Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO). Band 2 §§ 83–130 (6.–12. Abschnitt): Anhang. Nachtrag. Sachregister [Reprint 2019 ed.] 9783110896695, 9783110080674


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German Pages 832 Year 1979

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Table of contents :
Vorwort
Inhaltsverzeichnis
SECHSTER ABSCHNITT. Gebühren in Strafsachen
SIEBENTER ABSCHNITT. Gebühren in Bußgeldverfahren
ACHTER ABSCHNITT. Gebühren in Auslieferungssachen
NEUNTER ABSCHNITT. Gebühren im Disziplinarverfahren, im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vor den Wehrdienstgerichten, im ehren- und berufsgerichtlichen Verfahren, bei der Untersuchung von Seeunfällen und bei Freiheitsentziehung
ZEHNTER ABSCHNITT. Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Verfassungsgerichtsbarkeit, vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vor Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit
ELFTER ABSCHNITT. Gebühren in sonstigen Angelegenheiten
ZWÖLFTER ABSCHNITT. Vergütung in Armensachen
Anhang
Nachtrag zum 1. Band
Tabellen
Sachregister
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Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO). Band 2 §§ 83–130 (6.–12. Abschnitt): Anhang. Nachtrag. Sachregister [Reprint 2019 ed.]
 9783110896695, 9783110080674

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Großkommentare der Praxis

W G DE

Schumann — Geißinger

Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO) Großkommentar 2., völlig neubearbeitete Auflage

Alfred Schumann f

von und

Mathias Geißinger

Rottach-Egern

München

Zweiter Band §§ 8 3 - 1 3 0 ( 6 . - 1 2 . Abschnitt) Anhang, Nachtrag, Sachregister

W DE G 1979

Walter de Gruyter • Berlin

New York

Erscheinungsdaten der Lieferungen: Lieferung 4 (§§ 8 3 - 1 2 0 , Seite 1 - 4 1 6 ) : September 1976 Lieferung 5 (§§ 1 2 1 - 1 3 0 , Seite 4 1 7 - 8 2 2 ) Anhang, Nachtrag, Sachregister: April 1979

CIP-Kurztitelaufnahme

der Deutschen

Bibliothek

Schumann, Alfred: Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte: (BRAGebO); G r o ß k o m m e n t a r / von Alfred Schumann u. Mathias Geißinger. — Berlin, New York: de Gruyter. Auf d. Haupttitels, auch: Schumann-Geißinger. — 1. Aufl. im Verl. Schumann, München. — Lfg. 1 u. d. T.: Schumann, Alfred: Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung. N E : Geißinger, Mathias; Schumann-Geißinger, . . . Bd. 2. § § 8 3 - 1 3 0 ( 6 . - 1 2 . Abschnitt), Anhang, Nachtrag, Sachregister. — 2., völlig neubearb. Aufl. — 1979. (Großkommentare der Praxis) ISBN 3-11-008067-2

© Copyright 1979 by Walter de G r u y t e r & Co., v o r m a j s G . J. G ö s c h e n ' s c h e Verlagshandlung, J. G u t t e n t a g , V e r l a g s b u c h h a n d l u n g , G e o r g R e i m e r , Karl J. T r ü b n e r , Veit & C o m p . , Berlin 30. Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und V e r b r e i t u n g sowie der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in i r g e n d e i n e r F o r m (durch Fotokopie, M i k r o f i l m oder ein a n d e r e s V e r f a h r e n ) o h n e schriftliche G e n e h m i g u n g des Verlages reproduziert oder u n t e r V e r w e n d u n g elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden. Printed in G e r m a n y . Satz u n d D r u c k : H. H e e n e m a n n G m b H & Co, Berlin 42 Bindearbeiten: Lüderitz & Bauer, Buchgewerbe G m b H , Berlin 61

Vorwort Dem verdienten Begründer dieses Kommentars, Alfred Schumann, war es nicht vergönnt, die 2. Auflage, die er selbst als K r ö n u n g seines beruflichen Lebenswerkes betrachtet hat, unter eigener Mitwirkung zum Abschluß zu bringen. Vielmehr konnte er nur die Veröffentlichung des ersten Bandes erleben. Seit Jahrzehnten durch berufliche Tätigkeit und als Mitarbeiter von Alfred Schumann ebenfalls mit der anwaltlichen Kosten- und Streitwertpraxis vertraut, habe ich die alleinige Weiterführung des Werkes übernommen. Dabei war es mir ein Anliegen, die Grundkonzeption der Schumann'schen Bearbeitung beizubehalten. Die verzögerte Verabschiedung der Kostenrechtsreform durch das Kostenrechtsänderungsgesetz vom 20. 8. 1975 (BGBl. I S. 2189) brachte es leider mit sich, daß die Fertigstellung des Werkes einen längeren Zeitraum in Anspruch nahm. Es sollte im Interesse der Benutzer des Kommentars erreicht werden, daß der Kommentierung zu §§ 83 bis 130 B R A G O bereits der durch das KostenÄndG 1975 geschaffene Rechtszustand zugrunde gelegt werden kann. Die im Herbst 1976 erschienene Kommentierung der §§ 83 bis 120 berücksichtigt demgemäß den jetzigen Rechtszustand, ebenso wie diejenige der §§ 121 bis 130, die Ende 1978 abgeschlossen wurde. Im Anhang (S. 513 bis 531) werden die Gebühren und Auslagen der Rechtsbeistände und die Schlußvorschriften (Art. XI des K o s t Ä n d G 1957), bei letzteren insbesondere die zur Beiordnung von Vertretern in Patent- und Gebrauchsmustersachen sowie zur Beiordnung von Patentanwälten in Armensachen und deren Vergütung, abgehandelt. Die Kommentierung der Gebührenregelung in Rückerstattungs- und Entschädigungssachen findet sich auf S. 545 bis 554. Die Ausführungen zum Übergangsrecht für die neueren Gesetzesänderungen, besonders zum KostÄndG 1975, schließen auf S. 555 bis 561 den Anhang ab. Seit dem Erscheinen des ersten Bandes ist auch eine Reihe der dort behandelten Vorschriften geändert, ergänzt oder neu geschaffen worden. Außerdem haben die dort kommentierten Wertvorschriften, besonders des Gerichtskostengesetzes und der Kostenordnung, erhebliche Änderungen erfahren. Es ergab sich so die Notwendigkeit, diese Kommentierungen durch einen Nachtrag (S. 563 bis 666) zu aktualisieren. Der besseren H a n d h a b u n g und Erschließung des Nachtrages dienen die Etiketten am R a n d e der betroffenen Passagen des ersten Bandes. Im übrigen kann auf das Vorwort zum ersten Band hingewiesen werden. 8057 Eching im Februar 1979 Mathias

Geißinger

Inhaltsverzeichnis Vorwort

V

SECHSTER ABSCHNITT Gebühren in Strafsachen Vorbemerkungen zu §§ 83—103 1. Gebühren des gewählten Verteidigers und anderer gewählter Vertreter § 83 Erster Rechtszug § 84 Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung § 85 Berufungsverfahren § 86 Revisionsverfahren § 87 Pauschgebühren § 88 Einziehung und verwandte Maßnahmen § 89 Vermögensrechtliche Ansprüche § 90 Wiederaufnahmeverfahren § 91 Gebühren für einzelne Tätigkeiten § 92 Mehrere einzelne Tätigkeiten § 93 Gnadengesuche § 94 Privatklage § 95 Vertretung eines Nebenklägers und anderer Verfahrensbeteiligter § 96 Kostenfestsetzung, Zwangsvollstreckung § 96a Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs

.

Vorbemerkungen zu §§ 97 —103 2. Gebühren des gerichtlich bestellten Verteidigers und des beigeordneten Rechtsanwalts § 97 Anspruch gegen die Staatskasse § 98 Festsetzung der Gebühren § 99 Strafsachen besonderen Umfangs §100 Anspruch gegen den Beschuldigten § 101 Anrechung, Rückzahlung § 102 Privatklage, Nebenklage, Klageerzwingungsverfahren § 103 Bundeskasse, Landeskasse

1 10 10 20 25 29 35 40 47 55 58 67 70 74 88 92 109 110 110 115 125 129 138 149 153 155

SIEBENTER ABSCHNITT Gebühren in Bußgeldverfahren Vorbemerkungen zu § 105 § 104 aufgehoben § 105 Bußgeldverfahren

156 156 VII

Inhaltsverzeichnis

ACHTER ABSCHNITT Gebühren in Auslieferungssachen Vorbemerkungen zu §§ 106 - 1 0 8 § 106 Beistandsleistung § 107 Beigeordneter Rechtsanwalt § 108 Pauschgebühren

162 164 167 170

N E U N T E R ABSCHNITT Gebühren im Disziplinarverfahren, im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vor den Wehrdienstgerichten, im ehren- und berufsgerichtlichen Verfahren, bei der Untersuchung von Seeunfällen und bei Freiheitsentziehung Vorbemerkungen zu §§ 109—112 § 109 Disziplinarverfahren § 109a Wehrbeschwerdeverfahren vor den Wehrdienstgerichten §110 Ehren-und berufsgerichtliche Verfahren § 111 Untersuchung von Seeunfällen § 112 Freiheitsentziehung

. . . .

172 173 184 187 190 193

Z E H N T E R ABSCHNITT Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Verfassungsgerichtsbarkeit, vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, vor Gerichten der Verwaltungs-, Sozial- und Finanzgerichtsbarkeit Vorbemerkungen zu §§ 113—117 §113 Verfahren vor Verfassungsgerichten § 113a Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften § 114 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (Vgl. im einzelnen die Übersicht S. 218—220) § 115 aufgehoben §116 Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit § 117 Besonderheiten für Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit

202 203 211 217 271 285

ELFTER ABSCHNITT Gebühren in sonstigen Angelegenheiten Vorbemerkungen zu §§ 118 — 120 § 118 Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr, Beweisaufnahmegebühr (Vgl. im einzelnen die Übersicht S. 294-297) § 119 Vorverfahren, Verwaltungszwangsverfahren, Aussetzung der Vollziehung §120 Einfache Schreiben VIII

288 291 411 414

Inhaltsverzeichnis

ZWÖLFTER ABSCHNITT Vergütung in Armensachen Vorbemerkungen zu §§ 121 —130 §121 Vergütung aus B u n d e s - o d e r Landeskasse §122 U m f a n g der Beiordnung §123 Gebühren des Armenanwalts § 124 Bruchteilsarmenrecht §125 Verschulden eines beigeordneten Rechtsanwalts § 126 Auslagen des Armenanwalts § 127 Vorschuß § 128 Rechtsweg §129 Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen §130 Übergang von Ansprüchen auf die B u n d e s - o d e r Landeskasse

.

417 421 439 449 461 463 467 480 481 490 494

Anhang 1. Weitere Vorschriften des Gesetzes zur Änderung und Ergänzung kostenrechtlicher Vorschriften vom 26. 7. 1957

513

.

A R T I K E L IX. Gebühren und Auslagen von Rechtsbeiständen § 1 . Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten — Gebührentabelle — § 2. Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

513 524 526

A R T I K E L X. Änderung sonstiger Gesetze

531

A R T I K E L XI. Schlußvorschriften § 1 . Anfechtung von Verwaltungsakten § 2. Zuständigkeit für die weitere Beschwerde in Kostenangelegenheiten . § 5. Unberührt bleibendes Recht

531 535 536

2. Übergangsrecht für Gesetzesänderungen zur B R A G O aus dem Jahre 1976

555

Nachtrag zum 1. Band Einleitung Zu § 3 Zu § 6 Zu § 7 Zu § 8 Zu § 1 0 Zu § 1 1 Zu § 1 2 Zu § 1 5 Zu § 19 Zu § 20 Zu § 21 a Zu § 22 Zu § 23 Zu § 24 Zu § 25 Zu § 26 Zu § 27

563 563 568 568 572 576 613 614 615 617 618 619 620 621 621 622 622 623 624 IX

Inhaltsverzeichnis

Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu Zu

§ 28 §31 § 32 § 33 § 35 § 35 a § 36 vor § 37 § 37 § 41 § 42 § 43 § 43 a §45 §51 § 53 § 57 § 58 § 61 § 62 § 63 § 66 a § 68 § 70 § 75 § 76 § 80

625 626 632 .633 635 638 638 639 641 642 647 647 648 651 652 652 654 655 656 658 660 660 662 664 665 665 666

Tabellen I. Tabelle für Rechtsanwaltsgebühren (§ 11) (von D M 200 bis D M 100 Mio) II. Tabelle f ü r Reisekosten der Rechtsanwälte (§ 28) III. Tabelle für Armenanwaltsgebühren (§ 123) IV. Tabelle für die Gerichtskosten V. Gerichtskosten in Arbeitssachen VI. Tabelle für die Hebegebühren (§ 22) VII. Tabelle der Gerichtsvollziehergebühren

668 688 689 690 694 689 702

Sachregister

705

X

SECHSTER ABSCHNITT

Gebühren in Strafsachen Vorbemerkungen zu §§ 83 bis 103 Übersicht: Rz. Allgemeines 1 Hinweise auf erfolgte Ä n d e r u n g e n . . . 3 Mehrere A u f t r a g g e b e r 4 A n w e n d u n g des 1. u. 2. Abschnitts . . 5 Honorarvereinbarungen 6 Vorschuß, Fälligkeit u. F e s t s e t z u n g der Vergütung 7 Rat- und Auskunfterteilung 8 Bemessung der R a h m e n g e b ü h r e n . . . 9 Berufungs- u n d Revisionsverfahren 10,19, 20 Einziehung von Vermögenswerten . . 11, 22 F a h r v e r b o t , E n t z i e h u n g der F a h r e r l a u b nis 12, 22 G e l t e n d m a c h u n g vermögensrechtlicher Ansprüche im S t r a f v e r f a h r e n . . . . 1 3 , 2 3 Einzelne Tätigkeiten des R A . . 14,25,26 V e r k e h r s a n w a l t in Strafsachen . . . . 14 Privatklagesachen 15, 28, 29 P a u s c h c h a r a k t e r der G e b ü h r e n . . . 16, 21

V e r t r e t u n g in der H a u p t Verhandlung . T ä t i g k e i t n u r im vorbereitenden Verf a h r e n oder n u r a u ß e r h a l b der H a u p t verhandlung V e r f a h r e n ohne H a u p t v e r h a n d l u n g . . Haftprüfungsverfahren Wiederaufnahmeverfahren V e r t r e t u n g in Gnadensachen Nebenkläger, Einziehungs- oder Nebenbeteiligte Kostenfestsetzung, Zwangsvollstreckung A b t r e t u n g der K o s t e n e r s t a t t u n g s a n s p r ü che gegen die Staatskasse a n den R A . Gerichtlich bestellter Verteidiger, beigeordneter RA B e s t i m m u n g der angemessenen Gebühren d u r c h den R A Tabelle der R A - G e b ü h r e n in Strafsachen und für Privatklagen

Rz. 17 18 18 18 24 27 30 31 32 33 34 35

Die Abschnitte sechs bis neun (§§ 83—112) behandeln die Gebühren in Strafsachen 1 u n d in strafsachenähnlichen Verfahren. Davon behandelt der 6. Abschn. Ziff. 1 zunächst die Gebühren des gewählten Verteidigers u n d anderer gewählter Vertreter (§§ 83—96a) u n d die Ziff. 2 die Gebühren des gerichtlich bestellten Verteidigers u n d des beigeordneten R A (§§ 97—103). Der 7. Abschn. dagegen behandelt die Gebühren in Bußgeldverfahren (§ 105), der 8. Abschn. bestimmt die Gebühren in Auslieferungssachen (§§ 106—108) u n d schließlich der 9. Abschn. die Gebühren im Disziplinarverfahren, im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vor den Wehrdienstgerichten, im ehren- u n d berufsgerichtlichen Verfahren, bei der Untersuchung von Seeunfällen u n d bei Freiheitsentziehungen (§§ 109—112). Zunächst behandelt die Ziff. 1 des 6. Abschn. die Gebühren des gewählten Verteidi- 2 gers und anderer gewählter Vertreter in Strafsachen, wovon hier in der Vorbemerkung die Rede sein soll, während die Ziff. 2 Gebühren des gerichtlich bestellten Verteidigers und des beigeordneten R A in den Vorbemerkungen zu §§ 97 ff gesondert behandelt werden soll. Der Begriff der Strafsachen ist in Wissenschaft u n d Praxis genügend 1

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

klar umgrenzt. Deshalb bedarf es keiner gesetzlichen Umschreibung 1 ). Dieser Begriff u m f a ß t z.B. auch die landesrechtlich geregelten Forst- u n d Feldrügesachen. Die Vorschriften des 6. Abschnitts gelten für Strafsachen schlechthin, u n d zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich das f ü r sie geltende Verfahren ausschließlich nach der S t P O richtet. 3

Die Vorschriften der §§ 83ff haben seit dem I n k r a f t t r e t e n der BRAGebO (1957) einige Änderungen erfahren, die auch zu nicht unwesentlichen Gebührenerhöhungen geführt haben. Die bedeutendste Änderung brachte die Kostenrechtsnovelle v. 20. 8. 75 2 ). Neben einer generellen Erhöhung des Gebührensatzrahmens wurde die Tätigkeit im Vorverfahren gebührenrechtlich verselbständigt. Entgegen der bis zur Novelle v. 20. 8. 75 geltenden Regelung, wonach die in § 83 Abs. 1 bestimmten Gebühren die Tätigkeit des R A sowohl im Vorverfahren als auch im H a u p t v e r f a h r e n abgegolten haben, ist nunmehr durch die Einfügung der Worte „in der H a u p t v e r h a n d l u n g " im Eingang des Absatzes 1 bestimmt, daß die Bestimmungen des § 83 ausschließlich die Gebühren des Verteidigers in der H a u p t Verhandlung regeln. Ferner ist durch die Anfügung eines Satz 2 in § 83 Abs. 2 klargestellt, daß für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung die Vorschriften des Abs. 1 gelten, wenn mit dem Verfahren von neuem begonnen wird. Damit ist die in der Praxis umstrittene Frage geklärt, ob nach Unterbrechung der Hauptverhandlung die Gebühren des Abs. 1 oder die des Abs. 2 anfallen. Durch die mit Ges. v. 20. 8. 752) erfolgte Neufassung des § 84 wurde insbesondere das vorbereitende Verfahren gebührenrechtlich verselbständigt. Dies erschien dem Rechtsausschuß des Bundestages gerechtfertigt, weil die frühere Regelung, wonach die Gebühren des § 83 Abs.l die Tätigkeit des R A sowohl im Vorverfahren als auch in dem Hauptverfahren abgegolten haben, der Bedeutung des Vorverfahrens nicht mehr gerecht wird. Deshalb h a t der Rechtsausschuß beschlossen, die Tätigkeit im Vorverfahren gebührenrechtlich zu verselbständigen. Eine weitere beachtliche Ergänzung h a t § 88 erfahren. Durch die Anfügung des Satzes 3 hat der R A die Möglichkeit, den Gebührenrahmen bis zu 25 v. H . zu überschreiten, wenn dieser nicht ausreicht, auch eine Tätigkeit des R A mit abzugelten, die sich auf das Fahrverbot oder die Entziehung der Fahrerlaubnis erstreckt. Schließlich ist auch sehr beachtlich die Einfügung des § 96 a, der die Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs an den R A betrifft, den der Angeschuldigte evtl. gegen die Staatskasse auf E r s t a t t u n g von RA-Kosten als notwendige Auslagen (§§ 464b, 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO) h a t . D a m i t wird der bisherigen Praxis der Staatskasse der Boden entzogen, bei teilweisem Freispruch gegenüber dem Anspruch des Angeschuldigten auf E r s t a t t u n g von RA-Kosten als notwendige Auslagen mit ihrem Anspruch auf Zahlung von Gerichtskosten u n d Geldstrafen aufzurechnen. Nach der Einfügung des § 96a ist eine von der Staatskasse gegenüber dem Angeschuldigten erklärte Aufrechnung insoweit unwirksam, als die Aufrechnung den Anspruch des R A vereiteln oder beeinträchtigen würde. Wegen Einzelheiten vgl. die Erl. bei § 96a.

k

Der 6. Abschn. enthält keine gebührenrechtliche Regelung für den Fall, daß der Rechtsanwalt mehrere Beteiligte gemeinschaftlich vertritt. Eine solche Bestimm u n g ist hier entbehrlich, weil die für alle Abschnitte geltende allgemeine Vorschrift des § 6 diesen Fall mit u m f a ß t . *) Amtl. Begr., s. 1. Aufl. S 923. 2 ) BGBl. I, 2189. 2

Vorbemerkungen zu §§ 83 bis 103

Vorbem

Die Gebührenerhöhung bei Vertretung mehrerer Auftraggeber gilt auch im Privatklageverfahren, nachdem die Regelung der Gebühren f ü r den Fall der Vertretung mehrerer Auftraggeber bei den allgemeinen Vorschriften eingestellt ist. Bei der Anwendung der Vorschriften der §§ 83ff m u ß beachtet werden, daß auch f ü r 5 die Gebühren in Strafsachen die Vorschriften des 1. Abschn. (Allgemeine Vorschriften §§ 1—19) u n d ebenso auch der 2. Abschn. (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren u n d Auslagen §§ 20—30) gelten. Es sind somit auch die §§ 25 ff. mit den Bestimmungen über den Ersatz der Postgebühren, Schreibauslagen u n d Reisekosten gleichfalls f ü r den in Strafsachen tätigen R A anzuwenden. Die Zulässigkeit der Honorarvereinbarung ergibt sich zu § 3, der zur besonderen Be- 6 achtung empfohlen wird, weil es häufig notwendig erscheint, mit Rücksicht auf die häufig zu geringen Rahmengebühren in Strafsachen Honorarvereinbarungen zu treffen. Die Vorschrift des § 16 über die Fälligkeit der Gebühren u n d des § 17 über das Recht, 7 Vorschuß zu erfordern, gilt auch hier. Dagegen gilt die Vorschrift des § 19, der die Festsetzung der Vergütung des R A gegenüber dem Auftraggeber zuläßt, nicht für Strafsachen, weil sich diese Vorschrift f ü r Rahmengebühren nicht eignet (vgl. dazu die Erläuterungen Rz. 56ff. zu § 19 S 602f). Soweit R a t - und Auskunftserteilung in Strafsachen in Frage k o m m t , richten sich 8 die Gebühren nach der Vorschrift des § 20, die f ü r solche Fälle ebenfalls eine Rahmengebühr von 10 bis 250 DM vorsieht. Für die Bemessung der Rahmengebührensätze gilt die Vorschrift des § 12, die all- 9 gemein Bestimmungen darüber trifft. Die Rechtsprechung ist im Laufe der Zeit mehr u n d mehr dazu übergegangen, diese Rahmengebührensätze nach dem Mittelwert zu berechnen bzw. davon auszugehen. Wegen Einzelheiten kann dazu auf die Erl. zu § 12 u. zu § 83 Rz. 5 ff verwiesen werden. I m Berufungs- u n d Revisionsverfahren können höhere Rahmengebührensätze er- 10 hoben werden (§§ 85, 86). Bei der Einziehung von Vermögenswerten ist bei der Bemessung der Rahmengebühr 11 der Gegen standswert (§7) angemessen zu berücksichtigen. Der Gebührenrahmen k a n n in einem solchen Falle um eine 10 / 10 -Gebühr nach dem Gegenstandswert überschritten werden, soweit der R a h m e n nicht ausreicht, u m die gesamte Tätigkeit des R A angemessen zu entgelten (§ 88). Ü b t der R A eine Tätigkeit für den Beschuldigten aus, die sich auf das Fahrverbot 12 oder die Entziehung der Fahrerlaubnis erstreckt, u n d reicht der Gebührenrahmen nicht aus, um die gesamte Tätigkeit des R A angemessen zu entgelten, so k a n n er bis zu 25 v. H . überschritten werden (§ 88 letzter Satz). Ferner erhält der R A bei der Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche 13 im Strafverfahren neben den Gebühren eines Verteidigers an Stelle der im § 31 bestimmten Regelgebühren das l ' / j f a c h e dieser Regelgebühren u n d im Berufungs- und Revisionsverfahren das Doppelte der vollen Gebühr. Letzteres gilt aber nicht, wenn der Anspruch im Berufungsverfahren erstmalig geltend gemacht wird. Allerdings m u ß 3

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

der R A sich 2 /s der Gebühren, die ihm f ü r die Abwehr des Anspruchs im Strafverfahren zustehen, auf die im späteren bürgerlichen Rechtsstreit anfallenden Gebühren anrechnen lassen (§ 89). 14

Der § 91 regelt die Gebühren f ü r einzelne Tätigkeiten des R A , w e n n i h m nicht die Verteidigung insgesamt übertragen ist. § 91 gilt d e m n a c h a u c h f ü r den Verkehrsanwalt in Strafsachen, dgl. a u c h f ü r die Tätigkeit bei Anfertigung von Gnadengesuchen, u n d zwar erhält der R A f ü r bloße Gnadengesuche 10 bis 200 DM. W e n n er aber die V e r t r e t u n g in der ganzen Gnadensache h a t t e , so sieht die Vorschrift des § 93 d a f ü r eine R a h m e n g e b ü h r v o n 20 bis 300 D M vor.

15

Die Gebühren f ü r die allgemeine V e r t r e t u n g in Privatklagesachen sowie auch f ü r die Beistandsleistung bei d e m Sühneversuch n a c h § 380 S t P O regelt § 94, wobei a u c h f ü r die Mitwirkung bei einer Einigung eine weitere Gebühr im R a h m e n v o n 10—150 D M anfallen k a n n . Bezieht sich der Vergleich ferner auf vermögensrechtliche Ansprüche, so e n t s t e h t d a n e b e n eine Vergleichsgebühr n a c h § 23 ( 10 / 10 ).

16

Die gesamte Tätigkeit des Verteidigers im Verfahren wird d u r c h die einmalige Pauschg e b ü h r n a c h einem Betragsrahmengebührensatz abgegolten. H a t der R A nicht die gesamte Verteidigung g e f ü h r t , w a r er n u r im Vorverfahren t ä t i g oder n u r a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g , so sieht d a f ü r die Vorschrift des § 84 die besondere Gebührenregelung vor.

17

I m einzelnen ist dazu folgendes zu sagen: Die Vorschrift des § 83 regelt zunächst die Gebühren i m ersten Rechtszug, wobei der B e t r a g s r a h m e n s a t z f ü r die Vertretung in der Hauptverhandlung vor d e m OLG (BayObLG), Schwurgericht 100—1500 DM b e t r ä g t . Dies gilt a u c h f ü r Verfahren vor der J u g e n d k a m m e r , soweit diese in Sachen entscheidet, die n a c h den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören. I m Verfahren vor der großen S t r a f k a m m e r u n d vor der J u g e n d k a m m e r , soweit nicht die Regelung a u s § 83 N r . 1 eingreift, b e t r ä g t der R a h m e n g e b ü h r e n s a t z 70—900 DM sowie i m Verfahren vor d e m Schöffengericht, d e m Jugendschöffengericht, d e m Strafrichter u n d d e m J u g e n d r i c h t e r 60—760 DM. D a u e r t die H a u p t v e r h a n d l u n g mehrere Tage, so erhält der R A f ü r jeden weiteren K a l e n d e r t a g zusätzlich eine weitere Gebühr (wegen Tabelle s. S. 9). W e n n jedoch m i t d e m Verfahren v o n n e u e m begonnen wird, so gelten f ü r den ersten T a g der neuen H a u p t v e r h a n d l u n g die Vorschriften des § 83 Abs. 1, d . h . der R A k a n n h i e r f ü r die Verfahrensgebühr nochmals in Ansatz bringen').

18

Die Vorschrift des § 84 regelt die Gebühren f ü r die V e r t r e t u n g a u ß e r h a l b der H a u p t verhandlung, w e n n also der R A a u c h im vorbereitenden Verfahren oder n u r außerhalb der Hauptverhandlung t ä t i g war. Diese Vorschrift gilt auch f ü r die V e r t r e t u n g in einem Verfahren, in d e m eine H a u p t v e r h a n d l u n g n i c h t s t a t t f i n d e t . Die R a h m e n g e b ü h r e n sätze betragen, w e n n die Sache beim OLG (BayObLG), Schwurgericht oder vor der 3 ) Durch die m i t Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I , 2189) neu in § 83 Abs. 2 eingefügte Bestimmung ist die alte Streitfrage erledigt, ob bei mehr als lOtägiger Aussetzung der H a u p t v e r h a n d l u n g dem R A als Verteidiger die Verfahrensgebühr erneut zusteht oder lediglich die Zusatzgebühr f ü r einen weiteren H a u p t v e r h a n d l u n g s t a g gem. § 83 Abs. 2 Satz 1 gefordert werden kann. Vgl. dazu auch oben Rz. 2.

4

Vorbemerkungen zu §§ 83 bis 103

Vorbem

Jugendkammer, soweit diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, anhängig ist, 50—750 DM, vor der großen S t r a f k a m m e r und vor der Jugendkammer 35—450 DM, vor dem Schöffengericht, dem Jugendschöffengericht, dem Strafrichter u n d dem Jugendrichter 30—380 DM (bloße Akteneinsichten fallen nicht unter diese Vorschrift, sondern es kommt hierfür § 91 Nr. 1 zur Anwendung). I m übrigen wird mit dieser Gebühr auch die Tätigkeit im Haftprüfungsverfahren nach §§ 117ff StPO abgegolten; daher sollte m a n in solchen Verfahren die Honorarvereinbarung nicht vergessen (vgl. dazu § 84 Rz. 9 u n d dort F n . 12). Der § 85 bestimmt die Gebühren f ü r das Berufungsverfahren. W e n n das Verfahren 19 vor der großen Strafkammer und der Jugendkammer anhängig ist, so ist die Rahmengebühr 70—900 DM, u n d wenn es vor der kleinen S t r a f k a m m e r anhängig ist, 60—760 DM. Auch hier t r i t t eine Erhöhung bei mehrtägiger Dauer der Hauptverhandlung ein, wenn jedoch m i t dem Verfahren von neuem begonnen wird, so gelten für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung wieder die Vorschriften des Abs. 1, d . h . es entsteht eine neue Verfahrensgebühr 4 ). Eine Ermäßigung der Sätze auf die Hälfte wie bei § 84 ist ebenfalls vorgesehen, wenn der R A nicht im ganzen Verfahren tätig war. Der § 86 behandelt die Gebühren im Revisionsverfahren, und zwar betragen hier die 20 Rahmengebühren vor dem B G H 100—1500 DM, vor dem OLG (BayObLG) 70—900 DM; wenn dagegen im ersten Rechtszug der Strafrichter (ausgenommen als Jugendrichter) entschieden h a t , können nur 60—760 DM gefordert werden. Es ist selbstverständlich, daß auch im Revisionsverfahren bei mehrtägiger Hauptverhandlung die Gebührenerhöhung eintritt. Außerdem gelten auch hier, wenn mit dem Verfahren von neuem begonnen wird, gem. § 86 Abs. 2 Satz 25) für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung die Vorschriften des Abs. 1, so daß also auch hier eine neue Verfahrensgebühr entsteht. I s t der R A nicht im ganzen Verfahren tätig, so t r i t t eine Ermäßigung der Sätze auf die H ä l f t e ein. Der § 87 bestimmt den Pauschcharakter der Gebühren. Die gesamte Tätigkeit des 21 R A wird mit diesen Gebühren abgegolten, also sämtliche Beratungen, Besprechungen, Besuche im Gefängnis, Akteneinsicht, Anfertigung von Schriftsätzen, Beweistermine außerhalb der Hauptverhandlung, z.B. bei kommissarischer Vernehmung auswärtiger Zeugen. Auch das Haftprüfungsverfahren wird damit abgegolten (Honorarvereinbarungen nicht vergessen!), ebenso auch die Einlegung von Rechtsmitteln, dagegen nicht die Begründung derselben. Auch für das Beschwerdeverfahren in Strafsachen entstehen keine besonderen Gebühren. Wegen Zurückverweisung u n d Verweisung der Sache vgl. § 87 Rz. 9, 10. Besondere Gebühren können lediglich im Wiederaufnahmeverfahren entstehen (§ 90), ebenso im Kostenfestsetzungsverfahren für die Erinnerung oder Beschwerde (§ 96), für die Zwangsvollstreckung (§ 96) u n d für Gnadengesuche (§§ 91, 93). Der § 88 bestimmt, daß bei der Einziehung von Vermögenswerten und verwandter 22 Maßnahmen bei der Bemessung der Rahmengebühr nach § 12 auch der Gegenstandswert (§ 7) angemessen zu berücksichtigen ist. Der Gebührenrahmen k a n n um einen Betrag bis zu einer 10 / 10 -Gebühr nach diesem Gegenstandswert überschritten werden, *) Einfügung eines Satzes 2 in § 85 Abs. 2 dch. Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189). 5 ) Einfügung dch. Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189). 5

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

falls der R a h m e n nicht ausreicht, um die gesamte Tätitgkeit des R A angemessen zu entgelten. Es handelt sich hier u m eine sehr wesentliche u n d im Hinblick auf die oft beträchtlichen vermögensrechtlichen Ansprüche gerechtfertigte Regelung. Ferner bestimmt § 88, daß der R A für eine Tätigkeit, die er für den Beschuldigten im Zusammenhang mit einem Fahrverbot oder der Entziehung der Fahrerlaubnis ausübt, den Gebührenrahmen bis zu 25 v.H. überschreiten kann, wenn dieser nicht ausreicht, u m die gesamte Tätigkeit des R A angemessen zu entgelten 6 ). 23

Der § 89 regelt die Gebühren für den Fall, daß im Strafverfahren ein aus einer Straft a t erwachsener vermögensrechtlicher Anspruch geltend gemacht wird. D a n n erhält der Verteidiger zusätzlich besondere Gebühren und zwar an Stelle der im § 31 vorgesehenen Regelgebühren 1 1 j t Gebühren, im Berufungs- und im Revisionsverfahren 2 volle Gebühren. Wenn aber der Anspruch im Berufungsverfahren erstmalig geltend gemacht wird, so fällt die Erhöhung fort, was nicht recht verständlich ist. Auch eine Vergleichsgebühr kann bei der Mitwirkung an einem Vergleich über solche Ansprüche entstehen, u n d zwar auf Grund der allgemeinen Vorschrift des § 23. Die 15 / I0 bzw. 20 / 10 , die der R A besonders für die Vertretung wegen Geltendmachung der vermögensrechtlichen Ansprüche erhält, m u ß er sich aber im späteren Zivilprozeß, wenn es zu einer Entscheidung des Strafrichters über diese Ansprüche nicht k o m m t , anrechnen lassen. Die Anrechnung hat aber nicht in voller Höhe zu erfolgen. Sie unterbleibt, soweit der R A durch diese weniger als zwei Drittel der ihm im bürgerlichen Rechtstreit zustehenden Gebühren erhalten würde. Wie jedoch die Beispiele zu § 89 ergeben, wird eine Anrechnung praktisch bei gleichbleibenden Streitwerten überhaupt niemals in Frage kommen. Dies ist nur möglich bei späterer Änderung des Streitwertes und das dadurch begründete Absinken der später anfallenden Prozeßgebühren. Beschränkt sich die Tätigkeit des R A auf die Geltendmachung oder Abwehr eines aus der S t r a f t a t erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren, was in der Praxis wohl k a u m vorkommen dürfte, so erhält er nicht die Regelgebühren des § 31, sondern ebenfalls nur die vorgesehene 15 / 10 bzw. 20 / 10 Gebühr. Abs. 2 gilt sinngemäß. Der Gegenstandswert solcher Ansprüche bemißt sich nach den allgemeinen Vorschriften der §§ 7, 8, 10 und 11.

24

Der § 90 bestimmt die Gebühren für das Wiederaufnahmeverfahren, und zwar erhält der R A dafür die Rahmengebühren des § 84, der die Gebühren außerhalb der H a u p t verhandlung (Vorverfahren) bestimmt. I m übrigen erhält der R A die Gebühr nicht nur für die Anfertigung, sondern auch bereits für die Unterzeichnung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens und auch dann, wenn der R A von der Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens abrät. Die Vorschrift des § 90 regelt nur die Gebühr für das Verfahren vom Antrag (§ 366 StPO) bis zur Entscheidung über den Antrag (§ 370 StPO). Der Gebührenrahmen bestimmt sich nach der Ordnung des Gerichts, das im ersten Rechtszug entschieden h a t . Diese Regelung ist ungenügend, m a n denke daher rechtzeitig a n die Honorarvereinbarung!

25

Der § 91 behandelt die Gebühren für einzelne Tätigkeiten. Diese Vorschrift findet nur dann Anwendung, wenn sich die Tätigkeit des R A auf die Beistandsleistung für einzelne Tätigkeiten beschränkt, wenn ihm also die Verteidigung nicht in der ganzen 6 ) Diese Bestimmung ist neu. Sie wurde dch. Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) als letzter Satz in § 88 eingefügt.

6

Vorbemerkungen zu §§ 83 bis 103

Vorbem

Sache übertragen ist. Dazu ergänzt § 92 Abs. 2 diese Vorschrift noch dahin, daß der RA, der mit einzelnen Handlungen beauftragt wird, nicht mehr an Gebühren erhalten soll, als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte RA für die gleiche Tätigkeit erhalten würde. Die Gebührenregelung nach dieser Vorschrift betrifft z.B. nach Ziff. 1 die Einlegung eines Rechtsmittels, Anfertigung oder Unterzeichnung anderer Anträge, Gesuche oder Erklärungen oder eine andere nicht in den Nr. 2 oder 3 erwähnte Beistandsleistung, wozu auch Gnadengesuche gehören, ohne daß dem RA die Vertretung im gesamten Gnadenverfahren übertragen ist. Dafür erhält der RA eine Rahmengebühr von 10 DM (!) bis 200 DM. Darunter fällt auch die Anfertigung oder Unterzeichnung von Strafanzeigen. Beratung und Auskunftserteilung in solchen Angelegenheiten fällt aber nicht unter diese Vorschrift, sondern wird durch die Gebühren des § 20 abgegolten. Dagegen gehört aber wiederum zu § 91 Abs. 1 Nr. 1, wenn der RA beauftragt wird, lediglich die Aussichten eines Rechtsmittels in einer Strafsache zu prüfen. Daß dies gebührenrechtlich zum gleichen Ergebnis führt, bemerkt bereits die Begründung zum § 91 Nr. 1 Abs. 3. Nach Ziff. 2 erhält der RA für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Rechtfertigung der Berufung eine Rahmengebühr von 25—375 DM. Dazu gehört auch die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Beantwortung der von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegten Berufung. .Unter diese Vorschrift fällt ferner die Führung des Verkehrs mit dem Verteidiger (Verkehrsanwalt). Ebenso gehört zu dieser Vorschrift die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung oder einer Augenscheinseinnahme außerhalb der Hauptverhandlung. Schließlich gehört auch dazu, wenn sich die Tätigkeit des RA auf die Beistandsleistung in der mündlichen Verhandlung über den Haftbefehl und im Haftprüfungsverfahren beschränkt. Endlich gehört dazu, wenn ein auswärtiger Zeuge vernommen werden soll und der auswärtige RA diesen Termin wahrzunehmen hat. Desgleichen gehört auch dazu die Beistandsleistung im Verfahren zur gerichtlichen Erzwingung der Anklage (Anklageerzwingungsverfahren § 172 Abs. 2—4, § 173 StPO). Dagegen erhält der R A für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Begründung der Revision oder zur Erklärung auf die vom Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegte Revision eine Gebühr von 40—600 DM (§ 91 Nr. 3). Der § 92 regelt, wie schon vorher gesagt, die Gebühren für mehrere Einzeltätigkeiten 26 und bestimmt, daß der RA für solche mehrere Einzeltätigkeiten nicht mehr erhalten soll als der Verteidiger, dem die gesamte Verteidigung übertragen worden ist. Dies ergibt sich übrigens auch bereits aus der Vorschrift des § 13, die auch in Strafsachen anzuwenden ist. Außerdem sagt die Vorschrift noch, daß mit der Gebühr für die Rechtfertigung der Berufung oder für die Begründung der Revision die Gebühr für die Einlegung des Rechtsmittels abgegolten wird, daß also der RA dafür nicht noch gesondert die Gebühr des § 91 Nr. 1 erhält. Der § 93 behandelt die Gebühren für die Vertretung in einer Gnadensache. Dafür 27 soll der RA 20—300 DM erhalten, und zwar auch dann, wenn ihm die Verteidigung übertragen war. Hier handelt es sich also um die Vertretung im ganzen Gnadenverfahren. Wird dagegen nur ein Gnadengesuch angefertigt, so richtet sich die Gebühr dafür nach der Vorschrift des § 91 Nr. 1 (Rahmengebühr 10—200 DM). Daß auch diese Gebührenregelung ungenügend ist, bedarf keiner weiteren Darlegung. Hier kann man sich nur mit einer Honorarvereinbarung helfen. 7

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

28

Der § 94 behandelt die Gebühren in Privatklagesachen für die Tätigkeit des RA als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers. Hierfür sollen die Vorschriften der §§ 83 bis 93 entsprechend gelten. Die Gebühren des RA erhöhen sich jedoch nicht durch eine Widerklage. I m übrigen entstehen die gleichen Gebühren wie in den sonstigen Strafsachen, und zwar auch mit der Erhöhung, wenn die Hauptverhandlung mehrere Tage dauert.

29

Aufgrund der sinngemäßen Anwendung der Vorschriften der §§ 83 ff erhält der RA auch als Beistand oder Vertreter des Privatklägers die Verfahrensgebühr erneut, wenn mit dem Verfahren von neuem begonnen wird. Für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleiches erhält der RA eine weitere Gebühr in Höhe von 10—150 DM. Das ist mit Rücksicht auf die besondere Mühewaltung die ein Vergleich in Privatklagesachen erfordert, durchaus berechtigt, nur ist der Rahmensatz dafür ungenügend. Wenn in solchen Verfahren auch vermögensrechtliche Ansprüche oder eine Buße geltend gemacht werden, so kann der RA für den Vergleich über diese Ansprüche daneben noch die Vergleichsgebühr des § 23 erheben. Beschränkt sich die Tätigkeit des RA auf die Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage, so erhält er dafür eine Rahmengebühr von 25—375 DM. Diese Gebühr ist auf spätere Gebühren anzurechnen, die ihm als Vertreter des Privatklägers zustehen. Für die Beistandsleistung für einen Beteiligten bei einem Sühneversuch nach § 380 StPO erhält der RA eine Gebühr von 10—150 DM, und dazu für die Mitwirkung bei einer Einigung eine weitere Gebühr von 10—150 DM.

30

Der § 95 sieht vor, daß für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Nebenklägers sowie eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten die Vorschriften der §§ 83—93 entsprechend gelten sollen. Für die Vertretung solcher Beteiligten erhält also der RA die gleichen Gebühren wie ein sonstiger Verteidiger nach §§ 83 ff. Wegen der Gebührenregelung bei Einziehung von Vermögenswerten bzw. verwandte Maßnahmen s. auch § 88.

31

Die Vorschrift des § 96 behandelt noch die Kostenfestsetzung und die Zwangsvollstreckung. Danach erhält der RA Gebühren f ü r die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß (§ 464 b StPO) oder einen Kostenansatz sowie für das Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über solche Erinnerungen. Weiterhin regelt die Vorschrift die Gebühren für die Zwangsvollstreckung aus den Entscheidungen, die über einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch, eine Buße oder über die Erstattung von Kosten ergangen sind (§§ 406b, 406d, 464b StPO). Weiter regelt die Vorschrift auch die Mitwirkung bei der Ausübung der Veröffentlichungsbefugnis und im Beschwerdeverfahren gegen eine derartige Entscheidung. Die Gebühr für die Mitwirkung bei der Veröffentlichungsbefugnis ist übrigens auch in Zivilsachen durch die Vorschrift des § 58 Abs. 3 Nr. 13 entsprechend geregelt. Die Gebühren im Kostenfestsetzungsverfahren bzw. in der Zwangsvollstreckung richten sich nach den Vorschriften des 3. Abschn. Maßgebend hierfür sind § 61 und § 57. Wegen Kostenerstattung und Kostenfestsetzung in Strafsachen und Privatklagesachen s. § 96.

32

Von wesentlicher Bedeutung für die Realisierung der dem RA für die Vertretung eines Beschuldigten im Strafverfahren entstandenen Gebührenansprüche ist schließlich die mit Ges. v. 20. 8. 75 neu in die BRAGebO eingefügte Vorschrift des § 96 a. Demnach ist eine von der Staatskasse gegenüber dem Angeschuldigten im Fall eines Teil8

Vorbem

V o r b e m e r k u n g e n zu §§ 83 bis 103

f r e i a p r u c h s e r k l ä r t e A u f r e c h n u n g i n s o w e i t u n w i r k s a m , a l s sie d e n A n s p r u c h d e s R A vereiteln oder b e e i n t r ä c h t i g e n w ü r d e . Vgl. wegen Einzelheiten d a z u die B e m e r k u n g e n o b e n R z . 2 u n d b e i § 96 a . W e g e n der G e b ü h r e n des gerichtlich bestellten Verteidigers u n d des beigeordneten 33 R A s. d i e V o r b e m . z u §§ 97 ff. I m ü b r i g e n w i r d s i c h d i e P r a x i s a u c h w e i t e r h i n m i t d e r B e m e s s u n g der R a h m e n g e - 3 4 bührensätze a u s e i n a n d e r s e t z e n m ü s s e n . D i e R e c h t s p r e c h u n g s o l l t e h i e r e i n ü b r i g e s Tabelle der R A - G e b ü h r e n i n Strafsachen u n d f ü r P r i v a t k l a g e n (§§ 8 3 — 8 6 , §§ 94, 95)

1. Rechtszug

a) Ganze V e r t r e t u n g mit Hauptverhandlung b) E r h ö h u n g f ü r jeden weiteren T a g c) A u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g , auch im vorbereitenden Verfahren

Berufungsverfahren

a) Ganze V e r t r e t u n g mit Hauptverhandlung b) E r h ö h u n g f ü r jeden weiteren T a g c) A u ß e r h a l b der Hauptverhandlung

Revisionsverfahren

a) Ganze V e r t r e t u n g mit Hauptverhandlung b) E r h ö h u n g f ü r jeden weiteren T a g c) a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g

OLG (BayObLG) Schwurgericht, Jugendkammer soweit Schwurgericht zuständig ist

Große Strafkammer, Jugendkammer, soweit nicht Schwurgericht zuständig ist

Schöffengericht, Jugendschöffengericht, Strafrichter, J ugendrichter

DM

DM

DM

100—1500

70—900

60—760

83 Abs. 1

100— 750

70—450

60—380

83 Abs. 2

50— 750

35—450

30—380

84 Abs. 3

§§

Große Strafkammer, J ugendkammer

Kleine Strafkammer

DM

DM

70—900

60—760

85 Abs. 1

70—450

60—380

85 Abs. 2

35—450

30—380

85 Abs. 3

BGH

OLG (BayObLG)

Wenn im 1.Rechtszug Strafrichter entschieden hat

DM

DM

DM

100—1500

70—900

60—760

86 Abs. 1

100— 750

70—450

60—380

86 Abs. 2

50— 750

35—450

30—380

86 Abs. 3

9

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

t u n und bei der Bemessung dieser Gebühren nicht, wie es bisher vielfach geschieht, zu kleinlich verfahren. Durch die ab 15. 9. 75 geltende Fassung des § 127) ist nunmehr klargestellt, daß bei Rahmengebühren der RA die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände usw. nach billigem Ermessen bestimmt. Diesen S t a n d p u n k t haben wir bereits schon früher vertreten (vgl. Rz. 34 zu § 12). Lediglich wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, so ist die von dem R A getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Es bleibt abzuwarten, ob die Rechtsprechung in Abweichung von der bisherigen Linie die von dem R A zu bestimmende Gebühr jetzt in der Regel auch bei der Kostenfestsetzung zubilligen wird. Solange das nicht geschieht u n d für besonders arbeitsreiche Sachen die Rahmensätze als unzureichend angesehen werden müssen, m u ß immer wieder daraufhingewiesen werden, daß ohne ausreichende Honorarvereinbarung der R A keine ausreichende Vergütung für seine verantwortungsvolle Tätigkeit erhält! 35

Besonderheiten für Privatklagen (§ 94) Vergleichsgebühr 10—150 DM. F ü r Sühneversuch nach § 3 8 0 S t P O 10—150 DM sowie Mitwirkung bei einer Einigung dort 10—150 DM. Bei Geltendmachung von vermögensrechtlichen Ansprüchen oder Buße im Strafprozeß besondere Gebühr nach § 31 (15/io)> im Berufungs- und Revisionsverfahren 20 / 10 (§ 89). F ü r Tätigkeit bei Einziehung von Vermögenswerten und verwandte Maßnahmen Gegenstandswert (§7) bei Bemessung der Rahmengebühr berücksichtigen (Erhöhung bis zu einer 10/io Gebühr nach diesem Gegenstandswert); Erhöhung des Gebührenrahmens bis zu 25 v. H . für eine Tätigkeit im Zusammenhang mit einem Fahrverbot oder der Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 88). Wegen Einzeltätigkeiten s. § 92, Strafanzeigen, bloße Gnadengesuche § 91 Nr. 1, Verkehrsanwalt § 91 Nr. 2, wegen mehrerer Auftraggeber s. § 6 (Erhöhung des Mindestu n d Höchstbetrages durch jeden weiteren Auftraggeber u m 3 / 10 ). Wegen Gebühren des Pflichtverteidigers s. Vorbemerkungen zu §§ 97 fF.

1. Gebühren des gewählten Verteidigers und anderer gewählter Vertreter § 83. Erster Rechtszug (1) Der Rechtsanwalt erhält im ersten Rechtszug als Verteidiger in der Hauptverhandlung folgende Gebühren: 1. Im Verfahren vor dem Oberlandesgericht, dem Schwurgericht und vor der Jugendkammer, soweit diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehören, 100 Deutsche Mark bis 1500 Deutsche Mark; 2. im Verfahren vor der großen Strafkammer und vor der Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach Nr. 1 bestimmt, 70 Deutsche Mark bis 900 Deutsche Mark; 7

) Vgl. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189.

10

I . A n w e n d u n g der Vorschrift

§ 83

3. im Verfahren vor dem Schöffengericht, dem Jugendschöffengericht, dem Strafrichter und dem Jugendrichter 60 Deutsche Mark bis 760 Deutsche Mark. (2) Erstreckt sich die Hauptverhandlung über einen Kalendertag hinaus, so erhält der Rechtssanwalt für jeden weiteren Verhandlungstag in den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 Nr. 2 Nr. 3

100 Deutsche Mark bis 750 Deutsche Mark, 70 Deutsche Mark bis 450 Deutsche Mark, 60 Deutsche Mark bis 380 Deutsche Mark.

Wird jedoch mit dem Verfahren von neuem begonnen, so gelten für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung die Vorschriften des Absatzes 1.

Übersicht: Rz. I . A n w e n d u n g der Vorschrift . . . . 1 G e b ü h r e n des TJnterbevollmächtigt i g t e n in Strafsachen 2 V e r t r e t u n g mehrerer A u f t r a g g e b e r d u r c h einen R A 3 — m e h r e r e Nebenkläger . . . . 4 I I . Die R a h m e n g e b ü h r e n s ä t z e . . . . 5 1. Die H ö h e 6 Neuer V e r f a h r e n s b e g i n n . . . . 9 E r s t e r R e c h t s z u g vor d e m OLG (BayObLG), Schwurgericht, J u gendkammer 6,10,11,14 E r s t e r R e c h t s z u g vor der großen S t r a f k a m m e r , J u g e n d k a m m e r 7,12, 14 Schöffengericht, erweitertes Schöffengericht, Jugendschöffengericht, Strafrichter, Jugendrichter 8, 13, 14 Zuständigkeit 14 Mehrtägige H a u p t v e r h a n d l u n g . 15 2. Die Bemessung 16 B e s t i m m u n g der G e b ü h r d u r c h den R A 17 3. Zur Abgeltung d u r c h die Pauschgebühr 18

Rz. Keine A n w e n d u n g des § 83 f ü r Tätigkeit a u ß e r h a l b der H a u p t verhandlung Bloße Einlegung von Rechtsmitteln B e g r ü n d u n g von R e c h t s m i t t e l n Haftprüfungsverfahren . . . . I I I . Die H a u p t v e r h a n d l u n g Beginn der H a u p t v e r h a n d l u n g . . E n t s t e h u n g der G e b ü h r Kurzfristige Aussetzung oder Unt e r b r e c h u n g der H a u p t v e r h a n d l u n g T e r m i n vor b e a u f t r a g t e m R i c h t e r . V e r t r e t u n g des R A

19 21 22 23 24 25 30 31 32 33

I V . Mehrtägige H a u p t v e r h a n d l u n g . 15, 34 — Zurückverweisung 35 V. V e r t r e t u n g m e h r e r e r A u f t r a g g e b e r als Nebenkläger, Privatkläger etc 36 f V e r b i n d u n g m e h r e r e r Strafsachen . 39 Beiordnung eines Pflichtverteidigers in mehreren V e r f a h r e n 41 T r e n n u n g einer Strafsache in mehrere V e r f a h r e n 42

I. Anwendung der Vorschrift Vgl. zunächst die Vorbem. zum 6. Abschn. u. Tabelle S 9. Diese Vorschrift bestimmt 1 zunächst die Gebühren für den ersten Rechtszug f ü r den Verteidiger in der Hauptverhandlung, während die Vorschriften in den §§ 85, 86 die Gebühren für das Berufungsund Revisionsverfahren regeln. Diese Gebühren sind davon abhängig, ob eine Hauptverhandlung stattgefunden h a t oder nicht. Beschränkt sich die Tätigkeit des R A nur auf die Vertretung im Vorverfahren oder außerhalb der Hauptverhandlung oder findet keine Hauptverhandlung s t a t t , so erhält er die in den §§ 84, 85 Abs. 3 u n d § 86 Abs. 3 bestimmten, ermäßigten Gebührensätze. 11

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Die erhöhten Gebührensätze des § 83 können für den R A nur dann entstehen, wenn er in der Haupt Verhandlung anwesend war 1 ). Wegen Verteidigung in Privatklagesachen s. § 94, wegen Gebühren des Pflichtverteidigers s. § 97. Wegen der Gebühren für die Tätigkeit, die sich auf die Einziehung von Vermögenswerten und verwandte Maßnahmen bezieht und wegen Fahrverbot und Entziehung der Fahrerlaubnis s. § 88 u. wegen der Vertretung eines Einziehungsbeteiligten die Erläuterungen zu § 95. 2

Die Gebühren eines Unterbevollmächtigten in Strafsachen sind im Gegensatz zu Zivilsachen (§ 53) nicht besonders geregelt. Gebührenrechtlich ergibt sich daraus folgendes: a) Der Hauptverteidiger, der keinen Hauptverhandlungstermin wahrgenommen hat, kann lediglich die Gebühren außerhalb der Hauptverhandlung (§§ 84, 85 Abs. 3, § 86 Abs. 3) liquidieren 2 ), während seinem Unterbevollmächtigten die Gebühren für die Verteidigung in der Hauptverhandlung (§§ 83, 85 Abs. 1, 2, § 86 Abs. 1, 2) zustehen. Die Vorschrift des § 91 Ziff. 2 kann für diese Fälle keine Anwendung finden, da sie die Gebührenregelung u. a. lediglich für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer richterlichen oder staatsanwaltschaftlichen Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung oder einer Augenscheinseinnahme außerhalb der Hauptverhandlung vorsieht 3 ).

3 b) Wenn ein R A in der Hauptverhandlung zwei Mitbeteiligte vertritt, davon einen in Untervollmacht eines anderen RA, so findet § 6 A\>SI 1 (Erhöhung der Gebühren um drei Zehntel) keine Anwendung. Der Unterbevollmächtigte ist gebührenrechtlich neben dem Hauptverteidiger wie ein zweiter Verteidiger oder als Erfüllungsgehilfe des Hauptbevollmächtigten zu behandeln 4 ). Dem Unterbevollmächtigten stehen in einem solchen Fall die Gebühren sowohl für die Verteidigung des einen Mandanten als auch die Gebühren für die Vertretung des anderen Beteiligten als Unterbevollmächtigten des Hauptverteidigers zu. 4 c) Nicht anders kann der Sachverhalt sein, wenn zwei Nebenkläger durch zwei verschiedene RAe vertreten werden und beide RAe erteilen einem anderen R A Untervollmacht zur Vertretung der beiden Nebenkläger in der Hauptverhandlung. Auch hier kann § 6 Abs. 1 keine Anwendung finden. Das Gleiche gilt auch, wenn dem R A von mehreren Hauptbevollmächtigten Untervollmacht zur Vertretung in der Hauptverhandlung gegen mehrere Beteiligte erteilt wird 5 ).

») S. dazu bei § 84. 2 ) Vgl. OLG Hamburg DR 40, 659. Wenn das OLG Hamburg dabei sagt, daß für den Unterbevollmächtigten der Anspruch auf eine Honorierung in der Person des Hauptverteidigers entstanden ist, so ist diese Auffassung durch die spätere Rspr. überholt (vgl. dazu die Bemerkg. bei § 53 Rz. 9 f. 3 ) Gerold (Büro 60, 225) hat dazu die Auffassung vertreten, daß der Unterbevollmächtigte keinen eigenen Anspruch gegen den Verfahrensbeteiligten erwirbt und daß er lediglich als Vertreter des Hauptverteidigers nach § 4 tätig wird. Dem kann nicht gefolgt werden. Gerold hat dabei nicht die bezüglich der Haftung für die Kosten des Unterbevollmächtigten ergangene Rechtsprechung berücksichtigt. 4 ) Vgl. dazu OLG Hamburg DR 40, 659; Rz. 24 § 6; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 B § 6 BRAGebO. 5 ) Vgl. dazu auch Rz. 24 § 6 sowie Gerold Büro 60, 225.

12

II. Die Rahmengebührensätze

§ 83

5

6 2. dem Schwurgericht, einschließlich der Jugendkammer, soweit die abzuurteilende Tat zur Zuständigkeit des Schwurgerichts gehört: 100—1500 DM Jeder weitere Kalendertag: 100—750 DM. b) Vor der großen Strafkammer, einschließlich der Jugendkammer, soweit nicht 7 für die abzuurteilende Tat das Schwurgericht zuständig ist: 70—900 DM Jeder weitere Kalendertag: 70—450 DM. c) 1. 2. 3. 4. 5.

8

dem Schöffengericht, dem erweiterten Schöffengericht (§ 29 Abs. 2 GVG)'), dem Jugendschöffengericht, dem Strafrichter, dem Jugendrichter: 60—760 DM Jeder weitere Kalendertag: 60—380 DM.

W e n n jedoch mit dem Verfahren von neuem begonnen wird, so gelten für den ersten 9 Tag der neuen Hauptverhandlung die Vorschriften des Abs. 1. Nach § 229 StPO darf eine Hauptverhandlung bis zu zehn Tagen, in besonderen Fällen auch bis zu dreißig Tagen unterbrochen werden. Wird die Hauptverhandlung nicht spätestens a m Tage nach Ablauf der in § 229 Abs. 1 und 2 StPO bezeichneten Frist fortgesetzt, so ist mit ihr von neuem zu beginnen. I n derartigen Fällen bestand in Rechtsprechung und Schrifttum Streit, ob der Verteidiger nach dem neuen Beginn des Verfahrens die Gebühr für das weitere Verfahren nach § 83 Abs. 1 berechnen, also eine neue Verfahrensgebühr geltend machen darf, oder nur die Zusatzgebühren gemäß § 83 Abs. 2 für einen oder mehrere weitere Hauptverhandlungstage 8 ). Der Gesetzgeber h a t nunmehr durch Einfügung eines neuen Satz 2 in § 83 Abs. 2 die Klarstellung i.S. des von uns bereits bisher vertretenen Standpunktes vorgenommen 9 ). Der R A erhält demnach die Verfahrensgebühr erneut, wenn i.S. des § 229 StPO

6 ) Unter § 83 Abs. 1 Nr. 1 fällt auch das Bayer. ObLG, das einem OLG gleichsteht (§ 120 Abs. 2 Satz 2 GVG, § 9 EGGVG, Art. 22 des Bayer. Ges. Nr. 124 i.d.F. der Bekanntm. v. 7. 11. 74 GVB1. S 652), s. dazu auch die amtl. Begr. 1. Aufl. S 934 (Abs. 3). ') Vgl. Begr. 1. Aufl. S 934 zu I Abs. 3. 8 ) Vgl. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. 9 ) Eine neue Verfahrensgebühr haben bereits bisher zugebilligt: OLG Hamburg N J W 75, 1045 = MDR 74, 1039; LG Bremen AnwBl. 74, 191; LG Ravensburg AnwBl. 74, 57; LG Kempten AnwBl. 73, 175; vgl. auch LG Mönchengladbach AnwBl. 72, 332; LG Bamberg AnwBl. 72, 89; LG Heidelberg Justiz 74, 139; a.M. OLG Nürnberg Büro 74, 1280 mit Anm. von Mümmler = KostRsp. § 83 Nr. 37 u. die dort angeführte weitere Rspr.

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Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen mit dem Verfahren erneut begonnen u n d der Verteidiger in dem oder den weiteren Hauptverhandlungstagen wieder tätig wird. 10

Zu Abs. 1 Nr. 1 sei noch bemerkt, daß bei den Sachen, f ü r die das OLG im ersten Rechtszug und das Schwurgericht zuständig sind, umfangreiche und schwierig liegende Fälle, die einen Höchstsatz von 1500 DM gerechtfertigt erscheinen lassen, nicht solten sind.

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Gebührenrechtlich dem Schwurgericht gleichgestellt ist die Jugendkammer, soweit diese in Sachen entscheidet, die nach den allgemeinen Vorschriften zur Zuständigkeit der Schwurgerichte gehören (§ 41 Abs. 1 Nr. 1 JGG, § 80 GVG). Das Verfahren unterscheidet sich, was Schwierigkeit u n d U m f a n g sowie die damit für den Verteidiger verbundene Verantwortung anlangt, nicht von einem Verfahren vor dem Schwurgericht.

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F ü r die sonstigen Verfahren vor der Jugendkammer im ersten Rechtszug, also für die Fälle, in denen die Jugendkammer eine Sache nach Vorlage durch das Jugendschöffengericht wegen ihres besonderen Umfanges übernimmt (§ 40 Abs. 2, § 41 Abs. 1 Nr. 2 JGG), ist, wie in Abs. 1 Nr. 2 ausrücklich klargestellt, der Gebührenrahmen für Verfahren vor der großen S t r a f k a m m e r maßgebend.

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I m Verfahren vor dem allgemeinen Schöffengericht, dem Jugendschöffengericht, dem für allgemeine Strafsachen zuständigen Strafrichter u n d dem Jugendrichter gilt der Gebührenrahmen des Abs. 1 Nr. 3. Darunter fallen auch die Verfahren vor dem erweiterten Schöffengericht (§29 Abs. 2 GVG), bei denen es sich stets u m besonders umfangreiche Sachen handelt.

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Die Zuständigkeit der Schwurgerichte ist in § 74 Abs. 2 GVG geregelt. Die sachliche Zuständigkeit in Jugendsachen regeln die Vorschriften des § 39 J G G (Jugendrichter), § 40 J G G (Jugendschöffengericht), § 40 Abs. 2, § 41 Abs. 1 Nr. 1, 2 J G G {Jugendkammer). Die §§ 24, 25 GVG bestimmen die Zuständigkeit der Amtsgerichte in Strafsachen, diejenige des Schöffengerichts regelt § 28 GVG.

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I n § 83 Abs. 2 sind im Interesse der Übersichtlichkeit die Fälle zusammengefaßt, in denen die Hauptverhandlung mehrere Tage dauert. Dabei sind die Mindestsätze dem Abs. 1 angepaßt. 2. Die Bemessung

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Bei der Anwendung dieser Rahmengebührensätze ist die Vorschrift des § 12 zu beachten (vgl. die Erl. dort, insbesondere Rz. 7ff, 16ff, 26ff mit der Übersicht über die Rechtsprechung zu den Rahmengebühren in Strafsachen in den F n . 6ff). Wegen Erhöhung für den Pflichtverteidiger in besonders umfangreichen Strafsachen s. § 99. Bei der Bemessung der Rahmengebührensätze h a t der R A im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere Bedeutung, Umfang u n d Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers zu berücksichtigen (vgl. Abschn. I I Rz. 13 ff zu § 12). E s lassen sich allerdings keine bestimmten Richtlinien für die Bemessung der Gebühren aufstellen. Jeder Fall liegt anders, u n d es m u ß dem R A überlassen bleiben, das richtige Maß zu finden. 14

II. Die Rahmengebührensätze

Als Ausgangspunkt f ü r die Bemessung der Gebühr spielt in der Rechtsprechung der Mittelwert 10 ) eine Rolle, worauf auch schon die amtl. Begr. (Abs. 3 ) u ) hinweist. Der Mittelwert wird dadurch festgestellt, daß m a n die Mindest- u n d Höchstsätze zusammenrechnet und diese beiden Beträge halbiert. Beträgt der Rahmengebührensatz z. B. 60—760 DM, so ist der Mittelwert nicht 380 DM, sondern 410 DM 12 ). Dieser Mittelwert wird in Normalfällen angenommen. U n t e r Normalfall sind solche Strafsachen zu verstehen, die keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten mit sich bringen u n d bei denen der Auftraggeber in durchschnittlichen Vermögensverhältnissen lebt, wie dies beim größten Teil der Bevölkerung der Fall ist 13 ). Auch im Kostenfestsetzungsverfahren gegen die zur Kostenerstattung verurteilte Partei — z.B. in PrivatklageSachen 11 ) — oder im Erstattungsverfahren gegen die Staatskasse ist der Mittelwert anzuwenden. Durch die mit Ges. v. 20. 8. 7515) erfolgte Neufassung des § 12 Abs. 1 ist klargestellt, 17 daß bei Rahmengebühren der RA die Gebühr nach billigem Ermessen zu bestimmen hat. Nur wenn die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist, ist die von dem R A getroffene Bestimmung nicht verbindlich, sofern sie unbillig ist. Mit dieser Änderung des § 12 Abs. 1 soll erreicht werden, daß die m i t u n t e r von der Rechtsprechung vorgenommene kleinliche Reduzierung einer von dem R A geltend gemachten Rahmengebühr in Z u k u n f t ausscheidet. Nach der jetzigen Regelung kommt eine Überprüfung u n d evtl. Herabsetzung der von dem R A zu bestimmenden Gebühr also nur in Betracht, soweit es sich u m die E r s t a t t u n g der notwendigen Auslagen des Beschuldigten u n d der dazu gehörenden anwaltlichen Verteidigergebühr handelt. Dabei ist aber zu beachten, daß das Gericht die Gebühr nur herabsetzen darf, wenn die von dem R A vorgenommene Gebührenbestimmung unbillig ist. Es bleibt zu hoffen, daß Rechtspfleger u n d Gerichte der Bedeutung der vom Gesetzgeber erfolgten Klarstellung Rechnung tragen u n d dadurch künftig kleinliche Streichungen vermieden werden 16 ). 3. Zur Abgeltung durch die Pauschgebühr Diese Gebühren sind Pauschgebühren (vgl. § 87). E s werden damit die gesamten 18 Tätigkeiten des R A als Verteidiger im ersten H a u p t Verhandlungstermin abgegolten. W a r das Hauptverfahren noch nicht eröffnet u n d der Beschluß nach § 203 StPO 19 noch nicht erlassen, so wird die Tätigkeit des R A , die er im Vorverfahren entwickelt h a t , mit diesen Gebühren aber nicht abgegolten. Der R A k a n n dafür die Gebühr des § 84 neben der Vergütung des § 83 berechnen. Das m u ß aber auch gelten für alle übrigen Tätigkeiten, die von dem R A vor dem 20 Beginn der Hauptverhandlung, wenn auch zu deren Vorbereitung, ausgeführt werden, 10

) S. dazu bei § 12 Rz. 16ff und dort Fn. 34. ) Vgl. 1. Aufl. S. 934. ) S. dazu bei § 12 Rz. 18 Fn. 35. 13 ) Die Höchstgebühr ist nicht auf denkbar schwierigste Strafsachen und ganz besonders wohlhabende Beschuldigte beschränkt, OLG H a m m N J W 68, 1490. Vgl. auch bei § 12 Rz. 19 Fn. 36. M ) Vgl. dazu LG Bamberg N J W 49, 437 und bei § 12 Rz. 32 S 504. 15 ) BGBl. I, 2189. 16 ) Vgl. dazu auch Mümmler Büro 75, 1002; Schmidt N J W 75, 1726ff.; ferner H. Schmidt N J W 69, 1377. n

12

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Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

z. B. Beratungen des Auftraggebers, alle Besprechungen des RA mit seinem Auftraggeber oder Dritten, Besuche im Gefängnis, Einsicht in die Strafakten 17 ). Auch die zur Vorbereitung der Hauptverhandlung vorgenommene Besichtigung der Unfallstelle löst die Vorverfahrensgebühr (§ 84) zusätzlich aus. 21

Dagegen gehört die bloße Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszuges gemäß § 87 noch zur Gebühr für die Hauptverhandlung. Das gilt auch für die Feststellung, ob der Gegner ein Rechtsmittel eingelegt oder ob er es wieder zurückgenommen hat, einschließlich der Mitteilung hiervon an den Auftraggeber18).

22

Die Begründung der Berufung oder Revision gehören aber bereits zum nächsten Rechtszug, ebenso die Zurücknahme der Berufung oder Revision19).

23

Wird der RA in einem Haftprüfungsverfahren gemäß §§ 115aff StPO tätig, so fällt diese Tätigkeit nicht unter die Pauschgebühr für die Verteidigung des Beschuldigten in der Hauptverhandlung, sondern ist bei der Bemessung der Gebühr für das vorbereitende Verfahren zu berücksichtigen20). HL Die Hauptverhandlung

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Wie bereits oben zu I Rz. 1 ausgeführt, können die Gebührensätze des Abs. 1 nur dann erhoben werden, wenn der RA als Verteidiger an der Hauptverhandlung teilgenommen hat21).

25

Die Hauptverhandlung beginnt nach § 243 Abs. 1 StPO mit dem Aufruf der Sache (in der Berufungsinstanz § 324 StPO). Als Beginn der Hauptverhandlung ist der Zeitpunkt anzusehen, in dem der Vorsitzende im Gerichtssaal den Beteiligten kundgibt, daß die Sache verhandelt wird22).

26

Verfahrens- und gebührenrechtlich beginnt die Hauptverhandlung nicht erst mit dem Aufruf der Zeugen und Sachverständigen, sondern schon mit dem Aufruf der Sache23). Die dazu früher bestehende Streitfrage ist durch die Neufassung des § 243 Abs. 1 StPO gegenstandslos geworden24). Dazu hat das OLG Hamm25) folgende Grundsätze aufgestellt: Es kommt immer darauf an, was in dem Termin geschehen ist, nicht darauf, ob das Gericht dieses Geschehen als Hauptverhandlung angesehen hat. Einer Verhandlung, die wegen Abwesenheit des Angeklagten nicht durchgeführt werden kann, kann nicht aus gebührentechnischen Gründen durch die bloße Form des Protokolls der Charakter einer Hauptverhandlung genommen werden. Deshalb billigt auch die Rechtsprechung, wenn die 17 ) Für die Anfertigung der Aktenauszüge stehen dem RA jedoch die Schreibgebühren des § 27 zu. Vgl. dazu § 27 Rz. 16 und die dort angegebene Rspr. und Literatur. 18 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 9; RS Rz. 8. ") Gerold-Schmidt Rz. 9. 20) OLG Hamm DJZ 50, 221 = JMB1NRW 50, 44; Gerold-Schmidt Rz. 9; RS Rz. 8. 21 ) Vgl. dazu Fn. 1. 22) BayObLG Rpfleger 52, 255. 23) BayObLG Rpfleger 52, 255; LG Wiesbaden AnwBl. 67, 169; AG Köln AnwBl. 70, 27; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 A § 83. 21 ) LG Wiesbaden AnwBl. 67, 169. 25) Büro 55, 270.

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III. Die Hauptverhandlung Vertagung wegen Ausbleibens eines Zeugen erfolgt, die Gebühr zu 2 '). D a s gleiche gilt, wenn wegen Ausbleibens des Angeklagten 2 7 ) oder des Verteidigers (z. B. wegen nicht ordnungsgemäßer Ladung) 2 8 ) v e r t a g t wird. Eine H a u p t v e r h a n d l u n g findet jedoch nicht s t a t t , w e n n der A u f r u f der Sache 27 wegen E r k r a n k u n g des Vorsitzenden unterbleibt 2 9 ). I m übrigen stehen die Sätze des § 83 d e m Verteidiger auch d a n n zu, wenn keine Zeu- 28 gen geladen waren, sofern n a c h A u f r u f d a s Ausbleiben des Angeklagten festgestellt, jedoch n i c h t v e r t a g t wird, sondern m i t d e m Verteidiger u n d d e m S t a a t s a n w a l t Erörterungen stattfinden, was weiter zu geschehen hat 3 0 ). Die Gebühr des § 83 erhält der R A auch d a n n , wenn er f ü r seinen A u f t r a g g e b e r 29 n a c h d e m A u f r u f der Sache u n d Belehrung d u r c h den R i c h t e r den Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknimmt 3 1 ). Der U m f a n g der H a u p t v e r h a n d l u n g ist f ü r die Entstehung der Gebühr ohne Einfluß. 30 Die kurze oder längere D a u e r einer H a u p t v e r h a n d l u n g k a n n aber bei der Bemessung der H ö h e der R a h m e n g e b ü h r von B e d e u t u n g sein. I m übrigen ist es n i c h t notwendig, d a ß die Sache d u r c h E r l a ß eines Urteils endet. W i r d die Sache v e r t a g t , so ist die Gebühr verdient, u n d zwar auch d a n n , w e n n der R A die Verteidigung in d e m weiteren T e r m i n nicht m e h r führt 3 2 ). W e n n mehrere Hauptverhandlungstermine stattfinden, z. B. w e n n die V e r h a n d l u n g 31 innerhalb desselben Tages u n t e r b r o c h e n oder einen oder mehrere Tage ausgesetzt wird oder diese mehrere K a l e n d e r t a g e beansprucht,so t r i t t die in Abs. 2 vorgesehene E r h ö h u n g ein (vgl. d a z u R z . 34). Auch wenn wegen Ausscheidens eines Schöffen gemäß § 22 N r . 3 S t P O die Sitzung u n t e r b r o c h e n u n d n a c h Zuziehung eines anderen Schöffen innerhalb der lOtägigen U n t e r b r e c h u n g wieder a u f g e n o m m e n wurde, so entstehen f ü r jeden weiteren Verh a n d l u n g s t a g die Zusatzgebühren des Abs. 2 33 ). E i n Termin vor einem beauftragten R i c h t e r des erkennenden Gerichts ist gebühren- 32 rechtlich einem H a u p t Verhandlungstermin nicht gleichzusetzen 3 4 ). Bei Abberufung des R A vor Beginn der H a u p t v e r h a n d l u n g , w e n n also der R A der H a u p t v e r h a n d l u n g nicht beiwohnt, k a n n er nicht die Gebührensätze des § 83 b e a n s p r u c h e n . D a s KG 3 5 ) billigt in solchem Falle n u r die Gebühr f ü r das Verfahren außerhalb der H a u p t v e r h a n d lung zu. M

) OLG Zweibrücken JW 39, 710; KG GR 40, 658; OLG Hamm DRZ 7, 50. ) LG München AnwBl. 60, 122. 28 ) OLG Hamm NJW 53, 1198. 29 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 7 § 83. 30 ) OLG Hamm NJW 51, 455 = Rpfleger 51, 355 unter Bezugnahme auf RGSt. 65, 235 u. OLG Hamm NJW 51, 896 = Rpfleger 51, 635. 31 ) LG Düsseldorf JMB1NRW 67, 139. 32 ) AG Köln AnwBl. 68, 363; Gerold-Schmidt Rz. 8; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 A. 33 ) LG Duisburg Büro 52, 163. Vgl. auch OLG Hamm JMB1NRW 49, 273. Dagegen verneint das KG Rpfleger 71, 369 einen „Aufruf" der Sache i. S. des Gebührenrechts und damit den Beginn der Hauptverhandlung, wenn die Verfahrensbeteiligten lediglich hereingerufen werden, um ihnen mitzuteilen, daß infolge Abwesenheit eines Geschworenen die Hauptverhandlung nicht stattfinden kann. M ) OLG Braunschweig NJW 52, 399; OLG Nürnberg Büro 59, 71. 35 ) 1. StrSenat JW 37, 1422. 27

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Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen 33

F ü r die Vertretung d u r c h einen allgemeinen Vertreter oder einen zur Ausbildung zugewiesenen R e f e r e n d a r stehen d e m R A die gleichen Gebühren zu 3 *). D a f ü r k o m m t die Sondervorschrift des § 4 zur A n w e n d u n g .

IV. Mehrtägige Hauptverhandlung (zu Abs. 2) 34

Die Gebührensätze erhöhen sich, wenn die H a u p t v e r h a n d l u n g sich ü b e r einen K a lendertag hinaus erstreckt, f ü r jeden weiteren K a l e n d e r t a g , u n d zwar: 1. im Verfahren vor d e m OLG (BayObLG) u n d Schwurgericht u m 100—750 DM, 2. im Verfahren vor der großen S t r a f k a m m e r u m 70—450 DM, 3. im Verfahren vor d e m Schöffengericht, d e m Jugendschöffengericht, d e m Strafrichtef u n d d e m J u g e n d r i c h t e r u m 60—380 DM. F ü r die Berechnung der Gebühren f ü r mehrtägige H a u p t v e r h a n d l u n g e n ist der Kalendertag m a ß g e b e n d . W e n n die H a u p t v e r h a n d l u n g sich bis n a c h 24 U h r ausd e h n t , so beginnt n a c h 24 Uhr 3 7 ) ein weiterer Verhandlungstag, der eine weitere Geb ü h r entstehen läßt 3 8 ), z.B. w e n n a m nächsten Tage oder s p ä t e r das Urteil oder die G r ü n d e v e r k ü n d e t werden (§§ 268, 332, 356 StPO 3 9 ).

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Bei einer Zurückverweisung a n die untere I n s t a n z (§§ 328, 395 StPO) oder bei einer Verweisung a n d a s zuständige Gericht (§§ 269, 270 StPO) oder n a c h W i e d e r a u f n a h m e des Verfahrens (§§ 359ff StPO) h a n d e l t es sich aber bei der neuen H a u p t Verhandlung nicht u m einen neuen K a l e n d e r t a g m i t der E r h ö h u n g a u s § 83 Abs. 2, sondern u m einen neuen Rechtszug, der neue Gebühren e n t s t e h e n läßt 4 0 ) (vgl. § 87 R z . 9 f ) .

V. Vertretung mehrerer Auftraggeber 36

F ü r die V e r t r e t u n g mehrerer Auftraggeber gilt die allgemeine Vorschrift des § 6. Die Gebühren erhöhen sich d a n a c h im Mindest- u n d H ö c h s t b e t r a g d u r c h jeden weiteren Auftraggeber u m drei Zehntel. Die bis z u m I n k r a f t t r e t e n des Ges. v. 20. 8. 75") geltende B e s c h r ä n k u n g auf die einmalige E r h ö h u n g , auch w e n n mehrere weitere Auftraggeber von d e m R A v e r t r e t e n worden sind, ist in Wegfall gekommen. J e t z t erhält der R A , wenn er z. B. drei Beteiligte v e r t r i t t u n d die angemessene Gebühr f ü r die V e r t r e t u n g eines Beteiligten w ü r d e 600 DM betragen, eine E r h ö h u n g u m zweimal 3 /X0 a u s 600 DM, somit u m 180 + 180 DM. Die G e s a m t v e r g ü t u n g w ü r d e d a n n 960 DM betragen.

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Die Vorschrift gilt a u c h bei der V e r t r e t u n g mehrerer Nebenkläger d u r c h denselben R A . A u c h in diesem Falle erhöhen sich die Gebühren d u r c h jeden weiteren A u f t r a g geber u m 3/X0. 36

) KG JW 37, 1839. Vgl. die Erl. bei § 4 Rz. 2, 8, 16. ) Friedlaender Note 18 zu § 63 RAGebO weist darauf hin, daß für den Eintritt der Mitternachtsstunde eine richtiggehende Uhr, nicht etwa die „Gerichtsuhr" maßgebend sei, wobei er ferner auf den interessanten Fall EGH 3, 18ff verweist; Gerold-Schmidt Rz. 13. 38 ) Willenbücher Rz. 5. 39 ) Friedlaender Anm. 21 § 63 RAGebO; Willenbücher Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 13; RS Rz. 20; Swolana Anm. 4; OLG Oldenburg AnwBl. 57, 82 = NdsRpfl. 57, 18. *>) So bereits OLG Oldenburg DJZ 03, 59; LG Berlin KGB1. 94, 4; Friedlaender Note 12 zu § 63 RAGebO; s. auch Gerold-Schmidt Rz. 11 a. E.; Willenbücher Rz. 2. « ) BGBl. I, 2189. 37

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V. Vertretung mehrerer Auftraggeber Ebenso gilt die Erhöhung, wenn der R A mehrere Privatkläger oder Privatbeklagte 38 vertritt. Werden Strafsachen gegen mehrere verschiedene Angeklagte verbunden und ver- 39 tritt der RA verschiedene Nebenkläger sowohl vor als auch nach der Verbindung, so stehen dem RA die bereits verdienten mehreren Gebühren aus § 83 Abs. 1 zu 12 ). Wenn jedoch in den dann verbundenen Sachen ein zweiter Hauptverhandlungstermin notwendig wird, so erhält er nur eine Zusatzgebühr aus § 83 Abs. 2, sofern dieser zweite Hauptverhandlungstermin noch innerhalb der 10-Tage-Frist liegt, allerdings mit der Erhöhimg um 3 / 10 für jeden weiteren Auftraggeber gemäß § 6. Sofern jedoch in einem solchen Fall gemäß § 229 StPO mit dem Verfahren von neuem begonnen werden muß, und der RA hierbei in der Hauptverhandlung als Vertreter der mehreren Auftraggeber tätig wird, so entsteht ihm hierfür eine neue Gebühr nach § 83 Abs. 1 zuzüglich je 3 / 10 für jeden weiteren vertretenen Auftraggeber gemäß § 6. Es sind daher zunächst die bis zur Verbindung der Verfahren angefallenen Gebühren zu ermitteln, d. h. daß für jede der Sachen die Gebühr festzustellen ist. H a t in allen Sachen noch keine Hauptverhandlung stattgefunden, so sind die Gebühren nach § 84 (außerhalb der Hauptverhandlung) zu ermitteln. Erfolgt die Verbindung im 1. Hauptverhandlungstermin, so kommt zu der Gebühr des § 84 (für das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung) die Gebühr des § 83 hinzu. Die Anberaumving der Hauptverhandlungen mehrerer Strafsachen auf denselben 40 Tag bedeutet noch keine Verbindung. Die Verbindung muß ausdrücklich angeordnet sein. Andernfalls handelt es sich um mehrere Hauptverhandlungen 4 3 ). Liegen selbständige Gerichtsverfahren vor, so handelt es sich auch um gesonderte Angelegenheiten i.S. des § 6 Abs. 1 BRAGebO. Solche gesonderten Angelegenheiten können nur dann zu einer gemeinsamen Angelegenheit werden, wenn sie durch gerichtliche Entscheidung verbunden worden sind. I n Rechtsprechung und Schrifttum wird als selbstverstänlich und ausdrücklich davon ausgegangen, daß Voraussetzung für die Anwendung des § 6 Abs. 1 BRAGebO für die Gebührenberechnung gegenüber verschiedenen Beteiligten die vorherige Verbindung der Verfahren sei44). Erfolgt die Verbindung mehrerer Angelegenheiten nach Abschluß der mündlichen Verhandlung und vor der Entscheidung zur Sache lediglich, um eine gemeinsame Entscheidung zu verkünden, so hat dies keinen Einfluß auf die Berechnung der RA-Gebühren. Die von dem Rechtsanwalt getrennt für jede Angelegenheit zu beanspruchenden Gebühren sind dann bereits entstanden und die für den Arbeitsaufwand wesentlichen Merkmale sind ebenfalls bereits vor der Verbindung aller Verfahren zutage getreten. Dem Rechtsanwalt stehen deshalb für alle Verfahren getrennte RA-Gebühren zu. Für die Bemessung der Pauschalgebühren ist allerdings der jeweilige Arbeitsaufwand in den einzelnen Verfahren von Bedeutimg. Der Rechtsanwalt muß daher bei der Berechnung seiner Gebühren z. B. berücksichtigen, wenn allein in einer Sache eine sehr umfangreiche und langwierige mündliche Verhandlung mit Beweisaufnahme stattgefunden hat, während in allen anderen Verfahren die Hauptverhandlung und die Verwertung des zuvor gewonnenen Beweisergebnisses relativ weniger Mühe bereitete. «) LG Oldenburg AnwBl. 57, 267; AG Köln AnwBl. 70, 111; Willenbücher Rz. 3; GeroldSchmidt Rz. 21. 43 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 21 unter Hinweis auf die unzutreffende Meinung des LG Mönchengladbach MDR 69, 240 (mit abl. Anm. von H. Schmidt). " ) Gerold-Schmidt Rz. 21 und 37 zu § 6; RS Rz. 16 § 6; BDG IV BK 11—16 u. 21/69. Beschl. v. 23. 6. 71. 19

g 84

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

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A u c h w e n n einem Angeklagten vor E i n t r i t t in die H a u p t v e r h a n d l u n g e n ein Pflichtverteidiger in drei Verfahren beigeordnet u n d die Sachen erst später zur gemeinsamen V e r h a n d l u n g u n d E n t s c h e i d u n g v e r b u n d e n werden, so erhält der Verteidiger drei get r e n n t e Gebühren. D a b e i genügt es f ü r den Anfall der Gebühren f ü r das Vorverfahren, w e n n der Angeklagte n a c h A u f r u f der Sachen vor E i n t r i t t in die H a u p t v e r h a n d l u n g n a c h R ü c k s p r a c h e m i t seinem Verteidiger auf die E i n h a l t u n g aller F r i s t e n verzichtet u n d darauf n a c h E r ö f f n u n g des H a u p t v e r f a h r e n s die H a u p t v e r h a n d l u n g d u r c h g e f ü h r t wird 4 5 ).

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Bei der Trennung einer zunächst gemeinsam g e f ü h r t e n Strafsache in mehrere Verfahren stehen d e m R A anstelle der bisher verdienten einen Gebühr des § 83 Abs. 1 n a c h der Zahl der g e t r e n n t e n Verfahren mehrere Gebühren aus § 83 zu.

§ 84. Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung (1) Der Rechtsanwalt erhält im vorbereitenden Verfahren, im gerichtlich anhängigen Verfahren, in dem er nur außerhalb der Hauptverhandlung tätig ist, und in einem Verfahren, in dem eine Hauptverhandlung nicht stattfindet, folgende Gebühren: In den Fällen des § 83 Abs. 1 Nr. 1 50 Deutsche Mark bis 750 Deutsche Mark, Nr. 2 35 Deutsche Mark bis 450 Deutsche Mark, Nr. 3 30 Deutsche Mark bis 380 Deutsche Mark. (2) Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, so bestimmt sich die Gebühr nach der Ordnung des Gerichts, das für das Hauptverfahren zuständig gewesen wäre. Übersicht: I. Anwendung der Vorschrift. . . . Vorbereitendes Verfahren . . . . Tätigkeit im gerichtlich anhängigen Verfahren nur außerhalb der Hauptverh Verfahren, in denen eine Hauptverh. nicht stattfindet RA als Beobachter in der Hauptverhandlung

Rz. 1 3 4 5 6

II. Die Gebührensätze III. Der Pauschcharakter der Gebühr . Haftprüfungsverfahren Zurückverweisung Tätigkeit des RA nur außerhalb der Hauptverhandlung, Wiederaufnahme der Ermittlungen, neue Anklageerhebung BloBe Akteneinsicht

Rz. 7 8 9 10

11 13

I. Anwendung der Vorschrift 1

Die Vorschrift regelt die Gebühren, die der R A als Verteidiger f ü r Verfahren außerh a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g erhält u n d stellt dabei insbesondere auch klar, welche Gebühren f ü r die Tätigkeit eines R A im vorbereitenden Verfahren anfallen. Ausdrücklich e r w ä h n t sind in § 84 a u c h die Verfahren, in d e n e n eine H a u p t v e r h a n d l u n g nicht s t a t t f i n d e t . Zu denken ist e t w a a n den Fall, d a ß d a s Verfahren vor der H a u p t Verhandlung eingestellt wird, oder a n d a s S t r a f b e f e h l s v e r f a h r e n . D u r c h die W o r t e „ a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g " ist klargestellt, d a ß der R A die f ü r die Verteidigung in der H a u p t v e r h a n d l u n g vorgesehene Gebühr (§ 83) n u r b e k o m m t , w e n n er in ") AG Köln AnwBl. 70, 111. 20

I. Anwendung der Vorschrift dieser anwesend war. W a r er nur vor oder nach der Hauptverhandlung tätig, so bemessen sich seine Gebühren nach § 84, im Berufungs- u n d Revisionsverfahren nach § 85 Abs. 3 u n d § 86 Abs. 3. F ü r das Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung sind Gebührenrahmen vorgesehen, deren Mindest- u n d Höchstbeträge jeweils der H ä l f t e der Sätze entsprechen, wie sie f ü r eine Tätigkeit in der Hauptverhandlung vorgesehen sind (§ 83). § 84 Abs. 2 stellt klar, welche Gebühren ein Anwalt f ü r seine Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren erhält, wenn dieses durch die Staatsanwaltschaft eingestellt wird. Es kommt dabei auf die Ordnung des Gerichts an, das für das Hauptverfahren voraussichtlich zuständig gewesen wäre. E s ist also Sache des R A , festzustellen, welches Gericht zuständig gewesen wäre, wenn das H a u p t v e r f a h r e n eröffnet worden wäre. Die dabei notwendige hypothetische Betrachtung läßt sich bei der Zuständigkeitsregelung des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht vermeiden. I h r Ausgangspunkt ist die Lage in dem Zeitpunkt, in dem die Tätigkeit des R A endet. Dies soll es ermöglichen, jedenfalls der Mehrzahl der vorkommenden Fälle ohne Schwierigkeiten gerecht zu werden, wobei sich innerhalb des im Einzelfall in Frage kommenden Gebührenrahmens die Möglichkeit eines gewissen Ausgleichs bieten soll1). Diese Gebührenregelung betrifft nur den ersten Rechtszug. Wegen Berufungs- u n d Revisionsverfahren s. §§ 85, 86. Wegen Vertretung mehrerer Auftraggeber vgl. § 6, der allgemeine Anwendung findet (s. auch Rz. 4 Vorbem. vor § 83 u n d Rz. 3, 36 zu § 83). Bei der Entstehung dieser Gebühren ist zu unterscheiden: 2 1. F ü r die Vertretung in der Hauptverhandlung: Dafür entstehen die Gebühren der §§ 83, 85, 86. 2. Vertretung außerhalb der Hauptverhandlung a) im vorbereitenden Verfahren, also wenn das Verfahren noch nicht gerichtlich an- 3 hängig ist, z. B. im polizeilichen Ermittlungsverfahren (§ 163 StPO), wenn es sich u m eine Sache handelt, die von der Polizei oder der Verwaltungsbehörde an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet werden m ü ß t e (§ 163 Abs. 2 StPO, § 41 OWiG), ferner im Verfahren vor der Staatsanwaltschaft (§§ 160ff StPO) bis zur Anklageerhebung (§ 151 StPO). Durch die in § 84 Abs. 1 Ziff. 3 bestimmte Gebühr wird die gesamte Tätigkeit des R A im vorbereitenden Verfahren, wozu auch das sogenannte Klageerzwingungsverfahren gehört, abgegolten 2 ). Ferner gehört hierzu die Tätigkeit bei der gerichtlichen Voruntersuchung (§§ 178—197 StPO) u n d der Verfahrensabschnitt §§ 198—211 StPO). b) oder in einem gerichtlich anhängigen Verfahren, aber außerhalb der Hauptver- 4 handlung. Hierunter fällt das gerichtliche Strafverfahren beginnend mit der Erhebung der öffentlichen Klage, nämlich die gerichtliche Voruntersuchung (§§ 178—197 StPO) und der Verfahrensabschnitt der §§ 198—211 StPO, ferner die Vorbereitimg der Hauptverhandlung (§§ 213—225 StPO). c) oder in einem Verfahren, in dem eine Hauptverhandlung nicht stattfindet, z. B. 5 bei Einstellung des Verfahrens vor der Hauptverhandlung oder im Verfahren bei Strafbefehlen oder Strafverfügungen, wenn kein Einspruch eingelegt wird M AmtlBegr., vgl. 1. Aufl. S 941. Vgl. auch Mümmler Büro 76, 151; Meyer Büro 76, 866. ) OLG Oldenburg NdsRpfl. 67, 23.

2

21

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen (§§ 407—413 StPO). Hierunter fällt auch die Tätigkeit des R A bei Einziehungen u n d Vermögensbeschlagnahmen gemäß §§ 430—433 S t P O ; denn die in § 431 StPO vorgesehene mündliche Verhandlung ist nicht als Hauptverhandlung i.S. der §§ 236ff StPO anzusehen 3 ). Endigt die Tätigkeit des R A vor dem Beginn der Hauptverhandlung, so ist ebenfalls § 84 anzuwenden 4 ). F ü r die Tätigkeiten zu a u n d b kommen die Gebührensätze des § 84 im ersten Rechtszug, des § 85 Abs. 3 im Berufungsverfahren u n d des § 86 Abs. 3 im Revisionsverfahren zu b zur Anwendung. E s ist für die Gebühren des § 84 also eine Tätigkeit im Vorverfahren oder außerhalb der Hauptverhandlung im gerichtlich anhängigen Verfahren oder in einem Verfahren erforderlich, in dem eine H a u p t v e r h a n d l u n g nicht stattfindet. Die Tätigkeit, die der R A in der Hauptverhandlung ausübt, wird dagegen durch die Gebühren der §§ 83, 85, 86 gesondert vergütet. 6

d) E s k a n n vorkommen, daß ein R A beauftragt wird, als Beobachter an einer Hauptverhandlung teilzunehmen, sei es, daß sein Auftraggeber daran besonders interessiert ist oder daß dieser zu den Geschädigten gehört. I n diesem Falle h a t die Liquidation ebenfalls nach § 84 für eine Tätigkeit außerhalb der H a u p t verhandlung zu erfolgen. Dagegen h a t Tschischgale 5 ) den S t a n d p u n k t vertreten, daß die Gebühren der §§ 83 ff nicht in Frage kommen könnten, da diese nur die Gebühren für die Vertretung eines Angeklagten oder verfahrensmäßig Betroffenen oder Beteiligten regeln, wenn der R A als Verteidiger tätig wird. Tschischgale wollte in solchen Fällen § 118 anwenden, also nach einem Wert liquidieren (nach welchem?). Eine Besprechungsgebühr sollte nach Tschischgale auch nicht anfallen, weil der R A bei der Hauptverhandlung nicht mitwirkt. Das halten wir für unrichtig; denn der R A wirkt ja gerade für seinen Auftraggeber mit, für den er alle Wahrnehmungen macht, die für diesen wichtig sind. H a u p t a u f t r a g ist die Wahrnehm u n g des Termins. Evtl. wollte Tschischgale noch § 56 Abs. 1 Nr. 2 anwenden (Wahrnehmung von anderen als zur mündlichen Verhandlung oder Beweisa u f n a h m e bestimmten Terminen). E r wollte dann eine halbe Gebühr nach dem W e r t des geltend gemachten Streitgegenstandes (was ist dieser?) vergüten. Wie halten die Auffassung von Tschischgale nicht für haltbar. Ein Wert läßt sich überhaupt nicht feststellen. Wenn nicht § 84 direkt Anwendung finden soll, dann aber über § 2.

II. Die Gebührensätze 7

Die Gebührensätze betragen im ersten Rechtszug im Verfahren vor: 1. dem OLG (BayObLG), Schwurgericht, Jugendkammer (§ 84 Abs. 1 Ziff. 1) 50—750 DM, 2. der großen Strafkammer und vor der Jugendkammer, soweit sich die Gebühr nicht nach Nr. 1 bestimmt, (§ 84 Abs. 1 Nr. 2) 35—450 DM, s

) So auch Gerold-Schmidt Rz. 6. nicht etwa die Regelgebühren des § 31, und auch keine Gebühr nach den §§ 83—85. E i n solcher Fall liegt z. B . vor, wenn der Verletzte keine Privatklage oder Nebenklage erhoben oder den R A nur mit der Verfolgung des vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren beauftragt hatte. Gleiches gilt bei entsprechender Vertretung des Beschuldigten. I m allgemeinen läßt sich allerdings die Tätigkeit wegen der vermögensrechtlichen Ansprüche nicht von der Tätigkeit hinsichtlich der Bestrafung trennen, da über den vermögensrechtlichen Anspruch nur entschieden werden kann bei strafrechtlicher Verurteilung. I m übrigen gilt auch für den Verteidiger oder Vertreter des Privat- oder Nebenklägers oder des Beschuldigten die Regelung des Abs. 2, d.h., daß er sich die Gebühren im Strafverfahren, wenn es nicht zu einer Entscheidung des Gerichts kommt und der R A den Auftraggeber im späteren Zivilprozeß vertritt, auf die im Zivilprozeß entstehenden Gebühren entsprechend der Vorschrift des Abs. 2 anrechnen lassen muß. Insoweit kann auf die Ausführungen oben zu R z . 12, 13 verwiesen werden. 17

I m Wiederaufnahmeverfahren nach § 406 c S t P O fällt die Adhäsionsgebühr erneut an. D a s gilt auch dann, wenn gemäß § 406 c Abs. 1 Satz 2 S t P O ohne erneute Hauptverhandlung durch Beschluß entschieden wird 1 1 ). Die Adhäsionsgebühr entsteht in diesen Fällen auch dann, wenn mit der Wiederaufnahme des Verfahrens lediglich der Strafteil des Urteils angegriffen wird, aber in Betracht zu ziehen ist, daß die über den vermögensrechtlichen Anspruch ergangene Entscheidung ebenfalls aufgehoben wird (§ 406c Abs. 2, § 406a Abs. 3 StPO). Die Gebühr entsteht in Höhe des Doppelten der vollen Gebühr, wenn das Wiederaufnahmeverfahren vor dem Berufungsgericht stattfindet (§ 367 StPO). Nur 15 / 10 entstehen jedoch, falls das Berufungsgericht in dem angegriffenen Urteil als erstinstanzliches Gericht über den Adhäsionsanspruch entschieden hatte (§ 89 Abs. 1 Satz 2 ; vgl. oben Rz. 8). I m Verfahren auf Anordnung der Wiederaufnahme gemäß §§ 367—370 StPO entstehen die im § 90 bestimmten Gebühren.

18

I s t der R A beauftragt, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus Entscheidungen zu betreiben, die im Strafprozeß über einen aus der S t r a f t a t erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch erlassen worden sind, so stehen dem R A nach § 96 die Gebühren des § 57 zu.

19

Der Abgeltungsbereich der Gebühren ist hier derselbe wie für die Gebühren des § 31. E s sind deshalb z. B . § 37 Nr. 7 und § 58 Abs. 2 auch hier anzuwenden. Ebenso löst auch die Anordnung der vorläufigen Vollstreckbarkeit oder die Abhängigmachung von einer Sicherheitsleistung (§ 406 Abs. 2 StPO) keine besonderen Gebühren a u s . Die Voraussetzungen des § 49 können im Strafprozeß nicht entstehen. Für die Verfahren nach den §§ 731, 767, 768, 887—890 ZPO sind die Zivilgerichte zuständig. E s finden darauf die Bestimmungen der §§ 31 ff unmittelbare Anwendung. Die Gebühr für das Adhäsionsverfahren wird in diesen Verfahren nicht angerechnet 1 2 ).

11 12

54

) Lauterbach Anm. 2 A zu § 90; Gerold-Schmidt Rz. 8 § 90. Ebenso R S Rz. 16 § 89. ) R S Rz. 15.

Wiederauftiahmeverfahren

§90

Eine Ermäßigung der Gebühren des § 89, etwa in Anwendung des § 32 bei vorzeitiger 20 Erledigung des Auftrages, erfolgt nicht. Vielmehr entstehen die Gebühren des § 89 immer in Höhe von 15/10 bzw. 20/10. Da es sich um eine einheitliche Gebühr handelt, erwächst diese bereits, wenn der R A vorbereitende Handlungen in Bezug auf die Stellung eines Adhäsionsantrages ausübt. E s genügt z. B . die Informationsaufnahme, um die Gebühr von 16/10 bzw. s0/10 zur Entstehung zu bringen 13 ). Für die Anwendung des § 89 ist nicht Voraussetzung, daß der R A eine Tätigkeit gegenüber dem Gericht ausgeführt hat. Es kann daher nicht der von Lauterbach 14 ) und Riedel-Sußbauer 15 ) vertretenen Ansicht gefolgt werden, daß für die dem Antrag vorausgehende Tätigkeit § 118 anzuwenden sei. Die Vorschrift des § 118 paßt hier überhaupt nicht. Die Geltendmachung des aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs im Strafverfahren kann nur gegenüber dem Gericht erfolgen. Der Verletzte oder sein Erbe können daher dem R A in einem solchen Falle in diesem Verfahren keinen Auttrag erteilen, der nach § 118 abzurechnen wäre. Der an den R A erteilte Auftrag ist hier immer auf die „Geltendmachung" des vermögensrechtlichen Anspruchs gerichtet; ihr dient auch bereits die Entgegennahme der Information. Ebensowenig wie bei einem erteilten Prozeßauftrag vom 3. Abschnitt auf den 11. Abschnitt übergegangen und bei vorzeitiger Auftragserledigung die Gebühren nach § 118 berechnet werden können, ist auch hier bei dem Auftrag, vermögensrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend zu machen, eine Gebührenabrechnung nach § 118 möglich, wenn sich der Auftrag vorzeitig erledigt.

III. Der Gegenstandswert Für die Berechnung der Gebühren in solchen Verfahren sind die Allgemeinen Vor- 21 Schriften über den Gegenstandswert §§ 7, 8, 10, 11 maßgebend (vgl. dazu die Erläuterungen bei den einzelnen Vorschriften).

§ 90. Wiederaufnahmeverfahren (1) Für die Vorbereitung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens, die Stellung eines solchen Antrags und die Vertretung in dem Verfahren zur Entscheidung über den Antrag gelten die in § 84 bestimmten Gebühren. Diese gelten auch dann, wenn der Rechtsanwalt von der Stellung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens abrät. (2) Der Gebührenrahmen bestimmt sich nach der Ordnung des Gerichts, das im ersten Rechtszug entschieden hat. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift II. Die Gebührenregelung Die Rahmengebühr Zur Entstehung der Gebühr . . . . Abgeltungabereich der Gebühr . . . Keine Anwendung des § 90 bei Einzeltätigkeiten Neue Gebühren nach Wiederaufnahme des Verfahrens

Rz. 1 2 3 4 5 6

Entscheidung über die Wiederaufnahme und Freispruch durch denselben Beschluß Keine Anrechnung auf Pflichtverteidigergebühren aus dem Hauptverfahren Vertretung mehrerer Auftraggeber .

8 9 10

7

13 )

So auch Gerold-Schmidt Rz. 6; Swolana Anm. 3. " ) Anm. 2. 15) Rz. 7. 55

§ »0

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

I. Bedeutung der Vorschrift 1

Die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens wird im Vierten Buch der StPO (§§ 359ff) behandelt. Die Vorschrift des § 366 StPO verlangt für den Wiederaufnahmeantrag, daß in diesem der gesetzliche Grund der Wiederaufnahme des Verfahrens sowie die Beweismittel angegeben werden müssen. Wird der Antrag von dem Angeklagten oder im Falle seines Todes von seinem Ehegatten, oder Verwandten auf- u n d absteigender Linie sowie den Geschwistern des Verstorbenen gestellt, so k a n n der Antrag nur mit einer von dem Verteidiger oder einem R A unterzeichneten Schrift oder zu Protokoll der Geschäftsstelle angebracht werden. Der Antrag eröffnet ein neues Vorverfahren, in dem ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß entschieden wird; entweder wird der Antrag als unbegründet verworfen oder das Gericht ordnet die Wiederaufnahme des Verfahrens und die Erneuerung der Hauptverhandlung an (§ 370 StPO). Der Beschluß, wonach die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet wird, steht dem Eröffnungsbeschluß des § 203 StPO gleich 1 ). Mit dem Erlaß dieses Beschlusses beginnt somit das neue Hauptverfahren. F ü r die Vertretung in diesem entstehen d a n n die Gebühren des § 83. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens leitet also eine neue gebührenrechtliche Instanz ein, wofür die Vorschrift des § 90 die Gebührenregelung bestimmt. I m übrigen wird die im § 368 Abs. 2 StPO vorgesehene Gegenerklärung wie der Wiederaufnahmeantrag selbst behandelt 2 ).

2

Diese Vorschrift regelt die Gebühren f ü r die Tätigkeit im Wiederaufnahmeverfahren. Es ist dazu auf die Bestimmung des § 84 verwiesen, der die Gebühren außerhalb der Hauptverhandlung (Vorverfahren) bestimmt. Diese Gebührensätze finden für die Tätigkeit im Wiederaufnahmeverfahren Anwendimg, u n d zwar bestimmt sich der Gebührenrahmen nach der Ordnung des Gerichts, das im ersten Rechtszug entschieden h a t . D a dae Revisionsgericht ohnehin nur selten zur Entscheidung über die Zulassung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens berufen ist (vgl. § 367 StPO), h a t Abs. 2 in erster Linie in den Fällen Bedeutung, in denen mit dem Antrag auf Wiedera u f n a h m e des Verfahrens das Urteil eines Berufungsgerichts angefochten wird. Das Verfahren über einen solchen Antrag ist jedoch, auch wenn dieser ein Berufungsurteil betrifft, u n d das Berufungsgericht darüber zu befinden h a t , mit einem Berufungsverfahren nicht zu vergleichen. Es ist ein Verfahren eigener Art. Die Gebührenrahmen des ersten Rechtszuges werden der Tätigkeit des R A in diesem Verfahren durchaus gerecht. Die Gesichtspunkte, die dazu geführt haben, die Gebühren im Rechtsmittelverfahren gegenüber den Gebühren im ersten Rechtszug zum Teil zu erhöhen, treffen hier nicht zu. I m übrigen f ü h r t die Anwendving der Gebührensätze des ersten Rechtszuges in weitem Umfange zu demselben Ergebnis wie die Anwendung der Gebührensätze des Gerichts, dessen Urteil mit dem Antrag angefochten wird oder das über den Antrag zu entscheiden hat, so wenn das Verfahren im ersten Rechtszug vor dem Amtsrichter anhängig war.

3

Die Rahmengebühr 3 ) beträgt somit, wenn im ersten Rechtszug entschieden h a t : 1. das OLG (BayObLG), Schwurgericht (Jugendkammer) 50—750 DM,

II. Die Gebührenregelung

J

) RGSt. 18, 417. ) Vgl. bereits Friedlaender Anm. 10 zu § 68 RAGebO; RS Rz. 3. 3 ) Die amtl. Begr. (vgl. 1. Aufl. S 968 Abs. 2) weist daraufhin, wie schwierig und zeitraubend oft die Tätigkeit des RA in diesen Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf 2

56

II. Die Gebührenregelung 2. die große Strafkammer (Jugendkammer) 3. Schöffengericht, Jugendschöffengericht, Strafrichter, Jugendrichter

§90 35—450 DM, 30—380 DM.

Wegen Bemessung der Rahmengebühren 8. § 83 Rz. 16ff und § 12 Rz. 13ff, ferner wegen des Pauschcharakters der Gebühren s. § 83 Rz. 18ff u. Rz. 16, 21 Vorbem. vor §§ 8 3 f f u . §87 Rz. lff. Zur Entstehung der Gebühr genügt die Vorbereitung des Wiederaufnahmeantrages, k auf die Anfertigung oder Einreichung kommt es nicht an, da es an einer entsprechenden Vorschrift des § 32 für die Gebühren in Strafsachen fehlt 4 ). Aber nicht nur die Anfertigung eines solchen Antrages, sondern auch die bloße Unterzeichnung läßt die Gebühr entstehen. Selbst wenn es nicht mehr zur Anfertigung, Unterzeichnimg eines Wiederaufnahmeantrages gekommen ist, hat der RA bereits den Anspruch auf die Gebühr des § 90, weil auch das Wiederaufnahmeverfahren gebührenrechtlich bereits mit dem Auftrag zur Antragstellung beginnt, also schon die Entgegennahme der Information ausreicht. Die Gebühr entsteht mit jeder Tätigkeit, die auf Ausführung des Antrags, die Wiederaufnahme einzuleiten, gerichtet ist 5 ). Ebenso entsteht die Gebühr besonders, wenn der R A den Auftraggeber bereits im früheren Verfahren vertreten hat und ihm dafür Gebühren, z. B . aus §§ 83ff entstanden sind. Die Gebühr des § 90 entgilt die Tätigkeit des R A im Verfahren über den Antrag auf 5 Wiederaufnahme des Verfahrens bis zu seiner Entscheidung. E s kommt dabei immer auf die Entscheidung über die Begründetheit des Antrags, nicht die des § 367 StPO über die Zulässigkeit an. Die Gebühr ist eine Pauschgebühr, die nur für den mit der Vertretung im ganzen Verfahren beauftragten R A gilt und auch die Tätigkeit in einem Beweisaufnahmeverfahren über die Begründetheit des Wiederaufnahmeantrages sowie in einem Beschwerdeverfahren nach § 372 StPO gegen die Verwerfung des Antrags abgilt. § 87 ist auch hier anzuwenden. § 90 findet keine Anwendung, wenn der R A nur mit Einzeltätigkeiten beauftragt 6 wird. Die Gebühren bestimmen sich dann nach § 91. Wird die Wiederaufnahme des Verfahrens angeordnet und vertritt der R A den 7 Angeklagten auch in dem nachfolgenden Verfahren, so erhält er für dieses wiederaufgenommene Verfahren zusätzlich die Gebühren der §§ 83 ff. Dies erscheint gerechtfertigt, da das Verfahren bis zur Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme eine oft schwierige und zeitraubende Tätigkeit des R A erfordert, die nicht nur die erneute Hauptverhandlung vorbereiten soll, sondern zunächst allein die Entscheidung über den Antrag auf Wiederaufnahme zum Ziel hat. Diese Tätigkeit des RA, die über Wiederaufnahme ist. Die Gebührenregelung ist ungenügend trotz der inzwischen erfolgten Anhebung des Gebührenrahmens, kein RA kann diese erhebliche Arbeit für die niedrige, gesetzliche Gebühr übernehmen. In aller Regel erfolgt hier eine Honorarvereinbarung. 4 ) So bereits Friedlaender Anm. 13 zu § 68 RAGebO. Vgl. auch OLG München Rpfleger 73, 70 = AnwBl. 73, 87 = Büro 73, 45; RS Rz. 4; Müller-Sax (KMR) StPO 6. Aufl. Anm. 3 § 90 BRAGebO; Gerold-Schmidt Rz. 3; a.M. OLG Koblenz Rpfleger 72, 462 = MDR 73,247 = AnwBl. 73, 147, das dem im Hauptverfahren bestellten Pflichtverteidiger nur die zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens aufgewendeten Auslagen zubilligen will; vgl. auch die abl. Anm. von H. Schmidt dazu in KostRsp. Nr. 1 zu § 90. 5 ) Vgl. vorst. Fn. 4. 57

§91

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

die Verteidigung in der erneuten Hauptverhandlung erheblich hinausgeht, rechtfertigt eine gesonderte Gebühr 6 ). Die Vorschrift des § 90 Abs. 2, wonach der Gebührenrahmen sich nach der Ordnung des Gerichts bestimmt, das im ersten Rechtszug entschieden hat, ist d a n n nicht mehr anwendbar. Die weiteren Gebühren sind nach dem Gericht zu bestimmen, das im wieder aufgenommenen Verfahren tätig wird und nach dem Rechtszug, in dem dieses Gericht tätig wird. 8

Erfolgt die Entscheidung über den Wiederaufnahmeantrag u n d der Freispruch durch denselben Beschluß, so erhält der R A neben der Gebühr des § 90 auch noch eine weitere Gebühr nach § 84 7 ).

9

Die dem Wahlanwalt im Wiederaufnahmeverfahren bis zu seiner Beiordnung entstandene Gebühr (§ 84) ist nicht auf die von der Staatskasse für die Pflichtverteidigung in der Hauptverhandlung gezahlte Vergütung anzurechnen 8 ). Wegen Gebühren u n d Auslagen eines gerichtlich bestellten Verteidigers vgl. § 97 Abs. 1 Satz 2 u n d § 97 Abs. 2 Satz 2.

10

Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber gilt die allgemeine Vorschrift des § 6. Vgl. auch dazu § 83 Rz. 36ff. § 91. Gebühren für einzelne Tätigkeiten Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts, ohne daß ihm sonst die Verteidigung übertragen ist, auf 1. die Einlegung eines Rechtsmittels, die Anfertigung oder Unterzeichnung anderer Anträge, Gesuche oder Erklärungen oder eine andere nicht in den Nummern 2 oder 3 erwähnte Beistandsleistung; 2. die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Rechtfertigung der Berufung oder zur Beantwortung der von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegten Berufung, die Führung des Verkehrs mit dem Verteidiger, die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer staatsanwaltschaftlichen oder richterlichen Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung oder einer Augenscheinseinnahme außerhalb der Hauptverhandlung oder die Beistandsleistung im Verfahren zur gerichtlichen Erzwingung der Anklage (§ 172 Abs. 2 bis 4, § 173 der Strafprozeßordnung) ; 3. die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Begründung der Revision oder zur Erklärung auf die von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegte Revision; so erhält er in den Fällen der Nummer 1 eine Gebühr von 10 Deutsche Mark bis 200 Deutsche Mark, Nummer 2 eine Gebühr von 25 Deutsche Mark bis 375 Deutsche Mark, Nummer 3 eine Gebühr von 40 Deutsche Mark bis 600 Deutsche Mark. ") Vgl. dazu die Begr. 1. Aufl. S 968 und oben F n . 3. 7 ) Vgl. LG Köln MDR 63, 600; AnwBl. 65, 185 mit zust. Anm. von Tschischgale; GeroldSchmidt Rz. 7; R S Rz. 6. 8 ) OLG Oldenburg AnwBl. 57, 267; ebenso Gerold-Schmidt Rz. 9.

58

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 91

Vorbemerkungen : Die Vorschrift entspricht § 68 Abs. 1 R A G e b O , der erweitert ist. § 91 h a t inzwischen mehrere Ä n d e r u n g e n erfahren: I n N r . 2 m u ß t e zunächst die deh. Ges. v. 19. 2. 64 (BGBl. I , 1067) geänderte F a s s u n g des § 169b S t P O („Beistandsleistung beim Schlußgehör") Berücksichtigung finden (eingefügt deh. die BRAGebO-Novelle v. 30. 6. 65 BGBl. I, 577). N r . 2 ist jedoch a u f g r u n d der deh. d a s 1. S t V R G v. 9. 12. 74 (BGBl. I, 3393) erfolgten Ä n d e r u n g n e u gefaßt, wobei die W o r t e „Beistandsleistung b e i m Schlußgehör (§ 169b S t P O ) " wieder in Wegfall k a m e n . I n N r . 3 m u ß t e die g e m ä ß § 11 Abs. 2 erfolgte H e r a u f s e t z u n g der Mindestgebühr Berücksichtigung finden, zunächst deh. Ges. v. 30. 6. 65 (BGBl. I , 577) von 3 DM auf 5 DM u n d zuletzt deh. d a s Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) m i t der E r h ö h u n g der Mindestgebühr von 5 DM auf 10 DM. F e r n e r ist deh. das Ges. v. 20. 8. 75 eine weitere A n h e b u n g der Gebührensätze erfolgt, n a c h d e m die a u f g r u n d des Ges. v. 29. 10. 69 (BGBl. I, 2049) vorgenommene E r h ö h u n g der H ö c h s t b e t r ä g e bei Ziff. 3 N r . 1—3 nicht m e h r ausreichend war. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Mehrere einzelne T ä t i g k e i t e n . . . . Vertretung mehrerer Auftraggeber . Beispiele der Nichtanwendbarkeit des § 91 II. Die Gebührensätze 1. Zu Ziff. 1 Einlegung eines Rechtsmittels. . Anfertigung oder Unterzeichung anderer Anträge, Gesuche oder Erklärungen Strafanzeigen, Strafanträge . . . Beschwerdeverfahren Wiedererteilung der Fahrerlaubnis Andere sonstige Beistandsleistung 2. Zu Ziff. 2 Rechtfertigung oder Beantwortung der Berufung — des Staatsanwalts, Privatklägers, Nebenklägers Führung des Verkehrs mit dem Verteidiger

Rz. 1 2 3 4 5 6 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

Beistandsleistung bei Vernehmungen, mündlicher Verhandlung oder Augenscheinseinnahme Beistandsleistung bei Zeugen-oder Sachverständigenvernehmung dch. d. beauftragten oder ersuchten Richter Erstattbarkeit der Kosten auswärtiger Termine Reisekosten Anhörungstermin nach rechtskräftigem Verfahrensabschluß. . Beistandsleistung im Klageerzwingungsverfahren 3. Zu Ziff. 3 Revisionsbegründung oder Erklärung auf die vom Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegte Rev.; Revisionsbegründung als Einzelauftrag — Pflichtverteidiger

Rz. 16

17 18 19 20 21 23

25 26

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift findet n u r d a n n Anwendung, w e n n sich die Tätigkeit des R A auf 1 die hier vorgesehene Beistandsleistung beschränkt, d. h. w e n n i h m nicht die Verteidigung in der ganzen Sache ü b e r t r a g e n ist. Die hier geregelten Gebühren k ö n n e n also niemals f ü r den R A erwachsen, d e m die ganze Verteidigung übertragen worden ist, wenn er Gebühren n a c h §§ 83—86 erhält u n d wenn er ein R e c h t s m i t t e l b e i m Gericht desselben Rechtszuges einlegt, weil diese Tätigkeit d u r c h die P a u s c h g e b ü h r der vore r w ä h n t e n Vorschriften abgegolten wird (vgl. § 87). Nicht n u r f ü r die Anfertigung solcher Anträge, sondern a u c h f ü r die bloße U n t e r zeichnung derselben e n t s t e h t die Gebühr. I m übrigen genügt bereits die E n t g e g e n n a h m e der I n f o r m a t i o n f ü r eine u n t e r den G e b ü h r e n t a t b e s t a n d des § 91 fallende Tätigkeit 59

§»1

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

(vgl. dazu auch Rz. 4 zu § 90). Deshalb k o m m t es f ü r die E n t s t e h u n g der Gebühr auch nicht auf die Anfertigung des Schriftsatzes oder auf die Einreichung desselben an. Eine Ausnahme davon bildet nur die Einlegung des Rechtsmittels (vgl. Rz. 7)1). 2

Die hier vorgesehenen Gebühren sind Einzelgebühren. Der R A kann sie für jede hier genannte Tätigkeit besonders erheben (§ 92 Abs. 2). F ü r die einzelne Tätigkeit dagegen gelten die Gebühren die gesamte damit in Verbindung stehende Tätigkeit ab. Ergänzend weist § 92 Abs. 2 noch auf die Beschränkung durch die Vorschrift des § 13 hin. Diese bestimmt im Abs. 6, daß der RA, der nur mit einzelnen Handlungen beauftragt wird, nicht mehr an Gebühren erhalten soll, als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte R A f ü r die gleiche Tätitgkeit erhalten würde. Diese Vorschrift ist somit auch hier zu beachten. Weiterhin bestimmt ergänzend § 92 Abs. 2, daß dem R A , wenn ihm die Verteidigung übertragen wird, die Gebühren des § 91 auf die ihm als Verteidiger zustehenden Gebühren anzurechnen sind.

3

Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber erhöhen sich die Gebühren (vgl. Begr. 1. Aufl. S 972 zu Ziff. 3 sowie § 6 u n d § 83 Rz. 36ff).

4

§ 91 findet keine Anwendung, wenn der R A bereits aufgrund anderer Gebührenvorschriften ein Entgelt zu beanspruchen hat, so z. B. nach §§ 83—86. I n diesem Falle wird die Tätigkeit für die bloße Einlegung von Rechtsmitteln durch diese abgegolten (§ 87 Abs. 2). Nicht hierher gehören ferner z. B.: 1. der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens. Der Gebührenanspruch hierfür richtet sich nach § 90; 2. das Gnadenverfahren (§ 93); beschränkt sich jedoch der Auftrag auf Einzeltätigkeiten, so ist § 91 Nr. 1 anzuwenden 2 ); 3. Anträge zum Strafregister oder Anträge auf beschränkte Auskunfterteilung. Die Entscheidung darüber ist kein Gnadenakt, sondern im Verwaltungswege zu treffen 3 ). E s ist daher für die Gebührenberechnung nicht § 91 Ziff. 1 anzuwenden, sondern die Vorschrift des § 118 als Angelegenheit der Verwaltung. Diese Tätigkeit wird also nicht durch eine etwaige Verteidigergebühr abgegolten. Der Gegenstandswert richtet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 2 (Regelwert 4000 DM). Wird bei Ablehnung eines solchen Antrages die Entscheidung durch das ordentliche Gericht beantragt (§§ 23—30 EGGVG), so kommt § 66a BRAGebO zur Anwendung 4 ). 4. die Tätigkeit im Erinnerungs- u n d Beschwerdeverfahren in der Kostenfestsetzung (§ 96 Abs. 1 Nr. 1), 5. die Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung (§ 96 Abs. 1 Nr. 2). 6. Die Gebühr f ü r einen mündlich oder schriftlich erteilten R a t oder eine Auskunft bestimmt sich nach § 20. Auf die Bemerkungen bei § 20 sei verwiesen. Ist der R A lediglich beauftragt, die Aussichten eines Rechtsmittels in Strafsachen zu prüfen, u n d r ä t er von der Einlegung des Rechtsmittels ab, so ist aber § 20 Abs. 2 nicht anwendbar. Hier erwächst eine Gebühr von 10—200 DM nach § 91 Abs. 1 Nr. 1. ') So auch R S Rz. 19, die aus den Bemerkungen S 973 unserer 1. Aufl. zu Unrecht einen gegenteiligen Standpunkt entnehmen wollen. 2 ) Vgl. Rz. 14 Vorbem. vor §§ 83ff.; Göttlich BRAGebO 10. Aufl. S 630. 3 ) Vgl. dazu BVerwG N J W 60, 1924; R S Rz. 1; Gerold-Schmidt Rz. 4, je zu §93; Göttlich BRAGebO 10. Aufl. S 1155. *) R S Rz. 1; Gerold-Schmidt Rz. 1, je zu § 66a.

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II. Die Gebührensätze

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II. Die Gebührensätze Die Vorschrift unterscheidet drei Gruppen von Tätigkeiten, für die verschiedene 5 Gebührenrahmen vorgesehen sind. Wenn sich die Tätigkeit des R A auf die Erstellung einzelner Anträge, Gesuche, Erklärungen usw. beschränkt, ohne daß ihm sonst die Verteidigung übertragen ist, so erhält er folgende Gebühren: 1. Eine Gebühr von 10 5 )—200 DM (zu Ziff. 1)

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a) F ü r die Einlegung eines Rechtsmittels. Dazu gehören Berufung, Revision, Beschwerde, Einspruch gegen den Strafbefehl oder die Strafverfügung. Diese Gebühr steht dem R A nicht zu, der mit der Rechtfertigung der Berufung oder mit der Begründung der Revision beauftragt ist. Mit den Gebühren für diese Tätigkeiten ist auch die Gebühr f ü r die Einlegung des Rechtsmittels abgegolten (§ 92 Abs. 1). H a t der R A aber bereits als Verteidiger Gebühren nach §§ 83—86 erhalten, so wird die Tätigkeit für die bloße Einlegung von Rechtsmitteln durch diese abgegolten (§ 87 Satz 2, vgl. Rz. 5 zu § 87). b) F ü r die Anfertigung oder Unterzeichnung anderer Anträge, Gesuche oder Erklä- 7 rungen. Hierzu gehören: 1. Nachträglicher Antrag auf Gewährung der Strafaussetzung oder einer Verwarnung mit Strafvorbehalt (§§ 56, 56e, 59 StGB) 6 ), 2. Antrag auf Aussetzung des Strafrestes (§§ 57, 58 StGB)'), 3. Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung oder Aussetzung des Strafrestes (§ 56f, § 57 Abs. 3 StGB) 6 ), 4. Antrag auf Fristgewährung zur Zahlung einer Geldstrafe (§ 42 StGB, § 459 a StPO), 5. Gesuche u m Strafaufschub (§§ 455, 456 StPO), 6. alle sonstigen Anträge im R a h m e n der Strafverfolgung'). Dazu gehören z. B. Vollstreckungsaufschub bei Krankheit (§ 455 StPO) oder Vollstreckungsauf schub bei erheblichen Nachteilen (§ 456 StPO) oder Anträge auf Aufschub des Berufsverbots (§ 456c StPO) usw., 5 ) Die Begr. (1. Aufl. S 971/972) meint, daß für einfache Tätigkeit .eine Gebühr von 3 DM (nunmehr 10 DM) als Mindestgebühr angemessen ist. Es wird sich wohl kaum ein R A bei den verteuerten Generalunkosten leisten können, eine Tätigkeit für 10 DM auszuüben. Auch das Personal kostet Geld! ') Gesuche nach §§ 56, 56e, 59 StGB, die unter § 91 einzureihen sind, sind keine Gnadengesuche, sondern eine Einrichtung des materiellen Strafrechts, BGH JZ 54, 101 Nr. 1 Abs. 2; Mittelbach J R 56, 165; BayObLG N J W 62, 358 = JVB1. 62, 164 = Rpfleger 62, 111; OLG Oldenburg N J W 63, 170. Zusatzanträge des Verteidigers in der Hauptverhandlung, etwa auf Bewilligung bedingter Strafaussetzung, gehören noch zu der Verteidigung in der Hauptverhandlung und werden durch die Gebühren der §§ 83, 85, 86 abgegolten. Dagegen erhält der RA, wenn er später einen Antrag nach §§ 56, 56 e StGB stellt, dafür die Gebühren des § 91 Nr. 1. Diese Tätigkeit wird also nicht mehr mit der Gebühr für die Vertretung in der Hauptverhandlung abgegolten. Denn die Verteidigung endet anerkanntermaßen mit dem das Strafverfahren abschließenden rechtskräftigen Urteil, vgl. Kleinknecht StPO 30. Aufl. Anm. 3 zu § 138; RGSt. 40, 4; OLG Oldenburg N J W 63, 170 = NdsRpfl. 62, 286 (gegen BayObLG N J W 62, 358 = JVB1. 62, 164); LG Mainz N J W 72, 2059 = AnwBl. 72, 293 = Rpfleger 72, 265. Dies gilt sowohl für den Pflichtverteidiger wie auch für den Wahlanwalt. ') Gerold-Schmidt Rz. 2; R S Rz. 4.

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Sechster A b s c h n i t t : Gebühren in Strafsachen

7. Strafanzeigen, mit deren Anfertigung oder Unterzeichnung der RA befaßt wird 8 ). Bei mehreren Strafanzeigen entsteht die Gebühr für jede Anzeige besonders*). Die Informationstätigkeit wird aber durch diese Gebühr abgegolten 10 ). 8. Strafanträge. Dem Anwalt, der für einen Unfallverletzten einen Strafantrag entwirft und — wenn auch erfolglos — dessen Zulassung als Nebenkläger beantragt, steht gegen seinen Auftraggeber neben den für die Verfolgung der zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche entstandenen Gebühren ein Anspruch aus § 91 Nr. 1 zu. Bei der Berechnung dieser Gebühr ist vom Mittelwert des Gebührenrahmens auszugehen. Der Verletzte kann die Belastung mit dieser Verbindlichkeit als adäquate Schadensfolge vom Schädiger ersetzt verlangen 11 ).

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9. Das Beschwerdeverfahren gegen dieses Beschwerdeverfahren aber eröffnet. Hat der RA aber bereits halten, so wird die Tätigkeit für mitabgegolten (§ 87)12).

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die Ablehnung der Strafverfolgung, wobei gebührenrechtlich einen neuen Rechtszug als Verteidiger nach §§ 83—86 Gebühren erein sonstiges Beschwerdeverfahren dadurch

10. Anträge auf vorzeitige Aufhebung der Sperre für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis gehören nicht mehr zum erkenntnismäßigen Strafverfahren. Daher erhält auch der frühere Verteidiger in der Strafsache zusätzlich die Sondergebühr des § 91 Nr. 1 und, wenn sich ein Beschwerdeverfahren anschließt, eine weitere Gebühr aus § 91 Nr. 1 (§ 92 Abs. 2 Satz 1 und § 13 Abs. 2 Satz 3)13). Die Tätigkeit wegen Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111 a StPO sowie § 69 StGB ist keine eigene gebührenpflichtige Angelegenheit, 8 ) R G J W 36, 660. R A - K o s t e n f ü r Strafanzeigen sind nicht e r s t a t t b a r : LG S t u t t g a r t M D R 69, 574. ») R G J W 36, 660; L a u t e r b a c h A n m . 2 zu Ziff. 1 (b). 10 ) R G - S t . 14, 371; L a u t e r b a c h A n m . 1 A ; Gaedeke J W 35, 2303, 963; 34, 2648. W e n n d a s OLG H a m b u r g B ü r o 55, 368 die E r s t a t t u n g der K o s t e n der Strafanzeige u n d der Beschwerde gegen die A b l e h n u n g der Strafverfolgung sowie der W a h r n e h m u n g des Termins d u r c h die P a u s c h g e b ü h r des § 63 Ziff. 3 R A G e b O abgegolten wissen will, so ist d a s nicht richtig. Die A n f e r t i g u n g der Strafanzeige u n d die Einlegung der Beschwerde fielen auch f r ü h e r schon u n t e r § 68 R A G e b O , jetzt u n t e r § 91. Die f r ü h e r e Vorschrift des § 67 R A G e b O (jetzt § 87) u m f a ß t e nicht die Gebühren des § 68 R A G e b O (jetzt § 91), so d a ß sowohl f ü r die A n f e r t i g u n g der Strafanzeige wie a u c h f ü r die Beschwerde u n d das Beschwerdeverfahren besonders zu liquidieren ist. Die R A - K o s t e n f ü r Strafanzeigen sind nicht e r s t a t t b a r : LG S t u t t g a r t M D R 69, 574. 11 ) L G D u i s b u r g A n w B l . 61, 176; R S R z . 9. Wegen S t r a f a n t r a g als unnötige — weil verf r ü h t e •— M a ß n a h m e in P r i v a t k l a g e s a c h e n vgl. H . Schmidt B ü r o 62, 73. 12 ) A. M. A G N e u b u r g / D o n a u AnwBl. 64, 186, d a s m i t Einstellung des P r i v a t k l a g e v e r f a h rens n a c h § 383 Abs. 2 S t P O die Beendigung des Rechtszuges a n n i m m t ; deshalb falle im Beschwerdeverfahren (neben der Verteidigergebühr f ü r die 1. I n s t a n z ) eine G e b ü h r n a c h § 91 Abs. 2 besonders a n , sofern sich die Tätigkeit des Verteidigers über die reine R e c h t s m i t t e l einlegung h i n a u s erstreckt;. das V e r f a h r e n der sofortigen Beschwerde sei a u f g r u n d der Vorschrift des § 2 gebührenrechtlich ebenso zu behandeln wie d a s Verfahren der B e r u f u n g oder der Revision. Auch das A G Bielefeld AnwBl. 65, 95 billigt d e m R A als V e r t r e t e r einer Privatklagep a r t e i f ü r deren V e r t r e t u n g als Beschwerdegegnerin in der sofortigen Beschwerde gegen die Einstellung des V e r f a h r e n s ebenfalls eine besondere G e b ü h r im R a h m e n des § 91 N r . 2 zu. E s b e g r ü n d e t seine Ansicht d a m i t , d a ß § 87 Satz 2 n i c h t e n t g e g e n s t e h e ; denn der R A h a b e hier keinerlei R e c h t s m i t t e l eingelegt, sondern sich vielmehr gegen eine eingelegte Beschwerde g e w e h r t . E i n e derartige Tätigkeit werde a u c h n i c h t von d e m Sinn des § 87 Satz 2 e r f a ß t , sie gehöre zu einer a n d e r e n I n s t a n z im Sinne dieser Vorschrift. 13 ) Vgl. d a z u Tschischgale N J W 65, 572 u n d R z . 3, 7 zu § 88; Gerold-Schmidt R z . 2.

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II. Die Gebührensätze

11. 12. 13. 14. 15. 16.

§91

wenn dem RA die Verteidigung im ganzen Verfahren übertragen wurde. Sie wird dann vielmehr durch die Rahmengebühren der §§ 83 ff mit abgegolten, wobei allerdings gemäß § 88 der Gebührenrahmen bis zu 25 % überschritten werden kann, wenn dieser unter Berücksichtigung der Zusatztätigkeit wegen Fahrverbot oder Entziehung der Fahrerlaubnis nicht ausreicht, um die Tätigkeit des R A angemessen abzugelten. Wegen Einzelheiten dazu vgl. Rz. 3 zu § 87 sowie Rz. 3, 7 zu § 88. Nur dann, wenn der RA lediglich mit der Erledigung solcher Angelegenheiten beaultragt wird, richten sich die Gebühren nach § 91 Ziff. 1. Anträge im Strafverfahren auf nachträgliche Anordnung der Nichteintragung in das Verkehrszentralregister 14 ). Ferner kommen in Betracht Anträge auf Haftvergünstigungen, Haftentlassung, die Anschlußerklärung eines Nebenklägers, Rücknahme von Rechtsmitteln, Beweisanträge, Armenrechtsgesuche, Anträge auf Aufhebung eines Bestrafungsbeschlusses 15 ), z. B. für einen Zeugen im Strafprozeß (§ 51 StPO) 16 ). Dagegen berechnen sich die Gebühren, wenn der RA von einem nicht zum Termin erschienenen Zeugen zur Abfassung eines Entschuldigungsschreibens in Anspruch genommen wird, nach § 118. Die Vorschriften der §§ 84 oder 91 Nr. 1 können dann nicht zur Anwendung kommen 17 ). Vgl. auch Rz. 144 zu § 118.

c) Für andere sonstige Beistandsleistung, soweit nicht in Nr. 2 und 3 erwähnt (oben 11 zu a und b). Dazu gehören z. B. mündliche Besprechungen oder Vorsprachen des RA im Interesse des Beschuldigten oder bloße Akteneinsichten 18 ). 2. Eine Gebühr von 25—375 DM (zu Ziff. 2) I n Nr. 2 sind unter Heraushebung aus der Generalklausel der Nr. 1 eine Reihe von 12 Tätigkeiten des RA zusammengefaßt, die eine bessere gebührenrechtliche Behandlung verdienen (so auch Begr. 1. Aufl. S 972). Die Berufung kann gemäß § 317 StPO binnen einer Woche nach Ablauf der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels oder, wenn zu dieser Zeit das Urteil noch nicht zugestellt war, nach dessen Zustellving bei dem Gericht des ersten Rechtszuges gerechtfertigt werden. Ob die Frist eingehalten wird, ist gebührenrechtlich belanglos (vgl. auch die Bemerkungen Rz. 23 u. Fn. 29, 30). Ein bestimmter Inhalt oder Umfang für diese Schrift ist nicht vorgeschrieben. Sicherlich wird man aber erwarten können, daß aus dem Inhalt zu ersehen ist, was gegen das erstinstanzliche Urteil eingewendet wird (vgl. Rz. 29, 30). a) Diese Gebühr erhält der RA für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift 13 zur Rechtfertigung oder Beantwortung der Berufung. Diese Gebühr kann auch für " ) Tschischgale Büro 65, 169; Gerold-Schmidt Rz. 2; R S Rz. 4, 9. 15 ) LG Wiesbaden Büro 62, 98; desgl. f. Ordnungsstrafbeschluß, OLG Düsseldorf MDR 71, 684; OLG H a m m JMB1 N R W 72, 47. 16 ) OLG Düsseldorf MDR 71, 684; OLG H a m m JMB1NRW 72, 47; LG Wiesbaden Büro 62, 98; ebenso H. Schmidt Anm. zu KostRsp. Nr. 8 § 91 unter Aufgabe der bei Gerold-Schmidt 3. Aufl. Rz. 10 vor § 118 vertretenen Ansicht (Anwendung des § 118). 17 ) So auch OLG Hamburg MDR 71, 685 = Rpfleger 71, 269 = HambJVBl. 71, 52. 18 ) KG J W 37, 1422. Wegen der Pauschvergütung für Akteneinsicht und Aktenauszüge aus Unfallstrafakten für Versicherungsgesellschaften s. Rz. 29 zu § 3.

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Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

den erstinstanzlichen Verteidiger erwachsen, wenn er nicht zum Verteidiger des zweiten Rechtszuges bestellt worden ist19). Neben der Anfertigung ist auch die Unterzeichnung einer solchen Schrift ausdrücklich erwähnt. 14 b) Die Gebühr entsteht ferner für die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Beantwortung der von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegten Berufung. 15 c) Für die Führung des Verkehrs mit dem Verteidiger (Verkehrs- oder Korrespondenz gebühr). Die Gebühr entsteht unter denselben Voraussetzungen wie die Verkehrsgebühr des § 52. Ebenso wie bei derVerkehrsgebühr des § 52 wird mit der Gebühr des § 91 Nr. 2 die gesamte Tätigkeit des Verkehrsanwalts in dem jeweiligen Rechtszug abgegolten. Darunter fällt auch z. B. die Beratung sowie die Belehrung über die Zulässigkeit von Rechtsmitteln. Dies ergibt sich aus der allgemeinen Vorschrift des § 13 Abs. 1, auch wenn § 91 in § 87 nicht mit genannt ist 19a ). Der RA erhält die Verkehrsgebühr für jeden Rechtszug gesondert, wobei allerdings keine Erhöhung des Gebührenrahmens in den höheren Instanzen eintritt. Die Wahrnehmung von Terminen gehört nicht zum Abgeltungsbereich der Gebühr für die Tätigkeit als Verkehrsanwalt. Nimmt der Verkehrsanwalt einen oder mehrere Termine wahr, so erhält er dafür zusätzliche Gebühren nach Nr. 220). 16 d) Für die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei einer staatsanwaltschaftlichen 21 ) oder richterlichen Vernehmung oder einer mündlichen Verhandlung oder einer Augenscheinseinnahme außerhalb der Hauptverhandlung oder die Beistandsieistimg im Verfahren zur gerichtlichen Erzwingung der Anklage (§ 172 Abs. 2—4, § 173 StPO). Dazu gehört auch die Beistandsleistung in einer mündlichen Verhandlung über den Haftbefehl und im Haftprüfungsverfahren, wenn der RA diese Tätigkeiten nur als Einzeltätigkeit ausübt. Sonst gehört sie zu den allgemeinen Aufgaben des Verteidigers und wird durch die Gebühren der" §§ 84, 85, 86 abgegolten. 17 e) Weiter gehört hierher die Beistandsleistung für den Beschuldigten bei der Vernehmung von Zeugen und Sachverständigen durch den beauftragten oder ersuchten Richter, weil diese Vorschrift allgemein für Beistandsleistung bei einer richterlichen Vernehmung außerhalb der Hauptverhandlung gilt. Die Gebühr erhält der RA auch dann, wenn der Termin sich vor seiner Wahrnehmung erledigt. Es reicht aus, wenn der RA den Auftrag zur Terminswahrnehmung entgegengenommen und irgendeine Tätigkeit ausgeübt hat (z. B. Informationsaufnahme, Durchsicht der übergegebenen Unterlagen). Die vorzeitige Erledigung ist aber gemäß § 12 innerhalb des Gebührenrahmens zu beachten 22 ). 18

Hinsichtlich der Erstattbarkeit derartiger Kosten gegenüber einem unterliegenden Gegner (z. B. in Privatklagesachen oder wenn der Staatskasse die Kosten auferlegt sind), gilt folgendes: " ) AG Neuburg/Donau AnwBl. 64, 186. "») So auch Gerold-Schmidt Rz. 12. 20 ) Vgl. auch Oswald J R 61, 17; Lauterbach Anm. 2 zu Ziff. 2 b ; RS Rz. 15; GeroldSchmidt Rz. 12. 21 ) Die Gebühren f ü r die Teilnahme an der Vernehmung des Beschuldigten richten sich nicht nach § 118, wie mitunter angenommen wird, vielmehr ist dafür die Gebühr des § 91 Nr. 2 zu berechnen (Gebührenrahmen 25—375 DM, Mittelgebühr 200 DM). M ) Gerold-Schmidt Rz. 13. 64

II. Die Gebührensätze

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Die Reisekosten des Verteidigers zu einem B e w e i s a u f n a h m e t e r m i n vor d e m er- 19 suchten R i c h t e r (§ 223 StPO) müssen in der Regel e r s t a t t b a r sein; ebenso d ü r f e n die Gebühren u n d Auslagen eines a m Sitz des ersuchten Gerichts w o h n h a f t e n , also auswärtigen R A mindestens insoweit in R e c h n u n g gestellt werden, als sie die Tagegelder u n d F a h r t k o s t e n des Verteidigers nicht übersteigen 2 8 ). W ä r e n die K o s t e n des Verteidigers bei W a h r n e h m u n g der auswärtigen Beweistermine höher gewesen, so sind die K o s t e n des auswärtigen R A also in jedem Fall im R a h m e n des § 28 zu erstatten. I m übrigen ist bei der Bemessung der Gebühren des Verteidigers auch seine Mehrarbeit bei der B e a u f t r a g u n g auswärtiger R A e zu berücksichtigen 2 4 ). Rechtspfleger u n d Gerichte sind in der Regel bei der Frage, ob u n d inwieweit die E r s t a t t u n g notwendiger Auslagen bei Tätigwerden mehrerer anwaltlicher Vertreter in derselben Strafsache zu erfolgen habe, meist sehr kleinlich 25 ). Aus d e m W o r t l a u t dee § 464a Abs. 2 Ziff. 2 S t P O , wonach zu den notwendigen Auslagen die Gebühren u n d Auslagen eines R A gehören, wird zu U n r e c h t geschlossen, d a ß n u r die K o s t e n eines R A zur E r s t a t t u n g k o m m e n k ö n n t e n . H . Schmidt 2 8 ) n i m m t gegen die einschränkende Auslegung des § 464a Abs. 2 Ziff. 2 S t P O d u r c h die Gerichte Stellung u n d h ä l t , ebenso wie auch wir, die E r s t a t t b a r k e i t der Kosten eines auswärtigen R A f ü r eine Tätigkeit vor d e m b e a u f t r a g t e n oder ersuchten R i c h t e r f ü r gegeben. E s ist a u c h nicht einzusehen, weshalb f ü r die E r s t a t t b a r k e i t der Kosten eines auswärtigen R A im S t r a f v e r f a h r e n e t w a s anderes gelten sollte, als f ü r den Bereich des Zivilprozesses n a c h § 91 Abs. 2 Z P O b e s t i m m t ist, auf den § 464a Abs. 2 Ziff. 2 S t P O ausdrücklich verweist. D a h e r ist auch die Beschränkung der E r s t a t t b a r k e i t derartiger zusätzlicher notwendiger Auslagen auf die Kosten eines R A oder auf die Fälle, in denen in der Person des R A ein Wechsel eintreten m u ß t e , nicht gerechtfertigt 2 7 ). Die Gebühr des § 91 N r . 2 erhält der R A auch, wenn er nach rechtskräftigem Ab- 20 schluß des Verfahrens f ü r den Beschuldigten in einem Anhörungstermin, z. B. zur F r a g e des Widerrufs der d e m Verurteilten zugebilligten Bewährungsfrist t ä t i g wird 2 8 ). f) F ü r die Beistandsleistung im Verfahren zur gerichtlichen E r z w i n g u n g der Anklage 21 (§ 172 Abs. 2—4, § 173 StPO). D a r u n t e r fällt nicht n u r die V e r t r e t u n g des Beschuldigten, sondern a u c h die des Antragstellers. Die Gebühr u m f a ß t den gesamten Tätigkeitsbereich des R A in diesem Verfahren. Die Tätigkeit im Verfahren vor d e m S t a a t s a n w a l t fällt allerdings nicht hierunter. Die Gebühr d a f ü r u n d in d e m einem Klageerzwingungsverfahren vorausgehenden Beschwerdeverfahren richten sich vielmehr n a c h Ziff. 1. Die Gebühren des R A k ö n n e n in derartigen Angelegenheiten b e t r a g e n : 1. Gebühr f ü r die Tätigkeit wegen E r s t a t t u n g der Anzeige u n d S t r a f a n t r a g nach 22 § 91 Ziff. 1,

2S ) Büro M ) ") 2 «) 27 ) 2S )

Vgl. RGZ 51, 11; LG Göttingen NdsRpfl. 49, 63; LG Mainz Rpfleger 72, 31; Schmidt 62, 132.S. dazu auch Willenbücher 16. Aufl. S 386 vor Anm. 24. LG München II AnwBl. 61, 321. Vgl. dazu LG München I NJW 71, 2083 mit abl. Anm. von H. Schmidt. Abi. Anm. zu LG München I NJW 71, 2083. LG München II — 1 Qs 236/61 Beschl. v. 24. 7. 61. OLG Hamburg MDR 74, 1039. 65

§91

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

2. dazu Gebühr für die Beschwerde gegen den Beschluß der Staatsanwaltschaft über die Ablehnung der Verfahrenseröffnung, ebenfalls nach § 91 Ziff. 1, 3. dazu Gebühr gemäß § 91 Ziff. 2 für die Tätigkeit im Klageerzwingungsverfahren. Der R A k a n n also die Gebühren des § 91 Ziff. 1 und § 91 Ziff. 2 nebeneinander fordern (vgl. § 92). 23

3. Eine Gebühr von 40—600 DM (zu Ziff. 3) a) F ü r die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Begründung der Revision (vgl. dazu die Bemerkungen oben zu Rz. 12ff), b) f ü r die Anfertigung einer Erklärung auf die von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegte Revision. Die Ziff. 3 enthält ähnliche Klarstellungen wie die Ziff. 2, insofern hier die Unterzeichnung der Revision sowie das von dem Privatkläger u n d Nebenkläger oder dem Staatsanwalt eingelegte Rechtsmittel ausdrücklich erwähnt sind. Nach § 344 StPO hat der Beschwerdeführer die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge) u n d die Anträge zu begründen. Aus der Begründung m u ß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden. Über den Inhalt der Revisionsbegründung sind also im Gesetz bestimmte Erfordernisse aufgestellt. Eine Schrift, die schon äußerlich den an sie zu stellenden Anforderungen nicht entspricht, begründet den Anspruch auf die Gebühr nicht, wohl aber eine solche, die sachlich mangelhaft ist 29 ). Es genügt aber zur Begründung der Revision eine Erklärung, daß die Revision auf die Verletzung materiellen Rechts gestützt werde 30 ). Ob die Frist eingehalten wird, ist gebührenrechtlich ohne Belang 31 ).

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F ü r den mit der ganzen Vertretung im Revisionsverfahren beauftragten R A wird die Begründung der Revision durch die Gebühr des § 86 abgegolten. Das gilt auch für die Revisionsbeantwortung u n d für die Beantwortung der Revision des Angeklagten durch den mit der Vertretung in der Revisionsinstanz beauftragten R A des Nebenklägers 32 ). Die Gebühr für die Revisionsbegründung entgilt nach § 92 Abs. 1 auch die Revisionseinlegung.

25

Der Gebührenrahmen von 40—600 DM ist höher als die Gebühr des § 86 Abs. 3 f ü r den im Revisionsverfahren außerhalb der Hauptverhandlung tätigen R A . Lediglich im Revisionsverfahren vor dem B G H beträgt die Vergütung für die Verteidigung außerhalb der Hauptverhandlung 50—750 DM. Trotzdem erhält der ausschließlich mit der Revisionsbegründung oder der Abgabe der Revisionsgegenerklärung beauftragte R A die Gebühr des § 91 Nr. 3.

2

') Lauterbach Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 16. ) OLG Hamburg HansGZ 28 B 358; Gerold-Schmidt Rz. 16. 31 ) Friedlaender Anm. 5 zu § 68 RAGebO. Dieser macht übrigens noch darauf aufmerksam, daß es standesrechtliche Pflicht des RA ist, den Auftraggeber darauf hinzuweisen, daß bestimmt oder möglicherweise die Frist des § 345 Abs. 1 StPO verstrichen sei, wenn gleichwohl die Fertigung der Revisionsbegründung verlangt wird. M ) OLG Köln NJW 58, 959 (L) = JMB1NRW 58, 116 = AnwBl. 58, 97. M

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Mehrere Einzeltätigkeiten

$92

Die Vorschrift des § 13 Abs. 6 findet hier keine Anwendung, soweit sich aufgrund der Bestimmung des § 91 Nr. 3 eine höhere Vergütung ergibt, als sie dem mit der ganzen Vertretung beauftragten R A erwächst 8 3 ). Vgl. dazu wegen Einzelheiten Rz. 14 zu § 86. Dies k a n n insbesondere f ü r den Pflichtverteidiger bedeutsam werden. D a ß die Vor- 26 schrift des § 91 auch f ü r ihn gilt, ergibt bereits die Begründung zu § 97 (vgl. 1. Aufl. S 1011 1. Abs.), die ausdrücklich erwähnt, daß die in § 97 Abs. 1 Satz 1 enthaltene Verweisung auf § 91 klarstellt, daß dem bestellten Verteidiger f ü r die Anfertigung oder Unterzeichnung einer Schrift zur Revisionsbegründung das Vierfache des in § 91 Nr. 3 bestimmten Mindestbetrages zusteht. Die Gebührenberechnung nach § 91 k o m m t aber freilich nur in Betracht, wenn der R A lediglich mit Einzeltätigkeiten beauftragt ist. Erstreckt sich der Vertretungsauftrag auf das ganze Verfahren, so k a n n dagegen § 91 keine Anwendung finden34). Die bisher vertretene Auffassung, daß für diese Tätigkeit die Gebühren nach § 91 in demselben Rechtszug neben den Gebühren der §§ 85, 86 f ü r die Verteidigung erhoben werden können, wird nach nochmaliger P r ü f u n g aufgegeben. Die Vorschrift des § 91 behandelt Einzeltätigkeiten. Dagegen berechnen sich die Gebühren des Pflichtverteidigers, der im ganzen Verfahren tätig war, nach §§ 85, 86. Wenn er im Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung tätig wird, so richten sich die Gebühren im Berufungsverfahren nach den §§ 97, 85 Abs. 3 u n d im Revisionsverfahren nach § 86 Abs. 3. Das hat auch dann zu gelten, wenn der Pflichtverteidiger lediglich die Berufung oder Revision begründet oder die Beantwortimg der von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegten Berufung oder Revision vornimmt, seine Beiordnung aber f ü r das gesamte Verfahren erfolgt ist, was regelmäßig der Fall sein wird 35 ). Die Vorschrift des § 91 ist nicht schlechthin an die Stelle des § 86 getreten; denn § 86 ist ebenso wie § 91 im § 97 zitiert 34 ). Aber auch wenn § 91 Anwendung finden sollte, so k a n n für die Berufungs- oder Revisionsbegründung neben den Gebühren der §§ 85, 86 keine weitere Gebühr aus § 91 in demselben Rechtszug geltend gemacht werden 37 ).

§ 92. Mehrere einzelne Tätigkeiten (1) Mit der Gebühr für die Rechtfertigung der Berufung oder die Begründung der Revision ist die Gebühr für die Einlegung des Rechtsmittels entgolten. (2) Im übrigen erhält der Rechtsanwalt mit der Beschränkung des § 13 für jede der in § 91 bezeichneten Tätigkeiten eine gesonderte Gebühr. Wird ihm die Verteidigung übertragen, so werden die Gebühren des § 91 auf die dem Rechtsanwalt als Verteidiger zustehenden Gebühren angerechnet. 33 ) Vgl. auch H. Schmidt Anm. zu LG Nürnberg-Fürth KostRsp. § 91 Nr. 5; ders. AnwBl. 74, 234; ferner Anm. zu OLG Bremen KostRsp. § 91 Nr. 13; a.M. OLG Bremen KostRsp. § 91 Nr. 13; LG Nürnberg-Fürth Büro 73, 749 mit abl. Anm. von H. Schmidt. 34 ) Vgl. dazu oben Rz. lff. ») Vgl. OLG Hamm JMB1NRW 62, 226; OLG Oldenburg AnwBl. 61, 19; OLG Neustadt AnwBl. 61, 295; OLG Nürnberg Rpfleger 63, 139; OLG Karlsruhe Die Justiz 63, 244; LG Hagen AnwBl. 61, 321 mit zust. Anm. von Schueler; Lauterbach Anm. 2A § 97; vgl. auch RS Rz. 7 § 97 sowie Willenbücher S 392 Anm. 4; Gerold-Schmidt Rz. 12 § 97. 36 ) Vgl. LG Hagen AnwBl. 61, 321 mit zust. Anm. von Schueler; LG Essen AnwBl. 61, 18. 37 ) Vgl. auch AG Herford Büro 59, 166.

67

9 92

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen Übersicht:

I. Bedeutung der Vorschrift II. Einzelheiten Rechtsmitteleinlegung — Rechtfertigung Einzelauftrag ist erforderlich . . . . Keine Anwendung des Abs. 1 im Beschwerdeverfahren Einzelaktgebühren Einzelgebühren für Verfahrensarten Verkehrsgebühr in jedem Rechtszug

Rz. 1 2 2 4 5 6 7 8

Terminswahrnehmung durch Verkehrsanwalt Einschränkende Bestimmungen des Abs. 2 a) Beschränkung des Gebührenanspruchs auf Gebühren eines Verteidigers b) Anrechnung bei späterem Auftrag zur Verteidigung

Rz. 9 10 11 12

I. Bedeutung der Vorschrift 1

Diese Vorschrift bestimmt den Umfang der Tätigkeit, die durch die Gebühren des § 91 abgegolten werden sollen.

II. Einzelheiten 2

Mit der Gebühr für die Rechtfertigung der Berufung oder für die Begründung der Reyision soll die Gebühr für die Einlegung des Rechtsmittels abgegolten sein (§ 92 Abs. I).

3

E s kann somit nicht etwa die Gebühr für die Einlegung des Rechtsmittels (§91 Nr. 1) und für die Rechtfertigung desselben (§91 Nr. 2 bzw. Nr. 3) erhoben werden, sondern für beide Tätigkeiten zusammen entsteht nur die eine Gebühr des § 91 Nr. 2 mit 25 bis 375 DM, bzw. Nr. 3 mit 40—600 DM.

4

Nur wenn der R A lediglich Einzelauftrag erhalten hat, sind die §§ 91, 92 anzuwenden. Wird der R A dagegen von vornherein mit der VollVerteidigung beauftragt, so gehören auch alle Einzeltätigkeiten — Einlegung des Rechtsmittels und Begründung desselben — zum Rechtszug und werden durch die Gebühren der §§ 85, 86 abgegolten. Wenn der R A bereits im niedrigeren Rechtszug als Verteidiger tätig war, so gehört die Einlegung des Rechtsmittels bei dem Gericht desselben Rechtszuges ohnedies noch gebührenrechtlich zu der Vorinstanz, nicht mehr aber die Rechtfertigung der Berufung oder die Begründung der Revision; desgleichen nicht die Tätigkeit wegen Beantwortung der Berufung oder die Erklärung auf die von dem Staatsanwalt, Privatkläger oder Nebenkläger eingelegte Revision 1 ).

5

Abs. 1 gilt nicht im Beschwerdeverfahren. Der R A erhält, wenn er als Vollverteidiger beauftragt und tätig ist, für die Einlegung und Begründung einer Beschwerde keine besondere Gebühr (vgl. dazu § 87 Rz. 6ff). Wenn sich aber der ihm erteilte Auftrag auf die Einlegung und Begründung einer Beschwerde beschränkt, findet § 91 Nr. 1 Anwendung und der R A erhält die dort bestimmte Gebühr (10—200 DM). Auch wenn der R A zuerst nur beauftragt wird, Beschwerde einzulegen, und erst später der Auftrag erteilt wird, die Beschwerdebegründung zu fertigen, entsteht trotzdem nur 1 ) Vgl. dazu die Erläuterungen bei § 91 Rz. 12ff sowie Gerold-Schmidt Rz. 2 und RS Rz. 6, je zu § 92.

68

II. Einzelheiten

§92

einmal die Gebühr des § 91 N r . 1. E s h a n d e l t sich in einem solchen Fall n u r u m die F o r t s e t z u n g des zunächst erteilten Auftrags 2 ). D e r A u f t r a g u m f a ß t regelmäßig den ganzen R e c h t s z u g (§ 13 Abs. 2 Satz 1, 2) 3 ), die Beschwerdebegründung liegt innerhalb desselben Handlungskomplexes 4 ) (§ 13 Abs. 5). Soweit es sich bei § 91 u m Einzelaktgebühren handelt, erstreckt sich der m i t der je- 6 weiligen Gebühr abgegoltene Tätigkeitsrahmen von der Auftragserteilung m i t E n t gegennahme der I n f o r m a t i o n bis zur restlosen Erledigung des jeweiligen A u f t r a g e s (§13 Abs. 1). Der R A k a n n also nicht n u r bei verschiedenartigen Tätigkeiten f ü r jeden einzelnen der in § 91 genannten T a t b e s t ä n d e eine besondere Gebühr berechnen, sondern auch d a n n , w e n n er mehrere gleichartige Geschäfte nacheinander a u s f ü h r t . E s k ö n n e n daher f ü r denselben R A , w e n n er in derselben Strafsache verschiedene A n t r ä g e gestellt, unterzeichnet oder mehrere V e r n e h m u n g e n oder Verhandlungen wahrgenomm e n h a t , die Einzelaktgebühren m e h r m a l s entstehen. Hier liegt ein grundlegender Unterschied im Verhältnis zu der Rechtslage im Zivilprozeß v o r ; dort werden mehrere gleichartige Tätigkeiten allein mit einer einzigen Gebühr aus § 56 abgegolten. D o r t ist im Gegensatz zu § 91 die Mehrzahl gebraucht. Neben den Einzelaktgebühren sieht § 91 f ü r andere Verfahrensarten Einzelgebühren 7 vor. Die Einzelgebühren entgelten einen K o m p l e x von anwaltlichen Tätigkeiten 5 ), z. B. f ü r die V e r t r e t u n g des Auftraggebers im Klageerzwingungsverfahren (vgl. dazu auch Rz. 21 zu § 91) oder f ü r die Tätigkeit als Verkehrsanwalt. Die Gebühren hierfür bes t i m m t die Vorschrift des § 91 N r . 2. Sie entgilt alle in D u r c h f ü h r u n g des A u f t r a g e s e n t f a l t e t e Tätigkeit, insbesondere den gesamten Schriftwechsel, Besprechungen mit d e m Auftraggeber usw. Die Verkehrsgebühr e n t s t e h t in jeder Instanz neu, also zusätzlich im Berufungs- 8 u n d Revisionsverfahren. Eine E r h ö h u n g entsprechend § 11 Abs. 1 Satz 2 scheidet allerdings hier a u s (vgl. R z . 15 § 91). N i m m t der Verkehrsanwalt Termine w a h r , so erhält er d a f ü r f ü r jeden Termin zusätzlich eine Gebühr nach § 91 N r . 2, wenn er d a f ü r jeweils einen eigenen A u f t r a g erhalten h a t (vgl. auch Rz. 15 § 91). W e n n sich aber der d e m R A erteilte A u f t r a g zunächst auf die W a h r n e h m u n g n u r 9 eines b e s t i m m t e n Termins erstreckt u n d später ein weiterer Termin in derselben Angelegenheit nachfolgt u n d er wiederum mit dessen W a h r n e h m u n g b e a u f t r a g t wird, so e n t s t e h t d a f ü r keine neue Gebühr. I n diesem Falle ist die Mehrtätigkeit lediglich gemäß § 12 innerhalb des Gebührenrahmens des § 91 N r . 2 zu berücksichtigen 6 ). § 92 Abs. 2 b e s t i m m t n u n , d a ß der R A die Gebühren f ü r jede einzelne der in § 91 10 a u f g e f ü h r t e n Tätigkeiten erhalten soll, jedoch nicht mehr, als wenn ihm die gesamte Verteidigung ü b e r t r a g e n worden wäre. D a z u ist auf die allgemeine Vorschrift des 2 ) RS Rz. 7; 11. A.M. Gerold-Schmidt Bz. 2, wonach hierbei zwei Gebühren des § 91 Nr. 1 anfallen sollen, unklar im Verhältnis zu den Bemerkungen bei Gerold-Schmidt Rz. 6 zu § 91. Vgl. auch Martini Anm. 6, der die Gebühr des § 91 Nr. 2 dann zubilligen will, wenn der RA die Beschwerde begründet. Dies widerspricht jedoch dem Wortlaut des § 91 Nr. 2. 3 ) Lauterbach Anm. 2. 4 ) RS Rz. 11. 5 ) Vgl. RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 4. •) Lauterbach Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 7; RS Rz.7.

69

§93

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

§ 13 verwiesen worden, wobei hierfür der Abs. 6 anzuwenden ist (vgl. die Erläuterungen zu § 13 Rz. 128). Diese Bestimmung besagt nichts anderes, als nach § 13, der in den Allgemeinen Teil der BRAGebO eingestellt ist und somit auch in Strafsachen gilt, ohnedies geregelt ist. § 92 Abs. 2 Satz 1 bringt mit dem Hinweis auf den § 13 also nur eine Klarstellung (vgl. dazu Begr. 1. Aufl. S 978). 11

E s sind somit folgende Einschränkungen zu beachten: a) Der mit Einzeltätigkeiten beauftragte R A kann nur soviel an Gebühren erhalten, als der mit der gesamten Angelegenheit beauftragte R A für dieselbe Tätigkeit erhalten würde. Hierin findet sich die Höchstgrenze (§ 13 Abs. 6). E s kann also der mit Einzeltätigkeiten beauftragte R A nur höchstens die Gebühren erhalten, die ein mit der Vertretung im ganzen Verfahren beauftragter R A erhalten würde. Demnach können keine höheren als die in §§ 84, 85 Abs. 3 und § 86 Abs. 3 genannten Gebühren anfallen. Unter die Beschränkung des § 92 Abs. 2 Satz 1 fallen jedoch nur die Gebühren für Tätigkeiten, die nach den §§ 84, 85 Abs. 3 und § 86 Abs. 3 entgolten werden. Die Einrechnung in den Abgeltungsbereich dieser Vorschriften findet dort ihre Grenze, wo der für das ganze Verfahren beauftragte Verteidiger neben seinen Verteidigergebühren auch Gebühren aus § 91 geltendmachen kann, etwa im Klageerzwingungsverfahren oder für den Antrag auf Stundung einer Geldstrafe oder bedingte Entlassung usw. 7 ).

12 b) Schließlich sagt die Vorschrift (Abs. 2 Satz 2) noch, daß die Gebühren des § 91 auf die dem R A als Verteidiger zustehenden Gebühren angerechnet werden, wenn ihm später die Verteidigung in der gleichen Sache übertragen wird. Praktisch handelt es sich bei dieser Bestimmung nur um eine Parallele zu der allgemein anzuwendenden Vorschrift des § 13 Abs. 5. Diese Anrechnungsvorschrift greift allerdings nur insoweit ein, als es sich um Tätigkeiten handelt, die in den Abgeltungsbereich der Vergütung für die Vollverteidigung fallen. Der R A braucht sich also Gebühren für Einzeltätigkeiten dann nicht auf die Verteidigergebühren anrechnen zu lassen, wenn der Abgeltungsbereich der Verteidigergebühren diese Einzeltätigkeiten nicht umfaßt (vgl. dazu auch die Bemerkungen oben zu Rz. II) 8 ). Die Anrechnung erfolgt im übrigen nur mit und auf Gebühren, die in demselben Rechtszug entstehen (vgl. dazu § 13 Abs. 2 Satz 2).

§ 93. Gnadengesuche Für die Vertretung in einer Gnadensache erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr von 20 Deutsche Mark bis 300 Deutsche Mark. Sie steht ihm auch dann zu, wenn ihm die Verteidigung übertragen war. Vorbemerkung: Die Vorschrift entspricht in etwa § 69 Abs. 1 RAGebO. Der Höchstbetrag wurde erhöht dch. Art. 1 Ziff. 4 des Ges. v. 29. 10. 69 B G B l . I, 2049 (240 DM) mit Wirkung ab 1. 1. 70 und dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 (300 DM ab 15. 9. 75). 7 8

70

) So auch RS Rz. 10; Gerold-Schmidt Rz.9. ) Vgl. dazu auch RS Rz. 12ff; Gerold-Schmidt Rz. 10.

I . Anwendung der Vorschrift

i 93

Übersicht: I . Anwendung der Vorschrift Kein Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers gegen die Staatskasse . Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers gegenüb. dem Auftraggeber Geltungsbereich des § 93 Beispiele für die Nichtanwendbarkeit des § 93 Anträge zum Strafregister u. ä.. . . I I . Die Rahmengebühr

Rz. 1 2 3 5 6 7 8

Abgeltungsbereich •— Beschwerde Mehrere Gnadengesuche. . . . Anforderungen an das neue Gesuch Abweichender Antrag in der B e schwerde Vorsprachen bei der Gnadenbehörde Bemessung der Gebühr Vertretung mehrerer Auftraggeber

Rz. 9 9 10 11 12 13 14 15

I. Anwendung der Vorschrift Diese Vorschrift regelt die Gebühren für die Tätigkeit in Gnadensachen. Durch 1 die Fassung „Vertretung in einer Gnadensache" ist klargestellt, daß durch die Gebühr die gesamte Tätigkeit des RA im Gnadenverfahren abgegolten wird, also auch die Einlegung oder Vertretung einer Beschwerde in Gnadensachen (vgl. § 13 Abs. 2). Es wird also unterschieden zwischen der bloßen Anfertigung eines Gnadengesuches, wofür die Gebührenregelung im § 91 Nr. 1 (10—200 DM) zu finden ist, wenn sich der Auftrag nur hierauf erstreckt, und der Vertretung im ganzen Gnadenverfahren, die durch die Gebühren des § 93 (20—300 DM) abgegolten werden soll. Handelt es sich also nur um einen Auftrag für ein Gnadengesuch, dann ist nach der Vorschrift des § 91 Nr. 1 zu liquidieren1), handelt es sich dagegen um die gesamte Vertretimg im ganzen Gnadenverfahren, so kommt § 93 zur Anwendung, und zwar auch dann, wenn der Auftrag sich vorzeitig erledigt. Das Gnadenverfahren gehört nicht mehr zum Rechtszug des vorangegangenen Strafverfahrens 2 ), da Gnadengesuche erst gestellt werden, nachdem das Urteil rechtskräftig geworden ist. Der Verteidiger des Angeklagten kann deshalb stets die Gebühr für die Vertretung im Gnadenverfahren bzw. für ein Gnadengesuch oder für die Vertretung in der ganzen Gnadensache gesondert fordern, selbst wenn ihm die Gebühren für die Verteidigung zustehen. Die Gebühr des § 93 für die Vertretung im Gnadenverfahren erhält der RA auch dann, wenn sich seine vorausgehende Tätigkeit auf einzelne nach § 91 zu honorierende Angelegenheiten beschränkt hatte. Der von Amts wegen bestellte Pflichtverteidiger dagegen hat keinen Gebührenan- 2 spruch gegenüber der Staatskasse für die Vertretung im Gnadenverfahren, weil seine Beiordnung dieses Verfahren nicht mehr umfaßt 3 ). § 93 ist auch nicht in § 97 erwähnt, woraus sich ergibt, daß der Pflichtverteidiger keinen Gebührenanspruch gegenüber der Staatskasse für die Vertretung im Gnadenverfahren hat. Wenn der Pflichtverteidiger aber ein bloßes Gnadengesuch stellt oder auch im ganzen 3 Gnadenverfahren tätig wird, so steht ihm freilich ein Anspruch auf eine Vergütung Vgl. dazu Rz. 14 Vorbem. vor §§ 83ff; Rz. 4, 7 F n . 6 § 91; Göttlich BRAGebO 10 Aufl. S 630. Das gleiche gilt, wenn der R A nur beauftragt wird, bei der Gnadenbehörde vorzusprechen, ohne eine weitere Tätigkeit auszuüben. 2 ) OLG Naumburg J W 38, 2492; Gerold-Schmidt Rz. 7 § 93. ' ) K G J W 32, 2906; Göttlich BRAGebO 10. Aufl. Stichw. „Amtsverteidiger" (6) S 51/52. 71

§93

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsache^

d a f ü r gegenüber dem Beschuldigten zu, weil diese Tätigkeit besonders zu honorieren ist. Allerdings wird der R A den Beschuldigten darauf hinweisen müssen, daß für seine Tätigkeit im Gnadenverfahren besondere Gebühren entstehen, weil dieser sonst glaubt u n d sich auch darauf beruft, d a ß der R A zum Pflichtverteidiger bestellt wurde u n d insoweit ihm ein Anspruch gegen die Staatskasse zusteht. Dem Beschuldigten m u ß klargemacht werden, daß diese Tätigkeit nicht mehr zur Beiordnung gehört. 4

Der Kostenerstattungsanspruch gegen die Staatskasse läßt sich für den Pflichtverteidiger auch nicht dadurch erreichen, daß die Tätigkeit in der Gnadensache, etwa als bloßes Gnadengesuch, nach § 91 Nr. 1 als Einzeltätigkeit behandelt u n d die Vergütung dafür entsprechend dieser Vorschrift gewährt wird 4 ). Daher erhält der zum Verteidiger in der Hauptverhandlung bestellte R A auch für einen Antrag auf bedingte Entlassung des Verurteilten keine Gebühr aus der Staatskasse 5 ).

5

Der Geltungsbereich des § 93 beschränkt sich auf die in den Gnadenordnungen geregelten Gnadenverfahren. E s gehören hierher nur Gesuche, die an eine Regierungsstelle des Bundes oder Landes gerichtet sind (s. § 452 StPO)*). Gnadenbehörden in diesem Sinne sind aber auch die aufgrund Ländergesetzgebung 7 ) verschiedentlich eingerichteten Gnadenstellen bei den Landgerichten, die in bestimmten Fällen Gnade erweisen dürfen. § 93 findet hierauf Anwendung, auch wenn also die Gnadenstelle bei einem Gericht errichtet ist. Ausschlaggebend ist, daß es sich u m ein Gesuch handelt, eine rechtskräftige Strafe auszusetzen, zu erlassen oder zu ermäßigen etc 8 ).

6

Kein Gnadengesuch ist jedoch der Antrag in der Hauptverhandlung auf Bewilligung bedingter Strafaussetzung. Diese Tätigkeit gehört noch zu der Verteidigung in der Hauptverhandlung und wird durch die Gebühr für diese Tätigkeit (§§ 83, 85, 86) abgegolten. Nicht nach § 93 zu vergüten sind ferner die Anträge auf Gewährung der Strafaussetzung oder einer Verwarnung mit Strafvorbehalt (§§ 56, 56e, 59 StGB), Anträge auf Aussetzung des Strafrestes (§§ 57, 58 StGB), ebenso Anträge auf Fristgewährung zur Zahlung einer Geldstrafe (§ 42 StGB, § 459a StPO), Gesuche u m Strafaufschub (§§ 455, 456 StPO) sowie alle sonstigen Anträge im R a h m e n der Strafverfolgung, wie z. B. Vollstreckungsaufschub bei Krankheit (§ 455 StPO) oder Vollstreckungsaufschub bei erheblichen Nachteilen (§ 456 StPO), Anträge auf Aufschub des Berufsverbotes (§ 456 c StPO) usw. I n diesen Fällen handelt es sich nicht u m Gnadensachen i.S. des § 93. Vielmehr wird die Tätigkeit des R A für solche Anträge nach § 91 Nr. 1 vergütet oder, soweit über solche Maßnahmen aufgrund von Anträgen in der Hauptverhandlung im Urteil zu entscheiden ist (vgl. § 260 Abs. 4 Satz 3 StPO), wird die Tätigkeit des R A durch die Verteidigergebühren der §§ 83—86 abgegolten'). Auch Verfahren, die sich auf ein Straffreiheitsgesetz gründen, sind keine Gnadensachen 10 ).

7

Anträge zum Strafregister auf vorzeitige Tilgung einer rechtskräftig festgestellten Strafe oder Anträge auf beschränkte Auskunftserteilung gehören nicht zu § 93. Sie fallen auch nicht u n t e r die Vorschrift des § 91 Nr. 1. Die Entscheidung über solche *) So auch Gerold-Schmidt Rz. 4 § 97. 6 ) BayObLG Rpfleger 62, 111 = NJW 62, 358. «) BayObLG Rpfleger 62, I I I = NJW 62, 358; Lauterbach Anm. 1; Gerold-Schmidt Rz.3. 7 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 3; RS Rz. 1; Lauterbach Anm. 1. ») RS Rz. 1. •) RS Rz. 1. 10 ) Gerold-Schmidt Rz. 3. 72

II. Die Rahmengebühr

§93

Anträge ist kein Gnadenakt, sondern im Verwaltungswege zu erledigen. Daher ist für die Gebührenberechnung § 118 als Angelegenheit der Verwaltung anzuwenden 1 1 ). Der Gegenstandswert richtet sich nach § 8 Abs. 2 Satz 2 (Regelwert 4000 DM) 11 ). Wird bei Ablehnung eines solchen Antrages Entscheidung durch das ordentliche Gericht beantragt (vgl. §§ 23—30 EGGVG), so k o m m t die Vorschrift des § 66a BRAGebO zur Anwendung. Vgl. die Erläuterungen bei § 66 a.

II. Die Rahmengebühr F ü r die Vertretung in einer Gnadensache erhält der R A eine Gebühr von 20—300 DM. 8 Die Gebühr entsteht bereits mit der Entgegennahme des Auftrages u n d es genügt die Aufnahme der Information. Wie die Begr. (1. Aufl. S 979) dazu ausführt, ist durch diese Fassung klargestellt, 9 daß durch die Gebühr die gesamte Tätigkeit des R A im Gnadenverfahren abgegolten wird, also auch die Einlegung oder Vertretung einer Beschwerde. Wenn die Begr. (a.a.O.) weiter dazu auf § 13 Abs. 2 verweist, so wird damit aber nur klargestellt, daß zwar mit dieser Gebühr die gesamte Tätigkeit im Gnadenverfahren einschließlich einer Beschwerde abgegolten wird. Die damit verbundene Mehrarbeit k a n n nur innerhalb des Gebührenrahmens berücksichtigt werden. Das k a n n aber nicht bedeuten, daß, wenn mehrere Gnadengesuche eingereicht wer- 10 den u n d damit mehrere Gnadenverfahren stattfinden, die Gebühr nur einmal entsteht; denn die Instanz im Gnadenverfahren endet mit der Entscheidung der Gnadenbehörde. Es gilt hier nichts anderes als sonst in jedem gerichtlichen Verfahren, wonach der R A die Gebühren in jedem Rechtszug fordern kann. Reicht der R A nach endgültiger Ablehnung eines Gnadengesuches später erneut ein derartiges Gesuch bei der Gnaden behörde ein, so erhält er dafür wiederum die Gebühr des § 93 besonders 12 ). E s ist nicht erforderlich, daß das neue Gnadengesuch eine völlig neue Begründung 11 bringt. Hierfür dürfen keine strengen Anforderungen gestellt werden. Als ausreichend ist daher anzusehen, wenn geltend gemacht wird, daß der Verurteilte inzwischen einen weiteren Teil der Strafe verbüßt hat 1 3 ). Ein neuer Auftrag u n d damit eine neue Gebühreninstanz k a n n auch vorliegen, 12 wenn der R A nach der Ablehnung des Gnadengesuches Beschwerde einlegt, u m bei der höheren Gnadeninstanz einen von seinem ursprünglichen Antrag wesentlich anderen, abweichenden Gnadenerweis zu erreichen, z. B. s t a t t Straferlaß nur noch Strafaufschub zu verfügen 1 4 ). Oft wird die Vertretung in der Gnadensache nicht nur gesuches erfordern, vielfach werden auch Vorsprachen Besuche bei dem Auftraggeber in der Vollzugsanstalt Gebühr wird die gesamte Tätigkeit des R A abgegolten, 11

) ) ") ")

12

die Einreichimg des Gnaden- 13 bei der Gnadenbehörde oder erforderlich sein. Durch die also auch die Befragung von

Vgl. dazu auch § 91 Rz. 4; RS Rz. 1; Gerold-Schmidt Rz. 4 je zu § 93. Vgl. dazu Gerold-Schmidt Rz. 1; RS Rz. 3; Swolana Anm. 1; Lauterbach Anm. 2. RS Rz. 3. RS Rz. 3; Gerold-Schmidt Rz. 5. 73

§ 94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Auskunftspersonen, ferner alle sonstigen Beratungs- u n d Nebentätigkeiten, wie Schriftverkehr etc. 1 5 ). 14

Wegen Bemessung der Höhe der Gebühr s. § 12 R z . 26ff. u n d die E r l ä u t e r u n g e n Vorbem. R z . 9 vor §§ 83ff sowie R z . 16, 17 zu § 83.

15

Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber e n t s t e h t die Gebühr des § 93 f ü r jeden Auftraggeber besonders1"). Wegen Gebühren f ü r Einzeltätigkeiten vgl. oben R z . 1, 6.

§ 94. Privatklage (1) Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers gelten die Vorschriften der § § 8 3 bis 93 sinngemäß. (2) Durch die Widerklage erhöhen sich die Gebühren des Rechtsanwalts als Beistand oder Vertreter des Privatklägers und des Widerbeklagten sowie des Verteidigers des Angeklagten auch dann nicht, wenn der Privatkläger nicht der Verletzte ist. (3) Für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs erhält der Rechtsanwalt des Privatklägers und des Beschuldigten eine weitere Gebühr in Höhe von 10 Deutsche Mark bis 150 Deutsche Mark. Die Vorschrift des § 23 bleibt unberührt. (4) Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf die Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage, so erhält er eine Gebühr von 25 Deutsche Mark bis 375 Deutsche Mark. Wird dem Rechtsanwalt die Vertretung des Privatklägers übertragen, so wird die im Satz 1 bestimmte Gebühr auf die Gebühren angerechnet, die ihm als Vertreter des Privatklägers zustehen. (5) Für die Tätigkeit des Beistands oder Vertreters in einem Sühneversuch nach § 380 der Strafprozeßordnung erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr von 10 Deutsche Mark bis 150 Deutsche Mark und für die Mitwirkung bei einer Einigung der Beteiligten eine weitere Gebühr von 10 Deutsche Mark bis 150 Deutsche Mark. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift. . . . II. Die Anwendung der §§ 83 bis 93 (zu Abs. 1) Mehrtägige Hauptverhandlung. . Berufungsverfahren Neuer Verfahrensbeginn . . . . Anwendung f ü r Pflichtverteidiger Vorbereitendes Verfahren oder außerhalb der Hauptverhandlung Antrag auf Sühnetermin . . . .

Rz. 1 2 4 5 6 7 8 9

Pauschcharakter der Gebühren Einzeltätigkeiten Beschwerdeverfahren nach Ein Stellung des Verfahrens . . . . Vorausgehender Sühneversuch. Vergleich über Vermögensrecht liehe Ansprüche Einziehung und verwandte Maßn Auswärtige Zeugenvernehmung Verbindung mehrerer Verfahren

15 ) Lauterbach Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 5. Daß auch diese Gebührenregelung ungenügend ist, wird jeder Verteidiger wissen, der häufig mit Gnadensachen zu tun hat. Arbeitsreiche Angelegenheiten, und das sind Gnadenverfahren meist, können nur mit angemessener Honorarvereinbarung übernommen werden. l8 ) Ebenso RS Rz. 4, die noch mit Recht darauf hinweisen, daß die Gnade individuell bewilligt wird; a.M. Gerold-Schmidt Rz. 6 (nur Erhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2).

74

II. Die Anwendung der §§ 83 bis 93 (zu Abs. 1) Rz. III. Die Bemessung der Rahmengebühren 18 Mittelgebühr 19 Beispiele 20 IV. Die Vergleichsgebühr (zu Abs. 3) 21 Privatklagevergleich 22-32 Vergleichsgebühr-nach § 23. . . 25 — Zusatzgebühren nach § 32 oder 27 § 118 Vergleich über mehrere Privatklageverfahren 32 V. Die Widerklage (zu Abs. 2). . . 33 VI. Anfertigung der Privatklage (zu Abs. 4) 36 VII. Gebühren für Tätigkeit beim Sühneversuch (zu Abs. 5) . . . . 37 VIII. Anrechnung von Gebühren (zu Abs. 4) 38 IX. Einzeltätigkeiten 39

X. Vertretung mehrerer AuftraggeMehrere Personen auf der Gegenseite Prozessuale Doppelstellung . . . Widerklage gegen den Verletzten (nicht Privatkl.) XI. Die Kostenerstattung und Kostenfestsetzung Verzinsung der Kosten Verteilung der Kosten Keine Aufrechnung gegenüber dem Erstattungsanspruch Kosten in eigener Sache des RA . Zweckmäßige Kostenregelung im Vergleich XII. Übergang vom Privatklage- in das Offizialverfahren

§94 Rz. 40 41 42 43 45 46 47 48 49 50 51

I. Bedeutung der Vorschrift F ü r die Gebühren bei der V e r t r e t u n g eines Privatklägers waren schon v o n jeher 1 besondere Vorschriften vorgesehen, weil die allgemeinen B e s t i m m u n g e n über die Geb ü h r e n in Strafsachen solche n u r f ü r die „Verteidigung" vorsehen. Der Privatkläger wird aber nicht „ v e r t e i d i g t " . Die allgemeinen Gebührenvorschriften der§§ 83ff finden dagegen f ü r die Verteidigung des Privatbeklagten A n w e n d u n g ; denn dieser ist Beschuldigter u n d er m u ß „ v e r t e i d i g t " werden. Die Vorschrift des § 94 regelt n u n die Gebühren f ü r die Tätigkeit als Beistand (§§ 378, 397 StPO) oder als Vertreter eines Privatklägers. Die Gebühren f ü r die V e r t r e t u n g eines Nebenklägers oder eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten sind in der besonderen Vorschrift des § 95 geregelt. Wegen der Gebühren des Pflichtverteidigers bei der V e r t r e t u n g des Privatklägers, des Nebenklägers oder des Antragstellers i m Klageerzwingungsverfahren vgl. § 102. D e r Abs. 5 b e s t i m m t die Gebühren f ü r die Beistandsleistung einem Beteiligten gegenüber, der a u c h der Beschuldigte sein k a n n , u n d dessen V e r t r e t u n g in einem Sühneversuch n a c h § 380 S t P O . Auch die E n t s t e h u n g einer Vergleichsgebühr ist n a c h Abs. 3 möglich.

II. Die Anwendung der § § 8 3 bis 93 (zu Abs. 1) Der Abs. 1 b e s t i m m t , d a ß f ü r die Tätigkeit des R A als Beistand oder Vertreter eines 2 Privatklägers die Vorschriften der §§ 83—93 entsprechend gelten. D a n a c h § 378 S t P O der R A in der H a u p t v e r h a n d l u n g n e b e n d e m Privatkläger oder in seiner V e r t r e t u n g a u f t r e t e n k a n n , ist in Abs. 1 ausdrücklich b e s t i m m t worden, d a ß diese Gebührenregelung a u c h d a n n gilt, w e n n der R A lediglich als Beistand a u f t r i t t . D e r Abs. 1 stellt somit klar, d a ß die Gebührenregelung f ü r den Wahlverteidiger auch 3 f ü r die V e r t r e t u n g des Privatklägers gilt. D a Privatklagesachen zur Zuständigkeit des Amtsgerichts gehören, finden f ü r die Gebührenberechnung des ersten Rechtszuges die Vorschriften des § 84, § 83 Abs. 1 75

§94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Z i f f . 3 A n w e n d u n g . D a n a c h erhält der R A f ü r die V e r t r e t u n g eines P r i v a t k l ä g e r s im ersten R e c h t s z u g vor d e m AG: 1. im vorbereitenden Verfahren oder im gerichtlich anhängigen Verfahren a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g 30—380 DM (§ 84 Abs. 1 N r . 3); 2. f ü r die V e r t r e t u n g in der H a u p t v e r h a n d l u n g 60—760 D M (§ 83 Abs. 1 N r . 3). 4

W e n n sich die Hauptverhandlung über einen Kalendertag hinaus erstreckt, so findet § 83 Abs. 2 A n w e n d u n g , der eine Erhöhung f ü r jeden weiteren K a l e n d e r t a g in H ö h e v o n 60—380 DM vorsieht.

5

I m Berufungsverfahren k o m m t die Vorschrift des § 85 Abs. 1 Ziff. 2 zur A n w e n d u n g . Die G e b ü h r b e t r ä g t im B e r u f u n g s v e r f a h r e n aber auch nicht m e h r als 60—760 DM. W e n n sich im B e r u f u n g s v e r f a h r e n die H a u p t v e r h a n d l u n g ü b e r einen K a l e n d e r t a g hinaus erstreckt, so erhält der R A die Gebühren des § 85 Abs. 2 f ü r jeden weiteren K a l e n d e r t a g wie in erster I n s t a n z in H ö h e von 60—380 DM.

6 W i r d jedoch mit dem Verfahren von neuem begonnen, so gelten f ü r den ersten T a g der n e u e n H a u p t v e r h a n d l u n g die Vorschriften des § 83 Abs. 1 u n d § 85 Abs. 1. Vgl. wegen Einzelheiten R z . 9 zu § 83 u n d R z . 20 zu § 85. 7

Die Gebührenregelung des § 94 gilt a u c h f ü r den gerichtlich bestellten oder beigeordneten Pflichtverteidiger, d a die Vorschrift des § 102 keinerlei E i n s c h r ä n k u n g e n enth ä l t . Der Pflichtverteidiger erhält aber n u r d a s Vierfache der Mindestsätze 1 ).

8

W e n n der R A n u r im vorbereitenden Verfahren oder n u r außerhalb der Hauptverhandlung t ä t i g wird, so erhält er g e m ä ß § 84 Abs. 1 Gebühren v o n 30—380 DM. Zu der Gebühr des § 84 Abs. 1 k a n n gegebenenfalls a u c h die Vergleichsgebühr n a c h Abs. 3 entstehen, ebenso, wenn in der H a u p t v e r h a n d l u n g ein solcher Vergleich abgeschlossen wird.

9

Scheitert der Versuch einer gütlichen Einigung u n d stellt der R A d e n Antrag auf A b h a l t u n g eines Sühnetermins, so e n t s t e h t die Gebühr a u s § 94 Abs. 5 f ü r die Vert r e t u n g im Sühneverfahren gesondert, w e n n der R A dabei eine P a r t e i v e r t r i t t . Diese G e b ü h r ist n i c h t auf die Gebühren der §§ 83, 84 anzurechnen. Vgl. a u c h u n t e n R z . 37 u n d 38. W e n n der S ü h n e t e r m i n n i c h t w a h r g e n o m m e n wird, so wirkt sich dies gebührenermäßigend aus, also in der Regel Mittelwert (80 D M ) : 2 = 40 DM 2 ). Vgl. a u c h R z . 37.

10

Sämtliche Gebühren sind Pauschgebühren i.S. des § 87. D u r c h die Gebühren der §§ 83 ff werden somit alle Tätigkeiten des R A v e r g ü t e t von der A u f n a h m e der Inform a t i o n bis zur Beendigung des jeweiligen Rechtszuges. Zur Vorbereitung des Verfahrens gehört es auch, wenn der R A vor Klageerhebung den Gegner auffordert, die Beleidigung z u r ü c k z u n e h m e n , oder wenn der angebliche Beleidiger n u n einen R A b e a u f t r a g t , d a ß dieser die B e h a u p t u n g e n zurückweist. Auch x ) Der Regierungsentwurf zum KostÄndG (1957) hatte zu dieser Vorschrift noch einen Abs. 2 vorgesehen, der die Erhöhung der Gebühren ausschließen sollte, wenn die Hauptverhandlung mehrere Tage dauerte. Dieser Abs. ist vom Bundestag gestrichen worden (vgl. dazu § 102 Rz. 1 ff). 2 ) LG Mainz NJW 63, 1025; a.M. aber falsch: LG Frankfurt MDR 71, 949: Nur der RA, der an einem dem Privatklageverfahren vorausgehenden Sühnetermin teilnimmt, kann die Gebühr des § 94 Abs. 5 verlangen.

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I I . Die A n w e n d u n g d e r §§ 83 bis 93 (zu Abs. 1)

§»4

hier ist die Gebühr im R a h m e n von 30—380 DM zu bestimmen. Ob m a n aber bereits den Mittelwert von 205 DM oder mehr oder weniger annehmen kann, wird auf die Umstände des einzelnen Falles ankommen. Die Gebühr für die Tätigkeit im vorbereitenden Verfahren oder im gerichtlich anhängigen Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung entgilt ferner die Sammlung des Beweismaterials. Darüber hinaus werden aber auch die Bemühungen des R A abgegolten im R a h m e n von Ermittlungen, die sonst von der Polizei oder der Staatsanwaltschaft erfolgen, wie überhaupt die gesamte Vorbereitungsarbeit für die Privatklage mit dieser Gebühr vergütet wird. Darunter fällt auch die Stellung des Strafantrages sowie der Versuch einer außergerichtlichen Einigimg, desgleichen der Antrag auf Bewilligung des Armenrechts. Wenn aber der R A nur ausschließlich mit Einzeltätigkeiten beauftragt wird, so er- 11 folgt die Gebührenberechnung hierfür nach § 91. Vgl. wegen Einzelheiten dort Rz. 17 u. Rz. 25 vor § 83. Ob auch das Beschwerdeverfahren nach der Einstellung des Privatklageverfahrens 12 nach § 383 Abs. 2 S t P O von der Instanzgebühr mit u m f a ß t wird, ist streitig 3 ). Es mag jedoch nochmals darauf hingewiesen werden, daß das Beschwerdeverfahren in Strafsachen nicht als besonderer Rechtszug gilt und somit keine besondere Gebühr entstehen läßt 4 ). H a t aber ein solches Beschwerdeverfahren stattgefunden, so kann dies wegen Bemessung der H ö h e der Rahmengebühr von Einfluß sein und eine Erhöhung der Gebühr rechtfertigen 5 ). Das gleiche gilt auch in Privatklageverfahren, wenn z. B. gegen den Einstellungsbeschluß sofortige Beschwerde erhoben wird, ferner wenn der Wiederaufnahmeantrag als unbegründet verworfen u n d dagegen Beschwerde eingelegt wird 8 ). 3 ) Vgl. d a z u A G N e u b u r g / D o n a u A n w B l . 64, 186, d a s m i t Einstellung des Privatklageverf a h r e n s n a c h § 383 Abs. 2 S t P O die Beendigung des Rechtszuges a n n i m m t u n d daher f ü r das nachfolgende Beschwerdeverfahren neben d e r Verteidigergebühr f ü r die 1. I n s t a n z eine Geb ü h r n a c h § 91 Abs. 2 besonders zubilligt. Ähnlieh AG Bielefeld A n w B l . 65, 95. Vgl. wegen Einzelh. d a z u auch R z . 6ff. zu § 87. 4 ) Vgl. a u c h Schmidt B ü r o 62, 365; L G K a r l s r u h e N J W 67, 2421. 6 ) Desgl. Oswald (mit Tschischgale u n d Riedel) M D R 61, 901; M ü m m l e r JVB1. 61, 225 u n d B ü r o 69, 484. «) Vgl. auch L G Krefeld J M B 1 N R W 65, 224; LG S a a r b r ü c k e n N J W 66, 1137; L G L i m b u r g m i t zust. A n m . von Gerold; L G Bielefeld m i t zust. A n m . von D a h s ; Gerold B ü r o 57, 245; 60, 198; L G München I Beschl. v. 18. 11. 58— 10 K M s 16/50; Gerold-Schmidt Rz. 3ff zu § 87; L a u t e r b a c h A n m . 2 B § 84, A n m . 1 § 87; R S R z . 9 § 84. D a s L G Seiarbrücken AnwBl. 73, 51 billigt dem R A f ü r ein Beschwerdeverfahren n a c h § 464 Abs. 3 S t P O eine eigene H o n o r i e r u n g zu. Aus der Vorschrift des § 87 Satz 2 könne nicht der Schluß gezogen werden, d a ß das Beschwerdeverfahren gebührenrechtlich noch zu der Vorinstanz zu rechnen sei; d a s Gegenteil sei d e r Fall, d e n n § 87 Satz 2 stelle lediglich klar, d a ß die Einlegung eines R e c h t s m i t t e l s noch zu der Vorinstanz gehöre. W e n n der R A im Beschwerdeverfahren eine Tätigkeit a u s ü b t , so müsse a u f g r u n d der B e s t i m m u n g des § 2 eine eigene G e b ü h r f ü r dieses V e r f a h r e n zugebilligt werden. Allerdings k ö n n t e n weder § 94 noch § 91 N r . 1 A n w e n d u n g finden. D a s L G S a a r b r ü c k e n h ä l t die analoge A n w e n d u n g des § 96 Abs. 1 N r . 1, Abs. 2, § 61 Abs. 1 N r . 1, § 31 N r . 1 f ü r gegeben. D a s Gericht k o m m t dabei, ausgehend v o n der Mittelgebühr f ü r eine T ä t i g k e i t im Verfahren a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g , zu d e m Ergebnis, d a ß der R A aus der Mittelgebühr 3 / 1 0 (analog § 61 Abs. 1 N r . 1, j e t z t 5/10) e r h ä l t . Dieser Ansicht vermögen wir u n s n i c h t anzuschließen. Die Vorschriften der §§61 u n d 31 gehören z u m 3. A b s c h n i t t u n d k ö n n e n hier nicht zur A n w e n d u n g k o m m e n . „ A n l e i h e n " bei a n d e r e n A b s c h n i t t e n der B R A G e b O , wie sie a u c h sonst gelegentlich festzustellen sind, müssen ausscheiden. Ebensowenig k a n n f ü r ein derartiges Beschwerdeverfahren § 96 Abs. 1 N r . 1 herangezogen werden, der n u r die Beschwerde in der K o s t e n f e s t s e t z u n g ähnlich § 61 Abs. 1 N r . 1 b e t r i f f t .

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§94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

13

Wenn der Erhebung der Privatklage zunächst die Durchführung eines Sühne Versuches nach § 380 StPO vorausgehen muß, dann ist der erteilte Auftrag dahin auszulegen, daß vorerst der Sühneversuch vorgenommen und die Privatklage nur für den Fall des Scheiterns des Sühneversuches erhoben werden soll. Daher kann der RA für eine vorzeitige Anfertigung der Privatklage f ü r den Sühneversuch keine Gebühr fordern, wenn es nicht mehr zur Erhebung der Privatklage kommt, sei es, weil sich die Beteiligten einigen oder weil sich der dem RA erteilte Auftrag aus anderen Gründen erledigt 7 ). Anders aber, wenn für die Stellung eines Strafantrages Fristablauf drohte; dann entsteht hierfür die Gebühr nach § 91 Nr. I 8 ).

14

Wenn in einem Privatklageverfahren ein Vergleich geschlossen wird, in dem auch vermögensrechtliche Ansprüche geregelt werden, so fallen dafür zusätzliche Gebühren nach §§ 118, 23 an 9 ).

15

Entsprechend sind auch die übrigen Vorschriften der §§ 83—93 anzuwenden, wegen der Einziehung und verwandter Maßnahmen § 88, wegen des Wiederaufnahmeverfahrens § 90. Wegen Einzeltätigkeiten kann auf § 91 verwiesen werden.

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Da die Vorschriften der §§ 83—93 entsprechend anzuwenden sind, so-findet auch § 91 Ziff. 2 für den Fall der Mitwirkung bei einer auswärtigen Zeugenvernehmung Anwendung.

17

Nicht selten kommt es vor, daß mehrere Strafverfahren oder mehrere Privatklageverfahren miteinander verbunden werden. Nach der Verbindung mehrerer gegen denselben Beschuldigten schwebender Verfahren entsteht zwar nur eine Gebühr, jedoch wird die bereits vor der Verbindung in den einzelnen Angelegenheiten verdiente Gebühr durch die Verbindung nicht hinfällig 10 ). Es sind daher zunächst die bis zur Verbindung der Verfahren angefallenen Gebühren zu ermitteln, d. h. daß für jede der Sachen die angefallenen Gebühren festzustellen sind. H a t in allen Sachen noch keine Hauptverhandlung stattgefunden, so sind die Gebühren nach § 84 (außerhalb der Hauptverhandlung) zu ermitteln. Erfolgt die Verbindung im ersten Hauptverhandlungstermin, so kommt zu den Gebühren des § 84 für die Verteidiglang in der Hauptverhandlung die Gebühr des § 83 hinzu, die dann allerdings höher sein wird, als bei Vertretung nur einer Sache in der Hauptverhandlung, weil bei verbundenen Sachen die von dem RA auszuübende Tätigkeit umfangreicher ist.

III. Die Bemessung der Rahmengebühren 18

Für die Bemessung der Rahmengebühren nach den §§ 83—85 ist die Vorschrift des § 12 anzuwenden, die allgemein diese Frage regelt. Wegen Einzelh. dazu kann auf die Erl. zu § 12 Rz. 13ff sowie auf die Erl. zu § 83 Rz. 16ff, 32 verwiesen werden. Obwohl auch für Privatklagesachen die Vorschriften der §§ 83—85 anzuwenden sind u n d somit die gleichen Grundsätze zu gelten haben wie in sonstigen Strafsachen, wird die Bemessung der Rahmengebühren in Privatklagesachen von der Rechtsprechung besonders uneinheitlich gehandhabt. Die Gerichte haben das Bestreben, dem RA ') Vgl. auch Schmidt Büro 62, 73; Gerold-Schmidt Rz. 3; RS Rz. 21. 8 ) So auch RS Rz. 21; H. Schmidt Büro 62, 74. ') Vgl. dazu auch H. Schmidt Büro 61, 532; RS Rz. 19. A.M.: Nur Vergleichsgebühr: AG Castrop-Rauxel Büro 62, 98 mit abl. Anm. von H. Schmidt. 10 ) So auch Willenbücher 16. Aufl. Anm. 3 § 83 S 622. 78

I I I . Die Bemessung der Rahmengebühren

§84

nur mäßige Gebühren zuzubilligen. Sie handeln dabei gegen die Interessen des Staates, weil durch Verbilligung der Gebühren der Anreiz zur Führung von Privatklagesachen sich vergrößert und damit auch der Arbeitsanfall der Gerichte, was wiederum dem Staat Geld kostet. Sie handeln aber auch ferner gegen die Interessen der Anwaltschaft, weil diese gezwungen wird, ihre Dienste gegen eine Vergütung zu leisten, die nicht annähernd eine angemessene Bezahlung darstellt. Wie unterschiedlich die Rechtsprechung die Gebühren festsetzt, ist schon aus der in unserer 1. Aufl. S 986/987 enthaltenen Zusammenstellung ersichtlich (vgl. auch § 12 Rz. 16ff.). Auch bei der Ermittlung dieser Gebühren ist jedoch grundsätzlich von der Mittel- 19 gebühr aviszugehen11). Das wird nun auch mehr und mehr von der Rechtsprechung anerkannt. Beispiele: Das LG Coburg ist der Auffassung, daß die Bemessung der Gebühr einzig und allein 20 Sache des RA ist. Eine Nachprüfung hat lediglich in der Richtung zu erfolgen, ob er von dem ihm durch § 12 zustehenden Ermessen einen offensichtlich unangemessenen Gebrauch gemacht hat 12 ). Dies ist nunmehr auch gesetzlich geregelt13). Das LG Zweibrücken14) hat ausgesprochen, daß eine Bindung der Gebührenhöhe 2. Instanz an die der 1. Instanz nicht eintritt. Das OLG Nürnberg-Fürth 15 ) sagt zutreffend, daß in Privatklagesachen mittleren Umfangs, mittlerer Bedeutung und Schwierigkeit sowie mittlerer Einkommensverhältnisse des Zahlungspflichtigen als Verteidigergebühr der Mittelwert der Rahmengebühr ( = der Hälfte zwischen der Mindest- und der Höchstgebühr) angemessen ist. Diese Aufassung trifft den Kern der Sache. OLG Koblenz 19 ), LG Kassel 17 ), LG Heilbronn18), LG Mannheim") sagen, daß bei nicht besonders schwierigen Strafsachen und durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen des Zahlungspflichtigen als Gebühr die mittlere Rahmengebühr festzusetzen ist. AG Rheydt 20 ): DM 100 für die bloße Fertigung einer Privatklage wegen Beleidigung und übler Nachrede bei ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen des Auftraggebers. Dazu ist folgendes zu sagen: Die Anwendung der Mindestsätze, wie sie von der Rechtsprechung für Privatklagesachen früher oft praktiziert wurde, muß völlig ausscheiden. Die Gerichte sollten vielmehr auch hier immer mehr dazu übergehen, in solchen Fällen, insbesondere für die Normalfälle, den Mittelwert von 410 DM anzunehmen21). n ) Vgl. auch Rz. 32 zu § 12. So auch Gerold-Schmidt Rz. 10 zu § 12; Rz. 17 zu § 94 u. Büro 62, 177 ff. 12 ) Beschl. v. 24. 10. 49 Qs 159/49. S. aber OLG Oldenburg NdsRpfl. 63, 210. 13 ) Einfügung von Satz 2 in § 12 Abs. 2 dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Danach ist die von dem R A getroffene Bestimmimg der Gebühr, wenn diese von einem Dritten zu ersetzen ist, nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. " ) Büro 52, 443. 15 ) AnwBl. 57, 41 s. auch Gerold-Schmidt Rz. 17; H. Schmidt Büro 62, 177ff. " ) AnwBl. 57, 42. " ) AnwBl. 57, 42. , 8 ) AnwBl. 57, 43. 19 ) AnwBl. 57, 43. 20 ) Büro 68, 708. 21 ) So auch die amtliche Begr. zu § 83, vgl. 1. Aufl. S 934.

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§94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Als Normalfälle gelten solche Fälle, die keine rechtlichen Schwierigkeiten m i t sich bringen u n d bei denen die A u f t r a g g e b e r in durchschnittlichen Vermögensverhältnissen leben. M a n m u ß a u c h berücksichtigen, d a ß die Kanzleikosten des R A ganz erheblich gestiegen sind. D e r Unkostensatz b e t r u g f r ü h e r 33 1 / a % der B r u t t o e i n n a h m e n . E r liegt h e u t e meist bei 5 0 % , in vielen Fällen sogar bei 6 6 % , m i t u n t e r bei 75 % 2 2 ). E s m a g dazu a u c h nochmals auf die A u s f ü h r u n g e n zu § 12 R z . 16 ff, 19 ff verwiesen werden, insbesondere auf F u ß n . 36 ff.

IV. Die Vergleichsgebühr (zu Abs. 3) 21

F ü r die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs erhält der R A des P r i v a t k l ä g e r s oder des Beschuldigten eine zusätzliche G e b ü h r in H ö h e v o n 10—150 DM 23 ).

22 1. F ü r die Mitwirkung in einer zur gütlichen Erledigung b e s t i m m t e n V e r h a n d l u n g i m P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n erhält der R A , w e n n keine Einig\ing z u s t a n d e k o m m t , keine besonderen G e b ü h r e n . Diese Tätigkeit wird vielmehr d u r c h die R a h m e n g e b ü h r des § 83 abgegolten, wobei natürlich die Mehrtätigkeit innerhalb dieses Geb ü h r e n r a h m e n s berücksichtigt werden m u ß . 23

Lediglich w e n n der R A b e i m Abschluß eines Vergleiches mitwirkt (vgl. d a z u § 23 R z . 79ff) soll er die zusätzliche G e b ü h r v o n 10—150 DM erhalten. W e g e n Bemessung dieser R a h m e n g e b ü h r vgl. § 12 R z . 13ff u n d die E r l ä u t e r u n g e n zu § 83 R z . 16ff sowie oben R z . 18ff.

24

Auch f ü r die Mitwirkung bei einer Einigung der Beteiligten a u s Anlaß eines Sühneversuches n a c h § 380 S t P O erhält der R A eine besondere Gebühr (vgl. dazu u n t e n R z . 37).

25

W e n n der Abs. 3 letzter Satz noch s a g t : „Die Vorschrift des § 23 bleibt unber ü h r t " , so h a t d a s folgende B e d e u t u n g : Die Vorschrift des § 23 b e h a n d e l t die Vergleichsgebühr ganz allgemein, D a s besagt nicht, d a ß ein Privatklagevergleich die Voraussetzungen des § 23 erfüllen m u ß . I n Strafsachen (Privatklagesachen) ist a u c h die G e l t e n d m a c h u n g vermögensrechtlicher Ansprüche möglich (§§ 403ff S t P O ) . Die besondere Gebührenregelung d a f ü r e n t h ä l t die Vorschrift des § 89. Ü b e r solche A n s p r ü c h e k a n n a u c h u n t e r Mitwirkung des R A ein Vergleich geschlossen werden, w o f ü r diesem die Vergleichsgebühr n a c h der allgemeinen Vorschrift des § 23 zusteht (vgl. § 89 R z . 10). Ohne E i n f ü g u n g des obigen Satzes in Abs. 3 k ö n n t e gefolgert werden, d a ß , w e n n in der Privatklagesache auch ü b e r die vermögensrechtlichen A n s p r ü c h e ein Vergleich abgeschlossen wird, d e m R A n u r die Vergleichsgebühr des § 94 Abs. 3 zustehen soll. D a s stellt Satz 2 dahin klar, d a ß neben dieser Rahmengebühr v o n 10—150 DM auch die Vergleichsgebühr nach § 23 f ü r die Mitwirkung bei einem Vergleich über die vermögensrechtlichen Ansprüche entstehen k a n n . Auch 22 ) Siehe auch dazu bereits NJW 51, 736 AnwBl. 62, 206ff; 66, 58ff; 69, 388ff; 73, 339ff; 74, 94. Lohnniveau u. Lebenshaltungskosten sind zugunsten des RA zu berücksichtigen LG Marburg AnwBl. 57, 83. 23 ) Zur geschichtlichen Entwicklung hinsichtlich der Vergleichsgebühr in derartigen Angelegenheiten kann auf unsere 1. Aufl. S 988/989 verwiesen werden. Der Referentenvorentwurf sah übrigens eine Rahmengebühr von 15—150 DM vor. Dies war auch richtiger, wenn man die große Mühewaltung des RA beim Abschluß eines Vergleiches in solchen Sachen berücksichtigt und das Bestreben der Rspr., dem RA in diesen Angelegenheiten nicht zu viel Gebühren zuzubilligen.

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IV. Die Vergleichsgebühr (zu Abs. 3)

§•4

die a m t l . Begr. (vgl. 1. Aufl. S 983) e r w ä h n t ausdrücklich, d a ß d u r c h die R a h m e n gebühr die Tätigkeit des R A , die sich auf die vermögensrechtliche Seite des Vergleichs bezieht, n i c h t abgegolten wird u n d d a ß i h m hierfür zusätzlich die im § 23 f ü r die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs n a c h § 779 B G B vorgesehene Gebühr zustehen soll 24 ). Die Vergleichsgebühr nach § 23 e n t s t e h t aber nicht schon d a n n , wenn sich der 26 Beschuldigte in d e m Vergleich ü b e r die P r i v a t k l a g e zur Zahlung einer Buße, e t w a a n die R e c h t s a n w a l t s k a m m e r , verpflichtet. Diese Vergleichsgebühr erfordert eine Regelung von Ansprüchen, die über den Gegenstand der P r i v a t k l a g e hinausgehen u n d vermögensrechtliche Ansprüche der Beteiligten im Wege gegenseitigen Nachgebens regeln (§ 779 BGB). H a n d e l t es sich bei d e m Vergleich u m die Ü b e r n a h m e der Verpflichtung z u m Widerruf v o n kreditschädigenden B e h a u p t u n g e n (§ 824 BGB), so reicht dies f ü r die E n t s t e h u n g der Vergleichsgebühr des § 23 aus 2 5 ). Neben einer Vergleichsgebühr n a c h § 23 erhält der R A noch zusätzlich minde- 27 stens eine halbe Prozeßgebühr n a c h § 32 oder eine oder mehrere Gebühern nach § 118. Die Vergleichsgebühr ist eine sog. D a c h g e b ü h r u n d k a n n niemals allein entstehen (vgl. d a z u R z . 5 zu § 23). 2. § 94 Abs. 3 regelt die G e b ü h r f ü r die Mitwirkung a n einem Vergleich über die 28 Privatklage. Diese zusätzliche Gebühr des Abs. 3 w u r d e geschaffen, u m die gütliche Erledigung von Privatklagesachen möglichst zu f ö r d e r n (vgl. Begr. 1. Aufl. S 983 Abs. 4). Der R A m u ß a n d e m Vergleich mitwirken, d. h. eine f ü r das Zustandek o m m e n des Vergleichs m i t ursächliche Tätigkeit ausüben. Wegen Begriff der Mitwirkung s. die Erl. bei § 23 R z . 79ff. D u r c h den Vergleich m u ß sich die P r i v a t k l a g e insgesamt erledigen u n d den P a r t e i e n die Möglichkeit geben, den S t r a f a n s p r u c h im Wege der Klage durchzusetzen oder den Anspruch fallen zu lassen oder d u r c h die R ü c k n a h m e der Klage einen anhängigen Strafprozeß z u m Abschluß zu bringen 2 *). Aber a u c h bereits vor der E r h e b u n g der P r i v a t k l a g e k a n n ein Vergleich i.S. des Abs. 3 abgeschlossen werden, u m ein Privatklageverfahren zu vermeiden 2 7 ). Der Privatklagevergleich setzt nicht das Vorliegen gegenseitigen Nachgebens voraus 2 8 ). Die Verweisimg auf § 23 in § 94 Abs. 3 betrifft n u r den Fall, d a ß andere, z. B. vermögensrechtliche Ansprüche mitverglichen werden. F ü r letztere m u ß der Vergleich dieVoraussetzungen des § 779 B G B erfüllen (vgl. dazu R z . 26). A u c h f ü r den Privatklagevergleich reicht aber nicht die bloße Z u s t i m m u n g zur Z u r ü c k n a h m e der P r i v a t k l a g e g e m ä ß § 391 Abs. 1 Satz 2 S t P O aus, jedoch genügt f ü r das Vorliegen eines Vergleiches i.S. des Abs. 3, d a ß der Vergleich über die K l a g e oder die Widerklage geschlossen wird. Vgl. a u c h R z . 37. Voraussetzung ist immer, d a ß der P r i v a t klagevergleich ein P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n verhindert oder ein anhängiges P r i v a t klageverfahren beendigt. E i n Vergleich k a n n a u c h vorliegen, obwohl es f ü r den Abschluß des Verfahrens dessen Einstellung bedarf. u ) Keine Anfechtung des Vergleichs nach § 119 BGB möglich: LG Frankfurt NJW 59, 1454; a.M. Kubisch NJW 59, 1935. 25 ) So auch RS Rz. 19; Lauterbach Anm. 4 B; H. Schmidt Büro 62, 98; Gerold-Schmidt Rz. 15. »•) RS Rz. 13. ") Gerold-Schmidt Rz. 8. 28 ) So auch RS Rz. 14ff. A.M. Gerold-Schmidt Rz. 8.

81

§94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

29

Die Vergleichsgebühr ist neben der Gebühr des § 83 Ziff. 3 angefallen, wenn der Vergleich29) in der Hauptverhandlung geschlossen wird. Aber auch für den außergerichtlich abgeschlossenen Vergleich fällt die Gebühr an und wenn noch keine Hauptverhandlung stattgefunden hat, dann ist die Vergleichsgebühr neben der Gebühr des § 84 entstanden 30 ). Wird der Vergleich in der Hauptverhandlung geschlossen, so ist es gebührenrechtlich ohne Einfluß, wenn das Sitzungsprotokoll einen Vermerk enthält, daß der Vergleich vor Eintritt in die Hauptverhandlung geschlossen sei, weil die Hauptverhandlung stets begonnen haben muß, wenn ein Vergleich in diesem Termin geschlossen wurde31). Es entsteht also auch in einem solchen Fall neben der Vergleichsgebühr des § 94 Abs. 3 die Hauptverhandlungsgebühr nach § 83 Abs. 1 Ziff. 3.

30

Nach der rechtskräftigen Erledigung des Privatklageverfahrens kann ein Privatklagevergleich nur mehr abgeschlossen werden bei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 391 Abs. 4 StPO) oder wenn über die Frage der Wiedereinsetzung ein Streit besteht 32 ).

31

Beschränkt sich der Auftrag lediglich darauf, die Angelegenheit außerhalb eines SUhnetermins gütlich zu regeln, so erhält der RA neben der Vergleichsgebühr des § 94 Abs. 3 nur die Gebühr des § 91 Nr. 1 für die Beistandsleistung33).

32

Es kann nun vorkommen, wenn mehrere Privatklagesachen schweben, daß sämtliche Sachen zusammen in einem Hauptverhandlungstermin verglichen werden, der in einer der Sachen ansteht. Hier taucht die Frage auf, ob nur eine oder mehrere Vergleichsgebühren angefallen sind. Da die Vergleiche in einem Verfahren geschlossen wurden und es in einem Verfahren nur eine Vergleichsgebühr gibt, so wird man auch nur eine Vergleichsgebühr erheben können, obwohl mehrere Sachen verglichen wurden. Man wird jedoch dann die Höchstgebühr von 150 DM in Ansatz bringen können. Dieses Ergebnis ist etwas unbefriedigend, wenn man es unter dem Gesichtspunkt der Gebührenregelung des Zivilprozesses betrachtet. Dort werden bei einem Vergleich über mehrere Prozesse in einem Verfahren die jeweiligen Streitwerte der mitverglichenen Sachen zusammengerechnet, wodurch eine höhere Gebühr angesetzt werden kann. Dies läßt sich aber nicht auf den Strafprozeß bzw. die Privatklage übertragen, weil die gesamte Tätigkeit in diesen Verfahren durch die Pauschgebühren abgegolten wird (vgl. oben Rz. 10).

V. Die Widerklage (zu Abs. 2) 33

Die Gebühren des RA als Beistand oder Vertreter des Privatklägers sowie des Verteidigers des Angeklagten erhöhen sich durch eine Widerklage auch dann nicht, wenn der Privatkläger nicht der Verletzte ist (§ 94 Abs. 2). 29 ) Wegen Vergleich in der Berufungsinstanz mit Rücknahme der Privatklage bei Kostenübernahme durch den Angeklagten und Kostenpflicht des Privatklägers für die Gerichtskosten vgl. OLG Düsseldorf Rpfleger 60, 221: Ausspruch über die Kosten hat im Kostenbeschluß zu erfolgen, da der Vergleich nur hinsichtlich der Parteikosten, jedoch nicht für die Gerichtskosten bindet. 30 ) RS Rz. 15. 31 ) Vgl. Gutachten OLG Frankfurt HessJMBl. 59, 54; ebenso RS Rz. 16. 32 ) RS Rz. 16. 33 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 8; a.M. RS Rz. 16 (Anwendung des § 91 Nr. 1); Lauterbach Anm. 4 A (Anwendung des § 91 Nr. 2).

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V. Die Widerklage (zu Abs. 2)

§94

Diese Vorschrift wurde deswegen mit aufgenommen, weil ohne sie die Auslegung Platz greifen könnte, der RA vertrete im Falle des § 388 Abs. 2 StPO mehrere Personen und erhalte deshalb erhöhte Gebühren. Dies wäre nicht gerechtfertigt. Zweck der Vorschrift war und ist es somit, daß bei Erhebung einer Widerklage nicht die erhöhten Gebühren des § 6 entstehen sollen, weil der RA in Wahrheit nur eine Person vertritt 34 ). Nun können aber folgende Fälle eintreten: a) Der Angeklagte erhebt erfolglos Widerklage. Er wird verurteilt auch zur Kosten- 34 tragung. Bei der Bemessung der Rahmengebühr des § 83 muß gemäß § 12 u. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit berücksichtigt werden. Dazu rechnet aber der Arbeitsaufwand, der durch die Widerklage verursacht wurde (z. B . schriftliche Erklärung zur Widerklage, Vernehmung der Zeugen zur Widerklage). Das bedeutet, daß dieser Mehraufwand zu einer Erhöhung der Rahmengebühr (Mittelwert) führen muß; denn § 94 Abs. 2 will nur die Erhöhung der Gebühr durch eine Widerklage im Fall des § 6 Abs. 1 vermeiden, also keine Erhöhung der Rahmengebühr um die Hälfte, weil es sich bei dem Angeklagten und Widerkläger um die gleiche Person handelt. Dagegen ist der Mehraufwand der Tätigkeit, der durch eine Widerklage verursacht wird, sowohl für den RA, der den Privatkläger vertritt, als auch für den RA, der den Angeklagten und Widerkläger verteidigt, zu berücksichtigen, da § 94 Abs. 2 dies nicht ausschließt. Hier ist § 12 maßgebend. S. auch Rz. 42, 43. b) Der Privatbeklagte hatte Widerklage erhoben. Die Parteien vergleichen sich hin- 35 sichtlich der Kosten dahin, daß der Angeklagte und Widerkläger die notwendigen Auslagen des Privatklägers und Widerbeklagten hinsichtlich der im Termin nach Zeugenvernehmung zurückgenommenen Widerklage trägt. Auch hier ist gemäß § 12 die Mehrtätigkeit, die durch die Widerklage verursacht wurde, festzustellen und dieser Mehrbetrag gehört zu den in diesem Falle zu erstattenden Kosten 35 ). Wäre nur über die Privatklage allein verhandelt worden, so würde der Mittelwert des § 83 Ziff. 3 410 DM betragen. Durch die Widerklage kann eine Mehrtätigkeit (bei der Zeugenvernehmung usw.) verursacht sein, die eine Erhöhung des Mittelwertes um 200 DM oder mehr rechtfertigt. Dies ist der vom Widerkläger im Vergleich übernommene und von ihm zu erstattende Gebührenbetrag. Wenn das LG München I 3 ') der Auffassung ist, daß gemäß § 94 Abs. 2 in diesem Falle für die Widerklage keine Gebühr und keine Gebührenerhöhung anfallen würde, so übersieht es hierbei die Entstehungsgeschichte dieser Vorschrift und daß dieser nur Bedeutung bei der Anwendung des § 6 Abs. 1 zukommt.

34 )

Vgl. dazu Lauterbach Anm. 2 A; R S Rz. 10, je zu § 6; Willenbüeher 16. Aufl. Anm. 2 § 94. Nicht anders ist es auch bei der Verteidigung eines Angeklagten, der gleichzeitig Nebenkläger ist. Hier übt der Verteidiger auch eine Doppelfunktion aus. Auch hier wird zwar nur eine Gebühr erhoben, jedoch ist die Doppelfunktion bei der Bemessung der Rahmengebühr zu berücksichtigen. Vgl. L G Stuttgart N J W 54, 154; L G Duisburg DRsp. 445 Bl. 118; L G Bückeburg Büro 56, 52; Rischer N J W 54, 749. Wegen Verteidigung eines Angeklagten und Vertretung dessen Ehefrau als Nebenklägerin s. LG Ulm AnwBl. 60, 99: Keine Anwendung des § 6, weil von seinen beiden Auftraggebern nicht der gleiche Erfolg gewollt war, daher für jede Tätigkeit die vollen Gebühren. Ebenso Rz. 21 zu § 6 und die dort angegebene Rechtsprechung und Literatur. 36 ) Beschl. v. 11. 1. 60 — V Qs. 541/59. 35 )

83

8 »4

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

VI. Anfertigung der Privatklage (zu Abs. 4) 36

Der Abs. 4 bestimmt für die ausschließliche Tätigkeit des RA bei Anfertigung oder Unterzeichnung einer Privatklage eine Gebühr von 25—375 DM. Wird dem R A später der Auftrag erteilt, im ganzen Verfahren tätig zu werden, so ist für diesen Fall in Abs. 4 klargestellt, daß eine Anrechnung der vorher verdienten Gebühr des Abs. 4 Satz 1 auf die Gebühren aus §§ 83, 84 zu erfolgen hat (vgl. dazu unten Rz. 38). Die Gebühr des § 94 Abs. 4 kommt nicht zur Entstehung, wenn der dem R A erteilte Auftrag von Anfang an auf die Gesamt Vertretung oder Beistandsleistung im Privat klageverfahren gerichtet ist. In diesem Fall gehört die Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage mit zum Abgeltungsbereich der Gebühren des § 83 oder § 84").

VII. Gebühren für Tätigkeit beim Sühneversuch (zu Abs. 5) 37

Für die Tätigkeit des R A in dem der Privatklage notwendig vorausgehenden Sühneverfahren (§ 380 StPO) vor dem Sühneamt, Schiedsmann usw. erhält der RA nach § 94 Abs. 5 eine Gebühr von 10—150 DM. Die Gebühr entsteht, wenn der RA in einem Sühneversuch nach § 380 StPO die Interessen der klagenden oder beschuldigten Partei wahrnimmt, sei es neben ihr oder in ihrer Vertretung 38 ). Er erhält die Gebühr auch dann, wenn er lediglich den Antrag an das Sühneamt auf Anberaumung eines Sühnetermins gestellt, den Sühnetermin aber selbst nicht wahrgenommen hat oder wenn er mit dem Privatkläger oder dem Beschuldigten, wenn er diesen vertritt, dessen Verhalten in dem anzuberaumenden Sühnetermin bespricht 38 ). Man wird dann nicht den Mittelwert, sondern etwa die Hälfte davon annehmen. Vgl. dazu auch Rz. 9. Diese Vorschrift findet auch Anwendung, gleichgültig, ob der RA den Auftraggeber im späteren Privatklageverfahren vertritt, oder ob sich die Tätigkeit auf diese Beistandsleistung beschränkt. Es findet also keine Anrechnung der Gebühren für die Tätigkeit beim Sühneversuch auf die im späteren Privatklageverfahren entstehenden Gebühren statt (vgl. auch dazu unten Rz. 38). Da im Abs. 3 der Vorschrift für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleiches im Privatklageverfahren selbst für den RA eine besondere Vergleichsgebühr vorgesehen ist, so hat man folgerichtig auch für die Beistandsleistung bei einem Sühneversuch und für die Mitwirkimg bei einer Einigung der Beteiligten eine weitere zusätzliche Gebühr von 10—150 DM vorgesehen. Wenn hier von der Mitwirkung bei einer Einigung die Rede ist, so sollte damit klargestellt werden, daß hierbei ein gegenseitiges Nachgeben i.S. des § 779 B G B nicht Voraussetzung für die Entstehung der Gebühr ist. Der RA verdient deshalb die Gebühr auch dann, wenn er an einer Einigung mitgewirkt hat, wonach der Strafantrag zurückgenommen wird, selbst wenn die Gegenpartei dazu kein Entgegenkommen zeigt 40 ). Vgl. auch Rz. 28. Zu der Einigungsgebühr kann die Vergleichsgebühr des § 23 hinzukommen, sofern auch ein Vergleich über vermögensrechtliche Ansprüche i.S. des § 779 B G B abgeschlossen wird. Vgl. Rz. 21 ff. "') Ebenso Gerold-Schmidt Rz. 12. "') Vgl. dazu auch Brangsch AnwBl. 58, 25. 8 ') Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 13; RS Rz. 21; a.M. aber falsch LG Frankfurt MDR 71, 949; Lauterbach Anm. 5. *°) Lauterbach Anm. 4; Gerold-Schmidt Rz. 13. 84

I X . Einzeltätigkeiten

«»4

Der R A kann somit für die Vertretung in dem Sühneverfahren erhalten: a) für die allgemeine Vertretung eine Gebühr im Rahmen von 10—150 DM (Mittelwert 80 DM), b) für die Mitwirkung bei einer Einigung eine weitere Gebühr im Rahmen von 10—150 DM (Mittelwert 80 DM), c) für die Mitwirkung an einem Vergleich über vermögensrechtliche Anspräche die Gebühr des § 23 aus dem in Betracht kommenden Streitwert und d) ferner bei Bemühungen um einen Vergleich gemäß Buchst, c) die Gebühren aus § 118").

VIII. Anrechnung von Gebühren (zu Abs. 4) 1. Der Abs. 4 bestimmt, daß nur die Gebühren für die Tätigkeit zur Anfertigung oder 38 zur Unterzeichnimg der Privatklage (Abs. 4) auf die Gebühren anzurechnen sind, die dem R A als Vertreter des Privatklägers oder als Verteidiger zustehen. Er muß sich also die Gebühr für die Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage auf die ihm als Vertreter des Privatklägers zustehenden Gebühren anrechnen lassen. Der R A soll nicht mehr an Gebühren erhalten, wenn er später die Verteidigung übernimmt, als ihm zugestanden hätten, wenn der Auftrag von vornherein auf die Gesamtvertretung erteilt worden wäre. Die Gesamttätigkeit, Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage und Vertretimg in der Hauptverhandlung würde allenfalls bei der Bemessung der Höhe der Rahmengebühr i u berücksichtigen sein. 2. Der RegEntw. sah zum § 94 noch einen besonderen Abs. 6 vor, der die Anrechnung der Gebühren bestimmte. Der Entw. wollte nicht nur die Gebühren für die Anfertigung oder Unterzeichnung der Privatklage anrechnen, sondern auch die Gebühren, die anläßlich der Tätigkeit als Beistand oder Vertreter in einem Sühneverfahren entstanden sind. Die Gebühren für die Beistandsleistung vor dem Sühneamt bzw. Schiedsmann usw. sollte er nicht besonders erheben können, weil diese Tätigkeit durch die Pauschgebühr des § 87 abgegolten sein würde. Diesen Abs. 6 des RegEntw. hat der Rechtsausschuß des B T verständnisvollerweise gestrichen. Er hat nur die Anrechnung der Gebühren bei Unterzeichnung oder Anfertigung der Privatklage auf die im nachfolgenden Privatklageverfahren entstehenden Gebühren gebilligt, jedoch nicht der Anrechnung der Gebühren zugestimmt, die anläßlich der Tätigkeit in einem Sühneverfahren entstanden sind.

IX. Einzeltätigkeiten Andere Einzeltätigkeiten als die in § 94 Abs. 4 genannte Anfertigung oder Unter- 39 Zeichnung der Privatklage oder Tätigkeit im Sühneversuch werden nicht nach § 94 Abs. 4 vergütet. Dies gilt z.B. für die Einreichung von Schriftsätzen oder die Beistandsleistung in einem Termin, wenn der Auftrag hierauf beschränkt ist. Hierfür sind § 91 Nr. 1 oder Nr. 2 anzuwenden mit der Höchstgrenze des § 92 Abs. 2, wonach der R A nicht mehr an Gebühren erhalten kann, als der mit der ganzen Vertretung beauftragte RA 4 2 ). 41 ) Lauterbach Anm. 5. Wenn das AG Mainz Rpfleger 72, 234 dabei die Auslagenpauschale (§ 26) nur einmal zubilligen will, so kann dem nicht einschränkungslos gefolgt werden. Wenn in Verfolgung des zivilrechtlichen Anspruches Auslagen für Porto etc. anfallen, ist nicht einzusehen, weshalb diese Unkosten mit der Auslagenpauschale des Sühne- oder Privatklageverfahrens abgegolten sein sollen. " ) Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 10.

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§94

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

X. Vertretung mehrerer Auftraggeber 40

Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber als Beteiligte erhöhen sich die Mindest- und die Höchstgebühr je u m 3/io43)- Der 6. Abschnitt über die Gebühren in Strafsachen enthält zwar keine entsprechende Vorschrift. Dies ist aber auch deswegen nicht erforderlich, weil der § 6 als allgemeine Vorschrift auch im Privatklageverfahren gilt (vgl. Begr. 1. Aufl. S 983/984). Nur eine Angelegenheit mit Vertretung nur einer einzigen Person liegt vor, wenn der R A einen minderjährigen Privatkläger (§ 65 StGB) und dessen gesetzlichen Vertreter v e r t r i t t ; letzterer ist nur namens des Minderjährigen klageberechtigt 4 4 ). § 6 findet hier also keine Anwendung, jedoch kann gemäß § 12, wenn eine Mehrtätigkeit eintritt, diese eine Erhöhung innerhalb des Gebührenrahmens rechtfertigen 4 5 ).

41

Wenn nur auf der Gegenseite mehrere Personen an dem Verfahren beteiligt sind, so k a n n § 6 hierauf keine Anwendung finden. Die Mehrtätigkeit ist auch hier nur innerhalb des Gebührenrahmens abzugelten 46 ).

42

Eine Gebührenerhöhung findet selbst dann nicht statt, wenn der R A f ü r einen Auftraggeber tätig wird, der eine prozessuale Doppelstellung einnimmt, z. B. wenn der Angeklagte zugleich Widerkläger oder der Privatkläger zugleich Widerbeklagter ist. E s handelt sich dabei um ein u n d dieselbe Angelegenheit i.S. des § 13 Abs. 2 Satz 1. I m übrigen würde aber auch die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 zum gleichen Ergebnis führen, da der R A hier nur für eine Person tätig wird 47 ). Vgl. auch dazu oben Rz. 34, 35.

43

Wenn allerdings aus der Fassung des § 94 Abs. 2 der Schluß gezogen werden will 48 ), daß der R A auch d a n n nicht die Gebührenerhöhung aus § 6 Abs. 1 Satz 2 beanspruchen könne, wenn die Widerklage nicht gegen den Privatkläger, sondern gegen den nicht mit ihm identischen Verletzten erhoben wird (§ 388 Abs. 2 StPO), und der R A auch dessen Vertretung übernimmt, so k a n n dem nicht gefolgt werden. § 94 Abs. 2 betrifft n u r den Fall, daß der R A entweder

44 a) als Beistand oder Vertreter des Privatklägers, der gleichzeitig Widerbeklagter ist, oder b) als Verteidiger des Privatbeklagten, der zugleich Widerkläger ist, tätig wird. Vertritt der R A neben dem Privatkläger (Widerbeklagten) auch den Verletzten, der nicht mit dem Privatkläger identisch ist, so liegt keine Personengleichheit vor, mithin ist § 6 Abs. 1 Satz 2 (Erhöhung der Rahmengebühr) anzuwenden.

XI. Die Kostenerstattung und Kostenfestsetzung 45

Die Kostenerstattung richtet sich nach §§ 464, 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO in Verb, mit § 91 Abs. 2 ZPO. Die gerichtliche Kostenentscheidung richtet sich nach § 471 StPO. 43 ) Vgl. LG Duisburg Büro 53, 197; s. ferner für mehrere Nebenkläger LG Hechingen AnwBl. 57, 83; OLG H a m m Rpfleger 55, 255; Gerold-Schmidt Rz. 4; Lauterbach Anm. 1. . " ) RGSt. 29, 140; R S Rz. 4; Lauterbach Anm. 1. 45 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 4. 46 ) Gerold-Schmidt Rz. 4. 47 ) R S Rz. 5. 4S ) R S Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 6.

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X I I . Gebührenrechtliche Behandlung bei Übergang des Privatklageverfahrens

§ 94

Die früher umstrittene Frage, ob auf Antrag auch in Straf- u n d Privatklagesachen 46 eine Verzinsung der festgesetzten Kosten zu erfolgen habe, ist durch die jetzige Fassung des § 464 b Abs. 2 StPO geklärt. Danach ist, ebenso wie in den unmittelbar nach den Vorschriften der ZPO zu behandelnden Kostenfestsetzungsverfahren auch hier auf Antrag auszusprechen, d a ß die festgesetzten Kosten u n d Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsantrages an mit 4 % zu verzinsen sind. Gemäß § 471 Abs. 3 S t P O kann das Gericht die Kosten des Verfahrens u n d die not- 47 wendigen Auslagen der Beteiligten angemessen verteilen oder nach pflichtgemäßem Ermessen einem der Beteiligten auferlegen, wenn es den Anträgen des Privatklägers nur zum Teil entsprochen h a t oder das Verfahren nach § 383 Abs. 2 (§ 390 Abs. 5) wegen Geringfügigkeit eingestellt h a t oder Widerklage erhoben worden ist 4 '). Gegenüber dem Erstattungsanspruch auf notwendige Auslagen des Privatklagever- 48 fahrens k a n n nicht mit Gegenforderungen aufgerechnet werden (§ 393 BGB) 50 ). Die Erstattbarkeit der Kosten in eigener Sache des R A ist auch im Privatklagever- 49 fahren gegeben. Vgl. dazu Rz. 13 zu § 1. U m Schwierigkeiten auszuschalten, die sich mitunter wegen der Erstattbarkeit 50 u n d Festsetzung der Kosten ergeben, die vor dem Sühneamt entstanden sind, empfiehlt es sich bei Vergleichen in Privatklagesachen, ausdrücklich die Verpflichtung mit aufnehmen zu lassen, daß auch die vor dem Sühneamt entstandenen Kosten von der Gegenseite übernommen werden. Dies ist zur Klarstellung notwendig, da es vorkommt, daß die Festsetzung solcher Kosten abgelehnt wird, weil sie als „außergerichtliche Auslagen" angesehen werden, wenn jede Partei ihre außergerichtlichen Auslagen selbst t r ä g t u n d nur eine Teilung der Gerichtskosten vereinbart wird 51 ). Vgl. wegen Einzelheiten auch bei § 96 zu Rz. 4ff.

XII. Gebührenrechtliche Behandlung bei Übergang des Privatklageverfahrens in ein Offizialverfahren Das Privatklageverfahren geht bei Übernahme durch die Staatsanwaltschaft in das Offizialverfahren auf der mit Folge, daß der Privatkläger die Stellung eines Nebenklägers erhält u n d daß nur eine einheitliche Kostenentscheidung möglich ist. Das wirkt sich nicht nur auf die Gerichtskosten, sondern auch auf die RA-Gebühren aus 52 ). Die gesamte Tätigkeit f ü r beide Verfahren werden mit den Gebühren der §§ 84, 83 49 ) Wegen Verteilung der Kosten nach § 471 Abs. 3 StPO vgl. BayObLG Rpfleger 58, 182; Rpfleger 61, 81. Wegen angemessener Verteilung der Privatklagekosten vgl. auch Vogel N J W 58, 790, und wegen ungerechter Kostenregelung im Privatklageverfahren s. Traub N J W 60, 710. 50 ) Vgl. dazu auch Palandt BGB § 393 Anm. 1 unter Hinweis auf RGZ 1 2 3 , 7 ; LG Augsburg AnwBl. 58, 117 mit Hinw. auf RG J W 34, 1280; OLG Düsseldorf VersR 52, 212; OLG Hamburg J W 37, 1635; LG Bonn J W 37, 2353; LG Münster N J W 53, 1869 und LG Duisburg VersR 55, 273. 51 ) Die Erstattbarkeit bejahen auch: LG Paderborn Büro 65, 726; AG Hohenwestedt SchlHA 67, 152 mit abl. Anm. von Chemnitz SchlHA 67, 210; AG Göttingen AnwBl. 69, 111 ; Gerold-Schmidt, Rz. 18. A . M . AG Vohenstrauß AnwBl. 70, 29. M ) LG Traunstein Beschl. v. 13. 12. 61 — Bs 19/61 und Beschl. v. 4. 9. 62 I Q 241/62 und 1 Q 242/62.

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§95

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Abs. 1 Ziff. 3, § 95 abgegolten. E s k a n n also n i c h t — wie m a n vielleicht a n n e h m e n k ö n n t e — die G e b ü h r a u s § 94 f ü r die P r i v a t k l a g e bis zur Ü b e r n a h m e derselben in d a s Offizialverfahren gesondert berechnet werden, sondern n u r jeweils eine Gebühr a u s den §§ 84, 83 ff. Allerdings wird m a n in solchen Fällen infolge der erheblichen Mehrarbeit die H ö c h s t g e b ü h r e n in Ansatz bringen k ö n n e n .

§ 95. Vertretung eines Nebenklägers und anderer Verfahrensbeteiligter Für die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Nebenklägers sowie eines Einziehungs- oder Nebenbeteiligten gelten die Vorschriften der §§ 83—93 sinngemäß. Übersicht: Rz. I. Anwendung der Vorschrift 1 Vertretung des Nebenklägers . . . 2 Vertretung eines Einziehungsbeteiligten 5 Beiordnung eines RA 6, 21 Vertretung eines Nebenbeteiligten . 7 II. Die Gebühren 8 Keine Vergleichsgebühr entspr. § 94 Abs. 3 9 Anwendbarkeit des § 88 10 Bemessung der Gebühren 11

Rz. Normalfall — Mittelgebühr. . . . 12 Nebenkläger als Mitbeschuldigter . 13 Vertretung des Angeklagten und dessen Ehefrau 14 Mehrere Auftraggeber 16 Gegenseitige Revisionen 16 Zurückverweisung 18 Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Angeklagten 19 Kostenfestsetzung . . . . . . . . 20 Pflichtanwalt 6,21

I. Anwendung der Vorschrift 1

W ä h r e n d die Vorschriften der §§ 83 ff die V e r g ü t u n g des R A als Vertreter des Beschuldigten regeln u n d § 94 ausschließlich die Tätigkeit als Vertreter oder Beistand i m P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n behandelt, b e s t i m m t § 95 die Gebühren bei V e r t r e t u n g eines Nebenklägers (vgl. § 397 i. Verb, m i t § 378 S t P O ) sowie eines Einziehungs- oder eines Nebenbeteiligten 1 ). Diese Vorschrift ist also anzuwenden f ü r die V e r t r e t u n g folgender G r u p p e n :

2 1. F ü r die V e r t r e t u n g eines Nebenklägers (§§ 395ff StPO), der übrigens gemäß § 397 S t P O n a c h erfolgtem Anschluß die R e c h t e des Privatklägers h a t . H i e r f ü r gilt d a n n die B e s t i m m u n g des § 378 S t P O , d a ß der Nebenkläger (Privatkläger) im Beisein eines R A erscheinen oder sich d u r c h einen m i t schriftlicher Vollmacht versehenen R A v e r t r e t e n lassen kann 2 ). 3

Die Nebenklage ist a b Erhebung der öffentlichen Klage bis z u m rechtskräftigen Abschluß des Verfahrens zulässig. Die jetzige F a s s u n g des § 395 S t P O stellt übrigens ausdrücklich klar, d a ß dies a u c h im Strafbefehlsverfahren gilt 3 ). *) Die in § 95 früher enthaltenenen Worte „einer Finanzbehörde (§ 472 Abs. 2 der Reichs, abgabenordnung)" sind durch das AOStrafÄndG BGBl. 67 I S 877 gestrichen worden. 2 ) Wegen Kostenerstattung und Kostenfestsetzung s. die Erl. zu § 96 Rz. 12ff. Vgl. H. Schmidt, Die Kosten der Nebenklage SchlHA 64, 83 u. Büro 65, 677 ff, 773ff, 855 ff. ') So auch bisher LG Dortmund VersR 68, 1098; LG Lübeck AnwBl. 69, 178; LG Oldenburg NdsRpfl. 68, 213 und VRS 35, 136 = DAR 69, 136 = AnwBl. 68, 236; LG NürnbergFürth AnwBl. 67, 59; 72, 293; LG Saarbrücken AnwBl. 69, 32; LG Stuttgart AnwBl. 69, 32; LG Hildesheim AnwBl. 70, 63; LG Krefeld AnwBl. 70, 64; LG Ansbach AnwBl. 70, 84; LG Bremen AnwBl. 70, 327; LG Hannover AnwBl. 70, 272; 73, 368; LG München I AnwBl. 70, 274; LG Kleve AnwBl. 71, 116; LG Siegen AnwBl. 72, 201. 88

I. Anwendung der Vorschrift

§»5

Aber auch dann, wenn der Beschuldigte seinen Einspruch gegen den Strafbefehl 4 zurückgenommen hat, jedoch vorher bereits der Antrag auf Zulassung als Nebenkläger gestellt war, die Beschlußfassung des Gerichts aber nicht mehr vor Rechtskraft erfolgt, so ist nachträglich der Zulassungsbeschluß zu erlassen 1 ). Dies gilt selbst dann, wenn vor dem Erlaß des Zulassungsbeschlusses der Strafbefehl bereits rechtskräftig geworden ist, sofern der Antrag auf Zulassung als Nebenkläger vor dem rechtskräftigen Abschluß eingereicht worden ist 5 ). 2. Für die Vertretung eines Einziehungsbeteiligten"). Nach §430 StPO können in den 5 Fällen, in denen nach § 74 StGB Gegenstände, welche durch eine vorsätzliche Straft a t hervorgebracht oder welche zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht oder bestimmt sind, eingezogen werden, sofern sie dem Täter oder einem Teilnehmer gehören. Der Antrag ist, wenn nach anderen gesetzlichen Vorschriften auf Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung von Gegenständen selbständig erkannt werden kann, sofern die Entscheidung nicht in Verbindung mit einem Urteil in der Hauptsache ergeht, seitens der Staatsanwaltschaft oder des Privatklägers bei dem Gericht zu stellen, das für den Fall der Verfolgung einer bestimmten Person zuständig sein würde. Über den Antrag wird gemäß § 431 StPO aufgrund mündlicher Verhandlung durch Urteil entschieden. Personen, die einen rechtlichen Anspruch auf den Gegenstand der Einziehung, Vernichtung oder Unbrauchbarmachung haben, wird, soweit dies ausführbar erscheint, der Termin zur Hauptverhandlung durch Zustellung bekanntgemacht. Bleibt der Einziehungsbeteiligte in der Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Terminsnachricht aus, so kann ohne ihn verhandelt werden (§ 436 Abs. 1 Satz 1 StPO). Der Einziehungsbeteiligte kann alle Befugnisse ausüben, die einem Angeklagten zustehen, sich auch durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Verteidiger vertreten lassen (§ 434 Abs. 1 StPO). Seine Stellung in diesem Verfahren ist also der eines Angeklagten ähnlich 7 ). Das Gericht kann dem Einziehungsbeteiligten auch einen RA oder eine andere 6 Person, die als Verteidiger bestellt werden darf, beiordnen, wenn die Sach- oder Rechtslage schwierig ist oder wenn der Einziehungsbeteiligte seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann (§ 434 Abs. 1 StPO). 3. F ü r die Vertretung eines Nebenbeteiligten im Sinne der Bestimmung der Abgaben- 7 Ordnung. Nebenbeteiligter in diesem Sinne ist, wem ein Recht an Gegenständen zusteht, die der Einziehung unterliegen oder wem ein Anspruch auf solche Gegenstände zusteht, ebenso wer für die Geldstrafe und die Kosten haftet, die dem Täter oder einem Teilnehmer auferlegt werden (§ 421 AbgO). Sind solche Nebenbeteiligte in der Untersuchung zugezogen, so ist im Strafbescheid darüber zu erkennen, ob sie die Einziehung gegen sich gelten zu lassen oder für die Geldstrafe

4 ) So LG Tübingen N J W 58, 2077; LG Kaiserslautern; LG Freiburg N J W 57, 1120, 1647; RGSt. 66, 393; AG Erding Besohl, v. 18. 4. 59 Ca 182/59. 5 ) LG Kiel SchlHA 62, 109. •) Wegen des Einziehungsbeteiligten nach §§ 22ff OWiG s. Note 1 zu § 103. I m objektiven Verfahren nach den §§ 430ff StPO fallen die Kosten der Staatskasse zur Last, da eine gesetzliche Bestimmung, nach der die Einziehungsinteressenten oder die Antragsteller zur Tragung der Kosten der ersten Instanz verpflichtet wären, nicht besteht; BObLG Rpfleger 56, 2. ') So auch bereits früher RGSt. 48, 27; Friedlaender Anm. 7 § 65 RAGebO.

89

§95

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

u n d die Kosten des Strafverfahrens und der Strafverfolgung zu h a f t e n haben (§ 448 Abs. 1 AbgO). Wer neben dem Beschuldigten f ü r Geldstrafen und Kosten h a f t e t , ist zum Verfahren zuzuziehen (§ 443 Abs. 1 AbgO). Auch die Nebenbeteiligten können sich durch einen mit schriftlicher Vollmacht versehenen Beauftragten vertreten lassen (§ 444 AbgO). F ü r die Vertretung eines solchen Nebenbeteiligten gilt also auch die Vorschrift des § 958).

II. Die Gebühren 8

F ü r die Vertretung der im § 95 oben zu 1—3 bezeichneten Beteiligten gelten somit die Vorschriften der §§ 83—93 entsprechend. Der R A erhält also für die Vertretung bzw. Verteidigung solcher Beteiligter die gleichen Gebühren wie ein sonstiger Verteidiger, gleichgültig, ob er als Vertreter oder als Beistand (§§ 378, 397 StPO) a u f t r i t t . E s k a n n dazu auf die Erl. zu § 94 Rz. 2ff, 18ff verwiesen werden.

9

Da die Anwendung des § 94 nicht vorgeschrieben ist, so k o m m t für die Vertretung der im § 95 bestimmten Beteiligten keine Vergleichsgebühr zur Entstehung, wie es sonst nach § 94 Abs. 3 im Privatklageverfahren der Fall wäre.

10

Dagegen findet § 88 Anwendung, soweit der R A einen Einziehungsbeteiligten vert r i t t . Es kann dazu auf die Erl. bei § 88 verwiesen werden.

11

F ü r die Bemessung der Gebühren verweist § 95 auf die für den gewählten Verteidiger eines Angeklagten maßgeblichen Vorschriften der §§ 83—93. F ü r die Gebührenberechnung innerhalb des Rahmens dieser Bestimmungen gilt auch hier § 12. Das Gesetz h a t durch die allgemeine Verweisung auf die Rahmengebühren der §§ 83—93 zum Ausdruck gebracht, daß der Vertreter oder Beistand des Nebenklägers und anderer Verfahrensbeteiligter nicht schlechter entlohnt werden soll, als der gewählte Verteidiger im Strafprozeß. Deshalb ist die in der Rechtsprechung teilweise vertretene Ansicht, die Tätigkeit des Vertreters oder Beistands des Nebenklägers sei in jedem Falle von geringerer Bedeutung als die eines Verteidigers oder Privatklage Vertreters, falsch 9 ). Die Vergütung k a n n auch nicht etwa mit dem Hinweis darauf gekürzt werden, daß der R A in seiner Eigenschaft als Nebenklägervertreter neben bzw. nach dem Staatsanwalt tätig wird 10 ). Auch die Tatsache, daß der Vertreter des Nebenklägers im Hauptverhandlungstermin nicht besonders hervorgetreten ist u n d keine Beweisanträge gestellt hat, k a n n für die Beurteilung der anwaltlichen Tätigkeit nicht entscheidend sein. Denn es ist nicht Aufgabe des Vertreters des Nebenklägers, den Gang des Verfahrens erkennbar zu beeinflussen 11 ).

8 ) Vgl. auch schon nach früherem Recht RGSt. 22, 41/42; J W 12, 958/960; ferner GeroldSchmidt Rz. 3; Lauterbach-Hartmann Anm. 1. 9 ) Vgl. LG Mannheim AnwBl. 54, 32; LG Dortmund Rpfleger 63, 253 mit Anm. von Lappe; AG Kaufbeuren Rpfleger 62, 112; AG Augsburg AnwBl. 60, 19; LG Stuttgart AnwBl. 61, 17. S. ferner Gerold-Schmidt Rz. 4; vgl. auch Tschischgale Büro 60, 330. 10 ) SchlHOLG AnwBl. 73, 408; LG Hanau AnwBl. 63, 111; LG Kleve AnwBl. 64, 88; LG Freiburg AnwBl. 65, 184; LG Heidelberg AnwBl. 65, 185; LG Regensburg Rpfleger 63, 252; LG Köln AnwBl. 70, 111; LG Lüneburg AnwBl. 66, 29; LG Bonn AnwBl. 73, 408. n ) So auch OLG Koblenz Büro 59, 463; ebenso Gerold-Schmidt Rz. 4.

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II. Die Gebühren

§95

Bei einer Strafsache von durchschnittlicher Bedeutung u n d Schwierigkeit, durch- 12 schnittlichem U m f a n g u n d durchschnittlichen Vermögensverhältnissen des Auftraggebers ist als Gebühr des Vertreters des Nebenklägers die mittlere Rahmengebühr festzusetzen. Davon ist bei der Ermittlung der im konkreten Fall entstandenen Gebühr auszugehen. Der Mittelwert des Gebührenrahmens ist das arithmetische Mittel zwischen Mindest- u n d Höchstgebühr 1 2 ) (wegen Berechnung vgl. Rz. 16ff zu § 12). Bei der Ermittlung der angemessenen Gebühr sind auch schwere Unfallfolgen u n d damit im Zusammenhang stehende Schadenersatzansprüche mit zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht im Strafverfahren, sondern erst in einem anschließenden Zivilprozeß geltend gemacht werden 13 ). Der Mittelwert ist d a n n zu überschreiten, wenn der Ausgang des Verfahrens f ü r den Nebenkläger wirtschaftlich von erheblicher B e d e u t u n g ist u n d der Umfang der Sache über dem Durchschnitt erstinstanzlicher Verfahren vor dem betreffenden Gericht liegt; dies ist bei Verfahren wegen fahrlässiger Tötung normalerweise schon nach Bedeutung u n d U m f a n g der Fall 14 ). Wenn der Nebenkläger gleichzeitig auch Mitbeschuldigter oder Mitangeklagter ist, 13 so ist die von dem R A aufgewendete Mehrtätigkeit innerhalb des Rahmensatzes durch eine entsprechende Erhöhung auszugleichen. Hier ü b t der Verteidiger auch eine Doppelfunktion aus. E s k a n n zwar nur eine Gebühr erhoben werden, jedoch ist die Doppelfunktion bei der Bemessung der Rahmengebühr zu berücksichtigen 15 ). Vertritt der R A einen Angeklagten und gleichzeitig dessen Ehefrau als Nebenkläge- 14 rin, so handelt es sich dabei nicht u m dieselbe Angelegenheit, weil von seinen beiden Auftraggebern nicht der gleiche Erfolg gewollt war. Daher entstehen die Gebühren für jede Tätigkeit gesondert. Eine Anwendung des § 6 scheidet aus 18 ). F ü r die Vertretung mehrerer Auftraggeber als Nebenkläger tritt eine Erhöhung der 15 Gebühren gemäß der allgemeinen Vorschrift des § 6 ein 17 ) (vgl. auch Rz. 4 vor § 83 u. § 83 Rz. 36ff). Legt der Nebenkläger und der Angeklagte gegen das Urteil Revision ein, so erhält 16 der R A des Nebenklägers für die Revisionsgegenerklärung nicht die Gebühr des § 9 1 Ziff. 3 besonders. Die gesamte Tätigkeit wird durch die Pauschgebühr (§ 87) abgegolten 18 ). Vgl. Rz. 24 zu § 91. Auch für die Revisionsinstanz k a n n für den R A , der den Nebenkläger vertritt, die 17 Gebühr entstehen, u n d zwar auch dann, wenn der R A sich gegenüber dem Revisions12 ) LG Hechingen AnwBl. 60, 100; AG U l m AnwBl. 60, 227. Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 12. 13 ) AG Bonn AnwBl. 68, 129; LG Marburg AnwBl. 66, 272 mit weit. Nachw.; H. Schmidt Büro 62, 177ff; Gerold-Schmidt Rz. 4. " ) AG Bonn AnwBl. 68, 129. 15 ) Vgl. LG Stuttgart N J W 54, 154; LG Duisburg DRspr. 445 BI. 118; LG Bückeburg Büro 56, 52; Rischer N J W 54, 749. LG Krefeld AnwBl. 69, 374 mit Anm. von Chemnitz; LG Tübingen AnwBl. 67, 62 wollen § 6 Abs. 1 Satz 2 entsprechend anwenden und dem R A nur die Erhöhung der Gebühr u m die Hälfte (jetzt 3 / 10 ) zubilligen. 16 ) Das LG Krefeld MDR 69, 412 will eine Erhöhung der Gebühr in jedem Einzelfall von der Darlegung und Begründung besonderer Umstände abhängig machen. 17 ) So auch schon für das frühere Recht LG Duisburg N J W 53, 1478 für Vertretung mehrerer Nebenkläger; s. ferner LG Landshut AnwBl. 67, 64 mit Anm. von Chemnitz; AG Schwabach Büro 68, 409 mit Anm. von Tschischgale; LG Hechingen AnwBl. 57, 83; Tschischgale Büro 60, 331. 18 ) OLG Köln N J W 58, 959 (L) = JMB1NRW 58, 116.

91

§96

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

gericht nicht besonders gemeldet hat, da § 86 eine Gebühr zubilligt und diese auch schon dadurch entsteht, wenn der R A die Revisionsbegründung in Empfang genommen, sie geprüft und mit seinem Mandanten erörtert hatte 1 '). 18

Ebenso wie für den allgemeinen Verteidiger des Angeklagten beginnt für den Neben klagevertreter nach der Zurückverweisung an die untere Instanz ein neuer Rechtszug, der neue Gebühren entstehen läßt und wobei keine Anrechnung der bereits entstandenen Gebühr stattfindet. Allerdings wird man bei der Bemessung der Höhe der Gebühr berücksichtigen müssen, daß die Vorarbeiten bereits geleistet worden sind, was zu einer geringeren Gebühr für den neuen Rechtszug nach der Zurückverweisung führen kann. Es kommt auch nicht darauf an, ob durch Urteil oder Beschluß die Zurückverweisving ausgesprochen wurde, vielmehr genügt die Zurückverweisung schlechthin. I m übrigen ist hier § 15 Satz 1 anzuwenden. Die Anrechnung einer Prozeßgebühr hat hier nicht zu erfolgen, weil die Gebühren in Strafsachen der Prozeßgebühr nicht gleichzustellen sind 20 ). Wegen Gebührenregelung, wenn eine mehrtägige Hauptverhandlung stattfindet, s. Rz. 15, 34 f zu § 83 und wegen neuer Verfahrensgebühr (Tätigkeit in der Hauptverhandlung), wenn das Verfahren von neuem begonnen wird, s. Rz. 9 zu § 83.

19

Stellt der RA des Nebenklägers den Antrag, die Berufung des Angeklagten zurückzuweisen, so fällt dieser Antrag gebührenrechtlich bereits in das Berufungsverfahren und wird nicht durch die Gebühr der ersten Instanz abgegolten 21 ). In der Regel steht dem R A eine halbe Gebühr des § 85 Abs. 2 zu (Mittelwert). Wenn es sich jedoch nur u m einen formellen Verwerfungsantrag handelt, so ist mit Rücksicht auf den geringen Umfang der Tätigkeit nur eine unter dem Mittelwert liegende Gebühr zuzubilligen.

20 21

Wegen Festsetzung der Kosten des Nebenklägers vgl. die Erl. zu § 96 Rz. 12ff. Wegen der Gebühren des einem Nebenkläger beigeordneten Pflichtanwalts vgl. die Erl. zu § 102.

§ 96. Kostenfestsetzung, Zwangsvollstreckung (1) Dem Rechtsanwalt stehen besondere Gebühren zu 1. im Verfahren über die Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß (§ 464b der Strafprozeßordnung) oder Kostenansatz und im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über diese Erinnerung; 2. in der Zwangsvollstreckung aus Entscheidungen, die über einen aus der Straftat erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch oder die Erstattung von Kosten ergangen sind (§§ 406b, 464b der Strafprozeßordnung), für die Mitwirkung bei der 19 ) LG Berlin AnwBl. 58, 176. Vgl. auch für die Berufungsinstanz, wenn der Angeklagte die Berufung vor der Hauptverhandlung zurücknimmt AG Weilheim AnwBl. 61, 180. 20 ) Vgl. Rz. 35 zu § 83; OLG H a m m Büro 65,638. Vgl. dazu auch Gerold-Schmidt Rz. 11 § 83; Lauterbach Anm. 4 § 83 und Anm. 2 zu § 15 sowie R S Rz. 21 zu §§ 83—84. 21 ) LG Oldenburg AnwBl. 61, 18 = Büro 60, 491. Hier hat es sich darum gehandelt, daß der R A des Nebenklägers den Antrag auf Zurückweisung der Berufung des Angeklagten stellte. Es hat sich also nur um einen formellen Verwerfungsantrag gehandelt, für den richtig die Gebühren aus § 85 zugebilligt wurden, jedoch hat das Gericht mit Rücksicht auf den geringen Umfang der Tätigkeit nur eine geringere Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens zugebilligt.

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I . Die Bedeutung der Vorschrift

§96

Ausübung der Veröffentlichungsbefugnis und im Beschwerdeverfahren gegen eine dieser Entscheidungen. (2) Die Gebühren bestimmen sich nach den Vorschriften des Dritten Abschnitts. Übersicht: I . Bedeutung der Vorschrift I I . Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 u n d Abs. 2) 1. Allgemeines a) Privatklagesachen Verurteilung des Beschuldigten Zurückweisung der Privatkl. Kostenverteilung Keine Kostenbelastung der Staatskasse Gerichtlicher Vergleich als geeigneter Titel R A in eigener Sache Einstellungsbeschl. — Ergänzung Keine Aufrechnung gegenüber Privatklagekosten . . . b) Nebenklage Keine N a c h p r ü f u n g der Zulassung im Kostenfests.-Verf. Einstellung wegen Geringfügigkeit (§ 153 StPO) Rechtskräftige Kostengrundentscheidung Mitangeklagter als Nebenkläger Zurücknahme des Einspruchs Ursächlichkeit der T a t notwendig f ü r Erstattungspflicht Sofortige Beschwerde gegen Kostenentscheidung . . . . Zurücknahme des Strafantrags in der H a u p t v e r h a n d lung Beitritt des Nebenklägers erst im Berufungsverf. Strafbefehlsantrag Reisekosten des Nebenkläg. . Erfolgloses Rechtsmittel des Nebenklägers

Rz. 1 2 2 4 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24

Rz. Offizialdelikt u n d Nebenklagevergehen 25 Beschränkung der B e r u f u n g . 26 N u r teilweise Verurteilung. . 27 Minderjähr. Nebenkläger . . 28 c) Klageerzwingungsverfahren . 29 d) Wenn der Staatskasse die Kosten auferlegt sind. . . . 30 Kostenteilung 31 — Beispiele 32 Feststellung der Gebühren durch R A 34 2. Die Erinnerung u n d Beschwerde 35 Keine weitere Beschwerde . . . 36 Besch werde wert 37 Ablehnung des Festsetzungsgesuches aus formellen Gründen . 38 Kein eigenes Beschwerderecht des R A gemäß § 9 Abs. 2 . . . 40 3. Die notwendigen Auslagen. . . 41 Mehrere Verteidiger 42 Zuziehung des Verteidigers ist sachdienlich u n d zweckmäßig . 43 Revisionsinstanz 44 Auslagenerstattung der P a r t e i . 45 Privates Sachverständigengutachten 46 Verdienstausfall des Angeschuldigten 47 E r s t a t t b a r k e i t der Kosten bei Rechtsschutzversicherung . . . 47 Berücksichtigung einer Honorarvereinbarung 48 4. Die Gebühren 49 I I I . Die Kostenentscheidung gegen die Staatskasse bei Freispruch . . . . 50 Zuständiger U d G 51 V e r j ä h r u n g der Kostenerstattungsansprüche 52 IV. Die Zwangsvollstreckung (zu Abs. 1 N r . 2 u n d Abs. 2) 53

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift behandelt die Gebühren im Verfahren über die Erinnerung gegen 1 einen Kostenfestsetzungsbeschluß oder gegen einen Kostenansatz in Strafsachen, sowie im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidung über diese Erinnerung (Abs. 1 Nr. 1). Weiterhin werden die Gebühren in der Zwangsvollstreckung behandelt, die aus Entscheidungen über vermögensrechtliche Ansprüche oder über die Erstattung von Kosten ergangen sind (Abs. 1 Nr. 2). Dazu gehört auch die Mitwirkung bei der Aus93

§96

Sechster A b s c h n i t t : G e b ü h r e n in Strafsachen

Übung der V e r ö f f e n t l i c h u n g s b e f u g n i s u n d i m B e s c h w e r d e v e r f a h r e n g e g e n die i m Z w a n g s vollstreckungsverfahren ergangenen Entscheidungen. I m I n t e r e s s e der K l a r s t e l l u n g u n d S c h l i e ß u n g v o n L ü c k e n s i n d a u s d r ü c k l i c h a u c h die M i t w i r k u n g bei der A u s ü b u n g der Veröffentlichungsbefugnis u n d d a s B e s c h w e r d e v e r f a h r e n e r w ä h n t . D a s A u s ü b e n der V e r ö f f e n t l i c h u n g s b e f u g n i s ist für d e n bürgerl i c h e n R e c h t s t r e i t in § 58 A b s . 3 N r . 13 geregelt (vgl. d a z u R z . 47 z u § 58). D i e H ö h e der G e b ü h r e n i m K o s t e n f e s t s e t z u n g s v e r f a h r e n u n d in der Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g b e s t i m m t § 96 A b s . 2 d u r c h eine V e r w e i s u n g a u f d e n A b s c h n i t t , der die Geb ü h r e n i m bürgerlichen R e c h t s t r e i t b e h a n d e l t (vgl. § 61 A b s . 1).

II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2) 1. A l l g e m e i n e s 2

A u c h in S t r a f s a c h e n findet eine K o s t e n f e s t s e t z u n g a u f g r u n d der e r g a n g e n e n K o s t e n e n t s c h e i d u n g s t a t t . M a ß g e b e n d s i n d die V o r s c h r i f t e n der §§ 4 6 4 f f S t P O 1 ) .

3

E i n e K o s t e n e r s t a t t u n g u n d d a m i t eine K o s t e n f e s t s e t z u n g k a n n in f o l g e n d e n F ä l l e n in F r a g e k o m m e n : a) I n P r i v a t k l a g e s a c h e n (§ 471 S t P O 2 ) ) . 1. W e n n der Beschuldigte zur K o s t e n t r a g u n g verurteilt ist, d a n n h a t er die d e m P r i v a t k l ä g e r e n t s t a n d e n e n K o s t e n z u t r a g e n (§§ 464 1 ), § 471 A b s . I 2 ) S t P O ) .

4

§464. [Kostenentscheidung] (1) J e d e s Urteil, jeder Straf befeh] u n d jede eine U n t e r s u c h u n g einstellende E n t s c h e i d u n g m u ß d a r ü b e r B e s t i m m u n g treffen, von wem die K o s t e n des Verf a h r e n s zu t r a g e n sind. (2) Die E n t s c h e i d u n g d a r ü b e r , wer die' notwendigen Auslagen t r ä g t , t r i f f t d a s Gericht in d e m Urteil oder in d e m Beschluß, der das V e r f a h r e n abschließt. (3) Gegen die E n t s c h e i d u n g über die K o s t e n u n d die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig. D a s Beschwerdegericht ist a n die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die E n t s c h e i d u n g b e r u h t , g e b u n d e n . W i r d gegen das Urteil, soweit es die E n t s c h e i d u n g ü b e r die K o s t e n u n d die notwendigen Auslagen b e t r i f f t , sofortige Beschwerde u n d im übrigen B e r u f u n g oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es m i t der B e r u f u n g oder Revision b e f a ß t ist, a u c h f ü r die E n t s c h e i d u n g über die sofortige Beschwerde zuständig. § 464a. [Kosten des Verfahrens; notwendige Auslagen] (1) K o s t e n des Verfahrens sind die G e b ü h r e n u n d Auslagen der Staatskasse. Zu den K o s t e n gehören auch die d u r c h die Vorber e i t u n g der öffentlichen Klage e n t s t a n d e n e n sowie die K o s t e n der Vollstreckung einer Rechtsfolge der T a t . Zu den K o s t e n eines A n t r a g s auf W i e d e r a u f n a h m e des d u r c h ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens gehören auch die zur Vorbereitung eines W i e d e r a u f n a h m e v e r f a h r e n s (§§ 364a u n d 364b) e n t s t a n d e n e n K o s t e n , soweit sie d u r c h einen A n t r a g des Verurteilten v e r u r s a c h t sind. (2) Zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten gehören a u c h 1. die E n t s c h ä d i g u n g f ü r eine notwendige Zeitversäumnis n a c h den Vorschriften, die f ü r die E n t s c h ä d i g u n g von Zeugen gelten, u n d 2. die Gebühren u n d Auslagen eines R e c h t s a n w a l t s , soweit sie n a c h § 91 Abs. 2 der Zivilp r o z e ß o r d n u n g zu e r s t a t t e n sind. § 464 b [Kostenfestsetzung] Die H ö h e der K o s t e n u n d Auslagen, die ein Beteiligter einem a n d e r e n Beteiligten zu e r s t a t t e n h a t , wird auf A n t r a g eines Beteiligten d u r c h den U r k u n d s b e a m t e n der Geschäftsstelle festgesetzt. Auf A n t r a g ist auszusprechen, daß die festgesetzten K o s t e n u n d Auslagen von der A n b r i n g u n g des Festsetzungsantrages a n m i t vier v o m H u n d e r t zu verzinsen sind. Auf d a s V e r f a h r e n u n d auf die Vollstreckung der E n t s c h e i d u n g sind die Vorschriften der Zivilprozeßordnung entsprechend anzuwenden. 2 ) § 471. Privatklagekosten. (1) I n einem V e r f a h r e n auf erhobene P r i v a t k l a g e h a t der Veru r t e i l t e a u c h die d e m P r i v a t k l ä g e r erwachsenen notwendigen Auslagen zu e r s t a t t e n . (2) W i r d die K l a g e gegen den Beschuldigten zurückgewiesen oder wird dieser freigesprochen 94

I I . Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 u n d Abs. 2)

§96

2. W e n n d i e K l a g e g e g e n d e n B e s c h u l d i g t e n z u r ü c k g e w i e s e n o d e r f r e i g e s p r o c h e n 5 o d e r d a s V e r f a h r e n e i n g e s t e l l t w i r d , so f a l l e n d e m Privatkläger d i e K o s t e n d e s V e r f a h r e n s sowie die d e m B e s c h u l d i g t e n e r w a c h s e n e n n o t w e n d i g e n Auslagen z u r L a s t (§ 4 7 1 A b s . 2 S t P O ) 2 ) . I n d i e s e m F a l l k a n n a l s o d e r B e s c h u l d i g t e g e g e n d e n P r i v a t k l ä g e r die F e s t s e t z u n g seiner K o s t e n b e a n t r a g e n . 3. W e n n d i e K o s t e n g e m ä ß § 471 A b s . 3 S t P O 2 ) a n g e m e s s e n verteilt o d e r n a c h 6 pflichtgemäßem Ermessen e i n e m d e r Beteiligten auferlegt w o r d e n sind3). E i n e B e l a s t u n g d e r Staatskasse m i t G e r i c h t s k o s t e n u n d A u s l a g e n e i n e s B e t e i - 7 ligten n a c h § 470 Satz 2 S t P O (Einstellung eines V e r f a h r e n s wegen Z u r ü c k n a h m e d e s A n t r a g s , d u r c h d e n es b e d i n g t w a r ) i n P r i v a t k l a g e s a c h e n ist n i c h t m ö g l i c h * ) . D i e F e s t s e t z i m g k a n n a u c h a u f G r u n d e i n e s g e r i c h t l i c h e n Vergleiches e r f o l g e n , 8 d a d i e s e r g e m ä ß § 794 N r . 1 Z P O e i n z u r Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g u n d d a m i t z u r K o s t e n f e s t s e t z u n g g e e i g n e t e r T i t e l ist 5 ). H ä u f i g wird in P r i v a t k l a g e s a c h e n ein Vergleich d a h i n abgeschlossen, d a ß u.a. der Angeklagte sämtliche Kosten des Verfahrens ü b e r n i m m t u n d der Privatkläger sich verpflichtet, nach A b d e c k u n g d e r K o s t e n die P r i v a t k l a g e z u r ü c k z u n e h m e n . oder wird das V e r f a h r e n eingestellt, so fallen dem P r i v a t k l ä g e r die K o s t e n des Verfahrens sowie die d e m Beschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen zur L a s t . (3) D a s Gericht k a n n die K o s t e n des Verfahrens u n d die notwendigen Auslagen der Beteiligten angemessen verteilen oder n a c h pflichtgemäßem Ermessen einem d e r Beteiligten auferlegen, wenn 1. es den A n t r ä g e n des P r i v a t k l ä g e r s n u r z u m Teil entsprochen h a t ; 2. es d a s Verfahren n a c h § 383 Abs. 2 (§ 390 Abs. 5) wegen Geringfügigkeit eingestellt h a t ; 3. Widerklage erhoben worden ist. (4) Mehrere P r i v a t k l ä g e r h a f t e n als Gesamtschuldner. D a s gleiche gilt hinsichtlich der H a f t u n g mehrerer Beschuldigter f ü r die d e m P r i v a t k l ä g e r erwachsenen notwendigen Auslagen. Vgl. auch dazu Schroeder Büro 56, 273ff; Müller JVB1. 59, 5; M ü m m l e r JVB1. 61, 223; Gellhorn AnwBl. 68, 303; Reiß Rpfleger 68, 263. Wegen A n f e c h t u n g der Auslagenentscheidung n a c h § 467 S t P O s. Meyer J R 60, 84. W e n n d a s L G Hildesheim JVB1. 61, 145 = N d s R p f l . 61, 40 f ü r das Kostenfestsetzungsverf a h r e n die Vorlage einer besonderen Vollmacht f o r d e r t , e n t b e h r t d a s jeder B e g r ü n d u n g . Gegen die K o s t e n e n t s c h e i d u n g nach § 471 Abs. 3 Ziff. 2 S t P O ist die sofortige Beschwerde zulässig, wenn das Gericht erster I n s t a n z das V e r f a h r e n einstellt (§ 383 Abs. 2 Satz 3 StPO), nicht dagegen, wenn die Einstellung d u r c h das Berufungsgericht erfolgt (§ 390 Abs. 5 Satz 2 S t P O ) OLG H a m b u r g N J W 56, 1891 = Rpfleger 56, 309. 3 ) Die Befugnis zur angemessenen Verteilung der K o s t e n des P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n s bes t e h t a u c h d a n n , wenn teils verurteilt, teils freigesprochen w i r d ; § 471 Abs. 3 N r . 1 S t P O ; B a y O b L G Rpfleger 56, 3; J Z 58, 180 (182); Rpfleger 61, 81. Wegen angemessener Verteilung der P r i v a t k l a g e k o s t e n vgl. auch Vogel N*JW 58, 790. Wegen ungerechter Kostenregelung im P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n s. T r a u b N J W 60, 710. Vgl. bei R e c h t s m i t t e l b e s c h r ä n k u n g B G H N J W 62, 1926 = M D R 63, 69 u n d bei erfolgreicher Revision B G H N J W 64, 875. 4 ) L G N ü r n b e r g - F ü r t h JVB1. 62, 237 m i t A n m . v o n Mümmler. 5 ) So die h.M. Vgl. z. B. schon K G J W 37, 2789; LG A l t o n a K G J W 26, 220; LG F l e n s b u r g J W 37, 189; L G Wiesbaden J W 27, 2477; LG Aschaffenburg AnwBl. 62, 156; Gerold-Schmidt R z . 2; R S R z . 1; L a u t e r b a c h A n m . 1 B ; Willenbücher S 367. W e n n in d e m P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n ein Vergleich geschlossen wird u n d in diesem Vergleich auch der Zivilprozeß über die zivilrechtlichen A n s p r ü c h e mitverglichen wird, so bildet G r u n d lage f ü r die Festsetzung der K o s t e n sowohl in der Privatklagesache als auch im Zivilprozeß dieser Vergleich; OLG H a m b u r g Büro 55, 368. J e n a c h dem, vor welchem Gericht der Vergleich geschlossen wird, sind e n t w e d e r die K o s t e n des P r i v a t k l a g e v e r f a h r e n s oder die K o s t e n des Zivilprozesses von dem U d G des Gerichts, vor dem der Vergleich abgeschlossen wird, m i t festzusetzen. 95

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsaohen

Das LG Lüneburg') h a t in einem solchen Falle entschieden, daß dieser Vergleich nicht als Vollstreckungstitel anzusehen sei, weil er noch nicht den Streit unmittelbar beendigt habe. Die Verpflichtung, die Privatklage erst nach E r s t a t t u n g der Kosten zurückzunehmen, sei zwar möglich u n d zulässig, sie beende aber noch nicht das Verfahren, so daß der Vergleich hinsichtlich der Kostenübernahme als Vollstreckungstitel nicht geeignet sei. D a diese Auffassung etwas f ü r sich h a t , so wird m a n eine andere Formulierung des Vergleichs wählen müssen, wenn m a n solche Schwierigkeiten vermeiden will. 9

Der R A erhält die ihm in eigener Sache entstandenen Kosten auch im Privat klageverfahren erstattet. Nachdem die Kostenerstattung in Strafsachen neu geregelt worden ist'), bestimmt dort der eingefügte § 464 a StPO den U m f a n g der Kosten des Verfahrens sowie der notwendigen Auslagen. Dabei sieht der Abs. 2 Ziff. 2 vor, daß zu den notwendigen Auslagen eines Beteiligten gehören: „die Gebühren u n d Auslagen eines Rechtsanwalts, soweit sie nach § 91 Abs. 2 ZPO zu erstatten sind". Damit gilt § 91 Abs. 2 ZPO nunmehr auch für die Kostenerstattung in Strafsachen, ebenso wie schon vorher in Privatklagesachen 8 ). Wir sind daher der Meinung, daß jetzt der R A im Falle der Selbstverteidigung, u n d das wird hauptsächlich in Verkehrsstrafsachen in Frage kommen, wenn die Kosten der Staatskasse auferlegt werden, eigene RA-Gebühren aus der Staatskasse erstattet verlangen k a n n (vgl. auch Rz. 14 zu § 1).

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Wegen Ergänzung des Einstellungsbeschlusses nach § 153 StPO im Kostenpunkt s. unten Rz. 14.

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Eine Aufrechnung gegenüber Privatklagekosten nach § 393 BGB ist nicht statthaft»). b) Nebenklage 10 )

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F ü r die dem Nebenkläger entstandenen Kosten gilt das gleiche wie oben zu Rz. 4 ff gesagt; denn dieser hat nach § 397 StPO die Rechte des Privatklägers. •) N J W 63, 312; dagegen hält das LG Frankfurt AnwBl. 61, 20 einen Vergleich auch dann zur Kostenfestsetzung geeignet, wenn er die Kostenübernahme und die Verpflichtung zur Klagerücknahme nach Bezahlung der Kosten enthält. 7 ) Vgl. OWiG v. 24. 5. 68 BGBl. I, 503 mit weit. Änderungen. 8 ) Vgl. für Privatklagesachen auch Schumann MDR 58, 10; Hartmann N J W 58, 51; Rz. 13 zu § 1; Gerold-Schmidt Rz. 59 § 1. ») Vgl. LG Augsburg AnwBl. 58, 117; Rz. 48 zu § 94. 10 ) Vgl. dazu Aufs, von Clausa mit Angabe weiterer Rspr. in N J W 57, 411. Wegen derNebenklagekosten bei Mitverschulden des Nebenklägers s. LG Essen MDR 56, 231 mit Kritik von Jacoby MDR 56, 656; Martini MDR 57, 400. Wegen zivilrechtlicher Geltendmachung der Nebenklagekosten s. BGH N J W 58, 420, 1044; OLG Karlsruhe N J W 57, 814; LG Essen MDR 56, 231. Dazu Jacoby a.a.O. S 656 u. Martini MDR 57, 400; LG Kiel SchlHA 58, 12; Clauss N J W 57, 411; Wildt JZ 58, 534; Chomse N J W 58, 533; LG Göttingen N J W 62, 591. Vgl. ferner zu der Frage, ob die Kosten der Nebenklage adäquater Schaden im Sinne des § 249 B G B sind bzw. ob die Nebenklagekosten unter den Deckungsschutz der Haftpflichtversicherung fallen OLG Stuttgart D A R 56, 159; J W 37, 2353; OLG Nürnberg VersR 56, 29; OLG Kiel J W 37, 2354; LG Berlin VersR 54, 491; 55, 18; AG Cannstadt VersR 53, 344; Körting J W 38, 3086; Wussow VersR 53, 222 u. Unfallrecht S 182; Hielscher VersR 54, 272; Chomse VersR 53, 302; Becker Kraftverkehrshaftpflichtschäden S 147. Wegen Verteidigerhonorar als adäquater Schaden LG Münster MDR 56, 101; ferner LG Duisburg AnwBl. 61, 176.

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II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2)

§ 96

U n t e r den in § 397 S t P O e r w ä h n t e n R e c h t e n sind a u c h die K o s t e n e r s t a t t u n g s a n sprüche des Nebenklägers zu verstehen 1 1 ). Hinsichtlich der K o s t e n des Nebenklägers bedarf es eines besonderen Ausspruches ü b e r die K o s t e n e r s t a t t u n g s p f l i c h t nicht, es genügt zur Kostenfestsetzung allgemein die Verurteilung des Angeklagten zur Kostentragung 1 2 ). Der K o s t e n b e a m t e k a n n im Kostenfestsetzungsverfahren n a c h r e c h t s k r ä f t i g e m 13 Abschluß des S t r a f v e r f a h r e n s die Berechtigung der Zulassung als Nebenkläger nicht m e h r nachprüfen 1 3 ). A u c h eine N a c h p r ü f u n g der K o s t e n g r u n d e n t s c h e i d u n g s t e h t d e m U d G nicht zu. H a t d a s Gericht die K o s t e n der Nebenklage, die d u r c h H a u p t v e r h a n d l u n g vor d e m unzuständigen Gericht e n t s t a n d e n sind, der Staatskasse auferlegt, so ist diese E n t scheidung, m a g sie auch noch so offensichtlich verfehlt sein, f ü r das Kostenfestsetzungsverfahren b i n d e n d ; der Bezirksrevisior h a t kein Beschwerderecht 1 4 ). W i r d die Verfolgung gegen den Angeschuldigten wegen Geringfügigkeit gemäß 14 § 153 StPO eingestellt, sei es vor der E r ö f f n u n g des H a u p t v e r f a h r e n s d u r c h die S t a a t s a n w a l t s c h a f t oder n a c h bereits erhobener Klage d u r c h das Gericht, d a n n besteht keine i m m i t t e l b a r e rechtliche Grundlage, die K o s t e n u n d notwendigen Auslagen des Nebenklägers ganz oder teilweise auf den Angeklagten zu ü b e r b ü r d e n . Die Vorschrift des § 471 Abs. 3 N r . 2 S t P O ist n i c h t f ü r a n w e n d b a r erklärt worden. Die R e c h t s p r e c h u n g lehnt deswegen z u m großen Teil eine Kostenerstattungspflicht des Angeschuldigten gegenüber d e m Nebenkläger ab 1 5 ). E s fehlt jedoch a u c h nicht a n S t i m m e n in R e c h t s p r e c h u n g u n d S c h r i f t t u m , wonach in b e s t i m m t e n Fällen doch eine Kostenerstattungspflicht des Angeschuldigten gegenüber d e m Nebenkläger gegeben sein k a n n . So h a t das OLG H a m m 1 6 ) u n t e r Aufgabe seiner f r ü h e r e n Meinung 1 7 ) § 471 Abs. 3 Ziff. 2 S t P O d a n n f ü r a n w e n d b a r erklärt, wenn d a s n a c h § 153 S t P O eingestellte Verfahren ein Privatklagedelikt (z. B. fahrlässige Körperverletzung) z u m Gegenstand h a t . N a c h BGH 1 8 ) stehen die in § 471 Abs. 3 S t P O g e n a n n t e n Fälle weder u n t e r e i n a n d e r noch i m Verhältnis zu anderen Kostenbe-

u ) BayObLGZ 59, 323; Löwe-Rosenberg Bern. 7a § 471 StPO; LG Hof KostRspr. Nr. 1 § 397. " ) RGSt. 6, 237; 10, 113; 15, 190; 31, 230; 44, 333; OLG Stuttgart N J W 57, 435; Kleinknecht-Müller § 465 Anm. 4; Willenbücher 16. Aufl. S 368; Gerold-Schmidt Rz. 9 zu § 95; vgl. auch H. Schmidt Büro 65, 773 ff. Wegen Voraussetzungen für die Kostenfestsetzung der Nebenklage und Erstattbarkeit der Auslagen vgl. auch Müller JVB1. 59, 6. 13 ) LG Bochum N J W 56, 1612 = MDR 56, 438. 14 ) OLG Braunschweig KostRsp. Nr. 7 § 464 StPO mit Anm. von Lappe. 15 ) BGHSt. 15, 60; OLG Stuttgart N J W 69, 855, 1446; OLG Düsseldorf N J W 69, 2059; JMB1NRW 73, 23; OLG Celle N J W 70, 1201 (L) = NdsRpfl. 70, 184; OLG Nürnberg MDR 70, 784 unter Aufgabe der in MDR 70, 67 vertretenen Ansicht, wonach bei Einstellung nach § 153 StPO eine Verteilung der dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Auslagen in Betracht kommen sollte; LG Frankfurt JVB1. 71, 284; OLG Hamm MDR 72, 260; LG Bayreuth Büro 72, 339; LG Kleve AnwBl. 72, 31; DAR 72, 164, vgl. auch OLG Karlsruhe AnwBl. 72, 237 = Justiz 72, 161 bei Einstellung des Verfahrens auf die Berufung des Angeklagten; LG Hof KostRsp. Nr. 35 § 471 StPO (B); ebenso OLG Hamm VRS 42, 36; OLG Bamberg N J W 72, 2145; OLG Bamberg Büro 73, 259 mit Anm. von Mümmler = KostRsp. Nr. 39 § 471 StPO (B) mit abl. Anm. von H. Schmidt; Kleinknecht Anm. 3 B § 397 StPO; Müller-Sax Anm. 3c § 471 StPO; Loewe-Rosenberg StPO 21. Aufl. § 471 Anm. 10. 16 ) N J W 71, 1471. " ) OLG Hamm N J W 70, 2126. 18 ) BGHSt. 17, 376 = N J W 62, 1926.

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Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen Stimmungen in einem rechtssystematischen Sinnzusammenhang. Sie sollen, so führt der B G H aus, nur eine der Billigkeit entsprechende Kostenentscheidung im Einzelfall ermöglichen und den — bestimmten Prozeßlagen eigentümlichen — praktischen Schwierigkeiten bei der Behandlung der Kostenfrage Rechnung tragen. Die entsprechende Anwendung des § 471 Abs. 3 Ziff. 2 S t P 0 führe dazu, so sagt die unten in Fn. 1 9 ) angegebene Rspr., daß die notwendigen Auslagen des Nebenklägers dem Angeschuldigten nach dem pflichtgemäßen Ermessen ganz oder teilweise auferlegt werden können; es wäre auch unbillig, einem Nebenkläger, der sich mit berechtigtem Interesse dem Strafverfahren angeschlossen hat, seine notwendigen Auslagen selbst tragen zu lassen, wenn d a s Verfahren gegen den Angeschuldigten wegen geringer Schuld eingestellt wird. Aufgrund der bisherigen Rechtslage halten wir eine sinngemäße Anwendung des § 471 Abs. 3 Ziff. 2 S t P O auf die Kostenerstattungspflicht bei Verfahrenseinstellungen nach § 153 StPO für unzulässig. E s gehört daher zum Kostenrisiko des Nebenklägers, daß er seine Auslagen dann selbst zu tragen hat, wenn der Angeschuldigte nicht verurteilt wird; dafür braucht er auch nicht zu befürchten, wie ein Privatkläger die Auslagen des freigesprochenen Angeschuldigten tragen zu müssen 2 0 ). Aber: E s steht dem R A , der für einen Unfallverletzten einen Strafantrag entwirft und — wenn auch erfolglos — dessen Zulassung als Nebenkläger beantragt, gegen seinen Auftraggeber neben den für die Verfolgung der zivilrechtlichen Schadenersatzansprüche entstandenen Gebühren ein Anspruch aus § 91 Nr. 1 zu. Bei der Berechnung dieser Gebühr ist vom Mittelwert des Gebührenrahmens auszugehen. Der Verletzte kann die Belastung mit dieser Verbindlichkeit als a d ä q u a t e Schadensfolge vom Schädiger ersetzt verlangen 2 0 4 ). 15

E i n Angeklagter, der zu den Kosten des Verfahrens verurteilt ist, hat die Kosten der Nebenklage aber nur dann zu tragen, wenn die Nebenklage nicht nur zulässig, sondern auch begründet ist, wenn also ein rechtskräftiger Schuldtitel vorliegt, der auch d a s Nebenklagedelikt ausdrücklich oder bei Gesetzeskonkurrenz stillschweigend umfaßt").

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Die Stellung als Mitangeklagter schließt das Anschlußrecht als Nebenkläger gegen einen anderen Angeklagten nicht aus und beeinflußt auch den Erstattungsanspruch gegen den Verurteilten grundsätzlich nicht. D a s gilt auch, wenn der Nebenkläger mitschuldig an einem Unfall ist und mit verurteilt wird 2 2 ). Ob und in welcher Höhe der in demselben Verfahren verurteilte mitschuldige Nebenkläger die K o s t e n eines Verteidigers als notwendige Nebenklageauslagen " ) OLG Zweibrücken N J W 70, 2307; LG Nürnberg-Fürth AnwBl. 71, 294; LG Lüneburg AnwBl. 74, 286; AG Mönchengladbach KostRsp. Nr. 38 § 471 StPO (B); H. Schmidt Anm. zu Nr. 34, 37, 39 § 471 StPO (B). > 20 ) So ausführlich OLG Karlsruhe AnwBl. 72, 238 mit Hinw. auf Schwarz-Kleinknecht StPO Anm. 3 B a.E. zu § 397 StPO unter Ablehnung der vom OLG Hamm NJW 71, 1471 und OLG Zweibrücken N J W 70, 2307 vertretenen gegenteiligen Ansicht. 2 0 a ) Vgl. bes. BGH N J W 58, 1041 u. H. Schmidt Büro 65, 781 ff., 855 ff. mit weit. Nachw. 21 ) LG Nürnberg-Fürth N J W 56, 154 mit Kritik N J W 56, 761; LG Lüneburg Büro 73, 837 mit zust. Anm. von H. Schmidt. Zur Kostenfestsetzung genügt aber auch, wenn in einem Prozeßvergleich die Ansprüche des Nebenklägers mitverglichen wurden und der Angeklagte die Kosten übernommen hat, OLG Hamburg Büro 55, 368; a.M. OLG Hamm N J W 57, 760. LG Saarbrücken AnwBl. 72, 31. 22 ) OLG Stuttgart N J W 57, 435; AG Stuttgart AnwBl. 60, 40. 98

II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2)

§ 96

gegen den anderen verurteilten Angeklagten g e l t e n d m a c h e n k a n n , m u ß d e m Kostenfestsetzungsverfahren überlassen bleiben 2 3 ). Gebührenrechtlich liegt aber ein solcher Fall n u n so, d a ß der Verteidiger des Angeklagten, der gleichzeitig Nebenkläger ist, lediglich die Gebühren des vorgesehenen R a h m e n s a t z e s (§§ 83, 84) erhält. E r k a n n also nicht einmal f ü r die Verteidigung des Angeklagten u n d z u m anderen Mal f ü r die V e r t r e t u n g des Nebenklägers, wenn letzterer Mitangeklagter ist, eine V e r g ü t u n g fordern, vielmehr wird d u r c h die Gebühren der §§ 83—86 die gesamte Tätigkeit abgegolten (§ 87). Allerdings rechtfertigt die f ü r die Doppelfunktion aufgewendete Mehrtätigkeit eine E r h ö h u n g der Gebühren innerhalb des Rahmensatzes 2 4 ). E s wird d a r a u f a n k o m m e n , ob sich eine solche Mehrtätigkeit feststellen läßt. W e n n ja, wird m a n den Mittelwert Uberschreiten k ö n n e n u n d diesen B e t r a g als Kosten der Nebenklage e r s t a t t e t verlangen. So liegt z. B. eine solche Mehrtätigkeit vor, wenn die Tätigkeit des R A sowohl auf Freisprechung seines M a n d a n t e n als a u c h auf eine Verurteilung des Mitangeklagten gerichtet ist, der der fahrlässigen Körperverletzung z u m Nachteil seines M a n d a n t e n angeklagt war 2 5 ). Der Angeklagte, der seinen Einspruch gegen den S t r a f b e f e h l zurücknimmt, 17 h a t a u c h die d e m Nebenkläger e n t s t a n d e n e n K o s t e n zu tragen 2 6 ). Der wegen Ü b e r t r e t u n g verurteilte Angeklagte ist f ü r die d e m Nebenkläger 18 erwachsenen notwendigen Auslagen jedenfalls d a n n nicht erstattungspflichtig, wenn sich die T a t nicht gegen den Nebenkläger richtet, insbesondere f ü r dessen Verletzung nicht ursächlich war 2 7 ). Deshalb k a n n der noch nicht zugelassene Nebenklageberechtigte a u s der Kostenentscheidung nicht die E r s t a t t u n g seiner Auslagen im S t r a f v e r f a h r e n fordern, w e n n seine Anschlußerklärung erst n a c h dem rechtskräftigen Abschluß der Strafsache erfolgt. Die Kostenregelung der S t P O belastet die Nebenkläger m i t d e m Risiko, ihre eigenen notwendigen Auslagen a u c h d a n n ganz oder teilweise selbst t r a g e n zu müssen, w e n n ihr B e i t r i t t u n d ihr A u f t r e t e n im Verfahren sachlich gerechtfertigt waren 2 8 ). Legt der Nebenkläger gegen den die Ü b e r b ü r d u n g seiner notwendigen Auslagen 19 nicht a n o r d n e n d e Kostenentscheidung sofortige Beschwerde ein, so ergreift diese 23 ) OLG Stuttgart N J W 54, 1541; 57, 435; Richter N J W 54, 749. Vgl. auch Willenbücher 16. Aufl. S 368. 24 ) Vgl. Tschischgale Büro 60, 331; Gerold-Schmidt Rz. 7 § 95. 25 ) AG Stuttgart AnwBl. 60, 40. Wegen des Ausgleichs zwischen zwei Erstattungspflichtigen vgl. ferner BGH N J W 58, 719; Gerold-Schmidt Rz. 9 § 95. A.M. LG Regensburg AnwBl. 67, 100 = DAR 67, 250 = JVB1. 67, 92 = Büro 67, 241 mit Zustimmung von Tschischgale = N J W 67, 898; LG Mosbach Büro 70, 160, wonach der mitangeklagte Nebenkläger die Gebühr des § 83 von dem in die Kosten des Verfahrens verurteilten Mitangeklagten nur erstattet verlangen kann, soweit durch die erhöhte Tätigkeit als Nebenklägervertreter ein zusätzlicher Betrag gerechtfertigt ist. Nach LG Kiel AnwBl. 68, 32 soll der freigesprochene Angeklagte, der zugleich Nebenkläger ist, bei gleicher Beteiligung die Hälfte der Gesamtgebühr selbst tragen und nur die andere Hälfte von dem Mitangeklagten als Nebenklagekosten fordern können. LG Tübingen AnwBl. 67, 166 und LG Coburg Büro 68, 800 vertreten die Ansicht, daß die Gesamtgebühr im Verhältnis des Interesses an der eigenen Verteidigung zu dem Interesse an der Nebenklage aufzuteilen sei. 28 ) LG Augsburg AnwBl. 56, 51; LG Coburg N J W 56, 351. 27 ) OLG Celle N J W 56, 1611 = Büro 56, 351; LG Hannover Büro 70, 96. 2S ) BayObLGZ 59, 332; LG Hof KostRsp. Nr. 1 § 397 StPO.

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§ 96

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

die gesamte Kostenentscheidung des Berufungsurteils. Die Kostenentsoheidung des Beschwerdegerichts wirkt auch für und gegen diejenigen Nebenkläger, die ein Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung des Berufungsgerichts nicht eingelegt haben 29 ). 20

Nimmt der Nebenkläger in der Hauptverhandlung den Strafantrag zurück, weil sich der Angeklagte bereit erklärt hat, die Verfahrenskosten einschließlich der notwendigen Auslagen des Nebenklägers zu tragen und stellt daraufhin das Gericht das Verfahren ein, dann soll in der Regel die Kostenentscheidung den Willen der Beteiligten berücksichtigen 80 ).

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Der in erster Instanz rechtskräftig in die Kosten des Verfahrens Verurteilte hat dem Nebenkläger auch dann dessen notwendige Auslagen zu erstatten, wenn dieser erst in der Berufungsinstanz dem Verfahren beigetreten ist, sofern der Verurteilte selbst auch die Berufung eingelegt hat. Unerheblich ist, ob das Gericht den in der Haupt Verhandlung gestellten Anträgen des Nebenklägers entsprochen hat S I ).

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Der Strafbefehlsantrag der Staatsanwaltschaft steht der Erhebung der öffentlichen Anklage gleich. Der Verletzte ist berechtigt, sich nach Stellung des Strafbefehlsantrages dem Strafbefehlsverfahren bis zu dessen rechtskräftigem Abschluß als Nebenkläger anzuschließen. Das Gericht hat im Zeitpunkt des Eingangs der Anschlußerklärung über die Berechtigung des Verletzten zum Anschluß als Nebenkläger zu entscheiden. Unterbleibt der Zulassungsbeschluß zunächst oder übersieht das Gericht den dahingehenden Antrag, dann kann der Beschluß auch noch nach Eintritt der Rechtskraft des Strafbefehls ergehen32). Die Nebenklage ist in einem solchen Fall auch dann noch nachträglich zuzulassen, wenn der Strafbefehl nur wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung ergangen und ohne Einspruch rechtskräftig geworden ist, die rechtzeitige Zulassung aber aus Versehen oder infolge anderer formeller Versäumnisse unterblieben ist 33 ).

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Auch Reisekosten des Nebenklägers sind zu erstatten, wenn nicht in der Wahl des R A ein Ermessensmißbrauch vorliegt 34 ).

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Der Nebenkläger hat, wenn er selbständig ein Rechtsmittel erfolglos einlegt, neben den Gerichtskosten auch die dem Angeklagten entstandenen Auslagen zu erstatten 38 ). Das gilt auch, wenn das Gericht wegen eines gleichzeitigen, ebenfalls erfolglosen Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft auch der Staatskasse gemäß § 473 Abs. 1 Satz 2 StPO eine Erstattungspflicht auferlegt3«). Der Ausgleich ) OLG Düsseldorf JMB1NRW 72, 86; a.M. OLG Hamm M D R 73, 1041. ) BayObLG D A R 74, 184 (L). ) L G Bremen AnwBl. 56, 32. 3 2 ) LG Siegen AnwBl. 72, 201. 3 3 ) L G Krefeld AnwBl. 72, 203 = Büro 72, 264 = Rpfleger 72, 177 mit abl. Anm. von Reiß. 3 4 ) LG Essen Büro 57, 558'; LG Wiesbaden AnwBl. 63, 24; s. auch LG Konstanz N J W 66, 1423 mit Anm. von Tschischgale. 3 5 ) LG Duisburg Büro 55, 326; OLG Frankfurt N J W 57, 474. Das gilt aber nicht, wenn der Angeklagte allein erfolgreich Revision einlegt: OLG Hamm N J W 62, 2023 unter Aufgabe N J W 59, 1936. 3 6 ) Gegen den Beschluß, durch den nach Zurücknahme eines Rechtsmittels über die Auslagen entschieden wird, ist die sofortige Beschwerde gegeben (§ 464 Abs. 3 StPO). Nach der Zurücknahme eines Rechtsmittels ist eine Kostenentscheidung des Rechtsmittelgerichts stets zulässig; BayObLG Rpfleger 56, 3 in Abweichung des Beschl. BayObLGSt. 52, 137. 29

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II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2)

§ 96

zwischen den beiden Erstattungspflichtigen ist dann über das bestehende Gesamt schuldverhältniss zu finden37). Haben beide Revision eingelegt, so hat der Nebenkläger seine Kosten selbst zu tragen 88 ). Wird der Angeklagte wegen Zurechnungsunfähigkeit freigesprochen, wird aber seine Unterbringung in einer Heil- oder Pflegeanstalt angeordnet, so muß er die notwendigen Auslagen des Nebenklägers tragen 3 *). Der wegen schuldhaften Selbstberauschens Verurteilte hat dem Nebenkläger die notwendigen Auslagen jedenfalls dann zu erstatten, wenn sich die Rauschtat gegen diesen gerichtet hat 40 ). Wird der wegen eines Offizialdeliktes in Tateinheit mit einem Nebenklagever- 25 gehen verfolgte Angeklagte nur wegen des Offizialdeliktes für schuldig befunden, hat er auch die dem Nebenkläger erwachsenen notwendigen Kosten zu tragen 41 ). Hatte das Rechtsmittel des Nebenklägers nur insoweit Erfolg, als der Angeklagte nicht wegen des Nebenklagevergehens, aber wegen eines weiteren Offizialvergehens für schuldig erkannt wurde, können die dem Nebenkläger durch das Berufungsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen ganz oder teilweise dem Angeklagten auferlegt werden42). Hat der Angeklagte seine Berufung erst im Laufe der Hauptverhandlung be- 26 schränkt, dann kann diese Beschränkung dem Nebenkläger nicht nachteilig sein; der Angeklagte hat in diesem Fall die gesamten notwendigen Auslagen des Nebenklägers im Berufungsverfahren zu tragen 43 ). Ebenso hat bei einer Anklage wegen Körperverletzung und Übertretung der StVO 27 und Verurteilung nur wegen letzterer und Kostenverteilung Staatskasse % u n ( i Angeklagter 3/4 der Nebenkläger den vollen Kostenerstattungsanspruch gegen den Angeklagten (nicht nur zu 3 / 4 ) 44 ). RA-Kosten eines minderjährigen Nebenklägers sind erstattbar, auch wenn dieser 28 ohne Zustimmung seines gesetzlichen Vertreters gehandelt hatte, wenn nachträglich dessen Genehmigung erteilt wird45). c) Im Klageerzwingungsverfahren. Gemäß §§ 172—17746) StPO hat eine Kostenentscheidung zu ergehen, wenn im 29 Klageerzwingungsverfahren (§ 177 StPO, vgl. auch § 102 BRAGebO) der Antrag abgelehnt wird. Werden danach dem Antragsteller die Kosten auferlegt, so findet ) BayObLG Rpfleger 56, 3. ) OLG Köln AnwBl. 58, 97. ">) BayObLG Rpfleger 56, 3; vgl. aber BayObLG Rpfleger 56, 3 — R R 1 St. 600/55! vgl. auch LG Stuttgart AnwBl. 73, 176 mit Anm. von Schick. 4 0 ) B G H S t . 11, 195; 15, 60; N J W 66, 115 = MDR 66, 164 = J Z 66, 36. 41 ) OLG Hamm N J W 71, 1471; OLG Frankfurt N J W 72, 457; einschr. LG Krefeld Büro 71, 855. a.M.: Keine Erstattung notwendiger Auslagen des Nebenklägers, wenn der Angeklagte nicht wegen einer gegen den Nebenkläger gerichteten Handlung verurteilt worden ist LG Hannover Büro 70, 96. 42 ) OLG Hamm N J W 57, 760 = Büro 57, 135; OLG Celle N J W 75, 68 mit zust. Anm. von H. Schmidt. 43 ) OLG Düsseldorf JMB1NRW 72, 86. " ) LG Flensburg SchlHA 62, 223. A.M. LG Saarbrücken J B l S a a r 66, 188. 46 ) LG Hamburg AnwBl. 62, 315. 4 ') § 177 [Kosten], Die durch das Verfahren über den Antrag veranlaßten Kosten sind in den Fällen der §§ 174 und 176 Abs. 2 dem Antragsteller aufzuerlegen. S7 38

101

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

hier ebenfalls eine Festsetzung der dem Angeschuldigten erwachsenen Kosten statt 4 '). Wenn in diesem Verfahren dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der S t r a f t a t erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten u n d die notwendigen Auslagen des Verletzten (vgl. dazu § 89) zu tragen (§ 472a StPO) 4 8 ).

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d) Wenn der Staatskasse die Kosten auferlegt sind (§ 467 Abs. 1, § 473 Abs. 1, 2 StPO, findet hier ebenfalls eine Festseszung nach §§ 103 ff. ZPO s t a t t , weil die Staatskasse auch Beteiligte im Sinne des § 464 Abs. 21) StPO ist (vgl. wegen Einzelheiten Rz. 50, 51). Hier taucht häufig die Frage auf, wie bei der Festsetzung nach § 464b StPO zu verfahren ist, wenn die notwendigen Auslagen eines wegen mehrerer selbständiger Handlungen Angeklagten teils diesem, teils der Staatskasse zur Last fallen. Nach § 465 StPO hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens insoweit zu tragen als sie durch das Verfahren wegen einer Tat entstanden sind, wegen deren er verurteilt oder eine Maßregel der Besserung u n d Sicherung gegen ihn angeordnet wird. Eine Verurteilung i.S. dieser Vorschrift liegt auch d a n n vor, wenn der Angeklagte mit Strafvorbehalt verwarnt wird oder das Gericht von Strafe absieht. Bei teilweiser Verurteilung u n d teilweisem Freispruch macht die Geltendmachung der ausscheidbaren notwendigen Auslagen gegenüber der Staatskasse Schwierigkeiten. Besser wäre eine Verteilung der Kosten nach Bruchteilen, die aber in Strafsachen nicht zulässig sein soll 49 ). Beispiele:

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1. Anklage in 4 Fällen wegen vollendeten u n d 19 Fällen wegen versuchten Verbrechens, verurteilt wegen 3 vollendeter u n d einem versuchten Verbrechen, in den übrigen 19 Fällen Freispruch, u n d zwar unter Auferlegung der notwendigen Kosten auf die Staatskasse. Es können n u n die von der Staatskasse zu tragenden Kosten nicht in der Weise ermittelt werden, daß die dem Angeklagten zuzubilligenden Gesamtgebühren durch die Anzahl der Einzelfälle geteilt u n d das dadurch gewonnene Ergebnis mit der Anzahl der Fälle multipliziert wird. Hier wird nicht dem U m s t a n d Rechnung getragen, daß die für die Verteidigung einer einzelnen Strafsache anfallende Gebühr angemessen ist u n d durch Hinzutreten weiterer gleichliegender Fälle vervielfacht wird. Von der angemessenen Gebühr wurde ein Betrag von 2 / 3 als angemessene Gesamtgebühr angenommen f ü r den Fall, daß die Anklage auf 8 Fälle beschränkt geblieben wäre, f ü r die der Angeklagte 47

) Vgl. dazu OLG Stuttgart N J W 62, 2021. ) § 472 a. [Adhäsionsverfahren] (1) Soweit dem Antrag auf Zuerkennung eines aus der Straftat erwachsenen Anspruchs stattgegeben wird, hat der Angeklagte auch die dadurch entstandenen besonderen Kosten und die notwendigen Auslagen des Verletzten zu tragen. (2) Sieht das Gericht von der Entscheidung über den Antrag ab, wird ein Teil des Anspruchs dem Verletzten nicht zuerkannt, oder nimmt der Verletzte den Antrag zurück, so entscheidet das Gericht nach pflichtgemäßem Ermessen, wer die insoweit entstandenen gerichtlichen Auslagen und die insoweit den Beteiligten erwachsenen notwendigen Auslagen trägt. Die gerichtlichen Auslagen können der Staatskasse auferlegt werden, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. « ) Loewe-Rosenberg Anm. II 2c § 465 StPO; B G H J R 60, 188 (L); LG Nürnberg-Fürth N J W 56, 154; LG Hildesheim JVB1. 66, 235; LG Lüneburg NdsRpfl. 66, 203; LG Bremen KostRsp. Nr. 43 § 467 StPO (B). 48

102

II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2)

§ 96

selbst a u f z u k o m m e n h a t t e . D e m g e m ä ß f ä l l t der diese S u m m e übersteigende B e t r a g von 1 / 3 der Staatskasse zur Last 5 0 ). 2. D e r Angeklagte w u r d e wegen eines Verbrechens der schweren F a l s c h b e u r k u n d u n g u n d wegen eines Verbrechens der Doppelehe u n t e r Ü b e r b ü r d u n g der Kosten auf die Staatskasse freigesprochen. Hinsichtlich der notwendigen Auslagen w u r d e dahin e r k a n n t , d a ß diese d e m Angeklagten von der Staatskasse zu erstatt e n sind, soweit ihm ein Verbrechen der F a l s c h b e u r k u n d u n g zur L a s t gelegt wurde. Hier m u ß g e p r ü f t werden, ob u n d welche K o s t e n e n s t a n d e n wären, w e n n das Verfahren n u r wegen der einen S t r a f t a t , deretwegen Freispruch erfolgte, d u r c h g e f ü h r t worden wäre. Die d a r ü b e r hinausgehenden K o s t e n wären d a n n ausscheidbar u n d von der Staatskasse zu tragen. Sind die K o s t e n bei der D u r c h f ü h r u n g der beiden S t r a f t a t e n gleich hoch, d a n n w ä r e n allerdings besondere ausscheidbare Auslagen n i c h t angefallen 5 1 ). Die ausscheidbaren Verteidigergebühren müssen bei Berücksichtigung aller n a c h § 12 f ü r die Gebühren b e s t i m m e n d e n U m s t ä n d e e r k e n n b a r auch n u r z u m Teil f ü r die Verteidigung gegen den Schuldvorwurf e n t s t a n d e n sein, wegen dessen die Freisprechung u n d Auferlegung der notwendigen Auslagen des Angeklagten auf die Staatskasse erfolgt ist 52 ). Zu berücksichtigen ist d a h e r auch, wie schwerwiegend der Vorwurf, wegen dessen Freispruch erfolgt ist, im Verhältnis zu der abgeurteilten S t r a f t a t w a r u n d ob insoweit die Vorbereitung u n d Tätigkeit des Verteidigers schwieriger war 5 3 ). E i n f a c h liegt der Fall, wenn es sich u m Zeugengebühren h a n d e l t u n d die Zeugen v e r n o m m e n w u r d e n wegen der S t r a f t a t , f ü r die der Beweis z u m Freispruch g e f ü h r t werden k o n n t e u n d insoweit Freisprechung erfolgte. Hinsichtlich der Anwaltskosten wird m a n jedoch zu p r ü f e n haben, ob wegen der Straft a t , f ü r die Freisprechung erfolgte, eine Mehrtätigkeit des Anwalts (Verteidigers) erforderlich w a r ; die f ü r die Mehrtätigkeit angefallenen höheren Gebühren wären d a n n die ausscheidbaren notwendigen Auslagen, die die Staatskasse zu e r s t a t t e n hätte 5 4 ). I n allen Fällen richtet sich a u c h in Strafsachen gemäß § 4 6 4 b Satz 3 S t P O die 33 Kostenfestsetzung n a c h den Vorschriften der Z P O (§§ 103ff). Die festgesetzten K o s t e n b e t r ä g e sind verzinslich (§ 464 b Satz 2 StPO). Die von dem RA festzusetzende Rahmengebühr ist, wenn sie von einem D r i t t e n 34 zu ersetzen ist, n u r d a n n nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (vgl. d a z u die B e m e r k u n g bei § 12 R z . 34 u. R z . 17 § 83). Wegen Bemessung der R a h m e n g e b ü h r e n s. § 12 R z . 5 f f ; R z . 9 vor § 83 u n d § 83 R z . 16. 50 ) LG Bamberg N J W 59, 2277 = MDR 60, 69. Vgl. auch OLG Oldenburg N J W 60, 1648 = NdsRpfl. 59, 168. Ebenso OLG Düsseldorf JVB1. 60, 40 = Rpfleger 60, 220. S. ferner OLG Düsseldorf Rpfleger 60, 220; LG Mönchengladbach N J W 70, 344 = JMB1NRW 70, 59; LG Lüneburg AnwBl. 70, 140. 51 ) LG Wuppertal KostRsp. § 467 StPO (B) Nr. 48; AnwBl. 70, 82. 52 ) Vgl. dazu auch BGH N J W 60, 878 = J R 60, 188 (L), ausführlich JVB1. 60, 158; OLG Düsseldorf N J W 61, 618; LG Bamberg N J W 59, 2277 = MDR 60, 69; LG Göttingen NdsRpfl. 60, 24 = Rpfleger 60, 221; LG Coburg Rpfleger 57, 356; OLG Hamm N J W 60, 1025; LG Mannheim Cs 150/63; Mümmler JVB1. 61, 225. 53 ) LG Bamberg N J W 59, 2277 = MDR 60, 69. " ) Vgl. dazu auch LG Göttingen NdsRpfl. 60, 24 = Rpfleger 60, 221. Wegen teilweiser Zurückverweisung s. BGH N J W 63, 724. Zur Kostentragung bei Vorurteilsberichtigung wegen nichtiger Norm s. BGH NJW 63,820.

103

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen 2. Die Erinnerung und Beschwerde 35

Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß findet, wie im sonstigen Festsetzungsverv e r f a h r e n , die Erinnerung s t a t t (§ 104 ZPO). Die F r i s t b e t r ä g t a u c h in Strafsachen zwei Wochen (§ 104 Abs. 3 Z P O , Notfrist!). Gegen den darauf ergehenden Beschluß findet die sofortige Beschwerde s t a t t (§ 104 Abs. 3 ZPO). Die sonst gemäß §§ 567, 577 Z P O zwei Wochen betragende F r i s t b e t r ä g t aber in Strafsachen, wozu freilich auch Privatklagesachen gehören, nur eine Woche! Dies ergibt sich daraus, d a ß in Strafsachen die Frist f ü r die sofortige Beschwerde gemäß § 311 S t P O stets n u r eine Woche beträgt 6 5 ).

36

E i n e weitere Beschwerde ist unzulässig (§ 568 Abs. 3 ZPO, § 310 Abs. 2, § 4 6 4 b Satz 3 StPO) 5 8 ).

37

Die sofortige Beschwerde ist aber n u r zulässig, wenn der Beschwerdewert die S u m m e von 100 DM übersteigt (§ 567 Abs. 2 ZPO, § 304 Abs. 3 StPO) 5 7 ) (wegen Berechnung s. § 9 R z . 26ff).

38

W e n n ein Festsetzungsgesuch a u s formellen G r ü n d e n abgelehnt wird, so ist dagegen nicht die befristete Erinnerung, sondern die a n keine Frist gebundene E r i n n e r u n g einzulegen, u n d gegen die E n t s c h e i d u n g hierüber die unbefristete Beschwerde. Diese ist alsdann a n keine Beschwerdesumme gebunden, d a es eine solche n u r f ü r die sofortige Beschwerde gibt 5 8 ).

39

E i n e Beschwerde des Bezirksreviaors gegen den die Staatskasse belastenden K o stenbeschluß ist unzulässig (nur die S t a a t s a n w a l t s c h a f t ist dazu berechtigt 5 9 ).

40

D a s L G Bamberg 8 0 ) will d e m Verteidiger in entsprechender A n w e n d u n g des § 9 Abs. 2 B R A G e b O ein eigenes Erinnerungs- u n d Beschwerderecht wegen der von der Staatskasse d e m freigesprochenen Angeklagten zustehenden K o s t e n zubilligen, w o f ü r a b e r jede S t ü t z e im Gesetz fehlt. 3. Die notwendigen Auslagen

41

Festzusetzen sind die d e m Beteiligten e n t s t a n d e n e n notwendigen Auslagen. D a z u gehören in der Regel die i h m erwachsenen Anwaltskosten, w o f ü r die Vorschrift des § 91 Z P O anzuwenden ist (§ 471 Abs. 5 StPO) 8 1 ). „Notwendige Auslagen" des Ange«) BayObLG NJW 64, 568 = JZ 54, 56 = Rpfleger 54, 565; KG NJW 55, 35; OLG Oldenburg NJW 55, 1202 = NdsRpfl. 55, 180; LG Waldshut Rpfleger 56, 108; LG Trier AnwBl. 54, 219. Daß die Frist für die sofortige Beschwerde gemäß § 311 StPO gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß in Strafsachen nur eine Woche beträgt, bestätigt ferner das OLG München MDR 57, 375 sowie OLG Saarbrücken Rpfleger 60, 342 (mit weit. Nachw.), das ebenfalls der zutreffenden Auffassung ist, daß der auf die Erinnerung ergangene Beschluß in Anwendung des § 35a StPO (eingefügt dch. das 3. StrÄndG vom 4. 8. 53) mit einer Rechtsmittelbelehrung zu versehen ist. S. auch dazu Molsberger NJW 56, 1347. 58 ) OLG Hamm Rpfleger 52, 287. ") Dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 ist der Beschwerdewert von 50 DM auf 100 DM angehoben. 58 ) KG DR 41, 726; Zöller ZPO Anm. 3k zu § 193 (10. Aufl.) 5 ») LG Essen NJW 62, 1025. M ) JVB1. 63, 123. Wegen Zulässigkeit der befristeten Eventualbeschwerde nach § 10 Abs. 4 RpflG gegen Entscheidungen des UdG s. Lorenz Rpfleger 63, 10. 81 ) S. dazu auch Bauer Büro 57, 48; LG Mainz AnwBl. 56, 144. 104

I I . Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 u n d Abs. 2)

§ 96

klagten sind die Kosten seiner Verteidigung stets dann, wenn seinem berechtigten Schutzbedürfnis die Wahl eines Verteidigers nach der Lage des Einzelfalles entsprach. Daß zuvor ein Pflichtverteidiger bestellt war, steht dem nicht entgegen u n d ist auch für die Bemessung der Gebühr ohne Einfluß. Wenn mitunter in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird 62 ), daß als notwendige u n d erstattbare Auslagen die besonderen, durch die Zuziehung eines auswärtigen Wahlanwaltes entstandenen Reisekosten u n d Abwesenheitsgelder dann nicht als erstattbar angesehen werden können, wenn der Angeklagte einen Verteidiger aus der Zahl der am Sitz des Gerichts wohnhaften Anwälte wählen konnte, so ist diese abzulehnen. Gerade in Strafsachen m u ß der Angeklagte das Recht haben, den R A seines Vertrauens als Verteidiger zu wählen. (Vgl. dazu auch § 28 Rz. 12ff, besonders Rz. 24fr 63 ). Die Kosten für einen Verteidiger sind auch dann notwendige Auslagen des minderjährigen Angeklagten, wenn die Verteidigung nur von dem gesetzlichen Vertreter des Minderjährigen ausgewählt u n d schriftlich bevollmächtigt wurde"). I m Falle einer notwendigen Verteidigung ist dem Beschuldigten nicht zuzumuten, mit der Verteidigerbestellung solange zu warten, bis ihm ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird. Daher sind die Kosten eines von ihm vor der Eröffnung des Hauptverfahrens gewählten Verteidigers, der seine Verteidigung später niedergelegt hat, notwendige Auslagen' 5 ). Die Kosten mehrerer Verteidiger können in demselben Verfahren nur ausnahms- 42 weise erstattbar sein"). Zur Erstattbarkeit der Kosten eines zusätzlich neben dem Pflichtverteidiger beauftragten Wahlverteidigers nimmt die Rechtsprechung an, daß aufgrund der nach § 464a Abs. 2 StPO anzuwendenden Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO eine solche E r s t a t t u n g nur in Betracht kommt, insoweit die Kosten diejenigen eines R A nicht übersteigen oder als in der Person des R A ein Wechsel eintreten mußte. § 91 Abs. 2 Satz 3 ZPO gilt auch im Verhältnis von Wahlverteidiger zu Pflichtverteidiger"). Ihre Rechtfertigung findet diese Auffassung in § 100 BRAGebO. Als erstattbar werden demnach nur diejenigen Mehrkosten angesehen, die sich ergeben aus der Differenz zwischen den Pflichtverteidigergebühren zu den Kosten eines Wahlverteidigers. Das OLG Karlsruhe 6 8 ) lehnt deshalb die E r s t a t t u n g der Kosten eines zusätzlich beauftragten Wahlverteidigers in der Regel ab, wenn einem Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr nach § 99 gewährt worden ist, die über die Höchstgebühren eines Wahlverteidigers hinausging. I n Einzelfällen ist jedoch die volle E r s t a t t u n g der Gebühren eines Wahlverteidigers neben der Vergütimg des Pflichtverteidigers möglich, wenn die Beauftragung eines Wahlverteidigers nach Lage des Einzelfalles dem berechtigten Schutzbedürfnis des Beschuldigten entspricht"). Es kann auch die E r s t a t t u n g der durch Beauftragung eines Verteidigers entstände- 43 nen Kosten nicht mit der Begründung abgelehnt werden, das Verfahren habe in • 2 ) Z . B . O L G N e u s t a d t Rpfleger 53, 143. Vgl. auch R z . 24ff zu § 12. *>) Vgl. a u c h LG D o r t m u n d AnwBl. 67, 134 = B ü r o 67, 486 m i t A n m . von Tschischgale. Notwendige Auslagen k ö n n e n auch die K o s t e n einer Informationsreise des Verteidigers zu seinem M a n d a n t e n sein: L G Berlin M D R 65, 319; vgl. auch L G S a a r b r ü c k e n AnwBl. 71, 153. «*) L G B ü c k e b u r g N J W 60, 1026. S. a u c h OLG Celle B ü r o 64, 291. 6S ) OLG H a m m M D R 59, 327 (L). M ) K G JVB1. 65, 283; vgl. auch OLG H a m b u r g N J W 57, 1569 = Rpfleger 58, 281. • 7 ) OLG F r a n k f u r t AnwBl. 73, 406; OLG S t u t t g a r t J u s t i z 74, 429; OLG K a r l s r u h e M D R 75, 954. «») OLG K a r l s r u h e M D R 75, 954. «») B a y O b L G N J W 53,.194; OLG H a m m N J W 59, 327 (L); Schäfer in Löwe-Rosenberg 22. Aufl. § 4 6 4 a A n m . I V 10.

105

§ 96

Sechster A b s c h n i t t : Gebühren in Strafsachen

rechtlicher u n d tatsächlicher Hinsicht keinerlei besondere Schwierigkeiten geboten. Vielmehr ist auch eine aus der Person des Angeklagten begründbare Notwendigkeit, einen Verteidiger zuzuziehen, in Betracht zu ziehen 70 ). Es m u ß in aller Regel festgehalten werden, daß f ü r die Auferlegung der Auslagen auf die Staatskasse es ohne Belang ist, ob die Verteidigung notwendig war. Es genügt, daß die Beiziehung eines Verteidigers sachdienlich und zweckdienlich war, insbesondere im Hinblick auf die Sach- u n d Rechtslage 71 ). 44

Wenn die Rechtsprechung 7 2 ) ferner die Kosten der Verteidigung in der Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht nur bei Vorliegen besonderer Umstände als „notwendige Auslagen" des Angeklagten anerkennen will, so ist dies nicht richtig. Gerade vor dem Revisionsgericht ist die Zuziehung eines Verteidigers in der Regel besonders notwendig (vgl. dazu auch Rz. 15 ff zu § 86 u. Rz. 25 zu § 28 und dort F n . 44) 73 ). Die Verteidigergebühren sind auch dann aus der Staatskasse zu erstatten, wenn die Staatsanwaltschaft die zu ungunsten des Angeklagten eingelegte Revision noch vor ihrer Begründung zurückgenommen hat und von dem Verteidiger irgendeine Tätigkeit im Zusammenhang mit der Revision ausgeübt worden ist 74 ).

45

Hinsichtlich der Auslagenerstattung der Partei sieht § 464a Abs. 2 StPO vor, daß auch die Entschädigung f ü r die durch notwendige Reisen oder durch notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis zu den erstattungsfähigen Auslagen gehört. Es sind hierfür die f ü r die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften entsprechend anzuwenden. Zu den notwendigen Auslagen gehören auch die dem Angeklagten durch die Teilnahme an einer kommissarischen Zeugenvernehmung entstandenen Kosten 7 5 ). Desgleichen sind selbst bei günstiger Bahnverbindung Kosten der Benutzung eines eigenen PKW für F a h r t e n zum Gericht u n d zum Verteidiger „im Rahmen des nach den Verhältnissen und Gepflogenheiten des Angeklagten vernünftigerweise Erforderlichen" als notwendig anzusehen 76 ).

46

Die Kosten eines privaten Sachverständigengutachtens, das für die Verteidigung des Angeklagten geeignet und zweckmäßig war, sind nicht nur im R a h m e n der Sätze des ZuSEG, sondern voll zu ersetzen, soweit sie nicht unangemessen hoch sind 77 ). Der auf Kosten der Staatskasse freigesprochene Angeklagte k a n n auch diejenigen 70

) OLG H a m m N J W 53, 1278. OLG F r a n k f u r t N J W 53, 1319. Wegen V e r t e i d i g e r k o s t e n - E r s t a t t u n g im E r m i t t l u n g s v e r f a h r e n s. L G Kiel SchlHA 69, 143. 72 ) OLG Düsseldorf N J W 56, 436 m i t abl. K r i t i k von D a h s ; B a y O b L G Rpfleger 54, 379 = N J W 53, 194 u . N J W 57, 959. ™) OLG N ü r n b e r g JVB1. 62, 116; OLG Koblenz N J W 65, 1289 m i t zust. A n m . von D a h s j r . ; K G JVB1. 65, 283 (wenn das Revisionsgericht über eine u m s t r i t t e n e oder wenig geklärte R e c h t s f r a g e zu entscheiden h a t ) ; L G Heilbronn A n w B l . 62, 313; L G Ellwangen A n w B l . 63, 198; L G München I I A n w B l . 63, 345; L G F r a n k f u r t AnwBl. 68, 60; L G W u p p e r t a l K o s t R s p . N r . 47 § 467 S t P O (B); L G Hildesheim AnwBl. 70, 60 = Büro 70, 540; L G N ü r n b e r g - F ü r t h N J W 58, 192; vgl. a u c h H . Schmidt B ü r o 62, 247; 65, 773 ff. 71 ) L G Krefeld A n w B l . 72, 93. D a s L G R e g e n s b u r g JVB1. 62, 118 h ä l t die R A - K o s t e n f ü r eine Tätigkeit vor dem Revisionsgericht d a n n nicht f ü r e r s t a t t b a r , wenn die S t a a t s a n w a l t s c h a f t die Revisionsanträge u n t e r s t ü t z t . Vgl. a u c h Mümmler JVB1. 61, 225. 75 ) AG Siegburg J M B 1 N R W 65, 119. 7e ) L G B r e m e n M D R 64, 867. 77 ) OLG Koblenz N J W 64, 462; L G B r e m e n K o s t R s p . N r . 40 § 467 S t P O (B). Dagegen h ä l t das OLG H a m b u r g M D R 75, 74 die A u f w e n d u n g e n des a u ß e r Verfolgung gesetzten Angeschuldigten f ü r eigene E r m i t t l u n g e n im allgemeinen nicht als zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendig u n d verneint die E r s t a t t b a r k e i t . 71

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II. Die Kostenfestsetzung (zu Abs. 1 Ziff. 1 und Abs. 2)

§ 96

notwendigen Auslagen a u s der Staatskasse e r s t a t t e t verlangen, die einem Zeugen gemäß § 51 S t P O auferlegt worden sind, ohne vorher den Zeugen erfolglos in Anspruch n e h m e n zu müssen 7 8 ). Zu den d e m Angeschuldigten erwachsenen notwendigen Auslagen gehört ferner sein 47 Verdienstausfall 79 ). Uneinigkeit herrscht in der R e c h t s p r e c h u n g , ob d e m freigesprochenen Angeschuldigten die K o s t e n seines Verteidigers a u c h d a n n a u s der Staatskasse zu ersetzen sind, wenn i h m diese K o s t e n v o n seiner Rechtsschutzversicherung zu e r s t a t t e n sind. W i r sind m i t der überwiegenden Rechtsprechung u n d S c h r i f t t u m der Auffassung, d a ß sich die T a t s a c h e einer Rechtsschutzversicherung in der K o s t e n e r s t a t t u n g nicht zugunsten der Staatskasse auswirken kann 8 0 ). Die E r s t a t t u n g der notwendigen Auslagen eines freigesprochenen Angeklagten e n t f ä l l t auch nicht deshalb, weil die Verteidigergebühren von der Gewerkschaft des Freigesprochenen ü b e r n o m m e n worden waren 8 1 ). Bei der P r ü f u n g der H ö h e der R a h m e n g e b ü h r e n ist auch eine Honorarvereinbarung 48 des Verteidigers m i t d e m Angeklagten zu beachten (vgl. dazu auch R z . 52ff zu § 3). 4. Die Gebühren F ü r die Kostenfestsetzung können besondere Gebühren nicht erhoben werden, d a 4 9 die Kostenfestsetzungsgebühr allgemein in F o r t f a l l gekommen ist u n d die ausgefallene Gebühr in die Tabelle (§11) eingearbeitet w u r d e (vgl. § 37 N r . 7 u n d Begr. zu § 37 N r . 3, vgl. 1. Aufl. S. 691). E s e n t s t e h e n somit Gebühren: a) im Verfahren ü b e r die E r i n n e r u n g gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluß n a c h § 4 6 4 b S t P O (vgl. F n . 1), b) im Verfahren über Erinnerungen gegen den K o s t e n a n s a t z g e m ä ß § 5 G K G oder a n d e r e n Kostenvorschriften, c) im Beschwerdeverfahren über diese Erinnerungen. Die Gebühren richten sich n a c h den Vorschriften des 3. Abschnitts u n d betragen 5 /io 82 ) der vollen Gebühr. Streitwert ist hier der K o s t e n b e t r a g , dessen H ö h e m i t der E r i n n e r u n g oder Beschwerde angefochten wird. E s k a n n im übrigen auf die Erl. zu § 6 1 verwiesen werden. ' 8 ) LG Münster N J W 74, 1342 = JMB1NRW 74, 155; AnwBl. 75, 101. '») OLG Koblenz N J W 65, 1289 mit zust. Anm. von Dahs jr.: LG Tübingen N J W 58, 959 = JZ 58, 406 mit zust. Anm. von Gossrau; OLG Nürnberg JVB1. 62, 116; AG Mönchengladbach N J W 57, 1330. A.M. AG Landau Beschl. v. 12. 11. 59 — Ms 102a —b/58 —;OLG Düsseldorf Rpfleger59, 275 = JVB1. 59, 195 mit weit. Nachw.; LG Nürnberg-Fürth JVB1. 62, 118; LG Tübingen N J W 62, 1532. Für den Privat- und Nebenkläger ist der § 91 ZPO anzuwenden, vgl. Willenbücher 16. Aufl. S 385 Anm. 22. 80 ) Ebenso LG Frankfurt AnwBl. 68, 60; LG Heidelberg Justiz 63, 145; LG Dortmund JVB1. 63, 103; LG Koblenz MDR 61, 598; Beschl. v. 16. 3. 63 — Qs 225/63; Beschl. v. 7. 7. 64 — Qs 69/64; vgl. auch Zusammenstellung bei Nr. 2 KostRsp. zu § 467 StPO (B) für gegenteilige Ansicht, und Schrifttumsnachweise. Vgl. auch LG Bremerhaven MDR 61, 786 mit Anm. von Mittelbach; Prölß VersR 60, 193. 81 ) OLG Frankfurt MDR 66, 258. Das LG Heilbronn verneint die Erstattbarkeit, wenn dem Angeklagten von seinem Arbeitgeber ein Verteidiger unentgeltlich zur Verfügung gestellt wird, er selbst also nicht belastet wird (KostRsp. Nr. 3 § 467 StPO (B). 82 ) Der Gebührensatz ist dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 von 3 / 10 auf 5 / 10 erhöht worden. Dies erschien in Anbetracht des mit solchen Erinnerungen und Beschwerden für den RA verbundenen Zeitaufwands und im Hinblick auf die erheblich gestiegenen Bürounkosten (Personal etc.) notwendig. Wegen Beschwerdegebühr s. LG Saarbrücken AnwBl. 73, 51. 107

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

m . Die Kostenentscheidung gegen die Staatskasse bei Freispruch 50

W i r d der Angeschuldigte freigesprochen oder die E r ö f f n u n g des H a u p t v e r f a h r e n s gegen ihn abgelehnt oder d a s Verfahren gegen ihn eingestellt, so sind n a c h § 467 Abs. 1 S t P O a u c h die d e m Angeschuldigten e n t s t a n d e n e n notwendigen Auslagen, wozu a u c h die Kosten der Verteidigung gehören, der Staatskasse aufzuerlegen 8 8 ). D a s gleiche gilt auch gemäß § 473 Abs. 2 S t P O , wenn der S t a a t s a n w a l t ein Rechtsm i t t e l z u r ü c k n i m m t oder wenn n a c h E i n s p r u c h gegen einen S t r a f b e f e h l die Staatsa n w a l t s c h a f t die K l a g e fallen läßt. E s ist nicht u n b e d i n g t notwendig, d a ß ein entsprechender A n t r a g gestellt wird. Auch ohne diesen h a t das Gericht d a r ü b e r zu entscheiden"). W i r d die Eröffnung des H a u p t v e r f a h r e n s abgelehnt, so bedarf es keiner ausdrücklichen Freistellung des Beschuldigten von den Verfahrenskosten. Auch in diesem Falle k ö n n e n Auslagen des Beschuldigten, z . B . die K o s t e n eines im Zwischen v e r f a h r e n bei Gericht t ä t i g gewordenen Verteidigers, falls sie notwendig waren, der Staatskasse auferlegt werden, u n d zwar a u c h noch durch Ergänzungsbeschluß 8 5 ).

51

F ü r die Festsetzung der einem freigesprochenen Angeklagten a u s der Landeskasse zu e r s t a t t e n d e n notwendigen Auslagen ist n i c h t der U r k b . des L G zuständig, das n a c h Zurückverweisung der Sache g e m ä ß § 354 Abs. 2 Satz 2 S t P O das zugrundeliegende Urteil erlassen h a t , sondern der U r k b . des LG, das zunächst entschieden hatte 8 8 ).

52

F ü r die Verjährung solcher K o s t e n e r s t a t t u n g s a n s p r ü c h e findet § 195 B G B (30 J a h r e ) A n w e n d u n g u n d nicht etwa § 196 Ziff. 15 B G B , d a dieser Anspruch n i c h t d e m R A , sondern seinem Auftraggeber zusteht 8 7 ) (vgl. a u c h R z . 40 zu § 16).

IV. Die Zwangsvollstreckung (zu Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2) 53

E s k a n n auch eine Zwangsvollstreckung a u s Strafurteilen auf Betreiben des R A erforderlich werden, u n d zwar a u s Entscheidungen, die ergangen sind: a) ü b e r einen a u s der S t r a f t a t erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruch (§§ 406b, 4 6 4 b StPO), vgl. E r l ä u t e r u n g e n zu § 89, 83 ) Aus dem schriftl. Ber. des Rechtsausschusses — 12. Ausschuß — Drucks. 1892 v. 10.3.61 ist noch bemerkenswert, daß bei den Beratungen auch die Festsetzung der Verteidigergebühren zur Sprache kam, wenn die Kosten der Staatskasse überbürdet werden, und zwar offensichtlich, weil auch dort die Klagen über die Schwierigkeiten, die bei der Erstattung solcher Gebühren gemacht werden, Gegenstand der Erörterungen waren. „Im Ausschuß wurde zum Ausdruck gebracht, daß in den Fällen, in denen nach den Vorschr. der StPO in einem freisprechenden Urteil außer den Kosten des Verf. auch die notwendigen Ausl. des freizusprechenden Angekl. der Staatskasse überbürdet würden, die Festsetzung der zu erstattenden Verteidigergeb. in ähnlicher Weise wie bei den Entsch. über Kosten einer Privatklage und einer Nebenklage im Rahmen der gesetzl. Gebührengrenzen nach der Bedeutung und der Schwierigkeit der Sache und nach den sonst zu berücksichtigenden Umständen erfolgen müssen. Es wurde die Auffassung vertreten, daß es dazu keiner Änderung gesetzl. Vorschr. bedürfe, da dies sich schon nach geltendem Recht aus den einschlägigen Vorschr. ergebe." M ) OLG Düsseldorf N J W 51, 775 unter Bezugnahme auf RGSt. 16, 425; RG J W 91, 52; RG Goltd. Arch. 53, 70; Schwarz Anm. 2A zu § 467 StPO. ») OLG Köln N J W 52, 39. Wegen Auferlegung der Kosten gemäß § 145 Abs. 4 StPO der von dem Verteidiger verschuldeten Aussetzung der Hauptverhandlung s. BayObLG N J W 52,

1066. 8

«) OLG Hamm Rpfleger 56, 339. ) KG DR 43, 154; Palandt Anm. 2 § 195 BGB.

87

108

Bedeutung der Vorschrift

§ 96a

b) über die E r s t a t t u n g der Kosten (§ 464b StPO), vgl. oben Rz. 2ff. e) ferner über die Mitwirkung bei der Veröffentlichungsbefugnis (z. B. auf Grund § 200 StGB, § 30 Abs. 2 W Z G ; § 49 Abs. 2 P a t G ; § 14 Abs. 3 GeschmMG, § 23 Abs. 2 UWG)«). Wegen Streitwert s. § 58 Rz. 47. d) im Beschwerdeverfahren. Die f ü r diese Tätigkeit besonders entstehenden Gebühren richten sich nach den Vorschriften des 3. Abschnittes (je 3 / 10 Gebühren für die zu a—c genannten Tatbestände, vgl. die Erläuterungen zu §§ 57, 58). Dagegen entstehen für das Beschwerdeverfahren die Gebühren in H ö h e von je 6/io89) gemäß § 61, vgl. die Erläuterungen dort Rz. 2ff.

§ 06 a. Abtretung des Kostenerstattungsanspruchs Tritt der Angeschuldigte den Anspruch gegen die Staatskasse auf Erstattung von Anwaltskosten als notwendige Auslagen (§§ 464b, 464a Abs. 2 Nr. 2 der Strafprozeßordnung) an den Rechtsanwalt ab, so ist eine von der Staatskasse gegenüber dem Angeschuldigten erklärte Aufrechnung insoweit unswirksam, als sie den Anspruch des Rechtsanwalts vereiteln oder beeinträchtigen würde. Vorbemerkung: Diese Vorschrift ist dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 neu ir die BRAGebO eingefügt worden. Sie soll verhindern, daß durch eine von der Staatskasse gegenüber dem Angeschuldigten erklärte Aufrechnung der Gebührenanspruch des R A vereitelt oder beeinträchtigt würde. Übersicht: Bedeutung der Vorschrift

Bz. I 1 | Abtretung ist Voraussetzung

Rz. 2

Bedeutung der Vorschrift § 96 a bezweckt, den R A davor zu schützen, daß eine von der Staatskasse gegenüber 1 dem Angeschuldigten erklärte Aufrechnung seinen Anspruch auf Gebühren u n d Auslagen vereitelt oder beeinträchtigt, obwohl der Angeschuldigte den ihm gegen die Staatskasse zustehenden Anspruch auf E r s t a t t u n g von Anwaltskosten an den R A abgetreten h a t . Die Einfügung dieser Vorschrift war notwendig geworden wegen der von einigen LandesjustizVerwaltungen geübten Praxis, gegenüber einem teilweise freigesprochenen Angeschuldigten mit Gegenansprüchen auf Kosten, Geldbußen usw. aufzurechnen. Der als Verteidiger tätige R A wurde daher oft u m die Möglichkeit gebracht, sich wegen seiner Vergütung aus dem Anspruch des Angeschuldigten gegenüber der Staatskasse ganz oder wenigstens teilweise zu befriedigen. U m dieses unbefriedigende Ergebnis zu vermeiden, ist in dem neuen § 96 a vorgesehen worden, daß bei Abtretung des Anspruchs des Angeschuldigten an den R A eine von der Staatskasse »») Vgl. dazu bereits BayObLG J W 31, 3504. Für Zivilsachen sieht übrigens § 58 Abs. 3 Nr. 13 eine entsprechende Regelung vor. S. auch Begr. 1. Aufl. S 996 zu I Abs. 1 Nr. 2. ") Die Erhöhung des Gebührensatzes von 3 / 10 auf 5 / 1 0 erfolgte dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189.

109

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

gegenüber d e m Angeschuldigten erklärte A u f r e c h n u n g insoweit u n w i r k s a m ist, als sie den Anspruch des R A vereiteln oder beeinträchtigen würde 1 ). W e n n zwischen d e m R A u n d d e m Angeschuldigten f ü r die Verteidigung ein über die gesetzliche festsetzbare Gebühr hinausgehendes Honorar vereinbart ist, sind geleistete Vorschußzahlungen vorweg auf den die gesetzliche Gebühr übersteigenden Teilbetrag des H o n o r a r s anzurechnen. Beispiel: Vereinbartes H o n o r a r einschließlich Mehrwertsteuer 1055 DM, gesetzliche Gebühren (§§ 12, 83, § 84 BRAGebO) mit Mehrwertsteuer 738,50 DM, Differenz also 316,50 DM, geleisteter Vorschuß 400 DM. Aus d e m Vorschuß ist zunächst der a u ß e r h a l b der gesetzlichen Gebühr liegende Honorar-Differenz b e t r a g v o n 316,50 DM zu verrechnen, es verbleiben somit auf die gesetzliche Gebühr zu verrechnen 83,50 DM. Die A u f r e c h n u n g der Staatskasse ist somit insoweit unwirks a m , als der R A d a d u r c h eines Teils des Anspruchs in H ö h e von 655 DM verlustig gehen würde. Die A u f r e c h n u n g der Staatskasse ist n u r insoweit unwirksam, als d a d u r c h der Anspruch des als Verteidiger t ä t i g e n R A vereitelt oder beeinträchtigt wird. D a h e r sind geleistete Vorschüsse auf die R A - G e b ü h r e n bei der P r ü f u n g der W i r k s a m k e i t einer A u f r e c h n u n g zu berücksichtigen. B e t r ä g t die von d e m R A b e s t i m m t e Gebühr (§§ 12, 83) z . B . 700 DM u n d h a t der Angeschuldigte d e m R A eine Vorschußzahlung von 300 DM geleistet, so ist die A u f r e c h n u n g der Staatskasse n u r insoweit unwirksam, als d a d u r c h die Realisierung des d e m R A noch zustehenden restlichen Gebührenanspruchs vereitelt oder beeinträchtigt wird, also in H ö h e von 400 DM 2 ). 2

Voraussetzung f ü r die U n w i r k s a m k e i t einer A u f r e c h n u n g der Staatskasse ist, d a ß eine Abtretung des d e m Angeschuldigten gegen die Staatskasse zustehenden Anspruchs auf E r s t a t t u n g von Anwaltskosten erfolgt ist. N a c h der F a s s u n g der Vorschrift wird die A b t r e t u n g a u c h noch n a c h d e m Abschluß des Verfahrens bzw. n a c h ergangener Kostenentscheidung erfolgen können.

2. Gebühren des gerichtlich bestellten Verteidigers und des beigeordneten Rechtsanwalts Vorbemerkungen zu §§ 97—103 Übersicht: § 97 Grundlagen des Pflichtverteidiger-Gebührenanspruchs Gebühr für das V o r v e r f a h r e n . . . . Nicht anwendbare Vorschriften . . Auslagenersatz Vorschußrecht

Rz. 1 2 3 4 5

Rz. Vorbereitung eines Wiederaufnahmeantrages Anwendbarkeit des § 91 für Tätigkeiten des Pflichtverteidigers . . . . Einlegung von Rechtsmitteln . . . Bloße Gnadengesuche

6 7 8 9

') Vgl. dazu das Gutachten der Wissenschaftl. Hilfsstelle Deutscher Rechtsanwälte bei der Hans-Soldan-Stiftung AnwBl. 73, 273ff.; ferner Kamm AnwBl. 74, 17; Schmidt N J W 73, 1735; AG Karlsruhe AnwBl. 73, 88; AG Dortmund AnwBl., 74, 91; ferner Stellungnahme des Gebührenrechtsausschusses des DAV zur BRAGebO-Novelle AnwBl. 74, 109. 2 ) Wenn Mümmler Büro 75, 783 u. Büro 75, 1007 die Ansicht vertreten will, der RA müsse begründen, weshalb er keinen Vorschuß gefordert und erhalten habe, und ferner der Meinung ist, daß der RA auf die Möglichkeit verwiesen werden dürfe, die Kostenansprüche gegen den Auftraggeber in Raten einzuholen, so ist dies unrichtig. Vgl. auch G«rold-Schmidt Rz. 4. 110

Vorbemerkungen zu §§ 97—103 Neuer Verfahrensbeginn 2. § 98 Festsetzung der Vergütung. . . 3. § 99 Bewilligung einer Pauschvergütung Angeklagter steht nicht armer Partei gleich 4. § 100 Gebührenanspruch gegen den Beschuldigten

Rz. 10 11 12 13 14

Vorbem

5. § 101 Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen 6. § 102 Privatkläger, Nebenkläger, Klageerzwingungsverfahren, sonstige Verfahrensbeteiligte 7. § 103 Zuständige Staatskasse . . . . 8. Anwendung der allgemeinen und gemeinsamen Vorschriften

Rz. 15 16 17 18

Die Vorschriften der §§ 97—103 behandeln die Vergütung des gerichtlich bestellten Verteidigers (Pflichtverteidiger, Offizialverteidiger). 1. Der § 97 behandelt den Anspruch gegen die Staatskasse und sieht vor, daß der R A 1 als Pflichtverteidiger das Vierfache der in den §§ 83—86, 90—92, 94, 95 bestimmten Mindestgebühren, jedoch nicht mehr als die H ä l f t e des Höchstbetrages a u s der Staatskasse erhält. I m Fall des § 90 Abs. 1 S a t z 2 (Abraten von der Stellung eines Antrags auf Wideraufnahme des Verfahrens) gilt dies jedoch nur dann, wenn der R A nach § 364 b Abs. 1 Satz 1 S t P O bestellt worden ist oder das Gericht die Feststellung nach § 364b Abs. 1 Satz 2 S t P O getroffen hat, daß die dort bestimmten Voraussetzungen vorliegen. Wenn der Pflichtverteidiger vor Eröffnung des Hauptverfahrens tätig ist, dann 2 erhält er hierfür die Gebühr in Höhe des Vierfachen der Mindestgebühr aus § 84 und zwar unabhängig vom Zeitpunkt seiner Bestellung (§ 97 Abs. 3). Nicht anwendbar sind aber die Vorschriften §88 (Einziehung und verwandte Maß- 3 nahmen) und § 89 (vermögensrechtliche Ansprüche), die im § 97 keine Erwähnung gefunden haben. Wegen Tabelle s. S. 114. Hinsichtlich des Ersatzes der Auslagen des Pflichtverteidigers aus der Staats- 4 kasse sind die Vorschriften des § 126 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sinngemäß anwendbar. Bei diesen Vorschriften handelt es sich u m solche, die im 12. Abschnitt enthalten sind und die die Vergütung des Armenanwalts betreffen. Die Feststellung nach § 126 Abs. 2, daß eine Auslage erforderlich ist, kann auch für andere Auslagen als Reisekosten getroffen werden. Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, werden einem R A nach Maßgabe des § 97 Abs. 2 Satz 1 und 2 vergütet, wenn er nach § 364b Abs. 1 Satz 1 S t P O bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364 Abs. 1 Satz 2 S t P O getroffen hat. Wegen des Vorschusses gelten § 127 Satz 1, § 98 sinngemäß (§ 97 Abs. 4). Der R A 5 kann deshalb jetzt auch als Pflichtverteidiger aus der Bundes- oder Landeskasse angemessenen Vorschuß für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen fordern. I s t der R A für die Vorbereitung eines Antrags auf Wiederaufnahme des Verfah- 6 rens, die Stellung eines solchen Antrags und die Vertretung in dem Verfahren zur Entscheidung über den Antrag bestellt worden, so erhält er das Vierfache der Mindestgebühren des § 84 (§ 97 Abs. 1, § 90 Abs. 1). 111

Vorbem

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

7

Die Vorschrift des § 91 gilt auch im Verhältnis des Pflichtverteidigers zur Staatskasse, weil § 91 in § 97 in Bezug genommen worden ist. Die früher vertretene Auffassung, daß die Gebühren f ü r die Rechtfertigung der Berufung oder Revision neben den Gebühren der §§ 85, 86 erhoben werden können, ist nach nochmaliger Überprüfung aufgegeben worden. Vgl. dazu auch Rz. 10 zu § 97 u n d Rz. 26 zu § 91.

8

Die Einlegung von Rechtsmitteln gehört noch zum Rechtszug u n d wird durch die Gebühren dafür mit abgegolten (§87 Abs. 2).

9

F ü r bloße Gnadengesuche erhält auch jetzt der Pflichtverteidiger keine Gebühren aus der Staatskasse. Nach der letzten Fassung der RAGebO (§ 69) war für Gnadengesuche eine Gebühr f ü r den Pflichtverteidiger ebenfalls nicht vorgesehen. Dagegen finden aber die Vorschriften der §§ 94, 95 f ü r die Tätigkeit als Beistand oder Vertreter eines Privatklägers, eines Nebenklägers u n d anderer Verfahrensbeteiligter auch f ü r den Pflichtverteidiger Anwendung. Auch erhöhen sich in diesen Verfahren seine Gebühren bei mehrtägiger Verhandlung, wie dies nach §§ 83, 85, 86 vorgesehen ist.

10

Ferner erhält auch der Pflichtverteidiger die Gebühren entsprechend § 97 i. Verb, mit § 83 Abs. 2 Satz 2, § 85 Abs. 2 Satz 2 u n d § 86 Abs. 2 Satz 2 für den ersten Tag der Hauptverhandlung erneut, wenn mit dem Verfahren von neuem begonnen wird (vgl. dazu § 83 Rz. 9, § 85 Rz. 20 u n d § 86 Rz. 6). Keine Anwendung auf den Pflichtverteidiger findet § 96, der die Gebühren f ü r die Erinnerung u n d Beschwerde bei Kostenfestsetzung u n d der Zwangsvollstreckung bestimmt.

11 2. Der § 98 regelt die Festsetzung der Gebühren des Pflichtverteidigers, aus der Staatskasse. Zuständig für die Entscheidung über den Antrag ist der U r k b d G des Gerichts des ersten Rechtszuges. Gegen seine Entscheidung ist der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges anzurufen, u n d gegen dessen Entscheidung findet die einfache unbefristete Beschwerde s t a t t nach den Vorschriften der §§ 304—310, 311a StPO. Eine Vergütung für dieses Verfahren, u n d zwar auch f ü r das Beschwerdeverfahren, erhält der Pflichtverteidiger nicht. Der Beschwerdewert m u ß mindestens 100 D M betragen (§ 304 Abs. 3 StPO). 12 3. Der § 99 sieht die Möglichkeit vor, bei Strafsachen, deren Umfang oder die Schwierigkeit besonders groß war, auf Antrag eine Pauschvergütung zu gewähren, die über die in § 97 bestimmten Gebühren hinausgeht. Über den Antrag h a t das OLG zu entscheiden, zu dessen Bezirk das Gericht gehört, bei dem die Strafsache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Der Bundesgerichtshof ist für die E n t scheidung zuständig, wenn er den R A bestellt hat. 13

Der Angeklagte, dem ein Pflichtverteidiger beigeordnet wurde, steht nicht einer armen Partei gleich, wenn ihr ein Armenanwalt beigeordnet wurde. E r k a n n nicht, wie die arme Partei, später etwa durch einen etwaigen Nachzahlungsbeschluß f ü r die von der Staatskasse an den Pflichtverteidiger gezahlten Beträge in Anspruch genommen werden. Wenn aber der Angeklagte verurteilt wird mit der Kostenfolge nach § 464 StPO, so umfassen diese Kosten auch die von der Staatskasse an den Pflichtverteidiger gezahlten Beträge u n d f ü r die gemäß § 466 S t P O sogar 112

Vorbemerkungen zu §§ 97—103

Vorbem

eine Mithaftung der Mitangeklagten gegeben ist (vgl. Begr. zu § 100 1. Aufl. S 1027). *

4. Beachtlich ist die Regelung des § 100, der, ähnlich wie in Armensachen, dem Pflicht- 14 Verteidiger unter bestimmten Voraussetzungen einen unmittelbaren Gebührenanspruch gegen den Beschuldigten einräumt. Es muß aber erst auf Antrag das Gericht die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten festgestellt haben. Dabei kann, nachdem die gegenteilige Bestimmung aus § 100 gestrichen worden ist, durchaus auch ein Erstattungsanspruch des Angeschuldigten gegen die Staatskasse Berücksichtigung finden. Nach Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten muß eine besondere Gebührenklage eingereicht werden. I m übrigen wird auf die Erläuterungen zu § 100 verwiesen. 5. Der § 101 bestimmt, wie es auch in Armensachen vorgesehen ist, die Anrechnung 15 von Vorschüssen und Zahlungen, die der Pflichtverteidiger in der gleichen Sache von dem Beschuldigten oder von einem Dritten erhalten hat. E r ist auch zur Rückzahlung solcher Beträge an die Staatskasse verpflichtet, die er später erhält. Allerdings braucht solche Anrechnung oder Rückzahlung nicht zu erfolgen, soweit der R A durch diese insgesamt weniger als den doppelten Betrag der ihm nach den §§ 97 und 99 zustehenden Gebühr oder Pauschvergütung erhalten würde. 6. Der § 102 sieht vor, daß die Vorschriften der §§ 97—101 entsprechend für die 16 Privatklage, Nebenklage, oder für das Klageerzwingungsverfahren sowie für sonstige Verfahrensbeteiligte, für die ein Pflichtverteidiger bestellt worden ist, gelten. Der R A erhält auch hier, wie dies sonst in den §§ 83, 85, 86 vorgesehen ist, bei mehrtägiger Dauer der Hauptverhandlung die entsprechenden Erhöhungen und bei neuem Verfahrensbeginn für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung wieder die dafür vorgesehenen Gebühren. Vgl. auch Rz. 10. 7. Der § 103 stellt klar, welche Staatskasse für die Vergütung des Pflichtverteidigers 17 zahlungspflichtig ist. 8. Unabhängig von diesen Sondervorschriften sind aber auch die Vorschriften des 18 1. Abschnittes (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie die Vorschriften des 2. Abschnittes (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren und Auslagen) §§ 20—30 entsprechend anwendbar. Aus diesem Grunde ist die Bestimmung des § 6, die zu den allgemeinen Vorschriften gehört, und die allgemein bei Vertretung mehrerer Auftraggeber Erhöhungen der Gebühren vorsieht, auch hier anwendbar. Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 erhöht sich bei Gebühren, die nur dem Mindest- und Höchstbetrag nach bestimmt sind, der Mindest- und Höchstbetrag um drei Zehntel je weiteren Auftraggeber. Dies ist beachtlich, wenn mehrerere Beschuldigte von dem gleichen R A vertreten werden. Hinsichtlich des Pflichtverteidigers ist es freilich Voraussetzung, daß mehreren Beschuldigten der gleiche R A als Pflichtverteidiger beigeordnet sein muß. Bei den aus dem 2. Abschnitt anzuwendenden gemeinsamen Vorschriften über Gebühren und Auslagen sind insbesondere die Vorschriften der §§ 25 ff über den Ersatz von Postgebühren, Schreibgebühren und Reisekosten zu beachten (vgl. dazu die Erl. zu § 97 Rz. 17ff). 9. Wenn in anderen Abschnitten der BRAGebO (z. B . im 9. Abschnitt) auf die Vorschriften des 6. Abschnittes verwiesen wird, so bedeutet dies, daß §§ 97 ff für die Gebühren des Pflichtverteidigers anzuwenden sind. 113

Vorbem

S e c h s t e r A b s c h n i t t : G e b u h r e n in S t r a f s a c h e n Die Gebühren des Pflichtverteidigers*) 1. R e c h t s z u g (§§ 83, 84)

Ordnung der Gerichte

Erhöhung Einzeltätigk Nur außerfür jeden Berufungs- WiederaufVorverfahren halb der rechtferti- nahmeverHauptver- und Haupt- weiteren fahren Hauptverh. verhandlung Hauptver- gung, Reviverhandlung (580) oder handlungs- stonsbegrünVorverf. tag dung 981 SM DM DM DM DM DM

a) O L G ( B a y O b L G ) , Schwurgericht, Jugendkammer

200,—

400,—

600,—

375,—



200,—

b) G r o ß e S t r a f k a m m e r J ugendkammer

H O -

280,—

420,—

225,—



140,—

rn,—

240,—

360,—

190,—



120,—

225,—

100,—

190,—

100,—

375,—

160,—

c) S c h ö f f e n g e r i c h t , Jugendschöffengericht, Amtsgericht, Jugendrichter

B e r u f u n g s v e r f a h r e n (§ 85) Ges. Tätigkeit als Verteidiger mit Hauptverhandlung a) G r o ß e S t r a f k a m m e r , J ugendkammer

140,—

280,—

b) K l e i n e S t r a f k a m m e r

120,—

240,—





R e v i s i o n s v e r f a h r e n (§ 86) Ges. Tätigkeit als Verteidiger mit Hauptverhandlung a) B G H b) O L G

(BayObLG)

c) W e n n i m 1. R e c h t s z u g A m t s r i c h t e r als Einzelrichter entschieden h a t

200,—

400,—

140,—

280,—



225,—

160,—



120,—

240,—



190,—

160,—



*) W e g e n G e b ü h r e n in B u ß g e l d v e r f a h r e n s. § 105 A b s . 2. W e g e n G e b ü h r e n in Auslieferungss a c h e n s. § 107. W e g e n G e b ü h r e n bei F r e i h e i t s e n t z i e h u n g s. § 112. W e g e n G e b ü h r e n i m W e h r b e s c h w e r d e v e r f a h r e n v o r d e n W e h r d i e n s t g e r i c h t e n s. d i e d u r c h d a s Ä n d G 1975 — B G B l . I , 2189 — n e u e i n g e f ü g t e V o r s c h r i f t d e s § 1 0 9 a B R A G e b O . W e g e n V e r f a h r e n m i t s t r a f r e c h t l i c h e m C h a r a k t e r v o r V e r f a s s u n g s g e r i c h t e n s. § 113 A b s . 1. 114

Anspruch gegen die Staatskasse § 97. Anspruch gegen die Staatskasse (1) Ist der Rechtsanwalt gerichtlich bestellt worden, so erhält er anstelle der gesetzlichen Gebühr das Vierfache der in den §§ 83—86, 90—92, 94 und 95 bestimmten Mindestbeträge aus der Staatskasse, jedoch nicht mehr als die Hälfte des Höchstbetrages. Im Falle des § 90 Abs. 1 Satz 2 gilt dies nur dann, wenn der Rechtsanwalt nach § 364b Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung bestellt worden ist oder das Gericht die Feststellung nach § 364b Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung getroffen hat. (2) Der Rechtsanwalt erhält ferner Ersatz der Auslagen aus der Staatskasse. § 126 Abs. 1 Satz I, Abs. 2 gilt sinngemäß; die Feststellung nach § 126 Abs. 2 kann auch für andere Auslagen als Reisekosten getroffen werden. Auslagen, die durch Nachforschungen zur Vorbereitung eines Wiederaufnahmeverfahrens entstehen, werden einem Rechtsanwalt nach Maßgabe der Sätze 1 und 2 vergütet, wenn er nach § 364 b Abs. 1 Satz 1 der Strafprozeßordnung bestellt worden ist oder wenn das Gericht die Feststellung nach § 364 b Abs. 1 Satz 2 der Strafprozeßordnung getroffen hat. (3) Für die Tätigkeit als Verteidiger vor Eröffnung des Hauptverfahrens erhält der Rechtsanwalt die Vergütung unabhängig vom Zeitpunkt seiner Bestellung. (4) Wegen des Vorschusses gelten § 127 Satz 1, § 98 sinngemäß. Vorbemerkungen: 1. Die erste Änderung des Abs. 1 erfolgte mit Wirkung vom 1. 7. 61 durch Gesetz vom 19. 6. 61 — BGBl. I, 769 —. Sie war deshalb notwendig, weil die Erhöhung der Pflichtverteidigergebühren erfolgen sollte, die sich bis dahin nur nach den Mindestbeträgen richteten. Ab 1. 7. 61 erhielt der Pflichtverteidiger das Eineinhalbfache dieser Mindestsätze. 2. Ein weitere Erhöhung der in Abs. 1 bestimmten Gebühren erfolgte mit Wirkung vom 1. 11. 72 durch Gesetz vom 24. 10. 72 — BGBl. I, 2013 —. Sie war notwendig, weil auch die damaligen Sätze in keiner Weise mehr der Kostenstruktur einer Anwaltskanzlei gerecht werden konnten. 3. Weitere Änderungen erfolgten durch Gesetz vom 20. 8. 75 — BGBl. I, 2189 —: a) I n Abs. 1 Satz 1 wurden die Worte eingefügt „anstelle der gesetzlichen Geb ü h r " . Damit sollte zum Ausdruck kommen, daß die Gebühr des gerichtlich bestellten Verteidigers nicht als gesetzliche Gebühr anzusehen ist u n d damit kein Zweifel mehr an der Anwendbarkeit des § 26 gegeben sein kann. b) Die in dem neuen Absatz 2 bestimmte sinngemäße Anwendung des § 126 f ü h r t dazu, daß anstelle des in § 126 Abs. 2 Satz 2 bestimmten Festsetzungsverfahrens nach § 128 das Festsetzungsverfahren nach § 98 t r i t t . c) Die Fassung des neuen Abs. 3 ist der Selbständigkeit der Vergütung f ü r die Tätigkeit vor Eröffnung des Hauptverfahrens angepaßt. Außerdem heißt es jetzt „Vergütung" anstelle des Wortes „Gebühr". Mit dieser Erweiterung sollte klargestellt werden, daß der Abs. 3 auch die Auslagen umfaßt 1 ). Damit ist die Streitfrage geklärt, ob sich die bisherige Fassung auch auf die Auslagen erstreckt h a t . Der Rechtsausschuß des B T (vgl. F n . 1) ist bei der Änderung von der Erwägung ausgegangen, daß der R A , der für den Beschuldigten bereits vor Eröffnung des Hauptverfahrens tätig wird, aber noch nicht beigeordnet ist, seine Aufgaben besser wahrnehmen kann, wenn er erwarten kann, auch die Auslagen, z. B. f ü r Ablichtungen aus Gerichtsakten, ersetzt zu erhalten. Miß1

) Vgl. Begr. des Rechtsaussehusaes, abgedr. AnwBl. 75, 120. IIS

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen brauchen ist durch die in dem neuen Abs. 2 Satz 2 vorgeschriebene Anwendung des § 126 Abs. 1 Satz 1 vorgebeugt worden: Hiernach werden Auslagen nicht erstattet, wenn sie zur sachgemäßen Interessenwahrnehmung nicht erforderlich waren. 4. I m Abs. 4 wird wegen des Vorschusses auf den neuen § 127 Satz 1 verwiesen. Danach kann in Abänderung der bisherigen Regelung der beigeordnete R A nicht nur für die entstandenen und voraussichtlich erwachsenden Auslagen, sondern ebenso auch für die entstandenen Gebühren angemessenen Vorschuß aus der Bundes- oder Landeskasse fordern. 5. Durch die Verweisimg im Abs. 4 auf § 98 wird die Bezugnahme in § 127 Satz 2 auf § 128 ersetzt. Die Festsetzung der Gebühren des Pflichtverteidigers erfolgt also nach § 98. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Fernmündliche Bestellung . . . . I I . Die Gebühren (zu Abs. 1) Gebühr für das Vorverfahren unabhängig vom Zeitpunkt der Bestellung Vorzeitige Beendigung der Tätigkeit des Pflichtverteidigers . . . . Anwendung der Vorschrift für Privatkläger usw Nicht anwendbare Vorschriften — Einziehung und verwandte Maßnahmen, Adhäsionsverfahren . . . Kostenfestsetzungsverfahren, Zwangsvollstreckung Nachträgliche Verbindung mehrerer Strafsachen Berufungsbegründung — keine eigene Gebühr aus § 91 Nr. 2 Revisionsinstanz — Terminswahrnehmung Keine rückwirkende Bestellung . . Stationsreferendar als Vertreter des Pflichtverteidigers Bloßes Gnadengesuch

Rz. 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Einzelne Tätigkeiten Beispiele III. Auslagen (zu Abs. 2) 1. Allgemeines 2. Ersatz der Auslagen Der Ersatzanspruch Mehrkosten Feststellung der Notwendigkeit vor Antritt der Reise Glaubhaftmachung der Auslagen Die Höhe der Auslagen . . . . 1. Die Postgebühren 2. Die Schreibauslagen . . . . Ablichtungen aus Behördenund Gerichtsakten 3. Reisekosten — für Tätigkeit, die nicht von der Bestellung umfaßt wird — zum Angeklagten . . . . 4. Sonstige Auslagen Beschaffung von Beweismaterial IV. Vorschuß (zu Abs. 4) V. Streifsachen besonderen Umfangs .

Rz. 15 16 17 17 18 18 19 20 21 22 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

I. Bedeutung der Vorschrift 1

Vgl. dazu auch die Vorbemerkungen zu §§ 97—103. Die Vorschrift des § 97 regelt die Gebühren des gerichtlich bestellten Pflichtverteidigers (Offizialverteidigers).

2

D i e Bestellung des Pflichtverteidigers kann auch nach Eröffnung des Verfahrens fernmündlich wirksam erfolgen, auch wenn diese Bestellung erst in der Hauptverhandlung durch Aufnahme in das Protokoll aktenkundig gemacht wird 2 ). Ebenso ist die unzulässige Bestellung wirksam 3 ). 2 3

) LG Münster Büro 59, 126. ) OLG Hamm N J W 58, 641.

116

II. Die Gebühren (zu Abs. 1)

IT. Die Gebühren (zu Abs. 1) W e n n der R A gerichtlich z u m Verteidiger bestellt worden ist, so erhält er das Vier- 3 fache der Mindestsätze der §§ 83—86, 90—92, 94 u n d 95, jedoch nicht m e h r als die H ä l f t e der in den g e n a n n t e n Vorschriften b e s t i m m t e n H ö c h s t b e t r ä g e . Der R A m u ß , wenn er d a s Vierfache der Mindestsätze f ü r die Verteidigung in der H a u p t v e r h a n d l u n g und f ü r das Vorverfahren erhalten soll, u m sich die letztere G e b ü h r zu verdienen, vor E r ö f f n u n g d e s H a u p t v e r f a h r e n s bereits tätig gewesen sein. Hierbei g e n ü g t jede Tätigkeit z . B . Schreiben a n den Angeschuldigten 4 ), in jedem Falle m u ß der R A aber eine Tätigkeit im Vorverfahren ausgeübt h a b e n . Aber eine völlig zweck- u n d wertlose Prozeßh a n d l u n g läßt keine R A - G e b ü h r e n entstehen 5 ). Nicht notwendig ist f ü r die Entstehving der Gebühr f ü r das Vorverfahren, d a ß der 4 R A schön zu diesem Z e i t p u n k t f ü r das Vorverfahren gerichtlich bestellt gewesen sein m u ß . E r erhält die Gebühr „ u n a b h ä n g i g v o m Z e i t p u n k t seiner Bestellung" 6 ) (Abs. 3). E s k a n n n u n der Fall eintreten, d a ß ein R A z u m Pflichtverteidiger bestellt worden 5 ist, n a c h d e m d a s H a u p t v e r f a h r e n bereits eröffnet war, u n d a u s irgendeinem G r u n d e seine Tätigkeit vor Beginn der Hauptverhandlung endet. D e m beigeordneten R A s t e h t in einem solchen Fall, ebenso wie jetzt auch d e m Wahlverteidiger, die Gebühr des § 84 f ü r die Tätigkeit a u ß e r h a l b der H a u p t v e r h a n d l u n g zu, jedoch a u c h hier m i t der Beschränkung auf das Vierfache des Mindestsatzes'). D a z u erhält der R A , wenn er auch bereits im V o r v e r f a h r e n eine Tätigkeit a u s g e ü b t h a t , die Zusatzgebühr gemäß Abs. 3, insgesamt also 2 Gebühren a u s § 84 Abs. 1. Die Vorschrift ist a u c h auf den d e m P r i v a t k l ä g e r im A r m e n r e c h t beigeordneten R A entsprechend anwendbar 8 ). D a s gilt auch f ü r den d e m Nebenkläger im A r m e n r e c h t beigeordneten R A , weil § 102 den § 97 f ü r a n w e n d b a r erklärt 9 ). 4

) KG N J W 63, 219. ) OLG Hamm AnwBl. 63, 143; vgl. auch OLG Celle NdsRpfl. 69, 143 = Rpfleger 69, 100 = OLGSt. § 97 BRAGebO KostRsp. § 86 Nr. 6 mit Anm. von H. Schmidt. •) Der Rechtsausschuß des BT (1957) hat diese Worte 1957 in § 97 Abs. 1 Satz 2 eingefügt. Sie sind jetzt in dem neuen Abs. 3 übernommen worden, der der Selbständigkeit der Vergütung für die Tätigkeit vor Eröffnung des Hauptverfahrens angepaßt ist. Der BT (1957) hat die Einfügung dieser Worte sehr zutreffend wie folgt begründet: „Es ist gerechtfertigt, den Verteidiger, der schon vor Eröffnung des Hauptverfahrens tätig geworden ist, aber erst später beigeordnet wird, auch für seine Tätigkeit vor der Hauptverhandlung aus der Staatskasse zu entschädigen. Daher stellt die vom Ausschuß beschlossene Fassung nicht mehr auf den Zeitpunkt der Beiordnung ab. Der Ausschuß ist der Auffassung, daß nach §§ 140, 141 StPO die Beiordnung eines Verteidigers von Amts wegen spätestens mit der Zustellung der Anklageschrift zu erfolgen hat. Eine spätere Bestellung des Verteidigers, etwa erst nach dem Eröffnungsbeschluß, bedeutet eine Benachteiligung des Angeklagten in der Verteidigung. Soweit die Voraussetzungen für die Beiordnung eines Verteidigers auf Antrag gegeben sind, hat die Beiordnung alsbald nach Eingang des Antrags zu erfolgen. Daher erscheint es als ein nobile officium des Richters, die Frist nach § 201 StPO so zu bemessen, daß dem Angeklagten die Möglichkeit, durch einen Verteidiger im Vorverfahren vertreten zu sein, nicht abgeschnitten wird. Der Ausschuß hat sich überlegt, ob er nicht aus diesem Grunde dem bestellten Verteidiger in jedem Falle die Vorverfahrensgebühr zubilligen sollte. Gebührenreehtliche Gesichtspunkte rechtfertigen es jedoch nicht, eine solche Gebühr auch dann zuzubilligen, wenn der Rechtsanwalt im Vorverfahren nicht tätig geworden ist." ') Wegen der Vorverfahrensgebühr vgl. auch Schmidt Büro 61, 221. ') LG Hildesheim JVB1. 60, 239. ') Gerold-Schmidt Rz. 3 zu § 102; a.M. AG Wolfsburg JVB1. 60, 23. 5

117

6

Sechster A b s c h n i t t : Gebühren in Strafsachen

7

Nicht anwendbar sind die Vorschriften § 88 (Einziehung u n d verwandte Maßnahmen) u n d § 89 (vermögensrechtliche Ansprüche). Durch die Pauschgebühr des § 97 wird also die Tätigkeit des gerichtlich bestellten Verteidigers im Anhangsverfahren (Adhäsionsverfahren, §§ 403ff StPO) nicht mitabgegolten 10 ). Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da § 97 Abs. 1 nicht auch § 89 aufzählt, der die Gebühren f ü r die Geltendmachung vermögensrechtlicher Ansprüche regelt. Wenn Riedel 11 ) dem Beschluß des OLG Bremen (vgl. Fn. 10) nicht zustimmt und darlegen will, daß der Pflichtverteidiger die Tätigkeit wegen Geltendmachung des Adhäsionsanspruches umsonst, d. h. für die ohnehin ungenügenden Pflichtverteidigergebühren miterledigen muß, so k a n n ihm nicht gefolgt werden. Was für den Wahlverteidiger billig ist, m u ß auch umso mehr für den Pflichtverteidiger gelten. Nirgends ist das im Gesetz verzeichnet, daß der Pflichtverteidiger diese Tätigkeit kostenlos ausüben m u ß u n d da das Gericht sich an das Gesetz halten muß, so ist die danach vom OLG Bremen (a.a.O.) vertretene Auffassung keineswegs zu beanstanden. Der RA, der mit der Geltendmachung von vermögensrechtlichen Ansprüchen im Strafverfahren befaßt wird, m u ß daher — auch nach Ansicht des OLG Bremen — wenn die Voraussetzungen vorliegen, in entsprechender Anwendung der Vorschriften der §§ 114ff. ZPO im Armenrecht beigeordnet werden, wenn er gegenüber der Staatskasse für diese zusätzliche Tätigkeit eine Vergütung beanspruchen will 12 ).

8

Die Bestellung des Pflichtverteidigers umfaßt auch nicht eine Tätigkeit im Kostenfestsetzungsverfahren und bei der Zwangsvollstreckung, weil § 96 nicht im § 97 Erwähnung gefunden h a t . Deshalb kommt hier ebenfalls nur eine entsprechende Anwendung der §§ 114ff ZPO in Betracht, sofern eine Bestellung insoweit erforderlich erscheint 13 ).

9

Durch die vom gerichtlich bestellten R A vorgenommene Akteneinsicht entsteht f ü r jede Sache die Gebühr nach § 84. Durch die nachträgliche Verbindung mehrerer Sachen zu einer Sache, die in der nur für eine Sache anberaumten Hauptverhandlung beschlossen wird, erhält der Pflichtverteidiger in einer Sache die Gebühren nach § 83 mit den Erhöhungen aus § 6; im übrigen bleiben die nach § 84 für jede Sache vor der Hauptverhandlung entstandenen Gebühren bestehen, u n d zwar auch dann, wenn der Pflichtverteidiger in einzelnen Sachen nur außerhalb der Hauptverhandlung tätig geworden ist 14 ).

10

F ü r die Verteidigung im Berufungsverfahren erhält der Pflichtverteidiger neben der allgemeinen Gebühr nach § 85 für die Berufungsbegründung keine weitere Gebühr aus § 91 Nr. 2. Das Gegenteil kann auch nicht daraus geschlossen werden, daß § 97 die Bestimmung des § 87 (Pauschgebühren) nicht erwähnt. Eine gesetzliche Verankerung solcher zusätzlicher Entschädigungen, die gegenüber dem bisherigen Recht eine beachtliche Änderung darstellen würden, h ä t t e im Gesetz ausdrücklich erwähnt und auch 10 ) OLG B r e m e n JVB1. 60, 138 = Rpfleger 60, 314 m i t zust. A n m . von L a p p e ; L G H a m b u r g AnwBl. 66, 29; a.M. R S R z . 16 sowie Riedel in abl. A n m . zu OLG B r e m e n JVB1. 60, 138. 11 ) A n m . in JVB1. 60, 139. 12 ) So auch schon B a u e r B ü r o 58, 316; vgl. a u c h L a p p e Rpfleger 60, 315; s. ferner R z . 6 § 89. E b e n s o Gerold-Schmidt R z . 4 zu § 97. 13 ) So auch Gerold-Schmidt R z . 4. 14 ) Vgl. auch d a z u L G Münster B ü r o 59, 126. Dagegen erhält der R A die G e b ü h r des § 83 f ü r jedes Verfahren, wenn die Sachen erst n a c h g e t r e n n t e m A u f r u f v e r b u n d e n worden sind u n d der R A in den mehreren V e r f a h r e n als Pflichtverteidiger bestellt worden ist. D a s gilt auch, wenn in allen Sachen T e r m i n auf dieselbe T e r m i n s t u n d e a n b e r a u m t w a r : OLG Düsseldorf AnwBl. 71, 24.

118

II. Die Gebühren (zu Abs. 1)

in der amtl. Begr. zur Neufassung der BRAGebO zum Ausdruck kommen müssen 15 ). Wegen Einzelheiten hinsichtlich der Höhe der Gebühren s. Tabelle S. 114. Ob der unbeschränkt beigeordnete Pflichtverteidiger auch für die Terminswahrneh- 11 mung in der Revisionsinstanz die Gebühren u n d Auslagen erhält, ist streitig. Das OLG Hamburg 1 6 ) billigt dem gerichtlich bestellten Verteidiger Gebühren für das Auftreten in der H a u p t v e r h a n d l u n g vor dem Revisionsgericht zu, wenn seine Bestellung nicht auf bestimmte Verfahrensabschnitte beschränkt worden ist. Der früher von dem BGH 1 7 ) bereits vertretene Standpunkt, daß die Bestellung eines Pflichtverteidigers durch den Vorsitzenden des Tatgerichts grundsätzlich nicht f ü r die Verhandlung vor dem Revisionsgericht wirken kann, ist jetzt in § 350 Abs. 3 StPO ausdrücklich in dem Sinne geregelt, daß sich die Bestellung nicht auf die Vertretung in der Hauptverhandlung vor dem Revisionsgericht erstreckt. Dem Angeklagten k a n n aber vom Vorsitzenden des Revisonsgerichts unter bestimmten Voraussetzungen ein R A als Pflichtverteidiger bestellt werden; hierbei m u ß es sich nicht u m den in der unteren Instanz bereits tätig gewesenen bestellten R A handeln. Auch f ü r die Tätigkeit außerhalb der Hauptverhandlung wird eine Gebühr für den Pflichtverteidiger im Revisionsverfahren allgemein anerkannt 1 8 ). Das gilt auch für die Anträge auf Verwerfung der Revision der Staatsanwaltschaft. Diese Tätigkeit wird nicht durch die erstinstanzlichen Gebüren (§ 87 Satz 2) abgegolten. Die Gebühren dafür richten sich n a c h § 86. Die rückwirkende Bestellung eines Pflichtverteidigers, ähnlich wie beim Armenrecht 12 im Zivilprozeß ist in Strafsachen unzulässig 19 ). Jedoch k a n n in der gesetzlich gebotenen Inanspruchnahme des RA, der nicht Wahlverteidiger ist, durch das Gericht die stillschweigende Bestellung zum Pflichtverteidiger liegen 20 ). H a t der Pflichtverteidiger sich in der Hauptverhandlung durch einen Stationsrefe- 13 rendar vertreten lassen u n d h a t das Gericht hierzu seine Zustimmung gegeben, dann stehen dem R A auch die für ihn geltenden gesetzlichen Gebühren zu 21 ). Ebensowenig wie diesem der Gebührenanspruch gegen die Staatskasse persönlich zusteht, so steht er auch nicht dem Vertreter zu, wenn dieser R A ist u n d wenn er mit Genehmigung des Gerichtsvorsitzenden auftritt 2 2 ). Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 4. Der Pflichtverteidiger erhält für ein Gnadengesuch keine Vergütung aus der Staats- 14 kasse, auch nicht in Anwendung des § 91 Nr. 1, wohl aber gegenüber dem Beschuldig15

) AG Herford Büro 59, 166; vgl. dazu auch Rz. 5 zu § 85. ) MDR 51, 183; N J W 64, 418 = AnwBl. 64, 183. ) Rpfleger 64, 262 = Büro 64, 659 mit abl. Anm. von H. Schmidt; s. auch Stöber JVB1. 65, 6; OLG Frankfurt AnwBl. 58, 174 mit abl. Anm. von Stackelberg. Vgl. auch H. Schmidt Büro 62, 250. 18 ) LG Osnabrück Büro 60, 213. 19 ) OLG Düsseldorf Büro 50, 63; ebenso N J W 52, 1151; OLG H a m m Büro 54, 376; OLG Hamburg Rpfleger 66, 29; vgl. auch OLG München Rpfleger 75, 107 = Büro 75, 197. S. aber auch nachfolgende Fn. 20. 20 ) OLG H a m m Rpfleger 60, 224; ebenso Büro 66, 134; OLG Hamburg MDR 74, 1039; a.M. OLG Hamburg Rpfleger 66, 29, wonach in der Inanspruchnahme des bisher tätig gewesenen Wahlverteidigers in der Hauptverhandlung dann keine Bestellung zum Pflichtverteidiger zu erblicken sein soll, wenn ein Antrag auf seine Bestellung zum Pflichtverteidiger nicht besehieden wird. 21 ) OLG H a m m Büro 59, 166 = JVB1NRW 59, 43. Ebenso BGH AnwBl. 58, 221. 22 ) Vgl. dazu OLG Hamburg N J W 63, 2040; Gerold-Schmidt Rz. 16; Lauterbach Anm. 1 A; Willenbücher Vorbem. vor §§ 83ff. Anm. 5; a.M. R S Rz. 19. 16

17

119

§ 97

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

ten. Dieser m u ß jedoch auf die Entstehung besonderer Gebühren pflichtgemäß hingewiesen werden. Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 93 Rz. 2. 15

Beschränkt sich die Bestellung des Pflichtverteidigers auftragsgemäß auf einzelne Tätigkeiten, so erhält er für diese einzelnen Tätigkeiten n u r das Vierfache der im § 91 bestimmten Gebühren; denn § 91 ist im § 97 zitiert 23 ). Hierbei kommt auch § 92 zur Anwendung 2 4 ).

Beispiele: 16 1. Der Pflichtverteidiger ist seit Beginn des Vorverfahrens in einer Schöffengerichtssache bestellt. Sein Auftrag endet vor der Hauptverhandlung. Es stehen ihm die Gebühren f ü r das Vorverfahren u n d f ü r das Verfahren außerhalb der H a u p t verhandlung gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 u n d Abs. 3 i. Verb, mit § 84 zu mit DM 120 x 2 = DM 240. 2. Der Pflichtverteidiger ist in einer Sache im ersten Rechtszug vor der Strafkammer zwei Beteiligten, und zwar bereits im Vorverfahren, beigeordnet worden. E r nimmt an der Hauptverhandlung teil, die drei Tage dauert. Es sind hier folgende Gebühren entstanden: a) Vorverfahren (§ 84 Nr. 2) DM 120 b) Hauptverhandlung (§ 83 Nr. 2) DM 240 c) f ü r weitere zwei Verhandlungstage (§ 83 Abs. 2 Nr. 2) zweimal 190 DM 380 insgesamt DM 740 d) Erhöhung u m drei Zehntel (§ 625) DM 222 E s stehen ihm insgesamt an Gebühren zu DM 962 3. Der Pflichtverteidiger ist seit Beginn des Vorverfahrens in einer Schöffengerichtssache bestellt. Sein Auftrag endet vor der Eröffnung des Hauptverfahrens. Es steht ihm lediglich die Gebühr für das Vorverfahren nach § 97 Abs. 1, 3, § 84 zu (DM 120). 4. I n der Sache des Beispiels zu 2 wird Revision zum BGH eingelegt. Der R A wird auch in diesem Verfahren beigeordnet. E r legt f ü r beide Beteiligte Revision ein u n d begründet diese. E r n i m m t den Hauptverhandlungstermin wahr, der einen Tag dauert. Es sind an Gebühren entstanden: a) f ü r Vertretung im Revisionsverfahren einschließlich Wahrnehmung des Hauptverhandlungstermins (§§ 97, 86 Abs. 1 Nr. 1) DM 400 b) Erhöhung gemäß § 6 u m drei Zehntel DM 120 E s stehen ihm insgesamt zu DM 520

n i . Auslagen (zu Abs. 2) 1. Allgemeines 17

Die E r s t a t t u n g der Auslagen des Pflichtverteidigers ist in diesem Abschnitt nicht besonders geregelt worden, vielmehr wird dazu auf die Vorschrift des § 126 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 verwiesen. Diese Bestimmung, die auch für den Pflichtverteidiger gilt, behandelt die Auslagen des beigeordneten Armenanwalts; denn die Vergütung in Armensachen ist im 12. Abschnitt (§§ 121 ff) geregelt. 23

) Vgl. auch LG Hagen AnwBl. 61, 321; LG Essen AnwBl. 61, 18. «) RS Rz. 17. 25 ) Wegen Vertretung mehrerer Beteiligter, denen der RA beigeordnet worden ist, s. die allgemeine Vorschrift des § 6. Diese findet auch in Strafsachen Anwendung. Hier tritt eine Erhöhung des Vierfachen der Mindestsätze um drei Zehntel ein. Vgl. auch § 83 Rz. 36 ff. 120

III. Auslagen (zu Abs. 2) F ü r den Ersatz der Auslagen des R A gelten übrigens auch hier die allgemeinen Vorschriften des 2. Abschnitts (§§ 25ff). Die Bestimmung des § 127 Satz 1, die den Vorschuß für die Gebühren und Auslagen des Armenanwalts regelt, ist auch hier f ü r den Pflichtverteidiger sinngemäß f ü r anwendbar erklärt worden. 2. Ersatz der Auslagen a) Der Ersatzanspruch F ü r den Anspruch des Pflichtverteidigers auf Ersatz seiner Auslagen aus der Staats- 18 kasse ist die Vorschrift des § 126 Abs. 1 Satz 1 sowie Abs. 2 sinngemäß für anwendbar erklärt worden. Diese Vorschrift bestimmt, daß Auslagen, insbesondere Reisekosten, nicht vergütet werden, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der armen Partei, hier also des Beschuldigten, nicht erforderlich waren. Auslagen f ü r die Wahrnehmung eines auswärtigen Termins durch einen RA, der nicht beigeordnet ist, werden nicht vergütet. Zu vergüten sind dagegen auch die Mehrkosten, die dadurch entstehen, daß der R A 19 seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, a n dem sich das Prozeßgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet. (Vgl. unten Rz. 25). Dies gilt auch, wenn ein R A beigeordnet worden ist, der weder bei dem Prozeßgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozeßgericht befindet 26 ). Ob eine Reise des beigeordneten R A erforderlich ist, stellt das Gericht des Rechts- 20 zuges auf Antrag vor Antritt der Reise fest. Die Feststellung, daß die Reise erforderlich ist, ist f ü r das Festsetzungsverfahren bindend. Die E r s t a t t i m g solcher Auslagen durch die Staatskasse hängt also davon ab, ob diese zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten erforderlich waren. Diese Vorschrift m u ß der R A sich stets vor Augen halten, wenn in der Sache, in der er vom Gericht bestellt ist, Auslagen entstehen; denn nicht alle Auslagen, die der R A aufwendet, sind von der Staatskasse zu erstatten, sondern nur solche, die unbedingt zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen erforderlich waren. Das m u ß der R A gegebenenfalls beweisen bzw. glaubhaft machen. Es müssen jedoch bedeutsame u n d auf bestimmte Tatsachen gestützte Anhaltspunkte vorliegen, u m von dem Verteidiger den Nachweis für die Notwendigkeit der Auslagen zu fordern. Gaedeke 27 ) weist dazu bereits darauf hin, daß die Vorschrift des früheren § 1 Abs. 3 ArmAnwG nicht i.S. einer Einschränkung, sondern als Erweiterung der Erstattungsmöglichkeit zu sehen war. Bestehen Zweifel hinsichtlich der Erforderlichkeit einer Auslage, so ist zugunsten des Pflichtverteidigers zu entscheiden 28 ). Nach § 98 Abs. 1 ist f ü r den Antrag auf E r s t a t t u n g der Vergütung aus der Staats- 21 kasse die Anwendung der Vorschrift des § 104 Abs. 2 ZPO vorgeschrieben. Dies be26 ) Dieser Anspruch kann dem Pflichtverteidiger auch nicht dadurch genommen werden, daß seine Bestellung nur mit der Einschränkung ausgesprochen wird, keine Reisekosten aus der Staatskasse erstattet zu verlangen: OLG H a m m N J W 54, 1541; N J W 68, 854; LG Aurich AnwBl. 70, 325; Willenbücher Rz. 7 S 393; Gerold-Schmidt Rz. 20; Lauterbach Anm. 3; R S Rz. 4, 21. 27 ) Armenanwaltskostengesetz (1937) S 113. 2S ) R S Rz. 20.

121

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen deutet, daß der Pflichtverteidiger, wie im sonstigen Kostenfestsetzungsverfahren, die Entstehung der Postgebühren versichern muß, sofern er nicht die Auslagenpauschale gemäß § 26 Satz 2 (10% der Gebühren eines gewählten Verteidigers, jedoch höchstens 30 DM) fordert. Die sonstigen Auslagen sind glaubhaft zu machen. Wenn Bedenken gegen die Höhe dieser Auslagen bestehen, so kann der UdG des Gerichts auch die Vorlage der Handakten verlangen 29 ). b) Die Höhe der Auslagen 1. Die Postgebühren 22

F ü r die Höhe der Auslagen gelten die Vorschriften des 2. Abschnitts (§§ 25—30). E s k a n n daher auf die Erläuterungen zu diesen Vorschriften verwiesen werden. Zu den Auslagen, die zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen erforderlich sind, gehören zweifellos die Postgebühren, deren E r s t a t t u n g die Vorschrift des § 26 vorsieht. Danach hat der R A Anspruch auf Ersatz der bei der Ausführung des Auftrags entstandenen Post-, Telegrafen-, Femsprech- u n d Fernschreibgebühren 3 0 ). E r kann nach seiner Wahl anstelle der tatsächlich entstandenen Kosten aber auch den Pauschsatz gemäß § 26 Satz 2 fordern, der 10% der gesetzlichen Gebühren, in derselben Angelegenheit und in gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug, jedoch höchstens 30 DM beträgt. Durch die Bestimmung in § 97 Abs. 1 Satz 1 ist nunmehr auch klargestellt, daß der Pflichtverteidiger die Postgebührenpauschale nach den Sätzen des Wahlanwaltes erhält. Damit ist die bereits seit längerer Zeit in der Rechtsprechung vorherrschende Meinung 31 ) in das Gesetz übernommen u n d der teilweise noch vertretenen gegenteiligen Ansicht die Grundlage entzogen worden.

23

F ü r die Anfertigung von zusätzlichen Abschriften und Ablichtungen stehen dem R A gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Schreibauslagen zu, sofern hierfür das Einverständnis des Auftraggebers vorliegt oder als stillschweigend erteilt angenommen werden k a n n (wegen Einzelheiten dazu vgl. die Erläuterungen zu § 27 Rz. 6ff). Dem § 27 Abs. 1 ist jetzt ein Satz 2 angefügt worden 32 ).

24

Hiernach stehen dem R A f ü r Ablichtungen u n d Abschriften aus Behörden- und Gerichtsakten, wozu insbesondere auch Strafakten gehören, Schreibauslagen zu, soweit die Abschrift oder Ablichtung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache (Verteidigung) geboten war. Auf das Einverständnis des Auftraggebers k o m m t es dabei nicht an. Erforderlich ist also nicht der Nachweis der Notwendigkeit, sondern es genügt, daß die Anfertigung derartiger Abschriften oder Ablichtungen sachgemäß war. Wenn manche Gerichte bisher dem Pflichtverteidiger solche Schreibauslagen nicht zubilligen wollten, so ist das nicht richtig. Ein Verteidiger, u n d insbesondere auch der Pflichtverteidiger, m u ß zur laufenden Bearbeitung und zur Verteidigung in der Hauptverhandlung die Aktenauszüge aus den Strafakten besitzen, weil sonst keine sachgemäße und sorgfältige Verteidigung möglich ist. Die Gerichte sollten daher bei der Zubilligung solcher Schreibauslagen gegenüber dem Pflichtverteidiger nicht

2. Die Schreibauslagen

29

) OLG Düsseldorf BB1. 32, 66; OLG Celle JVB1. 34, 281. ) Vgl. auch LG Kleve AnwBl. 54, 88. 31 ) Vgl. dazu auch Rz. 20 zu § 26 mit der dort in Fn. 17 u. 18 angegebenen Rspr. und Literatur; ferner Mümmler KostRsp. § 97 Nr. 12. 32 ) Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. 30

122

III. Auslagen (zu Abs. 2)

kleinlich verfahren, sonst setzen sie sich dem Vorwurf aus, den Angeschuldigten u n d den ihm beigeordneten Pflichtverteidiger in seiner Verteidigung zu beschränken. Der Wahlverteidiger k a n n solche Schreibauslagen von seinem Auftraggeber ohne weiteres fordern. Das m u ß aber auch gegenüber der Staatskasse zu gelten haben, so daß auch solche Schreibauslagen zu vergüten sind. Vgl. wegen Einzelheiten auch Rz. 16 zu § 27. 3. Reisekosten Die Höhe der Reisekosten regeln die Vorschriften der §§ 28 ff (vgl. die Erläuterungen 25 dort). Auch für die Reisekosten des Pflichtverteidigers gilt die Vorschrift des § 126 sinngemäß. Danach sind grundsätzlich Reisekosten nicht zu vergüten, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten nicht erforderlich waren (§ 126 Abs. 1 Satz 1). Wenn ein auswärtiger Verteidiger vom Gericht beigeordnet wird, z.B. ein nicht in Karlsruhe wohnender R A f ü r eine Verteidigung vor dem BGH, dann ist es klar, d a ß hier Reisekosten entstehen u n d auch erstattet werden müssen. Das gleiche h a t auch zu gelten f ü r den auswärtigen RA, der als Pflichtverteidiger in einer Schwurgerichtssache beigeordnet wurde hinsichtlich seines Anspruches auf Erstattung der Reisekosten und Tagegelder nach dem Sitze des Gerichts 33 ). Das ergibt sich auch bereits daraus, daß § 126 Abs. 1 Satz 2 nicht f ü r anwendbar erklärt worden ist. N u n gilt aber weiterhin für den Pflichtverteidiger die Vorschrift des § 126 Abs. 2 sinngemäß (vgl. oben Rz. 18fF). Diese Vorschrift k a n n nicht f ü r die vorerwähnten Fälle Anwendung finden, sondern für andere Reisekosten, die entstehen, z. B. wenn der Pflichtverteidiger einen auswärtigen Termin zur kommissarischen Vernehmung von Zeugen wahrnehmen will 31 ). Hier wird es stets für den R A zweckmäßig sein, wenn er nicht Gefahr laufen will, daß die Staatskasse solche Reisekosten nicht als erforderlich ansieht, zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten vorher den Antrag bei Gericht zu stellen, zu entscheiden, ob diese Reise erforderlich ist. Nach der Vorschrift des § 126 Abs. 2 Satz 2 ist die Feststellung des Gerichts, daß die Reise erforderlich ist, für das Festsetzungsverfahren bindend. Die Staatskasse kann dann nicht mehr die Vergütung der Reisekosten ablehnen. Nicht aus der Staatskasse zu erstatten sind Reisekosten des Pflichtverteidigers zwecks Einsicht in wissenschaftliche Werke, desgleichen nicht Kosten, die zur Überprüfung von Sachverständigengutachten durch Laien aufgewandt werden (z. B. Schießversuche des Pflichtverteidigers) 35 ). Keine von der Staatskasse zu erstattenden Kosten sind ferner die Aufwendungen 26 des Pflichtverteidigers f ü r eine Reise, die auf einer Tätigkeit beruht, welche nicht von der Bestellung umfaßt wird 36 ). Aus der Staatskasse sind dem Pflichtverteidiger aber die Auslagen (Reisekosten) 27 zu erstatten, die im Zusammenhang mit einer (oder mehreren) Reisen zu dem in Untersuchungshaft einsitzenden Angeklagten entstanden sind. Dem Pflichtverteidiger kann nicht zugemutet werden, solche Reisen zu Informationsgesprächen in einen anderen 33

) OLG Bamberg Rpfleger 50, 479; OLG H a m m Rpfleger 52, 303. Vgl. auch oben Fn. 26. ) Das OLG H a m m N J W 67, 1579 = AnwBl. 67, 453 = JVB1. 67, 212 billigt dem Pflichtverteidiger die PKW-Fahrtkosten zwecks Teilnahme an einer kommissarischen Vernehmung ohne Rücksicht auf die Entfernung und darauf zu, daß billigere Verkehrsmittel zur Verfügung standen, es sei denn, daß die Benutzung des eigenen P K W mißbräuchlich ist. 35 ) OLG Düsseldorf Büro 63, 690. 36 ) So auch R S Rz. 21. 34

123

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Ort auf eigene Kosten zu unternehmen. Eine derartige Handhabung würde das Recht des Angeklagten auf umfassende Informationsgespräche mit seinem Verteidiger einschränken 37 ). 4. Sonstige Auslagen 28

Sonstige Auslagen können z. B. entstehen: a) Für Fotokopien (Ablichtungen) von einer Unfallstelle; auch diese Auslagen müssen als erstattbar angesehen werden. b) Für die Hinzuziehung eines Dolmetschers zur Verständigung mit dem Angeschuldigten, auch wenn dieser etwa taubstumm ist®8). c) Übersetzungskosten für Schriftstücke in fremder Sprache"). d) Detektivkosten. Es ist aber hierbei stets der Grundsatz zu beachten, daß solche Auslagen nur dann erstattet verlangt werden können, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen des Beschuldigten erforderlich waren (§ 126 Abs. 1 Satz 1, vgl. auch oben zu Rz. 18ff).

29

Als nicht aus der Staatskasse zu erstattende Auslagen werden Aufwendungen angesehen, die der Verteidiger zur Beschaffung von Beweismaterial getätigt hat. Diese Auslagen sollen nur nach der allgemeinen Erstattungsvorschrift des § 467 StPO zur Festsetzung gebracht werden können 40 ). Wegen weiterer Einzelheiten kann auch auf die Erläuterungen zu § 126 verwiesen werden, da bis zu einem gewissen Grade auch die Grundsätze für die Erstattung der Auslagen in Armensachen für den Pflichtverteidiger gelten.

30

Der Abs. 4 erklärt ferner die Vorschrift des § 127 Satz 1 sinngemäß für anwendbar. Diese Vorschrift ist neu 41 ). Sie bestimmt, daß der RA einen angemessenen Vorschuß für die entstandenen Gebühren und die entstandenen und voraussichtlich entstehenden Auslagen aus der Bundes- oder Landeskasse fordern kann. Während also die Gebühren bereits entstanden sein müssen, kann hinsichtlich der Auslagen Vorschuß nicht bloß für bereits angefallene, sondern auch für erst noch entstehende Aufwendungen verlangt werden. Die Bestimmung, wonach der Vorschuß nur zu gewähren ist, wenn dem RA nicht zuzumuten ist, die Kosten aus eigenen Mitteln vorzuschießen, ist weggefallen 42 ). Das gilt also auch für den gerichtlich bestellten Verteidiger in Strafsachen.

IV. Vorschuß (zu Abs. 4)

S7 ) Vgl. dazu LG Düsseldorf AnwBl. 69, 372 mit zust. Anm. von Brangsch. Dies gilt selbst für Auslagen, die ein zunächst als Wahlverteidiger tätiger, später zum Pflichtverteidiger bestellter R A für Gefängnisbesuche aufgewandt hat: AG Moers AnwBl. 70, 28; ebenso GeroldSchmidt Rz. 20. 88 ) KG J W 34, 913; 36, 948; OLG Oldenburg AnwBl. 52/53, 207; OLG Köln N J W 54, 1693. Daß der Angeklagte die unentgeltliche Beiziehung eines Dolmetschers verlangen kann,^ hat aber nicht zur Folge, daß ihm die durch die Beiziehung des Dolmetschers entstandenen Kosten nicht auferlegt werden dürfen, wenn er verurteilt wird: OLG Köln MDR 75, 955; LG Mannheim Rpfleger 65, 52; LG Heidelberg Justiz 73, 444; LG Darmstadt KostRsp. § 92 GKG Nr. 26; AG Tübingen MDR 75, 956; Kleinknecht 30. Aufl. Anm. 10 zu Art. 6 M R K ; Löwe/Rosenberg Anm. I 5 zu § 465 StPO. 39 ) OLG Kiel J W 32, 1165 = Rpfleger 32, 232; OG Danzig H R R 30, 1285; Gaedeke J W 35, 744. 40 ) So OLG H a m m N J W 65, 2123 = JVB1. 65, 281 = JMB1NRW 66, 69. 41 ) Eingefügt durch Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. 42 ) Vgl. dazu auch H . Schmidt AnwBl. 75, 338.

124

I. Bedeutung der Vorschrift Vgl. V o r b e m . vor §§ 97 ff R z . 5. F ü r die Festsetzung des Vorschusses gilt die Bestimm u n g des § 98 sinngemäß.

V. Strafsachen besonderen Umfangs I n besonders umfangreichen oder schwierigen Strafsachen k a n n d e m gerichtlich 31 bestellten R A gemäß § 99 eine ü b e r die Gebühren des § 97 hinausgehende Pauschverg ü t u n g bewilligt werden. Vgl. d a z u die B e m e r k u n g e n zu § 99.

§ 98. Festsetzung der Gebühren (1) Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf Antrag des Rechtsanwalts von dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts des ersten Rechtszuges festgesetzt. § 104 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung gilt sinngemäß. (2) Über die Erinnerung des Rechtsanwalts oder der Staatskasse gegen die Festsetzung nach Absatz 1 entscheidet der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges durch Beschluß. (3) Gegen den Beschluß ist Beschwerde nach den Vorschriften der §§ 304—310, 311 a der Strafprozeßordnung zulässig. (4) Das Verfahren über die Erinnerung und Uber die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Zuständigkeit des Urkundsbeamten Anwendung auf Festsetzung bei Privatkläger-, Nebenkläger- und sonstige Vertretungen Keine Anwendung des § 98 für das allgem. Kostenfestsetzungsverfahren Fälligkeit der Vergütung — Verjährungsfrist Keine Verzinsung der Pflichtverteidigergebühren II. Das Verfahren (zu Abs. 1 — 4 ) . . . Auslagen — Glaubhaftmachung . .

Rz. 1 2 3 4 5 6 7 8

Anrechnung von Vorschüssen usw. . Die Entscheidung Die Erinnerung — Keine Beteiligung des Angeschuldigten und ihm gleichgestellter Personen Die Beschwerde Keine Beschwerde gegen Entscheidung des BGH Keine weitere Beschwerde Keine Gebühren für das Beschwerdeverfahren

Rz. 9 10 11 12 13 14 15 16

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift regelt die Festsetzimg der d e m Pflichtverteidiger n a c h § 97 zuste- 1 h e n d e n Gebühren u n d Auslagen. Zur E n t s c h e i d u n g ü b e r den F e s t s e t z u n g s a n t r a g ist zunächst der Urkundsbeamte 2 der Geschäftsstelle des ersten Rechtszuges zuständig (Abs. 1). E r s t auf die Erinnerung gegen dessen E n t s c h e i d u n g h a t der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges (und zwar allein) zu entscheiden (Abs. 2). Die Entscheidimg in der vollen Besetzung des Gerichts wird in Strafsachen nicht f ü r erforderlich erachtet, d a es sich, wie die B e g r ü n d u n g (vgl. 1. Aufl. S 1019) sagt, in der Regel u m kleinere Beträge handeln wird. 125

§ 98

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Gegen die Entscheidung des Vorsitzenden des Gerichts ist die Beschwerde nach §§ 304—310, 311a StPO zulässig (Abs. 3), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 DM übersteigt (§ 304 Abs. 3 StPO). F ü r diese Verfahren, also auch nicht für die Erinnerung und f ü r die Beschwerde erhält der Pflichtverteidiger keine besonderen Gebühren (Abs. 4). Mit dieser Vorschrift soll lediglich ein Rechtsweg eröffnet werden, durch den im Instanzenzuge Streitfragen über die Höhe der dem Pflichtverteidiger zustehenden Gebühren geklärt werden können. 3

§ 98 ist gemäß § 102 Abs. 1 auch maßgebend für die Festsetzung der einem Privatkläger, Nebenkläger oder sonst beigeordneten R A gegen die Staatskasse zustehenden Vergütung, desgleichen für den dem Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren gerichtlich bestellten Vertreter. Ferner k o m m t § 98 entsprechend zur Anwendung für den in Auslieferungssachen beigeordneten R A (§ 107 Abs. 2).

4

Nicht hierher gehört aber das allgemeine Kostenfestsetzungsverfahren, wenn ein Beteiligter einem anderen zum Ersatz von Kosten verpflichtet ist (vgl. dazu § 96), ebenso gehört nicht hierher die Kostenerstattung durch die Staatskasse bei Freispruch des Angeschuldigten (vgl. dazu § 96 Rz. 50ff). Schließlich kann § 98 auch keine Anwendung finden für die Gebührenansprüche des Wahlverteidigers. Dessen Kosten können nur mit Mahnverfahren oder Klage gegen den früheren Auftraggeber geltend gemacht werden (vgl. dazu auch Rz. 56ff zu § 19.

5

Wegen der Fälligkeit der Vergütung gilt § 16 (vgl. auch Rz. 3ff zu § 16). Mit der Fälligkeit beginnt auch die Verjährungsfrist zu laufen (vgl. Rz. 24ff zu § 16). Deshalb ist es zweckmäßig, den Antrag auf die Vergütung alsbald nach der Fälligkeit (Beendigung des Rechtszuges oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht oder der Auft r a g sich anderweitig erledigt, z. B. Abberufung als Pflichtverteidiger) zu stellen.

6

Eine Verzinsung der Gebühren des Pflichtverteidigers, wie sie f ü r das Festsetzungsverfahren § 104 Abs. 1 Z P O und § 464b Satz 2 StPO vorsehen, findet nicht s t a t t ; denn hier handelt es sich nicht um ein Festsetzungsverfahren, sondern u m ein Erstattungsverfahren 1 ). Wenn aber nach erfolgter Festsetzung der Pflichtverteidigergebühren Klage gegen die Staatskasse auf Auszahlung dieser Gebühren erhoben wird, so k a n n der Pflichtverteidiger vom Eintritt des Verzuges an Verzinsung in tatsächlich entstandener Höhe als Schadenersatz fordern 2 ).

II. Das Verfahren (zu Abs. 1—4) 1. Der Antrag (zu Abs. 1) 7

Der Antrag ist formlos an das Gericht des ersten Rechtszuges zu richten, das also nicht mit dem Gericht identisch zu sein braucht, das den R A bestellt h a t . Antragsberechtigt ist lediglich der gerichtlich bestellte R A , nicht etwa ein Assessor, der in seinem Auftrag die Verteidigung geführt hat 3 ) (vgl. auch dazu § 4 Rz. 21).

8

Nach Abs. 1 Satz 2 gilt § 104 Abs. 2 ZPO sinngemäß. Dieser schreibt vor, daß zur Berücksichtigung eines Kostenansatzes genügt, daß er glaubhaft gemacht ist. HinJ

) OLG Frankfurt NJW 74, 960 = AnwBl. 74, 87 = Rpfleger 74, 126. ) AG Kiel AnwBl. 75, 103. ) OLG Düsseldorf BB1. 32, 66; OLG Celle JVB1. 34, 281; KG JW 37, 1839; OLG Hamm Rpfleger 52, 444. 2

3

126

II. Das Verfahren (zu Abs. 1—4)

sichtlich der einem R A erwachsenen Auslagen an Post-, Telegrafen- und Fernsprechgebühren genügt die Versicherung des RA, daß diese Auslagen entstanden sind. Der R A m u ß daher wie im sonstigen Kostenfestsetzungsverfahren die Entstehung seiner Auslagen ausdrücklich versichern, es sei denn, der R A fordert anstelle der tatsächlichen Portoauslagen usw. die Pauschale des § 26 Satz 2. Andere Auslagen m u ß der R A glaubhaft machen, hierzu reicht die Versicherung allein nicht aus. Der Urkundsbeamte k a n n von dem R A auch die Vorlage der Handakten des R A verlangen 4 ). Vorschüsse und Zahlungen, die der Pflichtverteidiger vor oder nach der gericht- 9 liehen Bestellung in dieser Sache von dem Beschuldigten oder einem Dritten nach der GebO oder auf Grund einer Honorarvereinbarung erhalten hat, m u ß er sich anrechnen lassen. Die Anrechnung unterbleibt aber, wenn dem R A dadurch weniger als der doppelte Betrag der Pflichtverteidigergebühren (§§ 97, 99) verbleiben würde (vgl. dazu die Erl. zu § 101 u. die dort angegebenen Beispiele). 2. Die Entscheidung (zu Abs. 1) Zuständig für die Entscheidung über den Antrag ist der Urkundsbeamte der Ge- 10 schäftsstelle des ersten Rechtszuges, nicht der Rechtspfleger 5 ). Nichts anderes h a t auch zu gelten, wenn der R A vom Gericht eines höheren Rechtszuges, z. B. f ü r die Revisionsverhandlung vom Oberlandesgericht, bestellt worden ist. Ist das Strafverfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, so entscheidet über den Antrag der Urkundsbeamte des Gerichts, das den Pflichtverteidiger bestellt hat. Wird der Pflichtverteidiger aufgrund einer Beschwerde bestellt, so ist für die Entscheidung über den Festsetzungsantrag wiederum das Erstgericht zuständig 6 ). Dies gilt auch, wenn vom B G H ein bisher in dem Verfahren noch nicht als Pflichtverteidiger tätig gewordener R A bestellt wird, u m den Angeschuldigten in der Revisionshauptverhandlung zu vertreten; dann ist ebenfalls der Festsetzungsantrag an das Gericht des ersten Rechtszuges zu richten u n d es h a t dessen Urkundsbeamter über den Antrag zu entscheiden 7 ). Die Entscheidung über den Festsetzungsantrag erfolgt durch Beschluß. Wenn die Entscheidung des Urkundsbeamten nicht richtig sein sollte, z. B. wenn er verlangte und begründete Auslagen (vgl. § 97 Rz. 17 ff) nicht anerkennen will, so bleibt immer noch die Nachprüfung durch den Gerichtsvorsitzenden im Wege der Erinnerung übrig (vgl. nachstehend Rz. 11). 3. Die Erinnerung (zu Abs. 2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten findet die Erinnerung statt, die so- 11 wohl vom Pflichtverteidiger als auch von der Staatskasse eingelegt werden kann. Der jeweilige Erinnerungsgegner ist zu der von der anderen Seite eingelegten Erinnerung zu hören. Nicht beteiligt sind in dem Erinnerungsverfahren der Angeschuldigte, desgleichen 12 nicht die in § 102 genannten sonstigen Personen, denen ein Pflichtverteidiger gerichtlich bestellt oder beigeordnet werden kann (Privatkläger usw.). Diese können gegen 4 ) LG Bremen Rpfleger 51, 480; Zöller Anm. 2 zu § 104 ZPO; vgl. im übrigen die Erl. zu § 97 Rz. 21. 5 ) OLG Koblenz MDR 75, 75. Ebenso OLG Stuttgart Rpfleger 74, 79 = OLGSt. § 98 BRAGebO = Justiz 74, 69. •) So auch Gerold-Schmidt Rz. 3. ') Ebenso Lauterbach Anm. 2; RS Rz. 3; a.M. Gerold-Schmidt Rz. 3, wonach in einem solchen Fall der Urkundsbeamte des B G H über den Antrag zu entscheiden haben soll.

127

§ 98

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

den Festsetzungsbeschluß nach § 98 keine Erinnerung einlegen, wobei freilich der Beschluß auch keine Wirkung gegen sie hervorbringen kann. Wird z. B. der Angeschuldigte später mit den Pflichtverteidigerkosten gemäß § 92 Nr. 6 GKG belastet, so steht ihm die Erinnerung nach § 5 GKG gegen die Gerichtskostenrechnung zu. Für die Entscheidung über diese Erinnerung ist die im Verfahren nach § 98 erfolgte Festsetzung ohne Bindungswirkung. Die Erinnerung gegen den Beschluß des UdG im Verfahren nach § 98 ist an keine Frist gebunden, sie ist keine solche des § 104 Abs. 3 ZPO, also nicht innerhalb der Notfrist von zwei Wochen einzulegen. Über diese Erinnerung entscheidet der Vorsitzende des Gerichts des ersten Rechtszuges durch Beschluß, und zwar allein ohne volle Besetzung des Gerichts 8 ). Der Vorsitzende wird hier als unabhängiges Gerichtsorgan tätig. Eine Entscheidung des voll besetzten Gerichts erscheint in Strafsachen nicht erforderlich, da es sich in der Regel um kleinere Beträge handelt*). Diese Regelung unterscheidet sich also von dem sonstigen Kostenfestsetzungsverfahren (§ 464b StPO), in dem nicht nur der Vorsitzende, sondern das Gericht zu entscheiden hat. Die Entscheidungen ergehen gemäß Abs. 4 Satz 1 gebührenfrei. Eine Erstattung von Kosten erfolgt nicht (Abs. 4 Satz 2). 13

4. Die Beschwerde (zu Abs. 3) Gegen die Entscheidung des Gerichtsvorsitzenden ist die strafprozessuale, einfache, unbefristete Beschwerde gemäß §§ 304—310, 311a StPO zulässig, wenn der Beschwerdewert 100 DM übersteigt (§ 304 Abs. 3 StPO) 10 ). Wegen Berechnung s. § 9 Rz. 26ff. Die Beschwerde wird gemäß § 306 Satz 1 StPO bei dem Gericht eingelegt, dessen Vorsitzender die angefochtene Entscheidung erlassen hat. Die Einlegung kann schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle erfolgen. In dringenden Fällen kann die Beschwerde auch bei dem Beschwerdegericht eingelegt werden (§ 306 Satz 2 StPO). Der Vorsitzende hat der Beschwerde abzuhelfen, wenn er sie für begründet erachtet (§ 306 Abs. 2 StPO). Deswegen wird es meist zweckmäßig sein, die Beschwerde, wie im § 306 Abs. 1 StPO vorgeschrieben ist, bei dem Gericht einzureichen, dessen Vorsitzender die anzufechtende Entscheidung erlassen hat.

14

Ist über die Erinnerung von dem Vorsitzenden des Strafsenats des BGH oder eines OLG entschieden worden, so ist gemäß § 304 Abs. 4 StPO gegen deren Entscheidung keine Beschwerde zulässig.

15

Eine weitere Beschwerde ist nicht zulässig (§ 310 Abs. 2 StPO) 11 ).

16

Auch für das Beschwerdeverfahren erhält der RA keine Gebühren (Abs. 4)12). 8

) OLG H a m m JMB1NRW 73, 180; OLG Koblenz MDR 75, 76. ) Vgl. amtl. Begr. 1. Aufl. S 1019. ) Erfolgt die Entscheidung des Vorsitzenden über mehrere Erinnerungen gegen mehrere in einer Strafsache ergangene Kostenfestsetzungsbeschlüsse in einem Beschluß, dann bemißt sich der Wert des Beschwerdegegenstandes ausschließlich nach diesem Beschluß. Maßgebend ist also für die Beschwer der zusammengerechnete Betrag: OLG H a m m JMB1NRW 68, 90 = OLGSt. § 26 BRAGebO. Vgl. auch Tschischgale MDR 58, 390. u ) Übrigens ist diese weitere Beschwerde für die Wertfestsetzung nach § 10 Abs. 3 bestehen geblieben für den Fall, daß sie das Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuläßt; sie kann aber nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht; die §§ 550 und 551 ZPO gelten sinngemäß. 12 ) Durch die jetzige Fassung ist auch klargestellt, daß weder für das Erinnerungs- noch für das Beschwerdeverfahren Gerichtsgebühren entstehen. Diese Regelung entspricht auch dem jetzigen § 5 Abs. 4 GKG (neu gefaßt durch Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189). 9

10

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I. Bedeutung der Vorschrift § 99. Strafsachen besonderen Umfangs ( 1 ) In besonders umfangreichen oder schwierigen Strafsachen ist dem gerichtlich bestellten Rechtsanwalt für das ganze Verfahren oder für einzelne Teile des Verfahrens auf Antrag eine Pauschvergütung zu bewilligen, die Uber die Gebühren des § 97 hinausgeht. ( 2 ) Über den Antrag entscheidet das Oberlandesgericht, zu dessen Bezirk das Gericht gehört, bei dem die Strafsache im ersten Rechtszug anhängig ist oder war. Der Bundesgerichtshof ist zur Entscheidung berufen, soweit er den Rechtsanwalt bestellt hat. In dem Verfahren ist die Staatskasse zu hören. Vorbemerkung: Abs. 1 wurde geändert dch. Ges. v. 20. 8. 75 B G B l . I , 2189. Anstelle des Wortes „außergewöhnlich" heißt es j e t z t „besonders". Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Begründung des B T für die Abänderung der Vorschrift Anwendung auf Vertretung von Privatklägern, Nebenklägern, Antragstellern usw Keine Anwendung auf Wahlverteidiger Vertreter des Pflichtverteidigers. . I I . Zur Höhe der Vergütung (zu Abs. 1) Keine Begrenzung der Pauschgebühr nach oben Pauschvergütung für einzelne Verfahrensteile Ausmaß des Zeitaufwandes maßgeblicher Gesichtspunkt Erhöhung bei nur eintägiger Hauptverhandlung Auswärtiger Beweistermin . . . . Termine außerhalb der Hauptverhandlung Dolmetscher-Einsparung . . . . . . Auswärtiger Pflichtverteidiger. . . Pauschvergütung in NS-Prozessen Vertretung von Angehörigen der Baader-Meinhof-Gruppe Große Zahl von-Einzelstraftaten. . Verfahren wegen verräterischer Beziehungen Pauschvergütung für Vorverfahren Andenken — Verunglimpfung. . . Art des Verbrechens Person des Angeklagten

Rz. 1 2 3 4 6 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 18 19 20 21

RA mit Kenntnis ausländischen Rechts Übernahme der Pflichtverteidigung ist Standespflicht des RA Einstellung eines anderen RA wegen langdauernder Abwesenheit . . Verfahrensfortsetzung nach über zehntägiger Unterbrechung der Hauptverhandlung Ehrengerichtliches Verfahren Einziehungs verfahren Nebenklägervertreter I I I . Die Entscheidung über den Antrag (zu Abs. 2) Zuständigkeit — des OLG . . . . — des BGH — des BayObLG — des Disziplinargerichts . . . . Pflichtverteidigergebühren bereits bezahlt Zu späte Antragstellung als Verzicht oder Verwirkung Keine Berücksichtigung haushaltrechtlicher Gesichtspunkte . . . . Vorschüsse und Zahlungen sind nicht im Verfahren nach § 99 in Abzug zu bringen Auslagen und Umsatzsteuer . . . Anhörung der Staatskasse und des RA Keine Beschwerde Gegenvorstellungen Vorschuß auf die Pauschvergütung

Rz. 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42

I. Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift bestimmt, daß für den gerichtlich bestellten Verteidiger in besonders 1 umfangreichen oder schwierigen Strafsachen für das ganze Verfahren oder für einzelne Teile eine Pauschvergütung bewilligt werden kann, die über die ihm aus der Staatskasse nach § 97 zustehenden Gebühren hinausgeht. 129

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen 2

Die jetzige Fassung beruht auf den Beratungen des Rechtsausschusses des BT, der die Abänderung des Wortes „außergewöhnlich" in „besonders" wie folgt begründet: „Das Vorliegen einer „außergewöhnlich" umfangreichen oder schwierigen Strafsache wird von der Rechtsprechung entgegen den Absichten des Gesetzgebers nur selten angenommen; die Auslegung ist gerade in den letzten beiden J a h r e n seit Aufbesserung der Pflichtverteidigergebühren wieder zunehmend restriktiv. Der Ausschuß h a t daher beschlossen, das Wort „außergewöhnlich" durch das Wort „besonders" zu ersetzen. E r verspricht sich davon eine häufigere Anwendung der Vorschrift durch die Praxis" 1 ). I m übrigen ist die Vorschrift stets dann anzuwenden, wenn die Strafsache „besonders" umfangreich oder wenn sie besonders schwierig war, die Sache also besondere Arbeit verursacht hatte. Es reicht daher nicht aus, daß die Strafsache nur etwas verwickelter als üblich war. Es handelt sich hier u m eine Ausnahme Vorschrift, die nur zur Anwendung kommt, wenn das Durchschnittsmaß nicht unwesentlich überschritten wird, wenn also die Gebühren aus § 97 unzureichend sind u n d in einem augenfälligen Mißverhältnis zum U m f a n g und zur Schwierigkeit der Sache stehen. Zweck der Vorschrift ist es, eine Ausgleichsmöglichkeit für solche Fälle zu schaffen, in denen die gesetzlichen Gebühren die Arbeit des bestellten Verteidigers nicht ausreichend abgelten 2 ).

3

§ 99 ist auch anzuwenden auf den einem Privatkläger, Nebenkläger oder dem Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren oder sonst beigeordneten RA (§ 102). Außerdem findet § 99 Anwendung auf den dem Verfolgten in Auslieferungssachen beigeordneten R A (§ 107 Abs. 2) u n d im gerichtlichen Verfahren bei Freiheitsentziehungen (§ 112 Abs. 4) sowie in bestimmten Verfahren vor den Verfassungsgerichten (§113 Abs. 1).

4

§ 99 gilt jedoch nicht für den Wahlverteidiger u n d den diesem gleichgestellten RA.

5

Ein Anspruch aus § 99 kann nur geltend gemacht werden, wenn die Verteidigung von dem Pflichtverteidiger, seinem allgemeinen Vertreter oder — mit Genehmigung des Gerichts Vorsitzenden — einem anderen in § 4 genannten Vertreter erfolgt ist. Die Verteidigergebühren stehen immer nur dem Vertretenen u n d nicht dem Vertreter zu 3 ). Wegen Vergütungsanspruch für die Vertretung durch einen nicht in § 4 genannten Vertreter s. die Erläuterungen bei § 4 Rz. 21.

6

Wenn die Voraussetzungen vorliegen, so kann eine Pauschvergütung bewilligt werden, welche die im § 97 vorgesehenen Gebührensätze überschreitet. Hierbei handelt es sich u m die im § 97 erwähnten Gebührensätze der §§ 83—86, 90—92, 94, 95,^107, 112 sowie § 113 Abs. 1 (bestimmte Verfahren vor den Verfassungsgerichten). Schon das Vorliegen einer der beiden Voraussetzungen genügt f ü r die Bewilligung einer Pauschvergütung 3 a ).

II. Zur Höhe der Vergütung (zu Abs. 1)

*) Vgl. AnwBl. 75, 120. Interessant ist in diesem Zusammenhang auch noch die Begründung, die der Rechtsausschuß des B T 1957 der Bestimmung des § 99 gegeben hat: „Der Ausschuß hat die Vorschrift derart geändert, daß dem Rechtsanwalt bei Vorliegen der Voraussetzungen eine höhere Pauschvergütung zu bewilligen ist und nicht nur bewilligt werden kann. Haushaltsmäßige Gesichtspunkte sollen bei der Entscheidung des Oberlandesgerichts, die eine rein rechtliche ist, keine Rolle spielen." 2 ) OLG Düsseldorf Büro 60, 292 = JMB1NRW 60, 120 = Rpfleger 60, 224. 3 ) OLG Braunschweig Rpfleger 56, 114; OLG Hamburg MDR 64, 170; OLG H a m m Büro 66, 984; LG Stuttgart AnwBl. 69, 372; Rz. 21 zu § 4; Lauterbach Anm. 1 A § 97; GeroldSchmidt Rz. 16 § 97; a.M. R S Rz. 13 § 97. 3a ) Vgl. dazu OLG München AnwBl. 76, 178 = Rpfleger 76, 226 mit weit. Nachw.

130

II. Zur Höhe der Vergütung (zu Abs. 1)

Wie die Begr. (vgl. 1. Aufl. S 1022) dazu sagt, ist dieser Pauschvergütung nach oben 7 keine Grenze gesetzt, so daß auch eine Vergütung festgesetzt werden kann, die über die Höchstsätze der einem Wahlverteidiger zustehenden Gebühren hinausgeht. Einschränkend meint aber die Begr., daß das praktisch k a u m in Betracht kommen k a n n ; dennoch wären aber solche Fälle durchaus möglich. Immerhin gibt die Begründung damit einen Hinweis, daß in vorkommenden Fällen die obere Grenze dieser erhöhten PauschVergütung nicht nur die Gebühr des Wahlverteidigers sein braucht. Dies ist auch in der Rechtsprechung anerkannt 4 ). Die erhöhte Pauschvergütung m u ß nicht unbedingt für das ganze Verfahren ge- 8 währt werden, es k a n n auch für einzelne Teile desselben sein, deren U m f a n g oder Schwierigkeit besonders groß waren z. B. das Vorverfahren oder die Hauptverhandlung 5 ). Die Bewilligung einer PauschVergütung ist deshalb auch möglich für die Fertigung der Revisionsbegründung 6 ). Voraussetzung ist jedoch bei der Bewilligung f ü r einzelne Teile des Verfahrens, daß bereits Gebühren nach § 97 entstanden u n d fällig geworden sind'). Meist wird die Vergütung nach Instanzen getrennt bewilligt, weil die Tätigkeit in den einzelnen Rechtszügen unterschiedlich schwierig u n d umfangreich sein kann. Die Pauschvergütung soll die gesamte Tätigkeit abgelten, für die sie bewilligt worden ist, z. B. f ü r die gesamte Hauptverhandlung, nicht für einzelne Tage derselben. Die umfangreiche Rechtsprechung h a t zur Höhe der Pauschvergütung keineswegs 9 eine einheitliche Linie gebracht 8 ). Selbst bei gleichgelagerten Fällen sind die Ergebnisse häufig unterschiedlich. Ein maßgeblicher Gesichtspunkt ist in jedem Falle, in welchem Ausmaß der R A seiner sonstigen Praxis entzogen ist 9 ); besonders in langdauernden Verfahren trifft den R A gewöhnlich die Einbuße am empfindlichsten, die er erleidet, weil er Pflichten der eigenen Praxis nicht erfüllen kann 1 0 ). I n einem vom OLG Nürnberg 1 1 ) entschiedenen Fall h a t t e der Pflichtverteidiger f ü r 20 Hauptverhandlungstage und erheblicher Vorbereitungsarbeit (Anklage wegen eines Verbrechens) eine Pauschvergütung von 10000 DM beantragt. Bewilligt wurden ihm 6700 DM, u n d zwar in der Höhe, wie sie auch ein Wahlverteidiger h ä t t e beanspruchen können. Das Gericht bestätigte in seiner Entscheidung, daß die Vorschrift des § 99 die Vergütung nicht nach oben begrenze. Augenscheinlich wollte aber der Gesetzgeber die Möglichkeit offenhalten, bei monatelangen Monster-Prozessen dem Verteidiger eine 4 ) Vgl. dazu OLG Karlsruhe MDR 75, 954, das einem Pflichtverteidiger eine Pauschvergütung nach § 99 in Höhe von 8000 DM bewilligt hat, wobei die Wahlverteidigergebühren in den Höchstsätzen nur insgesamt 5040 DM betragen hätten. Vgl. auch B G H KostRsp. Nr. 23. Eine Verzinsung der zugebilligten Pauschvergütung erfolgt nicht: OLG Frankfurt N J W 72, 1481. 5 ) OLG Bremen KostRsp. Nr. 58, 59, 60 zu § 99; R S Rz. 2 § 99; Gerold-Schmidt Rz. 7 § 99 bezeichnen die Abstufung innerhalb der Instanz nach einzelnen Verfahrensabschnitten zwar als zulässig, aber als unüblich und nicht zu empfehlen. Das OLG H a m m Büro 66, 955 = JMB1N R W 66, 155 will gar keine weitere Unterteilung in Verfahren vor der Eröffnung und nach der Eröffnung des Hauptverfahrens zulassen. 6 ) OLG Bremen KostRsp. Nr. 59, 60; OLG Frankfurt KostRsp. Nr. 70; OLG Stuttgart AnwBl. 72, 89. 7 ) OLG Nürnberg AnwBl. 72, 194. e ) Vgl. auch Helperts JVB1. 60, 204; Schmidt N J W 61, 350; H. Schmidt AnwBl. 72, 69. 0) OLG Köln N J W 61, 934; N J W 64, 1334. 10 ) Vgl. auch R S Rz. 7. n ) Beschl. v. 3. 9. 58 — A R 115/58.

131

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen E n t s c h ä d i g u n g a u s der Staatskasse zu gewähren, die n i c h t in einem unerträglichen Mißverhältnis zu seiner B e a n s p r u c h u n g stehe. E i n solcher Fall h a b e hier aber n i c h t vorgelegen. D a h e r w u r d e n d e m Pflichtverteidiger die Gebühren zugebilligt, wie sie a u c h einem Wahlverteidiger zugestanden h ä t t e n . 10

I n einem anderen Falle h a t t e das OLG München 1 2 ) eine E r h ö h u n g der P a u s c h g e b ü h r abgelehnt, obwohl die eintägige Hauptverhandlung wegen schweren Diebstahls in m e h r e r e n Fällen v o n 10,30 U h r bis 20 U h r m i t geringer U n t e r b r e c h u n g dauerte, weil noch Zeugen herbeigerufen werden m u ß t e n . P r a k t i s c h w a r der Pflichtverteidiger einen ganzen T a g in dieser Angelegenheit tätig. T r o t z d e m h a t d a s OLG die (damalige) Mindestgebühr nicht als augenfällig unzureichend angesehen u n d eine P a u s c h g e b ü h r n i c h t bewilligt. D a s OLG Saarbrücken 1 3 ) sieht die Voraussetzungen f ü r die Bewilligung einer P a u s c h v e r g ü t u n g f ü r gegeben a n , wenn eine H a u p t v e r h a n d l u n g ü b e r 11 S t u n d e n d a u e r t . Auch eine Strafsache, die in 10 S t u n d e n vor der großen S t r a f k a m m e r u n t e r A n h ö r u n g von 19 Zeugen u n d 2 Sachverständigen v e r h a n d e l t wird, rechtfertigt die Bewilligung einer Pauschvergütung 1 4 ), desgleichen, wenn der Vorsitzende n a c h Aufruf erklärt, er werde zunächst eine a n d e r e Strafsache verhandeln, die Verteidiger sollten sich nicht entfernen, sondern sieh d e m Gericht zur V e r f ü g u n g halten, u n d die V e r h a n d l u n g infolgedessen erst zu späterer S t u n d e d u r c h g e f ü h r t wird 1 5 ). D a s OLG Köln 1 6 ) hält eine H a u p t v e r h a n d l u n g s d a u e r von 7 S t u n d e n vor der großen Strafk a m m e r f ü r ausreichend, u m d e m Pflichtverteidiger eine P a u s c h g e b ü h r in H ö h e der doppelten Pflichtverteidigergebühren zu bewilligen.

11

I n einem weiteren Fall m i t W a h r n e h m u n g eines auswärtigen Beweistermins d u r c h den Pflichtverteidiger sagt das OLG Nürnberg 1 7 ), d a ß die Vorschrift nicht den Sinn habe, eine V e r g ü t u n g f ü r Tätigkeiten zu ermöglichen, die n a c h dem Gesetz n i c h t besonders vergütungspflichtig sind. Der U m s t a n d , d a ß der R A a n einem zur Vernehm u n g von Zeugen b e s t i m m t e n Beweistermin vor der H a u p t v e r h a n d l u n g teilgenomm e n h a t , rechtfertige sonach f ü r sich allein die Zubilligung einer P a u s c h g e b ü h r nicht.

12

Dagegen liegt jedoch bereits eine die Bewilligung einer P a u s c h v e r g ü t u n g rechtfertigende besonders umfangreiche Strafsache vor, wenn der Pflichtverteidiger eine größere Anzahl v o n Terminen außerhalb der Hauptverhandlung w a h r z u n e h m e n hat 1 8 ).

13

Die Einsparung der Zuziehung eines Dolmetschers d u r c h eigene Sprachkenntnisse des Pflichtverteidigers u n d die V e r n e h m u n g v o n K i n d e r n als Zeugen in der H a u p t v e r h a n d l u n g bedingen eine E r h ö h u n g der Verfahrensgebühr f ü r den Pflichtverteidiger 19 ). D a s soll a b e r nicht gelten, wenn die Zuziehung eines Dolmetschers a u f g r u n d eigener Sprachkenntnisse des Pflichtverteidigers n u r im Vorverfahren erspart wurde 2 0 ). 12

) Besohl, v. 20. 4. 59 AR 8/59; vgl. auch OLG Düsseldorf JMB1NRW 60, 120. ) KostRsp. Nr. 3. ) OLG Hamm JMB1NRW 69, 247; a.M. aber unrichtig: OLG Bamberg Büro 71, 440 mit zust. Anm. von Mümmler, das eine ganztägige Hauptverhandlung nicht für ausreichend hält, um eine Pauschvergütung zu bewilligen; ebenso unzutreffend OLG Bamberg Büro 74, 862 mit Anm. von Mümmler; OLG Bamberg Büro 75, 202 mit Anm. v. Mümmler. ") OLG Hamm MDR 72, 262. 16 ) KostRsp. Nr. 57. 17 ) BayJMBl. 59, 21 = Büro 59, 71; Büro 66, 778. 18 ) OLG Nürnberg Büro 66, 778. ") OLG Hamm NJW 59, 2033 (L); KG Rpfleger 62, 40 (L). 20 ) OLG Hamm NJW 64, 879. 13

14

132

II. Zur Höhe der Vergütung (zu Abs. 1)

§ 99

Bei der Bestellung eines auswärtigen Pflichtverteidigers ist f ü r die Beurteilung der 14 H ö h e der ihm zuzubilligenden P a u s c h v e r g ü t u n g a u c h zu berücksichtigen, d a ß er d u r c h die mehrtägige Anwesenheit a m Gerichtsort zu L a s t e n seiner eigenen P r a x i s a n Zeit mehr a u f w e n d e n m u ß , als der a m Gerichtsort ansässige RA 2 1 ). Besonders umfangreich ist die R e c h t s p r e c h u n g zur PauschVergütung f ü r Pflicht- 15 Verteidiger in NS-Prozessen u n d sonstigen Monster-Prozessen. D a s OLG Köln 2 2 ) h a t dazu u n t e r Berücksichtigung des U m s t a n d e s , d a ß die Ü b e r n a h m e einer Pflichtverteidigung in derartigen Prozessen wegen der langen D a u e r f ü r den R A existenzgefährdend sein k a n n u n d § 99 n a c h oben keine Grenze setzt, folgende Regelsätze aufgestellt: 1. f ü r alle Sitzungstage m i t einer Verhandlungsdauer bis zu 5 S t u n d e n die doppelte Tagesgebühr; 2. f ü r Verhandlungen von bis zu 7 S t u n d e n D a u e r die dreifache Tagesgebühr, 3. f ü r Verhandlungen von über 7 S t u n d e n D a u e r die vierfache Tagesgebühr, 4. f ü r die Vorbereitung der H a u p t v e r h a n d l u n g zusätzlich hohe Beträge (im entschiedenen Fall 3000 DM), 5. desgleichen f ü r das Plädoyer u n d dessen Vorbereitung hohe Beträge (im entschiedenen Fall 6000 DM). Das OLG F r a n k f u r t 2 3 ) hält in den außergewöhnlich umfangreichen u n d schwierigen 16 Verfahren gegen Angehörige der Baader-Meinhof-Gruppe zwar eine erhebliche Anhebimg der P a u s c h g e b ü h r f ü r notwendig, in aller Regel jedoch nicht in d e m gleichen U m f a n g wie in größeren NSG-Verfahren. Auch eine große Zahl von Einzelstraftaten, die sowohl ein zeitraubendes Akten- 17 Studium erfordern als a u c h mehrere längere Besprechungen m i t den Angeklagten notwendig machen, k ö n n e n eine P a u s c h v e r g ü t u n g n a c h § 99 rechtfertigen 2 4 ). Der. BGH 2 6 ) h a t bei einem S t r a f v e r f a h r e n wegen verräterischer Beziehungen, das 18 sehr umfangreich u n d a u c h in rechtlicher Hinsicht schwierig war, f ü r die 18tägige H a u p t v e r h a n d l u n g einen Tagessatz von 500 DM, insgesamt also 9000 DM f ü r angemessen gehalten. Zusätzlich billigte der B G H in derselben Sache m i t R ü c k s i c h t auf den erheblichen Z e i t a u f w a n d , den der Verteidiger d u r c h seine häufigen Reisen zu R ü c k sprachen m i t d e m M a n d a n t e n u n d d a s S t u d i u m der umfangreichen E r m i t t l u n g s a k t e n h a t t e , f ü r das Vorverfahren 5000 DM u n d f ü r die Vorbereitung des Plädoyers weitere 2000 DM als P a u s c h v e r g ü t u n g zu. Demgegenüber h ä t t e die gesamte Pflichtverteidigervergütung n a c h § 97 n u r 2775 DM betragen. Das OLG München 2 6 ) h a t wegen des besonderen U m f a n g s u n d der besonderen 19 Schwierigkeit eines Strafverfahrens, das die Verunglimpfung des Andenkens eines Verstorbenen z u m Gegenstand h a t t e u n d das vor der Hauptverhandlung eingestellt 21

) OLG Köln N J W 64, 1334 = AnwBl. 64, 267. ) N J W 66, 1281 = AnwBl. 66, 237 u n t e r Aufgabe seiner früheren Auffassung ( N J W 64, 1334 = AnwBl. 64, 267); angeschlossen OLG Oldenburg N J W 67, 1580; N J W 68, 1392 = NdsRpfl. 68, 138; vgl. auch OLG Bremen N J W 67, 899; ferner OLG Nürnberg AnwBl. 74, 356 f ü r mehrtägige H a u p t v e r h a n d l u n g wegen Mordes; OLG Nürnberg Büro 75, 201 = AnwBl. 74, 356. 23 ) N J W 75, 948 = AnwBl. 74, 357. 24 ) OLG Saarbrücken JBlSaarl. 61, 202. 25 ) Ko8tR8p. N r . 23 m i t zust. Anm. von H . Schmidt. 26 ) AnwBl. 65, 55. 22

133

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen wurde, eine Pauschvergütung von 2000 DM festgesetzt. I n der Begründung sagt das OLG, daß der Verteidiger viele umfangreiche Schriftsätze anfertigen u n d sich für die auf mehrere Wochen berechnete u n d sodann wieder abgesetzte Hauptverhandlung ca. 4 Wochen vorbereiten mußte. 20

Die Art des dem Angeklagten vorgeworfenen Verbrechens ist für die Bewilligung einer PauschVergütung von untergeordneter Bedeutung 2 7 ). Auch die Bedeutung der Strafsache für die Allgemeinheit ist kein Grund für die Bewilligung einer Pauschvergütung 2 8 ).

21

Auch Schwierigkeiten in der Person des Angeklagten rechtfertigen die Bewilligung einer Pauschvergütung. Das Verfahren selbst braucht in einem solchen Fall im übrigen nicht besonders umfangreich oder rechtlich schwierig sein 29 ). Das gleiche gilt, wenn sich der Angeklagte gegen die Beiordnung des Pflichtverteidigers ablehnend verhalten hat 3 0 ).

22

Besonders schwierig i.S. des § 99 kann auch eine Strafsache sein, für die sich der R A die Kenntnis ausländischen Rechts verschaffen m u ß oder bei der besondere wirtschaftliche oder steuerrechtliche Kenntnisse erforderlich sind 31 ). Tage, an denen der R A Arbeiten in Archiven, Besprechungen in der Hauptkommission in Warschau o. a. ausgeführt h a t , sind bei der Bewilligung der Pausch Vergütung zu berücksichtigen. Daher sind auch im Wiederaufnahmeverfahren bei der Bemessung der Pauschgebühr nach § 99 die eigene Ermittlungstätigkeit des Pflichtverteidigers u n d die Ausarbeitung der erforderlichen Antragsschrift gebührenerhöhend zu berücksichtigen. Deshalb kann die Pauschgebühr für die Tätigkeit in Wiederaufnahmeverfahren höher bemessen werden als die Pauschgebühr f ü r das Vorverfahren 3 2 ).

23

Die Übernahme der Pflichtverteidigungen gehört zu den Standespflichten der Anwaltschaft. Die f ü r den Pflichtverteidiger in § 97 vorgeschriebenen Gebühren sind Regelbeträge, die nur in besonders umfangreichen oder schwierigen Strafsachen erhöht werden können. Jedoch ist es ungerechtfertigt, an die Bewilligung der Pausch Vergütung zu strenge Maßstäbe anzulegen 33 ). Insbesondere besteht auch nach der Neuregelung der Pflichtverteidigergebühren bei der Zuerkennung von Pauschgebühren kein Anlaß, einen strengeren Maßstab anzulegen. Das OLG Köln 34 ) sagt dazu mit Recht, daß die letzte Gebührenerhöhung seit langem notwendig war, worauf auch der Senat wiederholt hingewiesen habe.

27

) OLG Saarbrücken Rpfleger 61, 28; OLG Hamm Rpfleger 61, 28. ) KG Rpfleger 62, 40 (L). 29 ) So auch OLG Bremen KostRsp. Nr. 19. 30 ) KG Rpfleger 62, 40 (L); RS Rz. 10. 31 ) Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 5. 32 ) OLG Frankfurt NJW 75, 402 (L) = AnwBl. 74, 357; so auch H. Schmidt in abl. Anm. zu OLG Frankfurt KostRsp. Nr. 77. Das OLG Frankfurt hat in der letztgenannten Entsch. für ein umfangreiches Wiederaufnahmeverfahren eine Pauschvergütung von insgesamt 83050 DM bewilligt. Vgl. dazu auch OLG Karlsruhe NJW 74, 110 mit weiteren Hinweisen. 33 ) Vgl. dazu auch Neugebauer AnwBl. 73, 204; H. Schmidt Anm. KostRsp. Nr. 56. S. dazu auch Begr. des Rechtsausschusses des BT, erwähnt in Rz. 2. 34 ) KostRsp. Nr. 57; a.M., aber unrichtig: OLG Koblenz MDR 73, 784; OLG Karlsruhe NJW 74, 110 = MDR 74, 160 = Rpfleger 74, 34 = Justiz 73, 446. 28

134

III. Die Entscheidung über den Antrag (zu Abs. 2)

§ 99

Die B R A G e b O gibt dem bestellten Pflichtverteidiger kein Recht, neben der ihm 24 bewilligten Pauschvergütung von ihm getätigte Aufwendungen für die Einstellung eines anderen R A während der Dauer seiner Abwesenheit als Auslagen von der Staatskasse ersetzt zu verlangen. Vielmehr werden diese Auslagen entscheidend bei der Bemessung einer PauschVergütung mitberücksichtigt 3 5 ). Wird ein Strafverfahren erst nach Ablauf der Zehntagefrist des § 229 S t P O fort- 25 gesetzt, dann kann die durch die neuerliche Einarbeitung bedingte Mehrarbeit des Pflichtverteidigers im R a h m e n des § 99 angemessen berücksichtigt werden 3 6 ). F ü r die Bewilligung einer Pauschvergütung für den in einem ehrengerichtlichen 26 Verfahren nach § 1 1 6 B R A O bestellten Pflichtverteidiger ist nicht das O L G (Strafsenat), sondern der Ehrengerichtshof zuständig. Dies gilt auch auch dann, wenn die Pflichtverteidigergebühren nicht im Verfahren vor dem Ehrengericht, sondern vor dem E G H entstanden sind, weil ein Gericht der ordentlichen Strafgerichtsbarkeit in einem Ehrengerichtsverfahren Entscheidungen, gleich welcher Art, nicht treffen kann 37 ). Ist der Pflichtverteidiger im Rahmen seiner Tätigkeit im Strafverfahren für den 27 Beschuldigten auch im Einziehungsverfahren tätig, so kann dies durch Gewährimg einer Pauschvergütung nach § 99 berücksichtigt werden 3 8 ). Bei der Bemessung einer Pauschvergütung für den beigeordneten Vertreter eines 28 Nebenklägers will das O L G Frankfurt 3 8 1 ) in der Regel keine Gleichbehandlung mit dem Pflichtverteidiger gelten lassen. D a s O L G ist der Auffassung, daß der Nebenklagevertreter vergleichsweise nur einen mit geringerer Verantwortung belasteten Aufgabenkreis wahrzunehmen habe, wobei in dem konkreten Fall bei etwa gleicher Verstricktheit von Täter und Opfer in das Tatgeschehen 1 / 2 bis 2 / 3 der für den Pflichtverteidiger bewilligten Pauschvergütung für angemessen angesehen wurde. D a s O L G Frankfurt ist hier der gleichen Fehleinschätzung unterlegen, die auch sonst in der Rechtsprechung bei Beurteilung der angemessenen Vergütung eines R A als Nebenklägervertreter immer wieder festzustellen ist. Vgl. dazu die Bemerkungen zu § 95.

III. Die Entscheidung über den Antrag (zu Abs. 2)

29

Die Bewilligung der Pauschvergütung erfolgt auf Antrag des bestellten Verteidigers. 30 Zuständig ist dasjenige OLG, zu dessen Bezirk d a s Gericht gehört, bei dem das Strafverfahren im ersten Rechtszug anhängig war oder ist. D a s gilt auch dann, wenn die Pauschvergütung für die Tätigkeit des Pflichtverteidigers vor dem B G H bewilligt werden soll, sofern eine untere Instanz den Pflichtverteidiger bestellt hatte. Aber auch dann entscheidet d a s O L G über den Antrag auf Bewilligung einer erhöhten Pauschvergütung für d a s ganze Verfahren, wenn das O L G d a s Hauptverfahren im ersten Rechtszug durchgeführt hat (§ 120 GVG), der B G H jedoch — im Vorverfahren — den Verteidiger bestellt hat 3 9 ). Der Bundesgerichtshof entscheidet nur über die Pauschvergütung für die Vorbereitung und Wahrnehmung der Revisionsverhandlung 4 0 ). Soweit ) ) 37 ) 38 )

OLG Nürnberg AnwBl. 72, 92. OLG Nürnberg Büro 74, 1280 mit Anm. von Mümmler. OLG Hamm NJW 64, 1915 = JMB1NRW 64, 624; OLG Stuttgart AnwBl. 65, 90. OLG Bamberg Büro 73, 228 mit zust. Anm. von Mümmler. 3 8 a ) N J W 71, 2086 (L). 3 ") BGH MDR 71, 676 = Rpfleger 71, 307 = JVB1. 71, 181; vgl. auch BGH KostRsp. Nr. 14. 10 ) BGHSt. 23, 324; KostRsp. Nr. 72. 35 3t

135

§ 99

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

eine Pauschvergütung f ü r eine andere Tätigkeit, inabesondere f ü r die Anfertigung der Revisionsbegründung, verlangt wird, ist das OLG für die Entscheidung zuständig 4 1 ). 31

Der BGH ist n u r dann zur Entscheidung berufen, wenn er den R A bestellt h a t , meist also n u r dann, wenn der B G H im Revisionsverfahren einen R A bestellt'hat 4 2 ).

32

Das BayerObLG ist zur Entscheidung über einen Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung zuständig, wenn es nach § 120 Abs. 1 Ziff. 3, § 9 EGGVG, Art. 22 Nr. 1 BayAGGVG erstinstanzliches Gericht gewesen ist. D a das BayObLG nicht zum Bezirk eines OLG gehört, ist es in entsprechender Anwendung des § 99 selbst zur E n t scheidung berufen. Daran ändert auch nichts, wenn der B G H den Verteidiger bestellt h a t , bevor dem Angeklagten das Schlußgehör gewährt worden ist; denn § 99 Abs. 2 Satz 1 stellt f ü r die Frage der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Pauschvergütung darauf ab, welches Gericht das Hauptverfahren in erster Instanz durchgeführt hat 4 3 ).

33

F ü r die Bewilligung einer Pauschvergütung an den im ersten Rechtszug des truppendienstgerichtlichen Disziplinarverfahrens als Pflichtverteidiger bestellten R A ist das Truppendienstgericht, nicht der Bundesdisziplinarhof, zuständig 44 ). Eine Beschwerde gegen die Entscheidung des Truppendienstgerichtes nach § 99 Abs. 2 ist unzulässig 45 ).

34

Der Bewilligung einer Pauschvergütung steht im allgemeinen nicht entgegen, daß bereits die gesetzlichen Pflichtverteidigergebühren aus § 97 beantragt u n d gezahlt worden sind 4 '). Wegen der normalerweise langen Dauer bis zur Entscheidung über den Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung ist zu empfehlen, die Gebühren aus § 97 immer vorweg erstatten zu lassen. Die bereits bezahlten Pflichtverteidigergebühren sind dann bei der Bewilligung einer Pauschvergütung vom UdG von der bewilligten Pauschvergütung abzusetzen 47 ).

35

I n einer zu späten Antragstellung könnte hinsichtlich der Pauschvergütung ein Verzicht oder Verwirkung gesehen werden, wenn der Antrag erheblich später gestellt wird 48 ). Deshalb empfiehlt es sich, den Antrag alsbald nach Fälligkeit des Gebührenanspruches zu stellen.

36

Dem Antrag auf Bewilligung einer Pauschvergütung muß stattgegeben werden, wenn die Strafsache „besonders umfangreich" oder „schwierig" war. Nur darüber hat das Gericht zu entscheiden. Auf die Pauschvergütung hat der R A einen Rechtsanspruch, wenn die Voraussetzungen f ü r die Bewilligung bestehen. Haushaltmäßige Gesichtspunkte dürfen bei der Entscheidung des OLG, die eine rein rechtliche ist, keine Rolle spielen, worauf bereits der Rechtsausschuß des B T (1957) hingewiesen h a t (vgl. amtl. Begr. 1. Aufl. S 1022). 41

) BGH KostRsp. Nr. 72. ) Vgl. dazu BGH NJW 68, 1684 = MDR 68, 775 = Rpfleger 68, 281 = VRS 35, 315. ) BayObLG KostRsp. Nr. 31. 44 ) BDH NJW 60, 1218 = MDR 60, 864. 45 ) BDH NJW 60, 1218. 4 «) OLG Hamm Büro 59, 167 = JMB1NRW 59, 44. 47 ) OLG Düsseldorf Rpfleger 61, 414; KG Rpfleger 62, 40; RS Rz. 15; Gerold-Schmidt Rz. 14. 48 ) BGH Rpfleger 62, 261 = JVB1. 62, 250 = Büro 62, 341; Lauterbach Anm. 3; GeroldSchmidt Rz. 14; RS Rz. 15. 42

43

136

III. Die Entscheidung über den Antrag (zu Abs. 2)

§ 99

Vorschüsse und Zahlungen des Beschuldigten oder eines Dritten an den Pflichtver- 37 teidiger, die dieser vorher für seine Tätigkeit als Wahlverteidiger erhalten hatte, bleiben bei der Festsetzung der Pauschalvergütung außer Betracht. Darüber, ob solche Vorschüsse und sonstigen Zahlungen gemäß § 101 anzurechnen sind, ist vielmehr bei der gemäß § 98 vorzunehmenden Festsetzung der aus der Staatskasse zu gewährenden Vergütung zu entscheiden 49 ). Die entstandenen Auslagen sowie die Umsatzsteuer bleiben bei der Entscheidung 38 nach § 99 außer Betracht, weil diese gemäß § 97 Abs. 2 dem Pflichtverteidiger ohnehin zustehen. Die Auslagen sind vom UdG im Kostenfestsetzungsverfahren festzusetzen, während die Entscheidung nach § 99 nur die Erhöhung der Gebühren betrifft 5 0 ). Neben der Pauschvergütung erhält somit der R A die Auslagen ersetzt, das sind insbesondere die Postgebühren (§ 26), die Schreibauslagen (§ 27) und die Reisekosten (§ 28) sowie die auf die Auslagen und Pauschvergütung entfallende Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer, Ausgleichsbetrag) 51 ). Wegen Auslagen für die Bestellung eines anderen R A während der Abwesenheit des Pflichtverteidigers s. oben Rz. 24). Die Entscheidung über den Antrag hat durch Beschluß zu erfolgen. Die Staatskasse 39 ist in dieses Verfahren eingeschaltet, sie ist vom Gericht zu hören (Abs. 2 Satz 2), und zwar die Kasse, die nach § 103 die Pauschvergütung zu zahlen hat. Zu der Äußerung der Staatskasse muß der R A gehört werden. E s handelt sich hierbei um ein selbständig gestaltetes gerichtliches Verfahren, für das die grundgesetzliche Garantie des Art. 103 Abs. 1 GG (Anspruch auf rechtliches Gehör) gilt. Holt das OLG Äußerungen des Vorsitzenden des Schwurgerichts und Leiters des Rechnungsamtes ein, so darf es ohne Erholung der Stellungnahme des Antragstellers dazu nicht entscheiden 52 ). Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet aber das entscheidende Gericht nicht, seine Rechtsauffassung den Beteiligten bekanntzugeben 5 3 ). Eine Anfechtung dieser Entscheidung ist nicht möglich (§ 304 Abs. 4 StPO). Nach 40 dieser Vorschrift ist gegen Beschlüsse und Verfügungen der OLG's und des B G H keine Beschwerde zulässig 54 ). Gegen die Entscheidung des OLG sind aber Gegenvorstellungen zulässig 55 ). Die Bewilligung einer Pauschvergütung an den Pflichtverteidiger für eine Tätigkeit k\ nach Rechtskraft des Strafurteils ist ausgeschlossen, wenn sich die Bestellung des Pflichtverteidigers nicht auch auf diese weitere Tätigkeit erstreckt hat 5 6 ). Bezieht sich die Bestellung des Pflichtverteidigers auch auf die Stellung eines Wiederaufnahmeantrages, so ist, wenn die Tätigkeit des R A hierbei besonders umfangreich oder schwierig ist, durchaus die Bewilligung einer Pauschvergütung möglich 57 ). " ) OLG Braunschweig N J W 61, 619; Rpfleger 64, 65; OLG Hamm Rpfleger 61, 412. 50 ) Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 9. 51 ) OLG Braunschweig N J W 61, 619. 52 ) BVerfGE 18, 49 = AnwBl. 64, 254 mit Anm. von Jünemann = Rpfleger 64, 210; GeroldSchmidt Rz. 17; RS Rz. 12; Lauterbach Anm. 3. 53 ) OLG Nürnberg AnwBl. 74, 356 = Büro 75, 201. 54 ) BDH NJW 60, 1218 = MDR 60, 864; RS Rz. 12; Gerold-Schmidt Rz. 18. 55 ) OLG Nürnberg AnwBl. 74, 356 = Büro 75, 201 = KostRsp. Nr. 74 mit Anm. von H. Schmidt. 58 ) OLG Nürnberg Büro 73, 48 mit Anm. von Mümmler = KostRsp. Nr. 52 mit krit Anm. von H. Schmidt. " ) H. Schmidt in Anm. zu OLG Nürnberg KostRsp. Nr. 52. 137

§ 100 42

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Vor der Fälligkeit der Gebühren nach § 97 k a n n keine Pauschvergütung endgültig bewilligt werden 58 ). Ein Vorschuß auf die Pauschvergütung ist zwar im Gesetz nicht vorgesehen, jedoch sind die Oberlandesgerichte in besonders großen, langdanemden Strafverfahren bereit, dem bestellten Pflichtverteidiger solche Vorschüsse zu bewilligen, wenn dies der Billigkeit entspricht 5 9 ). Zuständig ist für die Bewilligung des Vorschusses bzw. Abschlagzahlung das OLG bzw. das Gericht, das über die Pauschvergütung zu entscheiden hat 6 0 ).

§ 100. Anspruch gegen den Beschuldigten (1) Der gerichtlich bestellte Rechtsanwalt kann von dem Beschuldigten die Zahlung der Gebühren eines gewählten Verteidigers verlangen; er kann jedoch keinen Vorschuß fordern. Der Anspruch gegen den Beschuldigten entfällt insoweit, als die Staatskasse nach den § § 9 7 und 99 Gebühren gezahlt hat. (2) Der Anspruch kann nur insoweit geltend gemacht werden, als das Gericht des ersten Rechtszuges auf Antrag des Rechtsanwalts nach Anhörung des Beschuldigten feststellt, daß dieser ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie notwendigen Unterhalts zur'Zahlung in der Lage ist. Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, so entscheidet das Gericht, das den Verteidiger bestellt hat. Gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde nach den Vorschriften der §§ 304—311a der Strafprozeßordnung zulässig. (3) Der für den Beginn der Verjährung maßgebende Zeitpunkt tritt mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden gerichtlichen Entscheidung, in Ermangelung einer solchen mit der Beendigung des Verfahrens ein. Von der in Absatz 2 Satz 1 vorgesehenen Feststellung des Gerichts ist der Lauf der Verjährungsfrist nicht abhängig. Vorbemerkung: Die dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 erfolgte Neufassung des Abs. 2 beseitigt die Einschränkung, daß ein Erstattungsanspruch des Beschuldigten gegen die Staatskasse bei der P r ü f u n g der Zahlungsfähigkeit unberücksichtigt zu bleiben hat. Abs. 3 ist ebenfalls dch. das Ges. v. 20. 8. 75 neu gefaßt worden. Der Beginn der Verjährung ist jetzt bis zur Rechtskraft der das Verfahren abschließenden Entscheidung hinausverlegt; wird das Verfahren nicht rechtskräftig abgeschlossen, dann ist die sonstige Beendigung maßgebend. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Zweck der Vorschrift Kein Recht auf Vorschußanforderung

Rz. 1 2 3

Keine Überschreitung der Wahlverteidigergebühren Voraussetzung der Geltendmachung Anrechnungspflicht

Rz. 4 5 6

" ) OLG Celle NJW 68, 1152 = Büro 68, 390 = JVB1. 68, 165 = NdsRpfl. 68, 139; OLG Hamm NJW 65, 1826 = JMB1NRW 66, 69; JMB1NRW 72, 24; OLG Koblenz KostRsp. Nr. 29; JMB1NRW 72, 24; OLG Nürnberg AnwBl. 72, 194; OLG Bremen KostRsp. Nr. 38. 59 ) OLG Bremen NJW 67, 899; OLG München AnwBl. 68, 191 = MDR 68, 607 = Büro 68, 548; OLG Oldenburg NJW 67, 1580; 68, 1392 = NdsRpfl. 68, 138; OLG Hamm NJW 68, 1538; OLG Nürnberg AnwBl. 72, 194; OLG Bremen KostRsp. Nr. 76; OLG Hamburg AnwBl. 67, 410 = NJW 67, 2220. 60 ) Vgl. vorst. Fn. 59. A.M. OLG Celle JVB1. 68, 165 = NJW 68, 1152 = Büro 68, 390 = NdsRpfl. 68, 139, wonach das Justizministerium zuständig sein soll. 138

I. Bedeutung der Vorschrift Anspruch aus § 100 auch bei Freispruch I I . Der Anspruch (zu Abs. 1) Verzicht auf den A n s p r u c h . . . . Anwendung der Vorschrift auf Privatkläger, Nebenkläger usw. . . . Anrechnung der bezahlten Pflichtverteidigergebühren Freiwillige Zahlungen I I I . Voraussetzungen für die Geltendmachung (zu Abs. 2) 1. Die Leistungsfähigkeit Feststellung der Zahlungsfähigkeit — Ermittlungen Berücksichtigung des Erstattungsanspruchs — gegen die Staatskasse — gegen dritte P e r s o n e n . . . . Keine Betragsangabe im Verfahren nach § 100 Abs. 2 . . . . Einwendungen im Fall der Klage — nach rechtskräftiger Feststellung keine Änderung wegen Verschlechterung Bewilligung von Raten . . . .

Rz. 7 8 9 10 11 12 13 13 14 15 16 17 18 19 20

§ 100

Zeitpunkt der maßgeblichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse Keine Berücksichtigimg nichtunterhaltsberechtigter Personen Mutwillige Verschlechterung der Einkommensverhältnisse . . . Aufteilung der Pflichtverteidigergebühren bei Vertretung mehrerer Beteiligter . . . . . — teilweiser Freispruch . . . . 2. Anrechnung von Zahlungen . . 3. Die Beschwerde Beschwerdeberechtigte . . . . IV. Keine Festsetzung der Gebühr nach § 19 Feststellung nach § 100 ist kein vollstreckbarer Titel V. Die Verjährung (zu Abs. 3) . . . . Beginn der Verjährungsfrist . . . Ohne Verjährungseinrede Feststellung und Klage möglich VI. Honorarvereinbarung, sonstige freiwillige Zahlungen

Rz. 21 22 23 24 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33

I. Bedeutung der Vorschrift E s h a n d e l t sich u m eine Vorschrift grundsätzlicher Art, die d e m bestellten Verteidi- 1 ger einen Anspruch gegen den Beschuldigten auf Zahlung der angemessenen Wahlverteidigergebühren gibt, wie es a u c h ähnlich in Armensachen schon längst der Fall ist(§ 125 Z P O , vgl. aber wegen Verbot der H o n o r a r v e r e i n b a r u n g in Armensachen § 3 Abs. 4 u n d d o r t R z . 56 S 167). Aus G r ü n d e n der Rechtsstaatlichkeit h a t der Gesetzgeber in einer R e i h e v o n Fällen, vor allem in schwerwiegenden Strafsachen, die Mitwirkung eines Verteidigers f ü r notwendig erklärt u n d d a m i t sichergestellt, d a ß der Beschuldigte alle Möglichkeiten einer sachgemäßen Verteidigung erhält (vgl. § 140 S t P O , § 68 J G G ) . Auf den Willen des Beschuldigten k o m m t es grundsätzlich nicht a n . I h m wird in den vorgesehenen Fällen auch d a n n ein Verteidiger bestellt, wenn er die Bestellung ausdrücklich ablehnt. Ganz u n a b h ä n g i g ist die Bestellung des Pflichtverteidigers von der Zahlungsfähigkeit des Beschuldigten. D e r Zweck der Beiordnung eines R A ist im S t r a f v e r f a h r e n ein anderer als im Zivilprozeß. I n diesem ist es der soziale Gedanke, die a r m e P a r t e i bei der gerichtlichen G e l t e n d m a c h u n g ihrer R e c h t e gegenüber der vermögenden P a r t e i nicht zu benachteiligen. Die E i n r i c h t u n g des Armenrechtsverfahrens dient somit vornehmlich den Interessen des sozial schlechter gestellten Einzelnen. Dagegen ist im S t r a f v e r f a h r e n die Bestellung eines Verteidigers vornehmlich im Interesse des geo r d n e t e n Ablaufs des Verfahrens, der W a h r h e i t s f i n d u n g u n d der H e r b e i f ü h r u n g eines gerechten Urteils getroffen worden (vgl. hierzu die A u s f ü h r u n g e n in B G H S t . 3, 395). Wenngleich sich zwischen Pflichtverteidiger u n d Beschuldigten ein Vertrauensverhältnis entwickeln k a n n u n d a u c h soll, so erfüllt der Offizialverteidiger t r o t z d e m in erster Linie eine öffentlich-rechtliche Aufgabe (so Begr. zu § 100, 1. Aufl. S 1026). Der Offizialverteidiger wird hier verpflichtet, zu den in der B R A G e b O vorgesehenen 2 Gebührensätzen eine verantwortungsvolle Verteidigung in o f t schwerwiegenden 139

§ 100

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Strafsachen zu übernehmen, obwohl der Beschuldigte die Gebühren eines Wahlverteidigers tragen könnte. I n der Praxis tritt in solchen Fällen auch eine ungerechtfertigte Belastung der Staatskasse ein, da es nach einer Verurteilung oft schwierig ist, von dem Verurteilten die Kosten beizutreiben. § 100 bezweckt, ohne Beeinträchtigung des Wesens der Pflichtverteidigimg auch den Interessen der Anwaltschaft u n d der Staatskasse Rechnung zu tragen 1 ). Die Vorschrift billigt dem bestellten Verteidiger — neben seinem Anspruch gegen die Staatskasse nach den §§ 97 u n d 99 — auch gegen den Beschuldigten einen Anspruch in Höhe der Gebühren eines gewählten Verteidigers zu wobei jedoch folgende Einschränkungen gemacht werden: 3 1. Der Pflichtverteidiger darf von dem Beschuldigten weder ausdrücklich noch konkludent einen Vorschuß fordern (Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2). Das Verlangen eines Vorschusses könnte zu Störungen des Verhältnisses zwischen dem Beschuldigten u n d dem Verteidiger führen. Dies wäre mit dem Wesen der Pflichtverteidigung nicht vereinbar. I m Interesse eines rechtsstaatlichen Verfahrens m u ß in den Fällen, in denen ein Verteidiger bestellt wird, unabhängig von gebührenrechtlichen Erwägungen, die Gewähr einer sachgemäßen Verteidigimg gegeben sein. Rein freiwillige Zuwendungen des Beschuldigten darf der Pflichtverteidiger dagegen als Vorschuß annehmen. 4 2. Der Beschuldigte soll für seine Verteidigung insgesamt nicht mehr als die Gebühren eines gewählten Verteidigers bezahlen müssen. Daher entfällt der Anspruch des R A gegen den Beschuldigten insoweit, als der R A von der Staatskasse bereits die ihm zustehenden Pflichtverteidigergebühren (§ 97) oder eine Pauschvergütung nach § 99 erhalten h a t . 5 3. Voraussetzung für die Geltendmachung des Anspruchs ist die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten (Abs. 2); diese ist vom Gericht im Beschlußverfahren nach den Vorschriften der StPO festzustellen. 6 4. Zum Ausgleich f ü r die gegenüber dem früheren Recht erhebliche Besserstellung des R A h a t sich dieser grundsätzlich die Vorschüsse u n d Zahlungen, die er f ü r seine Tätigkeit von dem Beschuldigten oder einem Dritten erhalten hat, auf die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren anrechnen zu lassen (vgl. Rz. 2ff, 9 zu § 101). 7 5. Der Anspruch des bestellten Verteidigers gegen den Beschuldigten besteht auch dann, wenn der Beschuldigte in dem Strafverfahren freigesprochen wird. Zwar ist nicht zu verkennen, daß dies f ü r den Beschuldigten, dem ohne seinen Willen ein Verteidiger bestellt worden ist, H ä r t e n mit sich bringen kann. Auf der anderen Seite würde es unbillig sein, dem R A dann, wenn seine Verteidigung zu einem Freispruch geführt h a t , einen geringeren Gebührenanspruch zu gewähren, als im Falle der Verurteilung seines Mandanten.

II. Der Anspruch (zu Abs. 1) 8

Der Anspruch gegen den zahlungsfähigen Beschuldigten auf angemessene Gebühren steht dem gerichtlich bestellten Verteidiger in allen Fällen zu, gleichgültig, ob der So auch RS Rz. 1. Vgl. ferner Oppe NJW 67,2042; Schueler AnwBl. 60, 87; Dahs, Handbuch des Strafverteidigers 3. Aufl. Rz. 1032 ff., 1036 ff. 140

II. Der Anspruch (zu Abs. 1)

§ 100

Beschuldigte verurteilt oder freigesprochen wird. Der unbilligen Belastung des freigesprochenen Angeklagten mit dem Gebührenanspruch seines Verteidigers wird durch die Vorschrift des § 467 Abs. 1 StPO genügend Rechnung getragen. Diese Vorschrift gibt die Möglichkeit, im Falle des Freispruchs die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dies gilt ebenso, wenn die Eröffnung des Verfahrens abgelehnt oder das eröffnete Verfahren eingestellt wird (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 9 6 Rz. 14). Anders als beim Armenanwalt beruht der Anspruch gegen den Beschuldigten nicht auf einem Geschäftsbesorgungsvertrag, sondern es bedarf nur einer gerichtlichen Bestellung. Der Anspruch des Pflichtverteidigers ist im öffentlichen Recht begründet, weshalb der Beschuldigte keine Einwendungen geltend machen kann, wenn der Pflichtverteidiger seinen Weisungen nicht entsprochen h a t . Maßgebend ist lediglich, ob der Pflichtverteidiger den ihm nach den Gesetz obliegenden Pflichtenkreis verletzt hat 2 ). Wegen Geltendmachung des Anspruchs nach Abs. 2 s. unten Rz. 13 ff. Erklärt der Pflichtverteidiger dem Beschuldigten bei Unterzeichung der Vollmacht, 9 diesem würden durch die Beauftragung keinerlei Kosten entstehen, die Gebühren des Pflichtverteidigers würden von der Landeskasse getragen, so liegt darin ein Verzicht auf einen Anspruch aus § 1003). Also Vorsicht bei Abgabe solcher übereilter Erklärungen, die in dem vom OLG H a m m entschiedenen Fall auch nur irrtümlich erfolgte, aber trotzdem anerkannt wurde. Der R A kann auf jeden Gebührenanspruch gegen seinen Mandanten wirksam verzichten. Auch ein möglicherweise darin liegender Verstoß gegen das anwaltliche Standesrecht berührt die Wirksamkeit eines solchen Verzichts nicht, solange er damit nicht zugleich sittenwidrig ist (§ 138 Abs. 1 BGB) 4 ). Die Vorschrift des § 100 ist auch anzuwenden für den einem Privatkläger, Neben- 10 kläger oder Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren oder sonst beigeordneten R A (§ 102). § 100 ist gegenüber § 379 Abs. 3 StPO u n d § 172 Abs. 3 StPO vorrangig, wonach im Privatklage verfahren u n d im Klageerz wingungsverfahren für das Armenrecht dieselben Vorschriften gelten wie f ü r bürgerliche Rechtstreitigkeiten. Ebenso findet § 100 Anwendung für den im Verfahren bei Freiheitsentziehungen bestellten R A (§ 112 Abs. 4), ebenso im Jugendgerichtsverfahren 5 ). Dagegen ist die Vorschrift nicht anzuwenden f ü r den im Auslieferungsverfahren beigeordneten R A (§ 107 Abs. 2)8). Der Anspruch entfällt, insoweit die Staatskasse Gebühren nach §§ 97, 99 an den 11 gerichtlich bestellten Verteidiger bezahlt h a t . Entweder macht der R A seinen Anspruch in voller Höhe gegen den Beschuldigten geltend, dann k a n n er insoweit keine E r s t a t t i m g aus der Staatskasse mehr verlangen, oder, wenn er diese in Anspruch nimmt, dann kann er nur noch den Differenzbetrag von dem Beschuldigten fordern. Der Pflichtverteidiger darf aber weder ausdrücklich noch konkludent eine Vergü- 12 tung fordern (Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2), reine freiwillige Zahlungen des Beschuldigten (oder dritter Personen) darf der Pflichtverteidiger dagegen als Vorschuß annehmen

2

) ) *) 5 ) «) 3

RS Rz. 7, 8; Gerold-Schmidt Rz. 2. OLG H a m m AnwBl. 62, 73. Chemnitz in Anm. zu OLG H a m m AnwBl. 62, 73. OLG H a m m N J W 61, 1640. Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 14 und 15. 141

§ 100

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

(vgl. auch oben Rz. 3)7) es sei denn, daß diese durch schillernde Erklärungen, Unmutsäußerungen, Versprechungen oder dergleichen herbeigeführt worden sind 8 ). Diese Auffassung haben wir bereits früher vertreten 9 ). Der Pflichtverteidiger darf aber nicht, auch nicht von dritten Personen, ein Honorar fordern unter Verschweigen des Umstandes, daß er darauf keinen Anspruch hat 1 0 ). Sonst können solche Leistungen unter dem Gesichtspunkt der ungerechtfertigten Bereicherung zurückverlangt werden. Der R A wäre einem solchen Rückforderungsbegehren gegenüber nicht berechtigt, sich auf seinen gesetzlichen Gebührenanspruch zu berufen, solange nicht die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten festgestellt ist 11 ).

III. Voraussetzungen für die Geltendmachung (zu Abs. 2) 1. Die Leistungsfähigkeit 13

Die Voraussetzling für die Geltendmachung des Anspruchs ist die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten. Zuständig für das Feststellungsverfahren ist nach § 100 Abs. 2 Satz 1 das Gericht des ersten Rechtszuges. Dieses entscheidet auch dann über die Feststellung des Gebührenanspruches für die Tätigkeit des Pflichtverteidigers in der höheren Instanz, wenn seine Bestellung erst von der höheren Instanz erfolgt ist. Wird ein Strafverfahren an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, so ist für die Entscheidung dasjenige Gericht zuständig, das zuletzt mit der erstinstanzlichen Behandlung der Strafsachen befaßt war 12 ). Ist das Verfahren nicht gerichtlich anhängig geworden, so entscheidet das Gericht, das den Verteidiger bestellt hat (Abs. 2 Satz 2). Erforderlich f ü r die Einleitung des Verfahrens ist ein Antrag des RA. Der Beschuldigte ist vom Gericht zu hören.

Iii

Das Gericht h a t festzustellen, ob der Angeschuldigte ohne Beeinträchtigung des f ü r ihn u n d seine Familie notwendigen Unterhalts zur Zahlung in der Lage ist. Dies wird entweder durch Vorlage eines Armenrechtszeugnisses oder sonst in anderer geeigneter Form (Eidesstattliche Versicherungen usw.) erfolgen können. I m übrigen h a t das Gericht nach den Vorschriften der S t P O die Vermögensverhältnisse des Angeklagten von A m t s wegen zu ermitteln (vgl. oben Rz. 5). Hierbei wird auch die Hilfe der Staatsanwaltschaft in Anspruch genommen werden können, u n d diese wird die Hilfsbeamten der Staatsanwaltschaft (§ 152 GVG, Polizei) mit solchen Ermittlungen beauftragen. Das Gericht kann also auch versuchen, durch Rückfragen den Aufenthalt des Beschuldigten zu ermitteln, wenn dieser unbekannten Aufenthalts ist 13 ). I m übrigen gebietet die Regelung in Abs. 2, die Leistungsfähigkeit des Beschuldigten mit dem Beweisrecht der StPO (!) festzustellen, weil in vielen Fällen der Pflichtverteidigung der Beschuldigte nicht oder nur bedingt zur Zahlung eines Verteidigerhonorars in der Lage ist. Sache des Gerichts ist es daher, die für die Feststellung der Zahlungsfähigkeit ') Wegen Vereinbarung eines Honorars oder Entgegennahme sonstiger freiwilliger Zahlungen s. auch unten Rz. 33. 8 ) Vgl. Dahs, Handbuch des Strafverteidigers Rz. 10 36. ') Schumann BayLGebO S 275. So auch Beschl. der B R A K , vgl. Mitt. der R A K München Nr. 1 v o m März 1957; desgl. E G H 18, 129; Gerold-Schmidt Rz. 5. 10 ) So bereits EGH 18, 129; Schumann BayLGebO S 275; desgl. Beschl. der B R A K , vgl. Mitteilg. R A K München Nr. 1 v o m März 1957. n ) So auch R S Rz. 15. 12 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 10; R S Rz. 17; Lauterbach Anm. 3. 13 ) LG Stuttgart AnwBl. 73, 148 = Justiz 73, 218 = Büro 73, 536 mit abl. Anm. von Mümmler.

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I I I . Voraussetzungen f ü r die G e l t e n d m a c h u n g (zu Abs. 2)

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des Beschuldigten maßgeblichen wirtschaftlichen u n d familiären Verhältnisse desselben unter Ausnutzung aller ihm zu Gebote stehenden Mittel von Amts wegen aufzuklären. Der Pflichtverteidiger k a n n sich darauf beschränken, dem angerufenen Gericht Anhaltspunkte f ü r die von Amts wegen zu betreibende Aufklärung des Sachverhalts zu geben. Sein Hinweis, daß der Angeklagte einen Wahlverteidiger bestellt habe, ist bereits ein ausreichender Anhaltspunkt dafür 1 4 ). Deshalb ist der vom OLG Oldenburg 15 ) vertretene S t a n d p u n k t , daß das Gericht nicht befugt sein soll, zur Ermittlung des Beschuldigten Fahndungsmaßnahmen zu veranlassen u n d als Richtschnur für seine Ermittlungen lediglich die Bestimmung des § 10 Abs. 3 Satz 4 der Kostenverfügung f ü r Ansprüche der Staatskasse gelten könne, abzulehnen. Bei der P r ü f u n g ist auch ein Erstattungsanspruch des Beschuldigten gegen die 15 Staatskasse zu berücksichtigen. Die frühere gegenteilige Bestimmung in § 100 Abs. 2 ist durch Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) ersatzlos gestrichen worden, da kein hinreichender Grund gegeben ist, daß dieser bei der P r ü f u n g der wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten gegen die Staatskasse unberücksichtigt bleiben soll. Die Zahlungsfähigkeit ist daher jetzt zu bejahen, wenn der Beschuldigte einen derartigen Anspruch hat 1 6 ). Ebenso sind Ansprüche gegen dritte Personen bei der Feststellung der Leistungs- 16 fähigkeit des Beschuldigten zu berücksichtigen, wozu insbesondere auch Kostenerstattungsansprüche gegen einen unterlegenen Privatkläger, aber auch der Anspruch eines beschuldigten Ehegatten gegen den anderen Ehegatten gemäß § 1360 a Abs. 4 B G B auf vorschußweise Zahlung der Kosten des Strafverfahrens gehören 17 ). Die Verpflichtung der Eltern, für die Verteidigung der Kinder notwendige Kosten zu tragen, bestimmt sich nach § 1610 BGB. Nach der Vorschrift des § 100 Abs. 2 ist der R A nicht verpflichtet, anzugeben, wel- 17 chen Betrag er von dem Angeklagten als gesetzliche Vergütung gemäß § 12 in Rechnung stellen will 18 ). Es ist auch nicht Aufgabe des Strafrichters, in diesem Beschlußverfahren eine Entscheidung über die Höhe einer gesetzlichen Gebühr des Verteidigers zu treffen. E r hat lediglich darüber zu befinden, ob der Angeklagte „ohne Beeinträchti-

" ) OLG München A n w B l . 74, 283; OLG Düsseldorf Rpfleger 73, 445; Gerold-Schmidt R z . 7; R S R z . 20; L a u t e r b a c h A n m . B 2. 15 ) N d s R p f l . 62, 216; ebenso OLG Düsseldorf AnwBl. 73, 407 = Rpfleger 73, 445. 16 ) Vgl. a u c h Schmidt N J W 75, 1729. Mümmler B ü r o 75, 1010 weist dazu noch d a r a u f h i n , d a ß die bisherige Regelung eine offensichtliche Bevorzugung der Staatskasse bedeutete u n d fiskalische Überlegungen aber nicht ausreichend sein können, u m der Staatskasse eine solche Sonderstellung e i n z u r ä u m e n . S. d a z u a u c h bereits H . Schmidt Büro 64, 326 u n d Mümmler B ü r o 71, 664; ferner 1. Aufl. E r g B d . S. 231/232. 17 ) D a s OLG H a m b u r g AnwBl. 75, 404 v e r t r i t t den S t a n d p u n k t , d a ß der d e m Nebenkläger beigeordnete R A seine vollen Wahlanwaltskosten v o n d e m in die K o s t e n des Verfahrens verurteilten Angeklagten analog § 124 Z P O beitreiben k a n n , ohne d a ß es insoweit eines vorangehenden Feststellungsverfahrens gegen den Nebenkläger g e m ä ß § 100 Abs. 2 bedarf. Die Vorschrift des § 124 Z P O gelte entsprechend a u c h f ü r d a s S t r a f v e r f a h r e n ; d e n n gemäß § 397 Abs. 1, § 379 Abs. 3 S t P O gelten im Falle der Nebenklage „ f ü r das A r m e n r e c h t dieselben Vorschriften wie in bürgerlichen R e c h t s s t r e i t i g k e i t e n " . F ü r die „ a n G r u n d s ä t z e des bürgerlichen R e c h t s angelehnte kostenrechtliche B e t r a c h t u n g s w e i s e " ( B G H S t 20, 284 [285]) k o m m e es n u r auf die T a t s a c h e an, d a ß der Nebenkläger m i t der Nebenklage Erfolg h a t t e . Vgl. d a z u ferner R S R z . 2; L a u t e r b a c h - H a r t m a n n A n m . 2 je zu § 102; Löwe-Rosenberg A n m . 4 c zu § 379 S t P O ; Gerold-Schmidt R z . 9. 18 ) A.M. OLG B r e m e n JVB1. 61, 115.

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§ 100

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

gung des für ihn u n d seine Familie notwendigen Unterhalts" zur Zahlung der dem Verteidiger gesetzlich zustehenden Gebühren in der Lage ist 19 ). Man könnte demgegenüber einwenden, daß das Gericht diese Entscheidung gar nicht fällen kann, wenn es die H ö h e der geltend gemachten Vergütung nicht kennt. Dazu wäre darauf hinzuweisen, daß die äußerste Grenze der Vergütung durch die Höchstbeträge der gesetzlichen Rahmengebühren bestimmt ist. Nur wenn der Strafrichter glaubt, daß der Angeklagte „ohne Beeinträchtigung des f ü r ihn u n d seine Familie notwendigen Unterhalts" nicht in der Lage ist, die gesetzliche Höchstgebühr zu bezahlen, m u ß er in seinem Beschluß festlegen, bis zu welcher Höhe der Angeklagte zahlen kann. Der Strafrichter h a t deshalb in seinem Beschluß festzustellen, daß der Beschuldigte in der Lage ist, den gesetzlichen Gebührenanspruch seines Verteidigers zu befriedigen 20 ) oder er stellt fest, daß der Beschuldigte in der Lage ist, den gesetzlichen Gebührenanspruch seines Verteidigers bis zur Höhe eines bestimmten Betrages zu-befriedigen 21 ). Welchen Gebührenbetrag der Pflichtverteidiger dann von den gesetzlichen Rahmengebühren fordert, ist seine Sache. Der Strafrichter h a t jedenfalls darüber nicht zu entscheiden, sondern, falls der Beschuldigte die Vergütung nicht anerkennen will, die Entscheidung dem Zivilrichter zu überlassen 22 ). 18

Zahlt der Beschuldigte nicht u n d m u ß der Pflichtverteidiger seine Vergütung gegen ihn einklagen, so kann der Beschuldigte (Beklagte) nicht einwenden, daß er zahlungsunfähig sei, er kann lediglich einwenden, daß die gesetzliche Gebühr nach den im § 12 festgelegten Maßstäben in der von dem R A zu bestimmenden Höhe unbillig oder nicht richtig berechnet sei oder daß seine schlechten Vermögens- und Einkommensverhältnisse vom Pflichtverteidiger nicht genügend berücksichtigt wurden. I n diesem Rechtstreit ist dann ein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer einzuholen (§ 12 Abs. 2). Der Angeklagte k a n n in diesem Gebührenprozeß als Beklagter nicht mehr mit dem Einwand gehört werden, seine Vermögens- u n d Einkommensverhältnisse h ä t t e n sich seit dem Beschluß des Strafrichters so verschlechtert, daß der Beschluß des Strafrichters nunmehr unrichtig geworden sei u n d die Klage abgewiesen werden müsse.

19

Nach rechtskräftiger Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten kann auch keine erneute Feststellung unter Berufung auf eine wesentliche Verschlechterung seiner Leistungsfähigkeit verlangt werden 23 ).

20

Die Leistungsfähigkeit k a n n auch dann gegeben sein, wenn der Beschuldigte zwar nicht in einer Summe, sondern die Gebühren in Raten zahlen kann. So h a t das LG Augsburg 21 ), nachdem der Pflichtverteidiger eines landwirtschaftlichen Arbeiters den Antrag nach § 100 gestellt h a t , dahin erkannt, daß die Gebühr im Betrag von 240 DM in monatlichen R a t e n von 60 DM zu zahlen ist, obwohl das Einkommen des Betreffenden lediglich 280 DM monatlich betrug. Wenn auch das Gesetz nichts darüber be" ) OLG Saarbrücken Rpfleger 6 1 , 3 1 7 ; OLG Frankfurt OLGSt. § 100 BRAGebO; LG Essen AnwBl. 60, 227; Schueler AnwBl. 60, 87; Gerold-Schmidt Rz. 7. 20 ) LG Essen AnwBl. 60, 227, 328. 21 ) OLG Saarbrücken Rpfleger 61, 317; OLG Köln N J W 63, 2041. 22 ) So LG Essen AnwBl. 60, 227. 23 ) Vgl. dazu Schueler AnwBl. 60, 87; Willenbücher 16. Aufl. Rz. 13 S. 396. « ) Beschl. V. 9. 12. 58 — 3 KLs 16/58; OLG Köln N J W 63, 2041; LG Lüneburg AnwBl. 60, 104; Schueler AnwBl. 60, 87; Gorold-Schmidt Rz. 7; R S Rz. 21; Willenbücher 16. Aufl. Rz. 13 S 396. 144

I I I . Voraussetzungen für die Geltendmachung (zu Abs. 2)

§ 100

s t i m m t , d a ß die Gebühren des Pflichtverteidigers in R a t e n zu zahlen wären, so entspricht die Feststellung, d a ß der Beschuldigte zur ratenweisen Zahlung in der Lage ist, doch der v e r n ü n f t i g e n Auslegung des Gesetzes. Auch bei der B e s t i m m u n g v o n R a t e n zahlungen d u r c h den S t r a f r i c h t e r ist es ihm versagt, die H ö h e der geschuldeten Geb ü h r e n zu b e s t i m m e n . F ü r die Beurteilung der Zahlungsfähigkeit k o m m t es n a c h h.M. insbesondere 21 auf die Einkommens- u n d Vermögensverhältnisse des Beschuldigten zur Zeit der gerichtlichen P r ü f u n g u n d E n t s c h e i d u n g n a c h § 100 Abs. 2 an 2 5 ). W e n n dagegen in der Rechtsprechung 2 8 ) verschiedentlich die Meinung v e r t r e t e n wird, d a ß ausschließlich auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten zur Zeit des S t r a f v e r f a h r e n s abzustellen sei, so ist dies zu eng. H . Schmidt 2 7 ) weist zutreffend d a r a u f hin, d a ß nach A r t . 6 Abs. 13c der Menschenrechtskommission i m S t r a f v e r f a h r e n festgestellt werden m u ß , d a ß der Beschuldigte zur Zeit der Verteidigung zahlungsfähig war u n d ihm andernfalls unentgeltlich ein Verteidiger zu bestellen ist. D a h e r k o m m t es sowohl auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten w ä h r e n d des S t r a f v e r f a h r e n s als auch auf E i n k o m m e n s - u n d Vermögensverhältnisse zur Zeit der E n t s c h e i d u n g nach § 100 A b s . 2 a n . Nichtunterhaltsberechtigte — von der E h e f r a u m i t in die E h e „eingebrachte" — 22 K i n d e r bleiben bei der Beurteilung der wirtschaftlichen Verhältnisse des f r ü h e r e n Angeklagten a u ß e r Betracht 2 8 ). Geht der f r ü h e r e Angeklagte mutwillig keiner geregelten Arbeit n a c h u n d ist er n u r 2 3 deswegen zur Zeit der P r ü f u n g des A n t r a g s ohne E i n k o m m e n , so ist d e m A n t r a g des Verteidigers t r o t z d e m s t a t t z u g e b e n ; d e n n § 100 Abs. 2 will n u r den Angeklagten schützen, der auch bei vollem Einsatz seiner A r b e i t s k r a f t n i c h t in der Lage ist, die Gebühren eines gewählten R e c h t s a n w a l t s zu bezahlen. Nicht jedoch sollen arbeitsscheue Angeklagte vor den berechtigten F o r d e r u n g e n ihrer R A e b e w a h r t werden. E n t scheidend ist daher allein, d a ß der Angeklagte die Möglichkeit h ä t t e , d u r c h eine zum u t b a r e Arbeitsleistung einen ausreichenden Verdienst zu erlangen, u m die Gebühren eines gewählten Verteidigers zu bezahlen 2 9 ). Deshalb ist auch ein arbeitsfähiger Zimm e r m a n n , der die Möglichkeit h a t , gut zu verdienen, in der Lage, die Gebühren eines gewählten Verteidigers zu bezahlen 3 0 ). B e a n t r a g t ein R A , der m e h r e r e n Beteiligten als Pflichtverteidiger bestellt worden 24 ist, u n d v o n denen einer u n t e r Auferlegung seiner notwendigen Auslagen auf die Staatskasse freigesprochen ist, die Feststellung n a c h § 100 Abs. 2, so ist nicht die ins-

25 ) OLG Hamm MDR 71, 601; JMB1NRW 72, 121; OLG Düsseldorf N J W 74, 961 = AnwBl. 74,88 = Rpfleger 74, 79; RS Rz. 24; Gerold-Schmidt Rz. 7; Lauterbach-Hartmann Anm. 3

§ 100.

2 ") KG J R 67, 349; OLG Koblenz MDR 71, 866; OLG Saarbrücken N J W 73, 2313; LG Stuttgart AnwBl. 73, 148 = Justiz 73, 218 = Büro 73, 536 mit Anm. von Mümmler. 27 ) N J W 74, 90; Anm. zu OLG Saarbrücken KostRsp. Nr. 29; vgl. auch OLG Oldenburg Rpfleger 72, 328, das entweder auf die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten zu der Zeit abstellen will, zu der der Verteidiger für ihn tätig geworden ist oder zu der der Verteidiger, wenn er Wahlverteidiger gewesen wäre, über das Honorar hätte abrechnen können. 28 ) LG Bremen KostRsp. Nr. 8. 29 ) LG Kiel AnwBl. 71, 25; zust. auch H. Schmidt in Anm. zu KostRsp. Nr. 10. 30 ) LG Berlin KostRsp. Nr. 25.

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§ 100

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

gesamt von der Staatskasse gezahlte Pflichtverteidigervergütung nach Kopfteilen zu teilen u n d der auf den Freigesprochenen entfallende Kopfteil von der Wahlverteidigervergütung abzusetzen 31 ), sondern aus der gesamten Pflichtverteidigervergütung nur der Mehrbetrag abzuziehen, der auf die Verteidigung des freigesprochenen Beteiligten entfällt, gegen den sich der Beschluß nach § 100 richtet 32 ). 2. Anrechnung von Zahlungen 25

Zahlungen u n d Vorschüsse, die der R A von dem Beschuldigten oder einem Dritten auf seine Verteidigergebühren erhalten h a t , m u ß er sich grundsätzlich auf die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren anrechnen lassen (§ 101, vgl. auch oben Rz. 6 u n d Begr. zu § 101 1. Aufl. S 1027). Sofern er seine Gebühren nur gegenüber dem Beschuldigten geltend macht, ist diese Anrechnung sowieso selbstverständlich. 3. Die Beschwerde

26

Gegen den nach Abs. 2 ergehenden Beschluß ist die Beschwerde gemäß §§ 304—311 a S t P O zulässig, u n d zwar ist es die sofortige Beschwerde gemäß § 311a, die binnen einer Frist von einer Woche seit Bekanntmachung der Entscheidung (§ 35 StPO) einzulegen ist. Die Einlegung bei dem Beschwerdegericht genügt zur W a h r u n g der Frist, auch wenn der Fall nicht für dringlich erachtet wird (§ 311 Abs. 2 StPO). Die sofortige Beschwerde ist n u r zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 DM übersteigt (§ 304 Abs. 3 StPO). Beschlüsse des OLG u n d des B G H können nicht mit der Beschwerde angefochten werden (§ 304 Abs. 4 StPO). Das Beschwerdegericht ist zur Abänderung seiner durch die Beschwerde angefochtenen Entscheidung nicht befugt (§311 Abs. 3 StPO). Eine weitere sofortige Beschwerde ist nicht gegeben (§310 Abs. 2 StPO). Die Geltendmachung des Anspruchs ist durch die Einlegung der Beschwerde gegen den Feststellungsbeschluß nicht gehemmt, jedoch kann das Beschwerdegericht die Vollziehung der angefochtenen Entscheidung gemäß § 307 S t P O aussetzen. H a t das Beschwerdegericht einer Beschwerde ohne Anhörung des Gegners des Beschwerdeführers stattgegeben u n d kann seine Entscheidung nicht angefochten werden, so h a t es diesen von amtswegen oder auf Antrag nachträglich zu hören u n d auf einen Antrag zu entscheiden, wenn der ihm durch die Entscheidung entstandene Nachteil noch besteht; das Beschwerdegericht k a n n seine Entscheidung auch ohne Antrag ändern (§ 311a Abs. 1 StPO).

27

Beschwerdeberechtigt sind nur der RA, wenn u n d soweit seinem Antrag nicht entsprochen worden ist, u n d der Beschuldigte, wenn dem Antrag ganz oder teilweise stattgegeben worden ist 33 ). Dagegen h a t die Staatskasse in dem Verfahren nach § 100 31 ) So OLG H a m m AnwBl. 72, 236 = JVB1. 72, 141 = Rpfleger 72, 266 = KostRsp. Nr. 20 mit zust. Anm. von H. Schmidt. A.M. OLG Celle MDR 73, 1043 mit abl. Anm. von H. Schmidt in KostRsp. Nr. 27. 82 ) Zust. auch H. Schmidt in Anm. zu KostRsp. Nr. 27. 33 ) OLG H a m m (2. StrSen.) JMB1NRW 72, 183. Dagegen verneint der 4. StrSen. des OLG H a m m AnwBl. 72, 288 = JMB1NRW 72, 136 regelmäßig das Rechtsschutzinteresse für eine Beschwerde des freigesprochenen Angeklagten gegen die Feststellung seiner Zahlungsfähigkeit, wenn dessen notwendige Auslagen der Staatskasse auferlegt worden sind.

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V. Die Verjährung (zu Abs. 3)

§ 100

Abs. 2 kein Beschwerderecht 34 ). Der Bezirksrevisor ist auch nicht vor dem Erlaß der Entscheidung zu hören. § 100 enthält keine diesbezügliche Vorschrift 35 ).

IV. Keine Festsetzung der Gebühr nach § 19 Nach § 19 wird auf Antrag des R A die gesetzliche Vergütung, die ihm zusteht, durch 28 den U r k b d G festgesetzt. Wegen Einzelheiten dazu k a n n auf die Erläuterungen zu § 19 verwiesen werden. Der Abs. 7 des § 19 bestimmt, daß diese Vorschrift nicht bei Rahmengebühren gilt. Das bedeutet, daß diese Bestimmung in Strafsachen, in denen die Vergütung nach Rahmengebührensätzen bestimmt wird, nicht gilt. Das m u ß aber auch zutreffen hinsichtlich des Vergütungsanspruches des Pflichtverteidigers gegen den Beschuldigten, wenn das Gericht dessen Leistungsfähigkeit gemäß § 100 festgestellt h a t . Hier handelt es sich auch u m eine Rahmengebühr, die einen weiten Spielraum zuläßt. Der Pflichtverteidiger erhält zunächst feste Sätze, u n d zwar das Vierfache der Mindestsätze aus den Rahmengebühren der §§ 83 ff. Bei seinem weitergehenden Anspruch aus § 98 gegen den Beschuldigten handelt es sich aber wieder u m Rahmengebührensätze, die eine Festsetzung nach § 19 ausschließen. Die im § 19 Abs. 7 vorgesehene Einschränkung m u ß daher auch f ü r den Vergütungsanspruch des Pflichtverteidigers gegen den Beschuldigten zutreffen, so daß m a n die Festsetzung der Vergütung des Pflichtanwaltes nach § 19 f ü r unzulässig erachten m u ß (vgl. auch Rz. 56 zu § 19). Die Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten gemäß § 100 Abs. 2 schafft 29 allein noch nicht einen vollstreckbaren Titel gegen diesen für den Gebührenanspruch des Pflichtverteidigers. Diese Feststellung soll lediglich die Voraussetzung dafür schaffen, daß der R A befugt ist, seinen Anspruch gegen den Beschuldigten geltend machen zu können 36 ). Erst wenn diese Leistungsfähigkeit durch das Gericht festgestellt worden ist, bestände die Möglichkeit, den Festsetzungsantrag nach § 19 zu stellen, wenn nicht die Anwendung dieser Vorschrift ausgeschlossen wäre. Es m u ß daher nach Feststellung der Leistungsfähigkeit eine besondere Gebührenklage erhoben werden.

V. Die Verjährung (zu Abs. 3) Der Gebührenanspruch des R A v e r j ä h r t im allgemeinen in zwei Jahren (vgl. dazu 30 die Erläuterungen zu § 16 Rz. 34ff). Der Abs. 3 bestimmt n u n in der jetzt gültigen Fassung 3 7 ) in Satz 1, daß der f ü r den 31 Beginn der Verjährung maßgebende Zeitpunkt mit der Rechtskraft der das Verfahren abschließenden gerichtlichen Entscheidung, in Ermangelung einer solchen mit der 34 ) OLG H a m m AnwBl. 62, 181 = Rpfleger 62, 187 mit krit. Anm. von Tschischgale; OLG Karlsruhe JVB1. 68, 164 = Justiz 68, 181 = N J W 68, 857; KG J R 67, 472; OLG Köln MDR 71, 240 = JMB1NRW 70, 304 (unter Aufgabe der früheren Rspr. des Senats in N J W 61, 1639 = JMB1NRW 61, 148); OLG Oldenburg N J W 72, 2323 = AnwBl. 72, 331 = NdsRpfl. 72, 228 = MDR 72, 890 (L); LG Wuppertal Büro 74, 65; a.M. aber unrichtig LG Hannover NdsRpfl. 71, 211. 35 ) A.M. LG Krefeld KostRsp. Nr. 34 mit abl. Anm. von H. Schmidt. 38 ) OLG H a m m KostRsp. Nr. 1; desgl. Nr. 4. 37 ) Geändert dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189; vgl. auch H. Schmidt N J W 75, 1730; ferner Mümmler Büro 75, 1010; H. Schmidt AnwBl. 75, 333.

147

§ 100

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

Beendigung des Verfahrens e i n t r i t t . Mit dieser B e s t i m m u n g soll verhindert werden, d a ß der G e b ü h r e n a n s p r u c h f ü r die Tätigkeit in den Vorinstanzen v e r j ä h r t , bevor die Sache endgültig r e c h t s k r ä f t i g abgeschlossen ist. Der jetzige Satz 2 v o n Abs. 3 entspricht der bisherigen F a s s u n g des Abs. 3. D a n a c h ist der L a u f der Verjährungsfrist v o n der in Abs. 2 Satz 2 vorgesehenen Feststellung des Gerichts nicht abhängig. Hier besteht also ein Unterschied z u m A r m e n a n w a l t , dessen V e r g ü t u n g s a n s p r u c h n a c h § 115 Abs. 1 N r . 3 Z P O bis z u m E r l a ß desAnordnungsbeschlusses n a c h § 125 Z P O oder n a c h E n t z i e h u n g des A r m e n r e c h t s gesetzlich gestund e t ist» 8 ). D e r Anspruch v e r j ä h r t also in der n o r m a l e n V e r j ä h r u n g s f r i s t v o n zwei J a h r e n , wobei allerdings der Beginn der V e r j ä h r u n g g e m ä ß Abs. 3 Satz 1 auf die rechtskräftige Beendigung des Verfahrens oder dessen sonstiger endgültiger Beendigung abgestellt ist. Dagegen l ä u f t die V e r j ä h r u n g s f r i s t n i c h t erst von d e m Z e i t p u n k t ab, in d e m der R A d e n A n t r a g gestellt u n d das Gericht den A n s p r u c h festgestellt h a t 8 ' ) . E s ist desh a l b darauf zu achten, d a ß rechtzeitig vor Ablauf der V e r j ä h r u n g s f r i s t der A n t r a g n a c h § 100 gestellt wird, u m n a c h Feststellung desselben d u r c h das Gericht rechtzeitig die Gebührenklage einreichen zu können, d a eine F e s t s e t z u n g n a c h § 19 (vgl. oben B z . 28 f ) nicht zulässig ist. 32

W e n n aber der Angeklagte die E i n r e d e der V e r j ä h r u n g nicht geltend m a c h t , so sind die v o n ihm n a c h § 100 f ü r den Pflichtverteidiger geschuldeten Auslagen a u c h d a n n notwendige Auslagen, wenn dessen Ansprüche v e r j ä h r t sind 1 0 ).

VI. Honorarvereinbarungen, sonstige freiwillige Zahlungen 33

Der Pflichtverteidiger ist berechtigt, m i t d e m Beschuldigten oder D r i t t e n eine H o n o r a r v e r e i n b a r u n g auf Zahlung der Wahlverteidigergebühren zu treffen. Allerdings darf der R A eine solche Vereinbarung nicht fordern (vgl. d a z u oben R z . 3, 12 u. R z . 56 zu § 3). W e n n eine solche Vereinbarung aber wirksam abgeschlossen wird u n d der Angeschuldigte oder ein D r i t t e r d e m R A d a r a u f h i n die vereinbarte V e r g ü t u n g bezahlt, k a n n i m Falle der Ü b e r b ü r d i m g der notwendigen Auslagen des Angeschuldigten auf die Staatskasse die E r s t a t t i m g des H o n o r a r s zulasten der Staatskasse erfolgen, auch w e n n ein Beschluß n a c h § 100 Abs. 2 nicht ergangen ist 11 ). D a s gleiche gilt, wenn der Beschuldigte freiwillig d e m Pflichtverteidiger die W a h l a n w a l t s g e b ü h r e n gezahlt h a t oder zahlt. Der Verteidiger darf diese Zahlung a n n e h m e n , weil er n a c h § 100 Abs. 1 einen Anspruch h a t , den er n u r ohne den in § 100 Abs. 2 vorgesehenen Beschluß nicht geltend m a c h e n darf. D e n n d a n n sind d e m Beschuldigten tatsächlich notwendige Auslagen e n t s t a n d e n , so d a ß er einen Anspruch auf E r s t a t t u n g seiner notwendigen Auslagen geltend m a c h e n kann 1 2 ).

• 8 ) BGH N J W 63, 1318; Zöller ZPO 10. Aufl. Anm. 7 § 125. " ) OLG Nürnberg Büro 64, 126. M ) OLG Hamm JVB1. 68, 165; a.M. AG Friedberg/Hess. KostRsp. Nr. 31 mit abl. Anm. von H . Schmidt. " ) So auch LG Weiden KostRsp. Nr. 26; LG Krefeld AnwBl. 61, 177 mit Anm. von • Schueler; a.M. LG Deggendorf Büro 73, 229 mit abl. Anm. von H. Schmidt. " ) LG Krefeld AnwBl. 61, 177 mit Anm. von Schueler; LG Weiden KoatRsp. Nr. 26; Lappe Anm. zu OLG Oldenburg KostRsp. § 97 Abs. 1 Nr. 14; H. Schmidt Anm. zu OLG Hamm KostRsp. Nr. 11 zu § 100; a.M. OLG Düsseldorf N J W 61, 1640 = MDR 61, 955 = Büro 61, 616 = JMB1NRW 61, 227. 148

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 101

§ 101. Anrechnung, Rückzahlung (1) Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt vor oder nach der gerichtlichen Bestellung für seine Tätigkeit in der Strafsache von dem Beschuldigten oder einem Dritten nach dieser Gebührenordnung oder auf Grund einer Vereinbarung erhalten hat, sind auf die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren anzurechnen. Hat der Rechtsanwalt von dem Beschuldigten oder einem Dritten Zahlungen empfangen, nachdem er Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat, so ist er zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet. (2) Die Anrechnung oder Rückzahlung unterbleibt, soweit der Rechtsanwalt durch diese insgesamt weniger als den doppelten Betrag der ihm nach den § § 9 7 und 99 zustehenden Gebühr oder Pauschvergütung erhalten würde. (3) Vorschüsse und Zahlungen, die für die Anrechnung oder die Pflicht zur Rückzahlung nach den Absätzen 1 und 2 von Bedeutung sind, hat der Rechtsanwalt der Staatskasse anzuzeigen. Vorbemerkung: Abs. 1 und 3 dieser Vorschrift sind unverändert geblieben. Abs. 2 wurde zunächst mit Wirkung vom 1 .7. 61 neu gefaßt dch. Ges. v. 19. 6. 61 BGBl. I, 769 als Folge der damaligen Änderung des § 97 Abs. 1 und Erhöhung der Pflichtverteidigergebühren. Dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 ist Abs. 2 erneut geändert worden. Danach unterbleibt die Anrechnung eines erhaltenen Vorschusses bzw. die spätere Rückzahlung, solange der Verteidiger durch die Vorschüsse oder sonstigen Zahlungen zusätzlich einen geringeren Betrag erhält, als die Staatskasse zu zahlen hat. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Anzeige und Rückzahlung echte Rechtspflicht des RA II. Zur Anwendung der Vorschrift . . . Vorschüsse und Zahlungen — des Beschuldigten — eines Dritten — eines weiteren Beteiligten auf die Wahlverteidigergebühren.... Dieselbe Strafsache Dieselbe Instanz Zahlungen auf von der Beiordnung nicht umfaßte Tätigkeiten

Rz. 1 1 2 3 4 5 6 7 8

Beschränkung der Anrechnungspflicht Rückzahlung an die Staatskasse. . Anrechnung bei Bewilligung einer Pauschvergütung (§ 99) Keine Beschränkung auf Wahlverteidigergebühren Anzeigepflicht des RA über anzurechnende Zahlungen Beispiele für die Anrechnung. . . . Verfahren über die Feststellung der Anrechnungspflicht Einwendungen des RA

Rz. 9 10 11 12 13 14 15 16

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift behandelt die Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen, die 1 der Pflichtverteidiger vor oder nach der gerichtlichen Bestellung in dieser Sache von dem Beschuldigten oder einem Dritten nach der GebO oder auf Grund einer (Honorar-) Vereinbarung erhalten hat. Solche Zahlungen muß der Pflichtverteidiger sich auf seine ihm aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren anrechnen lassen. Das ist auch durchaus berechtigt, ebenso wie diese auch der Armenanwalt sich anrechnen lassen muß (vgl. § 129). Es ist auch einleuchtend, daß der RA, wenn solche Zahlungen später an ihn erfolgen, nachdem er die Gebühren aus der Staatskasse erhalten hat, zur Anzeige und zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet ist, und zwar als eine echte Rechtspflicht. Die Verpflichtung kann auch nicht durch Vereinbarung mit dem Be149

§ 101

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

schuldigten oder mit einem Dritten ausgeschlossen werden. Unterläßt es der R A fahrlässig, Zahlungen des Mandanten, die auf die aus der Staatskasse zu zahlenden Pflichtverteidigergebühren anzurechnen sind, gemäß § 101 Abs. 3 anzuzeigen, so verstößt er dadurch gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung 1 ). Die Anrechnung eines erhaltenen Vorschusses bzw. die Anzeige u n d spätere Rückzahlung unterbleibt jedoch, solange der Verteidiger einen geringeren Betrag erhält, als die Staatskasse zu zahlen h a t . Beträgt z. B. die aus der Staatskasse zu zahlende Pflichtverteidigergebühr 280 DM, so kann der Angeschuldigte oder ein Dritter in derselben Angelegenheit noch ebenfalls bis 280 DM bezahlen, ohne daß die Anrechnungsvorschrift des § 101 Abs. 2 eingreift. Damit ist der Pflichtverteidiger allerdings immer noch schlechter gestellt als der Armenanwalt. Dieser braucht sich Vorschüsse u n d Zahlungen auf die erhaltenen Armenanwaltsgebühren erst anrechnen zu lassen, wenn diese von der armen Partei oder einem Dritten geleisteteten Beträge den Differenz betrag zwischen den Armenanwaltskosten und den vollen Anwaltskosten übersteigen.

II. Zur Anwendung der Vorschrift Nach dieser Vorschrift ist wie folgt zu verfahren: 2 1. Vorschüsse und Zahlungen, die der R A als Pflichtverteidiger oder vorher als Wahlverteidiger erhalten hat, sind auf die von der Staatskasse zu zahlenden Gebühren anzurechnen mit der nach Abs. 2 bestimmten Einschränkung. 3 2. Das gilt nicht nur für Zahlungen auf die gesetzlichen Gebühren, sondern auch f ü r Zahlungen auf Grund von Honorarvereinbarungen sowie f ü r nach der Beiordnung freiwillig u n d ohne Aufforderung des R A geleistete Beträge, sofern diese die in Abs. 2 bestimmten Höchstgrenzen übersteigen. Unbeachtlich ist, ob die Zahlungen vor oder nach der gerichtlichen Bestellung geleistet worden sind. Desgleichen sind anzurechnen die nach der Feststellung der Leistungsfähigkeit des Beschuldigten oder nach der vollen Begleichung des Zahlungsanspruchs des R A aus der Staatskasse gewährten Beträge 2 ). 4 3. Anzurechnen sind nicht nur die Zahlungen, die der Beschuldigte, sondern auch ein Dritter f ü r ihn geleistet h a t . Dritter i.S. des § 101 ist auch der erstattungspflichtige Gegner in einer Privatklagesache 3 ). 5

Vertritt der R A einen Nebenkläger als Wahlanwalt u n d einen weiteren Angeklagten als Pflichtverteidiger, dann stellen die Zahlungen des einen Beteiligten an den Rechtsanwalt auf seine Wahlanwalts Vergütungen keine Zahlungen i.S. des § 101 dar 4 ). § 101 könnte hier nur eingreifen, wenn der Mitbeteiligte an den gemeinsamen R A über seine eigene Zahlungsverpflichtung (angemessene gesetzliche Gebühr oder vereinbartes Honorar) hinausgehende Leistungen für den vom Pflichtverteidiger vertretenen anderen Beschuldigten erbringt. Hierbei müssen die Gesamtzahlungen einschließlich der aus der Staatskasse gezahlten Beträge über !) EGHSchlH AnwBl. 68, 198. ) Schueler AnwBl. 60, 87; Gerold-Schmidt Rz. 2; R S R z . 3 ; Lauterbach-Hartmann Anm. 2. ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 4; s. auch RS Rz. 2; Lauterbach-Hartmann Anm. 2. 4 ) KG N J W 71, 2000 mit zust. Anm. von H. Schmidt = AnwBl. 71, 291; OLG Düsseldorf Rpfleger 73, 375 unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Rechtsauffassung Rpfleger 62, 354; OLG H a m m AnwBl. 65, 91 = JMB1NRW 64, 288; Gerold-Schmidt Rz. 4; Lauterbach Anm. 2; Swolana Anm. 2; H. Schmidt JVB1. 66, 25; a.M. R S Rz. 4. 2 3

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II. Zur Anwendung der Vorschrift

§ 101

der nach § 12 zu bestimmenden angemessenen gesetzlichen Gebühr (oder des vereinbarten Honorars) für die Verteidigung des Mitbeteiligten zuzüglich des doppelten Betrages der von der Staatskasse f ü r den anderen Beschuldigten dem Pflichtverteidiger erbrachten Leistung liegen 5 ). 4. Nur wenn die Beträge in derselben Strafsache geleistet worden sind, müssen Sie 6 unter den Voraussetzungen des Abs. 2 auf die aus der Staatskasse gezahlte Pflichtverteidigervergütung angerechnet werden. Die Vorschrift des § 101 darf auch nicht dahin ausgelegt werden, daß Zahlungen 7 auf Wahlanwaltsgebühren anderer Instanzen auf die Pflichtverteidigergebühren anderer Rechtszüge angerechnet werden müssen. I m m e r dürfen nur Zahlungen auf die in derselben Instanz entstandenen Gebühren angerechnet werden 6 ), während die Strafsache sich von dem vorbereitenden Verfahren bis zur rechtskräftigen oder endgültigen anderweitigen Erledigung erstreckt u n d sogar noch das Wiederaufnahmeverfahren bis zur Entscheidung über die Begründetheit des Antrages (§ 370 StPO) umfaßt. Deshalb braucht der erst im höheren Rechtszug für einen Mitangeklagten als Pflichtverteidiger bestellte R A sich nicht Beträge anrechnen lassen, die er als Wahlverteidiger eines anderen Mitbeschuldigten in derselben Strafsache f ü r eine andere Instanz erhalten hat 7 ). Desgleichen bleiben auch Zahlungen unberücksichtigt, die der R A f ü r Tätig- 8 keiten erhalten h a t , die von der Beiordnung nicht u m f a ß t sind 8 ). Wenn der Beschuldigte die Verrechnung nicht bestimmt hat, erfolgt diese gemäß § 366 BGB 9 ). 5. Gemäß Abs. 2 unterbleibt die Anrechnung oder Rückzahlung, solange der Ver- 9 teidiger insgesamt einen geringeren Betrag als den doppelten Betrag der ihm nach den §§ 97 u n d 99 gegen die Staatskasse zustehenden Gebühren erhalten würde. Wie die amtliche Begründung zu § 101 (s. 1. Aufl. S 1033) betont, wäre es unbillig, den Grundsatz der Anrechnung und Rückzahlung ohne Einschränkung durchzuführen. Deshalb versucht § 101 Abs. 2 die Interessen des Staates u n d des R A in einen gerechten Einklang zu bringen. 6. Wenn der Pflichtverteidiger seine Vergütung bereits aus der Staatskasse erhalten 10 hat u n d es erfolgen dann noch Zahlungen von dem Beschuldigten oder einem Dritten, so ist der R A zur Rückzahlung an die Staatskasse verpflichtet. Jedoch k o m m t eine Anrechnung und Rückzahlung dann nicht in Betracht, wenn die Staatskasse die verauslagten Pflichtverteidigergebühren bereits anderweitig erstattet erhalten hat, z. B. durch Einziehimg von dem Beschuldigten oder von einem erstattungspflichtigen Gegner. Die Obergrenze des RückZahlungsanspruches der Staatskasse liegt in der Höhe der von ihr an den Pflichtverteidiger verauslagten Beträge 10 ). 5

) Vgl. auch dazu H. Schmidt Anm. zu OLG Düsseldorf KostRsp. Nr. 4. ") Vgl. Gerold-Schmidt Rz. 3. Dort wird noch zutreffend darauf hingewiesen, daß jede andere Handhabung zu unmöglichen Ergebnissen führen würde. 7 ) Gerold-Schmidt Rz. 3. 8 ) LG Münster AnwBl. 70, 271. 9 ) Vgl. dazu auch H. Schmidt JVB1. 66, 25 u. JVB1. 69, 203. 10 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 5.

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§ 101

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

11

§ 101 gilt auch dann, wenn dem Pflichtverteidiger auf Antrag eine Pauschvergütung gemäß § 99 bewilligt worden ist. I n einem solchen Falle unterbleibt die Anrechnung nach Abs. 2, wenn der R A dadurch insgesamt weniger als den doppelten Betrag der bewilligten Pauschvergütung erhalten würde.

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I m Einzelfall kann die an den R A insgesamt zu zahlende Vergütung (Pflichtverteidigergebühren + freiwillige oder aufgrund vereinbarten Honorars gezahlte Beträge) über die einem Wahlanwalt zustehenden Gebühren hinausgehen. § 101 enthält insoweit keine Einschränkimg 1 1 ).

13 7. Vorschüsse und Zahlungen, die der Pflichtverteidiger erhalten h a t oder später erhält, sind nach Abs. 3 der Staatskasse anzuzeigen, wenn sie i.S. der Anrechnungsvorschrift des Abs. 2 von Bedeutung sind. Andernfalls k a n n diese Anzeige unterbleiben. Vgl. auch Rz. 1. Die Anzeigepflicht m u ß auch noch nach Beendigimg des Verfahrens gelten, wenn der R A später von dem Beschuldigten oder einem Dritten Zahlungen auf diese Sache erhält u n d wenn er bereits eine Vergütung aus der Staatskasse erhalten h a t t e . Gleichgültig ist ferner, ob die Zahlungen vor oder nach der gerichtlichen Bestellung geleistet worden sind. 14 8. Beispiele: a) Der R A h a t aus der Staatskasse Gebühren zu erhalten Der Beschuldigte hat an ihn gezahlt

400 DM 100 DM 500 DM

Hier unterbleibt die Anrechnung bzw. Rückzahlung, da der R A insgesamt 500 DM erhalten hat, während der doppelte Betrag von 400 DM = 800 DM beträgt. b) Der R A h a t aus der Staatskasse Gebühren zu erhalten 280 DM Der Beschuldigte hat an ihn gezahlt 300 DM E r h a t insgesamt erhalten 580 DM E r m u ß sich aus der Zahlung des Beschuldigten den 280 DM übersteigenden Betrag anrechnen lassen mit 20 DM, so daß die Staatskasse an ihn nur mehr 260 DM zu zahlen h ä t t e . c) Die Staatskasse h ä t t e an den R A Gebühren zu zahlen Der Beschuldigte hat an ihn gezahlt

240 DM 350 DM 590 DM

Da« Doppelte der aus der Staatskasse zu leistenden Vergütung beträgt

480 DM

Der R A m u ß sich also auf die Vergütung aus der Staatskasse anrechnen lassen so daß diese nur zu zahlen h a t

110 DM 130 DM

15 9. Die Feststellung, ob u n d in welcher Höhe Vorschüsse anzurechnen oder bereits zuviel erhaltene Beträge an die Staatskasse zurückzuzahlen sind, erfolgt im Festsetzungsverfahren nach § 98 12 ). I n diesem Verfahren ist auch zu bestimmen, welcher u ) Vgl. dazu die Hinw. in der 1. Aufl. S 1035 auf die Begr. des Rechtsausschusses des BT; ferner RS Rz. 10. 12 ) OLG Hamm Rpfleger 59, 200.

152

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 102

Betrag jeweils an die berechtigte Landes- oder Bundeskasse zurückzuzahlen ist, sofern die Zahlungspflicht (§ 103) bei verschiedenen Kassen liegt. Dieser Fall kann eintreten, wenn zuerst ein Gericht des Bundes u n d sodann ein Gericht des Landes den R A bestellt oder beigeordnet h a t , oder umgekehrt. F ü r die Verteilung ist das Verhältnis der Gebühren, die von den verschiedenen Kassen geschuldet werden oder gezahlt worden sind, maßgebend. Einwendungen des RA gegen die Verpflichtimg zur Anrechnung oder Rückzahlung sind ebenfalls im Verfahren nach § 98 zu entscheiden 13 ).

§ 102. Privatklage, Nebenklage, Klageerzwingungsverfahren Für die Gebühren des Rechtsanwalts, der dem Privatkläger, dem Nebenkläger oder dem Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren oder sonst beigeordnet worden ist, gelten die Vorschriften der §§ 97—101 sinngemäß. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Notwendiger Geschäftsbesorgungsvertrag Beiordnung nur für die laufende Instanz Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen

Rz. 1 2 3 4

II. Anwendung der Vorschrift. Der Anspruch gegen die Staatskasse Pauschvergütung Anspruch gegen den Beschuldigten . Vorverfahrensgebühr Mehrtägige Hauptverhandlung . . . Mehrere Auftraggeber

Rz. 5 6 6 6 7 8 9

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift betrifft ebenfalls die Gebühren des Pflichtverteidigers. Sie regelt 1 die Vergütung des beigeordneten R A bei Vertretung des Privatklägers, Nebenklägers, des Antragstellers im Klageerzwingungsverfahren oder eines sonstigen Verfahrensbeteiligten. Auch in diesen Fällen erhält der Pflichtverteidiger die Gebühren entsprechend den Vorschriften §§ 97—101, obwohl die im § 102 genannten RAe im Armenrecht beigeordnet werden (vgl. § 379 Abs. 3, § 397, § 172 Abs. 3 Satz 2 StPO). Der Erwähnimg des Beschuldigten im Privatklageverfahren bedurfte es in dieser Vorschrift nicht, weil für diesen und damit auch f ü r seinen gerichtlich bestellten Verteidiger ohne weiteres nach den Vorschriften des § 384 StPO die Gebührenvorschriften der §§ 97 ff gelten. Hinzugekommen ist die Regelung für die Gebühr des dem Antragsteller im Klageerz wingungsverfahren beigeordneten RA. Dies ist auch gerechtfertigt, weil der Antrag auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren von einem R A unterzeichnet sein m u ß (§ 172 Abs. 3 Satz 2 StPO). Aus diesem Grunde hat der Antragsteller, wenn die Voraussetzungen des § 114 ZPO gegeben sind, einen Anspruch darauf, daß ihm ein R A beigeordnet wird. Der Anspruch gegen die Staatskasse bedingt in diesen Fällen nicht nur die Bei- 2 Ordnung, sondern daneben notwendig auch einen mit dem Vertretenen geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag, der aber auf eine vorläufig unentgeltliche Tätigkeit gerichtet ist 1 ). Unter Umständen entsteht der Gebührenanspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder ungerechtfertigter Bereicherung. 13

) R S Rz. 13 und 14. *) So auch Gerold-Schmidt Rz. 2; s. ferner R S Rz. 1 sowie Lauterbach Anm. 1.

153

§ 102

Sechster Abschnitt: Gebühren in Strafsachen

3

Die Armenrechtsbewilligung u n d die Beiordnung gilt jeweils n u r f ü r die laufende Instanz (§ 119 ZPO). Der Anspruch des R A gegen den Vertretenen richtet sich aber nicht n a c h den Vorschriften der Z P O über die N a c h z a h l u n g s a n o r d n u n g (§ 125 ZPO), sondern n a c h § 100 2 ). Die Berechnung der V e r g ü t u n g erfolgt n a c h § 97 m i t den d o r t in Abs. 2 g e n a n n t e n f ü r die Berechnung der Auslagen u n d G e l t e n d m a c h u n g eines Vorschusses m a ß g e b e n d e n Vorschriften der §§ 126, 127.

4

Die A n r e c h n u n g von Vorschüssen u n d Zahlungen des Vertretenen oder eines D r i t t e n regelt sich auch hier n a c h § 101, nicht e t w a n a c h § 129. Vgl. d a z u die E r l ä u t e r u n g e n zu § 101.

II. Anwendung der Vorschrift 5

Die Vorschrift sieht die A n w e n d u n g der §§ 97—101 im Falle der Bestellung eines Pflichtanwalts f ü r folgende G r u p p e n vor: 1. I n Privatklagesachen f ü r den P r i v a t k l ä g e r u n d f ü r den Beschuldigten. 2. F ü r den Nebenkläger (§§ 395ff. StPO), wobei dieser die R e c h t e eines P r i v a t k l ä g e r s h a t (§ 397 S t P O ) . 3. F ü r den Antragsteller im Verfahren zur gerichtlichen Erzwingung der Anklage (Klageerzwingungsverfahren § 192 Abs. 2—4, § 173 StPO) 3 ). Die Gebühren ergeben sich hierfür a u s § 91 N r . 2 in Verbindung m i t § 97 Abs. 1 Satz 1. 4. F ü r einen anderen Verfahrensbeteiligten, d e m der Pflichtanwalt beigeordnet ist u n d der z. B. ein Einziehungsbeteiligter sein k a n n (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n zu § 95). I n allen Fällen k a n n den Beteiligten dieser G r u p p e n ein Pflichtverteidiger beigeordn e t werden. Die Gebühren f ü r diesen richten sich n a c h den Vorschriften der §§ 97—101, d.h. es finden n a c h der Vorschrift des § 97 die §§ 83—86, 90—92, 94, 95 A n w e n d u n g , jedoch erhält der Pflichtverteidiger auch hier n u r die vorgeschriebenen Sätze. E s k a n n dazu auf die E r l ä u t e r u n g e n zu den einzelnen Vorschriften verwiesen werden. Soweit die Beiordnung im Berufungs- oder Revisionsverfahren erfolgt, sind die erhöhten Sätze der §§ 85, 86 a n z u n e h m e n (vgl. auch Tabelle S 114).

6

Der Anspruch gegen die Staatskasse richtet sich nach den Vorschriften der §§ 98, 101, welche die Festsetzung der Gebühren des Pflichtverteidigers u n d die Anrechnung von erhaltenen Zahlungen regeln u n d hier ebenfalls anzuwenden sind, ebenso die Vorschrift des § 99, die auf A n t r a g eine E r h ö h u n g der Pauschvergütung zuläßt, w e n n die Strafsache besonders umfangreich oder schwierig war. Der Anspruch des Pflichtverteidigers gegen den Beschuldigten auf Zahlung der Geb ü h r e n , wie sie einem Wahlverteidiger zustehen, gilt auch f ü r die Gruppen oben zu 1—4. I n der Regel wird aber diese Vorschrift auf solche Sachen selten praktisch Anw e n d u n g finden, weil die Bestellung eines Pflichtverteidigers hier meist n u r in den Fällen der nachgewiesenen A r m u t erfolgen wird.

7

Auch die besondere Vorverfahrensgebühr s t e h t d e m R A zu, wenn die Voraussetzungen des § 97 Abs. 3 vorliegen, d. h. der R A als Verteidiger bereits eine Tätigkeit vor E r ö f f n u n g des H a u p t Verfahrens ausgeübt h a t . 2 ) Vgl. aber wegen der analogen Anwendung des § 124 ZPO OLG Hamburg AnwBl. 75, 404, wonach der dem Nebenkläger beigeordnete RA seine vollen Wahlanwaltskosten von dem in die Kosten des Verfahrens verurteilten Angeklagten ohne vorangehendes Feststellungsverfahren gegen den Nebenkläger gemäß § 100 Abs. 2 beitreiben kann. S. dazu auch Fn. 17 zu § 100. 3 ) Wegen Kostenentscheidung im Klageerzwingungsverfahren vgl. § 96 Rz. 29.

154

Zahlungspflichtige Kasse — A u f s p a l t u n g d e r Zahlvingspflicht

§ 103

Bei mehrtägiger Hauptverhandlung erhält auch der nach § 102 bestellte R A die dafür 8 vorgesehenen zusätzlichen Gebührenbeträge und, wenn das Verfahren von neuem begonnen wird, für den ersten Tag der neuen Hauptverhandlung die vierfachen Mindestsätze der §§ 83, 85, 86. Ferner ist die Vorschrift des § 6 Abs. 1 Satz 2 anzuwenden, wenn der R A mehrere 9 Privatkläger, Nebenkläger oder Antragsteller oder sonstige Verfahrensbeteiligte vertritt. Die Gebühren erhöhen sich für jeden weiteren Auftraggeber u m drei Zehntel.

§ 103. Bundeskasse, Landeskasse (1) Staatskasse im Sinne dieser Vorschriften ist die Bundeskasse, wenn ein Gericht des Bundes, die Landeskasse, wenn ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat. (2) Hat zuerst ein Gericht des Bundes und sodann ein Gericht des Landes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet, so zahlt die Bundeskasse die Vergütung, die der Rechtsanwalt während der Dauer der Bestellung oder Beiordnung durch das Gericht des Bundes verdient hat, die Landeskasse die dem Rechtsanwalt darüber hinaus zustehende Vergütung. Dies gilt sinngemäß, wenn zuerst ein Gericht des Landes und sodann ein Gericht des Bundes den Rechtsanwalt bestellt oder beigeordnet hat. Übersicht: Rz. Zahlungspflichtige Kasse A u f s p a l t u n g der Zahlungspflicht.

1

.

2

Die Vorschrift stellt klar, daß es f ü r die Bestimmung der zahlungspflichtigen Kasse 1 auf den Bestellungsakt ankommt. Gleichzeitig bestimmt § 103 den Gläubiger desRückforderungsanspruchs nach § 101 Abs. 1 Satz 2, ferner den für die dem R A nach § 101 Abs. 3 obliegende Anzeige zuständigen Empfänger. Abs. 2 regelt die Aufspaltung der Zahlungspflicht zwischen der Bundeskasse u n d 2 der Landeskasse, wenn der R A in derselben Sache zuerst von einem Gericht des Bundes u n d sodann von einem Gericht des Landes bestellt oder beigeordnet worden ist. Das gleiche gilt im umgekehrten Fall. Maßgebend für die Aufteilung der Kosten des Pflichtanwalts ist, welche seiner Tätigkeiten durch die Bestellung des ersten Gerichts noch gedeckt sind. Dagegen h a t die zuständige Kasse des zweiten Gerichts nur noch die Kosten zu zahlen, die nicht durch die von der ersten Kasse gezahlten Vergütung umfaßt werden. Bei späterer Erhöhung des Gebührenrahmens hat die dadurch bedingten zusätzlichen Kosten ausschließlich die zuständige Kasse des zweiten Gerichts zu tragen. Bei der Zubilligung einer Pauschvergütung nach § 99 ist diese im Verhältnis der jeweiligen Tätigkeit vor den einzelnen Gerichten zwischen der Kasse das ersten Gerichts und der Kasse des zweiten Gerichts auszugleichen 1 ). M Vgl. a u c h R S R z . 4.

155

SIEBENTER ABSCHNITT

Gebühren in Bußgeldverfahren x ) Vorbemerkungen zu § 105 Der 7. Abschnitt regelt die Gebühren f ü r die Verteidigung in Bußgeldverfahren besonders. Schon nach bisherigem Recht war die BRAGebO anzuwenden, weil es sich u m Strafsachen handelt, wofür die Vorschriften der §§ 83 ff, welche die Gebühren in Strafsachen regeln, galten. Ähnliches ist auch jetzt vorgesehen, indem bestimmte Rahmengebührensätze für das Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde vorgesehen sind, die der geänderten wirtschaftlichen Lage entsprechend angehoben worden sind (§ 105 Abs. 1). F ü r das Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht sieht § 105 Abs. 2 vor, daß der R A als Verteidiger die Gebühren des § 83 Abs. 1 Nr. 3 erhält. Entgegen der bisherigen Fassung des § 105 spricht Abs. 2 i.d.F. des Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) nicht mehr von einer sinngemäßen Anwendung der Vorschriften des 6. Abschnittes, sondern bes t i m m t unmittelbar, daß sich die Gebühr des anwaltlichen Verteidigers im Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht nach § 83 Abs. 1 Nr. 3 richtet. Durch diese in dem neuen Abs. 2 vorgesehene Verselbständigung der Gebühr für die Tätigkeit in gerichtlichen Verfahren soll nach der Begr. des Rechtsausschusses 2 ) der Auffassung entgegengewirkt werden, daß in Bußgeldverfahren in der Regel geringere Gebühren als in einem amtsgerichtlichen Verfahren angebracht seien, dem ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren vorausgegangen ist. Die in dem bisherigen Abs. 3 vorgesehene Anrechnung der Gebühr nach Abs. 1 auf eine weitere nach § 83 oder § 84 anfallende Gebühr ist in Wegfall gekommen. Der Rechtsausschuß des BT 2 ) h a t diese Anrechnimg f ü r ungerechtfertigt gehalten, weil die Tätigkeiten des R A in den beiden Verfahren unterschiedlicher Art sind 3 ). I m übrigen bestimmt Abs. 3 die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des 6. Abschnittes. § 104. VerwaltungsstrafVerfahren1) (aufgehoben) § 105. Bußgeldverfahren (1) Im Bußgeldverfahren vor der Verwaltungsbehörde erhält der Rechtsanwalt als Verteidiger eine Gebühr von 30 Deutsche Mark bis 380 Deutsche Mark. ') Die Überschrift des 7. Abschnittes ist geändert und § 104 aufgehoben dch. Ges. v. 24.5.68 (BGBl. I, 503). 2 ) Vgl. AnwBl. 75, 121. 3 ) Vgl. auch Mümmler Büro 75, 1006f; Schmidt AnwBl. 75, 337; Holger Schmidt NJW 75, 1730. !) Diese Vorschrift wurde dch. Art. 44 des Ges. v. 24. 5. 68 (BGBl. 1,481 [503]) aufgehoben. 156

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 105

(2) Im Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht erhält der Rechtsanwalt als Verteidiger die Gebühren des § 83 Abs. 1 Nr. 3. (3) Im übrigen gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts sinngemäß. Übersicht: Rz. I. Bedeutung der Vorschrift . . . 1 Zuständigkeit der Verwaltungsbe hörde 2 Das Verfahren nach Einspruch . 3 4 II. Die Gebühren 1. Die Rahmengebührensätze . . 4 2. Keine Anrechnungspflicht . . 5 Mittelgebühr 6 III. Anzuwendende Vorschriften (Abs. 3) 7 Gebühren des Pflichtverteidigers 8, 13

Rz. Anwendung der Vorschriften des 1. und 2. Abschnittes Änderung des rechtskräftigen Bußgeldbescheides — Wiederaufnahmeverfahren Vollstreckung — Tätigkeit des RA— Vergütung Erzwingungshaft Bestellung eines Verteidigers . . . Höhe der Gebühr IV. Die Kosten des Verfahrens . . . .

9 10 11 12 13 14 15

I. Bedeutung der Vorschrift Durch das Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) 1 ) wird bestimmt, daß Straf- 1 taten, die ausschließlich mit Geldstrafe bedroht sind, als Ordnungswidrigkeiten behandelt werden, worüber im sog. Bußgeldverfahren durch Bußgeldbescheid (über 5—1000 DM) zu entscheiden ist. F ü r die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten ist die Verwaltungsbehörde zuständig, 2 soweit nicht hierzu nach dem OWiG die Staatsanwaltschaft oder an ihrer Stelle f ü r einzelne Verfolgungsmaßnahmen der Richter berufen ist. Ebenso ist die Verwaltungsbehörde auch f ü r die Ahndung von Ordnungswidrigkeiten zuständig, soweit nicht hierzu nach dem OWiG das Gericht berufen ist (§ 35 OWiG). Die Festsetzung der Geldbuße erfolgt durch einen Bußgeldbescheid der Verwaltungsbehörde (§ 65 OWiG). Der Betroffene kann gegen den Bußgeldbescheid innerhalb einer Woche nach Zu- 3 Stellung Einspruch einlegen, wobei die §§ 297—300 und § 302 StPO entsprechend gelten (§ 67 OWiG). Über den Einspruch entscheidet der Richter beim Amtsgericht als Einzelrichter ; im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende ist der Jugendrichter zuständig (§ 68 OWiG). Das Verfahren vor dem Gericht richtet sich nach den Vorschriften der StPO, die nach zulässigem Einspruch gegen einen Strafbefehl gelten (§ 71 OWiG). Hält das Gericht eine Hauptverhandlung nicht für erforderlich, so kann es durch Beschluß entscheiden, wenn der Betroffene und die StA diesem Verfahren nicht widersprechen. Das Gericht h a t sie zuvor auf die Möglichkeit eines solchen Verfahrens und des Widerspruchs hinzuweisen u n d gibt ihnen Gelegenheit, sich zu äußern (§ 72 OWiG). Gegen das Urteil und den Beschluß nach § 72 OWiG ist gemäß §§ 79, 8 0 0 W i G Rechtsbeschwerde möglich, wenn die im Gesetz vorgeschriebenen Voraussetzungen vorliegen. Über die Rechtsbeschwerde entscheidet das OLG (in Bayern das ObLG).

Neubekanntmachung des OWiG v. 24. 5. 68 (BGBl. I, 481) i.d.F. v. 2. 1. 75 (BGBl. I, 80, berichtigt S 520 mit Änderung dch. Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189).

157

§ 105

Siebenter Abschnitt: Gebühren in Bußgeld verfahren

II. Die Gebühren 1. Die Rahmengebührensätze 4

Der R A als Verteidiger 2 ) erhält im Bußgeldverfahren folgende Rahmengebühren: a) 30—380 DM im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde (Abs. 1); b) 60—760 DM im Verfahren vor dem Amtsgericht mit Hauptverhandlung oder Beschluß nach § 72 OWiG (Abs. 2 bestimmt dafür die Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3); bei Erledigung des Auftrags ohne Hauptverhandlung gilt § 84: Gebühr 30—380 DM. c) 60—380 DM, für jeden weiteren Hauptverhandlungstag im Verfahren vor dem Amtsgericht (Abs. 2 in Verb, mit § 83 Abs. 2 Nr. 3). d) 60—760 DM im Verfahren vor dem OLG (BayObLG) über die Rechtsbeschwerde, wobei diese wie ein Revisionsverfahren behandelt wird. E s sind darauf §§ 344, 345, 346—348, 352, 353, 354 Abs. 1 u n d 2, § 354a, 357, 358 StPO entsprechend anzuwenden (§§ 79, 80 OWiG). Findet im Rechtsbeschwerdeverfahren keine Hauptverhandlung s t a t t , ist die Gebühr des R A in sinngemäßer Anwendung des § 86 Abs. 3 im Rahmen von 30—380 DM zu bestimmen. e) Wenn das Verfahren nach Ablauf der Zehntagefrist des § 229 StPO von neuem begonnen wird, so erhält der R A in sinngemäßer Anwendung der § 83 Abs. 2 Satz 2 (Verfahren vor dem Amtsgericht) bzw. § 86 Abs. 2 Satz 2 (Rechtsbeschwerdeverfahren vor dem OLG [BayObLG]) für den ersten Tag der neuen H a u p t Verhandlung die Gebühren des § 83 Abs. 1 Nr. 3 bzw. § 86 Abs. 1 Nr. 2. 2. Keine Anrechnungspflicht

5

Die früher in Abs. 3 vorgesehene Anrechnungspflicht der im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde verdienten Gebühr auf die im nachfolgenden amtsgerichtlichen Bußgeldverfahren entstandene Gebühr ist durch das KostÄndG 19753) in Wegfall gekommen. Wir haben diese Anrechnungspflicht bereits von Anfang an für ungerecht gehalten angesichts der doppelten Arbeit, die von dem R A in solchen Fällen zu leisten ist 4 ). Durch die jetzige Fassung des Abs. 2 ist ferner klargestellt worden, daß im Bußgeldverfahren vor dem Amtsgericht der R A als Verteidiger die Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 erhält, also ohne Vergleich mit den Strafsachen 5 ).

6

Auch in den Bußgeldverfahren ist von der Mittelgebühr auszugehen. Darauf haben wir bereits in Rz. 33 zu § 12 hingewiesen. Dies muß erstrecht jetzt gelten. Wenn dagegen Mümmler 8 ) auch jetzt noch mit Blick auf die Strafsachen „das Bußgeldverfahren wegen einer Ordnungswidrigkeit im Regelfall in der Bedeutung beachtlich zurücktreten und damit wiederholt in den unteren Bereich des Gebührenrahmens einstufen" u n d höhere Gebührensätze nur bei Vorliegen besonderer Bedeutung u n d Schwierigkeit ausnahmsweise zubilligen will, so wird dies der Absicht des Gesetzgebers 7 ) nicht ge2 ) Das kann nicht nur für den Beschuldigten, sondern muß auch für einen Einziehungsbeteiligten (vgl. auch Erl. zu §§ 88, 95) gelten, da das OWiG auch die Einziehung von Gegenständen, auch von fremdem Eigentum, wenn der Eigentümer die Zuwiderhandlung kannte oder kennen mußte, oder die Ersatzeinziehung vorschreibt (§§ 22ff). Auch für die Vertretung eines solchen Einziehungsbeteiligten gilt die Gebühren Vorschrift des § 105, was sich übrigens auch aus Abs. 3 ergibt, wonach die §§ 88, 95 sinngemäß gelten. Ersatzeinziehung des Anwaltshonorars bei Irrtum des RA im Devisenstrafrecht ist aber nicht zulässig; OLG Köln B B 54, 576. 3 ) V. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. 4 ) Vgl. 1. Aufl. Anm. II 2 S 1049. 5 ) Vgl. H. Schmidt AnwBl. 75, 337. «) Büro 75, 1007 Fn. 32.

158

III. Anzuwendende Vorschriften (Abs. 3)

§ 105

recht, der bisherigen Fehlrechtsprechung ) mit der in dem neuen Abs. 2 vorgesehenen Verselbständigung der Gebühr für die Tätigkeit im gerichtlichen Verfahren entgegenzuwirken, die in Bußgeldsachen meist nur geringere Gebühren als im Strafverfahren zubilligen wollte. Der R A erhält aufgrund der jetzigen Fassung des Abs. 2 die Gebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3 jedoch nur dann, wenn es zu einer Hauptverhandlung vor dem Strafrichter beim Amtsgericht kommt 9 ). Bei Tätigkeit nur außerhalb der Hauptverhandlung gilt § 84. 8

Stellt die Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren wegen einer Straftat ein und gibt sie sodann die Akten an die Bußgeldbehörde zur Verfolgung wegen einer Ordnungswidrigkeit ab, dann hat der Verteidiger, der sowohl vor der Staatsanwaltschaft als auch vor der Bußgeldbehörde tätig gewesen ist, Anspruch auf die Gebühr des § 84 und des § 105 Abs. l» a ).

III. Anzuwendende Vorschriften (Abs. 3) Abs. 3 bestimmt im übrigen allgemein die sinngemäße Anwendung der Vorschriften 7 des 6. Abschnitts. E s gelten daher in diesem Verfahren insbesondere folgende Vorschriften sinngemäß: § 84 Verfahren außerhalb der Hauptverhandlung § 86 Revisionsverfahren § 87 Pauschgebühr § 88 Einziehung und verwandte Maßnahmen § 90 Wiederaufnahmeverfahren § 91 Gebühren für einzelne Tätigkeiten § 92 Mehrere Einzeltätigkeiten § 93 Gnadengesuche § 96 Kostenfestsetzung und Zwangsvollstreckung § 96a Aufrechnungsverbot der Staatskasse §§ 97 ff Pflichtverteidiger. Der Pflichtverteidiger erhält in sinngemäßer Auslegung des § 97 Abs. 3 neben der 8 Gebühr für die Hauptverhandlung im ersten Rechtszug (vierfacher Betrag der Mindestgebühr des § 83 Abs. 1 Nr. 3) zusätzlich eine Gebühr von 120 DM, ohne daß es dabei auf den Zeitpunkt seiner Bestellung ankommt. Voraussetzung für die Entstehung der Zusatzgebühr ist jedoch auch hier, daß der R A in dem Verfahren vor der Verwaltungsbehörde eine Tätigkeit für den Beschuldigten ausgeübt hat 1 0 ). Außer den vorerwähnten Vorschriften sind freilich auch die weiteren Vorschriften 9 des ersten Abschnitts (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie des zweiten Abschnitts (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren und Auslagen) §§ 20—30 entsprechend anzuwenden. E s wird dazu insbesondere auf § 3 hingewiesen, der die Vereinbarung einer Vergütimg zuläßt; in diesen Verfahren wird man bei den sicher nicht immer ausreichenden Rahmengebührensätzen auch an eine Honorarvereinbarung denken müssen. Ferner wird auf die schon oben erwähnte Vorschrift des § 12 über die Bemessung der Rahmengebühren und insbesondere auf die Vorschriften der §§ 25ff über den Ersatz von Auslagen und Reisekosten hingewiesen. Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber kommt § 6 zur Anwendung. ') Vgl. Begründung des Rechtsausschusses AnwBl. 75, 121. ) So H. Schmidt AnwBl. 75, 337. •) Ebenso H. Schmidt MDR 76, 549; Chemnitz AnwBl. 76, 12; a.M. H. Schmidt AnwBl. 75,337; Gerold-Schmidt Rz. 9. , a ) LG Bielefeld u. LG Münster AnwBl. 76, 253; H. Schmidt MDR 76, 285. 10 ) Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 11, 16. 159 8

§ 108

Siebenter Abschnitt: Gebühren in Bußgeldverfahren

10

Das Verfahren zur Änderung des rechtskräftigen Bußgeldbescheides (§ 85 OWiG) ist eine neue gebührenrechtliche Angelegenheit. Der RA erhält, wenn er in diesem Verfahren für den Betroffenen tätig wird, die Gebühr des § 105 Abs. 2 erneut. Wird nach § 85 Abs. 3 OWiG ein Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt, um eine Verurteilung des Betroffenen nach einem Strafgesetz herbeizuführen, so gelten für das Wiederaufnahmeverfahren §§ 90, 84 u ).

11

Die Tätigkeit des RA bei der Vollstreckung wird nach verschiedenen Vorschriften vergütet, nämlich a) wenn Vollstreckungsbehörde die Verwaltungsbehörde ist (§ 92 OWiG) durch die Gebühren des § 119 Abs. 2 oder b) wenn die Gerichte Vollstreckungsbehörden sind (§ 91 OWiG) durch die Gebühren des § 96 Nr. 2. Die Gebühren betragen in jedem Falle s/io-

12

Ordnet das Gericht auf Antrag der Vollstreckungsbehörde nach Ablauf der in § 95 Abs. 1 OWiG bestimmten Frist eine Erzwingungshaft an, so erhält der RA, wenn er den Betroffenen in diesem Verfahren vertritt, die Gebühren des § 91 Nr. 1 und, wenn eine mündliche Verhandlung stattfindet, des § 91 Nr. 212).

13

Nach § 60 OWiG kann bereits die Verwaltungsbehörde, wenn die Mitwirkung eines Verteidigers im Verfahren vor dieser Behörde geboten ist (§ 140 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 i. Verb, mit § 141 Abs. 3 Satz 1 StPO) einen Verteidiger bestellen. Die Pflichtverteidigervergütung richtet sich gemäß § 105 Abs. 3 nach den Vorschriften der §§ 97 ff. Vgl. dazu auch oben Rz. 8.

14

Wegen Ermittlung der Höhe der Gebühr des RA kann auf die Erläuterungen in Rz. 33 zu § 12 sowie oben Rz. 6 verwiesen werden.

IV. Die Kosten des Verfahrens 15

Gemäß § 105 OW iG finden die Vorschriften der StPO (§ 464 Abs. 1, 2, §§ 464a, 465 466, 467a Abs. 1, 2, § 469 Abs. 1, 2 sowie §§ 470 und 472b StPO) im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde sinngemäße Anwendung, im Verfahren gegen Jugendliche und Heranwachsende femer § 74 des JGG. I m Verfahren vor der Verwaltungsbehörde wird die Höhe der Kosten und Auslagen, die ein Beteiligter einem anderen zu erstatten hat, auf Antrag durch die Verwaltungsbehörde festgesetzt. Auf Antrag ist.auch hier auszusprechen, daß die festgesetzten Kosten und Auslagen von der Anbringung des Festsetzungsgesuches an mit vier vom Hundert zu verzinsen sind. Die Vorschrift des § 106 OWiG entspricht insoweit der Regelung in § 104 ZPO. Ebenso gelten für die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbescheid die Vorschriften der ZPO über die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen sinngemäß. Der Kostenfestsetzungsbescheid ist erst vollstreckbar, wenn er unanfechtbar geworden ist. Gegen den von der Verwaltungsbehörde erlassenen Kostenbescheid, ebenso gegen Kostenfestsetzungsbeschlüsse ist der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 62 OWiG zulässig 13 ). Der Antrag ist innerhalb einer Woche nach Zustellung des Bescheiu ) 12 ) 18

Vgl. RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 13. RS Rz. 8; Lauterbach-Hartmann Anm. 5; Gerold-Schmidt Rz. 15. ) Im Kostenfestsetzungsverfahren kann auch gerügt werden, daß ein unrichtiger Kostenschuldner herangezogen wird. Keine weitere Beschwerde gegen die Entscheidung des LG im Kostenfestsetzungsverfahren. Vgl. auch BGH NJW 60, 2110. 160

IV. Die Kosten des Verfahrens

§ 105

des zu stellen; gegen die Entscheidung des Gerichts ist sofortige Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 100 DM übersteigt. Vgl. wegen Berechnung des Beschwerdewertes auch Rz. 16 zu § 61 und Rz. 37 zu § 96. Soweit die notwendigen Auslagen für die Kosten der Verteidigung die Staatskasse zu tragen hat (§ 105 Abs. 1 OWiG i. Verb, mit § 465 Abs. 2, § 4 6 7 a Abs. 1, 2 sowie §§ 470 und 4 7 2 b StPO), werden diese soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, der Bundeskasse auferlegt, wenn eine Verwaltungsbehörde des Bundes das Verfahren durchführt, sonst der Landeskasse (§ 105 Abs. 2 OWiG). Die Gebühren und Auslagen im Verfahren vor der Verwaltungsbehörde1*) sind im § 107 OWiG geregelt, während im Verfahren vor den Gerichten nach § 105 Abs. 1 die allgemeinen Vorschriften der S t P O und damit die Bestimmungen des G K G gelten. 14

) Wegen Auslagen „anderer Verwaltungsbehörden" s. Reißfelder N J W 59, 183.

161

ACHTER ABSCHNITT Gebühren in Auslieferungssachen Vorbemerkungen zu §§ 106—108 1. Der 8. Abschnitt regelt die Gebühren für die Beistandsleistung in Auslieferungssachen auf Grund des Deutschen Auslieferungsgesetzes vom 23. 12. 29 (RGBl. I S 239). Dieses Gesetz regelt im 1. Abschnitt die Auslieferung eines Ausländers an die Behörde eines ausländischen Staates zur Strafverfolgung oder Strafvollstreckung (§§ 1—32) u n d die Durchlieferung eines Ausländers durch das Gebiet der Deutschen Bundesrepublik (§ 33). Der 2. Abschnitt regelt die Herausgabe von Gegenständen an die Regierung eines ausländischen Staates (§§ 34—40) u n d schließlich regelt der 3. Abschnitt die sonstige Rechtshilfe in Strafsachen (§§ 41—43). 2. Der 8. Abschnitt der BRAGebO will aber lediglich die Gebühren f ü r die Beistandsleistung nach den §§ 32, 33, 38 Abs. 2 Auslieferungsgesetz bestimmen. Diese einschlägigen Vorschriften haben folgenden Wortlaut: „§ 32 (Verteidigung). (1) Der Verfolgte kann sich in jeder Lage des Verfahrens des Beistandes eines Rechtsanwalts oder eines Rechtslehrers an einer deutschen Hochschule bedienen. Die Wahl des Rechtsbeistandes ist dem Staatsanwalt bei dem Oberlandesgericht anzuzeigen. (2) H a t das Oberlandesgericht nach § 26 Abs. 1 eine mündliche Verhandlung angeordnet, so h a t der Vorsitzende des Gerichts gleichzeitig dem Verfolgten, der noch keinen, Rechtsbeistand gewählt h a t , für die Verhandlung einen Rechtsanwalt als Rechtsbeistand beizuordnen. (3) Der Rechtsbeistand k a n n die dem Gericht vorliegenden Akten über das Auslieferungsverfahren einsehen. I h m ist schriftlicher u n d mündlicher Verkehr mit dem verhafteten Verfolgten gestattet. Der Vorsitzende des Gerichts k a n n bis zur Anordnung einer mündlichen Verhandlung schriftliche Mitteilungen zurückweisen, wenn deren Einsicht ihm nicht gewährt wird. E r kann bis zur Anordnung einer mündlichen Verhandlung anordnen, daß Unterredungen mit dem Rechtsbeistand in seiner Gegenwart oder in Gegenwart eines beauftragten oder ersuchten Richters stattfinden. (4) Der beigeordnete Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Beistandsleistung zu übernehmen." „§ 33 (Durchlieferung). (1) Ein Ausländer, der von der Behörde eines ausländischen Staates wegen einer rechtswidrigen Tat verfolgt wird oder verurteilt worden ist, kann auf Ersuchen einer zuständigen Behörde dieses Staates durch das Gebiet des (Deutschen Reichs) durchgeliefert werden, wenn die Auslieferung des Verfolgten zulässig sein würde (§§ 1—6). 162

Vorbemerkungen zu §§ 106—108

Vorbem

(2) F ü r das Verfahren gelten die §§ 8, 32 Abs. 1 u n d 3 entsprechend m i t folgender Maßgabe: 1. Einer gerichtlichen E n t s c h e i d u n g ü b e r die Zulässigkeit der Auslieferung bedarf es nicht. Auf A n t r a g des S t a a t s a n w a l t s h a t das Oberlandesgericht ü b e r die Zulässigkeit der Auslieferung zu beschließen. Die §§ 26—31 gelten entsprechend; die V e r n e h m u n g oder V o r f ü h r u n g des Verfolgten k a n n n u r m i t Z u s t i m m u n g des S t a a t s a n w a l t s angeordnet werden. 2. Die (Reichs)regierung regelt m i t Z u s t i m m u n g des (Reichsrats) die örtliche Zuständigkeit des S t a a t s a n w a l t s u n d des Oberlandesgerichts. (3) Die Durchlieferung darf nicht bewilligt werden, wenn das Gericht erklärt h a t , d a ß die Auslieferung unzulässig sein w ü r d e . " „§ 38 Abs. 2 (Zuständigkeit; Verfahren). (2) Die §§ 26—29 u n d 32 Abs. 1 u n d 3 Satz 1 gelten e n t s p r e c h e n d ; a n die Stelle des Verfolgten t r e t e n die Beteiligten." ,,§ 26 (Verfahren bei der Entscheidung). (1) D a s Oberlandesgericht k a n n vor der E n t s c h e i d u n g den Verfolgten v e r n e h m e n u n d Beweise über die Zulässigkeit der Auslieferung erheben; es k a n n die Vernehm u n g u n d die Beweiserhebung d u r c h einen b e a u f t r a g t e n oder ersuchten R i c h t e r veranlassen. E s k a n n auch eine mündliche V e r h a n d l u n g a n o r d n e n . (2) Von Ort u n d Zeit der Beweiserhebung oder der mündlichen V e r h a n d l u n g sind der S t a a t s a n w a l t , der Verfolgte u n d sein Rechtsbeistand zu benachrichtigen. I s t der Verfolgte nicht auf freiem F u ß e , so ist er zu der Beweiserhebung oder der mündlichen V e r h a n d l u n g v o r z u f ü h r e n , es sei denn, d a ß er auf die Anwesenheit verzichtet oder d a ß der V o r f ü h r u n g weite E n t f e r n u n g oder K r a n k h e i t des Verfolgten oder andere nicht zu beseitigende Hindernisse entgegenstehen. (3) Bei der mündlichen V e r h a n d l u n g m u ß der S t a a t s a n w a l t anwesend sein. W i r d der Verfolgte zur mündlichen Verhandlung nicht v o r g e f ü h r t , so m u ß ein R e c h t s b e i s t a n d seine R e c h t e w a h r n e h m e n . Den Beteiligten ist in der V e r h a n d l u n g Gelegenheit zu geben, sich zur Sache zu äußern. Der § 245 (Abs. 1) der Strafprozeßo r d n u n g gilt e n t s p r e c h e n d ; im übrigen b e s t i m m t das Gericht A r t u n d U m f a n g der Beweisaufnahme, ohne d u r c h Anträge, Verzichte oder frühere Beschlüsse gebunden zu sein. Ü b e r die V e r h a n d l u n g ist ein Protokoll a u f z u n e h m e n . " „§ 27 (Vorlage beim Bundesgerichtshof). (1) H ä l t das Oberlandesgericht eine E n t s c h e i d u n g des Bundesgerichtshofes f ü r geboten, u m eine R e c h t s f r a g e von grundsätzlicher B e d e u t u n g zu klären, oder will es von einer nach d e m I n k r a f t t r e t e n dieses Gesetzes ergangenen E n t s c h e i d u n g des Bundesgerichtshofes über eine R e c h t s f r a g e in Auslieferungssachen abweichen, so begründet es seine A u f f a s s u n g u n d holt die E n t s c h e i d u n g des Bundesgerichtshofes über die R e c h t s f r a g e ein. (2) Die Entscheidimg des Bundesgerichtshofes wird auch eingeholt, w e n n der Generalbundesanwalt oder der S t a a t s a n w a l t sie zur K l ä r u n g einer R e c h t s f r a g e beantragen. (3) Die E n t s c h e i d u n g des Bundesgerichtshofes ist in der Sache f ü r das Oberlandesgericht bindend. Sie ergeht ohne mündliche V e r h a n d l u n g . " „§ 28 (Auslieferungsbeschluß). Der Beschluß über die Zulässigkeit der Auslieferung ist zu begründen. E r ist nicht a n f e c h t b a r . E r wird d e m S t a a t s a n w a l t u n d d e m Verfolgten b e k a n n t g e m a c h t . " 163

§ 106

Achter Abschnitt: Gebühren in Auslieferungssachen „§ 29 (Neue Umstände).

3.

4. 5. 6. 7.

8.

9.

(1) Treten, nachdem das Gericht die Auslieferung f ü r zulässig erklärt h a t , Umstände ein, die es zweifelhaft erscheinen lassen, ob die Voraussetzungen der Zulässigkeit noch bestehen, so h a t das Gericht auf Antrag des Staatsanwalts oder des Verfolgten über die Zulässigkeit der Auslieferung aufs neue zu beschließen. (2) Das Gericht k a n n einen Aufschub der Durchführung der Auslieferung anordnen. (3) F ü r das Verfahren gelten die §§ 26—28." Zuständiges Gericht für dieses Verfahren ist das OLG, in dessen Bezirk der Verfolgte ergriffen oder, falls eine Ergreifung nicht erfolgt, ermittelt wird (§ 8 Abs. 2, § 9 Abs. 1, § 37 Abs. 2). Das Verfahren in Auslieferungssachen ist kein eigentliches Strafverfahren, sondern es handelt sich u m ein Verfahren eigener Art 1 ). § 106 behandelt die Gebühren des gewählten Vertreters, wobei jedoch Abweichungen von den Gebühren in Strafsachen bestimmt sind. Die Vorschrift des § 107 regelt die Gebühren des dem Verfolgten nach § 32 Abs. 2 AuslG beigeordneten RA. Die Vorschrift des § 108 bestimmt, daß durch die in §§ 106 u n d 107 bestimmten Gebühren die gesamte Tätigkeit des R A im Auslieferungsverfahren entgolten wird. Hierzu gehören auch die Anfertigung u n d Unterzeichung von Anträgen und Erklärungen an die beteiligten Behörden, wie dies auch durch § 87 f ü r die Gebühren in sonstigen Strafsachen vorgesehen ist. Die Rahmengebührensätze der §§ 106 u n d 107 sind mehrmals erhöht worden, u n d zwar bei § 106 dch. Art. 1 Ziff. 4 des Ges. v. 29. 10. 69 BGBl. I, 2049 mit Wirkung a b 1. 1. 70 (Art. 3) u n d dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 mit Wirkung a b 15. 9. 75; bei § 107 Anpassung an § 97 dch. § 1 Ziff. 3 des BRAGebOÄndG v. 19. 6. 61 BGB1.I, 769 ab 1. 7. 61 u n d weit. Änderung der Abs. 1 u n d 2 dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 mit Wirkung a b 15. 9. 75. E s ist folgende Gebührenregelung vorgesehen: Der nicht nach § 32 Abs. 2 AuslGes beigeordnete R A erhält: a) F ü r die allgemeine Beistandsleistung einen Rahmengebührensatz von 60—760 DM (§ 106 Abs. 1), b) für die Beistandsleistung bei einer mündlichen Verhandlung einen Rahmengebührensatz von 100—1500 DM. Erstreckt sich die Verhandlung über einen Kalendertag hinaus, so erhält der R A f ü r jeden weiteren Verhandlungstag 100—760 DM (§ 106 Abs. 2). Der nach § 32 Abs. 2 AuslG beigeordnete R A erhält: a) f ü r jeden Verhandlungstag eine Gebühr von 400 DM b) und, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, 200 DM.

§ 106. Beistandsleistung (1) Für die Beistandsleistung nach §§ 32, 33, 38 Abs. 2 des Deutschen Auslieferungsgesetzes erhält der Rechtsanwalt eine Gebühr von 60 Deutsche Mark bis 760 Deutsche Mark. (2) Für die Beistandsleistung bei einer mündlichen Verhandlung erhält er eine GeGebühr von 100 Deutsche Mark bis 1500 Deutsche Mark. Erstreckt sich die Verhandlung !) Vgl. BGHSt. 2, 44, 48; amtl. Begr. 1. Aufl. S 1054. 164

II. Die Gebühren (zu Abs. 1 u. 2)

§ 106

über einen Kalendertag hinaus, so erhält der Rechtsanwalt für jeden weiteren Verhandlungstag 100 Deutsche Mark bis 760 Deutsche Mark. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift Anwendung der Vorschriften des 1. und 2. Abschnittes Gebührenvereinbarungen — § 3 — zulässig für beigeordneten R A . . . Mehrere Auftraggeber II. Die Gebühren (zu Abs. 1 und 2) . . 1. Allgemeines

Rz. 1 2 3 4 5 5

Rz. 2. Allgemeine Beistandsleistung (Abs. 1) Bloße Raterteilung 3. Für die mündliche Verhandlung (zu Abs. 2) Weitere Verhandlungstage . . . Neuer Verfahrensbeginn . . . . Bemessung der Rahmengebühren

6 8 10 11 11 12

I. Bedeutung der Vorschrift Vgl. zunächst die Vorbemerkungen zum 8. Abschnitt. 1 Die Vorschrift des § 106 regelt die Gebühren des vom Verfolgten beauftragten frei gewählten Vertreters für die Beistandsleistung im Auslieferungsverfahren nach §§ 32, 33, 38 Abs. 2 des AuslG v. 23. 12. 29 (RGBl. I, 239). Der Vertreter des Verfolgten m u ß R A sein, u m die Gebühren nach §§ 106ff fordern zu können. Diese Vorschriften gelten also nicht, wenn als Vertreter in solchen Sachen, was zulässig ist, ein Rechtslehrer einer deutschen Hochschule tätig wird. E t w a s anderes könnte nur gelten, wenn mit diesem die Anwendung der §§ 106ff vereinbart wird 1 ). Wegen Vergütung des beigeordneten R A vgl. die Erläuterungen zu § 107. Wegen Begriff der Angelegenheit vgl. die Erläuterungen zu § 108, der ähnlich wie § 87 für die allgemeinen Strafsachen vorsieht, daß durch die Gebühren der §§ 106, 107 alle Tätigkeiten des R A in Auslieferungssachen abgegolten werden, wozu auch die Abgabe von Anträgen u n d Erklärungen zu den Behörden gehört. D a ß die Gebühren im 1. Abschnitt (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie im 2 2. Abschnitt (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren und Auslagen) §§ 20—30, auch für die Gebühren in Auslieferungssachen gelten, ist selbstverständlich. Daraus ergibt sich, daß auch in diesen Sachen, soweit der R A dem Verfolgten nicht 3 nach § 32 Abs. 2 AuslG beigeordnet ist, Gebührenvereinbarungen nach § 3 zulässig sind und daß die Rahmengebührensätze nach der Vorschrift des § 12 zu ermitteln sind. Weiterhin ergibt sich daraus die Anwendung der Vorschrift des § 6, die eine Ge- 4 bührenerhöhung bei Vertretung mehrerer Auftraggeber u m 3 / 10 f ü r jeden weiteren Auftraggeber vorsieht.

II. Die Gebühren (zu Abs. 1 u. 2) 1. Allgemeines Der RA, der nicht nach § 32 Abs. 2 AuslG. beigeordnet ist (wegen Gebühren für den 5 beigeordneten R A vgl. § 107) erhält: *) So auch Gerold-Schmidt Rz. 1. 165

§ 106

Achter Abschnitt: Gebühren in Auslieferungasachen

1. F ü r die allgemeine Beistandsleistung eine Rahmengebühr von 60—760 DM, die als Verfahrensgebühr bezeichnet werden kann u n d die etwa der Prozeßgebühr des § 31 Nr. 1 entspricht. 2. F ü r die Beistandsleistung bei einer mündlichen Verhandlung einen Rahmengebührensatz von 100—1500 DM. Diese Gebühr entspricht etwa der Verhandlungsgebühr des § 31 Nr. 2. 3. Erstreckt sich die Verhandlung über einen Kalendertag hinaus, so erhält der R A f ü r jeden weiteren Verhandlungstag 100—760 DM (§ 106 Abs. 2). Beide Gebühren — die Verfahrensgebühr u n d die Gebühr für die Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung — können nebeneinander entstehen. Diese Auffassung wird auch allgemein im Schrifttum 2 ) vertreten, daß die Verfahrensgebühr neben der Gebühr für den Beistand bei der mündlichen Verhandlung entsteht u n d nicht etwa nur eine Gebührenermäßigung für den Fall darstellt, daß der R A nicht in der Verhandlung tätig wird. Diese Verfahrensgebühr erhält der als Beistand nach den §§ 32, 33, 38 Abs. 2 AusIG tätige R A stets. Wenn er außerdem in der Verhandlung noch als Beistand tätig wird, k a n n er daneben noch die Verhandlungsgebühr besonders beanspruchen. Die Verfahrensgebühr des § 106 Abs. 1 ist daher mit der Prozeßgebühr des § 31 Nr. 1 u n d die Gebühr nach § 106 Abs. 2 für den Beistand in der mündlichen Verhandlung mit der Verhandlungsgebühr nach § 31 Nr. 2 zu vergleichen 3 ). 2. Allgemeine Beistandsleistung (Abs. 1) 6

Der R A erhält für die allgemeine Beistandsleistung ohne daß er als Beistand in einer mündlichen Verhandlung tätig geworden ist, eine Rahmengebühr von 60—760 DM.

7

Zu dieser Beistandsleistung gehört: Entgegennahme der Information durch den Verfolgten, Akteneinsicht, Schriftwechsel mit dem Verfolgten oder mündliche Besprechungen mit den Beteiligten bzw. mit den Behörden, Einreichung von Schriftstücken, wozu auch Erinnerungen bzw. Beschwerde gegen den Haftbefehl und die Vorbereitung einer mündlichen Verhandlung, die dann nicht stattfindet, gehören. Der U m f a n g der Tätigkeit ist gleichgültig, es genügt, daß der R A irgendeine Tätigkeit als Beistand ausgeübt hat 1 ).

8

Die bloße Raterteilung dagegen wird nach § 20 vergütet. Eine Ratgebühr nach § 20 neben der Verfahrensgebühr kann aber nicht berechnet werden.

9

Die Gebühr des Abs. 1 erhält der R A zur Abgeltung seiner gesamten Tätigkeit als Beistand bis zur Beendigung des Verfahrens. Sie entsteht auch selbst dann, wenn der R A nur mit der Beistandsleistung in der mündlichen Verhandlung beauftragt u n d tätig geworden ist 5 ). F ü r die Tätigkeit in der mündlichen Verhandlung erwächst dem R A jedoch neben der Gebühr aus Abs. 1 auch die Gebühr des Abs. 2 (vgl. Rz. 10). 3. Für die mündliche Verhandlung (zu Abs. 2)

10 a) F ü r die Beistandsleistung bei der mündlichen Verhandlung erhält der R A neben der Gebühr aus Abs. 1 100—1500 DM. 2 ) Vgl. Gerold-Schmidt Rz. 3; RS Rz. 3; Lauterbach-H. Anm. 2; Swolana Anm. 3; Willenbücher Rz. 2. 3 ) Gerold-Schmidt Rz. 3. *) Lauterbach-Hartmann Anm. 2; RS Rz. 4; Gerold-Schmidt Rz. 5; Willenbücher Rz. 3. 5 ) Lauterbach-Hartmann Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 6.

166

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 107

Die Gebühr ist nicht schon durch die Mitwirkung an einer Vernehmung außerhalb einer mündlichen Verhandlung oder einer bloßen Beweiserhebung verdient (vgl. § 26 AuslGes) 6 ). D a f ü r gilt die Gebührenregelung des § 91 Nr. 2 (vgl. die Erläuterungen dort). F ü r die Entstehung der Gebühr k o m m t es nicht darauf an, ob der R A aktiv in die Verhandlung eingreift, es genügt, wenn er in der Verhandlung anwesend ist; denn mindestens durch diese Anwesenheit überwacht er die Vorgänge 7 ). Die Verhandlung selbst beginnt mit der Erörterung der Sache 8 ). b) Wenn sich die mündliche Verhandlung über einen Kalendertag hinaus erstreckt, 11 so erhält der R A f ü r jeden weiteren Kalendertag 100—760 DM. Auch wenn nach § 29 AuslG erneut eine mündliche Verhandlung angeordnet wird, kann nur diese Zusatzgebühr gefordert werden. Sie entspricht im übrigen aber etwa den Sätzen des § 83 Abs. 2 Nr. 1, so daß insoweit keine andere Gebührenregelung gilt als im normalen Strafverfahren bei weiterer H a u p t Verhandlung. Wegen Bemessung der Rahmengebühren siehe § 12 u n d Vorbem. zum 6. Abschnitt 12 Rz. 9 sowie § 83 Rz. 9.

§ 107. Beigeordneter Rechtsanwalt (1) Ist der Rechtsanwalt dem Verfolgten vom Gericht beigeordnet worden ( § 3 2 Abs. 2 des Deutschen Auslieferungsgesetzes), so erhält er aus der Staatskasse für jeden Verhandlungstag eine Gebühr von 400 Deutsche Mark und, wenn keine mündliche Verhandlung stattfindet, eine Gebühr von 200 Deutsche Mark. (2) Die Vorschriften des § 97 Abs. 2, 4, des § 98 Abs. 1, 2 und 4 sowie der §§ 99 und 101 gelten sinngemäß. Vorbemerkung: Wegen Änderungen der Vorschrift vgl. Vorbemerkungen vor §§ 106—108 Ziff. 8. Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift . . . . Erstattungsanspruch Honorarvereinbarung Beiordnung eines Notanwalts . . . IX. Die Gebühren (zu Abs. 1) . . . . Gebühr für weiteren Verhandlungstag

Rz. 1 2 3 4 5

Rz. Abgeltung der gesamten Tätigkeit des R A Vertretung mehrerer Verfolgter . . Festsetzung der Vergütung . . . . III. Anzuwendende Vorschriften (zu Abs. 2)

7 8 9 10

6

I. Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift regelt die Gebühr des vom Gericht nach § 32 Abs. 2 AuslG beigeord- 1 neten Pflichtanwalts. Die Beiordnung in solchen Verfahren geschieht regelmäßig, wenn der Verfolgte bei Anordnung der mündlichen Verhandlung (§ 26 Abs. 1 AuslG) einen R A noch nicht gewählt h a t (§ 32 Abs. 2 AuslG). F ü r Durchlieferungssachen gilt 6 7 8

) Willenbücher Rz. 3; Gerold-Schmidt Rz. 8; Lauterbach-H. Anm. 3. ) Gerold-Schmidt Rz. 9; Lauterbach-Hartmann Anm. 3; R S Rz. 5. ) Gerold-Schmidt Rz. 9; Lauterbach-Hartmann Anm. 3; R S Rz. 5.

167

§ 107

Achter Abschnitt: Gebühren in Auslieferungssachen

§ 26 Abs. 3 AuslG. D a n a c h h a t ebenfalls ein R e c h t s b e i s t a n d die R e c h t e des Verfolgten in der mündlichen Verhandlung w a h r z u n e h m e n , wenn der Verfolgte nicht v o r g e f ü h r t wird. D a h e r k a n n d e m Verfolgten ein R e c h t s b e i s t a n d beigeordnet werden 1 ). Ob auch in sonstigen Fällen Beiordunng erfolgen k a n n , ist streitig 2 ). Der beigeordnete Pflichtanwalt ist verpflichtet, die Beistandsleistung zu ü b e r n e h m e n (§ 32 Abs. 4 AuslG). 2

I m übrigen gelten f ü r den Erstattungsanspruch die Vorschriften f ü r den bestellten Verteidiger in § 97 Abs. 2, 4, § 98 Abs. 1, 2 u n d 4 sowie der §§ 99 u n d 101 sinngemäß. Die in der 1. Aufl. v e r t r e t e n e Ansicht, der § 107 Abs. 2 e n t h a l t e einen Redaktionsfehler insoferne, als d o r t gesagt ist, d a ß die Vorschriften der §§ 99 u n d 101 sinngemäß gelten u n d es offenbar richtig heißen müsse „§§ 99—101" sollen sinngemäß gelten, wird aufgegeben. W i r schließen u n s der allgemeinen Meinung 3 ) an, d a ß § 100 n i c h t entsprechend a n z u w e n d e n ist, n a c h d e m er in § 107 keine E r w ä h n u n g g e f u n d e n h a t . Der beigeordnete R A ist aber n i c h t gehindert, freiwillige Zahlungen oder sonstige Leistungen v o n d e m Verfolgten oder einem D r i t t e n a n z u n e h m e n .

3

E b e n s o k a n n der beigeordnete R A eine Honorarvereinbarung (§ 3) abschließen; denn er ist weder A r m e n a n w a l t noch bestellter Verteidiger, so d a ß sich d a s Verbot einer H o n o r a r v e r e i n b a r u n g nicht im Hinblick auf § 100 b e g r ü n d e n l ä ß t . Zu b e a c h t e n ist jedoch, d a ß der beigeordnete R A die Ü b e r n a h m e der Beistandsleistung im Hinblick auf die ausdrückliche Vorschrift des § 32 Abs. 4 AuslG n i c h t von der vorherigen Leis t u n g oder Vereinbarung eines H o n o r a r s oder irgendwelcher Zusatzzahlungen abhängig m a c h e n darf. Ob § 32 Abs. 2 AuslG bei der Beiordnung des R A zu R e c h t a n g e w a n d t worden ist, bleibt ohne B e d e u t u n g . § 107 ist daher grundsätzlich anzuwenden, w e n n die Beiordn u n g gemäß § 32 Abs. 2 AuslG oder a u f g r u n d einer ähnlichen Vorschrift v e r f ü g t wird.

4

W e n n aber der R A d e m Verfolgten in entsprechender A n w e n d u n g der B e s t i m m u n g e n ü b e r den Notanwalt beigeordnet worden ist, k a n n der R A keinen G e b ü h r e n a n s p r u c h gegen die Staatskasse a u s § 107 geltend m a c h e n . E r h a t jedoch t r o t z d e m die Verpflicht u n g , den A u f t r a g der P a r t e i zu den gesetzlichen Bedingungen zu ü b e r n e h m e n , w o f ü r ihm ein u n m i t t e l b a r e r G e b ü h r e n a n s p r u c h gegen den Verfolgten e n t s t e h t . Der Nota n w a l t k a n n von d e m Verfolgten wie ein freigewählter R A einen Vorschuß verlangen u n d er darf a u c h die Ü b e r n a h m e des M a n d a t s von der Vorschußzahlung abhängig m a c h e n (vgl. R z . 4 zu § 17)*).

II. Die Gebühren (zu Abs. 1) 5

Der beigeordnete R A erhält aus der Staatskasse: 1. E i n e G e b ü h r von 400 DM, wenn eine mündliche V e r h a n d l u n g s t a t t f i n d e t , 2. eine Gebühr von 200 DM, wenn keine mündliche V e r h a n d l u n g s t a t t f i n d e t , 3. E i n e Zusatzgebühr von 400 DM f ü r jeden weiteren Verhandlungstag. 1

) Vgl. Mettgenberg, Deutsches Auslieferungsgesetz 2. Aufl. S 438f. ) Willenbücher Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 2; Lauterbach-Hartmann Anm. 1; RS Rz. 1; Swolana Anm. 2. 3 ) Gerold-Schmidt Rz. 8; Lauterbach-Hartmann Anm. 3; RS Rz. 6. *) Gerold-Schmidt Rz. 2; RS Rz. 1; Willenbücher Rz. 5. 2

168

III. Anzuwendende Vorschriften (zu Abs. 2)

§ 107

Der Pflichtbeistand erhält also, ebenso wie der Pflichtanwalt nach § 97, eine feste, verkürzte Gebühr. E r erhält aber nicht, wie der Wahlbeistand, diese beiden Gebühren nebeneinander, vielmehr bekommt er nur eine einzige Gebühr, die entweder 200 DM beträgt, wenn keine mündliche Verhandlung stattgefunden hat, oder 400 DM beträgt, wenn eine mündliche Verhandlung stattgefunden und der R A in dieser Beistand geleistet hat. Eine Erhöhung der Gebühr, wenn sich die Verhandlung Uber einen Kalendertag 6 hinaus erstreckt, wie sie für den Wahlanwalt oder Pflichtverteidiger vorgesehen ist, tritt auch in diesen Sachen ein. Die Gebühr erhöht sich für jeden weiteren Verhandlungstag um 400 DM. Als weiterer Verhandlungstag ist auch die bloße Verkündung der Entscheidung anzusehen, sofern der R A hierbei anwesend ist. Auch wenn die Hauptverhandlung über einen längeren Zeitraum ausgesetzt oder unterbrochen wird (§ 229 StPO) und daher mit ihr von neuem zu beginnen ist, erhält der R A für die weiteren Verhandlungstage wiederum je 400 DM. Die Vorschrift des § 83 Abs. 2 Satz 2 ist hier nicht entsprechend anwendbar, wie sich aus der besonderen Vergütungsregelung des § 107 Abs. 1 ergibt. Mit dieser Gebühr wird die gesamte Tätigkeit des R A abgegolten (§ 108).

7

Für die Erhöhung der Gebühr bei Vertretung mehrerer Verfolgter gilt die allgemeine 8 Vorschrift des § 6 (Erhöhung der Rahmengebühr um je 3/io für jeden weiteren Auftraggeber). Die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung wird auf Antrag des R A gemäß 9 § 98 Abs. 1, 2,4 von dem Urkb der Geschäftsstelle des Oberlandesgerichts festgesetzt. Bei Streit über die Höhe der Gebühren entscheidet nach § 98 Abs. 2 auf die Erinnerung der Vorsitzende des zustand. Strafsenats durch Beschluß endgültig, da § 98 Abs. 3 nicht für anwendbar erklärt worden ist. Gemäß § 98 Abs. 4 ist das Verfahren über die Erinnerung gebührenfrei; eine Kostenerstattung erfolgt nicht.

III. Anzuwendende Vorschriften (zu Abs. 2) Für den Pflichtanwalt gelten folgende Vorschriften sinngemäß: 10 § 97 Abs. 2: Ersatz der Auslagen, wobei § 126 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 sinngemäß gelten. Die Feststellung nach § 126 Abs. 2 kann hiernach auch für andere Auslagen als Reisekosten getroffen werden. Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen bei § 97 Rz. 18ff. § 97 Abs. 4: Bezüglich des Vorschusses gelten § 127 Satz 1 und § 98 sinngemäß (vgl. die Erläuterungen bei § 97 Rz. 30 und § 98 Rz. 1, 9). § 98 Abs. 1: Festsetzung der Vergütung durch den UrkbdG (vgl. die Erläuterungen zu § 98 Rz. 1, 7ff und oben Rz. 9). § 98 Abs. 2: Erinnerung gegen die Entscheidung des UrkbdG (vgl. die Erläuterungen zu § 98 Rz. l l f ) . D a Abs. 3 des § 98, der die Beschwerde gegen die Erinnerungsentscheidung vorsieht, nicht für anwendbar erklärt ist, so ist die Entscheidung des Gerichtsvorsitzenden endgültig. § 98 Abs. 4: Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (vgl. die Erläuterungen zu § 98 Rz. 11 ff). § 99: Bewilligung einer über die Gebühren des § 107 hinausgehenden Pauschvergütung in besonders umfangreichen oder schwierigen Strafsachen (vgl. die Erläuterungen zu § 99). 169

§ 108

Achter Abschnitt: Gebühren in Auslieferungssachen

§ 101: Anrechnung von Vorschüssen u n d Zahlungen (vgl. die Erläuterungen zu § 101).

Unabhängig von den in Abs. 2 ausdrücklich erwähnten Vorschriften, die sinngemäß Anwendung finden, gelten aber weiterhin auch die Vorschriften des ersten Abschnitts (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie des zweiten Abschnitts (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren und Auslagen) §§ 20—30.

§ 108. Pauschgebühren Durch die in §§ 106 und 107 bestimmten Gebühren wird die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts im Auslieferungsverfahren entgolten. Hierzu gehören auch die Anfertigung und Unterzeichnung von Anträgen und Erklärungen an die beteiligten Behörden. Übersicht: Bedeutung der Vorschrift Gebühren für jedes neue Verfahren . . . Neue Tätigkeit nach Abschluß des Auslieferungsverfahrens Keine Anwendung der §§ 106, 107 auf innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in

Rz. 1 2 3

Rz. Strafsachen — Gebühren in derartigen Angelegenheiten Keine Anwendung des 8. Abschnittes bei sonstiger Rechtshilfe in Strafsachen . .

4 5

Bedeutung der Vorschrift 1

Die Vorschrift bestimmt den Pauschcharakter der Gebühren im Auslieferungsverfahren. Die Gebühren der §§ 106 u n d 107 gelten die gesamte Tätigkeit des R A ab, gleichgültig, ob es sich um den Wahlbeistand oder den Pflichtbeistand handelt.

2

Die Gebühren erwachsen in jedem Verfahren neu. Wenn jedoch das Gericht nochmals tätig wird, weil Umstände eingetreten sind, welche die Voraussetzung der Auslieferung zweifelhaft erscheinen lassen (§ 29, AuslG), so beginnt kein neues Auslieferungsverfahren. Die Verfahrensgebühr des § 106 Abs. 1 entsteht also nicht nochmals, es kann dann nur noch die Gebuhr des § 106 Abs. 2 (Beistandsleistung in der mündlichen Verhandlung) nochmals entstehen. Die sonstige Mehrtätigkeit ist nur im R a h m e n der Gebührenbemessung nach jj 12 zu berücksichtigen. Wenn dagegen neue Verhandlung nach § 31 AuslG angeordnet wird, entstehen die vollen Gebühren erneut und sie erhöhen sich für den Beistand, wenn die Verhandlung sich über einen Kalendertag hinaus erstreckt.

3

Nach Abschluß des Auslieferungsverfahrens entstehen für eine neue Tätigkeit auch neue Gebühren, so z. B. nach § 31 AuslG. Hier handelt es sich u m die Zustimmung zur Strafverfolgung, Strafvollstreckung oder Weiterlieferung wegen einer Tat, für welche die Auslieferung nicht bewilligt ist. Auch dem in diesem Verfahren beigeordneten R A stehen die Gebühren erneut zu. In diesem Falle entsteht nicht nur die Gebühr des § 106 Abs. 2, sondern auch die Gebühr des § 106 Abs. 1 von neuem 1 ). ') Willenbücher Rz. 4 zu §§ 106—108; Gerold-Schmidt Rz. 2; R S Rz. 2; Lauterbach-Hartmann Anm. 2.

170

Bedeutung der Vorschrift

§ 108

Nicht hierher und auch nicht zu § 95 gehört die Vertretung eines Betroffenen nach dem Gesetz über die innerdeutsche Rechts- und Amtshilfe in Strafsachen v. 2. 5. 53 B G B l . I, 161 mit Änderungen (vgl. § 19 des Ges. i.d.F. des Art. 1 Z. 8 des StrÄGes. v. 18.10. 74 B G B l . I, 2445). Nach § 1 dieses Gesetzes ist dem Ersuchen deutscher Gerichte und Behörden außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes u m Rechtsund Amtshilfe in Strafsachen unter den im § 2 näher bezeichneten Voraussetzungen zu entsprechen. F ü r die K o s t e n und Gebühren bestimmt der § 19, daß Gerichtskosten für die Entscheidungen, die auf Grund dieses Gesetzes ergehen, nicht erhoben werden. F ü r die Gebühren der R A e bestimmt die Vorschrift des § 19 Abs. 2: „ D e r R A erhält für die Beistandsleistung im Verfahren vor dem Generalstaatsanwalt 25—375 DM vor dem O L G 50—750 D M . " Wenn man schon in die B R A G e b O alle sonstigen Vorschriften eingearbeitet hat, so ist es nicht verständlich, warum man nicht auch diese Vorschrift hier einarbeiten konnte, wie dies vom D A V durch Einfügung eines § 107 a in die B R A G e b O vorgeschlagen worden war 2 ). Die Gebührenregelung des 8. Abschnittes betrifft also nur die Beistandsleistung nach den §§ 32, 33, 38 Abs. 2 AuslG, also die Fälle des ersten und zweiten Abschnittes des AuslG (Auslieferung und Durchlieferung, Herausgabe von Gegenständen). Die Gebührenregelung des achten Abschnittes der B R A G e b O betrifft also nicht 5 auch die Fälle des dritten Abschnittes des AuslG (§§ 41—43), welcher die sonstige Rechtshilfe in Strafsachen behandelt. Hier kann eine Beistandsleistung durch einen R A in den Fällen des § 41 Abs. 3 Ziff. 3 und 4 AuslG in F r a g e kommen, also z B bei Vernehmung von Beschuldigten, Zeugen und Sachverständigen sowie Augenscheinseinnahme, Zuführung von verhafteten Personen an ausländische Behörden, damit sie als Zeugen vernommen oder anderen Personen gegenübergestellt werden können. Die Gebühren für diese Tätigkeit berechnen sich nach §§ 83ff., insbesondere § 84 und, soweit Einzeltätigkeiten in F r a g e kommen, nach § 91 Nr. 2 (vgl. die Erläuterungen dort, insbesondere R z . 16, 17). Die Beistandsleistung für einen Zeugen oder Sachverständigen ist nach § 118 zu vergüten 3 ). 2 s

) Vgl. dazu AnwBl. 74, 111. ) Vgl. Rz. 144 zu § 118 sowie Gerold-Schmidt Rz. 12; R S Rz. 2.

171

4

NEUNTER ABSCHNITT Gebühren im Disziplinarverfahren, im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vor den Wehrdienstgerichten, im ehren- und berufsgerichtlichen Verfahren, bei der Untersuchung von Seeunfällen und bei Freiheitsentziehung Vorbemerkungen zu den §§ 109—112 1. Der 9. Abschnitt behandelt die Gebühren im Disziplinarverfahren 1 ), im Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung vor den Wehrdienstgerichten, im ehren- u n d berufsgerichtlichen Verfahren, bei der Untersuchving von Seeunfällen und bei Freiheitsentziehungen. 2. Der § 109 bestimmt die Gebühren, f ü r das Disziplinarverfahren, wobei zunächst gesagt ist, daß die Vorschriften des 6. Abschnitts in Strafsachen sinngemäß Anwendung finden sollen. Alsdann werden aber besondere Rahmengebühren für die einzelnen Verfahrensabschnitte aufgestellt. 3. Der § 109 a ist durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) neu eingefügt worden. Die Vorschrift regelt die Gebühren des R A im Verfahren auf gerichtliche Entscheidung nach der Wehrbeschwerdeordnung. 4. Der § 110 regelt die Gebühren f ü r die Vertretung im ehren- u n d berufsgerichtlichen Verfahren wegen Verletzung einer Berufspflicht (für das gerichtliche Verfahren auf Zulassung zum Beruf richten sich dagegen die Gebühren nach den Vorschriften des § 114u. im vorausgehenden behördlichen Verfahren k o m m t § 118 zur Anwendung). F ü r die Gebühren der in § 110 behandelten Verfahren sind gleichfalls die Vorschriften des 6. Abschnitts über Gebühren in Strafsachen (§§ 83 ff.) sinngemäß anzuwenden. Das Verfahren erster Instanz steht dem amtsgerichtlichen Strafverfahren gleich, im weiteren Verfahren richtet sich in jedem Rechtszug die Gebührenregelung nach den f ü r das Berufungsverfahren vor der großen S t r a f k a m m e r geltenden Vorschriften. 5. Der § 111 bestimmt die Gebühren bei der Untersuchung von Seeunfällen durch das Seeamt im ersten u n d durch das Oberseeamt im zweiten Rechtszug. Es finden hinsichtlich der Gebühren die Vorschriften des 6. Abschnitts über Strafsachen sinngemäße Anwendung. 6. Der § 112 bestimmt die Gebühren für ein gerichtliches Verfahren bei Freiheitsentziehung auf Grund des Ges. v. 29. 6. 56 (BGBl. I S 599). E s sind auch hier Rahmengebührensätze vorgesehen, ähnlich wie in sonstigen Strafsachen. F ü r den beigeord') Wegen Neuerungen im Disziplinarrecht 8. Ostler NJW 67, 2033. 172

Disziplinarverfahren

§ 109

neten R A sind die Vorschriften der §§ 97—101, 103 f ü r anwendbar erklärt worden, so daß dieser die gleichen Gebühren wie ein sonstiger Pflichtverteidiger erhält. 7. Auch f ü r die im 9. Abschnitt vorgesehenen Gebühren sind die Vorschriften des 1. Abschnitts (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie die Vorschriften des 2. Abschnitts (Gemeinsame Vorschriften) §§ 20—30 anzuwenden. Danach sind auch in diesen Verfahren Honorarvereinbarungen (§ 3) zulässig. Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber erhöhen sich die Gebühren für jeden weiteren Auftraggeber u m drei Zehntel (§6). F ü r die Bemessung der Rahmengebührensätze findet die Vorschrift des § 12 Anwendung sowie f ü r die Beratung u n d Auskunftserteilung in solchen Angelegenheiten die Vorschrift des § 20. Auf die E r s t a t t u n g von Auslagen sind die gemeinsamen Vorschriften der §§ 25ff anzuwenden.

§ 109. Disziplinarverfahren (1) Im Disziplinarverfahren gelten nach Maßgabe der Absätze 2—8 die Vorschriften des Sechsten Abschnitts sinngemäß. (2) Der Rechtsanwalt erhält als Verteidiger im förmlichen Disziplinarverfahren einschließlich des vorangegangenen Verfahrens folgende Gebühren: 1. Im ersten Rechtszug 70 Deutsche Mark bis 900 Deutsche Mark, 2. im zweiten Rechtszug 80 Deutsche Mark bis 1060 Deutsche Mark, 3. im dritten Rechtszug 100 Deutsche Mark bis 1500 Deutsche M) Vgl. auch BVerfG v. 26. 2. 54 Bd. 3, 352 = J Z 52, 272. Zur Bewilligung des Armenrechts nach § 100 Abs. 1 GG s. BVerfG MDR 60, 200. 11 ) Vgl. Engler NJW 65, 996; Zuck Rpfleger 64, 333 und NJW 65, 2096; ders. Die VerfBeschwerde S 17 (1973); Gerold-Schmidt Rz. 10; Lauterbach-Hartmann Anm. 2A Vorbem. Wegen Kostenerstattung vor dem BayVerfGH bei Erledigung der Hauptsache s. BayVerfGH BayJMBl. 62, 219. 12 ) NJW 71, 172. Zur Frage der Notwendigkeit im einzelnen s. Leibholz-Rupprecht, Nachtrag, Anm. 7a zu § 34 BVerfGG; ferner Lechner BVerfGG § 34. 8

200

§113

Zehnter A b s c h n i t t : Gebühren in V e r f a h r e n vor Gerichten der Verfassungsgerichtsbarkeit

weise nicht ausschließen kann, daß sich im Laufe des Verfahrens Rechtsfragen ergeben werden, bei deren Beantwortung er seine vermutlich berechtigten Interessen nicht selbst hinreichend sachkundig vertreten könnte. Die Einschränkung des § 34 Abs. 3 BVerfGG k a n n also im Hinblick auf die Spezialvorschrift des Abs. 4 für Verfahren über Verfassungsbeschwerden nicht zur Anwendung kommen 1 3 ). Notwendige Auslagen sind vielmehr grundsätzlich in voller Höhe zu erstatten. Die in § 34 Abs. 4 BVerfGG enthaltenen Worte „oder teilweise" dürfen nur auf den Fall angewendet werden, daß die Verfassungsbeschwerde sich nur teilweise als begründet erwiesen hat 14 ). Wenn aber der Beschwerdeführer nur mit einem unwesentlichen Teil unterliegt, sind ihm die notwendigen Auslagen dennoch in voller Höhe zu erstatten 1 5 ). 24

Die Erstattungspflicht trifft diejenige Körperschaft, der die Grundrechtsverletzung zuzurechnen ist. Das ist bei Verfassungswidrigkeit eines Bundesgesetzes die Bundesrepublik Deutschland 1 6 ), bei der Verfassungswidrigkeit eines Landesgesetzes das betr. Land 1 7 ).

25

Die Kosten eines R A sind immer nur in Höhe der gesetzlichen Gebühren nach der BRAGebO erstattbar, dagegen nicht vereinbarte Honorare 1 8 ).

26

Die E r s t a t t u n g von Kosten außerhalb des in § 34 BVerfGG festgelegten Rahmens ist ausgeschlossen. Die Rechtsprechung lehnt eine Kostenerstattung auch dann ab, wenn die Sache an das Prozeßgericht zurückkommt 1 9 ).

27

Auch die Kosten des Verfahrens der abstrakten Normenkontrolle vor dem BVerfG gehören nicht zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne des § 91 ZPO, da dieses Verfahren auf Vorlage des Gerichts erfolgt u n d ein in sich selbst abgeschlossenes Verfahren darstellt, das keinen Prozeßgegner kennt u n d das nicht als Teil des gerichtlichen Verfahrens, aus dem heraus die Normenkontrolle hervorgegangen ist, angesehen werden kann 2 0 ). Es handelt sich u m ein objektives Verfahren, dessen außergerichtliche Kosten nur dem Bund oder dem Land auferlegt werden könnten, aber nicht einem im Ausgangsverfahren unterliegenden Prozeßgegner, dessen Unterliegen aus ganz anderen Gründen erfolgen kann 2 1 ).

28

Keine Kostenerstattung erfolgt im Verfahren vor dem Gemeinsamen Senat 22 ). 13

) So a u c h R u p p r e c h t N J W 71, 172. ) Vgl. auch R u p p r e c h t N J W 71, 172; Zuck D Ö V 71, 256; Dietlein DVB1. 71, 125. S. auch B V e r f G 32, 295. 15 ) B V e r f G 32, 39; L a u t e r b a c h - H a r t m a n n Vorbem. z u m 10. Abschn. 2 A . 16 ) B V e r f G 32, 173 u. 365. 17 ) B V e r f G 12, 9. 18 ) Vgl. R u p p r e c h t N J W 71, 172; L a u t e r b a c h - H a r t m a n n V o r b e m . 10. Abschn. 2 A ; a.M. Zuck, Die VerfBeschw. S 19. 19 ) B F H B S t B l . 65 I I I 519; OLG H a m m N J W 66, 2073; LSG Celle N J W 68, 1743 (LS); a.M. A G München AnwBl. 63, 180; vgl. auch F n . 20; ferner Gerold-Schmidt R z . 10. 20 ) B V e r f G E 20, 350; D Ö V 74, 105 (L);OLG Koblenz N J W 54, 1490 = M D R 55, 117; Gaerner B ü r o 55, 247; E y e r m a n n - F r ö h l e r VwGO § 154 Rz. 6. Dagegen L G u n d OLG München AnwBl. 66, 329. Vgl. ferner A G München A n w B l . 63, 180. D a s OLG München — sowie a u c h d a s AG u n d L G München — v e r t r e t e n die Ansicht, d a ß die vor d e m B V e r f G e n t s t a n d e n e n R A - K o s t e n als „notwendige Auslagen" des Strafverfahrens geltend g e m a c h t werden können, a u c h wenn das V e r f a h r e n vor d e m B V e r f G ein Normenkonkontrollverfahren b e t r a f . Dies müsse auch d a n n gelten, wenn das B V e r f G es unterlassen h a t t e , in seiner E n t s c h e i d u n g die E r s t a t t u n g der Auslagen a n z u o r d n e n . 21 ) So a u c h L a u t e r b a c h - H a r t m a n n Vorbem. 10. Abschn. 2 A . 22 ) § 17 Abs. 2 Ges. v. 19. 6. 68 BGBl. I , 661. 14

210

I. Bedeutung der Vorschrift

§ 113a

Die Festsetzung der Vergütung gegen den Auftraggeber erfolgt gemäß § 19. Zu- 29 ständig ist der UdG des Verfassungsgerichts und für die Erinnerung das Verfassungsgericht direkt 2 3 ). § 113 a.

Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften

(1) In Vorabentscheidungsverfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften gelten die Vorschriften des Dritten Abschnitts sinngemäß. Die Gebühren richten sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2. Die Prozeßgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, wird auf die Prozeßgebühr des Verfahrens vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften angerechnet, wenn nicht eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften abgegeben wird. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach den Wertvorschriften, die für die Gerichtsgebühren des Verfahrens gelten, in dem vorgelegt wird. Das vorlegende Gericht setzt den Gegenstandswert auf Antrag durch Beschluß fest. § 10 Abs. 2 bis 4 gilt sinngemäß. (2) Ist für das Verfahren, in dem vorgelegt worden ist, die Gebühr nur dem Mindestund Höchstbetrag nach bestimmt, so erhält der Rechtsanwalt in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr von 100 Deutsche Mark bis 1500 Deutsche Mark. Ist der Rechtsanwalt in dem Verfahren vor dem Gericht, das vorgelegt hat, Verteidiger, Beistand oder Vertreter, so erhält er in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr nur, wenn er vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mündlich verhandelt; die Gebühr beträgt 100 Deutsche Mark bis 750 Deutsche Mark. Hat ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit vorgelegt, so erhält der Rechtsanwalt in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr von 75 Deutsche Mark bis 900 Deutsche Mark. Ist der Rechtsanwalt in dem Verfahren vor dem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit, das vorgelegt hat, Prozeßbevollmächtigter, so erhält er in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr nur, wenn er vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften mündlich verhandelt; die Gebühr beträgt 75 Deutsche Mark bis 450 Deutsche Mark. Vorbemerkung: Diese Vorschrift ist neu in die BRAGebO eingefügt worden durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189). Übersicht: Rz. I. Bedeutung der Vorschrift . . . . II. Die Gebühren 1. Allgemeines 2. Gebühren nach einem Gegenstandswert Entstehung der 13 / 10 Prozeßgegebühr — Anrechnung Verhandlungsgebühr Beweisgebühr

1

4 4

7 8

10

Erörterungsgebühr Keine Anrechnung von Gebühren außerhalb der Prozeßgebühr 3. Der Gegenstandswert 4. Verfahren, in denen sich die Gebühren nur nach dem Mindestoder Höchstbetrag bestimmen 5. Anwendung des 1. und 2. Abschnittes der BRAGebO. . . . III. Die Kostenerstattung

Rz. 11 12 13 15 17 18

I. Bedeutung der Vorschrift Die BRAGebO enthielt bisher keine Vorschrift über die Vergütung des R A in Ver- 1 fahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (Vorlagesachen nach 3

) Gerold-Schmidt Rz. 8. 211

§ 113a

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor dem Gerichtshof der EG

Art. 177 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, BGBl. 1957 I I , 753, 766). Nach dieser Vorschrift besteht f ü r das einzelne staatliche Gericht, für dessen Entscheidung die Auslegung des EWG-Vertrages, die Gültigkeit oder die Auslegung von Handlungen der Organe der Gemeinschaft oder die Auslegung der Satzungen der durch den R a t geschaffenen Einrichtungen von Bedeutung ist, die Möglichkeit u n d u. U . die Pflicht, die Frage dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften zur Entscheidung vorzulegen. Entsprechendes ist in den beiden anderen Gemeinschaftsverträgen (Vertrag über die Gründung der Europäischen Gemeinschaft f ü r Kohle u n d Stahl — BGBl. 1952 I I , 445 — Art. 41, Vertrag zur Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft — BGBl. I I 1957, 753, 1014 — Art. 150) u n d in weiteren Übereinkommen der Mitgliedstaaten (Protokoll v. 3. 6. 71 betr. die Auslegung des Übereinkommens vom 29. 2. 68 über die gegenseitige Anerkennung von Gesellschaften u n d juristischen Personen durch den Gerichtshof — BGBl. 1972 I I , 857 — Art. 2, Protokoll v. 3. 6. 71 betr. die Auslegung des Übereinkommens v. 27. 9. 68 über die gerichtliche Zuständigkeit u n d die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof — BGBl. 1972 I I , 842 — Art. 2 u n d 3) bestimmt. Darüber hinaus kommen Verfahren vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften in Betracht auf Grand von Nichtigkeits-, Untätigkeits- u n d Amtshaftungsklagen . 2

I m R a h m e n der Vorabentscheidungsverfahren haben — neben den Parteien des Ausgangsverfahrens — die Kommission, der R a t u n d die Regierungen der Mitgliedsstaaten die Befugnis, zu den von dem Gericht des Ausgangsverfahrens vorgelegten Fragen durch Schriftsätze und Plädoyers in der mündlichen Verhandlung Stellung zu nehmen. Die Regierungen der Mitgliedstaaten machen von dieser Befugnis im Gegensatz zur Kommission, die sich stets einschaltet, nur in begründeten Fällen Gebrauch 1 ). Die Rechtsprechung des E u G H hat immer mehr an Bedeutung gewonnen. Besonders haben die Vorabentscheidungsverfahren gemäß Art. 177 E W G V der Zahl und der Bedeutung nach beträchtlich zugenommen. Dies h a t t e auch eine Zunahme der Tätigkeit der R A e in solchen Verfahren vor dem E u G H zur Folge1®).

3

Die neue Vorschrift des § 113 a bezweckt, dem Bedürfnis nach einer gebührenrechtlichen Regelung in den Fällen des Art. 177 E W G V abzuhelfen 2 ). Diese Regelung beruht auf der Erwägung, daß es nicht gerechtfertigt wäre, das Vorabentscheidungsverfahren kostenrechtlich wie in den Fällen des § 37 als zum Rechtszug gehörig zu betrachten u n d somit f ü r den RA, der bereits im Ausgangsverfahren tätig war, keinerlei besondere Gebühr entstehen zu lassen 3 ). Obwohl das Verfahren vor dem E u G H für die Parteien des Ausgangsverfahrens den Charakter eines Zwischenstreits h a t , so erfordert aber doch eine mündliche Verhandlung vor ihm, in der gegebenenfalls auch zu den Auffassungen der Regierungen der Mitgliedstaaten sowie der Kommission u n d des Rates der E G Stellung zu nehmen ist, u n d eine u. U. stattfindende Beweisaufnahme eine besondere Vorbereitung des R A u n d stellt eine besonders geartete Tätigkeit dar, die sich schon der äußeren Form nach erheblich

J ) Vgl. Eyermann-Fröhler Anh. § 40 VwGO; Riegel NJW 75, 1049. Ferner Ipsen EuGemR 72, 759 ff.; U. Sehneider NJW 72, 1596. la ) Vgl. Mitt. BMfWirtschaft NJW 74, 405. 2 ) Vgl. Begr. BR-Drucks. 71/74 S 105. 3 ) S. auch U. Schneider NJW 72, 1596.

212

II. Die Gebühren

§ 113a

von der mündlichen Verhandlung u n d der Beweisaufnahme vor dem deutschen Gericht unterscheidet 4 ).

II. Die Gebühren 1. Allgemeines Die jetzige Vorschrift des § 113a ordnet das Verfahren vor dem E u G H , wenn es sich 4 u m eine Vorabentscheidung in Vorlagesachen nach Art. 177 EWGVertr. handelt, in die BRAGebO ein. § 113a unterscheidet zwei Gruppen von Verfahren, nämlich A. Verfahren, deren Gebühren sich nach einem Gegenstandswert berechnen (Abs. 1) u n d B. Verfahren, deren Gebühren n u r nach dem Mindest- u n d Höchstbetrag bestimmt sind (Abs. 2). 2. Gebühren nach einem Gegenstandswert Nach Abs. 1 Satz 1 finden die Bestimmungen des 3. Abschnitts der BRAGebO 5 (§§ 31 ff) sinngemäß Anwendung. Es entstehen in diesen Verfahren somit die Regelgebühren, wobei allerdings hinsichtlich der Prozeßgebühr eine Einschränkung bestimmt ist: Die Prozeßgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, wird auf die Prozeßgebühr des Verfahrens vor dem E u G H angerechnet, wenn nicht eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem E u G H abgegeben wird (Abs. 1 Satz 3). Die Gebühren richten sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2, sie entstehen also in Höhe von je 13 / ]0 (Abs. 1 Satz 2). Es können danach anfallen: a)

n

/io Prozeßgebühr (§ 31 Ziff. 1, § 11 Abs. 1 Satz 2). Diese entsteht mit der Erteilung 6 des Auftrages, in dem Vorabentscheidungsverfahren vor dem E u G H tätig zu werden. Die Prozeßgebühr ermäßigt sich auf 13/ao> wenn der Auftrag vorzeitig endigt, z. B. bevor der R A einen Schriftsatz i.S. des § 32 beim E u G H eingereicht oder bevor er f ü r seine Partei einen Termin in dem Vorabentscheidungsverfahren wahrgenommen hat. § 32 gilt nämlich auch im Verfahren vor dem E u G H . Die Prozeßgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, wird jedoch auf die Prozeßgebühr des Verfahrens vor dem E u G H angerechnet, wenn nicht eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem EuGH abgegeben wird (Abs. 1 Satz 3). Diese nur beschränkte Anrechnungspflicht ist einem Anderungsvorschlag des Rechtsausschusses des BT 5 ) zu verdanken, der mit zutreffenden Gründen die im RegEntw. 6 ) vorgesehene volle Anrechnung der Prozeß gebühr für unbillig gehalten und deshalb vorgeschlagen hat, daß die Prozeßgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, auf die Prozeßgebühr des Verfahrens vor dem E u G H nur angerechnet wird, wenn nicht eine im Verfahrensrecht vorgesehene schriftliche Stellungnahme gegenüber dem E u G H abgegeben wird. Eine solche schriftliche Stellungnahme kann innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Zustellung des Vorlagebeschlusses von den Parteien des Rechtstreits abgegeben werden (Art. 20 P r E u G H ) .

*) So Begr. BR-Drucks. 71/74 S 106. 5 ) Abgedr. AnwBl. 75, 121. «) Vgl. BR-Drucks. 71/74 S 106. 213

§ 113a

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor dem Gerichtshof der EG

Der R A erhält also die 13 / 10 Prozeßgebühr für daa Verfahren vor dem E u G H und dann zusätzlich die Prozeßgebühr des Verfahrens, in dem vorgelegt worden ist, wenn er gegenüber dem E u G H eine schriftliche Stellungnahme abgibt. Diese wird sich in der Regel ohnedies als zweckmäßig u n d notwendig erweisen, zumal damit auch die mündliche Verhandlung vorbereitet werden kann. 7

Liegen die Voraussetzungen für eine Anrechnung vor u n d ist in dem Verfahren, in dem vorgelegt wird, nur eine 10 / 10 Gebühr erwachsen, so erhält der R A zusätzlich noch eine 3 / 10 Prozeßgebühr aus dem Verfahren vor dem E u G H . Selbstverständlich ist auch, daß eine Anrechnung nur in Betracht kommt, wenn derselbe RA in den beiden Verfahren tätig geworden ist. Bei einer Erhöhung des Streitwertes im Vorabentscheidungsverfahren oder nach Fortsetzung des Verfahrens bei dem vorlegenden Gericht erhält der R A die Prozeßgebühr in entsprechender Anwendung der allgemeinen Vorschrift des § 13 Abs. 3 aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz (13/10)7).

8 b)

13

/io Verhandlungsgebühr (vgl. § 31 Abs. 1 Ziff. 2, § 11 Abs. 1 Satz 2). Diese Gebühr entsteht, wenn vom E u G H mündliche Verhandlung angeordnet wird und diese stattfindet. Nach Art. 18 P r E u G H gliedert sich das Verfahren in ein schriftliches u n d in ein mündliches Verfahren. Das gilt auch für das Verfahren nach Art. 177 EWGVertr. 8 ). Aber auch die Vorschrift des § 35 ist anzuwenden, weil § 113a Abs. 1 Satz 1 ganz allgemein die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des 3. Abschnitts vorschreibt. Deshalb erhält der R A die 13 / 10 Verhandlungsgebühr auch dann, wenn ohne mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entschieden wird. Auf die Erläuterungen zu § 35 k a n n verwiesen werden 9 ).

9

Eine Ermäßigung der Verhandlungsgebühr nach § 33 Abs. 1 Satz 1, wonach bei einer nichtstreitigen Verhandlung nur die halbe Verhandlungsgebühr entsteht, k o m m t nicht in Betracht, obwohl sich das Vorabentscheidungsverfahren vor dem E u G H nach dessen Verfahrensordnung als ein nichtstreitiges Verfahren darstellt; denn es unterscheidet sich von einem nichtstreitigen Verfahren vor einem deutschen Gericht erheblich 10 ).

10 c)

13

11

13

D

)

/io Beweisgebühr (vgl. § 31 Abs. 1 Ziff. 3, § 11 Abs. 1 Satz 2). Wegen Einzelheiten kann auf die Erläuterungen zu § 31 Rz. 85ff hingewiesen werden. /JO Erörterungsgebühr (vgl. § 31 Abs. 1 Ziff. 4, § 11 Abs. 1 Satz 2) für die Erörterung der Sache in einem gerichtlichen Termin. Wenn der R A einen Termin bei dem E u G H f ü r seinen Auftraggeber wahrnimmt u n d in dem Termin zwar keine Verhandlung in dem Sinne stattfindet, daß hierdurch die Entstehung der 13 / 10 Verhandlungsgebühr ( § 3 1 Ziff. 2) begründet werden kann, so wird in der Wahrnehmung des Termins aber in aller Regel eine Erörterung der Sache i.S. des § 31 Abs. 1 Ziff. 4 zu sehen sein, so daß der R A dann die Erörterungsgebühr verdient, die ebenso wie die Verhandlungsgebühr 13 / 10 beträgt.

7

) Vgl. BR-Drucks. 71/74 S. 106. ») Vgl. U. Schneider NJW 72, 1596. 8 ) So auch U. Schneider NJW 72, 1598 mit Hinweis auf die Regelung in Verfahren vor Verfassungsgerichten (§ 113). 10 ) So auch Begr. BR-Drucks. 71/74 S 106. Vgl. ferner Gerold-Sehmidt Rz. 5. 214

II. Die Gebühren

§ H3a

Die Erörterungsgebühr und die Verhandlungsgebühr können für das Verfahren beim E u G H jedoch nicht nebeneinander entstehen. Vielmehr werden diese, soweit sie denselben Streitgegenstand betreffen u n d in demselben Rechtszug (EuGH) entstehen, aufeinander angerechnet (§ 31 Abs. 2). Die im Verfahren vor dem E u G H entstandene Verhandlungs- oder Erörterungs- 12 gebühr sowie auch die Beweisgebühr sind aber in keinem Falle auf die in dem Ausgangsverfahren anfallende Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr oder Beweisgebühr anzurechnen. Die Anrechnungsvorschrift betrifft ausschließlich die Prozeßgebühr. 3. Der Gegenstandswert Zur Vermeidung von Zweifeln sieht Abs. 1 Satz 4 vor, daß sich der Gegenstandswert 13 nach den Wertvorschriften bestimmt, die für die Gerichtsgebühren des Ausgangsverfahrens gelten. Hiernach ist grundsätzlich nur das Interesse des Klägers an der erstrebten Entscheidung maßgebend, auch wenn die Entscheidung des E u G H eine über den Einzelfall hinausgehende tatsächliche Bedeutung h a t . Dieses weitergehende Interesse m u ß also für die Bemessung des Gegenstandswertes, ebenso wie bei entsprechenden Entscheidungen anderer hoher Gerichte, unberücksichtigt bleiben 11 ). Betrifft die Vorlage nur einen Teilkomplex des Ausgangsverfahrens, so ist der Gegenstandswert nach dem Wert des Teilkomplexes zu bestimmen. Die Festsetzung des Gegenstandswertes erfolgt gemäß Abs. 1 Satz 5 durch das vor- 14 legende Gericht. Abs. 1 Satz 6 bestimmt weiter die sinngemäße Anwendung des § 10 Abs. 2 bis 4 (Festsetzungsantrag des RA und Festsetzungsverfahren). Dies war erforderlich im Hinblick darauf, daß Gerichtsgebühren in dem Vorabentscheidungsverfahren nicht erhoben werden und der E u G H die Kosten- und Streitwertregelung den zuständigen nationalen Stellen überlassen wollte 12 ). (Vgl. unten Rz. 18). 4. Verfahren, in denen sich die Gebühren nur nach dem Mindest- oder Höchstbetrag bestimmen Die Vorschrift des Abs. 2 regelt die Gebühren für die Tätigkeit des R A in dem Vorab- 15 entscheidungsverfahren vor dem E u G H , wenn für das Verfahren, in dem vorgelegt worden ist, die Gebühr nur dem Mindest- u n d Höchstbetrag nach bestimmt ist. Der R A erhält danach für das Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr von 100 DM bis 1500 DM. Dieser R a h m e n stimmt mit dem des § 86 Abs. 1 Nr. I überein, der für die Tätigkeit im strafrechtlichen Revisionsverfahren gilt. Ist der R A in dem Verfahren vor dem Gericht, das vorgelegt hat, Verteidiger, Beistand oder Vertreter, so erhält er in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr nur, wenn er vor dem EuGH mündlich verhandelt. Letzteres entspricht der Regelung 11 ) Vgl. BR-Drucks. 71/74 S. 106. Dort wird daraufhingewiesen, daß in einem System, in dem die Parteien die Kosten des Rechtstreits zu tragen haben, nicht auf die Bedeutung der Sache für die Allgemeinheit abgestellt werden kann. Dies entspricht auch der Rechtsprechung in den Verwaltungsgerichtstreitigkeiten. Vgl. dazu Rz. 50 ff. zu § 114. 12 ) Vgl. auch U. Schneider N J W 72, 1596.

215

§ 113a

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor dem Gerichtshof der EG

des Abs. 1 Satz 3. Die dem R A f ü r die Tätigkeit vor dem E u G H zustehende Gebühr beträgt in diesem Fall nur 100 DM bis 750 DM. Die Verminderung des Gebührenrahmens auf die H ä l f t e des Satzes 1 ist dadurch begründet, daß dieser R A den Prozeßstoff bereits kennt. 16

H a t ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit vorgelegt, so erhält der RA in dem Vor ab entscheidungsverfahren eine Gebühr von 75 DM bis 900 DM. Dieser R a h m e n stimmt mit dem Gebührensatz des § 116 Abs. 2 Nr. 3 überein, der f ü r Verfahren vor dem Bundessozialgericht gilt. Ist der R A in dem Verfahren vor dem Gericht der Sozialgerichtsbarkeit, das vorgelegt h a t , Prozeßbevollmächtigter, so erhält er in dem Vorabentscheidungsverfahren eine Gebühr nur, wenn er vor dem EuGH mündlich verhandelt; letzteres entspricht wiederum der Regelung des Abs. 1 Satz 3. Die Gebühr beträgt dann 75 DM bis 450 DM. Auch hier ist die Verminderung der Gebühr des Satzes 1 damit begründet, daß dieser R A den Prozeßstoff bereits kennt. 5. Anwendung des 1. und 2. Abschnittes der BRAGebO

17

Es soll noch darauf hingewiesen werden, daß unabhängig von der Anwendung der Vorschriften des 3. Abschnittes (§§ 31ff) auch die Vorschriften des 1. Abschnittes (Allgemeine Vorschriften §§ 1 bis 19) sowie die Vorschriften des 2. Abschnittes (Gemeinsame Vorschriften §§ 20—30) gleichfalls auf diese Verfahren Anwendung finden. Besonders wird hingewiesen auf die Vorschrift des § 3 über die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungen, § 6 (Vertretung mehrerer Auftraggeber), § 20 (wenn nur Rat oder Auskunft zu erteilen ist und sich der Auftrag hierauf beschränkt), §§ 25ff (Ersatz von Auslagen u n d Reisekosten). Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu den genannten Vorschriften. F ü r die Bemessung der in Abs. 2 bestimmten Rahmengebühren gilt die Vorschrift des § 12. Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 12 und §§ 83ff. sowie zu § 116.

III. Die Kostenerstattung 18

Der E u G H entscheidet in den Fällen der Vorabentscheidung über die Vorlagefrage, ohne eine Entscheidung über die Verteilung der Kosten des Verfahrens vor ihm zu treffen, oder die Höhe dieser Kosten oder einen Streitwert festzusetzen. E r pflegt vielmehr auszusprechen, daß das vor ihm durchgeführte Verfahren für die Parteien des Ausgangsverfahrens ein Zwischenstreit in dem vor dem einzelstaatlichen Gericht anhängigen Rechtsstreit sei u n d die Kostenentscheidung diesem Gericht obliege. I n seiner Entscheidung v. 1. 3. 73 in der Rechtssache 62/72 13 ) hat er ferner zum Ausdruck gebracht, daß seine Verfahrensordnung keine KostenVorschriften f ü r das Vorabentscheidungsverfahren enthalte und es Sache der zuständigen nationalen Stellen sei, im R a h m e n ihres innerstaatlichen Rechts zu entscheiden, in welchem Maße es geboten sei, den Auswirkungen des Vorabentscheidungsverfahrens Rechnung zu tragen. Die Kostenentscheidung bleibt daher dem nationalen Gericht vorbehalten u n d h a t nach dem nationalen Recht zu erfolgen 14 ). So h a t auch der E u G H auf Vorlage des la

) Vgl. dazu BR-Drucks. 71/74 S. 107; ferner EuGH Rechtsaehe 6/64 NJW 64, 2371. ) So auch U. Schneider NJW 72, 1597, von dem auch noch die Frage aufgeworfen wird, ob nicht die außergerichtlichen Kosten, die den Parteien durch die Vorlage an den EuGH entstanden sind, der Gemeinschaft zuzurechnen sind oder zumindest die BRD durch entsprechende Ergänzung des Bundesrechts zur Erstattung verpflichtet werden könnte. 14

216

Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit

§ 114

B F H 1 5 ) entschieden, d a ß d a s Kostenfestsetzungsverfahren sowie die E r s t a t t b a r k e i t der notwendigen A u f w e n d u n g e n der Beteiligten sich n a c h d e m R e c h t des vorlegenden Gerichts bestimmen 1 6 ). Derzeit fehlt in der B R D jedoch eine gesetzliche R e g e l u n g der Kostenerstattungspflicht f ü r das Vorabentscheidungsverfahren n a c h A r t . 177 E W G V . U . Schneider 1 7 ) v e r t r i t t zutreffend die Auffassung, d a ß nach d e m im deutschen R e c h t geltenden Erfolgsgrundsatz die unterliegende P a r t e i auch alle zusätzlichen außergerichtlichen K o s t e n des Verfahrens n a c h A r t . 177 E W G V zu t r a g e n h a t . L a u t e r b a c h H a r t m a n n 1 8 ) halten jedoch d a f ü r zur Zeit noch keine Rechtsgrundlage gegeben 1 9 ), weshalb jede P a r t e i die K o s t e n des Vorabentscheidungsverfahrens selbst tragen müsse. I n sonstigen Verfahren vor dem E u G H a u ß e r h a l b des Vorlageverfahrens n a c h A r t . 177 ist aber die E r s t a t t b a r k e i t der notwendigen Auslagen der obsiegenden P a r t e i gegeben, wenn der E u G H selbst gemäß Art. 69 § 2 Abs. 1 seiner V e r f O über die K o s t e n entscheidet u n d diese der unterliegenden P a r t e i auferlegt 1 9 ). N u r in den Vorabentscheidungen erfolgt keine Kostenentscheidung d u r c h den E u G H , so d a ß n u r dort die obsiegende P a r t e i des Ausgangsverfahrens keinen K o s t e n e r s t a t t u n g s a n s p r u c h gegen den unterlegenen Prozeßgegner h a t .

§ 114. Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit gelten die Vorschriften des Dritten Abschnittes sinngemäß. (2) Der Rechtsanwalt erhält im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht, dem Bundesfinanzhof und vor einem Oberverwaltungsgericht (Verwaltungsgerichtshof) Gebühren nach § 11 Absatz 1 Satz 2, im Verfahren vor dem Finanzgericht Gebühren nach § 11 Absatz 1 Satz 1. (3) Im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder der Revision erhält der Rechtsanwalt die Hälfte der in § 31 bestimmten Gebühren nach den Sätzen des § 11 Absatz 1 Satz 2. (4) Im Verfahren auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung des Verwaltungsakts, auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und in Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gilt § 40 sinngemäß. Bei Vollziehung einer einstweiligen Anordnung gilt § 59 sinngemäß. (5) Im gerichtlichen Verfahren über einen Akt der Zwangsvollstreckung (des Verwaltungszwanges), erhält der Rechtsanwalt drei Zehntel der in § 31 bestimmten Gebühren. Die Vorschriften des § 32 und des § 33 Absatz 1 und 2 gelten nicht. Vorbemerkung: Die Vorschrift w u r d e dch. das K o s t Ä n d G 1957 neu geschaffen. Seither sind mehrere Änderungen erfolgt: 1. Geändert wurden dch. Ges. v. 30. 6. 65 (BGBl. I , 577) die Überschrift sowie Abs. 1, 3, 5. Wegen Einzelheiten dazu s. 1. Aufl. N a c h t r . 1965 S 47f. 15

) ) ) 18 ) 18 ) 16 17

B F H 106, 481. Außenwirtschaftsdienst des BB 73, 282. N J W 72, 1597. Ebenso Gerold-Schmidt Rz. 3; RiegelNJW 75,1056; B F H N J W 74,1639. § 113 Einf. 2B. Vgl. Lauterbach-Hartmann Anh. nach § 113 Anm. 3. 217

§114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- u n d Finanzgerichten

2. Abs. 4 ist n e u g e f a ß t worden deh. das K o s t Ä n d G v . 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189). D a n a c h erhält der R A jetzt a u c h im Verfahren auf A u s s e t z u n g oder A u f h e b u n g der Vollziehung des V e r w a l t u n g s a k t e s oder auf A n o r d n u n g oder Wiederherstellung der aufschiebenden W i r k u n g die Gebühren wie in einem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung. D i e s ist im Hinblick auf die rechtliche u n d sachliche B e d e u t u n g und Schwierigkeit derartiger Verfahren gerechtfertigt. Vgl. B R - D r u c k s . 71/74. Daher b e s t i m m t Abs. 4 die s i n n g e m ä ß e A n w e n d u n g des § 40. Der bisherige Abs. 5 ist durch diese Änderungen gegenstandslos geworden, der bisherige Abs. 6 wurde Abs. 5. F ü r die B e s t i m m u n g des Streitwertes in Verfahren vor der Verwaltungs- u n d der Finanzgerichtsbarkeit gilt jetzt die neue Vorschrift des § 13 G K G . D i e bisherige Streitwertvorschrift § 115 B R A G e b O ist daher ersatzlos gestrichen worden. W e g e n Einzelheiten vgl. u n t e n R z . 44 ff, 111 ff.).

Übersicht:

A. I. II. III.

IV. V.

VI. 218

Bedeutung der Vorschrift . . . Die Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten . . Vorbemerkungen Allgemeines (zu Abs. 1) . . . . Die Regelgebühren (zu Abs. 1 u n d 2) E n t s t e h u n g der vollen Prozeß gebühr Verhandlungsgebühr E r ö r t e r u n g des Streitstoffes . . W a h r n e h m u n g eines Erörterungstermins Verhandlung zur Prozeß- u n d Sachleitung Beweisgebühr Vorlegung von U r k u n d e n — Beiziehung von Akten usw Vergleichsgebühr Erledigungsgebühr Erstinstanzliches Verfahren vor dem BVerwG, OVG oder V G H . Anwendung des 1. u n d 2. Abschnittes der B R A G e b O . . . . Notwendigkeit von Honorarvereinbarungen Mehrere Auftraggeber — R a t u n d Auskunftserteilung — Auslagen Reisekosten eines auswärtigen RA Verfahren ohne mündliche Verhandlung Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder Revision (zu Abs. 3) — Entschädigungssachen . . . Einstweilige Anordnungsverfahren (zu Abs. 4)

Rz. 1 3 3 4 5 6 7 7 8 9 10 11 12 12 13 14 15 15 16 17

18 19 20

Rz. V I I . Aussetzung oder A u f h e b u n g der Vollziehung des Verwaltungsaktes (zu Abs. 4) Beschwerdeverfahren Erledigungsgebühr — Vergleichsgebühr Streitwert Sonstige Beschwerdeverfahren . V I I I . Gerichtliches Verfahren über einen A k t der Zwangsvollstrekkung (des Verwaltungszwangs) (Abs. 5) I X . Die Kostenregelung gemäß der VwGO 1. Die Kostenentscheidung . . — Anfechtung Mehrere kostenpflichtige Personen Entscheidung des Gerichts. . Einstellungsbeschluß . . . . 2. Was gehört zu den Kosten . R A in eigener Sache . . . . Kosten des Beigeladenen . . A m t f ü r Verteidigungslasten Lastenausgleichsachen . . . 3. Die Kostenfestsetzung . . . 4. Das Armenrecht 5. Dis Kosten des Vorverfahrens E r s t a t t b a r k e i t der RA-Gebühren 6. Gerichtskosten 7. Nicht anwendbare Vorschriften X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit 1. Allgemeines 2. Die anzuwendenden Vorschriften

21 23 24 26 27

28 29 29 30 31 32 34 35 35 36 37 38 39 40 41 41 42 43 44 44 45

Vorbemerkung

XI. B. I. II. III. IV.

3. Einzelheiten A n t r a g auf bezifferte Geldleistung V e r w a l t u n g s a k t auf Geldleistung Teilweise A n f e c h t u n g . . . . Wertbestimmung nach Ermessen Klagebegehren U m f a n g der Sache ohne Bedeutung Keine A b g r e n z u n g zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtl. Angelegenheiten B e d e u t u n g der S a c h e . . . . 4. Beispiele zur Streitwertbeberechnung Abgabenstreitigkeiten . . . Anerkennungsbescheid n a c h §§ 82, 83 Abs. 2 W o h n B a u G . Anschluß- oder B e n u t z u n g s zwang E r r i c h t u n g einer A p o t h e k e . Ausländersachen Aussetzungsverfahren.... Ausweisverfahren Baugenehmigung Beseitigung eines Ü b e r b a u e s B e a m t e n v e r h ä l t n i s — Klagen Beweissicherungsverfahren . Bodenverkehrsgenehmigung . Einstweilige A n o r d n u n g . . . Enteignungsverfahren . . . Fahrerlaubnis Flurbereinigungssachen . . . Fürsorgesachen — Erziehungsbeihilfen . . . Gemeindenutzungsrechte . . Handwerksrolle Häftlingsbescheinigung ( H ä f t lingshilfe) Kernkraftwerk K l e i n g a r t e n p a c h t Verhältnisse Konzessionserteilungen . . . Lastenausgleichssachen . . . Melderegister — A u s k u n f t . Personalvertretungssachen . Richterablehnungsverfahren. Waffenschein — E r t e i l u n g — Beschlagnahme Wahlanfechtung Zwangsgeldandrohung . . . Die S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g . . . Die G e b ü h r e n f ü r V e r f a h r e n vor den Finanzgerichten Allgemeines Das Steuerstrafverfahren . . . Nichtstreitige Steuersachen . . R a t e r t e i l u n g , A u s k u n f t , Gutachtenerstattung

Rz. 46 47 48 48 49 50 51

52 54 55 55 56 57 58 59 60 61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 71 72 73 74 75 76 77 78 79 79a 80 81 82 83 84 85 85 86 87 88

| 114 Rz.

V. Finanzgerichtliches Verfahren und Rechtsmittelverfahren . . 1. Die Anfechtungsklage . . . 2. Die Leistungsklagen. . . . 3. Die Revision 4. Z u s t ä n d i g k e i t des B F H im ersten u n d letzten R e c h t s z u g 5. Einstweilige A n o r d n u n g . . 6. Beschwerde v e r f a h r e n . . . 7. Beschwerde gegen die Nichtzulassung der R e v i s i o n . . . 8. Beweissicherungsverfahren . 9. Aussetzung der Vollziehung 10. Gerichtliches V e r f a h r e n ü b e r einen A k t d e r Zwangsvolls t r e c k u n g (des Verwaltungszwangs) 11. Finanzgericht — gebührenrechtlich erste I n s t a n z . . . 12. Zurückverweisung V I . Die Gebühren 1. Allgemeines 2. Die P r o z e ß g e b ü h r 3. Die Verhandlungsgebühr u n d die E r ö r t e r u n g s g e b ü h r . . . 4. Die Beweisgebühr im Revisionsverfahren . . . Beiziehung von A k t e n oder Urkunden Gegenstandswert 5. Die Vergleichsgebühr bzw. Erledigungsgebühr a) Vergleichsgebühr (§ 23). . b) Erledigungsgebühr (§ 24) . V I I . Die Gebühren im Beschwerdeverfahren V I I I . Die Auslagen I X . D e r Gegenstandswert 1. Allgemeines Wechselseitige R e c h t s m i t t e l . Mehrere Steuerfälle K o n k u r s des Steuerpflichtigen 2. Beispiele Arrestverfahren, Aufrechnung, Auskunftsersuchen, Aussetzungsverfahren, Berichtigung Einheitswert Erzwingungsgeld wegen Zulassungsentziehung Gewerbesteuermeßbescheid . Gewinnfeststellung — einheitliche / gesonderte Getrennte Veranlagung. . . Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung . . . . E r l a ß der Steuer Erledigung der H a u p t s a c h e . Fehleraufdeckung Grunderwerbsteuer Grundsteuer

89 89 90 91 92 93 94 95 96 97

97a 98 99 100 100 101 102 103 104 105 106 107 107 108 109 110 111 111 112 114 115 116

116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128 219

§114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltung«- und Finanzgerichten Haftung Hypothekengewinnabgabe . Körperschaftsteuer Kraftfahrzeugs teuer . . . . Lohnsteuersachen Loteriesteuer Europäischer Gerichtshof . . Klageverfahren Feststellungsklage Kichterablehnung Sprungklage Teilurteil Mahnung Pfändung Steuererklärung — Anforderung Stundung Schenkungssteuer

Rz. 129 130 131 132 133 134 135 136 137 138 139 140 141 142

Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) Untätigkeitsklage Vermögensteuer Vermögensabgabe Vollstreckung, Vollziehung, Vorauszahlungen X. Die Streitwertfestsetzung . . . XI. Kostenpflicht, Kostenentscheidung, Kostenerstattung und Kostenfestsetzung 1. Grundsätze der Kostenpflicht 2. Entscheidung über die Kosten — Anfechtung der Kostenentscheidung 3. Die Kostenerstattung. . . . 4. Die Kostenfestsetzung . . . — gegen den Auftraggeber . X I I . Armenrecht

143 144 145

Rz. 146 147 148 149 150 161 152 152 153 154 155 158 159

I. Bedeutung der Vorschrift 1

2

D e r Vorschrift des e r w ä h n t , eine G r u p p e in A. V e r f a h r e n vor d e n B . Verfahren vor d e n

§ 114 k o m m t erhebliche B e d e u t u n g zu, da diese wie schon oben von Verfahren gebührenrechtlich regelt, nämlich die Gebühren Verwaltungsgerichten (Abs. 1—5) Finanzgerichten (Abs. 1—3)

E s h a n d e l t sich hier lediglich u m die Gebühren in den streitigen Verfahren vor diesen Gerichten. Die Gebühren f ü r d a s nichtstreitige Vorverfahren richten sich nicht n a c h der Vorschrift des § 114, sondern n a c h § 118. F ü r die Verfahren vor den Finanzgerichten ist noch die Vorschrift des § 117 zu beachten. A. Die Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten

I. Vorbemerkungen 3

I n jedem S t a a t spielt die Verwaltung eine große Rolle, da diese einen wesentlichen Teil der Tätigkeit des Staates u n d seiner Organe u m f a ß t . Zu der Frage, was u n t e r „ V e r w a l t u n g " zu verstehen ist, sagt Forsthoff 1 ): „ U n t e r Verwaltung v e r s t e h t m a n eine b e s t i m m t geartete Tätigkeit des Staates oder eines sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt ohne Rücksicht d a r a u f , ob diese Tätigkeit den Regeln des öffentlichen oder p r i v a t e n R e c h t s folgt. Auch das fiskalische Vermögen des Staates wird „verwalt e t " in den F o r m e n des bürgerlichen Rechts. Gleichwohl h a n d e l t es sich a u c h hier u m eine öffentliche Verwaltung. I m Unterschied z u m bürgerlichen R e c h t u n d zu den v o n ihm e r f a ß t e n p r i v a t e n F o r m e n der Verwaltung ist also die öffentliche Verwaltung Tätigkeit in Ansehung eigener O b j e k t e " . Die Verwaltung ist die Tätigkeit des S t a a t e s oder eines sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt a u ß e r h a l b v o n R e c h t s e t z u n g u n d R e c h t s p r e c h u n g . R e c h t s e t z u n g dabei in B e d e u t u n g des Erlasses von A n o r d n u n g e n a n eine a b s t r a k t bezeichnete Vielheit von Personen, R e c h t s p r e c h u n g in der B e d e u t u n g der endgültigen E n t s c h e i d u n g eines zwischen mehreren Personen a u s z u t r a g e n d e n Rechtsstreits. Der Begriff der Verwaltung ist ein organisatorischer, der b e s t i m m t Lehrbuch des Verwaltungsrechts Bd. I S 2. 220

I. Vorbemerkungen

§ 114

werden k a n n als die Tätigkeit des Staates oder eines sonstigen Trägers öffentlicher Gewalt außerhalb von Gesetzgebung (im staatsrechtlichen Sinn) und Justiz (im Sinn der Organisation der staatlichen Gerichtsbarkeit) oder positiv als die Tätigkeit der Verwaltungsbehörde 2 ). Zu einem Rechtsstaat gehört es nun, daß Verwaltungsakte der Nachprüfung u n d Kontrolle durch unabhängige Organe unterliegen. Deshalb erklärt auch Art. 19 Abs. 4 GG den Rechtsweg für zulässig, wenn „jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt wird" u n d erklärt ferner den ordentlichen Rechtsweg für gegeben, soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist. Die Verwaltungsrechtspflege gelangte immer mehr und mehr zu einer erheblichen Bedeutung im Rechtsleben. Die Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgericht, Oberverwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtshof, Bundesverwaltungsgericht) 3 ) haben bedeutungsvolle Aufgaben zu erfüllen, sie können von jedem Staatsbürger, dessen Recht durch die öffentliche Gewalt verletzt worden ist, angerufen werden. Die Verwaltungsgerichte werden n u n aber nicht nur auf dem Gebiete der Rechtsprechung tätig, vielmehr sind ihnen auch verschiedene andere Aufgaben zugewiesen, z.B. das Beschließen der Geschäftsordnung für den Verwaltungsgerichtshof (§§ 7, 8 VwGO), Abgabe der Stellungnahme vor Ernennung von Richtern (§ 175 Nr. 2, 3 VwGO) der Verwaltungsgerichte usw., was als Verwaltungsrechtspflege bezeichnet wird 4 ). Außerdem sind (z. B. in Bayern) die Verwaltungsgerichte auch im Disziplinarverfahren gegen nichtrichterliche Beamte u n d Ruhestandsbeamte zuständig. F ü r die Vertretung im Disziplinarverfahren richten sich die Gebühren aber nicht nach der Vorschrift des § 114, sondern nach § 109 (vgl. die Erläuterungen dort). Der § 114 regelt lediglich die Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten, in Verwaltungsrechtsstreiten. Nicht unter § 114, sondern unter § 118 fallen die Verfahren vor den Verwaltungsbehörden, die einem Verwaltungsrechtsstreit vorausgehen (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Besch werde verfahren, Abhilfeverfahren). Sie sind besondere Instanzen und lassen die Gebühren neben den später anfallenden Gebühren vor den Verwaltungsgerichten nach § 114 entstehen (vgl. Erläuterungen zu §118 Rz. 192 ff; 237). Dazu bestimmt die Vorschrift des § 119 ergänzend, daß das Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsstreit vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dient, zusammen mit dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren eine Angelegenheit bildet (vgl. die Erläuterungen zu § 119). Die Gebühren im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten berechnen sich allgemein nach einem Gegenstandswert. Maßgebend hierfür ist der durch das KostÄndG v. 20. 8. 755) als Spezialvorschrift für die Wertberechnung in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit u n d Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit neu geschaffene § 10a (nach der Neubekanntmachung des GKG vom 15. 12. 75 (BGBl. I, 3047) jetzt § 13 GKG). Wegen Einzelheiten dazu vgl. unten Rz. 44ff). 2 ) Vgl. dazu auch Mang, Staats- u n d Verwaltungsrecht in B a y e r n 4. Aufl. S 135ff. m i t Jellinek (Verwaltungsrecht) 48 S 6). 3 ) Kein Anwaltszwang f ü r E r i n n e r u n g gegen K o s t e n r e c h n u n g e n n a c h § 5 G K G BVerwG JVB1. 63, 8. 4 ) Vgl. a u c h E y e r m a n n - F r ö h l e r A n m . l a zu § 1 VwGO. 6 ) BGBl. I , 2189. Die Vorschriften der §§ 13 ff G K G n F sind nicht anzuwenden in den verwaltungsgerichtlichen Personalvertretungssachen, weil die VwGO in diesen V e r f a h r e n n i c h t m a ß g e b e n d ist (vgl. § 83 PersVertrG des B u n d e s sowie die landesrechtlichen Vorschriften, z.B. § 79 P e r s V e r t r G N R W . D a s G K G gilt d a h e r n i c h t (vgl. § 13 G K G ) . G e b ü h r e n u n d Auslagen des Gerichts werden in diesen V e r f a h r e n nicht erhoben (§ 83 Abs. 2 PersVG 1974 i.Verb. m i t § 2 Abs. 1 N r . 4, § 80 Abs. 1, § 12 Abs. 5 ArbGG). Wegen Gegenstandswert in Personalvertretungssachen s. u n t e n R z . 79a.

221

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

II. Allgemeines (zu Abs. 1) 4

Die Vorschrift des § 114 findet lediglich A n w e n d u n g auf alle Fälle der Verwaltungsgerichtsbarkeit (Verwaltungsgericht, Verwaltungsgerichtshof, Oberverwaltungsgericht, Bundesverwaltungsgericht). E s m u ß sich u m die V e r t r e t u n g in einem förmlichen Verwaltungsgerichtsverfahren handeln.

III. Die Regelgebühren (zu Abs. 1 und 2) 5

Der Abs. 1 schreibt vor, d a ß im Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Vorschriften des 3. Abschnitts sinngemäß anzuwenden sind. Dies b e d e u t e t , d a ß die Vorschriften der §§ 31 ff sinngemäß A n w e n d u n g finden. Die Gebühren sind also die gleichen, wie in einem sonstigen Prozeßverfahren. Es e n t s t e h e n somit die Regelgebühren, wie Prozeß-, Verhandlungs- u n d Beweisgebühr. Auch die Erörterungsgebühr des § 31 Abs. 1 Ziff. 4 k a n n selbstverständlich in den Verwaltungsrecht Streitigkeiten anfallen. Erörterungsgebühren u n d Verhandlungsgebühren werden jedoch, wenn sie denselben Gegenstand betreffen u n d in demselben R e c h t s z u g entstehen, aufeinander angerechnet (§ 31 Abs. 2). Wegen Einzelheiten dazu k a n n auf die Erläuterungen zu den §§ 31 ff sowie u n t e n R z . 7 verwiesen werden.

6

Besonderheiten f ü r das verwaltungsgerichtliche Verfahren sind nicht gegeben. E s ist klar, d a ß a u c h in solchen Verfahren die volle Prozeßgebühr e n t s t e h t mit der Einreichung der Klage, d e m ein Verfahren einleitenden A n t r a g oder eines Schriftsatzes, der Sachanträge e n t h ä l t . D e m R A steht in einem Verwaltungsrechtstreit, der durch eine ohne mündliche Verhandlung ergehende E n t s c h e i d u n g f ü r die betreffende Instanz beendigt wird, die volle Prozeßgebühr auch d a n n zu, w e n n sein Sachanträge enth a l t e n d e r Schriftsatz erst eingeht, n a c h d e m das VerwG seine E n t s c h e i d u n g gefällt h a t (aber bevor sie zugestellt ist) 6 ). E b e n s o erhält der R A die volle Prozeßgebühr, wenn er schriftsätzlich die Zurückn a h m e der Klage oder die Z u r ü c k n a h m e des A n t r a g s erklärt oder f ü r seine P a r t e i einen Termin w a h r n i m m t . E s genügt die W a h r n e h m u n g eines von d e m Verwaltungsgericht b e s t i m m t e n Termins, gleich welcher Art. E s gilt auch hier uneingeschränkt die Vorschrift des § 32 7 ).

7

F ü r die E n t s t e h u n g der vollen Verhandlungsgebühr genügte bereits n a c h f r ü h e r e m Recht 8 ) das Erörtern des Streitstoffes, ohne d a ß förmliche Antragstellung notwendig war. D e n n die E n t s t e h u n g der Verhandlungsgebühr ist in der Verwaltungsgerichtsbarkeit nicht a n so strenge Voraussetzungen g e k n ü p f t wie im Zivilprozeß 9 ). Die Verhandlungsgebühr steht d e m R A im Verwaltungsstreitverfahren bereits d a n n zu, wenn m i t d e m Sachvortrag des Berichterstatters die mündliche Verhandlung begonnen h a t u n d der R A d u r c h E r ö r t e r u n g der Sach- u n d Rechtslage m i t d e m Gericht verh a n d e l n d t ä t i g geworden ist. Die Stellung eines förmlichen Antrages ist nicht ent6

) OVG Münster N J W 61, 477. ) Das nach der früheren Fassung des § 32 Abs. 1 gegebene Erfordernis der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung ist dch. das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) in Fortfall gekommen. Jetzt wird schlechthin auf die Wahrnehmung eines Termins abgestellt. Zur Entstehung der vollen Prozeßgebühr in Flurbereinigungsverfahren s. OVG Münster N J W 64, 833. 8 ) OVG Münster N J W 61, 477 = Büro 61, 244. ») Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 10. 7

222

III. Die Regelgebühren (zu Abs. 1 und 2)

§ 114

10

scheidend ). J e t z t k a n n a u f g r u n d der neuen Vorschrift des § 31 Abs. 1 Ziff. 4, w e n n zwar nicht streitig verhandelt, aber der Streitstoff im Termin erörtert wird, anstelle der Verhandlungsgebühr die 10/10 (im Berufungs- u n d Revisionsverfahren 13/10) Erörterungsgebühr entstehen. Die Verhandlungs- u n d E r ö r t e r u n g s g e b ü h r sind, w e n n sie in demselben R e c h t s z u g entstehen, gegeneinander anzurechnen (§ 31 Abs. 2). Die volle Verhandlungs- oder E r ö r t e r u n g s g e b ü h r e n t s t e h t in solchen Verfahren auch d a n n , wenn die Gegenpartei nicht erschienen w a r u n d keine A n t r ä g e gestellt h a t . D a s gilt n i c h t n u r f ü r den R A des Klägers, sondern ebenso auch f ü r den R A des Beklagten oder eines Beigeladenen, a u c h wenn dieser nicht verhandelt h a t oder n i c h t erschienen ist oder lediglich d e m Vorbringen des Klägers zugestimmt worden ist 11 ). D a s BVerwG 1 2 ) h a t ebenfalls zutreffend entschieden, d a ß die P a r t e i e n (Beteiligten) in d e m Termin zur mündlichen V e r h a n d l u n g das W o r t erhalten, u m ihre A n t r ä g e stellen u n d begründen zu können. F ü r die mündliche Verhandlung ist dies aber nicht Voraussetzung, vielmehr findet diese auch d a n n s t a t t , wenn von der Möglichkeit zur Antragstellung oder mündlichen A u s f ü h r u n g e n seitens der Beteiligten kein Geb r a u c h g e m a c h t wird. Das Gericht k a n n u n a b h ä n g i g von dem Verhalten der P a r t e i e n in der Sache entscheiden. Der R A m u ß aber jedenfalls zu d e m Verhandlungstermin erschienen sein, sonst k a n n er keine Verhandlungsgebühr beanspruchen 1 3 ). Auch § 35 gilt sinngemäß. Vgl. wegen Einzelheiten R z . 17. D u r c h die Teilnahme des R A a n einem v o m Berichterstatter a n b e r a u m t e n Beweistermin e n t s t e h t zwar die Beweisgebühr, aber keine Verhandlungs- oder Erörterungsgebühr, wenn in d e m Termin keine Sacherörterungen stattfinden 1 4 ). W e n n aber der R A a n einem Erörterungstermin (§ 87 Satz 2 VwGO, § 79 Satz 2 FGO) 8 teilnimmt, so e n t s t e h t ihm d a f ü r die E r ö r t e r u n g s g e b ü h r des § 31 Abs. 1 Ziff. 4 15 ). Wegen Verhandlungsgebühr bei E n t s c h e i d u n g ohne mündliche Verhandlung s. u n t e n R z . 17. Bei V e r h a n d l u n g n u r zur Prozeß- oder Sachleitung erhält der R A gemäß § 33 Abs. 2 9 die Verhandlungsgebühr in H ö h e von 5/io (im Berufungs- oder Revisionsverfahren 13

/ 2 o) 16 )-

Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren e n t s t e h t die Beweisgebühr bei der 10 E n t g e g e n n a h m e des Beweisbeschlusses 17 ), wenn der R A d a r a u f h i n irgendeine Tätigkeit entwickelt hat 1 8 ). I m Verwaltungsrechtstreit e n t s t e h t die Beweisgebühr auch, wenn 10 ) OVG Lüneburg N J W 61, 477 = Büro 61, 244; BayVGH N J W 68, 71. Vgl. auch OVG Münster N J W 65, 2125. ") Vgl. OVG Münster N J W 65, 2125; BayVGH N J W 68, 71: OVG Hamburg N J W 70, 1094; VG Köln mit zust. Anm. von Luetgebrune KostRsp. Nr. 13; VG Berlin KostRsp. § 31 Ziff. 2 Nr. 18, Gerold-Schmidt Rz. 10; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 A ; RS Rz. 8 (unter Aufgabe der früheren gegenteiligen Ansicht). 12 ) BVerwG BayVBl. 73, 24. 13 ) BVerwG N J W 57, 315; OVG Lüneburg N J W 57, 475; OVG Münster N J W 64, 2369; Gerold-Schmidt Rz. 10; RS Rz. 9; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 A. M ) OVG Lüneburg AnwBl. 62, 262 mit abl. Anm. von Chemnitz; RS Rz. 9; GeroldSchmidt Rz. 10. 15 ) OVG Lüneburg N J W 67, 2175; VG Düsseldorf Büro 68, 612; RS Rz. 9; Gerold-Schmidt Rz. 10; Lauterbach/Hartmann Anm. 2 A ; H. Schmidt Büro 65, 443. le ) Der Gebührensatz wurde dch. das KostÄndG v. 20. 8. 75 BGBl. 1,2189 von 3 / 1 0 auf 5 / 1 0 der vollen Gebühr erhöht. 17 ) OVG Münster ZMR 54, 90. Wegen Voraussetzung für die Entstehung der Beweisgebühr s. auch OVG Hamburg N J W 54, 1383; VGH Kassel N J W 66, 1140; RS Rz. 11. 19 ) Vgl. auch Rz. 157 zu § 31 und dort Fn. 282.

223

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

der Kläger nur formlos zum Zwecke der Aufklärung vernommen wird1®), ebenso wenn d a s Gericht nach der Anhörung der Parteien deren Vorbringen für wahr hält 2 0 ). Wegen des dort herrschenden Amtsermittlungsgrundsatzes spricht die Vermutung dafür, daß die Anhörung eines Beteiligten zur Beweisaufnahme erfolgt 2 1 ). An die Mitwirkung des R A bei der Beweisaufnahme dürfen keine hohen Anforderungen gestellt werden 22 ). Wegen des Begriffs der Beweisaufnahme s. die Erläuterungen bei § 31 R z . 8öff, wegen Einzelheiten zur anwaltlichen Tätigkeit in dem Beweisaufnahmeverfahren s. R z . 157ff zu § 31. 11

Wegen der Entstehung der Beweisgebühr bei Vorlegung von Urkunden, Beiziehung von Akten oder Urkunden ist auch noch die Vorschrift des § 34 zu beachten. Diese bestimmt, daß der R A die Beweisgebühr nicht erhält, wenn die Beweisaufnahme lediglich in der Vorlegung der in den Händen des Beweisführers oder des Gegners befindlichen Urkunden besteht. Werden Akten oder Urkunden beigezogen, so erhält der R A die Beweisgebühr nur, wenn die Akten oder Urkunden durch Beweisbeschluß oder sonst erkennbar zum Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet werden. Bei der Vorlage von Behördenakten spielt diese F r a g e in der Verwaltungsgerichtsbarkeit eine erhebliche Rolle (vgl. die Erläuterungen zu § 34 R z . 40ff). Hier muß der Grundsatz gelten, daß, wenn Akten unbeteiligter Behörden oder Personen zwecks Beweises beigezogen werden, die Beweisgebühr entsteht, wenn diese Akten zwecks Beweises verwertet werden 23 ). D a s OVG Lüneburg 2 4 ) sagt dazu, daß, wenn Akten der Straßenverkehrsdirektion zwecks Einsichtnahme beigezogen werden, keine gerichtliche Beweisgebühr entsteht. Daraus wird gefolgert, daß dann auch keine anwaltliche Beweisgebühr anfällt, was in dieser allgemeinen F o r m nicht zutreffen kann. Maßgebend ist, ob diese Akten zwecks Beweises oder nur zur Information beigezogen wurden. Vgl. dazu auch R z . 11 ff zu § 34. Nicht ausreichend für den Anfall der Beweisgebühr ist in der Regel die bloße Besprechung der örtlichen Verhältnisse in Baurechtstreitigkeiten in der mündlichen Verhandlung anhand des zur Verfügung gestellten Anschauungsmaterials (Pläne, Lichtbilder, Modelle), sofern sie allein der Erforschung des Sachverhalts und nicht einer Beweiserhebung dienen 25 ). Die Beweisgebühr entsteht aber dann, wenn d a s Gericht Akten eines anderen Rechtstreits beizieht und diese Akten im Urteil als Beweis verwertet, indem es deren Inhalt wenigstens teilweise zu seiner Meinungsbildung über die behauptete Tatsache einer bereits vorliegenden rechtskräftigen Entscheidung über die streitige Rechtsfrage heranzieht. E s kommt in diesem Falle nicht darauf an, daß der R A oder die Staatsanwaltschaft oder beide zum Beweis ihrer Behauptungen die Aktenstücke hätten vorlegen können, da diese sich in ihrem Besitz befanden. F ü r den Tatbestand des § 34 " ) Rz. 155 zu § 31 und dort Fn. 280; VGH Stuttgart AnwBl. 59, 107; a.M. OVG Münster N J W 68, 2160; Schatte Büro 58, 139. >°) Rz. 155 zu § 31 und dort Fn. 280a. 21 ) So für den Steuerprozeß HessFG E F G 63, 86; Speich, Kosten und Gebühren im Steuerprozeß S 76. 22 ) Berger, Der Steuerprozeß 1954 S 572; Speich, Kosten und Gebühren im Steuerprozeß S. 75; vgl. auch Rz. 157ff zu § 31; R S Rz. 11 zu § 114. 23 ) OVG Braunschweig NJW 53, 1039. Vgl. auch Rz. 11 ff, 33ff zu § 34; Rz. 138 zu § 31; Stich NJW 59, 1163. Ebenso bejaht das OVG Lüneburg Büro 57, 353 die Entstehung der Beweisgebühr für die Beiziehung von Strafakten; s. ferner Schatte Büro 58, 139. 24 ) OVG Bd. 3, 171. S. dazu auch OVG Hamburg NJW 69, 445. 25 ) BayVGH NJW 73, 387. Vgl. auch dazu noch die Ausführungen von H. Schmidt zu K G in N J W 70, 59 und OLG München NJW 69, 702; ferner VG Ansbach AnwBl. 68, 551. 224

I I I . Die Regelgebühren (zu Abs. 1 u n d 2)

§ 114

Abs. 2 ist nicht wesentlich, was die Parteien h ä t t e n t u n können, auch nicht was sie vielleicht hätten, t u n müssen. Ebenso kommt es nicht darauf an, was das Gericht h ä t t e t u n können. Entscheidend ist allein, wie das Gericht tatsächlich verfahren ist 26 ). Zur E n t s t e h u n g einer Vergleichsgebühr ist folgendes zu sagen: 12 Zwar sind die Vorschriften des 2. Abschnittes (Gemeinsame Vorschriften) u n d damit auch der § 23 für dieses Verfahren für anwendbar erklärt worden. Es kann daher durchaus eine Vergleichsgebühr in Anwendung des § 23 entstehen, da auch Vergleiche im verwaltungsgerichtlichen Verfahren möglich sind 2 '). Es wird aber in der Regel nicht die Vorschrift des § 23, sondern des § 24 anzuwenden sein. Diese sieht vor, daß der R A eine volle Gebühr erhält, wenn der Rechtsstreit oder die Rechtsache 2 8 ) sich ganz oder teilweise durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt u n d der R A bei der Erledigung mitgewirkt h a t . Diese Vorschrift ist vom Rechtsausschuß des BT aus der ursprünglich im § 115 als Abs. 2 vorgesehenen Bestimmung herausgenommen und in die allgemeinen Vorschriften eingestellt worden, weil der Gedanke, der dieser Vorschrift zugrundeliegt, es rechtfertigt, ihn auch im Verfahren vor anderen Gerichten anzuwenden. Diese Gebühr, die mit „Erledigungsgebühr" bezeichnet wird und die m a n auch mit „Einigungsgebühr" benennen kann, findet somit auch im Verfahren vor den Verwaltungsgerichten Anwendung. Dies hat den Vorteil, daß bei einer solchen Einigung es sich nicht um einen echten Vergleich im Sinne des § 779 BGB handeln b r a u c h t ; denn nur für diesen Fall gilt § 23. Die Gebühr entsteht auch schon dann, wenn der R A dabei mitwirkt, daß die Rechtsache ganz oder teilweise durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes sich erledigt (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 24 Rz. l f f ) . Die volle Gebühr beträgt in erster Instanz 10 / 10 , wenn jedoch das erstinstanzliche Verfahren vor dem BVerwG oder vor einem OVG (VerwGH) stattfindet, berechnen sich die Gebühren gemäß Abs. 2 nach § 11 Abs. 1 Satz 2. Die Gebühr beträgt in diesem Falle 13 / 10 (vgl. dazu unten Rz. 13). I m Berufungs- und Revisionsverfahren beträgt die Gebühr 13 / 10 (§11 Abs. 1 Satz 2). Die Verwaltungsgerichtsbarkeit kennt n u n die sofortige Anrufung des BVerwG, 13 OVG oder VGH, die dann in erster u n d letzter Instanz zu entscheiden haben. F ü r diese Verfahren bestimmt Abs. 2 eine Erhöhung der Gebühren um 3 / 10 . Dies ist auch durchaus richtig im Hinblick auf die erhöhte Bedeutung dieser Verfahren 2 9 ). 26 ) B a y V G H AnwBl. 62, 311; vgl. ferner V G H Kassel DVB1. 62, 143; Gerold-Schmidt Rz. 10 zu § 34; s. auch R z . 40ff zu § 34. 27 ) Auch die f r ü h . BayerVerwGebO sah im A r t . 6 f ü r die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleichs eine besondere G e b ü h r vor. Vgl. d a z u S c h u m a n n B a y L G e b O S 317. 28 ) Der § 24 sieht die Erledigungsgebühr n a c h der dch. das K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 BGBl. I , 2189 geänderten F a s s u n g ausdrücklich bei Erledigung einer Rechtssache vor. D a m i t ist der Streit d a r ü b e r , ob diese G e b ü h r auch bereits anfallen k a n n , wenn ein gerichtliches Verfahren vor den Verwaltungsgerichten noch nicht anhängig ist, gegenstandslos geworden (vgl. wegen Einzelheiten die E r l ä u t e r u n g e n zu § 24). 28 ) Der R e g E n t w . zum Abs. 2 sah vor, d a ß bei der A n r u f u n g des BVerwG in erster I n s t a n z die Gebühren sich nach § 11 Abs. 1 Satz 2 richten sollten, d. h. u m je 3 / 1 0 zu erhöhen sind. W e n n aber im erstinstanzlichen V e r f a h r e n ein OVG oder V G H zu entscheiden h a t t e , so sollte diese E r h ö h u n g nicht eintreten, vielmehr sollten d a n n n u r die normalen Gebühren des § 11 Abs. 1 Satz 1 entstehen. Diese im R e g E n t w . vorgesehene Regelung w a r unverständlich und w a r auch u n t r a g b a r . D a s erstinstanzliche Verfahren vor einem OVG oder V G H h a t nicht m i n d e r erhöhte B e d e u t u n g als die erstinstanzlichen V e r f a h r e n vor dem BVerwG. Der R e c h t s a u s s c h u ß des B T h a t die Unlogik sofort e r k a n n t u n d dies a b g e ä n d e r t u n d die A n w e n d u n g des Abs. 1 Satz 2, also die E r h ö h u n g der Gebühren u m je 3 / 1 0 auch f ü r die erstinstanzlichen Verfahren vor einem OVG oder V G H b e s t i m m t m i t der B e g r ü n d u n g , d a ß im Hinblick auf die B e d e u t u n g der erstinstanzlichen V e r f a h r e n vor dem OVG (VGH) hier die Gebühren nach § 11 Abs. 1 Satz 2 als maßgeblich zu b e s t i m m e n sind.

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§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

Wie die a m t l . Begr. (1. Aufl. S 1096 zu Ziff. 2) sagt, h a t m a n d a v o n abgesehen, die einzelnen zur A n w e n d u n g k o m m e n d e n Vorschriften des D r i t t e n Abschnitts (§§ 31 ff) aufzuzählen, vielmehr soll es der R e c h t s p r e c h u n g überlassen bleiben, die d e m Verwaltungsgerichtsverfahren sinngemäß entsprechenden Vorschriften a n H a n d der Einzelfälle zu ermitteln. 14

E s soll jedoch noch d a r a u f h i n g e w i e s e n werden, daß u n a b h ä n g i g von der A n w e n d u n g der Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 31ff) auch die Vorschriften des 1. Abschnitts (Allgemeine Vorschriften §§ 1—19) sowie die Vorschriften des 2. Abschnitts (Gemeinsame Vorschriften §§ 20—30) gleichfalls auf diese Verfahren A n w e n d u n g finden.

15

Besonders wird hingewiesen auf die Vorschrift des § 3 über die Zulässigkeit von Honorarvereinbarungen (die m a n in diesen Sachen u n t e r keinen U m s t ä n d e n außer Acht lassen sollte!), ferner auf die Vorschrift des § 6 bei Vertretung mehrerer Auftraggeber, u n d schließlich auf § 20 f ü r R a t - u n d Auskunftserteilung sowie auf §§ 25ff f ü r den Ersatz von Auslagen und Reisekosten 30 ).

16

Die Reisekosten eines auswärtigen R A sind im Verwaltungsstreitverfahren stets e r s t a t t b a r (§ 162 Abs. 2 VwGO). N a c h d e m unzweideutigen W o r t l a u t dieser Vorschrift sind solche Reisekosten zu e r s t a t t e n ohne Rücksicht d a r a u f , ob die Zuziehung gerade eines auswärtigen R A zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig war 3 1 ). Auf die E r s t a t t u n g von Auslagen des R A k a n n dagegen nicht die Vorschrift des § 162 Abs. 1 VwGO A n w e n d u n g finden, nach welcher als K o s t e n die Gerichtskosten u n d die zur zweckentsprechenden Rechts^erfolgung notwendigen A u f w e n d u n g e n der Beteiligten gelten. I m übrigen würde eine entsprechende A n w e n d u n g des § 162 Abs. 1 VwGO auf die E r s t a t t u n g von Auslagen des R A auch nicht d e m Sinn u n d Zweck entsprechen, den der Gesetzgeber d e m Abs. 2 des § 162 VwGO beigemessen h a t . Der Gesetzgeber hat sich nämlich bei der Abfassung des § 162 Abs. 2 VwGO b e w u ß t von d e m Gedanken leiten lassen, d u r c h diese Regelung den Beteiligten die Zuziehung eines qualifizierten R A zu erleichtern 3 2 ). Vgl. auch die E r l ä u t e r u n g e n zu § 28 Rz. 12ff, 16f.

IV. Verfahren ohne mündliche Verhandlung 17

§ 35 gilt sinngemäß. N a c h dieser Vorschrift erhält der R A die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren m i t mündlicher Verhandlung, w e n n im E i n v e r s t ä n d n i s mit den Parteien oder gemäß § 510c Z P O ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Diese Möglichkeit ist auch im Verwaltungsgerichtsprozeß gegeben (vgl. § 101 Abs. 2 VwGO). Diese Regelung ist auch d u r c h a u s billig; denn wenn das Gericht d u r c h Urteil entscheidet, ohne d a ß eine mündliche Verhandlung s t a t t g e f u n d e n h a t , so m u ß die Sache so gut schriftlich vorbereitet sein, d a ß das Gericht zu einer solchen Entscheid u n g in der Lage ist. E s rechtfertigt sich durchaus, auch in einem solchen Falle d e m R A die gleichen Gebühren zuzubilligen, als ob er mündlich verhandelt h ä t t e . Notwendig f ü r die E n t s t e h u n g der Verhandlungsgebühr des § 35 ist jedoch, d a ß das Gericht ohne 30 ) Wegen Entschädigung bei Geschäftsreisen des RA vgl. Schatte Büro 58, 227; OVG Rheinland-Pfalz MDR 63, 872 und 873; OVG Münster AnwBl. 63, 380; N J W 65, 2125; VG Bremen NJW 69, 948. Vgl. auch AnwBl. 63, 178. Wegen Erstattung der Kosten auswärtiger RAe s. BayVGH N J W 63, 2289. Vgl. auch die Erläuterungen zu § 28. 31 ) Vgl. Schunck-De Clerck VwGO (1961) Anm. 3c, aa und bb zu § 162; Redeker-von Oertzen VwGO (1960) Anm. 10 zu § 162; Klinger VwGO Anm. A zu § 162; Knobeisdorff N J W 60, 423; Henrichs N J W 60, 517; s. ferner AnwBl. 63, 178. 32 ) BT-Drucks. 3. Wahlperiode Nr. 55 v. 5. 12. 57 S 48; AnwBl. 63, 178.

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VI. Einstweilige Anordnungsverfahren (zu Abs. 4)

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mündliche Verhandlung entschieden hat. Verzichten die Beteiligten auf eine mündliche Verhandlung u n d erledigt sich sodann der Rechtstreit vor dem Erlaß einer E n t scheidung, z.B. durch Klagerücknahme, kann die Gebühr des § 35 nicht entstehen. Erforderlich ist ferner, daß die Entscheidung nicht auch ohne den Verzicht der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung h ä t t e ergehen können. Daher entsteht keine Verhandlungsgebühr, wenn das Verfahren nach Verzicht der Beteiligten auf mündliche Verhandlung auch ohne solche, z.B. wegen Rücknahme der Berufung, durch Einstellungsbeschluß beendigt worden wäre 33 ). Eine Entscheidung i.S. des § 35 ist auch eine Beweisanordnung, selbst wenn kein formeller Beweisbeschluß ergeht, oder ein Aufklärungsbeschluß oder eine Aufklärungsanordnung, gleichgültig, ob sie an eine Behörde oder an einen privaten Beteiligten ergeht 34 ).

V. Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung oder Revision (zu Abs 3) Abs. 3 bestimmt n u n für die Gebühren im Verfahren über die Beschwerde gegen 18 die Nichtzulassung der Berufung (§ 131 Abs. 3 VwGO) oder der Revision (§ 132 Abs. 3 VwGO) eine zusätzliche Gebühr in Höhe von 13/20 der vollen Gebühr (§ 11 Abs. 1 Satz 2), die nicht auf die spätere Prozeßgebühr bei Zulassung der Berufung oder Revision anzurechnen ist. Das gleiche gilt, wenn in dem Beschwerdeverfahren ausnahmsweise auch mündliche Verhandlung angeordnet oder eine Beweisaufnahme durchgeführt werden sollte, auch für die Verhandlungs- (oder Erörterungsgebühr) und die Beweisgebühr, was jedoch k a u m praktische Bedeutung erlangen wird. Da die Begründung einer Nichtzulassungsbeschwerde besondere Sorgfalt erfordert, wurde der Gebührensatz von 3 / 10 als zu gering empfunden u n d durch das KostAndG v. 30. 6. 65 (BGBl. I, 577) auf die H ä l f t e der in § 31 bestimmten Gebühren angehoben. Diese Gebühren werden jedoch nach den u m 3 / 10 erhöhten Beträgen der Gebührentabelle berechnet, wie sie nach § 11 Abs. 1 Satz 2 für die Berufungs- u n d die Revisionsinstanz vorgeschrieben sind. Es entsteht daher für die Einlegung u n d Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde eine Gebühr in Höhe der H ä l f t e der Prozeßgebühr, die für die ganze Berufungs- oder Revisionsinstanz erwachsen würde. H a t die Beschwerde Erfolg u n d wird infolgedessen das Berufungs- oder das Revisionsverfahren durchgef ü h r t , so werden auf die hierdurch entstehenden Gebühren die Gebühren, die in dem Beschwerdeverfahren entstanden sind, nicht angerechnet 35 ). Auch § 220 BEG sieht eine Nichtzulassungsbeschwerde in Entschädigungssachen 19 vor. F ü r dieses Verfahren erhält der R A nach der Vorschrift des § 227 Abs. 3 BEG v. 29. 6. 56 (BGBl. I, 559, 562) i.d.F. des Ges. v. 30. 6. 65 — (BGBl. I, 577) ebenfalls f ü r seine Tätigkeit 5 / 10 der Sätze des § 11 Abs. 1 Satz 2, also 13 / 20 zusätzlich 38 ).

VI. Einstweiliges Anordnungsverfahren (zu Abs. 4) I m Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung, das im Verwaltungsgerichts- 20 verfahren durchaus möglich ist, gilt nach Abs. 4 für die Gebühren die Vorschrift des § 40 besonders. Ebenso gilt § 59 besonders bei Vollziehung einer einstweiligen Anordnung. Beide Vorschriften behandeln zwar die Gebühren bei einstweiligen Verfügungen, 33

) OVG Münster AnwBl. 62, 227. ) Vgl. dazu auch Gerold-Schmidt Rz. 10; R S Rz. 10. Vgl. ferner Luetgebrune N J W 58, 858. ) Vgl. wegen Einzelheiten zu dem RegEntwurf 1. Aufl. Nachtr. 1965 S 48/49; GeroldSchmidt Rz. 13; RS Rz. 15; Lauterbach-Hartmann Anm. 4; Corves JVB1. 65, 172. 36 ) Wegen Einzelheiten vgl. 1. Aufl. Nachtr. 1965 S 48/49. 34 35

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§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

wobei die Vorschrift des § 59 die Gebühren f ü r die Vollziehung einer einstweiligen Verfügung bestimmt. Es k a n n wegen Einzelheiten auf die Erläuterungen zu § 40 und zu § 59 verwiesen werden. I m Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung entstehen somit, unabhängig von den im Hauptprozeß anfallenden Gebühren, besondere volle (10/io) Gebühren nach § 31 (§ 40), ohne Erhöhving, wenn das Verfahren vor den Rechtsmittelgerichten anhängig gemacht wird (§ 40 Abs. 3). F ü r die Tätigkeit wegen Vollziehung einer einstweiligen Anordnung erhält der R A in sinngemäßer Anwendung des § 59 die Gebühren in H ö h e von 3 / 10 ohne Anrechnung auf die im Hauptprozeß oder im Verfahren auf Erlaß der einstweiligen Anordnung entstehenden Gebühren.

VI. Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung des Verwaltungsaktes (zu Abs. 4) 21

Das Verfahren auf Aussetzung oder A u f h e b u n g der Vollziehung des Verwaltungsaktes oder auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung des Verwaltungsaktes entspricht der einstweiligen Einstellung, Beschränkung u n d Aufhebung der Zwangsvollstreckung. Wie die Begründung (1. Aufl. S 1097 zu Ziff. 6) betont, sind diese Maßnahmen in der Verwaltungsgerichtsbarkeit erfahrungsgemäß bedeutsamer als im Zivilprozeß. Sie erfordern häufig eine ausführliche mündliche Erörterung des Streitstoffes, die die Klärung der Hauptsache fördert. Es ist nicht erforderlich, daß über die Aussetzung der Vollziehung u n d dergleichen mündlich verhandelt wird. Das Aussetzungsverfahren ist ein selbständiges Verfahren, f ü r das eigene Kosten entstehen u n d für das ein eigener Streitwert festzusetzen ist 37 ). Das gilt auch für den Fall, daß das Gericht nach § 80 Abs. 5 Satz 2ff VwGO über die Aussetzung der Vollziehung entscheidet, bevor Klage erhoben worden ist, sog. isoliertes Aussetzungsverfahren. Die Vorschrift des § 119 Abs. 3, wonach das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkimg zusammen mit den in Abs. 1 u n d 2 genannten Verfahren eine Angelegenheit ist, findet auf gerichtliche Verfahren, insbesondere solche nach § 80 Abs. 5 VwGO keine Anwendung. Gebührenrechtlich ist das gerichtliche Verfahren auf Aussetzung oder Aufhebung der Vollziehung des Verwaltungsaktes oder auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung durch die jetzige Fassung des Abs. 4 dem Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung gleichgestellt 38 ), weil diese Verfahren in ihrer rechtlichen Bedeut u n g der einstw. Anordnung entsprechen. Abs. 4 sieht n u n auch f ü r diese Verfahren allgemein die sinngemäße Anwendung der Vorschriften des § 40 vor. Damit ist ebenfalls klargestellt, daß die Gebühren der §§ 31 ff anfallen. Der R A erhält f ü r die Tätigkeit in derartigen Verfahren somit die Gebühren in H ö h e von je 10 / 10 . Die Erhöhung der 10 / 10 Gebühren gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 37 ) VG Frankfurt N J W 61, 845 unter Berufung auf Eyermann-Fröhler § 80 Anm. 50 VwGO; Koehler Anm. E I V 4 d . Dies ergibt sich jetzt auch aus der sinngemäßen Anwendung des § 40 Abs. 1. 38 ) Änderung dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Damit ist der bisherige Streit über die Anwendbarkeit des § 11 Abs. 1 Satz 2 gegenstandslos geworden. Vgl. B a y V G H KostRsp. Nr. 12; VG Ansbach KostRsp. Nr. 19; mit abl. Anm. von H. Schmidt; Lauterbach/Hartmann Anm. B 6.

228

V I . Aussetzung oder A u f h e b u n g der Vollziehung des Verwaltungsaktes (zu Abs. 4)

§ 114

k o m m t h i e r a l l e r d i n g s w e g e n d e r a u s d r ü c k l i c h e n R e g e l u n g d e s § 40 A b s . 3 nicht in B e t r a c h t , w e n n der A n t r a g auf Aussetzung der Vollziehung usw. beim Berufungsgericht der H a u p t s a c h e erstmals gestellt wird, vielmehr erhält der R A n u r die Gebühr e n d e s § 11 A b s . 1 S a t z 1. A u c h d i e Verhandlungsgebühr k a n n in d e m V e r f a h r e n n a c h § 80 A b s . 5 V w G O e n t - 2 2 s t e h e n , w e n n eine m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g s t a t t f i n d e t . D i e s sollte j e d o c h n i c h t g e l t e n , w e n n d e r R A e i n e n E r ö r t e r u n g s t e r m i n v o r d e m B e r i c h t e r s t a t t e r in e i n e m d e r a r t i g e n V e r f a h r e n w a h r n i m m t . I m H i n b l i c k a u f d i e N e u f a s s u n g des § 31 A b s . 1 m i t d e s s e n n e u e n Ziff. 4 m u ß j e d o c h in e i n e m s o l c h e n F a l l die Erörterungsgebühr (§ 31 A b s . 1 Ziff. 4) e n t s t e h e n , die e b e n s o wie die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r 10 / 10 b e t r ä g t . D a m i t ist d i e f r ü h e r e gegenteilige R e c h t s a n s i c h t 3 9 ) g e g e n s t a n d s l o s . W e n n d a s V G D ü s s e l d o r f die d a s V e r f a h r e n n a c h § 80 A b s . 5 V w G O v o r b e r e i t e n d e T ä t i g k e i t d e s P r o z e ß b e v o l l m ä c h t i g t e n d u r c h die P r o z e ß g e b ü h r d e s H a u p t p r o z e s s e s a b g e g o l t e n a n s e h e n will, so k a n n d e m n i c h t gefolgt w e r d e n . E s h a n d e l t sich h i e r b e i u m d e n B e g i n n einer e i g e n e n g e b ü h r e n r e c h t l i c h e n A n g e l e g e n h e i t , so d a ß a u c h d i e V o r b e r e i t u n g s t ä t i g k e i t b e r e i t s gesonderte Gebühren auslöst. D a s Beschwerdeverfahren gegen die A b l e h n u n g d e r A u s s e t z u n g eines V e r w a l t u n g s - 2 3 a k t e s ist ein n e u e r R e c h t s z u g i.S. des § 13 A b s . 2 B R A G e b O , d e r d i e G e b ü h r e n in diesen V e r f a h r e n e r n e u t a n f a l l e n l ä ß t , a l l e r d i n g s o h n e die E r h ö h u n g a u s § 11 A b s . 1 S a t z 2. L e t z t e r e V o r s c h r i f t gilt n u r f ü r d a s B e r u f u n g s - u n d R e v i s i o n s v e r f a h r e n 4 0 ) . D i e A n w e n d u n g d e r V o r s c h r i f t des § 61 (3. A b s c h n i t t , 5 / 1 0 ) 4 1 ) m u ß ausscheiden, weil d i e S o n d e r r e g e l u n g d e s § 114 A b s . 4 im 10. A b s c h n i t t e n t h a l t e n ist. Z w a r b e s t i m m t § 1 1 4 A b s . 1, d a ß im V e r f a h r e n v o r d e n G e r i c h t e n d e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t d i e V o r s c h r i f t e n des 3. A b s c h n i t t s s i n n g e m ä ß g e l t e n sollen, j e d o c h k a n n hier keinesw e g s a u c h d i e V o r s c h r i f t d e s § 61 g e m e i n t sein, weil § 114 A b s . 4 f ü r dieses A u s s e t z u n g s v e r f a h r e n eine S o n d e r r e g e l u n g e n t h ä l t u n d a u s d r ü c k l i c h d i e s i n n g e m ä ß e A n w e n d u n g d e s § 40 v o r s c h r e i b t . A u c h i m B e s c h w e r d e v e r f a h r e n e n t s t e h e n s o m i t die 1 0 / 1 0 Gebühren. M a n k a n n a u c h n i c h t a n n e h m e n , d a ß d e r G e s e t z g e b e r d e m R A f ü r d a s Bes c h w e r d e v e r f a h r e n i n n e r h a l b d e s A u s s e t z u n g s v e r f a h r e n s g e r i n g e r e G e b ü h r e n zubilligen w o l l t e als i m Eintrags v e r f a h r e n . A u s d e n M a t e r i a l i e n ist e b e n f a l l s n i c h t s d e r a r t i g e s z u entnehmen. D i e R i c h t i g k e i t des hier v e r t r e t e n e n S t a n d p u n k t e s e r g i b t sich a u c h a u s d e r j e t z t in Rechtsprechung und Schrifttum vorherrschenden Ansicht, daß im Beschwerdeverf a h r e n g e g e n die A b l e h n u n g einer einstweiligen V e r f ü g u n g e b e n f a l l s n i c h t § 61, s o n d e r n §§ 31 ff a n z u w e n d e n sind 4 2 ).

39 ) VG Düsseldorf Büro 68, 612. Wenn aber kein Termin stattgefunden hat, dann entsteht auch keine Verhandlungsgebühr OVG Münster N J W 63, 2339. 40 ) Vgl. den gleichen Fall bei Gebühren aus § 118 OLG München NJW 63, 2330. Vgl. auch Rz. 15 zu § 11; Rz. 83 zu § 31. 41 ) Der frühere Gebührensatz wurde dch. das KostÄndG v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 von 3 / 10 auf 5 / 10 angehoben. Vgl. dagegen Gerold-Schmidt Rz. 14. 42 ) So auch OLG Celle N J W 70, 1692 = Rpfleger 70, 252 = Büro 70, 672; OLG Köln Beschl. v. 14. 6. 61 — 8 W 15/61 — ; KG MDR 72, 431 = Rpfleger 72, 110 = Büro 72, 226; MDR 75, 237; OLG Nürnberg AnwBl. 72, 188 = Büro 72, 694 mit zust. Anm. von H. Schmidt; OLG Stuttgart GRTJR 73, 433 = AnwBl. 73, 145 = N J W 73, 1137 = Justiz 73, 174; H. Schmidt N J W 70, 89. Die in unserem Kommentar (Rz. 83 zu § 31; Rz. 26 zu § 40) vertretene gegenteilige Ansicht, wonach im Beschwerdeverfahren gegen die Ablehnung der einstweiligen Verfügung § 61 mit den dort bestimmten mäßigen 3 / 10 (jetzt 5 / 10 ) Gebühren Anwendung findet, wird aufgegeben.

229

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

24

I m V e r f a h r e n a u f A u s s e t z u n g d e r V o l l z i e h u n g v o r d e r Widerspruchsbehörde (§ 80 A b s . 4 V w G O ) gilt n i c h t § 114 A b s . 4 ; die G e b ü h r e n in d i e s e m V e r f a h r e n b e r e c h n e n sich n a c h § 118 (§ 119 A b s . 3) 43 ).

25

D i e Erledigungsgebühr (§ 24) k a n n a u c h i m A u s s e t j u n g s v e r f a h r e n e n t s t e h e n . Vgl. d a z u die E r l ä u t e r u n g e n z u § 24. E b e n s o k a n n in diesen V e r f a h r e n eine Vergleichsgebühr (§ 23) e n t s t e h e n , w e n n die V o r a u s s e t z u n g e n d a f ü r vorliegen 4 4 ). Diese G e b ü h r e n b e t r a g e n in j e d e m F a l l e 10 / 10 .

26

D e r Streitwert des A u s s e t z u n g s v e r f a h r e n s b e m i ß t sich n a c h d e m W e r t d e r H a u p t sache 4 5 ).

27

I n sonstigen Beschwerdeverfahren e n t s t e h e n in V e r w a l t u n g s r e c h t s t r e i t i g k e i t e n die G e b ü h r e n in s i n n g e m ä ß e r A n w e n d u n g d e s § 61 (§ 114 A b s . 1) in H ö h e v o n j e 5 / 1 0 d e r vollen G e b ü h r . D a s t r i f f t j e d o c h n i c h t z u f ü r d i e N i c h t z u l a s s u n g s b e s c h w e r d e (vgl. d a z u o b e n R z . 18).

VIII. Gerichtliches Verfahren über einen Akt der Zwangsvollstreckung (des Verwaltungszwangs) (Abs. 5) 28

A b s . 5 r e g e l t die G e b ü h r e n des R A f ü r eine T ä t i g k e i t i m g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n ü b e r e i n e n A k t d e r Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g (des V e r w a l t u n g s z w a n g s ) , w e n n dieses Verf a h r e n vor den Gerichten der Verwaltungs- oder Finanzgerichtsbarkeit eingeleitet u n d d u r c h g e f ü h r t w i r d . D i e V o r s c h r i f t gilt also n u r d a n n , w e n n sich d e r R A i m R a h m e n d e r V e r w a l t u n g s v o l l s t r e c k u n g m i t e i n e r Klage g e g e n e i n e n V e r w a l t u n g s a k t w e n d e t . N a c h A b s . 5 e r h ä l t d e r R A in diesen F ä l l e n n u r j e 3 / 1 0 d e r im § 31 b e s t i m m t e n G e b ü h r e n . W e i l eine N a c h p r ü f u n g n i c h t in d e r S a c h e , s o n d e r n n u r h i n s i c h t l i c h d e r V o l l s t r e c k u n g s m a ß n a h m e n erfolgt, w u r d e n die Gebühren m i t den G e b ü h r e n abges t i m m t , die in d e n §§ 57 ff a l l g e m e i n f ü r die Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g v o r g e s e h e n s i n d . I m B e r u f u n g s - u n d R e v i s i o n s v e r f a h r e n e r h ä l t der R A die 3/10 G e b ü h r e n m i t der E r h ö h u n g n a c h § 11 A b s . 1 S a t z 2. W i e im § 57 s i n d a u c h hier B r u c h t e i l e v o n 3 / 1 0 G e b ü h r e n v e r m i e d e n w o r d e n . D a h e r ist die A n w e n d u n g d e s § 32 u n d des § 33 A b s . 1 u n d 2 a u s g e s c h l o s s e n (Abs. 5 S a t z 2). A b s . 5 gilt n i c h t , w e n n d i e M a ß n a h m e g e g e n d e n Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g s a k t (des V e r w a l t u n g s z w a n g s ) n u r v o r l ä u f i g e n C h a r a k t e r h a t . Die G e b ü h r e n h i e r f ü r r e g e l t A b s . 4 (vgl. o b e n R z . 21). Die G e b ü h r e n f ü r die T ä t i g k e i t des R A i m Z w a n g s v e r f a h r e n d e r V e r w a l t u n g s b e h ö r d e b e s t i m m t § 119 A b s . 2, 3. Vgl. d a z u d i e E r l ä u t e r u n g e n z u § 119. 43

) Gerold-Schmidt Rz. 14; R S Rz. 17; L a u t e r b a c h / H a r t m a n n Anm. 6A. ) VG Berlin N J W 67, 366; L a u t e r b a c h / H a r t m a n n Anm. 6 B ; Gerold-Schmidt Rz. 14. 45 ) OVG Lüneburg N J W 68, 2159; Renck N J W 73, 840; Gerold-Schmidt Rz. 14; a.M. B a y V G H K o s t R s p . Nr. 47; N J W 73, 2046; OVG H a m b u r g MDR 70, 708; Noll S 204ff; Lauterb a c h / H a r t m a n n Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4: Der W e r t des Verfahrens nach §80 VwGO soll niedriger als der W e r t der Hauptsache sein und entsprechend der Vorschrift des § 18 GKG a.F. nach billigem Ermessen entsprechend dem Interesse a m Aufschub der Maßnahme zu berechnen sein, wobei regelmäßig ein Drittel des Wertes der Hauptsache angenommen werden soll. So auch OVG Koblenz AS 6, 245 und VGH Kassel N J W 65, 1829. Das OVG Münster ZMR 74, 174 n i m m t f ü r derartige Verfahren als Streitwert ein Zehntel des Wertes der Hauptsache an. Vgl. auch H a u p t DVB1. 69, 617. 44

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I X . Die Kostenregelung gemäß der VwGO

§ H4

IX. Die Kostenregelung gemäß der VwGO46) 1. Die Kostenentscheidung 47 ) Grundsätzlich h a t im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der unterliegende Teil 29 die Kosten des Verfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO). Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 2). Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 3). Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind (§ 154 Abs. 4). Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur H ä l f t e zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist (§ 155 Abs. 1). Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, h a t die Kosten zu tragen (§ 155 Abs. 2). Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last (§ 155 Abs. 3). Wird ein Rechtsstreit nach §§ 41, 83 VwGO an ein anderes Gericht verwiesen, so werden die Kosten im Verfahren vor dem vorangegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wurde (§ 155 Abs. 5). Kosten, die durch ein Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden (§ 155 Abs. 5)4S). H a t der Beklagte durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Klage gegeben, so fallen dem Kläger die Prozeßkosten zur Last, wenn der Beklagte den Anspruch sofort anerkennt (§ 156). Die frühere Vorschrift des § 157 VwGO, wonach in der Kostenentscheidung gesetzlichen Vertretern und Bevollmächtigten durch das Gericht die Kosten auferlegt werden konnten, die sie durch grobes Verschulden veranlaßt haben, ist aufgehoben worden 19 ). Die Anfechtung der Entscheidung über den Kostenpunkt ist unzulässig, wenn nicht 30 gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird (§ 158 Abs. 1). Eine Ausnahme besteht jedoch gemäß § 156 bei sofortigem Anerkenntnis des Beklagten u n d wenn er durch sein Verhalten keine Veranlassung zur Erhebung der Klage gegeben h a t und dem Kläger die Prozeßkosten auferlegt wurden (§ 158 Abs. 2). Soweit eine selbständige Anfechtung der Kostenentscheidung, die nach § 156 ergangen ist, zulässig ist, findet dagegen Beschwerde nach Maßgabe des § 146 statt, die bei dem Gericht, von dem oder von dessen Vorsitzenden die angefochtene E n t 46 ) Vom 24. 1. 60 (BGBl. I, 17). Änderungen und landesrechtliehe Ausf Vorschriften vgl. bei Sartorius Verw.- u. VerfG. Nr. 600. 47 ) Wegen Kostenentscheidung bei falscher Reehtsmittelbelehrung s. Staage N J W 62, 1432. 48 ) So hat das OVG Lüneburg (NJW 60, 1317) der Verwaltungsbehörde die Kosten des Verf. auferlegt, weil eine Rechtsmittelbelehrung schematisch erfolgt war, ohne den besonderen Umständen des Vorganges Rechnung zu tragen und weil die Behörde dadurch eine offensichtlich aussichtslose Klageerhebung veranlaßte. Ein Verschulden der belehrenden Behörde wurde auch darin gesehen, daß sie nicht auf den erfolgversprechenden Rechtsmittelweg (hier Verfassungsbeschwerde) hingewiesen hat. 49 ) ÄndG. V. 22. 12. 66 (BGBl. I, 681).

231

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

Scheidung erlassen ist, schriftlich oder zur Niederschrift des U r k b d G innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen ist 50 ). 31

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 ZPO entsprechend (Haftung nach Kopfteilen oder wenn mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt werden, H a f t u n g als Gesamtschuldner oder alleinige H a f t u n g eines Streitgenossen, der ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht hat). K a n n das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldner auferlegt werden (§ 159). Wird der Rechtstreit durch Vergleich erledigt u n d haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur H ä l f t e zur Last, die außergerichtlichen Kosten trägt jeder Beteiligte selbst (§ 160).

32

Das Gericht hat im Urteil, oder wenn das Verfahren in anderer Weise beendet ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden (§ 161 Abs. 1). Ist der Rechtstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 (wenn der Verwaltungsakt sich vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt h a t , so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat), nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durcK Beschluß. Der bisherige Sach- u n d Streitstand ist zu berücksichtigen (§161 Abs. 2). I n den Fällen des § 75 (Erhebung der Anfechtungsklage, wenn über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsaktes nicht binnen drei Monaten seit Einlegung oder Antragstellung entschieden worden ist) fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit einer Entscheidung vor Klageerhebung rechnen durfte (§ 161 Abs. 3).

33

Eine nachträgliche Entscheidung über die Kosten k a n n nur nach § 120 VwGO durch Ergänzungsurteil, nicht durch Beschluß ergehen 51 ).

34

Gegen die in einem Einstellungsbeschluß 1. Instanz nach § 92 Abs. 2 VwGO enthaltene Kostenentscheidung ist Beschwerde zulässig 52 ). 2. Was gehört zu den Kosten ?53)

35

Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren u n d Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens (§ 162 Abs. 2). Dazu gehören auch die Gebühren, die auf Grund eines Einspruchs oder einer Beschwerde seitens der Behörde vom Antragsteller erhoben werden. Die Gebühren u n d Auslagen eines R A oder eines Rechtsbeistandes, in Steuersachen auch eines Steuerberaters, sind stets erstattbar 5 4 ). 50 ) Wegen Berücksichtigung der Kosten des Vorverfahrens bei der Festsetzung des Beschwerdewertes s. OVG Münster N J W 62, 1365. Wegen Erledigung der Hauptsache und gesonderter Kostenentscheidung s. BVerwG N J W 62, 651. 51 ) OVG Hamburg N J W 62, 72. 52 ) OVG Münster N J W 62, 460. 53 ) S. dazu Schatte MDR 60, 983. 54 ) Die Vorschrift des § 162 VwGO zählt zwar im einzelnen auf, was zu den erstattbaren Kosten rechnet, wobei § 91 ZPO nicht erwähnt wird. Nach § 173 VwGO sind aber die Bestimmungen der ZPO entsprechend anzuwenden, woraus der Schluß gezogen wird, daß auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO anzuwenden ist.

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I X . Die Kostenregelung gemäß der VwGO

§ 114

Dies gilt auch, wenn der RA in eigener Sache tätig wird, obwohl § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO in § 162 VwGO nicht erwähnt wird. Da aber nach § 173 VwGO die Bestimmungen der ZPO entsprechend anzuwenden sind, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen, so kommt § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO auch hier zur Anwendung. Der R A kann also in eigenen Verwaltungsrechtstreitigkeiten Gebühren erstattet verlangen (vgl. dazu auch Rz. 17 zu § l) 55 ). Das gilt aber auch für die E r s t a t t b a r k e i t im Verwaltungsvorverfahren 5 6 ). Auch die Reisekosten eines vor dem BVerwG tätigen auswärtigen R A gehören dazu u n d sind ebenfalls erstattbar 5 7 ). Vgl. oben Rz. 16. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattbar, wenn sie das 36 Gericht, nicht dessen Urkundsbeamter im Kostenfestsetzungsverfahren, aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 162 Abs. 3 VwGO) 58 ). Der Ausspruch über die Erstattungspflicht m u ß im Tenor der Entscheidung ausgesprochen werden 59 ). Evtl. ist innerhalb der Zweiwochenfrist des § 120 Abs. 2 VwGO Urteilsergänzung zu beantragen 6 0 ). I m Verfahren vor dem Amt f ü r Verteidigungslasten ist die Zuziehung eines R A stets 37 notwendig 61 ). Die Verpflichtung einer Behörde, ihre Angelegenheiten sorgfältig u n d dem Gesetz entsprechend zu bearbeiten, macht nicht die Beauftragung eines R A überflüssig. Das gilt auch bei außergerichtlichen Verhandlungen über Ansprüche nach dem BLG. Die RA-Kosten sind daher zu erstatten 6 2 ). Ferner wird die E r s t a t t u n g der RA-Kosten in Lastenausgleichstreitigkeiten bejaht 6 3 ). 38 Auch in Verfahren nach dem Kriegsgefangenen-Entschädigungsgesetz bestimmt sich die Kostenerstattung nach den Vorschriften der VwGO 64 ). 3. Die Kostenfestsetzung Die Kostenfestsetzung h a t durch den Urkundsbeamten des Gerichts des ersten 39 Rechtszuges zu erfolgen (§ 164 VwGO) 65 ). 65 ) B a y V G H D Ö V 52, 793; Oswald M D R 67, 461; s. a u c h B F H N J W 69, 951; F G Münster B B 67, 526 m i t zust. A n m . von Boeker; Schunck-de Clerck § 162 A n m . 3c cc; R S R z . 21. 56 ) So m i t eingehender B e g r ü n d u n g B a y V G H B a y V B l . 72, 645. A.M. VG Düsseldorf N J W 65, 1039 = D Ö V 65, 211; R S Rz. 22. " ) Vgl. d a z u Knobelsdorf? N J W 60, 423 u n d Henrichs N J W 60, 517. 58 ) OVG Münster N J W 62, 1365 (L), ausführlich AnwBl. 63, 112; H s s s V G H JVB1. 63', 156. 5S ) OVG L ü n e b u r g SchlHA 62, 36; B a y V G H BayVBl. 76, 286 m i t weit. Nachw. 60 ) H e s s V G H JVB1. 63, 156. Wegen nachträglicher K o s t e n e n t s c h e i d u n g im V o r v e r f a h r e n s. V G Münster N J W 68, 1004. 61 ) AG F r a n k f u r t A n w B l . 59, 111. 62 ) L G F r e i b u r g AnwBl. 59, 109. 63 ) Vgl. L V G Düsseldorf N J W 57, 1650 = M D R 57, 700. J e d o c h keine E r s t a t t u n g vereinbarter G e b ü h r e n : OVG Münster N J W 69, 709. 64 ) Die f r ü h e r e Vorschrift des § 27 Abs. 4 K g f E G ist nicht m e h r in K r a f t . S. aber Neufassg. des Ges. v. 2. 9. 71 B G B l . I , 1545. Wegen Anwaltszwang vor d e m BVerwG s. BVerwG N J W 61, 1084. 65 ) Wegen Vollstreckung eines verwaltungsgerichtlichen Kostenfestsetzungsbeschlusses s. OVG L ü n e b u r g N J W 71, 72. Auch soweit das BVerwG entschieden h a t , ist nach § 69 BVerwGG der Kostenfestsetzungsa n t r a g bei d e m U d G des ersten Rechtszuges einzureichen. Wegen E r s t a t t b a r k e i t von K o s t e n eines Privatgutachtens (schwierige Bewertungsfragen bei Enteignungsentschädigung), das im R a h m e n von Vergleichsverhandlungen angefordert wurde, s. VG Münster M D R 62, 1019 (bejaht). Kein Anwaltszwang f ü r E r i n n e r u n g gegen eine Kostenfestsetzung vor dem BVerwG N J W 62, 2028 = JVB1. 63, 8. Z u m Anwaltszwang beim BVerwG s. Knobelsdorf N J W 60, 423.

233

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

Die Beteiligten können die Kostenfestsetzung oder eine W e r t f e s t s e t z u n g anfechten, w o f ü r § 151 entsprechend gilt (§ 165). Das b e d e u t e t , d a ß innerhalb von zwei Wochen n a c h B e k a n n t g a b e der E n t s c h e i d u n g die E n t s c h e i d u n g des Gerichts b e a n t r a g t werden k a n n , soweit es sich u m die Kostenfestsetzung des U d G h a n d e l t . Der A n t r a g ist schriftlich oder zur Niederschrift des U d G zu stellen, wobei wieder §§ 147—149 VwGO entsprechend gelten. E s ist also Beschwerde innerhalb zwei Wochen n a c h B e k a n n t g a b e der E n t s c h e i d u n g einzulegen, ü b e r die das Gericht zu entscheiden h a t . Soweit die W e r t f e s t s e t z u n g angefochten wird, gelten aber auch §§ 9, 10 B R A G e b O . H a b e n die P a r t e i e n einen Vergleich geschlossen u n d hinsichtlich der Kosten vereinb a r t , d a ß die Gerichtskosten geteilt werden u n d jede P a r t e i ihre außergerichtlichen K o s t e n t r ä g t , so k a n n im Festsetzungsverfahren nicht die von der Behörde im Einspruchsbescheid festgesetzte u n d eingezogene Gebühr geltend g e m a c h t werden. Diese Gebühren sind keine Gerichtskosten; sie gehören vielmehr zu den außergerichtlichen K o s t e n , die n u r d a n n festgesetzt werden, wenn ihre E r s t a t t u n g von der anderen P a r t e i ausdrücklich in d e m Vergleich a n e r k a n n t wurde 6 8 ).

4. Das Armenrecht 40

Auf die Bewilligung des A r m e n r e c h t s sind die Vorschriften der Z P O entsprechend anzuwenden. Der das A r m e n r e c h t bewilligende Beschluß ist u n a n f e c h t b a r . I m übrigen richtet sich das Beschwerdeverfahren n a c h §§ 146ff (§ 166).

5. Die Kosten des Vorverfahrens 67 ). 41

Vor der E r h e b u n g der Anfechtungsklage sind R e c h t m ä ß i g k e i t u n d Zweckmäßigkeit des Verwaltungsaktes in einem Vorverfahren n a c h z u p r ü f e n . D a s Vorverfahren beginnt m i t der E r h e b u n g des Widerspruchs, der innerhalb eines Monats n a c h B e k a n n t g a b e des Verwaltungsaktes zu erheben ist (§§ 68—71). H ä l t die Behörde den Widerspruch f ü r b e g r ü n d e t , so hilft sie ihm a b u n d entscheidet ü b e r die K o s t e n (§ 72 VwGO). H i l f t die Behörde d e m Widerspruch nicht ab, so ergeht ein Widerspruchsbescheid, der zu b e g r ü n d e n ist u n d der a u c h zu b e s t i m m e n h a t , wer die K o s t e n t r ä g t (§ 73 VwGO) 6 8 ). F ü r die K o s t e n e n t s c h e i d u n g gelten die Vorschriften der §§ 154ff VwGO 6 9 ). D a m i t ist klargestellt, d a ß auch im Vorverfahren ü b e r die Kostentragungspflicht zu entscheiden ist, also eine Kostenentscheidung ergehen m u ß . Die Vorschriften der VwGO

66 ) OVG Hamburg Büro 60, 455. " ) Wegen nachträglicher Kostenentscheidung im Vorverfahren s. VG Münster N J W 68, 1004. 6S ) Vgl. auch dazu Naue MDR 61, 203 und Floerke a.a.O. S 567. Zustimmend auch Tschischgale Büro 61, 433. Vgl. auch Klinge Büro 61, 483. Völlig unrichtig: Brandt SchlHA 62, 80, der trotz § 72 VwGO landesgesetzliche VerwaltungskostenG anwenden will, sofern solche die Kostenlast regeln. 69 ) Das ergibt sich auch aus dem schriftlichen Bericht des Rechtsausschusses des BT (12. Ausschuß Drucks. 1094) zu §§ 73—75 VwGO. Dort heißt es: „Der Rechtsausschuß hat es außerdem als Mangel empfunden, daß nach der Regierungsvorlage (§ 159 Abs. 1) nur dann über die Kosten des Vorverfahrens zu entscheiden ist, wenn sich dem Vorverfahren ein gerichtliches Verfahren anschließt. Er hat deshalb in die §§ 73 und 74 Vorschriften aufgenommen, nach denen auch die Widerspruchsbehörde über die Kosten zu entscheiden hat. Der Rechtsausschuß ist von der Auffassung ausgegangen, daß die §§ 151 ff hierbei entsprechend anzuwenden sind." Vgl. wegen Einzelh. Rz. 234 ff zu § 118.

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IX. Die Kostenregelung gemäß der VwGO

§ 114

g e l t e n j e d o c h n u r f ü r die V o r v e r f a h r e n s k o s t e n , n i c h t f ü r die im A n t r a g s v e r f a h r e n e n t standenen Kosten70). W e n n ein v e r w a l t u n g s g e r i c h t l i c h e s V e r f a h r e n s t a t t g e f u n d e n h a t , g e h ö r e n a u c h die behördlichen Kosten des V o r v e r f a h r e n s z u d e n d u r c h d i e K o s t e n e n t s c h e i d u n g e r f a ß t e n K o s t e n (§ 162 A b s . 1 V w G O ) . D i e Gebühren und Auslagen eines i m Vorverfahren t ä t i g g e w e s e n e n R A sind e r s t a t t b a r , w e n n d a s G e r i c h t die Z u z i e h u n g eines B e v o l l m ä c h t i g t e n f ü r d a s V o r v e r f a h r e n f ü r n o t w e n d i g e r k l ä r t (§ 162 A b s . 2 V w G O ) . D a s G e r i c h t e n t s c h e i d e t h i e r ü b e r i m U r t e i l s tenor oder durch selbständigen Beschluß71). D i e Notwendigkeit der Zuziehung eines R A i m V o r v e r f a h r e n ist n i c h t n u r bei schwier i g e n u n d u m f a n g r e i c h e n V e r f a h r e n , s o n d e r n i m m e r d a n n zu b e j a h e n , w e n n die Z u z i e h u n g eines R A a u s d e r S i e h t einer v e r s t ä n d i g e n , a b e r n i c h t r e c h t s k u n d i g e n P a r t e i n i c h t ü b e r f l ü s s i g u n d willkürlich, s o n d e r n z w e c k m ä ß i g e r s c h e i n t 7 2 ) . E s ist g r u n d s ä t z lich d a s g u t e R e c h t d e s B ü r g e r s , a u c h im V o r v e r f a h r e n d u r c h die B e a u f t r a g u n g eines R A seine R e c h t e g e g e n ü b e r d e r i h m h o h e i t l i c h e n t g e g e n t r e t e n d e n V e r w a l t u n g z u wahren73). O b i m V o r v e r f a h r e n d i e Z u z i e h u n g eines R A n o t w e n d i g w a r , h ä n g t a u c h v o n d e m B i l d u n g s g r a d sowie d e n a l l g e m e i n e n K e n n t n i s s e n , f e r n e r v o n d e r S c h r i f t - u n d Geschäftsgewandtheit der P a r t e i ab. E i n e r e c h t s u n k u n d i g e P a r t e i k a n n n u r schwer b e u r t e i l e n , o b die Z u z i e h u n g eines R A i m V o r v e r f a h r e n z u r z w e c k e n t s p r e c h e n d e n R e c h t s v e r f o l g u n g o d e r R e c h t s v e r t e i d i g u n g e r f o r d e r l i c h ist. D a h e r ist die E r s t a t t b a r k e i t d e r R A - K o s t e n in s o l c h e n F ä l l e n z u b e j a h e n 7 4 ) . V g l . a u c h R z . 35 u n d F n . 56. 6. Gerichtskosten H i n s i c h t l i c h d e r G e r i c h t s k o s t e n b e s t i m m t j e t z t § 1 G K G die A n w e n d u n g d e s G K G 4 2 a u c h f ü r V e r f a h r e n v o r d e n G e r i c h t e n d e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t , desgleichen f ü r die V e r f a h r e n v o r G e r i c h t e n d e r F i n a n z g e r i c h t s b a r k e i t . Die W e r t b e r e c h n u n g e r f o l g t in V e r f a h r e n v o r G e r i c h t e n d e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t u n d d e r F i n a n z g e r i c h t s b a r k e i t a u f G r u n d d e r als § 13 n e u in d a s G K G eingefügten Vorschrift75). § 13 G K G n F e r s e t z t d i e b i s h e r i g e n V o r s c h r i f t e n — § 115 B R A G e b O , § 189 V w G O , § 140 F G O — sowie d i e l a n d e s r e c h t l i c h e n B e s t i m m u n g e n d u r c h eine n e u e R e g e l u n g . Die Vorschrift lautet: „(1) I n V e r f a h r e n v o r d e n G e r i c h t e n d e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t u n d d e r F i n a n z g e r i c h t s b a r k e i t ist d e r S t r e i t w e r t v o r b e h a l t l i c h d e r f o l g e n d e n V o r s c h r i f t e n n a c h d e r 70 ) Vgl. dazu VG Stuttgart AnwBl. 63, 115. S. weiterhin: BVerwG NJW 64, 685; VGH Stuttgart AnwBl. 63, 174; VG München AnwBl. 63, 314. A.M. OVG Münster AnwBl. 53, 375, das §§ 154ff VwGO nicht gelten lassen will. 71 ) BVerwGE 27, 39; BayVGH DÖV 63, 523; OVG Hamburg MDR 61, 355 (L), ausführlich N J W 61, 937; OVG Lüneburg DVB1. 63, 334; VGH Kassel N J W 65, 1732; RS Rz. 22. A.M. OVG Münster SehlHA 62, 36; Eyermann-Fröhler Anm. 12 § 162 VwGO: Entscheidung im Tenor des Urteils ist erforderlich, wenn ein gerichtliches Verfahren nachgefolgt ist, die Verwaltungsstreitsache also nicht bereits durch den Widerspruchsbescheid erledigt worden ist. Vgl. auch dazu BVerwGE 22, 281; N J W 73, 261; OVG Münster N J W 72, 1966; VG Köln N J W 65, 2364; Redeker-von Oertzen Anm. 13 § 162 VwGO. 72 ) BVerwG N J W 64, 686; BayVGH N J W 63, 116; OVG Münster AnwBl. 63, 112; VGH Kassel N J W 65, 1732; OVG Koblenz N J W 72, 222; RS Rz. 22. 73 ) OVG Koblenz N J W 72, 222. 74 ) Vgl. BVerwG N J W 64, 686; VG Augsburg AnwBl. 71, 212; VG Würzburg AnwBl. 71, 212; Eyermann-Fröhler Anm. 12 zu § 162 VwGO. 75 ) Einfügung dch. KostÄndG v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 als § 10a, seit der Neubekanntmachg. des GKG v. 15. 12. 75 (BGBl. I, 3047) als § 13.

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§ 114

Zehnter A b s c h n i t t : Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- u n d Finanzgerichten

sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 4000 Deutsche Mark anzunehmen. (2) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend. (3) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren der ersten Instanz beantragt hat." I m übrigen sind die für bürgerliche Rechtstreitigkeiten geltenden Wertvorschriften also auch für die Verwaltungsgerichtsbarkeit und die Finanzgerichtsbarkeit anzuwenden. Wegen Erinnerung u n d Beschwerde gegen den Kostenansatz ist § 5 GKG maßgebend 7 6 ). Das Verwaltungsgericht darf ab 15. 9. 75 weder die weitere Durchführung des Verfahrens von der Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses abhängig machen noch die Zahlungsfrist auf einen Zeitpunkt nach dem 14. 9. 75 begrenzen 77 ). 43

7. Keine Anwendung finden § 20 (Rat- u n d Auskunftserteilung), § 56 (bloße Schriftsatzanfertigung, bloße Terminswahrnehmung, wenn es sich um andere Termine als zur mündlichen Verhandlung oder zur Beweiserhebung handelt), § 21 (Gutachtenerstattung), § 120 (einfache Schreiben), §§ 68ff (Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren).

IX. Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit 44

Schrifttum: Noll, Die Streitwertfestsetzung im Verwaltungsprozeß (1970) ; Redekerv. Oertzen Anm. 3, 4 § 165 VwGO; Schunck-De Clerck Anm. 2b § 162 VwGO; Luetgebrune, Kostenrecht im Verwaltungsprozeß (1953); Schatte, Verwaltungsgerichtliches Kostenrecht (1955); N J W 60, 320; Lauterbach-Hartmann KostG 17. Aufl. Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4; KostRsp. § 115 BRAGebO. 1. Allgemeines Der für die Gerichtsgebühren anzusetzende Wert ist auch für die Gebühren des R A maßgebend. Dies bestimmt die Vorschrift des § 8 Abs. 1. Der § 9 Abs. 1 erklärt ebenfalls diesen Wert für die Gebühren des R A als maßgebend, wenn er für die Gerichtsgebühren festgesetzt wurde. Der R A kann auch aus eigenem Recht die Festsetzung des Wertes beantragen u n d Rechtsmittel gegen die Wertfestsetzung einlegen und Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, aus eigenem Recht ergreifen (§ 9 Abs. 2). § 10 ergänzt den § 9 dahin, daß der Wert des Gegen76 ) § 4 G K G n e u g e f a ß t dch. d a s K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Wegen A n f e c h t u n g des K o s t e n a n s a t z e s d u r c h den U d G des BVerwG a u c h ohne Zuziehung eines Bevollmächtigten s. BVerwG JVB1. 61, 37 = N J W 60, 1973. Wegen Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens vgl. S c h a t t e JVB1. 60, 246. Wegen Gerichtskosten u n d R A - G e b ü h r e n bei Verweisung s. S c h a t t e Büro 60, 469. Wegen Gerichtskosten u n d R A - V e r g ü t u n g im verwaltungsgerichtlichen Aussetzungsverfahren s. S c h a t t e Büro 60, 519 m i t E n t g e g n u n g Eger Büro 61, 177. 77 ) B a y V G H B a y V B l . 75, 680: D a s K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 h a t m i t W i r k u n g v. 15. 9. 75 § 189 VwGO und A r t . 24 B a y K G aufgehoben. Die Antrags- oder R e c h t s m i t t e l r ü c k n a h m e f i k t i o n , die A r t . 24 Satz 2 B a y K G a n die nicht fristgerechte Zahlung des Kostenvorschusses g e k n ü p f t h a t , ist u n g e a c h t e t des A r t . 5 § 2 Abs. 1 Satz 1 K o s t Ä n d G a m 15. 9. 75 insgesamt außer K r a f t getreten. Vgl. wegen f r ü h e r e r Regelung B V e r f G N J W 60, 331, ergangen auf Vorlegungsbeschluß des BVerwG N J W 59, 1560.

236

X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 114

standes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluß des Gerichts des Rechtszugs selbständig festzusetzen ist, wenn sich die Gebühren des R A für die anwaltliche Tätigkeit in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Dieser Fall kann in Personalvertretungssachen eintreten, in dem Gerichtsgebühren und -Auslagen nicht erhoben werden (vgl. oben F n . 5 u. unten R z . 79a). Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu §§ 9, 10. Die Gerichtsgebühren berechnen sich jetzt also auch in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und in Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit gemäß dem G K G . Vgl. Rz. 42. Folgende Bemerkungen sind vorweg veranlaßt: Die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte über Streitwertfragen ist uneinheitlich. Sie wfeicht auch gegenüber der Rechtsprechung in der Zivilgerichtsbarkeit erheblich nach unten ab. D a s bedeutet, daß praktisch die Verwaltungsgerichtsprozesse auf dem Rücken der Anwaltschaft ausgetragen und von ihr bezahlt werden, weil sie nicht die Vergütung erhält, die ihr tatsächlich zustehen müßte. Soweit der einzelne R A dies erkennt, wird er mit seinem Mandanten eine Honorarvereinbarung über eine angemessene Vergütung, insbesondere aber über die Höhe des Streitwertes, der annähernd in Frage kommt, treffen. D a s ändert aber nichts an der Tatsache, daß die unterliegende Partei in einem solchen Falle nicht die wahren K o s t e n zu zahlen hätte, die bei einer richtigen Streitwertfestsetzung angefallen wären. E s bleibt zu hoffen, daß die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit — und ebenso der Finanzgericjitsbarkeit — künftig unter Ausschöpfung der durch die Anwendung des G K G , insbesondere des § 13 G K G gegebenen Möglichkeiten, mehr als dies bisher geschehen war, zu einer angemessenen Streitwertberechnung sich durchringen werden. 2. Die anzuwendenden Vorschriften Der § 13 Abs. 1 Satz 1 G K G erklärt zunächst, ebenso wie der neue § 12 G K G , die im 45 Zweiten Abschnitt des G K G enthaltenen Wertbemessungsvorschriften für anwendbar. I n Betracht kommen daher besonders folgende Vorschriften des GKG: als Leitbestimmung Wertberechnung in Berufungs- und Revisionsverfahren Zeitpunkt der Wertberechnung Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse Wiederkehrende Leistungen Stufenklage Klage- und Widerklage, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung, Hilfsanspruch § 20 Arreste, einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen § 21 Teile des Streitgegenstandes § 22 Nebenforderungen. § § § § § § §

13 14 15 16 17 18 19

Läßt sich der Streitwert nicht nach diesen Vorschriften ermitteln, so ist er nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 G K G ) . Bietet der bisherige Sach-und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 4000 DM anzunehmen (§ 13 Abs. 1 S a t z 2 G K G ) . Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 G K G ) . 237

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

3. Einzelheiten 46

N a c h § 13 G K G gelten somit f ü r die Bemessung des Streitwertes in den Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit die folgenden Grundsätze:

47

I s t der A n t r a g des Klägers (oder wer sonst das Verfahren der ersten I n s t a n z b e a n t r a g t h a t , § 13 Abs. 3 GKG) auf eine bezifferte Geldleistung gerichtet, so b e m i ß t sich der Streitwert n a c h deren H ö h e .

48

B e t r i f f t der A n t r a g des Klägers die A u f h e b u n g eines auf eine bezifferte Geldleistung l a u t e n d e n Verwaltungsaktes, ist auch hier die H ö h e des Betrages als Streitwert anzun e h m e n , mit d e m der Kläger d u r c h den angefochtenen Verwaltungsakt belastet worden ist. Bei n u r teilweiser Anfechtung des auf eine Geldleistung gerichteten Verwaltungsaktes ist der Streitwert in A n w e n d u n g des § 13 Abs. 2 G K G n u r n a c h dem B e t r a g anzunehmen, u m den der Kläger die A b ä n d e r u n g bzw. A u f h e b u n g des Verwaltungsaktes begehrt.

49

L a u t e t der K l a g e a n t r a g nicht auf eine bezifferte Geldleistung oder ist d e m angefochtenen Verwaltungsakt kein geforderter Geldbetrag zu e n t n e h m e n , u n d ergibt sich dieser auch n i c h t a u f g r u n d der Vorschriften der §§ 14 ff G K G , so ist der Streitwert n a c h der sich aus d e m A n t r a g des Klägers f ü r ihn ergebenden Bedeutung der Sache n a c h Ermessen zu b e s t i m m e n (§ 13 Abs. 1 GKG). Die B e d e u t u n g der Sache, die sich a u s d e m A n t r a g des Klägers f ü r ihn ergibt, entspricht dem Interesse des Klägers a n der erstrebten Entscheidung, das auch in der Zivilgerichtsbarkeit gemeinhin als m a ß g e b e n d f ü r den Streitwert angesehen wird. Ebenso wie das Interesse ist die B e d e u t u n g der Sache objektiv, nicht s u b j e k t i v zu verstehen 7 8 ). U m zu verhindern, d a ß in dieses Merkmal a u c h U m s t ä n d e einfließen, die, wie z.B. bei einem Musterprozeß, über das gegenwärtige Klagebegehren hinausgehen, ist z u m Ausdruck gebracht worden, d a ß die B e d e u t u n g der Sache d e m A n t r a g des Klägers zu e n t n e h m e n ist.

50

Liegt ein formeller A n t r a g des Klägers, der sein Klagebegehren z u m Ausdruck bringt, nicht vor, so ist das Klagebegehren als m a ß g e b e n d anzusehen, wie es sich a u s seinem V o r t r a g ergibt 7 9 ). E i n besonderer Ausspruch hierüber ist entbehrlich. Maßgebend ist allein die B e d e u t u n g der Sache f ü r den Kläger, nicht e t w a a u c h die f ü r einen Beigeladenen. F ü r den Beigeladenen k a n n jedoch d a n n ein besonderer Streitwert festgesetzt werden, wenn sich sein Interesse nur auf einen Teil des Streitgegenstandes bezieht. Der Streitwert ist in solchen Fällen aber nie höher als f ü r die H a u p t beteiligten des Verwaltungsrechtstreites a n z u n e h m e n und festzusetzen 8 0 ).

51

Der U m f a n g der Sache bleibt bei der Bemessung des Streitwertes ohne Bedeutung. Gegen eine B e r ü c k s i c h t u n g des U m f a n g s spreche vor allem, so sagt die Begr. 81 ) (vgl. auch R z . 52) d a ß dies zu einer K o s t e n b e l a s t u n g f ü h r e n k ö n n t e , die bei Rechtsstreitigkeiten mit kleinen Streitwerten nicht m e h r in einem t r a g b a r e n Verhältnis z u m Streitwert stehen würde, u n d d a ß die K o s t e n b e l a s t u n g wegen der Ungewißheit 78

) ) ) 81 ) 79

80

238

Vgl. dazu Rz. 35 zu § 8. Vgl. dazu auch Rz. 335 zu § 8 (§ 3 ZPO). OVG Koblenz AS 3, 102; Noll a.a.O. S 132. So Begr. BR-Drucks. 71/74 S. 71.

X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 114

darüber, welchen U m f a n g der Rechtstreit annehmen wird, schwer voraussehbar ist. Die Regelung in § 13 GKG weicht insoweit also von der Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG ab. Die Beibehaltung dieses Merkmals in dem für die bürgerlichen Rechtstreitigkeiten geltenden § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG für die Wertberechnung in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten wurde deswegen für gerechtfertigt gehalten, weil sich dort bei Parteien, die wirtschaftlich ungünstig gestellt sind, die Vermögens- u n d Einkommensverhältnisse im Sinne einer Begrenzung der Kosten auswirken 82 ). Eine Abgrenzung zwischen vermögensrechtlichen u n d nichtvermögensrechtlichen 52 Angelegenheiten ist nicht erfolgt. Der Regierungsentwurf sagt dazu in der Begründung zu § 13 GKG, daß diese in der Zivilgerichtsbarkeit seit jeher übliche und auch bewährte Unterscheidung für die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten und den Finanz gerichten wenig geeignet wäre, da in verwaltungsrechtlichen Streitigkeiten vermögensrechtliche u n d nichtvermögensrechtliche Elemente oft nahezu untrennbar miteinander verbunden sind. Es wird dann (a.a.O.) weiter ausgeführt und anerkannt, daß die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, soweit sie bisher bei der Bewertung des Streitgegenstandes zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unterschieden haben, zu keiner einheitlichen Auffassung über die beiden Begriffe gelangt sind, sondern die Grenze unterschiedlich gezogen haben. U m diese Schwierigkeiten zu vermeiden, wurde deshalb bei der Neuregelung davon abgesehen, zwischen vermögensrechtlichen u n d nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu trennen. Die Bestimmung des § 13 Abs. 1 GKG bezweckt nun, daß der Streitwert nach Ermessen zu bestimmen ist, wodurch dem Gericht ebenso wie durch § 3 ZPO eine gewisse Freiheit bei der Festsetzung gegeben ist. Dabei wurde, entsprechend dem neuereren Sprachgebrauch, abweichend von § 3 ZPO, nur das Wort „Ermessen", nicht der Ausdruck „freies Ermessen" verwendet. Der Begriff des Ermessens unterscheidet sich jedoch nicht von demjenigen des § 3 ZPO. Bei den streitigen Verwaltungsgerichtssachen handelt es sich in der Regel um die Gültigkeit oder Aufhebung des Verwaltungsaktes, in Ausnahmefällen um Parteistreitigkeiten. Da aber der Verwaltungsakt, dessen Nachprüfung durch die Klage begehrt wird, für die Beteiligten, sowohl für den Kläger als auch für die Verwaltungsbehörde, erhebliche wirtschaftliche Folgen hat, so wird m a n in den meisten Fällen das Ermessen nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers ausrichten müssen. Es war daher unrichtig, wenn die Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte viel zu häufig nur von dem Vorliegen einer nichtvermögensrechtlichen Streitigkeit, wenn auch unter Hinweis auf einen im Einzelfall vorliegenden „wirtschaftlichen Hintergrund", ausgegangen ist. Auch Verwaltungsstreitigkeiten sind in der Regel vermögensrechtlicher Art, wobei es 53 freilich nicht immer ganz einfach ist, den Wert zu ermitteln. Dies ist aber kein Grund, den einfacheren Weg der Streitwertermittlung über § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zu wählen, der einen Streitwert von nur 4000 DM vorschreibt, wenn der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte bildet. Damit bleibt die jetzige Regelung weit hinter der in Bayern ab 1. 2. 68 in K r a f t gesetzten Streitwertbestimmung f ü r nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten in der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu-

M

) B R - D r u c k s . 71/74 S. 71.

239

§ 114

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

rück 8 3 ), die zwar die A n w e n d u n g der Vorschriften des G K G vorsah, jedoch mit der Maßgabe, d a ß der W e r t des Streitgegenstandes bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich 6000 DM betragen h a t . (Vgl. dazu auch R z . 28 zu § 8 S 221/222). Gerade n a c h d e m allgemein die Gebühren der R A e auch in verwaltungsgerichtlichen Angelegenheiten sich nach einem Streitwert berechnen, sollte dies u m so mehr ein Grund f ü r die Verwaltungsgerichte sein, den tatsächlichen Wert dieser Verfahren streitwertmäßig zu ermitteln u n d festzusetzen. 54

F ü r die E r m i t t l u n g des Gegenstandswertes ist n a c h der jetzigen Regelung des § 13 Abs. 1 G K G die B e d e u t u n g der Sache f ü r den Antragsteller (Kläger) m a ß g e b e n d , das ist im allgemeinen sein wirtschaftliches Interesse a n der A u f h e b u n g oder Gültigkeit des Verwaltungsaktes. D a in aller Regel die B e d e u t u n g der Sache f ü r den Kläger d e m A n t r a g zu e n t n e h m e n sein wird, d ü r f t e der R a u m f ü r die A n w e n d u n g des § 13 Abs. 1 Satz 2 n u r gering sein. Dennoch h a t es der RegEntw. 8 4 ) bei der gesetzlichen Regelung der W e r t b e r e c h n u n g in der Verwaltungsgerichtsbarkeit (und der Finanzgerichtsbarkeit) a n g e b r a c h t gehalten, auch die wenigen Fälle zu berücksichtigen, in denen eine individuelle B e w e r t u n g n a c h Satz 1 nicht möglich erscheint. F ü r die A n w e n d b a r k e i t des § 13 Abs. 1 Satz 1 G K G soll es a u s Vereinfachungsgründen nicht erforderlich sein, Beweis zu erheben, u m die für eine Bewertung nach § 13 Abs. 1 Satz 1 G K G m a ß g e b e n d e n Merkmale zu ermitteln. Deshalb wird in Satz 2 auf den bisherigen Sach- u n d S t r e i t s t a n d abgestellt.

4. Beispiele zur Streitwertberechnung 55

Bei Abgabenstreitigkeiten ist f ü r die Festsetzung des Streitwertes der B e t r a g der festgesetzten u n d mit der Klage angefochtenen Abgabe maßgebend 8 5 ). N u r ein Jahresb e t r a g der F o r d e r u n g ist z u g r u n d e zu legen, wenn ohne Angabe einer G e s a m t s u m m e laufende Abgaben erhoben werden 8 6 ). B e s t e h t n u r Streit über einen Teil der geforderten Abgabe, so ist n u r der Differenzbetrag als Streitwert heranzuziehen 8 7 ). W e n n aber m i t der Klage lediglich die Stundung solcher Abgaben b e a n t r a g t wird, soll als Streitwert n u r ein Bruchteil der zu zahlenden A b g a b e a n g e n o m m e n werden können 8 8 ).

83 ) Vgl. Rz. 28 zu § 8. S. ferner die Stellungnahme des Gebührenrechtsausschusses des DAV AnwBl. 74, 112, in der zu Recht darauf hingewiesen wurde, daß der Betrag von 4000 DM hätte verdoppelt werden müssen, um für die RAe zu einer angemessenen Vergütung ihrer Tätigkeit in derartigen Rechtstreitigkeiten führen zu können. S. dazu auch AnwBl. 74, 94 (Ziff. 7). Dort ist ausdrücklich die bayerische Regelung in Bezug genommen und daraufhingewiesen worden, daß die Bestimmung des geringen Streitwertes von 4000 DM nicht dazu beitragen kann, für eine Spezialisierung von RAen vernünftige finanzielle Anreize zu fördern, sondern gerade das Gegenteil bewirkt. 84 ) Vgl. Begr. BR-Drucks. 71/74 S 71. 85 ) OVG Münster KostRsp. § 115 Nr. 32. Wird gleichzeitig mit der Anfechtung des Bescheids der Antrag auf Erstattung der etwa zuviel gezahlten Abgaben verbunden, so soll aber keine Zusammenrechnung des Wertes beider Anträge stattfinden. Vgl. auch Sehr. d. OVG-Präs. Bremen v. 22. 1. 69. Vgl. auch Rz. 116 „Abgabestreitigkeiten". 86 ) Zust. auch Noll, Die Streitwertfestsetzung im Verwaltunsgprozeß Rz. 20 S 8 unter Hinw. auf OVG Hamburg Beschl. v. 14. 3. 56 — Bs. I I I 10/56 —. 87 ) OVG Lüneburg Beschl. v. 14. 12. 64 — I I I OVG B 94/64, erwähnt bei Noll a.a.O. 88 ) So BayVGH Beschl. v. 10. 5. 67 — Nr. 45 IV 67 — (10000 DM bei einem zu stundenden Betrag von 48000 DM). Dagegen will das OVG Lüneburg bei der Aussetzung von Erschließungsbeiträgen nur etwa 10% des Stundungsbetrages als Streitwert annehmen, was zweifellos zu niedrig ist. Das Interesse des Klägers entspricht dem Gesamtbetrag. Vgl. dazu auch Rz. 144.

240

X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtbarkeit

§ 114

Der Streitwert bei Klagen auf Erteilung des Anerkennungsbescheides nach §§ 82, 56 83 Abs. 2 WohnBauG ist der zehnfache Betrag der jährlichen Steuerersparnis 89 ). Dazu rechnet neben der Grundsteuer auch die Ersparnis der Grunderwerbsteuer 9 0 ). Richtet sich die Klage gegen die Anordnung des Anschluß- oder Benutzungszwangs, 57 dann ist der Streitwert danach zu ermitteln, welche Bedeutung die Sache für den Kläger hat 9 1 ). Bei Anfechtungsklagen gegen Erschließungsbeitragsbescheide bemißt sich die Höhe des Streitwerts nach den Einwendungen, die der Kläger gegen den Grund u n d die Höhe der Beitragsforderung geltend macht 9 2 ). Der volle Erschließungsbeitrag ist als Streitwert anzunehmen, wenn die Klage den gesamten geforderten Betrag erfaßt. Den Streitwert einer Klage auf Erteilung der Erlaubnis zur Errichtung einer Apo- 58 theke hat das BVerwG 93 ) nur auf 10000 DM festgesetzt, während der Kläger 50000 DM beantragt hatte. Das BVerwG sagt, daß für die Berechnungsgrundlage nicht der vom Kläger nach den mutmaßlichen Jahresumsätzen aufgeschlüsselte Reingewinn maßgeblicher F a k t o r sein könne, auch wenn dieses Interesse vermögensrechtlicher N a t u r sein mag. Der Meinung des BVerwG vermögen wir nicht beizutreten. Es ist der übrigen Rechtsprechung 9 4 ) zuzustimmen, wonach der Streitwert in derartigen Fällen nach dem erzielbaren oder erzielten durchschnittlichen Jahresgewinn festzusetzen ist 95 ). Vgl. auch Rz. 77. I n Ausländersachen wegen Aufenthaltsverbots oder Ausweisung h a t die Rechtspre- 59 chung bisher 96 ) den Regelwert des § 14 G K G (3000 DM) als Streitwert angenommen. E r ist daher jetzt in Anwendung des § 13 Abs. 1 Satz 2 G K G mit 4000 DM festzusetzen, soweit nicht besondere Umstände, insbesondere eine erhöhte Bedeutung f ü r den Antragsteller, eine höhere Bewertung zulassen. Wegep der Streitwertfestsetzung im Aussetzungsverfahren k a n n auf die Erläute- 60 rungen oben Rz. 27 hingewiesen werden. Vgl. dort auch F n . 45. I n Ausweisverfahren (Reisepaß, Flüchtlingsausweis etc.) ist der Wert ebenfalls zu- 61 nächst nach § 13 Abs. 1 Satz 1 GKG entsprechend der Bedeutung der Sache f ü r den Kläger nach Ermessen zu bestimmen. Nur wenn sich daraus keine genügenden Anhaltsp u n k t e für eine Bestimmimg des Streitwertes herleiten lassen, k o m m t § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG zur Anwendung mit dem dort bestimmten Betrag von 4000 DM 9 '). Er89

) OVG Hamburg KostRsp. § 115 Nr. 20; Lauterbach/Hartmann Anm. 4 § 115. ) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 75. ) OVG Münster N J W 64, 1240; OVG Saarland Beschl. v. 7. 11. 69 — I I I R 30/68 (einjähriger Bezugswert der Maßnahme). 92 ) OVG Münster KostRsp. § 115 Nr. 94. 93 ) MDR 59, 417; vgl. auch den Beschl. v. 29. 12. 58 MDR 59, 236. 94 ) OVG Münster KostRsp. § 115 Nr. 64, desgl. OVG Koblenz, die allgemein für Gewerbeund berufsrechtliche Erlaubnisse, speziell aber für die Erteilung einer Apothekenerlaubnis v o m Jahresgewinn ausgehen. 95 ) Zust. auch Noll a.a.O. Rz. 76. 96 ) BayVGH KostRsp. § 115 Nr. 56. S. dazu auch Noll Rz. 31 mit weiteren Nachw. 97 ) Nach bisherigem Recht ist die Rspr. im allgemeinen von dem in § 14 GKG a.F. vorgesehenen Regelwert von 3000 DM ausgegangen. Vgl. dazu OVG Berlin N J W 64, 882 = DÖV 64, 320; B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 89; OVG Lüneburg KostRsp. § 115 Nr. 2. Wenn das OVG Lüneburg dazu allerdings der Meinung ist, daß bei der Streitwertfestsetzung nach Ermessen die Interessen der unterlegenen Verwaltungsbehörde an einer möglichst niedrigen Höhe des Streitwertes zu berücksichtigen sind, so ist dies unzutreffend. Vgl. dazu die gut begründete abl. Anm. von Luetgebrune zu KostRsp. § 115 Nr. 2. Vgl. auch BayVGH BayVBl. 75, 457. 90 91

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§ 114 Z e h n t e r A b s c h n i t t : Gebühren in V e r f a h r e n vor Verwaltungs- u n d Finanzgerichten

geben aber die wirtschaftlichen Interessen des Klägers u n d die finanziellen Auswirkungen bei Erlangung des Ausweises Anhaltspunkte für eine höhere Wertfestsetzung, so m u ß über den Betrag von 4000 DM hinausgegangen werden 98 ). Dabei sind, wenn mehrere Personen (z. B. Eheleute) in einer Klageschrift gegen mehrere Ablehnungsbescheide vorgehen, die Streitwerte nicht zusammenzurechnen. Es handelt sich hierbei nicht u m eine notwendige Streitgenossenschaft 9 9 ). Die Gebührenberechnung erfolgt daher nach den jeweiligen Einzelstreitwerten. 62

Bei Klagen wegen Erteilung oder Versagung einer Baugenehmigung ist der Streitwert nicht etwa nach den vollen Kosten des zu errichtenden Bauwerkes zu bemessen. Es ist vielmehr im Einzelfall festzustellen, welche unmittelbare vermögensrechtliche (wirtschaftliche) Bedeutung u n d Auswirkung die Erteilung oder Versagung der Baugenehmigung h a t . Demgemäß m u ß unterschieden werden, ob die zu erteilende Baugenehmigung die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks schlechthin oder beispielsweise nur die technische Ausführung oder die Lage des Bauwerks innerhalb des Grundstücks betrifft 1 0 0 ). Bei baurechtlichen Nachbarstreitigkeiten richtet sich die Streitwertfestsetzung grundsätzlich nach der von dem Bauvorhaben des Nachbarn drohenden Eigentumsbeeinträchtigung unter Berücksichtigung subjektiver Gesichtspunkte 1 0 1 ).

63

Bei der Klage auf Beseitigung eines Überbaues wird vom LG Bonn 102 ) die Berücksichtigung des Interesses des Beklagten an der Erhaltung des Überbaues für zulässig erachtet. Auch der BayVGH 1 0 3 ) hat bei Ungewißheit über den Wegfall von Nutzungen eines Überbaues diese mit dem 121/2-fachen Jahresbetrag für die Streitwertfestsetzung zugrunde gelegt. Das OVG Hamburg 1 0 4 ) bemißt den Streitwert f ü r eine Anfechtungsklage gegen eine Beseitigungsanordnung nach dem Interesse des Klägers an der Ersparnis der Beseitigungskosten zuzüglich der durch den Beseitigungsvollzug eintretenden Vermögensminderung.

64

Bei der Feststellungsklage über das Bestehen eines Beamtenverhältnisses ist der Streitwert gemäß § 17 Abs. 3 GKG zu ermitteln. Dieser sieht vor, daß für die Berechnung des Wertes bei Geltendmachung der Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amts Verhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden k a n n sowie bei Ansprüchen von Arbeitnehmern der dreifache Jahresbetrag der wiederkeh-

»») B V e r w G K o s t R s p . § 115 N r . 15 u n d N r . 22 (hier: 30000 DM). " ) V G Berlin K o s t R s p . § 115 N r . 7 m i t z u s t . A n m . von L u e t g e b r u n e a.a.O. 10 °) Vgl. O V G E R h e i n l a n d - P f a l z u n d Saarland B d . 6 S 227. Bei W o h n h ä u s e r n n i m m t die Rechtsprechung bis 1 / 7 a n (OVG H a m b u r g K o s t R s p . § 115 N r . 10; OVG Saar Beschl. v . 25. 11. 66 — I I W 21/66; angeschlossen L a u t e r b a c h / H a r t m a n n § 115 B R A G e b O Stichwort „Baurechtliche A n g e l e g e n h e i t e n " ; Gerold-Schmidt R z . 1. Bei Garagen u n d gewerblichen B a u t e n : 1 / 5 der B a u k o s t e n . D a s OVG Münster (vgl. Noll a.a.O. R z . 34) b e r e c h n e t in diesen Fällen den Streitwert nach der Wertsteigerung des B o d e n w e r t e s (Differenz zwischen Bodenpreis vor u n d n a c h der E r t e i l u n g der Bauerlaubnis). Völlig u n t e r b e w e r t e t v o m VG F r e i b u r g N J W 72, 1683, das n u r 5 % (!) der B a u k o s t e n s u m m e festgesetzt h a t , worauf a u c h d a s VG M a n n h e i m N J W 73, 1094 hinweist. Vgl. a u c h OVG L ü n e b u r g B ü r o 74, 351 m i t A n m . von Mümmler. 101 ) OVG Münster N J W 73, 1961. Vgl. a u c h OVG Berlin N J W 71, 74 m i t g u t e n Argumenten. 102 ) N J W 61, 1823. 103 ) K o s t R s p . § 115 N r . 44. 104 ) OVG H a m b u r g K o s t R s p . § 115 N r . 24.

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X . Der Gegenstandswert in V e r f a h r e n der V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t

§ 114

renden Leistungen maßgebend ist, soweit nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Damit ist eine alte Streitfrage geklärt worden, freilieh in einem für die RAe nicht erfreulichen Sinne. Bisher war nämlich für Ansprüche von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen bestimmt, daß der Streitwert sich nach dem fünffachen Jahresbetrag der geforderten Leistungen errechnet. Die Auffassungen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit waren aber zu der Frage, welcher Streitwert bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus Beamtenverhältnissen und ihnen gleichstehenden Verhältnissen anzunehmen ist, uneinheitlich. Teils wurde der fünffache Jahresbetrag, teils nur der einfache Jahresbetrag zugrunde gelegt. Wir haben seit jeher den S t a n d p u n k t vertreten, daß § 13 Abs. 4 GKG a.F. (bisher fünffacher Jahresbetrag) auch f ü r die wiederkehrenden Ansprüche aus dem Beamtenverhältnis maßgebend ist 105 ). J e t z t ist aber aufgrund der durch § 13 Abs. 1 GKG für anwendbar erklärten Vorschrift des § 17 Abs. 3 GKG n.F. als Streitwert in derartigen Rechtstreitigkeiten jeweils der dreifache Jahresbetrag maßgebend. Rückstände aus der Zeit vor der Einreichung der Klage werden dem Streitwert hinzugerechnet, § 17 Abs. 4 GKG. § 17 gilt in gleicher Weise auch in versorgungsrechtlichen Angelegenheiten. I m Beweissicherungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht ist ebenfalls wie im 65 Zivilprozeß der Gegenstandswert nach dem Streitwert des Hauptprozesses zu bestimmen 106 ). Bei Klagen auf Erteilung der Bodenverkehrsgenehmigung kann nicht der volle 66 Grundstückswert als Streitwert angenommen werden 107 ). Noll 108 ) hält eine maßvolle Kürzung der für die Klagen auf Erteilung der Baugenehmigungen maßgeblichen Werte für angebracht (Kürzung u m % bis 1 / 3 ). Die Zugrundelegung nur eines Bruchteils von 1 / 2 , wie sie das OVG Bremen für Klagen auf Erteilung solcher Genehmigungen vornimmt, f ü h r t in jedem Fall zu ungerechtfertigt niedrigen Streitwerten. F ü r den Antragsteller (Kläger) geht es hierbei um die Frage der Bebaubarkeit des Grundstücks und häufig überhaupt u m die Durchführbarkeit eines Verkaufs des Grundstücks. F ü r das Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung wird von der H ä l f t e 67 des Streitwertes der Hauptsache ausgegangen 109 ). 105

) Vgl. d a z u a u c h S c h u m a n n N J W 61, 2297. Die Vorschrift des § 17 G K G n F gilt auch in gleicher Weise in versorgungsrechtlichen Angelegenheiten, vgl. dazu B a y V G H Beschl. v. 28. 10. 58 N r . 88 V I I I 57. Vgl. ferner OVG L ü n e b u r g D Ö V 57, 483 u n d BayVBl. 59, 715; L a p p e G K G R z . 20 zu § 17. E b e n s o gilt § 17 G K G n F in Streitigkeiten wegen Witwengeld, bei positiven Feststellungsklagen ist ein Abschlag von 2 0 % zu m a c h e n , OVG Münster AnwBl. 57, 220. 106 ) A.M. B a y V G H B a y V B l . 73, 52, w o n a c h zwar das Interesse des Antragstellers a n diesem Verfahren m a ß g e b e n d sein soll, wobei dieses aber nicht dem Interesse a m H a u p t s a c h e s t r e i t entsprechen müsse. Vgl. z u m Streitwert im Beweissicherungsverfahren der Zivilgerichtsbarkeit R z . 13 zu § 48 u n d R z . 234 zu § 8 (§ 3 ZPO). 107 ) B a y V G H K o s t R s p . § 115 N r . 40. Vgl. auch L a u t e r b a c h / H a r t m a n n Anh. § 115 B R A G e b O A n m . 4 Stichw. „ B o d e n v e r k e h r s g e n e h m i g u n g " : A n h a l t s p u n k t ist die H ä l f t e des Kaufpreises (bei der Auflassung) oder der E r h ö h u n g des Verkehrswertes, bei Teilung. D a s OVG H a m b u r g geht von einem Teil des W e r t e s der B a u g e n e h m i g u n g aus: K o s t R s p . § 115 B R A G e b O N r . 10. 108 ) A.a.O. R z . 190ff S 73. W e n n der B a y V G H K o s t R s p . § 115 N r . 84 f ü r V e r f a h r e n über Vorgänge n a c h §§ 19ff B B a u G den Streitwert n a c h d e m Regelwert f ü r nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten bemessen h a t , so ist aber j e t z t in A n w e n d u n g des § 13 Abs. 1 Satz 1 G K G der W e r t entsprechend dem Ermessen in W ü r d i g u n g der wirtschaftlichen Interessen des Klägers höher festzusetzen. Satz 2 von § 1 3 Abs. 1 m u ß hierbei in aller Regel ausscheiden. 109 ) Vgl. B a y V G H K o s t R s p . § 115 N r . 97; OVG Münster, OVG H a m b u r g , V G H Kassel, e r w ä h n t auch bei Noll a.a.O. R z . 134.

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§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

68

Im Enteignungsverfahren geht es für den Abtretungspflichtigen nicht lediglich um die Rechtmäßigkeit des die Enteignung verfügenden Verwaltungsaktes, sondern hauptsächlich um sein materielles Interesse an der Erhaltung des Eigentums. Für die Errechnung des Streitwertes im Enteignungsstreit ist daher von dem Verkehrswert des zu enteignenden Grundstücks auszugehen110). Dies gilt auch im Planungsverfahren, wenn Grundstücke oder Grundstücksteile in Anspruch genommen werden111). Ebenso ist der Streit um die Rechtmäßigkeit eines Planfeststellungsbeschlusses vermögensrechtlich. Der Streitwert bemißt sich daher nach dem Interesse des Klägers am Erfolg der Klage 112 ). Wenn dagegen der BayVGH 113 ) im Verfahren gegen eine eisenbahnrechtliche Planfeststellung ohne nähere Begründung nur den Regelwert für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten (damals 3000 DM) zugrunde legen will, so wird dies den vermögensrechtlichen, wirtschaftlichen Interessen des Klägers nicht gerecht. Bei der Anfechtung der Widmung einer Ortsstraße ist das Interesse der Beteiligten im Wege der Schätzung zu ermitteln, wenn sich aus dem Sach- und Streitstand keine genügenden Anhaltspunkte für eine andere Bewertung ergeben. Nach Auffassung des BayVGH 114 ) soll in solchen Fällen von dem Hilfswert (jetzt 4000 DM, § 13 Abs. 1 GKG) lediglich dann nach oben abzuweichen sein, wenn die wirtschaftlichen Interessen der Beteiligten greifbar aus dem Streit hervortreten. Primär ist aber nach der Neufassung des § 13 GKG nicht der Hilfswert heranzuziehen, vielmehr anhand des Sach- und Streitstandes das tatsächliche wirtschaftliche Interesse der Klagepartei festzustellen und zu bewerten.

69

Der Streitwert einer Klage auf Erteilung oder wegen Entziehung einer Fahrerlaubnis ist nach der Bedeutung der Sache für den Kläger zu bestimmen (§13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Der Hilfswert von 4000 DM (§ 13 Abs. 1 Satz 2 GKG) kann nur in Ausnahmefällen Anwendung finden. Das Interesse des Klägers ist zu berücksichtigen, z.B. ob die Fahrerlaubnis nicht nur für private Zwecke, sondern auch aus beruflichen oder geschäftlichen Gründen benötigt wird115).

70

Bei der Bemessung des Streitwerts in Flurbereinigungssachen, mit denen die Verletzung des Anspruchs auf gleichwertige Abfindung gerügt wird, kann nicht der Verkehrswert der in Streit befindlichen Grundstücke zugrunde gelegt werden; denn er ist n o ) Vgl. dazu OVG Hamburg DVB1. 54, 30. Bei Teilflächen aus einem Grundstück ist der Wert dieser Teilflächen maßgebend, BGH N J W 63, 2173. Handelt es sieh nur darum, daß ein Grundstück mit einer Leitung überspannt und durch einen Mast an der Grenze in einem Umfang von etwa 2,5 qm unbenutzbar wird, so bildet die dadurch bedingte Minderung des Verkehrswertes des Grundstücks den Ausgangspunkt für die Wertberechnung: BayVGH KostRsp. §115 Nr. 60. Dieser Minderwert beträgt bei einem landwirtschaftlichen Grundstück, das mit einem Leitungsrecht belastet ist, etwa 20 v. H. des Verkehrswertes, OLG Nürnberg U R d L 69 295. 1 U ) BGH MDR 68, 655. 112 ) OVG Hamburg — 9.1. 69 — B S I I 17/68 — . 113 ) Beschl. v. 25. 5. 66 — Nr. 53 V 65. Vgl. auch Noll aaO Rz. 108. S. ferner dazu VGH Kassel Beschl. v. 6.11. 68 — I I T E 24/68 — , der für die Klage eines Landwirts gegen einen Planfeststellungsbeschluß über den Ausbau einer Landstraße den Streitwert nach dem Interesse des Klägers festgesetzt hat. 114 ) KostRsp. Nr. 43 zu § 115 BRAGebO. Zum administrativen Enteignungsverfahren vgl. Haupt DVB1. 69, 174. U 5 ) So auch Lauterbach-Hartmann Anh. §115 BRAGebO Anm. 4 Stichw. „Fahrerlaubnis"; Noll a.a.O. S 72. Das VG Köln N J W 70, 2229 hält eine Abstufung nach den Klassen der Fahrerlaubnis für erforderlich, was auch wieder auf die Bedeutung der Sache für den Kläger hinausläuft. Dagegen nimmt das OVG Lüneburg N J W 67, 2078 in entsprechender Anwendung des § 3 ZPO 3000 DM für private Zwecke und 5000 DM für berufliche Zwecke als Streitwert an.

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X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 114

nicht identisch mit dem Minderwert des Neu- im Vergleich zum Altbesitz, den die Kläger aus der Gegenüberstellung von Einlage- u n d Ersatzgrundstücken geltend machen wollen. Auch Anträge auf Bodenverbesserungsmaßnahmen, die dazu dienen, die Wertgleichheit der Abfindung herzustellen, können zur Streitwertbemessung nicht mit deren tatsächlichem Kostenaufwand herangezogen werden; denn entscheidend ist auch hier die Beseitigung des von den Klägern behaupteten Minderwerts u n d nicht der hierzu erforderliche Aufwand, wie auch Art u n d Ausmaß der zur Herbeiführung der Wertgleichheit der Abfindung etwa gebotenen Maßnahmen im Falle der Begründetheit der Klage von den Anträgen des Klägers nicht abhängig sind (vgl. § 146 Ziff. 1 FlurBG) 1 1 6 ). Bei Fürsorgesachen handelt es sich u m wiederkehrende Leistungen, so daß der 71 Streitwert sich nach § 17 Abs. 1 G K G wie bei einer gesetzlichen Unterhaltsrente nach dem Jahresbetrag richtet, falls der geforderte Betrag nicht geringer ist 117 ). Auch der Streitwert einer auf Gewährung von Erziehungsbeihilfe gerichteten Klage berechnet sich regelmäßig nach dem Wert des einjährigen Bezuges (§17 Abs. 1 GKG) 118 ). Das wird wie folgt begründet: D a nach bürgerlichem Recht die Gewährung einer Schul u n d Berufsausbildung vornehmlich den Unterhaltsverpflichteten obliegt u n d die Erziehungsbeihilfe auch nur bei einem entsprechenden wirtschaftlichen Unvermögen des Unterhaltsverpflichteten gewährt werden kann, erscheint es gerechtfertigt, die Erziehungsbeihilfe in bürgerlich-rechtlicher Hinsicht gleich zu behandeln, wie den bürgerlichrechtlichen Anspruch auf Erfüllung eines gesetzlichen Unterhaltsanspruches u n d den Streitwert nicht, wie der Beschwerdeführer meinte, auf den Gesamtbetrag der begehrten Erziehungsbeihilfe, sondern nach § 13 (jetzt § 17) Abs. 1 GKG festzusetzen. Rückstände aus der Zeit vor Einreichung der Klage werden in Anwendung des § 1 7 Abs. 4 G K G dem Streitwert hinzugerechnet. Beim Streit u m Gemeindenutzungsrechte setzt der BayVGH 1 1 9 ) den Streitwert 72 eines derartigen Rechts auf wiederkehrende Leistungen von unbeschränkter Dauer zutreffend auf den 25 fachen Betrag des einjährigen Bezugs fest. Die Ansprüche der einzelnen Kläger sind dabei zusammenzurechnen 1 2 0 ). I m Verfahren wegen Eintragung in die Handwerksrolle ist der Streitwert nach dem 73 vermögensrechtlichen Interesse des Klägers zu bestimmen, das in der Erlangung geldwerter Vorteile liegt. Maßgebende Anhaltspunkte sind hierbei der Umfang des Betriebes u n d der jährlich erzielte Gewinn 121 ). Eine Klage auf Erteilung einer Häftlingsbescheinigung (Häftlingshilfe) wird streit- 74 wertmäßig grundsätzlich mit 4000 DM zu bewerten sein 122 ). Ist aber der Betrag der Häftlingsentschädigung höher, dann wird dieser Betrag zugrunde gelegt, auch wenn die Haftentschädigimg nicht Gegenstand des Rechtstreits ist. H a t der Kläger außer der 116

) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 66 und Nr. 98. ) BVerwG KostRsp. § 115 Nr. 28; OVG Lüneburg DVB1. 51, 483. 118 ) OVG Lüneburg Büro 59, 480. 11B ) KostRsp. § 115 Nr. 36. 12 °) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 42. 121 ) OVG Hamburg v. 6. 6. 58 BS I 28/58, erwähnt bei Lauterbach-Hartmann Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4 Stichw. „Handwerksrecht". Vgl. auch Noll a.a.O. S 80. Ebenso ist der Streitwert für die Erteilung der Befugnis zur Ausbildung von Lehrlingen nach der Bedeutung der Sache für den Kläger festzusetzen (§ 13 Abs. 1 Satz l GKG). 122 ) So auch BVerwG KostRsp. § 115 Nr. 68. 117

245

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten H a f t e n t s c h ä d i g u n g bereits weitere Leistungen b e a n t r a g t , sei es auch n u r bei der Verwaltungsbehörde, d a n n können diese je n a c h den U m s t ä n d e n des Einzelfalles in derselben Weise m i t berücksichtigt werden. W i r d die H a f t e n t s c h ä d i g u n g oder eine andere Leistung n e b e n der Häftlingsbescheinigung eingeklagt, d a n n wird der Leistungsantrag nicht besonders bewertet, soweit er bereits in d e m W e r t der Häftlingsbescheinigung enthalten ist. 75

Bei einer Anfechtungsklage, mit der sich ein im Gefahrenbereich wohnender Bürger gegen (Teil-)Genehmigungen zur E r r i c h t u n g eines Kernkraftwerkes wendet, k o m m t es f ü r die F e s t s e t z u n g des Streitwertes im verwaltungsgerichtlichen Verfahren auf den W e r t a n , den das Rechtschutzbegehren f ü r den Kläger h a t . I m Verwaltungsgerichtsprozeß k a n n jeder grundsätzlich n u r seine eigenen Interessen w a h r n e h m e n (vgl. A r t . 19 Abs. 4 G G ; § 42 Abs. 2 VwGO). Die K o s t e n der E r r i c h t u n g der Anlage u n d deren wirtschaftliche B e d e u t u n g müssen außer B e t r a c h t bleiben 1 2 3 ).

76

Der Streitwert eines Verwaltungsstreitverfahrens, das die Genehmigung zur K ü n d i gung eines Kleingartenpachtverhältnisses (§ 1 Abs. 3 KSchVG) betrifft, ist auf den J a h r e s b e t r a g des Pachtzinses festzusetzen 1 2 4 ).

77

Konzessionserteilungen n a c h der Gewerbeordnung sind vermögensrechtliche Streitigkeiten i.S. des G K G . D a h e r k a n n hier der Hilfswert von 4000 DM, wie ihn § 13 Abs. 1 Satz 2 G K G vorsieht, keine A n w e n d u n g finden. Derartige Konzessionen h a b e n f ü r den Kläger immer eine so große B e d e u t u n g , d a ß ein Streitwert von n u r 4000 DM wesentlich hinter der B e d e u t u n g der Sache zurückbleiben würde. Wegen E r l a u b n i s zur E r r i c h t u n g einer A p o t h e k e vgl. oben R z . 58. Die n a c h s t e h e n d e n Beispiele zeigen, d a ß die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung auch diesen Gesichtspunkten R e c h n u n g t r ä g t : Genehmigung einer Borstenzurichterei: Festsetzung nach Ermessen 1 2 5 ). G a s t s t ä t t e n Konzessionserteilung ebenfalls Festsetzung n a c h Ermessen 1 2 6 ). Bei Streit u m die Erteilung der Genehmigung n a c h § 16 GewO h a t das OVG Münster 1 2 7 ) den Streitwert mit 500 000 DM n a c h dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers a n der Genehmigung bewertet, f ü r das die Bau- u n d Einrichtungskosten der geplanten Anlage einen wichtigen A n h a l t s p u n k t boten. Die Festsetzung des Streitwertes nach Ermessen erfolgt ferner bei der E n t z i e h u n g der E r l a u b n i s z u m H a n d e l m i t unedlen Metallen 1 2 8 ), bei der E i n t r a g u n g in die Handwerksrolle 1 2 9 ), bei der E n t z i e h u n g des Hauptmietrechtes 1 3 0 ), 123 ) BVerwG DVB1. 72, 678 (682) = N J W 72, 1294 (L). Das BVerwG hielt a.a.O. einen Streitwert von 10000 DM für angemessen. Das öffentliche Interesse an der Versorgungssicherheit der Allgeraeinheit muß bei der Interessenabwägung selbst dann außer Betracht bleiben, wenn das beigeladene Energieversorgungsunternehmen gegen die vom VG beschlossene Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage gegen die Genehmigung eines Kernkraftwerkes Beschwerde eingelegt hat. So VGH Mannheim DÖV 75, 744 = N J W 76, 78; a.M. BayVGH GewArch 75, 61. 124 ) OVG Hamburg KostRsp. § 115 Nr. 19. 125 ) BayVGH Beschl. v. 18. 6. 59 — Nr. 117 VI 58 —. 126 ) BayVGH v. 11. 9. 58 BayVBl. 59, 14; Lauterbach/Hartmann Anh. zu § 115 Stichwort Gewerbereoht. 127 ) AnwBl. 64, 83. 12S ) BayVGH Beschl. v. 26. 3. 59 — Nr. 113 VI 58 —. 129 ) BayVGH Beschl. v. 26. 3. 59 — Nr. 270 VI 57 — und OVG Hamburg bei Lauterbach/ Hartmann Anh. zu § 115 Stichwort: Handwerksrecht. Vgl. auch oben Rz. 73. 130 ) BayVGH Beschl. v. 12. 9. 59 — Nr. 107 I I 57.

246

X . Der Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit

§ 114

131

Feststellung der Unzulässigkeit der Jagdverpachtung ), Zurücknahme der Milchhandelserlaubnis 132 ), Versagung der Wohnsiedlungsgenehmigung 133 ), oder Taxengenehmigung 134 ). Bei der E r m i t t l u n g des Streitwertes in Lastenausgleichssachen ist durch § 334 Abs. 3 78 LAG keine Wertgrenze gesetzt, weder nach oben noch nach unten. Der Streitwert ermittelt sich vielmehr nach den allgemeinen Grundsätzen des Kostenrechts. Von dem sich dann ergebenden Streitwert ist der Mindestsatz f ü r die Gebührenberechnung anzusetzen 135 ). Der Streitwert für eine Klage auf Beseitigung der Einstellung, d.h. auf Anerkennung der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit des Weiterbezugs von Unterhaltshilfe nach dem LAG bemißt sich nach § 17 Abs. 1 GKG auf den einjährigen Betrag der begehrten Leistung 1 3 6 ). Bei der Kriegsschadenrente wird im allgemeinen der Jahresbetrag als Streitwert angenommen, wobei die Zuschläge f ü r die Angehörigen außer Betracht bleiben. Beim Streit u m einen Währungsausgleich berechnet sich der Streitwert nach der Höhe des Ausgleichsbetrages ohne Zinsen. Bei der Schadensfeststellung wird die H ä l f t e des davon abhängigen Betrages der Hauptentschädigung angenommen 1 3 7 ). Bei der Festsetzung des Streitwertes einer Klage auf Erteilung einer Auskunft aus 79 dem Melderegister ist zu berücksichtigen, daß die Verwaltungsbehörde bei nicht berechtigter oder schuldhafter Auskunfterteilung aus dem Register mit Haftungsansprüchen zu rechnen h a t . I m Regelfall ist daher für die Festsetzung jedenfalls die Höhe des in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG bestimmten Wertes maßgebend 1 3 8 ). Der Streitwert in Personalvertretungssachen kann nur in entsprechender Anwendung des § 13 GKG n F festgesetzt werden. Gerichtsgebühren u n d -Auslagen werden in diesem Verfahren nicht erhoben (vgl. oben F n . 5). Die Rechtsprechung h a t bisher den Streitgegenstand als nichtvermögensrechtlich angesehen und im Normalfall einen Gegenstandswert von 3000 DM festgesetzt (§ 14 GKG a.F.), jetzt also 4000 DM gem ä ß § 13 GKG n. F. 138a ).

79a

Der Streitwert eines Richterablehnungsverfahrens richtet sich nach dem vollen 80 Wert der Hauptsache 1 3 9 ). Bei Streitigkeiten über die Erteilung von Waffenscheinen kann bei der Streitwert- 8t bemessung mit Rücksicht auf das diesen Streitigkeiten innewohnende öffentliche 131

) B a y V G H Beschl. v. 23. 11. 59 — Nr. 135 IV 58 —. ) BayVGH Beschl. v. 21. 5. 59 — Nr. 45 VI 58 —. ) BayVGH Beschl. v. 20. 3. 57. 134 ) VG Hamburg KostRsp. § 115 Nr. 1] (5000—7000 DM). 135 ) OVG Koblenz N J W 55, 1574; Noll S 96—99; Contag AnwBl. 67, 77. 136 ) LVG Hannover Kammer Osnabrück Büro 59, 214. 137 ) Vgl. auch Lauterbach/Hartmann Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4 Stichw. „Lastenausgleich". 138 ) So auch B a y V G H KostRsp. Nr. 50 (6000 DM entsprechend dem jedoch inzwischen aufgehobenen Art. 23 Abs. 1 Satz 3 BayKG). 138») O V G Lüneburg N J W 61, 938; Noll a.a.O. S 105; Lauterbach/Hartmann Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4 Stichw. „Personalvertretungssachen"; dagegen hat das VG München Beschl. v. 1. 12. 75 — M 9 X I V 75 — unter Berufung auf die neue Vorschrift des § 13 GKG den Streitwert auf 6000 DM festgesetzt. S. ferner B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 31. Vgl. auch Göttlich Büro 60, 417. 139 ) Vgl. auch Noll a.a.O. Rz. 139ff. S. ferner Rz. 317 zu § 8 (§ 3 ZPO) und die dort in Fn. 252 angegebene umfangreiche Rspr. Ebenso B a y V G H BayVBl. 72, 421. Es kann insoweit für verwaltungsgerichtliche Verfahren nichts anderes gelten als im Zivilprozeß. 132

133

247

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

(sicherheitsrechtliche) Interesse sowie im Hinblick auf das Interesse des Bewerbers an einem besseren Schutz von Leben und Gesundheit der Wert von 4000 DM (§13 Abs. 1 Satz 2 GKG) nicht unterschritten werden 140 ). 82

Bei Anfechtung der Ungültigkeitserklärung einer Wahl durch mehrere Ratsmitglieder ist kein Gesamtstreitwert aus sämtlichen Einzelstreitwerten zu bilden 111 ). Dies gilt auch dann, wenn sich mehrere Kläger u m die Besetzimg eines Ausschußsitzes in einem Bezirkstag bewerben 142 ). Bei der Anfechtung einer Gemeindewahl rechtfertigt die H ö h e der Kosten einer etwaigen Wiederholung der Wahl oder die Höhe der Aufwandsentschädigung für den jeweiligen Inhaber des betreffenden Ehrenamtes keine höhere Bewertung 1 4 3 ).

83

Wird mit der Klage die Zwangsgeldandrohung mit der Begründung angefochten, eine Zuwiderhandlung liege nicht vor, so bestimmt sich der Streitwert nicht nach der H ö h e des angedrohten Zwangsgeldes. Zu berücksichtigen ist das wirtschaftliche Interesse des Klägers an der Fortsetzung der beanstandeten Tätigkeit 1 4 4 ).

XI. Die Streitwertfestsetzving 84

Auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren hat die Festsetzung des Streitwertes durch Beschluß zu erfolgen, wobei § 25 G K G n . F . (früher § 23) nunmehr allgemein auch in diesen Sachen maßgebend ist. Der nach Abs. 1 ergehende Beschluß ist mit der Beschwerde anfechtbar (§ 25 Abs. 2 GKG). Der R A k a n n gemäß § 9 Abs. 2 BRAGebO aus eigenem Recht die Festsetzung des Wertes beantragen u n d Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, k a n n er aus eigenem Recht ergreifen (vgl. die Erläuterungen zum § 9). Wenn gegen solche Beschlüsse die Beschwerde zulässig ist, so bleibt es dabei, daß der R A im eigenen Namen eine solche Beschwerde einlegen kann. Das gilt auch dann, wenn der Streitwert zu hoch festgesetzt ist, was aber wohl k a u m praktisch werden wird. I n der Regel wird er Beschwerde einlegen, wenn der Streitwert zu niedrig oder überhaupt nicht festgesetzt worden ist. Da auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren die Vorschriften des G K G anzuwenden sind, gilt auch die in § 25 GKG enthaltene Bestimmimg, daß der festgesetzte Streitwert vom Gericht im Laufe des Verfahrens von Amts wegen geändert werden kann. B. Die Gebühren für Verfahren vor den Finanzgerichten I. Allgemeines

85

I n den streitigen Steuersachen, also in den finanzgerichtlichen Verfahren gelten ebenfalls die Vorschriften des § 114 BRAGebO. Zusätzlich ist noch § 117 zu beachten, der vorschreibt, daß der R A die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher 14 °) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 72 (damals 6000 DM nach BayKG). Vgl. auch B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 83 bei der Klage gegen eine polizeiliche Beschlagnahme von Gewehren. 141 ) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 34. 142 ) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 38. 143 ) B a y V G H KostRsp. § 115 Nr. 59 mit zust. Anm. von Luetgebrune. Wegen Anfechtung der Wahl eines Landrats s. OVG Lüneburg MDR 51, 189 = DVB1. 51, 91. Wegen Ablehnung von Wahlvorschlägen s. OVG Lüneburg II, OVG B 204/50. 144 ) VGH Mannheim N J W 73, 1094, 1898 mit weit. Nachw. in Anm. der Schriftleitg.

248

III. Nichtstreitige Steuersachen

§ 1X4

Verhandlung erhält, wenn im finanzgerichtlichen Verfahren ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Der frühere Abs. 1 des § 117, wonach im Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit § 23 (Vergleichsgebühr) nicht galt, ist durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) ersatzlos gestrichen worden. Auch in Steuerprozessen sind also nach § 114 Abs. 1 die Bestimmungen des 3. Abschnitts (§§ 31 ff) sinngemäß anzuwenden, so daß in solchen Verfahren die Regelgebühren entstehen. Der Abs. 2 bestimmt ergänzend, daß im erstinstanzlichen Verfahren vor dem Bundesfinanzhof die Gebühren nach § 11 Abs. 1 Satz 2 u n d im Verfahren vor dem Finanzgericht nach § 11 Abs. 1 Satz 1 erhoben werden können. Die erhöhten Sätze des Berufungs- und Revisionsverfahrens (13/io) können also erst im höheren Rechtszug erhoben werden und im erstinstanzlichen Verfahren vor dem B F H . Dagegen gilt das Verfahren vor dem Finanzgericht als solches der 1. Instanz, so daß die Gebühren dort nur je 10 / 10 betragen 145 ). Vgl. unten Rz. 98. Hinsichtlich der Entstehung der Verhandlungsgebühr in Steuerprozessen stellt § 117 klar, daß in den in der Vorschrift des § 114 genannten Verfahren die Verhandlungsgebühr des § 31 Ziff. 2 auch dann anfällt, wenn entschieden wird und keine mündliche Verhandlung stattgefunden h a t . Diese Regelung entspricht zwar der Vorschrift des § 35, jedoch hat sie für das Verfahren vor den Finanzgerichten nach wie vor Bedeutung wegen der Möglichkeit des Vorbescheides (§ 90 Abs. 3 FGO) und der Übergangsregelung für den B F H (§ 159 FGO) 116 ). Wegen der Erledigungsgebühr und Vergleichsgebühr s. unten Rz. 107 u n d die Erläuterungen zu §§ 23, 24. Auf das bestehende gesetzliche Verbot der Vereinbarung eines Erfolgshonorars (quota litis) soll noch besonders hingewiesen werden 147 ). Das schließt freilich nicht aus, daß in Steuersachen sonstige Honorarvereinbarungen (§ 3) getroffen werden dürfen. Vgl. auch Rz. 183 zu § 118.

II. Das Steuerstrafverfahren Die Vertretung im Steuerstrafverfahren fällt nicht unter die Vorschrift des § 114. 86 Hierfür sind die Gebührenbestimmungen in Strafsachen §§ 95, 97, 105 anzuwenden. Vgl. die Erläuterungen zu diesen Vorschriften.

III. Nichtstreitige Steuersachen Die Vorschrift des § 114 findet nur Anwendung auf das finanzgerichtliche Verfahren, 87 also auf streitige Steuersachen, nicht dagegen ist die Vorschrift auf nichtstreitige Steuerangelegenheiten anzuwenden. Solche Angelegenheiten können z.B. sein a) Anfertigung oder P r ü f u n g einer Steuererklärung samt Beilagen, b) schriftliche Stundungs- u n d Erlaßgesuche, c) Beschwerden gegen Ablehnung von Stundungs- u n d Erlaßgesuchen, d) sonstige Eingaben, 145

) Bestätigt B F H B B 68, 1414 mit Anm. von Boeker. ) Wegen Einzelheiten vgl. bei § 117. S. auch Lauterbach/Hartmann Anm. 3 § 117; R S Rz. 4 § 117. 147 ) Vgl. dazu BGH N J W 62, 262. S. auch Rz. 30ff zu § 3. Nach § 9 SteuerberG i.d.F. v. 4.11. 75 (BGBl. I, 2235 = BGBl. III 610—10) ist eine Vereinbarung, durch die als Entgelt für eine Hilfeleistung in Steuersachen ein Teil der zu erzielenden Steuerermäßigung, Steuerersparnis oder Steuervergütung ausbedungen ist (quota litis) nichtig. 146

249

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten e) T e i l n a h m e a n m ü n d l i c h e n oder schriftlichen V e r h a n d l u n g e n m i t S t e u e r b e h ö r d e n a u s A n l a ß einer B e t r i e b s p r ü f u n g , f ) T e i l n a h m e a n m ü n d l i c h e n oder schriftlichen V e r h a n d l u n g e n m i t S t e u e r b e h ö r d e n z u m Zwecke der K l ä r u n g v o n Zweifelsfragen oder der Erzielung v o n A b k o m m e n ü b e r eine b e s t i m m t e steuerliche B e h a n d l u n g gewisser bereits verwirklichter oder erst g e p l a n t e r T a t b e s t ä n d e . Diese T ä t i g k e i t e n fallen u n t e r § 118 Abs. 1. Die G e b ü h r e n d a f ü r sind d a h e r n i c h t n a c h § 114, s o n d e r n n a c h § 118 Abs. 1 zu b e r e c h n e n (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n d o r t R z . 177 ff).

IV. Raterteilung, Auskunft, Gutachtenerstattung 88

Die R a t - oder A u s k u n f t s e r t e i l u n g in Steuersachen, gleichgültig ob in streitigen o d e r n i c h t s t r e i t i g e n Angelegenheiten oder in S t e u e r s t r a f s a c h e n r i c h t e t sich n a c h der Vorschrift des § 20 (s. die E r l ä u t e r u n g e n dort). F ü r G e b ü h r e n bei G u t a c h t e n e r s t a t t u n g ist dagegen die Vorschrift des § 21 m a ß g e b e n d (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n d o r t ) . F ü r die A u s a r b e i t u n g eines schriftlichen G u t a c h t e n s ü b e r die Aussichten einer Ber u f u n g oder einer Revision e r h ä l t der R A eine volle G e b ü h r n a c h § 11 Abs. 1 Satz 2. Die G e b ü h r ist auf eine P r o z e ß g e b ü h r , die im B e r u f u n g s - oder R e v i s i o n s v e r f a h r e n e n t s t e h t , a n z u r e c h n e n (§ 21a). § 2 1 a gilt jedoch n i c h t in den in § 20 Abs. 1 Satz 2 gen a n n t e n s t r a f r e c h t l i c h e n , b u ß g e l d r e c h t l i c h e n oder sonstigen Angelegenheiten, in d e n e n die G e b ü h r e n n i c h t n a c h d e m G e g e n s t a n d s w e r t b e r e c h n e t w e r d e n . F ü r diese ist § 21 maßgebend.

V. Finanzgerichtliches Verfahren und Rechtsmittelverfahren 89

Die Vorschrift des § 114 ist auf d a s finanzgerichtliche V e r f a h r e n u n d d a s R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n in Steuersachen a n z u w e n d e n . E s h a n d e l t sich insbesondere u m folgende V e r f a h r e n : 1. Die Anfechtungsklage (§ 40 FGO) Diese ist eine Gestaltungsklage, m i t der die ganze oder teilweise A u f h e b u n g oder Ä n d e r u n g eines V e r w a l t u n g s a k t e s b e g e h r t wird. 2. Die Leistungsklagen (§ 40 i.Verb. mit § 101, § 46 FGO)

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Als L e i s t u n g s k l a g e n k o m m e n in B e t r a c h t : a) die Verpflichtungsklage. Mit ihr wird die V o r n a h m e eines a b g e l e h n t e n oder u n t e r lassenen V e r w a l t u n g s a k t e s b e g e h r t ; b) die Leistungsklage im eigentlichen Sinn. Diese ist auf die F o r d e u r n g einer a n d e r e n L e i s t u n g als der V o r n a h m e eines a b g e l e h n t e n oder u n t e r l a s s e n e n V e r w a l t u n g s a k t e s , z. B . einer Geldleistung oder auf die U n t e r l a s s u n g eines V e r w a l t u n g s a k t e s gerichtet. Die Vorschrift des § 40 m i t der Regelung der Klagemöglichkeit u m f a ß t d e n finanzgerichtlichen R e c h t s s c h u t z gegenüber allem f ü r rechtswidrig g e h a l t e n e n V e r w a l t u n g s v e r h a l t e n (Tun oder Unterlassen) 1 4 8 ). 3. Die Revision

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Gegen Urteile eines F i n a n z g e r i c h t s (§ 36 N r . 1 F G O ) s t e h t den Beteiligten die Revision a n den B u n d e s f i n a n z h o f zu. 148

250

) Vgl. Ziemer-Birkholz FGO Rz. 1, 2 zu § 40 und Rz. 7, 8 zu § 33.

IV. Raterteilung, A u s k u n f t , G u t a c h t e n e r s t a t t u n g

§ 114

4. Zuständigkeit des B F H im ersten und letzten Rechtszug I n e i n e r R e i h e v o n F ä l l e n e n t s c h e i d e t d e r B F H als e r s t i n s t a n z l i c h e s G e r i c h t . § 37 9 2 F G O n e n n t hierfür K l a g e n auf d e m Gebiete der E i n g a n g s a b g a b e n , wegen verbindlicher Z o l l t a r i f a u s k ü n f t e , f e r n e r w e g e n d e r B e s c h e i d e , d u r c h die a u f G r u n d eines Verb r a u c h s t e u e r g e s e t z e s o d e r d e s Gesetzes ü b e r d a s B r a n n t w e i n m o n o p o l ein K o n t i n g e n t f u ß o d e r ein K o n t i n g e n t f ü r e i n e n B e t r i e b f e s t g e s e t z t w i r d sowie K l a g e n w e g e n m o n o polrechtlicher V e r w a l t u n g s a k t e der B u n d e s m o n o p o l v e r w a l t u n g u n d der Monopolverwaltung f ü r B r a n n t w e i n beim L F A Berlin oder ihrer Aufsichtsbehörden. Die R A G e b ü h r e n in diesen V e r f a h r e n b e s t i m m e n sich g e m ä ß § 114 A b s . 2 in H ö h e v o n j e l 3 / 1 0 d e r v o l l e n G e b ü h r (§ 11 A b s . 1 S a t z 2). 5. Einstweilige Anordnung D a s F i n a n z g e r i c h t k a n n , a u c h s c h o n v o r K l a g e e r h e b u n g , eine einstweilige A n o r d n u n g 9 3 in B e z u g a u f d e n S t r e i t g e g e n s t a n d t r e f f e n , w e n n d i e in § 114 F G O g e n a n n t e n V o r a u s s e t z u n g e n vorliegen. F ü r d e n E r l a ß einstweiliger A n o r d n u n g e n g e l t e n d i e V o r s c h r i f t e n d e r §§ 920, 921, 923, 926, 928—932, 938, 939, 941 u n d 945 Z P O s i n n g e m ä ß . G e g e n die einstweilige A n o r d n u n g k a n n A n t r a g a u f m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g gestellt w e r d e n ; §§ 924, 925 Z P O g e l t e n s i n n g e m ä ß . D i e einstweilige A n o r d n u n g ä h n e l t wie d i e e i n s t weilige V e r f ü g u n g (§ 936 Z P O ) d e m in d e n §§ 916ff Z P O g e r e g e l t e n A r r e s t . D i e G e b ü h r e n des R A f ü r eine T ä t i g k e i t i m V e r f a h r e n a u f einstweilige A n o r d n u n g b e s t i m m e n sieh g e m ä ß § 114 A b s . 4 in s i n n g e m ä ß e r A n w e n d u n g d e s § 40. D a n a c h e n t s t e h e n d i e G e b ü h r e n in H ö h e v o n je 10 / 10 6. Beschwerdeverfahren Gegen d i e E n t s c h e i d u n g e n des F i n a n z g e r i c h t s , d i e n i c h t U r t e i l e o d e r V o r b e s c h e i d e 9 4 sind, u n d g e g e n E n t s c h e i d u n g e n des V o r s i t z e n d e n dieses G e r i c h t s s t e h t d e n B e t e i l i g t e n u n d d e n s o n s t v o n d e r E n t s c h e i d u n g B e t r o f f e n e n d i e B e s c h w e r d e a n d e n B F H zu, soweit d i e F G O n i c h t s a n d e r e s b e s t i m m t (§ 128 F G O ) . D i e B e s c h w e r d e g e g n e r k ö n n e n sich bis z u r B e s c h l u ß f a s s u n g ü b e r d i e B e s c h w e r d e dieser a n s c h l i e ß e n (Anschlußbeschwerde). D i e B e s c h w e r d e ist w e g e n d e r A b h i l f e m ö g l i c h k e i t (§ 130 F G O ) g r u n d s ä t z lich bei d e m S e n a t des F G einzulegen, d e r o d e r d e s s e n V o r s i t z e n d e r d i e a n z u f e c h t e n d e E n t s c h e i d u n g erlassen h a t . D a s F G o d e r d e r V o r s i t z e n d e k ö n n e n d e r B e s c h w e r d e a b h e l f e n ; s o n s t ist sie u n v e r z ü g l i c h d e m B F H v o r z u l e g e n . F ü r solche B e s c h w e r d e n k o m m t n i c h t § 118, s o n d e r n § 61 z u r A n w e n d u n g , w o n a c h d i e G e b ü h r e n n u r 5 /io 149 ) d e s § 31 b e t r a g e n 1 5 0 ) . Vgl. a u c h u n t e n R z . 109. W e g e n N i c h t z u l a s s u n g s b e s c h w e r d e s. R z . 18 u. 95. 7. Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision Die Nichtzulassung der Revision k a n n selbständig durch Beschwerde innerhalb 95 eines M o n a t s n a c h Z u s t e l l u n g des U r t e i l s a n g e f o c h t e n w e r d e n (§ 115 A b s . 3 F G O ) 1 5 1 ) . D i e R A - G e b ü h r e n f ü r dieses V e r f a h r e n r e g e l t § 114 A b s . 3. D e r R A e r h ä l t h i e r n a c h die H ä l f t e d e r in § 31 b e s t i m m t e n G e b ü h r e n n a c h d e n S ä t z e n des § 11 A b s . 1 S a t z 2, s o m i t j e 13 / 2 O- Vgl. d a z u a u c h d i e E r l ä u t e r u n g e n o b e n R z . 18. 149

) F r ü h e r 3 / 10 , Änderung dch. das KostÄndG v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. ) So auch B F H B B 61, 891 (L) mit zust. Anm. ohne Namensnennung = BStBl. S. 247. Vgl. dazu auch Thier S 162 F n . 369. 151) Wegen Einzelheiten vgl. Ziemer-Birkholz FGO S 642ff. 150

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§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten 8. Beweissicherungsverfahren 96

G e m ä ß § 82 F G O sind auf die Beweisaufnahme, soweit die §§ 83—89 F G O nicht abweichende Vorschriften e n t h a l t e n , §§ 358—377, 380—382, 386—414 u n d 450—494 Z P O sinngemäß anzuwenden. E s k a n n daher auch ein Beweissicherungsverfahrendurchg e f ü h r t werden. Die Gebühren h i e r f ü r berechnen sich gemäß § 114 Abs. 1 n a c h § 48. D a n a c h erhält der R A f ü r eine Tätigkeit in diesem Verfahren, wenn die H a u p t s a c h e nicht anhängig ist, die in §§ 31 b e s t i m m t e n Gebühren je zur H ä l f t e ( 5 / 10 ). 9. Aussetzung der Vollziehung usw.

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N a c h § 69 Abs. 3 F G O k a n n das Gericht der H a u p t s a c h e oder der Vorsitzende die Vollziehung des Verwaltungsaktes ganz oder teilweise aussetzen. Gemäß § 69 Abs. 4 F G O k a n n ferner das Gericht auf A n t r a g die h e m m e n d e W i r k u n g der Klage wiederherstellen, wenn die Behörde die h e m m e n d e W i r k u n g der Klage in den Fällen des § 69 Abs. 4 d u r c h besondere A n o r d n u n g ganz oder z u m Teil beseitigt h a t t e . Gegen die E n t s c h e i d u n g des Vorsitzenden k a n n innerhalb von zwei Wochen die E n t s c h e i d u n g des Gerichts angerufen werden (§ 69 Abs. 3 Satz 3). Gegen die Entscheid u n g des Gerichts ist Beschwerde z u m B F H zulässig (§ 128). Die Gebühren f ü r den A n t r a g auf Aussetzung oder A u f h e b u n g der Vollziehung des Verwaltungsaktes oder auf A n o r d n u n g oder Wiederherstellung der aufschiebenden W i r k u n g regelt § 114 Abs. 4. D a n a c h gelten die Vorschriften des § 40 sinngemäß. Der R A erhält somit die 10 / 10 Gebühren des § 31. Wegen Einzelheiten vgl. Rz. 21 ff. Dies gilt auch im Beschwerdeverfahren gegen die Entscheidungen des Finanzgerichts (vgl. d a z u oben Rz. 23). 10. Gerichtliches Verfahren über einen Akt der Zwangsvollstreckung (des Verwaltungszwangs)

97a

I m gerichtlichen Verfahren ü b e r einen A k t der Zwangsvollstreckung (des Verwaltungszwangs) entstehen f ü r den R A die Gebühren des § 31 gemäß Abs. 5 in H ö h e von je 3 / 10 . Dieser Gebührensatz erhöht sich im Berufungs- u n d Revisionsverfahren gem ä ß § 11 Abs. 1 Satz 2. E i n e E r m ä ß i g u n g n a c h § 32, § 33 Abs. 1, 2 ist ausgeschlossen; diese Vorschriften finden keine A n w e n d u n g (Abs. 5 Satz 2). Vgl. wegen weiterer Einzelheiten die E r l ä u t e r u n g e n oben zu Rz. 21 ff.

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11. Gebührenrechtlich sieht § 114 Abs. 2 vor, d a ß das Verfahren vor d e m Finanzgericht als erstinstanzliches angesehen werden soll u n d d a ß daher die e r h ö h t e n Sätze des Berufungs- u n d Revisionsverfahrens nach § 11 Abs. 1 Satz 2 nicht in B e t r a c h t komm e n (vgl. auch Begr., 1. Aufl. S 1096 Ziff. 3). D a s gilt auch f ü r das F G Berlin 1 5 2 ). E s ist zwar unbefriedigend u n d widerspricht der Stellung der Finanzgerichte, d a ß der R A n a c h § 114 Abs. 2 im Verfahren vor d e m F G nicht die (erhöhten) Gebühren des § 11 Abs. 1 Satz 2 erhält. § 114 Abs. 2 ist jedoch a u c h anläßlich der Gebührenreform von 1975 insoweit nicht geändert worden u n d deshalb zu beachten. D a ß die F G O die Finanzgerichte ausdrücklich als obere Landesgerichte bezeichnet u n d f ü r sie die Senatsverfassung eingeführt h a t , rechtfertigt nicht, diese Vorschrift gegen ihren klaren W o r t l a u t auszulegen oder nicht anzuwenden 1 5 3 ). 152

) BFH BStBl. 61 I I I 342 = AnwBl. 61, 257 = BB 62, 27. j FG Düsseldorf BB 67, 526 mit Anm. von Boeker; FG Hamburg BB 68, 1067. A. M. FG Neustadt/Weinstr. AnwBl. 67, 415; FG Rheinland-Pfalz BB 68, 1066. 153

252

§ 114

VI. Gebühren

Dagegen sind im erstinstanzlichen Verfahren vor besondere Bedeutung dieser Verfahren die erhöhten gesehen (vgl. auch Begr., 1. Aufl. S 1096 Ziff. 3), so bühren sich u m je 3 / 10 erhöhen (vgl. dazu oben Rz.

dem BFH mit Rücksicht auf die Sätze des § 11 Abs. 1 Satz 2 vordaß in diesem Verfahren die Ge92).

12. Bei einer Zurückverweisung an die untere Instanz ist § 15 anzuwenden, so daß 99 also f ü r dieses Verfahren die Gebühren, mit Ausnahme der Prozeßgebühr, erneut entstehen können. Wird aber eine Sache vom B F H an das F G zurückverwiesen und gegen die Entscheidung des F G erneut Rechtsmittel zum B F H eingelegt, so ist für das Verfahren vor dem B F H im zweiten Rechtszug eine neue Prozeßgebühr zu gewähren 154 ).

VI. Die Gebühren 1. Allgemeines Auf das Verfahren vor den Finanzgerichten in streitigen Rechtsmittelverfahren 100 finden die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 31 ff) sinngemäße Anwendung. Die Vorschrift des § 31 hinsichtlich der Entstehung der Regelgebühren kommt aber nur d a n n zur Anwendung, wenn der R A als Bevollmächtigter oder Beistand für das ganze Verfahren bestellt worden ist. Ist er nur mit der Erledigung von Einzeltätigkeiten beauftragt, so findet die Vorschrift des § 56 Anwendung. Ist er lediglich beauftragt worden, einen Schriftsatz anzufertigen oder zu unterzeichnen, dann erhält er nach § 56 Abs. 1 Ziff. 1 nur eine 5 / 10 Gebühr. Mehrere Einzeltätigkeiten dürfen aber die volle Gebühr nicht übersteigen (§ 13 Abs. 6). Wenn dem R A nur die Vertretung in der mündlichen Verhandlung übertragen worden ist, so ist in Anwendung des § 53 neben der ihm zustehenden Verhandlungsgebühr die Prozeßgebühr nur zu 5 / 10 zu erheben. H a t der R A nur den Auftrag zur Vertretung in einer Beweisaufnahme erhalten, so kommt § 54 zur Anwendung, wonach die Prozeß- u n d Beweisgebühr nur je 5 / 10 beträgt (im Verfahren vor dem B F H je 13/2o)Soweit der R A in solchen Sachen nur als Verkehrsanwalt tätig wird, steht ihm die Gebühr in Höhe der einem Prozeßbevollmächtigten zustehenden Prozeßgebühr nach § 52 zu. Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu § 52155). I m übrigen finden auch für diese Verfahren die Vorschriften des 1. Abschnitts (Allgemeine Vorschriften) §§ 1—19 sowie die Vorschriften des 2. Abschnitts (Gemeinsame Vorschriften über Gebühren und Auslagen) §§ 20—30 Anwendung. 2. Die Prozeßgebühr (§ 31 Nr. 1, § 32) Wie in jedem anderen Rechtsstreit, fällt auch hier zunächst die Prozeßgebühr nach 101 § 3 1 Nr. 1 an. Es kann daher auf die Erläuterungen zu § 31 verwiesen werden. Die Prozeßgebühr entsteht mit der Auftragserteilung. Sie ermäßigt sich auf die Hälfte, wenn der Auftrag sich frühzeitig erledigt (vgl. die Erläuterungen zu §§ 31 u n d 32). Mit der Prozeßgebühr wird grundsätzlich die gesamte Tätigkeit des R A abgegolten, soweit nicht dafür besondere Gebühren vorgesehen sind. 154 ) B F H N J W 63, 1472 = B B 63, 756 mit Anm. von Boeker; FG Stuttgart AnwBl. 55, 83. 155) \ \ r e n n das FG Stuttgart B B 58, 401 die Erstattbarkeit der Verkehrsgebühr nur aus besonderen Gründen bejahen will, so kann dem nicht gefolgt werden. Gerade finanzgerichtliche Streitsachen bedürfen einer gründliehen, umfassenden Information des Prozeßbevollmächtigten, weshalb bei der Prüfung der Notwendigkeit der Zuziehung des Verkehrsanwalts keine hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.

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§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten 3. Die Verhandlungsgebühr (§ 31 Nr. 2) und die Erörterungsgebühr (§ 31 Nr. 4) 102

Als weitere R e g e l g e b ü h r k o m m t hier die V e r h a n d l u n g s - (oder die E r ö r t e r u n g s ) g e b ü h r in F r a g e . E s k a n n wegen Einzelheiten auf die E r l ä u t e r u n g e n zu § 31 verwiesen w e r d e n . Vgl. a u c h oben R z . 7ff. D a s V e r f a h r e n vor den F i n a n z g e r i c h t e n spielt sich a b e r a n d e r s ab als in sonstigen bürgerlichen R e c h t s s t r e i t i g k e i t e n , so d a ß es n i c h t i m m e r zweifelsfrei ist, o b u n d w a n n die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r e n t s t a n d e n ist. E i n e streitige V e r h a n d l u n g im Sinne der Vors c h r i f t e n der Z P O gibt es im finanzgerichtlichen V e r f a h r e n n i c h t . Die m ü n d l i c h e Verh a n d l u n g ist a u c h n i c h t obligatorisch, sie bildet die Regel. E s b e s t e h e n zwei Möglichkeiten, sie auszuschließen: D a s Gericht k a n n m i t E i n v e r s t ä n d n i s der Beteiligten ohne m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g entscheiden (§ 90 Abs. 2 F G O ) oder ohne m ü n d l i c h e V e r h a n d lung d u r c h Vorbescheid e n t s c h e i d e n ; jeder Beteiligte k a n n im letzteren Fall i n n e r h a l b eines M o n a t s n a c h Zustellung des Vorbescheides m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g b e a n t r a g e n (§ 90 Abs. 3 F G O ) . § 90 F G O gilt a u c h f ü r d a s V e r f a h r e n v o r d e m B F H , so d a ß a u c h im Revisionsverf a h r e n im Regelfall eine m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g d u r c h z u f ü h r e n ist 156 ). W e n n eine mündliche Verhandlung s t a t t f i n d e t , so beginnt sie m i t d e m Aufruf der Sache 157 ), n i c h t erst m i t der Stellung bzw. Verlesung v o n A n t r ä g e n , vielmehr t r ä g t n a c h § 92 F G O der Vorsitzende oder der B e r i c h t e r s t a t t e r den wesentlichen I n h a l t der A k t e n vor. D a r a n schließt sich der V o r t r a g der Beteiligten a n . Der Vorsitzende w i r k t d a h i n , d a ß der S a c h v e r h a l t a u f g e k l ä r t wird u n d sachdienlichc A n t r ä g e gestellt werden, jedes Mitglied k a n n F r a g e n stellen (§ 93 F G O ) . D a s gilt a u c h f ü r die Revision (§ 90 F G O ) . D a r a u s ergibt sich, d a ß die m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g a n d e r s g e s t a l t e t ist als in sonstigen bürgerlichen R e c h t s t r e i t i g k e i t e n . Die Vorschrift des § 31 N r . 2 hinsichtlich der V e r h a n d l u n g s g e b ü h r k a n n d a h e r n u r s i n n g e m ä ß A n w e n d u n g finden, was im ü b r i g e n a u c h § 114 Abs. 1 a u s d r ü c k l i c h b e s t i m m t . F i n d e t eine m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g s t a t t , so ist der Fall klar, d a n n ist eindeutig die Verhandlungsgebühr des § 31 N r . 2 e n t s t a n d e n , u n d zwar in voller Höhe, a u c h d a n n , w e n n die F i n a n z v e r w a l t u n g in dieser V e r h a n d l u n g n i c h t v e r t r e t e n i s t ; d e n n die Anwesenheit derselben ist f ü r die F ü h r u n g der m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g n i c h t erforderlich (§ 91 Abs. 2, A u s n a h m e § 80 F G O ) . V o r a u s s e t z u n g f ü r die E n t s t e h u n g der vollen G e b ü h r ist freilich, d a ß n u n a u c h verh a n d e l t wird. W i r d lediglich der Antrag auf Vertagung gestellt, so ist n a c h § 33 Abs. 2 die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r n u r in H ö h e v o n 5 / 1 0 e n t s t a n d e n . I m übrigen e r w ä c h s t die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r a u c h d u r c h die V e r h a n d l u n g vor einem Mitglied des F G , w e n n die V e r h a n d l u n g v o m F G a n g e o r d n e t w a r u n d sich der T e r m i n n i c h t lediglich auf eine B e w e i s a u f n a h m e erstreckt 1 5 8 ). Die f r ü h e r e S t r e i t f r a g e , o b die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r a u c h a n f ä l l t , w e n n in finanzgerichtlichen V e r f a h r e n ohne mündliche Verhandlung schriftlich entschieden w u r d e , k l ä r t § 117 B R A G e b O . Dieser b e s t i m m t , d a ß der R A die gleichen G e b ü h r e n erhält, wie in einem V e r f a h r e n m i t m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g , w e n n ohne m ü n d l i c h e V e r h a n d lung entschieden wird (vgl. d a z u die E r l ä u t e r u n g e n zu § 117 R z . l f f ) . D a m i t ist klargestellt, d a ß in allen Fällen im V e r f a h r e n v o r den F i n a n z g e r i c h t e n die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r a n f ä l l t , w e n n ohne m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g entschieden wird. D a s gleiche gilt

156 ) Wegen Übergangsregelung vgl. § 159 FGO. Diese Vorschrift ist jedoch inzwischen aufgehoben worden, so daß die Sonderregelung, nach der die mündliche Verhandlung nur stattfand, wenn ein Beteiligter es beantragt oder der Senat oder dessen Vorsitzender es für angemessen hielt, nicht mehr gilt. 157 ) Ziemer-Birkholz FGO Rz. 4 § 90. 158 ) FG Münster E F G 55, 179; FG Hessen BB 70, 739; a.M. B F H BB 70, 739.

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VI. Gebühren

§ 114

a u c h , w e n n d a s F G e n t s p r e c h e n d § 90 A b s . 3 F G O o h n e m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g e i n e n V o r b e s c h e i d e r l ä ß t , d e r als U r t e i l w i r k t (vgl. a u c h o b e n R z . 85), w e n n die B e t e i l i g t e n nicht innerhalb der Frist von einem Monat mündliche Verhandlung beantragen. B e i Zurückverweisung d e r S a c h e v o m B F H a n d a s F G e n t s t e h t g e m ä ß § 15 die Verhandlungsgebühr erneut (vgl. a u c h o b e n R z . 99). Der BFH159) h a t t e hinsichtlich der E n t s t e h u n g der Verhandlungsgebühr folgende Grundsätze a u f g e s t e l l t : a) Die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r e n t s t e h t n a c h v o r h e r i g e r m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g v o r d e m vollbesetzten Gericht. b) D i e V e r h a n d l u n g s g e b ü h r e n t s t e h t f e r n e r n a c h v o r h e r i g e r m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g vor d e m Vorsitzenden des Gerichts. c) Sie e n t s t e h t f e r n e r n a c h v o r h e r i g e r m ü n d l i c h e r V e r h a n d l u n g v o r e i n e m a n d e r e n M i t g l i e d des Gerichts 1 6 0 ). d) D i e V e r h a n d l u n g s g e b ü h r o h n e v o r h e r i g e m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g e n t s t e h t a u c h d a n n , w e n n eine g e r i c h t l i c h e E n t s c h e i d u n g o d e r eine ihr g l e i c h z u s e t z e n d e M a ß n a h m e e r g a n g e n ist, n i c h t d a g e g e n , w e n n die S a c h e d u r c h Ä n d e r u n g des S t e u e r b e s c h e i d e s im W e g e d e s § 94 A O d u r c h d a s F A e r l e d i g t w i r d . D a s e n t s p r i c h t a u c h d e m n e u e n G e b ü h r e n r e c h t (§ 117). E s m u ß o h n e m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g a u c h t a t s ä c h l i c h eine E n t s c h e i d u n g e r g e h e n , u m die V e r h a n d l u n g s g e b ü h r z u r E n t s t e h u n g zu b r i n g e n . D i e s m u ß k e i n e E n d e n t s c h e i d u n g sein 1 6 1 ). W e g e n E n t s t e h u n g d e r Erörterungsgebühr vgl. o b e n R z . 7 u. d i e E r l ä u t e r u n g e n z u § 117. 4. Die Beweisgebühr (§ 31 Nr. 3, § 34) N a c h § 81 F G O k a n n d a s G e r i c h t in d e r m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g B e w e i s e r h e b e n . 103 E s k a n n insbesondere Augenschein einnehmen, Zeugen, Sachverständige u n d Beteiligte v e r n e h m e n u n d U r k u n d e n h e r a n z i e h e n . E s k a n n in g e e i g n e t e n F ä l l e n a u c h s c h o n v o r d e r m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g d u r c h eines seiner Mitglieder als b e a u f t r a g t e n R i c h t e r B e w e i s e r h e b e n lassen o d e r d u r c h B e z e i c h n u n g d e r e i n z e l n e n B e w e i s f r a g e n ein a n d e r e s G e r i c h t u m die B e w e i s a u f n a h m e e r s u c h e n . U b e r t a t s ä c h l i c h e V e r h ä l t n i s s e e n t s c h e i d e t d a s G e r i c h t n a c h seiner f r e i e n , a u s d e r V e r h a n d l u n g u n d einer B e w e i s a u f n a h m e ges c h ö p f t e n Ü b e r z e u g u n g (§ 96 A b s . 1 F G O ) . D e r E n t s c h e i d u n g d ü r f e n n u r solche T a t s a c h e n u n d B e w e i s e z u g r u n d e gelegt w e r d e n , zu d e n e n sich z u ä u ß e r n d e n B e t e i l i g t e n G e l e g e n h e i t g e g e b e n w a r (§ 96 A b s . 2 F G O ) . D a s G e r i c h t k a n n s o m i t , wie in j e d e m a n d e r e n b ü r g e r l i c h e n R e c h t s s t r e i t , A u s k u n f t s p e r s o n e n v e r n e h m e n , S a c h v e r s t ä n d i g e m i t d e r E r s t a t t u n g eines G u t a c h t e n s b e a u f t r a g e n , G r u n d s t ü c k e b e s i c h t i g e n , E i n s i c h t n a h m e in B ü c h e r n e h m e n , f e r n e r eine B e t r i e b s p r ü f u n g a n o r d n e n o d e r s c h r i f t l i c h e A u s k ü n f t e einholen 1 6 1 4 ). E i n förmlicher Beweisbeschluß ist nicht e r f o r d e r l i c h i m F a l l d e r L a d u n g v o n Z e u g e n zur mündlichen Verhandlung durch den Vorsitzenden oder von Sachverständigen g e m ä ß § 2 7 2 b A b s . 2 N r . 4 Z P O i . V e r b . m i t § 79 F G O , i m F a l l d e r in d e r m ü n d l i c h e n 159

) BStBl. 55 III 249 = N J W 55, 1653 = JZ 55, 712. ) R F H V . 16. 6. 37 RStBl. 37, 1093; FG J l i i n s t e r q 5 5 ) 1 7 6 ; v g l a u c h Ewers AnwBl. 51, 81. 161) Vgl. Speich a.a.O. S 72. Rein prozeßleitende Anordnungen genügen jedoch nicht. S. aber FG Münster EFG 57, 144: Ein Beschluß mit Anordnung des Ruhens des Verfahrens ist eine gerichtliche Entschsidung i.S. des § 117 BRAGebO. 161a ) Die Beweisgebühr entsteht auch im finanzgerichtlichen Verfahren bei Einholung einer Auskunft, FG Karlsruhe EFG 60, 119 = AnwBl. 60, 95, oder Vernehmung eines Beteiligten, nicht aber nur bei Namhaftmachung von Zeugen FG Kassel BB 65, 420. 160

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255

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten V e r h a n d l u n g beschlossenen Beweiserhebung, wenn das Gericht den Beweis sofort erh e b t , der Zeuge also im Termin anwesend ist, u n d im Fall der vorbereitenden Beweisa u f n a h m e d u r c h den Vorsitzenden oder B e r i c h t e r s t a t t e r g e m ä ß § 272 Abs. 2 N r . 5 ZPO. Dagegen ist ein förmlicher Beweisbeschluß (§§ 358ff Z P O i.Verb. m i t § 82 FGO) erforderlich, wenn die Beweisaufnahme ein besonderes Verfahren verlangt, also n i c h t in der mündlichen Verhandlung vor d e m Prozeßgericht erfolgt oder im Fall der Vern e h m u n g eines Beteiligten als Beweismittel (§ 450 Abs. 1 Z P O i.Verb. mit § 82 FGO). F ü r den Beginn der B e w e i s a u f n a h m e gelten auch hier die G r u n d s ä t z e des § 31 Ziff. 3. 104

I m übrigen k a n n auch eine B e w e i s a u f n a h m e im Verfahren über die Revision s t a t t finden (§ 121 FGO), jedoch wird eine Beweiserhebung hier n u r ausnahmsweise (etwa zur Feststellung der Zulässigkeitsvoraussetzungen) in Frage k o m m e n , weil der B F H grundsätzlich a n den v o m F G festgestellten T a t b e s t a n d gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO) 1 9 2 ). F ü r die E n t s t e h u n g der Beweisgebühr gelten die gleichen Grundsätze wie n a c h §31 N r . 3. E s k a n n daher auf die E r l ä u t e r u n g e n zu § 31 Rz. 85 ff verwiesen werden.

105

D a die Vorschriften des ganzen 3. A b s c h n i t t s sinngemäß anzuwenden sind, so ist a u c h die Vorschrift des § 34 zu beachten. Dieser b e s t i m m t , d a ß der R A die Beweisgebühr nicht erhält, wenn die Beweisaufnahme lediglich in der Vorlegung der in den H ä n d e n des Beweisführers oder des Gegners befindlichen Urkunden besteht. W e r d e n Akten oder Urkunden beigezogen, so erhält der R A die Beweisgebühr n u r , wenn die A k t e n oder U r k u n d e n d u r c h Beweisbeschluß oder sonst e r k e n n b a r z u m Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet werden. D a es im finanzgerichtlichen Verfahren eines förmlichen Beweisbeschlusses nicht bedarf, ist in sinngemäßer Auslegung der Vorschrift des § 34 f ü r die E n t s t e h u n g der Beweisgebühr das Vorliegen eines Beweisbeschlusses nicht erforderlich. E s m u ß aber sonst e r k e n n b a r sein, d a ß solche A k t e n oder U r k u n d e n z u m Beweis beigezogen oder als Beweis verwertet worden sind. E s k a n n dazu auf die E r l ä u t e r u n g e n zu § 34 S 809 ff. verwiesen werden. Die Beweisgebühr b e t r ä g t stets 10 / 10 , u n d im Revisionsverfahren 13 / 10 .

106

Der Gegenstandswert f ü r die Beweisgebühr ist der W e r t , auf den sich die Beweisa u f n a h m e bezieht (vgl. dazu a u c h die E r l ä u t e r u n g e n zu § 13 R z . 11, sowie Rz. 175 zu § 31. 5. Die Vergleichsgebühr bzw. Erledigungsgebühr

107

a) Vergleichsgebühr (§ 23) I n der R e c h t s p r e c h u n g war es schon immer s t a r k u m s t r i t t e n , ob in Steuerprozessen eine Vergleichsgebühr entstehen k a n n . Die B R A G e b O 1957 h a t deshalb in § 117 Abs. 1 bes t i m m t , daß im Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit die Vorschrift des § 23, die allgemein die Vergleichsgebühr b e s t i m m t , nicht gilt. D a m i t sollte die Streitfrage endgültig gelöst werden. Abs. 1 von § 117 ist jedoch d u r c h das K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 (BGBl. I , 2189) aufgehoben worden, wobei der R e c h t s a u s s c h u ß des BT 1 6 3 ) dies d a m i t b e g r ü n d e t h a t , d a ß eine Regelung der Frage, ob in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit Vergleiche nach § 23 geschlossen werden können, 16a

) S. dazu auch Ziemer-Birkholz FGO Rz. 5 § 121. ) Vgl. AnwBl. 75, 122.

163

256

VI. Gebühren

§ 114

n i c h t in ein K o s t e n g e s e t z g e h ö r t . D e r A u s s c h u ß h a t d a h e r die e r s a t z l o s e S t r e i c h u n g d e s § 117 A b s . 1 beschlossen. D a m i t h a t die vor E i n f ü h r u n g der B R A G e b O ergangene R e c h t s p r e c h u n g d u r c h a u s wieder Bedeutung164). F r e i l i c h s i n d solche V e r g l e i c h e in d e r R e g e l n i c h t solche i m S i n n e des § 779 B G B , d e n n o c h h a n d e l t es sich u m s t e u e r l i c h e A b k o m m e n , die m i t d e n F i n a n z v e r w a l t u n g e n u n d d e m S t e u e r p f l i c h t i g e n i m W e g e gegenseitigen N a c h g e b e n s d u r c h V e r s t ä n d i g u n g a b g e s c h l o s s e n w u r d e n 1 6 5 ) . Diese A b k o m m e n h a b e n also vergleichsähnlichen C h a r a k t e r u n d es w a r d a h e r n i c h t v e r s t ä n d l i c h , d a ß m a n d i e V e r g l e i c h s g e b ü h r a b l e h n t e , die zweifellos ü b e r d e n W e g d e r G e n e r a l k l a u s e l des § 2 a u c h in solchen F ä l l e n e n t s t e h e n k a n n . E s w a r d a h e r g e b ü h r e n r e c h t l i c h u n h a l t b a r , w e n n m a n sich a u f d e n S t a n d p u n k t z u stellen v e r s u c h t e , d a ß z w a r i m I n n e n v e r h ä l t n i s zwischen d e m R A u n d s e i n e m A u f t r a g g e b e r die V e r g l e i c h s g e b ü h r e n t s t a n d e n , diese a b e r d u r c h die F i n a n z v e r w a l t u n g n i c h t e r s t a t t u n g s f ä h i g sei 1 6 6 ). W a r die V e r g l e i c h s g e b ü h r e n t s t a n d e n , d a n n m u ß t e sie a u c h e r s t a t t e t werden 1 6 7 ). b) Erledigungsgebühr (§ 24) D i e B R A G e b O t r ä g t j e d o c h d e r T a t s a c h e , d a ß a u c h in S t e u e r p r o z e s s e n eine m i n d e s t e n s v e r g l e i c h s ä h n l i c h e E r l e d i g u n g m ö g l i c h ist, d u r c h die B e s t i m m u n g des § 24 R e c h n u n g . D e r § 24 e r g ä n z t d e n § 23 d a h i n g e h e n d , d a ß d e r R A eine volle Gebühr erh a l t e n soll, w e n n sich eine R e c h t s a c h e g a n z o d e r teilweise d u r c h Z u r ü c k n a h m e o d e r Ä n d e r u n g des a n g e f o c h t e n e n V e r w a l t u n g s a k t e s erledigt, u n d d e r R A d a b e i m i t g e w i r k t h a t . Diese V o r s c h r i f t w a r i m R e g E n t w . als A b s . 2 des § 117 v o r g e s e h e n , u n d h ä t t e d a m i t lediglich i m V e r f a h r e n v o r G e r i c h t e n d e r F i n a n z g e r i c h t s b a r k e i t A n w e n d u n g gef u n d e n . D e r R e c h t s a u s s c h u ß d e s B T h a t a b e r d e n A b s . 2 a u s § 117 h e r a u s g e n o m m e n u n d diesen als n e u e V o r s c h r i f t (§24) e i n g e f ü g t . Dies w u r d e d a m i t b e g r ü n d e t , d a ß d e r G e d a n k e , d e r dieser V o r s c h r i f t z u g r u n d e liegt, es r e c h t f e r t i g t , die V o r s c h r i f t a u c h i m V e r f a h r e n v o r a n d e r e n G e r i c h t e n a n z u w e n d e n . D a h e r w u r d e die E r l e d i g u n g s g e b ü h r , wie sie n a c h d e r a m t l i c h e n Ü b e r s c h r i f t b e z e i c h n e t w i r d , in die A l l g e m e i n e n V o r s c h r i f t e n eingestellt (vgl. d a z u a u c h § 24 R z . l f ) . W i e die B e g r . z u m R e g E n t w . § 117 a u s f ü h r t , k o m m t es n i c h t s e l t e n v o r , d a ß finanzg e r i c h t l i c h e V e r f a h r e n sich d a d u r c h erledigen, d a ß die F i n a n z v e r w a l t u n g s b e h ö r d e n den angefochtenen V e r w a l t u n g s a k t n a c h E r h e b u n g der Klage z u r ü c k n e h m e n oder ä n d e r n . I n solchen F ä l l e n e r s c h e i n t es billig, d a ß d e r R A , d e r bei d e r E r l e d i g u n g des R e c h t s s t r e i t s m i t g e w i r k t h a t , h i e r f ü r eine b e s o n d e r e G e b ü h r e r h ä l t . D a s ist also p r a k t i s c h die V e r g l e i c h s g e b ü h r i m S t e u e r p r o z e ß . 164 ) Verneint h a t B F H N J W 55, 1656. Auch die Länder-Finanzministerien haben eine Vergleichsgebühr übereinstimmend abgelehnt, weil ein Vergleich im steuerlichen Rechtsmittelverfahren nicht möglich sein soll, da das Steuerrecht zwingendes öffentliches Recht ist u n d grundsätzlich nicht der Parteivereinbarung unterliegt. Verschiedene F G haben die E n t stehung und Erstattungsfähigkeit der Vergleichsgebühr bejaht; so F G Hannover E F G 54, 235 = AnwBl. 54, 198; F G Bremen E F G 55, 65; F G München AnwBl. 55, 17. Auch das Schriftt u m stand überwiegend zu der Auffassung der E n t s t e h u n g der Vergleichsgebühr auch im Steuerprozeß; vgl. Oswald N J W 55, 847; desgl. N J W 54, 1654; Mondorf B B 55, 891 usw. 165 ) Der B F H v. 27. 1. 55 N J W 55, 847 = B B 55, 757 erkennt auch Vereinbarungen zwischen der Behörde und dem Steuerpflichtigen im Ergebnis als bindend an, wenn auch, wie Oswald (a.a.O.) bemerkt, eine solche Ausdrucksweise peinlich vermieden wird. Die Regelung des Steuerfalles anläßlich der Schlußbesprechung zu einer Betriebsprüfung steht aber, so sagt der B F H (a.a.O.), unter dem Grundsatz von Treu und Glauben. 166 ) So Friedrich AnwBl. 55, 212; Klempt-Meyer S 101. 167 ) So auch Klempt-Meyer a.a.O.

257

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten Die Gebühr entsteht also a u c h d a n n , w e n n n i c h t die M e r k m a l e eines e c h t e n Vergleichs im Sinne des § 779 B G B vorliegen, es ist also kein gegenseitiges N a c h g e b e n n o t w e n d i g , u m die G e b ü h r e n t s t e h e n zu lassen. N o t w e n d i g ist lediglich eine M i t w i r k u n g des R A d a z u , d a ß die F i n a n z b e h ö r d e d e n a n g e f o c h t e n e n V e r w a l t u n g s a k t z u r ü c k n i m m t oder ä n d e r t . Sie wird dies regelmäßig n u r d a n n t u n , w e n n eine V e r s t ä n d i g u n g m i t d e m Steuerpflichtigen bzw. seinem B e v o l l m ä c h t i g t e n erzielt worden ist. Diese V e r s t ä n d i g u n g m i t der F i n a n z b e h ö r d e e r f o r d e r t eine zusätzliche T ä t i g k e i t des R A , f ü r die n u n m e h r eine volle Gebühr des § 24 zugebilligt wird. Die G e b ü h r wird n a c h der a m t l i c h e n Ü b e r s c h r i f t m i t „ E r l e d i g u n g s g e b ü h r " bezeichn e t , m a n k a n n sie a b e r a u c h „ E i n i g u n g s g e b ü h r " n e n n e n (vgl. a u c h die E r l ä u t e r u n g e n zu § 24).

VII. Die Gebühren im Beschwerdeverfahren 109

F ü r die V e r t r e t u n g im B e s c h w e r d e v e r f a h r e n (s. o b e n R z . 94) e n t s t e h e n jedoch n i c h t die R e g e l g e b ü h r e n des § 31, vielmehr sind, d a der ganze 3. A b s c h n i t t a n z u w e n d e n ist, h i e r f ü r die G e b ü h r e n n a c h § 61 zu b e s t i m m e n . Dieser sieht f ü r B e s c h w e r d e n die E n t s t e h u n g v o n 5 / 1 0 der im § 31 b e s t i m m t e n G e b ü h r e n vor. E s k ö n n e n also a u c h i m B e s c h w e r d e v e r f a h r e n P r o z e ß g e b ü h r , V e r h a n d l u n g s g e b ü h r u n d Beweisgebühr anfallen, jedoch b e t r ä g t die G e b ü h r n u r je 5 / 10 168 ). H i e r ist a b e r n u r d a s B e s c h w e r d e v e r f a h r e n n a c h §§ 128ff F G O gemeint. D a r u n t e r fällt n i c h t das V e r f a h r e n ü b e r die Beschwerde gegen die N i c h t z u l a s s u n g der Revision (§ 115 Abs. 3 F G O ) . Vgl. d a z u oben R z . 95.

VIII. Die Auslagen 110

F ü r die Auslagen des R A gelten im finanzgerichtlichen V e r f a h r e n keine Besonderheiten. D e r R A h a t A n s p r u c h auf E r s t a t t u n g seiner Auslagen, wie P o s t g e b ü h r e n , Schreibgebühren, Reisekosten, U m s a t z s t e u e r usw. F ü r den E r s a t z dieser Auslagen sind die V o r s c h r i f t e n der §§ 25—30 a n z u w e n d e n . E s k a n n auf die E r l ä u t e r u n g e n zu diesen Vorschriften verwiesen w e r d e n .

IX. Der Gegenstand s wert169) 111

1. Allgemeines F ü r die B e r e c h n u n g des G e g e n s t a n d s w e r t e s gilt die W e r t v o r s c h r i f t des § 8 Abs. 1 Satz 1. Dieser b e s t i m m t , d a ß i m gerichtlichen V e r f a h r e n sich der G e g e n s t a n d s w e r t n a c h den f ü r die Gerichtsgebühren geltenden W e r t v o r s c h r i f t e n r i c h t e n soll. F ü r d a s finanzgerichtliche V e r f a h r e n ist n u n , ebenso wie f ü r die verwaltungsgerichtlichen Verf a h r e n , die d u r c h d a s K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 n e u in das G K G eingefügte B e s t i m m u n g

16S

) Vgl. Rz. 3ff zu § 61. ) Schrifttum: Boeker, Kostenrecht im steuerlichen Rechtsmittetverfahren 2. Aufl.; Speich, Kosten und Gebühren im Steuerprozeß (1969); Thier. Die anwaltlichen Gebühren in Steuer- und Zollsachen (1959); Klempt-Meyer, Rechtsmittelverfahren und Rechtsmittelkosten in Steuerstreitsachen; Lauterbach/Hartmann KostG 17. Aufl. Anh. § 115 BRAGebO Anm. 4; KostRsp. § 140 FGO (B); Ziemer-Birkholz FGO (1956); Schumann BB 66, 1057ff; Zusammenstellung BB Beilage 8 zu Heft 31/1969. Wegen unzulässiger Streitwertherabsetzung durch den B F H s. Spörlein AnwBl. 62, 124 und Kapp Betrieb 62, 315. Wegen Kostenerstattung und Streitwertfestsetzung im Zerlegungs- und Zuteilungsverfahren von Gewerbesteuermeßbeträgen s. Boeker BB 62, 916. 169

258

I X . Der Gegenstandswert

§ 114

des § 13 maßgebend 1 7 0 ). Es gelten ferner gemäß § 1 GKG auch die weiteren Vorschriften, für die Wertberechnung somit besonders §§ 14ff GKG. Die Feststellung des Gegenstandswertes in solchen Verfahren ist also insofern abweichend von den für bürgerliche Rechtstreitigkeiten geltenden Wertvorschriften der ZPO und des GKG geregelt worden, als in verwaltungsgerichtlichen und finanzgerichtlichen Verfahren der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen ist 171 ). Wenn der Antrag des Klägers (oder wer sonst das Verfahren der ersten Instanz beantragt hat, § 13 Abs. 3 GKG) eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, so ist deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG). Eine Festsetzung nach Ermessen hat sodann auszuscheiden. Ergibt sich der Streitwert nicht eindeutig aufgrund der Vorschrift des § 13 Abs. 2 GKG und bietet der bisherige Sach- u n d Streitstand auch keine genügenden Anhaltsp u n k t e für eine Bestimmung nach Ermessen, so ist ein Streitwert von 4000 DM anzunehmen. Aber auch hier gilt der Grundsatz, daß der Gegenstandswert derjenige Steuerbetrag ist, um den in diesen Verfahren gestritten wird. Begehrt der Steuerpflichtige, der einen Bescheid über Einkommensteuer in Höhe von 6000 DM erhalten hat, Herabsetzung dieser Steuer auf 3000 DM, so ist der Gegenstandswert 3000 DM. Maßgebend ist das, was der Steuerpflichtige beantragt hat bzw. mit seinem Rechtsmittelantrag anstrebt172). Wenn sowohl der Steuerpflichtige als auch das Finanzamt gegenseitig Rechtsmittel 112 eingelegt haben, so sind Gegenstandswert die beiderseitigen Rechtsmittelanträge. Die beiden Werte sind gemäß § 19 Abs. 2 GKG zusammenzurechnen. Nicht zum Gegenstandswert rechnen Zuschläge nach § 168 Abs. 2 AO, ebenso auch nicht Säumniszuschläge und Kosten der Mahnung 173 ). Gegenstandswert ist nur derjenige Betrag der Steuer, über den unmittelbar ent- 113 schieden wird 174 ). Daher bleibt bei der Einkommensteuer die künftige Einkommensteuervorauszahlung u n d eine etwaige Gewerbesteuer unberücksichtigt. Dagegen ist bei der Bemessung des Gegenstandswertes in Einkommensteuersachen kein Abzug der Kirchensteuer vorzunehmen 1 7 5 ). Wird über mehrere Steuerfälle — z.B. die Einkommensteuer mehrerer Veranlagungs- 114 Zeiträume — in einer Rechtsmittelentscheidung entschieden oder die Hauptsache in einem Bescheid erledigt, so sind die Gegenstandswerte nach § 19 Abs. 2 GKG zusammenzurechnen 176 ). Gleichwohl sind Erfolg wie Mißerfolg des vom Steuerpflichtigen eingelegten Rechtsmittels kostenrechtlich für jeden einzelnen Steuerfall bzw. für jeden einzelnen Veranlagungszeitraum nach oben wie nach unten durch den vom Steuer -

17

°) Vgl. dazu oben Rz. 42. ) „Ermessen" bedeutet aber nicht die Zulässigkeit einer willkürlichen Entscheidung: VGH Stuttgart B B 51, 298 = StW 50 Nr. 106. 172 ) Die Anträge des Steuerpflichtigen sind mit der Beschränkung auf das Streitjahr zu berücksichtigen B F H B B 58, 257. Vgl. auch B F H BStBl. 66 III 424. 173 ) Gutachten R F H RStBl. 1939, 825 = Band 47, 131. 174 ) R F H RStBl. 37, 76. 175 ) B F H B B 55, 855; B F H 85, 467; BStBl. 66 III 424. 176 ) Vgl. dazu Wauer D S t R 53, 541; Vfg. Hamburg v. 29. 4. 53 DGStZ 53, 169 = StP 53, 458. Wegen summarischer Entscheidung bei Berufung mit geringem Streitwert s. B F H JZ 57, 572. 171

259

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgeriehten

Pflichtigen gestellten A n t r a g begrenzt. N u r die sich hiernach f ü r alle Steuerfälle bzw. Veranlagungszeiträume ergebende G e s a m t s u m m e k o m m t f ü r die Beurteilung der F r a g e in B e t r a c h t , ob bzw. inwieweit der Steuerpflichtige im endgültigen Ergebnis unterlegen ist 177 ). A u c h in einem R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n gegen mehrere Steuerbescheide f ü r eine laufend veranlagte Steuer bilden die u m s t r i t t e n e n Steuerbeträge sämtlicher Steuerbescheide zusammengerechnet den Streitwert. E s sind keine gesonderten Streitwerte f ü r jeden einzelnen Veranlagungszeitraum festzusetzen 1 7 8 ). 115

Bei Konkurs der Steuerpflichtigen ist bei der Berechnung des Gegenstandswertes im R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n über bestrittene Steuerforderungen die Vorschrift des § 148 K O zu berücksichtigen. Hier k a n n n u r die K o n k u r s q u o t e als Gegenstandswert angen o m m e n werden, die auf die bestrittene Steuerforderung entfallen würde 1 7 9 ). 2. Beispiele 180 ).

116

Arrest verfahren: Der Gegenstandswert b e t r ä g t die H ä l f t e der Hinterlegungssumme 1 8 1 ). F ü r Arrestverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten ist übrigens der Gegenstandswert n a c h § 3 Z P O nach freiem Ermessen zu schätzen (§ 20 Abs. 1 GKG). W i r d die Aufrechnung angegriffen, so b e s t i m m t sich der Streitwert nach d e m Betrag, hinsichtlich dessen die A u f r e c h n u n g erfolgt ist 182 ). Die Bewertung des Auskunftsersuchens erfolgt mit 1 / 10 bis 1 / 5 des Hauptanspruchs 1 8 3 ). N u r 10% des im Streit befindlichen Betrages werden als Streitwert i m Aussetzungsverfahren bei Abgabestreitigkeiten 184 ) a n g e n o m m e n . D a s gleiche gilt auch f ü r das Verf a h r e n über die Aussetzung der Vollziehung eines angefochtenen Steuerbescheides 1 8 5 ). Die Klage auf Berichtigung eines vorläufigen Steuerbescheides ist vermögensrechtlicher A r t ; ihr Streitwert b e m i ß t sich n a c h d e m finanziellen Interesse a n der späteren H e r a b s e t z u n g der Steuer bei der endgültigen Veranlagung 1 8 8 ).

117

Einheitswert: D a der strittige Einheitswert sich auf verschiedene Steuern auswirkt, so findet eine Pauschalberechnung s t a t t , u n d zwar sollen nach einem Beschluß der F i n a n z Verwaltungen der L ä n d e r folgende R i c h t s ä t z e a n g e w a n d t werden:

177

) B F H N J W 61, 336. ) FG Rheinland-Pfalz AnwBl. 56, 255. ) B F H BStBl. 61 III 375; Speich a.a.O. S 116, aber im Lauf der Instanz eintretender Konkurs ist ohne Bedeutung. 180) Wegen Festsetzung des Streitwertes im Verfahren der einheitlichen und gesonderten Feststellung des gemeinen Wertes von Anteilen und Genußscheinen s. B F H v. 24. 7. 53 BStBl. 53 III 272 = B B 53, 787. Wegen Streitwertberechnung bei Rechtsmitteln gegen einheitliche Gewinnfeststellungen s. Erlaß Württemberg-Baden v. 13. 8. 51 BStBl. 51 II 128 = B B 51, 691. Ferner Erlaß Nordrhein-Westfahlen v. 20. 11. 51 BB 52, 76; DStR 51, 507 sowie Erlaß Hamburg v. 30. 11. 51, DStR 52, 45 = DStZ (B) 52, 62. 181 ) B F H V. 17. 4. 52 BStBl. III 152; BStBl. 66 III 653; B F H 86, 786. 182 ) BFH BStBl. 62 III 144; FG Karlsruhe EFG 58, 324. 183 ) HessFG EFG 67, 26, vgl. auch Rz. 222 zu § 8 (§ 3 ZPO). 184 ) B F H BStBl. 55 III 56; BStBl. 59 III 311; vgl. auch B F H 101, 23 = BStBl. 71 II 154; B F H E 106, 498; OVG Münster BB 63, 458. 185 ) B F H BStBl. 67 III 121; BStBl. 67 III 321. Dagegen soll Streitwert für einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Widerrufs eines Zahlungsaufschubs nur 1 / 3 des jährlichen Werts des Zinsverlustes sein: B F H BStBl. 68 II 743. Vgl. auch OVG Lüneburg'NJW 68, 2159ff bei Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO in Abgabestreitigkeiten. 186 ) BFH BStBl. 68 II 827; Bd. 93, 413. 178

179

260

I X . Der Gegenstandswert

bei bei bei des

land- u n d forstwirtschaftlichen Grundstücken sonstigem Grundbesitz Betriebsvermögen streitigen Wertunterschiedes 1 8 9 ).

§ 114 25 v. Taus. 1 8 ') 40 v. Taus. 188 ) 20 v. Taus. 188 )

Bei Streit über ein Erzwingungsgeld ist Streitwert der Betrag des angedrohten bzw. festgesetzten Erzwingungsgeldes 190 ).

118

Dieser Betrag ist jedoch nicht maßgebend, wenn das Erzwingungsgeld der Durch- 119 Setzung der Zulassungsentziehung dient. In einem solchen Fall ist wegen der wirtschaftlichen Bedeutung der Entziehung der Zulassung der Streitwert zu schätzen 191 ). Nach Ermessen hat auch die Streitwertfestsetzung zu erfolgen, wenn über die Fristverlängerung wegen Abgabe einer Steuererklärung gestritten wird. Die obere Grenze des Streitwertes liegt hier bei der Höhe des evtl. in Betracht kommenden Erzwingungsgeldes 192 ). Gewerbesteuermeßbescheid: Hier ist der Unterschied zwischen dem festgesetzten 120 und dem erstrebten Steuermeßbetrag zu berechnen. Die sich ergebende Zahl ist mit dem Hebesatz der zuständigen Gemeinde zu multiplizieren 193 ). Dabei ist auch ein nach gesetzlichen Vorschriften erhöhter Hebesatz anzusetzen 194 ). Ergeben sich aus den Rechtsmittelbegründungen eines Steuerpflichtigen keine näheren Angaben darüber, was er mit seinen Rechtsmitteln erreichen will, so können für die P r ü f u n g der Zulässigkeit der Revisionen die Streitwerte für die Einkommen- und Gewerbesteuer nicht zusammengerechnet werden, u n d zwar auch dann nicht, wenn die Sachen in der Revisionsinstanz zusammengefaßt werden 195 ). Der Wert des Streitgegenstandes für das Verfahren der einheitlichen und gesonder- 121 ten Gewinnfeststellung ist, wenn nur um die Aufteilung des Gewinns zwischen Eheleuten gestritten wird, in der Regel mit 10% des streitigen Gewinnanteils zu bemessen 196 ), weil der Streit im Grunde nur um die Verteilung des Gewinns geht 197 ). Dagegen sind nach den Gründen des BFH-Urteils v. 17. 10. 61198) sonst im Regelfall 25% des streitigen Gewinns oder Verlustes oder der streitigen Einkünfte als Pauschsatz anzusetzen, die angemessen — auf 30, auch 40 v.H. — zu erhöhen sind, wenn der Gewinnanteil der einzelnen Gesellschafter 15000 DM übersteigt. Der Satz

187

) Vgl. dazu auch B F H BStBl. 51 III 198 = B B 51, 829. ) B F H BStBl. 65 III 630; BStBl. 64 III 235, 297; B F H E 103, 316. ) BStBl. 51 II 26; vgl. auch Erl. Rheinland-Pfalz v. 29. 9. 55 MinBl. 50, 663 = B B 50, 725; Erl. Nordrhein-Westfalen v. 13. 11. 50 Betrieb 50, 591; Württemberg-Baden v. 16. 11. 50 BStBl. 51 II 26; Vfg. München v. 12. 12. 55 B B 53, 52. S. ferner Klempt-Meyer S 64. 190 ) R F H RStBl. 31, 369; B F H BStBl. 52 III 55; Speich a.a.O. S 109. 191 ) B F H v. 9. 12. 54 — II 203/53; H F R 62, 356. 192 ) B F H v. 21. 7. 59 — I 57/58. 193 ) R F H RStBl. 37, 1231; B F H RStBl. 65 I I I 483. 194 ) R F H BStBl. 40, 27. 19ä ) B F H H F R 64, 392. 196 ) B F H N J W 61, 944 = B B 62, 27; vgl. auch Erlaß Baden-Württ. v. 27. 5. 63 B B 63, 845 und Mondorf B B 63, 893; ferner Grioger in Anm. zu B F H B B 62, 1028 = N J W 62, 2272. 197 ) B F H B B 60, 1373. 198 ) BStBl. 62 III 41. Vgl. auch B F H 88, 23 = BStBl. 67 III 274; B F H 89, 235; B F H E 110, 487, 491. Dies gilt auch, wenn ein Gesellschafter klagt B F H 112, 217. 188 189

261

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten v o n 1 0 % k o m m t also n u r in B e t r a c h t , w e n n n u r u m die G e w i n n v e r t e i l u n g u n d Z u r e c h n u n g u n t e r E h e l e u t e n g e s t r i t t e n wird 1 9 9 ). W e n n in diesen F ä l l e n n u r die A n w e n d u n g einer S t e u e r b e g ü n s t i g u n g s v o r s c h r i f t s t r e i t i g ist (z. B . des § 34 E S t G ) , w i r d als S t r e i t w e r t die H ä l f t e des i m R e g e l f a l l a n z u setzenden Streitwerts angenommen200). B e i d e r g e s o n d e r t e n G e w i n n f e s t s t e l l u n g b e r e c h n e t sich d e r S t r e i t w e r t n a c h d e m streitigen EStRetrag201). 122

D e r S t r e i t w e r t d e s R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n s m i t d e m Ziele d e r getrennten Veranlagung v o n E h e l e u t e n ist v o m B F H 2 0 2 ) m i t d e m U n t e r s c h i e d s b e t r a g d e r S t e u e r a n g e nommen worden.

123

F ü r d a s V e r f a h r e n w e g e n einstweiliger Einstellung der Zwangsvollstreckung a u s g e r i c h t l i c h b e s t ä t i g t e n S t e u e r b e s c h e i d e n w i r d e b e n f a l l s in d e r R e g e l d e r S t r e i t w e r t n u r a u f 10 % des B e t r a g e s f e s t g e s e t z t , w e s w e g e n die Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g b e t r i e b e n wird 2 0 3 ). D i e s e r s c h e i n t z u gering, weil u n b e s t r i t t e n bei P f ä n d u n g e n i m s t e u e r l i c h e n Vollstrekkungsverfahren der Streitwert gemäß § 6 Z P O berechnet wird, wobei ausdrücklich d a r a u f h i n g e w i e s e n w u r d e , d a ß kein U n t e r s c h i e d zwischen d e r o r d e n t l i c h e n gerichtlichen Zwangsvollstreckung u n d d e m Verwaltungsvollstreckungsverfahren besteht204).

124

W i r d m i t d e r K l a g e d e r Erlaß der Steuer v e r f o l g t , so ist im a l l g e m e i n e n d e r S t r e i t w e r t m i t d e m B e t r a g f e s t z u s t e l l e n , dessen E r l a ß b e g e h r t wird 2 0 5 ). E i n w ä h r e n d d e s R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n s a u s B i l l i g k e i t s g r ü n d e n a u s g e s p r o c h e n e r E r l a ß b i n d e t die R e c h t s m i t t e l i n s t a n z . D e r e r l a s s e n e A b g a b e b e t r a g ist n i c h t m e h r im S t r e i t b e f a n g e n 2 0 6 ) .

125

H a t sich die Hauptsache erledigt, so w e r d e n zwei S t r e i t w e r t e f e s t g e s e t z t : B i s z u r E r l e d i g u n g r i c h t e t sich d e r S t r e i t w e r t n a c h d e m K l a g e a n t r a g , d a n a c h n u r n a c h d e m B e t r a g d e r bis d a h i n in d e r R e v i s i o n s i n s t a n z e n t s t a n d e n e n K o s t e n 2 0 7 ) .

126

D a s finanzielle I n t e r e s s e d e s S t e u e r p f l i c h t i g e n a n d e r H e r a b s e t z u n g d e r S t e u e r d u r c h die a n g e s t r e b t e n a c h f o l g e n d e B e r i c h t i g u n g s v e r a n l a g u n g ist f ü r d e n S t r e i t w e r t m a ß g e b e n d , w e n n die Fehleraufdeckung n a c h § 222 A b s . 1 N r . 4 A O b e t r i e b e n wird 2 0 8 ).

127

B e t r i f f t d e r S t r e i t die Grunderwerbsteuer, so ist bei d e r S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g d e r Z u s c h l a g zu dieser S t e u e r m i t zu b e r ü c k s i c h t i g e n , a u c h w e n n d u r c h ein R e c h t s m i t t e l keine G r ü n d e geltend g e m a c h t werden, die ausschließlich den Zuschlag betreffen209). 199 ) B F H B B 66, 1176 mit Anm. von Grieger. Vgl. auch Ziemer-Birkholz Rz. 59 § 140 FGO. S. ferner die Kritik an dieser Rspr. von Blencke B B 62, 1241; K a p p D B 62, 315; Mondorf BB 63, 893. 200) F G Düsseldorf DStZ/B 62, 517. 201 ) B F H BStBl. I I I 95; BStBl. 65 I I I 462. 202 ) B B 62, 745. 203 ) B F H BStBl. 67 I I I 512 = B F H 89, 23. 204 ) So F G Hannover E F G 60, 361 = AnwBl. 60, 221. 205 ) B F H BStBl. 55 I I I 56. Das gilt auch f ü r LAG-Sachen: B F H BStBl. 66 I I I 602. 206) B F H BStBl. 55 I I I 92. 207 ) B F H BStBl. 62 I I I 42; E F G 68, 175. Wenn sich jedoch der Rechtstreit aufgrund einer Gesetzesänderung erledigt, soll sich der Streitwert lediglich auf 10% der festzusetzenden Steuer bemessen. So B F H BStBl. 58 I I I 212. 208 ) B F H BStBl. 67 I I I 521 = B F H 89, 63. 209 ) R F H RStBl. 40, 985. Die Revisionssumme ist aus der Beschwer jedes einzelnen Klägers zu errechnen, auch wenn jeder der klagenden E h e g a t t e n wegen des Erwerbs einer ungeteilten H ä l f t e eines Grundstücks zur Grunderwerbsteuer herangezogen wurde, B F H BStBl. 68 I I 749.

262

IX. Der Gegenstandswert

§ 114

Beim Streit wegen der Grundsteuer b e t r ä g t der Gegenstandswert das Vierfache des 128 streitigen Jahresbetrages 2 1 0 ). Dies gilt auch in gleicher Weise f ü r ein Verfahren wegen Grundsteuervergünstigung nach den Wohnungsbaugesetzen 2 1 1 ). H a n d e l t es sich bei d e m Streit u m die Haftung f ü r b e s t i m m t e Steuerschulden, so ist 129 die H a f t u n g s s u m m e zugrunde zu legen, die zur Zeit der Einlegung des Rechtsbehelfs noch geschuldet war 2 1 2 ). Bei R e c h t s m i t t e l n gegen Hypothekengewinnabgabeveranlagungen ist der U n t e r - 130 schiedsbetrag der Ablösungswerte als Streitwert anzusetzen 2 1 3 ). Der f ü r den Ablösungswert maßgebende Vervielfältiger ist nach Auffassung des B F H in allen Fällen die bis 31. 12. 55 gültig gewesene Ablösungstabelle 2 1 4 ). F ü r einen Rechtstreit über Körperschaftsteuer wird die Auswirkung auf die Gewerbe- 131 Steuer bei der Bemessung des Streitwerts nicht einbezogen. Streitwert ist n u r der streitige Körperschaftsteuerbetrag 2 1 5 ). I s t der f ü r einen b e s t i m m t e n Zeitraum angeforderte Betrag der Kraftfahrzeugsteuer 132 strittig, so wird der Streitwert in dieser H ö h e festgesetzt 2 1 6 ). Bei unbefristeter Steuerfestsetzung ist der f ü r den jeweils gewählten Besteuerungszeitraum m a ß g e b e n d e Steuerbetrag maßgebend 2 1 7 ). Eine J a h r e s s t e u e r ist als Streitwert anzusetzen, w e n n der Beschwerdeführer nicht zu erkennen gibt, f ü r welche Zeiträume er bei Verneinung der A n w e n d u n g der Befreiungsbestimmung die Steuer jeweils entrichten wollte 218 ). I m Lohnsteuerermäßigungsverfahren ist f ü r die Streitwertberechnung die Differenz 133 zwischen der Steuer ohne Gewährung des b e a n t r a g t e n Freibetrages u n d der Lohnsteuer zugrunde zu legen, die sich bei voller bzw. teilweiser Gewährung ergibt, vervielfacht mit der Zahl der Monate, f ü r die der erhöhte Freibetrag b e a n t r a g t wird 2 1 9 ). Beim Lohnsteuerjahresausgleich ist der Unterschied zwischen b e a n t r a g t e r u n d durchgeführter L o h n s t e u e r e r s t a t t u n g maßgebend 2 2 0 ). Zinsen bleiben als Nebenforderungen unberücksichtigt 2 2 1 ). Bei der A n f e c h t u n g des Lohnsteuerhaftungsbescheides, der sich auf Lohnsteuer u n d Kirchensteuer bezieht, ist auch die Lohnkirchensteuer in den Streitwert einzubeziehen 2 2 2 ). Bei der Berechnung des Gegenstandswertes in einem Verfahren über die Lotterie- 134 Steuer ist die d u r c h die Lotteriesteuer ausgeschlossene Umsatzsteuer nicht abzusetzen. Die an eine Steuer sich anschließenden Bundes- u n d Landessteuern sind nicht in den Streitwert mit einzubeziehen. E n t s p r e c h e n d ist a u c h die Möglichkeit des Abzugs einer d u r c h die strittige Steuer ausgeschlossenen Steuer abzulehnen 2 2 3 ). 210

) BFH BStBl. 52 I I I 283. ) BFH H F R 63, 151; BFH BStBl. 62 I I I 358. ) BFH BStBl. 55 I I I 158; BStBl. 64 I I I 106; B F H E 104, 37. 213 ) BFH H F R 62, 272; BFH BStBl. 59 I I I 338; BStBl. 68 I I 182. 214 ) BFH BStBl. 68 I I 182. Vgl. auch BdF-Erlaß v. 7 .5. 60 IV C/5 LA 2830 — 13/60 LA Kartei § 203 Abs. 1 Karte 31. 215 ) BFH BStBl. 66 I I I 424. 216 ) BFH BStBl. 68 I I 359 = B F H E 91, 378. 217 ) BFH BStBl. 66 I I I 435 = B F H E 85, 508; BStBl. 66 I I I 229; B F H E 85, 46. 218 ) BFH Beschl. v. 10. 8. 55 — I I 29/55 = BB Beil. 69/8, S 10. 219 ) Tipke/Kruse, RAbgO Anra. 53 § 140 FGO. 22 °) BFH BStBl. 58 I I I 385; B F H E 67, 293; 109, 424. 221 ) BFH BStBl. 58 I I I 385; B F H E 67, 193. 222 ) BFH BStBl. 65 I I I 56, Bd. 81, 157. 223 ) BFH BStBl. 55 I I I 156 unter Berufung auf F R H Bd. 44, 77. 2n

212

263

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten 135

D e m V e r f a h r e n der Vorabentscheidung v o r d e m Europäischen Gerichtshof ist derselbe S t r e i t w e r t z u g r u n d e zu legen, der i m H a u p t p r o z e ß (Ausgangsverfahren) festgesetzt wird. E t w a s anderes k a n n n u r d a n n gelten, w e n n die d e m E u r o p ä i s c h e n Gerichtshof zur E n t s c h e i d u n g vorgelegte R e c h t s f r a g e n u r einen Teil des S t r e i t g e g e n s t a n d e s des A u s g a n g s v e r f a h r e n s betrifft 2 2 4 ). Vgl. d a z u R z . 13 ff. zu § 113a.

136

D e r S t r e i t w e r t des Klageverfahrens vor d e m F G ist, w e n n ein b e s t i m m t e r Steuerb e t r a g streitig ist, n a c h diesem festzusetzen (§ 13 Abs. 2 GKG) 2 2 5 ).

137

Der S t r e i t w e r t einer negativen Feststellungsklage b e m i ß t sich n a c h d e m vollen W e r t einer e n t s p r e c h e n d e n Leistungsklage 2 2 8 ).

138

D e r volle W e r t des H a u p t p r o z e s s e s ist a u c h im Zwischenstreit ü b e r die Richterablehnung maßgebend 2 2 7 ).

139

Dagegen ist im V e r f a h r e n wegen V e r s a g u n g der Sprungklage der S t r e i t w e r t n u r n a c h d e m I n t e r e s s e des Steuerpflichtigen a n einer Verfahrensbeschleunigung u n d a n einer K o s t e n e r s p a r n i s zu bestimmen 2 2 8 ).

140

Bei der Revision gegen ein Teilurteil ist der S t r e i t w e r t n a c h der H ö h e des m i t d e m Teilurteil erledigten Teiles des R e c h t s t r e i t s festzusetzen.

141

W i r d n u r die B e r e c h t i g u n g einer Mahnung b e s t r i t t e n , so wird der S t r e i t w e r t m i t 10 % des a n g e m a h n t e n S t e u e r b e t r a g e s angesetzt 2 2 9 ).

142

W e g e n Pfändung — voller F o r d e r u n g s b e t r a g , n i c h t e t w a d a s Mindestgebot — s. a u c h oben R z . 123. Säumniszuschläge bilden n u r d a n n einen selbständigen Streitwert, w e n n sie als selbständiger S t r e i t g e g e n s t a n d geltend g e m a c h t werden 2 3 0 ).

143

Bei streitiger b e s c h r ä n k t e r oder u n b e s c h r ä n k t e r Steuerpflicht h a t der B F H 2 3 1 ) i m V e r f a h r e n ü b e r die Zulässigkeit der Anforderung von Steuererklärungen bei h o h e n E i n k ü n f t e n einen S t r e i t w e r t v o n 2000 D M f ü r angemessen gehalten. Dieser B e t r a g k a n n im H i n b l i c k auf die jetzige Vorschrift des § 13 Abs. 1 G K G u . E . in diesem Falle n i c h t m e h r u n t e r 4000 D M a n g e n o m m e n w e r d e n .

144

B e i m R e c h t s t r e i t ü b e r die Stundung wird, w e n n n i c h t im Einzelfall besondere U m s t ä n d e vorliegen, d e r S t r e i t w e r t m i t 1 0 % des Steuerbetrages, der g e s t u n d e t werden soll, angenommen 2 3 2 ). D a s ist a u c h zu niedrig. E s h a n d e l t sich hier u m einen b e s t i m m t e n S t e u e r b e t r a g , der geschuldet wird. D a s Interesse des Steuerpflichtigen g e h t d a h i n , diesen B e t r a g g e s t u n d e t zu e r h a l t e n . D e s h a l b ist n i c h t n u r ein Teil d a v o n , sondern der ganze B e t r a g m a ß g e b e n d . D a s gilt n i c h t n u r im S t e u e r r e c h t , s o n d e r n v o r allem in 224

) B F H BStBl. 69 I I 83. Wegen Gebühren in diesen Verfahren s. § 113a. ) B F H BStBl. 59, 251. 226 ) HessFG E F G 68, 313. Dagegen ist bei der positiven Feststellungsklage ein Abschlag von 20% vorzunehmen. Vgl. dazu auch Rz. 249, 250 zu § 8 (S 319). 227 ) BVerfG BB 68, 875; BayVGH BayVBl. 72,421;s.obenRz. 8 0 u . R z . 317zu § 8 (S 338) und dort Fn. 252. 228 ) B F H , 27. 11. 68 — IV 99/57; Hoffmann F R 62 S 14; HessFG Büro 71, 838 = E F G 71, 348. 229 ) B F H , 23. 11. 60 — I I 103/57. 23 °) B F H H R F 65, 130. 231 ) B F H , 8. 7. 64 — I 424/62. 232 ) B F H BStBl. 63 I I I 76; BB 58, 293; 63, 458. 225

264

I X . Der Gegenstandswert

§114

zivilrechtlichen Angelegenheiten, besonders in der Zwangsvollstreckung. F ü r Stundungsvereinbarungen wird dort auch nicht nur ein Teilbetrag, sondern die ganze Forderung, die gestundet bzw. abgezahlt werden soll, übernommen. Überhaupt neigen auch die Finanzgerichte — ebenso wie die Verwaltungsgerichte — dazu, den Streitwert zu unterschätzen. Ein Verspätungszuschlag wird dem Streitwert eines Klageverfahrens nicht hinzugerechnet, auch wenn außer der Steuerfestsetzung auch der festgesetzte Verspätungszuschlag angefochten wird 233 ). Der Streitwert bei einstweiliger Anordnung ist der gleiche (Teil-)Steuerbetrag, um den es in der Hauptsache geht 234 ). Der streitige Steuerbetrag ist auch allein maßgebend im Rechtstreit über die 145 Schenkungssteuer. Daß der Ausgang des Rechtstreits auch Rückwirkungen auf weitere Steuerfestsetzungen (Rückschenkung) haben kann, bleibt unberücksichtigt 2 3 5 ). Ebenso ist bei der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) der streitige Steuerbetrag als 146 Streitwert zugrunde zu legen. Bei einer Untätigkeitsklage werden regelmäßig nur 10% des streitigen Steuerbe- 147 träges angenommen 2 3 6 ). Das Streitinteresse soll sich lediglich auf ein mit der Untätigkeitsklage erstrebtes Tätigwerden der Verwaltungsbehörde erstrecken und daher nur mit 10% zu bewerten sein. Das ist u. E. zu niedrig. Maßgebend ist der Antrag. Dieser u m f a ß t den gesamten Anspruch des Klägers, daher ist — wie auch sonst in der Verwaltungsgerichtsbarkeit — der volle Wert, und nicht nur ein Bruchteil davon als Streitwert anzunehmen, jedenfalls dann, wenn der Kläger mit der Untätigkeitsklage eine Sachentscheidung begehrt. Der gesamte strittige Steuerbetrag ist als Streitwert festzusetzen, wenn mit der Untätigkeitsklage beantragt wird, die mit dem Einspruch angefochtenen Bescheide aufzuheben oder zu berichtigen 237 ). Bei Streitigkeiten wegen Vermögenssteuern wird der Streitwert auf den doppelten 148 Jahresbetrag der Steuerschuld angenommen 2 3 8 ). Streitgegenstand im steuergerichtlichen Verfahren ist nicht das einzelne Besteuerungsmerkmal, sondern die Rechtmäßigkeit des die Steuer (den Steuermeßbetrag) festsetzenden Steuerbescheides (Steuermeßbescheides). Daher unterliegen alle der Ermittlung dieses Betrages zugrundeliegenden Merkmale in der Revisionsinstanz der P r ü f u n g des B F H . Der IV. Senat des B F H hat deshalb auch die von den Prozeßbeteiligten u n d vom FG nicht erörterte Frage eines Umwandlungsgewinnes in seine E n t scheidung einbezogen und innerhalb der durch den Antrag der von den Prozeßbeteiligten gesetzten Begrenzung berücksichtigt 239 ). Bei der Anfechtung von Vorauszahlungsbescheiden für die Vermögensabgabe wird 149 als Streitwert der lOfache Betrag des streitigen Viertel- oder Teilvierteljahresbetrages 233

) B F H 9. 11. 55 — I I 125/55. ) B F H BStBl. 69 I I 379. S. aber FG Hamburg EFG 68, 174 und FG Münster EFG 6«, 234, die in derartigen Fällen bei Besonderheiten des Einzelfalles nur 10% des Interesses an der Hauptsache als Streitwert annehmen wollen, was zweifellos zu gering ist. 235 ) B F H D S t R 64, 351. 236 ) B F H BStBl. 63 I I I 270; BStBl. 67 III 786. 237 ) B F H BStBl. 67 III 253 = B F H 88, 21; B F H 90, 95. Vgl. auch dazu Schumann B B 66, 1057 ff. 238) B F H BStBl. 59 III 262. Dies wird auch verfassungsrechtlich für unbedenklich gehalten: BVerfG 28. 12. 67 — 1 B v R 583/67. 239 ) B F H Gr. Sen. B B 68, 615; Bespr. Woerner B B 68, 1030ff. 234

265

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- u n d Finanzgerichten a n g e n o m m e n , h ö c h s t e n s n a c h d e m Ablösungswert des s t r e i t i g e n Viertel- o d e r Teilv i e r t e l j a h r e s b e t r a g e s , w o b e i d e r g e s a m t e A b l ö s u n g s w e r t m a ß g e b e n d ist 2 4 0 ). 150

W e g e n S t r e i t w e r t bei A u s s e t z u n g d e r Vollziehung s. o b e n R z . 116. W e g e n S t r e i t w e r t in d e r Vollstreckung s. o b e n R z . 123 u . 142 241 ). D e r volle B e t r a g d e r z u volls t r e c k e n d e n F o r d e r u n g k o m m t als S t r e i t w e r t a u c h in B e t r a c h t , w e n n es sich u m Vorauszahlungen h a n d e l t 2 4 2 ) .

X. Die Streitwertfestsetzung 151

N a c h d e m a u f g r u n d d e s K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 (a.a.O.) d e r G e l t u n g s b e r e i c h d e s GKG a u c h a u f V e r f a h r e n v o r G e r i c h t e n d e r V e r w a l t u n g s g e r i c h t s b a r k e i t u n d v o r d e n Ger i c h t e n d e r F i n a n z g e r i c h t s b a r k e i t 2 4 2 a ) e r w e i t e r t w o r d e n ist, w e r d e n die G e r i c h t s k o s t e n ( G e b ü h r e n u n d A u s l a g e n ) hier e b e n f a l l s a u s s c h l i e ß l i c h n a c h d e m G K G e r h o b e n (§ 1 A b s . 1 G K G n F ) . F ü r d i e S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g g e l t e n s o m i t d i e V o r s c h r i f t e n d e r §§ 24, 25 G K G . U m W i e d e r h o l u n g e n z u v e r m e i d e n , k a n n a u f die E r l ä u t e r u n g e n o b e n R z . 84 v e r w i e s e n w e r d e n . S. f e r n e r d i e E r l ä u t e r u n g e n z u §§ 9, 10 B R A G e b O . Bevollmächtigte k ö n n e n g r u n d s ä t z l i c h d i e S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g k r a f t eigenen R e c h t s a n f e c h t e n . D a s b e s t i m m e n f ü r d e n R A a u c h § 9 A b s . 2 sowie § 10 B R A G e b O . I m V e r f a h r e n ü b e r die S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g , d a s d e r B e v o l l m ä c h t i g t e einleitet, ist d e r V e r t r e t e n e als B e t e i l i g t e r z u z u z i e h e n , weil die F e s t s e t z u n g des S t r e i t w e r t e s a u c h ihn berührt243). W e n n die S t r e i t w e r t f e s t s e t z u n g e r s t m a l s i m K o s t e n f e s t s e t z u n g s b e s c h e i d b e k a n n t g e g e b e n w i r d , so ist sie, o b w o h l ein u n s e l b s t ä n d i g e r B e s t a n d t e i l dieses B e s c h e i d e s , s e l b s t ä n d i g m i t d e n s e l b e n R e c h t s m i t t e l n wie d e r K o s t e n f e s t s e t z u n g s b e s c h e i d (Eri n n e r u n g usw.) anfechtbar 2 4 3 ®).

XI. Kostenpflicht, Entscheidung über die Kosten, Anfechtung der Kostenentscheidung, Kostenerstattung und Kostenfestsetzung 1. Grundsätze der Kostenpflicht 152

A u c h im f i n a n z g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n gilt d e r G r u n d s a t z , d a ß d e r e n d g ü l t i g u n t e r l i e g e n d e B e t e i l i g t e d i e K o s t e n zu t r a g e n h a t (§ 135 A b s . 1 F G O ) . Die K o s t e n eines o h n e E r f o l g e i n g e l e g t e n R e c h t s m i t t e l s fallen d e m j e n i g e n z u r L a s t , d e r d a s R e c h t s m i t t e l eingelegt h a t (§ 135 A b s . 2 F G O ) . D e m Beigeladenen k ö n n e n n u r K o s t e n a u f e r legt w e r d e n , s o w e i t er A n t r ä g e gestellt o d e r R e c h t s m i t t e l eingelegt h a t , d u r c h seine P r o z c ß h a n d l u n g e n also M e h r k o s t e n e n t s t a n d e n s i n d (§ 135 A b s . 3 F G O ) . D a s ist z . B . 240 ) Vgl. auch Speich a.a.O. S 119. S auch B F H I I I 109/64, U r t . v. 30. 7. 65, BStBl. I I I S 603; BStBl. I I I 549. In Aufteilungsfällen nach § 67 LAG vgl. B F H BStBl. 67 I I I 616; BStBl. 68 I I 182. 241 ) Die Höhe der zu vollstreckenden Forderung n i m m t auch an: B F H BStBl. 71 I I 25; L a u t e r b a c h / H a r t m a n n Anm. 4 § 117. 242 ) B F H BStBl. 64 I I I 530; BStBl. 65 I I I 554, vom B F H ausdrücklich abgelehnt: F G Düsseldorf E F G 60, 305, das n u r 50% des Betrages annehmen wollte, u m den die Vorauszahlungen gemindert werden sollten. 242a ) In finanzger. Verfahren ist aber Art. 1 Nr. 4 des B F H - E n t l G v. 8. 7. 75 (BGBl. 1,1861) zu beachten. Danach ist bis zum 31. 12. 80 gegen Streitwert-Entscheidungen der FGe die Beschwerde nicht gegeben: B F H Beschl. v. 10. 2. 76 BStBl. I I 219 = AnwBl. 76, 243. 243 ) B F H BStBl. 60 I I I 145 = B B 60, 508 mit A n m . von Boeker = N J W 60, 885 mit Anm. von Oswald S 2119 = AnwBl. 60, 96. Desgleichen F G Münster E F G 57, 423 = AnwBl. 58, 34. 243a) F G Freiburg E F G 58, 27 = AnwBl. 58, 76. Anfechtung aber nur bei Beschwer: B F H N J W 70, 740. Wegen Streitwertfestsetzung im finanzgerichtliehen Verfahren vgl. auch Thier S 179 ff. Wegen Abänderung der Streitwertfestsetzung s. B F H N J W 61, 1744.

266

X I . Kostenpflicht

§ H4

der Fall, wenn er gegen seine Zuziehung eine erfolglose Besehwerde eingelegt hat 2 4 3 b ). Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen (Streitgenossen), so haften diese nach Kopfteilen 244 ). Bei erheblicher Verschiedenheit ihrer Beteiligung kann nach freiem Ermessen des Gerichtes die Beteiligung zum Maßstab genommen werden (§ 135 Abs. 4 FGO). Weitere Vorschriften der FGO behandeln Einzelheiten dazu. So z.B. § 136 die Kostenverteilung bei teilweisem Obsiegen bzw. Unterliegen, Kostenpflicht bei Klagerücknahme, Wiederaufnahmeverfahren u n d Verweisung. Auch hier gilt der Grundsatz: Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen (§ 136 Abs. 2). Sind beide Parteien etwa in gleichem Maße unterlegen, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben. Die Kosten können aber auch verhältnismäßig dem Grad des Unterliegens entsprechend verteilt werden (§ 136 Abs. 1 Satz 1 FGO). Diese Regelung gilt aber nur im Verfahren vor dem F G und dem BFH 2 4 5 ). 2. Entscheidung über die Kosten und Anfechtung der Kostenentscheidung 246 ). Die Kostenpflicht bei Verschulden regeln die Vorschriften des § 137 FGO. Danach 153 können einem Beteiligten die Kosten ganz oder teilweise auch auferlegt werden, wenn er obgesiegt hat, die Entscheidung aber auf Tatsachen beruht, die er früher h ä t t e geltend machen oder beweisen können und sollen. Kosten, die durch Verschulden 247 ) eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Das Verschulden des gesetzlichen oder bevollmächtigten Vertreters steht dem Verschulden des Steuerpflichtigen gleich und fällt letzterem zur Last. Ist der Rechtstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß. Der bisherige Sach- u n d Streitstand ist zu berücksichtigen (§ 138 Abs. 1 FGO, entspricht § 91a ZPO und § 161 Abs. 2 VwGO). Die Kosten sind dann der Behörde aufzuerlegen, soweit die Sache dadurch erledigt ist, daß dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes stattgegeben wurde, oder in Fällen der Untätigkeitsklage nach § 46 Abs. 1 Satz 3 FGO innerhalb der gesetzten Frist dem außergerichtlichen Rechtsbehelf stattgegeben oder der beantragte Verwaltungsakt erlassen wird. Das gleiche gilt, wenn die angefochtene Einspruchsentscheidung oder der angefochtene Verwaltungsakt nach § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO vom Gericht ohne eigene Entscheidung in der Sache aufgehoben wird. § 137 (Kostenpflicht bei Verschulden) gilt sinngemäß (§ 138 FGO). Über die Kosten hat das Gericht im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet ist, durch Beschluß zu entscheiden (§ 143 Abs. 1 FGO). Wird eine Sache vom Bundesfinanzhof an das Finanzgericht zurückverwiesen, so kann diesem die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen werden (§ 143 Abs. 2 FGO).

243

b) So auch Speich a.a.O. S 18; Berger § 251 AO. ) Vgl. Ziemer-Birkholz A n m . 10 zu § 135 F G O ; Speich a.a.O. S 18; ferner S c h u m a n n B B 66, 1057 ff. 245 ) Wegen weiterer Einzelheiten s. Ziemer-Birkholz (a.a.O.) u n d Speich (a.a.O.). 246 ) Vgl. d a z u Kaiser D B 66, 1106ff, insbesondere auch wegen Formulierung der Kostenentscheidung im Regelfall; ferner Speich (a.a.O.) S 86ff. 247 ) Vgl. d a z u B F H B S t B l . 64 I I I 185, 186. 244

267

§ 114 Zehnter A b s c h n i t t : Gebühren in V e r f a h r e n vor Verwaltungs- u n d Finanzgerichten

Ist ein Rechstbehelf seinem vollen Umfange nach zurückgenommen worden, so wird über die Kosten des Verfahrens nur entschieden, wenn ein Beteiligter Kostenerstattung beantragt (§ 144 FGO). I m übrigen ergibt sich die Kostenpflicht aus dem Gesetz (§ 13 FGO). Vgl. oben Rz. 152248). Die Anfechtung über den Kostenpunkt ist unzulässig, wenn nicht gegen die E n t scheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird (§ 145 Abs. 1 FGO, entspricht § 99 ZPO). Wenn eine Entscheidung in der Hauptsache nicht ergangen ist, so ist gegen die Entscheidung über den Kostenpunkt die Beschwerde (§ 128 FGO) zulässig (§ 145 Abs. 2 FGO). 3. Die Kostenerstattung 249 ) 154

Die Kostenerstattung regelt die Vorschrift des § 139 FGO. Die Vorschrift des § 139 Abs. 1 FGO bestimmt zunächst, daß die Gerichtskosten (Gebühren u n d Auslagen) zu den Kosten gehören, ferner die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten, z.B. nach § 114 BRAGebO einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Vorverfahrens (§ 118 BRAGebO; gerichtliche u n d außergerichtliche Kosten). Die Erstattungspflicht ist wie folgt geregelt: a) Die Aufwendungen der Finanzbehörden sind nicht zu erstatten (§ 139 Abs. 2 FGO). b) Gesetzlich vorgesehene Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten oder Beistandes, der zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen befugt ist (§§ 3, 4 SteuerberG), sind stets erstattbar (§ 139 Abs. 3 Satz 1 FGO). Das entspricht § 91 Abs. 2 ZPO. Es kann also kein Honorar, das höher als die gesetzlichen Gebühren ist, erstattet werden. Nachdem vom B F H der von ihm vertretene gegenteilige S t a n d p u n k t aufgegeben worden ist 250 ), wird allgemein anerkannt, daß der RA, wenn er sich in eigener Sache selbst vertritt, Anspruch auf die gesetzlichen Gebühren hat, weil die Vorschrift des § 91 Abs. 2 ZPO, die jetzt die Erstattungspflicht in eigener Sache regelt, über § 155 FGO gilt. Auch wenn ein R A als Partei k r a f t Amtes tätig wurde, z.B. als Konkursverwalter 251 ), h a t der Bundesfinanzhof 2 5 2 ) die E r s t a t t u n g der Kosten anerkannt . c) Aufwendungen f ü r einen Bevollmächtigten oder Beistand, f ü r den Gebühren und Auslagen gesetzlich nicht vorgesehen sind, können bis zur Höhe der gesetzlichen

248

) Vgl. dazu Kaiser D B 66, 1106. 24») y g i d a z u H o h l f e l d , Neuregelung der K o s t e n e r s t a t t u n g im steuerlichen Einspruchsverf a h r e n B B 66, 489; ferner W e n d t N J W 70, 1497. Wegen Reisekosten des auswärtigen R A s. die E r l ä u t e r u n g e n zu § 28 u n d oben R z . 16, 35 Vgl. auch B F H B B 61, 516. Wegen E r s t a t t u n g von Auslagen f ü r Privatgutachten s. Boeker B B 63, 458 u n d oben F n . 65. Die E r s t a t t u n g der K o s t e n f ü r Informationsreisen b e j a h t F G Kassel B B 59, 656. Dagegen werden Reisekosten eines Steuerpflichtigen f ü r Reisen, die er u n a u f g e f o r d e r t vorn i m m t , z.B. f ü r bloße N a c h f r a g e n oder zur Akteneinsicht, nicht f ü r e r s t a t t b a r angesehen, F G Kassel B B 59, 946. Keine A u f r e c h n u n g B F H B B 65, 1056 m i t A n m . v . M a t t e r n . 25 °) Vgl. B F H B B 69, 122 = N J W 69, 951 und N J W 70, 912; F G Berlin N J W 70, 728. Auch f ü r die V e r t r e t u n g der E h e f r a u im V o r v e r f a h r e n b e j a h t B F H N J W 70, 912. Vgl. ferner S c h u m a n n B B 66, 1057 zu Ziff. 4 F n . 55/59; Ziemer-Birkholz R z . 18 § 139 F G O . S d a z u a u c h R z . 15 § 1. F e r n e r Oswald W i r t s c h P r ü f u n g 69, 317. 251 ) Vgl. a u c h F G H a n n o v e r B B 61, 516. 252 ) B S t B l . 65 I I I 463, B B 65, 864 m i t A n m . v o n M a t t e r n , sowie Ziemer-Birkholz Rz. 19 § 139 F G O . 268

X I . Kostenpflicht

§ 114

Gebühren und Auslagen der Rechtsanwälte erstattet werden (§ 139 Abs. 3 Satz 2 FGO). Das bedeutet, daß die Gebühren und Auslagen der Steuerberater als Bevollmächtigte, die noch keine gesetzliche Gebührenordnung haben, bis zur Höhe der gesetzlichen Gebühren und Auslagen, die für Rechtsanwälte gelten, zu erstatten sind (§ 139 Abs. 3 Satz 2 FGO) 252a ). d) Soweit ein Vorverfahren 2 5 3 ) geschwebt hat, sind die Gebühren und Auslagen erstattbar, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten oder Beistandes für das Vorverfahren f ü r notwendig erklärt (§ 139 Abs. 3 Satz 3 FGO, entspricht dem § 162 VwGO). Das kann erfolgen im Urteil und Beschluß oder selbständigen Beschluß zusammen mit der Kostenentscheidung oder erst später, nachdem ein entsprechender Antrag gestellt wurde 254 ). Das gilt also nur dann, wenn die Sache in einem finanzgerichtlichen Verfahren weitergeführt wurde, sonst findet eine Erstattung der Vorverfahrenskosten nicht statt 2 5 5 ). Wenn Ziemer/Birkholz 256 ) die Auffassung vertreten, daß die Erstattungspflicht nicht die Kosten f ü r die Anrufung des Bundesverfassungsgerichtes mit u m f a ß t , so m u ß dem beigetreten werden. Das Landgericht München I 257 ) ist zu einem gegenteiligen Ergebnis gekommen und hat das sogar bezüglich der Normenkontrolle bestätigt 2 5 8 ). Vgl. dazu auch Rz. 27 zu § 113 u. dort F n . 19 ff. e) Wenn der Bevollmächtigte oder Beistand in einem Angestelltenverhältnis (z. B. Syndikus-Rechtsanwalt, Steuerberater als Angestellter eines Wirtschaftsverbandes) zu einem Beteiligten steht, werden die durch seine Zuziehung entstandenen Gebühren nicht erstattet (§ 139 Abs. 3 Satz 4 FGO, war bereits Bestandteil des § 316 AO). f) Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nur erstattbar, wenn das Gericht sie aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt (§ 139 Abs. 4 FGO). 4. Die Kostenfestsetzung Der Umfang der Kostenerstattung wird begrenzt durch die Vorschriften der Bundes- 155 gebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGebO). Die den Beteiligten zu erstattenden 252a ) So a u c h OVO Münster N J W 68, 1978 f ü r W i r t s c h a f t s p r ü f e r , aber n u r , wenn er in Steuersachen t ä t i g wird. Wird er auf anderen Rechtsgebieten tätig, d a n n sind seine Kosten nicht e r s t a t t b a r OVG L ü n e b u r g AnwBl. 61, 73. 253 ) Vgl. d a z u Woerner, D a s außergerichtliche V e r f a h r e n n a c h der AO B B 66, 855. S. ferner B F H B B 69, 122 (auf Vorlagebsschl. vgl. B B 67, 21); N J W 70, 1567. S. a u c h W e n d t N J W 70, 1497. 254) Wegen Einzelheiten vgl. Kaiser D B 66, 1107; F G H a m b u r g B B 66, 1333; R a u p a c h B B 66, 1302 ( K o s t e n e r s t a t t u n g f ü r Bevollmächtigte im V o r v e r f a h r e n ) ; ferner F G Düsseldorf B B 68, 898 zur Notwendigkeit der Zuziehung. Vgl. a u c h Tschischgale B B 68, 869. 255 ) Kaiser D B 66, 1107. Zur F r a g e der K o s t e n e n t s c h e i d u n g im außergerichtlichen Vorverfahren vgl. auch Woerner B B 66 S 858. Vgl. ferner Eisenberg, D a s K o s t e n r e c h t nach der F G O , D S t R 1966 S 418, der dort zu folgendem Ergebnis k o m m t : „ D e m im Einspruchsu n d Beschwerdeverfahren obsiegenden Stpflichtigen ist der F i s k u s kostenerstattungspflichtig bezüglich aller zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen A u f w e n d u n g e n einschließlich der eines notwendigerweise zugezogenen B e v o l l m ä c h t i g t e n . " S auch K r a f t B B 69, 173 wegen K o s t e n e n t s c h e i d u n g u n d Streitwertfestsetzung f ü r die außergerichtlichen Rechtsbehelfe in Steuersachen. 256 ) A n m . 23 zu § 139 F G O u n t e r B e r u f u n g auf B F H v o m 13. 7. 65, B S t B l . I I I S 519; M a t t e r n , B B 65 S. 935. 257 ) 2. S t r a f k . , AnwBl. 64 S. 51. 258 ) G u t b e g r ü n d e t m i t Beschluß v o m 23. 4. 64, b e s t ä t i g t v o m OLG München, Strafsenat , Beschluß v o m 21. 10. 65 — W s 430/65 — AnwBl. 66, 329; Gerold-Schmidt R z . 1 0 z u § 1 1 3 .

269

§ 114 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Verwaltungs- und Finanzgerichten

A u f w e n d u n g e n werden auf A n t r a g von d e m U r k u n d s b e a m t e n der Geschäftsstelle des ersten Rechtszuges festgesetzt (§ 149 FGO), m i t A u s n a h m e der Fälle, in denen der B F H in erster I n s t a n z t ä t i g wird u n d daher a u c h die Kostenfestsetzung von d e m Urk u n d s b e a m t e n der Geschäftsstelle des B F H d u r c h g e f ü h r t wird. Dagegen fällt aber die Zuständigkeit f ü r die Kostenfestsetzung der Geschäftsstelle des F G zu, wenn der B F H über einen A n t r a g auf Vollziehungsaussetzung entschieden h a t , der bei ihm als Rechtsmittelgericht erstmals gestellt worden ist. Anders nur, wenn der B F H gemäß § 37 F G O Gericht der ersten I n s t a n z ist 259 ). Gegen den ergehenden Kostenfestsetzungsbeschluß ist die Erinnerung gegeben, die binnen zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses a n das Gericht einzulegen ist. Ü b e r die Zulässigkeit der E r i n n e r u n g sind die Beteiligten zu belehren (§ 149 Abs. 2 FGO) 2 6 0 ). Über die E r i n n e r u n g entscheidet das Gericht d u r c h Beschluß (§ 149 Abs. 4 FGO). Gegen den Beschluß s t e h t den Beteiligten die Beschwerde zu, w e n n eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1—3 vorliegt. I m übrigen k a n n der Vorsitzende des Gerichtes oder das Gericht anordnen, d a ß die Vollstreckung aus d e m Beschluß einstweilen auszusetzen ist (§ 149 Abs. 3 F G O , f r ü h e r § 148 Abs. 2 FGO). 156

Die E n t s t e h u n g der angesetzten Auslagen ist im Kostenfestsetzungsantrag zu versichern (§ 104 Abs. 2 ZPO, § 155 FGO). Dies gilt jedoch nicht f ü r die Auslagenpauschale des § 26 Satz 2 B R A G e b O (vgl. R z . 23 zu § 26).

157

Der Anspruch auf Verzinsung der festgesetzten Kosten ist zulässig. Das ergibt sich daraus, daß nach § 156 F G O die Vorschriften der Z P O sinngemäß u n d d a m i t auch § 104 Z P O gelten.

158

Die Festsetzung der Kosten gegen die eigene Partei (§ 19 BRAGebO) ist ebenfalls von der Geschäftsstelle der ersten I n s t a n z vorzunehmen 2 6 1 ). S. wegen Einzelheiten die E r l ä u t e r u n g e n zu § 19.

XII. Armenrecht 159

Auch im finanzgerichtlichen Verfahren k a n n einem Beteiligten das Armenrecht bewilligt werden. Auf die Bewilligung des Armenrechts sind die Vorschriften der Z P O (§§ 114—127) sinngemäß anzuwenden (§ 142 Abs. 1 Satz 1 FGO). I s t d a s Armenrecht bewilligt, so k a n n ein R A oder ein Steuerberater beigeordnet werden, wenn die Vert r e t u n g durch eine solche Person erforderlich erscheint 2 6 2 ). Die Bewilligung des Armenrechts ist u n a n f e c h t b a r (§ 142 Abs. 2 FGO). Die Versagung k a n n mit der Beschwerde angefochten werden (§ 128 FGO).

259

) B F H BStBl. 67 I I I 422. ) Wegen der Kostenpflicht bei Zurücknahme eines vorsorglich eingelegten Rechtsmittels u n d wegen der materiellen P r ü f u n g im Erinnerungsverfahren gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß s F G H a n n o v e r B B 58, 615 mit Anm. von Boeker. 261 ) B F H B B 62, 282 mit A n m . von Boeker. 262 ) F ü r die Vergütung der beigeordneten RAe gelten §§ 121 ff BRAGebO (vgl. dazu die Erläuterungen dort). Obwohl diese Gebührenordnung f ü r Steuerberater nicht gilt (§ 1 Abs. 2 B R A G e b O ; vgl. Rz. 4 § 1), m u ß m a n diese Vorschrift wohl doch anwenden, zumindest im R a h m e n der „üblichen V e r g ü t u n g " nach § 612 BGB, bis die steuerberatenden Berufe ihre eigene Gebührenordnung haben werden. So auch Schumann B B 66, 1057 ff. Vgl. auch Speich a.a.O. S 121 ff. 260

270

V e r f a h r e n vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

§ 116

§ 115 ( a u f g e h o b e n ) 1 )

§ 116.

Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

( 1 ) I m Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit erhält der R e c h t s a n w a l t 1. vor d e m Sozialgericht 30 D e u t s c h e Mark bis 360 D e u t s c h e Mark, 2. vor d e m Landessozialgericht 45 D e u t s c h e Mark bis 540 D e u t s c h e Mark, 3. vor d e m Bundessozialgericht 75 D e u t s c h e Mark bis 900 D e u t s c h e Mark. ( 2 ) I n Verfahren 1. auf Grund der B e z i e h u n g e n z w i s c h e n Ärzten, Z a h n ä r z t e n u n d K r a n k e n k a s s e n ( K a s senarztrecht) s o w i e öffentlich-rechtlichen Versicherungsträgern untereinander, 2. auf Grund öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten z w i s c h e n Arbeitgebern u n d der B u n desanstalt f ü r Arbeit oder einer B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t werden die Gebühren n a c h d e m Gegenstandswert berechnet. Die Vorschriften des D r i t t e n Abschnittes gelten sinngemäß. ( 3 ) I n den F ä l l e n des Absatzes 1 gelten die §§ 23, 24 nicht.

Vorbemerkung: G e ä n d e r t : D u r c h G e s . v . 30. 6. 65 ( B G B l . I , 5 7 7 ) ; d i e H ö c h s t b e t r ä g e i n A b s . 1 ( f r ü h e r A b s . 2) g e ä n d e r t d u r c h Ges. v . 29. 10. 69 ( B G B l . I , 2049) u n d e r n e u t a n g e h o b e n , d e r j e t z i g e A b s . 2 n e u e i n g e f ü g t d u r c h G e s . v . 20. 8. 75 ( B G B l . I , 2189). D i e f r ü h e r in A b s . 1 S a t z 1 e n t h a l t e n e B e s t i m m u n g , d a ß § 2 3 u n d § 24 n i c h t g e l t e n , ist i n d e n n e u e n A b s . 3 ü b e r n o m m e n . D u r c h A b s . 3 ist f e r n e r k l a r g e s t e l l t , d a ß d i e §§ 2 3 u n d 24 n u r b e i s o l c h e n V e r f a h r e n a u s g e s c h l o s s e n sein sollen, in d e n e n sich d i e G e b ü h r e n d e s R A n a c h d e n R a h m e n g e b ü h r e n s ä t z e n d e s A b s . 1 r i c h t e n . D a g e g e n g e l t e n in d e n i n A b s . 2 g e n a n n t e n V e r f a h r e n a u c h d i e §§ 23, 2 4 .

Übersicht: I . Geschichtliches I I . B e d e u t u n g der Vorschrift I I I . Die Gebühren 1. Die H ö h e der B e t r a g s r a h m e n gebühren 2. Die Bemessung

Rz. 1 7 8 8 9

Rz. V e r t r e t u n g mehrerer A u f t r a g geber Zurückverweisung 3. Die sinngemäße A n w e n d u n g des D r i t t e n Abschnitts (Abs. 2) . .

10 11 12

Die Vorschrift des § 115 ist d u r c h das K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75 BGBl. I , 2189 a u f g e h o b e n worden. N a c h dieser B e s t i m m u n g galten d a n n , wenn f ü r die Gerichtsgebühren des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens keine W e r t v o r s c h r i f t e n vorgesehen waren, f ü r den Gegenstandswert die Vorschriften des G K G über die Bemessung des Streitwertes sinngemäß. Als die Bes t i m m u n g im J a h r e 1957 eingeführt wurde, waren landesrechtlich zum Teil noch R a h m e n g e b ü h r e n vorgesehen. Die Vorschrift h a t t e d a m a l s die Aufgabe, den Streitwert über § 8 Abs. 1 Satz 1 B R A G e b O auch f ü r die R A - G e b ü h r e n als m a ß g e b e n d zu erklären u n d eine einheitliche Regelung f ü r das gesamte Bundesgebiet zu schaffen. N a c h d e m j e t z t durch die neue Vorschrift des § 13 G K G n F einheitliche W e r t v o r s c h r i f t e n vorgesehen sind, bedarf es des § 115 nicht m e h r . I n den Fällen, in denen f ü r das verwaltungsgerichtliche Verfahren keine W e r t v o r schriften vorgesehen sind, soll ebenso wie beim Fehlen solcher W e r t v o r s c h r i f t e n f ü r V e r f a h r e n vor a n d e r e n Zweigen der Gerichtsbarkeit § 8 Abs. 1 Satz 3 in Verbindung m i t Abs. 2 gelten. Vgl. d a z u B R - D r u c k s . 71/74 S. 106/107 u n d wegen Einzelheiten Rz. 44ff., 111 ff. zu § 114. 271

§ 116 Zehnter A b s c h n i t t : Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Rz. 4. Die Vergleichsgebühr (§ 23) u n d die Erledigungsgebühr (§ 24) . . 5. V e r f a h r e n ohne m ü n d l i c h e Verhandlung . . Vorzeitige Auftragserledigung . Zurückverweisung 6. Der G e g e n s t a n d s w e r t in d e n Fällen des Abs. 2

13 14 15 16 17

Rz. 7. Der Abgeltungsbereich der Gebühren I V . Die K o s t e n t r a g u n g s p f l i c h t . . . . R A in eigener Sache K o s t e n f e s t s e t z u n g n a c h § 19 BRAGebO E r s t a t t u n g der Vorverfahrenskosten V. Die K o s t e n f e s t s e t z u n g V I . Die V e r g ü t u n g des A r m e n a n w a l t s

21 22 23 24 25 26 29

I. Geschichtliches 1 1. Die Geltendmachung von Rentenansprüchen aus der Sozialversicherung hat zunächst gegenüber den Versicherungsträgern (Krankenkassen, Berufsgenossenschaften usw.) zu erfolgen. Die Gebühren für diese Tätigkeit des R A richteten sich nach der jeweiligen LGebO 1 ). Es fanden nicht die Vorschriften der RAGebO Anwendung, vielmehr bestimmte § 1804 RVO, daß die Vergütung für die Berufstätigkeit des R A im Verfahren vor den Versicherungsbehörden sich nach einer besonderen GebO zu richten hatte. Die Vorschrift des § 1805 RVO bestimmte dazu weiter, daß eine Vereinbarung über höhere Gebühren als die Gebührenordnung vorsieht, nichtig war. Die dazu erlassene besondere VO betreffend die Gebühren der RAe im Verfahren vor den Versicherungsbehörden v. 24. 12. 11 (RGBl. I, 1094), in der Fassung vom 14. 12. 23 (RGBl. I, 1198), sah eine Vergütung für die Berufstätigkeit eines R A vor. Diese Vergütungen standen in keinem Verhältnis zu der aufzuwendenden Mühe u n d Arbeit, die ein R A in solchen Sachen hatte. E r konnte nicht einmal Honorarvereinbarungen treffen, weil diese in jeder Form nichtig waren (§ 1805 RVO, s. oben). Das Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 3. 9. 53 (BGBl. I, 1239) gestaltete die Sozialgerichtsbarkeit völlig um 2 ). Es sieht vor: a) Sozialgerichte im ersten Rechtszug (§§ 7ff SGG), b) Landessozialgerichte im zweiten Rechtszug (§§ 28ff), c) das Bundessozialgericht (Revisionsinstanz) mit dem Sitz in Kassel (§§ 38ff). Die Vorschrift des § 196 SGG regelte die Gebühren f ü r die Berufstätigkeit der RAe in diesen Verfahren. Sie wurde aufgehoben durch Art. X § 11 KostÄndG v. 26. 7. 57 (BGBl. I, 907 ff). Sie bestimmte ebenfalls, daß höhere Beträge, als festgesetzt werden, weder vereinbart noch gezahlt werden durften.

Vgl. d a z u Willenbücher 15. Aufl. S 459; vgl. ferner S c h u m a n n B a y L G e b O S 22ff. ) Neue F a s s u n g j e t z t v. 23. 9. 75 BGBl. I , 2536; BGBl. I I I 330-1 Wegen Klagesysteme in d e m SGG vgl. Aufsatz W a g n e r N J W 56, 128. Wegen Zuständigkeit in der Sozialgerichtsbarkeit s. B a y V O v. 9. 4. 54 GVB1. S. 56 u n d wegen V e r t r e t u n g des Staates B a y e r n vor d e m SG s .VO v. 29. 3. 54 GVB1. 54, 50. § 119 Abs. 2 Satz 2 Z P O ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht entsprechend a n w e n d b a r B S G N J W 57, 239. Kein A r m e n r e c h t im sozialgerichtlichen V e r f a h r e n 1. u n d 2. I n s t a n z LSG B r e m e n B B 58, 705. Der Ausschluß der Beiordnung eines A r m e n a n w a l t s ist nicht verfassungswidrig BVerfG N J W 59, 715. Vgl. auch u n t e n R z . 2. u. 29. Wegen R A im Sozialgerichtsverfahren s. Glücklich „Sozialgerichtsbarkeit" 54, 3. I n M D R 56, 201 n i m m t H e n n i c k e zu der F r a g e der R A e u n d Sozialgerichtsbarkeit Stellung u n d m a c h t verschiedene b r a u c h b a r e Vorschläge, insbesondere f ü r eine F a c h a n w a l t s c h a f t f ü r Sozialrecht. Wegen Stellung der Prozeß vertreter im Sozialgerichtsverfahren u n d ihres G e b ü h r e n a n s p r u c h s vgl. Schieckel „Sozialgerichtsbarkeit" 54, 2. 2

272

I. Geschichtliches

§ 116

Auch diese Sätze waren völlig ungenügend, wenn man den Arbeitsaufwand des R A in solchen Verfahren berücksichtigte. Völlig ungenügend waren sie unter allen Umständen in der Revisionsinstanz, die eine besondere Mühewaltung des R A erforderte. Hinzu kam noch, daß die Gerichte in den seltensten Fällen die Höchstsätze dem R A zubilligten. Da Honorarvereinbarungen in jeder Form nichtig waren, setzte der R A bei der Vertretung in solchen Verfahren in der Regel Geld zu. Aus diesen Gründen war es durchaus verständlich, wenn der R A auf die Übernahme solcher Mandate keinen sehr großen Wert legte.

2. Das neue Gebührenrecht (BRAGebO) 1957 versuchte nun, um den früheren Miß- 2 ständen abzuhelfen, andere Wege zu gehen. Zunächst bestimmte die Vorschrift des § 114 Abs. 1, daß auch im Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit die Vorschriften des 3. Abschnitts (§§ 31ff) sinngemäß gelten sollten. Dies hätte bedeutet, daß in einem solchen Verfahren die Regelgebühren wie in einem sonstigen Prozeßverfahren erhoben werden können. Das hätte aber zur Voraussetzung gehabt, daß man an Stelle der bisher vorgesehenen ungenügenden Rahmengebühren die Gebühren nach einem Gegenstandswert berechnet. Der Referentenvorentwurf sah auch ähnliches vor, indem der Gegenstandswert im sozialgerichtlichen Verfahren nach den Vorschriften des G K G über die Bemessung des Streitwertes sinngemäß berechnet werden sollte. Der Wert des Rechts auf wiederkehrende Leistungen sollte, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist, auf den Wert des einjährigen Bezugs bestimmt werden. I m Verfahren auf Feststellung des Hundertsatzes der Erwerbsminderung sollte aber aus sozialen Gründen eine Besonderheit gelten. Zur Vereinfachung der Wertberechnung sollte für jede 10 vom Hundert des streitigen Hundertsatzes ein Satz von 1 0 % der Wertberechnung zugrunde gelegt werden. Das hätte bedeutet, daß in der Mehrzahl der sozialgerichtlichen Verfahren, die lediglich die Feststellung des Hundertsatzes der Erwerbsminderung zum Gegenstand haben, äußerstenfalls der Gegenstandswert 1000 DM betragen hätte. Von dieser im Vorentwurf getroffenen Regelung hatte man aber aus naheliegenden Gründen Abstand genommen und in der Vorschrift des § 116 als Besonderheiten für Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit, in Ergänzung der Vorschrift des § 114 wiederum Rahmengebührensätze für jede volle Gebühr des § 31 vorgesehen und dies so im RegEntw. übernommen. Diese Regelung war keineswegs besonders glücklich, zumal auch die Rahmengebührensätze von 10—40 DM für das Verfahren vor dem Sozialgericht, von 20—60 DM im Verfahren vor dem Landessozialgericht und 40—125 DM im Verfahren vor dem Bundessozialgericht vorgesehen waren. Dies hatte der DAV erkannt und eine Änderung des § 116 Abs. 2 dahin vorgeschlagen, daß der R A im Verfahren vor den Sozialgerichten 40—120 DM, im Verfahren vor dem Landessozialgericht 60—180 DM und im Verfahren vor dem Bundessozialgericht 120—350 DM erhalten sollte. Das wurde damit begründet, daß es häufig schwierig ist, im sozialgerichtlichen Verfahren einen Gegenstandswert zu bestimmen und daß das System der Rahmengebühren sich schwerlich mit dem System der Einzelaktgebühren (Prozeß-, Verhandlungs-, Beweisgebühr) vereinbaren läßt. Das im RegEntw. vorgesehene System würde dazu geführt haben, daß innerhalb des Rahmens jeweils ein bestimmter Gebührenbetrag festgesetzt werden müßte, der für die Prozeß-, Verhandlungs- und Beweisgebühr keinesfalls gleich zu sein brauchte. Vielmehr würden bei Anwendung des § 12 BRAGebO häufig unterschiedliche Beträge für diese einzelnen Gebühren festgesetzt werden müssen. Das hätte zu erheblichen 273

§ 116

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

Komplikationen und unerfreulichen Auseinandersetzungen Anlaß gegeben 3 ). Der Vorschlag des DAV ging ferner davon aus, daß im normalen Verfahren drei Gebühren entstehen würden u n d verdreifachte deshalb die im Abs. 2 des RegEntw. vorgesehenen Rahmengebühren. Der DAV sagte dann noch weiter, daß es sinnvoll u n d berechtigt wäre, die R a h mensätze des § 116 den Rahmengebühren des § 83 anzugleichen, wobei bereits im § 83 der Tatsache Rechnung getragen sei, daß dem R A eine gerichtliche Vertretung für eine Gebühr unter der dort bestimmten Mindestgebühr nicht zugemutet werden kann. Wenn dennoch der obige Vorschlag unter den Rahmensätzen des § 83 bliebe, so nur deshalb, weil das Sozialgerichtsverfahren in erster und zweiter Instanz bedauerlicherweise nicht die Beiordnung eines R A im Armenrecht kenne und der DAV sich gezwungen sehe, diesem Versäumnis im Interesse der sozial schwachen Rechtssuchenden Rechnung zu tragen. Der Rechtsausschuß des B T ist dieser Anregung des DAV gefolgt und hat im § 116 Abs. 2 folgende Gebühren vorgesehen: 1. Vor dem Sozialgericht 40—120 DM. 2. Vor dem Landessozialgericht 60—180 DM. 3. Vor dem Bundessozialgericht 100—300 DM. Der Rechtsausschuß des B T hat die gegenüber dem RegEntw. im § 116 Abs. 2 vorgenommene Änderung damit begründet, daß es Schwierigkeiten bereite, die „volle Gebühr" nach einem R a h m e n zu bemessen. Die vom Ausschuß beschlossene Fassung habe deshalb einen einheitlichen Gebührenrahmen vorgesehen. Immerhin waren diese Vergütungssätze bereits etwas höher als nach der Regelung des § 196 SGG und es besteht seither auch die Möglichkeit, in solchen Angelegenheiten Honorarvereinbarungen nach § 3 zu treffen 4 ). 3

Die erste wesentliche Änderung des § 116 BRAGebO ist durch das KostAndG v. 30. 6. 65 (BGBl. I, 577) erfolgt: a) Die Gebührenregelung im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit sollte nicht mehr ihren Ausgangspunkt in § 114 haben. Diese Änderung war notwendig, weil die Fassung des § 114 Abs. 1 von Anfang an auf diese Fälle nicht paßte. Die in § 114 Abs. 1 für die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit vorgeschriebene Anwendung des 3. Abschnitts h a t t e angesichts der in § 116 vorgesehenen Rahmengebühren zu Zweifeln Anlaß gegeben, weshalb von einer solchen Verweisung Abstand genommen wurde. b) Dem § 116 Abs. 1 ist ein Halbsatz eingefügt worden, der folgende Bedeutung haben sollte: Wenn unter der Mitwirkung des R A ein Vergleich abgeschlossen wurde, oder es entstand eine Vergleichs- oder Erledigungsgebühr, so konnte die sonst dafür nach § 23 oder § 24 entstandene Gebühr nicht mit einer vollen Gebühr nach einem Streitwert erhoben werden, weil § 11, der die Anwendung der Gebührenstaffel nach einem Streitwert vorsieht, gemäß § 116 Abs. 1 keine Anwendung fand. 3

) Vgl. dazu auch Mellwitz N J W 56, 1828; SGb. 58, 105. ) Bei der Beratung des Gesetzes im Bundesrat (vgl. Sitzungsbericht Nr. 160 vom 18. 6. 56 S 210) kam auch ein Vorschlag zur Sprache, in Sozialgerichtsverfahren Gebührenvereinbarungen für die RAe auszuschließen. Dieser Vorschlag wurde abgelehnt mit der Begründung: „Den besonderen sozialen Gesichtspunkten wird nach der Auffassung des Rechtsausschusses durch die Festsetzung besonders niedriger Gebühren für dieses Verfahren hinreichend Rechnung getragen. Sollte eine vereinbarte Gebühr unangemessen hoch sein, so kann sie wie in anderen Fällen auch im Rechtsstreit auf den angemessenen Betrag herabgesetzt werden." 4

274

I. Geschichtliches

§ 1X6

F ü r diese Mehrtätigkeit konnte lediglieh, wenn bereits der Rahmensatz in voller Höhe erreicht war, zusätzlich 1 / 3 einer Gebühr erhoben werden. Diese Möglichkeit sollte in Wegfall kommen. Die Novelle v. 30. 6. 65 ergänzte deshalb den § 116 Abs. 1 durch die Worte: „§ 23 und § 24 gelten nicht." Nach der Begr. des RegEntw. 5 ) bezweckte diese Einfügung, die Gebührentatbestände des 2. und 3. Abschnittes für die Vergleichsgebühr u n d die Erledigungsgebühr auszuschließen; diese Sachverhalte sollten künftig bei der Bemessung innerhalb des Rahmensatzes mit berücksichtigt werden. Daß diese Regelung glücklich ist, m u ß bezweifelt werden. Sie wird sowohl von den Sozialgerichten als auch den Rechtsanwälten und nicht zuletzt von den Rentenklägern sehr bedauert werden. Ein Ausgleich für die Mehrtätigkeit bei der Bemessung innerhalb des Rahmens wird, in Anbetracht des verhältnismäßig geringen Rahmens, k a u m möglich sein. c) Die bisherigen Rahmensätze wurden geändert. Die Mindestsätze wurden herabgesetzt, die Höchstsätze wurden erhöht. Die amtliche Begründung dazu sagt, weil anders als in Zivilsachen oder in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit sich gemäß § 116 die Gebühren im Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nicht nach dem Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit (Gegenstandswert) richten, sondern sogenannte Betragsrahmengebühren gelten, müsse bei der Bemessung der Gebühr innerhalb des Rahmens, bei dem — damals - - der Höchstbetrag jeweils das Dreifache des Mindestbetrages ausmachte, allen Besonderheiten des Verfahrens Rechnung getragen werden, insbesondere auch denjenigen, die sonst durch die verschiedenen Gebühren des § 31 sowie durch die verschiedenen Gegenstandswerte berücksichtigt werden (vgl. § 12). Die Begr. des RegEntw. (1965)6) sagt dazu weiter, daß die Praxis dem mit der Verweisung aut die Vorschriften des 3. Abschnitts verfolgten Grundgedanken, nämlich den Rahmen nach unten oder oben auszuweiten, wenn nach den für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten geltenden Vorschriften weniger als eine volle Gebühr oder mehr als drei volle Gebühren entstehen würden, nicht gefolgt ist. Deshalb erschien es angebracht, so sagt die Begr. des RegEntw. (a.a.O.), auf eine Verweisung auf die Vorschriften des 3. Abschnitts zu verzichten u n d durch eine entsprechende Ausweitung des Gebührenrahmens gebührenden Spielraum zu schaffen, um auch die Fälle bei der Bemessung der Gebühr innerhalb des Rahmens angemessen berücksichtigen zu können; eine Überschreitung oder Unterschreitung des Rahmens sollte also künftig nicht mehr in Betracht kommen. Aus den oben erwähnten Gründen war eine Ausweitung des in Abs. 1 bestimmten Gebührenrahmens notwendig. U m den Fällen gerecht zu werden, in denen in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten nur die H ä l f t e der vollen Gebühr erwachsen würde, habe es zwar auch nahegelegen, eine Ermäßigung der Mindestgebühren auf die H ä l f t e vorzunehmen, jedoch habe man, um der wirtschaftlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, insbesondere der Erhöhung der allgemeinen Unkosten, nur eine geringe Ermäßigung um 25 % vorgesehen.

Vgl. Nachtr. 1965 S 51. Vgl. Nachtr. 1. Aufl. (1965) S 52. 275

§ 116

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Auf der anderen Seite habe es nahegelegen, die Höchstbeträge des Gebührenrahmens u m ein Drittel zu erhöhen, u m die Fälle zu erfassen, in denen in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten nicht nur drei, sondern vier Gebühren erwachsen, also insbesondere bei einem Vergleich. Die Novelle ging jedoch über diese aus systematischen Gründen gebotene Erhöhung hinaus; um der zwischenzeitlichen Entwicklung Rechnung zu tragen, wurden die Höchstbeträge des Gebührenrahmens um zwei Drittel erhöht.

4

d) Diese aufgrund des KostÄndG v. 30. 6. 65 geänderten Mindest- u n d Höchstbeträge haben sich seit J a h r e n wieder als unzureichend erwiesen. Vom DAV 7 ) wurde deshalb gefordert, die Gebühren des Abs. 1 mindestens zu verdoppeln, damit der insbesondere auch von den Richtern der Sozialgerichtsbarkeit beklagte Zustand, daß dort nur selten RAe auftreten, gebessert werden kann. Auch der Bundesrat 8 ) anerkannte, daß die für die Tätigkeit des R A in Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit bestimmten Gebührenrahmen in vielen Fällen keine angemessene Vergütung mehr ermöglichten. Von ihm ist deshalb der von der Bundesregierung für Abs. 1 vorgeschlagene neue Gebührenrahmen übernommen worden, der die Obergrenze des bisherigen Rahmens um 50% erhöht, so daß sich ein Verhältnis zwischen Untergrenze und Obergrenze von 1 : 12 ergibt. Der Rechtsausschuß des BT 9 ) hat die von der Bundesregierung für Abs. 1 vorgeschlagenen Gebührenrahmen zwar übernommen, gleichzeitig aber anerkannt, daß diese Gebührenrahmen auch künftig nicht in allen Fällen ausreichen, um die anwaltliche Tätigkeit abzugelten, obwohl sie doch eine beträchtliche Verbesserung des bisherigen Zustandes darstellen.

5

Gleichzeitig hat der Änderungsvorschlag des BT, der Stellungnahme des Gebührenrechtsausschusses des DAV 10 ) im wesentlichen folgend, anerkannt, daß die sozialpolitischen Gründe, die für niedrige Gebührenrahmen sprechen, nicht für Verfahren gelten, welche die Beziehungen zwischen Ärzten und Zahnärzten auf der einen Seite und Krankenkassen auf der anderen Seite, ferner die Beziehungen öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger untereinander und öffentlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und der Bundesanstalt für Arbeit oder einer Berufsgenossenschaft betreffen. Deshalb wurde vorgeschlagen, dem § 116 einen neuen Abs. 2 einzufügen. Nach dieser Vorschrift werden die Gebühren nach dem Gegenstands wert berechnet, wenn es sich u m Verfahren aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten u n d Krankenkassen (Kassenarztrecht) sowie öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger untereinander oder aufgrund öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und der Bundesanstalt für Arbeit oder einer Berufsgenossenschaft handelt. Die Vorschriften des D r i t t e n Abschnitts gelten sinngemäß (Abs. 2 Satz 2).

6

Die Vorschrift des Abs. 3 übernimmt die bisher bereits in Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 enthaltene Regelung, daß § 23 u n d § 24 nicht gelten, jedoch mit der Einschränkung, daß die Anwendung dieser Vorschriften nur ausgeschlossen sein soll

7

) Vgl. AnwBl. 74, 113. ) Vgl. BR-Drucks. 71/74 S 107. ) Vgl. AnwBl. 75, 121. Ebenso BR, vgl. BR-Drucks. 71/74 S 107. 10 ) AnwBl. 74, 113.

8 9

276

III. Gebühren

§ 116

in den Fällen des Abs. 1. Die Vergleichsgebühr (§ 23) oder die Erledigungsgebühr (§ 24) können in den Fällen des Abs. 2 also, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen, durchaus entstehen.

II. Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift des § 116 regelt die Gebühren für die Tätigkeiten des R A in Verfahren 7 vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit. Der Abs. 1 stellt klar, daß die Gebühren in solchen Verfahren nicht nach dem Gegenstandswert berechnet werden, vielmehr sind Betragsrahmengebühren vorgesehen. Der Abs. 2 bestimmt, daß in Verfahren aufgrund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten u n d Krankenkassen (Kassenarztrecht) sowie öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger untereinander sowie aufgrund öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern u n d der Bundesanstalt für Arbeit oder einer Berufsgenossenschaft aber die Gebühren nach dem Gegenstandswert berechnet werden und die Vorschriften des Dritten Abschnittes sinngemäß gelten. Diese Vorschrift ist neu. Die Ausklammerung derartiger Verfahren aus der allgemeinen Gebührenregelung des Abs. 1 ist damit begründet, daß die sozialpolitischen Gründe, die für niedrige Gebührenrahmen sprechen, nicht für diese ebengenannten Verfahren gelten können. Nach dem neuen Abs. 2 werden daher die Gebühren in solchen Angelegenheiten nach dem Gegenstandswert berechnet, wobei die Vorschriften des 3. Abschnittes sinngemäß gelten. Der Abs. 3 übernimmt die bereits nach dem KostÄndG 196511) in Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 enthaltene Bestimmung, daß die §§ 23 und 24 nicht gelten. Dabei m u ß t e aber im Hinblick auf die neue Vorschrift des Abs. 2 gleichzeitig klargestellt werden, daß die §§ 23 u n d 24 nur in den Fällen des Abs. 1 (Betragsrahmengebühren) keine Geltung haben sollen. Dagegen entsteht die Vergleichsgebühr (§ 23) oder die Erledigungsgebühr (§ 24) in den Fällen des Abs. 2, wenn die in diesen Vorschriften genannten Erfordernisse vorliegen.

III. Die Gebühren") 1. Die Höhe der Betragsrahmengebühren Die Gebührenberechnung erfolgt gemäß Abs. 1 nicht nach einem Gegenstandswert, 8 vielmehr sind Betragsrahmengebühren bestimmt, die für den ersten u n d zweiten Rechtszug sowie für das Revisionsverfahren verschieden sind. I m Verfahren vor den Sozialgerichten können somit folgende Gebühren entstehen: a) I m ersten Rechtszug vor dem Sozialgericht 30—360 DM. b) I m zweiten Rechtszug vor dem Landessozialgericht 45—540 DM. c) I n der Revisionsinstanz vor dem Bundessozialgericht 75—900 DM.

" ) Vom 30. 6. 65 BGBl. I, 577. ) Vgl. dazu auch: Baller J R 66, 365; Bender MDR 73, 359; Schuwerack SGb. 72, 348 (zur Kostenfestsetzung); ferner (teilweise überholt): Tschischgale.Das Kostenrecht in Sozialsachen (1959); Broeke-Reese, Gebühren- und Kostenreeht in der Sozialgerichtsbarkeit (1957). 12

277

§ 116

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

2. Die Bemessung 9

F ü r die B e m e s s u n g der G e b ü h r i n n e r h a l b des vorgeschriebenen R a h m e n g e b ü h r e n satzes gilt die Vorschrift des § 12. Die G e b ü h r ist im Einzelfall u n t e r B e r ü c k s i c h t i g u n g aller U m s t ä n d e , insbesondere der B e d e u t u n g der Angelegenheit, des U m f a n g s u n d der Schwierigkeit der a n w a l t l i c h e n T ä t i g k e i t sowie der Vermögens- u n d E i n k o m m e n s verhältnisse des A u f t r a g g e b e r s von dem RA n a c h billigem E r m e s s e n zu b e s t i m m e n . Auszugehen ist a u c h hier in der Regel v o m Mittelwert, der d u r c h Z u s a m m e n z ä h l u n g der Mindest- u n d H ö c h s t s ä t z e u n d d u r c h H a l b i e r u n g dieses B e t r a g e s festgestellt w i r d (vgl. R z . l f f , 16ff zu § 12 sowie § 83 R z . 16f) 13 ). I n den meisten Fällen w i r d m a n a b e r d e n a n u n d f ü r sich schon geringen Höchstsatz a n n e h m e n , d a der Prozeßstoff i m m e r m i t erheblichem Z e i t a u f w a n d v e r b u n d e n sein wird 1 4 ). A u ß e r d e m h a t f a s t jede R e n t e n sache eine erhebliche B e d e u t u n g f ü r den Betroffenen. D a h e r ist es in der Regel ger e c h t f e r t i g t , die M i t t e l g e b ü h r zu überschreiten, a u c h w e n n die w i r t s c h a f t l i c h e Lage des A u f t r a g g e b e r s vielleicht f ü r die M i t t e l g e b ü h r sprechen würde 1 5 ). So g e h ö r t z.B. a u c h eine R e n t e n s a c h e , in der der R A sich m i t ärztlichen B e f u n d b e r i c h t e n a u s e i n a n d e r setzen m u ß , ihrer N a t u r n a c h n i c h t zu den einfachen Angelegenheiten i.S. des § 12 BRAGebO 1 6 ). D i e v o n d e m R A zu b e s t i m m e n d e R a h m e n g e b ü h r ist n u r d a n n n i c h t verbindlich u n d darf h e r a b g e s e t z t w e r d e n , w e n n sie unbillig u n d v o n einem D r i t t e n zu ersetzen ist (§ 12 Abs. 1 Satz 2). W e g e n K o s t e n e r s t a t t u n g u n d K o s t e n f e s t s e t z u n g s. u n t e n R z . 22ff.

10

Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber e r h ö h e n sich die Mindest- u n d H ö c h s t b e t r ä g e g e m ä ß § 6 Abs. 1 Satz 3 d u r c h jeden weiteren A u f t r a g g e b e r u m drei Zehntel. 11 Bei Zurückverweisung v o m Bundessozialgericht a n das Landessozialgericht e n t s t e h t die R a h m e n g e b ü h r neu. Die Vorschrift des § 15 gilt hier nicht 1 7 ). 3. Die sinngemäße Anwendung des Dritten Abschnitts (Abs. 2)

12

D e r neue Abs. 2 schreibt n u n vor, d a ß in V e r f a h r e n v o r d e n Gerichten der Sozialg e r i c h t s b a r k e i t die V o r s c h r i f t e n des 3. A b s c h n i t t s s i n n g e m ä ß gelten, w e n n es sich hierbei u m Streitigkeiten a u f g r u n d der Beziehungen zwischen Ä r z t e n , Z a h n ä r z t e n u n d K r a n k e n k a s s e n (Kassenarztrecht) sowie öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger u n t e r e i n a n d e r oder a u f g r u n d öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten zwischen Arbeit-

13 ) So auch SG Köln AnwBl. 60, 103; SG Nürnberg AnwBl. 64,27; AnwBl. 68, 132; SG Saarbrücken KostRsp. §116 Nr. 2; RS Rz. 4; Lauterbach-Hartmann Anm. 3 B; GeroldSchmidt Rz. 7. 14 ) So auch für den Invalidenrentenrechtstreit SG Schleswig Büro 62, 626 mit Anm. von Bink. 15 ) Vgl. dazu Gerold-Schmidt Rz. 7 unter Hinweis auf Tschischgale Das Kostenrecht in Sozialsachen S. 130. Vgl. ferner Gebührenrichtlinien für gerichtlich zugelassene Sozialversicherungs- und Rentenberater (Frankfurt) G/4. 16 ) SG Nürnberg AnwBl. 68, 132. 17 ) SG Hamburg MDR 69, 426 und bereits SG München AnwBl. 64, 324; a.M. LauterbachHartmann Anm. 3 B, die bei Zurückverweisung bei der Bemessung der neuen Gebühr den Wegfall der zweiten Prozeßgebühr (§15 Satz 2) angemessen berücksichtigen wollen. Nachdem aber keine Verweisung auf die Vorschriften des 3. Abschnittes mehr vorgeschrieben und damit innerhalb des Gebührenrahmens nicht mehr darauf abzustellen ist, welche Aktgebühren im Einzelfall entstanden sind, muß auch die „Anrechnung" i.S. des § 15 Satz 2 ausscheiden. Ein geringerer Arbeitsaufwand kann und darf vielmehr nur im Rahmen der nach § 12 maßgebenden Umstände Berücksichtigung finden.

278

III. Gebühren

§ 116

gebern und der Bundesanstalt für Arbeit oder einer Berufsgenossenschaft handelt. Dies bedeutet, daß die Vorschriften der §§ 311f sinngemäß Anwendung finden. Die Gebühren sind also die gleichen, wie in einem sonstigen Prozeßverfahren. Es entstehen somit die Regelgebühren wie Prozeß-, Verhandlungs- (Erörterungs-) u n d Beweisgebühr. Wegen Einzelheiten dazu vgl. die Erläuterungen zu §§ 31 ff. Besonderheiten für das sozialgerichtliche Verfahren sind nicht gegeben. Wegen der Entstehung der Beweisgebühr bei Vorlegung von Urkunden, Beiziehung von Akten oder Urkunden, ist auch die Vorschrift des § 34 zu beachten. Bei der Vorlage von Akten unbeteiligter Behörden spielt diese Vorschrift eine besondere Rolle. Vgl. dazu Rz. 40 ff zu § 34 und Rz. 11,105 zu § 114. 4. Die Vergleichsgebühr (§ 23) und die Erledigungsgebühr (§ 24) Vergleiche sind im Sozialgerichtsverfahren sehr häufig, und sie sind auch grund- 13 sätzlich zulässig. Wilde 18 ) weist schon darauf hin, daß gerade im sozialgerichtlichen Verfahren sich durch einen Vergleich häufig eine dem Rechtsfrieden besser dienende Lösung finden läßt als durch ein Urteil. Da die Versicherungsträger und die Landesversorgungsämter im allgemeinen auch vergleichsgeneigt sind, kann der Vertreter des Klägers nicht selten bei Rechtsmitteln, die im übrigen wenig Erfolg versprechen, ein Entgegenkommen in Nebenpunkten erreichen, z.B. etwas längere Gewährung der auslaufenden Rente als „Schonrente". Es gilt auch im Verfahren vor den Sozialgerichten der 2. Abschnitt (§§ 20—30), der die gemeinsamen Vorschriften über Gebühren und Auslagen enthält, soweit nicht der § 116 Abs. 3 ausdrücklich anderweitige Bestimmungen trifft. Dazu sagt aber der § 1 1 6 Abs. 3, daß § 23 und § 24 nicht gelten in den Fällen des Abs. 1. Damit ist die Anwendung der §§ 23 und 24 nur ausgeschlossen, wenn sich die RA-Gebühren nach den in Abs. 1 vorgesehenen Gebührenrahmensätzen richten. I n den Fällen des Abs. 2 k a n n dagegen neben den Gebühren der §§ 31 ff durchaus auch die Entstehung einer Vergleichs- oder Erledigungsgebühr in Betracht kommen, wenn die in diesen Vorschriften bestimmten Voraussetzungen im Einzelfall vorliegen. Der § 24, der die Erledigungsgebühr behandelt, bestimmt, daß dem R A eine volle Gebühr zusteht, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes ecledigt u n d der R A dabei mitgewirkt h a t . Für die Entstehung der Erledigungsgebühr kommt es also nicht auf ein gegenseitiges Nachgeben an, sondern darauf, daß sich das Verfahren vor dem Sozialgericht durch Mitwirkung des R A anderweitig erledigt als durch ein Urteil, also eine vergleichsähnliche Tätigkeit des R A in Frage kommt. (Vgl. dazu auch die Erläuterungen zu § 24 sowie Rz. 12, 24,108 zu § 114). 5. Verfahren ohne mündliche Verhandlung Die Vorschrift des § 35 enthält eine Ergänzung zur Gebührenberechnung hinsieht- 14 lieh der Verhandlungsgebühr, die in Verfahren vor den Sozialgerichten jedoch nur dann Bedeutung hat, wenn es sich dabei um Rechtstreitigkeiten handelt, deren Gebühren sich gemäß § 116 Abs. 2 nach einem Gegenstandswert berechnen und wofür die Vorschriften des 3. Abschnitts sinngemäß anzuwenden sind. Nach § 35 erhält der R A die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung, wenn das Gericht in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet. 18

) Grundzüge des Sozialrechts, herausgegeben vom DAV 1957. 279

§ 116 Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit Auch in der Sozialgerichtsbarkeit ist eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung möglich. Nach § 124 SGG entscheidet nämlich das Gericht, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung, es kann aber im Einverständnis mit den Beteiligten ohne solche durch Urteil entscheiden. Nachdem in den Sozialgerichtsverfahren des § 116 Abs. 2 die Gebühren nach Einzelgebühren des § 31 berechnet werden, so kann die Vorschrift des § 35 hierauf ebenfalls angewendet werden, zumals Abs. 2 ausdrücklich die sinngemäße Anwendung des 3. Abschnittes bestimmt, wozu auch der § 35 gehört. Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 35. Dagegen findet § 35 keine Anwendung in Sozialgerichtsverfahren, für die sich die Gebühren des R A nach den Rahmensätzen § 116 Abs. 1 richten. Die von dem R A zur Vorbereitung der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung geleistete Mehrarbeit muß aber innerhalb des Betragsrahmens berücksichtigt werden. 15

Bei vorzeitiger Auftragserledigung ist § 32 zu beachten, ob eine Ermäßigung der Prozeßgebühr zu erfolgen hat. Vgl. die Erläuterungen bei § 32.

16

Im Falle der Zurückverweisung vom Rechtsmittelgericht an ein untergeordnetes Gericht gilt in den Fällen des Abs. 2 die Vorschrift des § 15. Hiernach ist das weitere Verfahren vor dem untergeordneten Gericht ein neuer Rechtszug, jedoch erhält der R A die Prozeßgebühr nur dann neu, wenn die Sache an ein Gericht zurückverwiesen ist, das mit der Sache noch nicht befaßt war und er in dem früheren Verfahren bereits eine volle Prozeßgebühr nach demselben Gegenstandswert verdient hat. Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen bei § 15.

17

6. Der Gegenstandswert in den Fällen des Abs. 2 Die für Verfahren des Abs. 2 anfallenden RA-Gebühren berechnen sich nach einem Gegenstandswert. Der § 8 Abs. 1 BRAGebO kann keine Anwendung finden, weil die Gerichtsgebühren in sozialgerichtlichen Verfahren nicht nach Wertvorschriften zu bestimmen sind. Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist vielmehr gerichtskostenfrei (§ 183 SGG) und lediglich Körperschaften oder Anstalten des öffentlichen Rechts haben für jede Streitsache eine Gebühr zu entrichten (§ 184 SGG). Das G K G ist im sozialgerichtlichen Verfahren nicht anwendbar. Für die Feststellung des Gegenstandswertes zur Berechnung der RA-Gebühren ist daher § 8 Abs. 2 BRAGebO anzuwenden. Diese Vorschrift gilt auch dann (§ 8 Abs. 1 Satz 3), wenn es sich zwar um ein gerichtliches Verfahren handelt, wenn aber für die Gerichtsgebühren keine Wertvorschriften vorgesehen sind. Auch in diesen Fällen wird der Gegenstandswert nach den Vorschriften der KostO berechnet oder, wenn der Gegenstandswert nach den Vorschriften des § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGebO sich nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, so ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen (vgl. auch dazu Rz. 1 und 12 zu § 8).

18

Soweit es sich um Kassenarztstreitigkeiten handelt, wird man, z.B. bei Zulassungsstreitigkeiten, § 8 Abs. 2 Satz 2 anzuwenden haben (Schätzung zwischen 4000 DM bis 1 Mio. DM), weil keine der nach Abs. 2 Satz 1 anzuwendenden Vorschriften der KostO hier paßt. Wenn es sich um die Anfechtung eines Abrechnungsbescheides handelt, ist gemäß § 18 Abs. 2 KostO der streitige Betrag als Gegenstandswert anzunehmen. 280

IV. Die Kostentragungspflicht

§ 116

Vertritt der R A einen Auftraggeber vor dem Sozialgericht gegen die Bundesanstalt 19 für Arbeit z.B. wegen R ü c k f ü h r u n g gewährter bzw. wegen Verweigerung der Gewährung von Schlechtwettergeld, so ist auch hier die Höhe des zurückgeforderten oder von dem Auftraggeber verlangten Betrages für die Streitwertberechnung maßgebend. Ist kein bestimmter Betrag gefordert, so ist der Gegenstandswert nach den im konkreten Fall gegebenen Anhaltspunkten zu ermitteln. Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu § 8 Rz. 641 ff. Die gleichen Grundsatze für die Ermittlung des Gegenstandswertes gelten auch bei 20 Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern u n d Berufsgenossenschaften. 7. Der Abgeltungsbereich der Gebühren Mit den Gebühren des § 116 wird die gesamte Tätigkeit des R A in dem Sozialgerichts- 21 verfahren abgegolten. Hierzu gehört auch die P r ü f u n g des Rentenbescheides, die Beschaffung von Unterlagen u n d Beweismaterial, aber auch alle Besprechungen mit dem Auftraggeber oder Dritten (z. B. Arzt) sowie mit dem Versicherungsträger. D a f ü r k ö n nen also nicht daneben noch etwa Gebühren nach § 118 angesetzt werden, jedenfalls nicht innerhalb des sozialgerichtlichen Verfahrens. Wenn dagegen der gleiche Auftraggeber von dem R A bereits im vorgerichtlichen Verfahren vertreten wurde, dann stehen ihm dafür die Gebühren aus § 118 gesondert zu. Vgl. wegen Einzelheiten Rz. 151 zu § 118. Auch sofern der R A während eines sozialgerichtlichen Verfahrens, das z.B. die Ablehnung eines Antrages auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit betrifft, für denselben Auftraggeber einen Antrag auf vorzeitiges Altersruhegeld stellt, stehen dem R A die Gebühren sowohl für das sozialgerichtliche Verfahren über die Ablehnung des Antrages auf Rente wegen Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 116) und daneben für den Antrag auf vorzeitiges Altersruhegeld (§ 118) gesondert zu 19 ).

IV. Die Kostentragungspflicht Die Kosten in der Sozialgerichtsbarkeit regeln die Vorschriften der §§ 183ff 20 ). 22 Hinsichtlich der Kostentragungspflicht bestimmen §§ 193—195 SGG folgendes: „§ 193. (1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfange die BeBeteiligten einander Kosten zu erstatten haben; es entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird. (2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

19 ) Vgl. dazu auch die zahlreichen Beispiele in den Gebühren-Richtlinien für gerichtlich zugelassene Sozialversicherungs- und Rentenberater (Frankfurt/M.) (1971 zu G/5ff). 20 ) Die Kostenentscheidung im Urteil des SG allein ist weder mit der Berufung noch mit der Beschwerde angreifbar: LSG Berlin J R 55, 37. Wird das Verfahren durch Klagerücknahme (§ 102 SGG) oder durch übereinstimmende Erklärung der Beteiligten, daß die Hauptsache erledigt sei, beendet, so richtet sich die Kostenentscheidung nach § 193 SGG. Die §§ 91a und 271 Abs. 3 Satz 2 ZPO sind nach § 202 SGG im Hinblick auf die besondere Kostenregelung des SGG nicht anzuwenden; die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden vielmehr über die Kosten in Fällen dieser Art grundsätzlich nach sachgemäßem Ermessen; BSG N J W 57, 765.

281

§ 116

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

(3) Die Gebühren u n d die notwendigen Auslagen eines Rechtsanwalts (§§ 25 bis 30 der Bundesgebührenordnung f ü r Rechtsanwälte) oder eines Rechtsbeistandes sind stets erstattungsfähig 2 1 ). (4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der Behörden, der Körperschaften und Anstalten des öffentlichen Rechts 2 2 ). § 194. Sind mehrere Beteiligte kostenpflichtig, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Die Kosten können ihnen als Gesamtschuldner auferlegt werden, wenn das Streitverhältnis ihnen gegenüber n u r einheitlich entschieden werden kann. § 195. Wird der Rechtsstreit durch gerichtlichen Vergleich erledigt und haben die Beteiligten keine Bestimmung über die Kosten getroffen, so t r ä g t jeder Beteiligte seine K o s t e n . " 23

D e m R A sind im sozialgerichtlichen Verfahren in eigener Sache die n a c h § 116 e n t s t a n d e n e n Gebühren v o n d e m unterlegenen Verfahrensgegner zu erstatten. D i e Vorschrift des § 91 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist über § 202 SGG a u c h im Verfahren vor den Sozialgerichten anzuwenden 2 3 ).

24

I m Verhältnis z u m Auftraggeber findet § 19 bei den Gebühren n a c h Abs. 1 keine A n w e n d u n g , vielmehr m u ß , w e n n zwischen d e m R A u n d seinem Auftraggeber Streit über die H ö h e der R a h m e n g e b ü h r e n e n t s t e h t , das Prozeßgericht entscheiden 2 4 ). D a g e g e n k o m m t die F e s t s e t z u n g nach § 19 in Betracht, w e n n sich der Gebührenanspruch des R A n a c h § 116 Abs. 2 ergibt, weil es sich hierbei nicht u m R a h m e n g e b ü h r e n handelt.

25

D i e Erstattung der Vorverfahrenskosten ist streitig. D i e Rechtsprechung, die zunächst s c h w a n k t e , ob solche K o s t e n als K o s t e n i.S. v o n § 193 Abs. 3 SGG anzusehen sind, neigt inzwischen mehr dazu, dies zu b e j a h e n u n d die Vorverfahrenskosten als zur zweckentsprechenden R e c h t s v e r f o l g u n g n o t w e n d i g u n d damit als erstattbar anzusehen 2 5 ). Die F e s t s e t z u n g solcher Vorverfahrenskosten ist also durchaus möglich u n d zulässig. Zur D u r c h s e t z u n g des R e c h t s bedarf es vor der E i n l e i t u n g eines sozialgerichtlichen Verfahrens des Vorverfahrens vor der Versicherungsbehörde. D i e D u r c h f ü h r u n g des Vorverfahrens dient m i t h i n der Vorbereitung eines sich möglicherweise anschließenden R e c h t s t r e i t s vor d e m Sozialgericht. Daher m ü s s e n a u c h die Vorverfahrenskosten als n o t w e n d i g e A u f w e n d u n g e n der gerichtlichen Rechtsverfol-

21 ) Dazu gehören aber nicht die Kosten eines Rentenberechnungsinstitutes (Privatgutachten) B a y V e r f G H N J W 63, 2164. 22 ) Der Erlaß des BM f. Arbeit v. 30. 4. 54 B B 54, 535 regelt die Vertretung vor den Sozialgerichten durch Verbände u n d bestimmt weiter, daß f ü r bevollmächtigte Mitglieder und Angestellte der vertretungsberechtigten Organisationen eine Gebühr nach Maßgabe des § 1 9 6 SGG nicht festgesetzt werden kann. Die den vertretungsberechtigten Organisationen entstehenden Auslagen dagegen können als solche nur gemäß § 193 SGG e r s t a t t e t werden. An Stelle eines Einzelnachweises sind bestimmte Beträge f ü r die Vertretung je Sache ohne Rücksicht auf die Zahl der Termine angemessen. I n diesen Beträgen sind etwaige F a h r t k o s t e n eingeschlossen, jedoch bestehen keine Bedenken, so sagt der Erlaß, sie in Ausnahmefällen bei der W a h r n e h m u n g auswärtiger Termine f ü r einen Vertreter desselben Verbandes einmal je Sitzungstag gesondert zu erstatten. Vgl. dazu Tschischgale, Kostenrecht in Sozialsachen S. 101 f. mit weit. Nachw. 23 ) SG Koblenz SGb. 67, 280 = K o s t R s p . Nr. 3 § 193 SGG; SG S t u t t g a r t N J W 72, 1104. 24 ) LSG N R W Büro 59, 199. 25 ) LSG Niedersachsen NdsMBl. 66, R S 15; SG H a m b u r g N J W 71, 1720 = AnwBl. 71, 359 gegen SG H a m b u r g N J W 59, 2280. S. ferner Peters-Sautter-Wolff § 193, 2a, mit Hinw. auf Literatur und Rechtsprechung, sowie Franz SGB 65, 167 u n d auch sehr beachtlich bereits Henrichs AnwBl. 68, 137. R S Rz. 6; Gerold-Schmidt Rz. 15. A. M. BVerfG AnwBl. 68,153.

282

V. Die Kostenfestsetzung

§ 116

gung m i t festgesetzt werden 26 ). Die Höhe der Vorverfahrenskosten bestimmt sich nach §118. Vgl. die Erläuterungen dort. Rz. 151.

V. Die Kostenfestsetzung Die Festsetzung erfolgt gemäß § 197 SGG. Dieser bestimmt:

26

„(1) Auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten setzt der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs den Betrag der zu erstattenden Kosten fest. § 104 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung findet entsprechende Anwendung 2 7 ). (2) Gegen die Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe das Gericht angerufen werden, das endgültig entscheidet."

Die Festsetzung der Kosten erfolgt also auf Antrag der Beteiligten oder ihrer Bevollmächtigten durch den Urkundsbeamten des Gerichts des ersten Rechtszugs 28 ). Die Vorschrift des § 104 Abs. 2 ZPO findet entsprechende Anwendung, d.h. also, daß zur Berücksichtigung eines Kostenansatzes genügt, daß er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem R A erwachsenen Auslagen an Post-, Telegrafen- u n d Fernsprechgebühren genügt die Versicherung des RA, daß diese Auslagen entstanden sind. E s ist somit die im Kostenfestsetzungsverfahren in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten übliche Versicherung über die Entstehung der Postgebühren abzugeben, sofern für letztere nicht die Pauschale gemäß § 26 Satz 2 geltend gemacht wird (10 v. H . der Gebühren des jeweiligen Rechtszuges, jedoch höchstens 30 DM). I m übrigen sind alle sonstigen Auslagen glaubhaft zu machen, wobei es durchaus zulässig ist, daß der Urkundsbeamte die Vorlage der H a n d a k t e n des R A zur Glaubhaftmachung verlangt. Gegen die Entscheidung des UrkbdG kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe 27 das Gericht angerufen werden 29 ), das dann endgültig über die zu erstattenden Kosten zu entscheiden hat. Eine Beschwerde ist ausgeschlossen (§ 197 SGG). I m ordentlichen Gerichtsverfahren bestimmt für den R A § 61 je 5 / 10 der in § 31 vorgesehenen Gebühren für das Kostenerinnerungs- u n d Beschwerdeverfahren, wobei der Gegenstandswert in der Regel der Kostenbetrag ist, dessen Festsetzung oder Absetzung im Verfahren begehrt wird 30 ). Ob das noch für das sozialgerichtliche Verfahren allgemein gilt, kann zweifelhaft sein.

26 ) So auch SG Düsseldorf N J W 63, 1845; SG Schleswig ZfS 64, 70; AG Münster AnwBl. 66, 106; Tschischgale Büro 67, 801 und Büro 68, 420 und 623. Vgl. auch BGHZ 28, 302 für das verwaltungsgerichtliche Vorverfahren. 27 ) Das gilt auch hinsichtlich des Ausspruches der Verzinsung der festgesetzten Kosten. So LG Würzburg DVB1. 62, 606; SG Düsseldorf AnwBl. 63, 32; SG Hildesheim KostRsp. Nr. 56 § 104 ZPO; Nr. 2 § 197 SGG mit Anm. von Luetgebrune; SG Hamburg AnwBl. 63, 59; SG Aachen Büro 61, 61; Tschischgale, Kostenrecht in Sozialsachen 5. Kap. Nr. 20; RohwerKahlmann, Aufbau und Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit 4. Aufl. § 197 Rz. 15. A.M. SG Gießen Beschl. v. 15. 3. 63 — S 3 U 196/59 — ; SG Düsseldorf Beschl. v. 21. 10. 63 — S 27/24 V 99/58 — beide in der Sammlung Breithaupt 63, 1024 und 64, 542; SG München Beschl. v. 5. 12. 68 — S 31/Kost 70/68 und v o m 6. 3. 69 — S 4 Au 83/66 Kost/1969, § 104 Abs. 1 Satz 2 ZPO soll nicht in sozialgerichtlichen Verfahren gelten. 2S ) So auch LSG München N J W 59, 2184. 29 ) Die Entscheidung über die Gebühren des RA ist, auch wenn sie im Urteil erfolgt, eine besondere Entscheidung des SG und unterliegt der Anfechtung durch die Beschwerde; LSG Darmstadt N J W 56, 400. Das gilt auch für Gebührenfestsetzungsbeschlüsse der SG; LSG Stuttgart AnwBl. 56, 15. 30 ) Vgl. Rz. 16 zu § 61.

283

§ 116

Zehnter Abschnitt: Gebühren in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit

Das SG Schleswig 31 ) hat auf dieses Verfahren anstelle der Gebühren des § 61 die Rahmengebühr des § 116 angewandt und die Gebühr auf 3/10 ermäßigt, jedoch wird dagegen eingewendet, daß diese Entscheidung durch die Änderung des § 114 mit der Verweisung auf den 3. Abschnitt der BRAGebO und damit a u f § 61 durch das KostÄndG von 1965 32 ) beseitigt wurde, allerdings ist die Verweisung auf den 3. Abschnitt der BRAGebO in den Fällen des neuen § 116 Abs. 2 wieder gegeben. Soweit die Gebührenberechnung nach Abs. 1 zu erfolgen hat (Rahmengebührensätze), so muß, da ein Verfahren über eine Erinnerung gegen die Kostenfestsetzung nicht als selbständiges, vom Prozeß über den Klageanspruch losgelöstes Verfahren gilt, mit der Gebühr des § 116 Abs. 1, der eine abschließende Regelung enthält, auch die Tätigkeit im Erinnerungsverfahren abgegolten sein 33 ). Diese Tätigkeit wird also durch die Gebühr innerhalb des Rahmens abgegolten; nur dann, wenn der Höchstsatz noch nicht erreicht sein sollte, kann für diese Tätigkeit noch innerhalb des Rahmensatzes zusätzlich eine Vergütung gefordert werden. In welcher Höhe, wird sich nach dem Umfang dieser Tätigkeit zu richten haben 34 ). 28

Dagegen gilt in den Fällen des § 116 Abs. 2 aufgrund der sinngemäß anzuwendenden Vorschriften des 3. Abschnittes der BRAGebO auch § 61. Der R A erhält also, wenn in diesen Verfahren ein Erinnerungsverfahren über Kosten stattfindet, die 5/10 Gebühr aus § 61.

VI. Die Vergütung des Armenanwalts 29

Auch im sozialgerichtlichen Verfahren ist die Beiordnung eines R A im Armenrecht möglich (§ 167 SGG). Streit herrscht darüber, ob die Beiordnung nur im Verfahren vor dem Bundessozialgericht, oder auch in Verfahren vor den Sozial- und Landessozialgerichten zulässig ist 35 ). Der Armenanwalt erhält im Falle seiner Beiordnung: a) In den Fällen des Abs. 1 die vollen Rahmengebührensätze, weil die BRAGebO nicht vorschreibt, daß in Angelegenheiten, für welche Rahmengebühren bestimmt sind, der Armenanwalt nur geringere als die sonst gesetzlich vorgeschriebenen Gebühren erhalten soll 36 ). b) In den Fällen des Abs. 2 nicht nur die für Wertgebühren in § 123 bestimmten ermäßigten Gebühren, sondern die gleichen Gebühren wie der Wahlanwalt nach dem im konkreten Einzelfall gegebenen Streitwert und der Zahl und Höhe der entstandenen Gebühren 37 ). Vgl. dazu die Erläuterungen zu §§ 121 ff. 31 )

N J W 64, 422. Vgl. ferner SG Dortmund Büro 65, 646. Vgl. auch oben Rz. 3. 33 ) LSG Stuttgart DB 56, 244. Ebenso SG München Büro 70, 583; RS Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 10; Göttlich BRAGebO S. 1135 Sozialgericht — Kostenfestsetzung; Göttlich Büro 70, 449. Obwohl es absolut unzumutbar ist, für die an und für sich schon unzureichenden Gebühren auch noch ein Kostenerinnerungsverfahren bearbeiten zu müssen (vgl. auch AnwBl. 66, 222) sehen wir — leider — nach der derzeitigen Gesetzessystematik des Abs. 1 keine Möglichkeit, zu einer anderen Gesetzesauslegung zu kommen. 3 i ) S. auch RS Rz. 5. 35 ) Bejahend: Tschischgale N J W 57, 164; Kostenrecht in Sozialsachen S 149ff mit weiteren Nachw. Verneinend: BVerfG 9, 127 mit weiteren Nachw.; BSG NJW 57, 1294; LSG SchlH MDR 65, 240; Lauterbach-Hartmann Anm. 1 B § 121 u. oben Fn. 2. 36 ) Gerold-Schmidt Rz. 11; RS Rz. 7; Lauterbach-Hartmann Anm. 3 C ; Tschischgale, Kostenrecht in Sozialsachen S 164. 37) So auch RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 11; Lauterbach-Hartmann Anm. A 3C. 32 )

284

Bedeutung der Vorschrift § 117.

§ 117

Besonderheiten für Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit

Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, so erhält der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung. Vorbemerkung: Die Vorschrift regelt die Verhandlungsgebühr im Steuerprozeß. Der frühere Abs. 1 bestimmte noch, daß im Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit § 23 nicht gelten soll. Diese Vorschrift ist durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 ( B G B l . I , 2189) ersatzlos gestrichen worden 1 ). Der frühere Abs. 2 ist dadurch einziger Abs. des § 117 geworden. Übersicht: Bedeutung der Vorschrift Beispiele für den Anfall der Verhandlungsgebühr — Kostenentscheidung durch Beschluß

Rz. 1 2 3

Verhandlungsgebühr bei Verwerfung des Rechtsmittels Verbindung mehrerer Verfahren. . . . Gegenstandswert

Rz. 4 5 6

Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift will Besonderheiten für das Verfahren vor den Gerichten der Finanz- 1 gerichtsbarkeit regeln. U n t e r Besonderheit ist hier nur die Verhandlungsgebühr zu verstehen. Die Vorschrift b e s t i m m t , daß der R A die gleichen Gebühren erhält wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung, wenn ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. Das bedeutet, daß der R A auch dann die Verhandlungsgebühr erhält, wenn es nicht zu einer mündlichen Verhandlung kommt, sondern ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. D a m i t haben alle Streitfragen über die Entstehung der Verhandlungsgebühr, wenn in Verfahren vor den Finanzgerichten ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, ihre Erledigung gefunden. Vgl. dazu auch R z . 102 zu § 114. Die Verhandlungsgebühr entsteht auch im Falle eines Vorbescheides (§ 90 Abs. 3 2 F G O , v g l . R z . 102 zu § 114). E s genügt eine irgendwie geartete Sachentscheidung des Gerichts, um die Verhandlungsgebühr nach § 117 auszulösen 2 ). Nicht erforderlich ist,

') Die Streichung des früheren Abs. 1 ist auf Vorschlag des DAV erfolgt (vgl. dazu AnwBl. 74, 113). Zur Begründung des Änderungsvorschlages wurde vom DAV darauf hingewiesen, daß sich die Finanzverwaltung bisher bei allen Kosten- und Gebührengesetzen gegen die Ansicht verwahrt hatte, daß es auch im Steuerrecht Vergleiche gibt und dafür gesorgt hatte, daß in den §§117 und 118 für den außergerichtlichen und gerichtlichen Bereich die Anwendung des § 23 ausdrücklich ausgeschlossen wurde, obwohl spätestens seit der Entscheidung des BVerfG v. 30. 6. 73 (AnwBl. 73, 354 mit Anm. von Brangsch AnwBl. 73, 397) feststand, daß auch im Besteuerungsverfahren Ermessens- und Zweckmäßigkeitsentscheidungen zu treffen sind und daß somit auch Vertxli k lie abgeschlossen werden können. Der Rechtsausschuß des B T hat auch seinerseits die Si ivirhung des Ausschlusses des § 23 vorgeschlagen und dazu bemerkt, daß eine Regelung der Krage, ob in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit Vergleiche nach § 23 geschlossen werden können, jedenfalls nicht in ein Kostengesetz gehört. 2 ) FG Hamburg E F G 69, 29; Lauterbach-Hartmann Anm. 3 B ; s. auch Boeker, Die mündliche Verhandlung vor dem FG, B B 59, 483 und B B 60, 1120; ferner FG Karlsruhe B B 61, 25, auch zur Entstehung der Beweisgebühr. 285

§ 117 Zehnter A b s c h n i t t : Besonderheiten f ü r V e r f a h r e n vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit

daß es sich hierbei u m ein Urteil oder einen Vorbescheid (§ 90 Abs. 3 FGO) handelt 3 ). Auch die Einholung einer schriftlichen Zeugenaussage durch den Berichterstatter begründet eine Verhandlungsgebühr 4 ), desgleichen Beweisbeschlüsse oder sonstige Beweisanordnungen des Gerichts 5 ). Außer einer End-Entscheidung fallen darunter auch alle Entscheidungen, die die End-Entscheidung sachlich vorbereiten, z. B. Aufklärungsbeschlüsse, d. h. Auflagen des Gerichts an die Beteiligten, sich innerhalb bestimmter Frist über die streitigen P u n k t e zu erklären 6 ), aber nicht die bloße Anregung des Kammervorsitzenden wegen Erlaß der Steuer 7 ). Wenn dagegen der BFH 8 ) für die Entstehung der Verhandlungsgebühr grundsätzlich solche Entscheidungen voraussetzt, die nach den Vorschriften der FGO nach mündlicher Verhandlung ergehen, so kann das nicht zutreffend sein. § 117 billigt dem R A im finanzgerichtlichen Verfahren die Verhandlungsgebühr für alle Fälle einer irgendwie gearteten Entscheidung zu, ohne daß es darauf a n k o m m t , ob es sich hierbei u m eine Entscheidung handelt, die nach der FGO nach mündlicher Verhandlung ergehen müßte, aber im Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren erlassen werden kann. Andernfalls h ä t t e die Vorschrift des § 117 keinen Sinn; es h ä t t e vielmehr eine Bezugnahme auf § 35 ausgereicht. Gerade weil die Verhandlungsgebühr im finanzgerichtlichen Verfahren nicht an die strengen Voraussetzungen geknüpft werden sollte, wie sie der § 35 vorschreibt, ist die Vorschrift des § 117 mit den „Besonderheiten" der Gebührenregelung in diesen Verfahren geschaffen worden 9 ). Auch wenn z.B. die Vollziehung eines Steuerbescheides durch Gerichtsbeschluß aufgehoben wird, so handelt es sich hierbei um eine Entscheidung in der Hauptsache, die die Verhandlungsgebühr entstehen läßt 1 0 ). 3

Ebenso ist die Kostenentscheidung durch Beschluß nach Erledigung der H a u p t sache eine Entscheidung i.S. des § 11711).

4

Auch die Verwerfung des Rechtsmittels als unzulässig läßt die Verhandlungsgebühr entstehen 1 2 ). Wird ohne mündliche Verhandlung entschieden, dann entsteht die Verhandlungs-

3

) Vgl. a u c h Gerold-Schmidt R z . 4; R S R z . 4 ; L a u t e r b a c h - H a r t m a n n A n m . 3 B. ) S c h l H F G E F G 69, 312 = K o s t R s p . N r . 5 § 117 m i t zust. A n m . von H . S c h m i d t ; a.M. H e s s F G E F G 69, 551; F G München E F G 71, 144. 5 ) R S R z . 4; Gerold-Schmidt R z . 4. 6 ) So a u c h F G S t u t t g a r t E F G 66, 358 N r . 395 = AnwBl. 66, 396; Gerold-Schmidt R z . 4. ') B F H N J W 62, 80 = B B 62, 1262 m i t A n m . v. Boeker. 8 ) Vgl. z.B. B ü r o 69, 502 = B F H 93, 408 = B S t B l . I I 68, 826; N J W 70, 2263 = B F H 98, 392 = B S t B l . I I 70, 433; N J W 74, 1216 = BStBl. I I 74, 23. 9 ) Vgl. d a z u auch H . Schmidt A n m . zu B F H K o s t R s p . Nr. 9 u n d N r . 11. 10 ) Vgl. F G B r e m e n E F G 69, 417; Gerold-Schmidt R z . 4; a.M. B F H N J W 70, 2263. D a z u kritisch S p ä t h D S t R 71, 98. n ) N d s F G E F G 69, 194; zust. Gerold-Schmidt R z . 4; s. auch F G H a m b u r g E F G 65, 293; F G F r e i b u r g E F G 68, 79; T i p k e - K r u s e § 139 F G O A n m . 17; Speich a.a.O. S 73. D a s F G München B ü r o 68, 752 billigt die Verhandlungsgebühr ebenfalls zu, wenn der Rechtsstreit ohne eine vorangegangene E n t s c h e i d u n g des Gerichts u n d ohne mündliche V e r h a n d l u n g in der H a u p t s a c h e erledigt e r k l ä r t u n d d a n n n u r noch über die Kosten durch Beschluß entschieden wird, wobei aber n i c h t der Streitwert der H a u p t s a c h e , sondern n u r der W e r t des (niedrigeren) Kosteninteresses in B e t r a c h t k o m m t . Eingehend m i t guter B e g r ü n d u n g u n d weit. N a c h w . auch Boeker B B 69, 431. A.M.: B F H N J W 69, 712 u n d B S t B l . 69 I I , 590; N J W 70, 353, 2263; R S R z . 4 ; Speich a.a.O. S 73. 12 ) R S R z . 3; Gerold-Schmidt R z . 4; L a u t e r b a c h - H a r t m a n n A n m . 3 B . 4

286

Gegenstandswert

§ 117

g e b ü h r a b e r e r s t d u r c h d i e s c h r i f t l i c h e Entscheidung u n d n i c h t b e r e i t s d u r c h d a s E i n reichen von Schriftsätzen13). W e r d e n m e h r e r e Verfahren zu gemeinsamer E n t s c h e i d u n g v e r b u n d e n u n d entschei- 5 d e t d a s G e r i c h t e r s t n a c h d e r V e r b i n d u n g o h n e m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g , so e n t s t e h t n u r eine V e r h a n d l u n g s g e b ü h r 1 4 ) n a c h d e m z u s a m m e n g e r e c h n e t e n W e r t d e r v e r b u n d e n e n Verfahren. S o n s t ist d e r G e g e n s t a n d s w e r t f ü r d i e V e r h a n d l u n g s g e b ü h r , w e n n die E n t s c h e i d u n g 6 o h n e m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g e r g a n g e n ist, d e r v o m F G f ü r d i e — fingierte — Verhandlung festgesetzte Betrag15). W e g e n d e s V e r f a h r e n s v o r d e n F i n a n z g e r i c h t e n vgl. d i e E r l ä u t e r u n g e n zu § 114 R z . 89 ff. u . w e g e n K o s t e n p f l i c h t u . K o s t e n e r s t a t t u n g n a c h d e r F G O vgl. R z . 152 ff. zu § 114. W e g e n E n t s t e h u n g d e r G e b ü h r e n d e r §§ 31 ff sowie V e r g l e i c h s g e b ü h r u n d E r l e d i g u n g s g e b ü h r s. b e i § 114 R z . 5 ff., 12. 13 ) B F H D B 59, 2164 (L) = B F H 96, 498 = BStBl. I I 69, 709 = B B 69, 1465 mit Anm. der Sehriftl. = Büro 70, 44; Gerold-Schmidt Rz. 4. 14 ) B F H B B 69, 1465 = Büro 70, 44. 15 ) B F H Büro 73, 1164.

287

ELFTER ABSCHNITT Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Vorbemerkungen zu §§ 118 bis 120 Übersicht: Anwendungsbereich des § 118 Anrechnung der Geschäftsgebühr des § 118 bei nachfolgendem gerichtlichem oder behördlichem Verfahren Wertberechnung Vorverfahren, Widerspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren — n u r eine Abgelegenheit 1

Ez. 1 2 3 4

Verwaltungszwangsverfahren Aussetzung der Vollziehung Schreiben einfacher Art, Mahnungen, Kündigungen — § 120 Fehlende Angemessenheitsklausel — Notwendigkeit von Honorarvereinbarungen

Rz. 5 6 7 8

1. D e r 11. A b s c h n i t t b e h a n d e l t die G e b ü h r e n in sonstigen Angelegenheiten. H i e r u n t e r fallen: a) alle A n g e l e g e n h e i t e n d e r freiwilligen Gerichtsbarkeit m i t A u s n a h m e d e r in § 63 e r w ä h n t e n V e r f a h r e n , wie H a u s r a t s r e g e l u n g , V e r t r a g s h i l f e , V e r t r a g s h i l f e v e r fahren, Landwirtschaftssachen, Verfahren nach dem Wohnungseigentumsgesetz sowie R e g e l u n g v o n A u s l a n d s s c h u l d e n ; b) die V e r f a h r e n v o r d e n Verwaltungsbehörden, w o z u a u c h die T ä t i g k e i t v o r d e n Finanzbehörden in n i c h t s t r e i t i g e n S t e u e r a n g e l e g e n h e i t e n g e h ö r e n ; f e r n e r g e h ö r t h i e r z u die a u ß e r g e r i c h t l i c h e T ä t i g k e i t in S o z i a l s a c h e n ; c) die a n w a l t l i c h e T ä t i g k e i t außerhalb gerichtlicher o d e r behördlicher V e r f a h r e n , w o z u a u c h d a s E n t w e r f e n v o n Urkunden (Verträgen) r e c h n e t . 2. D i e V o r s c h r i f t d e s § 118 s i e h t in A n l e h n u n g a n § 31 e i n Verfahrenspauschsystem, also k e i n e A k t g e b ü h r e n , v o r , w o b e i als R e g e l g e b ü h r e n G e s c h ä f t s g e b ü h r , B e s p r e s p r e c h u n g s g e b ü h r u n d B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r v o r g e s e h e n s i n d (§ 118 A b s . 1 N r . 1—3). Die V e r g l e i c h s g e b ü h r b r a u c h t e hier k e i n e E r w ä h n u n g f i n d e n , d a a u c h h i e r f ü r a l l g e m e i n die V o r s c h r i f t d e s § 23 gilt. Dies gilt in gleicher W e i s e a u c h f ü r f i n a n z b e h ö r d l i c h e V e r f a h r e n , w o f ü r d e r d u r c h d a s K o s t Ä n d G v . 20. 8. 75 ( B G B l . I , 2189) a u f g e h o b e n e Abs. 3 b e s t i m m t h a t t e , d a ß § 23 i m finanzbehördlichen V e r f a h r e n n i c h t g e l t e n sollte. Vgl. d a z u a u c h R z . 1 ff. z u § 117 1 ). D i e H ö h e d e r G e b ü h r e n ist 5 /io bis 1 0 / 1 0 d e r vollen G e b ü h r (§ 118 A b s . 1). Die G e s c h ä f t s g e b ü h r ä h n e l t d e r P r o z e ß g e b ü h r des § 31 N r . 1 u n d gilt die g e s a m t e T ä t i g k e i t d e s R A in einer A n g e l e g e n h e i t als P a u s c h g e b ü h r a b . D i e B e s p r e c h u n g s -

Vgl. auch Stellungnahme des DAV-Gebührenrechtsausschusses zu § 117 AnwBl. 74, 113 u n d Begr. des Rechtsausschusses des B T AnwBl. 75, 122. 288

Vorbemerkungen

3.

4.

5.

6.

Vorbem

g e b ü h r ä h n e l t d e r V e r h a n d l u n g s g e b ü h r des § 31 N r . 2, u n d die B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r ist d i e gleiche G e b ü h r , wie sie § 31 N r . 3 in V e r b i n d u n g m i t § 34 v o r s i e h t . Die Besprechungsgebühr f ä l l t a n f ü r die M i t w i r k u n g bei m ü n d l i c h e n V e r h a n d lungen oder Besprechungen über tatsächliche oder rechtliche Fragen, die von einem Gericht o d e r einer Behörde a n g e o r d n e t w e r d e n ( T e r m i n ) , oder w e n n solche i m E i n v e r s t ä n d n i s m i t d e m A u f t r a g g e b e r v o r e i n e m G e r i c h t o d e r einer B e h ö r d e , m i t d e m G e g n e r oder m i t e i n e m D r i t t e n g e f ü h r t w e r d e n . Die Besprechungsgebühr entsteht ferner für das Mitwirken bei der Gestaltung eines G e s e l l s c h a f t s v e r t r a g e s u n d bei d e r A u s e i n a n d e r s e t z u n g v o n G e s e l l s c h a f t e n u n d G e m e i n s c h a f t e n (§ 118 A b s . 1 N r . 2 S a t z 1 l e t z t e r H a l b s . ) 2 ) . D e r R A e r h ä l t die B e s p r e c h u n g s g e b ü h r n i c h t f ü r eine m ü n d l i c h e oder f e r n mündliche Nachfrage. O b d i e B e s p r e c h u n g in o d e r a u ß e r h a l b d e r K a n z l e i des R A s t a t t f i n d e t , spielt für d e n Anfall der Besprechungsgebühr keine Rolle. D a ß die V o r s c h r i f t d e s § 118 a u c h f ü r d a s Entwerfen von Urkunden (Verträgen) gilt, soll n o c h m a l s h e r v o r g e h o b e n w e r d e n . W e g e n E i n z e l h e i t e n k a n n a u f die E r l ä u t e r u n g e n zu § 118 R z . 155ff v e r w i e s e n w e r d e n . U n t e r d i e V o r s c h r i f t d e s § 118 f ä l l t a u c h die T ä t i g k e i t v o r d e n Finanzbehörden in d e n nichtstreitigen Steuerangelegenheiten, H i e r z u k a n n a u f die E r l ä u t e r u n g e n des § 118 R z . 177 v e r w i e s e n w e r d e n . F ü r die s t r e i t i g e n S t e u e r p r o z e s s e d a g e g e n gilt a b e r die V o r s c h r i f t des § 114 u n d § 117; l e t z t e r e r regelt B e s o n d e r h e i t e n hinsichtlich d e r E n t s t e h u n g d e r V e r h a n d l u n g s g e b ü h r . E b e n s o f ä l l t u n t e r die V o r s c h r i f t d e s § 118 die T ä t i g k e i t v o r d e n Verwaltungsbehörden, w o z u a u c h die V e r f a h r e n ü b e r d e n Widerspruch, Beschwerde, Vorschaltbeschwerde (Abhilfeverfahren) g e h ö r e n (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n z u § 118 R z . 200). D i e G e b ü h r e n f ü r d a s verwaltungsgerichtliche V e r f a h r e n w e r d e n d a g e g e n i m § 114 behandelt. F e r n e r gilt § 118 a u c h i m vorgerichtlichen V e r f a h r e n in Sozialsachen (Versicher u n g s b e h ö r d e n , V e r s o r g u n g s a n s t a l t e n , B e r u f s g e n o s s e n s c h a f t e n , usw.) Vgl. d a z u die E r l ä u t e r u n g e n z u § 118 R z . 151. D i e G e b ü h r e n f ü r d a s sozialgerichtliche Verf a h r e n s i n d d a g e g e n in § 116 geregelt. N a c h § 118 A b s . 2 h a t die Anrechnung d e r G e s c h ä f t s g e b ü h r , die f ü r eine T ä t i g - 2 k e i t a u ß e r h a l b eines g e r i c h t l i c h e n o d e r b e h ö r d l i c h e n V e r f a h r e n s e n t s t e h t , a u f die e n t s p r e c h e n d e n G e b ü h r e n f ü r e i n a n s c h l i e ß e n d e s gerichtliches oder behördliches

2 ) Diese Vorschrift ist neu. Sie wurde in den Abs. 1 Ziff. 2 auf Anregung des DAV (vgl. AnwBl. 74, 113) und aufgrund des Änderungsvorschlages des Rechtsausschusses des B T (vgl. AnwBl. 75, 122) eingefügt. Der Rechtsausschuß begründet die Einfügung wie folgt: „Wird der R A von einem Auftraggeber mit der Gestaltung eines Rechtsverhältnisses gegenüber Dritten b e a u f t r a g t u n d sind Besprechungen mit dem oder den Dritten erforderlich, so erhält er eine Geschäftsgebühr u n d eine Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 u n d 2. Wird der A u f t r a g von mehreren Personen erteilt, so erhält er ebenfalls eine — nach § 6 erhöhte — Geschäftsgebühr u n d die Besprechungsgebühr. Wird er dagegen von allen Personen beauft r a g t , die von dem Rechtsverhältnis betroffen sind, so t r i t t zwar eine weitere E r h ö h u n g der Geschäftsgebühr nach § 6 ein; die Besprechungsgebühr fällt aber fort, da keine Besprechungen mit „ D r i t t e n " zu führen sind. Dies ist dann nicht gerechtfertigt, wenn der A u f t r a g dahin geht, bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages und bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften u n d Gemeinschaften mitzuwirken. Diese rechtsgestaltende u n d streitverhütende Tätigkeit erfordert besondere Kenntnisse, Erfahrungen u n d Mühe. Der Ausschuß h a t daher beschlossen, Abs. 1 Nr. 2 so zu ändern, daß der RA die hier bestimmte Besprechungsgebühr f ü r die Mitwirkung bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages u n d bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften u n d Gemeinschaften stets erhält."

289

Vorbem

E l f t e r Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Verfahren zu erfolgen. Dagegen ist die f r ü h e r ebenfalls vorgeschriebene Anrechn u n g der Besprechungsgebühr u n d der Beweisaufnahmegebühr auf die entsprechenden Gebühren eines anschließenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens durch das K o s t Ä n d G 1975 in Wegfall gekommen 3 ). 3

7. Die Wertberechnung f ü r alle diese Verfahren u n d Angelegenheiten ist eine der unglücklichsten Regelungen im Gebührenrecht. Anzuwenden ist die Vorschrift des § 8 Abs. 1 oder Abs. 2, d. h. im gerichtlichen Verfahren oder einer diesem Verfahren vorausgehenden T ä t i g k e i t b e m i ß t sich der Gegenstandswert n a c h den f ü r die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften, also z.B. in FGG-Saehen nach der KostO! Sind f ü r Gerichtsgebühren keine W e r t v o r s c h r i f t e n vorgesehen, so finden die Vorschriften des § 18 Abs. 2, §§ 19—25, § 39 Abs. 2 KostO(!) sinngemäß Anw e n d u n g (Abs. 2). I m übrigen ist der Gegenstandswert, sofern er nicht feststeht, n a c h billigem Ermessen zu b e s t i m m e n u n d in E r m a n g e l u n g genügender Anhaltsp u n k t e f ü r eine Schätzung u n d in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten auf 4000 DM, n a c h Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht u n t e r 300 DM u n d nicht über 1 Million DM a n z u n e h m e n . D a ß m i t dieser W e r t v o r s c h r i f t oft nichts anzufangen ist, ist klar. Die P r a x i s m u ß sich aber m i t dieser völlig unzureichenden Vorschrift so g u t als möglich abfinden.

k

8. Die Vorschrift des § 119 sieht lediglich eine E r g ä n z u n g des § 118 vor u n d b e s t i m m t , d a ß das vorangegangene Verwaltungsverfahren (Antragsverfahren) u n d das darauf folgende Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dient (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren) zus a m m e n m i t d e m vorangegangenen Verwaltungsverfahren (Antragsverfahren) eine Angelegenheit bilden. F ü r diese beiden Verfahren sind also n u r einheitliche Gebühren zu erheben (Abs. 1). Lediglich das verwaltungsgerichtliche Verfahren ist ein neuer Rechtszug, f ü r das neue Gebühren, u n d zwar neben d e m vorausgegangenen Verwaltungsverfahren, entstehen können.

5

I m Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren) gilt ebenfalls die Vorschrift des § 118 Abs. 1 m i t der E i n s c h r ä n k u n g , d a ß a n Stelle der d o r t vorgesehenen Regelgebühren diese n u r je 3 / 10 betragen.

6

Das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder h e m m e n d e n W i r k u n g bildet z u s a m m e n mit den in Abs. 1 u. 2 des § 119 genannten Verfahren (Verwaltungsverfahren oder Verwaltungszwangsverfahren) eine Angelegenheit, d.h., d a ß f ü r diese Tätigkeit nicht besonders liquidiert werden k a n n .

3 ) Der DAV h a t t e vorgeschlagen, den früheren Abs. 3 (Anrechnungspflicht f ü r die Geschäfts-, Besprechungs- und Beweisaufnahmegebühren) ersatzlos zu streichen. Das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) beschränkt die Anrechnung auf die Geschäftsgebühr. Dagegen entfällt k ü n f t i g die Anrechnung der Besprechungsgebühr u n d der Beweisaufnahmegebühr auf die entsprechenden Gebühren eines anschließenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens. Der Rechtsausschuß des B T begründet dies damit, daß die Tätigkeit des R A außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens u n d die Tätigkeit im anschließenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren verschiedene Ziele verfolgen u n d daher die Anrechnung auch der Besprechungsgebühr u n d der Beweisaufnahmegebühr nicht gerechtfertigt wäre, worauf auch wir bereits wiederholt hingewiesen h a t t e n (vgl. z. B. Schumann M D R 63,14ff.).

290

Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr, Beweisaufnahmegebühr

§ 118

9. Auch die Vorschrift des § 120 ist nur eine Ergänzung zu § 118. Sie bestimmt, 7 daß die Gebühren des § 118 sich auf 2 / 10 der vollen Gebühr ermäßigen, wenn die Tätigkeit des R A geringer ist. Wenn es sich z. B. u m Mahnungen, Kündigungen oder Schreiben einfacher Art handelt u n d sie weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthalten, soll d a f ü r eine geringere Vergütung erfolgen, die mit einer 2 / 10 -Gebühr als ausreichend angesehen wird (Abs. 1). Wenn die Tätigkeit des R A noch geringer ist und sich lediglich auf die Anfertigung eines Schreibens, das nur dem äußeren Betreiben eines Verfahrens dient, also auf bloße Benachrichtigungen, auf ein Beschleunigungsgesuch, auf ein Gesuch u m Erteilung von Ausfertigungen und Abschriften beschränkt, soll nicht einmal eine 2 / 10 -Gebühr, sondern nur eine Gebühr von 10 DM als Vergütung in Frage kommen. 10. Auf den ersten Blick könnte man denken, daß die im 11. Abschnitt vorgesehenen 8 Regelungen denkbar einfach sind u n d eine wesentliche Erleichterung für die Praxis bei der Gebührenberechnung darstellen. Dieser erste Anschein trügt aber, weil es naturgemäß dem Gesetzgeber an einem Einblick in die oft recht komplizierte Tätigkeit eines R A fehlt, worauf schon Friedlaender (s. Fn. 2 zu § 118) hingewiesen hat. Mit den im 11. Abschnitt vorgesehenen Gebührenregelungen lassen sich nicht immer angemessene Vergütungen des R A für seine komplizierten Tätigkeiten ermitteln. Hier fehlt der Ausgleich, wie ihn das Land Bayern in der vorbildlichen Angemessenheitsklausel (Art. 4 VO v. 29. 12. 23 (s. S 5, 8) in weiser Erkenntnis der Schwierigkeiten der Gebührenberechnung in zahlreichen Fällen u n d nicht zuletzt auf Betreiben eines der größten und besten Kenner des Kostenrechts, Max Friedlaender, eingeführt hatte. Daß der Gesetzgeber geglaubt hat, sich über eine solche Angemessenheitsklausel hinwegsetzen zu können, wirkt sich zu ganz erheblichen Nachteilen für die Anwaltschaft aus. Die Forderungen auf Beibehaltung dieser Angemessenheitsklausel haben kein williges Ohr gefunden. Wir können nur immer wieder darauf hinweisen, daß es nur einen einzigen Ersatz für das Fehlen dieser so unbedingt notwendigen Angemessenheitsklausel f ü r die Anwaltschaft gibt, nämlich die Honorarvereinbarung! Die bereits in der 1. Auflage (S 1149) ausgesprochene Kritik der Unzulänglichkeit des so häufig anzuwendenden § 118 hat sich nur als zu berechtigt erwiesen. Aus den laufend uns vorgelegten Anfragen ist uns bekannt, wie schwierig die Kostenberechnung nach dieser Vorschrift ist und wie die Anwaltschaft mit diesen Schwierigkeiten zu kämpfen hat. Auch Thier 1 ) ist der Auffassung, daß die Gebühren für die im 11. Abschnitt geregelten Gegenstände in einer die Anwaltschaft benachteiligenden Weise u n d noch dazu zu schematisch geregelt wurden. Auch er vermißt die Angemessenheitsklausel.

§ 118.

Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr, Beweisaufnahmegebühr

(1) In anderen als den im Dritten bis Zehnten Abschnitt geregelten Angelegenheiten erhält der Rechtsanwalt fünf Zehntel bis zehn Zehntel der vollen Gebühr 4 ) Kosten in Steuer- und Zollsachen S 128. Übrigens sagen auch Lauterbach/Hartmann Anm. 1 C zu § 118: „Eine Gebührenvereinbarung wird sich oft empfehlen, da sich der Umfang der Angelegenheit meist nicht oder nur schwer übersehen läßt."

291

§ H8

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

1. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, des Einreichens, Fertigens oder Unterzeichnens von Schriftsätzen oder Schreiben und des Entwerfens von Urkunden (Geschäftsgebühr); der Rechtsanwalt erhält diese Gebühr nicht für einen Rat oder eine Auskunft (§ 20); 2. für das Mitwirken bei mündlichen Verhandlungen oder Besprechungen über tatsächliche oder rechtliche Fragen, die von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet oder im Einverständnis mit dem Auftraggeber vor einem Gericht oder einer Behörde, mit dem Gegner oder mit einem Dritten geführt werden; für das Mitwirken bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages und bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften und Gemeinschaften (Besprechungsgebühr); der Rechtsanwalt erhält diese Gebühr nicht für eine mündliche oder fernmündliche Nachfrage; 3. für das Mitwirken bei Beweisaufnahmen, die von einem Gericht oder von einer Behörde angeordnet worden sind (Beweisaufnahmegebühr); § 34 gilt sinngemäß. (2) Soweit die in Absatz 1 Nr. 1 bestimmte Geschäftsgebühr für eine Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens entsteht, ist sie auf die entsprechenden Gebühren für ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verfahren anzurechnen.

Vorbemerkungen: G e ä n d e r t d u r c h Ges. v . 30. 6. 65 (BGBl. I , 577) u n d d u r c h Ges. v. 20. 8. 75 (BGBl. I , 2189). Die Ä n d e r u n g e n sind wesentlich. Z u n ä c h s t b r a c h t e d a s Ges. v. 30. 6. 65 eine Ausw e i t u n g des R a h m e n s a t z e s , a n Stelle der Regelgebühr v o n 5 / 1 0 bis auf 10 / 10 . Der Abs. 2 i.d.F. des K o s t Ä n d G 1957, der eine E r h ö h u n g oder E r m ä ß i g u n g der G e b ü h r e n vorsah, ist in F o r t f a l l g e k o m m e n . D e r f r ü h e r e Abs. 3 w u r d e d a d u r c h Abs. 2. Die E r w e i t e r u n g des R a h m e n s a t z e s w a r n i c h t im R e g E n t w u r f vorgesehen, sie erfolgte d u r c h d e n R e c h t s a u s s c h u ß . Dieser g a b d a f ü r folgende B e g r ü n d u n g : „ D i e allgemeine G e s c h ä f t s g e b ü h r , B e s p r e c h u n g s g e b ü h r u n d B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r in a n d e r e n als den im 3. bis 10. A b s c h n i t t geregelten Angelegenheiten b e t r ä g t bisher je 5 / 1 0 u n d k a n n , n a c h § 118 A b s 2, bis auf 2 / 10 e r m ä ß i g t u n d bis auf 10 / 10 e r h ö h t w e r d e n . Die E r m ä ß i g u n g s m ö g l i c h k e i t w i r d k ü n f t i g entfallen u n d s t a t t der E r h ö h u n g s m ö g l i c h keit eine R a h m e n g e b ü h r v o n 5 / 1 0 bis 10 / 10 vorgesehen w e r d e n . F ü r die B e m e s s u n g der G e b ü h r i n n e r h a l b dieses n e u e n R a h m e n s gilt § 12." W e i t e r e sehr b e d e u t s a m e Ä n d e r u n g e n der V o r s c h r i f t erfolgten d u r c h d a s K o s t Ä n d G v. 20. 8. 75: I n Abs. I Nr. 2 (Besprechungsgebühr) ist e i n g e f ü g t , d a ß d e r R A diese G e b ü h r a u c h e r h ä l t f ü r d a s M i t w i r k e n bei der G e s t a l t u n g eines Gesellschaftsvertrages u n d bei der A u s e i n a n d e r s e t z u n g v o n Gesellschaften u n d G e m e i n s c h a f t e n , w e n n in diesem Z u s a m m e n h a n g B e s p r e c h u n g e n s t a t t f i n d e n u n d der R A hierbei m i t g e w i r k t h a t . (Vgl. d a z u V o r b e m . z u m 11. A b s c h n i t t R z . 2). F e r n e r ist der Abs. 2 d a h i n g e ä n d e r t , d a ß entgegen der bisherigen V o r s c h r i f t die B e s p r e c h u n g s g e b ü h r u n d die B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r , die f ü r eine T ä t i g k e i t a u ß e r h a l b eines gerichtlichen oder behördlichen V e r f a h r e n s e n t s t a n d e n sind, j e t z t n i c h t m e h r auf die G e b ü h r e n f ü r ein anschließendes gerichtliches oder behördliches Verf a h r e n a n g e r e c h n e t werden. Die Anrechnung ist nun auf die Geschäftsgebühr beschränkt. Zu b e a c h t e n ist a u c h n o c h die Ä n d e r u n g des § 6 Abs. 1 Satz 2. D a n a c h e r h ö h t sich 292

Vorbemerkungen

§ 118

jetzt, wenn der R A in derselben Angelegenheit für mehrere Auftraggeber tätig wird, auch die Geschäftsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 1, u n d zwar durch jeden weiteren Auftraggeber u m drei Zehntel. Die Erhöhung tritt auch d a n n ein, wenn die mehreren Auftraggeber den R A gleichzeitig beauftragen, f ü r sie in derselben Angelegenheit tätig zu werden. Mehrere Erhöhungen dürfen allerdings nicht mehr als zwei volle Gebühren betragen. Das bedeutet, daß der R A bis zu 3o / 10 Geschäftsgebühr in derselben Angelegenheit bei Vertretung mehrerer Auftraggeber fordern kann. Vgl. dazu auch unten Rz. 9. Der 11. Abschnitt trägt die Überschrift „Gebühren in sonstigen Angelegenheiten". Das sind zunächst die im § 63 nicht aufgezählten Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, die Verfahren vor Verwaltungsbehörden und die anwaltliche Tätigkeit außerhalb gerichtlicher u n d behördlicher Verfahren. § 118 übernimmt das System der Verfahrenspauschgebühren, von dem die ganze BRAGebO beherrscht ist, auch für die im 11. Abschnitt geregelten Angelegenheiten. D a die im 11. Abschnitt geregelten Angelegenheiten aber nicht so typisch wie ein Prozeß abzulaufen pflegen u n d wegen ihrer Vielseitigkeit schwer zu übersehen sind, war es jedoch erforderlich, dieses System aufzulockern. Leider ist m a n bei Schaffung der BRAGebO nicht der Anregung des Verfassers Schumann gefolgt, die in Bayern geltende sogenannte Angemessenheitsklausel 1 ) f ü r das Bundesgebiet einzuführen, was zu erheblichen Nachteilen für die Anwaltschaft f ü h r t , worauf bereits Friedlaender bei den Vorarbeiten hingewiesen hat 2 ). Friedlaender ist es auch gewesen, der es klar ausgesprochen hat, daß der Umfang u n d Inhalt der anwaltlichen Tätigkeit außerhalb der Prozeßsachen sich naturgemäß der tiefen Kenntnis der Behörden und Ministerien entzieht. Alles in allem stellt diese Regelung keineswegs eine glückliche dar. Den Verfassern sind, namentlich aus Gutachtertätigkeit, viele Fälle bekanntgeworden — und es kommen immer wieder neue dazu —, wonach umfangreiche, schwierige und erfolgreiche Anwaltstätigkeit nicht mit den Gebühren des § 118 hinreichend entlohnt werden kann. Honorarvereinbarungen sind oft nicht möglich. Die Gebührengrenze nach oben liegt, einschließlich der Vergleichsgebühr, bei 30/io- Das kann viel, aber auch wenig genug sein. Oft wäre, wenn es noch die Angemessenheitsklausel geben würde, der angefallene, aber zu niedrige Gebührenbetrag zu verdoppeln. Wir sind daher der Auffassung, daß nur mit der Wiedereinführung der Angemessenheitsklausel für das ganze Bundesgebiet das Dilemma des Gebührenrechts — besonders aus § 118 — überhaupt sich beheben läßt. Auch die amtliche Begr. zu § 118 (s. 1. Aufl. S 1154 zu Ziff. 2) weist bereits d a r a u f h i n , daß es der Billigkeit entspricht, wenn der R A den Auftraggeber über die zu erwartende Höhe der Gebühr a u f k l ä r t und das Honorar mit ihm vereinbart, wenn Gebühren angemessen sind, die noch über 10 l 10 der vollen Gebühr hinausgehen. !) Art. 4 VO V. 29. 12. 23; vgl. dazu bei Schumann BayLGebO S 90ff. Siehe ferner dazu Geigel AnwBl. 54, 96; vgl. ferner Allgem. Einl. Rz. 8. 2 ) Er sagt wörtlich: „Ohne die Angemessenheitsklausel wird dieses Gebührenrecht für die bayerische Anwaltschaft eine Katastrophe bedeuten." (!) Im übrigen gilt dies nicht nur für die bayerische Anwaltschaft. Man wird daher, wie es früher nach der schlechten PrGebOfRA der Fall war, in solchen Angelegenheiten stets daran denken müssen, rechtzeitig Honorarvereinbarungen zu treffen, worauf auch schon die Begründung (1. Aufl. S 1153f) hinweist! S. auch § 3 Rz. l f f .

293

§ 118

E l f t e r A b s c h n i t t : Gebühren in sonstigen Angelegenheiten Übersicht:

I . Anwendung der Vorschrift. . . Fälle der Nichtanwendbarkeit . I I . Die Gebühren

III.

IV.

V. VI.

294

Rz. 1 2 3

1. Allgemeines 3 2. Die Geschäftsgebühr . . . . 4 Spezialkenntnisse des R A . . 5 Ausländer als P a r t e i . . . . 6 Mehrere Rechtszüge . . . . 7 K e i n e Erhöhung über 10/10 . 8 Mehrere Auftraggeber . . . 9 Geschäftsgebühr als erste Gebühr aus § 118 10 3. Die Besprechungsgebühr . . 11 Bemessung der Gebühr . . . 12 Voraussetzung der Entstehung 13 Mündliche Verhandlungen oder Besprechungen, die von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet werden 15 Begriff einer B e h ö r d e . . . . 16 Mitwirkung des R A 17 Sofortige Vertagung . . . . 18 Verhandlungen und Besprechungen im Einverständnis mit dem Auftraggeber vor einem Gericht oder einer B e hörde 19 Mündliche Verhandlungen und Besprechungen im Einverständnis mit dem Auftraggeber, mit dem Gegner oder Dritten 20 Besprechungen wegen Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages oder wegen Auseinandersetzung von Gemeinschaften 22 keine Besprechungsgebühr für Besprechungen mit Auftraggeber 23 Beispiele 24 4. Die Beweisaufnahmegebühr . 26 5. Die Vergleichsgebühr (§ 23) . 27 6. Die Erledigungsgebühr (§ 24) 30 Zur Anwendung des R a h m e n satzes 31 Tätigkeitsübersicht 32 Richtige Kostenberechnung . . 33 Die Mittelgebühr des § 118 . . . 34 Die Anrechnung der Geschäftsgebühr 37 Beispiele 40 ff Verschiedene Angelegenheiten . 47 Zurückverweisung 48 Anrechnung bei Aufrechnung . 49 Die Wertberechnung 50 Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 52 1. Allgemeines 52

Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen Befreiung vom E h e v e r b o t . . Ersetzung der Zustimmung des E h e g a t t e n zu Rechtsgeschäft Annahme an Kindes S t a t t . . Aufgebotsverfahren zum Zweck der Todeserklärung . . Erbscheinerteilung Grundbuchsachen Güterregistersachen . . . . Handelssachen — Anträge — Amtslöschung — Beschwerdeverfahren — Ordnungsgeldverfahren — Anmeldungen — Erlöschen einer P r o k u r a — Eintragung in das H R aufgrund U r t e i l s — W e r t . . . . Konsulargerichtsbarkeit. . . Musterregistersachen . . . . weitere Nachlaßsachen . . . Nebenverfahren nach dem FGG Mitbestimmung — Verfahren Offenbarungsverfahren nach B G B und F G G Schiffsregistersachen . . . . Testamentsvollstrecker . . . Verfahren vor Spruchstellen . Unterbringung entmündigter Personen Untersuchung und Verbrauch von Sachen, P f a n d v e r k a u f . Vormundschafts- und Pflegschaftsachen Vereinssachen Unterhaltspflegschaft . . . . U m s t G — Verfahren . . . . WertpapierbereinigungsG . . Freiheitsentziehung—gerichtliches Verfahren öffentliche Zustellung einer Willenserklärung 2. Besonders geregelte Angelegenheiten der freiw. Gerichtsbarkeit 3. Zur Gebührenberechnung . . Allgemeines Die Geschäftsgebühr . . . . Die Besprechungsgebühr . . Die Beweisaufnahmegebühr . Die Vergleichsgebühr. . . . 4. Zur Wertberechnung . . . . Anwendung des § 8 Abs. 1. . Verrichtungen des Vormundschaftsgerichts Verfügungen des Vormundschaftsgerichts

Rz. 53 54 55 56 57 58 59 60

61 62 63 64 65 66 67 68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78 79

80 81 81 83 84 85 86 87 88 89 f 91

Vorbemerkungen Rz. Kindergeldauszahlungsanordnung 92 Ordnungsgeldverfahren — Handelsregister — Vormünder — Pfleger — Beistände — Dispache 93 Beschwerdeverfahren — F G G 95 — gegen Geschäftswertfestsetzung 96 A n w e n d u n g des § 8 Abs. 2. . 97 5. Die K o s t e n t r a g u n g s - u n d -Ers t a t t u n g s p f l i c h t (§ 13 a FGG) 98 R A - K o s t e n in eigener Sache . 99 Hinweise auf d. R e c h t s p r . . . 100 Verzinsung der K o s t e n . . . 107 K o s t e n e n t s c h e i d u n g — Anfechtung . . * 108 Beschwerde v e r f a h r e n (§ 20 a FGG) 109 K o s t e n e n t s c h e i d u n g bei Beschwerden nach § 156 K o s t O 110 Keine weitere Beschwerde gegen Kostenfests. Beschluß . 111 V I I . Sonstige Angelegenheiten . . . 112 1. Allgemeines 112 H y p o t h e k e n , Darlehen (Kredite) V e r m i t t l u n g e n . . . . 113 B u c h f ü h r u n g s t ä t i g k e i t des R A 114f R A als gemeinsamer V e r t r e t e r der a u ß e n s t e h e n d e n Aktionäre 116 Freigabeaufforderungen... 118 R A - K o s t e n bei Hinzuziehung zur Abgabe der Drittschuldnererklärung 119 Kostenerstattungsantrag in Strafsachen 120 Geschäftssanierung 121 Bauvorhaben — Unterstützung d u r c h R A 122 O r g a n i s a t i o n - U n t e r s t ü t z u n g . 123 Pressekonferenz 124 Verkehrsanwalt in der Zwangsvollstreckung 125 Gesellschafterstreitigkeiten . 126 E r r i c h t u n g einer S t i f t u n g . . 127 E r b e n g e m e i n s c h a f t , Familienstreit 128 Firmeneintragung 129 Grundbucheinsicht 130 Hinterlegungsanträge.... 131 Kartellangelegenheiten . . . 132 Gemeinschaften — Auseinandersetzung 133 Kassenzulassungsverfahren . 134 RA als Zustellungsbevollmächtigter 135 V e r f a h r e n vor Einigungsstellen 136 H a u p t - u n d Gesellschafterversammlungen 137 Pressedelikte 138

§ 118 Rz.

Vergleichsverfahren — Vert r e t u n g eines Bürgen . . . . Wechselangelegenheiten. . . RA-Zulassungsverfahren . . Gewerbeverband — Zulassungsverfahren Zustellung ausländischer Schriftstücke Beistandsleistung f ü r einen Zeugen Schadenregulierungen m i t Versicherungsgesellschaften. . . Vergleiche in Ehesachen (Scheidungsabkommen) . . . Nichtrechtshängige Ansprüche — Einbeziehung in Rechtsstreit Verkehrsunfall im A u s l a n d . . Vergleichsverhandlungen des Verkehrsanwalts Vorgerichtliche Tätigkeit vor Versicherungsträgern . . . . 2. Z u r Gebührenberechnung in sonstigen Angelegenheiten . 3. A n r e c h n u n g der Geschäftsgebühr 4. Die W e r t b e r e c h n u n g . . . . V I I I . D a s E n t w e r f e n von U r k u n d e n (Verträgen) 1. Allgemeines 2. Rechtsgeschäfte Einseitige E r k l ä r u n g e n . . . Verträge 3. B e a c h t u n g der gesetzlichen Formvorschriften 4. Z u r Gebührenberechnung . . a) Z u r H ö h e der Gebühren . — bei E n t w e r f e n von Verträgen b) W a n n liegt fertiger E n t wurf vor? c ) Mehrmalige E n t s t e h u n g der Gebühren Beispiele f ü r „ a n d e r e Angelegenheit" u n d „ n e u e r Auftrag" d) Zusammengehörende Erklärungen e) Belehrung über die H ö h e der K o s t e n f) Keine eigene G e b ü h r f ü r den E n t w u r f einer Vergleichsurkunde g) N e b e n t ä t i g k e i t e n . . . . h) Die Besprechungsgebühr . i) Keine A n r e c h n u n g der Gebühren 5. Die W e r t b e r e c h n u n g . . . . a) Allgemeines b) Berechnungsbeispiele . .

139 140 141 142 143 144 145 146 147 148 149 151 152 153 154 155 155 156 157 158 159 160 160 161 162 164 165 166 167 168 169 170 173 174 174 175

295

§ 118

E l f t e r A b s c h n i t t : Gebühren in sonstigen Angelegenheiten Rz.

c) Angelegenheiten ohne bes t i m m t e n Geschäftswert sowie nicht vermögensrechtliche Angelegenheiten . . I X . Nichtstreitige Steuerangelegenheiten 1. Vorbemerkungen Beispiele f ü r nichtstreitige Steuersachen 2. Zur G e b ü h r e n b e r e c h n u n g . . Geschäfts- u n d Besprechungsgebühren Die B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r . Die Vergleichsgebühr . . . . Die Erledigungsgebühr . . . Gebührenvereinbarungen . . 3. Der G e g e n s t a n d s w e r t . . . . a) Allgemeines b) A n f e r t i g u n g von Steuererklärungen c) Gegenstandswert bei Verlust-Abschluß d) R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n . . e) Sonstige Fälle — Beispiele f) Kostenentscheidung . . . g) .Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbescheide des Finanzamts 4. Aufstellung einer Bilanz etc., Geschäftsbericht, Revisionstätigkeit usw X . Angelegenheiten der V e r w a l t u n g 1. Allgemeines 2. Verwaltungsangelegenheiten . a) Verwaltungsakte . . . . Devisengenehmigung. . . A m t f. Verteidigungslasten Wehrersatzamt Genehmigungsverfahren . Verwaltungsakte n a c h der BNotO Zulassung als R A . . . . Flurbereinigungssachen . Kriegsgefangenenund Häftlingshilfe Lastenausgleich Abhilfeverfahren . . . . Einbürgerungssachen . . Verwarnungsgebühr—Anfechtung Telefonanschluß — B u n despost Enteignungsverfahren . . Erlaubnis- u n d Bewilligungsverf. n a c h B W S t r G / WHaushG — Entschädigungsverfahren Soldatengesetz Selbstverwaltungsbehörden usw 296

176 177 177 178 179 179 180 181 182 183 184 184

3. 4.

185 186 187 188 189

5.

190 191 192 192 193 193 194 195 196 197 197 197 198 199 199 200 201

6.

Rz. Verfahren vor d e m Deutschen P a t e n t a m t . . . . 209 Kartellbehörden 210 B u n d e s v e r w a l t u n g s a m t . 211 B u n d e s a m t f ü r gewerbliche Wirtschaft 212 Verwaltungszwangsverfahren 213 b) A r t e n der Verwaltungsakte 214 c) Verwaltungsbehörden . . 215 d) Parteistreitigkeiten und Streitigkeiten des öffentlichen R e c h t s 216 Der Rechtszug -217 Die Gebühren 220 a) Allgemeines 220 b) Die Geschäftsgebühr . . . 221 c) Die Besprechungsgebühr . 222 d) Die Beweisaufnahmegebühr 223 e) Die Vergleichsgebühr (§ 23) u n d die Erledigungsgebühr (§ 24) 224 Die W e r t b e r e c h n u n g . . . . 225 a) Allgemeines 225 Bezifferte Geldleistung. . 226 Sonstige Fälle 227 B e d e u t u n g der Sache. . . 228 Fehlen genügenderAnhaltspunkte 229 E n t e i g n u n g s v e r f a h r e n . . 230 Vorläufige Besitzeinweisung — eigene Angelegenheit 231 b) Keine Abgrenzung zwischen vermögensrechtlichen u n d nichtvermögensrechtl. Angelegenheiten. . 232 c) Die W e r t f e s t s e t z u n g d u r c h die Verwaltungsbehörden . 233 d) Z u r E r s t a t t u n g der RAK o s t e n f ü r d a s Vorverfahren 234 — im E n t e i g n u n g s v e r f a h ren 235 — K o s t e n e n t s c h e i d u n g des verwaltungsgerichtl. Verfahrens 236 Keine A n r e c h n u n g nach Abs.2 237

202 203 204 205 206 207 208

SpezialSchrifttum zu § 118: 1. Wegen A b h a n d l u n g e n des Verfassers A. S c h u m a n n zu § 118 vgl. die A u f z ä h l u n g S X I X f. (Ziff. 45 bis 70). D a z u den Aufsatz in M D R 67, 176 ff. (Der Gegenstandswert f ü r die Gebührenberechnung n a c h § 118 BRAGebO). 2. Tschischgale, Zur K o s t e n t r a g u n g s u n d E r s t a t t u n g s p f l i c h t n a c h § 13a FGG Rpfleger 61, 97 ff

Vorbemerkungen Rz. 3. Tschischgale, Anwaltsgebührenberechnung u n d Geschäftswertbestimmung in der freiwilligen Gerichtsbarkeit (auch als Sonderdruck erschienen) . . . . Büro 64, 77ff, 163ff 4. Tschischgale, Abgrenzung von Rechtsanwalts- und Notartätigkeit bei E n t w u r f von U r k u n d e n Büro 61, 179 5. Tschischgale, Besprechungsgebühr neben der Vergleichsgebühr? MDR 65, 337 6. Schmidt, Die Gebühren des Rechtsanwalts in sonstigen Angelegenheiten (§§ 118ff. BRAGebO) (auch als Sonderdruck erschienen) . . . . Büro 64, 617ff., 658ff„ 697, 795 7. Lappe/Stöber, Kosten in Handelssachen (1963) 8. Rohs, Die Abgrenzung von Anwalts- u n d Notartätigkeit bei Anwaltsnotaren u n d Notaranwälten JVB1. 65, 49 9. Steifen, Enteignung und Kostenerstattung DVB1. 69, 174 10. H a u p t , Die Gebühren des § 118 BRAGebO im verwaltungsgerichtlichen Kostenfestsetzungsverfahren MDR 69, 188 11. Grüter, Die Verkehrsgebühr des Hausanwalts als materieller Schadenersatz Betrieb 69, 1326 12. Meeger, Zum Gebührenstreit mit Haftpflichtversicherern bei außergerichtlicher Unfallregulierung . (Nachdruck in AnwBl. 70, 113 ff.) VersR. 70, 294 13. Klingmüller u. J . U. Müller, Gebührenfragen bei Regulierung von KFZ-Schäden VersR. 71, 25 14. H . Schmidt, Der B G H u n d § 118 BRAGebO N J W 71, 2294

§ H8

Rz. 15. H . Schmidt, Zur Vergütung des R A , der bei der Verwertung sicherungsübereigneter Gegenstände mitwirkt Rpfleger 71, 426 16. H . Schmidt Entwerfen von Urkunden Büro 72, 837 17. Eichmann, Die Rechtsanwaltsgebühren im Warenzeichen-Eintragungsverfahren . . . . G R U R 71, 68 18. R A K Koblenz, Anwaltsgebühren f ü r die Vertretung unfallgeschädigter Eheleute . . . . AnwBl. 74, 31 19. H . Schmidt, Zur Anwaltsvergüt u n g bei der Unfallschadenregulierung AnwBl. 74, 340 20. Olschewski, Drittschuldnererklärung durch R A . . . . MDR 74, 714 21. Klimke, Ersatz von Anwaltskosten in der Unfallschadenregulier u n g bei mehreren Ersatzpflichtigen . AnwBl. 75, 220; VersR. 75 290ff. 22. Seitmann, Zur H ö h e der zu ersetzenden Gebühren eines Rechtsbeistandes für die außergerichtliche Vertretung eines Mandanten . . . VersR 75 407 f. 23. Klimke, Einfluß der Aufrechnung auf die Erstat tungsfähigkeit außergerichtlicher Anwaltskosten im R a h m e n der Schadenregulierung VersR. 75, 884 24. Wallner, Nochmals: Zur Höhe der zu ersetzenden Gebühren eines Rechtsbeistandes f ü r die außergerichtliche Vertretung eines Mandanten VersR 75, 888 25. H . Schmidt (Entgegnung zu Klimke AnwBl. 75, 220) . . AnwBl. 75, 222 26. H . Schmidt, Zu den Anrechnungsbestimmungen der §§ 20 und 118 AnwBl. 75, 40

I. Zur Anwendung der Vorschrift D i e A n w e n d u n g d e r V o r s c h r i f t d e s § 118 ist a u ß e r o r d e n t l i c h vielseitig 3 ). D i e a u f - 1 t a u c h e n d e n S c h w i e r i g k e i t e n ü b e r d i e A n w e n d u n g dieser V o r s c h r i f t lassen sich o f t d a d u r c h v e r m e i d e n , d a ß m a n z u n ä c h s t p r ü f t , u m w a s f ü r eine A n g e l e g e n h e i t es sich h a n d e l t , d i e a b g e r e c h n e t w e r d e n soll. Stellt m a n f e s t , d a ß es sich u m ein P r o z e ß - o d e r ä h n l i c h e s V e r f a h r e n h a n d e l t , so w i r d in d e r R e g e l d e r 3. A b s c h n i t t (§§ 31 f f ) z u r A n w e n dung kommen. D e r 11. A b s c h n i t t (§§ 118ff) findet v o r n e h m l i c h d a n n A n w e n d u n g , w e n n die A n g e l e g e n h e i t f r ü h e r n a c h L a n d e s k o s t e n r e c h t a b z u r e c h n e n w a r (wegen d e r b e s o n d e r e n R e g e l u n g f ü r einige V e r f a h r e n s. §§ 63, 64). § 118 findet A n w e n d u n g 4 ) : 1. I n A n g e l e g e n h e i t e n d e r freiwilligen Gerichtsbarkeit (wegen E i n z e l h e i t e n s. u n t e n R z . 5 2 f f ) m i t A u s n a h m e d e r in §§ 63, 64 b e s o n d e r s g e r e g e l t e n A n g e l e g e n h e i t e n , wie 3 4

) Vgl. dazu auch Schumann MDR 63, U f f . ) Vgl. auch Schumann MDR 62, 267; 63, U f f . 297

§ 118

2.

3. 4. 5.

6.

7.

2

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Hausratsverfahren, Vertragshilfeverfahren, Landwirtschaftssachen, Wohnungseigentumsgesetz, Regelung von Auslandsschulden. I n allen s o n s t i g e n nichtstreitigen Angelegenheiten o d e r in a u ß e r g e r i c h t l i c h e n S t r e i t i g k e i t e n , w e n n k e i n K l a g e a u f t r a g e r t e i l t ist oder d e r R A n i c h t P r o z e ß b e v o l l m ä c h t i g t e r o d e r V e r k e h r s a n w a l t ist (vgl. E i n z e l h e i t e n u n t e n R z . 1 1 2 f f ) . F ü r d a s Entwerfen von Urkunden (Verträgen) (vgl. E i n z e l h e i t e n u n t e n R z . 1 5 5 f f ) . I n nichtstreitigen S t e u e r s a c h e n (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n u n t e n R z . 1 7 7 f f ) . I n Verwaltungsangelegenheiten, soweit d a s E i n s p r u c h s - o d e r B e s c h w e r d e v e r f a h r e n o d e r d a s sog. V o r s c h a l t v e r f a h r e n ( A b h i l f e v e r f a h r e n ) in F r a g e k o m m t (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n zu R z . 192ff). D a g e g e n sind f ü r d a s V e r f a h r e n v o r d e n V e r w a l t u n g s - u n d F i n a n z g e r i c h t e n die G e b ü h r e n in § 114 b e s o n d e r s geregelt. Außergerichtliche T ä t i g k e i t in Sozialsachen (vgl. d a z u u n t e n R z . 151). D i e G e b ü h r e n f ü r d a s sozialgerichtliche V e r f a h r e n b e s t i m m t d a g e g e n die V o r s c h r i f t d e s § 116. D i e V o r s c h r i f t d e s § 118 findet a u c h A n w e n d u n g i m V e r f a h r e n v o r d e m P a t e n t a m t (vgl. d a z u u n t e n R z . 208).

Nicht u n t e r diese V o r s c h r i f t f a l l e n : 1. D i e B e r a t u n g u n d A u s k u n f t e r t e i l u n g , w o f ü r die G e b ü h r e n r e g e l u n g § 20 v o r s i e h t 5 ) . 2. Die b l o ß e S c h r i f t s a t z a n f e r t i g u n g , w o f ü r § 56 eine eigene G e b ü h r e n r e g e l u n g v o r sieht. 3. D i e b l o ß e T e r m i n s w a h r n e h m u n g , w e n n es sich u m a n d e r e T e r m i n e als z u r m ü n d lichen V e r h a n d l u n g o d e r z u r B e w e i s e r h e b u n g h a n d e l t (vgl. § 56). 4. D i e G u t a c h t e n e r s t a t t u n g (§ 21). 5. E i n f a c h e S c h r e i b e n , f ü r die § 120 die b e s o n d e r e e r m ä ß i g t e G e b ü h r e n r e g e l u n g v o r sieht. 6. Z w a n g s v e r s t e i g e r u n g s - u n d Z w a n g s v e r w a l t u n g s v e r f a h r e n , die in §§ 68 ff b e s o n d e r s geregelt s i n d . 7. A u f b e w a h r u n g u n d V e r k a u f „ A l t e r M e i s t e r " 6 ) . 8. A u f s i c h t s r a t s m i t g l i e d 7 ) . 9. E r b e n v e r t r e t e r g e m ä ß § 779 Z P O 8 ) . 5 ) Wegen P r ü f u n g von U r k u n d e n und Verträgen s. § 20 Rz. 10 ff. Auch hierauffindet § 20 Anwendung, so daß die Gebühren nicht nach § 118, sondern nach § 20 (Ratgebühr) zu berechnen sind. Das würde auch zu gelten haben, wenn ein R A b e a u f t r a g t wird, die P r ü f u n g eines einzugehenden Mietverhältnisses vorzunehmen und wenn zur Abwicklung bei ihm 1000 DM hinterlegt werden, die nach Prüfung, ob die vertragsmäßigen Bedingungen erfüllt sind, an einen Dritten ausgezahlt werden sollen. Neben der Ratgebühr des § 20 würde dann auch noch die Hebegebühr aus § 22 anfallen. 6 ) Vgl. Rz. 26 zu § 1 (S 32) Maklervertrag §§ 652ff BGB und Verwahrungsvertrag §§ 688ff BGB. I m allgemeinen sollte ein R A eine laufende Maklertätigkeit unterlassen, weil diese mit seinem Beruf nicht in Einklang zu bringen ist. Ausnahmen sind freilich möglich, z.B. wenn der R A zum Zwecke der Erbauseinandersetzung Nachlaßgrundstücke zu verkaufen h a t . W e n n nun der R A aber im Laufe von Vertragsverhandlungen eine bestimmte gute Idee h a t (z.B. an Stelle eines Vorkaufsrechtes ein präzises Ankaufsrecht), so k a n n er d a f ü r nicht an Stelle der RA-Gebühren Maklervergütung verlangen, weil es so interessanter wäre. F ü r Anwaltstätigkeit k a n n n u r nach den Vorschriften der BRAGebO berechnet werden oder wenn der R A sorgt, daß seine Tätigkeit und sein R a t f ü r seinen Auftraggeber besonders wertvoll war, was durchaus im Einzelfall möglich wäre, so k a n n dies n u r im R a h m e n einer Honorarvereinbarung (§3) ausgeglichen werden. 7 ) Vgl. auch L a u t e r b a c h / H a r t m a n n Anm. 4 § 1; R S Rz. 13 a.E. zu § 1, beide BRAGebO. 8 ) Vgl. dazu Schmidt Büro 62, 261; Gerold-Schmidt Rz. 4 vor § 118.

298

II. Die Gebühren

§ 118

10. Geschäftsführer einer GmbH 9 ). 11. Hausverwaltungen. Die angemessene und übliche Vergütung dafür kann nur nach § 612 BGB erfolgen, sofern nicht eine Vereinbarung der Vergütung erfolgt. Hierfür ist nicht die Schriftform (§ 3) notwendig, weil keine Berufstätigkeit vorliegt, für die die Vorschriften der BRAGebO gelten 10 ). Vgl. auch nachstehend zu Ziff. 13. 12. Liquidator. Auch hierfür erfolgt die Vergütung nach § 612 BGB 11 ). 13. Vermögensverwaltungen. Auch das ist keine typische Anwaltstätigkeit, sie läßt sich auch nicht mit den Vorschriften der BRAGebO, die hier überhaupt nicht passen, messen. Wo soll z.B. die Angelegenheit enden und wo eine neue beginnen (§ 13 Abs. 2) ?12). Vgl. auch oben Ziff. 11. 14. Vorstandsmitglied einer Gesellschaft 13 ). 15. Zustellungsbevollmächtigter 14 ). Wenn aber der R A im Rahmen solcher Tätigkeiten schwierige rechtliche Angelegenheiten zu erledigen hat, f ü r die ein Nicht-RA einen R A hätte zuziehen müssen, so erhält er neben der allgemeinen Vergütung für derartige Einzeltätigkeiten die Gebühren nach der BRAGebO.

II. Die Gebühren 1. Allgemeines (zu Abs. 1) Es sind in Anlehnung an § 31 die herkömmlichen drei Gebühren bestimmt: 3 a) 5 / 10 bis 10 / I0 Geschäftsgebühr (Nr. 1) b) 5 / 10 bis 10 / 10 Besprechungsgebühr (Nr. 2) c) 5 / 10 bis 10/10 Beweisaufnahmegebühr (Nr. 3). Daneben kann, wenn die Voraussetzungen vorliegen, auch entstehen: d ) 10/io Vergleichsgebühr (§ 23) oder e) 10/10 Erledigungsgebühr (§ 24). Die Geschäftsgebühr (Nr. 1) entspricht der Prozeßgebühr, die Besprechungsgebühr (Nr. 2) der Verhandlungsgebühr (Erörterungsgebühr), die Beweisaufnahmegebühr (Nr. 3) der Beweisgebühr. Die Vergleichsgebühr brauchte hier nicht besonders bestimmt zu werden, weil sie unter die Allgemeinen Gebühren eingereiht ist (vgl. § 23 S 635ff und unten Rz. 27), und daher auch in den im 11. Abschnitt geregelten Angelegenheiten gilt. Das gleiche gilt jetzt auch in Verfahren vor den Finanzverwaltungsbehörden, weil der Abs. 3 des § 118, der die Vergleichsgebühr ausdrücklich ausgeschlossen hatte, ebenso wie die entsprechende Vorschrift des früheren Abs. 1 des § 117, durch das KostAndG v. 20. 8. 75 aufgehoben worden ist (vgl. oben Rz. 1 Einleitung zum 11. Abschnitt, unten Rz. 27 sowie Rz. 1 ff. zu § 117).

9 ) Vgl. Rz. 26 zu § 1 S 37 und wegen Geschäftsführergehalt bei der GmbH & Co Lange B B 63, 507. 10 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 4 vor § 118 unter Aufgabe ihrer früheren gegenteiligen Ansicht. ") Vgl. Anhang zu § 1 Rz. 218ff S 131ff und RS Rz. 13 a.E. zu § 1. 12 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 4 vor § 118 unter Aufgabe ihrer früheren gegenteiligen Ansicht. 13 ) Vgl. auch Lauterbach/Hartmann Anm. 4 A § 1; RS Rz. 13 a.E. § 1. " ) Wegen Einzelheiten dazu s. Rz. 198ff (S 123ff) Anh. § 1. Ferner Drischler JVB1. 62, 83 und wegen Beschwerdewert LG Lüneburg Rpfleger 62, 57 mit Anm. von Drischler.

299

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Auch die Entstehung der Erledigungsgebühr (§ 24) kann in den nach § 118 zu vergütenden Angelegenheiten jetzt häufiger vorkommen, nachdem der § 24 in seiner durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) geänderten Fassung die Erledigungsgebühr vorschreibt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise durch Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt und der R A bei der Erledigung mitgewirkt h a t . Vgl. dazu auch unten Rz. 30 sowie bei § 114 Rz. 12, 24. Die einzelnen Gebühren sind besonders umschrieben u n d besonders benannt, um sie der Eigenart der im 11. Abschnitt geregelten Angelegenheiten anzupassen. Wegen Anwendung des Rahmensatzes vgl. unten Rz. 31. 2. Die Geschäftsgebühr (Abs. 1 Nr. 1) ft

F ü r das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information, der Einreichung, Fertigung oder Unterzeichnung von Schriftsätzen oder Schreiben und einschließlich der Anfertigung (Entwerfen) von Urkunden und Verträgen erhält der R A eine 5 / 10 bis 10 / 10 Geschäftsgebühr. E r erhält diese Gebühr aber nicht für einen R a t oder eine Ausk u n f t (§ 20). Die Geschäftsgebühr des Abs. 1 Nr. 1 entspricht der Prozeßgebühr des § 31 Nr. 1. Sie ist ebenso wie die Prozeßgebühr eine Pauschalgebühr. Durch diese Gebühr wird, wenn keine der anderen Gebühren (Nr. 2 u. 3) oder die Vergleichsgebühr (§ 23) oder die Erledigungsgebühr (§ 24) anfallen, die gesamte Tätigkeit des R A abgegolten, also Beratungen, alle Schriftsätze, ferner Briefe an den Auftraggeber, einen Dritten oder den Gegner sowie alle Tätigkeit, die auf Informationserteilung gerichtet ist, z.B. Besprechung mit der Partei oder einem Dritten (z.B. Sachverständigen, es sei denn, daß dafür die Besprechungsgebühr des Abs. 1 Nr. 2 anfällt), für Akten- oder Registereinsichten, Aktenstudium sowie Beschaffung von Spezialliteratur (vgl. im übrigen die Erl. zu § 13 Rz. 6ff, § 31 Rz. 3ff.

5

Spezialkenntnisse eines RA (z.B. Fachkenntnisse auf dem Gebiete des Einfuhrstellen- u n d Futtermittelrechts usw.) sind bei der Festsetzung der Gebühren aus § 118 zu berücksichtigen 15 ).

6

Wenn eine oder mehrere Parteien Ausländer sind, die meist die deutsche Sprache nicht oder nur unvollständig beherrschen, denen o f t das geltende deutsche Recht mühevoll erklärt werden muß u n d deshalb die Verhandlungen sich schwierig gestalten, so ist dies als Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit i.S. des § 12 bei der Bemessung der Höhe der Gebühren zu berücksichtigen.

7

I n der gleichen Angelegenheit kann diese Gebühr nur einmal erwachsen (§ 13 Abs. 2), für jeden Rechtszug allerdings besonders. I n den FGG-Sachen mit mehreren Rechtszügen ist also diese Gebühr mehrmals zu erheben, wobei allerdings bei Gegenvorstellung und gleichzeitiger Beschwerde gegen eine EinziehungsverfüguAg im Erbscheinsverfahren aber nur eine Instanz vorliegt, wenn das Amtsgericht nicht abhilft und das LG über die Beschwerde entscheidet. Es können dann nur für das Beschwerdeverfahren die Gebühren verlangt werden 16 ).

8

Soweit Gebühren aus § 118 in einem gerichtlichen Verfahren anfallen, tritt aber keine Erhöhung um je 3 / 10 ein, weil § 11 Abs. 1 Satz 2 nur für das Berufungs- u n d Revisionsverfahren gilt und dort Gebühren nach § 118 nie entstehen können 17 ). 15

) VG Frankfurt NJW 62, 2123. ) OLG München Rpfleger 52, 43. ) OLG München NJW 62, 2330; ebenso H. Schmidt Büro 64,658 u. Sonderdruck zu § 118 S 48.

16 17

300

II. Die Gebühren

§118

Eine Erhöhung der Gebühren bei Vertretung mehrerer Auftraggeber war bis zum KostÄndG 1975 nicht vorgesehen (vgl. dazu 1. Aufl. H a u p t b d . S 200ff), da § 6 Abs. 1 Satz 2 a.F. nur auf Rahmengebühren Anwendung fand, die dem Mindest- und Höchstbetrag nach bestimmt sind (Betragsrahmengebühren). Jetzt bestimmt aber § 6 Abs. 1 Satz 2, daß sich — ebenso wie dies für die Prozeßgebühr (§ 31 Nr. 1) gilt — auch die Geschäftsgebühr durch jeden weiteren Auftraggeber um drei Zehntel erhöht. Die Erhöhung um 3 / 10 berechnet sich aus der vollen 10/10 Gebühr und nicht etwa nur, sofern bei einem Auftraggeber die 7 ' 5 / 10 Mittelgebühr begründet wäre, lediglich mit 3 / I0 von 7 ' 5 / 10 18a)- Mehrere Erhöhungen dürfen den Betrag von zwei vollen Gebühren nicht übersteigen (§ 6 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 3). Der R A kann also in derselben Angelegenheit (Rechtszug) bis zu insgesamt 30 / 10 Geschäftsgebühr fordern (10/io für den ersten Auftraggeber u n d je 3 / 10 für jeden weiteren Auftraggeber, jedoch höchstens 20 / t0 , zusammen 30/io)Nicht selten kommt es vor, daß ein RA, der die Kostenrechnung seines Gegners 10 zu prüfen hat, mit dem Einwand k o m m t , daß keine Geschäftsgebühr angefallen sei, „weil eine neue Information nicht erforderlich war". Hierbei denken oft die bayerischen RAe an die Struktur der früheren bayer. RechtspflegeVO, die eine besondere Informationsgebühr kannte. Sie übersehen aber hierbei, daß die Struktur der BRAGebO eine völlig andere als die der alten bayer. RpflVO ist. Die Geschäftsgebühr des § 118 entspricht der Prozeßgebühr des § 31 Ziff. 1, d.h. keine Verhandlungsgebühr ohne die Prozeßgebühr und keine Besprechungsgebühr ohne die Geschäftsgebühr (vgl. dazu auch unten Rz. 14)18). 3. Die Besprechungsgebühr (Abs. 1 Nr. 2) Für die Mitwirkung bei mündlichen Verhandlungen oder Besprechungen über tat- 11 sächliche oder rechtliche Fragen, die von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet oder im Einverständnis mit dem Auftraggeber vor einem Gericht oder einer Behörde, mit dem Gegner oder mit einem Dritten geführt werden sowie für das Mitwirken bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages und bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften u n d Gemeinschaften erhält der R A 5 / 10 bis 10 / 10 der vollen Gebühr als Besprechungsgebühr. Der R A erhält diese Gebühr nicht für eine mündliche oder fernmündliche 6 ) Nachfrage. Zur Bemessung der Höhe der Besprechungsgebühr ist es mehr denn je erforderlich, 12 Akten- und Telefonvermerke über solche Besprechungen zu führen, wozu zweckmäßigerweise die im Handel erhältlichen Vordrucke verwendet werden. Unterläßt m a n dies, so kann im Gebührenrechtstreit schwerlich der Nachweis geführt werden, daß überhaupt u n d wieviele Besprechungen und mit wem stattgefunden haben. Das wirkt sich auch dann besonders nachteilig aus, wenn etwa 10 / 10 Besprechungsgebühr verlangt werden sollen. Weder die Rechtsanwaltskammer noch das Prozeßgericht können die Gebühren nachprüfen und in dieser Höhe zubilligen, wenn nicht der schriftliche Nachweis über U m f a n g , Grund und Dauer der Besprechungen geführt werden kann. Die sorgfältige Aktenführung ist daher auch für die Gebührenberechnung und Gebührenerhebung dringend notwendig. 18 ) S. dazu auch Schumann MDR 62, 166ff Fn. 44 sowie oben die Erläuterungen Vorbemerkungen Rz. 1. 18a ) So auch H. Schmidt AnwBl. 75, 433; Mümmler Büro 76, 583 ff. (dies gilt ebenso in der Zwangsvollstreckung). Vgl. dazu ferner Groetschel N J W 76, 664. A. M. Lappe N J W 76, 167.

301

9

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Grundsätzlich ist v o n einem Mittelwert v o n '' 5 /io auszugehen (vgl. dazu a u c h R z . 23 z u § 12 u n d u n t e n R z . 34). 13

D i e Besprechungsgebühr fällt n a c h d e m klaren Gesetzeswortlaut nur an: „Für das Mitwirken bei mündlichen Verhandlungen über tatsächliche oder rechtliche Frag e n " u n d „für das Mitwirken bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages u n d bei der Auseinandersetzung v o n Gesellschaften u n d Gemeinschaften". D i e Gebühr k a n n s o m i t nicht anfallen für die Erörterung der betreffenden Fragen im Schriftverkehr. D a g e g e n k a n n sie a u c h anfallen für fernmündliche Besprechungen, sofern es sich dabei nicht u m bloße N a c h f r a g e n handelt 1 9 ). Daher: Sorgfältige Registrierung solcher telefonischer, aber a u c h der anderen Besprechungen anhand einer Tätigkeitsübersicht (vgl. dazu Muster u n t e n R z . 32).

14

Zur Frage der E n t s t e h u n g der Gebühr, w e n n sogleich vertagt wird, s. R z . 6 zu § 44. D i e dort gebrachten A u s f ü h r u n g e n h a b e n a u c h für die Besprechungsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 2 zu gelten 2 0 ). D i e Besprechungsgebühr entspricht der Verhandlungsgebühr des § 31 Nr. 2. D a s ist ungenau ausgedrückt, w i e n o c h ausgeführt wird. Gedacht ist daran, diese Gebühr an Stelle der Verhandlungsgebühr treten zu lassen, z.B. in den streitigen FGG-Sachen, in denen es oft zu mündlichen Verhandlungen vor Gericht (Termin) k o m m t . D a aber die Vorschrift des § 118 für alle möglichen sonstigen Angelegenheiten u n d nicht nur für F G G - S a c h e n gelten soll, h a t m a n diese Formulierung g e w ä h l t , die a u c h auf die sonstigen Angelegenheiten paßt. D i e Gebühr k o m m t zur E n t s t e h u n g für die Mitwirkung bei m ü n d l i c h e n Verhandlungen oder Besprechungen über tatsächliche oder rechtliche Fragen: a) die v o n einem Gericht oder einer Behörde angeordnet werden, b) die im Einverständnis m i t d e m Auftraggeber vor einem Gericht oder einer Behörde geführt werden,

19 ) Der R e g E n t w . sah vor, daß der R A die Gebühr nicht erhalten sollte für eine mündliche Nachfrage oder f ü r ein „Ferngespräch". Der Rechtsausschuß des BT h a t die Worte „oder f ü r ein Ferngespräch" gestrichen und dem Abs. 1 Nr. 2 die jetzige Fassung gegeben. E r h a t dies wie folgt begründet: „Die Vorlage könnte so ausgelegt werden, daß auch Verhandlungen sachlicher Art, die über den Fernsprecher geführt werden, die Besprechungsgebühr nicht begründen. Die Vorschrift ist daher so gefaßt worden, daß n u r eine „fernmündliche N a c h f r a g e " die Besprechungsgebühr nicht begründet". Dies bedeutet also, daß nach der jetzigen Fassung des Abs. 1 Nr. 2 auch für Verhandlungen sachlicher Art, die über den Fernsprecher, also fernmündlich, geführt werden, die Besprechungsgebühr anfallen kann. Diese Regelung wird auch der wahren Sachlage gerecht. Der Fernsprecher ist heute aus einer Kanzlei eines RA nicht wegzudenken. Sehr häufig spielen sich die Verhandlungen über den Fernsprecher ab, insbesondere wenn der R A wegen der Eilbedürftigkeit des Falles oder aus zeitlichen Gründen, lägen sie in der Person des Mandanten, der Gegenseite oder in der eigenen Person, den Fernsprecher benutzen muß, a n s t a t t die Verhandlungen persönlich zu führen. Solehe Telefongespräche, bei denen auf Seiten des Mandanten oder der Gegenseite häufig mehrere Personen über Mithörer beteiligt sind, sind hinsichtlich Zeitdauer u n d Bedeutung einer mündlichen Besprechung in der Kanzlei des R A gleichwertig zu behandeln. Wir wissen gerade aus unserer gutachtlichen Tätigkeit, wie der R A zeitlich durch ständige Telefongespräche beansprucht wird. Die jetzige Gebührenregelung läßt es also durchaus zu, f ü r solche Verhandlungen sachlicher Art, die durch ein Telefongespräch geführt werden, die Besprechungsgebühr zu liquidieren. Vgl. auch AG Offenbach AnwBl. 61, 179. 20 ) Wegen des Begriffs „ T e r m i n " s. bereits Schumann BayLGebO S 112, ferner Rz. 5ff zu § 44; ferner Schumann MDR 63, 191.

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II. Die Gebühren

§ 118

c) die im Einverständnis mit dem Auftraggeber mit dem Gegner oder einem Dritten geführt werden. d) sowie bei der Mitwirkung an der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages und bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften und Gemeinschaften. Dies bedarf der Erläuterung: Zu a) Mündliche Verhandlungen oder Besprechungen, die von einem Gericht oder einer 15 Behörde angeordnet werden Es genügen mündliche Verhandlungen oder Besprechungen, die von dem Gericht oder der Behörde angeordnet sind. Die Verhandlung oder Besprechung muß in diesen Fällen vor einem Gericht oder einer Behörde stattfinden. Der Begriff einer Behörde wird in der Rechtsprechung wie folgt definiert: Eine Be- 16 hörde ist nach der Rechtsprechung des R G ein Organ der öffentlichen Gewalt, das berufen ist, unter öffentlicher Autorität des Staates nach eigenem Ermessen für die Herbeiführung der Zwecke des Staates oder einer öffentlichen Korporation tätig zu sein u n d das eine selbständige, durch Recht und Verfassung dauernd geregelte Amtsorganisation besitzt 21 ). Zu den Behörden rechnen insbesondere: die Amtsstellen des Bundes und der Länder, die Kommunalbehörden, die Universitäten 2 2 ), die Verwaltung der Städtischen Sparkassen 23 ), Notariat 2 4 ), die Körperschaften, Anstalten u n d Stiftungen des öffentlichen Rechts, z.B. Rechtsanwaltskammer, Ärztekammer, Notarkasse, Notarkammer usw., Landeszentralbank, Rundfunk- und Fernsehanstalten, Landesbrandversicherung, Gemeindetag, Städteverband. Weiterhin rechnet m a n zu den Behörden auch die allgemeinen Ortskrankenkassen sowie die Berufsgenossenschaft, schließlich auch die Bundesversicherungsanstalt. Auch die Kirchenbehörden sollen nicht unerwähnt bleiben 24 ), ebenso die Entschädigungsbehörden . Ob diese Behörden als Vertreter des Staates oder als Vertreter privatrechtlicher Interessen des Staates, z.B. Vertreterin des Fiskus, angegangen werden, macht keinen Unterschied 2 5 ^ Zweifellos gehören dazu auch die Gerichte, so daß diese Vorschrift auch für die mündliche Verhandlung oder Besprechung mit den Gerichten bzw. den Richtern, z.B. in den streitigen FGG-Sachen, Anwendung findet. Die Verhandlung oder Besprechung m u ß von einer Behörde oder von einem Gehilfen der Behörde oder des Gerichts angeordnet sein. Wenn der R A den Berichterstatter oder Sachbearbeiter aufsucht und mit ihm die betreffende Angelegenheit erörtert, so ist dies keine angeordnete Verhandlung bzw. eine Besprechung, weil der Zeitpunkt behördlicherseits nicht festgesetzt worden ist. Hier fällt aber die Gebühr nach dem Wortlaut des § 118 Abs. 1 Nr. 2 gleichwohl an (vgl. dazu unten zu Rz. 19). Wenn der Nachlaßrichter den R A ersucht, bei ihm an einem Vormittag zu erscheinen und der R A dem Folge leistet, so liegt eine von der Behörde angeordnete Verhandlung bzw. Besprechung vor. Unter diese Vorschrift fällt übrigens auch die Teilnahme an Verhandlungen vor dem Notariat, soweit es als Behörde gilt, z.B. in Bayern. F ü r diese Teilnahme fällt also die 21 ) ") 23 ) 24 ) 25 )

So RGSt. 8,5; 18,249ff. RGSt. 17, 210. RGSt. 6, 247. Cammerer BayZ 30, 137; Friedlaender Anm. 3 zu Art. 8 BayRpflVO. Friedlaender-Kraemer S 60.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Besprechungsgebühr an. Auch wo das Notariat nicht als eine Behörde gilt, fällt gleichwohl die Beprechungsgebühr an. Daß für die Mitwirkung des R A bei Vertragsbeurkundungen vor dem Notariat die Besprechungsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 2 anfällt, ist selbstverständlich. Wenn aber z.B. für die umfangreiche Mitwirkung bei einer Erbauseinandersetzung die Geschäftsu n d Besprechungsgebühr mit je 10 / 10 gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 u n d Nr. 2 angefallen sind, dann kann für die Mitwirkung anläßlich der Beurkundung des Vertrages beim Notariat nicht, wie es mitunter geschieht, zusätzlich eine 5 / 10 oder sogar 10 / 10 Besprechungsgebühr erhoben werden. Das war bereits nach früherem Recht so26) u n d daran hat sich auch nichts geändert. Es handelt sich hier immer noch u m die gleiche Angelegenheit i.S. des § 13 Abs. 2 BRAGebO, also Höchstsatz I0 / 10 + 10 / 10 u n d evtl. noch 10 / 10 Vergleichsgebühr (§ 23). Wer ohne Honorarvereinbarung in der gleichen Angelegenheit mehr erhebt, setzt sich des Vorwurfes der Gebührenüberhebung (§ 352 StGB) aus (vgl. dazu Rz. 38ff zu § 1 S 43ff). 17

I m übrigen ist es zur Entstehung der Besprechungsgebühr nicht erforderlich, daß der R A bei den Verhandlungen, Besprechungen oder Beratungen unmittelbar mitwirkt, also zu sachlichen Ausführungen das Wort ergreifen muß 2 7 ). I n der Regel wird der RA, der an solchen Verhandlungen teilnimmt, für seinen Auftraggeber das Wort ergreifen. Notwendig ist dies aber zur Entstehung der Besprechungsgebühr nicht, seine bloße Anwesenheit genügt 28 ). E s genügt bereits, wenn er nur als Beobachter teilnimmt 2 9 ). Auch in gerichtlichen Verfahren genügt zur Entstehung der Besprechungsgebühr aus § 118 die bloße Anwesenheit des R A an Terminstelle. Die Verhandlung oder Besprechung wird wahrgenommen, indem die dadurch gebotene Gelegenheit zum Tätigwerden benutzt wird. Ob das in einer Weise geschieht, daß die betreffende Angelegenheit zu Ende geführt wird, oder wenigstens sachlich gefördert wird oder ob man sich auf formelle Schritte beschränkt, ist gleichgültig. F ü r die Entstehung der Gebühr ist es ausreichend, wenn der R A an dieser Verhandlung oder Besprechung teilgenommen hat und anwesend war. E s braucht nicht zu irgendeiner sachlichen Verhandlung gekommen zu sein.

18

Wird die Verhandlung oder Besprechung gleich nach Erscheinen des R A vertagt, so ist die Gebühr trotzdem verdient. Notwendig ist aber die Anwesenheit des R A bei der Behörde, wobei es belanglos ist, ob der R A als Vertreter oder Beistand seines Auftraggebers erscheint 30 ). Vgl. auch vorst. Rz. 14. 26

) S. z.B. Art. 10, 14 BayRpflVO. ) So aber unzutreffend Lappe/Stöber, Kosten in Handelssachen 1963, 193. Sonst eine ausgezeichnete Arbeit. 2S ) Vgl. auch oben Rz. 14 u. Fn. 20. Ebenso Lauterbach-Hartmann Anm. 3; RS Rz. 13; Gerold-Schmidt Rz. 10, sämtlich zu § 118. 29 ) Schmidt, Die Gebühren des RA in sonstigen Angelegenheiten. Sonderdruck in Büro 64, 617, 658. 30 ) Vgl. Schumann MDR 63, 191 und dort in Fn. 4 erwähnt: LG München I Beschl. v. 2. 5. 62 — 13 T 144/62. Vgl. auch Rz. 5f zu § 44; Lauterbach-Hartmann Anm. 3 § 118. Auch die amtl. Begr. zum damaligen Art. 10 BayRpflVO (Termingebühr) sagte bereits, daß der RA die Terminsgebühr erhalten soll, wenn er im Termin zum Zwecke der Wahrnehmung der Rechte des Auftraggebers anwesend ist, und zwar in der Regel auch dann, wenn der Termin sofort vertagt wird, ohne daß es zu einer Tätigkeit des RA in der Sache selbst kommt. Von diesen Gesichtspunkten aus muß man sich leiten lassen, wenn man die Entstehung der Besprechungsgebühr nach § 11 8 Abs. 1 Nr. 2 beurteilen will; vgl. auch AG München Beschl. v. 8. 3. 62 — E 339/60 —. 27

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II. Die Gebühren

§ 118

Wird die Besprechung oder Verhandlung sofort vertagt, u n d die Ursache dazu liegt in der Person des RA, so kann es zweifelhaft sein, ob die Gebühr trotzdem verdient ist. Dies wird im allgemeinen dann nicht der Fall sein, wenn der R A seine Verhinderung rechtzeitig vorher h ä t t e mitteilen und Vertagung beantragen können. Diese Frage wird m a n aber nur von Fall zu Fall entscheiden können. Zu b) Verhandlungen und Besprechungen, die im Einverständnis mit dem Auftrag- 19 geber vor einem Gericht oder einer Behörde geführt werden 31 ) Weiterhin entsteht die Besprechungsgebühr für Verhandlungen u n d Besprechungen, die im Einverständnis mit dem Auftraggeber vor einem Gericht oder einer Behörde geführt werden. Ein besonderer Auftrag des Auftraggebers hierzu ist nicht erforderlich, aber sein Einverständnis m u ß vorliegen. Das kann auch als stillschweigend erteilt angenommen werden, wenn die verantwortungsbewußte Bearbeitung der Angelegenheit eine solche Besprechung angezeigt erscheinen läßt. Es gibt zahlreiche Fälle, wo zwar von den Gerichten (Behörden) kein „Termin" im eigentlichen Sinne anberaumt wird, daber dennoch solche mündliche Verhandlungen oder Besprechungen stattfinden und notwendig sind. Die jetzige Regelung entspricht daher der Billigkeit. Zu c) Mündliche Verhandlungen und Besprechungen, die im Einverständnis mit dem 20 Auftraggeber mit dem Gegner oder einem Dritten geführt werden Auch dann wird die Besprechungsgebühr verdient, wenn mündliche Verhandlungen oder Besprechungen mit dem Gegner oder einem Dritten im Einverständnis mit dem Auftraggeber geführt werden. Diese Regelung entspricht ebenfalls der Billigkeit. Es m u ß sich dabei aber um Besprechungen mit einem Dritten oder einem Gegner handeln. Unter den Begriff des „Termins" fallen nicht nur solche Termine, die vor einer Behörde oder einem Beamten stattfinden, sondern auch Verhandlungen mit Privatpersonen. Als Wahrnehmung eines Termins muß überhaupt jede Vertretungs- oder Beistandstätigkeit des R A in oder außerhalb seiner Geschäftsräume an einem Orte gelten, welcher zwecks Erörterung einer Rechtsangelegenheit oder Vornahme eines Geschäfts bestimmt war. Schwierigkeiten können sich bei der Feststellung ergeben, wer als „Dritter" i.S. 21 dieser Kostenbestimmung anzusehen ist. K o m m t dieser „ D r i t t e " (Familienangehörige, Bekannte oder der Steuerberater usw.), um lediglich Informationen zu erteilen, so ist das keine gebührenpflichtige Tätigkeit, die eine Besprechungsgebühr auslösen würde. Kommen diese Personen aber z.B. als Zeugen in Frage oder als Auskunftspersonen, dann könnte u.U. eine Besprechung mit einem „ D r i t t e n " angenommen werden, die eine Besprechungsgebühr auslöst. Es wird aber ganz auf die Umstände des Falles ankommen. Zu d) Besprechungen wegen Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages oder wegen Aus- 22 einandersetzung von Gesellschaften oder Gemeinschaften Wird der R A beauftragt, bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages oder bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften oder Gemeinschaften mitzuwirken, so konnte es zweifelhaft sein, ob der R A in diesen Fällen die Besprechungsgebühr auch dann beanspruchen konnte, wenn er von mehreren Mitgliedern der Gesellschaft oder der Gemeinschaft beauftragt war u n d mit diesen Besprechungen durchgeführt hatte. Diese Streitfrage ist nunmehr im Sinne der Entstehung der Besprechungsgebühr geklärt durch die Einfügung der Worte „ f ü r das Mitwirken bei der Gestaltung eines 31

) Vgl. Tschischgale NJW 59, 320. 305

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Gesellschaftsvertrages u n d bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften u n d Gem e i n s c h a f t e n " . Vgl. dazu a u c h oben R z . 13 u n d V o r b e m e r k u n g e n zu § 118. 23

F ü r die Besprechungen mit d e m eigenen Auftraggeber fällt die Besprechungsgebühr nicht an. Diese Tätigkeit wird durch die Geschäftsgebühr des Abs. 1 N r . 1 abgegolten.

24

Die Besprechungsgebühr f ä l l t z.B. a n : 1. wenn der R A den A u f t r a g h a t , f ü r den Auftraggeber a n einer Gesellschafterversammlung teilzunehmen, die z.B. vor d e m N o t a r s t a t t f i n d e t . 2. W a h r n e h m u n g einer Gläubigerversammlung bei einer außergerichtlichen Schuldenregelung, 3. Zuziehung eines R A zu Vertragsbesprechungen ohne oder mit A u f t r a g zur Anfertigung des Vertrages (vgl. auch Rz. 170 ff). 4. Bei einem A u f t r a g , den M a n d a n t e n auf einer Reise zu Vertragsverhandlungen zu begleiten, „ d a m a n nicht wissen könne, was sich bei den Besprechungen m i t der gegnerischen Vertragspartei noch f ü r Schwierigkeiten ergeben". F ü r die E n t s t e h u n g der Gebühr m a c h t es keinen Unterschied, ob solche Verhandlungen oder Besprechungen in oder außerhalb der Kanzlei des R A s t a t t f i n d e n .

25

Die Besprechungsgebühr ist ebenfalls eine Pauschgebühr. Sie gilt a l l e Tätigkeit des R A a b , die er anläßlich solcher Besprechungen e n t f a l t e t . Die Gebühr e n t s t e h t in einer Angelegenheit n u r einmal (§ 13 Abs. 2), aber sie k a n n in jedem R e c h t s z u g erneut entstehen. Neben der Besprechungsgebühr muß in jedem Falle die Geschäftsgebühr anfallen, denn die Besprechungsgebühr k a n n niemals allein entstehen, ebenso wie die Verhandlungsgebühr des § 31 Nr. 2 allein u n d e n k b a r ist (vgl. auch oben R z . 10). Einer der hauptsächlichsten Anwendungsfälle ist die vorprozessuale Regelung gegenüber den Versicherungsgesellschaften. Voraussetzung ist allerdings, d a ß kein K l a g e a u f t r a g erteilt wurde 3 2 ). Deshalb sollte m a n es auch unterlassen, wenn n u r der A u f t r a g erteilt wird, eine vergleichsweise Regelung der Angelegenheit zu versuchen, ein Prozeßvollmachtsformular unterzeichnen zu lassen, sondern ein besonderes Vergleichsvollmachtsformular benutzen, das im H a n d e l erhältlich ist. Vgl. wegen Einzelheiten u n t e n Rz. 145. 4. Die Beweisaufnahmegebühr (Abs. 1 Nr. 3).

26

F ü r die Mitwirkung bei gerichtlich oder behördlich angeordneten Beweisaufnahmen erhält der R A 5 / 10 bis 10 / 10 der vollen Gebühr als Beweisaufnahmegebühr. E s k a n n also a u c h in den u n t e r die Vorschrift des § 118 fallenden Angelegenheiten eine Beweisgebühr entstehen. Die Beweisaufnahme m u ß aber gerichtlich oder behördlich angeordnet sein u n d der RA m u ß in diesem Verfahren anläßlich der Beweisaufn a h m e mitgewirkt h a b e n . E s gilt somit das, was z u m § 31 N r . 3 gesagt wurde, so d a ß auf die E r l ä u t e r u n g e n d o r t R z . 85ff verwiesen werden k a n n . D a der § 34 sinngemäß gilt, ist auch diese Vorschrift zu beachten. Diese B e s t i m m u n g behandelt die E n t s t e h u n g der Beweisgebühr bei Vorlage von U r k u n d e n , Beiziehung v o n A k t e n oder U r k u n d e n (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n zu § 34). Die Beweisaufnahmegebühr wird wohl hauptsächlich in den streitigen FGG-Sachen zur E n t s t e h u n g k o m m e n , z. B. wenn das Gericht, das über die Ü b e r t r a g u n g der elter32 ) Die von Quardt (Büro 61, 380) vertretene Meinung, daß auch dann die Besprechungsgebühr zuzubilligen ist, wenn Klage eingereicht ist und außergerichtliche Vergleichsverhandlungen zum Erfolg geführt haben, ist völlig abwegig. Vgl. auch H. Schmidt Büro 62, 382.

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II. Die Gebühren

§ 118

liehen Gewalt auf einen Elternteil entscheiden soll, nach dem Untersuchungsgrundsatz gutachtliche Äußerungen des Jugendamtes oder der Fürsorgebehörde oder das Gutachten eines Kinderpsychologen einholt, und zwar von Amts wegen, weil es sich Unterlagen für seine Entscheidung verschaffen will. Auch dieses Verfahren ist objektiv eine Beweisaufnahme. Eine Beweisaufnahme liegt ferner vor, wenn der Vormund schaftsrichter in einem solchen Verfahren die Eltern vorgeladen hat nicht nur um sie „anzuhören", sondern um sich durch ihre Anhörung Klarheit über Tatumstände zu verschaffen, die ihm für seine Beurteilung des Falles als bedeutsam erscheinen u n d die er dann zur Begründung seiner Entscheidung verwertet 3 3 ). Die Beweisaufnahmegebühr kann aber auch in den nichtstreitigen Steuerangelegenheiten und in Verwaltungsangelegenheiten in Frage kommen. Desgleichen wird die Entstehung der Beweisaufnahmegebühr im Verfahren vor der Prüfungskammer der Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Die Beweisaufnahmegebühr ist auf eine im nachfolgenden Prozeßverfahren entstehende Beweisgebühr nicht anzurechnen 3 4 ). Wegen Beweisaufnahmegebühr im Enteignungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde s. unten Rz. 223. 5. Die Vergleichsgebühr (§ 23) Die Vergleichsgebühr ist im § 118 nicht besonders erwähnt, weil diese Gebühr unter 27 die Allgemeinen Vorschriften eingereiht ist und daher auch für die Gebühren des 11. Abschnittes, der den § 118 enthält, gilt. Es gelten somit für die Entstehung dieser Gebühr in den im § 118 behandelten Angelegenheiten u n d Verfahren die gleichen Grundsätze, so daß auf die Erläuterungen zu § 23 verwiesen werden kann 3 5 ). Insbesondere ist dies die herrschende Meinung auch zur Frage der Entstehung der Vergleichsgebühr bei Vereinbarungen über Auseinandersetzung im R a h m e n eines Ehescheidungsrechtstreits (vgl. dazu Rz. 31 zu § 32 S 796 und besonders Rz. 24 zu § 41 S 877 f) oder bei Vergleich über nichtrechtshängige Ansprüche (vgl. dazu Rz. 28, 147) oder bei Vergleich mit Versicherungsgesellschaften in Unfallschadensachen usw. (vgl. dazu Rz. 144ff zu § 23 und unten Rz. 145). Aber auch bei Erbauseinandersetzung oder Auseinandersetzung einer anderen Gemeinschaft mit den Gebühren aus § 118 kann eine Vergleichsgebühr anfallen (vgl. dazu Rz. 25 und 131 ff zu § 23). Die Vergleichsgebühr kann auch in Verwaltungsverfahren oder in Verfahren vor Finanzverwaltungsbehörden entstehen. Der Abs. 3 des § 118, der bisher für letztere Verfahren die Anwendbarkeit des § 23 ausdrücklich ausgeschlossen hatte, ist, ebenso wie der frühere Abs. 1 des § 117, durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) ersatzlos gestrichen worden. Wegen Einzelheiten vgl. dazu Rz. 12, 1 0 7 f z u § 114, F n . l zu § 117 und oben Rz. 3. Wegen Vergleich bei außergerichtlicher Regelung von Stationierungsschäden s. Rz. 141 ff zu § 23. Wegen Vereinbarung über eine pauschale Abgeltung der RA-Gebühien bei außergerichtlicher Unfallregulierung s. Rz. 151 f zu § 23. 33

) Vgl. auch Gutachten der R A K Freiburg AnwBl. 66, 91; Kimmig a.a.O. j So bereits zum früheren Recht VG Bremen N J W 64, 1820. Jetzt schreibt § 118 Abs. 2 grundsätzlich nur noch die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf eine nachfolgende im Rechtstreit anfallende Prozeßgebühr vor (vgl. oben Allgem. Einleitung zum 11. Abschnitt Rz. 2 und unten Rz. 37 ff). 35 ) Vgl. dazu Rz. 2, 127 ff zu § 23; ferner Schumann MDR 62, 266; Tschischgale MDR 63, 1022. 34

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Wegen Einigung über Rechtsverhältnisse des öffentlichen Rechts s. Rz. 140 zu § 23 und Rz. 12, 107 f zu § 114 sowie F n . 1 zu § 117. 28

29

Der Gegenstandswert für die Vergleichsgebühr, auch wenn sie neben Gebühren aus § 118 anfällt, richtet sich nach den allgemeinen Grundsätzen. Es ist nicht die zu zahlende Vergleichssumme maßgebend, vielmehr kommen die gesamten Ansprüche, die durch den Vergleich ihre Erledigung finden, als Gegenstandswert in Betracht. Dabei sind auch unstreitige Ansprüche einzubeziehen, wenn sie in dem Vergleich geregelt werden 36 ). Diesen Grundsatz hat allerdings der B G H — zunächst nur zur Frage der außergerichtlichen Regelung von Stationierungsschäden gegenüber dem A f V — durchbrochen unter Aufgabe seiner früheren Rechtsprechung (Begehr des Geschädigten) (vgl. dazu die Erläuterungen Rz. 141ff zu § 23). Nur in diesen Fällen sollte aber wegen der besonderen Struktur dieser Ansprüche der durch die Vereinbarung zuerkannte Ersatzbetrag für die Gebührenberechnung zugrunde zu legen sein 37 ). Diese Auffassung hat der B G H in seinem Beschluß vom 27. 4. 196438) noch erläutert u n d ausdrücklich bestätigt, daß diese Rechtsprechung nach ihrer Begründung nur für die Abgeltung von Stationierungsschäden vor Klageeinreichung gelte, wenn keine ausdrückliche Erklärung über die Erstattungsfähigkeit der RA-Kosten getroffen wurde. Zuzustimmen ist dem BGH 3 9 ) darin, daß ein Vergleich dann nicht vorliegt, wenn der Feststellungsbescheid nicht mit der Klage angefochten, sondern vom Geschädigten hingenommen wird 10 ). Wenn aber der B G H die zur Berechnung des Vergleichsstreitwertes in Stationierungsschadenssachen entwickelte Rechtsprechung nunmehr auch allgemein auf Schadenregulierungen mit Versicherungsgesellschaften anwenden will 41 ), so m u ß dem widersprochen werden. Es kann dazu auf die Erläuterungen u n d die Kritik an der BGHRechtsprechung in Rz. 144ff zu § 23 verwiesen werden. Eine Besonderheit ist hier noch zu beachten: Die Gebühren des § 118 betragen je / 10 bis 10 / 10 der vollen Gebühr. Die Vergleichsgebühr dagegen bleibt davon unberührt. Diese Gebühr beträgt nach der Vorschrift des § 23 stets 10 / 10 . 5

6. Die Erledigungsgebühr (§ 24) 30

Der § 24 sieht eine volle Gebühr vor, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt und der R A bei der Erledigung mitgewirkt hat. Die Frage, ob die Erledigungsgebühr auch in verwaltungs-(finanz-)behördlichen Verfahren, also außerhalb eines Rechtstreits anfallen kann, war streitig (vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 24). Nun ist aufgrund der durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) erfolgten Änderung des § 24 (Änderung des Wortes „Rechtstreit" in „Recht 36 ) OLG München AnwBl. 63, 85; SchlHOLG AnwBl. 63, 199; OLG Neustadt NJW 62, 1163; OLG Frankfurt MDR 62, 662, angeschlossen OLG Celle NdsRpfl. 62, 182. 37 ) Vgl. Urt. v. 31. 1. 63 BB 63, 210 = MDR 63, 289 = NJW 64, 640. Vgl. dazu noch Tschischgale NJW 64, 1011. 38 ) NJW 64, 1523. 3 ») Urt. v. 23. 9. 63 NJW 63, 2326 = VersR 63, 1187. *°) Vgl. dazu auch das Urt. des BGH v. 31. 1. 63 NJW 63, 640. Zustimmend Woireter NJW 64, 1711 gegen Tschischgale Büro 64, 1011 ff; s. dazu auch Rz. 141 zu § 23. «) NJW 70, 1122 = MDR 70, 663 (Urt. v. 13. 4. 70).

308

III. Zur Anwendung des Rahmensatzes

§ 118

sache") die alte Streitfrage gegenstandslos geworden. Es k o m m t also für die Entstehung der Erledigungsgebühr nicht darauf an, daß sich ein Rechtstreit unter den in § 24 gen a n n t e n Voraussetzungen erledigt. Es genügt vielmehr, daß eine Rechtsache unter Mitwirkung des R A sich durch Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt. Diesen Standpunkt haben wir bereits früher vertreten (vgl. Rz. 4 zu § 24). Die Erledigungsgebühr kann auch in den außergerichtlichen Sozialsachen anfallen.

III. Zur Anwendung des Rahmensatzes Jede der Gebühren des Abs. 1 beträgt: 31 5 / 10 bis 10 / 10 der vollen Gebühr. Der Gesetzgeber hat es für erforderlich gehalten, das System dieser Gebühren aufzulockern, weil die hier geregelten Angelegenheiten nicht so typisch wie ein Prozeß abzulaufen pflegen u n d sie wegen ihrer Vielseitigkeit schwer zu übersehen sind. Es besteht somit für die Bemessung dieser Gebühren ein Spielraum von 5 / 10 bis 10 / 10 . Die Feststellungen ergeben, daß die Bemessung dieser Gebühren oft zu schematisch erfolgt. Entweder n i m m t m a n stets je Gebühr 7>5/io (Mittelgebühr, s. unten Rz. 34) an, was mitunter zu viel oder zuwenig sein kann, oder m a n n i m m t je 1 0 /, 0 Gebühr an, was m i t u n t e r zu viel sein wird (wegen Richtlinien zur Bemessung der Rahmengebühren s. auch bei § 12 Rz. 5ff S 497ff). Es muß sorgfältig geprüft werden, welcher Satz im Einzelfall angemessen ist. Wenn m a n bis zu 10 / 10 je Gebühr gehen will, m u ß die Bedeut u n g der Angelegenheit sowie der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit eine Rolle spielen (vgl. auch unten Rz. 32ff). Wenn die Gebühr mit dem Mittelwert von 7,5/io zu hoch oder zu niedrig erscheint, dann ist sie bis auf 10 / 10 zu erhöhen oder bis auf 5 / 10 zu ermäßigen. Das macht die H a n d h a b u n g des an sich einfach aussehenden § 118 zwar schwieriger, aber eine sorgfältig aufgestellte Kostenberechnung ist notwendig, um Gebührenstreitigkeiten zu vermeiden. Bevor m a n eine Kostenberechnung sorgfältig aufstellen kann, ist es erforderlich. 32 daß man sich ein Bild über den Umfang der Tätigkeiten macht. Nur so kann m a n beurteilen, ob die Mittelgebühr von je ' ,5 /io angemessen ist oder ob eine Erhöhung bzw. Ermäßigung dieses Satzes notwendig wird. Ohne daß also eine Tätigkeitsübersicht42) vorliegt, ist eine richtige Kostenberechnung überhaupt nicht möglich. Derjenige, der es unterläßt, sich diese Übersicht zu verschaffen, schädigt sich selbst. Man sollte daher entweder bereits von der Auftragserteilung an oder am Schluß, wenn die Kostenberechnung erstellt werden soll, eine Übersicht nach folgendem Schema aufstellen: Zur Sache:

Tätigkeits-Übersicht

Besprechungen mit Mandanten Lfd. Nr.

mündliche am:

telefonisch am:

Dauer

Besprechungen mit Dritten oder bei Behörden

Briefe und Schriftsätze Lfd. Nr.

abgesandte

erhaltene

Reg.-Nr.

Umfang

Lfd. Nr.

mündliche

telefonisch

am:

am:

Dauer

Die derzeitige Regelung stellt bereits eine Vereinfachung der H a n d h a b u n g des § 118 dar, der noch schwierig genug bleibt. Die Vereinfachung liegt hauptsächlich darin, daß zunächst von der Mittelgebühr von 7 ' 5 / 10 vgl. unten Rz. 34 auszugehen und dann zu 42 ) Eine solche Tätigkeitsübersicht ist auch für Nebenklagesachen zweckmäßig und wird daher vom Kölner Anwaltverein empfohlen.

309

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

p r ü f e n ist, ob Merkmale f ü r eine E r h ö h u n g bis auf 10 / 10 oder E r m ä ß i g u n g der Mittelg e b ü h r bis auf 5 / 10 gegeben sind. W a r die Sache arbeitsreicher oder umfangreicher, so m u ß eine P r ü f u n g der nach § 12 b e s t i m m t e n F a k t o r e n erfolgen: a) Berücksichtigung aller U m s t ä n d e , b) B e d e u t u n g der Angelegenheit, c) U m f a n g der Tätigkeit, d) Schwierigkeit der Tätigkeit, e) Vermögens- u n d Einkommensverhältnisse des Auftraggebers. Diese Gebühren sind somit nach den in § 12 f ü r die Bemessung von R a h m e n g e b ü h r e n b e s t i m m t e n Grundsätzen zu ermitteln. E s k a n n daher auch auf die Erl. zu § 12 (vgl. d o r t Rz. 16 ff) verwiesen werden. Den jeweiligen u n t e n behandelten Abschnitten sind f ü r die Gebührenberechnung in den verschiedenen Angelegenheiten Berechnungsbeispiele beigefügt; auf diese Beispiele wird hingewiesen.

33

Hinweise zur richtigen Kostenberechnung U m zur richtigen Kostenberechnung zu k o m m e n , müssen eine R e i h e von Gesichtsp u n k t e n beachtet werden. Die Aufstellung der Berechnung wird erleichtert, wenn m a n folgendes b e a c h t e t : 1. Zunächst P r ü f u n g , nach welcher Gebühren Vorschrift die betreffende Sache abzurechnen ist. 2. Aufstellung der Tätigkeitsübersicht (vgl. oben Rz. 32). 3. Weitere P r ü f u n g , welche Wertvorschriften Anwendung finden (§8 Abs. 1 B R A G e b O u n d dazu G K G u n d Z P O oder nach § 8 Abs. 2 Satz 1 die Vorschriften der K o s t O oder nach Satz 2 Schätzung). Das ist meistens die schwierige, m a n c h m a l k a u m lösbare Aufgabe (vgl. dazu Rz. 50ff). 4. Sodann A n w e n d u n g der richtigen Gebühren Vorschriften. 5. P r ü f u n g , ob neben der Geschäftsgebühr eine Besprechungsgebühr (vgl. oben Rz. 11 ff) oder Beweisaufnahmegebühr (vgl. oben Rz. 26) angefallen ist. Ferner ist zu p r ü f e n , ob noch andere Gebühren, z.B. die Vergleichsgebühr (§ 23) oder die Erledigungsgebühr (§ 24) e n t s t a n d e n sind (vgl. R z . 27ff u. Rz. 30). 6. Richtige Bemessung des Rahmensatzes, nicht zuviel, aber auch nicht zuwenig erheben (vgl. oben Rz. 31 u n d nachf. Rz. 34). 7. Schließlich ist zu prüfen, ob die Geschäftsgebühr aus § 118 auf eine später angefallene Prozeßgebühr angerechnet werden m u ß (vgl. Vorbem. zu Abs. 2 u. Rz. 37). 8. Endlich m u ß g e p r ü f t werden, ob der A k t nicht mehrere Angelegenheiten i.S. des § 13 Abs. 2 e n t h ä l t , wofür besondere Gebühren angefallen sind u n d was oft der Fall ist. Dies k a n n z.B. zutreffen f ü r die Einholung der Devisengenehmigung (vgl. Rz. 194), oder z.B. f ü r den A n t r a g auf Bestellung eines Unterhaltspflegers zur Vorbereitung des Unterhaltsprozesses gegen den V a t e r des Kindes 4 3 ). Die sorgfältige P r ü f u n g der A k t e n ergibt in zahlreichen Fällen, d a ß weitere Gebühren e n t s t a n d e n sind. O f t n i m m t m a n sich aber nicht die Zeit dazu, u m diese P r ü f u n g anzustellen. Die Folge d a v o n ist, d a ß den Anwälten sehr viel Gebühren verlorengehen. 9. D a n n sollte m a n mit der Aufstellung der Kostonrechnung nicht solche K r ä f t e b e a u f t r a g e n , die noch n i c h t genügend m i t den komplizierten Gebühren- und

" ) Vgl. AG Bitburg AnwBl. 60, 81. 310

I I I . Zur Anwendung des Rahmensatzes

§ 118

Gegenstandswertbestimmungen v e r t r a u t sind. E s ist sehr bedauerlieh, i m m e r wieder feststellen zu müssen, wieviel auch aus diesen G r ü n d e n von den Anwälten hergeschenkt wird. Dabei h a t gerade dieser B e r u f s s t a n d es bitter notwendig, schon mit Rücksicht auf die ständig steigenden U n k o s t e n , die Einnahmequellen von der Gebührenseite gesehen nach Möglichkeit voll auszuschöpfen. Das geschieht aber vielfach nicht. 10. I n diesem Z u s a m m e n h a n g m u ß aber auch darauf hingewiesen werden, d a ß Geb ü h r e n ü b e r h e b u n g e n ein S t r a f v e r f a h r e n n a c h sich ziehen können 4 4 ). Gerade die Vorschrift des § 118 mit der Möglichkeit, die Gebühr bis zu 10 / 10 zu erhöhen, k a n n leicht dazu verleiten, zuviel Gebühren zu berechnen . Das m u ß vermieden werden. D a s aber m a c h t die H a n d h a b u n g dieser Vorschrift so kompliziert, obwohl sie so einfach aussieht. Die Mittelgebühr des § 118 BRAGebO D a n u n § 12 f ü r die Bemessung der Gebühren gilt (vgl. dazu oben Rz. 5, 6, 12 u n d 34 R z . 16ff zu § 12), so finden die von der R e c h t s p r e c h u n g entwickelten Grundsätze über die Mittelgebühr 4 5 ) auch hier Anwendung. Das arithmetische Mittel ergibt hier 75 ' /io (5/io + 10 /io~ 15 /io> d a v o n V2 = 7'5/io)- D a s i s t s o m i t d i e Mittelgebühr 4 6 ). W e n n dagegen Tschischgale 4 7 ) kurz u n d ohne nähere E r l ä u t e r u n g die Meinung vert r a t : „Der in F r a g e k o m m e n d e Mittelsatz ist jetzt praktisch e / 1 0 ", so k a n n d e m nicht beigetreten werden. Die B e r u f u n g von Tschischgale 47) sowie Quardt 4 8 ) darauf, d a ß es einen Bruchteilssatz von Zehnteln sonst nicht gebe u n d in der B R A G e b O Bruchteile von Zehntelsätzen vermieden werden sollen, greift nicht durch. Das ist auch kein G r u n d , eine Mittelgebühr von 7,5 / 10 auf 8 / 10 zu erhöhen. Eine A u f r u n d u n g halten wir f ü r unzulässig, wie es auch nicht zulässig ist, die Mittelgebühr bei Betragsr a h m e n g e b ü h r e n über den rechnerisch sich ergebenden B e t r a g des arithmetischen Mittels aufzurunden 4 9 ). I m übrigen gibt es in der B R A G e b O kein Verbot von Bruchteilsgebühren, n u r solche u n t e r 3 / 10 sollten nach Möglichkeit nicht m e h r entstehen. Auch darauf h a b e n wir bereits hingewiesen.

44

) Vgl. dazu Rz. 38 zu § 1. ) Vgl. dazu auch Quardt MDR 66, 113 Ziff. 2. ) Tschischgale N J W 66 144 schneidet das Thema einer k ü n f t i g e n Erhöhung der Gebühr aus § 118 bis zu 13 / 10 im zweit- u n d drittinstanzlichen Beschwerdeverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, wie im Berufungs- und Revisionsverfahren an. E r h a t zweifellos recht damit. E s war schon immer unbillig, daß im Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeverf. — besonders in meist schwierigen FGG-Sachen — keine Gebührenerhöhung wie im Berufungs- und Revisionsverf. eintreten soll. Die Verweisung in der amtl. Begr. § 118 (vgl. 1. Aufl. S 1154 Abs. 2) auf Honorarvereinbarungen m u t e t etwas merkwürdig an. Die E i n f ü h r u n g einer Angemessenheitsklausel sollte nach wie vor eine der dringendsten Angelegenheiten der Anwaltschaft sein (vgl. dazu Schumann N J W 66, 97 Ziff. 1). Leider ist aber auch im KostÄndG 1975 insoweit keine Änderung erfolgt. S. auch die Bemerkungen oben Einleitung zum 11. Abschnitt Rz. 8. Eine E r h ö h u n g der Gebühr des § 118 im Beschwerdeverfahren ist heute umso mehr notwendig, weil die jetzige Fassung des § 118 ( 5 / 10 bis 10 / 10 ) mit der Mittelgebühr von 7 , 5 / 10 kaum noch einen Spielraum läßt, ein schwierigeres Beschwerdeverfahren gebührenrechtlich angemessen abzugelten. D a ß auch die Gebühren bei sonstigen Beschwerdeverfahren (jetzt 5 / 1 0 s t a t t bisher ? /, 0 ) (§ 61) erhöht werden müssen, war schon immer eine Forderung von uns (vgl. Rz. 15 zu § 11 und dort F n . 16). 47 ) MDR 65, 793 zu 17b (ohne nähere Begründung) u n d ausführlich N J W 66, 144. 48 ) MDR 66, 113: ebenso Stöber Rpfleger 65, 261. 49 ) Vgl. dazu Schumann N J W 66, 97, 1953. 45

4e

311

§ 118

E l f t e r A b s c h n i t t : Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Das schließt allerdings nicht aus, daß wir z.B. eine 6,5 / 10 ( l3 / 20 ) Gebühr haben ( 5 / 10 Gebühr z.B. für Armenrechtsgesuch 2. Instanz + 3 / 10 , § 11 Abs. 1 Satz 2 BRAGebO = 6 "Vio (13Uo)' ebenso eine 13 / 20 Gebühr (halbe Prozeßgebühr in der Rechtsmittelinstanz, §§ 32, 11 Abs. 1 Satz 2) 45 ' 46 ). Quardt (a.a.O.) weist mit Recht d a r a u f h i n , daß sich aus 7,5 / 10 eine mathematisch vertretbare Größe von 15 / 20 ergebe. Wem also die Gebühr 75 ' /i„ nicht gefällt, möge in seiner Kostenrechnung aus Schönheitsgründen 15 / 20 nennen, wie dies übrigens auch von verschiedenen Anwälten geschieht, die der Meinung sind, daß z. B. bei einer 10 / 10 Geschäftsgebühr eine 15 / 20 Besprechungsgebühr (oder umgekehrt) augenfälliger erscheint. Wir können jedenfalls einer Aufrundung der n u n tatsächlich unstreitig sich ergebenden Mittelgebühr von ?,5 /i 0 auf 8 / 10 nicht zustimmen. Es besteht nun kein Zweifel mehr darüber, daß sich die Mittelgebühr von 7,5/io (ls/2o) durchgesetzt hat 5 0 ). 35

Auch für den Bereich der außergerichtlichen Schadenregulierung mit Versicherungsgesellschaften besteht hinsichtlich der Anwendung der Mittelgebühr von 7,5 /i 0 kein Streit mehr. Dem R A stehen also auch in „einfachen" Schadenregulierungsangelegenheiten diese Mittelgebühren zu (vgl. dazu Rz. 145)51). Wenn aber die Schadenregulierung schwierig ist und umfangreicher Schriftwechsel oder langdauernde Besprechungen notwendig sind, fallen die Gebühren des § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2 in Höhe von je 10/io an 5 2 ).

36

Das gleiche gilt, wenn die Korrespondenz mit dem Auftraggeber in einer Fremdsprache geführt werden muß, f ü r die Geschäftsgebühr 5 3 ). 50 ) OLG Koblenz AnwBl. 66, 399; OLG S a a r b r ü c k e n JB1. Saar 67, 109 f ü r eine E h e s a c h e ; OLG H a m b u r g M D R 68, 933; LG H a n n o v e r AnwBl. 66, 330; L G L a n d s h u t AnwBl. 66, 331 (besonders g u t b e g r ü n d e t ) ; LG Köln AnwBl. 67, 94; L G Oldenburg AnwBl. 68, 186 = Büro 68, 410; AG Säckingen AnwBl. 66, 332; AG S t a d t h a g e n AnwBl. 66, 332 (die beiden letzteren in K o s t R s p . N r . 19 zu § 12 B R A G e b O e r w ä h n t mit einer unverständlichen abwegigen A n m . von Lappe, dem diese Mittelgebühr offenbar immer noch nicht gefällt); AG Gelsenkirchen A n w B l . 66, 242; AG Solingen AnwBl. 66, 403; A G L i p p s t a d t AnwBl. 67, 67; AG D o r t m u n d AnwBl. 67, 67 (68); AG D ü r e n AnwBl. 67, 68; AG K ö l n AnwBl. 67, 96; AG Düsseldorf AnwBl. 67, 96; 67, 173; AG Euskirchen AnwBl. 67, 172; AG G m ü n d A n w B l . 68, 189; AG Donaueschingen AnwBl. 67, 445; AG H a n n o v e r AnwBl. 68, 35; AG K ö l n AnwBl. 67, 96 u n d 244; AG München AnwBl. 67, 170 u n d 245; AG Wiesbaden AnwBl. 67, 130; F G Düsseldorf B B 68, 779. Vgl. auch die Zusammenstellung von Hanisch AnwBl. 66, 152. Swolana, der a u c h in seiner 4. Aufl. zur B R A G e b O (Anm. 3 zu § 118) noch eine 7 / 1 0 Gebühr als Mittelgebühr a n n i m m t , m u ß sich in der Besprechung von Stöber (Rpfleger Dez. 1966, Büchertisch II/5/6) sagen lassen, d a ß er dies nicht f ü r richtig halte (vgl. a u c h Stöber Rpfleger 65, 265). U n v e r s t ä n d l i c h ist die Bezugn a h m e von Swolana (Anm. 3 zu § 118) auf S c h u m a n n N J W 66, 1953 zur S t ü t z u n g der von i h m v e r t r e t e n e n A b r u n d u n g auf '/ 1 0 . S. ferner G u t a c h t e n der R A K H a m b u r g v. 20. 9. 66 AnwBl. 67, 46. Auch OVG Münster ( K o s t R s p . N r . 21 zu § 12 B R A G e b O ) bestätigt das arithmetische Mittel aus der Mindest- u n d der Höchstgebühr f ü r das verwaltungsgerichtliche Vorverfahren u n d lehnt eine A u f r u n d u n g auf 8 / 1 0 ab. 51 ) Vgl. z. B. AG Gelsenkirchen AnwBl. 66, 242; AG L i p p s t a d t AnwBl. 67, 67; AG Opladen A n w B l . 67, 171; AG D ü r e n AnwBl. 67, 68; AG D o r t m u n d AnwBl. 67, 67; AG K ö l n AnwBl. 67, 244; AG F r e i b u r g N J W 67, 258 m i t zust. A n m . von S c h m i d t ; AG Wiesbaden AnwBl. 67, 130; AG N e u s t a d t Büro 67, 743 m i t zust. A n m . von Tschischgale; AG P i n n e b e r g AnwBl. 67, 381; AG Steinheim AnwBl. 68, 287. A.M. a b e r unrichtig: AG F r e i b u r g N J W 67, 1762 mit abl. A n m . von Schmidt = VersR 68, 158 = K o s t R s p . § 118 Nr. 30 m i t abl. A n m . von L u e t g e b r u n e , das bei alsbaldiger vergleichsweiser Erledigung n u r die Mindestgebühr von 5 / 1 0 zubilligen will. 52 ) AG N ü r n b e r g AnwBl. 69, 99; AG K ö l n AnwBl. 74, 51. 53 ) AG D a r m s t a d t AnwBl. 70, 80; vgl. a u c h oben R z . 6.

312

IV. Die Anwendung der Geschäftsgebühr

§ 118

Bei d e r B e m e s s u n g d e r R a h m e n g e b ü h r ist z u n ä c h s t von dieser Mittelgebühr auszugehen. D a n n ist zu p r ü f e n , o b eine E r m ä ß i g u n g (bis a u f 5 / 1 0 ) oder eine E r h ö h u n g (bis a u f 10 / 10 ) a u f G r u n d d e r v o n u n s e m p f o h l e n e n T ä t i g k e i t s ü b e r s i c h t 5 4 ) v o r z u n e h m e n ist. W e n n Corves in seiner B e t r a c h t u n g z u r Novelle 1965 55 ) bei d e n G e b ü h r e n des § 118 s a g t : „ F ü r die B e m e s s u n g i n n e r h a l b des n e u e n R a h m e n s gilt § 12, a u c h w i r d d a b e i d a s V e r h ä l t n i s zu d e n G e b ü h r e n d e s § 31 in B e t r a c h t zu ziehen s e i n " , so ist d e r e r s t e H a l b s a t z r i c h t i g , a b e r d e r z w e i t e m i ß v e r s t ä n d l i c h . G r u n d s ä t z l i c h h a b e n die G e b ü h r e n d e s 3. A b s c h n i t t s (§§ 31 ff) bei d e n G e b ü h r e n des 11. A b s c h n i t t s (§§ 118ff) n i c h t s zu s u c h e n . N u r i n s o w e i t b e s t e h t ein gewisser Z u s a m m e n h a n g , d a ß g e m ä ß § 118 A b s . 2 eine A n r e c h n u n g d e r G e s c h ä f t s g e b ü h r a u f d i e P r o z e ß g e b ü h r f ü r ein a n s c h l i e ß e n d e s g e r i c h t liches o d e r b e h ö r d l i c h e s V e r f a h r e n zu e r f o l g e n h a t . A u ß e r d e m b e s t e h t n o c h ein solcher Z u s a m m e n h a n g i n s o f e r n , als die G e s c h ä f t s g e b ü h r des § 118 N r . 1 d e r P r o z e ß g e b ü h r des § 31 N r . 1 ( P a u s c h g e b ü h r ) u n d die B e s p r e c h u n g s g e b ü h r des § 118 N r . 2 d e r V e r h a n d l u n g s g e b ü h r des § 31 N r . 2 u n d e n d l i c h die B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r d e s § 118 N r . 3 d e r B e w e i s g e b ü h r des § 31 Ziff. 3 e n t s p r i c h t . Die E r w ä h n u n g des § 31 bei Corves i m Z u s a m m e n h a n g m i t § 118 u n d § 12 ist also m i ß v e r s t ä n d l i c h . F ü r die B e m e s s u n g d e r G e b ü h r e n a u s § 118 n a c h § 12 h a t § 31 auszuscheiden. D i e P r ü f u n g k a n n a b e r n u r , w e n n sie e x a k t sein soll, v o r g e n o m m e n w e r d e n a u f G r u n d d e r a u l z u s t e l l e n d e n T ä t i g k e i t s ü b e r s i c h t (vgl. M u s t e r o b e n R z . 32). N u r w e n n m a n d e n g e n a u e n U m f a n g d e r T ä t i g k e i t sowohl f ü r die G e s c h ä f t s g e b ü h r als a u c h f ü r d i e B e s p r e c h u n g s g e b ü h r a u f G r u n d dieser T ä t i g k e i t s ü b e r s i c h t e r k e n n t , k a n n m a n d a z u ü b e r gehen, den Mittelwert zu überschreiten oder, w e n n notwendig, auf den Mindestsatz v o n 5 /i 0 z u r ü c k g e h e n . W e g e n E r h ö h u n g d e r G e s c h ä f t s g e b ü h r bei V e r t r e t u n g m e h r e r e r A u f t r a g g e b e r s. R z . 9.

IV. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr (Abs. 2)56) D e r A b s . 2 s i e h t v o r , d a ß die in A b s . 1 N r . 1 b e s t i m m t e G e s c h ä f t s g e b ü h r a u f d i e 3 7 entsprechenden G e b ü h r e n anzurechnen ist, die in e i n e m m i t d e r b i s h e r i g e n T ä t i g k e i t z u s a m m e n h ä n g e n d e n , u n m i t t e l b a r a n s c h l i e ß e n d e n gerichtlichen o d e r behördlichen Verfahren entstehen. Diese V o r s c h r i f t h a t n u r d a n n b e s o n d e r e B e d e u t u n g , w e n n ein R A , d e r z u n ä c h s t d e n A u f t r a g h a t , d e n S c h u l d n e r z u r freiwilligen L e i s t u n g zu b e w e g e n , n a c h d e m S c h e i t e r n seiner B e m ü h u n g e n d e n A u f t r a g e r h ä l t , K l a g e zu e r h e b e n o d e r ein s o n s t i g e s V e r f a h r e n e i n z u l e i t e n . Diese A n r e c h n u n g e n t s p r i c h t a u c h d e m S i n n d e s in § 13 A b s . 5 b e s t i m m t e n allgemeinen Grundsatzes. Diese V o r s c h r i f t h a t j e d o c h n u r f ü r d i e v o r b e z e i c h n e t e n F ä l l e B e d e u t u n g u n d ist 38 z . B . nicht a n z u w e n d e n in d e n s t r e i t i g e n FGG-Sachen, f e r n e r f ü r d a s Entwerfen v o n Urkunden (Verträgen) (s. R z . 173) u n d a u c h n i c h t in d e n n i c h t s t r e i t i g e n S t e u e r s a c h e n (s. R z . 179), e b e n s o n i c h t in V e r w a l t u n g s a n g e l e g e n h e i t e n (s. R z . 237).

54 65 56

) Vgl. dazu Muster, oben Rz. 32. ) JVB1. 65, 171. ) Vgl. Schumann MDR 63, 14 zu I I . 313

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Allgemeine Hinweise: 39

Die Vorschrift sieht einfach aus, sie wird aber in der Praxis nicht hinreichend beachtet oder meist erst dann, wenn es zu spät ist. So lag ein Fall zur Begutachtung vor, der dies so hinreichend illustrierte. Anläßlich eines Streites unter Gesellschaftern waren die Anwälte der Parteien vier J a h r e lang zur gütlichen Beilegung der Angelegenheit tätig. Eine umfangreiche Korrespondenz und zahlreiche Besprechungen fanden s t a t t . Die Vergleichsverhandlungen scheiterten, und es fand ein Schiedsgerichtsverfahren s t a t t , das mit einem Vergleich endete. F ü r die vorgerichtliche Tätigkeit waren je 10 / 10 Gebühren nach § 118 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 , § 12 angefallen, die in Höhe von 10 /io (Geschäftsgebühr) auf die im schiedsgerichtlichen Verfahren entstandene Prozeßgebühr anzurechnen war, soweit es sich um die gleichen Streitpunkte handelte, die Gegenstand des vorgerichtlichen und des späteren schiedsgerichtlichen Verfahrens waren. Man m u ß es als ein „Trauerspiel" bezeichnen, daß die Anwälte vier J a h r e lang umsonst eine sehr umfangreiche Geschäfts-Tätigkeit entwickelt haben, die durch die Prozeßgebühr für das schiedsgerichtliche Verfahren abgegolten wurde. Wenn sie lediglich mit der Vertretung in dem genügend arbeitsreichen Schiedsgerichtsverfahren beauftragt gewesen wären, so h ä t t e n sie dort drei volle Gebühren verdient, auch ohne eine vorgerichtliche Tätigkeit. Sie erhalten wegen der Anrechnungspflicht für die Geschäftsgebühr für die vorgerichtliche und für die gerichtliche Tätigkeit nur vier volle Gebühren). Hier wäre n u n allerdings eine Honorarvereinbarung am Platze gewesen, etwa dahin, daß alle Gebühren, die gemäß § 118 bereits entstanden waren, nicht auf die Gebühren aus §§ 31 ff, 67 für die Vertretung im Schiedsgerichtsverfahren anzurechnen wären. Oft sind aber derartige Honorarvereinbarungen nicht möglich, und meist sieht der Anwalt erst später bei der Abrechnung der Geschäftsgebühr oder bei der Beanstandung derselben durch den Auftraggeber bzw. durch einen anderen Anwalt, daß die Anrechnung der nach § 118 entstandenen Geschäftsgebühr auf die im nachfolgenden Prozeßverfahren entstandene entsprechende Gebühr zu erfolgen hatte. Anzurechnen ist die Geschäftsgebühr aus § 118 aber nur dann, wenn für eine vorgerichtliche Tätigkeit, für die kein Klageauftrag erteilt war, sich eine Tätigkeit in einem späteren gerichtlichen Verfahren in der gleichen Angelegenheit mit dem gleichen inneren Zusammenhang anschließt. U m das näher zu verdeutlichen, soll darauf hingewiesen werden, daß z.B. der Auftrag, die gütliche Beilegung einer Angelegenheit herbeizuführen (mit den Gebühren aus § 118) und nach Scheitern der Bemühungen der Auftrag zur Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens (mit den Gebühren aus §§ 31 ff) zwei Aufträge u n d zwei Angelegenheiten sind 57 ). Die vorgerichtliche Tätigkeit ging aber einem gerichtlichen Verfahren voraus, so daß gemäß § 118 Abs. 2 die Anrechnung der Geschäftsgebühr zu erfolgen hat. Anzurechnen sind aber nur gleichartige Gebühren, d. h. die Geschäftsgebühr ist nur auf eine entsprechende Gebühr des nachfolgenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens anzurechnen. Der Hauptanwendungsfall wird die Anrechnung auf die Prozeßgebühr des § 31 Ziff. 1 sein 58 ). 57 ) Vgl. Schumann MDR 58, 892; 59, 906; JVB1. 59, 65; N J W 60, 806; besonders MDR 63, U f f ; Lauterbach-Hartmann Anm. B6 § 118. 5S ) OLG München N J W 62, 352 = MDR 62, 227 = AnwBl. 62, 48 = Büro 62, 156 = VersR 62,625 = Rpfleger 67, 134; OLG Nürnberg Rpfleger 66, 290; Schumann JVB1. 59, 65; MDR 59, 906; 63, U f f ; Harnisch N J W 58, 50; Tschischgale N J W 59, 321; Büro 59, 188; Jaegel JVB1. 59, 168; Gerold-Schmidt Rz. 21; Swolana Anm. 4; Lauterbach/Hartmann Anm. 6 je zu § 118. Die Gegenmeinung (Gerold MDR 58, 295; Ganzer MDR 59, 538; R S R z . 4 5 ; Riedel JVB1. 58, 198) dürfte nach der jetzigen Fassung des § 118 Abs. 2 als überholt betrachtet werden.

314

§ 118

IV. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr

Es kann daher nach Einreichung der Klage lediglich die Geschäftsgebühr auf die Prozeßgebühr angerechnet werden. Beispiele über Anrechnungen: 1. Außergerichtliche Einigungsversuche und spätere Klageerhebung: Der Anwalt hat 40 Auftrag zur außergerichtlichen Beilegung einer Angelegenheit. Gegenstandswert 5000 DM. Da keine Einigung zustande kommt, reicht er die Klage ein. Die ihm für seine Tätigkeit vor Einreichung der Klage gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 zustehende Mittelgebühr von ,,5 /io muß er auf die im Klageverfahren nach § 31 Nr. 1 entstehende Prozeßgebühr voll anrechnen lassen. Wenn ferner die Gebühr nach § 118 Abs. 1 Ziff. 2 (Besprechungsgebühr) mit 7 ' 5 / 10 entstanden ist, so braucht er sich diese Gebühr auf die nachfolgende Verhandlungsgebühr nicht anrechnen lassen 59 ). 2. Außergerichtliche Einigungsversuche — Teilzahlung — Klageerhebung wegen k\ Restbetrag: a) Auftrag zur außergerichtlichen Erledigung der Angelegenheit. Gegenstandswert 20000 DM. Im Laufe der Verhandlung zahlt der Schuldner 11000 DM, so daß 9000 DM streitig bleiben. Die Verhandlungen waren umfangreich. Entstanden sind die Geschäftsgebühr mit 10 / 10 = 770 DM. Der R A reicht nun die Klage wegen des Restbetrages von 9000 DM ein. Die Prozeßgebühr dafür beträgt 425 DM. Es steht ihm diese Gebühr und die Differenz zwischen 425 DM und der verdienten 10 / 10 Gebühr von 770 DM mit 345 DM zu. b) Würde bei diesem Beispiel auch die Besprechungsgebühr mit 1 0 / 1 0 vor Klageeinreichung entstanden sein und im nachfolgenden Rechtstreit würde über die Restforderung von 9000 DM streitig verhandelt werden, so muß der R A sich die nach § 118 Abs. 1 Ziff. 2 verdiente Besprechungsgebühr von 770 DM auf die später entstandene Verhandlungsgebühr des § 31 Ziff. 2 nicht anrechnen lassen, so daß er hier die Verhandlungsgebühr nach 9000 DM mit 425 DM und die vorher nach dem Gegenstandswert von 20000 DM verdiente Besprechungsgebühr von 770 DM erhält. c) Wenn aber auf Seiten des R A des (späteren) Beklagten die Geschäftsgebühr aus 20000 DM nur zu 7 , 5 / 1 0 mit 577,50 DM entstanden ist und im nachfolgenden Rechtstreit wegen der restlichen 9000 DM erledigt sich der ihm erteilte ProzeßVertretungsauftrag vor Einreichung eines Schriftsatzes mit Sachanträgen bzw. vor Wahrnehmung eines Termins (§ 32), so daß dort die Prozeßgebühr für ihn nur mit 5 / 1 0 in Höhe von 212,50 DM anfällt, so sind hierauf 5 / 1 0 Gebühr aus dem Prozeßstreitwert von 9000 DM mit 212,50 DM anzurechnen. Praktisch ändert sich also an der verdienten Geschäftsgebühr mit 577,50 DM nichts. Die genaue Formulierung wäre aber: '•5/io Geschäftsgebühr aus 20000 DM Davon auf die 5/io Prozeßgebühr aus 9000 DM anzurechnen restliche Geschäftsgebühr Dazu 5/xo Prozeßgebühr aus 9000 DM gesamt

DM DM DM DM DM

577,50 212,50 365,— 212,50 577,50

) Bestätigt auch von Tschischgale N J W 59, 3 2 1 ; vgl. auch OLG München N J W 62, 352 = MDR 62, 227 = AnwBl. 62, 48 = Büro 62, 156.

59

=

315

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

d) Wenn aber im nachfolgenden Prozeßverfahren wegen der restliehen 9000 DM die volle Prozeßgebühr mit 425 DM entstanden ist, so müssen darauf die 7,5/io Geschäftsgebühr aus 9000 DM mit 318,80 DM angerechnet werden. Der RA erhält dann: 75

' /io Geschäftsgebühr aus 20000 DM mit Davon auf die 10 / 10 Prozeßgebühr aus 9000 DM anzurechnen restliche Geschäftsgebühr Dazu 10 / 10 Prozeßgebühr aus 9000 DM insgesamt also

DM DM DM DM DM

577,50 318,80 258,70 425,— 683,70

42

4. Aufforderungsschreiben — Teilzahlung — wegen Rest Klageerhebung: Der RA fordert einen Schuldner vor Klageeinreichung zur Zahlung auf. Die ihm nach einem Gegenstandswert von 10000 DM zustehende Gebühr des § 118 (normaler Umfang und Schwierigkeit der Information) mit 7'5/10 beträgt 352,50 DM. Der Schuldner zahlt 7000 DM. Streitig bleiben 3000 DM, weswegen die Klage erhoben wird. Die Prozeßgebühr hierfür beträgt 164 DM. Auf diese Gebühr muß sich der RA eine 7,5/io Gebühr aus 3000 DM mit 123,— DM anrechnen lassen, die in dem obigen aus § 118 entstandenen Betrag von 352,50 DM enthalten ist. Er hat also zu erhalten: DM 352,50 — DM 123,00 DM 229,50 + DM 164,00 DM 393,50

43

5. Aufforderungsschreiben und Zahlungsbefehl: Anzurechnen ist die Geschäftsgebühr auch auf die Gebühr für den Antrag auf Erlaß des Zahlungsbefehls. Wird z. B. der RA beauftragt, zunächst mit dem Schuldner außergerichtlich wegen einer Forderung von 1000 DM zu verhandeln, fertigt der RA dazu ein Aufforderungsschreiben an und findet eine oder mehrere Besprechungen statt, so gilt folgendes: Die Geschäftsgebühr (7-5/10 von 1000 DM = 55,50 DM) muß voll auf die Mahnverfahrensgebühr des § 43 Nr. 1 angerechnet werden. Daneben kann nicht — wie mitunter angenommen wird — noch die Gebühr für das Aufforderungsschreiben gesondert geltend gemacht werden. Dagegen bleibt die vorher entstandene Besprechungsgebühr bestehen.

44

6. Raterteilung und Aufforderungsschreiben: Raterteilung nach § 20 wegen 100 000 DM. 3 /io Gebühr = DM 429. Alsdann Aufforderungsschreiben wegen nur 20000 DM. 7 5 > /io Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 = 577,50 DM. Hier hat eine Anrechnung von 3 / 10 von 20000 DM auf die Gebühr des § 20 mit DM 231 zu erfolgen. Es sind somit angefallen: DM 429,— — DM 231,— DM 198,— + DM 577,50 DM 775,50

45

7. Gebührenanrechnung, wenn nach erfolglosen Vergleichsverhandlungen Teilzahlungen zur Klaglosstellung erfolgen: Auftrag zur vergleichsweisen Beilegung der Angelegenheit wegen 950 DM. Vergleichsverhandlungen scheitern, weil der Ver316

IV. Die Anrechnung der Geschäftsgebühr

§ 118

gleich nicht genehmigt wird. E s werden d a n n 708 DM zur Klaglosstellung gezahlt. Wegen des Restes von 242 DM erfolgt Klageerhebung. Die A n r e c h n u n g der a u s § 118 e n t s t a n d e n e n Geschäftsgebühr h a t wie folgt zu erfolgen: Vor Klageerhebung waren e n t s t a n d e n : '• 5 / 10 Geschäftsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 DM 55,50 7 5 - /io Besprechungsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 2 DM 55,50 DM 111,— Auf die bei Klageeinreichung entstandene Prozeßgebühr von 30,— DM sind anzurechnen 7 ' 5 / 10 Geschäftsgebühr aus 242 DM m i t 22,50 DM. Von den vor Klageerhebung e n t s t a n d e n e n K o s t e n verbleiben '•5/io Geschäftsgebühr DM 55,50 — DM 22,50 7,5

/io Besprechungsgebühr

DM 33,— DM 55,50 DM 88,50

Dieser Betrag ist als vorprozessuale Kosten mit einzuklagen. Daneben entstehen die Prozeßgebühr f ü r die Klageerhebung über 242 DM m i t 30 DM. Gesamtkosten bis dahin also 88,50 DM + 30 DM = 118,50 DM. W e n n im späteren Prozeßverfahren verhandelt (oder erörtert) wird, h a t nicht, wie bei der Prozeßgebühr, die A n r e c h n u n g der Besprechungsgebühr aus 242 DM mit 22,50 DM zu erfolgen. 8. Einigungsversuche, die einem Vertragshilfeverfahren vorausgehen: F ü r die not- 46 wendigen, einem gerichtlichen Vertragshilfeverfahren vorausgehenden Einigungsversuche mit den Gläubigern (privates Güteverfahren nach § 9 Abs. 4 VHG) entstehen zunächst die Gebühren nach § 11860). Beim Scheitern dieser Versuche u n d Einleitung des gerichtlichen Vertragshilfeverfahrens entstehen die Gebühren nach § 64, worauf die Geschäftsgebühr a u s § 118 wie folgt anzurechnen ist: Vorgerichtliche Tätigkeit wegen 50000 DM. E n t s t a n d e n sind: 7 5 ' / 10 Geschäftsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 1 7 5 - /io Besprechungsgebühr, §§ 11, 118 Abs. 1 Nr. 2

DM 810,— DM 810,— DM 1620 —

I m anschließenden gerichtlichen Verfahren ist g e m ä ß § 64 n u r insgesamt eine /io Gebühr vorgesehen (540,— DM). H i e r a u f i s t eine 5 / 10 Geschäftsgebühr aus § 118 anzurechnen, so d a ß der R A erhält: 5

DM 1620,— — DM 540,— DM 1080,— 5

u n d / 1 0 Gebühr aus § 64

DM

insgesamt

DM 1620,—

540,—

Ein voller Wegfall der Geschäftsgebühr aus § 118 ist ausgeschlossen, wenn die Anrechnung auf eine (niedrigere) Prozeßgebühr (oder entsprechende Gebühr) 60 ) Vgl. dazu Tschischgale MDR 58, 642 und Schumann MDR 62, 266 Fn. 11; MDR 63, 14ff (Beispiel 7).

317

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

eines n a c h f o l g e n d e n gerichtlichen oder behördlichen V e r f a h r e n s zu erfolgen h a t ; d e n n die A n r e c h n u n g auf geringere G e b ü h r e n k a n n nie zu einem vollständigen Verlust einer bereits e n t s t a n d e n e n h ö h e r e n G e s c h ä f t s g e b ü h r führen 6 0 ' 6 1 ). 47

9. Verschiedene Angelegenheiten dagegen bedingen verschiedene K o s t e n b e r e c h n u n gen u n d schließen eine G e b ü h r e n a n r e c h n u n g aus. W a s u n t e r verschiedene Angelegenheiten zu v e r s t e h e n ist, e r l ä u t e r n die Beispiele R z . 58ff zu § 13. Verschiedene Angelegenheiten liegen a u c h vor, w e n n der R A z u n ä c h s t einen Schiedsgerichtsvert r a g angefertigt h a t — die G e b ü h r e n d a f ü r richten sich wie f ü r j e d e n a n d e r e n V e r t r a g s e n t w u r f n a c h § 118 -— u n d d a n n f ü r den A u f t r a g g e b e r in einem Schiedsg e r i c h t s v e r f a h r e n t ä t i g wird. E i n e A n r e c h n u n g der G e s c h ä f t s g e b ü h r des § 118 Abs. 1 N r . 1 f ü r die A n f e r t i g u n g des Schiedsgerichtsvertrages auf die P r o z e ß g e b ü h r des Schiedsgerichtsverfahrens ist gänzlich ausgeschlossen, d a es sich bei d e m E n t w u r f des Schiedsgerichtsvertrages u n d bei d e m Schiedsgerichtsverfahren n i c h t u m dieselbe Angelegenheit, s o n d e r n u m gebührenrechtlich getrennte Angelegenheiten h a n d e l t . Niemals k ö n n e n Vertragsgebühren auf s p ä t e r a u s d e m V e r t r a g sich ergebende Prozeßgebühren a n g e r e c h n e t werden.

48 10. W i r d in einem V e r f a h r e n , f ü r das sich die G e b ü h r e n des R A n a c h § 118 berechnen, an ein u n t e r g e o r d n e t e s Gericht zurückverwiesen (in B e t r a c h t k o m m e n hier vor allem V e r f a h r e n der freiwilligen Gerichtsbarkeit), so fallen die G e b ü h r e n a u c h hier neu a n . I n diesen Fällen e n t s t e h t auch die Geschäftsgebühr neu; d e n n sie ist keine P r o z e ß g e b ü h r . D a h e r gilt d a f ü r n i c h t § 15 Satz 2 (vgl. dazu a u c h R z . 16 u n d 20 zu § 15 u n d d o r t F n . 30 (S 558/559). D a s O L G N ü r n b e r g 6 2 ) n i m m t z u r F r a g e der A n r e c h n u n g bei Aufrechnung m i t einem S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h des A u f t r a g g e b e r s in einem G e b ü h r e n r e c h t s t r e i t Stellung. D e r A n w a l t v e r l a n g t e G e b ü h r e n f ü r die E r w i r k u n g eines f e h l e r h a f t e n Zahlungs- u n d Vollstreckungsbefehls, aus d e m die P f ä n d u n g wegen der Fehlerh a f t i g k e i t erfolglos blieb. D a s Gericht stellt fest, d a ß ein A n w a l t , der Zahlungsu n d Vollstreckungsbefehle ohne A n g a b e der gesetzlichen V e r t r e t e r der juristischen P e r s o n e r w i r k t , sich u . U . seinem M a n d a n t e n gegenüber schadensersatzpfllichtig m a c h t , w e n n sich d e r Titel s p ä t e r als u n v o l l s t r e c k b a r erweist. Der M a n d a n t k a n n m i t dieser i h m a u s d e m G e s i c h t s p u n k t d e r positiven Vert r a g s v e r l e t z u n g z u s t e h e n d e n S c h a d e n s e r s a t z f o r d e r u n g gegen d e n G e b ü h r e n a n s p r u c h des A n w a l t s a u f r e c h n e n . H a t t e der R A in der gleichen Angelegenheit eine vorprozessuale T ä t i g k e i t (Mahnschreiben) fehlerfrei a u s g e ü b t , so findet eine V e r r e c h n u n g der hierbei v e r d i e n t e n G e b ü h r e n auf die G e b ü h r e n des n a c h f o l g e n d e n S t r e i t v e r f a h r e n s d a n n nicht s t a t t , w e n n letztere d u r c h die A u f r e c h n u n g m i t einem S c h a d e n s e r s a t z a n s p r u c h erloschen ist. I n diesem F a l l lebt d i e G e b ü h r a u s § 118 Abs. 1 N r . 1 wieder a u f .

49

61 ) Vgl. dazu auch Schumann JVBI. 59, 66. Da § 23 (Vergleichsgebühr) für dieses Verfahren ausgeschlossen ist, ist die Vergütung in diesen arbeitsreichen Angelegenheiten ungenügend. Es sind daher unbedingt Honorarvereinbarungen notwendig. Vgl. dazu noch Rz. 8 zu § 64. 62 ) AnwBl. 63, 106 = Büro 63, 49 = Rpfieger 63, 15 mit abl. Stellungnahme von Petermann. Petermann weist nach, daß ein Schadensersatzanspruch hier nicht besteht. Die Begründung, die das OLG Nürnberg dazu gibt, ist deshalb nicht haltbar. Wenn die Gebührenforderung für das Streitverfahren durch Aufrechnung hätte getilgt werden können, dann ist sie ja erfüllt. Für ein Wiederaufleben des vorprozessualen Gebührcnanspruchs und für die Nichtanwendung des § 118 Abs. 2 wäre dann kein Raum. Vgl. wegen Aufrechnung gegen den Vergütungsanspruch mit dem Schadenersatzanspruch auch Rz. 30 Einl. (S. 12) und dort Fn. 19a.

318

V. Die Wertberechnung

§ 118

V. Die Wertberechnung D a s schwierigste P r o b l e m im A n w a l t s g e b ü h r e n r e c h t ist wohl die E r m i t t l u n g des 50 G e g e n s t a n d s w e r t e s f ü r die u n t e r § 118 fallenden Angelegenheiten. Die B e r e c h n u n g des G e g e n s t a n d s w e r t e s regelt die Vorschrift des § 8. E s k a n n auf die E r l ä u t e r u n g e n d o r t verwiesen w e r d e n . Bei den u n t e r § 118 fallenden Angelegenheit e n ist besonders zu u n t e r s c h e i d e n , ob § 8 Abs. 1 oder Abs. 2 a n z u w e n d e n ist. Der Abs. 1 sieht im gerichtlichen V e r f a h r e n vor, d a ß der G e g e n s t a n d s w e r t sich n a c h d e n f ü r die Gerichtsgebühren geltenden V o r s c h r i f t e n b e s t i m m t . Dies gilt a u c h d a n n f ü r die einem gerichtlichen V e r f a h r e n vorausgehende anwaltliche T ä t i g k e i t , wobei d e r W o r t l a u t des Abs. 1 verschiedene d e r a r t i g e T ä t i g k e i t e n a u f z ä h l t . E s gibt also f ü r die Wertberechnung keine U n t e r s c h e i d u n g , ob K l a g e a u f t r a g erteilt ist oder n i c h t . Der Abs. 2 b e s t i m m t , d a ß in anderen Angelegenheiten u n d , w e n n f ü r die Gerichtsg e b ü h r e n keine W e r t Vorschriften vorgesehen sind, f ü r den G e g e n s t a n d s w e r t die Vors c h r i f t e n des § 18 Abs. 2, §§ 19—23, 24 Abs. 1, 2, 4, 5, 6, §§ 25, 39 Abs. 2 der Kostenordnung(!) sinngemäß zu gelten h a b e n . I m übrigen ist der G e g e n s t a n d s w e r t , soweit er n i c h t feststeht, n a c h billigem Ermessen zu b e s t i m m e n ; in E r m a n g e l u n g g e n ü g e n d e r tatsächlicher A n h a l t s p u n k t e f ü r eine S c h ä t z u n g u n d in n i c h t v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e n Angelegenheiten ist der Gegenstandsw e r t auf 4000 DM, n a c h Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch n i c h t u n t e r 300 D M u n d n i c h t ü b e r 1 Million D M a n z u n e h m e n . E s wird d a z u auf die E r l ä u t e r u n g e n zu § 8 A b s c h n i t t C R z . 641 ff verwiesen. Die Feststellung des richtigen Gegenstands wertes ist das K e r n s t ü c k jeder K o s t e n - 51 b e r e c h n u n g . Die H ö h e des Gegenstandswertes spielt meist eine erhebliche Rolle. Viel zu häufig w e r d e n die gesetzlichen B e s t i m m u n g e n n i c h t richtig a n g e w a n d t , o f t zum N a c h t e i l der A n w ä l t e . W e n n m a n daher zu einer richtigen K o s t e n b e r e c h n u n g k o m m e n will, so wird m a n sich — a u c h zur V e r m e i d u n g von N a c h t e i l e n — m i t diesen n i c h t ganz einfachen W e r t v o r s c h r i f t e n v e r t r a u t m a c h e n m ü s s e n . B e v o r eine K o s t e n r e c h n u n g aufgestellt w i r d , m u ß K l a r h e i t ü b e r den Gegenstandsw e r t u n d die d a z u g e h ö r e n d e n W e r t v o r s c h r i f t e n geschaffen w e r d e n . A u s g a n g s p u n k t ist § 7 B R A G e b O : Die G e b ü h r e n werden, soweit d a s Gesetz n i c h t s a n d e r e s b e s t i m m t , n a c h d e m W e r t b e r e c h n e t , d e n der G e g e n s t a n d der anwaltlichen T ä t i g k e i t h a t (Gegens t a n d s w e r t ) . I n derselben Angelegenheit werden die W e r t e m e h r e r e r G e g e n s t ä n d e zusammengerechnet . Die V o r s c h r i f t des § 8 e n t h ä l t n u n eine ganze R e i h e v o n E r g ä n z u n g e n , u n d z w a r : 1. A n w e n d u n g der f ü r die Gerichtsgebühren m a ß g e b e n d e n W e r t v o r s c h r i f t e n ( G K G , Z P O , K o s t O ) f ü r d a s gerichtliche V e r f a h r e n (§ 8 Abs. 1 Satz 1). 2. F ü r die T ä t i g k e i t , die einem gerichtlichen V e r f a h r e n v o r a u s g e h t , ebenfalls Anwend u n g der f ü r die Gerichtsgebühren maßgeblichen W e r t v o r s c h r i f t e n ( § 8 Abs. 1 Satz 2). 3. A n w e n d u n g des § 8 Abs. 2, w e n n f ü r die G e r i c h t s g e b ü h r e n keine W e r t v o r s c h r i f t e n , z. B. n u r R a h m e n g e b ü h r e n vorgesehen sind (§ 8 Abs. 1 Satz 3). 4. A n w e n d u n g b e s t i m m t e r Vorschriften der K o s t O (§§ 18—24 ohne Abs. 3, §§ 25, 39 Abs. 2) (§ 8 Abs. 2 Satz 1). 5. Angelegenheiten ohne b e s t i m m t e n Geldwert (Schätzung) (§ 8 Abs. 2 Satz 2). 6. N i c h t v e r m ö g e n s r e c h t l i c h e Angelegenheiten (Schätzung) (§ 8 Abs. 2 Satz 2). 319

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 1. Allgemeines 52

Wie bereits in Rz. 1 erwähnt, ist die Anwendung der Vorschrift des § 118 außerordentlich vielseitig. Auch für die Gebührenberechnung in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gilt die Bestimmung des § 118.

53

Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 63 ) sind z.B.: a) Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen. Nach Art. 7 § 1 des FamRÄndG 6 4 ) sind ausländische Entscheidungen in Ehesachen im Inland nur wirksam, wenn die zuständige Landesjustiz Verwaltung festgestellt hat, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung erfüllt sind. Die Vorschrift des § 7 F a m R ÄndG gilt auch für die Anerkennung nichtrichterlicher Entscheidungen in Ehesachen, z.B. auch für Verwaltungsakte und selbst für Gesetze, durch die eine Ehe für nichtig erklärt, d. h. aufgehoben oder geschieden wird 65 ). Das Anerkennungsverfahren entfällt, wenn es sich um eine ausländische Entscheidung in einer Ehesache handelt, die vom Heimatstaat der beiden Ehegatten erlassen worden ist. Die Entscheidung über die Anerkennung ergeht auf Antrag. Den Antrag kann stellen, wer ein rechtliches Interesse an der Anerkennung glaubhaft macht (Art. 7 § 1 Abs. 3 FamRAndG). Zuständig ist die Justizverwaltung des Landes, in dem ein Ehegatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 7 § 1 Abs. 2 FamRÄndG). Wenn die Landesjustizverwaltung den Antrag ablehnt, so kann der Antragsteller die Entscheidung des OLG beantragen, aber auch derjenige Ehegatte, der den Antrag nicht gestellt hat, kann die Entscheidung des OLG beantragen, wenn die Landesjustizverwaltung festgestellt hat, daß die Voraussetzungen für die Anerkennung vorliegen. Das Antragsverfahren bei der Landesjustizverwaltung ist gebührenrechtlich eine sonstige Angelegenheit, so daß die Gebühren sich nach § 118 richten. Ebenso richten sich die Gebühren für das Verfahren vor dem OLG nach § 118, zumal dieses im Verfahren der freiwilligen Gerichtskosten entscheidet (Art. 7 § 1 Abs. 6 FamRÄndG). Die Vorschrift des § 119 findet hier keine Anwendung, da es sich nicht um ein Verwaltungsverfahren in diesem Sinne handelt. Nach § 13 Abs. 2 m u ß angenommen werden, daß das Antragsverfahren bei der Landesjustiz Verwaltung eine Angelegenheit ist, die zunächst die Gebühren aus § 118 entstehen läßt, während es sich bei der Anrufung des OLG 68 ) um ein gerichtliches Verfahren handelt, für das die Gebühren des § 118 besonders anfallen. Daß es sich kostenrechtlich um zwei verschiedene Verfahren handelt, ergibt sich auch aus Art. 7 § 2 F a m R Ä n d G . Danach werden für das Verfahren vor der Landes63

) Wegen Einzelheiten dazu vgl. Keidel Anm. 4 zu § 1 FGG. Wegen des Instanzenbegriffs s. OLG München Rpfleger 52, 43. Wegen Verfahrensbeteiligte s. Müller N J W 54, 869. Wegen des Vergleichs im Verfahren der FGG-Gerichtsbarkeit s. Müller JZ 54, 19. Wegen des rechtlichen Gehörs im Beschwerdeverfahren vgl. BayObLG MDR 54, 305 = BayObLGZ 54, 1. Wegen Kostentragungs- und Erstattungspflicht s. Rz. 98ff. " ) Vom 11. 8. 61, BGBl. I, 1221; BGBl. III, 400—4. 65 ) Wegen Einzelheiten vgl. Gelmer N J W 67, 1398; Kleinrahm, Die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen (1966). ••) In Bayern: des BayObLG, Art. 23 BayAGGVG i.d.F. Art. 75 Nr. 3 BayRiG v. 26. 2. 65 — GVB1. S 13 —.

320

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

Justizverwaltung eine Gebühr von 10—500 DM (ohne Gebührenzuschläge) erhoben und für das Verfahren vor dem OLG Kosten nach der KostO. Bei Zurückweisung wird eine Gebühr ebenfalls in Höhe von 10—500 DM erhoben. Hebt das OLG die Entscheidung der Verwaltungsbehörde auf und entscheidet es in der Sache selbst, so bestimmt es auch die von der Verwaltungsbehörde zu erhebende Gebühr. Der Gegenstandswert für die RA-Gebühren im Verfahren vor der Landesjustizverwaltung muß nach § 8 Abs. 2 Satz 2 durch Schätzung ermittelt werden (Regelwert 4000 DM). Dagegen ist das Verfahren vor dem OLG ein gerichtliches Verfahren i.S. des § 8 Abs. 1. Es muß daher der für die Gerichtsgebühren geltende Wert auch für die Berechnung der RA-Gebühren angenommen werden. I m übrigen wird es fast auf das gleiche herauskommen; denn in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist nach § 30 Abs. 2 und 3 KostO der Gegenstandswert ebenfalls durch Schätzung zu ermitteln, wobei dort der Regelwert 5000 DM beträgt. b) Vormundschaftsgerichtliche Verfahren betr. Befreiung vom Eheverbot wegen 54 Schwägerschaft und Geschlechtsgemeinschaft (§ 4 Abs. 3 EheG), Ehebruch (§ 6 Abs. 2 EheG), Ehemündigkeit (§ 1 Abs. 2 EheG), Ersetzung der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters und der Sorgeberechtigten (§ 3 Abs. 3 EheG). Wegen Geschäftswert für diese Verfahren s. § 97a Abs. 2 KostO. Es findet § 30 Abs. 2 KostO Anwendung (Regelwert 5000 DM) 6 7 ). Dagegen handelt es sich bei der von dem Standesbeamten zu erteilenden Befreiung von der Wartezeit nach § 8 EheG um eine Angelegenheit der Verwaltung, wofür freilich die RA-Gebühren sich ebenfalls nach § 118 berechnen. c) Vormundschaftsgerichtliches Verfahren zur Ersetzung der Zustimmung des einen 55 Ehegatten zu einem Rechtsgeschäft gemäß § 1365 B G B 6 8 ) . d) Annahme an Kindes Statt (§§ 65ff FGG).

56

e) Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung. Der Gegenstandswert ist 57 nach § 128 KostO nach § 30 Abs. 2 KostO zu bestimmen. E s kommt somit für die RA-Gebühren diese Vorschrift zur Anwendung (Regelwert 5000 DM). f) I m Verfahren auf Erteilung des Erbscheins 69 ) ist gemäß § 107 KostO der Wert 58 nach Abzug der Nachlaßverbindlichkeiten, also der reine Nachlaß im Zeitpunkt des Erbfalls, maßgebend. Der Umstand allein, daß im Erbscheinverfahren nur über die Vermutung über ein Erbrecht entschieden wird, rechtfertigt es nicht, den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren niedriger festzusetzen als für die erste Instanz 7 0 ). Bei der Berechnung des Geschäftswerts sind nach der Änderung des § 19 KostO Grundstücke mit dem Verkehrswert anzusetzen (vgl. dazu die Erläuterungen bei § 19 KostO Rz. 478ff (S 401 ff). Eine Bewertung nach dem Einheitswert kann nur erfolgen, wenn die in § 19 Abs. 2 KostO aufgeführten Anhaltspunkte für eine andere Bewertung nicht vorhanden sind (vgl. Rz. 489 zu § 19 KostO S 405). ) Vgl. H . Schmidt Büro 62, 130. ) Wegen Kosten für dieses Verfahren s. auch H. Schmidt Büro 62, 452. ) Wegen Erbseheinserteilung und reinem Nachlaßwert vgl. OLG Oldenburg Büro 59, 249. S. auch Rz. 64; OLG Celle N J W 61, 1481 = NdsRpfl. 61, 177 = JVB1. 61,265 = DNotZ 6 2 , 4 8 ; Schmidt Büro 62, 134; Erbscheinseinziehungsverfahren s. Büro 62, 379. 7 0 ) B a y O b L G N J W 66, 671. 67

6S 69

321

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Ergibt die Berechnung in Fällen, in denen die Verbindlichkeiten von den Aktivwerten abgezogen werden können, einen Betrag, der niedriger als 5000 DM ist, so ist der Geschäftswert jedoch mit 5000 DM anzusetzen, es sei denn, daß sich auch unter Zugrundelegung des Verkehrswertes ein niedrigerer Wert errechnet 71 ). 59 g) Grundbuchsachen. Grundbuchberichtigungs- und Erbschein-Erteilungsverfahren zwecks Eintragung einer Zwangssicherungshypothek lassen gesonderte Gebühren nach § 118 entstehen. Drei verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten liegen vor, wenn der R A zunächst Antrag auf Erteilung des Erbscheins stellt, nach dessen Erteilung Grundbuchberichtigung betreibt und sodann eine Sicherungshypothek für den von ihm vertretenen Gläubiger beantragt. Bei dem Erbscheinerteilungsverfahren u n d dem Antrag auf Grundbuchberichtigung handelt es sich u m Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, f ü r das sich die Gebühren nach dem 11. Abschnitt der BRAGebO (§ 118) richten; dagegen entsteht für die Eintragung einer Sicherungshypothek eine Gebühr aus § 5 772). 60 h) Güterrechtsregistersachen (§§ 159ff FGG). 61

i) Handelssachen (§§ 125ff FGG). Anträge zum Handelsregister sind ebenfalls, wenn der R A diese Tätigkeit ausübt, nach § 118 zu vergüten. Darunter fällt auch das gerichtliche Verfahren auf Amtslöschung sowie das Beschwerdeverfahren u n d Zwangsgeldverfahren 73 ). Wegen Gegenstandswert in diesen Verfahren konnten Zweifel hinsichtlich der anzuwendenden Wertvorschriften entstehen, da die einschlägige Vorschrift des § 26 KostO in § 8 Abs. 2 Satz 1 BRAGebO ausgenommen wurde. Wie die Bemerkungen in der 1. Aufl. (S 223 Fn. 3) ergeben, war dort der Standp u n k t vertreten worden, daß der Entwurf einer Anmeldung zum Handelsregister noch kein gerichtliches Verfahren sei, so daß die Wertvorschriften des § 8 Abs. 2 und nicht die des Abs. 1 anzuwenden wären, wobei von Abs. 2 Satz 2 anzuwenden wäre (Schätzung). Lappe/Stöber 7 4 ) weisen n u n darauf hin, gestützt auf die amtl. Begründung zu § 8 75 ), daß § 8 Abs. 1 bereits seinem Wortlaut nach anzuwenden ist, da diese Tätigkeit einem gerichtlichen Verfahren vorausgehe (§ 8 Abs. 1 Satz 2)76). Dieser Ansicht schließen wir uns an 77 ). Der Gegenstandswert f ü r den Entwurf der Anmeldung zum Handelsregister ist somit gleich .dem für die Gerichtsgebühren geltenden Wert (§§ 26ff KostO). I n der Regel, soweit nicht ein bestimmter Geldbetrag in das Register einzutragen ist (§ 26 Abs. I) 78 ), Wert des Betriebsvermögens, nicht mehr der Einheitswert, wie sich aus § 26 Abs. 2 Satz 3 und 4 ergibt 79 ). Höchstgegenstandswert 1000000 DM (!) (§ 26 Abs. 10 KostO). 71

) Vgl. BayObLG N J W 66, 671. ) Vgl. OLG Stuttgart — zitiert und behandelt bei Schumann MDR 70, 819. ) In Strafsachen richten sich die Gebühren für eine Beschwerde gegen einen Ordnungsgeldbeschluß nicht nach § 118, sondern nach § 91: LG Wiesbaden Büro 62, 98 mit zust. Anm. von H. Schmidt. Wegen Beschwerde gegen den gegen einen Zeugen erlassenen Ordnungsgeldbeschluß s. LG Frankenthal N J W 61, 1363 und SchlHOLG SchlHA 62, 84 und wegen Beschwerde gegen vom Schiedsmann ausgeworfenes Ordnungsgeld s. Schmidt Büro 61, 583. 74 ) Kosten in Handelssachen 1963 S 188. " ) Vgl. 1. Aufl. S 221 Ziff. 3. 76 ) Vgl. dazu auch Schumann N J W 64, 339 Fn. 13. 77 ) Vgl. wegen wfiterer Einzelheiten Lappe/Stöber a.a.O. S 39ff. 78 ) So bereits Nachtrag 1965 S 64 zu Ziff. 11. 79 ) S. Tabelle bei Lappe/Stöber a.a.O. S 227 und Lauterbach-Hartmann Anm. 2 A und Anh. nach § 26 KostO. 72 73

322

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

F ü r die Anmeldung des Erlöschens der Prokura eines verstorbenen Prokuristen zum Handelsregister h a t das OLG Karlsruhe 8 0 ) den Gegenstandswert nach § 26 Abs. 7 KostO auf nur 3000 DM bestimmt, weil diese Anmeldung f ü r das Unternehmen keine wirtschaftliche Bedeutung habe. Rohs 81 ) ist dagegen der Auffassung, daß m a n den Wert nach § 26 Abs. 3 KostO bestimmen müßte. Wir schließen uns der Auffassung von Rohs an. Der RA, der einen Titel (Urteil des Prozeßgerichts) nach § 16 Abs. 1 Satz 1 HGB zum Zwecke der Eintragung einer Anmeldung zum Handelsregister dem Registergericht vorlegt, ü b t damit keine Tätigkeit in der Zwangsvollstreckung (wofür sich die Gebühren nach § 57 richten) aus. E r entfaltet vielmehr eine Tätigkeit im R a h m e n eines besonderen Verfahrens der freiwilligen Gerichtsbarkeit, für die er eine Vergütung nach § 118 erhält 82 ). I m gerichtlichen Verfahren auf Amtslöschung richtet sich der Wert ebenfalls nach § 8 Abs. 1 BRAGebO und damit nach § 26 KostO 83 ). I m Beschwerdeverfahren ist der Wert gemäß § 131 KostO nach § 30 KostO zu ermitteln (Schätzung nach freiem Ermessen oder Regelwert 5000 DM, ausnahmsweise höher oder niedriger) 84 ). I m Zwangsgeld- und Ordnungsgeldverfahren ist der Gegenstandswert für die RA-Gebühren ebenfalls über § 8 Abs. 1 nach § 119 KostO zu bestimmen. Maßgebend ist danach nur der Betrag des festgesetzten oder angedrohten Ordnungs- oder Zwangsgeldes (§ 119 Abs. 2 KostO) 85 ). j) Konsulargerichtsbarkeit.

62

k) Musterregistersachen.

63

1) Nachlaßsachen (§§ 72ff. FGG), wozu auch das Erbscheinsverfahren (vgl. Rz. 58) 6k sowie die Bestellung und Abberufung von Testamentsvollstreckern (wegen Gegenstandswert s. Rz. 69) gehört, ebenso die Vermittlung der amtlichen Auseinandersetzung gemäß § 85 FGG 86 ). 80

) Rpfleger 59, 230 mit Anm. von Rohs daselbst. ) Rohs in Anm. zu OLG Karlsruhe Rpfleger 59, 230. ) Vgl. auch KG MDR 71, 1020 mit weit. Nachw. 83 ) So auch Lappe/Stöber a.a.O. S 188. 84 ) Lappe/Stöber a.a.O. S 188. 85 ) So BayObLG Rpfleger 69, 254 = Büro 69, 1000 (unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Auffassung — JVB1. 60, 260 —): Wert nur die Ordnungsstrafe von 200 DM (!); Lauterbach/Hartmann Anm. 2 § 119 KostO. 86 ) S. hierzu Bayer. NachlaßG v. 9. 8. 02 B a y B S III S 114, abgedruckt bei Ostler Bayer. Justizgesetze Nr. 61, sowie NachlaßO v. 20. 3. 03 B a y B S VJu III Nr. 77 S 166, abgedruckt bei Ostler a.a.O. Nr. 62. Diese Vorschrift betrifft die amtliche Auseinandersetzung eines Nachlasses gemäß § 85 FGG. Antragsberechtigt ist jeder Miterbe sowie der Erwerber eines Erbteils sowie derjenige, welchem ein Pfandrecht oder ein Nießbrauch an einem Erbteil zusteht (§ 86 Abs. 2 FGG). Der § 192 FGG sieht vor, daß die Landesgesetzgebung bestimmen kann, daß das Nachlaßgericht die Nachlaßauseinandersetzung von Amts wegen zu vermitteln hat, wenn sie nicht binnen einer bestimmten Frist bewirkt wird. Von diesem Recht hat Bayern gemäß Art. 4 des Nachlaßges. und § 100 NachlO Gebrauch gemacht. Nach Beendigung einer ehelichen Gütergemeinschaft oder einer fortgesetzten Gütergemeinschaft finden auf die Auseinandersetzung in Ansehung des Gesamtguts die Vorschriften der §§ 86—98 FGG entsprechende Anwendung (§ 99 FGG). Dieses Auseinandersetzungsverfahren findet nur auf Antrag statt. 81 82

323

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Bei d e n in § 112 KostO bezeichneten Erklärungen gegenüber dem Nachlaßgericht wird bei der Berechnung der Gebühren, wenn eine vermögensrechtliche Angelegenheit vorliegt, der W e r t der Vermögensmasse nach Abzug der Schulden zugrunde gelegt; im übrigen ist der W e r t n a c h § 30 Abs. 2 zu bestimmen. I m Falle des § 112 Ziff. 3 (Anmeldung von F o r d e r u n g e n im Falle des § 2061 BGB) wird die Gebühr einheitlich n a c h d e m G e s a m t b e t r a g der angemeldeten F o r d e r u n g e n erhoben. Bei der Festsetzung des Geschäftswertes der (weiteren) Beschwerde im E r b scheinsverfahren des in diesem Verfahren abgeschlossenen gerichtlichen Vergleichs dient der reine N a c h l a ß w e r t des § 107 Abs. 2 K o s t O als Anhaltspunkt 8 7 ). Vgl. auch Rz. 58. 65 m) Nebenverfahren n a c h d e m FGG, z.B. wegen A u s ü b u n g der Sitzungspolizei (§ 8 FGG), Zeugnis-Zwangsverfahren (§ 15 FGG), O r d n u n g s s t r a f v e r f a h r e n (§§ 33, 132ff, 151, 159 F G G u n d gemäß §§ 78, 1788, 1837, 1875 BGB). 66 n) Das Verfahren auf G r u n d Gesetz ü b e r die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten u n d V o r s t ä n d e n der U n t e r n e h m e n des Bergbaus u n d der eisenund stahlerzeugenden Industrie v. 21. 5. 51 (BGBl. I S 347) m i t d e m ErgGesetz v. 7. 8. 56 (BGBl. I S 707). N a c h § 8 Abs. 3 Satz 4 des Ges. v. 21. 5. 51 h a n d e l t es sich u m ein Verfahren n a c h d e m F G G , f ü r das das OLG zuständig ist. Der § 145 FGG wird d u r c h § 19 des ErgGes. v. 7. 8. 56 ergänzt. 67

o) Offenbarungsverfahren n a c h §§ 259, 260, 2028, 2057 B G B (§ 163 FGG).

68 p) Schiffsregistersachen (VO z u m Schiffsregistergesetz v. 15. 11. 40 R G B l . I, 1499), wozu a u c h die Binnenschiffahrtssachen gemäß §§ 148ff F G G gehören. 69 q) F ü r das Verfahren auf Ernennung oder Entlassung des Testamentsvollstreckers (§§ 2200, 2227 BGB) b e s t i m m t § 113 K o s t O , d a ß f ü r die W e r t b e r e c h n u n g § 30 Abs. 2 K o s t O anzuwenden ist (Angelegenheiten ohne einen b e s t i m m t e n Geschäftswert, Regelwert 5000 DM). D a s h a t a u c h f ü r die RA-Gebühren bei V e r t r e t u n g des Auftraggebers in einem solchen Verfahren zu gelten, wobei wohl hauptsächlich das Verfahren auf E n t l a s s u n g des Testamentsvollstreckers d u r c h d a s Nachlaßgericht auf A n t r a g eines Beteiligten n a c h § 2227 B G B ein echtes Verfahren sein wird 8 8 ). E s k o m m t also hierfür nicht der W e r t des ganzen Nachlasses in B e t r a c h t , allerdings k a n n dessen H ö h e f ü r eine Abweichung v o m Regelwert Veranlassung geben 8 9 ). 87

) BayObLG BayJMBl. 64, 128. ) Man sollte sich aber darüber klar werden, daß bei diesem Geschäftswert der RA für seine Tätigkeit keine angemessene Vergütung in solchen arbeitsreichen Angelegenheiten erhält und daß dies nur durch eine Honorarvereinbarung ausgeglichen werden kann. 89 ) Rohs-Wedewer Anm. I I I zu § 30 KostO weisen aber bereits darauf hin, daß die Verhältnisse des Einzelfalles bei der Bemessung des Wertes angemessen zu berücksichtigen sind, insbesondere auch der Wert der in Frage kommenden Gegenstände. Ebenso führen RohsWedewer Anm. I I I zu § 30 aus, daß ein zu ängstliches Festhalten an dem Regelwert offensichtlich nicht im Sinne des Gesetzgebers liegt. Die Praxis kann daher bei der Annahme eines höheren oder geringeren Wertes als 5000 DM großzügiger verfahren. Bei der Prüfung, ob und gegebenenfalls in welchem Ausmaße eine Abweichung von dem Regelwert geboten ist, sind insbesondere der Wert des Gegenstandes, die wirtschaftliche Bedeutung und der Zweck des Geschäfts, sowie auch die persönlichen Interessen und Verhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen, so auch OLG München J F G Erg. 20, 61. Schließlich weisen auch noch 88

324

V I . Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

r) V e r f a h r e n v o r d e r S p r u c h s t e l l e n a c h d e m G e s e t z ü b e r d i e U m w a n d l u n g v o n K a p i - 7 0 t a l g e s e l l s c h a f t e n u n d b e r g r e c h t l i c h e n G e w e r k s c h a f t e n v . 12. 11. 56 ( B G B l . I 844) 9 0 ). s) Unterbringung e i n e r e n t m ü n d i g t e n P e r s o n : E i n V e r f a h r e n , d a s d i e U n t e r b r i n g u n g 71 einer e n t m ü n d i g t e n Person d u r c h d e n V o r m u n d in einer geschlossenen A n s t a l t z u m G e g e n s t a n d h a t , r i c h t e t s i c h nicht n a c h d e n U n t e r b r i n g u n g s g e s e t z e n d e r L ä n d e r , s o n d e r n ist e i n v o r m u n d s c h a f t s g e r i c h t l i c h e s A u f s i c h t s v e r f a h r e n . D i e A n w a l t s g e b ü h r e n b e r e c h n e n s i c h i n d i e s e m V e r f a h r e n n a c h § 118 9 1 ). t ) U n t e r s u c h u n g u n d V e r w a h r u n g v o n S a c h e n , P f a n d v e r k a u f (§§ 164ff F G G ) .

72

u) Vormundschafts- und Pflegschaftssachen, wozu a u c h die R e g e l u n g des Personen- 7 3 s o r g e r e c h t s g e h ö r t (§§ 3 5 f f F G G ) . W e g e n G e g e n s t a n d s w e r t s. u n t e n R z . 83,89 ff. v) Vereinssachen.

74

w ) Unterhaltspflegschaft: D i e v o r d e r K l a g e e r h e b u n g f ü r d i e E i n l e i t u n g d e r U n t e r - 7 5 haltspflegschaft e n t s t a n d e n e n R A - K o s t e n sind erstattbare notwendige Aufwendungen für den anzustrengenden Prozeß92). x) A u c h i m V e r f a h r e n n a c h d e r 40. D V O z u m U m s t G b e m e s s e n sich d i e R A - G e b ü h r e n n a c h § 118 9 3 ).

76

y) Verfahren n a c h d e m Wertpapierbereinigungsgesetz94).

77

Rohs-Wedewer A n m . I I I zu § 30 K o s t O d a r a u f hin, d a ß m a ß g e b e n d d a f ü r , ob u n d in welchem A u s m a ß von dem Regelwert von 5000 DM bei der Erteilung des Testamentsvollstreckerzeugnisses abzuweichen ist, der W e r t der der Verwaltung unterliegenden Gegenstände, die voraussichtliche D a u e r der Verwaltung, U m f a n g u n d Schwierigkeit der Tätigkeit des Vollstreckers, ihre B e d e u t u n g f ü r den Nachlaß u n d dergleichen m a ß g e b e n d ist. Vgl. dazu auch K G JVB1. 42, 62 = D N o t Z 42, 344; B a y O b L G Beschl. v. 11. 2. 58 — 1 Z 205/57. S. auch u n t e n N o t e 307. Vgl. ferner § 8 R z . 455ff. 90 ) Die in diesem Gesetz vorgesehene Spruchstelle ist das OLG, in dessen Bezirk die Gesells c h a f t (bergrechtliche Gewerkschaft) ihren Sitz h a t u n d das endgültig entscheidet (§ 30). Auf das Verfahren vor der Spruchstelle finden die Vorschriften des F G G A n w e n d u n g (§ 31). Die Kostenregelung f ü r das V e r f a h r e n treffen §§ 38, 39. Der Geschäftswert b e s t i m m t sich n a c h § 30 K o s t O . 91 ) So: OLG K a r l s r u h e AnwBl. 61, 142. Vgl. auch die A n m . von Kiemel zu OLG S t u t t g a r t N J W 61, 273 m i t weit. Nachweisen. 92 ) AG B i t b u r g AnwBl. 60, 81 mit zust. A n m . von S c h u m a n n ; LG Wiesbaden Rpfleger 64, 61 m i t Zust. von Stöber, der sich aber gegen die E r s t a t t b a r k e i t w e n d e t . 93 ) LG H a m b u r g M D R 59, 224. 94 ) Ges. V. 19. 8. 49 WiGBl. S 295 m i t Abänderungsges. v. 2. 3. 51 BGBl. I, 211 u. v. 20. 8. 53 (BGBl. I , 940) u n d Schlußgesetz v. 28. 1. 64 BGBl. I , 45. zul. geänd. 2. 3. 74 BGBl. 1,469. S. dazu Keidel § 10 F G G 1; ferner Erg. z. Gesetz u. 3. Änderungs- u n d E r g G v. 16. 11. 56 BGBl. I , 850. I m P r ü f u n g s v e r f a h r e n vor der K a m m e r f ü r Wertpapierbereinigung oder dem OLG k a n n sich der Anmelder s t a t t d u r c h die Anmeldestelle d u r c h einen R A vertreten lassen (§ 14). Die K o s t e n eines R A u n d sonstige außergerichtliche K o s t e n werden jedoch nicht e r s t a t t e t (§ 59). F ü r das Verfahren werden b e s t i m m t e K o s t e n erhoben, wobei eine volle G e b ü h r nach § 32 K o s t O berechnet wurde. Der Geschäftswert w i r d g e m . § 30 Abs. 2 K o s t O festgesetzt (Regelwert 5000 DM, ausnahmsweise höher oder niedriger, jedoch nicht u n t e r 200 DM). Wegen G r u n d s ä t z e n f ü r die W e r t b e m e s s u n g siehe OLG Düsseldorf N J W 50, 313, ebenso wegen der einfachen Beschwerde gegen den Wertfestsetzungsbeschluß. S. ferner wegen Gerichtskosten § 51 Ges. v. 20. 8. 53. F ü r das gesamte V e r f a h r e n sind die Vorschriften des F G G sinngemäß anzuwenden (§ 61). F ü r die R A - G e b ü h r e n gilt also f ü r dieses Verfahren die Vorschrift des § 118.

325

§ 118

78

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

z) F ü r Verfahren nach dem Ges. über das gerichtliche Verfahren bei Freiheitsentziehung v. 29. 6. 56 (BGBl. I, 599) gilt die Vorschrift des § 112. Vgl. aber wegen Anwendung des § 118 bei vormundschaftsgerichtlichem Aufsichtsverfahren Rz. 2 zu § 112 u. vorst. Rz. 71. 95 ).

79 za) Bei dem Verfahren auf Bewilligung der öffentlichen Zustellung einer Willenserklärung nach § 132 Abs. 2 BGB (z.B. den Ausschließungsbeschluß eines Genossen) handelt es sich um ein Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit 9 6 ). Da es sich um ein gerichtliches Verfahren handelt, sind die für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wertvorschriften auch f ü r die Berechnung der RA-Gebühren maßgebend (§ 8 Abs. 1, § 9 Abs. 1 BRAGebO). Für die Gerichtsgebühren bestimmt § 122 Abs. 1 Ziff. 2 KostO die Gebühren. Nach Abs. 2 dieser Vorschrift richtet sich der Wert nach § 30 Abs. 2 KostO (regelmäßig 5 000 DM, nach Lage der Sache niedriger oder höher, jedoch nicht unter 200 DM u n d nicht über 1 Million DM). 2. Besonders geregelte Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit 80

Die Vorschrift des § 118 findet dagegen auf einige Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit keine Anwendung, weil diese Verfahren besonders geregelt sind. Z.B.: a) Die in § 63 besonders geregelten FGG-Sachen. Das sind: 1. Hausrats verfahren, 2. Wohnungseigentumssachen, 3. Landwirtschaftssachen, 4. Regelung der Auslandsschulden. b) Vertragshilfeverfahren (siehe § 64, der dafür besondere Gebühren vorsieht). E r w ä h n t soll noch werden das amtsgerichtliche Entmündigungsverfahren, das zwar eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit ist, wofür aber § 44 die besondere Gebührenregelung enthält. Wegen der Gebühren in den vorstehend aufgezählten Angelegenheiten kann auf die Erläuterungen zu den angegebenen Vorschriften verwiesen werden. 3. Zur Gebührenberechnung a) Allgemeines

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Die Gebührenberechnung in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit erfolgt nach Abs. 1 (Gebühren je 5/io bis 10 / 10 ). Es kann dazu auf die Erläuterungen oben zu Rz. 3ff, 31 ff verwiesen werden.

82

Beschwerden im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden nicht etwa mit den 5 / 10 Gebühren des § 61 abgegolten, der hierfür nicht gilt, da er im 3. Abschnitt ent95 ) Wegen Gerichtskosten in diesem Verfahren s. § 14 des Ges. Es gelten die Vorschriften der KostO. Wegen Schuldner für die Gebühren s. § 15, wegen Kostentragungspflicht s. § 16 des Ges. Für die RAGebühren bestimmt in diesem Gesetz § 16 Abs. 2, daß die LGebOen Anwendung finden sollten. Diese Vorschrift ist durch Art X I § 4 Abs. 5 Ziff. 9 aufgehoben worden. Nunmehr gilt aber für dieses Verfahren die Vorschrift des § 112; vgl. die Erläuterungen zu § 112. Das Bayer. Verwahrungsgesetz ist nicht aufgehoben, vgl. Keidel J R 58, 198. Vgl. auch dazu die landesrechtlichen Regelungen bei Keidel Ziff. 56 zu § 1 Anm. 4 FGG sowie ferner auch BGHZ 5, 46 und wegen der bayer. Regelung Rall Rpfleger 55, 119. 96 ) Vgl. § 1 FGG und Keidel FGG Anm. 4 Ziff. 22 S 99.

326

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

halten ist. Solche Beschwerdeverfahren sind ein neuer Rechtszug, für den die Gebühren des § 118 (je 5/io bis 10 / 10 ) jedesmal erneut anfallen (§ 13 Abs. 2)97). Eine Erhöhung um 3 / 10 aus § 11 Abs. 1 Satz 2 kommt hier nicht in Betracht, weil diese Erhöhung nur im Berufungs- und Revisionsverfahren gilt. Vgl. dazu Rz. 8. b) Die Geschäftsgebühr (Abs. 1 Nr. 1) Die Geschäftsgebühr fällt auch in diesen Angelegenheiten stets an. Man wird in 83 diesen Fällen selten von der Mittelgebühr mit 7,5/io nach unten abgehen, eher wird bei länger dauernden Verfahren eine Erhöhung der Gebühr bis auf 10 / 10 eintreten können. Soweit es sich um kleinere Anträge, z.B. an das Grundbuchamt oder Registergericht, handelt, wird m a n u.U. nur die Mindestgebühr von 5/io oder eine Zwischengebühr im Satzrahmen von 5 / 10 bis ?,5 / 10 ansetzen können (vgl. oben Rz. 4ff und Rz. 31 ff sowie Rz. 50f). Zur Höhe des Gebührensatzes im Verfahren wegen Übertragung der elterlichen Gewalt nimmt das LG Dortmund 9 8 ) Stellung. Es sagt, daß ein Verfahren wegen der Übertragung der elterlichen Gewalt für jeden der Eiternteile immer von hervorragender Bedeutung sei, weil das Schicksal der leiblichen Kinder, das Recht und die Pflicht, sie zu erziehen u n d zu betreuen und die enge Verbundenheit mit ihnen in Frage steht, ganz abgesehen davon, daß durch eine Entscheidung in einem solchen Verfahren der weitere Lebensweg dieser Kinder maßgebend beeinflußt werden kann. (Seht es somit um das Schicksal von Menschen, so kann die Bedeutung der Angelegenheit in dem genannten Verfahren nur als überdurchschnittlich angesehen werden. Nach alledem rechtfertigen zwar der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit des beteiligten R A und die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Vaters keine höheren als die von dem UrkbdG festgesetzten Gebühren, jedoch entspricht es wegen der Bedeutung der Angelegenheiten der Billigkeit, daß höhere Gebühren als im Regelfall festgesetzt werden. c) Die Besprechungsgebühr (Abs. 1 Nr. 2) Diese Gebühr ist der Verhandlungsgebühr gleichzusetzen, d. h. in den streitigen 84 FGG-Sachen entsteht diese Pauschgebühr für die Wahrnehmung der Termine, und zwar in jedem Rechtszug nur einmal (vgl. oben Rz. 11 ff.). Die Mittelgebühr beträgt auch hier 7 ' 5 / l 0 (vgl. Rz.34). Für umfangreichere Sachen oder wenn mehrere Termine stattfinden, kann die Gebühr bis auf 10 / 10 erhöht werden. Ob die Gebühr auch in anderen Fällen als in streitigen FGG-Sachen anfällt, ist Tatfrage. Vgl. dazu die Erläuterungen Rz. 20ff. Wenn in einem Verfahren wegen Übertragung der elterlichen Gewalt das Gericht einen Termin zur Anhörung der Ehefrau als Zeugin bestimmt, so steht dem R A der Gegenseite, der diesen Termin wahrnimmt, zweifellos die Besprechungsgebühr zu. Wenn ein solcher Termin anberaumt wird, so ist das ein gerichtlich angeordneter Termin, der die Besprechungsgebühr auslöst. Es kann dem LG Dortmund 9 9 ) nicht gefolgt werden, wenn es der Auffassung ist, daß hier eine Besprechungsgebühr nicht verdient werden soll, weil eine Besprechung (Erörterung) nicht gerichtlich angeordnet war. Daß ein R A einen solchen Termin wahrnehmen muß, gehört zu seinen pflichtgemäßen Aufgaben zur Wahrnehmung des Mandats. Wollte m a n ihm für diese Tätigkeit 97

> Vgl. auch Schumann MDR 62, 266 zu II u. H. Schmidt Büro 62, 127. ) JVB1. 59, 261. »») JVB1. 59, 261. 98

327

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

die Besprechungsgebühr versagen, widerspricht dies dem Gesetz. I m übrigen h a t das Gericht noch übersehen, daß gemäß § 118 Abs. 1 Ziff. 2 die Besprechungsgebühr entsteht, wenn nicht nur eine mündliche Verhandlung oder Besprechung vor einem Gericht angeordnet wurde, sondern auch dann, wenn im Einverständnis mit dem Auftraggeber vor einem Gericht solche Besprechungen geführt werden. Dazu genügt es, wenn der R A pflichtgemäß u n d auftragsgemäß den festgesetzten Termin vor dem Gericht wahrnimmt. d) Die Beweisaufnahmegebühr (Abs. 1 Nr. 3) 85

Diese Gebühr entsteht ähnlich wie im Zivilprozeß oder anderen Rechtsstreitigkeiten mit der Anordnung durch das Gericht (Behörde) und wenn der R A an der Beweisaufnahme mitgewirkt hat. Wegen Einzelheiten dazu vgl. Rz. 26 sowie zu § 31 Nr. 3 100 ). Die Beweisaufnahmegebühr des § 118 wird hauptsächlich in den streitigen FGGSachen entstehen. Man beachte dazu aber auch die Vorschrift des § 34, der die E n t stehung der Beweisgebühr bei Vorlegung von Urkunden, Beiziehung von Akten oder Urkunden besonders regelt u n d auf den § 118 Abs. 1 Nr. 3 ausdrücklich verweist. e) Die Vergleichsgebühr (§ 23)

86

Auch in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit kann die Vergleichsgebühr des § 23 entstehen, die zwar im § 118 nicht besonders erwähnt ist, aber auch nicht erwähnt werden brauchte, weil die Vorschrift des § 23 allgemein für Vergleiche Anwendung findet (vgl. die Erläuterungen zu § 23 u. oben Rz. 27). 4. Zur Wertberechnung 101 )

87

Die Berechnung des Gegenstandswertes regelt § 8 (vgl. auch oben Rz. 50 f.). a) Zur Anwendung des § 8 Abs. 1

88

I m gerichtlichen Verfahren bestimmt sich der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wert Vorschriften. Wenn es sich bei den gerichtlichen FGG-Sachen um Verfahren, z.B. Erbscheineinziehung, Vormundschaftssachen, Nachlaßsachen, Aufgebotsverfahren zum Zwecke der Todeserklärung, usw. handelt, d a n n kommen die für die Gerichtsgebühren geltenden Vorschriften zur Anwendung (§ 8 Abs. 1). Für FGG-Sachen bedeutet dies, daß die Vorschriften der KostO anzuwenden sind. Dies gilt auch dann, wenn es sich um nichtstreitige Sachen handelt; denn das Verfahren (die Instanz) beginnt entweder mit dem Einlauf oder der Entgegennahme des Auftrags (Antragsverfahren) oder damit, daß das Gericht in irgend einer Weise mit einer Sache befaßt wird (Amtsverfahren). Die Instanz endet in der Regel mit dem Erlaß einer das Verfahren oder einen bestimmten Abschnitt desselben abschließenden Verfügung 102 ). Die Beschwerdeinstanz beginnt mit der Einlegung der Beschwerde 103 ).

89

Soweit aber für die Gerichtsgebühren keine Wertvorschriften vorgesehen sind, k o m m t § 8 Abs. 2 zur Anwendung, der wieder eine Reihe von Wertvorschriften der KostO für anwendbar erklärt (vgl. oben Rz. 50). Nicht erwähnt ist dabei u.a. der 10

°) ) 102 ) 1M ) 101

328

Wegen der Notwendigkeit einer förmlichen Beweisaufnahme s. KG N J W 61, 2066. Vgl. dazu Bink Büro 59, 95, 148; Schmidt Büro 62, 379. Keidel Vorbem. l a zu §§ 8—18 FGG. Keidel a.a.O.; OLG München Rpfleger 52, 43.

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

§ 30 K o s t O (nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten). D a f ü r sieht § 8 Abs. 2 Satz 2 eine besondere Regelung vor (Regelwert 4000 DM, Mindestwert 300 DM, Höchstwert 1 Million DM). Trotzdem ist aber § 30 KostO auch f ü r die Feststellung des Gegenstandswertes häufiger anzuwenden, weil die Vorschriften der K o s t O vielfach auf diese B e s t i m m u n g verweisen. So sieht z.B. § 94 KostO 1 0 4 ), der ebenfalls f ü r die Gerichtsgebühren u n d d a m i t f ü r die R A G e b ü h r e n gilt, f ü r folgende einzelne Verrichtungen des Vormundschaftsgerichts f ü r die E r m i t t l u n g des Geschäftswertes die A n w e n d u n g des § 30 Abs. 2 KostO vor: f ü r Entscheidungen über den U n t e r h a l t eines Kindes nach § 1612 B G B ; f ü r die Tätigkeit des Vormundschaftsgerichts im Fall der Wiederverheiratung des Vaters oder der M u t t e r ; f ü r die Ü b e r t r a g u n g der elterlichen Gewalt oder ihrer Ausübung, f ü r die Ü b e r t r a g u n g des Rechts, f ü r die Person oder d a s Vermögen des K i n d e s zu sorgen, sowie f ü r E n t scheidungen n a c h § 1634 Abs. 2 B G B ; f ü r die Ü b e r t r a g u n g der Entscheidungsbefugnis in den persönlichen u n d vermögensrechtlichen Angelegenheiten des K i n d e s ; f ü r die A n o r d n u n g auf H e r a u s g a b e des Kindes a n einen E l t e r n t e i l ; f ü r die E r s e t z u n g der Einwilligung der M u t t e r zur Ehelichkeitserklärung; f ü r die E r s e t z u n g der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters oder des Sorgeberechtigten zur E i n g e h u n g der E h e oder zur Genehmigung des gesetzlichen Vertreters zu einer ohne seine Einwilligung geschlossenen E h e ; f ü r die Ersetzung der Einwilligung oder Genehmigung eines V o r m u n d s oder Vertreters wird eine G e b ü h r nicht erhoben. Zu § 94 Ziff. 4 K o s t O noch folgende B e m e r k u n g e n : 90 Die Beschwerde gegen die Ablehnung eines Antrages auf Sorgerechtsänderung ist ein durchschnittlicher Fall von nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten. Geht es dabei u m die B e s t i m m u n g über die Ausbildung u n d Berufswahl eines 16 jährigen J u n g e n u n d m a c h e n die Auseinandersetzungen der E l t e r n eine größere Beweisaufn a h m e notwendig, so hält sich die Sache nach B e d e u t u n g u n d U m f a n g , insbesondere n a c h d e m Interesse der Beteiligten im Mittelfeld zwischen den f ü r solche Angelegenheiten d e n k b a r e n Grenzbereichen. Die R ü c k n a h m e der Beschwerde in einem fortgeschrittenen S t a d i u m des Verfahrens ä n d e r t d a r a n nichts. Sind endlich auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Eltern nicht ungewöhnlich günstig oder ungünstig, so ist der Regelwert von 5000 DM (!) angemessen. Auf die wirtschaftlichen Auswirkungen k o m m t es bei der Bewertung nichtvermögensrechtlicher Angelegenheiten grundsätzlich nicht an 1 0 5 ). F ü r die RA-Gebühren sind deshalb in diesen meist arbeitsreichen Sachen Honorarvereinbarungen unerläßlich! 104 ) Wegen Gerichtskosten nach § 94 Abs. 1 Nr. 3 KostO s. BayObLG Beschl. v. 24. 5. 61 — 1 Z 194/60 —. Wegen Anfechtung des Beschlusses nach § 94 Abs. 3 Satz 2 KostO s. BayObLG Rpfleger 63,

208.

Wegen kostenrechtlicher Betrachtung des FamRÄndG 1961 s. Mümmler JVB1. 63, 46. Vgl. ferner Wedewer JVB1. 62, 49. Der Gegenstandswert der vormundschaftsgerichtlichen Genehmigung für eine Darlehensaufnahme (200000 DM für Bauvorhaben) soll nur nach dem Anteil des Mündels ( 3 / s = 75000 DM) zu bemessen sein, was wir für bedenklich halten, OLG Karlsruhe Rpfleger 64, 383. Es wird darauf ankommen, ob und inwieweit das Mündel auch für den seinen Anteil am Gesamtdarlehen übersteigenden Betrag noch die Mithaftung übernehmen muß. Dann müßte in jedem Falle auch der Gegenstandswert für die Einholung der Genehmigung diesen Umstand mit berücksichtigen. 105 ) BayObLG BayJMBl. 59, 202 = Rpfleger 60, 99; s. femer Beschl. v. 1. 4. 60 — 2 Z 13/60 — N J W 60, 1908. Das LG Essen Büro 60, fjO hält nach Zweck, Wichtigkeit und Auswirkung der vormundschaftsgerichtlichen Entscheidung betr. die Übertragung der elterlichen Gewalt einen Geschäfts329

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Die Vorschrift des § 30 Abs. 2 K o s t O ist zwar im wesentlichen mit § 8 Abs. 2 Satz 2 übereinstimmend, jedoch ist als Regelwert nach der KostO 5000 DM vorgesehen, dagegen nach § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO nur 4000 DM, u n d es beträgt der Mindestwert nach § 30 Abs. 2 KostO nur 200 DM, während § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGebO d a f ü r 300 DM bestimmt. Dagegen ist für die nach § 1643 BGB erforderliche vormundschaftsgerichtliche Genehmigung zu einem Rechtsgeschäft der Geschäftswert nach dem Wert des Gegenstandes zu bestimmen, auf den sich das Rechtsgeschäft bezieht; ist der Fürsorgebedürftige an dem Gegenstand des Rechtsgeschäfts nur mitberechtigt, so ist der Wert seines Anteils maßgebend; bei Gesamthandsverhältnissen ist der Anteil entsprechend der Beteiligung an dem Gesamthandvermögen zu bemessen (§ 95 Abs. 2 Satz 1 KostO 106 ). 91

F ü r Verfügungen des Vormundschaftsgerichts nach § 112, § 1629 Abs. 2, § 1631 Abs. 2, §§ 1645, 1674, 1693, § 2282 Abs. 2, § 2290 Abs. 3, §§ 2347, 2351 BGB, sowie für sonstige Fürsorgetätigkeiten des Vormundschaftsgerichts für ein unter elterlicher Gewalt stehendes Kind bestimmt sich der Wert wiederum gemäß § 95 Abs. 2 Satz 2 nach § 30 Abs. 2 KostO.

92

Der Geschäftswert der Kindergeldauszahlungsanordnung, die wiederkehrende Leistungen betrifft und der Erfüllung des Unterhaltsanspruchs des nichtehelichen Kindes gegen den Vater dient, wird in entsprechender Anwendung des § 24 Abs. 4 KostO bestimmt (Jahresbetrag des Bezugswerts der Kindergeldauszahlungsanordnung) 107 ). Es wird zunächst auf § 30 Abs. 1 KostO Bezug genommen (vermögensrechtliche Angelegenheit nach freiem Ermessen oder durch Schätzung nach § 30 Abs. 2 KostO auf der Grundlage des Regelwertes zu bestimmen). Geht aber der Streit u m einen feststellbaren Geldbetrag, so wird dieser Geldbetrag regelmäßig den Ausgangsp u n k t auch für den auf der Grundlage des § 30 Abs. 1 KostO festzusetzenden Geschäftswertes bilden 108 ). Dabei macht es keinen Unterschied, ob dieser Geldbetrag rein rechnerisch oder unter Zuhilfenahme der §§ 19ff KostO festzustellen ist.

93

Zwangsgeldverfahren — Handelsregister — Vormünder — Pfleger — Beistände Zur Erzwingung einer Anmeldung zum Handelsregister, der Zeichnung von Unterschriften, Einreichung von Schriftstücken usw. (§ 14 HGB, §§ 303, 304 AktG), Untersagung des unbefugten Gebrauchs einer Firma (§ 37 Abs. 1 HGB) sowie zur Erzwingung von Anmeldungen usw. zum Schiffsregister (§§ 19, 33 SchiRegO) 109 ) findet ein Zwangsgeldverfahren (Registerzwangsverfahren) s t a t t (§§ 132ff, §§ 140, 159 FGG). Die Vorschrift des § 119 Abs. 2 KostO bestimmt als Gegenstandswert für die Berechnung der Gerichtsgebühren den Betrag des angedrohten oder angeordneten Ordnungsoder Zwangsgeldes.

wert von (damals) 2000 DM als angemessen. Dies gilt auch bei weniger günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen der Beteiligten. Das AG München — Beschl. v. 6. 2. 61 — X b 302/60 — hat ausgesprochen, daß nach § 94 Abs. 2 i. Verb, mit § 30 Abs. 2 KostO in diesen Fällen der Regelwert mit 3000 DM (also jetzt 5000 DM) anzunehmen ist. Vgl. auch LG München I I Beschl. v. 22. 3. 61 — 1 T 58/61 — ; desgl. H. Schmidt Büro 61, 324. 106 ) Zu § 95 KostO Abs. 1 Nr. 3 vgl. auch Bink Büro 59, 95. 107 ) BayObLG v. 6. 3. 64 — BReg. 1 Z 161/63 —. 108 ) BayObLGZ 60, 228, 490. 109 ) Vgl. Zusammenstellung bei Keidel Anm. 3 § 132 FGG.

330

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

Die Vorschrift des § 119 gilt aber auch in anderen Fällen der Festsetzung von Ord- 94 nungsgeldern entsprechend. Sie gilt deshalb auch für die Festsetzung von Ordnungsgeldern gegen Vormünder, Pfleger, Beistände (§§ 1788, 1837, 1875, 1915 BGB) sowie gegen den Besitzer eines Testamentes nach dem Tode des Erblassers zur Ablieferung an das Nachlaßgericht (§ 83 Abs. 1 FGG) und gegen einen an der Dispache Beteiligten zur Vorlegung von Urkunden (§ 151 FGG). Dagegen gelten die Bestimmungen des § 119 KostO nicht für die Festsetzung von Ordnungsgeldern gegen Zeugen und Sachverständige (§ 119 Abs. 5 KostO). Dafür gilt die ZPO 110 ) bzw. § 15 FGG. Für die Vertretung eines Auftraggebers in einem solchen Verfahren ergibt sich hinsichtlich der Wertberechnung somit die dringende Notwendigkeit einer Honorarvereinbarung, sonst ist gemäß § 119 Abs. 2 KostO, der über § 8 Abs. 1 BRAGebO Anwendung findet, der Gegenstandswert nur nach der Höhe des Zwangs- oder Ordnungsgeldes anzunehmen 1 1 1 ). Die Gerichtsgebühren für das Beschwerdeverfahren in FGG-Angelegenheiten be- 95 stimmen sich nach § 131 KostO. Nach § 131 Abs. 2 ist der Wert in allen Fällen nach § 30 KostO zu bestimmen, und zwar gilt das sowohl für vermögensrechtliche als auch für nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten. Der Wert ist aber lediglich in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten nach § 30 Abs. 2 (Regelwert 5000 DM) festzusetzen. I n vermögensrechtlichen Angelegenheiten dagegen richtet sich der Wert nach § 30 Abs. 1, so daß bei genügenden Anhaltspunkten eine Schätzung nach freiem Ermessen zu erfolgen hat 112 ). Die Verweisung auf § 30 schließt auch die unmittelbare Anwendung anderer für Sonderfälle geltenden Bestimmungen aus 113 ): Da nach § 8 Abs. 1 BRAGebO im gerichtlichen Verfahren die Wert Vorschriften, die für die Gerichtsgebühren gelten, auch für die Berechnung der RA-Gebühren maßgebend sind 114 ), so muß der R A sich damit abfinden, daß für seine Gebühren auch der vom Gericht meist zu gering angenommene Gegenstandswert gilt. Wenn er in diesen Angelegenheiten eine Honorarvereinbarung übersieht, schädigt er sich selbst. Dagegen sind für Beschwerden gegen die Festsetzung des Geschäftswertes zwar eben- 96 falls die Vorschriften § 131 Abs. 2, § 30 KostO anzuwenden, jedoch ist nicht vom Regelwert auszugehen, da hier der Streit u m einen festen oder feststellbaren Geldbetrag geht. Die Bedeutung des Rechtsmittels für die Beteiligten und das damit verfolgte Interesse des Beschwerdeführers wird durch diesen Betrag voll verkörpert, so daß die sonstigen Umstände des Falles daneben für die Bewertung in keiner Weise ins Gewicht fallen 115 ). Z.B. ist die Differenz der beiderseitigen RA-Gebühren bei einem

HO) Vgl. dazu LG Frankenthal N J W 61, 1363. Wegen Beschwerden gegen v o m Schiedsm a n n ausgesprochene Ordnungsstrafen s. Schmidt Büro 61, 583 (§ 61, ist aber falsch). Wegen Beschwerde des Zeugen wegen Ordnungsstrafe s. SehlHOLG S c h l H A 62, 84. Wegen Beschwerde gegen Ordnungsstrafbeschluß in Strafsachen vgl. LG Wiesbaden Büro 62, 98 (nicht § 118, sondern § 91). m ) B a y O b L G Büro 69, 1000 unter Aufgabe seiner früheren gegenteiligen Auffassung JVB1. 60, 260. 112 ) Vgl. dazu K G Rpfleger 60, 98 = N J W 60, 778 und OLG K ö l n Rpfleger 60, 97 mit A n m . v o n R o h s a.a.O. S. 99. 113 ) OLG H a m m Rpfleger 60, 96 und OLG K ö l n Rpfleger 60, 97 mit Abi. der gegent. Auffassung v o n K W A L 4. Aufl. A n m . 4 § 131 KostO. Vgl. auch B a y O b L G Beschl. v. 12. 5. 64 — 1 Z 156/60. 114 ) Vgl. auch OLG K ö l n Rpfleger 60, 98. 115 ) B a y O b L G N J W 60, 1908. 331

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

festgesetzten Geschäftswert v o n 5000 D M d a n n d e m auf 1000 D M h e r a b g e s e t z t e n Ges c h ä f t s w e r t gegenüberzustellen u n d die Gebühren-Differenz als G e s c h ä f t s w e r t f ü r dieses B e s c h w e r d e v e r f a h r e n festzusetzen. D a s Gericht h a t hierbei o f f e n b a r die f r ü h e r e R e c h t s p r e c h u n g des R G zu dieser F r a g e übersehen 1 1 6 ), d a s den W e r t f ü r die Streitw e r t b e s c h werden n u r n a c h d e m s u b j e k t i v e n Parteiinteresse, also d e m des A n t r a g stellers u n d somit n u r n a c h der Differenz der H ö h e der G e b ü h r e n dieses R A bemessen h a t . W e g e n G e s c h ä f t s w e r t bei Beschwerden n a c h § 156 K o s t O vgl. R z . 110. Gegen die F e s t s e t z u n g des Beschwerdewertes d u r c h d a s m i t einer Sachbeschwerde b e f a ß t e L G ist die erste, n i c h t die weitere Beschwerde gegeben 1 1 7 ). b) Zur Anwendung des § 8 Abs. 2 97

W e n n es sich nicht u m ein gerichtliches Verfahren h a n d e l t , d a n n ist die V o r s c h r i f t des § 8 Abs. 2 a n z u w e n d e n , d.h. es finden verschiedene V o r s c h r i f t e n der K o s t O Anw e n d u n g (§ 18 Abs. 2, §§ 19—25, § 39 Abs. 2). P r a k t i s c h wird die T ä t i g k e i t des R A in solchen Sachen wohl s t e t s ein „gerichtliches V e r f a h r e n " betreffen, so d a ß die Anwend u n g des § 8 Abs. 2 seltener ist (vgl. die E r l ä u t e r u n g e n zu § 8 Rz. 461ff S 391ff). 5. Die Kostentragungs- und -Erstattungspflicht (§ 13a FGG) 118 )

98

F ü r diejenigen Angelegenheiten, welche d u r c h (Reichs-) Bundesgesetz den Gericht e n ü b e r t r a g e n sind, regelt die K o s t e n t r a g u n g s - u n d - E r s t a t t u n g s p f l i c h t i m V e r h ä l t n i s der Beteiligten z u e i n a n d e r der § 13a F G G abschließend. Diese Vorschrift l a u t e t : „§ 13a 1 1 9 ) (1) Sind a n einer Angelegenheit m e h r e r e P e r s o n e n beteiligt, so k a n n d a s Gericht a n o r d n e n , d a ß die K o s t e n , die zur z w e c k e n t s p r e c h e n d e n Erledigung der Angelegenheit n o t w e n d i g w a r e n , v o n einem Beteiligten ganz oder teilweise zu e r s t a t t e n sind, w e n n dies der Billigkeit e n t s p r i c h t . H a t ein Beteiligter K o s t e n d u r c h ein u n b e g r ü n d e t e s R e c h t s m i t t e l oder d u r c h grobes Verschulden v e r a n l a ß t , so sind i h m die K o s t e n a u f zuerlegen. (2) Die V o r s c h r i f t e n des § 91 Abs. 1 Satz 2 u n d der §§ 102 120 ) bis 107 der Zivilprozeßo r d n u n g gelten e n t s p r e c h e n d . (3) U n b e r ü h r t blfeiben bundesrechtliche V o r s c h r i f t e n , die die K o s t e n e r s t a t t u n g abweichend regeln." E i n e Vorschrift, die wie e t w a § 91 Z P O , vorschreiben w ü r d e , d a ß der unterliegende Teil die d e m Gegner erwachsenen K o s t e n zu e r s t a t t e n h a t , wäre, so f ü h r t die a m t l . Begr. (vgl. 1. Aufl. S 1174) aus, der freiwilligen Gerichtsbarkeit n i c h t angemessen.

116

) RG VSen. Bd. 45, 502. " ' ) KG N J W 61, 1635 (L); ebenso BayObLG N J W 60, 1908; a.M. OLG Celle Rpfleger 60, 192; OLG Neustadt N J W 60, 2298; OLG H a m m JMB1NRW 60, 23. Vgl. auch Rohs Rpfleger 60, 104. 118 ) Dazu kann auf die ausführlichen Ausführungen von Tschischgale Rpfleger 61, 97ff aufmerksam gemacht werden. S. dazu auch Ostler BayJustizG Nr. 21 Fn. 2 ff. Die Einfügung des § 13a FGG ist durch Art. X § 4 des KostÄndG 1957 (BGBl. I, 877) auf Anregung von Keidel erfolgt, vgl. auch Rpfleger 54, 176 ff; ferner Keidel JZ 59, 354; 60, 251; 61, 370; Jansen Vorbem. u. Anm. § 13a FGG; Zimmermann Rpfleger 58, 69ff, besonders ausführlich Tschischgale Rpfleger 61, 97ff; BayObLG Rpfleger 60, 99 (Abs. 1). 119 ) § 13a FGG eingefügt durch Ges. v. 26. 7. 57 (BGBl. I, 861). Wegen Anwendung im aktienrechtlichen Auskunftsverfahren s. K G N J W 69, 1029. 12 °) § 102 ZPO wurde durch Ges. v. 27. 11. 64 (BGBl. I, 933) ersatzlos aufgehoben. 332

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ H8

A u c h w e n n a n e i n e m V e r f a h r e n d e r freiwilligen G e r i c h t s b a r k e i t m e h r e r e P e r s o n e n b e t e i l i g t s i n d , s t e h e n sie sich n i c h t i m m e r m i t g e g e n s ä t z l i c h e m I n t e r e s s e g e g e n ü b e r . V i e l f a c h e r f o l g t die B e t e i l i g u n g w e n i g e r i m I n t e r e s s e d e r j e n i g e n , d e r e n Angelegenh e i t e n in d e m V e r f a h r e n b e s o r g t w e r d e n , als i m I n t e r e s s e d e r B e t e i l i g t e n s e l b s t . I n m a n c h e n F ä l l e n h a t d a s Gesetz die K o s t e n v e r t e i l u n g m a t e r i e l l geregelt. Dies b l e i b t v o n einer p r o z e s s u a l e n R e g e l u n g d e r K o s t e n e r s t a t t u n g u n b e r ü h r t 1 2 1 ) . E s g i b t a b e r F ä l l e , in d e n e n eine p r o z e s s u a l e K o s t e n e r s t a t t u n g s p f l i c h t a n g e m e s s e n ist, z. B . w e n n ein Beteiligter ein u n b e g r ü n d e t e s R e c h t s m i t t e l einlegt o d e r s c h u l d h a f t b e s o n d e r e K o s t e n v e r a n l a ß t o d e r w e n n sich die B e t e i l i g t e n in e c h t e r S t r e i t s t e l l u n g g e g e n ü b e r s t e h e n . B e i d e r V e r s c h i e d e n h e i t d e r in B e t r a c h t k o m m e n d e n F ä l l e ist eine bis ins e i n z e l n e g e h e n d e R e g e l u n g n i c h t m ö g l i c h . E s ist v i e l m e h r n o t w e n d i g , f ü r d a s r i c h t e r l i c h e E r m e s s e n e i n e n so w e i t e n R a u m z u lassen, d a ß eine d e m E i n z e l f a l l a n g e m e s s e n e K o s t e n entscheidung gefunden werden kann122). D a die V o r s c h r i f t des § 13a F G G f ü r d i e j e n i g e n A n g e l e g e n h e i t e n d e r f r e i w i l l i g e n G e r i c h t s b a r k e i t , welche d u r c h (Reichs-) B u n d e s g e s e t z d e n G e r i c h t e n ü b e r t r a g e n sind, d i e E n t s c h e i d u n g ü b e r d i e K o s t e n t r a g u n g s - u n d E r s t a t t u n g s p f l i c h t a b s c h l i e ß e n d reg e l t , t r a t e n i n s o w e i t die e n t g e g e n s t e h e n d e n L ä n d e r v o r s c h r i f t e n u n d d a m i t i n s b e s o n d e r e A r t . 131 bis 133 B a y A G B G B u n d A r t . 9 P r F G G a u ß e r K r a f t . Sie b l e i b e n lediglich f ü r d i e v e r h ä l t n i s m ä ß i g s e l t e n e n A n g e l e g e n h e i t e n d e r freiwilligen Gerichtsb a r k e i t a u f g r u n d L a n d e s r e c h t s g ü l t i g . D a r a n ä n d e r t a u c h die T a t s a c h e n i c h t s , d a ß diese V o r s c h r i f t e n i m A G B G B e n t h a l t e n s i n d . D e r S a c h e n a c h h a n d e l t es sich u m E r g ä n z u n g s - u n d A u s f ü h r u n g s v o r s c h r i f t e n a u f g r u n d des § 200 A b s . 1 F G G , d i e i n B a y e r n i m G e g e n s a t z z u d e n m e i s t e n a n d e r e n d e u t s c h e n L ä n d e r n , die eigene Ausf ü h r u n g s g e s e t z e o d e r A u s f ü h r u n g s V O e n z u m F G G erlassen h a b e n , i h r e A u f n a h m e i n d a s A G B G B (vgl. A r t . 129 bis 139) g e f u n d e n h a b e n . S o w e i t n o c h d i e V o r s c h r i f t e n A r t . 131 bis 133 B a y A G B G B a n z u w e n d e n s i n d , bed a r f es als G r u n d l a g e f ü r die D u r c h s e t z u n g des K o s t e n e r s t a t t u n g s a n s p r u c h s n a c h A r t . 131 A G B G B keines K o s t e n a u s s p r u c h s . D i e V o r s c h r i f t d e s § 1 3 a F G G h a n d e l t v o n d e r E n t s c h e i d u n g ü b e r die P f l i c h t z u r T r a g u n g u n d E r s t a t t u n g d e r K o s t e n i m V e r h ä l t n i s d e r Beteiligten 1 2 3 ) u n t e r e i n a n d e r . E i n e E n t s c h e i d u n g ü b e r die K o s t e n e r s t a t t u n g w i r d d e n G e r i c h t e n nicht zwingend v o r g e s c h r i e b e n , v i e l m e h r w e r d e n sie ermächtigt, in A n g e l e g e n h e i t e n , a n d e n e n mehrere P e r s o n e n b e t e i l i g t s i n d , a n z u o r d n e n , d a ß d i e K o s t e n , die z u r z w e c k e n t s p r e c h e n d e n E r l e d i g u n g d e r A n g e l e g e n h e i t n o t w e n d i g w a r e n , v o n e i n e m B e t e i l i g t e n g a n z o d e r teilweise zu e r s t a t t e n s i n d , w e n n dies d e r Billigkeit e n t s p r i c h t . D e r R i c h t e r ist j e d o c h z u einer solchen A n o r d n u n g v e r p f l i c h t e t , w e n n d e r B e t e i l i g t e die K o s t e n d u r c h ein u n b e gründetes Rechtsmittel oder durch grobes Verschulden veranlaßt h a t . D e r U m f a n g der erstattbaren Kosten w i r d d u r c h die V e r w e i s u n g a u f § 91 A b s . 1 S a t z 2 Z P O n ä h e r b e s t i m m t (§ 1 3 a A b s . 2 F G G ) .

121

) Vgl. RGZ 130, 127; 150, 39. ) So bereits die amtl. Begr., vgl. 1. Aufl. S 1174. ) Wegen Beteiligte i.S. des § 13a FGG vgl. BGHZ 31, 92 = NJYV 60, 148 = Rpfleger 60, 48 = MDR 60, 123 und Zimmermann Rpfleger 58, 71. Auch der Bezirksrevisor ist Beteiligter; daher sind bei Rücknahme einer von ihm eingelegten Beschwerde der Landeskasse die Kosten aufzuerlegen, LG Düsseldorf MDR 61,157. Voraussetzung ist also, daß mehrere Personen beteiligt sind. Hauptfall die im entgegengesetzten Interesse Beteiligten: BayObLGZ 59,33 u. 185: 63,1 (14) u. 80; Rpfleger 72,101 sowie BGHZ 28, 117 (120); Keidel FGG Rz. 6 zu § 13a. 122 123

333

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

99

Eine Kostenerstattung in eigener Sache des RA kann nicht erfolgen, da im § 13 a Abs. 2 nur auf § 91 Abs. 1 Satz 2 ZPO und nicht auch auf § 91 Abs. 2 ZPO verwiesen wird 124 ).

100

Die Vorschrift des § 13 a FGG hat eine Reihe von Zweifelsfragen aufgeworfen, die hier nur kurz angedeutet werden sollen 125 ). a) Bei Anwendung des § 13a Abs. 1 Satz 1 wird im allgemeinen davon ausgegangen, daß im Verfahren des ersten Rechtszuges jeder Beteiligte grundsätzlichseineKosten selbst zu tragen hat 126 ). Es müssen ganz besondere Gründe vorliegen, die es als billig erscheinen lassen, einem unterlegenen Beteiligten die Kosten eines anderen Beteiligten ganz oder teilweise aufzuerlegen 127 ). Darauf sollte die Anwaltschaft besonders achten, die vielfach der Meinung ist, daß auch in erster Instanz — wie in jedem anderen Zivilprozeß — die Kostenentscheidung stets zu Ungunsten des Unterlegenen ergehen müßte. Auch bei der Beratung der Partei sollte man daran denken. b) Was die Kostenentscheidung: „dieKosten des Verfahrens" bedeutet, ist umstritten. Während das KG 128 ) und andere Gerichte 129 ) die Meinung vertreten, daß damit nur die Gerichtskosten gemeint sind, sagt das BayObLG 1 3 0 ), daß der Ausspruch, daß ein Antrag „kostenpflichtig zurückgewiesen" wird auch die außergerichtlichen Kosten umfaßt. (Vgl. aber Rz. 102). c) Bei der Hauptsachenentscheidung h a t das Gericht nicht über den Anfall von Gerichtskosten — abgesehen von gesetzlich besonders vorgesehenen Fällen — zu befinden, die Entscheidung hierüber steht zunächst dem Rechtspfleger zu 131 ). d) Mehrere Schuldner der außergerichtlichen Kosten nach § 13 a Abs. 1 Satz 2 h a f t e n als Teilschuldner 132 ).

101

e) Ist nach Erledigung der Hauptsache in der Rechtsmittelinstanz über die Kosten des Verfahrens zu entscheiden, so kann eine Untersuchung, welche Entscheidung ohne die Erledigung geboten wäre, namentlich dann entbehrlich sein, wenn andere Billigkeitsgründe gegen eine Auferlegung der Kosten i.S. des § 13a Abs. 1 Satz 1 FGG sprechen. Dies wird namentlich bei Familienstreitigkeiten zutreffen; hier ist bei der Auferlegung von Kosten Zurückhaltung geboten 133 ).

124

) Vgl. dazu Rz. 18 zu § 1 (S 33) und dort Fn. 15 und 16. ) Ausführlich s. Keidel zu § 13a FGG und JZ 59, 354; 60, 251; Jansen Vorbem. und Anm. zu § 13a FGG; Zimmermann Rpfleger 58, 69 ff. 126 ) BayObLGZ 58, 22, 29; 63, 189 (190); KG Rpfleger 59, 385/386; Keidel Anm. 5c § 13a; Jansen Anm. 3 13a FGG und Rpfleger 58, 264. 127 ) OLG H a m m Rpfleger 58, 187; Keidel Anm. 5c § 13a. 128 ) Rpfleger 59, 385; 68, 152. 129 ) LG Berlin Rpfleger 59, 386; SchlHOLG SchlHA 61, 340 = Rpfleger 62, 431; Zimmermann Rpfleger 59, 387 zu 1; Jansen FGG Anm. 3a zu § 13a; Pritsch, LwVG Anm. I I I d zu § 45; K W A L KostO Anm. I 2 zu § 3. 13 °) BayObLGZ 59, 71 (75); 139 (143) = Rpfleger 59, 284. Vgl. ferner noch dazu die Anm. von Zimmermann zu LG Berlin Rpfleger 59, 386. 131 ) BayObLGZ 58, 31 = MDR 58, 350; 59, 139 = Rpfleger 59, 384 mit Anm. von Zimmermann; 59, 272/284; OLG H a m m Rpfleger 58, 57; Keidel JZ 59, 355 unter 9d. Vgl. dazu noch Jensen § 13a Anm. 4 FGG; Keidel Anm. 11c § 13a FGG. 132 ) BayObLG BayJMBl. 59, 202 (L); ausführlich N J W 60, 43 = Rpfleger 60, 167. 133 ) BayObLG MDR 61, 942 = BayObLGZ 61, 183: 63, 183 (191). 125

334

VI. Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

§ 118

f ) Billigerweise s i n d a u c h e i n e m Beschwerdeführer, d e r a l s b a l d n a c h d e r B e s c h w e r d e e i n l e g u n g die f e h l e n d e E r f o l g s a u s s i c h t seines R e c h t s m i t t e l s e i n g e s e h e n u n d d e s h a l b die B e s c h w e r d e z u r ü c k g e n o m m e n h a t , k e i n e K o s t e n a u f z u e r l e g e n 1 3 4 ) . D e r A u s s p r u c h , d a ß ein A n t r a g „ k o s t e n p f l i c h t i g " z u r ü c k g e w i e s e n w i r d , e n t h ä l t i m Zweifel j e d e n f a l l s n i c h t d i e A n o r d n u n g d e r E r s t a t t u n g a u ß e r g e r i c h t l i c h e r K o s t e n . Vgl. d a z u a u c h R z . 109.

102

g) E i n e K o s t e n e r s t a t t u n g k a n n d e n n o c h a u c h i m V e r f a h r e n z u r V e r m i t t l u n g d e r Erbauseinandersetzung a n g e o r d n e t w e r d e n . E n t g e g e n s t e h e n d e s L a n d e s r e c h t ist außer K r a f t getreten135).

103

h) E r s t a t t b a r k ö n n e n a u c h d i e v o n e i n e m B e t e i l i g t e n f ü r d i e E i n h o l u n g e i n e r Rechtsauskunft ü b e r i n t e r n a t i o n a l e s P r i v a t r e c h t e n t s t a n d e n e n K o s t e n sein 1 3 6 ).

104

i) I m W e r t f e s t s e t z u n g s v e r f a h r e n n a c h § 10 B R A G e b O u n d n a c h §§ 31, 14 K o s t O ist f ü r eine K o s t e n e r s t a t t u n g k e i n R a u m 1 3 7 ) .

105

j) D a d u r c h , d a ß in A b s . 2 d i e V o r s c h r i f t e n d e r §§ 103—107 Z P O e n t s p r e c h e n d f ü r a n w e n d b a r e r k l ä r t w u r d e n , g e l t e n s o m i t f ü r die K o s t e n f e s t s e t z u n g die a l l g e m e i n e n V o r s c h r i f t e n . D i e A n w e n d u n g dieser V o r s c h r i f t e n s e t z t a b e r e i n e n z u r Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g g e e i g n e t e n T i t e l v o r a u s , so d a ß z u n ä c h s t ü b e r die Kostentragungspflicht v o m Gericht n a c h § 13 a A b s . 1 F G G zu entscheiden ist. Diese K o s t e n e n t s c h e i d u n g m u ß e n t w e d e r z u s a m m e n m i t d e r H a u p t s a c h e n e n t s c h e i d u n g o d e r , w e n n eine solche w e g e n d e r E r l e d i g u n g d e r H a u p t s a c h e n i c h t e r g e h t , f ü r sich allein g e t r o f f e n werd e n . K e i n e s f a l l s k a n n j e d o c h eine solche E n t s c h e i d u n g a u c h n o c h n a c h r e c h t s k r ä f t i g e m A b s c h l u ß d e s g e s a m t e n V e r f a h r e n s e r f o l g e n , a u ß e r w e n n die V o r a u s s e t z u n g e n d e s § 321 Z P O ( E r g ä n z u n g d e s Beschlusses), d e r e n t s p r e c h e n d a n w e n d b a r ist, vorliegen 1 3 8 ).

106

D i e S t e l l u n g eines b e s o n d e r e n A n t r a g e s a u f E n t s c h e i d u n g d e r K o s t e n ist n a c h d e m k l a r e n W o r t l a u t d e s § 1 3 a F G G n i c h t erforderlich 1 3 9 ). k ) A u f A n t r a g ist a u c h i m K o s t e n f e s t s e t z u n g s b e s c h l u ß eine Verzinsung der K o s t e n g e m ä ß § 104 Z P O a u s z u s p r e c h e n .

134 ) LG Mannheim MDR 64, 686; s. auch OLG Nürnberg KostRsp. Nr. 5 zu § 45 LwVG. Vgl. ferner Tschischgale Rpfleger 61, 97, 104. Dagegen sagt das BayObLG Rpfleger 74, 357, daß im Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit — z.B. Ersetzungsverfahren nach § 7 Abs. 3 ErbbauVO — bei Zurücknahme einer erkennbar aussichtslosen Beschwerde regelmäßig die Kostenerstattungspflicht des Rechtsmittelführers auszusprechen ist. 135) Vgl. dazu und wegen Grundsätze für die Anordnung der Kostenerstattung bei Zurücknahme eines Antrages KG N J W 65, 1538 = Büro 66, 64. 136 ) LG Bremen Rpfleger 65, 235. 137 ) BayObLGZ 59, 272 = Rpfleger 60, 99. 138) y g j 5/io G e s c h ä f t s g e b ü h r a n n e h m e n m ü s s e n ; d e n n es h a n d e l t sich m e i s t k e i n e s w e g s u m e i n f a c h e S c h r e i b e n , so d a ß die A n w e n d u n g des § 120 a u s s c h e i d e t . Solche S c h r e i b e n p f l e g e n in d e r R e g e l m i t e r h e b l i c h e r A r b e i t v e r b u n d e n zu sein, allein s c h o n w e g e n d e r g e n a u e n F o r m u l i e r u n g d e r v e r l a n g t e n B e r i c h t i g u n g . D i e Vors c h r i f t e n d e r §§ 83ff ( G e b ü h r e n in S t r a f s a c h e n ) k o m m e n hier n i c h t z u r A n w e n d u n g , d a bei B e g i n n d e r T ä t i g k e i t w o h l nie S t r a f a n t r a g , s o n d e r n i m F a l l e d e r A b l e h n u n g d e r A u f n a h m e d e r B e r i c h t i g u n g d e r Z i v i l p r o z e ß w e g b e s c h r i t t e n w e r d e n soll ( V e r u r t e i lung zur A u f n a h m e der Berichtigung). D e r G e g e n s t a n d s w e r t b e r e c h n e t sich n a c h d e n f ü r d a s g e r i c h t l i c h e V e r f a h r e n g e l t e n d e n W e r t v o r s c h r i f t e n (vgl. § 8 A b s . 1 S a t z 2) u n d n i c h t n a c h § 8 A b s . 2 S a t z 2 (Regelw e r t 4000 D M ) . I n F r a g e k o m m t s o m i t § 12 G K G , d a es sich u m eine n i c h t v e r m ö g e n s rechtliche Angelegenheit handelt200). E s ist a u c h hier v o n e i n e m R e g e l w e r t v o n 4000 D M a u s z u g e h e n . I n d u r c h g e f ü h r t e n R e c h t s t r e i t i g k e i t e n h a b e n die G e r i c h t e d e n S t r e i t w e r t a u c h a u f 10000 D M , s o g a r a u f 2 0 0 0 0 D M f e s t g e s e t z t , w o b e i a u c h eine U n t e r s c h e i d u n g g e m a c h t w u r d e , o b es sich u m eine viel o d e r w e n i g e r gelesene Z e i t u n g h a n d e l t . Vgl. i m ü b r i g e n d a z u die E r l ä u t e r u n g e n R z . 133 zu § 8 (S 264).

139

26. Vertretung eines Bürgen i m Vergleichsverfahren: E i n e V e r g l e i c h s b ü r g s c h a f t (Garantieerklärung) k a n n mit d e m Vergleichsantrag u n d dem Vergleichsvorschlag im gerichtlichen Vergleichsverfahren bereits schriftlich d e m Gericht eingereicht werden. 199c ) Wenn ein Auftraggeber einen RA mit der Wahrnehmung einer Gesellschaftsversammlung beauftragt, dann sieht er meist seine Interessen irgendwie gefährdet, es brennt dann in der Regel. Jeder Tagesordnungspunkt, und nicht nur die Teilnahme an der Versammlung schlechthin, ist f ü r ihn wichtig. I m übrigen vgl. noch Schumann N J W 65, 338, der das Thema zum Gegenstandswert nach § 8 Abs. 2 BRAGebO behandelt. Dort m u ß t e er Meinungen widerlegen, die der Auffassung waren, er h ä t t e in einem früheren Aufsatz ( N J W 63, 1241) die Vorschr. des § 8 Abs. 2 Satz 2 nicht genügend „ausgehöhlt" bzw. wollten diese Meinungen in Anwendung des § 8 Abs. 2 Satz 1 die Vorschr. des § 20 KostO (Kaufvertrag) annehmen. Beides geht leider nicht, wenn m a n nicht dem Gesetz Gewalt a n t u n will, womit m a n weder im Gebührenprozeß noch im Strafverfahren (§ 352 StGB) Erfolg haben kann. Es kann nur immer wieder empfohlen werden, sich in solchen Fällen alsbald nach Übern a h m e des Mandats über den Gegenwert (Streitwert) Gedanken zu machen (hinterher ist es meist zu spät!). K o m m t m a n zu dem Ergebnis, daß § 8 Ab. 2 Satz 2 anzuwenden ist, dann wird man schleunigst an den Abschluß einer Honorarvereinbarung (§ 3) denken müssen, entweder Festbetrag oder Höhe der Geb. oder Höhe des Gegendstandswertes, sonst ist der Anwalt fast immer der Benachteiligte. 20 °) Vgl. auch ähnlich K G AnwBl. 56, 144. Ferner Koebel N J W 67, 535: Wertermittlung nach § 3 Z P O : Maßvoll wegen Pressefreiheit (aber doch nicht zu Lasten der RAe!).

350

VII. Sonstige Angelegenheiten

§ 118

Sie b r a u c h t d a n n i m Vergleichstermin (§ 66 VglO) n i c h t m e h r v o n d e m Vergleichsg a r a n t e n den Gläubigern k u n d g e t a n zu w e r d e n . Die G a r a n t i e e r k l ä r u n g k a n n a u c h m ü n d l i c h im Vergleichstermin abgegeben w e r d e n , d a n n ist a b e r die E r k l ä r u n g zu P r o t o koll zu n e h m e n , u m gegen den G a r a n t e n vollstrecken zu k ö n n e n (§ 85 Abs. 2 VglO). W i r d ein solcher V e r g l e i c h s g a r a n t anwaltlich v e r t r e t e n , so r i c h t e n sich die G e b ü h r e n n a c h § 118 u n d n i c h t e t w a n a c h §§ 79ff B R A G e b O . N e b e n der G e s c h ä f t s g e b ü h r des § 118 Abs. 1 Ziff. 1, die allein schon f ü r das E n t w e r f e n der V e r g l e i c h s b ü r g s c h a f t s e r k l ä r u n g e n t s t e h e n k a n n , k a n n aber a u c h die Bes p r e c h u n g s g e b ü h r e n t s t e h e n , w e n n der R A im Vergleichstermin zugegen ist 2 0 1 ). 27. Wechselangelegenheiten a u ß e r h a l b eines R e c h t s t r e i t s , z. B . w e n n der A u f t r a g erteilt wird, einen Wechsel, der d e m R A zu t r e u e n H ä n d e n ü b e r g e b e n wird, zur U n t e r z e i c h n u n g d u r c h einen D r i t t e n b e r e i t z u h a l t e n .

140

28. D a s Zulassungsverfahren zur Rechtsanwaltschaft bei der R A K g e h ö r t gebühren- 141 rechtlich zu § 118 202 ). Dagegen erfolgt die G e b ü h r e n b e r e c h n u n g f ü r d a s Zulassungsverf a h r e n vor d e m E h r e n g e r i c h t , E h r e n g e r i c h t s h o f , S e n a t f ü r A n w a l t s s a c h e n des Bundesgerichtshofes, soweit es sich n i c h t u m die Verletzung einer B e r u f s p f l i c h t h a n d e l t , gem ä ß § 110 Abs. 2 n a c h den V o r s c h r i f t e n des § 114 über d a s verwaltungsgerichtliche Verf a h r e n . Vgl. d a z u a u c h R z . 2 zu § 110 u n d R z . 1 ff. zu § 114. 29. A u c h bei V e r t r e t u n g eines A u f t r a g g e b e r s in einem V e r f a h r e n a u f Zulassung seiner Erzeugnisse zu einem Gewerbeverband r i c h t e n sich die G e b ü h r e n n a c h § 118. Der G e g e n s t a n d s w e r t ist n a c h § 8 Abs. 2 Satz 2 festzustellen. E r k a n n n u r im Wege der S c h ä t z u n g e r m i t t e l t w e r d e n , wobei zu p r ü f e n w ä r e , welche Vermögensvorteile sich f ü r den A u f t r a g g e b e r a u s der Zulassung voraussichtlich ergeben würden 2 0 3 ).

142

30. Zustellung ausländischer Schriftstücke im P a r t e i b e t r i e b e d u r c h d e u t s c h e R e c h t s - 143 a n w a l t e auf G r u n d E r s u c h e n ausländischer P a r t e i e n . E i n nicht selten v o r k o m m e n d e r Fall 2 0 4 ). Als „sonstige Angelegenheit" G e b ü h r e n n a c h § 1 1 8 ( 7,5 / 10 Mittelgebühr). E s k a n n aber a u c h die B e s p r e c h u n g s g e b ü h r anfallen, w e n n der R A die Zustellung a n den E m p f ä n g e r persönlich v o r n i m m t u n d hierbei Besprec h u n g e n s t a t t f i n d e n , wie es in der Regel der F a l l sein wird. K e i n e B e s p r e c h u n g s g e b ü h r a b e r , w e n n der R A die Zustellung /.. B. d u r c h einen seiner Angestellten v o r n e h m e n l ä ß t (§ 4, vgl. d o r t R z . 1 ff (S 173ff). Gegenstandswert: S c h ä t z u n g n a c h § 8 Abs. 2 Satz 2 (Regelwert 4000 DM). 31. Beistandsleistung für einen Zeugen. Die V e r t r e t u n g eines Zeugen ist, abgesehen v o n einigen Sonderfällen (§§ 387, 380 Abs. 3, § 381 Abs. 1 Satz 2, § 390 Abs. 3 Z P O , § 16 ZuSG, § 15 F G G ) n i c h t zulässig. Die t a t s ä c h l i c h e Beistandsleistung f ü r einen Zeugen k o m m t häufiger vor, als m a n g l a u b t . B r a u c h t ein Zeuge juristischen R a t , z.B. ü b e r B e l e h r u n g d a s Zeugnis zu verweigern u n d erscheint er deshalb im B e i s t a n d e eines A n w a l t s a n Gerichtsstelle 2 0 5 ), oder will er seine Zeugenaussage ü b e r lange zurückliegende V o r g ä n g e m i t anwaltlicher Hilfe vor-

201

) ) 203 ) 2M ) 205 ) 202

Vgl. dazu Mohrbutter Büro 60, 59. Vgl. dazu Schumann N J W 59, 1761. Vgl. auch Gerold Büro 60, 65. Vgl. dazu AnwBl. 62, 175. Wegen der Zulässigkeit vgl. bereits Friedlaender Anm. 2 § 4 RAGebO. 351

144

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

bereiten, so richtet sich der Gebührenanspruch nach § 118206). Vgl. auch Rz. 5 zu § 2. Außerdem k a n n eine solche Beistandsleistung vorkommen, wenn der Zeuge vor Gericht nicht erschienen ist, in ein Ordnungsgeld genommen wurde und diese mit Hilfe des R A beseitigt werden soll. Da es in solchen Fällen an einer ausdrücklichen Gebührenvorschrift fehlt, so k a n n nur in entsprechender Anwendung des § 118 (sonstige Angelegenheit) liquidiert werden. Soweit es sich allerdings nur u m die bloße Raterteilung handelt, ist die Gebühr nach § 20 zu bestimmen. Der Gegenstandswert muß aus § 8 Abs. 2 Satz 2 durch Schätzung ermittelt werden 207 ). Es k a n n nicht etwa der Streitwert des Prozesses angenommen werden, wenn auch u. U. dessen Höhe auf die Bedeutung der Zeugenaussage, die diese für den Ausgang des Rechtstreits hat, schließen läßt. Da eine solche Schätzung meist sehr schwierig ist, sollte man besser eine Honorarvereinbarung treffen. Wegen Ordnungsgeldverfahren nach FGG vgl. oben Rz. 61, 93. 145

32. Schadenregulierungen mit Versicherungsgesellschaften. Daß für die Tätigkeit gegenüber Versicherungsgesellschaften, wenn kein Klageauftrag erteilt worden ist, die Gebühren nach § 118 (Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr, jetzt vom Mittelwert 7 ' 5 / 10 ausgehend) und für die Mitwirkung beim Vergleichsabschluß die Vergleichsgebühr des § 23 entstehen, ist nach der bekannten BGH-Entscheidung 2 0 8 ), allgemeine Rechtsansicht geworden 209 ). Die Unfallschadenregulierung hat in letzter Zeit eine Reihe von gebührenrechtlichen Problemen aufgeworfen, die zwar gelöst werden können und müssen, die aber wohl oft unerfreulich bleiben werden. a) Zum Gegenstandswert und zum Kostenerstattungsanspruch. Streitig war mitunter, welcher Wert für die Gebührenberechnung anzunehmen ist, die Vergleichssumme oder der geltend gemachte Anspruch, über den man sich verglichen hat. Wir haben zu der Ermittlung des Gegenstandswertes in diesen Angelegenheiten ausführlich in Rz. 144ff zu § 23 Stellung genommen. Es kann darauf verwiesen werden. Wegen zweckmäßiger Vergleichsformulierung s. Rz. 146 zu § 23. b) Wegen der Frage, ob bei mehreren Teilvergleichen nur eine oder ob mehrere Angelegenheiten vorliegen, vgl. Rz. 149, 150 zu § 23 210 ). c) Übernimmt die Haftpflichtversicherung des Schädigers im Vergleichswege nur einen Teil der RA-Kosten des Geschädigten, so hat letzterer seinem R A die Differenz der nicht von der Versicherung übernommenen Kosten selbst zu erstatten (vgl. dazu Rz. 145 zu § 23). d) Verschiedene Angelegenheiten liegen vor, wenn der R A Schadenersatzansprüche aus Kfz-Unfällen zunächst außergerichtlich gegen die Haftpflichtversicherungsgesellschaft des Schädigers geltend macht und später, nachdem die Korrespondenz mit der Versicherung nicht zum Erfolg geführt hat, Klage gegen den Schädiger allein eingereicht wird. Es handelt sich hierbei nicht um dieselbe, sondern um zwei 206 ) Vgl. auch R S Vorbem. 5 zu § 31 und Rz. 2 zu § 118; OLG Hamburg MDR 71, 685 = Rpfleger 71, 269. 207 ) Vgl. R S Rz. 6 § 118. 2 8 ° ) Urt. v. 16. 5. 61 N J W 61, 1469 = AnwBl. 61, 131, 260 = J R 61, 462 = Büro 61, 447. 209) Wegen Einzelheiten vgl. dazu Rz. 144ff zu § 23 S 678ff. Vgl. dazu ferner Zusammenstellung der Rspr. im VersR 71, 25ff. „Gebührenfragen bei der Regulierung von Kfz.-Schäden". S. auch Ikinger, Vergleichsgebühr-Vergleich VersR. 72, 506ff. 210 ) Vgl. dazu ferner Gutachten R A K Koblenz AnwBl. 74, 31; AG Karlsruhe AnwBl. 75, 401; H. Schmidt AnwBl. 73, 333. S. ferner LG Mannheim AnwBl. 66, 30.

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V I I . Sonstige Angelegenheiten

§ 118

verschiedene Angelegenheiten i.S. des § 13 Abs. 2 BRAGebO. Der R A erhält in diesem Falle sowohl die Geschäftsgebühr aus § 118 Abs. 1 Ziff. 1 für die Tätigkeit gegenüber der Haftpflichtversicherung wie auch die 10 / 10 Prozeßgebühr für die eingereichte Klage gegen den Schädiger. Eine Anrechnung nach § 118 Abs. 2 hat nicht zu erfolgen. Meldet sich nach Klageeinreichung und Terminsbestimmung die Haftpflichtversicherung des Schädigers, u m nun doch mit dem R A die gegen sie gestellten Ansprüche außergerichtlich zu bereinigen, dann entsteht dem R A noch neben der 10 / 10 Prozeßgebühr und der Geschäftsgebühr auch die Besprechungsgebühr des § 118 Abs. 1 Ziff. 2. Denn die Verhandlungen werden nicht durch den im Rechtstreit verklagten Schädiger, sondern durch die bereits früher in Anspruch genommene Haftpflichtversicherung, also einen anderen Schuldner geführt, der nicht Prozeßpartei ist, mag auch die Versicherung gleichzeitig auch die Interessen ihres Versicherungsnehmers wahrnehmen. Sie wird nämlich mindestens in gleicher Weise im eigenen Namen tätig. Daß die Versicherung hierbei Erklärungen auch im Namen des Versicherten (Schädigers und Beklagten) abgeben kann, ist unbeachtlich. Somit bringen Besprechungen mit der (nicht verklagten) Haftpflichtversicherung auch die Besprechungsgebühr zur Entstehung 2 1 1 ). e) Werden vom Geschädigten auch die auf den Arbeitgeber nach dem Lohnfortzahlungsgesetz übergegangenen Schadenersatzansprüche aus § 7 StVG als adäquate Schadensfolge im Drittinteresse vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung ersetzt verlangt, dann h a f t e t der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung für die bei Geltendmachung solcher Ansprüche entstandenen RA-Kosten. Durch den gesetzlichen Forderungsübergang nach § 4 L F G geht lediglich der Geldanspruch nebst der in § 401 BGB normierten Rechte und der untrennbar mit der Forderung verknüpften, ihrer Realisierung dienenden Hilfsrechte auf den Arbeitgeber über. Das gesetzliche Schuldverhältnis zwischen dem Anspruchsteller und dem Schädiger aus § 823 Abs. 1 BGB bzw. dessen Haftpflichtversicherung bleibt aber weiterhin zwischen den Parteien des Rechtstreits bestehen 212 ). f) Nicht selten wird der RA vom Geschädigten beauftragt, die Vorfinanzierung des ihm durch den Verkehrsunfall entstandenen Schadens durch eine Bank zu betreiben. Auch hierbei handelt es sich um eine eigene gebührenrechtliche Angelegenheit, die mit den Gebühren für den eigentlichen Schadenersatzprozeß nicht abgegolten wird. Es fällt daher die Geschäftsgebühr u n d die Besprechungsgebühr neben der Prozeßgebühr an, wenn der Prozeßbevollmächtigte des Geschädigten in dessen Auftrag und Vollmacht und in dessen Einverständnis mit der Bank Verhandlungen führt 2 1 3 ). Die RA-Kosten u n d die Finanzierungskosten, die dem Geschädigten bei Verfolgung seines Schadenersatzanspruchs gegen den Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung entstanden sind, sind auch Teile des durch den Unfall verursachten Schadens 214 ) und daher vom Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung zu ersetzen 215 ). Der Gegenstandswert der Finanzierungsbemühungen richtet sich f ü r die Gebührenberechnung nach der Höhe des angeforderten Kredits216).

211

) So auch H. Schmidt AnwBl. 74, 340. ) So auch AG Hermeskeil AnwBl. 74, 50. Vgl. auch Klimke AnwBl. 75, 220 und Erwiderung dazu von H. Schmidt AnwBl. 75, 222. 213 ) Vgl. AG München AnwBl. 73, 81; 73, 119; 73, 309; 74, 51. 214 ) BGHZ 30, 154; AG Marburg AnwBl. 73, 82. 215 ) AG München AnwBl. 74, 92. 216 ) AG München AnwBl. 74, 92, 359. S. ferner AnwBl. 75, 175. 212

353

§118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

g) F ü h r t der R A mit der Haftpflichtversicherung des Schädigers fernmündliche Besprechungen für die Erwirkung einer Vorschußzahlung, so fällt dadurch die Besprechungsgebühr an und ist zu erstzen 217 ). h) Der Geschädigte verstößt auch nicht gegen seine Schadenminderungspflicht, wenn er sich zur Schadenregulierung mit seinem Kaskoversicherer eines R A bedient. Es handelt sich hierbei um einen Folgeschaden, der in einem engen Zusammenhang mit dem entstandenen Sach- oder Personenschaden steht, wobei jedoch der H a f t pflichtversicherer bei der Abwicklung der RA-Kosten nicht schlechter gestellt werden darf, wie wenn der Geschädigte den gesamten ihm zustehenden Haftpflichtschaden nur von ihm verlangt hätte. Die vom Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer zu ersetzenden RA-Kosten berechnen sich somit nach dem Wert der geltend gemachten Ansprüche einschließlich der vom Kaskoversicherer erbrachten Leistung 218 ). i) Auch Kosten, die durch Anfertigung von Ablichtungen aus Unfallstrafakten zum Zwecke der außergerichtlichen Unfallschadenregulierung entstanden sind, müssen vom Schädiger ersetzt werden; sie werden nicht durch die Geschäftsgebühr abgegolten. Soweit Ansprüche des R A auf Auslageneratz in der BRAGebO nicht geregelt sind, gilt das Auftragsrecht des BGB. Die vom Schädiger zu ersetzenden Auslagen umfassen darüber hinaus auch die Verwaltungsgebühren für die Akteneinsicht 219 ). j) Die Kosten eines Rechtsbeistandes sind seinem Auftraggeber im Falle einer außergerichtlichen Schadenregulierung nur bis zur Höhe der Sätze des Art. I X § 1 KostÄndG zu ersetzen 220 ). k) Zur Gebührenhöhe bei Unfallschaden-Regulierungen soll noch darauf hingewiesen werden, daß durchaus auch der Ansatz einer 10 / 10 Geschäftsgebühr u n d einer 10 / 10 Besprechungsgebühr gerechtfertigt sein kann, wenn die außergerichtliche Tätigkeit des R A umfangreich und schwierig war oder wenn die H a n d a k t e n des R A einen über den Normalfall hinausgehenden Umfang angenommen haben. Nicht maßgebend ist für die Erstattbarkeit der 10 / 10 Gebühren, ob der überdurchschnittliche U m f a n g der vom R A erbrachten Tätigkeit durch eine Verhaltensweise der H a f t pflichtversicherung des Schädigers bedingt gewesen ist. Entscheidend ist lediglich, ob das Unfallereignis diesen Arbeitsumfang notwendig gemacht hat 2 2 1 ). Wegen Schadenregulierungsabkommen mit der DDR vgl. Vereinbarung v. 10. 5. 73 zwischen dem Verband der Kraftfahrzeugversicherer der B R D (HUK-Verband, Hamburg) und der Staatlichen Versicherung der DDR 2 2 2 ). Wegen Erstattbarkeit der Hebegebühr bei außergerichtlicher Unfallschadenregulierung vgl. Rz. 2Off zu § 22 223 ). 217

) AG München AnwBl. 73, 151. ) KG AnwBl. 73, 404; OLG Zweibrücken AnwBl. 69, 363; LG Hanau VersR 74, 687; AG Lippstadt AnwBl. 67, 67; AG München AnwBl. 71, 361; 72, 61; AG Marburg AnwBl. 73, 82. 219 ) LG Aachen AnwBl. 73, 149; AG Adenau AnwBl. 73, 150. Vgl. dazu auch Rz.-13 zu § 27. 220 ) LG Köln AnwBl. 73, 365. 221 ) AG Köln (Schiedsurteil) AnwBl. 74, 51. Vgl. auch Rz. 145. 222 ) Der Wortlaut der Vereinbarungen ist im Bundesanzeiger Nr. 124 v. 7. 7. 73 abgedruckt. Gegen Einsendung des Betrags von DM 0,55 auf das Postscheckkonto Köln 83400-502 kann diese Ausgabe beim „Bundesanzeiger" in 5 Köln 1, Postfach 108006 bezogen werden. Vgl. dazu auch Hinw. AnwBl. 73, 290. 223 ) Vgl. ferner AnwBl. 75, 443. 218

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VII. Sonstige Angelegenheiten

§ 118

33. Vergleiche in Ehesachen (Scheidungsabkommen) 146 Es war einleuchtend, daß die vom BGH 2 2 4 ) und den gesamten Obergerichten entwickelten Grundsätze über die Anwendimg des § 118 bei Vergleichen mit Versicherungsgesellschaften auch Anwendung finden müssen bei Vergleichen über Auseinandersetzungen im R a h m e n des Ehescheidungsrechtsstreits 2 2 5 ), und zwar auch dann, wenn der Vergleich später gerichtlich protokolliert wird 226 ). Die nach § 118 verdienten Gebühren kommen dadurch nicht in Fortfall. Es hat lediglich gemäß § 118 Abs. 2 die Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die durch die Protokollierung entstehende Prozeßgebühr zu erfolgen. Die gebührenrechtlichen Auswirkungen sehen so aus: Vor der Protokollierung sind, wenn kein Klageauftrag erteilt worden ist, entstanden: 7 5 - /io Geschäftsgebühr, § 118 Abs. 1 Ziff. 1 BRAGebO '•5/io Besprechungsgebühr, § 118 Abs. 1 Ziff. 2 BRAGebO 10 / 10 Vergleichsgebühr, § 23 BRAGebO 25/ /lO

Durch die Protokollierung entstehen: 5 / 10 Prozeßgebühr, § 32. Hierauf ist die 7 ' 5 /io Geschäftsgebühr anzurechnen, so daß praktisch durch die Protokollierung keine Erhöhung oder Ermäßigung der Gebühren eintritt. N u n ist es aber möglich, daß die Bemühungen u m ein derartiges Scheidungsabkommen so umfangreich waren, daß 10 / 10 Geschäftsgebühr und 10 / 10 Besprechungsgebühr (10/io Vergleichsgebühr) anfallen können. Dann sind von der 10 / 10 Geschäftsgebühr 5 / 10 auf die 5 / 10 Prozeßgebühr anzurechnen (§ 118 Abs. 2), so daß dann die Kostenrechnung wie folgt aussehen würde: 1- 5lio Prozeßgebühr 2. 10 / 10 Geschäftsgebühr, wovon 5 / 10 auf die Prozeßgebühr anzurechnen sind 3. 4.

10/ /10

10

/ 10 Besprechungsgebühr / 10 Vergleichsgebühr •°/10 insgesamt.

10

Der BGH 2 2 7 ) hat zu der Gebührenberechnung für die Mitwirkung bei derartigen Scheidungsabkommen dahin Stellung genommen, daß die Gebühren für vermögensrechtliche Auseinandersetzung unter Eheleuten lediglich nach §§ 41, 31, 32 ( 5 / 10 Prozeßgebühr) und nicht nach § 118 BRAGebO anfallen. Mit diesem Urteil verläßt der B G H die Rechtsprechung, die er selbst zu § 118 bei Vergleichen mit Versicherungsgesellschaften entwickelt hat (vgl. oben Rz. 145 u n d ferner Rz. 144ff zu § 23 S 678ff). Wer die Struktur des Anwaltsauftrages kennt, weiß, daß die anwaltliche Tätigkeit zur Herbeiführung eines Scheidungsabkommens lediglich mit dem Ziele erfolgt, eine 224

) N J W 61, 1469 = AnwBl. 61, 131, 260 = J R 61, 462 = Büro 61, 447. ) Vgl. dazu Schumann JVB1. 62, 261 ff und N J W 63, 998 Fn. 5. Abzulehnen: OLG Celle NdsRpfl. 63, 108 = MDR 63, 605 = N J W 63, 1363 = JVB1. 63, 14; OLG Frankfurt N J W 63, 1985; OLG H a m m N J W 64, 2167, die die Struktur des Anwaltsauftrages, der in der in Fußn. 36, 37 angegebenen Rspr. richtiger gewürdigt wurde, verkennen. 226 ) Wegen der Gerichtsgeb. s. GKG Anl. 1 Nr. 1260. (ein Viertel Vergleichsgeb.). Tschischgale — Rpfleger 64,241 — ist gegen die Anwendung des § 44. a. F. (jetzt Anl. 1 Nr. 1260) GKG, womit er im Recht sein dürfte. 227 ) N J W 68, 52 mit abl. Anm. von H. Schmidt N J W 68, 702 = Büro 68, 40 = KostRsp. Nr. 25 zu § 32 mit unklarer Anmerkung von Luetgebrune. Vgl. dazu auch Schumann N J W 68, 1271 und wegen eingehender Kritik an der BGH-Entscheidung Rz. 24 zu § 41 (S 877ff). 225

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

gütliche Einigung über diese Streitpunkte herbeizuführen, ohne Klage- oder Prozeßauftrag oder Auftrag zu gerichtlicher Protokollierung zu haben. F ü r diese Tätigkeit fallen aber die Gebühren nach § 118 BRAGebO an (Geschäfts- u n d Besprechungsgebühr) u n d wenn es zum Abschluß des Vergleiches kommt, auch die Vergleichsgebühr des § 23 BRAGebO. Wir haben zu der Frage der Gebührenberechnung f ü r Scheidungsabkommen eingehend in Rz. 24 zu § 41 (S 877ff) Stellung genommen u n d uns mit der unzutreffenden Rechtsprechung des B G H auseinandergesetzt. Es k a n n auf die Erläuterungen dort verwiesen werden. Auch Tschischgale 228 ) bestätigt, daß in den Fällen, wenn die Auseinandersetzung durch eine anzustrebende gütliche Vereinbarung geregelt wird, für die Honorierung der wunschgemäß geleisteten zusätzlichen Anwaltstätigkeit die §§ 41, 31, 32 BRAGebO auszuscheiden haben, und daß dann insoweit der § 118 zur Anwendung k o m m t . Das ist aber gerade die Mehrzahl der Fälle, für die die Rechtsprechung in Fortentwicklung des bekannten Urteils des BGH 2 2 9 ) die Gebühren aus § 118 zugebilligt hatte 2 3 0 ). E s gibt noch zahlreiche andere Fälle, bei denen die Parteien überhaupt nicht die gerichtliche Protokollierung des Vergleichs wünschen, weil sie nicht wollen, daß der Inhalt der Vereinbarung offenbart wird. E i n Teil solcher Vereinbarungen f ü h r t wieder dazu, daß dieser Vergleich notariell beurkundet wird, was zwar zu einigen Mehrkosten f ü h r t , die aber in solchen Fällen für die Parteien unbedeutend sind. Daß f ü r die Mitwirkung des Anwalts die Gebühren nach § 118 anfallen, steht außer jedem Zweifel. W e n n den Anwälten weiterhin bei der gerichtlichen Protokollierung die verdienten Gebühren nach § 118 streitig gemacht werden sollten, so würden sie künftig besonders zu prüfen haben, ob eine gerichtliche Protokollierung eines solchen Vergleichs notwendig ist oder ob die privatschriftliche Vereinbarung nicht bereits genügt. Sollte dies aus bestimmten Gründen nicht der Fall sein, so wäre weiterhin zu prüfen, ob die notarielle Beurkundung nicht vorzuziehen ist. Tschischgale (s. F n . 228), auf den sich der B G H zu Unrecht beruft, vertritt ebenso wie wir den Standpunkt, daß bei Scheidungsabkommen die Gebühren des § 118 auch selbst dann anfallen, wenn schließlich die Protokollierung des ausgehandelten Vergleichs erfolgt, gegebenenfalls sogar, wenn dann naturgemäß nur bedingt die Protokollierung eines Vergleichs zwecks Titelerlangung von vornherein in Aussicht genommen war. Wir haben bereits in Rz. 24 zu § 41 (S 878) die Hoffnung ausgesprochen, daß die übrige Rechtsprechung 2 3 1 ) sich dem BGH-Urteil nicht anschließt und der B G H sie wieder aufgibt. Unabhängig davon haben wir aber a.a.O. Vorschläge f ü r die richtige Behandlung solcher Scheidungsabkommen u n d für die Formulierung der Kostenabreden gemacht. Wegen Berücksichtigung von Gebühren aus § 118 bei der gerichtlichen Kostenfestsetzung vgl. die Erläuterungen in F n . 51 zu § 41 (S 879). 228

) N J W 62, 1138, besonders zu Fn. 21; ferner Büro 65, 636. ) N J W 61, 1469 = AnwBl. 61, 133, 260; ferner sämtliche Oberlandesgerichte, vgl. dazu Schumann MDR 62, 267 Fn. 3. 230 ) Vgl. dazu OLG München N J W 62, 352 = AnwBl. 62, 72 = MDR 62, 144 = JVB1. 62, 176, gefolgt: LG München I — 1 R 311/62 und 2 R 441/62, 635/62 — ; OLG Nürnberg Büro 60, 392; OLG Hamburg Rpfleger 61, 249; OLG Düsseldorf MDR 62, 584 = AnwBl. 62, 260; LG Lübeck AnwBl. 60, 249; LG Lüneburg Büro 61, 243; LG Bielefeld AnwBl. 62, 22 = Büro 61, 552; LG Hagen AnwBl. 62, 150. 231 ) Vgl. OLG München N J W 67, 1619; MDR 62, 144; 68, 59; OLG Stuttgart N J W 69, 103, das ausdrücklich gegen den B G H Stellung nimmt. Vgl. auch OLG Köln AnwBl. 68, 91; LG Nürnberg-Fürth u. Marburg AnwBl. 68, 158ff., je mit weit. Nachw.; LG Saarbrücken AnwBl. 72, 235 mit Hinw. auf OLG Saarbrücken JB1 Saar 66, 34. 229

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VII. Sonstige Angelegenheiten

§ 118

Der Armenanwalt k a n n für die vor der Beiordnung entstandenen Gebühren aus § 118 (11. Abschnitt) nicht die Staatskasse in Anspruch nehmen 232 ). Die angefallenen Gebühren aus § 118 h a t die arme Partei selbst zu tragen (vgl. auch Rz. 26 zu § 41). 34. Einbeziehung nichtrechtshängiger Ansprüche in Vergleich über Rechtstreit. 147 Es wurde von dem Verfasser Schumann bereits früher darauf hingewiesen 233 ), daß die oben zu Rz. 145 f. erfolgte Rechtsentwicklung auch noch auf andere Fälle anzuwenden wäre, z. B. wenn in einem Rechtstreit nichtrechtshängige Ansprüche mitverglichen werden. Solche Ansprüche werden in der Regel vorher vergleichsweise ausgehandelt und weil dafür kein Klageauftrag vorliegt, so kommen auch hierfür die Gebühren des § 118 zur Entstehung. Vgl. dazu das Besprechungsbeispiel in Fn. 56 zu § 31 S 740. 35. Nicht selten kommen Verkehrsunfälle im Ausland vor, bei denen deutsche Staats- 148 bürger beteiligt sind. Oft wird ein deutscher R A zugezogen, der nicht selten weite Auslandsreisen zu unternehmen hat, wie uns aus mehreren komplizierten Fällen bekanntgeworden ist. Hier sollte m a n sich sofort Gedanken darüber machen, was das gebührenrechtlich für eine Angelegenheit ist (Strafsache mit den Gebühren der §§ 83 ff oder zivilrechtliche Sache nach § 118). Man wird d a n n in den meisten Fällen zu dem Ergebnis kommen müssen, daß nach der BRAGebO keine angemessene Vergütung herauskommen kann und m a n wird dann rechtzeitig an eine Honorarvereinbarung denken müssen. 36. H a t t e der R A Auftrag, eine Klageerwiderung f ü r eine beim auswärtigen Gericht 149 schwebende Klage zu entwerfen und als Verkehrsanwalt tätig zu sein, dann können bei ihm, wenn bei ihm Vergleichsverhandlungen geführt und die Sache verglichen wurde, keine Geschäfts- und Besprechungsgebühr aus § 118 anfallen. Seine Gebühren richten sich nach dem 3. Abschnitt der BRAGebO (§ 52). Ein Überwechseln zum 11. Abschnitt ist dann nicht möglich. I h m steht lediglich die Verkehrsgebühr und die Vergleichsgebühr (§ 23) zu. Daß es kein Überwechseln vom 3. zum 11. Abschnitt oder einen anderen gibt, wird viel zu selten beachtet und dabei wird es übersehen, rechtzeitig Honorarvereinbarungen zu treffen. Wenn jedoch bei solchen Verhandlungen auch nichtrechtshängige Ansprüche verglichen werden, dann entstehen auch Gebühren aus § 118. 37. Die Vorschrift des § 118 kommt auch zur Anwendung, wenn der R A seinen Auf- 150 traggeber (Beamten) als Beistand vertritt, der ein Dienstaufsichtsbeschwerdeverfahren gegen seinen Dienstvorgesetzten eingeleitet hat und wenn er auch an einer von der vorgesetzten Dienstbehörde anberaumten Besprechung teilnimmt (Geschäftsgebühr Besprechungsgebühr). Hier ist nicht etwa die Vorschrift des § 109 Abs. 3 anzuwenden, die nur gilt, wenn der R A als Verteidiger eines Beschuldigten im Verfahren vor dem Dienstvorgesetzten auf Erlaß einer Disziplinarverfügung tätig wird. 232 ) So die h.M., insbesondere OLG München MDR 63, 321 = JVB1. 63, 96 = AnwBl. 63, 86 mit abl. Anm. von Chemnitz; OLG Düsseldorf MDR 63, 604 (L) = JVB1. 63, 98 und JVB1. 63, 97; OLG Hamburg AnwBl. 63, 57. Es soll ferner noch auf den ausführlichen und umfassenden Beschluß des OLG München Büro 68, 44 hingewiesen werden. Dieser Beschluß befaßt sich u.a. mit den Gebühren des Armenanwalts für eine Scheidungsvereinbarung, für die der Armenanwalt gesondert beigeordnet wurde. Auch zu der Anrechnung der Gebühren aus § 118 auf die durch die Protokollierung entstandene Prozeßgebühr wird dort Stellung genommen. 233 ) Vgl. dazu Schumann JVB1. 62, 261 ff.

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§ 118

E l f t e r Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

D e r G e g e n s t a n d s w e r t ist n a c h § 8 A b s . 2 S a t z 2 B R A G e b O z u e r m i t t e l n ( R e g e l w e r t 4000 D M , e v t l . j e n a c h L a g e d e s F a l l e s h ö h e r ) ; m e i s t w i r d bei d e r B e d e u t u n g u n d d e m U m f a n g d e r S a c h e ein h ö h e r e r G e g e n s t a n d s w e r t a n z u n e h m e n sein. N o c h besser w ä r e freilich eine Honorarvereinbarung. D i e E n t s t e h u n g einer Vergleichsgebühr f ü r die B e i l e g u n g eines s o l c h e n D i e n s t a u f s i c h t s b e s c h w e r d e v e r f a h r e n s w i r d m a n v e r n e i n e n m ü s s e n , weil die P a r t e i e n ü b e r dieses d e m öffentlichen R e c h t angehörende Rechtsverhältnis nicht vertraglich verfügen k ö n n e n . D a s ist a b e r g e m ä ß § 779 B G B V o r a u s s e t z u n g f ü r einen V e r g l e i c h u n d d a m i t g e m ä ß § 2 3 A b s . 3 B R A G e b O f ü r die E n t s t e h u n g einer V e r g l e i c h s g e b ü h r 2 3 4 ) . 151

38. Vorgerichtliche Tätigkeit vor Versicherungsträgern. D i e A u f f a s s u n g , d a ß die G e b ü h r e n i m vorprozessualen V e r f a h r e n v o r d e n V e r s i c h e r u n g s t r ä g e r n sich n a c h § 118 r i c h t e n u n d n a c h e i n e m G e g e n s t a n d s w e r t z u b e r e c h n e n s i n d (§ 8 A b s . 2 S a t z 1 B R A GebO) wird aufrechterhalten235). Dagegen wird v o m BGH236) u n d ihm folgend Riedel-Sußbauer23') der S t a n d p u n k t v e r t r e t e n , d a ß R A e f ü r eine a u ß e r g e r i c h t l i c h e T ä t i g k e i t in S o z i a l v e r s i c h e r u n g s s a c h e n g r u n d s ä t z l i c h n u r die R a h m e n g e b ü h r g e m ä ß § 116, n i c h t a b e r die W e r t g e b ü h r g e m ä ß § 118 B R A G e b O v e r l a n g e n k ö n n e n . D e r V e r f a s s e r S c h u m a n n ist d e m U r t e i l des B G H in einer a u s f ü h r l i c h e n A n m e r kung238) entgegen getreten. D e r B G H s t e l l t seine E n t s c h e i d u n g d a r a u f a b , d a ß d u r c h d e n G a n g d e r Gesetzg e b u n g eine L ü c k e e n t s t a n d e n sei, die n a c h d e m S i n n u n d Z w e c k des G e s e t z e s a u s z u füllen wäre. Die Rechtsanwaltsgebühren für das vorgerichtliche Verfahren könnten n i e m a l s h ö h e r sein als f ü r d a s sozialgerichtliche V e r f a h r e n . E s sei k e i n G r u n d e r s i c h t lich, w a r u m in S o z i a l v e r s i c h e r u n g s s a c h e n v o n d e m G r u n d s a t z a b g e w i c h e n w e r d e n soll, d a ß die a u ß e r g e r i c h t l i c h e V e r t r e t u n g i m a l l g e m e i n e n billiger, in k e i n e m F a l l e a b e r t e u r e r sein d ü r f e , als v o r G e r i c h t . Z u d e m U r t e i l d e s B G H soll hier f o l g e n d e s g e s a g t w e r d e n : 1. E s k a n n k e i n e R e d e d a v o n sein, d a ß eine G e s e t z e s l ü c k e vorliegen soll 2 3 9 ). D i e v o m B G H in s e i n e n U r t e i l s g r ü n d e n g e s c h i l d e r t e E n t s t e h u n g s g e s c h i c h t e des § 116 (Ges e t z e n t w u r f § 114) 240 ) b e w e i s t n i c h t s f ü r die A n w e n d u n g d e s § 116 a u f G e b ü h r e n n a c h § 118 2 4 1 ).

234

) Vgl. Erläuterungen zu § 23 Rz. 6ff; Staudinger-Brändel Anm. 11 e zu § 779 BGB. ) Diesen S t a n d p u n k t h a t der Verfasser Schumann schon immer und auch in den von ihm im J a h r e 1963 f ü r den Bundesverband gerichtlich zugelassener Sozialversicherungs- u n d Rentenberater e.V., Frankfurt/51, aufgrund der Vorschriften der BRAGebO verfaßten und von diesem Verband 1964 mit Ergänzung (1971) herausgegebenen Gebühren-Richtlinien vertreten. Vgl. auch dazu SG Münster Zentralblatt f ü r Sozialversicherung, Sozialhilfe und Versorgung (ZfS) 65, 318; Schumann N J W 63, 3291f — Anm. zu dem Urteil des SG Düsseldorf N J W 63, 1845 — und N J W 65, 1797 — mit weiteren Nachweisen — ; B B 66, 1148; Sußbauer ZfS 66, 286; Tschischgale Büro 64, 736; a.M. aber R S Rz. 15 § 118. 236 ) BGHZ 48, 134 = N J W 67, 2312; ebenso OLG Nürnberg Büro 64, 736; KostRsp. Nr. 24 zu § 118. 237 ) Rz. 15 § 118; Rz. 4; ferner Gerold-Schmidt Rz. 13 zu 5 116. 238 ) ZfS 67, 308 ff. 239 ) Vgl. dazu Schumann ZfS 65, 449 ff Ziff. 5. 240 ) Vgl. dazu übrigens ausführlich 1. Aufl. S 1108ff. 241 ) Das h a t schon Sußbauer ZfS 66, 288 zu I I / l c / 2 c bestätigt, der die Dinge genau aus eigener Sicht kennt. 235

358

VII. Sonstige Angelegenheiten

§ 118

E s lag f ü r den Gesetzgeber keine Veranlassung vor, die Anwaltsgebühren f ü r eine außergerichtliche Tätigkeit in Sozialsachen abweichend von anderen Fällen zu regeln 242 ). Bereits vor d e m K o s t Ä n d G von 1957 w a r e n f ü r die außergerichtliche u n d f ü r die gerichtliche Tätigkeit zwei verschiedene Gesetze anzuwenden. E i n m a l f ü r die außergerichtliche Tätigkeit die einschlägigen Landesgebührenordnungen 2 4 3 ) u n d f ü r das gerichtliche Verfahren das Sozialgerichtsgesetz v o m 3. 9. 53 244 ). N a c h Ansicht des D e u t s c h e n Anwaltvereins zeige im übrigen das Gesetzesmaterial sehr deutlich, d a ß der Gesetzgeber sich der unterschiedlichen Gebührenregelung f ü r die gerichtlichen u n d die außergerichtlichen Sozialrechtsangelegenheiten b e w u ß t war, u n d besondere G r ü n d e d a f ü r h a t t e , f ü r das Gerichtsverfahren eine Sonderregelung zu treffen 2 4 5 ). Der BGH 2 4 6 ) will allerdings d a r a u s keine Schlüsse ziehen, d a ß der Gesetzgeber anläßlich der Novelle v o m 30. 6. 1965 es unterlassen habe, die damals schon b e k a n n t e S t r e i t f r a g e zu klären. U . E . zu U n r e c h t . 2. Der B G H m e i n t ferner, d e m § 118 B R A G e b O wäre i.S. des Gesetzgebers der f ü r das ganze Gebührenrecht der R e c h t s a n w ä l t e geltende Grundsatz zu e n t n e h m e n , d a ß in außergerichtlichen Angelegenheiten die Gebühren im allgemeinen niedriger, keineswegs aber höher sein sollen als im Gerichtsverfahren. E i n e n solchen G r u n d s a t z gibt es i m Gebührenrecht nicht. D a ß f ü r vorgerichtliche Tätigkeit die Gebühren d u r c h a u s höher sein können als f ü r ein gerichtliches Verfahren, sei in einigen Beispielen, die sich noch h ä t t e n erweitern lassen dargelegt: Versuche der außergerichtlichen Schuldenregelung (Gebühren bis zu 30 / 10 n a c h § 118), anschließendes K o n k u r s v e r f a h r e n , Gebühren 5 / 10 (§ 73) u n d 10 / 10 f ü r Zwangsvergleich (§ 74), z u s a m m e n also nur 15 / 10 . Vorgerichtliches Vertragshilfeverfahren, bis zu 30 / 10 Gebühren, § 118. Gerichtliches Vertragshilfeverfahren n u r 5 / 10 Gebühr (§ 64) 247 ). 3. Die S t r u k t u r der B R A G e b O ist anders, als sie der B G H gesehen h a t . Die Vorschrift des § 118 behandelt gebührenrechtlich die „ a n d e r e n " als die im 3. bis 10. Abschnitt geregelten Angelegenheiten. Die Vorschrift des § 118 ersetzt n u n m e h r die bis 1957 geltenden landesrechtlichen Gebühren Vorschriften, wozu auch die Tätigkeit im Vorverfahren vor den Versicherungsträgern gehörte 2 4 8 ). Insoweit e r k e n n t der B G H auch die Berechtigung des § 118 f ü r diese Angelegenheiten an. W e n n er aber n u n die Gebühren nicht n a c h einem Gegenstandswert, wie es § 118 vorschreibt, sondern a u s der R a h m e n g e b ü h r des § 116 (10. Abschnitt) e n t n e h m e n , also dort eine „Anleihe" m a c h e n will, so ist das gebührenrechtlich nicht möglich.

242 ) Vgl. ferner noch Sußbauer ZfS 67, 217: Zweifelsfragen aus dem Vergütungsrecht der Rentenberater für außergerichtliche Tätigkeit. 243 ) In Bayern z. B. die BayerVerwGebO von 1902, vgl. Schumann BayLGebO 1954 S 26, 307. 244 ) Vgl. dazu 1. Auflage S 1107ff. 245 ) So bereits Schumann N J W 65, 1797 Fn. 24. Dazu mag auch noch auf Schumann N J W 65, 1797 Fn. 27 hingewiesen werden: Der Schriftwechsel mit dem Berichterstatter im Rechtsausschuß des Deutschen Bundestages zu dieser Frage und der Hinweis: Keine Nachvollziehung der von der Rechtsprechung (OLG Nürnberg a.a.O.) vorgenommenen Gesetzesarbeit durch den Bundestag. 246 ) Ziff. 3a.E. der Urteilsgründe. 247 ) Auch Sußbauer (ZfS 1966, 288ff zu II/3d) weist noch auf ein treffendes Beispiel hin: Gerichtliches Verfahren bei Freiheitsentziehung mit Rahmengebühr (§ 112 BRAGebO), Verfahren vor der Verwaltungsbehörde oder dem Vormundschaftsgericht § 118 mit Wertgebühren, Gegenstandswert bis 1000000 DM). 248 ) Vgl. dazu Schumann BayerLGebO 1954 S 26, 307ff.

359

§ 1X8

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Hierdurch öffnet der B G H der übrigen Rechtsprechung Tür u n d Tor, u m auch bei anderen unpassenden Gelegenheiten „Anleihen" aus anderen Abschnitten machen zu dürfen. Dadurch gerät die gesamte Struktur der nach einzelnen Abschnitten sinnvoll aufgebauten BRAGebO in Gefahr. 4. Nur • für bestimmte sozialgerichtliche Verfahren h a t der Gesetzgeber unter Be • rücksichtigung: a) der nicht erstattbaren Aufwendungen des beklagten Versicherungsträgers, (§ 193 Abs. 4 SGG), b) der f ü r den Kläger bestehenden Kostenfreiheit für ärztliche Gutachten, Zeugen und Sachverständige usw. (§ 106 SGG) und c) der für den Kläger absoluten Kostenfreiheit des Verfahrens (§ 183 SGG) bestimmt: Als „sozialen" Ausgleich für diese Aufwendungen erhält ein obsiegender Kläger für die Prozeßführung durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand auch nur entsprechend niedrige Rahmengebühren und keine Wertgebühren erstattet. L ä ß t sich der Kläger im Prozeß nicht durch einen Rechtsanwalt oder Rechtsbeistand, sondern durch andere Personen vertreten (§ 73 SGG), dann erhält er hierfür wegen der Kostenfreiheit des Verfahrens usw. überhaupt keine Kosten erstattet. Ohne Beachtung dieses besonderen Systems der Sozialgerichtsbarkeit kann m a n die Dinge nicht richtig sehen. Die Entwicklung zeigt, daß es auch in der Sozialgerichtsbarkeit richtiger gewesen wäre, dem verlierenden Kläger die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen u n d dem obsiegenden Kläger angemessene Wertgebühren zuzubilligen. I m sozialgerichtlichen Verfahren ist — abgesehen von wenigen Ausnahmen — meist nur die Bewilligung oder die Höhe einer Rente streitig. Der Versicherungsträger h a t bereits einen Bescheid erteilt. Das Sozialgericht erforscht den Sachverhalt von Amts wegen (§ 103 SGG). Meist geht es um die Klärung von Rechtsfragen. Die Tätigkeit im Vorverfahren bei der Widerspruchstelle des Versicherungsträgers als Voraussetzung für die Sozialgerichtsklage (§ 78 SGG) besteht lediglich in der Einreichung eines Widerspruchs-Schriftsatzes. Dagegen handelt es sich bei den außergerichtlichen Tätigkeiten eines Rechtsanwalts oder Rentenberaters u m ganz andere u n d in der Regel viel umfangreichere Arbeiten, z.B. Beschaffung von Versicherungsunterlagen, Einstufung nach Fremdrentenrecht, Anträge auf Beitragsersatz, Anträge auf Feststellung von Ersatzzeiten und Ausfallzeiten, Erstellung von Rentenberechnungen sowie Zukunfts- und Rentabilitätsberechnungen zur Ermittlung der rentabelsten freiwilligen Weiterversicherung, Beratung über Rechtsfragen, Stellung von Rentenanträgen, Kontrolle von Rentenbescheiden usw. Die Hauptarbeit besteht in der Erstellung der recht schwierigen Rentenberechnungen. Erst dadurch werden alle Rechtsfragen einer Versicherung u n d ihre Auswirkungen im individuellen Falle sichtbar. Das erfordert viel weitergehende Rechtsund mathematische Kenntnisse. Bei den Mandanten der Rechtsanwälte und der Rentenberater handelt es sich keinesfalls nur um unbemittelte Rentenberechtigte, die, wie allgemein — auch vom B G H — irrtümlich angenommen wird, nur über geringe Mittel verfügen. K a u m einer der Anspruchsberechtigten benötigt den sozialen Schutz, der mit § 116 angeblich verfolgt werden soll. Der B G H hat auch hier die wahre Sachlage verkannt. Ein Schutz der Versicherten ist mit Schaffung des § 116 nicht beabsichtigt und auch nicht erforderlich. Es ging nur um einen „sozialen" Ausgleich, indem die durch die Gerichtskostenpflicht belasteten Versicherungsträger durch niedrigere erstattbare Kosten entlastet werden sollten. Dieser finanzielle Ausgleich fehlt jedoch den Rechtsanwälten u n d Rentenberatern, wenn sie außergerichtliche Tätigkeiten in Sozialversicherungssachen zu 360

VII. Sonatige Angelegenheiten

§ 118

Gebühren nach § 116 verrichten sollen. E t w a 85% der Beschäftigten sind sozial versichert. Das ist praktisch fast die gesamte arbeitende Bevölkerung. E s wäre aber falsch, annehmen zu wollen, daß die gesamte deutsche Bevölkerung vielfach nur über geringe Mittel verfüge. Zudem h a t das Versicherungsamt gemäß § 37 RVO kostenfrei Auskunft zu erteilen. Außerdem gibt es Auskunfts- und Beratungsstellen, die kostenfrei die Versicherten beraten. Dazu kommen die Gewerkschaften und Verbände, die sich mit diesen Fragen befassen u n d die gegen einen geringen Mitgliedsbeitrag die Rentenberechtigten kostenfrei beraten. Es ist daher absolut kein Grund ersichtlich, die Gebühren des § 118 für die vorgerichtliche Tätigkeit zu beschneiden, nur weil angeblich der soziale Schutz, der dem Rentenberechtigten durch die Rahmengebühren des § 116 gewährt wird, dann illusorisch werden würde, wie der B G H meint Jvgl. Urteil zu I l / l a und 2a). Durch die Vorschrift der niedrigen erstattbaren Rechtsanwalts- oder Rechtsbeistandskosten des § 116 werden nur die Versicherungsträger geschützt; denn diese haben ja in jedem Falle — auch beim Obsiegen — sämtliche Gerichtskosten zu tragen. Deshalb sind die erstattbaren Kosten des § 116 entsprechend gehalten u n d können mit den Gebühren für außergerichtliche Tätigkeiten des § 118 überhaupt nicht verglichen werden. I m übrigen aber ist es völlig unbillig, die vorgerichtliche Tätigkeit des Rechtsanwalts u n d des Rechtsbeistandes (Rentenberater) aus § 118 mit dem aus bestimmten Gründen (s. oben) für das sozialgerichtliche Verfahren geschaffenen § 116 (mit den billigen Rahmengebührensätzen) zu verquicken. Die auf die Dauer unhaltbare Kostenfreiheit in sozialgerichtlichen Verfahren hat doch wahrlich nichts mit den Gebühren aus § 118 BRAGebO zu t u n , bei denen die Dinge völlig anders liegen u n d völlig anders gestaltet sind. I m übrigen wird dabei verblieben, daß die Berufung auf § 116 und Ausschaltung der Wertgebühren des § 118 fehl geht. 5. Wenn der B G H in seinem Urteil weiterhin von den Schwierigkeiten spricht, in Sozialgerichtsstreitigkeiten einen Gegenstandswert festzusetzen, so mag demgegenüber darauf, hingewiesen werden, daß es keineswegs so schwierig ist, für die vorgerichtlichen Verfahren den Gegenstandswert zu berechnen. Das ergeben die Ausführungen des Verfassers Schumann in den Gebühren-Richtlinien für die Rentenberater — C 1—6 mit Beispielen, § 24 KostO —, die dem B G H vorgelegen haben. Es ist deshalb nicht richtig, wenn der B G H annimmt, daß die Schwierigkeiten, einen bezifferten Gegenstandswert f ü r das Vorverfahren zu ermitteln, nicht geringer wären, als im Gerichtsverfahren. Dem B G H k a n n ferner nicht gefolgt werden, wenn er meint (zu I l / l a der Urteilsgründe), daß im Sozialrecht zahlreiche Sachleistungen neben den Rentenleistungen zustehen, die sich wertmäßig in bestimmtem Betrage noch schwerer erfassen lassen. Dazu kann auf § 135 RVO hingewiesen werden, der die Regelleistungen bestimmt, u n d zwar: a) Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit; b) R e n t e n ; c) Witwen- u n d Witwenrenten-Abfindungen; d) Beitragserstattungen; e) Beiträge für die Krankenversicherung der Rentner. Bei den Positionen zu b—e sind die Gegenstandswerte völlig klar u n d s t e h e n fest. Bei der Position zu a handelt es sich u m die nach §§ 1237, 1240, 1241, 1242 RVO 361

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

durchzuführenden Maßnahmen, wie Heilbehandlung, Berufsförderung und soziale Betreuung. Eine Schätzung der Gegenstandswerte nach § 8 Abs. 2 Satz 2 (Regelsatz 4000 DM) ist nicht schwierig u n d wenn z. B. ein Übergangsgeld gewährt wird, so wird dieses durch Bescheid zugesprochen, wodurch ohnehin der Gegenstandswert feststeht. 6. Wenn der B G H zu B 7 der Urteilsgründe die Frage behandelt, daß die Rahmengebühr des § 116 — auch nach deren Anhebung im J a h r e 1965 (das gilt auch noch ebenso nach den Erhöhungen dch. das KostÄndG 1975!) — möglicherweise nicht immer der Mühe und Arbeit, die in einem solchen Verfahren aufgewendet werden müssen, gerecht wird, so muß dem beigepflichtet werden 249 ). 7. Die Folgen, die das BGH-Urteil für alle Beteiligten — auch für die Rentenantragsteller — mit sich brachte, sind so einschneidend, daß die Anwaltschaft bei dieser unzureichenden Gebührenregelung noch weniger als schon vorher interessiert ist, vorgerichtliche Tätigkeiten in Versicherungsangelegenheiten zu übernehmen 2 5 0 ). Sie werden aber die Übernahme solcher Mandate, wenn sie diese ü b e r h a u p t übernehmen, vom Abschluß einer Gebührenvereinbarung abhängig machen müssen. Die Vereinbarung m u ß enthalten, daß die Gebühren des § 1 1 8 sich nicht nach der Rahmeftgebühr des § 116, sondern nach Wertvorschriften (§§ 7, 8 BRAGebO, § 24 KostO) zu richten haben. F ü r die Rentenberater sind solche Gebührenvereinbarungen ebenso zulässig (Art. I X § 2 Abs. 2 KostÄndG) 251 ). 8. Durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) h a t nun zwar der § 116 für die Gebühren in sozialgerichtlichen Verfahren einige Änderungen erfahren, nämlich eine Erhöhung der in Abs. 1 bestimmten Rahmengebühren und in Abs. 2 für Verfahren auf Grund der Beziehungen zwischen Ärzten, Zahnärzten und Krankenkassen (Kassenarztrecht) sowie öffentlich-rechtlicher Versicherungsträger untereinander, ferner auf Grund öffentlich-rechtlicher Streitigkeiten zwischen Arbeitgebern und der Bundesanstalt für Arbeit oder einer Berufsgenossenschaft. § 116 Abs. 2 bestimmt hierfür die sinngemäße Anwendung der Vorschriften der §§ 31 ff u n d die Gebührenberechnung nach einem Gegenstandswert. F ü r alle sonstigen sozialgerichtlichen Verfahren verbleibt es aber nach wie vor dabei, daß der RA, unabhängig von dem oft großen wirtschaftlichen Interesse des Klägers (Antragstellers), nur die — trotz der eingetretenen Erhöhung des Gebührensatzrahmens zu geringen — Rahmengebühren des § 116 Abs. 1 erhält. Der Gesetzgeber hat auch die Novelle 1975 nicht zum Anlaß genommen, eine Änderung der Bestimmung des § 118 hinsichtlich der außergerichtlichen Tätigkeit des R A in sozialrechtlichen Angelegenheiten vorzunehmen bzw. eine Verweisung auf § 116 vorzunehmen. Daraus ergibt sich u E erneut, daß vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt war, die außergerichtliche Tätigkeit des R A in diesen Angelegenheiten, wie es der B G H t u n will, zwar nach § 118 zu vergüten, aber nur innerhalb des Satzrahmens des § 116. Wir halten daher den von uns bereits bisher vertretenen Standp u n k t aufrecht, daß die RA-Gebühren für eine außergerichtliche Tätigkeit in Sozialsachen sich grundsätzlich nach einem Gegenstandswert richten, also ohne Beschränkung auf die wenigen Fälle des § 116 Abs. 2 n. F. 249 ) Vgl. dazu im einzelnen die Änderungsvorschläge von Schumann in ZfS 67, 308ff. 250) y g i dazu Schumann ZfS 65, 449 ff Ziff. 7 — Verletzung des rechtlichen Gehörs der sozial Bedrängten gemäß Art. 103 Abs. 1 GG!. 251) Vgl. dazu Schumann N J W 65, 1797 Fn. 2 sowie Gebühren-Richtlinien für Rentenberater zu F / l — 5 . Das Verbot einer Gebühren Vereinbarung für Rentenberater (Rechtsbeistände) (Art. I X § 2 Abs. 2 KostÄndG 1957) ist im Zuge der Regelung durch die Novelle 1975 in Wegfall gekommen.

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

2. Zur Gebührenberechnung in den sonstigen Angelegenheiten F ü r die Gebührenberechnung in diesen Angelegenheiten gilt das in Rz. 31 ff gesagte: 152 Mittelgebühren je 7,5 / 10 , evtl. Erhöhung bis auf 10 / 10 oder Ermäßigung bis auf 5 / 10 . Wegen Anwendung des Rahmensatzes s. Rz. 31 ff. Die Geschäftsgebühr (Abs. 1 Ziff. 1) entsteht immer als Dachgebühr (vgl. Rz. 4 ff, 10. Die Besprechungsgebühr (Abs. 1 Ziff. 2) kann durchaus anfallen, wenn die Voraussetzungen gegeben sind (vgl. oben Rz. 11 ff. Eine Beweisaufnahmegebühr (Abs. 1 Ziff. 3) wird k a u m anfallen, weil in diesen Angelegenheiten wohl selten eine Behörde eingeschaltet ist. Wenn das aber dennoch der Fall sein sollte, so ist die Entstehung der Beweisaufnahmegebühr durchaus möglich (vgl. Rz. 26). Die Vergleichsgebühr (§ 23) kann freilich auch anfallen, diese beträgt dann immer 10 /io; sie fällt nicht unter den Rahmensatz des Abs. 1 (vgl. Rz. 27 und §23 Rz. 96ff). Ebenso k a n n auch die Erledigungsgebühr (10/10) gemäß § 24 entstehen (vgl. Rz. 30). 3. Anrechnung der Geschäftsgebühr (Abs. 2) Die im Abs. 2 vorgeschriebene Anrechnung der Geschäftsgebühr aus Abs. 1 Ziff. 1 153 ist zu beachten. Danach ist diese Gebühr auf diejenige entsprechende Gebühr anzurechnen, die in einem mit der bisherigen Tätigkeit zusammenhängenden, unmittelbar anschließenden gerichtlichen Verfahren ensteht, wenn es in den oben erwähnten „sonstigen Angelegenheiten" zu einem gerichtlichen Verfahren kommt. Wenn dem R A in diesem Verfahren die Prozeßgebühr aus § 31 zusteht, so m u ß er sich darauf die nach § 118 entstandene Geschäftsgebühr anrechnen lassen. Vgl. wegen Anrechnungsbeispiele oben Rz. 37, 40ff. 4. Die Wertberechnung I n diesen Angelegenheiten kommt für die Wertberechnung, soweit nicht § 8 Abs. 1 154 Satz 2 (anwaltliche Tätigkeiten, die einem gerichtlichen Verfahren vorausgehen, insbesondere für Zahlungsaufforderungen, Mahnungen, Kündigungen, Versuche der gütlichen Einigung etc.) eingreift, die Vorschrift des § 8 Abs. 2 zur Anwendung, d. h. also, daß die Vorschriften der KostO anzuwenden sind. Wegen Einzelheiten dazu k a n n auf die Erläuterungen zu § 8 Rz. 1 ff (S 213ff) und § 8 Rz. 461ff (S 39lff) verwiesen werden.

VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen) 1. Allgemeines Die Gebühren für das Entwerfen von Urkunden regeln sich gleichfalls nach den Vor- 155 Schriften des § 118. Die Notare berechnen die Gebühren f ü r diese Tätigkeit nach der Kostenordnung (KostO). Die Gebührenstaffel des § 32 KostO ist wesentlich geringer als nach der Vorschrift des § 11 BRAGebO. Wenn im § 118 Abs. 1 Ziff. 1 von „Entwerfen von U r k u n d e n " die Rede ist, so ist darunter das Entwerfen von Urkunden aller Art über ein Rechtsgeschäft zu verstehen. Gemeint sind damit im allgemeinen rechtsgeschäftliche, aber auch sonstige Erklärungen, also nicht Schriftsätze oder Briefe, obwohl auch f ü r diese die Vorschriften des §118 bzw. § 120 anzuwenden sind. 363

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Mancherlei Erklärungen bedürfen nicht einer Beurkundung oder Unterschriftsbeglaubigung durch den Notar. Sie können auch in Vollmacht durch den R A für den Auftraggeber abgegeben werden, z.B. Kündigungen, R ü c k t r i t t vom Vertrage, Anfechtung von Verträgen usw. Hierbei handelt es sich nicht um das Entwerfen von Urkunden, sondern u m die Anfertigung von Erklärungen, wofür gleichfalls die Vorschriften des § 118 anzuwenden sind. I n diesem Abschnitt soll jedenfalls nur die Gebührenberechnung f ü r das Entwerfen von Urkunden behandelt werden. Bei den zu entwerfenden Urkunden im Sinne dieser Vorschrift spielt es im übrigen f ü r die Gebührenberechnung keine Rolle, ob es sich dabei u m einseitige oder zweiseitige Rechtsgeschäfte handelt. Anders ist dies für die Gebührenberechnung des Notars, der gemäß § 36 KostO für einseitige Erklärungen 10 / 10 (in bestimmten Fällen nur 5 / 10 ) u n d für zweiseitige Erklärungen 20 / 10 berechnen kann. F ü r die Gebührenberechnung nach § 118 k a n n es freilich von Bedeutung sein, ob einseitige oder zweiseitige Erklärungen entworfen wurden. Letztere, also in der Regel Verträge, erfordern größere Mühe und Arbeit als einseitige Erklärungen. Dies wird auch bei der Bemessung der Gebühr im R a h m e n von 6 / 10 bis 10 / 10 zum Ausdruck kommen müssen (§ 12).

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2. Rechtsgeschäfte Rechtsgeschäfte sind entweder einseitige Erklärungen oder Verträge (zweiseitige Erklärungen). Die nachstehende Aufzählung ist nicht erschöpfend, es sollen nur die hauptsächlichsten Rechtsgeschäfte Erwähnung finden, u m einen Anhaltspunkt zu haben, wann solche Urkunden im Sinne des § 118 vorliegen: a) Einseitige Erklärungen

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Einseitige Erklärungen sind z.B.: a) Abtretungen b) Anerkennung der Vaterschaft (§ 1600a BGB) c) Anmeldungen zum Handelsregister, z.B. Anmeldung einer Firma oder einer Zweigniederlassung bzw. Erlöschen einer solchen, Anmeldung von Satzungen, Bestellung von Vorstandsmitgliedern, Geschäftsführern, Liquidatoren, Prokuristen d) Die Auslobung (§§ 657 ff BGB) e) Ausübung eines Vorkaufsrechtes (§ 505 BGB) f) Austritt aus der Kirche g) Ausübung eines Wiederkaufsrechtes (§ 497 BGB) h) Benennung des Vormunds oder Gegenvormunds i) Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten j) Bürgschaften k) Eidesstattliche Versicherungen zur Erlangung des Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses 1) Erklärungen gegenüber dem Grundbuchamt, z.B. Bestellung einer Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, einer Grunddienstbarkeit, eines Vorkaufsrechtes, eines Wiederkaufsrechtes, Löschungsanträge, Eintragung von Löschungsvormerkungen, überhaupt Vormerkungen jeder Art, Widerspruchseintragungen, Rangänderungen m) Erklärungen gegenüber dem Nachlaßgericht, z. B. Erbausschlagungen n) Erbscheinserklärungen o) Namenserteilung p) Pfandrechtsbestellung an beweglichen Sachen oder Rechten (§ 1274 BGB) q) Schuldanerkenntnis oder die Übernahme einer Schuld r) Schuldscheine 364

VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

s) Schuldversprechen (§§ 780, 782 BGB) t) Vollmachten, auch Generalvollmachten und Widerruf derselben u) Testamente und deren Widerruf v) Volljährigkeitserklärungen w) Unterwerfung unter die sofortige Zwangsvollstreckung x) Widerruf einer Schenkung (§ 561 BGB) y) Ferner sind Anträge erforderlich f ü r : Vereinsregister, Genossenschaftsregister, Börsenregister, Patentregister, Musterschutzrollen, Schiffsregister. b) Verträge Verträge sind zweiseitige Erklärungen. Es kann sich dabei z.B. um folgende Verträge 158 handeln: a) Abtretung von GmbH-Anteilen b) Annahme an Kindes S t a t t (§ 1741 BGB) c) Auflassungen d) Dienst-, Kauf-, Miet-, Pachtverträge e) Vertrag zugunsten eines Dritten (§ 328 BGB) f) Eheverträge g) Erbausemandersetzungen, überhaupt Auseinandersetzungen an einer Gemeinschaft, Erbschaftsverkauf, Erbverträge (§ 2276 BGB) h) Erbverzichtsverträge (§ 2346 BGB) i) Gesellschaftsverträge (auch der Vorvertrag zur Gründung) 2 5 2 ) j) Leihverträge (§ 598 BGB) k) Maklerverträge (§§ 652ff BGB) 1) Einräumung eines Nießbrauchrechtes an einem Grundstück m) Die Schenkung, falls die Annahme erklärt wird, sonst nur einseitige Erklärung n) Schiedsverträge o) Sicherungsübereignungen p) Tauschvertrag über Grundstücke q) Unterhalts- oder Leibrentenvertrag r) Verträge betr. die Übertragung eines ganzen Vermögens (§311 BGB) s) Vertragsangebote t) Verwahrungsvertrag (§ 688 BGB) u) Vertrag über die Einigung des schuldrechtlichen oder dinglichen Vorkaufsrechtes (§§ 504ff BGB) v) Vertrag über ein Wiederkaufsrecht an einem Grundstück w) Errichtung einer Stiftung 3. Die Beachtung der gesetzlichen Formvorschriften Vielfach werden die Formvorschriften, wie sie f ü r eine Reihe von Urkunden gesetz- 159 lieh vorgeschrieben sind, nicht beachtet, was die Unwirksamkeit der Urkunde zur Folge haben kann. Die Beachtung der im Gesetz für das fragliche Rechtsgeschäft vorgeschriebenen Form gilt nicht nur für den Notar, sondern auch f ü r den Rechtsanwalt, wenn er den Auftrag hat, eine solche Urkunde zu entwerfen. Es ist daher notwendig, daß sich der R A vergewissert, wann Formvorschriften für das Rechtsgeschäft bestehen.

252

) OLG München B B 58, 787.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

4. Zur Gebührenberechnung 160

161

a) Zur Höhe der Gebühren Die Gebühren betragen 5/i0 bis 10/10 (Abs. 1 Ziff. 1). E s besteht somit für die Bemessung dieser Gebühren ein Spielraum von 5/10 bis 10/,0, wobei grundsätzlich von der Mittelgebühr von 7,5/io auszugehen ist (vgl. dazu Rz. 16ff, 23 zu § 12 und oben Rz. 31 ff, 34ff). Lediglich wenn unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs der anwaltlichen Tätigkeit, der Schwierigkeit derselben und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers geringere oder höhere Gebühren als 7,5/io der Billigkeit entsprechen, ist eine Abweichung vom Mittelwert (7'5/10) vorzunehmen. Die Gebühren sind somit nach den im § 12 für die Bemessung von Rahmengebühren bestimmten Grundsätzen zu ermitteln. Das ist zunächst einmal die Handhabe, die der Gesetzgeber für die Bemessung der Höhe der Gebühr bestimmt hat (vgl. auch oben Rz. 31 ff). Wann nun eine Herabsetzung oder Erhöhung der Mittelgebühr von 7,5/io einzutreten hat, ist Tatfrage und kann nur von Fall zu Fall entschieden werden. Wenn man nur einfache, einseitige Abtretungserklärungen oder Löschungsanträge, Bürgschaftserklärungen, Handelsregisteranmeldungen, Schuldanerkenntnisse, Vollmachten u.ä. Erklärungen zu entwerfen hat, wird man nicht immer die Mittelgebühren von 7,5/10 ansetzen können, vielmehr bis auf 5/10 herabgehen müssen. J e nach Lage des Falles kann man aber auch eine Zwischenstufe von 6/io oder 7/10 annehmen. Dagegen wird man wohl in der Regel für das Entwerfen von Verträgen die Geschäftsgebühr selten unter 7 , 5 / 1 0 (Mittelgebühr) berechnen können, j a man wird hier regelmäßig die Frage zu prüfen haben, ob nicht eine Abweichung von der Mittelgebühr nach oben angezeigt erscheint. Dies wird wohl stets der Fall sein, wenn ein umfangreicher Kaufvertrag entworfen wird, oder bei schwierigen Testamenten und Erbverträgen, insbesondere aber bei Erbauseinandersetzungsverträgen sowie Gesellschaftsverträgen. Bei Dienst-, Mietoder Pachtverträgen wird es darauf ankommen, wie umfangreich und schwierig die Tätigkeit war. Auch solche Verträge können schwierig und kompliziert sein, d.h. eine Abweichung von der 7,5/10 Mittelgebühr nach oben gerechtfertigt erscheinen lassen. Aber in solchen Fällen wird man sorgfältig zu prüfen haben, ob eine Erhöhung bis zu 10/io gerechtfertigt ist. Man kann auch hier zu Zwischenstufen von 8/ bis 9/io kommen. 10 Freilich darf man bei solcher Prüfung auch nicht den Gegenstandswert ganz außer Acht lassen. Wird ein komplizierter Vertrag mit einem Gegenstandswert von 1200 DM entworfen, so beträgt die 10/10 Geschäftsgebühr dafür 74 DM. Dagegen würde der gleiche Vertrag bei einem Geschäftswert von 60000 DM bei einer 10/10 Gebühr 1150 DM kosten. Hier wird man bei diesem Geschäftswert nicht von der Mittelgebühr von 7'5/io abweichen, wenn diese Gebühr mit 862,50 DM für den Umfang der Tätigkeit ausreichend erscheint. Dagegen wird man z.B. bei schwierigen, umfangreichen und komplizierten Gesellschaftsverträgen, bei denen oft mehrere Entwürfe angefertigt werden müssen, selten unter der 10 / 10 -Gebühr bleiben, da eine geringere Gebühr keine genügende Vergütung für eine solche Tätigkeit darstellt. Hier fehlt die Angemessenheitsklausel253), die leider entgegen den Vorschlägen des Verfassers Schumann nicht in die BRAGebO aufgenommen wurde. Wenn die Begrün-

253 )

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Vgl. BayVO v. 29. 12. 23, bei Schumann BayLGebO S 90ff. S. auch oben Fn. 1 u. 2.

VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

dung (vgl. 1. Aufl. S 1154 zu Ziff. 2 letzter Absatz) sagt, daß es der Billigkeit entspricht, daß in solchen Fällen der R A den Auftraggeber über die zu erwartende Gebühr (10/io -) a u f k l ä r t , und das Honorar mit ihm erörtert, so ist das keine Lösung. Immerhin sollte m a n diese Fälle genau beachten. Wenn der R A bemerkt, daß seine Tätigkeit, namentlich bei Vertragsentwürfen, umfangreicher wird, als anfangs angenommen wurde, «o muß er rechtzeitig an eine Honorarvereinbarung denken (vgl. dazu § 3), wenn er nicht eine Unterbezahlung seiner Tätigkeit in Kauf nehmen will. Zu der Frage der Angemessenheit der Vergütung bei Rahmengebühren, wie sie auch § 118 bestimmt, n i m m t schon Feuchtwanger 2 5 4 ) Stellung. E r ist der Meinung, daß nicht nur die Leistung, sondern auch deren Schwierigkeit, ferner die Bedeutung für den Auftraggeber und dessen Vermögensverhältnisse und schließlich die Stellung des RA sowie der Erfolg bestimmte Faktoren sind, die berücksichtigt werden müssen. E r meint, daß bei einem komplizierten Vertragsentwurf, wenn der Vertrag zustandek o m m t , also ein Erfolg eingetreten ist, eher eine höhere Gebühr angemessen ist, als beim Scheitern der Vertrags Verhandlungen. Über diese Auffassung läßt sich streiten. Gewiß k a n n auch der Erfolg eine Rolle bei der Bemessung der Gebühr spielen, m u ß es aber nicht. Der R A gibt sein Bestes her, wenn er einen schwierigen Vertrag entwirft. Am Zustandekommen desselben ist er meist unbeteiligt. Deshalb seine Tätigkeit geringer zu bewerten als beim Nichtzustandekommen des Vertrages, wäre unberechtigt. Auch der Notar stellt ebenfalls seine Gebühren nicht auf den Erfolg seiner Arbeit ab. Die Meinung von Feuchtwanger, grundsätzlich die Bewertung des Erfolges vorzunehmen, kann in vielen Fällen gut sein, aber bei der Vertragstätigkeit wird sie es selten sein. Die Normalgebühr ist also die sogenannte Mittelgebühr mit 7,5 /] 0 . D a n n kommt eine Erhöhung bis zu 10 / 10 oder evtl. eine Ermäßigung in Frage, und zwar unter Berücksichtigung aller Umstände (vgl. Rz. 160). F ü r das Entwerfen von Urkunden und Verträgen entsteht zunächst einmal die Geschäftsgebühr. I n der „gleichen Angelegenheit" k a n n diese Gebühr nur einmal bis zu 10 / 10 entstehen. Mit dieser Gebühr wird die ganze Informationstätigkeit sowie der Schriftwechsel und das Entwerfen der Urkunde abgegolten. Soll z.B. ein Grundstück oder ein Geschäft mit Hilfe des R A verkauft werden, so erhält dieser dafür zunächst die Geschäftsgebühr. H a t der R A auch den Auftrag, den Vertrag zu entwerfen, so erhält er dafür nicht noch eine Geschäftsgebühr besonders. Diese Tätigkeit wird im R a h m e n der allgemeinen Geschäftsgebühr abgegolten, da es sich immer noch um „dieselbe Angelegenheit" handelt. Die Geschäftsgebühr aus § 118 Abs. 1 Ziff. 1 erhält der R A auch dann, wenn er nach Informationserteilung davon unterrichtet wird, daß sich der Auftrag erledigt h a t . Die Gebühr erwächst also nicht erst mit der Fertigung des Entwurfs der Urkunde. I m übrigen ist die Gebühr nicht nur das Entgelt für die mit dem Entwurf verbundene Arbeit, sondern ebenso Gegenleistung für die mit dem Auftrag übernommene Verantwortung f ü r die Richtigkeit des Entwurfs f ü r die Zwecke des Auftraggebers 2 5 5 ). b) Es können n u n mitunter Zweifel auftauchen, wann ein fertiger Entwurf vorliegt. 162 Dazu ist folgendes zu bemerken: Der Begriff „ E n t w u r f " ist sowohl nach der KostO als auch nach der Vorschrift des §118 der gleiche. Ein fertiger Entwurf liegt dann vor, wenn die Erklärung in eine F o r m

254

) JW 30, 1577 in Anm. zu RG zur Höhe eines Arzthonorars. ) Jonas-Melsheimer Anm. 2 zu § 145 KostO.

255

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Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

gebracht ist, die geeignet ist, der endgültigen F a s s u n g als Grundlage zu dienen 25 *). E i n e feste Regel d a f ü r , w a n n dies der Fall ist, läßt sich allerdings nicht aufstellen, u n d insofern ist die Frage, ob ein E n t w u r f angefertigt ist, T a t f r a g e , w o f ü r sich feste Regeln nicht aufstellen lassen 257 ). Freilich m u ß alles Wesentliche nach den A n g a b e n des Auftraggebers u n d den gepflogenen Besprechungen in einer zur endgültigen F a s s u n g geeigneten F o r m in einem solchen E n t w u r f e n t h a l t e n sein, aber das Fehlen solcher Angaben, die leicht u n d ohne besondere Kenntnisse u n d E r f a h r u n g e n zu ergänzen sind, schließt das Vorliegen eines fertigen E n t w u r f s keineswegs aus 2 5 8 ). So ist der E n t w u r f auch d a n n „fertiggestellt", wenn n u r noch die Angaben ü b e r die Bezeichnung der Beteiligten fehlen 2 5 9 ). E s k a n n auch nicht als ausschlaggebend angesehen werden, ob der E n t w u r f alle wesentlichen Bestandteile des beabsichtigten Rechtsgeschäfts enthält 2 6 0 ). E s reicht a u c h die Fertigstellung im S t e n o g r a m m aus 261 ). Der E n t w u r f s c h a r a k t e r geht auch nicht d a d u r c h verloren, d a ß sich Änderungen oder Verbesserungen als notwendig erweisen 2 6 2 ). Auch ist das ein E n t w u r f , wenn die bloße Ausfüllung eines Vordruckes erfolgt 2 6 3 ). F e r t i g t der R e c h t s a n w a l t F o r m u l a r e (Vordrucke) zu solchen U r k u n d e n a n , z.B. Geschäftsbedingungen, Vollmachten, Vertragsentwürfe usw., die der Auftraggeber vervielfacht verwenden will, so k a n n es nicht zweifelhaft sein, d a ß die Vorschrift des § 118 a u c h hierauf A n w e n d u n g findet. Zwar h a n d e l t es sich nicht u m U r k u n d e n im eigentlichen Sinne, es findet aber auch auf solche E n t w ü r f e § 118 Anwendung. Einer Mitteilung des E n t w u r f s bedarf es nicht 2 6 4 ). Ob der R A (Notar) den E n t w u r f selbst anfertigt oder d u r c h einen Angestellten, e t w a d u r c h seinen Bürovorsteher, anfertigen läßt, bleibt f ü r den G e b ü h r e n a n s p r u c h gleichgültig 265 ). Neben der Geschäftsgebühr k a n n auch eine Besprechungsgebühr anfallen (vgl. dazu oben Rz. 22, 24), wenn z. B. die Vertragsbestimmungen erst ausgehandelt werden müssen u n d dazu Besprechungen stattfinden. (Wegen Einzelheiten vgl. Rz. 170ff.). 163

H a t der R A aber lediglich den A u f t r a g erhalten, einen bereits fertigen E n t w u r f auf seine Richtigkeit zu ü b e r p r ü f e n , so k o m m t nicht § 118, sondern § 20 (Ratgebühr) 256 ) RG H R R 26 Nr. 233; J W 30, 3309; KG DNotV 07, 102; DNotZ 31, 164; Reno 32, 7; H R R 36, 233; Beushauaen Anm. II, 1 zu PrNotGebO, ebenso Deutsches Notariatskostenrecht 3. Aufl. S 111 Fn. 4; Rohs-Wedewer Anm. VII zu § 145 KostO; Göttlich KostO Stichwort „Entwürfe" 1. 4. 257 ) RG J W 30, 3309; KG Reno 32, 7. 258 ) RG J W 30, 3309; LG Hildesheim Büro 67, 154; KG H R R 36, 233; Lauterbach-Hartmann Anm. 1 § 145 KostO; KWAL Anm. I I § 145 KostO; Göttlich KostO Stichwort „Entwürfe" 1.4.; Beushausen 3. Aufl. S 111 Fn. 4. 259 ) RG H R R 26, 233. 26 °) Beushausen 3. Aufl. S 111 Fn. 4. 261 ) OLG Naumburg DNotZ 28, 314; Göttlich KostO Stichwort „Entwürfe" 1. 4.; RohsWedewer § 145 Anm. VIII; Beushausen Anm. II, 2 zu § 145. S.auch wegen eines ähnlichen Falles OLG Stuttgart Büro 51, 149. 262 ) Beushausen a.a.O. und Anm. I I 2; RG J W 30, 3309. 263 ) RG H R R 25, 752; Rohs/Wedewer Anm. I 3 zu § 145 KostO; Ackermann Rpfleger 72, 248; Lauterbach-Hartmann Anm. 1 § 145 KostO; KWAL Anm. 3 § 145 KostO. 264 ) Lauterbach -Hartmann Anm. 1 § 145 KostO, die mit Recht daraufhinweisen, daß sonst manche große Arbeit oft nur unzureichend bezahlt bliebe. Ebenso Göttlich KostO Stichwort „Entwürfe" 1. 4.; KWAL Anm. V I I I Fn. 12 zu § 145; Rohs-Wedewer Fn. 26 zu § 145. Wegen Vertragsentwürfe für eine größere Anzahl von Käufern eines mit Reihenhäusern zu bebauenden Grundstücks (Modellverträge) s. OLG Hamburg DNotZ 64, 246: Geschäftswert für den Entwurf ist gleich der Summe der von dem Verkäufer geforderten Preise für alle Trenngrundstücke. Vgl. dazu ferner H. Schmidt Büro 62, 377. 265 ) RG 85, 227; KG BB1. 32, 250; Lauterbach-Hartmann Anm. 1 § 145 KostO.

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ U8

2

zur Anwendung '*). Ändert der R A aber auftragsgemäß diesen E n t w u r f ab, so liegt wieder ein Fall des § 118 vor 267 ), jedoch wird m a n dann je nach U m f a n g der Änderungen nicht die Höchst-, sondern nur geringere Gebühren innerhalb des Rahmensatzes von 5 / 10 bis 10 / 10 in Ansatz bringen können. Zur Entstehung der Geschäftsgebühr ist es jedenfalls nicht notwendig, daß der R A den Vertragsentwurf selbst angefertigt h a t . E s genügt bereits, daß er den ihm vorgelegten Entwurf auf seine Brauchbarkeit eingehend geprüft u n d dazu Verbesserungsvorschläge gemacht h a t . Dazu haben wir stets den S t a n d p u n k t vertreten, daß es nach den langjährigen Erfahrungen weitaus schwieriger ist, einen vorgelegten Vertragsentwurf auf seine Fehler, Finessen u n d Fußangeln zu prüfen, als einen eigenen Entwurf anzufertigen, der den Wünschen u n d Absichten des Auftraggebers gerecht wird. Ist jedoch die Tätigkeit umfangreich, also bei schwierigeren Kaufverträgen, Testamenten, Erbverträgen, Erbauseinandersetzungen usw., insbesondere auch bei Gesellschaftsverträgen oder wenn mehrere Entwürfe angefertigt werden müssen (vgl. auch oben F n . 264 u n d unten Rz. 164), so k a n n jedoch von der 7 ' 5 / 10 Mittelgebühr abgewichen u n d eine Gebühr im R a h m e n bis zu 10 / 10 liquidiert werden. Der Gegenstandswert m u ß nach den Vorschriften der KostO ermittelt werden. c) Mehrmalige Entstehung der Gebühren Die Vorschrift des Abs. 1 Ziff. 1 spricht die Gebühr zu „ f ü r das Entwerfen von Ur- 164 k ü n d e n " . Damit ist jedenfalls das Entwerfen von Urkunden in verschiedenen Rechtsangelegenheiten gemeint. Zweifelhaft kann es nun sein, ob der R A f ü r mehrere Vertragsentwürfe oder sonstige Urkunden in der gleichen Angelegenheit die Gebühren mehrmals berechnen kann. Diese Frage ist auch nach der KostO streitig 268 ), u n d sie läßt sich auch nur von Fall zu Fall entscheiden. Fertigt z.B. der R A zu seiner eigenen Information oder zur Auswahl f ü r die Partei mehrere Entwürfe an oder m u ß t e n durch sein Verschulden mehrere Entwürfe gefertigt werden, so können nicht mehrere E n t wurfgebühren verlangt werden 2 6 '). Erfahrungsgemäß erwartet der Auftraggeber vom R A meist, daß der erste Entwurf die Besprechungsgrundlage für die endgültige Formulierung des Vertrages bilden soll. Es kann daher nur von Fall zu Fall beurteilt werden, ob mehrere Entwürfe vorliegen oder ob die verschiedenen Entwürfe eine Einheit bilden. Werden im Laufe der Vertragsbesprechungen mehrere Entwürfe notwendig u n d erfährt der erste Entwurf eine grundlegende Änderung, so kann dies der R A durch Anwendung der Rahmengebührensätze von 5/io bis 10 / 10 ausgleichen. Der Frage k o m m t eine erhöhte Bedeutung zu, da eine Überschreitung des Gebührensatzes von 10 / 10 nicht möglich ist, weil es an der Angemessenheitsklausel fehlt (vgl. oben Rz. 162 a.E.). Honorarvereinbarungen werden selten möglich sein, zumal erst im Laufe der Tätigkeit sich herausstellt, wie umfangreich diese wird u n d wieviel Entwürfe notwendig werden. Das alles weiß m a n vorher nicht, u n d nachher ist eine Honorarvereinbarung nur sehr schwer möglich. Bei der Frage, ob für mehrere Urkundenentwürfe die Gebühr mehrmals liquidiert werden kann, ist die Vorschrift des § 13 anzuwenden. Der § 13 Abs. 1 bestimmt,

26 ') So bereits Merzbacher Anm. 2 zu § 12 BayRpflVO. Vgl. auch oben Note 5 u. Schumann MDR 68, 891. 267 ) KG DNotZ 41, 389 = JVB1. 41, 109; Rohs-Wedewer Anm. I 3 zu § 145 KostO; Lauterbach-Hartmann Anm. 1 B § 145 KostO. Die Geschäftsgebühr entsteht dem RA auch, wenn er auftragsgemäß Änderungen und/oder Zusätze an der Urkunde vornimmt. 268 ) S. dazu Rohs-Wedewer a. a. O.; KWAL zu § 145 KostO. 268 ) So bereits auch die Begr. zu Art. 12 BayRpflVO, bei Schumann BayLGebO S 126.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

daß die Gebühren die gesamte Tätigkeit des R A vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit entgelten. Vgl. dazu besonders die Erläuterungen zu § 13 Rz. 50ff. Nach § 13 Abs. 1 sollen sich die Gebühren nicht vermehren, wenn der R A viele gleichartige Tätigkeiten in der gleichen Angelegenheit entfalten muß, u n d sie ermäßigen sich auch, wenn der R A sich mit der einen Tätigkeit begnügen kann. Eine vielfältige Tätigkeit des R A in derselben Angelegenheit ist innerhalb des Gebührenrahmens von 5 / 10 bis 10 / 10 der vollen Gebühr zu berücksichtigen. Es können daher für die Anfertigung mehrerer Vertragsentwürfe in derselben Angelegenheit also nur einmal die Gebühren aus § 118 berechnet werden 270 ), allerdings wird m a n bei mehreren Entwürfen dann die Höchstgebühr von 1 0 j w annehmen können. Die Anwendung der Vorschrift des § 13 setzt aber voraus, daß es sich u m „dieselbe Angelegenheit" handelt, in der der R A tätig geworden ist. W a n n n u n „dieselbe" u n d wann „verschiedene" Angelegenheiten vorliegen, ist Tatfrage. Auch die Begründung zu § 13 (Ziff. 3)271) weist schon darauf hin, daß dafür keine allgemeinen Richtlinien gegeben werden können, weil die in Betracht kommenden Lebensverhältnisse zu vielseitig sind. Es soll daher der Rechtsprechung überlassen werden, die Abgrenzung im Einzelfall zu finden. F ü r das Entwerfen von Urkunden, insbesondere von Vertragsentwürfen, wird es nicht immer einfach sein, festzustellen, ob und w a n n „dieselbe" oder eine „andere" Angelegenheit vorliegt. Die Grenzen sind flüssig. Wegen Einzelheiten zu der Frage, wann „dieselbe" oder wenn „verschiedene" Angelegenheiten vorliegen, k a n n auf die Erläuterungen bei § 7 Rz. 16ff sowie § 13 Rz. 3ff verwiesen werden. Die „Angelegenheit" ist nicht identisch mit der anwaltlichen Tätigkeit. Vielmehr ist die „Angelegenheit" der Rahmen, innerhalb dessen sich die anwaltliche Tätigkeit abspielt. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit ist das Recht oder das Rechtsverhältnis, auf das sich die Tätigkeit des R A nach dem Auftrag bezieht. Maßgebend ist der Auftrag. Jeder neue Auftrag leitet eine neue Angelegenheit ein. Die Auslegung ist Tatfrage 2 7 2 ). 165

Als eine „andere" Angelegenheit und als ganz neuer Auftrag ist es anzusehen: Beispiele: 1. Wenn infolge Änderungen des ursprünglichen Entwurfes ein ganz anderes „Geschäft" als entworfen anzusehen ist 273 ). Ausschlaggebend für ein anderes Geschäft (Angelegenheit) ist aber nicht schon jede Änderung in einem wesentlichen P u n k t e . Wird z.B. der Kaufpreis erhöht oder ermäßigt, so handelt es sich noch umdasgleiche Geschäft (Angelegenheit) 273 ), andererseits genügt es nicht immer, daß die rechtliche N a t u r unverändert bleibt 273 ). Auch ein Wechsel in den Personen der Vertragsschließenden kann den Vertrag auf eine ganz veränderte Grundlage stellen. E r m u ß es aber nicht notwendig. Maßgebend m u ß stets die konkrete Sachlage bleiben. Wenn z. B. nach dem Entwürfe A allein als Käufer eintritt, im späteren Entwurf dagegen die Ehefrau des A als Mitkäuferin eintritt, so ist zuzugeben, daß damit gewisse rechtliche Änderungen, und zwar nicht nur im Verhältnis der Eheleute A untereinander, sondern auch vom Verkäufer gesehen, eingetreten sind. I n der H a u p t sache ist der K a u f v e r t r a g derselbe geblieben, wie bereits im ersten Entwurf nieder27

°) So auch früher KG OLG 15, 180; ebenso Rohs-Wedewer Anm. I I I 3 zu § 145 KostO. ) Vgl. dazu 1. Aufl. S 458. 272 ) Vgl. dazu OLG München N J W 65, 258, beruhend auf einem Gutachten von Schumann; Lauterbach-Hartmann Anm. 2C zu § 6 BRAGebO; Gerold-Schmidt Rz. 3 zu § 6; Rz. 5 z u § 13; R S Rz. 7f zu § 7; Rz. 6 zu § 13. S. dazu besonders oben Rz. 11 ff zu § 7 und Rz. 3, 49 ff zu § 13. 273 ) KGJ 45, 353; 20 B 7; Rohs-Wedewer Anm. I I I 3 zu § 145 KostO; K W A L Anm. V 2 zu § 145 KostO. 271

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

gelegt war. Nach dem zweiten Entwurf würde die E h e f r a u A Miteigentümerin zur gesamten H a n d geworden sein. Nach dem Vertrage wird sie Mitkontrahentin und hat das Grundstück mit ihrem Ehemann zu ideellen Anteilen, zugleich aber auch die Rechte und Pflichten einer Mitkontrahentin dem Verkäufer gegenüber übernommen. Auch diesen veränderten rechtlichen Wirkungen kann nicht die Bedeut u n g beigelegt werden, daß der im übrigen unveränderte K a u f v e r t r a g nicht mehr als auf Grund des ersten Entwurfs abgeschlossen anzusehen ist. Nach dem Willen der Beteiligten handelt es sich nur u m ein einziges Rechtsgeschäft, u n d es ist nicht ihre Absicht, daß mit der Hereinbeziehung der Ehefrau A der ursprüngliche Auftrag beendet und ein neuer Auftrag zu einem anderen Rechtsgeschäft erteilt sein sollte274). 2. Wenn der Auftraggeber mehrere Vertragsentwürfe wünscht und die Vertragsbedingungen einen verschiedenen rechtlichen Inhalt haben, in wirtschaftlicher Hinsicht wesentliche Abweichungen enthalten und in der F o r m und Fassung der Urkunde den Vergleich oder Vertrag unter Berücksichtigung der Änderungen und Ergänzungen vollständig wiedergeben, so liegen in einem solchen Falle mehrere Entwürfe vor, welche die Gebühren mehrmals entstehen lassen 275 ). 3. A erteilt dem R A den Auftrag zum Entwerfen eines Kaufvertrages zwischen ihm und B. Der Vertrag wird entworfen. Die Kaufverhandlungen zwischen den Parteien zerschlagen sich. Nun erteilt A demselben R A den Auftrag, einen K a u f v e r t r a g zwischen ihm und C zu entwerfen. Der R A benutzt dazu den Entwurf des vorgesehenen Vertrages zwiwschen A u n d B. Der R A darf sowohl für den Entwurf zwischen A und B als auch für den Entwurf zwischen A und C besonders liquidieren 276 ). 4. Ein Gesellschafter einer oHG ist verstorben. Der R A erhält von den übrigen Gesellschaftern den Auftrag, einen Vertrag zu entwerfen, der vorsieht, daß die Erben des Verstorbenen aus der Gesellschaft ausscheiden sollen und die Firma unter den übrigen Gesellschaftern fortgeführt werden soll, dergestalt, daß sie an der Substanz sowie am Gewinn und Verlust der Firma zu einem bestimmten Prozentsatz beteiligt sein sollen. Das Abfindungsguthaben wird festgestellt, insbesondere das Anteilververhältnis an einem Grundstück, sowie die Regelung im Falle eines Verkaufs des Grundstücks vereinbart. Die Vertragsparteien haben sich dann aber die Sache anders überlegt und vereinbaren s t a t t dessen, daß die Gesellschaft künftig als K G fortbetrieben werden soll. Sie schließen im Anschluß daran den entsprechenden Gesellschaftsvertrag, inhalts dessen die Erben des Verstorbenen die Kommanditisten und die früheren Gesellschafter die persönlich haftenden Gesellschafter sein sollen. Der R A entwirft auch diesen Vertrag. Es stehen ihm die Gebühren sowohl für den ersten als auch für den zweiten Entwurf gesondert zu 277 ). 5. Der R A erhält Auftrag, einen Vertrag über die Einräumung eines Kredits mit Absicherung desselben zu entwerfen. Die weiteren Verhandlungen ergeben d a n n aber eine wesentliche Änderung dieses Vertrages, und es m u ß t e ein zweiter Entwurf angefertigt werden, der zwar auch die Krediteinräumung, aber in völlig geänderter F o r m betraf. Ferner wurde dem Geldgeber eine Option über den Eintritt in die Firma, für die der Kredit bestimmt war, eingeräumt, wonach er als beschränkt haftender Gesellschafter in die Firma bzw. Gesellschaft eintreten konnte. F ü r diesen 274

) KG OLG 7, 257; KG RheinNotZ 32, 291. ) KG JVB1. 43, 127. S76 ) DNotV 27, 275. 277 ) So ßeushausen 3. Aufl. S. 114. Wegen Erbeinsetzung und Firraenfortführung, auch Bewertung s. OLG Celle Büro 67, 1002. 275

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Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Fall wurden im Vertragsentwurf gleichzeitig bestimmte Abreden über Gewinnu n d Verlustbeteiligung sowie über die Dauer des Gesellschaftsvertrages aufgenommen, ferner wurde die Vorabentnahme des persönlich haftenden Gesellschafters f ü r seine Tätigkeit ausgehandelt, und schließlich wurden f ü r bestimmte Handlungen der Geschäftsführung genaue Vereinbarungen getroffen, zu denen die vorhergehende Zustimmung des aufzunehmenden Gesellschafters eingeholt werden m u ß . Hier liegen zwei verschiedene Vertragsentwürfe vor, welche die Gebühren gesondert entstehen lassen. Der zweite Entwurf änderte den ersten Entwurf grundlegend ab, insbesondere auch deswegen, weil in diesem zweiten Entwurf bereits genaue Abreden über die Änderung des Gesellschaftsvertrages im Falle der Aufnahme des neuen Gesellschafters getroffen wurden 2 ' 8 ). 6. Wird der R A beauftragt, sachlich gleichlautende Urkunden über verschiedene Rechte, z.B. Löschungsbewilligungen oder Abtretungserklärungen für verschiedene Hypotheken oder Grundschulden zu entwerfen, so entstehen mehrere E n t wurfgebühren. Handelt es sich aber u m ein einheitliches Geschäft, an dem lediglich mehrere Personen beteiligt sind (z.B. bei Gesamtgläubigerschaft), die sämtlich unterschriftlich vollziehen sollen, so entsteht nur eine Entwurfgebühr, mag auch jedem der Beteiligten ein besonderes Exemplar des Entwurfs zur Unterschriftsleistung zugesandt werden, wie dies häufig in der Praxis geschieht, u m das zeitraubende Versenden an jeden einzelnen Beteiligten zu vermeiden. Zusammengehörige Erklärungen h a t der R A in einem Entwurf aufzunehmen 2 7 9 ). Unterläßt er dies, so wird er nicht f ü r jede Urkunde besonders liquidieren können (vgl. unten zu d). 7. E i n neuer Auftrag zum Entwerfen liegt ferner vor, wenn zwischen früheren und späteren Verhandlungen eine klare Trennung vorgenommen wird, so daß der ursprüngliche Entwurfsauftrag als erledigt und ein neuer Auftrag als erteilt angesehen werden kann, mag es sich auch u m dasselbe Geschäft handeln. Wenn z.B. die Beteiligten erklären, sie seien über alle P u n k t e des Entwurfs einig u n d bezahlen die Gebührenrechnung für den Entwurf, lassen aber hinterher noch Änderungen an dem Entwurf vornehmen, so ist damit ein neuer Auftrag erteilt, für den eine neue Geschäftsgebühr zu entrichten ist 280 ). 9. Bei verschiedenen Verträgen handelt es sich nie u m „dieselbe" Angelegenheit, so daß niemals eine Zusammenrechnung der Gegenstandswerte erfolgen darf, vielmehr Einzelabrechnungen erforderlich sind, wie dies bereits oben ausgeführt wurde. Deshalb liegen verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten vor, wenn der R A beauftragt wird, a) einen Grundstückskaufvertrag vorzubereiten, b) nach dem Kauf des Grundstücks über dieses einen Mietvertrag zu entwerfen, c) für die Wertsicherungsklausel die Genehmigung der Landeszentralbank herbeizuführen u n d schließlich d) durch weiteren Vertrag ein dingliches Vorkaufsrecht für das zu a) genannte Grundstück zu bestellen. Hierbei handelt es sich u m vier verschiedene Angelegenheiten, die auch vier verschiedene Kostenrechnungen erfordern.

278 2n

) So der Verfasser Schumann in einem Gutachten. ) Rohs-Wedewer Anm. I I I zu § 145 KostO; Beushausen a.a.O. S 115. ) Rohs-Wedewer Anm. I I I zu § 145 KostO; KG JVB1. 43, 127.

280

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V I I I . D a s E n t w e r f e n von U r k u n d e n (Verträgen)

§ 118

d) Zusammengehörende Erklärungen28**) Der R A hat grundsätzlich zusammengehörige Erklärungen in einer U r k u n d e auf- 166 zunehmen, wie dies auch Pflicht eines Notars ist (vgl. auch oben Rz. 265 Ziff. 6). So h a t z.B. ein Grundstückskaufvertrag oder Überlasssungsvertrag sogleich die Auflassung oder die Auflassungsvollmacht oder die Auflassungsvormerkung oder die Bestellung eines Ankaufsrechts oder die Auflassung u n d den Antrag auf Löschung einer Auflassungsvormerkung oder auf Eintragung einer Restkaufgeldhypothek zu enthalten 2 8 1 ). T u t er das nicht, so verletzt er seine Standespflicht 2 8 2 ). Es erscheint aber mit den Pflichten des R A (Notars) nicht vereinbar, wenn er ein ihm übertragenes Geschäft so behandelt, daß es unnötigerweise verteuert wird 283 ). Mit einer solchen Handlungsweise setzt er sich auch in Widerspruch zu §§ 157, 242 BGB und seinen Standespflichten. Sein Verhältnis zu den Parteien beruht, wie das RG 284 ) im Anwaltskosteninteresse ausführt, auf besonderem Vertrauen (vgl. auch dazu Allgem. Einleitung Abschn. I I I Rz. 22). Gegen die mit diesem Vertrauensverhältnis verbundenen Pflichten verstößt es, wenn er die Parteien nicht auf naheliegende, erhebliche, wenn auch auf wirtschaftlichem Gebiete gegebene Bedenken gegen die Zweckmäßigkeit der ihm zu übertragenden Tätigkeit hinweist 285 ). K a n n z.B. mit einer billigeren U r k u n d e der gleiche Erfolg erzielt werden, ohne daß den Beteiligten daraus Nachteile erwachsen, so h a t der R A die entsprechende Fassung zu wählen. Freilich darf die wahre Willensmeinung nicht auf künftige, auf Ersparung von Kosten gerichtete Umwege verdunkelt werden. Nur dann, wenn die Beteiligten, ohne den R a t des R A zu beanspruchen, eine bestimmte Art der Urkunde bzw. des Entwurfs verlangen, braucht der R A nicht darauf hinzuweisen, daß bei anderer Abfassung der Urkunde geringere Kosten entstehen 2 8 ') (vgl. auch unten Rz. 2 6 7 ) . Das RG 287 ) h a t Gebührenschneiderei eines Notars als Untreue angesehen, die strafbar ist. Das gleiche gilt freilich auch von einem R A ; sie ist s t r a f b a r , wenn sich der R A bewußt ist, daß den Beteiligten im Einzelfall durch getrennte Entwürfe unnötige Kosten aufgebürdet werden, z.B. dann, wenn festgestellt wird, daß nur deshalb die Grundgeschäfte und Auflassungen in getrennten Urkunden aufgenommen wurden, u m sich auf solche Weise Mehreinnahmen zu verschaffen 288 ). Eine Trennung von mehreren Erklärungen wird in der Regel d a n n als einwandfrei anzusehen sein, wenn sie auf ausdrückliches Verlangen der Beteiligten erfolgt, trotz Belehrung über die entstehenden Mehrkosten 289 ). Wenn aber die Beteiligten auf Anraten des R A in getrennten Entwürfen verschiedene Erklärungen wünschen, so rechtfertigt dieses Verlangen ein solches Verfahren

2804 ) S. zur F r a g e der g e t r e n n t e n B e u r k u n d u n g von A n g e b o t u n d A n n a h m e bei G r u n d s t ü c k s k a u f v e r t r ä g e n auch D N o t Z 76, 326. 281 ) LG Berlin D N o t Z 37, 883; K G D N o t Z 38, 322, 612; K G D N o t Z 42, 8, 26; JVB1. 42, 50; Beushausen a.a.O. S 515; D a i m e r A n m . 20 zu § 16 K o s t O a . F . 282 ) F ü r den N o t a r K G D N o t Z 42, 8, 26 u . Rohs-Wedewer A n m . I I I zu § 145 K o s t O . 283 ) OLG München Rpfleger 38, 346 = JVB1. 38, 362; H R R 38 N r . 1 5 0 7 ; J F G E r g . 19, 35. 284 ) B d . 118, 367. 28s ) E G H 24 S 118. 2M ) So Beushausen S 90; vgl. a u c h D a i m e r A n m . 4 zu § 16 K o s t O a . F . ; K G D N o t Z 38, 181. 28 ') D J 37, 1469 = J W 37, 2699 = D N o t Z 37, 885. Vgl. d a z u a u c h D a i m e r A n m . 11 zu § 1 6 KostO a.F. 288 ) B e u s h a u s e n a.a.O. S 516; K G D N o t Z 38, 612. 289 ) Beushausen a.a.O. S 516; Müller D N o t Z 39, 103; K G D N o t Z 38, 612.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

noch nicht, sofern der R a t des R A unrichtig war 2 9 0 ); denn der R A k a n n nur Gebühren beanspruchen, die bei richtigem R a t entstanden wären 291 ) (vgl. auch Note 293). 167

168

e) Belehrung über die Höhe der Kosten Der R A ist in der Regel, ohne vorherige Anfrage der Partei, nicht verpflichtet, sie auf die Entstehung der Gebühren überhaupt oder auf die Entstehung besonders hoher Gebühren hinzuweisen) (vgl. auch Note 291 u. 295). Die Parteien müssen sich vielmehr, wenn sie überhaupt über den Gebührenanspruch im Zweifel sind und etwa meinen, der R A habe das, was sie beanspruchen, ohne eine besondere Gebühr zu tun, selbst vor Erteilung des Auftrags hierüber Klarheit verschaffen. Tun sie das nicht, dann können sie sich später nicht darauf berufen, sie hätten angenommen, daß der R A für das betreffende Geschäft keine Gebühren erheben könne. Verlangt jemand von einem R A einen Urkundsentwurf, so muß er ohne weiteres damit rechnen, daß der R A dafür auch Gebühren beanspruchen k a n n ; der R A braucht nicht mit den Beteiligten Gebührenfragen zu erörtern, wenn er nicht danach gefragt wird; die sich ergebende Gebühr folgt aus dem Gesetz. Nur unter besonderen Umständen k a n n eine Verpflichtung zur vorherigen Mitteilung der entstehenden Kosten Platz greifen, z.B. dann, wenn nach dem erklärten oder erkennbaren Willen der Parteien der Abschluß des Geschäfts hiervon abhängt 2 9 2 ). Wenn aber der R A von einer Partei über die Höhe der Gebühren ausdrücklich befragt wird, so ist er verpflichtet, die Partei auch richtig aufzuklären 2 9 3 ) (s. auch Note 290); er ist seinem Auftraggeber zum Schadenersatz verpflichtet, wenn er ihn über die Höhe der Gebühren nicht richtig aufgeklärt hat und der Auftraggeber bei richtiger Belehrung den Auftrag zurückgezogen hätte, so insbesondere dann, wenn der Auftraggeber von Anfang an erklärt hatte, er könne das Geschäft nur machen, wenn keine hohen Kosten entstehen 2 9 4 ). Daraus ergibt sich, daß der R A bei Auskünften über die Entstehung von Kosten besonders vorsichtig sein muß 2 9 5 ). f ) Keine eigene Gebühr für den Entwurf einer Vergleichsurkunde Wenn dem R A für die Mitwirkung beim Abschluß eines Vergleiches die Vergleichs gebühr zusteht, so kann er nicht neben der Vergleichsgebühr für den Entwurf der Vergleichsurkunde eine gesonderte Gebühr erheben. Durch die Vergleichsgebühr wird die Anfertigung der Vergleichsschrift gedeckt, auch wenn diese sehr umfassend sein sollte. E s ist daher nicht zulässig, für den Vertragsentwurf noch besonders zu liequidieren, weil die Vergleichsanfertigung nur eine Art der „Mitwirkung" ist. Das Entwerfen der Vergleichsurkunde m u ß nach der Parteiabsicht und der Übung als Teil der Vergleichstätigkeit des R A angesehen werden, so daß nicht neben der Vergleichsgebühr noch eine eigene Gebühr entstehen kann. Neben der Vergleichsgebühr erhält der R A aber immer 29

°) Beushausen a.a.O. S 516; KG JVB1. 39, 80. ) Beushausen a.a.O. S 89; KG DNotZ 38, 613; JVB1. 39, 12; Rpfleger 38, 319; BayObLG 3, 197; OLG Celle DNotZ 54, 436; Daimer Anm. 1 zu § 16 KostO a.F. S 221ff. 292 ) Vgl. Beushausen a.a.O S 89; Daimer Anm. 2 zu § 16; RG DNotZ 29, 370; KG DNotZ 38, 103, 613; JVB1. 39, 12; KG DNotZ 39, 615; JVB1. 39, 317; KG DNotZ 41, 389; 42, 340; OLG H a m m DNotZ 59, 558; Seybold-Hornig-Lemmenz Anm. X I I 1b, Anm. zu § 21 R N o t O ; RG DNotZ 33, 121. Diese Entscheidungen sind zwar in Bezug auf Notariatsgebühren ergangen, gelten aber in gleicher Weise auch für den RA. 293 ) OLG München Rspr. 28, 322 = D N o t V 15, 222; BayObLG 3, 197; Daimer Anm. 39 zu § 16 KostO a.F. 294 ) KG DNotZ 38, 49; RG D N o t V 15, 619; RG DNotZ 32, 126. 295 ) Hinsichtlich der Notariatsgebühren hat RG D N o t V 27, 166 entschieden, daß Auskünfte des Bürovorstehers über die Höhe der Kosten für den Notar nicht verbindlich sind, obwohl der Bürovorsteher gerade derjenige ist, der über besondere Kenntnisse auf dem Gebiete des Kostenrechts verfügt! 291

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

die Geschäftsgebühr und, wenn die Voraussetzungen d a f ü r vorliegen, gegebenenfalls auch die Besprechungsgebühr (s. oben Rz. 10, 11 u. unten Rz. 270). H a t ein Anwalts-Notar beim Abschluß eines Vergleichs mitgewirkt u n d die Vergleichsgebühr verdient, so stehen ihm daneben die Notariatsgebühren für die Beurkundung des Vergleiches zu, wenn dieser z.B. zum Zwecke der Vollstreckbarkeit notariell aufgenommen wird 296 ). g) Nebentätigkeiten Die Gebühren des § 118 sind Pauschgebühren, sie gelten die gesamte Tätigkeit des 169 R A a b (vgl. § 13 Abs. 1). Der Begriff „Nebengeschäft" oder „Nebentätigkeit" tritt in einem erhöhten Maße bei der Anwendung der KostO in Erscheinung. Bei der Urkundstätigkeit eines Notars spielt daher die Frage, was unter „Nebengeschäft" zu verstehen ist, eine nicht unerhebliche Rolle. Wenn auch diese Bestimmungen der KostO für die Vorschrift des § 118 nicht anzuwenden sind, so können jedoch die dort entwickelten Grundsätze 2 9 7 ) in gewisser Hinsicht allgemein angewandt werden. Diese Grundsätze sind: Als „Nebengeschäft" stellt sich ein Geschäft dar, wenn es im Verhältnis zu dem Hauptgeschäft als minder wichtige, weniger bedeutende Tätigkeit erscheint und wenn es mit dem Hauptgeschäft derart im Zusammenhang steht, daß es nicht als selbständiges Geschäft in Erscheinung tritt, sondern vorgenommen wird, um das Hauptgeschäft vorzubereiten (z.B. Einsicht von Akten und Büchern) oder das bereits vorgenommene Hauptgeschäft zu fördern u n d so den beabsichtigten Erfolg herbeizuführen. Zu den Neben- oder Vorbereitungsgeschäften gehören z.B.: 1. Aufnahme der Informationen, 2. Einsicht in das Grundbuch oder andere Bücher u n d Register (Handels-, Vereins-, Genossenschafts-, Standesregister, Kirchenbücher) u n d der Bericht darüber (wegen der Gebühren, wenn diese Tätigkeit Hauptgeschäft ist, s. zu § 8 Rz. 663 S 462), 3. Beschaffung von Grundbuch- u n d Katasterauszügen sowie Originalurkunden, 4. Feststellung des berechtigten Hypothekengläubigers bei Entwurf einer Löschungsbewilligung, weil der eingetragene Berechtigte verstorben oder in K o n k u r s geraten ist, 5. die Ablieferung eines entworfenen Testaments zur amtlichen Verwahrung. Wegen der Entstehung der Besprechungsgebühr s. die folgenden Rz. 270ff. h) Die Besprechungsgebühr (zu Abs. 1 Ziff. 2) Der § 118 Abs. 1 Ziff. 2 sieht nun eine 5/io bis 10 / 10 Besprechungsgebühr für die Mit- 170 wirkung bei den im Einverständnis mit dem Auftraggeber mit einem Dritten geführten mUndlichen oder fernmündlichen Verhandlungen vor. Es ist daher zu untersuchen, ob diese Gebühr auch im Zusammenhang mit dem Entwerfen von Urkunden entstehen kann. Dies m u ß aber b e j a h t werden aus folgenden Gründen: Es stehen hier zwei Gebührengruppen zur Behandlung: 1. Ziff. 1: Die Geschäftsgebühr (für das Entwerfen der Urkunde), 2. Ziff. 2: Die Besprechungsgebühr (fürdie Mitwirkung beimündlichen Verhandlungen). Beide Gebühren können sehr wohl nebeneinander entstehen, wobei die Gebühr zu 1 allein oder neben der Gebühr zu 2 entstehen kann. Dagegen k a n n die Gebühr zu 2 hier nicht allein, sondern nur neben der Gebühr zu 1 entstehen. Das ergibt sich aus 296 ) KG Gaedeke KRspr. 1938 Nr. 265; KG KGB1. 27, 67; W.-J.-Friedlaender Fn. 62 § 13 RAGebO; Swolana Anm. 3 zu § 23. 297 ) Beushausen S 375ff zu § 27 KostO; OLG München DNotZ 37, 504; desgl. JVB1. 39, 123, 278; DNotZ 39, 354; Weber DNotZ 36 Heft Beil. S 106.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

der Struktur des Gebührenrechts, wie auch z. B . im Prozeß nicht die Verhandlungsgebühr ohne eine Prozeßgebühr (oder eine ihr gleichgestellte Gebühr) entstehen kann. Die Besprechungsgebühr kann somit auch beim Entwerfen von Urkunden entstehen, z.B. wenn erst die Vertragsverhandlungen zwischen den Vertragsparteien und das Aushandeln der Vertragsbestimmungen unter Mitwirkung des RA stattfinden. Dann kann der R A auch die Besprechungsgebühr für diese Tätigkeit berechnen. 171

Für das Mitwirken bei der Gestaltung eines Gesellschaftsvertrages und bei der Auseinandersetzung von Gesellschaften und Gemeinschaften sieht die neue Fassung des § 118 Abs. 1 Nr. 2 den Anfäll der Besprechungsgebühr ausdrücklich vor (vgl. dazu die Erläuterungen oben Rz. 22). Voraussetzung ist, daß eine oder mehrere Besprechungen mit den Beteiligten stattgefunden haben und der RA hierbei mitgewirkt hat. Es kommt in diesen Fällen also nicht darauf an, daß an der Besprechung neben den Beteiligten noch ein Dritter teilgenommen hat.

172

Für die Höhe dieser Pauschgebühr gilt das gleiche wie oben zu Rz. 160 zu a angegeben: Mittelgebühr 7 ' 5 / 10 , womit alle Besprechungen in der gleichen Angelegenheit abgegolten werden. Eine Ermäßigung auf 5 / 10 ist unter besonderen Voraussetzungen erforderlich, und eine Erhöhung ist bis auf 10 / 10 möglich. Hat nur eine kurze Besprechung stattgefunden und ist der Gegenstandswert hoch, so werden 5 / 10 vielleicht genügen298), haben dagegen mehrere stunden- oder tagelange Besprechungen stattgefunden, was keinesfalls selten ist, so wird der Höchstsatz von 10 / 10 anzunehmen sein, der aber oft nicht einmal ausreichen wird. In solchen Fällen sollte man daher eine Honorarvereinbarung (vgl.obenRz. 162 a.E.) in Erwägung ziehen. Daß für die Mitwirkung des RA bei Vertragsbeurkundungen vor dem Notariat die Besprechungsgebühr des § 118 Abs. 1 Nr. 2 anfällt, ist selbstverständlich. Wenn aber z. B . für die umfangreiche Mitwirkung bei einer Erbauseinandersetzung die Geschäftsund Besprechungsgebühr mit je 10 / 10 gemäß § 118 Abs. 1 Nr. 1 und 2, § 12 angefallen sind, dann kann für die Mitwirkung anläßlich der Beurkundung des Vertrages beim Notariat nicht, wie es mitunter geschieht, zusätzlich eine 5/io oder sogar 10 / 10 Besprechungsgebühr erhoben werden. Das war bereits nach früherem Recht so (Art. 10, 14 BayRpflVO) und daran hat sich auch nichts geändert. Es handelt sich hier immer noch um die gleiche Angelegenheit i.S. des § 13 Abs. 2. Höchstsatz also 10 / 10 + 10 / 10 und evtl. noch 10 / 10 Vergleichsgebühr (§ 23). Wer ohne Honorarvereinbarung in der gleichen Angelegenheit mehr erhebt, setzt sich dem Vorwurf der Gebührenüberhebung (§ 353 StGB) aus (vgl. dazu auch oben Rz. 38ff zu § 1 S 43f).

173

i) Keine Anrechnung der Gebühren (zu Abs. 2) Der Abs. 2 bestimmt mm, daß die Geschäftsgebühr des Abs. 1 Nr. 1 auf die entsprechenden Gebühren anzurechnen ist, die in einem mit der bisherigen Tätigkeit zusammenhängenden, unmittelbar anschließenden gerichtlichen Verfahren entstehen. Diese Vorschrift betrifft aber nicht die Gebühren, die für das Entwerfen von Urkunden entstehen. Dies ergibt sich auch aus der Begründung 29 '). Diese Anrechnung ist nur dann vorgeschrieben, wenn z.B. der RA den Schuldner zur freiwilligen Zahlung auffordert, dafür die Gebühr des § 118 (oder § 120) erhält und dann die Klage erhebt, wofür die Prozeßgebühren (§§ 31 ff) entstehen. Hier soll eine Anrechnung der Geschäftsgebühr aus § 118 bzw. § 120 für das Aufforderungsschreiben auf die entstehende Prozeßgebühr erfolgen (vgl. oben Rz. 37ff). Eine Anrechnung der 2 9 8 ) Dies kann z. B . angebracht sein, wenn die Besprechung (Vertragsverhandlung) alsbald vertagt wird; vgl. dazu Schumann MDR 63, 191. 2 M ) Vgl. 1. Aufl. S 1154 zu Ziff. 5.

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

§ 118

Gebühren für die Tätigkeit bei Entwerfen von Urkunden auf andere Gebühren kann danach überhaupt nicht in Frage kommen. Völlig abwegig ist es, wenn m a n etwa annehmen wollte, daß solche Gebühren auf spätere Prozeßgebühren anzurechnen sind, wenn es etwa zwischen den Urkundsparteien alsbald zu einem Rechtsstreit aus dieser Urkunde kommen sollte. Dies h a t mit der Vorschrift des Abs. 2 nicht das geringste zu t u n . Vgl. auch Rz. 22. 5. Die Wertberechnung a) Allgemeines Für die Wertberechnung gilt die Vorschrift des § 8 Abs. 2, d.h. es kommen die Vor- 174 Schriften der § 18 Abs. 2, §§ 19—23, § 24 Abs, 1, 2, 4, 5, 6, § 25, § 39 Abs. 2 KostO zur Anwendung. Es gelten somit im wesentlichen die gleichen Grundsätze, wie sie für die Berechnung der Notariatsgebühren Anwendung finden. Die Wertvorschriften der KostO sind bereite im § 8 ausführlich behandelt worden. Es k a n n deshalb auf die Erläuterungen dort zu Abschnitt B Rz. 461 ff u. Abschnitt C Rz. 641 ff verwiesen werden. Hier soll nur nochmals ein kurzer Überblick über diese Vorschriften gegeben und auf einige Besonderheiten aufmerksam gemacht werden. § 18 Grundsätze für den Geschäftswert: Wenn hier nur der Abs. 2 u n d nicht auch der Abs. 1 f ü r anwendbar erklärt wurde, so beruht das darauf, daß der Abs. 1 des § 18 KostO bereits im § 7 BRAGebO enthalten ist. § 19 Bewertung von Grundbesitz u n d Sachen: Maßgebend ist der gemeine Wert einer Sache (Verkehrswert, § 19 Abs. 1 KostO). Bei der Bewertung von Grundbesitz ist ebenfalls von dem tatsächlichen Wert auszugehen. Seit der Neufassung des § 19 KostO* 00 ) ist der letzte Einheitswert des Grundstücks nur maßgebend, wenn sich nicht aus dem Inhalt des Geschäfts, den Angaben der Beteiligten, Grundstücksbelastungen oder aus sonstigen ausreichenden Anhaltspunkten u.a. ein höherer Wert ergibt. § 20 Wert bei Kauf, Vorkaufs- und Wiederkaufsrecht § 21 Erbbaurecht, Wohnungseigentum, Wohnungserbbaurecht § 22 Grunddienstbarkeiten § 23 Pfandrecht und sonstige Sicherheiten, Rangänderungen § 24 Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen. Hier gilt eine Besonderheit. Der Abs. 3 des § 24 wurde ausgeklammert, d.h. dieser gilt nicht. F ü r die Berechnimg des Gegenstandswertes bei Nutzungen oder Leistungen f ü r die Lebensdauer einer Person bestimmt § 24 Abs. 2 einen bestimmten Multiplikator nach dem Lebensalter der bezugsberechtigten Person. Der Abs. 3 des § 24 machte insofern eine Einschränkung, daß in solchen Fällen der Geschäftswert höchstens das 5 fache des einjährigen Bezuges betragen sollte, wenn das Recht dem Ehegatten oder einem früheren Ehegatten des Verpflichteten oder einer Person zusteht, die mit dem Verpflichteten in gerader Linie verwandt, verschwägert oder durch Annahme an Kindes S t a t t verbunden oder in der Seitenlinie bis zum 3. Grade verwandt oder bis zum 2. Grade verschwägert ist, auch wenn die die Schwägerschaft begründende E h e nicht mehr besteht. Diese Einschränkung gilt für die Berechnung des Gegenstands-

300 ) Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 19 KostO S 400ff Rz. 477ff (§ 8). Die Einholung einer Auskunft des Bayer. Bauernverbandes über den durchschnittlichen Verkehrswert landwirtschaftlichen Grundbesitzes bedeutet keine nach § 19 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 2 KostO unzulässige Beweisaufnahme, vgl. BayObLGZ 73, 94 = MittBayNotV 74, 46 = Rpfleger 73, 332; Büro 76, 78.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

wertes nach § 118 also nicht. S t a t t dessen k o m m t die Vorschrift des § 24 Abs. 2 in Frage, die den vorerwähnten bestimmten Multiplikator nach dem Lebensalter der bezugsberechtigten Person vorsieht. § 25 Miet-, Pachtrechte, Dienst vertrage: Bei Miet- und Pachtverträgen ist bei unbestimmter Vertragsdauer der Wert dreier J a h r e anzunehmen, dagegen bei bestimmter Dauer der W e r t der Leistungen für diese Dauer, höchstens aber der 25 fache Betrag der einjährigen Leistung. Bei Dienstverträgen k a n n höchstens der 3 fache Jahresbetrag der Bezüge angenommen werden, wenn nicht der Vertrag für einen kürzeren Zeitraum abgeschlossen wird und damit geringere Bezüge maßgebend sind. § 39 Abs. 2 Austausch Verträge: Es k o m m t hier keine Zusammenrechnung der Werte in Frage, vielmehr ist nur der Wert einer Leistung maßgebend, u n d zwar der Wert der höheren. Wegen weiterer Einzelh. vgl. die Erläuterungen zu § 8 Abschnitt B Rz. 461 ff. u. Abschnitt C Rz. 641 ff. b) Berechnungsbeispiele301) 175 Die nachstehenden Berechnungsbeispiele sollen einige Anhaltspunkte für die Wertund Gebührenberechnung geben: 1. Leibrenten vertrag zwischen Nichtverwandten über 200 DM monatlich, Lebensalter der bezugsberechtigten Person 76 J a h r e Gegenstandswert § 24 Abs. 2 KostO, § 8 Abs. 2 BRAGebO fünffacher Jahresbetrag, also 5 X 2400 DM = 12000 DM '•5/io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 2. Leibrentenvertrag unter Ehegatten. Leibrente monatlich 300 DM. Gegenstandswert berechnet sich gemäß § 24 Abs. 2 (nicht Abs. 3 s. oben zu a) auf den 15 fachen Jahresbetrag der Bezüge, da die bezugsberechtigte E h e f r a u 50 J a h r e alt ist, also 15 X 3600 DM = 54000 DM 7 5 ' / i o Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 836,30 DM 3. Entwurf eines Dienstvertrages für einen Geschäftsführer einer G m b H auf 15 J a h r e , Gehalt monatlich 2000 DM. Gegenstandswert: § 8 Abs. 2 BRAGebO und § 25 Abs. 2 KostO Wert 3 facher Jahresbetrag = 72000 DM. '•5/io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 4. Entwurf eines mittelschwierigen Mietvertrages auf 3 J a h r e mit Jahresmiete 1200 DM 302 ). Gegenstandswert gem. § 8 Abs. 2 BRAGebO in Verbindung mit § 25 Abs. 1 KostO 3 X 1200 DM = 3600 DM. '• 5 /, 0 Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 5. Schwieriger Miet- oder Pachtvertrag Dauer 30 Jahre, Jahresmiete 20000 DM. Gegenstandswert gem. § 8 Abs. 2 BRAGebO in Verbindung m i t § 25 Abs. 1 KostO 25 facher Jahresbetrag = 500000 DM. '•5/io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1

941,30 DM

136,50 DM

2857,50 DM

301 ) Bei diesen Beispielen sind zunächst Besprechungsgebühren außer Ansatz geblieben, die aber durchaus anfallen können, vgl. oben Rz. 170ff. Lediglich beim Beispiel Nr. 11 ist die Besprechungsgebühr berücksichtigt worden. 302 ) Vgl. dazu Schmidt Büro 62, 377.

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VIII. Das Entwerfen von Urkunden (Verträgen)

6. Mittelschwieriger Gesellschaftsvertrag, Wert 20000 DM '•5/io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 7. Umfangreicher Gesellschaftsvertrag Mehrere Entwürfe. W e r t : 100000 DM. 10 /io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 8. Einfacher Testamentsentwurf Gegenstandswert 50000 DM. 6 / 10 Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 9. Testamentsentwurf, mittelschwierig, Gegenstandswert 50000 DM. 75 ' /io Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 10. Besonders schwieriger u n d weitläufiger Testamentsentwurf (mehrere Entwürfe) Gegenstandswert 50000 DM. 10 / xo Geschäftsgebühr § 118 Abs. 1 Ziff. 1 11. Grundstückskaufvertrag mit mehreren Entwürfen Grundstücksverkehrswert 80000 DM 303 ). Es fanden 3 Besprechungen mit dem anderen Vertragspartner und dem R A statt, in welchen die Vertragsbedingungen ausgehandelt wurden. Gegenstandswert 80000 DM. 10 / 10 Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 10 /, 0 Besprechungsgebühr § 118 Abs. 1 Nr. 2

§ 118 577,50 DM

1430 DM

540 DM

810 DM

1430 DM

1290 DM 1290 DM 2 580 DM

12. Es wird ein Vertrag über den Tausch zweier Grundstücke entworfen. Das eine Grundstück h a t einen Wert von 40000 DM, das andere einen Wert von 30000 DM. Die Verhandlungen waren nicht schwierig. Es wurde nur ein Entwurf angefertigt. Es fand weiterhin noch mit dem anderen Vertragspartner ein Schriftwechsel statt, es wurden 5 Briefe gewechselt. Geschäftswert: Gem. § 39 Abs. 2 KostO ist der höhere Wert des Grundstücks mit 40000 DM anzunehmen. Es werden nicht die Werte der vertauschten Objekte zusammengerechnet, sondern es wird lediglich das wertvollere Objekt für die Ermittlung des Gegenstandswertes zugrunde gelegt, denn die Hingabe des Tauschgegenstandes ist nur die Gegenleistung für die Veräußerung des anderen Grundstücks. '•5/io Geschäftsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. 1 757,50 DM 13. Es wird ein Entwurf für einen Eintragungsantrag für das Grundbuchamt auf Eintragung eines Vorkaufsrechts für ein Grundstück angefertigt, wozu auch die Einsicht in das Grundbuch erforderlich war. Der Gegenstandswert berechnet sich sich nach § 20 Abs. 2 KostO, u n d zwar ist der halbe Wert des Grundstücks anzunehmen. Da hier der Wert 30000 DM beträgt, so ist der Gegenstandswert 15000 DM. 5 /io Geschättsgebühr gem. § 118 Abs. 1 Nr. I 304 ) 325 DM 303 ) Die Angabe eines niedrigen Kaufpreises durch die Parteien soll übrigens nicht zu einer Vermögensschädigung des Notars (RA) als Gebührengläubiger führen. Betrug wurde verneint; BayObLG N J W 55, 1567. Vgl. dazu auch Büro 58, 358. 3M ) D a mehr als nur der Entwurf zu fertigen, nämlich auch noch eine Grundbucheinsicht erforderlich war, könnte man statt der Mindestgebühr von 5 / 1 0 auch eine Geschäftsgebühr von 6 / 1 0 oder 7 / 1 0 oder die Mittelgebühr ( 7 ' 5 / 10 ) annehmen.

379

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

c) Angelegenheiten ohne bestimmten Geschäftswert sowie nichtvermögensrechtliche Angelegenheiten 176

F ü r die U r k u n d s t ä t i g k e i t der Gerichte u n d N o t a r e b e s t i m m t in solchen Fällen § 30 K o s t O den Geschäftswert. Diese Vorschrift ist a b e r f ü r die Gebühren, die u n t e r § 118 fallen, nicht anzuwenden, sondern es gilt hierfür die B e s t i m m u n g des § 8 Abs. 2 Satz 2. Diese Vorschrift regelt selbständig den Geschäftswert in Angelegenheiten, w e n n ein solcher nicht feststeht u n d in E r m a n g e l u n g genügender tatsächlicher Anhaltsp u n k t e nicht geschätzt werden k a n n , sowie in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten (vgl. dazu § 8 R z . 641 ff). D a n a c h ist wie folgt zu v e r f a h r e n : 1. Die Festsetzung h a t n a c h billigem Ermessen zu erfolgen, wobei kein Mindest- oder Höchstwert, wie in den u n t e n zu Ziff. 2 behandelten Fällen, a n z u w e n d e n ist. Diese Vorschrift ist etwa zu vergleichen m i t § 3 Z P O , w o n a c h d a s „freie E r m e s s e n " zu entscheiden h a t . 2. I n E r m a n g e l u n g genügender tatsächlicher A n h a l t s p u n k t e f ü r eine Schätzung u n d bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Geschäftswert wie folgt anzun e h m e n : Regelwert 4000 DM, nach Lage des Falles höher oder niedriger, jedoch nicht unter 300 DM und nicht Uber 1 Million DM. Wie die B e g r ü n d u n g zu § 8 (vgl. 1. Aufl. S 221/222) ausdrücklich sagt, h a n d e l t es sich dabei u m eine Vorschrift, die es ermöglichen soll, die Tätigkeiten zu bewerten, die in ihrer Vielfalt nicht voraussehbar sind. Diese Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 ist d e m § 30 K o s t O u n d d e m § 14 Abs. 1 G K G a. F . nachgebildet worden. Die B e w e r t u n g nach billigem Ermessen entspricht d e m § 30 Abs. 1 K o s t O , u n d h a t auf G r u n d der v o r h a n d e n e n oder festzustellenden A n h a l t s p u n k t e , also n a c h objektiven Gesichtspunkten, zu erfolgen. Die W e r t a n g a b e n der Beteiligten sind nicht m a ß g e b e n d ; die Beteiligten h a b e n n u r die tatsächlichen Unterlagen beizubringen 3 0 5 ). Bei den Fällen oben zu 2 ist zunächst zu unterscheiden: W e n n in E r m a n g e l u n g genügender tatsächlicher A n h a l t s p u n k t e eine Schätzung nicht möglich ist, so soll f ü r den Gegenstands wert ein Regelwert von 4000 DM, n a c h Lage des Falles höher oder niedriger, jedoch nicht u n t e r 300 DM u n d n i c h t über 1 Million DM, in F r a g e k o m m e n . Hierbei h a n d e l t es sich zwar a u c h u m vermögensrechtliche Angelegenheiten, bei denen aber genügende tatsächliche Anhaltspunkte f ü r eine Schätzung fehlen. W e n n dies der Fall ist, d a n n ist der Regelwert von 4000 DM u n d ausnahmsweise höher oder niedriger a n z u n e h m e n . Der f ü r eine Abweichung von diesem Regelwert vorgesehene R a h m e n gibt der P r a x i s einen sehr weiten Spielraum. Rohs-Wedewer 3 0 8 ) weisen bereits darauf hin, d a ß ein zu ängstliches F e s t h a l t e n a n d e m Regelwert offensichtlich nicht im Sinne des Gesetzgebers liegt. Die P r a x i s wird daher bei der A n n a h m e eines höheren oder geringeren W e r t e s als 4 000 DM großzügiger v e r f a h r e n k ö n n e n u n d dürfen. Bei der P r ü f u n g , ob u n d gegebenenfalls in welchem A u s m a ß e eine Abweichung v o n d e m Regelwert geboten ist, sind insbesondere der W e r t des Gegenstandes, die wirtschaftliche Bedeutung u n d der Zweck des Geschäftes sowie a u c h die persönlichen Interessen u n d Verhältnisse der Beteiligten zu berücksichtigen 3 0 7 ) (s. a u c h N o t e 89).

305

) Rohs-Wedewer Anm. 2 zu § 30 KostO. ) Anm. III zu § 30 KostO. Vgl. auch oben Fn. 89. ) OLG München JFG Erg. 20, 61 = JVB1. 39, 247 = DNotZ 39, 682 = HRR 39 Nr. 1058 ; Rohs-Wedewer Anm. III zu § 30 KostO. 306

30?

380

IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten

§ 118

I n nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten ist stets der Geschäftswert nach § 8 Abs. 2 Satz 2 zu bestimmen. Hier kommen hauptsächlich personenrechtliche u n d familienrechtliche Angelegenheiten in Betracht. Dazu gehört auch der Entwurf der Erklärung über die Gütertrennung nach § 1414 BGB 308 ). Wedor § 8 Abs. 2 noch die KostO enthalten besondere Wertvorschriften für den Fall, daß eine vermögensrechtliche Angelegenheit mit einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit zusammentrifft, wie es z.B. § 12 Abs. 3 GKG vorschreibt. F ü r den Fall des Entwurfes eines Vertrages oder einer Urkunde, in der vermögensrechtliche Angelegenheiten mit einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit zusammentreffen, sind also die Werte in diesen Fällen zusammenzurechnen (s. auch § 8 Rz. 667). F ü r die Frage, welche Verträge u n d Urkunden unter die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 fallen, kann auf die Erläuterungen zu § 8 Rz. 644ff S 457ff verwiesen werden.

IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten 1. Vorbemerkungen Die LGebOen regelten nicht die Gebühren für die Tätigkeit in nichtstreitigen Steuer- 177 Sachen. Eine Ausnahme bildete lediglich das Land Bayern. Dort gab es die VO über die Gebühren der RAe f ü r eine Tätigkeit in Steuersachen 309 ). Die Berechnung der Vergütung des R A f ü r die Beratung u n d Vertretung in Steuersachen war mangels einer GebO von jeher schwierig. I m Laufe der J a h r e h a t sich der Schwerpunkt der Tätigkeit des R A von der bloßen Prozeßtätigkeit mehr und mehr auf die vorbeugende Beratung, z. B. Ausarbeitung von Gutachten usw., Verhandlungen mit Behörden u. dgl. verlagert. I n den Zeiten höchster Steuerbelastung ist der Gegenstandswert in Steuerangelegenheiten, die von den RAen bearbeitet werden, vielfach sehr erheblich und geht in vielen Fällen in die hunderttausende und Millionen DM. Auch die auf steuerlichem Gebiet mit den RAen konkurrierenden Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten dürfen nach einer einheitlichen Gebührenordnung wesentlich höhere Gebühren berechnen. Hierunter fallen insbesondere die Mitwirkung bei der Anfertigung einer Steuererklärung oder im Abhilfe verfahren, Einspruchs- oder Beschwerdeverfahren. Nunmehr gilt für den R A , der in Steuersachen, d.h. in den nichtstreitigen Steuersachen tätig wird, die Vorschrift des § 118, die für derartige Fälle nur selten paßt 3 1 0 ). Soweit allerdings streitige Steuerangelegenheiten in Frage kommen, also Rechtsmittelverfahren vor den Finanzgerichten, sieht § 114 vor, daß die Regelgebühren der §§ 31 ff Anwendung finden. Nichtstreitige Steuersachen können n u n z.B. sein: 178 a) Prüfung einer Steuererklärung, wobei sich eine Beratung des Auftraggebers anschließen wird, gewisse Ergänzungen vorzunehmen und Erläuterungen in der Steuererklärung oder in Beilagen aufzunehmen bzw. weitere Unterlagen beizufügen sind. 308 ) OLG Bremen Rpfleger 58, 23 sagt: Für Eintragung nicht § 32 Abs. 3, sondern § 24 Abs. 2 a.F. KostO, also jetzt § 30 KostO anwendbar; ebenso LG Lübeck SchlHA 58, 232. 30S ) V. 27. 9. 51 GVB1. S 187. Vgl. dazu Schumann BayLGebO S 345ff; Thier, Die Berechnung anwaltlicher Gebühren in Steuersachen 2. Aufl. (1955). 310 ) Vgl. dazu auch die Kritik von Thier, Die anwaltlichen Gebühren in Steuer- und Zollsachen S 15, 128.

381

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

b) Anfertigung einer Steuererklärung mit Beilagen (§§ 166ff A O ; § 18 U S t G ) , wozu die A u s f ü l l u n g der V o r d r u c k e g e h ö r t , sowie die sonstige T ä t i g k e i t d a z u u n d Besprec h u n g m i t d e m A u f t r a g g e b e r oder F e s t s t e l l u n g e n bei D r i t t e n oder bei B e h ö r d e n u n d schließlich die E r s t e l l u n g der Aufstellungen m i t E r l ä u t e r u n g e n d e r in den E r k l ä r u n g e n e n t h a l t e n e n Zahlen, z.B. W e r b u n g s k o s t e n , S o n d e r a u s g a b e n usw. c) Schriftliche S t u n d u n g s - u n d Erlaßgesuche, B e s c h w e r d e n gegen eine A b l e h n u n g solcher Gesuche sowie sonstige E i n g a b e n a n S t e u e r b e h ö r d e n . d) Einspruch gegen den Steuerbescheid. e) D a z u gehören a u ß e r h a l b des steuerlichen R e c h t s m i t t e l v e r f a h r e n s z.B. 3 1 1 ): 1. A n t r a g a u f N a c h s i c h t g e w ä h r u n g bei F r i s t v e r s ä u m n i s (§ 86 AO), 2. A n t r a g auf B e r i c h t i g u n g g e m ä ß § 92 Abs. 2 AO, 3. A n t r a g a u f A u f h e b u n g einer V e r f ü g u n g nach § 93 AO, 4. B e s t i m m u n g der V e r r e c h n u n g einer S t e u e r z a h l u n g § 123 Abs. 1 AO, 5. A u f r e c h n u n g s e r k l ä r u n g e n § 124 AO, 6. A n t r a g auf E r l a ß eines A b r e c h n u n g s b e s c h e i d e s § 125 AO, 7. A n t r ä g e im Sicherstellungsverfahren §§ 132ff AO, 8. A n t r ä g e auf E r s t a t t u n g u n d V e r g ü t u n g § 158 AO, 9. A n t r a g auf E r r i c h t u n g eines K o n t o s oder Ü b e r l a s s u n g eines Schließfaches u n t e r einem D e c k n a m e n § 163 AO, 10. A u s t a u s c h der Sicherheit n a c h § 140 AO 11. Mitteilungen ü b e r T r e u h a n d v e r h ä l t n i s s e § 187 AO, 12. Anzeigen ü b e r Bestellung eines Betriebsleiters § 190 AO, 13. E i n e B e t r i e b s a n m e l d u n g § 191 AO, 14. A n t r ä g e auf N a c h p r ü f u n g d u r c h die A u f s i c h t s b e h ö r d e n a c h § 222 Abs. 1 Ziff. 3 u . 4, § 224 AO, 15. A n t r a g auf B e r i c h t i g u n g n a c h § 225 AO, 16. A n t r a g a u f E r l a ß eines Fortschreibungsbescheides § 225 a AO oder a u f E r l a ß eines Freistellungsbescheides §§ 225 b, 226 AO, 17. A n t r a g a u f R ü c k g a b e einer Sicherheit §§ 132 ff A O , 18. Selbstanzeigen (§ 395 AO). F ü r die T ä t i g k e i t bei der steuerlichen Selbstanzeige k ö n n e n n u r einmal die G e b ü h r e n n a c h § 118 n a c h d e m Gegenstandswert der n a c h z u e n t r i c h t e n d e n S t e u e r b e t r ä g e angesetzt w e r d e n . W e n n Thier 3 1 2 ) der Meinung ist, d a ß bei der Selbstanzeige eine d o p p e l t e G e b ü h r e n b e r e c h n u n g P l a t z greifen müsse, so k a n n i h m n i c h t gefolgt w e r d e n . Thier will einmal die G e b ü h r e n n a c h § 118 n a c h d e m G e g e n s t a n d s w e r t der n a c h z u e n t r i c h t e n d e n S t e u e r b e t r ä g e a n s e t z e n u n d dazu noch eine n a c h § 91 Ziff. 1 zu b e r e c h n e n d e G e b ü h r v o n 10 bis 200 DM. D a s ist n i c h t zulässig. Entweder wird n a c h d e m G e g e n s t a n d s w e r t n a c h § 118 oder n a c h § 91 Ziff. 1 liquidiert. Beide G e b ü h r e n v o r s c h r i f t e n f ü r die gleiche Angelegenheit a n z u w e n d e n , ist gebührenrechtlioh n i c h t möglich. T a t s ä c h l i c h k o m m t aber nur § 118 zur A n w e n d u n g ; d e n n die Selbstanzeige bezweckt die t ä t i g e R e u e u n d h a t die N a c h e n t r i c h t u n g der S t e u e r b e t r ä g e zur Folge. D a ß die Selbstanzeige die B e f r e i u n g v o n steuerrrechtlicher A h n d u n g bezweckt, s c h a f f t noch k e i n e n g e b ü h r e n r e c h t l i c h e n T a t b e s t a n d , der eine L i q u i d a t i o n n a c h § 91 z u l ä ß t . W i r t s c h a f t l i c h e A u s w i r k u n g e n einer a n w a l t l i c h e n T ä t i g k e i t h a b e n im

3U

) Vgl. auch Thier, Die Gebühren in Steuer- und Zollsachen 3. Aufl. S 134ff. ) a.a.O. S 101 Ziff. 33 u. S 16 Fn. 7b.

312

382

IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten

19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36. 37. 38. 39. 40.

§ 118

allgemeinen außer Betracht zu bleiben. Abgesehen davon p a ß t § 91 für diesen Fall überhaupt nicht, weil keine Eingabe in einer Strafsache, sondern eine Selbstanzeige nach § 395 AO angefertigt wurde. Erst wenn ein Strafverfahren oder Bußgeldverfahren eingeleitet wird, k a n n nach den Vorschriften der §§ 83 ff liquidiert werden. Anträge auf Erleichterung bei F ü h r u n g des Wareneingangsbuches oder des Warenausgangsbuches, Antrag auf Änderung der Steuerfestsetzung, Antrag auf E r s t a t t u n g oder Anrechnung von Steuern bei festgestelltem Formenmißbrauch, Antrag auf Anerkennung der Gemeinnützigkeit, Mildtätigkeit oder Kirchlichkeit, Anträge auf erhöhte Werbungskosten oder Sonderausgaben im Lohnsteuerverfahren, Antrag auf Lohnsteuerjahresausgleich, Antrag auf erleichterten Buchnachweis § 9 Abs. 5 1. UStDV, Antrag auf Anrufungsauskunft nach § 56 LStDV, Anträge im Vollstreckungsverfahren §§ 325ff AO, Anträge auf Wertfortschreibungen und Neuveranlagungen nach §§ 22, 23 Bewertungsgesetz, Anträge auf Erteilung von Bescheinigungen über die Grundsteuer- u n d Gebührenfreiheit für den sozialen Wohnungsbau, Anträge auf Erteilung über die Grunderwerbsteuerfreiheit und die nach § 4 Grunderwerbsteuergesetz zu erteilenden Bescheinigungen, Anträge auf Anwendung der VO über die einkommensteuerliche Behandlung der freien Erfinder v. 30. 5. 51 (BGBl. I 51 S 387/BStBl. 51 I S 181), Stundungsgesuche nach § 127 AO. Gesuche um Zahlungaufschub § 129 AO, Antrag auf Aussetzung der Besteuerung § 100 Abs. 1 AO, Erlaßgesuche nach § 131 AO, Gesuche um Niederschlagung einer Steuer § 130 AO, Antrag auf Aufhebung einer verhängten Ungehorsamsfolge § 95 AO, Antrag auf Aufhebung eines Verspätungszuschlages nach § 168 Abs. 2 AO, Antrag auf Aufhebung eines in einem Finanzbefehl auferlegten Erzwingungsgeldes nach § 202 AO, Weiter rechnen dazu: a) Schriftliche Beschwerden gegen Ablehnung von Stundungs- und Erlaßgesuchen, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob diese Beschwerden als Dienstaufsichtsbeschwerde nach § 46 Abs. 2 AO oder als formelle Beschwerden angebracht werden. Diese Beschwerden werden gebührenrechtlich nach § 118 vergütet, da diese Beschwerden zum Abhilfeverfahren gehören. Erst die weitere Anfechtung der Beschwerdeentscheidung erfolgt im ordentlichen Rechtsmittelverfahren 3 1 3 ). b) Die Einsichtnahme in Steuerakten c) P r ü f u n g und Durchsicht eines Betriebs- oder Treuhandberichts d) Nachprüfung einer Bilanz (wegen Erstellung s. unten Rz. 191)

313

) Diese Ansicht vertritt auch Thier a.a.O. S 136. 383

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

e) Teilnahme an mündlichen oder schriftlichen Verhandlungen mit Steuerbehörden aus Anlaß einer Betriebsprüfung. Hierbei braucht es sich nicht u m die in § 162 Abs. 10 u. 11 AO vorgesehene P r ü f u n g zu handeln. E s k a n n auch die Nachschau nach § 193 AO sein, oder die Lohnsteueraußenprüfung oder die Kapitalverkehrssteuerprüfung. f) Die Teilnahme an mündlichen oder schriftlichen Verhandlungen mit Steuerbehörden zum Zwecke der Klärung von Zweifelsfragen oder die Erzielung von Abkommen über eine bestimmte steuerliche Behandlung gewisser, bereits verwirklichter oder erst geplanter Tatbestände. Hierbei kann es sich u m Zweifelsfragen aus der Veranlagung, der E r s t a t t u n g von Steuern, aus der Auslegung eines Steuergesetzes oder seiner Durchführung, ferner über die Auslegung einer Ausführungsanweisung oder Verwaltungsanweisung bzw. Erlaß der Obersten Finanzbehörde oder einer Verfügung einer O F D (Bezirksfinanzdirektion) oder eines Finanzamtes handeln. Weiterhin wird es sich bei der Klärung von Zweifelsfragen u n d Erzielung von gewissen Abkommen um solche Fragen handeln, die sich aus §§ 7 äff EStG ergeben, ebenso auch Fragen der Steuerbefreiung anch §§ 17—19 StAnpG, wozu auch Steuerfragen bezüglich der Altersversorgung von Betriebsangehörigen zu rechnen haben. g) E i n e n größeren R a u m nimmt die Steuerpraxis des R A auf dem Gebiet der beratenden Tätigkeit ein. Die Gebühren für diese Tätigkeit bestimmen sich nicht nach der Vorschrift des § 118, sondern nach der allgemeinen Vorschrift über Raterteilung nach § 20. h) Auch die Gutachtertätigkeit des R A in Steuerangelegenheiten richtet sich nicht nach den Vorschriften des § 118, sondern ebenfalls nach der im 1. Abschnitt vorgesehenen allgemeinen Bestimmung des § 21. 2. Zur Gebührenberechnung 179

Die Gebühren für die Tätigkeit in nichtstreitigen Steuersachen berechnen sich also nach der Vorschrift des § 118. Wegen Einzelheiten zu § 118 im allgemeinen s. Rz. 50f. Hier sollen lediglich die Besonderheiten bei der Gebührenberechnung in diesen Angelegenheiten vermerkt werden: Die Geschäftsgebühr und die Besprechungsgebühr a) Die Geschäftsgebühr des Abs. 1 Ziff. 1 kommt in allen Fällen zur Anwendung. Dabei steht für die Tätigkeit vor den Finanzverwaltungsbehörden dem R A in der Regel die Mittelgebühr von 7,5 / 10 zu. Der R A erhält die Mittelgebühr in der Regel aber auch dann, wenn er lediglich in dem dem finanzgerichtlichen Verfahren vorangegangenen Vorverfahren (z. B. Einspruchsverfahren) tätig geworden ist 314 ). Eine Anrechnung der Geschäftsgebühr nach Abs. 2 k o m m t , wie auch sonst in Steuersachen ebenfalls nur dann in Betracht, wenn die außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens geleistete Tätigkeit einem anschließenden gerichtlichen oder behördlichen Verfahren vorausgeht. Daher ist die Anrechnung z. B. immer dann ausgeschlossen, wenn der R A nach dem Abschluß des finanzbe-

314 ) Die Mittelgebühr gilt auch hier für den Normalfall, vgl. dazu OVG Münster N J W 67, 901; FG Düsseldorf EFG 68, 77 = Büro 68, 699; Speich, Kosten und Gebühren im Steuerprozeß S 69. Vgl. auch FG Düsseldorf N J W 68, 1304.

384

IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten

§ 118

hördlichen Verfahrens seinen Auftraggeber über denselben Streitgegenstand auch im finanzgerichtlichen Verfahren vertritt (vgl. dazu auch Rz. 37ff. und Rz. 237). b) Neben der Geschäftsgebühr k o m m t auch u.U. die Besprechungsgebühr des Abs. 1 Ziff. 2 (Mittelgebühr ebenfalls 7,5 / 10 ) zur Erhebung, wenn die Voraussetzungen dafür gegeben sind, was insbesondere in den oben zu e und f genannten Fällen die Regel sein wird. Eine Betriebsprüfung ist von einer Behörde angeordnet u n d es finden dabei Besprechungen über tatsächliche oder auch rechtliche Fragen s t a t t . Bei diesen Besprechungen leistet der R A seinem Auftraggeber Beistand oder er t r i t t als dessen Vertreter auf. Auf die Art u n d den U m f a n g der Tätigkeit des RA, bzw. ob er überhaupt eine solche Tätigkeit entwickelt, k o m m t es nicht an. Wesentlich ist, daß er an einer solchen Besprechung teilnimmt, um die Gebühr entstehen zu lassen. Wird die Besprechung vertagt, so steht, wenn der R A überhaupt anwesend war, ihm in jedem Falle diese Gebühr zu. In der Regel wird der R A im Anschluß an die Betriebsprüfungsverhandlungen auch an der Schlußbesprechung teilnehmen, auch hier seinem Auftraggeber durch seinen fachkundigen R a t Beistand leisten, die dabei auftauchenden steuerlichen Zweifelsfragen oder Rechtsfragen mit den Betriebsprüfern klären und gegebenenfalls zu einem Abkommen über die sich ergebenden Zweifelsfragen kommen. Da die Gebühren des § 118 Pauschgebühren und keine Erfolgsgebühren sind, so k o m m t es auf den Erfolg des R A nicht an. Auch für fernmündliche Besprechungen mit der Behörde k a n n die Besprechungsgebühr verlangt werden, wenn der R A z.B. mit der Behörde fernmündlich u m das Ruhen des Verfahrens über den außergerichtlichen Rechtsbehelf nachsucht, wenn das Gespräch im Einverständnis mit dem Auftraggeber geführt wurde. Wenn der BFH 3 1 6 ) allerdings einschränkend dazu sagt, daß das Einverständnis nur aus dem Verhalten des Auftraggebers und nicht etwa bereits aus den Erfordernissen einer verantwortungsbewußten oder sachgemäßen Bearbeitung der Angelegenheit entnommen werden könnte, sondern das Einverständnis tatsächlich erteilt worden sein müßte, so können wir dem nicht folgen. Denn es ist unmöglich, jedesmal erst den Auftraggeber zu fragen, ob eine solche Besprechung geführt werden kann. Welcher verantwortungsbewußte R A holt schon jedesmal das Einverständnis des Auftraggebers ein, dies würde eine zusätzliche Arbeitsbelastung u n d Zeitversäumnia für den R A bedeuten. Wenn der R A aber vermeiden will, daß ihm der Einwand des mangelnden Einverständnisses des Auftraggebers entgegengehalten werden kann, wird er in Steuersachen dieses Einverständnis einholen, u m die Besprechungsgebühr in derartigen Fällen verdienen zu können. Die Beweisaufnahmegebühr Der § 118 Abs. 1 Ziff. 3 sieht auch eine Beweisaufnahmegebühr vor, die wohl für 180. diese Fälle selten zum Ansatz kommen wird. Ausgeschlossen ist aber diese Gebühr auch in diesen Sachen keineswegs. Werden von dem Finanzamt z.B. bei Betriebsprüfungen die Vernehmungen von Auskunftspersonen oder Erholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet, so erwächst zweifellos für die Mitwirkung an dieser Beweisaufnahme für den R A die Beweisaufnahmegebühr. Dagegen kommt diese Gebühr nicht zur Entstehung, wenn lediglich eidesstattliche Versicherungen aufgenommen oder abgegeben werden, da diese Tätigkeit durch die Geschäftsgebühr des Abs. 1 Ziff. 1 abgegolten wird (vgl. dazu auch Rz. 4). 315

) Beschl. v. 22. 12. 69 — VII B 38/68 — BStBl. 70 I I S 253 = BB 70, 567. 385

§ 118 181

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Die Vergleichsgebühr Die Vorschrift des § 118 sieht keine eigene Vergleichsgebühr vor, da diese Gebühr in dem 2. Abschnitt in den gemeinsamen Vorschriften zu § 23 enthalten ist. Wenn in solchen Angelegenheiten ein Vergleich geschlossen wird, so ist, wenn die sonstigen Voraussetzungen für die Entstehung der Gebühr vorliegen, diese Gebühr nach der Bestimmung des § 23 neben den Gebühren aus § 118 zu berechnen, weil die frühere Vorschrift des § 118 Abs. 3, die ausdrücklich im Verfahren vor Finanz Verwaltungsbehörden die Anwendung der Vorschrift des § 23 ausgeschlossen h a t , durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) ersatzlos gestrichen worden ist. Die Erledigungsgebühr (§ 24)

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Auch die Entstehung der Erledigungsgebühr (§ 24) ist möglich. Diese Vorschrift (§ 24) die dem R A eine „Erledigungsgebühr" von 10 / 10 zubilligt, wenn eine Rechtsache ganz oder teilweise durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes sich erledigt u n d der R A dabei mitgewirkt hat, wurde gerade deswegen geschaffen, weil über einen Verwaltungsakt, kein echter Vergleich im Sinne des § 779 B G B möglich sein soll und weil man sich in öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten nicht vergleichen können soll. Allerdings kann eine vergleichsähnliche Tätigkeit in Frage kommen, wofür die Vorschrift des § 24 geschaffen wurde. D a es nicht selten vorkommt, daß finanzgerichtliche Verfahren dadurch erledigt werden, daß die beteiligte Finanzbehörde den angefochtenen Verwaltungsakt nach Erhebung der Klage zurücknimmt oder ändert, so soll dem R A , der bei der Erledigung mitwirkt, eine volle Gebühr zustehen. Da aber nicht allein im Verfahren vor Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit eine solche Erledigung durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes möglich ist, sondern auch in Verfahren vor den Finanzbehörden, ist die besondere Bestimmung des § 24 (Entstehung der Erledigungsgebühr) auch im steuerlichen Verwaltungsverfahren anzuwenden, ebenso auch in sonstigen vorgerichtlichen Verwaltungsangelegenheiten. Es kann dazu auf die Erläuterungen bei § 24, besonders Rz 2, 4, 5 verwiesen werden 316 ). (Vgl. auch Rz. 12, 107f zu § 114, Rz. l f zu § 117 u. oben Rz. 30). Gebührenvereinbarungen

183

Gebührenvereinbarungen sind freilich auch in nichtstreitigen Steuerangelegenheiten zulässig (vgl. dazu § 3). I n zahlreichen Fällen wird sogar eine Gebührenvereinbarung notwendig sein, weil insbesondere die Berechnung des Gegenstands wertes, z.B. bei der Teilnahme an Betriebsprüfungen, außerordentlich schwierig ist. Aus diesem Grunde sollte m a n rechtzeitig daran denken, mit dem Auftraggeber die Honorarvereinbarung zu treffen. Unzulässig dagegen ist es, ein Erfolgshonorar zu vereinbaren (vgl. § 3 Rz. 30ff). Schließlich verbieten aber auch die Vorschriften des § 9 SteuerberG Erfolgshonorare. Vereinbarungen darüber sind also allein schon nach diesen Vorschriften nichtig. Vgl. auch Rz. 85 zu § 114 u. dort F n . 147. Wie notwendig gerade in Steuersachen der rechtzeitige Abschluß einer Honorarvereinbarung sein kann, zeigt der nachfolgend dargestellte Fall, der einem von dem 316 ) Für den Anfall der Erledigungsgebühr auch bei Erledigung im Vorverfahren schon bisher: Oswald StBerat 63, 54; 68, 165 m.w.N. A. M. (überholt): RS Rz. 11 §24; Speich, Kosten und Gebühren im Steuerprozeß S 77; Tipke-iKruse § 139 FGO Anm. 19; Hübschmann-HeppSpitaler § 139 FGO Anm. 38: §•' 118 regelt als lex specialis die Gebühren des Vorverfahrens abschließend.

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IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten

§ 118

Mitverfasser Schumann erstatteten Gutachten in einer Steuersache (Beratung und Hilfe zugrunde lag. Hier m u ß t e jede K u n s t infolge der unzulänglichen Gebührenvorschriften für Steuersachen scheitern. Derartige Fälle lassen sich niemals mit den normalen Gebührenvorschriften richtig und angemessen lösen. Entweder m ü ß t e m a n hier die Angemessenheitsklausel (vgl. Einl. Rz. 10 (S 5) ;obenRz. 8) anwenden — wenn es sie noch geben würde — oder eine Honorar Vereinbarung (§3) treffen. Letzteres ist hinterher nur schwer zu erreichen und vorher läßt sich der Fall sowie der U m f a n g der Tätigkeit überhaupt noch nicht übersehen, so daß es für eine Honorarvereinbarung oft noch verf r ü h t wäre. U m eine Steuernachzahlung von rund 1 Million DM in langjähriger u n d mühevoller Arbeit vom Auftraggeber abwenden zu können, würde der Anwalt allenfalls 20 / 10 Gebühren aus § 118 mit 11460 DM erhalten. Selbst wenn m a n den ursprünglich von dem Betriebsprüfer errechneten Steuernachzahlungsbetrag von 2,4 Millionen DM als Gegenstandswert annimmt, die im Laufe der Verhandlungen durch den Einsatz des Steueranwaltes „vergleichsweise" auf rund 1 Mio. DM ermäßigt wurden, ergeben 20 / 10 Gebühren nur rund 19960 DM. Das sind etwas mehr als ein 3/4 Prozent des Steuerbetrages. Das deckt nicht einmal die Unkosten für eine derartige umfangreiche und langwierige Tätigkeit. Daß dann schließlich etwas mehr als das Dreifache des gesetzlichen Gebührenbetrages (rund 2,5% des Steuerbetrages) als Honorar nachträglich vereinbart werden konnte, wurde der erfolgreichen Anwaltstätigkeit noch einigermaßen gerecht. 3. Gegenstandswert a) Allgemeines F ü r die Berechnung des Gegenstandswertes gilt die Vorschrift des § 8 Abs. 1, da es 184 sich bei den nichtstreitigen Steuersachen um Angelegenheiten handelt, die einem gerichtlichen Verfahren vorausgehen 317 ), wofür jetzt die Vorschriften des GKG gelten (vgl. Vorbem. zu § 114 u. Rz. 44ff zu § 114). b) Anfertigung von Steuererklärungen Bei der Anfertigung einer Einkommens- oder Körperschaftssteuererklärung bildet 185 im Veranlagungsverfahren den Gegenstandswert grundsätzlich der vom R A bearbeitete Steuerwert, der sich nach dem aus der Einkommens- oder Körperschaftssteuererkläring ergebenden Steuerbetrag errechnet. Eine Erhöhung der 7 ' 5 / 10 Geschäftsgebühr kann sich dadurch ergeben, daß sich die Tätigkeit des R A nicht allein auf die Fertigstellung der Steuererklärung als solche, sondern auch auf die eingehende Nachprüfung aller Einzelposten der Steuererklärung (z.B. bezüglich der einzelnen Einkunftsarten des § 2 Abs. 2 EStG, der Sonderausgaben des § 10 EStG usw.) oder zusätzlich auf die Anfertigung einer der Steuererklärung mehrfach beizufügenden Erläuterung, die bei komplizierten Einkommensabrechnungen üblich ist, erstreckt. I n dem Gegenstandswert sind jedoch die von der Einkommens- oder Körperschaftssteuer abhängigen Ausgaben (Gewerbe-, Kirchensteuer oder Beiträge zur Industrie- und Handelskammer) nicht einzurechnen. Ebenso bleibt der Wert der sich aus der Einkommens- oder Körperschaftssteuererklärung ergebenden Vorauszahlungen bei der Ermittlung des Gegenstandswertes außer Betracht. Nur wenn die Vorauszahlungen den Gegenstand

317 ) Vgl. dazu auch Thier, Die anwaltlichen Gebühren in Steuer- und Zollsachen S 73 Fn. 151, S 68ff, 81ff. Die in der 1. Aufl. (Hauptbd. S 1217) vertretene Auffassung, daß § 8 Abs. 2 zur Anwendung kommen soll, wurde im ErgBd. 1961 (S 272) aufgegeben.

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§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

eines besonderen, d. h. selbständigen Verfahrens (z.B. Herabsetzungen oder Stundungs- oder auch Teilzahlungsantrag) bilden, ist die hierfür entwickelte Tätigkeit des R A , und zwar grundsätzlich nach der Höhe der in Frage stehenden Vorauszahlungen, als Gegenstandswert gesondert zu berechnen. Hinzuzurechnen sind hingegen die Strafzuschläge, weil sie zusätzliche Steuerbeträge zur Einkommensteuer darstellen, nicht hingegen die Zuschläge nach § 168 Abs. 2 AO.

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c) Gegenstandswert bei Verlust-Abschluß Schließt die Einkommens- oder Körperschaftssteuer mit einem Verlust ab, so bildet den Gegenstandswert grundsätzlich der Wert des Verlustvortrages, u n d zwar ohne Rücksicht darauf, ob er, wie bei der Körperschaftssteuer grundsätzlich vortragsfähig ist (§ 10b EStG i. Verb, mit § 6 Abs. 1 KStG) oder ob ihm vorerst, wie es bei der Einkommenssteuerveranlagung häufig vorkommt, die Vortragsfähigkeit fehlt. Es ist ferner auch ohne Belang, ob der erklärte Verlust eine E r s t a t t u n g von Vorauszahlungen zur Folge hat oder nicht. d) Rechtsmittelverfahren I m Rechtsmittelverfahren bildet den Gegenstandswert jedoch nur der sich aus dem Rechtsmittelantrag ergebende Steuermehr- oder -minderbetrag 3 1 8 ). Zum Gegenstandswert in Steuersachen enthalten auch die Erläuterungen zu § 114 eine Reihe von Hinweisen (vgl. § 114 Rz. 111 ff). e) Sonstige Fälle I n sonstigen Fällen, wo ein Gegenstandswert sich nicht ermitteln läßt, ist die Vorschrift des § 8 Abs. 2 Satz 2 anzuwenden: a) Bestimmung des Gegenstandswertes nach billigem Ermessen (1. Halbsatz), b) in nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten Regelwert 4000 DM, Mindestwert 300 DM, Höchstwert 1 Million DM. Beispiele: a) Nach diesen Grundsätzen wird m a n z.B. den Gegenstandswert auch annehmen können, wenn der Auftraggeber vom R A beraten werden will, wie er sich gegenüber den Finanzbehörden zu verhalten hat, insbesondere auf Grund eines gestellten Auskunftsersuchens gem. §§ 175 ff AO oder bei Abfassung einer Selbstanzeige (§ 395 AO), bei Vertretung eines Steuerberaters oder Steuerbevollmächtigten im Zulassungsverfahren (vgl. dazu auch § 114 Rz. 119 u. oben Rz. 178 zu e/18). b) Bei der Teilnahme an Betriebsprüfungen (vgl. oben Rz. 178 Ziff. 40 zu e u. f sowie Rz. 179) gilt hinsichtlich des Gegenstandswertes folgendes: I n aller Regel beginnt das Veranlagungsverfahren mit der Zusendung des Betriebsprüfungsberichtes an den Steuerpflichtigen, verbunden mit der befristeten Aufforderung zur Stellungnahme. Diese Maßnahme ist die Einleitung des Veranlagungsverfahrens, das — wie in allen diesen Fällen — mit dem Erlaß der nach § 222 AO berichtigten Steuerbescheide endet. Aus diesem Grunde erwachsen für das Betriebsprüfungs- u n d das Veranlagungsverfahren je getrennte Gebühren nach § 118, u n d zwar berechnet aus den Gegenstandswerten der getrennten Einzelsummen der verschiedenen Steuerarten. F ü r jede Steuerart — gegebenenfalls aus der jeweiligen Summe der einzelnen Steuerart — nicht aber aus der Summe der verschiedenen Steuerarten — ist also ein gesonderter, d.h. getrennter Gegenstandswert zu berechnen, so daß sich eine Einzelberechnung des Honorars f ü r die 318

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) Vgl. dazu auch Thier, Die anwaltlichen Gebühren in Steuer- und Zollsachen S 92.

IX. Nichtstreitige Steuerangelegenheiten

§ 118

einzelnen Steuerarten als erforderlich erweist. Der Gegenstandswert k a n n aus den a m Ende eines jeden Betriebsprüfungsberichtes enthaltenen steuerlichen Mehr- oder Minderforderungen entnommen werden, sagt Thier 319 ). Das scheint uns noch nicht ausreichend zu sein. Gerade in einem einzelnen Fall ergab sich, daß zunächst die Betriebsprüfer erhebliche Steuernachzahlungen festgestellt h a t t e n und im Laufe der weiteren umfangreichen Betriebsprüfung und Besprechungen gelang es dem R A , den Betriebsprüfer davon zu überzeugen, daß seine Auffassung nicht richtig ist. E s wäre hier unbillig, nur den Betrag anzunehmen, der sich aus dem Bericht ergibt. Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit war jedenfalls der von den Betriebsprüfern von Anfang an zur Debatte gestellte Nachzahlungsbetrag. Zur Feststellung des Gegenstandswertes sind somit bei jeder einzelnen Steuerart der periodisch wiederkehrenden Steuern (Einkommen-, Körperschafts-, Umsatz(Mehrwert-), Gewerbe-, Vermögen-, Lohn-, Beförderungs- und etwaige Verbrauchssteuern) ferner auch bei der Vermögens-, Kreditgewinn- und Hypothekengewinnabgabe zu addieren u n d die auf jede Steuerart entfallende Gebühr gesondert zu berechnen. Auch die etwaige Nachzahlung der Kirchensteuer muß beachtet werden, da auch dafür gesondert die Gebühren angesetzt werden können 320 ). Diese Regelung des Gegenstandswertes anläßlich von Betriebsprüfungen und die Teilnahme des R A daran ist völlig ungenügend. Die Gebühren können höchstens in Höhe von 20 / 10 entstehen ( 10 / 10 Geschäftsgebühr u n d 10 / 10 Besprechungsgebühr). Wenn der Gegenstandswert bei einer Betriebsprüfung nur sehr gering ist, würden auch diese 20 / 10 keineswegs eine angemesssene Vergütung für die Tätigkeit des RA, die sich u.U. auf Tage hinaus erstrecken kann, bedeuten. Aus diesem Grunde ist mit der Vorschrift des § 118 in solchen Fällen nichts anzufangen. Es bleibt daher nichts anderes übrig, als für solche Tätigkeit aus Anlaß von Betriebsprüfungen mit dem Auftraggeber vorher eine Gebührenvereinbarung zu treffen (vgl. auch F n . 325 u. oben Rz. 183. f ) Kostenentscheidung Die Kostenentscheidung, die in einer von einer Verwaltungsbehörde erlassenen 189 Rechtsmittelentscheidung (Einspruchs- oder Beschwerdeentscheidung) enthalten ist, k a n n selbständig angefochten werden. F ü r das auf den Kostenpunkt beschränkte Rechtsmittel gilt der gleiche Rechtsmittelzug, der bei Anfechtung der Hauptsache gegeben wäre, nämlich die Klage zum Finanzgericht, das durch Urteil entscheidet 321 ). Die Zulässigkeit der Anfechtungsmöglichkeit wurde früher aus Art. 19 Abs. 4 GG hergeleitet. J e t z t ist die Kostenentscheidung ein Verwaltungsakt i.S. des § 40 Abs. 1 FGO. § 145 Abs. 1 FGO steht der selbständigen Anfechtung der behördlichen Kostenentscheidung nicht entgegen, da diese Vorschrift nur für die Anfechtung von Gerichtsentscheidungen gilt 322 ). g) Erinnerung gegen Kostenfestsetzungsbescheide des Finanzamts Gegen Kostenfestsetzungsbescheide des Finanzamts ist die Erinnerung an das Fi- 190 nanzamt gegeben, die an eine Frist von 2 Wochen ab Bekanntgabe gebunden ist (§ 257

319

) „Die Gebühren in Steuer- u n d Zollsachen" 3. Aufl. S 88. °) So a u c h S c h u m a n n in einem von ihm e r s t a t t e t e n G u t a c h t e n . j B F H N J W 60, 503 = B B 60, 199. Vgl. auch Boeker K o s t e n r e c h t im steuerlichen Rechtsm i t t e l v e r f a h r e n 2. Aufl. S 178. 322) Ygj d a z u Speich, K o s t e n u n d Gebühren im Steuerprozeß S 92/93; Oswald B ü r o 68, 271. 32

321

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§ 118

E l f t e r Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

A b s . 1 A O ) . B e i V e r s ä u m u n g d e r F r i s t k a n n N a c h s i c h t i.S. d e s § 86 A O g e w ä h r t w e r d e n . I m übrigen b e g i n n t die F r i s t nicht zu laufen, w e n n der Festsetzungsbeseheid nicht m i t e i n e r z u t r e f f e n d e n R e c h t s b e h e l f b e l e h r u n g v e r b u n d e n ist (§ 237 A O ) . F ü r das V e r f a h r e n besteht Gebührenfreiheit323). Die E n t s c h e i d u n g ü b e r die Erinner u n g e r g e h t s c h r i f t l i c h d u r c h d e n A m t s v o r s t e h e r d e s F i n a n z a m t s o d e r eine v o n i h m b e s t i m m t e S t e l l e ; sie b e d a r f einer R e c h t s b e h e l f b e l e h r u n g . D i e E n t s c h e i d u n g ü b e r d i e E r i n n e r u n g k a n n i n n e r h a l b zwei W o c h e n m i t d e m A n t r a g a u f E n t s c h e i d u n g d e s F i n a n z g e r i c h t s a n g e f o c h t e n w e r d e n (§ 257 A b s . 2 A O ) . D i e E n t scheidung ergeht durch Beschluß. Entgegen der Regelung im Erinnerungsverfahren besteht für das Finanzgericht das Verböserungsverbot324).

191

4. Aufstellung einer Bilanz etc. Nicht z u d e n e i g e n t l i c h e n S t e u e r s a c h e n g e h ö r e n d i e j e n i g e n T ä t i g k e i t e n d e s R A , d i e dieser in Vorbereitung f ü r eine spätere s t e u e r l i c h e W e r t e r m i t t l u n g e n t w i c k e l t , w o z u gehören: 1. d i e Aufstellung einer Bilanz, einer G e w i n n - u n d V e r l u s t r e c h n u n g (§ 172 A b s . 1 u . 2 A O ) , e i n e r H a u p t a b s c h l u ß ü b e r s i c h t (§ 42 A b s . 2 S a t z 3 D S t D V ) ; 2. d i e A b f a s s u n g eines Geschäftsberichts (§ 127 A b s . 1 A k t i e n g e s e t z ; §42 A b s . 4 D S t D V ) ; 3. die v o n e i n e m R A e n t f a l t e t e Revisionstätigkeit. T h i e r (S 2 6 f f ) v e r t r i t t die A u f f a s s u n g , d a ß diese T ä t i g k e i t e n des R A n i c h t n a c h d e r anwaltlichen GebO, sondern nach anderen Grundsätzen honoriert werden müssen. E r ist d e r M e i n u n g , d a ß g e m ä ß § 612 B G B b z w . § 632 B G B die a n g e m e s s e n e V e r g ü t u n g b e r e c h n e t w e r d e n k a n n . I n aller R e g e l , so m e i n t er, w i r d in diesen F ä l l e n d e r R A als M i n d e s t g e b ü h r eine n a c h d e r G e b O f ü r W i r t s c h a f t s p r ü f e r zu e r m i t t e l n d e e n t s p r e c h e n d e G e b ü h r (also eine Zeit- u n d W e r t g e b ü h r ) f o r d e r n k ö n n e n . Diese A u f f a s s u n g k a n n —• leider — n i c h t u n w i d e r s p r o c h e n b l e i b e n . D e r R A h a t f ü r eine a n w a l t l i c h e T ä t i g k e i t ausschließlich n a c h d e r f ü r i h n g e l t e n d e n G e b O a b z u r e c h n e n (vgl. § 1 R z . 25 ff (S 36ff) 3 2 5 ). D i e V o r s c h r i f t d e s § 612 B G B findet n u r d a n n A n w e n d u n g , w e n n f ü r d i e v o r g e s e h e n e T ä t i g k e i t ein „ T a x e " n i c h t b e s t e h t . D i e B R A G e b O ist n u n z w a r k e i n e T a x e i m S i n n e des § 612 B G B , u n d z w a r d e s h a l b n i c h t , weil als T a x e i m S i n n e dieser B e s t i m m u n g n u r eine solche b ü r g e r l i c h e n , n i c h t a b e r ö f f e n t l i c h e n R e c h t s in F r a g e k o m m e n k a n n . D i e B e s t i m m u n g e n d e r G e b O s e t z e n a b e r die V o r s c h r i f t e n des B G B i n s o w e i t a u ß e r K r a f t , als sie eine S o n d e r r e g e l u n g t r e f f e n (vgl. S 9/10). D e r S t r e i t ü b e r die F r a g e , o b die B R A G e b O eine T a x e i m S i n n e des § 612 B G B ist o d e r n i c h t , ist a b e r m ü ß i g , d e n n selbst w e n n die G e b O k e i n e T a x e sein soll, so w ä r e sie t r o t z d e m a n z u w e n d e n , d e n n n a c h § 612 A b s . 1 S a t z 2 B G B s i n d d a n n d i e in d e r G e b O g e r e g e l t e n G e b ü h r e n als die ü b l i c h e V e r g ü t u n g a n z u s e h e n . G e g e n i h r e „ Ü b l i c h k e i t " d ü r f t e n , n a c h d e m d i e G e b O n a h e z u 100 J a h r e b e s t e h t , k e i n e E i n w e n d u n g e n zu e r h e b e n sein. E s k a n n d a h e r T h i e r n i c h t g e f o l g t w e r d e n , w e n n er f ü r d i e o b e n g e n a n n t e n T ä t i g k e i t e n die G e b O f ü r W i r t s c h a f t s p r ü f e r , die i m ü b r i g e n n i c h t e i n m a l eine a m t l i c h e G e b O ist, z u g r u n d e legen will. M a n w i r d n u r die B e s t i m m u n g e n d e r B R A G e b O , a u c h in solchen Fällen, a n w e n d e n müssen, u n d zwar k o m m t auch hier n u r die Vorschrift des § 118 in F r a g e .

323

) B F H H F R S 183; Speich a.a.O. S 96 zu 4 a. ) Vgl. dazu Tschischgale B B 68, 871; Kaiser Der Betrieb 67, 398. 325 ) Freilich ist das keine angemessene Vergütung f ü r diese Tätigkeit. Auch hier fehlt die Angemessenheitsklausel, ohne die eine solche Tätigkeit gebührenrechtlich nicht zu erfassen ist. Schließlich ist noch der Hinweis auf eine Honorarvereinbarung veranlaßt, die m a n in solchen Angelegenheiten nie vergessen darf. E s s t e h t dem nichts entgegen, die GebO f ü r Wirtschaftsprüfer mit dem Auftraggeber zu vereinbaren. Vgl. dazu H o r s t AnwBl. 61, 107. 324

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X. Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

X. Angelegenheiten der Verwaltung 1. Allgemeines Die G e b ü h r e n in V e r f a h r e n vor den Gerichten der V e r w a l t u n g regelt die Vorschrift 192 des § 114 (Regelgebühren n a c h §§ 31 ff). E s k a n n d a z u a u f die E r l ä u t e r u n g e n zu § 114 verwiesen w e r d e n (wegen G e g e n s t a n d s w e r t i m verwaltungsgerichtlichen V e r f a h r e n siehe § 114 R z . 44ff). Die V o r s c h r i f t des § 114 regelt also lediglich d a s gerichtliche Verw a l t u n g s v e r f a h r e n v o r d e n V e r w a l t u n g s g e r i c h t e n (Verwaltungsgerichte, Oberverw a l t u n g s g e r i c h t , Verwaltungsgerichtshof, B u n d e s v e r w a l t u n g s g e r i c h t ) . N i c h t u n t e r die V o r s c h r i f t des § 114 fallen die sonstigen Angelegenheiten vor d e n Verwaltungsbehörden, also E i n s p r ü c h e , Beschwerden, V o r s c h a l t b e s c h w e r d e n (Abhilfeverfahren) usw. Die G e b ü h r e n f ü r diese T ä t i g k e i t errechnen sich a u s der V o r s c h r i f t des § 118. E i n e r U n t e r s c h e i d u n g zwischen Angelegenheiten der V e r w a l t u n g u n d a n d e r e n Angelegenheiten b e d a r f es g e b ü h r e n r e c h t l i c h n i c h t , weil die Vorschrift des § 118 in allen n i c h t s t r e i t i g e n Angelegenheiten A n w e n d u n g findet. Zu den Verwaltungsangelegenheiten g e h ö r t a u c h die Stellung von Anträgen bei Verwaltungsbehörden. 2. Verwaltungsangelegenheiten a) Verwaltungsakte V e r w a l t u n g s a k t e sind V e r f ü g u n g e n d e r - V e r w a l t u n g s b e h ö r d e n u n d sonstige Verwaltungsanordnungen. U n t e r V e r w a l t u n g s a k t v e r s t e h t d a s Gesetz n i c h t den f ö r m l i c h e n V e r w a l t u n g s a k t (das E r g e b n i s jeglicher V e r w a l t u n g s t ä t i g k e i t ) , s o n d e r n n u r den materiellen Verwalt u n g s a k t : die eine R e c h t s n o r m vollziehende, m i t obrigkeitlicher A u t o r i t ä t vorgenomm e n e , auf einen rechtlichen E r f o l g abzielende H a n d l u n g einer V e r w a l t u n g s b e h ö r d e , die gerichtet ist a n eine b e s t i m m t e Einzelperson oder a b e r einen jeweils b e s t i m m t e n K r e i s v o n Einzelpersonen, die a n d e m zu regelnden T a t b e s t a n d beteiligt sind. Wesensm e r k m a l ist, d a ß die h a n d e l n d e B e h ö r d e D r i t t e n hoheitlich (also im Ü b e r o r d n u n g s - , n i c h t im GleichordnungsVerhältnis) g e g e n ü b e r t r i t t . D a h e r k a n n v o n einem Verwalt u n g s a k t n i c h t gesprochen werden, w e n n die Polizei e t w a s n i c h t m i t eigenem Zwang, s o n d e r n d u r c h bloßen H i n w e i s auf die S t r a f b a r k e i t durchsetzen will. Hoheitliche T ä t i g k e i t liegt aber n i c h t n u r vor, w e n n die B e h ö r d e in A u s ü b u n g der Zwangsgew a l t , sondern a u c h , w e n n sie auf d e m Gebiet der W o h l f a h r t t ä t i g wird. Auch im Bereich der Justizverwaltung sind V e r w a l t u n g s a k t e möglich, so z. B . bei Dissenserteilungen n a c h §§ 4, 6, 10, 12 E h e G , §§ 1745, 1745a, 1745b, 1745c B G B ; Bestellung von Sachverständigen u n d Zulassung v o n Prozeßagenten d u r c h d a s Ger i c h t ; Zulassung v o n R A e n , K a s s e n ä r z t e n , N o t a r e n , W i r t s c h a f t s p r ü f e r n , Steuerber a t e r n , S t e u e r b e v o l l m ä c h t i g t e n usw. Gegenüber A k t e n der J u s t i z v e r w a l t u n g u n d J u s t i z v e r w a l t u n g s a n o r d n u n g e n ist, d a sie echte V e r w a l t u n g s a k t e sind, die A n f e c h t u n g s k l a g e z u m V e r w a l t u n g s g e r i c h t zulässig, soweit n i c h t k r a f t Gesetzes die bürgerlichen Gerichte ü b e r R e c h t s b e h e l f e zu entscheiden h a b e n oder ein a n d e r e s V e r f a h r e n eingerichtet ist 3 2 6 ). D a r a u s ergibt sich a b e r , d a ß a u c h f ü r die in diesen V e r f a h r e n anfallenden Beschwerden n i c h t § 61 (Beschwerdegebühr) a n f ä l l t , vielmehr die G e b ü h r e n sich d a f ü r ebenfalls n a c h § 118 richten.

326

) Vgl. Eyermann-Fröhler VwGO 5. Aufl. S 214. 391

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§ 118

E l f t e r A b s c h n i t t : Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

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Auch Anträge auf Erteilung einer Devisengenehmigung sind Verwaltungsangelegenheiten u n d daher nach § 118 abzurechnen 3 2 7 ). Diese Tätigkeit wird übrigens nicht durch eine etwaige Prozeßgebühr abgegolten, weil es eine besondere Angelegenheit ist und daher mit den Gebühren, die in einem Prozeßverfahren entstehen, nichts zu t u n hat. Neben der Geschäftsgebühr k a n n auch eine Besprechungsgebühr anfallen, wenn das rechtliche Interesse an der Genehmigung mündlich dargelegt werden m u ß . Die Gebühren für eine solche Tätigkeit sind auch in einem anhängigen Prozeßverfahren erstattbar 3 2 8 ).

195

Ebenso gehört hierher die außergerichtliche Regelung von Stationierungsschäden vor dem Amt für Verteidigungslasten nach dem Nato-Truppenstatut, des Zusatzabkommens und des Unterzeichnungsprotokolls zu dem Zusatzabkommen 3 2 9 ). I m übrigen ist eine zwischen dem A m t tür Verteidigungslasten u n d einem Anspruchsteller abgeschlossene Vereinbarung bezüglich der Entschädigung für Besatzungsschäden ein Vergleich i.S. des § 779 BGB. Der RA, der den Anspruchsteller bei Abschluß der Vereinbarung vertritt, kann daher eine Vergleichsgebühr beanspruchen. Wegen Einzelheiten vgl. Rz. 141 zu § 23 (S 677) und die dort in F n . 221 ff angegebene Rechtsprechung mit Schrifttumsnachweisen. Die RA-Kosten sind auch unter dem Gesichtspunkt des Schadenersatzes zu erstatten 3 3 0 ). Der Gegenstandswert für dieses Verfahren richtet sich nach BGH 3 3 1 ) regelmäßig nur nach dem durch die Vereinbarung zuerkannten Ersatzbetrag. Dies soll auch der Fall sein, wenn die Höhe des Anspruchs nur durch Schätzung zu ermitteln ist. Der zuerkannte Ersatzbetrag ist aber nur dann maßgebend, wenn der Geschädigte den Festsetzungsbescheid der Behörde nicht angefochten h a t . Mit der verbindlichen Schadensfestsetzung durch die Behörde soll jede weitere Erörterung der Schadenshöhe ausgeschlossen werden ; daher würde es, so sagt die Rspr. (vgl. Fn. 331) einer sachgerechten Schadensregulierung zuwiderlaufen, wenn nach Erlaß eines entsprechenden Bescheides die Frage der Schadenshöhe wegen des Nebenpunktes der Kosten erneut zu prüfen wäre. Das gleiche gilt auch im Entschädigungsverfahren nach der VO Nr. 508 der Kommandanten des amerikanischen, britischen und französischen Sektors von Berlin v. 21. 5. 51 — GVB1. S 403. Danach kann sich der Betrag der bewilligten Entschädigungssumme auf die angemessenen und notwendigen Kosten erstrecken, die in Ver-

327 ) Vgl. OLG München Beschl. v. 23. 7. 59 — 11 W 659/59 — ; OLG N e u s t a d t M D R 57, 496; oben R z . 72 zu § 13; S c h u m a n n M D R 62, 266 F n . 10. 328 ) So auch OLG München Beschl. v. 23. 7. 59 — 11 W 659/59. 329 ) Vgl. wegen Einzelheiten bereits Göttlich Büro 60, 49; Gräfe N J W 61, 1841; Rieger B B 63, 752; Schwenk N J W 63, 1245 u n d N J W 64, 1000; B a u e r B ü r o 64, 247. S. ferner eingehend R z . 141ff zu § 23 (S 677/678); Tschischgale Büro 66, 205. 33 °) Vgl. d a z u R z . 143 zu § 23 u n d d o r t F n . 229 (S 678). S. d a z u noch Walser M D R 61, 374; LG Koblenz M D R 61, 598; L G Mainz N J W 61, 1220; LG F r a n k f u r t M D R 63, 179. Die verschiedentlich in der R e c h t s p r e c h u n g lauft gewordenen Stimmen, d a ß die E r s t a t t u n g s pflicht f ü r die R A - K o s t e n nicht in Frage k ä m e bei Rechtsschutzversicherung des A u f t r a g gebers, weil d a n n keine Aktivlegitimation des Versicherten gegeben sein sollte, k o n n t e n sich nicht durchsetzen (vgl. d a z u VG Berlin N J W 60, 1316). S. d a z u auch L G Koblenz M D R 61, 598; OLG K a r l s r u h e N J W 62, 813; LG Göttingen N J W 62, 551 = M D R 62, 758. Die E r s t a t t u n g s p f l i c h t wird a b e r verneint f ü r die Verteidigerkosten im S t r a f v e r f a h r e n LG H a m b u r g M D R 62, 757; LG D o r t m u n d JVB1. 63, 103; S t r o m N J W 61, 1198. S. auch Wussow N J W 61, 1697; Möring VersR 62, 101. 331 ) B G H Z 39, 60 (73ff); ebenso BVerwG DVB1. 60, 256, 257; OVG Berlin Berliner AnwBl. 76, 68; OLG Celle N d s R p f l . 60, 230 = M D R 60, 936. Vgl. d a z u besonders R z . 142 zu § 23 m i t der d o r t in F n . 225f angegebenen weiteren R s p r . ; ferner Tschischgale N J W 64, 1011.

392

X. Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

b i n d u n g m i t einem A n t r a g auf E n t s c h ä d i g u n g erwachsen sind, f ü r welchen die Zahlung einer E n t s c h ä d i g u n g genehmigt worden ist. Maßgebend f ü r die Beurteilung der Angemessenheit u n d Notwendigkeit der im Verfahren n a c h der VO N r . 508 geltend gem a c h t e n R A - K o s t e n sind, da insoweit Regelungen im Besatzungsrecht fehlen, die B e s t i m m u n g e n des deutschen Rechts 3 3 2 ), so d a ß also a u c h hier die v o m BVerwG u n d d e m B G H entwickelte R e c h t s p r e c h u n g hinsichtlich der E r m i t t l u n g des Gegenstandswertes f ü r die Berechnung der R A - G e b ü h r e n m a ß g e b e n d ist 332 ). Auch hinsichtlich der Vergleichsgebühr des § 23 B R A G e b O h a t sich das OVG Berlin f ü r den Geltungsbereich der VO Nr. 508 (vgl. F n . 332) der A u f f a s s u n g des B G H (vgl. dazu Rz. 141 zu § 23 u n d dort F n . 223f) angeschlossen, wonach ein Vergleich i.S. des § 779 B G B u n d des § 23 B R A G e b O nicht vorliegt, wenn die H ö h e der f ü r einen Stationierungsschaden geschuldeten E n t s c h ä d i g u n g rechtswirksam d a d u r c h festgelegt wird, d a ß die Behörde einen Festsetzungsbescheid erläßt u n d der Geschädigte es u n t e r l ä ß t , diesen durch Klage anzufechten. W ä h l t die Behörde die Festsetzung, d a n n k a n n in d e m betreffenden Bescheid auch keine auf den Abschluß eines Vergleichs gerichtete Willenserklärung gesehen werden. D e n n die m i t d e m E r l a ß des Bescheides verbundenen Rechtsfolgen treten u n a b h ä n g i g von d e m Willen des Geschädigten ein, d e m es u n b e n o m m e n bleibt, die E n t s c h e i d u n g anzufechten. Deshalb wird das Vorliegen eines gegenseitigen Nachgebens zur Beseitigung eines Streites oder einer Ungewißheit verneint 3 3 3 ). Das Gericht ist nicht verpflichtet, im Rechtstreit auf E r s t a t t u n g der n a c h § 118 zu berechnenden Kosten des Verfahrens vor d e m Besatzungsschädenamt ein Gutachten der RAK n a c h § 12 Abs. 2 B R A G e b O einzuholen. Mit Rechtstreit i.S. dieser Bestimm u n g ist der Gebührenprozeß zwischen d e m R A u n d seinem Auftraggeber vor d e m ordentlichen Gericht über die H ö h e der Gebühren gemeint 3 3 4 ), nicht jedoch der Fall, d a ß der Auftraggeber die E r s t a t t u n g der von ihm a n seinon R A gezahlten Vergütung in einem Rechtsstreit von einem D r i t t e n fordert 3 3 5 ). Zwar k a n n a u c h in derartigen Verfahren das g e n a n n t e G u t a c h t e n eingeholt werden, ein Zwang dazu besteht jedoch nicht 3 3 6 ). Zu der Frage, ob der Geschädigte, wenn er z u m Vorsteuerabzug berechtigt ist, t r o t z d e m die auf die R A - G e b ü h r e n entfallende Mehrwertsteuer von d e m Schädiger bzw. bei Stationierungsschäden gegenüber d e m Besatzungsschädenamt geltend m a c h e n darf, h a b e n wir bereits in R z . 14 zu § 25 (S 692) Stellung genommen. U n t e r B e z u g n a h m e auf die d o r t in F n . 22 zitierte B G H - E n t s c h e i d u n g verneint auch das OVG Berlin 3 3 7 ) die Ersatzpflicht f ü r die Mehrwertsteuer auf die R A - G e b ü h r e n bei Geltendmachung von Schadenersatzforderungen. Die K o s t e n f ü r den mit der Schadensabwicklung bet r a u t e n R A sind lediglich eine von mehreren Schadenspositionen, von denen ebenfalls n u r der N e t t o b e t r a g ohne Mehrwertsteuer zu e r s t a t t e n ist, wenn eine Vorsteuerabzugsberechtigung gegeben ist. S32) OVG Berlin Urt. v. 23. 8. 74 — OVG II B 21/74 (rkr.) BerlinerAnwBl. 76, 68ff. Vgl. dazu auch unsere kritische Stellungnahme in Rz. 142 zu § 23 (S 677) mit der dort in Fn. 224ff angegebenen Rspr. u. Schrifttum; s. femer RS Rz. 21 zu § 23. 333) Vgl. wegen Anwendung dieser Grundsätze auf Fälle außerhalb der Regulierung von Stationierungsschäden BGH N J W 70, 1122, 1124 und Kritik dazu bei Rz. 142 zu § 23 (S 677). 334 ) Vgl. Rz. 36 zu § 12; ebenso Gerold-Schmidt Rz. 13; Lauterbach-Hartmann Anm. 2 je zu § 12; s. auch BGH DVB1. 69, 204, 205; OVG Berlin BerlinerAnwBl. 76, 71. 335 ) BGH DVB1. 69, 204, 205 u. vorst. Fn. 334. 336 ) OVG Berlin BerlinerAnwBl. 76, 71. 33 ') Urt. v. 23. 8. 74 — OVG II B 21/74 — BerlinerAnwBl. 76, 71. Vgl. dazu auch Rz. 14 zu § 25 (S. 692). 393

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Vgl. wegen Regulierung von Stationierungsschäden auch R z . 142 zu § 23 (S 677) mit der dort in F n . 224ff angegebenen Rspr. und Schrifttum. 196

Auch das Verfahren vor dem Ausschuß bei dem Wehrersatzamt wegen Wehrdienstverweigerung ist eine Verwaltungsangelegenheit, da für das weitere Verfahren die Verwaltungsgerichtsbarkeit zuständig ist (§ 25 WDO) 3 3 8 ). Für das Verfahren vor dem Wehrersatzamt kommen danach die Vorschriften des § 118 und für das spätere verwaltungsgerichtliche Verfahren § 114 zur Anwendung. Der Gegenstandswert wird nach § 8 Abs. 1 i. Verb, mit § 13 G K G n F zu ermitteln sein, da es sich bei dem Verfahren vor dem Ausschuß um eine dem gerichtlichen Verfahren vorausgehende Tätigkeit handelt. I m übrigen handelt es sich um eine Angelegenheit, wofür der Gegenstandswert in der Regel mit 4 0 0 0 DM, gegebenenfalls auch höher anzunehmen wäre 339 ).

197

Zu den Verwaltungsangelegenheiten gehören ferner das Genehmigungsverfahren auf Grund des Bayer. Wassergesetzes (BayWG) v. 26. 7. 6 2 ( B a y G V B l . 62, 143, berichtigt 63, 120 i.d.F. der Bekanntm. v. 7. 3. 75 GVB1. 75, 39); Verfahren nach der Bayer. Bauordnung (BayBO) v. 1. 8. 62 (BayGVBl. 62, 179); Anfechtung von Verwaltungsakten nach der BNotO v. 24. 2. 61 (BGBl. I , 98 — vgl. dort § 111 — ) ; Genehmigungsverfahren auf Grund des AußenwirtschaftsG v. 28. 4. 61 B G B l . I , 48 1 3 4 0 ); ebenso das Verfahren vor der Rechtsanwaltskammer auf Zulassung zur Rechtsanwaltschaft oder wegen Erteilung eines Verweises341). Der Gegenstandswert des Verfahrens wegen Zulassung als R A bemißt sich gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2 i. Verb, mit § 13 G K G nach dem Interesse des R A an der Zulassung. Dieses wird in der Regel mit 100000 DM angenommen 3 4 2 ). Wegen Gebühren im ehren- und berufsgerichtlichen Verfahren vgl. § 110 Rz. 5 ff.

198

Außergerichtliche Flurbereinigungssachen (Flurbereinigungsgesetz v. 14. 7. 53) fallen ebenfalls als Verwaltungsangelegenheit unter die Vorschrift des § 118 3 4 4 ).

343

)

338 ) Vgl. dazu Hahnenfeld NJW 60,1511. Eine Streitwertbeschwerde soll unzulässig sein, OVG Münster NJW 65, 2419 mit weit. Nachw; Tschischgale Büro 66, 928. 33s>) BVerwG Beschl. v. 19. 3. 68 — BVerwG V I I I C 120. 67; Göttlich BRAGebO Stichwort „Kreiswehrersatzamt"; Noll S 48. Vgl. auch Rz. 49, 54 zu § 114. 34 °) Vgl. Göttlich Büro 61, 415; Ditges NJW 61, 1849; Hoke und Schmidt (Bespr.) NJW 61, 1858. 341 ) Vgl. Schumann NJW 59, 1761 und wegen Kostenerstattung auch Zimmermann NJW 61, 911 und wegen Unentgeltlichkeit der Tätigkeit der RAK OLG Stuttgart EGH-RAe NJW 62, 1403. Vgl. ferner Rz. 1, 2 zu § 110. 342 ) Vgl. auch Rz. 1, 2 zu § 110. 343 ) (BGBl. I, 591) i. d. F. v. 16. 3. 76 BGBl. I, 546. Vgl. dazu auch BayerAGFlurBG v. 11. 8. 54 BayBS IV S 365. S. auch Ziegler Bayer- VerwGes. mit der Zusammenstellung der umfangreichen landesrechtlichen Vollzugsbekanntmachungen. 344 ) Das Ersuchen gemäß § 79 Abs. 1 FlurbG auf Berichtigung des Grundbuchs stellt keinen Verwaltungsakt dar, sondern ist lediglich ein Vollzugsakt im Rahmen der Ausführungsanordnung (vgl. BayVGH BayVBl. 76, 50; Urt. v. 15. 3. 74 Nr. X I I 73 und v. 29. 8. 74 Nr. 59, 86 X I I 72. Das Klageziel, den Beklagten zu einem erneuten Berichtigungsersuchen bzw. zur teilweisen Zurücknahme des bereits gestellten Ersuchens zu verpflichten, kann somit nur im Wege der allgemeinen Leistungsklage verfolgt werden. Wegen Benutzung landwirtschaftlicher Grundstücke durch Energieleitungen s. Börner BayVBl. 76, 33 und Geizer, Der Umfang des Entschädigungsanspruchs aus enteignungsgleichem Eingriff (1969) Rz. 370ff. Wegen vorläufiger Besitzeinweisung im Flurbereinigungsverfahren nach § 36 FlurbG vgl. BayVGH BayVBl. 76, 46. Wegen Umfang der Ansprüche von Drittberechtigten an in die Flurbereinigung einbezogenen Grundstücken s. BayVGH BayVBl. 76, 50.

394

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

Die Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Kriegsgefangenen- und Häftlings- 199 hilfeG 345 ) und dem KriegsschädenschlußG sind Verwaltungsangelegenheiten, für die sich die RA-Gebühren nach § 118 richten. Das gleiche gilt in Lastenausgleichstreitigkeiten, sofern nicht die besondere Gebührenordnung v. 4. 8. 53 in Frage k o m m t (vgl. Rz. 32 zu § 1 S. 40) 346 ). Das für Bayern nach Art. 2 AGZPO 347 ) vor Klageerhebung gegen den Fiskus als Vor- 200 schaltverfahren vorgeschriebene Abhilfeverfahren 348 ) sieht die Anmeldung von Ansprüchen gegen den Freistaat Bayern vor Klageerhebung vor 349 ). Dieses Verfahren ist eine Angelegenheit der Verwaltung. Damit ist der Ausgangspunkt f ü r die Gebührenberechnung im Abhilfeverfahren als eine Angelegenheit der Verwaltung — übrigens nicht nur für die bayer. RAe, sondern für alle RAe —- klar: Anwendung der §§ 118ff 350 ). E s ist also nicht richtig, wenn für diese Tätigkeit, wie es häufig geschieht, eine „Prozeßgebühr" in Rechnung gestellt wird. F ü r die Vertretung in einem solchen Verfahren können anfallen: a) Die Geschäftsgebühr (§118 Abs. 1 Nr. 1) für den Schriftwechsel einschließlich Informationsaufnahme ; b) die Besprechungsgebühr (§ 118 Abs. 1 Nr. 2), sofern Besprechungen mit der Behörde oder einem Dritten stattfinden; c) die Beweisaufnahmegebühr (§118 Abs. 1 Nr. 3), deren Anfall zwar möglich wäre, aber in einem derartigen Verfahren k a u m praktisch werden wird; d) die Vergleichsgebühr (§ 23). Auch die Vergleichsgebühr k a n n anfallen, wenn die Voraussetzungen des § 23 Abs. 1 mit § 779 BGB vorliegen; denn die im Abhilfeverfahren geltend gemachten Ansprüche können durchaus im Vergleichswege beigelegt werden 351 ). Dagegen wird m a n die Anwendung des § 24 (Erledigungsgebühr) ausschließen müssen, weil es sich nicht u m die Rücknahme oder Änderung eines bereits vorliegenden Verwaltungsaktes handelt, vielmehr dieser Verwaltungsakt (Entscheidung über das Abhilfegesuch) erst erlassen werden soll. I n Frage kommen hauptsächlich die Geschäfts- und Besprechungsgebühr, bei denen von der 7>5/10 Mittelgebühr (vgl. oben Rz. 34)352) auszugehen ist. Da alle Abhilfeverfahren in der Regel nicht ganz einfacher N a t u r sein werden und eine erhebliche Vorbereitungsarbeit mit meist umfangreichem Schriftwechsel erfordern, so wird die Geschäftsgebühr, für deren Bemessung § 12 maßgebend ist, wohl in der Regel 10 / 10 betragen. Wegen Art und Höhe der Abfindungsansprüche im Flurbereinigungsverfahren vgl. BayVGH BayVBl. 76, 52. Wegen Reisekosten s. OVG Lüneburg DVB1. 59, 295 = N J W 62, 462; BayVGH AnwBl. 74, 50(Erstattbarkeit bejaht); vgl. auchBüro 61, 67. Auch bei mündlicher Verhandlung sind alle RA-Kosten zu erstatten, BayVGH AnwBl. 63, I I I ; vgl. auch noch OVG Münster N J W 64, 833; VGH Mannheim N J W 65, 986. 345 ) V. 30. 1. 54 BGBl. I, 5. Wegen Tragung der RA-Kosten vgl. BVerwG MDR 59, 955 and VG Berlin J R 58, 232 und die jetzige Neuregelung im § 27 Abs. 4, 3. ÄndG v. 17. 8. 64 BGBl. I, 637. Neufassung BGBl. I, 696. 346 ) Wegen Zuständigkeitsbegrenzung der Widerspruchsbehörde, insbesondere des Beschwerdeausschusses s. Richter N J W 64, 143. 347 ) Vgl. Ostler BayerJustizG 2. Aufl. S 219 — 3. Aufl. in Vorbereitung —. 348 ) Vgl. dazu wie immer die ausführliche Darstellung bei Ostler Bayer. JustizG — eine Fundgrube für sich — 2. Aufl. S 41 ff und S 52ff. 349 ) Vgl. dazu Bayer. VO i.d.F. der Bekanntm. v. 15. 2. 75 — GVB1. S 28, bei Ostler a.a.O. S 42 ff. 35 °) Vgl. auch Schumann MDR 63, 14 Beispiel Ziff. 19; Tschischgale Büro 66, 205. 351 ) Vgl. die Erläuterungen zu § 23 Rz. 6ff. 352 ) Vgl. Schumann N J W 66, 97 und S 1953.

395

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

F ü r die Bemessung der Besprechungsgebühr k o m m t es auf den U m f a n g u n d die Dauer sowie darauf an, ob eine oder mehrere Besprechungen stattgefunden haben (telefonische Besprechungen genügen), u m zu prüfen, ob mehr als 5 / 10 bzw. die Mittelgebühr von 7,5 / 10 oder mehr gefordert werden können. Der Gegenstandswert für die Gebührenberechnung in diesen Verfahren richtet sich nach § 8 Abs. 1 Satz 2 BRAGebO, also nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wert Vorschriften. Es sind somit die allgemeinen Wertvorschriften des GKG anzuwenden. Somit ist der Gegenstandswert der geltend gemachte Anspruch 353 ). Die für die Tätigkeit im Abhilfeverfahren nach § 118 BRAGebO angefallene Geschäftsgebühr ist nicht auf die in einem nachfolgenden Rechtstreit entstehende Prozeßgebühr anzurechnen. Begründung: § 118 Abs. 2, der die Anrechnung der Geschäftsgebühr des § 118 auf die Prozeßgebühr bestimmt, gilt nicht f ü r das Verwaltungsvorverfahren (§ 119 Abs. I) 354 ). Eine Kostenentscheidung kennt das Abhilfeverfahren nicht. Diese Kosten gehören gemäß § 91 ZPO zu den erstattbaren Vorbereitungskosten; denn das Abhilfeverfahren war Voraussetzung für die zivilprozeßrechtliche Durchführung der materiellen Ansprüche des Klägers, daher müssen ihm die hierfür gemachten Aufwendungen im R a h m e n des § 91 ZPO — freilich nur im Falle des Obsiegens — ersetzt werden. Die Mitwirkung eines Rechtsanwalts ist in solchen Fällen in der Regel notwendig, weil es sich meist u m eine sachlich u n d rechtlich schwierige Materie handelt 3 5 5 ). 201

Einbürgerungssachen gehören ebenfalls zu den Verwaltungsangelegenheiten, für die § 118 für die Gebührenberechnung maßgebend ist. Der Gegenstandswert bestimmt sich gemäß § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG n F im allgemeinen nach dem Regelwert von 4000 DM, eine Erhöhung kann jedoch angezeigt sein, wenn das Interesse des Auftraggebers eine höhere Bewertung zuläßt (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Bei Einbürgerungsanträgen für mehrere Personen handelt es sich u m mehrere selbständige gebührenrechtliche Angelegenheiten. Das gleiche gilt auch für Verfahren auf Namensänderung 355 a )

202

Der Streitwert für die Anfechtung einer Verwarnungsgebühr im Verwaltungswege bzw. durch nachfolgende Klage zum Verwaltungsgericht auf Aufhebung der gemäß § 56 Abs. 1 OWiG ausgesprochenen Verwarnung und Rückzahlung des entrichteten Verwarnungsgeldes in Höhe von DM 5.— bestimmt sich nicht nach der Höhe des Verwarnungsgeldes. Der Schwerpunkt eines solchen Verwaltungsaktes liegt hierbei nicht in der Erhebung eines Verwarnungsgeldes, sondern in der Bedeutung als präventivpolizeiliche Ordnungsmaßnahme, durch die überdies eine weitere Verfolgung der Ordnungswidrigkeit ausgeschlossen werden soll. Eine solche Anfechtung h a t demnach 353

) So auch Gerold-Schmidt Rz. 17 zu § 8. 354) ygi auch RS Rz. 39 § 118, wobei das „Abhilfeverfahren" ausdrücklich erwähnt wird mit Hinweis auf die Fassung des § 37 Ziff. 1 BRAGebO, zum Rechtszug gehörig „soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet"; ferner RS Rz. 12 § 37. S. ferner Begr. zu § 118 1. Aufl. S 1154 und zu § 119 1. Aufl. S 1233, auch Schumann MDR 63, 14 Ziff. 1/19 und Ziff. II/8 Fn. 31, 32 sowie Lauterbach-Hartmann KostG Anm. C 6 zu § 118. 355 ) Vgl. dazu OLG Nürnberg NJW 59, 534. S. ferner dazu Ostler Bayer JustizG 3. Aufl. Nr. 4 unter Ziff. 3, der auch dort unter Bezugnahme auf BGHZ 28, 303 darauf hinweist, daß in jedem Falle in der urteilsmäßigen Kostenentscheidung schon darüber zu befinden sei. Daher ist es zweckmäßig, bei der Antragstellung schon darauf zu achten. Vorschlag für die Formulierung: „Der Beklagte hat die Kosten des Rechtstreits einschl. der Anwaltskosten für das voraufgegangene Abhilfeverfahren mit den nicht auf die Prozeßgebühren anzurechnenden Gebühren aus § 118 BRAGebO zu tragen". ,55a ) Vgl. dazu Tschiachgale Büro 66, 1009. 396

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

stets die präventivpolizeiliche Ordnungsmaßnahme als solche zum Gegenstand u n d ist deshalb nicht nur nach dem geringen Betrag des Verwarnungsgeldes streitwertmäßig zu beurteilen. Der Streitwert ist in solchen Fällen gemäß § 8 Abs. 1 i.Verb. mit § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG auf 4000 DM festzusetzen 356 ). Bei Anfechtung von Bescheiden der Deutschen Bundespost über die fristlose Auf- 203 hebung der Teilnehmereinrichtungen (Telefonanschluß) ist der Streitwert nicht nur nach dem Betrag der rückständigen Fernmeldegebühren (in dem entschiedenen Fall 220,71 DM und 383,82 DM) festzusetzen. Der Streitgegenstand des Habens oder Behaltens eines Telefonanschlusses k a n n vielmehr nicht unter dem in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG n F angegebenen Betrag von 4000 DM festgesetzt werden 357 ). I m Enteignungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde gilt ebenfalls die Vorschrift 204 des § 118. Dabei kommen wegen der erheblichen Bedeutung, des Umfangs sowie wegen der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit in diesen Angelegenheiten in der Regel die Höchstsätze von je 10 / 10 der vollen Gebühr in Betracht 3 5 8 ). Wegen Streitwert im Enteignungsverfahren s. unten Rz. 230. Die §§ 118ff gelten ferner auch im Umlegungsverfahren nach dem BBauG 359 ). Das Erlaubnis- und Bewilligungsverfahren auf Grund des Wasserhaushaltsgesetzes 360 ) 205 ist ebenso wie die entsprechenden Verfahren auf Grund länderrechtlicher Vorschriften eine Verwaltungsangelegenheit. Ferner gehören Entschädigungsverfahren wegen wasserrechtlicher Enteignungen 206 hierher, soweit die Tätigkeit vor der Verwaltungsbehörde in Frage kommt 3 9 1 ). F ü r das Klageverfahren wegen der Höhe der Entschädigung vor den ordentlichen Gerichten fallen jedoch die Gebühren der §§ 31 ff besonders an. Auch aufgrund des Soldatenrechts kommen Verwaltungsakte vor 362 ). Anzuwenden 207 sind die für beamtenrechtliche Streitigkeiten geltenden Wertmaßstäbe, wobei allerdings Besonderheiten des Soldatenrechts durch eine abweichende Wertfestsetzung zu berücksichtigen sind 363 ). 356 ) Vgl. auch BayVGH BayVBl. 73, 26 (Streitwert festgesetzt auf 2000 DM); vgl. auch BayVGH v. 24. 7. 64 Nr. 215 V I I I 62; Beschl. v. 20. 4. 65 Nr. 91 VIII 63, erwähnt BayVBl. 73, 26. 357 ) Der B a y V G H BayVBl. 73, 27 hat in dem entschiedenen Fall den Regelstreitwert von 6000 DM festgesetzt, wie er in Art. 23 Abs. 1 letzter Satz des BayerKostG vorgesehen war. 358 ) Vgl. LG Hamburg, erwähnt i. Urt. des BGH N J W 73, 2002 f. 359 ) Vgl. Tschischgale Büro 61, 265. Wegen Gebühren bei Vertretung mehrerer am Umlegungsverfahren Beteiligten s. auch Rz. 11 zu § 6 (S 186/187) und Rz. 24 zu § 13. 360) v . 27. 7. 57, BGBl. I, 1110 mit Änderungen; s. Sartorius, Verwaltungsgesetze Nr. 845. 381 ) Wegen RA-Kosten für die Vertretung im wasserrechtlichen Entschädigungsverfahren als Teil der Entschädigung s. BGH DVB1. 69, 208. 362 ) Z. B. nach dem Soldatenversorg^angsG v. 26. 7. 57 BGBl. I, 785 i. d. F. v. 5. 3. 76 BGBl. I, 457. Vgl. dazu auch Noll, Die Streitwertfestsetzung im Verwaltungsprozeß Rz. 116 (§ 47) und dort auch die Streitwerttabelle S 21 ff. 363 ) Das OVG Lüneburg, Beschl. v. 27. 5. 66 V OVG B 9/67 hat z. B. als Gegenstandswert bei einem Streit um die Anrechnung von Vordienstzeiten auf die ruhegehaltsfähige Dienstzeit eines Berufsoffiziers den zwei- bis dreijährigen Unterschiedsbetrag zugrundegelegt und nicht den — viel zu niedrigen — in Beamtensachen üblichen nur einjährigen Unterschiedsbetrag. Das OVG Lüneburg begründet dies mit der größeren vermögensrechtlichen Bedeutung, die die Berücksichtigung von Vordienstzeiten wegen des früheren Erreichens der Altersgrenze für den Berufsoffizier hat.

397

§ 118 208

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

E b e n s o regelt sich die G e b ü h r e n b e r e c h n u n g f ü r die T ä t i g k e i t vor Selbstverwaltungsbehörden, B e h ö r d e n der öffentlichen Körperschaften, Anstalten, Stiftungen usw. n a c h § 118.

209

D a s V e r f a h r e n v o r d e m Deutschen Patentamt ist ebenfalls eine V e r w a l t u n g s a n g e legenheit, die g e b ü h r e n r e c h t l i c h u n t e r § 118 fällt 3 6 4 ). G e m ä ß § 119 ist das A n t r a g s v e r f a h r e n u n d das E i n s p r u c h s v e r f a h r e n eine Angelegenheit. D a s gilt a u c h f ü r d e n A n t r a g auf E i n t r a g u n g des W a r e n z e i c h e n s u n d f ü r das W i d e r s p r u c h s v e r f a h r e n n a c h § 5 W Z G . D a g e g e n ist das L ö s c h u n g s v e r f a h r e n n a c h § 9 GebrMG eine besondere Angelegenheit, f ü r die die G e b ü h r e n des § 118 besonders e n t s t e h e n k ö n n e n . § 119 Abs. 1 k o m m t jedoch n i c h t zur A n w e n d u n g , w e n n sich ein Beschwerde v e r f a h r e n vor d e m P a t e n t g e r i c h t anschließt, vielmehr ist dieses V e r f a h r e n als ein neuer R e c h t s z u g a n z u sehen. Vgl. d a z u a u c h R z . 2 zu § 66 (S 1055). N i c h t zu § 118, s o n d e r n zu § 66 gehören die T ä t i g k e i t e n f ü r die V e r t r e t u n g bei einer Nichtigkeitsklage, Zwangslizenzklage, Z u r ü c k n a h m e k l a g e , die im V e r f a h r e n vor d e m P a t e n t g e r i c h t u n d d e m B G H s t a t t f i n d e n . S. a u c h d a z u R z . 3ff. zu § 66 (S 1055).

210

W e g e n A n w e n d u n g des § 118 f ü r das V e r f a h r e n vor d e n Kartellbehörden s. oben R z . 13 2 365 ). D a s V e r f a h r e n vor diesen B e h ö r d e n ist ebenfalls eine Verwaltungsangelegenheit, die g e b ü h r e n r e c h t l i c h u n t e r § 118 f ä l l t . D e r 4. Teil des G W B , 1. A b s c h n i t t , t r ä g t a u c h die Ü b e r s c h r i f t „ V e r w a l t u n g s sachen". Die G e b ü h r f ü r d a s B e s c h w e r d e v e r f a h r e n sowie f ü r d a s R e c h t s b e s c h w e r d e v e r f a h r e n sind a b e r d u r c h § 65 a gesondert geregelt. Vgl. d a z u die E r l ä u t e r u n g e n bei § 65 a.

211

A u c h das Bundesverwaltungsamt (Ges. v. 28. 12. 59 B G B l . I , 829) erledigt als b e a u f tragte Behörde Verwaltungsaufgaben.

212

F e r n e r ist d a s V e r f a h r e n v o r d e m Bundesamt für gewerbliche Wirtschaft a u f g r u n d des A t o m G eine Verwaltungsangelegenheit (wegen K o s t e n vgl. § 21 des Ges.).

213

W e g e n der G e b ü h r e n i m Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsv e r f a h r e n ) s. a b e r § 119 Abs. 2 zu A b s c h n i t t I I I . b) Arten der Verwaltungsakte

214

D e r Begriff Verwaltungsakt h a t in der V e r w a l t u n g s l e h r e keine einheitliche Abg r e n z u n g g e f u n d e n . J e t z t wird der Begriff der V e r w a l t u n g s a k t e s d u r c h § 3 5 V e r w V e r f G 365aj geregelt. V e r w a l t u n g s a k t ist d a n a c h jede V e r f ü g u n g , E n t s c h e i d u n g oder a n d e r e hoheitliche M a ß n a h m e , die eine B e h ö r d e zur R e g e l u n g eines Einzelfalles auf d e m Gebiet des öffentlichen R e c h t s t r i f f t u n d die auf u n m i t t e l b a r e R e c h t s w i r k u n g n a c h a u ß e n gerichtet ist. A l l g e m e i n v e r f ü g u n g ist ein V e r w a l t u n g s a k t , der sich a n einen n a c h allgemeinen M e r k m a l e n b e s t i m m t e n oder b e s t i m m b a r e n Personenkreis r i c h t e t oder die öffentlich-rechtliche E i g e n s c h a f t einer Sache oder ihre B e n u t z u n g d u r c h die Allgemeinheit b e t r i f f t .

364 ) Vgl. dazu Schumann MDB 01, 901; BVerwG N J W 59, 1507. Vgl. ferner dazu Haertel BB 59, 749; Völp BB 59, 893; Kern N J W 60, 1429; für Gebrauchsmuster s. Schmidt Büro 62, 504. 3S6 ) S. dazu auch Schumann N J W 59, 465ff; Rz. 1 zu § 65a. ^ V. 25.5. 76 BGBl. I, 1253. Das Gesetz tritt am 1. 1. 77 in K r a f t .

398

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

Will m a n eine Unterscheidung treffen, so wird m a n unter Verwaltungsakte solche mit konstitutiver Wirkung einerseits und feststellende Verwaltungsakte andererseits zu verstehen haben. Zu den ersteren zählen solche Verwaltungsakte, die ein Gebot oder Verbot setzen oder ein subjektives öffentliches Recht gewähren. Hierzu gehören vor allem Verwaltungsakte, die als Erlaubniserteilung, Genehmigung, Konzessionserteilung, Untersagen, Versagen bezeichnet werden oder die einen Verwaltungsakt widerrufen, zurücknehmen oder ändern, ferner die Ordnungsgeldbescheide. Einzubeziehen sind auch (beschwerende) Erklärungen einer Behörde, die dem eigentlichen Verwaltungsakt vorangehen. Diesen Akten mit konstitutiver Wirkung treten gegenüber die feststellenden Verwaltungsakte (z.B. Beurkundungen, Beglaubigungen). Sowohl in die eine wie in die andere Gruppe können fallen: Bescheinigungen, Unbedenklichkeitserklärungen, Besch Werdeentscheidungen . c) Verwaltungsbehörden366) Die Möglichkeit einer zu mindest mittelbaren Zurechnung dem Staate gegenüber 215 verlangt, daß ein Verwaltungsakt von einer durch den Staat eingerichteten oder zugelassenen Verwaltungsbehörde erlassen werden muß, d.h. von einer zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben mit hoheitlichen Befugnissen ausgestatteten Stelle. Wie diese Stelle im einzelnen organisiert ist, ob sie z.B. durch eine Einzelperson oder ein Kollegium tätig wird, ist für ihre Eigenschaft als Behörde ebenso unerheblich wie ihre Eingliederung in einen bestimmten Organismus (Instanzenzug) der Ämter. Die Behörde k a n n auch durch Zweigstellen tätig werden (ein S t a d t r a t z.B. durch Fürsorge-, Wohnungs-, Steueramt); jede Behörde reicht soweit, als für sie Unterschrift zu leisten ist, sei es auch i.V. (in Vertretung) oder i.A. (im Auftrag). Ohne Bedeutung ist, wessen Aufgaben die Behörde wahrzunehmen h a t ; sie kann bei jeder juristischen Person des öffentlichen Rechts errichtet sein, also bei: Körperschaften des öffentlichen Rechts (Gebiets- oder Personalkörperschaften), wie Staat, Gemeinden, Gemeindeverbände, Religionsgesellschaften; Anstalten des öffentlichen Rechts: Bestand von sächlichen und persönlichen Mitteln, der einem öffentlichen Zweck dauernd zu dienen bestimmt und mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattet ist (ausgeschlossen sind sogenannte öffentliche Einrichtungen; diesen k o m m t selbständige Rechtspersönlichkeit nicht zu); Stiftungen des öffentlichen Rechts: Bestand von sächlichen Mitteln zur Verfolgung öffentlicher Zwecke; Allgemeine Voraussetzung der Eigenschaft einer juristischen Person des öffentlichen Rechts ist die Eingliederung in den Staatsorganismus, und die Erfüllung bestimmter Aufgaben. d) Parteistreitigkeiten und Streitigkeiten des öffentlichen Rechts Eyermann-Fröhler (S 127) sagt dazu: 216 „Parteistreitigkeiten sind alle Streitigkeiten des öffentlichen Rechts zwischen selbständigen Rechtssubjekten (daher scheiden z.B. Akte der Befehlsgewalt aus), soweit 366 ) Vgl. Eyermann-Fröhler VwGO S 230; Staak SchlHA 62, 164. Daß auch die Finanzverwaltungen Verwaltungsbehörden sind, ist klar. Hier handelt es sich aber nicht um diese Behörden. Die Gebühren für die Tätigkeit des RA vor den Finanzverwaltungen sind im Abschnitt I X Rz. 177 ff behandelt. Die Erwähnung dieser Behörde erfolgt hier lediglich im Hinblick auf die Vorschrift des § 24, der die Gebühren bei Erledigung des Rechtsstreits durch Rücknahme oder Erledigung des angefochtenen Verwaltungsaktes behandelt. Auch die Finanzbehörden erlassen Verwaltungsakte (vgl. dazu oben Abschnitt I X R'z. 177 ff).

399

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

es sich nicht u m Anfechtungssachen (worunter auch die Verpflichtungsklagen verstanden werden) handelt oder eine Sonderzuständigkeit eingreift. Wesentlich ist für die Zulässigkeit des Parteistreitverfahrens, daß es sich um eine Streitigkeit des öffentlichen Rechts und um gleichgeordnete Rechtsträger handelt." Bezüglich der Streitigkeiten des öffentlichen Rechts wird dort gesagt: „Soweit der Gesetzgeber eine Streitigkeit nicht ausdrücklich den Verwaltungs gerichten oder den Zivilgerichten zugewiesen hat, entscheidet die innere N a t u r des Rechtsverhältnisses." Während die Abgrenzimg öffentlich-bürgerlichen Rechts bei den Anfechtungssachen keine Schwierigkeiten bereitet, da dort das typische Merkmal des öffentlichen Rechts (Über- u n d Unterordnung) klar zutage tritt, ist die Entscheidung für Parteistreitigkeiten — die begrifflich gerade die Gleichordnung als Wesensmerkmal voraussetzen •— häufig sehr zweifelhaft. So k a n n das Benutzungsverhältnis von Einrichtungen des Staates u n d der Gemeinden, z.B. der Gasanstalt, Wasserwerke, Straßenbahnen, bürgerlich rechtlich, wie öffentlich rechtlich sein, je nach Ausgestaltung. Das Postbenutzungsverhältnis ist nach überwiegender Meinung dem öffentlichen, das Bahnbenutzungsverhältnis dagegen nach einhelliger Auffassung dem bürgerlichen Recht zugehörig. Maßgebend ist, ob der Streit der Parteien sich auf ein Rechtsverhältnis bezieht, dessen Regelung vorwiegend dem öffentlichen Interesse dienen will. Dabei kann es sich sehr wohl u m vermögensrechtliche Ansprüche handeln; ebenso können Rechtsfiguren, die im bürgerlichen Recht ihre Gestaltung gefunden haben, im öffentlichen Recht vorkommen, wie sich andererseits aus öffentlichen Titeln bürgerlich-rechtliche Ansprüche dann ergeben, wenn es sich nicht u m einen Gegenstand des öffentlichen Interesses (des Gemeinwohls), sondern u m das Rechtsgut u n d die individuelle Sphäre nur des einzelnen handelt. 3. Der Rechtszug 217

Die Gebühren in diesen Angelegenheiten fallen in jedem Rechtszug nur einmal an. Wenn aber mehrere Rechtszüge vorliegen, so ist für jeden Rechtszug besonders zu liquidieren. Handelt es sich nicht um einen Rechtszug (Instanzenzug), also Gleichheit des Verfahrens bei den Verwaltungsbehörden (untere Verwaltungsbehörde —• Regierung — Verwaltungsgerichte — Verwaltungsgerichtshof), sondern u m verschiedene Angelegenheiten, also Verschiedenheit der Sache, so ist erneut für jeden Rechtszug bzw. für jede Sache erneut zu liquidieren. Der Instanzenweg ist zwar bei der Verwaltungsbeschwerde (Widerspruch, Einspruch) oder beim Verwaltungsrechtsweg unschwer zu bestimmen, aber in vielen anderen Fällen ist es nicht einfach, einen Instanzenzug zu erkennen. Schwierigkeiten bieten z.B. die Fälle der Gegenvorstellungen, also derjenigen Beschwerden, bei denen die Unterbehörde befugt ist, abzuhelfen, sowie des Einspruchs, ferner die Abgrenzung in den Fällen, in denen sowohl im verwaltungsgerichtlichen als auch im reinen Verwaltungsweg der Instanzenzug beschritten wird.

218

Gegenvorstellungen gelten als Beschwerden und insofern daher als höhere Instanz selbst dann, wenn die angegriffene Behörde den Gegenvorstellungen abhilft. Es entstehen also in diesen Fällen bei Gegenvorstellungen die Gebühren erneut, auch im Falle der Abhilfe durch die Unterbehörde. Die frühere Instanz war mit der Entscheidung der Unterbehörde beendet, das weitere Verfahren gilt somit als neue gebührenpflichtige Instanz (Rechtszug).

219

Das Antrags- und Widerspruchsverfahren sind nicht zum Verfahren über die Anfechtungsklage zu rechnen; letzteres gilt als neue völlig selbständige gebührenrechtliche Instanz. 400

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

Die gleichzeitige Einlegung des verwaltungsgerichtlichen Rechtsbehelfs und des Rechtsbehelfs im Instanzenzug der Verwaltung (die Fälle der sog. „Doppelbeschwerde") gelten als zwei verschiedene Instanzen. I n der Regel wird sich ein Verfahren vor der Verwaltungsbehörde instanzmäßig wie folgt abwickeln: a) Antragsverfahren b) Beschwerde, Widerspruch367) bei der Regierung, c) Klage zum Verwaltungsgericht 368 ). I n den Fällen zu a) und b) berechnen sich die Gebühren nach der Vorschrift des § 118. Das sind aber nicht zwei Rechtszüge. Die Gebühren entstehen also nicht f ü r a) und b) je gesondert (vgl. dazu § 119). Wenn aber im Falle c) Klage zum Verwaltungsgericht erhoben wird, berechnen sich die Gebühren nach der Vorschrift des § 114, was aber wiederum ein besonderer Rechtsweg für sich ist. 4. Die Gebühren a) Allgemeines Die Gebührenberechnung in diesen Angelegenheiten erfolgt nach § 118 Abs. 1 ( 5 / 10 220 bis 10 / 10 ). Die Mittelgebühr ist auch hier 7,5 / 10 . Die Faktoren für eine Erhöhung (oder Ermäßigung) der Mittelgebühr sind auch hier: a) Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere b) Bedeutung der Angelegenheit, c) Umfang der anwaltlichen Tätigkeit, d) Schwierigkeit derselben, e) Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers. Wenn m a n einen dieser Faktoren übersieht, kann m a n nicht zu einer richtigen Gebührenberechnung kommen 3 6 9 ). Das Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkungen eines Verwaltungsaktes ist zusammen mit dem Verwaltungsverfahren gebührenrechtlich als eine Angelegenheit zu behandeln, so daß dafür keine besonderen Gebühren entstehen (vgl. § 119 Abs. 3 Rz. 5). Für das Verwaltungsvollstreckungsverfahren (Verwaltungszwangsverfahren) sieht § 1 1 9 Abs. 2 vor, daß die Gebühren des § 118 Abs. 1 nur je 3 / 10 betragen dürfen (vgl. § 119 Rz. 6). b) Die Geschäftsgebühr Die Geschäftsgebühr u m f a ß t , ähnlich wie die Prozeßgebühr in streitigen Angelegen- 221 heiten, die gesamte Tätigkeit, die einschließlich der Information, Fertigung von Schriftsätzen oder Schreiben entfaltet wird. Sie fällt stets neben den sonstigen Gebühren

367 ) Die Dienstaufsichtsbeschwerde ist keine Beschwerde im formellen Sinne. Die anwaltschaftliche Tätigkeit, die sich darauf bezieht, fällt gebührenrechtlich aber auch unter die Vorschrift des § 118. s68 ) Die Gebühren für das gerichtliche Verfahren fallen nicht mehr unter die Vorschrift des § 118, sie sind im § 114 besonders geregelt. 36») Wenn Schatte MDR 60, 96 bei der Behandlung der Gebühren aus § 118 davon spricht, daß bei schwierigeren Rechtsfragen sowie bei gleichzeitiger Vertretung im Antrags- und Vorverfahren oder Vertretung mehrerer Auftraggeber der Gebührenbetrag bis zu 10 / 10 der vollen Gebühr erhöht werden kann, so ist dies ungenau. „Schwierig" ist nur ein Faktor. S. auch Klinge Büro 61, 219. Bei Vertretung mehrerer Auftraggeber ist jetzt zusätzlich die Erhöhung de» Geschäftsgebühr um je 3/10 gemäß § 6 zu beachten.

401

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

(Besprechungsgebühr, Beweisaufnahmegebühr, Vergleichsgebühr (§ 23) oder Erledigungsgebühr (§ 24) an. Sie entsteht in jedem Rechtszug nur einmal. 222

c) Die Besprechungsgebühr Diese Gebühr ist der Verhandlungsgebühr gleichzusetzen, wobei es nicht darauf a n k o m m t , ob ein Termin im Sinne des Sprachgebrauches von der Behörde anberaumt war. Die Besprechungsgebühr fällt jedenfalls an, wenn der R A an einer solchen Besprechung teilnimmt, oder seinem Auftraggeber bei einer solchen Beistand leistet. Nicht notwendig ist somit, daß die Behörde diesen Besprechungszeitpunkt bestimmt haben muß, sondern daß der Auftraggeber die Teilnahme des R A a n einer solchen Besprechung gewünscht hat (vgl. dazu auch oben Rz. 19). Solche Besprechungen mit der Behörde werden oft erforderlich und die Anwesenheit des R A dabei notwendig sein. E s ist Erfahrungstatsache, daß Dinge, die sich oft durch zahlreiche Schriftsätze nicht erledigen lassen, häufig durch eine einzige kurze Besprechung mit dem Sachbearbeiter einer für den Auftraggeber zufriedenstellenden Lösung zugeführt werden können. Wegen der heute äußerst verwickelten Zuständigkeitsbestimmungen wird m a n in Grenzfällen auch für die Rücksprache mit der nichtzuständigen Stelle zur Ermittlung der zuständigen Stelle die Gebühr des Abs. 1 Nr. 2 zubilligen müssen, wobei allerdings wohl nach der Lage des einzelnen Falles zu entscheiden wäre, wie weit hier gegangen werden darf 3 7 0 ). Die Besprechungsgebühr k a n n auch für mündliche Verhandlungen und Besprechungen anfallen, die im Einverständnis mit dem Auftraggeber mit einem Dritten in dieser Angelegenheit geführt werden. I m übrigen ist diese Gebühr eine Pauschgebühr und gilt alle Besprechungen, die in dieser Angelegenheit geführt wurden, ab. Wegen Einzelheiten dazu vgl. die Ausführungen oben zu Rz. 25.

223

d) Die Beweisaufnahmegebühr F ü r die Mitwirkung bei Beweisaufnahmen, die von einem Gericht oder einer Behörde angeordnet worden sind, erhält der R A die Beweisaufnahmegebühr, wobei § 34 sinngemäß gilt (§118 Abs. 1 Nr. 3). Außerhalb eines gerichtlichen oder behördlichen Verfahrens k a n n also diese Gebühr nicht entstehen. Für die Entstehung dieser Gebühr gelten somit die allgemeinen Grundsätze, wie sie sich hinsichtlich der Beweisgebühr im Rechtstreit nach §§ 31, 34 entwickelt haben (vgl. wegen Einzelheiten § 31 Rz. 85ff, § 34 Rz. l f f , besonders Rz. 11 ff). Eine Beweisaufnahme u n d damit die E n t s t e h u n g der Beweisgebühr ist in Verwaltungsverfahren durchaus möglich. Man denke z.B. daran, daß in Bausachen gegen,die Erteilung der Baugenehmigung oder Versagung derselben Einspruch oder Beschwerde erhoben wird und die Baubehörde nun einen Augenscheinstermin ansetzt, an dem der R A teilnimmt. Dann entsteht für diesen auch die Beweisaufnahmegebühr. Dies gilt insbesondere auch bei der von der Behörde angeordneten Anhörung von Zeugen oder Sachverständigen. Ebenso ist die Anhörung des Antragstellers vor der Prüfungskammer für Kriegsdienstverweigerer eine Beweisaufnahme u n d löst für den beauftragten R A die Beweisaufnahmegebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 3 aus 371 ). Die Gebühr

37 °) Vgl. dazu Riederer, Das Bayer. Verwaltungskostenrecht (1949) S 427; Schumann BayLGebO S 315ff. 371 ) VG Bremen NJW 64, 1820; VG Karlsruhe NJW 73, 264. Vgl. zur Darlegungs- und Beweislast in Prozessen um die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer auch VG Wiesbaden NJW 73, 263 u. Anm. der Schriftl. a.a.O. mit weit. Nachw.

402

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

entsteht ferner, wenn im Enteignungsverfahren nach dem BBauG von der Regierung das vom Gesetz vorgeschriebene Gutachten des Gutachterausschusses eingeholt wird und der R A hierbei irgendeine Tätigkeit entwickelt, insbesondere an dem Besichtigungstermin teilnimmt. Es genügt aber bereits, wenn der R A sich mit dem Gutachten auseinandersetzt, in Besprechungen mit dem Auftraggeber, P r ü f u n g des Gutachtens oder schriftsätzliche Auswertung. Es kommt nicht darauf an, ob ein förmlicher Beweisbeschluß erlassen worden ist. Der Fall liegt ähnlich wie bei der nach § 3 Abs. 3 Satz 2, § 12 Abs. 2 BRAGebO vorgeschriebenen Erholung eines Gutachtens der R A K im Honorar- oder Gebührenstreit zwischen dem R A u n d seinem Auftraggeber 3 7 2 ) (vgl. dazu Rz. 27, 39f. zu § 3, Rz. 35 zu § 12). Dagegen entsteht die Beweisaufnahmegebühr nicht für die bloße Beschaffung von Beweismaterial durch die Partei, z. B. Einholung von Sachverständigengutachten, oder Besichtigung eines Grundstücks, einer Unfallstelle oder Anhörung von Auskunftspersonen durch den RA, etwa u m die Begründetheit eines Anspruchs prüfen zu können 373 ). Denn immer m u ß die Beweisaufnahme von einem Gericht oder von einer Behörde angeordnet werden oder gesetzlich vorgeschrieben sein. Wegen des Begriffs was als Behörde anzusehen ist, vgl. oben Rz. 215. S. im übrigen wegen Einzelheiten die Erläuterungen oben Rz. 26. Wesentliche Voraussetzung ist ferner, daß der RA bei der Beweisaufnahme mitgewirkt hat. E r m u ß also im Zuge der Beweisaufnahme eine Tätigkeit ausgeübt haben, d.h. z.B. den Beweistermin wahrgenommen haben oder zu einer Ortsbesichtigung erschienen sein mit Beteiligung an dieser. Da der § 34 sinngemäß gilt, so ist auch diese Vorschrift zu beachten. Sie behandelt die Entstehung der Beweisaufnahmegebühr bei Vorlage von Urkunden, Beiziehung von Akten oder Urkunden. Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 34. Zieht die Behörde Akten bei und verwertet sie diese bei ihrer Entscheidung, ohne den R A zu verständigen, so liegt keine Mitwirkung des R A vor. Es entsteht also nicht die Beweisaufnahmegebühr 3 7 4 ). e) Die Vergleichsgebühr (§ 23) und die Erledigungsgebühr (§ 24) Auch ein Vergleich ist in Verwaltungsangelegenheiten durchaus möglich. Da es sich in solchen Fällen aber selten u m einen echten Vergleich im Sinne des § 779 BGB handeln wird u n d somit § 23 dann keine Anwendung finden kann, hat m a n für diese Fälle die besondere Vorschrift des § 24 geschaffen. Vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 24 Rz. l f f (S 681 ff). I n Rz. 49 zu § 24 ist von uns bereits gesagt, daß die Anwendung der Vorschrift des § 24 auch d a n n zu bejahen ist, wenn ein gerichtliches Verfahren vor den Verwaltungsgerichten noch nicht anhängig ist, wenn aber bereits der Verwaltungsakt durch einen Rechtsbehelf angefochten worden ist 375 ). Die alte Streitfrage, ob die Erledigungsgebühr auch im vorgerichtlichen Verwaltungsverfahren zur Entstehung kommen kann, ist durch die mit dem KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) erfolgte Änderung des § 24 geklärt. Der § 24 sagt jetzt ausdrücklich, daß die Erledigungsgebühr immer bereits dann anfällt, wenn sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes erledigt und der R A bei der Erledigung mitgewirkt h a t . Vgl. dazu auch die Bemerkungen Rz. 12, 108 zu § 114 und oben Rz. 200. 372

) Vgl. wegen Gutachten der R A K ) Vgl. H. Schmidt, Die Gebühren 374 ) Vgl. dazu OLG Nürnberg Büro ziehung von Unfallakten. 375 ) Vgl. dazu auch das in Fn. 2 zu 373

Heinrich AnwBl. 73, 124ff. des RA in sonstigen Angelegenheiten S 34. 61, 617 betr. Amt für Verteidigungslasten mit Bei§ 24 (S 682) angegebene Schrifttum.

403

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

F ü r die Entstehung der Erledigungsgebühr ist im Gegensatz zur Vergleichsgebühr kein gegenseitiges Nachgeben i.S. des § 779 BGB erforderlich. Maßgeblich ist lediglich, d a ß sich die Rechtsache durch Zurücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsaktes ganz oder teilweise erledigt. Voraussetzung für die Entstehung der Vergleichsgebühr oder Erledigungsgebühr ist ferner, daß der R A bei dem Vergleich oder der Erledigung mitgewirkt h a t . Wegen Einzelheiten vgl. dazu Rz. 79ff zu § 23, Rz. lOff zu § 24. Die Vergleichsgebühr (§ 23) und die Erledigungsgebühr (§ 24) betragen auch in diesen Angelegenheiten immer 10 / 10 , und zwar auch dann, wenn die Gebühren des § 118 im Einzelfall nur geringer sein sollten. 5. Die Wertberechnung 225

a) Allgemeines F ü r die Ermittlung des Gegenstandswertes in diesen Angelegenheiten gilt folgendes : Obwohl es sich nicht u m ein gerichtliches Verfahren handelt, k o m m t die Vorschrift des § 8 Abs. 1 zur Anwendung. Nach § 8 Abs. 1 Satz 2 gelten nämlich die für die Gerichtsgebühren anzuwendenden Wertvorschriften auch für anwaltliche Tätigkeiten, die einem gerichtlichen Verfahren vorausgehen, wobei ausdrücklich die Tätigkeit in einem Einspruchs-, Beschwerde- oder Abhilfeverfahren genannt wird. Dies gilt auch dann, wenn sich die Angelegenheit ohne gerichtliches Verfahren erledigt oder der R A in dem gerichtlichen Verfahren nicht tätig wird (vgl. wegen Einzelheiten dazu Rz. 1 ff zu § 8 (S 214ff) 37 «). Auszugehen ist sodann von der neuen Vorschrift des § 13 GKG377). Diese Bestimm u n g ersetzt die bisherigen Vorschriften § 189 VwGO, § 115 BRAGebO, § 140 FGO sowie die landesrechtlichen Vorschriften, wobei auch inhaltlich eine Neuregelung erfolgt ist. Vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 114 Rz. 44ff. Hier soll lediglich nochmals auf die Grundzüge der Neuregelung hingewiesen werden:

226

Betrifft der Antrag des Klägers (oder wer sonst das Verfahren der ersten Instanz beantragt h a t , § 13 Abs. 3 GKG) eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG). Vgl. dazu bei § 114 Rz. 44ff, 47.

227

I n sonstigen, auch außergerichtlichen Fällen ist zu prüfen, ob die gemäß § 13 Abs. 1 GKG für anwendbar erklärten Vorschriften der „folgenden Vorschriften" des GKG, also insbesondere § 15 (Zeitpunkt der Wertberechnung), § 16 (Miet-, Pacht- u n d ähnliche Nutzungsverhältnisse), § 17 (Wiederkehrende Leistungen), § 19 (Wechselseitige Rechtsbehelfe, Aufrechnung, Hilfsanspruch), § 20 (einstweilige Regelungen), § 21 (Teile des Streitgegenstandes), § 22 (Nebenforderungen) für die Wertermittlung maßgebend sind.

376 ) Vgl. dazu bereits zum alten Recht Schatte Büro 58, 231, der auch der Auffassung war, daß die Vorschriften des GKG Anwendung finden mußten. Vgl. ferner Schatte N J W 60, 320 Übersicht. Wegen Einzelheiten vgl. dazu ferner Rz. 28 zu § 8 (S 221/222) sowie die Erläuterungen bei § 114 Rz. 44ff. 377 ) Eingefügt dch. Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 als § 10a, jetzt § 13 GKG auf Grund Neufassung des GKG v. 15. 12. 75 BGBl. I, 3047. Vgl. auch noch Lappe GKG zu § 13.

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X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

L ä ß t sich der Streitwert nicht nach § 13 Abs. 2 G K G bestimmen und kann dieser 2 2 8 auch nicht aus den nach § 13 Abs. 1 G K G für anwendbar erklärten Vorschriften der §§ 14ff G K G ermittelt werden (vgl. vorstehend R z . 227), dann erfolgt die B e stimmung des Streitwerts gemäß § 13 Abs. 1 G K G nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache, wobei nicht mehr zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten zu unterscheiden ist (vgl. wegen Einzelheiten R z . 52 zu § 114 und unten R z . 232). Die Bedeutung wird nach oben durch den Antrag des Klägers begrenzt. Unberücksichtigt bleibt ein über den Einzelfall hinausgehendes Interesse, etwa weil es sich um einen Musterprozeß handelt (vgl. dazu R z . 49 zu § 114). Nach § 13 Abs. 1 G K G hat die Streitwertbestimmung nach Ermessen auch zu erfolgen, wenn eine Geldleistung nur mittelbar Gegenstand des Antrags ist, wobei aber die Berücksichtigung der Geldleistung durchaus wieder zur vollen Geldforderung als Streitwert führen kann, wenn die Bedeutung der Sache für den Kläger (Antragsteller) diesem Geldbetrag entspricht. W e n n sich für die Bewertung nach der Bedeutung der Sache oder nach den VorSchriften der §§ 14 ff G K G keine genügenden Anhaltspunkte finden lassen, so ist der Streitwert zwingend mit 4000 D M anzunehmen (§ 13 Abs. 1 Satz 2 G K G ) 3 7 8 ) .

229

Zum Streitwert des Enteignungsverfahrens: ' 230 Maßgebend ist der Verkehrswert der von der Enteignung betroffenen Grundstücksflächen sowie die gesamten durch die Enteignung eintretenden sonstigen Vermögens nachteile 3 7 9 ). Der Verkehrswert ist der volle Wert des Grundstücks. Abstriche hiervon zu machen, kann nicht angehen. Der Besitzstreit umfaßt die gesamten in Anspruch genommenen Grundstücke und damit deren Verkehrswert. Der Gegenstandswert der Abtretungspflicht entspricht grundsätzlich dem Sachwert, von dem Abzüge nicht gemacht werden dürfen 3 8 0 ). W e n n allerdings, wie dies in Angelegenheiten der Verwaltung mitunter geschieht, fiskalische Interessen im Hintergrund stehen, k o m m t es auch zu unterschiedlichen Beurteilungen der Streitwerte (vgl. dazu R z . 44 und 52 zu § 114). Fiskalische Interessen müssen aber unter allen Umständen bei der Streitwertfestsetzung zurückstehen. I m Enteignungsverfahren nach dem B B a u G bezieht sich die anwaltliche Tätigkeit bei der Wahrnehmung der Interessen des Auftraggebers im Verfahren vor der Enteignungsbehörde (Regierung) a u f zwei Gegenstände in derselben Angelegenheit i.S. des Gebührenrechts, nämlich a u f die Abwehr der Enteignung überhaupt, zum anderen a u f die Frage der Entschädigung, deren Werte zusammenzurechnen sind (§ 7 Abs. 2). Dies ergibt sich daraus, daß diese notwendigen Komponenten einer jeden Enteignung im Enteignungsverfahren nach dem B B a u G sowohl der Sache nach als auch verfahrensrechtlich in einem so engen inneren Zusammenhang stehen, daß lediglich eine

378 ) Das ist für die bayerische Anwaltschaft eine erhebliche Verschlechterung. Dort galt bis zum KostÄndG eine Besonderheit hinsichtlich des Streitwertes in nichtvermögensrechtlichen Verwaltungsangelegenheiten. Der Art. 23 Abs. 1 Satz 4 des bayer. KostG bestimmte in Abweichung von dem § 14 GKG a.F., daß der Wert des Streitgegenstandes bei nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten grundsätzlich 6000 DM beträgt (vgl. wegen Einzelheiten dazu auch Rz. 28 zu § 8 (S 221/222) sowie Rz. 53 zu § 114 u. dortFn. 83). Diese landesrechtliche bayer. Vorschrift ist aber durch das KostÄndG v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) aufgehoben worden. Der Regelwert des § 13 GKG beträgt jetzt nur 4000 DM. Die Bestrebungen des DAV, den Streitwert in derartigen Angelegenheiten auf den Betrag von 6000 DM anzuheben entsprechend der bish. bayer. Bestimmung blieben leider erfolglos. 3 7 8 ) Vgl. BGH N J W 73, 2202ff. S auch Rz. 68 zu § 114. M 0 ) Vgl. LG München I — Urt. v. 21. 12. 66 — 0 12/65 (Baul.).

406

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

Angelegenheit mit mehreren Gegenständen (Enteignung und Entschädigung) vorliegt. Beide Komponenten betreffen jedoch bei objektiver Betrachtungsweise zwei verschiedene Rechtsverhältnisse, deren Werte zusammenzurechnen sind. Der Umstand, daß der Entschädigungsantrag zwangsläufig zu dem Antrag, der sich gegen die Enteignung als solche wendet, in einem Eventualverhältnis steht, stellt die selbständige Bewertung beider Gegenstände ebenfalls nicht in Frage. Bei der Wertermittlung ist also der Wert des die Zulässigkeit der Enteignung betreffenden Verfahrensgegenstandes mit dem vollen Sachwert (objektiven Verkehrswert) nach den Grundsätzen des § 6 ZPO zu ermitteln, das ist der vom Antragsteller für den Fall der Enteignung begehrte Entschädigungsbetrag. Der Wert des die Enteignungsentschädigung betreffenden Verfahrensgegenstandes ist ebenfalls nach der geltend gemachten Gesamtentschädigung zu bemessen. Beide Werte sind zusammenzurechnen. Dagegen kommt für den dem Enteignungs-/ Entschädigungsverfahren gegebenenfalls bei der zuständigen Kammer für BaulandSachen (LG) nachfolgenden Antrag auf gerichtliche Entscheidung nur ein geringerer Streitwert zu, wenn der im Enteignungsbeschluß zuerkannte Entschädigungsbetrag bereits bezahlt bzw. hinterlegt ist und nur noch über die Erhöhung desselben gestritten wird. Dann kann nur dieser strittige Teilbetrag als Streitwert in Frage kommen 3 8 1 ). F ü r das dem Rechtstreit vorausgehende Verwaltungsverfahren muß aber der Grundsatz gelten, daß derjenige Wert maßgebend ist, der als Entschädigung geltend gemacht wird und der somit Gegenstand der anwaltlichen Tätigkeit i.S. des § 7 Abs. 1 BRAGebO war. Bei Streit um die Enteignung einer Teilfläche eines Grundstücks wird auch die durch die Enteignung eintretende Wertminderung des Restgrundstücks berücksichtigt werden müssen 3 8 2 ). 231

Hinsichtlich des Abgeltungsbereichs hat der BGH 3 8 3 ) anerkannt, daß das im Rahmen des (behördlichen) Enteignungsverfahrens durchgeführte Verfahren über die vorläufige Besitzeinweisung ein besonders geregeltes Verfahren darstellt (§ 116 B B a u G ) , für das auch gesonderte Gebühren neben der Vergütung für das Enteignungsverfahren entstehen. Das Verfahren auf vorläufige Besitzeinweisung ist auf eine einstweilige Regelung gerichtet und insoweit der einstweiligen Verfügung im Zivilprozeß vergleichbar. Das wirkt sich auch gebührenrechtlich aus. Das (behördliche) Besitzeinweisungsverfahren bildet also mit dem eigentlichen Enteignungsverfahren keine Einheit; dem R A können daher für diese Tätigkeiten im Besitzeinweisungsverfahren besondere Gebühren zustehen 384 ). Die Vorschrift des § 119 Abs. 3 BRAGebO, wonach das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkung eines Rechtsbehelfs zusammen mit dem sonstigen Verwaltungsverfahren in der betreffenden Sache nur eine Angelegenheit ist, kann auf das Besitzeinweisungsverfahren nicht angewendet werden. In diesem geht es nicht um die Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes, wie z.B. in § 80 Abs. 4 VwGO, sondern um einen selbständigen Rechtsakt, der — jedenfalls in der Regel — vor dem entscheidenden rechtsgestaltenden Akt, nämlich der

381 ) OLG Neustadt Rpfleger 63, 65 (L); vgl. auch dazu BGH N J W 62, 1441 wegen Formulierung der Klageanträge in solchen Fällen. 382 ) Vgl. Markl GKG § 11 Anm. 5 § 3 ZPO; a.M. BGH MDR 63, 933 = Büro 63, 682. 383 ) BGHZ 43, 168 = NJW 65, 915; BGH Beschl. v. 15. 7. 63 — I I I ZR 191/62 —; BGH NJW 73, 2205. 384 ) BGH NJW 73, 2205; Steffen DVB1. 69, 174, 178; Schütz-Frohberg BBauG 3. Aufl. § 121 Anm. 3 aE.

406

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ H8

Enteignung selbst, ergeht und, ebenso wie der Arrest und die einstweilige Verfügung, einen besonderen Vollstreckungstitel schafft 385 ). Der Streitwert f ü r das Besitzeinweisungsverfahren wird in der Praxis zum Teil 386 ) mit einem Drittel des Wertes der betroffenen Grundstücksfläche angesetzt (vgl. dazu auch Rz. 399 zu § 8 (§ 6 ZPO) und dort F n . 23). Der B G H hat dazu dahin Stellung genommen, daß die Wertfestsetzung einfach vor sich gehen soll und deswegen ohne ein Schematisieren ausgekommen werden müsse. E r hält daher ebenfalls die Annahme eines Bruchteils des Wertes des in Frage kommenden Enteignungsgegenstandes für berechtigt u n d geboten, jedoch soll dieser Bruchteil in derRegelnur mit 20 %desGrundstückswertes angemessen und ausreichend sein 387 ); ein Ansatz von Vs des Wertes der betroffenen Grundstücksfläche soll zu hoch sein im Hinblick darauf, daß es meist nur u m die Regelung für eine verhältnismäßig kurze Zeit geht, obwohl der B G H andererseits anerkennt, daß die Besitzeinweisung einen schwerwiegenden Eingriff darstellt 388 ). b) Keine Abgrenzung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten Bei den Verwaltungsangelegenheiten handelt es sich in der Regel u m die Gültigkeit 232 oder Aufhebung eines Verwaltungsaktes. I n Ausnahmefällen um Parteistreitigkeiten (vgl. oben Rz. 216). Da aber der Verwaltungsakt, dessen Nachprüfung begehrt wird, f ü r die Beteiligten, sowohl für den Beschwerdeführer als auch f ü r die Verwaltungsbehörde, erhebliche wirtschaftliche Folgen hat, so wird m a n meist eine vermögensrechtliche Angelegenheit annehmen können. F ü r die Ermittlung des Gegenstandswertes wird daher im allgemeinen das wirtschaftliche Interesse des Antragstellers (Beschwerdeführers) maßgebend sein, das dieser an der A u f h e b u n g oder Gültigkeit des Verwaltungsaktes h a t . Die Wertvorschriften des GKG sehen für Verwaltungsangelegenheiten (ebenso wie für Finanzverwaltungsangelegenheiten) keine Unterscheidung mehr zwischen Vermögens- und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten vor, weil die Unterscheidung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Verwaltungsangelegenheiten häufig nicht einfach ist und in zahlreichen Fällen im Sinne der Annahme einer nichtvermögensrechtlichen Angelegenheit erfolgen würde 389 ). Das BVerwG 390 ) hat dazu erklärt, daß Verwaltungsakt u n d Vermögensrecht keine Gegensätze sind. Wenn ein Verwaltungsakt einen vermögensrechtlichen Inhalt oder vermögensrechtliche Wirkungen h a t , ist die gegen ihn gerichtete Anfechtungsklage jedenfalls dann eine vermögensrechtliche Klage, wenn der Kläger mit ihr geltend macht, durch den 385 ) Vgl. BGHZ 43, 168 = N J W 65, 915; BGH Besohl, v. 15. 7. 63 — I I I ZR 191/62 — ; B G H N J W 73, 2205. 386 ) Vgl. OLG Hamburg N J W 65, 2404; Baumbach-Lauterbach ZPO § 3 Anh. unter „Baulandsachen". Dagegen vertritt Steffen (a.a.O. S 178) die Auffassung, als Streitwert sei der Betrag der „richtigen" Besitzeinweisungsentschädigung anzusetzen. 387 ) BGH N J W 73, 2206. 388 ) Vgl. auch BGH N J W 73, 2202ff, wobei vom BGH noch darauf hingewiesen wird, daß auch im Umlegungsverfahren nur 20% des Verkehrswertes der Grundstücke als Streitwert angenommen werden und diese Verfahren gegenüber dem Verfahren auf vorläufige Besitzeinweisung keinesfalls geringerwertig angesehen werden können. Vgl. dazu auch Fn. 23 zu § 8 (§ 6 ZPO) (S 371). 389 ) Vgl. auch Rz. 52ff zu § 114. Wegen Kritik an der unbefriedigenden Streitwertfestsetzung vgl. Redeker MDR 53, 277; Tschischgale N J W 61, 206ff; Luetgebrune in KostRspr. BRAGebO § 115, besonders zu Nr. 2. S. dazu auch Noll, Die Streitwertfestsetzung im Verwaltungsprozeß Rz. 147 ff.

380

) BVerwGE 2, 290.

407

§ 118

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

angefochtenen Verwaltungsakt in seinen Vermögensrechten oder in seiner vermögensrechtlichen Stellung beeinträchtigt zu sein. Nach dieser vom BVerwG vertretenen Auffassung k o m m t es für die Abgrenzung zwischen vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ausschließlich auf die N a t u r des Rechts an, f ü r das der Kläger (Antragsteller) Schutz begehrt. Deshalb sind besonders die Anträge auf Erteilung baurechtlicher, gewerberechtlicher u n d ähnlicher Erlaubnisse vermögensrechtliche Angelegenheiten 391 ). Der in § 13 Abs. 1 Satz 2 GKG n F bestimmte Streitwert von 4000 DM ist demgegenüber nur ein Hilfswert, der nur in Betracht kommen kann, wenn alle übrigen Wert Vorschriften für die Wertermittlung ausscheiden müssen.

233

c) Die Wertfestsetzung durch die Verwaltungsbehörden Auch im Vorverfahren (Widerspruchs- und Beschwerdeverfahren usw.) haben die Verwaltungsbehörden sowohl über die Kosten als auch über den Streitwert zu entscheiden. Das ergibt sich aus der ganzen Struktur des Verwaltungsrechts, wobei die Vorschriften des Gerichtskostengesetzes analog heranzuziehen sind. Das OVG Münster nimmt zu der Frage der Wertfestsetzung durch die Verwaltungsbehörde wie folgt Stellung: „Auf das Verfahren vor den Verwaltungsbehörden können die für das Verwaltungsstreitverfahren geltenden Grundsätze nur beschränkte Anwendung finden. H a t die Verwaltungsbehörde für das Vorverfahren einen Wert festgesetzt, so ist dieser für die Berechnung der RAGebühren zwecks Festsetzung der Kosten des Vorverfahrens gleichfalls bindend. Diese Wertfestsetzung durch die Verwaltungsbehörde bildet einen Verwaltungsakt, der nur mit dem gegen den Verwaltungsakt gegebenen Rechtsbehelf anfechtbar ist, also von dem Verwaltungsgericht nur nachgeprüft werden kann, wenn dieses mit der Anfechtungsklage gegen die Wertfestsetzung der Verwaltungsbehörde befaßt wird. Fehlt es dagegen an einer Wertfestsetzung durch die Verwaltungsbehörde, so k a n n der Urkundsbeamte des VG die Sache nicht etwa dem VG zur Wertfestsetzung vorlegen; denn dieses ist hierfür nicht zuständig, da das verwaltungsbehördliche u n d verwaltungsgerichtliche Verfahren zwei getrennte Verfahren bilden u n d somit die Wertfestsetzung für das verwaltungsbehördliche Verfahren rein Sache der Verwaltungsbehörde ist. Es m u ß daher den Beteiligten überlassen bleiben, erforderlichenfalls bei der Verwaltungsbehörde eine Wertfestsetzung für das verwaltungsbehördliche Verfahren zu beantragen. Solange eine solche nicht erfolgt ist, bleibt die Möglichkeit, daß der Urkundsbeamte des VG selbständig den Wert für das Vorverfahren festsetzt und diese W e r t a n n a h m e der Kostenfestsetzung zugrunde legt. Hierbei wird ihm regelmäßig, insoweit nicht besondere gesetzliche Vorschriften . . . eine abweichende Wertannahme gebieten, die für das Verwaltungsstreitverfahren erfolgte Streitwertfestsetzung Anhalt sein können. Liegt hier nach der Kostenfestsetzung für das Vorverfahren nur eine Wertannahme des Urkundsbeamten zugrunde, so m u ß diese auch im Kostenfestsetzungsverfahren nachgeprüft u n d erforderlichenfalls abgeändert werden; denn das VG ist . . . zu einer Nachprüfung u n d Abänderung der Wertannahme seines Urkundsbeamten berechtigt." Aus dieser Entscheidung ergibt sich zweifelsfrei, daß auch die Verwaltungsbehörde verpflichtet ist, die Streitwertfestsetzung vorzunehmen. Lehnt die Verwaltungsbehörde die Festsetzung ab oder werden Einwendungen gegen diese Wertfestsetzung erhoben, so k a n n dies nur im Wege der Anfechtungsklage gegen diesen Bescheid dem VG zur Nachprüfung unterbreitet werden. M1

408

) So auch Noll a.a.O. Rz. 151.

X . Angelegenheiten der Verwaltung

§ 118

d) Zur Erstattung der RA-Kosten für das Vorverfahren Gemäß §§ 73 Abs. 3ff i.Verb. mit § 162 VwGO hat auch im reinen Verwaltungsver- 234 fahren die Verwaltungsbehörde über die Kosten zu entscheiden. Es entspricht den Grundsätzen des deutschen Rechts, daß der unterliegende Teil die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, wozu auch die notwendigen Auslagen für die Zuziehung eines R A gehören (z. B. § 162 Abs. 2 VwGO) 392 ). Dieser Grundsatz muß auch gelten im Verwaltungs vor verfahren, wenn sich kein verwaltungsgerichtliches Verfahren angeschlossen hat. Die Kostenerstattung h a t auch hier nach den für das Verwaltungsgerichtsverfahren geltenden §§ 154ff VwGO zu erfolgen. Henrichs 393 ) ist mit Recht der Auffassung, daß der Bundesgesetzgeber mit den Bestimmungen der VwGO nicht nur das Verwaltungsgerichtsverfahren, sondern auch die Voraussetzungen für eine Verwaltungsgerichtsklage und damit besonders das Vorverfahren einheitlich für alle Bundesländer geregelt h a t . Der Bundesgesetzgeber habe deshalb auch die Befugnis gehabt, die Kostentragungspflicht für das Verfahren vor der Verwaltungsbehörde zu regeln und dies mit § 72 VwGO getan. Die Widerspruchsbehörde h a t deshalb in Anwendung des § 72 VwGO im Vorverfahren über die Kostentragung ebenso zu entscheiden wie das Gericht — im Falle eines Verwaltungsprozesses —, wobei unbeachtlich ist, ob die Kostenpflicht auf dem jeweiligen Rechtsgebiet bundes- oder landesgesetzlich geregelt ist oder nicht 394 ). Das BVerwG 395 ) erkennt ebenfalls an, daß auch für die Kostenentscheidung im Vorverfahren der oberste Grundsatz jeder kostenrechtlichen Regelung gilt, daß der unterliegende Teil die Kosten trägt (§ 154 Abs. 1 VwGO). Dieser Grundsatz habe aber auch für den Fall zu gelten, daß der Bürger in der Hauptsache bereits im Vorverfahren Erfolg gehabt h a t . Eine andere Handhabung, insbesondere die Erstattbarkeit der RA-Kosten dann nach anderen, vielleicht ungünstigeren Regeln zu beurteilen, entbehrte jeder Rechtfertigung und könnte zu einer nach Art. 3 GG nicht vertretbaren Ungleichheit führen. Sinnvoll und rechtlich vertretbar ist nur die Auslegung, daß §162 Abs. 2 Satz 2 VwGO auch dann anzuwenden ist, wenn ein Streit in der H a u p t sache nicht mehr anhängig ist 396 ). Ausdrücklich wird vom BVerwG 397 ) auch anerkannt, daß die Erstattbarkeit von RA-Kosten im Vorverfahren nicht nur in schwierigen Fällen in Betracht kommt. Es hält die Erstattbarkeit der RA-Kosten im Vorverfahren immer dann gegeben, wenn die Zuziehung eines R A aus der Sicht einer verständigen Partei und nicht nach den objektiven Maßstäben einer rechts- und sachkundigen Person zu bejahen ist 398 ). Die Beauftragung eines RA, so sagt das BVerwG, ist das gute Recht des Bürgers und seine Erkenntnis- und Urteilsfähigkeit, ob dies notwendig ist, darf nicht überschätzt werden 399 ).

392 ) S. dazu besonders die Vorschrift des § 80 VwVfG v. 2 5 . 5 . 7 6 BGBl. I, 1253. Vgl. z.B. auch §§ 91 ff ZPO. Eingehend und mit guter Begründung: Henrichs AnwBl. 64, 90ff. 393 ) Henrichs AnwBl. 64, 90. 384 ) So auch OVG Münster DVB1. 63, 929; OVG Rheinland-Pfalz DÖV 63, 275. Vgl. dazu auch OVG Münster AnwBl. 64, 118 mit weiteren Nachw. 395 ) AnwBl. 64, 116. 396 ) BVerwG AnwBl. 64, 117. 397 ) AnwBl. 64, 117. 398 ) BVerwG DVB1. 60, 256 = DÖV 60, 233 = MDR 60, 164; AnwBl. 64, 117 = N J W 64, 886. 39S ) Vgl. auch VG Augsburg — 385 I 61 — Urteil v. 18. 7. 62. Wegen Erstattung der RA-Kosten im Geltungsbereich der VO 165 (altes Recht) vgl. Schatte MDR 60, 96. Wegen besonderer landesrechtlicher Bestimmungen vgl. z. B. BayerAGVwGO Art. 16, abgedruckt bei Ostler, Bayer. Justizgesetze.

409

§ 1X8

235

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

F ü r die Frage, ob die dem Enteigneten im Enteignungsverfahren erwachsenen RAKosten zu erstatten sind, fehlt ebenfalls eine besondere gesetzliche Regelung 4 0 0 ). Jedoch gibt § 96 BBauG eine rechtliche Grundlage, dem Enteigneten, wenn es zur Enteignung kommt, die Rechtsberatungs- u n d Vertretungskosten, die er im behördlichen Enteignungsverfahren aufgewendet hat, als Folgeschaden zu erstatten 4 0 1 ). Die RA-Kosten, die der Enteignete in einem Verfahren über die vorzeitige Besitzeinweisung aufgewendet hat, sind nicht grundsätzlich anders zu behandeln als die für das Enteignungsverfahren selbst aufgewendeten RA-Kosten. Hierbei handelt es sich u m ein besonders geregeltes Verfahren. Es wäre auch nicht folgerichtig, so sagt der BGH 4 0 2 ), im Besitzeinweisungsverfahren anders als für die RA-Kosten des Enteignungsverfahrens zu entscheiden. Angesichts des einschneidenden Eingriffs, den die Besitzeinweisung darstellt, liegt es regelmäßig im R a h m e n vernünftiger Rechtswahrung, wenn der Eigentümer, gegen den ein Antrag auf vorläufige Besitzeinweisung gestellt ist, sich von einem R A beraten läßt, so daß die durch die Beratung anfallende Gebühr regelmäßig erstattbar ist. Aber auch soweit der Betroffene sich gegen die Besitzeinweisung wehrt und sich dabei der Hilfe eine R A bedient, handelt es sich meist um eine vernünftige und zweckentsprechende Wahrnehmung seiner Rechte. Ob dies zutrifft, darf nicht vom Ergebnis her, sondern von der Lage aus beurteilt werden, in die der Betroffene durch den Antrag auf Besitzeinweisung versetzt ist. Daher sind in der Regel keine Gründe gegeben, die es rechtfertigen würden, die E r s t a t t u n g der dem Eigentümer durch das Besitzeinweisungsverfahren vor der Verwaltungsbehörde erwachsenen RA-Gebühren dem Grunde nach zu versagen.

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E n t h ä l t die Kostenentscheidung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens, was in der Regel der Fall sein wird (§ 162 Abs. 2 VwGO), auch einen ausdrücklichen Hinweis für die Kostenerstattungspflicht für das vorausgegangene Widerspruchsverfahren, so bildet dies eine geeignete Grundlage für eine dem Erstattungsbegehren stattgebende Kostenfestsetzung nach § 164 VwGO. I n einem solchen Fall würde für eine selbständige Klage auf E r s t a t t u n g der Kosten des Widerspruchsverfahrens ein Rechtschutzinteresse fehlen 403 ). Bestehende Zweifel, ob die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten sind, wenn der ablehnende Widerspruchsbescheid infolge eines im anschließenden Verwaltungsstreitverfahren abgeschlossenen Vergleichs ganz oder teilweise aufgehoben wird, sind Fragen des materiellen Gebührenrechts, über sie ist d a n n nicht im Kostenfestsetzungsverfahren, sondern auf besondere Klage zu entscheiden 404 ). Bei der Festsetzung der RA-Gebühren für das Verwaltungsverfahren hat der Rechtspfleger auch ohne Antrag eines Beteiligten zu prüfen, ob die von dem RA bestimmte Gebühr angemessen ist. Nur wenn diese unbillig hoch angesetzt wäre, dürfte sie vom Rechtspfleger — oder im Erinnerungs-/Beschwerdeverfahren vom Richter — herabgesetzt und nur in dem niedrigeren, gerechtfertigten Betrag festgesetzt werden. Auszugehen ist auch in Verwaltungsangelegenheiten von der Mittelgebühr des § 118 400

) BGHZ 56, 221, 222 = N J W 71, 1752. ) BGH N J W 65, 1480, 1483; 66, 493, 496 und seither ständige Rspr. z. B. DVB1. 69, 204, 205; DVB1. 69, 208, 209 = N J W 69, 1068, 1069; BGHZ 56, 221, 227 = N J W 71, 1752; 73, 2205; Brügelmann-Pohl BBauG § 121 Anm. 5c aa; Schütz-Frohberg BBauG 3. Aufl. § 121 Anm. 2; Schrödter, BBauG 3. Aufl. § 121 Anm. 3. 40a ) N J W 73, 2205. 403 ) Vgl. B G H BGHZ 28, 303 [307] oder — für den Verwaltungsprozeß — Redeker/von Oertzen, VwGO, 4. Aufl. 1971 § 164 Rz. 2, ähnlich auch Klinger VwGO 2. Aufl. § 164 Anm. B 1 und Köhler VwGO § 164 Anm. I I 1; ebenso BVerwG BayVBl. 76, 57. 404 ) BVerwG BayVBl. 76, 57. 401

410

Vorverfahren, Verwaltungszwangsverfahren, Aussetzung der Vollziehung

§ 119

A b s . 1 Ziff. 1, 2, 3. Vgl. a u c h o b e n R z . 2 2 0 f f . D a b e i s i n d d i e f ü r die B e a r b e i t u n g eines F a l l e s e r f o r d e r l i c h e n S p e z i a l k e n n t n i s s e eines R A bei d e r F e s t s e t z u n g d e r G e b ü h r e n z u berücksichtigen405). 6. Keine A n r e c h n u n g n a c h Abs. 2 D e r A b s . 2 d e s § 118 s c h r e i b t v o r , d a ß die in A b s . 1 b e s t i m m t e G e s c h ä f t s g e b ü h r a u f 2 3 7 d i e entsprechende G e b ü h r a n z u r e c h n e n ist, die in e i n e m m i t d e r b i s h e r i g e n T ä t i g k e i t zusammenhängenden, u n m i t t e l b a r anschließenden gerichtlichen oder behördlichen V e r f a h r e n e n t s t e h t . W e g e n E i n z e l h e i t e n d a z u s. o b e n R z . 37ff. Diese V o r s c h r i f t k a n n a u f V e r w a l t u n g s a n g e l e g e n h e i t e n keine A n w e n d u n g finden. B e i d e m V e r w a l t u n g s v o r v e r f a h r e n ( W i d e r s p r u c h , B e s c h w e r d e , A b h i l f ev e r f a h r e n ) u n d d e m a n s c h l i e ß e n d e n g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n h a n d e l t es sich u m zwei völlig getrennte V e r f a h r e n , f ü r die g e t r e n n t e G e b ü h r e n b e r e c h n u n g e n a u f z u s t e l l e n s i n d . D e r A b s . 2 ist s o m i t f ü r V e r w a l tungsangelegenheiten unbeachtlich. D e n n f ü r d i e A n w e n d u n g d e s A b s . 2 m u ß d e r e r s t e A u f t r a g eine T ä t i g k e i t a u ß e r h a l b eines g e r i c h t l i c h e n o d e r behördlichen V e r f a h r e n s b e t r e f f e n . H i e r h a n d e l t es sich a b e r v o n v o r n h e r e i n u m ein b e h ö r d l i c h e s V e r f a h r e n . D a g e g e n s i n d V e r w a l t u n g s a n g e l e g e n h e i t e n , w e l c h e e i n e m R e c h t s t r e i t v o r a u s g e h e n u n d d e r N a c h p r ü f u n g v o n Verwaltungsakten dienen (Vorverfahren, Einspruchs verfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren) zusammen mit den vorangegangenen Verwaltungsverfahren nur eine A n g e l e g e n h e i t , w o f ü r die G e b ü h r e n n u r e i n m a l e n t s t e h e n k ö n n e n ( § 1 1 9 A b s . 1; v g l . die E r l ä u t e r u n g e n dort) 4 0 6 ).

§ 119 Vorverfahren, Verwaltungszwangsverfahren, Aussetzung der Vollziehung (1) D a s Verwaltungsverfahren, das dem Rechtsstreit vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsakts dient (Vorverfahren, Einspruchs verfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), ist z u s a m m e n mit d e m vorangegangenen Verwaltungsverfahren eine Angelegenheit. (2) I m Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren) erhält der Rechtsanwalt je drei Zehntel der vollen Gebühr als Geschäftsgebühr, Besprechungsgebühr und Beweisaufnahmegebühr. (3) D a s Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder h e m m e n d e n W i r k u n g ist z u s a m m e n mit den in den Absätzen 1 und 2 genannten Verfahren eine Angelegenheit. Vorbemerkung: D i e V o r s c h r i f t d i e n t z u r E r g ä n z u n g u n d K l a r s t e l l u n g des § 118.

405) VG F r a n k f u r t N J W 62, 2123. In dem entschiedenen Fall handelte es sich u m Fachkenntnisse auf dem Gebiet des Einfuhrstellen- u n d Futtermittelrechts sowie u m erforderliche weitreichende Kenntnisse auf dem Gebiet der Getreide- u n d F u t t e r m i t t e l Wirtschaft, wobei auch noch die Beurteilung der internationalen Handelsusancen bezüglich wenig gebändelter Getreideprodukte u n d die Ü b e r p r ü f u n g wissenschaftlicher Analysen landwirtschaftlicher Untersuchungsanstalten notwendig war. 406 ) Auch die Begründung (I zu § 119 Ziff. 1, ebenso Begründung zu § 118 Ziff. 5, vgl. 1. Aufl. S 1154 u n d 1233) sagt ausdrücklich, daß die Gebühren aus § 118 Abs. 1 auf die Gebühren des gerichtlichen Verfahrens nicht angerechnet werden sollen, weil die vorgenannten Verfahren auch in sich abgeschlossene Verfahren darstellen. 411

§ 119

E l f t e r A b s c h n i t t : G e b ü h r e n in sonstigen Angelegenheiten

I n Abs. 2 wurde hinter dem ersten Halbsatz durch Ges. v. 30. 6. 65 (BGBl. 1,577) das Semikolon durch einen P u n k t ersetzt u n d der zweite Halbsatz „§ 118 Abs. 2 gilt nicht" gestrichen. Übersicht: I . B e d e u t u n g der Vorschrift I I . Verwaltungsverfahren (zu Abs. 1 u n d 3) 1. I n s t a n z e n z u g 2. Die H ö h e der Gebühren

. . . .

. . . .

Rz. 1 2 2 4

Rz. 3. Aussetzung der Vollziehung (zu Abs. 3) I I I . Verwaltungszwangsverfahren (zu Abs. 2) Gegenstandswert Kostenerstattung

5 6 7 8

I. Bedeutung der Vorschrift Die Vorschrift dient lediglich zur Klarstellung und Ergänzung der Vorschrift des § 118.

Zu Abs. 1: Das Verwaltungsverfahren, das dem Rechtstreit vorausgeht und der Nachprüfung des Verwaltungsaktes dient (Vorverfahren) soll zusammen mit dem vorangegangenen Verwaltungsverfahren eine einzige Angelegenheit bilden, d . h . es können fürdie Anträge an eine Verwaltungsbehörde und f ü r das Nachprüfungsverfahren bei der übergeordneten Behörde nur einmal die Gebühren des § 118 entstehen. Zu Abs. 2: I m Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren) gilt ebenfalls § 118 Abs. 1 mit der Einschränkung, daß an Stelle der dort vorgesehenen Gebühren von 5/io bis 10/10 nur je 3 / 10 Gebühren anfallen. Diese Gebührenregelung ist in Anlehnung an den für die Zwangsvollstreckung allgemein bestimmten Gebührensatz (vgl. § 57) erfolgt. Zu Abs. 3: Das Verwaltungsverfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder auf Beseitigung der aufschiebenden oder hemmenden Wirkung bildet zusammen mit den in Abs. 1 und 2 genannten Verfahren nur eine Angelegenheit.

2

II. Verwaltungsverfahren (zu Abs. 1 und 3) 1. Instanzenzug: Der Abs. 1 stellt klar, daß das vorangegangene Verwaltungsverfahren (Antragsverfahren) und das darauffolgende Verwaltungsverfahren, das der Nachprüfung des Verwaltunsgaktes dient (Vorverfahren, Einspruchsverfahren, Beschwerdeverfahren, Abhilfeverfahren), zusammen eine einzige Angelegenheit bilden 1 ). Es können dafür nicht gesonderte Gebühren verlangt, sondern nur einheitlich nach § 118 Abs. 1 liquidiert werden. Das wäre auch ohne ausdrückliche Einfügung eines § 119 Abs. 1 so zu beurteilen gewesen, weil die Vorschrift des § 13 Abs. 2 Satz 1 ausdrücklich bestimmt, daß der R A die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern k a n n (vgl. dazu auch §118 Rz. 237 und amtl. Begr. 1. Aufl. S 458). Diese weit gefaßte Regelung des Instanzenzuges für die RA-Gebühren stellt eine Verschlechterung des vor dem I n k r a f t t r e t e n der BRAGebO geltenden Gebührenrechts dar; denn bis dahin waren das verschiedene Instanzen und es entstanden die Gebühren für jede Instanz erneut 2 ). I n der Regel wird der R A jetzt in derartigen Angelegenheiten nur bei Abschluß einer Honorarvereinbarung tätig werden können 3 ). 1 ) Zu den V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n gehört auch das Steuerveranlagungsverfahren u n d das Abhilfeverfahren, vgl. Thier aaO. S 145ff. 2 ) Vgl. auch L u e t g e b r u n e AnwBl. 55, 111; S c h u m a n n B a y L G e b O S 308ff. 3 ) So auch Gerold-Schmidt R z . 4.

412

III. Verwaltungszwangsverfahren (zu Abs. 2)

§ 119

D a s a n s c h l i e ß e n d e gerichtliche V e r f a h r e n ist s t e t s eine b e s o n d e r e A n g e l e g e n h e i t i m 3 S i n n e des § 13 A b s . 2 S a t z 2. E s e n t s t e h e n i n d e m g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n also n e u e G e b ü h r e n (vgl. § 13 A b s . 2 S a t z 2 u n d B e g r . 1. A u f l . S 1233 z u Z i f f . 1). H i e r f i n d e t keine A n r e c h n u n g der Gebühren des vorausgegangenen Verwaltungsverfahrens auf die G e b ü h r e n d e s g e r i c h t l i c h e n V e r f a h r e n s s t a t t (vgl. a u c h B e g r . 1. A u f l . S 1233 z u Z i f f . 1 u n d B e g r . z u § 118 (Ziff. 5) 1. Aufl. S 1154f) 4 ). I n s o w e i t d i e n t d i e V o r s c h r i f t d e s A b s . 1 lediglich d e r K l a r s t e l l u n g . 2. D i e H ö h e der Gebühren b e s t i m m t sich in d e n F ä l l e n d e s A b s . 1 a u c h hier n a c h d e n U G r u n d s ä t z e n d e s § 12. E s k a n n d a z u a u f die E r l ä u t e r u n g e n d o r t R z . 1 f f , 23 f f v e r w i e s e n werden. D a g e g e n e r h ä l t d e r R A f ü r die T ä t i g k e i t i m V e r w a l t u n g s z w a n g s v e r f a h r e n (Verw a l t u n g s v o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n ) die G e b ü h r e n n a c h § 119 A b s . 2 n u r in H ö h e v o n j e 3 / l c als G e s c h ä f t s g e b ü h r , B e s p r e c h u n g s g e b ü h r u n d B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r (vgl. d a z u u n t e n R z . 6). 3. A u s s e t z u n g der Vollziehung ( z u Abs. 3)

5

D i e V o r s c h r i f t d e s A b s . 3 stellt lediglich k l a r , d a ß f ü r d a s V e r f a h r e n a u f Aussetzung d e r Vollziehung o d e r a u f B e s e i t i g u n g d e r a u f s c h i e b e n d e n oder h e m m e n d e n W i r k u n g d e s V e r w a l t u n g s a k t e s n e b e n d e n G e b ü h r e n , die in d e n A b s . 1 u n d 2 b e s t i m m t s i n d , keine besonderen Gebühren entstehen. E s gelten somit das Verwaltungsverfahren oder das Verwaltungsvollstreckungsverfahren z u s a m m e n m i t d e m Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung oder B e s e i t i g u n g d e r a u f s c h i e b e n d e n W i r k u n g d e s V e r w a l t u n g s a k t e s als eine Angelegenheit. D i e s e R e g e l u n g e n t s p r i c h t a u c h d e r des E i n s t e l l u n g s v e r f a h r e n s i n Z i v i l p r o z e ß s a c h e n (vgl. § 37 N r . 3 u n d d o r t R z . 23 (S. 840). § 119 A b s . 3 f i n d e t a b e r n u r A n w e n d u n g , w e n n es sich u m ein V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n h a n d e l t , d a s die A u s s e t z u n g d e r V o l l z i e h u n g eines V e r w a l t u n g s a k t e s , i n s b e s o n d e r e n a c h § 80 A b s . 4 V w G O , § 69 A b s . 2 F G O o d e r § 86 A b s . 3 S G G b e t r i f f t . V o r a u s s e t z u n g d e r A n w e n d b a r k e i t ist w e i t e r , d a ß d e r R A gleichzeitig m i t d e r V e r t r e t u n g in d e m (außergerichtlichen) Verwaltungszwangsverfahren oder d e m Verwaltungsverfahren b e a u f t r a g t ist. N u r in diesen F ä l l e n e r h ä l t d e r R A g e m ä ß A b s . 3 k e i n e g e s o n d e r t e n Gebühren für das Aussetzungsverfahren. D a g e g e n ist d a s verwaltungsgerichtliche Aussetzungsverfahren i m m e r ein selbstständiges Verfahren, f ü r d a s eigene K o s t e n e n t s t e h e n u n d f ü r d a s ein eigener S t r e i t w e r t f e s t z u s e t z e n ist 5 ). (Vgl. a u c h B e g r . 1. Aufl. S 1154 R z . u n d 21 z u § 114).

III. Verwaltungszwangsverfahren (zu Abs. 2) F ü r d a s V e r w a l t u n g s z w a n g s v e r f a h r e n ( V e r w a l t u n g s v o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n ) gilt 6 folgende Besonderheit: F ü r d i e G e b ü h r e n b e r e c h n u n g ist z w a r die V o r s c h r i f t d e s § 118 A b s . 1, j e d o c h m i t d e r M a ß g a b e a n z u w e n d e n , d a ß die R e g e l g e b ü h r e n n i c h t j e 5 /io bis 10 / 10 , s o n d e r n nur j e 3 / 1 0 d e r vollen G e b ü h r b e t r a g e n . E s e n t s t e h e n d a f ü r also n u r die f ü r d i e Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g a l l g e m e i n v o r g e s e h e n e n G e b ü h r e n v o n j e 3 / l ö (vgl. § 57 u n d d i e B e g r . 1. A u f l . S. 1233 z u Z i f f e r 3). E s k ö n n e n d a h e r a u c h in s o l c h e n V e r f a h r e n d i e 4

) Vgl. dazu auch OLG Hamm Büro 62, 106. ) Vgl. dazu VG Frankfurt N J W 61, 845 unter Berufung auf Eyermann-Fröhler § 80 Anm. 50 VwGO; Koehler § 80 VwGO E IV 4 d gegen OVG Lüneburg DVB1. 60, 1819. S. ferner Lauterbach-Hartmann Anm. 3. 5

413

§ 120

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

v e r s c h i e d e n e n G e b ü h r e n des § 118 A b s . 1 ( G e s c h ä f t s g e b ü h r , B e s p r e c h u n g s g e b ü h r , B e w e i s a u f n a h m e g e b ü h r ) , a b e r n u r z u j e 3 / 1 0 a n f a l l e n . D i e 3 / 10 G e b ü h r e n s i n d w e d e r zu erhöhen noch zu ermäßigen6). D a s V e r w a l t u n g s z w a n g s v e r f a h r e n ( V e r w a l t u n g s v o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n ) ist eine eigene g e b ü h r e n r e c h t l i c h e A n g e l e g e n h e i t i . S . d e s § 13, g e n a u s o wie d a s Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g s v e r f a h r e n n a c h d e r Z P O . D e r R A e r h ä l t d a h e r die G e b ü h r e n des § 119 A b s . 2 b e s o n d e r s n e b e n d e n f ü r die V e r w a l t u n g s a n g e l e g e n h e i t a n f a l l e n d e n G e b ü h r e n des § 118. E i n e A u s n a h m e v o n d i e s e m G r u n d s a t z gilt a b e r d a n n , w e n n d a s V e r w a l t u n g s v e r f a h r e n s o w o h l d i e G r u n d v e r f ü g u n g als a u c h d e n V e r w a l t u n g s z w a n g u m f a ß t . E i n solcher F a l l k a n n z . B . g e g e b e n sein bei d e r A n f e c h t u n g einer Polizei V e r f ü g u n g , die zugleich m i t d e r A n d r o h u n g eines Z w a n g s m i t t e l s v e r b u n d e n ist 7 ). 7

W e g e n E i n z e l h e i t e n z u m G e g e n s t a n d s w e r t vgl. R z . 26 z u § 114 u n d w e g e n W e r t f e s t s e t z u n g R z . 233 z u § 118.

8

W e g e n K o s t e n e r s t a t t u n g i m V e r w a l t u n g s V o r v e r f a h r e n vgl. die E r l ä u t e r u n g e n z u § 114 R z . 41 u n d R z . 2 3 4 f f z u § 118. § 120. Einfache Schreiben ( 1 ) Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf Mahnungen, K ü n d i g u n g e n oder Schreiben einfacher Art, die weder schwierige rechtliche A u s f ü h r u n g e n n o c h größere sachliche Auseinandersetzungen enthalten, so erhält er nur zwei Zehntel der vollen Gebühr. ( 2 ) Beschränkt sich die Tätigkeit des Rechtsanwalts auf ein Schreiben, das nur dem äußeren Betreiben eines Verfahrens dient, insbesondere eine Benachrichtigung, ein Beschleunigungsgesuch, ein Gesuch u m Erteilung von Ausfertigungen oder Abschriften, so erhält der Rechtsanwalt nur eine Gebühr von 10 Deutsche Mark. Vorbemerkung: D e r A b s . 2 m u ß t e z u n ä c h s t d u r c h d a s Ges. v . 30. der E r h ö h u n g der Mindestgebühr von 3 auf 5 DM im w e r d e n . E i n e w e i t e r e Ä n d e r u n g e r f o l g t e d u r c h Ges. m i t d e r E r h ö h u n g d e r M i n d e s t g e b ü h r v o n 5 a u f 10

6. 65 — B G B l . I , 577 — infolge § 11 A b s . 2 r e d a k t i o n e l l g e ä n d e r t v. 20. 8. 75 — B G B l . I , 2189 — DM.

Übersicht: I. Bedeutung der Vorschrift . . II. Zur Anwendung der Vorschrift Die 2/10-Gebühr (zu Abs. 1) .

Rz. 1 . 2 . 3

Kündigungsschreiben Die Gebühr von 10 DM (zu Abs. 2)

Rz. 4 . 5

I. Bedeutung der Vorschrift 1

D i e V o r s c h r i f t b r i n g t i n s b e s o n d e r e eine Ergänzung d e r B e s t i m m u n g e n d e r § 118 u n d 119 u n d regelt die G e b ü h r e n f ü r einfache Schreiben. D i e T ä t i g k e i t des R A in diesen B a g a t e l l a n g e l e g e n h e i t e n soll, weil sie w e n i g e r A r b e i t v e r u r s a c h t , a u c h g e r i n g e r v e r g ü t e t w e r d e n , als es d i e V o r s c h r i f t e n d e r §§ 118, 119 v o r s e h e n . 6 7

) RS Rz. 4; Gerold-Schmidt Rz. 6. ) Lauterbach-Hartmann Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 6; RS Rz. 3.

414

II. Zur Anwendung der Vorschrift

§ 120

Ferner können wegen der Verweisung in § 56 Abs. 3 auf § 120 in derartigen Bagatellsachen auch bei geringfügigen Einzeltätigkeiten des § 56 die herabgesetzt e n Gebühren des § 120 in B e t r a c h t k o m m e n .

II. Zur Anwendung der Vorschrift 1. Voraussetzung der A n w e n d b a r k e i t des § 120 ist, d a ß sich der d e m R A erteilte 2 Auftrag ausdrücklich auf eine der in dieser Vorschrift geregelten Einzeltätigkeiten beschränkt. D a h e r k o m m t § 120 nicht zur Anwendung, wenn der d e m R A erteilte A u f t r a g über den R a h m e n des § 120 hinausgeht. E i n solcher Fall liegt z.B. vor, wenn der R A b e a u f t r a g t wird, in einer Unfallschaden-Angelegenheit die Ansprüche des Geschädigten geltend zu m a c h e n u n d von d e m R A nach E n t g e g e n n a h m e der I n f o r m a t i o n zunächst ein Schreiben a n die Kfz-Zulassungsstelle gerichtet wird u n d sich der A u f t r a g d a n n ohne weitere Tätigkeit erledigt. Hier h a t die Gebührenberechnung nicht nach § 120, sondern nach § 118 Abs. 1 zu erfolgen. Maßgebend ist also nicht der U m f a n g der von d e m R A geleisteten Tätigkeit, sondern der i h m erteilte Auftrag 1 ). 2. Die 2/10-Gebühr (zu Abs. 1) 3 W e n n sich die Tätigkeit des R A a u f t r a g s g e m ä ß lediglich auf die Anfertigung von a) Mahnungen, b) K ü n d i g u n g e n , c) Schreiben einfacher Art, die weder schwierige rechtliche A u s f ü h r u n g e n noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthalten, so b e t r ä g t die Gebühr anstelle der im § 118 Abs. 1 Ziff. 1 vorgesehenen Gebühr von 5 / 10 bis 10 / 10 nur 2 / 10 . E s m u ß sich aber, wie die Vorschrift sagt, u m n u r einfache Mahnungen, K ü n d i g u n g e n oder Schreiben handeln u n d der A u f t r a g sich ausdrücklich hierauf beschränken, u m die E r m ä ß i g u n g auf nur 2 / ] 0 eintreten zu lassen. Kündigungsschreiben 2 ) k ö n n e n einfacherer Art sein, aber es gibt auch Kündigungs- k schreiben, die umfangreich sind u n d die eine rechtliche B e g r ü n d u n g f ü r die K ü n d i g u n g e n t h a l t e n . F ü r solche Schreiben würde die E r m ä ß i g u n g nicht eintreten, vielmehr ist d a n n nach der Vorschrift des § 118 Abs. 1 N r . 1 zu berechnen. Ob m a n d a n n die Mittelgebühr von 7 ' 5 / 10 erheben oder innerhalb des R a h m e n s von 5 / 10 bis 10/io eine andere Zwischenstufe wird a n n e h m e n können, ist T a t f r a g e . Hier k o m m t es auf den Einzelfall an. Maßgebend sind die in § 12 aufgestellten Grundsätze f ü r die Bemessung von R a h m e n g e b ü h r e n . Die Vorschrift § 120 k a n n z . B . a u c h keine A n w e n d u n g f i n d e n bei der A u f f o r d e r u n g zur Freigabe g e p f ä n d e t e r Gegenstände, da es sich hierbei nicht n u r u m einfache Schreiben handelt. Solche Schreiben erfordern i m m e r größere rechtliche P r ü f u n g e n (vgl. dazu R z . 4 zu § 58 u n d R z . 118 zu § 118) 3 ). ') Tschischgale Büro 67, 773; Gerold-Schmidt Rz. 2; RS Rz. 1; a.M. Lauterbach-Hartmann Anm. 1; Swolana Anm. 2, die § 120 auch anwenden wollen, wenn zwar der Auftrag umfassend war, die Tätigkeit des RA aber im Einzelfall z.B. nur in einem einfachen Mahnschreiben bestand. 2 ) Wegen Erstattbarkeit der RA-Kosten bei der Hypothekenkündigung nach § 1118 BGB s. H. Schmidt Büro 61, 530. 3 ) Vgl. ferner Quardt Büro 58, 480 sowie Gerold/Schmidt 5. Aufl. Rz. 3. Zum Begriff „einfaches Schreiben" s. auch OLG Nürnberg Büro 63, 287. 415

§ 120

5

Elfter Abschnitt: Gebühren in sonstigen Angelegenheiten

3. Die Gebühr von 10 DM (zu Abs. 2) Der R A soll dagegen nur 10 DM für ein Schreiben erhalten, das a) nur dem äußeren Betrieb eines Verfahrens dient, b) für bloße Benachrichtigungen, c) für ein Beschleunigungsgesuch, d) für ein Gesuch u m Erteilung von Ausfertigungen oder Abschriften. Dies gilt aber nur, wenn sich der dem R A erteilte Auftrag darauf beschränkt, andernfalls stehen ihm die Gebühren entweder nach § 120 Abs. 1 oder aus § 118 oder § 56 zu. Es k a n n sich dabei aber nur u m kurze Gesuche handeln, die den äußeren Betrieb einer Sache betreffen, wofür die Vorschrift einzelne Beispiele aufgeführt h a t . Man wird also zu unterscheiden haben zwischen materiellen u n d nichtmateriellen Schreiben bzw. Gesuchen. Haben solche Gesuche materiellen Inhalt, so k a n n die Vorschrift des Abs. 2 darauf keine Anwendung finden, abgesehen davon, daß m a n von einem R A für eine „Gebühr" von 10 DM auch wohl keine Tätigkeit materieller Art verlangen kann. 6 Zur Frage, ob und welche Gebühr dem R A für die Erholung einer Auskunft des Einwohnermeldeamtes zur Feststellung der Schuldneranschrift bei Vorliegen eines Vollstreckungs-(Inkasso-) Auftrages zusteht, hat das OLG Köln 4 ) Stellung genommen. E s bejaht zu Recht die Entstehung einer Gebühr gemäß § 120 Abs. 2 und verneint die pauschale Abgeltung dieser Tätigkeit mit den dem R A für die Prozeß-, Mahnoder Vollstreckungstätigkeit erwachsenden Gebühren. Es ist ja auch nicht Aufgabe des RA, die Anschrift des Schuldners zu ermitteln, sondern Sache des Gläubigers. Aus diesem Grunde m u ß auch eine Vergütung anfallen, da diese Tätigkeit nicht durch die sonstigen Gebühren, z.B. die ohnedies zu geringen 3 / ] 0 -Gebühren der Zwangsvollstreckungsinstanz abgegolten sein kann. Wir sind daher ebenfalls der Auffassung, daß der R A für derartige Anfragen beim Einwohnermeldeamt die Gebühr des § 120 Abs. 2 in Höhe von 10 DM je Anfrage neben den ihm sonst zustehenden Gebühren fordern kann. Dies gilt auch dann, so sagt das OLG Köln 4 ) wenn der R A von sich aus (ohne Einschaltung des Auftraggebers) die erforderlichen Schritte unternommen h a t . 4

) AnwBl. 68, 35.

416

ZWÖLFTER ABSCHNITT Vergütung in Armensachen Vorbemerkungen zu §§ 121 bis 130 Der 12. Abschnitt behandelt die Gebühren in Armensachen. Das Geschichtliche 1 über die Entwicklung der Armenanwaltskosten sowie die Grundgedanken des geltenden Rechts enthält die amtl. Begr. zum 12. Abschnitt, die folgendes ausführt: Bis zum Ges. v. 18. 12. 1919 (RGBl. S 2113) w a r d e r RA, der einer armen Partei zur vorläufig unentgeltlichen Wahrnehmung ihrer Rechte beigeordnet war, darauf angewiesen, seine Gebühren und Auslagen von dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner beizutreiben oder von der zahlungsfähig gewordenen armen Partei nachzufordern. Nach dem Ges. v. 18. 12. 1919 erhielt der RA unter bestimmten Voraussetzungen die Auslagen aus der Staatskasse ersetzt. Die Erstattung der Gebühren aus der Staatskasse sah erstmals das Ges. v. 6. 2. 1923 (RGBl. I S 103) vor, dessen inflationsbedingte Großzügigkeit alsbald durch Ges. v. 18. 8. 1923 (RGBl. I S 813) und VO v. 13. 12. 1923 (RGBl. I S 1188), welche die heute noch geltende Begrenzung des Streitwerts auf 2000 G M (DM) einführte, eingeschränkt wurde. Eine Herabsetzung der Gebühren unter die Sätze des § 9 der R A G e b O brachte erstmals das Ges. v. 14.7. 1925 (RGBl. I S 136). Die völlige Neuregelung des Gebührenrechts der Armenanwälte erfolgte durch Ges. v. 20. 12. 1928 (RGBl. I S 411). Modifiziert vor allem durch NotVO, durch das Ges. v. 13. 12. 1935 (RGBl. I S 1469) sowie die VO v. 28. 9. 1938 (RGBl. I S 1323) und v. 6. 5. 1941 (RGBl. I S 246) ist dessen Regelung im wesentlichen heute noch geltendes Recht. Die Beträge der auf die VO v. 6. 5. 1941 zurückgehenden Gebührenstaffel wurden durch das Bundesgesetz über M a ß n a h m e n auf dem Gebiete des Kostenrechts vom 7. 8. 1952 (BGBl. I S 401) um 20 v. H. erhöht. Das bisherige Recht beruht auf folgenden Grundgedanken: Der einer armen Partei beigeordnete RA hat einen Anspruch gegen den Staat auf Gebühren und auf Ersatz der erforderlichen Auslagen. Die Gebühren des Armenanwalts sind bei Streitwerten über 3200 D M geringer als die Gebühren, die ein RA sonst fordern kann. Die Armenanwaltsgebühren stellen einen billigen Ausgleich dar zwischen den Belangen des RA, der in Erfüllung einer Berufspflicht dem Armen Beistand gewährt, und der Allgemeinheit, deren mit Notwendigkeit begrenzte steuerliche Leistungsfähigkeit angesichts der häufigen Inanspruchnahme des Armenrechts eine volle Entschädigung des Armenanwalts bei höheren Streitwerten nicht gestattet. Dem Armenanwalt bleibt aber das Recht, seine vollen Gebühren, soweit er sie nicht aus der Staatskasse erhalten hat, von dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner beizutreiben (§ 124 ZPO) oder von der armen Partei, wenn diese später zahlungsfähig wird, nachzufordern (§ 125 ZPO). Unter denselben Voraussetzungen hat auch die Staatskasse wegen der Beträge, die sie an den Armenanwalt gezahlt hat, das Beitreibungs- oder Nachforderungsrecht. Die Ansprüche des Armenanwalts gegen den Staat werden vom U r k b d G festgesetzt; gegen die Festsetzung ist die Erinnerung 417

Vorbem

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

und gegen die darauf ergehende Entscheidung, wenn der Beschwerdegegenstand 100 DM übersteigt, die Beschwerde zulässig. An dieser Regelung hält der 12. Abschnitt grundsätzlich fest. Die Änderungen bestehen hauptsächlich in folgendem: Das Gesetz betreffend die Erstattung der RA-Gebühren in Armensachen v. 20. 12. 28 (ArmAnwG) ist mit Änderungen in die BRAGO und zwar als Abschnitt 12 (§§ 121 — 130) eingearbeitet worden, so daß also nur diese Bestimmungen gelten. Außerdem ist die Gebührenstaffel mehrfach verbessert, der Anwendungsbereich über das Gebiet der bürgerlichen Rechtstreitigkeiten hinaus ausgedehnt und durch die Neufassung der Vorschriften die Klarstellung verschiedener, in der Praxis entstandener Zweifelsfragen bezweckt worden. 2

Die jetzige Gliederung ist folgende: Der § 121 bestimmt grundsätzlich den Erstattungsanspruch des beigeordneten Armenanwalts aus der Bundes- oder Landeskasse, und zwar in allen Verfahrensarten, mit Ausnahme in Strafsachen. Die Gebühren für den Pflichtverteidiger in Strafsachen regeln die Vorschriften der §§ 97 bis 103, ferner für Auslieferungssachen § 107 und bei Freiheitsentziehungen § 112 Abs. 4. Die Fälligkeit des Anspruchs, bei Ruhen des Verfahrens von länger als drei Monaten ergibt sich aus der ganz allgemein anzuwendenden Vorschrift des § 16 BRAGO. Wegen der Einfügung eines Abs. 3 zu § 126 ZPO vgl. Rz. 21 zu § 121. Bei der Nachzahlungsanordnung über Teilzahlungen erhält der Armenanwalt und die Staatskasse danach je die Hälfte. Der § 122 bestimmt den Umfang der Beiordnung, wobei daran festgehalten wurde, daß für bestimmte Nebenverfahren, z. B. Zwangsvollstreckung, Arrest und einstweilige Verfügung, einstweilige Anordnung, Beweissicherungsverfahren usw. eine besondere Beiordnung erforderlich ist. Der § 123 enthält die dem § 11 angepaßte Gebührenstaffel, wobei jedoch ab Streitwerten über 3200 DM die Gebühren geringer sind als für einen Wahlanwalt. Die früher bestimmten Festgebiihren in Ehe-, Kindschafts- und Entmündigungssachen (Abs. 2 a. F.) sowie in einstweiligen Anordnungsverfahren nach §§ 627, 627b ZPO a. F. sind mit Wirkung ab 1. 11. 1972 entfallen. Im Berufungs- und Revisionsverfahren erhöhen sich die Sätze des § 123 um Vio gemäß § 11 Satz 2, 3>). Die Mindestgebiihr beträgt auch für den Armenanwalt 10,— DM. Der § 124 regelt den Erstattungsanspruch beim Bruchteilsarmenrecht. Der § 125 versagt dem Armenanwalt die Gebühren, wenn er durch schuldhaftes Verhalten die Beiordnung eines anderen RA veranlaßt hat. Die Staatskasse soll in diesem Falle nicht mit doppelten Gebühren belastet werden. Der § 126 regelt die Auslagen, insbesondere die Reisekostenerstattung, wobei aber die Simultananwälte nach wie vor die Reisekosten aus eigener Tasche bezahlen müssen, es sei denn, daß ein RA beigeordnet wird, der weder bei dem Prozeßgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich in demselben Ort wie das Prozeßgericht befindet. Durch Abs. 2 wird bestimmt, daß das Prozeßgericht auf Antrag vor Antritt einer Reise bindend festzustellen hat, ob diese erforderlich ist. Der § 127 billigt dem Armenanwalt entgegen der bis zur Novelle v. 20. 8.75 geltenden Regelung jetzt auch die Einforderung eines Gebührenvorschusses zu. Die Bei) OLG Bremen Rpfleger 73, 225; Mümmler Büro 73, 473; RS Rz. 3; Hartmann 19. Aufl. Anm. 1 zu § 123.

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Vorbemerkungen zu §§ 121 — 130

Vorbem

schränkung des Rechts nur auf die Anforderung eines Vorschusses für Auslagen, insbesondere Reisekosten, ist also im Fortfall gekommen. Der § 128 bestimmt den Rechtsweg, die Behandlung des Antrages und das Erinnerungs- und Beschwerderecht. Die Regelung, daß der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle (Kostenbeamte) des Rechtszuges die Gebühren festzusetzen hat, wurde beibehalten. Gegen dessen Entscheidung gibt es die unbefristete Erinnerung und die einfache (unbefristete) Beschwerde, wenn der Beschwerdewert den Betrag von 100 DM übersteigt. Eine weitere Beschwerde ist nicht statthaft (Abs. 3 Satz 3). Der § 129 regelt die Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen, die der RA von dem Auftraggeber oder einem Dritten vor oder nach der Beiordnung erhalten hat. Der § 130 bestimmt den gesetzlichen Übergang von Ansprüchen auf die Bundesoder Landeskasse. Das Recht des Armenanwalts auf Festsetzung seiner Kosten im eigenen Namen 3 (§ 124 ZPO) ist beibehalten worden. Die Vorschrift des § 124 ZPO ist leider unverändert geblieben (vgl. dazu die Bemerkungen zu § 130 Rz. 14 ff), obwohl sie zweckmäßig in die BRAGO hätte eingereiht werden sollen. Die Möglichkeit des Verlustes des Anspruches ist also nach wie vor bestehen geblieben. Die Bestimmungen der §§ 121 — 130 finden nur auf RAe Anwendung. Prozeß- 4 agenten oder andere Vertreter, z. B. nach § 116 Abs. 2 ZPO beigeordnete Referendare oder andere Justizbeamte, können keine Gebühren nach dem 12. Abschnitt geltend machen. Der 12. Abschnitt gilt ferner nicht für beigeordnete Notare, die nach § 17 BNotO verpflichtet sind, vorläufig gebührenfrei bei Armen tätig zu Werdens). Es ist auch unzulässig, die Beiordnung solcher anderer Vertreter mit der Maßgabe auszusprechen, daß diese die Armenanwaltsgebühren der §§ 121 ff oder Bruchteile der Gebühren erhalten 3 ). Wenn aber einer armen Partei, wenn auch zu Unrecht, ein Rechtsbeistand beigeordnet worden ist, hat er gegen die Staatskasse einen Anspruch auf die durch sein Tätigwerden ausgelösten Armenvertretergebühren, ohne daß im Kostenfestsetzungsverfahren zu prüfen ist, ob seine Beiordnung zu Recht erfolgt ist4). Demnach hat die Festsetzung der Vergütung eines rechtsirrtümlich im Armenrecht beigeordneten Rechtsbeistandes in entsprechender Anwendung der §§ 121 ff BRAGO unter Berücksichtigung der sich gegebenenfalls hinsichtlich der Höhe aus Art. IX § 1 KostÄndG ergebenden Einschränkungen zu erfolgens).

2

) Wegen Abgrenzung der Geschäfte des Anwaltsnotars vgl. § 24 Abs. 2 BNotO. 3) Vgl. Gerold/Schmidt Rz. 5 Vorbem. § 121; Hartmann Vorbem. 2; RS Vorbem. 11, 12 zu § 121.

") LG Itzehoe KostRsp. Nr. 5 zu § 128. Vgl. auch unten FN. 22 zu § 121. 5) LG Bad Kreuznach KostRsp. Nr. 2 zu § 116 ZPO; OVG Hamburg Rpfleger 1962, 70; LG Frankfurt Rpfleger 1951, 96; LG Düsseldorf Rpfleger 60, 130; im Ergebnis ebenso Wieczorek ZPO Anm. B V zu § 116; Zöller ZPO Anm. zu § 116. A. M. AG Coburg Büro 75, 943 mit abl. Anm. von Mümmler, das die Beiordnung eines Rechtsbeistandes als Armenvertreter durch das Gesetz bei verfassungskonformer Auslegung nicht als ausgeschlossen hält und ferner die Auffassung vertritt, daß die Gebührensätze des Art. IX § 1 KostÄndG bei einem als Armenvertreter beigeordneten Rechtsbeistand nicht zu ermäßigen sind.

419

Vorbem

5

Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : V e r g ü t u n g in A r m e n s a c h e n

Wegen Beiordnung von Patentanwälten s. § 1 des Gesetzes über die Beiordnung von Patentanwälten in Armensachen v. 5. 2. 386) i. d. F. des § 187 PatAnwO v. 7. 9. 667). Die Vergütung für Tätigkeiten von Rechtsanwälten und Patentanwälten, die in Patent- und Gebrauchsmustersachen vor dem Patentamt beigeordnet sind, erfolgt nach dem Gesetz über die Erstattung von Gebühren v. 18. 7. 53?) mit der Erhöhung der Gebühren um 20 % durch Ges. v. 18. 7. 53'). 6) R G B l . I, 116. 7) BGBl. I, 557. § 1 W i r d in e i n e m Rechtssteit, in d e m ein A n s p r u c h a u s e i n e m d e r im Patentgesetz, im G e b r a u c h s m u s t e r g e s e t z , im W a r e n z e i c h e n g e s e t z , im G e s e t z ü b e r A r b e i t n e h m e r e r f i n d u n g e n , im G e s e t z b e t r e f f e n d d a s U r h e b e r r e c h t an M u s t e r n u n d M o d e l l e n ( G e s c h m a c k s m u s t e r g e s e t z ) o d e r im Gesetz ü b e r S o r t e n s c h u t z u n d Saatgut v o n K u l t u r p f l a n z e n (Saatgutgesetz) geregelten R e c h t s v e r h ä l t n i s s e geltend g e m a c h t wird, einer Partei d a s A r m e n r e c h t bewilligt, so k a n n ihr auf A n t r a g zu ihrer B e r a t u n g u n d zur U n t e r s t ü t z u n g des R e c h t s a n w a l t s ein P a t e n t a n w a l t beig e o r d n e t w e r d e n , w e n n u n d soweit es zur s a c h g e m ä ß e n R e c h t s v e r f o l g u n g o d e r Rechtsverteid i g u n g e r f o r d e r l i c h erscheint. D a s gleiche gilt f ü r sonstige Rechtsstreitigkeiten, soweit f ü r die E n t s c h e i d u n g eine F r a g e v o n B e d e u t u n g ist, d i e ein Patent, ein G e b r a u c h s m u s t e r , eine nicht geschützte E r f i n d u n g o d e r eine sonstige d i e T e c h n i k b e r e i c h e r n d e Leistung, ein S o r t e n s c h u t z r e c h t o d e r eine nicht geschützte, d e n P f l a n z e n b a u b e r e i c h e r n d e Leistung a u f d e m G e b i e t d e r P f l a n z e n z ü c h t u n g betrifft, o d e r soweit f ü r die E n t s c h e i d u n g eine mit einer s o l c h e n F r a g e u n m i t t e l b a r z u s a m m e n h ä n g e n d e R e c h t s f r a g e v o n B e d e u t u n g ist. D i e V o r s c h r i f t e n d e r § 115 Abs. 2, §§ 116a, 116b Abs. 2 Satz 1 u n d Abs. 3, § 118 Abs. 1, § 1 1 9 Abs. 1, §§ 121, 124, 125 Abs. 1, §§ 126 u n d 127 d e r Z i v i l p r o z e ß o r d n u n g gelten e n t s p r e chend. § 2 Auf die E r s t a t t u n g d e r G e b ü h r e n u n d A u s l a g e n des b e i g e o r d n e t e n P a t e n t a n w a l t s sind die V o r s c h r i f t e n d e r B u n d e s g e b ü h r e n o r d n u n g f ü r R e c h t s a n w ä l t e v o m 26. Juli 1957 ( B u n d e s gesetzbl. I S. 861, 907), d i e f ü r im A r m e n r e c h t b e i g e o r d n e t e R e c h t s a n w ä l t e gelten, s i n n g e m ä ß mit f o l g e n d e n M a ß g a b e n a n z u w e n d e n : 1. D e r P a t e n t a n w a l t erhält eine volle G e b ü h r u n d , w e n n er eine m ü n d l i c h e V e r h a n d l u n g o d e r einen Beweistermin w a h r g e n o m m e n hat, i n s g e s a m t zwei volle G e b ü h r e n in H ö h e d e r in § 123 d e r B u n d e s g e b ü h r e n o r d n u n g f ü r R e c h t s a n w ä l t e b e s t i m m t e n Beträge. 2. D e r d e m P a t e n t a n w a l t i n s g e s a m t zu e r s e t z e n d e G e b ü h r e n b e t r a g d a r f d e n Betrag einer vollen G e b ü h r n a c h § 11 Abs. 1 d e r B u n d e s g e b ü h r e n o r d n u n g f ü r R e c h t s a n w ä l t e nicht ü b e r steigen. 3. Reisekosten f ü r d i e W a h r n e h m u n g einer m ü n d l i c h e n V e r h a n d l u n g o d e r eines Beweisterm i n s w e r d e n n u r ersetzt, w e n n d a s P r o z e ß g e r i c h t vor d e m T e r m i n die T e i l n a h m e des Pat e n t a n w a l t s f ü r g e b o t e n erachtet. B e m e r k u n g . Statt Saatgutgesetz jetzt Sortenschutzgesetz v. 20. 5. 68 BGBl. I, 429, u n d Saatgutverkehrsgesetz v. 20. 5. 68 BGBl. I, 444. 8 ) Gesetz ü b e r die E r s t a t t u n g v o n G e b ü h r e n f ü r im A r m e n r e c h t b e i g e o r d n e t e Vertreter in Patent- u n d G e b r a u c h s m u s t e r s a c h e n v. 18. 7. 53 ( B G B l . I, 654). ») BGBl. I, 615.

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

§ 121

§ 121.*) Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse. Der im Armenrecht oder nach § 11 a des Arbeitsgerichtsgesetzes beigeordnete Rechtsanwalt erhält, soweit in diesem Abschnitt nichts anderes bestimmt ist, die gesetzliche Vergütung in Verfahren vor Gerichten des Bundes aus der Bundeskasse, in Verfahren vor Gerichten eines Landes aus der Landeskasse. Übersicht: Rz. I. Bedeutung der Vorschrift . .1 Anwendungsbereich . . . . 2 . 3 Patentanwälte . 4 Notare Mehrere Auftraggeber 5 Verweisung d. Rechtsstreits 6 II. Die Rechtsnatur des Anspruchs 7 Zurückzahlung zuviel erhaltener Beträge 9 III. Die Armenrechtsbewilligung 10 1. Allgemeines 10 Fehlerhafte Bewilligung des Armenrechts 11 — keine N a c h p r ü f u n g im Festsetzungsverfahren 12 Armenrechtsbewilligung und Beiordnung — Form 13 — o h n e Bedingungen 14 Arten der AR-Bewilligung 16 2. Teilweise Bewilligung des Armenrechts 17 3. Das Bruchteil-Armenrecht 18 4. Das Ratenarmenrecht (Nachzahlungsanordnung) 19 Rechtsbehelfe gegen ablehnende Entscheidung 22

Rz. IV. Die Voraussetzungen des Anspruchs 1. Die Beiordnung des Armenanwalts . Handlungen vor der Beiordnung . . . Beiordnung — eines Verkehrsanwalts oder Beweisanwalts — in anderen Verfahren Erstattungsanspruch nur für beigeordnete RAe 2. Die Auftragserteilung Eilbedürftige, unaufschiebbare Handlungen vor der Beiordnung Unsachgemäße Anträge 3. Die rückwirkende Beiordnung . . . . V. Die Fälligkeit des Anspruchs 1. Die Kostenentscheidung 2. Beendigung der Instanz 3. Ruhen des Verfahrens 4. Beendigung des Auftrags VI. Die Pfändung des Anspruchs VII. Die Verjährung 1. Gegenüber der Staatskasse 2. Die Einrede der Verjährung durch die Staatskasse 3. Gegenüber der Partei 4. Des Beitreibungsrechts (§ 124 ZPO) .

23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 32 33 34 35 36 37 37 38 39 40

I. Bedeutung der Vorschrift Der Grundsatz, Gleiches gleich zu behandeln, erfordert es, die gesetzliche Rege- 1 lung der Bewilligung des Armenrechts und die Vergütung des beigeordneten RA in allen Verfahrensarten zur Anwendung zu bringen, wenn ein Gericht einer Partei, der das Armenrecht bewilligt ist, einen RA beiordnet. Die Beiordnung nach § 11 a des ArbGG ist zur Behebung von Zweifeln der Beiordnung im Armenrecht ausdrücklich gleichgestellt. Ausgenommen sind aber bestellte Verteidiger und Vertreter, die Privatklägern, Nebenklägern oder Antragstellern im Klageerzwingungsverfahren oder in Auslieferungs- oder Freiheitsentziehungssachen beigeordnet worden sind. Für diese sind im 6. bis 9. Abschnitt besondere Vorschriften vorgesehen. Dem zur Wahrnehmung einer Adhäsionsklage beigeordneten Prozeßbevollmächtigten stehen aber die Gebühren gemäß §89 nach der Tabelle des § 123 aus der Staatskasse zu. § 102 findet hierauf keine Anwendung'). *) Wegen Verfassungsmäßigkeit dieser Vorschrift s. BVerfG NJW 71, 187. Die öffentliche Hand ist nicht auch von der Erstattung von Armenanwaltskosten befreit, BGH NJW 65, 538 = Rpfleger 65, 77 = JVB1. 65, 87. i) LG Hamburg AnwBI. 66, 29.

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§ 121

2

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Der § 121 sieht vor, daß der im Armenrecht beigeordnete RA die gesetzliche Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse erhält2). Die Vorschriften der §§ 121 ff finden also auf alle Verfahren Anwendung, wenn ein Gericht einer Partei, der das Armenrecht bewilligt wurde, einen RA beiordnet. Es wird kein Unterschied zwischen bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und anderen Verfahrensarten gemacht. Für die Anwendung dieser Vorschrift ist es also gleichgültig, ob es sich um ein Zivilprozeßverfahren, Konkursverfahrens), Vergleichsverfahren, Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit, Verfahren in Landwirtschaftssachen, Hausratsverfahren, um arbeitsrechtliche oder verwaltungsgerichtliche Streitigkeiten handelt. Kurz, jedes Verfahren, das in der BRAGO geregelt wurde, fällt darunter. Lediglich für den gerichtlich bestellten Verteidiger in Strafsachen sowie für den beigeordneten Vertreter des Privatklägers, Nebenklägers oder Antragstellers im Klageerzwingungsverfahren (§§ 172 ff StPO) sehen §§ 97 ff Sonderregelungen vor. Ebenso nach § 107 für den beigeordneten RA in Auslieferungssachen sowie bei Freiheitsentziehungen (§112 Abs. 4).

3 , Für Patentanwälte, die einer Partei in einer Patent-, Gebrauchsmuster-, Warenzeichenstreitsache beigeordnet sind, ist das Gesetz v. 18.7. 53 weiterhin anwendbar (Art. XI § 5 Abs. 2 Nr. 2) (vgl. auch Einleitung zum 12. Abschnitt Rz. 5 und Rz. 32 zu § 1). Durch Gesetz v. 18. 7. 73 (BGBl. I, 615) sind diese Gebühren um 20% erhöht worden. 4

Für die Tätigkeit der Notare gilt jedoch die Vorschrift des § 121 nicht4). Es kommt hierfür § 17 Abs. 2 BNotO zur Anwendung; danach kann einem unbemittelten Beteiligten die Urkundstätigkeit (§§ 20 bis 22 a BNotO) vorläufig gebührenfrei gewährt werden.

5

Wegen Vertretung mehrerer Auftraggeber und der dadurch eintretenden Gebührenerhöhung s. § 6.

6

Im übrigen gilt für die Gebühren bei Verweisung eines Rechtsstreites § 14. Vgl. auch Rz. 33.



II. Die Rechtsnatur des Anspruchs 7

Die Ansprüche gegen die Staatskasse haben ihre Grundlagen jetzt in den Vorschriften der §§ 121 ff. Sie sind öffentlich-rechtlicher Art?). Deshalb gilt der Rechtsweg für ausgeschlossen, d. h. der Anspruch kann nicht im Klagewege verfolgt werden. Lediglich die Vorschrift des § 128 sieht einen Rechtsweg für Erinnerungen und 2 ) Wegen der Rechtsnatur des Anspruchs des Armenanwalts s. bereits Gaedeke, ArmenanwaltskostenG S 40 und unten Rz. 7; KG JR 49, 477 ; ferner Mümmler Büro 73, 269. Wegen Stellung des beigeordneten Justizbeamten zur Partei s. OLG Koblenz NJW 51, 409. 3 ) Eine Gewährung des Armenrechts an den Gemeinschuldner ist in der KO nicht vorgesehen. Es kann ihm deshalb auch kein Pflichtanwalt beigeordnet werden: LG Traunstein NJW 63, 959. Vgl. dazu auch Fn. 1 zu § 72. «) KG DNotZ 30, 105; KG JW 31, 2039; Schumann Fehlerquellen in der Notarkanzlei S 13; Beushausen 2. Aufl. S 256. 5) OLG München NJW 70, 765; dies gilt auch für den Rechtsnachfolger: KG JW 37, 1653; OLG Hamm Rpfleger 57, 318.

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

§121

Beschwerden gegen die Festsetzung der Gebühren und Auslagen vor. Grundlage für den Anspruch des Armenanwalts ist die Beiordnung desselben. Damit entsteht aber noch kein bürgerlich-rechtliches Vertragsverhältnis zum Armenanwalt und Staat 6 ). Die Rechtsbeziehungen sind daher ausschließlich nach den Vorschriften der §§ 121 ff und nicht nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Eigenart des Anspruchs beruht darauf, daß er nicht allein auf der Grundlage der Beiordnung, sondern zugleich auf der Grundlage eines privatrechtlichen Rechtsgeschäfts, nämlich des Auftrages der armen Partei, erwächst und nur nach Maßgabe des aus diesem Auftrag für den Armenanwalt entstehenden Vergütungsanspruchs an die Partei auch der Staatskasse gegenüber zur Entstehung gelangt 7 ). Ohne Vollmacht tritt der Armenanwalt nicht in ein Vertragsverhältnis zu dem Armen«). Im Schrifttum 9 ) besteht Einigkeit darüber, daß es sich zwischen den vom Armenanwalt aufgrund der Beiordnung vertretenen Personen und dem Staat um eine Art Gesamtschuldnerverhältnis handelt, wobei der Armenanwalt nach seiner Wahl einen der Schuldner allein oder sämtliche in Anspruch nehmen kann, allerdings ist der Anspruch gegen einen Gesamtschuldner, nämlich der armen Partei, zunächst kraft Gesetzes gestundet; seine Inanspruchnahme ist erst möglich, wenn ein Nachzahlungsbeschluß nach § 125 ZPO ergangen ist10). Der Anspruch auf die gesetzliche Vergütung (s. § 123) besteht im Verfahren vor Gerichten des Bundes (BGH, BVerfG, BVerwG, BSG, BFH) gegen die Bundeskasse, in den Verfahren vor Gerichten eines Landes gegen die Landeskasse. Verpflichtet wird somit diejenige Kasse des Bundes oder des Landes, dessen Gericht den Armenanwalt beigeordnet hat11)Der Anspruch steht dem RA nur unter bestimmten Voraussetzungen zu. Es muß 8 die Bewilligung eines Armenrechts vorliegen, der RA muß dieser Partei gemäß § 115 Abs. 1 Ziff. 3, § 116 Abs. 1, § 116 a ZPO, § 11 a ArbGG, § 48 Abs. 1 Ziff. 1 BRAO oder den entsprechenden Vorschriften anderer Verfahrensgesetze (z. B. § 166 VwGO, § 142 FGO) beigeordnet sein, die Partei muß dem Armenanwalt einen Auftrag erteilt haben und der RA muß tätig geworden sein. Eine Tätigkeit, die erst dem Zustandekommen des Auftrages dient, begründet noch keinen Anspruch, außer wenn erst nach der Bevollmächtigung zur Informationserteilung aufgefordert wird (s. auch Note 68). Nur dann besteht der gesetzliche Anspruch an die Bundes- oder x Landeskasse. Der Vergütungsanspruch erwächst dem Armenanwalt jedoch auch dann, wenn er bereits vor Vollmachterteilung unaufschiebbare Handlungen für den Vertretenen vornimmt, was der RA gewissenhaft zu prüfen hat. Er handelt sodann kraft auftragsloser Geschäftsführung und verpflichtet dadurch den Armen sowohl sachlichals auch prozeßrechtlich, etwa bei Wahrnehmung eines Termins zur Vermeidung eines Versäumnisurteilsiz). Ordnet das Prozeßgeticht gemäß § 280 ZPO die abgesonderte Verhandlung und Entscheidung über die Prozeßfähigkeit einer Partei an, so steht dem RA, der für ) des gesamten Gebührenanspruchs bewilligt wird, weil das Gericht der Ansicht ist, daß die Partei nur teilweise arm und daher einen Teil der vollen Gebühren bezahlen kann. Für die Behandlung der Gebühren des Armenanwalts in diesem Falle sieht § 124 eine besondere Regelung vor. Es wird daher auf die Erläuterungen zu dieser Vorschrift verwiesen 3 '). 4. Das Ratenarmenrecht (Nachzahlungsanordnung) a) Eine weitere Art der Bewilligung des Armenrechts mit einer gewissen Be- 1 9 schränkung ist das sog. Ratenarmenrecht. Mehrfach ist der Versuch gemacht worden, das Armenrecht dergestalt zu bewilligen, daß der armen Partei zur Auflage gemacht wird, gewisse für die Gerichtskosten bestimmte, monatliche Raten zu zahlen. Dies braucht nicht die Gerichtskosten allein betreffen, sondern kann auch auf die Armenanwalts-Gebühren ausgedehnt werden. Die Frage, ob das zulässig ist, ist bestritten. Gaedeke 3 2 ) verneinte mit dem früheren Kostensenat des K G 3 3 ) die Zulässigkeit. Inzwischen mehrten sich aber die Stimmen in der Rechtsprechung, welche die Zulässigkeit bejahten 3 4 ). Das O L G Nürnberg 3 5 ) ist der Auffassung, daß es unzulässig ist, der armen Partei die Zahlung eines bestimmten Betrages zu den Prozeßkosten aufzuerlegen, daß es aber durchaus zulässig ist, daß die Partei zu den fällig werdenden Gerichtsgebiihren 3 0 ) Vgl. dazu den vom SchlHOLG AnwBl. 59, 60 entschiedenen Fall: Ganzer Anspruch 300 000 DM, das Armenrecht wird für 50 0 0 0 DM beantragt, jedoch nur für 1 100 DM bewilligt. S. dazu auch die Kritik von Brangsch AnwBl. 59, 60 sowie Holste AnwBl. 59, 46. S. auch O L G München N J W 69, 938. 3 1 ) Zu dem Problem des § 124 ZPO, Verlust durch Aufrechnung, wird auf den Aufsatz Schumann in AnwBl. 63, 73 verwiesen. Dort wird dieses Problem auf Grund eines krassen Beispiels aus der Praxis erneut behandelt. A.a.O. S 45, 92. S. auch ausführl. Begr. J W 36, 701 ff u. D R 40, 1615. 3 3 ) J W 35, 1704; s. ferner dazu wegen unklarer Klauseln K G J W 35, 3 4 8 4 ; 36, 614, 1307; D R 39, 7 9 3 ; O L G Düsseldorf N J W 54, 7 2 1 ; B a u m b a c h / L / H / A § 115 Anm. 8 A Z P O ; Rosenberg § 82 Anh. III 1 e. 3 ") B G H M D R 51, 732 = J Z 51, 7 2 6 ; u. B G H 10, 139 = N J W 53, 1 5 1 0 = Rpfleger 55, 1 8 4 = M D R 53, 6 7 4 ; O L G Köln N J W 49, 513 u. M D R 51, 562; O L G Celle N J W 51, 80 u. NdsRpfl. 50, 155; O L G Bamberg BayJMBI. 51, 96 = J Z 51, 7 6 0 ; O L G Karlsruhe J R 52, 2 8 2 ; Jonas-Schönke § 115 Anm. VI 5; Müller JVB1. 62, 217 ff. Wir hatten angeregt, diese Frage im Zuge der Gebührenreform gesetzlich zu regeln. Das ist zwar auch geschehen, nicht aber dadurch, daß das Ratenarmenrecht ausdrücklich für zulässig erklärt wurde, sondern durch Einfügung eines Abs. 3 im § 126 ZPO wonach in dem zu ergehenden Nachzahlungsbeschluß die Anordnung von Teilzahlungen für zulässig gehalten wird. Vgl. dazu unten Rz. 20 f.

>5) Beschl. v. 10. 2. 53 BayJMBI. 53, 91.

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§ 121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

einen Betrag von zusammen z. B. 80 DM, zahlbar ab Fälligkeit der jeweils entstehenden Gerichtsgebühr, in monatlichen Raten von 20 DM zu leisten habe. b) Als die h. M. konnte es angesehen werden, daß die Bewilligung des Ratenarmenrechts zulässig ist34). Das hat auch der BGH bestätigt 36 ). Er ist der Auffassung, daß einer Partei, die imstande ist, ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts die Prozeßkosten durch Ratenzahlungen zu bestreiten, das uneingeschränkte Armenrecht in Verbindung mit einer Nachzahlungsanordnung zu bewilligen ist. Die Nachzahlungsanordnung ist eine Entscheidung über die Kosten i. S. des § 567 Abs. 2 ZPO 37 ). Aus der weiteren Rechtssprechung ergibt sich dazu, daß in Wirklichkeit nicht die Bewilligung eines Ratenarmenrechts vorliegt, sondern einmal die grundsätzliche Zuerkennung des Armenrechts mit der gemäß § 125 ZPO zulässigen Anordnung, die entstehenden Kosten in festzusetzenden Raten abzuzahlen 3 «). Dabei ist es zulässig, die Bewilligung des Armenrechts nur auf die RAKosten oder auch nur auf die Gerichtskosten zu beschränken 39 ). 20

c) Wird nur die Nachzahlung der RA-Kosten angeordnet und deckt der nachzuzahlende Betrag nicht die gesamten RA-Kosten, so sind zunächst die nicht auf die Staatskasse übergegangenen Kosten an den RA und erst danach die auf die Staatskasse übergegangenen Kosten zu entrichten. Die Staatskasse kann den auf sie übergegangenen Anspruch infolgedessen erst geltend machen, wenn der RA voll befriedigt ist4").

21

d) Streitig war es nun in der Rechtsprechung, in welcher Reihenfolge bei ratenweiser Kostennachzahlung die Kosten des Gerichts und diejenigen des Armenanwalts zu befriedigen sind 4 '). Im Zuge der Gebührenreform ist auch diese Frage gesetzlich geklärt worden. Der BT hat zum § 126 ZPO folgenden Abs. 342) eingefügt: 36 ) MDR 51, 732 = JZ 51, 726 u. BGHZ 10, 139 = MDR 53, 6 7 4 = N J W 53, 1510 = Rpfleger 55, 184. " ) OLG Hamm MDR 58, 934. Vgl. auch Bauer Büro 61, 313. 3 «) So KG JR 53, 144 (1. Sen); ebenso 8. Sen. JR 50, 759. 39 ) OLG Bremen JZ 52, 436. Wegen Voraussetzungen der Nachzahlungsanordnung vgl. Lappe Rpfleger 58, 137. « ) KG JVB1. 60, 116 u. Beschl. v. 16. 7. 6 0 - 1 5 W 1020/60 - Büro 60, 395; OLG Hamburg MDR 58, 1449 = Rpfleger 58, 191; OLG Nürnberg MDR 58, 702; Büro 59, 254; Lappe Rpfleger 57, 283; 58, 175; Tschischgale JVB1. 58, 27. Vgl. ferner dazu Rz. 4, 16 ff zu § 130. 41 ) Vgl. dazu die Bemerkungen 1. Aufl. S 1247 f zu Ziff. 4 c. 42 ) Die anläßlich der Gebührenreform 1957 zunächst erfolgte Fassung des § 126 Abs. 3 ZPO stand nicht mit § 130 Abs. 1 Satz 2 BRAGO im Einklang, so daß beide Vorschriften eine nicht ganz klare Gesetzeslage ergaben, worauf wir bereits in der 1. Aufl. ErgBd. S 287 ff hingewiesen hatten. Die Kostennovelle v. 30. 6. 65 — BGBl. I, 577 — hat dieser Tatsache Rechnung getragen und § 126 Abs. 3 in die oben wiedergegebene Fassung gebracht. Diese Einfügung bzw. Änderung erfolgte auf Empfehlung des Rechtsausschusses des BT, der dies wie folgt begründete: Drucks. IV/3389, I. Allgemeiner Teil: „Von besonderer Wichtigkeit ist ferner die vom Ausschuß einstimmig beschlossene Änderung der ZPO (Art. 2 § 5). Nach der überwiegenden Meinung in der Rspr. steht dem beigeordneten Armenanwalt kein eigenes Antrags- und Beschwerderecht zu, soweit es sich um die Anordnung der Nachzahlung handelt, wenn die von ihm vertretene arme Partei nachträglich zahlungsfähig wird. Es erscheint nicht vertretbar, dem RA in diesem Verfahren, in dem unmittelbar über seine eigenen Gebührenansprüche mit entschieden wird, jede aktive Mitwirkung zu versagen und ihn auf eine bloße Anregung zu beschränken. Durch die vorgeschlagene

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

§121

„(3) Über die Verpflichtung zur Nachzahlung entscheidet das Gericht von Amts wegen oder auf Antrag der Bundes- oder Staatskasse oder des beigeordneten Rechtsanwalts; die zum Armenrecht zugelassene Partei, die Bundes- oder Staatskasse und der beigeordnete Rechtsanwalt sind vorher zu hören. Wird die Nachzahlung nicht in voller Höhe angeordnet oder werden Teilzahlungen bewilligt, so ist auszusprechen, daß auf die Forderung der Bundes- oder Staatskasse und auf die Forderung des beigeordneten Rechtsanwalts je zur Hälfte zu zahlen ist." Durch die Änderung des § 126 Abs. 3 ZPO mußte folgerichtig auch § 127 Satz 2 ZPO«) geändert werden, der folgende Fassung erhielt: § 127 Satz 2 erster Halbsatz erhält folgende Fassung: „Gegen den Beschluß, durch den das Armenrecht verweigert oder entzogen wird, und gegen den Beschluß nach § 126 Abs. 3 findet die Beschwerde statt." Mit den Abänderungen der beiden Vorschriften der ZPO ist eine Verbesserung der Stellung des Armenanwalts eingetreten, die auch notwendig war. Nachzahlungsbeschlüsse sind daher, wenn Teilzahlungen bewilligt werden, so zu erlassen, daß je die Hälfte davon an den Armenanwalt und an die Staats- oder Bundeskasse zu zahlen sind. Gegen die einen Nachzahlungsbeschluß ablehnende Entscheidung des Rechtspfle- 22 gers steht dem Armenanwalt die Erinnerung zu. Der Armenanwalt gehört zu den Personen, deren Rechte durch diese Entscheidung betroffen werden, wenn die Nachzahlungspflicht verneint worden ist. Denn er hat gegen seinen Mandanten aus dem Anwaltsvertrag einen Anspruch auf volle Gebühren, der durch die Armenrechtsbewilligung lediglich gestundet worden ist (vgl. auch Rz. 7 sowie § 130 Rz. 3). Da mit der Anordnung einer Nachzahlung diese Stundung entfällt, ist die zu Unrecht erfolgte Ablehnung der Nachzahlung ein Eingriff der öffentlichen Gewalt in die Rechte des Armenanwalts mit der Folge, daß dem Armenanwalt schon auf Grund des Art. 19 Abs. 4 GG der Rechtsweg offensteht. Er hat also einen Anspruch darauf, die Entscheidung eines Gerichts herbeizuführen. Als solches ist i. S. des Art. 19 Abs. 4 GG nicht der Rechtspfleger anzusehen 44 ). Änderung wird nunmehr ein selbständiges Antrags- und Beschwerderecht zugebilligt und damit den Erfordernissen des Art. 19 Abs. 4 GG entsprochen." Drucks. IV/3389, II. Im einzelnen zu Artikel 2 § 5 Nr. 1: „Durch die Änderung des § 126 Abs. 3 ZPO wird dem beigeordneten RA nunmehr ein selbständiges Antragsrecht eingeräumt. Diese Stellung ist der Interessenlage angemessener als die bisher vorgesehene bloße Anhörung und die Beschränkung auf eine Anregung für ein Tätigwerden von Amts wegen. Die Pflicht des Gerichts zur Anhörung der beteiligten Stellen ist unverändert geblieben, ebenso die Regelung über die Verteilung der angeordneten Nachzahlungen." 43 ) Der Rechtsausschuß begründet die Abänderung des § 127 Satz 2 I. Halbsatz ZPO wie folgt: Drucks. IV/3389, II. Im einzelnen zu Artikel 2 § 5 Nr. 2: „Während bisher nur gegen einen Beschluß, der die Nachzahlung anordnete, die Beschwerde (der armen Partei) möglich war, wird nunmehr bei dem Nachzahlungsbeschluß der bisherige Grundsatz, daß alle der armen Partei günstigen Entscheidungen unanfechtbar sind, durchbrochen. Entsch. über die Nachzahlungspflicht sind nunmehr schlechthin mit der Beschwerde anfechtbar. Die Beschwerdeberechtigung regelt sich nach allgemeinen Grundsätzen, d. h. bei der Ablehnung der Nachzahlungsanordnung ist, Beschwer vorausgesetzt, sowohl der Armenanwalt als auch die Bundes- oder Staatskasse beschwerdeberechtigt." LG Hamburg AnwBl. 62, 225 = M D R 62, 580; a.M. LG Bremen Rpfleger 62, 380. Wegen Aufhebung der Nachzahlungsanordnung nach Beendigung des Rechtsstreits infolge Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage s. OLG Celle NdsRpfl. 61, 246.

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§121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

IV. Die Voraussetzungen des Anspruchs 1. Die Beiordnung des Armenanwalts 23

Der Armenanwalt hat nur Anspruch auf Ersatz derjenigen Kosten, die nach der Wirksamkeit der Beiordnung entstanden sind,. Der Partei, die von dem RA vertreten werden soll, muß das Armenrecht bewilligt sein. Maßgebend ist hier grundsätzlich der Zeitpunkt, in welchem das Gericht die Bewilligung ausspricht. Wenn Gelinsky-Meyer-Bauer 45 ) die Auffassung vertreten wollen, daß einem im Armenrecht beigeordneten Vertreter kraft Airites, der RA ist, ein Gebührenanspruch gegen die Staatskasse nicht zustehen soll, so verkennen sie hierbei die Bedeutung des § 1 Abs. 2, worauf auch Gerold 4 «) hingewiesen hat. Wird ein solcher RA beigeordnet, dann hat er auch zweifellos einen Anspruch gegenüber der Staatskasse auf Erstattung seiner Armenanwaltsgebühren. Der RA muß der Partei durch Gerichtsbeschluß beigeordnet werden 47 ). Wann diese Voraussetzungen vorliegen, ergibt sich aus den Vorschriften der §§114 bis 127 ZPO, d. h. es muß das Armenrecht bewilligt worden sein. Auf die Beiordnung eines bestimmten RA (ihrer Wahl) soll die arme Partei keinen Anspruch haben4®). Dies ist unberechtigt, denn bei der Bewilligung des Armenrechts haben fiskalische Interessen zurückzutreten, wenn es sich darum handelt, einer Partei den RA ihres Vertrauens beizuordnen 4 «). Auch frühere Ministerialverfügungen 50 ) haben die Gerichte angewiesen, bei der Auswahl des beizuordnenden Armenanwalts in erster Linie auf die Wünsche der armen Partei Rücksicht zu nehmen. Die arme Partei soll ebenso wie die begüterte die Möglichkeit haben, sich einen RA ihres Vertrauens zu wählen, denn Sinn der Armenrechtsbewilligung ist, der armen Partei in gleicher Weise die Verfolgung ihrer Rechte zu ermöglichen, wie einer reichen 49 ). Dem nicht beigeordneten RA steht aber kein eigenes Beschwerderecht gegen die Ablehnung zu, dagegen hat die Partei ein solches Beschwerderecht 51 )- Die Beschwerde gegen den das Armenrecht verweigernden Beschluß ist unzulässig, wenn die Hauptsache nicht berufungsfähig ist52). Wenn aber die erfolgte Beiordnung eines RA ohne Begründung wieder aufgehoben wird, so hat dieser ein solches eigenes Beschwerderecht 53 ).

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Handlungen vor der Beiordnung begründen keinen gebührenrechtlichen Anspruch, außer wenn sie unbedingt erforderlich waren 54 ) (vgl. auch Rz. 8 und Rz. 29 Fn. 74 ff). Die Beiordnung wird im allgemeinen erst mit der Verkündung in der 45

) Armenanwaltskosten Nachtr. Nr. 59, 60, 171, 259. ) Besprechung zu dem Nachtr. von Gelinsky-Meyer-Bauer NJW 58, 1483. "7) OLG Kiel JW 34, 1077; Hartmann Anm. 2 § 122; Gerold:Schmidt Rz. 23. «8) OLG Braunschweig JZ 51, 142; desgl. MDR 50, 620; OLG Oldenburg NdsRpfl. 51, 12; OLG Köln NJW 51, 81; OLG München BayJMBI. 52, 236; s. aber OLG Celle NJW 54, 721: Bei teilweiser Bewilligung des Armenrechts geht das Wahlrecht der Parteien vor. Vgl. auch Müller NJW 55, 1181 sowie Cüppers in Anm. JZ 51, 143; ebenso Gerold-Schmidt 5. Aufl. Rz. 27. 19) So OLG Koblenz NJW 56, 65. so) Vgl. 1. Aufl. S 1250 Fn. 35. s i ) KG BB1. 3 1 , 1 9 6 ; NJW 3 1 , 1 8 3 6 ; 3 2 , 3 6 4 7 ; Köln JW 3 0 , 3 5 5 7 ; Celle JR 5 0 , 2 7 9 ; OLG München BayJMBI. 52, 236; Gerold-Schmidt Rz. 28. 52) LG Bielefeld MDR 76, 671 mit weit. Nachw. Ebenso BGH MDR 70, 660. 53) OLG Hamburg NJW 53, 1878; OLG München AnwBl. 56, 142. 5") KG JW 28, 2147; 35, 1045; vgl. auch Note 82. 46

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

§121 55

mündlichen Verhandlung oder Zustellung des Beschlusses wirksam ), jedoch genügt auch eine mündliche Mitteilung des Gerichts im Termin5«). Nicht dagegen genügen Mitteilungen durch einen Beamten der Geschäftsstelle 57 ), aber wohl von berufener Seite, z. B. des Richters5«), wozu auch fernmündliche Mitteilungen genügen können 59 ). Auch wenn sich später herausstellt, daß die Beiordnung fehlerhaft war, müssen die Armenanwaltskosten erstattet werden«)) (vgl. auch oben Fn. 21 und 67). Ist die Beiordnung erfolgt, so muß der RA die arme Partei vertreten, wenn er nicht besondere Gründe dagegen geltend machen kann. Auch darf er nicht sein Mandat niederlegen. Ebenso wenig steht ihm ein Beschwerderecht gegen die Beiordnung zu; vielmehr muß er seine Enthebung beantragen61) (vgl. auch unten Note 101). Auch die Beiordnung eines Verkehrs- (Korrespondenz-) Anwalts ist zulässig 62 ), 2 5 ebenso die Bestellung eines Beweisanwalts zur Wahrnehmung einer nicht am Sitz des Prozeßgerichts stattfindenden Beweisaufnahme. Dieser RA wird von dem Amtsgericht ausgewählt, in dessen Bezirk die Beweisaufnahme stattfindet oder die Partei wohnt (§ 116 b Abs. 2 ZPO), im Falle des § 115 Abs. 1 Ziff. 3 ZPO durch den Gerichtsvorsitzenden gemäß § 116 b Abs. 1 ZPO.

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) RG 135, 303 = J W 32, 1732; R G J W 35, 1694; B a u m b a c h / L a u t e r b a c h Z P O Anm. 4 B, 5 B zu § 329. 56 ) RG J W 25, 1491; Kiel J W 29, 2541; K G BlfRpfl. 31, 136; Köln J W 33, 1083; vgl. auch B G H DRspr. 412 Bl. 63. 57 ) Auch wenn der Geschäftsstellenbeamte dem a n f r a g e n d e n RA telefonisch mitteilt, d a ß bei den Akten ein Beschluß liege, durch den er seiner Partei als A r m e n a n w a l t beigeordnet werde, so ist im Zweifel nicht a n z u n e h m e n , d a ß der Geschäftsstellenbeamte damit den Beschluß formlos i. S. des § 329 Abs. 3 Satz 2 Z P O mitteilen wollte: O L G H a m m Büro 68, 33; vgl. auch bereits O L G Königsberg H R R 32, 375. Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 3 zu § 122. A. M . O L G N a u m b u r g D R 39, 1186. 5«) RG J W 25, 1491; O L G Köln J W 33, 1083 = Rpfleger 33, 135; K G J R 48, 352; R S Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 30; vgl. auch G a e d e k e S 48. 5 «) Celle v. 29. 9. 32 - 1 W 2 0 3 / 3 2 ; vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 30 u n d G a e d e k e S 48; a. M . O L G Düsseldorf BB1. 30, 168. «») K G J W 35, 799, 1045 = H R R 35, 1560; LG F r a n k f u r t Rpfleger 51, 96; K G - Beschl. v. 4. 5. 61 - 1 W 742/61. Auch bei rückwirkender Entziehung des Armenrechts entfällt der bereits entstandene Vergütungsanspruch des Armenanwalts nicht: S c h l H O L G JVB1. 70, 232 = SchlHA 70, 120 = Büro 71, 156; Büro 74, 346 = SchlHA 74, 59. 6 0 O L G 40, 362; O L G Celle v. 13. 2. 53 - 4 W 52/53. B G H Rpfleger 51, 129. Diese Beiordnung ist durch die E i n f ü g u n g des § 116a Z P O in § 230 B R A O geregelt. Vgl. dazu S c h u m a n n N J W 59, 1761. So auch Gerold-Schmidt Rz. 6; RS Rz. 4. Die Kosten des zugezogenen Verkehrsanwalts k ö n n e n auch trotz A b l e h n u n g einer Beiordn u n g erstattbar sein: O L G M ü n c h e n N J W 61, 929 = AnwBI. 61, 265 = M D R 61, 422 = Büro 61, 134. Es gibt auch keine Bestimmung, d a ß mehrere nacheinander beigeordnete Armenanwälte in einer Sache nicht die ihnen entstandenen G e b ü h r e n aus der Staatskasse erhalten d ü r f e n , K G AnwBI. 60, 120. Ebenso kann auch der Abwickler der Kanzlei eines zum A r m e n a n w a l t bestellten Prozeßbevollmächtigten nach der B R A O ihm persönlich zustehende Kosten d a n n aus der Landeskasse mit Erfolg geltend machen, wenn er der a r m e n Partei durch den Vorsitzenden des Gerichts nicht ausdrücklich zum A r m e n a n w a l t bestellt worden ist, O L G Düsseldorf M D R 64, 66 = J M B 1 N R W 63, 255 = Büro 63, 791. 431

§121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

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Die Armenrechtsbewilligung und Beiordnung eines Armenanwalts kommt ferner in Betracht im Zwangsversteigerungs- und Zwangsverwaltungsverfahren, desgleichen im Verwaltungsgerichtsverfahren (§§66, 122 Abs. 2 VwGO), im finanzgerichtlichen Verfahren (§ 142 FGO), im Konkurs- und Vergleichsverfahren für einen Konkursoder Vergleichsgläubiger (wegen Bewilligung des Armenrechts für den Konkursverwalter vgl. § 114 Abs. 3 ZPO), in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit (hierfür richten sich die Gebühren nach § 118, soweit nicht Sondervorschriften bestehen, z. B. nach § 63). Für Arbeitsgerichtsverfahren regelt die Armenrechtsbewilligung und Beiordnung eines RA ausdrücklich die Vorschrift des § 11 a ArbGG. Dagegen soll die Beiordnung eines Armenanwalts vor den Sozial- und Landessozialgerichten nur bei Bestellung eines besonderen Vertreters nach § 72 Abs. 5 SGG zulässig, sonst aber unzulässig sein (vgl. dazu Rz. 29 zu § 116). Für das Verfahren vor dem BSG regelt die Armenrechtsbewilligung und Beiordnung eines Armenanwalts ausdrücklich § 167 SGG"). Streitig ist auch, ob die Beiordnung eines Armenanwalts im Lastenausgleichsverfahren möglich ist64).

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Gin Erstattungsanspruch steht nur RAen zu, nicht dagegen sonstigen Beiständen, die der armen Partei vom Gericht beigeordnet sind (z. B. Referendare, Justizbeamte). Vgl. dazu Vorbemerkung-zum 12. Abschnitt Rz. 4. Außerdem darf nur ein beim Prozeßgericht zugelassener RA bestellt werden^). Ist aber die Beiordnung eines nicht zugelassenen RA einmal erfolgt, so hat er auch einen Anspruch auf seine Vergütung66) (vgl. auch Noten 21 u. 60). Von diesem Grundsatz besteht nur die Ausnahme, daß für Prozesse vor den höheren Gerichten, bei denen Anwaltszwang besteht, dem nicht zugelassenen RA trotz der Beiordnung kein Vergütungsanspruch erwachsen kann 67 ). Wegen Beiordnung und Gebührenanspruch eines Rechtsbeistandes s. Vorbem. Rz. 3 und Fn. 22.

2. Die Auftragserteilung 28 Durch die Beiordnung wird der RA nicht zum gesetzlichen Vertreter der armen Partei bestellt. Seine Beiordnung wird nur dann wirksam, wenn die Partei, der der RA beigeordnet wird, diesem Vollmacht zur Führung der Angelegenheit erteilt, sofern er nicht schon vorher Vertrauensanwalt der Partei war68). Vgl. auch oben Rz. 7. Die Vollmachtserteilung selbst bedarf keiner bestimmten Form, schriftliche Voll-

« ) BVerfGE 9, 127 mit weit. Nachw.; BSG NJW 57, 1294; LSG Schleswig M D R 65, 240. A. M. Wolterek M D R 65, 240; Tschischgale NJW 57, 164. m) Bejahend OVG Münster ZLA 54, 279; Gerold-Schmidt Rz. 11; a. M. VG Kassel ZLA 54, 142. « ) RG 133, 137; vgl. aber § 116 a Abs. 1 ZPO; wegen Rechtsbeistand vgl. LG Düsseldorf Rpfleger 48/49, 355 = JMB1NRW 50, 13; LG Frankfurt Rpfleger 51, 96. ) BGHZ 60, 258 = M D R 59, 733. Wegen Fürsorge-, Belehrungs- und Betreuungspflicht des RA gegenüber der armen Partei nach der Beiordnung s. BGH M D R 59, 733; NJW 59, 1732. Ferner Brangsch NJW 61, 110. Vgl. ferner RG 94, 342; 135, 303 = JW 32, 1732; ferner Bd. 147, 154 = 35, 1694; vgl. auch LG Berlin JW 32, 1596; OLG Naumburg JW 34, 3226; KG JW 35, 798, 1046, 1700; OLG München HRR 31 Nr. 714 = Rpfleger 31, 326; Gaedeke S 65; a.M. OLG Breslau JW 31, 1838; HRR 34 Nr. 757; Celle v. 5. 4. 33 - 7 U 262/32.

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

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macht ist nicht vorgeschrieben, mündliche Erteilung genügt 69 ). So wird es in der Regel auch genügen, wenn der Armenanwalt den Prozeß für die Partei mit deren stillschweigendem Einverständnis vollständig durchführt 70 ). Außerdem kann mit einem an das Prozeßgericht gerichteten Armenrechtsgesuch die Bevollmächtigung des gewünschten Armenanwalts verbunden werden 7 ')- Dabei ist jedoch zu berücksichtigen, daß in dem Armenrechtsgesuch für sich allein eine derartige Bevollmächtigung noch nicht zu erblicken ist72). Es muß also nach der Beiordnung ein Auftragsverhältnis zwischen Partei und Armenanwalt vorliegen 73 ). Nimmt der beigeordnete Armenanwalt eilbedürftige, unaufschiebbare Handlun- 29 gen für die Partei vor, z. B. die Einreichung eines Schriftsatzes bei drohendem Fristablauf (Rechtsmittelschrift, Klage wegen Verjährungsablauf usw.), so steht ihm ein Anspruch gegen die Staatskasse zu, auch wenn eine Vollmacht später nicht erteilt wird. Der RA hat dann als Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt (§ 677 ff BGB)7«), das ist aber nur in Ausnahmefällen anzunehmen 75 ), z. B. wenn ein RA für die Partei auftritt, um ein Versäumnisurteil zu verhindern 76 ) oder durch Akteneinsicht, wenn er vermuten muß, daß eilige Handlungen in Frage kommen 77 ). Vgl. auch Rz. 8, 24. Ein Anspruch gegen die Staatskasse besteht jedoch nicht, wenn der Armenanwalt 30 schuldhaft handelt, z. B. unsachgemäße Anträge, insbesondere nur zur Gebührenerzielung 78 ) stellt (vgl. auch dazu § 125)79). Ebenfalls kann der RA die Auslagen, die er nach der Bestellung, aber vor der Bevollmächtigung aufgewandt hat, nicht erstattet verlangen 80 ). Im übrigen ist aber die Zweckmäßigkeit anwaltlicher Tätigkeit des Armenanwalts grundsätzlich nicht nachzuprüfen; andernfalls würde der RA in seiner Entschlußfreiheit gehemmt 81 ). Unaufschiebbare Handlungen vor der Beiordnung bleiben für die Haftung der Staatskasse stets außer Betracht 82 ). « ) KG BB1. 32, 209; Gerold-Schmidt Rz. 45; Gaedeke S 66. 70 ) KG JW 35, 1046, 1700; 36, 281; Gerold-Schmidt Rz. 45. 71 ) RG JW 32, 2144; Gaedeke S 67. Wenn aber die Partei selbst das Armenrechtsgesuch einreicht, so liegt darin noch keine Erteilung des Vertretungsauftrages an den später beigeordneten RA. Dies gilt selbst dann, wenn die Partei die Auswahl des Armenanwalts dem Gericht überläßt. So auch Gerold-Schmidt Rz. 44. Vgl. auch dazu RG JW 36, 2799. 72 ) Vgl. Fn. 71 sowie: RG 71, 155 = JW 32, 2144; RG 94, 342 = JW 19, 318; BGH NJW 51, 802. « ) KG JW 35, 1046, 798; 36, 614; RS Vorbem. 13; Gerold-Schmidt Rz. 43; Hartmann Anm. 1 C. 7 ") RG 115,60 = J W 2 7 , 988; KG JW 34, 1179; 35, 1046, 1700; 37, 1050; OLG Naumburg JW 34, 3726; OLG Dresden HRR 38, 3226; OLG Köln JMB1NRW 65, 191 = Rpfleger 67, 69; Gerold-Schmidt Rz. 46; RS Vorbem. 14; Hartmann Anm. 1 C; a.M. OLG Celle DR 39, 330 u. Note 8. 75) KG JVB1. 34, 757; Gerold-Schmidt Rz. 46. 76 ) KG JW 33, 2845; Breslau HRR 34, 757; Gerold-Schmidt Rz. 46. 77 ) KG JW 33, 2844; OLG Köln JVB1. 65, 190; Hartmann Anm. 1 C; Gerold-Schmidt Rz. 46. 78 ) KG M D R 69, 1022; OLG Düsseldorf NJW 71, 2180; Hartmann Anm. 2 B. 7 ») OLG Frankfurt JW 32, 2172; OLG Kiel JW 32, 2916. 8°) KG JW 35, 1700 und Gaedeke S 70. 81) OLG Celle NJW 73, 1759. 82 ) OLG Frankfurt Büro 66, 770; vgl. auch Rz. 8, 24, 29 sowie Fn. 74 und 54. 433

§ 121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

3. Die rückwirkende Beiordnung 31

Die Bewilligung des Armenrechts u n d damit auch die Beiordnung hat grundsätzlich keine rückwirkende Kraft. In bestimmten Fällen, wenn die Voraussetzungen vorliegen, z. B. wenn sich die Beiordnung verzögert hat, kann durch die Gerichte durch ausdrückliche Bestimmung eine Rückwirkung der Beiordnung herbeigeführt werden oder m u ß sich aus den U m s t ä n d e n zweifelsfrei ergeben 83 ). Legt das Prozeßgericht dem Bewilligungsbeschluß nicht ausdrücklich rückwirkende K r a f t bei, so bedeutet dies aber nicht ohne weiteres, es habe die Rückwirkung ganz allgemein ausschließen wollen. Vielmehr u m f a ß t der Beschluß nach herrschender Auffassung 84 ) im Zweifel alle Tätigkeiten des RA vom Zeitpunkt der Einreichung des Armenrechtsgesuches ab. Zweckmäßigerweise sollte j e d o c h immer bereits der Antrag von vornherein auf die Beiordnung mit rückwirkender K r a f t gestellt werden^). Zulässig ist auch eine nachträgliche Ergänzung des Armenrechtsbewilligungs- u n d Beiordnungsbeschlusses auf rückwirkende Beiordnung^). Als frühester Zeitpunkt k o m m t jedoch die Einreichung des Antrages auf Bewilligung des Armenrechts u n d Beiordnung in Betracht 87 ). Ein noch früherer Zeitpunkt kann nur bei Vorliegen ganz besonderer U m s t ä n d e a n g e n o m m e n werden 8 8 ), etwa wenn im Ehe- oder Unterhaltsstreit zunächst ein Versuch gemacht worden ist, vom Prozeßgegner einen Prozeßkostenvorschuß zu erlangen 8 9 ). Wegen Einzelheiten dazu vgl. § 122 Rz. 17 ff.

V. F ä l l i g k e i t des Anspruchs

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1. Die Kostenentscheidung Sobald eine gerichtliche Entscheidung über die Kosten ergangen ist, wird der Anspruch des Armenanwalts gegen die Staatskasse fällig 90 ). Hierbei ist gleichgültig, ob es sich um ein Urteil, einen Beschluß oder ein Versäumnisurteil bzw. Anerkenntnisurteil handelt. " ) LG Hildesheim NdsRpfl. 67, 223; RS Rz. 3 § 122; Gerold-Schmidt Rz. 31 § 121; Hartmann Anm. 2 B zu § 122. 8 ") KG JW 36, 3586 Nr. 51; OLG Hamburg HansRGZ 39 B 232; OLG Frankfurt AnwBl. 61, 121; OLG München AnwBl. 70, 104 = M D R 70, 519; Willenbücher 16. Aufl. S 305/306 Rz. 13. 8 5) OLG Hamm KostRsp. Nr. 17 § 121; Gerold-Schmidt Rz. 31. Wenn die Voraussetzungen für eine rückwirkende Bewilligung des Armenrechts vorliegen, kann die arme Partei beanspruchen, daß das Armenrecht ihr auch hinsichtlich der bereits von ihr gezahlten Gebühren bewilligt wird, OLG Hamm AnwBl. 60, 222. 86) KG NJW 67, 2061; Gerold-Schmidt Rz. 32. S') OLG München AnwBl. 70, 104 = M D R 70, 519; Gerold-Schmidt Rz. 33; RS Rz. 3 zu § 1 2 2 ; Hartmann Anm. 2 B zu § 122. 88 ) OLG Köln JMB1NRW 53, 113. Vgl. dazu auch Gerold-Schmidt Rz. 33. 89) So auch Gerold-Schmidt Rz. 33. *>) § 16. Vgl. auch KG JW 37, 831. S. auch JW 26, 2477. Die Gebühren, die dem RA als Wahlanwalt erwachsen sind, unterliegen im Falle seiner späteren Beiordnung als Pflichtanwalt im Armenrecht auch dann nicht der gesetzlichen Stundung nach § 115 ZPO, wenn sie für ihn als Armenanwalt nochmals anfallen und er sie deshalb als Armenanwaltskosten gegenüber der Staatskasse geltend macht. Eine Ausnahme gilt im Falle der rückwirkenden Armenrechtsbewilligung und Beiordnung des RA. Macht hier der RA von der Rückwirkung erfaßte, aber vorher noch nicht erwachsene Gebühren als Armenanwaltskosten geltend, unterwirft er sich hinsichtlich dieser Gebühren freiwillig der gesetzli-

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Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

§121

2. Beendigung der Instanz Bei Vergleich, Klage oder Rechtsmittelrücknahme wird damit die Instanz been- 3 3 det und der Erstattungsanspruch des RA fällig. Dagegen führen weder Teil-, Zwischen- oder Grundurteile ohne Kostenentscheidung die Fälligkeit des Anspruchs herbei91)Bei Zuriickverweisung vom Gericht höherer Instanz an das Gericht unterer Instanz ist die Instanz gebührenrechtlich noch nicht beendet, wenn auch § 15 die RAGebühren mit Ausnahme der Prozeßgebühr für das spätere Verfahren neu entstehen läßt 92 ). In der Regel wird aber der Anspruch bereits mit dem Erlaß des Urteils erster Instanz, wenn es eine Kostenentscheidung enthält, entstanden sein. Bei Verweisung an ein anderes Gericht (§ 276 ZPO) endet die bisherige Instanz noch nicht, meist endet aber der Auftrag des Armenanwalts dadurch, daß er bei dem neuen Gericht nicht zugelassen ist, wodurch sein Anspruch dann fällig wird 93 ). Im übrigen gilt für die Gebühren bei Verweisung § 14. 3. Ruhen des Verfahrens Die Fälligkeit der Gebühren tritt ferner ein, wenn das Verfahren länger als drei 34 Monate ruht. Dies bestimmt grundsätzlich für alle RAGebühren die Vorschrift des §16. Unter „Ruhen" versteht man die Unterbrechung oder Aussetzung eines Verfahrens, wobei das „Ruhen" nicht im engeren Sinne des § 251 ZPO aufzufassen ist94). Es genügt jedes tatsächliche Ruhen dadurch, daß in der Sache nichts mehr unternommen worden ist9®). Die Frist beginnt mit der Anordnung des Ruhens oder der letzten Prozeßhandlung94). Auch bei Teil- und Zwischenurteilen tritt nach drei Monaten die Fälligkeit der Gebühren ein, wenn der Prozeß z. B. wegen Berufung gegen das Teilurteil (Grundurteil) in der Instanz nicht weitergeführt wird 96 ).

chen Stundung. Er kann dann seine vollen Kosten nur im Falle der Nachzahlungsanordnung geltend machen, OLG München NJW 60, 1018 = AnwBl. 60, 117 = Rpfleger 61, 420 = Büro 60, 162 = JVB1. 60, 116; Stein-Jonas A n m , V 3 zu §115 ZPO; Gerold-Schmidt Rz. 50 zu § 121; vgl. auch Schneider Büro 67, 871: Obwohl eine rückwirkende Beiordnung im Armenrecht möglich ist, kann der RA nicht gegen seinen Willen gezwungen werden, den bereits als Wahlanwalt verdienten Gebührenanspruch preiszugeben. A.M. OLG Köln JMB1NRW 70, 215; Hartmann Anm. 5 C; Thomas-Putzo Anm. 1 Nr 3a; Zöller Anm. lc, je zu § 115 ZPO. "i) OLG Düsseldorf JW 24, 425; OLG Nürnberg JW 28, 1321; OLG Breslau JW 30, 3354; KG JW 34, 1863; 35, 1046; JW 37, 2238. Vgl. aber a.M. für Grundurteile KG JW 34, 1863; 35, 802, 2295; OLG Dresden HRR 38 Nr. 1656; Düsseldorf Rpfleger 52, 204; Hamm JMB1NRW 54, 141; OLG Frankfurt Büro 55, 109; vgl. auch Note 68. 92 ) Vgl. Gaedeke S 77, 121; Gerold-Schmidt Rz. 39. S. auch KG JW 35, 3485. w) Königsberg JW 29, 1690; Hartmann Anm. 3 zu § 122; Gerold-Schmidt Rz. 41; Gaedeke S 121. 94 ) OLG Bamberg BB1. 29, 218; KG JW 28, 1871; 33, 2599; 34, 139; a.M. OLG Darmstadt JW 25, 2366 = Rpfleger 26, 191 will § 251 ZPO anwenden. Bei Konkurseröffnung über das Vermögen einer Partei tritt Unterbrechung ein, OLG Köln JVB1. 35, 277. os) KG JW 28, 1871; 33, 2599; 35, 2295; DR 40, 468. w) KG JW 34, 1729; Köln HRR 34 Nr. 979; OLG Hamm JMB1NRW 54, 141 = Büro 54, 140. Vgl. auch Note 91.

435

§ 121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

Die Fälligkeit wird nicht dadurch berührt, daß das Verfahren nach Ablauf der Dreimonatsfrist fortgeführt wird"). Im übrigen beginnt auch mit der Fälligkeit der Lauf der Verjährungsfrist98), so daß in diesem Falle häufig ein Verlust des Gebührenanspruchs droht. Diese Dreimonatsfrist ist daher besonders beachtlich.

35

4. Beendigung des Auftrags Wenn die Partei aus dem Prozeß ausscheidet (§§ 75—79 ZPO) oder mit dem Tode der Partei erlischt das Armenrecht (§ 122 ZPO) und damit auch die Beiordnung des Armenanwalts. Der bis dahin entstandene Vergütungsanspruch des RA gegen die Staatskasse wird fällig"). Der Anspruch besteht auch dann, wenn im Zeitpunkt des Tätigwerdens des RA dieser vom Tode noch keine Kenntnis hatte100). Die Erben der verstorbenen armen Partei müssen erneut den Antrag auf Bewilligung des Armenrechts stellen |0i). Kündigt die Partei den Auftrag, was ihr freisteht, so erledigt sich dieser und die Beiordnung wird gegenstandslos. Damit tritt die Fälligkeit des Anspruchs gleichfalls ein. Der RA dagegen darf selbst nicht kündigen, sondern kann nur die Aufhebung der Beiordnung und seine Entlassung herbeiführen 102 ) (vgl. auch § 125 u. oben Note 61. Wenn dagegen das Armenrecht nur zum Bruchteil gewährt wurde, und die Partei zahlt für den anderen Gebührenteil nicht den Vorschuß auf die RAGebühren, so ist dies für den RA ein Grund zur Kündigung des Mandats, wodurch dann seine RAGebühren fällig werden'«). Der Anspruch wird ferner fällig, wenn ein Wechsel in der Person des RA eintritt, z. B. Tod, Aufgabe der Zulassung oder Verweisung an ein anderes Gericht 104 ) (vgl. dazu § 13 Abs. 4, §§ 14, 125). Freilich wird der Anspruch auch dann fällig, wenn der Partei das Armenrecht entzogen wird 105 ), oder die Beiordnung aufgehoben wird.

« ) K G J W 35, 1701, 2295; Celle BBI. 29, 126; D ü s s e l d o r f JVB1. 33, 12; K ö l n H R R 30 Nr. 665; Kassel BBI. 30, 171; LG M ü n c h e n II JW 30, 669. K G JW 36, 1300; O L G D ü s s e l d o r f M d R R A K 37, 232. Vgl. auch § 196 Ziff. 15 BGB. w) K G JW 31, 1125, 1837; O L G D ü s s e l d o r f BBI. 32, 7 4 ; Kiel JW 32, 1404; Karlsruhe Recht 29 Nr. 1668. Stirbt die arme Partei während des Rechtszuges u n d wird ihr A r m e n a n w a l t ihrem R e c h t s n a c h f o l g e r beigeordnet, erwachsen aber d e m A r m e n a n w a l t innerhalb desselben Rechtszuges die vor der zweiten B e i o r d n u n g bereits entstandenen G e b ü h r e n nicht n o c h m a l s , O L G M ü n c h e n A n w B l . 63, 174 = M D R 61, 699 = Büro 61, 299 = JVB1. 61, 241 = Rpfleger 61, 420 (L); LG A s c h a f f e n b u r g K o s t R s p . Nr. 7. E b e n s o Schneider N J W 62, 1335. Wird der beigeordnete R A in K e n n t n i s des T o d e s seiner Partei tätig, so geschieht das weder objektiv n o c h subjektiv für diese u n d begründet keinen G e b ü h r e n a n s p r u c h gegen die Staatskasse: O L G Frankfurt Büro 66, 777. ioo) K G D R 39, 584; D ü s s e l d o r f Rpfleger 50, 9 4 unter A u f g a b e JW 38, 475. >oi) K G 37, 3057. >02) R G J W 14, 771; O L G Nürnberg M D R 54, 4 2 9 ; Büro 62, 355; z. B. auch auf Grund ihm v o n der Partei zugefügter Ehrenkränkung K G JW 30, 2076. loa) S o auch G u t a c h t e n O L G Königsberg JW 35, 1726. 10") K G JW 21, 2 7 7 7 ; D ü s s e l d o r f JW 27, 406. 105) O L G K ö l n JW 29, 1688.

436

Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse

VI. Die Pfändung des Anspruchs Der Anspruch des Armenanwalts gegen die Staatskasse auf Erstattung seiner Ge- 36 bühren und Auslagen ist der Pfändung unterworfen106), allerdings muß der Anspruch genau bezeichnet werden (Aktenzeichen angeben)""). Die allgemein gehaltene Pfändung, die alle Ansprüche des Armenanwalts an die Staatskasse auf Auszahlung von Armenanwaltsgebühren pfänden will, reicht für die Gültigkeit der Pfändung nicht aus108). Hat ein Gläubiger den Anspruch wirksam gepfändet, so kann der Pfandgläubiger die Festsetzung an Stelle des Armenanwalts betreiben"») (vgl. § 128 Rz. 2). Die Pfändung künftiger Ansprüche, soweit also eine Beiordnung noch nicht erfolgt ist, ist ausgeschlossen110). Eine Abtretung der Ansprüche des Armenanwalts gegen die Staatskasse ist möglich und zulässig'"). VII. Die Verjährung 1. Gegenüber der Staatskasse Wenn auch die entsprechende Anwendung bürgerlich-rechtlicher Bestimmungen 37 auf öffentlich-rechtliche Vorschriften allgemein abgelehnt wird, so wird trotzdem die sinngemäße Anwendung der Verjährungsvorschriften bejaht112). Demgemäß verjährt der Anspruch des Armenanwalts gemäß § 196 Ziff. 15 BGB in zwei Jahren. Die Verjährungsfrist beginnt am Ende des Jahres, in dem der Anspruch erstmalig fällig geworden ist (§§ 198, 201 BGB)"2) (vgl. dazu Erl. § 16). Beachtlich ist, daß die Verjährungsfrist bereits dann zu laufen beginnt, wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht, d. h. tatsächlich nicht weiter betrieben wird113) (vgl. im übrigen § 16 und oben Rz. 34). Gleichgültig ist es dabei, ob das Verfahren später wieder aufgenommen wird und ob insbesondere bei einem Zwischenurteil die Entscheidung über die Kosten ausschließlich dem Schlußurteil vorbehalten ist 114). Entstehen aber die Gebühren im gleichen Rechtszug wieder von neuem, so können sie auch erneut geltend gemacht werden, und für diese neuen Gebühren beginnt dann wieder eine neue Verjährungsfrist115). Eine Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung wird nicht durch einen Antrag auf Streitwertfestsetzung herbeigeführt. i°f) KG JW 33, 863; Dresden JW 34, 706; Köln JW 35, 1725; Gerold-Schmidt Rz. 60. i°7) KG JW 33, 863; Gerold-Schmidt Rz. 60; Gaedeke S 153 ff und JW 33, 1657; a.M. Dresden JW 34, 706; Köln JW 35, 1725; RS Rz. 16 (Angabe der die Entschädigung auszahlenden Gerichtskasse genügt), ios) KG JW 37, 1653. i») KG JW 37, 1653; OLG Hamm Rpfleger 57, 318 unter Aufgabe von JVB1. 35, 179; RS Rz. 17; Gerold-Schmidt Rz. 60; Hartmann Anm. 2 A; Gaedeke a.a.O. S 152. no) RGZ 135, 140 = JW 32, 1015; Gerold-Schmidt Rz. 60; RS Rz. 16; Gaedeke a.a.O. S 154 ff. in) Gerold-Schmidt Rz. 60; RS Rz. 16. ii2) KG BB1. 29, 25; Celle Recht 30 Nr. 432; Düsseldorf JVB1. 33, 12; Stuttgart HRR 33 Nr. 1306; Kiel JVB1. 35, 134; Naumburg 34, 1927; vgl. auch Gaedeke S 126. >13) KG JW 33, 2599; 36, 1300; Gerold-Schmidt Rz. 58. ii") KG JW 34, 1739. HS) KG JW 35, 2295. 437

§121

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

2. Die Einrede der Verjährung durch die Staatskasse 38

39

Die Staatskasse hat die Einrede der Verjährung aus eigenem Recht. Der Lauf der Frist ist daher unabhängig von der für den Anspruch gegen den Armen laufenden Frist. Die Verjährung kann nicht von Amts wegen berücksichtigt werden und darf nicht durch den UrkbdG, sondern durch die zur Vertretung der Staatskasse berufenen Organe (Bezirksrevisor oder Leiter des Rechnungsamtes) erhoben werden'^). Erst dann darf der UrkbdG die Festsetzung der verjährten Gebühren ablehnen. Der fehlende Verjährungseinwand der Partei selbst ist in diesem Falle unerheblich 117 ). Die Erklärung über den Verjährungseinwand ist eine empfangsbedürftige Willenserklärung und muß gegenüber dem RA erfolgen, und zwar bis zu dem Augenblick der Zahlung, Die Festsetzung der Kosten durch den UrkbdG, wenn sie erfolgt sein sollte, ist unerheblich' 18 ). 3. Gegenüber der Partei Auch gegenüber der eigenen Partei verjähren die Gebühren und Auslagen des RA ebenfalls gemäß § 196 Ziff. 15 BGB in zwei Jahren. Hier handelt es sich aber um diejenigen Kosten, die durch die Bewilligung des Armenrechts gestundet sind. Diese Kosten werden jedoch erst mit dem Erlaß des Nachzahlungsbeschlusses gemäß § 125 ZPO fällig, so daß die Verjährungsfrist für diese Ansprüche erst mit dem Erlaß dieses Nachzahlungsbeschlusses zu laufen beginnt 119 ). Bis dahin ist die Verjährung gehemmt (§ 202 BGB). 4. Des Beitreibungsrechts (§ 124 ZPO)

40

Der Anspruch des Armenanwalts gegen den unterlegenen Gegner aus § 124 ZPO verjährt, wie auch jede andere rechtskräftig festgestellte Forderung in der Hauptsache gemäß § 218 BGB in 30 Jahren seit Rechtskraft des Urteils, oder wenn solches nicht ergangen ist, z. B. nur ein Beschluß erlassen oder ein Vergleich geschlossen wurde, so gilt das gleiche in entsprechender Anwendung des § 195 BGB120). Die Frage, ob der Erstattungsschuldner sich dem Armenanwalt gegenüber darauf berufen kann, daß sein Gebührenanspruch gegen seine Partei verjährt sei (2 Jahre nach § 196 Ziff. 15 BGB), wird überwiegend verneint121). Hier wird mit Recht der Standpunkt vertreten, daß dieser Verjährungseinwand nicht dem Erstattungsschuldner, sondern nur dem Gebührenschuldner (Partei) zustehe und daß allenfalls der Erstattungsschuldner sich nur auf einen wirksam geltend gemachten Verjährungseinwand der Partei berufen kann. Da aber der Gebührenanspruch des RA gegen die arme Partei erst mit Erlaß des Nachzahlungsbeschlusses gemäß § 125 ZPO fällig wird (vgl. oben Rz 39) beginnt diese Verjährungsfrist erst mit dem Erlaß dieses Beschlusses zu laufeni 22 ).

S. K G bei G a e d e k e Nr. 718; LG Nürnberg-Fürth BayJMBl. 52, 190; H e s s V G H JVB1. 65, 277; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 59. 'i') D ü s s e l d o r f BB1. 33, 14; vgl. auch K G BB1. 32, 216 u n d G a e d e k e S 127. "8) O L G D ü s s e l d o r f JW 28, 1522; O L G Königsberg JW 29, 2 3 6 4 ; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 59. Vgl. auch H e s s V G H JVB1. 65, 277. i " ) K G J W 35, 3044; vgl. auch unten Rz. 4 0 und Rz. 33 zu § 116. 120) Vgl. dazu die Erläuterungen zu § 16 Rz. 40. 12 ') Vgl. § 16 Rz. 40; G a e d e k e a.a.O. S 287. >22) K G J W 35, 3044.

438

Umfang der Beiordnung

§122

§ 122. Umfang der Beiordnung (1) Der Anspruch des Rechtsanwalts bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die das Armenrecht bewilligt und der Rechtsanwalt beigeordnet worden ist. (2) Der Rechtsanwalt erhält Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse, wenn er für eine Berufung oder Revision beigeordnet ist, auch für die Rechtsverteidigung gegen eine Anschlußberufung oder eine Anschlußrevision und, wenn er für die Erwirkung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung beigeordnet ist, auch für die Vollziehung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung. Dies gilt nicht, wenn der Beiordnungsbeschluß ausdrücklich bestimmt, daß der Rechtsanwalt für die Rechtsverteidigung gegen die Anschlußberufung oder Anschlußrevision oder für die Vollziehung des Arrests oder der einstweiligen Verfügung nicht beigeordnet ist. (3) Die Beiordnung eines Rechtsanwalts in einer Ehesache erstreckt sich auf den Abschluß eines Vergleichs, der den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten und den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und dem Hausrat und die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betrifft. In anderen Angelegenheiten, die mit dem Hauptprozeß nur zusammenhängen, erhält der für den Hauptprozeß beigeordnete Rechtsanwalt Vergütung aus der Bundes- oder Landeskasse nur dann, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Dies gilt insbesondere für 1. die Zwangsvollstreckung (den Verwaltungszwang); 2. das Verfahren über den Arrest, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung; 3. das Beweissicherungsverfahren; 4. das Verfahren über die Widerklage, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen die Widerklage in Ehesachen. Vorbemerkung: Die Vorschrift regelt den U m f a n g der Beiordnung des A r m e n a n walts. Übersicht: I. Die Bedeutung der Vorschrift II. Der U m f a n g der Beiordnung 1. Allgemeines 2. Die Begrenzung auf das Armenrecht Zeitpunkt der Beiordnung Erstattungsanspruch Prozeß gegen Drittschuldner Keine stillschweigende Ausdehnung des Armenrechts Vergleich über nicht vom Armenrecht erfaßte Ansprüche Keine G e b ü h r e n aus § 118 Klageerweiterung Anschlußberufung, Anschlußrevision . Mehrere Streitgenossen Mehrere Auftraggeber Verweisung 3. Die Beschränkung auf das Verfahren Beschwerdeverfahren

Rz. . .1 2 3 4 4 5 5 5 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Rz. Armenrechtsprüfungsverfahren . . . . 14 15 4. Beschränkung auf die Instanz Zwangsvollstreckung (Verwaltungszwang) 16 Vollzug eines Arrestes oder einer einstw. Verfügung 16 Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 16 5. Die rückwirkende Beiordnung 17 Beispiele 18 Verzögerte Beiordnung 19 Keine N a c h p r ü f u n g der Beiordnung im allgemeinen Festsetzungsverfahren . . . 20 Entziehung des Armenrechts 21 Vor der Beiordnung entstandene Gebühren 22 III. Die besondere Beiordnung für Nebenverfahren (zu Abs. 2 und 3) 23, 24

439

§ 122

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

I. Bedeutung der Vorschrift 1

Diese Vorschrift regelt den Umfang der Beiordnung und bestimmt zunächst, daß der Anspruch des RA sich nach den Beschlüssen bestimmt, durch die das Armenrecht bewilligt und der Armenanwalt beigeordnet worden ist (Abs. 1) (vgl. auch § 121). Weiterhin ist bestimmt, daß der RA die Vergütung aus der Staatskasse erhält, wenn er für eine Berufung oder Revision beigeordnet ist, und daß diese Beiordnung auch für die Rechtsverteidigung gegen eine Anschlußberufung oder eine Anschlußrevision gilt. Und ebenso, daß auch die Beiordnung für die Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung gilt, wenn der RA für die Erwirkung des Arrests oder einer einstweiligen Verfügung beigeordnet worden ist. Klargestellt ist ferner, daß dies nicht gilt, wenn der Beiordnungsbeschluß dies ausdrücklich ausschließt (Abs. 2). Der Abs. 3 Satz 2 bestimmt nun, daß für die mit dem Hauptprozeß nur zusammenhängenden Angelegenheiten der RA, der für den Hauptprozeß beigeordnet worden ist, eine Vergütung aus der Staatskasse nur dann erhält, wenn er ausdrücklich auch hierfür beigeordnet ist. Es werden dann einige Beispiele angegeben, auf die sich das hauptsächlich beziehen soll. Genannt sind dabei die Zwangsvollstreckung, das Verfahren über den Arrest, die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung, das Beweissicherungsverfahren und das Verfahren über die Widerklage, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen die Widerklage in Ehesachen. Das dem Kläger bewilligte Armenrecht und die Beiordnung seines Pflichtanwalts erstrecken sich aber in Ehesachen nur so lange ohne weiteres auch auf die Rechtsverteidigung gegen die Widerklage, als die Klage erhoben bleibt. Von dem Zeitpunkt ab, in dem die Klage zurückgenommen wird, ist das nicht mehr der Fall. Denn nur solange die Klage erhoben bleibt, hat das Gericht über Klage und Widerklage zusammen einheitlich zu entscheiden. Dies allein ist der erkennbare Grund für die Ausnahme in § 122 Abs. 3 Nr. 4. Von der Klagerücknahme ab ist der Verfahrensgegenstand nur noch die Widerklage. Die Rechtsverteidigung des Klägers gegen die Widerklage hat mit der Klagerücknahme den Zusammenhang mit der Klage verloren und ist selbständig geworden; die Ausnahme in § 122 Abs. 3 Nr. 4 gilt dann zugunsten des Klägers nicht mehr 1 ). Dagegen erstreckt sich gemäß Abs. 3 Satz 1 die Beiordnung des Armenanwalts im Ehescheidungsrechtstreit ohne Ausnahme auch auf den Abschluß eines Vergleichs, der den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten und den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und dem Hausrat und die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betrifft. Wird in einem Eherechtstreit der beklagten Partei nach Formular das Armenrecht „für die erste Instanz einschließlich der Zwangsvollstreckung" bewilligt, so ist ihr damit — nur — das Armenrecht zur Verteidigung gegen die Klage gewährt, auch wenn das Gericht — lediglich — das Armenrecht für eine Widerklage und den Mitschuldantrag bewilligen wollte 2 ). 1) OLG München NJW 66, 113 = M D R 66, 341 = Büro 66, 56 = JVB1. 66, 14 = Rpfleger 66, 220; Büro 68, 416; OLG Frankfurt NJW 63, 1786 = Büro 63, 546. Vgl. dazu auch unten Rz. 4. Das für die Ehescheidungsklage bewilligte Armenrecht umfaßt auch die Aufhebungsklage: OLG Nürnberg JW 31, 1134; Gerold-Schmidt Rz. 13. 2) OLG Frankfurt Büro 62, 289.

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Umfang der Beiordnung

§ 122

II. Der Umfang der Beiordnung (zu Abs. 1) Der Anspruch des RA bestimmt sich nach den Beschlüssen, durch die das Armen- 2 recht bewilligt und der Armenanwalt beigeordnet worden ist (Abs. 1). Vgl. wegen der Beiordnung des Armenanwalts § 121 Rz. 7 ff. Für die Beurteilung des Vergütungsanspruches des Armenanwalts sind also zunächst die Beschlüsse maßgebend, durch die das Armenrecht bewilligt worden ist, andererseits aber auch die Beschlüsse, durch die der Armenanwalt beigeordnet wurde. Im einzelnen ist dazu folgendes zu sagen: 1. Allgemeines Für eine Tätigkeit außerhalb der Armenrechtsbewilligung und der Beiordnung 3 hat der RA keinen Anspruch auf Vergütung aus der Staatskasse. Es ist Aufgabe des Armenanwalts, nicht des Gerichts, diese Grenzen stets zu beachten und die Ausdehnung des Armenrechts und der Beiordnung erforderlichenfalls von sich aus und rechtzeitig zu beantragen (s. § 114 Abs. 1 ZPO — „auf Antrag") 3 ). Die Aussöhnungsverhandlungen zwischen den Parteien eines Ehescheidungsrechtstreits sind Teil des Hauptprozesses. Eine für den Hauptprozeß ausgesprochene Beiordnung eines Armenanwalts erfaßt daher ohne weiteres auch die Mitwirkung bei diesen Verhandlungen 4 ). Eine die Aussöhnungsgebühr des Armenanwalts auslösende Tätigkeit muß jedoch in der Zeit zwischen der Bewilligung des Armenrechts und Verkündung des Endurteils erfolgt sein*). 2. Die Begrenzung auf das Armenrecht Hauptgrundsatz ist, die Gebühren des Armenanwalts berechnen sich so, als wenn 4 er im Zeitpunkt der Beiordnung von der Partei als Wahlanwalt bestellt worden wäre, mag er auch tatsächlich vorher als Wahlanwalt für die Partei tätig geworden sein6). Daraus ergibt sich, daß eine Ersatzpflicht der Staatskasse nur für diejenige Tätigkeit des RA entsteht, die er nach seiner Beiordnung und während der Dauer derselben vorgenommen hat. Jede Tätigkeit, die er vorher als Wahlanwalt der Partei, sei es auch in der Erwartung der künftigen Beiordnung, sei es selbst während des Schwebens des Armenrechtsgesuches entwickelt hat, scheidet aus, ebenso wie diejenige Tätigkeit, die er nach der Beendigung der Beiordnung, zB infolge Entziehung des Armenrechts, Tod der Partei usw. ausgeübt hat7). 3) OLG München Büro 68, 416; Gerold-Schmidt Rz. 2. i) OLG Celle NJW 64, 2069 = Büro 64, 589; OLG Hamburg NJW 63, 2331; vgl. auch Rz. 12; Gerold-Schmidt Rz. 79. 5) OLG Hamm Büro 67, 913. «) RG 111, 34; KG JW 35, 1045; 38, 1840; BGH NJW 70, 757; OLG Köln Rpfleger 67, 69; Gerold-Schmidt Rz. 4; Hartmann Anm. 2 C. 7) So auch Gaedeke a.a.O. S 75. Ebenso steht dem RA kein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse zu, wenn er in nichtverschuldeter Unkenntnis des Todes der armen Partei noch tätig geworden ist vor Wirksamwerden der Beiordnung. § 674 BGB findet in diesem Fall keine entsprechende Anwendung, LG Berlin KostRsp. BRAGO § 122 Nr. 27. S. auch Rz. 24 zu § 121. Stirbt die arme Partei während des Rechtszuges und wird ihr Armenanwalt ihrem Rechtsnachfolger beigeordnet, erwachsen dem Armenanwalt innerhalb desselben Rechtszuges die vor der 2. Beiordnung bereits entstandenen Gebühren nicht nochmals, OLG München M D R 61, 699 = Büro 61, 299.

441

§122

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Wird der Klageanspruch erweitert8) oder wird Widerklage erhoben, so ist dafür, bzw. für die Rechtsverteidigung, eine besondere Armenrechtsbewilligung notwendig, was meist übersehen wird (vgl. auch Abs. 3 Nr. 4 und unten Rz. 7). 5

Über das bewilligte Armenrecht hinaus kann demnach ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werden. War zB die Beiordnung des Armenanwalts im Ehescheidungsprozeß für eine einstweilige Anordnung erfolgt, durch die dem Gegner die Zahlung einer Unterhaltsrente für die Dauer des Eherechtstreits aufgegeben wird, und „zu ihrer Durchführung", so erstreckt sich die Beiordnung nicht auf den vom Armenanwalt für die arme Partei geführten Prozeß gegen den Drittschuldner, der nach einer auf Grund der einstweiligen Anordnung vorgenommenen Forderungspfändung keine Zahlung geleistet hatte. Für die Vertretung der Partei im Prozeß gegen den Drittschuldner hat der Armenanwalt daher ohne erneute Beiordnung keinen Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse 9 ). Auch eine stillschweigende Ausdehnung des nur zur Verteidigung gegenüber der Berufung gegen ein Teilurteil gewährten Armenrechts auf den Abschluß eines Vergleichs über weitere Streitpunkte unter den Parteien ist nicht zu rechtfertigen10). Über das bewilligte Armenrecht hinaus kann demnach ein Erstattungsanspruch nicht geltend gemacht werden. Dies gilt hauptsächlich für Vergleiche, deren Streitwert über das Maß der Armenrechtsbewilligung hinausgeht 11 ), mit Ausnahme der Vergleiche in Ehesachen (vgl. Rz. 1). Für die weiteren in den Vergleich einbezogenen Ansprüche muß also erst das Armenrecht beantragt und bewilligt werden 12 ) (vgl. auch § 123 Note 25). Der Antrag hierzu muß vor Beendigung der Instanz gestellt werden 13).

6

Erfolgt die Armenrechtsbewilligung und Beiordnung des RA auch zum Abschluß eines über den Gegenstand des Rechtstreits hinausgehenden Vergleiches, so hat der Armenanwalt aus der Staatskasse die vor Gericht entstandenen Gebühren (Vergleichsgebühr, § 23, und Prozeßgebühr, § 32) zu beanspruchen. Die vordem etwa entstandenen Gebühren aus § 118 kann er dagegen nur von der Partei, nicht aber aus der Staatskasse fordernn), wenngleich die Beiordnung eines RA für den Rechtszug auch den Abschluß eines außergerichtlichen Vergleichs umfaßt^).

7

Das Armenrecht erstreckt sich nicht auf eine Klageerweiterung, ebensowenig auf die Verteidigung des Beklagten gegen eine Klageerweiterung durch den Kläger 16 ). 8) OLG Köln HRR 30 Nr. 1859. «) LG Berlin Büro 64, 348. 10) KG M D R 65, 672 = Büro 65, 728. Vgl. auch Rz. 15 zu § 121. 11) OLG Naumburg JW 34, 778; OLG München AnwBl. 61, 70. 12) KG JW 34, 2633; 37, 2241; 38, 396; vgl. allerdings OLG Naumburg JW 35, 3320; Braunschweig HRR 37, 473; Jena JW 38, 473; Kassel JW 37, 255; ferner auch Gaedeke a.a.O. S 87; Bach JW 35, 3320., 13) Vgl. Gaedeke S 76, 171. i") OLG Düsseldorf Büro 66, 53 mit zust. Anm. von Tschischgale = JVB1. 66, 62; OLG Nürnberg Büro 67, 657; OLG Köln Büro 67, 747 mit Anm. von Tschischgale; OLG München AnwBl. 63, 86 = M D R 63, 321 = JVB1. 63, 96 = Büro 63, 104; OLG Hamburg AnwBl. 63, 57 mit Anm. von Chemnitz; Gerold-Schmidt Rz. 2. 15) OLG Hamm NJW 67, 60 = M D R 67, 54 = JVB1. 66, 285 = JMB1NRW 67, 106 = AnwBl. 66, 363 = Büro 66, 952. 16) OLG Köln HRR 30 Nr. 1859; KG JW 35, 1045 u. a.; RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 11.

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Umfang der Beiordnung

§122

Das gleiche gilt auch für die Widerklage17) mit Ausnahme in Ehesachen, vgl. Abs. 3 Nr. 4i8). Es deckt aber für die Berufung die Verteidigung auf die Anschlußberufung (vgl. Abs. 2). Für die Einlegung der Anschlußberufung und Anschlußrevision ist immer beson- 8 dere Beiordnung erforderlich. Enthält das durch einen RA verfaßte Armenrechtsund Beiordnungsgesuch des Berufungsbeklagten zugleich einen Sachantrag und wird die Berufung vor einer weiteren Tätigkeit dieses RA, jedoch nach seiner Beiordnung, zurückgenommen, so kann dem RA die Anweisung einer vollen (hier 13 /io) Prozeßgebühr aus der Staatskasse jedenfalls dann nicht verweigert werden, wenn das Armenrecht zwingend zu bewilligen war und er deshalb im Einvernehmen mit seiner Partei ein Tätigwerden als freier Wahlanwalt überhaupt nicht in Betracht gezogen hat19). Ist der Armenanwalt für einen Rechtstreit gegen mehrere Streitgenossen beigeord- 9 net, so erhält er die Gebühren nur einmal, wenn er etwa diese getrennt verklagt, anders, wenn das Gericht den Rechtstreit gegen einen Streitgenossen abtrennt 20 ). Wegen Vertretung mehrerer Auftraggeber und der dadurch eintretenden Gebüh- 10 renerhöhung s. § 6. Für die Gebühren bei Verweisung eines Rechtstreits gilt § 14. Vgl. dazu auch Rz. 6 11 und 33 zu § 121 sowie unten Rz. 15. 3. Die Beschränkung auf das Verfahren Das Armenrecht und damit auch der Anspruch des RA gelten für das Verfahren, 12 für das es ausdrücklich bewilligt worden ist. So erstreckt sich das Armenrecht für das Arrestverfahren nicht auch auf das Armenrecht für den Hauptprozeß und umgekehrt 21 ), auch nicht für die einstweilige Anordnung in Ehesachen 22 ) (vgl. Abs. 3 Nr. 2 und unten Rz. 23). Die Beiordnung in einer Ehesache umfaßt aber auch die Aussöhnung"), da sie die Hauptsache betrifft. Das Widerspruchsverfahren im Arrest- bzw. einstweiligen Verfügungsverfahren gehört noch zum Anordnungsverfahren 24 ) und wird somit noch von der Beiordnung zum Anordnungsverfahren umfaßt. I') RG 41, 100; 44, 416; 57, 301; KG JW 35, 797. is) S. dazu OLG München NJW 66, 113, erwähnt auch oben Fn. 1. I9 ) LG Hamburg NJW 67, 2061 (L). Aber der RA, der die Berufung vor seiner Beiordnung als Armenanwalt eingereicht hat, erhält, wenn die spätere Beiordnung die Einreichung der Berufung nicht rückwirkend erfaßt, aus der Staatskasse nur die halbe Prozeßgebühr, solange er nicht durch eine Tätigkeit nach der Beiordnung den Tatbestand für die volle Prozeßgebühr erfüllt, OLG Hamm Rpfleger 74, 448 = JMB1NRW 74, 240 = Büro 74, 1392. 2 °) OLG Braunschweig NdsRpfl. 52, 12. 2 0 KG JW 39, 1033; 36, 3586 u. a. 22 ) KG JW 35, 801; OLG München DJ 38, 1883; Köln DJ 39, 229; JW 39, 363; Düsseldorf DR 39, 332; Jena JW 39, 570; DJ 39, 970; Kiel DR 39, 1014; Naumburg DR 39, 1827; KG DR 40, 341; OLG Freiburg Rpfleger 50, 239; Düsseldorf NJW 51, 892; s. auch Caspari AnwBl. 52, 21; a. M. OLG Braunschweig JW 34, 439; Hamburg JW 31, 1389. Aber keine Ablehnung der Beiordnung, weil kein Anwaltszwang besteht, SchlHOLG Büro 58, 261. « ) OLG Hamburg NJW 63, 2331; OLG Celle NJW 64, 2069 = Rpfleger 65, 245 = NdsRpfl. 65, 15 = Büro 64, 589. S. auch dazu Rz. 3. 2 ") OLG Königsberg JVB1. 33, 11.

443

§ 122

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Die Bewilligung des Armenrechts für den Urkunden- und Wechselprozeß gilt auch für das ordentliche Verfahren"). 13

Das Beschwerdeverfahren ist aber ein besonderer Rechtszug 26 ), worunter auch die Beschwerde gegen die Entziehung des Armenrechts fällt 27 ). Ebenso gegen die Ablehnung eines Arrestantrages 28 ). Dazu gehört auch der Beschwerdeschriftsatz, der bei dem Gericht eingereicht wird, das den RA für das sonstige Verfahren beigeordnet hat, und zwar auch dann, wenn dieses Gericht abhilft. Daraus ergibt sich, daß der für das Hauptverfahren beigeordnete RA, wenn er eine Beschwerde einlegen will, einen Antrag auf Beiordnung auch für das Beschwerdeverfahren stellen muß.

14

Auch das Armenrechtsprüfungsverfahren gehört kostenrechtlich nicht zum Rechtszug, es bildet einen solchen für sich. Es ist daher für dieses Verfahren ebenfalls eine besondere Beiordnung erforderlich 29 ). 4. Beschränkung auf die Instanz

15

Das Armenrecht gilt grundsätzlich nur für einen bestimmten Rechtszug, für den es bewilligt ist (§ 119 Abs. 1 ZPO). Der Begriff des Rechtszuges ist hier kostenrechtlich im Sinn des § 27 G K G zu verstehen. Zur Instanz gehören: a) Das Nachverfahren im Urkunden- und Wechselprozeß (§ 534 ZPO) (vgl. oben Rz. 12); b) Das weitere Verfahren nach Zurückverweisung an die untere Instanz. Dieses bildet mit dem vorangegangenen Verfahren eine einheitliche Instanz, für die eine Beiordnung des Armenanwalts daher nicht erforderlich ist30) (wegen Gebühren s. § 15); c) Bei der Verweisung des Rechtstreits an das zuständige Gericht (§ 276 ZPO) gilt die bisherige Armenrechtsbewilligung weiter31)- Regelmäßig wird aber die Funktion des bisherigen Armenanwalts erlöschen, da er meist bei dem jetzt zuständigen Gericht nicht zugelassen ist. Vgl. auch Rz. 6, 33 zu § 121.

16

Für die Zwangsvollstreckung (Verwaltungszwang) gilt folgendes: Nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 119 Abs. 1 ZPO gilt die Bewilligung des Armenrechts im ersten Rechtszug auch für die Zwangsvollstreckung, andernfalls muß eine ausdrückliche gegenteilige Anordnung vorliegen 32 ). Dagegen ist der für 25 ) OLG Kiel JW 26, 2590. Eine neue Armenrechtsbewilligung ist aber erforderlich beim Übergang von der Feststellungs- zur Leistungsklage, so KG DRW 39, 1925; Gerold-Schmidt Rz 12. 26 ) OLG Hamm JW 25, 2368; OLG Celle JW 30, 3555; KG JW 35, 3315; DR 39, 1468; RS Rz. 6; Gerold-Schmidt Rz. 15. Köln HRR 33 Nr. 612; Gerold-Schmidt Rz. 15. 2 «) KG JW 35, 3315. M) KG JW 35, 548; 36, 1299; Kassel MdRRAK 36, 306; Gaedeke S 78; vgl. aber Kubisch JW 36, 2001. OLG Celle JW 36, 617 billigt Auslagenersatz zu; OLG Bad Kreuznach NJW 54, 1371 auch für Antragsgegner, so) KG JW 35, 1506, 3485; Kiel JW 32, 2916; s. auch Gaedeke S 277. 3 0 OLG Frankfurt HRR 30 Nr. 817; Gaedeke S 78. 32 ) KG JW 35, 801; 37, 2465; Zweibrücken JW 37, 732.

444

Umfang der Beiordnung

§122

den ersten Rechtszug beigeordnete RA nicht auch für die Zwangsvollstreckung beigeordnet. Das stellt die Vorschrift des § 122 in Abs. 3 Nr. 1 ausdrücklich klar, daß stets die besondere Beiordnung eines RA für die Zwangsvollstreckungsinstanz erforderlich ist. Zuständig ist dafür das Prozeßgericht, jedoch kann die Beiordnung auch durch das Vollstreckungsgericht erfolgen"). Etwas anderes gilt für den Vollzug eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung. Hier umfaßt die Beiordnung für das Hauptverfahren auch die Vollziehung (vgl. Abs. 2 Satz 1 und unten Rz. 23). Für die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen gilt übrigens nichts anderes 34 ). Wenn aber der Armenanwalt auch für die Zwangsvollstreckung beigeordnet ist, dann umfaßt auch seine Vertretung der armen Partei die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren innerhalb der Zwangsvollstreckung, sofern es sich dabei um die Verteidigung gegen Beschwerden des Schuldners zur Abwehr von Vollstrekkungsmaßregeln des Gläubigers handelt 35 ). 5. Die rückwirkende Beiordnung Für den Umfang des Anspruchs des Armenanwalts ist der Zeitpunkt seiner 17 Beiordnung ausschließlich maßgebend (s. auch § 121 Rz. 23 ff). Die Bewilligung des Armenrechts und damit auch die Beiordnung hat daher grundsätzlich keine automatisch rückwirkende Kraft3«). Beispiele: a) Der Berufungsbeklagte, der in erster Instanz das Armenrecht hatte, läßt durch 18 seinen RA auch in zweiter Instanz um das Armenrecht nachsuchen. Das Gericht beanstandet das Armenrechtszeugnis aus formalen Gründen, führt das Verfahren aber durch und erläßt kurz vor dem obsiegenden Urteil den Beschluß, durch den das Armenrecht bewilligt wird. In diesem Falle ist keine Verhandlungsgebühr aus der Staatskasse zu erstatten, da das Armenrecht nicht auf die vorhergehenden Handlungen des RA zurückwirkt. b) Ehescheidungsklage mit Armenrechtsgesuch vom 1. 4. 74, bei Gericht eingegangen am 3. 4. 74. Armenrechtsbewilligung und Beiordnung am 28. 4. 74. Zustellung des Armenrechtsbeschlusses und der Klage am 5. 5. 74. Am 2. 5., eingegangen am 3. 5., Anzeige, daß sich die Parteien versöhnt haben. Es wird die volle Prozeßgebühr zugebilligt. Dagegen wird die Aussöhnungsgebühr des § 36 Abs. 2 sowie der Antrag, dem Beiordnungsbeschluß vom 28. 4. 74 rückwirkende Kraft 33

) LG Münster NJW 63, 2032 (L) = M D R 63, 851; LG Mannheim Rpfleger 63, 129: Für die Zwangsvollstreckung aus notarieller Urkunde hat das Armenrecht und die Beiordnung das Vollstreckungsgericht zu bewilligen. Für die Armenrechtsbewilligung aus vom Vormundschaftsgericht beurkundeten vollstreckbaren Unterhaltsverpflichtungen des Vaters eines nichtehelichen Kindes ist nicht das Vormundschaftsgericht, sondern das Vollstreckungsgericht zuständig, LG Augsburg Rpfleger 62, 24. 34 ) So auch Gaedeke a.a.O. S 82. 35 ) KG JW 35, 2901; 34, 2497; Hartmann Anm. 6 B, 2 C ; Gerold-Schmidt Rz. 35; RS Rz. 13. RG JW 36, 3185; KG 34, 1252; 35, 797 u. zahlreiche andere OLG; so zB Dresden, Jena, Kassel, Düsseldorf, Köln, Naumburg, Braunschweig usw.; vgl. auch Lindemann JW 36, 3288; Schmidt JW 31, 1058, 1781; Gaedeke S 49 u. JW 36, 2774 u. OLG Celle NdsRpfl. 5 1 , 9 ; ferner OLG München M D R 70, 519.

445

§ 122

Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : V e r g ü t u n g in A r m e n s a c h e n

auf den 1 . 4 . 7 4 beizulegen, mit Recht abgelehnt. Eine verzögerte Behandlung des Armenrechtsgesuches lag nicht vor u n d die G e b ü h r e n k ö n n e n erst f ü r die T ä t i g k e i t a b B e i o r d n u n g v e r l a n g t w e r d e n (vgl. Rz. 31 zu § 121)37).

19

Dagegen können die Gerichte in den Fällen, in denen sich die Beiordnung verzögert hat, durch ausdrückliche Anordnung eine Rückwirkung herbeiführe^«). (Vgl. auch Rz. 31 zu § 121.) Der Antrag auf Bewilligung m u ß aber vor Beendigung der Instanz, d. h. also vor Erlaß des Urteils oder der einstweiligen Verfügung gestellt sein. Eine rückwirkende Armenrechtsbewilligung k o m m t jedoch d a n n nicht in Betracht, wenn ein entsprechendes Gesuch erst nach der mündlichen Verhandlung am Tage der Urteilsverkündung bei Gericht eingeht 39 ). Es wird aber f ü r zulässig angesehen, für einen abgeschlossenen Vergleich eine rückwirkende Armenrechtsbewilligung auszusprechen, weil sie deswegen geboten ist, u n d weil d a d u r c h ein weiterer Rechtsstreit unnötig gemacht worden ist 40 ). Im allgemeinen wird jedoch in der Rechtsprechung eine solche rückwirkende Beiordnung für unzulässig erachtet. Ist sie aber einmal ausgesprochen worden, so m u ß sich der U r k u n d s b e a m t e auch daran halten, sie bindet ihn schlechthin 4 ')-

20

Im allgemeinen Festsetzungsverfahren ist nicht die Beiordnung eines R A nachzuprüfen. Für das Kostenerstattungs- bzw. Kostenfestsetzungsverfahren ist vielmehr die vom Gericht ausgesprochene Beiordnung eines R A bindend u n d es ist unzulässig, in Kosteninstanzen die Zulässigkeit der Beiordnung nachzuprüfen«). 37 ) Vgl. d a z u O L G Celle AnwBl. 60, 16 mit A n m . von G r e u n e r , dessen A u s f ü h r u n g e n nicht in allen P u n k t e n gefolgt w e r d e n k a n n . Bedenklich j e d o c h LG Essen M D R 63, 307, d a s auch n o c h nachträglich d a s A r m e n r e c h t n a c h B e e n d i g u n g d e r I n s t a n z bewilligen will, wenn der Antragsteller „vergessen" hatte, d e n A n t r a g rechtzeitig zu stellen. 38) LG W a l d s h u t K o s t R s p . § 122 B R A G O Nr. 6. Vgl. d a z u auch die u m f a n g r e i c h e Rspr. bei G a e d e k e S 52 sowie R G J W 30, 131, 1488; 36, 3185 = Bd. 51, 221; ferner K G in st. Rspr. J W 30, 187, 731; J W 34, 620, 2632; J W 35, 797, 1701; 36, 200. Vgl. auch O L G H a m m J W 37, 52; K a r l s r u h e H R R 37, 405; D r e s d e n H E Bd. 2, 209 = J R 50, 54; K G J R 50, 53; a. M. O L G Breslau J W 30, 732; O L G Celle J W 36, 1300. 39) O L G Stuttgart M D R 52, 685; Justiz 62, 25. Vgl. d a z u a u c h L G Essen R p f l e g e r 63, 302, d a s die n a c h t r ä g l i c h e Bewilligung des A r m e n r e c h t s u n d die B e i o r d n u n g f ü r zulässig erklärt, wenn die E i n r e i c h u n g des A r m e n r e c h t s g e s u c h e s f ü r die B e r u f u n g s i n s t a n z vergessen w u r d e . A u c h d a s L G Berlin K o s t R s p . § 122 B R A G O N r . 8 hält es f ü r zulässig, d a s bisher schon bewilligte A r m e n r e c h t u n d die B e i o r d n u n g des R A stillschweigend in schlüssiger Weise auf weitere, bisher nicht zum G e g e n s t a n d des Rechtstreits g e m a c h t e A n s p r ü c h e a u s z u d e h n e n . D a s ist ferner d e r Fall, w e n n d a s Gericht d u r c h sein Verhalten, i n s b e s o n d e r e seine schlüssige Mitwirk u n g a n d e m Vergleich, zu e r k e n n e n gegeben hat, d a ß es die M i t w i r k u n g des A r m e n a n w a l t s beim Vergleichsabschluß im Interesse seiner Partei erwartet u n d billigt: O L G K ö l n J M B 1 N R W 63, 97. D a g e g e n sagt d a s K G M D R 65, 672 = Büro 65, 728, d a ß eine stillschweig e n d e A u s d e h n u n g des n u r zur Verteidigung g e g e n ü b e r der B e r u f u n g gegen ein Teilurteil gew ä h r t e n A r m e n r e c h t s auch auf d e n A b s c h l u ß eines Vergleichs über weitere S t r e i t p u n k t e unter d e n Parteien nicht gerechtfertigt sein soll. 40 ) O L G D ü s s e l d o r f Büro 51, 22; a. M . w e n n d a s A r m e n r e c h t s g e s u c h erst nach d e m Abschluß des Vergleichs u n d rechtskräftiger E r l e d i g u n g des Scheidungsprozesses bei Gericht eingeht, O L G K ö l n J M B I N R W 52, 145; vgl. a u c h S c h l H O L G S c h l H A 49, 41. Ii) R G H R R 35, 1334; K G J W 34, 622, 1700, 2632; O L G Düsseldorf J W 35, 550; O L G N a u m b u r g J W 36, 952; G a e d e k e a.a.O. S 53. « ) LG A a c h e n Büro 60, 531.

446

U m f a n g der Beiordnung

§122

Wenn ein auswärtiger RA überhaupt vom Gericht beigeordnet wird, dann kommt in dem Beschluß zum Ausdruck, daß das Gericht gerade die Beiordnung dieses RA für sachdienlich und deshalb für notwendig hält«). Die Bestimmung über die Rückwirkung braucht weder in dem Armenrechtsbeschluß enthalten"") noch vor Erlaß des Urteils oder Beendigung der betreffenden Instanz ergangen sein, sie kann also auch später ergehen«). Die Rückwirkung selbst erstreckt sich auf den Zeitpunkt, in dem über das Armenrechtsgesuch hätte entschieden werden können, wobei die verspätete Entscheidung nicht nur auf Verschulden des Gerichts zu beruhen braucht, sondern auch durch zufällige Verzögerungen verursacht sein kann 46 ). Der Zeitpunkt der Einreichung des Gesuchs ist wohl als zu früh anzusehen 47 ). Ist in dem Anordnungsbeschluß keine Rückdatierung angegeben, was aber stets zweckmäßig sein dürfte, so erstreckt sich die Rückwirkung auf das ganze Verfahren4»). Wird aber erst auf Beschwerde das Armenrecht bewilligt, so bestehen Zweifel, von wann ab die Beiordnung wirken soll, wenn kein Zeitpunkt angegeben wird, was regelmäßig nicht geschieht. Die Beiordnung auf den Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung zu verlegen, ist in den Fällen unzweckmäßig, wenn das Armenrecht erst auf Grund neuen tatsächlichen Vorbringens erfolgt. Es muß daher in solchen Fällen ein Rückwirkungstermin auf Ansuchen bestimmt werden 49 ). Ob das Armenrecht mit rückwirkender Kraft entzogen werden kann, ist streitig50), 21 jedoch muß die Entziehung allgemein für zulässig erachtet werden, wenn etwa das Armenrecht erschlichen ist51). Soweit die Rückwirkung nicht ausgesprochen wird und der Armenanwalt vorher 22 bereits als Wahlanwalt tätig war, verbleibt ihm der entstandene Gebührenanspruch gegenüber seiner Partei. Eine andere Beurteilung ist nur dann gegeben, wenn der RA die nach der rückwirkenden Armenrechtsbewilligung und Beiordnung nochmals entstandenen Gebühren aus der Staatskasse verlangt. Dann unterwirft er sich hinsichtlich dieser Gebühren freiwillig der gesetzlichen Stundung und er kann dann seine vollen Kosten nur infolge der Nachzahlungsanordnung geltend machen 52 ). « ) BArbG A P Nr. 2 § 126 B R A G O mit zust. A n m . von Tschischgale a.a.O. = BB 62, 616 (L) = Betrieb 62, 808 = R d A 62, 287 (L). Vgl. auch O L G Düsseldorf M D R 62, 416 = Rpfleger 63, 60 mit kritischer A n m . von L a p p e wegen Zulässigkeit der Beauftragung eines auswärtigen Beweisanwalts zur W a h r n e h m u n g eines auswärtigen Beweistermins u n d Ersatz der d a d u r c h entstehenden Kosten als Auslagen aus der Staatskasse. 44

) K G J W 34, 2498, 2632; 36, 3586. ) R G 151, 221 u. J W 36, 3185; K G J W 34, 3632; 36, 200, 3586; O L G Celle Büro 52, 261; G a e d e k e S 54; a. M. S c h l H O L G SchlHA 52, 131. « ) K G J W 36, 200; vgl. auch K G J W 30, 731; Breslau J W 28, 2797; Kassel J W 29, 3188. 4 ' ) So auch O L G H a m m J M B 1 N R W 50, 124. 4 ») K G J W 36, 3586; O L G H a m m J M B I N R W 50, 124. 49 ) So auch G a e d e k e S 56. 50 ) S. dazu LG Essen Rpfleger 48/49, 38. Die rückwirkende Entziehung des Armenrechts, weil die Partei nicht arm gewesen sei, läßt den Vergütungsanspruch des beigeordneten RA gegen die Landeskasse unberührt, K G N J W 61, 1587 = AnwBl. 61, 174. 51) RG 125, 106. Vgl. wegen Einwand der Arglist O L G Bremen N J W 65, 1027. 52) O L G M ü n c h e n N J W 60, 1018 = AnwBl. 60, 117 = JVB1. 60, 1 1 6 = B ü r o 60, 162 = Rpfleger 60, 420 mit Anm. von L a p p e ; Stein-Jonas A n m . V 3 zu § 115 Z P O ; Gerold-Schmidt Rz. 50 zu § 121; a. M., aber unrichtig O L G Köln J M B I N R W 70, 215; L a u t e r b a c h / H a r t m a n n A n m . 5 C ; Thomas-Putzo A n m . 1 Nr. 3 a, Zöller A n m . 1 c, je zu § 115 Z P O , ebenso bezüglich der Prozeßgebühr O L G Düsseldorf M D R 61, 423. 45

447

§122

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

III. Die besondere Beiordnung für Nebenverfahren (zu Abs. 2 und 3) 23 1. Die Beiordnung für das Hauptverfahren umfaßt nicht immer auch die der Nebenverfahren. Keiner besonderen Beiordnung bedarf es: a) für die Rechtsverteidigung gegen eine Anschlußberufung oder Anschlußrevision, wenn der RA für eine Berufung oder Revision beigeordnet ist, es sei denn, daß seine Beiordnung dafür ausdrücklich ausgeschlossen wurde (Abs. 2); b) für die Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung, wenn der RA im Verfahren für die Erwirkung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung beigeordnet worden ist, es sei denn, in diesem Beiordnungsbeschluß ist die Beiordnung für diese Nebenverfahren ausdrücklich ausgeschlossen worden (Abs. 2). c) Die Beiordnung in seiner Ehesache erstreckt sich auch auf den Abschluß eines Vergleiches, der den gegenseitigen Unterhalt der Ehegatten und den Unterhalt gegenüber den Kindern im Verhältnis der Ehegatten zueinander, die Sorge für die Person der gemeinschaftlichen minderjährigen Kinder, die Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und dem Hausrat und die Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht betrifft (Abs. 3 Satz 1). 24 2. Der Abs. 3 Satz 2 bestimmt aber, daß eine besondere Beiordnung neben der Beiordnung für den Hauptprozeß in folgenden Fällen unter allen Umständen erforderlich ist: a) Nr. 1 für die Zwangsvollstreckung (den Verwaltungszwang) (vgl. auch oben Rz. 16). Zuständig für die Bewilligung des Armenrechts für die Zwangsvollstreckung ist in der Regel das Prozeßgericht, nicht das Vollstreckungsgericht53).

b) Nr. 2 für das Verfahren über den Arrest, über die einstweilige Verfügung und die einstweilige Anordnung (vgl. auch oben Rz. 12, 16)54). c) Nr. 3 für das Beweissicherungsverfahren55), wenn die Hauptsache nicht anhängig ist, andernfalls gehört das Beweissicherungsverfahren gemäß § 37 Nr. 3 zum Rechtszug und der RA wird durch die Gebühren des Hauptprozesses vergütet. Demgemäß erhält der nur für das Beweissicherungsverfahren der Klage und für die einen anderen Gegenstand betreffende Widerklage beigeordnete Armenanwalt für die Mitwirkung an der bei anhängiger Hauptsache stattfindende Beweissicherung keine besonderen Gebühren, wenn zu

» ) O L G H a m m J M B 1 N R W 57, 188. Vgl. auch Fn. 33 mit den dort g e n a n n t e n Beispielen einer Armenrechtsbewilligung durch das Vollstreckungsgericht. 54 ) Das Widerspruchsverfahren gehört zum A n o r d n u n g s v e r f a h r e n . Dagegen sind Arrestano r d n u n g s v e r f a h r e n und A u f h e b u n g s v e r f a h r e n aus § 927 Z P O verfahrensrechtlich zwei verschiedene Instanzen, gebührenrechtlich bilden sie aber eine Instanz (vgl. § 40 Abs. 2). Eine weitere Beiordnung des gleichen RA f ü r das A u f h e b u n g s v e r f a h r e n läßt daher nicht neue Gebühren entstehen, es sei d e n n , d a ß die G e b ü h r e n noch nicht im A n o r d n u n g s v e r f a h r e n entstanden sind. Vgl. auch dazu G a e d e k e S 80 u. K G J W 33, 2955. 55 ) Dies war schon seit jeher prozessual u n d kostenrechtlich eine besondere Instanz, f ü r die eine besondere Beiordnung erforderlich war. Kassel M d R R A K 36, 206; G a e d e k e , S 79. 448

Gebühren des Armenanwalts

§123

der Widerklage ebenfalls eine Beweisaufnahme stattfindet und der Armenanwalt hierfür den Höchstsatz an Gebühren erhält 56 ), d) Nr. 4 für das Verfahren über die Widerklage, ausgenommen die Rechtsverteidigung gegen die Widerklage in Ehesachen. Das gilt auch für die WiderWiderklage 57 ). Nimmt die Klägerin, der im Scheidungsprozeß das Armenrecht bewilligt und ein Pflichtanwalt beigeordnet worden ist, nach Erhebung einer Widerklage durch den Ehemann ihre Scheidungsklage zurück, so ist mit der Rücknahme der Scheidungsklage die für das Armenrecht maßgebende Gebühreninstanz im Sinn des § 27 G K G beendet und verliert die Beiordnung des Pflichtanwalts für das weitere Verfahren ihre Wirkung. Findet zur Widerklage eine Beweisaufnahme statt, so kann der frühere Armenanwalt der Klägerin die Beweisgebühr aus der Staatskasse nur vergütet verlangen, wenn das Armenrecht ausdrücklich oder wenigstens stillschweigend auf die nunmehrige Rechtsverteidigung gegen die Widerklage ausgedehnt worden ist58). 3. Nebenverfahren, die ebenfalls einer besonderen Beiordnung bedürfen, sind ferner: a) Das Beschwerdeverfahren (vgl. oben Rz 13). b) Das Armenrechtsprüfungsverfahren (s. oben Rz. 14).

§ 123. Gebühren des Armenanwalts An die Stelle der vollen Gebühr ( § 1 1 Abs. 1 Satz 1) werden bei einem Gegenstandswert von von von von von von von von von von von von von von aus

mehr als 3 200 bis 4 000 DM 179 DM mehr als 4 000 bis 4 800 DM 194 D M mehr als 4 800 bis 5 600 DM 209 DM mehr als 5 600 bis 6 400 DM 224 DM mehr als 6 400 bis 7 200 DM 239 D M mehr als 7 200 bis 8 000 DM 254 D M mehr als 8 000 bis 9 000 DM 266 D M mehr als 9 000 bis 10 000 DM 278 DM mehr als 10 000 bis 12 000 DM 294 DM mehr als 12 000 bis 14 000 D M 310 D M mehr als 14 000 bis 16 000 DM 326 D M mehr als 16 000 bis 18 000 DM 342 D M mehr als 18 000 bis 20 000 DM 358 D M mehr als 20 000 D M 375 D M der Staatskasse (§ 121) vergütet. Vorbemerkung:

Die Gebühren des Armenanwalts sind bereits durch Änderung der Gebührenstaffel des § 123 im Jahre 1961 erhöht u n d den veränderten wirtschaftlichen Verhältnissen angepaßt worden (vgl. dazu 1. Aufl. ErgBd. S 279 sowie Stegemann AnwBl. 61, SO) OLG Celle NdsRpfl. 67, 279 = Büro 67, 892. 57 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 46. 58) OLG München NJW 66, 113. Vgl. auch Rz. 1.

449

§ 123

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

126 und AnwBl. 61, 111; Göttlich Büro 61, 367). Eine weitere Änderung ist durch das Gesetz vom 30.6.65 (BGBl. I, 577) erfolgt (vgl. dazu 1. Aufl. Nachtr. (1965) S 89 ff> Nach der durch das Gesetz v. 20. 8. 75 (BGBl. I, 2189) geltenden Regelung richten sich nunmehr die Gebühren des Armenanwalts bis zu einem Gegenstandswert von 3 200 DM nach der Tabelle des § 11 Abs. 1. Die Reduzierung der Gebühren für den Armenanwalt setzt erst bei Werten von mehr als 3 200 DM ein und endigt bei über 20 000 DM Gegenstandswert mit der Höchstgebühr von 375 DM'). Übersicht: Rz. 1 Allgemeines G e b ü h r e n im B e r u f u n g s - u n d R e v i s i o n s v e r fahren Streitwert ü b e r 20 000 D M Mindestgebühr 4 II. Die e i n z e l n e n G e b ü h r e n 1. V o r b e m e r k u n g 5 Kein K o n t r o l l r e c h t des Staates ü b e r die P r o z e ß f ü h r u n g des R A 6 Hausratsachen 7 Landwirtschaftsachen 8 Betragsrahmengebühren 2. Z u r P r o z e ß g e b ü h r 10 Tod d e r a r m e n Partei II G l e i c h z e i t i g e E i n r e i c h u n g von Klage 12 und Armenrechtsgesuch Vergleich ü b e r w e i t e r g e h e n d e A n sprüche 13 — Beispiel 14 Devisengenehmigung, vormundschaftsgerichtliche G e n e h m i g u n g 15 R ü c k n a h m e der Berufung 3. E r ö r t e r u n g s g e b ü h r 4. Die V e r g l e i c h s g e b ü h r G e s a m t v e r g l e i c h ü b e r zwei B e r u f u n g s verfahren V e r g l e i c h s g e b ü h r im A r m e n r e c h t s p r ü fungsverfahren

A u s s ö h n u n g s g e b ü h r in E h e s a c h e n . . . Vergleich — nach r e c h t s k r ä f t i g e m A b s c h l u ß des Prozesses — zwischen Urteilszustellung und Rechtsmitteleinlegung — nach Verweisung — n a c h E n t z i e h u n g des A r m e n r e c h t s . 5. Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g s k o s t e n Vollstreckungsschutzverfahren E i n t r a g u n g e n im G r u n d b u c h V e r ö f f e n t l i c h u n g eines Urteils Z w a n g s v o l l s t r e c k u n g in d a s u n b e w e g liche V e r m ö g e n 6. H e b e g e b ü h r Bürgschaftsurkunde-Wertpapiere . . . . Hinterlegungsantrag 7. A u s l a g e n III G e b ü h r e n b e r e c h n u n g bei teilweiser A r menrechtsbewilligung Z i f f e r n m ä ß i g e r Teil des A n s p r u c h s Bruchteilsarmenrecht Ratenarmenrecht Bewilligung f ü r R A - o d e r Gerichtskosten . IV. B e r e c h n u n g d e r a r m e n r e c h t s f r e i e n G e b ü h ren

Rz. 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40

I. Allgemeines 1

Die Vorschrift des § 123 regelt die Höhe der Gebühren, die der Armenanwalt aus der Bundes- oder Landeskasse erhält. Die Gebühren selbst werden dem Armenanwalt nach Maßgabe der Bestimmungen der GebO erstattet, er hat also Anspruch auf die gleichen Gebühren, die einem Wahlanwalt gegenüber der Partei zustehen würden, allerdings nur, soweit das Armenrecht reicht. Er hat jedoch nicht Anspruch auf die vollen Gebührensätze, wie sie § 11 Abs. 1 Satz 1 vorschreibt, vielmehr sind an Stelle der vollen Gebühr ermäßigte Sätze getreten, die aus der im § 123 enthaltenen Staffel ersichtlich sind. ') Es ist nicht rechtsbedenklich u n d verstößt insbesondere nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz, d a ß der Staat die Tätigkeit des A r m e n a n w a l t s nicht nach der allgemeinen Gebührentabelle, sondern nach einer ermäßigten Gebührenstaffel vergütet, vgl. O L G Celle N d s R p f l . 64, 12; O L G H a m m N J W 71, 187 = J M B 1 N R W 71, 202, bestätigt vom BVerfG, vgl. N J W 7 1 , 187.

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§ 123

G e b ü h r e n des A r m e n a n w a l t s 3

Im Berufungs- und Revisionsverfahren erhöhen sich diese Sätze um />o f ü r jede 2 G e b ü h r (§ 11 Abs. 1 Satz 2) 2). Bei Streitwerten von über 20 000 D M beträgt d a n n diese "/..-Gebühr 487,50 D M . Beträgt der Streitwert mehr als 20 000 D M , so entsteht f ü r den Armenanwalt in 3 erster Instanz immer nur eine G e b ü h r von höchstens 375 DM. Die Mindestgebühr beträgt immer 10 D M (§ 11 Abs. 2). Pfennigbeträge sind auf 4 10 Pfennig a u f z u r u n d e n , insoweit gilt auch f ü r die Armenanwaltsgebühren die Vorschrift des § 11 Abs. 2 Satz 2, die durch § 123 keinerlei Einschränkung erfahren hat. Wegen der Armenrechtsbewilligung, Voraussetzungen des Anspruchs des Armenanwalts, Fälligkeit, P f ä n d u n g , s. die Erläuterungen zu § 121 Rz. 23 ff, 32 ff, 36 ff. Wegen des U m f a n g s der Beiordnung des Armenanwalts s. die Erläuterungen zu § 122.

II. Die einzelnen Gebühren 1. Vorbemerkung Die Entstehung der Gebühren richtet sich grundsätzlich nach den allgemeinen 5 Gebührenvorschriften. Hier sollen lediglich einige Besonderheiten f ü r die Prozeßund Vergleichsgebühr sowie für die Zwangsvollstreckung u n d die Hebegebiihr erläutert werden. Im übrigen ist grundsätzlich daran festzuhalten, d a ß die Tätigkeit des RA nicht 6 d a r a u f h i n n a c h z u p r ü f e n ist, ob sie zweckentsprechend war, ob der RA nicht den Rechtsstreit auf billigerem Wege hätte führen k ö n n e n . Dem Staat ist durch die Beiordnung kein Kontrollrecht über die P r o z e ß f ü h r u n g des RA gegeben. Dieser hat im R a h m e n seiner Beiordnung ausschließlich nach seinem pflichtgemäßen Ermessen aus eigener Verantwortung tätig zu werden 3 ). Einem G e b ü h r e n a n s p r u c h k a n n somit nicht entgegengehalten werden, d a ß etwa ein Beweisangebot entbehrlich gewesen wäre, ein Antrag verfrüht gestellt worden 2 ) O L G Bremen AnwBl. 73, 113 = Rpfleger 73, 225 = Büro 73, 306 = KostRsp. Nr. 41 mit zust. Anm. von H. Schmidt; O L G Koblenz AnwBl. 71, 290. Die E r h ö h u n g um V»> tritt auch ein, wenn in einer Ehesache ein Unterhalts- u n d Auseinandersetzungsvergleich in der Berufungsinstanz abgeschlossen wird. In diesem Fall verdient der A r m e n a n w a l t eine 'Vio-Prozeßgebühr u n d eine ' 3 /io-Vergleichsgebühr nach der Tabelle des § 1 2 3 : So O L G Düsseldorf JVB1. 63, 98 = Büro 63, 407; O L G M ü n c h e n N J W 64, 1528 = AnwBl. 64, 160 = JVB1. 64, 167 = B ü r o 6 4 , 666; O L G H a m b u r g N J W 64, 1 0 8 1 = A n w B l . 64, 81 = M D R 64, 425; O L G H a m m JVB1. 64, 15; O L G Celle AnwBl. 68, 355 = JVB1. 68, 265 = Büro 68, 719 = Rpfleger 68, 331 = N d s R p f l . 68, 229; O L G N ü r n b e r g Büro 67, 900. A.M. O L G Köln Rpfleger 65, 315; O L G O l d e n b u r g N d s R p f l . 63, 225. 3) So auch bereits G a e d e k e a.a.O. S 99 f f ; K G J W 35, 801; H R R 36, 1580; O L G Braunschweig N d s R p f l . 52, 12; Gerold-Schmidt Rz. 6. S. aber daselbst wegen mehrerer Verfahren gegen mehrere Beklagte auf G r u n d einheitlicher Armenrechtsbewilligung. W e n n aber der RA f ü r mehrere Kinder getrennt Klagen erhebt, und das Armenrecht f ü r die getrennten Klagen bewilligt und dieser RA als A r m e n a n w a l t beigeordnet worden ist, hat der RA auch in den getrennten Prozessen G e b ü h r e n a n s p r ü c h e . Die Staatskasse m u ß sich damit a b f i n d e n . Ihr steht ein Beschwerderecht gegen die Bewilligung des Armenrechts u n d die Beiordnung in getrennten Prozessen nicht zu (§ 127 ZPO). So auch H. Schmidt in abl. Anm. zu LG Konstanz KostRsp. § 122 B R A G O Nr. 44. Vgl. ferner LG H a m b u r g AnwBl. 65, 87.

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§ 123

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

ist, ein Anerkenntnis zweckmäßig, ein Versäumnisurteil unzweckmäßig gewesen wäre usw. Damit würde ohne Grundlage in die Verantwortlichkeit des Armenanwalts eingegriffen werden, noch dazu unter nachträglicher Betrachtung der Sachlage, die erfahrungsgemäß nur zu leicht zu einer anderen unzutreffenden Beurteilung der Zweckmäßigkeit, Erforderlichkeit, Entbehrlichkeit von Maßnahmen führt. Zudem entzieht sich völlig der Beurteilungsmöglichkeit durch das Gericht, welche Art Vorgehen im Einzelfalle auf Grund der von der Partei dem Armenanwalt gewordenen Information geboten war. Die Notwendigkeit der Entstehung einer Gebühr (anders bei Auslagen) ist deshalb von der Staatskasse nicht zu prüfen. Jede andere Handhabung im Verhältnis zur Staatskasse würde die Entschlußfreiheit des Armenanwalts, der die Verantwortung für seine Handlungen der Partei gegenüber trägt, in unzulässiger Weise einengen 4 ). Freilich darf der Armenanwalt Gebühren nicht arglistig zur Entstehung bringen 5 ). Dem Armenanwalt ist somit aus der Staatskasse das zu ersetzen, was ihm die eigene Partei im Rahmen der GebO bzw. den ergänzenden Bestimmungen des BGB vergüten müßte. 7

In Hausratssachen betragen die RAGebühren die Hälfte der Regelgebühren (§ 63 Abs. 3). Da bei Bewilligung des Armenrechts in diesen Sachen an die Stelle der vollen Gebühren (§11) die Sätze des § 123 treten, so erhält der Armenanwalt die Hälfte dieser Sätze6).

8

Das gleiche muß auch in Landwirtschaftssachen gelten 7 ). Dort betragen die Regelgebühren nur je 3/io (§ 63 Abs. 4). In diesen Fällen erhält der Armenanwalt 3/io der Sätze des § 123.

9

Dagegen bleiben die Betragsrahmengebühren unverändert. Der Armenanwalt erhält daher, wenn er im Verfahren vor dem Bundessozialgericht beigeordnet wird, dieselben Gebühren wie sie für den Wahlanwalt § 116 vorsieht 8 ).

10

2. Zur Prozeßgebühr Diese Gebühr entsteht nicht bereits mit der Beiordnung, sondern erst bei Erteilung des Prozeßführungsauftrages seitens der Partei (vgl. § 121 Rz. 8, 28). Andererseits ist sie auch dann von der Staatskasse zu ersetzen, wenn sie bereits vor der Beiordnung erwachsen war; Voraussetzung ist nur, daß sie später wieder neu entsteht, oder die Beiordnung ausdrücklich rückwirkend ausgesprochen wird. Wegen unaufschiebbarer Handlungen s. § 121 Rz. 24, 29 und § 122 Rz. 4. Zu der Frage, ob die Prozeßgebühr voll oder nur zur Hälfte entstanden ist, muß auch die Vorschrift des § 32 beachtet werden 9 ). 4) KG JW 35, 801; OLG Celle NJW 53, 1759. S. ferner Gerold-Schmidt Rz. 6; Hartmann Anm. 2 B zu § 121. 5) Hartmann Anm. 2 B zu § 121; KG M D R 69, 1022; OLG Düsseldorf NJW 71, 2180. 6 ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 12 zu § 63. Das LG Osnabrück Rpfleger 51, 575 und LG Göttingen Rpfleger 54, 56 wollten die Armenanwaltsgebühren zunächst nach dem festgesetzten Geschäftswert nach den Gebühren der BRAGO ermitteln, diese nach § 22 Satz 1 HausratsVO auf die Hälfte kürzen und die Gebühr ansetzen, die nach § 123 der errechneten halben Gebühr nach § 11 BRAGO entspricht. Dagegen wandte sich Schlifkowitz ArmAnwG S 142. 7 ) Wegen der Gebühren in Landwirtschaftssachen vgl. auch Bauer Büro 59, 89. 8) Vgl. dazu auch Rz. 29 zu § 116; RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 11, je zu § 116. 9) S. dazu BVerwG NJW 64, 2367.

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Gebühren des Armenanwalts

§123

Der Abgeltungsbereich der Prozeßgebiihr des Armenanwalts ist der gleiche wie für den Wahlanwalt. Deshalb erhält auch der Armenanwalt keine zusätzliche Vergütung, wenn er seinen Schriftwechsel mit der armen Partei in ausländischer Sprache führen muß 10 ). Nach OLG Braunschweig") steht dem Armenanwalt die volle Prozeßgebühr auch 11 dann zu, wenn die arme Partei am Tage vor dem ersten Verhandlungstermin verstirbt, obwohl der Armenanwalt nach der Beiordnung keinen Schriftsatz mehr eingereicht hatte. Er hatte lediglich Klageabweisung beantragt, Widerklage erhoben und um Bewilligung des Armenrechts gebeten. In der Entscheidung wird weiterhin dargelegt, daß der hier durch die Prozeßgebühr zu vergütende allgemeine Geschäftsbetrieb des RA ein einheitliches Ganzes ist und sich nicht beliebig zerlegen läßt. Werden Armenrechtsgesuch und Klage gleichzeitig eingereicht, so handelt es sich 12 im allgemeinen um zwei getrennte Verfahren^), falls der RA nicht ausdrücklich erklärt, daß die Klage erst nach Bewilligung des Armenrechts als erhoben gelten soll (vgl. §51 Rz. 12). Falls das Armenrecht nicht bewilligt wird, hat der RA, wenn er zur Vereinfachung eine Klageschrift statt ein einfaches Armenrechtsgesuch eingereicht hat, noch keinen Anspruch auf die volle Prozeßgebühri"). Es steht ihm lediglich die Gebühr aus § 51 für das Armenrechtsprüfungsverfahren zu, wenn er nicht überhaupt den Auftrag in bestimmter Erwartung seiner Beiordnung übernommen und damit zum Ausdruck gebracht hat, im Armenrechtsprüfungsverfahren unentgeltlich tätig zu sein (vgl. dazu § 51 Rz. 12 ff). Die Prozeßgebiihr erhöht sich bei Vergleichen, deren Streitwert über die bisherige 13 Höhe des bewilligten Armenrechts hinausgeht. Voraussetzung hierfür ist allerdings, daß auch für diesen Teil des Anspruchs das Armenrecht bewilligt und der RA beigeordnet wird's) (vgl. dazu § 122 Fn. 11 ff). In der Rechtsprechung war es streitig, ob die Prozeßgebühr in diesem Falle 10/io oder nur 5/io beträgt. Die Vorschrift des § 32 Abs. 2 stellt nunmehr klar, daß nur 5/.o erhoben werden können (vgl. dazu § 32 Rz. 26 ff und § 31 Rz. 33 ff). Beispiel: Streitwert des Prozesses 10 000 DM, Streitwert des Vergleiches 15 000 DM. Das 14 Armenrecht wird für den höheren Streitwert bewilligt. 10) OLG Hamburg MDR 66, 426; KG KostRsp. § 122 BRAGO Nr. 5; Willenbücher Kostenfestsetzungsverfahren 16. Aufl. S 222/223; RS Rz. 13; Gerold-Schmidt Rz. 48 zu § 122; Rz. 28 zu § 31; Swolana Anm. 2; Martini Anm. B Nr. 7, je zu § 31; a. M. KG NJW 61, 737 = MDR 61, 244. 11) MDR 59, 586 = Büro 59, 325. Vgl. auch Rz. 26 zu § 122; Hartmann Anm. 3 zu § 121. A. M. LG Berlin Büro 68, 411 = Rpfleger 68, 198. 12) KG JW 33, 228; 36, 2581; 37, 260; 38, 253; RG HRR 34 Nr. 437. Vgl. auch Rz. 12 zu § 51; ferner Schneider Büro 65, 417. '3) S. auch Rz. 3, 12 ff zu § 51; OLG Hamm Büro 66, 319; Gerold-Schmidt Rz. 5 zu § 51. S. aber OLG Köln HRR 36 Nr. 150. i") RG D N o t Z 3 4 , 215. '5) KG JW 36, 3583; 38, 901; vgl. auch Rz. 5 zu § 122; Gerold-Schmidt Rz. 62 zu § 122.

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Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Die P r o z e ß g e b ü h r beim Streitwert von 10 000 D M beträgt 278 D M , der U n t e r schiedsbetrag zwischen Prozeßstreitwert u n d Vergleich beträgt 5 000 D M . Die s /.o-Prozeßgebühr wird n a c h d e m U n t e r s c h i e d s b e t r a g berechnet, also von 5 000 D M , u n d beträgt Vi d a v o n mit 104,50 D M . D i e G e s a m t p r o z e ß g e b ü h r beträgt somit 382,50 D M . Beide T e i l - P r o z e ß g e b ü h r e n d ü r f e n a b e r nicht m e h r betragen als eine volle ('%o, im Berufungs- u n d R e v i s i o n s v e r f a h r e n 'V.o) Prozeßgeb ü h r a u s d e m G e s a m t s t r e i t w e r t von 15 000 D M . Sie d ü r f e n , w e n n der G e s a m t streitwert h ö h e r als 20 000 D M ist, auch nicht m e h r betragen als die '%o- bzw. 'Vio-Prozeßgebühr d a r a u s , somit k ö n n e n im ersten Rechtszug n u r h ö c h s t e n s 375 D M als P r o z e ß g e b ü h r b e r e c h n e t w e r d e n IG). E b e n s o entsteht, w e n n verschiedene Prozesse d u r c h einen Gesamtvergleich b e e n d e t w e r d e n , d e m in allen Verf a h r e n b e i g e o r d n e t e n R A n u r eine Vergleichsgebühr, die h ö c h s t e n s 375 D M im ersten Rechtszug betragen kann 1 7 ). S. auch u n t e n Rz. 18. 15

Die Tätigkeit bei B e s c h a f f u n g der Devisengenehmigung o d e r vormundschaftlichen Genehmigung f ü r einen Vergleich wird nicht d u r c h die P r o z e ß g e b ü h r abgegolten. H i e r f ü r entstehen b e s o n d e r e G e b ü h r e n , die jetzt n a c h § 118 zu b e r e c h n e n sind. Diese G e b ü h r e n w e r d e n j e d o c h nicht a u s der Staatskasse erstattet, d a diese Tätigkeit nicht von der B e i o r d n u n g e r f a ß t wird'»). Dies gilt i n s b e s o n d e r e a u c h f ü r d e n A b s c h l u ß eines Unterhaltsvergleichs, der außergerichtlich a u s g e h a n d e l t u n d s o d a n n lediglich gerichtlich protokolliert wird. N u r w e n n in diesen Fällen der A r m e n a n walt a u c h z u m A b s c h l u ß des Vergleiches b e i g e o r d n e t w o r d e n ist, so hat er aus der Staatskasse die vor G e r i c h t e n t s t a n d e n e n G e b ü h r e n (§§ 23, 32) zu b e a n s p r u c h e n . Die v o r d e m etwa e n t s t a n d e n e n G e b ü h r e n aus § 118 k a n n er n u r von der Partei, nicht a b e r a u s der Staatskasse fordern 1 9 ). Dies gilt selbst d a n n , w e n n die Parteien in der S c h e i d u n g s v e r e i n b a r u n g die K o s t e n des Vergleichs in H ö h e einer 2S /,o-Gebühr a u s d e m v o m G e r i c h t festzusetzenden Streitwert b e s t i m m t haben?").

16

Die Rücknahme d e r B e r u f u n g u n t e r Mitteilung d e r A u s s ö h n u n g d e r Parteien vor der B e s t i m m u n g des T e r m i n s genügt, u m die volle P r o z e ß g e b ü h r entstehen zu lassen 21 )W i r d n a c h E i n g a n g der K l a g e bei G e r i c h t diese g a n z o d e r teilweise zurückgen o m m e n , wird sie a b e r t r o t z d e m in ihrer u r s p r ü n g l i c h e n F a s s u n g der G e g e n s e i t e zugestellt, u n d stellt der Gegner einen Schriftsatz zu, b e v o r ihm der die K l a g e r ü c k n a h m e a u s s p r e c h e n d e Schriftsatz zugeht, so erwächst d e m G e g n e r eine Prozeßge-

i") S c h l H O L G Büro 65, 58 = S c h l H A 64, 218; OLG H a m m Büro 66, 682; Gerold-Schmidt Rz. 3; RS Rz. 5. ") RS Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 3. 1») OLG Köln H R R 35 Nr. 972; Gerold-Schmidt Rz. 47 zu § 122; Rz. 6 zu § 122. 19 ) So die einhellige Meinung in Rechtsprechung und Schrifttum. Vgl. dazu zB: OLG München AnwBl. 63, 86 mit Anm. von Chemnitz = M D R 63, 321 = JVB1. 63, 96 = Büro 63, 104; N J W 70, 765 = JVB1. 70, 115 = Büro 70, 242; O L G Nürnberg Büro 67, 657; Büro 70, 674. Vgl. auch dazu Tschischgale N J W 56, 675; 59, 1109, 1136; 62, 1137; Büro 59, 187; 61, 23; Gerold-Schmidt Rz. 33 zu § 122. 20) OLG München N J W 70, 765 = JVB1. 70, 115 = Büro 70, 242. Vgl. auch LG Stuttgart AnwBl. 69, 447 mit zust. Anm. von Schaich. 21) OLG Düsseldorf Rpfleger 50, 478. S. auch Rz. 53 zu § 31. Ferner Rz. 12 zu § 36 zur Entstehung der Aussöhnungsgebühr.

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Gebühren des Armenanwalts

§123

b ü h r n a c h d e m vollen Streitwert d e r K l a g e in der u r s p r ü n g l i c h e n F a s s u n g " ) (vgl. auch § 32 Rz. 10). D a s O L G Celle 2 3 ) billigt keine V e r h a n d l u n g s g e b ü h r zu, w e n n d a s E i n v e r s t ä n d n i s mit der B e r u f u n g s z u r ü c k n a h m e erst im T e r m i n statt v o r h e r schriftlich erklärt w u r d e , wobei es auf die Treuepflicht des A r m e n a n w a l t s g e g e n ü b e r d e m M a n d a n t e n hinweist. 3. Die Erörterungsgebühr W e n n in d e m T e r m i n Erörterungen zur Sach- und Rechtslage erfolgen, erhält der 1 7 A r m e n a n w a l t d a f ü r anstelle der V e r h a n d l u n g s g e b ü h r die Erörterungsgebühr ( § 3 1 Abs. 1 Nr. 4). 4. Die Vergleichsgebühr Wegen Entstehung u n d Höhe der Vergleichsgebühr wird auf die E r l ä u t e r u n g e n zu 1 8 § 23 verwiesen. F ü r die Berechnung der Vergleichsgebühr gilt der G r u n d s a t z , d a ß diese G e b ü h r n u r von d e m Streitwert zu b e r e c h n e n ist, f ü r d e n d a s A r m e n r e c h t bewilligt wurde 2 4 ). W e n n j e d o c h der Vergleich ü b e r Ansprüche geschlossen wird, die bisher n o c h nicht rechtshängig sind, die also ü b e r den Klagestreitwert hinausgehen, so k a n n der RA n u r d a n n G e b ü h r e n d a f ü r aus der Staatskasse v e r l a n g e n , w e n n er a u c h f ü r diesen Teil des Streitgegenstandes beigeordnet w u r d e (vgl. dazu auch o b e n Rz. 15). W a s f ü r die P r o z e ß g e b ü h r gilt, gilt auch hinsichtlich der B e i o r d n u n g f ü r die Vergleichsgebühr. D e r A r m e n a n w a l t erhält die Vergleichsgebühr a b e r a u c h f ü r einen Vergleich, der in einem V e r f a h r e n vor d e m L G geschlossen w u r d e , f ü r d a s er nicht beig e o r d n e t war, w e n n er an d e n vor d e m O L G v o r a u s g e g a n g e n e n Vergleichsverhandlungen mitgewirkt hat 25 ). W e r d e n zwei Berufungsverfahren d u r c h einen Vergleich erledigt, so ist die Ver- 1 9 gleichsgebühr n u r einmal aus d e n z u s a m m e n g e r e c h n e t e n W e r t e n der b e i d e n Verf a h r e n zu b e r e c h n e n (vgl. Fn. 25). D e r einer Partei f ü r die vergleichsweise R e g e l u n g des nicht a n h ä n g i g g e w o r d e n e n 2 0 K l a g e a n s p r u c h s im R a h m e n der Beschwerdeinstanz eines A r m e n r e c h t s - P r ü f u n g s v e r f a h r e n s b e i g e o r d n e t e A r m e n a n w a l t k a n n eine ' 0 /io-Vergleichsgebühr n a c h d e m Wert des Vergleichsgegenstandes aus der Staatskasse ersetzt verlangen. Er hat f e r n e r Anspruch auf E r s t a t t u n g einer aus einer s /io-Prozeßgebühr n a c h d e m Vergleichswert und einer WBeschwerdegebühr n a c h d e m W e r t e d e r ersparten Kosten zu b i l d e n d e n einheitlichen Gebühr 2 6 ). Ist f ü r ein bereits eingelegtes Rechtsmittel d a s A r m e n r e c h t 22

) O L G Frankfurt N J W 54, 275; a. M . O L G H a m m J M B 1 N R W 51, 11, das die halbe Prozeßgebühr zubilligt, wenn der einzige von dem RA gefertigte Schriftsatz erst nach R ü c k n a h m e der Klage bei Gericht eingegangen ist o h n e Rücksicht darauf, ob er von der durch die Rückn a h m e bewirkten Erledigung seines Auftrags Kenntnis hatte. 23) N J W 57, 1167 gegen K G und O L G Celle. 2 ") Vgl. dazu K G J W 28, 2162; 30, 3562; 33, 2018; O L G N a u m b u r g J W 34, 778; RS Rz. 7; Gerold-Schmidt Rz. 61; H a r t m a n n Anm. 2, je zu § 122. 25) OLG München Büro 60, 391 = AnwBl. 61, 70. S. auch Gerold-Schmidt Rz. 67 zu § 122. Die Vergleichsgebühr erhöht sich aber nicht, wenn der Armenanwalt in derselben Angelegenheit einen ergänzenden Nachtragsvergleich schließt, wenn die Vergleichsgebühr nach dem Höchstsatz des § 123 für den Vergleich gezahlt werden muß. Entsprechendes gilt für die Prozeßgebühr, S c h l H O L G SchlHA 64, 219 = Büro 65, 58. 2 ) OLG Düsseldorf J M B 1 N R W 55, 249; Gerold-Schmidt Rz. 51 zu § 122.

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§123

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

beantragt und wird im Armenrechtsprüfungsverfahren ein Vergleich geschlossen, durch den sich das Rechtsmittel erledigt und der Rechtsstreit in der Hauptsache beigelegt wird, so ist das danach bewilligte Armenrecht als ein solches für die Hauptsache (Rechtsmittelinstanz) aufzufassen. Daher stehen dem Armenanwalt die Gebühren für die Hauptsache, nicht nur für ein Armenrechtsverfahren zu27). 21

Für die Mitwirkung bei der Aussöhnung der Parteien in Ehesachen hat im allgemeinen die Rechtssprechung schon seit jeher die Vergleichsgebühr auch in Armensachen zugebilligt. Nachdem im neuen Gebührenrecht durch Einfügung der Bestimmung des § 36 Abs. 2 diese Frage gesetzlich geregelt ist, so steht dem Armenanwalt auch für die Mitwirkung bei einer solchen Aussöhnung die Vergleichsgebühr aus der Landeskasse zu (vgl. Erläuterungen zu § 36).

22

Nach rechtskräftigem Abschluß eines Prozesses kann der RA keinen Anspruch an die Landeskasse auf Erstattung einer Vergleichsgebühr erheben, und zwar auch dann nicht, wenn die Vergleichsverhandlungen bereits vorher eingesetzt haben2«).

23

Wohl aber kann die Vergleichsgebühr beansprucht werden, wenn der Vergleich zwischen Zustellung des Urteils und Einlegung eines Rechtsmittels zustande kommt; denn dann ist der Auftrag des Armenanwalts für die Instanz noch nicht beendet 29 ).

24

Dies gilt auch, wenn der Vergleich kurz nach einer Verweisung abgeschlossen wird und der RA, der vor dem verweisenden Gericht beigeordnet war, an dem Vergleichsabschluß ursächlich mitgewirkt hat 30 ).

25

Ebenso kann für einen nach der Entziehung des Armenrechts abgeschlossenen Vergleich eine Vergleichsgebühr aus der Landeskasse verlangt werden, wenn der RA vor der Entziehung des Armenrechts für das Zustandekommen des Vergleichs tätig war31)- Wenn auf Beschwerde die Entziehung wieder aufgehoben wird, so gilt sie als nicht erfolgt 32 ).

26

5. Zwangsvollstreckungskosten In der Zwangsvollstreckungsinstanz erleidet der Grundsatz, daß hinsichtlich der Gebühren des Armenanwalts die Zweckmäßigkeit seiner Maßnahmen nicht nachzuprüfen ist (vgl. oben Rz. 6) eine gewisse Ausnahme. Wenn nämlich eine nicht arme Partei zunächst nur wegen eines Teilbetrages Vollstreckungsauftrag gegeben hätte, so muß das gleiche von einer armen Partei verlangt werden (§ 788 ZPO). Nur dementsprechend sind dann auch die Gebühren des Armenanwalts festzusetzen 33 ). 2

' ) O L G H a m m Büro 52, 290; Gerold-Schmidt Rz. 69 zu § 122. ») K G J W 36, 2811; H a r t m a n n Anm. 2; Gerold-Schmidt Rz. 75 zu § 122. » ) Düsseldorf J W 36, 1302; O L G N a u m b u r g J W 36, 345; Gerold-Schmidt Rz. 74 zu § 122. 3«) So auch Gerold-Schmidt Rz. 76 zu § 122. 3 0 K G J W 32, 2169, 2913; 35, 800; S c h l H O L G SchlHA 70, 120 = JVB1. 70, 232. 32 ) K G J W 35, 1706; Gerold-Schmidt Rz. 17 zu § 122. 33 ) K G J W 34, 372; JVB1. 39, 189. Vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 37: Die Beiordnung gibt keinen Freibrief, offensichtlich überflüssige oder zwecklose M a ß n a h m e n auf Kosten des Staates zu ergreifen, a u ß e r das Gericht hat ausdrücklich f ü r die betreffende Vollstreckungsmaßn a h m e die Beiordnung verfügt. 2

456

Gebühren des Armenanwalts

§123

Beispiel: Eine nicht arme Partei hätte aus einem Schuldtitel über 30 000 D M nicht in voller Höhe, sondern nur wegen eines Teilbetrages von 1 000 D M vollstreckt, wenn ihr die volle Vermögenslosigkeit des Schuldners von vornherein b e k a n n t war. Unter Beachtung des § 788 Abs. 2 Z P O — Notwendigkeit der Vollstreckungskosten — m u ß der gleiche Gesichtspunkt auch f ü r eine arme Partei m a ß g e b e n d sein. Das Vollstreckungsschutzverfahren bildet gebührenrechtlich eine besondere In- 2 7 stanz. Die Tätigkeit in diesem Verfahren wird durch die G e b ü h r des § 57 nicht abgegolten (vgl. dazu § 58 Rz. 27 ff). Die Beiordnung des Armenanwalts f ü r die Zwangsvollstreckung m u ß auch die Tätigkeit in dem Vollstreckungsschutzverfahren umfassen. Im Sinne des Verfahrens- u n d Armenrechts ist es dieselbe Instanz^). N u r für die Beschwerde im Vollstreckungsschutzverfahren bedarf der Armenanwalt einer besonderen Beiordnung (vgl. § 122 Rz. 16). Zu den G e b ü h r e n der Zwangsvollstreckung, die der Armenanwalt aus der Staats- 2 8 kasse verlangen k a n n , gehören auch die Eintragungen im Grundbuche, sei es auf G r u n d eines Vollstreckungstitels, zB die Eintragung einer Zwangshypothek (vgl. § 58 Rz. 35), oder auf G r u n d einer einstweiligen Verfügung die Eintragung eines Widerspruchs, Veräußerungsverbots usw.«). Dagegen erhält der Armenanwalt keine G e b ü h r für solche Eintragungsanträge, wenn er zB den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung mit einem solchen Eintragungsantrag verbindet (§ 941 ZPO). Das ist keine Vollstreckungsmaßnahme des RA u n d auch keine Tätigkeit im VollstreckungsverfahrenJ 6 ). Für den Antrag auf Eintragung einer Zwangshypothek sieht die Vergütung f ü r diese Tätigkeit die Vorschrift des § 58 (3/io) vor (vgl. auch die Erläuterungen zu § 58 Rz. 35). Auch die Tätigkeit des Armenanwalts bei der Mitwirkung zur Veröffentlichung 2 9 eines Urteils ist ein Akt der Zwangsvollstreckung u n d die G e b ü h r e n d a f ü r müssen ihm im Falle der Beiordnung für die Zwangsvollstreckung aus der Staatskasse erstattet werden (vgl. dazu § 58 Rz. 47). Sofern der Armenanwalt die Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen 3 0 betreibt, bestimmen sich seine G e b ü h r e n nach den Vorschriften des § 68 mit den ermäßigten Gebühren aus § 123. 6. Hebegebühr Wegen Entstehungs- u n d Erstattbarkeit der Hebegebühr vgl. § 22. Die Hebege- 31 b ü h r f ü r die E m p f a n g n a h m e der Streitsumme vom Prozeßgegner k a n n der Armenanwalt nicht aus der Staatskasse erstattet verlangen, da ihm nur solche G e b ü h r e n zustehen, die im R a h m e n der gesetzlichen Vollmacht liegenJ'). A u s n a h m e n sind aber möglich, wenn die Sache eilig u n d die Rechtslage schwierig war 38 ). 34

) So auch bereits Gaedeke a.a.O. S 186. 35) KG HRR 29 Nr. 1530; JW 31, 2035; Stettin JW 32, 202. Vgl. auch Rz. 8, 10 zu § 59. 36) Düsseldorf BB1. 30, 6; OLG Hamm BB1. 32, 77. 37) KG JW 35, 798; Braunschweig JW 29, 145; Hamm BB1. 30, 77; Gerold-Schmidt Rz. 77; RS Rz. 15, je zu § 122. 38) So auch RS Rz. 15; Gerold-Schmidt Rz. 77, zu § 122.

457

§ 123

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

32

Auch die A n n a h m e und Weiterleitung einer Biirgschaftsurkunde zwecks Sicherheitsleistung gehört nicht hierzu. Die d a d u r c h entstehenden Kosten hat nicht die Staatskasse zu erstatten 39 ).

33

Ebenso auch nicht die E m p f a n g n a h m e u n d Hinterlegung von Wertpapieren für die Erwirkung eines Arrests 40 ). Schließlich k a n n der Armenanwalt auch keine Gebühr fordern f ü r einen Antrag an die Hinterlegungsstelle auf Auszahlung des vom Gegner hinterlegten Betrages 41 )Ü b e r h a u p t ist die Hebegebühr eine der umstrittensten G e b ü h r e n , bei deren Anwendung m a n gewisse Vorsicht walten lassen sollte. 7. Auslagen

34

Freilich hat der Armenanwalt auch Anspruch auf Ersatz seiner Auslagen. Diesen Erstattungsanspruch regelt die Vorschrift des § 126, so d a ß auf die Erläuterungen dort verwiesen werden kann. Die Vorschußregelung f ü r den Armenanwalt auf Auslagenersatz sieht § 127 vor (vgl. die Erläuterungen dort).

III. Die Berechnung der Gebühren bei teilweiser Bewilligung des Armenrechts 35

Eine Beschränkung des Armenrechts k a n n auf mehrfache Weise erfolgen: 1. Das Armenrecht wird nur f ü r einen bestimmten Teilbetrag bewilligt, weil die Klage darüber hinaus keinen Erfolg verspricht. 2. Das Armenrecht wird nur f ü r einen Bruchteil ('A, ZA, '/) des gesamten Ge- 1 bührenanspruchs bewilligt werden (vgl. auch dazu § 121 Rz. 18 und § 123 Rz. 37). Dazu bestimmt § 115 Abs. 2 ZPO folgendes: „Ist die arme Partei imstande, die Kosten des Prozesses ohne Beeinträchtigung des für sie und ihre Familie notwendigen Unterhalts zu einem Teil zu bestreiten, so ist zu bestimmen, daß wegen dieses Teiles die einstweilige Befreiung von der Berichtigung der Gerichtskosten sowie der Gebühren und Auslagen des Anwalts nicht eintritt; das Gericht kann statt dessen auch bestimmte Gebühren ganz oder teilweise von der Befreiung ausnehmen. In den Fällen des § 114 Abs. 2 Satz 2, Abs. 3 und 4 gelten diese Vorschriften entsprechend." Die Rechtsprechung war zu der Frage, wie die Gebühren bei der Bewilligung des Bruchteils des Armenrechts zu berechnen sind, nicht einheitlich. Es hatten sich drei verschiedene Meinungen herausgebildet (vgl. dazu die Beispiele 1. Aufl. S 1280). Die BRAGO hat nun diese Frage im § 124 geregelt, womit zahlreiche Zweifelsfragen geklärt worden sind. Der Armenanwalt erhält danach von den Stäzen des § 123 den der Armenrechtsbewilligung entsprechenden Bruchteil')-

II. Die Berechnung Nach der Vorschrift des § 124 erhält der RA einen entsprechenden Bruchteil der 2 Armenanwaltsgebühren, und zwar nach dem Teil, für den das Armenrecht bewilligt worden ist. Beispiele: 1. Armenrecht zur Hälfte bewilligt. Streitwert 15 000 DM; Gebühr nach der Ar- 3 menanwaltstabelle (§ 123) 326 DM, die erstattbare Gebühr = 'A, also 163 DM. i) Vgl. B G H Z 24, 143 = N J W 57, 1112 ( L ) ; K G R p f l e g e r 6 2 , 41 (L).

461

§124

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

2. Bei einem Streitwert von 10 000 D M würde die erstattbare G e b ü h r nur 139 D M betragen (V, von 278 DM). 3. Streitwert 7 500 D M , G e b ü h r nach § 123 = 254 D M . Armenrecht ist zu 2/3 bewilligt. Der RA erhält als volle G e b ü h r d e m n a c h aus der Staatskasse 169,40 D M . 4. Streitwert 5 000 DM. Das Armenrecht ist zu A bewilligt. Die '"A» Armenanwaltsgebühr nach diesem Streitwert beträgt 209 D M . Die Hälfte davon, weil ja nur zur Hälfte das Armenrecht bewilligt wurde, beträgt 104,50 D M . 5. Streitwert 1 500 D M . Das Armenrecht ist zu 7j bewilligt. Die '%o Armenanwaltsgebühr nach diesem Streitwert beträgt 92 D M , % davon sind 61,40 D M . 6. Wenn der Rechtstreit aber wegen der gesamten Forderung geführt wird, der Arm e n a n w a l t also für den Bruchteil, der nicht durch die Armenrechtsbewilligung gedeckt wird, wie ein Wahlanwalt tätig wird, so erfolgt die Berechnung des armenrechtsfreien Teils wie folgt: Streitwert 10 000 D M . Das Armenrecht ist zu 'A bewilligt. Die Partei hat von der vollen N o r m a l g e b ü h r des § 11 den armenrechtsfreien Teil zu zahlen?). Diese N o r m a l g e b ü h r f ü r den Teil von 5 000 D M beträgt 254 DM. Somit hat die Partei 254 D M zu zahlen. Zahlt die Partei dafür nicht den Vorschuß, so k a n n der R A das M a n d a t kündigen?). 4 Ist das Armenrecht mehreren Streitgenossen zu verschiedenen Bruchteilen bewilligt worden, so ist die Staatskasse verpflichtet, dem Armenanwalt die einheitlich anfallenden Gebühren nach dem höchsten bewilligten Bruchteil zu zahlen 4 ). Dies gilt auch f ü r die 'An erhöhte Prozeßgebühr f ü r jeden weiteren vertretenen Streitgenossen (§ 6 Abs. 1 Satz 2). 5

Die Auslagen sind dem A r m e n a n w a l t auch d a n n nach der allgemeinen Regelung des § 126 aus der Staatskasse zu erstatten, wenn f ü r die Gebühren selbst gemäß § 124 das Armenrecht nur f ü r einen Bruchteil bewilligt worden ist. Die Vorschrift des § 124 bestimmt ausdrücklich, d a ß der Armenanwalt lediglich die G e b ü h r e n des § 123 nur zu einem entsprechenden Bruchteil f o r d e r n kann. Sie findet also keine A n w e n d u n g auf die anfallenden Auslagen, deren Notwendigkeit nach § 126 zu beurteilen ist').

6

Die aus der Staatskasse an den A r m e n a n w a l t zu zahlende Vergütung beträgt auch in den Fällen des § 124 mindestens 10 D M je Gebühr (§ 11 Abs. 2 Satz 1) ). Vgl. zum G e b ü h r e n a n s p r u c h bei Bruchteil-Armenrecht auch Rz. 18 zu § 121 u n d Rz. 37 zu § 123. Wegen G e b ü h r e n des Armenanwalts bei Bewilligung des Armenrechts nur f ü r einen Teil des Anspruchs s. die Erläuterungen zu § 121 Rz. 17 u n d § 123 Rz. 36. Wegen G e b ü h r e n a n s p r u c h bei Ratenarmenrecht s. Rz. 19 zu § 121 u n d Rz. 38 zu § 123. Wegen G e b ü h r e n a n s p r u c h bei Bewilligung des Armenrechts nur f ü r die RAoder Gerichtskosten vgl. Rz. 39 zu § 123.

2) 3 ) o) 5) 6 )

Gerold-Schmidt Rz. 6. Vgl. auch die Erläuterungen zu § 121 Rz. 18 u n d § 123 Rz. 37; H a r t m a n n A n m . 2. RS Rz. 4; Gerold-Schmidt Rz. 5. A. M . Gerold-Schmidt Rz. 4; H a r t m a n n A n m . 2; RS Rz. 5. Gerold-Schmidt Rz. 9; H a r t m a n n A n m . 2.

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Verschulden eines beigeordneten Rechtsanwalts

§125

§ 125. Verschulden eines beigeordneten Rechtsanwalts Hat der beigeordnete Rechtsanwalt durch schuldhaftes Verhalten die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts veranlaßt, so kann er Gebühren, die auch für den anderen Rechtsanwalt entstehen, nicht fordern. Obersicht: I. il.

Bedeutung der Vorschrift W a s ist s c h u d h a f t e s V e r h a l t e n ? 1. A l l g e m e i n e s 2. T o d d e s R A 3. V e r w e i s u n g a n ein a n d e r e s G e r i c h t . . . 4. A u s s c h e i d e n a u s d e r A n w a l t s c h a f t . . . 5. E r l ö s c h e n des M a n d a t s

Rz. 1 2 2 3 4 5 6

Rz. ii) b)

K ü n d i g u n g d u r c h die Partei . . . . Mandatsniederlegung durch den RA V e r s c h u l d e n s p r ü f u n g n u r im Erstattungsverfahren G e b ü h r e n des n e u e i n t r e t e n d e n A r menanwalts

6 7 8 9

I. Bedeutung der Vorschrift Die Bestimmung soll verhindern, d a ß die Bundes- oder Landeskasse dieselben 1 G e b ü h r e n an zwei verschiedene RA, also doppelt bezahlen muß, wenn die Beiordnung des zweiten R A wegen eines schuldhaften Verhaltens des zuerst beigeordneten RA erforderlich geworden ist.

II. Was ist schuldhaftes Verhalten? 1. Allgemeines Das Gesetz bestimmt nicht, welches Verhalten des RA im einzelnen als schuldhaft 2 anzusehen ist, vielmehr m u ß dies von Fall zu Fall entschieden werden. Die Begr. (1. Aufl. S 1283) weist d a r a u f h i n , d a ß der R A sich schon anläßlich der Beiordnung schuldhaft verhalten k a n n , zB wenn er nicht auf U m s t ä n d e hinweist, die ihn voraussichtlich hindern werden, die Angelegenheit zu Ende zu führen. Die Rechtsprechung zu dieser Frage ist nicht einheitlich (vgl. Rz. 5). D a der Begr. keine Gesetzeskraft zuk o m m t , so wird man auch hier diese Frage nur von Fall zu Fall entscheiden können, ob ein RA schuldhaft gehandelt hat oder nicht. Wie ferner die Begr. sagt, ist auch das schon ein schudlhaftes Verhalten des RA, wenn er das Vertrauensverhältnis zu der Partei stört. W a n n dies der Fall sein wird, wird sich nicht immer einfach entscheiden lassen (vgl. dazu unten Rz. 6). Im übrigen gelten hier die gleichen Grundsätze, die f ü r den Wahlanwalt gelten, auch f ü r den Armenanwalt. Diese G r u n d s ä t z e sind bereits in den Erläuterungen zu § 13 Abs. 4 behandelt. Es k a n n dazu auf die Erläuterungen zu § 13 Abs. 4 Rz. 92 ff verwiesen werden. Im einzelnen ist dazu noch folgendes zu sagen: Grundsatz ist: Jede Beiordnung entspricht grundsätzlich einem Ersatzanspruch an die Staatskasse 1 ). D a r a u s ist zu folgern, d a ß grundsätzlich jedem beigeordneten Armenanwalt die f ü r ihn erwachsenden G e b ü h r e n u n d Auslagen zu erstatten sind, sofern nicht besondere Versagungsgründe vorliegen 2 ). D a aber die ersatzpflichtige Gegenpartei gegenüber der Staatskasse nur im R a h m e n des § 91 Z P O die Kosten meh1) K G J W 35, 3572; M D R 59, 937 = AnwBl. 60, 120 u n d bereits G a e d e k e a.a.O. S 140; Gerold-Schmidt Rz. 4. 2) G a e d e k e a.a.O. S 140.

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§125

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

rerer RAe zu erstatten hat, so wird das Gericht stets gesondert zu prüfen haben, ob dem ausscheidenden RA ein Anspruch auf Erstattung seiner verdienten Armenanwaltsgebühren zusteht oder nicht, wobei die Bestimmungen des § 628 BGB und § 13 Abs. 4 BRAGO zu berücksichtigen sind, ob also der RA vertragswidrig gehandelt hat oder nichts). Man wird also zunächst zu prüfen haben, ob der Wechsel des Armenanwalts notwendig war oder nicht 4 ). Ein solcher Wechsel des Armenanwalts kann eintreten: a) durch den Tod des Armenanwalts, b) Verweisung der Sache an ein anderes Gericht, bei dem der Armenanwalt nicht zugelassen ist, c) Ausscheiden aus der Rechtsanwaltschaft in der Regel, d) Erlöschen des Mandats. Grobes Verschulden ist nicht notwendig^). Für die Anwendbarkeit des § 125 kommt es nur darauf an, ob das Verhalten des beigeordneten RA die spätere Beiordnung eines anderen RA in irgend einer Weise erforderlich gemacht hat und ob ihm dieses Verhalten als Verschulden anzurechnen ist. Dazu zählt jedes schuldhafte Verhalten des RA, das ihm die Durchführung des übernommenen Auftrages unmöglich macht. Das Verschulden des RA braucht nicht ein solches im Rahmen des Rechtstreits selbst betreffen. Eine solche Auffassung würde, so sagt das KG 6 ), eine nicht gerechtfertigte Einschränkung des Anwendungsbereichs des § 125 darstellen. Die Partei kann einen ihr durch Verschulden des RA entstandenen Schaden in gleicher Weise geltend machen wie gegenüber einem Wahlanwalt. Die Staatskasse kann aber nicht wie ein Bürge die Einrede des § 768 BGB erheben 7 ). 2. Tod des Rechtsanwalts 3

4

Bei Tod des RA ist die Notwendigkeit des Anwaltswechsels zu bejahen, auch wenn der Tod durch Selbstmord eintritt 8 ). 3. Verweisung an ein anderes Gericht Bei der Verweisung an ein anderes Gericht, bei dem der Armenanwalt nicht zugelassen ist, ist ebenfalls ein Anwaltswechsel notwendig und ein Verschulden des Armenanwalts ausgeschlossen. Auch wenn der Armenanwalt den Aufenthalt des Beklagten als unbekannt bezeichnet, obwohl er durch eine Anfrage beim Einwohnermeldeamt des letzten Wohnortes den Wohnsitz hätte feststellen können und infolgedessen die Klage vor einem örtlich unzuständigen Gericht erhebt, handelt er deswegen noch nicht schuldhaft i. S. des § 1259). Denn die Bewilligung des Armenrechts und Beiordnung des RA erfolgt erst nach Sachprüfung des Gerichts. 3) München BayZ 24, 312; Hamburg JW 36, 620; Celle D R Z 36, 125; Hamm JW 35, 620; Hamburg JW 36, 2128; a. M. Bach JW 35, 789; Eckert JW 35, 2240. 4 ) Nur bei einem Wechsel des beigeordneten RA kommt § 125 zur Anwendung, vgl. auch Gerold-Schmidt Rz. 2. 5) OLG Frankfurt Büro 63, 703; RS Rz. 3. 6) KG Rpfleger 62, 41 (L). 7 ) Aber der Einwand eines nicht erfüllten Gebührentatbestandes oder der Unwirksamkeit des abgeschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrages ist möglich: Hartmann Anm. 1; GeroldSchmidt Rz. 3. 8) Vgl. auch Rechtspr. bei Rz. 111 und Fn. 110 f zu § 13. A. M. OLG Hamm JVB1. 67, 19 = Büro 67, 137 = M D R 67, 139 (L); LG Essen JVB1. 71, 263 = KostRsp. Nr. 2 mit abl. Anm. von H. Schmidt; RS Rz. 4.

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Verschulden eines beigeordneten Rechtsanwalts

§125

4. Ausscheiden aus der Anwaltschaft Bei Ausscheiden aus der Rechtsanwaltschaft ist in der Regel ein Anwaltswechsel 5 notwendig. Hier kann unter Umständen ein schuldhaftes Verhalten in Frage kommen. Der Ansicht aber, daß der RA, wenn er seine Zulassung freiwillig aufgibt, zB bei Einberufung in den Staatsdienst, damit grundsätzlich seinen Gebührenanspruch an die Staatskasse insofern verliert, als die gleichen Gebühren auch für den neuen Armenanwalt entstehen' 0 ), kann nicht gefolgt werden 11 ) (vgl. auch § 13 Rz. 104). Bis zur Klärung, ob und welche Gebühren durch den anderen Armenanwalt nochmals verdient werden, kann die Festsetzung für den ausscheidenden RA ausgesetzt werden 12 ). Maßgebend wird hier sein, ob der RA damit rechnen konnte, seine Zulassung aufgeben zu müssen. Er hätte dies dem Gericht sofort mitteilen müssen u). Wenn aber der RA sich um Aufnahme in den Staatsdienst beworben hat und sich noch nicht übersehen läßt, ob und wann seiner Bewerbung stattgegeben werden wird, so steht ihm der Gebührenanspruch zu14). Es ist dem KG 15 ) zuzustimmen, daß dem Armenanwalt die vollen Gebühren bis zu seinem Ausscheiden zustehen, wenn der Umstand, daß er aus der Anwaltschaft ausscheiden werde, erst während des Prozesses spruchreif wird. Gibt ein RA aus eigenem Entschluß die Zulassung bei dem Prozeßgericht auf, um anderswo eine Praxis zu begründen, nur weil er sich eine wirtschaftliche Besserung erhofft, so kann er von seinem Mandanten keine Gebühren verlangen, die dieser an seiner Stelle notwendige zweite RA noch einmal zu fordern berechtigt ist. Infolgedessen kann auch der auf solche Weise ausscheidende Armenanwalt die Gebühren nicht aus der Staatskasse erstattet erhalten 16 ). Ein schuldhaftes Verhalten des RA i. S. dieser Vorschrift liegt aber nicht vor, wenn im Laufe des Rechtstreits infolge der erfolgreichen Bewerbung des Armenanwalts auf Zulassung bei einem anderen Gericht auf seinen Antrag seine Zulassung erlischt, so daß ein anderer Armenanwalt der Partei beigeordnet werden muß 17 ). Wenn das Ausscheiden des Armenanwalts zwangsweise erfolgt, aber durch sein Verschulden, so liegt ein schuldhaftes Verhalten im Sinne des § 125 vor, das den Verlust des Gebührenanspruchs zur Folge haben kann'»), zB wenn der Armenanwalt aus der Anwaltschaft durch Urteil des Ehrengerichts ausgeschlossen oder wegen Verdachts einer strafbaren Handlung verhaftet wird 19 ). Kein freiwilliges Ausi") KG JW 34, 2496; 35, 1044, 1702, 2633; NJW 53, 427; Hamm JW 35, 3399; München JVB1. 34, 97; Hamburg 36, 620; Gaedeke JW 35, 2240; Weber JW 35, 2240; Kubisch JW 35, 2297; OLG Stuttgart AnwBl. 55, 214; Frankfurt Büro 55, 402; LG Oldenburg AnwBI. 55, 215; SchlHOLG SchlHA 54, 152 für Einberufung in den Justizdienst; a. M. Köln JW 37, 561 ; Düsseldorf JW 36, 616; Königsberg JW 35, 1726; Dresden DR 39, 1723; OLG Düsseldorf Rpfleger 56, 22; OLG Stuttgart AnwBl. 55, 214. Wegen Einberufung in den Justizdienst auf Bewerbung des Armenanwalts s. auch OLG Neustadt Büro 59, 72. 11) Vgl. auch BGH NJW 57, 1152 u. RS Rz. 5. 12) OLG Frankfurt Büro 75, 1613; KG JVB1. 39, 71; OLG Dresden JVB1. 39, 199. 13) KG JW 35, 3573; RG 33, 379; OLG München BayJMBl. 53, 71; LG Oldenburg AnwBl. 55,215. S. auch Fn. 17. i") BGH NJW 57, 1152. Vgl. aber auch OLG Nürnberg Rpfleger 56, 266 = MDR 54, 429. 15) AnwBl. 55,213; ebenso BGH NJW 57, 1152 und OLG Braunschweig NdsRpfl. 58, 236. io) OLG Hamm JVB1. 35, 319; Büro 55, 191; KG JW 35, 2293; Düsseldorf JW 36, 616; OLG Frankfurt Rpfleger 54, 646 ausführlich; a. M. Naumburg JW 35, 1801. i') OLG Hamburg Rpfleger 62, 234 (L). 18) OLG Düsseldorf JW 37, 828; KG JW 35, 3646; 36, 739. i«) KG JW 35, 3646; 36, 739; Gaedeke a.a.O. S 148; OLG Düsseldorf JW 37, 833; OLG Hamm Büro 54, 286.

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§125

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

scheiden aus der Anwaltschaft liegt aber dann vor, wenn der RA infolge Krankheit oder Alters außerstande ist, seinen Beruf weiterhin auszuüben 20 ), nach Lage des Falles auch aus wirtschaftlichen Gründen 2 ')- Es kann dem RA auch nicht zugemutet werden, mit der Übernahme eines Mandats die Verpflichtung zu übernehmen, seine Zulassung als RA bis zur restlosen Erledigung der Angelegenheit beizubehalten 22 ).

6

7

5. Erlöschen des Mandats Hier ist zu prüfen, auf wessen Veranlassung das Mandat zum Erlöschen gebracht wurde. a) Kündigung durch die Partei Kündigt die Partei den Auftrag, so ist zu prüfen, ob diese nicht durch vertragswidriges Verhalten des RA dazu veranlaßt war, zB bei Fristversäumnis, Lässigkeit in der Wahrnehmung der Rechte der Partei, oder wenn der RA ohne zwingende sachliche Gründe Tatsachen vorträgt, von denen er weiß, daß sie seiner Partei schaden können oder wenn er bei persönlicher Verhinderung nicht für die erforderliche Vertretung sorgt23). Wenn die Kündigung des Mandats durch die Partei unbegründet war, so hat die arme Partei keinen Anspruch auf Beiordnung eines neuen RA24). Erfolgt die Beiordnung trotzdem, so entstehen für den neuen RA ebenfalls Gebühren 2 '). b) Mandatsniederlegung durch den RA Wenn die arme Partei durch unangemessenes oder gar vertragswidriges Verhalten die Niederlegung verschuldet, wird der Ersatzanspruch dadurch nicht berührt, so zB wenn die Partei durch übertriebene Vorwürfe das für ein gedeihliches Zusammenarbeiten erforderliche Vertrauensverhältnis zerstört^), jedoch muß der RA die Nachprüfung der Gründe für sein Ausscheiden ermöglichen 27 ). Erfolgt dagegen die Niederlegung des Mandats durch den RA wegen angeblicher Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, so liegt schuldhaftes Verhalten des RA vor und er verliert den Ersatzanspruch 28 ). In solchen Fällen wird man nur bei Ausnahmen eine befugte Mandatsniederlegung erblicken können. An sich obliegt die Prüfung, ob die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung aussichtslos ist, dem Gericht, das durch die Beiordnung und ihre Beibehaltung die gegenteilige Auffassung zu erkennen gibt. Wenn sich zudem durch späteren Sieg der armen Partei die Beurteilung durch den Armenanwalt als unzutreffend herausstellt, dann kann nicht gut die Staatskasse mit diesen objektiv überflüssigen Mehrkosten belastet werden 29 ). Wenn jedoch die Mandatsniederle2 0) KG JW 35, 2293; wegen hohen Alters: OLG Hamm JVB1. 35, 319; KG JW 36, 342; Gerold-Schmidt Rz. 11. 2 0 OLG Neustadt MDR 59, 138; RS Rz. 5; Gerold-Schmidt Rz. 10. 22 ) BGH NJW 57, 1152; OLG Düsseldorf Rpfleger 56, 22; RS Rz. 5 mit weit. Nachw. 23) Vgl. zB KG JW 35, 1799; 36, 342; 38, 2486; Kiel JW 37, 1655; OLG Hamm NJW 49, 517; Büro 54, 286; 56, 385. Wegen Zulässigkeit der Beschwerde des Armenanwalts gegen seine Abberufung und Überwachungsrecht der Tätigkeit des RA durch das Gericht s. OLG Hamm NJW 49, 517 = Rpfleger 48/49, 220. 2 *) OLG Hamm Büro 56, 385; RS Rz. 6; Gerold-Schmidt Rz. 8. 2 5) Vgl. dazu OLG Braunschweig NJW 62, 256 = NdsRpfl. 62, 57. KG JW 30, 2076; OLG Celle AnwBl. 57, 262. 27 ) Hartmann Anm. 2. KG JW 35, 1703; OLG Nürnberg MDR 59, 429; OLG Düsseldorf AnwBl. 51, 133. 2 ») So auch Gaedeke a.a.O. S 145.

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Auslagen des Armenanwalts

§126

gung deswegen erfolgt, weil die Partei dem R A Tatsachen anvertraut hat, die ihn in Konflikt mit seinen anwaltlichen Pflichten bringen u n d deren Kenntnis das Gericht zur Entziehung des Armenrechts veranlassen würde, so kann hier von einem schuldhaften Verhalten nicht mehr die Rede sein. Es genügt jedoch nicht, d a ß der RA seine Entlassung nachsucht u n d wegen der G r ü n d e sich auf seine Schweigepflicht beruft. Er m u ß vielmehr mindestens glaubhaft machen, in welcher Richtung seine G r ü n d e liegen, u n d m u ß so eine Nachprüfung seines Verhaltens ermögliche^«). Im übrigen ist das Gericht nicht befugt im Armenrechtsverfahren festzustellen, 8 d a ß dem beigeordneten RA kein G e b ü h r e n a n s p r u c h gegen die Landeskasse zusteht. Diese N a c h p r ü f u n g hat lediglich im Erstattungsverfahren gemäß §§ 121 ff zu erfolgen. Stellt das Gericht trotzdem unbefugt fest, d a ß dem Armenanwalt kein Gebührenanspruch zusteht, so ist gegen einen solchen Beschluß die Beschwerde zulässig, die zur A u f h e b u n g der angefochtenen Entscheidung führen muß 3 '). Der neu eintretende Armenanwalt, auf dessen Beiordnung die arme Partei An- 9 spruch hat 12 ), erhält sämtliche ihm zustehenden G e b ü h r e n aus der Staatskasse, o h n e Rücksicht auf die G r ü n d e , die zu dem Wechsel geführt h a b e n " ) . Es gibt keine Bestimmung, d a ß in einer Sache nicht mehrere, n a c h e i n a n d e r beigeordnete A r m e n a n wälte die bei ihnen entstandenen G e b ü h r e n aus der Staatskasse erhalten d ü r f e t " ) . Der Gebührenverlust des zunächst beigeordneten RA tritt nur ein, wenn ein Verschulden dieses R A vorliegt u n d deswegen ein neuer Armenanwalt beigeordnet werden m u ß , u n d nur insoweit, als dieselben Gebühren f ü r den zweiten A r m e n a n walt nochmals anfallen 35 )- Dies wird sich häufig erst am Ende der Instanz feststellen lassen«).

§ 126. Auslagen des Armenanwalts (1) Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der armen Partei nicht erforderlich waren. Nicht zu vergüten sind die Mehrkosten, die dadurch entstehen, daß der Rechtsanwalt seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort hat, an dem sich das Prozeßgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet; dies gilt nicht, wenn ein Rechtsanwalt beigeordnet wird, der weder bei dem Prozeßgericht noch bei einem Gericht zugelassen ist, das sich an demselben Ort wie das Prozeßgericht befindet. (2) Ob eine Reise erforderlich ist, stellt das Gericht des Rechtszugs auf Antrag vor Antritt der Reise fest. Die Feststellung, daß die Reise erforderlich ist, ist für das Festsetzungsverfahren (§ 128) bindend.

M) 31) 32) 33) 34) 35) 36)

KG JW 36, 342, 2161; vgl. auch KG JW 30, 2076. OLG Düsseldorf Rpfleger 56, 43. OLG Nürnberg Büro 62, 355. K G J W 3 5 , 3573;37,2237. KG M D R 59, 937 = AnwBl. 60, 120. Gerold-Schmidt Rz. 18; RS Rz. 7. Gerold-Schmidt Rz. 18; RS Rz. 7.

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§ 126

Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : V e r g ü t u n g in A r m e n s a c h e n

Vorbemerkung: Die Vorschrift regelt den Ersatz der Auslagen, insbesondere der Reisekosten. Übersicht: 1. B e d e u t u n g d e r V o r s c h r i f t II. Die e r s t a t t b a r e n A u s l a g e n 1. A l l g e m e i n e s Materialbeschaffung Dolmetscher Fälligkeit d e r A u s l a g e n 2. B e s c h a f f u n g von Beweismitteln Detektivkosten 3. Sonstige A u s l a g e n PKW-Reise-Kosten Schreibauslagen Fernsprechgebühren B e i o r d n u n g in m e h r e r e n A n g e l e g e n h e i ten Übersetzungskosten Vollmachtsbeglaubigung 4. U m s a t z s t e u e r III. R e i s e k o s t e n

Rz. 1 2 2 3 4 5 6 7 8 9 10 II 12 13 14 15 16

1. 2. 3.

4.

Z u m Prozeßgericht I n f o r m a t i o n s r e i s e n des R A Andere auswärtige T e r m i n e F e s t s t e l l u n g nach Abs. 2 Beschwerderecht Keine Anlragsberechtigung der Gegenpartei u n d d e r Staatskasse A n h ö r u n g der Staatskasse Antragsverfahren A n w e n d u n g auf P f l i c h t v e r t e i d i g e r in Strafsachen und ähnlichen Verfahren . Vorschußrecht Höhe der Reisekosten B e i o r d n u n g eines a u s w ä r t i g e n R A . . . Teilarmenrecht Bruchteilsarmenrecht Rückwirkende Armenrechtsbewilligung

Rz. 16 17 18 18 19 20 20 21 22 23 24 25 26 27 28

I. Bedeutung der Vorschrift') 1

N a c h Abs. 1 Satz 1 werden Reisekosten nicht vergütet, wenn die betreffende Reise nicht erforderlich war. D a ß dieser Rechtssatz nicht nur f ü r Reisekosten, sondern f ü r alle Auslagen gilt, ist im Abs. 1 Satz 1 zum Ausdruck gebracht. Der Armenanwalt hat ein Interesse d a r a n , vor Antritt der Reise zu erfahren, ob er f ü r seine Auslagen aus der Staatskasse entschädigt wird. Auch die arme Partei hat ein berechtigtes Interesse d a r a n , rechtzeitig Klarheit darüber zu erlangen, ob eine Reise ihres Rechtsanwalts auf Staatskosten erfolgen kann. Abs. 2 sieht daher vor, d a ß auf Antrag vor Antritt der Reise gerichtlich festzustellen ist, ob die Reise erforderlich ist. Wird gerichtlich festgestellt, d a ß die Reise erforderlich ist, so ist diese Feststellung f ü r das Festsetzungsverfahren (vgl. § 128) bindend. Ist eine solche Feststellung nicht getroffen, so k a n n noch im Festsetzungsverfahren (§ 128) über die Verpflichtung der Staatskasse, die Reisekosten zu erstatten, entschieden werden. Die Vorschrift des § 126 regelt den Auslagenersatz wie folgt: 1. Auslagen, insbesondere Reisekosten, werden nicht vergütet, wenn sie zur sachgemäßen W a h r n e h m u n g der Interessen der armen Partei nicht erforderlich waren (Abs. 1 Satz 1). 2. Nicht zu vergüten sind die Mehrkosten, die d a d u r c h entstehen, d a ß der RA seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an einem Orte hat, an dem sich das Prozeßgericht oder eine auswärtige Abteilung dieses Gerichts befindet (Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz). 3. Mehrkosten, die dadurch entstehen, d a ß ein nicht bei dem Prozeßgericht zugelassener RA f ü r die arme Partei tätig werden muß 2 ), sind im Gegensatz zu Ziff. 2 zu ') § 126 ist n i c h t v e r f a s s u n g s w i d r i g , O L G H a m m R p f l e g e r 66, 158 = B ü r o 66, 501 = A n w B l . 66, 2 3 3 = J M B 1 N R W 66, 262. § 116 b A b s . 1 Z P O ; vgl. u n t e n Rz. 16.

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Auslagen des Armenanwalts

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erstatten, da insoweit Abs. 1 Satz 2, 1. Halbsatz nicht gilt (Abs. 1 Satz 2, 2. Halbsatz)}). 4. Da der Armenanwalt ein Interesse d a r a n hat, bereits vor Antritt der Reise zu erfahren, ob er f ü r seine Auslagen aus der Staatskasse entschädigt wird, so bestimmt Abs. 2, d a ß das Prozeßgericht des Rechtszuges auf Antrag vor Antritt der Reise feststellt, ob eine Reise des beigeordneten R A erforderlich ist, so zB für die W a h r n e h m u n g eines auswärtigen Beweistermins (Abs. 2 Satz 1). 5. Wird gerichtlich festgestellt, d a ß die Reise erforderlich ist, so ist diese Feststellung für das Festsetzungsverfahren (§ 128) bindend. Ist eine solche Feststellung nicht getroffen worden, so kann noch im Festsetzungsverfahren (§ 128) über die Verpflichtung der Staatskasse, die Reisekosten zu erstatten, entschieden werden (Abs. 2 Satz 2, vgl. auch Begr. 1. Aufl. S 1288 zu I Ziff. 2). Eine auf § 126 Abs. 2 gestützte Entscheidung des Strafrichters, d a ß eine Auslagen auslösende Maßn a h m e des Pflichtverteidigers nicht erforderlich ist, ist unanfechtbar 4 ).

II. Die erstattbaren Auslagens) 1. Allgemeines Zu den Auslagen gehören solche, die in der G e b O (§§ 25 ff) erwähnt sind. Es sind 2 aber auch andere Auslagen zu erstatten, die der Armenanwalt nach den Vorschriften des BGB über den Auftrag u n d den Geschäftsbesorgungsvertrag (§§ 670,«), 675) verlangen kann 7 ). D a r u n t e r fallen alle solchen A u f w e n d u n g e n , die der RA zum Zwecke der A u s f ü h r u n g des Auftrages gemacht hat u n d den U m s t ä n d e n nach f ü r erforderlich halten durfte, allerdings müssen sie aber stets im Interesse der Partei gemacht sein 8 ) u n d von ihr selbst hätten aufgewendet werden müssen 9 ). Zu den erstattbaren Auslagen gehören zweifellos die Postgebühren, die der Armenanwalt a u f w e n d e n mußte, was sich auch bereits aus § 26 (vgl. die Erläuterungen dort) ergibt i"). -1) Reisekosten des Armenanwalts zum auswärtigen Beweistermin sind d a n n zu erstatten, wenn die G e f a h r bestanden hat, d a ß der Partei aus der Abwesenheit des RA bei der Beweisa u f n a h m e ein Schaden erwachsen würde. Dies ist zu bejahen, wenn der Beweisaufnahme prozeßentscheidende Bedeutung beizumessen war u n d die a r m e Partei den Termin nicht selbst w a h r n e h m e n k o n n t e ; O L G Karlsruhe Büro 55, 111. 4 ) O L G Koblenz Rpfleger 76, 331 mit weiteren Nachweisen. 5 ) Vgl. Bauer Büro 57, 93. ") Der Text zu § 670 ist bei § 25 Rz. 3 erwähnt. 7 ) O L G Kiel J W 31, 1841; 32, 1165; K G J W 34, 913; 35, 801; 37, 824, 1427; vgl. auch die Erläuterungen zu § 25. ») K G 20 W 159/37; G a e d e k e a.a.O. S 106. O L G Kiel J W 3 1 , 1841; 32, 1165; K G J W 30, 3352; 34, 913. io) O L G Breslau J W 28, 2162; Kiel J W 32, 1165; K G J W 34, 913. Vgl. auch Erläuter. § 26. Die Versicherung über die Entstehung dieser Auslagen ist g e m ä ß § 104 Abs. 2 Z P O , der nach § 126 Abs. 1 B R A G O f ü r a n w e n d b a r erklärt worden ist, abzugeben. Hat der Kostenbeamte Zweifel an der H ö h e dieser Auslagen, so k a n n er die Vorlage der H a n d a k t e n verlangen; O L G Celle JVB1. 34, 281; LG H a m b u r g J W 32, 2185; K G JVB1. 39, 174; Dresden JVB1. 39, 174. Vgl. Zusammenst. JVBI. 36, 206 u n d Rz. 8 zu § 128. Die Zubilligung von Portoauslagen f ü r Übersendung von Schriftsätzen und Beschlüssen an die Partei n u r d a n n , wenn dies notwendig ist, wie LG Kleve AnwBl. 54, 88 meint, m u ß als zu kleinlich abgelehnt w e r d e n ; vgl. auch A n m . von Heinrich. Z w a r k ö n n e n Auslagen auf ihre Notwendigkeit geprüft werden (vgl. dazu § 128 Rz. 8), aber auch eine arme Partei hat Anspruch auf die Ü b e r s e n d u n g von Schriftsätzen u n d Beschlüssen durch die Post zu ihrer Unterrichtung.

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§126

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Freilich darf der Armenanwalt nur solche Auslagen aufwenden, die im Rahmen der Tätigkeit aufzuwenden sind, für die das Armenrecht bewilligt wurde"). Es können aber auch sonst Auslagen jeder Art in Frage kommen, zB die Exhuminierung einer Leiche'?). Dagegen sind die Mietgebühren für ausländische Gesetzeskommentare nicht zu erstatten i3). 3

Die Materialbeschaffung für den Prozeß obliegt der Partei. Die Aufwendungen hierfür muß sie selbst tragen 14 ). Die Kosten für die Herstellung von Fotokopien oder Lageplänen können erstattet werden 15 ). Vgl. auch unten Rz. 10 und Rz. 16, 18 zu § 27.

4

Die Kosten für die Zuziehung eines Taubstummen-Dolmetschers zwecks Verständigung der armen Partei mit dem ihr beigegebenen Armenanwalt werden nicht erstattet, es sei denn, daß eine besondere gerichtliche Anordnung dafür ergangen ist16). Die Beweislast dafür, daß Auslagen nicht zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der Partei notwendig waren, trägt die Staatskasse. Im Zweifel ist daher zugunsten des Armenanwalts zu entscheiden 163 ). Soweit der Staat nicht eintritt, behält der RA den Ersatzanspruch gegen den Auftraggeber.

5

Fällig werden die Auslagen zusammen mit den Gebühren 17 ). 2. Beschaffung von Beweismitteln

6

Im allgemeinen sind Auslagen für die Beschaffung von Beweismitteln, zB bei Ermittlung von Zeugen, Gebühren für die Beschaffung standesamtlicher Urkunden und Staatsangehörigkeitszeugnisse, nicht erstattbar; denn sie sind grundsätzlich von der Partei selbst zu besorgen1«). Auslagen des Armenanwalts für die Beschaf11) K G J W 30, 3352. 12) K G bei G a e d e k e KRspr. Nr. 682; Rz. 20 zu §25. Vgl. auch O L G Celle N d s R p f l . 66, 116; O L G N ü r n b e r g Rpfleger 66, 124 = AnwBI. 66, 16; LG Berlin Büro 66, 130. 13) Dresden J W 37, 828. ">) K G J W 30, 3352; 34, 913; Celle J W 28, 751. S. aber K G J W 36, 3588: Informationsbes c h a f f u n g durch den RA persönlich u n d Ersatz der Reisekosten d a f ü r . Aber auch OVG M ü n ster DVB1. 55, 469 verneint den Ersatz der Auslagen zur Beschaffung des Prozeßmaterials oder zur I n f o r m a t i o n des RA. 'S) K G J W 35, 800; 36, 948, 3588; Dresden H R R 37 Nr. 276; LG BerlinAnwBl. 54, 34. Vgl. auch § 25 Rz. 4 zu k u n d dort Fn. 9. Wegen Erstattung von Fotokopien von Reparaturrechnungen vgl. O L G Düsseldorf AnwBl. 57, 266. '«) K G J W 35, 792; 37, 560; Kiel J W 31, 2883; LG Berlin J W 37, 1091; G a e d e k e J W 35, 744; Bach J W 35, 792. Vgl. dazu ferner O L G Köln N J W 54, 1693 = Rpfleger 55, 52; O L G H a m b u r g M D R 72, 710; LG O l d e n b u r g J W 37, 1091; RS Rz. 10; H a r t m a n n KostG A n m . 1 A ; Gerold-Schmidt Rz. 10. Vgl. auch O L G H a m b u r g M D R 72, 7 1 0 = R p f l e g e r 72, 329 = AnwBI. 72, 237 = O L G S t § 126 B R A G O f ü r Kosten eines Dolmetschers, der mit der Übersetzung einer Eingabe des Angeklagten beauftragt war und deren Inhalt zugleich f ü r den Pflichtverteidiger und das Gericht bestimmt war. 16 ») O L G H a m b u r g M D R 72, 710; LG Krefeld Rpfleger 73, 261 mit weit. N a c h w . ; Schmidt N J W 70, 771. " ) So auch bereits G e l i n s k y / M e y e r 4. Aufl. S 48, 159. S. ferner Rz. 1, 3 ff, 34 f zu § 16. is) K G J W 30, 3352; 34, 914, insbesondere Kosten f ü r die Ermittlung von Zeugen, O L G Breslau JVB1. 32, 213; O L G H a m m N J W 65, 2123; O L G Karlsruhe Büro 75, 487; a. M. O L G Celle N J W 62, 1922 = N d s R p f l . 63, 13 = M D R 62, 998 (L)) f ü r den Fall, d a ß andernfalls Ausschluß des Beweismittels droht.

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Auslagen des A r m e n a n w a l t s

§ 126

fung von Zeugenanschriften sind aber jedenfalls dann als zur sachgemäßen Wahrnehmung der Interessen der armen Partei erforderlich anzusehen und demgemäß aus der Staatskasse zu vergüten, wenn dem Armenanwalt eine Frist gesetzt und der Ausschluß des Beweismittels zu besorgen war 19 ). Dagegen gehören Kosten, die die arme Partei selbst aufwenden muß, um Informationen erteilen zu können (zB für eine Auskunft des Einwohnermeldeamtes) selbst dann nicht zu den im Rahmen der Beiordnung erforderlichen und damit aus der Staatskasse zu erstattenden Auslagen, wenn der beigeordnete RA diese Kosten vorgeschossen hat2«). Gebühren für die Erteilung von Wohnungsauskünften aus den polizeilichen Melderegistern können erlassen werden. Es ist daher zweckmäßig, daß bei solchen Anfragen des Armenanwalts im Rechtstreit die Angabe des Gerichts und das Aktenzeichen beigefügt wird mit dem Hinweis, daß es sich um eine Armensache handelt. Alsdann werden Gebühren nicht erhoben. Detektivkosten im Eheprozeß sind zwar gemäß § 91 ZPO im allgemeinen erstatt- 7 bar (vgl. dazu die Erläuterungen Fn. 6 zu § 25). Eine Erstattung solcher Kosten seitens der Staatskasse findet aber nicht statt, wenn sich hierauf das Armenrecht nicht erstreckt 2 ')- Auch die arme Partei hat aber das Recht, einen Detektiv einzuschalten22). 3. Sonstige Auslagen Die Kosten eines Gerichtsvollziehers können nicht von der Staatskasse erstattet 8 verlangt werden, da es sich hier um besondere Gebühren handelt, für die eine Ersatzpflicht des Staates nicht in Frage kommt, wenn sie überhaupt erhoben werden; denn entweder ist das Armenrecht für die Zwangsvollstreckung bewilligt (vgl. Erläuterungen zu § 122 Rz. 16), dann entstehen keine GV-Gebühren«), andernfalls entsteht auch kein Erstattungsanspruch. Es ist daher erforderlich, im Zustellungsoder Vollstreckungsauftrag anzugeben, daß es sich um eine Armensache handelt. Zweckmäßig ist es auch, den Gerichtsbeschluß beizufügen; denn eine Rückerstattung der bereits gezahlten Kosten findet nicht statt. Zu den Auslagen gehören insbesondere Fahrten des RA mit seinem eigenen 9 Kraftwagen (vgl. dazu unten Rz. 16 sowie Rz. 12 ff zu § 28)24), aber nicht Fahrten innerhalb des Kanzleisitzes des Armenanwalts 25 ). Maßgebend ist nicht die amtliche i«) O L G Celle N J W 62, 1922 = M D R 62, 988 (L) = N d s R p f l . 63, 13. 20) LG Hildesheim N d s R p f l . 64, 201; 67, 179; LG Mainz KostRsp. Nr. 56. Eine A u s n a h m e m u ß aber d a n n gelten, wenn der A r m e n a n w a l t kostenmäßig im R a h m e n bleibende A u f w e n dungen, zB f ü r Lichtabdrucke zum Zwecke der sachgemäßen D u r c h f ü h r u n g des ihm erteilten Auftrages den U m s t ä n d e n nach f ü r notwendig halten durfte, O L G Düsseldorf J M B 1 N R W 62, 1 5 0 = KostRsp. Nr. 7 zu § 126. S. ferner O L G Karlsruhe Büro 65, 486. 2 0 O L G Düsseldorf J M B 1 N R W 53, 198; O L G N a u m b u r g J W 32, 1161. 22 ) O L G Karlsruhe Rpfleger 57, 45. Bauer Büro 57, 96 plädiert daher f ü r eine Erstreckung des Armenrechts auch auf die Detektivkosten. Auslagen, die der armen Partei durch Inans p r u c h n a h m e eines Detektivs zur Ermittlung des Vollstreckungsschuldners entstanden sind, müssen ihr oder, wenn sie vom A r m e n a n w a l t ausgelegt w o r d e n sind, diesem aus der Staatskasse ersetzt werden, LG Kiel AnwBl. 73, 307. « ) Willenbücher 16. Aufl. Rz. 62 S 327. Vgl. aber LG Mainz J W 32, 127. 2") BVerwG M D R 67, 245 (L) = JVB1. 67, 38 = BB 67, 520; O L G Celle AnwBl. 67, 210. 25) K G J W 35, 802, auch nicht bei Taxibenutzung zwecks Zeitersparnis; a.M. Breslau J W 29, 3181. Vgl. auch Rz. 9 ff zu § 28.

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§126

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Streckenkarte, sondern die tatsächlich gefahrenen P K W - K i l o m e t e r , j e d o c h müssen erhebliche A b w e i c h u n g e n begründet werden26). 10

S c h r e i b a u s l a g e n (vgl. E r l ä u t e r u n g e n z u § 2 7 ) w e r d e n d e m R A a u c h in s e i n e r E i g e n s c h a f t als A r m e n a n w a l t erstattet, j e d o c h ist der A u f w a n d m ö g l i c h s t n i e d r i g zu halten 2 7 ). D i e E r s a t z p f l i c h t d e r S t a a t s k a s s e w i r d d a n n b e j a h t , w e n n der R A der arm e n Partei s o l c h e A b s c h r i f t e n ( A b l i c h t u n g e n ) v o n P r o t o k o l l e n u n d E n t s c h e i d u n g e n erteilt, d i e a u c h d a s G e r i c h t k o s t e n l o s h ä t t e e r t e i l e n m ü s s e n 2 8 ) . D a z u g e h ö r e n d i e v o n G e r i c h t s k o s t e n frei z u e r t e i l e n d e n v o l l s t r e c k b a r e n A u s f e r t i g u n g e n z w e c k s Z u stellung 2 9 ), f e r n e r T e i l e der e r s t i n s t a n z l i c h e n A k t e n , w e n n sie v o m B e r u f u n g s a n w a l t benötigt werden30). Schreibauslagen für Abschriften oder Ablichtungen v o n Urkund e n , d i e v o n der e i g e n e n Partei b e i g e b r a c h t u n d d e m G e r i c h t v o r g e l e g t w e r d e n , s i n d v o m A r m e n r e c h t nicht u m f a ß t . Es ist S a c h e der Partei, d i e s e A b s c h r i f t e n a n f e r t i g e n u n d i h r e m B e v o l l m ä c h t i g t e n zur V e r f ü g u n g z u stellen. A u c h S c h r e i b a u s l a g e n für A b s c h r i f t e n a u s v o m G e r i c h t b e i g e z o g e n e n A k t e n s i n d g r u n d s ä t z l i c h n i c h t v o m Armenrecht umfaßt. D i e s e Abschriften sind v o n der Geschäftsstelle auf Antrag geb ü h r e n f r e i z u erteilen. D i e S c h r e i b a u s l a g e n d e s A r m e n a n w a l t s d a f ü r s i n d d e s h a l b als nicht e r f o r d e r l i c h a n z u s e h e n 3 1 ) - D a s O L G H a m m 3 2 ) l e h n t d i e Erstattbarkeit der

2") O L G Celle AnwBl. 67, 210. 27) O L G F r a n k f u r t N J W 68, 173; O L G M ü n c h e n N J W 57, 1157 = AnwBl. 58, 96; O L G Zweibrücken JVB1. 66, 233 = Büro 66, 684. Wird der A r m e n a n w a l t erst im Laufe des Prozesses beigeordnet, so k a n n er er bei der Gelt e n d m a c h u n g von Kosten f ü r Ablichtungen aus der Gerichtsakte nicht d a r a u f verwiesen werden, er hätte sich zur Kostenersparnis über den bisherigen Prozeßverlauf vom M a n d a n t e n mündlich unterrichten lassen k ö n n e n . Der RA k a n n auch grundsätzlich nicht auf die Möglichkeit handschriftlicher Notizen (statt Ablichtungen) verwiesen w e r d e n ; vgl. O L G F r a n k f u r t AnwBl. 78, 183. 2 «) O L G Kiel J W 31, 2383; K G J W 34, 913; 35, 800. Vgl. auch O L G H a m m JVB1. 65, 141 = B ü r o 65, 483. S. aber O L G N ü r n b e r g Büro 62, 282. Wegen der von Gerichtskosten frei zu erteilenden vollstreckbaren Ausfertigung vgl. O L G M ü n c h e n N J W 57, 1157 = AnwBl. 58, 96. 2«) O L G M ü n c h e n N J W 57, 1157 = AnwBl. 58, 96. 30) LG Kleve AnwBl. 74, 87; H a r t m a n n A n m . 2. Wenn das BVerwG JVB1. 65, 86 als nicht erstattbar, da zur sachgemäßen W a h r n e h m u n g der Interessen der armen Partei nicht erforderlich, die Kosten f ü r die Herstellung von Ablichtungen gerichtlicher Entscheidungen, die in der jeweiligen Instanz erlassen werden, ansehen will, so m u ß diese Auffassung als zu eng abgelehnt werden. Vgl. dazu auch die abl. A n m . von Luetgebrune zu dieser Entscheidung KostRsp. Nr. 27 zu § 126. 31) O L G N ü r n b e r g JVB1. 59, 234. Abzulehnen ist die Ansicht des O L G N ü r n b e r g Büro 62, 282 = BayJMBl. 63, 46, wenn es dem A r m e n a n w a l t zumuten will, die der Partei ü b e r s a n d t e Beweisniederschrift usw. kostenlos abzuschreiben bzw. ihn als Schuldner der Schreibgebühren f ü r die zweiten Abschriften in A n s p r u c h zu n e h m e n , wenn er sich vom Gericht zwei Abschriften der Beweisniederschrift geben läßt. Die Ü b e r s e n d u n g von Abschriften der Beweisprotokolle u. ä. an die Partei fördert den G a n g des Prozesses. Es handelt sich daher um eine zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendige A u f w e n d u n g und zusätzliches Schreibwerk i. S. des § 27. Was f ü r den Wahlanwalt gilt, m u ß in gleicher Weise auch f ü r den Pflichtanwalt (Armenanwalt) gelten. Vgl. dazu auch Rz. 6 ff zu § 27 sowie LG Traunstein AnwBl. 63, 28; ebenso LG H a m b u r g AnwBl. 63, 311; A G Kiel AnwBl. 74, 356. — Kosten f ü r Abschriften von eigenen Schriftsätzen des A r m e n a n w a l t s zur Unterrichtung des Auftraggebers sind dagegen nicht zu erstatten, BVerwG KostRsp. Nr. 22 zu § 126. 32 ) Rpfleger 68, 3 6 4 = Büro 68, 897; 69, 748 = J M B 1 N R W 69, 130. Vgl. auch O L G H a m m KostRsp. Nr. 61; Büro 64, 733.

472

Auslagen des A r m e n a n w a l t s

§ 126

Ablichtungskosten an den Armenanwalt ab, wenn es zur sachgemäßen Wahrnehm u n g der Parteiinteressen ausgereicht hätte, den Inhalt der von der Partei eigens f ü r die P r o z e ß f ü h r u n g gefertigten Aufstellungen u n d Abschriften in einem Schriftsatz zu umreißen und verarbeitet darzustellen, anstatt sie insgesamt zu fotokopieren. Man wird hier aber nicht kleinlich verfahren dürfen. Die A n f o r d e r u n g e n an den Armenanwalt dürfen hier nicht anders als f ü r den Wahlanwalt gestellt werden. Die Auslagen, die der Pflichtverteidiger zur sachgemäßen D u r c h f ü h r u n g der Verteidigung benötigt, sind ihm aus der Staatskasse zu vergüten 33 ). Ferner gehören zu den erstattbaren Auslagen die Fernsprechgebühren. Soweit die 11 allgemeine Pauschale des § 26 Satz 2 geltend gemacht wird (vgl. die Erläuterungen zu § 26 Rz. 9 ff), entgilt diese auch die Fernsprechgebühren. D a ß die Postgebührenpauschale des § 26 Satz 2 auch dem A r m e n a n w a l t u n d Pflichtverteidiger zusteht, ist durch die Rechtsprechung des BGH 3 4 ) endgültig klargestellt. Wegen Einzelheiten vgl. Rz. 20 zu § 26. Zweifel gab es auch darüber, was als „gesetzliche G e b ü h r e n " i. S. des § 26 Satz 2 zu verstehen sind, die Gebühren des § 11 bzw. des Wahlverteidigers«) oder die nach § 1 2 3 (ermäßigten) Armenanwaltsgebühren bzw. § 9 7 (Gebühren des Pflichtanwalts). Es ist n u n m e h r gefestigte Rechtsprechung 3 6 ), d a ß ein Armenanwalt — u n d ebenso ein Pflichtanwalt nach § 97 oder sonst beigeordneter RA — die Pauschale des § 26 Satz 2 aus den gesetzlichen G e b ü h r e n des Wahlanwalts entnehmen k a n n , weil auch f ü r den Armenanwalt u n d beigeordneten RA die gesetzlichen Gebühren nicht geringer sind als die des Wahlanwalts. So k a n n der Armenanwalt der obsiegenden Partei von der Gegenseite die vollen Gebühren aus § 11 verlangen. Auch bei der A n o r d n u n g der N a c h z a h l u n g nach § 125 Z P O ist der Armenanwalt berechtigt, von seiner Partei die normalen Anwaltsgebühren zu fordern. Lediglich aus fiskalischen G r ü n d e n wird die von der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf einen Teil beschränkt. Bei Vertretung mehrerer Gebiihrenschuldner in derselben Angelegenheit (§ 6 Abs. 2) kann der RA die Pauschale von jedem Gebührenschuldner fordern, berech-

33 ) O L G N ü r n b e r g Büro 61, 553 = BayJMBl. 62, 128; O L G H a m m N J W 61, 1494 = AnwBl. 61, 175; LG O l d e n b u r g Büro 62, 572; LG Kassel Büro 62, 570; LG Heilbronn KostRsp. § 27 Nr. 1. Vgl. auch Rz. 16, 18 zu § 27. Ebenso Oske M D R 67, 93. Das LG M a n n h e i m Rpfleger 67, 238 hält die Anwesenheit des Pflichtverteidigers bei der konsularischen Zeugenvernehmung, die auf Ersuchen der Staatsanwaltschaft erfolgt, nicht f ü r erforderlich. Es wird wohl immer auf die U m s t ä n d e des Einzelfalles a n k o m m e n müssen. Wenn dem Angeklagten zwei Pflichtverteidiger bestellt sind, soll in der Regel nur die Teiln a h m e eines Verteidigers an einem auswärtigen Vernehmungstermin erforderlich sein, so LG Arnsberg J M B 1 N R W 72, 243. 34 ) N J W 66, 1411 = M D R 66, 832 = Rpfleger 66, 248 = JVB1. 66, 200 = Büro 66, 669; N J W 71, 1845. Vgl. auch dazu die weitere in Fn. 17 zu § 26 angegebene Rechtsprechung und Literatur: RS Rz. 8; Gerold-Schmidt Rz. 6. Wegen Erstattung der Mehrkosten f ü r Luftpostbriefe (verneint) s. LG Berlin Rpfleger 60, 380 mit zust. A n m . von Lappe. 35 ) Vgl. dazu die umfangreiche in Fn. 22 zu § 26 angegebene Rechtsprechung und Literatur. Die in Fn. 23 zu § 26 angegebenenRechtsprechungs- und Schrifttumszitate k ö n n e n , n a c h d e m auch der B G H N J W 71, 1845 = AnwBl. 71, 315 = Rpfleger 71, 351 die Pauschale f ü r den Armenanwalt und Pflichtverteidiger aus den gesetzlichen G e b ü h r e n des § 11 bzw. 97 zubilligt, als überholt bezeichnet werden. w) B G H N J W 71, 1845 = AnwBl. 7 1 , 3 1 5 = Rpfleger 71,351.

473

§ 126

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

net nach dem jeweiligen Anteil an der gesamten Gebührenforderung, jedoch nicht mehr als den in derselben Angelegenheit einmaligen Höchstsatz von 30 DM 37 ). 12

Ist der Armenanwalt sowohl in einer Ehesache als auch für den damit in Zusammenhang stehenden Vergleich über vermögensrechtliche Angelegenheiten beigeordnet, kann er sowohl in der Ehesache als auch in der vermögensrechtlichen Angelegenheit je eine Postgebührenpauschale berechnen, die ihm aus der Staatskasse zu erstatten ist (vgl. auch Rz. 17 zu § 26).

13

Übersetzungskosten bei fremdsprachigen Protokollen oder Entscheidungen wird man als erstattbare Auslagen anerkennen müssen, auch wenn die Übersetzungen von dem beigeordneten RA selbst vorgenommen werden 38 ), es ei denn, daß das Gericht die Übersetzung vorzunehmen hätte oder vorgenommen hatte 39 ).

14

Die Kosten für die Vollmachtsbeglaubigung zur Ausführung eines Vergleichs sind erstattbar, wenn hierfür dem Armenanwalt Auslagen entstehen 40 ). 4. Umsatzsteuer

15

Die Umsatzsteuer kann der Armenanwalt der Staatskasse in Rechnung stellen41)Die Umsatzsteuer ist auch von den Portoauslagen und den Reisekosten und den sonstigen Auslagen zu berechnen«) (vgl. dazu die Erläuterungen zu § 25 Rz. 6 ff).

III. Reisekosten«) 1. Zum Prozeßgericht 16

Der Abs. 1 Satz 2 bestimmt nun, daß Mehrkosten nicht zu erstatten sind, die dadurch entstehen, daß der RA seinen Wohnsitz oder seine Kanzlei nicht an dem Ort " ) So auch Gerold-Schmidt Rz. 6. Vgl. aber A G F r a n k f u r t AnwBl. 67, 242, das die Bes c h r ä n k u n g auf nur einmal 30 D M nicht gelten lassen will. 38 ) O L G N ü r n b e r g Büro 63, 288 f ü r den A r m e n a n w a l t , der eine in Italien lebende, der deutschen Sprache nicht mächtige Italienerin vertritt. F e r n e r : O L G Stuttgart Justiz 73, 2 8 4 = Büro 73, 751; LG Stuttgart M D R 73, 594. Dagegen wollen das O L G H a m b u r g M D R 66, 426 u n d K G N J W 61, 1588 grundsätzlich f ü r eine Übersetzertätigkeit des Armenanwalts keine Vergütung zubilligen. Das O L G F r a n k f u r t N J W 61, 1073 = AnwBl. 61, 121 = Büro 62, 102 Nr. 39 billigt dem A r m e n a n w a l t eine besondere Vergütung f ü r eine Übersetzertätigkeit n u r zu, wenn seine Tätigkeit den R a h m e n u n d U m f a n g des üblichen erheblich übersteigt. Es ist der Meinung, d a ß der Armenanwalt, der im Besitz besonderer Fachkenntnisse ist, verpflichtet ist, diese grundsätzlich o h n e Vergütung im R a h m e n seiner allgemeinen Geschäftsunkosten zugunsten der Partei zur A n w e n d u n g zu bringen, insbesondere d a n n , wenn er eigens wegen dieser Sonderkenntnisse zum Prozeßbevollmächtigten oder auch zum A r m e n a n w a l t bestellt worden ist. 3«) S. auch O L G Kiel J W 32, 1165 = Rpfleger 32, 232; G a e d e k e a.a.O. S 109 u n d J W 35, 744 zu VIII. 4 °) A.M. O L G Kiel J W 31, 1132. ti) Herrschende M e i n u n g : So bereits R G 101, 212; 103, 346; K G J W 30, 202; 31, 324; O L G Jena J W 30, 3871; O L G H a m b u r g J W 30, 3871; H a r t m a n n A n m . 1 A. « ) K G J W 30, 202; J W 32, 2929. 43 ) Wegen H q h e der Reisekosten, Fahrtkosten, Tage- u n d Abwesenheitsgeld, Übernachtungskosten sowie bei Auslandsreisen s. die Erläuterungen zu § 28. Z u r Auslegung des Begriffs der Mehrkosten s. S c h l H O L G Büro 66, 1043; Schneider Büro 68, 195.

474

Auslagen des A r m e n a n w a l t s

§126

hat, in d e m sich d a s P r o z e ß g e r i c h t o d e r e i n e a u s w ä r t i g e A b t e i l u n g dieses G e r i c h t s befindet. D e m e n t s p r e c h e n d erstattet die Staatskasse keine e n t f e r n u n g s b e d i n g t e n Fahrtkosten. D e r b e i mehreren Gerichten z u g e l a s s e n e R A ( S i m u l t a n a n w a l t ) soll a l s o n i c h t d i e M e h r k o s t e n ersetzt verlangen k ö n n e n , die er a u f w e n d e n m u ß f ü r F a h r t e n z u m Proz e ß g e r i c h t z u r W a h r n e h m u n g d e r T e r m i n e (vgl. a u c h d a z u § 2 8 R z . 12). D i e s ist n o c h i n s o f e r n a u s g e d e h n t w o r d e n , als a u c h d i e j e n i g e n R e i s e k o s t e n n i c h t zu erstatt e n s i n d , d i e d a d u r c h e n t s t e h e n , d a ß d a s P r o z e ß g e r i c h t e i n e auswärtige A b t e i l u n g unterhält u n d d e r A r m e n a n w a l t f ü r d i e T e r m i n s w a h r n e h m u n g d o r t h i n R e i s e k o s t e n a u f w e n d e n muß44). Ein S i m u l t a n a n w a l t k a n n a b e r die Erstattung seiner Kosten f ü r die F a h r t e n zu d e n a m S i t z d e s P r o z e ß g e r i c h t s s t a t t f i n d e n d e n V e r h a n d l u n g s t e r m i n e n in d e m U m f a n g v e r l a n g e n , in d e m A n w ä l t e n , d i e a m Sitz d e s P r o z e ß g e r i c h t s w o h n e n , R e i s e k o s t e n f ü r Fahrten zu B e w e i s a u f n a h m e t e r m i n e n z u e r s t a t t e n s i n d , s o w e i t d i e s e K o s t e n d u r c h B e i o r d n u n g d e s S i m u l t a n a n w a l t s e r s p a r t w e r d e n . D i e s gilt i n s b e s o n d e r e , w e n n die B e w e i s a u f n a h m e a m W o h n s i t z des S i m u l t a n a n w a l t s d u r c h g e f ü h r t wird, so d a ß i h m d u r c h sie k e i n e z u e r s t a t t e n d e n F a h r t k o s t e n e n t s t e h e n 4 ? ) . Bei d e r B e r e c h Diese Regelung wird gerade von den in den kleineren Orten ansässigen RAen, die nicht am Sitze des Landgerichts sind, als eine grobe Ungerechtigkeit e m p f u n d e n , u n d das mit Recht. Die a r m e Partei will den RA ihres Vertrauens, das ist der Rechtsanwalt am gleichen Orte, wo auch sie wohnt. Dieser nimmt nun die Termine am Orte, an dem das LG seinen Sitz hat, wahr, b e k o m m t seine verkürzten G e b ü h r e n u n d m u ß aus eigener Tasche die Reisekosten, also auch die Fahrtkosten zahlen, was praktisch dazu führt, d a ß in einer Armensache mit mehreren oder zahlreichen Terminen die Armenanwaltsgebühren durch die Reisekosten aufgebraucht werden. Wenn der Staat nur einen RA beiordnen will, wo das LG seinen Sitz hat, um die Reisekosten des auswärtigen RA einzusparen, so wird die Folge davon sein, d a ß die a r m e Partei m e h r m a l s zu dem RA am Orte des LG fahren m u ß , da sie aber arm ist, wird die Staatskasse diese Fahrgelder vorstrecken müssen. Im Falle des Obsiegens wird dem A r m e n a n w a l t nichts anderes übrig bleiben, als auf dem von der Rechtspr schon bisher aufgezeigten Weg fortzuschreiten, nämlich sog. fingierte Reisekosten zur Festsetzung zu stellen, d. h. solche Kosten, die von der Partei hätten aufgewendet werden müssen, wenn sie einen RA am LGSitz bestellt hätte. Vgl. dazu O L G Karlsruhe J W 31, 1841; Köln J W 37, 3052; Kiel Rpfleger Rspr. 37 Nr. 439; J W 38, 2914; K G J W 38, 60; M ü n c h e n H R R 40, 1268; Berger D R 41, 1447; O L G Celle JVB1. 60, 259; Koblenz Rpfleger 56, 145; Willenbücher 16. Aufl. Rz. 67 S 3 3 1 ; RS Rz. 12; Gerold-Schmidt Rz. 23. Das O L G F r a n k f u r t AnwBl. 66, 402 = N J W 66, 2417 billigt dem auswärtigen A r m e n a n w a l t aus der Staatskasse seine Reisekosten zum Ort des Prozeßgerichts in H ö h e der Reisekosten zu, die die arme Partei bei Beiordnung eines Anwalts am Ort des Prozeßgerichts f ü r eine Informationsreise hätte a u f w e n d e n müssen. D a s O L G H a m m M d R R K 41, 79 hat in dem dort entschiedenen Falle die Kosten von 3 Informationsreisen der Partei eingesetzt. A.M. K G J W 31, 1118; Stuttgart J W 30, 2078; Kassel BB1. 30, 8; O L G N ü r n b e r g BB1. 31, 214 u n d Rpfleger 72, 462; Büro 52, 55; O L G Celle M D R 51, 112; O L G Koblenz N J W 56, 474 = Büro 56, 27; O L G H a m m Büro 69, 971 = Rpfleger 69, 3 5 9 = K o s t R s p . Nr. 43 mit zust. Anm. von H. Schmidt; H a r t m a n n A n m . 2; RS Rz. 12. Vgl. auch O L G Bamberg Büro 74, 1011. S. ferner Entschließung des Deutschen Anwaltstages v. 15. 5. 58 AnwBl. 58, 185. S. ferner Tschischgale D R i Z 59, 131. Abs. 1 Satz 2 findet auch d a n n A n w e n d u n g , wenn das Prozeßgericht nicht an seinem Sitz verhandelt hat, LG Hildesheim N d s R p f l . 67, 179. Im Verfahren vor dem BVerfG sind die Auslagen f ü r die W a h r n e h m u n g eines Verkündungstermins als erforderlich i. S. des § 126 Abs. 1 Satz 1 anzusehen, BVerfG N J W 74, 492 = M D R 74, 4 7 0 = Rpfleger 74, 145. « ) S c h l H O L G Büro 60, 121 = SchlHA 60, 25 = Rpfleger 62, 366 (L); O L G Köln AnwBl. 60, 119 sowie O L G Celle JVB1. 60, 289. 475

§ 126

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

nung der erstattbaren Kosten sind im Falle der Beiordnung eines nicht am Sitze des Prozeßgerichts w o h n e n d e n Armenanwalts auch Informations-Reisekosten zu berücksichtigen, die der armen Partei entstanden wären, wenn ein am Sitz des Prozeßgerichtes ansässiger RA beigeordnet worden wäre 46 ). 2. Informationsreisen 43 ) 17

Die Kosten des Armenanwalts f ü r Informationsreisen können ausnahmsweise erstattbar sein 47 ). Es kann sich aber nur um A u s n a h m e n h a n d e l n ; denn grundsätzlich ist es Sache der Partei, den RA zu informieren, also persönlich aufzusuchen oder schriftlich zu informieren. In dringenden Fällen k ö n n e n aber solche Reisekosten des RA, welche sonst die Partei zur I n f o r m a t i o n s b e s c h a f f u n g hätte a u f w e n d e n müssen, erstattbar sein 48 ), oder auch wenn diese zum Vergleichsabschluß erforderlich waren 49 ). Insbesondere müssen solche Kosten d a n n erstattbar sein, wenn die Partei reiseunfähig ist50). Dazu sagt das O L G Hamm 5 1 ): Wenn der Armenanwalt wegen Schwierigkeit des Prozesses eine persönliche Besprechung mit seiner Partei nach pflichtgemäßem Ermessen f ü r erforderlich hält, die Partei aber die Kosten einer Informationsreise nicht aufbringen k a n n u n d der R A deshalb diese Kosten vorschießt, kann er diesen Vorschuß wie eigene Auslagen aus der Staatskasse erstattet verlangen. Wenn der Armenanwalt zu seiner eigenen Unterrichtung eine Unfallstelle besichtigt, so können die d a f ü r aufgewendeten Reisekosten ebenfalls erstattbar sein 52 ). Dies ist auch durchaus gerechtfertigt, wenn man berücksichtigt, wie wichtig eine solche Ortsbesichtigung f ü r die Beurteilung der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung ist. 3. Andere auswärtige Termine 43 )

18

Reisekosten zu auswärtigen Terminen (zB zur Zeugenvernehmung, Augenscheineinnahme, Besichtigung durch Sachverständige usw.) sind d a n n zu vergüten, wenn sie zur sachgemäßen W a h r n e h m u n g der Interessen der armen Partei erforderlich waren 53 ). Die bisherige Rechtsprechung hat sich auf den S t a n d p u n k t gestellt, d a ß f ü r die Entscheidung über die Frage, ob die Reise erforderlich war, davon auszugehen ist, d a ß der RA, wenn er eine Reise unternimmt, diese auch f ü r erforderlich gehalten hat 54 ). Es war auch schon früher in der Rechtssprechung so, d a ß Gerichte die Erstattung von Reisekosten nur ausnahmsweise versagt haben 5 5 ). 4 ) O L G F r a n k f u r t N J W 66, 2 4 l 7 = AnwBl. 66, 402. A.M. O L G H a m m JVBl. 69, 213 = Büro 69, 971 = Rpfleger 69, 359; O L G N ü r n b e r g Rpfleger 72, 462. 47 ) K G J W 36, 3588; ferner bei G a e d e k e K R s p r . Nr. 690 C ; N a u m b u r g J W 36, 2145; O L G H a m m J M B 1 N R W 52, 170; A.M. Düsseldorf BB1. 32, 218; M ü n c h e n H R R 37, Nr. 44; Dresden H R R 38 Nr. 123. Wegen Reisekosten f ü r Informationsreisen vgl. ferner S c h u m a n n Büro 52,1 u n d S c h l H O L G SchlHA 60, 25. « ) So K G J W 36, 3588; O L G H a m m Rpfleger 55, 255; G a e d e k e a.a.O. S 116. « ) K G J W 37, 558; G a e d e k e S 116. so) LG Düsseldorf M d R R K 38, 110; N a u m b u r g D R 39, 1192. 51) Büro 55, 229. A.M. O V G Münster DVB1. 55, 469; O L G Karlsruhe Büro 75, 487. Vgl. auch wegen Reisekosten der armen Partei O L G Stuttgart N J W 56, 473 und O L G Düsseldorf N J W 59, 728. 52) O L G N a u m b u r g J W 36, 2145; K G J W 38, 1195; a.M. O L G Düsseldorf BB1. 32, 218; M ü n c h e n JVBl. 37, 105; Dresden H R R 38 Nr. 123. 55) O L G Düsseldorf J M B I N R W 66, 59; O L G Köln KostRsp. Nr. 11 zu § 126. 54 ) K G J W 36, 1792, 1793, 3588; J W 37, 558, 826. 55) O L G Braunschweig J W 31, 1127; O L G Kiel J W 34, 3076.

476

Auslagen des Armenanwalts

§126

Für die Entscheidung über die Frage, ob die Reise erforderlich war, gibt Abs. 2 des § 126 die gesetzliche Handhabe für einen Antrag an das Gericht des Rechtszugs, ob es eine solche Reise für erforderlich hält. Diese Feststellung des Gerichts ist dann für das Festsetzungsverfahren bindend. Zur Stellung des Antrages nach § 126 Abs. 2 ist nicht nur der Armenanwalt, sondern auch die arme Partei selbst berechtigt 56 ). Der Wortlaut des § 126 Abs. 2 schließt das Antragsrecht der Partei nicht aus, da nur gesagt ist, daß die Feststellung auf Antrag ergeht. Die Frage, wer antragsberechtigt ist, beantwortet sich aus dem Interesse an der Feststellung. Das gesetzlich geschützte Interesse hat nicht nur der Armenanwalt, sondern auch, wenn nicht sogar in erster Linie, die arme Partei selbst, weil die Reise die Wahrnehmung ihrer Belange betrifft und die Entscheidung des Gerichts geeignet ist, die Entschließung ihres Anwalts, ob er die Reise ausführt, zu beeinflussen 5 '). Gegen die Feststellung, die beabsichtigte Reise oder die Bestellung eines Unter- 19 bevollmächtigten sei nicht notwendig, steht der armen Partei und dem Armenanwalt die Beschwerde zu58). Eine Beschwerde ist ausgeschlossen, wenn der Feststellungsbeschluß vom Rechtsmittelgericht erlassen worden ist. Grundsätzlich unstatthaft ist die weitere Beschwerde59). Die Gegenpartei ist weder antragsberechtigt noch muß ihr der Antrag zur Stel- 20 lungnahme zugeleitet werden. Der Vertreter der Staatskasse ist nicht antragsberechtigt, jedoch ist er zu dem Antrag zu hören«>). In Anwendung der Vorschrift des § 127 Satz 1 ZPO wird aber für die Staatskasse das Beschwerderecht zu verneinen sein6')Um Schwierigkeiten bei der Erstattung von auswärtiger Termine aus dem Wege zu gehen, gen: a) Antrag beim Prozeßgericht zur Feststellung, Termins für erforderlich erachtet wird, b) die Bestellung eines Unterbevollmächtigten zeßgericht (§ 116 a ZPO).

Reisekosten für die Wahrnehmung 21 wird man folgenden Weg einschlaob die Reise zur Wahrnehmung des auf besonderen Antrag beim Pro-

>) O L G Neustadt Büro 60, 394 = M D R 60, 936. 5) Durch Abs. 3 hat die frühere Rechtsprechung zu dieser Streitfrage z B O L G Stuttgart Rpfleger 50, 43 usw. ihre Erledigung gefunden. Wegen Hinzurechnung der Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) bei der Ermittlung des Beschwerdewertes s. Rz. 29 zu § 9 und dort Fn. 54. Ferner O L G Celle NdsRpfl. 61, 222 = AnwBl. 61, 313. ) K G J W 37, 5 5 9 ; Gerold-Schmidt Rz. 4. i) K G J W 37, 1653; Hartmann Anm. 1 zu § 121; Gerold-Schmidt Rz. 5; R S Rz. 10. «) Hamm J V B I . 35, 179; Gaedeke S 152, 214.

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§ 128

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

eigenes Antragsrecht erworben haben sollen? (vgl. § 121 Rz. 36). Kein Antragsrecht besteht aber f ü r die arme Partei u n d den Prozeßgegner«). Der Antrag ist in der Form des § 18 zu stellen u n d auch bereits vor der Fälligkeit des Anspruches zulässig, weil Vorschuß gefordert werden k a n n (§ 127 Abs. 2) (vgl. dazu § 127), u n d zwar erfolgt zweckmäßigerweise die Antragsstellung f o r m u l a r m ä ßig auf amtlichen V o r d r u c k e n ; notwendig ist dies allerdings nicht 10 ). 3

Eine Verzinsung der Armenanwaltsgebühren, wie sie f ü r das Festsetzungsverfahren § 104 Abs. 1 Z P O vorschreibt (vgl. Rz. 60 zu § 19) findet nicht statt; d e n n hier handelt es sich nicht um ein Festsetzungs-, sondern um ein Erstattungsverfahren n).

4

Der Antrag ist bei demjenigen Gericht anzubringen, das den R A als A r m e n a n walt beigeordnet hat. Ist der A r m e n a n w a l t f ü r mehrere Instanzen beigeordnet worden, so hat jedes Gericht, das ihn beigeordnet hat, gesondert über den Festsetzungsantrag zu entscheiden, so d a ß auch die Anträge getrennt bei den verschiedenen Gerichten eingereicht werden müssen. Im Gegensatz zum sonstigen Kostenfestsetzungsverfahren ist also das Gericht des jeweiligen Rechtszuges (Instanzgericht) zuständig.

5

Der Auffassung, d a ß der Armenanwalt, der im Zwangsvollstreckungsverfahren tätig gewesen ist, sein Festsetzungsgesuch bei der Geschäftsstelle des Vollstreckungsgerichts einzureichen hat, wenn er zB den Antrag auf Erlaß eines Pfändungs- u n d Überweisungsbeschlusses gestellt hat 12 ), k a n n nicht beigetreten werden, weil es hierzu an einer gesetzlichen H a n d h a b e fehlt. Zuständig ist auch f ü r die Festsetzung der Zwangsvollstreckungskosten das Prozeßgericht. Diese H a n d h a b u n g ist auch schon aus Vereinfachungsgründen notwendig u n d zweckmäßig, da sonst der Armenanwalt zahlreiche Festsetzungsanträge, unter U m s t ä n d e n auch bei auswärtigen Vollstreckungsgerichten, stellen u n d , wobei er stets seine Beiordnung auch f ü r die Zwangsvollstreckung nachweisen müßte, da die Gerichte sonst gar nicht in der Lage wären, n a c h z u p r ü f e n , ob er tatsächlich auch für die Vollstreckungsinstanz beigeordnet ist. W e n n allerdings der Armenanwalt von einem Vollstreckungsgericht lediglich f ü r die Zwangsvollstreckung beigeordnet wurde, zB bei der Grundstücksversteigerung, so ist der Antrag bei dem Vollstreckungsgericht zu stellen, denn dieses Gericht hat ihn beigeordnet. Dieser Fall wird aber selten praktisch werden, weil solche Vollstreckungsanträge zu Protokoll der Geschäftsstelle erklärt werden k ö n n e n , obwohl bei der Schwierigkeit der Materie meist eine anwaltliche Vertretung notwendig wäre.

6

Wenn der Rechtsstreit an ein anderes Gericht verwiesen worden ist, ist f ü r den gesamten Erstattungsanspruch das Gericht zuständig, an das die Sache verwiesen

») Hartmann A n m . 2 B; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 6. io) O L G H a m m A n w B l . 75, 95. " ) O L G Stuttgart Rpfleger 74, 34; RS Rz. 18; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 13. Vgl. aber dazu O L G Celle JVB1. 59, 256. 12) S o Schlifkowitz A r m A n w K o s t e n G S 54. Zutreffend O L G Neustadt M D R 60, 9 3 6 = Büro 60, 394. S. auch G e r o l d - S c h m i d t Rz. 9.

484

Rechtsweg

§128

wurde 13 ). Insoweit gilt hier eine Ausnahme von dem Grundsatz, daß das Gericht zuständig ist, das den Armenanwalt beigeordnet hat' 4 ). Der in dem Verfahren vor dem Landessozialgericht im Armenrecht beigeordnete R A kann seinen Anspruch auf Erstattung der Armenanwalts-Gebühren auch noch nach Abgabe der Sache an das Sozialgericht bei dem Landessozialgericht geltend machen 1 *). In Ehelichkeits-Anfechtungsprozessen gegen mehrere Beklagte, wenn der R A die- 7 sen gemeinsam beigeordnet ist, kann das Festsetzungsgesuch getrennt für jeden Beklagten einzeln eingereicht werden. G e m ä ß § 6 stehen dem R A für die Vertretung mehrerer Streitgenossen die Gebühren zwar nur einmal zu, jedoch ist in Ehelichkeits-Anfechtungsprozessen diese Bestimmung nicht anzuwenden, da keine echte Streitgenossenschaft im Sinne des § 59 ZPO, sondern eine Häufung der Beklagten im Sinne des § 60 Z P O vorliegt 16 ). Die Auslagen, wozu auch Schreibauslagen gehören, hat der R A durch Versiehe- 8 rung gemäß § 104 Abs. 2 Z P O glaubhaft zu machen; soweit Postgebühren verlangt werden 17 ), genügt die Versicherung ihrer Entstehung. Dagegen ist bei Geltendmachung der Postgebührenpauschale des § 26 Satz 2 eine Glaubhaftmachung oder Versicherung des Anfalls nicht erforderlich (vgl. dazu auch Rz. 9 ff zu § 26 und oben Rz. l).Wenn Zweifel hinsichtlich der Höhe der zur Erstattung verlangten Auslagen auftauchen, so ist der UrkbdG berechtigt, die Höhe der Auslagen durch Vorlage der Handakten sich nachweisen zu lassen 17 »). 2. Die Entscheidung Zur Entscheidung über den Antrag ist der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle be- 9 rufen. Dieser entscheidet völlig selbständig und ist an keinerlei Weisungen gebunden1«). Entscheidungen des Prozeßgerichts binden den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts bei der Festsetzung der Armenanwaltsgebühren nur, soweit sie sich auf den Umfang des Armenrechts oder der Beiordnung oder auf vom Prozeßgericht zu entscheidende Vorfragen (vgl. § 126 Abs. 2) beziehen. Dagegen binden Entscheidungen bzw. Weisungen des Prozeßgerichts über den Vergütungsanspruch des Armenanwalts den Urkundsbeamten nicht. Eine Bestimmung, daß in einer Sache nicht mehrere nacheinander beigeordnete Armenanwälte die ihnen ent! ' ) L A r b G N ü r n b e r g - F ü r t h J W 3 4 , 6 4 1 ; K G bei G a e d e k e S 2 1 3 ; R S R z . 2. W a r d e r A n s p r u c h d a g e g e n v o r V e r s e n d u n g d e r A k t e n fällig g e w o r d e n , d a n n hat d i e G e s c h ä f t s s t e l l e des verweisenden Gerichts die Festsetzung und Auszahlung vorzunehmen. R S Rz. 7 ; GeroldS c h m i d t R z . 10. Vgl. Z i f f . II d e r V e r e i n b a r u n g ü b e r den A u s g l e i c h von K o s t e n , z B S c h l H A 5 8 , 306. Alle Bundesländer haben gleichlautende Ausführungsverordnungen erlassen. 14) Vgl. a u c h G a e d e k e S 2 1 3 . is) O V G M ü n s t e r N J W 5 6 , 5 2 5 mit A n m . von F r i e d r i c h N J W 56, 9 2 6 . 1 6 ) O L G B r a u n s c h w e i g A n w B I . 5 2 , 1 0 3 ; desgl. N d s R p f l . 5 2 , 12 = Rpfleger 54, 5 2 ; O L G N ü r n b e r g R p f l e g e r 5 4 , 6 5 1 . S. a u c h dazu O L G N a u m b u r g J W 3 5 , 2 7 8 8 . F e r n e r a u c h O L G K o b l e n z B ü r o 5 1 , 4 4 7 , d a s n u r in N i c h t - A r m e n s a c h e n die S t r e i t w e r t e z u s a m m e n r e c h n e t . E b e n s o O L G K ö l n R p f l e g e r 5 4 , 5 1 ; D ü s s e l d o r f J M B 1 N R W 5 3 , 132 = R p f l e g e r 5 4 , 4 9 ; F r a n k f u r t B ü r o 5 4 , 1 0 6 ; a . M . o f f e n b a r H a m m B ü r o 5 3 , 111 ; H a m b u r g N J W 5 3 , 1112. '7) K G J W 35, 802. 1 7 ") O L G C e l l e J V B I . 3 4 , 2 8 1 ; L G H a m b u r g J W 3 2 , 2 1 8 5 ; K G J V B I . 3 9 , 174; O L G D r e s d e n J V B 1 . 3 9 , 174. Vgl. auch Z u s a m m e n s t e l l g . in J V B I . 3 6 , 2 0 6 u n d § 126 N o t e 10. is) Vgl. dazu die g r u n d l e g e n d e n A u s f ü h r u n g e n des K G J W 3 6 , 7 3 9 ; f e r n e r J W 3 5 , 8 3 9 ; G a e d e k e S 216.

485

§ 128

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

standenen Gebühren aus der Staatskasse erhalten dürfen, gibt es nicht 19 ). Der Urkundsbeamte hat vor allem auch die Erstattbarkeit der Auslagen (s. Erläuterungen zu § 126) zu prüfen. Er ist aber nicht befugt, eine Erhöhung der angeforderten Gebühren und Auslagen vorzunehmen 20 ). Weder der die Armenanwaltskosten festsetzende Urkundsbeamte noch die ihm instanzmäßig übergeordneten Gerichte sind auch in der Lage, von dem vom Prozeßgericht festgesetzten Streitwert abzuweichen21)Der Festsetzungsbeschluß ist dem Armenanwalt formlos mitzuteilen. Eine bloße Verfügung ohne mindestens inhaltlich abschließende Entscheidung ist unwirksam22). 10

Die Entscheidung im Kostenfestsetzungsverfahren aus § 103 ZPO hat nichts mit der Festsetzung der Armenanwaltskosten aus § 126 zu tun und diese Kostenfestsetzung bindet den Urkundsbeamten bei seiner Entscheidung über den Erstattungsanspruch nicht 23 ). Der Bundes- oder Landeskasse stehen übrigens gegenüber dem Armenanwalt dieselben Einwendungen zu, die der Partei gegenüber ihrem Wahlanwalt zustehen, zB Einwand der unsachgemäßen Antragstellung 24 ).

11

Wegen des Einwandes der Verjährung vgl. § I2l Rz. 37 und Rz. 24 ff, 33 ff zu § 16.

12

Die Höhe des Streitwertes ist nicht im Erstattungsverfahren festzustellen, sondern gemäß § 25 GKG«), vgl. auch § 9 BRAGO. Der Urkundsbeamte kann aber den RA auf einen zu niedrig angenommenen Streitwert hinweisen 26 ).

13

Der Beschluß des Gerichts über die Festsetzung der Armenanwaltsgebühren schafft keinen Vollstreckungstitel gegen die Bundes- oder die Landeskasse. Der Klageweg gegen diese ist, falls die Kasse die Zahlung verweigern sollte, möglich. Zuständig ist dafür nach der VwGO das Verwaltungsgericht 27 ).

14

Eine Gebühr fällt für den Antrag und für das Verfahren nicht an. Der Abs. 4 bestimmt ausdrücklich, daß der RA für dieses Verfahren keine Vergütung erhält. Dies gilt auch im Erinnerungs- und Beschwerdeverfahren (s. auch oben Rz. 1 Ziff. 7). i") Vgl. Rz. 9 zu § 125; K G AnwBI. 60, 120 = M D R 59, 937 = Rpfleger 62, 41 (L); O L G Düsseldorf Rpfleger 71, 267 = JVB1. 71, 164 - Büro 71, 697; Gerold-Schmidt Rz. 13. 2 «) RG 35, 427; K G D R 42, 631; G a e d e k e S 223. A.M. RS Rz. 12, 13; Gerold-Schmidt Rz. 13. 2 ') K G Rpfleger 62, 41 (L); Gerold-Schmidt Rz. 13; RS Rz. 16. 22 ) LG Karlsruhe N J W 66, 2274. 23 ) O L G Stettin J W 33, 533; K G D R 41, 939; 42, 543, 814. Vgl. auch Fn. 18; GeroldSchmidt Rz. 17. 24 ) O L G Kiel J W 32, 2916. E i n w e n d u n g e n der Staatskasse, die nicht im G e b ü h r e n r e c h t begründet sind, k ö n n e n aber nicht im Festsetzungsverfahren g e m ä ß § 128 berücksichtigt werden, O L G Bremen KostRsp. Nr. 8. Willenbrücher 16. Aufl. S 335 Rz. 81; Hornig D R 40, 1615; a.M. K G J W 38, 2286; D R 41, 300, 2300. 26 ) Willenbücher 16. Aufl. S 335 Rz. 81; G a e d e k e S 224. " ) Gerold-Schmidt Rz. 7; RS Rz. 22, 24; A G Augsburg N J W 51, 608 mit Anm. von Ule und Rosenberg. A.M. H a r t m a n n Anm. 1, der einen Antrag aus Art. XI § 1 K o s t Ä n d G f ü r gegeben hält. Das AG Kiel AnwBI. 75, 104 sieht den ordentlichen Rechtsweg f ü r gegeben.

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Rechtsweg

§128

III. D i e R e c h t s b e h e l f e (zu Abs. 2 und 3) 1. Die Erinnerung (Abs. 2) Gegen den Beschluß des U r k u n d s b e a m t e n über die Festsetzung oder Ablehnung 15 der Armenanwaltsgebühren findet die unbefristete Erinnerung statt (Abs. 2). Diese k a n n sowohl der Armenanwalt als auch die Staatskasse einlegen. Keinesfalls ist aber die Partei oder der Gegner dazu berechtigt. Erst bei Einforderung der Armenanwaltsgebühren von der Partei oder dem Gegner durch die Staatskasse haben diese ein Erinnerungsrecht nach § 5 G K G (Abs. 2)28). Über die Erinnerung entscheidet das Gericht des Rechtszuges durch Beschluß gebührenfrei. Daraus ergibt sich, d a ß der R A stets die Erinnerung (oder Beschwerde) im eigenen N a m e n einlegen k a n n , selbst wenn eine gegenteilige Beauftragung seiner Partei vorliegen sollte 29 ). Stellt der U r k u n d s b e a m t e die Festsetzung der Auslagen bis zu ihrer Spezifizierung zurück, was unzulässig ist, so findet hiergegen keine Erinnerung oder Beschwerde (§ 10 Abs. 4), sondern Beschwerde nach § 576 Abs. 2 Z P O statt, die an keine Beschwerdesumme gebunden ist (§ 567 Abs. 2 ZPO) 30 ). Die Vorschriften des § 10 Abs. 4 sind sinngemäß f ü r a n w e n d b a r erklärt worden. Das bedeutet: a) d a ß das Gericht des Rechtszuges über die Erinnerung zu entscheiden hat (Abs. 2). Die Entscheidung k a n n den Erinnerungsführer auch schlechter stellen^). b) Die Entscheidung ergeht gebührenfrei (Abs. 4). c) Eine Weitergabe an die nächsthöhere Instanz ohne Sachentscheidung ist nicht möglich, da der Fall des § 21 Abs. 1, § 11 Abs. 2 RpflegerG nicht vorliegt 32 ). Daher hat evtl. die A u f h e b u n g des Nichtabhilfebeschlusses u n d Zurückverweisung zu erfolgen 1 3 ). d) Auch das Rechtsmittelgericht ist zu einer solchen Ä n d e r u n g befugt, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung dort schwebt. e) Anwaltszwang besteht f ü r die Einlegung der Erinnerung oder Beschwerde nicht, 16 da nach § 10 Abs. 4, der f ü r a n w e n d b a r erklärt worden ist (s. Abs. 2), die Einlegung in allen Fällen durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftstelle oder schriftlich ohne Mitwirkung eines R A erfolgen kann.

2 «) O L G H a m m BBl. 26, 98; O L G Köln D R Z Rspr. 33, 135 = Rpfleger 33, I35 = H R R 33, 613; K G J W 35, 1703; 36, 3325; H a r t m a n n Anm. 4 A ; Gerold-Schmidt Rz. 14. A.M. O L G H a m b u r g AnwBl. 64, 182. K G J W 35, 1702; G a e d e k e S 215. 3°) O L G Düsseldorf Büro 58, 511. 31) B a y O b L G D N o t Z 56, 620; H a r t m a n n A n m . 4 A ; a . M . RS Rz. 22; Gerold-Schmidt Rz. 25. Der U r k u n d s b e a m t e ist jedoch zu einer Abänderung nicht befugt, K G Büro 61, 619 = AnwBl. 62, 19. 32 ) O L G Koblenz M D R 75, 589 = Büro 74, 1555; Büro 75, 205. Bischof M D R 75, 632 mit weiteren Nachweisen. 33 ) O L G Koblenz Büro 74, 1555; 75, 205; O L G H a m m Rpfleger 70, 431 = JVB1. 71, 19 = Büro 70, 1078.

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§ 128

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

2. Die Beschwerde (zu Abs. 3 und 4 ) 17

Gegen den Beschluß über die Erinnerung ist die Beschwerde zulässig, wofür § 10 Abs. 3 Satz 2, 4 und Abs. 4 sinngemäß gelten. Für die Beschwerde gilt folgendes: a) sie ist unbefristet, b) sie ist nur zulässig, wenn der Beschwerdewert 100 D M übersteigt (Abs. 3 Satz 1)34). Wegen Berechnung des Beschwerdewertes s. auch § 9 Rz. 26 ff. c) Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ( B G H , BArbG, BVerwG usw.) ist nicht zulässig, so daß also Entscheidungen des O L G ( V G H , O V G ) auf die Erinnerung nicht anfechtbar sind (§ 10 Abs. 3 Satz 2).

1 8 d) Es gelten gemäß Abs. 3 in Verbindung mit § 10 Abs. 3 Satz 4 folgende Vorschriften der Z P O : § 567 Abs. 2: Beschwerdewert muß 100 D M übersteigen (was bereits § 1 2 8 Abs. 3 B R A G O sagt). § 567 Abs. 3: Keine Beschwerde gegen Entscheidungen der O L G (was ebenfalls § 128 Abs. 3 bestimmt), § 568 Abs. 1: Über die Beschwerde entscheidet das im Rechtszuge nächsthöhere Gericht. § 569: Beschwerdeentscheidung. § 570: Die Beschwerde kann auf neue Tatsachen und Beweise gestützt werden. § 571: Verfahren des Gerichts des ersten Rechtszuges. Bei Begründetheit ist der Beschwerde abzuhelfen. § 572: Aufschiebende Wirkung. § 573: Entscheidung über die Beschwerde. § 574: Prüfung der Zulässigkeit. § 575: Entscheidung bei Zulässigkeit. Das Gericht ist zwar nicht verpflichtet, jedoch berechtigt, die mit der Erinnerung oder Beschwerde nicht angegriffenen Positionen der Kostenrechnung einer Nachprüfung zu unterziehen und den Kostenansatz, wenn er im Endergebnis zuungunsten des Erinnerungsführers unrichtig ist, im Rahmen des mit der Erinnerung gestellten Antrages abzuändern"). 3. Keine weitere Beschwerde 19

Eine weitere Beschwerde findet nicht statt (Abs. 3 Satz 3), also auch nicht, wenn ein neuer selbständiger Beschwerdegrund vorliegt. 4. Keine Vergütung

20

Eine Vergütung kann der R A für das Beschwerdeverfahren, ebenso wie auch für das Erinnerungsverfahren, nicht verlangen, er erhält also keine Beschwerdegebühr aus § 61, was ausdrücklich durch Abs. 4 bestimmt wird.

-14) D a ß die Umsatzsteuer (Mehrwertsteuer) bei der Berechnung des Beschwerdewertes zu berücksichtigen ist, kann als geklärt angesehen werden. Vgl. dazu auch die Erläuterungen bei § 9 Rz. 29 und dort Fn. 54 sowie oben Rz. 1 Fn. 5 ; Chemnitz AnwBI. 62, 55; ferner GeroldSchmidt Rz. 2 0 ; Hartmann Anm. 4 B. 35) K G JVB1. 34, 5 4 ; O L G Stettin J W 32, 2 0 2 ; vgl. auch R G 35, 4 2 7 ; Gerold-Schmidt Rz. 25.

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Rechtsweg

§ 128

IV. Die Nachliquidation Es kommt nicht selten vor, daß die Rechtsprechung sich hinsichtlich der Berech- 21 tigung einzelner Gebührenansätze ändert. Der Armenanwalt ist hier versucht, auch für die erledigten Sachen eine nachträgliche Festsetzung solcher Gebühren zu beantragen. Grundsätzlich ist zwar das Gesuch an keine Frist gebunden (abgesehen von der Beachtung der Verjährungsfrist), so daß eine Nachliquidation innerhalb der Verjährungsfrist sehr wohl möglich wäre, insbesondere zB bei nachträglicher Streitveränderung oder wenn die Entstehung weiterer Gebühren, zB der Beweisgebühr, festgestellt worden ist36). Eine Wiederholung des Gesuches ist zulässig, selbst wenn die Gebühr früher abgelehnt wurde, denn in Rechtskraft erwachsen die Entscheidungen nicht37). Ein Armenanwalt, der ihm gesetzlich zustehende Gebühren oder Auslagen in seinem Erstattungsantrag nicht oder nicht in vollem Umfang geltend gemacht hat, kann aber den Differenzbetrag jedenfalls solange nachfordern, als das Kostenerstattungsverfahren nicht als endgültig abgeschlossen anzusehen ist. Als endgültig abgeschlossen ist ein Kostenfestsetzungsverfahren anzusehen, wenn seit der festsetzenden Entscheidung eine angemessene Frist vergangen ist, ohne daß der Anwalt gegen die Entscheidung irgendwelche Schritte (Rechtsmittel, Gegenvorstellungen3*)) unternommen hat. Hat der Armenanwalt gegen die festsetzende Entscheidung ein Rechtsmittel eingelegt, dann beginnt die angemessene Frist mit der letzten Rechtsmittelentscheidung zu laufen"). Der Einwand der Verwirkung kann der Staatskasse nicht im gleichen Umfang zugebilligt werden wie dem Staatsbürger 40 ). Nicht zulässig ist es dagegen, aus Gründen der Rechtssicherheit, bei geänderter Rechtsprechung oder bei kostenrechtlich längst erledigten Sachen die Festsetzung zu beantragen, insbesondere dann nicht, wenn zB die Gebühr bereits früher abgelehnt war41). Umgekehrt ist auch das Rückforderungsrecht der Bundes- oder Landeskasse „nach Jahr und Tag" ausgeschlossen (vgl. unten Note 47). V. Die Rückforderung von Armenanwaltsgebiihren Hat ein RA bereits Gebühren und Auslagen aus der Staatskasse erhalten und 22 werden diese Beträge später auf Grund einer anderweitigen Festsetzung des Streitwertes herabgesetzt, so steht der Staatskasse ein Bereicherungsanspruch gegen den Armenanwalt zu42). 36 ) ZB auf Erinnerung des Bezirksrevisors hinsichtlich der Gerichtskosten; vgl. auch dazu G a e d e k e S 214. " ) G a e d e k e S 214. 3tt ) Gegenvorstellungen sind zulässig: RS Rz. 29; Gerold-Schmidt Rz. 25 a. O L G H a m m AnwBI. 67, 204 mit A n m . von C h e m n i t z ; LG D o r t m u n d N J W 67, 897 = Büro 67, 486 mit zust. A n m . von Tschischgale. 40 ) LG D o r t m u n d AnwBI. 67, 134 = Büro 67, 486 mit zust. Anm. von Tschischgale; LG Wuppertal Büro 75, 359; RS Rz. 30; Gerold-Schmidt Rz. 27. "i) K G J W 31, 3574; 34, 1294; D R 40, 1208; O L G Köln J W 37, 431. Vgl. auch GeroldSchmidt Rz. 27; H a r t m a n n Anm. 4 A. « ) G a e d e k e J W 34, 1139; K G J W 35, 1702. Der A r m e n a n w a l t kann sich nicht auf den Wegfall der Bereicherung b e r u f e n : O L G M ü n c h e n Rpfleger 72, 114.

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§ 129

Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : V e r g ü t u n g in A r m e n s a c h e n

Früher war dieser Anspruch der Staatskasse im Klageweg geltend zu machen 4 3 ). Diese Regelung ist aber durch die Justizbeitreibungsordnung v. 11.3. 1937 (RGBl. I, 298) 44 ) geändert worden. G e m ä ß § 1 dieser VO k ö n n e n die Ansprüche der Staatskasse gegen den Armenanwalt im Verwaltungsverfahren beigetrieben werden. Eine besondere Klage ist infolge dieser Vorschrift nicht mehr notwendig«). Im übrigen ist die Staatskasse berechtigt, zuviel bezahlte Kosten durch Aufrechnung gegen andere Ansprüche des RA auf Zahlung von Armenanwaltskosten zu tilgen 46 ). Eine R ü c k f o r d e r u n g nach Jahr u n d Tag, zB wegen Änderung der Rechtsprechung, ist aber ausgeschlossen 4 7 ), da dies gegen die Rechtssicherheit verstößt. Außerdem ist aber auch § 7 G K G hierauf anwendbar 4 »). Diese Vorschrift hat folgenden Wortlaut: „ § 7 GKG Wegen irrigen Ansatzes dürfen Kosten nur nachgefordert werden, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen vor Ablauf des nächsten Kalenderjahres, nachdem die Entscheidung Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, mitgeteilt worden ist. Ist die Wertfestsetzung geändert worden, so genügt es, wenn der berichtigte Ansatz dem Zahlungspflichtigen drei M o n a t e nach der Ä n d e r u n g der Wertfestsetzung mitgeteilt worden ist."

§ 129. Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen Vorschüsse und Zahlungen, die der Rechtsanwalt von seinem Auftraggeber oder einem Dritten vor oder nach der Beiordnung erhalten hat, sind zunächst auf die Vergütungen anzurechnen, für die ein Anspruch gegen die Bundes- oder Landeskasse nicht besteht. Übersicht: Bedeutung der Vorschrift Einzelheiten 1. S o n d e r h o n o r a r e 2. N i c h t v e r b r a u c h t e V o r s c h ü s s e

Rz. i 3 3 4

Rz. A n r e c h n u n g bei B r u c h t e i l s a r m e n r e c h t und armenrechtsfreien Mandaten . . . K e i n e A n w e n d u n g auf P f l i c h t v e r t e i digergebühren

5 6

« ) B a u m b a c h A r m A n w G A n m . 8 zu § 4 ; G a e d e k e S 2 1 8 , 2 3 2 ; O L G N a u m b u r g J W 25, 1899. Vgl. a u c h Fn. 2. 44 ) Im Z u g e der G e b ü h r e n r e f o r m ist a u c h d i e s e V O v e r s c h i e d e n t l i c h g e ä n d e r t w o r d e n . Vgl. d a z u d i e H i n w e i s e bei S c h ö n f e l d e r , D e u t s c h e G e s e t z e , Nr. 122. « ) G e r o l d - S c h m i d t Rz. 2 9 ; R S Rz. 33. 46 ) K G JVB1. 33, 5 6 ; G a e d e k e S 234. 17) K G J W 31, 3 5 7 4 ; 33, 2 6 0 2 ; 35, 2 5 6 4 , 2 6 5 3 ; D R 4 0 , 1208; Kiel J W 32, 2 9 1 0 ; 33, 2 2 2 9 ; C e l l e J W 35, 5 5 0 ; K ö l n J W 37, 561 ; Breslau H R R 41 N r . 6 6 2 ; LG O l d e n b u r g A n w B I . 54, 2 1 9 ; H a m b u r g A n w B I . 56, 12; vgl. a u c h G a e d e k e S 231. 4 ») O L G Kiel J W 33, 2 2 2 9 ; O V G L ü n e b u r g R p f l e g e r 54, 2 6 8 ; L G Berlin JVB1. 70, 232. G e g e n d i e V e r f ü g u n g d e s U r k u n d s b e a m t e n , A r m e n a n w a l t s g e b ü h r e n in e i n e m v o m Bezirksrevisor b e a n s t a n d e t e n U m f a n g z u r ü c k z u z a h l e n , gibt es d i e E r i n n e r u n g u n d B e s c h w e r d e . A . M . L G K a r l s r u h e N J W 6 6 , 1274 mit zust. A n m . v o n L a p p e K o s t R s p . Nr. 9 u n d abl. A n m . v o n T s c h i s c h g a l e N J W 66, 1274 = Justiz 66, 2 8 7 (L).

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Anrechnung von Vorschüssen und Zahlungen

§ 129

I. Bedeutung der Vorschrift Diese Vorschrift will die Behandlung von Vorschüssen und Zahlungen regeln, die 1 der RA von seinem Auftraggeber oder von einem Dritten erhalten hat. Es k o m m t mitunter vor, d a ß der Armenanwalt Vorschüsse u n d Zahlungen von der Partei oder einem Dritten, zB von den Eltern der armen Partei, vor oder nach der Beiordnung erhält (§ 17). Diese Beträge werden bestimmungsgemäß zunächst auf denjenigen Teil der Vergütung angerechnet, für den ein Anspruch gegen die Bundes- oder Landeskasse nicht besteht, den also der RA von der Staatskasse nicht einfordern kann. Daraus ergibt sich, d a ß eine Kürzung des Ersatzanspruches nur in der H ö h e eintritt, in welcher die gezahlten Vorschüsse den nicht erstattbaren Gebührenanteil übersteigen!) (vgl. auch § 366 BGB). Beispiel: Ein Wahlanwalt hat kurz vor der Bewilligung des Armenrechts u n d Beiordnung von seiner Partei einen Vorschuß von 150 D M erhalten. Seine gesetzlichen Gebühren nach § 11 betragen nach Beendigung des Prozesses 650 D M . Hiervon stehen ihm 500 D M aus der Staatskasse zu. In diesem Falle hat er Anspruch auf Auszahlung der vollen Armenanwaltsgebühren. Erst ein noch erbleibender Überschuß der bereits geleisteten Zahlungen ist auf die Armenanwaltskosten zu verrechnen u n d mindert dementsprechend die Erstattungspflicht der Staatskasse-). Vgl. aber Rz. 2. Beispiel: Der Armenanwalt hat von seiner Partei 100 D M erhalten. Die vollen Gebühren des § 11 betragen 420 D M , die Armenanwaltsgebühren belaufen sich auf 360 D M . In diesem Falle hat die Staatskasse nur noch 320 D M von den 360 D M betragenden Armenanwaltsgebühren zu erstatten. Wenn der RA vor der Bewilligung des Armenrechts als Wahlanwalt tätig war, d. h. wenn das Armenrecht erst im Laufe des Verfahrens nicht mit rückwirkender Kraft bewilligt wird, so stehen ihm gegenüber seinem Auftraggeber diejenigen Gebühren zu, die er f ü r seine Tätigkeit als Wahlanwalt verdient hat. Nur die Gebühren, die nach der Bewilligung des Armenrechts, das erst ab Beiordnung wirkt, angefallen sind, sind gestundet u n d nur diese erhält der Armenanwalt aus der Staatskasse. Eine A u s n a h m e kann die Prozeßgebühr bilden, wenn der R A nach der Beiordnung eine Tätigkeit ausgeübt hat, welche die Prozeßgebühr des § 3 1 Abs. 1 Nr. 1 entstehen läßt. Vgl. Erläuterungen zu § 31 Rz. 3 ff 3 ). Bei rückwirkender Beiordnung k a n n der RA Beträge, die ihm der Auftraggeber 2 nach dem Rückwirkungszeitpunkt gezahlt hat, an den Auftraggeber zurückzahlen u n d statt ihrer die Armenanwaltsgebühren aus der Staatskasse beanspruchen.

!) KG JW 34, 1127; DR 40, 1023. Wegen Anrechnung von Vorschüssen auf Armenanwaltsgebühren s. Gerold Büro 61, 222. 2) KG JW 28, 1150; 33, 2710; 34, 1127; Gaedeke S 202. -1) Vgl. dazu auch OLG München Rpfleger 60, 420 mit Anm. von Lappe. A.M. OLG Düsseldorf Büro 61, 264.

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§ 129

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

II. Einzelheiten 1. Sonderhonorare 3

S o n d e r h o n o r a r e oder Sondervergütungen (§ 3), die vor der Beiordnung seitens der Partei gezahlt worden sind, m u ß der R A sich in gleicher Weise wie sonstige Vorschüsse auf den aus der Landeskasse zu erstattenden Betrag anrechnen lassen 4 ). Nicht anzurechnen sind aber solche S o n d e r h o n o r a r e , die dem Armenanwalt f ü r die W a h r n e h m u n g einzelner Termine, zB f ü r auswärtige Beweistermine, gezahlt Werdens). Die Vereinbarung von Sonderhonoraren nach der Beiordnung ist standeswidrig u n d daher unzulässig, darüber hinaus aber auch nichtig (§ 3 Abs. 4 B R A G O , §§ 134, 138 BGB) 6). 2. Nichtverbrauchte Vorschüsse

4

Vorschüsse, die vor Beiordnung noch nicht verbraucht sind, dürfen auf den Teil der später entstandenen G e b ü h r e n verrechnet werden, der nicht von der Landeskasse erstattet wird 7 ). Das RG 7 ), dem zuzustimmen ist, hat die Auffassung vertreten, d a ß die gesamten Armenanwaltsgebühren von der Landeskasse einforderbar sind, während der Vorschuß auf die Unterschiedsbeträge zwischen den gesetzlichen u n d den Armenanwaltsgebühren zu verrechnen ist. Übersteigt allerdings der Vorschuß den Differenzbetrag, so m u ß der RA ihn sich teilweise auf die Armenanwaltsgebühren anrechnen lassen 8 ). Beispiel: Ein RA führt, zunächst außerhalb des Armenrechts, einen Rechtsstreit. Er hat einen Vorschuß von 200 D M erhalten. Später wird das Armenrecht bewilligt. Die gesetzlichen Gebühren nach § 11 betragen 450 D M . Aus der Landeskasse werden erstattet 220 D M . In diesem Falle kann der R A den ganzen Vorschuß auf seine vollen gesetzlichen G e b ü h r e n verrechnen. Er ist nicht verpflichtet, etwa nur einen Betrag in H ö h e einer G e b ü h r auf die Prozeßgebühr, die bereits vor der Beiordnung entstanden ist, in A n r e c h n u n g zu bringen. Die Rechtslage ist aber anders zu beurteilen, wenn eine rückwirkende Bewilligung des Armenrechts und Beiordnung erfolgt, f ü r die nach dem Rückwirkungszeitpunkt, aber vor Bewilligung des Armenrechts gezahlten Vorschüsse. D a n n sind die nach dem Rückwirkungszeitpunkt, aber vor der Bewilligung des Armenrechts gezahlten Vorschüsse an die Partei zurückzuzahlen 9 ). Der RA m u ß sich also bei Stellung solcher Rückwirkungsanträge klar d a r ü b e r sein, d a ß er unter U m s t ä n d e n Vorschüsse an seine Partei zurückzuzahlen hat!

K G JW 30, 182, 1518; 34, 2866; O L G Kiel JW 31, 2383; 32, 122; O L G Stettin JW 33, 533; O L G K ö l n H R R 33 Nr. 1788; N a u m b u r g JW 36, 950, 1303; H a m m JW 35, 1035. 5) O L G Kiel D R Z Rspr. Nr. 585; RS Rz. 10; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 3. A . M . O L G Breslau JW 32, 2 9 0 6 ; G a e d e k e S 207. ) OLG Düsseldorf JW 34, 1678; J M B 1 N R W 54, 1692; OLG Celle JW 35, 61; KG JW 35, 439. A . M . Köln H R R 35, 1260. " ) BGH N J W 65, 538. Wegen Verzicht auf Kosten durch den Armenanwalt s. OLG Bremen N J W 65, 1027; K G D R W 43, 525. 2 «) LG Waldshut N J W 63, 1209. 2 ") KG JW 21, 473; 34, 2497; Frankfurt JW 32, 3648; Naumburg JW 34, 1678; Gaedeke JW 34, 1678. 30) KG JW 35, 1045; 36, 342; Köln D R 39, 1340; Gaedeke JW 34, 2936, JW 35, 2913, u. A A G e s S 261; Thiemann JW 35, 804. G a e d e k e sagt ganz richtig dazu: Es wäre ein geradezu widersinniges Ergebnis, denn die Staatskasse würde hier in Wahrheit mit der einen Hand nehmen,was sie mit der anderen Hand gegeben hat. Ferner: Gerold-Schmidt Rz. 13; RS Rz 14. A . M . OLG Karlsruhe JW 34, 2936; Dresden JW 35, 804; H a m m JW 35, 2913; Celle N d s R p f l . 56, 35. Vgl. auch Zusammenstellung in JVB1. 39, 290 ff. S. ferner OLG Hamburg Rpfleger 62, 234 (L) und Büro 72, 1024; OLG Frankfurt Rpfleger 69, 217 mit abl. Anm. v o n H. Schmidt; S c h l H O L G S c h l H A 60, 238 = B Ü R O 60, 446. 31) OLG H a m m M D R 55, 560; O L G Frankfurt N J W 56, 678; S c h l H O L G Rpfleger 62, 366 (L).

499

§ 130

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

Kosten im Vergleich ü b e r n o m m e n hatte. Nach § 117 Z P O hat die Bewilligung des Armenrechts auf die Verpflichtung zur Erstattung der dem Gegner erwachsenen Kosten keinen Einfluß 3 2 ).

16

2. Vorrang des Rechtsanwalts Wegen des nicht erstatteten Teils seiner gesetzlichen G e b ü h r e n f o r d e r u n g hat der Armenanwalt das Vorrecht vor dem Anspruch der Staatskasse (§ 268 Abs. 3, § 426 Abs. 2, § 774 Abs. 1, §1143 Abs. 1 Satz 2, §1164 Abs. 1 Satz 2, § 1225 Satz 1 BGB) 33 ). Dies stellt auch Abs. 1 Satz 2 des § 130 dahin klar, d a ß der Übergang nicht zum Nachteil des RA geltend gemacht werden kann (vgl. auch Begr. 1. Aufl. S 1313 zu I)34). Infolgedessen darf die Staatskasse erst dann gegen den unterlegenen Gegner vorgehen, wenn der RA hinsichtlich dieser G e b ü h r e n f o r d e r u n g voll gedeckt ist35). Beispiel: Der Beklagte ist unterlegen. Die Kosten des Armenanwalts betragen 1 200 D M . Aus der Staatskasse erhält er 800 D M . Wegen der restlichen 400 D M hat er das Vorrecht vor den Ansprüchen der Staatskasse. Auch wenn die Festsetzung der RA-Kosten auf den N a m e n der armen Partei geschehen ist, gilt der Vorrang des RA vor der Staatskasse 36 ). Der Armenanwalt k a n n die aus der Staatskasse erhaltenen Zahlungen zunächst voll auf diejenigen Kosten verrechnen, für die der Gegner nicht haftet, so d a ß die Zahlungen aus der Staatskasse auch nicht anteilig bei der Kostenfestsetzung hinsichtlich des obsiegenden Streitgenossen dem Gegner gegenüber in Ansatz zu bringen sind 37 ). 3. Die Kostenausgleichung

17

Da auch bei der Verteilung der Kosten das Beitreibungsrecht der Staatskasse erst d a n n ausgeübt werden darf, wenn der RA in voller H ö h e seiner gesetzlichen Gebühren befriedigt ist, so m u ß zunächst eine Kostenausgleichung nach den allgemeinen G r u n d s ä t z e n v o r g e n o m m e n werden. Der sich hiernach ergebende Saldo steht dem RA bis zu dem Betrage zu, um den seine gesetzliche G e b ü h r e n f o r d e r u n g den von der Staatskasse erstatteten Betrag übersteigt. Erst der Rest ist für die Staatskasse festzusetzen, soweit er an den Armenanwalt gezahlt worden ist38). Diese letzte Einschränkung ist von Bedeutung, wenn die Partei eigene Aufwendungen gemacht hat. Diese haben mit dem Erstattungsanspruch der Staatskasse 32 ) H a r t m a n n A n m . I; B a u m b a c h / L a u t e r b a c h u n d Zöller, beide Anm. 1 zu § 117 ZPO. Die Vorschrift des § 117 Z P O wird in der Praxis häufig übersehen! » ) R G 126, 180; K G J W 35, 2292; 36, 613; O l d e n b u r g Büro 53, 73; Braunschweig Rpfleger 52, 435; Köln AnwBl. 52, 84; H a m b u r g Rpfleger 52, 352; s. auch G a e d e k e S 247 u. D R 42, 1751. 34 ) Dieser Satz ist erst im Zuge der weiteren Bearbeitung des Vorentwurfes a u f g e n o m m e n worden. Im ersten Referentenentwurf war Satz 2 noch nicht enthalten. « ) Vgl. K G J W 33, 2710; L a p p e Rpfleger 58, 175; Rewolle N J W 59, 116; Müller JVB1. 60, 153; Gerold-Schmidt Rz. 3. 3 6) Gerold-Schmidt Rz. 3; RS Rz. 22. » ) O L G H a m b u r g N J W 54, 1044; Gerold-Schmidt Rz. 3. 3 «) Vgl. auch K G J W 37, 2799; 35, 549; D R 39, 1924; M D R 60, 1022 = Büro 60, 395 = JVB1. 61, 312 mit abl. Anm. von L a p p e ; H e s s V G H JVB1. 64, 145; O L G H a m m M D R 55, 560; O L G Düsseldorf Büro 65, 484 = JVBI. 65, 185 = J M B 1 N R W 65, 77 = Rpfleger 65, 378; O L G M ü n c h e n Rpfleger 56, 60; RS Rz. 25 f f ; Gerold-Schmidt Rz. 14; H a r t m a n n Anm. 2 B. Wegen Beispiele s. auch Bink Büro 58, 356; 62, 121. S. auch L a p p e Rpfleger 63, 275: Kostenentscheidung nach M a ß g a b e der Kosten.

500

Übergang von Ansprüchen auf die Bundes- oder Landeskasse

§130

nichts zu t u n » ) ; letztere darf sich nicht etwa aus dem ganzen Überschuß befriedigen. Über die Berechnungsmethoden gibt es verschiedene Meinungen 4 0 ), wie die eigenen Auslagen der armen Partei zur Verrechnung k o m m e n sollen. Es soll hier davon abgesehen werden, alle diese Meinungen zur Erörterung zu stellen, vielmehr sollen nur zwei Meinungen behandelt werden: 1. B e i s p i e l : " ) Kläger trägt Vi, Beklagter Vi. Der arme Kläger hat eigene A u f w e n d u n g e n (Reise- 18 kosten) von 100 D M gehabt. Die Gesamtkosten betragen 2 000 D M . Die RA-Kosten des Klägers betragen 1 000 D M , davon werden aus der Staatskasse gezahlt 500 D M . Der Beklagte trägt 1 7 5 0 , - DM Seine eigenen Kosten betragen 900,— D M Er hat also zu erstatten 850,— D M Von diesem Betrag erhält der Armenanwalt bzw. der Kläger den Unterschied zwischen den aus der Staatskasse erstatteten Armenanwaltsgebühren u n d den gesetzlichen G e b ü h r e n , also 500 D M . Den Rest von 350 D M erhält nicht die Staatskasse in voller Höhe, sondern nur abzüglich des der Kostenverteilung entsprechenden Betrages der Auslagen des Klägers; denn sonst würde sich die Staatskasse um so besser stellen, je höher die A u f w e n d u n g e n der Partei sind. Außerdem hat die Staatskasse ja auch nur Anspruch auf dasjenige, was sie an den Armenanwalt bezahlt hat. Im vorliegenden Falle hat die Staatskasse zu erhalten 350,— D M abzüglich der an den Kläger zu zahlenden Vi von 100 D M = 87,50 D M Die Staatskasse hat also zu beanspruchen 262,50 D M 2. Beispiel:«) Kläger im Armenrecht mit Armenanwaltskosten: Kosten Verteilung: Kläger 'A, Beklagter 4/s. Die Staatskasse hatte an den Armenanwalt 600 D M gezahlt. Es sind ferner jeder Partei 100 D M Anwaltskosten e n t s t a n d e n ; außerdem dem Kläger 50 D M eigene Kosten, die nicht Gerichtskosten sind. Die Ausgleichsrechnung nach § 106 Z P O ergibt: Der Kläger k a n n von seinen Kosten im Gesamtbetrag D M DM DM von 150,die sich zusammensetzen aus Anwaltskosten mit 100,— u n d eigenen Kosten der armen Partei mit 50,— 4 /s erstattet verlangen u n d zwar 120,— 80,— 40,— Der Kläger hat dem Gegner 'A von dessen Kosten mit '/s von 100 D M zu erstatten = 20,— 20,— Somit hat der Kläger zu fordern 100,— die sich aufteilen in Anwaltskosten mit 80,— und eigene Kosten mit 20,— Vgl. dazu K G J W 36, 613; Gerold-Schmidt Rz. 14. 40) S. dazu RS Rz. 27; Bink Büro 58, 356; 62, 121; Wigger SchlHA 62, 95 f f ; G a e d e k e a.a.O. S 268 f f ; Rittmann-Wenz S 777 f f ; Schlifkowitz S 65 f f ; Zöller Anm. 2 zu § 106 ZPO. 41 ) S. dazu auch die Berechnungsbeispiele bei G a e d e k e a.a.O. S 268 sowie S 328; ferner Gerold-Schmidt Rz. 14. 4 -) Dieses Beispiel entspricht der Berechnungsmethode von Braun Rpfleger 55, 179 ff. Vgl. dazu ferner die ähnliche Berechnungsweise von Wigger SchlHA 62, 95 ff.

501

§ 130

Z w ö l f t e r Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

Dazu sagt Braun, d a ß es unbillig wäre, den Betrag von 20,— D M , den der Kläger dem Beklagten auf dessen Kosten erstatten m u ß , bei den Anwaltskosten abzusetzen. Wollte m a n die durch die Kostenverteilung begründete A u f r e c h n u n g des Gegners nur dem RA gegenüber vornehmen, so schädige m a n ihn u n d gewähre der Partei einen Vorteil, den sie nicht haben würde, wenn sie keinen RA gehabt hätte. Dieser Einwand hat etwas f ü r sich. Bei Beispiel zu 1) würde die Berechnung nach dem Beispiel zu 2) wie folgt aussehen: Der Kläger kann von seinen Kosten im Gesamtbetrage von die sich zusammensetzen aus Anwaltskosten mit u n d eigenen Kosten der armen Partei mit Ys erstattet verlangen, u n d zwar Der Kläger hat dem Gegner % von dessen Kosten mit V, von 900,— D M zu erstatten Somit hat der Kläger zu fordern die sich aufteilen in Anwaltskosten mit und eigene Kosten mit Die Verteilung des Betrages von würde d a n n so aussehen, d a ß der Armenanwalt erhält die Staatskasse

DM

DM

DM

1 100,— 1 000,— 962,50

875,—

100,— 87,50

112,50 850,— 850,— — ,— 850,— 500,— 350,— =

850,—

Die Reihenfolge des Erstattungsanspruchs steht zweifellos fest. Zunächst wird der Armenanwalt wegen seiner ungedeckten G e b ü h r e n befriedigt, d a n n die arme Partei wegen ihrer eigenen Auslagen u n d schließlich die Staatskasse. Richtig ist, d a ß nach dem Beispiel zu 1) die Staatskasse benachteiligt werden würde, bei dem Beispiel zu 2) ist es der Armenanwalt, der benachteiligt wird, wenn man nach dem Beispiel zu 1) verfahren würde. In der Tat leuchtet das Beispiel zu 2) mehr ein, u n d zwar deswegen, weil die arme Partei keinen Anspruch darauf hat, besser gestellt zu werden, als sie es ohne Armenrecht sein würde. Beim Beispiel zu 1) würde sie aber insofern besser gestellt werden, als sie sich lediglich auf die eigenen Auslagen % anrechnen lassen braucht, während sie in Wirklichkeit aber auch % der Kosten zu tragen hat, die dem Gegner entstanden sind. Die arme Partei m u ß sich aber, da sie mit '/» unterlegen ist, diesen Teil der Kosten auf ihre eigenen Auslagen anrechnen lassen. Wir halten daher die Berechnung nach dem Beispiel zu 2) f ü r zutreffend. 19 20

Die Ausgleichung der Gerichtskosten hat gesondert zu erfolgen«), Wenn die Kostenausgleichung von der Partei bzw. deren RA nicht beantragt wird u n d auch eine dementsprechende A u f f o r d e r u n g des U r k u n d s b e a m t e n nicht zu einem solchen Antrag führt, hat der U r k u n d s b e a m t e den Saldo von sich aus festzustellen 44 ). •»•') Hartmann A n m . 2 B; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 14. 44 ) S o auch G e r o l d - S c h m i d t Rz. 14; Hartmann A n m . 2 B.

502

Ü b e r g a n g von A n s p r ü c h e n a u f die B u n d e s - o d e r L a n d e s k a s s e

§ 130

4. Aufrechnung Wenn die Kostenfestsetzung auf den Namen des Armenanwalts erfolgt ist, kann 21 der Schuldner gegenüber der Staatskasse nur mit Kostenansprüchen aus dem gleichen Rechtsstreit aufrechnen. Dies ergibt sich aus nachfolgender Vorschrift des § 124 Abs. 2 Z P O « ) , „Eine Einrede aus der Person der armen Partei ist nur insoweit zulässig, als die Aufrechnung von Kosten verlangt wird, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung der armen Partei zu erstatten sind." Diese Aufrechnungsbefugnis bezieht sich auf die Kosten aller Instanzen, sie ist nicht nur auf die Kosten desselben Rechtszuges beschränkt 4 6 ). Die Staatskasse erwirbt nach Zahlung der Armenanwaltsgebühren nur das Recht in dem gleichen Umfange, wie es dem Armenanwalt vorher zugestanden hatte 47 ). Die Einrede der Aufrechnung muß im Wege der Aufsichtsbeschwerde verfolgt werden. Ist dagegen die Kostenfestsetzung auf den Namen der armen Partei erfolgt, so muß der Armenanwalt und damit auch die Staatskasse die vorgenommene Aufrechnung gegen sich gelten lassen 4 ») (vgl. dazu Rz. 24 ff). 5. Die Rechtsbehelfe (zu Abs. 2) Zuständig für den Ansatz und die Einforderung der auf die Staatskasse überge- 2 2 gangenen Armenanwaltskosten erster und zweiter Instanz ist der Urkundsbeamte des erstinstanzlichen Gerichts. Gegen diesen Ansatz stehen dem in Anspruch genommenen Schuldner die Rechtsbehelfe des § 5 GKG zu 49 ). Dies wird wohl der Re« ) R G R p f l e g e r 3 1 , 3 2 7 ; K G J W 2 7 , 1 1 6 8 ; 3 4 , 2 3 9 ; O L G K i e l R p f l e g e r 3 3 , 137; O L G M ü n c h e n R p f l e g e r 5 6 , 28 ( L ) ; G e r o l d - S c h m i d t R z . 30. § 8 J B e i t r O b e s t i m m t n o c h dazu, d a ß mit e i n e r G e g e n f o r d e r u n g nur a u f g e r e c h n e t w e r d e n k a n n , w e n n d i e s e a n e r k a n n t o d e r g e r i c h t l i c h festgestellt w o r d e n ist. G e r o l d - S c h m i d t R z . 3 0 ; H a r t m a n n A n m . C 3. 47) R G R p f l e g e r 3 1 , 3 2 7 ; O L G C e l l e J W 3 0 , 1 0 9 4 ; O L G K ö l n J W 3 0 , 3 3 5 7 ; O L G K a r l s r u h e J W 3 4 , 2 9 3 6 ; O L G K i e l R p f l e g e r 3 3 , 137; G e r o l d - S c h m i d t R z . 4. •»») K G J W 3 2 , 2 5 4 ; 3 5 , 3 5 3 9 ; O L G B r e s l a u J W 3 4 , 3 0 0 9 ; O L G D ü s s e l d o r f J W 3 4 , 2 7 1 3 . § 5 G K G i. d. F. des K o s t Ä n d G 1975 (bis zur N e u b e k a n n t m a c h u n g 1975 § 4 ) : § 5 . Erinnerung, Beschwerde. ( 1 ) Ü b e r E r i n n e r u n g e n des K o s t e n s c h u l d n e r s u n d der S t a a t s k a s s e gegen den K o s t e n a n s a t z e n t s c h e i d e t d a s G e r i c h t , bei d e m die K o s t e n angesetzt sind. S i n d die K o s t e n bei d e r S t a a t s a n w a l t s c h a f t angesetzt w o r d e n , so ist d a s G e r i c h t d e r ersten Instanz zuständig. W a r das V e r f a h r e n in erster I n s t a n z bei m e h r e r e n G e r i c h t e n a n h ä n g i g , s o ist das G e r i c h t , bei dem es zuletzt a n h ä n g i g war, a u c h i n s o w e i t z u s t ä n d i g , als K o s t e n bei den a n deren G e r i c h t e n angesetzt w o r d e n sind. ( 2 ) G e g e n d i e E n t s c h e i d u n g ü b e r die E r i n n e r u n g k ö n n e n d e r K o s t e n s c h u l d n e r u n d die S t a a t s k a s s e B e s c h w e r d e e i n l e g e n , w e n n d e r W e r t des B e s c h w e r d e g e g e n s t a n d e s e i n h u n d e r t D e u t s c h e M a r k übersteigt. E i n e B e s c h w e r d e a n e i n e n o b e r s t e n G e r i c h t s h o f des B u n d e s ist n i c h t zulässig. A b w e i c h e n d h i e r v o n steht den Beteiligten gegen den B e s c h l u ß e i n e s F i n a n z g e richts die B e s c h w e r d e an den B u n d e s f i n a n z h o f zu, w e n n e i n e d e r V o r a u s s e t z u n g e n des § 115 A b s . 2 N r . 1 b i s 3 d e r F i n a n z g e r i c h t s o r d n u n g vorliegt. D i e B e s c h w e r d e ist n i c h t an e i n e Frist g e b u n d e n . D a s G e r i c h t , d a s ü b e r die E r i n n e r u n g e n t s c h i e d e n hat, k a n n der B e s c h w e r d e a b h e l f e n . I m ü b r i g e n sind d i e für die B e s c h w e r d e in d e r H a u p t s a c h e g e l t e n d e n V e r f a h r e n s v o r s c h r i f t e n a n z u w e n d e n . E i n e weitere B e s c h w e r d e findet n i c h t statt. ( 3 ) E r i n n e r u n g u n d B e s c h w e r d e k ö n n e n zu P r o t o k o l l d e r G e s c h ä f t s s t e l l e o d e r s c h r i f t l i c h , auch o h n e M i t w i r k u n g e i n e s B e v o l l m ä c h t i g t e n , eingelegt w e r d e n . S i e h a b e n k e i n e a u f s c h i e b e n d e W i r k u n g . D e r V o r s i t z e n d e k a n n a u f A n t r a g o d e r von A m t s wegen d i e a u f s c h i e b e n d e W i r k u n g g a n z o d e r teilweise a n o r d n e n .

503

§ 130

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in Armensachen

gelfall sein. Allerdings bestimmt § 130 Abs. 2, d a ß f ü r die G e l t e n d m a c h u n g des Anspruches die Vorschriften über die Einziehung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens sinngemäß gelten. Es wird dabei hauptsächlich die Vorschrift des § 5 G K G in Frage k o m m e n oder, falls das Armenrecht in anderen Fällen als in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten bewilligt worden ist, so würden diese einschlägigen Vorschriften zu gelten haben. Nach § 5 G K G gibt es die Erinnerung^) u n d die Beschwerde51). 23

Eine weitere Beschwerde findet nicht statt (§ 5 Abs. 2 letzter Satz G K G ) . Über diese Rechtsbehelfe bzw. Rechtsmittel entscheidet das Gericht der Instanz"). Die Beschwerde ist von der Erreichung der Beschwerdesumme von mehr als 100 D M abhängig (§ 5 Abs. 2 Satz 1 GKG) 5 3 ). Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ist nicht zulässig (§ 5 Abs. 2 Satz 2 G K G ) . Abweichend hiervon steht j e d o c h den Beteiligten gegen den Beschluß des Finanzgerichts die Beschwerde an den BFH zu, wenn eine der Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 F G O vorliegt (§ 5 Abs. 2 Satz 3 G K G ) . Die Beschwerde ist nicht an eine Frist geb u n d e n , also unbefristet (§ 5 Abs. 2 Satz 4 G K G ) .

IV. Die Kostenfestsetzung im eigenen Namen (§ 124 ZPO)5") 1. Allgemeines 55 ) 24

N a c h der Vorschrift des § 124 Z P O ist der Armenanwalt berechtigt, im Falle des Obsiegens seiner Partei seine G e b ü h r e n u n d Auslagen von dem in die Prozeßkosten verurteilten Gegner beizutreiben, auch wenn dieser das Armenrecht hatte (vgl. oben Rz. 15). Es ist ihm also ein eigener selbständiger Anspruch eingeräumt worden, der jedoch keine Rechtsnachfolge darstellt, der aber der Stellung eines gesetzlichen Pfandrechts ähnelt 56 ). (4) Das Verfahren über die Erinnerung u n d über die Beschwerde ist gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet. so) S. dazu die Erläuterungen bei § 128 Rz. 15 f. 51 ) S. dazu die Erläuterungen bei § 128 Rz. 17 f. 52) B a y O b L G Z 2, 4; H a r t m a n n A n m . 3 A zu § 5 G K G . Über die Beschwerde kann das im Instanzenzug übergeordnete Gericht entscheiden, wenn es mit der H a u p t s a c h e selbst befaßt ist. Hierbei reicht es aus, d a ß das Rechtsmittelgericht zur Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung f ü r eine Instanz tätig wird, jedoch nur solange das Verfahren bei ihm anhängig ist. Die Beschwerde ist auch zulässig gegen die Erstentscheidung des Landgerichts, wenn der Rechtsmittelzug nur bis zu diesem Gericht eröffnet ist. Vgl. O L G M ü n c h e n Rpfleger 56, 28 (L); O L G M ü n c h e n M D R 61, 779; H a r t m a n n Anm. 5 zu § 5 G K G ; Gerold-Schmidt Rz. 32 zu § 130. Dagegen ist eine Beschwerde an ein oberstes Bundesgericht ausgeschlossen, vgl. dazu oben Fn. 49. 53 ) So schon die frühere Rechtsprechung, vgl. 1. Aufl. Fn. 39 zu § 130. Jetzt gilt § 5 Abs. 2 G K G mit § 567 Abs. 2 ZPO. Vgl. auch die Erläuterungen zu § 128 Rz. 17. 54) S c h u m a n n hatte vorgeschlagen, die Bestimmung des § 124 Z P O aus der Z P O herauszun e h m e n u n d in das Gebührenrecht einzuarbeiten. Leider ist dem nicht entsprochen worden. Die Anwaltschaft kennt zu wenig die Bestimmung des § 124 Z P O u n d die Möglichkeit, in Armensachen die Kostenfestsetzung im eigenen Namen zu betreiben. Erst später, wenn durch A u f r e c h n u n g oder Z a h l u n g der K o s t e n a n s p r u c h getilgt ist, u n d Gebührenausfälle d r o h e n , sucht man nach einer Bestimmung, die dies verhindern soll. S c h u m a n n hat, leider ebenfalls vergeblich, vorgeschlagen, diese Bestimmung so zu fassen, d a ß jeder Zweifel ausgeschaltet wird, damit nicht durch Vereinbarungen der Parteien, durch A u f r e c h n u n g , P f ä n d u n g oder

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Übergang von Ansprüchen auf die Bundes- oder Landeskasse

§130

Dieser Anspruch des Armenanwalts ist aber völlig vom Schicksal der Kostenerstattungsforderung seiner Partei abhängig u n d damit u n t r e n n b a r mit dem Schicksal der Kostenentscheidung selbst verknüpft. Eine nichtvollstreckbare Kostenentscheid u n g verschafft dem Armenanwalt noch kein Beitreibungsrecht. Ein vorläufig vollstreckbares Urteil bedeutet dagegen nur erst ein durch A u f h e b u n g dieses Urteils auflösend bedingtes Beitreibungsrecht, das sogar noch durch Sicherheitsleistung von der einen oder anderen Seite, je nach M a ß g a b e der A n o r d n u n g im Urteil, beschränkt werden kanns'). Erst die Rechtskraft der Kostenentscheidung verschafft dem RA ein endgültiges Beitreibungsrechtss). Der Armenanwalt kann, braucht es aber nicht, den Antrag aus § 124 Z P O in voller H ö h e stellen. Er kann auch erst die Erstattung aus der Staatskasse f ü r den Teil der Armenanwaltsgebühren u n d für den restlichen Teil der nicht vom Armenrecht erfaßten G e b ü h r e n die Kostenfestsetzung im eigenen N a m e n gemäß § 124 Z P O b e a n t r a g e n s « ) . Will der Armenanwalt Kostenverluste vermeiden, so m u ß er in allen Fällen im Kostenfestsetzungsantrag den Satz a u f n e h m e n „Es wird beantragt, die Kosten gemäß § 124 Z P O auf meinen N a m e n festzusetzen." Stellt er den Antrag ohne ausdrücklich zu erwähnen, d a ß die Festsetzung im eigenen Namen erfolgen soll, so erfolgt die Festsetzung im N a m e n der Partei, f ü r die er im Zweifel ohnehin handelt«»), mit der Folge, d a ß die G e f a h r einer Aufrechnung (aber auch einer Pfändung vom Gläubiger der armen Partei) drohte)Man sollte daher in jeder Armensache stets den Festsetzungsantrag aus § 124 Z P O stellen, wenn Nachteile vermieden werden sollen. Es genügt dazu schon eine generelle Anweisung an die Kanzlei (vgl. auch Note 100). Die Bestimmung des § 124 Z P O ist besonders beachtlich, weil sie dem RA das Recht gibt, seine vollen Prozeßkosten von der Gegenseite zu verlangen, ohne dabei von seiner eigenen Partei irgendwie abhängig zu sein. sonstwie der Anspruch vernichtet werden kann. Für diese wirtschaftlich d u r c h a u s berechtigte Sicherung des Armenanwalts bezüglich seiner F o r d e r u n g gegenüber dem Gegner müßte, so w u r d e vorgeschlagen, deshalb eine Bestimmung im Sinne des § 400 BGB gewählt werden, die mit der Unpfändbarkeit in der Richtung gegen die arme Partei auch zur Unabtretbarkeit u n d Unaufrechenbarkeit (§ 394 BGB) ohne weiteres führen würde. Noch richtiger wäre es gewesen, den sofortigen Übergang auf den RA vorzusehen. Alles dies hat unverständlicherweise der Gesetzgeber o f f e n b a r nicht gewollt. Die Anwaltschaft hat sich somit weiterhin auf die nicht ganz einfache Bestimmung des § 124 Z P O mit allen Auswirkungen einzustellen. Welche u n a n genehmen finanziellen Einbußen die Nichtbeachtung der Vorschrift des § 124 Z P O f ü r den A r m e n a n w a l t haben k a n n , macht so richtig das Beispiel bei Schumann AnwBl. 63, 73 deutlich. 55) Vgl. dazu Wieczorek zu § 124 Z P O u n d BayJMBl. 57, 241. S. ferner Tschischgale Büro 57, 89 ff zum Beitreibungsrecht des A r m e n a n w a l t s gegenüber dem unterlegenen Gegner im Verfahren der Sozialgerichtsbarkeit. Allerdings ist nach BSG N J W 57, 239 der § 119 Abs. 2 Satz 2 Z P O im sozialgerichtlichen Verfahren nicht entsprechend a n w e n d b a r . ss) O L G Kiel Rspr. 29, 64; D a r m s t a d t Rspr. 35, 48; O L G Breslau J W 31, 2382. S. auch bei B a u m b a c h / L a u t e r b a c h A n m . 1 zu § 124 ZPO. 57) K G J W 35, 801; O L G F r a n k f u r t J W 32, 3648; O L G Kiel J W 32, 2916; O L G Königsberg J W 34, 50 = H R R 34 Nr. 429; Gerold-Schmidt Rz. 11. 58) K G J W 34, 2497; O L G F r a n k f u r t J W 32, 3648; O L G Breslau H R R 30, 916; GeroldSchmidt Rz. 11. s«) K G J W 44, 1056. Vgl. auch S c h u m a n n AnwBl. 63, 73. «>) K G J W 35, 797; Stuttgart J W 34, 1195; O L G Breslau J W 34, 309. Vgl. Fn. 72. S. bei unklarer Antragstellung O L G Köln M D R 68, 680: Der A r m e n a n w a l t m u ß Verfügungen der Partei gegen sich gelten lassen. f'i) RG 75, 200 = J W 11, 320; 145, 13 = J W 34, 2467. Vgl. auch Rz. 22 zu § 128.

505

§ 130

Z w ö l f t e r A b s c h n i t t : V e r g ü t u n g in A r m e n s a c h e n

2. Entstehung des Anspruchs 25

Grundsätzlich entsteht mit der Rechtshängigkeit auch die Kostenerstattungsforderung der Parteien gegeneinander als aufschiebend bedingter Anspruch 6 2 ). D a s bedeutet, d a ß f ü r den beigeordneten A r m e n a n w a l t in demjenigen Zeitpunkt, in welchem er beigeordnet wird, sofern der Auftrag der armen Partei hinzutritt, das Recht aus § 124 Z P O bereits als bedingtes Recht entsteht. Trotzdem behalten die Parteien zunächst noch die Verfügung über ihre gegenseitigen Erstattungsansprüche. Tritt aber die Bedingung, nämlich die vollstreckbare Kostenentscheidung, ein, d a n n wird die Rechtsposition des RA insofern verstärkt, als aus dem aufschiebend bedingten nunmehr ein durch A u f h e b u n g des Urteils auflösend bedingtes Beitreibungsrecht entsteht. Das endgültige Vollrecht erwächst daraus d a n n erst mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung (vgl. dazu auch unten Rz. 27"). 3. Einwendungen gegen den Anspruch

26

Der Beitreibungsanspruch ist von der Kostenerstattungsforderung der Partei abhängig 6 4 ) (vgl. oben Rz. 24). Gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch k ö n n e n seitens der unterliegenden Partei keine G r ü n d e geltend gemacht werden, die in der Person der eigenen Partei des RA liegen (§ 124 Abs. 2 ZPO). Dieser bestimmt, d a ß eine Einrede aus der Person der armen Partei nur insoweit zulässig ist, als die Aufrechnung von Kosten verlangt wird, die nach der in demselben Rechtsstreit über die Kosten erlassenen Entscheidung von der armen Partei zu erstatten sind (vgl. oben Rz. 21). Beispiel: Gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch des Armenanwalts k a n n die Gegenseite nicht einwenden, sie habe noch eine Gegenforderung gegen die arme Partei, mit der sie gegenüber dem Erstattungsanspruch aufrechne. Ebenso ist der armen Partei die Verfügungsmöglichkeit über den Anspruch entzogen. Sie k a n n also nicht mit ihrem Gegner sich über die Ausübung des Ersatzanspruchs einigen, auch nicht durch Stundung oder Teilzahlung"). Lediglich wenn in dem gleichen Rechtsstreit ebenfalls Kostenerstattungsansprüche der Gegenseite entstanden sind, darf sie mit diesen auch dem Armenanwalt gegenüber aufrechnen 6 6 ). Solche Einwendungen k ö n n e n aber nur im Wege der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 Z P O geltend gemacht werden. Die übrigen Einwendungen, die gegen den Anspruch zulässig sind, sind entweder mit der befristeten Erinnerung oder sofortigen Beschwerde (§ 104 Abs. 3 ZPO) oder mit der Vollstreckungsgegenklage (§ 767 Z P O ) zu verfolgen. Hauptsächlich zulässige Einwendungen sind hier solche, welche die Höhe des Kostenerstattungsanspruchs betreffen, u n d solche, die auf Erlöschen dieses Anspruchs begründet sind 67 ). 4. Wirkungen der Festsetzung

27

Die Wirkungen der Festsetzung hängen davon ab, welchen Weg der RA für die Festsetzung der Kosten gewählt hat, ob er diese im N a m e n der armen Partei hat -) Vgl. a u c h G a e d e k e S 281. w) RS Rz. 8; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 11; K G J W 34, 2497; O L G F r a n k f u r t J W 32, 3648; O L G Breslau H R R 3 0 , 9 1 6 . M) H a r t m a n n A n m . 1; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 10. Vgl. auch K G J W 21, 473. M) G a e d e k e S 296; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 24. 66 ) K G J W 36, 3587; O L G K ö l n H R R 33, 534. 67 ) K G J W 35, 2901; D R 40, 591.

506

Übergang von Ansprüchen auf die Bundes- oder Landeskasse

§130

festsetzen lassen oder im eigenem Namen gemäß § 124 ZPO. M a n c h e RAe beantragen bewußt nicht die Festsetzung auf ihren eigenen N a m e n , damit sie selbst nicht mit den Kosten der Zwangsvollstreckung aus dem Festsetzungsbeschluß belastet werden können. Erfolgt die Festsetzung der Kosten des Armenanwalts nach § 124 ZPO, d a n n gilt allerdings f ü r die Vollstreckung nicht das der Partei gewährte Armenrecht, der Armenanwalt m u ß die Vollstreckungskosten selbst tragen 68 ), 69). Das sollte aber kein G r u n d sein, seinen Anspruch einer G e f ä h r d u n g auszusetzen. Es ist zweifellos besser, mit Vollstreckungskosten belastet zu werden, als seinen Kostenanspruch ganz zu verlieren. Werden die ganzen Kosten, also auch die Differenzkosten, die dem A r m e n a n walt zustehen, auf den N a m e n der armen Partei festgesetzt, so u m f a ß t das Armenrecht auch insoweit die Vollstreckung aus diesem Titel. Auf das wirtschaftliche Interesse der armen Partei an der Vollstreckung k o m m t es dabei nicht an 70 ). Läßt der Armenanwalt die Kosten nach § 124 Z P O auf seinen eigenen N a m e n festsetzen, bleibt auch seine persönliche Rückerstattungspflicht aus § 717 ZPO, bei A u f h e b u n g des Kostenurteils, bestehen 71 )Der Armenanwalt sollte sich d a h e r genau überlegen, in wessen N a m e n er den Kostenfestsetzungsantrag stellt. Will er sein Recht sichern, so bedarf es lediglich eines Antrages, die Kosten auf seinen eigenen N a m e n festzusetzen. Ist dies im Kostenfestsetzungsantrage nicht ausdrücklich angegeben, so gilt das Gesuch als im N a m e n der Partei angebracht 7 2 ). Der A r m e n a n w a l t ist durch die Bestimmung des § 124 Z P O gegen ein eigenmächtiges Vorgehen seiner Partei geschützt«) (vgl. oben Rz. 21 u n d 26). Der Schuldner k a n n nicht auf a n d e r e Weise als durch Befriedigung des A r m e n a n - 2 8 walts oder durch Einwendungen aus der Person des RA selbst den Erstattungsanspruch zum Erliegen bringen 7 4 ), Voraussetzung ist aber, d a ß der Armenanwalt den Anspruch bereits erworben hat, d e n n solange der Armenanwalt noch nicht endgültig den Anspruch erworben hat, besteht die volle Verfügungsbefugnis der Parteien, genauso wie sonst hinsichtlich ihres Wahlanwalts u n d der sonstigen außergerichtlichen K o s t e n ; denn aus solchen Anwaltskosten setzt sich der Anspruch des Armenanwalts zusammen. Diese sind aber bis zu einer rechtskräftigen Kostenentscheidung dem Belieben u n d der Herrschaft der Prozeßparteien unterworfen, solange die Kostenentscheidung noch nicht rechtskräftig ist"). Erst mit der Rechtskraft der Kostenentscheidung besteht keine Befugnis der Parteien mehr, darüber zu verfügen 7 6 ). «) Vgl. LG Oldenburg AnwBI. 61, 9 9 ; A G Berlin-Schöneberg D G V Z 57, 59; S e n g e l m a n n A n w B l . 60, 213; Tschischgale JR 57, 178; Quardt Büro 60, 158; S c h u m a n n AnwBI. 63, 73. A G H a g e n M d R R K 37, 110; s. auch Aufsatz JW 36, 3516. 7«) LG Oldenburg AnwBI. 61, 99; LG K o b l e n z und A G Boppard AnwBI. 61, 319; A G M a n n h e i m N J W 61, 1585; A G H a m b u r g AnwBI. 60, 228; S e n g e l m a n n AnwBI. 60, 213; Tschischgale JR 57, 178; Quardt Büro 60, 158; S c h u m a n n AnwBI. 63, 73; C h e m n i t z N J W 61, 1567. D a m i t sind auch die gegenteiligen M e i n u n g e n , zB LG Hildesheim Rpfleger 61, 118; LG Hagen JVBI. 61, 116 usw. widerlegt w o r d e n . 71 ) Vgl. auch w e g e n der Rückfestsetzung des Betrages gegen den A r m e n a n w a l t K G JW 33, 2018. 72) K G JW 34, 239; Jena JW 34, 2 4 9 8 ; vgl. Fn. 60. « ) K G JW 30, 183; 34, 239; O L G D ü s s e l d o r f JW 35, 806. 7 ") Vgl. G a e d e k e S 298. « ) Vgl. dazu O L G K ö l n M D R 56, 363; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 23 ff. 76 ) K G JW 34, 1798; 34, 2083; O L G D ü s s e l d o r f N J W 56, 1161 = J M B I N R W 56, 67; O L G Stuttgart N J W 56, 1405; G e r o l d - S c h m i d t Rz. 24. Vgl. o b e n Rz. 6 ff.

507

§ 130

Zwölfter Abschnitt: Vergütung in A r m e n s a c h e n

Solange aber die Kostenentscheidung noch nicht rechtskräftig ist, können die Parteien ohne weiteres unter Umgehung des RA einen Vergleich schließen, in dem sie sich materiell-rechtlich einigen; die Verfügungsbefugnis über den Streitgegenstand selbst, ebenso wie über die grundsätzliche Frage der Kostentragungspflicht ist ihnen nicht g e n o m m e n . Regeln die Parteien daher vor der Urteilsrechtskraft durch einen Vergleich die Kostenerstattungspflicht anders, so ist der RA ebenso wie die Staatskasse hieran gebunden 7 7 ) (vgl. auch oben Rz. 6 bis 10 u. Fn. 15 bis 23). 29

Eine vorzeitige Abtretung des Kostenerstattungsanspruches durch die Partei ist aber nicht zulässig 78 ).

30

Der Armenanwalt kann nun allerdings auf sein Recht, die Kosten nach § 124 Z P O festsetzen zu lassen, verzichten. Ein solcher Verzicht liegt aber d a n n nicht vor, wenn er die Kosten auf den N a m e n der Partei hat festsetzen lassen 79 ). Durch ein solches Vorgehen gefährdet er aber sein eigenes Recht außerordentlich, da der Gegner in diesem Falle berechtigt ist, Einwendungen aus der Person der armen Partei gegenüber dem Kostenerstattungsanspruch geltend zu machen 8 0 ). Zahlt der Gegner auf G r u n d des Kostenfestsetzungsbeschlusses, der auf den N a m e n der armen Partei lautet, an diese, so hat der Armenanwalt sein Recht verloren81)-

31

N u n k a n n allerdings die Kostenfestsetzung sowohl durch den Armenanwalt als auch durch die arme Partei veranlaßt werden, u n d zwar k ö n n e n beide unabhängig voneinander die Anträge stellen 82 ), was aber selten der Fall sein wird. Eine gleichzeitige Festsetzung zugunsten der Partei u n d des Armenanwalts ist aber ausgeschlossen8-'). Doch k a n n ein eigenmächtiges Vorgehen der Partei den Armenanwalt nicht um seinen G e b ü h r e n a n s p r u c h bringen 8 4 ). Selbst wenn der Schuldner auf G r u n d der Kostenfestsetzung, welche die arme Partei hinter dem Rücken des Armenanwalts selbst f ü r sich betrieben hat, zahlt, wird das Recht des Armenanwalts auf Festsetzung der Kosten im eigenen N a m e n nicht berührt, der Schuldner m u ß also noch einmal zahlen 85 ). Das gleiche gilt freilich, wenn die Partei nach Rechtskraft des Urteils, aber vor Kostenfestsetzung Vereinbarungen mit dem Gegner über die Kosten trifft. Auch diese A b m a c h u n g e n sind f ü r das Recht des Armenanwalts ohne jeden Einfluß 86 ). Ist der Antrag g e m ä ß § 124 Z P O von Anfang an im N a m e n des Armenanwalts gestellt, der U r k u n d s b e a m t e hat ihn aber versehentlich im N a m e n der Partei erlassen, " ) B G H Z 5, 251; K G JW 34, 1798, 2083; 35, 799; 36, 2165; K ö l n JW 36, 1307; Frankfurt H R R 36 Nr. 1261; Kiel JW 34, 3301; JW 37, 2008; S c h l H O L G Büro 51, 142; O L G Oldenburg A n w B l . 55, 86; O L G K ö l n M D R 56, 363; LG Bayreuth Büro 74, 1403 mit A n m . v o n M ü m m ler. A . M . O L G K ö l n JW 37, 3003. Vgl. auch RS Rz. 8, w o n a c h eine solche Kostenvereinbarung o h n e Z u s t i m m u n g des A r m e n a n w a l t s oder der Staatskasse nicht möglich sein soll. Abl e h n e n d dazu M ü m m l e r in der A n m . Büro 74, 1403. 78 ) K G JW 36, 2165; O L G Köln JW 36, 1307. 7 ') B G H Z 5, 251; K G JW 32, 254; s. auch Fn. 77. «>) K G JW 34, 439; O L G Kiel R p f l e g e r 34, 305. 8i) K G JW 34, 2 4 9 7 ; 35, 1102; LG Schweinfurt JW 31, 1854. A . M . Bach JW 35, 2904. ) So LG Bamberg Urt. v. 6. 2. 56 - 1 S 79/55. S. aber KG AnwBl. 58, 38: Treu und Glauben gegenüber dem Nichtigkeitseinwand. is) RGZ 132, 33 sowie LG Bamberg wie Fn. 14. ! der vollen (10/io) Gebühr»), Der Rahmen beträgt somit bei 2 Auftraggebern %o bis 13/io, bei 3 Auftraggebern "Ao bis 16/io. Vertritt der RA zB zwei Auftraggeber, dann erhält er bei Berechnung der Mittelgebühr (arithmetisches Mittel)'4) "/io + 13/io = !'/io : 2 = lo Vio. Dasselbe Ergebnis wird freilich erzielt, wenn die Berechnung mit 7-5/io + Y»> = lo-5/io erfolgt (vgl. dazu auch vorst. Rz. 2, 3). Zu Rz. 33: Im Berufungs- und Revisionsverfahren berechnet sich die Erhöhung um 3A» aus "Ao 12 ( = "/,„„)I5).

Zu Rz. 29: Die Gebührenerhöhung nach § 6 Abs. 1 Satz 2 tritt auch dann ein, wenn der RA 13 für mehrere Gläubiger auf Grund eines gleichzeitigen Auftrags den Erlaß eines Mahnbescheids beantragt16). 1") Ebenso H. Schmidt AnwBl. 78, 49 in abl. Stellungnahme zu OLG Hamm AnwBl. 78, 64. ») LG Mannheim AnwBl. 78, 68; LG Berlin AnwBl. 77, 569; a.M. LG Köln Rpfleger 77, 455. 12) OLG Köln mit Anm. von H. Schmidt AnwBl. 78, 65; H. Schmidt AnwBl. 77, 15, 229; OLG München AnwBl. 77, 112. 13) Vgl. dazu oben Fn. 6; ferner Rz. 9 zu § 118; Gerold/Schmidt BRAGO 6. Aufl. Rz. 9 zu § 118. it) Vgl. Rz. 18 zu § 12. 'S) Vgl. dazu Rz. 34; Gerold/Schmidt BRAGO 6. Aufl. Rz. 27 zu § 6; Göttlich/Mümmler a.a.O.; H. Schmidt AnwBl. 75, 433 u. NJW 76, 1438. Ferner: OLG Stuttgart Büro 77, 1710. i«) OLG Stuttgart MDR 77, 852 = AnwBl. 77, 468 = Büro 77, 1717; LG Münster AnwBl. 76, 442 = Rpfleger 76, 439 = Büro 76, 1647 mit zust. Anm. von Mümmler; a.M., aber nicht zutreffend AG Calw MDR 77, 589 = KostRsp. BRAGO § 6 Nr. 104 mit abl. Anm. von H. Schmidt.

571

Nachtr Zu § 7

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Zu Rz. 17, 19 f f : 14

Bei Gebühren, die nur dem Mindest- und Höchstbetrag nach bestimmt sind (Betragsrahmengebühren), erhöht sich der Mindest- und Höchstbetrag gemäß Abs. 1 Satz 3 für jeden weiteren Auftraggeber ebenfalls um 3/io. Eine Höchstgrenze der Erhöhung ist hier nicht vorgesehen. Innerhalb des erhöhten Gebührenrahmens ist die Gesamtvergütung nach den Grundsätzen des § 12 BRAGO zu bestimmen. Hauptanwendungsgebiet sind die Gebührenfälle des 6. Abschnitts, ferner die Gebühren des 7., 8. und 9. Abschnitts, soweit dort überhaupt die Vertretung mehrerer Auftraggeber noch zulässig ist, und das Verfahren vor Verfassungsgerichten (10. Abschnitt), soweit nach § 113 Abs. 1 die Vorschriften für Strafsachen sinngemäß gelten. Ebenso gilt § 6 Abs. 1 Satz 3 in Verfahren vor Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (§ 116), bei der Ratgebühr des § 20 Abs. 1 Satz 2 und besonders auch bei Vertretung mehrerer Privat- oder Nebenkläger (§§ 94, 95). Durch die Neuregelung hat sich bei Betragsrahmengebühren, soweit der RA nur zwei Auftraggeber vertritt, die Lage gegenüber dem bisherigen Rechtszustand verschlechtert. Nach bisherigem Recht erhöhte sich der Rahmen grundsätzlich einmal um die Hälfte "). Erst bei mehr als zwei Auftraggebern erhält der RA jetzt gegenüber dem bisherigen Recht höhere Gebühren, weil die Beschränkung auf die nur einmalige Erhöhung in Wegfall gekommen ist. Probleme in der Berechnung der Erhöhung dürften sich bei Betragsrahmengebühren nicht ergebenis). I7

) Diese Verschlechterung geht auf den Vermittlungsausschuß des BT zurück. '8) Vgl. Rz. 19 ff.

Zu § 7 BRAGO (Seite 197 des

Kommentars):

§ 7. Gegenstandswert (1) (unverändert) (2) (unverändert) (3) Eine Scheidungssache und die Folgesachen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung) gelten als dieselbe Angelegenheit im Sinne dieses Gesetzes. Vorbemerkung : Abs. 3 wurde angefügt durch Art. 10 Ziff. 3 a des 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in Kraft seit 1.7. 77. Erläuterungen: 15

Soweit in den Familiensachen des § 621 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, ist hierüber gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und, sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden (Folgesachen) (§ 623 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Dies gilt auch für Verfahren, die nach § 621 Abs. 3 ZPO an das Gericht der Ehesache übergeleitet worden sind, soweit eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist (§ 623 Abs. 4 ZPO). Für die Regelung der elterlichen Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind und für die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 1587 b BGB bedarf es keines Antrages; die Regelung des persönlichen Verkehrs mit dem Kinde soll im allgemeinen nur ergehen, wenn ein Ehegatte dies anregt (§ 623 Abs. 3 ZPO). 572

Gegenstandswert

Zu § 7 Nachtr

Als Folgesachen kommen die in § 621 Abs. 1 ZPO aufgeführten Familiensachen 16 in Betracht. Das sind: 1. die Regelung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind, soweit nach den Vorschriften des BGB hierfür das Familiengericht zuständig ist, 2. die Regelung des persönlichen Verkehrs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde, 3. die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil, 4. die gesetzliche Unterhaltspflicht gegenüber einem ehelichen Kinde, 5. die durch Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht, 6. der Versorgungsausgleich, 7. die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat (Verordnung über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats — 6. DVO zum EheG - v. 21. 10. 44, RGBl. I, 256), 8. Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht, auch wenn Dritte am Verfahren beteiligt sind, 9. Verfahren nach den §§ 1382 und 1383 BGB (Stundung der Ausgleichsforderung, Übertragung von Vermögensgegenständen unter Anrechnung auf die Ausgleichsforderung). Durch die Vorschrift wird klargestellt, daß die Scheidungssache und die Folgesa- 17 chen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 ZPO) in allen Fällen, in denen — gleichgültig ob von amts wegen oder aufgrund Antrags — die Verbindung mit der Scheidungssache erfolgt, nur als ein Verfahren bzw. dieselbe Angelegenheit gelten, so daß die Gebühren nur einmal nach dem zusammengerechneten Wert der Gegenstände zu berechnen sind. Durch die Anfügung des § 7 Abs. 3 BRAGO ist hier die Übereinstimmung mit § 19 a G K G n. F. geschaffen. Der RA wird mit dieser Regelung gegenüber dem bisherigen Rechtszustand schlechter gestellt. Während bisher die einzelnen Folgesachen von der Ehescheidungssache gebührenrechtlich getrennt zu behandeln waren, ist jetzt in Abs. 3 bestimmt, daß nur eine einheitliche Angelegenheit vorliegt. Es sind daher die Werte der einzelnen Gegenstände (Ansprüche) des Verfahrens festzustellen und zusammenzurechnen. 1. Der Streitwert der Scheidungssache ist gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG festzuset- 18 zen (vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG Rz. 135 ff). 2. Die Folgesachen (§623 Abs. 1, 4, §621 Abs. 1 ZPO) werden ebenso wie die 19 Scheidungssache verfahrensrechtlich stets nach der ZPO (§§ 622 ff) geregelt. Für die Wertermittlung sind die Vorschriften des G K G und, soweit das G K G dafür keine Bestimmungen vorsieht, gemäß § 1 Abs. 2 G K G , § 12 Abs. 1 G K G die Wertvorschriften der §§ 3 bis 9 ZPO maßgebend. Nur soweit derartige Ansprüche nicht im Verbund mit der Scheidungssache, sondern im abgetrennten oder gesonderten Verfahren nach dem FGG geltend gemacht werden, sind die Bestimmungen des § 99 KostO maßgebend, der für die einzelnen Verfahrensgegenstände aber mit den Vorschriften des G K G gleichlautende Regelungen vorschreibt. 3. Zum Wert der einzelnen Folgesachen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 9 20 ZPO) ist auf folgendes hinzuweisen: 573

Nachtr Zu § 7

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

a) Für die Regelungen über 1. die elterliche Gewalt nach der Scheidung (§ 1671 BGB) (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), 2. den persönlichen Verkehr des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde (§ 1634 BGB)') (§ 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), 3. die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil (§ 1632 BGB) (§ 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO) ist der Streitwert gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG festzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn sich die Eltern über diese Punkte vergleichsweise einigen. 21

Auszugehen ist für die Folgesachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO von einem Streitwert von DM 1 500,— (§ 12 Abs. 2 Satz 3 2. Satzteil GKG); er ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Parteien nach Ermessen höher oder niedriger (§12 Abs. 2 Satz 1 GKG) festzusetzen, jedoch nicht über 2 Millionen DM und nicht unter 600 DM (§ 12 Abs. 2 Satz 4 GKG).

22

Wenn die Folgesachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO, § 623 Abs. 1, 4 ZPO mehrere Kinder betreffen, so ist dies bei der Bemessung des Streitwertes entsprechend zu berücksichtigen und der Wert nach der Zahl der Kinder zu erhöhen. Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu § 8 (§ 14 GKG a. F.) Rz. 148. Die Bestimmung des § 19 a Satz 2 GKG n. F., wonach die in § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 ZPO, § 623 Abs. 1, 4 ZPO genannten Scheidungsfolgesachen auch dann nur als ein Gegenstand zu bewerten sind, wenn sie mehrere Kinder betreffen, findet auf die Streitwertberechnung für die RA-Gebühren keine Anwendung. Zwar ist § 19 a Satz 2 GKG in § 7 Abs. 3 BRAGO nicht entsprechend geregelt. Nach den Gesetzesmaterialien1) ist aber der Gesetzgeber davon ausgegangen, daß § 7 Abs. 3 BRAGO dem § 19 a GKG n. F. voll entspreche. § 7 Abs. 3 BRAGO bedeutet daher gegenüber der Vorschrift des § 19 a Satz 2 GKG eine Spezialbestimmung für die Wertfeststellung für die RA-Gebühren. Auch Hartmann 2 ) weist zutreffend darauf hin, daß § 8 BRAGO nur für den Wert auf das GKG verweist, nicht für die Abgrenzung des Begriffs Angelegenheit. Es gelten daher für die Abgrenzung der Angelegenheit bei Vertretung mehrerer Kinder in den Folgesachen nach § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, 3 ZPO, §623 Abs. 1, 4 ZPO die allgemeinen Regeln der BRAGO. Das bedeutet, daß die mehreren Gegenstände (Streitwerte für jedes Kind) in derselben Angelegenheit gemäß den Vorschriften des § 7 Abs. 2 BRAGO zusammenzurechnen sind. Der Streitwert ist also entsprechend der Zahl der Kinder zu erhöhen. Zum gleichen Ergebnis würde übrigens auch § 19 a Satz 2 GKG führen müssen, weil wegen des größeren Umfangs und der Bedeutung der Sache und der sonstigen Umstände des Einzelfalles die Tatsache, daß es sich um eine Regelung für mehrere Kinder handelt, gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG bei der Streitwertbemessung berücksichtigt und der Streitwert entsprechend höher angenommen werden müßte (vgl. dazu auch Rz. 147 und 148 zum bisherigen Recht)3). 0 BT-Drucksache 7/4361. 2) KostG 19. Aufl. Anm. 4 zu § 7 BRAGO. 3) So Mümmler Büro 77, 838 (Anm. zu OLG Nürnberg Büro 77, 837).

574

Gegenstandswert

Zu § 7 Nachtr

b) Der Streitwert für die Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund der gesetz- 23 liehen Unterhaltspflicht gegenüber dem ehelichen Kind (§ 621 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) ist gemäß § 17 Abs. 1 G K G festzusetzen. Maßgebend ist danach der Jahresbetrag, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist; Ansprüche aus der Zeit vor der Einreichung der Klage (des Antrages) werden dem Streitwert hinzugerechnet (§17 Abs. 4 GKG). Wird Unterhalt für mehrere Kinder gefordert, so sind die Werte der einzelnen 24 geltend gemachten Ansprüche zusammenzurechnen. Wenn für ein Kind oder für mehrere Kinder für einen bestimmten Zeitraum oder ab einem bestimmten Zeitpunkt ein höherer Unterhaltsanspruch verfolgt wird, ist der höhere Wert maßgebend (vgl. wegen Einzelheiten Rz. 20 und die Erläuterungen zu § 17 GKG). c) Für die Regelung der gesetzlichen Unterhaltspflicht des geschiedenen Ehegat- 25 ten (§ 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO) gelten die gleichen Grundsätze für die Ermittlung des Streitwertes, wie sie vorstehend zu b für den Unterhaltsanspruch des ehelichen Kindes behandelt worden sind. Es sind auch hier die Vorschriften des § 17 Abs. 1 und 4 GKG maßgebend. § 20 Abs. 2 G K G ist hier nicht anzuwenden, weil die Regelung des Unterhaltsanspruchs im Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 5 ZPO keine vorläufige wie im Verfahren nach § 620 Nr. 4 und 6 ZPO betrifft (vgl. auch die Erläuterungen zu § 17 GKG). d) Der Streitwert des Verfahrens über den Versorgungsausgleich (§ 621 Abs. 1 26 Nr. 6 ZPO) berechnet sich gemäß § 17 a G K G in den Fällen des § 1587 b BGB nach dem Jahresbetrag der Rente, die den zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften entspricht, mindestens jedoch 1 000 DM, und in den Fällen des § 1587 g Abs. 1 BGB nach dem Jahresbetrag der geforderten Geldrente, mindestens jedoch 1 000 DM (vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 17 a GKG). e) Für die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat 27 (VO über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats — 6. DVO zum EheG) ist der Streitwert nach § 16 Abs. 1 G K G (einjähriger Mietwert der Wohnung) und § 6 ZPO (Wert des Hausrats) zu bemessen, wenn das Verfahren im Rahmen des Scheidungsverfahrens als eine Folgesache (§ 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO) durchgeführt wird (§ 1 Abs. 2 GKG). Andernfalls berechnet sich der Streitwert nach § 21 Hausrats VO — 6. DVO z. EheG —, wonach aber von denselben Grundsätzen auszugehen ist (vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 16 G K G und § 63 Rz. 5 S 1031 f. f) Für Ansprüche aus dem ehelichen Güterrecht (vermögensrechtliche Auseinan- 28 dersetzung) ist der Streitwert gemäß § 6 ZPO zu ermitteln (vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen zu § 6 ZPO, Rz. 392 ff sowie § 36 Rz. 24). g) Der Streitwert des Verfahrens über Stundung der Ausgleichsforderung (§ 1382 29 BGB) oder Übertragung von Vermögensgegenständen unter Anrechnung auf die Ausgleichspflicht (§ 1383 BGB) (§ 621 Abs. 1 Nr. 9 ZPO) ist nach der Höhe 575

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1 — 80

der Ausgleichsforderung bzw. dem Wert der übertragenen Vermögensgegenstände zu bestimmen (§ 6 ZPO i. Verb, mit § 12 Abs. 1 GKG) 4 ). 30

Zu a bis g: Jede der in § 621 Abs. 1 ZPO genannten Folgesachen hat einen eigenen Streitwert und ist nach den für sie geltenden Streitwertvorschriften zu bewerten^). Die mehreren in demselben Verfahren (Angelegenheit) geltend gemachten Ansprüche sind zusammenzurechnen.

31 4. Beim Zusammentreffen von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen ist § 12 Abs. 3 G K G unanwendbar. Dies stellt auch § 19 a Satz 3 G K G klar. Es ist daher entgegen der Vorschrift des § 12 Abs. 3 G K G nicht nur der höhere Anspruch als Streitwert anzunehmen, sondern der Wert aller Ansprüche, deren Regelung als Scheidungsfolgesache (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 ZPO) erfolgt, ist zusammenzurechnen. Dies ist im Hinblick auf die neue Regelung des § 1629 Abs. 3 BGB und darauf gerechtfertigt, daß es sich um einen Unterhaltsanspruch des Kindes (vgl. §§ 1601, 1606 Abs. 3 BGB) handelt, der unabhängig von der Scheidung der Ehe besteht 6 ). Der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen die Eltern leitet sich nicht aus der Regelung der elterlichen Gewalt — dem nichtvermögensrechtlichen Anspruch — her, sondern folgt aus dem verwandtschaftlichen Verhältnis (§§ 1601 ff BGB). Aus der Regelung der elterlichen Gewalt folgt nur die Berechtigung, die Ansprüche geltend zu machen, nicht aber diese Ansprüche selbst, die alleine Ansprüche der Kinder sind. Die Parteien regeln demgemäß in dem Scheidungsfolgenvergleich nicht die Unterhaltsansprüche des Kindes als Folge der Übertragung der elterlichen Gewalt, sondern nur die Aufteilung der Unterhaltspflicht untereinander, die nicht aus der elterlichen Gewalt hergeleitet ist7). i) A.M. Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. 2 zu § 19 a G K G , der § 3 ZPO (Schätzung nach billigem Ermessen) anwenden will. 5) So auch Göppinger a.a.O. 3. Aufl. Rz. 159. f>) Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. 3; Göppinger a.a.O. 3. Aufl. Rz. 160. 7) OLG Frankfurt AnwBl. 74, 49 mit weit. Nachw.; OLG Celle NdsRpfl. 65, 16 und AnwBl. 71, 316; OLG Düsseldorf Büro 72, 626; OLG Köln NJW 73, 520; OLG Bamberg Büro 73, 240 und 74, 1411; OLG München Büro 74, 740; OLG Karlsruhe AnwBl. 75, 62; OLG Stuttgart AnwBl. 74, 48; OLG Frankfurt AnwBl. 74, 49; SchlHOLG Büro 77, 836 mit zust. Anm. von Mümmler.

Zu §8 BRAGO (Seite 213 ff des Kommentars): § 8. Wertvorschriften (1) (unverändert) (2) In anderen Angelegenheiten gelten für den Gegenstandswert § 18 Abs. 2, §§ 19 bis 23, 24 Abs. 1, 2, 4, 5, 6, §§ 25, 39 Abs. 2 der Kostenordnung sinngemäß. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert auf 4 000 Deutsche Mark, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 300 Deutsche Mark und nicht über eine Million Deutsche Mark anzunehmen. Betrifft die Tätigkeit eine einstweilige Anord576

Wertvorschriften

Zu § 8 Nachtr

nung der in § 620 Satz 1 Nr. 1, 2 oder 3 der Zivilprozeßordnung bezeichneten Art, so ist von einem Wert von 1 000 Deutsche Mark auszugehen. Vorbemerkung: Abs. 2 ist mehrfach geändert worden: a) Zu Satz 2: Soweit sich der Wert nicht aus den in § 8 Abs. 2 Satz 1 genannten Vorschriften ergibt und auch sonst nicht feststeht, war dieser schon bisher nach billigem Ermessen zu bestimmen und in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nicht vermögensrechtlichen Gegenständen auf 3 000 DM, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 300 DM und nicÄit über eine Million DM anzunehmen. Angesichts der geänderten Kostenlage wurde der seit 1957 geltende Ausgangswert von 3 000 DM durch den Betrag von 4 000 DM ersetzt. Diese Änderung erfolgte mit Wirkung v. 15. 9. 75 durch das Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. b) Satz 3 wurde angeführt durch Art. 10 Ziff. 3 b des 1. Gesetzes zur Reform des Eherechts v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in Kraft seit 1. 7. 77. Die in dieser Vorschrift genannten einstweiligen Anordnungen nach § 620 Satz 1 Ziff. 1 bis 3 ZPO betreffen 1. die elterliche Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind; 2. den persönlichen Verkehr des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde; 3. die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil. Diese Verfahren sind gerichtsgebührenfrei, weshalb das G K G dazu keine Wertvorschriften enthält, auf die § 8 Bezug nehmen könnte. Abs. 2 Satz 3 regelt daher den Gegenstandswert für die RA-Gebühren und sieht als Ausgangswert einen Betrag von 1 000 DM vor. Es handelt sich in diesen Fällen um nicht vermögensrechtliche Gegenstände im Sinne von Abs. 2 Satz 2, so daß der dort vorgeschriebene Rahmen von 300 DM bis 1 Million DM auch hier anzuwenden ist. Zum Begriff des Ausgangswertes vgl. die Erläuterungen zu § 12 G K G (insoweit § 14 G K G a. F.). Der Text zu Rz. 15 ff (S 219 ff des Kommentars) wird wie folgt neu gefaßt: Zu Rz. 15 2. Bedeutung des Gegenstandswertes Der Gegenstandswert hat sowohl auf prozessualem wie auch auf kostenrecht- 32 lichem Gebiete erhebliche Bedeutung. Prozessual hängt davon die sachliche Zuständigkeit der Gerichte ab (§ 23 Ziff. 1, §71 Abs. 1 GVG), aber auch die Zulässigkeit eines Rechtsmittels (§511 a Abs. 1 und 2, § 546 ZPO, § 567 Abs. 2 ZPO), die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils (§ 708 Nr. 11 ZPO). Kostenrechtlich ist der Gegenstandswert sowohl für die Gerichtsgebühren (§11 Abs. 2 G K G ) als auch für die RA-Gebühren (§ 12) maßgebend. Zu Rz. 16 3. Die Wertvorschriften a) Nach dem GKG (§§ 1 2 - 2 2 ) . Das G K G sieht folgende anzuwendende Wertvorschriften vor:

33 577

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1 — 80

§ 12

Wertberechnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und Scheidungsfolgesachen, Wertberechnung in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichts§ 13 barkeit und Finanzgerichtsbarkeit, § 14 Wertberechnung in Berufungs- und Revisionsverfahren, § 15 Zeitpunkt der Wertberechnung, § 16 Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse, § 17 Wiederkehrende Leistungen, § 17 a Versorgungsausgleich, § 18 Stufenklage, Klage und Widerklage, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung, Hilfs§ 19 anspruch, § 19 a Scheidungssachen und Folgesachen, § 20 Arreste, einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen, § 21 Teile des Streitgegenstandes, § 22 Nebenforderungen. Die Vorschrift des § 12 Abs. 1 G K G bestimmt außerdem, daß die §§ 3—9 ZPO sowie § 148 KO Anwendung finden. ZuRz. 17: b) Nach der ZPO (§§ 3 - 9 ) . 34

Der bisherige Text der Randziffer 17 bleibt unverändert. Lediglich bei der Bemerkung zu § 8 ZPO (Pacht- und Mietverhältnisse) muß es statt § 12 G K G (a. F.) jetzt „§ 16 GKG n. F." heißen. Zu Rz. 21:

35

Anstelle § 13 Abs. 3 GKG (a. F.) muß es jetzt § 17 Abs. 2 G K G (n. F.) heißen. Zu Rz. 22:

36

Am Ende des bisherigen Textes ist anzufügen: Der neue § 12 Abs. 1 GKG erklärt die Vorschriften des GKG auch für die § 1 Abs. 2 GKG genannten Scheidungsfolgesachen für maßgebend, das sind die Familiensachen des § 621 Abs. 1 bis 3, 6, 7 und 9 ZPO. Hierunter fallen folgende Familiensachen: 1. die Regelung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind, soweit nach den Vorschriften des BGB hierfür das Familiengericht zuständig ist (§ 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), 2. die Regelung des persönlichen Verkehrs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde (§ 621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO), 3. die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil (§ 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO), 4. der Versorgungsausgleich (§ 621 Abs. 1 Nr. 6 ZPO), 5. die Regelung der Rechtsverhältnisse an der Ehewohnung und am Hausrat (VO über die Behandlung der Ehewohnung und des Hausrats (6. DVO zum EheG) v. 21. 10. 44 RGBl. I, 256) (§ 621 Abs. 1 Nr. 7 ZPO), 6. Verfahren nach den §§ 1382 und 1383 BGB (Stundung der Ausgleichsforderung oder Übertragung von Vermögensgegenständen (§ 621 Abs. 1 Nr. 9 ZPO). Voraussetzung der Anwendung der Vorschriften des G K G ist jedoch, daß das 578

Wertvorschriften

Zu § 8 Nachtr

Verfahren nach der ZPO durchgeführt wird, d. h. im sogenannten Verbund von Scheidungs- und Folgesachen (§§ 623 ff ZPO). Wenn dagegen über eine der zu Ziff. 1 bis 6 genannten Familiensachen nicht gleichzeitig mit der Scheidungssache verhandelt wird, berechnet sich der Gegenstandswert (Geschäftswert) nach den Vorschriften der KostO bzw. nach § 21 HausrVOOZu Rz. 25: Im 2. Absatz muß es anstelle von § 118 a Abs. 3 richtig § 128 a Abs. 3 heißen.

37

Zu Rz. 26: 7. Verfahren vor Verfassungsgerichten Für das Verfahren vor Verfassungsgerichten sieht § 113 Abs. 2 BRAGO in be- 38 stimmten Fällen einen besonderen Gegenstandswert vor. Danach ist der Gegenstandswert unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers nach billigem Ermessen zu bestimmen, jedoch nicht unter 6 000 DM (s. die Erläuterungen zu §113). Zu Rz. 28: Anstelle des bisherigen Textes in Rz. 28 muß es wegen der Aufhebung des § 115 39 BRAGO und Einbeziehung der Wertvorschriften für Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Finanzgerichtsbarkeit in das GKG (§ 13 n. F.) wie folgt heißen: Nachdem § 13 GKG n. F. für Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Finanzgerichtsbarkeit einheitliche Wertvorschriften vorsieht, bedurfte es der früheren Bestimmung des § 115 BRAGO nicht mehr. In den Fällen, in denen für das verwaltungsgerichtliche Verfahren keine Wertvorschriften vorgesehen sind, findet, ebenso wie beim Fehlen solcher Wertvorschriften für Verfahren vor anderen Zweigen der Gerichtsbarkeit, § 8 Abs. 1 Satz 3 i. Verb, mit Abs. 2 Anwendung. Zu Rz. 38: In Ziff. 1 muß es anstelle von § 11 Abs. 3 GKG" jetzt „§ 14 GKG n. F." heißen. 40 In Ziff. 2 muß es jetzt statt „§ 13 GKG" heißen: „§ 17 GKG n. F." In Ziff. 5 Abs. 1 ist statt „§ 19 GKG" jetzt „§ 21 GKG n. F." zu schreiben; in Abs. 2 muß es anstelle von „§ 11 Abs. 3 GKG" jetzt „§ 15 GKG n. F." heißen. ') Vgl. dazu Schwab FamRZ 76, 661; zum Verhältnis der Verfahrensarten s. Baumbach/ Lauterbach/Albers/Hartmann Anm. 1 bis 4 zu § 621 a ZPO.

Zu § 8(Seite 226 des Kommentars): In der Überschrift zum Abschnitt V muß es in der Klammer anstelle von „§§ 11 — 20" jetzt heißen: „§ 12-22". Sodann ist der Text wie folgt: § 12 GKG (neu). Wertberechnung in bürgerlichen Rechtstreitigkeiten und Scheidungsfolgesachen 579

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

(1) Für die Wertberechnung in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten und in den in § 1 Abs. 2 genannten Scheidungsfolgesachen gelten die §§ 3 bis 9 der Zivilprozeßordnung und § 148 der Konkursordnung, soweit in den folgenden Vorschriften nichts anderes bestimmt ist. (2) In nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. In Ehesachen ist für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen. In Kindschaftssachen ist von einem Wert von 4 000 Deutsche Mark auszugehen, in einer Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 der Zivilprozeßordnung von 1 500 Deutsche Mark. Der Wert darf nicht über 2 Millionen Deutsche Mark und nicht unter 600 Deutsche Mark, in Ehesachen jedoch nicht unter 4 000 Deutsche Mark, angenommen werden. (3) Ist mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, so ist nur ein Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend. Vorbemerkung : Die Vorschrift ist neu. Sie wurde mit Wirkung v. 1 5 . 9 . 7 5 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 eingefügt und in Abs. 1 sowie Abs. 2 Satz 3 durch das 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in Kraft seit 1. 7. 77, ergänzt. Erläuterungen: Anstelle der bisherigen Rz. 39 bis 41 muß es jetzt wie folgt heißen : Zu Rz. 39: 1. Zu Abs. 1 41

I. Allgemeines

Nach § 8 Abs. 1 BRAGO bestimmt sich in gerichtlichen Verfahren der Gegenstandswert nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. Es gelten daher die Vorschriften der §§ 12 bis 22 G K G (§§ 11 bis 20 G K G a. F.). Der Abs. 1 des § 12 G K G n. F. erklärt weiterhin die Vorschriften der §§ 3 bis 9 ZPO und § 148 KO für maßgebend. Diese Vorschriften, die für die Feststellung der sachlichen Zuständigkeit gelten, sind auch für die Gebührenberechnung anzuwenden (vgl. dazu Abschnitt I 1 zu § 8 Rz. 1). Die Verweisung in dem neuen § 12 Abs. 1 stimmt in der Sache mit der Verweisung in dem § 11 Abs. 1 G K G a. F. überein. Die Worte „und in den in § 1 Abs. 2 genannten Scheidungsfolgesachen"?) dienen der Klarstellung, daß nur Familiensachen des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7 und 9 ZPO, die Folgesachen einer Scheidungssache sind, nach den Vorschriften des G K G zu bewerten sind. Die einzelnen danach geltenden Vorschriften sind auf S 218 ff des Kommentars behandelt. Zu Rz. 40:

42

Abs. 2 behandelt, wie bisher § 14 Abs. 2 G K G a. F., den Wert des Streitgegenstandes in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten; die Wertberechnung beim Zu2) Eingefügt durch das 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421.

580

Wertvorschriften

Zu § 8 Nachtr

sammentreffen von nichtvermögensrechtlichen mit vermögensrechtlichen Ansprüchen regelt Abs. 3. Nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten sind nicht auf Geld oder eine geldwerte Leistung gerichtete Ansprüche 3 ), die auch nicht in Geldansprüche umwandelbar sind. Zu den nichtvermögensrechtlichen Angelegenheiten gehören: Zu Rz. 121: 1. Ehesachen gemäß §606 ZPO, also Verfahren auf Scheidung, Aufhebung oder 43 Nichtigerklärung einer Ehe, auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien oder auf Herstellung des ehelichen Lebens. Zu Rz. 122: 2. Kindschaftssachen gemäß §§ 640 ff ZPO, das sind Rechtsstreitigkeiten, welche 44 zum Gegenstand haben a) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Eltern-Kindes-Verhältnisses zwischen den Parteien; hierunter fällt auch die Feststellung der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit einer Anerkennung der Vaterschaft 4 ), b) die Anfechtung der Ehelichkeit eines Kindes, c) die Anfechtung der Anerkennung der Vaterschaft oder d) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens der elterlichen Gewalt der einen Partei über die andere. Zu Rz. 123 3. Klage auf Feststellung der Unwirksamkeit der Anerkennung der nichtehelichen 45 Vaterschaft (§§ 1600 a, 1600 g n. F. BGB) (vgl. Rz. 145). Zu Rz. 124: 4. Klage auf Herausgabe von Kindern (vgl. Rz. 147).

46

Zu Rz. 125: 5. Regelung des Sorgerechts (bisher Rz. 148).

47

Zu Rz. 126: 6. Klagen im Entmündigungsverfahren (§§ 645—687 ZPO) (bisher Rz. 150)

48

(Wegen weiterer Beispiele vgl. Ziff. 7—13 — Rz. 127 — 132 Seite 264 des Kom- 49 mentars —; diese Erläuterungen haben weiterhin Gültigkeit und sind jetzt zu § 12 GKG n. F. zu beachten). Zu Rz. 133: In Abs. 1 und Abs. 2 muß es in Zeile 3 jeweils anstelle von § 14 GKG jetzt § 12 50 Abs. 2 G K G n. F. heißen.

3) OLG Köln M D R 74, 53. 4) KG N J W 7 3 , 1050.

581

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Zu Rz. 134 51

Der Text dieser Rz. wird neu gefaßt wie folgt:

II. Grundsätze für die Streitwertberechnung (Abs. 2) Nach Abs. 2 Satz 1 ist der Wert des Streitgegenstandes in nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht über 2 Millionen DM und nicht unter 600 DM, in Ehesachen jedoch nicht unter 4 000 DM angenommen werden (Satz 4). Für Ehesachen bestimmt außerdem Satz 2, daß für die Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen ist. Außerdem ist in Satz 3 bestimmt, daß in Kindschaftssachen von einem Wert von 4 000 DM und in einer Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, §621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 ZPO von 1 500 DM auszugehen ist. Die Neufassung des § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G sieht also — entgegen der bisherigen Regelung in § 14 Abs. 1 G K G a. F. — mit Ausnahme der Kindschaftssachen — keinen Regelwert mehr vors). Bei der Prüfung, ob eine Erhöhung angezeigt erscheint, sind „alle Umstände des Einzelfalles" zu berücksichtigen. Diese Formulierung entspricht auch der Vorschrift des § 12 Abs. 1 BRAGO, welche die Bemessung der Rahmengebühren in gleicher Art vorsieht. Es kann dazu auch auf die Erl. zu § 12 verwiesen werden. Die obere Streitwertgrenze ist in allen Fällen zwei Millionen DM. Eine Ermäßigung bis auf 600 DM kann „unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles" ebenfalls erfolgen; in Ehesachen ist aber die Ermäßigung auf einen Betrag unter 4 000 DM ausgeschlossen. Zu Rz. 135:

III. Ehesachen 1. Allgemeines 52

In Ehesachen (§606 ZPO, vgl. Rz. 40) ist auch nach der Neufassung des § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G (§ 14 Abs. 1 G K G a. F.) der Streitwert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen. Entgegen der bisherigen Regelung wird aber jetzt nicht mehr von einem Regelwert gesprochen, sondern nur ein Mindeststreitwert von 4 000 DM bestimmt. Für die Bemessungsmaßstäbe bei Streitwerten über 4 000 DM schreibt die neue Bestimmung des § 12 Abs. 2 Satz 2 G K G vor, daß als Bemessungsfaktor der Einkommensverhältnisse das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Eheleute einzusetzen ist. Mit dem Hinweis auf das Drei-Monats-Einkommen der Eheleute sollte der weite Ermessungsspielraum des § 14 Abs. 1 G K G a. F., der zu einer uferlosen und völlig 5 ) Vgl. aber wegen Regelwert bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen in anderen Angelegenheiten § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO.

582

Ehesachen

Zu § 8 Nachtr

unübersichtlichen Rechtsprechung geführt hat und bei der sich innerhalb der Landgerichte und Oberlandesgerichte nicht selten erhebliche Unterschiede festgesetzt haben, durch eine besser überschaubare und praktikable Regelung ersetzt werden«). In der Praxis zeigt sich jedoch, daß auch die jetzige Regelung nicht zu der wünschenswerten Klarstellung führte. Es scheint, daß die Unsicherheit bei der Bemessung der Höhe des Streitwertes in Ehesachen durch die Vorschrift des neuen § 12 Abs. 2 Satz 2 G K G nicht beseitigt werden konnte. Die uferlose und völlig unübersichtliche Rechtssprechung zum alten § 14 Abs. 1 G K G a. F. (vgl. Rz. 135 S 265 ff) wird daher offenbar nur durch eine genauso unübersichtliche Rechtssprechung zum neuen § 12 Abs. 2 Satz 2 G K G n. F. ersetzt werden. Leider ist der Gesetzgeber nicht den Vorschlägen des Deutschen Anwaltsvereins 7 ) gefolgt, der den Begriff des zu berücksichtigenden 3-Monats-Einkommens der Eheleute dahin konkretisieren wollte, daß darunter das der Einkommensteuer (Lohnsteuer) unterliegende Einkommen der Eheleute zu verstehen ist. Durch die Neuregelung sind die bisherigen Ausführungen in Rz. 135 und Rz. 136 insoweit überholt, als dort von der Berechnung des Wertes des Streitgegenstandes auf der Grundlage des öfachen monatlichen Bruttoeinkommens beider Ehegatten gesprochen wird. Zum letzten Abs. Seite 266 ist nochmals darauf hinzuweisen, daß es einen Regelwert in Ehesachen nicht mehr gibt und der Mindestbetrag des Streitwertes jetzt 4 000 DM und der Höchstbetrag 2 Millionen DM beträgt. Unsere Kritik an der durch § 8 Abs. 1 und § 9 Abs. 1 BRAGO begründeten Abhängigkeit der Anwaltschaft von § 12 Abs. 2 G K G n. F. (§ 14 G K G a. F.) (vgl. Rz. 135 S 267) hat weiterhin Gültigkeit. Auch der Deutsche Anwaltvereins) hatte in seinen Vorschlägen zur Gebührenreform darauf hingewiesen, daß wegen der Bindung des für die Berechnung der RA-Gebühren in Ehesachen anzunehmenden Streitwertes an den für die Gerichtskosten maßgebenden Wert bei den wichtigen Merkmalen „Umfang und Bedeutung der Sache" der auch für die RA-Gebühren maßgebende Wert allein danach bemessen werden darf, wie „Umfang und Bedeutung" sich für die Arbeit des Gerichts auswirken«). Wir haben bereits in Rz. 135 (S 267) darauf hingewiesen, daß diese ganze Konstellation für den RA überhaupt nicht recht paßt, weil bei einem geringen Umfang der gerichtlichen Tätigkeit, zB wenn die Parteien sich nach mühevoller Arbeit der RAe wieder aussöhnen, der Streitwert für die Gerichtsgebühren und damit für die RA-Gebühren nur niedrig festzusetzen ist.10) Zur Berücksichtigung der Einkommensverhältnisse der Eheleute für die Streitwertermittlung in Ehesachen nach dem jetzt geltenden § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G : a) Die Einkommensverhältnisse der Parteien sind auch nach neuem Recht nur einer von mehreren Faktoren, die den Streitwert in Ehesachen bestimmen"). b) Das „in drei Monaten" erzielte Nettoeinkommen ist gemäß § 12 Abs. 1 G K G i Verb, mit § 4 ZPO dasjenige Einkommen, das die Eheleute in den drei Monaten 6

) ?) 8) 9)

Vgl. Vorschlag des DAV-Gebührenrechtsausschusses AnwBl. 74, 99. Vgl. AnwBl. 74, 99. Vgl. AnwBl. 74,99. Vgl. AnwBl. 74, 99. So zB auch OLG Bamberg Büro 76, 217: Der Umfang ist nach dem Leitbild der ZPO zu bestimmen, die außergerichtliche Vorbereitung durch die RAe bleibt außer Betracht! Ebenso OLG Bamberg Büro 76, 485. ") OLG Bamberg Büro 76, 54 = KostRsp. Nr. 1 zu § 12 G K G mit zust. Anm. von H. Schmidt; OLG Bamberg Büro 76, 217, 485; OLG Celle Büro 76, 796 mit zust. Anm. von Mümmler = NdsRpfl. 76, 91; Lappe G K G Anm. 23 zu § 12.

583

Nachtr Zu § 8

c)

d)

e)

f)

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

vor Klageerhebung erzielt haben. Denn wenn nach § 4 ZPO der Zeitpunkt der Klageerhebung für die Wertberechnung maßgeblich ist, so muß auf die in diesem Zeitpunkt bestehenden Einkommensverhältnisse abgestellt werden. Das schließt es allerdings nicht aus, in entsprechender Anwendung von § 15 Abs. 1 G K G n. F. in denjenigen Fällen, in denen sich das Nettoeinkommen der Parteien während des Prozesses erhöht, das höhere Nettoeinkommen in den letzten drei Monaten vor Beendigung der Instanz einzusetzen 12 ). Die Berücksichtigung von „Schwankungen" und „Durchschnittswerten" des Drei-Monats-Einkommens hat der Gesetzgeber nicht vorgesehen. Wir stimmen deshalb Lappe 13 ) zu, daß nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut von dem „Drei-Monats-Einkommen" nur dann abgewichen werden kann, wenn dies zu unbilligen Ergebnissen führt. Der von der Rechtsprechung für unterhaltsberechtigte Kinder üblicherweise im Regelfall vorgenommene Abzug14) eines Teilbetrages vom Einkommen ist nicht gerechtfertigt. Der Gesetzgeber hat bei der Ermittlung des Streitwertes in Ehesachen keinen „Kinderfreibetrag" vorgesehen,, weshalb auch der Richter nicht grundsätzlich einen Abschlag vornehmen darf, wenn die Parteien des Eherechtstreits für unterhaltsberechtigte Kinder zu sorgen haben' 5 ). Unter dem „in drei Monaten erzielten Nettoeinkommen" ist bei unselbständig Tätigen der Betrag zu verstehen, den die Eheleute in drei Monaten vor Klageerhebung nach Abzug der vom Arbeitgeber einzubehaltenden Steuern und des Arbeitnehmeranteils der Sozialversicherungsbeiträge erhalten haben. Werden in diesem Zeitraum einmalige Zuwendungen als Entgelt oder Anerkennung für längere Dienste (zB 13. Monatsgehalt, Weihnachtsgratifikation, Urlaubsgeld) gezahlt, so sind diese nicht als Nettoeinkommen voll, sondern mit einem angemessenen Teilbetrag als sonstiger werterhöhender Umstand zu berücksichtigen ">). Das OLG Bamberg 17 ) hält bei Selbständigen häufig eine Schätzung der Einkünfte auf Grund von Erfahrungswerten oder Auskünften, etwa von Standesorganisationen oder Berechnungsstellen für geboten, weil Steuerbescheide der Finanzbehörden nach den Beobachtungen des Senats vielfach kein zuverlässiges Bild der Einkommensverhältnisse der Eheleute wiedergeben; sie betreffen meist länger zurückliegende Zeiträume und weisen bei geschickter Ausnützung der gebotenen Absetzungsmöglichkeiten gelegentlich steuerpflichtige Einkünfte in einer Höhe auf, die hinter der Wirklichkeit zurückbleibt. Dem kann nur zugestimmt werden. „Einkünfte" sind je nach Einkunftsart entweder der Gewinn oder der Überschuß der Einnahmen über die Werbungskosten. Das „Einkommen" besteht in dem Gesamtbetrag der Einkünfte aus allen Einkunftsarten nach Abzug der Sonderausgaben 18).

12) K G N J W 73, 1985 = Büro 73, 980 = Rpfleger 73, 376; K G KostRsp. Nr. 2 zu § 12 GKG. 13) Anm. zu O L G Bamberg KostRsp. § 12 G K G Nr. 3. i") Vgl. K G KostRsp. Nr. 2 zu § 12 G K G (200 D M je K i n d / m o n a t l i c h ) ; O L G Bamberg Büro 76, 217; Büro 77, 832; O L G Nürnberg Büro 76, 800; O L G Frankfurt Büro 76, 1093; Büro 77, 379; AnwBl. 77, 71 mit Anm. von H. Schmidt; Büro 77,.701; LG Hannover NdsRpfl. 77, 84 (je 300 D M je Kind/monatlich). Zusammenfassend auch Mümmler Büro 76, 1 ff, 78, 10 f. 's) So auch Lappe in Anm. zu K G KostRsp. Nr. 2 zu § 12 G K G . 16) K G KostRsp. Nr. 2 zu § 12 G K G . " ) Büro 76, 217 mit Anm. von Mümmler. 'S) So auch Lappe in Anm. zu O L G Bamberg KostRsp. Nr. 3 zu § 12 G K G .

584

Ehesachen

Zu § 8 Nachtr

g) Kindergeld und Berlin-Zulage gehören nicht zum Nettoeinkommen i. S. des § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG' 9 ). h) Nicht folgen können wir dem KG 19 ), wenn es bei beiderseitiger Berufstätigkeit der Eheleute nach dem Umständen des Einzelfalls einen wertmindernden Faktor sehen will. Das Gesetz spricht vom Nettoeinkommen der Eheleute und hält den 3-Monats-Betrag als Ausgangswert für maßgeblich. Eine Ermäßigung wegen „Doppelverdienst" ist nach dem Gesetz nicht vorgesehen und deshalb auch nicht gerechtfertigt. Abzüge von dem 3-Monats-Betrag unter dem Gesichtspunkt des Doppelverdienstes zu machen, würde der Aussage des Gesetzes widersprechen^). Zu Rz. 136: Die Erläuterungen in Rz. 136 zur bisher praktizierten Anwendung einer „Faustre- 53 gel" für das zu berücksichtigende Einkommen der Eheleute sind durch die Festlegung des Drei-Monats-Einkommens gegenstandslos geworden. Zu Rz. 137: Die Erläuterungen in Rz. 137 haben durch die jetzige Vorschrift des § 12 Abs. 2 54 Satz 1 G K G (§ 14 Abs. 1 G K G a. F.) nichts an Bedeutung verloren. Wir halten auch weiterhin die in Rz. 137 vertretene Ansicht aufrecht, daß bei der Berücksichtigung der Vermögensverhältnisse der Parteien nicht nur das gelten kann, was der Vermögenssteuer unterliegt, sondern das Gesamtvermögen mit einem Prozentanteil von gut 10 % bis 20 % zu berücksichtigen ist. Wohin die Anlehnung des Vermögenswertes an die für die Vermögenssteuer geltenden Berechnungsvorschriften führt, zeigt die inzwischen erfolgte Anhebung der Vermögenssteuerfreigrenzen. Sie führt in der Praxis dazu, daß das Vermögen der Eheleute bei der Streitwertermittlung in Ehesachen nur mehr eine sehr untergeordnete Rolle spielt. Die Gründe, die für die Einräumung einer Freigrenze bei der Besteuerung aus steuerlichen Billigkeitsgründen maßgebend sind, müssen hier ausscheiden, zumal vom Vermögenswert ohnedies nur ein geringer Prozentsatz als Streitwert Berücksichtigung findet. Deshalb können wir auch nicht der Ansicht des OLG Frankfurt 21 ) folgen, daß Vermögen nur soweit streitwerterhöhend zu berücksichtigen sein soll, als es der Vermögenssteuer unterliegt und daß „nur wirklich ins Gewicht fallende Vermögenswerte sich auf den Streitwert auswirken" sollen 22 ). Das OLG Nürnberg 23 ) geht sogar soweit, daß es bei der Bewertung des Vermögens bei einer vierköpfigen Familie einen Freibetrag von 50 000 DM berücksichtigt und von dem dann noch verbleibenden Vermögensbetrag nur 5 % als Streitwert annehmen will. Daß dies wesentlich zu gering ist, haben wir bereits in Rz. 137 (S 272) betont. Auch kurzlebige Wirtschaftsgüter (wie Möbel, Kraftfahrzeuge usw.) sind bei der Berechnung des Vermögens zu berücksichtigen 24 ).

i') ) 2 0 22 ) 2} ) mern 2«) 20

K G KostRsp. Nr. 2 zu § 12 G K G . Vgl. dazu auch die kritische Anm. von Lappe zu K G KostRsp. Nr. 2 § 12 G K G . Büro 76, 1093; ähnlich LG Bayreuth Büro 76, 796. So ZivSen. in Darmstadt des O L G Frankfurt N J W 63, 596. Büro 77, 376; so auch das Ergebnis der Dienstbesprechung der Richter der Zivilkamdes LG Nürnberg-Fürth v. 30. 1. 75. A. M. O L G Frankfurt Büro 77, 703. 585

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Nachtr Zu § 8

Zu Rz. 138 55

-143:

Die Erläuterungen in Rz. 138 bis 143 (S 273) (bisher zu § 14 G K G a. F.) sind jetzt zu § 12 Abs. 2 G K G n. F. zu übernehmen und haben weiterhin Gültigkeit. Die Randziffern 144 bis 150 erhalten folgende neue Fassung: Zu Rz. 144:

IV. Familienstandssachen 56

Zu den nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten gehören auch Familienstandssachen (§§ 640 ff ZPO) (vgl. dazu Rz 122 zu § 14 G K G a. F. S. 263 des Kommentars). Der hauptsächlich vorkommende Anwendungsfall wird die Anfechtung der Ehelichkeit von Kindern sein. Auch in allen diesen Fällen ist der Streitwert nach § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G zu bemessenes). Auszugehen ist hierbei in Kindschaftssachen von einem Wert von 4 000 DM (§ 12 Abs. 2 Satz 3 GKG). Es kann sowohl eine Erhöhung des Ausgangswertes (bis zu 2 Millionen DM), aber auch eine Ermäßigung, jedoch nicht unter 600 DM, vorgenommen werden. Auch hier gilt Abs. 2 Satz 1: Erhöhung oder Ermäßigung unter Berücksichtigung „aller Umstände des Einzelfalles". Das Verbot der Herabsetzung unter 4 000 DM gilt für diese Fälle nicht, sondern ausschließlich für Ehesachen. Früher hatte es die Rechtssprechung abgelehnt, bei der Bemessung des Streitwertes die Schwierigkeit des Prozeßstoffes oder den Umfang der Tätigkeit zu berücksichtigen. Diese Rechtssprechung ist überholt, da insbesondere der Umfang und die Bedeutung der Sache nach Abs. 2 Satz 1 ebenfalls zu berücksichtigen sind. Jetzt ist grundsätzlich für Ehelichkeitsanfechtungsklagen von einem Wert von 4 000 DM auszugehen. Die Grenze, innerhalb der die Herabsetzung des Streitwertes unter 4 000 DM vertretbar ist, ist eng zu ziehen und hierbei Zurückhaltung geboten. Eine Herabsetzung unter 4 000 DM ist nur gerechtfertigt, wenn sich die Parteien im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung der Bundesrepublik in erheblich schlechteren wirtschaftlichen Verhältnissen befinden oder der Rechtsstreit nur einen geringen Umfang hat oder weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Beziehung irgendwelche Schwierigkeiten aufweist 26 ). Daher kann der von einem Teil der Rechtssprechung 27 ) vertre" ) SchlOLG N J W 58, 1733 = M D R 58, 780. Das Gericht führt noch aus: Die Bedeutung einer Anfechtungsklage ist, wenn man von der vermögensrechtlichen Seite absieht, für arm u n d reich die gleiche. Eine Kindschaftssache hat schlechthin ein erhebliches Gewicht, das dem einer Ehesache mindestens gleichkommt. Die erstrebte Entscheidung darüber, ob ein Kind ehelich ist oder nicht, erschöpft sich nicht in personenrechtlichen Wirkungen, sondern ist auch sonst — zB in gesellschaftlicher Hinsicht — von Belang. 2 ) O L G Frankfurt N J W 64, 1330; AnwBl. 66, 231; O L G Nürnberg AnwBl. 66, 102 = Büro 65, 1000 (2. ZS); O L G H a m m M D R 63, 144; O L G Bremen Rpfleger 65, 99; O L G Celle N d s R p f l . 64, 13 = Büro 64, 205; O L G Köln AnwBl. 67, 160; JMB1NRW 68, 131; O L G Bamberg Büro 67, 500; K G Rpfleger 62, 119 (und schon J R 59, 303). Ebenso schon SchlHOLG N J W 58, 1733 = M D R 58, 780 = F a m R Z 59, 22; Gerold, Streitwert, III Nr. 30 Rz. 3 und 4; Schneider Büro 67, 95; Hillach/Rohs S 279. " ) K G J R 59, 303; O L G Nürnberg M D R 61, 67 = BayJMBl. 61, 11 = Büro 60, 448; Büro 66, 696 (1. ZS, abweichend von dem 2. ZS, vgl. vorstehende Fn.); Büro 64, 898; O L G Neustadt M D R 59, 935 = Büro 59, 430; M D R 64, 769 = Rpfleger 66, 355; M D R 64, 769; O L G Celle NdsRpfl. 66, 264 = Büro 66, 965; O L G Stuttgart KostRsp. G K G § 14 (B) Nr. 12; O L G München Büro 64, 272; O L G Köln F a m R Z 59, 23; JMB1NRW 61, 287; O L G Braunschweig Rpfleger 64, 66; NdsRpfl. 62, 152; O L G Hamburg M D R 64, 685; K G Rpfleger 65, 280 = Büro 64, 899; ebenso Drischler G K G Anm. 6.

586

Familienstandssachen

Zu § 8 Nachtr

tene Standpunkt, der Streitwert sei grundsätzlich nur auf 1 500 DM festzusetzen und eine Überschreitung dieses Betrages sei nur gerechtfertigt, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der Parteien günstiger seien als dies bei der Durchschnittsbevölkerung der Bundesrepublik der Fall sei, oder bei größeren tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten des Prozesses, nicht durchgreifen. Das OLG Hamburg 2 «) vertritt den Standpunkt, daß der Streitwert eines Ehelichkeitsanfechtungsprozesses bei der großen Bedeutung für die Parteien selbst bei geringem Umfang der Sache und nur bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht unter 2 500 DM angenommen werden kann. Eine Überschreitung des Ausgangswertes von 4 000 DM ist insbesondere dann veranlaßt, wenn die Parteien, insbesondere der Kläger, in günstigen wirtschaftlichen Verhältnissen leben, die sich von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Durchschnittsbevölkerung abheben. Weitere Gesichtspunkte für eine Erhöhung des Streitwertes über 4 000 DM hinaus sind gegeben, wenn der Rechtsstreit erhebliche tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten bereitet oder einen erheblichen Umfang annimmt. So hat schon das OLG Koblenz 2 «) für eine Ehelichkeitsanfechtung einen Streitwert von 5 000 DM angenommen, weil der Kläger und auch die Mutter des Kindes in durchaus begüterten Verhältnissen lebten. Dazu wird ausgeführt: Ob in Anfechtungssachen ein Ausnahmefall vorliegt, der eine Abweichung von dem regelmäßigen Streitwert rechtfertigt, ist nach der Bedeutung des Rechtsstreites, nach seinen vermögensrechtlichen Folgen für die Parteien und nach deren Vermögensverhältnissen zu beurteilen. Auch die Zahl der Kinder spielt bei der Streitwertberechnung eine Rolle. Da es sich in diesem Falle um eine Streitgenossenschaft gemäß § 60 ZPO handelt, ist es richtig, daß für jedes einzelne Kind ein besonderer Streitwert zu berechnen ist, weil jedes Kind einen selbständigen Anspruch geltend macht. Der Wert richtet sich somit nach der Zahl der Kinder; er beträgt demnach sovielmal 4 000 DM, als Kinder in Frage stehen. Es sind also die gemäß § 12 Abs. 2 angesetzten Einzelwerte zusammenzurechnen30). Das gilt auch für die Anfechtung der Ehelichkeit von Zwillingen"). Es muß daran festgehalten werden, daß auch in solchen Sachen der Ausgangsstreitwert 4 000 DM beträgt und daß eine Ermäßigung dieses Streitwertes nur dann in Frage kommen kann, wenn die Umstände des einzelnen Falles dies erfordern, insbesondere, wenn der Anfechtungskläger völlig mittellos ist.

2

«) AnwBl. 66, 321. M) AnwBl. 50, 55. 3") OLG Düsseldorf Rpfleger 54, 49; OLG Köln JMB1NRW 54, 9; JMB1NRW 61, 251 = Büro 61, 455; OLG Koblenz Büro 51, 447; KG Rpfleger 65, 280 = Büro 64, 899; Rpfleger 54, 49; Büro 60, 220; OLG Hamm Rpfleger 65, 379; Markl Anm. 17; Drischler Anm. 6; Gerold, Streitwert, III Nr. 30 Rz. 8; Willenbücher Rz. 64 zu § 8 BRAGO; Schneider Büro 67, 95 Nr. 4; Hillach/Rohs S 280. 3i) KG Rpfleger 65, 280 = Büro 64, 899 und schon OLG Frankfurt MDR 54, 749 = Büro 54, 409; Markl Anm. 17. Wenn demgegenüber das OLG Hamm Rpfleger 65, 379 und Hillach/ Rohs S 280 die Einzelwerte und damit den Gesamtwert niedriger ansetzen wollen mit der Begründung, daß Umfang und Schwierigkeit in diesen Fällen meist nicht größer seien als wenn nur ein Kind verklagt wird, so kann dem nicht gefolgt werden. Zu berücksichtigen ist, daß die Rechtsverhältnisse mehrerer Kinder geregelt werden und die Bedeutung des Rechtsstreits für jedes einzelne Kind nicht durch deren Zahl geringer wird. 587

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§ 1—80

Zu Rz. 145:

V. Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft") 57

Für die Klagen auf Feststellung der nichtehelichen Vaterschaft (§ 1600 a n. F. BGB) ist gleichfalls § 12 Abs. 2 G K G n. F. anzuwenden, da es sich hier um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt. Der Ausgangswert beträgt 4 000 DM (§ 12 Abs. 2 Satz 3 GKG) (früher 3 000 DM) 33 ). Erhöhung oder Herabsetzung sind nach den Grundsätzen des Abs. 2 Satz 1, 3, 4 möglich und zulässig. Dagegen sollte bei der sogenannten „Zahlvaterschaft" im Sinne des früheren, inzwischen aufgehobenen § 1717 BGB (Giltvaterschaft) nach der herrschenden Lehre kein selbständiger Streitwert neben dem hierauf gestützten Unterhaltsanspruch in Betracht kommen. Die dazu ergangene umfangreiche Rechtsprechung ist aber überholt. Durch Gesetz vom 19. 8. 69 — BGBl. 69 I, 1243 — ist der „Giltvaterschaftsprozeß" ab 1.7. 70 beseitigt worden 34 ). Der Wert des Feststellungsantrages wird aber nicht dem Streitwert des Zahlungsanspruchs hinzugerechnet, dafür gilt die Vorschrift des § 12 Abs. 3 GKG. Es kommt nur ein Wert, und zwar der höhere, in Frage 35 ). Zu Rz. 146: Der Streitwert der Klage auf Feststellung der Nichtigkeit eines Vaterschaftsanerkenntnisses ist dagegen gleich dem Wert der mit dem Anerkenntnis verbundenen Unterhaltsverpflichtung, wozu auch zB eine Ausbildungsbeihilfe gehört. Dieser Feststellungsanspruch wird also nicht zu den nichtvermögensrechtlichen, sondern zu den vermögensrechtlichen gerechnet 36 ).

Vgl. dazu Mümmler JVB1. 63, 89. Dagegen Stöber JVB1. 63, 170. S. dazu auch Wiesen M D R 65, 97. Zum neueren Recht s. Mümmler Büro 70, 281 ff. 33 ) SchlHOLG Büro 54, 230; O L G Frankfurt Justiz 70, 419 (L); Rpfleger 71, 117; O L G Celle AnwBl. 71, 205 = Büro 71, 780; O L G Nürnberg Rpfleger 71, 329; Mümmler Büro 70, 281; O L G Köln JMB1NRW 61, 23 = N J W 60, 2197 = Büro 60, 533; JMB1NRW 61, 287; O L G Hamburg M D R 62, 662; O L G Frankfurt Büro 64, 278; K G Mitteilungsbl. d. Bundes dtsch. Rechtspfleger, Landesverband Berlin 60, 25; O L G Karlsruhe KostRsp. Nr. 21 zu § 14 (B); Hillach/Rohs S 282. S. auch dazu Thomas-Putzo Anm. 2 zu § 640 Z P O ; Baumbach-Lauterbach Anm. 1 A a, dd zu § 640 ZPO. 34) Vgl. dazu Firsching Rpfleger 70, 8—12 zu V. 35) So bereits nach altem Recht: LG Nürnberg-Fürth N J W 62, 2017 = Büro 63, 41. Die gegenteilige Ansicht des K G J W 35, 2585 u. O L G Düsseldorf J W 39, 317.ist nicht richtig, da § 11 Abs. 2 (jetzt § 14) G K G übersehen wird. Vgl. dazu auch Drischler Anm. 6 § 14; Wedewer Anm. 4 zu § 11 G K G a. F.; Hillach/Rohs S 296. A.M. Gerold, Streitwert, I I I / 3 0 Rz. 12, 13. Für das neuere Recht s. Mümmler Büro 70, 285. 36 ) O L G Frankfurt M D R 55, 304 = Rpfleger 55, 138 = Büro 55, 151; O L G München N J W 53, 631, das jedoch eine Schätzung nach § 3 Z P O unter Berücksichtigung des § 13 Abs. 1 vornehmen will, was unrichtig ist. Vgl. auch Wieczorek Anm. C 1 b § 3; Gerold, Streitwert, III Nr. 30 Rz. 13; dazu noch O L G Braunschweig KostRsp. § 14 G K G B Nr. 3: Klage auf Nichtigkeit u n d auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung aus der Verpflichtungsurkunde ausschließlich nach § 13 Abs. 1 G K G zu bewerten, wenn Streit um die Unterhaltsverpflichtung geht und familienrechtliche Erwägungen ausscheiden. 588

Regelung der elterlichen Gewalt

Zu § 8 Nachtr

Zu Rz. 147: VI. Herausgabe von Kindern") Für Klagen auf Herausgabe von Kindern gelten, da es sich auch hier um nicht- 58 vermögensrechtliche Streitigkeiten handelt, die gleichen Grundsätze, so daß also auch hier die Vorschrift des § 12 Abs. 2 GKG anzuwenden ist. Die Rechtsprechung wendet die Grundsätze an, die für die Anfechtung der Ehelichkeit gelten^). Der Ausgangsstreitwert beträgt somit 4 000 DM. Eine Erhöhung oder eine Herabsetzung ist nach Maßgabe des Abs. 2 Satz 1, 3, 4 möglich (vgl. dazu die Abschn. II u. IV). Es spielen also auch der Umfang und die Bedeutung der Sache für die Streitwertbemessung eine gewisse Rolle. Nach der Rechtsprechung nahmen jedoch einige Gerichte einen geringeren Streitwert an, da die Herausgabeklage nicht die Bedeutung wie die Klage auf Feststellung der Ehelichkeit haben soll. Daß diese Auffassung richtig ist, muß bezweifelt werden. Man wird hier nicht zu unterscheiden haben, ob die Anfechtung der Ehelichkeit, die Herausgabe von Kindern oder die Übertragung des Sorgerechts größere Bedeutung haben, vielmehr wird man in solchen Fällen zunächst den Ausgangsstreitwert annehmen müssen und unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles Korrekturen nach oben oder nach unten vornehmen. Bei der Herausgabe mehrerer Kinder handelt es sich um mehrere Einzelansprüche, die getrennt zu bewerten sind. Die Streitwerte sind dann nach § 7 BRAGO zusammenzurechnen, denn der Anspruch auf Herausgabe mehrerer Kinder ist bei jedem einzelnen Kind besonders zu begründen und zu prüfen 39 ). Auch hierzu ist aber die Rechtsprechung nicht einheitlich. Ein Teil sagt, daß bei mehreren Kindern der Anspruch einheitlich zu bewerten wäre40). Ein anderer Teil bewertet bei mehreren Kindern den Streitwert höher41)- Vgl. dazu auch oben Rz. 56. Zu Rz. 147: VII. Regelung der elterlichen Gewalt Der Anspruch auf Übertragung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind ist 59 ebenfalls nichtvermögensrechtlich. Die Streitwertberechnung hat daher nach § 12 Abs. 2 G K G zu erfolgen. Die Regelung der elterlichen Gewalt für die ehelichen Kinder spielt praktisch nur noch bei den Anträgen aus § 623 Abs. 1, 3, § 621 Abs. 1 Nr. 1 ZPO eine Rolle. Für die Streitwertberechnung fehlte es bisher in der Rechtsprechung an einer einheitlichen Linie. Man nahm die gleichen Grundsätze an wie bei der Herausgabe von Kindern (vgl. oben Rz. 147). Der Streitwert wurde meist zu niedrig angenommen. Nun bestimmt die neue Vorschrift des § 12 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2, daß im Verfahren über die Regelung der elterlichen Gewalt über ein eheliches Kind, soweit nach den Vorschriften des BGB hierfür das Familiengericht zuständig ist und das 37

) Wegen Zulässigkeit des Rechtsweges gegen einen Dritten s. BGH NJW 60, 2099 u. zwischen geschiedenen Eltern BGHZ 19, 185 = NJW 56, 260. 38) OLG Kiel HRR 38 Nr. 604; Hillach/Rohs S 298; Markl Anm. 4. » ) OLG Königsberg JW 31, 3577; Zweibrücken JW 37, 1086; KG Büro 66, 489; Markl Anm. 17; Gerold, Streitwert, III Nr. 44 Rz. 4; Wedewer Anm. 3 f zu § 11 G K G a. F.; Hillach/ Rohs S 268 oben. io) OLG Kassel HRR 36 Nr. 490; Breslau, Königsberg, Nürnberg JVB1. 32, 216. OLG Karlsruhe HRR 38 Nr. 112; OLG Stuttgart WürttZ 38 Sp. B 72; OLG Zweibrükken JW 37, 1086; OLG Hamm Rpfleger 65, 379; Hillach/Rohs S 298 und S 280.

589

Nachtr Zu §8

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Verfahren als Scheidungsfolgesache durchgeführt wird, von einem Wert von 1 500 DM auszugehen ist. Im übrigen gelten auch hier dieselben Erhöhungs- und Ermäßigungsgrundsätze des § 12 Abs. 2 Satz 1. Eine Herabsetzung des Wertes unter 600 DM ist ausgeschlossen (§ 12 Abs. 2 Satz 4 GKG). Eine Erhöhung des Ausgangswertes kann u. a. begründet sein, wenn durch das Verhalten des Kindes sich umfangreiche Begutachtungen usw. als erforderlich erweisen 42 ). Zu Rz. 149: Vergleiche über die elterliche Gewalt nach der Scheidung 60

Die Regelung über die Vereinbarung der Eltern (Scheidungsabkommen) ergibt sich nunmehr aus § 1671 BGB, der auf Grund des Gleichberechtigungsgesetzes an Stelle des § 74 EheG eingefügt wurde 43 ). Die Eltern haben ein entsprechendes Vorschlagsrecht und das Familiengericht soll von einem gemeinsamen Vorschlag nur abweichen, wenn dies zum Wohle des Kindes erforderlich ist (§ 1671 II BGB). Wenn auch gegenüber der früheren Vorschrift des § 74 EheG eine Verstärkung des Gewichts der Einigung der Eltern gegeben ist, so ist die Einigung der Eltern aber stets noch von der Genehmigung des Familiengerichts abhängig. Die Regelung im Scheidungsabkommen ist daher nur eine vorläufige, die noch der Genehmigung des Gerichts bedarf. Der Streitwert ist aus § 12 G K G zu ermitteln. Auszugehen ist danach von einem Wert von 1 500 DM (§ 12 Abs. 2 Satz 3 G K G ) ; er ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles (§ 12 Abs. 2 Satz 1 GKG) höher oder niedriger, jedoch nicht über 2 000 000 DM und nicht unter 600 DM anzunehmen. Wenn der Streit über die elterliche Gewalt nicht im Verfahren nach der ZPO als Scheidungsfolgesache vor dem Familiengericht durchgeführt wird (§ 1671 BGB), sondern gemäß § 1672 BGB, dann kommt die Beschränkung des Ausgangswertes auf 1 500 DM nicht in Betracht. Es gilt dann die allgemeine Regelung: Wertfeststellung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles gemäß § 94 Abs. 2 KostO (i. Verb, mit Abs. 1 Nr. 4 der Vorschrift) nach § 30 Abs. 2 KostO. Nach dieser Vorschrift ist in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung der Wert regelmäßig auf 5 000 DM anzunehmen; er kann nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht unter 200 DM und nicht über 1 Million DM angenommen werden. Diese Wertvorschriften gelten gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 BRAGO auch für die anwaltlichen Tätigkeiten und ergeben hier also einen Ausgangswert von 5 000 DM. Erfolgt neben der Regelung der elterlichen Gewalt eine Regelung des Besuchsrechts, so ist dafür ein weiterer Gegenstandswert festzusetzen 4 ^).

VIII. Regelung des persönlichen Verkehrs 61

Auch der Anspruch auf Regelung des persönlichen Verkehrs des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kind ist nichtvermögensrechtlich. Die Streitwertberechnung hat daher ebenfalls nach § 12 Abs. 2 G K G zu erfolgen. Wenn das Verfah« ) Vgl. auch dazu Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. H zu § 12 GKG. 4 *>) OLG Hamm Büro 78,1556. « ) Vgl. dazu AnwBl. 60, 75. § 1671 BGB neu gefaßt mit Wirkung v. 1. 7. 77 durch 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. 1, 1421. Vor einer Entscheidung im Falle des § 1671 BGB ist das Jugendamt zu hören; vgl. § 48 a Abs. 1 Nr. 6 JWG.

590

Scheidungsfolgesachen für mehrere Kinder

Zu § 8 Nachtr

ren auf Antrag als Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, §621 Abs. 1 Nr. 2 ZPO durchgeführt wird, ist bei der Ermittlung des Streitwertes gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 Halbsatz 2 G K G von einem Wert von 1 500 DM auszugehen. Im übrigen gelten auch hier dieselben Erhöhungs- und Ermäßigungsgrundsätze, wie sie in § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G für alle nichtvermögensrechtlichen Streitigkeiten bestimmt sind, vgl. dazu oben Abschn. II und III (Rz. 134,135). Vgl. ferner vorst. Rz. 60 a. E.

IX. Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil — Scheidungsfolgesache, § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO Der Anspruch auf Herausgabe von Kindern ist eine nichtvermögensrechtliche 62 Streitigkeit. Es gelten daher auch hierfür die Grundsätze des § 12 Abs. 2 GKG. Vgl. dazu oben Abschn. VI Rz. 147. Wenn nun die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil im Verbund von Scheidungs- und Folgesachen nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 3 ZPO beantragt wird, ist bei der Streitwertermittlung gemäß § 12 Abs. 2 Satz 3 Halbs. 2 G K G von einem Wert von 1 500 DM auszugehen. Im übrigen gelten auch hier die gleichen Erhöhungs- und Ermäßigungsgrundsätze, wie sie § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G allgemein für nichtvermögensrechtliche Streitigkeiten vorsieht (Höchstwert 2 Millionen DM, Mindestwert nicht unter 600 DM). Ein Ausgangswert ist nicht vorgesehen für den Fall, daß die Herausgabe des Kindes aus einem anderen Rechtsgrund verlangt wird. Dann ist von der allgemeinen Regelung des § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G auszugehen und der Wert innerhalb des Rahmens von 600 DM bis 2 000 000 DM festzusetzen.

X. Scheidungsfolgesachen nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 ZPO für mehrere Kinder Unterschiedlich wurde bisher der Streitwert auch bewertet, wenn es sich um die 6 3 Regelung der elterlichen Gewalt für mehrere Kinder, des persönlichen Verkehrs des nicht sorgeberechtigten Elternteils gegenüber mehreren Kindern oder Herausgabe mehrerer Kinder an den anderen Elternteil handelt (vgl. dazu Fn. 79 bis 81 zu § 14 G K G a. F. S 277). Nunmehr bestimmt § 19 a Abs. 2 G K G , daß eine Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2, oder 3 ZPO auch dann nur als ein Gegenstand zu bewerten ist, wenn sie mehrere Kinder betrifft. Für die RA-Gebiihren sieht aber § 7 Abs. 3 BRAGO eine selbständige Regelung vor; vgl. dazu Nachtrag Rz. 22 zu § 7 BRAGO. Allgemein wird eine Vervielfältigung des Ausgangswertes bzw. des für ein Kind anzunehmenden Wertes, wenn es sich um mehrere Kinder handelt, abgelehnt. Die Tatsache, daß die Entscheidung mehrere Kinder betrifft, soll innerhalb des Rahmens durch eine entsprechende Erhöhung des Wertes berücksichtigt werden 43 "). Vgl. auch die Erläuterungen zu § 19 a GKG. «a) Vgl. SchlHOLG AnwBl. 78, 180; Mümmler Büro 77, 594 (605) mit weit. Nachw.

591

Nachtrag zu §§1—80

Nachtr Zu § 8 Zu Rz.

150:

XI. Entmündigungsverfahren 64

Für die Klagen auf Anordnung der Entmündigung (§§ 647, 683, 668 ZPO) und auf Aufhebung der Entmündigung (§§ 684, 676, 679 ZPO) ist ebenfalls, da es sich um eine nichtvermögensrechtliche Streitigkeit handelt, § 12 Abs. 2 G K G (§ 14 G K G a. F.) anzuwenden. Es gelten somit die gleichen Grundsätze, wie oben zum Abschn. II Rz. 134 ausgeführt. Ein Regelstreitwert oder Ausgangsstreitwert ist hierfür nicht mehr vorgesehen. Der Wert ist vielmehr im Einzelfall nach § 12 Abs. 2 Satz 1, 4 G K G innerhalb des Rahmens von 600 DM bis 2 000 000 DM unter Berücksichtigung aller Umstände zu ermitteln. Wegen der Bedeutung der Entmündigung ist es aber nur in seltenen Ausnahmefällen möglich, den Streitwert für die Anfechtungs- und Aufhebungsklage auf weniger als 3 000 DM festzusetzen 44 ). Es sind auch hier die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des zu Entmündigenden zugrunde zu legen«). Dabei ist auch bei einer Klage auf Aufhebung der Entmündigung die Bedeutung der Entscheidung als Eingriff in den persönlichen Lebensbereich des Entmündigten und nach dessen wirtschaftlicher Lage zu bemessen. Nicht zu berücksichtigen ist dagegen, ob die Anfechtungsklage-begründet und das betreffende Verfahren von besonderer Bedeutung für die Allgemeinheit ist46). Nach der derzeitigen Fassung des Abs. 2 Satz 1 ist allerdings die Bedeutung der Sache sehr wohl zu berücksichtigen, wobei ihre Bedeutung nicht für die Allgemeinheit maßgebend zu sein braucht, aber mindestens für den Entmündigten. Bei der Streitwertbemessung ist ein Herabgehen auf den Mindestbetrag von 600 DM keineswegs anzunehmen 47 ). Wenn Vermögen vorhanden ist, so ist nicht dieses in vollem Umfange anzunehmen, vielmehr wird in der Regel lA davon angenommen 4 «). In Armensachen wird in der Regel ein Streitwert von mindestens 1 000 DM angenommen 4 »). Wegen Berechnung der RA-Gebühren siehe die Erl. zu § 44. " ) OLG Hamm Rpfleger 63, 92. « ) OLG Düsseldorf D R Z 35 Nr. 654; Rpfleger 56, 77. Das OLG Hamburg N J W 64, 2426 (L) nimmt bei einem Vermögen von 300 000 D M einen Streitwert von 100 000 D M an. « ) O L G Düsseldorf Rpfleger 56, 77. "7) O L G Kiel BB1. 31, 174; Düsseldorf D R Z 35 Nr. 654; Kiel M d R R K 37, 45; O L G Düsseldorf Rpfleger 56, 77. « ) LG Berlin J W 37, 2470. Das O L G Nürnberg BayJMBl. 59, 131 = Büro 59, 288 lehnt die Entscheidung des LG Berlin ab, weil es sich bei der Entmündigung einer Person nicht allein um die Entziehung einer Vermögensverwaltung handelt. Die Entmündigung stelle einen darüber hinausgehenden Eingriff in den Lebensbereich der betroffenen Person dar, der nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. O L G Düsseldorf Rpfleger 56, 77). Schließlich sind nicht nur die Vermögensverhältnisse zu beachten, sondern die gesamte wirtschaftliche Lage der betroffenen Person, also auch die Art ihres Vermögens und ihre Einkommensverhältnisse. (In dem dort entschiedenen Falle besaß die Klägerin zwei Häuser mit einem Verkehrswert nach Abzug der Schulden von 200 000 D M , die eine monatliche Miete von ca. 1 200 D M abwarfen). Diese wirtschaftlich sehr gute Lage ginge über den durchschnittlichen Fall erheblich hinaus u n d rechtfertigt es, den Streitwert für dieses Verfahren höher als 2 000 D M festzusetzen. Die Festsetzung durch das LG mit 40 000 D M wurde für zu hoch erachtet, vielmehr wurden 20 000 D M für angemessen erachtet. Das LG München I Beschl. v. 21.8. 62—12 R 63/60 nimmt bei einem Vermögen von über 6 Mio. D M einen Streitwert von 1 Mio. D M an. « ) O L G Braunschweig H R R 39 Nr. 583; Stuttgart J W 38, 138.

592

Vermögensrechtliche und nichtvermögensrechtliche Ansprüche

Zu § 8 Nachtr

Zu Rz. 151: XII. Die Berechnung bei Zusammentreffen von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen (Abs. 3) Der Abs. 3 bestimmt, daß, wenn mit einem nichtvermögensrechtlichen Anspruch 65 ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher verbunden ist, nur ein einziger Anspruch, und zwar der höhere, maßgebend ist. Das bedeutet: Wird zB in einer Ehesache das Getrenntleben und Unterhaltszahlung gemäß § 1361 BGB gefordert, so sind die vom Gericht für jeden Anspruch getrennt festgesetzten Werte nicht nach § 5 ZPO zusammenzurechnen, es ist nur entweder der Wert des Unterhaltsanspruches oder der Wert des nichtvermögensrechtlichen Anspruchs (Getrenntleben) m a ß g e b e n d s o ) . Das gleiche gilt zB bei der Verbindung des Anspruchs auf Feststellung der Vaterschaft und Zahlung des Regelunterhalts, § 643 ZPO51)- Welcher von den in Abs. 3 genannten Ansprüchen der höhere und deshalb für den Streitwert maßgebende ist, muß durch Vergleichung der verschiedenen Ansprüche festgestellt werden. Die vermögensrechtlichen Ansprüche sind gegebenenfalls nach § 3 ZPO zu ermitteln"). Dies gilt aber nur dann, wenn der nichtvermögensrechtliche Anspruch die Grundlage für den vermögensrechtlichen Anspruch bildet, also der eine Anspruch aus dem anderen abgeleitet wird53). Auf die Darlegungen der Parteien kommt es dabei nicht an54). Beispiel: Einstweilige Anordnung in einer Ehesache gemäß § 620 ZPO auf Unterhalt monatlich 200 DM sowie auf Getrenntleben (Streitwert 1 000 DM), Übertragung der elterlichen Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind (Streitwert — Ausgangswert— 1 500 DM) und Herausgabe von Gegenständen im Werte von 2 000 DM. Hier ist der vermögensrechtliche Anspruch überwiegend, daher folgende Streitwertberechnung: Unterhalt 6 x 200 DM55) DM 1 2 0 0 , Herausgabeanspruch DM 2 000,— elterliche Gewalt DM 1 500,— Streitwert zusammen also D M 4 700,— Erläuterung: Aus dem nichtvermögensrechtlichen Anspruch des Getrenntlebens (Streitwert 1 000 DM) leitet sich der Unterhaltsanspruch für die Ehefrau (der hier mit monatlich 200 DM angenommen wird) — Streitwert 1 200 DM — und der Anspruch auf Herausgabe von Gegenständen (Streitwert 2 000 DM) ab. Dem nichtvermögensrechtlichen Anspruch von 1 000 DM steht also hier ein vermögensrechtlicher Anspruch von 2 000 DM und 1 200 DM = 3 200 DM gegenüber. Gemäß § 12 Abs. 3 5 «) OLG Düsseldorf JW 39, 372 bei Gaedeke Nr. 553; OLG Frankfurt NJW 69, 102; Lauterbach Anm. 5; Tschischgale NJW 59, 1112 B a. si) KG NJW 73, 1050 mit weit. Nachw.; Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. 3 zu § 12 G K G . « ) Vgl. dazu auch Matthias MDR 53, 713 und M D R 54, 10. 53) KG DR 43, 526. 54) Markl Anm. 18; Hillach/Rohs S 56; Wedewer Anm. 4 zu § 11 G K G a. F. 55) § 13 Abs. 2 GKG.

593

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1—80

G K G ist daher dieser Streitwert maßgebend. Dem Anspruch auf Übertragung der elterlichen Gewalt (Streitwert 1 500 D M ) steht kein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch gegenüber, er ist also in voller Höhe bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen 56 ). Der Streitwert beträgt also 3 200 D M + 1 500 D M = 4 7 0 0 DM57). 56 ) Wenn dagegen auch für das Kind Unterhalt gefordert wird, dann würde nach der h. M. dieser Anspruch aus der Übertragung des Sorgerechts hergeleitet werden und dann könnte nur einer der beiden, und zwar der höhere Wert maßgebend sein. Vgl. KG DR 39, 1596; Rpfleger 68, 78; AnwBl. 67, 202; OLG Stuttgart Rpfleger 57, 67; OLG Nürnberg Rpfleger 56, 269: Rpfleger 66, 291; OLG Düsseldorf JMB1 NRW 52, 28 = AnwBl. 52, 27 = Büro 53, 261; OLG Karlsruhe Rpfleger 64, 1; OLG Celle NJW 53, 1516; OLG Frankfurt NJW 69, 102 = Büro 69,168; Markl Anm. 19 (und Anm. 12 zu § 13); Gerold, Streitwert, unter III Nr. 23 Rz. 17; Willenbücher Rz. 68 zu § 8 A.M.; OLG Hamm Büro 67, 1016; OLG Celle NdsRpfl. 65, 16; LG Nürnberg-Fürth JVB1. 62, 71 mit zust. Anm. von Mümmler: Der Anspruch auf Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern leite sich nicht aus dem Anspruch auf einstweilige Sorgerechtsregelung her, da die Regelung der Unterhaltspflicht von der Regelung der Personensorge unabhängig sei. Hillach/Rohs (S 268/269) schließen sich demgegenüber der h. M. an und weisen zutreffend darauf hin, daß der Anspruch auf Regelung der Unterhaltspflicht gegenüber den Kindern auf der für die Ehegatten maßgebenden Entscheidung des Gerichts beruhe, wonach dem einen Ehegatten das Sorgerecht zustehen solle, der Unterhaltsanspruch sei daher nur Ausfluß dieses Rechts. So auch OLG Celle NJW 53, 1516. 5') So auch Wedewer Anm. 4 zu § 11 G K G a. F.; OLG München 2 W 1626/53; insbesondere OLG Celle NJW 53, 1516 mit Nachw.

Zu § 8 BRAGO (S 246 des

Kommentars)

§ 13 GKG (neu). Wertberechnung in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und Finanzgerichtsbarkeit (1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert vorbehaltlich der folgenden Vorschriften nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- und Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 4 000 Deutsche Mark anzunehmen. (2) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend. (3) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren der ersten Instanz beantragt hat. Vorbemerkung: Die Vorschrift ist neu. Sie ersetzt die bisherigen Vorschriften — § 115 BRAGO, § 189 VwGO, § 140 F G O — sowie die landesrechtlichen Bestimmungen durch eine neue Regelung. Die Vorschriften des G K G gelten mit Wirkung v. 15.9. 75 aufgrund des Gesetzes zur Änderung des G K G , des Gesetzes über Kosten der Gerichtsvollzieher, der B R A G O und anderer Vorschriften v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 auch für Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der VwGO und vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der F G O (§ 1 Abs. 1 b, c G K G ) . Erläuterungen: 66

Für die Gerichtsgebühren erfolgt in Verfahren vor Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und der Finanzgerichtsbarkeit die Wertermittlung auf G r u n d der als 594

Streitwert in Berufungs- und Revisionsverfahren

Zu § 8 Nachtr

§ 13 neu in das G K G eingefügten Vorschrift. Danach ist der Streitwert vorbehaltlich der in den §§ 14 ff G K G n. F. enthaltenen Bestimmungen nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen. Bietet der bisherige Sach- u n d Streitstand hierfür keine genügenden Anhaltspunkte, so ist ein Streitwert von 4000 D M anzunehmen (§ 13 Abs. 1 G K G ) . Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt, so ist deren Höhe maßgebend (§ 13 Abs. 2 GKG). Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren der ersten Instanz beantragt hat (§ 13 Abs. 3 G K G ) . Der für die Gerichtsgebühren anzusetzende Wert ist auch für die Gebühren des RA maßgebend. Dies bestimmt die Vorschrift des § 8 Abs. 1. Der § 9 Abs. 1 erklärt ebenfalls diesen Wert f ü r die Gebühren des RA als maßgebend, wenn er für die Gerichtsgebühren festgesetzt wurde. Der RA kann auch in diesen Angelegenheiten aus eigenem Recht die Festsetzung des Wertes beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen und Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, aus eigenem Recht ergreifen (§ 9 Abs. 2). § 10 ergänzt den § 9 dahin, daß der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit auf Antrag durch Beschluß des Gerichts des Rechtszuges selbständig festzusetzen ist, wenn sich die Gebühren des RA f ü r die anwaltliche Tätigkeit in einem Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt. Dieser Fall kann in Personalvertretungssachen eintreten, in denen Gerichtsgebühren und -Auslagen nicht erhoben werden (vgl. Rz. 5 und 79 a zu § 114). Wegen Einzelheiten vgl. die Erläuterungen zu §§ 9, 10. Zum Gegenstandswert in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit ist eingehend in den Erläuterungen Rz. 44 bis 83 zu § 114 und zur Streitwertfestsetzung in Rz. 84 zu § 114 Stellung genommen worden. Der Gegenstandswert in Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit wurde in Rz. 111 bis 150 zu § 114 und die Streitwertfestsetzung in Rz. 151 zu § 114 behandelt. Es kann daher auf diese Erläuterungen verwiesen werden'). i) Vgl. dazu noch Noll NJW 76, 219.

Zu §8 BRAGO (§ 11 GKG a. F. Seite 226ff. des

Kommentars):

§ 14 GKG (neu). Wertberechnung in Berufungs- und Revisionsverfahren (1) Im Berufungs- und Revisionsverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelklägers. Endet das Verfahren, ohne daß solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Berufungs- oder Revisionsbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Berufungs- oder Revisionsanträge nicht eingereicht, so ist die Beschwer maßgebend. (2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird. § 15 Abs. 1 bleibt unberührt. Vorbemerkung: Diese Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 neu eingefügt. Erläuterungen: Zu Rz. 40, 42: 595

Nachtr Zu § 8

67

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Abs. 1 Satz 1 stimmt wörtlich mit dem bisherigen § 11 Abs. 2 Satz 1 überein. Mit Abs. 1 Satz 2 wird in der Sache die Regelung des bisherigen § 11 Abs. 2 Satz 2 GKG a. F. übernommen. Die Bestimmung wurde aber so gefaßt, daß sie in allen drei Zweigen der Gerichtsbarkeit, für die das GKG jetzt gilt (vgl. § 1 GKG), anwendbar ist; dabei wird auch berücksichtigt, daß in der Verwaltungsgerichtsordnung eine Frist für die Begründung der Berufung nicht vorgeschrieben ist. Abs. 2 Satz 1 und 2, wonach der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt ist, soweit der Streitgegenstand nicht erweitert wird, gibt die Rechtsprechung zu dieser Frage wieder. Eine ausdrückliche Vorschrift wurde aber für zweckmäßig gehalten, da Beiladungen in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit häufig sind und das Interesse des Beigeladenen nicht selten von dem des Klägers abweicht. Der Hinweis in Abs. 2 Satz 3 auf § 15 Abs. 1 GKG dient der Klarstellung.

68

Rz. 40 erhält folgende neue Fassung: Der § 15 regelt den Streitwert für die Berufungs- und Revisionsinstanz.

69

Zu Rz.

42-49:

In der Überschrift vor Rz. 42 ist zu streichen: „II." sowie „(zu Abs. 2)". Zu Rz. 42: Anstelle des bisherigen Abs. 1 heißt es nunmehr wie folgt: Für die Berechnung des Streitwertes in der Berufungs- und Revisionsinstanz ist zunächst § 4 ZPO maßgebend (Einlegung des Rechtsmittels). Es ist aber auch § 15 Abs. 1 GKG n. F. anzuwenden, der einen höheren Wert zuläßt, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei Erlaß des Urteils höher als bei Einlegung des Rechtsmittels ist (vgl. dazu Rz. 41, 57). Abs. 2 beginnt wie folgt: Der § 14 Abs. 1 stellt klar, wie der Streitwert für die Berufungs- und Revisionsinstanz sich bestimmt, wenn die Rechtsmittelschrift noch keinen Antrag enthält. Soweit die Vorschrift Berufungs- und Revisionsverfahren nach der ZPO betrifft, führt dazu die amtliche Begründung folgendes aus: . . . (vgl. dazu Fortsetzung Rz. 42 S 227). Mit Beschluß v. 14. 2. 780 hat sich der Große Senat des BGH der bisher h. M. nicht angeschlossen, sondern erklärt, daß ein eingeschränkter Rechtsmittelantrag des Rechtsmittelklägers bei der Streitwertberechnung im Rechtsmittelverfahren gem. § 14 Abs. 1 GKG dann nicht zu berücksichtigen ist, wenn er offensichtlich nicht auf die Durchführung des Rechtsmittels gerichtet ist. Der Große Senat weist zutreffend darauf hin, daß es nicht Sinn und Zweck des § 14 Abs. 1 GKG n. F. ist, einem Rechtsmittelkläger, der sein Rechtsmittel überhaupt nicht mehr durchführen will, zu einer Verringerung der Kostenlast zu verhelfen, welche über die im Gesetz für die Rechtsmittelrücknahme vorgesehene Kostenermäßigung (vgl. Nr. 1021 und Nr. 1031 KostVerz. zum GKG) hinausgeht. 70

Zu Rz. 43: In Ziff. 2 entfällt der Klammervermerk, weil die Vorschrift nach der Neufassung nicht nur für Rechtsmittelverfahren gilt, die sich nach der ZPO richten (vgl. oben Vorbemerkung). i) WM 78, 436 = Rpfleger 78, 211 = Büro 78, 684.

596

Zeitpunkt der Wertberechnung

Zu § 8 Nachtr

71

Zu Rz. 44: Abs. 1 letzter Satz erhält folgende Fassung: Es ist dann in Anwendung des § 12 Abs. 1, 2 GKG, § 3 ZPO der Streitwert mit dem Mindestbetrag von 600 DM festzusetzen (vgl. Fn. 5 S 228). Zu Rz.

72

44-49:

Anstelle der bisherigen Bezeichnung „§ 11 Abs. 2" muß es jetzt jeweils heißen „§ 14 Abs. 1". Abs. 2 Satz 1 und 2 regeln die Berechnung des Streitwertes im Verhältnis der In- 73 stanzen zueinander. Danach wird der Streitwert durch den Wert des Streitgegenstandes der ersten Instanz begrenzt, soweit der Streitgegenstand nicht erweitert wird. Dies war auch schon bisher in der Rechtsprechung anerkannt. Wegen der erweiterten Geltung der Vorschrift ist aber nun im § 14 Abs. 2 G K G n. F. eine ausdrückliche gesetzliche Regelung erfolgt. Der Hinweis in Abs. 2 Satz 3 auf § 15 Abs. 1 G K G n. F. bringt lediglich eine Klarstellung. Es ist daher auch in Berufungs- und Revisionsverfahren den in der Instanz entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde zu legen, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei Beendigung der Instanz höher ist als zu deren Beginn. Vgl. dazu Rz. 57 (S 232 des Kommentars).

Zu §8 BRAGO (Seite 226f des

Kommentars):

§ 15 GKG (§ 11 Abs. 3 a. F.). Zeitpunkt der Wertberechnung. (1) Ist der Wert des Streitgegenstandes bei Beendigung der Instanz höher als zu Beginn der Instanz, so ist den in der Instanz entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde zu legen. (2) In der Zwangsvollstreckung ist für die Wertberechnung der Zeitpunkt der die Zwangsvollstreckung einleitenden Prozeßhandlung entscheidend. Vorbemerkung Diese Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 neu eingefügt. Sie stimmt in Abs. 2 wörtlich mit § 11 Abs. 3 Satz 2 GKG a. F. überein. Abs. 1 hat gegenüber der bisherigen Fassung des § 11 Abs. 3 Satz 1 GKG a. F. eine Erweiterung erfahren. Nach § 11 Abs. 3 Satz 1 G K G a. F. war dann, wenn der Wert des Streitgegenstandes bei dem Erlaß des Urteils oder der anderweitigen Beendigung der Instanz höher war, als im Zeitpunkt der Erhebung der Klage oder der Einlegung des Rechtsmittels, den in der Instanz entstandenen Gebühren der höhere Wert zugrunde zu legen. Da der Grundgedanke dieser Bestimmung aber nicht nur für Klage- oder Rechtsmittelverfahren gelten sollte, sondern auch für Antragsverfahren wie Verfahren über Anträge auf einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung, ist ihr in dem neuen § 15 GKG eine allgemeine Fassung gegeben worden. Erläuterungen: Zu Rz. 41:

74 597

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1 — 80

Rz. 41 erhält folgende Fassung: Die Vorschrift des § 15 GKG n. F. regelt die Fälle, in denen bei Beendigung der Instanz der Streitwert höher geworden ist als zur Zeit des Beginns der Instanz (Abs. 1). Diese Vorschrift bedeutet eine Ergänzung des § 4 ZPO. Außerdem wird in Abs. 2 für die Zwangsvollstreckung der Zeitpunkt für die Wertberechnung bestimmt. 75

Zu Rz.

50-61:

In der Überschrift vor Rz. 50 ist zu streichen „III.", desgleichen der Klammervermerk „(zu Abs. 3)". Im Text der Rz. 50—61 muß es anstelle von „§ 11 Abs. 3 G K G " jeweils heißen „§ 15 GKG n. F.". Wegen des erweiterten Geltungsbereichs der Vorschrift vgl. oben die Vorbemerkung.

Zu §8 BRAGO (§ 12 GKG a. F.) (Seite 234—246 des

Kommentars)

§ 16 GKG (früher: § 12). Miet-, Pacht- und ähnliche Nutzungsverhältnisse

76

Zu Rz. 62- 75: Diese Vorschrift (bisher § 12 G K G a. F.) ist unverändert geblieben. Die Erläuterungen in Rz. 62—75 (Seite 234—246) haben daher nach wie vor Gültigkeit.

Zu §8 BRAGO (S 246ff des

Kommentars):

17 GKG (§ 13 a.F.). Wiederkehrende Leistungen (1) unverändert (2) Wird wegen der Tötung eines Menschen oder wegen der Verletzung des Körpers oder der Gesundheit eines Menschen Schadensersatz durch Entrichtung einer Geldrente verlangt, so ist der fünffache Betrag des einjährigen Bezuges maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. Dies gilt nicht bei Ansprüchen aus einem Vertrag, der auf Leistung einer solchen Rente gerichtet ist. (3) Bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die an Stelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann, sowie bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen ist der dreifache Jahresbetrag der wiederkehrenden Leistungen maßgebend, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer ist. (4) Rückstände aus der Zeit vor der Einreichung der Klage werden dem Streitwert hinzugerechnet. Vorbemerkung: Die Vorschrift (bisher § 13 GKG) wurde durch Gesetz v. 20. 8. 75, BGBl. I, 2189 mit Wirkung v. 15. 9. 75 geändert und ergänzt. a) Die Regelung des bisherigen § 13 Abs. 2 ist in den neuen § 20 GKG übernommen worden, in dem die Streitwertbestimmungen für Arreste, einstweilige Verfügungen und einstweilige Anordnungen in allen drei Zweigen der Gerichtsbarkeit zusammengefaßt worden sind. 598

Wiederkehrende Leistungen

Zu § 8 Nachtr

b) Durch den Wegfall des bisherigen Abs. 2 wurde der bisherige Abs. 3 zum Abs. 2. c) Der bisherige Abs. 4 wurde völlig neu gefaßt und ist jetzt Abs. 3. d) Der neue Abs. 4 regelt, wie bisher Abs. 5 a. F., die Hinzurechnung der Rückstände aus der Zeit vor der Klageeinreichung.

77

Zu Rz. 114: Erläuterungen: Nach dem bisherigen Abs. 4 war bei Ansprüchen von Arbeitnehmern auf wiederkehrende Leistungen der Wert grundsätzlich nach dem fünffachen Betrag des einjährigen Bezuges zu berechnen, wenn nicht der Gesamtbetrag der geforderten Leistungen geringer war. Die neue Bestimmung des § 17 Abs. 3 GKG erklärt stattdessen nur den dreifachen Betrag des einjährigen Bezuges für maßgebend und erstreckt die Regelung auch auf Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen aus einem öffentlich-rechtlichen Dienstoder Amtsverhältnis, einer Dienstpflicht oder einer Tätigkeit, die anstelle einer gesetzlichen Dienstpflicht geleistet werden kann. Mit dieser Regelung sollte die Klarstellung von Zweifelsfragen bezweckt werden. Die Auffassungen der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit zu der Frage, welcher Streitwert bei Ansprüchen auf wiederkehrende Leistungen aus Beamtenverhältnissen und ihnen gleichstehenden Verhältnissen anzunehmen ist, war uneinheitlich. Teils wurde der fünffache Jahresbetrag, teils nur der einfache Jahresbetrag zugrunde gelegt. Die Bundesregierung hat sich bei ihrem Vorschlag, den Betrag des dreijährigen Bezuges für maßgebend zu erklären, von der Erwägung leiten lassen, daß ein Fünfjahresbetrag bei Anwendung der Tabelle des GKG zu recht hohen Kostenbelastungen führen könnte, während andererseits ein Einjahresbetrag der Bedeutung und der Arbeit, die mit solchen Rechtsstreitigkeiten verbunden ist, nicht gerecht werden würde').

Durch die Neuregelung sind die Bemerkungen in Rz. 77 hier gegenstandslos ge- 78 worden, ebenso die Erläuterungen in Rz. 91, 92. Insoweit gilt jetzt § 20 GKG. In Rz. 78 muß es anstelle von „Abs. 3" jetzt „Abs. 2" heißen.

79

In Rz. 79 muß es anstelle von „Abs. 4" nunmehr „Abs. 3" heißen.

80

In Rz. 80 ist statt „Abs. 5" jetzt „Abs. 4" zu schreiben.

81

ZuRz. 81:

82

Der 2. Absatz der Rz. 81 ändert sich wie folgt: Hierunter fallen alle durch Ehe oder Verwandtschaft begründeten Unterhaltspflichten, so zB die Unterhaltsverpflichtung während der Ehe gemäß § 1360 BGB und die nach der Scheidung der Ehe gemäß §§ 1569 ff BGB begründete Unterhaltsverpflichtung. Wird dagegen für die Dauer des Ehescheidungsprozesses oder für die Zeit nachher, Unterhalt gemäß § 620 Satz 1 Nr. 4, 6 ZPO im Wege der einstweiligen Anordnung geltend gemacht, so findet nicht § 17 Abs. 1, sondern § 20 Abs. 2 GKG Anwendung. Weiterhin gehört zum Abs. 1 die Unterhaltspflicht der Verwandten in gerader Linie nach §§ 1601 ff, 1739 BGB, wozu auch die Unterhaltspflicht für die ani) Vgl. BR-Drucks. 71/74 S 72.

599

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1—80

genommenen Kinder nach §§ 1757, 1762—1766 BGB rechnet. Schließlich gehört auch dazu die Unterhaltspflicht des nichtehelichen Vaters und seiner Erben gegenüber dem nichtehelichen Kinde aus §§ 1615 ä f f BGB. Nur wenn in einem Rechtsstreit auf Feststellung des Bestehens der Vaterschaft das Gericht auf Antrag durch einstweilige Anordnung gemäß § 641 d Abs. 1 ZPO bestimmt, daß der Mann dem Kinde Unterhalt zu zahlen oder für den Unterhalt Sicherheit zu leisten hat, ist der Streitwert wiederum gemäß § 20 Abs. 2 G K G nur nach dem sechsmonatigen Bezug zu berechnen.

83

Zu Rz. 82: Anstelle des bisherigen Satzes 1 muß es nun heißen: Der Unterhaltsanspruch der Ehefrau aus § 1360 BGB und der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten aus §§ 1569 ff BGB sind zwei voneinander verschiedene Ansprüche . . .

84

Zu Rz. 83: Abs. 2 erhält folgenden Wortlaut: Bei Arresten zur Sicherung von Unterhaltsforderungen ist jetzt nach § 20 Abs. 1 G K G die Vorschrift des § 3 ZPO anzuwenden. Die obere Grenze wird aber bei § 20 Abs. 2 G K G liegen.

85

Zu Rz. 86: Anstelle von „§ 18 G K G " muß es jetzt „§ 20 G K G " heißen. Die obere Grenze wird in einem solchen Falle § 20 Abs. 2 G K G bilden.

86

Zu Rz. 89: Der Wert einer Abfindung in Kapital anstelle einer Unterhaltsrente (§ 1585 Abs. 2 BGB) bestimmt sich, auch wenn die Abfindung auf vertraglicher Grundlage beruht, nach dem Wert der Abfindung. Der Streitwert ist somit nicht nur nach § 17 Abs. 1 GKG oder, wenn es sich um keine gesetzliche Unterhaltspflicht handelt, nach § 9 Satz 1 ZPO zu bemessen. Diese Vorschriften könnten nur Anwendung finden, wenn die Abfindung geringer ist als § 17 Abs. 1 GKG, § 9 Satz 1 ZPO vorschreiben)).

87

Zu Rz. 91 und 92: Durch die Neuregelung sind die Bemerkungen in Rz. 91, 92 nicht mehr bei § 17 G K G heranzuziehen. Die entsprechenden Streitwertvorschriften sind in den neuen § 20 G K G (Abs. 2) eingefügt worden.

88

Zu Rz. 93: In der Überschrift zum IV. Abschnitt ist in der Klammer anstelle Abs. 3 nunmehr Abs. 2 zu schreiben. Das gleiche gilt, soweit in den Erläuterungen Rz. 93, 94, 98, 109,112,113 auf Abs. 3 Bezug genommen ist.

89

Zu Rz. 110: In der 3. Zeile muß es anstelle von „Abs. 5" jetzt „Abs. 4" heißen. 0 So auch Göppinger, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung, 3. Aufl. Rz. 165.

600

Versorgungsausgleich

Zu § 8 Nachtr

90

Zu Rz. 114: In der Klammer zur Überschrift des V. Abschnittes muß es nunmehr anstelle von „Abs. 4" „Abs. 3" heißen. Das gleiche gilt, soweit in den Erläuterungen Rz. 114, 115,116,117,118 und 119 der Abs. 4 genannt ist.

91

Zu Rz. 119: In der Klammer zur Überschrift des VI. Abschnitts muß es jetzt anstelle von „Abs. 5" richtig „Abs. 4" heißen. Gleiches gilt, soweit im Text der Rz. 119 „Abs. 5" genannt ist. Abs. 2 von Rz. 119 erhält folgende Fassung: Dies gilt in allen Fällen, in denen die im § 17 Abs. 1, 2, 3 aufgezählten Geldrenten geltend gemacht werden oder wenn deren Abwehr begehrt wird. ZB wenn die Beträge nicht gezahlt wurden und der Klageantrag dahin gestellt wurde, daß vor einem vor Klageerhebung liegenden Zeitpunkt die Unterhaltsverpflichtung in Fortfall kommen soll. Eine Ausnahme besteht lediglich für die Unterhaltsrente gemäß § 620 Satz 1 Nr. 4, 6 oder gemäß § 641 d ZPO (einstweilige Anordnungen), da dort Rückstände nicht verlangt und auch nicht anerkannt werden. Das trifft nur für Fälle des § 620 Satz 1 Nr. 4, 6 oder gemäß § 641 d ZPO zu; dagegen kann bei einer Unterhaltsregelung nach § 1585 Abs. 2 BGB im Vergleichswege über den endgültigen Unterhalt sehr wohl der Vergleich sich auch auf etwaige Rückstände erstrecken.

Zu § 8 BRA GO § 17 a GKG (neu). Versorgungsausgleich Im Verfahren über den Versorgungsausgleich sind maßgebend: 1. in den Fällen des § 1587 b des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Jahresbetrag der Rente, die den zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften entspricht, mindestens jedoch 1000 Deutsche Mark, 2. im Falle des § 1587 g Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs der Jahresbetrag der Geldrente, mindestens jedoch 1 000 Deutsche Mark. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde eingefügt durch Art. 10 Ziff. 1 d des 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in Kraft seit 1. 7. 77. Schrifttum: Göppinger AnwBl. 77, 436 ff mit weit. Nachw.; ferner Göppinger, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung 3. Aufl. Rz. 358 ff. Erläuterungen: I. Allgemeines 1. Zwischen den geschiedenen Ehegatten findet ein Versorgungsausgleich statt, 92 soweit für sie oder einen von ihnen in der Ehezeit Anwartschaften oder Aussichten auf eine Versorgung wegen Alters- oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit der in § 1587 a Abs. 2 BGB genannten Art begründet oder aufrechterhalten worden sind (§ 1587 BGB). Das gleiche gilt bei Nichtigerklärung (§ 26 EheG) und Aufhebung der Ehe (§ 37 EheG). Die Übertragung und Begründung von Rentenanwartschaften durch das Familiengericht regelt § 1587 b BGB. Nach dieser Vorschrift überträgt 601

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§ 1 - 8 0

das Familiengericht, wenn ein Ehegatte in der Ehezeit Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB erworben hat und diese die Anwartschaften i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB übersteigen, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, auf diesen Rentenanwartschaften in Höhe der Hälfte des Wertunterschiedes. Hat ein Ehegatte in der Ehezeit eine Anwartschaft i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1 BGB gegenüber einer der in § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 8 Abs. 1 des Angestelltenversicherungsgesetzes genannten Körperschaften oder Verbände erworben und übersteigt diese Anwartschaft allein oder zusammen mit einer Rentenanwartschaft i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 2 BGB die Anwartschaften i. S. des § 1587 a Abs. 2 Nr. 1, 2 BGB, die der andere Ehegatte in der Ehezeit erworben hat, so begründet das Familiengericht für diesen Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe der Hälfte des nach Anwendung von § 1587 b Abs. 1 BGB noch verbleibenden Wertunterschiedes (§ 1587 b Abs. 2 BGB). Soweit der Ausgleich nicht nach § 1587 b Abs. 1 oder 2 BGB vorzunehmen ist, hat der ausgleichspflichtige Ehegatte für den Berechtigten als Beiträge zur Begründung von Anwartschaften auf eine bestimmte Rente in einer gesetzlichen Rentenversicherung den Betrag zu zahlen, der erforderlich ist, um den Wertunterschied auszugleichen (§ 1587 b Abs. 3 Satz 1 BGB). 93

2. Der öffentlich-rechtliche Versorgungsausgleich ist ein Amtsverfahren (§ 1587 b BGB) und notwendige Folgesache zur Scheidungssache, zu dessen Regelung es keines Antrages bedarf (§ 623 Abs. 3 Satz 1 ZPO). Eine selbständige Familiensache bildet dieses Verfahren nur bei Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe und bei Auflösung der Ehe im Ausland.

94

3. Dagegen findet der schuldrechtliche Versorgungsausgleich nur auf Antrag eines Ehegatten nach den Vorschriften der §§ 1587 g bis 1587 n BGB statt (§ 1587 f BGB). Es handelt sich hierbei um die Fälle, in denen die Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587 b Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbs. BGB nicht möglich oder die Übertragung oder Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung mit Rücksicht auf die Vorschrift des § 1587 b Abs. 5 BGB ausgeschlossen ist, ferner wenn der ausgleichspflichtige Ehegatte die ihm nach § 1587 b Abs. 3 Satz 1 erster Halbs. BGB auferlegten Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung nicht erbracht hat oder wenn in den Ausgleich Leistungen der betrieblichen Altersversorgung auf Grund solcher Anwartschaften oder Aussichten einzubeziehen sind, die im Zeitpunkt des Erlasses der Entscheidung noch nicht unverfallbar waren, oder wenn das Familiengericht nach § 1587 b Abs. 4 BGB eine Regelung in der Form des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs getroffen hat oder die Ehegatten nach § 1587 o BGB den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vereinbart haben. Zum schuldrechtlichen Versorgungsausgleich gehört auch der Anspruch auf Rentenzahlung gemäß § 1587 g BGB. Danach hat der Ehegatte, dessen auszugleichende Versorgung die des anderen übersteigt, dem anderen Ehegatten als Ausgleich eine Geldrente (Ausgleichsrente) in Höhe der Hälfte des jeweils übersteigenden Betrages zu entrichten. Das Antragsverfahren ist darüberhinaus eine selbständige Familiensache, wenn es nicht bis zum Schluß der mündlichen Verhandlung erster Instanz in der Scheidungssache anhängig gemacht wird (§ 623 Abs. 2 ZPO).

95

4. Gegen den Beschluß des Familiengerichts über Familiensachen des §621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7, 9 ZPO findet die Beschwerde zum Oberlandesgericht (§ 621 e 602

Versorgungsausgleich

Zu § 8 Nachtr

Abs. 1, 3 ZPO, § 119 Abs. 1 Nr. 2 GVG) und gegen dessen Beschluß die weitere (Zulassungs-)Beschwerde zum Bundesgerichtshof statt (§621 e Abs. 2, 3 ZPO, § 133 Nr. 2 GVG). Für die weitere Beschwerde müssen die Beteiligten sich durch einen beim Bundesgerichtshof zugelassenen RA als Bevollmächtigten vertreten lassen (§621 e Abs. 4 ZPO). II. D e r Gegenstandswert Die Wertbestimmung hinsichtlich des Verfahrens wegen Versorgungsausgleichs 96 regelt die neu als § 17 a in das G K G eingefügte Vorschrift. Der hiernach für die Gerichtsgebühren geltende Wert ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, § 9 B R A G O auch f ü r die Berechnung der RA-Gebühren zugrunde zu legen. Als Gegenstandswert ist danach im Verfahren über den Versorgungsausgleich maßgebend: 1. in den Fällen des § 1587 b BGB (vgl. wegen Einzelheiten vorst. Ziff. I) der Jahresbetrag der Rente, die den zu übertragenden oder zu begründenden Rentenanwartschaften entspricht, mindestens jedoch 1 000 D M ; 2. im Falle des § 1587 g Abs. 1 BGB der Jahresbetrag der Geldrente, mindestens jedoch 1 000 DM. Auszugehen ist bei der Streitwertbemessung vom Jahresbetrag der Rente, für die in den Fällen des § 1587 b BGB als Ergebnis des Versorgungsausgleichs für den berechtigten Ehegatten ein Anwartschaftsrecht anfallen soll oder zu begründen ist. Im Falle des § 1587 g Abs. 1 BGB ist unmittelbar der Jahresbetrag der Ausgleichsrente maßgebend. Der Gesetzgeber ging bei der Schaffung des § 17 a G K G n. F. davon aus, daß die Dauer der geschiedenen Ehen in den meisten Fällen 10 Jahre nicht erreicht und nur die während der Ehe erworbenen Anwartschaften ausgeglichen werden und deshalb der Jahresrentenbetrag selten über 1 000 D M liegen wird. Weil aber ein derart niedriger Wert weder der Arbeit des Gerichts noch des RA entspricht, hat der Gesetzgeber einen Mindestbetrag von 1 000 D M als Wert bestimmt. Für bestimmte Nebenverfahren (z. B. Ruhen der Ausgleichsverpflichtung, 97 § 1587 d Abs. 1 BGB, Abtretung von Versorgungsansprüchen für laufende Ausgleichsleistungen, § 1587 i Abs. 1 BGB, und Abfindungszahlung, § 1587 1 Abs. 1 BGB) sind im G K G keine Wertvorschriften vorgesehen. Der Gesetzgeber hat davon abgesehen, solche Nebenverfahren kostenmäßig zu berücksichtigen, wenn sie zugleich mit dem Hauptanspruch des Versorgungsausgleichs im Verbund durchgeführt werden. Wenn dagegen solche Verfahren gesondert durchgeführt werden, sind sie auch Streitwert- und gebührenmäßig zu bewerten. Der Gegenstandswert bestimmt sich d a n n nach den Vorschriften der KostO (§ 99 Abs. 3, § 30). Der hiernach sich ergebende Gegenstandswert ist gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1, 2 B R A G O auch für die Berechnung der RA-Gebühren maßgebend.

Zu §8 BRAGO (§ 15 GKG a. F., Seite 281 f f des

Kommentars):

§ 18 GKG (früher: § 15). Stufenklage Wird mit der Klage auf Rechnungslegung oder auf Vorlegung eines Vermögensverzeichnisses oder auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung die Klage auf Heraus603

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1—80

gäbe desjenigen verbunden, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schuldet, so ist für die Wertberechnung nur einer der verbundenen Ansprüche, und zwar der höhere, maßgebend. Vorbemerkung: Die Vorschrift (bisher § 15 G K G a. F.) wurde durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 mit Wirkung v. 15. 9. 75 redaktionell geändert. Um sie in allen Gerichtszweigen unmittelbar anwenden zu können, wird im Gesetzestext nicht mehr auf § 254 ZPO verwiesen, sondern der Inhalt dieser Vorschrift in § 18 GKG selbst wiedergegeben. 98

Die bisherigen Erläuterungen in Rz. 152—160 bleiben von der redaktionellen Änderung unberührt und haben weiterhin Gültigkeit.

Zu §8 BRAGO (§ 16 GKG a. F., S 283ff des Kommentars): § 19 GKG (§ 16 a. F.). Klage und Widerklage, wechselseitige Rechtsmittel, Aufrechnung, Hilfsanspruch (1) (unverändert) (2) (unverändert) (3) Macht der Beklagte hilfsweise die Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung geltend, so erhöht sich der Streitwert um den Wert der Gegenforderung, soweit eine der Rechtskraft fähige Entscheidung Uber sie ergeht. Bei einer Erledigung des Rechtsstreits durch Vergleich gilt Satz 1 entsprechend. (4) Der höhere Wert eines hilfsweise geltend gemachten Anspruchs ist maßgebend, wenn über ihn entschieden wird; sonst bleibt dieser Anspruch außer Betracht. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 geändert und ergänzt. 99 a) Die Überschrift wurde ergänzt durch die Worte „Aufrechnung, Hilfsanspruch". 100 b) Abs. 1 und 2 sind unverändert geblieben; die Erläuterungen in Rz. 161—166 und Rz. 167 haben weiterhin Gültigkeit. 101 c) Abs. 3 und 4 wurden neu angefügt durch Ges. v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189, in Kraft seit 15.9. 75. Erläuterungen: Zu Rz. 215: VI. Aufrechnung 102

Nach der bis 1967 einheitlichen Auffassung hatte die Aufrechnung keinen Einfluß auf die Höhe des Streitwertes; denn sie ist keine Widerklage 1 ). Der Streitgegenstand (Klageforderung) änderte sich nicht, auch wenn entschieden wurde, daß die Gegen') Hillach/Rohs, Streitwert, § 9 B ; vgl. auch die bisherigen Erläuterungen zu § 3 Z P O (Rz. 215 ff Stichwort „Aufrechnung").

604

Aufrechnung

Zu § 8 Nachtr

2

forderung nicht besteht ) und obwohl darüber unter Umständen nach § 322 Abs. 2 ZPO mit Rechtskraftwirkung entschieden wird3)- Wenn allerdings der Kläger seinen Anspruch um die Gegenforderung kürzt, sollte die ermäßigte Forderung der Streitwert sein 4 ), auch wenn zB die Beweisaufnahme sich mit der höheren Gegenforderung, mit der die Aufrechnung erklärt wurde, befaßtes). Diese Rechtsprechung wurde nicht mehr aufrechterhalten, nachdem der BGH&) dazu übergegangen war, im Falle einer Aufrechnung im Rechtstreit diesen Aufrechnungsbetrag dem Streitwert der Hauptklage hinzuzurechnen. Dem sind zahlreiche Senate des BGH und auch die meisten Obergerichte gefolgt. Auch die Literatur nahm sich dieser interessanten Streitwertfrage in ziemlichem Umfang an (vgl. dazu auch die Bemerkungen in Rz. 215). Mit Beschluß v. 16. 5. 72?) hat jedoch der Große Senat des BGH entschieden, daß der Wert einer Forderung, mit der — auch hilfsweise — aufgerechnet wird, bei der Berechnung des Kostenstreitwertes außer Betracht bleibt. Wir haben in Rz. 215 zu diesem Beschluß des BGH eingehend Stellung genommen»). Durch die Einfügung eines neuen Abs. 3 in § 19 G K G ist nunmehr mit Wirkung v. 15. 9. 75 die Wertaddition für die hilfsweise Aufrechnung gesetzlich geregelt. Die Hinzurechnung des Wertes der Aufrechnungsforderung ist aber nur dann vorzunehmen, wenn über die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung eine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht; dies gilt auch, wenn sich der Rechtsstreit durch Vergleich erledigt. Beispiel:

Klageforderung DM 13 727,—, Abweisungsantrag des Beklagten und hilfsweise Aufrechnung mit einer bestrittenen Gegenforderung von DM 8 835,—. Urteil, wonach der Klage stattgegeben und gleichzeitig entschieden wird, daß die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte Gegenforderung nicht bestehe. Streitwert: DM 13 727,— zuzüglich DM 8 835,— = gesamt DM 22 562,—. Werden mehrere bestrittene Gegenforderungen in fester Reihenfolge hilfsweise zur 103 Aufrechnung gestellt, so sind sämtliche Gegenforderungen bei der Streitwertberechnung zu berücksichtigen, sofern der Tatbestand des § 19 G K G sich auf alle Gegenforderungen erstreckt. Beispiel: Klageforderung D M 7 000,—. Dagegen Klageabweisungsantrag des Beklagten und hilfsweise Aufrechnung mit bestrittenen Gegenforderungen 1. Forderung DM 5 000,—, für den Fall, daß diese Gegenforderung vom Gericht nicht anerkannt wird, 2. hilfsw. Aufrechnung mit einer weiteren bestrittenen Gegenforderung in Höhe von DM 7 000,—, falls auch diese Forderung nicht anerkannt wird, weitere hilfsweise Aufrechnung mit 2) § 10 3 ) berg

BGH LM Nr. 6 zu § 3 ZPO = Rpfleger 59, 110 L; Mielke GK.G § 11 Anh. S 84; Markl G K G Anm. 14 und § 11 Anh. Anm. 5; Wieczorek B I a 1 § 3 ZPO. Vgl. dazu Stein-Jonas § 3 ZPO Anm. I / I Fußn. 13; wegen Einzelheiten dazu s. RosenLehrbuch ZPO § 104 (S 484 ff); Wieczorek Anm. B I a 1 § 3 ZPO. Hillach/Rohs S 12 ff; Göttlich/Mümmler BRAGO 12. Aufl. S179; Wieczorek Anm. B I a 1 § 3 ZPO. 5) BGH LM Nr. 6 zu § 3 ZPO = Rpfleger 59, 110 L. «) BGHZ 48, 212 = NJW 67, 2162 = M D R 67, 821. ') NJW 72, 1235. 8) S. dazu auch Bettermann NJW 72, 2285 unter C; H. Schmidt Rpfleger 72, 164.

605

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§ 1—80

3. bestrittener Forderung von DM 6 000,—. Urteil, wonach der Klage stattgegeben und die drei hilfsweise zur Aufrechnung gestellten bestrittenen Gegenforderungen nicht zuerkannt werden. Streitwert: DM 7 000,-(Klageforderung) + DM 5 000,— (1. Aufrechnungsforderung) 4- DM 6 000,— (2. Aufrechnungsforderung) + DM 7 000,— (3. Aufrechnungsforderung) DM 25 0 0 0 , - . Das gleiche gilt auch, wenn die hilfsweise zur Aufrechnung gestellten Gegenforderungen in einem zur Beilegung des Rechtstreits abgeschlossenen Vergleich einbezogen werden (§ 19 Abs. 3 Satz 2 GKG). 104

105

Wenn die Klageforderung abgewiesen wird, ohne daß die hilfsweise zur Aufrechnung gestellte bestrittene Gegenforderung geprüft werden mußte, ist der Streitwert nur nach dem Wert der Klageforderung zu bemessen, weil in diesem Fall über die Aufrechnungsforderung keine der Rechtskraft fähige Entscheidung ergeht. Bei der Primäraufrechnung kommt eine Wertaddition nicht in Betracht. VII. Hilfsanspruch

106

Der neue Abs. 4 klärt die Frage, wie der Streitwert zu bewerten ist, wenn neben einem Hauptantrag ein Hilfsantrag gestellt wird. Hierzu wurden insbesondere unterschiedliche Auffassungen zu der Frage vertreten, ob der Hilfsantrag, wenn er höherwertig ist als der Hauptantrag, auch dann den Streitwert bestimmen soll, wenn über ihn nicht entschieden wird. In dem neuen Abs. 4 ist nunmehr festgelegt, daß der höhere Wert des Hilfsantrages nur maßgebend ist, wenn über ihn entschieden wird. Das gleiche muß aber auch gelten, wenn der hilfsweise geltend gemachte Anspruch in einen Vergleich einbezogen und mit erledigt wird. Im Gegensatz zu der Regelung des Abs. 3 (Wertaddition bei Entscheidung oder Vergleich auch über eine hilfsweise zur Aufrechnung gestellte, bestrittene Gegenforderung) ist durch Abs. 4 eine Hinzurechnung des Wertes des Hilfsanspruches ausgeschlossen. Lediglich ein höherer Wert des Hilfsanpruches soll bei der Streitwertberechnung Berücksichtigung finden, wenn über ihn entschieden wird. Schneider' 0 ) sowie auch Mümmler") weisen bereits auf die Unlogik der Neuregelung der Abs. 3 und 4 hin. Mümmler weist a.a.O. mit Recht darauf hin, daß hier ein Systemwiderspruch vorliegt und die Lösung des Abs. 4 nur konsequent war, solange noch der Vorschlag der Bundesregierung zu § 16 Abs. 3 bestand, der auch im Falle der hilfsweisen Aufrechnung eine Wertaddition versagte. Schneider fordert a.a.O. bei verschiedenen Streitgegenständen von beschiedenem Haupt- und Hilfsanspruch eine „Interpretationskorrektur", also Zusammenrechnung der Werte auch hier, damit gleiche Gebührentatbestände auch gleich behandelt werden. Dieser Auffassung stimmen wir vollinhaltlich zu' 2 ). Wegen Hilfswiderklage s. Rz. 167. ') Vgl. auch H. Schmidt Rpfleger 72, 164. S. auch Braun ZZP 76, 93 sowie Schneider NJW 75, 2106 mit weit. Nachw. Vgl. auch die Bemerkungen in Rz. 215 S 307 des Kommentars. 10) NJW 75, 2107 mit weit. Nachw.; MDR 75, 883. 11) Büro 75, 1145. 12) A.M. Lappe Anm. 19 zu § 19 G K G .

606

Wertvorschriften / Scheidungs- und Folgesachen

Zu § 8 Nachtr

Zu §8 BRAGO (§17 GKG a. F., Eidesstattliche Versicherung) (S 290, 291 des Kommentars): Zu Rz. 168 f f : Die Vorschrift des § 17 G K G a. F. ist d u r c h Gesetz v. 20. 8. 75, BGBl. I, 2189 mit 1 0 7 W i r k u n g v. 15. 9. 75 a u f g e h o b e n w o r d e n . F ü r V e r f a h r e n ü b e r A n t r ä g e auf A b n a h m e d e r eidesstattlichen Versicherung ist n u n f ü r die Gerichtskosten statt der v o m Streitwert a b h ä n g i g e n G e b ü h r eine F e s t g e b ü h r von 20 D M b e s t i m m t (vgl. A n l a g e 1 zu § 11 Abs. 1 G K G — K o s t e n v e r z e i c h n i s N r . 1112 —), weshalb die W e r t b e m e s s u n g s vorschrift des bisherigen § 17 G K G a. F. entfallen m u ß t e . Als Folge d a v o n ist f ü r die B e r e c h n u n g des G e g e n s t a n d s w e r t e s f ü r die R A - G e - 1 0 8 b ü h r e n in derartigen V e r f a h r e n eine A n f ü g u n g in § 58 Abs. 3 B R A G O erfolgt. D a n a c h b e r e c h n e t sich d e r G e g e n s t a n d s w e r t im V e r f a h r e n n a c h § 807 Z P O n a c h d e m Betrag, d e r aus d e m Vollstreckungstitel n o c h geschuldet w i r d ; der Wert beträgt jed o c h h ö c h s t e n s 2 000 D M . Die E r l ä u t e r u n g e n in Rz. 168—172 h a b e n somit a u c h weiterhin G ü l t i g k e i t ; sie 1 0 9 b e t r e f f e n jetzt die Vorschrift des § 58 Abs. 3 B R A G O . Sachliche Ä n d e r u n g e n h a b e n sich d u r c h die N e u r e g e l u n g f ü r die B e r e c h n u n g des G e g e n s t a n d s w e r t e s f ü r die R A - G e b ü h r e n nicht ergeben.

Zu § 8 BRAGO § 19 a GKG (neu). Scheidungssachen und Folgesachen Die Scheidungssache und die Folgesachen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung) gelten als ein Verfahren, dessen Gebühren nach dem zusammengerechneten Wert der Gegenstände zu berechnen sind. Eine Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 der Zivilprozeßordnung ist auch dann als ein Gegenstand zu bewerten, wenn sie mehrere Kinder betrifft. § 12 Abs. 3 ist nicht anzuwenden. Vorbemerkung : Diese Vorschrift w u r d e eingefügt d u r c h Art. 10 Ziff. 1 e des 1. E h e R G v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in K r a f t seit 1. 7. 77. Erläuterungen : D u r c h die Vorschrift wird in Satz 1 z u n ä c h s t klargestellt, d a ß die Scheidungs- 1 1 0 sache u n d die Folgesachen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Z P O ) nur als ein Verfahren gelten, dessen G e b ü h r e n n a c h d e m z u s a m m e n g e r e c h n e t e n Wert der G e g e n s t ä n d e zu b e r e c h n e n sind. Satz 1 sagt d a m i t f ü r die G e r i c h t s g e b ü h r e n d a s gleiche wie § 7 Abs. 3, 2 B R A G O f ü r die R A - G e b ü h r e n vorschreibt. In allen Fällen, in d e n e n solche F o l g e s a c h e n — gleichgültig o b von a m t s wegen o d e r a u f g r u n d A n t r a g e s — mit d e m Scheidungsrechtstreit v e r b u n d e n w e r d e n , gelten diese z u s a m m e n mit der S c h e i d u n g s s a c h e g e b ü h r e n r e c h t l i c h als ein einheitliches Verfahren. 607

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu §§1 — 80

111

Satz 2 bestimmt, daß eine Scheidungsfolgesache nach § 623 Abs. 1, 4, §621 Abs. 1 Nr. 1, 2 oder 3 ZPO auch dann nur als ein Gegenstand zu bewerten ist, wenn sie mehrere Kinder betrifft. Die Tatsache, daß es sich um Regelungen für mehrere Kinder handelt, muß aber gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 G K G im Rahmen des § 12 Abs. 2 Satz 3 und 4 G K G Berücksichtigung finden und der Wert entsprechend angehoben werden.

112

Nach § 19 a Satz 3 ist § 12 Abs. 3 G K G auf Scheidungs- und Folgesachen nicht anzuwenden. Trotz Zusammentreffens von vermögensrechtlichen und nichtvermögensrechtlichen Ansprüchen findet also eine Zusammenrechnung aller geregelten Ansprüche statt und es ist nicht etwa nur der höhere Anspruch maßgebend. Vgl. wegen weiterer Einzelheiten die Erläuterungen zu § 7 Abs. 3 BRAGO. Zu § 8 BRAGO (S 291 f f des

Kommentars):

§ 20 GKG (neu). Arreste, einstweilige Verfügungen, einstweilige Anordnungen (1) Im Verfahren über einen Antrag auf Anordnung, Abänderung oder Aufhebung eines Arrestes oder einer einstweiligen Verfügung bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozeßordnung. (2) Ist in einem Verfahren nach § 620 Satz 1 Nr. 4, 6 oder in einem Verfahren nach § 641 d der Zivilprozeßordnung die Unterhaltspflicht zu regeln, so wird der Wert nach dem sechsmonatigen Bezug berechnet. Im Verfahren nach § 620 Satz 1 Nr. 7 der Zivilprozeßordnung bestimmt sich der Wert, soweit die Benutzung der Ehewohnung zu regeln ist, nach dem dreimonatigen Mietwert, soweit die Benutzung des Hausrats zu regeln ist, nach § 3 der Zivilprozeßordnung. (3) Im Verfahren über einen Antrag auf Erlaß, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung und in Verfahren nach § 80 Abs. 5 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 69 Abs. 3, 4 der Finanzgerichtsordnung bestimmt sich der Wert nach § 13 Abs. 1. Vorbemerkung: Diese Vorschrift ist neu. In ihr werden mit Wirkung v. 15.9.75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 die Wertbemessungsvorschriften für Arreste, einstweilige Verfügungen und einstweilige Anordnungen in den Zweigen der Gerichtsbarkeit, für die das G K G seit der Neuregelung gemäß Gesetz v. 20. 8. 75 gilt (vgl. § 1 GKG), zusammengefaßt. Der Abs. 2 wurde mit Wirkung v. 1.7. 77 durch das 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421 nochmals geändert. Zu Rz. 173 f f : 1. Allgemeines 113

Der Abs. 1 stimmt wörtlich mit dem bisherigen § 18 G K G a. F. überein. Es kann deshalb auf die Erläuterungen in Rz. 173 bis 192 zu § 18 G K G a. F. (S 291 ff des Kommentars) verwiesen werden. S. im übrigen auch die Bemerkungen zu § 40.

114

Abs. 2 Satz 1 regelt den Streitwert in einstweiligen Anordnungsverfahren: a) nach § 620 Satz 1 Nr. 4 (Unterhaltspflicht gegenüber einem Kinde im Verhältnis der Ehegatten zueinander), 608

Unterhaltsrenten bei einstw. A n o r d n u n g e n

Zu § 8 Nachtr

b) nach § 620 Satz 1 Nr. 6 (Unterhalt eines Ehegatten) und c) nach § 641 d ZPO (Unterhaltszahlung oder Unterhaltssicherung, Regelung des Unterhalts im Vaterschaftsprozeß).

ZuRz. 91: Maßgebend für die Höhe des Streitwertes ist in den Fällen a bis c der sechsmona- 115 tige Bezug des begehrten Unterhalts. Diese Regelung entspricht im Grundsatz der bisherigen Bestimmung des § 13 Abs. 2 G K G a. F., wobei allerdings jetzt grundsätzlich der 6monatige Bezug als Streitwert anzunehmen ist. Diese Regelung enthält immer noch eine Einschränkung des § 17 Abs. 1 G K G , der für die Regelung gesetzlicher Unterhaltsansprüche den Jahresbetrag vorsieht. Maßgebend ist immer der geforderte Betrag, nicht der durch das Gericht zugesprochene oder der tatsächlich gezahlte Betrag. Rückstände werden nicht hinzugerechnet, da § 17 Abs. 4 G K G hierauf keine Anwendung findet 1 )Nach § 620 ZPO wird der Unterhalt durch das Prozeßgericht einstweilen geregelt. Der Antrag ist zulässig, sobald die Ehesache anhängig oder ein Gesuch um Bewilligung des Armenrechts eingereicht ist. In solchem Fall ist nun der Streitwert nicht nach § 17 Abs. 1 G K G zu bestimmen (Jahresbetrag), sondern nach § 20 Abs. 2 Satz 1 G K G (6-Monats-Betrag)2). Voraussetzung der Anwendung des § 20 Abs. 2 Satz 1 G K G ist, daß der Rechts- 116 streit, für dessen Dauer die Geldrente zu entrichten ist, eine Ehesache betrifft (§ 606 ZPO). Es muß sich hier also um Rechtstreitigkeiten handeln, welche die Scheidung, Nichtigkeit oder Anfechtung einer Ehe oder die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer Ehe zwischen den Parteien oder die Herstellung des ehelichen Lebens zum Gegenstand haben. Dies kann eine Leistungsklage auf ein Handeln sein, die eheliche Lebensgemeinschaft herzustellen oder auch eine Feststellungsklage sein, d a ß das Recht zum Getrenntleben bestehe (sog. negative Herstellungsklage) 3 ). Diese Vorschriften betreffen aber auch die Unterhaltspflicht der Ehegatten den Kindern gegenüber im Verhältnis der Ehegatten zueinander. Wird also lediglich während der Dauer des Eheprozesses oder die Regelung nach der Scheidung für den Unterhalt der Kinder verlangt, so ist gleichwohl die Vorschrift des Abs. 2 anzuwenden 4 ). Keine Anwendung findet § 20 Abs. 2 Satz 1 G K G , vielmehr ist § 17 Abs. 1 G K G 117 anzuwenden, wenn Unterhalt außerhalb des Eheprozesses wegen der Trennung gefordert wird und nicht das Familiengericht, sondern das Amtsgericht angegangen wird 5 ).

') Vgl. auch zum bisherigen Recht Markl A n m . 14 zu § 13 G K G a. F. ) Vgl. zum Streitwert des Verfahrens g e m ä ß § 620 Z P O auf Regelung des Unterhalts, wenn die Ehesache vor Ablauf von 6 M o n a t e n beendet wird, O L G N ü r n b e r g JVB1. 59, 257 = Büro 59, 328 sowie Markl A n m . 14 zu § 13 G K G a. F. u n d A n m . 3 zu § 41; H i l l a c h / R o h s S 266 o b e n ; G ö p p i n g e r AnwBl. 77, 439; G ö p p i n g e r / M u t s c h l e r Rz. 1585 Anh. 3) Vgl. K G N J W 69, 1357 = F a m R Z 69, 493; R G R G Z 150, 70; T h o m a s / P u t z o Z P O Vorbem. II 1 e, aa u n d bb vor § 606; H i l l a c h / R o h s S 253. •») K G D R 39, 1596. 5) R G J W 00, 180; O L G H a m b u r g Rspr. 15, 53; 42, 56; J W 22, 513; s. auch K G J W 22, 1403. 2

609

Nachtr Zu § 8

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

118

Wenn die Gegenseite bereits freiwillig einen bestimmten Unterhaltsbetrag zahlt, so ist nur der mehr geforderte sechsmonatige Betrag anzunehmen. Dies gilt insbesondere dann, wenn nur die Verpflichtung zur Mehrzahlung klargestellt werden soll, mag auch der Antrag den gesamten Unterhaltsbetrag umfassen«).

119

Bei einem endgültigen Unterhaltsvergleich im Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 findet aber § 20 Abs. 2 Satz 1 G K G keine Anwendung, vielmehr ist nach § 17 Abs. 1 G K G der Jahresbetrag anzunehmen 7 ). Auch bei einem Vergleich über einen Unterhaltsanspruch aus Billigkeit ist der Streitwert nach § 17 Abs. 1 G K G zu bemessen.

120

§ 20 Abs. 2 Satz 1 G K G ist auch anzuwenden, wenn in einem Rechtstreit auf Feststellung des Bestehens der Vaterschaft das Gericht auf Antrag, § 641 d ZPO, durch einstweilige Anordnung bestimmt, daß der als Vater beklagte Mann dem Kind Unterhalt zu zahlen oder für den Unterhalt Sicherheit zu leisten hat. Das Gericht kann dabei auch die Höhe des Unterhalts regeln. Der Wert einer solchen einstweiligen Anordnung ist ebenfalls nach dem sechsmonatigen Bezug zu berechnen, wobei von dem beantragten, nicht von dem zugesprochenen Betrag auszugehen ist. Eine Ermäßigung des Streitwertes kommt auch dann nicht in Betracht, wenn lediglich die Hinterlegung des Unterhalts beantragt ist«). Wegen Kapitalabfindung s. Rz. 89 zu § 13 G K G a. F. und dort Fn. 19 (S 250 des Kommentars).

121

Der Streitwert für die Zwangsvollstreckung wegen künftig fällig werdender Unterhaltsforderungen berechnet sich bei einstweiligen Anordnungen nach § 620 Satz 1 Nr. 4, 6, § 641 d ZPO ebenfalls nach dem sechsmonatigen Unterhaltsbetrag, in anderen Unterhaltssachen nach dem einjährigen Betrag (§ 57 Abs. 2 Satz 3 BRAGO, § 17 Abs. 1 GKG)»).

122

Abs. 2 Satz 2 regelt den Streitwert im Verfahren nach § 620 Satz 1 Nr. 7 ZPO. Hierbei handelt es sich um einstweilige Anordnungen betr. die Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats. Der Wert bestimmt sich, soweit die Benutzung der Ehewohnung zu regeln ist, nach dem dreimonatigen Mietwert und soweit die Benutzung des Hausrats zu regeln ist, nach § 3 ZPO (Schätzung nach freiem Ermessen). Für die endgültige Regelung gilt § 21 Abs. 2 der 6. DVO EheG (vgl. die Erläuterungen zu §§ 7 und 63).

123

Abs. 3 verweist für den Streitwert in Verfahren über Anträge auf Erlaß, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung in der Verwaltungsgerichtsbarkeit oder der Finanzgerichtsbarkeit auf die allgemeine Wertbemessungsvorschrift des § 13 Abs. 1 GKG. Er entspricht damit in der Sache der für die Zivilgerichtsbarkeit geltenden Regelung des § 20 Abs. 1 G K G . So wie nach Abs. 1 das Interesse des Antragstellers an der Sicherstellung maßgebend ist, soll nach Abs. 3 die sich für den Antragsteller aus dem Antrag für ihn ergebende Bedeutung der Sicherstellung entscheiden. Die mit den Verfahren über einstweilige Anordnungen verwandten Ver«) ') 8 ) »)

610

Vgl. Fn. 27 S 254 des Kommentars. Vgl. Fn. 28 S 254 des Kommentars. Vgl. Fn. 30 des Kommentars. KG JW 40, 75, 84; LG Lübeck SchlHA 71,21.

Zu § 8 Nachtr

Teilstreitgegenstand

fahren nach § 80 Abs. 5 bis 7 VwGO und nach § 69 Abs. 3, 4 FGO sollen ebenso behandelt werden. Es gelten hier also dieselben Grundsätze, wie sie auch für Arreste und einstweilige Verfügungen in Zivilsachen gemäß § 20 Abs. 1 G K G anzuwenden sind. Vgl. dazu die Erläuterungen in Rz. 173 bis 192 zu § 18 G K G a. F. (S 291 ff des Kommentars), ferner § 114 Rz. 67, 116 (Bd. II S 243, 260, 262). Der Wert kann, wenn die Bedeutung des einstweiligen Anordnungsverfahrens (§ 123 VwGO, § 114 FGO) der Hauptsache gleichkommt, auf den vollen Wert der Hauptsache bestimmt werden. Vielfach wird die Hälfte des Wertes der Hauptsache angenommen (vgl. § 114 Rz. 67). Diese Grundsätze gelten auch in den Fällen, in denen sich der Wert der Hauptsache nach § 13 Abs. 1 Satz 2 G K G bestimmt'«). In einstweiligen Anordnungsverfahren nach der FGO wird der mitunter von der 124 Rechtsprechung angenommene Bruchteil in Höhe von 10 % den gesetzlichen Bewertungsmaßstäben nicht gerecht (§ 20 Abs. 3, § 13 Abs. 1 und Abs. 2 GKG)n). Nur wenn die Bedeutung hinter derjenigen der Hauptsache zurückbleibt, und keine besonderen Umstände vorliegen, ist der Wert lediglich bis auf 'A desjenigen der Hauptsache zu ermäßigen^). Dieselben Grundsätze sind auch anzuwenden in Verfahren auf Aussetzung oder 125 Aufhebung der Vollziehung des Verwaltungsaktes oder auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtung des Verwaltungsaktes (§ 80 Abs. 5 bis 7 VwGO) sowie im Verfahren auf Aussetzung der Vollziehung eines Verwaltungsaktes der Finanzbehörden (§ 69 Abs. 3, 4 FGO). Angesichts der neuen Bestimmung des § 20 Abs. 3 G K G können die bisher von der Rechtsprechung des BFH und der Finanzgerichte in solchen Fällen im Regelfall nur mit 10 % des Wertes der Hauptsache angenommenen Streitwerte wohl nicht mehr aufrecht erhalten werden. Der Wille des Gesetzgebers ging deutlich dahin, die für solche Verfahren anzunehmenden Streitwerte an den Wert für einstweilige Anordnungen heranzuführen. io) OVG Münster VRspr. 27, 1025. ") So auch Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. B zu § 20 GKG. 12) BFH BStBl. 77 II 80.

Zu §8 BRAGO (§ 19 GKG a. F.) (Seite 296ff des

Kommentars):

§ 21 GKG (§ 19 a. F.). Teile des Streitgegenstandes (1) Für Handlungen, die einen Teil des Streitgegenstandes betreffen, sind die Gebühren nur nach dem Wert dieses Teils zu berechnen. (2) Sind von einzelnen Wertteilen in derselben Instanz für gleiche Handlungen Gebühren zu berechnen, so darf nicht mehr erhoben werden, als wenn die Gebühr von dem Gesamtbetrag der Wertteile zu berechnen wäre. (3) Sind für Teile des Gegenstandes verschiedene Gebührensätze anzuwenden, so sind die Gebühren für die Teile gesondert zu berechnen; die aus dem Gesamtbetrag der Wertteile nach dem höchsten Gebührensatz berechnete Gebühr darf jedoch nicht überschritten werden. Zu Rz. 193 f f : Erläuterungen: 611

Nachtr Zu § 8

126

Nachtrag zu § § 1 — 80

Abs. 2 wurde mit Wirkung vom 15.9.75 durch Gesetz vom 2 0 . 8 . 7 5 BGBl. I, 2189 geändert. Der bisherige Halbsatz nach dem Semikolon ist fortgefallen; das Semikolon wurde durch einen Punkt ersetzt. Abs. 3 wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 eingefügt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Mit der Neufassung des § 21 G K G soll die Berechnungsweise, die nach § 13 Abs. 3 B R A G O auch im Anwaltsgebührenrecht anzuwenden ist, als maßgeblich auch für das gesamte G K G erklärt werden. Der Wortlaut des neuen Abs. 3 ist an § 13 Abs. 3 B R A G O angelehnt. Er läßt erkennen, daß der Begriff des Gegenstandes nicht prozessual, sondern gebührenrechtlich (wertbestimmungsmäßig) zu verstehen ist'). Durch die Streichung des Halbs. 2 in Abs. 2 sind die Erläuterungen in Rz. 196 gegenstandslos geworden. Die neue Bestimmung in Abs. 3 ist f ü r die RA-Gebühren ohne Bedeutung, weil der § 13 Abs. 3 B R A G O eine gleiche Regelung trifft. Es kann daher auf die Erläuterungen zu § 13 verwiesen werden; vgl. dort Rz. 4, 10 ff (Seite 511, 512 ff des Kommentars). i) Vgl. BR-Drucks. 7 1 / 7 4 S 73.

Zu §8 BRAGO (§ 20 GKG a. F.) (Seite 298ff des

Kommentars):

§ 22 GKG (§ 20 a. F.). Nebenforderungen (1) Bei Handlungen, die außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betreffen, wird der Wert der Nebenforderung nicht berücksichtigt. (2) Bei Handlungen, die Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen ohne den Hauptanspruch betreffen, ist der Wert der Nebenforderungen maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt. (3) Bei Handlungen, welche die Kosten des Rechtstreits ohne den Hauptanspruch betreffen, ist der Betrag der Kosten maßgebend, soweit er den Wert des Hauptanspruchs nicht übersteigt. Vorbemerkung: Diese Vorschrift entspricht dem bisherigen § 20 G K G und ist durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 mit Wirkung vom 15. 9. 75 geändert und ergänzt worden. 127 a) N a c h dem neuen Abs. 1 wird bei Handlungen, die außer dem Hauptanspruch auch Früchte, Nutzungen, Zinsen oder Kosten als Nebenforderungen betreffen, der Wert der Nebenforderungen nicht berücksichtigt. Hierdurch soll die oft zeitraubende Berechnung der Nebenforderungen, insbesondere der Zinsen erspart werden. Die Vorschrift stimmt sachlich mit dem nach § 12 Abs. 1 G K G für Bürgerliche Rechtsstreitigkeiten geltenden § 4 ZPO überein u n d erstreckt seine Regelung damit auf die anderen Gerichtsbarkeiten (§ 1 G K G ) . 128 b) Der bisherige § 20 Abs. 2, wonach bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung die einzuziehenden Zinsen mitberechnet werden, wurde gestrichen ; diese Vorschrift ist in erweiterter Form in den neuen § 57 Abs. 2 B R A G O übernommen worden. 612

Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren

Zu § 10 Nachtr

c) Der bisherige Abs. 1 wurde Abs. 2.

129

d) Der Abs. 3 stimmt bis auf den letzten Satzteil mit dem bisherigen § 20 Abs. 3 130 überein. In dem letzten Satzteil wird für die Kosten eine dem Abs. 2 entsprechende Regelung getroffen. Erläuterungen zu Rz. 197ff: Zu Rz. 197: Diese Vorschrift behandelt die Wertberechnung, wenn Handlungen allein ohne 131 den Hauptanspruch betreffen: 1. Nebenforderungen (Früchte, Nutzungen, Zinsen und Kosten) (Abs. 1 und 2); 2. Kosten des Rechtstreits (Abs. 3). Zu Rz. 198: In der Überschrift zu II ist in der Klammer nach „Abs. 1" zu ergänzen: „, 2".

132

Rz. 199 ist für die Erläuterungen zu § 22 GKG nicht mehr von Bedeutung. Nach- 133 dem die Vorschrift des § 20 Abs. 2 GKG a. F. in den § 57 Abs. 2 BRAGO übernommen wurde, sind diese Ausführungen für die Berechnung des Gegenstandswertes bei der Zwangsvollstreckung wegen einer Geldforderung zwar weiterhin gültig, aber bei den Bemerkungen zu § 57 Abs. 2 BRAGO zu berücksichtigen. Zu Rz. 200: Durch die Anfügung des letzten Satzteils im Abs. 3 (bisheriger Abs. 2) ist klarge- 134 stellt, daß der Gegenstandswert bei Handlungen, welche die Kosten des Rechtsstreits ohne den Hauptanspruch betreffen, der Betrag der Kosten ist, jedoch im Höchstbetrag beschränkt auf den Wert des Hauptanspruchs. Das war bisher nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt. Mit der jetzt erfolgten gesetzlichen Regelung sind die Erläuterungen im letzten Absatz der Rz. 200 (Seite 301 des Kommentars) gegenstandslos geworden.

Zu § 10 BRAGO (S 479ff des Kommentars): § 10. Wertfestsetzung für die Rechtsanwaltsgebühren (1) (unverändert) (2) (unverändert) (3) Gegen die Entscheidung kann Beschwerde eingelegt werden, wenn der Beschwerdegegenstand einhundert Deutsche Mark übersteigt. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes ist nicht zulässig. Die Beschwerde ist binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung einzulegen. Im übrigen sind die für die Beschwerde in der Hauptsache geltenden Verfahrensvorschriften anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zuläßt. Die weitere Beschwerde kann nur darauf gestützt werden, daß die Entscheidung auf einer Verletzung des Gesetzes beruht; die §§ 550 und 551 der Zivilprozeßordnung gelten sinngemäß. (4) (unverändert). 613

Nachtr Zu § 11

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Erläuterungen: 135

Abs. 3 wurde mit Wirkung vom 1 5 . 9 . 7 5 neu gefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Durch die Neufassung des Abs. 3 Satz 1, 2 und 4 ist der bisher geltende Abs. 3 Satz 1, 2 und 5 dem neuen § 5 Abs. 2 Satz 1, 2 und 5 G K G angepaßt worden. Dadurch wurde erreicht, daß in allen Gerichtszweigen die jeweils für die Hauptsache geltenden Beschwerdevorschriften auch für die Beschwerde gegen den Wert-Festsetzungsbeschluß gelten. Die Regelung, daß die Beschwerde an eine Frist gebunden ist, wurde übernommen, jedoch nicht dadurch ausgedrückt, daß die Vorschriften über die sofortige Beschwerde f ü r anwendbar erklärt werden, sondern durch die Bestimmung einer Zweiwochenfrist in Satz 3. Dadurch, d a ß im übrigen auf die Vorschriften über die Beschwerde, nicht auf die über die sofortige Beschwerde verwiesen wird, ergibt sich f ü r die Zivilgerichtsbarkeit zB, daß das Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, der Beschwerde abhelfen kann (§ 571 ZPO). Diese Regelung stimmt mit der in der VwGO überein (§ 148 VwGO). Für die Finanzgerichtsbarkeit hat die Vorschrift keine Bedeutung, da Beschwerden in Kostensachen an den Bundesfinanzhof ausgeschlossen sind'). Aufgrund der jetzigen Regelung finden nicht mehr die Vorschriften über die sofortige Beschwerde (vgl. Rz. 15 S 448 des Kommentars) Anwendung. Die Frist für die Einlegung der Beschwerde (zwei Wochen) ist zwar nach Abs. 3 Satz 3 auch nach neuem Recht dieselbe, jedoch ist es durch die Nichtanwendbarkeit der Vorschriften über die sofortige Beschwerde dem Gericht jetzt möglich, der Beschwerde selbst abzuhelfen. Durch die Neuregelung sind daher die Erläuterungen in Rz. 15 zum Teil nicht mehr von Bedeutung. Die Beschwerdefrist ist keine Notfrist (vgl. § 223 Abs. 3 ZPO). Der Beschwerdewert ist von 50 auf 100 D M erhöht worden, was bei Rz. 15 und 23 zu beachten ist. Eine weitere Beschwerde ist, wie schon nach bisherigem Recht, nur unter bestimmten Voraussetzungen und nicht an einen obersten Gerichtshof des Bundes zugelassen. Vgl. im übrigen die Erläuterungen bei Rz. 16 ff. i) Dies bestimmt auch Art. 1 Ziff 4 BFH-Entlastungsgesetz v. 8. 7. 75 BGBl. I, 1861. Die Vorschrift ist aber zeitlich bis 31. 12. 1980 befristet. § 10 Abs. 3 BRAGO hat demgegenüber Vorrang.

Zu § 11 BRAGO (Seite 489ff des

Kommentars):

§ 1 1 . Volle Gebühr, Mindestbetrag einer Gebühr (1) Die volle Gebühr bestimmt sich nach der Tabelle, die diesem Gesetz als Anlage beigefügt ist. Im Berufungs- und im Revisionsverfahren erhöhen sich die Beträge der Tabelle um drei Zehntel. Im Revisionsverfahren erhöht sich die Prozeßgebühr jedoch um zehn Zehntel, soweit sich die Parteien nur durch einen bei dem Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwalt vertreten lassen. (2) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist zehn Deutsche Mark. Pfennigbeträge sind auf zehn Deutsche Pfennig aufzurunden. Vorbemerkung: Diese Vorschrift ist mehrfach geändert worden, und zwar durch Gesetz v. 8. 7. 75 614

Rahmengebühren

Zu § 12 Nachtr

BGBl. I, 1863, f e r n e r d u r c h Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Beide Ä n d e r u n g e n gelten mit W i r k u n g v. 15. 9. 75. N e u ist die E i n f ü g u n g v o n Satz 3 im Abs. 1, w o n a c h die Erhöhung im Revisions- 1 3 6 verfahren, soweit sich die Parteien n u r d u r c h einen bei d e m Bundesgerichtshof zugelassenen R A vertreten lassen, zehn Zehntel beträgt. D i e Vorschrift ist somit nicht auf einen a n d e r e n bei d e m B G H nicht generell zugelassenen R A a n w e n d b a r , so zB a u c h nicht f ü r d e n vor d e m B a y O b L G im R e v i s i o n s v e r f a h r e n a u f t r e t e n d e n R A . Die Erhöhung f ü r d e n bei d e m B G H zugelassenen R A k a n n a b e r nicht überschreiten, weil die in Abs. 1 Satz 3 b e s t i m m t e E r h ö h u n g a n die Stelle der in Abs. 1 Satz 2 allgemein f ü r B e r u f u n g s - u n d R e v i s i o n s v e r f a h r e n v o r g e s e h e n e n E r h ö h u n g u m Vio tritt. D e r Höchstsatz einer Gebühr ist somit 2°Ao. D u r c h die n e u e V o r s c h r i f t des Abs. 1 Satz 3 ist d e r § 35 a gegenstandslos geword e n ; er w u r d e d e s h a l b aufgehoben. D i e E r h ö h u n g der Mindestgebühr v o n f ü n f auf zehn D M erfolgte d u r c h die N o velle v. 20. 8. 75'). Die d u r c h die N o v e l l e v. 20. 8. 75 e i n g e f ü h r t e n e u e G e b ü h r e n t a b e l l e , die als Anlage zu § 11 Abs. 1 gehört, wird hier e b e n f a l l s a m S c h l u ß als A n l a g e beigefügt. i) BGBl. I, 2189. Der Regierungsentwurf sah ursprünglich lediglich eine Erhöhung von 5 DM auf 7 DM (!) vor.

Zu § 12 BRAGO

(Seite 496ff

des

Kommentars):

§ 12. Rahmengebühren (1) Bei Rahmengebühren bestimmt der Rechtsanwalt die Gebühr im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers, nach billigem Ermessen. Ist die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. (2) Im Rechtstreit hat das Gericht ein Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer einzuholen. D a s Gutachten ist kostenlos zu erstatten. Vorbemerkung: Abs. 1 ist neu g e f a ß t d u r c h Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. In Abs. 2 w u r d e Satz 2 a n g e f ü g t . D i e Änderung in Abs. 1 Satz 1 b e r u h t auf d e m Vorschlag des D A V ' ) . D a m i t ist der 1 3 7 Streit, o b d e r R A die G e b ü h r b e s t i m m t o d e r o b i h m n u r ein „ V o r s c h l a g s r e c h t " zusteht, z u g u n s t e n der B e s t i m m u n g d u r c h d e n R A e n t s c h i e d e n worden 2 ). D u r c h die erfolgte N e u f a s s u n g ist also klargestellt, d a ß bei Rahmengebühren der RA die G e b ü h r nach billigem Ermessen zu bestimmen hat. N a c h d e m der B u n d e s r a t die N e u f a s 0 Vgl. Stellungnahme des Gebührenrechtsausschusses des DAV zur BRAGO-Novelle, abgedr. AnwBl. 74, 100. 2) So auch H. Schmidt AnwBl. 75, 334. Vgl. dazu ferner die Erläuterungen in Rz. 34 (S 506 des Kommentars). 615

Nachtr Zu § 12

Nachtrag zu §§1—80

sung beanstandet hatte, ist im Vermittlungsausschuß in Abs. 1 ein Satz 2 angefügt worden. Danach ist die von dem RA getroffene Bestimmung der Gebühr dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig und die Gebühr von einem Dritten zu ersetzen ist. Mit dieser Änderung des § 12 Abs. 1 soll erreicht werden, daß die mitunter von der Rechtsprechung vorgenommene kleinliche Reduzierung einer von dem RA geltend gemachten Rahmengebühr in Zukunft ausscheidet. Nach der jetzigen Regelung kommt eine Überprüfung und evtl. Herabsetzung der von dem RA zu bestimmenden Gebühr also nur in Betracht, soweit es sich um die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschuldigten und der dazu gehörenden anwaltlichen Verteidigungsgebühr handelt, sowie in allen Fällen, in denen ein Dritter eine dem RA entstandene Rahmengebühr zu erstatten hat. Dabei ist zu beachten, daß das Gericht die Gebühr nur herabsetzen darf, wenn die von dem RA vorgenommene Gebührenbestimmung unbillig ist-'). Wir haben bereits in Rz. 17 zu § 83 der Hoffnung Ausdruck gegeben, daß Rechtspfleger und Gerichte der Bedeutung der vom Gesetzgeber erfolgten Klarstellung Rechnung tragen und dadurch künftig kleinliche Streichungen vermieden werden. Die Rechtsprechung erkennt an, daß nicht jede Überschreitung der gerechtfertigten Gebühr als unbillig zu werten ist und deshalb herabgesetzt werden kann. Nur dann kann die von dem RA getroffene Bestimmung für unverbindlich erklärt werden, wenn ihre Unbilligkeit offenbar ist4). Es muß sich also um eine deutliche Unbilligkeit handeln, wenn der Rechtspfleger und das Gericht berechtigt sein sollen, von der Bestimmung des RA abzuweichen), wobei aber nicht erforderlich ist, daß es sich um einen Extremfall der Unbilligkeit handelt. Das Gericht kann auch nicht sein eigenes Ermessen an die Stelle des Ermessens des RA setzen. Maßgeblich ist nicht, was das Gericht für angemessen erachtet, sondern was der RA noch als angemessen ansehen durfte 6 ). Bei der Bemessung der Höhe der Rahmengebühr liegt das Schwergewicht der Entscheidung auf dem Ermessen des RA. Es ist daher durchaus legitim, wenn er den Ermessensspielraum stets zu seinen Gunsten bis an die äußerste Grenze nutzt. Das Gericht hat das zu respektieren; Rücksicht auf die Staatskasse ist hier nicht angebracht 7 ). Deshalb schließt der Umstand, daß eines der Bemessungsmerkmale des § 12 BRAGO das Durchschnittsmaß nicht übersteigt, nicht aus, trotzdem den Höchstbetrag der Rahmengebühr als billig und angemessen und damit erstattbar zu erachten 8 ). Nur eine nicht unerhebliche Differenz in den Bewertungen läßt die Wertung „unbillig" zu9). Abs. 1 Satz 2 gilt auch bei der Unfallschadenregulierung mit den Gebühren des § 118. In diesen Fällen ist der Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer Dritter i. S. des Abs. 1 Satz 2. Die vom RA bestimmte und geforderte Gebühr kann von ih3) Vgl. dazu auch Mümmler Büro 75, 1002; H. Schmidt N J W 75, 1726 ff; H. Schmidt N J W 69, 1377. 4 ) LG Regensburg AnwBl. 76, 308 = Büro 76, 766 mit zust. Anm. von Mümmler; LG München II N J W 76, 1702 = Büro 76, 1505. 5) LG Krefeld KostRsp. § 12 Nr. 188; LG Karlsruhe KostRsp. § 12 Nr. 192; A G Bremen AnwBl. 77, 264. «) A G Duisburg AnwBl. 76,407. 7 ) LG Duisburg AnwBl. 77, 42 = KostRsp. Nr. 204 zu § 12 mit krit. Anm. von H. Schmidt. 8) O L G München AnwBl. 77, 171 = Büro 77, 490. Vgl. auch Rz. 21. 9 ) So auch LG Braunschweig KostRsp. § 12 Nr. 211, das sich mit dem Begriff der Unbilligkeit i. S. des § 12 eingehend auseinandersetzt, hierbei aber die Grenzen der Billigkeit schon d a n n als überschritten ansieht, wenn sich bei näherer N a c h p r ü f u n g ergibt, daß die von dem RA bestimmte Gebühr mit Rücksicht auf das eingeräumte Ermessen derart abweicht, daß die Abweichung im Interesse der Gebührengerechtigkeit nicht hingenommen werden kann.

616

Zurückverweisung

Zu § 15 Nachtr

nen daher nur beanstandet werden, wenn sie unbillig hoch ist. Wegen des Begriffs der Unbilligkeit vgl. die Erläuterungen oben. Wenn die Gebühr unbillig hoch ist, ist die gerechtfertigte Gebühr im Rechtstreit zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherer durch Urteil zu treffen10). Hierbei besteht keine Verpflichtung des Gerichts, das in Abs. 2 für den Gebührenprozeß zwischen RA und Auftraggeber vorgeschriebene Gutachten des Vorstandes der Rechtsanwaltskammer einzuholen. Diese Vorschrift gilt also nur im Verhältnis zum Auftraggeber und nicht für andere Rechtstreitigkeiten wegen Erstattung von RA-Gebühren"). Der an den bisherigen Text von Abs. 2 angefügte Satz 2 klärt eine Streitfrage. Es kann dazu auf die Erläuterungen zu der gleichlautenden Bestimmung in § 3 Abs. 3 Satz 3 verwiesen werden. Das von dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer im Gebührenrechtstreit zwischen RA und Auftraggeber einzuholende Gutachten ist danach kostenlos zu erstatten. Zu Rz. 33:

Zur Gebührenbemessung im Bußgeldverfahren vgl.: 138 a) Schrifttum: H. Schmidt AnwBl. 77, 16 ff; Hägele AnwBl. 77, 139; Erlaß des Bad.Württ. JM AnwBl. 76, 333; BayJM — Schreiben an die Präsidenten der bayer. OLGe v. 27. 12. 76 - Gz. 5650 - IV - 954/76 - , abgedruckt AnwBl. 77, 59. b) Die Mittelgebühr ist auch in durchschnittlichen Bußgeldsachen anzuwenden: LG Siegen AnwBl. 77, 40; LG Detmold AnwBl. 77, 41; LG Kaiserslautern AnwBl. 77, 41; LG Duisburg AnwBl. 77, 42; LG Köln AnwBl. 77, 43 (300 DM bei einer Hauptverhandlung von ca. 5 Minuten); AG Betzdorf AnwBl. 77, 77, 79; LG Bochum AnwBl. 77, 79; LG Köln AnwBl. 77, 124; LG Frankfurt AnwBl. 77, 228; AG Oberhausen AnwBl. 77, 228; AG Bremen AnwBl. 77, 264; AnwBl. 78, 155; AG Düsseldorf AnwBl. 77, 265 ;LG Mönchengladbach AnwBl. 77, 227; LG Limburg AnwBl. 77, 227; LG Regensburg AnwBl. 77, 228; AG Westerburg AnwBl. 77, 428; AG Saarlouis AnwBl. 77, 428; AG Lahnstein AnwBl. 78, 36; LG Kaiserslautern AnwBl. 78, 75. io) So auch H. Schmidt AnwBl. 75, 334. ») AG München VersR 76, 768.

Zu § 15 BRAGO (Seite 553 des

Kommentars):

§ 15. Zurückverweisung (1) (unverändert) (2) In den Fällen des § 629 b der Zivilprozeßordnung bildet das weitere Verfahren vor dem Familiengericht mit dem früheren einen Rechtszug. Vorbemerkung: Abs. 2 dieser Vorschrift wurde angefügt durch Art. 10 Ziff. 3 c des 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421, in Kraft seit 1. 7. 77. Der bisherige Text des § 15 ist dadurch ohne Änderung jetzt Abs. 1. Der neu angefügte Abs. 2 behandelt die Zurückverweisung in den Fällen des 139 § 629 b ZPO. 617

Nachtr Zu § 19

Nachtrag zu §§1-80

Wird ein Urteil des Familiengerichts aufgehoben, durch das der Scheidungsantrag abgewiesen ist, so entscheidet das Oberlandesgericht dann nicht selbst über den Scheidungsantrag, wenn bei dem Familiengericht eine Folgesache zur Entscheidung ansteht. Das Oberlandesgericht verweist in diesen Fällen gemäß § 629 b Abs. 1 ZPO die Sache an das Familiengericht zurück, das die Abweisung ausgesprochen hat. Der Abs. 2 bestimmt abweichend von der Regelung in Abs. 1, daß das weitere Verfahren vor dem Familiengericht mit dem früheren Verfahren nur einen einheitlichen Rechtszug bildet. Das bedeutet, daß der RA in dem Verfahren nach der Zurückverweisung die bereits angefallenen Gebühren nicht nochmals erhält. Er wird gebührenrechtlich so gestellt, als wäre die Sache von Beginn an ausschließlich bei dem Familiengericht anhängig gewesen. Diese Regelung muß für die Anwaltschaft als unbefriedigend angesehen werden. Die gesetzlichen Gebühren werden hier für den RA zu keiner angemessenen Vergütung führen können, weshalb in aller Regel rechtzeitig der Abschluß einer Honorarvereinbarung erfolgen sollte, zumal gemäß § 7 Abs. 3 BRAGO die Scheidungssache zusammen mit den Folgesachen (§ 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 ZPO) gebührenrechtlich nur als dieselbe Angelegenheit gilt. Dies bedeutet eine zusätzliche Verschlechterung des Gebührenaufkommens der RAe, weil bisher die Folgesachen als eigene gebührenrechtliche Angelegenheiten mit selbständigen Vergütungsansprüchen galten. Aufgrund der jetzigen Regelung erhält der RA also in dem Verfahrensabschnitt nach der Zurückverweisung nicht nochmals die Verhandlungs- und Beweisgebühr. Nur wenn über die Folgesachen nach der Zurückverweisung erstmals verhandelt und Beweis erhoben wird, kann der RA durch die Erhöhung des Gegenstandswertes um den Betrag des Wertes der Folgesachen noch eine erhöhte Verhandlungsund Beweisgebühr verdienen. Das gleiche gilt, wenn das Familiengericht, an das die Sache zurückverwiesen ist, gemäß § 629 b Abs. 2 ZPO auf Antrag anordnet, daß über die Folgesachen verhandelt wird. Dies kann geschehen, wenn gegen das Aufhebungsurteil Revision eingelegt ist. Zu Rz. 14:

140

Zustimmend auch H. Schmidt AnwBl. 77, 233 für Gebühren- und Streitwertänderungen, wenn in einem vor dem 15. 9. 75 begonnenen Rechtstreit die Sache vom Rechtsmittelgericht nach dem 14. 9. 75 an die Vorinstanz zurückverwiesen wird.

Zu § 19 BRAGO (Seite 585ff des

Kommentars):

§ 19. Festsetzung der Vergütung (1) Die gesetzliche Vergütung, die dem Rechtsanwalt als Prozeßbevollmächtigten, Beistand, Unterbevollmächtigten oder Verkehrsanwalt (§ 52) zusteht, wird auf Antrag des Rechtsanwalts oder des Auftraggebers durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle festgesetzt. Getilgte Beträge sind abzusetzen. (2) Der Antrag ist erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist. Zuständig ist der Urkundsbeamte des Gerichts des ersten Rechtszugs. Vor der Festsetzung sind die Beteiligten zu hören. Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Kostenfestsetzungsverfahren und die Zwangsvollstreckung aus Kostenfestsetzungsbeschlüssen gelten sinngemäß. Das Verfahren ist gebührenfrei. Der Rechtsanwalt erhält in dem Verfahren vor dem Urkundsbeamten keine Gebühr. 618

Rat, Auskunft

Zu § 20 Nachtr

(3) Wird der vom Rechtsanwalt angegebene Gegenstandswert von einem Beteiligten bestritten, so ist das Verfahren auszusetzen, bis das Gericht (§§ 9, 10, 113 a Abs. 1) hierüber entschieden hat. (4) (unverändert) (5) (unverändert) (6) (unverändert) (7) (unverändert) Erläuterungen: Zu den Abs. 1 und 2 ist darauf hinzuweisen, daß gemäß § 21 Abs. 1 Ziff. 2 RpflG 141 die Festsetzung der Vergütung des RA nach § 19 BRAGO dem Rechtspfleger übertragen ist; vgl. Rz. 5. In Abs. 3 ist die Einfügung des neuen § 113 a Abs. 1 in die Klammer eine Folge davon, daß das Vorlagegericht den Gegenstandswert für das Verfahren vor dem Europäischen Gerichtshof festsetzen kann. Zu Rz. 1: Daß die Verjährung der einem RA auf Grund einer nachträglichen höheren Fest- 142 setzung des Streitwertes zusätzlich erwachsenden Gebühren erst beginnt, nachdem diese anderweitige Wertfestsetzung wirksam geworden ist, bestätigt auch der BGH Rpfleger 78, 91. Zu Rz. 4 f f : Zum Problem Amtsermittlung im Kostenfestsetzungsverfahren vgl. Hägele 143 AnwBl. 77, 138; Erwiderung darauf von Lappe AnwBl. 77, 302 sowie Entgegnung Hägele AnwBl. 77, 403. Zu Rz. 15: Zur Festsetzung von Vollstreckungskosten, die einem RA aus der Beitreibung der 144 in einem Kostenfestsetzungsbeschluß nach § 19 titulierten Forderung gegen seinen früheren Mandanten erwachsen sind, ist der Rechtspfleger desjenigen Gerichts berufen, das in erster Instanz für das Verfahren nach § 19 zuständig war3'a). Diese Auffassung wird in Rechtsprechung und Schrifttum ganz überwiegend jetzt auch allgemein für die Festsetzung von einem Gläubiger entstandenen Vollstreckungskosten vertreten. Ihr ist auch der BGH in einem Zuständigkeitsbestimmungsverfahren beigetreten 3 ^). In Rz. SS ist in der 3. Zeile nach „§§ 9, 10" noch anzufügen „§ 113 a Abs. 1".

145

3'a) KG Rpfleger 73, 181 = MDR 73, 508 = Büro 73, 769; AnwBl. 77, 258. 3'b) Beschl. v. 14. 5. 76 — I ARZ 78/76 - , mitgeteilt in der Anm. zu OLG Köln KostRsp. ZPO § 788 Nr. 131.

Zu § 20 BRAGO (Seite 606ff des

Kommentars):

§ 20. Rat, Auskunft (1) Für einen mündlichen oder schriftlichen Rat oder eine Auskunft, die nicht mit einer anderen gebührenpflichtigen Tätigkeit zusammenhängen, erhält der Rechtsan619

Nachtr Zu § 21 a

Nachtrag zu §§1-80

walt eine Gebühr in Höhe von einem Zehntel bis zehn Zehntel der vollen Gebühr. Bezieht sich der Rat oder die Auskunft nur auf strafrechtliche, bußgeldrechtliche oder sonstige Angelegenheiten, in denen die Gebühren nicht nach dem Gegenstandswert berechnet werden, beträgt die Gebühr 10 bis 250 Deutsche Mark. Die Gebühr ist auf eine Gebühr anzurechnen, die der Rechtsanwalt für eine sonstige Tätigkeit erhält, die mit der Raterteilung oder Auskunft zusammenhängt. (2) (unverändert). Erläuterungen: 146

Abs. 1 Satz 2 ist in zwei Punkten geändert worden: a) Die Erwähnung „verwaltungsstrafrechtliche" Angelegenheiten entfällt durch die mit Gesetz v. 24. 5. 68 (BGBl. I, 503) erfolgte Aufhebung des § 104. § 20 Abs. 1 Satz 2 ist insoweit redaktionell geändert durch Gesetz v. 2. 3. 74 (BGBl. I, 469). b) Außerdem ist die Ratgebühr nach Abs. 1 Satz 2 in strafrechtlichen, bußgeldrechtlichen oder sonstigen Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nicht nach dem Gegenstandswert berechnen, hinsichtlich des Mindestbetrages der Rahmengebühr durch Erhöhung von 5 DM auf 10 DM geändert und die Obergrenze der Gebühr von 180 DM auf 250 DM angehoben worden. Diese Änderungen sind mit Wirkung v. 15. 9. 75 erfolgt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Die Erhöhung der Mindest- und Höchstbeträge ist zu beachten bei den Erläuterungen in Rz. 14,15,16 sowie Fn. 26.

Zu § 21 a BRAGO (Seite 627ff des Kommentars): § 21 a. Gutachten über die Aussichten einer Berufung oder einer Revision Für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens über die Aussichten einer Berufung oder einer Revision erhält der Rechtsanwalt eine volle Gebühr nach § 11 Abs. 1 Satz 2; dies gilt nicht in den in § 20 Abs. 1 Satz 2 genannten Angelegenheiten. Die Gebühr ist auf eine Prozeßgebühr, die im Berufungs- oder Revisionsverfahren entsteht, anzurechnen. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 neu gefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. 1,2189. Zu Rz. 2: 147

Nach dem bisher geltenden § 21 a erhielt der RA lediglich für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens über die Aussichten einer Revision eine volle Gebühr nach § 11 Abs. 1 Satz 2, sofern es sich nicht um einen Rat oder eine Auskunft in den in § 20 genannten Angelegenheiten handelte. An einer Spezialvorschrift für Gutachten über die Aussichten einer Berufung fehlte es (vgl. Rz. 2). Hierfür galt § 21, der eine der Höhe nach unbestimmte „angemessene" Gebühr vorsieht; diese Gebühr war auch nicht auf eine Gebühr anzurechnen, die der RA in dem Berufungsverfahren verdiente. 620

Hebegebühr

Zu § 23 Nachtr

Die neue Fassung des § 21 a erstreckt dessen Anwendung auch auf die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens über die Aussichten einer Berufung. Dadurch ist eine klare Gebührenvorschrift geschaffen worden; zugleich sind damit nicht gerechtfertigte Unterschiede in der gebührenrechtlichen Regelung beseitigt worden. Der RA erhält somit auch für die Ausarbeitung eines schriftlichen Gutachtens über die Aussichten einer Berufung ebenfalls eine 13/io Gebühr (§§ 21 a, 11 Abs. 1 Satz 2). Diese Gebühr ist nach Satz 2 auf eine Prozeßgebühr, die im Berufungsverfahren entsteht, anzurechnen. Vgl. dazu die Erläuterungen in Rz. 3.

Zu § 22 BRAGO (S 629ff des

Kommentars):

§ 22. Hebegebühr (1) Werden an den Rechtsanwalt Zahlungen geleistet, so erhält er für die Auszahlung oder Rückzahlung bei Beträgen bis zu 5 000 Deutsche Mark einschließlich 1 vom Hundert, von dem Mehrbetrag bis zu 20 000 Deutsche Mark einschließlich 0,5 vom Hundert, von dem Mehrbetrag über 20 000 Deutsche Mark 0,25 vom Hundert. Unbare Zahlungen stehen baren Zahlungen gleich. Der Rechtsanwalt kann die Gebühr bei der Ablieferung an den Auftraggeber entnehmen. (2) (unverändert) (3) (unverändert) (4) (unverändert) (5) (unverändert). Erläuterungen: Abs. 1 wurde mit Wirkung vom 15.9.75 neu gefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 148 BGBl. I, 2189. Die bisherige Tabelle ist teils erhöht und teils ermäßigt worden: 1 ) Bisher: Jetzt: bis 1 000 DM 1 % bis 5 000 DM 1% vom Mehrbetrag vom Mehrbetrag bis 20 000 DM 0,6 % bis 20 000 DM 0,5 % vom Mehrbetrag vom Mehrbetrag über 20 000 DM 0,3 über 20 000 DM 0,25 % Die Tabelle für die Hebegebühr ist bei den Gebührentabellen im Anhang abgedruckt. ') Die Änderung beruht auf dem Vorschlag des Gebührenrechtsausschusses des DAV (vgl. Stellungnahme AnwBl. 74, 101), wobei darauf hingewiesen wurde, daß die bisher geltende Staffelung der Hebegebühr seit 1879 bestand. Die empfohlene Erhöhung der Beträge entspricht der zwischenzeitlichen Entwicklung. Die für die zweite und dritte Stufe erfolgte Herabsetzung des Prozentsatzes dient der Rationalisierung des Bürobetriebes.

Zu § 23 BRAGO (Seite 635ff des

Kommentars):

§ 23. Vergleichsgebühr (1) (unverändert) (2) (unverändert) 621

Nachtr Zu § 25

Nachtrag zu §§1 — 80

(3) Soweit Uber die Amsprüche vertraglich verfügt werden kann, gelten die Absätze 1 und 2 auch bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts. Erläuterungen : 149

Die Änderung in Abs. 3 ist lediglich redaktioneller Art. Sie berichtigt einen Fehler, der sich in die als Artikel VIII des KostÄndG v. 26. 7. 57 BGBl. I, 861, 907 verkündete BRAGebO eingeschlichen hatte (vgl. dazu auch bereits Fußn. 1 S 635 des Kommentars).

Zu § 24. BRAGO (Seite 681 f f des

Kommentars):

§ 24. Erledigungsgebühr Erledigt sich eine Rechtssache ganz oder teilweise nach Zurücknahme oder Änderung des mit einem Rechtsbehelf angefochtenen Verwaltungsaktes, so erhält der Rechtsanwalt, der bei der Erledigung mitgewirkt hat, eine volle Gebühr. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 neugefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. 150

Durch die jetzige Fassung der Vorschrift ist der Streit beseitigt, ob die Gebühr auch verdient wird, wenn ein angefochtener Verwaltungsakt vor Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zurückgenommen oder geändert wird. Mit der Änderung wird erreicht, daß die Erledigungsgebühr auch in Verfahren vor einer Behörde entsteht. Diesen Standpunkt hatten wir bereits vor der Neuregelung vertreten (vgl. dazu Rz. 4). Denn die Mühewaltung des RA ist im behördlichen Verfahren nicht geringer als in einem Rechtstreit 1 ). Es steht dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers eine Erledigungsgebühr auch zu, wenn er auf die Frage des Finanzamtes antwortet, ob der vorgesehene Änderungsbescheid zur Erledigung des Rechtstreits in der Hauptsache führe 2 ). Eine Erledigungsgebühr gemäß § 24 ist auch dann verdient, wenn sich der finanzgerichtliche Rechtstreit dadurch erledigt, daß das Finanzamt den angefochtenen Steuerbescheid aufgrund mehrerer außergerichtlicher Besprechungen mit dem Prozeßbevollmächtigten des Klägers gemäß § 94 AO ändert. Dies gilt selbst dann, wenn die Besprechungen nicht von vornherein mit dem Ziel der außergerichtlichen Erledigung geführt wurden und nicht auf Anregung des RA, sondern des FA zustande gekommen sinds). ') So zutreffend auch Mümmler Büro 75, 998. 2) F G Kassel E F G 77, 38 = AnwBl. 77, 105. 3) F G Hamburg E F G 76, 98 = A n w B l . 76, 162.

Zu § 25 BRAGO (Seite 686ff des

Kommentars):

§ 25. Ersatz von Auslagen (1) (unverändert) (2) Der Rechtsanwalt hat Anspruch auf Ersatz der auf seine Vergütung entfallenden Umsatzsteuer. Dies gilt nicht, wenn sich die Umsatzsteuer des Rechtsanwalts nach 622

Postgebühren

Zu § 26 Nachtr

§ 19 Abs. 1 bis 3 des Umsatzsteuergesetzes vom 29. Mai 1967 (Bundesgesetzblatt I 5 545) bemißt; in diesem Fall hat der Rechtsanwalt Anspruch auf einen Ausgleich, der 6 vom Hundert seiner sonstigen Vergütung beträgt. (3) Der Anspruch auf Ersatz der Postgebühren, der Schreibauslagen und der Reisekosten bestimmt sich nach den folgenden Vorschriften. Erläuterungen: Abs. 2 Satz 2 letzter Halbsatz wurde durch Gesetz v. 16. 8. 77 (BGBl. I, 1586) mit 151 Wirkung vom 1.1.1978 geändert. Entsprechend der Erhöhung des Mehrwertsteuersatzes von 5,5 % auf nunmehr 6% ist mit Wirkung vom 1. 1. 1978 auch der Ausgleichsbetrag (vgl. Rz. 12) von bisher 5,5 % auf 6 % geändert worden1). Abs. 3 wurde mit Wirkung vom 15. 9. 75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 redaktionell geändert. Anstelle des bisherigen Wortes „Schreibgebühren" heißt es jetzt „Schreibauslagen". Die Verwendung des Wortes „Schreibauslagen" entspricht dem Sprachgebrauch des neuen Gerichtskostengesetzes. Zu Rz. 4 Buchst, k: Zur Erstattung von Aufwendungen für Fotografien im Prozeß vgl. Crämer 152 AnwBl. 77, 50 ff. ') Vgl. zur Neuregelung und deren Anwendung AnwBl. 77, 463 f. Wegen Erhöhung der Umsatzsteuersätze ab 1978 — Behandlung von Vorschüssen und Vorsteuer bei Kleinbetragsrechnungen und bei Geschäftsreisen s. AnwBl. 78, 27.

Zu § 26 BRAGO (Seite 692ff des Kommentars): § 26. Postgebühren Der Rechtsanwalt hat Anspruch auf Ersatz der bei der Ausführung des Auftrags entstandenen Post-, Telegrafen-, Fernsprech- und Fernschreibgebühren. Er kann nach seiner Wahl anstelle der tatsächlich entstandenen Kosten einen Pauschsatz fordern, der zehn vom Hundert der gesetzlichen Gebühren, in derselben Angelegenheit und in gerichtlichen Verfahren in demselben Rechtszug jedoch höchstens 30 Deutsche Mark beträgt; § 11 Abs. 2 Satz 2 gilt sinngemäß. Erläuterungen: Der bisherige Pauschsatz ist durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 mit Wirkung 153 v. 15. 9. 75 von 20 DM auf 30 DM angehoben worden. Die mehrfach erhöhten Postgebühren machten eine Anpassung der Sätze des § 26 erforderlich. Der DAV1) hatte unter Hinweis darauf, daß die Postgebühren schneller und kräftiger steigen als die Anwaltsgebühren, vorgeschlagen, den Prozentsatz von 10 v. H. auf 15 v. H. zu erhöhen. Um den Höchstsatz jedoch laufend an die jeweiligen Erhöhungen der Postgebühren anzupassen, hatte der DAV eine Regelung vorgeschlagen, die es dem RA ermöglichen sollte, den Pauschsatz nach oben bis zum Hundertfachen des Portos für einen Standardbrief geltend zu machen. Dem ist jedoch der Gesetzgeber nicht gefolgt. ') Vgl. dazu die Stellungnahme des Gebührenrechtsausschusses des DAV AnwBl. 74, 102.

623

Nachtr Zu § 27

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Zu Rz. 17: 154

Dem in einer Ehesache und für die damit im Zusammenhang stehende Vermögens- und personensorgerechtliche Auseinandersetzung beigeordneten Armenanwalt steht auch nach neuem Recht neben der Postgebührenpauschale in der Ehesache für die Auseinandersetzung eine besondere Postgebührenpauschale zu2). 2) LG Münster AnwBl. 77, 257. Zur Berechnung der Postgebührenpauschale bei stichtagüberschreitenden Mandaten vgl. H. Schmidt N J W 75, 1726; v. Eicken AnwBl. 75, 339; Chemnitz AnwBl. 75, 396; AnwBl. 76, 85: Die Pauschale ist nach neuem Recht zu berechnen, wenn nach dem Stichtag (14. 9. 75) überhaupt noch Postgebühren angefallen sind; ebenso OLG Köln AnwBl. 76, 218.

Zu § 27 BRAGO (Seite 697ff des

Kommentars):

§ 27. Schreibauslagen (1) Schreibauslagen stehen dem Rechtsanwalt nur für die im Einverständnis mit dem Auftraggeber zusätzlich gefertigten Abschriften und Ablichtungen zu. Für Abschriften und Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten stehen dem Rechtsanwalt Schreibauslagen zu, soweit die Abschrift oder Ablichtung zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten war. (2) Die Höhe der Schreibauslagen bemißt sich nach dem für die gerichtlichen Schreibauslagen im Gerichtskostengesetz bestimmten Betrag. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde mit Wirkung vom 15.9.75 neu gefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Zunächst ist in Abs. 1 und 2 das Wort „Schreibgebühren" durch „Schreibauslagen" ersetzt worden. Die Verwendung dieses Wortes entspricht dem Sprachgebrauch des neuen Gerichtskostengesetzes. 155 Die wesentliche Änderung dieser Vorschrift besteht in der Anfügung eines Satzes 2 in Abs. 1. Mit dieser neuen Bestimmung wird der Meinungsstreit darüber beseitigt, ob die zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache von dem RA angefertigten Abschriften oder Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten zusätzliche sind und daher nicht durch die Prozeßgebühr oder die Geschäftsgebühr abgegolten werden (vgl. dazu eingehend die Erläuterungen bei Rz. 6 ff). Nunmehr stehen also dem RA Schreibauslagen für Abschriften oder Ablichtungen aus derartigen Akten immer dann zu, wenn sie zur sachgemäßen Bearbeitung der Rechtssache geboten waren. An das Gebotensein dürfen hierbei keine großen Anforderungen gestellt werden (vgl. Rz. 12, 13, 14 ff, 23 zu § 27). Die Frage, ob eine Abschrift oder Ablichtung erforderlich ist, beantwortet sich vielmehr grundsätzlich danach, ob der Prozeßbevollmächtigte sie für erforderlich hält1). Die Auffassung des RA als eines unabhängigen Organs der Rechtspflege (§ 1 BRAO) über die Sachdienlichkeit der Abschriften und Ablichtungen ist solange als maßgeblich anzusehen, wie keiner der Beteiligten berechtigte Beanstandungen erhebt2). 1) VG Freiburg/Br. AnwBl. 78, 184. S. ferner F G Kassel E F G 75, 581 = AnwBl. 76,46. ) G e r o l d / S c h m i d t B R A G O 6. Aufl. Rz. 17 zu § 27.

2

624

Geschäftsreisen

Zu § 28 Nachtr

Bei einer Vielzahl von Beklagten (zB Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft) kann der Kläger im Falle des Obsiegens die für die Vervielfältigung von Schriftsätzen zur Unterrichtung des Beklagten aufgewandten Fotokopiekosten erstattet verlangen. Daher ist die Grenze der Erstattbarkeit die Zahl der Abschriften, die nicht bei einmaligem Schreiben mit der Maschine hergestellt werden können3). Für die Entstehung der Schreibauslagen für Abschriften oder Ablichtungen aus Behörden- und Gerichtsakten kommt es auch nicht auf das Einverständnis des Auftraggebers an4). 3) OLG Karlsruhe AnwBl. 76, 344. *) Ebenso H. Schmidt AnwBl. 75, 335. Zur Erstattbarkeit der Schreibauslagen für die Ablichtung von Urkunden zu deren Vorlage als Anlage zu Schriftsätzen im Prozeß s. A G Mainz AnwBl. 77, 260 mit krit. Stellungnahme zu KG Büro 75, 346. Wegen Aushändigung von Akten im verwaltungsgerichtlichen Verfahren an RAe oder Rechtslehrer vgl. OVG Münster AnwBl. 78, 179.

Zu § 28 BRAGO (Seite 708ff des

Kommentars):

§ 28. Geschäftsreisen (1) (unverändert) (2) Als Tage- und Abwesenheitsgeld erhält der Rechtsanwalt bei einer Geschäftsreise von nicht mehr als 4 Stunden 20 Deutsche Mark, von mehr als 4 bis 8 Stunden 40 Deutsche Mark und von mehr als 8 Stunden 75 Deutsche Mark; bei Auslandsreisen kann zu diesen Beträgen ein Zuschlag von 50 vom Hundert berechnet werden. Außerdem hat er Anspruch auf Ersatz der Übernachtungskosten. Erläuterungen: Abs. 2 wurde mit Wirkung vom 15. 9. 75 neu gefaßt durch Gesetz vom 20. 8. 75 156 BGBl. I, 2189. Die bisherigen Sätze des Tage- und Abwesenheitsgeldes sind angehoben worden, und zwar erhält der RA jetzt: bis 4 Stunden Abwesenheit DM 20,— von mehr als 4 bis 8 Stunden DM40,— von mehr als 8 Stunden DM 75,— Die Erhöhung der bisherigen Sätze ist damit wesentlich zu gering ausgefallen. Der DAV1) hatte Sätze von DM 50,—, DM 75,—, und DM 100,— vorgeschlagen, wobei zutreffend darauf hingewiesen wurde, daß auch bei einer solchen Verbesserung der Tage- und Abwesenheitsgelder jede Geschäftsreise für den RA in dieser Hinsicht noch ein Verlustgeschäft bedeutet hätte?). Der RA sollte daher unserer Empfehlung in Rz. 1 zu Ziff. 2 f entsprechend, vor Antritt einer Reise mit dem Auftraggeber immer schriftlich eine Reisekostenpauschale vereinbaren, die bei den jetzigen Verhältnissen wenigstens zwischen 200 bis 500 DM betragen müßte. Für Auslandsreisen, insbesondere nach teueren Ländern, wird man aber eine höhere Reisekostenpauschale vereinbaren müssen (vgl. dazu Rz. 1 zu Ziff. 2 f)1) Vgl. Stellungnahme AnwBl. 74, 103. ) Vgl. Stellungnahme des DAV AnwBl. 74, 103. Vom D A V war außerdem noch die Erhöhung des Kilometergeldes (Abs. 1) von 0,40 D M auf 0,60 D M je Fahrtkilometer vorgeschlagen worden. Dem ist leider nicht entsprochen worden, obwohl diese Erhöhung bei den erheblich gestiegenen Kraftfahrzeug-Anschaffungs- und Betriebskosten durchaus gerechtfertigt gewesen wäre. 2

625

Nachtr Zu § 31

Zu § 31 BRAGO (S 729ff des

Nachtrag zu §§1—80

Kommentars):

§ 31. Prozeßgebühr, Verhandlungsgebiihr, Beweisgebühr, Erörterungsgebühr (1) Der zum Prozeßbevollmächtigten bestellte Rechtsanwalt erhält eine volle Gebühr 1. für das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information (Prozeßgebühr), 2. für die mündliche Verhandlung (Verhandlungsgebühr), 3. für die Vertretung im Beweisaufnahmeverfahren oder bei der Anhörung oder Vernehmung einer Partei nach § 613 der Zivilprozeßordnung (Beweisgebühr), 4. für die Erörterung der Sache, auch im Rahmen eines Versuchs zur gütlichen Beilegung (Erörterungsgebühr). (2) Erörterungsgebühren und Verhandlungsgebühren, die denselben Gegenstand betreffen und in demselben Rechtszug entstehen, werden aufeinander angerechnet. (3) Absätze 1 und 2 gelten auch für Scheidungsfolgesachen nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 , 6 , 7 und 9 der Zivilprozeßordnung. Vorbemerkung: Diese Vorschrift wurde mit Wirkung v. 15.9.75 neu gefaßt durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189; Abs. 1 Nr. 3 ist geändert und Abs. 3 angefügt mit Wirkung v. 1. 7. 77 durch das 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421. 1. In der Überschrift wurde das Wort „Erörterungsgebühr" angefügt. 2. In Abs. 1 Nr. 3 wurden die Worte „bei der Parteivernehmung nach § 619" ersetzt durch die Worte „bei der Anhörung oder Vernehmung einer Partei nach § 613 der Zivilprozeßordnung". 3. Eine für die Anwaltschaft sehr wesentliche Bestimmung bedeutet die neue Vorschrift des Abs. 1 Nr. 4 mit der Einführung der Erörterungsgebühr (vgl. wegen Einzelheiten nachfolgend Rz. 158 ff). 4. Der neue Abs. 2 bestimmt, daß Erörterungsgebühren und Verhandlungsgebühren, die denselben Gegenstand betreffen und in demselben Rechtszug entstehen, aufeinander angerechnet werden. 5. Eine weitere Ergänzung der Vorschrift des §31 ist aufgrund des 1. EheRG v. 14. 6.76 BGBl. I, 1421 erfolgt durch Anfügung des Abs. 3. In ihm ist geregelt, daß die Abs. 1 und 2 auch gelten für Scheidungsfolgesachen nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7 und 9 ZPO. Vgl. wegen Einzelheiten die Erläuterungen unten zu Rz. 171. Erläuterungen: 157

Die Änderung des Abs. 1 Nr. 3 (Ersetzung der Worte „bei der Parteivernehmung nach § 619" durch die Worte „bei der Anhörung oder Vernehmung einer Partei nach § 613 ZPO" ist erfolgt zur Klarstellung und Vermeidung von Zweifeln, daß sowohl die Parteivernehmung als auch die Anhörung der Parteien nach § 613 ZPO die Beweisgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 3 entstehen läßt. Danach ist es, wie schon seit dem KostÄndG von 1957, für die Entstehung der Beweisgebühr nicht mehr entscheidend, ob die Anhörung oder Vernehmung einer Partei nach § 613 ZPO (§ 619 ZPO a. F.) zu Beweiszwecken erfolgt. Die Rechtsprechung hat sich in den letzten Jahren dahin entwickelt, daß den förmlichen Voraussetzungen für die Beweiserhebung weniger Bedeutung beigemessen wurde. Dadurch haben die Gerichte die Konsequenz aus der Tatsache gezogen, daß vor allem der Zeitaufwand des RA für 626

Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr, Beweisgebühr, Erörterungsgebühr

Zu § 31 Nachtr

die Teilnahme an einer „nicht förmlichen Beweisaufnahme" dem bei einer förmlichen Beweisaufnahme nicht nachsteht. Dies gilt insbesondere für Ehesachen. Vgl. dazu besonders die Erl. Rz. 139 bis 154 zu § 31. Die Anfügung der Nr. 4 in Abs. 1 brachte eine für die Anwaltschaft wesentliche, 158 aber ebenso notwendige Regelung für den häufig vorkommenden Fall, daß das Gericht das Sach- und Streitverhältnis mit den Parteien und RAen ausgiebig vor der förmlichen Stellung der Anträge und damit vor dem Beginn der mündlichen Verhandlung erörtert. Hierdurch fällt die Verhandlungsgebühr nicht an, obwohl die Erörterung der Sache nicht weniger Mühe macht als eine mündliche Verhandlung. Der Rechtsausschuß des Bundestages') hat deshalb vorgeschlagen, eine Vergütungsregelung zu treffen, die der tatsächlichen Leistung des RA entspricht, und daher die Entstehung einer Gebühr schon für die Erörterung der Sache vorzusehen. Dem entspricht die Bestimmung der neuen Nr. 4 im §31 Abs. 1 und die Ergänzung der Überschrift zu § 31. Die Erörterungsgebühr ist in der kurzen Zeit seit ihrer Einführung bereits zu einer der meistumstrittenen Gebühren geworden. Die neue Bestimmung hat erhebliche Meinungsverschiedenheiten ausgelöst, die zu einer beinahe unübersehbaren Flut gerichtlicher Entscheidungen und unterschiedlicher Beurteilung im Schrifttum geführt haben. Streitig ist, ob die Erörterungsgebühr nur durch die Tätigkeit in einem gerichtlichen Termin 2 ) oder auch durch eine außergerichtliche Erörterung der Sache 3 ) entstehen kann, ob die Erörterungsgebühr nur in einem Termin entstehen kann, in dem auch eine Verhandlungsgebühr erwachsen könnte 4 ) oder in jedem gerichtlichen Termin 5 ), ob für die Entstehung der Gebühr nur durch die Erörterung der Hauptsache aus deren Wert 6 ) oder auch eines in das Verfahren mit einbezogenen (nichtrechtshängigen) Anspruchs entstehen könne 7 ), ob die Erörterung der Sach- und Rechtslage vor Antrag auf Erlaß eines Versäumnis-«) oder eines Anerkenntnisurteils») anfallen kann, ob zur Entstehung der Gebühr eine Erörterung der Prozeßlage ausreicht 10 ), ferner ob die Erörterungsgebühr neben einer Vergleichsgebühr (§ 23)") oder neben der Erledigungsge-

0 Vgl. AnwBl. 75, 119. 2) KG AnwBl. 77, 412 mit abl. Anm. von Bank; OLG München NJW 76, 1642; OLG Hamburg Büro 76, 631; OLG Hamm Büro 76, 1657. 3) AG Aachen AnwBl. 77, 415; Gerold/Schmidt 6. Aufl. Rz. 140/141 zu § 31. ") KG Büro 76, 779 = Rpfleger 76, 261 = KostRsp. Nr. 4 mit Anm. von H. Schmidt; OLG Hamm NJW 76, 1644 = Büro 76, 782 = KostRsp. Nr. 4 mit Anm. von H. Schmidt; Mümmler Büro 76, 715, 1143; OLG Stuttgart AnwBl. 77, 72; 77, 219; H. Schmidt M D R 76, 589; M D R 77, 188. 5) OLG München AnwBl. 77, 218; KG Rpfleger 76, 261; OLG Hamm Büro 76, 782; OLG Bremen Büro 76, 1066; OLG Celle Büro 76, 1069; OLG Koblenz Büro 76, 1070; OLG Frankfurt NJW 76, 1273; ebenso Mümmler Büro 76, 705 (717) und Kersting/Reuter NJW 76, 2246 (2248). 6) OLG Stuttgart NJW 76, 2267; Büro 76, 1062; H. Schmidt in Anm. zu LG Kassel M D R 76, 589 sowie in Anm. zu OLG Frankfurt NJW 76, 1273; Chemnitz AnwBl. 76, 331. 7) OLG Zweibrücken Rpfleger 77, 113; LG Kassel AnwBl. 77, 318. «) OLG Hamm Rpfleger 77, 71; Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. 5 zu § 31 BRAGO. ' ) OLG Hamm Rpfleger 77, 71; Gerold/Schmidt BRAGO 6. Aufl. Rz. 140 zu § 31. io) OLG Hamm AnwBl. 77, 25. " ) OLG Hamburg AnwBl. 77, 114; LArbG Düsseldorf AnwBl. 77, 222; LG Essen AnwBl. 77, 73; a.M. LG Kassel MDR 76, 589.

627

Nachtr Zu § 31

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

bühr (§ 24) entstehen kann und ob die Erörterungsgebühr auch im arbeitsgerichtlichen Güteverfahren anfallen kann 12 ). Dieser von einem Teil der Rechtsprechung vorgenommenen einengenden Auslegung des Wortlautes des § 31 Abs. 1 Nr. 4 kann nicht gefolgt werden. Die weite Fassung des Gebührentatbestandes dieser Vorschrift entspricht dem Willen des Gesetzgebers 13 ). Durch sie sollten gerade die Unbilligkeiten ausgeräumt werden, die sich aus der engen Fassung des § 31 Abs. 1 Nr. 2 (Verhandlungsgebühr) ergeben. 159

Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist der Begriff der Erörterungsgebühr nur von zwei Voraussetzungen abhängig: Die erste Voraussetzung ist, daß der RA Prozeßbevollmächtigter ist; er muß also Klageauftrag haben oder beauftragt sein, die Klageabweisung zu beantragen. Immer ist notwendig, daß der dem RA erteilte Auftrag die Prozeßgebühr des § 31 Abs. 1 Nr. 1 auslöst. Die zweite Voraussetzung ist, daß der RA die Sache erörtert. Hierbei ist es gleichgültig, ob das Gespräch vom Gericht, vom RA selbst, vom Gegner oder von sonstigen Beteiligten ausgeht. Ohne Bedeutung ist auch, ob die Erörterung schwierig, durchschnittlich oder leicht, ob nur kurz oder langandauernd, ob zur Verhütung oder Herbeiführung von Sachanträgen erfolgt ist14).

160

Bereits der Hinweis des Gerichts in einem Termin auf die Rechtslage begründet die Vermutung einer Erörterung der Sache1*).

161

Die Erörterungsgebühr ist weder an ein bestimmtes Ziel der Sacherörterung noch an die Gestaltung des späteren Verfahrensablaufs geknüpft. Sie entsteht daher auch durch eine der Klagerücknahme im Verhandlungstermin vorausgehende Erörterung der Sache seitens des Gerichts mit den erschienenen Prozeßbevollmächtigten' 6 ). Nimmt der Kläger nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Klage vor Eintritt in die mündliche Verhandlung zurück, so erwächst für den zum Termin erschienenen RA des Beklagten die Erörterungsgebühr bereits dadurch, daß er die Erörterung verfolgt, wobei unterstellt wird, daß er pflichtgemäß prüft, ob der Gang der Erörterung Anlaß gibt, für die von ihm vertretene Partei in das Gespräch einzugreifen").

162

Dasselbe gilt, wenn der Berufungsführer sein Rechtsmittel nach Erörterung der Erfolgsaussichten der Berufung vor Eintritt in die mündliche Verhandlung zurücknimmt's). •2) Bejahend: LArbG Düsseldorf AnwBl. 77, 220, 221, 317; LArbG Hannover AnwBl. 77, 171; LArbG Stuttgart AnwBl. 77, 221 sowie ArbG Mannheim BB 77, 1706; verneinend: LArbG Hamm AnwBl. 77, 26; AnwBl. 77, 415. '3) OLG Hamm Rpfleger 76, 439; KG NJW 76, 1645. 14) Vgl. Begründung des Rechtsausschusses des BT, abgedruckt in AnwBl. 75, 119. 15) OLG Hamburg Büro 76, 475 = MDR 76, 589 mit Anm. von H. Schmidt. 16) K G KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 7; OLG Hamm AnwBl. 77, 25 = Büro 77, 210 = Rpfleger 76, 439 mit Anm. der Schriftleitung; LG Frankfurt KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 31. " ) KG AnwBl. 76, 297 = M D R 76, 766 = Büro 76, 1067 = NJW 76, 1644 (LS); OLG Hamm Rpfleger 77, 71 = Büro 77, 208; OLG Hamburg MDR 77, 239 = Büro 77, 205; OLG Frankfurt AnwBl. 77, 508 = Rpfleger 77, 262 = Büro 77, 1095 mit Anm. von Mümmler; OLG München Rpfleger 77, 420 = Büro 77, 1726. 18) OLG Hamburg MDR 77, 239 = Büro 77, 205; AG Siegburg MDR 77, 502; OLG Düsseldorf MDR 78, 62 = AnwBl. 77, 511 = Rpfleger 77, 457 = Büro 77, 1564 = JMB1NRW 77, 263.

628

Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr, Beweisgebühr, Erörterungsgebühr

Zu § 31 Nachtr

Die Erörterungsgebühr entsteht ferner, wenn der Rechtstreit nach Erörterung der 163 Sach- und Rechtslage in demselben Termin durch einen Vergleich beendet wird1«). Schließen die Parteien einen Prozeßvergleich, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß im Termin eine Erörterung der Sache stattgefunden hat20). Auf eine anfallende Vergleichsgebühr ist die Erörterungsgebühr niemals anzurech- 164 nen20a). Die Erörterungsgebühr entsteht auch bei nur kurzer Erörterung21)- Eine Unter- 165 Scheidung zwischen einer „streitigen" und einer „unstreitigen" nur eine halbe Gebühr auslösenden Erörterung ist ausgeschlossen; vielmehr entsteht die Erörterungsgebühr des § 31 Nr. 4 stets in Höhe einer vollen Gebühr22). Es genügt daher für die Entstehung der Erörterungsgebühr, wenn der RA vor Gericht über den Abschluß eines Prozeßvergleichs spricht und dabei die Sach- und Rechtslage im strengen Sinn nicht Gegenstand konträrer Argumentation ist, sondern die Bemühungen nur auf einen Interessenausgleich im Faktischen zielen"); denn eine Erörterung i. S. des § 31 Ziff. 4 setzt kein Rechtsgespräch voraus; es reicht aus, daß der RA einen rechtlichen Hinweis des Gerichts prüft und auf diese Prüfung hin eine vom Gericht als notwendig erachtete Prozeßhandlung vornimmt 24 ). Als eine Erörterung der Sache, durch die die Erörterungsgebühr ausgelöst wird, 166 ist es auch anzusehen, wenn die Erörterung darauf gerichtet ist, ob eine Rechtsmittelfrist gewahrt ist oder wenigstens die Wiedereinsetzung bewilligt werden könnte 25 ). Die Erörterungsgebühr entsteht ferner, wenn die Gegenpartei in Abwesenheit ih- 167 res Prozeßbevollmächtigten in die Erörterungen mit dem Gericht einbezogen wird 26 ). 19) KG Büro 76, 1207; LG Coburg AnwBl. 76, 298 = Büro 76, 1209; LG Hamburg AnwBl. 76, 402; LG Berlin AnwBl. 76, 401; OLG Bamberg Büro 76, 1497; LG Braunschweig AnwBl. 76, 1499 = NdsRpfl. 76, 241 unter Aufgabe seiner gegenteiligen Auffassung MDR 76, 577 = Büro 76, 780 - KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 10; LG Landshut NJW 76, 2269 = MDR 76, 1029 = Rpfleger 76, 442 mit Anm. der Schriftl. S443; LG Kreuznach Rpfleger 76, 443; LG Schweinfurt Büro 76, 1656; LArbG Hamm (8. Kammer) M D R 76, 788 = NJW 76, 2287 (LS); OLG Stuttgart AnwBl. 76, 442; LG Essen AnwBl. 77, 73; OLG Hamburg Rpfleger 77, 114 = Büro 77, 356; ArbG Siegburg KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 61 = AnwBl. 77, 317; LArbG Düsseldorf AnwBl. 77, 220, 221, 222, 317; LG Bayreuth Büro 77, 496 (für den Unterbevollmächtigten); LArbG Stuttgart (1. Kammer) AnwBl. 77, 222; OLG Düsseldorf Rpfleger 77, 457 = Büro 77, 1563 = JMB1NRW 77, 262. Die entgegenstehende Rechtsprechung LG Braunschweig M D R 76, 677 mit abl. Anm. von H. Schmidt = Büro 76, 780 mit abl. Anm. von Mümmler; LG Kassel M D R 76, 589 mit abl. Anm. von H. Schmidt kann als überholt angesehen werden. 2

») M D R 77, 238 = Rpfleger 76, 442 mit Anm. d. Schriftleitg. S 443 = Büro 77, 59. °a) LArbG Düsseldorf AnwBl. 77, 222; LG Essen AnwBl. 77, 73; AG Velbert AnwBl. 77, 258. 2 ') SchlHOLG Büro 77, 1560. 22 ) OLG Hamm Rpfleger 77, 71 = Büro 77, 206; OLG Stuttgart KostRsp. §31 Ziff. 4 Nr. 29 : Entstehung der Gebühr mit dem Beginn der Erörterung. 23) LG Berlin Büro 77, 498 ; a.M. OLG Bremen Rpfleger 77, 419 = Büro 77, 1561. 2 ") OLG Frankfurt AnwBl. 77, 509 = Rpfleger 77, 262 = Büro 77, 1095 mit Anm. von Mümmler. Vgl. auch Fn. 15 zu Rz. 6. A.M. OLG München AnwBl. 76, 298. 2 =) OLG Hamburg M D R 77, 941 = Büro 77, 1403 mit Anm. von Mümmler; AG Siegburg M D R 77, 502. 2 ) OLG Stuttgart Justiz 77, 203; a.M. OLG Zweibrücken Rpfleger 77, 113 = KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 58 mit abl. Anm. von H. Schmidt. 2

629

Nachtr Zu § 31

Nachtrag zu §§1 — 80

168

Haben die Parteien nach Erörterung der Sach- und Rechtslage die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt und nur über die Kosten streitig verhandelt, so erwächst den RAen die Erörterungsgebühr nach dem vollen Wert der Hauptsache. Daneben entsteht in diesem Fall jedoch keine Verhandlungsgebühr nach dem Wert der Kosten, auch wenn sich die der Erledigungserklärung vorausgehende Erörterung noch nicht auf die Kostenfolge erstreckte 27 ).

169

Werden in dem in einem Rechtstreit anberaumten Termin zugleich mehrere bei dem gleichen Gericht anhängige Rechtstreitigkeiten erörtert, so entsteht die Erörterungsgebühr aus dem Gesamtstreitwert aller Rechtstreitigkeiten28).

170

Erfolgt die Erörterung der Sache vor Beantragung eines Versäumnisurteils, so entsteht die Erörterungsgebühr; die halbe Verhandlungsgebühr des § 33 Abs. 1 Satz 1 ist gemäß § 31 Abs. 2 auf die vorher entstandene volle Erörterungsgebühr anzurechnen2«). Bei Erörterung nach Einspruch s. Rz. 186.

171

Ob die Erörterungsgebühr den Prozeßbevollmächtigten auch für eine Erörterung der Sache außerhalb der Gerichtssitzung erwächst 30 ) oder von der Vorschrift des § 31 Abs. 1 Nr. 4 nur die Fälle der Erörterung vor Gericht erfaßt werden, ist streitig. Die herrschende Auffassung in Rechtsprechung und Schrifttum geht dahin, daß die Erörterungsgebühr nur anfällt, wenn die Erörterung in einem gerichtlichen Termin unter Beteiligung des Gerichts stattgefunden hat 3 ')-

172

Außerdem soll die Erörterungsgebühr nur entstehen, wenn eine bei Gericht bereits anhängige Sache erörtert wird; werden in einem Rechtstreit auch nichtrechtshängige Ansprüche erörtert, so soll die Erörterungsgebühr nur aus den rechtshängigen Ansprüchen anfallen 32 ).

2 ?) KG MDR 77, 325 = Rpfleger 77, 72 = Büro 77, 212; vgl. auch SchlHOLG Büro 77, 1560; OLG Hamburg Büro 76, 1345. OLG Karlsruhe KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 35. A.M. KG AnwBl. 77, 510 = M D R 77, 941 = Rpfleger 77, 375 = Büro 77, 1400. 2 ») Chemnitz AnwBl. 77, 318; H. Schmidt KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 77, je in Anm. zur gegenteiligen Entscheidung LG Kassel a.a.O.; OLG Stuttgart KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 29. 30 ) So mit guter Begründung auch LG Aachen AnwBl. 77, 415; Gerold/Schmidt 6. Aufl. Rz. 141 zu § 31; derselbe Anm. 2 zu KostRsp. § 31 Ziff. 4; Holger Schmidt NJW 76, 1076 unter I I / l ; derselbe M D R 77, 188; Born M D R 76, 895; Allwang AnwBl. 77, 8; Bank AnwBl. 77, 413. si) OLG München Büro 76, 775 = Rpfleger 76, 261 = KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 2 mit abl. Anm. von H. Schmidt; OLG Hamburg M D R 76, 677 = Büro 76, 631; Büro 77, 962 mit Anm. von Mümmler = M D R 77, 765 = KostRsp. § 31 Ziff. 4 mit Anm. von H. Schmidt; OLG Bremen KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 15; OLG Hamm Rpfleger 76, 439 mit Anm. der Schriftleitg. S 443 = Büro 76, 1657; KG M D R 77, 765 = Rpfleger 77, 226 = Büro 77, 961. 32 ) OLG Zweibrücken KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 18; KG NJW 76, 1272 = Rpfleger 76, 261 = Büro 76, 778 = KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 6 mit abl. Anm. von H. Schmidt; OLG Frankfurt NJW 76, 1273 mit abl. Anm. von H. Schmidt; OLG Bamberg Büro 76, 1205; OLG München KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 22; AnwBl. 77, 218 = Rpfleger 77, 112 = Büro 77, 361; OLG Köln Büro 76, 1659. Zur Erörterungsgebühr in Scheidungsfolgesachen vgl. Göppinger AnwBl. 77, 436 ff; derselbe Büro 76, 1429 ff sowie Göppinger, Vereinbarungen anläßlich der Ehescheidung 3. Aufl. 1977.

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Prozeßgebühr, Verhandlungsgebühr, Beweisgebühr, Erörterungsgebühr

Zu § 31 Nachtr

Verneint wird von der Rechtsprechung die Entstehung der Erörterungsgebühr 1 7 3 ferner, wenn der Prozeßbevollmächtigte den Streitgegenstand seines Mandats lediglich mit dem Gegenanwalt, der Gegenpartei oder einem Dritten außerhalb eines gerichtlichen Termins erörtert"). Zu dieser von der herrschenden Meinung vertretenen Rechtsansicht ist jedoch 1 7 4 darauf hinzuweisen, daß aus der ganz weiten Fassung des Gesetzes nichts für eine einschränkende Auslegung zu entnehmen ist. Hätte der Gesetzgeber die Entstehung der Erörterungsgebühr allein auf die Fälle beschränken wollen, in denen sie von der Rechtsprechung jetzt zugebilligt wird, dann hätte er dies bei der Neufassung regeln können und müssen. Dies ist nicht geschehen. Fiskalische Gründe oder Gründe einer vermeintlichen etwaigen übermäßigen Kostenbelastung der Parteien haben bei der Auslegung des § 3 1 Abs. 1 Nr. 4 auszuscheiden. Auch die Entstehungsgeschichte der Neufassung des § 31 spricht nicht für die einschränkende Auslegung. Im Gegenteil war es das Ziel der Neufassung, die Tätigkeit eines R A , die zum Abschluß eines Vergleichs geführt hat, über die Vergleichsgebühr als Erfolgsgebühr hinaus angemessen zu honorieren 34 ). Daher sollte es auch keinen Unterschied zwischen der Erörterung bereits rechtshängiger Ansprüche einerseits und der Miterörterung von zum Zwecke des Abschlusses eines Gesamtvergleichs einbezogener bisher nicht rechtshängiger Ansprüche andererseits geben. Solange allerdings die Rechtsprechung auf dem jetzt überwiegend eingenommenen Standpunkt beharrt, wird die Anwaltschaft wenigstens die Entstehung und Geltendmachung der Geschäfts- und Besprechungsgebühr ( § 1 1 8 Abs. 1 Ziff. 1 und 2) im Auge behalten müssen. Vgl. dazu Rz. 31 zu § 32 sowie Rz. 146, 147 zu § 118. Für die Entstehung der Erörterungsgebühr ist es ohne Bedeutung, ob in dem Ver- 1 7 5 fahren eine Verhandlungsgebühr ( § 3 1 Abs. 1 Ziff. 2) erwachsen kann«). Die Vorschrift des § 31 Abs. 2 schreibt lediglich vor, daß Verhandlungs- und Erörterungsgebühren, wenn sie in demselben Rechtszug entstehen, gegeneinander anzurechnen sind. Die Frage der Entstehung der Erörterungsgebühr bei der Erörterung eines Schei- 1 7 6 dungsfolgenvergleichs ist durch die am 1.7. 77 in Kraft getretene Neuregelung aufgrund des 1. EheRG36) geklärt. Bei einem Scheitern der Erörterungen kann auf Antrag über die Scheidungsfolgen im Verbund mit der Ehesache verhandelt werden. Der aufgrund des 1. E h e R G angefügte § 31 Abs. 3 schreibt ausdrücklich vor, daß die Abs. 1 und 2 (also auch Abs. 1 Ziff. 4, der die Erörterungsgebühr regelt) in Scheidungsfolgesachen nach § 623 Abs. 1, 4, § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6, 7 und 9 ZPO anzuwenden sind. Damit sind die zum bisherigen Recht vorliegenden Entscheidungen, soweit sie eine Erörterungsgebühr für Scheidungsfolgesachen nicht zubilligten, überholt. Ein näheres Eingehen darauf erübrigt sich. « ) KG AnwBl. 77, 412 mit abl. Anm. von Bank AnwBl. 77, 413; bejahend: Gerold/ Schmidt 6. Aufl. Rz. 141 zu § 31. 3") OLG Stuttgart AnwBl. 76, 442; OLG Hamm AnwBl. 76, 443; LG Darmstadt KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 51; H. Schmidt in Anm. zu OLG München KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 59. 35) A.M. OLG Hamm Büro 76, 782 = NJW 76, 1644; OLG Celle NdsRpfl. 76, 201 = Büro 76, 1069; OLG Frankfurt KostRsp. §31 Ziff. 4 Nr. 38; OLG Koblenz Büro 77, 215; OLG Stuttgart AnwBl. 77, 219 mit abl. Anm. von Chemnitz = Justiz 77, 203; OLG München NJW 76, 2268. 3«) V. 14. 6. 76 BGBl. 1,1421, in Kraft seit 1. 7. 77.

631

Nachtr Zu § 32

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Die Erörterungsgebühr entsteht in Scheidungsfolgesachen, wenn die Folgesache als solche im Zeitpunkt der Erörterung anhängig war. Dafür reicht jedenfalls das schriftsätzliche Begehren eines Ehegatten aus, über die Familiensache für den Fall der Scheidung zu entscheiden. Zur Abhängigmachung als Folgesache ist die Ankündigung eines den Erfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Antrages noch nicht erforderlich. Die gleichzeitige Anregung, nach § 628 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zu verfahren, schließt die Anhängigmachung als Folgesache nicht aus. Wird wegen eines Teils des Streitgegenstandes nur verhandelt und wegen des Restes nur erörtert, so entstehen nach dem Zweck des § 31 Ab. 2 BRAGO keine höheren Gebühren, als wenn wegen des gesamten Streitgegenstandes nur verhandelt oder nur erörtert worden wäre36a). 177

Betreffen die Erörterungen zwischen Gericht und den Prozeßvertretern nur Fra- 177 gen zur Prozeß- oder Sachleitung (vgl. § 33 Abs. 2), so wird dadurch eine Erörterungsgebühr nicht ausgelöst37). Die Prozeß- oder Sachleitungsgebühr nach § 33 Abs. 2 ist eine Verhandlungsgebühr. Fällt daneben eine Erörterungsgebühr nach § 31 Abs. 1 Ziff. 4 aus dem gleichen Streitwert und in demselben Rechtszug an, so greift deshalb die Anrechnungsvorschrift des § 31 Abs. 2 ein mit der Folge, daß der RA insgesamt nicht mehr als eine volle Gebühr erhält38).

178

Die Erörterungsgebühr entsteht mit dem Beginn der Erörterung in voller Höhe. Für 178 die Erörterungsgebühr ist eine dem § 33 Abs. 1 entsprechende Bestimmung nicht ergangen. Es ist deshalb davon auszugehen, daß die Gebühr ohne Rücksicht darauf, ob die Erörterung streitig oder nichtstreitig geführt worden ist, stets als volle Gebühr erwächst39). Vgl. auch oben Rz. 165.

179

Die Erörterungsgebühr kann auch im arbeitsgerichtlichen Gütetermin entste- 179 hen40). Vgl. dazu die Erläuterungen bei § 62. 36a) KG Rpfleger 78, 390. 37) OLG München KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 17. 38) So zB bei der Vertagung: OLG München Rpfleger 77, 72 = Büro 77, 211. 39) OLG Stuttgart KostRsp. § 31 Ziff. 4 Nr. 29. «>) LArbG Hannover AnwBl. 77, 471; LArbG Düsseldorf AnwBl. 77, 220, 221, 317; LArbG Stuttgart AnwBl. 77, 222 = KostRsp. §31 Ziff. 4 Nr. 73; ArbG Siegburg AnwBl. 77, 317. A.M. LArbG Hamm Büro 77, 1404; AnwBl. 77, 415 mit abl. Anm. von Chemnitz.

Zu § 32 BRAGO (Seite 783ff des Kommentars): § 32. Vorzeitige Beendigung des Auftrags (1) Endigt der Auftrag, bevor der Rechtsanwalt die Klage, den ein Verfahren einleitenden Antrag oder einen Schriftsatz der Sachanträge, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Antrages enthält, eingereicht oder bevor er für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat, so erhält er nur eine halbe Prozeßgebühr. (2) (unverändert). Vorbemerkung: Abs. 1 wurde mit Wirkung v. 15. 9. 75 durch Gesetz v. 20. 8. 75 BGBl. I, 2189 geändert. Anstelle der Worte: „in einem zur mündlichen Verhandlung bestimmten 632

Nichtstreitige Verhandlung, Übertragung des mündlichen Verhandeins

Zu § 33 Nachtr

Termin vertreten hat" heißt es jetzt: „für seine Partei einen Termin wahrgenommen hat." Diese redaktionelle Änderung beseitigt die Zweifel, die sich aus der bisherigen Fassung ergaben. Wir hatten schon immer die Auffassung vertreten, daß die Wahrnehmung eines Termins schlechthin für die Entstehung der vollen Prozeßgebühr ausreicht und schon die bisherige Vorschrift mit den Worten „zur mündlichen Verhandlung" keine Einengung bedeutet hat u n d sich der Begriff Verhandlung = Termin auch schon aus der Entstehungsgeschichte des § 14 R A G e b O ergab. Vgl. dazu die Erläuterungen in Rz. 16. Die Änderung des Gesetzestextes in § 32 Abs. 1 ist zu beachten bei den Erläute- 180 rungen in Rz. 1, 5, 9, 16. Zu Rz. 5, 16:

181

Daraus, d a ß der RA des Beklagten Klageabweisung nur hinsichtlich eines Teils des Klageanspruchs beantragt, muß nicht gefolgert werden, er habe nur in diesem U m f a n g einen Prozeßauftrag erhalten. Rät der RA, der Auftrag zur Rechtsverteidigung gegenüber der Klage erhalten hat, dem Beklagten, Klageabweisung nur hinsichtlich eines Teilbetrages zu beantragen u n d den Kläger im übrigen umgehend klaglos zu stellen, um insoweit eine Erledigung der Hauptsache erklären zu können, erlangt der RA gleichwohl die volle Prozeßgebühr nach dem Wert der Klage, wenn er einen Termin wahrnimmt, in dem der volle Klageanspruch zur Verhandlung steht, er aber nur zu einem Teil der Klage verhandelt. Dabei ist es gleichgültig, ob hinsichtlich des Restbetrages übereinstimmend Hauptsachenerledigung erklärt wird oder Versäumnisurteil ergeht')Wird ein anderweitig anhängiges Verfahren mitverglichen, so erwächst dem Prozeßbevollmächtigten nach dessen Wert eine halbe Prozeßgebühr neben der in dem anderen Verfahren etwa bereits entstandenen Prozeßgebühr 2 ). Es handelt sich bei den beiden Prozessen um verschiedene gebührenrechtliche Angelegenheiten, f ü r die eine Anrechnung der in diesen verschiedenen Angelegenheiten erwachsenen Prozeßgebühren aufeinander im Gesetz nicht vorgesehen ist, selbst wenn sie denselben Gegenstand betreffen^). G e m ä ß § 13 Abs. 3 B R A G O darf jedoch die 5/io Gebühr nach dem Wert des mitverglichenen Prozesses zusammen mit der '%o Prozeßgebühr nach dem Wert des vorliegenden Rechtstreits eine '%o Gebühr aus dem zusammengerechneten Wert beider Prozesse nicht übersteigen 4 ). 0 KG AnwBl. 77, 470. 2) KG AnwBl. 77, 510. 3) KG KostRsp. § 32 Nr. 24 und Nr. 44; AnwBl. 77, 510; OLG Düsseldorf KostRsp. § 32 Nr. 32 und Nr. 38. ") Vgl. Rz. 4 ff und Rz. 83 zu § 13.

Zu § 33 BRAGO (Seite 798ff des

Kommentars):

§ 33. Nichtstreitige Verhandlung, Übertragung des mündlichen Verhandeins (1) Für eine nichtstreitige Verhandlung erhält der Rechtsanwalt nur eine halbe Verhandlungsgebühr. Dies gilt nicht, wenn 1. eine Entscheidung nach Lage der Akten (§ 331 a der Zivilprozeßordnung) beantragt wird, 633

Nachtr Zu § 33

Nachtrag zu §§1 — 80

2. der Berufungskläger oder Revisionskläger ein Versäumnisurteil beantragt oder 3. der Kläger in Ehesachen, in Rechtstreitigkeiten über die Feststellung der Rechtsverhältnisse zwischen Eltern und Kindern oder in den vor die Landgerichte gehörenden Entmündigungssachen nichtstreitig verhandelt. (2) Stellt der Rechtsanwalt in der mündlichen Verhandlung Anträge nur zur Prozeß- oder Sachleitung, so erhält er fünf Zehntel der Verhandlungsgebühr. (3) (unverändert). Vorbemerkung: Abs. 1 und 2 wurden mit Wirkung vom 15.9.75 geändert durch Gesetz vom 20. 8. 75 BGBl. I, 2189. Erläuterungen: Zu Rz. 17ff: 182

Die Änderung in Abs. 1 Ziff. 3 ist lediglich redaktioneller Art. Der bisherige Abs. 1 Satz 3 hatte ausgesprochen, daß die Regel, wonach der RA für eine nichtstreitige Verhandlung nur eine halbe Verhandlungsgebühr erhält, nicht gilt, wenn der Kläger in den in § 26 Nr. 3 G K G (a. F.) bezeichneten Verfahren verhandelt. Das sind die Verfahren mit nichtstreitigen Verhandlungen in Ehesachen, in Rechtstreitigkeiten über die Feststellung des Rechtsverhältnisses zwischen Eltern und Kindern und in den vor die Landgerichte gehörenden Entmündigungssachen, in denen der Kläger verhandelt. Da § 26 Nr. 3 G K G durch die Novelle von 1975 fortgefallen ist, werden diese Verfahren jetzt im Klartext in Abs. 1 Ziff. 3 genannt. Zu Rz. 22 f f :

183

In Abs. 2 ist die dort für Anträge zur Prozeß- oder Sachleitung bestimmte Verhandlungsgebühr von bisher 3/io auf nunmehr 5/io angehoben worden. Zu Rz. 36 f f (Abs. 3):

184

Abs. 3 ist unverändert geblieben. Es ist offenbar übersehen worden, bei der Neuregelung der Gebührenvorschriften die neu geschaffene Erörterungsgebühr auch in § 33 Abs. 3, § 53 Satz 1 ausdrücklich zu erwähnen. Die bisher bekannt gewordene Literatur geht jedoch durchwegs davon aus, daß die Erörterungsgebühr auch in der Person des Unterbevollmächtigten (Verhandlungsvertreters) und damit auch bei dem Prozeßbevollmächtigten im Falle des § 33 Abs. 3 entstehen kann').

185

Die Vorschrift des § 33 Abs. I 2 ), wonach die Verhandlungsgebühr in bestimmten Fällen nur in Höhe von 5Ao entsteht, ist auf die Erörterungsgebühr nicht entsprechend anzuwenden. Sie entsteht für den an der Erörterung im Termin teilnehmenden RA (das ist im Fall des § 53 Satz 1 und § 33 Abs. 3 der Unterbevollmächtigte — Verhandlungsvertreter —) grundsätzlich in Höhe einer vollen Gebühr. !) § 33 Abs. 1 ist nicht über § 117 Abs. 2 anwendbar, vielmehr entsteht die volle Verhandlungsgebühr für den RA, wenn der Rechtstreit durch gerichtlichen Vorbescheid abgeschlossen wird: FG München AnwBl. 77, 162. Wegen Verhandlungsgebühr bei Säumnis der Gegenpartei im Verfahren nach § 44 Abs. 1 WEG s. LG München I AnwBl. 77, 168. 2) Vgl. Chemnitz NJW 75, 433 f; NJW 77, 747; Schmidt NJW 76, 1076; Gerold/Schmidt BRAGO 6. Aufl. Rz. 48; Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. 4 B, je zu § 33; vgl. auch Kersting/ Reuter NJW 76, 2248. 634

Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

Zu § 35 Nachtr

Der Prozeßbevollmächtigte erhält, wenn er i. S. von § 33 Abs. 3 die Vertretung in der mündlichen Verhandlung (Erörterung) einem anderen RA übertragen hat, die Erörterungsgebühr in Höhe einer halben Gebühr^). Vgl. dazu auch Rz. 165, 170, 178 der Ergänzung zu § 31. Eine durch einen Antrag auf Erlaß eines Versäumnisurteils verdiente %o Ver- 186 handlungsgebühr (§ 33) und eine nach zulässigem Einspruch gegen das Versäumnisurteil verdiente Erörterungsgebühr sind nicht gemäß § 31 Abs. 2 aufeinander anzurechnen 4 ). 3) So auch G e r o l d / S c h m i d t a.a.O. Rz. 48; Holger Schmidt N J W 76, 1077. 4) LG Berlin AnwBl. 77,417.

Zu § 35 BRAGO (Seite 820 des Kommentars): § 35. Entscheidung ohne mündliche Verhandlung Wird in einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien oder gemäß § 128 Abs. 3, § 307 Abs. 2 oder § 331 Abs. 3 der Zivilprozeßordnung ohne mündliche Verhandlung entschieden, so erhält der Rechtsanwalt die gleichen Gebühren wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung. Vorbemerkung: Die Vorschrift wurde durch Artikel 8 Ziff. 2 a des Gesetzes zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle) v. 3. 12. 76 BGBl. I, 3281 mit Wirkung v. 1. 7. 77 neu gefaßt und ergänzt. Wegen weiterer Bestimmungen über die Verhandlungsgebühr siehe §31 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 und § 33. Erläuterungen: Allgemeines Zu Rz. 1: Die Vorschrift stellt klar, daß auch dann die vollen Gebühren entstehen, wenn in 187 einem Verfahren, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, im Einverständnis mit den Parteien nach § 128 Abs. 2 ZPO 1 ) oder gemäß § 128 Abs. 3, § 307 Abs. 2 oder gemäß §331 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird. In solchen Fällen soll der RA die gleichen Gebühren erhalten wie in einem Verfahren mit mündlicher Verhandlung. § 35 soll dem RA das Einverständnis mit dem schriftlichen Verfahren erleichtern. Er soll nicht, wenn gem. § 128 Abs. 2, 3, § 307 II, § 331 III ZPO ohne mündliche Verhandlung entschieden wird, den Anspruch auf die Verhandlungsgebühr opfern müssen 2 ). Der RA soll nicht allein deswegen schlechter gestellt werden, weil er sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden erklärt hat. Regelmäßig bedarf ein Verfahren, in dem grundsätzlich mündliche Verhandlung erfolgen muß, in dem aber nach § 128 Abs. 2, 3, § 307 II, § 331 III ZPO schriftlich entschie1) Vgl. Fn. 1 S 821 des Kommentars. ) Vgl. Fn. 2 S 821 des Kommentars.

2

635

Nachtr Zu § 35

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

den wird, einer gründlicheren schriftsätzlichen Vorbereitung als dies sonst der Fall wäre. Diese Mehrarbeit sollte besonders honoriert werden. Das Gesetz zur Vereinfachung und Beschleunigung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle) 23 ) gibt nun dem Gericht durch Einfügung neuer Vorschriften in die ZPO die Möglichkeit, in bestimmten Fällen ohne vorheriges Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung zu entscheiden. § 35 sieht deshalb vor, daß der RA auch dann den Anspruch auf die Verhandlungsgebühr hat, wenn das Gericht gemäß § 128 Abs. 3, § 307 Abs. 2 oder § 331 Abs. 3 ZPO ohne mündliche Verhandlung entscheidet. Es müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein: Zu Rz. 2: 1. Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO?) 188 Es muß sich um ein Verfahren handeln, für das mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist. Deshalb kommt die Vorschrift nicht zur Anwendung, wenn für das Verfahren mündliche Verhandlung freigestellt ist, zB bei der Entscheidung nach § 269 Abs. 3 ZPO n. F. nach Klagerücknahme oder nach Zurücknahme eines Rechtsmittels oder Einspruchs gemäß §515 Abs. 3 Satz 3 ZPO, § 566 ZPO, §346 ZPO. Auch bei der Entscheidung über ein Arrestgesuch sowie bei einem Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung (§ 921 Abs. 1, § 936 ZPO) kann § 35 nicht herangezogen werden. Zu Rz. 3: 189

190

Nicht jede Entscheidung bringt also die Verhandlungsgebühr des § 35 zur Entstehung, wobei andererseits aber nicht nur Urteile in Betracht kommen. Vielmehr ist § 35 immer dann einschlägig, wenn das Gericht eine Entscheidung trifft, die es im allgemeinen nur aufgrund einer mündlichen Verhandlung erlassen kann"). Vgl. unten Rz. 190 bis 192. Die Mitteilung des Gerichts, die Sache sei beraten, die Parteien möchten sich aber vor Zustellung der Entscheidung vergleichen, läßt die Verhandlungsgebühr daher nicht entstehens). Zu Rz. 4: Das Gericht muß auch tatsächlich entschieden haben«), zB durch Urteil, durch Verweisungsbeschluß gemäß § 281 (§ 276 a. F.) ZPO 7 ), durch Beweisbeschluß oder durch Aufklärungsbeschluß oder durch Verweisung an einen beauftragten oder ersuchten Richter zum Zwecke des Sühneversuches nach § 279 (§ 296 a. F.) ZPO Sa ). 2a) V. 3. 12. 76 BGBl. 1,3281. 3) § 128 ZPO neu gefaßt mit Wirkung v. 1. 7. 77 durch Vereinfachungsnovelle v. 3. 12. 76 BGBl. I, 3281. Vgl. im übrigen auch Fn. 3 S 821 des Kommentars zur Entstehungsgeschichte des § 128 ZPO. 4 ) S. Fn. 4 S 822 des Kommentars. Die Verhandlungsgebühr des § 35 entsteht nicht im Verfahren über die Verfassungsbeschwerde, wenn schriftlich entschieden wird, da die Durchführung der mündlichen Verhandlung in das Ermessen des Gerichts gestellt ist: BVerfGE 41, 229 (230). 5) S. Fn. 5 S 822 des Kommentars. 8a ) Vgl. dazu Heydt AnwBl. 77, 58. Verfasser schlägt vor, durch eine Ergänzung des § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO die gesetzliche Grundlage zu schaffen, daß gerichtliche Vergleiche auch im schriftlichen Verfahren geschlossen werden können; außerdem wird vom Verfasser vorgeschlagen, durch Ergänzung des § 35 BRAGO klarzustellen, daß auch dem RA für die Mitwirkung bei einem derartigen Vergleich die gleichen Gebühren wie bei der Protokollierung des Vergleichs in einer mündlichen Verhandlung entstehen.

636

Entscheidung ohne mündliche Verhandlung

Zu § 35 Nachtr

Zu Rz. 14: Die Rz. 14 wird wie folgt neu gefaßt: 2. Verfahren nach § 128 Abs. 3 ZPO Bei Streitigkeiten über vermögensrechtliche Ansprüche kann das Gericht von 191 Amts wegen anordnen, daß schriftlich zu verhandeln ist, wenn eine Vertretung durch einen RA nicht geboten ist, der Wert des Streitgegenstandes bei Einreichung der Klage 500 DM nicht übersteigt und einer Partei das Erscheinen vor Gericht wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grunde nicht zuzumuten ist. In diesen Fällen erhält der RA ebenfalls die Verhandlungsgebühr, auch wenn die Parteien zu der Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht ihr Einverständnis erklärt haben. Im übrigen kann hierzu auf die Erläuterungen oben zu Ziff. 1 (Rz. 187) verwiesen werden. Erlaß der Entscheidung ist auch hier Bedingung. 3. Verfahren nach § 307 Abs. 2 ZPO Erklärt der Beklagte auf eine Aufforderung nach § 276 Abs. 1 Satz 1 ZPO, daß er den Anspruch des Klägers ganz oder zum Teil anerkenne, so ist er auf Antrag des Klägers ohne mündliche Verhandlung dem Anerkenntnis gemäß zu verurteilen. Der Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Der RA des Klägers erhält in diesen Fällen gemäß § 35 i. Verb, mit § 33 Abs. 1 eine halbe Verhandlungsgebühr. Die Gebühr kann auch für den RA des Beklagten erwachsen, wenn der Beklagte das Anerkenntnis durch einen RA hat abgeben lassen18*). 4. Verfahren nach § 331 Abs. 3 ZPO Hat der Beklagte entgegen § 276 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig angezeigt, daß er sich gegen die Klage verteidigen wolle, so trifft auf Antrag des Klägers das Gericht die Entscheidung ebenfalls ohne mündliche Verhandlung. Dies gilt nicht, wenn die Erklärung des Beklagten noch eingeht, bevor das von den Richtern unterschriebene Urteil der Geschäftsstelle übergeben ist. Auch dieser Antrag kann schon in der Klageschrift gestellt werden. Der RA des Klägers erhält, wenn das Gericht auf seinen Antrag ohne mündliche Verhandlung entscheidet, in diesem Fall eine halbe Verhandlungsgebühr gemäß § 35 i. Verb, mit § 33 Abs. 1. Zu Rz. 16: Anfügung am Ende von Rz. 16: 192 Keine Anwendung findet § 35 im Verfahren der Verfassungsbeschwerde 20 ), ferner im arbeitsgerichtlichen Beschlußverfahren 2 '), in Verfahren der Freiwilligen Gerichtsbarkeit (vgl. die in § 63 Abs. 1 —3 genannten Verfahren in Landwirtschaftssachen, Hausratssachen, Wohnungseigentumssachen) 22 ). Dagegen ist § 35 anzuwenden im Verfahren nach dem Londoner Schuldenabkommen (vgl. Rz. 26 zu § 63), im Urteilsverfahren vor Gerichten in Arbeitssachen (§ 46 Abs. 2, § 64 Abs. 2 ArbGG) und in verwaltungsgerichtlichen Rechtstreitigkeiten (§ 101 Abs. 2 VwGO) sowie im Verfahren nach § 15 Abs. 1 LwVG, wenn in diesen Verfahren auf Antrag eine mündliche Verhandlung stattfinden muß und das Gericht ohne eine solche entscheidet (vgl. Rz. 10 zu § 63). 's«) Vgl. auch Gerold/Schmidt BRAGO 6. Aufl. Rz. 5. 20) BVerfG Rpfleger 73, 243; vgl. auch Rz. 20 zu § 113. 2 >) Vgl. Rz. 11 zu § 62 und dort Fn. 15. 22 ) S. Rz. 10 zu § 63.

637

Nachtr Zu § 36

Nachtrag zu §§1—80

Zu § 35 a BRAGO (Seite 824 des

Kommentars):

§ 35 a. Verfahren nach dem Entlastungsgesetz (aufgehoben) Die Vorschrift, die das Verfahren nach Art. 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Entlastung des BGH in Zivilsachen betraf, ist mit dem Auslaufen des Entlastungsgesetzes entfallen. Sie wurde deshalb durch das Revisionsrechtsänderungsgesetz v. 8. 7. 75 BGBl. I, 1863 aufgehoben. Für Fälle, die übergangsweise weiter nach dem Entlastungsgesetz erledigt werden können, ist die Vorschrift durch die Übergangsregelung des Art. 3 Nr. 3 des Ges. v. 8. 7. 75 insoweit aufrechterhalten; das Verfahren nach Art. 1 Nr. 2, 3 des Gesetzes zur Entlastung des BGH in Zivilsachen einschließlich der Kostenregelung des § 35 a BRAGebO soll danach weiter bei Revisionen angewandt werden können, die nach altem Recht zulässig sind1). i) Vgl. Mümmler Büro 75, 1022.

Zu § 36 BRAGO (Seite 826ff des

Kommentars):

§ 36. Aussöhnung von Eheleuten (1) (unverändert) (2) Ist eine Scheidungssache oder eine Klage auf Aufhebung einer Ehe anhängig oder ist der ernstliche Wille eines Ehegatten, ein solches Verfahren anhängig zu machen, hervorgetreten und setzen die Ehegatten die eheliche Lebensgemeinschaft fort oder nehmen sie die eheliche Lebensgemeinschaft wieder auf, so erhält der Rechtsanwalt, der bei der Aussöhnung mitgewirkt hat, eine volle Gebühr. Vorbemerkung: Abs. 2 wurde mit Wirkung v. 1.7. 77 durch Art. 10 Ziff. 3 e des 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421 redaktionell geändert. An die Stelle der bisherigen Worte „Klage auf Scheidung" ist die Bezeichnung „Scheidungssache" getreten; im Halbsatz 2 heißt es statt „eine solche Klage" jetzt „ein solches Verfahren". Sachliche Änderungen sind damit für die RA-Gebühren nicht verbunden. Zu Rz. 2: Erläuterungen zu Abs. 1 Satz 2: 193

Wenn ein Verfahren auf Scheidung oder Aufhebung der Ehe anhängig ist, hat das Gericht gemäß § 623 Abs. 3 ZPO zusammen mit der Scheidungssache von Amts wegen auch über die Regelung der elterlichen Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind und über die Durchführung des Versorgungsausgleichs in den Fällen des § 1587 b BGB zu verhandeln. Ebenfalls hat das Gericht, soweit in Familiensachen des § 621 Abs. 1 ZPO eine Entscheidung für den Fall der Scheidung zu treffen ist und von einem Ehegatten rechtzeitig begehrt wird, auch über die in § 621 Abs. 1 Nr. 2 bis 5, 7 bis 9 ZPO genannten Folgesachen gleichzeitig und zusammen mit der Scheidungssache zu verhandeln und sofern dem Scheidungsantrag stattgegeben wird, zu entscheiden. Durch den Verbund von Scheidungs- und Folgesachen (§ 623 ZPO) werden die Folgesachen in das Eheverfahren eingeführt. Die Parteien können deshalb die Folgesachen auch vergleichsweise vor Gericht regeln. Die Gebührenbestimmung für einen solchen Vergleich trifft § 36 Abs. 1.

638

Beigeordneter Rechtsanwalt

Zu § 36 a Nachtr

Zu Seite 835 des Kommentars vor § 37 BRAGO: § 36 a. Beigeordneter Rechtsanwalt (1) Ein Rechtsanwalt, der nach § 625 der Zivilprozeßordnung dem Antragsgegner beigeordnet ist, kann von diesem die Vergütung eines zum Prozeßbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts verlangen; er kann jedoch keinen Vorschuß fordern. (2) Ist der Antragsgegner mit der Zahlung der Vergütung im Verzug, so kann der Rechtsanwalt eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen. Die Vorschriften des Zwölften Abschnitts gelten sinngemäß. Vorbemerkung: Diese Vorschrift ist neu. Ihre Einfügung ist mit Wirkung v. 1.7. 77 erfolgt durch Art. 10 Ziff. 3 f des 1. EheRG v. 14. 6. 76 BGBl. I, 1421. Erläuterungen: Verfahren vor dem Familiengericht in Ehesachen unterliegen dem Anwaltszwang 194 (§ 78 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Sofern der Antragsgegner in diesen Verfahren nicht von sich aus einen RA als Bevollmächtigten bestellt, ordnet ihm das Prozeßgericht von Amts wegen zur Wahrnehmung seiner Rechte im ersten Rechtszug hinsichtlich des Scheidungsantrags und der Regelung der elterlichen Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind einen RA bei, wenn diese Maßnahme nach der freien Überzeugung des Gerichts zum Schutz des Antragsgegners unabweisbar erscheint. Der beizuordnende RA wird in diesem Falle gemäß § 625 Abs. 1 letzter Halbsatz ZPO in sinngemäßer Anwendung des § 116 b Abs. 1 Satz 1 ZPO durch den Vorsitzenden des Gerichts aus der Zahl der bei dem Prozeßgericht zugelassenen RAe ausgewählt. Vor einer Beiordnung soll der Antragsgegner persönlich gehört und dabei besonders darauf hingewiesen werden, daß die Familiensachen des § 621 Abs. 1 ZPO gleichzeitig mit der Scheidungssache verhandelt und entschieden werden können. Der beigeordnete RA hat die Stellung eines Beistandes (§ 625 Abs. 2 ZPO). Die 195 Beiordnung bezieht sich aber nur auf die Wahrnehmung der Rechte des Antragsgegners im ersten Rechtszug hinsichtlich des Scheidungsantrags und der Regelung der elterlichen Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind. Deshalb sollte der RA den Antragsgegner darüber aufklären, daß in allen übrigen gleichzeitig mit der Scheidungssache anhängigen Folgesachen (s. §621 Abs. 1 ZPO) Versäumnisurteil erlassen werden kann, wenn der Antragsgegner insoweit sich nicht anwaltlich vertreten läßt')Der RA hat gegen den Antragsgegner einen unmittelbaren Gebührenanspruch, 196 auch wenn dieser mit der Beiordnung nicht einverstanden ist und deshalb dem RA keine Vollmacht erteilt. Die Vergütung des beigeordneten RA entsteht in der gleichen Höhe, wie sie ein Prozeßbevollmächtigter beanspruchen könnte, also nach der Tabelle der Anlage zu § 11. Die Prozeßgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 1) entsteht unter denselben Voraussetzungen, 197 wie sie sonst einem Prozeßbevollmächtigten erwächst (Abs. 1). Sie ermäßigt sich auf s /io, wenn die Voraussetzungen dafür nach § 32 gegeben sind. ') Vgl. wegen Stellung und Aufgaben des beigeordneten RA Borgmann AnwBl. 77, 160; ferner Schwab FamRZ 76, 660 sowie Brüggemann FamRZ 77, 1 ff.

639

Nachtr Zu § 36 a

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

198

Die Verhandlungsgebühr (§31 Abs. 1 Nr. 2) erhält der RA gemäß § 3 3 Abs. 1 Nr. 3 grundsätzlich in Höhe von 10/io, wenn er dem Antragsgegner in dem Termin zur mündlichen Verhandlung Beistand leistet oder dessen Rechte wahrnimmt, wenn dieser nicht zum Termin erschienen ist.

199

Ebenso entsteht dem RA die Beweisgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 3, § 34), wenn er in einem Beweisaufnahmeverfahren tätig wird.

200

Auch die Erörterungsgebühr (§ 31 Abs. 1 Nr. 4) kann entstehen, wenn die Sache in einem Termin vor dem Gericht erörtert wird. Voraussetzung ist lediglich, daß der RA bei der Erörterung mit anwesend ist. Es genügt jedoch f ü r den Anfall der Gebühr bereits, wenn der RA sich auf die Beobachtung der Erörterungen beschränkt').

201

Abs. 1 letzter Halbsatz versagt es dem RA, von dem Antragsgegner f ü r seinen Gebührenanspruch einen Vorschuß zu fordern. Der RA muß daher die Fälligkeit der Vergütung (§ 16) abwarten.

202

Erteilt der Antragsgegner dem RA Prozeßvollmacht, so kann der RA von seinem Auftraggeber für die ab Vollmachterteilung anfallenden Gebühren und Auslagen Vorschuß gemäß § 17 fordern. Zahlt der Antragsgegner den angeforderten Vorschuß nicht, so darf der RA das Mandat niederlegen (vgl. Rz. 14 zu § 17), er bleibt aber trotzdem verpflichtet, den Antragsgegner als Beistand weiter zu vertreten.

203

Ist der Antragsgegner mit der Zahlung der Vergütung im Verzug, so kann der RA eine Vergütung aus der Landeskasse verlangen (Abs. 2 Satz 2). Der RA ist also gehalten, sich zunächst wegen seiner Gebührenansprüche an den Antragsgegner zu wenden. Zahlt dieser auf die ordnungsgemäße Berechnung der Vergütung (§ 18) und auch nach Mahnung nicht, so daß Verzug eintritt, ist der RA berechtigt, eine Vergütung aus der Landeskasse zu verlangen, wobei gemäß Abs. 2 Satz 2 die Vorschriften des 12. Abschnitts sinngemäß gelten (§§ 121 bis 130). Der RA erhält also aus der Landeskasse nur die Sätze der Tabelle des § 123, wie der Armenanwalt.

204

Hat der Antragsgegner an den RA bereits Teilleistungen auf die Vergütung erbracht, so braucht sich der RA diese Zahlungen solange nicht auf den Vergütungsanspruch gegen die Landeskasse anrechnen zu lassen, als diese den Unterschied zwischen den Wahlanwaltskosten und den Armenanwaltskosten nicht übersteigen (§ 129). Andernfalls muß der RA den überschießenden Betrag sich auf die Armenanwaltsvergütung anrechnen lassen. Ebenso ist der RA verpflichtet, Zahlungen, die der Antragsgegner erst nach Empfang der Armenanwaltsvergütung an ihn geleistet hat, an die Landeskasse abzuführen, soweit durch sie die Wahlanwaltskosten überschritten werden.

205

Macht der Antragsgegner geltend, daß er nicht zur Zahlung der Wahlanwaltskosten in der Lage ist, steht ihm wie jeder anderen Prozeßpartei das Recht zu, die Bewilligung des Armenrechts und die Beiordnung des RA als Armenanwalt zu beantragen. In diesem Fall liegt es im Rahmen einer ordnungsgemäßen Parteivertretung, d a ß der RA den Antragsgegner auf die Möglichkeit der Armenrechtsbewilligung hinweist.

i) Vgl. wegen Stellung und Aufgaben des beigeordneten RA Borgmann AnwBl. 77, 160; ferner Schwab FamRZ 76, 660 sowie Brüggemann FamRZ 77, 1 ff. 640

Rechtszug

Zu § 37 Nachtr

Zu §37 BRAGO (Seite 835ff des Kommentars): § 370- Rechtszug Zum Rechtszug gehören insbesondere (1—5) (unverändert) (6) die Berichtigung oder Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestandes; die Festsetzung des Regelunterhalts nach § 642 a Abs. 1 oder § 642 d der Zivilprozeßordnung, soweit nicht § 43 b Nr. 1 Anwendung findet; die Festsetzung des für die Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung zu leistenden Betrages nach § 53 e Abs. 2 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit; (6 a) (unverändert) (7) Die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Sprungrevision (§ 566 a Abs. 2 der Zivilprozeßordnung), der Ausspruch Uber die Verpflichtung, die Kosten zu tragen oder eines Rechtsmittels verlustig zu sein (§§ 91 a, 269 Abs. 3 Satz 2, § 515 Abs. 3 Satz 1, § 566 der Zivilprozeßordnung), die Vollstreckbarerklärung eines Urteils (§§ 534, 560 der Zivilprozeßordnung), die Erteilung des Notfristzeugnisses, Rechtskraftzeugnisses, die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage nach § 731 der Zivilprozeßordnung erhoben wird, die Kostenfestsetzung (§§ 104,107 der Zivilprozeßordnung) ausschließlich der Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß, die Einforderung der Vergütung (§§ 18, 19), die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt. Vorbemerkung: Nr. 6 letzter Halbsatz wurde angefügt mit Wirkung v. 1.7. 77 durch Art. 10 Ziff. 3 g des 1. Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14.6. 76 BGBl. I, 1421. Nr. 7 ist geändert mit Wirkung v. 1.7. 77 durch Art. 8 Ziff. 2 b des Gesetzes zur Vereinfachung gerichtlicher Verfahren (Vereinfachungsnovelle) v. 3. 12. 76 BGBl. I, 3281. Erläuterungen: 1. Im Gesetzestext zu Nr. 6 ist anstelle von „§43 a Nr. 1" nunmehr zu setzen: 206 „§ 43 b". Der bisherige Text des § 43 a Nr. 1 ist mit Wirkung v. 1. 1. 77 durch Gesetz v. 29. 7. 76 BGBl. I, 2029 in die neue Vorschrift § 43 b übernommen worden. Dadurch ändert sich auch die Bemerkung in Rz. 41 a. E.; anstelle von „§ 43 a Ziff. 1 BRAGebO" muß es dort nun heißen: „§ 43 b BRAGO". 2. Durch den Zusatz in Nr. 6 wurde klargestellt, daß das Verfahren gemäß § 53 e 207 Abs. 2 FGG auf Festsetzung eines an eine gesetzliche Rentenversicherung zu leistenden Betrages zur Instanz gehört, also mit dem Verfahren vor dem Richter eine Angelegenheit bildet. 3. Die Ehegatten können im Zusammenhang mit der Scheidung eine Vereinba- 208 rung über den Ausgleich von Anwartschaften oder Anrechten auf eine Versorgung >) Wegen Übergangsregelung nach der BRAGO-Novelle 1975 vgl. H. Schmidt AnwBl. 77, 229. 641

Nachtr Zu § 41

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

wegen Alters oder Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit (§ 1587 B G B ) schließen (§ 1587 o Abs. 1 Satz 1 BGB). Die Vereinbarung muß notariell beurkundet werden; § 127 a B G B ist entsprechend anzuwenden. Die Vereinbarung bedarf der Genehmigung des Familiengerichts. Die Genehmigung soll nur verweigert werden, wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung und der Vermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zur Sicherung des Berechtigten für den Fall der Erwerbsunfähigkeit und des Alters geeignet ist oder zu keinem nach Art und Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt (§ 1587 o Abs. 2 BGB). Ist ein Ehegatte auf Grund einer Vereinbarung, die das Gericht nach § 1587 o Abs. 2 B G B genehmigt hat, verpflichtet, für den anderen Zahlungen zur Begründung von Rentenanwartschaften in einer gesetzlichen Rentenversicherung zu leisten, so wird der für die Begründung dieser Rentenanwartschaften erforderliche Betrag (§ 1304 b Abs. 1 Satz 1, 2 i. Verb, mit der Bekanntmachung auf Grund des § 1304 c Abs. 3 RVO oder § 83 b Abs. 1 Satz 1, 2 i. Verb, mit der Bekanntmachung auf Grund des § 83 c Abs. 3 AVG) gesondert festgesetzt. Dieses Festsetzungsverfahren gehört gemäß Nr. 6 ebenfalls zum Rechtszug. Dies stellt der Zusatz in § 37 Nr. 6 klar. 209

4. Die redaktionelle Änderung in Nr. 7 beruht auf der Neuregelung von Vorschriften der ZPO durch die Vereinfachungsnovelle v. 3. 12. 76 BGBl. I, 3281. Es heißt anstelle von „§ 271" nun „§ 269". Diese Änderung ist auch in Rz. 48 zu berücksichtigen.

Zu § 41 BRAGO (Seite 870 des

Kommentars):

§ 41. Einstweilige Anordnungen (1) Die Verfahren nach a) § 127 a, b) §§ 620, 620 b Abs. 1, 2, c) § 621 f, d) §§ 641 d, 641 e Abs. 2, 3 der Zivilprozeßordnung gelten jeweils als besondere Angelegenheit. Für mehrere Verfahren, die unter einem Buchstaben genannt sind, erhält der Rechtsanwalt die Gebühren in jedem Rechtszug nur einmal. (2) Bei einer Einigung der Parteien erhält der Rechtsanwalt die Prozeßgebühr nur zur Hälfte, wenn ein Antrag nach den in Absatz 1 genannten Vorschriften nicht gestellt worden ist. Dies gilt auch, soweit lediglich beantragt ist, eine Einigung der Parteien zu Protokoll zu nehmen. Vorbemerkung: Die Vorschrift ist geändert und völlig neu gefaßt durch das 1. Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts v. 14. 6 . 7 6 BGBl. 1,1421. In Kraft getreten am 1. 7. 77. Erläuterungen: Zu Rz. 1: 210

Der Text der bisherigen Rz. 1 wird wie folgt neu gefaßt: 1. Durch diese Vorschrift wird klargestellt, daß das Verfahren 642

Einstweilige Anordnungen

Zu § 41 Nachtr

a) nach § 127 a ZPO über den Antrag einer Partei, in einer Unterhaltssache durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses für diesen Rechtstreit zu regeln ; b) nach § 620 ZPO über den Antrag einer Partei, durch einstweilige Anordnung die elterliche Gewalt über ein gemeinschaftliches Kind (Abs. 1 Ziff. 1), den persönlichen Verkehr des nicht sorgeberechtigten Elternteils mit dem Kinde (Abs. 1 Ziff. 2), die Herausgabe des Kindes an den anderen Elternteil (Abs. 1 Ziff. 3), die Unterhaltspflicht gegenüber einem Kinde im Verhältnis der Ehegatten zueinander (Abs. 1 Ziff. 4), das Getrenntleben der Ehegatten (Abs. 1 Ziff. 5), den Unterhalt eines Ehegatten (Abs. 1 Ziff. 6), die Benutzung der Ehewohnung und des Hausrats (Abs. 1 Ziff. 7), die Herausgabe oder Benutzung der zum persönlichen Gebrauch eines Ehegatten oder eines Kindes bestimmten Sachen (Abs. 1 Ziff. 8), die Verpflichtung zur Leistung eines Prozeßkostenvorschusses in Familiensachen (Abs. 1 Ziff. 9) zu regeln; c) nach § 620 b Abs. 1, 2 ZPObetr. die Aufhebung und Änderung der einstweiligen Anordnung ; d) nach § 621 f ZPO über den Antrag einer Partei, in einer Familiensache des § 621 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, 6 bis 9 durch einstweilige Anordnung die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenvorschusses für dieses Verfahren zu regeln; e) nach § 641 d ZPO, auf Antrag in einem Rechtsstreit auf Feststellung des Bestehens der Vaterschaft durch einstweilige Anordnung zu bestimmen, daß der Mann dem Kinde Unterhalt zu zahlen oder für den Unterhalt Sicherheit zu leisten hat, und die Höhe des Unterhalts zu regeln (wegen Gebühren für die Tätigkeit im Beschwerdeverfahren vgl. Rz. 225); f) gemäß § 641 e Abs. 2, 3 ZPO (auf Antrag des Mannes ist nach rechtskräftiger Feststellung der Vaterschaft, wenn er nicht zugleich verurteilt ist, den Regelunterhalt zu zahlen, eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer das Kind wegen seiner Unterhaltsansprüche die Klage zu erheben hat); g) nach § 641 e Abs. 3 ZPO, in dem der rechtskräftig zur Zahlung des Regelunterhalts, des Regelunterhalts zuzüglich eines Zuschlags oder abzüglich eines Abschlags oder eines Zuschlags zum Regelunterhalt verurteilte Mann bei dem Gericht des ersten Rechtszuges den Antrag stellen kann, eine Frist zu bestimmen, innerhalb derer das Kind die Festsetzung des Betrages nach § 642 a Abs. 1 oder nach § 642 d oder § 643 Abs. 2 i. Verb, mit § 642 a Abs. 1 zu beantragen hat, für die Berechnung der RA-Gebühren jeweils als besondere Angelegenheit gelten. Die hier ergehenden Beschlüsse bezeichnet man mit „einstweiligen Anordnungen" und nicht mehr, wie früher, mit „einstweiligen Verfügungen". Es entstehen somit neben den Gebühren in der Ehesache für die Anträge auf die oben zu a bis f erwähnten Anordnungen die Regelgebühren des § 31 besonders. Die Gebühren sind daher auch getrennt von der Ehesache zu berechnen (vgl. Fußn. 5 S 872). Für mehrere Verfahren nach §§ 620, 620 b Abs. 1, 2 ZPO sowie für mehrere Ver- 211 fahren nach §§ 641 d, 641 e Abs. 2, 3 ZPO erhält der RA die Gebühren in jedem Rechtszug aber nur einmal (Abs. 1) (vgl. unten zu Rz. 215 ff)Zu Rz. 2 bis 6: Die bisherigen Erläuterungen bleiben von der Neufassung der Vorschrift unbe- 212 rührt. 643

Nachtr Zu § 41

Nachtrag zu § § 1 - 8 0

Zu Rz. 7 bis 9: 213

Anstelle des bisherigen Textes der Rz. 7—9 gilt nun folgendes: Nach § 41 Abs. 1 Satz 2 bilden die vorstehend zu f und g genannten Verfahren zusammen mit dem zu e genannten Verfahren eine Angelegenheit. Daß die Verfahren nach §§ 620, 620 b Abs. 1, 2 ZPO als besonderer Rechtstreit gelten, ergibt sich ebenfalls aus § 41 Abs. 1 Satz 2. Gleiches gilt für Verfahren über Anträge nach §§ 641 d, 641 e Abs. 2 oder 3 ZPO.

214

Wenn die Anträge aus §§ 620, 620 b Abs. 1, 2 ZPO in der Berufungsinstanz gestellt werden (§ 620 Abs. 3 ZPO), so entstehen die Gebühren nach den erhöhten Sätzen des § 11 Abs. 1 Satz 2 (I3/.o) (vgl. Fußn. 8 S 873). § 40 Abs. 3 ist nicht anzuwenden, da diese Vorschrift nur für das Arrest- und einstweilige Verfügungsverfahren gilt. Vgl. § 40 Rz. 12. Zu Rz.

10ff:

II. Mehrere Verfahren (Abs. 1 Satz 2) 215

Für mehrere Verfahren dieser Art aus §§ 620, 620 b Abs. 1, 2 ZPO innerhalb des gleichen Eheprozesses erhält der RA in jedem Rechtszug die Gebühren nur einmal (zB für den Antrag auf Zahlung eines Prozeßkostenvorschusses, Regelung der elterlichen Gewalt für die gemeinschaftlichen Kinder, Unterhalt gegenüber den Kindern, Gestattung des Getrenntlebens der Ehegatten) (vgl. Fußn. 9 S 873).

216

Das gleiche gilt für das Verfahren nach §§ 641 d, 641 e Abs. 2, 3 ZPO, weil auch nach diesen Vorschriften durchaus mehrere Verfahren möglich sind. Der Abs. 1 Satz 2 des § 41 unterstreicht dies auch, indem er sagt: „Für mehrere Verfahren, die unter einem Buchstaben genannt sind, erhält der RA die Gebühren in jedem Rechtszug nur einmal." (vgl. Fußn. 11 S 873). Der RA erhält also für mehrere Verfahren innerhalb einer der in Abs. 1 Buchst. a—d genannten Gruppen in demselben Rechtszug die Gebühren nur einmal. Jede der Verfahrensgruppen bildet aber für sich eine eigene Angelegenheit, so daß für jede Verfahrensgruppe eine gesonderte Gebührenberechnung zu erfolgen hat.

217

Die Streitwerte mehrerer Anträge (Verfahren) innerhalb derselben Gruppe sind zusammenzurechnen (§ 7 Abs. 2).

218

Für jede Entscheidung nach § 620 Abs. 1 Ziff. 1, 2 oder 3 ZPO ist ein eigener Streitwert anzusetzen. Auszugehen ist gemäß § 8 Abs. 2 Satz 3 BRAGO für jeden dieser Anträge von einem Wert von 1 000 DM'). Dies ist jedoch nur ein Ausgangswert, der im Rahmen des § 8 Abs. 2 Satz 2 BRAGO, wenn die Voraussetzungen dafür vorliegen, bis auf 1 Million DM zu erhöhen oder bis auf 300 DM zu ermäßigen ist. Die frühere Rechtsansicht, daß gegenüber dem Antrag auf Regelung des Sorgerechts oder der elterlichen Gewalt der Antrag auf Regelung des Verkehrs mit den Kindern keinen selbständigen Streitwert besitzt, ist damit überholt.

219

Sofern die Regelungen nach § 620 Abs. 1 Ziff. 1, 2 oder 3 ZPO mehrere gemeinschaftliche Kinder betreffen, ist der Wert entsprechend der Zahl der Kinder zu eri) Vgl. Mümmler Büro 78, 324; Hartmann KostG 19. Aufl. Anm. C 4 zu § 8 BRAGO!

644

Einstweilige Anordnungen

Zu § 41 Nachtr

höhen. Die Vorschrift des § 19 a Satz 2 GKG findet hier keine Anwendung, sie ist für andere Verfahren geschaffen worden und kann auch nicht über § 8 Abs. 1 BRAGO sinngemäß herangezogen werden'). Bei Vertretung mehrerer Kinder in solchen Verfahren — für die keine Gerichtsgebühren bestimmt sind — gilt vielmehr die generelle Vorschrift des § 7 Abs. 2 BRAGO, wonach in derselben Angelegenheit die Werte mehrerer Gegenstände zusammengerechnet werden. Vgl. dazu auch Rz. 22. Wird im Verfahren auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung mit einem nichtver- 220 mögensrechtlichen Anspruch ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, so ist der Wert der gesamten erhobenen Ansprüche zu ermitteln und nach § 7 Abs. 2 BRAGO zusammenzurechnen^). § 12 Abs. 3 GKG n. F. (§ 14 Abs. 2 GKG a. F.) kann hier keine Anwendung finden. Dies bestimmt auch für die Wertberechnung für die Gerichtskosten die Vorschrift des § 19 a Abs. 2 GKG, wonach die Einschränkung des § 12 Abs. 3 GKG n. F. nicht für Scheidungsfolgesachen gilt. Mümmler1) weist zutreffend daraufhin, daß dies ebenso für Verfahren der einstweiligen Anordnung gilt3). Vgl. wegen Einzelheiten zum Streitwert in diesen Angelegenheiten die Erläute- 221 rungen zu § 19 a GKG. Zu Rz. 16: Anstelle „§ 627 ZPO" muß es jetzt „§ 620 ZPO" heißen.

222

Zu Rz. 17: In der 2. Zeile muß es anstelle der Worte: „die 4. DVO zum EheGes. 223 vom 25. 10. 41")" jetzt heißen: „durch das 1. EheRG*)" und anstelle „§ 627 c ZPO" muß es in der gleichen Zeile heißen: „§ 620 g ZPO". In Fn. 19 ist statt „RGBl. 1 1941, 654" jetzt zu vermerken: „BGBl. I, 1421". Zu Rz. 18: Rz. 18 ist ersatzlos zu streichen, nachdem die früher in § 627 c ZPO für das Auf- 224 hebungsverfahren nach § 627 b Abs. 4 ZPO bestimmte Ausnahme nicht in die neue Vorschrift des § 620 g ZPO übernommen wurde. Zu Rz. 19: Wenn ein Vergleich, der als eine Maßnahme im Rahmen der §§ 620, 620 b ZPO zu beurteilen ist, geschlossen wird, so folgen die Kosten mangels ausdrücklicher Parteivereinbarung der Kostenentscheidung der Hauptsache. Es findet die Vorschrift des § 620 g ZPO Anwendung, nicht die des § 98 ZPO. Wird aber ein Teilvergleich mit Unterhaltsregelung geschlossen, der nach dem Sitzungsprotokoll nicht vorgelesen und genehmigt ist, kann der Vergleich nur wie ein außergerichtlicher Vergleich behandelt werden. Die Kosten eines solchen Vergleiches sind nicht 2

) So auch Hartmann a.a.O. Anm. 4 zu § 7 u n d Anm. 1 zu § 41. ) Das ergibt sich übrigens auch aus der amtl. Begründung zur Neufassung des § 19 a Satz 2 G K G (BT-Drucks. 7/650 S 219 v. 1. 6. 73: Lediglich für das einstweilige Anordnungsverfahren u n d Streitigkeiten, die sich infolge einer Scheidung ergeben, konnte § 12 Abs. 3 G K G im Verhältnis jeweils untereinander angewendet werden. Insofern unterlag seine Anwendbarkeit aber nicht selten Zweifeln. Im Interesse der Klarheit wird sie n u n m e h r ausdrücklich ausgeschlossen."