine Hitler-Regierung und der durch eine Regierung mit Goerdeler als Reichskanzler. Die Aussicht auf einen Erfolg der Erhebung gegen die Diktatur war schließlich so gering, dass der Versuch des 20. Juli 1944 ein Opfergang war.

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Ulrich von Hassell, bis 1938 Botschafter in Rom, war der in der auswärtigen Politik erfahrenste der führenden Verschwörer. Als Premierminister Winston S. Churchill und Präsident Franklin D. Roosevelt sich in Placentia Bay in Neufundland auf ihren Schiffen, dem Schlachtschiff Prince of Wales und dem Kreuzer Augusta, trafen und am 14. August 1941 die »Atlantic Declaration« bzw. »Atlantic Charter« verkündeten, sah Hassell die negativen Auswirkungen für die Opposition in Deutschland. In seinem Tagebuch kommentierte er am 18. August: Der übelste Punkt ist der achte, der die militärische Unschädlichmachung »gewisser Nationen« verlangt, die mit Gewaltanwendung drohen. Das wird natürlich so ausgelegt, daß es die einseitige Entwaffnung Deutschlands à la Versailles fordere, und dient dazu, die Vorstellung vor allem bei den Generalen hervorzurufen, eine Regimeänderung nütze gar nichts, der Gegner gehe auf die Vernichtung Deutschlands aus. Zugleich verbreitete der englische Rundfunk in deutscher Sprache eine angebliche Indiskretion Papens, wonach eine von General von Falkenhausen geführte Militärdiktatur notwendig sei, es sei aber ganz gleich, ob Falkenhausen oder irgendein anderer General, oder aber die jetzigen Herren Himmler, Koch, Rust, Hitler usw. in Deutschland regierten. Beide Vorfälle zeigen, daß es nächstens zu spät sein wird, ja vielleicht schon zu spät ist, weil die von mir immer befürchtete Identifikation Naziregime = Deutschland in den letzten Monaten reißende Fortschritte gemacht hat.694

Am selben Tag besprach sich Hassell durch Vermittlung von Karl-Ludwig ­Freiherr von und zu Guttenberg, der unter Admiral Wilhelm Canaris im Oberkommando der Wehrmacht / Amt Ausland / Abwehr arbeitete und Hassell 1939 mit Goerdeler in Verbindung gebracht hatte, mit Carl Burckhardt, dem Vorsitzenden der Commission mixte de secours des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz über diese Lage und einen »Regimewechsel«.695 In den folgenden Tagen sprach Hassell mit Staatssekretär von Weizsäcker über sein Gespräch mit Burckhardt und traf sich auch mit Popitz sowie den beiden Abwehr-Offizieren Oberst Hans Oster und Hans von Dohnanyi, ferner mit dem Chef des Allgemeinen Heeresamtes im Oberkommando des Ersatzheeres, General Friedrich Olbricht. Zu diesem damals aktiven inneren Netz der Verschwörung gehörte Goerdeler. Übrigens überwachte die Gestapo Becks Wohnung und wusste von den Zusammenkünften.696 Am 11. September 1941 waren Hauptmann d. R. Hermann Kaiser, Kriegstagebuchführer im Stab des Chefs der Heeresrüstung und Oberbefehlshabers des Ersatzheeres, und Goerdeler abends bei Generaloberst Beck und sprachen über den misslungenen Ostfeldzug; der immer optimistische Goerdeler meinte, ein Friede mit den Grenzen von 1914 sei noch zu erreichen.697

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Die meisten anderen Verschwörer waren Realisten in ihrem Urteil, dass es nun bald »zu spät« sei. Hassell notierte: »Wenn unsere Siegeschancen offensichtlich vorbei oder nur noch sehr gering sind, ist nichts mehr zu wollen.« 698 Am 16. September 1941 sprachen Hassell, Popitz und Georg Thomas über Goerdeler. Hassell schrieb in sein Tagebuch: Wir hatten ziemliche Sorge wegen unseres viel zu sanguinischen und wirklich »reaktionären« Pfaff [Goerdeler], der mich auch in dieser Zeit besuchte, immer wieder durch seine frische Aktivität erfreut, aber durch seine mangelhaft begründeten Prognostika über den bevorstehenden Zusammenbruch auf allerlei Gebieten und seine kindlichen Planvorstellungen beunruhigt.699

Popitz fand, Goerdeler habe »viel Willen, aber keinen Takt(ik)«.700 Am 10. Oktober war Kaiser wieder bei Generaloberst Beck, der Goerdeler mit den Worten »vortrefflicher Mensch u. Charakter, Mut z. Handeln, Lauterkeit der Gesinnung« charakterisierte. Die »Judenfrage« kam zur Sprache mit den Stichworten: »Die Judenfrage. Stern. Einmauern. Aufschichten.« 701 Seit Mitte September 1941 mussten Juden den gelben »Judenstern« auf der Kleidung tragen, durften den Bereich ihrer Wohngemeinde nicht mehr ohne schriftliche Erlaubnis der Ortspolizei verlassen und keine Orden, Ehrenzeichen oder sonstige Abzeichen anlegen.702 Im November sagte Goerdeler in Stockholm zu Jacob Wallenberg, Mitglied der Kommission der schwedischen Regierung für wirtschaftliche Beziehungen zwischen Schweden und Deutschland, die Niederlage der deutschen Truppen vor Moskau berge die Möglichkeit, Hitler zu stürzen.703 In der Atmosphäre von Qual, Empörung und Verzweiflung über die sinnlose Zerstörung Europas und Deutschlands, über die Massenmorde an Juden und sowjetischen Kriegsgefangenen erschien Ende September bei Hassell ein Abgesandter des Oberkommandos der Heeresgruppe Mitte, im Auftrag von Oberst i. G. Henning von Tresckow, dem Ersten Generalstabsoffizier im Oberkommando der Heeresgruppe Mitte.704 Tresckow war Berufsoffizier aus dem Potsdamer Infanterie-Regiment Nr. 9, Nachkomme preußischer Generale, Schwiegersohn des Chefs des Großen Generalstabes (1914 – 1916) im Ersten Weltkrieg Generaloberst Erich von Falkenhayn. Er sah sich seit dem Beginn des Krieges mit Vorgängen konfrontiert, die eine moralische Stellungnahme forderten. Tresckow erkannte früh, dass das Regime Deutschland ins Verderben führte. Er erhoffte militärische Misserfolge, damit ein Vorgehen gegen die Führung möglich würde; zugleich trug er als Soldat dazu bei, dass die Offensive gegen Frankreich zum Erfolg führte, indem er Anfang 1940 half, General von Mansteins Vortrag seines Planes für den Frankreichfeldzug bei Hitler zu vermitteln.705 1940

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hielt Tresckow einen Anschlag auf Hitler nur für möglich, wenn der Feldzug gegen Frankreich scheiterte; gelinge dieser, wie der Polenfeldzug, dann seien Generalität und Volk nicht mehr von der Notwendigkeit des Widerstandes zu überzeugen.706 Im April 1941 äußerte er sich ähnlich.707 Zugleich tat er sein Bestes für den Erfolg der Operationen, nicht widerwillig, sondern mit soldatischem Engagement. Er blieb bis zum Tag seines Todes dem soldatischen Ethos verpflichtet und erfüllte seine Aufgaben nach Kräften, schließlich 1944 im Abwehrkampf der zusammenbrechenden Heeresgruppe Mitte als Chef des Generalstabes im Oberkommando der 2. Armee. Im Mai 1941 erfuhr Tresckow von Hitlers Befehl, alle kriegsgefangenen Offiziere der Roten Armee, die als politische Kommissare fungierten, ohne Verfahren zu erschießen, das heißt Offiziere in der Uniform der kämpfenden Truppe des Gegners nach der Gefangennahme zu ermorden. Er fand eine Gelegenheit, seine Ablehnung dieses Bruchs des Kriegsrechts Hitler selbst zur Kenntnis zu bringen, und zwar durch dessen Heeresadjutanten Major Gerhard Engel, dem er zugleich sagte, er werde tun, was er könne, um diesen Befehl zu sabotieren.708 Tresckow wusste von Arthur Nebe, Polizei- und SS-General und Befehlshaber der der Heeresgruppe Mitte zugeordneten Einsatzgruppe B, dass Himmler im Juli 1941 den Einsatzgruppen befohlen hatte, alle Juden, Männer, Frauen und Kinder, zu ermorden. Tresckow drängte seinen Oberbefehlshaber, seinen Onkel Generalfeldmarschall Fedor von Bock, er müsse bei Hitler in aller Form Protest einlegen gegen Befehle, die Soldaten erlaubten und anstifteten, außerhalb des legitimen Kampfgeschehens Tötungen zu verüben, und Bock müsse kraft seiner Befehlsgewalt die illegalen Exekutionen der SS- und SicherheitspolizeiTruppen der Einsatzgruppe B in seinem Befehlsbereich unterbinden.709 An einem Sommerabend im August am Ufer der Beresina sagte Tresckow dem Persönlichen Adjutanten Bocks, Major der Reserve Carl-Hans Graf von Hardenberg, alle Bemühungen, die Führung zum Widerstand gegen »befohlene Verbrechen und militärischen Wahnsinn« zu bewegen, seien umsonst gewesen; sie müssten Hitler stürzen. Ende September 1941 begann Tresckow seine Umsturztätigkeit mit der Entsendung seines Boten nach Berlin, um zu ermitteln, »ob es in der Heimat brauchbare Kristallisationspunkte gebe«.710 Der Bote war Leutnant d. R. Fabian von Schlabrendorff, im Zivilberuf Rechtsanwalt. Er kannte Guttenberg seit 1930, Oster seit 1938. Wenn er in Berlin war, suchte er Oster auf, ebenso den Staatssekretär im Auswärtigen Amt, Ernst Freiherr von Weizsäcker.711 Guttenberg brachte Schlabrendorff in Verbindung mit Hassell, der sich am 4. Oktober notierte:

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Vor einigen Tagen erschien ein Reserveleutnant Sch[labrendorff], sonst Rechtsanwalt, der von seinen Auftraggebern geschickt war, um herauszufinden, ob es in der Heimat brauchbare Kristallisationspunkte gebe, und der diesen versichern sollte, »man« sei dort zu allem bereit. Zu mir kam er durch Burgers [Guttenbergs] Vermittlung, um sich außenpolitisch zu unterrichten. Sehr vernünftiger Mann, aus dessen Ausführungen aber doch hervorging, wie naiv die Josephs [Generale] an diese Fragen herangehen. Unter anderem stellte er mir die Frage, ob Garantie bestände, daß England nach einer Systemänderung alsbald Frieden machen würde. Ich sagte ihm, solche Garantie gebe es nicht und könnte es nicht geben. Wäre das anders, so könnte jeder Schusterjunge einen Umsturz machen. Garantieren könnte ich ihm etwas anderes: 1) daß, wenn England und Amerika nicht gradezu [sic] am Boden lägen, Hitler keinen Frieden bekommen würde. 2) Daß ein anständiges Deutschland immerhin eine sehr erhebliche Chance hätte, Frieden, und zwar einen brauchbaren, zu erzielen. – Im übrigen sei eine Systemänderung unsere Sache, eine Frage, die wir allein zu entscheiden hätten, nicht unsere Gegner. Das schien er einzusehen. Ferner meinte er, wir müßten sofort nach dem Umschwung Frieden machen. Auch diese Illusion mußte ich ihm nehmen und ihm sagen, daß wir im Gegenteil die Fortsetzung des Krieges mit allen Mitteln proklamieren müßten, natürlich unter Betonung unserer Bereitschaft zu einem brauchbaren Frieden. Was außerdem auf anderen Wegen zu geschehen habe, sei eine andere Frage. Wir kamen überein, daß seine Auftraggeber nach erreichtem vorläufigem Abschluß der Angriffsoperationen in Rußland einen geeigneten »höheren« Mann zu weiterer Erörterung herschicken sollten. Der ganze Vorfall ist erfreulich, weil zum ersten Male eine Art Initiative von dort her vorzuliegen scheint. Ich mußte ihm aber klarmachen, daß es kein Mittel gibt, um die »Drecklinie« zu vermeiden, nämlich eine Periode, in der das enttäuschte Volk behaupten kann, Hitler sei um den »zum Greifen nahen Sieg« gebracht worden und die neuen Leute brächten den Frieden auch nicht. Es ist das alte Dilemma: wartet man, bis das Ausbleiben des Sieges aller Welt klar ist, hat man die Chance auf einen guten Frieden verloren. Die Erbschaft ist auf alle Fälle übel, aber in dem Falle ganz fürchterlich: nämlich eine Liquidation à la 1918, nachdem Ludendorff, als er militärisch am Ende war, nach Frieden geschrieen hatte.712

Aus dem ersten Satz geht hervor, wie sehr Tresckow auf eine rasche Aktion drängte: »Man« sei im Oberkommando der Heeresgruppe zu allem bereit. Im November begab sich Tresckow selbst als der »höhere Mann« nach Berlin.713 Wenn Tresckow bzw. Schlabrendorff den Oberbefehlshaber von Bock mit dem Wort »man« einbezogen, mussten sie das Projekt für realisierbar gehalten haben.714 Schlabrendorffs nach Hassells Auffassung unrealistische Fragen sprachen vom Drängen zur Tat, von der Qual, »befohlene Verbrechen und militärischen Wahnsinn« nicht hindern zu können, weswegen Tresckow, Hardenberg und Schlabrendorff Hitler stürzen müssten. Die Frage, wie die Kriegsgegner sich zu einem innerdeutschen Umsturz stellen würden und mit welchen Bedingungen eine Nach-Hitler-Regierung rechnen könnte, gehörte zu dem Arsenal,

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aus dem die Bock überzeugenden Argumente kommen sollten. Aber Hassell zog seine Schlüsse aus der Verbündung des Vereinigten Königreichs, der Sowjetunion (Beistandsvertrag vom 12. Juli 1941715) und nun der Vereinigten Staaten, also nach machtpolitischen Kriterien. Am 10. September 1941, nachdem mehrere »Friedensfühler« aus Deutschland die britische Regierung erreicht hatten, wiederholte Premierminister Churchill seine Anweisung vom 20. Januar des Jahres an Außenminister Eden, allen solchen Anfragen gegenüber »absolutes Schweigen« zu bewahren; denn »nichts könnte unsere Freunde in den Vereinigten Staaten mehr beunruhigen oder wäre gefährlicher gegenüber unserem neuen Verbündeten, Russland, als die Andeutung, dass wir uns mit solchen Gedanken befassten. Ich bin absolut gegen den geringsten Kontakt.« Churchill schloss einen »Frieden mit einem von der Armee kontrollierten Deutschland, wenn diese die Partei stürzte«, nicht aus, aber separate Verhandlungen ohne die Verbündeten kamen nicht infrage.716 Inzwischen schien sich die Situation in Deutschland doch zu verschieben. Hassell fand in Berlin im November 1941 »Enttäuschung« über die Rückschläge vor Moskau vor. Er konstatierte »immer stärkere Erkenntnis der sich in allen besetzten Gebieten entwickelnden unerträglichen Zustände«, »Angewidertheit aller anständigen Menschen über die schamlosen [Maßnahmen] im Osten gegen Juden und Gefangene, in Berlin und anderen Großstädten gegen harmlose, angesehene Juden«, »langsam zunehmende ›Disposition‹ bei der militärischen Führung, diese ganze schamlose Schweinerei nicht mehr mitzumachen«.717 Der 2. Generalstabsoffizier (Feindnachrichten und Abwehr) im Oberkommando der Heeresgruppe Mitte, der damalige Major i. G. Rudolf-Christoph Freiherr von Gersdorff, ließ am 9. Dezember 1941 in das Kriegstagebuch der Heeresgruppe eintragen: Bei allen längeren Gesprächen mit Offizieren wurde ich, ohne darauf hingedeutet zu haben, nach den Judenerschießungen gefragt. Ich habe den Eindruck gewonnen, daß die Erschießungen der Juden, der Gefangenen und auch der Kommissare fast allgemein im Offizierkorps abgelehnt wird [sic], die Erschießung der Kommissare vor allem auch deswegen, weil dadurch der Feindwiderstand besonders gestärkt wird. Die Erschießungen werden als eine Verletzung der Ehre der Deutschen Armee, in Sonderheit des Deutschen Offizierkorps, betrachtet. Je nach Temperament und Veranlagung der Betreffenden wurde in mehr oder weniger starker Form die Frage der Verantwortung hierfür zur Sprache gebracht. Es ist hierzu festzustellen, daß die vorhandenen Tatsachen in vollem Umfang bekannt geworden sind und daß im Offizierkorps der Front weit mehr darüber gesprochen wird, als anzunehmen war.718

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Goerdeler hatte die Reaktion der Bevölkerung auf die Judenverfolgung 1938 ähnlich beurteilt; die Einschätzung des skeptischen Hassell war 1941 überzeugender, wenn man sie neben den Tagebucheintragungen von Goebbels las, der im Oktober 1941 klagte: »Unsere intellektuellen und gesellschaftlichen Schichten haben plötzlich wieder ihr Humanitätsgefühl für die armen Juden entdeckt. Der deutsche Michel ist ihnen nicht auszutreiben.« 719 Aber Hassell täuschte sich, wenn er aus der »Disposition« Taten erwartete. Tresckows Initiative war gleichwohl ein entscheidender Schritt von der Opposition zum Hochverrat. Das Gespräch am Ufer der Beresina im August 1941 war »der Keim der Verschwörung in der Heeresgruppe Mitte«.720 Tresckow war im November in Berlin und Potsdam, er hatte sich krankgemeldet und lag in einem Berliner Lazarett, um seine Kontaktbemühungen fortzusetzen. Er rief seinen Freund Karl Silex an, Chefredakteur der Deutschen Allgemeinen Zeitung, damals eingezogen als Korvettenkapitän im Oberkommando der Marine.721 Tresckow sagte ihm, seit der am 18. Oktober zu Ende gegangenen Schlacht von Wiasma sei der Krieg verloren, Hitler sei wahnsinnig und müsse beseitigt werden; ob Silex einige Engländer nennen könne, zu denen »wir« Kontakt aufnehmen könnten. Silex meinte, er kenne wohl einige Namen, aber keinen Engländer, der etwas anderes als das Eingeständnis der deutschen Niederlage aus einem solchen Kontaktversuch herauslesen würde, die Engländer würden sich nur umso mehr auf das militärische Niederwerfen Deutschlands konzentrieren. Auf Tresckows Frage, was Silex als Offizier zu tun gedenke, kam die Antwort: »An dem Tage, an dem Ihr es geschafft habt, steht Euch die Deutsche Allgemeine Zeitung zur Verfügung.« Tresckow sagte: »Genau so schlapp, wie Kluge, Rundstedt und Manstein. Jeder will erst mitmachen, wenn die Sache sicher ist.« 722 – Zu den Feiertagen um Weihnachten war Tresckow dann bis zum 3. oder 4. Januar 1942 noch einmal zu Hause.723 In dem skizzierten Umfeld der Kriegsgeschehnisse und Ansätze zur Umsturzverschwörung schrieb Goerdeler seine Denkschrift »Das Ziel«. Bedeutung und Verständnis des Inhalts hängen von der damit verfolgten Absicht und von der intendierten Leserschaft ab.724 Die Einträge im Tagebuch von Hauptmann d. R. Hermann Kaiser dokumentieren Goerdelers damals häufige Besuche bei Generaloberst Beck und Kaiser. Am 11. September war bei Kaiser die Rede von schweren Auseinandersetzungen zwischen Generalfeldmarschall von ­Brauchitsch und Hitler und zwischen Göring und Hitler, ferner davon, dass Göring den Krieg verloren gebe und meine, wenn Deutschland vor einer Katastrophe bewahrt werden solle, müsse ein sofortiger Verständigungsfriede gesucht werden. Goerdeler sprach sich für Friedensgespräche aus und glaubte

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auch, ein Friedensschluss sei noch mit den Grenzen von 1914 möglich.725 Denkschriften, wie »Stand von Wirtschaft und Verwaltung« vom September 1940, wo »die unmenschlichen Verbrechen« im Osten erwähnt waren, oder »Das Ziel« waren für die Mitverschwörer bestimmt, vor allen Generaloberst Beck, der übrigens wie auch Hauptmann Kaiser an der Formulierung mitarbeitete.726 Am 1. November 1941 notierte Hassell: Zahlreiche Unterhaltungen mit Geißler [Popitz]; einige Male zusammen mit Nordmann [Nationalökonom Jens Peter Jessen], je einmal mit Forster [Beck? Halder?727] und Pfaff [Goerdeler]. Zu vieren (Geißler, Nordmann, Pfaff und ich) wurde endlich einmal die ganze Lage im »Falle des Falles« durchgesprochen. Pfaff [Goerdeler] war relativ umgänglich, hielt aber offensichtlich etwas hinter dem Berge, so daß man den Eindruck hatte, er werde unter Umständen doch einen Sonderkurs einzuschlagen suchen.728

Die »ganze Lage« umfasste die erwähnten Rückschläge an der Ostfront; die »immer stärkere Erkenntnis der sich in allen besetzten Gebieten entwickelnden unerträglichen Zustände«.729 Auf Yorcks »Aufforderung« ging Hassell, wie er am 21. Dezember 1941 notierte, »vor einigen Tagen« noch einmal zu Yorck, einem nahen Freund Moltkes. Bei Yorck in der Hortensienstraße traf Hassell Moltke, Trott und Guttenberg an. Diese vier, angeführt von Trott, bearbeiteten ihn »mit wilder Passion«.730 Gegen Ende Dezember musste Hassell freilich feststellen: »Die Aussicht, im Innern und international zu einem Ende des verbrecherischen Wahnsinns zu kommen, wird immer geringer.« Die Inhaber der militärischen Macht jedenfalls tuen nichts dafür.731 Am 21. Dezember notierte Hassell über Gespräche, die in der Denkschrift »Das Ziel« entwickelte Gedanken betrafen: Am meisten während der letzten Wochen beschäftigt und beunruhigt haben mich zahlreiche Gespräche über die Grundfragen eines Systemwechsels, sehr oft mit Geißler [Popitz], mehrfach mit ihm, Pfaff [Goerdeler], Geibel [Beck], einmal auch Otto [Planck] und einmal Nordmann [J­essen]. Eine Hauptschwierigkeit liegt immer in dem sanguinischen, die Dinge im gewünschten Lichte sehenden und in mancher Weise wirklich »reaktionären« Pfaff [Goerdeler], der sonst glänzende Eigenschaften hat. Trotzdem waren wir schließlich in den Hauptpunkten einig. Auch darin, daß trotz aller Bedenken gegen die Person, Schmidt junior [Kronprinz Wilhelm] nach vorn müsse. Auch Geibel [Beck] hatte sich, obschon aus der Vergangenheit genauer Kenner, einverstanden erklärt. Bei Geibel [Beck] liegt die Schwierigkeit darin, daß er sehr Mann des Studierzimmers ist: wie Geißler [Popitz] sagt: viel Takt(ik), wenig Wille, während Pfaff [Goerdeler] viel Willen, aber keinen Takt(ik) habe. Geißler [Popitz] selbst zeigt oft eine leicht professorale Art, das etwas starre Konstruieren des Verwaltungsfachmannes. Immerhin: alle drei famose Leute.732

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Hassell hatte »immer etwas das Bedenken, daß wir zu wenig Kontakt mit jüngeren Kreisen hätten«, doch als der Kontakt zustande kam, »haben sich nun neue große Schwierigkeiten gezeigt«. In einem langen Gespräch mit Trott sprach dieser leidenschaftlich dafür, »nach innen und außen jeden Anstrich von ›Reaktion‹, ›Herrenclub‹, Militarismus zu vermeiden«; Trott wolle, obwohl er Monarchist sei, »keinesfalls jetzt Monarchie«, sonst würde »jedes Echo im Volk fehlen, im Auslande kein Vertrauen erworben werden und ein Zusammensturz des neuen Regimes unvermeidlich sein«. Trott äußerte den Gedanken, »als stärksten Exponenten des Antihitlerismus einerseits, volkstümlicher und bei den Angelsachsen Echo findender Reform andererseits [Niemöller] zum Reichskanzler zu machen«; ähnlich sprachen sich Popitz und Yorck aus.733 Dabei mochte der Gedanke, die Übergangsregierung werde nur ein Liquida­ tionsausschuss sein, eine Rolle gespielt haben. Zwischen Goerdeler und Beck auf der einen und Moltke und dessen Anhängern auf der anderen Seite gab es Rivalität und Spannungen aufgrund der verschiedenen Altersstufen und Erfahrungen. Die Gegensätze gingen aber tiefer. Moltke arbeitete seit 1940, wie Goerdeler, an den konstitutionellen und außenpolitischen Grundlagen für den Nach-Hitler-Staat. Ein Entwurf Moltkes über »Ausgangslage, Ziele und Aufgaben« des zu schaffenden Staates ist vom 24. April 1941 datiert.734 Moltke setzte sich und seinen Mitarbeitern idealistische Ziele: a) Das Ende der Machtpolitik. b) Das Ende des Nationalismus. c) Das Ende des Rassegedankens. d) Das Ende der Gewalt des Staates über den Einzelnen.735

Machtausdehnung, so Moltke, bringe keinen Frieden; Nationalismus sei schon jetzt in Deutschland und Frankreich nicht mehr zugkräftig; wie Goerdeler erklärte er, »der Rassegedanke ist absurd, wenn das angeblich die Rasse schützende und hochhaltende Land sich mit den ausgesprochenen Rassefeinden verbindet«. Die Ablehnung des Rassegedankens fehlt in späteren Entwürfen Moltkes bis zum letzten Entwurf für die Neuordnung vom 9. August 1943, wo es dann wieder heißt: »Das Recht auf Arbeit und Eigentum steht ohne Ansehen der Rassen-, Volks- und Glaubenszugehörigkeit unter öffentlichem Schutz.« 736 Moltke zog im September 1941 zur selben Zeit wie Tresckow Erkundigungen ein, in umgekehrter Richtung, indem er Kontakt beim Militär suchte. Er fragte Hans Christoph Schenk Freiherr von Stauffenberg, der in seinem Amt im Oberkommando der Wehrmacht arbeitete: »Sie haben doch einen Vetter im

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Führerhauptquartier. Wäre mit dem nichts zu machen?« Er meinte Major i. G. Claus Schenk Graf von Stauffenberg in der Organisationsabteilung des Generalstabs des Heeres. Über Claus Graf Stauffenbergs älteren Bruder Berthold, der als Marineoberstabsrichter im Oberkommando der Marine Kriegsdienst leistete, kam die Antwort: »Ich habe mit Claus gesprochen. Er sagt, zuerst müssen wir den Krieg gewinnen. Während des Krieges darf man sowas nicht machen, vor allem nicht während eines Krieges gegen die Bolschewisten. Aber dann, wenn wir nach Hause kommen, werden wir mit der braunen Pest aufräumen.« 737 Moltke sammelte um sich systematisch Mitarbeiter aus den Kirchen, den Gewerkschaften, dem Auswärtigen Amt, der Verwaltung und auch aus dem Militär. Am 15. November 1941 versuchte er, General der Artillerie Max ­Föhrenbach, den Stellvertretenden Kommandierenden General des II. Armee-Korps und Befehlshaber im Wehrkreis II (Stettin) für seine Pläne zu gewinnen, vergebens. Dann traf er sich mit Sonderführer Hans von Dohnanyi, um sich auf einen Besuch bei Generaloberst Beck vorzubereiten, ferner auf eine Zusammenkunft mit Generaloberst Halder und auf ein weiteres Gespräch mit F ­ öhrenbach und 738 Beck am 18. Dezember. Aus einem Brief Moltkes vom 8. Februar 1942 an seine Frau Freya geht hervor, dass er den Sturz Hitlers initiieren wollte: Vor Weihnachten habe man ihm gesagt, es sei zu früh, und jetzt höre er, es sei zu spät. »Es ist traurig zu sehen, wie recht Peter [Graf Yorck] und ich in unserer Diagnose hatten, dass der 18. Dezember 1941 der ›richtige‹ Tag war.« Der 18. Dezember war der Tag nach Brauchitschs Rücktritt und vor Hitlers Übernahme des unmittelbaren Oberbefehls über das Heer. Hassell meinte wie Moltke und Yorck, ein wichtiger Zeitpunkt sei verpasst worden. Goerdeler warb seinerseits um Unterstützung für seine Entwürfe. Mit einigem Recht sah er sich als den erfahrensten und hochrangigsten Politiker in der Verschwörung an. Er las dem sozialdemokratischen Gewerkschaftführer ­Wilhelm Leuschner, mit dem er seit Mai 1933 in Verbindung war und der im Lauf der beiden folgenden Jahre zu Moltkes Ärger zur Goerdeler-Gruppe wechselte, nach Neujahr 1942 den ersten Teil seiner Denkschrift »Das Ziel« vor.739 Dem Freiburger Historiker Gerhard Ritter, der mit Goerdeler und Constantin von Dietze im Widerstand zum »Freiburger Kreis« gehörte, übergab Goerdeler ein Exemplar der Denkschrift, wie Ritter auf dem Deckblatt notierte: »Mir von Dr. Goerdeler persönlich gegeben für Eigengebrauch, insbes. nach Kriegsende.« 740 In Paris mühten sich Hauptmann Reinhard Brink und Hauptmann Ulrich Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld im Stab des Oberbefehlshabers West, Generalfeldmarschall Erwin von Witzleben, diesen zum »Handeln« zu bewegen – und zwar auf der Grundlage, dass jeglicher Aufstandversuch

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hoffnungslos sei, solange Hitler am Leben bliebe. Witzleben sträubte sich, die Wiederherstellung des Rechtsstaates mit einer so ungesetzlichen Handlung wie der Ermordung des Staatsoberhaupts und Obersten Befehlshabers der Wehrmacht zu beginnen. Man bedeutete ihm, andere werden ihm diese Sorge abnehmen, es gebe Pläne. Brink selbst sowie Major i. G. Alexander von Voss, Rittmeister d. R. Alfred Graf von Waldersee, General Ernst Schaumburg und Hauptmann Graf Schwerin planten, Hitler umzubringen, wenn er eines der Hauptquartiere in Frankreich aufsuchte.741 Witzleben, obwohl vorgewarnt, sagte einem anderen Hitler-Gegner, Oberstleutnant i. G. Helmuth Groscurth, falls der Chef des Generalstabs, Generaloberst Halder, einen Putsch befürworte, werde man versuchen, Hitler zu einer großen Parade im Westen einzuladen.742 Witzleben schickte Voss an die Ostfront, um dort etwaige Putsch-Bereitschaft zu ermitteln, aber Voss kam nur bis zum Hauptquartier des Generalstabs in »Mauerwald« bei Lötzen, wo er am 25. Januar 1942 mit Halder sprach. Halder befand, die Lage im Osten verspreche noch Erfolg und schloss seine Beteiligung an einem Putsch aus, Hitler dürfe nichts zustoßen, er sei der einzige, der die Wehrmacht und die Nation noch einig und stark halten könne. Voss kehrte nach Paris zurück und berichtete Witzleben am 31. Januar. Dieser hatte inzwischen eine Lungenentzündung, musste operiert werden und konnte an den Putschplänen nicht mehr teilnehmen.743 Hassell reiste am 16. Januar 1942 nach Brüssel zu einem Gespräch mit ­Falkenhausen und nach Paris, um dort vor den Offizieren der Stäbe Witzlebens und General Joachim von Stülpnagels, des Militärbefehlshabers Frankreich, über »Lebensraum und Imperialismus« zu sprechen.744 Beck und Goerdeler wollten den Umsturz durch einen separaten Waffenstillstand in Frankreich und Belgien eingeleitet sehen; Falkenhausen und Witzleben hielten das für utopisch.745 Zwar versicherte Tresckow, er hoffe Generalfeldmarschall von Bock mitzureißen.746 Aber ein brauchbarer Zusammenhang zwischen Westgebiet und Ostfront ließ sich nicht herstellen, und dies hemmte die Aufstandsplanung. Die Bemühungen der Verschwörer an den Fronten und in der Heimat gingen weiter, blieben jedoch 1942 ergebnislos. Hassell sah Beck und seinen Umkreis als wenig handlungsfähig an, fand vielmehr, dass »alles stark auseinanderläuft«.747 Nach weiteren Gesprächen mit Beck, Popitz und Goerdeler in Jessens Wohnung notierte Hassell am 28. März: »Wenig Aussichten. Geibel [Beck] als Zentrale konstituiert. Es sieht so aus, als wenn Scherz [Witzleben] seine Stellung verliert.« Witzleben trat mit Wirkung vom 15. März 1942 in den Ruhestand.748 Tresckow experimentierte inzwischen mit Sprengstoff, um das zu einem Attentat geeignete Material zu ermitteln, Stauffenberg versuchte, auf Reisen

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an die Front im Sommer 1942 die Armee-Oberbefehlshaber für den Umsturz zu gewinnen, mit dem Argument, dass Hitlers Führung Verrat an den Soldaten sei und ganz Deutschland ins Verderben reiße, und mit dem Hinweis auf die Massenmorde an Kriegsgefangenen und Juden. Auch Goerdeler war weitgehend über die »unmenschlichen Verbrechen« unterrichtet, die an den Juden bis Ende 1941 und weiterhin begangen wurden.749 Seit Anfang 1940 wurden Juden aus Wien und Prag in das »Generalgouvernement«, den deutsch besetzten Teil Polens, der von Deutschland nicht annektiert war, deportiert. Die ersten 6.500 deutschen Juden, die aus dem (Alt-)Reichsgebiet deportiert wurden, kamen im Oktober 1940 aus Baden und aus dem Saarland nach Gurs im unbesetzten Frankreich. Zur gleichen Zeit verfolgte man auch noch Siedlungspläne für Madagaskar.750 Größere Deportationen begannen im Herbst 1941, zuerst aus dem »Protektorat Böhmen und Mähren« und kurz darauf im Oktober und November aus Deutschland und dann aus mit Deutschland verbündeten bzw. deutsch besetzten Ländern – Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Norwegen, Dänemark, den Niederlanden, Belgien, Luxemburg, Frankreich, Italien und dem Balkan; die Deportationen dauerten bis Ende 1944 an. Die Juden kamen in Ghettos, Vernichtungslager, Gaswagen oder wurden ohne Zwischenlager erschossen.751 Die fünf zur massenmäßigen Ermordung von Juden, Sinti, Roma, politischen Gefangenen und Kriegsgefangenen bestimmten Lager, Chelmno (Kulm, Westpreußen), Belzec (Polen), Sobibor (Ukraine), Treblinka (Polen) und Auschwitz (deutsch annektiert) funktionierten von Anfang Oktober 1941 an.752 Goerdeler wusste genug über »die unmenschlichen Verbrechen«, die im Osten begangen wurden, um das Los der deportierten Juden einzuschätzen.753 Und der Propagandaminister und Gauleiter von Berlin, Joseph Goebbels, wusste auch, was in der Bevölkerung bekannt war. Am 12. Dezember 1941 notierte Goebbels, in denselben Tagen, als G ­ ersdorff die von ihm festgestellte Empörung der Offiziere über die Massenmorde in das Kriegstagebuch hatte eintragen lassen, »jetzt haben Offiziere, die aus ihrem Innern heraus gegen die SS eingestellt sind, die beste Möglichkeit, für diesen Standpunkt auch ihre Soldaten zu gewinnen«.754 Am Nachmittag des 12. Dezember 1941 erinnerte Hitler in der Reichskanzlei die Gauleiter an seine Prophezeiung, die Juden würden vernichtet, wenn sie noch einmal einen Weltkrieg entfesselten. Der Weltkrieg sei nun da, »die Vernichtung des Judentums muß die notwendige Folge sein«; und: »Wenn das deutsche Volk jetzt wieder im Ostfeldzug an die 160.000 Tote geopfert hat, so werden die Urheber dieses blutigen Konflikts dafür mit ihrem Leben bezahlen müssen.« Weiter zeichnete Goebbels auf, Hitler »erklärt ganz unumwunden, daß

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wir schon deshalb siegen müssen, weil wir sonst als Einzelpersonen und als Nation liquidiert würden«.755 In diesen Wochen erschien die »Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz« vom 25. November 1941. Danach verloren Juden ihre deutsche Staatsangehörigkeit, wenn sie beim Inkrafttreten der Verordnung oder danach ihren »gewöhnlichen Aufenthalt« im Ausland hatten oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegten. »Der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland ist dann gegeben, wenn sich ein Jude im Ausland unter Umständen aufhält, die erkennen lassen, daß er dort nicht nur vorübergehend verweilt.« Die Verordnung vereinfachte auch die Enteignung der Juden: (1) Das Vermögen des Juden, der die deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund dieser Verordnung verliert, verfällt mit dem Verlust der Staatsangehörigkeit dem Reich. Dem Reich verfällt ferner das Vermögen der Juden, die bei dem Inkrafttreten dieser Verordnung staatenlos sind und zuletzt die deutsche Staatsangehörigkeit besessen haben, wenn sie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland haben oder nehmen. (2) Das verfallene Vermögen soll zur Förderung aller mit der Lösung der Judenfrage im Zusammenhang stehenden Zwecke dienen.756

Der Zynismus der Verordnung ist nicht zu überbieten. Ein Jude, der in diesen Tagen aus Deutschland in das besetzte Lettland, Litauen oder Polen oder in eines der Vernichtungslager deportiert wurde, verlegte seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland unter Umständen, »die erkennen lassen, daß er dort nicht nur vorübergehend verweilt«, nämlich nicht zurückkommt. Auschwitz, auf damals deutschem Boden, war die Ausnahme, dort behielten deutsche Juden ihre Staatsangehörigkeit. Hassell registrierte zu den Judenvertreibungen in Berlin, es seien ein Pour le mérite-Ritter, mehrere Hohenzollern-Ritter und zahlreiche Eiserne Kreuz-Inhaber dabei! Fürchterliche Szenen haben sich nachts in den Häusern abgespielt. Die Bevölkerung war teilweise so angewidert, daß man Flugblätter verteilt hat: die Juden seien eben an allem schuld; wer Mitleid habe, begehe Volksverrat.

Man habe »die Juden gezwungen zu unterschreiben, daß sie freiwillig die Wohnung geräumt (nachts um 2 durch Polizei!!), sich an kommunistischen Umtrieben beteiligt hätten und ihr Vermögen dem Staat übertrügen«. 757 Am 25. und 29. November 1941 wurden rund 6.000 deutsche Juden aus Breslau, München, Frankfurt am Main, Wien und Berlin in Kowno und bei Riga in Litauen erschossen, am 30. November 1941 wurden zusammen mit etwa 24.000

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litauischen Juden aus dem Ghetto in Riga auch 1.000 deutsche Juden bei Riga erschossen. In den Monaten seit dem Angriff auf die Sowjetunion ermordeten SS -Truppen und Polizeiabteilungen, in »Einsatzgruppen« und »Einsatzkommandos« organisiert, Hunderttausende jüdischer Männer, Frauen und Kinder.758 Deportationen der Juden aus Frankreich hatten auch schon im Juli 1941 begonnen. Goerdeler erhielt immer wieder Mitteilungen von Zeugen von der Front und aus den besetzten Gebieten und äußerte sich in den Jahren vor dem 20. Juli 1944 wiederholt zur Ermordung der Juden.759 Im September 1940 hatte er in seiner Denkschrift »Stand von Wirtschaft und Verwaltung« über die eroberten Ostgebiete geschrieben: »Welche Zustände dort herrschen, ist bekannt. Die unmenschlichen Verbrechen, die dort begangen werden, müssen und werden die deutsche Ehre für lange Zeit furchtbar belasten.« 760 Im November 1940 schrieb er unter dem Titel »Die Zeit«, der moralische Zustand Deutschlands sei dem Volk durch nichts »so offenbar geworden wie durch die Tötung der sogenannten unheilbar Geisteskranken« und dadurch, »daß die Wehrmacht Verbrechen und Unmoral nicht nur duldet, sondern wenn selbst Offiziere der Zügellosigkeit in den besetzten Gebieten obliegen«.761 Immer wieder, so in der Denkschrift »Gesamtlage«, bestand Goerdeler auf der »Wiederherstellung von Recht und Moral« als entscheidende Voraussetzung für einen Frieden, der für Deutschland annehmbar wäre.762 In »Das Ziel« schrieb er 1941/42, es sei »ein Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland großgezogen, das wir vor unserem Gewissen und der Geschichte nicht verantworten können«.763 In seiner Aufzeichnung über die neue Deportation der Juden aus Leipzig am 19. und 27. Januar 1942, bei minus 15 bis 20 Grad Kälte, beschrieb Goerdeler, »mit welcher unmenschlichen Grausamkeit hier vorgegangen wird«, und fuhr fort: »Aber Grauen erfüllt die Seele, wenn man die Herzen der Väter und Mütter sich vergegenwärtigt, ihre Kinder vor ihren Augen erfrieren und verhungern zu sehen.« Bei Freunden Goerdelers »erschienen Angehörige eines Exekutionskommandos und erklärten, sie würden sich krank melden, sie könnten so etwas in Zukunft nicht mitmachen«. Und: »In bewußter Unmenschlichkeit und in Anhäufung ist aus der ganzen bisherigen Geschichte der Menschheit nichts ähnliches bekannt geworden.« 764 In einem Brief an Generalfeldmarschall von Kluge vom 25. Juli 1943 schrieb er: »Vor einer Woche vernahm ich den Bericht eines 18½ jährigen SS-Soldaten, der früher ein ordentlicher Junge war, jetzt mit Gelassenheit erzählte, daß es ›nicht gerade sehr schön wäre, Gräben mit Tausenden von Juden angefüllt mit dem Maschinengewehr abzusägen und dann Erde auf die noch zuckenden Körper zu werfen!‹« 765 In seiner für den Umsturz vorbereiteten »Regierungserklärung«, deren

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Entwürfe wenigstens in das Jahr 1943 zurückreichen, formulierte G ­ oerdeler: »Die Judenverfolgung, die sich in den unmenschlichsten und unbarmherzigsten, tief beschämenden und gar nicht wiedergutzumachenden Formen vollzogen hat, ist sofort eingestellt.« 766 In einer im April 1944 abgeschlossenen Denkschrift Goerdelers, die unter dem Titel »Der Weg« bekannt ist, verweist er auf »die Ungeheuerlichkeit der planmäßig und bestialisch vollzogenen Ausrottung der Juden«, und ein paar Seiten weiter heißt es: »Man hat nicht nur auf die gleiche bestialische Weise wie vorher die deutschen und russischen Juden ausgerottet, man ist auch gegen die russische Bevölkerung selbst mit brutalster Rücksichtslosigkeit, mit Ausplünderung, mit Terror, mit Zwangseinziehung zur Arbeit in Deutschland vorgegangen.« 767 Goerdeler hatte auch Zusammenkünfte mit dem vom Reichsministerium des Innern 1939 eingesetzten Vorsitzenden der »Reichsvereinigung der Juden in Deutschland«, Leo Baeck. Die Reichsvereinigung stand seit September 1939 unter der Kontrolle des Reichssicherheitshauptamts bzw. der Gestapo.768 Aus neuerdings aufgefundenen Dokumenten geht hervor, dass die Gestapo Leo Baeck am 5. März 1942 anwies, mit anderen Gelehrten zusammen »ein Gutachten« bzw. eine »Darstellung der Geschichte der Juden in Europa bis zum Ende des 18. Jahrhunderts« zu erarbeiten. Die vierte Lieferung des insgesamt über 1.600 Seiten langen Manuskripts ging am 2. Oktober 1942 der Gestapo zu.769 Nach dem Krieg sprach Baeck nie davon, dass die Gestapo diese Arbeit von ihm verlangt habe. Soviel er im März 1942 wusste, mochte die Arbeit ihm seine Existenz als Führer der deutschen Juden um ein paar Monate verlängern. Angesichts des Umfangs des Manuskripts und Baecks Kontakten mit Robert Bosch sowie Carl Goerdeler erscheint seine eigene Erinnerung plausibel, dass er schon 1938 mit der Arbeit begonnen habe. Baeck erinnerte sich im August 1955, er sei von Personen, die zum deutschen Widerstand gehörten, durch die Vermittlung eines mit Goerdeler und dessen verschwörerischen Tätigkeiten verbundenen Geschäftsführers von Robert Bosch (Hans Walz) aufgefordert worden, ein Buch über die Entwicklung des Status der Juden in Europa zu schreiben.770 Baeck erinnerte sich auch, sein »Industrie-Kontakt« in Stuttgart habe ihn gebeten, für die Zeit nach dem Umsturz ein »Manifest an das deutsche Volk« zu verfassen.771 Ein weiterer Beleg für Leo Baecks Kontakte zum deutschen Widerstand ist ein Gespräch Baecks mit A. P. Young in Oxford im Sommer 1946. Baeck sagte, er habe Goerdeler in der ersten Zeit des Krieges oft in Berlin gesehen und habe auch an Treffen des Widerstands teilgenommen.772 Goerdeler und andere Verschwörer wollten demnach den führenden Repräsentanten der deutschen Juden in ihren Kreis einbeziehen. Da Baeck seiner

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Erinnerung zufolge damals schon mit der Arbeit über die »Rechtsstellung der Juden in Europa« beschäftigt war, ist es wahrscheinlich, dass er auch mit Goerdeler darüber sprach.773 In seiner Arbeit stützte sich Baeck auf dieselben Prinzipien, die die Passage über den Status der Juden in der Welt in Goerdelers Denkschrift »Das Ziel« bestimmen und die Goerdeler im Gefängnis im Januar 1945 als die Hauptmotive für seine Teilnahme an der Verschwörung gegen H ­ itler bezeichnete.774 In einem Brief vom 4. Januar 1955 an Baurat Albrecht Fischer, Wirtschaftsberater bei Bosch, schrieb Leo Baeck: Wenn die Dekaden unserer Zeit ihr Maß gewonnen haben, werden er [Carl Goerdeler] und die Männer die sich mit ihm verbanden als die Großen in ihrem [Land?] dastehen und das, wofür sie ihr Leben gegeben haben, wird in seiner ganzen dramatischen Größe erkannt werden. Viel hängt für Deutschland davon ab, daß dies mit ganzer Dankbarkeit anerkannt wird.775

18 |  STATUS DER JUDEN Jahrelange Versuche Goerdelers, die Politik der Reichsregierung gegen die Juden zu ändern, waren fruchtlos geblieben. Erfolglos waren seine Bemühungen, die britische Regierung zur Unterstützung der deutschen Umsturzpartei zu bewegen oder wenigstens dazu, dass sie auf die Reichsregierung Druck ausübte, um den Juden bessere Bedingungen für die Auswanderung zu gewähren. Misslungen waren die bisherigen Verschwörungen gegen Hitler. Demgegenüber erlebte Hitler bis etwa Ende Oktober 1941 eine fast ununterbrochene Reihe glänzender Erfolge. Das alles war für die Verschwörer entmutigend, befestigte aber auch die Einsicht, dass der militärische Arm zur Beseitigung der Hitler-Regierung unentbehrlich war und dass diese Unterstützung ausbleiben würde, solange Hitler Erfolge hatte. Doch gegen Ende 1941, nach dem katastrophalen Misserfolg des Russlandfeldzuges und dem Kriegseintritt Amerikas, erschien die Lage für das Regime desperat und aussichtsreich für die Verschwörer. Deutschland, Italien und Japan standen gegen das britische Weltreich, die Sowjetunion, die Vereinigten Staaten von Amerika. Weder Deutschland noch Japan konnten mit den territorialen und demographischen, materiellen, wirtschaftlichen und finanziellen Hilfsmitteln ihrer Gegner konkurrieren, von Italien zu schweigen. Hitlers Versuch, die Vereinigten Staaten dadurch aus dem Krieg herauszuhalten, dass er Provokationen vermied und die deutschen und »europäischen« Juden (nicht die polnischen, ukrainischen, russischen) zunächst überwiegend von der Vernichtung ausnahm und als Geiseln benützte, war misslungen. H ­ itler erkannte die Gefahr ebenso wie Goebbels, der seinem Tagebuch die Sorge um das persönliche Überleben im Falle der Niederlage anvertraute.776 In diesen Wochen verfasste Goerdeler seine 99 Seiten lange Denkschrift »Das Ziel«, die als Grundlegung für einen auf das Hitler-Regime folgenden Staat dienen sollte. Die Zeit der Abfassung der Denkschrift ist intern und extern belegt. G ­ oerdeler erwähnt zweimal den Angriff gegen die Sowjetunion (22. Juni 1941) als Tatsache.777 Ferner nennt er einen Abschnitt »Die Totalität der Politik« und spricht von dieser Politik als im Gegensatz stehend zu Ludendorffs Doktrin vom Totalen Krieg. Generaloberst Beck hielt über »Die Lehre vom totalen Krieg (eine kritische Auseinandersetzung)« am 17. Juni 1942 einen Vortrag, als in seinem Haus die »Mittwochs-Gesellschaft« tagte, was dafür spricht, dass Beck und Goerdeler sich in den Monaten davor über das Thema austauschten. Nach Neujahr 1942 las Goerdeler Leuschner einen Teil der Denkschrift vor.778 Die Schlüssel-Passage zur »Jüdischen Frage« in »Das Ziel« lautet:779

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11. Eine Neuordnung der Stellung der Juden erscheint in der ganzen Welt erforderlich; denn überall sind Bewegungen im Gange, die sich ohne organische Ordnung nicht aufhalten lassen und die ohne eine solche Ordnung nur zu Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten und mindestens zur unbefriedigenden Unordnung führen. Daß das jüdische Volk einer anderen Rasse angehört, ist eine Binsenweisheit. Im jüdischen Volke selbst sind die Meinungen geteilt, ob es eine staat­ liche Selbständigkeit erstreben soll oder nicht. Die Zionisten haben schon seit jeher einen eigenen jüdischen Staat verlangt und vorbereitet. Eine bedeutende Rolle haben sie bis 1933 nicht gespielt. Zur Ruhe wird die Welt aber doch nur kommen, wenn das jüdische Volk eine wirklich ausnützbare Möglichkeit erhält, einen eigenen Staat zu gründen und zu erhalten. Ein solches Gebiet läßt sich auf jeden Fall unter durchaus lebenswerten Umständen entweder in Teilen Canadas oder Südamerikas finden. Ist diese Frage durch Zusammenwirken der Mächte gelöst, so ergibt sich für die deutschen Verhältnisse folgende natürliche Regelung: Der Jude ist Staatsbürger seines jüdischen Staates, er hat, wie jeder andere Fremdbürger in Deutschland, nach den für jeden anderen geltenden Gesetzen das Recht der gewerblichen Betätigung.780 Dagegen scheidet, wie für jeden Engländer, Franzosen usw. aus, öffentlicher Beamter zu werden, in die Volksvertretungen zu wählen oder gewählt zu werden. Auf der anderen Seite genießt er genau die gleichen Rechte wie jeder andere Ausländer, der in Deutschland wohnt und Vermögen hat oder nicht. Was die sogenannten Nürnberger Rassegesetze betrifft, so erledigen sie sich durch diese Regelung auch vollkommen. Die Frage der Rassenvermischung muß stets dem gesunden Sinn des Volkes überlassen bleiben. Eine Ehe zwischen einem Juden und einer Nichtjüdin zwingt diese, der Staatsangehörigkeit des Mannes zu folgen, wie wenn sie Französin oder Engländerin werden wollte! Auch umgekehrt tritt diese Rechtsfolge ein, aber nur wenn die Ehe vor den Nürnberger Gesetzen geschlossen war;781 andernfalls erhalten erst die Enkel deutsche Staatsangehörigkeit. Keine Regel ohne Ausnahme! Deutsche Staatsangehörige sind 782 Juden a) die als deutsche Soldaten am Kriege teilgenommen haben und ihre direkten Nachkommen, b) die oder deren direkte Vorfahren am 1.7.1871 deutsche Reichsangehörigkeit besaßen und ihre direkten Nachkommen, c) die am 1.8.1914 die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und christlichen Religionsgemeinschaften angehörten und noch angehören, sowie ihre direkten Nachkommen, d) Abkömmlinge einer Mischehe, die vor dem 1.2.1933 geschlossen ist, sofern sie einer christ­ lichen Religionsgemeinschaft angehören. In den vergangenen Jahren ist zweifellos ein Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland groß gezogen, das wir vor unserem Gewissen und der Geschichte nicht verantworten können. Hier werden die Möglichkeiten einer Neuordnung erst dann geprüft und gelöst werden können, wenn der ganze Umfang des Geschehens feststeht. Es wird sich dann ergeben, daß wir im Hinblick auf unsere Stellung in der Welt und auf unser eigenes Gewissen aus

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eigenem Antrieb den Weg zur Heilung beschreiten müssen. Neben der Verfolgung dieses Zieles müssen diejenigen Sofortmaßnahmen ergriffen werden, die aus außenpolitischen Gründen zur Entgiftung der öffentlichen Meinung notwendig, zur Wiederherstellung der deutschen Selbstachtung unerläßlich und aus klaren [sic] und uns vollkommen bewußtem Gerechtigkeitsgefühl geboten sind: a) die Beschränkungen der Juden auf dem Gebiete des Ernährungs-, des Wohnungs- und des Fernsprechwesens, der kulturellen Betätigung, der Gesundheitspflege, der Namensgestaltung 783 sind aufzuheben; b) die Ghettos in den besetzten Gebieten sind menschenwürdig zu gestalten; über ihr weiteres Schicksal bestimmen die zuständigen einheimischen Behörden mit Genehmigung der Militärgouverneure, da z. B. die Polen zu der Frage anders stehen wie die Holländer.784

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19 |  ANALYSE: BEGRIFFE In § 133 des Bürgerlichen Gesetzbuches steht: »Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.« 785 Das ist bei der Lektüre und Auslegung von Goerdelers Entwurf für den Status der Juden in der Welt zu bedenken. Am 1. Juli 1940, unmittelbar nach dem Sieg über Frankreich, verfasste ­Goerdeler eine Denkschrift über den »moralischen Zustand« Deutschlands, in der er den von der Reichsregierung heraufgeführten Krieg und Sieg beklagte; von einem ehren- und glückhaften Frieden, den Clausewitz zum Ziel großer Staatsmänner und Heerführer erklärt habe, sei Deutschland weiter entfernt denn je. »Denn dieser Krieg dient nicht einem planmäßigen Aufbau, sondern phantastischen, zum letzten Mal in der Zeit Napoleons gehegten Plänen.« Und darüber hinaus: Die Pläne gewaltsamer Umsiedlungen in Polen, Norwegen, Elsaß-Lothringen und Nordfrankreich sind bekannt. Das Vorhaben, im mageren industrielosen Ostpolen eine Bevölkerungsdichte zu schaffen, die der Belgiens entspricht, was also langsamen Hungertod bedeutet, die Polen durch eine auf das 7. bis 12. Lebensjahr beschränkte primitive Schulbildung ohne mittlere und höhere Schulen künstlich herabzudrücken, ist das teuflischste, das bisher in der Menschheitsgeschichte planmäßig ersonnen ist.786

Was bisher zur Gestaltung des Neuen Europa geschehen sei, sei recht beachtlich: Vernichtung der Intelligenz und des Deutschtums im Baltikum, Vernichtung der Intelligenz in Polen, Bukowina und Bessarabien, Verwirrung und drohende Hungersnot auf dem Balkan, Vernichtung der nationalen Freiheit, beginnende Not, mehr oder minder starke Zerstörungen […] in Finnland, Dänemark, Norwegen, Holland, Belgien und Frankreich; beginnende Zerstörung der Wirtschaft in der Schweiz, beginnende Verelendung und bedrohliche Demoralisierung in Italien; Vernichtung von Millionen von Menschenleben, darunter vieler Frauen und Kinder, Zerstörung des Glückes von Millionen von Familien in allen erwähnten Ländern, Erschütterung der Moral, der Ehrbegriffe, des Rechts, des religiösen und seelischen Friedens, Hinaufschwemmung brutaler Naturen, von Gesinnungslumpen, Unerfahrenen und Unwissenden in die Führung.787

Der »Rassepolitiker« Hitler werde es noch dahin bringen, »daß Australien, Neuseeland und Niederländisch Indien an Japan fallen«, Indien sich von innen auflöse und

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endlich einmal 500 Jahre europäischer Leistung – allerdings vor 1933 gelegen – ausgelöscht würden. Oder winkt da nicht gar die Eroberung Indiens, der Traum aller Tyrannen, die bisher Europa mit ihren Gott sei dank kurzfristigen Verwirrungen beglückt haben?788

Nach diesen die Hitlersche Politik verurteilenden Kommentaren zur Niederwerfung Polens, Dänemarks, Norwegens, Luxemburgs, Belgiens, Hollands und Frankreichs schrieb Goerdeler im September 1940 in der schon zitierten Denkschrift zum »Stand von Wirtschaft und Verwaltung« über die Verhältnisse »in den eroberten Ostgebieten«: »Welche Zustände dort herrschen, ist bekannt. Die unmenschlichen Verbrechen, die dort begangen werden, müssen und werden die deutsche Ehre für lange Zeit furchtbar belasten.« 789 Töricht sei es, hielt er dann Ende 1941 in »Das Ziel« fest, sich auf eine höherwertige Rasse zu berufen: Oberflächlichem Betrachter mag es als höchste Staatskunst erscheinen, die Rassen zu werten und in der nordischen Rasse die höchsten Werte zu preisen, um sie 1940 zu vergewaltigen und gleichzeitig die weißen Interessen in Ostasien gegenüber den gelben preiszugeben.790

Der erste Teil der Denkschrift »Das Ziel« trägt die Überschrift »Die Totalität der Politik«, in Anspielung auf General Erich Ludendorffs 1935 erschienenes Buch Der totale Krieg.791 Goerdeler behandelt mit den Kenntnissen des städtischen Verwaltungsjuristen die grundsätzlichen Fragen der Gesellschaft und des Staates, beginnend mit der Geschichte. Die Zukunft Deutschlands beruhe auf der Einigung Europas: Die zentrale Lage, die zahlenmäßige Stärke und die hochgespannte Leistungsfähigkeit verbürgen dem deutschen Volk die Führung des europäischen Blocks, wenn es sie sich nicht durch Unmäßigkeit oder durch Machtsuchtmanieren verdirbt. Es ist dumm und anmaßend, vom deutschen Herrenmenschen zu sprechen. Es ist töricht, für sich selbst Achtung vor der nationalen Ehre und Selbständigkeit zu verlangen und sie anderen zu versagen. In die Führung Europas wird diejenige Nation hineinwachsen, die gerade die kleinen Nationen achtet und ihre Geschicke mit weisem Rat und weiser Hand, nicht mit brutaler Gewalt zu leiten versucht. Die Sachlichkeit der Gesichtspunkte muß entscheiden. […] Die Zusammenfassung Europas darf nicht roh und rücksichtslos durch Gleichschaltung erfolgen […] Die Nationalstaaten Europas müssen volle Freiheit haben, ihre inneren Verhältnisse so zu gestalten, wie sie es ihren Eigenarten und Bedürfnissen entsprechend tun wollen […] Nötig ist zunächst nur eine Arbeitsgemeinschaft, deren Mitglieder sich auf einheitliche Spielregeln, auf Ausgleich ihrer öffentlichen Haushalte, damit auf Sicherung ihrer Währungen, auf allmählichen Abbau aller Zollgrenzen und Reisebehinderungen, auf ständige gemeinsame

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Beratungen zum Ziele der Aufeinanderabstimmung der Volkswirtschaften, auf Angleichung der Verkehrseinrichtungen usw. usw. beschränken.792

Goerdeler stellte nicht nur Grundsätze für friedliche Beziehungen zu anderen Staaten und Weltregionen auf, sondern auch zur Verbindung des Nationalstaatsprinzips mit »der Notwendigkeit des Großraumes«, besonders des wirtschaftlichen Großraumes, den die Entwicklung der Technik verlangt. Kolonien, so Goerdeler, seien wirtschaftlich und politisch eher unwichtig, aber wegen des Selbstwertgefühls des Volkes und als Wirkungsfeld für überschüssige Kräfte und die Pionierlust der Jugend doch nützlich. In den besetzten Gebieten müssten vorläufig Militärgouverneure zusammen mit charakterfesten Zivilbeamten walten, die von der NSDAP und ihren Gliederungen dort aufgezogenen Organisationen und Einrichtungen würden sofort aufgelöst, die Selbstverwaltung so schnell wie möglich wiederhergestellt. Im zweiten Teil handelt Goerdeler unter der Überschrift »Das außenpoli­ tische Ziel« in elf Abschnitten über den Nationalstaat, die Wehrmacht, Europa, die Kolonien, den Freien Handel, das englische Empire, den Fernen Osten, Afrika, das Seerecht, die besetzten Gebiete und (11.) die Juden. Goerdeler leitet die geschichtliche Entwicklung der Nationalstaaten aus frühen »Zusammenfassungen« von Familie, Sippe und Rasse her, die vernünftigerweise zur Verbindung des Nationalstaatsgedankens mit dem wirtschaftlichen Großraumgedanken führe. Da sei jedoch kein Raum für die gewaltsame Vorherrschaft eines Staates oder einer Rasse. Nach dem zur Außenpolitik gehörenden Abschnitt über die Juden folgt der dritte Teil über die Innenpolitik. Er umfasst 17 Abschnitte, der erste handelt vom Rechtswesen und beginnt mit dem Satz: »Als erstes sind Recht und Anstand wiederherzustellen.« Der zweite Abschnitt lautet Geistesfreiheit, es folgen Bildungswesen, Wirtschaftsorganisation, Wirtschaftspolitik, Freie Berufe, Beamte, Ausgleichspolitik, Religionswesen, Staatsjugend, Wehrmacht, Arbeitsdienst, Polizei, Arbeitslosigkeit, Finanzen, Währung, Partei. Der letzte Teil heißt »IV. Verfassung«, er enthält sieben Abschnitte über bisherige Verfassungen, Selbstverwaltung und Wahlrecht, Gemeinde- und Kreisgrenzen, Oberpräsidenten, Gaustellen der Reichsverwaltung, Gemeindetag, Reichsregierung, Reichsminister und Reichsführer. Goerdelers Sprache ist reich und oft emotional. Er begann seinen Entwurf über die Rechtsstellung der Juden mit der Feststellung: »Eine Neuordnung der Stellung der Juden erscheint in der ganzen Welt erforderlich«. Darauf folgt die Begründung: »denn überall sind Bewegungen im Gange, die sich ohne

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organische Ordnung nicht aufhalten lassen und die ohne eine solche Ordnung nur zu Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten und mindestens zur unbefriedigenden Unordnung führen«. Und weiter: »In den vergangenen Jahren ist zweifellos ein Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland« geschehen. Goerdeler wusste viel von diesen Bewegungen, die in seiner Lebenszeit im Gange waren, und von dem Unrecht, das nun geschah. Es waren die Pogrome und Morde in Polen und Russland in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg, die Judenmassaker im britischen Mandatsgebiet Palästina im August 1929 und während des arabischen Aufstands dort von 1936 bis 1939, die Verfolgungen und Misshandlungen der Juden in den osteuropäischen Ländern in den 1930er-Jahren, die Verfolgung, Entrechtung und Beraubung der deutschen Juden, seit Hitler an der Macht war.793 Wegen der Wirtschaftskrise und der Furcht um Arbeitsplätze, aber auch aus gewöhnlichem Antisemitismus wollten die meisten Länder der Welt keine jüdischen Flüchtlinge aus Europa aufnehmen, besonders keine mittellosen.794 Seit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges ermordeten deutsche SS- und Polizei-Truppen systematisch Juden, Intellektuelle, Priester und Professoren in Polen, wie Hitler es in seiner Rede vor den Oberbefehlshabern der Wehrmachtteile, den Gruppenbefehlshabern des Heeres, der Armeen und ihrer Stabschefs und den Befehlshabern der Angriffsverbände am 22. August 1939 angekündigt hatte.795 Mit dem Angriff auf die Sowjetunion begann ein maßloser Vernichtungsfeldzug, ein vielhunderttausendfacher Massenmord an Juden, parallel zu den militärischen Operationen gegen die Rote Armee und zumindest partiell mit diesem verquickt. Die Einsatzgruppen der SS, des SD und der Ordnungspolizei berichteten die Zahlen ihrer Mordaktionen an ihre Zentrale. Sonderkommando 4a zum Beispiel, das dem Oberkommando der 6. Armee beigeordnet war, hatte bis November 1941 über 57.000 Juden umgebracht. Einsatzgruppe D, die mit Generalfeldmarschall von Mansteins 11. Armee vorrückte, meldete bis Anfang Dezember 55.000 getötete Personen.796 Unbeschreibliche Gräueltaten geschahen auch in Rumänien. Im Januar 1941 wurden Hunderte von Juden auf die entsetzlichste Weise ermordet. Der amerikanische Gesandte in Bukarest, Franklin Mott Gunther, führte dieses Massaker auf deutsche Hintermänner zurück und sprach in seinem Bericht von »Kräften, die jetzt in Europa am Werk« seien.797 Im Juli 1941 berichtete Gunther von sechs Monaten himmelschreiender Judenverfolgungen und systematischer Massen­ erschießungen durch rumänische Heereseinheiten. Etwas später berichtete er, 20.000 bis 30.000 Juden seien aus Rumänien deportiert und wahrscheinlich in

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Transnistrien ermordet worden. Das amerikanische Außenministerium erwog darauf die Ansiedlung von 300.000 Juden aus Rumänien in Syrien oder Palästina, sah aber weder den Transport in die vorgesehenen Länder noch die dortige Aufnahme der Juden gewährleistet. Gunther regte am 5. August 1941 in einem Brief an Präsident Roosevelt an, die rumänische Regierung von vielen ihrer »teuflischen« Maßnahmen abzubringen, indem die britische Regierung »die definitive Zuweisung und sofortige Verfügbarkeit eines großen Gebietes in Afrika als Heimstatt für die unerwünschten Juden Europas« bekanntgebe. Am 1. November 1941 wiederholte Gunther in einem Telegramm an Außenminister Cordell Hull diese Anregung.798 – Die Dringlichkeit von Goerdelers Appell war offenbar. Trotz seiner Ohnmacht suchte Goerdeler nach einer umfassenden Lösung. Auf seine Forderung einer »Neuordnung der Stellung der Juden« in der Denkschrift »Das Ziel« folgt die Feststellung, dass »das jüdische Volk einer anderen Rasse angehört«, heute würde man sagen »einer anderen Ethnie«. Damit ist keine biologische Eigenschaft gemeint. Die Nationalsozialisten zogen Fachleute zu, die äußere Merkmale als »germanisch« oder »nordisch« bzw. »jüdisch« oder »semitisch« bezeichnen sollten. Aber die Urheber der »Nürnberger Rassegesetze« nannten zur Definition eines »Juden« keine biologischen oder physischen Merkmale, sondern legten in der Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz vom 14. November 1935 fest: »§ 5 (1) Jude ist, wer von mindestens drei der Rasse nach volljüdischen Großeltern abstammt. § 2 Abs. 2 Satz 2 findet Anwendung.« Dieser Satz 2 lautet: »Als volljüdisch gilt ein Großelternteil ohne weiteres, wenn er der jüdischen Religionsgemeinschaft angehört hat.« 799 Die Formulierung erfasste also auch zum Judentum übergetretene vormalige Christen. Alle anderen Bestimmungen, zum Beispiel wann ein »Mischling« als Jude galt, wurden aus dieser Definition abgeleitet. In all den Gesetzen und Verordnungen findet sich nicht einmal eine Andeutung physischer Kriterien für »Rasse«. Physische Merkmale waren nicht anwendbar, weil es keine physischen Merkmale gibt, die einen Juden unverwechselbar von einem Nichtjuden unterscheiden.800 Von einer biologischen »Rasse« war nicht die Rede. Der Stammbaum wurde nur bis zu den Großeltern zurückverfolgt.801 Die »Rasse« wurde durch die Religionszugehörigkeit der Großeltern definiert. Das heißt, die Nationalsozialisten bzw. die Verfasser der einschlägigen Gesetze und Verordnungen definierten »Rasse« durch eine Vermutung, nämlich die, dass Großeltern, die Glaubensjuden waren und einer jüdischen Religionsgemeinschaft angehörten (in der Verordnung steht »der jüdischen Religionsgemeinschaft«, ohne Unterscheidung der verschiedenen Richtungen), zur »Rasse« der

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»Juden« gehörten. Die »Rasse« wurde also nur durch kulturelle bzw. religionsgemeinschaftliche Kriterien definiert. Heute nennt man, was früher »Rasse« hieß, wie erwähnt vorzugsweise »Ethnie«.802 Von physischen Merkmalen ist in den Gesetzen und Verordnungen, wie gesagt, nicht einmal eine Andeutung zu finden. Physische Merkmale waren nicht anwendbar, weil es keine gab, die einen Juden unverwechselbar von einem Nichtjuden unterschieden. An dieser Stelle verwendete Goerdeler die Bezeichnung »Jude« in erster Linie für den Staatsbürger eines fremden Staates, eines zu gründenden jüdischen Staates, in derselben Weise wie er »Fremdbürger« für »jeden Engländer, Franzosen usw.« verwendete, und in zweiter Linie für den Angehörigen einer kulturellen, ethnischen oder »rassischen« Gruppe.803 Von dem verschwommenen nationalsozialistischen »Rasse«-Begriff hielt er nichts, vielmehr bedachte er ihn mit Ironie, Sarkasmus und Hohn.804 Beide Ausdrücke, »das jüdische Volk« und »einer anderen Rasse«, bilden die Grundlage für »eine staatliche Selbständigkeit«. Diese verlangte ein Territorium. Die von Goerdeler 1939 nicht bezweifelte prinzipielle Aufnahmefähigkeit Palästinas hätte für die großen infrage kommenden Zahlen auch damals nicht ausgereicht. Es ging nicht nur um die deutschen Juden, auch nicht nur um die damals, Ende 1941, im deutschen Machtbereich befindlichen Millionen Juden, sondern um die Juden der ganzen Welt. Schließlich scheint Goerdeler die Wahrscheinlichkeit für gering gehalten zu haben, dass die englische Mandatsmacht genügend großzügige Einwandererquoten einräumen würde. Im internationalen Dialog spielte Palästina seit 1930 eine wenig bedeutende Rolle als Aufnahmegebiet für jüdische Emigranten, während Madagaskar und andere überseeische Territorien ständig im Gespräch waren.805 Im September 1944 wiederholte Goerdeler im Gefängnis in seinen »Gedanken eines zum Tode Verurteilten über die deutsche Zukunft« die Forderung nach einer globalen Regelung, mit der er den Abschnitt II.11 über die Juden in seiner Denkschrift »Das Ziel« begonnen hatte, und nun nannte er auch wieder Palästina als Territorium für einen jüdischen Staat: Im übrigen verlangt die Frage eine für alle Völker anwendbare Regelung. Ich sehe sie in folgender Weise: Ein großes oder kleines Territorium (etwa in Palästina oder Südamerika) wird zum souveränen Judenstaat erklärt.806

Das Hindernis großer Zahlen von Juden, die sich in Palästina niederlassen könnten, hatte im September 1944 seine Bedeutung verloren, weil, wie ­Goerdeler wusste, fast alle erreichbaren deutschen und dazu Millionen polnischer, russischer

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und anderer osteuropäischer und auch west- und südeuropäischer Juden ermordet waren. Goerdeler wies noch auf Teile »Canadas oder Südamerikas« hin, wo sich ein Staatsgebiet unter »lebenswerten Umständen« für den jüdischen Staat finden ließe. Die Frage des Territoriums wollte und konnte er 1941 nicht entscheiden. Die nötigen Vereinbarungen »der Mächte« mussten diesen überlassen bleiben. Nach der Anregung zur Gründung eines jüdischen Staates folgten im Abschnitt II.11 der Denkschrift »Das Ziel« Fragen, zu denen Goerdeler mehr zu sagen hatte: Ist diese Frage durch Zusammenwirken der Mächte gelöst, so ergibt sich für die deutschen Verhältnisse folgende natürliche Regelung: Der Jude ist Staatsbürger seines jüdischen Staates, er hat, wie jeder andere Fremdbürger in Deutschland, nach den für jeden anderen geltenden Gesetzen das Recht der gewerblichen Betätigung.

Er genieße genau dieselben Rechte wie jeder Ausländer und könne in Deutschland Besitz haben. Dagegen hatten Ausländer in Deutschland kein aktives und passives Wahlrecht, keine Berechtigung zur Tätigkeit im öffentlichen Dienst. Juden entbehrten dieser Rechte nicht als Juden im Sinn der Nürnberger Rassegesetze, sondern als Staatsangehörige eines fremden Staates. Ein Kriterium »Rasse«, so wie die Nationalsozialisten und die Bürokratie ihres Staates es verstanden, bzw. Ethnie würde durch die Verwirklichung von Goerdelers Plan als Kriterium für den Besitz oder Verlust von Rechten gegenstandslos. Dem »Reichsbürgergesetz« zufolge verloren deutsche Staatsangehörige, die »Juden« waren, ihre deutsche Staatsangehörigkeit nicht oder allenfalls nach den Bestimmungen des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes von 1913, so unter anderem durch den Erwerb oder die Beantragung einer fremden Staatsangehörigkeit.807 Das »Reichsbürgergesetz« bestimmte zwar, dass »nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes« auch »Reichsbürger« sein könne. Aber für die Staatsangehörigkeit hatte das keine rechtliche Bedeutung. Niemand verlor die deutsche Staatsangehörigkeit, weil er nicht »Reichsbürger« sein konnte. Weder das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 noch später gesetztes Recht kannten den Begriff »Reichsbürger«. Der im »Reichsbürgergesetz« angekündigte »Reichsbürgerbrief« kam nie zustande. Ausdrücklich betrafen die »Rassegesetze« nicht die Staatsangehörigkeit.808 Das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« unterschied zwischen »Juden« einerseits, die deutsche Staatsangehörige oder ausländische Staatsangehörige oder staatenlos sein mochten, und andererseits »Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes«. Es ließ die

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Staatsangehörigkeit der »Juden« ebenso unberührt wie das »Reichsbürgergesetz«.809 Es implizierte die Unterscheidung durch die »Rasse«, die, wie gesagt, in Wirklichkeit eine kulturelle bzw. ethnische Unterscheidung war. Folgt man Goerdelers Plan bis hierher, so verloren Juden durch den Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit ihre deutsche Staatsangehörigkeit aufgrund des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes, nicht weil sie »Juden« im Sinne der »Nürnberger Rassegesetze« waren oder, wie behauptet wurde, weil Goerdeler sie ausbürgern wollte.810 Goerdeler fuhr fort: »Was die sogenannten Nürnberger Rassegesetze betrifft, so erledigen sie sich durch diese Regelung auch vollkommen.« In den zwei folgenden Sätzen liegt, worauf es ihm dabei hier ankam: Heiraten zwischen Juden und Nichtjuden verschiedener Staatsangehörigkeit. Eheschließungen zwischen Nichtjuden und Juden sind als gegeben vorausgesetzt und »stets dem gesunden Sinn des Volkes überlassen«. Ferner werde, wenn der »gesunde Sinn des Volkes« eine »Rassenvermischung« akzeptierte, eine nichtjüdische Frau, die einen Juden heiratete, jüdische Staatsbürgerin. Die Bezeichnung »Jude« meint hier den Staatsangehörigen des jüdischen Staates. Nun, Goerdeler konnte nicht wissen, welche Gesetze in dem noch nicht gegründeten jüdischen Staat gelten würden. Er konnte nur wissen, dass eine deutsche Frau, die einen Ausländer heiratete, dadurch nach § 17 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes die deutsche Staatsangehörigkeit verlor.811 Goerdelers Angabe in seiner Denkschrift »Das Ziel«, »auch umgekehrt tritt diese Rechtsfolge ein, aber nur wenn die Ehe vor den Nürnberger Gesetzen geschlossen war; andernfalls erhalten erst die Enkel deutsche Staatsangehörigkeit«, enthält einen Fehler.812 Der Zusatz »aber nur wenn die Ehe vor den Nürnberger Gesetzen geschlossen war« bezieht sich nicht auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913, sondern offenbar auf § 5 Abs. 2 Buchst. c der »Ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz«.813 Der heutige Leser nimmt vielleicht Anstoß an der Wendung vom »gesunden Sinn des Volkes«. Sie klingt an die nationalsozialistische Perversion des »gesunden Volksempfindens« an. Eine bloße Verordnung, die »Verordnung gegen Volksschädlinge« vom 5. September 1939, hatte das »gesunde Volksempfinden« zu einem Kriterium für die Verhängung der Todesstrafe erhoben. In der Verordnung hieß es: Wer die außerordentlichen Verhältnisse des Kriegszustands zu einer Straftat ausnütze, werde »mit Zuchthaus bis zu 15 Jahren, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit dem Tode bestraft, wenn dies das gesunde Volksempfinden wegen der besonderen Verwerflichkeit der Straftat erfordert«.814 In Goerdelers Schrift meint der »gesunde Sinn« gesellschaftlich akzeptiertes

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Verhalten, das somit wandelbar ist, insbesondere hinsichtlich Ehen zwischen Juden und Nichtjuden. Die »sogenannten Nürnberger Rassegesetze« wurden durch den Erwerb der von Goerdeler geplanten jüdischen Staatsangehörigkeit für jüdische Staatsbürger unwirksam. Da Juden jüdische Staatsbürger wurden, »erledigen sie [›die sogenannten Nürnberger Rassegesetze‹] sich durch diese Regelung auch vollkommen«. Sie wurden auch hinfällig, weil neues Recht – der ipso facto Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit durch alle Juden der Welt einschließlich der deutschen (oder der allermeisten deutschen) Juden – altes Recht aufhob, wenn es mit neuem Recht im Widerspruch stand, nach der Doktrin lex posterior derogat priori.815 Die ganze Denkschrift hindurch machte Goerdeler seine Ablehnung der »sogenannten Nürnberger Rassegesetze« direkt und indirekt deutlich. Seine Formulierungen lassen jedoch den Mangel ministerieller Referentenentwürfe und -berichte, von Beratungen in juristischen und politischen Fachgremien und parlamentarischen Ausschüssen erkennen. In dem engeren Kreis um Beck, Goerdeler, Hassell, Popitz und Jessen war kein Fachmann für Verfassungsrecht.816 Die Eile, mit der Goerdeler an seiner Denkschrift arbeitete, zeigt sich in Fehlern und in Goerdelers weitschweifendem und dann wieder sprunghaftem Stil, wie in dem nun folgenden Satz: »Keine Regel ohne Ausnahme!« Der Ausruf wirkt seltsam im Entwurf zu einer rechtlichen Satzung. Die »Regel« war jedenfalls der Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer anderen Staatsangehörigkeit. Hiervon sollte eine Ausnahme gemacht werden. Der Erhalt der deutschen Staatsangehörigkeit vermied den Ausschluss aus dem deutschen Volk und Reich und die damit verbundene Demütigung und Verletzung des Heimat- und Vaterlandsgefühls. Die jüdische Staatsangehörigkeit war zugleich lebensnotwendig zum Schutz, nicht allein gegen die National­ sozialisten, auch in Zukunft und überall gegen »Bewegungen […], die sich ohne organische Ordnung nicht aufhalten lassen und die ohne eine solche Ordnung nur zu Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten« führen und zu »Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland«. Ausnahmen von Gesetzen müssen so begrenzt sein, dass sie nicht selbst zur Regel werden.817 Hierin war Goerdelers Plan angreifbar. Goerdeler legte seine Gründe dar mit Hinweisen auf die Nachteile für Juden, die nicht als deutsche Vollbürger galten. Durch seine Kategorien (a) bis (d) erreichte er eine formale Begrenzung. Praktisch erhielten fast alle deutschen Juden, wie in Kapitel 20 gezeigt wird, in den Kategorien (a) bis (d) gegenüber anderen Deutschen das Privileg der doppelten Staatsangehörigkeit. Da es eine »Ausnahme« sein sollte,

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sein musste, schuf der Plan keinen allgemeinen Sonderstatus für deutsche Juden, wodurch das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz geändert worden und deutsche Juden wieder unter Ausnahmerecht gestellt worden wären. Man mag noch einmal fragen, warum Goerdeler nicht einfach erklärte, dass alle Juden, die am 30. Januar 1933 die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen, sie behielten oder, falls sie inzwischen eine andere Staatsangehörigkeit erworben hätten, wieder eingebürgert würden. Erstens hätte dazu § 25.2 des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes geändert werden müssen. Gegen eine Änderung, die Juden und Nichtjuden gleichermaßen, also einfach jedem Deutschen, den Besitz doppelter Staatsangehörigkeiten erlaubte, sprachen Gründe, wie die Gefährdung der nationalen Loyalität, die mögliche Verweigerung des Militärdienstes, Kapitalflucht und Steuerflucht. Staaten beanspruchten das souveräne Recht, ihre Bürger und die Bedingungen für die Staatsangehörigkeit zu definieren und das internationale Recht ließ dies unbestritten. Zweitens hätten die Einbürgerungsverfahren womöglich geändert werden müssen, so zum Beispiel die seit 1925 in Preußen angewandte Bedingung einer zwanzigjährigen Ansässigkeit vor der Einbürgerung.818 Drittens hätte eine auf Juden beschränkte Pauschalregelung jene wiederum unter Sonderrecht gestellt, wenn auch zu ihren Gunsten. Auf die Gedanken zu einer internationalen Lösung und den unvermittelten Ausruf »Keine Regel ohne Ausnahme!« folgen vier Kategorien deutscher Juden, die Goerdeler vom Verlust der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit ausgenommen haben wollte. Die Bezeichnung »Jude« bedeutet »jüdischer Staatsangehöriger«: Deutsche Staatsangehörige sind Juden a) die als deutsche Soldaten am Kriege teilgenommen haben und ihre direkten Nachkommen, b) die oder deren direkte Vorfahren am 1.7.1871 deutsche Reichsangehörigkeit besaßen und ihre direkten Nachkommen, c) die am 1.8.1914 die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen und christlichen Religionsgemeinschaften angehörten und noch angehören, sowie ihre direkten Nachkommen, d) Abkömmlinge einer Mischehe, die vor dem 1.2.1933 geschlossen ist, sofern sie einer christ­ lichen Religionsgemeinschaft angehören.

Zu Kategorie (a) gehörten laut Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz §§ 6 und 4 Frauen und Kinder. Das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz bevorzugte außerdem in § 12 die Einbürgerung von Ausländern, die wenigstens ein Jahr im deutschen Militär gedient hatten:

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Ein Ausländer, der mindestens ein Jahr wie ein Deutscher im Heere oder in der Marine aktiv gedient hat, muß auf seinen Antrag von dem Bundesstaat, in dessen Gebiet er sich niedergelassen hat, eingebürgert werden, wenn er den Erfordernissen des § 8 Abs. 1 entspricht und die Einbürgerung nicht das Wohl des Reichs oder eines Bundesstaats gefährden würde.

Insgesamt hatten im Ersten Weltkrieg 100.000 jüdische Männer im Militär des Deutschen Reiches gedient. Kategorie (b), Juden, »die oder deren direkte Vorfahren am 1. 7. 1871 deutsche Reichsangehörigkeit besaßen und ihre direkten Nachkommen«, bildete die zweite große Gruppe deutscher Juden, die nach Goerdelers Plan beim Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit ihre deutsche Staatsangehörigkeit beibehalten bzw. zurückerhalten würden. Das »Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit« des Norddeutschen Bundes vom 1. Juni 1870 wurde mit der Gründung des Deutschen Reiches im November 1870 und der Proklamation des Deutschen Kaisers und des Deutschen Reiches am 18. Januar 1871 in das Gesetzbuch des Deutschen Reiches übernommen. Am 1. Januar 1871 wurde das Gesetz verkündet und am 1. Juni 1871 rechtskräftig.819 (Goerdelers Datum 1. Juli 1871 ist ein Fehler.) Die Reichs- und Staatsangehörigkeit im Deutschen Reich gründete auf dem Bundes- und Staatsangehörigkeitsgesetz des Norddeutschen Bundes.820 Die Einwohner des Reichslandes Elsass-Lothringen bzw. Helgolands wurden durch das Gesetz vom 8. Januar 1873 bzw. die Verordnung vom 1. April 1891 Reichsangehörige.821 Alle am 1. Juni 1871 innerhalb der Grenzen des Deutschen Reiches ansässigen Juden, die 1867 oder danach »Angehörige (Unterthan, Staatsbürger)« eines Bundesstaates bzw. eines durch die Reichsgründung zum Norddeutschen Bund dazugekommenen Bundesstaates waren, waren nach der Verfassung des Norddeutschen Bundes und den Gesetzen des Norddeutschen Bundes über die Freizügigkeit, die Gewerbeordnung und nach dem »Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit« deutsche Reichs- und Staatsangehörige.822 Kategorie (b) schloss also auch teilweise Personen ein, die unter die anderen drei Kategorien fielen. Einen massiven Bevölkerungsaustausch durch Aus- und Einwanderung hat es nicht gegeben. Es konnte ihn schon wegen der restriktiven Einwanderungsund Naturalisationspraxis im Deutschen Reich nicht geben. Die große Mehrheit der 1933 gezählten 400.935 Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit waren demnach 1871 Besitzer oder Abkömmlinge von Personen, die 1871 Besitzer der deutschen Staatsangehörigkeit waren.823

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Für die Kategorien (c) und (d) bestimmte Goerdeler, dass auf die Bedingung der deutschen Staatsangehörigkeit am 1. Juli 1871 (richtig: 1. Juni 1871) verzichtet werden solle bei Deutschen jüdischer Herkunft und ihren direkten Nachkommen, die am 1. August 1914 deutsche Staatsangehörige waren und einer christlichen Religionsgemeinschaft angehörten und noch angehören. Die Kategorie (c) bezog Immigranten jüdischer Herkunft der Jahre 1871 bis 1914 sowie deren Frauen und Kinder ein, die vor dem 1. August 1914 als deutsche Staatsangehörige eingebürgert worden waren und einer christlichen Religionsgemeinschaft angehörten. Außerdem bezog die Kategorie (c) eine nicht feststellbare Anzahl sofort nach der Geburt getaufter Deutscher jüdischer Herkunft ein, die in den Statistiken in keiner mit dem Judentum verknüpften Kategorie erscheinen. Man mag wohl fragen, warum Goerdeler getaufte Personen, die vor der Taufe Juden – »Glaubensjuden« in den Kategorien der Volkszählung von 1933 waren,824 ebenso schützen wollte wie Personen, die sich nicht ausdrücklich und formell von der jüdischen Religion oder Kulturgemeinschaft getrennt hatten. Wie konnte er glauben, dass getaufte Personen nach der Beseitigung der NS-Herrschaft noch gefährdet waren? Zum einen antwortet darauf Goerdelers Wendung, »denn überall sind Bewegungen im Gange, die sich ohne organische Ordnung nicht aufhalten lassen und die ohne eine solche Ordnung nur zu Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten und mindestens zur unbefriedigenden Unordnung führen«. Rassismus gab es überall. Zum andern konnte man damit rechnen, dass Behörden und viele Mitbürger, längst voreingenommen und dazu jahrelang durch Propaganda verhetzt, ihre rassistisch-judenfeindliche Einstellung so rasch nicht geändert hätten; doch gibt es keinen Beleg dafür, dass Goerdeler eine solche Erwägung angestellt hätte. Dieselben Überlegungen wie für Kategorie (c) gelten auch für Kategorie (d). Deutsche Juden bzw. Deutsche jüdischer Herkunft in den Kategorien (a) bis (d), denen die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten bleiben sollte, erhielten nach Goerdelers Entwurf ipso facto doppelte Staatsangehörigkeit. Goerdelers »Ausnahme« von der »Regel« des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer anderen umfasste alle Juden deutscher Staatsangehörigkeit bzw. alle Deutschen jüdischer Herkunft, die jüdische Staatsangehörige werden sollten bzw. Deutsche in den Kategorien (a) bis (d). Wie im folgenden Kapitel 20 gezeigt wird, umfassten die Kategorien (a) bis (d) nahezu alle Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit bzw. deutsche Personen jüdischer Herkunft, die jüdische Staatsangehörige werden sollten. Juristisch war eine »Ausnahme«, die in Wirklichkeit die überwiegende Mehrheit war, fragwürdig.

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Ebendies unterstreicht Goerdelers Absicht, den deutschen Juden insgesamt ihre deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten und ihnen Schutz zu gewähren. Nach G ­ oerdelers Entwurf erhielten alle Juden die jüdische Staatsangehörigkeit; zugleich sollten nahezu alle deutschen Juden bzw. deutschen Personen jüdischer Herkunft, die jüdische Staatsangehörige werden sollten, die doppelte jüdische und deutsche Staatsangehörigkeit erwerben. Die deutschen Juden sollten nicht einfach »Ausländer« werden. Damit waren unmittelbare und künftige Wirkungen der »sogenannten Nürnberger Rassegesetze« eliminiert. Die deutschen Juden und deutschen Personen jüdischer Herkunft, die doppelte jüdische und deutsche Staatsangehörigkeit erhielten, waren anders definiert als in den »Nürnberger Rassegesetzen«, nicht als Personen nicht-»deutschen oder artverwandten Blutes«, nicht als Personen, die keine »Reichsbürger« sein konnten, nicht als Personen mit einer fiktiven Rassezugehörigkeit. Also gab es für sie keine Definition, die sie von den Trägern »der vollen politischen Rechte« ausgeschlossen hätte. Goerdelers Ausführungen zufolge waren sie zunächst »wie jeder andere Fremdbürger in Deutschland« davon ausgeschlossen, »öffentlicher Beamter zu werden, in die Volksvertretungen zu wählen oder gewählt zu werden«. Was für Personen zutraf, die »Ausländer« – und weil sie »Ausländer« – waren, konnte für dieselben Personen als deutsche Staatsangehörige nicht zutreffen. Unter »IV. Verfassung« erklärte Goerdeler in der Denkschrift »Das Ziel«: »Wahlberechtigt ist jeder ehrenhafte Bürger, der mindestens 24 Jahre alt ist, auch Frauen.« 825 Dies bezog sich auf jüdische deutsche Staatsangehörige ebenso wie auf nicht-jüdische. Auch damit waren die »Nürnberger Rassegesetze« »erledigt«. Vorhergegangene Auswirkungen unterlagen, soweit es möglich war, der Wiedergutmachung, auf dem »Weg der Heilung«, wie Goerdeler formulierte.826 Das »Reichsbürgergesetz« und das »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre« konnten nach Goerdelers Entwurf die Rechte jüdischer deutscher Staatsangehöriger auch deshalb nicht einschränken, um dies hier zu wiederholen, weil sein Entwurf neues Recht schuf. Der ipso-facto-Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit durch alle Juden einschließlich der deutschen Juden (bzw. der allermeisten deutschen Juden, und Deutschen jüdischer Herkunft, wie unten gezeigt wird), schuf neues Recht. Ebenso schuf die Verleihung der doppelten jüdischen und deutschen Staatsangehörigkeit an deutsche Juden und Deutsche jüdischer Herkunft neues Recht. Aufgrund der Doktrin lex posterior derogat priori 827 trat neues Recht an die Stelle des alten, wenn das neue Recht dem alten widersprach. Wohl wäre es ordentlicher gewesen, dies ausdrücklich zu erklären, an der Tatsache ändert dieser Mangel nichts.

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Durch die Verwirklichung der in der Denkschrift »Das Ziel« niedergelegten Prinzipien wären alle Juden von den Einschränkungen der rund 350 gegen die Juden gerichteten nationalsozialistischen Gesetze, Verordnungen und Vorschriften einschließlich der »Nürnberger Rassegesetze« befreit worden. Nach den Plänen der führenden Persönlichkeiten der am 20. Juli 1944 aufständischen Widerstandsgruppen (Kreisauer Kreis, Goerdeler, Beck, Hassell) war nach dem Sturz der Nationalsozialisten jede religiöse und »rassische« Diskriminierung aufgehoben.828 Es wäre wohl am einfachsten gewesen, zu sagen: Alle gegen Juden gerichteten Gesetze, Verordnungen und Vorschriften sind aufgehoben. Das war aber nicht möglich. Das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums« zum Beispiel betraf nicht nur Juden. Goerdeler wollte es auf seine ethischen Grundlagen zurückführen, die Beamtenschaft von den unqualifizierten, nur aufgrund des Parteibuches ernannten Beamten befreien.829 Das »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933 und die Durchführungsverordnung dazu vom 26. Juli 1933 waren zwar gegen Juden gerichtet, aber nicht ausschließlich.830 Die Rückabwicklung von Ketten von Vermögensverschiebungen, für Anspruchsberechtigte, die über die Welt verstreut waren, konnte nicht mit einem Federstrich bewirkt werden, das wusste Goerdeler als erfahrener Jurist. Ein Beispiel: Die letzte Änderung des »Dritten Gesetzes zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung der Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung« vom 29. Juni 1956 erfolgte mit der »Einundfünfzigsten Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes« vom 8. Oktober 2009.831 Goerdeler ging es darum, nationalsozialistisches »Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland« nach Möglichkeit zu beheben, doch »hier werden die Möglichkeiten einer Neuordnung erst dann geprüft und gelöst werden können, wenn der ganze Umfang des Geschehens feststeht«. Deshalb tat Goerdeler das Richtige, sich zuerst auf »Sofortmaßnahmen« zu konzentrieren.832 Übrigens enthielten die nachfolgenden Bestimmungen und das Gleichheitsprinzip die Aufhebung aller Diskriminierungen. Die sofortige Wiederherstellung der »Freiheit der Person« war grundlegend,833 ebenso das allgemeine, gleiche Wahlrecht für Männer und Frauen.834 Die Bestimmungen in der Denkschrift »Das Ziel«, die unmittelbar auf den Abschnitt II.11 über die Juden unter »III. Innenpolitik. 1. Rechtswesen« folgen, fordern als erstes die Wiederherstellung von »Recht und Anstand«. Sie zählen die Grundsätze auf, die Diskriminierungen von Juden ausschließen. Zum Beispiel: »Alle Beschränkungen

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der Freiheit des Geistes, des Gewissens und der Forschung werden sofort aufgehoben.« 835 Das galt für die Ausschlüsse aus Akademien, Schriftsteller- und Künstler-Organisationen, Hochschulen. Goerdeler nannte als die dringendsten Sofortmaßnahmen: »Beschränkungen der Juden auf dem Gebiete des Ernährungs-, des Wohnungs- und des Fernsprechwesens, der kulturellen Betätigung, der Gesundheitspflege, der Namensgestaltung sind aufzuheben.« 836 Das schloss beispielsweise die Beschränkungen auf bestimmte Wohnhäuser (»Judenhäuser«), Einkaufszeiten, Benützung von Parkanlagen und dergleichen aus. Nicht nur hätten sich »die sogenannten Nürnberger Rassegesetze« so erledigt, auch die diskriminierendsten Maßnahmen der nationalsozialistischen Machthaber, die in der folgenden Anmerkung aufgeführt sind, wurden ausdrücklich aufgehoben.837 Die Ghettos in den besetzten Gebieten seien »menschenwürdig zu gestalten«. Über das weitere »Schicksal« der Ghettos hätten »die zuständigen einheimischen Behörden« zu bestimmen, aber »mit Genehmigung der Militärgouverneure, da z. B. die Polen zu der Frage anders stehen wie die Holländer«. Goerdeler meinte mit »Ghettos« die unter deutscher Verwaltung eingerichteten Ghettos, nicht etwa vorher bestehende ausschließlich oder vorwiegend von Juden bewohnte Viertel in großen oder kleinen Städten. Er kannte längst, nicht erst 1941, die menschenunwürdigen Zustände in den deutschen Behörden unterstehenden Ghettos. Im September 1940 hatte er in der Denkschrift »Stand von Wirtschaft und Verwaltung« über die eroberten Ostgebiete geschrieben: »Welche Zustände dort herrschen, ist bekannt. Die unmenschlichen Verbrechen, die dort begangen werden […].« 838 Die »Genehmigung« der Maßnahmen einheimischer Behörden durch die Militärgouverneure begründete Goerdeler mit der verschiedenen Einstellung der Behörden zur »Jüdischen Frage« bzw. zur Behandlung der Ghettos. Die Judenfeindschaft in Polen war in der neuen Geschichte des Landes seit 1918 notorisch, während es in den Niederlanden eine solche nahezu allgemeine Feindseligkeit gegenüber Juden nicht gab. Deshalb mussten die Militärgouverneure für die Einführung menschenwürdiger Verhältnisse sorgen und bürgen.839 Die Interpreten, die Goerdeler des »dissimilatorischen Antisemitismus« bezichtigen, unterstellen ihm, er habe sich mit den Definitionen in den Kategorien c) und d) den Inhalt der »Nürnberger Rassegesetze« zu eigen gemacht, indem er Christen jüdischer Herkunft als »Juden« bezeichnete. Das ist ein Missverständnis. Wohl hätte Goerdeler sorgfältiger formulieren können, zum Beispiel »deutsche Staatsangehörige sind Juden, zum Christentum konvertierte ehemalige Juden und Christen jüdischer Herkunft«. Die Behauptung, er habe

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die »Nürnberger Rassegesetze« auf zum Christentum konvertierte ehemalige Juden und Christen jüdischer Herkunft angewendet sehen wollen, trifft nicht zu. Da Goerdeler die Rassenideologie der Nationalsozialisten verachtete und verhöhnte, und da er »die sogenannten Nürnberger Rassegesetze« ablehnte und wollte, dass sie sich »erledigen«, war seine Absicht nicht, als Christen getaufte Juden weiterhin als Juden im Sinn der Nürnberger Rassegesetze gelten zu lassen.

20 | ANALYSE: ZAHLEN Als Grundlage der zahlenmäßigen Beurteilung der Kategorien (a) bis (d) dienen die Ergebnisse der Volkszählungen seit 1871. Weiter sind Feststellungen über Einwanderung und Einbürgerung heranzuziehen, auf denen die Ausbürgerungsbemühungen der Reichsregierung seit 30. Januar 1933 fußten. Die Volkszählung vom 1. Dezember 1871 ergab 512.158 in Deutschland ansässige Juden (»Glaubensjuden«), die die deutsche Staatsangehörigkeit besaßen.840 Ausländische oder staatenlose in Deutschland zur Zeit der Volkszählung anwesende Juden erscheinen nicht in der Statistik. 1910 stellte die Volkszählung mit 538.637 Personen den höchsten Stand der deutschen Juden fest. Dazu kamen 76.387 nicht-deutsche Juden.841 Aber die Zunahme der deutschen jüdischen Bevölkerung hielt mit dem Wachstum der übrigen deutschen Bevölkerung nicht Schritt. In der Zeit von 1871 bis 1933 nahm die Zahl der deutschen Juden, die bis 1939 allein als Glaubensjuden gezählt wurden, nur über kurze Zeiten zu. Nicht-jüdische Personen jüdischer Herkunft wurden in den Volkszählungen bis 1939 nicht unterschieden und also nicht gezählt. Die Emigration überwog die Zuwanderung unter deutschen Glaubensjuden. So nahm die Zahl im Ganzen ab.842 1933 gab es in Deutschland laut Volkszählung 400.935 Juden (»Glaubensjuden«) mit deutscher Staatsangehörigkeit, das sind 111.223 weniger als 1871. Die Volkszählung vom 16. Juni 1933 galt für das Deutsche Reich in den Grenzen von 1919, ohne das Saarland, das erst 1934 wieder zu Deutschland kam.843 Die Volkszählungen im Deutschen Reich wandten bis 1933 die folgenden Unterscheidungen hinsichtlich Religionszugehörigkeit auf die am Tag der Volkszählung im Deutschen Reich anwesende Gesamtbevölkerung und die in Deutschland wohnenden Ausländer an: Zugehörigkeit zu einer evangelischen Landes- oder Freikirche, zur römisch-katholischen oder zu anderen christ­lichen, nicht-christlichen und »israelitischen« Religionsgesellschaften oder einer religiös-weltanschaulichen Gemeinschaft. Wer keiner »Kirche, Religionsgesellschaft oder Weltanschauungsgemeinschaft« angehörte, musste »keine« angeben.844 Die Volkszählung von 1939 nannte auch Gottgläubige, Glaubenslose und Personen ohne entsprechende Angabe.845 In der Volkszählung von 1933 wurde die Gesamtzahl der Juden (»Glaubens­ juden«) im Deutschen Reich mit 499.682 ermittelt. Davon waren 400.935 deutsche Staatsangehörige. Hinzu kamen 1934 noch 551 Juden im Saarland.846 Von den weiteren 98.747 im Deutschen Reich wohnenden Juden waren 78.787 Personen mit nicht-deutscher Staatsangehörigkeit (Ausländer), 19.746 waren staatenlos; der

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Status von 214 Personen der nicht-deutschen Juden war ungeklärt. Der Anteil von Ausländern unter den Juden (»Glaubensjuden«) in Deutschland war von 1910 bis 1933 von 14 Prozent auf 19,8 Prozent angewachsen. Die große Mehrzahl der ausländischen Glaubensjuden stammte aus osteuropäischen und südosteuropäischen Staaten. Allerdings schlossen sich nur wenige der aus Russland und Südosteuropa, besonders Rumänien, gekommenen Juden den etablierten jüdischen Gemeinden an. Diese Zuwanderer waren deshalb möglicherweise in der Volkszählung nicht alle als Juden identifiziert.847 Unter den 98.747 Juden ohne deutsche Staatsangehörigkeit waren 1933 rund 56.000 polnische Juden; diese machten etwa 57 Prozent aller ausländischen Juden und etwa 38 Prozent aller polnischen Personen im Deutschen Reich aus.848 Unter dem Emigrationsdruck auf die Juden seit 1933 bzw. durch ihre eigentliche Vertreibung war die Zahl der in der Volkszählung vom 17. Mai 1939 ermittelten »Juden«, einschließlich 44.573 Ausländer – nun durch die »Nürnberger Gesetze« und ihre Durchführungsverordnungen definiert und als Gesamtkategorie erweitert – auf 330.539 »Juden« im Deutschen Reich, einschließlich der Saar, Österreichs und des Sudetenlandes, gesunken.849 Die Volkszählung in Österreich am 22. März 1934 ergab eine Gesamtbevölkerung von 6.760.233 Personen. Von diesen waren 289.305 Ausländer, darunter wiederum 270.543 ausländische Staatsangehörige; 18.762 waren staatenlos. In der Gesamtbevölkerung waren 6.112.658 römisch-katholisch, 295.452 evangelisch (in der deutschen Reichsstatistik hieß dies wie erwähnt »Zugehörigkeit zu einer evangelischen Landes- oder Freikirche«). 191.481 waren »Israeliten« österreichischer Staatsangehörigkeit; 176.034 von ihnen wohnten in Wien. 106.080 Personen wurden als »konfessionslos« gezählt. Diese Zahl schloss potentiell Personen ein, die seit der Eingliederung Österreichs im Deutschen Reich im März 1938 als »Juden« angesehen wurden.850 Die Ausländer und Staatenlosen wurden 1934 nicht nach religiöser Zugehörigkeit gezählt. So ist die Feststellung nicht möglich, wie viele von den 289.305 Ausländern Juden waren. Die größte Zahl der Ausländer in Österreich machten 1934 mit 115.780 tschechoslowa­kische Staatsangehörige aus, dann folgten der Zahl nach 43.751 Deutsche, 30.940 Jugo­ slawen, 24.727 Polen, 18.762 Staatenlose und 16.200 Italiener.851 Bei der Volkszählung vom 17. Mai 1939 galt im Deutschen Reich der in den »Nürnberger Rassegesetzen« und den dazugehörenden Durchführungsverordnungen definierte Begriff »Jude«. Juden waren nun Personen mit vier oder drei Großeltern, die »Glaubensjuden« waren. Personen mit zwei glaubensjüdischen Großeltern waren »Mischlinge 1. Grades«. Enkel zweier »Mischlinge 1. Grades« galten als Juden (»Geltungsjuden«). Wie die Kinder zweier »Mischlinge 1.

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Grades« erzogen, ob sie getauft oder nicht getauft wurden, war für die nationalsozialistischen Judenreferenten irrelevant; sie sahen »das Jüdische« in solchen Personen – was immer das sein mochte – als »das Deutsche« überwiegend an. Personen mit nur einem glaubensjüdischen Großelternteil galten als »Mischlinge 2. Grades«. Nun überwogen anscheinend die nichtjüdischen Komponenten – man konnte sie nicht anders als durch Glaubensjudentum definieren –, sodass Kinder zweier »Mischlinge 2. Grades« oder eines »Mischlings 2. Grades« und eines Nichtjuden und Nichtmischlings implizit als »deutschblütig« galten. Da die Gesetze und Verordnungen nichts anderes bestimmten, wären auch Kinder von »Mischlingen 2. Grades« und deutschen Staatsangehörigen, die entweder von vielen Generationen Deutscher abstammten oder naturalisierte Italiener, Bulgaren, Franzosen oder Finnen oder deren Nachkommen waren, »deutschblütig« gewesen. Ein »Mischling 1. Grades«, der von einem Paar glaubensjüdischer und einem Paar – nach der Definition der »Nürnberger Rassegesetze« und ihrer Durchführungsverordnungen – nicht-religiös-jüdischer Großeltern abstammte, galt als Jude, wenn er oder sie nach dem 31. Juli 1936 unehelich geboren war. Ein »Mischling 1. Grades« galt als Jude, wenn er oder sie einer jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörte. Ein »Mischling 1. Grades« galt auch als Jude, wenn er oder sie mit einer Jüdin bzw. einem Juden verheiratet war. Ein »Mischling 1. Grades«, der von einem Elternpaar aus einem »Mischling 1. Grades« und einem Abkömmling von drei glaubensjüdischen Großeltern abstammte, galt als Jude bzw. Jüdin (»Volljude« bzw. »Volljüdin« 852), wenn die Ehe der Eltern nach dem 17. September 1935 geschlossen worden war.853 In der deutschen Volkszählung von 1939 wurden 330.539 »Juden oder jüdische Mischlinge insgesamt«, einschließlich 44.573 Ausländer, gezählt, davon 71.126 Personen als »Mischlinge 1. Grades« und 41.456 als »Mischlinge 2. Grades«. Von den 330.539 »Juden oder jüdische[n] Mischlinge[n] insgesamt« waren 33.132 der religiösen Zugehörigkeit nach Nichtjuden: 13.126 »Juden« gehörten »evangelischen Landes- und Freikirchen« an; 10.403 waren römisch-katholisch; 634 waren »sonstige Angehörige einer Kirche, Religionsgesellschaft oder religiösweltanschaulichen Gemeinschaft«; 3.501 waren »Gottgläubige«; 4.547 erklärten sich als »Glaubenslose«; 921 wurden »Ohne Angabe« gezählt.854 Weiter aufgeschlüsselt: Von den 71.126 »Mischlingen 1. Grades« gehörten 34.745 zu den »evangelischen Landes- und Freikirchen« und 21.408 waren römischkatholisch. Also gehörten 56.153 oder 78,97 Prozent der »Mischlinge 1. Grades« zu christlichen Religionsgemeinschaften. Von den übrigen »Mischlingen 1. Grades« zählten 673 zu »sonstigen« Kirchen, Religionsgesellschaften oder religiös-weltanschaulichen Gemeinschaften; 3.766 waren »gottgläubig«; 3.663

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erklärten sich als »Glaubenslose«; 511 gaben keine Erklärung ab. Von den 41.456 »Mischlingen 2. Grades« gehörten 24.796 oder 59,81 Prozent zu den »evange­ lischen Landes- und Freikirchen« und 12.987 zur Römisch-Katholischen Kirche. Somit gehörten zusammen 37.783 oder 91,26 Prozent der »Mischlinge 2. Grades« zu christlichen Religionsgemeinschaften. Seit wann sie bzw. ihre Eltern oder Großeltern christlichen Religionsgemeinschaften angehörten, gab die Statistik nicht an. 398 zählten zu anderen Religionsgesellschaften, 1.647 waren »gottgläubig« und 165 machten keine Angabe.855 Am 20. Januar 1942 kamen hohe Vertreter der Staatssekretärebene der Reichsministerien und SS-Führer in einer Villa am Berliner Wannsee zusammen, um die Deportation der Juden in die Konzentrationslager zu koordinieren (»WannseeKonferenz«). Das Schlussprotokoll der Konferenz schätzte ohne Unterscheidung zwischen deutschen und ausländischen Juden, dass vom 30. Januar 1933 »bis zum Stichtag 31. 10. 1941 insgesamt rund 537.000 Juden zur Auswanderung gebracht« worden seien. Davon seien 360.000 Juden seit dem 30. Januar 1933 aus dem alten Reichsgebiet (»Altreich«) emigriert; 147.000 seit dem 15. März 1938 aus Österreich (»Ostmark«); 30.000 seit dem 15. März 1939 aus dem »Protektorat Böhmen und Mähren« (in der Sprache der Nationalsozialisten auch »Resttschechei«). Das Protokoll enthält weiter die Annahme, dass sich Ende 1941 noch 131.800 Juden im (Alt-)Reichsgebiet befanden, dazu 43.700 in der »Ostmark«.856 Die Diskrepanz von 7.882, die sich aus dem Vergleich der Zahlen von insgesamt 499.682 bei der Volkszählung 1933 im Reichsgebiet anwesenden Juden, 360.000 Emigrierten und Ende 1941 noch anwesenden 131.800 Juden ergibt, erklärt sich möglicherweise dadurch, dass die am 25., 29. und 30. November 1941 bei Kowno und Riga erschossenen rund 7.000 Juden aus Berlin, Breslau, München, Frankfurt und Wien im Januar 1942 nicht mitgezählt wurden.857 Aus den Zahlen geht zugleich hervor, dass die Ausweitung des Begriffs »Jude« über »Glaubensjuden« hinaus in der Volkszählung von 1939 die Gesamtzahl nicht wesentlich vergrößerte. Für das Protektorat Böhmen und Mähren schätzte man noch 74.200. Das besetzte Elsass-Lothringen ist im Protokoll nicht erwähnt. Die »Endlösung der europäischen Judenfrage« bezog alle europäischen Länder ein, einschließlich beispielsweise England (330.000 Juden), den europäischen Teil der Türkei (55.500 Juden), die Sowjetunion (5.000.000 Juden) einschließlich der Ukraine (2.994.684 Juden; wie man zu einer so genauen Zahl kam, ist unklar), das »Generalgouvernement« genannte nicht-annektierte Polen (2.284.000 Juden), Griechenland (700.000 Juden) und die Schweiz (18.000 Juden); nur Estland war schon »judenfrei«.858 Die nun folgenden Kapitel geben Hinweise, welche Zahlen Goerdeler in den Kategorien a) bis d) erwarten konnte.

21 | EHEN UND GEBURTEN: JUDEN, EHEMALS JÜDISCHE CHRISTEN, NICHTJUDEN Die Gesamtzahl der Eheschließungen im Deutschen Reich war in den Jahren von 1919 bis 1921 angestiegen: 1918 waren es 352.543, 1920 zählten die Statistiker 894.978 und 1921 noch 731.157. Die Zahl der Geburten nahm ebenfalls zu. 1917 waren es 939.938, 1918 noch 956.251, 1919 schon 1.299.404, 1920 und 1921 waren es 1.651.593 und 1.611.420.859 Von 1901 bis 1932 heirateten 113.548 jüdische Männer jüdische Frauen. 40.679 jüdische Personen heirateten in derselben Zeit nichtjüdische Ehepartner.860 1920 waren von den insgesamt 894.978 Frauen im Deutschen Reich, die sich verheirateten, 8.393 jüdische Frauen. Von diesen 8.393 jüdischen Frauen heirateten 7.497 im Jahr 1920 jüdische Männer, 896 heirateten nichtjüdische Männer. 1.315 jüdische Männer heirateten nichtjüdische Frauen (von diesen waren 927 lutherisch oder reformiert, 294 römisch-katholisch, 19 »andere« Christen, 75 ohne festgestellte religiöse Zugehörigkeit).861 In den Kriegsjahren waren die Zahlen nur halb so hoch wie 1920. 1917 heirateten 2.033 jüdische Männer; von diesen ehelichten 1.402 jüdische Frauen, 631 heirateten nichtjüdische Frauen. Im selben Jahr 1917 verehelichten sich 1.806 jüdische Frauen; von diesen heirateten 1.402 jüdische Männer und 404 nichtjüdische Männer.862 In der Volkszählung von 1933 wurde festgehalten, dass 40.836 jüdische Frauen, die sich in den Jahren 1918 bis 1928 verheiratet hatten, von 1919 bis 1929 insgesamt 55.208 Kinder zur Welt gebracht hatten. Die Gesamtzahl ist in Wirklichkeit größer, weil die Statistik Frauen mit mehr als fünf Kindern nur als Frauen »mit fünf oder mehr« Kindern aufführt.863 Das bedeutet, dass jüdische Frauen in den Jahren 1919 bis 1929 durchschnittlich mindestens 1,35 Kinder gebaren. Die Zahlen der Taufen von Juden und der Eheschließungen von Juden mit Nichtjuden (überwiegend Christen) stieg von 1870 bis 1933 stetig an. Die größten Zahlen der Konversionen und Taufen von Juden nennt die Statistik für die Jahre 1896 bis 1900 mit 2.294; 1921 bis 1925 waren es 1.219. Von 1926 bis 1930 sank der jährliche Durchschnitt der Konversionen und Taufen von Juden auf 710; für die Jahre 1931 und 1932 zusammen waren es nur noch 668.864 Rund 75 Prozent der Kinder aus Mischehen zwischen Juden und Nichtjuden wurden in einer nichtjüdischen Religion erzogen, nur rund 25 Prozent der Kinder aus solchen Mischehen wuchsen in der jüdischen Religion auf.865 Von 1901 bis 1932 wuchs die Zahl der Eheschließungen zwischen Juden und Nichtjuden auf 40.679 oder um 2,46 Prozent aller Eheschließungen in Deutschland. In den Jahren 1926 bis 1930

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|  Ehen und Geburten

betrugen sie 7.729 oder 2,8 Prozent aller Eheschließungen in Deutschland.866 In den Jahren 1931 und 1932 betrugen die jüdisch-nichtjüdischen Eheschließungen 2,72 Prozent aller Eheschließungen in Deutschland.867 Übertritte von der jüdischen zu einer nichtjüdischen Religionsgemeinschaft, vorwiegend zu einer christlichen, sind unvollkommen dokumentiert. In den Jahren 1911 bis 1932 sind nach der vorliegenden Statistik 5.620 Juden zu lutherischen oder reformierten Konfessionen übergetreten. Die Statistik verzeichnet nicht die geringeren, allerdings seit der Jahrhundertwende zunehmenden Übertritte zur Römisch-Katholischen Kirche. Auch die Zahlen für evangelisch getaufte Juden sind nicht vollständig, die Statistiker weisen darauf hin, dass sie nur Mindestzahlen angeben können, weil nicht alle infrage kommenden Taufen als Judentaufen statistisch erfasst worden seien – die Geistlichen und die Kirchenbehörden können also nicht in allen Fällen darauf bestanden haben, die ethnische bzw. religiöse Herkunft des Täuflings zu erfahren.868 Die Zahlen der von den Nationalsozialisten definierten »Rassejuden« in Goerdelers Kategorien (c) und (d) sind jedenfalls nicht gering, wie Goerdeler zweifellos bewusst war, wegen der wachsenden Zahl der Taufen und jüdischnichtjüdischen Eheschließungen und wegen der 75 Prozent Kinder aus gemischten Ehen, die als Christen aufwuchsen.869

22 | EINBÜRGERUNG Seit 1871, besonders gegen Ende des Jahrhunderts im Zusammenhang mit den Pogromen im Russischen Kaiserreich, und nach der Jahrhundertwende sowie in den 1920er-Jahren, war immer wieder die Rede von übermäßiger und unkontrollierter Zuwanderung und Einbürgerung von Juden in Deutschland.870 Im 19. Jahrhundert kam tatsächlich ein stetiger Strom von Einwanderern aus dem Osten nach Preußen, insbesondere aus dem russischen und dem österreichischen Polen (Galizien). Bis 1842 konnten Juden im russischen Polen dem Militärdienst durch Geldzahlungen entgehen, seit 1842 durften sie es nicht mehr. Seitdem gab es immer wieder erhöhte Zahlen von Zuwanderern nach Preußen. Seit 1881 verstärkten die Pogrome und Verfolgungen gegen die Juden in Russland deren Emigration.871 Aber 1884 und 1885 wies Preußen 32.000 Polen, die russische Staatsbürger waren, aus Preußen aus, unter ihnen rund 10.000 Juden.872 Nach der russischen Revolution von 1905 beschloss die preußische Regierung, Juden aus Russland von Einbürgerungen auszuschließen. Im Deutschen Reich machte man im Staatsinteresse hinsichtlich des Militärdienstes oder zu erwartender hoher Steueraufkommen Ausnahmen.873 Seit etwa 1900 beeinflussten und behinderten aber die »völkische« Ideologie und die Betonung ethnischer »Reinheit« die Einbürgerungspraxis insgesamt. Anträge auf Einbürgerung von Personen, die vom Judentum zum Christentum übergetreten waren, wurden prinzipiell abgelehnt. Die preußische Regierung versuchte auch die Regierungen der süddeutschen Staaten zu dieser Haltung zu bewegen.874 Seit 1918 radikalisierte sich der bürokratische Nationalismus.875 Restriktive Vorschriften und Einstellungen sorgten überall dafür, dass besonders wenige Juden eingebürgert wurden. 1914 und 1915 und auch in den 1920er-Jahren waren die Zahlen der Einbürgerungen von Juden allerdings, verglichen mit der Zeit vor 1914, verhältnismäßig hoch.876 Vor und nach 1918 kam die überwiegende Zahl aller in das Deutsche Reich zuziehenden Immigranten nach Preußen. Die meisten »Einwanderer« nach 1918 kamen aus bis dahin deutschen Gebieten, die das Deutsche Reich durch den Vertrag von Versailles von 1919 verloren hatte. Während der Reichstags- und Landtagswahlkämpfe 1924 sah sich der preußische Innenminister Carl Severing beschuldigt, in einem Jahr allein 90.000 »Ostjuden« eingebürgert zu haben.877 Tatsächlich wurden 1921 in Preußen insgesamt 6.953 Personen eingebürgert; davon waren 757 »fremdstämmige Ostausländer«. Unter dieser schon kleinen Zahl befand sich eine noch geringere Zahl von Juden. 1922 wurden 10.895 Personen eingebürgert, einschließlich 638 »fremdstämmigen Ostausländern«, unter denen

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|  Einbürgerung

eine unbekannte Zahl Juden waren. 1923 waren es 17.847 Personen, einschließlich 309 »fremdstämmiger Ostausländer«. Die Zahlen für 1924 waren im selben Jahr noch nicht verfügbar, konnten also nicht Gegenstand öffentlicher Debatte sein. 1925 betrug der Anteil der »Ostjuden«, die in Preußen Einbürgerung beantragten, 49 Personen oder 0,9 Prozent aller Anträge auf Einbürgerung in Preußen. 1930 antwortete der preußische Innenminister im Landtag auf Fragen der Nationalsozialisten nach Einbürgerungen, dass von 1919 bis 1929 in Preußen 107.599 Ausländer eingebürgert worden seien, von denen 98.864 »deutschstämmig« und 7.654 »fremdstämmige Ostausländer« seien. Deutsche Staatsangehörige, die in den von Polen seit 1918 annektierten Gebieten wohnten und für den Verbleib an ihrem Wohnsitz optierten, wurden ipso facto polnische Staatsangehörige und verloren ihre deutsche Staatsangehörigkeit.878 In der Volkszählung vom 16. Juni 1933 versuchten die Behörden in Deutschland, die Zahl der jüdischen Zuwanderer aufzubauschen. Dazu zählten sie Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit aus von Polen annektierten Gebieten, die nach § 90 des Versailler Vertrages für Deutschland optiert hatten, als »Ausländer«. Solomon Adler-Rudel hat diesen Betrug entlarvt.879 Die Behörden wollten nach dem 30. Januar 1933 die Einbürgerung möglichst vieler Juden widerrufen. Die Nationalsozialisten forderten im Parteiprogramm der NSDAP vom 24. Februar 1920, dass »alle Nicht-Deutschen, die seit dem 2. August 1914 in Deutschland eingewandert sind, sofort zum Verlassen des Reiches gezwungen werden«.880 Die Regierung bemühte sich also, mindestens ebenso viele Juden zu denaturalisieren wie seit 2. August 1914 eingebürgert worden waren. Dazu erließ man am 14. Juli 1933 das »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit«.881 Es führte die bestehende Tendenz fort und erweiterte die gesetzlichen Grundlagen für Ausbürgerungen. Die bestehenden Richtlinien für Einbürgerungen waren 1921 von der Reichsregierung und den Ländern vereinbart worden. Sie verlangten, dass nur Personen eingebürgert werden, »die in staatsbürgerlicher, kultureller und wirtschaftlicher Hinsicht einen wertvollen Bevölkerungszuwachs darstellen« und die sich vor der Einbürgerung mindestens zehn Jahre im Reichsgebiet aufgehalten haben. Preußen erhöhte schon 1925 die Mindestniederlassungsfrist auf 20 Jahre.882 In den Debatten um die Einbürgerungspolitik der Jahre 1923 und 1924 war, wie Gosewinkel schreibt, auch unter den Ministerien, »der zentrale Konfliktpunkt« die Behandlung der »Ostjuden«. Die Bezeichnung sei »zum Kürzel und Sinnbild des unerwünschten ›Ostausländers‹ schlechthin« geworden. Mit der religiösen Bezeichnung vermischten sich die geographische und die der Nationalität mit

Einbürgerung  |

der Folge, dass im Hinblick auf Einbürgerung und später das Gegenstück Ausbürgerung die Eigenschaft »Jude« schon allein gegen »Kulturverwandtschaft« und gar »Deutschstämmigkeit« sprechen konnte. Einbürgerungen gehörten zur Kompetenz der Länder (Nachfolger der Bundesstaaten des Norddeutschen Bundes bzw. des 1871 gegründeten Deutschen Reichs). Einbürgerungen konnten jedoch nicht wirksam werden, wenn ein anderes Land gegen eine beabsichtigte Einbürgerung in einem Land Einspruch erhob; dann musste der Reichsrat (Nachfolger des Bundesrats) über die Triftigkeit der vorgebrachten Einspruchsgründe entscheiden.883 Der Reichsrat behandelte in seiner Sitzung vom 5. Februar 1931 die Einsprüche Thüringens gegen 362 beabsichtigte Einbürgerungen in Preußen und zusammen 21 in Baden, Hessen, Anhalt, Mecklenburg-Strelitz und Bremen. Der Vertreter Thüringens, Bevollmächtigter Minister Dr. Hermann Münzel, in Vertretung des Thüringischen Ministerpräsidenten Erwin Baum (Landbund) und des Stellvertretenden Ministerpräsidenten und Innenministers Dr. Wilhelm Frick (NSDAP), trug vor, Zuwanderer, die während des Krieges und danach bis 1921 »über die damals noch ungeschützten Grenzen nach Deutschland unkontrolliert hereingeflutet sind«, hätten jetzt die zehnjährige Mindestaufenthaltsdauer erreicht und wollten eingebürgert werden. Die Mehrheit in den mit der Prüfung der Frage befassten Ausschüssen des Reichsrats erblickte »in dieser massenweise einsetzenden Einbürgerung von fremdstämmigen und kulturfremden Ausländern« eine »große Gefahr für das deutsche Volkstum«. Der Vertreter Preußens, Ministerialdirektor Dr. Arnold Brecht, erklärte dagegen, dass der Begriff der Fremdrassigkeit sich zum Unterscheidungsmerkmal für den Wert einer Persönlichkeit nicht eignet, am wenigsten in einem Lande, das, wie Deutschland, der Blutmischung so viele hervorragende Namen verdankt, in dem beispielsweise Männer, wie die Gebrüder Humboldt als Söhne einer französischen Mutter französisches Blut und viele Familien mit der Namensendung auf itz, ow usw. (Zitzewitz, Tarnow, Reventlow) wendisches oder östliches Blut haben. Nach dem thüringischen Theoretiker Günther müsste man sogar annehmen, daß etwa 4/5 aller Deutschen »fremdrassig« oder »mischrassig« seien, darunter besonders viele Oberbayern, Thüringer usw. Ob das der Fall ist, brauchen wir nicht zu prüfen. Die Ansicht aber, daß alle solche mischrassigen Deutschen – das wäre nach Günthers Ansicht also der größte Teil – minderwertig seien, kann nicht scharf genug zurückgewiesen werden.

Münzel berief sich gleichwohl auf »die Rassenlehre Professor Günthers«, die wissenschaftlich sei, die Auseinandersetzung mit ihr sei der Wissenschaft zu überlassen,

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222

|  Einbürgerung

und blieb bei seinem Standpunkt. Ministerialdirektor Brechts Feststellung, durch Verweigern der Einbürgerung »werde die Konkurrenz der nun einmal im Lande befindlichen Eingewanderten nicht beseitigt«, verwies darauf, dass der behauptete Schaden für das deutsche Volkstum durch Einbürgerung nicht vermehrt und durch Nichteinbürgerung nicht verhindert werde. Der Reichsrat lehnte schließlich, gegen die Stimmen von Thüringen und Braunschweig, alle Einsprüche ab.884 In der Sitzung am 5. Februar 1931 verständigten sich die Vertreter der Länderregierungen im Reichsrat ferner auf eine zwanzigjährige Aufenthaltsdauer als eine Voraussetzung für die Einbürgerung. Sie ersuchten die Reichsregierung, gegen die Stimmen von Thüringen und Braunschweig, »sich möglichst bald mit den Länderregierungen zur Vereinbarung neuer Richtlinien« auf der Grundlage zwanzigjährigen Inlandaufenthalts in Verbindung zu setzen. Der Reichsrat beschloss außerdem, die Zwanzigjahreregel auf künftige Fälle anzuwenden, jedoch noch nicht auf die am 5. Februar 1931 vorliegenden.885 In den Reichsratsitzungen am 12. Februar und 26. November 1931 einigte man sich, die am 5. Februar 1931 beschlossenen vorläufigen Grundsätze auf die in diesen Sitzungen vorliegenden Fälle anzuwenden.886 Somit war die zwanzigjährige Mindestaufenthaltsdauer vorläufige Regel geworden. Als Konsequenz daraus hatten Personen, die die Zwanzigjahreregel nicht erfüllten, so gut wie keine Aussicht auf baldige Einbürgerung. Nach dem 30. Januar 1933 hörten die Einbürgerungen von Juden prinzipiell auf. Für Württemberg, das einzige Land, für das Einbürgerungsstatistiken verfügbar sind, hatte das keine merkliche Auswirkung, weil dort Juden schon vor 1933 wenig Aussicht auf Einbürgerung hatten.887 Am 28. Februar 1942 verfügte das Reichsministerium des Innern eine vollständige Sperre für Einbürgerungen.888 Wegen der starken Beschränkungen der Zuwanderung und Einbürgerung vor dem 30. Januar 1933 war ein Ausgleich der Emigration durch Zuwanderung und Einbürgerung so geringfügig, dass er zu vernachlässigen ist. Jedoch erlaubte das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 in definierten Fällen Zuwanderern die Einbürgerung, zum Beispiel durch den Militärdienst. Ausländer im Reichs- oder Landesbeamtenverhältnis wurden automatisch eingebürgert.889 Um nun, beim Fehlen vollständiger Statistiken, zu einigermaßen zuverlässigen Schätzungen der Zahl derjenigen Personen zu gelangen, die nach Goerdelers Stichtag 1. Juli 1871 (richtig: 1. Juni 1871) eingebürgert worden waren und nicht in den »Ausnahmen« der Kategorien (a) bis (d) erscheinen, muss man die Statistiken nützen, so weit sie reichen. Eine Dokumentation für Preußen weist für die Jahre von 1849 bis 1880 aus, dass 3.036 jüdische Immigranten aus dem russischen Teil Polens in dieser Zeit

Einbürgerung  |

naturalisiert wurden. Das waren rund 100 pro Jahr.890 Etwaige jüdische Immigranten zum Beispiel aus Ungarn oder Italien erscheinen nicht in der Statistik und fielen offenbar nicht ins Gewicht. Die Einbürgerungspraxis in Bayern und in Sachsen – Sachsen war nach Preußen unter den deutschen Ländern das mit der größten jüdischen Bevölkerung – deutet auf eine jährliche Einbürgerungsquote von 150 Juden aus dem russischen Teil Polens in den Jahren 1871 bis 1880 hin. Da auch aus Russland selbst sowie aus Österreichisch-Galizien und aus anderen osteuropäischen Regionen jüdische Zuwanderer kamen und da die anderen deutschen Länder keine gänzlich unterschiedlichen Praktiken anwandten, kann man die Zahl von 450 in den zehn Jahren von 1871 bis 1880 im jähr­ lichen Durchschnitt eingebürgerten Juden annehmen. Die Gesamtzahl für das Deutsche Reich in den Jahren von 1871 bis 1880 beträgt demnach rund 4.500.891 Für Preußen existieren genaue Zahlen über Einbürgerungen für die Jahre von 1883 bis 1886 und 1895 bis 1911. Preußen führte außerdem detaillierte geheime Einbürgerungsstatistiken.892 Die preußischen Statistiken für die Jahre 1883 bis 1886 ergeben den jährlichen Durchschnitt von 181 in Preußen eingebürgerten ausländischen Juden. 1883 machten die Einbürgerungen ausländischer Juden in Preußen 7,9 Prozent aller Einbürgerungen in Preußen aus, 1884 betrug der Anteil 10,7 Prozent. Dann folgten 1884 und 1885 die oben erwähnten Ausweisungen von rund 32.000 Polen (russische Staatsbürger) aus Preußen, darunter rund 10.000 Juden.893 Diese Juden waren noch nicht eingebürgert, doch viele von ihnen wären Kandidaten für die Einbürgerung gewesen. Als Folge der Ausweisungen fiel der Anteil der Juden an den Einbürgerungen in Preußen 1885 auf 4,7 Prozent und 1886 auf 4,3 Prozent. In den 1890er-Jahren sank dieser Prozentsatz weiter, 1896 auf 1,77 Prozent und 1897 auf 0,68 Prozent oder 24 Personen. Von 1896 bis 1911 betrug der jährliche Durchschnitt 88 Personen. 1910 naturalisierte Preußen 104 ausländische Juden. Für die Jahre 1892 bis 1911 kann die Zahl von 1.672 in Preußen eingebürgerten Juden berechnet werden. 1905 und 1906 betrug der Prozentsatz der eingebürgerten Juden 0,94 Prozent bzw. 1,59 Prozent aller Einbürgerungen in Preußen. 1911 sank der Anteil auf 0,72 Prozent und blieb bei oder unter 1,07 Prozent bis zum Ausbruch des Krieges im August 1914.894 Obwohl vollständige Zahlen fehlen, lassen sich die Einbürgerungen von Juden im Deutschen Reich insgesamt mithilfe der Bevölkerungsproportionen unter den Bundesländern schätzen. Die Bevölkerung Preußens betrug in den Jahren 1871 bis 1913 durchschnittlich 61,2 Prozent der gesamten deutschen Bevölkerung (der Anteil stieg zwischen 1871 und 1913 von 60 auf 62,4 Prozent 895). Geht man davon aus, dass Einbürgerungen in den anderen Bundesstaaten nahezu die gleichen Proportionen zu den jeweiligen Bevölkerungen der einzelnen Bundesstaaten

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|  Einbürgerung

aufweisen wie in Preußen, so belief sich der Reichsdurchschnitt für die Jahre 1883 bis 1886 pro Jahr auf 297 eingebürgerte Juden. In der Zeit von 1881 bis 1895 führte Preußen für die meisten dieser 14 Jahre detaillierte Statistiken über Einbürgerungen. In der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts gelang es Preußen, im Bundesrat das Vetorecht einzuführen und dadurch Einbürgerungen in anderen Ländern einzuschränken. Wendet man den geschätzten Reichsdurchschnitt von 297 Einbürgerungen von Juden pro Jahr in der Zeit von 1881 bis 1895 an, so ergeben sich für diese 14 Jahre insgesamt 4.158 Einbürgerungen im Deutschen Reich. 1880 reichten mindestens 225.000 Unterzeichner eine Petition an Reichskanzler von Bismarck ein und verlangten die Wiederaufnahme der amtlichen Statistik über die jüdische Bevölkerung (»Antisemitismuspetition«). Während der Debatte im Reichstag 1881 äußerten sich weder die Regierung noch die Parteien klar dazu, doch führte Preußen 1882 auf Drängen Bismarcks die statistische Erhebung über die Religionszugehörigkeit der gesamten Bevölkerung ein, den religiösen Zensus.896 Damit war die Ermittlung der Zahl der in Preußen eingebürgerten Juden möglich. 1887 stellte Preußen aufgrund eines Bundesratsbeschlusses die öffentliche statistische Erhebung der Staatsangehörigkeit ein.897 Jedoch nahm die preußische Regierung ab 1892 inoffiziell, geheim, die jähr­lichen Erhebungen über Einbürgerungen, unterschieden nach Nationalität und Religionszugehörigkeit, wieder auf und setzte sie bis 1919 fort.898 Um jedoch den Aufwand umfassender Erhebungen in Preußen einzuschränken, nahm man in drei Jahresgruppen – 1896 bis 1897, 1905 bis 1906, 1909 bis 1911 – sieben Stichproben vor. Ohne die »Aufnahme« von Staatsangehörigen aus anderen Bundesstaaten und ohne Wiedereinbürgerungen ergab sich die Zahl von 541 in den sieben Jahren der Stichproben in Preußen eingebürgerten Juden, also durchschnittlich 77 pro Jahr. Daraus ergibt sich auf Reichsebene bei Anwendung der oben beschriebenen Methode eine geschätzte Zahl von 884 eingebürgerten Juden für die sieben Jahre der Stichproben – oder durchschnittlich 88 pro Jahr. Verglichen mit der für die Jahre 1881 bis 1895 errechneten Jahresrate der im ganzen Reich eingebürgerten Juden, ist die Rate der Einbürgerungen in den sieben Jahren der Stichproben also stark zurückgegangen. Dies, obwohl in diesen Jahren die Höhepunkte der jüdischen Einwanderung erreicht wurden. Diese führte jedoch nicht im selben Verhältnis zu jüdischen Einbürgerungen.899 Auf den betrachteten Zeitraum von 19 Jahren (1892 bis 1911) übertragen ergibt sich eine Gesamteinbürgerung von 1.672 Juden. Nimmt man einen jährlichen Durchschnitt von 257 Einbürgerungen von Juden im Deutschen Reich während der Jahre 1881 bis 1914 an, so ergibt sich für diese Jahre die geschätzte Zahl von 5.830 Einbürgerungen.

Einbürgerung  |

Es gibt keine Statistik der Einbürgerungen von Juden im ganzen Deutschen Reich für die Jahre 1919 bis 1933.900 Eine weitere Annäherung ist jedoch möglich. Das »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933 setzte die Reichsregierung in den Stand, »nicht erwünschte« Personen, die zwischen dem 9. November 1918 und dem 30. Januar 1933 eingebürgert worden waren, auszubürgern. Das Gesetz war darauf angelegt, so viele Juden wie möglich auszubürgern.901 Nach damals geltendem Völkerrecht war das »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit« vom 14. Juli 1933902 unangreifbar. Die Novelle vom 8. August 1918 zur britischen »Nationality and Status of Aliens Act« von 1914 verfügte, der Staatssekretär (Secretary of State) solle die Naturalisierung unter anderen von Personen widerrufen, über die er befindet, dass »das Weiterbestehen der Einbürgerungsurkunde dem Gemeinwohl nicht zuträglich ist [not conducive to the public good]«. 903 Die Vereinigten Staaten und andere Länder hatten ähnliche Regelungen.904 Doch war das deutsche Gesetz vom 14. Juli 1933 insofern kontraproduktiv, als der nationalsozialistischen Führung gleichzeitig daran lag, möglichst viele Juden zur Auswanderung zu bewegen. Juden, die durch Ausbürgerung staatenlos wurden, hatten es besonders schwer, im Ausland Aufnahme zu finden. Die Zahl der tatsächlich aus dem Deutschen Reich ausgebürgerten Juden lässt sich annähernd ermitteln. In den 1980er-Jahren stellte das Bundesverwaltungsamt in Köln eine allgemeine Liste von Ausbürgerungen der Jahre 1933 bis 1945 zusammen. Es stützte sich dafür auf die in diesen Jahren im Reichsanzeiger bekanntgegebenen Namen und Zahlen und ermittelte 19.291 ausgebürgerte Personen. Die Liste ist unvollständig, jedoch dürfte sie laut Auskunft des Bundesverwaltungsamts gut über 90 Prozent aller Ausbürgerungen für die Jahre 1933 bis 1945 enthalten.905 Aus den Bekanntgaben im Reichsanzeiger gingen weder Nationalität noch Religionszugehörigkeit hervor, sie enthielten auch keine Angaben zur »Rasse« der Ausgebürgerten. Das Gesetz vom 14. Juli 1933 zielte auf »Ostjuden«, auf Kriminelle und Personen, »die sich in einer dem Wohle von Staat und Volk abträglichen Weise verhalten haben«. Und: »Ob eine Einbürgerung als nicht erwünscht anzusehen ist, beurteilt sich nach völkischnationalen Grundsätzen.« »Die rassischen, staatsbürgerlichen und kulturellen Gesichtspunkte für eine den Belangen von Reich und Volk zuträgliche Vermehrung der deutschen Bevölkerung durch Einbürgerung« standen ausdrücklich »im Vordergrunde«. Unter diesen »Gesichtspunkten« konnten Schriftsteller, Künstler, Universitätslehrer, politische Gegner und Missliebige ausgebürgert werden. Man kann schätzen, dass etwa zwei Drittel der Zusammenstellung von

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19.191 ausgebürgerten Personen Juden waren; dass also 12.860 jüdische Personen aufgrund des Gesetzes vom 14. Juli 1933 und seiner Durchführungsverordnungen ausgebürgert wurden.906 Damit beläuft sich die Gesamtzahl der von 1871 bis 1933 im Deutschen Reich eingebürgerten Juden auf die Zahl 26.310. Das sind 6,55 Prozent der Gesamtzahl der im Deutschen Reich durch Volkszählung 1933 bzw. 1934 ermittelten Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit, also 6,55 Prozent von 400.935, zuzüglich der 551 Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit im Saargebiet. Die aufgrund der verfügbaren Daten geschätzte Zahl von 26.310 deutschen Juden mit deutscher Staatsangehörigkeit waren zu dem von Goerdeler bestimmten Zeitpunkt, 1. Juli (richtig: 1. Juni) 1871 nicht deutsche Staatsangehörige, noch stammten sie von Personen ab, die zu dem genannten Zeitpunkt deutsche Staatsangehörige waren. Einbürgerungen von Juden im Deutschen Reich aufgrund der obigen Annahmen:

Gesamtzahl:

1871 – 1880

4.500

1881 – 1895

4.158

1895 – 1914

1.672

1914 – 1919

3.120

1919 – 1933

12.860

1871 – 1933

26.310

Die »Nürnberger Rassegesetze« und ihre Durchführungsverordnungen definierten »Volljuden«, »Halbjuden«, »Vierteljuden«, »Mischlinge 1. Grades« und »Mischlinge 2. Grades«. Diese Kategorien erscheinen in den Ergebnissen der Volkszählung vom 17. Mai 1939. Die Ergebnisse wurden aber erst 1944 und ohne große Verbreitung veröffentlicht. Goerdeler behandelte nicht die Frage, ob und inwieweit »Mischlinge« Anspruch auf die jüdische Staatsangehörigkeit gehabt hätten. In den vorstehenden Berechnungen, die nicht von Goerdeler stammen, sondern Jahrzehnte nach seinem Tod angestellt wurden, muss eine geschätzte Anzahl von »Mischlingen«, die in keiner der vier Kategorien von Goerdelers »Ausnahmen« enthalten wären, zu der oben ermittelten Zahl von 26.310 hinzugezählt werden. Wenn derselbe Prozentsatz wie für die nach dem 1. Juni 1871 und nicht aufgrund von Militärdienst eingebürgerten »Volljuden«, das heißt die in der Volkszählung vom 16. Juni 1933 festgestellten »Glaubensjuden«, auf die 112.582 in der Volkszählung vom 17. Mai 1939 festgestellten »Mischlinge« 907 angesetzt wird, müssen 7.386 Personen zu den 26.310 oben ermittelten hinzugezählt werden. Es existiert keine Aufstellung der »Mischlinge«, die seit der Volkszählung vom 16. Juni 1933 emigriert waren und daher in der Volkszählung vom 17. Mai

Einbürgerung  |

1939 nicht festgehalten wurden. Da aber »Mischlinge« durch die nationalso­ zialistische Judenverfolgung weniger gefährdet waren als »Volljuden«, ist zu vermuten, dass ein geringerer Anteil von ihnen bis 1939 emigrierte als »Volljuden«. Jedoch müssen nur etwa zehn Prozent von ihnen als nicht zu einer christlichen Religionsgesellschaft gehörend geschätzt werden, sodass sich die Zahl von 7.386, die nicht in Goerdelers Kategorien (c) und (d) erfasst wären, auf 738 reduziert.908 Zählt man die 112.582 »Mischlinge« zu den 1933 gezählten 400.935 deutschen Juden, so beträgt die geschätzte Zahl derer, die in Goerdelers Kategorien (a) bis (d) nicht erfasst sind, 27.048 oder 5,27 Prozent von 513.517 Personen. Einbürgerungen von Juden im Deutschen Reich aufgrund der obigen Annahmen: 1871 – 1880

4.500

1881 – 1895

4.158

1895 – 1914

1.672

1914 – 1919

3.120

1919 – 1933

12.860

1871 – 1933

26.310

»Mischlinge«

738

Gesamtzahl:

27.048

Die oben angestellten Berechnungen aufgrund von amtlich ermittelten Zahlen, statistischen Schätzungen und Annäherungen führen zu einer weiteren Annäherung. Das Ergebnis ist, dass etwa 373.887 oder 93,25 Prozent der 400.935 Juden (Glaubensjuden) mit deutscher Staatsangehörigkeit, die in der Volkszählung vom 16. Juni 1933 festgestellt wurden, in Goerdelers Kategorien (a) bis (d) fielen. Einschließlich der 551 mit der Saar dazugekommenen Juden wäre der Prozentanteil 93,12 Prozent. Diese Zahlen sind als »Ausnahme«, wie gesagt, fragwürdig. Sie sind jedoch schlagend als Beweis für Goerdelers Willen, womöglich allen deutschen Juden ihre deutsche Staatsangehörigkeit zu erhalten.

227

228

|  Einbürgerung

JUDEN, POLEN, ÖSTERREICHER-UNGARN, ÖSTERREICHER UND RUSSEN IM DEUTSCHEN REICH 1871 – 1941 909 Jahr

1871 1

1880

1885

1890

3

44.556.402

46.855.704

49.428.470

56.464.109 4

44.958.205 6

46.482.912 7

48.995.199 8

55.587.642

Gesamtbevölkerung

41.058.641

Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit

40.852.037 5

Israeliten (Glaubensjuden) im Deutschen Reich

1900

512.158

561.612

563.172

567.884

586.833

206.755

275.856 11

372.792 9

433.27113

778.698 14

117.997

156.762

201.542

390.914

17.107

46.971

jüdische deutsche Staatsangehörige Reichsausländer jüdische Reichsausländer Polen polnische Glaubensjuden österreichisch-ungarische Reichsangehörige Österreicher österreichische Juden Russen staatenlose Juden deutsche Staatsangehörige, die lt. Nürnberger Rassegesetzen Juden waren Juden im Deutschen Reich ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit

15.097

26.402 20

Einbürgerung  |

      Jahr

1910

1925

1933

1939

Gesamtbevölkerung

64.925.993

62.410.619

65.218.461

79.375.281

Bevölkerung mit deutscher Staatsangehörigkeit

63.664.341

61.453.523

64.461.701

78.355.594

Israeliten (Glaubensjuden) im Deutschen Reich

615.021

564.379

499.682 10 563.743 11

jüdische deutsche Staatsangehörige

538.634

456.632

400.935

1.259.873

921.900

Reichsausländer jüdische Reichsausländer

76.387

Polen

deutsche Staatsangehörige, die lt. Nürnberger Rassegesetzen Juden waren Juden im Deutschen Reich ohne Unterscheidung nach Staatsangehörigkeit

1.019.892

17

98.747

44.573

259.804

148.092 18

148.68719

56.480

16.532

128.859

81.226 20

47.173

12.873 22

österreichische Juden

staatenlose Juden

756.760 16

667.062

Österreicher

Russen

285.966

107.747

polnische Glaubensjuden österreichisch-ungarische Reichsangehörige

15

1941 2

4.647 137.697

4.535

19.960 285.966 23

131.800 24 43.700 25 74.200 26

229

230

|  Einbürgerung

1

Quellen zu dieser Übersicht (Nachberechnungen in späteren Heften weichen in einzelnen Fällen geringfügig von den ursprünglichen Feststellungen ab): Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für das Jahr 1873 Band II. Heft II. Abtheil. 1, S. 122, 144. Statistik des Deutschen Reichs. Band LVII. (In 2 Theilen ausgegeben.) Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dezember 1880, Berlin: Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht, 1883, S. 5, 248 – 250. Statistik des Deutschen Reichs. Neue Folge. Band 32. Die Volkszählung im Deutschen Reich am 1. Dezember 1885, Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht, 1888, S. 2-96, Tabellarische Übersichten S. 1 – 245. Statistik des Deutschen Reichs. Neue Folge. Band 68. Die Volkszählung am 1. Dezember 1890 im Deutschen Reich, Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht, 1894, S. 198 – 199. Statistik des Deutschen Reichs, Band 150. Die Volkszählung am 1. Dezember 1900 im Deutschen Reich. Bearbeitet im Kaiserlichen Statistischen Amt. Erster Teil. Berlin, Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft, 1903, S. 42, 104 – 105, 134. Statistik des Deutschen Reichs. Band 240. Die Volkszählung im Deutschen Reiche am 1. Dezember 1910, Berlin: Puttkammer & Mühlbrecht, 1915, S. 27, 134 – 153, 204, 210; in der Gesamtzahl der Deutschen sind die Deutschen in Schutz- und Kolonialgebieten mitgezählt. Statistik des Deutschen Reichs. Band 401,I. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1925, Teil I und II, Berlin: Reimar Hobbing, 1930, S. 353, 356, 357, 383, 386. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451,3. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933, Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, 1936 (Nachdruck Osnabrück: Otto Zeller, 1978), S. 5, 36. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451,4 (Heft 4. Die Ausländer im Deutschen Reich.), S. 5 – 9. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451,5. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933. Volkszählung. (Heft 5. Die Glaubensjuden im Deutschen Reich.), S. 7 gibt niederere Zahlen an für die Gesamtbevölkerung und für die jüdische Bevölkerung als die früher erschienenen Statistiken. Statistik des Deutschen Reichs. Band 470, S. 5, 7, 10. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552,1. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939, Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik Paul Schmidt 1943, S. 18. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552,3. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939 (Heft 3. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach der Religionszugehörigkeit), Berlin:

Einbürgerung  |

Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik Paul Schmidt, 1942, S. 8 – 14 führt religiöse Gruppierungen auf ohne Juden und Ausländer. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552,4 (Heft 4. Die Juden und jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich), Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik 1944, S. 4, 7, 8, 70. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552,5. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939 (Heft 5. Die Ausländer im Deutschen Reich), Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik 1943, S. 6, 7. Bella Schlesinger, Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932 - 33, Berlin: Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden, [1932], S. 13, 262, 320, 330, 343, 371, 376, 408, 410, 414, 417, 419, 421. Besprechungsprotokoll, Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, 20 Jan. 1942, Auswärtiges Amt, Politisches Archiv Inland II g 177 Bll. 165 – 188; Facsimile in Peter Longerich, Die WannseeKonferenz vom 20. Januar 1942, S. 67 et seq.; ob die Juden im Sudetenland gesondert oder mit denen im Protektorat Böhmen und Mähren gezählt wurden, ist unklar; Juden im Sudetenland wurden jedenfalls lt. »Gesetz über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich. Vom 21. November 1938«, RGBl. I 1938 S. 1641 deutsche Staatsangehörige. Diese Zahlen stehen im Protokoll der Wannsee-Konferenz. Statistik für 1890, S. 5 gibt die Gesamtzahl 41,058,792 an. 4 Statistik für 1900, S. 105 hat 56,367,178. 5 Aus Statistik für 1890; nicht in Statistik für 1871. 6 Aus Statistik für 1890; nicht in Statistik für 1880. 7 Aus Statistik für 1890; nicht in Statistik für 1885. 8 Aus Statistik für 1890. 9 Statistik des Deutschen Reichs. Band 32 für 1885 führt Ausländer ohne Unterscheidung nach religiöser Zugehörigkeit auf. 10 Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 13 Von den 499.682 Glaubensjuden in Deutschland am 16. Juni 1933 (ohne Saarland), waren 400.935 deutsche Staatsangehörige, 98.747 waren ausländische Staatsangehörige oder staatenlos. Statistik des Deutschen Reichs. Band 470, S. 5 hat 502.799 als Gesamtzahl; Statistik des Deutschen Reichs Band 451,5, S. 2, 7 nennt für 1933 die Zahl 503.000, davon 403.432 als »Reichsangehörige«, 99.367 Ausländer, 19.821 Staatenlose, und 470 mit ungeklärter Staatsangehörigkeit. 11 Schlesinger, S. 13, 262, 320, 330, 343, 371, 376, 408, 410, 414, 417, 419, 421, 427, 429. 12 Aus Statistik für 1890; nicht in Statistik für 1880; Statistik des Deutschen Reichs. Band 150, S. 134 hat 276.057. Statistik Band LVII unterscheidet Ausländer nicht nach religiöser Zugehörigkeit. 13 Statistik des Deutschen Reichs. Band 150, S. 134 hat 433.254. 14 Statistik 150 führt Ausländer nicht nach religiöser im Zusammenhang mit staatlicher Zugehörigkeit auf. 2

3

231

232

|  Einbürgerung

Statistik des Deutschen Reichs. Band 451,4, S. 9 nennt 957.096 Ausländer. Ausländer sind nicht nach Zusammenhang von religiöser und staatlicher Zugehörigkeit aufgeführt. 16 Statistik 470, S. 10 hat 764.079. 17 Statistik 470, S. 7 hat 99.367 ausländische Glaubensjuden. 18 Statistik 470, S. 10 hat 148.787. 19 Statistik 552, 5, S. 6 gibt diese Zahl für »Ehem. Polen« an. 20 Statistik des Deutschen Reichs Band 470, S. 10. 21 Ausländer aus Russland und Finnland sind zusammen gezählt. 22 Statistik 470, S. 10. 23 Statistik des Deutschen Reichs Band 552,4, S. 46. 24 Longerich, Wannsee-Konferenz, S. 67 et seq., auch für die beiden folgenden Zahlen; »Altreich« in der Bedeutung »vor dem Anschluss Österreichs«. 25 In Österreich (Ostmark). 26 In Tschechien (Protektorat Böhmen-Mähren). 15

23 | RESÜMEE Vorbehalte gegenüber Juden waren in der Welt verbreitet. In den 1920er-Jahren war in der Öffentlichkeit mancher Staaten vom Eindringen der Juden aus Osteuropa die Rede. Der Drang nach Westen, zu höheren Lebensstandards und weg von Pogromen und Verfolgung, erzeugte Druck. Die polnische Regierung mühte sich zugleich, die Juden zu vertreiben, die deutsche begann 1933 systematisch damit, beide Regierungen gingen auch mithilfe der Gesetzgebung zur Staatsangehörigkeit gegen Juden vor. Das souveräne Recht der Staaten, ihre Staatsangehörigen zu definieren, war international unbestritten. Seit dem 30. Januar 1933 aber verfügten in Deutschland fanatische Judenverfolger über die Staatsmacht. Goerdeler zeichnete am 9. Juli 1937, nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister, auf 70 Briefbogen des Hyde-Park-Hotels in London handschriftlich eine Erklärung auf über sein Verhalten seit dem 30. Januar 1933, über seinen Entschluss, die ihm noch gegebenen Möglichkeiten zu nutzen, anstatt sich in radikaler Grundsatztreue zu distanzieren, und über seinen Rücktritt. Er schrieb dies in geringem Zeitabstand zum Geschehenen, ohne die Erfahrung des Völkermordes an den Juden, ohne das Trauma der Folter, des Todesurteils und des Wartens auf die Hinrichtung, in Fesseln, gequält von Selbstvorwürfen. Auch Goerdeler soll man, mit Thomas Nipperdey zu sprechen, bei der Beurteilung seines damaligen Verhaltens seine für ihn damals offene Zukunft lassen: »Der Historiker und sein Leser müssen der Vergangenheit wiedergeben, was sie einmal hatte, was jede Zeit und auch unsere Gegenwart hat, nämlich eine offene Zukunft.« 910 Goerdeler hielt 1937 fest, dass er und sein damaliger Zweiter Bürgermeister Ewald Löser es 1933 ablehnten, sich »einem Massenwillen zu unterwerfen«. Es gelang ihnen, die SA an der Besetzung des Rathauses zu hindern und jüdische Geschäfte gegen SAPlünderer zu schützen. Die nüchtern-sachliche Mitarbeit des NSDAP-Kreisleiters Walter Dönicke half, wie Goerdeler schrieb, das Programm fiskalischer Ordnung in der Stadt durchzuführen, die Verwaltung nach dem Grundsatz der Leistung (statt der Parteizugehörigkeit) weiterzuführen und für das Wohl des Ganzen zu arbeiten. Allerdings: »Die Gesetze des Reiches haben natürlich auch wir durchführen müssen, selbst wo sie uns falsch oder unklug oder hart zu sein schienen.« An diesen Satz anschließend schrieb Goerdeler: Manchmal habe ich mich damals gefragt, ob ich [sic] nicht ein grundsätzliches Nein geboten sei. Ich kam aber aus den verschiedensten Gründen zur Ablehnung. Einmal war das deutsche Volk

234

|  Resümee

damals betrunken; und wenige sahen klar. Ein Nein damals hätte keinerlei nachhaltige Wirkung gehabt, es wäre vom großen Strom verschlungen. Wohl sind B[ürger]M[eister] Dr. Löser [und ich] damals auf den Brühl gezogen und persönlich in die Läden gegangen, um Ausschreitungen gegen die Juden zu verhindern; es zogen Lastautos mit plündernden S. A.-Leuten herum. Aber ein Nein damals hätte auch der Tatsache nicht Rechnung getragen, daß es 1918/19 viel rohere Vorfälle gegeben hatte, daß man damals Vaterlandsverteidiger zu Tode schlug u. a. Und letztlich stand die Mahnung meines unvergeßlichen Vaters und meiner geliebten Mutter vor meinem Geiste. Sie hatten 1919, beide über 70, unverdrossen ihre Pflicht weiter erfüllt und waren schließlich Sieger geblieben. Alle politischen Erwägungen wurden so durch die Stimme des Blutes zurückgedrängt: ich war in der 5. Generation preußischer Beamter, andere Ahnenreihen in meiner Familie haben seit dem Mittelalter dem Gan[zen] gedient. Materielle Reichtümer waren dabei nicht angesammelt, aber ein großer moralischer und verpflichtender Besitz. So beschloß ich durchzuhalten, solange mir keine Erschütterung meiner auf Leistungs- und Gerechtigkeitsstrebens [sic] gegründeten Autorität zugemutet wurde.911

Die Sätze erhellen Goerdelers Tätigkeit bis etwa 1940, als er Hitler längst bekämpfte und doch immer noch auf die Wirkung seiner Mahnungen und Ratschläge hoffte. Für eine von manchen Historikern behauptete grundsätzliche Abwehrhaltung Goerdelers gegenüber der Judenheit vor 1933 sind keine Zeugnisse bekannt.912 Ein Hinweis auf Goerdelers Mitgliedschaft in der Deutschnationalen Volkspartei als angeblichen Beleg für seine Zustimmung zu deren gesamtem Programm, worin unter »11. Volkstum« die relativ milden Worte »gegen jeden zersetzenden, undeutschen Geist, mag er von jüdischen oder anderen Kreisen ausgehen« stehen,913 sagt über Goerdelers persönliches Verhalten nichts aus. Was Goerdeler über die antijüdische Klausel des Parteiprogramms der DNVP dachte, ist nicht bekannt. Als Reichskommissar für Preisüberwachung hatte er mit der Regierung Brüning zusammenzuarbeiten, während der DNVP -Vorsitzende Hugenberg gegen Brüning Obstruktion betrieb. Ende 1931 erklärte Goerdeler öffentlich seinen Austritt aus der Partei.914 In einem Brief an Hugenberg schrieb G ­ oerdeler, er fühle sich »nach wie vor mit den politischen und weltanschaulichen Grundsätzen der Deutschnationalen Volkspartei verbunden«.915 Sein Verhalten vom 30. Januar 1933 bis zu seiner Erhängung am 2. Februar 1945 spricht dagegen, dass diese Erklärung eine pauschale Abwehrhaltung gegen Juden einbezogen hätte. Goerdeler sagte nie, wie Schacht, er wolle nicht für judenfreundlich gehalten werden. Goerdeler stimmte nie dem Judenprogramm der NSDAP zu, wie die Teilnehmer der oben behandelten Besprechung vom 20. August 1935.916 Im Gegenteil, Goerdeler verband seine Forderungen nach Änderung stets mit

Resümee  |

humanitären und rechtlichen Prinzipien, jedes Jahr stärker; besonders 1937 im Bericht über Kanada.917 Goerdelers Verhalten war eindeutig. Er lehnte die nach dem 30. Januar 1933 einsetzende antijüdische Politik sofort ab und bekämpfte sie. Sein Verhalten am »Boykott«-Tag des 1. April 1933, sein Widerstand gegen die Umbenennung von Straßen, die nach Juden benannt waren, sein Widerstand gegen die Boykottierung gesetzmäßig praktizierender jüdischer Ärzte und gegen andere Verstöße der Nationalsozialisten in Leipzig gegen Recht und Gesetz belegen es.918 Natürlich hatte Goerdeler begriffen, dass er auf dieser Ebene nur lokale Milderungen erreichen konnte. Er war Jurist, Oberbürgermeister, Mitherausgeber der Deutschen Juristen-Zeitung, Mitglied im Bund Nationalsozialistischer Deutscher Juristen und in der Akademie für Deutsches Recht (den Eintritt in die NSDAP lehnte er ab),919 zeitweiliger Reichskommissar für Preisüberwachung, Minister- und Kanzler-Kandidat. Er neigte nicht dazu, Gesetze zu missachten. Ein Versuch hätte angesichts der staatlichen Machtverhältnisse nur zum Rücktritt und Verlust öffentlicher Handlungsmöglichkeiten führen können. Seine Möglichkeiten, solange er eine radikale kompromisslose Stellungnahme vermeiden konnte, reichten weit über die eines weniger prominenten Bürgers, etwa eines Arztes, mittleren Beamten oder Rechtsanwalts hinaus. So suchte er mäßigend, im Sinne der Aufrechterhaltung des Rechtsstaats und zum Schutz der Juden zu wirken. Goerdelers Status in den zwölf Jahren der Diktatur Hitlers war der eines zum Regierungs- und Verwaltungssystem des Staates Gehörenden, nach seinem Rücktritt als Oberbürgermeister von Leipzig auch ohne Amt. Er reiste mithilfe von Schacht, Krupp, Bosch und Göring von 1937 bis 1939 häufig ins Ausland, nach Stockholm wenigstens zehnmal in Geschäften, auch noch während des Krieges.920 Die Anforderung von Gutachten von dem zum Tode Verurteilten schien ihm seinen Status selbst noch im Gefängnis zu bestätigen.921 Status und Vernetzung in der Gesellschaft gaben auch anderen Verschwörern in der führenden Gruppe des »20. Juli«, mit Ausnahme der Sozialdemokraten und Gewerkschafter, Handlungsspielraum. Ulrich von Hassell war, nach seiner Abberufung vom Botschafterposten in Rom im Februar 1938, von Außenminister von Ribbentrop im September 1938 für eine neue Verwendung vorgesehen, zu der es zwar nicht kam, doch wurde Hassell Mitglied des Vorstands des Mitteleuropäischen Wirtschaftstags, konnte auch im Krieg nach Belgien, Frankreich und in die Balkanländer reisen.922 Er traf sich in der Mittwochs-Gesellschaft mit dem früheren Generalstabschef Generaloberst Beck, dem Chirurgen Ferdinand Sauerbruch, Reichsbankpräsident a. D. Schacht, dem preußischen Finanzminister

235

236

|  Resümee

Popitz, dem Nationalökonomen Jens Peter Jessen, dem Philosophen Eduard Spranger.923 Die Verschwörer Helmuth James von Moltke, Dietrich Bonhoeffer, Hans von Dohnanyi, Hans Oster, Wilhelm Canaris, Hans Bernd Gisevius waren im Oberkommando der Wehrmacht / Amt Ausland im Kriegsdienst. Moltke reiste dienstlich nach Norwegen und Dänemark, zweimal nach Istanbul (um zugleich die Sache des Umsturzes zu fördern), Bonhoeffer in die Schweiz und nach Schweden. Peter Graf Yorck arbeitete seit 1936 bei Josef Wagner, dem Reichskommissar für die Preisbildung, früheren Oberpräsidenten in Breslau und Gauleiter von Nieder- und Oberschlesien.924 Berufssoldaten wie Henning von Tresckow und Claus Graf Stauffenberg agierten im Schutz ihres militärischen Status und ihrer im Sinne der Kriegführung im Felde loyalen Tätigkeit. Als Privatleute hätten sie alle nicht in den Büros der Abwehr, des Befehlshabers des Ersatzheeres, des Auswärtigen Amts und sonstiger Dienststellen und Ministerien ein- und ausgehen können. Um einen Staatsstreich auszuführen, musste man den Schaltstellen nahe sein, wie Hassell im September 1938 in sein Tagebuch schrieb, »die geringe Chance, überhaupt etwas zu machen, vermindert sich noch, wenn man ›draußen‹ ist«.925 Goerdeler argumentierte 1934, in der ersten Phase seiner Interventionen auf Regierungsebene, mit der Staatsräson für die Änderung der Judenpolitik. Er drang mit Maßnahmen seines Amtes als Reichskommissar für Preisüberwachung oft durch, so in der Lohnpolitik. Hitler, Goebbels und Schacht schätzten ihn als Fachmann der Wirtschaft und der Kommunalverwaltung. So vertraute Goerdeler auf die Wirkung seiner Argumente.926 In Denkschriften brachte er die »Jüdische Frage« zur Sprache und kritisierte die Politik der Regierung als in deren eigenem Interesse unklug. 1934 beschränkte er sich noch darauf, die Begrenzung der »deutsche[n] Rassenpolitik« 927 innerhalb der geltenden Gesetze zu verlangen, wandte sich gegen außergesetzliche Aktionen, die an der Tagesordnung waren, und gegen eine etwaige Ausdehnung der Judenverfolgung. Von 1935 bis 1937, in der zweiten Phase, verstärkte er seine Kritik mit dem Hinweis auf britische und französische »Wünsche« und »Imponderabilien«, denen man im nationalen Interesse entgegenkommen müsse. Im Jahr 1935, nach der Verkündung der »sogenannten Nürnberger Rassegesetze«, erhöhte er den Druck auf die Regierung. Er verlangte die »Unantastbarkeit des Eigentums«, die Achtung der Gesetze: »Daraus ergibt sich von selbst auch die Notwendigkeit, das Judenproblem klar und auf einer an den Imponderabilien des Auslandes nicht vorübergehenden Grundlage zu lösen.« 928 1936 wurde er deutlicher. Er verlangte die »Wiederaufrichtung von Recht und Moral«.929 Und man müsse den Haushalt in Ordnung bringen, ehe England und

Resümee  |

Frankreich Deutschland die dringend benötigten Anleihen gewähren werden. Er schrieb daran anknüpfend: Aber die Wünsche Englands und Frankreichs werden weitergehen. Es sitzen dort nun einmal Regierungen mit anderen Anschauungen, und es gibt Fragengebiete, auf denen große Unstimmigkeiten zutage getreten sind. Bekannt sind die Bedenken über die Behandlung der Judenfrage, der Logenfrage, der Kirchenfrage.930

Goerdeler verlangte ausdrücklich die Mäßigung der deutschen Judenpolitik.931 1937 schrieb er über seine Reise nach Kanada, obwohl die Juden dort keinen nennenswerten Einfluss auf die Regierung haben, »begegnet auch die Behandlung der Judenfrage in Kanada größerem Interesse als im Westen Europas« – und zwar »deshalb, weil in diesem jungen Lande eine ungewöhnlich hohe Achtung vor allen Menschlichkeitswerten zu Tage tritt«. 932 Der Kontrast mit der Behandlung der Juden in Deutschland, der auf dem Gegenteil der »Achtung vor allen Menschlichkeitswerten« beruhte, sprang in die Augen. Nach seiner Amerika-Reise im selben Jahr drängte Goerdeler Hitler, »die Entwicklung der Judenfrage in Osteuropa zum Anlaß« zu nehmen, um international die Führung für »eine positive Lösung des Judenproblems – Palästina reicht nicht aus – unter allen beteiligten und interessierten Staaten« anzuregen, also für Juden Möglichkeiten der Ansiedlung zu vereinbaren.933 Deutschland müsste damit auch seine eigene Judenpolitik unter Berücksichtigung der »häufig erwähnten Imponderabilien« 934 substantiell mäßigen. In einer dritten Phase, 1938 bis 1939, versuchte Goerdeler zwar immer noch, die Änderung der deutschen Politik mit Denkschriften und Berichten über Auslandreisen zu erreichen. Zugleich ging er auf zwei neuen Wegen vor. Zum einen betrieb er innerdeutsche Konspiration zum Sturz des Regimes; zum andern versuchte er, wie die Akten des britischen Außenamts reichlich belegen, mit der britischen Regierung gegen die Reichsregierung zu konspirieren, indem er jene drängte, diese durch Angebote und Drohungen zur Einstellung der Judenverfolgung zu zwingen.935 Er forderte die britische Regierung auf, der deutschen mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen zu drohen, wenn Deutschland die Judenverfolgung nicht beende, und er drängte die Briten, in diesem Falle die Drohung wahr zu machen. Die Häufigkeit, mit der in den Akten des britischen Außenamts die Mahnungen Goerdelers, die deutsche Regierung zur Einstellung der Judenverfolgung zu veranlassen, zitiert und erwähnt werden, beleuchtet die Intensität, mit der Goerdeler sein Anliegen verfolgte, da das Schicksal der Juden Europas für die britische Politik wesentlich weniger wichtig war als die

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238

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Verteidigung des Weltreiches und der Britischen Inseln. Goerdeler aber ging es nicht allein um die deutschen Juden. Sein besonderes Eintreten gegen die auf Verlangen des Auswärtigen Amtes ausgeführte »barbarische, sadistische und grausame Verfolgung von 10.000 polnischen Juden in Deutschland« 936 (tatsächlich von etwa 17.000 polnischen Juden) und sein in der folgenden vierten Phase entwickelter Plan einer globalen Regelung belegen, dass es ihm um den Schutz der Juden der ganzen Welt durch Gründung des jüdischen Staates zu tun war, dass er also hierin weit vorausblickend dasselbe Ziel verfolgte wie schon Theodor Herzl. In seinem im Gefängnis niedergeschriebenen »Aufruf an alle Menschen« vom 27. Januar 1945 verwies Goerdeler auf seine gegenüber der Judenverfolgung von Anfang an ablehnende Haltung und seine Versuche, die britische Regierung zu entsprechendem Handeln zu veranlassen: Die Judenverfolgungen begannen. Ich hatte beim ersten Aufflammen mit meinem Mitarbeiter Dr. Löser in Leipzig persönlich die S. A. von den Judenläden auf dem Brühl vertrieben. Als das Mendelssohn-Denkmal in Leipzig hinter meinem Rücken und gegen mein Verbot gestürzt war, trat ich vom Amt als Oberbürgermeister von Leipzig zurück. Jedermann glaubte, ich würde verhaftet werden. Und was taten Eure Regierungen? Nichts. Sie hätten damals die Juden in Europa retten können, wenn sie entschlossen erklärt hätten, mit Regierungen vollkommen zu brechen, die solche Ausschreitungen veranlassten und duldeten.937

Bis 1941 hatte Goerdeler alle ihm denkbaren Vorschläge, Argumente und Pres­ sions­versuche entwickelt, um die Verfolgung der Juden durch das Hitler-Regime zu mildern. In jeder Phase begründete er seine Forderungen mit den Prinzipien des Rechtsstaates und der Menschlichkeit. In der vierten Phase schließlich gipfelten Goerdelers Bemühungen in dem Plan einer globalen Regelung. Er begründete den radikalen Plan mit »Ungerechtigkeiten, Unmenschlichkeiten« und mit dem »Unrecht durch Enteignung, Zerstörung usw. jüdischen Besitzes und Lebens in Deutschland«.938 Überall seien »Bewegungen im Gange, die sich ohne organische Ordnung nicht aufhalten lassen«. Er verlangte die Gründung eines jüdischen Staates durch »die Mächte«, durch den Völkerbund und die Staaten, die 1919 die neue Ordnung für Europa begründet hatten, unter der Führung des Vereinigten Königreiches, der Französischen Republik und der Vereinigten Staaten von Amerika. Er bezog sich ausdrücklich auf die Zionisten, die »seit jeher einen eigenen jüdischen Staat verlangt und vorbereitet« haben, also auf die internationale Grundlegung ­Theodor Herzls und Chaim Weizmanns.939 Noch im Gefängnis bestätigte er seinen Plan einer solchen Lösung aus dem Jahr 1941.940

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Die Beendigung des Krieges war Vorbedingung für die Ausführung des Planes. Folglich konzentrierte sich Goerdeler seit 1941 auf Friedenspläne und Friedensmissionen.941 Um »die Generale« zum Sturz Hitlers zu überreden, denn ohne militärische Gewalt ging es nicht, suchte er immer noch Zusicherungen der britischen Regierung zu erlangen. Zugleich wandte er sich in Gesprächen und Briefen an die ihm zugänglichen Generale, vor allen Generalfeldmarschall von Kluge, in dessen Stab mehrere Offiziere unter Führung von Oberst i. G. von Tresckow verschworene Gegner Hitlers waren.942 Auch hier brachte er die Massaker an Juden als Argument vor. In einem Brief an Generalfeldmarschall von Kluge vom 25. Juli 1943 schrieb er: »Vor einer Woche vernahm ich den Bericht eines 18 ½ jährigen SS-Soldaten, der früher ein ordentlicher Junge war, jetzt mit Gelassenheit erzählte, daß es ›nicht gerade sehr schön wäre, Gräben mit Tausenden von Juden angefüllt mit dem Maschinengewehr abzusägen und dann Erde auf die noch zuckenden Körper zu werfen‹.« 943 Goerdelers Eintreten für die Juden hatte für ihn hohe Bedeutung. Sonst hätte er nicht »seit 1933 jeden Versuch gemacht, mitarbeitend und Widerstand sammelnd, schon im Interesse der eigenen Kinder dieses System eines perversen zerstörenden Fanatismus, dem jedes Mittel recht ist, frühzeitig unschädlich zu machen«, schrieb er im Gefängnis an seinen Wärter. 944 Sonst hätte er nicht die »Jüdische Frage« immer wieder vorgebracht und in der »Jüdischen Frage« so wenig Erfolg versprechende Vorstöße unternommen wie in den Denkschriften vom 31. August und 17. September 1936, als sich sein Rücktritt als Oberbürgermeister abzeichnete und als er sich zum Eintritt in das dreiköpfige Direktorium der Krupp AG bereit erklärt hatte.945 Sonst hätte er nicht, da er wusste, wie versessen Hitler und seine Nazigenossen auf die »Entfernung« der Juden waren, seine sachlich begründeten wirtschaftlichen Argumentationen durch Kritik an der Judenpolitik gefährdet und, da Krupp Hitlers Zustimmung zu seinem Eintritt in das Direktorium brauchte, seine berufliche Zukunft aufs Spiel gesetzt, indem er die »Jüdische Frage« in seinen Denkschriften vom August und September 1936 zum Angelpunkt für alles andere machte – für die Devisen- und Rohstofflage, die Ernährung des Volkes und die Rüstung – durch ein Argument, dessen Stichhaltigkeit er nicht belegen konnte.946 Er tat es, weil er hoffte, mit dem Hinweis auf englische Missbilligung und die Aussicht auf Gold und Kolonien Hitler zur Änderung der Judenpolitik zu überreden. Und sonst hätte er nicht durch die nach damaliger Rechtsauffassung landesverräterische Kon­ spiration mit der britischen Regierung sein Leben aufs Spiel gesetzt. Die Analyse der Bedeutung und Absicht des Goerdeler’schen Entwurfes von 1941 ergab, dass Goerdeler alle Juden, nicht einige wenige auserwählte Juden,

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vor Verfolgung schützen wollte. In erster Linie sollten dazu die Gründung eines jüdischen Staates und der Erwerb der jüdischen Staatsangehörigkeit und des diplomatischen Schutzes durch den eigenen Staat und durch internationales Recht dienen. Ferner ergab sich, dass Goerdeler zwar als Jurist und Verwaltungsfachmann von »Ausnahmen« von der Regel des Verlustes der deutschen Staatsangehörigkeit beim Erwerb einer anderen sprach, aber der Tendenz nach – der Umfang der Kategorien belegt es – womöglich allen deutschen Juden die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten wollte. Diese Feststellungen über ­Goerdelers Absichten wurden durch die Analyse der verfügbaren Zahlen erhärtet. Goerdeler konnte die Ergebnisse der Volkszählung von 1939, die erst 1944 veröffentlicht wurden,947 und die in Archiven, in Ministerien und Einwohnerkarteien lagernden Informationen über Zuwanderung und Einbürgerung nicht kennen; für eine Auswertung der älteren Statistiken in Bibliotheken durch Goerdeler findet sich kein Anhaltspunkt. Die oben angestellten Berechnungen konnte Goerdeler nicht vornehmen. Er konnte aber aufgrund von mehr als 20 Jahren Erfahrung in Politik und Verwaltung die Ergebnisse abschätzen. Viele Zeitungen hatten über die am 30. Oktober 1916 vom Preußischen Kriegsministerium angeordnete statistische Erhebung des Anteils der Juden am Militärdienst mit dem Stichtag 1. November 1916 (»Judenzählung«) und deren Ergebnisse berichtet. Im Ersten Weltkrieg dienten rund 100.000 Juden im deutschen Heer, in der Marine und in den Kolonialtruppen. Wer von ihnen die deutsche Staatsangehörigkeit nicht besaß, erwarb sie laut Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz durch den Militärdienst. 4/5 der 100.000 Juden, annähernd 80.000, dienten an der Front. 12.000 sind gefallen, 35.000 erhielten Orden, 23.000 Beförderungen, davon 2.000 Offizierspatente, 1.159 wurden Sanitätsoffiziere und höhere Militärbeamte.948 Die Zahlen waren in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg in der Öffentlichkeit verbreitet.949 Wenn von den 88.000 überlebenden jüdischen Veteranen nur 60.000 Jüdinnen heirateten und durchschnittlich 1,5 Kinder hatten, so zählten sie allein 210.000, mehr als die Hälfte der 1933 gezählten deutschen Juden.950 Liest man Goerdelers Schriften der Jahre 1935 bis 1944 genau, seine Ansinnen an die britische Regierung von 1937 bis 1939, seine Aufzeichnungen der Jahre 1940 und 1941 bis 1945, erkennt man in allen die erklärte Absicht, alle Juden zu schützen. Gewiss hätten die Folgen von Maßnahmen wie der Anwendung des »Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der Staatsangehörigkeit« durch die Hitler-Regierung teilweise nicht rückgängig gemacht werden können. Goerdeler wollte solche Komplikationen mit seinen »Ausnahmen«

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(a) bis (d) überwinden, und verwies darüber hinaus auf den »Weg der Heilung«, der »im Hinblick auf unsere Stellung in der Welt und auf unser eigenes Gewissen« zu beschreiten sei. Goerdeler wollte durch die mit dem Ausruf »Keine Regel ohne Ausnahme!« eingeleiteten »Ausnahme«-Kategorien, wie die Analyse seiner Absichtserklärungen und der infrage kommenden Zahlen erwiesen hat, möglichst alle deutschen Juden vor dem Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit schützen. Innerhalb des Rechtssystems und des Staatsangehörigkeitsrechts des Deutschen Reiches gab es nur die Möglichkeit der »Ausnahme«. Aber Goerdeler fasste seine »Ausnahme«-Kategorien so weit, dass sie potentiell alle deutschen Juden, mit Sicherheit aber nahezu alle deutschen Juden einschloss. Ein solcher »Ausnahme«-Begriff war einer neuen Regel ähnlicher als einer Ausnahme, also juristisch dubios. Er ist auch deshalb ein weiterer Beleg für Goerdelers Willen, alle deutschen Juden vor dem Verlust ihrer deutschen Staatsangehörigkeit zu schützen und für die Eile, mit der Goerdeler seinen Entwurf zu Papier brachte. Einige viel zitierte Historiker in der Bundesrepublik bezichtigen Goerdeler des Antisemitismus. Manche behaupten, er habe die deutschen Juden ausbürgern und deportieren wollen. 1980 hielt Christof Dipper in Trier eine Vorlesung zum Thema »Der deutsche Widerstand und die Juden«. Sie wurde 1983 in Geschichte und Gesellschaft und 1984 in englischer Sprache in Yad Vashem Studies veröffentlicht. Obwohl die Arbeit auf ungenügenden Forschungen, selektiver Verwendung der Quellen und unrichtigen Wiedergaben dessen, was Goerdeler geschrieben hatte, beruht, wird sie ständig zitiert. Dipper schrieb über die in Goerdelers Denkschrift »Das Ziel« als »Sofortmaßnahmen« geforderte Aufhebung der Beschränkungen für Juden in Dingen der Ernährung, Wohnung, des Fernsprech-, Kultur- und Gesundheitswesens, der Namensgestaltung sowie der menschenunwürdigen Ghettozustände: Der diskriminierende Charakter dieser Sofortmaßnahmen erklärt sich aus Goerdelers langfristigem Ziel als Konsequenz der »Binsenweisheit«, »daß das jüdische Volk einer anderen Rasse angehört«, einen Judenstaat »unter durchaus lebenswerten Umständen entweder in Teilen Kanadas oder Südamerikas« in internationaler Zusammenarbeit zu schaffen. Sobald dies erreicht sei, wollte ­Goerdeler alle Juden automatisch aus Deutschland ausbürgern und davon nur solche ausnehmen, die ihr Assimilationsbestreben durch Teilnahme am Ersten Weltkrieg, Einbürgerung vor 1871 oder Taufe dokumentieren können, sowie einem christlichen Bekenntnis angehörende »Abkömmlinge einer Mischehe«, die vor der »Machtergreifung« geschlossen worden war. […] In der Tat strebte sein [Goerdelers] Plan unzweideutig einen Sonderstatus für die überwiegende Mehrheit der deutschen Juden an, der insbesondere die Niederlassungsfreiheit und die freie Berufswahl beseitigt ließ.951

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Goerdeler hat in wesentlichen Punkten nicht geschrieben, was Dipper hier paraphrasiert. Er hat nicht geschrieben, er wolle »alle Juden automatisch aus Deutschland ausbürgern«, nichts von Assimilation oder Assimilationsbestreben, nichts von Einbürgerung vor 1871. Goerdeler nannte vier »Ausnahme«-Kategorien, deren erste lautet: »[…] die als deutsche Soldaten am Kriege teilgenommen haben und ihre direkten Nachkommen.« Da ist keine Rede von Assimilationsbestreben, Dipper hat es hineingelesen. Da ist auch keine Rede von der Bedingung »Frontdienst«, die in der englischen Version des Aufsatzes in Yad Vashem Studies steht. Die zweite »Ausnahme«-Kategorie lautet: »[…] die oder deren direkte Vorfahren am 1. 7. 1871 deutsche Reichsangehörigkeit besaßen und ihre direkten Nachkommen.« Alle Einwohner des Norddeutschen Bundes und des 1871 gegründeten Deutschen Reiches waren unter den für alle Einwohner gültigen Bedingungen ohne Ansehen der Religion oder »Rasse« ab 1. Juni 1871 deutsche Reichs- und Staatsangehörige. Die Einbürgerung, die Dipper da hineinliest, kam nicht infrage, weil die Bürgerschaft in einem Bundesstaat im Allgemeinen längst vor die Gründung des Norddeutschen Bundes und in die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gegebenen Verfassungen zurückreichte.952 Die Unterstellung, Goerdeler wollte »alle Juden automatisch aus Deutschland ausbürgern«, von den danach genannten Ausnahmen abgesehen, ist unrichtig, weil Goerdelers »Ausnahmen« praktisch alle deutschen Juden einschlossen. Dipper kritisierte auch, dass Goerdeler die Gründung des jüdischen Staates in Teilen Kanadas oder Südamerikas angeregt habe, »also gerade nicht in Palästina«.953 Offenbar kannte Dipper weder Theodor Herzls Erwägung eines jüdischen Staates in Zypern, Uganda oder Argentinien 954 noch die im Mai 1939 von der britischen Mandatsmacht für Palästina erlassenen Einwanderungsbeschränkungen für Juden, noch den damals längst im Bestand »Nachlass G ­ oerdeler« im Bundesarchiv in Koblenz liegenden Bericht Goerdelers über seine Reise nach Palästina vom Sommer 1939 und auch nicht die »Gedanken eines zum Tode Verurteilten über die deutsche Zukunft«, in denen Goerdeler »ein großes oder kleines Territorium (etwa Palästina oder Südamerika)« vorschlug.955 Eine einfache Überlegung erweist weiter die Unstimmigkeit der Behauptungen Dippers und anderer, Goerdeler habe »alle Juden automatisch aus Deutschland ausbürgern« wollen bzw. »unzweideutig einen Sonderstatus für die überwiegende Mehrheit der deutschen Juden« durch Vorenthalten der deutschen Staatsangehörigkeit angestrebt; oder »die meisten deutschen Juden« zu Ausländern machen wollen; oder »die in Deutschland lebenden Juden als reguläre Ausländer behandeln, ihnen mit der Staatsbürgerschaft das Wahlrecht und den Zugang zu öffentlichen Ämtern entziehen« wollen. Wenn Goerdeler nach

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Dippers Lesart seiner »Ausnahme«-Kategorien beabsichtigt hätte, die Mehrheit der deutschen Juden auszubürgern, hätte das bedeutet, dass Goerdeler keine Kenntnis hatte von den Zahlen der Juden, die im Ersten Weltkrieg im deutschen Militär Kriegsdienst geleistet haben, und dass Goerdeler angenommen hätte, dass mehr als die Hälfte der 400.935 in der Volkszählung von 1933 festgestellten deutschen Juden nach 1871 eingebürgert worden wären. Goerdeler konnte nicht glauben, wie oben dargelegt, dass die 88.000 überlebenden jüdischen Veteranen und ihre Familien die »am stärksten assimilierten Teile« 956 darstellten und nur eine kleine Minderheit der deutschen jüdischen Bevölkerung gewesen seien. Goerdeler konnte auch nicht glauben, dass mehr als die Hälfte der 1933 gezählten deutschen Juden (200.468) nach dem 1. Juni 1871 emigriert und seitdem durch die Zuwanderung der Mehrheit der 400.935 in der Volkszählung von 1933 festgestellten Glaubensjuden deutscher Staatsangehörigkeit ersetzt worden seien. Das Gegenteil war der Fall, wie die Untersuchung der Goerdeler bekannten restriktiven Einwanderungs- und Naturalisations-Praxis im Deutschen Reich beweist. Die überwiegende Mehrheit der 1933 gezählten Glaubensjuden mit deutscher Staatsangehörigkeit waren am 1. Juni 1871 deutsche Staatsangehörige bzw. deren direkte Nachkommen oder durch Militärdienst im Besitz der deutschen Staatsangehörigkeit. Dipper, Gillmann, Hamerow, Mommsen haben sich mit den infrage kommenden Zahlen nicht befasst. Nach Goerdelers in der Denkschrift »Das Ziel« skizziertem Plan wäre der überwältigenden Mehrheit der deutschen Juden die deutsche Staatsangehörigkeit erhalten geblieben bzw. wieder gewährt worden. Die Beweise dafür sind in den Kapiteln 19 bis 22 dieses Buches dargelegt. Goerdeler ging es darum, allen Juden eine international anerkannte jüdische Staatsangehörigkeit und den deutschen Juden die doppelte jüdische und deutsche Staatsangehörigkeit zu sichern. Es gibt also keinen Anhaltspunkt dafür, dass Goerdeler »alle Juden automatisch aus Deutschland ausbürgern« wollte. Allerdings strebte er »unzweideutig einen Sonderstatus für die überwiegende Mehrheit der deutschen Juden« an, aber nicht den von Dipper behaupteten der Entziehung der deutschen Staatsangehörigkeit, sondern die doppelte jüdische und deutsche Staatsangehörigkeit.957 Goerdelers Antwort auf die »Jüdische Frage« ist inzwischen ein fest verankerter Bestandteil der deutschen Politik. Goerdelers weitere Stellungnahmen zur Judenverfolgung nach der Abfassung seiner Denkschrift »Das Ziel« und vor dem 20. Juli 1944 finden sich, soweit sie bekannt sind, in einem Brief an Generalfeldmarschall von Kluge, in Entwürfen für Regierungserklärungen und in einer Denkschrift vom April 1944.958 Im

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Gefängnis äußerte er sich mehrfach zur »Jüdischen Frage«, worüber das folgende letzte Kapitel berichtet. Die Verwendung des Begriffs »Rasse« für das jüdische Volk war nicht auf dessen Gegner beschränkt (die keine physischen Merkmale zur Unterscheidung von Juden und Nichtjuden ermitteln konnten 959), sondern verbreitet und vieldeutig.960 In den 1920er- und 1930er-Jahren war sie allgemein in der westlichen Welt, in Europa und in Deutschland gängig. Der Vorsitzende des »Reichsbunds jüdischer Frontsoldaten« Leo Löwenstein verwendete den Ausdruck in der Zeitschrift jüdischer Frontkämpfer Der Schild als selbstverständlichen Begriff.961 Chaim Weizmann erklärte 1933, »die Juden hätten immer durch die Überreste ihrer Rasse überlebt und müssten es vielleicht wieder tun«.962 Unterhaus und Regierung in Großbritannien verwendeten den Begriff.963 In der Times stand am 10. August 1938 über die Krise in der Tschechoslowakei: Lord Runciman habe zwei ihm gut bekannte Wirtschaftssachverständige nach Prag mitgenommen; denn nach Monaten, während denen die Tschechoslowakei rein als politisches und rassisches Problem behandelt worden sei, wollte er das Land als Ganzes sehen – politisch, rassisch, industriell, wirtschaftlich […] Das Problem politischer, gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Beziehungen zwischen den germanischen und slawischen Rassen in dem Gebiet, das nun Tschechoslowakei heißt, existiert seit vielen Jahrhunderten, mit kampferfüllten sowie mit vergleichsweise friedlichen Zeiten.964

In dem Bericht über seine Mission in Prag schrieb Lord Runciman: »Hart ist es, von einer fremden Rasse regiert zu werden.« 965 Die Bezeichnung der Juden als »Rasse« ist heute in Deutschland verpönt. Aber im Grundgesetz erscheint ebenso wie in Goerdelers Denkschrift »Das Ziel« das Wort »Rasse« und dient dem Schutz einer tatsächlich oder möglicherweise gefährdeten Menschengruppe. Grundgesetz Artikel 3 (3) lautet: Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden.

Goerdelers Beteiligung an den international im Gang befindlichen Überlegungen zur Emigration der Juden und über die »Jüdische Frage« war eine Reaktion auf die Verfolgung, die, soweit sie von Deutschland ausging, ohne Beseitigung des nationalsozialistischen Regimes nicht zu verhindern war. Solange dieses Regime bestand, konnten nur Milderungen erreichbar scheinen. Hans Walz

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berichtete, Goerdeler habe »sich gegenüber extremistisch gerichteten Persönlichkeiten z. B. über die Judenfrage« geäußert, »unter Betonung des Prinzips der Menschlichkeit«: Oder er erging sich zur Judenfrage in irgendwelchen theoretischen Erwägungen, die darauf berechnet waren, vorerst einmal die Notwendigkeit zur Erleichterung der prekären Lage der Juden plausibel erscheinen zu lassen.966

Goerdelers implizite Zustimmung zur Emigration entsprang dem Bestreben, die Verfolgten der Verfolgung zu entziehen, also denselben Absichten wie die von James G. McDonald, Max M. Warburg oder Chaim Weizmann gehegten.967 Theodore Hamerow befand 1997, Goerdeler sei »nie ein glühender Antisemit« gewesen, habe aber Hitler beraten, wie man Antisemit sein könne, ohne als einer zu erscheinen; er habe zwar die nationalsozialistische Methode der Judenverfolgung abgelehnt, aber deren Ziel, eine »Trennung«, befürwortet und gewollt; er habe gewollt, dass die Juden »isoliert und entfernt« würden; er habe »die meisten deutschen Juden« zu Ausländern machen wollen.968 Im Gegensatz zu den Missdeutungen Dippers und dem Missverständnis Hamerows, ist Hans Mommsens Missverständnis der Absichten Goerdelers rätselhaft; denn es ist das Missverständnis eines Gelehrten, der wie kaum sonst jemand die Geschichte der nationalsozialistischen Zeit und die aus den Kreisen des Widerstands gegen Hitler hervorgegangenen Schriften und Zeugnisse kennt. Hans Mommsen erkennt an, dass Goerdeler »den Rassengedanken im engeren Sinne nie geteilt« habe, doch habe Goerdeler 1941 geglaubt, »den nicht assimilierten Juden die Staatsbürgerschaft verweigern und ihnen das Wahlrecht und den Zugang zum öffentlichen Dienst vorenthalten zu können«. Goerdelers Vorstellungen, schrieb Mommsen, »decken sich großenteils mit dem kulturell ausgerichteten, dissimilatorischen Antisemitismus, wie er auf der politischen Rechten seit dem Deutschen Kaiserreich und insbesondere beim Offizierkorps anzutreffen war«.969 Goerdeler habe sich »im Einklang mit den namentlich in der deutschen Oberschicht verbreiteten Vorstellungen eines dissimilatorischen Antisemitismus« befunden.970 Für diesen »Einklang« mit vage behaupteten »Vorstellungen« einer vage definierten Gesellschaftsschicht verweist Mommsen auf Goerdelers Gefängnisschriften und seinen Hinweis auf »die große Schuld der Juden«.971 Goerdeler bringt in den »Gedanken eines zum Tode Verurteilten über die deutsche Zukunft« vom September 1944 die Wendung von der »große[n] Schuld

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der Juden« in den Zusammenhang mit seinem Plan eines jüdischen Staates und dessen Staatsangehörigkeit für alle Juden. Mit keinem Wort erklärt er eine Verweigerung der Staatsangehörigkeit oder Ausweisung für Juden überhaupt und also schon gar nicht durch ihre »große Schuld«. Im Gegenteil. Seine Antwort darauf, dass, wie er betont, die Juden »in unser öffentliches Leben eingebrochen waren in Formen, die jeder gebotenen Zurückhaltung entbehrten«, ist der Plan für den jüdischen Staat und die doppelte Staatsangehörigkeit für die deutschen Juden. Als Erläuterung für die mangelnde Zurückhaltung führt er sein Erlebnis von 1917 im Berliner Zoo an, als zwei ältere jüdische Ehepaare ihn und seinen Bruder Franz, beide in Offiziersuniform, laut als Quäler der Einwohner im besetzten Feindesland und als Diebe beleidigten. Seine Antwort damals war, dass er und sein Bruder weggingen und dass er gleichwohl 1927 die Stadt Königsberg bei einem religiös gefeierten Jubiläum der jüdischen Gemeinde dort vertreten habe. Daran schließt er an (und das zitiert auch Hans Mommsen): »Wir dürfen den Juden die Rechte nicht versagen, die allen Menschen durch Gott verliehen sind.« 972 Und unmittelbar daran anschließend: »Ich bin überzeugt, daß mein Vorschlag schließlich den rechten Weg für alle weiß [sic].« 973 Im vorhergegangenen Abschnitt hatte Goerdeler auf seinen »Vorschlag« zum Status der Juden in der Denkschrift »Das Ziel« hingewiesen, nämlich die Gründung des jüdischen Staates und die jüdische Staatsangehörigkeit für alle Juden.974 Was folgt, ist eine Unsorgfältigkeit. Goerdeler bezieht sich hier nicht ausdrücklich auf seinen in der Denkschrift »Das Ziel« vorgelegten Plan, er skizziert, wie er »eine für alle Völker anwendbare Regelung« sieht, nämlich: Ein großes oder kleines Territorium (etwa Palästina oder Südamerika) wird zum souveränen Judenstaat erklärt. Alle Juden in der Welt sind dessen Bürger und erhalten von ihm ihre Papiere, zahlen ihm Steuern, gleichzeitig verlieren sie die Staatsangehörigkeit ihres Gastlandes.975

Er widerspricht damit seinen Erläuterungen der »Ausnahmen« für die deutschen Juden in »Das Ziel«. Da er im selben Abschnitt Wiedergutmachung fordert, kann er die wenigen überlebenden deutschen Juden nicht als Quantité ­négligeable angesehen haben. Er sagt ferner etwas aus, was er weder wissen noch veranlassen konnte, denn er konnte nicht über die Gesetzgebung der »Gastländer« verfügen, auch die deutsche konnte er nur vorschlagen. Er erklärt nicht, dass er damit seinen in der Denkschrift »Das Ziel« entwickelten Plan ändern wolle. Es ist, als hätte er seine »Ausnahmen« für die deutschen Juden vergessen. Er verweist dann auf die Judenfeindschaft in England und Amerika, appelliert

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hinsichtlich Mischehen an »das gesunde Gefühl für Rasse und Menschlichkeit« und stellt im folgenden Satz den Massenmord an den Juden und »die große Schuld der Juden« nebeneinander: Wir dürfen nicht bemänteln wollen, was geschehen ist, müssen aber auch die große Schuld der Juden betonen, die in unser öffentliches Leben eingebrochen waren in Formen, die jeder gebotenen Zurückhaltung entbehrten.976

Darauf folgt das Erlebnis von 1917 im Berliner Zoo, und der Gefangene erinnert sich an die damals empfundene Empörung und meint, »am liebsten hätte ich gesagt: ›Schade, dass wir Sie vor den Kosaken geschützt haben!‹«. Das war 1917 im Zorn gedacht. Dann folgt Goerdelers tatsächliche Antwort: Dies bittere Erlebnis habe ihn nicht gehindert, 1927 in Königsberg an einer jüdischen religiösen Feier die Stadt zu vertreten, und der Schluss mit dem neuerlichen Verweis auf den Plan in »Das Ziel«: »Wir dürfen den Juden die Rechte nicht versagen, die allen Menschen durch Gott verliehen sind. Ich bin überzeugt, daß mein Vorschlag schließlich den rechten Weg für alle weiß [sic].« 977 In einer Aufzeichnung vom Januar 1945 wandte Goerdeler sich an die Juden und griff seinen Plan aus der Denkschrift »Das Ziel« wieder auf. Wenige Tage vor seiner grausamen Hinrichtung legte er noch einmal ein Zeichen seines leidenschaftlichen Engagements für Gerechtigkeit in der »Jüdischen Frage« nieder in seiner rückhaltlosen Dialogsprache mit den Juden, mit seinen Bezügen auf das Alte Testament, mit seinem Respekt vor dem jüdischen Volk, dessen Geschichte die einzige sei, »die uns das Ringen eines Volkes und seiner Führer um die Erkenntnis Gottes berichtet«, mahnt auch wieder, die Juden sollten sich nicht in den Vordergrund drängen, wenn sie sich besser etwas zurückhalten würden. Dann kommt er auf den jüdischen Staat zurück: Euer Streben nach einem eigenen Staat, in dem Ihr alle Staatsbürgerrecht habt, ist gesund, berechtigt und muß erfüllt werden. Ich habe diese Lösung seit Jahren in meine Pläne aufgenommen und rate allen Völkern, sie sofort und großzügig herbeizuführen, dann wird auch in dieser Frage Ruhe in die Herzen einziehen! Doch da stehen ja die furchtbaren Untaten, mit denen Juden, Männer, Frauen und Kinder vernichtet wurden!978

Ratlos und verzweifelt am Ende seines zerstörten Lebens und vergeblichen Mühens um Frieden und Gerechtigkeit schrieb dieser mutige Mann, mehr ahnend als wissend, wie ungeheuerlich und präzedenzlos die Vernichtung der europäischen Juden war, die Hauptstationen seiner Auseinandersetzungen mit

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der »Jüdischen Frage« nieder. Er konnte nicht mehr, wie er es immer getan hatte, praktische Lösungen für wirtschaftliche, politische und moralische Fragen suchen und entwickeln, es gab für ihn nichts mehr zu tun, als den Nachfolgenden zum Frieden zu raten. Angesichts der nicht immer klaren und jedenfalls teilweise undiplomatischen Äußerungen darf nun nicht die Lage eines verzweifelten, zum Tode Verurteilten vernachlässigt werden, wie im Folgenden weiter ausgeführt werden wird.

24 | GEFÄNGNIS UND RÜCKBLICK Im Gefängnis im Angesicht des Todes durch langsames Erhängen, von Selbstvorwürfen gequält, weil er 1932 nicht in das Kabinett Papen eingetreten war, weil er seinen Sohn zum Militärdienst bewogen hatte und dieser im Krieg so durch des Vaters Schuld gefallen sei, weil er für seine Familie zu wenig Zeit gehabt hatte, schrieb Goerdeler Gedanken über wesentliche Vorgänge und auch über solche von geringer Bedeutung nieder. Goerdeler gab in der Haft seine Beteiligung am Hochverrat zu, wies aber weit von sich, Landesverrat begangen zu haben. Außerdem beharrte er wie sein Rivale Moltke darauf, die Tötung Hitlers abgelehnt zu haben, ebenso wie Moltke zu seiner Verteidigung und in Schriften, die vor den Augen der Gestapo nicht sicher oder auch für Himmlers Augen gedacht waren.979 Moltke distanzierte sich in seinen Briefen aus dem Gefängnis Tegel (Ende September 1944 bis Januar 1945) heftig von dem »Goerdeler-Mist« des »20. Juli«, er wollte für das bloße Nachdenken umgebracht werden, was ihm auch einigermaßen gelang. Doch hatte Moltke sich zwar nicht tief mit Goerdeler, aber mit Tresckow und Stauffenberg eingelassen, hatte zu mehreren Zeitpunkten den gewaltsamen Sturz Hitlers mit Wort und Tat gefördert, war aber durch seine Verhaftung am 19. Januar 1944 an den letzten Vorbereitungen unbeteiligt geblieben: »In dem Augenblick, in dem die Gefahr bestand, daß ich in aktive Putschvorbereitung hineingezogen wurde – Stauffenberg kam am Abend des 19. [ Januar 1944] zu Peter [Graf Yorck] – wurde ich rausgenommen, damit ich frei von jedem Zusammenhang mit der Gewaltanwendung bin und bleibe.« 980 Beide, Goerdeler wie Moltke, erlebten den Konflikt zwischen ethischer und religiöser Überzeugung einerseits und pragmatischer Einsicht andererseits. Im November 1943 erklärte Goerdeler sich im Gespräch mit Jacob Wallenberg mit einem Attentat auf Hitler und Göring einverstanden.981 Hauptmann d. R. Hermann Kaiser (im Stab des Chefs der Heeresrüstung und Befehlshabers des Ersatzheeres Generaloberst Fromm) sagte am 26. Mai 1944 zu Goerdeler auf dessen Nachfrage, »ein Anspornen Stauffenbergs sei nicht nötig«, Stauffenberg habe ihm sein Ehrenwort »zu einem gemeinsamen Gewaltakt gegen den Führer gegeben«.982 Über den am 11. Juli 1944 bevorstehenden Anschlag wurde Goerdeler eigens benachrichtigt.983 Die Tatsachen widerlegen also Goerdelers vermutlich von ihm selbst geglaubte Schutzbehauptungen hinsichtlich seiner Beteiligung am gewaltsamen Umsturzversuch ebenso wie die Moltkes.

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|  Gefängnis und Rückblick

Den Widerstand gegen die Verfolgung der Juden dagegen bekräftigte ­ oerdeler in seinen »Gedanken eines zum Tode Verurteilten über die deutG sche Zukunft«. In kurzen Stichworten wiederholte er seinen in der Denkschrift »Das Ziel« 1941 ausgeführten Plan zur Sicherung der Juden in der Welt.984 Er kannte die Wirklichkeit der Grausamkeiten gegen die Juden nur zu gut. Im Gefängnis schrieb er 1944: Im November 1938 Sturm gegen die Juden, Geschäfte, Synagogen. Hier wurde in gottlosem Haß Heiligstes geschändet! Die Ausrottung der Juden begann. Zusammengetrieben auf Lastwagen zur Bahn, mit der Bahn fort zur Hinrichtungsstätte. Nach Eroberung Polens voll durchgeführt. In Frankfurt / Main im Schlachthof zusammengepfercht, Männer, Frauen und Kinder zusammen in Waggons gepresst, ohne Wasser und Verpflegung tagelang gefahren. Dann Grube selbst graben müssen, dann reihenweise erschossen, Eltern vor Augen der Kinder oder umgekehrt. Nächste Reihe mußte vorangegangene zuschaufeln. Später »Entlausungsanstalten« in Polen. Hineingetrieben und nackt ausgezogen. In Hallen gepfercht, Motor angestellt, Abgase in die Zellen, erstickt. Hallenwand auf, Leichen herausgezerrt, in Kalk verscharrt. Noch später: in Waggons gepfercht, die mit Kalk eingestreut waren, durch Ausdünstung entstand Kalkstickstoff, dadurch erstickt. Verzweifelte Hilferufe auf Stationen mit Kolbenstößen beantwortet, auf diese Weise etwa 1 Million deutsche Juden, unbekannte Zahl polnischer und russischer Juden so viehisch hingemordet, wie in der Weltgeschichte nicht bekannt. Deutsche in Konzentrationslagern grauenhaft zu Tode gemartert. 30. Juni 1934! Hunderttausende russischer Kriegsgefangener absichtlich verhungern lassen. Zivilpolen und Russen zu Tausenden erschossen.985

In seinen Gefängnisschriften sprach Goerdeler immer wieder von dem gewissenlosen Verbrecher Hitler und seinem Rassenwahn. Über Hitler sagte er: »Seine Hände triefen vom Blut unschuldig ermordeter und verhungerter Juden, Polen, Russen und Deutschen, vom Blut von Millionen Soldaten aller Völker, die er auf dem Gewissen hat.« 986 Immer wieder setzte Goerdeler sich mit dem Völkermord an den Juden und mit ihrem weltgeschichtlichen Schicksal ausei­ nander, zitierte Gottes Gebote und die »Pflicht der Nächstenliebe«; »versäumen wir den richtigen Entschluß zur rechten Zeit, [so] sehen wir zu, wie die Juden ausgerottet werden, ohne unserer Pflicht der Nächstenliebe gerecht zu werden«.987 In einem im Gefängnis verfassten Rechenschaftsbericht vom Januar 1945 schrieb er, die Juden sollten begreifen, dass sie sich »bei den Gastvölkern vielfach in den Vordergrund gerade dann gedrängt« haben, wenn Zurückhaltung besser gewesen wäre. Zweimal schrieb er von der »Schuld der Juden«, »die in unser öffentliches Leben eingebrochen waren in Formen, die jeder gebotenen

Zurückhaltung entbehrten«. Zweimal schilderte er die erwähnte Szene aus dem Jahre 1917, als er mit seinem verwundeten Bruder Franz, der auf Fronturlaub in Berlin weilte, im Zoo saß und zwei ältere jüdische Ehepaare am Tisch der in Offizieruniform gekleideten Brüder Platz nahmen und sofort begannen, »laut auf die Offiziere zu schimpfen, die draußen gut lebten, die Landesbewohner schikanierten, Raubgut nach Hause schickten usw.«. Das habe er selbst erlebt und habe doch »die Stadt Königsberg 1927 auf einem Jubiläum der jüdischen Gemeinde vertreten, das religiös gefeiert wurde. Wir dürfen den Juden die Rechte nicht versagen, die allen Menschen durch Gott verliehen sind.« 988 Ihr Streben nach einem eigenen Staat, in dem sie alle Staatsbürgerrecht hätten, sei gesund, berechtigt und muß erfüllt werden. Ich habe diese Lösung seit Jahren in meine Pläne aufgenommen und rate allen Völkern, sie sofort und großzügig herbeizuführen, dann wird auch in dieser Frage Ruhe in die Herzen einziehen! Doch da stehen ja die furchtbaren Untaten, mit denen Juden, Männer, Frauen und Kinder vernichtet wurden! Seht in Eurer Geschichte: »Mein ist die Rache«‚ spricht der Herr. Wehe den [sic] Menschen, der sie sich nimmt. Und Gottes Gericht waltet schon. Wenn Ihr dies lest, hat Deutschland 6 bis 10 Millionen Menschen verloren […].989

Die Begriffe, die Goerdeler in seinen Denkschriften hervorhob und betonte, lauteten Rechtlichkeit, Rechtsstaat, persönliche Freiheit, Freiheit des Gewissens, Grundrechte, Recht auf Eigentum, Recht auf Wohnung, Wahrheit, Gerechtigkeit.990 In seinen Schriften vor dem Todesurteil schrieb Goerdeler nie etwas von einer »Schuld« der Juden. Goerdeler begann seinen »Aufruf an alle Menschen« vom 27. Januar 1945 mit dem Satz: »Der anliegende Aufruf an alle Menschen entspringt keiner Zellenpsychose.« 991 Der Gefängnisgeistliche Harald Pölchau bezeugte aber, dass die Gefangenen ihren Realitätssinn teilweise oder ganz einbüßten.992 Goerdelers Zitat der beiden Anekdoten – von den jüdischen Ehepaaren im Zoo und seiner Teilnahme an der Feier der jüdischen Gemeinde in Königsberg – als Beleg, dass er frei von Ressentiments sei, zeigt, auf welchen seelischen und geistigen Zustand er reduziert war. Auch Gerhard Ritter beobachtete bei seiner Gegenüberstellung mit Goerdeler am 8. Januar 1945 »eine Art von Haftpsychose«.993 Andererseits war Goerdeler nicht allein in seiner Auffassung, mehr Zurückhaltung hätte vielleicht Unheil hindern können. Martin Sobotker, Führer des Bundes deutsch-jüdischer Jugend, hatte in der Jugend-Beilage der in Berlin erscheinenden Zeitung des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens, der C. V.-Zeitung vom 4. Januar 1934, geschrieben:

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Unsere berufliche Situation, die sich als schwer haltbar erwiesen hat, macht uns eine planmäßige Neugruppierung zur Pflicht. […] Eine bescheidene wirtschaftliche Grundlage wird sich eben nur gestalten lassen, wenn wir von der Erkenntnis ausgehen, daß die im Vordergrund der praktischen Arbeit und der Bundeserziehung stehende Berufsneugestaltung und Berufsumschichtung auf eine Berufsnormalisierung hinzielt.994

Leo Baeck schrieb in der C. V.-Zeitung vom 1. Februar 1934 in gleicher Erkenntnis, wenn den Menschen ein Schicksal treffe, so bleibe ihm doch immer »die Haltung«, die aus dem Seelischen komme. Die Juden sollten Zurückhaltung üben, nicht auffallen, »die gebotene Zurückhaltung, diese wahre Schlichtheit und Echtheit bewähren«, statt ihre »Stunden der Ausspannung und Erholung« so zu gestalten, dass sie auffallen müssen und dann laut oder still hinausgewiesen würden.995 Goerdeler war sich immer noch eines Status bewusst, der ihn zur Arbeit in der Regierung qualifizierte. Er erinnerte in seinen Gefängnisschriften an Begegnungen mit Hitler, die für ihn positive Erlebnisse waren, weil Hitler, wie er glaubte, auf seinen Rat gehört habe.996 Hitler hatte 1936 in Aussicht genommen, »Herrn Gördeler doch wieder für staatliche Zwecke einzubauen«.997 Im Sommer 1941 lud Reichswirtschaftsminister Walter Funk Goerdeler ein und fragte ihn um Rat, »wie man die Einfuhr vergrößern und die Währung halten könne«. Goerdeler arbeitete ihm einen »Plan einer europäischen Ordnung freier Völker aus und wies ihn auf die ehernen Voraussetzungen stabiler Währung hin«.998 Im Gefängnis ließ man Goerdeler nach dem Todesurteil, wie übrigens auch Popitz, Expertisen und Denkschriften zu Verwaltungsfragen anfertigen.999 Inzwischen war Goerdeler ein Schatten des Menschen, der seit 1933 um die Schonung der Juden gekämpft hatte. Er war seit dem 12. August 1944 Gefangener der Geheimen Staatspolizei, monatelang in deren Kellerzellen in der PrinzAlbrecht-Straße 8 in Berlin festgehalten, gefesselt an Händen und Füßen, durch Schlafentzug gefoltert, von Selbstvorwürfen und Verzweiflung gequält. Der Freiburger Wirtschaftwissenschafter Constantin von Dietze wurde ­Goerdeler am 25. September 1944 im Gestapo-Hauptquartier in der Prinz-Albrecht-Straße 8 gegenübergestellt. Er berichtete in einem Brief vom 28. Oktober an seine Familie über seine Vernehmung vom 25. September durch SS-Sturmbannführer Kriminalrat Herbert Lange, der die Kommission 20. Juli leitete. Lange ließ dann Goerdeler vorführen. Dieser war ganz weiß geworden, die Augen ausdruckslos, verfallen. Er sagte, wer ich sei, durfte mich dann nicht mehr ansehen und erklärte auf Befragen des Kriminalrates: er habe mich etwa seit 1942 in seine Staatsstreichpläne eingeweiht, habe mit mir

Gefängnis und Rückblick  |

die künftige Ordnung besprochen, mir auch seine militärischen Beziehungen genannt; ich hätte ihm Ausarbeitungen gemacht und hätte die Orientierungen weitergeben sollen. Es war teils richtig, teils falsch, alles mit Goerdelers Stimme vorgetragen in einem Ton, als ob er mir Vorwürfe zu machen habe. Zum Schluß versicherte Goerdeler auf Befragen, er mache seine Aussagen nicht unter Zwang. Dann wurde er abgeführt. Ich sah, daß er an den Füßen eine Kette hatte. Mich blickte er nicht mehr an. Es war erschütternd. Ich war bewegt von Mitleid und Fürbitte und mußte denken: welch edler Geist ist hier zerstört!1000

Lange forderte eine ausführliche schriftliche Erklärung von Dietze, doch Dietze schrieb nur wenige Zeilen: Ich habe mich überzeugt, daß Goerdeler unmöglich im Besitz seiner geistigen und moralischen Kräfte sein kann, und habe mich entschlossen, keine weiteren Aussagen zu machen.1001

Darauf wurde Dietze ausgezogen und eine Stunde lang mit dicken Lederpeitschen geschlagen. Wenn er bewusstlos wurde, übergoss man ihn mit Wasser und schlug ihn weiter. Der Freiburger Historiker Gerhard Ritter wurde Carl Goerdeler am 8. Januar 1945 gegenübergestellt. Nach seiner Schilderung gegenüber Dietze hatte er »den erschütternden Eindruck eines langsam sich auflösenden Geistes (ganz erloschene Augen!); einzelne erstaunlich scharfe und klare Erinnerungsbilder mitten zwischen verwirrtem Durcheinander.« Also dasselbe, was mich schon am 26. [sic] IX. erschütterte, anscheinend noch weiter fortgeschritten.1002

Dietze schrieb auch, »Goerdeler hat nach Ritters Meinung sehr entlastend für Ritter ausgesagt«. Ritter selbst schrieb in seiner Goerdeler-Biographie widersprüchlich über den Inhaftierten, einerseits hielt er fest, »von einem seelischen oder auch körperlichen Zusammenbruch kann gar keine Rede sein«, und formulierte: Auch seine geistige Kraft blieb bis zum Schluß ungebrochen, wie die unglaublich große Fülle der Niederschriften zeigt, wie aber auch jeder bezeugen kann, der ihn in diesen Monaten gesehen und gesprochen hat. Ich selbst wurde ihm am 8. Januar 1945 zu einer langen Vernehmung gegenübergestellt. Trotz gewisser Anzeichen körperlicher und seelischer Veränderung, von denen später zu reden sein wird, war sein Geist erstaunlich lebendig und klar. Obwohl ihn mein unerwartetes Auftauchen als Häftling sichtlich erschütterte, diktierte er seine Aussagen mit völliger Ruhe, kalt überlegt und genau formuliert, der Sekretärin in die Maschine.

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Ritter hebt Goerdelers »vollendete Klugheit« hervor, »mit der er an kritischen Stellen des Verhörs belastende Äußerungen so umzufärben wußte, daß sie harmlos, ja für meine Sache günstig wirkten«.1003 Etliche Seiten später schrieb Ritter über die Gegenüberstellung mit Goerdeler, er war, wie er schon geschrieben habe,

Abb 4    Carl Friedrich Goerdeler bei der Vernehmung vor dem Volksgerichtshof, September 1944. (Quelle: akg-images)

erstaunt über die unversehrte Kraft seines Geistes, aber zugleich doch erschrocken über seine äußere Erscheinung. Ein jäh gealterter Mann stand vor mir, in Ketten an Händen und Füssen gefesselt, in derselben leichten Sommerkleidung, in der man ihn verhaftet hatte, aber abgeschabt und ohne Kragen, das Gesicht abgemagert und seltsam verändert. Am tiefsten erschütterte mich der Anblick seiner Augen […] Jetzt waren sie völlig glanzlos, wie die Augen eines Blinden – ein Anblick, wie ich ihn noch an keinem Menschen erlebt habe. Seine geistige Kraft war noch immer die alte; aber sicher nicht die seelische.1004

Am 8. November 1944 schrieb Goerdeler einen Brief an Jacob Wallenberg, gab ihn seinem Wärter Wilhelm Brandenburg, der ihn zur schwedischen Gesandtschaft bringen sollte, bat ihn aber bald darauf, den Brief zurückzuhalten. Ritter urteilte, der Brief Goerdelers zeige »die ganze hilflose Verwirrung seiner politischen Spekulationen in dieser Lage« und »läßt erkennen, wie das jähe Hin

Gefängnis und Rückblick  |

und Her zwischen Hoffnung und Verzweiflung in der Seele des Gefangenen eine Art von Haftpsychose zu erzeugen beginnt«. Ritter zitiert aus Goerdelers Brief an Wallenberg: Ich weiß, daß die Nazis, die unter meinem im Gefängnis ausgeübten Einfluß (!)1005 das Kriegsziel bereits begrenzt haben, mitmachen würden; die notwendigen inneren Reformen in Deutschland folgen automatisch, wenn meine Freunde und ich am Leben bleiben. Da wir zum Tode verurteilt sind, muß schnell gehandelt werden.1006

Der erste Befund Ritters in seiner Mitteilung an Dietze trifft auf Goerdelers Gefängnisschriften zu. Grotesk mischten sich Unsinn und Überzeugung. Was im Vergleich zu Goerdelers hochherzigen und großen Gedanken und Zielen eine geringfügige Anekdote war, führte Goerdeler als Beweis für »die große Schuld der Juden« an, »die in unser öffentliches Leben eingebrochen waren in Formen, die jeder gebotenen Zurückhaltung entbehrten«.1007 Ritter schreibt nun auch von »wachsender Bitterkeit und Schärfe« in Goerdelers Niederschriften und zitiert aus dessen Januardenkschrift die Worte: »Sehr hart, sehr bitter, aber wenigstens aufrichtig und für die Lebenden erzieherisch – soweit bin ich heute. Und doch suche ich noch durch Christus den barmherzigen Gott. Gefunden habe ich ihn nicht.« 1008 In der Niederschrift »Unsere Idee« vom November 1944 schrieb Goerdeler, er habe mithilfe Jacob Wallenbergs Churchill dazu veranlassen wollen, »mit einem Deutschland ohne Hitler« aufgrund seines, Goerdelers, Friedensplanes »zu paktieren«.1009 In einem Kommentar zu einer Rede des Reichsaußenministers von Ribbentrop vom 11. Dezember 1944 verurteilte er, »was Hitler in den besetzten Gebieten des Ostens an grauenvollen Taten angerichtet, daß er Millionen Juden bestialisch vernichtet, daß er Hunderttausende russischer Kriegsgefangener hat verhungern lassen«. Einige Zeilen weiter legte er einen Friedensplan vor, in dessen Verfolg »eine Regierung Hitler-Schacht-GoerdelerHimmler« entstehen müsse.1010 Und noch einmal die – für die Nachwelt schwer verständliche, heute voreilig und gedankenlos wirkende – Bitte an die Juden um Versöhnung, deren Taktlosigkeit auch sonst nach Kriegsende nicht selten war, von Goerdeler treuherzig gemeint: Man wird Euch bezeugen, daß ich in Deutschland zu Eurem Schutze getan habe, was möglich war; die Empörung meines Herzens über die Unmenschlichkeit, mit der Hitler Euch verfolgte und vertilgte, hat mich ebenso zu meinem Tun getrieben, wie der Schmerz über den Mißbrauch meines Volkes.1011

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Wer solche und die davor zitierten Dinge schrieb, konnte nur beschränkt im Besitz seiner geistigen Fähigkeiten sein. Goerdeler war gewiss naiv und oft überraschend offenherzig. Aber nun schrieb er bewusst für die Nachwelt und in der Illusion seiner Mission und seines Einflusses auf Himmler und andere Mächtige des Hitler-Reiches.1012 Auch wenn er einen Zusammenhang zwischen dem Verhalten vieler Juden und der Abwehrhaltung der Öffentlichkeit zu sehen meinte, hatte er nie, ehe man ihn zum Tode verurteilt und in Ketten gelegt hatte, nie vor dem Zustand, in dem ihn Dietze im September 1944 und Ritter im Januar 1945 in der Prinz-Albrecht-Straße antrafen,1013 von einer Schuld der Juden an ihrem Schicksal geschrieben. Bei klarem Verstand musste Goerdeler wissen, wie undiplomatisch manche seiner für die Nachwelt bestimmten Äußerungen waren. Nur eingeschränkte Denkfähigkeit kann sie erklären. Spekulative Erklärungen für Äußerungen, die in Goerdelers vor der Gefangennahme verfassten Schriften keine Parallele haben, tragen aber zum Verständnis seines Engagements für die Juden und die »Jüdische Frage« nichts bei. Die Aufforderung zur Zurückhaltung, die Leo Baeck zehn Jahre zuvor ausgesprochen hatte,1014 die Wiedergabe des Erlebnisses von 1917 im Berliner Zoo, weisen auf tiefer liegende Spannungen zwischen Juden und Christen, zwischen den altetablierten Auserwählten und den dank Taufe neu Auserwählten des Neuen Bundes, beide Überlegenheit beanspruchend. Goerdelers Geistesverfassung als zum Tode durch langsames Erhängen Verurteilter, den Tag der Hinrichtung durch die Erstellung angeforderter Gutachten womöglich hinausschiebend, zwischen einsamer Verzweiflung, Depression und Hoffnung, eine Lage, von der die 2011 veröffentlichten Briefe Moltkes aus dem Gefängnis Tegel ein so erschütterndes Bild geben wie die Schriften Goerdelers mit ihren Selbstvorwürfen und Gotteszweifeln – all das kann zum Verständnis seiner Äußerungen beitragen.1015 Goerdelers Antwort auf die bittere Erinnerung an 1917 war aber, damals und nun im Gefängnis, Versöhnung; er bestand auf den gleichen Rechten für Juden wie für alle Menschen, er wollte die Gründung eines jüdischen Staates, seine Antwort war sein unermüdliches Eintreten für die Juden. Man hat, mit Cicero zu sprechen, das Wollen, Denken und Tun eines Menschen nach dessen ethischem Charakter zu beurteilen statt nach gegen ihn vorgebrachten Anklagen.1016 Goerdeler ist nach seinen Taten zu beurteilen, nicht nach Vermutungen über die »Gesinnung« der zerstörten Persönlichkeit eines gebrochenen Mannes. Die Gefängnisschriften ändern nichts an Goerdelers Handeln, an seinen furchtlosen Anstrengungen zum Schutz der Juden, die nach damaliger Rechtsauffassung »Landesverrat« einschlossen. Sie ändern nichts an

Gefängnis und Rückblick  |

den Willenserklärungen in seinen Denkschriften seit 1933. Im Gegenteil, hier wiederholte er sie und erinnerte an seinen Entwurf von 1941. Goerdeler bekannte sich zu dem, was er getan hatte: Ich habe seit 1933 jeden Versuch gemacht, mitarbeitend und Widerstand sammelnd, schon im Interesse der eigenen Kinder dieses System eines perversen zerstörenden Fanatismus, dem jedes Mittel recht ist, frühzeitig unschädlich zu machen. Es war nicht möglich, ich büße den Kampf gegen den Satan mit dem Tode. Und doch glaube ich an den Sieg des Guten und Gottes gerechtes Gericht. Mögen die Menschen es suchen, indem sie einander die Hand reichen.1017

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ANHANG EXKURS: MENSCHENRECHTS-KONVENTION

In den Jahren vor dem nationalsozialistischen Massenmord an den europäischen Juden, solange sich kaum jemand so etwas vorstellen konnte – ungeachtet der Massaker an den Armeniern 1915 und der japanischen Massaker an Chinesen und Engländern im Dezember 1937 in Nanking –, waren in der öffentlichen Debatte über Ethnie-(Volkstums-)Fragen und zumal über die »Jüdische Frage« Sprachwendungen im Gebrauch, die heute als unannehmbar gelten. Hilfsbemühungen zugunsten Verfolgter stießen an die Souveränität der Staaten über ihre Einwohner im weitesten Sinn, wie die in diesem Buch zitierten Noten Englands, Frankreichs und der Vereinigten Staaten belegen. Die Noten betonten »Deutschlands unbeschränktes Recht zu innenpolitischen Maßnahmen betreffend die politische Einstellung, den religiösen Glauben und die rassische Organisation seiner Bürger«.1018 Die Vereinigten Staaten hatten eigene Gesetze mit rassischen Kriterien zur Beschränkung der Einwanderung. Ein amerikanisches Gesetz schloss »Mitglieder der gelben Rasse« und Hindus von der Einbürgerung aus.1019 Zwischen 1880 und 1914 ließen sich rund 120.000 jüdische Einwanderer in Großbritannien nieder; die Agitation gegen diese Einwanderung führte 1905 zur britischen Fremdengesetzgebung mit ihren Zusätzen bis 1919.1020 In Deutschland stellten auch Gegner des nationalsozialistischen Rassenwahns das Recht des Staates zu solchen Maßnahmen nicht in Frage. Der Theologe Dietrich Bonhoeffer, der am 9. April 1945 wegen seines Einsatzes für verfolgte Juden und seinen Widerstand gegen Hitlers Diktatur in Flossenbürg gehängt wurde, schrieb 1933 in einem kritischen Essay, in dem er vom christlichen Standpunkt aus jede rassische Auffassung vom Judentum ablehnte: Ohne Zweifel ist eines der geschichtlichen Probleme, mit denen unser Staat fertig werden muß, die Judenfrage, und ohne Zweifel ist der Staat berechtigt, hier neue Wege zu gehen. Es bleibt die Sache der humanitären Verbände und einzelner sich dazu aufgerufen wissender christlicher Männer, dem Staat die moralische Seite seiner jeweiligen Maßnahmen zu Gesicht zu bringen, d. h. gegebenenfalls den Staat des Verstoßes gegen die Moral zu verklagen.

An welche neuen Wege kann Bonhoeffer gedacht haben? Geordnete Emigration ohne Beraubung? Beschränkung politischer, beruflicher und wirtschaftlicher Rechte?

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Bonhoeffer erklärte, die Kirche habe nicht politisch zu intervenieren, aber sie habe den Staat immer zu fragen, »ob sein Handeln von ihm als legitim staatliches Handeln verantwortet werden könne, d. h. als Handeln, in dem Recht und Ordnung, nicht Rechtlosigkeit und Unordnung, geschaffen werden«. Und: Sowohl ein Zuwenig an Ordnung und Recht als auch ein Zuviel an Ordnung und Recht zwingt die Kirche zum Reden. Ein Zuwenig ist jedesmal dort vorhanden, wo eine Gruppe von Menschen rechtlos wird, wobei es in concreto jeweils außerordentlich schwierig sein wird, wirkliche Rechtlosigkeit von einem wenigstens formaliter zugebilligten Minimum von Recht zu unterscheiden.

Wenn der Staat hemmungslos eine Gruppe von Staatsuntertanen rechtlos mache, dann habe die Kirche unmittelbar politisch zu handeln, die Opfer des Staatshandelns, die unter das Rad kommen, nicht nur zu verbinden, »sondern dem Rad selbst in die Speichen zu fallen«.1021 Die Bereitschaft, ganze Volksgruppen zwangsweise umzusiedeln, mit religiösen und rassischen Minderheiten nach souveräner Staatsräson oder Willkür zu verfahren, wurde im Zweiten Weltkrieg über jedes vorstellbare brutale Maß hinaus getrieben. Gleichzeitig trieb dies Einzelne zu der existentiellen Entscheidung, sich gegen »den Staat« aktiv aufzulehnen und seine Führung anzugreifen. Drei Jahre nach dem Ende des Krieges, am 10. Dezember 1948, nahm die Vollversammlung der Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte (Universal Declaration of Human Rights) an, die zwei weitere Jahre später zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 führte, welcher die Bundesrepublik Deutschland durch Gesetz vom 7. August 1952 mit Wirkung vom 3. September 1953 beitrat.1022 In Abschnitt I sind die Rechte aufgezählt – das Recht auf Leben, das Verbot der Folter, das Verbot der Sklaverei und der Zwangsarbeit, das Recht auf Freiheit und Sicherheit, das Recht auf ein faires Verfahren, keine Strafe ohne Gesetz (das zur Zeit der Begehung einer Straftat gültig war), das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens, die Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit, die Freiheit der Meinungsäußerung, die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit, das Recht auf Eheschließung, das Recht auf wirksame Beschwerde, das Diskriminierungsverbot. Das Letzte steht in Artikel 14 und lautet: Diskriminierungsverbot Der Genuß der in dieser Konvention anerkannten Rechte und Freiheiten ist ohne Diskriminierung insbesondere wegen des Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der

Abkürzungen  |

politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewähren.

Die Aufzählung enthält in Artikel 8 (1) den »Anspruch« (in der englischen Fassung »right«, in der französischen »droit«) des Menschen auf »Achtung […] seiner Wohnung«, doch auch hier kann der Staat eingreifen und anderes verfügen, wenn es aufgrund eines Gesetzes geschieht. Aber die Aufzählung enthält kein Recht auf Beibehaltung der geographischen Heimat. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (International Covenant on Civil and Political Rights) vom 19. Dezember 1966 trat 1976 in Kraft, nachdem eine genügende Zahl (35) der Staaten ihn ratifiziert hatte oder ihm beigetreten war. Die Bundesrepublik Deutschland war dem Pakt am 9. Oktober 1968 beigetreten (Gesetz vom 15. November 1973).1023 Der Pakt verbriefte alle die Rechte, die schon die Konvention zum Schutz der Menschenrechte von 1950 enthielt. Schon seit 1949 gilt in Deutschland Grundgesetz Art. 3 (3): Niemand darf »wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden«. ABKÜRZUNGEN AA PA

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NSDAP

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Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz

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politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu gewähren.

Die Aufzählung enthält in Artikel 8 (1) den »Anspruch« (in der englischen Fassung »right«, in der französischen »droit«) des Menschen auf »Achtung […] seiner Wohnung«, doch auch hier kann der Staat eingreifen und anderes verfügen, wenn es aufgrund eines Gesetzes geschieht. Aber die Aufzählung enthält kein Recht auf Beibehaltung der geographischen Heimat. Der Internationale Pakt über bürgerliche und politische Rechte (International Covenant on Civil and Political Rights) vom 19. Dezember 1966 trat 1976 in Kraft, nachdem eine genügende Zahl (35) der Staaten ihn ratifiziert hatte oder ihm beigetreten war. Die Bundesrepublik Deutschland war dem Pakt am 9. Oktober 1968 beigetreten (Gesetz vom 15. November 1973).1023 Der Pakt verbriefte alle die Rechte, die schon die Konvention zum Schutz der Menschenrechte von 1950 enthielt. Schon seit 1949 gilt in Deutschland Grundgesetz Art. 3 (3): Niemand darf »wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden«. ABKÜRZUNGEN AA PA

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ANMERKUNGEN Übersetzungen englischer Zitate stammen vom Verf., soweit nicht eine deutsche Veröffent­lichung zitiert wird. 1 Ernst Rudolf Huber (Hrsg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 1961, S. 45. 2 Bundesgesetzblatt 1869, Berlin. Redigirt im Büreau des Bundeskanzlers, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofdruckerei (R. v. Decker) 1869, S. 292. 3 Hierzu und zum Folgenden Jonathan Frankel, »Assimilation and the Jews in nineteenthcentury Europe: towards a new historiography?«, in: Jonathan Frankel / Steven J. Zipperstein (Hrsg.), Assimilation and community. The Jews in nineteenth-century Europe, Cambridge / New York / Port Chester / Melbourne/Sydney: Cambridge University Press 1992, S. 21 – 23; Marion A. Kaplan, »Gender and Jewish history in Imperial Germany«, in: Frankel / Zipperstein, S. 201, 205; Paula E. Hyman, »The social contexts of assimilation: village Jews and city Jews in Alsace«, in: Frankel / Zipperstein, S. 110. 4 »Zionism«, in: Encyclopaedia Judaica. Second Edition, Bd. 21, Detroit u. a.: Thomson Gale 2007, S.  540 – 543. 5 Documents on British Foreign Policy 1919 – 1931. First Series. Bd. IV, London: Her Majesty’s Stationery Office 1952 (künftig zitiert DBFP First Series, Bd. IV etc.), Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], respecting Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«); Treaty of Peace with Turkey. Signed at Sèvres, August 10, 1920. [With Maps.] Presented to Parliament by Command of His Majesty. [Cmd. 964.] London: His Majesty’s Stationery Office 1920, Section VII, articles 94 – 97. Vgl. unten, Seite 68. 6 Anthony Julius, Trials of the Diaspora. A History of Anti-Semitism in England, Oxford: Oxford University Press 2010, S. 544. 7 DBFP First Series, Bd. IV, Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], r­ especting Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«). 8 Encyclopaedia Judaica, Second Edition, Bd. 16, Detroit u. a.: Keter 2007, S. 279 – 282; The YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe, Gershon David Hundert, Editor in Chief, Bd. 2, New Haven / London: Yale University Press 2008, S. 1375 – 1381. 9 Julius, S. XIII – LVIII. 10 Cf. [Paul de Lagarde], Ueber die gegenwärtige lage des deutschen reichs, ein bericht, erstattet von Paul de Lagarde, Göttingen: Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 1876; Paul de Lagarde, Deutsche Schriften, Göttingen: Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 1878; Paul de Lagarde, Deutsche Schriften. Gesammtausgabe letzter Band, Vierter Abdruck, Göttingen: Dieterichsche

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ANMERKUNGEN Übersetzungen englischer Zitate stammen vom Verf., soweit nicht eine deutsche Veröffent­lichung zitiert wird. 1 Ernst Rudolf Huber (Hrsg.), Dokumente zur deutschen Verfassungsgeschichte, Bd. 1, Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 1961, S. 45. 2 Bundesgesetzblatt 1869, Berlin. Redigirt im Büreau des Bundeskanzlers, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofdruckerei (R. v. Decker) 1869, S. 292. 3 Hierzu und zum Folgenden Jonathan Frankel, »Assimilation and the Jews in nineteenthcentury Europe: towards a new historiography?«, in: Jonathan Frankel / Steven J. Zipperstein (Hrsg.), Assimilation and community. The Jews in nineteenth-century Europe, Cambridge / New York / Port Chester / Melbourne/Sydney: Cambridge University Press 1992, S. 21 – 23; Marion A. Kaplan, »Gender and Jewish history in Imperial Germany«, in: Frankel / Zipperstein, S. 201, 205; Paula E. Hyman, »The social contexts of assimilation: village Jews and city Jews in Alsace«, in: Frankel / Zipperstein, S. 110. 4 »Zionism«, in: Encyclopaedia Judaica. Second Edition, Bd. 21, Detroit u. a.: Thomson Gale 2007, S.  540 – 543. 5 Documents on British Foreign Policy 1919 – 1931. First Series. Bd. IV, London: Her Majesty’s Stationery Office 1952 (künftig zitiert DBFP First Series, Bd. IV etc.), Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], respecting Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«); Treaty of Peace with Turkey. Signed at Sèvres, August 10, 1920. [With Maps.] Presented to Parliament by Command of His Majesty. [Cmd. 964.] London: His Majesty’s Stationery Office 1920, Section VII, articles 94 – 97. Vgl. unten, Seite 68. 6 Anthony Julius, Trials of the Diaspora. A History of Anti-Semitism in England, Oxford: Oxford University Press 2010, S. 544. 7 DBFP First Series, Bd. IV, Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], r­ especting Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«). 8 Encyclopaedia Judaica, Second Edition, Bd. 16, Detroit u. a.: Keter 2007, S. 279 – 282; The YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe, Gershon David Hundert, Editor in Chief, Bd. 2, New Haven / London: Yale University Press 2008, S. 1375 – 1381. 9 Julius, S. XIII – LVIII. 10 Cf. [Paul de Lagarde], Ueber die gegenwärtige lage des deutschen reichs, ein bericht, erstattet von Paul de Lagarde, Göttingen: Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 1876; Paul de Lagarde, Deutsche Schriften, Göttingen: Dieterichsche Verlagsbuchhandlung 1878; Paul de Lagarde, Deutsche Schriften. Gesammtausgabe letzter Band, Vierter Abdruck, Göttingen: Dieterichsche

Anmerkungen  |

Verlagsbuchhandlung 1892; Paul de Lagarde, »Das verborgene Deutschland«, Offenbach a. M.: [Privatdruck der Schriftgießerei] Gebr. Klingspor 1920; Karl Marx, Zur Judenfrage, hg. und eingeleitet von Stefan Grossmann, Berlin: Ernst Rowohlt Verlag 1919; Heinrich von Treitschke, »Herr Graetz und sein Judentum«, in: ders., Aufsätze, Reden und Briefe, Meersburg: F. W. Hendel Verlag 1929, S. 483 – 493; [ Julius Langbehn], Rembrandt als Erzieher. Von einem Deutschen, Leipzig: Verlag von C. L. Hirschfeld 1890; Benedikt Momme Nissen, Der Rembrandtdeutsche Julius Langbehn, Freiburg im Breisgau: Herder & Co. GmbH. Verlagsbuchhandlung 1927; Friedrich Delitzsch, Babel und Bibel. Ein Vortrag, Leipzig: J. C. Hinrichs’sche Buchhandlung 1903; Friedrich Delitzsch, Zweiter Vortrag über Babel und Bibel, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1903. 11 Daniel Frymann [= Heinrich Class], Wenn ich der Kaiser wär’. Politische Wahrheiten und Notwendigkeiten, Leipzig: Dieterich’sche Verlagsbuchhandlung, Theodor Weicher 1912, S. 74 – 78. 12 Götz Aly / Susanne Heim / Ulrich Herbert / Hans-Dieter Kreikamp / Horst Möller / Dieter Pohl / Hartmut Weber (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 – 1945. Band 1. Deutsches Reich 1933 – 1937, München: R. Oldenbourg Verlag 2008, Nr. 276; Eberhard Jäckel / Axel Kuhn (Hrsg.), Hitler. Sämtliche Aufzeichnungen 1905 – 1924, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1980, S. 195 – 196; Wilhelm Treue, »Hitlers Denkschrift zum Vierjahresplan 1936«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 3 (1955), S.  184 – 210, hier S.  210; Documents on German Foreign Policy 1918 – 1945. Series C (1933 – 1937). Bd. V (künftig zitiert DGFP C V), London: HMSO 1966, Nr. 490, S. 853 – 862, hier S. 861; Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945. Serie C: 1933 – 1937. Das Dritte Reich: Die ersten Jahre, Band V, 2 (künftig ADAP C V, 2 etc.), Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977, S.  793 – 801, hier 800 – 801; Völkischer Beobachter, 10. September 1936, S. 1 – 2, und 1. Februar 1939, S. 9; Max Domarus, Hitler. Reden und Proklamationen 1932 – 1945, Neustadt an der Aisch: Verlagsdruckerei Schmidt 1962 – 1963, S. 1058; vgl. Norman H. Baynes (Hrsg.), The Speeches of Adolf Hitler, April 1922–August 1939, Bd. 1, New York: Howard Fertig 1969, S. 736 – 741. Die Herausgeber der Aufzeichnungen von James G. McDonald, Refugees and Rescue. The Diaries and Papers of James G. McDonald 1935 – 1945, hrsg. von Richard Breitman, Barbara McDonald Stewart und Severin Hochberg, Bloomington / Indianapolis: Indiana University Press 2009, S. 29, zitieren Hitlers Drohung zur »Judenfrage«, im Fall eines Krieges an allen Fronten wäre er zu allen Konsequenzen bereit, aus Philippe Burrin, Hitler and the Jews. The Genesis of the Holocaust, New York: Hodder Arnold 1994, S. 48 – 49 (ebenso in der britischen Ausgabe des Werkes mit demselben Titel, London / Melbourne/Auckland: Edward Arnold, A member of the Hodder Headline Group, 1994). 13 Emanuel Melzer, No Way Out. The Politics of Polish Jewry 1935 – 1939, Cincinnati: Hebrew Union College Press 1997, S. 53 – 70, und passim; Melzer S. 182 Anm. 2 und S. 69 – 70 nennt drei »Wellen« von Pogromen 1918 – 1920, 1929 – 1930 und 1935 – 1937/38; Joseph Marcus, Social and Political History of the Jews in Poland, 1919 – 1939, Berlin / New York / Amsterdam: Mouton Publishers 1983, passim; Frank Golczewski, Polnisch-jüdische Beziehungen 1881 – 1922, Wiesbaden: Franz Steiner Verlag 1981, S. 158 – 171, 174, 219 – 233, 246 – 264, 290 – 297, 341 – 347; vgl. Carole Fink, »The Paris Peace Conference and the Question of Minority Rights«, in: Peace & Change 21 (1996), S. 277 – 279; Fritz Kieffer, »Carl Friedrich Goerdelers Vorschlag zur Gründung eines jüdischen Staates«, in: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte 125 (2008), S. 477 zitiert Israel

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Cohen, A Report on the Pogroms in Poland [London]: Central Office of the Zionist Organisation, April, 1919, S. 1 – 36; Cohens Bericht ist zusammengeheftet ohne eigenes Titelblatt mit: Léo Motzkin, »Les revendications nationales des juifs«, S. 7 – 27, hier besonders 7 – 8 und 20 – 23; die in diesen Schriften genannten Zahlen sind zu hoch; siehe Kemal H. Karpat, Studies on Ottoman Social and Political History. S ­ elected Articles and Essays, Leiden / Boston/Köln: Brill 2002, S. 157, 161. Eugen Kogon / Hermann Langbein / Adalbert Rückerl, Nationalsozialistische Massentötungen durch Giftgas. Eine Dokumentation, 2. Auflage, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 1983, S. 145, 328. Peter Longerich, »Davon haben wir nichts gewusst!« Die Deutschen und die Judenverfolgung 1933 – 1945, München: Pantheon 2007, S. 183 – 85; Joseph Goebbels, Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil I. Aufzeichnungen 1923 – 1941. Band 6, München: K. G. Saur 1998, S. 178 – 83, 186. Goebbels schrieb am 9. November 1938 in sein Tagebuch: »Wenn man jetzt den Volkszorn einmal loslassen könnte!«; aber am 11. November: »Lassen wir das weitergehen, dann besteht die Gefahr, daß der Mob in die Erscheinung tritt.« Und: »Es kommen Meldungen aus Berlin über ganz schwere antisemitische Ausschreitungen. Jetzt geht das Volk vor. Aber nun muß Schluß gemacht werden.« Longerich, »Davon haben wir nichts gewusst!«, S.  129 – 144, berichtet von verbreiteter Missbilligung und Verurteilung der Vorgänge; Ursula Büttner, »›The Jewish Problem Becomes a Christian Problem‹: German Protestants and the Persecution of the Jews in the Third Reich«, in: David Bankier (Hrsg.), Probing the Depths of German Antisemitism. German Society and the Persecution of the Jews, 1933 – 1941, Jerusalem / New York / Oxford: Yad Vashem, Leo Baeck Institute, Berghahn Books 2000, S. 431 – 459; David Bankier, The Germans and the Final Solution: Public O ­ pinion under Nazism, Oxford / Cambridge: Blackwell 1992, ist tendenziös; siehe zum Beispiel S. 86 über Goerdeler. Die höheren im Umlauf befindlichen Zahlen von im direkten Zusammenhang mit dem 20. Juli 1944 Verhafteten und Hingerichteten beruhen auf Irrtümern und Verwechslungen; vgl. Peter Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat. Der Kampf der Opposition gegen Hitler, 4., überarbeitete und ergänzte Ausgabe, München / Zürich: Piper 1985, S. 628, 864 – 865 Anm. 33. Pauschale Verurteilung von »most« of »those in opposition and resistance to the Nazis« als Antisemiten oder bestenfalls indifferent gegenüber dem Schicksal der Juden, mit Verfälschungen durch auseinandergerissene Zitatfragmente, in Daniel Jonah Goldhagen, Hitler’s Willing Executioners. Ordinary Germans and the Holocaust, London: Little, Brown and Company 1996, S. 115 – 116; zur Kritik dazu siehe Franklin H. Littell (Hrsg.), Hyping the Holocaust. Scholars Answer Goldhagen, East Rockaway, N. Y.: Cummings & Hathaway 1997. Zu Beck siehe ›Presse. Regierungserklärung Nr. 2 (3. Fassung)‹ in »Schriftstücke, die in dem ›Hospiz am Askanischen Platz‹ in einem für Dr. Goerdeler bestimmten Umschlag vorgefunden wurden. Amt IV/Sonderkommission 20. 7. 44, Berlin 3. August 1944, 90 Ausfertigungen/23. Ausfertigung«, Papers of H. R. Trevor-Roper auf David Irving Mikrofilm DJ38, S.  19 – 34; Spiegelbild einer Verschwörung. Die Kaltenbrunner-Berichte an Bormann und Hitler über das Attentat vom 20. Juli 1944. Geheime Dokumente aus dem ehemaligen Reichs­sicherheitshauptamt, Stuttgart: Seewald Verlag 1961, S. 145 – 156, 249 – 255; Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1954, S. 586 – 592; Justizminister Georg Thierack an Martin Bormann 8. September 1944, in: Veit Osas, Walküre. Die Wahrheit über

Anmerkungen  |

den 20. Juli 1944 mit Dokumenten, Hamburg, Deutschland-Verlag Adolf Ernst Schulze & Co. 1953, S. 94 – 98; Goerdeler, »Vorgesehene Rundfunkrede bei Übernahme der Reichsregierung«, Masch., o. D., Hoover Institution, Stanford, Germany G 597; auch in »Programm vom 20. Juli 1944. Karl Goerdelers geplante Rundfunkrede nach Übernahme der öffentlichen Gewalt. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Professor Dr. Gerhard ­Ritter, Freiburg«, in: Die Gegenwart 1 (1946) Nr. 12/13, 24. Juni 1946, S. 11 – 14, und in: Spiegelbild, S.  249 – 255; Beck gegen Judenverfolgung siehe Klaus-Jürgen Müller, Generaloberst Ludwig Beck. Eine Biographie, Paderborn / München/Wien / Zürich: Ferdinand Schöningh 2008, S.  521 – 523; Spiegelbild, S. 215; in dem im Wesentlichen von Beck verfassten »Aufruf an die Wehrmacht« heißt es: »Wir müssen handeln, weil – und das wiegt am schwersten – in Eurem Rücken Verbrechen begangen wurden, die den Ehrenschild des deutschen Volkes beflecken und seinen in der Welt erworbenen guten Ruf besudeln.« Spiegelbild, S. 199 – 202; Peter ­Hoffmann, Claus Schenk Graf von Stauffenberg. Die Biographie 3., erweiterte Auflage, München: Pantheon 2009 (weitere Zitate, mit einer Ausnahme, aus dieser Ausgabe), S. 364 – 367; Becks Biograph Nicholas Reynolds berichtet über Becks Empörung und Abscheu im Sommer 1934 gegenüber der schändlichen Behandlung der Juden; Nicholas Reynolds, Treason Was No Crime. Ludwig Beck, Chief of the German General Staff, London: William Kimber 1976, S. 54; Beck riet jüdischen Mitgliedern von Regiments- und Traditionsvereinen zur Zurückhaltung, um sie selbst und die anderen Mitglieder, angesichts der teils amtlich verordneten und teils von rabiaten Parteigängern forcierten Diskriminierungen und Verunglimpfungen, vor Verlegenheiten und Bedrängnis zu bewahren; Bundesarchiv-Militärarchiv Freiburg im Breisgau (zitiert BA-MA) RH2/v.99 (Gen.St. d. H.: Privatschriftverkehr 1936/37); siehe nun auch Müller, Beck, S.  144, 375 – 376 (mit der unzutreffenden Quellenangabe eines Eintrages von Hassell über seinen Eindruck in Ulrich von Hassell, Die Hassell-Tagebücher 1938 – 1944. Aufzeichnungen vom Andern Deutschland, hrsg. v. Friedrich Freiherr Hiller von Gaertringen und Klaus Peter Reiß, Berlin: Siedler 1988 [zitiert Hassell 1988] 25. November 1938: »Ich schreibe unter dem schwer lastenden Eindruck der niederträchtigen Judenverfolgung nach der Ermordung vom Raths.«). Wo Reynolds auf milden gesellschaftlichen Antisemitismus schloss, sieht Müller nur vage Hinweise, auch »eine gewisse Betroffenheit, wenn nicht gar ein[en] Hauch von Mißbilligung derartiger rassistischer Diskriminierungen« in der Wendung, es sei gewiss eine »große Härte« für einen, aufgrund seiner Abstammung nicht mehr der Vereinigung des Regiments angehören zu sollen, in dem er im Krieg gekämpft hatte; jedenfalls kann Müller »keineswegs« eine ideologisch orthodoxe Einstellung erkennen und weist auf Becks Empörung anlässlich des Pogroms vom November 1938 hin. Der Generalstab und der Oberbefehlshaber des Heeres standen unter dem Druck, Juden überall auszuschließen, was Becks vorsichtige Haltung erklären würde. Der preußische Finanzminister Johannes Popitz sagte nach dem 20. Juli 1944 im Verhör der Gestapo, Beck habe die nationalsozialistischen innenpolitischen Maßnahmen, besonders die gegen die Kirchen und die Juden für zu abrupt und übereilt gehalten; Spiegelbild, S. 449. Reynolds schließt daraus und aus Becks Abscheu gegenüber der Behandlung der Juden, Beck habe zwar die Juden nicht gehasst, sei aber doch einer milden Form des gesellschaftlichen Antisemitismus nicht entgangen; Reynolds, S. 54. Reynolds’ Version ist also verkürzt zu einem ungünstigeren Bild von Beck als dem, welches sich aus den Quellen – BA-MA RH2/v.99 (Gen.St. d. H.: Privatschriftverkehr 1936/37) – ergibt. – Kritik an Beck: Christof Dipper, »Der 20. Juli und die

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›Judenfrage‹«, in: Die Zeit, Overseas Edition Nr. 27, 8. Juli 1994, S. 20; siehe ferner Christof Dipper, »Der Deutsche Widerstand und die Juden«, in: Geschichte und Gesellschaft 9 (1983), S. 363. – Zu Tresckow: M ­ argarethe Gräfin von Hardenberg, geb. von Oven, 26. November 1961, Interview 1984, und 20. August 1985; Gerhard Ringshausen, »Hans-Alexander von Voß (1907 – 1944). Offizier im Widerstand«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 52 (2004), S. 388 – 391; Kritik: Johannes Hürter, »Auf dem Weg zur Militäropposition. Tresckow, Gersdorff, der Vernichtungskrieg und der Judenmord. Neue Dokumente über das Verhältnis der Heeresgruppe Mitte zur Einsatzgruppe B im Jahr 1941«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 52 (2004), S. 527 – 562; Hans Mommsen, »Der Widerstand gegen Hitler und die nationalsozialistische Judenverfolgung«, in: ders., Alternative zu Hitler. Studien zur Geschichte des deutschen Widerstandes, München: C. H. Beck 2000, S. 384 – 415, hier 403 – 405; Winfried Heinemann, »Kriegführung und militärischer Widerstand im Bereich der Heeresgruppe Mitte an der Ostfront«, in: Gert R. Ueberschär (Hrsg.), NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler, Darmstadt: Primus Verlag 2000, S. 77 – 89; – Zu Stauffenberg siehe Hoffmann, Stauffenberg, S.  261 – 262, 264, 605 – 608 Anm. 164 und 171; Peter Hoffmann, Stauffenbergs Freund. Die tragische Geschichte des Widerstandskämpfers Joachim Kuhn, München: C. H. Beck 2007, S. 190. Spiegelbild, S. 471. Filme Nr. 3023 – 1 und 3179 – 2, Bundesarchiv-Filmarchiv; Varianten des Ausspruchs von H­aeftens in Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 871 Anm. 103. Hoffmann, Stauffenberg, S.  355 – 356. Vgl. Hoffmann, Stauffenberg, S. 193. Joachim Kuhn, Eigenhändige Aussagen des Kriegsgefangenen Major der deutschen Wehrmacht Ioachim Kuhn vom 2. September 1944, S. 5 – 6, MGB-Akte P-46988 Joachim Kuhn, SFB-Archiv, Moskau; Hoffmann, Stauffenbergs Freund, S.  18 – 19, 190 – 191. Antonia Leugers, »Probleme der Widerstandsforschung: Puzzeln mit Mosaiksteinchen?«, in: Neue Politische Literatur 53 (2008), S. 394 – 395. Joachim Fest, »Das verschmähte Vermächtnis. Rede zur Verleihung des Eugen Bolz-Preises am 24.1.04«, Masch., von J. Fest erhalten am 18. Juni 2003. Karl Dietrich Bracher nennt Hans Mommsen das Sprachrohr der herrschenden denunziatorischen Laune gegenüber dem Widerstand; Karl Dietrich Bracher, »Wege zum 20. Juli 1944«, in: Die Politische Meinung 416 / 2004, S. 5. Siehe auch Anm. 17. Interview mit hsozkult.geschichte.hu-berlin.de, Berlin, 3. Februar 1999, http://hsozkult. geschichte.hu-berlin.de/beitrag/intervie/hmommsen.htm. Vgl. Reynolds, Treason, S. 54; differenzierter Müller, Beck, S. 7, 144. Mommsen, Widerstand, in: Mommsen, Alternative, S.  388 – 391; Dipper, Widerstand, S.  364 – 365; Theodore S. Hamerow, On the Road to the Wolf ’s Lair. German Resistance to Hitler, Cambridge, Massachusetts / London, England: The Belknap Press of Harvard University Press 1997, S. 296 zufolge wollte Goerdeler »die meisten deutschen Juden zu Ausländern machen«; H. W. Koch, In the Name of the Volk. Political Justice in Hitler’s Germany, New York: St. Martin’s Press 1989, S. 180, sagt ohne Beleg, Goerdeler wollte die deutschen Juden deportieren. Ramee A. Gentry, Coordinator, Permanent Exhibition, United States Holocaust Memorial Museum an d. Verf. 2. und 10. August 2012; Eberhard Bethge, »Dietrich Bonhoeffer und die Juden«, in: Ernst Feil / Ilse Tödt (Hrsg.), Konsequenzen. Dietrich Bonhoeffers Kirchenverständnis

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heute, München: Chr. Kaiser 1980, S. 203 – 204; Anne Nelson, Red Orchestra, New York: Random House 2009, S. 242 – 250, 253 – 256, 280. 29 Der württembergische Landesbischof Wurm schrieb am 6. Dezember 1938 an den Reichsminister der Justiz Franz Gürtner, über die Ereignisse des 10.–11. November 1938; Gerhard Schäfer (Hrsg.), Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf. Band 6. Von der Reichskirche zur Evangelischen Kirche in Deutschland: 1938 – 1945, Stuttgart: Calwer Verlag 1986, S. 116 – 118; Masch.-Durchschlag des Briefes in Landeskirchliches Archiv Stuttgart D1 Nr. 78, 1; Wurm protestierte am 27. Januar 1942 gegen einen Erlass der zentralen Verwaltung der Deutschen Evangelischen Kirche (Gerhard Schäfer, Landesbischof D. Wurm und der nationalsozialistische Staat 1940 – 1945. Eine Dokumentation, Stuttgart: Calwer Verlag 1968, S. 152 – 153), wonach »Nichtarier« von der Kirche auszuschließen seien, und verlangte die Zurücknahme des Erlasses; Wurm schrieb Protestbriefe an Goebbels (November 1941), den Reichsminister für die kirch­lichen Angelegenheiten Hanns Kerrl (Dezember 1941), den württembergischen Gauleiter Wilhelm Murr (Februar 1943), Reichsminister des Innern Wilhelm Frick (März 1943). Er protestierte gegen die Ermordung der Geisteskranken, gegen die Misshandlung der »Nichtarier«, gegen den Diebstahl von Kircheneigentum und alle die anderen feindseligen Handlungen gegen K ­ irche und Klerus. Er verschärfte seine Interventionen, in einem Brief vom 28. Januar 1943 an einen ranghohen Bürokraten im württembergischen Innenministerium, Ministerialdirektor Dr. Gottlob Dill, ihm schrieb er, er habe von Soldaten auf Urlaub von »systematischer Ermordung von Juden und Polen« erfahren; »Menschen ohne richter­liches Urteil lediglich wegen ihrer Zugehörigkeit zu einem anderen Volkstum oder wegen ihres kranken Zustandes zu Tode zu bringen, widerspricht dem klaren göttlichen Gebot und darum auch dem Begriff von Recht und Gesetzlichkeit, wie sie in einem Kulturvolk unentbehrlich sind.« Viele Volksgenossen würden »aufatmen, wenn durch einen mutigen und hochherzigen Entschluß der Staatsführung alles beseitigt würde, was den deutschen Ehrenschild befleckt«; Schäfer, Landesbischof, S. 159. Am 8. Februar 1943 schrieb Wurm an den württembergischen Reichsstatthalter und Gauleiter Wilhelm Murr: »Auch mit all den Maßnahmen, durch die Menschen anderer Völker oder Rassen ohne Urteilsspruch eines zivilen oder militärischen Gerichts lediglich wegen ihrer Volks- oder Rassezugehörigkeit zu Tode gebracht werden, müsste Schluß gemacht werden.« Schäfer, Landesbischof, S.  159 – 160. Am 16. Juli 1943 sprach Wurm in einem Brief an Hitler »die dringende Bitte aus, die verantwortliche Führung des Reiches wolle der Verfolgung und Vernichtung wehren, der viele Männer und Frauen im deutschen Machtbereich ohne gerichtliches Urteil unterworfen werden. Nachdem die dem deutschen Zugriff unterliegenden Nichtarier in größtem Umfang beseitigt worden sind, muß aufgrund von Einzelvorgängen befürchtet werden, daß nunmehr auch die bisher noch verschont gebliebenen sogenannten privilegierten Nichtarier erneut in Gefahr sind, in gleicher Weise behandelt zu werden. Insbesondere erheben wir eindringlichen Widerspruch gegen solche Maßnahmen, die die eheliche Gemeinschaft in rechtlich unantastbaren Familien und die aus diesen Ehen hervorgegangenen Kinder bedrohen. Diese Absichten stehen, ebenso wie die gegen die anderen Nichtarier ergriffenen Vernichtungsmaßnahmen, im schärfsten Widerspruch zu dem Gebot Gottes und verletzen das Fundament alles abendländischen Denkens und Lebens: Das gottgegebene Urrecht menschlichen Daseins und menschlicher Würde überhaupt.« Schäfer, Landes­bischof, S. 164 – 165. Bei allem Mut zu diesen Einsprüchen

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ist ihre Hilflosigkeit erschütternd; man ließ Wurm seine Briefe schreiben, solange er sie nicht durch Kanzelabkündigung oder sonst wie öffentlich machte. Vgl. das Exemplar der Denkschrift in Bundesarchiv, Berlin-Lichterfelde (BAB), Persön­ liche Adjutantur des Führers, NS-10/228 Bl. 24 – 36; dieser Text ist identisch mit dem in Kurt ­Dietrich Schmidt (Hrsg.), Die Bekenntnisse und grundsätzlichen Äußerungen zur Kirchenfrage  II: Das Jahr 1934, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1935, S. 695 – 724, einschließlich der 28 Anlagen abgedruckten, und ebenso mit dem an Pastor Birger Forell bei der Schwedischen Gesandtschaft in Berlin im Juni 1936 übergegebenen Exemplar. Auszüge der Denkschrift in englischer Übersetzung erschienen in The Morning Post, 17. Juli 1936, S. 13; der deutsche »volle Wortlaut« erschien in den Basler Nachrichten, 2. Beilage zu Nr. 200 vom 23. Juli 1936, aufgrund der von Ernst Tillich in einer Nacht zwischen dem 4. Juni und dem 17. Juli 1936 erstellten Abschrift; der ganze Wortlaut der originalen Denkschrift erschien in englischer Übersetzung in der New York Herald Tribune vom 28. Juli 1936. Vgl. Wilhelm Niemöller, Die Bekennende Kirche sagt Hitler die Wahrheit, Bielefeld: L. Bechauf 1954. An Sekundärliteratur siehe John S. Conway, The Nazi Persecution of the Churches, 1933 – 45, London: Weidenfeld & Nicolson 1968; Ernst Christian Helmreich, The German Churches under Hitler: Background, Struggle, and Epilogue, Detroit: Wayne State University Press 1979; Peter Matheson (Hrsg.), The Third Reich and the Christian Churches, Grand Rapids, Mich.: ­William B. Eerdmans Publishing Co. 1981; Klaus Scholder / Gerhard Besier, Die Kirchen und das Dritte Reich, 3 Bände, Frankfurt am Main / Berlin/Wien: Ullstein 1977; Berlin: Siedler 1985; Berlin: Propyläen 2001. Mommsen, Widerstand, in: Mommsen, Alternative, S.  388 – 391. Mommsen, Widerstand, in: Mommsen, Alternative, S. 388 – 391; Dipper, Widerstand und die Juden, S.  364 – 365; Hamerow, On the Road, S. 296 wollte Goerdeler »die meisten deutschen Juden zu Ausländern machen«; Koch, In the Name of the Volk, S. 180. Hannah Arendt, Responsibility and Judgment, New York: Schocken Books, 2003, S. 21. [Carl Goerdeler], »Das Ziel«, Masch., 99 Seiten, o. O., undatiert, mit Notierungen von G ­ erhard Ritter, BAK N 1113/ 54, S. 28 – 30, Bll. 43 – 45. Thomas Nipperdey, Deutsche Geschichte 1866 – 1918, München: C. H. Beck 1992, S. 880 – 881. Sabine Gillmann / Hans Mommsen (Hrsg.), Politische Schriften und Briefe Carl Friedrich ­Goerdelers, 2 Bände mit durchgehender Paginierung, München: K. G. Saur 2003. Die Sammlung enthält die meisten bedeutenden schriftlichen Äußerungen Goerdelers. Einige wichtige Stücke sind weggelassen, sodass manche Zusammenhänge, Aussagen und Nuancen nur durch zusätzliche Archivforschung zu ermitteln sind. Offenbar wusste Gillmann bei der Erarbeitung ihrer Edition nicht, dass die damals (vor 2004) noch nicht im Bundesarchiv in Koblenz (BAK) befindlichen Stücke nach Abschluss der Edition dorthin kommen würden; allerdings gibt das von Gillmann hergestellte Nachlassverzeichnis im BAK das Erscheinungsjahr 2004 an (Sabine Gillmann, Bearb., Nachlass Carl Goerdeler (1884 – 1945). Bestand N 1113 [Find­bücher zu Beständen des Bundesarchivs], Koblenz: Bundesarchiv 2004). Jedenfalls benützte Gillmann in ihrer Edition für im BAK befindliche Stücke alte Signaturen, die denen im Nachlassverzeichnis nicht mehr entsprechen; für die vor 2004 noch nicht im BAK befindlichen Stücke gibt sie »Privatbesitz« an. Es bleibt auch unklar, ob und welche Stücke auch nach 2004 im

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Besitz der Familie geblieben sind. Eine Gesamtliste der veröffentlichten und unveröffentlichten Schriften Goerdelers fehlt in der Edition von Sabine Gillmann. Diese ist künftig zitiert »Gillmann, S. …«. Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1947 – 1955, hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter ­Neumann, Allensbach am Bodensee 1956, S. 138; Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1957, hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter Neumann, Allensbach am Bodensee 1957, S. 144 – 145; Jahrbuch der öffentlichen Meinung 1958 – 1964, hrsg. von Elisabeth Noelle und Erich Peter ­Neumann, Allensbach und Bonn 1965, S. 235; Institut für Demoskopie Allensbach: Der 20. Juli 1944. Ergebnisse einer Bevölkerungs-Umfrage über das Attentat auf Hitler. [Allensbach 1970]; Institut für Demoskopie Allensbach an d. Verf. 20. November 1978; Allensbacher Archiv, IfD-Umfrage 4056, April 1985. Daniil Mel’nikov, Zagovor 20  ijulja 1944 goda v Germanii: pričiny i sledstvija, Moskau: Meždunarodnye otnošenija 1965; Daniil Melnikow, 20. Juli 1944. Legende und Wirklichkeit, Berlin: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1964. Cf. Sigrid Wegner-Korfes, »Der 20. Juli 1944 und das Nationalkomitee ›Freies Deutschland‹«, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 27 (1979), S. 535 – 544. Ulrich von Hassell, Vom andern Deutschland. Aus den nachgelassenen Tagebüchern 1938 – 1944, Zürich: Atlantis Verlag 1946 (künftig zitiert Hassell 1946); Hassell 1988. Hans Rothfels, The German Opposition to Hitler, Hinsdale, Illinois: Henry Regnery 1948; Hans Rothfels, Die deutsche Opposition gegen Hitler. Eine Würdigung, Krefeld: Scherpe 1949. Eberhard Zeller, Geist der Freiheit. Der zwanzigste Juli, München: Verlag Hermann Rinn [1952]. Ritter, Carl Goerdeler, 1954. Mommsen, Widerstand, in Mommsen, Alternative, S.  386 – 391. Ger van Roon, Neuordnung im Widerstand. Der Kreisauer Kreis innerhalb der deutschen Widerstandsbewegung, München: R. Oldenbourg 1967. Rudolf Vierhaus, Aufzeichnung 24. Februar 1983, Archiv des Verbandes der Historiker und Historikerinnen Deutschlands, Trier; das endgültige Programm enthielt dann keine entsprechende Sektion; Bericht über die 35. Versammlung deutscher Historiker in Berlin. 3. bis 7. Oktober 1984, Stuttgart: Ernst Klett Verlag 1985; vgl. Jürgen Kocka, »Bismarck-Biographien«, in: Geschichte und Gesellschaft 7 (1981), S. 572 – 581. Georg Meyer, Adolf Heusinger. Dienst eines deutschen Soldaten 1915 bis 1964, Hamburg / Berlin / Bonn: E. S. Mittler & Sohn 2001; Bernhard R. Kroener, »Der starke Mann im Heimatgebiet«. Generaloberst Friedrich Fromm, Paderborn / München/Wien / Zürich: Ferdinand Schöningh Verlag 2005; Müller, Beck, 2008. Vgl. Hannes Heer / Klaus Naumann (Hrsg.), Vernichtungskrieg. Verbrechen der Wehrmacht 1941 – 1944, Hamburg: Hamburger Edition, 1995, S. 427 – 446; Christian Gerlach, Kalkulierte Morde. Die deutsche Wirtschafts- und Vernichtungspolitik in Weißrussland 1941 bis 1944, Hamburg: Hamburger Edition 1998. Becks Verfasserschaft ist bezeugt von Goerdeler, Ulrich von Hassell und Josef Wirmer; Spiegelbild, S. 199 – 202; Osas, Walküre, S. 98. Hans Mommsen, »Die moralische Wiederherstellung der Nation. Der Widerstand gegen Hitler war von einer antisemitischen Grundhaltung getragen«, in: Süddeutsche Zeitung 21. Juli 1999, S. 15; Mommsen, Widerstand, in: Mommsen, Alternative, S. 384 – 415, besonders 390; Gillmann,

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S. 863 – 864; mit ähnlicher Tendenz, ohne schlüssige Belege, Hürter, Weg, S. 527 – 562; Christian Gerlach, »Männer des 20. Juli und der Krieg gegen die Sowjetunion«, in: Heer / Naumann, S.  427 – 446; Gerlach, Morde, S. 1106, 1124 – 1126. Dipper, Widerstand, S. 349 – 380; Christof Dipper, »The German Resistance and the Jews«, in: Yad Vashem Studies XVI (1984), S. 51 – 93. Vgl. Saul Friedländer, Das Dritte Reich und die Juden, München: C. H. Beck Verlag 2007, S. 435, unter Berufung auf Joachim Fest, Staatsstreich. Der lange Weg zum 20. Juli, Berlin: Siedler 2004, S. 152ff.; Mommsen, moralische Wiederherstellung, S. 15; wiederabgedruckt in der Aufsatzsammlung Mommsen, Alternative, S.  388 – 391; David Bankier, »The Jews in Plans for Postwar Germany«, in: Jewish Political Studies Review 14 (2002), S. 3 – 4, behauptet, ohne Goerdelers Text zu analysieren und die infrage kommenden Zahlen zu untersuchen, Goerdeler habe »nur einer kleinen, elitistischen Minderheit von Juden, die willens seien, sich vollständig zu assimilieren«, die deutsche Staatsangehörigkeit gewähren wollen, gibt also nicht einmal wieder, was ­Goerdeler geschrieben hatte. Der frühere amerikanische Generalkonsul in Leipzig, Ralph C. Busser, der Goerdeler gut kannte, schrieb unter dem 4. August 1944 an Spencer Miller, Goerdeler habe immer an demokratischen Grundsätzen festgehalten; University of Warwick Modern Records Centre MSS.242/X/MI/2/5, 11 – 14; vgl. auch Ewald Löser, »Oberbürgermeister Carl Goerdeler zum Gedächtnis«, in: Der Städtetag N. F. 8 (1955), H. 2, Februar, S. 51. 479.365, das sind 40,3 Prozent der Abstimmenden, stimmten für Polen und 707.393, das sind 59,4 Prozent, für Deutschland, 228.028 Stimmen oder 19,1 Prozent mehr als für Polen; R ­ ocznik staystyki. Rzeczypospolitej Polskiej. Rok wydania I 1920/22. Część II. Annuaire statistique de la République Polonaise. I-ère année 1920/22. Partie II. Warszawa: Nakładem Glównego Urzędu Statystycznego 1923, S. 358; Encyclopedia Powstań Śląskich, Opole: Instytut Śląski w Opolu 1982, S.  400, 677 – 679; George J. Lerski, Historical Dictionary of Poland, 966 – 1945, Westport, Connecticut / London: Greenwood Press 1996, S. 545 – 546. Alfred Rosenberg (Hrsg.), Das Parteiprogramm. Wesen, Grundsätze und Ziele der NSDAP, München: Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf., 21. Auflage 1941, S. 15, 18 (vom 24. Februar 1920): »4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.« Thilo Vogelsang, »Neue Dokumente zur Geschichte der Reichswehr 1933 – 1933«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 2 (1954), S. 434 – 435. Rolf Ahmann, Nichtangriffspakte. Entwicklung und operative Nutzung in Europa 1922 – 1939, Baden-Baden: Nomos 1988, S. 273 – 278. Wacław Jędrzejewicz, »The Polish Plan for a ›Preventive War‹ against Germany in 1933«, in: The Polish Review 11, Nr. 1, Winter 1966, S. 62 – 90; Norrin M. Ripsman / Jack S. Levy, »The British Response to Rising Germany, 1933 – 1936«, in: American Political Science Association Annual Meeting Paper (Toronto, Canada, September 3 – 6, 2009), S. 15; vgl. zur gelehrten Debatte über den polnischen Plan Ahmann, S. 239 – 240. Jędrzejewicz, S.  66 – 67. Der Vorsitzende der American Foreign Policy Association, James G. McDonald, der später im Jahr 1933 Hoher Kommissar des Völkerbunds für Flüchtlinge aus Deutschland wurde, kannte seit einigen Jahren Reichsbank-Präsident Hjalmar Schacht sowie unter anderen Ernst Hanfstaengl, Hitlers Auslandpressesprecher, den McDonald im Frühjahr 1933 fast täglich sah.

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[ James G. McDonald], Advocate for the Doomed. The Diaries and Papers of James G. McDonald 1932 – 1935, hrsg. von Richard Breitman, Barbara McDonald Stewart und Severin Hochberg, Bloomington and Indianapolis: Indiana University Press 2007, S. 44. McDonald, Advocate, S. 5 – 7, 68; vgl. Hans Roos, A history of modern Poland, London: Eyre & Spottiswoode 1966, S.  129 – 130. 9. Januar 1932, Interview mit dem Chefredakteur von Wolffs Telegraphisches Büro. Die Regierung Hitler. Teil 1: 1933/34 [Titel der Reihe variieren], Band 1, Boppard am Rhein: Harald Boldt Verlag 1983, S. 311 – 317, 381. Hitlers »Friedensrede« vom 17. Mai 1933 und die Erklärung vom 27. Mai 1933, in: ­Domarus, S.  269 – 279. McDonald, Advocate, S. 69. Völkischer Beobachter, 14. Juli 1934; Domarus, S. 408 – 425; Walther Hofer, Die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges, Frankfurt am Main / Hamburg: Fischer Bücherei 1969, S. 32 – 33. Parität in Unterseebooten und Stärkeverhältnis der deutschen zur britischen Flotte 35:100; Helmuth K. G. Rönnefarth / Heinrich Euler (Bearb.), Konferenzen und Verträge, Teil II, 4. Band, 2. Auflage, Würzburg: A. G. Ploetz 1959, S. 134 – 135; Hofer, S. 49 – 50, 52; siehe Notenaustausch (als deutsch-britisches Flottenabkommen bezeichnet) in ADAP C IV, 1, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1975, S. 315 – 320, 343; Reichsminister des Auswärtigen Freiherr von Neurath an die Botschaften in London, Paris und Rom sowie die Gesandtschaft in Brüssel, Streng geheim, Berlin, 5. März 1936: »Der Führer und Reichskanzler wird für Sonnabend, den 7. März zu 12 Uhr (MEZ) den Reichstag einberufen lassen, um öffentlich unter Hinweis auf den Bündnisvertrag zwischen Frankreich und der Sowjetunion die Wiederherstellung der deutschen Souveränität in der demilitarisierten Rheinlandzone zu proklamieren. Gleichzeitig soll diese Wiederherstellung der deutschen Souveränität den anderen Signatarmächten des Rheinpakts von Locarno auf diplomatischem Wege notifiziert werden.« Das »anliegende Memorandum über die Rückwirkungen des Bündnisvertrags zwischen Frankreich und der Sowjetunion auf den Rheinpakt von Locarno« sei dem dortigen Außenminister am Samstagvormittag persönlich, sonst mit einer kurzen erklärenden Note zu überreichen; ADAP C V, 1, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977, S. 9 – 18. C. V.-Zeitung. Blätter für Deutschtum und Judentum. Organ des Central-Vereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens e. V. Allgemeine Zeitung des Judentums, 11 (1932) Nr. 7, Berlin, 12. Februar 1932, S. [1 – 2]. Uwe Dietrich Adam, Judenpolitik im Dritten Reich, Düsseldorf: Droste Verlag 1972,S. 43 – 46; vgl. »Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 5. Januar 1938«, Reichsgesetzblatt Teil I 1938, Berlin: Reichsverlagsamt 1938 (künftig zitiert RGBl. I 1938 etc.), S. 9 – 10; »Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 17. August 1938«, RGBl. I 1938, S. 1044. Der Konflikt zwischen Hitler und Röhm, Rollenverlust und Arbeits- und Beschäftigungslosigkeit der SA waren auch Faktoren der Situation; siehe Hermann Mau, »Die ›Zweite Revolution‹. Der 30. Juni 1934«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 1 (1953), S. 119 – 137. Alfred Wiślicki, »The Jewish Boycott Campaign against Nazi Germany and its Culmination in the Halbersztadt Trial«, in: Polin. Studies in Polish Jewry. Volume Eight, London, Washington: The Littman Library of Jewish Civilization 1994, S. 282 – 283; vgl. Encyclopaedia Judaica

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21, S. 219; McDonald, Advocate, S. 27 – 29. Zu den Beschränkungen für Einwanderung und Einbürgerung siehe unten Seite 219. McDonald, Advocate, S. 27, 31. Antonia Meiners, 100 Jahre KaDeWe, Berlin: Nicolaische Verlagsbuchhandlung 2007, S. 80; Firmen in jüdischem Besitz erzielten etwa 80 Prozent des Warenhausumsatzes in Deutschland. Joseph Goebbels, Die Tagebücher, Teil I, Band 2/III, München: K. G. Saur 2006, S. 156 – 162. »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 175 – 177; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 11. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 195. Adam, S. 73; »Gesetz über die Zulassung von Steuerberatern. Vom 6. Mai 1933«, RGBl. 1933 I, S.  257 – 258. Vgl. unten, Seite 31; Norbert Kampe (Hrsg.), Jewish Immigrants of the Nazi Period in the USA, Volume 4, Jewish Emigration from Germany 1933 – 1942. A Documentary History. Part 4/1, Programs and Policies until 1937, München / New York / London /Paris: K. G. Saur 1992, S.  90 – 130. »Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen. Vom 17. Mai 1934«, RGBl. I 1934, S. 399 – 410; »Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens. Vom 3. Juli 1934«, RGBl. I 1934, S. 531 – 532; »Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens. Vom 6. Februar 1935«, RGBl. I 1935, S.  177 – 180. »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 14. Juli 1933« und »Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatshörigkeit. Vom 26. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S. 480, 538 – 539. Adam, S. 73 – 80; vgl. Hoffmann, Stauffenberg, S.  123 – 128. Siehe die Übersicht auf Seiten 228 – 229. Francis R. Nicosia, The Third Reich and the Palestine Question, Austin: University of Texas Press 1985, S. 41 – 49. »Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens. Vom 8. Dezember 1931«, RGBl. I 1931, S. 699 – 745 hier 732; »Verordnung des Reichspräsidenten über Wirtschaft und Finanzen. Vom 23. Dezember 1932«, RGBl. I 1932 (Verlängerung bis 31. Dezember 1934), S. 571 – 572; »Gesetz über Änderung der Vorschriften über die Reichsfluchtsteuer. Vom 18. Mai 1934«, RGBl. I 1934, S.  392 – 393; »Gesetz zur Verlängerung der Vorschriften über die Reichsfluchtsteuer. Vom 19. Dezember 1937«, RGBl. I 1937 (Verlängerung bis 31. Dezember 1938), S. 1385 – 1386; J. F. H. Peters, Die Reichsfluchtsteuer, Köln: Otto Schmidt 1938; Kerstin Wolf / Frank Wolf, Reichsfluchtsteuer und Steuersteckbriefe, 1932 – 1942, Berlin: Biographische Forschungen und Sozialgeschichte 1997; Dorothee Mussgnug, Die Reichsfluchtsteuer 1931 – 1953, Berlin: Duncker & Humblot 1993; Raul Hilberg, The Destruction of the European Jews, New York / London: Holmes and Meier 1985, S. 136 – 138; Claus Füllberg-Stolberg, »›Wie mir bekannt geworden ist, beabsichtigen Sie auszuwandern …‹ Die Rolle der Oberfinanzdirektion Hannover bei der Vertreibung der Juden« in: Carl-Hans Hauptmeyer / Dariusz Adamczyk / Beate Eschment / Udo Obal (Hrsg.), Die Welt querdenken, Frankfurt am Main: Peter Lang 2003, S. 219 – 234; Gerd Blumberg, »Etappen der Verfolgung und Ausraubung und ihre bürokratische Apparatur«, in Alfons Kenkmann / Bernd-A. ­Rusinek (Hrsg.), Verfolgung und Verwaltung. Die wirtschaftliche Ausplünderung der Juden und die westfälischen Finanzbehörden, Münster: Oberfinanzdirektion Münster 1999.

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McDonald, Advocate, S. 141 – 142, 177 – 179, 342, 383. McDonald, Refugees, S.  43 – 45. McDonald, Advocate, S. 383, 387 – 388; zur Befürwortung der Emigration durch Juden vgl. Aly [et al.], Band 2, Nr. 7. McDonald, Advocate, S. 783; die Hrsg. verweisen auf den vollständigen Text in der New York Times vom 18. Juli 1935, S. 1. McDonald, Advocate, S.  317 – 318. Adam, S. 82 – 90; das Sachverzeichnis des Reichsgesetzblatts für 1934 enthält keinen Eintrag für »Jude« bzw. »Juden«, das für 1935 enthält nur wenige. Ian Kershaw, Hitler. 1889 – 1936: Hubris, London: Allen Lane The Penguin Press 1998, S. 559; deutsche Ausgabe: Ian Kershaw, Hitler.  1889 – 1936, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1998, S. 703. Siehe die Titelblätter der Jahresberichte: Aus der Arbeit des Hilfsvereins der deutschen Juden im Jahre 1933, Berlin 1934; Die Arbeit des Hilfsvereins der Juden in Deutschland 1934 – 1935, Berlin 1935; Die Arbeit des Hilfsvereins der Juden in Deutschland 1935 – 1936, Berlin 1936. Hierzu und zum Folgenden Mark Wischnitzer, »Jewish Emigration from Germany, 1933 – 1938«, in: Jewish Social Studies 2 (1940), S. 25 – 28. »Erlaß des Wirtschaftsministeriums an das Polizeipräsidium Stuttgart, die Oberämter, die Bürgermeisterämter und die Gemeindepolizeibehörden über Marktverkehr. Vom 24. Oktober 1933 Nr. B IV 10451«, Amtsblatt des Württembergischen Innen-Ministeriums, 63. Jahrgang 1933 Nr. 1 – 16, Stuttgart: Stuttgarter Buchdruckerei-Gesellschaft m. b. H. [1933] (Nr. 11, Seitenzählung durch den Jg. durchgehend), S. 282 – 283. The American Jewish Year Book 5695, September 10, 1934 to September 27, 1935, Bd. 36, Philadelphia: The Jewish Publication Society of America 1934, S. 168, datiert offenbar irrtümlich 24. November 1933. Vgl. Albert Fischer, Hjalmar Schacht und Deutschlands »Judenfrage«, Köln / Weimar/Wien: Böhlau Verlag 1995. Weitgehend gleichlautend mit Fricks Aufsatz vom 4. Januar 1934, Wilhelm Frick, »Grenzen der Ariergesetzgebung«, in: Deutsche Juristen-Zeitung 39 (1934), 4. Januar 1934, c. 1 – 6; zitiert in C. V.-Zeitung, XIII. Jahrgang Nr. 1, Berlin, 4. Januar 1934, S. 1 – 2. Ministerial-Blatt für die Preußische innere Verwaltung, 95. Jahrgang 1934, Berlin: Carl H ­ eymanns Verlag 1934, Sp. 159 – 160; dieselben Feststellungen und Begründungen siehe auch [Wilhelm] Frick, »Die Rassenfrage in der deutschen Gesetzgebung«, in: Deutsche Juristen-Zeitung 39 (1934), Heft 1, 1. Januar 1934, Sp. 1 – 6; vgl. »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933,« RGBl. I 1933, S. 175 – 177; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 11. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 195. Martin Sobotker (Führer des Bundes deutsch-jüdischer Jugend), »Der Bund deutsch-jüdischer Jugend«, in: Seite der Jugend Nummer 1, 4. Januar 1934, Beilage der C. V.-Zeitung, Berlin, 4. Januar 1934, XIII. Jahrgang Nr. 1. Leo Löwenstein, »RjF. und Jugend«, in: Der Schild. Zeitschrift des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten e. V., 13. Jahrgang Nr. 13, Berlin, 13. April 1934, S. 1; Wischnitzer, Jewish Emigration, S. 28 gibt eine etwas veränderte und gekürzte englische Übersetzung der Passage wieder und datiert auf den 12. April 1934, an dem keine Ausgabe von Der Schild erschien. Francis R. Nicosia, Zionismus und Antisemitismus im Dritten Reich, Göttingen: Wallstein Verlag 2012, S. 274 – 297.

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[Eugen Landau], in: Die Arbeit des Hilfsvereins der Juden in Deutschland 1934 – 1935, Berlin 1935, S. 3 – 13; Jüdisches Museum Berlin an d. Verf. 29. März 2011. 98 Max M. Warburg, »Ansprache«, in: Die Arbeit des Hilfsvereins der Juden in Deutschland 1935 – 1936, Berlin 1936, S. 5 – 8; Jüdisches Museum Berlin an d. Verf. 29. März 2011. 99 Wischnitzer in: Die Arbeit des Hilfsvereins der Juden in Deutschland 1935 – 1936, S.  9 – 10. Was Wischnitzer, Jewish Emigration, S. 42 – 43, berichtet, steht allerdings nicht in seiner Ansprache von 1935. 100 Der englische Begriff »professionals« bedeutet hier Anwälte, Ärzte, akademisch ausgebildete Wirtschaftprüfer, auch Diplomingenieure, Bankfachleute in gehobener Position usw. 101 McDonald, Advocate, S. 383 – 384; Übersetzung d. Verf. 102 Hilberg, Destruction, S. 81 – 154; Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S. 562. 103 Notenaustausch siehe ADAP C IV 1, Nr. 156, S. 315 – 320. 104 Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S.  704 – 717. 105 Aly [et al.], Band 1, Nrn. 167 – 169, 180, 207 und passim. 106 Hjalmar Schacht, 76 Jahre meines Lebens, Bad Wörishofen: Kindler und Schiermeyer Verlag 1953, S. 437 – 439; Schacht zitiert wörtlich aus seiner Denkschrift, von der er offenbar ein Exemplar besaß; Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S. 563, zitiert Adam, S. 123, der Helmut Genschel, Die Verdrängung der Juden aus der Wirtschaft im Dritten Reich, Göttingen / Berlin / Frankfurt am Main / Zürich: Musterschmidt Verlag 1966, S. 111, zitiert, der Schacht zitiert. Fritz Kieffer, Judenverfolgung in Deutschland – eine innere Angelegenheit? Internationale Reaktionen auf die Flüchtlingsproblematik 1933 – 1939, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2002, S. 139, bezieht sich auch auf das Exemplar (»Original«) im BAB in NS 10, Film 79787. 107 Kieffer, Judenverfolgung, S. 139 zitiert dazu Schachts Rede bei der Eröffnung der Leipziger Frühjahrsmesse 1935, zitiert bei Albert Fischer, Hjalmar Schacht und Deutschlands »Judenfrage«. Der »Wirtschaftsdiktator« und die Vertreibung der Juden aus der deutschen Wirtschaft, Köln / Weimar / Wien: Böhlau Verlag 1995, S. 153. 108 Kieffer, Judenverfolgung, S. 139. 109 Peter Longerich, Politik der Vernichtung. Eine Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Judenverfolgung, München / Zürich: Piper, S.  86 – 89, 94 – 101; Joseph Goebbels, Die Tagebücher, Teil I, Band 3/I, München: K. G. Saur 2005, S. 263 – 264. 110 Cornelia Essner, Die »Nürnberger Gesetze« oder Die Verwaltung des Rassenwahns 1933 – 1945, Paderborn / München/Wien / Zürich: Schöningh 2002, S.  110. 111 Kieffer, Judenverfolgung, S. 95. 112 Frick an Landesregierungen 20. August 1935, Akte »Das Judentum in Deutschland«, Bd. 3, Politisches Archiv des Auswärtigen Amts (AA PA), Referat D/Abteilung Inland R 99348. 113 Hjalmar Schacht, Rede des Reichsbankpräsidenten und beauftragten Reichswirtschaftsministers Dr. Hjalmar Schacht auf der Deutschen Ostmesse. Königsberg, am 18. August 1935, Berlin: Druckerei der Reichsbank [1935], S. 9 – 11; vgl. Der Prozess gegen die Hauptkriegsverbrecher vor dem Internationalen Militärgerichtshof Nürnberg 14. November 1945 – 1. Oktober 1946, Band XII, Nürnberg: Sekretariat des Gerichtshofs 1947, S. 561 – 562. 114 Rosenberg, Parteiprogramm, S. 15, 18: »4. Staatsbürger kann nur sein, wer Volksgenosse ist. Volksgenosse kann nur sein, wer deutschen Blutes ist, ohne Rücksicht auf Konfession. Kein Jude kann daher Volksgenosse sein.« 97

Anmerkungen  |

Rosenberg, Parteiprogramm, S. 15: »Wer nicht Staatsbürger ist, soll nur als Gast in Deutschland leben können und muß unter Fremdengesetzgebung stehen.« Schacht weist auf die Vorbereitung der sogenannten »Nürnberger Rassegesetze« hin; diese verwendeten aber nicht den auf das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz von 1913 sich beziehenden Ausdruck »Staatsbürger«, sondern den Ausdruck »Reichsbürger«, der keine rechtliche Bedeutung hatte und auch nicht bekam, vielmehr erklärten sie ausdrücklich, die Rassegesetze berührten das Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz in keiner Weise. »Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. Vom 22. Juli 1913« (RuStAG), Reichs-Gesetzblatt. 1913. Enthält die Gesetze, Verordnungen usw. vom 7. Januar bis 20. Dezember 1913 nebst einem Vertrage vom Jahre 1909, drei Übereinkommen vom Jahre 1910, einer Übereinkunft und drei Verträgen vom Jahre 1911 und zwei Allerhöchsten Verordnungen, vier Gesetzen, einem Vertrage, zwei Abkommen und zwei Bekanntmachungen vom Jahre 1912. (Von Nr. 4156 bis einschl. Nr. 4326.) Nr. 1 bis einschl. Nr. 75, Berlin: Herausgegeben im Reichsamte des Innern [Impressum auf dem letzten Blatt: »Den Bezug des Reichs-Gesetzblatts vermitteln nur die Postanstalten. Herausgegeben im Reichsamt des Innern. – [Berlin, gedruckt in der Reichsdruckerei«. Ohne Jahr], S. 583 – 593. 116 Goebbels, Tagebücher I, 3/I, S. 280 (21. August 1935). Am 24. Dezember 1935 schrieb Schacht an den Kriegsminister, Generaloberst Werner von Blomberg: »Die wirtschafts- und rechtspolitische Behandlung der Juden, die antikirchliche Bewegung gewisser Parteiorganisationen und die Rechtswillkür, die sich um die Gestapo herumgruppiert, bilden eine Beeinträchtigung unserer Rüstungsaufgabe …« (Ellipsis in der Vorlage); Prozess XII, S. 562. Drei Jahre später, als Bevollmächtigter für die Durchführung des Vierjahresplanes, in einer Besprechung am 14. Oktober 1938 im Reichsluftfahrtministerium, fand Göring es nötig, sich gegen wilde Aktionen auszusprechen: »Im 2. Teil seiner Ausführungen kam Generalfeldmarschall Göring auf das Judenproblem zu sprechen. Die Judenfrage müsste jetzt mit allen Mitteln angefasst werden, denn sie müssten aus der Wirtschaft raus. Unter allen Umständen zu unterbinden ist aber die wilde Kommissar-Wirtschaft, wie sie sich in Österreich ausgebildet hat. Diese wilden Aktionen müssten aufhören und die Erledigung der Judenfrage darf nicht als ein Versorgungssystem untüchtiger Parteigenossen angesehen werden. Hierauf wurde Ministerialrat Fischböck das Wort erteilt. Er teilte mit, daß es in Österreich zunächst 25.000 Kommissare gegeben hätte. Heute gibt es immer noch 3.500, die fast alle unbrauchbar wären. In Österreich vertritt die Partei den Standpunkt, daß die Arisierung Sache der Partei sei und sie zu verbinden sei mit der Wiedergutmachung an alten Parteigenossen […] Generalfeldmarschall Göring nahm scharf gegen die Auffassung Stellung, daß die Arisierung Sache der Partei sei. Sie sei allein Sache des Staates. Er könne aber Devisen für den Abschub der Juden nicht möglich machen. Im Notfalle müsse man Ghettos in den einzelnen Großtädten [sic] einrichten.« Prozess XXVII (1948), S. 163. Betr. Goerdeler, Goebbels-Eintrag 21. August 1935, S. 279: »S. A. zurückgepfiffen in ihrem Kampf gegen R. W. […] R. W. sitzt sehr fest. Ebenso Schacht. Rosenberg, Himmler und Darré müssen ihren kultischen Unfug abstellen. Darré soll für Fleisch sorgen, sonst wird ihm Goerdeler vor die Nase gesetzt. Torgler hat ein Buch gegen Kommunismus geschrieben. Führer interessiert sich sehr dafür.« 117 Aufzeichnung für Staatssekretär im Auswärtigen Amt Bülow, ADAP C IV 1, Nr. 266 S. 556 – 558, Nr. 268, S. 559 – 561; Wolf Gruner (Bearb.), Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 – 1945. Band 1. Deutsches Reich 1933 – 1937, 115

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München: R. Oldenbourg Verlag 2008, S. 471 – 478, druckt den ausführlichen Entwurf vom 20. August 1935 des »Vermerk des Geheimen Staatspolizeiamts (II 1 B 2)« ab. Kieffer, Judenverfolgung, S. 140. Kieffer, Judenverfolgung, S. 143 verweist auf Michael Wildt (Hrsg.), Die Judenpolitik des SD 1935 bis 1938. Eine Dokumentation, München: R. Oldenbourg Verlag 1995, S. 70 – 73. ADAP C IV 1, S. 465 – 466 Anm. 1. Ganz so absonderlich, wie sie heute klingt, war die Bemerkung nicht: Hotelzimmer mit Dusche oder Bad waren damals ungewöhnlich. Essner, Die »Nürnberger Gesetze«, S. 112; Kieffer, Judenverfolgung, S. 141. ADAP C IV 1, S. 561. Aufzeichnung des Legationsrats Röhrecke, 19. August 1935, ADAP C IV 1, Nr. 266, S. 556 – 558. ADAP C IV 1, S. 559 – 561 (in der Vorlage); Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S. 711 zitiert nicht ganz korrekt. Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S. 711. Siehe oben, Seite 40; vgl. Essner, Die »Nürnberger Gesetze«. Essner, Die »Nürnberger Gesetze«, S. 82 – 86, 106 – 173; Bernhard Lösener, »Als Rassereferent im Reichsministerium des Innern«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 9 (1961), S.  264 – 313; Kieffer, Judenverfolgung, S. 142; »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 175 – 77; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums: Vom 11. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 195; vgl. Aly [et al.], Verfolgung und Ermordung, Bde. 1 und 2, passim; vgl. oben, Seite 29; Deutsche Juristen-Zeitung 39. Jahrgang, 1934, Berlin: Verlag von Otto Liebmann 1934, 4. Januar 1934, c. 5. »Reichsbürgergesetz: Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S. 1146; »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S.  1146 – 1147; »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1333 – 1334; »Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1334 – 1336; »Zweite Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 21. Dezember 1935«, RGBl. I 1935, S. 1524 – 1525. Als Beispiel für das Missverständnis hinsichtlich der Staatsangehörigkeit siehe Richard Breitman / Alan M. Kraut, American Refugee Policy and European Jewry, 1933 – 1945, Bloomington: Indiana University Press 1987, S. 52. Essner, Die »Nürnberger Gesetze«, S. 131. Besonders in der englischsprachigen Literatur findet sich die irrige Auffassung, das Reichsbürgergesetz habe den deutschen Juden die deutsche Staatsangehörigkeit entzogen; im Englischen werden »Reichsbürgerrecht« und »Staatsangehörigkeit« gleichermaßen mit »citizenship« bezeichnet; vgl. Breitman / Kraut, American Refugee Policy, S. 52. Vgl. Essner, Die »Nürnberger Gesetze«, S. 155 – 173; Aly [et al.], Band 1, Nr. 212. Dietrich Bonhoeffer, »Die Kirche vor der Judenfrage«, in: Der Vormarsch. Evangelische Monatsschrift für Politik und Kultur 3 (1933), Heft 6 ( Juni 1933), S. 171 – 176; Niederdeutsche Kirchenzeitung 3 (1933) Nr. 13 (1. Juli); Dietrich Bonhoeffer, Werke, Zwölfter Band, Gütersloh: Chr. Kaiser Verlag 1997, S. 349 – 358 hier 350 – 354. »Gesetz, betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich. Vom 10. Dezember 1871.« Reichs-Gesetzblatt. 1871. Berlin: zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamte

Anmerkungen  |

[1872], Nr. 49, Seite 442; »Gesetz, betreffend die Redaktion des Strafgesetzbuches für den Norddeutschen Bund als Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Vom 15. Mai 1871«, ReichsGesetzblatt. 1871, Nr. 24, S. 127: »Einziger Paragraph. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870. [sic] erhält unter der Bezeichnung als ›Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich‹ vom 1. Januar 1872. [sic] an die beiliegende Fassung.« Folgt S. 128 – 205 das »Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich«. Nr. 49 auf Seite 442: »Gesetz, betreffend die Ergänzung des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich. Vom 10. Dezember 1871«: »Wir Wilhlem, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen etc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathes und des Reichstages, was folgt: Einziger Artikel. Hinter §.130. des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich [S. 153: ›§.130. Wer in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise verschiedene Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten gegen einander öffentlich anreizt, wird mit Geldstrafe bis zu zweihundert Thalern oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft.‹] wird folgender neue §.130a. eingestellt: Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher in einer Kirche, oder an einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staates in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstande einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahren bestraft.« Unterz. »Wilhelm. Fürst v. ­Bismarck«. »Gesetz gegen heimtückische Angriffe auf Staat und Partei und zum Schutz der Parteiuniformen. Vom 20. Dezember 1934«, RGBl. I 1934, S. 1269 – 1271. Maulkorberlass des »Reichsbischofs« Ludwig Müller vom 4. Januar 1934: Wilhelm Niemöller, Kampf und Zeugnis der Bekennenden Kirche, Bielefeld: Ludwig Bechauf Verlag 1948, S. 85: Am 4. Januar 1934 gab Reichsbischof Ludwig Müller, ohne jede Konsultation, diesen »Maulkorberlass« heraus; § 1: »Der Gottesdienst dient ausschließlich der Verkündigung des lauteren Evangeliums. Der Mißbrauch des Gottesdienstes zum Zwecke kirchenpolitischer Auseinandersetzungen, gleichviel in welcher Form, hat zu unterbleiben. Freigabe sowie Benutzung der Gotteshäuser und sonstigen kirchlichen Räume zu kirchenpolitischen Kundgebungen jeder Art wird untersagt.« § 2: Kirchliche Amtsträger, die das Kirchenregiment oder dessen Maßnahmen öffentlich oder schriftlich angreifen, verletzen die Amtspflicht; § 3: Gegen kirchliche Amtsträger, die gegen § 1 oder 2 verstoßen, gilt sofortige vorläufige Amtsenthebung und Disziplinarverfahren mit dem Ziel der Amtsenthebung, während vorläufiger Amtsenthebung ist »das Einkommen um mindestens ein Drittel zu kürzen«. Schon wegen der Form war die ganze Verordnung ungültig; in Gerhard Schäfer, Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf, Stuttgart: Calwer Verlag, Band 2 (1972), S. 1020 – 1021; Band 4 (1977), S. 864 – 874 betr. Begehen eines Tags der Kirche in Württemberg 6. September 1936; Band 5 (1982), S. 936 – 953 betr. Pfarrer Mörike April 1938, S. 1119 – 1122 betr.: Vorläufige Leitung der Deutschen Evangelischen Kirche gab ohne Fühlungnahme mit den Landeskirchen und den Landesbruderräten am 27. September 1938 »in verbindlicher Form die Ordnung für einen Gebetsgottesdienst heraus, der am 30. September abgehalten werden sollte«; »5. Schriftverlesung: In diesen Zeitläufen, da der Kriegslärm die ganze Welt erfüllt, laßt uns auf Gottes Wort hören und zu Herzen nehmen, daß Gott ein [sic] Herr über Krieg und Frieden ist. Höret Gottes Wort, wie es geschrieben steht im

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85. Psalm. 6. Gebet. So laßt uns denn Gott darum bitten, daß er uns und unser Land gnädig vor Krieg bewahre (vom Krieg erlöse [sic! für den Fall, dass er schon angefangen hätte]) und uns und unseren Kindern Frieden schenke. Stille (2 Minuten) Herr unser Gott, wende den Krieg von uns ab! Lenke Du den Regierenden in allen Völkern das Herz. Gib, o Gott, daß sie ihr Land zum Frieden regieren! Amen. 7. Lied Nr. 92, Es wolle Gott uns gnädig sein.« usw. bis 18. einschließlich=Schlußgebet u. Segen, dazwischen wieder 2 Minuten Stille (in der ganzen Gottesdienstordnung fünf mal zwei Minuten Stille); Band 6 (1986), S. 120 – 123 = Anzeige des Oberkirchenrats vom 2. Dezember 1938 beim Landgericht Stuttgart wegen Landfriedensbruch d. h. schwere Mißhandlung Jans und anschließende Schutzhaft, S. 126 – 131 = Anklage gegen Jan; S. 131 – 139 Urteil; S. 139 – 159 = Bericht über die Verhandlung gegen Jan am 15. November 1939 von etwa 9 – 12.30 Uhr von einem Vertreter des Oberkirchenrats, ferner Brief Wurm an Himmler zugunsten Jans, Gnadengesuch beim Reichsjustizministerium, Wurm an Gürtner, Wurm an Cuhorst usw. Siehe Peter Hoffmann, Hitler’s Personal Security, New York: Da Capo Press 2000, S. 105 – 110. Kopie eines Originals in Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Berlin; vgl. Inge Scholl, Die weiße Rose, Frankfurt am Main: Verlag der Frankfurter Hefte 1952, S. 91 – 93. Wilhelm Niesel (Hrsg.), Um Verkündigung und Ordnung der Kirche. Die Bekenntnissynoden der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union 1934 – 1943, Bielefeld: Ludwig Bechauf Verlag 1949, S. 107. Niesel, S. 110. Am Entwurf waren Dietrich Bonhoeffer und Peter Graf Yorck von ­Wartenburg beteiligt; Eberhard Bethge, Dietrich Bonhoeffer. Theologe, Christ, Zeitgenosse. Eine Biographie, München: Chr. Kaiser Verlag 1970, S. 796 – 797. Niesel, S. 105. Treue, Hitlers Denkschrift, S. 184 – 210; ADAP C V,2, S.  793 – 801. Treue, Hitlers Denkschrift, S. 184 – 210, hier 195; Völkischer Beobachter, 10. September 1936, S.  1 – 2; Kieffer, Judenverfolgung, S. 123 zitiert Schacht in »Niederschrift des Ministerrates am 12.5.36, 17 Uhr«, und »Niederschrift des Ministerrates am 27.5.36, 1130 Uhr«, in Prozess XXVII, 1948, S. 135 – 148. Am 2. September, ehe Hitler auf dem jährlichen Reichsparteitag der NSDAP sprach, bedrängte Schacht Oberst Georg Thomas, den Chef Wehrwirtschaftsstab und Waffenwesen [W] (später Wehrwirtschafts- und Rüstungs-Amt im Oberkommando des Heeres), den Kriegsminister Feldmarschall von Blomberg zu bitten, er möge Hitler deutlich machen, dass Deutschland sich selbst den Hals zudrehe, wenn es der Welt seinen wirtschaftlichen Alleingang verkünde, dass nur Exporte künftige Rüstungen finanzieren könnten; Thomas, »Notiz«, Prozess XXVII (2. September 1936), S. 155 – 156; vgl. ­Wolfgang Michalka (Hrsg.), »Volksgemeinschaft« und Großmachtpolitik, München: Deutscher Taschenbuch Verlag 1985, S. 187 – 188. »Gesetz gegen Wirtschaftssabotage. Vom 1. Dezember 1936«, RGBl. I 1936, Berlin: Reichsverlagsamt 1936, S. 999, »Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Strafrechts und des Strafverfahrens. Vom 24. April 1934«, RGBl. I 1934, S. 341 – 348, darin S. 345 »Artikel III. Volksgerichtshof«. Hilberg, Destruction, S.  273 – 334, 401 – 407. William L. Shirer, Berlin Diary. The Journal of a Foreign Correspondent, 1934 – 1941, New York: Alfred A. Knopf 1941, S. 142 – 143; Helmuth K. G. Rönnefarth, Die Sudetenkrise in der internationalen Politik. Entstehung – Verlauf – Auswirkung, Wiesbaden: Franz Steiner Verlag 1961,

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Teil I, S. 506, und Teil II, S. 247 Anm. 41; Wilhelm Treue, »Hitlers Rede vor der deutschen Presse (10. November 1938)«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 6 (1958), S. 175 – 190. The Parliamentary Debates, 5th series, Bd. 345: House of Commons, official report, London: His Majesty’s Stationery Office 1939, col. 2415. Hierzu und zum Folgenden Hofer, S. 61 – 68; Nicolaus von Below, Als Hitlers Adjutant 1937 – 45, Mainz: v. Hase & Koehler 1980, S. 164; Andreas Hillgruber / Gerhard Hümmelchen, Chronik des Zweiten Weltkrieges, Bindlach: Gondrom Verlag 1989, S. 14. Martin Gilbert, Winston S. Churchill, Bd. 6, London: Heinemann 1983, S. 1168. [Franz] Halder, Kriegstagebuch, Bd. III, Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 1964, S. 295, 306. Longerich, »Davon haben wir nichts gewusst!«, S. 183 – 185, zitiert Goebbels’ Tagebuch vom 28. Oktober 1941; siehe Joseph Goebbels, Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil II. Diktate 1941 – 1945. Band 2. Oktober-Dezember 1941, München / New Providence / London / Paris: K. G. Saur 1996, S. 194 – 195 (28. Oktober 1941). Vgl. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat; Anne Nelson, Red Orchestra, New York: Random House 2009. Goebbels, Tagebücher,Teil II, 2, S. 194 – 195 (28. Oktober 1941). Zitiert in: Longerich, »Davon haben wir nichts gewusst!«, S. 201, 213. Vgl. Sönke Neitzel / Harald Welzer, Soldaten. Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben, Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag 2011, besonders S. 167 – 193. Vgl. C. Moll, »Acts of Resistance: The White Rose in the Light of New Archival Evidence«, in: Michael Geyer / John W. Boyer (Hrsg.), Resistance Against the Third Reich, 1933 – 1990, ­Chicago: University of Chicago Press 1994; Inge Scholl, Students Against Tyranny, Middletown: Wesleyan University Press 1970; Annette E. Dumbach, Shattering the German Night: The Story of the White Rose, Boston: Little, Brown 1986; Nathan Stoltzfus, Resistance of the Heart. Intermarriage and the Rosenstrasse Protest in Nazi Germany, New York: W. W. ­Norton 1996; Antonia Leugers (Hrsg.), Berlin, Rosenstraße 2 – 4. Protest in der NS-Diktatur. Neue Forschungen zum Frauenprotest in der Rosenstraße 1943, Annweiler: Plöger 2005. Ritter, Goerdeler, S. 20 – 21; Ines Reich, Carl Friedrich Goerdeler. Ein Oberbürgermeister gegen den NS-Staat, Köln / Weimar/Wien: Böhlau Verlag, 1997, S. 73 – 74. Falkenhayn starb 1922; Henning von Tresckow heiratete 1926 Falkenhayns Tochter Erika. Ritter, Goerdeler, S. 25 zitiert einen Brief Falkenhayns vom 2. September 1919 an Reg.Rat Schwarz in Königsberg; Holger Afflerbach, Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich, München: R. Oldenbourg Verlag 1994, S. 486 – 487; Reich, Carl Friedrich G ­ oerdeler, S. 73 – 74 zitiert den Brief als in Bundesarchiv NL 113 Nr. 1 befindlich. Trude Maurer, Ostjuden in Deutschland 1918 – 1933, Hamburg: Hans Christians Verlag 1986,S. 51 – 57, stützt sich für die Zahl von 150.000 Getöteten auf Salo W. Baron, The ­Russian Jews under Tsars and Soviets, New York / London: Macmillan 1964, S. 219 et seq., sowie die 2. Ausgabe, New York: Macmillan 1976; London: Collier Macmillan 1976, S. 184: Die Zahlen für die Ukraine (»easily exceeding 50.000 slain«) einschließlich der an Wunden und in den Unruhen entstandenen Krankheiten »mögen wohl 150.000 erreicht haben«. C ­ himen Abramsky (»The Biro-Bidzhan Project, 1927 – 1959«, in: Lionel Kochan [Hrsg.], The Jews in Soviet Russia since 1917, 3. Ausgabe, Oxford / London/New York: Oxford University Press 1978, S. 64 – 66) akzeptiert eine Schätzung von 200.000 in den Pogromen 1917 – 1921 in der Ukraine Getöteten; Helmut Pieper, Die Minderheitenfrage und das Deutsche Reich 1919 – 1933/34 [D 7

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Göttinger philosophische Dissertation], Hamburg: Alfred Metzner Verlag 1974, S. 10 – 11, zitiert lediglich Paul Mantoux, Les délibérations du Conseil des Quatre (24 mars–28 juin 1919). Notes de l’Officier Interprète, Bd. 1, Paris: Éditions du Centre National de la Recherche Scientifique 1955, S. 440 – 441. Goerdelers Denkschrift »Die Landesfinanzen im besetzten Gebiet der X. Armee vom 20.2. bis 30.11.1918«, Bundesarchiv Koblenz (zitiert BAK) Nachlass Goerdeler (zitiert N 1113) N 1113/11; Goerdelers Denkschrift vom Juni 1919 siehe Ritter, Goerdeler, S. 27; Gillmann, S.  191 – 198 mit Goerdelers Bericht über seine Arbeit vom 13. bis 26. Juni 1919 (BAK, N 1113 Band 10 Bll. 5 – 17). Ritter, Goerdeler, S.  29 – 30. [Carl Goerdeler], »Unsere Idee«, Masch., unterzeichnet »Im Gefängnis Berlin, November 1944«, BAK N 1113/73 Bl. 117 = S. 18 (nicht in Gillmann): »Als Nationalist erzogen und es bis 1930 gewesen, habe ich schon in Leipzig die Verbindung mit der großen Welt gewonnen und bin auf meinen Reisen zu der heiligen Überzeugung gelangt, daß alle Völker Idealen folgen, daß sie alle liebenswert sind.« »Vierte Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zum Schutze des inneren Friedens. Vom 8. Dezember 1931«, RGBl. I 1931, S.  699 – 745; Ritter, Goerdeler, S. 30; Gillmann, S. 200 – 213, 1225. Wolfgang Treue, Deutsche Parteiprogramme seit 1861, Göttingen / Zürich / Berlin / Frankfurt: Musterschmidt-Verlag, 4. Auflage 1968, S. 122; Wilhelm Mommsen, Deutsche Parteiprogramme. Eine Auswahl vom Vormärz bis zur Gegenwart, München: Isar Verlag 1951, S. 132 – 135 enthält diesen Passus nicht. Gillmann, S.  1181 – 1182; Hans Mommsen, Zur Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert. Demokratie, Diktatur, Widerstand, München: Deutsche Verlags-Anstalt 2010, S. 245 – 246. Oberbürgermeister von Königsberg. Goerdeler, Unsere Idee, S. 7; Ritter, Goerdeler, S. 31 zitiert mit unerklärten Abweichungen aus »Niederschriften im Gefängnis 1944/45 (Mem.)«; in Gillmann nicht abgedruckt. Wolf Keilig, Das deutsche Heer 1939 – 1945. Gliederung – Einsatz – Stellenbesetzung, Bad Nauheim: Verlag Hans-Henning Podzun 1956–[1970], S. 211 – 339. Reichwehrministerium (Heeres-Personalamt), Hrsg., Rangliste des Deutschen Reichsheeres. Nach dem Stande vom 1. April 1923 [gleichlautender Titel 1. Mai 1927 – 1930], Berlin: E. S. Mittler and Sohn 1923, 1927 – 1930; Gillmann, S. 1233; Müller, Beck, S. 95 (Goerdeler erwähnt Beck als damaligen Kommandeur der Infanterieschule in Dresden). Taschen-Kalender für Verwaltungsbeamte 1934, Zweiter Teil, Berlin: Carl Heymanns Verlag 1934, S. 18. Ritter, Goerdeler, S.  31 – 32. Anneliese Goerdeler an den Sohn Ulrich 7. Mai 1932, Kopie vom BAK d.Verf. 10. Februar 1998 zugesandt mit der Bezeichnung BAK N 1113 Bd. 34. Anneliese Goerdeler an Ulrich 29. Mai 1932, Kopie vom BAK an d.Verf. 10. Februar 1998 mit der Bezeichnung BAK N 1113 Bd. 34; im Mai 1932 allein wurden fünfzehn Verordnungen erlassen, von denen zwei vom 3. Mai als »Notverordnungen« angesehen werden konnten, obwohl fast alle sich mit Notständen befassten: »Zweite Verordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung der Staatsautorität. Vom 3. Mai 1932«, RGBl. I 1932, S. 185; »Verordnung des Reichspräsidenten über die Auflösung der kommunistischen Gottlosenorganisationen. Vom

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3. Mai 1932«, RGBl. I 1932, S. 185 – 186; Goerdeler wird sich aber eher mit den Verordnungen befasst haben, die wirtschaftliche und geldwirtschaftliche Fragen betrafen. Heinrich Brüning, Memoiren 1918 – 1934, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1970, S. 508, 568, 578, 581, 600, 609. Heinrich Brüning, Briefe und Gespräche 1934 – 1945, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1974, S.  458 – 459. Frau Goerdeler sah es anders: Nach Brünings Sturz schrieb sie dem Sohn Ulrich, der Vater leide darunter, dass das neue Kabinett keinen Wert auf seine Mitarbeit legte und »daß er nun ausgeschaltet werden soll«, jetzt, wo er »all seine Pläne u. Ideen zu einer gründlichen Sanierung u. Umgestaltung fertig« habe, die er nun nicht in die Tat umsetzen könne; A ­ nneliese Goerdeler an Ulrich 25. Juni 1932, Kopie vom BAK an d.Verf. 10. Februar 1998 mit der Bezeichnung BAK N 1113 Bd. 34. Gillmann, S. 82 – 84, auch zum Folgenden. Gillmann, S. 82. Leipziger Neueste Nachrichten, 13. Februar 1933, S. 1; Völkischer Beobachter. Münchener Ausgabe, 13. Februar 1933, S. 1. Völkischer Beobachter, Münchener Ausgabe, 7. März 1934, S. 1. Die Regierung Hitler Teil I, 1933/34, S. 31, 343, 656; Die Regierung Hitler. Teil I: 1933/34, Bd. 2, Boppard am Rhein: Harald Boldt Verlag 1983, S. 1183 – 1184. 10. Dezember 1931 – 17. Dezember 1932 und 5. November 1934 – 1. Juli 1935; Die Regierung Hitler, Band II: 1934/35. Teilband 1 [Titel variieren in der Serie], München: R. Oldenbourg Verlag 1999, S. 133, S. 133n4, S. 149n4; vgl. die zahlreichen Nennungen Goerdelers im Index. Die Regierung Hitler: Band III: 1936, München: R. Oldenbourg Verlag 2002, S. 565n3; Ritter, Goerdeler, S. 21 – 30, 47, 57 – 60, 76. Reich, Carl Friedrich Goerdeler, S. 104 schreibt, Goerdeler sei 1932 nicht in das Kabinett eingetreten, weil seine Forderung, zwei oder drei National­ sozialisten mit aufzunehmen, nicht erfüllt worden sei und zitiert als Beweis Goerdelers handschriftliche Niederschrift ohne Überschrift, 70 Blatt auf Briefpapier des Hyde Park Hotel, Knightsbridge, London, 9. Juli 1937, in damals versiegeltem Briefumschlag mit Namen der Personen, an die der Inhalt eventuell ausgehändigt werden sollte, datiert 9.7.37, darauf handschriftliche Bleistiftnotiz vermutlich von Gerhard Ritter: »bei Miss Joan Fry in London gelegen, etwa 1946 (Herbst) von Mr. Jameson an Frau M.Goerdeler [sic] übergeben«, BAK N 1113/43 (Reich zitiert NL 1113 B. 12; Gillmann hat die Aufzeichnung nicht in ihre Edition aufgenommen); in Goerdelers Aufzeichnung steht nicht, was Reich schreibt, sondern die Aufzeichnung registriert insgesamt drei spezifische Forderungen ­Goerdelers, die nicht erfüllt wurden, sowie Goerdelers grundsätzliche Einwände gegen die Art der Kabinettsbildung und als Hauptgrund sein mangelndes Vertrauen in die Fähigkeiten Papens. Seine Forderung war nicht die Aufnahme von zwei oder drei Nationalsozialisten in das Kabinett, sondern das Angebot zweier oder dreier Sitze am Kabinettstisch, und er drückte dabei seine geringe Erwartung der Annahme durch die Nationalsozialisten aus. Goerdeler schrieb (Bll. 27 – 34), am Tag nach der Meldung, Reichspräsident von Hindenburg habe Papen mit der Bildung eines Kabinetts beauftragt, habe Papen ihn, Goerdeler, zu sich gebeten und ihm das Arbeitsministerium angeboten; Goerdeler habe Papen noch nicht gekannt, Erkundigungen ergaben: »Rechter Flügelmann im Zentrum war das einzige Positive. Als Militärattaché Versager.

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Schwankender Charakter.« Am Abend, in einer Aussprache einiger Ministerkandidaten mit Papen und Schleicher in einem Zimmer des Reichstags, bei der nach kurzer Zeit Schleicher die Leitung in der Hand gehabt habe, habe Goerdeler erklärt, Arbeits- und Wirtschaftsministerium gehören zusammen, Hermann Warmbold müsse beide übernehmen, worauf man ihm gesagt habe, nein, dann werde er gebeten, beide zu übernehmen; solange er (Goerdeler) nicht wisse, wer Finanzminister sei, könne er keine Entscheidung treffen, worauf es geheißen habe, das sei Sache des Kanzlers; Goerdeler verlangte weiter, Hitler müsse nach Berlin gerufen und vor der Bildung des Kabinetts mit ihm »die Grundlage für die Arbeit des Kabinetts festgelegt, der N. S. D. A. P. müssten 2 – 3 Sitze angeboten werden. Mache sie mit, sei es um so besser. Auf jeden Fall müsse klargestellt werden, daß der Reichstag, sobald er der Rettung des Vaterlandes Schwierigkeiten mache, aufgelöst werde und Neuwahlen erst nach 2 Jahren stattfinden. Die Arbeit des neuen Kabinetts müsse gegen dauernde Wahlkampagnen gesichert werden. Antwort Schleicher: er habe ja schon alles mit Hitler besprochen. Ich erwiderte, das genüge dem Ernst der Lage nicht; man müsse sich untereinander ins Auge schauend vor der Bildung des Kabinetts volle Klarheit schaffen.« Goerdeler habe sich unter vier Augen Schleicher gegenüber noch einmal gegen diese Art der Kabinettsbildung gewandt und Schleicher habe ihm gesagt, die Entscheidung bleibe bis morgen früh offen. An diesem Morgen habe er, Goerdeler, sich beim Reichspräsidenten melden lassen, der ihn empfangen habe: »Ich legte ihm in Gegenwart des Staatssekretärs Meissner dar, daß Herr v. Papen nicht der Mann sei, um in so schwerer Zeit das Steuer des Staatsschiffes bei schwerem Wetter zu führen.« Papen habe keine angemessenen Erfahrungen und er, Goerdeler könne nicht in ein Kabinett Papen eintreten. Herbert Grundmann, Die Zeit der Weltkriege (Bruno Gebhardt, Handbuch der deutschen Geschichte, B. 4), Stuttgart: Union Verlag, 2. überarb. Nachdruck 1961, S. 173; Leo Just, Handbuch der Deutschen Geschichte, B. 4, 1. Teil, Frankfurt: Akademische Verlagsgesellschaft Athenaion 1973, S. 177. Cuno Horkenbach (Hrsg.), Handbuch der Reichs- und Staatsbehörden, Körperschaften und Organisationen, Jahrgang 1935, Berlin: Presse- und Wirtschafts-Verlag 1935, S. 50; Die Regierung Hitler Band II: 1934/35, Nr. 181, S. 664; Taschen-Kalender für Verwaltungsbeamte 1936, S. 3; Staatssekretär der Reichskanzlei Lammers an »Herrn Reichskommissar für Preisüberwachung« in »Berlin W 9 Voßstraße 8« vom 1. Oktober 1935, betr. die Auszahlung der von Hitler festgesetzten Aufwandentschädigung für Goerdeler, Bundesarchiv Berlin R43 II/318a Bl. 9; Mitarbeiter s. Bl. 35; Hans Dichgans, Zur Geschichte des Reichskommissars für die Preisbildung, Düsseldorf 1977, S. 1. Aufzeichnung vom 28. Januar 1937, Stadtarchiv Leipzig, Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 1; im Zentralvorstand des Gustav-Adolf-Vereins in Leipzig saß Goerdeler zusammen mit den Vorsitzenden der Hauptvereine der Länder und hatte auch hierdurch Kontakte und Bekanntheit im ganzen Reich. Reichwehrministerium (Heeres-Personalamt), Hrsg., Rangliste des Deutschen Reichsheeres: Nach dem Stande vom 1. Mai 1932, Berlin: E. S. Mittler und Sohn 1932; Gillmann, S. 1211 – 1212. BAB R 43 II/318a Bll.2 – 5, 9; Regierung Hitler Band II, S. 111. Regierung Hitler Band II, S.  324 – 329. Gillmann, S.  1208 – 1210. Regierung Hitler Band II, S.  560 – 563.

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Gillmann, S.  1210 – 1211. Regierung Hitler Band II, S.  654 – 664. Goerdelers Bericht gegenüber A. P. Young, The ›X‹ Documents, hrsg. v. Sidney Aster, London: Andre Deutsch 1974, S. 153; Young datiert die Begegnung auf den 29. Juni 1935; Goerdeler notierte im Januar 1945 (Gillmann, S. 1210) »27. oder 28. Juni 1935«; Regierung Hitler Band II, Nrn. 181, 188, 192, 197, 224, S. 663 – 664, 676 – 677, 689 – 692, 705 – 706, 790 – 792. Regierung Hitler Band II, Nr. 185, S. 671. BAB R 43 II/318a, Bll. 35. Bl. 36 folgt die Liste aller Mitarbeiter des Reichskommissariats; Bll. 38 – 39 betr. Büroräume, Mieten. BAB R 43 II/318a, Bl. 37. »Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplans – Bestellung eines Reichskommissars für die Preisbildung –. Vom 29. Oktober 1936«, RGBl. I 1936, S.  927 – 928; Karl Höffkes, Hitlers politische Generale. Die Gauleiter des Dritten Reiches, Tübingen: Grabert-Verlag 1986, S. 368; BAB R 43 II/318a, Bll. 58 (Notiz von Ministerialrat Dr. Willuhn), 66, 69 – 70. Das heißt der anfangs aufgestellten Grundsätze der Souveränität, der Staatsautorität, Vereinfachung und Verbilligung der inneren Verwaltung, der größten Klarheit und Sparsamkeit in der Wirtschaft, Heranziehen der im Volke schlummernden Kräfte zur Mitarbeit, man müsse »das deutsche Volk zu seinem endgültigen Befreiungskampf rüsten«. Gillmann, S. 367. Ewald Löser schrieb 1955 über Goerdelers Offenheit und seine Eigenschaft, die zu seinem Erfolg in der Kommunalpolitik und zu seinem Misserfolg im Ausland beigetragen habe, es sei Goerdeler immer um das sachlich richtige Ergebnis gegangen: »Er setzte voraus, daß sein Gegenüber das gleiche Ziel im Auge haben müßte.« Löser, Oberbürgermeister Carl ­Goerdeler, S. 50; Die Regierung Hitler, Teil 1: 1933/34, S.  34, 343 – 349, 501 – 503, 1183 – 1184; Regierung ­Hitler  II, S. 1141 – 1142; [Carl Goerdeler], »Anlage« (von Gillmann, S. 1202 »Rechenschaftsbericht« überschrieben), Hs., [im Gefängnis, Januar 1945], BAK N 1113/71, S. 27; dass. Masch., BAK N 1113/73, S. 15 (Bl. 37); Gillmann, S. 1202 – 1235; Regierung Hitler III, S.  242 – 244. Görings Ernennung: »Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes [sic]. Vom 18. Oktober 1936«, RGBl. I. 1936, S. 887; »Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplans – Bestellung eines Reichskommissars für die Preisbildung. Vom 29. Oktober 1936«, RGBl. I. 1936, S.  927 – 928; »Erlaß über die weiteren Aufgaben des Beauftragten für den Vierjahresplan. Vom 18. Oktober 1940«, RGBl. I. 1940, Berlin: Reichsverlagsamt 1940, S. 1395; »Zweiter Erlaß über die weiteren Aufgaben des Beauftragten für den Vierjahresplan. Vom 20. September 1944«, RGBl. I. 1944, Berlin: Reichsverlagsamt 1944, S. 211; Erich Gritzbach, Hermann Göring. Werk und Mensch, München: Zentralverlag der NSDAP, Franz Eher Nachf. 1939, S. 160 – 161; Keilig, S. 211 / 339; Gillmann, S. 411. Vgl. Kieffer, Judenverfolgung, S. 139. Göring hatte auch den früheren Staatssekretär Ernst Trendelenburg und Oberst d. G. Georg Thomas, Chef der Abteilung Wehrwirtschaftsstab und Waffenwesen (W), um Gutachten gebeten; siehe Regierung Hitler III, S. 502 Anm. 9. Görings Ernennung siehe oben Anm. 196. [Carl] Goerdeler, »Anlage« (Denkschrift zur Devisen-, Rohstoff- und Währungslage), 31. August 1936, Masch., mit Bleistiftkorrekturen in Goerdelers Hand, 18 S. (Gillmann, S. 411 Anm. 2 schreibt »17 Seiten«), BAK N 1113/42, Bll. 1 – 13; dies ist lt. Gillmann, S. 411 Anm. 2

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»das einzige Exemplar«, das sich lt. Gillmann, S. 411 Anm. 2 »im Privatbesitz der Familie ­Goerdeler« befindet, inzwischen aber lt. Nachlassverzeichnis im BAK (Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 13); diese im BAK befindliche kürzere Fassung vom 31. August 1936 der großen Denkschrift vom 17. September 1936 ist in der Edition der Schriften G ­ oerdelers von Gillmann nicht abgedruckt, also sind auch die Einfügungen und Streichungen im BAK-Exemplar in Gillmanns Edition nicht verzeichnet; es ist jedoch nicht »das einzige Exemplar«: ein weiteres Exemplar, [Carl] Goerdeler [Denkschrift ohne Überschrift], Original-Maschinenschrift, Leipzig, 31. August 1936, 18 S., ebenfalls mit Bleistiftkorrekturen in Goerdelers Hand (anderen als die im Exemplar des BAK), unterz. »Dr. Goerdeler«, aus dem Besitz von Gotthold Müller im Besitz d. Verf.; auf dem ersten Blatt dieses Exemplars ist mit Bleistift G. Müllers hs. Vermerk: »Denkschrift G’s v. August 1936 m. Bfn an Schacht & Neurath«; das Exemplar, das Göring erreichte, der es bei der Verlesung des Vierjahresplans in der Ministerratssitzung am 4. September 1936 erwähnte, ist im Zentralen Staats-Sonderarchiv, Moskau, 700 I 1; Göring versah,was Goerdeler betr. Aufrüstung und Judenverfolgung sagte, mit spottenden Randbemerkungen;vgl. Adam Tooze, The Wages of Destruction, London: Penguin 2006, S. 216 – 219: Göring habe es an Hitler weitergereicht mit der Bemerkung, es sei für Hitlers Vierjahresplan-Memorandum wichtig; vgl. unten, Seite 90. Regierung Hitler III, S.  500 – 504. S. unten, Seite 97. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154: Krupp an Hitler 15. Juni 1936, Masch.Durchschlag; Hauptmann a. D. Fritz Wiedemann 1. Juli 1936 an Krupp; Wiedemann an Krupp 24. Februar 1937. Vgl. Ian Colvin, Vansittart in Office. An historical survey of the origins of the second world war based on the papers of Sir Robert Vansittart, Permanent Under-Secretary of State for Foreign Affairs 1930 – 38, London: Victor Gollancz 1965, S. 149; Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. XI zitiert Historisches Archiv Krupp FAH 4 E 154. Goerdeler, Anlage (bei Gillmann, S. 1202 »Rechenschaftsbericht«), S. 93 – 95 (Bll. 47 – 48); Masch. BAK N 1113/73, S. 27; Gillmann, S. 1229. Zu Goerdelers Reisen siehe unten, Seite 101 – 174. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154: Krupp von Bohlen Halbach an Dr. Achenbach, 30. Mai 1941, Masch.-Durchschlag; Aufzeichnung Achenbachs 6. Februar 1939. Goerdeler, Anlage, S. 93 – 95 (Bll. 47 – 48); Gillmann, S. 1229; Joachim Scholtyseck, Robert Bosch und der liberale Widerstand gegen Hitler 1933 bis 1945, München: C. H. Beck 1999, S. 198, 200; Gerard Aalders / Cees Wiebes, »Stockholms Enskilda Bank, German Bosch and IG Farben: A Short History of Cloaking«, in: The Scandinavian Economic History Review 33 (1985), S. 25 – 50; Ulf Olsson, Furthering a Fortune. Marcus Wallenberg: Swedish Banker and Industrialist 1899 – 1982, Stockholm: Ekerlids Forlag 2001, S. 203, 236; Håkan Lindgren, Jacob Wallenberg 1892 – 1980. Swedish Banker and International Negotiator, Stockholm: Atlantis 2009, S. 281 – 284, 290 – 291, 304, 309; Scholtyseck, Robert Bosch, S.  283 – 302. Scholtyseck, Robert Bosch, S.  265 – 282. Vgl. Peter Hoffmann, »The Question of Western Allied Co-operation with the German AntiNazi Conspiracy, 1938 – 1944«, in: The Historical Journal 34 (1991), S. 437 – 464. A. P. Young an Stephen Peet, 13. Oktober 1971, Papers of Arthur Primrose Young, University of Warwick Modern Records Centre 242-X-YE-1 – 2.14; Young, ›X‹ Documents, S. 148; A. P. Young, Die ›X‹-Dokumente. Die geheimen Kontakte Carl Goerdelers mit der britischen

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Regierung 1938 / 1939, hrsg. von Sidney Aster. Betreuung der deutschen Ausgabe und Nachwort: Helmut Krausnick, München / Zürich: Piper 1989, S. 163; Ritter, Goerdeler, S.  322 – 324. Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 477 zitiert Maurer, Ostjuden, S. 51, 54 – 55. Naiv: Brüning, Briefe, S. 349. Golczewski, S.  158 – 171, 174, 219 – 233, 246 – 264, 290 – 297, 341 – 347; Abramsky, S.  64 akzeptiert, wie erwähnt, die Schätzung von 200.000 in den Pogromen von 1917 – 1921 Getöteten; cf. Fink, Paris Peace Conference, S. 277 – 279. Theodor Herzl, Theodor Herzls Tagebücher. Zweiter Band, Berlin: Jüdischer Verlag 1923, S.  176 – 199, 218 – 226; Theodor Herzl, Theodor Herzls Tagebücher. Dritter Band, Berlin: Jüdischer Verlag 1923, S. 10 – 48, 547, 554 – 559; Alex Bein, Theodor Herzl. Biographie, Wien: FibaVerlag o. J. [1934], S.  410 – 447, 704 – 706, 493 – 502, 672 – 673. Herzl, Tagebücher III, für Lord Rothschild S. 324 – 326, 348 – 350, 358, 376 – 378, 410, 417 – 429, etc.; für russische Regierung S. 459 – 487, 490 – 495, besonders 510 – 512. Herzl, Tagebücher III, S. 10 – 48, 133; Shalom Goldman, Zeal for Zion. Christians, Jews & the Idea of the Promised Land, Chapel Hill: The University of North Carolina Press 2009, S. 112 – 116, 128. Royal Commission on Alien Immigration, Report of the Royal Commission on Alien Immigration, with Minutes of Evidence and Appendix, Vol. I. The Report [cd. 1741], London: His Majesty’s Stationery Office 1903, S. 40 – 52. Royal Commission I, S. 5, 7 – 8. Royal Commission on Alien Immigration, Appendix to Minutes of Evidence taken before the Royal Commission on Alien Immigration. Vol. III [cd. 1741-I], London: His Majesty’s Stationery Office 1903, S. 5; Royal Commission on Alien Immigration, Minutes of Evidence taken before the Royal Commission on Alien Immigration. Vol. II [cd. 1742], London: His Majesty’s Stationery Office 1903, S. 375, 569, 663, 697. Royal Commission I, S. 40 – 43. Royal Commission I, S. 211, 213. Royal Commission II, S. 569. Royal Commission I, S. 52. Royal Commission II, S. 212. Bein, S.  582 – 590, 599 – 610. Bein, S.  577 – 581. Brief vom 14. August 1903, auf Anweisung von Lansdowne und nach seinen Vorgaben entworfen und genehmigt, unterzeichnet von Sir Clement Hill, Superintendent of African Protectorates, an Leopold Greenberg mit dem Angebot der Erwägung jüdischer Siedlung in Britisch Ostafrika und Verhandlungen darüber mit dem Außenamt bzw. Lord Lansdowne; Text des Briefes in The Times, 27. August 1903, S. 7 und, leicht abweichend, in Robert G. Weisbord, African Zion. The attempt to establish A Jewish colony in the East Africa Protectorate 1903 – 1905, Philadelphia: The Jewish Publication Society of America 1968, S. 79 (Quelle: PRO FO 2/785); vgl. Chaim Weizmann, Trial and Error, New York: Harper & Brothers 1949, S. 82 – 83; hier und an anderen Stellen in der Literatur heißt es, Lansdowne habe den Brief unterzeichnet, was nicht zutrifft. Chaim Weizmann, Trial and Error, New York: Schocken Books 1966, S. 109 – 112. Bein, S. 608.

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David Lloyd George, War Memoirs, Band II, London: Ivor Nicholson & Watson 1933, S. 582 – 587; Cabinet. Palestine and the Balfour Declaration. Memorandum by the Secretary of State for the Colonies, January, 1923, C. P. 60 (23), National Archives (Kew), CAB 24/158/61 enthält diese Beschreibung: »Upon the origins of the Declaration little exists in the way of official records; indeed, little is known of how the policy represented by the Declaration was first given form. Four, or perhaps five, men were chiefly concerned in the labour – the Earl of Balfour, the late Sir Mark Sykes, and Messrs. Weizmann and Sokolov, with perhaps Lord Rothschild as a figure in the background. Negotiations seem to have been mainly oral and by means of private notes and memoranda, of which only the scantiest records are available, even if more exist.« Ferner Cabinet. Palestine. Memorandum by the Secretary of State for the Colonies, 13. März 1923, National Archives (Kew), C. P. 149 (23). Avi Shlaim, The Iron Wall. Israel and the Arab World, New York / London: W. W. Norton & Company 2000, S. 5 – 6. DBFP First Series, Bd. IV, Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], ­respecting Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«). Übersetzungen von Zitaten aus dem Englischen sind, wo nicht anders vermerkt, die d. Verf. DBFP First Series, Bd. IV, Nr. 242, S. 340 – 349 (»Memorandum by Mr. Balfour [Paris], respect­ ing Syria, Palestine, and Mesopotamia, August 11, 1919«); Treaty of Peace with Turkey. Signed at Sèvres, August 10, 1920. [With Maps.] Presented to Parliament by Command of His Majesty. [Cmd. 964.] London: His Majesty’s Stationery Office 1920, Section VII, articles 94 – 97. Golczewski, S. 172, 174, 176 – 178, 181 – 217. Die in der Statistik des Deutschen Reichs nicht verfügbaren Zahlen stammen aus The YIVO Encyclopedia of Jews in Eastern Europe, Einträge »Population«, »Hungary«, »Romania«; die YIVO Encyclopedia zählt 1.003.000 Juden in Österreich-Ungarn im Jahr 1900 und 911.227 in Ungarn allein im Jahr 1910; siehe ferner Encyclopaedia Judaica, »Bulgaria«; Statistik des Deutschen Reichs, Band 240: Die Volkszählung im Deutschen Reiche am 1. Dezember 1910, Berlin: Verlag von Puttkammer und Mühlbrecht, Buchhandlung für Staats- und Rechtswissenschaft 1915, S. 27, 134 – 153, 204, 210; weder die YIVO Encyclopedia noch die Encyclopaedia Judaica geben Zahlen für das Osmanische Reich an; die Encyclopaedia Judaica nennt die Zahl 79.454 für die Türkei im Jahr 1927, das Jahr der ersten Volkszählung in der Türkischen Republik; verlässlich ist für die Zeit vor 1914 Karpat, Ottoman Population, S. 157, 161. Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 477, verweist auf Cohen, A Report on the Pogroms in Poland, S. 1 – 36; Motzkin, S. 7 – 27, hier besonders S. 7 – 8 und 20 – 23; der französische Text des Auszuges aus dem Comité-Bericht lautet: »Tenant compte de la situation anormale des Juifs dans les pays où ils ont été opprimés, ainsi que de leur dispersion à travers le monde, laquelle les empêche de former une majorité dans un pays quelconque, il convient d’assurer aux quinze million de Juifs une participation à la Ligue des Nations. Cette participation devra être liée à la reconnaissance de la communauté nationale du Judaϊsme.« – Nach dem Zusammenhang sind die 15 Millionen Juden die in Osteuropa und in den Teilen des sich auflösenden Osmanischen Reiches; siehe auch Kieffer, Judenverfolgung; Philipp Caspar Mohr, Kein Recht zur Einmischung? Die politische und völkerrechtliche Reaktion Großbritanniens auf Hitlers »Machtergreifung« und die einsetzende Judenverfolgung, Tübingen: Mohr Siebeck 2002, S. 122 – 125. Siehe auch Marcus, Social and Political History, S. 293 – 311; Fink, Paris Peace Conference, S. 278.

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Mantoux, B. 1, S. 440 – 441. Goerdeler äußerte in »Das Ziel« dieselbe Ansicht, wie unten, Seite 193 – 212 ausgeführt wird. Golczewski, S. 303 – 309 beschreibt die vorwiegend negative polnische Reaktion auf den Polen auferlegten Minderheitenschutz-Vertrag vom 28. Juni 1919. Mantoux, S.  440 – 441. Fritz Stier-Somlo (Hrsg.), Handbuch des Völkerrechts. Zweiter Band. 8. Abteilung, Stuttgart: W. Kohlhammer 1930, S. 115. Mohr, S. 122 – 125. Mohr, S. 123, zitiert Hugo Wintgens, »Der völkerrechtliche Schutz der nationalen, sprachlichen und religiösen Minderheiten in Polen«, in: Stier-Somlo (Hrsg.), Handbuch des Völkerrechts, S. 115, für Clemenceaus, Wilsons und Lloyd Georges Wunsch, in den Minderheitenschutz nicht nur ethnische (»nationale«) Minderheiten, sondern besonders die Juden einzubeziehen; siehe auch Fink, Paris Peace Conference, S. 273 – 88. »Gesetz über den Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten. Vom 16. Juli 1919«, Reichs-Gesetzblatt. Jahrgang 1919, Berlin: Reichsministerium des Innern 1919, S. 687 – 1350, Artikel 86, 93. Treaty with Poland. Treaty of Peace between the United States of America, the British Empire, France, Italy, and Japan and Poland. Signed at Versailles on June 28, 1919, Washington: Government Printing Office 1919. Francis R. Nicosia, Zionism and Anti-Semitism in Nazi Germany, Cambridge / New York: Cambridge University Press 2008, S. 54, zitiert Yehuda Reinharz, »The Zionist Response to Antisemitism in Germany«, in: Leo Baeck Institute Yearbook 30 (1985), S. 118 – 119. Treaty with Poland. Fink, Paris Peace Conference, S. 281 – 282. Fink, Paris Peace Conference, S. 283 – 284. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945, B. 6, Baden-Baden: Imprimerie Nationale 1956, S.  77 – 78. Hans Roos, Geschichte der Polnischen Nation 1916 – 1960, 2. Ausgabe, Stuttgart: W. Kohlhammer Verlag 1964, S. 139; Roos, History, S. 137; Fink, Paris Peace Conference, S. 284. Legationsrat Junker, Aufzeichnung 16. August 1939, Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945, B. 7, Baden-Baden: Imprimerie Nationale 1956, S. 77 – 78; vgl. Hassell 1988, S. 94 – 96; Gerhard L. Weinberg, The Foreign Policy of Hitler’s Germany. Starting World War II 1937 – 1939, Chicago / London: University of Chicago Press, 1980, S. 565. Hierzu und zum Folgenden siehe »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen«, RGBl. I 1933, S.  480, 538 – 539. Parliamentary Debates, Fifth Series – Vol. 280. House of Commons. Official Report, London: His Majesty’s Stationery Office 1933, c. 2604 – 2606 und vol. 282 (General Index for Session 1932 – 1933), London: His Majesty’s Stationery Office 1934; Bills, Public. Three Volumes. Session 22 November 1932 – 17 November 1933, vol. 3 (die Gesetzesvorlage »Nationality of Jews. 163. Bill to Promote and Extend Opportunities of Citizenship for Jews Resident outside the British Empire« ist für Seite 5 aufgeführt, aber nicht gedruckt). A. J. Sherman, Island Refuge. Britain and Refugees from the Third Reich 1933 – 1939, London: Paul Elek 1973, S. 92 – 93, zitiert Parliamentary Debates, Fifth Series, Vol. 333, House of Commons. Official Report, London: His Majesty’s Stationery Office 1938, 22. März 1938, c. 990 – 996,

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wonach Oberst Josiah Wedgwood, M. P., im Unterhaus den Antrag einbrachte, Flüchtlingen aus Österreich sechs Monate Aufenthalt und, falls sie den Antrag stellten, die britische Staatsangehörigkeit zu gewähren, und das Unterhaus einen so weitreichenden Antrag abgelehnt habe; in den am 22. März im Unterhaus gestellten Fragen und den darauf gegebenen Antworten findet sich kein entsprechender Hinweis. McDonald, Advocate, S. 69; McDonald, Refugees, S.  43 – 45. McDonald, Advocate, S.  152 – 53. McDonald, Advocate, S. 125; Otto Göppert, Der Völkerbund. B. Organisation und Tätigkeit des Völkerbundes (G. A. Walz, Hrsg., Handbuch des Völkerrechts. Vierter Band. Völkerrecht und internationales politisches Staatensystem. Erste Abteilung. Der Völkerbund. B. Organisation und Tätigkeit des Völkerbundes), Stuttgart: W. Kohlhammer 1938, S. 685. McDonald, Advocate, S. 142 – 143; Auslassungen ebd. McDonald, Advocate, S. 145. Weizmann war als Nachfolger von Theodor Herzl, David Wolffsohn und Otto Warburg von 1921 bis 1931 vierter Präsident der Zionistischen Organisation gewesen. McDonald, Advocate, S. 152. »Governing body«. McDonald, Advocate, S. 354. Zitat aus McDonald Papers im United States Holocaust Memorial Museum, Washington, in: McDonald, Advocate, S. 365. Adolf Diamant, Chronik der Juden in Leipzig, Chemnitz / Leipzig: Verlag Heimatland Sachsen GmbH Chemnitz 1993, S. 505 – 507; S. 513 zitiert er (leicht verändert) Marianne MeyerKrahmer, Carl Goerdeler und sein Weg in den Widerstand. Eine Reise in die Welt meines Vaters, Freiburg im Breisgau: Herder Taschenbuch Verlag 1989, S. 73; Gillmann, S. 1239 – 1240. Meyer-Krahmer, Carl Goerdeler, S. 73. Diamant, S. 505 zitiert ein Schreiben von H. Scharf vom 16. April 1989; vgl. den etwas abweichenden Text in Meyer-Krahmer, Carl Goerdeler, S. 73. »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 175 – 177; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 11. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 195. »Gesetz über die Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche. Vom 14. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S. 471 und Verfassung, S. 472 – 478 (»Artikel 1. Der Deutschen Evangelischen Kirche ist am 11. Juli 1933 eine Verfassung gegeben, [sic] die nebst der Einführungsverordnung von Reichs wegen anerkannt und in der Anlage veröffentlicht wird. Artikel 2. (1) Die Deutsche Evangelische Kirche ist Körperschaft des öffentlichen Rechts des Reichs.«). In »Verfassung der Deutschen Evangelischen Kirche« steht in Abschnitt V, Artikel 10: »Die deutschen evangelischen Kirchengesetze werden von der Nationalsynode im Zusammenwirken mit dem Geistlichen Ministerium oder von diesem allein beschlossen, durch den Reichsbischof ausgefertigt und im Gesetzblatt der Deutschen Evangelischen Kirche verkündet.« Die Evangelische Kirche in Deutschland und die Judenfrage. Ausgewählte Dokumente aus den Jahren des Kirchenkampfes 1933 bis 1943. Bearbeitet und herausgegeben auf Veranlassung des Flüchtlingsdienstes des Ökumenischen Rats der Kirchen, Oikumene, Genf 1945, S. 35 – 46, besonders 35: »Gesetz über die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten«, »wurde von der

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Generalsynode der Evangelischen Kirche der altpreußischen Union sowie von den Landessynoden einzelner anderer deutscher Landeskirchen angenommen, der Deutschen Evangelischen Nationalsynode vorgelegt und für die ganze deutsche Evangelische Kirche ebenfalls beschlossen« (6. September 1933). »§1.(1.) Als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung darf nur berufen werden, wer die für seine Laufbahn vorgeschriebene Vorbildung besitzt und rückhaltlos für den nationalen Staat und die Deutsche Evangelische Kirche eintritt. (2.) Wer nicht arischer Abstammung oder mit einer Person nicht arischer [sic] Abstammung verheiratet ist, darf nicht als Geistlicher oder Beamter der allgemeinen kirchlichen Verwaltung berufen werden. Geistliche oder Beamte arischer Abstammung, die mit einer Person nichtarischer [sic] Abstammung die Ehe eingehen, sind zu entlassen. Wer als Person nichtarischer [sic] Abstammung zu gelten hat, bestimmt sich nach den Vorschriften der Reichsgesetze.« »§3. […] (2.) Geistliche oder Beamte, die nichtarischer [sic] Abstammung oder mit einer Person nichtarischer [sic] Abstammung verheiratet sind, sind in den Ruhestand zu versetzen.« Bethge, Bonhoeffer, S. 321 – 326 (zu Dietrich Bonhoeffers Aufsatz), S. 357 – 378 (»Arierparagraph«; »Kirchengesetz betreffend die Rechtsverhältnisse der Geistlichen und Kirchenbeamten« von der Altpreußischen Generalsynode, 5.–6. September 1933 im Herrenhaus zu Berlin beschlossen). Frick, Rassenfrage, Deutsche Juristen-Zeitung 39 (1934), Heft 1, Sp. 1 – 6 (Goerdelers Name steht mit dem von Popitz unter anderem vor dem Impressum unter »Unter Mitwirkung von«); RGBl. I 1933, S. 434; vgl. »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 7. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 175 – 177; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums. Vom 11. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 195; »Gesetz zur Änderung von Vorschriften auf dem Gebiete des allgemeinen Beamten-, des Besoldungsund des Versorgungsrechts. Vom 30. Juni 1933«, RGBl. I 1933, S. 434. »Verordnung über die Zulassung von Ärzten zur Tätigkeit bei den Krankenkassen. Vom 22. April 1933«, RGBl. I 1933, S. 222. »Verordnung über die Zulassung von Ärzten«, RGBl. I 1934, S.  399 – 410. Verhandlungen der Stadtverordneten zu Leipzig 1935, Stadtarchiv Leipzig, Band I, 30. Januar 1935, S. 4, 7; »Gesetz zur Vereinheitlichung des Gesundheitswesens. Vom 3. Juli 1934«, RGBl. I 1934, S. 531 – 532; »Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens. Vom 6. Februar 1935«, RGBl. I 1935, S. 177 – 180; »Die Deutsche Gemeindeordnung. Vom 30. Januar 1935«, RGBl. I 1935, S.  49 – 64. Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122; Abdruck in: Gruner, Verfolgung, S.  425 – 426. Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122. Der Königsberger Historiker Hans Rothfels, beinamputierter »Frontkämpfer« mit hohen Auszeichnungen, wurde aus seinem Lehrstuhl verdrängt und schließlich in Berlin durch einen für alle Juden geltenden Erlass von der Benützung der Archive ausgeschlossen; vgl. Aly [et al.], Band 2, Nr. 4; Jan Eckel, Hans Rothfels. Eine intellektuelle Biographie im 20. Jahrhundert, Göttingen: Wallstein Verlag 2005, S. 183 – 188; Wolf Gruner, Öffentliche Wohlfahrt und Judenverfolgung, München: R. Oldenbourg Verlag 2002, S. 69, 77, 140 – 143 (­Goerdeler ist nicht erwähnt); Wolf Gruner, »Die NS-Judenverfolgung und die Kommunen. Zur wechselseitigen Dynamisierung von zentraler und lokaler Politik«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 48 (2000), S. 85 – 86, 92, 94 – 98; Rüdiger Fleiter, Stadtverwaltung im Dritten Reich.

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Verfolgungspolitik auf kommunaler Ebene, Hannover: Hahnsche 2006, S. 142, 148, 186 (ebenfalls ohne Erwähnung Goerdelers). Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122. Ebenso bestätigte er am 23. August 1935, wegen außerordentlich scharfer Beschwerden arischer Benutzer des Schlachthofes »habe ich mich gezwungen gesehen, die nichtarischen Viehhändler und Fleischer bis auf weiteres an dem Betreten unseres Schlachthofes zu verhindern«. Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122. Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122. Gruner, Verfolgung, S.  471 – 472. Siehe unten, Seite 89. Goerdeler, hs. Niederschrift ohne Überschrift, 70 Blatt auf Briefpapier des Hyde Park Hotel, Knightsbridge, London, 9. Juli 1937, BAK N 1113/43. Zur Beseitigung des Denkmals siehe unten, Seite 97. Albrecht Wagner, Die Umgestaltung der Gerichtsverfassung und des Verfahrens- und Richterrechts im nationalsozialistischen Staat, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1968, S. 43; Lothar Gruchmann, Justiz im Dritten Reich 1933 – 1940. Anpassung und Unterwerfung in der Ära ­Gürtner, München: R. Oldenbourg Verlag 1990, S. 442 – 443. Siehe unten, Seite 197. Gillmann, S. 343, 364. Gillmann, S. 343, 346 – 347, 362. Befürwortung des Exports statt Eroberung von Lebensraum widersprach Hitlers Überzeugung; vgl. Vogelsang, Neue Dokumente, S. 434 – 435; Andreas Wirsching, »›Man kann nur Boden germanisieren‹. Eine neue Quelle zu Hitlers Rede vor den Spitzen der Reichswehr am 3. Februar 1933«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 49 (2001), S.  517 – 550. Gillmann, S.  359 – 362. Gillmann, S. 363. Siehe oben, Seite 25. Gillmann, S.  363 – 368. Gillmann, S. 368. Siehe unten, Seite 107. Gillmann, S. 368. Vgl. Bonhoeffer, Die Kirche vor der Judenfrage, S. 171 – 176; Bonhoeffer, Werke, Band 12, S. 351. Gillmann, S. 369. Gillmann, S. 371. Gillmann, S. 372. [Carl Goerdeler], »August 1934«, Masch., BAK N 1113/12, S. 28 – 33; [Carl] Goerdeler, »An den Reichskanzler Adolf Hitler«, masch. Abschrift, August 1934, BAK N 1113/78, S. 28 – 33; Gillmann, S.  367 – 372. Cf. Young, S. 83 – 84. McDonald, Advocate, S. 69; McDonald, Refugees, S.  43 – 45. Ian Kershaw, Popular Opinion and Political Dissent in the Third Reich: Bavaria 1933 – 1945, Oxford: Clarendon Press 1983, S. 120 – 139.

Anmerkungen  |

296 BAB R 43 II/318 Bll. 2 – 17. Siehe auch den »Bericht des Reichs- und Preußischen Wirtschafts-

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ministers über die Preisentwicklung in den Monaten Juli und August 1935« vom 29. August 1935, BAB R 43 II/318 Bll.71 – 160. BAB R 43 II/318 Bll.  18 – 19. BAB R 43 II/318 Bll.  31 – 32. BAB R 43 II/318 Bll. 44 – 45, 54. BAB R 43 II/318 Bll. 56, 67. BAB R 43 II/318 Bll.  165 – 173. BAB R 43 II/318a, Bl. 10. Der von Goerdeler in Tinte »Goerdeler« unterschriebene Bericht, also das Original, folgt im selben Aktenband Bll. 11 – 31. BAB R 43 II/318a, Bl. 33. Hierzu und zum Folgenden Gillmann, S. 387 – 404. Regierung Hitler Band II, S. 148; Kershaw, Hitler 1889 – 1936, S. 726 zitiert die Äußerung ­Hitlers aus einem zur Bestätigung der Richtigkeit zirkulierten Auszug aus der »Niederschrift über die Sitzung des Reichsministeriums« und bezeichnet die Kabinettssitzung als »Ministerkonferenz«; BAB R 43 II/315a Bll.  31 – 32. BAB R 43 II/318a Bl. 29. BAB R 43 II/318a Bl. 29. Goerdeler an Reichsaußenminister von Neurath 22. März 1936, Masch.-Durchschlag, masch.überschrieben »Anlage 2« (ein am selben Tag datierter und mit derselben Maschine geschriebener Brief-Durchschlag, adressiert an Reichsbank-Präsident Schacht, ist masch.-überschrieben »Anlage 1«; im Besitz d. Verf.). [Carl] Goerdeler, »Anlage«, Leipzig, 26. Oktober 1935, masch. Durchschlag im Besitz d. Verf., S. 18 – 20; Gillmann, S. 401 – 402, 404. BAB R 43 II/318a Bl. 29. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], Masch., datiert Leipzig, am 31. August 1936, im Besitz d. Verf.; Exemplar im BAK N 1113/42 (siehe oben Anm. 199); Görings Ernennung: »Verordnung zur Durchführung des Vierjahresplanes [sic]. Vom 18. Oktober 1936«, RGBl. I. 1936, S. 887; »Gesetz zur Durchführung des Vierjahresplans [sic] – Bestellung eines Reichskommissars für die Preisbildung –. Vom 29. Oktober 1936«, RGBl. I. 1936, S.  927 – 928; »Erlaß über die weiteren Aufgaben des Beauftragten für den Vierjahresplan. Vom 18. Oktober 1940«, RGBl. I. 1940, Berlin: Reichsverlagsamt 1940, S. 1395; »Zweiter Erlaß über die weiteren Aufgaben des Beauftragten für den Vierjahresplan. Vom 20. September 1944«, RGBl. I. 1944, Berlin: Reichsverlagsamt 1944, S. 211; Gritzbach, Göring, S.  160 – 161; Keilig, Heer, S.  211 – 339. Die Abteilung Wehrwirtschaftsstab und Waffenwesen (W) wurde später das Wehrwirtschafts- und Rüstungs-Amt im Oberkommando des Heeres. Gillmann, S. 331 – 404, besonders 333, 336, 346, 349, 352, 360, 375, 377 – 378, 380, 382, 385 – 386, 399. [Carl] Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], Masch., Leipzig, 31. August 1936, S. 12, im Besitz d. Verf. (in Gillmann nicht abgedruckt), auch zum Folgenden. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 8 – 12. Nach »müssen« mit demselben Bleistift wie eine frühere Einfügung in Goerdelers Hand das Komma durch Punkt ersetzt und die Worte gestrichen: »nicht im Grundsätzlichen, aber in der Handhabung«.

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Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 13. So 3. Februar 1933 zu den Führern der Reichswehr; Vogelsang, Neue Dokumente, S. 434 – 435; siehe oben, Seite 49. Gillmann, S.  411 – 464. Gillmann, S. 445. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Gillmann, S.  447 – 448. Sic; das »nicht« scheint ein Versehen zu sein, es hätte vielleicht anstelle des vorhergegangenen »nur« stehen sollen. Gillmann, S.  447 – 448. Gillmann, S.  447 – 448. [Carl Goerdeler], »Unsere Idee«, Masch., unterzeichnet »Im Gefängnis Berlin, November 1944«, BAK N 1113/73 Bl. 117 = S. 18 (nicht in Gillmann): »Als Nationalist erzogen und es bis 1930 gewesen, habe ich schon in Leipzig die Verbindung mit der großen Welt gewonnen und bin auf meinen Reisen zu der heiligen Überzeugung gelangt, daß alle Völker Idealen folgen, daß sie alle liebenswert sind.« Gillmann, S.  457 – 461. Goerdeler las englische Zeitungen: Szene mit A. P. Young nach der Rede Chamberlains; Stellen wie in der Denkschrift zur Außenpolitik vom 10. September 1939, Gillmann, S. 678. Andrew Sharf, The British Press and Jews under Nazi Rule, London, New York, Bombay: Oxford University Press 1964, S. 11 – 12, 23. Sharf, S. 37 – 39, 42; vgl. Julius, S. 318 – 320. Gillmann, S.  534 – 535. Young, ›X‹-Documents, S. 139. Gillmann, S. 445. Siehe Seite 32, 34 und Seite 125. [Carl] Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], Original-Maschinenschrift mit eigenhändigen Bleistiftkorrekturen Goerdelers, Leipzig, 31. August 1936, 18 Seiten, im Besitz d. Verf. (von Gotthold Müller), S. 12; [Carl Goerdeler], »Anlage«, 31. August 1936, Masch., 18 Seiten, BAK N 1113/42 (nicht N 1113/12, wie Gillmanns Edition S. 411 angibt; Gillmann hat das Verzeichnis des Nachlasses N 1113 im BAK offenbar erst nach Abschluss ihrer Edition hergestellt) mit eigenhändigen Korrekturen Goerdelers, BAK N 1113/42, S. 12, 17; dieses Exemplar vom 31. August 1936 im BAK enthält Einfügungen und Streichungen, die das im Besitz d. Verf. befindliche nicht aufweist und umgekehrt; die Worte »nicht im Grundsätzlichen, aber in der Handhabung« sind in der BAK-Version, N 1113/42, Bl. 17, weder masch. noch hs. enthalten. – Die lange Version siehe [Carl Goerdeler], »Anlage« [Entwurf ], undatiert, ohne Unterschrift, Masch. mit vielen hs. Korrekturen und Einfügungen Goerdelers, 62 + 5 S., BAK N 1113/42, Bll. 20 – 90; Gillmann, S. 411 – 464 druckt ein korrigiertes masch. Exemplar ab, für das in Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 13 auch auf N 1113/81 verwiesen ist. Gillmann, S. 445, 447 – 448. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 18. Gillmann, S. 414.

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Gillmann, S. 448. Gillmann, S. 445. Gillmann, S.  460 – 461. Regierung Hitler III, S.  500 – 504. Göring: Ministerpräsident von Preußen, Präsident des Preußischen Staatsrats, Reichsminister der Luftfahrt und General der Flieger, Präsident des Reichstags, Reichsforstmeister und Preußischer Landesforstmeister, Reichsjägermeister und Preußischer Landesjägermeister, General der Infanterie; Horkenbach, 98. Regierung Hitler III, S. 500; Treue, Hitlers Denkschrift, S. 184 – 210; ADAP C V,2, S.  793 – 801. Goerdeler, Anlage, Hs., S. 40 (Bl. 21); Masch., S. 12 (Bl. 34); Goerdeler, Anlage, Hs., S. 40 (Bl. 21); Masch., S. 12 (Bl. 34); Gillmann, S. 1215; Tooze, S. 212, 213, 216 – 219; Völkischer Beobachter, Nordd.A., 10. September 1936, S. 4; Mary R.Harbeck, Storm of Steel, Ithaca: Cornell University Press 2003, S. 236. Ines Reich, »In Stein und Bronze – Zur Geschichte des Leipziger Mendelssohn-Denkmals 1868 – 1936«, in: Gewandhaus zu Leipzig (Hrsg.), Felix Mendelssohn – Mitwelt und Nachwelt. Bericht zum 1. Leipziger Mendelssohn-Kolloquium am 8. und 9. Juni 1995, Wiesbaden / Leipzig / Paris: Breitkopf & Härtel 1996, S. 31 – 53, hier S. 42 – 43. Goerdeler an Reichsstatthalter Martin Mutschmann 23. November 1937, Stadtarchiv Leipzig, Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 2. Reich, In Stein, S. 43. Goerdeler an Reichsstatthalter Martin Mutschmann 23. November 1937, Stadtarchiv Leipzig, Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 2; Reich, In Stein, S. 42 – 49. Zu Mendelssohn siehe Peter Mercer Taylor, The Life of Mendelssohn, Cambridge: Cambridge University Press 2000, S. 165 – 175; W. A. Lampadius, Life of Felix Mendelssohn Bartholdy, Neudruck der Ausgabe von 1865, Road Town and Boston: Longwood Press 1978, S. 14; Vera Forester, Lessing und Moses Mendelssohn. Geschichte einer Freundschaft, Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 2001. Reich, In Stein, S. 43 – 44. Stadtarchiv Leipzig Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 1. Der Ratsherren-Älteste Otto Wolf schrieb am 7. Dezember 1936 an die Parteileitung: Goerdeler »verurteilte die Maßnahmen des Führers in der Röhm-Angelegenheit auf das schärfste und sprach sich mir gegenüber mißbilligend darüber aus, daß die Maßnahmen ohne Inanspruchnahme eines Gerichts erfolgt seien«; ebenso habe er die Einführung der Wehrpflicht, den Einmarsch im Rheinland und die Wirtschaftspolitik missbilligt, jeder Umbenennung einer nach einem Juden benannten Straße opponiert; die Judenfreundlichkeit Frau Goerdelers sei Stadtgespräch. Haake an Goerdeler 16. November 1936, Stadtarchiv Leipzig Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 1. Stadtarchiv Leipzig, Kap. 1 Nr. 122. Goerdeler, hs. Niederschrift ohne Überschrift, 70 Blatt auf Briefpapier des Hyde Park Hotel, Knightsbridge, London, 9. Juli 1937, S. 51 – 54, BAK N 1113/43, Bll. 52 – 55; in Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 13 als »Londoner Schrift« bezeichnet. Goerdeler an Reichsstatthalter Martin Mutschmann 23. November 1937, Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 2, Stadtarchiv Leipzig; Goerdeler, Anlage, Hs., S. 65 – 69; Gillmann, S. 1223 – 1224. – Die Tochter Goerdelers, Marianne Meyer-Krahmer, zitiert in ihren Erinnerungen, Carl ­Goerdeler und sein Weg in den Widerstand, S. 93 aus Erinnerungen eines, wie sie schreibt, ­Goerdeler befreundeten Redakteurs: »Als Goerdeler kurz nach seinem Rücktritt vor dem Beginn eines

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Donnerstag-Konzerts das Leipziger Gewandhaus betrat, kannten Begeisterung und Beifall der Leipziger Bürger keine Grenzen mehr. Das war eine der peinlichsten Stunden für Leipzigs Nationalsozialisten.« Die Erinnerungen Bartschs erschienen in sieben Folgen in den Stuttgarter Nachrichten 15., 18., 19., 20., 21., 23., 25., 26. Juli 1950; Ritter, Goerdeler erwähnt ihn und seine Erinnerungen nicht; Bartsch führt unter anderem eine Zusammenkunft mit G ­ oerdeler am 14. Juli 1944 und einen Brief an ihn von G ­ oerdelers Witwe Anneliese G ­ oerdeler aus dem Jahr 1945 an; Bartsch zitiert viel aus Goerdelers Gefängnisschriften und auch aus einigen früheren Denkschriften, von denen Goerdeler ihm Exemplare gegeben habe; alles spricht dafür, dass Bartsch tatsächlich Zugang zu Goerdelers Schriften hatte (einige Fehler, etwa in Datierungen, stehen dem nicht entgegen); Bartsch zitiert auch aus »Ein Abschiedswort Dr. Goerdelers«, Masch., 9 Seiten, unterz. masch. »Im Walde der Dübener Heide Ende Juli 1944 gez. Dr. Goerdeler«, BAK N 1113/73 Bll. 1 – 9; Ritter, Goerdeler, S. 543 Anm. 4 und Gerhard Ritter, Carl Goerdeler und die deutsche Widerstandsbewegung, 4. Auflage 1984 (Unveränderter Nachdruck der 3. Auflage 1956), Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1984, S. 557 Anm. 4 beschreibt die Aufzeichnung: »Ein ›Abschiedswort‹, beginnend ›Deutsche Schwestern und Brüder‹, 8 Seiten, unterschrieben ›Im Walde der Dübener Heide, Ende Juli 1944‹, aus dem ich einen Auszug unter dem Titel ›Ein Abschiedswort Dr. Goerdelers‹ in der ›Neuen Zeitung‹ vom 19.12.46 veröffentlicht habe, halte ich heute, nach genauer Kenntnis des Goerdelerschen Schrifttums, für unecht. Es wurde seinerzeit der Familie G. von einer Persönlichkeit übergeben, von deren Bekanntschaft mit G. sie nie etwas gehört hatte, und zwar nur in Maschinenabschrift. Nicht nur der Stil und in vielem auch der Gedankengang sind G. fremd, sondern es finden sich auch einzelne unrichtige, ja unsinnige Behauptungen, über die Entwicklung der Hitleropposition, die G. nie aufgestellt hätte. Im übrigen hat sich G. überhaupt nicht im Walde der Dübener Heide umhergetrieben. Die Niederschrift scheint erst 1945 entstanden zu sein (Prophezeiung von Hitlers Selbstmord!).« Bartschs »Erinnerungen« bieten nur geringe sonst nicht überlieferte Einzelheiten, sind also vorläufig unbrauchbar; sie erwähnen Goerdelers Verurteilungen der Judenverfolgung überhaupt nicht. So Mommsen, Alternative, S. 389. Reich, in Stein, S. 46 – 47. Goerdeler an Reichsstatthalter Martin Mutschmann 23. November 1937, Kap. 10 G Nr. 685 Bd. 2, Stadtarchiv Leipzig; Goerdeler, Anlage, Hs., S. 65 – 69; Gillmann, S. 1223 – 1224. Goerdeler an Hitler 10. Januar 1936 hs. unterzeichnet und Telegramm an Reichskanzlei 12. Januar 1936 (Ankunft Stockholm 13. Januar), Deutsches Nachrichtenbüro Nr. 56 vom 15. Januar 1936, BAB R 43 II/318a Bll. 97, 99 – 100; [Carl Goerdeler, Reisebericht], Überschrift von fremder Hand »Reise nach Schweden 1936 ( Januar)«, Leipzig, 20. Januar 1936, Masch., BAK N 1113/49, S. 1 – 6 (Bll. 1 – 6); nicht in Gillmann; vgl. Gillmann, S. 1193 Anm. 3, wo der Bericht als in Privatbesitz befindlich bezeichnet ist. Goerdeler, Anlage, Hs., S. 93 – 95 (Bll. 47 – 48); Masch., BAK N 1113/73, S. 27; Gillmann, S. 1229; siehe oben, Seite 62. So Goerdeler in seinem Rechenschaftsbericht vom Januar 1945, Gillmann, S. 1233 – 1234. Eckige Klammern und die drei Worte stehen so in der Abschrift des brandbeschädigten Originals. Goerdeler an Krupp aus Leipzig 31. März 1937, Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154.

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Goerdeler an Krupp aus Leipzig 22. April 1937, Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154. Goerdeler, Anlage (unterschrieben »Im Gefängnis Januar 1945 im Angesicht des Todes und in Liebe zu den jungen Menschenkindern aller Völker«), Masch., BAK N 1113/73, S. 33 (Bl. 55); Gillmann, S. 1235; Ritter, Goerdeler, S. 159, aufgrund nicht einzeln zitierter Gefängnisaufzeichnungen Goerdelers; Goerdeler an Krupp, Leipzig 22. Mai 1937, Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154. Goerdeler an Krupp, Leipzig 22., 25. und 30. Mai sowie 27. August 1937, Krupp an Goerdeler 14. September 1937, Masch.-Durchschlag, Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154. Goerdeler an Krupp, Briefpapier Canadian Pacific Hotels, 27. August 1937, Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154: Reise bisher sehr interessant. »In England habe ich mich – auf Wunsch des Herrn Generaloberst Göring – sehr viel länger aufgehalten, als beabsichtigt.« Goerdeler, Unsere Idee, S. 116; vgl. Ritter, Goerdeler, S. 159, aufgrund der hier nicht im Einzelnen zitierten Gefängnisaufzeichnungen Goerdelers. Colvin, Vansittart, S. 150; Goerdeler, »Gedanken eines zum Tode Verurteilten über die deutsche Zukunft«, N 1113/73, S. 26; Gillmann, S. 1174; Gillmann, S. 1235 bricht die von ihr »Rechenschaftsbericht« überschriebene Wiedergabe der Aufzeichnung Goerdelers vom Januar 1945 ohne Erklärung »1½ Seiten« vor ihrem Ende ab; in diesen letzten »1½ Seiten« des masch. Exemplars im BAK N 1113/26, S. 33 – 34, nannte Goerdeler Begegnungen auf seinen Reisen nach Brüssel und London im Juni 1937; [Robert Gilbert Baron Vansittart], The mist procession. The autobiography of Lord Vansittart, London: Hutchinson [1958], S. 512. Sir Robert Vansittart, Memorandum, 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294; [­Alexander Cadogan], The Diaries of Sir Alexander Cadogan O. M. 1938 – 1945, hrsg. von David Dilks, London: Cassell 1971, S. 128 – 129; vgl. Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 220 – 221; das Folgende gehört zu Goerdelers Plan vom 4. Dezember 1938: (Cadogan 10. Dezember 1938: »He had already sent us a ›programme‹, which we couldn’t subscribe to – too much like ›Mein Kampf‹ – and that rather put me off him. But he may want something merely to show his fellow conspirators that we shan’t fall upon a divided Germany, and would want to work with any decent regime that might come out of the mess. I drafted hurriedly the kind of message (very non-committal) that we might send him, and sent it up to H[alifax]. I don’t believe much in this, but if there is anything in it, it’s the biggest thing of centuries. […] [Cadogan zitiert dann FO 371 / 21665, C 14809/62/18 und FO 371 / 21657, C 15084/42/18:] We are asked to ›liquidate‹ the [Danzig] Corridor; to give Germany a block of colonial territory, to be administered ›according to the principles of International Law‹; to give Germany an interest-free loan of £400 to £500 million. In return we get a promise that Germany will return to a free exchange system; an assurance that Germany ›aims‹ at no hegemony in S. E. Europe; a German guarantee of the status quo in the Mediterranean; a German promise to co-operate in the Far East. … [Ellypsis in Cadogan, S. 129] We are expected to deliver the goods and Germany gives us I. O. U.s [I owe you, Schuldschein; P. H.]. I really don’t think we can have anything to do with this.«) Young, ›X‹ Documents, S.  22 – 23. Schairer hatte bis Ende 1940 eine Stellung im und bezog ein Gehalt vom Institute of Education der University of London, reiste Mitte 1940 in die Vereinigten Staaten und verlor, da er nicht zurückkehrte, das Gehalt und schließlich sonstige Unterstützungen; 1938, als er auch schon in die Vereinigten Staaten gereist war, und 1939 schätzte man im englischen Außenministerium seine Vermittlerrolle; Vansittart fand im

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Oktober 1938, Schairer leiste in den Vereinigten Staaten wahrscheinlich nützlichere Arbeit als ihm dies gegenwärtig in England möglich wäre, das heißt im Sinne der Aufklärung der amerikanischen Führung über die Kreise in der englischen Führung, die eine entschlossene und harte Haltung gegenüber Hitler einnehmen wollten; Vansittart an Young 1. Oktober 1938, University of Warwick Modern Records Centre 242-X-VA-1; dies bestätigen die Äußerungen des amerikanischen Assistant Secretary of State George Strausser ­Messersmith zu Young in Washington am 24. März 1939, University of Warwick Modern Records Centre 242-X-US-1 – 4. Im Krieg 1941 war man sich in London dann unschlüssig, ob man Schairer für einen Schwindler bzw. Firlefanz (humbug) oder Schurken (rogue) halten solle: Henry Lennox d‘Aubigne Hopkinson, Cadogans private secretary, an den Gesandten in der britischen Botschaft in Washington, N. M. Butler, 13. Februar 1941, Warwick University Modern Records Centre 242-X-SC-1-19-20.22. Allerdings ist bei Verdächtigungen solcher Art, denen auch Goerdeler, Adam von Trott zu Solz, Dietrich Bonhoeffer ausgesetzt waren, zu bedenken, dass die deutschen Appeasement-Gegner und Warner aus der Zeit vor dem Krieg nun, als sich Fronten unversöhnlicher Feinde gegenüberstanden und alle Angehörigen der anderen Seite »Feinde« waren, zu einer Quelle von Verlegenheiten wurden. Vansittart, mist procession, S.  512 – 513. Zur Datierung A. E. Barker, »Record of conversation with Dr. Goerdeler regarding the present régime and internal position in Germany; Army leaders’ views as regards collaboration with Great Britain. Confidential«, 4. Juli 1937, Masch., NA FO371 / 20733 Bll.  261 – 263; Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 219 – 225, besonders 220; Youngs eigene Datierungen aus der Erinnerung sind oft vage oder ungenau. [Arthur Primrose Young], »The Goerdeler Story«, Masch., undatiert, Warwick University Modern Records Centre 242-X-MI-3 – 1, S. 4; Arthur Primrose Young, Across the Years. The Living Testament of an Engineer with a Mission, London: Charles Knight & Co. Ltd. 1971, S.  17 – 18, 20. Young, Across, S. 20; Young, Goerdeler Story, S. 3 – 9. Principal Assistant Secretary to the Treasury. S. D. Waley im Treasury Department an Frank Ashton-Gwatkin 24. Juni 1937, F. AshtonGwatkin an S. D. Waley 25. Juni 1937, National Archives Kew (NA) Foreign-Office-Akten (FO) FO371 / 20733 Bll. 252 – 253; vgl. Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 220. Ritter, Goerdeler, S. 160. BAK N 1113/73, Goerdeler, Unsere Idee, S. 17 (die Berichte gingen an Krupp, Bosch, Göring, Reichskanzlei, Fritsch, Beck, Halder, Thomas, Schacht); diese Schrift ist nicht in der Sammlung von Gillmann; Colvin, Vansittart, S. 150. Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 222 zitiert aus Vansittarts Denkschrift vom 6. Juli 1937 (FO 371 / 20733, C5933 / 165/18), Goerdeler sei gefährdeter gewesen, als ihm selbst bewusst gewesen sei, »wahrscheinlich« hätten nur seine Freundschaften im Heer ihn noch vor der Gestapo geschützt; diese Auffassung ist als Mitteilung von Vansittarts Quelle Group C ­ aptain Malcolm Grahame Christie zu erkennen: Christie, »Current Notizen 20/6/37«, hs., Churchill College, University of Cambridge, Christie Papers CHRS 1/21A Bl. 59; Christie notierte: »Indessen Goerdeler wegen Langnam u. anderen mit Verhaftung von Heydrich bedroht, von R[eichs] W[ehr] gerettet, versteckt u aus D’ld heraus auf 1 Jahr Reise. Partei wütend.« »Langnam«

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bezieht sich auf den »Langnamverein« = Verein zur Wahrung der gemeinsamen wirtschaftlichen Interessen im Rheinland und in Westfalen, Hauptsitz Düsseldorf; Aufzeichnung von Christie 9. Juni 1937, CHRS 1/21A Bl. 56. Ashton-Gwatkin an Waley 25. Juni 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  252 – 256. A. E. Barker, »Record of conversation with Dr. Goerdeler regarding the present régime and internal position in Germany; Army leaders’ views as regards collaboration with Great Britain. Confidential«, 4. Juli 1937, Masch., NA FO371 / 20733 Bll.  261 – 263; so auch ­Goerdeler in der Aufzeichnung im Gefängnis, Unsere Idee, S. 17. Sir Robert Vansittart, Memorandum, 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294. Assistant Under-Secretary of State for Foreign Affairs. Seit 16. März 1935 galt die Bezeichnung »Wehrmacht«. Vansittart, Memorandum 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294; vgl. Aster in Young, ›X‹ Documents, S.  220 – 222. Vansittart, Memorandum 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294; vgl. Aster in Young, ›X‹ Documents, S.  220 – 222. »Wise«. »Herr Goerdeler is an impressive person, wise and weighty, a man of great intelligence and courage, and a sincere patriot.« Ritter, Goerdeler, S. 30; Gillmann, S. 1225, 200 – 213. Vansittart, Memorandum 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294; vgl. Vansittart, mist procession, S.  512 – 513; Young, Across, S. 34 – 35 (Goerdeler »nationalist«, »right-winger without a doubt and a monarchist into the bargain«) erweckt den Eindruck, von der Lektüre der mist procession beeinflusst zu sein. Vansittart, mist procession, S. 513. Permanent Under-Secretary of State for Foreign Affairs. Cadogan, Notiz 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bl.  260. Young, Across, S.  20 – 21; Young, ›X‹ Documents, S. 25 zitiert dafür Ian Colvin, Vansittart, S. 154. Freddie Leggett an A. P. Young 27. Mai 1972, Hs., University of Warwick Modern Records Centre 242-X-YE-1 – 2.14; Lord Attlee schrieb Young am 31. März 1965: »You are, I think, right in thinking Horace Wilson the villain of the piece«; University of Warwick Modern Records Centre 242-X-MI-3 – 1 Bl. 1. Sir Horace Wilson war 1921 – 1930 Permanent Secretary in britischen Arbeitsministerium, dann Chief Industrial Advisor to the Government. Auch A. P. Young, Leiter eines der größten britischen Industriewerke, wusste, wie mächtig Wilson war, »der in der Downing Street 10 in einem Büro neben dem Sitzungszimmer des Kabinetts arbeitete, was ihm einen gewaltigen psychologischen Vorteil gab gegenüber seinen Rivalen, und besonders gegenüber Sir Robert Vansittart«; Young, ›X‹ Documents, S. 41. Akten zur deutschen auswärtigen Politik 1918 – 1945, Serie D (1937 – 1945) (ADAP D), Band I, Baden-Baden: Imprimerie Nationale 1950, Nr. 31, S. 45 – 56 hier 48 – 49, 52; The Earl of Birkenhead, Halifax. The Life of Lord Halifax, London: Hamish Hamilton 1965, S. 368 – 374. Birkenhead, S. 368. ADAP D I, Nr. 31, S. 45 – 56, hier S. 46 – 47. The Parliamentary Debates, Fifth Series. Volume 332. House of Commons, Official Report, London: His Majesty’s Stationery Office 1938, col. 45 – 50.

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Siehe oben, Seite 89. Vgl. Julius, S. 318 – 320; Birkenhead, S. 289 zitiert L. B. Namier, Europe in Decay, 1936 – 1940, S. 204 für Botschafter Neville Henderson’s Ausspruch: »Certainly those of my colleagues who know Beneš best are those who trust him least and extremists are not confined to one side of the frontier – or of any frontier, vide Cot and Mandel in France and the Jews and Communists everywhere.« [Carl Friedrich Goerdeler], Goerdelers politisches Testament. Dokumente des anderen Deutschland, hrsg. von Friedrich Krause, New York: Verlag Friedrich Krause 1945, S. 16, 19. Vgl. Ritter, Goerdeler, S. 167, der sich offenbar, ohne klare Quellenangabe, darauf bezieht. Gillmann, S. 539 – 547; Reisedaten fehlen in der Edition. Robert T. Stopford an Frank Ashton-Gwatkin 20. August 1937, National Archives, Kew, FO 371 / 20728, C 6031. [Carl Goerdeler], »27. September 1937. Betrifft Kanada.« Masch.-Durchschlag aus dem Besitz von Gotthold Müller im Besitz d. Verf.; ein Exemplar im BAK im Nachlass ­Goerdeler ist in Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 21 beschrieben als eine der »Abschriften von Reiseberichten im Besitz von Oberbürgermeister a. D. Karl Strölin«, N 1113/79. Keiner der beiden Berichte ist in Gillmann abgedruckt, auch die Reisedaten sind dort nicht erwähnt. K ­ lemens von Klemperer, German Resistance against Hitler. The Search for Allies Abroad, 1938 – 1945, Oxford: Clarendon Press 1992, S. 92 – 93 behandelt Goerdelers Reisen nur spärlich; er kennt den Bericht nicht. Mit »Mr. Euler« ist vermutlich William Daum Euler (1875 – 1961) gemeint, damals Minister for Trade and Commerce. Diaries of Prime Minister William Lyon Mackenzie King, 19. August 1937, Hs., S. 781, masch. Transkript S. 602, Library and Archives Canada MG26-J13. Goerdeler berichtet dies auch in seinem Rechenschaftsbericht vom Januar 1945, Gillmann, S.  1233 – 1234. Ian M. Drummond, British Economic Policy and the Empire 1919 – 1939, Abingdon: Routledge 2006 (Nachdruck der ersten Ausgabe von 1972), S. 205; Ian M. Drummond / Norman Hillmer, Negotiating Freer Trade. The United Kingdom, the United States, Canada, and the Trade Agreements of 1938, Waterloo, Ontario: Wilfrid Laurier University Press 1988, S. 15 – 16. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. [Carl Goerdeler], 27. September 1937. Betrifft Kanada, aus dem Besitz von Gotthold ­Müller im Besitz d. Verf. Vgl. zum Status der Juden in Kanada Michael Brown, »On Campus in the Thirties: A ­ ntipathy, Support, and Indifference«, in: L. Ruth Klein (Hrsg.), Nazi Germany, Canadian Responses. Confronting Antisemitism in the Shadow of War, Montreal & Kingston, London, Ithaca: McGill-Queen’s University Press 2012, S. 144 – 182; James Walker, »Claiming Equality for Canadian Jewry: The Struggle for Inclusion, 1930 – 1945«, in: Klein, Nazi Germany, Canadian Responses, S.  218 – 262. Mackenzie King, 29. Juni 1937, masch. Transkript S. 623 – 624. Hierzu und zum Folgenden [Carl Goerdeler], [Bericht] 28. September 1937, »Abschrift«, Überschrift nur »28. September 1937«, Masch.-Durchschlag im Besitz d. Verf.; BAK Nachlass Goerdeler N 1113/49, Überschrift »REISEBERICHT Canada 28. September 1937«, Masch.

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Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler, The Hay-Adams House, Washington, an Krupp 24. September 1937. Nachrufe in The Times, 10. und 13. Dezember 1975, S. 19 bzw. 16. John W. Wheeler-Bennett, The Nemesis of Power. The German Army in Politics 1918 – 1945, 2nd edn, London / Melbourne / Toronto: Macmillan; New York, St Martin’s Press, 1967, S. 386 Anm. 2. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler an Krupp 24. September und 28. Dezember 1937; Stopford to Ashton-Gwatkin 20. August 1937, Goerdeler sei nach Deutschland zurückgekehrt und wieder abgereist in die Vereinigten Staaten; auf dem Weg, in Paris, habe er auf Deutschlands akuten Rohstoffmangel aufmerksam gemacht; Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 224 zitiert FO371 / 20728, C6031 / 218/18. Gillmann, S. 635 – 636, diese zitiert John W. Wheeler-Bennett, The Nemesis of Power, London / New York: Macmillan 1953, S. 386; ferner Historisches Archiv Krupp FAH 4 E 154 Bl. 92 – 93; Gillmann, S. 547 – 589 nennt ihre Vorlage »maschinenschriftlicher Bericht vom 2.1.1938; Privatbesitz«; inzwischen BAK N 1113/49; ein Masch.-Durchschlag im Besitz d.Verf. hat kleine Abweichungen. Goerdeler an Krupp 6. März 1938, Hs., FAH 23/FAH 4 E 154; Gillmann, S. 525 Anm. 1 zitiert hierfür »laut Goerdelers Aussagen« nach Ritter, Goerdeler, S. 154. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 26; Ritter, Goerdeler, S. 167 stützt sich auf dieselbe Quelle; hs. Aufzeichnung Youngs (item 24), Young Papers, 242/X/US/1/1 – 28: »Dr. Spencer Miller wrote: 23. January 1965[:] ›I took Goerdeler personally to see Hoover, Owen D. Young, and Cordell Hull, Secretary of State‹ When Dr. G. was in U. S. A. during 2nd half of 1937.« Zu Bronisch siehe auch Aster in Young, ›X‹ Documents, S.  227 – 228. Gillmann, S. 574. Roosevelts »Quarantine Speech« in The Public Papers and Addresses of Franklin D. ­Roosevelt. 1937 Volume. The Constitution Prevails, hrsg. v. Samuel I. Rosenman, New York: ­Macmillan 1941, S.  406 – 411. Goerdeler, U.S.A., S. 54. Goerdeler, U.S.A., S. 51 – 57; Gillmann, S. 581 – 586. Goerdeler, U.S.A., S. 55 – 58; Gillmann, S. 584 – 587. Die deutsche Intervention in Spanien zugunsten von General Francisco Franco hatte ­Roosevelt in seiner »Quarantäne-Rede« am 5. Oktober 1937 angesprochen: »Staaten schüren und nehmen Partei in Bürgerkriegen in Staaten, die ihnen nie Schaden zugefügt haben.« Roosevelt, Public Papers 1937, S.  408 – 411. Die Kongresswahlen von 1938 schwächten Roosevelt innenpolitisch, eine Abwandlung der Neutralitätsgesetze schien nicht zu erreichen, Roosevelt sah sich der Beschuldigung ausgesetzt, er führe Amerika in einen neuen Krieg. Aber am 31. Januar 1939 erklärte er im Weißen Haus den Mitgliedern des Senatsausschusses für militärische Angelegenheiten im Vertrauen die amerikanischen Verkäufe von Kriegsflugzeugen an Frankreich und seine Überzeugung, dass »die Sicherheit der Rhein-Grenze« im amerikanischen Interesse liege. Die Presse erfuhr davon und die Äußerung wurde verkürzt – die Grenze der Vereinigten Staaten sei am Rhein – öffentlich bekannt; Robert Dallek, Franklin D. Roosevelt and American Foreign Policy, 1932 – 1945, New York: Oxford University Press 1995, S. 181 – 182. Goerdeler, General Beck – und Hitler verstanden die Tendenz. Inzwischen unterstützten 66 Prozent der amerikanischen Öffentlichkeit eine Änderung der Neutralitätsgesetze; Dallek, S. 183.

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Goerdeler, U.S.A., S. 42 – 43; Gillmann, S. 578 – 579; siehe auch Goerdeler,»Gedanken«, S. 37. Vgl. Joseph Tenenbaum, »The Anti-Nazi Boycott Movement in the United States«, in: Yad Vashem Studies 3 (1959), S. 141 – 158. David S. Wyman, Paper Walls: America and the Refugee Crisis 1938 – 1941, Amherst: University of Massachusetts Press 1968, S. 22 zitiert Charles Herbert Stember et al., Jews in the Mind of America, New York / London: Basic Books 1966, S.  53 – 55, 121, 123 – 124, 127 – 128, 84 – 85, 130 – 133, 208 – 210, 214 – 215; Jesse H. Stiller, George S. Messersmith. Diplomat of Democracy, Chapel Hill / London: The University of North Carolina Press 1987, S. 123 – 124. Wyman, Paper Walls, S. IX. Die Drittel überschneiden sich teilweise. Gillmann, S. 579 gibt, von der maschinenschriftlichen Vorlage S. 44 ohne Begründung abweichend, »Geborenen« klein geschrieben wieder. Gillmann, S.  578 – 579. Gillmann, S.  579 – 580. Gillmann, S. 580. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Siehe oben, Seite 97. Siehe Hitlers Verfügung aufgrund des Gesetzes über seinen Nachfolger vom 13. Dezember 1934, BAB Nachlass Hitler/23 und R43 II/1660 (Reichskanzlei, Registratur des Chefs der Reichskanzlei, Lammers). Gillmann, S. 578. Goerdeler, U.S.A., S. 46, 54 – 55; Gillmann, S. 580, 585. »Fragen, wie z. B. die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«, welche »wir« »in eine gewisse größere Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen anderer Völker werden bringen müssen«; Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Gillmann, S.  578 – 579. Erst in der Denkschrift »Das Ziel« von 1941 verlangte Goerdeler die Re-Integration der deutschen Juden; dieser Plan setzte die Beseitigung des Hitler-Regimes voraus. Vgl. oben Seite 75. Gillmann, S. 445; Goerdeler, U.S.A., S. 42 – 43; Gillmann, S. 578 – 579. McDonald, Refugees, S. 175. Siehe oben, Seite 91; Sarah A. Ogilvie / Scott Miller, Refuge Denied. The St. Louis Passengers and the Holocaust, Madison: University of Wisconsin Press 2006. Zitiert in Scholtyseck, Robert Bosch, S. 276. McDonald, Refugees, S.  8 – 9. McDonald, Refugees, S. 56. McDonald, Refugees, S. 64. Siehe oben, Seite 69. Dalia Ofer, Escaping the Holocaust. Illegal Immigration to the Land of Israel, 1939 – 1944, New York / Oxford: Oxford University Press 1990, S. 5 – 7. The Times, 14. Februar 1931, S. 12. The Times, 28. Mai 1930, S. 15; The Times, 14. Februar 1931, S. 12; The Times, 7. Juli 1937, S. 16; The Times, 20. Oktober 1937, S. 13; The Times, 10. Oktober 1938, S. 14; The Times, 18. Mai 1939, S. 9;

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Palestine. Statement of Policy. Presented by the Secretary of State for the Colonies to Parliament by Command of His Majesty, May, 1939 (accounts and papers: [12.] state papers. Session 8 November 1938 – 23 November 1939, Bd. 27), London 1939; Völkischer Beobachter, 9. Juli 1937, S. 1, 8 (»Die Teilung Palästinas. Der Bericht der Palästina-Kommission in London veröffentlicht«); Völkischer Beobachter, 23. Mai 1939, S. 8 (»Judas Ausfälle gegen das Palästina-Weißbuch«). Cf. Bernard Wasserstein, Britain and the Jews of Europe 1939 – 1945, London: Institute of Jewish Affairs, Oxford: Clarendon Press 1979, S. 17. McDonald, Advocate, S. 153. Young, ›X‹ Documents, S.  34 – 35;Young, Die ›X‹-Dokumente, S.  32 – 34. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler an Krupp, Leipzig 5. und 20. Februar 1938; Krupp an Goerdeler, 26. Februar 1938. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler an Krupp, Leipzig 30. Mai 1938; der Bericht ist in BAK N 1113/49 und abgedruckt in Gillmann, S. 589 – 613; Gillmann, S. 589 Anm. 1 teilt mit, dass ein Exemplar des Berichts in BAB Akten der Reichskanzlei R 43 F/3503 Bll. 76 – 103 liege. Siehe unten Seite 79 und Seite 193. Goerdeler, hs. Niederschrift Knightsbridge, London, 9. Juli 1937, S. 51 – 54, BAK N 1113/43, Bll. 52 – 55; in Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 13 als »Londoner Schrift« bezeichnet. Peter W. Ludlow, »The Unwinding of Appeasement«, in Lothar Kettenacker (Hrsg.), The »other Germany« in the Second World War: emigration and resistance in international perspective, Stuttgart: Klett 1977, S. 40; Detlef Brandes / Holm Sundhaussen / Stefan Troebst (Hrsg.), Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, Wien / Köln/Weimar: Böhlau Verlag 2010, S.  272 – 274. Theodor Bierschenk, »Zahlen über die während des Zweiten Weltkrieges umgesiedelten deutschen Volksgruppenangehörigen«, in: Zeitschrift für Ostforschung 3 (1954), S.  80 – 83. Vgl. Hellmuth Hecker, Die Umsiedlungsverträge des Deutschen Reiches während des Zweiten Weltkrieges, Hamburg: Alfred Metzner Verlag 1971, S. 2 – 3; Isabel Heinemann / Patrick Wagner (Hrsg.), Wissenschaft – Planung – Vertreibung. Neuordnungskonzepte und Umsiedlungspolitik im 20. Jahrhundert, Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2006; Markus Leniger, Nationalsozialistische »Volkstumsarbeit« und Umsiedlungspolitik 1933 – 1945. Von der Minderheitenbetreuung zur Siedlerauslese, Berlin: Frank Thimme 2006; Helmut Heiber, »Der Generalplan Ost«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 6 (1958), S. 281 – 325; Dietrich A[ndré] Loeber, Diktierte Option. Die Umsiedlung der Deutsch-Balten aus Estland und Lettland 1939 – 1941. Dokumentation, Neumünster: Karl Wachholtz Verlag 1972; Brandes, S. 709. Lawrenti Pawlowitsch Berijas Stellvertreter Czernyszow an Berija 10. November 1945, in: Stanisław Ciesielski, Przesiedlenie ludności polskiej z Kresów Wschodnich do Polski 1944 – 1947, Warschau: Neriton 1999, S. 306 – 308; Brandes, S. 647 – 652, 505 – 512, 517 – 524. Heinz Nawratil, Schwarzbuch der Vertreibung 1945 bis 1948, München: Universitas, 4. Auflage 1999, S. 71 – 72; Brandes, S. 202 – 204 nennt von den »rd. 18 Mio. Reichsdeutschen in den Ostprovinzen des Reiches u. Volksdeutschen in den dt. Siedlungsgebieten in Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa« 14 Millionen nach Westen geflüchtete oder vertriebene Reichsdeutsche und Volksdeutsche; die Zahl der Ermordeten, für die so reichlich Raum bleibt, wird nur in diesen Worten geschätzt: »Hunderttausende hatten Flucht, Vertreibung u. Deportation nicht überlebt.«

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Magnus Brechtken, »Madagaskar für die Juden«. Antisemitische Idee und politische Praxis 1885 – 1945, München: R. Oldenbourg Verlag 1997, S. 102. Brechtken, S. 81 – 164, besonders 88 – 91; Brechtken, S. 82 versucht mit verwickelten Argumenten den polnischen Aussiedlungsplan als entscheidend anders als die nationalsozialistischen Erwägungen von 1940 in derselben Richtung darzustellen; als Hauptgrund gibt er an, die Polen hätten kein »rasse-ideologisches Staatsziel« verfolgt. Vgl. oben, Seite 74 und Seite 129. Brechtken, S.  97 – 98. Brechtken, S. 97 – 99; vgl. Aly [et al.], Band 2, Nr. 11. Brechtken, S.  100 – 101. Brechtken, S. 103; Auflage der Zeitung 36.500 im Jahr 1935. Brechtken, S.  103 – 106. Brechtken, S.  105 – 106. Brechtken, S. 129 – 137, 142 – 147; die Minister waren Marius Moutet, 4. Juni 1936 – 18. Januar 1938; Théodore Steeg, 18. Januar–10. April 1938; Georges Mandel, 10. April–18. Mai 1940. Brechtken, S.  106 – 107. Brechtken, S. 107 zitiert Jüdische Rundschau, 19. Januar 1937, S. 1, »Judensiedlungen in französischen Kolonien?«, C.-V. Zeitung, 21. Januar 1937, »Ansiedlungsmöglichkeiten in französischen Kolonien?«, Israelitisches Familienblatt, 21. Januar 1937, S. 2, »Ansiedlung in französischen Kolonien«; Israelitisches Familienblatt, 28. Januar 1937, S. 1, »Ein neues Kolonisationsprojekt«, Der Israelit, 21. Januar 1937, S. 2, »Französische Kolonien für Judensiedlung« und S. 5, »Wieder Madagaskar?«. »The Jews in Poland. Problems of Emigration«, The Times, 2. Februar 1937, S. 11; Brechtken, S.  312 – 318. Julius, S. 301; Peel Commission Report: Palestine Royal Commission. Report. Presented by the Secretary of State for the Colonies to Parliament by Command of His Majesty. July, 1937, London: His Majesty’s Stationery Office 1937 (Cmd. 5479 vom 7. Juli 1937): Chapter XXII. A Plan of Partition, S. 380 – 393, besonders S. 381; S. 380: »We return, then, to Partition as the only method we are able to propose for dealing with the root of the trouble.« The Times, 9. Juli 1937, S. 9; The Times, 21. Juli 1937, S. 7 – 8. Siehe hierzu Runderlass des Auswärtigen Amts »an die deutschen Auslandsbehörden über das Thema ›Die Judenfrage als Faktor der Außenpolitik im Jahre 1938‹ vom 25. Januar 1939, Prozess XXXII (1948), Nr. 3358-PS, S. 234 – 245, besonders S. 243; ADAP D V, Nr.  664, S.  780 – 785 (Baden-Baden: Imprimerie Nationale 1953). Julius, S. 301 zitiert dafür Sir George Rendel, The Sword and the Olive. Recollections of Diplomacy and the Foreign Service 1913 – 1954, London: John Murray 1957, S. 70, 76, doch steht hier nichts, was Julius’ Text stützte, sondern vielmehr auf Seite 123: Rendel habe den Teilungsvorschlag für unbrauchbar gehalten, das britische Außenministerium »decided to recommend the dispatch of a new working Commission«, die Woodhead Commission habe den Teilungsplan für unausführbar erklärt und als Alternative »a more or less fixed ratio between the Jewish and Arab elements in Palestine« vorgeschlagen, was dann im Palästina-Weißbuch von 1939 (Palestine. Statement of Policy) niedergelegt worden sei; ferner zitiert Julius Elie Kedourie, Islam in the Modern World and Other Studies, London: Mansell 1980, S. 67 – 69, 105, 109, 113 – 119, 124 – 125,

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133 – 134, 145 – 148, 161, 167, 240; die Seiten 105 – 107 der amerikanischen Ausgabe (New York: Holt, Rinehart and Winston 1980) bestätigen Julius’ Feststellung über Rendels Rolle in der Festlegung der Politik des britischen Außenministeriums in dieser Angelegenheit. Partition Commission Report. Printed by the Secretary of State for the Colonies by Command of His Majesty, October, 1938, (Cmd. 5854) London: His Majesty’s Stationery Office 1938. Conclusion: »Rather than report that we have failed to devise any practicable plan, we have proposed, in paragraph 506, a modification of partition which, while it withholds fiscal autonomy from the Arab and Jewish States, seems to us, subject to certain reservations, to form a satisfactory basis of settlement, if His Majesty’s Government are prepared to accept the very considerable financial liability involved.« Palestine. Statement by His Majesty’s Government in the United Kingdom. Presented by the Secretary of State for the Colonies to Parliament by Command of His Majesty. November, 1938 (Cmd. 5893), London: His Majesty’s Stationery Office 1938, S. 3; siehe auch A Survey of Palestine. Prepared in December 1945 and January 1946 for the information of the Anglo-American Committee of Inquiry, Bd. I, Jerusalem: Government Printer 1946 – 1947, Nachdruck Washington, D. C.: The Institute for Palestine Studies 1991, S. 47. Hilberg, Destruction, S. 174. Donald Nieweyk / Francis Nicosia, The Columbia Guide to The Holocaust, New York: Columbia University Press 2000, S. 8; »Adolf Eichmann«, United States Holocaust Memorial Museum Holocaust Encyclopedia, http://www.ushmm.org/wlc/en/article.php? ModuleId=10007412; Gruner, Verfolgung, passim; Susanne Heim (Hrsg.), Die Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden durch das nationalsozialistische Deutschland 1933 – 1945. Band 2. Deutsches Reich 1938–August 1939, München: R. Oldenbourg Verlag 2009, S. 13 – 63 und passim; vgl. Doron Rabinovici, Instanzen der Ohnmacht. Wien 1938 – 1945. Der Weg zum Judenrat, Frankfurt am Main: Jüdischer Verlag 2000. Siehe hierzu Heim, Verfolgung, Bd. 2, S. 113 – 125. Karol Jonca, »The Expulsion of Polish Jews from the Third Reich in 1938«, in: Polin: Studies in Polish Jewry, Bd. 8, London / Washington: Littman Library of Jewish Civilization 1994, S. 256, ohne Nennung von Zahlen der als Juden angesehenen Personen oder der nicht-jüdischen Polen in Deutschland im Jahr 1938. »Gesetz über den Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten. Vom 16. Juli 1919«, Reichs-Gesetzblatt 1919, Berlin: Reichsministerium des Innern 1919, S. 729, 731. Jonca, Expulsion, S. 256, 258. Jonca, Expulsion, S. 261; The Times, 30. März 1938, S. 13. Jerzy Tomaszewski, »The Civil Rights of Jews in Poland 1918 – 1939«, in: Polin: Studies in Polish Jewry, Bd. 8, London and Washington: Littman Library of Jewish Civilization 1994, S. 126. Yehuda Bauer, My Brother’s Keeper. A History of the American Jewish Joint Distribution Committee, 1929 – 1939, Philadelphia: Jewish Publication Society of America 1974, S. 244. Sherman, Island Refuge, S. 87. Parliamentary Debates 333, c. 990. Sherman, Island Refuge, S.  87 – 93.

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Julius, S. 303 zitiert Malcolm Muggeridge, The Thirties, London: Weidenfeld and ­Nicolson 1989 (zuerst London: Hamish Hamilton 1940), S. 243; Julius, S. 303 – 304 setzt sich mit A. J. P. Taylor, English History 1914 – 1945, Oxford: Oxford University Press 1965, S. 419 – 420, auseinander und stellt fest, dass Taylors Auffassung überholt sei: »Taylor’s view has not survived detailed examination by more recent historians of the decade. The current view is that the anti-Semitism of those years was deep and broad, and that it bore the weight of the preceding half-century of anti-Semitic practice, which itself contributed to an indigenous proto-fascist political tradition.« Julius zitiert hierfür Kenneth Lunn, »Political anti-Semitism before 1914: Fascism’s heritage?« in: Kenneth Lunn / Richard C. Thurlow (Hrsg.), British Fascism, London: Croom Helm 1980, S. 20 – 40; und Tony Kushner, »Beyond the Pale? British reactions to Nazi antiSemitism, 1933 – 1939«, in: Immigrants and Minorities 8 (1998), S. 29. Julius, S. 318; »An Act to enable His Majesty in time of war or imminent national danger or great emergency by Order of Council to impose Restrictions on Aliens and make such provisions as appear necessary or expedient for carrying such restrictions into effect«, 5th August 1914, in: Law Reports. The Public General Statutes, Passed in the Fourth and Fifth Years of the Reign of His Majesty King George the Fifth. 1914. Vol. LII, London: Council of Law Reporting 1914, S. 26 – 28; »An Act to continue and extend the provisions of the Aliens Restriction Act, 1914«, 23rd December 1919, in: The Law Reports. The Public General Statutes Passed in the Ninth and Tenth Years of the Reign of His Majesty King George the Fifth. 1919. Vol. LVII, London: Council of Law Reporting 1920, S. 427 – 435 hier 429 – 430; vgl. »The Aliens Bill. Explanatory Memorandum«, The Times, 3. April 1919, S. 13. Julius, S. 319. Hierzu und zum Folgenden The Parliamentary Debates. Official Report. Fifth Series – Volume 120. First Session of the Thirty-First Parliament of the United Kingdom of Great Britain and Ireland. 10 George V. House of Commons. Ninth Volume of Session 1919. Comprising Period [sic] from Wednesday, 22nd October, to Friday, 7th November, 1919, London: His Majesty’s Stationery Office 1919, c. 1165 – 1282; »An Act to continue and extend the provisions of the Aliens Restriction Act, 1914«, 23rd December 1919, in The Law Reports 1919 LVII, S.  427 – 435 hier S.  429 – 430. Parliamentary Debates 120, c. 1240. Julius, S.  303 – 304. Oswald Mosley, Tomorrow We Live, London: [1939], S. 57 – 61; Julius, S. 307 zitiert Mosley mit unrichtigen Seitenangaben; Mosleys Partei hieß seit der Gründung 1932 »British Union of Fascists«, wurde 1936 in »British Union of Fascists and National Socialists« und 1937 in »British Union« umbenannt und 1940 verboten. Julius, S. 315. Der allgemeine Antisemitismus hielt sich auch während des Zweiten Weltkrieges. Es wurde behauptet, die Juden seien in den britischen Streitkräften unterrepräsentiert. In den Jahren 1941 und 1942 hieß es angesichts der Mängel in der Versorgung mit Nahrungsmitteln, die Juden seien auf dem Schwarzen Markt aktiv und seien Kriegsgewinnler. Julius, S. 316 – 318, 323, 325, 327. Parliamentary Debates 333, c. 584. Parliamentary Debates 333, c.  991 – 992. Sherman, Island Refuge, S.  89 – 90. Kieffer, Judenverfolgung, S. 172.

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Sherman, Island Refuge, S. 95, 113; McDonald, Refugees, S. 122. Solomon Adler-Rudel, »The Evian Conference on the Refugee Question«, in: Leo Baeck Institute Yearbook 13 (1968), S. 235 – 276. Sherman, Island Refuge, S.  95 – 96, 100 – 101, 114. Sherman, Island Refuge, S. 96, 102, 114 – 115, 121; vgl. auch Roosevelts »Quarantäne-Rede« in Chicago vom 5. Oktober 1937 in Roosevelt, Public Papers, S.  406 – 411. Sherman, Island Refuge, S. 113. McDonald, Refugees, S. 121 – 124; Sherman, Island Refuge, S.  114 – 115. McDonald, Refugees, S. 149; Sherman, Island Refuge, S. 103. Sherman, Island Refuge, S. 103. Sherman, Island Refuge, S.  135 – 136. McDonald, Refugees, S. 148, 152 – 154. McDonald, Refugees, S. 160. McDonald, Refugees, S.  179 – 181. Sherman, Island Refuge, S. 109. Sherman, Island Refuge, S. 110 – 111; vgl. Naomi Shepherd, Wilfrid Israel. German Jewry’s Secret Ambassador, London: Weidenfeld and Nicolson 1984, S. 124 – 133. McDonald, Refugees, S. 139. Michael Blakeney, Australia and the Jewish Refugees 1933 – 1948, Sidney: Croom Helm Australia 1985, S. 130; Adler-Rudel, Evian Conference, S. 242 zitiert Proceedings of the Intergovernmental Committee, Evian, 6/15 July 1938, Verbatim Record of the Plenary Meeting of the Committee. Resolutions and Reports, London, July 1938, S. 8. Domarus, S.  1057 – 1058. McDonald, Refugees, S.  143 – 144. Stiller, Messersmith, S.  50 – 51. In Proceedings of the Intergovernmental Committee heißt das Comité nur »Intergovernmental Committee«. Zum Folgenden: Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 486 zitiert aus den U. S. National Archives, College Park, RG 59, 840 eine an die deutsche Reichsregierung gerichtete amerikanische diplomatische Note vom Oktober 1938 sowie eine ähnliche französische Note aus dem Politischen Archiv des Auswärtigen Amts (AA PA), R 29989; und eine britische Note von ungefähr demselben Inhalt; die britische Note vom 17. Oktober 1938, die amerikanische vom 18. Oktober 1938 und die französische vom 24. Oktober 1938 finden sich auch in AA PA R 99366; Aufzeichnung des Staatssekretärs (Ernst Freiherr von ­Weizsäcker) vom 18. Oktober 1938 in ADAP D V, Nr.  645, S.  758 – 759 (siehe auch Nr.  646 – 650 S.  759 – 763). Vgl. Brechtken, S. 193 – 196; Sherman, Island Refuge, S. 119. Das Vereinigte Königreich und die Vereinigten Staaten hatten eigene Gesetze zur Beschränkung der Einwanderung, in den Vereinigten Staaten enthielten sie auch rassische Kriterien; zwischen 1880 und 1914 ließen sich etwa 120.000 jüdische Einwanderer im Vereinigten Königreich nieder; dies, unter anderem, hatte zu Agitationen gegen jüdische Einwanderung und zur Verabschiedung der Aliens Act von 1905 geführt; so David Feldman, »Was the Nineteenth Century a Golden Age for Immigrants? The Changing Articulation of National, Local and Voluntary Controls«, in: Andreas Fahrmeir / Olivier Faron / Patrick Weil (Hrsg.), Migration Control in the North Atlantic World: The Evolution of State Practices in Europe and the United

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States from the French Revolution to the Inter-war Period, New York / Oxford: Berghahn Books 2003, 2005, S. 167, 170; das Gesetz »An Act to amend the Law with regard to Aliens«, 11th August 1905, The Law Reports. The Public General Statutes, Passed in the Fifth Year of the Reign of His Majesty King Edward the Seventh. 1905. Vol. XLIII, London: Eyre and Spottiswoode 1905, S. 22 – 27 enthält aber keine rassischen Kriterien; der Einwanderungsbeamte konnte Personen zurückweisen, die ihm innerhalb der Kriterien des Paragraphen 1 des Gesetzes »unerwünscht« erschienen, nämlich (a) Personen ohne die Mittel zum angemessenen (decent) Unterhalt ihrer selbst und ihrer Angehörigen; (b) Wahnsinnige oder Idioten, oder Personen, die wegen Krankheit wahrscheinlich der öffentlichen Hand zur Last oder sonstwie der Öffentlichkeit zum Nachteil geraten; (c) Personen, die im Ausland wegen eines nicht-politischen Verbrechens verurteilt wurden; (d) Personen, gegen die eine Ausweisungsanordnung besteht. 1914 wurde das Gesetz im Licht des Krieges ergänzt: »An Act to consolidate and amend the Enactments relating to British Nationality and the Status of Aliens«, 7th August 1914, in: Law Reports 1914 LII, S. 32 – 41. Eine weitere Änderung vom 8. August 1918 – »An Act to amend the British Nationality and Status Aliens Act, 1914« bestimmte, der Staatssekretär (Secretary of State) solle die Naturalisierung von Personen widerrufen, »(a) die in einem Krieg Seiner Majestät gesetzwidrig mit dem Feind in Verbindung standen; (b) die innerhalb fünf Jahren nach der Naturalisierung in einem Gericht der Dominien Seiner Majestät zu einer Gefängnisstrafe von nicht weniger als zwölf Monaten, oder zu Strafarbeit, oder zu einer Strafe von nicht weniger als einhundert Pfund verurteilt waren; (c) die zur Zeit der Gewährung der Naturalisierung keinen guten Charakter hatten; (d) die während mindestens sieben Jahren nicht gewöhnlich in einem der Dominien Seiner Majestät wohnhaft waren, es sei denn als Vertreter eines britischen Untertans, einer britischen Firma, einer Institution in Seiner Majestät Dominien, oder im Dienst der Krone, und keine substantielle Verbindung mit Seiner Majestät Dominien aufrechterhalten haben; (e) die unter dem Gesetz eines Staates Untertan dieses Staates sind, der sich mit Seiner Majestät im Krieg befindet; und dass (in irgendeinem Fall) das Weiterbestehen der Einbürgerungsurkunde dem Gemeinwohl nicht zuträglich ist [not conducive to the public good].« Law Reports 1914 LII, S. 119 – 124, hier S. 120. Ein amerikanisches Gesetz schloss »Mitglieder der gelben Rasse« und Hindus von der Einbürgerung aus; vgl. Berthold Schenk Graf von Stauffenberg, »Die Entziehung der Staatsangehörigkeit und das Völkerrecht. Eine Entgegnung«, in: Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht 4 (1934), S. 270. Nach Patrick Weil, »Races at the Gate: Racial Distinctions in Immigration Policy: A Comparison between France and United States«, in: Fahrmeir / Faron / Weil (Hrsg.), Migration Control, S. 271 – 297 (Zitat S. 272), »beherrschte das rassische Prinzip die amtliche amerikanische Einwanderungspolitik von den 1920er Jahren bis 1965«. 526 ADAP D V, S. 758 – 759 (siehe auch Nrn. 646 – 650 S. 759 – 763). 527 ADAP D V, Nr. 640, S. 753; die Herausgeber der Akten zitieren die Initiative Präsident ­Roosevelts »zur Erörterung des Problems ›der unfreiwilligen Auswanderung aus Deutschland‹, d. h. das Flüchtlingsproblem«; in den Aufzeichnungen des Staatssekretärs über Versuche des Zwischenstaatlichen Ausschusses und des englischen, des amerikanischen und des französischen Botschafters in Berlin, die Reichsregierung zu Verhandlungen über die Emigration deutscher Juden zu bewegen, heißt das: Besprechungen »wie der Abtransport von Juden aus Deutschland am besten zu bewerkstelligen sei« oder ein »ordnungsmäßige[s] Verfahren des

Anmerkungen  |

Abtransports der Juden aus Deutschland« oder »eine Lösung des Abtransports von Juden«;

ADAP D V, Nrn. 645, 646, S. 758 – 760. Als der britische Geschäftsträger in Berlin, Sir George

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Ogilvie-Forbes, Staatssekretär von Weizsäcker am 7. November 1938 »wieder nach dem Stande der Sache Rublee« fragte und erwähnte, dass er Rublee von Mexiko her gut persönlich kenne, fragte Weizsäcker ihn, »wieviel prozentig Rublee Arier sei«; Forbes antwortete, er glaube, dass Rublee kein jüdisches Blut habe«; ADAP D V, Nr. 648, S. 761. Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, Band 65, Berlin und Leipzig: Walter de ­Gruyter 1931, S. 422 – 433. Young, Across, S.  21 – 22; Young, ›X‹ Documents, S.  32 – 35. Young, ›X‹ Documents, S. 33. Der Geschäftsführer war Karl Martell Wild; zwei technische Leiter, Hermann Grimmeisen und Eugen Hagmaier, besuchten vom 13. bis 18. September 1937 die Firmen Lucas in Birmingham, The British Thomson Houston Co. in Rugby, sowie K. L. G. und C. A. V.-Bosch in London; Robert Bosch GmbH Corporate Communications an d. Verf. 14. Januar 2013. Young, ›X‹ Documents, S.  34 – 35; Young, Die ›X‹-Dokumente, S.  32 – 34. Young, Across, S. 23; Young, ›X‹ Documents, S. 39; Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler an Krupp 19. April 1938; Goerdelers hs. Notizen »Verteidigung 1938 Denunziation«, BAK N1113/19 Bl. 76; [Carl Goerdeler], »Verteidigung 1938 Denunziation«, Hs., vermutlich Frühjahr oder Frühsommer 1938, BAK N1113/19, Bll.  73 – 86; Gillmann, S.  636 – 641 mit Lesefehlern; Goerdelers Reisebericht vom 30. April 1938 in Gillmann, S. 590 – 613; zur Datierung siehe ferner Goerdeler an Hauptmann a. D. Fritz Wiedemann (einen Adjutanten Hitlers), Potsdam 29. April 1938; Young, Across, S. 23; Young, ›X‹ Documents, S. 41 berichtet, Goerdeler sei am 30. April 1938 zu einem Aufenthalt von mehreren Wochen mit Frau und Tochter in London angekommen und meint, Goerdeler habe seinen Vortrag Anfang Juni gehalten und dabei Chamberlains Rede kommentiert, die aber nicht im Juni stattfand. In Young, Die ›X‹-Dokumente, S. 40 – 44 klärte Krausnick die chronologischen Unstimmigkeiten nicht. Wie Young sich an einen Aufenthalt Goerdelers von mehreren Wochen, also seinen Daten zufolge von 30. April bis Anfang / Mitte Juni 1938, die Goerdeler nirgends erwähnt, erinnern konnte, bleibt ein Rätsel, das heißt, er muss 1938 mit 1937 verwechselt haben. Jedenfalls gibt es für 1938 keine Belege für eine weitere Englandreise Goerdelers. Dies geht auch aus den Akten des britischen Außenamtes hervor; Aster in Young, ›X‹ Documents, S.  219 – 225. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 77. Goerdelers Tochter, Dr. Marianne MeyerKrahmer, die damals mit Goerdeler gereist war, erinnerte sich 2011, über neunzigjährig, nicht mehr an den Aufenthalt in Paris; Dr. Rainer Goerdeler an d. Verf. 18. Juni 2011. Brüning, Briefe und Gespräche, S.  176 – 180. Parliamentary Debates Fifth Series 333, c.  45 – 56, 1401 – 1413; The Times, 15. und 25. März 1938, S. 14 bzw. 7. Parliamentary Debates Fifth Series 333, c.  1401 – 1413, hier 1411 – 1412; The Times, 25. März 1938, S. 7. Parliamentary Debates Fifth Series 333, 24. März 1938, c. 1444, 1447 – 1448, 1450. Young, Across, S.  23 – 24; Young, ›X‹ Documents, S.  41 – 42. National Archives, Kew, FO 371 / 21702, C 3448, Aufzeichnung von Sir Frederick Leith-Ross, Masch., 4. April 1938.

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National Archives, Kew, FO 371 / 21702, C 3448, Aufzeichnung von Sir Frederick Leith-Ross, Masch., 4. April 1938. 542 [Carl Goerdeler], Verteidigung, Bl. 77; Gillmann, S. 636 – 641, 1149, mit Lesefehlern (­Gillmann, S. 641 liest irrig »Rundstedt [?]« statt »Aus. Amt«). In einer Denunziation wurde Goerdeler damals beschuldigt, während seiner Englandreise in einem kleinen Kreis in der Bank von England gesagt zu haben, er erwarte einen baldigen Gewaltstreich gegen das Hitler-System und habe schon mit dem Oberbefehlshaber des Heeres Fühlung genommen. Brauchitsch übergab die Sache mit Goerdelers Einverständnis an Reichsjustizminister Gürtner, ­Goerdeler bat den Minister um Aufklärung mit allen denkbaren Mitteln. Seine geplante Reise in die Vereinigten Staaten konnte Goerdeler angesichts dieser Lage jetzt bis nach ihrer Aufklärung nicht unternehmen. Ritter, Goerdeler, S. 170 – 172 und Anm. 25, 32 S. 484 – 485. Die Angabe Ritters, S. 170 und Anm. 25, Goerdeler sei bis »Mitte April« in England gewesen – »Londoner Besuch (15.3 – 14.4.1938)«, kann so nicht zutreffen, da Goerdeler nach Bertauxs Tagebucheintrag am 5. April wieder bei ihm in Paris war; Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 77; allerdings lässt Goerdelers Formulierung in seinen Notizen, er sei »bis Mitte April« in England und Frankreich gewesen, die Datierungen offen; Angaben über seine Aufenthalte in Paris hätten Goerdelers Zweck, mithilfe Englands Druck auf Hitler auszuüben, ohne dass davon Ergebnisse zu erwarten waren, kompliziert und hätten den Verdacht landesverräterischer Machenschaften wecken oder verstärken können. Reisebericht vom 30. April 1938 über seine Reise nach England und Frankreich: »Von Mitte März bis Mitte April war ich in England und Frankreich.« [Carl Goerdeler], »30. April 1938« (Bericht über Reise nach England und Frankreich, Masch.-Durchschlag im Besitz d. Verf., S. 1 und BAK N 1113/49, S. 1; Gillmann, S. 590). Das führte zu monatelangen Untersuchungen. Schacht bog sie ab, indem er ein glattes Dementi seiner Freunde bei der Bank von England erwirkte. Goerdeler argumentiert in Notizen zu seiner Verteidigung mit Behauptungen, die seine Warnungen vor Hitlers Gewaltpolitik nicht wiederholten, nur seine Auffassung, die der damals designierte Außenminister Lord Halifax selbst Hitler am 19. November 1937 auf dem »Berghof« mitgeteilt hatte, dass eine Lösung der Korridorfrage und des Danzig-Problems zugunsten Deutschlands auf dem Verhandlungswege nötig sei. Young, Across, S.  23 – 24; Young, ›X‹ Documents, S. 41 – 42. Im Juni 1938 gab Chamberlain, von kurzen Äußerungen abgesehen, die seine Appeasement-Politik bestätigten (3. Juni 1938 antwortete Chamberlain im Unterhaus auf die Frage des LabourAbgeordneten für Manchester-Gorton, Wedgwood Benn, ob der Premierminister seine Appeasement-Politik nicht sehr weit treibe, wenn er leugne, dass Italiener [auf der Seite Francos kämpfend] in Spanien seien: »Der ehrenwerte Gentleman tut sein Bestes, um alle meine Bemühungen in der Richtung des Appeasements zu sabotieren.« The Times, 4. Juni 1938, S. 8. C ­ hamberlain gab am 14. Juni im Unterhaus eine Erklärung zu Franco-spanischen Angriffen auf britische Schiffe ab, in der er einen Appeasement-Standpunkt einnahm; The Times, 14. Juni 1938, S. 16) keine solche Erklärung ab; siehe Young, Die ›X‹-Dokumente, S. 41 Anm. des »Betreuers der deutschen Ausgabe« Helmut Krausnick; Chamberlain gab eine konziliante Erklärung zur Sudetenkrise im Unterhaus am 24. März, als Goerdeler ebenfalls mit Young zusammentraf; vgl. The Times, 24. März 1938, S. 14 und 25. März 1938, S. 14; Parliamentary Debates Fifth Series 333, 24. März 1938, c. 1444, 1447 – 1448, 1450. Einerseits dementierte er zutreffende Anschuldigungen, andererseits versuchte er gleichzeitig wie bisher indirekt auf 541

Anmerkungen  |

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Hitler und Göring einzuwirken: Jeder Deutsche habe den Anschluss Österreichs für nötig gehalten; niemand könne den Krieg wollen, aber die dreieinhalb Millionen Deutschen in der Tschechoslowakei müssten Deutschland zugewiesen werden, das sei die einzig gerechte Lösung; politische Gründe für die Zurruhesetzung von 24 Generalen im Zusammenhang mit dem »Fall v. Fritsch« habe er dementiert; Hitler wolle »Frieden und nicht Krieg«; die Deutschen seien immer einig im Eintreten für ihre Lebensrechte; die Teilung Deutschlands in zwei Teile [durch den polnischen Korridor] sei unhaltbar; er, Goerdeler, stamme aus Westpreußen und würde sein ganzes Leben für die Wiedervereinigung Deutschlands eintreten; vor allem habe er in England gesagt, müsse er »warnen, auf die innerdeutschen Verhältnisse von außen einzuwirken. Das könnte nur das Gegenteil bewirken«; »das deutsche Volk bleibe, was es immer war, rechtlich und anständig«; Sir Robert Vansittart habe ihn, Goerdeler, mit seiner Familie auf seinen Landsitz eingeladen, sie seien eine Stunde bei ihm gewesen und hätten auch über Politik gesprochen, darüber wolle er, Goerdeler, »nur Hitler u. Göring selbst Mitteilung machen«; vor seiner zweiten Englandreise (März – April 1938) sei er 40 Minuten bei Brauchitsch gewesen (zum ersten Mal) und habe ihm seinen Bericht über die erste Reise ( Juli 1937) vorgetragen, »da Schacht, Aus. Amt und Oberbefehlshaber, letzterer bei Militärattachés, mich angemeldet hatten«, und habe Brauchitsch nach seiner zweiten Reise (März–April) wieder vorgetragen, da er den Militärattaché in London (Anton Freiherr von Mauchenheim genannt von Bechtolsheim; Auswärtiges Amt / Politisches Archiv an d. Verf. 4. Juli 2011) gesprochen habe. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S.  77 – 78. [Goerdeler], »30. April 1938«, Masch.-Durchschlag, 32 Seiten, im Besitz d. Verf., S. 20; dasselbe, BAK N 1113/49, S. 20; Gillmann, S. 604. [Goerdeler], »30. April 1938«, S. 24; BAK N 1113/49, S. 24; ein Exemplar findet sich in den Akten der Reichskanzlei, mit Görings Paraphe vom 10. März 1939: »1./Die Anlagen sind mir heute von Oberbürgermeister a. D. Dr. Goerdeler, Leipzig übersandt worden ohne Anschreiben. 2./Geschäftsgang. 3./mir vorlegen.« BAB R 43/3503; Gillmann, S. 607. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 28 (Bl. 84); Gillmann, S. 1176; ­Ritter, Goerdeler, S. 173. Gillmann erwähnt bei ihrem Abdruck des Berichts den Vorgang nicht, sondern lediglich S. 589, man möge Anm. 1 S. 525 »zu den Adressaten des Reiseberichts« vergleichen; in der Anm. steht, »Wiedemann legte Hitler die Reiseberichte jedoch nicht vor mit der Begründung, ihn damit nicht ›belasten‹ zu wollen (vgl. Briefe Wiedemanns an Goerdeler vom 17.3. und 23.7.1938; Privatbesitz)«, und S. 589, dass »eine mit dem vorliegenden Bericht identische Version« sich in den Akten der Reichskanzlei BAB R 43 F/3503 Bll. 76 – 103 befinde. Hierzu und zum Folgenden: A. P. Young beschrieb die Vorgänge von Ende Juli bis zur zweiten Novemberhälfte 1938 in einem 34 Seiten langen handschriftlichen Briefentwurf, datiert vom 27. November 1938 an seinen Bruder Jim in Südafrika, in dem Young die beigefügten Abschriften der ›X‹-Dokumente 1 – 4 erklärt; University of Warwick Modern Records ­Centre 242-X-YO-1 – 1 (künftig Young Papers); der hohe Quellenwert der von den Ereignissen höchstens vier Monate entfernten Aufzeichnung gegenüber den mehr als 20 Jahre später geschriebenen Büchern Youngs, Across und ›X‹ Documents, liegt auf der Hand, obwohl sich die Berichttexte in den Büchern natürlich mit den in den Archiven erhaltenen vergleichen und sinnentstellende Abweichungen der Buchveröffentlichung von den Archivexemplaren

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so klären lassen; allerdings berichtet Young, ›X‹ Documents, S. 59 und 66, sein Hinweis in seinem ersten »X-Bericht« auf die Verbindung zwischen Hauptmann Fritz Wiedemann und der Prinzessin Stefanie Hohenlohe-Waldenburg früher Ellen Richter, die in Deutschland einen nicht sehr beneidenswerten Ruf genieße, sei aus der »offiziellen« Abschrift seines Berichts entfernt (deleted) worden, »because, I was told, ›it would be read by Lord Halifax, who was a friend!‹«. Deshalb sei es kaum überraschend, dass ein in einem Rechtsstreit zwischen Prinzessin Hohenlohe und Lord Rothermere tätiger Anwalt äußerte: »›She had prepared the groundwork for Munich.‹« Die zwei Tatbestände, die für dieses Buch Bedeutung haben, sind die Feststellung, was Goerdeler mitgeteilt hat und was der britischen Regierung vorgelegt wurde; siehe Young Papers 242-X-MI-3 – 1 bis -4; ferner die in den Anmerkungen zitierten Aktenbände des britischen Außenamts (FO 371); außerdem hat Young einer nicht geringen Zahl von Personen, so Anthony Eden, in dessen Wahlkreis Warwick-Leamington Young zu Hause war (Kenilworth); Sir Horace J. Wilson; Youngs Bruder Jim, den größeren Teil der Berichte zugänglich gemacht. Siehe ferner Aufzeichnung von A. P. Young, Masch., undatiert, betr. »Stopford’s letter written in Prague on the 6th. September, 1938. Written by ›­Bobbie‹ ­Stopford while he was in Prague as a member of the Runciman Mission. The original plan was for him to visit Goerdeler at Raunchen [sic] Düne on the 6th. August 1938. I had to take his place because his name had been displayed in the newspapers.« Auszug aus Photokopie von Stopfords Brief: »Your journey must have been remarkably useful to V. & I am so glad, as I asked you to go, it did not turn out to be either dangerous or a wild goose chase. It is a great relief !« Young Papers MSS.242/X/MI/1/1 – 31 Misc.corres. re ›X Docs.‹, 1938 – 9. Young, ›X‹ Documents, S. 59; dieser Kommentar ist nicht Teil des »›X‹ Document No. 1«. Am 6. August und 15. Oktober 1938: Young Papers, 242-X-MI-3 – 1, S. 4 und 242-X-MI-3 – 3, S.  7. Youngs Bericht über sein Gespräch mit Goerdeler am 6. August 1938 in Young Papers 242X-MI-3 – 1, S.  5; Young, ›X‹ Documents, S. 52 – 54; National Archives, Kew, FO 371 / 22961, C 864, F. K. Roberts, »Possibility of a German attack on the West. Summary of information from Dr. Goerdeler and other information bearing upon German-Dutch relations«, 21. Januar 1939, Masch.; NA FO371 / 22961, C938, »F. O. Memorandum (Mr. Gwatkin). Dr. Goerdeler«, 24. Januar 1939, Masch., Bll. 236 – 245 (X-Doc. No 5); NA FO371 / 22963, C1290, F. K. Roberts, »Secret Report. Germany: Internal Affairs, Foreign Policy«, 6. Februar 1939, Masch., Bll.  228 – 237. Müller, Beck, S.  551 – 554. University of Warwick Modern Records Centre, A. P. Young Papers 242-X-MI-3 – 1, Bl.  14 und Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938, Hs. u. Masch., 242-X-YO-1 – 1 und 242X-YO-1 – 2; Young, Across, S.  28 – 29; Young, ›X‹ Documents, S. 53. Peter Hoffmann, »Ludwig Beck: Soldatentum und Verantwortung. Ein Widerstandskämpfer aus Hessen«, in: Polis 42, Wiesbaden: Hessische Landeszentrale für politische Bildung 2005, S. 26 – 29. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 107 – 108; Hans Bernd Gisevius, Bis zum bittern Ende, II. Band, Zürich: Fretz & Wasmuth Verlag 1946, S. 20 – 21. Young Papers 242-X-MI-3 – 1 Bl.  27; Young, Across, S.  28 – 29. Young Papers 242-X-MI-3 – 1, Masch.-Durchschlag, Entwurf für die Veröffentlichung (Young, ›X‹ Documents, S. 53, 56 – 57), Bll. 14, 26 – 27; die handschriftlichen Aufzeichnungen, von denen Vansittarts Sekretärin, Aileen Dougherty, eine maschinenschriftliche Abschrift fertigte, finden

Anmerkungen  |

sich nicht in Young Papers, wahrscheinlich blieben sie im Foreign Office und wurden dort anscheinend nicht archiviert; in NA FO371 / 21736, C9591, Bll. 205 – 211, befindet sich ein Masch.-Durchschlag mit hs. Vorbemerkung von Vansittart: »This is a message from a very highly-placed German – well-known to me personally – who urgently asked that he should be given the chance of oral communication. A messenger was accordingly selected, went out & brought this back to me.« In diesem Exemplar in den Akten des britischen Außenamts erscheint Goerdeler nur als »X.« Die Exemplare in den Foreign-Office-Akten und im Nachlass von A. P. Young sind identisch, Durchschläge derselben maschinenschriftlichen Ausführung, einer maschinenschriftlichen Ausführung durch Vansittarts Sekretärin, Aileen Dougherty (vgl. unten Seite 142); die Exemplare in den Foreign-Office-Akten und in den Papieren Youngs sind gegenüber dem in Vansittarts Nachlass (Masch.-Durchschlag) befindlichen Exemplar gekürzt, auch sind Sätze stilistisch abweichend formuliert und das Ganze ist am Schluss mit einer offenbar von Vansittart redigierten Zusammenfassung ergänzt: Nachlass Vansittart, Churchill College, Cambridge (VNST II 2/19); daraus ist zu entnehmen, dass die erste von Vansittarts Sekretärin gefertigte Abschrift mit derjenigen im Nachlass Vansittart identisch ist, die für die Vorlage bei Halifax und Chamberlain als zu lang beurteilt und deshalb redigiert, gekürzt, teilweise umgestellt und auch durch Ersetzen von »Dr. Goerdeler« durch »X.« gegenüber der ersten Niederschrift getarnt wurde. Da das in NA FO 371 / 21736 archivierte Exemplar ein Durchschlag ist und nur den Archivierungsvermerk von FKR (Frank Roberts) vom 14. September 1938 trägt, aber keine Paraphen und Kommentare, muss mindestens ein weiteres Exemplar in den Akten oder persönlichen Papieren des Außenministers und des Premierministers sein; Abdruck in Young, ›X‹ Documents, S. 53, 56 – 57. Goerdelers Ausspruch »a revolution is no place for children« ist zweimal in Anführungszeichen zitiert, S. 53 und 57. 556 Young Papers 242-X-MI-3 – 1, Bl.  14; Young, Across, S.  24 – 25, 28 – 29; Young, ›X‹ Documents, S. 45 – 46; vgl. Karl Baedeker, Nordost-Deutschland (von der Elbe und der Westgrenze Sachsens an) nebst Dänemark. Handbuch für Reisende, Leipzig: Verlag von Karl Baedeker 1914, S. 161, 169. 557 Young, ›X‹ Documents, S. 48. 558 Aileen Dougherty an A. P. Young 11. August 1938, mit hs. Notizen Youngs, University of Warwick Modern Records Centre 242-X-VA-1; in Young, ›X‹ Documents, S. 48 schrieb Young: »From Victoria Station I proceeded post-haste to the Foreign Office, arriving in Vansittart’s office on the morning of Wednesday, August 10.« In Young, ›X‹ Documents, S. 68 schrieb Young ebenfalls vom 10. August: »On leaving the Foreign Office on Wednesday, August 10, I took a train to Cromer […]«. Youngs Brief an seinen Bruder Jim in Pretoria, Hs., datiert 27. November 1938, Young Papers 242-X-YO-1 – 1, ist weniger als vier Monate nach dem Ereignis geschrieben, seiner Datierung 9. August ist deshalb dem 35 Jahre später geschriebenen Buch (Young, ›X‹ Documents, S. 60) gegenüber der Vorzug zu geben. Dafür, dass der 9. August richtig ist, spricht auch der Bericht der Times vom 11. August 1938, S. 10 über das »lange Gespräch« Chamberlains mit Halifax am Abend des 10. August. In The Papers of Lord Vansittart of Denham, Churchill College, Cambridge VNST II 2/19 befindet sich eine Abschrift von Dokument Nr. 1, die von der in Young, ›X‹ Documents, S. 50 – 59 abgedruckten Version in einigen Einzelheiten abweicht und »X« immer als »Goerdeler« benennt. – Chamberlain kam am Dienstag, 9. August, nach London, Halifax ebenfalls oder am 10.; am Abend des Mittwoch, 10. August, führten sie »ein langes Gespräch« über die Entwicklungen in Spanien, im

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Fernen Osten, in der Tschechoslowakei; The Times, 11. August 1938, S. 10; dabei dürfte Youngs Bericht zur Sprache gekommen sein, vermutlich neben manchen anderen. Young schrieb in The ›X‹ Documents, S. 48, offenbar ohne seinen Brief an den Bruder vom 27. November 1938 konsultiert zu haben: Vansittart »exclaimed with some passion: ›You confirm the information already in my possession. Your visit is most providential. I must have your report at once for placing before Chamberlain and Halifax on their return to London at the end of the week.‹« Young, ›X‹ Documents, S.  68 – 69. Young, ›X‹ Documents, S.  69 – 70. Vorsitzender der Kommission, die 1929 den »Young-Plan« ausarbeitete. Young an seinen Bruder 27. November 1938, Young Papers 242-X-YO-1 – 1; Young, ›X‹ Documents, S.  71 – 73. Oxford Dictionary of National Biography, Bd. 14, Oxford / New York [etc.]: Oxford University Press 2004, S. 509 – 510: William Percival Crozier (1879 – 1944), seit 1932 Herausgeber des Manchester Guardian, in der Tagespresse führender Befürworter einer jüdischen nationalen Heimat, unversöhnlicher Gegner des Hitlerismus. Young Papers 242/X/BI/1/1 ›X‹ Docs Binders List. Ebor hs. an Young 13. November 1938, von Lollards Tower, Lambeth Palace, S. E. I., er sei bereit, Young morgen zu empfangen oder mit ihm im Athenaeum zu Mittag zu essen; Young notierte, es beträfe Dokument Nr. 4, das Arnold Rowntree dem Bischof gegeben habe; Papers 242/X/MI/1/1 – 31. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938; Young, Across, S.  43 – 44. Vansittart, [Memorandum mit Anlagen], Masch.-Durchschlag, 9.  August 1938, NA FO371 / 20736 Bll. 181 – 211, hs. Zusatz Bl. 205: »This is a message from a very highly placed German – well-known to me personally – who urgently asked that he should be given the chance of oral communication. A messenger was accordingly selected, went out & brought this back to me. R. V.« Das Deckblatt in der Akte trägt keine Sichtvermerke oder Kommentare, nur den Vermerk von F. K. Roberts vom 14. September »Entered for record«, aber die Akte enthält nicht die Originale der maschinenschriftlichen Aufzeichnungen, sondern nur Durchschläge, mit einer handschriftlichen Bemerkung Vansittarts zu Youngs »X-Document No. 1«, das Folgende sei von einem eigens entsandten Boten überbracht worden, es sei eine Botschaft von einem hochstehenden, Vansittart persönlich bekannten Deutschen. Vansittart, [Memorandum mit Anlagen] 9. August 1938, Masch., hs. unterz. »R. V.«, NA FO371 / 20736 Bll.  181 – 186. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938; The Times, 4. August 1938, S. 10 berichtet von einem Gespräch zwischen Chamberlain und Halifax in Downing Street No. 10 am 3. August; am 17. August 1938, S. 10 berichtet die Zeitung, Halifax sei gestern, also Dienstag, 16. August, zu seinem allwöchentlichen Besuch (während seiner Ferien) ins Außenamt gekommen; also ist sieben Tage vorher, am 9. August, ein gleicher »Besuch« anzunehmen, obwohl die Zeitung darüber nicht berichtet. The Times, 9. August 1938, S. 12: Chamberlain komme am 9. August aus Schottland nach London zurück, um wegen eines hartnäckigen Katarrhs seinen Arzt zu konsultieren; er werde wohl mit Halifax sprechen, der seine Ferien in Yorkshire jede Woche für zwei bis drei Tage unterbreche, um an seinem Schreibtisch zu

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sein. Am 11. August, S. 10, berichtete The Times von dem »langen Gespräch« C ­ hamberlains mit Lord Halifax am Abend des 10. August. Die Times berichtete am 11. August, Premierminister Chamberlain, der wegen eines Katarrhs seine Ferien in Schottland unterbrochen hatte, habe »nach einem ruhigen Tag in der Downing Street« gestern Abend, am 10. August, »ein langes Gespräch mit Lord Halifax geführt«. Young konnte aus den Berichten der Zeitungen und aus dem, was er von Vansittart und Ashton-Gwatkin erfuhr, schließen, dass jedenfalls sein erster Bericht dem Außenminister und dem Premierminister bekannt war. The Times, 10. bzw. 11. August 1938, S. 12 bzw. 10. Young an Schairer 15. August 1938, in Young, ›X‹ Documents, S. 70: »I have watched the papers carefully during the past few days.« Vansittart, [Memorandum mit Anlagen], Masch.-Durchschlag, 9. August 1938, NA FO371 / 20736 Bll.  181 – 211. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938; Young, ›X‹ Documents, S. 73 – 74. The Times, 10. bzw. 11. August 1938, S. 12 bzw. 10. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938; Young, ›X‹ Documents, S.  73 – 74. Young an seinen Bruder Jim 27. November 1938. »Guiding hand« in Young Papers 242-X-MI-3 – 2; Young, ›X‹ Documents, S.  75 – 84. The Times, 15. September 1938, S. 10. Goerdeler an Young 14. September 1938, Abschrift, Masch.-Durchschlag, Anlage zu X-Dokument 3, Young Papers 242-X-MI-3 – 3, Bl.  21. Chaim Weizmann, Trial and Error. The Autobiography, New York: Harper & Brothers [1949], S.  410 – 411. Bericht Runcimans an Chamberlain 21. September 1938 in Paul Višný, The Runciman Mission to Czechoslovakia, 1938, Houndmill: Palgrave Macmillan 2003, S. 344 – 349; Brief an Beneš in Documents on British Foreign Policy, Third Series, Bd. 2, London: His Majesty’s Stationery Office 1949, appendix II (IV), S. 675 – 679. Völkischer Beobachter, Norddeutsche Ausgabe, 27. September 1938, S. 1. DBFP 3 II Nr. 1129 S. 565; »F. O. Memorandum (Sir R. Vansittart), 29th September, 1938«, NAFO371 / 21664 C 11164, Bl. 231; Domarus, S. 922, 931 – 932, 934 – 935. »F. O. Memorandum (Sir R. Vansittart)«, 29. September, 1938, NA FO371 / 21664, C11164, Bll.  230 – 233. »F. O. Memorandum (Sir R. Vansittart)«, 29. September 1938, NA FO371 / 21664, C11164, Bll.  230 – 233. David Dilks, »Britain and Germany, 1937 – 1939: a context for British reactions to the German Resistance«, Referat beim Internationalen Colloquium in Leeds, 7. Mai 1986; Keith Feiling, The life of Neville Chamberlain, London: Macmillan 1946, S. 360. Young, ›X‹ Documents, S.  110 – 111. Young, ›X‹ Documents, S. 125. Ritter an Christie, Hs., Ende 1938, Christie Papers CHRS 1/26B; vgl. Korrespondenz ­Gerhard Ritter–Hans Ritter, BAK N 1166 / 493; Müller, Beck, S. 253 – 256. Goerdeler wiederholte und belegte im Gespräch mit Young seine Überzeugung, dass Hitler den Krieg nicht gewagt hätte, wenn Chamberlain sich nicht gedemütigt hätte, nach München geflogen und mit der Bahn nach Berchtesgaden gefahren wäre, ohne dass Hitler ihm einen Meter entgegenkam, und am 22. nach Bad Godesberg gekommen wäre. Nun sei seine Position unter »seinen Freunden, den Generalen« (von denen er einige aus seiner Königsberger Zeit kannte) natürlich ungeheuer

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schwierig geworden. Niemand in Deutschland, auch nicht die Führer der Partei, hätte erwartet, dass der Premierminister des britischen Weltreiches alles aus der Hand geben würde, ohne angemessene Garantien zu verlangen. Young, Across, S. 41; Young, ›X‹ Documents, S.  117 – 118; vgl. ebd. z. B. S.  82; Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 215; vgl. Klemperer, S. 159. ADAP D V, Nrn. 84, 88, 89, 91, 92, 95, 97, 98, 103, 107, 127, S. 93, 97 – 100, 102 – 104, 110, 115, 141; Runderlass des Auswärtigen Amts an die deutschen Vertretungen im Ausland vom 25. Januar 1939, Prozess XXXII, S. 241 – 242; Christopher R. Browning, The Final Solution and the German Foreign Office. A Study of Referat D III of Abteilung Deutschland 1940 – 43, New York / London: Holmes & Meier 1978, S. 16 zitiert Eliahu Ben Elissar, La diplomatie du IIIe Reich et les juifs (1933 – 1939), Paris: Julliard 1969, S. 303 – 321 und [Helmut] Heiber, »Die Ausweisung von Juden polnischer Staatsangehörigkeit im Oktober 1938«, in: Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte [I], München: Selbstverlag des Instituts für Zeitgeschichte, 1958, S. 90 – 93 (mit der inkorrekten Angabe Band II, 1966); Elissar und Heiber ihrerseits zitieren ADAP D V, Nrn. 84, 88, 89, 91, 92, 95, 97, 98, 103, 107, 127 und die Nürnberger Prozessakten, die Browning nicht zitiert. Die Volkszählung vom 17. Mai 1939 ermittelte im Reichsgebiet noch 16.532 polnische Juden; Statistik des Deutschen Reichs. Band 552,4. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 17. Mai 1939. Volkszählung. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach den Ergebnissen der Volkszählung 1939. Heft 4. Die Juden und jüdischen Mischlinge im Deutschen Reich. Bearbeitet im Statistischen Reichsamt, Berlin 1944, Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Paul Schmidt, S.  4 – 70. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451,5. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933. Volkszählung. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach den Ergebnissen der Volkszählung 1933. Heft 5. Die Glaubensjuden im Deutschen Reich. Bearbeitet im Statistischen Reichsamt, Berlin 1936. Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Paul Schmidt, Berlin SW 68, S. 13; Statistik des Deutschen Reichs. Band 470. Die Hauptergebnisse der Volks-, Berufs- und Betriebszählung im Deutschen Reich (einschl. Saarland) aufgrund der Zählung vom 16. Juni 1933 und der Ergänzungszählung im Saarland vom 25. Juni 1935. Bearbeitet im Statistischen Reichsamt, Berlin 1937. Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Paul Schmidt, Berlin SW 68 (Nachdruck der Ausgabe Berlin 1937, Otto Zeller Verlag, Osnabrück 1979), S. 10 nennt 148.787; Nicosia, Zionism, S. 137 – 139; Roos, Geschichte, S. 139; Roos, History, S. 137. Telefonische Weisung des Leiters der Rechtsabteilung des Auswärtigen Amtes an die Botschaft in Warschau, 26. Oktober 1938, ADAP D V, Nr. 84, S. 93. The Times, 29. Oktober 1938, S. 11. S. ferner Der Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei Himmler an den Chef der Reichskanzlei Lammers 2. Dezember 1938, ADAP D V, Nr. 107, S. 115. Nur verständlich, wenn der Vergleich mit der Judenverfolgung gemeint ist; Christen wurden 1938 nicht in ähnlicher Weise verfolgt wie zur Zeit mancher römischer Kaiser. Young, »Memorandum No. 4. Record of a conversation which my representative had with X. in Switzerland on Nov. 6th & 7th«, Masch., Young Papers 242-X-MI-3 – 4, S.  15 – 16; Young, ›X‹ Documents, S.  139 – 140. Young, Across, S.  41 – 42; Young, ›X‹ Documents, S. 130, 141; Klaus-Dieter Alicke, Lexikon der jüdischen Gemeinden im deutschen Sprachraum, Gütersloh: Gütersloher Verlagshaus 2009; http//www.ashkenazhouse.org/synagog/; http//www.ashkenazhouse.org/memorialcoin.html.

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The Times, 10. November 1938, S. 16; Helmut Heiber, »Der Fall Grünspan«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 5 (1957), S. 134 – 172; Michael R. Marrus, »The Strange Story of ­Herschel Grynszpan«, in: Michael R. Marrus (Hrsg.), The Nazi Holocaust: Historical Articles on the Destruction of European Jews, Bd. 2: The Origins of the Holocaust, Westport / London: Meckler 1989, S. 597 – 607. Ernst vom Rath starb am 9. November 1938. Neue Zürcher Zeitung, 8. November 1938, S. 2; Neue Zürcher Zeitung, 10. November 1938, S. 2; Neue Zürcher Zeitung, 17. November 1938, S. 1; Neue Zürcher Zeitung, 27. November 1938, S. 2. Der Bericht vom 8. November übernimmt offenbar den in Deutschland geltenden Sprachgebrauch »Juden in Deutschland« anstelle von »deutsche Juden«; er setzt in der Formulierung des letzten Satzes »Maßnahmen« als sicher voraus. ADAP D V, Nr. 95, S. 102. ADAP D V, S.  771 – 772. Siehe den Fall des Pfarrers Julius von Jan, Landeskirchliches Archiv, Stuttgart, A 227 Personalakte Julius von Jan, Masch.-Durchschlag; Gerhard Schäfer, Die Evangelische Landeskirche in Württemberg und der Nationalsozialismus. Eine Dokumentation zum Kirchenkampf, Band 4, Stuttgart: Calwer Verlag 1977, S. 864 – 873; Band 5 (1982), S. 936 – 953; Band 6 (1986), S.  120 – 123, 126 – 159. Helmut Krausnick, »Vorgeschichte und Beginn des militärischen Widerstandes gegen H ­ itler«, in: Europäische Publikation (Hrsg.), Vollmacht des Gewissens, Frankfurt am Main / Berlin: Alfred Metzner Verlag 1960, S. 373 zitiert »Persönliche Erlebnisse des Gen. d. Inf. Curt Liebmann i. d. J. 1938/39 (niedergeschrieben im November 1939)«, Institut für Zeitgeschichte, Zeugenschrifttum Nr. 95. Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil I. Aufzeichnungen 1923 – 1941. Band 6. August 1938 –Juni 1939, München: K. G. Saur 1998, S. 198 (23. November 1938); siehe auch S. 201 – 202 (25. und 26. November 1938); siehe auch S. 203 – 215. Goebbels, Tagebücher I, 6, S. 202. Domarus, S.  1057 – 1058. Georg Tessin, Verbände und Truppen der deutschen Wehrmacht und Waffen-SS im Zweiten Weltkrieg 1939 – 1945. Zweiter Band: Die Landstreitkräfte 1 – 7, Osnabrück: Biblio Verlag, 2. Auflage 1973, S. 100; Alfred-Ingemar Berndt, Der Marsch ins Großdeutsche Reich, München: Eher Verlag 1940, S. 222; Paul Schmidt, Statist auf diplomatischer Bühne 1923 – 45. Erlebnisse des Chefdolmetschers im Auswärtigen Amt mit den Staatsmännern Europas, Bonn: Athenäum-Verlag 1949, S. 410; William L. Shirer, Berliner Tagebuch. Aufzeichnungen 1934 – 1941, Leipzig / Weimar: Gustav Kiepenheuer Verlag 1991, S. 138 – 139; Shirer, Berlin Diary, S. 142 – 143. Unabhängig von Shirer erstattete Berichte, die das britische Außenamt erreichten, bestätigten Shirers Schilderung, wie dieser: »Deutsche Truppen, die am Tag vor der Münchner Konferenz an der Reichskanzlei in Berlin in der Wilhelmstraße vorbeimarschierten, wurden von der Menge ausgepfiffen und der auf dem Balkon sich zeigende Führer selbst mit steinernem Schweigen empfangen.« F. Ashton-Gwatkin, »Notes on Germany and Central Europe«, 27. Oktober 1938, FO 371 / 21659 Bll. 36 – 56: Nach »the German victory« von München: Bl. 3: »On the day before the Munich meeting, German troops marching past Hitler’s house in the Wilhelmstrasse, Berlin, were whistled at by the crowd, and the Führer himself appearing on the balcony was received in

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stony silence.« Eine 1940 erschienene Veröffentlichung des Regimes, mit einem Geleitwort Ribbentrops, gibt eine den zitierten gleichende Schilderung. Berndt, S. 222. Treue, Hitlers Rede, S. 175 – 191. Die in der Wiedergabe der Tonaufzeichnung gesperrt gedruckten Worte und Satzteile wurden von Hitler überdurchschnittlich laut gesprochen. Treue, Hitlers Rede, S. 182 – 184. »F. O. Minute (Sir A. Cadogan)«, 9. November 1938, Hs. u. Masch., NA FO371 / 21659, C14471. Young, Across, S.  41 – 42; Young, ›X‹ Documents, S. 141. Hierzu und zum Folgenden »Cabinet. Committee on Foreign Policy. Conclusions of the ThirtySecond Meeting of the Committee held in the Prime Minister’s Room, House of Commons, S. W.1., on Monday, 14th November, 1938, at 6.0 p. m.«, Masch., NA Cab.27/624, Bll.  30 – 51. Vgl. Young, ›X‹ Documents, S. 131 – 141, und Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 229 – 230, 239. Young Papers 242-X-MI-3 – 4. »An Act to make provision for the establishment of a National Register, for the issue of identity cards, and for purposes connected with the matters aforesaid«, 5. September 1939, The Law Reports. 1939. The Public General Acts Passed in the Second, Third and Fourth Years of the Reign of His Majesty King George the Sixth and the Church Assembly Measures Which received the Royal Assent during that Period, Volume II, London: Council of Law Reporting [1939], S. 1212 – 1218. Schon im Juni 1938 bereitete die Regierung die Produktion von Kriegsflugzeugen, insbesondere schweren Bombenflugzeugen, in Kanada vor; »Meeting of the Cabinet to be held at No. 10 Downing Street, S. W.1., on Wednesday, 29th June, 1938, at 11.0 a. m. Agenda«, NA Cab23/94, Bll. 58, 67 – 71. Young, ›X‹ Documents, S.  139 – 140. So im Protokoll: »real solution«; Young, ›X‹ Documents, S. 140 hat »ideal situation«. Young Papers 242-X-MI-3 – 2, S.  9; 242-X-MI-3 – 3, S.  3; vgl.  242-X-MI-3 – 4, S.  15 – 16; Zusammenfassung der X-Dokumente durch Frank Roberts in National Archives, Kew, FO 371 / 22961, C 864, F. K. Roberts, »Possibility of a German attack on the West. Summary of information from Dr. Goerdeler and other information bearing upon German-Dutch relations«, 21. Januar 1939, Masch.; NA FO371 / 22961, C938, »F. O. Memorandum (Mr. Gwatkin). Dr. Goerdeler«, 24. Januar 1939, Masch., Bll. 236 – 245 (X-Doc. No 5); NA FO371 / 22963, C1290, F. K. Roberts, »Secret Report. Germany: Internal Affairs, Foreign Policy«, 6. Februar 1939, Masch., Bll. 228 – 237. »CABINET. COMMITTEE ON FOREIGN POLICY. CONCLUSIONS of the ThirtyFourth Meeting of the Committee held in the Prime Minister’s Room, House of Commons, S. W.1., on Tuesday, 6th December, 1938, at 5.30 p. m.«, NA Cab27 / 624, Bll.  100 – 101. Parliamentary Debates, Fifth Series, Volume 341. House of Commons. Official Report, London: His Majesty’s Stationery Office, 1938, c. 503 – 506. The Times, 16. November 1938, S. 13. Parliamentary Debates 341, c.  1313 – 1317. Parliamentary Debates 341, c.  1468 – 1474. Shepherd, S. 148 – 149 zitiert Norman Bentwich, Jewish Youth Comes Home. The Story of the Youth Aliyah 1933 – 1943, London: Victor Gollancz 1944, S. 82. The Times, 16. November 1938, S. 14.

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Sherman, Island Refuge, S.  194 – 204; McDonald, Refugees, S. 164 – 166; Richard Breitman, The Architect of Genocide. Himmler and the Final Solution, New York: Alfred A. Knopf 1991, S. 59 – 64; The Times, 3. Februar 1939, S. 13 – 14; The Times, 4. Februar 1939, S. 11; The Times, 13. Februar 1939, S. 12; The Times, 16. Februar S. 14; vgl. Shepherd, S. 154 – 156. Sherman, Island Refuge, S.  200 – 202; McDonald, Refugees, S. 162. Die Besetzung von »Prag« vermehrte die Zahl potentieller jüdischer Emigranten und zugleich widersetzten Gestapo und SS sich dem Plan; McDonald, Refugees, S. 168, 171, 333; Breitman, Architect, S. 64. The Times, 13. Februar 1939, S. 12 und 15. Februar 1939, S. 12. McDonald, Refugees, S.  172 – 173. McDonald, Refugees, S.  172 – 179. Sherman, Island Refuge, S.  194 – 204; McDonald, Refugees, S. 164 – 166; Richard Breitman, Architect, S.  59 – 64. McDonald, Refugees, S. 175; vgl. oben Seite 120. NA FO371 / 21665, C14561 »F. O. Minute (Mr. Gwatkin): Economic and financial situation in Germany«, 19. November 1938, Bl. 198. Sir Frank Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, Hs., 22. November 1938, National Archives Kew FO 371 / 21665, C14809, Bll. 225 – 226, abgezeichnet von F. K. Roberts, Sir O. Sargent und Sir A. Cadogan. Goerdeler an Schairer 17. November 1938, hs. Abschrift Gwatkins und masch. englische Übersetzung, Ashton-Gwatkin, F. O. Minute 22. November 1938, National Archives Kew FO 371 / 21665, C14809, Bll.  222 – 226. Youngs begeisterter Brief an seinen älteren Bruder James vom 27. November 1938 – Young Papers 242-X-YO-1 – 1 – lässt den 26. oder 27. November für Youngs Besuch im FO bei Ashton-Gwatkin vermuten. Young an seinen Bruder James 27. November 1938, Young Papers 242-X-YO-1 – 1: »but this time with the authority of the British Gvt. behind me when I talk to X«. Ashton-Gwatkin, F. O. Minute 22. November 1938, National Archives Kew FO 371 / 21665, C14809, Bl.  222 – 223. Vgl. oben Seite 151. Ashton-Gwatkin, F. O. Minute 22. November 1938, National Archives Kew FO 371 / 21665, C14809, Bl. 222. »DOCUMENT NO: 5. RECORD OF A CONVERSATION WITH X. IN SWITZERLAND ON DECEMBER 4TH 1938«, durch Mr. Gwatkin, Eingang 24. Januar 1939, bezeichnet »Dr. Goerdeler. Records a conversation with Dr. Goerdeler, at which was discussed the Balkans; Italy; Germany«, Foreign Office Central Department / Germany, FO 371 / 22961, C938/15/18, Bll.  236 – 245 (scans 0277 – 0286); Young, ›X‹ Documents, S.  150 – 153. Young, Across, S.  44 – 45; Young, ›X‹ Documents, S. 148; Young nennt Hans Walz nicht beim Namen, nur als »managing director«, er muss demnach Walz gemeint haben. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6. Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll.  198 – 211; Young, Across, S.  44 – 45; Young, ›X‹ Documents, S. 149; Ashton-Gwatkin, »F. O. Memorandum (Mr. Gwatkin)«, 4. Dezember 1938, Masch. mit Paraphen und Kommentaren von F. K. Roberts, O. E. Sargent, A. Cadogan, Halifax, NA FO371 / 22961, C938, Bll. 236 – 245. Das »Dokument Nr. 5« über das Gespräch vom 4. Dezember findet sich in Youngs

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handschriftlicher Aufzeichnung in dessen Nachlass und in den Akten der Zentralabteilung des britischen Außenamts als Transkription der handschriftlichen Aufzeichnungen Youngs: »DOCUMENT NO: 5 RECORD OF A CONVERSATION WITH X. IN SWITZERLAND ON DECEMBER 4TH 1938«, NA FO 371 / 22961, C938/15/18, Bll.  236 – 245. Goerdelers deutscher Ausdruck für »religious thinkers« war vielleicht »Theologen«. Zitat aus der ersten Seite der deutschen Fassung. In Schairers Übersetzung steht »Osteuropa«, eine sachlich wesentliche Abweichung von Ashton-Gwatkins’ Übersetzung. Schairer übersetzte »der Westmächte« statt »der weißen Rassen«. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6. Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll.  208 – 211. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6. Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll. 198 – 199, 207. Ashton-Gwatkin, »F. O. Memorandum (Mr. Gwatkin)«, 4. Dezember 1938, Masch. mit Paraphen und Kommentaren von F. K. Roberts, O. E. Sargent, A. Cadogan, Halifax, NA FO371 / 22961, C938, Bl. 237. »F. O. Memorandum Mr. Gwatkin: Dr. Goerdeler«, Masch., 4. Dezember 1938, NA FO 371 / 21665, C15438, Bll.  299 – 301; Cadogan, Diaries, S.  128 – 129. Young Papers 242-X-2 – 1; Young, ›X‹ Documents, S. 154 – 156. In der von Helmut Krausnick betreuten deutschen Ausgabe, Die ›X‹-Dokumente, S. 304 heißt es irrtümlich, Young habe den Wortlaut der Fassung AshtonGwatkins’ in seinem Buch wiedergegeben; die beiden Übersetzungen weichen inhaltlich in einem wesentlichen Punkt und durchweg sprachlich stark voneinander ab. Im Entwurf für sein Buch (Young Papers 242-X-2 – 1) gibt Young die erste Seite von Goerdelers deutsch geschriebener Version wieder mit der Ankündigung: »›Conditions’ document typed by Goerdeler in Zurich on 4th. December, 1938‹. First page of 3 sheet document which G ­ oerdeler typed in my presence on Sunday, 4th. December. 1938, in Zurich. It set out ›conditions‹* for collaboration, assuming a post-Hitler era with Goerdeler functioning as Chancellor.« *»Asked for by Frank Ashton-Gwatkin of the Foreign Office. I made this secret journey at his special request.« Es gibt zwei englische Übersetzungen der von Goerdeler am 4. Dezember 1938 in Zürich niedergeschriebenen »Bedingungen«. Das Wort »Bedingungen« (»conditions«) stammt aus Ashton-Gwatkins Auftrag an Young. Vom deutschen Original fand sich in Youngs Nachlass nur die erste Seite. Sie scheint ein Durchschlag vom Original zu sein. Das Original gab Young am Morgen seiner Rückkunft nach London, am 6. Dezember, bei Ashton-­Gwatkin im Außenamt ab. Dieser übersetzte es sofort selbst und gab es im Außenamt in Umlauf. Am folgenden Tag übersetzte auch Dr. Reinhold Schairer die »Bedingungen« Goerdelers im alkoholfreien Kenilworth Hotel in Bloomsbury für Young ins Englische, der sie dabei mit Bleistift niederschrieb; so entstand die zweite englische Fassung, die Young dann in seinem 1974 erschienenen Buch wiedergab. Sie weicht inhaltlich in einem wesentlichen Punkt und sprachlich durchgehend stark von der Fassung von Ashton-Gwatkin ab. Die folgenden Zitate folgen dem deutschen Text der ersten Seite von Goerdelers Niederschrift, im Übrigen sind sie Rückübersetzungen von Ashton-Gwatkins englischer Übersetzung. Ashton-Gwatkin, »F. O. Memorandum Mr. Gwatkin«, 4. Dezember 1938, Masch., mit Kommentaren, NA FO371 / 22961, C938, Bl. 237.

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In Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6.  Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll.  198 – 200. In Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6.  Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll.  198 – 201. Die Übersetzung folgt dem englischen Original, das die Konditionalform nicht verwendet, obzwar die Darlegung hypothetische Möglichkeiten beschreibt. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 22. November 1938, Masch. mit hs. Kommentaren, NA FO371 / 22665, C14809, Bll. 222 – 226. Ashton-Gwatkin fasste Goerdelers Vorschlag zu diesem Punkt so zusammen: »G’s proposal amounts to this. That the English and French Governments should address a Note to the German Government proposing immediate negotiations for the settlement of outstanding questions – disarmament, colonies, economic settlement, financial help, etc., but on the condition that the policy of violence in internal affairs, e. g. Jews, and external affairs should stop at once pending conclusion of the negotiations. In the event of this offer and the condition not being accepted by Germany diplomatic relations to be broken off.« Zu Goerdelers Brief, den Schairer am 17. November 1938 erhielt, siehe oben, Seite 157. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, Hs., 22. November 1938, National Archives Kew FO 371 / 21665, C14809, Bll. 225 – 226, abgezeichnet von F. K. Roberts, Sir O. Sargent und Sir A. Cadogan. X-Dokument Nr. 1, 2, 3, 4, Young Papers 242-X-MI-3 – 1, 242-X-MI-3 – 2, 242-X-MI-3 – 3, 242-X-MI-3 – 4; NA FO371 / 22963, C1290, F. K. Roberts, »Secret Report. Germany: Internal Affairs, Foreign Policy«, 6. Februar 1939, Masch., Bll. 228 – 229, 235 – 236; NA FO371 / 22961, C938, »DOCUMENT NO: 5. RECORD OF A CONVERSATION WITH X. IN SWITZERLAND ON DECEMBER 4TH 1938« in »F. O. Memorandum. Mr. Gwatkin, 4. Dezember 1938«: »Dr. Goerdeler. Records a conversation with Dr. Goerdeler, at which was discussed the Balkans; Italy; Germany«, Bll. 236 – 245. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6. Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bll.  198 – 211; Young, Across, S.  44 – 45; Young, ›X‹ Documents, S. 149; Ashton-­Gwatkin, »F. O. Memorandum (Mr. Gwatkin)«, 4th December 1938, Masch. mit Paraphen und Kommentaren von F. K. Roberts, O. E. Sargent, A. Cadogan, Halifax, NA FO371 / 22961, C938, Bll. 236 – 245. Das »Dokument Nr. 5« über das Gespräch vom 4. Dezember findet sich in Youngs handschriftlicher Aufzeichnung in dessen Nachlass und in den Akten der Zentralabteilung des britischen Außenamts als Transkription der handschriftlichen Aufzeichnungen Youngs: »DOCUMENT NO: 5 RECORD OF A CONVERSATION WITH X. IN SWITZERLAND ON DECEMBER 4TH 1938«, NA FO 371 / 22961, C938/15/18, Bll.  236 – 245. Siehe Sargents Kommentar in Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 6. Dezember 1938, Masch., NA FO371 / 21659, C15084, Bl. 201. Quellen wie Anm. 655. Ashton-Gwatkin, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin)«, 22. November 1938, Masch. mit hs. Kommentaren, NA FO371 / 22665, C14809, Bll.  201 – 202; Cadogan, Diaries, S. 128. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S.  82 – 85. Hassell 1988, S. 273. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S.  82 – 85.

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Vansittart, Memorandum 6. Juli 1937, NA FO371 / 20733 Bll.  293 – 294; vgl. Aster in Young, ›X‹ Documents, S.  220 – 222. Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154, Goerdeler an Krupp, Leipzig 5. und 20. Februar 1938; Krupp an Goerdeler, 26. Februar 1938. Birkenhead, S. 368; ADAP D I, Nr. 31, S. 45 – 56, hier S. 46 – 47. Gillmann, S.  447 – 448. Gillmann, S.  447 – 448. Original von Youngs »DOCUMENT NO: 5. RECORD OF A CONVERSATION WITH X. IN SWITZERLAND ON DECEMBER 4TH 1938«, mit Kommentaren von Frank AshtonGwatkin, Orme Sargent, Alexander Cadogan, abgezeichnet von Halifax am 13. Dezember 1938, National Archives, Kew, FO 371 / 22961, C 938, Bll. 238 – 245; Youngs handschriftliches Original in Young Papers 242-X-2 – 1; der Text in Young, ›X‹ Documents, S.  150 – 162 weicht von dem in den Akten des britischen Außenamts leicht ab und enthält einleitende Sätze; in der Druckausgabe fehlen Nummerierungen und Satzteile, auch ein ganzer Abschnitt 6. (Young, ›X‹ Documents, S. 152 – 154 hat diese Abschnitte nicht nummeriert); für die zitierte Stelle Young, ›X‹ Documents, S. 150 – 162; vgl. die Übersetzung in Young, Die ›X‹-Dokumente, S. 177, die hier nur wenig abgeändert ist. Young, ›X‹ Documents, S.  161 – 162; Young, Die ›X‹-Dokumente, S. 178. ADAP D IV (Baden-Baden: Imprimerie Nationale, 1951), Nrn. 185 – 246, S. 201 – 248; The Parliamentary Debates 345: House of Commons, official report, London: His Majesty’s Stationery Office 1939, col. 435 – 564 besonders 435 – 438 (15. März 1939) und col. 2415 (31. März 1939). Parliamentary Debates 345, col. 2415. Hierzu und zum Folgenden Young, ›X‹ Documents, S.  173 – 181; Young, Die ›X‹-Dokumente, S.  190 – 199. Hierzu und zum Folgenden National Archives, Kew, FO 371 / 23008, C7729, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin): Dr. Goerdeler«, Masch., 25. Mai 1939, Bll. 98 – 103; FO371 / 22973, C8004, »F. O. Minute (Mr. Gwatkin): Dr. Goerdeler«, Masch., 30. Mai 1939, Bll. 37 – 48. Aster in Young, ›X‹ Documents, S. 239 – 240 zitiert diese Aufzeichnungen. National Archives, Kew, FO 371 / 23008, C 7769, Aufzeichnung von Cadogan, Hs., 1. Juni 1939 in »F. O. Minute (Mr. Gwatkin): Dr. Goerdeler«, Masch., 30. Mai 1939, Bl. 113. NA FO371 / 23008, C7769, »F. O.Minute (Mr. Gwatkin)«, 30. Mai 1939, Masch. mit Paraphen und Kommentaren von R. M. Makins, I. Fitzpatrick, O. E. Sargent, A. Cadogan, [Halifax] über A-Gw.s Gespräch mit Goerdeler, Samstag 27. Mai 1939, Bll. 113 – 115. Hierzu und zum Folgenden: National Archives, Kew, FO371 / 22973, C 8004, Aufzeichnung von Ashton-Gwatkin, Masch., 30. Mai 1939. Hierzu und zum Folgenden: National Archives, Kew, FO371 / 22973, C 8004, Aufzeichnung von Ashton-Gwatkin, Masch., 30. Mai 1939. Gillmann, S.  627 – 634. Fritz Wiedemann, Der Mann, der Feldherr werden wollte. Erlebnisse und Erfahrungen des Vorgesetzten Hitlers im 1. Weltkrieg und seines späteren Persönlichen Adjutanten,Velbert und ­Kettwig: blick + bild Verlag für politische Bildung 1964, S. 234 – 237; Goerdeler, Unsere Idee, S. 17 (Berichte gingen an Krupp, Bosch, Göring, Reichskanzlei, Fritsch, Beck, Halder, ­Thomas, Schacht).

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The Times, 28. Mai 1930, S. 15; The Times, 14. Februar 1931, S. 12; The Times, 7. Juli 1937, S. 16; The Times, 20. Oktober 1937, S. 13; The Times, 10. Oktober 1938, S. 14; Palestine. Statement of Policy; Völkischer Beobachter, 9. Juli 1937, S. 1, 8 (»Die Teilung Palastinas: Der Bericht der PalastinaKommission in London veröffentlicht«); Völkischer Beobachter, 23. Mai 1939, S. 8 (»Judas Ausfälle gegen das Palästina-Weißbuch«). Vgl. Wasserstein, Britain and the Jews of Europe, S. 17. Palestine. Statement of Policy; The Times, 18. Mai 1939, S. 9, 31. Januar 1944, S. 2. Herzl, Tagebücher III, S. 224. Gillmann, S. 630, 627 – 634 auch zum Folgenden. Der Bericht ging auch an Krupp: G ­ oerdeler an Krupp aus Rauschen, 10. August 1939, Masch., hs. unterz. Goerdeler, FAH 23/FAH 4 E 154: nach zehnwöchiger »Studienreise durch Italienisch Libyen, Ägypten, Palästina, Syrien und die Türkei« wieder hierher zurückgekehrt; habe »sehr interessante, neue Eindrücke gewonnen«, klares Bild über Wirtschaft, Kultur, Geschichte und Politik jener Mittelmeerländer; »mir um so wertvoller, als das Mittelmeer in der nächsten Zeit in der Entwicklung der allgemeinen Lage eine, ja vielleicht die entscheidende Rolle spielen dürfte.« Dank; eingehende Reiseberichte selbstverständlich auf Wunsch; Kontostand des Reisekontos beträgt rund [angebrannt]. Krupp aus Torrener Joch, Post Golling (Salzburg) 14. August 1939 an Goerdeler, Masch.Durchschlag: Dank; bittet, die Berichte ihm später zugehen zu lassen; will im Herbst mit G. zusammenkommen, »um Weiteres zu besprechen«. Gillmann, S. 633. RGBl. 1939 I, Nr. 118, S. 1097 – 1099. The Times, 9. Juni 1939, S. 15. McDonald, Refugees, S. 121 – 124; Sherman, Island Refuge, S.  114 – 115. Nachlass Goerdeler, BAK N 1113/50, Bl. 286; Gillmann, S. 634. Colonel Sutton-Pratt, Stockholm, an Mr. Gwatkin, 30. August 1939, NA FO371 / 22981, C12789, Masch. u. Hs., Bll.  37 – 45. Schmidt, Statist S. 463 – 464. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 206 – 207. Die englischen Quellen bestätigen diese Auffassung der Verfasser des »X-Berichts« nicht; vgl. Peter Ludlow, »Papst Pius XII., die britische Regierung und die deutsche Opposition im Winter 1939/40«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 22 (1974), S. 299 – 341. Völkischer Beobachter, Berliner Ausgabe, 2. September 1939, S. 2. Vgl. Goerdeler, Unsere Idee, S. 25. Vgl. Hoffmann, Question, S. 437 – 464. Churchills Rundfunkansprache vom 24. August 1941 in The Times, 25. August 1941, S. 5; ­Hassell 1988, S. 266. Hassell 1988, S. 267 – 268; Maria Theodora von dem Bottlenberg-Landsberg, Karl ­Ludwig Freiherr von und zu Guttenberg 1902 – 1945: Ein Lebensbild, Berlin: Lukas Verlag 2003, S. 159 – 160, 163 – 164. Hassell 1988, S. 27, 42; Freya von Moltke zum Verf. 4. Juni 2008. Peter M. Kaiser (Hrsg.), Mut zum Bekenntnis. Die geheimen Tagebücher des Hauptmanns ­Hermann Kaiser 1941 / 1943, Berlin: Lukas Verlag 2010, S. 267 (Eintrag 11. September 1941). Hassell 1988, S. 268, 274 – 275. Hassell 1988, S. 273.

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Hassell 1988, S. 289. Kaiser, Mut, S. 269 (10. Oktober 1941). »Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden. Vom 1. September 1941«, RGBl. I 1941, S. 547. Unklar ist, was mit »aufschichten« gemeint war. Allen Welsh Dulles, Germany’s Underground, New York: Macmillan 1947, S. 143. Hassell 1988, S. 278. [Erich] v[on] Manstein, Persönliche Notizen, Masch.-Durchschlag, Bridgend 20. Mai 1947, Sammlung John, worin Manstein die entscheidende Vermittlung Tresckows festhielt; in seinen veröffentlichten Erinnerungen betonte Manstein den Anteil Tresckows an dem Entwurf, ließ aber die Vermittlung Tresckows aus; Erich v[on] Manstein, Verlorene Siege, Frankfurt am Main: Bernard & Graefe Verlag für Wehrwesen 1969 (1. Auflage Frankfurt am Main: Athenäum Verlag 1955), S. 93, 109. Fabian v[on] Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler, Zürich: Europa Verlag 1946, S. 52. Bodo Scheurig, Befragung: Wolf Graf von Baudissin, Hamburg, 21. November 1969, Institut für Zeitgeschichte ZS/A-31 Bd. 2; Günther Gillessen, »Tresckow und der Entschluss zum Hochverrat. Eine Nachschau zur Kontroverse über die Motive«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 58 (2010), S. 365 – 386. [Gerhard] Engel, Heeresadjutant bei Hitler 1938 – 1943. Aufzeichnungen des Majors Engel, hrsg. v. Hildegard von Kotze, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1974, S. 102 – 103; ­Gerhard Engel, Generalleutnant a. D., Brief vom 4. Mai 1972 an Bodo Scheurig, Institut für Zeitgeschichte, ZS/A-31, Bd. 2: »Daß Tr. ein Gegner des Kommissar-Befehls war, war weit über den Rahmen seines Stabes hinaus bekannt. Wie er überhaupt in Kameradenkreisen, vor allem im Bereich seines Heeresgruppenkommandos, keinen Hehl aus seiner politischen Auffassung machte.« Bodo Scheurig, Henning von Tresckow. Ein Preuße gegen Hitler. Biographie, Berlin: Propyläen 2004, S. 126; Gillessen, Tresckow, S. 372 – 373, 380 – 381. Horst Mühleisen, »Patrioten im Widerstand. Carl-Hans Graf von Hardenbergs Erlebnisbericht«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 41 (1993), S. 449 – 450; Hassell 1988, S. 278. Schlabrendorff, Offiziere 1946, S. 19, 21, 52. Hassell 1988, S. 278. Siehe unten Seite 183. Schlabrendorff, Offiziere 1946, S. 19, 21, 51 – 54 (die Skizze der Bekanntschaft mit Hassell bestätigt im Wesentlichen Hassells Aufzeichnung); auch in Fabian von Schlabrendorff, Offiziere gegen Hitler. Neue, durchgesehene und erweiterte Ausgabe, hrsg. von Walter Bußmann, Berlin: Wolf Jobst Siedler Verlag 1984, S. 51 – 53; Fabian von Schlabrendorff, Revolt Against Hitler, London: Eyre and Spottiswoode 1948, S. 44 – 45; in Fabian von Schlabrendorff, The Secret War Against Hitler, New York / Toronto/London: Pitman Publishing Corporation 1965, S. 141 ist Schlabrendorffs Kontakt mit Hassell kurz erwähnt; in Fabian von S ­ chlabrendorff, Begegnungen in fünf Jahrzehnten, Tübingen: Rainer Wunderlich Verlag Hermann Leins 1979 kommt er nicht vor. The Times, 1. Juli 1941, S. 4; The Times, 14. Juli 1941, S. 4. National Archives, Kew, FO 371 / 26542/[C 610], FO 371 / 26543/C10855, PREMIER 4/100/8, Teildruck in Rainer A. Blasius (Hrsg.), Dokumente zur Deutschlandpolitik, I. Reihe, Band 1, Frankfurt am Main: A. Metzner 1984, S. 269; Kettenacker, S. 59. W. M. (41) 120th Conclusions,

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Minute 5, Confidential Annex (27th November, 1941 – 5.0 p. m.), National Archives, Kew, Cab. 65/24; Klemperer, S. 217 – 219, 281 – 293. Hassell 1988, S. 279 – 280. Kriegstagebuch des Oberkommandos der Heeresgruppe Mitte Dezember 1941, BA-MA RH 19 II/122. Goebbels, Tagebücher II Band 2, S. 194 – 195, 204, 208, 455, 467, 471, 485, 494, 498 – 499, 527 – 542, 533 – 534; [ Joseph Goebbels], Die Tagebücher von Joseph Goebbels. Teil II. Diktate 1941 – 1945. Band 3. Januar–März 1942, München / New Providence / London/Paris: K. G. Saur 1994, S. 33, 35, 43, 45, 48, 57 – 58, 79. Gillessen, S. 381. Walter Lohmann / Hans H. Hildebrand, Die Deutsche Kriegsmarine 1939 – 1945: Gliederung – Einsatz – Stellenbesetzung, Bad Nauheim: Verlag Hans-Henning Podzun 1956 – 1964, S. 291 – 363. Karl Silex, Mit Kommentar. Lebensbericht eines Journalisten, Frankfurt: S. Fischer Verlag 1968, S.  220 – 221. Eta von Tresckow an Tresckow 6. Januar 1942, Nachlass Eta von Tresckow. Weder Ritter, Goerdeler, S. 280, noch Gillmann, S. LXXXIV, 863 teilen mit, an wen die Denkschrift gerichtet war. Vgl. Hassell 1946, S. 243 – 249. Nur Hans Mommsen erkannte den Zusammenhang zwischen Goerdelers Abfassung von »Das Ziel« und Hassells Erwähnungen von Gesprächen über die Themen der Denkschrift mit Goerdeler, Beck, Popitz, Professor Jens Peter Jessen, Helmuth James von Moltke (Kriegsverwaltungsrat im Oberkommando der Wehrmacht / Amt Ausland / Abwehr), Peter Graf Yorck von Wartenburg (beim Reichskommissar für die Preisbildung), Adam von Trott zu Solz vom Auswärtigen Amt und Guttenberg; Hans Mommsen, »Gesellschaftsbild und Verfassungspläne des deutschen Widerstandes«, in Walter Schmitthenner / Hans Buchheim (Hrsg.), Der deutsche Widerstand gegen Hitler: Vier historisch-kritische Studien, Köln: Kiepenheuer und Witsch 1966, S. 269 – 270 Anm. 109. Kaiser, Mut, S. 266 – 267, 269, 287 – 288, 291, 294, 325 (11. September 1941; 10., 15., 17., 19. Oktober 1941; 18. und 30. November 1941). »Stand von Wirtschaft und Verwaltung«, Masch., September 1940, 22 S., BAK N 1113/52, Bll. 42 – 65; Zitat »die unmenschlichen Verbrechen« S. 22/Bl. 63; Gillmann, S. 821; [Carl Goerdeler], »Das Ziel«, Masch., 99 Seiten, o. O., undatiert, mit Notierungen von Gerhard Ritter, BAK N 1113/54; das Inhaltsverzeichnis mit der Überschrift »Denkschrift für 1941«, das Gillmann für die Überschriften in ihrer Edition verwendete, stammt offensichtlich nicht von Goerdeler; es ist mit einer anderen Schreibmaschine als der Text geschrieben, und die meisten Abschnittüberschriften des Inhaltsverzeichnisses erscheinen nicht im Text. Dieses Exemplar kam erst 2004 in das Bundesarchiv. Ein anderes rund 40 Jahre früher in das Archiv gelangtes Exemplar wurde von Wilhelm Ritter von Schramm für seine Veröffentlichung mit dem unpräzisen Titel Beck und Goerdeler. Gemeinschaftsdokumente für den Frieden 1941 – 1944, München: Gotthold Müller Verlag 1965, S. 81 – 166 benützt, wobei Schramm auch redaktionelle Änderungen vornahm; das von Gillmann, S. 875 – 944 benützte Exemplar enthält die nachstehend wiedergegebene Passage auf den Seiten 28 – 30. Dies die Vermutungen des Herausgebers; zwischen »Beck« und »Forster« käme nur die Anspielung auf Wolfgang Förster, Präsident der Kriegsgeschichtlichen Forschungsanstalt des Heeres infrage, zwischen »Halder« und »Forster« wäre die bei Kaiser übliche Beziehung

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zwischen Wortbedeutungen oder zwischen der Person und ihrer Charakteristik angedeutet, also ist Halder wahrscheinlich, was auch aus inhaltlichen Hinweisen weiter unten hervorgeht. Hassell 1988, S. 280. Hassell 1988, S. 280. Hassell 1988, S. 289. Hassell 1988, S. 286. Hassell 1988, S. 288 – 289. Hassell 1988, S. 290 – 291. Roon, Neuordnung im Widerstand, S.  211 – 261, 507 – 517; Moltke-Nachlass, BAK N 1750/1 (vorher Kl. Erw. 824 – 2). Roon, Neuordnung, S.  510 – 511. Roon, Neuordnung, S. 561; Gillmann, S. 368; Goerdeler, Moralischer Zustand, S. 6 (Bl. 23); Gillmann, S. 775; Goerdeler, Das Ziel, S. 16 – 20; Gillmann, S. 886 – 889. Später im Gefängnis schrieb Goerdeler in einem Rechenschaftsbericht, Jesus habe »nicht die Liebe zum Volksgenossen, sondern zum Nächsten« gelehrt: »Gott wendet sich an die Menschen und ihre menschlichen Bindungen, – der Rasse, dem Volke, der Nation schenkt der durch Christus geoffenbarte Gott keine Beachtung.« Goerdeler, Anlage, S. 21 – 22 (Bll. 43 – 44); Gillmann, S. 1225 (nach der Handschrift). Hoffmann, Stauffenberg, S.  240 – 241, 248 – 249. Helmuth James von Moltke, Briefe an Freya 1939 – 1945, München: C. H. Beck 1988, S. 324; Michael Balfour / Julian Frisby, Helmuth von Moltke. A Leader against Hitler, London / Basingstoke: Macmillan [1972], S. 166 – 167; Keilig, Heer, S. 211 – 286; Hassell 1988, S. 291. Löser, Oberbürgermeister Carl Goerdeler, S. 51; Elfriede Nebgen, Jakob Kaiser. Der Widerstandskämpfer, Stuttgart / Berlin/Köln / Mainz: W. Kohlhammer 1967, S. 128; Ludwig ­Bergsträsser, »Erinnerungen an Wilhelm Leuschner«, in: Das Parlament, 20. Juli 1954, S. 8; Urteil gegen ­Goerdeler, Leuschner et al., Spiegelbild, S. 530 – 542; vgl. Joachim G. Leithäuser, Wilhelm ­Leuschner. Ein Leben für die Republik, Köln: Bund-Verlag 1962, S. 202 – 206; Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 229; Brüning, Briefe, S. 26; Moltke, Briefe an Freya, S. 519; Mommsen, Gesellschaftsbild, S. 270 Anm. 109, zitiert »Lipgens a. a. O.«; Walter L ­ ipgens (Hrsg.), Europa-Föderationspläne der Widerstandsbewegungen 1940 – 1945. Eine Dokumentation, München: R. Oldenbourg Verlag 1968, S. 146 – 149. Lipgens zitiert Leithäuser, Leuschner, S. 208 – 210, als Beleg, jedoch steht dort nichts Relevantes. Lipgens, S. 147 – 148 Anm. 3, zitiert auch aus den »Arbeiterfrage« überschriebenen Aufzeichnungen Leuschners aus dem »Archiv Leuschner« von Wilhelm Leuschner Jr., notiert anlässlich Leuschners Lektüre von J. ­Huizinga, Im Schatten von Morgen: »›Die Betonung des Nationalen ist an und für sich schon eine Krisenerscheinung; zeigt Macht darüber hinausgewachsen‹. – Notiz über ein (oder anhand eines) Gespräch [sic] mit Gleichgesinnten« (notiert auf der Rückseite eines Kalenderblatts »53. Woche, 28.–31. Dezember 1941«): »Wo. ist über Mangel an Voraussicht und Entschlossenheit, über die falsche Einschätzung der in dieser Zeit wirksamen Kräfte, über Unmaß an Illusionen und Vertrauensseligkeit aufs tiefste erschüttert. Revolution 1933 künstlich gemacht und technisch organisiert, keine organische Fortsetzung [sondern] Überspanntheit, aber auch Reaktion längst überwundener Epoche unserer Geschichte. Ein Zurück gibt es in Geschichte [sic] niemals, auch wertlos, da kurzlebig … [sic] [Es gilt] Kraftproben

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um Vorherrschaft [des] einen oder andern Volkes ablösen [sic]. 1914/18 nicht geklärt, muß jetzt erfolgen, wenn nicht Europa, auch Deutschland in Verelendung versinken soll. Technische Entwicklung zwingt zu großen Wirtschaftsräumen. [NS-Regime ist] mit unredlichen Mitteln in Besitz [der] Macht.« – Diese Sätze, angefangen von »Revolution 1933 künstlich gemacht und technisch organisiert«, sind wört­liche oder fast wörtliche Zitate aus Goerdelers Denkschrift »Das Ziel«, aus dem Ende des ersten und dem Anfang des zweiten Abschnitts (vgl. Schramm, Beck und Goerdeler, a. a. O., S. 88 – 92!); jedes Bruchstück findet sich dort. So ist fast sicher, daß »Wo« als »Goerdeler« zu lesen ist und daß Goerdeler im Dezember 1941 oder Januar 1942 (der Angabe von Hassell, Tagebücher S. 244, entsprechend) unter Anwesenheit Leuschners das erste Viertel seiner Denkschrift »Das Ziel« vorgelesen haben muß (auch ein Beitrag zu deren Datierung, vgl. oben Nr. 34, Anm. 1). »Die Einfügungen [sic] sind vom Verf., alle anderen [] stammen von Lipgens.« – Hassell 1988, S. 293 – 294 erwähnt ein von Goerdeler für Hassells Gespräche mit Falkenhausen und Witzleben während seiner Reise nach Brüssel und Paris im Januar 1942 verfasstes »Dokument, das wir durchsprachen. Nordmann [ Jessen] und ich bestanden auf der Änderung in dem Sinne keine Reaktion und kein untauglicher Versuch, eine tatsächliche Entwicklung einfach streichen zu wollen. Das Ganze gefiel mir nicht restlos, ich nahm es aber mit und gab es nachher zweifach Scherz [Witzleben]«; das »Dokument« war nicht »Das Ziel«, sondern eine Proklamation zur Bekanntgabe beim Putsch; Detlef Graf von Schwerin, »Dann sind’s die besten Köpfe, die man henkt.« Die junge Generation im deutschen Widerstand, München: R. Piper und Co. 1991, S. 231 – 232; Ludwig Beck, Studien, Stuttgart: K. F. Koehler Verlag 1955, S. 227 – 258. Goerdeler, Das Ziel, BAK N 1113/54. Gerhard Ringshausen, »Hans-Alexander von Voß (1907 – 1944). Offizier im Widerstand«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 52 (2004), S. 381 – 383; Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 325 – 326; Schwerin, S. 231 – 233; Keilig, Heer, S.  211 – 289. Helmuth Groscurth, Tagebücher eines Abwehroffiziers 1938 – 1940, Stuttgart: Deutsche VerlagsAnstalt 1970, S. 46. Halder, Kriegstagebuch III, S. 390; Ringshausen, Voß, S. 382 – 383, 387; Schwerin, S. 217 schreibt, Schneestürme hätten Voß an der Weiterreise gehindert; das Hindernis war aber Halders Weigerung; Hassell 1988, S. 300; vgl. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S.  109 – 129. Schlabrendorff, Offiziere 1946, S. 54 – 55 gibt Halders Antwort an Voß so wieder: Halder sei mit allem einverstanden, was Witzleben plane, könne aber selbst nichts unternehmen, weil auf Brauchitsch kein Verlass sei; nun war Brauchitsch damals schon zurückgetreten, Schlabrendorffs (ungenannte) Quelle war also unzuverlässig oder missverstanden, aber auf den neuen Oberbefehlshaber des Heeres, Hitler, war natürlich in dem gedachten Sinn gar kein »Verlass«. Hassell 1988, S. 294 – 297; zur Rolle von Oberst i. G. Hans Crome siehe Peter Hoffmann, Carl Goerdeler and the Jewish Question, 1933 – 1942, Cambridge / New York [etc.]: Cambridge University Press 2011, S. 103 – 106. Hassell 1988, S. 297, 300, 305. Schlabrendorff, Offiziere 1946, S. 54. Hassell 1988, S. 305. Hassell 1988, S. 307; Bundesarchiv-Militärarchiv (BA-MA) Pers 3/12423; Keilig, Heer, S.  211 – 368.

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Carl Goerdeler, »Stand von Wirtschaft und Verwaltung«, S. 22/Bl. 63; Gillmann, S. 821; ­Goerdeler, Anlage (unterschrieben »Im Gefängnis Januar 1945 im Angesicht des Todes und in Liebe zu den jungen Menschenkindern aller Völker«), Masch., BAK N 1113/73, S. 19, 25 (Bll. 41, 47). Hilberg, Destruction, S. 397. Hilberg, Destruction, S.  398 – 860. Ino Arndt / Wolfgang Scheffler, »Organisierter Massenmord an Juden in nationalsozialistischen Vernichtungslagern«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 24 (1976), S.  105 – 135; Wolfgang Scheffler, »Chelmno, Sobibor, Belzec und Majdanek«, in: Eberhard Jäckel / Jürgen Rohwer (Hrsg.), Der Mord an den Juden im Zweiten Weltkrieg. Entschlußbildung und Verwirklichung, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1985, S. 145 – 160; Wolfgang Benz (Hrsg.), Dimension des Völkermords. Die Zahl der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, München: R. Oldenbourg Verlag 1991, S. 23 – 65. Majdanek (bei Lublin, Polen) wird nach neueren Forschungen nicht mehr als Vernichtungslager in der Kategorie der vorgenannten fünf angesehen, man schätzt aber, dass dort zwischen 59.000 und 72.000 Juden ermordet wurden; Peter Black (Senior Historian, United States Holocaust Memorial Museum) an d. Verf. 1. Oktober 2012. Carl Goerdeler, »Stand von Wirtschaft und Verwaltung«, S. 22/Bl. 63; Gillmann, S. 821; ­Goerdeler, Anlage (unterschrieben »Im Gefängnis Januar 1945 im Angesicht des Todes und in Liebe zu den jungen Menschenkindern aller Völker«), Masch., BAK N 1113/73, S. 19, 25 (Bll. 41, 47). Goebbels, Tagebücher II Band 2, S. 485. Goebbels musste ähnliche Nachrichten erhalten haben, wie die von Gersdorff im Kriegstagebuch niedergelegten; siehe oben Seite 182. Goebbels, Tagebücher II Band 2, S. 494, 498 – 499. »Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. November 1941«, RGBl. 1941 I, S.  722 – 724. Der rechtlich nicht definierte Begriff »Reichsbürger«, der in dem Gesetz, dem diese Verordnung zugeordnet ist, benutzt wird, hat für die Verordnung keinerlei Bedeutung, Kriterium ist immer die Staatsangehörigkeit. Hassell 1988, S. 281 – 282. Die Literatur zum Massenmord an den Juden ist unübersehbar; zu den angeführten Tat­ sachen siehe Klaus-Michael Mallmann, »Der qualitative Sprung im Vernichtungsprozeß. Das Massaker von Kamenez-Podolsk Ende August 1941«, in: Jahrbuch für Antisemitismusforschung 10 (2001), S. 240 – 242; Christian Streit, »Angehörige des militärischen Widerstands und der Genozid an den Juden im Südabschnitt der Ostfront«, in Gert R. Ueberschär (Hrsg.), NS-Verbrechen und der militärische Widerstand gegen Hitler, Darmstadt: Primus Verlag 2000, S. 90 – 103, zitiert Ereignismeldung UdSSR Nr. 143 vom 8. Dezember 1941 und Nr. 145 vom 12. Dezember 1941, in: BAB R 58/219; Ronald Headland, Messages of Murder. A Study of the Reports of the Einsatzgruppen of the Security Police and the Security Service, 1941 – 1943, London / Toronto: Associated University Presses 1992, S. 101; Kogon / Langbein /Rückerl, Nationalsozialistische Massentötungen, S. 81 – 212 (Tötungen mit Gas begannen in Auschwitz am 3. September 1941); Longerich, Politik der Vernichtung, S.  434 – 444, 452 – 458, 464; Hilberg, Destruction, S. 353. Goerdelers Aufzeichnung über die Deportation der Juden aus Leipzig, Masch., [ Januar 1942], in H[elmuth] Kr[ausnick] (Hrsg.), »Goerdeler und die Deportation der Leipziger Juden«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 13 (1965), S. 338 – 339; Gillmann, S. 846 – 848.

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Goerdeler, Stand von Wirtschaft, Bl. 63 (S. 22); Gillmann, S. 821. [Carl Goerdeler], »Die Zeit«, Masch., November 1940, S. 4 – 5, BAK N 1113/52 Bll. 133 – 134; Gillmann, S.  826 – 827. [Carl Goerdeler], »Gesamtlage«, Masch., November 1940, S. 27, BAK N 1113/52, Bl. 129; ­Gillmann, S. 846. Goerdeler, Das Ziel, S. 30; Gillmann, S. 897. Krausnick, Goerdeler und die Deportation der Leipziger Juden, S. 338 – 339; Gillmann, S.  846 – 848. Goerdeler an Generalfeldmarschall [von Kluge], 25. Juli 1943, S. 3; Gillmann, S. 859. Gillmann, S. 859; Spiegelbild, S. 149; Hoffmann, Stauffenberg, S. 607 – 608 Anm. 173. [Carl Goerdeler], ohne Überschrift, ohne Datum, ohne Unterschrift, Ausführungen über den Weg, den die deutsche Politik bis etwa 1944 genommen hatte, auf etwa April 1944 zu datieren, gewöhnlich als »Der Weg« bezeichnet, Masch., BAK N 1113/53, S. 49, 52/Bll. 218, 221; Gillmann, S. 999, 1003; Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 16. Vgl. Beate Meyer, »Das unausweichliche Dilemma: Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland, die Deportationen und die untergetauchten Juden«, in Beate Kosmala / ­Claudia Schoppmann (Hrsg.), Überleben im Untergrund. Hilfe für Juden in Deutschland 1941 – 1945, Berlin: Metropol 2002, S. 273 – 296 zeigten sich in diesem ungründlichen Beitrag über Leo Baecks Tätigkeit im Kriege unzureichend unterrichtet, allerdings mochten sie die beiden in der folgenden Anmerkung zitierten Beiträge noch nicht kennen; dies erklärt jedoch nicht die ebenso ungründliche Behandlung des Themas in einem 2004 erschienenen Beitrag: Beate Meyer, »Handlungsspielräume regionaler jüdischer Repräsentanten (1941 – 1945). Die Reichsvereinigung der Juden in Deutschland und die Deportationen«, in: Birthe Kundrus / Beate Meyer (Hrsg.), Die Deportation der Juden aus Deutschland. Pläne – Praxis – Reaktionen 1938 – 1945 (Beiträge zur Geschichte des Nationalsozialismus Bd. 20), Göttingen: Wallstein 2004, S. 63 – 85. Fritz Backhaus / Martin Liepach, »Leo Baecks Manuskript über die ›Rechtsstellung der Juden in Europa‹. Neue Funde und ungeklärte Fragen«, in: Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 50/1 (2001), S. 57, 61 – 62; Hermann Simon, »Bislang unbekannte Quellen zur Entstehungsgeschichte des Werkes ›Die Entwicklung der Rechtsstellung der Juden in Europa, vornehmlich in Deutschland‹«, in: Georg Heuberger / Fritz Backhaus (Hrsg.), Leo Baeck 1873 – 1956. Aus dem Stamme von Rabbinern, Frankfurt: Jüdischer Verlag im Suhrkamp Verlag 2001, S. 103 – 110. Baecks Vorarbeiten erklären unter anderem, warum er seine Arbeit so rasch abliefern konnte: Leo Baeck, »Die Auseinandersetzung mit dem entstehenden Christentum«, in: Die Lehren des Judentums nach den Quellen. Herausgegeben vom Verband der deutschen Juden. L[eo] Baeck/ F[ritz] Bamberger/M[ax] Dienemann [et al.], Fünfter Teil: Judentum und Umwelt, Leipzig: Gustav Engel Verlag o. J. [1929; Geschenk vom Centralverein deutscher Staatsbürger jüd. Glaubens, Württ. Landesausschuß Stuttgart. 1929. An die Württ. Landesbibliothek], S. 56 – 60; Leo Baeck, »Jüdische Anerkennung individueller Glaubensauffassung«, in: Lehren, S.  201 – 205. Hans Reichmann, »Excerpts from Leo Baeck’s Writings. Foreword. The Fate of A Manuscript«, in: Leo Baeck Institute Year Book 3 (1958), S. 361 – 363; Scholtyseck, Robert Bosch, S. 278; Arnold Paucker, Deutsche Juden im Kampf um Recht und Freiheit, Teetz: ­Hentrich und Hentrich 2003, S. 247 – 250. Ein Typoskript von Leo Baecks »Die Rechtsstellung der Juden in Europa« befindet sich in der Leo-Baeck-Sammlung im Leo Baeck Institute in London, Nachlass,

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AR 7161; davon findet sich unter der Bezeichnung Archives MF 538 ein Mikrofilm im Leo

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Baeck Institute in New York. Scholtyseck, Robert Bosch, S. 278; Paucker, Deutsche Juden, S.  246 – 250; Reichmann, Excerpts, S. 361 – 363; Backhaus / Liepach, S. 65 erörtern, was gegen und für die Wahrscheinlichkeit der Betrauung eines deutschen Rabbiners mit einem solchen »Manifest« spricht; dafür spricht sicherlich Goerdelers Bemühen um Anerkennung des Widerstands im Ausland. Young, ›X‹ Documents, S. 210; deutsche Ausgabe S. 233. Backhaus / Liepach, S.  65. Gillmann, S. 1222, 1235 – 1248, 1250. Fischer Nachlass im Bosch-Archiv und BAK N 1113 / 101; Scholtyseck, Robert Bosch, S. 184. Goebbels, Tagebücher II Band 2, S. 494, 498 – 499. Goerdeler, Das Ziel, S. 16; Gillmann, S. 886 – 887. Goerdeler, Das Ziel, S. 1 – 8 (Bll. 16 – 23), 14 – 18 (Bll. 29 – 33); Klaus Scholder (Hrsg.), Die Mittwochs-Gesellschaft. Protokolle aus dem geistigen Deutschland 1932 bis 1944, Berlin: Severin und Siedler 1982, S. 292 – 294; Gillmann, zum Beispiel S. 875 – 880, 884 – 888; General [Erich] Ludendorff, Der totale Krieg, München: Ludendorffs Verlag 1935. Goerdeler, Das Ziel, S. 28 – 30 (Bll. 43 – 45). Der Begriff »Gewerbe« im Sinne des Gesetzes schloss Ärzte, Apotheker, Anwälte ein; »Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund. Vom 21. Juni 1869«, Bundesgesetzblatt 1869, S.  245 – 282. Reichsbürgergesetz, 15. September 1935, RGBl. I 1935, S. 1146; »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S. 1146 – 1147; »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1333 – 1334; »Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1334 – 1336; »Zweite Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 21. Dezember 1935«, RGBl. I 1935, S. 1524 – 1525; vgl. Lothar Gruchmann, »›Blutschutzgesetz‹ und Justiz. Zur Entstehung und Auswirkung des Nürnberger Gesetzes vom 15. September 1935«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 31 (1983), S.  418 – 442; Goerdeler bezog sich offenbar auf die »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz«, RGBl. I 1935, S. 1333 – 1334, § 5 Abs. 2c, doch irrte er sich; die »Nürnberger Rassegesetze« wirkten sich auf die Staatsangehörigkeit nicht aus; das »Reichsbürgergesetz« stellte in in §§ 1 – 2 fest: »§ 1 (1) Staatsangehöriger ist, wer dem Schutzverband des Deutschen Reiches angehört und ihm dafür besonders verpflichtet ist. (2) Die Staatsangehörigkeit wird nach den Vorschriften des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes erworben. § 2 (1) Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, daß er gewillt und geeignet ist, in Treue dem Deutschen Volk und Reich zu dienen. (2) Das Reichsbürgerrecht wird durch Verleihung des Reichsbürgerbriefes erworben.« K ­ ieffer, ­Goerdelers Vorschlag, S. 491; das RuStAG bestimmte nicht, dass die Staatsangehörigkeit eines Ehemannes derjenigen seiner Ehefrau folge, sondern das Umgekehrte; RuStAG § 6. Goerdeler verwendet die in Gesetzen übliche Sprache, wie zum Beispiel in dem »Gesetz über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich. Vom 21. November 1938«, RGBl. I 1938, S. 1641: »Durch die Wiedervereinigung sind die alteingesessenen Bewohner der sudetendeutschen Gebiete deutsche Staatsangehörige nach Maßgabe näherer Bestimmung.«

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»Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 5. Januar 1938«, RGBl. I 1938, S. 9 – 10; »Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 17. August 1938«, RGBl. I 1938, S. 1044. Bundesarchiv Koblenz, Nachlass Carl Friedrich Goerdeler, N 1113/53, S. 28 – 30. Reichs-Gesetzblatt. 1896, Berlin: zu haben im Kaiserlichen Post-Zeitungsamt, [1896], Nr. 21, S. 217. [Carl Goerdeler, Denkschrift ohne Überschrift, von Goerdeler in der Denkschrift »Stand von Wirtschaft und Verwaltung« vom September 1940 als »Moralischer Zustand« betitelt], Masch., 1. Juli 1940, S.  1 – 7, BAK N 1113/52, Bll. 18 – 24; Gillmann, S. 769 – 775. Weitere Bemerkungen Goerdelers zum Begriff der »Rasse« in Gillmann, S. 880 – 881 (»englische Rasse«), 886, 889; Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 478 – 481. »Moralischer Zustand«, S. 56 (Bll. 22 – 23); Gillmann, S. 775. Goerdeler, Moralischer Zustand, S. 6 (Bl. 23); Gillmann, S. 775. Goerdeler, Stand von Wirtschaft, S. 22; Gillmann, S. 821. Goerdeler, Das Ziel, S. 16 – 20; Gillmann, S. 886 – 889. Später im Gefängnis schrieb ­Goerdeler in einem Rechenschaftsbericht, wie oben Anm. 736 zit., Jesus habe »nicht die Liebe zum Volksgenossen, sondern zum Nächsten« gelehrt: »Gott wendet sich an die Menschen und ihre menschlichen Bindungen, – der Rasse, dem Volke, der Nation schenkt der durch ­Christus geoffenbarte Gott keine Beachtung.« Goerdeler, Anlage, S. 21 – 22 (Bll. 43 – 44); Gillmann, S. 1225 (nach der Handschrift). Ludendorff, Krieg. Goerdeler, Das Ziel, S. 20 – 21 (Bll. 35 – 36); Gillmann, S. 889 – 890. In der Betroffenheitssprache der letzten 50 Jahre wurden solche Gedanken aus ihrem Zusammenhang gerissen und als strafwürdiges Großmachtstreben verurteilt und tabuisiert. Heute sind sie – mutatis mutandis – Leitsätze der Politik im Jahr 2012. Martin Gilbert, The Routledge Atlas of the Arab-Israeli Conflict, 8. Ausgabe, London / New York: Routledge 2005, S. 17 – 21. Vgl. oben, Seite 133. Aufzeichnung von Generaladmiral Hermann Boehm in: Prozess XLI (1949), S. 16 – 25; Louis P. Lochner, What About Germany? New York / Toronto: Dodd Mead and Co. 1942, S. 1 – 5; Testimony of Mr. Louis P. Lochner, taken at Berlin, Germany, on 25 July 1945, by Colonel John H. Amen, IGD, National Archives (Washington) Record Group 238; Helmut Krausnick, »Die Einsatzgruppen vom Anschluß Österreichs bis zum Feldzug gegen die Sowjetunion. Entwicklung und Verhältnis zur Wehrmacht«, in: Helmut Krausnick / Hans-Heinrich ­Wilhelm, Die Truppe des Weltanschauungskrieges. Die Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei und des SD 1938 – 1942, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt 1981, S. 32 – 106, besonders S. 63, 77, 89, 93, 95, 97 – 101; Winfried Baumgart, »Zur Ansprache Hitlers vor den Führern der Wehrmacht am 22. August 1939. Eine quellenkritische Untersuchung«, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte 16 (1968), S. 120 – 149. Streit, Angehörige, S. 90 – 103 zitiert Ereignismeldung UdSSR Nr. 143 vom 8. Dezember 1941 und Nr. 145 vom 12. Dezember 1941, in: BA Berlin-Lichterfelde R 58/219; Klaus-Michael Mallmann / Andrej Andrick / Jürgen Matthäus / Martin Cüppers (Hrsg.), Die »Ereignismeldungen UdSSR« 1941. Dokumente der Einsatzgruppen in der Sowjetunion I, Darmstadt: WBG (Wissenschaftliche Buchgesellschaft) 2011, S. 858 – 862, 871 – 877.

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The Times, 3. Januar 1941, S. 4. Hierzu und zum Folgenden Foreign Relations of the United States. Diplomatic Papers: 1941 (FRUS 1941), Bd. II, Washington: United States Government Printing Office 1959, S. 860 – 868, 875. FRUS 1941 II, S. 870. »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1333 – 1334. Zu Goerdelers Bemerkungen zum Begriff der »Rasse« vgl. Gillmann, S. 880 – 881 (»englische Rasse«), 886, 889. Vgl. Aly [et al.], Band 1, Nr. 212. Vgl. oben, Seite 71. Der Verfasser dankt Dr. Fritz Kieffer (Brief an d. Verf. vom 21. September 2009) für seine Hilfe bei dieser Klarstellung. Siehe oben, Seite 198. Vgl. oben, Seite 124. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 37; Gillmann, S. 1184. Ausnahmen waren unter bestimmten Voraussetzungen möglich; siehe RuStAG § 25 (2). »Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. Vom 22. Juli 1913« (RuStAG), Reichs-Gesetzblatt: 1913, Berlin: Herausgegeben im Reichsamte des Innern. Zu beziehen durch alle Postanstalten, [1919], S. 583 – 593; »Reichsbürgergesetz. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S. 1146; »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S. 1146 – 1147; »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S. 1333 – 1334; »Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S. 1334 – 1336; »Zweite Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 21. Dezember 1935«, RGBl. I 1935, S. 1524 – 1525. Als Beispiel für das Missverständnis hinsichtlich der Staatsangehörigkeit siehe Breitman / Kraut, American Refugee Policy, S. 52. Vgl. oben, Seite 42. RGBl. I 1935, S.  1146 – 1147, 1334 – 1336. Dipper, Widerstand, S. 364 – 365; vgl. Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 493. »Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz. Vom 22. Juli 1913« (RuStAG), Reichs-Gesetzblatt: 1913, Berlin: Herausgegeben im Reichsamte des Innern. Zu beziehen durch alle Postanstalten, [1919], S. 583 – 593. Vgl. Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 491 – 492. RGBl. I 1935, S.  1334 – 1336. RGBl. I 1939, S. 1679. Ludwig Enneccerus / Hans Carl Nipperdey, Enneccerus-Kipp-Wolff, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts. Ein Lehrbuch, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1959, S. 286 – 287; RuStAG, § 6 (S. 584): »Durch Eheschließung mit einem Deutschen erwirbt die Frau die Staatsangehörigkeit des Mannes.« § 9 (S. 585): »Die Einbürgerung in einen Bundesstaat darf erst erfolgen, nachdem durch den Reichskanzler festgestellt worden ist, daß keiner der übrigen Bundesstaaten Bedenken dagegen erhoben hat; erhebt ein Bundesstaat Bedenken, so entscheidet der Bundesrat«. Doppelte Staatsangehörigkeit mit Genehmigung: § 25 (S. 589). Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 491 Anm. 107, zitiert Bernhard Lösener / Friedrich A. Knost, Die Nürnberger Gesetze über das Reichsbürgerrecht und den Schutz des deutschen Blutes und der deutschen Ehre nebst den Durchführungsverordnungen, dem Ehegesundheitsgesetz sowie

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sämtlichen einschlägigen Bestimmungen (insbesondere über den Abstammungsnachweis) und den Gebührenvorschriften, Berlin: Verlag Franz Vahlen 1936, S. 8 (in der 2., neubearbeiteten und erweiterten Auflage 1937, S. 10). Hassell 1988, S. 31 (Einführung). Vgl. Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 492. Vgl. unten, Seite 220. »Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit. Vom 1. Juni 1870«, Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1870, Redigirt im Büreau des Bundeskanzlers, Berlin: gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), [1871], und Berlin: Gesetz-Sammlungs-Debits- und Zeitungs-Komtoir 1870, S. 355 – 360. »Vertrag, betreffend den Beitritt Bayerns zur Verfassung des Deutschen Bundes. Vom 23. November 1870; nebst Schlußprotokoll von demselben Tage«, Bundes-Gesetzblatt des Deutschen Bundes. 1870, Berlin: Gesetz-Sammlungs-Debits- und Zeitungs-Komtoir 1870, in: Reichs-Gesetzblatt. 1871, Berlin: Kaiserliches Post-Zeitungsamt 1871, S. 9 – 26; »Vertrag zwischen dem Norddeutschen Bunde, Baden und Hessen einerseits und Württemberg andererseits, betreffend den Beitritt Württembergs zur Verfassung des Deutschen Bundes, nebst dazu gehörigem Protokoll. Vom 25. November 1870«, Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1870, Berlin: Gesetz-Sammlungs-Debits- und Zeitungs-Komtoir 1870, S. 654 – 657; »Gesetz, betreffend die Einführung Norddeutscher Bundesgesetze in Bayern. Vom 22. April 1871«, in: Bundes-Gesetzblatt des Deutschen Bundes. 1870, Reichs-Gesetzblatt. 1871, Berlin: Kaiserliches Post-Zeitungsamt 1871, S. 87 – 90. »Gesetz, betreffend die Einführung des Reichsgesetzes über die Freizügigkeit vom 1. November 1867 und des Reichsgesetzes über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit vom 1. Juni 1870. Vom 8. Januar 1873«, Reichs-Gesetzblatt. 1873, Berlin: Kaiserliches Post-Zeitungsamt 1873, S. 51 – 52; »Verordnung, betreffend die Einführung von Reichsgesetzen in Helgoland. Vom 22. März 1891«, Reichs-Gesetzblatt. 1891, Berlin: Kaiser­ liches Post-Zeitungsamt 1891, S. 21 – 24. »Publikandum. Vom 26. Juli 1867 […] Verfassung des Norddeutschen Bundes«, Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1867, Berlin: Königliche Geheime Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), 1867, S. 1 – 23, besonders 2 – 3. Die Verfassung des Norddeutschen Bundes von 1867 bestimmte, dass Bundesgesetze den Landesgesetzen vorgehen und dass jeder Bundesangehörige gleiche Rechte hat wie Einheimische in jedem Bundesstaat: »II. Bundesgesetzgebung. Artikel 2. Innerhalb des Bundesgebietes übt der Bund das Recht der Gesetzgebung nach Maaßgabe des Inhalts dieser Verfassung und mit der Wirkung aus, daß die Bundesgesetze den Landesgesetzen vorgehen […] Artikel 3. Für den ganzen Umfang des Bundesgebietes besteht ein gemeinsames Indigenat mit der Wirkung, daß der Angehörige (Unterthan, Staatsbürger) eines jeden Bundesstaates in jedem anderen Bundesstaate als Inländer zu behandeln und demgemäß zum festen Wohnsitz, zum Gewerbebetriebe, zu öffentlichen Aemtern, zur Erwerbung von Grundstücken, zur Erlangung des Staatsbürgerrechts und zum Genusse aller sonstigen bürgerlichen Rechte unter denselben Voraussetzungen wie der Einheimische zuzulassen, auch in Betreff der Rechtsverfolgung und des Rechtsschutzes demselben gleich zu behandeln ist. In der Ausübung dieser Befungnis darf der Bundesangehörige weder durch die Obrigkeit seiner Heimath, noch durch die Obrigkeit eines anderen Bundesstaates beschränkt werden

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[…] Dem Auslande gegenüber haben alle Bundesangehörigen gleichmäßig Anspruch auf den Bundesschutz.« »Gesetz über die Freizügigkeit. Vom 1. November 1867«, Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes 1867, Berlin: Redigirt im Büreau des Bundeskanzlers, Berlin, gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), S. 55 – 58: »§ 1 Jeder Bundesangehörige hat das Recht, innerhalb des Bundesgebietes: 1) an jedem Orte sich aufzuhalten oder niederzulassen, wo er eine eigene Wohnung oder ein Unterkommen sich zu verschaffen imstande ist; 2) an jedem Orte Grundeigenthum aller Art zu erwerben; 3) umherziehend oder an dem Orte des Aufenthalts, beziehungsweise der Niederlassung, Gewerbe aller Art zu betreiben, unter den für Einheimische geltenden gesetzlichen Bestimmungen.« »[noch § 1:] Keinem Bundesangehörigen darf um des Glaubensbekenntnisses willen oder wegen fehlender Landes- oder Gemeindezugehörigkeit der Aufenthalt, die Niederlassung, der Gewerbebetrieb oder der Erwerb von Grundeigenthum verweigert werden.« »Gewerbeordnung für den Norddeutschen Bund. Vom 21. Juni 1869«, Bundesgesetzblatt 1869, S. 245 – 282: »§ 1. Der Betrieb eines Gewerbes ist Jedermann gestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oder Beschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind. Wer gegenwärtig zum Betriebe eines Gewerbes berechtigt ist, kann von demselben nicht deshalb ausgeschlossen werden, weil er den Erfordernissen dieses Gesetzes nicht genügt.« Die Fischerei, »die Ausübung der Heilkunde«, Apotheken, Unterrichtswesen, advokatorische und Notariatspraxis, »Gewerbebetrieb der Auswanderungs-Unternehmer und Auswanderungs-Agenten«, Ver­sicherungen, Eisenbahnen, Lotterie, öffentliche Fähren, Rechtsverhältnisse von Schiffsmannschaften auf Seeschiffen waren von der Anwendung dieses Gesetzes ausgenommen. Die Gewerbeordnung war Reichsrecht.Der Begriff »Gewerbe« schließt Anwälte, Advokaten, Notare, Ärzte ein. »Gesetz betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung. Vom 3. Juli 1869«, Bundes-Gesetzblatt 1869, S. 292: »Einziger Artikel Alle noch bestehenden, aus der Verschiedenheit des religiösen Bekenntnisses hergeleiteten Beschränkungen der bürgerlichen und staatsbürgerlichen Rechte werden hierdurch aufgehoben. Insbesondere soll die Befähigung zur Theilnahme an der Gemeinde- und Landesvertretung und zur Bekleidung öffentlicher Ämter vom religiösen Bekennntis unabhängig sein.« »Gesetz über die Erwerbung und den Verlust der Bundes- und Staatsangehörigkeit. Vom 1. Juni 1870«, Bundes-Gesetzblatt des Norddeutschen Bundes. 1870, Redigirt im Büreau des Bundeskanzlers, Berlin: gedruckt in der Königlichen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei (R. v. Decker), [1871], S. 355 – 360, definiert: »§. 1. Die Bundesangehörigkeit wird durch die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaat erworben und erlischt mit deren Verlust.« »§. 2. Die Staatsangehörigkeit in einem Bundesstaate wird fortan nur begründet: 1) durch Abstammung (§. 3.), 2) durch Legitimation (§. 4.), 3) durch Verheirathung (§. 5.), 4) für einen Norddeutschen durch Aufnahme, und 5) für einen Ausländer durch Naturalisation (§§. 6. ff.). Die Adoption hat für sich allein diese Wirkung nicht.«

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Nach § 3 erhielten ehelich geborene Kinder die Staatsangehörigkeit des Vaters, außerehelich geborene die der Mutter. § 4 betraf die Legitimation illegitimer Kinder; § 6 Eheschließung; §§ 8 – 16 Einbürgerung. Vgl. Seite 213. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 5. Goerdeler, Das Ziel, S. 80; Gillmann, S. 931. Goerdeler, Das Ziel, S. 30; Gillmann, S. 897. Enneccerus / Nipperdey, S.  286 – 287. Vgl. Peter Hoffmann, Behind Valkyrie. German Resistance to Hitler. Documents, Montreal: McGill-Queen’s University Press 2011, S. 77, 87, 99, 108, 145, 221, 250, 252. Goerdeler, Das Ziel, S. 50 – 54 (Bll. 65 – 69). »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 14. Juli 1933« und »Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 26. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S. 480, 538 – 539. »Drittes Gesetz zur Änderung des Bundesergänzungsgesetzes zur Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Vom 29. Juni 1956«, BGBl. I 1956, S.  559 – 597; »Einundfünfzigste Verordnung zur Änderung der Dritten Verordnung zur Durchführung des Bundesentschädigungsgesetzes. Vom 8. Oktober 2009«, BGBl. I 2009, S. 3537. Goerdeler, Das Ziel, S. 28 – 30. Gillmann, S. 897. Gillmann, S. 931. Die Entwürfe Moltkes und der Kreisauer sahen kein Frauenwahlrecht vor. Gillmann, S. 900. »Fünfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 27. September 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1403 – 1406; »Sechste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 31. Oktober 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1545 – 1446; »Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. Juli 1938«, RGBl. 1938 I, S. 969 – 970; »Verordnung über die Teilnahme von Juden an der kassenärztlichen Versorgung. Vom 6. Oktober 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1391; »Dritte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. Juni 1938«, RGBl. 1938 I, S. 627 – 628; »Dritte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. Juni 1938«, RGBl. 1938 I, S. 627 – 628; »Achte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 17. Januar 1939«, RGBl. 1939 I, S. 47 – 48; »Zehnte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 4. Juli 1939«, RGBl. 1939 I, S. 1097 – 1099; Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 490 Anm. 102; siehe S. 29 – 30; »Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. Juli 1938«, RGBl. 1938 I, S. 969 – 970; »Gesetz über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 5. Januar 1938«, RGBl. 1938 I, S. 9 – 10; »Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 17. August 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1044. »Reichsbürgergesetz. Vom 15. September 1935«, RGBl. 1935 I, S. 1146; »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 15. September 1935«, RGBl. 1935 I, S.  1146 – 1147; »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. 1935 I, S.  1333 – 1334; »Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935«, RGBl. 1935 I, S.  1334 – 1336; »Zweite Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 21. Dezember 1935«, RGBl. 1935 I, S.  1524 – 1525; »Erste Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und

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Vornamen. Vom 7. Januar 1938«, RGBl. 1938 I, S. 12; »Zweite Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über die Änderung von Familiennamen und Vornamen. Vom 17. August 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1044; »Viertes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Versteigerergewerbe. Vom 5. Februar 1938«, RGBl. 1938 I, S. 115; »Verordnung gegen die Unterstützung der Tarnung jüdischer Gewerbebetriebe. Vom 22. April 1938«, RGBl. 1938 I, S. 404; »Verordnung über die Anmeldung des Vermögens von Juden. Vom 26. April 1938«, RGBl. 1938 I, S.  414 – 415; »Dritte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. Juni 1938«, RGBl. 1938 I, S.  627 – 628; »Gesetz zur Änderung der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich. Vom 6. Juli 1938«, RGBl. 1938 I, S. 823 – 824; »Vierte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. Juli 1938«, RGBl. 1938 I, S. 969 – 970; »Verordnung über die Teilnahme von Juden an der kassenärztlichen Versorgung. Vom 6. Oktober 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1391; »Fünfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 27. September 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1403 – 1406; »Erste Verordnung über die berufsmäßige Ausübung der Krankenpflege und die Errichtung von Krankenpflegeschulen (Krankenpflegeverordnung – KPfl V –). Vom 28. September 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1310; »Verordnung über Reisepässe von Juden. Vom 5. Oktober 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1342 (alle Pässe waren ungültig, konnten jedoch wieder gültig werden, »wenn sie von der Passbehörde mit einem vom Reichsminister des Innern bestimmten Merkmal versehen werden, das den Inhaber als Juden kennzeichnet«; »Sechste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 31. Oktober 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1545 – 1546; »Verordnung gegen den Waffenbesitz der Juden. Vom 11. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1573; »Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben. Vom 12. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1580; »Verordnung zur Wiederherstellung des Straßenbildes bei jüdischen Gewerbebetrieben. Vom 12. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1581 (»§ 1 Alle Schäden, welche durch die Empörung des Volkes über die Hetze des internationalen Judentums gegen das nationalsozialistische Deutschland am 8., 9. und 10. November 1938 an jüdischen Gewerbebetrieben und Wohnungen entstanden sind, sind von dem jüdischen Inhaber oder jüdischen Gewerbetreibenden sofort zu beseitigen«); »Verordnung über eine Sühneleistung der Juden deutscher Staatsangehörigkeit. Vom 12. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1579 (»Juden deutscher Staatsangehörigkeit in ihrer Gesamtheit wird die Zahlung einer Kontribution von 1.000.000.000 Reichsmark an das Deutsche Reich auferlegt«); »Erlaß des Führers und Reichskanzlers über die Entziehung des Rechts zum Tragen einer Uniform. Vom 16. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1611; »Verordnung über die öffentliche Fürsorge für Juden. Vom 19. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1649; »Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben. Vom 23. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1642; »Polizeiverordnung über das Auftreten der Juden in der Öffentlichkeit. Vom 28. November 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1676; »Verordnung über den Einsatz des jüdischen Vermögens. Vom 3. Dezember 1938«, RGBl. 1938 I, S.  1709 – 1712; »Siebente Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 5. Dezember 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1751; »Zweite Verordnung zur Durchführung der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem deutschen Wirtschaftsleben. Vom 14. Dezember 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1902; »Hebammengesetz. Vom 21. Dezember 1938«, RGBl. 1938 I, S. 1893 – 1894; »Zweite Verordnung über Mietbeihilfen. Vom 31. Dezember 1938«, RGBl. 1938 I, S. 2017; »Achte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 17. Januar 1939«, RGBl. 1939 I, S. 47 – 48; »Neunte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 5. Mai 1939«, RGBl. 1939 I, S. 891; »Zehnte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 4. Juli

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1939«, RGBl. 1939 I, S. 1097 – 1099; »Polizeiverordnung über die Kennzeichnung der Juden. Vom 1. September 1941«, RGBl. 1941 I, S. 547 (unter anderem Judenstern mit der Aufschrift »Jude« Vorschrift für alle über sechs Jahre alten Juden); »Elfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. November 1941«, RGBl. 1941 I, S. 722 – 724; »Zwölfte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 25. April 1943«, RGBl. 1943 I, S. 268 – 269; »Dreizehnte Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 1. Juli 1943«, RGBl. 1943 I, S. 372. Goerdeler, Stand von Wirtschaft, S. 22 (Bl. 63); Gillmann, S. 821; vgl. [Carl Goerdeler, Denkschrift ohne Überschrift], Masch., 1. Juli 1940, S. 6 (Bl. 23); Gillmann, S. 775. Goerdeler hatte allerdings 1940 in seiner Denkschrift über den moralischen Zustand geschrieben, das System der »Grundsatz-, Recht- und Hemmungslosigkeit« herrsche in Wahrheit nur dank der Soldaten; [Carl Goerdeler, Denkschrift über den moralischen Zustand], S. 4, Bl. 21. Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs für das Jahr 1873. Zweites Heft, erste Abtheilung. Herausgegeben vom Kaiserlichen Statistischen Amt. [Erster Jahrgang.] Band II. Heft II. Abtheil. 1 der Statistik des Deutschen Reichs. Berlin: Verlag des Königlich Statistischen Bureaus. (Dr. Engel.) 1873 [sic, obzwar die Titelseite des Bandes II die Jahreszahl 1874 trägt], S. 122, 144. Statistik des Deutschen Reichs. Band 240, S. 27, 204, 210; Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 4. Volks-, Berufs- und Betriebszählung vom 16. Juni 1933. Volkszählung. Die Bevölkerung des Deutschen Reichs nach den Ergebnissen der Volkszählung 1933. Heft 4. Die Ausländer im Deutschen Reich. Die Bevölkerung einiger Gebiete des Deutschen Reichs nach der Muttersprache. Bearbeitet im Statistischen Reichsamt. Berlin: Verlag für Sozialpolitik, Wirtschaft und Statistik, Paul Schmidt 1936; Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 4, S. 9, nennt die Zahl von 1.129.951 Ausländern für 1910. Dieter Gosewinkel, »›Unerwünschte Elemente‹ – Einwanderung und Ausbürgerung der Juden in Deutschland 1848 – 1933«, in: Tel Aviver Jahrbuch für deutsche Geschichte 27 (1998), S. 74, 83. »Die Ausländer im Deutschen Reich. A. Die Ausländer insgesamt. I. Die Gesamtzahl der Ausländer im Deutschen Reich und ihre Entwicklung; Vergleich mit dem Ausland […] II. Die Ausländer nach der Staatsangehörigkeit«, Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 4, S. 5, 7 – 9; Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S.  5 – 8. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 5. »Die Ausländer im Deutschen Reich. A. Die Ausländer insgesamt. I. Die Gesamtzahl der Ausländer im Deutschen Reich und ihre Entwicklung; Vergleich mit dem Ausland […] II. Die Ausländer nach der Staatsangehörigkeit«, Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 4, S. 5, 7 – 9; Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S.  5 – 8. Die Statistik unterscheidet die Juden im Saarland nicht nach ihrer Staatsangehörigkeit. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 8, 13. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S.  13 – 14; Statistik des Deutschen Reichs. Band 470, S. 5, 7 gibt etwas abweichende Zahlen an: Gesamtzahl der Juden im Deutschen Reich 502.799; davon 403.432 deutsche Staatsangehörige und 99.367 Ausländer jüdischer Religion (Glaubensjuden). Vgl. Übersicht Seite 228. Die Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden zählte 1939 mehr Juden im Deutschen Reich als die Volkszählung von 1933, und zwar 403.969 Juden allein in Preußen, im Jahr 1932, in Anhalt 1.140, Baden 24.064, in Bayern 49.145, Braunschweig 1.753, Bremen 1.328, Hamburg 19.904, Hessen 20.401, Lippe 607, Lübeck 650, Mecklenburg-Schwerin 1.225, Mecklenburg-Strelitz 182, Oldenburg 1.513, Sachsen 23.252, Schaumburg-Lippe 180, Thüringen 3.603, und Württemberg 10.827, zusammen 563.743. Die Zentralwohlfahrtsstelle

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nannte keine Kriterien für die Verwendung der Bezeichnung »Jude« und unterscheidet auch nicht zwischen deutschen Staatsangehörigen und anderen. Andere Kriterien, aber auch die schon vor dem 30. Januar 1933 im Gang befindliche Emigration mögen die Abweichungen erklären. Siehe Bella Schlesinger, Führer durch die jüdische Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege in Deutschland 1932 – 33, Berlin: Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden 1932, S. 13, 262, 320, 330, 343, 371, 376, 408, 410, 414, 417, 419, 421, 427, 429. Statistik des Deutschen Reichs 552, 4, S.  6 – 9. Statistik des Bundesstaates Österreich. Heft 2. Die Ergebnisse der österreichischen Volkszählung vom 22. März 1934. Bearbeitet vom Bundesamt für Statistik. Bundesstaat. Textheft, Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1935, S. 44 – 45, 60 – 61 (S. 50 gibt 6.116.250 Katholiken und 295.453 Evangelische an; siehe ferner Diskrepanz zwischen S. 45 und S. 50); Statistik des Bundesstaates Österreich […] Tabellenheft, Wien: Österreichische Staatsdruckerei 1935, S. 2 – 3, 16, 20 – 21. Statistik des Bundesstaates Österreich […] Tabellenheft, S.  20 – 21. Vgl. »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, in RGBl. I 1935, S.  1333 – 1334. »Reichsbürgergesetz. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S. 1146; »Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 15. September 1935«, RGBl. I 1935, S.  1146 – 1147; »Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1333 – 1334; »Erste Verordnung zur Ausführung des Gesetzes zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre. Vom 14. November 1935«, RGBl. I 1935, S.  1334 – 1336. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552, 4, S. 6 – 9, 70. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552, 4, S.  6 – 9. Besprechungsprotokoll, Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, 20. Januar 1942, Auswärtiges Amt / Politisches Archiv Inland II g 177 Bll. 165 – 88 (Faksimile in Peter Longerich, Die Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942. Planung und Beginn des Genozids an den europäischen Juden, [Berlin]: Edition Hentrich 1998, S. 67 et seq.). Kogon / Langbein/Rückerl, Nationalsozialistische Massentötungen, S. 81 – 212 (Tötungen mit Gas begannen in Auschwitz am 3. September 1941); Longerich, Politik der Vernichtung, S.  434 – 444, 452 – 458, 464; Hilberg, Destruction, S. 353. Besprechungsprotokoll, Berlin, Am Großen Wannsee Nr. 56/58, 20. Januar 1942, Auswärtiges Amt, Politisches Archiv Inland II g 177, Bll. 165 – 188, hier S. 6/Bl. 171 (Faksimile in Longerich, Wannsee-Konferenz; ob das Sudetenland zum »Altreich« gehörte, ist im Protokoll unklar; vgl. »Gesetz über die Wiedervereinigung Österreichs mit dem Deutschen Reich. Vom 13. März 1938); RGBl. I 1938, S. 237 – 238; »Gesetz über die Wiedervereinigung der sudetendeutschen Gebiete mit dem Deutschen Reich. Vom 21. November 1938«, RGBl. I 1938, S. 1641. Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt. Vierzigster Jahrgang 1919, Berlin: Verlag des Statistischen Reichsamts 1919, S. 40 – 41, 44 – 45; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt. Einundvierzigster Jahrgang 1920, Berlin: Verlag des Statistischen Reichsamts 1920, S. 26 – 36; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt. Zweiundvierzigster Jahrgang 1921/22, Berlin: Verlag des Statistischen Reichsamts, 1922, S. 28 – 45; Statistisches Jahrbuch für das Deutsche Reich. Herausgegeben vom Statistischen Reichsamt. Dreiundvierzigster Jahrgang 1923, Berlin: Verlag für Politik und Wirtschaft 1923, S. 22 – 37.

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Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 8. Statistisches Jahrbuch 1923, S. 31. Statistisches Jahrbuch 1920, S. 32. Statistik des Deutschen Reichs, Band 470, 1, S. 7. Statistik des Deutschen Reichs. Band 451, 5, S. 8. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451, 5, S. 8. Die geringe Zahl der Personen ohne Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft ist hier vernachlässigt. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451, 5, S.  8 – 9. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451, 5, S.  8 – 9. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451, 5, S. 8. Statistik des Deutschen Reichs, Band 451, 5, S. 8. Vgl. Dieter Gosewinkel, Einbürgern und Ausschließen. Die Nationalisierung der Staatsangehörigkeit vom Deutschen Bund bis zur Bundesrepublik Deutschland, Göttingen: Vandenhoeck and Ruprecht 2001, S. 245 – 246, 353 – 373. Für Einbürgerungen im Deutschen Reich nach dem 1. Juli 1871 gibt es keine veröffentlichte Statistik; Fritz Kieffer, »Auszug aus dem Entwurf vom Dezember 2005: Carl Friedrich Goerdelers Vorschlag zur Gründung eines jüdischen Staates«, Masch., Mainz 2009, S. 4, aufgrund von Salomon Adler-Rudel, Ostjuden in Deutschland 1889 – 1940, Tübingen: J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) 1959, S. 20 – 21, 149. Helmut Neubach, Die Ausweisungen von Polen und Juden aus Preußen 1885/86, Wiesbaden: Otto Harrassowitz 1967, S. 5, 10. Neubach, Ausweisungen, S. 129. Oliver Trevisiol, Die Einbürgerungspraxis im Deutschen Reich 1871 – 1945, Göttingen: Vandenhoeck and Ruprecht 2006, S. 154, nennt die Zahl von 48.000 aus Preußen Ausgewiesenen, darunter 9.000 Juden, und zitiert Hans-Ulrich Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, Bd. 3, München: C. H. Beck 1995, S. 963; Wehler schreibt, 48.000 seien im März und Juli 1885 in nächtlichen Aktionen ausgewiesen worden, ohne eine Quelle im Einzelnen zu zitieren; in einem vier Seiten langen pauschalen Abschnitt über Quellen findet sich auch Neubach, ohne Angabe von Seitenzahlen, sodass unklar bleibt, woher die Zahlen 48.000 und 9.000 stammen. Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S. 155, zitiert Acta Borussica N. F., Protokolle des preußischen Staatsministeriums, Sitzung vom 20. Dezember 1905, MF 905. Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S. 156, zitiert »Der preußische Minister des Innern an Minister der auswärtigen Angelegenheiten, 15.6.1885, GStA PK I. HA, Rep. 77, Tit. 226 B Nr. 38«. Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S. 158. Kieffer, Material zum Thema, S. 8 – 11; vgl. Maurer, Ostjuden, S. 317; Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 82. Hierzu und zum Folgenden: Maurer, Ostjuden, S. 316 – 317; Dieter Gosewinkel, »Homogenität des Staatsvolks als Stabilitätsbedingung der Demokratie? Zur Politik der Staatsangehörigkeit in der Weimarer Republik«, in Wolther von Kieseritzky / Klaus-Peter Sick (Hrsg.), Demokratie in Deutschland. Chancen und Gefährdungen im 19. und 20. Jahrhundert. Historische Essays, München: C. H. Beck 1999, S. 183. »Gesetz über den Friedensschluß zwischen Deutschland und den alliierten und assoziierten Mächten. Vom 16. Juli 1919«, Reichs-Gesetzblatt 1919, Artikel 91, S. 853 – 857: »Die deutschen Reichsangehörigen, die ihren Wohnsitz in den endgültig als Bestandteil Polens anerkannten

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Gebieten haben, erwerben von Rechts wegen die polnische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen. Indes können deutsche Reichsangehörige und ihre Nachkommen, die sich nach dem 1. Januar 1908 in jenen Gebieten niedergelassen haben, die polnische Staatsangehörigkeit nur mit besonderer Genehmigung des polnischen Staates erwerben. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des gegenwärtigen Vertrags [sic] sind die über achtzehn Jahre alten deutschen Reichsangehörigen, die in einem der als Bestandteil Polens anerkannten Gebiete ihren Wohnsitz haben, berechtigt, für die deutsche Reichsangehörigkeit zu optieren. Polen deutscher Reichsangehörigkeit im Alter von über achtzehn Jahren, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, sind ebenso [Anm. d. Hrsg.: ›Die Übersetzung folgt hier dem englischen Text; im französischen Text heißt es (abweichend von der sonst gleich liegenden Bestimmung im Art. 85) statt ›ebenso‹: ›selbst‹.‹ Es gab also keinen authentischen deutschen Text, authentisch waren der französische und der englische Text.] berechtigt, für die polnische Staatsangehörigkeit zu optieren. Die Option des Ehemannes erstreckt ihre Wirkung auf die Ehefrau, die Option der Eltern erstreckt ihre Wirkung auf Kinder unter achtzehn Jahren. Allen Personen, die von dem oben vorgesehenen Optionsrecht Gebrauch machen, steht es frei, in den nächsten zwölf Monaten ihren Wohnsitz in den Staat zu verlegen, für den sie optiert haben. Es steht ihnen frei, das unbewegliche Gut zu behalten, das sie im Gebiete des anderen Staates besitzen, in dem sie vor der Option wohnten. Sie dürfen ihr gesamtes bewegliches Gut zollfrei in das Land mitnehmen, für das sie optiert haben. Die etwa bestehenden Ausfuhrzölle oder -gebühren werden dafür von ihnen nicht erhoben. Innerhalb derselben Frist haben die Polen, die deutsche Reichsangehörige sind und sich im Ausland befinden, das Recht – falls dies den Bestimmungen des fremden Gesetzes nicht zuwiderläuft und falls sie nicht die fremde Staatsangehörigkeit erworben haben – die polnische Staatsangehörigkeit unter Verlust der deutschen aufgrund der von dem polnischen Staat zu erlassenden Vorschriften zu erwerben. In dem Teile Oberschlesiens, in dem die Volksabstimmung stattfindet, treten die Bestimmungen dieses Artikels erst nach der endgültigen Zuteilung dieses Gebietes in Kraft.« 879 Fritz Kieffer, »Material zum Thema: Die jüdische Immigration und die Einwanderungspolitik Preußens und des Deutschen Reichs von 1870 – 1933«, Masch., Mainz, 1. Juli 2006, S. 14, zitiert Adler-Rudel, Ostjuden, S. 149. 880 Rosenberg, Parteiprogramm, S. 16. 881 »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 14. Juli 1933« und »Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 26. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S. 480, 538 – 539. 882 Jochen Oltmer, Migration und Politik in der Weimarer Republik, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 2005, S. 49 zitiert hierfür Gosewinkel, Homogenität, S. 182, 184; siehe ebd. auch zum Folgenden. 883 RuStAG, RGBl. 1913, S. 585. 884 Niederschriften über die Vollsitzungen des Reichsrats. Jahrgang 1931, Berlin 1931, Berlin: Carl Heymanns Verlag, Berlin W8, 1931, S. 22 – 28. 885 Niederschriften über die Vollsitzungen des Reichsrats. Jahrgang 1931, Berlin 1931, Berlin: Carl ­Heymanns Verlag, Berlin W8, 1931, S. 19 – 29 (»Niederschrift der vierten Sitzung [§§ 38 bis 56]. Geschehen Berlin, den 5. Februar 1931.«); am 26. November 1931 (»Niederschrift der

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vierunddreißigsten Sitzung«, S. 394) hatten die verlangten Konsultationen der Reichsregierung mit den Länderregierungen noch nicht stattgefunden. Vgl. die gekürzte Darstellung aus zweiter Hand in Maurer, Ostjuden, S. 322, aufgrund von Berichten in der Jüdischen Rundschau und in Der Israelit; Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S.  68 – 73; Maurer, Ostjuden, S.  316 – 317, 322; Egmont Zechlin, Die deutsche Politik und die Juden im Ersten Weltkrieg, Göttingen: Vandenhoeck und Ruprecht 1969, S. 260 zitiert Adler-Rudel, Ostjuden, S. 21, 24, 32 – 34 (siehe auch 20, 149), für seine Angabe, dass von den 1880er-Jahren bis 1914 rund 90.000 osteuropäische Juden in das Deutsche Reich gekommen seien. »Niederschrift der fünften Sitzung«, 12. Februar 1931, S. 33; »Niederschrift der vierunddreißigsten Sitzung«, 26. November 1931, S. 394. Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S.  67 – 68. Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S. 56 – 57, zitiert eine Weisung, »Reichsminister des Innern an die Reichsstatthalter in den Reichsgauen: Einbürgerungssperre, 28.2.1942«, in StAF A96/1 Nr. 2071. RGBl. 1913, §§ 12, 14, S. 585 – 586. Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 78 – 79. Kieffer, Material zum Thema, S. 9, zitiert Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 76 – 77 und Jack Wertheimer, Unwelcome Strangers. East European Jews in Imperial Germany, New York / Oxford: Oxford University Press 1987, S. 58. Gosewinkel, Einbürgern, S. 245. Neubach, Ausweisungen, S. 129; Trevisiol, Einbürgerungspraxis, S. 154. »Der Erwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit im preußischen Staate während des Jahres 1883«, in: Zeitschrift des Königlich Preußischen Statistischen Bureaus 24 (1884) (Berlin: Verlag des Königlichen Statistischen Bureaus 1884, S. 56 – 78): 94 Personen jüdischen Glaubens aus anderen deutschen Bundesstaaten (S. 58 – 59) und 173 Ausländer jüdischen Glaubens (S. 62 – 63). Die Gesamtzahl der als deutsche Reichs- und Staatsangehörige in Preußen während der Jahre 1872 – 1883 naturalisierten Personen (S. 74) betrug 34.997; der jährliche Durchschnitt betrug 2.916; Gosewinkel, Einbürgern, S. 245 – 246; Kieffer, Material zum Thema, S. 10. Kieffer, Material zum Thema, S. 10 zitiert Gosewinkel, Einbürgern, S. 241 – 242 Anm. 220. Kieffer, Material zum Thema, S. 8 – 9. Kieffer, Material zum Thema, S. 10 zitiert Gosewinkel, Einbürgern, S. 239. Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 80 – 81; Kieffer, Material zum Thema, S. 10 zitiert dazu Jack Wertheimer, Unwelcome Strangers, S. 57 – 58; Wertheimers Jahresgruppen weichen etwas von den hier genannten ab. Kieffer, Material zum Thema, S. 10 zitiert Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 80 – 81. Gosewinkel, »Unerwünschte Elemente«, S. 80 – 81; Kieffer, Material zum Thema, S. 7 – 8. »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 14. Juli 1933« und »Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit vom 26. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S. 480, 538 – 539. – Ausgebürgerte konnten übrigens nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetz die Wiedereinbürgerung beantragen; eine NachHitler-Regierung konnte das Gesetz widerrufen; RuStAG 22. Juli 1913, §§ 25 – 27, S.  583 – 593; »Gesetz zur Abänderung des Gesetzes über das Passwesen, des Gebührengesetzes für die Auslandsbehörden und des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes. Vom 5. November 1923«,

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Reichsgesetzblatt Teil I Jahrgang 1923, hrsg. vom Reichsministerium des Innern, Berlin: Verlag des Gesetzsammlungsamts 1923 (RGBl. I 1923), S. 1077 – 1078; Verordnung vom 27. Juni 1924 (RGBl. I. 1924, S. 659); »Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 14. Juli 1933« (RGBl. I. 1933, S. 480); Verordnung vom 5. Februar 1934 (RGBl. I. 1934, S. 85); »Gesetz zur Änderung des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes. Vom 15. Mai 1935«, RGBl. I 1935, S. 593; »Wehrgesetz. Vom 21. Mai 1935«, RGBl. I 1935, S. 609 – 614; »Verordnung zur Regelung von Staatsangehörigkeitsfragen. Vom 20. Januar 1942«, RGBl. I 1942, S. 40. 902 Gesetz über den Widerruf von Einbürgerungen, RGBl. I 1933, S. 480, 538 – 539; siehe auch RuStAG in RGBl. 1913, S. 583 – 593. Hans Georg Lehmann, »Acht und Ächtung politischer Gegner im Dritten Reich. Die Ausbürgerung deutscher Emigranten 1933 – 45«, in Michael Hepp (Hrsg.), Die Ausbürgerung deutscher Staatsangehöriger 1933 – 45 nach den im Reichsanzeiger veröffentlichten Listen, Bd. 1, München / New York / London/Paris: K. G. Saur 1985, S.  XIII, gibt an, das Bundesverwaltungsamt in Köln besitze eine Liste von 10.487 Widerrufen aufgrund des Widerruf-Gesetzes; dass 6.943 Widerrufe Juden betrafen; dass die Widerrufe auch Ehepartner und Kinder einbezogen; und dass die Gesamtzahl der Widerrufe bzw. Aberkennungen der Einbürgerung bzw. Staatsangehörigkeit jüdischer Personen zwischen 14.000 und 21.000 Personen betrage. Laut Auskunft des Bundesverwaltungsamtes vom 6. März 2009 trifft dies nicht zu. Das BVA besitzt eine Liste von 19.291 Ausbürgerungen, die jedoch unvollständig ist und sowohl Nichtjuden als auch Juden einbezieht. Hepps Irrtum hat gleichwohl in der gelehrten Literatur Erwähnung gefunden, neuerdings in Joachim Neander, »Das Staatsangehörigkeitsrecht des ›Dritten Reiches‹ und seine Auswirkungen auf das Verfolgungsschicksal deutscher Staatsangehöriger«, in: theologie.geschichte 3 (2008), S.  1 – 2, http://aps.sulb.unisaarland.de/theologie.geschichte. 903 Vgl. den Zusatz zur britischen Aliens Act vom 11. August 1905, »An Act to amend the Law with regard to Aliens«, in: Law Reports. The Public General Statutes, Passed in the Fifth Year of the Reign of His Majesty King Edward the Seventh (1905) XLIII, S. 22 – 27, sowie die Nationality and Status of Aliens Act 1914 in: Law Reports 1914 LII, S.  26 – 28, 32 – 41 und die Novelle dazu vom 8. August 1918, in der es heißt »and that (in any case) the continuance of the certificate [of naturalization] is not conducive to the public good«, Law Reports. The Public General Statutes Passed in the Eighth and Ninth Years oft he Reign of His Majesty King George the Fifth. 1918. Vol. LVI, London: Council of Law Reporting 1919, S. 120; Stauffenberg, Entziehung, S. 266 – 267 schreibt über diese englischen Bestimmungen über den Widerruf von Einbürgerungen, dass sie wohl »am weitesten gehen«; Völkerbundssatzung Art. 15, Reichs-Gesetzblatt 1919, S. 728-733. Kieffer, Judenverfolgung, S. 305 – 308, zitiert eine Depesche des amerikanischen Außenministers an den amerikanischen Botschafter in Berlin vom 15. Oktober 1936 [sic] in FRUS 1938, I, S. 799 – 800, und Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika, Berlin (Wilson) an Secretary of State 18. Oktober 1938 [sic], Anlagen 1 und 2, National Archives (Washington DC) RG 9 340.48 Refugees / 879 und Aufzeichnung des Staatssekretärs im Auswärtigen Amt vom 18. Oktober 1938 in ADAP D V Nr. 645, S. 758 – 759, und Botschaft Frankreichs in Berlin an Amt für auswärtige Angelegenheiten in Paris vom 24. Oktober 1938 in: Auswärtiges Amt / Politisches Archiv, Unterstaatssekretär, Judenfrage R 29989; Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 486. 904 Vgl. Stauffenberg, Entziehung, S. 270; Weil, Races at the Gate, S. 271 – 297.

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Bundesverwaltungsamt an d. Verf. 6. März 2009. »Verordnung zur Durchführung des Gesetzes über den Widerruf von Einbürgerungen und die Aberkennung der deutschen Staatsangehörigkeit. Vom 26. Juli 1933«, RGBl. I 1933, S.  538 – 539; Kieffer, Material zum Thema, S. 16, verwendete die irrige Zahl von 6.943, die Lehmann in Hepp, Ausbürgerung, S. XIII angab als die Zahl derjenigen Personen, die Ausbürgerungsbescheide erhalten hätten; aufgrund der Annahme, die meisten von ihnen seien Männer gewesen, zählte Kieffer Frauen und Kinder dazu und schätzte, dass die zweieinhalb- bis dreifache Zahl der Bescheide so annähernd wie möglich die Zahl der Ausgebürgerten darstelle, nahm die Zahl von 17.358 an und dass diese Zahl der Zahl der in der fraglichen Zeit – 9. November 1918 bis 30. Januar 1933 – Naturalisierten nahe komme. Siehe jedoch Maurer, Ostjuden, S. 317: 12.500 »Ostjuden« wurden in Preußen von 1919 bis 1931 eingebürgert; Statistik des Deutschen Reichs. Band 552, 4, S. 4, 7 – 8. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552, 4, S. 4, 7 – 8. Kieffer, Material zum Thema, S. 3 – 4, zitiert James F. Tent, In the Shadow of the Holocaust. Nazi Persecution of Jewish-Christian Germans, Lawrence, Kansas: University Press of Kansas 2003, S. 29. Nota bene: Ergänzungen und Korrekturen in den zitierten Heften der Statistik des Deutschen Reichs weisen für manche Zahlen Variationen auf. Nipperdey, Deutsche Geschichte, S.  880 – 881. Goerdeler, hs. Niederschrift ohne Überschrift, 70 Blatt auf Briefpapier des Hyde Park Hotel, Knightsbridge, London, 9. Juli 1937, (Bl. 52 – 55). Meine Ergänzungen in eckigen Klammern; der Zusammenhang erfordert die Ergänzung »und ich« nach »Löser«; vgl. oben, Seite 75, und unten, Seite 238. Mommsen, Gesellschaftsbild, S. 269 – 270 Anm. 109; Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 364 – 365; Mommsen, Widerstand gegen Hitler, in: Mommsen, Alternative, S. 388 – 391; Mommsen in: Gillmann, S. LX–LXI; Gillmann in: Gillmann, S. 863 – 864. Treue, Parteiprogramme, S. 122; Mommsen, Parteiprogramme, S. 132 – 135 ohne diesen Passus. Ritter, Goerdeler 2. Auflage 1956, S. 38, 50. Ritter, Goerdeler, S. 30; Gillmann, S. 200 – 213, 1225. S. oben, Seite 38. Vgl. oben, Seite 109. Vgl. oben, Seite 76. Nachlass Goerdeler, BAK N 1113/16, passim. Scholtyseck, Robert Bosch, S. 265 – 282; Februar 1942, April 1942, Mai 1943: Dulles, Germany’s Underground, S. 142 – 146; Allen Welsh Dulles, Verschwörung in Deutschland, Kassel: Harriet Schleber Verlag 1949, S. 179 – 181. Gillmann, S. 1054 – 1148; vgl. Gillmann, S. 1197 – 1202; und Ritter, Goerdeler, 2. Auflage, zum Beispiel S. 439, 443. Hassell 1988, S. 26 – 27. Scholder, Mittwochs-Gesellschaft. Roon, Neuordnung, S. 80. Hassell 1988, S. 49.

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Die Regierung Hitler. Teil I, Band 1, S. 31, 343, 656; Die Regierung Hitler. Teil I, Bd.  2, S.  1183 – 1184; Die Regierung Hitler. Band II, Teilbd. 1, S. 133. Gillmann, S. 368. BAB R 43 II/318a Bl. 29. Siehe oben, Seite 90. Gillmann, S. 445 – 447, 457. Siehe oben, Seite 91. Goerdeler, 27. September 1937. Betrifft Kanada. Gillmann, S.  578 – 579. Goerdeler, U.S.A., S. 46, 54 – 55; Gillmann, S. 580, 585. »Fragen, wie z. B. die Judenfrage, die Logenfrage, die Rechtssicherheit, die Kirchenfrage«, welche »wir« »in eine gewisse größere Übereinstimmung mit imponderablen Anschauungen anderer Völker werden bringen müssen«; Goerdeler, [Denkschrift ohne Überschrift], 31. August 1936, S. 12. Siehe oben, Seite 137. Young, »Memorandum No. 4. Record of a conversation which my representative had with X. in Switzerland on Nov. 6th & 7th«, Masch., Young Papers 242-X-MI-3 – 4, S.  15 – 16; Young, ›X‹ Documents, S.  139 – 140. Carl Goerdeler, »Aufruf an alle Menschen«, Berlin, 27. Januar 1945, 26 S., Hs., S. 9 – 10 (Bl. 6); Gillmann, S. 1239. Goerdeler, Das Ziel, S. 28. Vgl. oben, Seite 65. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, September 1944, Masch., S. 37, Bl. 93; Gillmann, S. 1184. Vgl. Hoffmann, Behind Valkyrie, S. 263 – 283; Kaiser, Mut, S. 267. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S.  327 – 340, 360 – 362, 369 – 373. Goerdeler an Generalfeldmarschall [von Kluge], 25. Juli 1943, S. 3; Gillmann, S. 859. Brief Goerdelers an seinen Wärter, Wilhelm Brandenburg, November 1944, Gillmann, S.  1196 – 1197. Goerdeler, Anlage, Hs., S. 27 (Bll. 49); Gillmann, S. 1229; Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. XI zitiert Historisches Archiv Krupp FAH 4 E 154. Siehe oben, Seite 86, Seite 116 und Seite 152. Statistik des Deutschen Reichs. Band 552, 4. Zechlin, S. 516 – 567 = Kapitel »Juden und Antisemitismus im Weltkrieg«. Prüfung der Klagen, dass »eine große Zahl im Heeresdienst stehender Juden verstanden haben, eine Verwendung außerhalb der vordersten Front, als in dem Etappen- und Heimatgebiet und in Beamten- und Schreibstellen zu finden« (Zechlin, S. 527). Am 30. Oktober 1916 ordnete das Preußische Kriegsministerium eine statistische Erhebung des Anteils der Juden im Kriege mit dem Stichtag 1. November 1916 an. Weiteres: Jacob Segall, Die deutschen Juden als Soldaten im Kriege 1914 – 1918, Berlin: Philo-Verlag 1921; Statistik der Juden (Vorwort vom 1. Mai 1917), Berlin 1918, S. 152 et seq. Ergebnisse: Segall, S. 38; Reichsbund jüdischer Frontsoldaten (Hrsg.), Die jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres, der deutschen Marine und der deutschen Schutztruppen 1914 – 1918, Berlin 1932, besonders S. 419. Siehe auch Werner T. Angress, »The German Army’s ›Judenzählung‹ of 1916. Genesis – Consequences – Significance«, in: Leo Baeck Institute Year Book 23 (1978), S.  117 – 137.

Anmerkungen  |

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Die Gesamtzahl der im Ersten Weltkrieg Kriegsdienstleistenden der Bevölkerung Deutschlands (67.000.000) betrug 13.250.00, oder 19,5 Prozent. Vgl. Segall, Die deutschen Juden als Soldaten; Jacob Rosenthal, »Die Ehre des jüdischen Soldaten«. Die Judenzählung im Ersten Weltkrieg und ihre Folgen, Frankfurt am Main / New York: Campus Verlag 2007. Statistik des Deutschen Reichs 451, 5, S. 13: Von den 499.682 Glaubensjuden, die am 16. Juni 1933 im Deutschen Reich (ohne das Saarland) wohnten, waren 400.935 deutsche Staatsangehörige; 98.747 waren Staatsangehörige anderer Staaten oder Staatenlose; die Statistik des Deutschen Reichs 470, S. 5, gibt die Gesamtzahl 502.799 an; S. 7 führt 403.432 jüdische deutsche Staatsangehörige auf und 99.367 ausländische Glaubensjuden. Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 349 – 380; Dipper, German Resistance, S. 51 – 93; Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 364 zitiert für seine Auszüge aus Goerdelers Schrift »Das Ziel« nicht das damals längst im Bundesarchiv im Nachlass Goerdeler liegende Exemplar, auch nicht die Edition Wilhelm von Schramms, sondern Bodo Scheurig (Hrsg.), Deutscher Widerstand 1938 – 1944. Fortschritt oder Reaktion? München: Deutscher Taschenbuchverlag 1969, S. 75 – 77; er stellt Beziehungen her, so zwischen »Binsenweisheit«, der Bildung eines Judenstaates als deren Konsequenz und der automatischen Ausbürgerung, die sich in Goerdelers Schrift nicht finden; in einer englischen Übersetzung des Aufsatzes von Dipper ist »durch Teilnahme am Ersten Weltkrieg« übersetzt als »through front-line duty during World War I«, also entstellt; Goerdelers Worte sind »die als deutsche Soldaten am Kriege teilgenommen haben«. Friedländer, Das Dritte Reich und die Juden, S. 435 unter Berufung auf Fest, Staatsstreich, S. 152ff. Vgl. oben, Seite 207. Christof Dipper, »Der 20. Juli und die ›Judenfrage‹«, in: Die Zeit, Overseas Edition, Nr. 27, 8. Juli 1994, S. 20; Herzl, Tagebücher III, S. 412; Theodor Herzl, Theodor Herzls Tagebücher. Erster Band, Berlin: Jüdischer Verlag 1922, S. 149 – 150, 631. Goldman, S. 99. Gillmann, S. 578; Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 361: Aus der Zeit »1938/40 sind keine Aussagen über das künftige Schicksal der Juden in Deutschland bekannt«; David Bankier, Herausgeber von Probing the Depths of German Antisemitism. German Society and the Persecution of the Jews, 1933 – 1941, New York / Oxford: Berghahn Books; Jerusalem: Yad Vashem, Leo Baeck Institute 2000, ermöglichte Dipper, entgegen wissenschaftlicher Gepflogenheiten, ohne dieselbe Gelegenheit für d. Verf. oder auch nur dessen Verständigung, außer dem Abdruck seines Beitrages eine an seinen Beitrag anschließende Kritik am Beitrag d. Verf. auf über mehr als vier Druckseiten (S. 492 – 497), worin Dipper behauptete, im Gegensatz zum Verf. haben er, Hans Mommsen und Hans-Ulrich Thamer keinen Zugang zum Nachlass Goerdelers erhalten; hierzu ist festzustellen: Tatsächlich hatte Hans Mommsen wenigstens 20 Jahre vor dem Erscheinen von Sabine Gillmanns Edition im Jahr 2003 einen großen Teil des Nachlasses in Verwahr; Zugang zu dem im Bundes­archiv in Koblenz liegenden Teil des Nachlasses wurde nach eingeholter Genehmigung der Familie jedem Forscher gewährt; das Bundesarchiv in Koblenz verfügte im Jahr 2000 über keine Unterlagen, die einen Besuch Dippers oder einen Antrag auf Benützung des Goerdeler-Nachlasses dokumentieren könnten; Bundesarchiv an d. Verf. 26. Juli 2000; Dipper an d. Verf. 18. Oktober 2000 widersprach diesem Befund

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nicht. Palestine. Statement of Policy schränkte die jüdische Einwanderung nach Palästina auf 75.000 Personen für die folgenden fünf Jahre ein; bis Oktober 1944 waren nur 61.000 jüdische Einwanderer in Palästina registriert worden; die britisch-amerikanisch-russische Erklärung vom 17. Dezember 1942 verurteilte Massaker und Verfolgungen und kündigte Bestrafung an, vermied jedoch jeden Hinweis auf Asyl oder Hilfe; siehe Secretary of State for War Henry L. Stimson an John W. Pehle, Executive Director of the War Refugee Board, Department of the Treasury, 31. März 1944, National Archives, Record Group (NA R. G.) 59, Department of State (DS) decimal file 840.48 Refugees / 5499; David S. Wyman, The Abandonment of the Jews. America and the Holocaust 1941 – 1945, New York: Pantheon Books 1984, S. 5 – 6, 260 – 268; Nicosia, The Third Reich and the Palestine Question, S. 157, 159, 162 – 163; Wasserstein, Britain and the Jews of Europe, S.  17 – 39, 81 – 96, 143 – 155, 169 – 182; 205, 269, 278, 330 – 331, 339, 342 – 343, 352 [Hayim Barlas, Hatsalah be-yeme sho’ah] (Hakibbutz Hameuchad 1975), S. 214 – 215, 221, 240 – 253; The Times, (Late London Ed.) 18. Dezember 1942, S. 4; Ira Hirschmann, Caution to the winds, New York: David Mckay 1962, S. 141 – 147; The holocaust: 14. Relief and rescue of Jews from Nazi oppression 1943 – 1945, introd. John Mendelsohn, New York / London: Garland Pub. 1982, S. 22 – 94. Zu Dippers unzutreffender Datierung der Denkschrift »Das Ziel« siehe Gillmann, S. 873; Kieffer, Goerdelers Vorschlag, S. 475 – 476. Das Palästina-Zitat bei Gillmann, S. 1184. Gillmann, S.  863 – 864. Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 364 – 365 ignoriert die ipso-facto-Regel und die Frage der doppelten Staatsangehörigkeit, er meint mit »Sonderstatus« eine Benachteiligung. Goerdeler an Generalfeldmarschall [von Kluge], 25. Juli 1943, Masch., handschriftlich unterzeichnet »Goerdeler«, S. 3, BAK N 1113/76; Gillmann, S. 859; Spiegelbild, S. 149; Goerdeler, Denkschrift ohne Überschrift, gewöhnlich als »Der Weg« bezeichnet, BAK N 1113/53, S. 49, 52/Bll. 218, 221; Gillmann, S. 999, 1003; Gillmann, Nachlass Carl Goerdeler, S. 16. Vgl. oben, Seite 201; The Times, 10. August 1938, S. 10; Runciman-Bericht, Vyšný (vgl. oben, Anm. 385), S. 344 – 345; in der leicht veränderten Form des Briefes an Beneš gedruckt in DBFP, Third Series, Vol. 2, S. 675 – 679. Herzl, Tagebücher, passim. Siehe oben, Seite 34. McDonald, Advocate, S. 152; vgl. oben, Seite 74; Roon, Neuordnung, S. 510 – 511, 561. Siehe oben, Seite 129. The Times, 10. August 1938, S. 10; Runciman-Bericht, Paul Vyšný, The Runciman Mission to Czechoslovakia, 1938. Prelude to Munich, Houndmills and New York: Palgrave Macmillan, 2003, S. 344 – 345; in der leicht veränderten Form des Briefes an Beneš gedruckt in DBFP, Third Series, Vol. 2, S. 675 – 679. »It is a hard thing to be ruled by an alien race.« Runciman Report, in: Vyšný, S. 345. Zitiert in: Scholtyseck, Robert Bosch, S. 276. McDonald, Advocate, S. 153, 383, 387 – 388. Dasselbe gilt sicherlich nicht für alle Fälle von Umsiedlungen. Präsident Abraham Lincoln wollte den rund vier Millionen ehemaligen Sklaven die freiwillige Aussiedlung nach Liberia, Britisch Honduras oder Britisch-Guayana ermöglichen; 1,5 Millionen Griechen aus der Rest-Türkei wurden durch »die Mächte« zwischen 1922 und 1930 ausgesiedelt; den Südtirolern geschah Ähnliches; Lord Halifax wollte 1939 die Sudetenfrage durch Umsiedlung der Sudetendeutschen (»population transfer«) lösen.

Anmerkungen  |

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Am Ende des Krieges wurden 16 Millionen Deutsche aus ihrer Heimat vertrieben (dazu vgl. Nawratil, Schwarzbuch, S. 71 – 72); Brandes, Lexikon der Vertreibungen, passim. Hamerow, On the Road, S. 128 zitiert Ritter, Goerdeler (1954), S. 64 und Schramm, Beck und Goerdeler, S. 105 – 107, wo nicht steht, was er zitiert; siehe ferner Hamerow, On the Road, S. 127 – 128, 183, 228, 295, 328. Hans Mommsen, Gesellschaftsbild und Verfassungspläne des deutschen Widerstandes, S. 269 – 270 Anm. 109; Dipper, Der Deutsche Widerstand und die Juden, S. 364 – 365; Koch, In the Name of the Volk, S. 180, sagt ohne Beleg, Goerdeler habe die deutschen Juden deportieren wollen; Hamerow, On the Road, S. 296 zufolge wollte Goerdeler »die meisten deutschen Juden zu Ausländern machen«; Mommsen, Der Widerstand gegen Hitler, S. 388 – 391; Mommsen in: Gillmann, S. LX–LXI; Gillmann in: Gillmann, S. 863 – 864. Gillmann, S. LXI. Gillmann, S. 1185. Gillmann, S. LXI, 1185. Gillmann, S. 1185. Gillmann, S. 1184. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 37, BAK N 1113/73, Bl. 93; Gillmann, S. 1184. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 37, BAK N 1113/73, Bl. 93; Gillmann, S. 1185. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 37 – 38, BAK N 1113/73, Bll. 93 – 94; Gillmann, S. 1185. Goerdeler, Anlage, Masch., undatiert, S. 18 – 19, BAK N 1113/73, Bll. 40 – 41; Gillmann, S.  1222 – 1223. Anklageschrift gegen Dr. Karl Goerdeler, Wilhelm Leuschner, Josef Wirmer, Ulrich von Hassell, Dr. Paul Lejeune-Jung, Der Oberstaatsanwalt beim Volksgerichtshof 0 J 17/44 gRs, Berlin 3. September 1944, BAB R 3018 / 1583 (alt NJ 1583); Goerdeler, Unsere Idee, S. 24, BAK N 1113/73, Bl. 116; Ritter, Goerdeler, S.  431 – 433; Spiegelbild, S. 513 – 514; Gillmann, S. 1152, 1241. Moltke, Abschiedsbriefe, S. 479; Peter Hoffmann,»Moltke, Goerdeler und Stauffenberg. Fragen und Kontroversen«, in: Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft 57 (2013), S. 463 – 493; Moltke, Briefe an Freya, S. 595 – 596, 609. Ritter, Goerdeler, S. 429 laut persönlicher Mitteilung von Jacob Wallenberg. [Urteil des Volksgerichtshofes, I. Senat, 17. Januar 1945] gegen H. Kaiser und B. Thoma, Masch.-Abschrift, Az. I L 454/44 O J 7/44 gRs, [Berlin 17. Januar 1945], Bundesarchiv EAP 105/30; Spiegelbild, S.  726 – 731. Hoffmann, Widerstand, Staatsstreich, Attentat, S. 470. Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 37, Bl. 82; Gillmann, S. 1184. Goerdeler, Unsere Idee, S. 19 – 20 (nicht in Gillmann). Goerdeler nannte zwar eine Zahl ermordeter deutscher Juden, die um fast 421.000 höher war als die Zahl der 1933 in Deutschland und Österreich zusammen ansässigen Juden. Aber Goerdeler war ständig darüber unterrichtet, was ihnen geschah. Goerdeler, Anlage, S. 25, Bl. 47; Gillmann 1226 – 1228; Gillmann, S. 1228 gibt »und Deutschen« kursiv wieder, offenbar aufgrund der Handschrift; in der masch. Version ist »und Deutschen« nicht ausgezeichnet.

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Goerdeler, Anlage, S.  21 – 26, 29 – 30, Bll.  43 – 49, 51 – 52; Gillmann, S.  1225 – 1229, 1231 – 1232. Goerdeler, Gedanken, S. 37 – 38, Bll. 82 – 83; Gillmann, S. 1184 – 1185; Goerdeler, Unsere Idee, S. 33, Bl. 120 (nicht in Gillmann). 989 Goerdeler, Anlage, S. 19, Bl. 41. 990 Belege unter anderem: Gillmann, S. 367 – 372, 401 – 402, 404. 991 Goerdeler, Aufruf, S. 1/Bl. 1; Gillmann, S. 1236. 992 Freya von Moltke zum Verf. 19. Oktober 2008. 993 Ritter, Goerdeler, S. 439. 994 »Der Bund deutsch-jüdischer Jugend«, in: Seite der Jugend Nummer 1, 4. Januar 1934, Beilage der C. V.-Zeitung, Berlin, 4. Januar 1934, XIII. Jahrgang Nr. 1. 995 Leo Baeck, »Zurückhaltung«, C. V.-Zeitung, XIII. Jahrgang Nr. 5, 1. Februar 1934, S. 1; vgl. auch Aly [et al.], Band 1, Nr. 239. 996 Vgl. oben, Seite 59. 997 Historisches Archiv Krupp FAH 23/FAH 4 E 154: Krupp an Hitler 15. Juni 1936, Masch.Durchschlag; Hauptmann a. D. Fritz Wiedemann an Krupp 1. Juli 1936; Wiedemann an Krupp 24. Februar 1937. Vgl. Colvin, Vansittart, S. 149; Gillmann, Nachlass, S. XI zitiert Historisches Archiv Krupp FAH 4 E 154. Goerdeler, Anlage, S. 27 (Bll. 49); Gillmann, S. 1229. 998 Goerdeler, Unsere Idee, S. 24 – 25, Bll. 116 – 117 (nicht in Gillmann). 999 Ritter, Goerdeler, S.  424 – 426. 1000 Nachlass Constantin von Dietze 01 – 345-013/2, Briefe und Nachrichten aus der Haftzeit in Moabit (Lehrterstr. 3) und Ravensbrück, Archiv für Christlich-Demokratische Politik, St. Augustin. 1001 Nachlass Dietze. 1002 Nachlass Dietze. 1003 Ritter, Goerdeler, S.  418 – 419. 1004 Ritter, Goerdeler, S. 441. 1005 (!) von Ritter eingefügt. 1006 Ritter, Goerdeler, S.  438 – 440. 1007 Gillmann, S. 1185. 1008 Ritter, Goerdeler, S. 440, 443 zitiert aus [Carl Goerdeler], »Anlage«, [ Januar 1945], Masch. 34 S., BAK N 1113/73, Bll. 23 – 56, hier S. 30/Bl. 52. 1009 Goerdeler, Unsere Idee, S. 24, Bl. 116 (nicht in Gillmann). 1010 Gillmann, S.  1201 – 1202. 1011 Goerdeler, Gedanken eines zum Tode Verurteilten, S. 26 (Bl. 48); Gillmann, S. 1229. 1012 Ritter, Goerdeler, S.  431 – 440. 1013 Für Goerdelers Aufenthalt in der Prinz-Albrecht-Straße bis zu seiner Hinrichtung ­Gillmann, S. 1054 Anm. 1. 1014 Siehe oben, Seite 252. 1015 Siehe Ritter, Goerdeler, S.  416 – 445. 1016 Cicero, »Pro Murena«, in: Cicero, The Speeches (The Loeb Classical Library), Cambridge, Massachusetts: Harvard University Press; London: William Heineman 1953, S. 326, 336. 1017 Brief Goerdelers an seinen Wärter, Wilhelm Brandenburg, November 1944, Gillmann, S.  1196 – 1197. 987 988

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Aufzeichnungen von Weizsäcker und Woermann vom 18. bzw. 24. Oktober 1938 in: ADAP D V, Nrn. 645 und 647, S. 758 und 760 erwähnen die Noten, die jedoch in ADAP D V weder in den englischen bzw. französischen ursprünglichen Fassungen noch in deutschen Übersetzungen abgedruckt sind. Stauffenberg, Entziehung, S. 270. Fahrmeir / Faron / Weil (Hrsg.), Migration Control, S. 271 – 297 (Zitat auf S. 272) zufolge dominierte »der rassische Ansatz« offiziell die amerikanische Einwanderungspolitik »von den 1920er Jahren bis 1965«; siehe auch Patrick Weil, Qu’est-ce un Français? Paris: Bernard Grasset 2002, S. 72 – 90, 93, 97 – 134. Siehe Seite 65; Feldman, Nineteenth Century, S. 167, 170. Dietrich Bonhoeffer, Werke, 12. Band, Gütersloh: Chr. Kaiser Verlag 1997, S. 350 – 353. Hierzu und zum Folgenden Bundesgesetzblatt Teil II, Jahrgang 1952 (BGBl. Teil II 1952), Köln: Bundesanzeiger-Verlags-GmbH 1952, S. 685; »Bekanntmachung der Neufassung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Vom 22. Oktober 2010«, BGBl. 2010 Teil II, Nr. 30, Bonn: Bundesanzeiger Verlag 2010, S. 1198 – 1228. Treaty Series. Treaties and International Agreements Registered or Filed and Recorded with the Secretariat of the United Nations, vol. 999, New York: United Nations 1983, Nr. 14668, S. 171 – 186; »Gesetz zu dem Internationalen Pakt vom 19. Dezember 1966 über bürgerliche und politische Rechte. Vom 15. November 1973«, BGBl. Teil II 1973, Bonn: Bundesanzeiger Verlag 1973, S. 1533 – 1555.

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REGISTER

»Carl Goerdeler«, »Juden«, »Nationalsozialismus« bzw. »NSDAP«, und »Hitler« wurden für ansgewählte Stellen in das Register aufgenommen.

20. Juli 1944  14, 16, 21, 22, 177, 190, 235, 243, 249, 264 A Abdul Hamid II., Sultan  65 Abshagen, Karl-Heinz  155 Abrüstung – siehe Rüstung Adam, Uwe  32 Adler-Rudel, Solomon  220 Afrika  124, 171, 199, 201 Ägypten  138, 171 Akkulturation 11 Alliierte Mächte  11, 45, 63, 69, 71, 181 American Foreign Policy Association – siehe Foreign Policy Association, American American Jewish Joint Distribution Committee 125 Amerika– siehe Vereinigte Staaten von Amerika Amsterdam 62 Anatolien 131 Angola 133 Anhalt 221 Ansbach 148 Antidemokraten 17 Antisemit  17, 18, 245 antisemitisch  16, 17, 29, 40 – 42, 112, 121, 123 – 125, 127, 129 – 131, 149 Antisemitismus  12, 14, 18, 22, 45, 93, 125, 129, 132, 134, 148, 200, 211, 241 Antisemitismus, dissimilatorischer  245 Antisemitismuspetition 224 Appeasement  102, 103, 107, 108, 130, 131,157, 166 Araber  122, 127, 128, 151, 172 – 174 –– Aufstand  122, 127, 200 Arabien 12 Arbeiterfrage 107

Arendt, Hannah  18 Argentinien  125, 126, 242 Arierparagraph  33, 35, 75, 76 Arisierung  30, 35, 93 Armenier  124, 259 Aschaffenburg 148 Ashton-Gwatkin, Frank  102 – 110, 147, 150, 157 – 160, 169, 170, 174 Assimilation  11, 71, 241, 242 Astor, Waldorf  102 Atlantic Declaration  51, 172 Attlee, Clement  138, 142 Augsburg 148 Augustinus 13 Auschwitz  13, 78, 188, 189 Australien  50, 126, 132, 133, 143, 177, 197 Avenol, Joseph  73 B Backe, Herbert  39 Bad Brückenau  148 Baden  188, 221 Bad Kissingen  84, 148 Baeck, Leo  191, 192, 252, 256 –– Geschichte der Juden in Europa  191, 192 Balfour, Arthur James  102 Balfour Declaration  12, 13, 69, 70, 121 Balkan  139, 159, 188, 197 Baltikum  50, 197 baltische Länder  124 Bamberg 148 Barker, A.E.  104, 105 Bartlett, Vernon  142 Baum, Erwin  221 Bayern  39, 147, 221, 223 Beck, Józef  124 – 126, 146

Register  |

Beck, Ludwig  16, 21, 22, 56, 105, 115, 141, 142, 151, 163, 178, 179, 183 – 187, 193, 205, 210, 235 Beduinen 122 Belgien  50, 102, 120, 138, 187, 188, 197, 237 Belgrad 136 Bell, George Kennedy Allen  121 Belzec  13, 188 Berchtesgaden  83, 107, 144 Beresina  180, 183 Bereza Kartuska  129 Berlin  9, 26, 29, 30, 32 – 34, 36, 37, 45, 49, 51, 52, 58, 59, 62, 77, 97, 104, 115, 126, 134 – 137, 141, 142, 145, 148, 149, 155 – 157, 168, 170, 180 – 183, 188, 189, 191, 216, 246, 247, 251, 252, 256 Bertaux, Pierre  138, 140 Bessarabien 197 Bethnal Green  103 Bevin, Ernest  142 Bismarck, Otto von  57, 79, 81, 86, 224 Blessing, Karl  101 Blomberg, Werner von  55, 59, 60, 94, 122 Blum, Léon  125, 140 Bock, Fedor von  149, 180, 181, 182, 187 Böhmen und Mähren, Protektorat  188, 216, 233 Bolschewismus  49, 53, 86, 112, 129, 167, 186 Bonhoeffer, Dietrich  14, 17, 45, 80, 236, 259, 260 Bormann, Martin  62 Bosch, Robert  62, 103, 115, 122, 137, 191, 235 Bosch, Robert GmbH – siehe Robert Bosch GmbH Bosch Werke – siehe Robert Bosch GmbH Bose, Herbert von  78 Bosnien 124 Botha, C. L.  143 Boulogne 143 Bouteille, Paul  125 Boykott  29, 30, 35, 36, 75, 77, 113, 117, 235 Bracht, Franz  29 Brasilien  125, 148 Brauchitsch, Walther von  115, 122, 141, 142, 149, 183, 186

Braunschweig 222 Brecht, Arnold  221, 222 Bredow, Ferdinand von  78 Bremen 221 Breslau  29, 46, 189, 216, 236 Brink, Reinhard  186, 187 britische Mandatsmacht – siehe Großbritannien Brodnitz, Julius  29 Bronisch, G.P.  142 Brühl 75 Brüning, Heinrich  26, 54, 56, 115, 138, 234 Brüssel  138, 155, 159, 187 Budapest 136 Bukarest  136, 200 Bukowina 197 Bulgarien  70, 71, 124, 188 Bülow, Bernhard Wilhelm von  39, 40, 41 Bund deutsch-jüdischer Jugend  34, 251 Bundes- und Staatsangehörigkeitsgesetz – siehe Staatsangehörigkeitsgesetz, Bundes- und Bundesarchiv (Berlin und Koblenz)  9 Burckhardt, Carl  178 Busser, Ralph C.  115, 270 Butcher, Sir John  130 C Cadogan, Sir Alexander  106, 150, 157, 158, 161, 164, 166, 169, 171 Canaris, Wilhelm  178, 236 Candace, Gratien  124 Centralverein der Juden in Deutschland siehe Juden, Centralverein der Juden in Deutschland Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens - siehe Juden, CentralVerein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens Chamberlain, Joseph  67 Chamberlain, Neville  50, 107, 124, 131, 133, 138, 139, 144 – 150, 151 – 154, 158, 161, 162, 168, 175 Chelmno  13, 188 Chicago  20, 116 Chichester 121

349

350

|  Anhang

Chișinău (Kishinev)  12 Chodzko, Withold  74 Christen  147, 256 –– Verfolgung  146, 159, 161, 162, 167 Christen jüdischer Herkunft  30, 201, 211, 212, 217 – 219 Christentum  30, 111, 159, 161 –– in Kanada  111 –– Vernichtung  159, 161 Christie, Malcolm Grahame  146 Churchill, Winston S.  51, 138, 139, 153, 178, 182, 255 Cicero, M. Tullius  256 Cincinnati 115 Class, Heinrich  12 Clausewitz, Carl von  197 Clemenceau, George  70 Cohen, Israel  70 Collier, Lawrence  150 Coventry 102 Cramer, Walter  14, 47 Crozier, W. P.  142 D Dahlem 123 Daladier, Édouard  140 Dänemark  188, 197, 198, 236 Danzig  25, 53, 79, 106, 107, 167, 169, 171 Darré, Walther  60 Deedes, Sir Wyndham  103, 105 Delbos, Yvon  125 Delitzsch, Friedrich  12 Demokraten  18, 21 Denham Place  105 Denman, R.D.  131 Detroit 115 Deutsche –– Ermordung 250 –– Vertreibung 124 Deutsche Christen  75 Deutschnationale Volkspartei – siehe DNVP Deutschstämmigkeit 221 Dietrich, Otto  150

Dietze, Constantin von  186, 252, 253, 255, 256 Digby, Sir Kenelm E.  67 Dipper, Christof  241 – 243, 245 Diskriminierung  17, 29, 33, 65, 122, 173, 174, 210, 211, 241, 260 - s. a. Juden, Diskriminierung DNVP  25, 54, 234 –– antijüdische Klausel  234 –– Deutschnationale Volkspartei  25, 54 Dodd, William E.  32 Dohnanyi, Hans von  14, 175, 178, 186, 236 Dominien  132, 150, 153, 154 Dominikanische Republik  133 Dönicke, Walter  233 Dresden  56, 97 Dreyfus, Alfred  12 Dreyfus, Charles  68 Dulles, Alan Welsh  63 Dulles, John Foster  63 E Ebert, Friedrich  55, 137 Ebor, William (Dr. Temple)  143 Eden, Anthony  102, 107, 142, 182 Eichmann, Adolf  128 Einbürgerung  9, 29, 30, 72, 206, 207, 210, 213, 219 – 226, 240, 241 – 243, 259 – s. a. Juden, Einbürgerung –– und völkische Ideologie  219 Einsatzgruppen  13, 180, 190, 200 Einwanderung (Zuwanderung)  29, 31, 32, 65, 66, 67, 118, 120 – 122, 124, 125, 126, 127, 129, 130 – 134, 153 – 157, 160, 171, 173, 174, 202, 207, 213, 219 – 224, 240, 242, 243, 259 – s. a. Immigranten; Juden, Einwanderung Einwanderungsquoten – siehe Quoten; s. a. Palästina; Juden, in Palästina El Arish  67 Elsass-Lothringen  197, 207, 216 Elser, Georg  45 Emerson, Sir Herbert  156 Emigration – siehe Juden, Emigration Engel, Gerhard  180

Register  |

England – siehe Großbritannien Erlangen 77 Ermächtigungsgesetz  25, 57 Esebeck, Friedrich Freiherr von  55 Esra 37 Essen 9 Ethnie  71, 72, 201 – 203, 218, 219 - s. a. Rasse Euler 109 Evans, Richard  9 Évian-les-Bains  120, 123, 131, 133, 135, 136, 152, 156, 171, 173

Friedenskonferenz – siehe Versailles Fried. Krupp A.G. – siehe Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav; s. a. Krupp, Fried., AG, Historisches Archiv Friedrich Wilhelm III. 11 Fritsch, Werner Freiherr von  56, 104, 105, 115, 122, 137 Fromm, Friedrich  21, 249 Fulda, Bernhard  9 Funk, Walter  252 Fürth 148

F Falkenhausen, Alexander Ernst Freiherr von  178, 187 Falkenhayn, Erich von  53, 179 Fest, Joachim  16 Finnland  148, 175, 197, 233 Fischböck, Hans  155 Fischer, Albrecht  192 Fisher, Sir Warren  145 Flossenbürg 259 Flüchtlinge  32, 72 – 74, 120 – 122, 126, 129 – 135, 153 – 156, 171, 200 – s. a. Juden, Flüchtlinge Föhrenbach, Max  186 Folkstone 129 Foreign Policy Association, American  26, 74 Frankfurt  36, 189, 216 Frankreich  12, 13, 25, 26, 50, 55, 71 – 74, 79, 86, 89 – 91, 106, 107, 117, 120, 122, 125, 126, 132, 135, 138, 144, 146, 147, 152, 159, 160, 164, 168, 170, 172, 174, 175, 177, 179, 185, 187, 188, 190, 197, 235, 236, 237, 238, 259 –– Note  135, 136 Freiburger Kreis  186 Freimaurer  37, 86, 90, 91, 92, 93, 108, 110, 119, 237 Freisler, Roland  14 Frick, Wilhelm  33, 37, 38, 40, 59, 60, 76, 83, 221 Frieden  12, 15, 53, 70, 76, 104, 107, 113, 123, 138, 139, 144, 145, 151, 153, 159, 160, 166, 170, 177, 178, 181 – 183, 185, 190, 197, 239, 247, 248, 255

G Galizien  128, 219, 223 Geheime Staatspolizei  14, 105, 146, 162, 170, 178, 191, 252, 253 Geisteskranke, Ermordung  46, 190 Geist, Raymond H.  134, 156 Generalstab 15 Genf  74, 136, 146 Gersdorff, Rudolf-Christoph Freiherr von  182, 188 Gesetz betreffend die Gleichberechtigung der Konfessionen in bürgerlicher und staatsbürgerlicher Beziehung  11 Gestapo – siehe Geheime Staatspolizei Gewerkschaften  56, 107, 186 Gillmann, Sabine  243 Gisevius, Hans Bernd  236 Goda, Norman J. W.  9 Goebbels, Joseph  19, 38, 51, 52, 57, 60, 97, 145, 147, 149, 152, 155, 163, 183, 188, 193, 236 Goerdeler, Anneliese  54, 56, 105, 138 Goerdeler, Carl –– »Das Ziel« 9, 18, 19, 22, 123, 183, 184, 186, 190, 192, 193, 198, 201, 202 – 204, 209, 210, 241, 243, 244, 246, 247, 250 –– Denkschriften  1936 239 –– Grundrechte  81, 170, 251 –– Hochverrat 249 –– Kanzlerkandidat des Widerstandes  16, 22, 56, 57, 158, 177, 235 –– Kenntnis der Judenverfolgung  191

351

352

|  Anhang

–– Kenntnis der Verbrechen in den Ostgebieten  190, 198, 211 –– Kenntnis der Verbrechen von Angehörigen der Wehrmacht  190 –– Kenntnis von der Ermordung der Juden  190, 191, 194, 200, 205, 250 –– Kenntnis von Grausamkeit gegen Juden  190, 250 –– Landesverrat  137, 171, 239, 249, 256 –– Menschenrechte  170, 237, 245 –– Motive  192, 209, 210, 240, 241, 255 –– Nationalismus  54, 55, 92 –– Plan März  1939 168 – 171 –– Plan November  1938 162 –– Recht  18, 55, 81, 90, 91, 112, 118, 151, 164, 195, 199, 210, 234, 247, 251 –– Reichskommissar für Preisüberwachung  54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 83, 84, 115, 139, 234, 235, 236 –– und Ermordung der Geisteskranken  190 –– und Gewerkschaften  56 –– und Leo Baeck  191 –– und Massenmorde  188 –– und Rasse  197, 198 –– und Rassegedanke  245 –– und Status der Juden  192, 197, 199 –– Vorfall im Zoo in Berlin  251, 255 –– Zellenpsychose 251 Goerdeler, Christian  249 Goerdeler, Franz  54, 246, 251 Goerdeler, Fritz  53, 54, 141 Goerdeler, Gustav  54 Goerdeler, Julius  54 Goerdeler, Ulrich  14, 56 Goldmann, Nahum  125 Göring, Hermann  21, 22, 50, 61, 62, 78, 89, 94, 98, 102 – 105, 109, 113, 115, 116, 119, 143, 151, 155, 167, 169, 171, 183, 235 –– Reichskommissar für die Durchführung des Vierjahresplanes  61 Gosewinkel, Dieter  220 Graham, Sir Ronald  69 Griechenland  13, 70, 71, 124

Groener, Wilhelm  29 Groscurth, Helmuth  187 Groß, Walter  39 Großbritannien –– antijüdische Bewegung  155 –– Antisemitismus  130, 131 –– Außenamt  19, 23, 67, 70, 102 – 107, 121, 127, 130, 132, 139, 142, 143, 147, 150, 157 – 163, 166, 169, 171 –– Aussenpolitik  102, 103, 141 –– britische Palästinapolitik  12, 242 –– britische Weißbücher  122 –– Kolonien  66, 153, 154 –– Kriegsflotte 36 –– Note  135, 136 –– Regierung  18, 19, 22, 41, 50, 63, 65, 67 – 69, 74, 93, 102 – 104, 106, 107, 118, 121, 122, 127 – 129, 131 – 133, 135, 138, 139, 141 – 144, 146, 153 – 160, 163 – 168, 170, 173, 175, 177, 182, 193, 201, 237, 238 – 240, 244 –– Staatsangehörigkeit  72, 130 Grundgesetz  244, 261 Grundrecht - siehe Menschenrecht Grynszpan, Herszel  147, 148 Guatemala 148 Guayana, Britisch  133, 153, 154 Guayana, Französisch  133 Guayana, Holländisch  133 Gunther, Franklin Mott  200, 201 Günther, Hans F.K.  221 Gurs 188 Gürtner, Franz  38 Guttenberg, Karl-Ludwig Freiherr von und zu  178, 180, 181, 184 H Haake, Rudolf  59, 76 – 78, 97, 98 Haeften, Hans Bernd von  14 Haegert, Wilhelm  39 Halder, Franz  115, 142, 184, 186, 187 –– gegen Putsch  187

Register  |

Halifax, Lord (Edward Frederick Lindley Wood)  102, 107, 124, 143, 150 – 153, 157, 158, 161, 167, 175 Halle  29, 75 Hamburg  32, 60 Hamerow, Theodore  243, 245 Hanfstaengl, Ernst  29 Hanke, Karl  149 Hardenberg, Carl-Hans Graf von  180, 181 Hassell, Ulrich von  165, 178 – 187, 189, 205, 210, 235, 236 Havanna 120 Hedin, Alma  101 Hedin, Sven Anders  101 Heldenplatz (Wien)  50 Helgoland 207 Helldorf, Wolf Graf von  37 Henderson, Sir Nevile  136 Herf, Jeffrey  9 Hertzog, James Barry Munnik  143 Herzl, Theodor  65 – 68, 171, 240, 242 Heß, Rudolf  38, 60, 149, 169 Hessen 221 Heydrich, Reinhard  38, 39, 50, 104, 146 Heye, Wilhelm  55 Hilberg, Raul  35 Hilfsverein der deutschen Juden – siehe Juden, Hilfsverein der deutschen Juden Hilfsverein der Juden in Deutschland – siehe Juden, Hilfsverein der Juden in Deutschland Himmler, Heinrich  21, 50, 104, 155, 159, 169, 178, 180, 249, 255, 256 Hindenburg, Paul von  56, 142 Hinkel, Hans  97 Hitler, Adolf –– Kommissarbefehl  180, 182 –– Mörder 250 –– Mordbefehl 50 –– Rassenwahn 250 –– Rede  13. August  1920 13 –– Rede  29. April  1937 13 –– Rede  30. Januar  1939 13, 134, 149 –– Soldaten, Schuld am Tod von  250

–– Vierjahresplan  13, 22, 49, 61, 89, 90, 93, 94 Hoare, Sir Samuel  72, 129, 150, 151, 154 Hochverrat  183, 249 – s. a. Goerdeler, Carl, Hochverrat; Widerstand, deutscher, Hochverrat Hoffmann, Peter F.  9 Hölderlin, Friedrich  138 Holland - siehe Niederlande Holländer – siehe Niederländer Hoover, Herbert  115 Hugenberg, Alfred  54, 234 Hull, Cordell  115, 142, 155, 201 Humboldt, Alexander von  221 Humboldt, Wilhelm von  221 I Immigranten  66, 73, 118, 126, 127, 132, 133, 154, 155, 173, 208, 219, 222, 223, 259 – s. a. Juden, Einwanderung Imponderabilien  36, 86, 87, 90, 94, 116, 118, 119, 152, 236, 237 Indien  50, 109, 121, 127, 151, 177, 197, 198 Inskip, Sir Thomas  150, 152 Integration  11, 12 Irak  12, 138 Israel 127 Israel, Nathan  156 Israel, Wilfrid  156 Istanbul  65, 236 Italien  49, 50, 71, 72, 108, 146, 148, 151, 159, 172, 174, 188, 193, 197, 223 J Jan, Julius von  45 Japan  51, 71, 116, 177, 193, 197, 259 Jerusalem  11, 65, 148, 171, 172 Jessen, Jens Peter  184, 187, 205, 236 Jewish Agency  125, 171 Johannesburg 158 Jordantal 122

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354

|  Anhang

Juden –– Abschiebung 275 –– antijüdisch  12, 21, 29, 36, 40, 45, 47, 62, 65, 75, 77, 95, 118, 119, 129, 155, 156, 169, 234, 235 –– antijüdische Vorfälle  30, 36, 37, 39, 40, 42, 234 – s. a. Progrom –– Ärzte  30, 33, 76, 77, 235 –– Ausbürgerung  18, 22, 30, 204, 213, 220, 221, 225, 226, 241 – 243, 245 –– Ausländer  40, 66, 130, 148,194, 203, 216, 219, 223, 225, 228, 242, 245 –– Ausrottung  51, 191, 250 –– Ausschreitungen gegen  37, 40, 93, 148, 162, 236, 238 – s. a. antijüdische Vorfälle; Progrom –– Ausweisung  66, 146, 223, 246 –– Ausweisung als russische Staatsbürger 219 –– Beraubung  29, 31, 43, 72, 128, 132, 134, 152, 162, 163, 173, 200, 233, 234, 259 – s. a. Enteignung –– Bevölkerung  30, 116, 122, 127, 132, 133, 135, 154, 213, 223, 224, 243 –– Centralverein der Juden in Deutschland 43 –– Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens  29, 34, 43, 76, 77, 251 –– Definition  42, 43, 74, 201, 202, 209, 214, 215, 218, 226 –– Deportation  18, 51, 52, 173, 188 – 190, 200, 216, 241 –– Diskriminierung  17, 29, 33, 65, 122, 172 – 174, 208, 210, 211, 241, 260 –– Einbürgerung  29, 30, 72, 208, 210, 219 – 227, 240 – 242 –– Einwanderung  29, 31, 32, 65, 66, 67, 124, 153 – 155, 171, 174, 201, 202, 213, 214, 219 – 224, 240, 242, 259 –– Emanzipation  11, 12, 13, 34

–– Emigration  17, 30 – 33, 35, 43, 93, 120, 123 – 129, 135, 136, 152, 154, 156, 173, 193, 202, 213, 214, 219, 225, 244, 245, 259 –– Enteignung  18, 30, 31, 35, 39, 71, 93, 156, 163, 173, 189, 190, 194, 200, 205, 210, 238 – s. a. Beraubung –– Entfernung  120, 135, 172, 239, 245 –– Ermordung  12 – 14, 17, 19, 46, 49 – 53, 65, 73, 124, 147, 153, 154, 179 – 188, 190, 200, 201, 203, 210, 233, 250 –– Erschiessung  52, 182, 188, 189, 200 –– Evakuierung 126 –– Flüchtlinge  31, 32, 72 – 74, 81, 120 – 122, 126, 129, 130 – 135, 153 – 156, 171, 200 –– Frieden  12, 159 –– Gaswagen  13, 188 –– Geiseln 193 –– Gemeinden  12, 30, 70, 121, 128, 214, 246, 251 –– Gewalt gegen  29, 30, 32, 158, 189 –– Ghetto  188, 190, 195, 211, 241 –– Glaubensjuden  146, 201, 208, 213 – 216, 226 – 229, 243 –– Hilfsverein der deutschen Juden  33, 35, 43 –– Hilfsverein der Juden in Deutschland  33, 43 –– Immigranten - siehe Einwanderung –– in Europa  32, 51, 134, 149, 191, 192, 238 –– in Palästina  31, 32, 122, 127, 172 – 174 –– Judenfeindschaft  36, 73, 118, 208, 211, 246 –– Judentum  11, 13, 34, 37, 41, 49, 70, 74, 127, 134, 153, 156, 188, 201, 208, 215, 219, 259 –– Judenzählung 240 –– Kindertransporte  155, 156 –– Konversionen  201, 217 – 219 – s. a. Christen jüdischer Herkunft –– Kriegsdienst  207, 241, 245 –– Massaker  26, 81, 200, 239

Register  |

–– Massenmord  13, 14, 17, 19, 29, 46, 49 – 52, 59, 73, 153, 154, 179, 180, 182, 188, 190, 200, 203, 239, 247, 250, 255, 259 –– Militärdienst  219, 226, 240 – 243 –– Mischehen  39, 194, 217, 241, 247 –– Mischling  42, 43, 201, 214 – 216, 226, 227 –– Misshandllung  29, 52, 53, 75, 147, 200 –– Namensänderung  29, 129, 130, 195, 211, 241 –– Nation  12, 13, 67 – 70, 121, 243 –– Ostjuden  30, 118, 219, 220, 225 –– Pogrom  12, 13, 29, 36, 45, 53, 65, 70, 133, 147 – 149, 155, 157, 169, 200, 219, 233 –– polnische  93, 124 – 127, 146 – 148, 173, 193, 202, 203, 214, 238, 250 –– Rechte  11, 17, 18, 42, 69 – 71, 81, 164, 170, 194, 203, 209, 210, 246, 247, 251, 256, 259, 261 –– Reichsangehörigkeit  194, 206, 207, 242 –– Reichsvereinigung der Juden in Deutschland  172, 191 –– Reichsvertretung der deutschen Juden  34, 35, 43 –– Reichsvertretung der Juden in Deutschland 43 –– Russland (Sowjetunion)  12, 50, 66, 125, 190, 200, 214, 216, 219, 223 –– Saarland  190, 213 –– Schuld  130, 189, 245 – 247, 250, 251, 255, 256 –– Schutz  11, 33, 71, 75, 77, 81, 87, 127, 128, 164, 173, 174, 205, 208, 209, 235, 238, 240, 241, 244, 245, 247, 252, 255, 256 –– Schweiz  128, 147, 216 –– Siedlung  32, 65, 67 – 69, 122 – 127, 132 – 135, 153 – 157, 172, 173, 188, 201, 237 –– Sonderrecht  71, 206 –– Staat  11, 22, 65, 68, 70, 71, 123, 127, 128, 130, 194, 202 – 209, 226, 238, 240 – 243, 246, 247, 251, 256 –– staatenlos  43, 127, 172, 189, 203, 213, 225, 228, 229

–– Staatsangehörigkeit  22, 42, 71, 72, 128, 136, 146, 148, 189, 194, 202 – 209, 213, 214, 220, 226, 227, 235, 240 – 243, 246, 247 –– Staatsangehörigkeit, doppelte  205, 206, 208, 209, 243, 246 –– Status  14, 18, 22, 35, 36, 39, 69 – 71, 112, 127, 130, 191 – 193, 197, 199, 201, 241 – 243, 246 –– Steuern  31, 35, 70, 219, 246 –– Taufen  97, 208, 212, 217, 218, 241 –– Türkei  71, 215, 216 –– Ukraine 216 –– Umschulung  34, 35, 252 –– Umsiedlung 123 –– und russischer Militärdienst  219 –– Verfolgung  13 – 18, 29, 32, 45, 47, 65, 70, 71, 93, 103, 107, 125, 127, 128, 131, 132, 134, 137, 139 – 141, 147, 152 – 154, 159, 162 – 164, 167, 173, 174, 183, 191, 200, 219, 227, 233, 236 – 238, 240, 243 – 245, 250, 259 –– Vermögen  17, 31, 35, 37, 131, 135, 156, 163, 173, 189, 190, 194, 200, 203, 205, 210, 238 –– Vernichtung  134, 149, 159, 167, 188, 193, 247, 251, 255 –– Vernichtungslager 188 –– Vertreibung  72, 132, 134, 136, 172, 173, 189, 214, 233 –– Vertriebene 133 –– Volk  13, 37, 67, 68, 123, 194, 201, 202, 241, 244 –– Völkermord  13, 233, 250 –– Vorfälle - s. antijüdische Vorfälle; Pogrom –– Zurückhaltung  246, 247, 250 – 252, 255, 256 Judenfrage – siehe Jüdische Frage Judenheit 234 Judenpolitik  112, 119 Judenproblem  41, 86, 87, 117, 119, 123, 129, 236, 237 Judentum  13, 41, 153 –– Vernichtung 188

355

356

|  Anhang

Jüdische Frage  12, 14, 22, 36, 38 – 42, 86, 87, 90 – 93, 97, 98, 107, 108, 110, 117, 119, 120, 136, 146, 149, 151 – 153, 163, 164, 170, 171, 179, 189, 216, 237, 245 Jüdischer Weltkongress  70, 125 Jugoslawien  13, 214 Julius, Anthony  12, 127 – 131 Jung, Edgar  78 K Kaiser, Hermann  178, 179, 183, 184, 249 Kamerun, Deutsch  133 Kanada  50, 102, 109 – 113, 118, 119, 122, 132, 177, 194, 203, 235, 237, 241, 242 Kanzelabkündigung November  1943 17 Kaplan, Marion  11 Kenia  67, 132, 154 Kennedy, Joseph P.  152 Keppler, Wilhelm 94, 95 Kershaw, Ian  32, 42 Kieffer, Fritz  9, 36 Kirche, Bekennende  46 –– Denkschrift  1936 17, 45 Kirche, Evangelische  46, 76, 80, 213 – 216 –– Denkschrift 45 Kirche, Katholische  80, 213, 216, 218 Kirchen  45, 75, 76, 80, 93, 107, 109 – 113, 139, 147, 152, 157, 186, 213 – 216, 218, 260 –– Verfolgung  83, 163, 167 Kirchenfrage  38, 81, 90 – 98, 107, 108, 110, 111, 119, 237 Kirchenpolitik  80, 81, 86, 87, 112, 113, 119 Kirk, Alexander C.  155 Kirkpatrick, Ivone  158 Kishinev – siehe Chișinău Kleist-Schmenzin, Ewald von  165, 166 Kluge, Günther von  183, 190, 239, 243 Koblenz  9, 19, 242 Koch, Erich  178 Koch, Walter  26 Köln 225 Kolonien  91, 94, 106, 107, 113, 117, 121, 124, 125, 132, 133, 150, 158, 160, 161, 170, 199, 239

Kommissarbefehl  180, 182 Kommunismus  107, 275 Kommunisten  17, 19, 75 Königsberg  20, 29, 37, 38, 53 – 55, 141, 142, 246, 247, 251 –– jüdische Gemeinde  251 Königsbronn 45 Kongo 124 Konzentrationslager  123, 129, 170, 173, 216, 250 – s. a. Juden, Vernichtungslager; Vernichtungslager Körner, Paul  94 Korridor  55, 79, 92, 94, 106, 117, 160 – 162, 165 – 167, 169, 170, 175 Kosovo 124 Kovalew, M.P.  50 Kowno  189, 216 Kreisauer Kreis  21, 55, 210 Kriegsgefangene, russische –– Ermordung  179, 180, 250, 255 Kriegsrecht 180 Kriegsziele der Alliierten  11, 51, 63, 69 Krohn, Johannes  39 Krupp, Fried., AG, Historisches Archiv  9 Krupp von Bohlen und Halbach, Gustav  62, 101, 102, 115, 122, 123, 137, 167, 171, 235, 239 Kuhn, Joachim  15 Kulm – siehe Chelmno L Lagarde, Paul de  12 Lammers, Hans-Heinrich  57 – 61, 83, 84, 101 Landau, Eugen  35 Landesverrat  137, 171, 239, 249, 256 – s. a. Goerdeler, Carl, Landesverrat; Widerstand, deutscher, Landesverrat Langbehn, Julius  12 Lange, Herbert  252, 253 Lansdowne, Henry Petty-Fitzmaurice, 5th Marquess of  67 Léger, Alexis Saint-Léger  138, 140 Leggett, Freddie  138, 142

Register  |

Leipzig  9, 19, 40, 55 – 59, 71, 72, 75, 77, 97, 98, 101, 106, 109, 110, 115, 137, 144, 159, 171, 190, 235, 238 Leith-Ross, Sir Frederick  139, 140, 158 Lemberg - siehe Lwów Leopold III., König der Belgier  143 Leszczynski, M.  126 Lettland  148, 189 Leuschner, Wilhelm  186, 193 Levetzow, Magnus von  37 Libanon 11 Libyen 171 Library and Archives Canada (Ottawa)  9 Lida 65 Lincoln, Abraham  16 Lippmann, Walter  26 Lipski, Jósef  148 Litauen  53, 65, 125, 148, 189 Lloyd George, David  68, 70, 71 Locarno-Vertrag  25, 49 Locker-Lampson, Oliver  72 Logenfrage  86, 90 – 93, 108, 110, 119, 237 Lohmeyer, Hans  55 London  41, 66 – 68, 74, 102 – 104, 107, 135 – 139, 142, 143, 147, 152, 153, 155, 159, 168, 169, 233 Löser, Ewald  56, 75, 76, 233, 234, 238 Lothian, Lord (Philip Henry Kerr)  121 Lötzen 187 Löwenstein, Leo  34, 244 Ludendorff, Erich  181, 193, 198 Luxemburg  50, 188, 198 Lwów (Lemberg)  65 Lyons, Joseph  143 M Maas 50 MacDonald, Malcolm  150 Mackenzie King, William Lyon  109 – 113 Madagaskar  124, 125, 126, 188, 202 Makedonien 131 Malawi – siehe Njassaland Manchester 68 Mannheimer, Fritz  62

Manstein, Erich von  179, 183, 200 Marrus, Michael  9 Marx, Karl  12 Marxismus 20 Massenmord  13, 14, 19, 51, 73, 153, 154, 179, 188, 200, 247, 250, 259 – s. a. Juden, Massenmord Mauerwald 187 McDonald, James G.  26, 29, 31, 32, 35, 73, 74, 81, 121, 245 McGill University  9 Mecklenburg-Strelitz 221 Meerwald, Willy  83, 84 Mekka 12 Mendelssohn-Bartholdy, Felix  62, 78, 80, 97, 98, 99, 110, 238 Mendelssohn-Denkmal  78, 97, 98, 110, 238 Mendelssohn, Moses  97 Mendelssohn & Co.  62 Menschenrecht  21, 45, 81, 134, 160, 170, 251, 259 – 261 Mertz von Quirnheim, Albrecht Ritter  19 Mesopotamien 11 Messersmith, George Strausser  115, 134, 143 Miller, Spencer  115 Mindanao 133 Minderheit  13, 29, 71, 72, 128, 146, 243, 260, 261 Minsk 65 Mittwochs-Gesellschaft  193, 235 M. M.Warburg Bank 32 Moldau 12 Moltke, Freya von  186 Moltke, Helmuth James von  14, 17, 19, 26, 47, 55, 184 – 186, 236, 249, 256 –– und Umsturz  186 Mommsen, Hans  16, 243, 245, 246 Montagu, Norman  102, 155 Mooney 115 Morgenthau Jr., Henry  133 Moskau  12, 15, 36, 179, 182 Mosley, Oswald  130 Motivation – siehe Widerstand, deutscher, Motive

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|  Anhang

Motzkin, Léo  70 Moutet, Marius  125, 126 Muggeridge, Malcolm  129 Müller, Josef  175 München  13, 39, 45, 50, 77, 146, 148, 149, 151, 153, 157, 166 – 168, 175, 189, 216 Münster 83 Münzel, Hermann  221 Mutschmann, Martin  57, 58, 97, 98, 102 N Namensänderung  29, 130 – s. a. Juden, Namensänderung Nansen, Fridtjof  131 Napoleon I.  197 National Archives (Kew)  9 Nationalismus  54, 55, 92, 109, 185, 219 nationalkonservativ  16, 18 Nationalsozialismus - siehe NSDAP Naturalisation – siehe Einbürgerung Naturalisierung – siehe Einbürgerung Nebe, Arthur  180 Neu Kaledonien  125 Neu Hebriden  126 Neufundland 178 Neumann, Erich  95 Neurath, Konstantin von  26, 32, 105, 109, 122 Neuseeland  50, 132, 177, 197 New York  73, 108, 115, 117, 142 New York Refugee Economic Corporation  125 Nichols, P.B.B.  150 Nicosia, Frank R.  9 Niederlande  50, 120, 148, 155, 188, 195, 197, 198, 211 Niederländer  195, 211 Niederländisch Indien  197 Nield, Sir H.  130 Niemöller, Martin  123, 139, 185 Nipperdey, Thomas  19, 233 Nissen, Benedikt Momme  12 Njassaland (Malawi)  154 Nordafrika  171, 177 Nord-Manchester 68

Nord-Rhodesien  132, 133, 154 Norwegen  188, 197, 198, 236 Noske, Gustav  55 NSDAP (Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei)  13, 14, 25, 37, 39, 41, 42, 76, 79, 91, 93, 97, 105, 126, 130, 170, 174, 182, 199, 210, 220, 221, 233 – 235 –– Judenpolitik  18, 36, 39, 41, 86, 89, 112, 119, 120, 123, 127, 141, 236, 237, 239 –– Parteiprogramm  25, 38, 41, 42, 220 Nürnberg  42, 77, 137, 148 Nürnberger Internationaler Gerichtshof  22 Nürnberger Rassegesetze  38, 41 – 43, 194, 201, 203 – 205, 209, 210 – 212, 214, 215, 226, 228, 229, 236 O Oberbayern  39, 221 Oberlenningen 45 Oberschlesien  25, 71, 236 Olbricht, Friedrich  178 Osmanisches Reich  11, 68 – 70 – s. a. Türkei Ostasien  116, 117, 160, 198 Oster, Hans  47, 178, 180, 236 Österreich  50, 68 – 74, 106, 107, 117, 126, 128, 130 – 132, 135, 138, 146, 162, 169, 214, 216, 232 – s. a. Österreich-Ungarn –– Anschluss, Annexion  50, 72, 107, 128, 130, 131, 138, 146, 214 Österreich-Ungarn  68, 69, 70 Osteuropa  12, 13, 32, 53, 65, 70, 117, 119, 120, 130, 135, 200, 214, 223, 233, 237 Osteuropäer  30, 65, 124, 130, 200, 203, 214 Ostpreußen  25, 29, 54, 124, 144 Ottawa  9, 109, 113 Oven, Margarethe von  14 Oxford 191 P Palästina  11 – 13, 31, 32, 65, 67 – 70, 74, 117, 119, 121 – 125, 127, 128, 131, 154, 171 – 174, 200 – 202, 237, 242, 246 Pankow 36

Register  |

Papen, Franz von  38, 55 – 58, 178, 249 Paris  13, 26, 70, 74, 108, 136, 138, 140, 146 – 148, 157, 186, 187 Pearl Harbor  51 Peel Commission  127, 171 Peel, Lord (William Robert Wellesley)  127 Pell, Robert  155 – 157 Philadelphia 115 Philippinen 156 Pińsk 65 Pirow, Oswald  143 Pius XII. 175 Pius X.  65 Placentia Bay  51, 178 Planck, Erwin  184 Plauen 77 Pölchau, Harald  251 Polen  13, 14, 25, 26, 46, 50, 53, 65, 66, 70 – 72, 74, 79, 86, 92, 124 – 129, 135, 144, 146 – 148, 160 – 162, 165, 167 – 169, 171, 173 – 175, 177, 180, 188, 189, 195, 197, 198, 200, 211, 214, 216, 219, 220, 222, 223, 228, 229, 232, 250 –– Ausweisung  219, 223 –– Ermordung 250 Polizei  37, 51, 75, 173, 180, 189, 190, 199, 200 Popitz, Johannes  38, 40, 81, 94, 178, 179, 184, 185, 187, 205, 236, 252 Portugal  133, 138 Posen 53, 55 Potsdam  179, 183 Potsdamer Platz  58 Prag  26, 74, 136, 141, 143, 150, 175, 188, 244 Presse – siehe Zeitungen Pretoria 143 Preußen  11, 29, 46, 56, 206, 219 – 224 Preußische Staatsbank  53 Prinz zu Wied, Viktor  101 Prinz-Albrecht-Straße  252, 256 Q Quarantäne-Rede 116 Quellenfälschung 20

Quoten (Einwanderungsquoten)  31, 118, 121, 132, 134, 153, 156, 171, 173, 174, 202 – s. a. Palästina; Juden, in Palästina R Rasse  17, 46, 51, 71, 72, 74, 76, 85, 111, 118, 122, 129, 130 – 136, 149, 160, 185, 194, 198, 199, 201, 202, 204, 210, 221, 225, 241, 242, 244, 245, 247, 250, 259, 260, 261 – s. a. Ethnie Rassegesetze – siehe Nürnberger Rassegesetze Rassenpolitik  80, 81, 197, 236 – s. a. Judenpolitik; NSDAP, Judenpolitik Rath, Ernst vom  148 Rauschen 141 Rechtssicherheit  90 – 92, 94, 108, 110, 119 Rechtsstaat  35, 38, 51, 87, 112, 113, 170, 177, 187, 235, 238, 251 Recklinghausen 83 Reichenau, Walter von  38 Reichsangehörige, Reichsangehörigkeit  194, 206, 207, 242 Reichs- und Staatangehörigkeitsgesetz – siehe Staatsangehörigkeitsgesetz Reichsbund jüdischer Frontsoldaten  34, 244 Reichsbürger  42, 43, 203, 209 Reichsbürgergesetz  42, 172, 189, 201, 203, 204, 209 Reichsgericht 137 Reichskommissar für Preisüberwachung  83, 84 Reichsregierung  22, 32, 33, 38, 57, 78, 93, 104, 117, 120, 127, 134 – 136, 143, 146, 148, 155, 156, 158, 165, 170, 172, 173, 193, 197, 199, 213, 220, 222, 225, 237 Reichsvereinigung der Juden in Deutschland – siehe Juden, Reichsvereinigung der Juden in Deutschland Reichsvertretung der deutschen Juden – siehe Juden, Reichsvertretung der deutschen Juden Reichsvertretung der Juden in Deutschland – siehe Juden, Reichsvertretung der Juden in Deutschland Reischle, Hermann  95 Religionsgesellschaften  213, 215, 216, 227 – 229

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360

|  Anhang

Resttschechei – siehe Tschechei Rendel, George  127 Rhein  27, 147, 151 Rheinland  29, 49, 97, 130 Ribbentrop, Joachim von  102, 122, 146, 151, 155, 165, 169, 175, 235, 255 Riga  189, 190, 216 Ritter, Gerhard  20, 186, 251, 253 – 256 Ritter, Hans  146 Robert Bosch GmbH  62, 63, 120, 137, 191, 192 Robert Bosch Stiftung  9 Robert Bosch Werke – siehe Robert Bosch GmbH Roberts, Frank Kenyon  158 Röhm, Ernst  27 Röhrecke, Hans  41 Rom  136, 178, 235 Roma 188 Roosevelt, Franklin Delano  35, 51, 115, 116, 123, 131, 133, 178, 201 Rosedale, Henry  75 Rosenberg, Alfred  149, 169 Rosenheimer Platz  45 Rosenstrasse 52 Rothfels, Hans  20, 55 Rothschild, Baron Walter  12, 69 Rothschild, Nathaniel Mayer Lord  67 Rouvier, Maurice  65 Rublee, George S.  135, 136, 155, 156 Rugby  102, 103, 137, 147 Ruhrkampf 55 Rumänien  66, 70, 71, 74, 124, 125, 135, 171, 188, 200, 201, 214 Runciman, Lord Walter  140, 143, 145, 150, 244 Rundstedt, Gerd von  183 Russland  12, 13, 15, 26, 50, 66, 68, 69, 74, 95, 124, 125, 144, 148, 160 – 162, 165, 175, 177, 181, 182, 190, 193, 200, 214, 216, 219, 222, 223 –– Revolution  1905 219 –– Staatsbürger  71, 219, 223, 228, 229 Rust, Bernhard  178 Rüstung  25 – 27, 35, 36, 61, 62, 79, 85, 89, 90 – 92, 94, 95, 106, 107, 109, 113, 116 – 118,

147, 151, 157, 158, 160, 161, 164, 165, 167 – 170, 239 S SA (Sturmabteilung)  17, 27, 29, 45, 59, 75, 78,

148, 233 Saarland  188, 213, 214, 226, 227, 231 Sachsen  57, 97, 223 SA-Führer, Ermordung  27, 59, 78 Saint-John Perse – siehe Léger, Alexis SaintLéger San Francisco  171 San Franzisko  36 Santo Domingo  156 Sargent, Sir Orme  105, 121, 158, 160, 162, 163, 164 Satchell, Leslie  137 Sauerbruch, Ferdinand  235 Schacht, Hjalmar  36 – 42, 60 – 62, 77, 84, 89, 94, 101, 103 – 105, 109, 151, 155, 159, 169, 234 – 236, 255 Schairer, Reinhold  102, 103, 138, 142, 143, 147, 148, 157 Schanghai 157 Scharf, Hermann  75 Scharnhorst 36 Schaumburg, Ernst  187 Schlabrendorff, Fabian von  14, 180, 181 Schleicher, Kurt von  57, 78 Schlesien  124, 173 Schmidt, Paul  175 Schmorell, Alexander  46 Scholl, Hans und Sophie  17, 46, 52 Schopenhauer 36 Schwarze  112, 116 Schweden  101, 179, 236 Schweiz  128, 143, 147, 158, 171, 197, 216, 236 Schwerin von Krosigk, Lutz Graf  38, 60, 94 Schwerin von Schwanenfeld, Ulrich Graf von  14, 186, 187 Semitismus 38 Serbien 124 Severing, Carl  219, 220

Register  |

Sheffield 102 Shirer, William Lawrence  149 Shortt, Edward  130, 131 Silex, Karl  183 Simms, Brendan  9 Simon, Sir John  150, 152 Sinai 67 Sinclair, Sir Archibald  102, 138 Sinti 188 Slowakei 168 Smith 115 Smuts, Jan Christian  143 Sobibor  13, 188 Sobotker, Martin  34, 251 Sofia 136 Solingen 53 Sowjetunion – siehe Russland Sozialdemokraten  17, 19, 55, 56, 235 Spandau 36 Spartakus 55 Spranger, Eduard  236 Springfield (Massachusetts)  62 Sri Lanka  124 SS (Schutzstaffel)  21, 39, 50 – 52, 97, 128, 141, 170, 180, 188, 190, 200, 216, 239, 252 staatenlos  43, 127, 172, 189, 203, 213, 214, 225, 228, 229, 231, 232 – s. a. Juden, staatenlos Staatsangehöriger  30, 43, 49, 71, 124, 127, 130, 147, 172, 194, 203, 204, 206 – 209, 211, 213 – 215, 220, 224, 226, 228 – 229, 231 Staatsangehörigkeit  22, 30, 42, 43, 71, 72, 128 – 130, 136, 146, 148, 189, 194, 203 – 210, 213, 214, 220, 222, 224 – 227, 229, 232, 233, 240 – 243, 246 – s. a. Juden, Staatsangehörigkeit –– Widerruf  30, 72, 210, 220, 225, 240 Staatsangehörigkeit ,doppelte  205 – 209, 243, 246 – s. a. Juden, Staatsangehörigkeit , doppelte Staatsangehörigkeitsgesetz, Reichs- und  203, 204, 206, 222, 240 Staatsangehörigkeitsgesetz, Bundes- und  207 Stadtarchiv Leipzig  9

Stalinismus 19 Stalin, Josef Wissarionowitsch  50, 81, 175 Stanley, Oliver  150, 153 Stapff 53 Stauffenberg, Berthold Schenk Graf von  186 Stauffenberg, Claus Schenk Graf von  14, 15, 19, 186, 187, 236, 249 –– und Judenbehandlung  15 Stauffenberg, Hans Christoph Schenk Freiherr von 185 Stettin  149, 186 Stimson, Henry L.  115 St. Louis  120, 157 Stockholm  63, 97, 101, 174, 179, 235 Stockholms Enskilda Bank  62 Stopford, Robert J.  102, 108, 140 – 142, 157 Strafgesetzbuch 137 Strang, William  150, 158, 161, 162, 164 Streicher, Julius  40 Stresemann, Gustav  55 Strölin, Karl  83 Stülpnagel, Joachim von  187 Stuttgart  45, 83, 137, 191 Südafrika  35, 50, 132, 177 Südamerika  32, 35, 115, 157, 194, 202, 203, 241, 242, 246 Sudetendeutsche  124, 141 Sudetenkrise  134, 147 Sudetenland  50, 106, 124, 130, 140, 143, 145, 146, 162, 169, 214, 231 Südosteuropa  50, 160, 214 Südtirol  72, 124 Sutton Pratt, Reginald  174 Synagogen  30, 147 – 149, 250 Syrien  11, 122, 126, 171, 201 T Taft, Charles Phelps  115 Taft, William Howard  115 Tanganjika  132, 154 Tannenberg 142 Tegel  249, 256 Thomas, Georg  56, 105, 115, 179

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|  Anhang

Thompson, Dorothee  131 Thrakien 131 Thüringen  221, 222 Timoshenko, Semjon K.  50 Toronto 115 Toulouse  138, 140 Transjordanien  122, 126 Transnistrien 201 Treblinka  13, 188 Treitschke, Heinrich von  12 Tresckow, Henning von  14, 22, 179 – 181, 183, 185, 187, 236, 239, 249 Trier 241 Trott zu Solz, Adam von  21, 184, 185 Tschechei  50, 168, 216 Tschechoslowakei  26, 40, 71, 72, 107, 117, 124, 130, 138, 139, 141 – 145, 150, 162, 165, 168, 169, 174, 244 Tübingen  9, 77 Türkei  11, 12, 69, 71, 122, 124, 151, 171, 216 – s. a. Osmanisches Reich U Uganda  67, 68, 242 Ukraine  165, 188, 216 Umsiedlung  123, 124, 131, 197 – s. a. Vertreibung; Juden, Umsiedlung Umsturz – siehe Widerstand, deutscher, Umsturz Ungarn  71, 74, 135, 148, 162, 171, 188, 223 United States Holocaust Memorial Museum  16 Universitätsbibliothek Tübingen  9 University of Warwick Modern Records Centre 9 V Vansittart, Sir Robert  102, 103, 105 – 107, 110, 141 – 143, 145, 158, 165 – 167 7 Vatikan 175 Vereinigte Staaten von Amerika  16, 20, 26, 32, 41, 50, 51, 65, 67 – 69, 71, 74, 102, 108, 115 – 122, 125, 131, 132, 134, 135, 139, 142, 147, 148, 152, 153, 156, 160, 168, 173, 177, 181, 182, 193, 225, 237, 238, 246, 259

–– Außenministerium  115, 131, 133, 134, 201 –– Note  135, 136 –– Regierung  41, 116, 132, 153, 156 Vereinte Nationen  260 Verfolgung – siehe Juden, Verfolgung; Christen, Verfolgung Vernichtungslager – siehe Chelmno, Belzec, Sobibor, Treblinka, Auschwitz,- s. a. Konzentrationslager; Juden, Vernichtungslager Versailles  13, 25, 27, 29, 49, 53 – 55, 70, 71, 79, 113, 117, 161, 169, 178, 219, 220 Verschwörer – siehe Verschwörung Verschwörung  14, 17, 19, 21, 55, 103, 106, 166, 175, 177 – 179, 183, 186, 187, 191 – 193, 235, 236 – s. a. Widerstand, deutscher Vertreibung  13, 72, 124, 128, 132, 134, 136, 173, 189, 214 – s. a. Juden, Vertreibung; Juden, Vertriebene Vertriebene – siehe Vertreibung; s. a. Juden, Vertreibung; Juden, Vertriebene Viktor Emmanuel, König von Italien  65 Völkerbund  26, 31, 32, 69, 70, 72 – 74, 81, 125, 128, 132, 156, 160, 238 Völkischer Beobachter  26, 51, 126, 145, 147, 148 Volksgerichtshof  14, 49, 137, 254 Volkstum  221, 222, 234, 259 Volkszählung  19, 30, 146, 208, 213, 214 – 217, 220, 226 – 227, 240, 243 –– Österreich  1934 214 Voss, Alexander von  187 W Wagner, Adolf  39, 40, 60 Wagner, Josef  61, 236 Wagner, Richard  57, 58 Wagner, Winifried  57, 58 Waldersee, Alfred Graf von  187 Waley, Sigismund David  103 Wallace, Henry A.  115 Wallenberg, Jacob  62, 63, 179, 249, 254, 255 Wallenberg, Marcus  62, 63 Walz, Hans  120, 159, 164, 191, 244 Warburg, Felix  31, 32, 121

Register  |

Warburg, Max  32, 35, 121, 156, 245 Warburg siehe auch M. M.Warburg Bank 32 Warschau  26, 74, 125, 136 Warwick-Leamington 142 Washington  16, 26, 115, 136, 143, 153, 155 Washington Pact  177 Weber, Hartmut  9 Weil, Bruno  29 Weimarer Republik  55, 106 Weinberg, Gerhard  9 Weiße Rose  46 Weißrussland  53, 65 Weizmann, Chaim  68, 69, 74, 122, 145, 171, 238, 244, 245 Weizsäcker, Ernst Freiherr von  136, 148, 178, 180 Welles, Benjamin Sumner  115, 133, 156 Wellesley, William Robert – siehe Peel, Lord Weltkongress – siehe Jüdischer Weltkongress Weltkrieg  11, 20, 21, 25, 32, 53, 63, 65, 69 – 72, 75, 76, 106, 116, 126, 134, 140, 145, 153, 177, 179, 188, 200, 207, 240, 241, 243, 260 Weltkrieg, Erster  11, 20, 21, 25, 32, 53, 65, 69 – 72, 75, 76, 116, 126, 179, 200, 207, 240, 241, 243 Weltkrieg, Zweiter  63, 106, 134, 140, 145, 153, 177, 188, 200, 260 Westfalen 29 Westmächte  49, 95, 105, 120, 165, 174 – s. a. Alliierte Mächte Westminster 150 Westpreußen 25, 124, 188 Wettrüsten – siehe Rüstung Wheeler-Bennett, John W.  115 Whitehall 105 White, Thomas W.  133 Widerstand, deutscher  14 – 22, 45 – 47, 51, 63, 146, 166, 170, 178, 180, 186, 191, 210, 235, 239, 241, 245, 257, 259, 260 – s. a. Verschwörung –– Attentat  180, 187, 249 –– Aufstand  14, 186, 187 –– Historiographie  19 – 23

–– –– –– –– –– –– –– ––

Hochverrat  183, 249 in der deutschen Öffentlichkeit  16, 19 Landesverrat  137 – 175, 239, 249, 256 Motive  14 – 17, 36, 45, 78, 123, 132, 190 Putsch  45, 177, 187, 249 Staatsstreich  142, 146, 236, 252 Stütze im Volk  177, 185 Umsturz  14, 15, 21, 22, 47, 55, 63, 110, 141, 142, 144, 146, 157, 161, 164, 166, 170, 175, 177 – 184, 186 – 188, 190, 191, 193, 236, 237, 239, 249, 260 Wiedemann, Fritz  115, 140, 151, 171 Wien  50, 74, 128, 129, 173, 188, 189, 214, 216 Wilhelm II., Kaiser  65 Wilhelm, Kronprinz von Preußen  184 Williams, Francis  142 Wilna 65 Wilson, Hugh R.  155 Wilson, Sir Horace  107, 145 Wilson, Woodrow  25, 70, 71 Winterton, Lord  155 Wischnitzer, Mark  33, 35 Witzleben, Erwin von  186, 187 Wohlthat, Helmuth  155, 156 Wood, Eliza R.  9 Woodhead, Sir John  127 Woodhead Commission  127 Wurm, D. Theophil  17 Württemberg  45, 222 Württembergische Landesbibliothek  9 Y Yorck, Peter Graf  17, 184 – 186, 236, 249 Young, Arthur Primrose  19, 102, 103, 105, 122, 137 – 139, 141 – 147, 150, 152, 157 – 159, 161, 163, 167 – 169, 191 Young, James (Jim)  143, 158 Young, Owen D.  115, 142 Z Zeitschriften – siehe Zeitungen Zeitungen  16, 29, 33, 34, 36, 38, 41, 45, 51, 58, 75 – 77, 79, 93, 97, 98, 108, 118, 122, 125, 126,

363

364

|  Anhang

131, 140, 142, 145 – 149, 152, 171, 183, 235, 240, 244, 251, 252 Zionismus  11, 12, 34, 39, 65, 66, 69, 71, 93, 157, 194, 238 - s. a. Zionistische Bewegung Zionisten – siehe Zionismus; s. a. Zionistische Bewegung Zionistische Bewegung - 12, 65 – 69 – s. a. Zionismus; Weizmann, Chaim Zuwanderung – siehe Einwanderung; Immigranten; Juden, Einwanderung Zürich  143, 146, 159, 164 Zwischenstaatlicher Ausschuss für die Erleichterung der Auswanderung  133 – 136, 154 – 156 Zypern  67, 121, 242

HORST DIETER SCHLOSSER

SPRACHE UNTERM HAKENKREUZ EINE ANDERE GESCHICHTE DES NATIONALSOZIALISMUS

Diktatorische Herrschaft beruht in erster Linie auf physischer Gewalt. Sie nutzt aber auch sprachliche Mittel, um ihren Machtanspruch durchzusetzen und zu etablieren. Die NS-Diktatur ist in dieser Hinsicht ein besonders eindrückliches Beispiel. Das neue Buch des Sprachwissenschaftlers Horst Dieter Schlosser widmet sich der „Sprache unterm Hakenkreuz“ und ihren Mechanismen zur Machterhaltung. Er arbeitet insbesondere das Wechselspiel zwischen sprachlicher Diskriminierung und Vernichtung von tatsächlichen und mutmaßlichen Gegnern des Regimes heraus und stellt auch die Positionen des Widerstands gegen das Regime umfassend dar. Schlossers Analyse bietet eine profunde Basis zum Verständnis der Massenwirksamkeit von Propaganda und eine Grundlage, ihr mit sprachlichen Mitteln zu begegnen. 2013. 424 S. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-21023-6

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WOLFGANG UWE ECKART

MEDIZIN IN DER NS-DIKTATUR IDEOLOGIE, PRAXIS, FOLGEN

Kaum ein anderes Thema der jüngeren Medizingeschichte ist so häufig behandelt worden wie das der Medizin im Nationalsozialismus. Doch trotz hoch differenzierter Forschungen und einer Fülle von Büchern gibt es keine aktuelle Gesamtdarstellung. Diese Lücke schließt Wolfgang Uwe Eckart. Er stellt die Medizin des NS-Staats in den Kontext ihrer Ideologien, Praktiken und Konsequenzen. Ein Standardwerk – grundlegend und gut verständlich. 2012. 567 S. 48 S/W- U FARB. ABB. GB. 155 X 230 MM. | ISBN 978-3-412-20847-9

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NORBERT KAMPE, PETER KLEIN (HG.)

DIE WANNSEE-KONFERENZ AM 20. JANUAR 1942 DOKUMENTE – FORSCHUNGSSTAND – KONTROVERSEN

Mit der Wannsee-Konferenz wurde der gesamte deutsche Staatsapparat zum Mitwisser und Mittäter bei der Ermordung der europäischen Juden. Der bereits stattfindende Massenmord wurde zum systematischen Völkermord. Das Konferenzprotokoll als schriftliche Quelle und seine Überlieferung, die Interpretation seiner bürokratischen Sprache, die Interessen der Konferenzteilnehmer, aber auch die Kontextualisierung in Geschichtsschreibung, Erinnerungskultur und Pädagogik werden in diesem Buch analysiert. Alle wichtigen Dokumente zur Konferenz und ihrem Umfeld sowie Eichmanns zahlreiche Äußerungen hierzu in Argentinien und Israel sind als Faksimilie oder in Abschrift wiedergegeben. 2013. 482 S. 43 S/W-ABB. GB. 170 X 240 MM. | ISBN 978-3-412-21070-0

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