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German Pages 783 [773] Year 2017
AUSGEWÄHLTE QUELLEN ZUR DEUTSCHEN GESCHICHTE DES MITTELALTERS FREIHERR
VOM
STEIN-GEDÄCHTNISAUSGABE
Begründet von Rudolf Buchner und fortgeführt von Franz-J osef Schmale
Ban d XVII
OTTO N I S EPI S CO P I FRI S I NG EN S I S ET RAH EWI N I
GESTA FREDERICI seu rectius
CRONICA
Texturn i m p e rat o r i tran s m i s s u m editionibus G e o r g i i Waitz e t Be rnhardi Si m s o n ni s u s e c o dice Par i s i e n s i edidit F ran z -Jo s e f Schm a l e
1986 W I S S E N S C H AF T LICH E B U CH G E S E L L S C H A F T D AR M S T A D T
B I S C HOF OTTO VON F R EI S I N G UND RAH EWIN
DIE TATEN FRIEDRICHS oder richtiger
CRONICA
Übe r s etzt von Ado l f Schm idt
t
He rau s g e g eben v o n Franz-Jo s e f Schma l e
1986 W I S S E N S C H A F T L I C H E B U C H G E S EL L S C H A F T D A R M S TAD T
2. Auflage 1974
= reprografischer Nachdruck der 1. Auflage 1965 mit einer Textkorrektur aufS. 127
CIP- Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Die Taten Friedrichs oder richtiger Chronica I Otto von Freising u. Rahewin. Übers. von Adolf Schmidt. Hrsg. von Franz-Josef Schmale.- 3., gegenüber d. 2. unveränd. Auf!.- Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1986. (Ausgewählte Quellen zur deutschen Geschichte des Mittelalters; Bd. 17) Parallelt.: Ottonis episcopi Frisingensis et Rahewini Gesta Frederici seu rectius cronica ISBN 3-534-01418-9 NE: Schmale, Franz-Josef [Hrsg.j; Otto (Frisingensis) [Mitverf. ]; Rahewinus (Frisingensis) [Mitverf.]; PT; GT
12345
~ Bestellnummer 1418-9
3., gegenüber der 2. unveränderte Auflage © 1965 by Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt
Druck und Einband: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt Printed in Germany
ISSN 0067-0650 ISBN 3-534-01418-9 Elektronisch ist folgende Ausgabe erhältlich: eBook (PDF): ISBN 978-3-534-74303-2
INHALTSVERZEICHNIS Vorwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
IX
EINLEITUNG I. Der Anteil Ottos von Freising 1 . Allgemeine Charakteristik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Inhalt und Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
15
II. Das Werk Rahewins 1 . Zur Biographie Rahewins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 . Rahewins Gesta-Anteil. Allgemeine Charakteristik . . . . . . . 3. Rahewins Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
26 32 42
III . Fortwirken und Stellung der Gesta in der Historiographie des 1 2 . Jahrhunderts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . IV. Ü berlieferung
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1 . Widmungsfassung . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Freisillger Ü berlieferung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
58 63
V. Zur folgenden Ausgabe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
71
VI. Die Titelfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
75
VII. Literaturauswahl . . . . . . . . . . . . . . . . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
77
TEXT Die Chronik des Bischofs Otto von Freising und seines Schreibers Radewie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kapitel des ersten Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Die Kapitel des zweiten Buches Die Kapitel des dritten Buches Die Kapitel des vierten Buches . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Vorwort zum folgenden Werk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Erstes Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zweites Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bis hierher Bischof Otto und seine Chronik, von nun an Rahewin Drittes Buch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Viertes Bu ch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Namenverzeichnis . .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
82 90 96 102 106 1 14 1 22 284 392 396 510 717
VORWORT Ursprünglich sollte für die Ausgabe der Gesta Friderici I. impera toris Ottos von Freising und Rahewins in dieser Reihe die bisher maß gebende Edition von G. Waitz und B. Simson zugrunde gelegt werden. Dafür hätte der textkritische Apparat der Monurnenta-Ausgabe auf einige wesentliche Lesarten zusammengestrichen werden müssen . Das erwies sich aber sehr bald als außerordentlich schwierig, j a un möglich. Denn Waitz-Simson waren von der Voraussetzung ausge gangen, daß die Gesta in drei (so Waitz) , beziehungsweise gar vier (so Simson) Rezensionen überliefert seien, die möglicherweise alle auf Rahewin zurückgeführt werden müßten (so zuletzt Korsch) , ohne daß sie diese Hypothese und den von ihnen behaupteten Überlieferungs zusammenhang auch kritisch gesichert und irgendwie durchschaubar gemacht hätten. Auf der anderen Seite hatten beide Herausgeber aus ihren Überzeugungen heraus versucht, alle diese Rezensionen in einem einheitlichen Text zu vereinen, der als solcher aber niemals existiert hatte und weder von einer einzelnen Überlieferung gedeckt war, noch auch aus der gesamten Überlieferung in Übereinstimmung mit ihrer eigenen Hypothese erschlossen werden konnte. Doch war auch diese Ver einheitlichung nicht konsequent durchgeführt worden. Manche Eigen tümlichkeiten einzelner Rezensionen waren durch kritische Zeichen im Text, andere in Sternnoten angemerkt, und wieder andere fanden sich im textkritischen Apparat. Ein solcher Mischtext, der allen moder nen Editionsgrundsätzen widerspricht, hätte an sich nur unter erheb lichen Bedenken erneut abgedruckt werden können, aber er erwies sich ohne den gesamten kritischen Apparat auch als völlig unverständlich. Als angesichts solcher Schwierigkeiten nach einem vertretbaren Ausweg gesucht wurde, festigte sich unter immer wieder erneuter Betrachtung des Textes, der Lesarten und der Überlieferung die auch schon früher ausgesprochene Überzeugung, daß es das beste sei, den Text nur einer einzigen Handschrift unverändert abzudrucken, die die Überlieferung des für Friedrich bestimmten Widmungsexemplars vertritt. Nur ganz eindeutige Fehler hätten dann auf Grund der son stigen Überlieferung vorsichtig emendiert werden müssen. Nachdem so bereits jeder Versuch, die Monurnenta-Ausgabe zu übernehmen,
X
Vorwort
fallen gelassen worden war, ordnete sich schließlich aber auch die übrige, scheinbar so komplizierte Überlieferung in einer so einfachen Weise, daß sie insgesamt auf eine einzige von der Widmungsfassung verschiedene Fassung zurückgeführt werden konnte. Diese Fassung war mit allergrößter Wahrscheinlichkeit das Handexemplar der Autoren, ihre relativ wenigen echten Varianten konnten mit größter Folgerichtigkeit erschlossen und bestimmt werden. Danach schien es richtig, nicht nur die Widmungsfassung allein abzudrucken, sondern nun auch die Lesarten des erschlossenen Konzepts, aber auch nur diese, im textkritischen Apparat zu verzeichnen. Nach diesen Prinzipien ist die vorliegende Ausgabe gestaltet. Sie muß aber naturgemäß einige grundsätzliche Wünsche offen lassen. Wegen ihres beschränkten Variantenapparats kann sie natürlich noch nicht als vollständige kritische Ausgabe betrachtet werden. Aber sie vermag entsprechend den Zielen dieser Reihe einen zuverlässigen Text zu bieten. Dieser ist der einzigen Handschrift entnommen, die die Reinschrift der Gesta vertritt und die mir freundlicherweise für längere Zeit nach Würzburg übersandt wurde. Dafür möchte ich an dieser Stelle der Direktion der Nationalbibliothek in Paris meinen herzlichen Dank aussprechen. Es war aber nicht möglich, die gesamte handschriftliche Überlieferung unmittelbar durchzuarbeiten und zu kollationieren; ebensowenig hätte auch die bei einer solchen Arbeit anfallende große Zahl der Varianten der verschiedenen Handschriften klassen, geschweige denn der einzelnen Handschriften verzeichnet werden können. Eine kritische Ausgabe unter unmittelbarer Benüt zung aller Handschriften bleibt daher durchaus noch wünschenswert. Sie würde voraussichtlich auch gegenüber der vorliegenden Edition noch gewisse Änderungen bringen, da die Monurnenta-Ausgabe zwar die Lesarten der wichtigsten, aber eben nicht aller Handschriften ver zeichnet und sich möglicherweise noch mehr Konzeptvarianten ergeben würden, als von uns festgestellt wurden. So lange wird also die Ausgabe von Waitz und Simson ebenfalls noch herangezogen werden müssen. Ihr ist auch die folgende Edition in doppelter Hinsicht verpflichtet. Ihrem textkritischen Apparat sind die verzeichneten Varianten ent nommen, ihr nach der Pariser Handschrift korrigierter Text wurde auch als Druckmanuskript verwendet, wobei die Interpunktion im allge meinen beibehalten wurde. Trotz dieser Beschränkungen unserer Aus gabe wird ihr Text aber wohl seine Gültigkeit auch dann behalten, wenn sich jemand zu einer kritischen Ausgabe entschließen sollte, da auch dieser die Widmungsfassung zugrundegelegt werden müßte.
Vorwort
XI
Die Übersetzung hatte Adolf Schm.idt übernommen, dem bereits die vorzügliche Übertragung der Chronik Ottos von Freising in dieser Reihe zu verdanken war . Sein Manuskript war im wesent.lichen abge schlossen, als ihn im Dezember 1963 der Tod ereilte und ihn daran hinderte, noch die letzte Hand anzulegen. So blieb mir die Pflicht der endgültigen Durchsicht der Arbeit des Verstorbenen, ohne dabei j edoch allzu tiefgreifende Ä nderungen vorzunehmen. Die Korrektur der Ü bersetzung hat Frau B. Buchner gelesen ; ihr sei dafür an dieser Stelle herzlich gedankt. Zu danken habe ich auch Frl. Dr. B. Zenker für die Hilfe bei der Anfertigung des Registers. F.-J. S .
E INLEITUNG
I. DER ANTEIL OTTOS VON FRE I SING 1. A l l g e m e i n e C h a r a k t e ri s t i k
I m Frühjahr 1 1 57 ließ Otto von Freising seinem Neffen Kaiser Friedrich I. durch Abt Rapoto von Weihenstephan bei Freising und seinen Kaplan Rahewin seine "Historia de duabus civitatibus" über reichen 1, um die Friedrich ihn - wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des Jahres 1 156 2 - gebeten hatte. In dem Widmungsschreiben, das dem eigens für den Kaiser angefertigten Exemplar der Historia oder Chronica, wie sie gewöhnlich genannt wird, beigefügt wurde, bat Otto um Verständnis für den pessimistischen Grundton seines Werkes . Es sei in der dunklen Zeit, die Friedrichs Regierung voranging, ge schrieben worden unter dem Eindruck der damaligen Wirren und aus bitterem Herzen 3• Wenn es aber Friedrich gefalle, so schrieb Otto weiter, daß nun auch seine Taten dem Gedächtnis der Nachwelt überliefert würden, dann möge er ihm durch die kaiserlichen Notare einen der Reihenfolge der Geschehnisse entsprechend geordneten Bericht zukommen lassen 4, und mit freudigem Herzen werde er, Otto, Erfreuliches schildern. 1 Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus, ed. Hofmeister, S. lff.; im Folgenden stets als Chronica zitiert. - Chronica, Zum Datum der Ü bergabe vgl. Hofmeister, Einlei ed. W. Lammers, S. 3ff. tung S. XIII. 2 Vielleicht auf dem Hoftag zu Regensburg im Herbst 1 1 56. - Auf die Bio graphie Ottos von Freising wird hier nicht mehr eingegangen, ebensowenig auf seine allgemeinen historischen und geschichtstheologischen Anschauungen. V gl. dazuA. Hofmeister, Studien über Otto von Freising, NA. 37 (19 12) 99 ff. , 633 ff. ; Hofmeister, Praefatio zur Chronica, MG. SS. rer. Germ. 1 912. ; W. Lammers, Einleitung zur Chronica und die dort verzeichnete Literatur. s Vgl. Chronica S. 2. 4 Das scheint mir eher der Sinn von Ottos Bitte, Chronica S . 3 : ltaque si vestrae placuerit maiestati gestorum vestrorum nobilissimam in posterorum memoriam stilo commendare seriem, per notarios vestrae ceisitudinis digestis capitulis mihique transmissis. Die Ü bersetzung von A. Schmidt in Chronica, ed. Lammers S. 5 geht m. E. etwas zu weit. -
Einleitung
2
Schon mit seiner Bitte um Ottos Chronik hatte Friedrich I . sem Interesse an der Geschichte bekundet, und mehrfach berichten nicht nur die Berater Friedrichs, daß der Kaiser sich immer wieder aus den "Taten" seiner Vorgänger, unter die er auch die antiken Kaiser zählte, vorlesen ließ 6, sondern Friedrich ließ sich auch in seinem Handeln und in seinen Auffassungen immer wieder von dem mitbestimmen, was die alten Kaiser in vergleichbaren Lagen getan hatten 6• So ist es verständlich, daß Friedrich bereitwillig auf Ottos Bitte einging mit einem Brief, den dieser später an die Spitze seines zweiten historischen Werkes setzte. Er enthielt einen knappen Bericht über Friedrichs Taten vom Regierungsantritt bis zum Reichstag in Regensburg, den Otto im einzelnen breiter ausführen sollte 7• Sehr bald muß Otto sich an die neue Aufgabe gemacht haben, die so sehr seinen eigenen Wünschen entsprach, die nun aber zugleich auch kaiserlicher Auftrag war. Offensichtlich hat er sich den Spätsommer 1157 über fast ausschließlich dem neuen Werk gewidmet, und schon im Laufe des Sommers 1 158 waren die beiden ersten Bücher abge schlossen ; denn als er am 22. September des Jahres auf der Reise zum Generalkapitel der Zisterzienser im Kloster Morimund, dessen Abt er noch immer war, starb8, da lagen diese beiden Bücher fertig vor9• Krankheit, die ihn schon längere Zeit vor seinem Tode schwächte 10, die Teilnahme am Reichstag von Augsburg im Juni 1 158 11 und der Aufbruch nach Frankreich können ihm in den letzten Lebensmonaten nicht mehr viel Zeit zu literarischer Tätigkeit gelassen haben . Man ches könnte sogar dafür sprechen, daß Otto die beiden ersten Bücher bereits seit längerem abgeschlossen hatte und überhaupt erst nach dem Reichstag von Augsburg sein Werk wieder aufzunehmen ge dachte und es darum auch mit auf die Reise nach Frankreich nahm 12• Angesichts des Umfangs der beiden Bücher und ihrer erstaunlich schnellen Niederschrüt innerhalb wahrscheinlich weniger Monate liegt die Annahme nahe, daß Otto dabei bereits an ältere, etwa ein •
Vgl. unten S. 82, 560. Vgl. unten S. 560, 644, 662. 1 Vgl. unten S . 88. Der Brief kann nicht vor Mitte 1 1 57 geschrieben sein, da Otto die Chronik, in deren Widmungsschreiben er um einen derartigen Bericht bat, erst nach März 1 1 57 überreichen ließ . 8 III, 14. 0 Von III ab bezeichnet Ottos Fortsetzer Rahewin die Gesta als eigenes Werk. 1o Vgl. unten S. 540. n Unten S. 448. 12 Unten S. 542. •
-
I. Der Anteil Ottos von Freising
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Jahrzehnt zurückliegende Vorarbeiten anknüpfen konnte. Denn im Prolog seines zweiten Werkes, der Gesta, berichtet er selbst, wie er damals, als er die Historia de duabus civitatibus eben beendet hatte, unter dem beglückenden Eindruck des allgemeinen Friedens, der sich unmittelbar vor und im Zusammenhang mit dem zweiten Kreuzzug durchzusetzen schien, den Entschluß faßte, eine neues Werk mit einer freundlicheren Tendenz zu schreiben. Und er habe schon zu schreiben begonnen - so berichtet er selbst -, als er schließlich doch gleichsam aus der Ahnung der kommenden Katastrophe des Kreuzzugs heraus das angefangene Werk wieder weggelegt habe 13• Wie weit diese Arbeit schon gediehen war, als Otto sie - vielleicht wegen seiner eigenen Teilnahme am Kreuzzug - wieder aufgab, ist schwer zu sagen. Sehr wahrscheinlich aber reichte seine Darstellung schon bis zum allgemeinen und seinem eigenen und Konrads III. Entschluß, an der Heerfahrt ins Heilige Land teilzunehmen 14 • Das erste Buch der Geschichte Friedrichs und seiner Zeit bietet sich heute ganz und gar als eine Vor geschichte des die ersten Regierungsjahre Friedrichs verherrlichenden zweiten Buches dar, in der der Aufstieg des staufiseben Hauses im Dienste der Salier den wesentlichsten Inhalt ausmacht. Aber trotz dieses scheinbar innigen Zusammenhanges der beiden Bücher kann der hauptsächliche Inhalt des ersten Buches bereits unter Konrad III. ganz ähnlich, ja genau so konzipiert gewesen sein. Der allgemeine Friede vor dem zweiten Kreuzzug, den der König in Übereinstimmung mit den höchsten Zielen der Christenheit und der Absicht des Papstes zu unternehmen schien, konnte den Bischof sehr wohl veranlassen, bereits 1 147 eine Verherrlichung des staufiseben Hauses zu schreiben. Denn für einen Augenblick schien diese Familie in der Person Kon rads nach so vielen Wirren j enen früheren Zustand wiederherzustellen, jene permixtio der beiden civitates, deren Auseinanderfallen Otto in seinem Hauptwerk so tief beklagt hatte, weil es das Ende der Zeiten anzukündigen schien 15• Aber damals täuschte der Augenschein. Erst der Regierungsantritt Friedrichs schien eine grundlegende Wendung herbeizuführen. Fast einstimmig wurde Friedrich im März 1 1 52 gewählt, und als er wenige Tage später in Aachen zum König geweiht wurde, da wurde gleichzeitig u
Unten S. 1 1 4. Also etwa bis I, 44. Kein Hinweis spricht für spätere Entstehung ; vgl. auch unten S. 1 2. 16 Zum Begriff der permixtio und dessen Bedeutung bei Otto vgl. W. Lammers, Einleitung, S. XL VIII ff. u
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Einleitung
mit ihm auch ein Bischof geweiht, der zudem ebenfalls den Namen Friedrich führte. Für Otto, der es gewöhnt war, alle Geschehnisse symbolisch zu deuten, erschien schon dieses Zusammentreffen der Weihe des höchsten irdischen und des höchsten priesterlichen Amtes als Zeichen der wiedergewonnenen Einheit von regnum und saeer dotium 16• Bald brachte Friedrichs politisches Geschick auch einen Ausgleich aller Interessen im Reich ; Frieden und Ordnung, ein schon fast vergessener Zustand, kehrten wieder ein. Endlich konnte der neue König im Jahre 1 154 über die Alpen ziehen, seine Herrschaft in Oberitalien schien bald gefestigt, und 1 1 55 wurde Friedrich in Rom mit der Kaiserkrone gekrönt, die Konrad III. trotz mehrfacher An läufe während seiner Regierung nicht hatte erreichen können. Ein trächtig schienen nun Papst und Kaiser wieder zusammenzuwirken. Endlich war im Oktober 1 156 der fast dreißigjährige Streit zwischen den mächtigsten deutschen Geschlechtern, zwischen Staufern, Welfen und Rabenbergern auf dem Reichstag zu Regensburg endgültig aus der Welt geschafft worden, in einer Weise, die alle Beteiligten befriedigte und alle bisher widerstreitenden Kräfte wieder in den Dienst des Reiches zu stellen schien 17• All das weckte in Otto die Überzeugung, daß nun eine grundsätzliche Wendung zum Besseren eingetreten sei, und das war auch der tiefere Anlaß, daß er nun sein vor mehr als lO Jahren aufgegebenes Vorhaben wieder aufnahm, um mit freudigem Herzen Erfreuliches zu berichten. Im Prolog seines neuen Werkes gab er sich und dem Kaiser darüber Rechenschaft. Glücklich pries er nun alle, die diese Wandlung erleben und berichten durften 18• Im Mittelpunkt des neuen Werkes mußte nun ganz folgerichtig die Gestalt des Königs und Kaisers stehen, der diese Wandlung heraufge führt zu haben schien, dem - wie Otto sagte -als einzigem unter allen Kaisern das Glück noch niemals sein häßliches Gesicht gezeigt hatte 19• Aber die literarische Begabung Ottos, seine geschichtliche Anschauung, die den ununterbrochenen Fluß des Geschehens kraft voll und sinnvoll zu gliedern vermochte und in den vordergründigen Fakten stets auch einen tieferen Gehalt erkannte 20, und nicht zuletzt sein theologisch-philosophisches Wissen haben auch aus dem zweiten historischen Werk Ottos mehr werden lassen als einen bloßen Bericht 18
Vgl. unten Il, 3.
u
Unten S . 1 1 8. Zum Symbolismus Ottos vgl.
11 Unten II, 5 7 . 1s Unten S . 1 1 4. 2o
W.
Lammers, Einleitung, vor allem S. LVI ff.
I . Der Anteil Ottos von Freising
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über die Taten Friedrichs, mehr als es der gebräuchliche Titel "Gesta Frederici" erkennen läßt 21• Nur in der Grundstimmung, nicht aber in der Art, geschichtliches Geschehen zu verstehen und zu beschreiben, unterscheiden sich die Gesta von der Chronik. Auch sie sind ein ganz von Ottos philosophischen und geschichtstheologischen Anschauungen bestimmtes Werk. Einige Bemerkungen Ottos im Prolog, Gestalt und Inhalt des historischen Berichts und nicht zuletzt die sogenannten und so oft als Fremdkörper bezeichneten philosophischen "Exkurse" an entscheidenden Stellen geben wichtige Hinweise, denen in aller Kürze nachgegangen werden muß . "Aber bevor ich die Reihe deiner Taten zu erzählen beginne, habe ich gedacht, über deinen Großvater, Vater und Oheim einiges in der Kürze vorauszuschicken, damit so, gleichsam an einem Faden der Erzählung herabsteigend, durch den Glanz ihrer Taten noch glän zender erscheine, was über deine Person gesagt werden muß" 21 a . Damit wird der Kaiser als Glied in eine Familie eingeordnet und gleichzeitig zum bedeutendsten Mann einer Familie erklärt, die in der Darstellung Ottos von Anfang an, von ihrem ersten Auftreten in der Reichsge schichte das Versprechen zu geben schien, daß von ihr einmal die Rettung aus allen Wirren der Zeit kommen würde, wie sie dann Fried rich tatsächlich und endlich herbeiführt. Dieser beharrliche Aufstieg des staufiseben Hauses, seine Taten sind eingebettet und bedeutungs voll verschlungen in das allgemeine Reichsgeschehen, aber sie bilden gleichzeitig nach der Absicht des Verfassers auch eine gegenläufige Bewegung zum sonstigen Geschehen. Denn das erste Buch beginnt mit einem geradezu hochdramatischen Einsatz : "Als unter dem Kaiser Heinrich das Reich aufs tiefste zerrissen war, der größte Teil der Fürsten gegen den Herrscher rebellierte und fast das ganze König reich unter Feuer und Schwert litt, da beschloß Papst Gregor VII. , den Kaiser, gleichsam als sei er von den Seinen abgesetzt, mit dem Schwert des Kirchenbanns zu treffen" 22• Damit ist das Ereignis ge nannt, das Otto die Ü berzeugung gegeben hatte, nun sei das Ende des Reiches und damit auch das Ende der Zeit gekommen, und der weitere Bericht über die Zustände im Reich und das Verhalten der Kaiser sowie der ihnen stets verwehrte Erfolg vermitteln noch einmal wie in der Chronik , so auch im ersten Buch der Gesta den Eindruck der Tragödie. 21 Z um Titel des Werks unten S. 75 ff. 21 a Unten S. 1 1 8 . 22 U nten I , 1.
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Einleitung
Mancherlei Geschehnisse führt Otto auch hier noch einmal an, die die Zeitenwende mehr erläutern und belegen als begründen: nicht nur der Bann des Papstes, ein unerhörtes Ereignis, sondern ebenso die unbedachte und vermessene Reaktion Heinrichs 23, wie die Reichs gründung der Normannen 24 in Unteritalien sind solcherlei Anzeichen. Aber noch größere Bedeutung mißt Otto offensichtlich dem ganz persönlichen Verhalten Heinrichs IV. zu, vor allem seinem angeblichen Ausspruch, er wundere sich, daß er im ganzen Reich niemanden finde, an dem er seine Kraft erproben könne, und seiner Auffassung, daß das nicht Tugend, sondern Feigheit sei 2 6• Dieses Verhalten Heinrichs, die superbia eines Mannes, der auf dem höchsten Gipfel zu stehen glaubt und zu stehen scheint, ist für Otto einer der wesentlichsten Gründe für den Ausbruch der Wirren. Es hat hier keinerlei Bedeutung, daß dieser Ausspruch wenig Wahrscheinlichkeit für sich hat, daß die Gründe zum Sachsenaufstand ganz anderer Art waren und daß überhaupt die Chronologie der Ereignisse und der Verknüpfung nicht der Wirk lichkeit entsprechen, wichtig ist hier nur, daß Otto die Ereignisse so sieht, welche Deutung er ihnen gibt und welche Rolle diese Deutung in einer Geschichte der Taten Friedrichs einnimmt, weil sie ja zugleich zu einer für den Kaiser bestimmten Deutung dessen eigener Taten wird. So, als sei er selbst Beobachter des damaligen Geschehens gewesen, ruft Otto Heinrich IV. auf dem Höhepunkt seiner Macht zu, daß jeder Höhepunkt die Gefahr der Peripetie in sich berge, darum sei es besser, sich auf dem Weg zum Gipfel zu befinden als auf dem Gipfel selbst, denn vom Gipfel aus könne es nur wieder bergab gehen 26• Damit hat Otto zugleich noch einmal das große Thema seiner Historia angerührt, die mutatio rerum, den ständigen Fluß des Geschehens, seine dauernde Veränderung, in der es keinen einzigen ruhenden Augenblick gibt 27• Das ist eine objektive Aussage über den Charakter des Menschen und der Geschichte, die deren Verlauf erklären soll und die deshalb einer näheren Begründung bedarf. So knüpft der Bischof daran einige philosophische Erörterungen auf der Grundlage eines metaphysischen Realismus, die keineswegs als ein philosophischer Exkurs zu betrach ten sind, der die historische Erzählung unterbricht, sondern aus dem Wesen des Seienden heraus erklären, wieso es überhaupt Geschichte, 28
Unten I, 4. scripturn . . . p r e s u m p s e r u n t. 26 Unten I, 4. " Unten I, 3. 11 Unten I, 5. - Die grundlegende Bedeutung gerade dieses Kapitels für Ottos geschichtliche Anschauungen hat J. Koch, Grundlagen, herausgearbeitet. 21 Ende I, 5, unten S. 140.
I. Der Anteil Ottos von Freising
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Auf und Ab, Veränderung und Ende gibt. Denn all das ist nur Aus druck der menschlichen Natur, die aus Verschiedenem und Entgegen gesetztem zusammengesetzt ist wie alles Kreatürliche überhaupt, wie die gesamte den Menschen umgebende Welt, genauso wie auch das geschichtliche Geschehen und bestimmte geschichtliche Zustände. Infolge dieser Zusammensetzung alles Seienden aus Entgegengesetztem, d as an sich die Zusammensetzung miteinander nicht duldet, strebt die gesamte Schöpfung, sowohl der Mensch wie auch Geschichte als Geschehen und Veränderung von Zuständen, vom Wesen her zur Auf lösung, die sich als ständige Veränderung manifestiert. Mit solchen Ü berlegungen hat aber Otto nicht nur eine allgemeine Erkenntnis ausgesprochen. Diese soll vielmehr zugleich, wie schon aus dem Ort, an dem sie vorgetragen wird, erhellt, der Hauptgestalt des ganzen Werkes, dem Kaiser Friedrich, Mahnung und Warnung sein, sich niemals auf dem Gipfel zu fühlen, sondern stets ein nach noch Höherem Strebender zu bleiben. Diese Betrachtungen haben aber auch darüber hinaus noch eine letzte Funktion, die Tendenz und Charakter des ganzen Werkes bestimmt. So wie die ausgesprochene Erkenntnis Geschichte als Faktum begreifen lehren will, so ist sie gleichzeitig ge wissermaßen notwendig, um dem Leser zu erklären, daß Wirre n, Zerfall, Auflösung bestimmter Zustände nicht unbedingt ein absolu tes Ende der Geschichte bezeichnen oder andeuten müssen. Ottos Überlegungen geben ihm die Möglichkeit zu zeigen, daß auch das Auseinandertreten der beiden Civitates, die Entflechtung der bis herigen permixtio - ebenfalls auch das eine Auflösung - noch kein endgültiger Zustand ist, sondern nur vorübergehend, und daher eben falls wieder der Auflösung verfällt. So wird der Leser darauf hinge führt und ihm das rechte Verständnis an die Hand gegeben, wenn nun in der weiteren Darstellung sich noch während der Katastrophe zur Zeit Heinrichs IV. und Gregors VII. ein ganz anderes Geschehen ab zuzeichnen beginnt, das an dieser Auflösung nicht teil hat oder noch nicht teil hat, weil es sich erst auf dem Weg nach oben befindet. D as ist nämlich die Grundtendenz zunächst des ersten Buches der Gesta, von Ottos Bericht über die Staufer von Friedrich von Büren an bis zu Friedrich I. hin: die Staufer befinden sich auf dem Weg zum Gipfel, ständige Steigerung ihres Glücks ist ihnen damit gewiß. Dieses Geschehen, der Aufstieg der Staufer, ist nun ganz bewußt und höchst kunstvoll von den soeben kurz angedeuteten allgemeinen An schauungen her in die Gesamtgeschichte des Imperium hineinver woben und steht doch zugleich in einem bezeichnenden Gegensatz
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Einleitung
dazu. Reichsgeschichte und res gestae der verschiedenen Herrscher einerseits und staufisehe Geschichte andererseits sind einmal gewisser maßen gegenläufig : hier Zerfall, Auflösung, mutatio rerum, dort ständige Aufwärtsbewegung, immer größerer Wirkungskreis, stete Steigerung der Bedeutung ohne wirklichen Rückschlag. Und das wird so lange durchgeführt, bis die zweite, die staufisehe Komponente zur Dominante des Geschehens wird 28. Gleichzeitig wird dadurch aber auch die Tragödie des Reiches ihrer eigentlichen Tragik entkleidet. Man muß sich nur vergegenwärtigen, daß es sich im ersten Buch der Gesta um die gleichen Geschehnisse handelt wie im sechsten und sieb ten Buch der Chronik. Aber was dort das Ende der Zeiten als bald be vorstehend anzukündigen schien, verliert hier durch die gegenläufige Geschichte der Staufer, die am Ende des ersten Buches und in den ersten Kapiteln des zweiten in der Person Friedrichs das Reich zu neuem Frieden führen werden, seinen endgültigen und endzeitliehen Charakter, es stellt sich nicht mehr als dissolutio des Reiches und der Kirche dar, sondern nur mehr als zeitweilige mutatio . Damit wird zugleich deutlich, in welchem Maß Otto Gegenwarts historiker ist. Noch 1146/47 schien ihm alles auf das Ende hinzudeuten ; die Erfahrungen in den ersten Jahren von Friedrichs Regierung haben ihn die gleichen Geschehnisse in einer gänzlich anderen Weise beur teilen lassen, und er muß nun selbst die Tendenz seiner Chronik mit subjektiven Gefühlen, mit seinem bitteren Herzen erklären. In den selben Vorgängen, die sich ihm vor einem Jahrzehnt noch ausschließ lich als Unglück darboten, vermag Otto nun auf Grund neuer Er fahrungen auch die heilenden Kräfte zu entdecken, die auch dem üb rigen Geschehen die letzte Schwere nehmen. Man vergleiche unter diesem Gesichtspunkt einmal die Stellen, an denen über Herzog Friedrich I. von Schwaben gesprochen wird. In Ottos Hauptwerk wird Friedrich nur einmal ganz beiläufig, längst nach seinem Tod erwähnt 29• Nichts deutet in der Chronik darauf hin, daß diesem Mann irgendwelche größere Bedeutung im Rahmen des in der Chronik Behandelten zukommt. Aber diese Bedeutung wäre ihm zugekommen, hätte Otto schon damals die Überzeugung gewonnen, die Staufer würden alle Wirren überwinden. Ja vielleicht hätte dann die Chronik überhaupt nicht geschrieben werden können und müssen. Denn nun 2 8 N ämlich mit der Erhebung Konrads, deren anfechtbare Umstände daher natürlich ebenso verschwiegen werden wie Konrads vergeblicher erster Griff nach dem Königtum im Jahre 1 1 28. •• Chronica VII, 9.
I. Der Anteil Ottos von Freising
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gewinnt in den Gesta dieser gleiche Friedrich auf einmal einen ganz anderen Rang. Nachdem in den ersten sieben Kapiteln die Ereignisse bis zum Tod Rudolfs von Schwaben behandelt sind, ohne daß sich dabei schon der geringste Lichtblick ankündigt, wird im 8. Kapitel Herzog Friedrich eingeführt, unmittelbar nach den wichtigen Aus führungen über das Wesen des Menschen und der Geschichte : "Um diese Zeit hatte Friedrich aus einem der vornehmsten Geschlechter Schwabens Staufen gegründet ; er hatte dem Kaiser in allen Gefahren zur Seite gestanden. Da der Kaiser nun den schwankenden Zustand des Staates sah, rief er ihn zu sich und redete ihn an : Bester der Män ner, den ich unter allen im Frieden als den treuesten und im Kriege als den tapfersten erprobt habe, siehe wie der römische Erdkreis, in Finsternis eingehüllt, der Treue bar, zu schändlichen Wagnissen und den schmählichsten Taten sich verleiten läßt. Den Eltern wird keine Ehrerbietung, den Herren nicht die schuldige Unterwerfung bewahrt, die Eide werden verachtet, keine Ehre wird den Gesetzen, keine den göttlichen Ordnungen gezollt. Stehe also auf gegen diese schlimme Krankheit und gürte dich, die Feinde des Reiches mannhaft nieder zukämpfen." 30 Hier geschieht nun in Ottos Darstellung nichts Ge ringeres, als daß gewissermaßen in einer regelrechten Investitur der staufisehe Herzog in einem Moment tiefster Erniedrigung des Reiches als Stütze dieses Reiches eingesetzt wird. Ja noch mehr! Der Kaiser stellt die Krise 31 als eine umfassende Störung der gottgewollten Ord nung dar, und Friedrich erhält den Auftrag, diese Krisis zu überwin den, so als ob bereits jetzt - der Sache nach - die Verantwortung für das Reich ihm übertragen sei. Der Beitrag, den die Staufer in diesem Auftrag leisten, ist der eigent liche Inhalt des ersten Buches. Er steht so sehr im Vordergrund, daß weniger freundliche Ereignisse, wie etwa der Ausgang des zweiten Kreuzzugs, eher nur am Rande erwähnt werden, noch weiter abge schwächt dadurch, daß einmal auch während seines Verlaufs das Glück des zukünftigen Königs Friedrich ausführliche Erwähnung so
Unten S. 1 44. Lammers, Einleitung S . XII, hat den Begriff der "Krisis" für Otto und das Mittelalter abgelehnt, weil sie an das Verständnis der Geschichte als inner weltliches Schicksal gebunden sei. Das mag von der Chronik her geurteilt richtig sein, und gewiß hat Otto a.uch in den Gesta keine rein innerweltliche Geschichts auffassung. Aber sowohl die fingierte Rede Heinrichs IV. in den Gesta wie über haupt die gesamte Tendenz und die Auffassung von der ganz persönlichen Lei stung der Staufer, besonders Friedrichs I., legt den Verlauf der Geschichte weit gehend in die Hände der Staufer. 31 W.
Einleitung
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findet, zum anderen durch erneute philosophische Überlegungen. Sie sollen dem Leser vor Augen halten, daß nichts im Bereich des Natür lichen so schlecht sein muß, wie es für manchen aussieht, daß wir das verborgene Gute nicht immer erkennen und daß das, was unter bestimm ten Gesichtspunkten als schlecht erscheint, unter anderen durchaus gut sein kann 32• Schließlich erhält auch der Ausgang von Konrads Regierung einen freundlicheren Akzent, als sei sie eben doch schon wesenhaft Vorbereitung von Friedrichs Regierung gewesen 33• Vornehmlich das erste Buch der Gesta ist also mehr als eine bloß äußerliche Vorgeschichte des Staufers Friedrichs I., es ist vielmehr grundlegend in jeder Hinsicht, erst so wird überhaupt die Bedeutung der Staufer und damit Friedrichs I. sichtbar. Und auch die philoso phischen "Exkurse" sind etwas anderes als Einschiebsel, weil "Otto der Stoff, den er im ersten Buch zu behandeln hatte, offenbar nicht fesselnd genug war" 34• Auch die Gesta sind durch und durch philoso phisch orientierte Geschichtsschreibung, die stets bemüht ist, die grundsätzliche Struktur der Geschichte und den Sinn des Geschehens an den Ereignissen selbst deutlich zu machen. Diese Absicht ist in den Gesta mit der gleichen Konsequenz verwirklicht wie in der Chronik. Das kann natürlich nicht heißen, daß nun jedes Geschehen unter solchen Gesichtspunkten betrachtet und demgemäß in den Bericht aufgenommen oder von ihm ausgeschlossen wurde. Otto ist erzähl freudig genug, um daneben auch anderes Geschehen zu registrieren, das einfach Ereignis der Zeit ist. Zu solchen Berichten mag man auf den ersten Blick die ausführliche Darstellung des Prozesses gegen Gilbert von Poitiers zählen, der durch seine theologisch-philosophischen Darlegungen kaum mehr in einem Zusammenhang mit der historischen Darstellung zu stehen scheint 36 • Man hat gemeint, Otto habe das selbst gespürt, denn in der Vorrede habe er die Notwendigkeit ge fühlt, sich deshalb zu entschuldigen. Aber bei genauerem Hinhören auf Ottos Worte wird man auch diese Partien nicht so beurteilen dürfen, als hätten ihm die unerfreulichen Ereignisse, die im ersten Buch zu schildern waren, Verdruß gemacht und als habe er sich in solchen Spekulationen davon erholt. Ihm boten sich diese Ereig nisse gar nicht mehr als so unfreundlich dar, sie waren vielmehr voller Verheißungen. Darum wird man Ottos Versicherung ernst a•
Unten I, 66.
8'
H. Kohl, Taten Friedrichs, Einleitung S. X.
8a I, 71.
86 I, 53 ff.
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nehmen, daß es in einer Geschichte, in deren Mittelpunkt das Imperi um steht, durchaus nicht abwegig sei, auch die höchsten Gedanken zu äußern 36• Die allgemeine Tendenz, die Ottos Werk zugrunde liegt, hat die Darstellung auch im einzelnen weitgehend bestimmt. Es war schon gesagt worden, daß die allgemeine Reichsgeschichte durch die starke Betonung der Rolle der Staufer und ihres glückhaften Aufstiegs weni ger düster erscheint als in der Chronik. Noch auffälliger ist, wie im einzelnen nun die Gewichte verteilt werden, wie bald hier etwas ver schwiegen oder dort ein Tadel vermieden wird, wenn dadurch irgendein Schatten auf die Staufer fallen könnte. Man vergleiche unter solchem Blickwinkel die Auseinandersetzung Friedrichs von Schwaben mit dem Erzbischof Adalbert von Mainz 37 oder die Erhebung Konrads III . , den, folgt man den Gesta, alle Fürsten gewählt haben 38, während in der älteren Chronik der wahre Sachverhalt weit weniger verschlei ert wird 39• So fehlt in den Gesta auch jeder Hinweis darauf, daß Fried richs I. Wahl keineswegs so ganz ohne jede Schwierigkeit vonstatten gegangen sein kann 40• Andererseits ist Ottos Bemerkung, Friedrich sei gewählt worden, weil er als Staufer zugleich mit den Welfen ver wandt war und damit die Aussieht auf einen Ausgleich bot41, möglicher weise, ja wahrscheinlich nur eine subjektive Ansicht Ottos, der eben in jedem Faktum zugleich ein Symbol zu sehen bemüht war. Werden so die Staufer ganz bewußt in das hellste Licht gerückt, so daß man durchaus des öfteren an der Objektivität, ja sogar dem Willen zur Obj ektivität zweifeln kann und zumindest eine gewisse Vorsicht gegen alles angebracht erscheint, was man nur durch Otto erfährt42, so werden auf der anderen Seite bei anderen Männern gewisse Er eignisse so weit verdunkelt, daß alles Staufische nur um so heller erstrahlt. Ein gutes Beispiel dafür ist Kaiser Lotbar III . , zweifellos ein 36 Unten S. 1 20. 37 Unten I , 13. 38 I, 23. 39
Vgl. Chronica VII, 22. Vgl. Chronicon Hanoniense, ed. W. Arndt, MG. SS. rer. Germ . S . 8 8 ff. Historia Welforum, ed. W. Arndt, SS . rer. Germ. S. 36. u Unten II, 2. - Möglicherweise könnten sich gerade dahinter, aber sonst von Otto verschwiegene Verhandlungen Friedrichs, vor allem mit den Wel fen, ver bergen. Denn schon vor der Wahl muß Friedrich Welf VI. das Herzogtum Toscana versprochen haben. 4 2 Vielleicht darf man es so ausdrücken : Der Geschichtsdeuter hatte den Vor· rang vor dem empirischen Historiker. 40
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Einleitung
kraftvoller Herrscher, der dem Reich erstaunlich schnell seine frühere Stellung und sein früheres Ansehen wiedergewann, die im Grunde der Staufer Konrad III. mit seinem ungestümen Drang nach dem König tum um jeden Preis wieder verspielte. Heißt es in der Chronik nur, daß zunächst vier Kandidaten benannt waren, von denen schließlich Lothar - renitens valde ac reclamans - gewählt wurde 43, so wird in den Gesta die Wahl so geschildert, als sei Friedrich II. von Schwaben der eigentliche Kandidat aller gewesen, Lothar aber nur durch die Machenschaften Adalberts von Mainz schließlich erhoben worden virum t a rn e n ex probitatis industria omni honore dignum 44• Wurde in der Chronik Lothars Niederlage gegen die Böhmen überhaupt nicht erwähnt, so wird sie jetzt breit ausgemalt 45, um die adversa fortuna zu zeigen, die - man erinnert sich - Friedrich dagegen noch nie ihr häßliches Gesicht zeigte. Von den Erfolgen Lothars erfährt man kein Wort, obwohl doch unter seinem Regiment jahrelang Friede herrschte und die größte Einmütigkeit zwischen regnum und sacerdotium. So weit ließ sich Otto also von seiner eigenen geschichtsphilosophischen Anschauung nicht bestimmen, daß er Lothars Regierung als ständigen Aufstieg betrachtet hätte und das Reich erst wieder unter Konrad der mutatio rerum unterworfen wurde. Daß solche Erfolge verschwiegen werden, ist auch kaum in der allgemein gedrängten Darstellung der Herrscher vor Konrad begründet, denn Heinrich V. wird mehr als hin reichend mit Lob bedacht. Aber er war ja auch ein Verwandter der Staufer. Selbstverständlich wird auch bei Konrad noch der kleinste Erfolg erwähnt und die Darstellung seiner Regierung nimmt mehr als zwei Drittel des ersten Buches ein, - übrigens vielleicht doch auch das ein Hinweis darauf, daß ursprünglich, in der ersten Niederschrüt um 1 14 7, die Gesta schon sehr weit gediehen waren und damals Konrad verherrlicht werden sollte 46• Mit keinem Wort aber erwähnt Otto, daß die Staufer in ihrem Kampf gegen Lothar vielleicht im Unrecht gewesen sein könnten, wie sie es tatsächlich waren, vielmehr erscheint eher Lothar als ein von Adalbert von Mainz angestüteter böswilliger Verfolger der Staufer 47• Man muß sich solcher Beobachtungen am ersten Buch der Gesta auch bei der Lektüre des zweiten bewußt bleiben, denn nichts gibt •s
Chronica VII, 1 7 . Unten I , 1 7 . 4 5 Unten I , 2 1 . •• Vgl. auch unten S . 1 58, 2 7 8 . ., Unten I, 1 7 . 1 8 .
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die Gewähr dafür, daß Otto bei der Darstellung der Taten des Herrschers Friedrich, seiner Person und deren Umgebung anders verfahren ist als im ersten Buch. Das ist um so wichtiger, als die Gesta die Haupt quelle für die ersten Regierungsj ahre Friedrichs sind. Otto schildert nicht einfach die Taten seines Neffen, sondern schreibt wie in seinem Hauptwerk Geschichte mit einer vielleicht noch ausdrücklicheren Tendenz ; Geschichte, die von einer ganz konkreten geschichtsphiloso phischen Anschauung ausgeht und diese an den Staufern insgesamt, besonders aber an Friedrich I. exemplifizieren möchte ; zugleich aber auch Geschichte, die von solchen Grundanschauungen und zugleich von ganz persönlichen Urteilen über seine augenblickliche Gegen wart her nur noch die Verherrlichung der Staufer im Auge hat. Ottos zwei Bücher der Gesta Frederici sind durch und durch in diesem Sinne höfische Geschichtsschreibung 48. Sie verklären die staufisehe Ver gangenheit fast um jeden Preis und lassen Friedrich I. als den Herr scher erscheinen, auf den die Geschichte von annähernd einem Jahr hundert hinzielte. Geschichtsphilosophie und höfische Tendenz sind die Quelle des Glanzes, in dem die Staufer und ihr vorläufiger Höhe punkt Friedrich bei Otto zu stehen scheinen ; ihn muß man von den wirklichen Tatsachen, die keineswegs notwendig mit Ottos Augen auch vom modernen Betrachter gesehen werden müssen, deutlich unter scheiden. Erkennt man diese Hintergründigkeit der Gesta nicht und man erkennt sie nicht, wenn man laeto corde laeta scribere nicht eindringlich genug interpretiert -, dann würde man in den großen Irrtum verfallen, Otto von Freising zeige uns die Staufer und Fried rich, wie sie wirklich waren oder wie wenigstens die Mehrheit der Zeit genossen sie sah 49• In Wirklichkeit schreibt Otto mit vollem Bewußt sein, wie Friedrich sich als Herrscher selbst sehen und wie er allen sonstigen etwaigen Lesern seines Werkes erscheinen soll. Zwei Bücher der Gesta waren im Spätsommer des Jahres 1 158 fer tiggestellt. Sie berichteten bis zum Jahre 1 156, genauer bis zum Reichs tag von Regensburg im September des Jahres, auf dem der Ausgleich zwischen dem Welfen Heinrich dem Löwen und dem Babenberger Heinrich Jasomirgott unter Beteiligung auch Ottos gelungen war. Gerade dieser Ausgleich hatte Ottos Überzeugung gestärkt, daß nun der allgemeine Friede wieder hergestellt sei und endgültig eine glück liche Epoche begonnen habe, die Dauer verspreche. Wenn für das 4 8 Deren Wurzeln, das muß immer wieder betont werden, liegen aber in Ottos geschichtstheologischen Anschauungen. •• Vgl. vor allem unten S. 48 ff.
Einleitung
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erste Buch sehr wahrscheinlich schon Vorarbeiten vorhanden waren, die etwa bis 1,45 gereicht haben können, so ist das zweite Buch doch auf jeden Fall erst seit April oder Mai des Jahres l l57 entstanden, denn seine Darstellung folgt getreu dem Brief des Kaisers an Otto. Sieht man von einer gewissen Ausschmückung ab, um die Friedrich ausdrücklich gebeten hatte, so geht Ottos Bericht stofflich nicht im geringsten über diesen Brief des Herrschers hinaus. Dieser muß also bei der Niederschrift des zweiten Buches vorgelegen haben, und das kann kaum vor Ende April, Anfang Mai 1 157 der Fall gewesen sein. Für Ottos Vorstellungen waren die Ergebnisse des Regensburger Reichstages bedeutend genug, um damit ein Buch zu schließen. Ein drittes sollte und mußte ihm noch folgen, das die weiteren Taten Friedrichs bis zu dem Moment, da Otto schrieb, enthalten sollte. Mehr sollte und konnte natürgemäß nicht vorgesehen sein. Doch Otto konnte dieses dritte Buch nicht mehr schreiben, der Tod im September l l58 verhinderte sein Vorhaben . Man ist allerdings versucht, die Chronologie der Entstehung noch genauer zu klären. Die spätesten Ereignisse, die Otto im zweiten Buch überhaupt erwähnt, sind einige Vorgänge in Oberitalien, deren letzte in den August l l57 fallen 60• Auf sie wird allerdings nur ganz bei läufig hingewiesen, um zu zeigen, wie des Kaisers Abwesenheit von Italien dort sogleich wieder zu Zwietracht und zu neuerlichen Kämp fen, vor allem Mailands gegen Pavia, führt und wie wohlbegründet Friedrichs Entschluß vom Jahre l l57 ist, den Otto ebenfalls noch ge gen Ende des 2. Buches anführt, einen zweiten Italienzug zur end gültigen Beruhigung des Landes zu unternehmen. Diese Ereignisse fallen zwar aus dem allgemeinen zeitlichen Rahmen des zweiten Bu ches heraus, ändern aber grundsätzlich nichts daran, daß das Buch die Zeit von der Erhebung Friedrichs im März l l 52 , bei Otto fälsch lich l l5461, bis zum 1 8 . September l l56 umfaßt. Für die Abfassung des Buches ergibt sich so nach dem, was soeben angeführt wurde, als sicheres Datum : nach August l l57 . Ob es dagegen sehr viel später beendet wurde, dafür gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Aus allgemeinen Erwägungen heraus möchte man aber annehmen, daß das nicht der Fall war. Denn Mitte Oktober fand der Reichstag von Besan9on statt, auf dem es zum Bruch zwischen der Kurie in Rom und dem Kaiser •o
Vgl. unten S. 387 mit Anm. 4 1 . Es handelt sich wohl u m ein bloßes Versehen, denn später werden von Otto anläßlich der Kaiserkrönung die Königsjahre richtig von 1 1 52 an gezählt. Rahewin hat allerdings diesen Irrtum nicht berichtigt. u
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kam. Zufällig wissen wir von Rahewin, wie tief Otto durch dieses Zerwürfnis getroffen wurde 52, und das ist mehr als glaubhaft. Gerade der friedliche Zustand des Reiches, die allgemeine Eintracht und die Wiederherstellung der Einigkeit zwischen Sacerdotium und Regnum hatten Otto j a bestimmt, ein Werk über die Taten Friedrichs zu schreiben , das den in der Chronik früher ausgesprochenen Pessimismus gleichsam wieder aufheben sollte. Der neue Streit mußte ihn daher zutiefst enttäuschen und ihm und seinem neuen Werk geradezu den Boden unter den Füßen wegziehen, schien doch dadurch alles Lügen gestraft zu werden, was er eben erst geschrieben hatte. Es ist daher vielleicht doch mehr als eine bloße Vermutung, wenn man annimmt, daß die Zeit unmittelbar nach Besan�on den Gesta wenig günstig war. Erst die vorläufige Beilegung des Streites während des Augsburger Reichstages im Juni 1 158, auf dem Otto von Freising die Erklärung des Papstes Hadrian IV. - wie Rahewin ausdrücklich sagt 63 - wohl wollend interpretierte und damit das Seine zur Wiederherstellung des Friedens beitrug, erst diese Aussöhnung gab eigentlich wieder die Voraussetzung, die Arbeit erneut aufzunehmen und im bisherigen Sinne zu beenden. Damit würde nicht nur besser verständlich, daß der kranke und vielleicht schon mit einem baldigen Tod rechnende Otto das unvollendete Werk mit auf die Reise zum Generalkapitel der Zisterzienser nahm, sondern vor allem wäre auch die Lücke erklärt, die in der heutigen Gestalt der Gesta z wischen dem 1 8 . September 1 1 56 und dem August 1 157 klafft. Denn erst mit diesem Datum nahm Ottos Fortsetzer Rahewin die Erzählung wieder auf. 2. I n h a l t u n d Qu e l l e n Arbeitsweise Ottos und Zuverlässigkeit des Berichts
Im vorigen Abschnitt wurde z u zeigen versucht, daß der Anlaß für dieses Werk vornehmlich in Ottos geschichtstheologischen und philosophischen Anschauungen zu suchen ist. Erst von ihnen aus er hält das Geschehen als Ganzes und erhalten bestimmte Ereignisse und Gestalten Bedeutung und gewinnen das Interesse des Autors. Seine Grundhaltung, wie sie in der Chronik zutage tritt, hat Otto auch in den Gesta nicht geändert. Niemals erzählt er Geschichte, nur um das 62
68
Unten III, 25. Unten III, 27.
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Einleitung
Geschehen einfach zu registrieren. Die Ereignisse des Tages ziehen ihn als solche nicht in ihren Bann. Man kann wohl etwas überspitzt sagen, daß er kaum nochmals als Historiker zur Feder gegriffe n hätte, wenn ihm nicht einige Vorgänge die Ü berzeugung eingegeben hätten, daß er sich in der Chronik wenigstens insofern geirrt habe, als er das Ende der permixtio 54 bereits für endgültig gehalten hatte. Diese Grundhaltung macht den Reiz, aber auch die Beschränkung der Gesta aus. Sie macht ihren Reiz aus, weil nur so ein Werk von solcher Geschlossenheit entstehen konnte, das durch mehr als bloß die Ge stalt Friedrichs zusammengehalten wird ; sie macht die Beschränkung aus, weil die Tatsachen teils in tendenziöser Auswahl berichtet wer den, teils sich Otto gar nicht mehr um wirkliche Vollständigkeit bemüht hat. Diese Behauptung bedarf einer etwas näheren Begründung. Denn nachdem früher manche Kritik laut wurde 55, genießen die Gesta heute gerade als Bericht höchstes Ansehen 66• Tatsächlich sind die Gesta in vielen Fällen die einzige Quelle für unsere Kenntnis von der frühen Staufergeschichte, von Konrad 111. und Friedrich I. Vieles wird in sonst nicht leicht wieder anzutreffender Ausführlichkeit er zählt. Besonders hat man gerühmt, daß die Darstellung durchaus urkundlich sei : "An den geeigneten Stellen hat Otto die aus der kaiserlichen Kanzlei ihm gelieferten oder sonstwie zu Verfügung stehenden Urkunden als historisches Beweismaterial aufgenommen. Häufig berichtet er als Augenzeuge des Erzählten ; als vornehmer Reichsfürst und naher Anverwandter des Kaisers stand er bei Hofe in hohem Ansehen, und seine nicht gewöhnliche geistige Bildung ließ ihn oft genug geeignet erscheinen, bei diplomatischen Missionen Ver wendung zu finden. Wo er nicht aus eigener Anschauung berichten konnte, da hat er sich bemüht, die Wahrheit zu erforschen " . 57 Man sieht, daß Ottos Verwandtschaft und Stellung als Bischof von Freising nicht unbedeutend zu seinem hohen Ansehen beigetragen haben, als habe er allein schon dadurch besser Geschichte schreiben können als ein anderer. In der Tat sind sie ihm nachweislich förderlich gewesen, Vgl. oben Anm. 1 5 . Vgl. W. v . Giesebrecht, Geschichte der deutschen Kaiserzeit 4, 1 87 7 , 394 - 399 ; Mierow S . 6 f. •• Vgl. H . Kohl, Taten Friedrichs S . X f. ; W. Wattenbach, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter 2, 6. Aufi. 2 7 1 ff. ; J. Spörl, in LThK 7, 2. Aufi. 1 308. 5' Kohl, Taten Friedrichs S. X f. ••
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aber dennoch bedarf das allgemeine Urteil genauerer Differenzierung. Es scheint sich zu lohnen, den Bericht Ottos und die Herkunft seiner einzelnen Nachrichten unter diesem Gesichtspunkt etwas eingehender zu betrachten. Otto schreibt zwar weitgehend die Geschichte seiner Zeit, seiner unmittelbaren Gegenwart, aber nur einen geringen Teil dessen, was er berichtet, hat er nachweislich als Augenzeuge erlebt. Vielfach war er daher auf Gewährsmänner und anderweitige Quellen angewiesen. Aber noch mehr ! Otto hatte weder die Absicht noch den Ehrgeiz , der Geschichtsschreiber seiner Zeit zu werden. Wäre es anders, vermöchte man - um hierauf zuerst hinzuweisen - zwei größere Lücken inner halb des verhältnismäßig kurzen Zeitraumes, den Otto aus Friedrichs Regierung beschreibt, kaum zu erklären. Ü ber das erste Regierungs j ahr Friedrichs, abgesehen von Wahl und Krönung (II, 1 -3), berich ten nur fünf Kapitel, von denen eines dazu noch ein Brief Eugens 111. an Otto ist (II, 4 -8). Das Jahr 1 153 wird gar nur in drei Kapiteln abgehandelt, von denen das letzte schon teilweise Nachrichten zu 1 154 bringt (II, 9 -1 1 ) . Vom Konstanzer Vertrag ist zum Beispiel mit keinem einzigen Wort die Rede 58• Erst die Jahre 1 154 bis 1 156 sind ausführlicher dargestellt (II, 1 1 -58) , obgleich auch von diesem Zeitraum das Jahr 1 156 nur mehr sehr knapp behandelt ist. Eine ähnliche Beobachtung kann man, wie bereits erwähnt, auch für den Zeitraum September 1 156 -1 157 August machen. Er hätte zwar erst Gegenstand des dritten Buches sein sollen, aber es sind für ihn offen sichtlich keinerlei Nachrichten gesammelt oder aufgezeichnet wor den. Die Vorgänge von annähernd drei Jahren bei insgesamt acht Jahren Berichtszeit der gesamten Gesta sind also nicht oder fast nicht berücksichtigt. Nun wurde schon die Ansicht ausgesprochen, die letzte Lücke sei vielleicht mit der Verwirrung Ottos über Besanfton zu erklären, daß nämlich Otto damals die Arbeit ruhen ließ oder viel leicht gar schon zeitweise aufgegeben hatte 59• Ähnlich wird man hinsichtlich der Jahre 1 152/53 sagen dürfen, daß Otto damals noch nicht die Absicht hatte, die Taten Friedrichs zu beschreiben, sondern daß dieser Gedanke erst nach der Kaiserkrönung, möglicherweise gar erst nach 1 156 Gestalt annahm. Daher scheint er in den vorher gehenden Jahren auch kein Material gesammelt oder keine Aufzeich nungen gemacht zu haben. Wenn man aber statt dessen die Ursachen dazu unten S . Oben S. 1 5 .
5 8 Vgl.
59
22.
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für diese Lücken in dem Bericht Friedrichs sehen will, dann ergibt sich daraus doch ebenfalls nur, daß Otto über den Bericht hinaus ent weder nichts Genaues wußte oder der Mitteilung wert erachtete oder eben nur gerade das beschrieb, was Friedrich selbst beachtet haben wollte. Die Gegenprobe bietet gewissermaßen das erste Buch. Dies ist ein mal mehr als die bloße Einleitung zum zweiten Buch. Es ist ein integrierender Bestandteil des ganzen Werkes, weil nur aus ihm die Beurteilung Friedrichs durch Otto verständlich wird. Es ist zum anderen mit großer Wahrscheinlichkeit etwa zur Hälfte jenes Werk, das Otto vor Beginn des zweiten Kreuzzugs in Angriff nahm 60• Ent sprechend findet die Zeit, in der Otto damals geschrieben haben müßte, eine wiederum vergleichsweise sehr ausführliche Darstellung. Otto hat also auch damals kaum ununterbrochen Stoff für historische Arbeiten gesammelt und dementsprechend stets die Zeit aufmerksam beob achtet. Vielmehr hat er sich auch dem Gegenwartsgeschehen in seinen Einzelheiten immer nur dann zugewendet, wenn ein Ereignis eintrat, das ihm aus seinen eigenen geschichtstheologischen Anschau ungen heraus Bedeutung zu gewinnen schien. Erst damit erhielt auch das übrige Geschehen rückwirkend Gewicht und Interesse. Unmittelbares Miterleben, aktive oder zumindest die Einzelheiten genau registrierende Anteilnahme an den allgemeinen politischen Vor gängen der Zeit spielt also als Grundlage des Gesta-Berichts nur eine beschränkte Rolle. Das wird sogar bis in Ottos Verhalten als Reichs fürst, als Teilhaber am Reich, der er als Bischof von Freising war, deutlich. Denn es trifft nur sehr bedingt zu, wenn von Otto gesagt wurde, sein Amt habe ihn nicht nur in die politische Wirklichkeit des Reiches hineingestellt, sondern ihn auch auf die bedeutendsten Schauplätze des Abendlandes geführt 61• Ein einziges Mal hat er als Vertreter seines königlichen Bruders Konrad einen selbständigen Auf trag durchgeführt, 1 145 bei Papst Eugen in Rom 62• Außerdem scheint er den König 1 15 1 an den Niederrhein begleitet zu haben 63• Ottos Teilnahme am zweiten Kreuzzug hat dagegen nichts mit seiner Stel lung zu tun. An dieser Zurückhaltung gegenüber den allgemeinen Reichsgeschäften, die bei einem Bruder, beziehungsweise Onkel des Herrschers doch wohl gewollt sein muß, ändert sich auch unter eo
Oben S. 3.
ea
Unten I, 69.
11 Vgl. W. Lammers, Einleitung S. XXXI. 82 Vgl. im einzelnen vor allem A. Hofmeister, Studien.
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Friedrich nichts. Vielleicht hat Otto an der Wahl und der Krönung Friedrichs teilgenommen, daher mag die größere Ausführlichkeit an dieser Stelle rühren, zumal die Krönung symbolisch verstanden wurde. Darüber hinaus begegnet man ihm aber eigentlich nur zweimal in beachtenswerter Tätigkeit am Hof : einmal als mehrfach bemühter Vermittler zwischen Heinrich dem Löwen und Heinrich Jasomirgott 64• An einer Beilegung dieses Streits aber mußte er ganz unmittelbar interessiert sein, weil er selbst Babenberger war und daher keine Her absetzung seines Bruders wünschen konnte, auf der anderen Seite aber die im Herzen Altbayerns gelegene Diözese Freising regierte und auf ein erträgliches Verhältnis zu dem Welfen bedacht sein mußte, dem das Herzogtum bereits grundsätzlich zugesprochen war. Ein zweites Mal begegnet er in ähnlicher Tätigkeit 1 1 58 im Juni in Augs burg, als er nach Rahewins Mitteilung den Brief Papst Hadrians IV. zu verdolmetschen hatte, mit dem der seit Besanr;on anhängige Streit zwischen Kaiser und Papst ein vorläufiges Ende fand 66• Aber auch hier ist ein ganz persönliches, in Ottos Grundanschauung begrün detes Engagement anzunehmen. Dagegen hat er am ersten Romzug nicht teilgenommen, vom zweiten ließ er sich befreien 66• Wenn das vielleicht aus Gesundheitsrücksichten geschah, so fühlte er sich doch nicht zu krank, zum Generalkapitel der Zisterzienser zu reisen, das ihm wohl wichtiger erschien als dieser Zug, obgleich man bei Otto sonst keine auffällige Anhänglichkeit an den Zisterzienserorden fest stellen kann, dem er selbst angehörte ; das Generalkapitel scheint er sonst nicht besucht zu haben. Insgesamt ist es also nur wenig, was Otto aus unmittelbarer Teilnahme am Geschehen berichten kann. Es sind einige Vorgänge aus der Zeit Konrads, der zweite Kreuzzug, Wahl und Krönung Barbarossas, die Lösung der welfisch-baben bergischen Frage, die Versöhnung des Kaisers mit dem Papst ; da neben vielleicht noch der Prozeß gegen Gilbert. Sonst aber war auch Otto auf anderweitige Quellen angewiesen. Die genaue Herkunft und die Verläßlichkeit dieser Quellen ist nicht mehr in j edem einzelnen Fall zu bezeichnen, aber sie sind fast ausschließlich mündlicher Natur. Was im ersten Buch bis auf Kon rad III. an eigentlicher Reichsgeschichte enthalten ist, konnte Otto seinem eigenen älteren Werk entnehmen ; neu ist hier nur, worauf •• Unten S. 372. •• Unten I I I , 25/26. 88 IV, 1 6 .
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Einleitung
schon hingewiesen wurde, daß durch andere Akzentuierung und ge legentliche Auslassungen manches nun in völlig anderem Licht er scheint. Die ältere staufisehe Geschichte aber beruht offenbar auf mündlicher Tradition ; Spuren schriftlicher Vorlagen haben sich bisher noch nicht gezeigt. Man wird sie als Familientradition bezeichnen können, die Otto auf Grund seiner Verwandtschaft mit den Staufern geläufig war. Erst etwa seit der Zeit Lothars III. erlebte auch Otto die Geschichte seiner eigenen Familie als Zeitgenosse. Wie weit diese Familientradition glaubwürdig ist, muß dahingestellt bleiben. Zweifel richten sich eher gegen bestimmte Wertungen als gegen Fakten 67• Doch wird noch zu zeigen sein, daß überall dort, wo keine unabhängigen Parallelquellen vorliegen, ein gewisses Mißtrauen an gebracht ist. Mit der Wahl Konrads III. beginnen sich auch bereits im ersten Buch staufisehe Geschichte und Reichsgeschichte in einem präziseren Sinn zu verquicken. Ottos Stellung als Reichsbischof, die ihm Kon rad gewiß aus ausgesprochen politischen Gründen im Zuge seiner Maß nahmen gegen Heinrich den Stolzen übertragen hatte, überhaupt der Umstand, daß der König sein Bruder war, hätten Otto nun ganz andere offizielle Quellen für seine Zeitgeschichte geben können. Aber nichts dergleichen ist der Fall. Dem Bericht über Konrads Zeit haftet sogar etwas Zufälliges an, und die Behauptung, Otto habe darüber bereits in der Chronik berichtet oder habe über Unerfreuliches schnell hinweggehen wollen, ist nicht beweisbar und trifft auch nicht den Kern der Sache 68• Denn in den Gesta erscheint als Folge von Friedrichs Erhebung und glückhaften Anfängen die Geschichte der letzten Jahrzehnte nur mehr sehr bedingt als unerfreulich, und so charakterisiert Otto die Regierungszeit Konrads insgesamt auch gar nicht 69 ; eher trifft sogar das Gegenteil zu. Ü ber Konrads Zeit berichten die Kapitel I, 23 -7 1 , scheinbar also zwei Drittel des ersten Buches, aber I , 32 -34 handeln von ganz selbständigen Unternehmungen der Bayern an der ungarischen Grenze und ihren Folgen. Ihre Kenntnis dürfte Otto am ehesten seinem Bruder Heinrich Jasomirgott verdanken. König und Reich waren an diesen Geschehnissen eigentlich gar nicht beteiligt. I, 35 -48 betreffen ganz allgemein den zweiten Kreuzzug und seine Vorbereitung. 8 7 Charakteristisch sind natürlich die Auslassungen, Konrads. 8 8 Vgl. Kohl, Taten Friedrichs S. IX f. 80 Vgl. I, 7 1 .
z.
B. das Gegenkönigtum
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A n ihm nahm Otto persönlich teil, von den Vorbereitungen erfuhr er unter anderem durch ein auch an Bayern gerichtetes Rund schreiben unmittelbar. I, 49 -62 befassen sich mit Abälard und dem Prozeß Gilberts, I, 63 -66 wiederum mit dem Kreuzzug. Erst die letzten Kapitel des ersten Buches sind wieder Vorgängen im Reich und um Konrad gewidmet. Doch sind die Nachrichten lückenhaft und bieten kaum etwas, was nur durch eine engere Verbindung zum Hof zu erfahren war. Nur in einem einzigen Fall muß Otto seine Beziehungen zum Hof und seinem königlichen Stiefbruder genützt haben, als er nämlich über Konrads Verhältnis zu Ostrom berichtet und in diesem Zusammenhang drei Schreiben mitteilt (I, 26), die sonst nicht über liefert sind, also wohl vom Hof direkt an ihn gelangten. Dabei könnte ihm aber auch seine Bekanntschaft mit Wibald nützlich gewesen sein. Vielleicht kann man noch zwei weitere inserierte Briefe (I, 67 : Eugen III. an Konrad III . , I, 30 : die Römer an Konrad) dazuzählen ; beide stehen auch in der Sammlung Wibalds. Was Otto also insgesamt im ersten Buch erzählt, ist zum Teil Familientradition, zum Teil Selbsterlebtes. Wenn er als Augenzeuge oder unmittelbar interessiert berichtet, ist er auffallend ausführlich ; meist betreffen aber gerade solche Vorgänge nicht die Staufer- und Reichsgeschichte im speziellen Sinn. Das spricht weder für eine aktive Teilnahme am politischen Leben der Zeit, noch für eine ständige und aufmerksame Beobachtung als Historiker, noch setzt es beson ders enge Beziehungen zum Hof voraus. Das gilt auch für die Do kumente. Diese sind im übrigen auch zu gering an Zahl, als daß Otto sich nachdrücklich um solche Akten bemüht haben kann. Im allgemeinen sind es eher zufällig in seinen Besitz gekommene Stücke. Mit dem zweiten Buch der Gesta ist Otto bei seinem eigentlichen Thema, den Taten Friedrichs I . , angelangt. Der Blick des Verfassers ist nun ausschließlicher auf seinen Gegenstand gerichtet, der Bericht wird ausführlicher und kontinuierlicher, sieht man von den schon erwähnten Lücken ab. Das ganze Buch wirkt konzentrierter und ist von j eher so empfunden worden. Otto erweist sich auch als besser unterrichtet denn im ersten Buch. Dennoch sind auch hier ganz ähn liche Beobachtungen zu machen wie an diesem. Auch hier erscheint Otto nicht gerade als aufmerksamer und selbständiger Beobachter, auch hier scheint er sich kaum intensiver und umfassender um Material bemüht zu haben . Ja er wählt nun nicht einmal mehr nach eigenem Ermessen den Stoff aus. Das wird aus dem Folgenden sofort deutlich werden.
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Einleitung
Mit der Überreichung der Chronik hatte Otto den Kaiser gebeten, ihm für den Fall, daß er die Aufz eichnung seiner bisherigen Taten wünsche, einen Bericht zukommen zu lassen, der entsprechend den Hauptereignissen gegliedert sein sollte 70• Barbarossa entsprach dieser Bitte mit einem Brief, der später den Gesta vorangestellt wurde 71• Inhaltlich ist der kaiserliche Bericht außerordentlich knapp, ebenso in der Art, wie das wenige mitgeteilt wird. Das erscheint zunächst ganz selbstverständlich, ist er doch eher als eine bloße Gedächtnisstütz e ge meint und sagt doch Friedrich gegen Ende des Briefes selbst, daß er aus wenigem nur weniges berichten wolle. Doch der erste Augenschein trügt. In Wirklichkeit sind die mitgeteilten Ereignisse mit einer ge wissen Raffinesse ausgewählt. Es sind nämlich ausschließlich Erfolge erwähnt, oder alles ist doch wenigstens als Erfolg dargestellt. So muß man mit einigem Recht aber auch schließen, daß der Kaiser das, was er nicht berichtet, auch nicht als Erfolg betrachtete. Das ist zum Beispiel der für die Beziehungen Friedrichs mit dem Papsttum gewiß nicht unwichtige Vertrag von Konstanz. Mit keiner Silbe wird davon ge sprochen, und man muß annehmen, daß sich Friedrich nicht als Sieger in den damaligen Verhandlungen gefühlt haben kann, zu mindest sich aber 1 157 bewußt gewesen sein muß, daß er nicht in der Lage gewesen war, diesen Vertrag zu erfüllen 72• Das ist zum Beispiel der Streit um den Stratordi'lnst und möglicherweise noch manches andere, was sich heute mangels anderer Quellen nicht mehr fest stellen läßt. Otto aber hat sich im z weiten Buch der Gesta geradez u sklavisch an diesen Bericht Friedrichs gehalten. Kapitel für Kapitel folgt er den einz elnen Angaben des Briefes, keinen Punkt über springend, aber auch in keinem Punkt wesentlich über ihn hinaus gehend 73• Ereignisse, die Friedrich nicht wenigstens mit einem Stich wort andeutet, werden auch von Otto nicht erwähnt. Die Konsequenz geht sogar so weit - auch von dieser Seite muß man die nun schon mehrfach angedeutete Lücke l l 52f53 betrachten -, daß selbst größere Zeiträume, für die sich in Friedrichs Schreiben keine Angaben finden, auch von Otto einfach übersprungen werden. Nun ist ohne weiteres einleuchtend, daß der Verfasser nicht die Unhöflichkeit beging, etwas z u übergehen, was der Kaiser der Berichterstattung wert 7 1 Unten S . 1 ff. 70 Vgl. oben Anm. 4. 72 Diese Tatsache scheint mir nicht unwichtig angesichts der Überschätzung,
die der Konstanzer Vertrag als ein diplomatisches Meisterstück durch P. Rassow, Honor imperii, 2 1 96 1 , erfahren hat. 71 Vgl. unten S. 25 mit Anm. 78, 79.
I. Der Anteil Ottos von Freising
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erachtete. Aber e!:l ist nicht eigentlich dem Brief zu entnehmen, daß der Kaiser verlangte, darüber hinaus nichts zu erwähnen. Vielmehr hatte Friedrich ausdrücklich geschrieben : Haec pauca paucis com prehensa illustri ingenio tuo dilatanda et multiplicanda porrigimus. Daraus kann nicht zwingend geschlossen werden, Barbarossa habe lediglich die breitere Ausführung der nur stichwortartig aufgezählten Geschehnisse gemeint, nicht aber auch Ergänzung seines eigenen Be richts für möglich und wünschenswert gehalten. Die erste Bitte um Erweiterung hat Otto sehr genau befolgt. Die Angaben in dem kaiserlichen Schreiben sind um Einzelheiten, geo graphische und ethnographische Angaben, durch zahlreiche fingierte Reden und ausführliche Zitate aus antiken Schriftstellern ergänzt und ausgeschmückt. Die zweite möglicherweise in den zitierten W or ten Friedrichs enthaltene Bitte überging er dagegen gänzlich. Genau genommen sind es dreieinhalb Kapitel, die keine direkte Entsprechung in Friedrichs Bericht haben, nämlich II, 7, II, 9.10 und zur Hälfte II, l l . Sie betreffen aber alle ausschließlich die Bemühungen des Herrschers um einen Ausgleich zwischen Babenbergern und Welfen, in denen Otto als Vermittler mehrfach tätig war. Dieses Problem war für ihn unmittelbar wichtig, und er kannte es aus eigener Erfahrung. Aber selbst diese Kapitel sind als Vorgeschichte des Regensburger Reichstages in nuce in Friedrichs Brief enthalten. Das zweite Buch ist also in seiner Anlage völlig unselbständig, es ist in den Grund zügen ganz und gar von Friedrichs Bericht abhängig. Was Friedrich selbst erwähnt, schmückt Otto aus, was jener verschweigt, läßt auch Otto weg. Von Friedrich stammt der Entwurf, von Otto die Aus führung im einzelnen . Das zweite Buch ist also in der Anlage durch und durch höfisch ; cum grano salis könnte man sagen, hier habe Friedrich selbst Geschichte geschrieben oder wenigstens bestimmt, was über ihn zu schreiben sei und was nicht. Dennoch stellt sich natürlich die Frage, woher nun diese genaueren Nachrichten im einzelnen stammen . Sieht man von dem wenigen un mittelbar Miterlebten ab, darf man gewiß zunächst manches als all gemeineres Wissen der Zeit bezeichnen. Manches konnte Otto als Bischof von Freising erfahren, auch wenn er sich persönlich dem Tagesgeschehen fernhielt, etwa durch Besucher, durch Begegnungen m it Beteiligten, etwa durch Erzbischof Eberhard von Salzburg, durch seine Bekanntschaft mit Wibald von Stablo 74. Aber zweifellos 74 Vgl . Jaffe, Bibi.
rer.
Germ. I, 5 1 9 f.
n.
387.
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Einleitung
stammte auch vieles an Einzelheiten aus allererster Hand. Aus Friedrichs Brief geht eindeutig hervor, daß der Kaiser selbst oder seine engste Umgebung - vielleicht darf man bereits an Rainald von Dassei denken - dem Bischof zumindest über den Italienzug aus führlicher berichteten 76, mit dem die kontinuierliche Erzählung des zweiten Buches eigentlich erst einsetzt. Dazu war auf all den Hof tagen Gelegenheit gegeben, die 1 156 zu verschiedenen Zeitpunkten der bayerischen Frage gewidmet waren und an denen Otto als Ver mittler teilnahm. Gewiß aber hat Otto über den Brief Friedrichs und dessen münd liche Erzählung hinaus keine aktenmäßigen Unterlagen oder sonstige schriftliche Berichte vom Hof erhalten. Seine eigene Bitte und Friedrichs Antwort enthalten keinen derartigen Hinweis, der Text der beiden ersten Bücher der Gesta verlangt an keiner Stelle eine solche Annahme. Einen einzigen Brief nur hat Otto aus der Zeit, die Fried richs Bericht umfaßt, aufgenommen, ein Schreiben Eugens III. in der Magdeburger Frage 76• Aber das war unter anderen an Otto per sönlich gerichtet und stammt daher wahrscheinlich aus seinem eigenen Besitz. Ein zweites Schreiben, Friedrichs Mitteilung über den Beschluß zum zweiten Italienzug, war ebenfalls an den Bischof persönlich gerichtet 77• Wie in Buch I hat Otto auch in Buch II Akten stücke aufgenommen, wenn er sie zufällig besaß. Eine gewisse Nei gung zu dokumentarischer Geschichtsschreibung mag man ihm daher zugestehen, aber eigens bemüht hat sich Otto nicht um Dokumente. Zumindest würde er gewiß keine vom Hof übersandten Akten aus geschieden haben. Das darf man aus der Aufnahme der beiden Briefe Friedrichs, darunter eines relativ belanglosen, getrost schließen. Bis II, 44 entspricht die Darstellung des zweiten Buches Fried richs Bericht, der in II, 57 nochmals aufgenommen wird. Das Wenige, was in II, 45 -56 noch erzählt wird, kann Otto teils als Augenzeuge erfahren haben (II, 45 --47) , teils war es so spektakulär wie die Be strafung Arnolds von Mainz und des Pfalzgrafen bei Rhein (II, 48), teils breitet es so allgemeines Wissen aus (Hochzeit Friedrichs mit Beatrix von Burgund II, 50), daß man auch hier keine ungewöhn lich enge Beziehung zum Hof, noch eine spezielle Unterrichtung für Ottos historiographisches Vorhaben von Seiten des Hofes annehmen 7s Vgl. unten S. 88 ; Qualiter . . . suspensi sint, tu audisti.
7& II, 8 . 77 II, 52.
I. Der Anteil Ottos von Freising
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muß, obgleich sich auch hier wieder unmittelbare mündliche Unter richtung auf einem der Hoftage in Bayern als wahrscheinliche Ver mittlung anbietet. Faßt man die Beobachtungen zusammen, die man für das histori sche Gegenwartswissen Ottos, dessen Quellen und seine Arbeitsweise sowie für seine Beziehungen zum Hof an Hand seines Werkes machen kann, so läßt sich nun das Urteil über den Geschichtsschreiber Barbarossas etwas präziser fassen. Die beiden Bücher basieren fast ausschließlich auf mündlicher, zum Teil ganz unkontrollierbarer Unterrichtung oder auf eigener Beobachtung. Aber beide Arten von Kenntnis sind weithin mehr zufällig als zielbewußt zum Zwecke der Geschichtsschreibung erworben. Das gilt in erster Linie vom ersten Buch. Die Charakterisierung der Gesta Ottos von Freising als akten mäßige Darstellung - sei es, daß man darunter die Aufnahme von Akten, sei es, daß man darunter Geschichtsschreibung auf der Grund lage von Akten verstehen will - ist unzutreffend und irreführend. Selbst beim eigentlichen Thema, im zweiten Buch, beschränken sich die Angaben mit wenigen Ausnahmen auf das , was der Kaiser selbst in seinem nur knappen, bewußt auswählenden, nur Erfolge mitteilen den , große Zeiträume einfach überspringenden Bericht erwähnte. An Einzelheiten mag hier dann allerdings manches auf unmittelbare mündliche Unterrichtung durch den Hof zurückgehen. Darin liegen sowohl die Vorzüge wie aber auch die Nachteile des Werkes. Durch die fast völlige Abhängigkeit Ottos im zweiten Buch , in die er sich gewollt oder gezwungen begab, erfährt man so, wie der Kaiser die Dinge sah und wie er sie betrachtet wissen wollte ; aber man erfährt nicht unbe dingt, wie sie wirklich waren . Das gilt z. B. von dem Streit des Kaisers mit Mailand auf dem ersten Romzug, für den die Nachrichten etwa der Mailänder Gesta völlig entgegengesetzt lauten 78, und es kann nicht bewiesen werden , daß ausgerechnet Otto, d. h. Friedrich , die Wahrheit sagt. Das gilt etwa auch von dem Streit mit Spoleto, über den nur die halbe Wahrheit erzählt wird 79• Sobald andere unab hängige Quellen vorliegen, widersprechen sie häufig Ottos Darstellung, vor allem der der italienischen Ereignisse . Ottos Werk, besonders das zweite Buch, gewinnt aus den angedeuteten Voraussetzungen einen offiziösen Charakter. Doch liegen darin erhebliche Gefahren für die Objektivität und Wahrheit. Diese Gefahren werden verstärkt durch 78 Vgl. unten S. 3 1 5 mit Anm. 1 5 . 79 Vgl. unten S . 3 5 9 mit Anm. 44.
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Einleitung
Ottos geschichtsphilosophische Anschauungen, die vornehmlich im ersten Buch Ausdruck finden. Teils wählt er unter solchen Voraus setzungen den Stoff aus, bald gibt er dem Geschehen ganz bewußte, auch politische Akzente, teils ist er in seiner Darstellung ganz von dem abhängig, was der Hof ihm zukommen läßt . Mehr durch die ein heitliche Tendenz, die literarische Qualität und Ausführlichkeit im einzelnen erhält das Werk seinen besonderen Rang innerhalb der Geschichtsschreibung der Zeit als durch den bewußten Willen zur Vollständigkeit und zur Wahrheit im Ganzen wie in den Einzelheiten.
II. DAS WERK RAHEWINS 1 . Z u r B i o g r a p h i e R a h e wi n s Als Otto i n Morimund sein Ende nahen fühlte, ließ er sich sein unvollendetes Werk bringen, legte es seiner Umgebung vor, um ihr Urteil über seine Darstellung des Streites zwischen Bernhard von Clairvaux und Gilbert de la Porree zu hören, und übergab es schließ lich seinem Kaplan, dem Freisinger Domherren Rahewin, zur Fort setzung und Beendigung80• Es war wohl auch Rahewin, der dem Kai ser die Nachricht von Ottos Tod nach Italien überbrachte, etwa um die Zeit des Reichstages von Roncaglia, und auch Friedrich forderte ihn auf, die Arbeit Ottos fortzuführen und zum Abschluß zu bringen. Gewiß war niemand dazu so geeignet wie Rahewin. Seit vielen Jahren, spätestens seit 1 144 hatte er in Ottos nächster Nähe gelebt, als sein cartularius, Notar und Kaplan, als Ottos abbreviator - Sekretär würde man heute sagen -, wie Rahewin sich selbst nennt ; ebenso war er dem Kaiser längst persönlich bekannt81, auch dieser hatte wohl den Eindruck gewonnen, Rahewin sei zur Weiterführung von Ottos vVerk geeignet. Viel weiß man von dem Vertrauten und Helfer Ottos allerdings nicht, wenn auch mehr als von manchem anderen mittelalterlichen Autor. Geburtsjahr und Geburtsort sind unbekannt. Möglich ist es, daß er aus Freising stammte, obwohl man eine dahin gedeutete Stelle im vierten Buch der Gesta nicht unbedingt so verstehen muß 8 2 • s1 Vgl. Chronica S. 3. Unten IV, 1 4 : in conflagratione Frisingensis ecclesie patria mea attrita est. Darunter könnte natürlich auch lediglich die Zugehörigkeit Rahewins zur Freisinger Kirche gemeint sein. - Vgl. auch S. Riezler, Namen und Vaterland des Geschichtsschreibers Rahewin, Forsch. z. dt. Gesch. 1 8. so Unten S. 392, 542. 82
II. Das Werk Rahewins
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Unbekannt ist auch, wo er seine Ausbildung erfuhr ; es läßt sich jeden falls nicht zwingend erschließen, daß er die Freisillger Domschule besuchte. Denn über die normale literarische Bildung eines Klerikers seiner Zeit hinaus besaß er offensichtlich selbständige Kenntnisse im Kirchenrecht, vielleicht auch des römischen Rechts, und seine noch zu erwähnenden Dichtungen verraten ein nicht alltägliches Geschick. Es ist fraglich, ob ihm dieses Wissen die Freisinger Domschule ver mitteln konnte. Allerdings kann man nicht ausschließen , daß er von Otto selbst in Freising ausgebildet wurde ; denn Otto muß nach Rahewins Zeugnis in eigener Person in Freising Unterricht gehalten haben83 und hat sich vielleicht selbst in seinem Schüler seinen spä teren Helfer herangezogen84. Schließlich besteht nicht einmal Sicher heit über die genaue Form seines Namens. Otto nennt ihn im Wid mungsbrief der Chronik Ragewinus 85 ; in der Überschrift seines eigenen Gesta-Anteils lautet sein Name Radewicus86, und man kann dabei nicht einmal ohne weiteres einen Schreibfehler unterstellen. In dem von ihm verfaßten Carmen de Theophilo nennt er sich Radewinus87, in einem anderen Carmen Rahew. 88, und in verhältnismäßig zahl reichen Urkunden Ottos von Freising, in denen er als Schreiber oder Zeuge genannt ist, lauten die Namensformen Reguinus, Rachweinus, Rachuwinus, Radwinus, Rahewinus, Rahuwinus, Rachwinus , Rawi nus, Rahwinus ; die Klosterneuburger Annalen nennen ihn Rach wynus 89. Es bleibt demnach sogar nach den persönlichsten Zeugnissen sowohl Radewin - Radewie wie Rahewin möglich . Aus Gründen der Gewohnheit und der statistischen Häufigkeit wird hier Rahewin bei behalten. Erst als Rahewin im Dienst Ottos begegnet, bekommt auch seine Lebensgeschichte eine verläßliche Grundlage. 1 144 tritt er zum ersten Mal in einer Urkunde Ottos von Freising als dessen cartularius, 83 Vgl. IV, 14, Epitaph Rahewins, Strophe 8 . 8' Vgl . I V , 1 4 : nemo me accuset, si amantissimi domni et n u t r i t o r i s mei
flebilem interitum prolixiore narratione prosequar. 85 Chronica S. 3 . 86 Unten S . 8 2 . 8 7 W. l\Ieyer, Radewins Theophilus und die Arten der gereimten Hexameter, Gesammelte Abhandlungen zur mittelalterlichen SB. München 1 8 7 3 , 9 3 ff. Rhythmik I , Berlin 1 905, 99 ff. 88 W. \Vattenbach, SB. München 1 S i 3 , S. 68i ff. 89 Vgl . die Einzelnachweise in der Praefatio der Ausgabe von \Vaitz -Simson S. XXI f. =
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Einleitung
Urkundenschreiber, auf90, seit 1 147 erscheint er mit dem Titel capellanus und notarins ( 1 147 , 1 154, 1 155, 1 158, nach 1 152) 91, seit 1 156 auch als canonicus der Freisinger Domkirche9 2 • Rahewin war also einmal der Kanzleibeamte Ottos, wahrscheinlich sein einziger, durch dessen Hände der größte Teil des gesamten Schriftverkehrs überhaupt gegangen sein dürfte. Als Kaplan und Abbreviator Ottos war er aber zugleich auch an den ganz persönlichen literarischen Arbeiten des Bischofs beteiligt. Als er 1 1 57 die Chronik Ottos in dessen Auftrag dem Kaiser überreichte, schrieb Otto von ihm : qui hanc historiam ex ore nostro subnotavit93• Diese Bemerkung muß man gewiß nicht nur dahin verstehen, daß er das Exemplar für den Kaiser schrieb, er dürfte wohl auch bereits die erste, um 1 146/47 entstandene Fassung der Chronik für Abt Isingrim von Ottobeuren nach dem Diktat Ottos aufgezeichnet haben. Nach dem September l l56 wurde er mit einer Pfründe am Freisillger Dom für seine bisherigen Arbeiten belohnt. Aber Rahewin war nicht nur der nach den Weisungen seines Herrn tätige Schreiber. Er begleitete den Bischof auf seinen Reisen und hatte dabei Gelegenheit, die damalige große Welt kennenzulernen und in ihr Tun unmittelbar Einblick zu nehmen. Diese Erfahrungen konnten sich später in seinem Gesta-Anteil in den Charakterbildern auswirken, die Rahewin von einigen bedeutenden Männern seiner Zeit offensichtlich auf Grund persönlicher Bekanntschaft entwerfen konnte : so vom Kaiser selbst94, von Heinrich dem Löwen95, Welf VI. 96, Bischof Eberhard von Bamberg97, Erzbischof Eberhard von Salzburg98, vom Pfalzgrafen Otto von Wittelsbach, vom kaiserlichen Kanzler Rainald von Dassel99• Mit Eberhard von Salzburg scheint er sogar gewisse dauernde Beziehungen unterhalten zu haben 100 • 9° C. Meichelbeck, Historia Frisingensis I , Augsburg 1 724, 3 I 8 . 9 1 Monumenta Boica 6, 1 6 8 ; 2, 447 ; 3, 426 ; unten S. 449 mit Anm. 34 ; Mon. Boica I, 365. 9 2 Arch. f. Kunde österr. Geschichtsquellen 9, 262. - Vgl. zu Rahewirr ins
gesamt M . Manitius, Geschichte der lat. Literatur des Mittelalters 3, I932, 380 ff. ; K. Langosch, in Verf-Lexikon 3, 992 ff. '" Chronica S. 3. 94 IV, 86. 95 IV, 46. 9 8 IV, 46. " IV, 32. 98 IV, 83. " III, 22. 1oo Vgl. unten S . 46.
II. Das Werk Rahewins
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Wenigstens einmal, als er nämlich dem Kaiser die Chronik über brachte, hielt er sich als Ottos persönlicher Vertreter am Hof auf l01 ; vielleicht hat er auch den Würzburger Hoftag im September 1 157 allein besucht l02 und endlich hat er sich im Herbst 1 158 länger am Hof in Italien aufgehalten 103 und dabei wahrscheinlich zu einigen Beamten des Kaisers, zu dem Kanzler Ulrich von Dürrmenz und dem Protonotar Heinrich, Beziehungen angeknüpft. Noch aus einem anderen Grund darf man in Rahewin nicht nur den Schreiber Ottos sehen, der durch die gewissermaßen zufällig ihm an getragene Aufgabe, die Gesta des Bischofs fortzusetzen, Bedeutung gewann . Denn Rahewin ist auch sonst, vielleicht schon zu Lebzeiten Ottos, selbständig literarisch hervorgetreten, allerdings ausschließ lich als Dichter. Eine viele hundert Verse umfassende Bearbeitung der Theophiluslegende in gereimten Hexametern steht auf hohem Niveau 104• Das gleiche darf man von den beiden Epitaphien sagen, die Rahewin auf Otto dichtete und in die Gesta aufnahm als Denkmal für seinen Herrn 10 6 • Weitere Verse, ein Flosculus Rahewini ad H. praepo situm, hat W. Wattenbach in einer Tegernseer Handschrift gefunden und auszugsweise veröffentlicht l06• Wenn dazu auch noch einige wei tere Verse in der selben Handschrift gehören, wie Wattenbach an nahm, dann fühlte sich Rahewin überhaupt zum Dichter berufen und hätte gerne mehr und noch Besseres geschrieben, wenn seine sonstigen Aufgaben ihm nur die dazu notwendige Muße gelassen hätten 107• Rahewin war also ein Mann von Welterfahrung und ein in den ver schiedensten literarischen Genera, hauptsächlich aber in der Dicht kunst erprobter Schriftsteller, der sich seiner Fähigkeiten bewußt sein konnte. So zeigte er sich j edenfalls in den Gesta. Bei aller Bescheiden heit und echten Verehrung für Otto betrachtete er sich in den Gesta doch als gleichberechtigten Autor. Er erschiene als Schriftsteller noch vielseitiger und profilierter, wenn ilim mit Recht auch der sogenannte " Dialogus de pontificatu" zugeschrieben werden könnte, ein anony mer Traktat in Dialogform, der für die Rechtmäßigkeit des Papstes Alexander III. eintritt l08• Der Herausgeber glaubte Rahewin als Ver fasser ansehen zu müssen, weil dieser zum großen Teil die gleichen 102 III, 6 - 10. Chronica S. 3. IV, l ff. , bes. IV, 7: papilionem - perspeximus ; IV, 3: a nobis visi sunt. 10 6 Vgl. oben S. 27 Anm. 88. 106 IV, 14. 10' Vgl. oben S. 27 Anm. 87. 10 7 Fac, ut qua teneor rumpas orando catenamj Et meliora meam dabo ludere metra Camenam. 108 ed. H. Böhmer, MG. Lib . de lite 3, 528 ff. 101
103
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Einleitung
Schriftsteller, Kirchenrechtssätze und das römische Recht zitiert wie Rahewin, die in Rahewins Gesta aufgenommenen Briefe Alexanders und Viktors IV. benützt, vor allem aber in der Art, dem Leser vor wiegend Argumente der beiden Parteien vorzulegen, das eigene Urteil aber zurückzuhalten, an Rahewins Verfahren in den Gesta er innere. Wäre das richtig, müßte Rahewin später eine andere Ein stellung zum Schisma gewonnen haben, als er sie in den Gesta ver tritt, oder aber er müßte - was allerdings wenig plausibel erscheint in den Gesta aus höfischer Rücksicht eine Überzeugung vertreten haben, die er in Wirklichkeit nicht besaß. Ein Umdenken wäre angesichts der allgemeinen Haltung der Kirchenprovinz Salzburg während des Schisma nicht ausgeschlossen, doch ist die Zuweisung des Traktats an Rahewin weder unbedingt überzeugend noch gesichert109• Die zitierten Schriftsteller im Traktat sind außer Apollinaris Sido nius alles Schulschriftsteller, sie können daher nicht viel besagen. Man könnte die Kenntnis des Apollinaris Sidonius sogar mit der Her kunft des Verfassers aus der gleichen Schule, vielleicht der Ottos von Freising, erklären. Gravierender wäre die Benutzung des kanonischen Rechts, wenn man sie als ganz große Seltenheit betrachten könnte und nachzuweisen wäre, daß sowohl Rahewin wie auch der anonyme Verfasser ihre Zitate Gratian entnahmen, der zur Zeit Ottos und Rahewins wohl noch nicht allzu weit verbreitet war. Außerdem spielt das Kirchenrecht natürlich in den Gesta auch keine so beherrschende Rolle wie in dem Dialogus. Weiterhin ließe sich grundsätzlich ein wenden, daß die im Dialog vorgebrachten Argumente aus dem Kir chenrecht einem so vorzüglichen Kenner, wie es der Autor des Dialogs gewesen sein muß und wie es dann auch Rahewin gewesen wäre, diesem auch schon 1 159/60 hätten zur Verfügung stehen müssen. Zumindest hätte Rahewin das entscheidende Argument, daß der Papst von niemandem zu richten sei, auch damals nicht übersehen können, und dann hätte er nicht so entschieden die Rechtmäßigkeit Viktors herausstellen können, wie es in den Gesta der Fall ist. Schließ lich ist noch darauf hinzuweisen, daß die Briefe der beiden Parteien damals wohl weiter verbreitet waren, sie nicht unbedingt den Gesta entnommen sein müssen, aber auch Verwendung der Gesta durch einen anderen Autor durchaus möglich war. Ausschlaggebend scheint aber die völlig verschiedene Sprache. Mag auch die Materie verschie den sein, der Stil eines Rahewin im vollen Mannesalter, wie ihn die 1oe F ür RahewinsAutorschaft hat sich zuletzt P . Classen, Gerhoch von Reichere berg, 1 960, S. 2 1 3 ausgesprochen.
II. Das Werk Rahewins
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Gesta zeigen, hätte sich auch in einem wenig späteren Prosawerk nie derschlagen müssen. Aber in den Gesta sind Perioden typisch, die oft letzte Überschaubarkeit und Durchsichtigkeit vermissen lassen und gelegentlich dunkel wirken. Im Dialogus ist die Sprache dagegen außerordentlich durchsichtig, die Sätze sind kurz und prägnant, die Argumentation logisch scharf. Solche Unterschiede sprechen nicht unbedingt für den gleichen Verfasser, und sprachliche Anklänge könnten auch auf andere Weise, etwa durch Kenntnis der Gesta, erklärt werden. Rahewins Verfasserschaft soll nicht unbedingt ab gestritten, kann aber auch nicht bewiesen werden und muß daher im Gesamtbild Rahewins besser unberücksichtigt bleiben. Frühestens um die Jahreswende 1 158/59 kann Rahewin seine Arbeit an den Gesta aufgenommen haben 109 a , Mitte des Jahres 1 1 60 hatte er die Darstellung bis auf seine unmittelbare Gegenwart geführt. Als genaues Datum für die Beendigung seines Werks gibt er an : im siebten Jahr des Königtums und im fünften Jahr des Kaisertums Friedrichs !. 110• Die erste Jahresangabe ist objektiv falsch, aber da Otto von Freising Friedrichs Regierungsantritt irrtümlich mit März 1 154, also um zwei Jahre zu spät angesetzt hatte 111, ist Rahewins Angabe im Rahmen der Gesta richtig. Nach der Zählung der Gesta begann das siebte Königsjahr im März 1 160. Daß Rahewin so und nicht etwa nach Kalenderjahren rechnete, also 1 154 -1 160 als sieben Jahre zählte, ergibt sich aus den Kaiserj ahren, denn Rahewin hätte sonst das sechste zählen müssen. Das fünfte Kaiserjahr aber währte bis zum 1 7 . Juni 1 1 60 ; danach wird man die Beendigung der Arbeit in die Zeit zwischen März und Juni 1 160 setzen dürfen. Rahewin stellte sodann eine Reinschrift her, die höchstwahrscheinlich genau wie die kaiserliche Fassung der Chronik mit mehreren ganzseitigen Mini aturen geschmückt war 11 2 , und sandte das Exemplar, das nun seinen und Ottos Anteil vereinte, an den Kanzler Ulrich und den Notar Heinrich mit der Bitte, es nochmals durchzusehen und etwaige Verstöße gegen die Wahrheit oder sonstige Unzulänglichkeiten zu beseitigen 113• Daß das Werk dann dem Kaiser übergeben werden sollte und auch tatsächlich übergeben wurde, steht außer Frage. 109 a Vielleicht kehrte Rahewin aber erst nach dem Brand Freisings zurück ; vgl. IV, 1 5 . 1 10 IV, 87. m II, I . Vgl. oben S . 1 4 Anm. 5 1 . 1 1 2 Vgl. unten S . 6 1 f . 1 1 3 Unten S. 394. -
Einleitung
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Nach diesem Zeitpunkt erfährt man nicht mehr viel von Rahewin. Fest steht nur, daß noch zu seinen Lebzeiten mehrere Abschriften von seinem Handexemplar der Gesta genommen wurden und das Werk so relativ schnelle Verbreitung fand 11 4• Erst zwei Urkunden für das Kloster Schäftlarn aus den Jahren 1 168 und 1 170 lassen noch einmal etwas Licht auf seinen weiteren Lebensweg fallen. In beiden Urkunden erscheint ein Ravinus sancti Viti praepositus 116• Da auch eine ganze Handschriftengruppe, die noch dem 12. Jahrhundert angehört, den Verfasser im Prolog zu Beginn des dritten Buches als dignitate praepositus bezeichnet 116, handelt es sich bei der Seltenheit des Namens in den Schäftlarner Urkunden eindeutig um Ottos Kaplan, den Freisinger Domherrn. Rahewin ist also nach 1 160 zur Würde eines Propstes, und zwar von St. Veit bei Freising, aufgestiegen. Daß er als solcher nur in zwei Urkunden aus Schäftlarn erscheint, ist nicht auffällig. Denn das eingegangene alte Kloster Schäftlarn war von Otto den Prämonstratensern übergeben und damit ein zweites Mal gegründet worden . Hier hat man offensichtlich Beziehungen zu Ottos Vertrautem Rahewirr aufrecht erhalten. Auch eine sehr frühe Überlieferung der Chronik war in Schäftlarn vorhanden. Vielleicht fällt auch das eine oder andere von Rahewins Gedichten erst in diese Jahre, auf keinen Fall aber hat Rahewin nochmals seine Tätigkeit als Geschichtsschreiber aufgenommen. Kurze Annalen für die Jahre 1 160 bis 1 170 in einer Gasta-Handschrift sind sicher nicht Rahewins Werk 117• Am 1 1 . April 1 177 erscheint schließlich ein Konrad als neuer Propst von St. Veit erstmals in einer Quelle 118 • Sein gerrauer Amts antritt ist unbekannt, doch dürfte er Rahewins unmittelbarer Nach folger gewesen sein. Irgendwann zwischen den Jahren 1 170 und 1 177 muß Rahewin demnach verstorben sein.
2 . R a h e wi n s G e s t a - A n t e i l . A l l g e m e i n e C h ar a k t e r i s t i k Rahewins Biographie hat deutlich gemacht, daß e r in j eder Weise der geeignete Fortsetzer Ottos war. Als langjähriger Mitarbeiter des Bischofs war er mit dessen Plänen und Gedanken vertraut. Nach Lage der Dinge konnte überhaupt niemand anderes in Frage kommen. 116 Monumenta Boica 8, 5 1 6, 5 1 7 . Unten S. 63 ff. Ü berlieferungsgruppe B . - Vgl. S . 65. 1 1 7 Vgl. F . J. Schmale, DA. 1 9. 1 18 Monumenta Boica 10, 44 ; 517. 114 1 16
.
- ,
11. Das Werk Rahewins
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Aber er brachte auch unmittelbare literarische Voraussetzungen mit. Seine Bildung war umfassend, seit eineinhalb Jahrzehnten verfaßte er Urkunden, und schon damals war er sehr wahrscheinlich mit eigenen literarischen Werken hervorgetreten. Aber gerade weil er selbständig gearbeitet hatte, ganz bestimmte Neigungen und Vor stellungen von Literatur besaß, weil er im Gegensatz zu dem Theologen und Philosophen Otto in erster Linie Schriftsteller war, seine Nei gungen der Dichtkunst gehörten, andererseits aber seit vielen Jahren Umgang mit Urkunden besaß und deren Bedeutung zu schätzen wußte, und schließlich auch weil seine Stellung doch ganz anders war als die Ottos, aus all diesen Gründen ist aus seinem Anteil an den Gesta etwas anderes geworden als bloß eine Fortsetzung der beiden Bücher Ottos, nämlich ein durchaus selbständiges Werk, das Rahewill nach seinen eigenen Vorstellungen gestaltet hat 119• Zunächst einmal wich Rahewin insofern von dem Plan Ottos ab, als er den beiden ersten Büchern nicht nur ein drittes, sondern auch noch ein viertes Buch folgen ließ. Das ist keine ganz nebensächliche Änderung, denn immerhin blieb Ottos Bemerkung zu Ende des zweiten Buches, noch ein drittes schreiben zu wollen, auch nach der letzten Redaktion durch Rahewin stehen. Es verdient aber auch Be achtung, daß Otto im zweiten Buch fast fünf Herrscherjahre schil derte, auf einem Raum, der um ein Drittel geringer ist als der des ersten Buches, Rahewin dagegen den Stoff von etwa zweieinhalb Jahren - August 1 1 57 bis Februar 1 160 - auf zwei Bücher verteilte, deren erstes auf dem gleichen Raum wie Ottos zweites Buch nur ein einziges Berichtsjahr behandelt und deren zweites noch einmal doppelt so umfangreich wurde. So ist der Gesamtanteil Rahewins an den Gesta schließlich größer als der Ottos geworden. Von der Berichts zeit oder vom Tatsachenstoff her lagen dafür keine erkennbaren Gründe vor, und hätte Rahewin in der gleichen Art geschrieben wie sein Vorgänger, würde es ihm wohl auch schwer gefallen sein, mehr als ein Buch zu füllen. Das war überhaupt nur möglich , weil Rahewin in für das Mittelalter legitimer Weise versuchte, den nüchternen Tatsachen durch amfangreichste Entlehnungen aus antiken Autoren Farbe zu geben, also in gehobenem Stil zu schreiben. Das hatte natür lich auch Otto getan , aber doch nur mit Maßen. Bei Rahewin dagegen 1 19 Vgl. zu diesem und dem nächsten Abschnitt vor allem auch H. Prutz, Radewins Fortsetzung der Gesta Friderici imperatoris des Otto von Freising, ihre Zusammensetzung und ihr Wert, 1 87 3 ; G. Jordan, Ragewins Gesta Fride rici imperatoris, 1 8 8 1 ; H. Kohl, Rahewins Fortsetzung S. Xll ff.
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Einleitung
sind auf diese Art zahlreiche Kapitel entstanden, die ausschließlich aus solchen Entlehnungen bestehen. Bei ihnen ist es schwer zu ent scheiden, ob überhaupt noch ein konkreter Bezug zu den tatsäch lichen Vorgängen gegeben ist, ob bestimmte Vorgänge hier nur mit fremden Worten wiedergegeben wurden oder ob es nur mehr sti listisch zu wertende Ausschmückungen sind, deren Inhalt man nicht mehr zu den Tatsachen rechnen darf 120 • Rahewin hat also ganz als mittelalterlicher Literat seinen Anteil gestaltet. Hier wirkten sich Neigungen aus, die ihn sonst zur Vers kunst führten. Aber das allein hätte den Stoff noch nicht auf zwei Bücher ausgedehnt. Das hat ebenso die Aufnahme von rund 30 Schriftstücken, Gesetzen, Akten und Briefen bewirkt. Der Umfang dieser Dokumente allein, ohne allen sonstigen Text, kommt bereits dem von Ottos zweitem Buch gleich. Solche Schriftstücke hatte auch Otto aufgenommen, aber doch nur vereinzelt und eher zufällig. Bei Rahewin dagegen ist die ganz bewußte Absicht, seine Darstellung dokumentarisch zu unterbauen, unübersehbar. Die große Zahl der Akten ist nur zur erklären, wenn er sich anders als Otto ausdrücklich darum bemühte. Darin wirkt sich der Cartularius und Notar Rahewin aus. Diese Überfülle von Akten war vielleicht auch nicht ganz im Sinne eines gehobenen literarischen Anspruchs, aber heute ist man dafür um so dankbarer, als manches Stück nur mehr bei Rahewin überliefert ist und an anderen Stücken deutlich wird, daß das Ver mögen, anhand solcher Dokumente einen selbständig formulierten sachlich richtigen Bericht zu erstellen, doch nur begrenzt war. Wo Rahewin mit eigenen Worten das zusammenfaßt, was er den inserier ten Dokumenten entnahm, ist die sachliche Verwirrung gelegentlich recht groß 121 • Zuweilen tat er aber auch des Guten zuviel. Gegen Schluß des vierten Buches hat er Dokument an Dokument gereiht, nur gelegentlich zwischen zweien einmal einen verbindenden Satz ein gefügt, obwohl diese Akten inhaltlich weitgehend identisch sind. Auf j eden Fall aber gewann Rahewin auf diese Weise so viel Stoff, daß er zwei Bücher füllen konnte. Eigene literarische Vorstellungen, literarische Tätigkeit, Prägung durch seine Kanzleitätigkeit, gewiß auch die Freude, die Taten des von ihm hochverehrten Herrschers 1zo H. Kohl, Rahewins Fortsetzung S. XIVf. tritt nach dem Vorbild Jordans entschieden für die absolute Glaubwürdigkeit all dieser Partien ein, da Rahewin den Wortlaut seiner Vorlage geändert und also den Tatsachen angepaßt habe. Ein völlig beweisbares Urteil ist in dieser Frage kaum möglich. 111 Vgl. besonders unten von IV, 18 an.
II. Das
Werk Rahewins
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zu verherrlichen, und der Wille , nach ganzem Vermögen das Werk Ottos würdig fortzusetzen, haben aus dem geplanten dritten noch ein viertes Buch werden lassen. Dagegen darf man der Bemerkung am Ende des vierten Buches, daß er das Werk beschließe, um die Vierzahl der Evangelien nicht zu überschreiten, keine besondere Be deutung beimessen. Rahewin hat damit nur sich selbst und dem Leser eine Erklärung gegeben, die dem mittelalterlichen Bedürfnis nach Symbolen und Vorbildern Rechnung trug ; es wäre aber schwer ge wesen, noch weitere Bücher hinzuzufügen. Da das vierte Buch mit Ereignissen zu Anfang 1 1 60 schließt, war Rahewin bei seiner eigenen Gegenwart angelangt. Es sei schließlich aber auch noch die Frage gestellt, welche Kri terien die Abgrenzung der einzelnen Bücher bestimmten. Die Grenze zwischen dem ersten und zweiten Buch Ottos war gegeben durch Friedrichs Regierungsantritt, das Ende des zweiten befindet sich in genauer Übereinstimmung mit dem letzten in Friedrichs Bericht er wähnten Ereignis. Das von Otto vorgesehene dritte Buch hätte nur noch die unmittelbarste Gegenwart vom Herbst 1 156 bis etwa 1 158 behandeln können. Letztlich war es wohl der Tod, der Otto daran hinderte. Aber aus nicht mehr erkennbaren Gründen hat auch Rahewin den Bericht nicht dort wieder aufgenommen, wo Otto ge endet hatte, sondern erst mit dem August 1 157, und schon mit der Darstellung der Vorgänge bis in den Spätherbst 1 158 hatte er den normalen Umfang eines Buches erreicht ; mit welchen Mitteln, das wurde soeben erläutert. Aber der erreichte Zeitpunkt bot sich auch aus anderen Gründen als Buchende an. Es ist der Moment, da Rahewin mit der Fortsetzung beauftragt wird, unmittelbar vor dem Reichstag von Roncaglia. Mit dem Reichstag selbst, den Rahewin nun schon als ausdrücklich auch vom Kaiser beauftragter Geschichtsschreiber er lebte, setzt dann das vierte Buch ein, in einem noch tieferen Sinn Rahewins eigenes Werk. Denn es ist das, was er ganz aus sich heraus zusätzlich leistet, an keinen eigentlichen Auftrag, an keinen früheren Plan mehr gebunden. Das dritte Buch aber umfaßte auf diese Weise etwa die Zeit, die auch Otto in seinem geplanten dritten Buch hätte darstellen können. Daß man daraus allerdings nicht schließen darf, ihm lägen auch noch Ottos Vorarbeiten zugrunde, das wird noch gezeigt werden. Es ist aber nicht ausgeschlossen, daß der Plan zu einem vierten Buch erst während des Schreibens entstand, als sich zeigte, daß er mehr bieten könne, als in Ottos Vorhaben gelegen hatte. Es mag damit zusammenhängen, daß nach guter Überlieferung
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ursprünglich nur das vierte Buch außer dem ersten durch Zählung und eigene Überschrift ausdrücklich von den übrigen hervorgehoben ist. All diese Beobachtungen drängen bereits zu der Frage, worin sich denn nun Rahewin in einem tieferen Sinn als Historiker von Otto unterscheidet. Sein Anteil zeigt soviel eigene Art gegenüber dem Ottos, daß ihm auch eine andere grundsätzliche Haltung zugrunde zuliegen scheint. Das ist selbstverständlich auch schon früher beob achtet worden. Dabei wurde jedoch immer auf den Umstand be sonders hingewiesen, daß bei Rahewin alle eigentlich philosophisch theologischen Erörterungen fehlen, und man hat daraus geschlossen, daß Otto am eigentlich historischen Stoff weniger gelegen sei als an solchen Spekulationen, während Rahewin stets als Ziel vor Augen gehabt habe, Geschichte und nichts als Geschichte zu schreiben m . Daß das so nicht richtig ist, das wurde bereits eingehend erörtert. Ganz abgesehen davon, daß auch im zweiten Buch Ottos solche philosophischen Partien fehlen, weil innerhalb des eigentlichen Themas, die Taten Friedrichs, für Otto ebensowenig Anlaß zu solchen Erörterungen bestand wie für Rahewin, ist ein solches Urteil doch ganz subjektiv und entspringt einem rein positivistischen Geschichts begriff. Aus ihrem Fehlen bei Rahewin kann man nicht schließen, daß sie Rahewin fern lagen, daß er sie in einem Geschichtswerk als unpassend empfand. Andererseits wurde gezeigt, daß diesen Speku lationen eine so wichtige Rolle innerhalb der Gesta zukommt, daß man etwas überspitzt sogar sagen könnte, ohne sie wären die Gesta nicht nur ein ganz anderes Werk, sondern wahrscheinlich überhaupt nicht geschrieben worden. Grundsätzlich sind Ottos Spekulationen j a Spekulationen über den Gegenstand Geschichte. Im übrigen ist die durch Ottos philosophische Erörterungen festgelegte Grund tendenz der Gesta auch von Rahewin nicht aufgegeben worden. Richtig ist nur, daß Otto nicht an den historischen Einzelfakten um ihrer selbst willen interessiert ist - von welchem mittelalterlichen geschichtlichen Werk könnte man das überhaupt sagen ? - und auch nicht vom geschichtlichen Gesamtzusammenhang in seiner gan zen Fülle angesprochen wird, ebensowenig einfach von Personen und seien sie noch so tätig, sondern im Lichte seiner Anschauungen ein zelne Ereignisse erkennt und sie durchsichtig macht. Daher rührt letztlich auch die im Vergleich zu Rahewin sparsame Ausführung im einzelnen. m
Kohl, Rahewine Fortsetzung S. XVII.
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Von einer solchen Haltung unterscheidet sich die Rahewins aller dings. Schon die umfangreiche Verwendung antiker Autoren, beson ders bei der Schilderung der Kämpfe in Italien, zeigt ausgesprochene Freude am Stoff, am einzelnen Vorgang. Ebenso benutzt Rahewin jede Gelegenheit, wichtigere Personen des Geschehens auch dem Leser möglichst plastisch vor Augen zu stellen. Weniger ihre genealogische Herkunft und ihre gleichsam beamtete Stellung interessiert ihn dabei als vielmehr der eigentliche Mensch, sowohl in seiner äußeren Er scheinung wie in seinem Charakter 123• Selbst wenn er sich dabei sprachlicher Mittel bedient, die von anderen, vor allem von Sallust, Einhard und Apollinaris Sidonius für ganz andere Menschen geprägt worden sind, so gelingen ihm doch runde, bei Barbarossa zum Bei spiel nachweislich treffende Bilder 124. Dieser Drang zu bildhafter Anschaulichkeit war gewiß auch eine Ursache für die umfangreichen Entlehnungen aus Josephus' Jüdischem Krieg bei der Schilderung der Kämpfe in Oberitalien. Das Gleiche muß man aus der vergleichs weisen Ausführlichkeit und Lückenlosigkeit des Berichts schließen, der ja zeitlich nur wenig mehr als zwei Jahre umfaßt. Rahewin ist insgesamt vollständiger als Otto, registriert aufmerksamer die ein zelnen Ereignisse, und durch Dokumente werden sie belegt und deut licher gemacht. Dabei kam ihm weder wie Otto eine besonders her vorragende Stellung zu Hilfe, die an sich schon genauere Kenntnis bedingen konnte, noch konnte er sich eines Leitfadens bedienen, wie ihn Otto in Friedrichs Brief besessen hatte. Rahewin mußte sich also nachdrücklicher um Auskünfte bemühen und mußte aufmerksamer beobachten. Unverändert ist aber die Grundhaltung, wie sie Otto festgelegt hatte, beibehalten. Besonders die Einstellung gegenüber Friedrich I. Rahewins Gefühle für den Kaiser sind eher noch wärmer als die Ottos, er läßt sich mehr von der Gestalt des Herrschers an sich beeindruk ken 125, während für Otto im Vordergrund stand, daß Friedrichs Ver halten Übereinstimmung mit wichtigen Kategorien seines Geschichts bildes zeigt. Dieser Eindruck ist wenigstens zum Teil allerdings 1 2a
Oben S. 28 mit Anm. 94 - 99. Vgl . H. Grundmann, Der Cappenberger Barbarossa-Kopf und die Anfänge des Stiftes Cappenberg, 1 959. 1 2 5 Vgl. etwa unten S . 394 : ut qui res eius legerit, non unius, sed multorum facta regum seu imperatorum arbitretur ; S. 708 : personam suam Deus arbiter et ratio nature consummate felicitatis dote sociata cumularunt ; S . 390 : augustorum optime. 1 2•
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dadurch bestimmt, daß in Rahewins Berichtszeit zwei große Konflikte des Kaisers mit dem Papsttum fallen. Dadurch mußte die Haltung des Autors schärfere Umrisse erhalten als in einer noch konflikt losen Zeit, wie sie Otto beschrieb. Denn die Magdeburger Frage in den ersten Jahren Friedrichs wuchs sich ja noch zu keinem schärferen Gegensatz aus, und Friedrichs Einstellung und seine Auffassung vom Recht des Königs bei Bischofswahlen konnte sich auf gute Gründe berufen. So war es für Otto leichter, Friedrich und seine Regierung in stets gleich hellem Glanz zu zeigen. Gerade deshalb aber wäre es interessant, die Vorgänge von BesaUftOll von Otto dargestellt zu sehen. Aber das ist leider und vielleicht absichtlich nicht geschehen, obwohl das Ereignis in die Zeit fällt, in der Otto an den Gesta arbeitete. Vielleicht muß man sogar in seiner offensichtlichen Bereitschaft, im Juni 1 158 in Augsburg Papst Hadrian die bona fides zuzugestehen, eine stillschweigende Kritik an Friedrichs Haltung sehen. Rahewin aber war durch die Aufgabe, BesaUftOll und das Schisma von 1159 darzustellen, geradezu zu einer Stellungnahme heraus gefordert. Er hat das zweifellos selbst gespürt und sich deshalb scheinbar hinter die Dokumente zurückgezogen, um eine selbständige Darstellung zu vermeiden, die zu einer Stellungnahme hätte werden müssen 126 • In Wirklichkeit ist er aber dieser Herausforderung gar nicht ausgewichen. Allein dadurch, daß er die beiden Ereignisse erzählt, hat er schon Stellung genommen. Denn es ist nicht so, daß Rahewin diese Auseinandersetzungen gar nicht übergehen oder ganz kurz abtun konnte. Vollständigkeit war keine zwingende Notwendig keit. Ma� vergleiche nur, wie Otto den Streit um den Stratordienst übergeht. Da aber nun Rahewin sowieso nicht unmittelbar an Ottos Bericht anschloß, scheint es doch bezeichnend, daß er fast unmittel bar vor BesauftOll wieder einsetzte, so verlockend auch der Triumph Friedrichs über Polen - den aber Rahewin selbst sogleich wieder einschränkt - und der Würzburger Hoftag vom September 1 157 für 12 6 III, 1 0 : rescripta littararum idcirco huic operi interserere curavi, ut quivis lector, qui in partem declinare voluerit, non meis verbis vel assertionibus, sed ipsarum partium propriis scriptis tractus et vocatus libere eligat, utri parti suum velit accomodare favorem. - IV, 59 : Porro in hoc negotio Ieetorern ammonitum esse cupimus, ut non de nostro dicto vel scripto veritatem huius rei metiatur, sed, quid rectius sit, quisve, ut ita dixerim, iustius induit arma, ex collatione omnium scriptorum, que undique media discurrerunt, proprio disquirat iudicio. Nos enim, si alterutrius partis res vel attolleremus vel extenuaremus, a proposito decidere videremur, nec utique sanum esset corpus reliquum historie, si hanc partarn velut principale membrum domestici favoris morbus haberet.
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den Historiker sein mochten. Da auf jeden Fall eine große Lücke im Bericht bestehen blieb, hätte sie ruhig noch etwas größer sein können, falls der Verfasser irgendwelche Bedenken gegen die Haltung des Kaiscrs gehabt hätte, aber in einem für den Kaiser bestimmtem Werk keinen Tadel aussprechen wollte . Das gilt ebenso von der Darstellung des Schisma. Es bildet heute, sieht man von der zusammenfassenden Charakteristik Friedrichs ab, den Schluß des vierten Buches. Es hätte bei niemandem Bedenken erregen können, wenn das vierte Buch vor Ausbruch des Schisma geschlossen worden wäre. Würde man die Vorgänge bis einschließlich Besan9on und das Schisma herausstrei chen, dann bildete der sonstige Bericht gerade etwa den Umfang eines Buches. Das ist keine grundlose Spekulation. Welche Möglich keiten es unter Umständen für einen Autor gab, zeigen einige andere gleichzeitige Werke. Das Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia ist zwar heute ohne den Schluß überliefert, aber auch das Fragment geht zeitlich noch über Rahewins letztes Buch hinaus, und dennoch erfährt man nicht ein einziges Wort über das Schisma, es wird ebenso verschwiegen wie Besan9on, obwohl der Verfasser des Carmen die Gesta kannte. Auch Rahewin hätte durchaus mit der Eroberung von Crema und dem Triumph des Kaisers abschließen können, wenn er diesen Bericht nicht schon immer wieder durch Vor gänge im Zusammenhang mit der Doppelwahl unterbrochen hätte. Auch der Verfasser des Ligurinus, Gunther von Pairis 127, ist über das Schisma einfach hinweggegangen, obwohl er sonst nichts anderes ge tan hat, als die Gesta in Verse zu bringen. Wer also Bedenken gegen das Verhalten des Kaisers hatte, die Kritik aber nicht laut aus sprechen wollte, der schwieg. Rahewin aber hat nicht geschwiegen. Man darf sich deshalb über seine wahre Meinung nicht durch den vordergründigen Augenschein täuschen lassen, durch ein paar Bemerkungen, die scheinbar seinen Willen zur absoluten Ehrlichkeit, seine völlige Objektivität, ja sogar eine heimliche Kritik zu dokumentieren scheinen 128 • Zu Eingang seiner Berichte über Besan9on und das Schisma erklärt er jeweils, dem Leser nicht das eigene Urteil aufdrängen zu wollen, sondern die Akten selbst sprechen zu lassen, um nicht eine bestimmte Partei zu begünstigen. Die Darstellung selbst und der Eindruck, den sie beim Leser erweckt, besagen aber das genaue Gegenteil. Denn in beiden 127 V gl. E. Assmann, Bleibt der Ligurinus anonym, DA. 12 ( 1 956) 453 ff. 128 Vgl . Anm. 1 2 6.
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Fällen gewinnt man aus der Art des Berichts und aus den beigege benen Dokumenten kein anderes Ergebnis, als daß der Kaiser im Recht ist. Bei Besanc;on und den sich daran anschließenden Ereig nissen werden die Erwägungen der deutschen Seite mit eigenen W or ten wiedergegeben. Aber es fällt kein Hinweis darauf, daß Friedrichs Erklärung, das Kaisertum werde der Sache nach bereits bei der deutschen Königswahl übertragen, wahrhaft revolutionär war. Es fällt auch kein Wort darüber, daß die Reaktion des Hofes etwa durch eine irrtümliche Interpretation veranlaßt war, obgleich Rahewin, als er schrieb, schon die letzte Erklärung Hadrians vor sich hatte 129• Und wenn der Streit auch nach Rahewins Darstellung nochmals friedlich beigelegt wurde, die Erklärungen des Kaisers, die dem Streit überhaupt erst die Schärfe gegeben hatten, die aus der ganzen Angelegenheit überhaupt erst einen Streit machten, weil eine Be schränkung auf die von Hadrian tatsächlich allein inkriminierte Be handlung Eskils von Lund solchen grundsätzlichen Streit unnötig gemacht hätte, diese Erklärungen blieben unwidersprochen. Auch im Schisma will Rahewin angeblich dem Leser selbst an Hand der mitgeteilten Dokumente das Urteil überlassen. Man hat gemeint, so habe Rahewin klug verborgen, daß er heimlich eher zu Alexander neigte, dem Verfahren des Kaisers und dessen Papst Viktor IV. mit innerem Vorbehalt gegenüberstand. Aber von den 13 Aktenstücken, die das Schisma betreffen, sind nur zwei von der Partei Alexanders III. und eines ist vielleicht als neutral anzusprechen. Seit der Ankün digung der Synode von Pavia kommen überhaupt nur noch die An hänger Viktors und die Kaiserlichen zu Wort. Der Leser kann daher gar keinen anderen Eindruck gewinnen, als daß das Schisma tat sächlich und rechtens zu Gunsten Viktors bereinigt sei. Im Grunde scheint aber gerade dieser Eindruck auch beabsichtigt zu sein, ebenso wie früher bei Besanc;on. Rahewin will zeigen, daß sein eigenes Urteil nicht parteiisch ist, weil auf Grund der Dokumente doch offensichtlich gar kein anderes Urteil möglich ist. Wie hätte Rahewin sonst auch schreiben können, Hadrian IV. habe es l l 59 geradezu auf einen Streit mit dem Kaiser angelegt 130, während dieser - man darf niemals das Ganze aus dem Auge verlieren - im Gegensatz dazu im Schisma nichts anderes als das Wohl der Kirche im Auge zu haben scheint, nur seine Hilfe anbietet, die Frage selbst aber ausschließlich von 1 29 Iao
Vgl. unten S. 408 ff. mit Anm. 35. IV, 1 8.
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Geistlichen auf der Synode entscheiden läßt. Wie hätte Rahewin bei anderer Einstellung unmittelbar im Anschluß an die Vorgänge des Schisma ein so ganz und gar überschwängliches Bild Barbarossas zeichnen können. Rahewin kann keinen Augenblick an Friedrich gezweifelt haben. Dieser steht am Ende der Gesta als der Retter und demütige Diener der Einheit der Kirche da, regnum und sacerdotium sind völlig eins. Rahewins Bild von Friedrich entspricht noch 1 1 60 genau dem, das Otto einst festgelegt hatte. Ob dieser allerdings l l 59/60 noch unbedingt diese optimistische Einstellung besessen hätte, ist eine nicht unbedingt positiv zu beantwortende Frage. Doch man muß auch Rahewin Gerechtigkeit widerfahren lassen . Es war schließlich für ihn kaum möglich, sich eine andere Meinung zu bilden, und was soeben gesagt wurde, sollte nur dazu dienen, Rahe wins grundsätzliche Haltung deutlicher zu machen. Die tatsächlichen Vorgänge waren ihm ja weitgehend verborgen, er war nicht offiziell unterrichtet, auch sein dokumentarisches Material war nicht voll ständig und stammte aus mehr zufälligen Quellen. Denn auch diese Dokumente sind ihm nicht etwa vom Hof zugestellt worden, und in Deutschland begannen sich die kirchenpolitischen Parteien erst später zu formieren . Im Augenblick, da Rahewin schrieb, schien das Schisma sogar eindeutig zu Gunsten Viktors entschieden zu sein, sprachen die Dokumente doch davon, daß sich auch England, Frank reich, Spanien, Dänemark, Böhmen und Ungarn für Viktor erklärt hätten oder sicher erklären würden. Die bewußte Unwahrheit der offiziellen Aktenstücke konnte der weit vom Schauplatz entfernte Rahewin nicht durchschauen . Damit aber bestand scheinbar auch noch immer oder schon wieder Eintracht zwischen Papst und Kaiser, und Rahewin brauchte keinen Anlaß sehen, am Bild Friedrichs irgendetwas zu ändern. Bei aller Ähnlichkeit der Anteile Ottos und Rahewins an den Gesta vornehmlich in der grundsätzlichen Wertung der Personen und Ge schehnisse, sind doch auch erhebliche Unterschiede zu verzeichnen. Sie liegen einmal darin, daß die Wertung auch unter ganz veränderten Umständen beibehalten wird ; wenigstens muß das dem modernen Betrachter als ein Unterschied auffallen. Rahewins Einstellung gegen über dem Geschehen war naiver als das Ottos, er besaß eine unmittel bare Freude am geschichtlichen Ablauf und war daher bemüht, ihn möglichst vollständig zu erfassen. Dokumente als Produkte und un mittelbare Zeugen bestimmter Vorgänge waren ihm wichtig und gaben seiner Darstellung ein festes Gerüst. Dabei stand er vor größeren
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Schwierigkeiten als Otto ; denn ihm standen weder die Mittel von dessen Stellung zu Gebote, noch konnte er sich an eine offizielle Dar stellung als Richtschnur halten. Insofern ist seine Leistung, zwar nicht in der Tendenz, aber in der Darstellung als solcher selbstän diger als die seines Vorgängers und freier von bewußter Verzeichnung.
3. R a h e w i n s Q u e l l e n Angesichts der unterschiedlichen Stellung der beiden Autoren und der verschiedenen Art , Geschichte zu schreiben, muß die Frage nach den Quellen der Darstellung für den Anteil Rahewins gesondert ge stellt werden 131• Rahewin besaß nicht ohne weiteres die gleichen Informationsmöglichkeiten wie Otto ; er war weder Reichsfürst noch ein Verwandter der Staufer, noch gelegentlicher Bevollmächtigter der Herrscher. Zwar hat auch Rahewin in der Zeit, die sein Bericht um faßt und die noch teilweise in das letzte Lebensjahr Ottos von Frei sing fällt, in Begleitung seines Bischofs oder als dessen Beauftragter an wichtigen Ereignissen als Augenzeuge teilgenommen, so am Reichstag zu Würzburg im September 1 1 57 , vielleicht sogar am Reichstag zu Besan«;on im Oktober des gleichen Jahres, am Reichs tag zu Augsburg im Juni 1 1 58 und schließlich am Reichstag zu Roncaglia im Oktober 1 158, aber was er nicht selbst erlebte, war für ihn schwerer, gleichsam weniger automatisch zu erfahren ; Rahewin war in einem anderen Sinn auf Hörensagen angewiesen 132, erfuhr gelegentlich Genaueres erst nach der ersten Niederschrift seines Be richts 133 und mußte sich insgesamt nachdrücklicher um Unter richtung bemühen, möglichst durch schriftliche Quellen. Diese andersartigen Voraussetzungen sind Rahewins Werk allent halben anzumerken. Über Vorgänge, die er persönlich zu beobachten Gelegenheit hatte, erzählt er ausführlicher als Otto und ist zugleich bemüht, auch die einschlägigen Dokumente zu bieten, die den Kern des jeweiligen Geschehens unmittelbar zur Anschauung bringen. Andererseits wird aber auch an vielen Partien, den wortreichen Schilderungen zumal der italienischen Geschehnisse in den Jahren 1 158 131 Vgl. oben S . 33 mit Anm. 1 1 9.
13 2
Rahewin hat das gelegentlich registriert, etwa III, 33 ; IV, 43 ; IV, 45. Daraus kann man indessen nicht schließen, alles andere beruhe auf schriftlichen Quellen, amtlicher Unterrichtung oder Augenzeugenschaft. 188 Vgl. etwa IV, 43 Ende.
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bis 1 1 60 mit Hilfe von literarischen Entlehnungen deutlich, daß er manches nur ungenau oder unvollständig erfuhr. Über den Ausbruch des Schisma und die Synode von Pavia weiß Rahewin überhaupt nur das, was die ihm mehr oder weniger zufällig bekannt gewordcnen Dokumente enthalten . Der erste moderne Herausgeber der Gesta Friderici in den Monu menta Germaniae Historica, R. Wilmans, war der Ansicht, Otto habe auch das dritte Buch, das erste Rahewins, und das vierte bis Kap. 1 3 zum Teil noch selbst verfaßt 134 ; di e Berichtszeit des dritten Buches, 1 1 57 bis Herbst 1 1 58, würde das nicht ausschließen, abgesehen von den allerletzten Partien. Wenig später wurde diese Ansicht dahin ab geschwächt, daß Rahew:in nur mehr Notizen Ottos verwendet habe, die man an gelegentlichen kurzen Sätzen zu Beginn mancher Kapitel wiedererkennen wollte 135• Sie sollten dem angeblichen Memoriale Ottos, von dem Rahewin selbst spreche, entnommen sein . Auch diese Meinung wurde bald erfolgreich bestritten 136• Das Memoriale ver dankte seine Existenz einer falschen Interpretation j ener Stelle in Rahewins Widmungsbrief, in dem er davon erzählt, er habe den Auf trag zur Fortsetzung der Gesta angenommen, damit das coeptum opus et memoriale Ottos nicht untergehe ; die "kurzen Sätze" finden sich dagegen genau so auch noch im vierten Buch . Dennoch hatte in den zwanziger Jahren R. Holtzmann noch einmal diese längst zurückgewiesene These aufgenommen und erneut die Existenz eines Memoriale behauptet, unter dem er nun sogar eine Denkschrift ver stehen wollte, die vom Hof selbst herausgegeben worden sei - ähnlich dem Brief Friedrichs an Otto -, aber doch ausführlicher und ge legentlich sich bereits einer regelrechten Darstellung annähernd. Spuren eines solchen offiziellen Memoriale wollte Holtzmann in einer Reihe anderer Quellen wiederfinden, vornehmlich in gelegentlichen sprachlichen und sachlichen Übereinstimmungen, die sich in ver schiedenen historiographischen Werken der frühen Stauferzeit fest stellen lassen 137• Vor allem aus methodischen Gründen ist aber auch
1 .. Archiv d. Gesellschaft für ältere deutsche Geschichtskunde X, 1 4 6 f . ; Vor
rede i n MG.
SS.
20.
1 35 Prutz a. a. 0 . S. 1 8 ff. 1 38 Jordan a. a. 0 . - Vorarbeiten Ottos nimmt aber dennoch W.
G Q . 2 , 2 5 0 an.
1 37 R .
Holtzmann, Das Carmen de Frederico
I.
Wattenbac h ,
imperatore aus Bergamo und
die Anfänge einer Staufischen Hofhistoriograph ie, NA. 4 4 ( 1 9 2 2 ) 87 ff.
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diese Ansicht schon mehrfach mit Recht zurückgewiesen worden 138 , doch muß die Frage auch hier noch einmal kurz aufgegriffen werden. Die schon mehrfach erwähnte Lücke im Gesta-Bericht zwischen September 1 1 56 und August 1 157 beweist wohl eindeutig, daß Otto für diese Zeit keine Notizen hinterlassen hat, sie sind dann aber auch für den Zeitraum, den Rahewin noch im dritten Buch beschreibt, auszuschließen. Es wurde ja schon darauf hingewiesen, daß solche Notizen überhaupt wohl nicht zur Arbeitsmethode Ottos gehörten, wenigstens nicht bei den Gesta Friderici. Ebenso unwahrscheinlich ist aber aus den gleichen Gründen ein offizielles Memoriale. Schließ lich ist überhaupt weder die eine noch die andere Annahme not wendig, um das Zustandekommen von Rahewins Bericht zu erklären. Das wird am ehesten deutlich, wenn man die Frage zu beantworten sucht, wann und wie Rahewin seine N achrichten im einzelnen bekommen haben kann. Wie erinnerlich weilte Rahewin im Herbst l l 58 am Hof des Kaisers in Italien, um die Nachricht von Ottos Tod zu überbringen. Als er hier auch von Friedrich aufgefordert wurde, die Gesta Ottos fort zusetzen, nutzte er offensichtlich die willkommene Gelegenheit, über die Ereignisse der letzten Zeit genauere Erkundigungen einzuziehen und das eine oder andere Dokument zu bekommen. Es müssen der Kanzler Ulrich und der Notar Heinrich gewesen sein, die diese Hilfe gewährten. Dem Anfang des dritten Buches, dem Bericht über den Polenfeldzug, konnte so ein Brief Friedrichs an Wibald von Stablo über diesen Feldzug zugrunde gelegt werden. Daß das Konzept oder die Abschrift dieses Briefes noch längere Zeit in der kaiserlichen Kanzlei aufbewahrt wurde, geht auch noch aus anderweitiger direkter Benutzung desselben hervor 139• Daß nun Rahewin, wenn sonst keine Vorarbeiten vorhanden waren und keine aufsehenerregenden Ereig nisse unmittelbar vorangingen, gerade mit dem Polenfeldzug wieder einsetzte, ist nur zu verständlich. Seit vielen Jahren war kein deut scher Herrscher mehr in Polen gewesen, hatte man dort die deutsche Oberherrschaft mißachtet. Die Unterwerfung des Landes im Sommer so wirkungslos sie im Grunde auch blieb - schien kein ge 1 158 ringer Erfolg des Kaisers (III, 1 -5 ) . Den darauf folgenden Würz burger Hoftag (III, 6 -9) konnte Rahewin aus eigener Anschauung -
us E. Ottmar, Das Carmen de Frederico I. imperatore aus Bergamo und seine Beziehungen zu Otto-Rahewins Gesta Friderici, Gunthers Ligurinus und Burchard von Ursbergs Chronik, NA. 46 ( 1 926) 430 - 489. m Vgl. unten S. 52.
li. Das Werk Rahewins
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schildern. Das hier inserierte Schreiben Heinrichs von England konnte er im Herbst 1 158 am Hof erhalten, wenn er nicht bereits aus Würzburg eine Abschrift für Otto mitgenommen hatte. Die Ergeben heit, die Heinrich darin zum Ausdruck zu bringen schien, machte es zu einem recht wertvollen Beweis für Friedrichs allgemeines Ansehen auch bei auswärtigen Herrschern. Sehr detailliert ist die Schilderung des Reichstages zu Besan�ton, der sich hier entwickelnden Kontroverse zwischen dem Kaiser und der Kurie und schließlich der Beilegung des Streits in Augsburg unter Vermittlung Ottos von Freising (III, 10-13, 1 9 -2 1 , 24 -27 ) . Die Bedeutung dieses Konflikts, die auch Rahewin erkannte und über den auch Otto mit ihm gesprochen haben muß 140, rechtfertigten durch aus eine so ausführliche Behandlung. Das genaue Wissen Rahewins ist nicht schwer zu erklären , auch wenn er nicht in Besan�ton anwesend war. Friedrichs Gegenmaßnahmen setzen eine allgemeine nähere Unterrichtung des deutschen Episkopats voraus. Sie muß spätestens auf einer Versammlung der deutschen Bischöfe, von der Rahewin in III, 20 spricht, erfolgt sein . Selbst wenn Otto, und als sein Begleiter auch Rahewin, an dieser Versammlung nicht teilnahmen, so wurde Otto dennoch auf jeden Fall unterrichtet, einmal durch Friedrich selbst Beleg ist der III, 13 inserierte Brief des Kaisers, wahrscheinlich aus Freisinger Überlieferung -, zum anderen durch die Mitbischöfe, wahrscheinlich sogar konkret durch Erzbischof Eberhard von Salz burg. Denn drei Dokumente, die Rahewin in diesem Zusammenhang aufgenommen hat, sind auch in der Briefsammlung Eberhards über liefert (III, l l , 19, 20) , und Eberhards Sammlung ist offensichtlich auch in einer Reihe von weiteren Fällen die Quelle für Rahewins Dokumente gewesen 141• Das Schreiben Hadrians dagegen, das den Kon flikt beilegte und das Otto verdolmetschte, ist wieder nur bei Rahewin überliefert, also wahrscheinlich auf Grund des Originals (III, 26) . Die in den Bericht über diese Kontroverse eingestreuten Kapitel behandeln das Treffen zwischen Deutschen und Franzosen (III, 14), für das Rahewin den Bischof von Troyes als Quelle angibt ; Vorgänge, die den Regensburger Reichstag im Januar 1 1 58 beschäftigten (III, 15, 16) ; schließlich die italienische Gesandtschaft Ottos von Wittelsbach und Rainaids von Dassel, die den zweiten Italienzug des Kaisers 140 Vgl. III, 25 Ende : (Otto) qui singularem habebat dolorem de controversia inter regnum et sacerdotium. w W. Schmidt, Arch. f. Kunde österr. Geschichtsquellen 34 ( 1 865) 1 ff. ; P. G. Fischbach, Die Briefsammlung Eberhards I. von Salzburg, ms. Dias. Bonn 1954.
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vorbereiten sollte und deren Bericht auf dem Reichstag zu Augsburg im Juni 1 1 58 vorlag (III, 2 1 -23) . Ebenso hängen die Kapitel III, 28 und 29 noch mit Augsburg zusammen. Mit Kap. III, 30 wendet sich das dritte Buch nunmehr ausschließlich dem oberitalienischen Schau platz zu. Die Kenntnis alles dessen, was darüber nun zu berichten war, erhielt Rahewin bei seinem nur wenig späteren Aufenthalt am Hof, auch die inserierten Akten, besonders die Heeresordnung vom Juli 1 1 58 (III, 3 1 ) , den Vertrag mit Mailand (III, 50) . Indessen darf man sich nicht durch die scheinbare Ausführlichkeit irremachen lassen. Sie ist wesentlich den umfangreichen literarischen Entlehnun gen zu verdanken. Das vierte Buch beginnt mit dem Reichstag von Roncaglia, den Rahewin persönlich miterlebte (IV, 1 -1 1 ) . Da man den Zeitpunkt von Rahewins Rückkehr nach Deutschland nicht weiß, können noch weitere Teile seines Berichts auf diesen italienischen Aufenthalt zu rückgehen (IV, 12 -13). IV, 14-15 behandelt Ottos Leben und Tod, IV, 16 die Freisillger Brandkatastrophe, IV, 1 7 einige weitere Todes fälle. Mit IV, 18 wendet sich der Verfasser der neuerlichen Ausein andersetzung Friedrichs mit Hadrian IV. um Brixen und die Neu besetzung des Stuhles von Ravenna zu. Gleichzeitig beginnen nun mehr und mehr die Dokumente das Gesicht der Gesta zu bestimmen. Überhaupt scheint Rahewin alles, was er hier mit eigenen Worten berichtet, den mitgeteilten Akten entnommen zu haben. Daher erzählt er offensichtlich ab IV, 1 8 auch nicht mehr als Augenzeuge. Die fünf einschlägigen Briefe (IV, 19, 20, 22) sind im wesentlichen von Bischof Eberhard von Bamberg geschrieben oder an diesen gerichtet. Eine direkte Verbindung Rahewins mit Eberhard ist daher nicht aus zuschließen. Von verschiedenen Reichstagen mußte er den Bischof kennen, und Eberhards Porträt in IV, 32 läßt auf genaue Bekannt schaft schließen. Von IV, 23 an werden allgemeine oberitalienische Vorgänge berichtet, der Abfall Mailands und die Gegenmaßnahmen Friedrichs. Nach IV, 26 weilte zu dieser Zeit Bischof Adalbert von Freising beim Kaiser, er kommt daher auch als Quelle für Rahewins Wissen in Frage. Doch läßt sich der damit erfaßte Zeitraum nicht genau abgrenzen, aber spätestens im Sommer l l59 war Adalbert wieder in Freising (IV, 52) . Allenfalls von den Briefen in IV, 34 und IV, 36 kann man mit einiger Sicherheit sagen, daß Rahewin sie von ihrem Adressaten Eberhard von Salzburg erhielt 142• u 2 So könnte man jedenfalls u. U. aus IV, 36 herauslesen : audi epistolam imperatoris directam Eberhardo Salzburgensi archiepiscopo.
li.
Das Werk Rahewins
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Den weiteren Inhalt bestreiten die Kämpfe vor Mailand, um Crema und schließlich das Schisma. Über sie wird in den folgenden Kapiteln im Wechsel berichtet, zum Teil sehr detailliert. Für eine persönliche Teilnahme gibt es keine Anzeichen, ebensowenig für offizielle Unter richtung von seiten des Hofes . Nur Bischof Adalbert muß einmal von Barbarossa verständigt worden sein (IV, 57 ). Dem hier ausschnitt weise zitierten Brief und einem gewiß vorauszusetzenden mündlichen Bericht des Boten könnte Rahewin seine Kenntnisse weitgehend ver danken. Ähnliche Berichte müssen auch die Grundlage für die Dar stellung der abschließenden Kämpfe um Crema abgegeben haben. Von der Eroberung Cremas hatte Friedrich nicht nur in einem allgemeinen Rundschreiben Kenntnis gegeben 143, es müssen weitere Boten ge kommen sein, die die deutschen Bischöfe nach Pavia einluden, und schließlich kehrten im Februar 1 160 die bayerischen Truppen zurück, die Heinrich der Löwe im Jahr zuvor dem Kaiser zugeführt hatte. Unter solchen Umständen gab es für einen interessierten Mann mannigfache Möglichkeiten, Einzelheiten zu erfahren und einen recht ausführlichen Bericht zusammenzustellen. Andererseits weisen gerade diese Partien zahlreiche Widersprüche zu den Darstellungen un mittelbarer Augenzeugen auf wie zu Vincenz von Prag 144, Otto Morena 145, Gesta Federici I. imperatoris in Lombardia aus Mai land 146 und Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombar dia 14 7 . Sie können am ehesten damit erklärt werden, daß sich Rahe win aus den Erzählungen anderer selbst ein Bild zusammensetzen mußte. Eigentlich offizielle Unterrichtung durch den Hof scheint jedenfalls ausgeschlossen . Es bleibt noch die Darstellung des Schisma (IV, 52, 60 -66, 74 bis 84), d. h . von einer eigentlichen Darstellung kann kaum noch ge sprochen werden. Rahewin teilt fast ausschließlich Briefe und Akten mit, die er ab und zu durch ein paar eigene Worte verbindet. Sein gesamtes Wissen ist ausschließlich diesen Schriftstücken entnommen. Wie und durch wen er allerdings jedes einzelne erhalten hat, ist heute nicht in allen Fällen mehr festzustellen. Ein erheblicher Teil ua
IV, 73. Vincentii (et Gerlaci) Annales, MG. SS. 1 7 , 658 ff. u• Ottonis Morenae et continuatorum Historia Frederici, ed. F. Güterbock, MG. SS. rer. Germ. NS. 7 ( 1930). ua Gesta Federici I. in Lombardia, ed. 0 . Ho1der-Egger, MG. SS. rer. Germ . ( 1 892). 1 47 Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia, ed. I. Schmale -Ott, MG. SS. rer. Germ. ( 1 964). 1 ..
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Einleitnng
indessen ist ihm höchst wahrscheinlich durch Eberhard von Salzburg mitgeteilt worden, in dessen Briefsammlung die betreffenden Stücke ebenfalls überliefert sind, in überlieferungsgeschichtlich verwandter, doch besserer Version. Auch ihm hat Rahewin im Anschluß an diese Briefe ein Porträt gewidmet, das neben dem Ottos von Freising und Friedrichs ausführlichste. Da diese Charakteristik unmittelbar auf die Briefe Eberhards folgt, so wie die Eberhards von Bamberg auf dessen Schreiben, könnte man sogar vermuten, daß Rahewin damit jeweils seinen Dank für die Hilfe abstatten wollte. Zusammenfassend läßt sich sagen : Irgendwelche Vorarbeiten Ottos, die Rahewin benutzt oder einfach fortgesetzt hätte, haben für das dritte Buch nicht, jedenfalls nicht nachweislich, vorgelegen. Ebenso fehlt jedes Anzeichen dafür, daß er kontinuierlich und offiziell vom Hof durch Berichte auf dem Laufenden gehalten worden wäre. Nur einmal läßt sich mit einigem Grund vermuten, daß Rahewin sich über einige zurückliegende Ereignisse bei einem Aufenthalt am Hof Auskünfte einholte und dabei auch Einblick in einige Schriftstücke berichtet er als erhielt. Alles andere - bis Herbst/Winter 1 1 59 Augenzeuge oder auf Grund von Mitteilungen Dritter, etwa Adalberts von Freising, möglicherweise Eberhards von Bamberg und sicher Eberhards von Salzburg. Den beiden letzten scheint er auf Grund persönlicher Bekanntschaft die Vermittlung einiger Akten zu ver danken. Diese sind ihm also nicht offiziell zugestellt worden. Der Rest ist ihm in einer im einzelnen nicht mehr bestimmbaren Weise durch mehr zufällige Berichterstattung bekannt geworden. -
III. FORTWIRKEN UND STELLUNG DER GESTA IN DER HISTORIOGRAPHIE DES 12. JAHRHUNDE RTS Ottos und Rahewins Gesta Frederici scheinen sehr schnell bekannt, benutzt und verbreitet worden zu sein. Gewissermaßen auf zwei Wegen lassen sich Anhaltspunkte dafür gewinnen : einmal durch die Verbrei tung von Gesta-Handschriften, zum anderen durch Verwendung der Gesta in anderen historiographischen Werken der Zeit. Die handschrift liche Überlieferung soll zwar erst innerhalb der Überlieferungsge schichte des Textes genauer behandelt werden 148, doch seien hier einige allgemeine Beobachtungen zusammengeiaßt und vorausgeschickt. ua Unten S. 58 ff.
III. Fortwirken und Stellung der Gesta in der Historiographie
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Die verhältnismäßig zahlreichen frühen Handschriften, die noch der Stauferzeit selbst angehören, noch heute erhalten oder aus er haltenen erschließbar sind, insgesamt etwa acht bis zehn, gehen auf zwei Quellen zurück, auf das für den Kaiser bestimmte Exemplar und auf das Arbeitsexemplar Ottos und Rahewins . Die Nachwirkung des ersten ist allerdings gering, nur eine einzige Abschrift aus dem Elsaß ist mit Sicherheit festzustellen . Größer war die Ausstrahlung, die von dem Handexemplar ausging : jedenfalls zeigt die von dieser Vorlage ausgehende Überlieferung heute eine verhältnismäßig große Streuung. Aber dennoch ist diese Verbreitung auf einen ganz be stimmten, eng begrenzten Raum beschränkt, der etwa mit den Orten Freising, Tegernsee, Salzburg, Sittich, Vorau, Gurk, Admont umschrieben ist, und alle diese Handschriften sind untereinander so eng verwandt, daß sie vielleicht auf eine einzige, höchstens jedoch zwei Abschriften vom Handexemplar zurückgehen. Wo oder für wen diese Abschrift oder diese Abschriften angefertigt wurden, ist nicht mehr sicher zu bestimmen. Die meisten Indizien weisen aber auf Salzburg, also wohl auf Erzbischof Eberhard, dem Rahewin nahe stand. Man könnte also sagen, die Verbreitung der Gesta in diesem Raum gehe eigentlich auf Rahewirr selbst zurück, ist im allgemeinen aber auf die Beziehungen der südostdeutschen Klöster zu Salzburg und untereinander gegründet und bleibt auf den salzburgisch babenbergischen Raum beschränkt. Außerhalb dieses Raumes ist keine einzige Gesta-Handschrift nachzuweisen , weder im westlichen noch im nördlichen Deutschland, ja nicht einmal im staufischen Schwaben oder Franken . Entweder hat man hier nichts von diesem Werk gewußt, oder aber das Interesse an einem solchen Werk muß letzten Endes sehr gering gewesen sein. Über einen ganz engen Kreis hinaus ist diese Darstellung des Staufers Friedrich nicht gedrungen. Seine Verbreitung in Südostdeutschland scheint es daher auch eher der Tatsache zu verdanken , daß der Babenberger Otto, der Ver fasser der Chronik , auch sein erster Autor war. Denn die Verbreitung der Chronik zeigt ganz das gleiche Bild, beziehungsweise die Gesta sind nur in dem Raum nachzuweisen, dem auch die Masse der Chronik überlieferung angehört 149• Auch diese ist nicht eigentlich über Bayern hinausgedrungen. Bei der Chronik mag man das mit ihrem philosophisch-theologischen Charakter erklären, bei den Gesta kann man darin nicht die Ursache sehen. Hier muß es an dem Gegenstand uo
Vgl. A. Hofmeister, Chronica S. X.
Einleitung
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und der literarischen Gestalt gelegen haben. Aber noch während der Stauferzeit, um die Wende vom 12. zum 1 3 . Jahrhundert bricht auch im bayerischen Raum die Überlieferung ab. Handschriften des mitt leren und hohen 13. und des 14. Jahrhunderts sind nicht mehr be kannt. Erst die Humanisten entdecken gegen Ende des 15. Jahr hunderts das Werk wieder, und 1515 wird es erstmals durch Johannes Cuspinian zum Druck gebracht. Aber natürlich können die Fragen nach Verbreitung, Beachtung und Kenntnis der Gesta nicht allein von den Handschriften her beantwortet werden, die das Werk als solches überliefern. Gleich wertig stehen daneben die Spuren, die es in anderen Geschichtswerken hinterlassen hat. Diesem Komplex ist man indessen bisher kaum noch nachgegangen. Er schließt eigentlich die Frage nach der staufiseben Historiographie insgesamt ein und kann daher in diesem Rahmen nicht gelöst werden. Einige Hinweise müssen genügen. Ganz vermie den werden kann sie nicht, weil mit den Gesta selbst bereits die Frage als solche gestellt ist. Es wurde schon in anderem Zusammenhang erwähnt, daß R. Holtz mann vor etwa drei Jahrzehnten von einer staufiseben Hofhistorio graphie sprach 150• Er hatte bei den Vorarbeiten zu der von ihm beabsichtigten Edition des Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia die Überzeugung gewonnen, den sprachlichen und sachlichen Parallelen in einigen Quellen der Stauferzeit müsse eine gemeinsame Quelle zugrunde liegen, die vom Hof aus einer Reihe von Geschichtsschreibern zur Verfügung gestellt und dauernd er gänzt worden sei. Wäre diese Ansicht richtig, dann wäre Friedrich I . der erste deutsche Herrscher gewesen, der eine solche in den Grund zügen von ihm selbst ständig beeinfiußte und bestimmte Publizistik betrieben hätte, der durch eine ganze Gruppe von etwa gleichzeitigen Geschichtsschreibern für die Verbreitung seiner Taten und seines Standpunktes gesorgt hätte. Nun kann ein wirkliches Interesse Barbarossas an der Geschichtsschreibung, vor allem auch der über ihn selbst, nicht gut bestritten werden. Auf eigenen Wunsch erhielt er Ottos Chronik 151, für die Gesta ließ er Otto einen eigenen Bericht über die ersten fünf Regierungsjahre zukommen. Man weiß, daß er sich aus den "Taten" der frühen Kaiser - damit ist wahrscheinlich Ottos Chronik gemeint - vorlesen ließ 152 ; Chronik und Gesta blieben uo
Vgl. oben Anm. 1 3 7 . m Vgl. Chronica S. 1 .
n•
Unten S. 82, 560.
III. Fortwirken und Stellung der Ge sta in der Historiographie
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in seinem Besitz ; vom Archipoeta ließ e r sich nach dem ersten Sieg über Mailand feiern 153• Diesen Dichter suchte auch Rainald von Dassei für die Geschichtsschreibung zu interessieren 154• Die Vor aussetzungen für die von Holtzma nn behauptete Hofhistoriographie wären also eigentlich vorhanden gewesen ; und doch läßt sie sich nicht erweisen. Holtzmann wurde zunächst sehr schnell und sachlich völlig richtig von einem Schüler J. Hallers, E. Ottmar widersprochen, hinter dem Haller selbst stand 1 66 . Ihm schienen die von Holtzmann herausge stellten Parallelen zwischen den Gesta und dem Carmen de gestis, zwischen Carmen und Ligurinus, zwischen Carmen und Burchard von Ursberg 156 zufällig und in der Sache begründet ; niemals ließ sich eine der von Holtzmann angezogenen Stellen in allen verglichenen Werken belegen ; ihre Verfasser hätten also nur j eweils paarweise Verschiedenes der gleichen offiziellen Quelle entnehmen müssen ; und schließlich, aber nicht zuletzt, sei es auch methodisch nicht möglich, aus parallelen Stellen in zwei Werken ein drittes zu erschließen, solange nicht gegenseitige Benützung mit Sicherheit auszuschließen sei. In der Sache und in den wichtigsten Argumenten hatte Ottmar zwei fellos recht, und wenigstens für die Gesta wurde oben eindeutig ge zeigt, daß außer dem einen Brief Friedrichs keinerlei offizielle Quelle oder aus der Initiative des Hofes kommende Unterrichtung angenom men werden muß, meist nicht einmal angenommen werden kann. Nur in einem Punkt kann man auch Ottmar nicht zustimmen. Es sind auffällig viele sprachliche Parallelen, die seiner Ansicht nach zufällig zustande gekommen sein sollen, und man kann und darf auch nicht übersehen, daß auch bei sprachlichen Unterschieden insgesamt soviel an sachlicher Übereinstimmung im Ganzen wie in den Einzelzügen ent halten ist, daß man doch irgendeine unmittelbare Beziehung zwischen diesen Quellen annehmen muß . Eine unmittelbarere Beziehung jeden falls, als durch den gemeinsamen Gegenstand, die Taten Friedrichs, gegeben ist. Vergleicht man nämlich die Gesta und die von Holtzmann
153 Mit dessen Gedicht "Salve mundi domine" ; vgl. dazu W. Stach, Salve, mundi domine, Ber. ü. d. Verh. d. Sächs. Akad. d. Wiss. phil. hist. Kl. 9 1 , 3 ( 1 939). 1 54 Vgl. des Erzpoeten Gedicht "Archicancellarief vir discretae mentis" ; Car mina, edd . H. Watenphul-H. Krefeld, Heidelberg 1 958. 1 5• Vgl. oben Anm. 1 3 8 . 1 0 8 Burchardi praepositi Urspergensis Chronicon, edd . 0 . Holder-Egger - B . v. Simson, MG. SS. rer. Germ. ( 1 9 1 6) .
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Einleitung
herangezogenen übrigen Quellen mit denjenigen Darstellungen, die die gleichen Vorgänge wirklich selbständig berichten, also etwa mit den Mailänder Gesta, mit Vincenz von Prag oder Otto Morena, dann stellt man nicht nur keinerlei sprachliche Parallelen bei gleichem Gegenstand fest, sondern auch, daß jede Quelle das Gleiche in der Sache ganz anders darstellt. Je unabhängiger selbst Augenzeugen berichten, desto größer werden die Unterschiede, so daß es heute fast unmöglich ist, die wirklichen Tatsachen festzustellen, wenn mehrere selbständige Berichte vorliegen. Verwandtschaft kann daher über haupt nicht ausschließlich durch sprachliche Parallelen erwiesen, oder falls solche Parallelen nicht vorhanden sind, allein damit be stritten werden. Dabei fällt ganz besonders ins Gewicht, daß wir es bei den von Holtzmann und Ottmar verglichenen Werken mit Quellen zu tun haben, die ganz verschiedenen literarischen Genera angehören und deren Verfasser so große sprachliche Meisterschaft besitzen, daß man ihnen die Benutzung anderer Werke ohne direkte und allzu umfangreiche sprachliche Entlehnungen zutrauen muß. All diese Möglichkeiten haben weder Holtzmann noch Ottmar gründlich erwogen und daher vielleicht etwas voreilig die etwaige gegenseitige Benutzung, vor allem die Benutzung der Gesta durch andere Autoren ausgeschlossen. Diese Frage kann selbstverständlich in diesem Rahmen nicht mit aller wünschenswerten Gründlichkeit untersucht werden, aber wenigstens einige Hinweise seien doch ge geben. R. Holtzmann hatte neben den Gesta das Carmen de gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia, den sogenannten Ligurinus und Burchard von Ursberg in den Vergleich einbezogen. Schließt man zunächst einmal den erst im 13. Jahrhundert schreibenden Burchard von Ursberg aus, so handelt es sich bei den drei anderen Autoren (Otto-Rahewin, Carmendichter, Gunther von Pairis) ausschließlich um Männer, die wie Otto-Rahewin offiziell zur Geschichtsschreibung ihrer Zeit beauftragt waren, gelegentlich zumindest, wie der Carmen dichter am Hof weilten und Zugang zu amtlichen Unterlagen erhiel ten, oder wie Gunther von Pairis selbst zum Hof gehörten. Der Car mendichter, von dem man sonst wenig weiß, hat sein Werk dem Kaiser persönlich gewidmet, er bezeugt sich selbst einmal am Hof und hat wenigstens einmal ein amtliches Schriftstück, den Brief Friedrichs an Wibald über den Polenfeldzug, selbständig benutzt. Insofern liegen also zunächst einmal gewisse offizielle Quellen dem Carmen und den Gesta zugrunde. Zu den am Hof vorhandenen Materialien gehörten nun aber seit 1 1 60 auch die Gesta Ottos und Rahewins. Wäre es nun
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gar so unwahrscheinlich, daß dem Carmendichter, der ebenfalls die Taten Friedrichs erzählen, aber den historischen Stoff doch in erster Linie dichterisch gestalten wollte, die Gesta zu Verfügung gestellt wurden ? Hier lag eine gestaltete Quelle vor, die auch in der Auffas sung den Vorstellungen des Dichters entsprach und vieles von dem enthielt, was der Dichter nicht unmittelbar miterlebt hatte ; warum sollte er sich also die Mühe machen, das Material nochmals selbständig zu sammeln, das bereits geordnet und gestaltet vorlag ? Ja mußte man am Hof nicht j eden, der ein solches Vorhaben plante und vom Hof nähere Aufschlüsse begehrte , geradezu auf Ottos und Rahewins Be richt hinweisen , ihm diesen in die Hand geben und dem Sinne nach sagen, hier finde er alles, was er wissen wolle ? Geht man einmal von so einfachen, aber doch eigentlich selbstverständlichen Gedankengängen und Voraussetzungen aus, dann kann es niemanden verwundern, daß sich in den Gesta und in dem Carmen - abgesehen von dem Stoff, den der Dichter aus eigener Anschauung ergänzen konnte - sachlich völlig übereinstimmende Partien befinden, zum Beispiel die Charak teristik Mailands und Arnolds von Brescia, die Vorgänge um Spoleto, die Eroberung von Crema und Isola Comacina, fingierte Reden an den gleichen Stellen . Gerade in diesen Teilen begegnet man auch einer Reihe von sprachlichen Parallelen. Daß diese letzten dagegen insgesamt nur re lativ selten sind, kann im Grunde gar nicht anders sein. Denn der Dichter des Carmen mußte den Erfordernissen des Verses gehorchen und konnte als sprachliches Vorbild nicht etwa Josephus und Sallust, wie zum Beispiel Rahewin, sondern mußte antike Dichter wie Vergil, Ovid, Horaz , Lukan, Statius wählen, die bereits in Hexametern geschrieben hatten. Aber gerade wenn man unter diesen Umständen auf sprach liche Parallelen an nicht ganz wenigen Stellen stößt, im übrigen aber auch das große Maß von sachlicher Ü bereinstimmung gebührend wertet und sieht, daß der Dichter Vorgänge, die außerhalb seiner Beobachtungsmöglichkeiten lagen, in Ü bereinstimmung mit den Gesta berichtet, dann kann kaum noch ein begründeter Zweifel be stehen, daß der Carmendichter die Gesta kannte und mehrfach direkt benutzte. Dem widerspricht nicht, daß sich gelegentlich sach liche Unterschiede feststellen lassen, auch dort wo beide das Gleiche berichten , etwa bei den Kämpfen in der Veroneser Klause oder beim Acidaübergang oder den Kämpfen vor Mailand . Ergänzendes Wissen aus anderen Erzählungen, eine humanere Gesinnung des Dichters, dem es gelegentlich schwer fiel , die offensichtliche Grausamkeit des Kaisers berichten zu müssen, und ein gewisses Maß von Freiheit gegenüber
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den Vorlagen und Tatsachen, wie sie auch Otto und Rahewin des öfteren zeigen, erklären hinreichend die vorhandenen Unterschiede 157• Hinsichtlich des Ligurinus aber ist die oben gestellte Frage ganz eindeutig zu beantworten. Gunther von Pairis bietet nichts anderes als eine Versifizierung der Gesta. Nur an ganz wenigen Stellen scheint er einmal etwas aus eigener Kenntnis hinzugefügt oder aus weiteren Quellen entnommen zu haben. Wenn dabei gelegentlich ähnliche Verse wie im Carmen auftreten, so darf man ohne Bedenken annehmen, daß der Dichter des Ligurinus das Carmen kannte. Denn nichts spricht dagegen, daß das Carmen tatsächlich vollendet und dem Kaiser über geben wurde, auch wenn es heute nur unvollständig überliefert ist. Solche Übereinstimmungen können aber auch auf gleichen Entleh nungen beruhen oder bei einer insgesamt ja doch nur beschränkten Wortauswahl durch die Erfordernisse des Verses selbst bedingt sein. Ebenso muß man aber auch darauf hinweisen, wie wenig bei einem Vergleich zwischen den Gesta und einer Dichtung auf sprachliche Parallelen Gewicht gelegt werden darf. Obwohl Gunther von Pairis nur die Gesta in Verse umsetzt, ist er als sprachgewandter Dichter ihnen gegenüber sprachlich dennoch frei. Weniger leicht durchschaubar sind die Beziehungen der Gesta und der beiden Dichtungen zu Burchard von Ursberg. Daß solche Be ziehungen vorhanden sind, steht trotz Ottmar ganz außer Zweifel. In dem Bericht über den auch in den Gesta behandelten Zeitraum entspricht Burchards Darstellung gewissermaßen Satz für Satz der Ottos und Rahewins, und einzelne Ereignisse wie der Kampf in der Veroneset Klause, Spoleto 1 155, Krönung des Böhmenherzogs 1 158, der Reichstag von Roncaglia und andere lesen sich wie eine knappe Zusammenfassung des Gesta-Berichts mit eindeutigen sprachlichen Anklängen 158• Es kann für den unvoreingenommenen Betrachter gar nicht anders sein, als daß Burchards Text letztlich die Gesta Ottos und Rahewins zugrunde liegen. Man brauchte nicht einmal an einer unmittelbaren Benutzung zweifeln, wenn nicht innerhalb dieses Textes immer wieder Angaben auftauchten, die nicht in den Gesta stehen, aber etwa in dem Carmen 159, oder aber auffällig oft Cremona 1 57 Vgl. zu diesen Überlegungen, die hier nur mehr im Ergebnis vorgetragen werden, F. -J. Schmale - I. Schmale-Ott in Carmen de gestis, ed. I. Schmale-Ott, Einleitung, sowie die Nachweise bei Holtzmann, Das Carmen, NA. 44. 10 8 Vgl. Burchardi praepositi Urspergensis Chronicon S . 22 - 2 7, 27 - 30, 30 - 33, 33 - 4 1 ; vor allem aber 22 - 27 . 1 6 8 Vgl. Anm . 1 5 7 .
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erwähnt würde. Nun nennt Burchard anläßlich des Schisma von 1 1 59 zweimal einen Johannes von Cremona als seinen Gewährsmann 180• Dieser Johannes ist sonst nicht bekannt, aber es besteht kein Anlaß, seine Existenz in Zweifel zu ziehen 161 • Nur über den Charakter und den Inhalt seines Werks besteht noch keine Klarheit, da über Bur chards Erwähnungen hinaus nichts von ihm überliefert ist. Vor allem ist es ungewiß, ob Johannes nur eine Geschichte des Schisma oder eine allgemeine Geschichte der Vorgänge seiner Zeit, vornehmlich in Oberitalien, geschrieben hat. Für die letzte Ansicht sprechen die mehrfachen ausdrücklichen Erwähnungen Cremonas im sonst sehr knappen Bericht Burchards . Auch die Art, wie Burchard den Johannes zitiert, schließt eine solche allgemeine Geschichte nicht aus. Auf jeden Fall aber muß die von Burchard benutzte Quelle - sei es nun Jo hannes von Cremona oder eine andere - ausgesprochen prokaiserlich eingestellt gewesen sein, und allem Anschein nach hat sie weitgehend die Gesta, häufig sogar wörtlich, zugrunde gelegt. Das schimmert noch bei Burchard durch, obwohl dieser seine Vorlage praktisch zu einer knappen Inhaltsangabe zusammenfaßte. Ob Burchard daneben etwa auch noch das Carmen benutzt hat, mit dem sein Text einige verblüf fende Übereinstimmungen zeigt l62, oder aber "Johannes von Cremona" auch das Carmen kannte, das kann hier weder untersucht noch ge klärt werden. Hier genügt es, auf die offensichtlichen Zusammenhänge hinzuweisen. Möglicherweise wird sich noch die eine oder andere Spur der Ge sta in anderen Quellen als den hier genannten nachweisen lassen. Mit Sicherheit sind sie wörtlich von den Marbacher Annalen benutzt worden, und zwar auf Grund einer Abschrift, die zu Beginn des 13. Jahrhunderts im Elsaß von dem kaiserlichen Exemplar genommen wurde 163• Nicht ausgeschlossen ist es auch, daß der Verfasser der Kölner Königschronik die Gesta kannte 164• Weit hat der Einfluß der Gesta aber auf keinen Fall gereicht. Dieses Ergebnis ist im Grunde das gleiche wie bei der Betrachtung der handschriftlichen Überlieferung. Die A. a. 0 . S . 36, 39. Vgl . Burcharrli Chronicon, Einleitung S. XX ff. 1 6 2 Vgl. im einzelnen Carmen de gestis, ed. I. Schmale-Ott. 1 6 3 Vgl. F.-J. Schmale, Die Gesta Friderici I. imperatoris Ottos von Freising und Rahewins, Ursprüngliche Form und Ü berlieferung, DA. 19 ( 1 963) 1 68 ff. 1 .. Chronica regia Coloniensis, ed. G. Waitz, 1\lG. SS. rer. Germ. - Vgl. be sonders etwa z. J. 1 1 52, 1 1 58, doch bedürfte die Frage noch genauerer Unter suchung. 160
161
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Gesta sind offensichtlich nicht allgemein bekannt geworden. Entweder hat man nicht von ihnen gehört oder es bestand kein Interesse daran. Nirgends in den vielen Orten, wo geschichtliche Aufzeichnungen ge macht wurden, hat man sie, die die ausführlichsten Nachrichten ent hielten, die je in einem Werk von einem einzelnen Kaiser für einen so kurzen, aber mit wichtigen Ereignissen angefüllten Zeitraum ge macht wurden, zur eigenen Darstellung herangezogen. Einzig und allein ein paar Geschichtsschreiber, die unmittelbar am Hof verkehr ten, offensichtlich von der gleichen begeisterten Verehrung für den Kaiser erfüllt waren und auf etwa gleichem literarischen Niveau standen wie Otto und Rahewin, haben die Gesta kennengelernt, und für sie wurde Ottos und Rahewins Werk die Voraussetzung ihres eigenen Schaffens 165• Das, was man im Sinne R. Holtzmanns als staufi sche Hofhistoriographie bezeichnen müßte, waren also eigentlich die Gesta selbst und nur diese. Ohne die Gesta hätten drei oder vier andere Werke nicht oder nicht so geschrieben werden können ; aber selbst die Gesta sind genau genommen doch auch selbst nur höfische und, abge sehen vielleicht von Ottos zweitem Buch , keine offizielle Geschichts schreibung. Und das gilt auch von allen Werken, die die Gesta be nutzten . Ihre Verfasser haben Beziehungen zum Hof, Friedrichs Taten sind ihr eigentlicher Gegenstand, aber sie alle sind nicht vom Hof beauftragt und schreiben nicht als gewissermaßen beamtete Autoren Geschichte auf der Grundlage amtlicher Materialien. Denn dann wäre es sinnlos gewesen, immer und immer wieder die Gesta zu bearbeiten, und die Gesta waren im Grunde alles, was der Hof diesen Männern an Unterlagen bot. Von einer echten Ausstrahlung der Gesta kann daher nicht eigentlich gesprochen werden, ihre Wirkung blieb letztlich auf den Hof selbst beschränkt. Das Gleiche gilt von den durch sie ange regten oder unterstützten Arbeiten. Auch sie haben keinerlei Verbrei tung gefunden, jedes lag schließlich nur in einer einzigen Handschrift vor oder konnte bald sogar als völlig verschollen gelten. Es war das gleiche Schicksal, das auch die Widmungsfassung der Gesta erfuhr. Das spricht eigentlich nicht dafür, daß der Hof oder Kaiser Friedrich in dem Sinne Geschichtsschreibung inspirierten, daß durch sie nun allgemein die Zeitgeschichte in der Selbstauffassung des Kaisers ver breitet werden sollte oder verbreitet worden wäre. War je eine pro pagandistische Absicht damit verbunden, so hat ihr doch zumindest 1 6 6 Schließlich wäre noch Otto von St. Blasien MG. SS. rer. Germ. ( 1 9 1 2) .
zu
nennen, ed. A. Hofmeister,
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j eder propagandistische Erfolg gefehlt. Diese ganze Geschichtsschrei bung - falls sie überhaupt irgendwie offiziell angeregt war - hat jedenfalls nicht ausgestrahlt, sie hat - wenn man es überspitzt aus drücken will - letztlich nur der Selbstbespiegelung des Kaisers und des Hofes gedient. Das soll nicht heißen, daß sie ursprünglich auch diesen Zweck hatte. So vorläufig all diese Beobachtungen und Bemerkungen notwendi gerweise noch sind, sie entsprechen im Grunde ganz und gar denen, die man an der eigentlichen handschriftlichen Überlieferung der Gesta machen muß. Sie zeigen zwei Aspekte. Auf der einen Seite scheint es die literarische Form, die Art, Geschichte zu schreiben, zu sein, die eine breitere "Wirkung der Gesta - und der anderen behandelten Werke - verhinderte. Tatsächlich unterscheidet sie sich ja auch erheb lich von der der übrigen deutschen Geschichtsschreibung in dieser Zeit. Deren Stil ist im allgemeinen annalistisch. Die Jahresberichte werden hin und wieder, zum Beispiel in der Kölner Königschronik, etwas umfangreicher, aber die Art, wie Otto und auch Rahewirr ver suchen , Geschichte zu schreiben, findet man in dieser Zeit sonst nicht und sie findet daher auch keinen Widerhall, allenfalls in Italien . Da durch wird zwar die Einzigartigkeit der Gesta unterstrichen, aber sie werden dadurch auch zu weitgehender Wirkungslosigkeit verurteilt. Es wurde schon gesagt, daß die Verbreitung im südostdeutschen Raum eher auf das Interesse an der Person Ottos zurückzuführen ist als auf ein Interesse am Werk und seinem Inhalt. Diese Beobachtungen zeigen aber auch noch einen anderen Aspekt. Die literarische Form der Gesta, die von Otto festgelegt wurde, ist zugleich von einer ganz bestimmten, sowohl philosophischen, wie aber auch enthusiastisch-staufischen Grundhaltung bestimmt. Wenn das Werk weder ali3 solches noch durch Benutzung eine weitere Ver breitung erfuhr, dann heißt das, daß auch diese Grundhaltung keine Resonanz fand. Es sind zwar, gemessen an sonstigen Verhältnissen , relativ viele Männer, die den ersten Stauferkaiser zum bewunderten Gegenstand ihrer Geschichtsschreibung wählten, aber dieser Kreis bleibt in der Wirkung ganz beschränkt. Überall sonst schreibt man im herkömmlichen Annalenstil weiter, und die lokalen Ereignisse haben dabei meist keine geringere Bedeutung als die Taten des Kaisers . Es ist ein außerordentlich hochstehender, geistig die meisten Annalen schreiber gewiß überragender Kreis, den der erste Stauferkaiser an zuziehen vermag, höherstehend und zahlenmäßig größer, als ihn ein Herrscher vor ihm um sich sammeln konnte, mit Ausnahme vielleicht
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von Otto III. Aber er ist nicht schlechthin repräsentativ, und seine Gedanken werden nicht weiter aufgegriffen. Eine genauere Unter suchung der Geschichtsschreibung des 12. Jahrhunderts insgesamt, die unsere Gesichtspunkte berücksichtigte, würde gewiß ebenso um fangreiche welfische oder gewissermaßen "neutrale " Geschichtsschrei bung antreffen. Auch unter diesem Gesichtspunkt heben sich die Gesta Ottos und Rahewins als einzigartig aus der übrigen Geschichtsschreibung ihrer Zeit heraus. Genau genommen sind es überhaupt die Gesta, die den Charakter derjenigen Geschichtsschreibung bestimmen, die man im eigentlichen Sinn als staufisch bezeichnen kann und muß. Ihre Wir kung indessen haben sie weniger in ihrer eigenen Zeit entfaltet als in der Neuzeit, vor allem seit dem 19. Jahrhundert, seitdem die kritische Geschichtsforschung sich weitgehend ihren Standpunkt zu eigen ge macht hat, ohne sich dabei immer bewußt zu bleiben, daß es sich dabei keineswegs um ein Werk handelt, das die Geschichte seiner Zeit objektiv beschreiben wollte oder doch wenigstens die allgemeine Auffassung seiner Zeit bestimmt hätte.
IV. ÜBERLI EFE RUNG I66 I.
W id m u n g s f a s s u n g
Das Exemplar, das Rahewin nach Beendigung des ganzen Werkes im Frühsommer 1 160 an den Kaiser sandte, ist ebenso verschollen wie das Widmungsexemplar der Chronik. Aber ebenso wie von dem kaiser lichen Exemplar der Chronik scheint sich auch von der kaiserlichen Gesta-Handschrift eine Abschrift erhalten zu haben in der Hs . Paris B. N. lat. 1 8 408. Dieser Codex, seit der Ausgabe von Waitz als C bezeichnet 1 hier stets C genannt -, trägt von derselben modernen Hand, die fol. F am rechten Rand Bouh(ier) 138 schrieb, einen Vermerk : Ex libris Oratorii Collegü Trecensis. Darüber steht von einer älteren Hand , die nach Waitz dem 15. Jh. angehört, aber durchaus älter sein kann, ein nur noch teilweise lesbarer Eintrag : Liber detinet (folgt ein bis zur Unleserlichkeit durchgestrichenes Wort, wahrscheinlich ein Eigenname) 166 In diesem ganzen Kapitel über die Überlieferung werden die Ergebnisse einer größeren Untersuchung (vgl. Anm. 1 63 ) vorgetragen ; dort sind alle Belege und Beweise im einzelnen zu finden, auf die hier verzichtet wurde.
IV. Überlieferung
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canonicorum regularium ordinis s. Augustini. Er besagt wahr scheinlich das Gleiche wie ein Vermerk von derselben Hand auf fol. W am Ende des Kapitelindex des vierten Buches : Liber domus sei Augustini in l\'Iarpach Ordinis Canonicorum Regularium Basilien�üs dyocesis. Spätestens im 15. Jh . hat die Hs . also dem Stift Marbach im Elsaß gehört. Die Hs. besteht heute aus 133 Folien in 1 7 Quaternionen, deren drei allerdings nicht mehr vollständig sind, denn j eweils das Folio nach dem Ende des ersten , zweiten und dritten Buches ist herausgeschnitten. Ein 1 8 . Quaternion, der den Schluß des 4. Buches enthalten haben muß , fehlt heute. Zwei Hände aus dem ausgehenden 12. oder begin nenden 1 3 . Jahrhundert haben den Text geschrieben. Die erste Hand schreibt eine kleine und gedrängte, leicht nach links geneigte und etwas eckige Schrift und reicht bis fol . 22v ; von fol. 23 an folgt eine zweite, die den gesamten übrigen Codex in seiner j etzigen unvollständigen Ge stalt geschrieben hat. Ihre Schrift ist im Vergleich mit der ersten etwas gröber, größer, breiter und runder. Darüber hinaus war noch eine dritte Hand beteiligt. Sie hat in tiefschwarzer Tinte eine brrößere Anzahl von Korrekturen angebracht, teils im Text auf Rasur, teils über der Zeile, teils am Rand . Ihr Alter ist schwer zu bestimmen . Im allgemeinen erscheint sie j ünger als die beiden anderen, aber für et waige Gleichzeitigkeit könnte sprechen , daß diese Hand bei Rahewins Epitaph für Otto die Anfangsbuchstaben der Zeilen j eder zweiten Strophe geschrieben hat. Da der Codex sonst keinerlei Unfertigkeiten aufweist, liegt die Vermutung nahe, daß diese Hand doch etwa gleich zeitig mit den beiden anderen am Codex arbeitete. Eine sichere Ent scheidung ist allerdings nicht möglich . Beide Hände haben die Seiten im Durchschnitt mit je 31 Zeilen beschrieben, bei einem Schriftspiegel von circa 1 1 X 17 cm und einer Foliogröße von circa 24 X 17 cm. Die einzelnen Lagen sind von den Schreibern auf der jeweils letzten Versoseite gezählt, doch sind die Zahlen teilweise durch nachträg liches Beschneiden verstümmelt. Das Gleiche ist mit den Initialen Buchstaben geschehen , die als Hinweis für den Miniator an den äußer sten Rand geschrieben wurden. Diese Initialen sind im allgemeinen schlicht, nur die zu Beginn der vier Kapitelindices der vier Bücher, des Prologs und der einzelnen Bücher sind ein wenig reicher ausge führt. Unter ihnen hebt sich die Initiale von Rahewins Widmungs brief hervor ; sie allein ist dreifarbig : rot, schwarz und grün, aber auch sie ist nicht gerade besonders kunstvoll , insgesamt eine schlichte, aber durchaus sorgfältige Handschrift .
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Einleitung
Anordnung und Wortlaut des Gesta-Textes in C unterscheiden sich mehr oder minder stark von allen Überlieferungen. Wie die später zu behandelnde Überlieferungsgruppe A haben die Gesta eine Überschrift für das ganze Werk gleich zu Anfang, im Gegensatz zur Handschriften gruppe B, wo eine Überschrift erst nach dem Prolog folgt. An den Brief Friedrichs schließen sich - ebenso wie in A - die Kapitelindices der vier Bücher an, doch sind die Kapitel nicht numeriert und die Indices der ersten drei Bücher nur durch größere Initialen des j eweils ersten Kapitels eines Buches gekennzeichnet. Lediglich der Index des vierten Buches trägt eine Überschrift (Capituli libri IIIIti) . Von den Büchern sind nur das erste und vierte durch eigentliche Überschrift gekennzeichnet, doch sind die beiden letzten durch eine Gesamtüber schrift vor dem dritten Buch deutlich als Rahewins Teil herausge hoben. Textlich bietet C die Gesta in einer umfangreicheren Gestalt als alle anderen Handschriften ; an einer Reihe von Stellen zeigt C Erweite rungen gegenüber dem Text der sonstigen Handschriften, die sich aber sinnvoll in den übrigen Wortlaut einfügen. Die Namensformen sind völlig latinisiert, und meist erweist sich auch die Lesart von C, die dann gegen alle anderen Überlieferungen steht, als die bessere . Nur wenige eindeutige Fehler können nachgewiesen werden. Das ist nicht zuletzt einer nochmaligen sorgfältigen Korrektur zu verdanken. Ein mal haben die Schreiber selbst verhältnismäßig viele Korrekturen durchgeführt, manches steht auf Rasur, und sehr zahlreiche Verbesse rungen hat schließlich die dritte beteiligte Hand - man muß sie als die des Korrektors schlechthin bezeichnen - vorgenommen. Dem Korrektor sind neben kleineren Berichtigungen vor allem Nachträge von versehentlichen Auslassungen und einige Umstellungen zu ver danken. Da auch diese Nachträge sich textlich wie C insgesamt häufi ger von den anderen Überlieferungen unterscheiden, müssen diese Korrekturen das Ergebnis eines neuerlichen Vergleichs mit der Vorlage von C sein. In einigen Fällen aber ist der Korrektor auch selbständig vorgegangen . Einige ganz offensichtliche Fehler, die C mit allen Über lieferungen gemeinsam hat, die also auch in der Vorlage von C und auch schon im Urexemplar Ottos und Rahewins standen, sind von diesem Korrektor selbständig beseitigt worden 16 7 • Wollte man das nicht annehmen , bliebe nur übrig, in C das Widmungsexemplar selbst zu sehen und in dem Korrektor Rahewin oder die Hofbeamten Ulrich 16 7
Vgl. unten S. 1 46 n.
a,
S. 252 n. b .
IV.
Überlieferung
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und Heinrich, die von Rahewin z u Berichtigungen aufgefordert worden waren. Das scheint nicht gänzlich ausgeschlossen, aber der auf eine spätere Niederschrift deutende Schriftcharakter und das wenig prunk volle Aussehen des Codex scheinen doch eher dagegen zu sprechen. So weit sich die Geschichte der Handschrift verfolgen läßt, ist sie im Elsaß nachzuweisen. Das ist eine beachtenswerte Parallele zur Haupthandschrift der Gruppe B der Chronik Ottos von Freising, die 1 zweifelsfrei eine Abschrift des Widmungsexemplars für Friedrich I . ist l68• Der letzte Teil dieser Abschrift, das achte Buch der Chronik und die sog. Marbacher Annalen, sind wahrscheinlich in Neuburg geschrie ben worden ; wo der vor 1 177 geschriebene erste Teil entstand, ist dagegen ungeklärt ; man hat sowohl an Marbach als auch an Hohen burg gedacht. Die Vorlage , das kaiserliche Exemplar, hat man dage gen mit guten Gründen in Hagenau vermutet, wo Friedrich nach Gott frieds von Viterbo Nachricht seine Bibliothek aufstellen ließ 169• So wird man auch die Vorlage von C, das kaiserliche Gesta- Exemplar, dort vermuten dürfen , wenn der genaue Beweis dafür auch nicht ge liefert werden kann. Es gibt sogar noch eine weitere, vielleicht rein zufällige, j edenfalls nicht erklärbare, aber doch merkwürdige Parallele zwischen C und der Chronikhandschrift . Es wurde schon erwähnt, daß C heute verstümmelt ist ; dasselbe Schicksal hat auch die Chronik er litten, da der Schluß der Handschrift einschließlich des letzten Teils des 7 . Buches von einer viel späteren Hand ergänzt wurden. Auch die beiden weiteren Chronik-Handschriften, die den Text des kaiserlichen Exemplars enthalten, stammen aus dem Elsaß und sind Abschriften der noch unverstümmelten Haupthandschrift. Die kaiser liche Fassung der Chronik ist also nur im Elsaß überliefert. Das gibt einen ersten Hinweis, daß auch C mit seinem singulären, nur im Elsaß und in dieser Handschrift nachweisbaren Text die Gesta der Wid mungsfassung bewahrt hat. Und C könnte sehr wohl in einem der Klöster, denen auch j ene Chronikhandschriften ihre Entstehung ver danken, geschrieben worden sein ; vielleicht dürfte man sogar noch Pairis hinzurechnen, wo der Verfasser des auf dieser Gesta-Fassung beruhenden Ligurinus lebte. Eine solche Vermutung wird bestärkt durch die fehlenden Blätter jeweils am Ende der ersten drei Bücher. Da diese ganz sicher nachträgliche Verstümmelung der Handschrift den Text nicht in Mitleidenschaft gezogen hat, müssen die drei Folien 1s s
Vgl. Hofmeister, Chronica S. III ff. Vgl. Speculum regum (Denominatio . . . ), ed. L. Delisle, Litterature latine et histoire du moyen age, Paris 1 8 90, S. 48. 1 69
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ursprünglich einem ganz besonderen Zweck gedient haben. Als solcher kann allein in Frage kommen, daß diese Folien Miniaturen enthielten oder doch für solche bestimmt waren und herausgeschnitten wurden, weil sie leer geblieben waren oder die Miniaturen einen speziellen Lieb haber fanden. Auf jeden Fall kann man daraus schließen, daß auch die Vorlage von C Miniaturen aufwies an den auch für die Chronik handschrift bezeichnenden Stellen, nämlich zu Ende eines jeden Buches 170• Einen solchen Schmuck aber wird man am ehesten für das kaiserliche Exemplar voraussetzen dürfen. Aus der tatsächlich erfolgten oder doch wenigstens beabsichtigten Abzeichnung der Mi niaturen könnte man u. U. sogar schließen, daß die Gesta-Handschrift C am gleichen Ort wie die Chronik-Handschrift entstand, doch be dingte das noch genauere Untersuchungen. Endgültige Gewißheit darüber, daß C die Widmungsfassung vertritt, gibt ein Vergleich mit dem Ligurinus. Dieser enthält einige Stellen, die heute nur in C belegt sind, und es kann als sicher gelten, daß Gunther von Pairis, der Ver fasser des Ligurinus, als Erzieher von Friedrichs I. Sohn Konrad das für den Kaiser bestimmte Exemplar bei seiner Arbeit benutzte 171. In C liegt also die endgültige, für den Kaiser bestimmte, von Rahe win selbst besorgte Fassung der Reinschrift vor. Irgendwelche be gründeten Vermutungen, daß C von dieser Fassung irgendwo erheb lich abweicht , sind nicht gegeben. Ohne jeden Zweifel muß diese Fas sung, das heißt ihre einzige erhaltene Überlieferung in der sorgfältig korrigierten Abschrift C einer jeden Gesta-Ausgabe zugrunde gelegt werden. Gewisse geringfügige Unsicherheiten, die auf keinem Weg mehr überwunden werden können, müssen dabei in Kauf genommen werden. Einmal hat Rahewin die beiden kaiserlichen Beamten Hein rich und Ulrich zu etwa notwendigen sachlichen oder sprachlichen Verbesserungen ermächtigt. Sonderlesarten von C können also unter Umständen auf derartige Korrekturen zurückgehen. Zweitens ist es bei den Änderungen des Korrektors nicht mehr in jedem Fall sicher festzustellen, ob sie nach der Vorlage oder selbständig vorgenommen wurden. Schließlich handelt es sich in C mit größter Wahrscheinlich keit nicht um das Widmungsexemplar selbst, sondern um eine Ab schrift, in die sich nicht mehr kontrollierbare Änderungen eingeschli chen haben. 1 70 Vgl. dazu jetzt W. Lammers, Ein universales Geschichtsbild der Staufer zeit in Miniaturen, Festschrift 0 . Brunner ( 1 963) 1 70 ff. m V gl. Ligurinus, ed. Dümge, II, 4 1 9 ; VII 486, 658.
IV. Überlieferung
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Die Handschrift C hat dem frühesten Druck der Gesta Ottos und Rahewins als Vorlage gedient l72. Gewisse Abweichungen des Drucks haben aber die früheren Herausgeber zu der Annahme verführt, der Erstdruck sei wegen solcher Unterschiede als eine neben C selbständige Überlieferung derselben Fassung zu betrachten ; sie haben ihn daher als C 2 bezeichnet. Inzwischen ist aber nachgewiesen worden, daß für den Erstdruck neben C noch eine zweite Handschrift herangezogen wurde, die einer ganz anderen, von C unabhängigen Überlieferungs gruppe angehört. Auf sie sind die in C 2 von C abweichenden Lesarten zurückzuführen. Daher kann der Erstdruck heute nicht mehr als eine nicht direkt von C abhängige Überlieferung betrachtet werden .
2. F r e i s i n g e r Ü b e r l i e f e r u n g Alle sonstigen erhaltenen oder erschließbaren Handschriften außer C sind ausschließlich im südostdeutschen Raum beheimatet. Sie über liefern die Gesta in Formen, die eindeutig von der Fassung C unterschie den sind, zeigen aber auf den ersten Blick untereinander so große Unterschiede, daß frühere Herausgeber von zwei oder gar drei und vier, im gewissen Sinne sogar von fünf verschiedenen Rezensionen sprachen, die alle mehr oder weniger bestimmten Bearbeitungsstufen der Gesta, die von Rahewin selbst herrührten, repräsentieren sollten. Von diesen Rezensionen erklärten Waitz und Simson je eine andere als die ursprünglichste, die Konzeptfassung, und beide haben aus ihrer Rezensionenhypothese ihre Ausgaben gestaltet. Alle diese Ansichten haben sich indessen als irrig erwiesen. Sie gingen von vordergründigen, textkritisch nicht unterbauten Beobachtungen aus und versuchten nicht, ihre Thesen überlieferungsgeschichtlich plausibel zu machen . Beide deklarierten bestimmte Erscheinungen wie scheinbare Aus lassungen oder Zusätze willkürlich als Kennzeichen des Entwurfs oder späterer Überarbeitungen, rechneten nicht mit Kontaminationen und schenkten der Handschriftengeschichte kaum ihre Aufmerksamkeit. Tatsächlich läßt sich aber aus allen Handschriften, so unterschiedlich sie sich zunächst auch geben mögen, nur eine einzige, allen Hand schriften außer C zugrundeliegende Fassung erschließen, die sich umgekehrt deutlich, aber weit weniger als es die von Waitz und 1 1 2 Ottonis Phrisingensis episcopi viri clarissimi Rerum ab origine mundi ad ipsius usque tempora gestarum Libri octo. Eiusdem de gestis Friderici primi . . . Libri duo. Radewici . . . Libri duo . . . , Argentorati MDXV.
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Simson angenommenen Konzeptfassungen taten, von C unterschieden haben muß und aus der alle Handschriften folgerichtig abgeleitet werden können. Diese erschließbare Fassung, an einigen wenigen Stellen unvoll ständig im Vergleich zu C, kann weder textlich noch inhaltlich vollstän dig mit C zur Deckung gebracht werden. Die Lesarten sind, so gering letzten Endes und im einzelnen die Unterschiede auch sein mögen, zum großen Teil echte Lesarten, keine sachlichen oder sprachlichen Fehler, so daß von ihnen kein methodisch gangbarer Weg mehr zu einer Fassung führt, aus der diese erschlossene Fassung und C gemein sam abgeleitet werden können. Es bestehen letzte, nicht mehr rück führbare Varianten, für deren Verschiedenartigkeit nur mehr ein redak tioneller Wille als Ursache angenommen werden kann. Da nun die ge samte Überlieferung außer C im südostdeutschen, bayerisch-ost märkischen Raum beheimatet ist und gewisse Spuren eindeutig nach Freising führen, liegt der Schluß nahe, daß sie von dem in Freising verbliebenen Entwurf oder dem Handexemplar Ottos und Rahewins ausgeht. Die Unterschiede zu C wären dann mit einer Überarbeitung des Entwurfs seitens Rahewins zu erklären, die er für die Herstellung der Reinschrift für den Kaiser vornahm 173• Bleibt hier natürlich auch eine allerletzte Unsicherheit, so steht doch auf jeden Fall eindeutig fest, daß aus der Überlieferung außerhalb C nur mehr eine einzige von C unterschiedene Fassung rekonstruiert werden kann. Der Beweis da für ist kürzlich an anderer Stelle ausführlich geliefert worden. Es genügt darum hier, von den Ergebnissen dieser Beweisführung her einen Überblick über den tatsächlichen Gang der Überlieferung zu geben, um lediglich die Voraussetzungen noch einmal deutlich zu machen, auf denen die vorliegende Edition beruht. Als Rahewin um 1 160 die Reinschrift der Gesta dem Hof übersandte, verblieb auch bei ihm in Freising ein Exemplar, wahrscheinlich das Konzept. Es muß noch gegen Ende des Jahrhunderts dort vorhanden gewesen sein, denn der sogenannte Conradus Sacrista 174 konnte um 1 7 3 Im allgemeinen handelt es sich um rein sprachliche Unterschiede, Rahewin hat das Konzept also bis auf wenige Ausnahmen nur sprachlich, im allgemeinen aber nicht sachlich überarbeitet . Nur hier und da sind einige nachträglich erst bekannt gewordene Einzelheiten nachgetragen, ohne daß dabei aber der frühere Text dementsprechend geändert worden wäre. Ü berhaupt war die Ü berarbei tung nicht sonderlich sorgfältig. Sprachliche Versehen sind mehrfach stehen geblieben, ebenso auch ohne weiteres sichtbare sachliche Fehler, etwa das falsche Jahr 1 1 54 für Barbarossas Regierungsbeginn oder eine ganz verworrene Stelle 1 74 MG. SS. 24, 322 f. in dem Bericht über Gilbert.
IV. Üb erlieferung
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diese Zeit die Gesta in einem Exemplar benutzen, dessen Text mit dem der übrigen südostdeutschen Überlieferung verwandt, j a identisch ge wesen sein muß, sich aber geringfügig von dem in C unterscheidet. Dieses Konzept-Exemplar wird im Folgenden als AB bezeichnet, weil es sich aus zwei Überlieferungsgruppen oder Handschriftenklassen rekonstruieren läßt, die in der bisherigen Forschung mit A und B be zeichnet wurden. Es ging selbst ebenso verloren wie das sicher einmal vorhandene Konzept-Exemplar der Chronik Ottos von Freising. Sehr bald nach der Fertigstellung der Gesta, aber schon zu einem Zeitpunkt, da Rahewill Propst von St. Veit geworden war, wurde eine Abschrift [Bx] l75 von diesem Handexemplar angefertigt, die ebenfalls als solche nicht mehr erhalten ist, die sich aber als eindeutig voraus zusetzender Ausgangspunkt einer ganzen Gruppe von Handschriften erschließen läßt, die einige ganz charakteristische gemeinsame Fehler und Eigentümlichkeiten aufweisen und sich dadurch von anderen Überlieferungen unterscheiden. Diese Überlieferungsgruppe wird wei terhin als B bezeichnet. Ihre Eigentümlichkeiten bestehen im wesent lichen darin, daß die Überschrift der Gesta erst nach dem Brief Fried richs unmittelbar vor den Prolog Ottos gesetzt wurde, die Kapitel indices dagegen auf die einzelnen Bücher verteilt wurden. Außerdem wurden die einzelnen Indices und Bücher durch Rubra gekennzeich net, ziemlich regelmäßig wurden Explicit und Incipit eingefügt, Rahewin wurde in seinem Brief zu Beginn des dritten Buches der zur Zeit dieser Abschriften richtige Titel Propst verliehen, und schließlich wurden einige geringfügige sachliche Änderungen vorgenommen. Diese Abschrift mit diesen Änderungen ist aller Wahrscheinlichkeit nach für Salzburg bestll:nmt gewesen, denn alle frühen und ein großer Teil der sehr späten, aus dem 15. Jahrhundert stammenden Handschriften dieser B-Überlieferung lassen sich ausschließlich im salzburgischen, im salzburgisch beeinflußten Gebiet feststellen oder doch wenigstens dorthin zurückführen. Auf [Bx] oder eine Abschrift davon gehen zwei Codices selbständig zurück, die noch dem 1 2 . Jahrhundert angehören . B 1 , heute Wolfeu büttel Helmst. 206, vorher im Besitz des Flacius Illyricus, gehörte ursprünglich dem Kloster Sittichen in Kärnten und ist gegen Ende des 1 2 . Jahrhunderts geschrieben. Der ehemals vollständige Codex ist heute um die letzte Lage (IV, 62 -76) verstümmelt. In ihm sind an 1 75 Es sei ausdrücklich betont, daß die Verwendung des Begriffs Abschrift nicht unbedingt unmittelbare Abschrift ohne weitere Zwischenglieder meint.
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die Gesta kurze Annalen für die Jahre 1 160 -1 170 angeschlossen, von einer anderen Hand als der des übrigen Codex geschrieben, die zwar mehrfach Rahewin zugewiesen wurden, aber sicher nicht von ihm sind. Spuren dieser Annalen lassen sich selbständig noch in Zwettl nachweisen, möglicherweise gehören sie in den Komplex der Öster reichischen Annalistik. Eine direkte, aber späte Abschrift von B 1 liegt in dem Cod. Vat. lat. 8095 aus dem 15. Jahrhundert vor (B 1 * ) , der einmal Eigentum der Piccolomini war und mit einiger Wahr scheinlichkeit auf Aeneas Silvius Piccolomini, den späteren Papst Pius II., zurückgeführt werden darf. Die Handschrift enthält auch die gerade genannten Annalen. Wahrscheinlich sind auch die Auszüge, die der päpstliche Zeremoniar Johannes Burchard anfertigte und die in der Handschrift Florenz, Bibi. Laurenziana plut. XVI, cod. XIV er halten sind, aus B 1 * abzuleiten. Engstens verwandt mit B 1 sind schließlich die Auszüge aus den Gesta, die in den berühmten Tegern B*, aufgenommen wurden ; darunter seer Briefcodex, Clm. 194 1 1 1 befinden sich auch die Annalen für 1 1 60 -1 170. Die zweite, ehemals vollständige B-Handschrift des 12. Jahr hunderts gehört noch heute dem Kloster Vorau in der Steiermark, wo sie Ende des 12. Jahrhunderts von einem Wolfgang unter dem Propst Bernhard ( 1 1 85 -1202 ) geschrieben wurde. Dieselbe Handschrift ent hält im ersten Teil die Kaiserchronik, die in Regensburg verfaßt, wahrscheinlich aber durch die Vermittlung Salzburgs nach Vorau kam. B 1 und B 3 stimmen weitgehend überein. Die Vermutung liegt daher nahe, daß beide auf die gleiche Vorlage zurückgehen, die dann nach Salzburg weisen könnte, starb doch Erzbischof Eberhard von Salzburg in Vorau, war doch das Stift Salzburg unterstellt, während Sittichen in der Diözese Aquileja von der ebenfalls in der Salzburger Diözese gelegenen Zisterze Reun aus gegründet wurde. In den gleichen Raum gehören Excerpte aus den Gesta in der Handschrift Admont 164 aus dem Ende des 12. oder dem Beginn des 13. Jahrhunderts, und Auszüge, die aus einem heute verlorenen "alten" Codex aus Gurk gemacht wurden und heute im Clm. 535, saec. XV. , ehemals Freising, überliefert sind. Wegen ihrer Kürze nicht ganz einzu ordnen sind Excerpte aus einer verlorenen Niederaltaicher Hand schrift im Clm. 472 von der Hand Hartmann Schedels. Doch bestehen keine Bedenken, sie grundsätzlich der Gruppe B zuzuordnen. Alle anderen B-Handschriften, deren Vorlagen allerdings bisher noch nicht ermittelt sind, weil die gesamten Gesta-Handschriften bisher noch keiner gründlichen Untersuchung unterzogen wurden, =
IV . Überlieferung
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stammen aus wesentlich späterer Zeit. B 2 = Wien 403 aus dem 15. Jahrhundert, mit sprachlichen Hinweisen auf eine Entstehung im Salzburgischen ; B 4 = Wien 3377 aus dem 1 5. Jahrhundert, ehemals Salzburg 36 B, geht meist mit B 1 parallel ; B 5, Lucca 588, aus dem 15. Jahrhundert ; und vielleicht eine nur bis III, 49 reichende Oppauer Handschrift des 15. Jahrhunderts. Die bisher erwähnten Handschriften weisen sich alle durch die für B typischen Charakteristika als zusammengehörig aus. Die frühen B-Codices gehören dem Salzburger Raum an, auch die Tegernseer insofern , als ihre Vorlage B 1 oder eine verwandte Handschrift ge wesen sein muß . Die späten Handschriften dieser Gruppe sind ent weder nachweislich Abschriften von noch erhaltenen früheren oder weisen doch wenigstens ebenfalls in das Salzburgische Gebiet. Alle Handschriften gehen letztlich auf eine Vorlage zurück, eine selb ständig leicht veränderte Abschrift des Freisillger Handexemplars. Man würde und könnte sogar die B- Überlieferung, abgesehen von ihren ganz charakteristischen und sozusagen willkürlichen Eigentüm lichkeiten für die sonst ziemlich getreue Überlieferung des Entwurfs halten, wenn es daneben nicht noch eine dritte Überlieferung der Gesta gäbe, die in der früheren Forschung mit A bezeichnete Rezension. Sie hat mit B eine Reihe von Fehlern gemeinsam, die sie als unmittelbar mit B verwandt ausweisen, und geht auch sonst vielfach mit B parallel gegenüber C. Andererseits hat sie aber auch mit C gegenüber B richtige Lesarten gemeinsam und kann daher weder aus B direkt abgeleitet werden, noch kann B in solchen Fällen die gemeinsame Vorlage, das Konzept, getreu bewahrt haben. Ganz eindeutig ergibt sich daraus, daß A und B aus einer gemeinsamen Quelle kommen, die der Einfach heit halber und um späteren Bezeichnungen in einer vollständigen kritischen Gesamtausgabe nicht vorzugreifen, als AB bezeichnet wird. Die Stellung dieser Überlieferung A ist lange verkannt worden. Sie wird heute durch zwei ehemalige Freisillger Handschriften repräsen tiert, die beide im letzten Drittel des 15. Jahrhunderts entstanden. Die erste A 1 , heute Gießen 176, wurde 1470 durch Erasmus Sayn aus Freising, die zweite A 2 , heute Wolfenbüttel Helmst. 205, durch Veit Arnpeck geschrieben. Von A 1 liegt in A 1 a, heute Regensburg, Thurn und Taxis 1 82 , früher Neresheim , eine direkte Abschrift des 1 6 . Jahrhunderts vor ; möglicherweise, ja wahrscheinlich ist aber auch A 2 eine Abschrift von A 1 . Der Gesta-Text dieser Hand schriften bietet einige sehr auffällige Eigentümlichkeiten, die Waitz veranlaßten, in A überhaupt die älteste Fassung, die Überlieferung
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Einleitung
des Konzepts zu sehen, das von Rahewin dann allerdings sehr stark überarbeitet worden sein müßte. Neben der Tatsache, daß Waitz diese Fassung nur in Freising nachweisen konnte, schien diese An nahme vor allem dadurch nahegelegt zu werden, daß A gegenüber B und C erhebliche Lücken aufweist, an manchen Stellen den Inhalt textlich knapper wiedergibt als B und C, andererseits aber manche überflüssigen Worte enthält, die in B und C weggefallen sein sollten, Zitate gelegentlich wörtlicher wiedergibt und schließlich alle Briefe nur abgekürzt bietet. Das schienen Waitz alles typische Eigenheiten eines ersten Entwurfs. Ihm entging allerdings bei seinen Überlegun gen, daß die beiden Handschriften häufig dort, wo sie einen Brief vorzeitig abbrechen, freien Raum für den vollständigen Brief lassen, die Vorlagen also doch wohl vollständiger waren, im übrigen aber der knappere Text von A nicht als in B und C erweitert erwiesen werden kann. Völlig übersah er, genau wie nach ihm auch Simson, daß A eine Fülle von gemeinsamen Fehlern mit B gegen C besitzt und mit B echte Varianten gegenüber C enthält, die die Annahme von Waitz und Simson von vornherein unmöglich machen, A ginge auf das Konzept zurück, B und C dagegen auf eine gemeinsame andere Vor lage. A kann nicht B und C gegenüber von Anfang an selbständig sein, sondern muß mit B zusammen aus einer Vorlage abgeleitet werden. Weitere, früher nicht beachtete oder beobachtete Umstände unter streichen die Richtigkeit dieser Ansicht, vor allem der Umstand, daß A l und A 2 nicht direkt auf eine ursprüngliche Vorlage aus Freising, das Konzept, zurückgehen können. Es wurde schon bemerkt, daß der Erstdruck der Gesta von Johannes Cuspinian - was heute ein deutig bewiesen ist - nicht allein auf einer C-Handschrift, und zwar dem heutigen Pariser Codex fußt, sondern noch auf einer zweiten Handschrift. Diese gehörte dem Schottenkloster in Wien und enthielt auch die Chronik Ottos von Freising. Dieser Codex ist seit dem Erst druck verschollen, aber der Erstdruck selbst ermöglicht es, ihn ge nauer in die Überlieferung einzuordnen und in seinem Charakter zu bestimmen. Überall dort nämlich, wo Cuspinians Druck von C ab weicht - mit einigen wenigen Ausnahmen, die man als selbständige Korrektur der in dieser Hinsicht j a nicht immer kleinlichen Huma nisten betrachten muß -, stimmt er mit der Lesart von A l und A 2 überein. Die Wiener Schottenklosterhandschrift gehörte also zum Typus A. Nun konnte schon Hofmeister höchst wahrscheinlich machen, daß die Chronik Ottos in dieser Handschrift in einer über arbeiteten Form enthalten war, deren Charakteristika Auslassungen,
IV. Überlieferung
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hin und wieder Korrekturen aufgrund eines anderen Sprachgefühls, wörtlichere Fassungen von Zitaten aus anderen Schriften waren. Damit entsprechen die Prinzipien dieser Überarbeitung aber genau denen , die man als die der Gesta-Fassung A bezeichnen muß. Die Vorlage von A weist also nicht auf eine altertümliche Freisill ger Über lieferung der Gesta, sondern in das Schottenkloster von Wien, und es besteht kein Grund zu bezweifeln, daß A seine eigentümliche Gestalt einer Überarbeitung des 14. oder 15. Jahrhunderts verdankt, die heute nur noch durch die Handschriften A 1 und A 2 einigermaßen zu treffend wiedergegeben wird, aber zum Beispiel die Briefe durchaus noch in vollständigerer Gestalt enthalten haben kann. Die Vorlage dieser Bearbeitung muß indessen wegen der gemeinsamen Fehler mit B auf das gleiche Exemplar zurückgeführt werden wie B . Mehr der Vollständigkeit wegen seien schließlich noch einige Handschriften angeführt, die für die eigentliche Textgeschichte fast ohne jede Bedeutung sind, aber einige Verwirrung stifteten, bevor ihre Eigenart erkannt wurde. Nach der ersten Ausgabe von Waitz im Jahre I 884 wurden noch zwei Handschriften bekannt, beziehungs weise näher untersucht, die das von Waitz entworfene, tatsächlich unrichtige Bild umzustoßen schienen . Die eine Handschrift aus dem ehemaligen Besitz des Konrad Peutinger, heute St. Paul im Lavant XIXc/74, aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts, enthält unter ande rem die Gesta in einer Form, die weitgehend mit der in A I und A 2 identisch ist, mit allerdings nicht ganz so umfangreichen Lücken wie die anderen A-Codices und mit zahlreichen von A 1 und A 2 ab wei:!henden Lesarten, die sich mit dem Text von B und C decken. Simson folgte dem sich so zunächst anbietenden Eindruck, daß hier eine bessere, eine ältere Stufe repräsentierende Überlieferung von A vorliege, der der Vorzug vor A I und A 2 gegeben werden müsse. Es war allerdings nicht ganz glücklich, dieser Handschrift nun die Sigle A zu geben, nachdem damit bisher schon eine ganze Rezension bezeichnet worden war. Insgesamt aber wurde die Stellung der Rezension A, die Waitz noch als Konzeptfassung bezeichnet hatte, von Simson bestritten. Er sah in ihr nur mehr eine spätere, vielleicht nicht einmal mehr unbedingt von Rahewin herrührende Bearbeitung des Konzepts, das er viel mehr in seiner ursprünglicheren Form in einer bis dahin noch nicht benutzten Handschrift aus dem Kloster Seitenstetten (I, XIII) wie dergefunden zu haben glaubte. Diese Handschrift aus dem Ende des 15. oder Anfang des I6. Jahrhunderts, die einmal dem Bischof
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Johannes Fabri von Wien gehörte, schien insgesamt B näher zu stehen als A und wurde deshalb als ß bezeichnet, zeigte zuweilen aber auch Parallelen mit A gegen B und mit C gegen A und B. Simson behauptete deshalb, ß müsse die Fassung sein, aus der letztlich alle übrigen ab zuleiten seien. Aber er gab sich keine Rechenschaft darüber, daß die wechselnden Gemeinsamkeiten einer jeden Rezension mit jeder an deren nach seinem Schema überhaupt nicht zu erklären waren und seine Hypothese deshalb von Anfang an noch unwahrscheinlicher war als die von W aitz, zumal er daran festhielt, daß B und C aus einer ge meinsamen unmittelbaren Vorlage abzuleiten seien. In Wirklichkeit war Simson, wie vor ihm bereits Simonsfeld, einem Irrtum zum Opfer gefallen, da er sich über die tatsächliche oder wenigstens plausible Entstehung der einzelnen Lesarten nach seinem Schema keine Rechenschaft gab. Führt man eine konsequente Textkritik durch, dann zeigt sich, daß die Handschrift A kontaminiert ist aus A 1 oder A 2 und einer B-Handschrift. Die Handschrift A ist im gesamten Inhalt mit dem von A I und A 2 identisch, hat im allgemeinen deren Lesarten, aber deren zahlreiche zusätzlichen Fehler an einer Reihe von Stellen durch die besseren Lesarten von B ersetzt. Ganz ähnlich ist die Entstehung von ß zu erklären. ß hat zahlreiche für die Überlieferungsgruppe A typische Lesarten, daneben aber auch typische B-Lesarten und schließlich auch C-Varianten, darüber hinaus aber, und das ist nun außerordentlich wichtig, wurde aber von Simson nicht beachtet, auch Lesarten und Fehler, die sonst nur noch die Handschrift B I hat, die also nicht schlechthin B-Lesarten, sondern nur die einer einzelnen B-Handschrift sind. Niemals kann deshalb B als Ganzes aus ß abgeleitet werden, vielmehr ist ß - ohne daß das hier nochmals in den Einzelheiten dargelegt würde - eine Kontamination aus A, B I ( ? ) und C, - möglicherweise dem Erst druck. Für die Rekonstruktion des Gesta-Textes sind daher die Handschriften A und ß fast ohne jede Bedeutung. Zusammenfassend sei nochmals festgestellt : Aus der gesamten handschriftlichen Überlieferung und der Benutzung der Gesta in anderen Werken lassen sich letztlich nur zwei insgesamt wenig unterschiedene Fassungen der Gesta nachweisen . Die eine ist die für den Kaiser bestimmte Reinschrift, die heute allein noch von C repräsentiert wird. Alle anderen Überlieferungen sind im bayerisch österreichischen Raum beheimatet ; sie zerfallen heute in zwei größere Überlieferungsgruppen A und B. Aus ihnen kann in strenger, an der Textkritik orientierter Konsequenz eine einzige Fassung rekonstruiert
V.
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werden , die allen Überlieferungen letztlich zugrunde liegt. I n ihr darf mit guten Gründen das Konzept Ottos und Rahewins ge sehen werden .
V. Z U R FOLGENDEN AUS GAB E Entsprechend den im vorigen Abschnitt in aller Kürze vorgetrage nen neuen Einsichten über die verschiedenen Fassungen der Gesta Frederici und ihre Überlieferung möchte die folgende Ausgabe erst malig denjenigen Text unverändert bieten, der dem Kaiser 1 160 über reicht wurde. Da C jedoch die einzige erhaltene Überlieferung dieser Widmungsfassung ist, kann die Gestalt des Originals heute nicht mehr hinter C zurück verfolgt werden ; die Ausgabe muß also C so getreu wie möglich wiedergeben. Dieser Grundsatz wird in allen Fällen eingehalten, wo C eine nur halbwegs vertretbare Lesart bietet, auch dann, wenn die Lesart von AB die sachlich oder sprachlich bessere zu sein scheint ; denn eine Korrektur des C- Textes aufgrund von AB hätte selbst in diesen Fällen noch eine Verfälschung des C zugrunde liegenden Originals bedeuten können. Ebenso blieben Fehler von C, die auch AB hat, stehen, da es Fehler bereits des Konzepts sind, die von Rahewin auch bei der Herstellung der Reinschrift übersehen und nicht beseitigt wurden . Nur dann, wenn C allein gegen AB eine sprachlich unter keinen Umständen zu haltende Lesart aufweist, hier also mit allergrößter Wahrscheinlichkeit vorausgesetzt werden kann, daß es sich um reines Versehen irgendeines Schreibers handelt, wurde auf Grund von AB emendiert und die Lesart von C in den Apparat verwiesen . Wegen der beschränkten Möglichkeiten dieser Reihe wurden Korrekturen , auch die der dritten Hand, im allge meinen nur dann verzeichnet, wenn der noch erkennbare ursprüng liche Text in C mit dem in AB übereinstimmte, es sich also eindeutig um selbständige Korrekturen handeln mußte. Ein anderes Verfahren mußte für den Schluß des vierten Buches angewendet werden , der heute in C fehlt. Es hätte nahe gelegen, hier dem Erstdruck zu folgen, wenn erstens sicher nachzuweisen wäre, daß C damals noch vollständig war, der Erstdruck zweitens nicht auf jeden Fall einen kontaminierten Text böte, und drittens die zweite für den Druck benutzte Handschrift nicht verloren wäre . Denn so kann selbst aus den Lesarten des Erstdrucks, die sowohl von A wie auch von B sich unterscheiden , leider nicht geschlossen
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werden, daß es sich dann um C-Lesarten handeln muß. Denn es kann ja auch nicht bewiesen werden, daß in allen Fällen die heutige, auf Grund von A 1 und A 2 festgestellte A-Lesart auch die des Schotten klostercodex sein muß. Deshalb schien es angebracht, für diesen Teil grundsätzlich AB, das heißt also der Konzeptfassung zu folgen, wichtigere Varianten des Erstdrucks aber als C 2-Lesarten im Apparat zu verzeichnen. Praktisch heißt das allerdings, daß dieser Text weit gehend der von B ist. Da der in C fehlende Teil vornehmlich aus den Akten zum Schisma besteht, die heutigen A-Handschriften die Akten aber nicht enthalten, ist der Text meist allein durch B gewährleistet, wenn C 2 davon abweicht. Wo in diesen Partien B mit C 2 oder mit A übereinstimmt, ist der Text eindeutig als Konzepttext gesichert. Selbstverständlich folgt die Ausgabe auch in der äußeren Anord nung des Textes C. Alle Überschriften, die des ganzen Werkes sowohl wie die der einzelnen Teile werden entsprechend C gegeben, Ab weichungen der anderen Handschriften sind wegen der weitgehenden Willkür gerade in diesem Punkt nicht vermerkt, doch sei darauf wenigstens grundsätzlich hingewiesen, daß hier C sich in stärkerer Übereinstimmung mit A als mit B befindet, C also auch hierin sowohl der Reinschrift wie auch dem Konzept näher steht als B. Ebenso entspricht die Kapitelzählung in den Indices sowohl wie im Text der von C. Auch hierin zeigen alle Fassungen einige Unterschiede, doch ist die von C die an sich überzeugendste. Denn in den übrigen Handschriften sind in den Indices offensichtlich mehrfach mehrere Kapitelüberschriften in eine zusammengezogen worden, und zwar ist das im allgemeinen überall dort der Fall, wo auf Grund der Indices von B und A in einem Kapitel verschiedene Ereignisse abgehandelt sind. In Wahrheit hat Rahewill jedem einzelnen Teilvorgang ein eigenes Kapitel gewidmet. Damit hat sich für C und somit auch für die folgende Edition eine größere Anzahl von Kapitelüberschriften zunächst in den Indices ergeben. Dementsprechend wurde dann aber auch die Kapiteleinteilung im eigentlichen Text vorgenommen. Sie entspricht in den meisten Fällen auch der in C ; im allgemeinen sind die Kapitel in C durch Initialen oder Paragraphenzeichen eindeutig gekennzeichnet, und zwar durchweg in Übereinstimmung mit der Einteilung der Indices. Gelegentlich sind allerdings auch C hierin Irrtümer unterlaufen, treten Widersprüche zwischen den Indices und der Einteilung im Text auf, fast ausschließlich j edoch derart, daß zu wenig Initialen und Paragraphenzeichen gesetzt wurden, selten aber nur an anderer Stelle, als nach den Indices zu erwarten gewesen
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wäre. In all diesen Fällen wurden die Indices als Richtschnur ge nommen. Man wird es vielleicht bedauern, daß auf diese Weise auch diese Ausgabe in der Kapiteleinteilung und Kapitelzählung von den v orhergehenden abweicht, wie diese von den jeweiligen früheren. Doch mußte das in Kauf genommen werden ; einmal weil grundsätzlich C zu folgen war, zweitens sich aber die Einteilung von Wilmans so wohl wie die von W aitz und Simson häufig durchaus im Gegensatz zu den Indices befindet und manchmal recht willkürlich vorgenommen wurde. Es schien richtig, auch in diesem Punkt die Absichten der Autoren Otto und Rahewill eher zu befolgen als eine inkonsequente und unbeständige moderne Tradition. Doch wurden am Rand der Ausgabe die Kapitelzählung von Waitz und Simson vermerkt. Es mag noch erwähnt werden, daß die Numerierung der Kapitel sowohl in den Indices wie im Text vom Herausgeber durchgeführt wurde. Die Hand schrift C weist keinerlei Zählung auf. In zwei Punkten wurde eine Änderung vorgenommen. In der Schreibung von ae, e und e-caudata sowie von c und t vor i und folgen dem Vokal ist C ebenso willkürlich wie alle anderen Handschriften. Zumal solche Eigentümlichkeiten weitgehend solche des jeweiligen und zufälligen Schreibers sind, schien es nicht richtig, sich hier sklavisch an C zu halten. Deshalb wurde in der Ausgabe stets e für ae und e-caudata und t und c entsprechend dem klassischen Gebrauch gesetzt. Da die Edition möglichst unverändert C wiedergeben will, ohne die gesamte übrige handschriftliche Überlieferung im einzelnen zu ver zeichnen, konnte der textkritische Apparat auf ein Mindestmaß be schränkt werden. Es hätte sogar genügt, lediglich die vom Heraus geber vorgenommenen Korrekturen und Emendationen zu vermerken. Die neugewonnenen Einsichten in den Überlieferungszusammenhang haben indessen das früher entworfene komplizierte Bild auf wenige einfache Grundlinien zurückgeführt. So schien es möglich und richtig, ohne die in dieser Reihe auferlegten Beschränkungen zu durchbrechen und ohne sich mehr anzumaßen, als tatsächlich vom Herausgeber unter den gegebenen Umständen geleistet werden konnte, die mit Hilfe des textkritischen Apparats von Waitz und Simson ersahließ baren AB-Lesarten zu verzeichnen. Alle Lesarten bloß einer Hand schrift oder nur einer einzigen Überlieferungsgruppe, also nur von A oder nur von B , wurden dagegen übergangen. Nur die A und B gegen über C gemeinsamen Lesarten, die Lesarten der erschlossenen ge meinsamen Vorlage AB sein müssen, wurden notiert. Auf diese relativ
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Einleitung
einfache Weise konnte neben dem Text der Widmungsfassung in C gleichzeitig - soweit es der augenblickliche Kenntnisstand erlaubt auch die von C abweichende Gestalt von AB in leicht überschaubarer Weise deutlich gemacht werden, der gegenüber alle Varianten ein zelner Handschriften für die Wiederherstellung der ursprünglichen Gesta-Fassungen bedeutungslos sind. Die im Apparat mit AB be zeichneten Varianten sind also grundsätzlich die den Überlieferungs gruppen gemeinsamen Lesarten ihrer erschlossenen Vorlage AB. A oder B allein kennzeichnet dagegen die gemeinsame Lesart nur einer Überlieferungsgruppe in den Fällen, wo eine Handschriftenklasse ein mal ganz ausfällt, vor allem also gilt das für die Dokumente, die in A im allgemeinen nicht überliefert sind. Soweit aber im übrigen zu dem eigentlichen Text keine Varianten angemerkt werden, ist dieser immer durch wenigstens zwei Überlieferungsgruppen gedeckt, ent weder also durch C und A oder durch C und B, und so weit ist der Text auch als Text sowohl der VVidmungsfassung wie des wahr scheinlichen Konzepts gesichert. Damit erhält die vorliegende Aus gabe ihren Wert auch für den wissenschaftlichen Benützer. Für die Lesarten einzelner Handschriften oder -gruppen muß dagegen auch weiterhin noch auf die Ausgabe von Waitz und Simson zurück gegriffen werden. Nur darauf sei noch hingewiesen : In einer Reihe von Fällen unterscheidet sich der folgende C- Text von dem, wie er aus der Monurnenta-Ausgabe sich darbietet. Das wurde nicht eigens ver merkt, da unsere Lesung sich auf erneute Kollation der Handschrift C stützt. Für die Kennzeichnung der zahlreichen von Otto und Rahewin, beziehungsweise in den inserierten Dokumenten stillschweigend ver wendeten oder ausdrücklich als solche bezeichneten Zitate wurden die Nachweise der Monurnenta-Ausgabe dankbar genutzt , die ja auch ihrerseits bereits zahlreiche Vorarbeiten verwerten konnte. Sie wurden nur noch um einige Nachweise von Bibelstellen oder solchen aus der Liturgie wie auch aus Hegesipp ergänzt. Alle Zitate sind im Text durch Anmerkungsziffern eingerahmt ( l -1 ) . Wörtliche Zitate sind im Kommentar mit = mehr oder weniger starke sprachliche An lehnung mit "vgl . " gekennzeichnet. Angesichts dessen schien sich der sonst übliche Kursivdruck bei wörtlichen Zitaten zu erübrigen ; ebenso wurde bei den inserierten Dokumenten darauf verzichtet. In Ergänzung zur Monurnenta-Ausgabe wurde häufig, namentlich für die italienischen Ereignisse auf Parallelstellen in anderen Quellen ver wiesen, namentlich wenn Unterschiede sachlicher Art zwischen diesen ,
VI . Die Titelfrage
75
und dem Gesta-Bericht bestehen. Daß es dabei nicht um die voll ständige Verzeichnung aller Quellen gehen konnte, die in irgendeiner Form, und sei es nur mit einem Satz , das auch in den Gesta Berichtete erwähnen, ist wohl selbstverständlich. Im Vordergrund mußten Be richte von Augenzeugen stehen. Ebenso verbot sich in dieser Reihe ein ausführlicheres Zitieren von Sekundärliteratur. Kommentar und Register sind in erster Linie auf den lateinischen Text bezogen. Bei behalten wird trotz grundlegender Unterschiede zur Monurnenta Ausgabe der Brauch, auch deren Seitenzählung zu verzeichnen, um die vergleichende Benutzung beider Ausgaben zu erleichtern. Die Übersetzung wurde von Adolf Schmidt, dem Übersetzer auch der Chronik Ottos, neu angefertigt. Doch wurde dabei selbstverständ lich auch die im allgemeinen gute und treffende, wenn auch zuweilen für das moderne Sprachgefühl veraltete und sich zu eng an die WOrt stellung der Gesta anlehnende Übersetzung von Horst Kohl in den Geschichtsschreibern der deutschen Vorzeit mit Gewinn zu Rate ge zogen . Die philosophisch-theologischen Partien wurden vom Heraus geber übersetzt. Dabei war es das Bestreben, der eigentümlichen Begriffssprache Ottos möglichst nahe zu bleiben, auch wenn zu die sem Zweck einmal ein ungewöhnlicher oder befremdlicher Ausdruck gewählt werden mußte.
VI. DIE TITELFRAGE Johannes Cuspinian hatte in seiner Ausgabe von 1 5 1 5 das Werk Ottos und Rahewins als De gestis Friderici primi bezeichnet. Dieser Titel , der sonst nur ein einziges Mal in einer Handschrift bezeugt ist 176, ist dem Werk bis heute geblieben. Zwar spricht Otto im Widmungsbrief der Chronik einmal davon, er wolle die res gestas Friedrichs beschreiben, und im Prolog des Werks über Friedrich wird von res gestae in einem allgemeineren Sinn gesprochen , aber das Werk ist kaum mit dem Titel Gesta bedacht worden . Mit dem gleichen Recht hätte man das Werk auch als Historia bezeichnen können, denn so nennt es Otto selbst einmal ebenfalls am Schluß seines Prologs. In Wahrheit bestand aber überhaupt kein Grund, irgendeinen Titel selbständig zu wählen , denn in allen Handschriften außer einer einzigen trägt das Werk den einfachen Titel Chronica , 1 76
B l : G esta Friderici imperatoris.
Einleitung
76
und so müssen es daher Otto und Rahewill auch selbst genannt haben. Es wäre daher nur folgerichtig gewesen, wenn diesem Werk in der vorliegenden Edition endlich der ihm rechtens zustehende Titel gegeben worden wäre. Dabei hätte man sich über die Tatsache, daß diese Quelle bisher stets unter der Bezeichnung Gesta zitiert wurde, hinwegsetzen können, auch wenn ein solcher Versuch mit größerem Erfolg erst von einer vollständigen kritischen Ausgabe gemacht werden könnte. Zwei Bedenken haben aber schließlich doch diese ursprüngliche Absicht zu Fall gebracht. Einmal daß der Titel Chronica sich leider bereits für das ältere und größere Werk Ottos eingebürgert hat, obwohl auch dieser Titel nicht der ursprüngliche ist. Der hand schriftlich am besten bezeugte lautete Historia de duabus civitatibus, und es ist nur zu bedauern, daß der Herausgeber der maßgeblichen und wohl immer maßgeblich bleibenden Ausgabe der Historia Adolf Hofmeister wider besseres Wissen nicht den richtigen Titel durch setzte, sondern die Bezeichnung Chronica beibehielt, von der er selbst sagte, daß sie verus titulus putandus non est 1 77 • Die richtige Bezeichnung der Gesta als Chronica könnte also erhebliche Verwirrung anstiften. Das zweite Bedenken bestand darin, daß der weniger richtige Titel Chronica für die Historia auch in der Ausgabe von W. Lammers in ciieser Reihe beibehalten wurde und die beiden Bände daher nur mehr schwer bibliographisch zu unterscheiden gewesen wären. So wird leider, aber notgedrungen, auch in dieser Edition wider besseres Wissen der falsche Titel Gesta Frederici I. imperatoris weitergeschleppt. Doch sollte mit dieser Bemerkung wenigstens deutlich unterstrichen werden, daß dieser Titel an sich durch nichts als moderne Willkür gerechtfertigt ist, vielmehr Chronica lauten müßte. Das aber sollte auch auf dem Titelblatt wenigstens ange deutet werden.
177
Chronica, Einleitung S. X.
77
VII . LITERATURAUSWAHL 1 . A u s g ab e n :
Ottonis Phrisingensis episcopi viri clarissimi Rerum ab origine mundi ad ipsius usque tempora gestarum Libri octo . Eiusdem de gestis Friderici primi Aeno barbi Caes. Aug. Libri duo . Radewici Phrisingensis ecclesie Canonici, Libri duo, prioribus additi, de eiusdem Friderici Imp. gestis. Argentorati, ex aedibus Matthiae Schurerii (Mense Martio An. MDXV). P. P i t h o e u s, Ottonis episcopi Frinsingensis . . . De gestis Friderici I caes. aug. libri 2, Radevici Frisingensis canonici de eiusdem Friderici gestis libri 2 prioribus additi, Basileae, apud Petrum Pernam ( 1 569 ) . U r s t i s i u s, Germaniae historicorum illustrium . . . Tom. I , Francofurdi ( 1 5 85) 403 - 558. B . T i s s i e r , Bibliotheca patrum Cisterciensium 8 (Paris 1 669) 1 1 5 - 2 1 3 . L . :.\I u r a t o r i, Scriptores rerum Italicarum 6 ( 1 725) 637 - 858. Gesta Friderici I imperatoris auctoribus Ottone et Ragewino praeposito Fri singensibus. Libri 4, ed. R. W i l m a n s, MG. SS. 20 ( 1 868) 347 - 4 9 1 = MG. SS. rer. Germ . ( 1 86 7 ) . Ottonis e t Rahewini Gesta Friderici I imperatoris, e d . G. W a i t z , MG. SS. rer. Germ. ( 2 1 884). Ottonis et Rahewini Gesta Friderici I. imperatoris, ed. G. W a i t z - B . de S i m s o n, MG. SS. rer. Germ. (3 1 9 1 2 ) . 2. Ü b e r s e t z u n g e n :
H. K o h l , Taten Friedrichs, Bischof Otto von Freising, Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 59 ( 2 1 939). H . K o h I, Rahewins Fortsetzung der Thaten Friedrichs von Bischof Otto von Freising, Die Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit 60 ( 1 886). Ch. Ch. M i e r o w, The Deeds of Frederick Barbarossa by Otto of Freising and his Continuator, Rahewin (New York 1 953). 3. Z eitgen ö s s i s c h e Quellenwerke : B.
Burchardi praepositi Urspergensis Chronicon, v. S i m s o n, MG. SS. rer. Germ . ( 1 9 1 6 ) .
ed.
0 . Holder- Egger -
Carmen d e gestis Frederici I. imperatoris in Lombardia, ed. I. S c h m a l e O t t, MG. S S . rer. Germ. ( 1 964}.
78
Einleitung
Chronica regia Coloniensis, ed. G. W a i t z, MG. SS. rer. Germ. ( 1 880). De ruina civitatis Terdonae, ed. A. H o f m e i s t e r, NA. 43 ( 1 922) 1 4 3 ff. G esta Federici I . in Lombardia auctore cive Mediolanensi (Annales Mediolanenses maiores), ed. 0. H o l d e r - E g g e r, MG. SS. rer. Germ. ( 1 892).
Gotifredi Viterbiensis Gesta Friderici et Heinrici VI. imperatorum, ed. H . P e r t z, MG. SS. rer. Germ. ( 1 870).
Ph. Ja f f e, Bibliotheca rerum Germanicarum 1 , Monumenta Corbeiensia ( 1 864). Ligurinus, ed. C. G. D ü m g e ( 1 8 1 2 )
=
M i g n e, PL. 2 1 2, 327 ff.
MG. Constitutiones et Acta publica 1 , ed. L. W e i l a n d ( 1 8!)3). Ottonis episcopi Frisingensis Chronica sive Historia de duabus civitatibus, ed. A. H o f m e i s t e r, MG. S S . rer. Germ. ( 1 9 1 2) . - ed. W. L a m m e r s, Ausgewählte Quellen zur Deutschen Geschichte des Mittelalters, Freiherr vom Stein-Gedächtnisausgabe XVI ( 1 96 1 ) . Ottonis Morenae et continuatorum Historia Frederici, ed. F . G ü t e r b o c k, MG. SS. rer. Germ. NS. 7 ( 1 930). Vincentii (et Gerlaci) Annales, MG. SS. 1 7, 658ff. 4. Z u r Ü b e r l i e f e r u n g :
S. B e n k e r, Die älteren Drucke Ottos von Freising, Ein Beitrag zur Be schäftigung mit seinen Werken, in : Otto von Freising, G edenkgabe zu seinem 800. Todesj ahr, Dreiundzwanzigstes Sammelblatt des Hist. Ver. Freising ( 1 958). H . B l o c h, Die elsässischen Annalen der Stauferzeit, Eine quellenkritische Einleitung zu den Regesten der Bischöfe von Straßburg, Regesten der Bischöfe von Straßburg 1 , 1 ( 1 908). P. B r e z z i, Note sulla composizione dei ,Gesta Friderici I . imperatoris' di Ottone di Frisinga, in : Studi medievali in onore di A. di Stefano (Palermo 1 956) s . 1 2 3 ff. A. H o f m e i s t e r, Praefatio in : Ottonis episcopi Frisingensis Chronica, MG. SS. rer. Germ. ( 1 9 1 2 ) Bes. S . XLII ff.
E. K o r s c h, Die verschiedenen Fassungen in dem Werk des Bischofs Otto von Freising über die Taten Kaiser Friedrichs I. (Diss. Berlin 1 94 1 ) . F . - J . S c h m a l e, Die Gesta Friderici I . imperatoris Ottos von Freising und Rahewins, Ursprüngliche Form und Überlieferung, DA. 1 9 ( 1 963) 1 6 8 ff. H. S i m o n s f e l d, Bemerkungen zu Rahewin, in : Historische Aufsätze dem Andenken an G. Waitz gewidmet ( 1 886) S. 20 1 ff. B. v. S i m s o n , Ü ber die verschiedenen Rezensionen von Ottos und Rahewins Gesta Friderici, NA. 36 ( 1 9 1 1 ) . G. W a i t z, Über die verschiedenen Rezensionen von Ottos und Rahewins Gesta Friderici, SB. Berlin 1 884, S. 33 l ff. G. W a i t z - B . v. S i m s o n, Praefatio in : Ottonis et Rahewini Gesta Friderici, MG. S S . rer. Germ. ( 1 9 1 2 ) .
VII . Literaturauswahl
79
R. W i l m a n s , Zur G eschichte der Handschriften von Ottos von Freisingen Chronik, Arch. d. Ges. f. ältere dt. Geschkde. 1 1 , 1 8 ff. R. W i l m a n s, Über die Chronik Ottos von Freisingen, ebda. 1 0, 1 3 1 ff. 5. Z u r i n n e r e n K r i t i k d e r G e s t a u n d z u r B i o g r a p h i e O t t o s u n d Rahewins :
L. A r b u s o w, Liturgie und Geschichtsschreibung im Mittelalter, In ihren Beziehungen erläutert an den Schriften Ottos von Freising ( + 1 1 58) . . . , ( 1 9 5 1 ) .
E . B e r n h e i m , Der Charakter Ottos von Freising und seiner Werke, MI O G. 6 ( 1 885) 1 ff.
H. B ö h m e r, Der Dialogus de pontificatu Romanae ecclesiae, NA. 2 1 ( 1 896) 6 6 6 ff. H. B ö h m er, Vorbemerkung zu Dialogus de pontificatu . . , MG. Lib. de lite 3 , 526ff. P. B r e z z i, Ottone di Frisinga, in Bulletino dell'Ist. stor. ital. per il medio evo 54 ( 1 939) 1 2 - 328. H. G r o t e f e n d, Der Werth der Gesta Friderici imperatoris des Bischofs Otto von Freising für die Geschichte des Reichs unter Friedrich I. (Diss. Han nover 1 87 0 ) . A. H o f m e i s t e r, Studien über Otto von Freising, N A . 37 ( 1 9 1 2 ) 1 0 l ff. 6 3 5 ff. R. H o l t z m a n n , Das Carmen de Frederico I. imperatore aus Bergamo und die Anfänge einer staufischen Hofhistoriographie, NA. 44 ( 1 922) 252ff. G. J o r d a n, Ragewini Gesta Friderici imperatoris, Eine quellenkritische Untersuchung (Diss. Straßburg 1 88 1 ) . J . K o c h, Die Grundlagen der Geschichtsphilosophie Ottos von Freising, in : Geschichtsdenken und Geschichtsbild im Mittelalter, Wege der Forschung X X I ( 1 96 1 ) 3 2 l ff. W. L a m m e r s, Einleitung zu Ottonis episcopi Frisingensis Chronica, s. u. 2. W. L a m m e r s , Ein universales Geschichtsbild der Stauferzeit in Miniaturen, Der Bilderkreis zur Chronik Ottos von Freising im Jenenser Codex Base q . 6, in : Alteuropa und die moderne Gesellschaft, Festschrift für Otto Brunner ( 1 963) 1 7 0 ff. K. L a n g o s c h, in : Verfasser-Lexikon 3, 992 ff. K. L i n d t, Zur Kritik des zweiten Buches der Gesta Friderici Ottos von Freising, Progr. Ludwig-Georg- Gymn. Darmstadt ( 1 902) n. 705. W. L ü d e c ke, Der historische Wert des l. Buches von Ottos von Freising Gesta Friderici, Diss. Halle 1 884 ; Fortsetzung in : Progr. Gymn. Stendal ( 1 885). M . M a n i t i u s, G eschichte der lateinischen Literatur des Mittelalters 3 ( 1 93 1 ) 3 8 8 ff. C. M a r t e n s, Ein Beitrag zur Kritik Ragewins, Diss. Greifswald 1 87 7 .
80
E inleitung
W. M e y e r, Radewins Theophilus und die Arten der gereimten Hexameter, in SB. München 1 873, 49 ff. = Gesammelte Abhandlungen zur mittellateinischen Rhythmik 1 (Berlin 1 905) 9 9 ff. E. O t t m a r, Das Carmen de Frederico I. imperatore aus Bergamo und seine Beziehungen zu Otto-Rahewins Gesta Friderici, Gunthers Ligurinus und Bur chard von Ursbergs Chronik, NA. 46 ( 1 926) 430ff. E. F. O t t o, Otto von Freising und Friedrich Barbarossa, Hist. Vjschr. 3 1 ( 1 938) 2 7 ff. = Geschichtsdenken und Geschichtsbild i m Mittelalter, Wege der Forschung XXI ( 1 96 1 ) 247 ff. A. P a s s e r i n - d ' E n t r e v e s , Ottone di Frisinga e Ia storiografia del medio evo, Rivista intern. Fil. dir. 20 ( 1 940) 360ff. H. P o z o r, Die politische Haltung Ottos von Freising (Diss. Halle 1 9 3 7 ) . H. P r u t z, Radewins Fortsetzung der Gesta Friderici des Otto von Freising, Ihre Zusammensetzung und ihr Wert (Danzig 1 87 3 ) . S . R i e z l e r, Namen u n d Vaterland des Geschichtsschreibers Rahewin, Forsch. z. dt. Gesch. 1 8 . I . S c h m a l e - O t t - F.-J. S c h m al e, Einleitung z u Carmen d e gestis, s. u. 2 . W. W a t t e n b a c h, Deutschlands Geschichtsquellen i m Mittelalter • II, 2 7 l ff. 6. A l l g e m e i n e L i t e r a t u r z u r G e s c h i c h t e d e r Z e i t :
G . B a r r a c l o u g h , Die mittelalterlichen Grundlagen des modernen Deutsch land (2 1 955) S. 1 5 5 ff. G. B a r r a c l o u g h , Friedrich Barbarossa und das 1 2 . Jahrhundert, in : Geschichte in einer sich wandelnden Welt ( 1 957). W . B e r n h a r d i, Lothar von Supplinburg ( 1 879). W. B e r n h a r d i, Konrad III. ( 1 883). K. B o s l, Die Reichsministerialität der Salier und Staufer, Sehr. d. M G H 1 0 ( 1 95 1 ) . P. B r e z z i, Caratteri, momenti e protagonisti dell'azione politica d i Federico Barbarossa, Rivista stor. ital. 5. ser. 5 ( 1 940).
H. B ü t t n e r, Staufer und Welfen im politischen Kräftespiel zwischen Boden see und Iller, Z s. f. württ. Landesgesch. 20 ( 1 9 6 1 ) . A. F l i e h e, R. F o r e v i l l e, J. R o u s s e t, Histoire d e l'eglise 9, 1 ( 1 948).
W. v. G i s s e b r e c h t, Geschichte der deutschen Kaiserzeit 4 ( " 1 877), 5 ( 1 880/88), 6 ( 1 895). H . G r u n d m a nn, Der Cappenberger Barbarossakopf und die Anfänge des Stiftes Cappenberg ( 1 959). A. H a u c k, Kirchengeschichte Deutschlands 4 (3 • 4· 1 9 1 3 ) . H. H e i m p e l, Kaiser Friedrich Barbarossa, Neue Sammlung 2 ( 1 962). E . J o r d a n, L'Allemagne et l'Italie aux xne et XIII e siecles, Histoire generale 2, Histoire du Moyen-age 4, 1 ( 1 939).
VII . Literaturauswahl
81
K. J o r d a n, Investiturstreit und frühe Stauferzeit ( 1 056 - 1 1 9 7 ) , in : B . G e bh a r d t, Handbuch der deutschen Geschichte, hrsg. v. H. Grundmann, 1 (' 1 959). K. J o r d an, Friedrich Barbarossa, Kaiser des christlichen Abendlandes ( 1 959). P. K e h r, Zur Geschichte Viktors IV, NA. 46 ( 1 926). T h. M a y e r, Kaisertum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs 1 . , Studien zur politischen und Verfassungsgeschichte des hohen Mittelalters, Sehr. d. MGH. 9 ( 1 944) . E. O t t o , Friedrich Barbarossa ( 1 940). M. P a c a u t , Alexandre 111. ( 1 9 56).
H . S i m o n s f e l d, Jahrbücher des Deutschen Reiches unter Friedrich I. 1, ( 1 908).
CRONICA OTTONIS FRISINGENSIS EPISCOPI EIUSQUE ADBREVIATORIS RADEWICI FREDERICUS 1 Dei gratia Rarnanorum imperator et semper augustus dilecto patruo suo Ottoni Frisingensi episcopo gratiam s suam et omne bonum. Cronica 2, que tua sapientia digessit vel 3 desuetudine inum brata in luculentam erexit consonantiam S , a dilectione tua nobis transmissa cum ingenti gaudio suscepimus, et post bellicos 4 su dores 4 interdum delectari in his a> et per magnifica gesta impera torum ad virtutes informari preoptamus. Ea vero, que ab 10 ingressu regni a nobis gesta sunt, ad petitionem tuam6 breviter conpilata notitie tue libenter commendaremus, nisi quod ad similitudinem priorum gestorum, que ab excellentissimis viris edita sunt, magis dici possunt umbra quam facta. Tarnen, quia tuum preclarum ingenium humilia extollere et de parva materia 1 5 multa scribere novit, plus confisi tuis laudibus quam nostris meritis tantillum hoc, quod in Romano orbe per quinquennium 6 fecimus, paucis perstringere curamus. Post primam unctionem Aquisgrani 7 et acceptam coronam Teutonici regni generalem curiam Merseburc in pentecoste cele- 20 bravimus8, ubi rex Danorum Petrus ad curiam nostram vocatus venit et hominio ac fidelitate nobis facta coronam regni de manu nostra suscepit. I Deinde Cicensem episcopum Wicmannum ad archiepiscopatum Magdeburgensem transtulimus9, et quam quam multe lites et contraversie inter nos et Romanam eccle- 25 siam inde fuissent, ad ultimum tarnen quod a nobis Iandabiliter factum fuit auctoritas apostolica confirmavit l0• Post hec expeditionem Romam movimus et valida manu Lombardiam intravimus 11• Hec quia propter Iongarn absentiam a) i. h. d. AB.
Der Brief wurde 1 1 57 nach März 24 geschrieben. Vgl. den Brief Ottos von Freising an Friedrich I . , Chronica S. I . Die Chronik wurde 1 1 57 nach März 24 durch Ottos Kaplan Radewie und den Abt Rabodo von Weih-St. Stephan überreicht. 1
•
DIE CHRONIK DES BISCHOFS OTTO VON FREISIN G UND SEINES SCHREIBERS RADEWie Friedrich 1, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Augustus, versichert seinem geliebten Oheim, Bischof Otto von Frei5 sing, seine Gunst und wünscht ihm alles Gute. Die uns von dir zugesendete Chronik 2, die deine Weisheit geschaffen h at und in der du 3in Vergessenheit Geratenes zu lichtvoller Harmonie heraufgeführt hast 3, haben wir mit außerordentlich großer Freude empfangen, und wir hoffen, nach den Kriegsmühen 4 uns bisweilen an ilir 10 zu erfreuen und durch die herrlichen Taten der Kaiser zu Tugenden an geleitet zu werden. Was aber von uns seit Beginn unserer Regierung geleistet worden ist, würden wir dir auf deine Bitte hin6 gern kurz zu sammengefaßt zur Kenntnis bringen, wenn es im Vergleich mit dem früher von hervorragenden Männern Geleisteten nicht eher "Schatten" 1 5 als "Taten" genannt werden müßte. Da aber deine glänzende Begabung das Niedrige zu erhöhen und über einen unbedeutenden Stoff viel zu sagen versteht, so wollen wir, mehr im Vertrauen auf deine Fähigkeit zu loben als auf unsere Verdienste, das Wenige, das wir während der fünf Jahre 6 im römischen Reich getan haben, kurz aufzeichnen. 20 Nach der ersten Salbung in Aachen 7 und dem Empfang der Krone des deutschen Reiches 7 haben wir zu Pfingsten einen Hoftag in Merseburg abgehalten 8 ; dort erschien, an unseren Hof beschieden, der Dänenkönig Peter (Sven) und empfing, nachdem er uns Mann schaft und Treue geschworen hatte, aus unserer Hand die Königs25 krone. Danach haben wir dem Bischof Wichmann von Zeitz das Erz bistum Magdeburg übertragen9, und obwohl daraus viele Streitig keiten und Meinungsverschiedenheiten zwischen uns und der Römi schen Kirche entstanden, hat schließlich die apostolische Autorität bestätigt l0, was von uns löblich getan worden war. Jo Dann haben wir einen Zug nach Rom unternommen und sind mit einem starken Aufgebot in die Lombardei einmarschiert 11• Da diese 8-8 3. lustinian, lnst. proem . § 2.5. •
E bda. § 1. 6 Vgl. Chronica S . 3. ' 1 1 52 - 1 1 5 7 . 7 1 1 52 März 9 ; vgl. unten I I , 3. 8 1 1 52 Mai 1 8 ; vgl . unten II, 5. • 1 1 52 ; vgl. unten II, 6. 1 o 1 1 54 ; vgl. unten II, 1 0.
u
Vgl . unten II, 1 2 .
84
Gesta Frederici, Ep. Frederici
[2/3]
imperatorum ad insolentiam declinaverat et suis confisa viribus aliquantum rebeBare ceperat l2, nos animo indignati omnia fere castella eorum furore debito et iusto non militum, sed servien tium destruximus. Mediolanenses versuti et superbi verba sine fide nobis dederunt, et ut nostra concessione super Cumas et 5 Laudam dominium habere mererentur, multam pecuniam nobis promiserunt ; sed cum nec prece nec pretio flectere nos possent, cum ad terram eorum venissemus, a terra copiosa sua de clinantes tres dies in solitudine nos duxerunt 13, quousque 14 tandem 14 contra voluntatem eorum prope iuxta Mediolanum 1 0 ad miliare Teutonicum castra metati essemus. Ibia) dum ab eis mercatum quereremus, et ipsi nobis eum negarent, no bilissimum castrum eorum, Rosaturn videlicet, quod quingentos milites armatos habebat, capi et incendio destrui fecimus ; ibi milites nostri usque ad portam Mediolanensium iverunt et 1 5 multos vulneraverunt et multos ceperunt. Hinc inde ortis inimicitiis inter nos et illos, fluvium Ticinum versus Novariam transeuntes pontes duos, quos ipsi armaverant et incastellaverant, violenter occupavimus. Quos post transitum totins exercitus nostri destruximus. Inde tria castra eorum fortissima, Mum- 20 mam videlicet, Gailam et Tricam, destruxif mus 15, et natali Domini cum maxima iocunditate celebrato, per Vercellas et Taurinum euntes Padum transivimus ; inde Cheram, maximam et munitissimam villam , destruximus etb) civitatem Astam incen dio vastavimus 16• Deinde Terdonam civitatem munitissimam 25 natura et arte obsedimus ; et post tres dies burgo capto, ipsam arcem cepissemus, nisi nox et maxima tempestas nos cohibuisset. Tandem post multos assultus, multas cedes et miserabilem stragem illorum et non modicum dampnum nostrorum arcem per dedi tionem occupavimus et c) quendam principem Grecorum, qui a 30 marchione Malaspina captus erat, liberavimus 17• Destructa Ter dona, Papienses, ut gloriosum post victoriam triumphum nobis facerent, ad civitatem nos invitaverunt ; ibi in corona et maxima a) ibique
AB.
b l fehlt AB. c ) fehlt G.
Brief Kaiser Friedrichs an Otto
85
wegen der langen Abwesenheit der Kaiser unbotmäßig geworden war und im Vertrauen auf ihr Stärke sich heftig aufzulehnen begonnen hatte 12, haben wir, darüber empört, fast alle ihre Festungen nicht von Rittern, sondern von Knechten in ihrer notwendigen und berechtigten 3 Wut zerstören lassen. Die verschlagenen, hochmütigen Mailänder machten uns unglaubwürdige Angebote und versprachen uns eine hohe Geldsumme, um sich unsere Bestätigung ihrer Hoheitsrechte über Corno und Lodi zu erkaufen ; aber sie konnten uns weder durch Bitten noch durch Geld dazu bewegen, sie bogen deshalb, als wir dann 1 0 in ihr Gebiet einrückten, von ihrem mit reichen Vorräten versehenen Land ab und führten uns drei Tage lang durch verödete Gegenden 13• Schließlich aber schlugen wir gegen ihren Willen eine deutsche Meile von Mailand entfernt ein Lager auf. Als wir dort von ihnen den Verkauf von Waren forderten, sie ihn aber uns versagten, ließen wir ihre be13 rühmte Burg Rosate, die eine Besatzung von 500 Rittern hatte, er stürmen und einäschern. Von dort zogen unsere Ritter bis vor die Tore Mailands und verwundeten viele und nahmen viele gefangen. Unter Gefechten, die hier und da zwischen uns und ihnen entstanden, gingen wir dann über den Ticino in Richtung auf Novara, nachdem wir die 20 beiden Brücken, die sie dort selber gebaut und befestigt hatten, er stürmt hatten ; nach dem Übergang unseres ganzen Heeres legten wir sie in Trümmer. Danach zerstörten wir drei ihrer stärksten Festungen , nämlich Torre di Momo, Galliate und Trecate 15, und nachdem wir Weihnachten in größter Fröhlichkeit gefeiert hatten, zogen wir weiter 23 über Vercelli und Turin und überschritten den Po. Darauf zerstörten wir die sehr große und stark befestigte Stadt Chieri und äscherten Asti ein 16. Dann belagerten wir die durch Natur und Kunst stark be festigte Stadt Tortona. Nach drei Tagen eroberten wir die Unterstadt, und wir hätten auch die Burg erstürmt, hätte nicht die Nacht und ein 30 heftiges Unwetter uns behindert. Nach vielen Berennungen, bei denen wir viele Feinde töteten und j ammervolle Zerstörungen anrichteten, aber auch selber nicht geringe Verluste erlitten, ergab sich schließlich die Burg ; wir besetzten sie und befreiten einen griechischen Fürsten, der von dem Markgrafen Malaspina gefangen genommen worden war 1 7 • 3S Nach der Zerstörung Tortonas luden uns die Pavesen in ihre Stadt ein, um uns nach dem Sieg einen glorreichen Triumph zn bereiten. Dort haben wir mit der Krone auf dem Haupt unter gewaltigem Jubel 12
Vgl. Vgl. u Vgl. 1 5 Vgl. 1 6 Vgl. 17 Vgl. 13
li , 1 4 . li, 1 8 .
Cic., In Catil. I , I . li , 1 9 . li, 20. li, 2 1 - 28 .
86
Gesta Frederici, Ep. Frederici
[3/4]
letitia et ingenti servitio civitatis tres dies deduximus 18. Deinde di recto tramite per Lombardiam in al Romaniam et a ) Tusciam euntes Sutrium usque pervenimus. Ibi domnus papa cum tota ecclesia Romana gaudenter nobis occurrit et consecrationem nobis paterne obtulit suaque gravamina, que a Romano populo passus erat, s nobis conquestus est. Sie nos cottidie simul euntes et simul hospitantes dulciaque colloquia miscentes Romam usque per venimus 19. Romani nuntios suos ad nos miserunt et maximam pecuniam pro fidelitate eorum ac servitio, tria quoque a nobis iuramenta exquisierunt. Inde cum domno papa et cardinalibus 10 consilio inito, quia imperium emere noluimus et sacramenta vulgo prestare non debuimus, ut omnes dolos et machinamenta eorum declinaremus 20 , Octaviano cardinale conducente maxima pars militie nostre nocte per portam parvulam iuxta Sanctum Petrum intravit et sie monasterium Sancti Petri preoccupavit 21. 1 5 Mane facto domnus papa cum tota ecclesia a d basilicam sancti Petri nos precessit et ad gradus cum maxima processione nos suscepit, et missa celebrata ad altare apostolorum Petri et Pauli in honore sancte Marie virginis, quia sabbatum erat, bene dictionem corone Romani imperii largiter super caput / nostrum 20 effudit 22• Quo rite factob) etbl peracto, dum omnes nimio Iabore et estu confecti ad tentoria rediremus et cibum caperemus, Romani de ponte Tyberino prosiluerunt et in monasterio sancti Petri, dJ.Iobus servis c) occisis et cardinalibus spoliatis, papam capere intendebant. Nos vero deforis strepitum audientes, 25 armati per muros irruimus et tota die cum Romanis conflictum habentes eorum pene mille occidimus et in Tyberi submersimus et captivos deduximus, donec nox nos et illos diremit 23• Mane facto, quia victualia nobis defecerant, assumpto papa et car dinalibus cum triumpho victorie leti discessimus dl, et omnibus JO castris et munitionibus, que circa Urbem erant, in potestatem nostram deditis, usque Albam venimus et per aliquot dies ibi cum papa morati sumus 24• Inde ivimus Spoletum, et quia a ) fehlt
AB.
b ) fehlt AB.
c) folgt nostris
d) recessimus
AB. AB.
Brief Kaiser Friedrichs an Otto
87
und größter Dienstwilligkeit der Stadt drei Tage verbracht l8• Darauf marschierten wir auf direktem Wege durch die Lombardei, die Roma gna und Tuscien und gelangten bis Sutri. Dort kam uns der Herr Papst mit dem ganzen Römischen Klerus freudig entgegen, bot uns väterlich 5 die Weihe an und beklagte sich über die Unbilden, die er vom Römi schen Volke erduldet hatte . So zogen wir nun täglich zusammen weiter, herbergten zusammen und gelangten unter freundlichen Ge sprächen nach Rom 19. Die Römer schickten ihre Boten an uns und verlangten von uns 1 0 für ihre Treue und Dienstwilligkeit eine große Summe Geldes und dazu noch drei eidliche Versicherungen . Aber wir wollten die Kaiserkrone nicht kaufen und brauchten dem Volke keinen Eid zu leisten 20 ; um nun alle ihre Listen und Machenschaften zunichte zu machen, rückte nach Beratung mit Papst und Kardinälen der größte Teil unseres Heeres 15 unter Führung des Kardinals Octavian in der Nacht durch ein kleines Tor bei St. Peter in Rom ein und besetzte überraschend den Petcrs dom 21. Am nächsten Morgen zog der Herr Papst mit der gesamten Geistlichkeit vor uns zur Basilika des hl. Petrus und geleitete uns in großer Prozession zu den Stufen ; nach der Messe goß er am Altar der 20 Apostel Petrus und Paulus zu Ehren der hl. Jungfrau Maria, weil Samstag war, in reichem Maße den Segen der Krone des römischen Reiches auf unser Haupt aus 22. Als dies dem Brauch gemäß vollzogen war und wir alle von der übergroßen Anstrengung und Hitze erschöpft zu den Zelten zurück25 kehrten und speisten , stürmten die Römer von der Tiberbrücke heran, erschlugen zwei unserer Kriegsknechte, plünderten mehrere Kardinäle aus und wollten den Papst in der St. Petcrskirche gefangennehmen. Als wir aber draußen das Getümmel hörten, stürmten wir bewaffnet durch die Mauer in die Stadt ; wir kämpften den ganzen Tag mit den 30 Römern, fast tausend von ihnen töteten wir oder stürzten sie in den Tiber oder führten sie gefangen ab, bis uns und sie die Nacht trennte 23• Da es uns an Lebensmitteln fehlte, verließen wir am folgenden Morgen froh über den errungenen Sieg zusammen mit dem Papst und den Kardinälen die Stadt, und nachdem alle Burgen und Befestigungen 35 rings um die Stadt in unsere Gewalt übergeben worden waren, ge langten wir nach Albano, und hier verweilten wir mit dem Papst einige Tage 24. Von dort rückten wir vor Spoleto, und da die Stadt rebellisch 1 8 Vgl. II, 29. " Vgl. II, 30. 20 Vgl. II, 30/3 1 . 2 1 Vgl. II, 33. 2 2 Vgl. II, 34. 2 3 Vgl. II, 35. " Vgl . II, 36.
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Gesta Frederici, Ep. Frederici
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rebellis erat et comitem Gwidonem Werram et ceteros nuntios nostros in captivitate tenebant, assultum ad civitatem feci mus. 25Mirabile et inscrutabile 25 iudicium Dei ! A tertia usque ad nonam munitissimam civitatem, que pene centum turres habebat, vi cepimus, igne videlicet et gladio, et infinitis spoliis 5 acceptis, pluribus igne consumptis, funditus eam destruximus 26• Inde euntes versus Anconam Paliologum nobilissimum prin cipem Grecorum et Maroducam socium eius cum ceteris nuntiis Constantinopolitani obvios habuimus. Qui ut in Apuliam iremus et hostem utriusque imperii Guillelmum potentia virtutis 1 0 nostre conterere vellemus, infinitam pecuniam nobis dare spoponderunt 27• Quia vero militia nostra propter multos labores et bella nimis attrita fuit, placuit magis principibus redire quam in Apuliam descendere 28• Sicque nobis redeuntibus et Grecis cum superbia multitudinis sue et copiosa pecunia in Apuliam t 5 euntibus, Paliologus post adeptum Barum et munitionem de structam obiit, et Willelmus congregato exercitu repente in Grecos irruit et paucis captis et ceteris occisis omnem pecuniam absportavit 29• Nos vero cum maxima victoria f a Deo nobis prestita, qualem cum mille octingentis militibus conquisitam 20 prius numquam audivimus, Veronam usque pervenimus. Qua liter illi in precipitio cuiusdam montis nobis insidias posuerint et qualiter a nobis occisi et duodecim suspensi sint, tu audisti 30• Scis etiam in ordine, quam inter fratrem tuum ducem Austrie 31 et ducem Bawarie 32 concordiam fecerimus 33 et quam gloriose 2s Fredericum in Coloniensi archiepiscopatu sublimaverimus 34• Hec pauca paucis comprehensa illustri ingenio tuo dilatanda et multiplicanda porrigimus.
26 -2 6
28 27
28
20
V gl. lob. 5, 9. Vgl. Il, 37. Vgl. Il, 38. Vgl. Il, 39. Vgl. Il, 5 1 .
Brief Kaiser Friedrichs an Otto
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war und sie den Grafen Guido Guerra und unsere übrigen Gesandten gefangen hielten, machten wir einen Sturm auf die Stadt . 25Welch wunderbarer, unerforschlicher 25 Ratschluß Gottes ! Von der dritten bis zur neunten Stunde kämpfend, nahmen wir die stark befestigte s Stadt, die fast hundert Türme hatte, im Sturm mit Feuer und Schwert ; nachdem wir unübersehbare Beute gemacht und noch mehr durch Feuer zerstört hatten , zerstörten wir sie von Grund aus 26• Als wir von dort in Richtung auf Ancona zogen , begegnete uns der hochedle griechische Fürst Paläologus und sein Gefährte (Johannes) to Marodocus mit den übrigen Gesandten des Kaisers von Konstantinopel . Sie boten uns eine unermeßliche Summe Geldes an, wenn wir nach Apulien ziehen und Wilhelm , den Feind beider Reiche, mit unserer Heeresmacht niederwerfen wollten 27• Da aber unser Heer durch die vielen Strapazen und Kämpfe allzusehr erschöpft war, wollten die ts Fürsten lieber heimkehren als nach Apulien hinunterziehen 28• Wäh rend wir also den Rückmarsch antraten , zogen die Griechen in stolzem Vertrauen auf ihre Menge mit ihren reichen Geldmitteln nach Apulien . Aber Paläologus starb nach der Einnahme von Bari und der Zerstö rung seiner Befestigungen, und Wilhelm zog Truppen zusammen und 20 griff die Griechen überraschend an, und, nachdem einige wenige von ihnen gefangen genommen, die übrigen getötet worden waren, er beutete er das ganze Geld 29• Wir aber gelangten nach Verona, nachdem uns Gott einen so gewal tigen Sieg geschenkt hatte, wie er unseres Wissens niemals vorher mit 2s 1800 Rittern errungen worden ist . Wie die Veronesen uns an einem j äh emporragenden Felsen einen Hinterhalt legten und wie sie von uns getötet und zwölf gehängt wurden, hast du schon gehört 30• Auch weißt du bereits, was dann folgte : wie wir zwischen deinem Bruder, dem Herzog von Osterreich 31, und dem Herzog von Bayern 32 Frieden ge30 stütet 33 und wie wir Friedrich ehrenvoll zum Erzbischof von Köln erhoben haben 34. Dieses Wenige, in wenigen Worten zusammengefaßt, übermitteln wir deinem glänzenden Geist zur weiteren und ins Einzelne gehenden Darstellung.
ao Vgl.
II, 4 1/42.
81 Heinrich J asomirgott. u Heinrich
33
Vgl.
•• Vg l .
d. Löwe. II, 57. II, 58.
90
Gesta Frederici, Cap . libri I, 1 - 1 9
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1 . Q ua occasione Hiltibrandus ab imperatore abiectus et Guibertus in loco eius subrogatus sit. 2 . Quod imperator Italiam ingressus Gregorium Urbe fugavit. 3 . Quomodo Robertus Guischardus cum Nortmannis a> Cam paniam et Apuliam occupavit. 4. De rebellione Saxonum. 5. Excursus philosophicus vel potius theologicus. 6. De Saxonibus bello gravi superatis et quod Guelfo dux Noricorum et Rödolfus dux Suevorum rebellare ceperunt. 7 . Quod idem Rödolfus instinctu Gregorii bl rex creatur et 1 0 paulo post in prelio occiditur. 8 . De comite Friderico, quod gener imperatoris factus ducaturn Suevie obtinuit. 9. Quod post genitos sibi filios Fridericum et Conradum diem obiit. 15 1 0 . De uxore eius Agnete, quod Leopaudo marchioni nupserit et quod defuncto imperatore filius eius Heinricus potenter regnum obtinuit. 1 1 . Quomodo apud Barum comitem Reinaldum cepit et 20 abduxit. 1 2 . Quod in nuptiis apud Mogontiam regnum scissum est, et de gestis Frederici ducis . 1 3 . Quomodo Mogontiam obsedit, et quomodo de ipsis et suo archiepiscopo triumphavit. 1 4 . Qualiter idem dux castrum Lindbure ab obsidione liberavit, 2s et de eius coniugio. 15. Ubi imperator Heinricus mortuus et c) sepultus. 1 6. Quod Albertus Moguntinus astu regalia ab imperatrice obtinuit. 1 7 . Lotharius dux Saxonum eligitur, qui mox heredes Heinrici Jo persequitur, et Noricum castrum ab ipso obsidione cingitur. 1 8 . Fredericus et Conradus fugato Lothario oppidum muniunt. 1 9 . Quomodo idem duces Heinricum Noricorum ducem ex Alemannia fugaverunt. a ) Romanis C. b l folgt Saxonibus A ,
a Saxonibus B.
cl
folgt ubi AB.
Die Kapitel des ersten Buches
5
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15
20
25
30
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1 . Aus welchem Grunde Hildebrand vom Kaiser abgesetzt und Wibert zu seinem Nachfolger erhoben wurde. 2. Wie der Kaiser nach Italien zog und Gregor aus Rom vertrieb . 3 . Wie Robert Guiscard mit seinen Normannen Kampanien und Apulien eroberte. 4. Der Aufstand der Sachsen . 5. Philosophischer oder vielmehr theologischer Exkurs. 6 . Unterwerfung der Sachsen in einem schweren Krieg. Empörung des Herzogs Welf von Bayern und des Herzogs Rudolf von Schwaben . 7 . Dieser Rudolf wird auf Betreiben Gregors zum König gewählt und fällt kurz danach im Kampf. 8 . Graf Friedrich wird Schwiegersohn des Kaisers und erhält das Herzogtum Schwaben . 9 . Er stirbt nach der Geburt zweier Söhne, Friedrichs und Konrads. 10. Seine Gemahlin Agnes heiratet den Markgrafen Leopold, und nach dem Tode des Kaisers übernimmt dessen Sohn Heinrich kraft voll die Regierung des Reichs. 1 1 . Wie er bei Bar( -le-Duc) den Grafen Reinald gefangennahm und abführte . 1 2 . Spaltung des Reiches bei der Hochzeit in Mainz und Taten des Herzogs Friedrich. 1 3 . Wie er Mainz belagerte und über die Stadt und ihren Erzbischof siegte. 14. Er befreit die Limburg von der Belagerung. Seine Vermählung. 15. Wo Kaiser Heinrich starb und er bestattet wurde . 1 6 . Adalbert von Mainz erhält von der Kaiserin durch List die Reichsinsignien. 1 7 . Herzog Lotbar von Sachsen wird gewählt ; er verfolgt sogleich die Erben Heinrichs und belagert Nürnberg. 1 8 . Fricdrich und Konrad schlagen Lotbar in die Flucht und befesti gen die Stadt. 19. Die beiden Herzöge vertreiben auch den Herzog Heinrich von Bayern aus Alemannien .
Gesta Frederici, Cap. libri I, 20 - 40
92
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20. Quomodo Fredericus insidias eiusdem ducis evasit. 2 1 . De expeditione Lotharii in Boemiam. 22. Qui principes ibi occubuerint a> , et de secundis nuptiis Frederici . 5 23. Quod mortuo Lothario Conradus rex creatur b> . 24. Quis c) Alberto Maguntino in sede successerit. 25. Qualiter soror Gerdrudis regine sociata est Manuel Gre corum imperatori. 26. Exemplar litterarum tune temporis hinc inde missarum. 27. De Friderico iuniore et de his, que gessit apud Wolfrate- t o husen. 28. Quomodo etiam Bertolfum ducem bello superavit. 29. Quomodo instinctu Arnoldi Romani adversus suum pon tificem concitantur et senatoriam dignitatem instaurare mots liuntur. 3 0 . Epistola Romanorum ad regem . 3 1 . De diversis preliis per expeditionem Hierosolimitanam sopitis. 32. Qualiter castrum regis Ungarie Bosan, quod d> et d) Pres20 burc, captum et requisitum sit, et de Boritio. 33. De situ Ungarie et more gentis. 34. De e> pugna habita inter regem Ungarie et ducem Hein ricum e) . 3 5 . D e- pugna Rogerii Siculi contra Grecos. 36. Quomodo auctoritate sedis apostolice transmarina ex- 25 peditio persuasa est. 3 7 . Epistola pape Eugenii super hac re. 38. Quomodo predicatione Bernardi Clarevallensis abbatis rex Francie cum suis principibus cruces acceperunt. 39. Quomodo ad predicationem cuiusdam Rodolfi orientalis 30 Francia ex magna parte eandem militiam professa est, et de persecutione contra Iudeos. 40. Dehortatio Clarevallensis abbatis ab hac re. a) c)
occubuenmt
0.
b)
folgt et AB.
kein neues Kap. AB. d-d) vel AB. e- e) a. R. v. Karrektor nachgetr. C.
Die Kapitel des ersten Buches
20. 21. 22 .
93
Wie Friedrich den Nachstellungen dieses Herzogs entging. Lothars Kriegszug nach Böhmen . Welche Fürsten dort gefallen sind . Friedrichs zweite Vermäh-
lung .
Nach Lothars Tode wird Konrad zum König gewählt . Der Nachfolger Adalberts von Mainz . Vermählung der Schwester der Königin Gertrud mit dem grie chischen Kaiser Manuel. 26. Abschrift des damaligen Briefwechsels . 27. Friedrich der Jüngere und seine Taten bei Wolfratshausen . 2 8 . Wie er auch den Grafen Berthold im Kriege überwand . 29. Wie die Römer von Arnold gegen ihren Pontifex aufgehetzt werden und die Wiedereinführung der senatorischen Würde betreiben. 30. Ein Brief der Römer an den König. 3 1 . Beilegung der verschiedenen Fehden durch den Zug nach Jeru salem. 32 . Wie die Festung des ungarischen Königs Bosan - auch Preß burg genannt - erobert und zurückgewonnen wurde . Über Boris . 33 . Über die Lage Ungarns und die Lebensweise des Volkes. 34. Die Schlacht zwischen dem Ungarnkönig und dem Herzog Heinrich . 35. Der Feldzug Rogers von Sizilien gegen die Griechen . 36. Empfehlung des Kreuzzugs durch Verfügung des apostolischen Stuhls . 37. Brief Papst Eugens darüber. 38. Wie durch die Predigt des Abtes Bernhard von Clairvaux der französische König und seine Fürsten zur Annahme des Kreuzes ver anlaßt wurden . 39. Wie infolge der Predigt eines gewissen Rudolf das östliche Frankreich 35 sich zu einem großen Teil zu derselben Heerfahrt meldete . Judenverfolgungen . 40. Der Abt von Clairvaux mahnt davon ab .
23. 24. 25.
10
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30
3 0 Vielleicht auch als "Ostfranken" zu übersetzen ; beides ist indessen ungenau. Gemeint ist das linksrheinische Gebiet des Reiches, das im Mittelalter noch viel· fach als "Gallien" bezeichnet wird. - Vgl. unten I, 39.
94
Gesta Frederici, Cap . libri I, 4 1 - 62
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4 1 . Quomodo idem abbas regi Conrado et multis principibus crucem accipere persuasit. 42. De obitu senioris Frederiei dueis. 43. Quod multi de prineipibus et innumerabilis multitudo apud Ratisbonam eruees aeeeperunt, et quod Saxones contra s alios paganos expeditionem professi sunt. 44. Epistola Clarevallensis abbatis super hae re. 45. Quod huius rei oeeasione subito pax ineredibilis faeta est. 46. Quomodo Conradus rex filium suum Heinrieum soeium 10 regni legit et eoronari feeit, et de filio dueis Heinriei. 4 7 . Quod rex Conradus in transmarinam expeditionem pro eineturn movit, subsequente eum rege Franeorum eum suis. 48. Brevis narratio de eventu huius expeditionis. 49. De Gileberto Pietaviensi episcopo, quomodo a suis elericis 1s super doctrina sua pulsatus est. 50. Quomodo abbas Clarevallensis eontra eum inductus est, et de Petro Abailardo . 5 1 . Item de eodem . Epistole pro eius condemnatione hinc inde. 52. De apollogetieo eiusdem Petri, et super quibus capitulis 20 pulsabatur et obitu eius. 53. De studio Gileberti et de quibus impeteretur capitulis. 54. Quibus testibus eonvinci putabatur posse. 55. Subtilis eiusdem responsio. 56. Theologicus excursus. 57. Qualiter causa episcopi usque ad generale concilium 2s dilatum a) est, et de heretieo Per b) Eum b) . 58. D e eondempnatione eiusdem e t d e gestis eoneilii. 59. Quomodo episeopus Gilebertus post eoneilium diseussus est et responsio eiusdem. 60. Quod Gallieani episeopi eonvenientes fidem suam in 3o scripto digesserunt. 6 1 . Quod eardinales Romane ecclesie de hoc indignati sunt, et oratio eorum eontra papam Eugenium . 62. Quomodo tandem hec eontentio tota finem habuerit, et quomodo episcopus Gilebertus evaserit. 3s a) so
B. C.
b -b) proprium nomen v. Korr. übergeschr. C .
Die Kapitel des ersten Buches
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41 . Wie derselbe Abt König Konrad und viele Fürsten veranlaßte , das Kreuz zu nehmen . 42 . Tod Herzog Friedrichs des Älteren . 43 . Wie viele Fürsten und eine unzählige Menge in Regensburg das s Kreuz nahmen , und wie die Sachsen einen Kreuzzug gegen andere Heiden gelobten. 44. Brief des Abtes von Clairvaux darüber. 45. Wie wegen des Kreuzzugs plötzlich ein unglaublicher Friede entstand . 10 46. Wie König Konrad seinen Sohn Heinrich zum Mitherrscher er hob und krönen ließ und über den Sohn des Herzogs Heinrich . 47 . Wie König Konrad zur Heerfahrt über das Meer aufbrach, IS
20
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3S
während ihm der König von Frankreich mit seinen Landsleuten folgte. 48. Kurze Schilderung des Ausgangs dieser Heerfahrt. 49 . Über Bischof Gilbert von Poitiers ; wie e r von seinen Klerikern wegen seiner Lehre verklagt wurde . 50. Wie der Abt von Clairvaux gegen ihn auftrat und über Peter Abälard . 5 1 . Weiter über diesen . Briefe von dieser und j ener Seite über seine Verurteilung. 52 . Die Verteidigungsschrift Peters . Wegen welcher Sätze er an geklagt wurde . Sein Tod. 53 . Gilberts Studiengang und wegen welcher Sätze er angeklagt wurde . 54. Durch welche Zeugnisse man ihn überführen zu können glau bte . 55. Seine scharfsinnige Antwort. 56. Theologischer Exkurs . 57 . Wie die Sache des Bischofs bis zum allgemeinen Konzil über wiesen wurde, und über den Häretiker Per Eum . 58. Dessen Verdammung und die Verhandlungen des Konzils . 59. Verhör Bischof Gilberts nach dem Konzil und seine Antwort . 60. Die französischen Bischöfe legen auf einer Versammlung ihr Glaubensbekenntnis schriftlich nieder . 61 . Empörung der Kardinäle der römischen Kirche darüber und ihre Rede gegenüber Papst Eugen . 62 . Wie endlich dieser ganze Streit beendet wurde , und wie Bischof Gilbert davonkam .
96
Gesta Frederici, Cap . libri I, 63 - 7 1/libri II, 1 - 9
[8 / 9, 99]
63. De exercitu nostro et rege Francorum, ubi in trans marinis applicuerit et quando Hierosolimam venerit. 64. De rege Conrado et de prefato rege Lodewico, qualiter et ubi se invicem viderint. 65. De reditu regis Conradi et quod Fredericum ducem ante s se remisit. 66. Excursus ad excusandum eventum illius expeditionis. 67. Quomodo et quibus epistolis idem rex a papa Eugenio exceptus sit. 68. De obitu Heinrici iunioris regis et Hartliebi Traiectensis to episcopi et Arnaldi Coloniensis episcopi. 69. Conradus ad inferiores partes Reni proficiscitur. 70. Quomodo post auditam causam Traiectensium in Baio ariam ingressus est. ts 7 1 . Quomodo terminatis omnibus diem obiit et ubi sepultus. l . D e electione Frederici ad imperium. 2. Ratio, quare in eum tarn facile consenserit universitas principum. 3 . Quod post acceptam fidelitatem a principibus Aquisgrani consecratur secumque Fredericus Monasterienais episcopus. 20 4. Qui legati ad Urbem et in Italiam destinati sint, et quo rex diverterit. 5. Quomodo litem duorum consanguineorum de regno Datie deciderit. 6. Quomodo controversiam, que in Magdeburgensi ecclesia 2 s orta fuit a>, terminaverit, et quod Ungaris bellum indicere voluerit. 7 . Quod propter litem duorum ducum terminandam apud Herhipolim curiam celebravit et ibidem expeditionem in Italiam Jo iurari fecit. 8. Quod Gerhardus Magdeburgensis prepositus Gwicmannum Rome accusavit, et epistola pape super hoc. 9. Quomodo per duos cardinales assensu principis quidam episcopi depositi sunt, et de duobus ducibus. a)
fuerat AB.
Die Kapitel des zweiten Buches
5
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63. Ü ber unser Heer und den König von Frankreich, wo er in Ü ber see gelandet und wann er nach Jerusalem gekommen ist . 64. Über König Konrad und König Ludwig, wie und wo sie sich trafen . 65. Rückkehr Konrads, nachdem er den Herzog Friedrich voraus geschickt hatte . 66. Exkurs : Rechtfertigung des Ausgangs dieser Heerfahrt . 67 . Wie und mit welchem Brief der König von Papst Eugen empfangen wurde . 6 8 . Tod König Heinrichs des Jüngeren, des Bischofs Hartlieb von Utrecht und des Bischofs Arnald von Köln . 69. Konrad begibt sich in die niederrheinischen Gebiete. 70. Wie er nach Anhören der Utrechter Sache nach Bayern ging. 7 1 . Wie er, nachdem er alles erledigt hatte, starb und beigesetzt wurde . Die Wahl Friedrichs zur Herrschaft im Reich . Der Grund, weshalb sich die Gesamtheit der Fürsten so leicht auf ihn einigte . 3 . Nach der Entgegennahme des Treueids der Fürsten wird er und mit ihm Bischof Friedrich von Münster in Aachen geweiht . 4. Welche Gesandten nach Rom und Italien abgeordnet wurden , und wohin der König ging. 5. Wie er den Streit zweier Verwandten um den dänischen Königs thron entschied. 6. Wie er den Streit , der in der Magdeburger Kirche ausgebrochen war, beendigte, und wie er den Ungarn den Krieg erkl ären wollte. 7. Wie er zur Beilegung des Streites zweier Herzöge einen Hoftag in Würzburg veranstaltete und dort einen Zug nach Italien beschwören ließ . 8. Wie der Propst Gerhard von Magdeburg Wichmann in Rom verklagte, und ein Brief des Papstes darüber. 9 . Wie durch zwei Kardinäle mit Zustimmung des Königs 36 einige Bischöfe abgesetzt wurden, und über die beiden Herzöge .
l. 2.
20
25
30
3 6 Eigentlich "des Fürsten" . Otto verwendet ebenso wie Rahewin in Anleh· nung an den Titel des antiken Kaisers princeps als Bezeichnung für den Herr· scher des mittelalterlichen Imperium, und zwar sowohl vor wie nach der Kaiser krönung.
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Gesta Frederici, Cap . libri II, 1 0 - 34
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10. Quod mortuo Eugenio Anastasius subrogatur et quod cardinalis Gerardus insolenter agere volens prohibitus et in via mortuus est et Gwiemannus in episeopatu eonfirmatus. 1 1 . Quod a) legatos in Greeiam destinaverit. 1 2 . Quod b) Heinrieo Saxonum duei dueatus Baioarie adiu- s dieatur et quod rex in Italiam proeineturn movit. 1 3 . Quomodo apud Ronealias quibusdam episeopis regalia abiudieata sint. 1 4. De situ Italie et more gentis in c) Italia cl . 10 15. De situ et superbia Mediolani . 16. De eonsuetudine et iustitia regni d) . 1 7 . D e diversis querimoniis a d prineipem delatis. 1 8 . Quibus oeeasionibus rex in Mediolauenses arma eonverterit. 1 9 . Quedam eastra Mediolanensium evertuntur, et de Novaria 15 suoque eomite. 2 0 . D e subversione Kayre e t Haste e t d e treuga militum. 2 1 . De Terdona et quare obsessa sit. 22. De cl situ Terdone et eius presidiis. 23. Quomodo obsessa et quomodo inpugnata qualiterve a suis defensata fuerit. 20 24. De invasione euiusdam eastri. 25. De audaeia euiusdam seutiferi . 26. De miserabili eonquestione Terdonensium. 27. Quod multis malis attriti Terdonenses de paee eogitant. 28. De eversione eivitatis. 25 29. Rex apud Papiam triumphum agens eoronatur et inde in Tuseiam iter agit. 30. Rex ad Urbem tendens Romanum pontifieem obvium habuit et de Arnoldo seismatieo. 30 3 1 . De legatis Romanorum et eorum legatione. 32 . Quale responsum a prineipe aceeperint. 33. Qualiter hortatu summi pontifieis Leoninam urbem et eeclesiam saneti Petri prineeps oeeupari feeerit. 34. Quomodo in eadem eeelesia eoronam imperii aeeeperit. a) Quos AB.
c- c ) fehlt AB. De - presidiis
e)
b) kein neues Kap. AB. d ) folgt in Italia AB. fehlt A ; kein neues Kap. B.
Die Kapitel des zweiten Buches
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10. Wie nach Eugens Tode Anastasius zu seinem Nachfolger er hoben wurde, und wie der Kardinal Gerhard, der sich ungebührlich benehmen wollte, daran gehindert wurde und unterwegs starb . Wich mann wird als ( Erz - )bischof bestätigt. s 1 1 . Er schickt Gesandte nach Griechenland . 12. Wie dem Herzog Heinrich von Sachsen das Herzogtum Bayern zugesprochen wurde und der König einen Feldzug gegen Italien unternahm . 13. Wie auf den Ronkalischen Feldern einigen Bischöfen die Rega to Iien aberkannt wurden . 14. Über die geographische Beschaffenheit Italiens und die Lebens art des Volkes in Italien . 15. Über die Lage und den Hochmut Mailands . 16. Über die hergebrachte Rechtsstellung des Königtums . ts 1 7 . Über gewisse Klagen , die dem König hinterbracht wurden . 1 8 . Aus welchen Anlässen der König gegen die Mailänder bewaffnet einschritt. 1 9 . Einige Burgen der Mailänder werden zerstört, und über Novara und seinen Grafen. 20. Über die Zerstörung von Chieri und Asti, und über die Waffenruhe für die Ritter. 2 1 . Über Tortona und warum es belagert wurde . 22 . Über die Lage Tortonas und seine Befestigungen . 23 . Wie es belagert und bestürmt und v on seinen Einwohnern ver25 teidigt wurde . 24. Über die Bestürmung einer Burg. 25. Über die Kühnheit eines Schildknappen . 26. Über die j ammervollen Klagen der Tortonesen . 27. Die von vielen Leiden zermürbten Tortonesen denken an 30 Friedensschluß. 28. Die Zerstörung der Stadt. 29. Der König feiert in Pavia seinen Triumph und wird gekrönt 37 und marschiert von da nach Tuscien . 30. Auf dem Zuge nach Rom trifft er mit dem Papst zusammen, 35 und über den Schismatiker Arnold . 3 1 . Über die Gesandten der Römer und ihre Botschaft. 32 . Welche Antwort sie vom König erhielten . 33. Wie der König auf den Rat des Papstes die Leostadt und die Kirche des heiligen Petrus besetzen ließ . 40 34. Wie er in dieser Kirche die Krone des Reiches empfing. 20
s7 Gemeint ist eine Festkrönung.
1 00
Gesta Frederici, Cap . libri II, 35 - 56
[ 1 0 1 / 1 02]
35. De excursu Romanorum et clade al ac victoria imperatoris. 36. Princeps regressus ab Urbe quo diverterit et quid fecerit. 37. De eversione Spoleti, quare et qualiter. 38. De legatis et muneribus Grecorum, et quos imperator s remiserit. 39. Quomodo exules Apulie terram suam receperint, et quod imperator invitus redire disponit. 40. Quibus viis singuli principum redierunt. 4 1 . De dolo Veronensium ad pontem super Athasam. 42. Item de insidiis eorum in arto montis, et quomodo victi 1 0 et capti. 43. De felici exitu principis in Baioariam. 44. Imperator patruum suum hortatur ad transigendum cum duce Saxonie. 45. Quomodo apud Ratisponam Heinricus in possessionem 1 5 Bawarici ducatus mittitur, e t d e controversia inter Mogontinum archiepiscopum et Hermannum b) palatinum comitem de Rheno. 46. Qualiter ibidem Ratisponensis episcopus in gratiam prin cipis redierit. 4 7. De legatis et excusatione Veronensium ac eorumdem 20 reconciliatione. 48. Qua satisfactione Mogontinus archiepicopus et palatinus comes in pacem redierint. 49. De obitu Arnaldi Coloniensis archiepiscopi et quod prin25 ceps prenominatos duces ad concordiam revocare satagebat. 50. De nuptiis imperatoris, ubi et quare. 5 1 . De legatis a Grecia reversis et quare Grecorum legati ad presentiam imperatoris non admitterentur. 52. Quare expeditionem contra Mediolauenses indixerit et exemplar litterarum de hoc . 30 53. De guerra Papiensium et Mediolanensium. 54. De scismate Coloniensis ecclesie propter electionem Frederici et Gerardi. 55. De morte Boritii et legatis Grecorum . 56. De contentione Coloniensis cleri coram principe. 35 a) e. c. R. B; De clade et excursu R. A .
b l fehlt AB.
Die Kapitel des zweiten
Buches
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3 5 . Ü ber den Angriff und die Niederlage der Römer und den Sieg des Kaisers. 36. Wohin der Kaiser nach seinem Abzug aus Rom ging und was er tat. 37. Warum und wie Spoleto zerstört wurde. 38. Ü ber Gesandte und Geschenke der Griechen, und welche Ge sandten der Kaiser zu ihnen schickte. 39. Wie vertriebene Apulier ihr Land zurückgewannen, der Kaiser sich aber ungern zum Rückmarsch entschließt. 10 40. Auf welchen Wegen die einzelnen Fürsten zurückkehrten. 41 . Ü ber den listigen Anschlag der Veronesen an der Etschbrücke. 42 . Ü ber ihren Ü berfall in der Klause, und wie sie besiegt und gefangengenommen wurden . 4 3 . Ü ber den geglückten Ausmarsch des Kaisers nach Bayern . 44. Der Kaiser rät seinem Oheim zu einem Ü bereinkommen mit 15 dem Herzog von Sachsen . 45. Wie in Regensburg Heinrich wieder in den Besitz des Herzog tums Bayern eingesetzt wird, und über den Streit zwischen dem Mainzer Erzbischof und Hermann, dem Pfalzgrafen bei Rhein. 20 46. Wie dort auch der Bischof von Regensburg die Gnade des Kaisers wiedergewann. 4 7 . Ü ber die Gesandten und die Entschuldigung der Veronesen und ihre Versöhnung. 48. Durch welche Strafe dem Mainzer Erzbischof und dem Pfalz25 grafen wieder Frieden gewährt wurde. 49. Ü ber den Tod des Erzbischofs Arnold von Köln und die Be mühungen des Kaisers, die oben genannten Herzöge zu versöhnen. 50. Wo und warum der Kaiser heiratete. 5 1 . Ü ber die Rückkehr der Gesandten aus Griechenland, und 30 warum die griechischen Gesandten nicht zur Audienz beim Kaiser zugelassen wurden. 52 . Warum er einen Feldzug gegen die Mailänder ankündigte, und sein Brief darüber. 53. Über den Krieg zwischen Pavia und Mailand. 54. Ü ber das Schisma in der Kölner Kirche wegen der Wahl 35 Friedrichs und Gerhards. 55. Ü ber den Tod des Boris und die Gesandten der Griechen. 56. Ü ber den Streit des Kölner Klerus vor dem Kaiser.
1 02
Gesta Frederici, Cap. libri II, 5 7-58/libri III, 1 - 23 [ 1 02 , 1 64/ 1 65]
57. De transactione duorum ducum. 58. De pace facta in Baioaria et decisione litis inter Colonienses. 1 . D e procinctu contra Polanos a) , de situ terre et more illius gentis. 2 . Que causa fuerit illius expeditionis. 3 . Quomodo imperator Polimiam intraverit et quid ibi fecerit. 4. Quomodo dux eorum ad deditionem venerit. 5 . De conditionibus pacis et reditu imperatoris. 6. De indignatione principis adversus Grecorum legatos. 10 7 . De legatis regis Anglie et b) eius b) muneribus. 8. Exemplar litterarum eiusdem. 9. De nuntiis diversarum nationum . 10. De curia apud Bisuntium celebrata et nuntiis Adriani pape. 1s 1 1 . Exemplar litterum eiusdem. 1 2 . Quod imperator talem Iegationern graviter tulerit. 1 3 . Littere per ambitum imperii super hoc directe. 1 4 . De aliis in Burgundia bene gestis. 15. Quod Polani fidem et sacramenta mentiti sunt et de 20 nuntiis regis Ungarie et de fratre eius. 1 6 . Quomodo apud Ratisponam Bolizlaus rex ex duce creatur. 1 7 . Quod Fredericus partes circa Rhenum adiit. 1 8 . Qualiter religiosorum consiliis ad expeditionem contra Mediolanenses se preparavit. 2s 1 9 . Recapitulatio de legatis Romani pontificis et exemplar litterarum Adriani pape. 20. Quid episcopi Alemannie rescripserint. 2 1 . Quod proeineturn movens apud Augustam nuntios Romani pontificis audivit. Jo 22. De legatis principis, quos misit in Italiam . 23. Quomodo ab Italis recepti et quid patraverint. a) folgt et AB. b-b ) eiusdemque A, eiusque B.
Die Kapitel des dritten Buches Über den Vergleich der beiden Herzöge . Über die Wiederherstellung des Friedens Entscheidung im Streit der Kölner.
57 . 58.
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Bayern und die
I . Über den Feldzug gegen die Polen , die Lage ihres Landes und die Lebensweise j enes Volkes . 2 . Der Anlaß zu diesem Zug . 3 . Wie der Kaiser in Polen einrückte und was er dort getan hat . 4. Wie sich ihr Herzog unterwarf. 5. Die Friedensbedingungen und die Rückkehr des Kaisers . 10 6. Die Empörung des Kaisers über die griechischen Gesandten . 7 . Über die Gesandten des Königs von England und seine Ge schenke . 8. Abschrift von dessen Brief . 9. Über die Gesandten verschiedener Völker. 15 1 0 . Über den Reichstag von Besan�ton und die Gesandten Papst Hadrians . l l . Abschrift seines Briefes . 12. Der Kaiser ärgert sich heftig über eine solche Gesandtschaft. 1 3 . Der Brief, der darüber im ganzen Reich verbreitet wurde . 20 14. Über andere Erfolge in Burgund . 15. Die Polen brechen ihren Treueid ; über die Boten des Königs von Ungarn und dessen Bruder . 16. Wie in Regensburg Herzog Bolizlaus zum König erhoben wurde . 1 7 . Besuch Friedrichs im Rheinland . 25 18. Wie er sich auf den Rat frommer Männer zu dem Zug gegen Mailand rüstete . 19. Bericht über die Gesandten des Römischen Bischofs und Ab s chrift eines Briefes Papst Hadrians . 20. Antwort der deutschen Bischöfe . 30 2 1 . Wie er bei Beginn der Heerfahrt in Augsburg Gesandte des Römischen Bischofs anhörte. 22. Über die Gesandten, die der Kaiser nach Italien schickte . 23. Wie sie von den Italienern empfangen wurden und was sie aus richteten . 5
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Gesta Frederici, Cap. libri III, 24 - 49
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24. Qualiter se erga nuntios Romani pontificis habuerint et quid eisdem Romanis in via acciderit. 25. Que verba apportaverint. 26. Excusatorie littere Adriani pape. 5 27. Quod imperator tune Romanis reconciliatus est. 28. De nuntiis regis Datie. 29. Quot et quibus viis exercitus montana transivit. 30. Quomodo Brissienses primo impetu attriti. 3 1 . Quomodo pacem in exercitu princeps iurari fecerit et de 10 legibus pacis. 32. Adhortatio principis post adunatum exercitum. 33. De nuntiis Mediolanensium et inmutatione atque commo tione, que in civitate. 34. Quomodo Fredericus ad obsidionem Mediolani properans 15 Adduam transivit. 35. Quomodo castrum Trecium ab imperatore expugnatum sit. 36. De morte comitis Ekeberti et aliorum. 3 7 . Quod imperator ob hoc iratus et quomodo placatus. 38. Quo ordine et quot legionibus contra civitatem properat. 39. De adventu principis Mediolanum . 20 40. De situ civitatis et moribus civium. 4 1 . De excursu Mediolanensium et quomodo et a quibus excepti seu repulsi. 42. De assultu nostrorum in portam. 43. Item de eruptione Mediolanensium contra ducem Austrie 25 et clade eorum. 44. De temeritate cuiusdam Mediolanensis et probitate comitis Alberi. 45. Quomodo imperator civitatem giraverit. 46. De turre, que vocabatur arcus Romanus. 30 47. De crudelitate Cremonensium et Papiensium contra Mediolanenses. 48. Quod Mediolauenses variis modis attriti suadente Gwidone comite tractant de pace. 49. Oratio eiusdem exhortatoria. 35
Die K apitel des dritten Buches
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24. Wie sie sich gegen die Gesandten des Römischen Bischofs verhielten, und was diesen Römern unterwegs zustie ß . 25. Welche Botschaft sie überbrachten . 26. Entschuldigungsbrief Papst Hadrians . 27. Wie sich der Kaiser damals mit den Römern aussöhnte . 28. Über die Gesandten des dänischen Königs . 29. Auf wie vielen und welchen Wegen das Heer über die Berge zog. 30. Wie die Einwohner von Brescia beim ersten Angriff aufgerieben wurden. 3 1 . Wie der Kaiser im Heer den Frieden beschwören ließ und über die Friedensgesetze. 32 . Ermahnung des Kaisers nach der Vereinigung des Heeres . 33. Über die Gesandten Mailands und über die Veränderung und die Aufregung in der Stadt . 34. Wie Friedrich auf dem Wege zur Belagerung Mailands über die Etsch ging. 35. Wie die Burg Trezzo vom Kaiser erobert wurde . 36. Über den Tod des Grafen Eckbert und anderer. 37. Wie der Kaiser darüber erzürnt war und wie er besänftigt wurde . 38 . In welcher Ordnung und mit wieviel Heerhaufen er gegen die Stadt zog. 39. Über die Ankunft des Kaisers vor Mailand . 40. Über die Lage der Stadt und die Sitten der Bürger . 41 . Über einen Ausfall der Mailänder und wie und von wem sie aufgehalten und zurückgeschlagen wurden . 42 . Über den Sturm unserer Leute auf das Tor. 43 . Über den Ausfall der Mailänder gegen den Herzog von Oster reich und ihre Niederlage . 44. Über die Verwegenheit eines Mailänders und den Heldenmut des Grafen Albert. 45. Wie der Kaiser die Stadt einschloß . 46. Über den Turm , der "Römischer Bogen " hieß . 47. Über die Grausamkeit der Einwohner von Cremona und Pavia gegenüber den Mailändern . 48. Wie die Mailänder, auf mannigfache Weise geschwächt, auf den Rat des Grafen Guido über den Frieden verhandelten. 49. Dessen Mahnrede .
1 06 Gesta Frederici, Cap. libri III, 50 - 59/libri IV, 1 - 1 2 [ 1 6 6 , 229/230]
50. Quomodo Mediolanenses in gratiam sint recepti et de conditionibus pacis . 5 1 . Ubi Mediolanenses ad conspectum principis admissi sint et qualiter recepti . 52. De reconciliatione eorum quanta utrimque letitia. 53. Quod post actum triumphum plures ex principibus Fre dericus redire permisit. 54. Qua de causa Fredericus quosdam Veronensium hostes iudicaverit et de dampno eis illato . 55. De Feraria et eius obsidibus . 56. De edificatione nove Laude et a ) letitia a) . 57. De b> curia apud Roncalias celebranda. 58. De Constantinopolitano imperatore. 59. Quomodo c) insidias suorum evaserit.
CAPITULA LIBRI IJII ti.
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1s
I . Q uod Fredericus ad celebrandam curiam in campestribus Roncalie castra metatus est . 2 . De dispositione tabernaculorum . 3 . Qui principes affuerint et de triduana consultatione. 20 4. Oratio eiusdem exhortatoria. 5. Subsequens favor episcoporum et eorum responsio. 6. Quomodo singulis diocesanis singulos iudices prefecerit. 7 . Quomodo regalia sua ab Italis receperit. 8. Quibus ea denuo habere concesserit . 9. Quod princeps magistratus civitatum ordinare debeat et 2s quod obsides accepit ab omnibus. 10. De legibus ibi promulgatis. l l . De controversia Cremonensium et Placentinorum, item d) de controversia pro Modoicio d) . 1 2 . D e nuntiis in Sardiniam e t Corsicam directis e t d e Ianuen- 30 sibus. a - a) c)
fehlt AB. b) et AB (kein neuea Kap . ) . kein neuea Ka.p. AB. d -d) fehlt A B .
Die Kapitel des vierten Buches
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50. Wie die Mailänder wieder zu Gnaden angenommen wurden und über die Friedensbedingungen . 51 . Wo die Mailänder vor das Angesicht des Kaisers gelassen und wie sie empfangen wurden . 52 . Wie groß auf beiden Seiten die Freude über die Versöhnung war. 53. Wie nach der Siegesfeier Friedrich mehreren Fürsten die Heimkehr erlaubte . 54. Warum Friedrich einige Veronesen zu Feinden erklärte, und über den Schaden , der ihnen zugefügt wurde . 10 55. Über Ferrara und seine Geiseln . 56. Über den Wiederaufbau von Lodi und die Freude darüber. 57 . Über den Reichstag , der zu Roncaglia abgehalten werden sollte . 58. Über den Kaiser von Konstantinopel . 59. Wie er den Nachstellungen der Seinen entging. 15
DIE KAPITEL DES VIERTEN BUCHES
I . Um den Reichstag abzuhalten schlägt Friedrich auf den Ronkalischen Feldern ein Lager auf. 2. Die Anordnung der Zelte . 3 . Welche Fürsten anwesend waren und über die dreitägige Be20 ratung. 4. Seine Mahnrede. 5 . Der darauf folgende Beifall der Bischöfe und deren Antwort. 6. Wie für j eden Sprengel ein Richter bestellt wird . 7 . Wie er die ihm gehörigen Regalien von den Italienern zurück25 empfing. 8. Wem er sie von ncuem bewilligte . 9 . Daß der Kaiser die Beamten der Städte einzusetzen hat und daß er von allen Geiseln empfing. 10. Über die dort verkündeten Gesetze. 30 l l . Über den Streit zwischen den Cremonesen und den Piacen tinern ; desgleichen über den Streit um Monz a . 12. Über die Gesandten , die nach Sardinien und Korsika geschickt wurden und über die Genuesen .
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Gesta Frederici, Cap . libri IV, 1 3 - 3 6
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1 3 . Quod imperator natale Domini apud Albam celebrans nuntios pro colligendo fodro undique direxit et de terra Mehtildis. 1 4. De morte Ottonis episcopi. 1 5 . De conflagratione Frisingensis ecclesie. 16. Que prodigia hanc cladem precesserint et quod Albertus s Ottoni successerit. 1 7 . De exustione Spirensis ecclesie et morte aliorum principum. 1 8 . Quod Romanus pontifex iterum occasiones quesivit adver sus Fredericum . 1 9 . Rescriptum imperatoris ad papam pro confirmatione electi 1 0 Ravennensis a) . 2 0 . Item epistola e t responsum pape a d ipsum. 2 1 . Ita de simultate orta inter principem et urbis Rome epis copum. 22. Epistole de hoc a diversis transmisse. 15 2 3 . Qua occasione Mediolauenses iterum tumultuari ceperunt et ab imperio deficere. 24. De nuntiis Grecorum et regis Francie regisque Anglie, regis quoque Ungarie. 25. Conquestio Frederici de Mediolanensibus. 20 26. Responsio principum et invectiva oratio . 27. Mediolauenses in causa ponuntur, et insipiens eorum responsio . 28. Fredericus denuo transmontanos asscivit. 29. Qualiter se ad futurum bellum preparavit. 25 30. De Insulanis in fedus receptis. 3 1 . Quomodo Placentiam ingressus fuerit. 32. Quomodo exercitum revisit, et de episcopo Babenbergense. 33. Quod ex sententia iudicum Mediolauenses hostes pronuntiantur. 30 34. De legatis Romani pontificis et causa itineris. 35. Responsum principis. 36. Quorum consilio contentio hec decidenda fuerat, et rescrip tum principis de hoc. a) Ravennatensis AB.
Die Kapitel des vierten Buches
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1 3 . Der Kaiser feiert das Geburtsfest des Herrn in Alba und schickt überallhin Gesandte, um das Fadrum einzusammeln ; und über das Land der Mathilde . 14. Über den Tod des Bischofs Otto. 15. Der Brand der FreiBinger Kirche. 16. Welche Vorzeichen diesem Unglück vorangingen ; auf Otto folgt Adalb ert. 1 7 . Der Brand der Speyerer Kirche und vom Tod anderer Fürsten . 1 8 . Der Papst sucht erneut Anlaß zum Streit gegen Friedrich . 19. Antwortschreiben des Kaisers an den Papst betreffs der Be stätigung des Erwählten von Ravenna. 20. Brief und Antwort des Papstes an diesen . 2 1 . Über den Streit, der zwischen dem Kaiser und dem Bischof der Stadt Rom entstand . 22 . Briefe, die von Verschiedenen in dieser Angelegenheit versandt wurden . 23. Aus welchem Anlaß die Mailänder erneut sich zu empören und vom Reich abzufallen begannen . 24. Über die Gesandten der Griechen , des Königs von Frankreich sowie des Königs von England und des Königs von Ungarn. 25. Klage Friedrichs über die Mailänder. 26. Antwort und Schmährede der Fürsten . 27 . Die Mailänder werden vor Gericht gestellt ; ihre törichte Ant wort . 28. Friedrich ruft erneut die j enseits des Gebirges Wohnenden herbei . 2 9 . Wie er sich zum bevorstehenden Kriege rüstete . 30. Vom Bündnis mit den Bewohnern von Isola Comacina . 3 1 . Einzug in Piacenza. 32. Musterung des Heeres und über den Bischof von Bamberg . 33. Auf Grund eines Spruchs der Richter werden die Mailänder zu Feinden erklärt . 34. Über die Gesandten des Papstes und die Ursache ihrer Reise. 35. Die Antwort des Kaisers . 3 6 . Welcher Männer Beschluß diesen Streit hätte entscheiden sollen, und Schreiben des Kaisers hierüber.
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Gesta Frederici, Cap. libri IV, 3 7 - 60
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37. Quomodo Mediolauenses castrum Trecium expugnaverint et funditus destruxerint. 38. Quomodo Fredericus ad vindicandam regni iniuriam animum intendit. 39. Quomodo variis eos modis afflixit. 40. De clade Mediolanensium . 4 1 . Item de eodem. 42. De clade Brixiensium . 43. Quomodo Mediolauenses contra vitam principis cum quodam consilium inierint. 10 44. Quomodo novam Laudam nocte per quosdam incenderint. 45. De insidiis cuiusdam per toxicum. 46. De adventu imperatricis et ducis Baioarie in Italiam, ducis quoque Guelfonis. 1s 47. Hortatu Cremonensium Cremenses hostes iudicantur. 48. Crema obsidione cingitur et quomodo ibidem pugnatum sit. 49. De legatis senatus populique Romani et de his qui ad eos missi . 50. De his que ibidem et circa Urbem patraverint. 5 1 . Quomodo a Mediolanensibus contra principem male pug- 20 natum est. 52. De obitu Adriani pape et scismate Romane ecclesie. 53. Quod imperator in propria persona ad obsidionem Creme venerit et quod diversis modis ibi pugnatum sit. 54. Iterum absente imperatore graviter certatum est. 2s 55. Item de eodem . 56. De pena, quam a) princeps a) in captivos eorum exercuit, et de insania Cremensium. 57. Item de varia illorum miseria et miserabili eorum b) conquestione c) . 30 58. Quomodo Mediolauenses de obsidione cuiusdam castri fu gati sunt. 59. Quod Placentini pro perfidia sua hostes pronuntiati sunt et recapitulatio de scismate Romane ecclesie. 60. Quando hic vel ille consecratus sit et de hoc epistola unius. 3S a-a ) p. q. C .
b ) fehlt B.
c ) c. e.
A.
Die Kapitel des vierten Buches
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37. Wie die Mailänder die Burg Trezzo eroberten und vollständig zerstörten . 38. Friedrich entschließt sich , das Unrecht gegen das Reich zu bestrafen . 39. Wie er sie auf mannigfache Weise schädigte . 40. Niederlage der Mailänder. 41 . Ebenso über den gleichen Gegenstand . 42 . Niederlage der Einwohner von Brescia . 43 . Wie die Mailänder mit j emandem einen Anschlag gegen das 10
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Leben des Kaisers machten . 44. Wie sie nachts durch einige Leute Neu-Lodi in Brand stecken ließen . 45. Giltanschlag eines Mannes . 46. Ankunft der Kaiserin, des Herzogs von Bayern sowie des Her zogs Welf in Italien. 47 . Auf Bitten der Einwohner von Cremona werden die von Crema zu Feinden erklärt. 48. Crema wird eingeschlossen ; wie dort gekämpft wurde . 49. Über eine Gesandtschaft des Senats und Volks von Rom und die Gesandten, die an sie geschickt wurden . 50. Was diese dort und in der Umgebung von Rom vollbrachten . 5 1 . Wie die Mailänder unglücklich gegen den Kaiser kämpften . 52 . Der Tod Papst Hadrians und über das Schisma der römischen Kirche . 53 . Der Kaiser kommt persönlich zur Belagerung von Crema, und es wird dort auf mancherlei Art gekämpft . 54. Schwere Kämpfe in Abwesenheit des Kaisers . 55. Desgleichen über denselben Gegenstand . 56. Über die Strafe , die der Kaiser über deren Gefangene verhängte , und über den Wahnsinn der Cremasken . 57 . Ihr mannigfaches Elend und ihre j ammervolle Klage darüber. 58. Wie die Mailänder von einer Burg, die sie belagerten , verjagt wurden . 59 . Die Einwohner von Piacenza werden wegen ihrer Treulosigkeit zu Feinden erklärt ; Bericht über das Schisma in der Römischen Kirche . 60. Wann dieser und j ener geweiht wurde und Brief des einen von ihnen über diese Angelegenheit.
Gesta Frederici, Cap . libri IV, 6 1 - 87
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6 1 . Item epistola alterius pro sua parte. 62. Epistola cardinalium unius partis . 63. Item epistola cardinalium alterius partis . 64. Quod pro terminando scismate princeps ad se utrasque pars tes invitat. 65. Epistola imperatoris de hoc. 66. Item epistola eiusdem ad transmontanos episcopos. 67. De calliditate Cremensium contra nostros. 68. Item de expugnatione Creme per machinas. 10 69. De ultimo et atrocissimo certamine ibidem patrato. 70. Quod imperator propter excidium Creme concilii diem prolongavit et quorum consilio Cremenses de pace tractant. 7 1 . Exhortatio Aquilegensis patriarche et responsio Cremensium. 1s 72. De conditionibus pacis et triumpho principis. 7 3 . Epistola imperatoris de victa Crema. 74. De concilio apud Papiam et exhortatione principis ad episcopos . 75. Quod concilium pro Victoris parte sententiam dedit. 76. Epistola canonicorum Sancti Petri Rome pro parte Vic- 20 toris. 77. Item actio concilii verbis simplicibus composita. 7 8 . Quod Fredericus ratihabitione confirmavit electionem Victoris eumque intronizavit. 2s 79. Epistola imperatoris directa super his . 80. Epistola presidentium concilio . 8 1 . Epistola Babinbergensis episcopi . 82. Item epistola cuiusdam religiosi viri . 83. De archiepiscopo Iuvavense, quare tarn crebras litteras m ��. 84. De legatis in Greciam destinatis. 85. Quod imperator iterum principes redire permisit. 86. De forma et moribus Frederici et eius a) variis edificiis. 8 7 . Finis b> libri b> . a)
fehlt AB.
b- b l fehlt AB.
Die Kapitel des vierten Buches
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Brief des anderen z u seinen Gunsten . Brief der Kardinäle der einen Partei . Brief der Kardinäle der anderen Partei. Der Kaiser lädt beide Parteien ein , um das Schisma zu beenden . Brief des Kaisers darüber. Sein Brief an die Bischöfe j enseits der Alpen . Über die Verschlagenheit der Cremasken gegen unsere Leute . Eroberung Cremas durch Maschinen . Über den letzten und hartnäckigsten Kampf, der dort ausgefochten wurde . 70. Wegen der Zerstörung Cremas verschiebt der Kaiser den Kon zilstermin ; auf wessen Rat die Cremasken über den Frieden verhan deln . 7 1 . Ermahnung des Patriarchen von Aquilej a und Antwort der Cremasken . 72. Über die Friedensbedingungen und den Triumph des Kaisers . 7 3 . Brief des Kaisers über den Sieg zu Crema . 74. Das Konzil von Pavia und die Mahnung des Kaisers an die Bischöfe . 7 5 . Das Konzil entscheidet sich für Viktor. 76. Brief der Kanoniker von St. Peter in Rom für Viktor. 77 . Der Beschluß des Konzils in schlichten Worten . 7 8 . Friedrich bestätigt die Wahl Viktors und inthronisiert ihn . 7 9 . Brief des Kaisers darüber . 80. Brief der Vorsitzenden des Konzils . 8 1 . Brief des Bischofs von Bamberg . 82. Brief eines frommen Mannes . 83 . Über den Erzbischof von Salzburg ; weshalb er so viele Briefe erhielt. 84. Über die Gesandten, die nach Griechenland geschickt wurden . 85. Der Kaiser erlaubt den Fürsten wiederum die Heimkehr. 86. Über das .Äußere und den Charakter des Kaisers und seine ver schiedenen Bauten . 8 7 . Schluß des Buches .
61. 62 . 63. 64. 65. 66. 67 . 68. 69 .
PROLOGUS OPERIS SEQUENTIS
Ü MNIUM qui ante nos res gestas scripserunt hec, ut arbi tror, fuit intentio virorurn fortiurn clara facta a) ob rnovendos horninurn ad virtutern anirnos extollere, ignavorurn vero obscura facta vel silentio subprirnere vel, si ad lucern trahantur, ad ter- s rendas eorumdem mortalium mentes promendo ponere. Unde hoc tempore scribentes quodammodo iudico beatos, dum post turbu lentiam preteritorurn 1 non solurn pacis inaudita reluxit serenitas, sed et ob victoriosissimi principis virtutes tanta Romani irnperii pollet auctoritas, ut et sub eius principatu gens vivens humiliter 10 silendo conquiescat, et barbarus quique vel Grecus, extra ter minos ipsius positus, auctoritatis eius pondere pressus contre miscat. Fateor, durn ante aliquot annos priorern historiarn ter minassem 2, spiritusque peregrini Dei ad surnenda contra gentes que orientem inhabitant arrna f totarn pene Hesperiarn afflasset, 1 5 pro pacis iocunditate, que orbi momentanee tune arriserat 3 , stilurn vertere cogitaram, iarnque scribere ceperarn, sed, quo instinctu nescio, tamquam animo futura presagiente finemque inspiciente ceptum :proieci opus. Sie tamquam a nolente seu nesciente pre senti tempori propositi implendi negotium reservaturn fuisse 20 estimo, dum firma quies - si tarnen rebus caducis aliqua fides adhibenda est - sub strennuissirno principe in Romano orbe expectatur. Quod autem dixi illo in tempore spiritu peregrini Dei occiden tales populos afflatos, nerno sie intelligat, acsi quisquarn a nobis 25 peregrinus Deus putetur, sed ab illo scripto, quod illis in diebus in multis Gallie locis lectitabatur 4, nos hoc dieturn rnutuasse sciat, quod tale b) fuit : Tibi dico L pastor corporurn prirno a ) facinora AB.
b) v. 1
2. Hd. nachgetragen.
Vgl. Chronica S. 2. s Vgl. Chronica S. XII ff.
VORWORT ZUM FOLGENDEN WERK
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2s
30
Die Absicht aller, die vor uns Geschichte geschrieben haben, war es, so meine ich, die glänzenden Taten tapferer Männer zu preisen, um die Menschen zur Tatkraft anzuspornen, die verborgenen Randlungen der Feiglinge dagegen entweder zu verschweigen, oder, wenn sie ans Licht gezogen werden, nur zu erwähnen , um die gleichen Sterb lichen abzuschrecken . Daher halte ich die Geschichtsschreiber unserer Zeit in gewisser Weise für glücklich , denn nach den Stürmen der Vergangenheit 1 strahlt nicht nur wieder der unerhört wolkenlose Himmel des Friedens, sondern es ist auch das Ansehen des römischen Reiches dank der Tüchtigkeit des überall siegreichen Kaisers so ge stärkt, daß unter seinem Principat das lebende Geschlecht sich in demütigem Schweigen ruhig verhält und alle außerhalb der Grenzen des Reichs wohnenden Barbaren und Griechen, durch das Gewicht seines Ansehens niedergehalten, in Furcht verharren. Ich gestehe : als ich vor einigen Jahren mein voriges Geschichtswerk beendet 2 und der Anhauch des Pilgergottes fast das ganze Abendland zur Er greifung der Waffen gegen die Völker des Orients begeistert hatte, da hatte ich in Anbetracht des süßen Friedens, der damals vorübergehend der Welt lächelte 3, die Absicht, mein Werk umzuschreiben, und ich hatte damit schon angefangen ; aber dann warf ich das be gonnene Werk doch wieder hin , denn ich sah, ich weiß nicht durch welche Eingebung, im Geist die Zukunft voraus und schaute das Ende . So ist also , wie ich glaube , gewissermaßen ohne meinen Willen und ohne mein Wissen die Ausführung des Vorsatzes der Gegenwart vorbehalten worden, in der man unter einem höchst kraftvollen Fürsten, soweit man vergänglichen Zuständen überhaupt trauen kann, im römischen Reich beständigen Frieden erwarten darf. Wenn ich gesagt habe , damals seien die Völker des Westens vom Atem des "Pilgergottes" angehaucht worden, so möge das niemand so verstehen, als ob wir irgendeinen Pilger für Gott hielten, man nehme vielmehr zur Kenntnis, daß wir diesen Ausdruck j ener Schrift ent lehnt haben , die damals an zahlreichen Orten Galliens viel gelesen wurde ' ; darin hieß es : "Ich sage dir, L, Hirt der Leiber aus dem a Vgl. unten
I, 45.
' Das Schreiben ist so auch im Clm . kürzter Form auch im Clm. Bibl. rer. Germ .
l , 64. (W).
95 1 6
5254
überliefert, in etwas anderer, ge
und in den Annalen von Korvey ; vgl. Jaffe ,
116
Gesta Frederici, Prologus
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elemento materie tue silve, quem inspiravit spiritus diei peregrini Dei. In cuius scripture tenore quodam verbarum involucro de expugnationc regie urbis 5 necnon et antique Babylouis et ad instar Cyri regis Persarum vel Herculis totius orientis triumphus prefato Lodewico Franeorum regi promittebatur. Unde talia s ibidem dicta reperta sunt : Cum perveneris ad costam tetragoni sedentis eterni et ad costam 6 tetragonorum stantium eternorum et ad multiplicationem beati numeri per actualem primum cu bum, surge ad eam 7, quam promisit angelus vel filius matris tue visitare et non visitavit8, et pertinges de ea usque ad penultimum, 10 primum cuius cum ascenderit promissor, deficit promissio propter optimam mercem9, et figantur vexilla tua rosea usque ad extre mos Iabores Herculis 10 , et aperietur tibi porta civitatis B 11• Nam erexit te sponsus 12 arthemonem, barcha cuius pene cecidit 13, in capite cuius triangulare velum, ut sequatur te qui precessit te. 1 5 Tuum ergo L vertetur i n C 14, qui dispersit aquas fluminis, donec pertransirent illud qui a> 1 student in procuratione filiorum 15. Quod scripturn tante auctoritatis a probatissimis et religiosissimis Galliarum personis tune putabatur, ut a quibusdam in Sibillinis libris 16 repertum, ab aliis cuidam Armenio divinitus revelatum 20 affirmaretur. Sed quisquis fuit ille propheta seu trotannus , qui hoc promulgavit, videat, si in futura adhuc aliqua expeditione implen dum expectetur, aut tamquam iam non impletum conculcandum Gallicane levitati, quod fidem aliquam habere potuit, imputetur ; hoc tantum sciens, quod non sine rationis proportione spiritus 2s
a ) v. Korrektor 6
nachgetragen
C.
Konstantinopel, im vorliegenden Werk auch sonst mehrfach als "urbs regia" bezeichnet ; vgl. Register s. v. Constantinopolis. Vgl. auch B. Töpfer, Das kommende Reich des Friedens, 1 964, S. 1 9 . 8 costa = eigentlich Rippe, dann eine durch Rippen verstärkte Wand ; hier vielleicht auch Küste, altfrz. coste. 7 Gemeint ist Jerusalem. Die verschlüsselte Ausdrucksweise lehnt sich offenbar an Apoc . 2 1 , 15 ff. an. 8 Andere Lesart (vgl. Giesebrecht, GDK. 4,504) : quam promisit filius matris tuae visitare et non visitavit. G emeint ist Ludwigs VII. von Frankreich Bruder Philipp, der ein Kreuzzugsgelübde abgelegt hatte, aber vor dessen Erfüllung gestorben war. - Vgl. auch unten I, 35. (S). 9 Kohl : "wegen des besten Lohnes", wahrscheinlich in Anlehnung an die Lesart mercedem in A ; aber offensichtlich liegt hier eine Erinnerung an Apoc. 1 8, l l ff. vor. (S).
Prolog Ottos
117
Urstoff des Holzes deines Waldes, den der Geist des Tages des Pilger gottes angehaucht hat . " In dieser Schrift wurde dem genannten König Ludwig von Frankreich mit verhüllten Worten die Eroberung der Königsstadt 5 sowie des antiken Babyion prophezeit, ferner der 5 Sieg über den ganzen Orient, vergleichbar dem des Perserkönigs Kyros oder des Herkules . Darin finden sich folgende Sätze : "Wenn du gelangt sein wirst zur Wand des ewig sitzenden Vierecks und zur Wand 6 der ewig stehenden Vierecke und zur Vervielfachung der heiligen Zahl durch den wirksamen ersten Würfel, dann mache dich 1 0 auf zu der Stadt 7, die zu besuchen deiner Mutter Engel und Sohn versprach8, die er aber nicht besucht hat, und du wirst von da bis zum Vorletzten gelangen ; sobald dessen Verheißer dort hinauf steigt, trifft die Voraussagung hinsichtlich der besten Ware nicht ein9, und es sollen deine rosenroten Feldzeichen aufgepflanzt werden bis 15 zu den entferntesten Stätten der Arbeiten des Herkules 10, und es wird sich dir das Tor der Stadt B 11 öffnen. Denn es hat dich der Bräutigam 12 aufgerichtet als Bramsegel, dessen Barke beinahe unter gegangen wäre 13, an deren Spitze das dreieckige Segel sich bläht, damit der dir folge, der dir vorausging. So wird also dein L verwan20 delt werden in C 14, der die Wasser des Stromes zerteilt hat, bis die ihn überschritten hatten, die sich um die Vorsorge für die Söhne bemühen 15. " Diese Prophezeiung wurde damals von den bewährtesten und frömmsten Persönlichkeiten Frankreichs für so zuverlässig gehalten, 25 daß manche versicherten, sie sei in den sibyllinischen Orakeln ge funden worden 16, andere, sie sei einem Armenier durch göttliche Ein gebung offenbart worden. Doch wer auch immer dieser Prophet oder Schwindler gewesen ist, der sie verbreitet hat : er möge zusehen, ob man erwarten soll, daß sie sich bei einem künftigen Zug noch er30 fülle, oder ob man sie als bisher nicht erfüllt mit Verachtung strafen und, weil sie ja einigermaßen glaubwürdig erschien, der gallischen Leichtgläubigkeit zurechnen soll ; so viel j edenfalls weiß ich : der Geist, der fast alle Abendländer zur Pilgerschaft trieb, ist nicht ohne 10 Vielleicht Anspielung auf die Befreiung des Prometheus im Kaukasus und die Erwerbung des Gürtels der Amazonenkönigin im östlichen Kleinasien ; offensichtlich ist aber der Ost- und Nordostrand der damaligen Welt gemeint. n Babylon. 1 2 D. i. Christus. 1 3 Anspielung auf die Gefährdung des Hl. Landes. 1 4 D. i. Kyros, Anspielung auf die Rolle des Kyros im AT. , der den Juden die Rückkehr nach Jerusalem ermöglichte ; vgl. 2. Par. 26, 22 f. ; Esr. l , 1 - 4. 1 5 Die Häupter der Familien Juda und Benj amin, vgl. Esr. 1 , 5. 1 6 E . Sackur, Sibyllinische Texte und Forschungen, 1 898.
1 18
Gesta Frederici, Prologus
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ille omnes pene oeeidentales in peregrinationem mittens spiritus peregrini Dei tarn a nobis quam ab illo voeatus est. Sieut enim iuxta quorumdam in logiea natorum positionem 17, eum non formarum, sed subsistentium proprium sit predieari seu deelarari, genera tarnen et speeies predicamento transumpto ad eausam s predieari dieuntur 18, vel, ut eommuniori utar exemplo, sieut albedo elara, mors 19 pallida 19, eo quod elaritatis altera, palloris altera eausa, sie appellatur, utque dieitur : Eurus fundit aquas, sie et eausam dieti eonsiderantes spiritum peregrini Dei dieimus, qui, ut tot et tanti propter Deum peregrinandi habitum assu- 10 merent, eausa fuit. Cum igitur rebus in melius mutatis post 20 tempus flendi tem pus ridendi 20 , post 20 tempus belli tempus paeis 20 modo advenerit, indignum ratus sum, augustorum clarissime Frideriee, eeterorum regum seu imperatorum gestis enumeratis tua silentio subpri- 1 5 mere, immo, ut verins dieam, dignissimum putavi priorum vir tutibus tuas sieut auro gemmam superponere. Inter omnes enim Rarnanorum principes tibi pene soli hoe reservatum est privile gium, ut, quamvis a prima adolescentia bellieis desudasse eog nosearis offieiis, obseenum tibi nondum vultum fortuna ver- 20 terit. Sie etiam temperans in prosperis, fortis in adversis, iustus in iudieiis, prudens et aeutus in eausis esse eognoseeris, ut non solum ex eonvietu hee teeum eoaluisse, sed tamquam divinitus 21 inspirata 21 et a Deo tibi f ob universale totius orbis emolumen tum eoneessa videantur. Hane ergo tue nobilitati offero historiam. 25 ab omnium bonorum datore Deo postulans et petens, ut tuo bono prineipio melior finis apponatur 22. Sed antequam tuorum gestorum seriem attingam, de avo, patre patruoque tuo quedam summatim prelibare eogitavi, ut, sie quasi quodam filo narrationis deseendens, per elara elariora, Jo que de tua persona dieenda fuerint, appareant. Si qua vero ex aliis regnis eeelesiastiee seeularisve persone gesta ineidenter inter serta fuerint, ab huius negotii materia aliena non putabuntur, 1 1 z . B. Boethius. 1 8 Vgl. Gilbertus Porretanus,
Commentarium in Boethii librum de Trinitate, Expositio in Boethii libros De trinitate ; Prantl, Geschichte der Logik 2, Darm stadt 1 955, 229. ( S ) .
Prolog Ottos
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berechtigte Analogie von uns wie von j enem "Geist des Pilgergottes" genannt worden. Denn nach der Lehre einiger bekannter Logiker 17 sind nicht die Formen, sondern das konkret Existierende Gegenstand der Aussage im Prädikat, während die Gattungs- und Artbegriffe 5 im Hinblick auf die in ihnen beruhende Ursächlichkeit von den Dingen prädiziert werden 18 , oder, um ein gemeinverständliches Bei spiel anzuführen : Die Weiße wird hell , der Tod 19 bleich 19 genannt, weil damit die Ursache der Helligkeit bzw. der Bleichheit bezeichnet wird, und wie man sagt : "Der Eurus schüttet Regen aus " , so sprechen 10 wir auch im Hinblick auf die Ursache dieser Wortbildung vom Geist des Pilgergottes, weil er die Ursache dafür war, daß so viele und so hochgestellte Menschen um Gottes willen das Pilgergewand angelegt haben. Da sich also j etzt die Zustände zum Besseren gewendet haben und 15 auf die 20Zeit des Weinens die Zeit des Lachens 20, auf 20 die Zeit des Krieges die Zeit des Friedens 20 gefolgt ist, hielt ich es für ungezie mend, erhabenster Kaiser Friedrich, nachdem ich über die Taten der anderen Könige und Kaiser berichtet habe, die deinen mit Still schweigen zu übergehen, ja, um es richtiger auszudrücken : ich hielt 20 es für unbedingt angebracht, deine Tugenden noch über die der Früheren zu stellen wie den Edelstein über das Gold. Denn unter allen römischen Kaisern ist beinahe dir allein das Vorrecht gewährt wor den, daß sich dir, obwohl du dich ja bekanntlich von frühester Jugend an mit kriegerischen Pflichten abgemüht hast, die Miene des Glücks 2 5 noch nicht verfinstert hat. Man kennt dich auch als so maßvoll im Glück, so tapfer in Widrigkeiten , so gerecht im Gericht, so klug und scharfsinnig in Streitfragen , daß sich alle diese Eigenschaften er sichtlich nicht nur durch das beständige Miteinander in dir vereinigt haben, sondern dir durch 21 göttliche Fügung eingegeben 21 und von 30 Gott zum gemeinen Nutzen des gesamten Erdkreises verliehen wor den sind. So bringe ich also deiner Hoheit dieses Geschichtswerk dar und bitte Gott, den Spender alles Guten, inständig, daß deinem 22guten Anfang ein noch besseres Ende angefügt werden möge 22• Aber bevor ich die Reihe deiner Taten schildere, gedenke ich, über 35 deinen Großvater, deinen Vater und deinen Oheim einiges im Ü ber blick vorauszuschicken und so wie an einem Faden die Erzählung herabzuführen, damit das, was über deine Person zu sagen sein wird, durch den Glanz ihrer Taten noch glänzender erscheine. Wenn aber gelegentlich Taten einer kirchlichen oder weltlichen Persönlichkeit aus 40 anderen Ländern eingestreut sind, so wird man das nicht als unserem 10-10
=
20-2 0
=
Horat. , Carm . I, 4, 1 3 . Eccles. 3, 4. 8. n-u 2. Tim. 3, 1 6 . 22-22 Vgl. Ovid. , Met. VII, 5 1 8 ; unten I, 22 ; IV, 22. =
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Gesta Frederici, Prologus
[ 1 2]
dum omnium regnorum vel gentium ad Romane rei publice statum tamquam ad fontem recurrat narratio. Nec, si a plana historica dictione ad evagandum opportunitate nacta ad altiora velut philosophica acumina attollatur oratio, preter rem eius modi estimabuntur, dum et id ipsum Romani imperii prerogative non sit extraneum rebus simplicioribus altiora interponere. Nam et Lucanus, Virgilius ceterique Urbis scriptores non solum res gestas, sed etiam fabulosas, sive more pastorum vel colonum a) summissius vel principum dominorumque orbis altius narrando, stilum tarnen frequenter ad intima quedam philosophie secreta attingenda sustulerunt. Sie enim non solum hi, quibus rerum gestarum audiendi seriem inest voluptas, sed et illi, quos ratio num amplius delectat subtilitatis sublimitas, ad eiusmodi legenda seu cognoscenda trahuntur. Ac proposite historie Deo auctore tale sumatur exordium.
a)
so
alle HBB.
5
10
15
Prolog Ottos
121
Thema fremd empfinden, d a die Berichterstattung über alle Länder und Völker zu den Zuständen im römischen Reich zurückläuft wie zu ihren Quellen. Und wenn sich gelegentlich einer Abschweifung der Stil von der schlichten historischen Ausdrucksweise zu höheren, ge5 wissermaßen philosophischen Gipfeln erhebt, so wird man auch das nicht als unpassend für eine solche Darstellung ansehen, da es ja auch den Vorrang des römischen Reiches nicht beeinträchtigt, wenn man zwischen einfache Vorgänge Erhabeneres einschaltet. Denn auch Lu kan, Vergil und die übrigen römischen Schriftsteller haben zwar nicht 1 0 nur geschichtliche, sondern auch sagenhafte Ereignisse in der schlich ten Sprache der Hirten oder Bauern, die Taten der Fürsten und Herren der Welt aber in höherer Sprache erzählt, und sie haben auch oft Er örterungen eingeschoben, in denen sie an tiefste Geheimnisse der Philosophie rührten. Dadurch werden nicht nur die, denen es Freude 1 5 macht, den Gang der geschichtlichen Ereignisse zu hören, sondern auch diejenigen, denen die Erhabenheit scharfsinniger Gedankengänge höheres Entzücken bereitet, angelockt, derartiges zu lesen und kennen zulernen. Nun möge mit Gottes Hilfe die beabsichtigte Geschichtsdarstellung 20 folgendermaßen beginnen.
LIBER PRIMUS INCIPIT HABENS INITIU�P l AB IMPERATORE HEINRICO III0• FINIENS IN OBITU CONRADI REGIS lli. 1 . CuM SUB IMPERATORE Heinrieo, qui inter reges quar tus, inter imperatores tertius huius nominis in f venitur, im- s perium gravissime seissum fuisset parteque maxima optimaturn prineipi suo rebellante tota pene regni latitudo ferro, flamma fedaretur, Gregorius septimus, qui tune urbis Rome pontifieatum tenebat, eundem imperatorem tamquam a suis destitutum ana thematis gladio feriendum deerevit. Cuius rei novitatem eo vehe- 10 mentius indignatione motum suseepit imperium, quo numquam ante hee tempora huiusmodi sententiam in prineipem Romano rum promulgatam eognoverat l . Eapropter pluribus ex Italia, Gallia, Germania aput Baioarie eivitatem Brixinoram, in ipso Pyreneo 2 haut proeul a valle Tridentina sitam, eoadunatis epi- t s seopis prineeps euriam magnam eelebravit 3. Ubi omnibus ad venientibus iniurias sibi a Romana eeelesia irrogatas affeetuose eonqueritur, quod videlieet ipso ineonsulto, qui tamquam rex et patrieius primus in eleetione sue urbis episeopi esse deberet 4, Romani sibi pontifieem prefeeissent, euro a patre suo imperatore 20 plures ibidem quasi sine eleetione intronizati fuerint. Hae querimonia omnium animi eo faeilius eontra Romanam eeelesiam inelinari poterant, quo et laiei seeularis honoris eonsideratione aeeensi et episeopi eonsilio elerieorum suorum, quibus reeenter eonubia ab eodem pontifiee inhibita fuerant, inflammati voluntati 2s prineipis aeeedebant. His b) igitur aeclamantibus prefata eleetio ab eis eassanda iudieatur, Guibertusque Ravennatensium arehiepiseo pus, Clemens c) voeatus, assensu prineipis Urbis episcopus ereatur,
a ) H. i. doppelt C.
b ) Cunctis AB. c) 1
2
folgt vel potius Demens AB.
Im Jahre 1076 ; vgl. Chronica VI, 35. Pyrenäen öfter bei Otto für Alpen ; vgl. Chronica II, 36.
ES BEGINNT DAS ERSTE BUCH Ä ES F NGT MIT KAISER HEINRICH 111. AN UND ENDET MIT DEM TOD K ÖNIG KONRADS II. 1 . Als unter Kaiser Heinrich - unter den Königen der vierte, unter den Kaisern der dritte dieses Namens - das Reich aufs schlimm ste zerspalten war und infolge der Auflehnung des größten Teils der Großen gegen ihren Fürsten das Reich fast in seiner ganzen Ausdeh� nung durch Feuer und Schwert verwüstet wurde, entschloß sich Gregor VII. , der damals den Bischofsstuhl der Stadt Rom innehatte, 1 0 den Kaiser als von den Seinen im Stich gelassen mit dem Schwert des Kirchenbannes zu schlagen . Dieses ungewöhnliche Vorgehen erregte im Reich um so heftigere Empörung, als man wußte, daß niemals bis her ein solcher Spruch gegen einen römischen Kaiser verkündet worden war 1 . Deshalb versammelten sich viele Bischöfe aus Italien, 1 5 Gallien und Deutschland in der bayerischen Stadt Brixen, die in den Alpen 2 nicht weit vom Tridentiner Tale liegt, und hier hielt der König eine große Synode ab 3. Er beklagte sich allen Erschienenen gegenüber leidenschaftlich über das ihm von der Römischen Kirche angetane Unrecht, daß nämlich die Römer sich einen Papst gewählt hätten, ohne 20 ihn, dem als König und Patricius bei der Wahl des Bischofs seiner Stadt die erste Stimme gebühre, zu befragen , während von seinem Vater, dem Kaiser, dort mehrere Päpste gewissermaßen ohne Wahl eingesetzt worden seien 4• Durch diese Klagen vermochte er alle um so leichter gegen die Römische Kirche aufzubringen, als die Laienfürsten 25 im Hinblick auf die weltliche Ehre verärgert und die Bischöfe von ihren Klerikern aufgestachelt waren, weil ihnen der Papst neuerdings die Ehe verboten hatte ; daher stimmten sie den Absichten des Kö nigs zu. Unter allgemeinem Beilall wurde die oben erwähnte Wahl von ihnen für ungültig erklärt, der Erzbischof Wibert von Ravenna wurde 30 als Klemens (111. ) mit Zustimmung des Königs zum Römischen s
3 Die Synode von Brixen fand im Jahre 1 0 80 nach der zweiten Bannung Heinrichs IV. durch Gregor VII. statt. Otto bringt hier die erste und die zweite Exkommunikation durcheinander. - Mit den Bischöfen aus Gallien dürften die Bischöfe von Lausanne und Utrecht gemeint sein . Vgl. Quellen zur G eschichte Heinrichs IV. , S. 482 Anhang C . • Davon steht nichts im Dekret der Synode von Brixen, wohl aber i n dem Brief Heinrichs IV. vom Jahre 1 0 7 6 . Vgl. Quellen zur Gesch . Heinrichs IV., S . 62 ff. n. 1 1 .
1 24
Gesta Frederici I, 1 - 3
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Gregoriusque VII ab ipsis pseudomonachus vel nicromanticus appellatus exsufflatur 6• Unde communi consilio prenominato pontifici scripturn conviciis et detractionibus plenum dirigere presumpserunt, inter cetera dicentes 6 : Sicut f hactenus solebas dicere, quod nullus nostrum esset episcopus, ita scias, quod nulli 5 nostrum deinceps eris apostolicus . 2 . Post hec princeps militem copiosum colligens Italiam ingre ditur 7, ad Urbemque usque progressus, Romani populi favore pulso Gregorio , Guibertum ibidem ponens imperatoris et augustia> nomen sortitur8• Venerabilis autem sacerdos persecutionem fugiens 1 0 ad tutiora montana Tuscie in terram comitisse Matheldis9, que imperatoris consanguinea fuit l0 , se contulit ibique per aliquot dies manens sententiamque anathematis renovans epistolis, que mul tis in locis habentur, principes regni adversus imperatorem suum concitavit. Deinde Campaniam seu Apuliam ingrediens in muni- 1 5 cipia b) Nortmannorum 1 1 , qui nuper Roberto Guiscardo duce provincias illas, indigenis necatis vel eiectis seu servituti subactis, irruperant, se recepit ibique diem mortis exspectavit l2• 3. Robertus iste ex mediocri stirpe in Normannia ex eorum militum ordine, quos vavassores vulgo ibi dicere solent, in plaga, 20 quam Constantiam indigene dicunt, editus cum Rogerio fratre, tarn patri famis tempore morem, ut aiunt, gerens quam ob loco rum sterilitatis molestiam a natali solo progressus, multo tem pore multas per provincias oportuniorem ad inhabitandum ter ram querens oberravit. Unde et ab oberrandi circuitu patria 2s lingua Guiscardus tamquam oberrator vel girator 14 appellatus est. Cum ergo non paucis, ut dieturn est, diebus multarum regio num girator existeret, a citeriori Italia, que modo Apulia seu Calabria dicitur, tandem excipitur. Quam dum a Longobardis
a ) folgt ab eo AB. b) municipio AB. •
Vgl. Dekret der Synode von Brixen (s. Anm. 3). Das folgende Zitat ist nicht aus dem Dekret der Synode von Brixen, son dern dem Schluß des Wormser Absageschreibens der deutschen Bischöfe von 1 076 entnommen, allerdings nur sinngemäß, nicht wörtlich. Vgl. Quellen zur Gesch. Heinrichs IV., S. 474 Anhang C. 1 Im Jahre 1 0 8 1 . •
Gregor VII. und Heinrich IV.
-
Robert Guiscard
125
Bischof gewählt, Gregor VII. dagegen, von ihnen als falscher Mönch und Schwarzkünstler bezeichnet 6, wurde wie ein Teufel ausgetrieben. Darauf erkühnten sie sich, auf gemeinsamen Beschluß an diesen Papst ein Schreiben voller Beschimpfungen und Herabsetzungen zu richten, 5 worin es unter anderem hieß 6 : "Wie du bisher zu erklären pflegtest, daß keiner von uns Bischof sei, so mögest du wissen, daß du künftig keinem von uns Papst sein wirst. " 2 . Danach zog der König e in starkes Heer zusammen, rückte in Italien ein 7 und marschierte bis nach Rom ; er gewann die Gunst des 10 Römischen Volkes, vertrieb Gregor, setzte Wibert an seine Stelle und erhielt von diesem den Titel "Kaiser und Augustus" 8• Der ehrwürdige Priester aber floh vor der Verfolgung und begab sich in die mehr Sicherheit bietenden Berge Toskanas ins Land der Gräfin Mathilde9, einer Blutsverwandten des Kaisers 10, und während er sich dort einige 15 Tage aufhielt, erneuerte er den Bannfluch und wiegelte in Briefen, die noch vielerorts vorhanden sind, die Fürsten des Reichs gegen ihren Kaiser auf. Dann ging er nach Kampanien und Apulien und zog sich in die Städte der Normannen 11 zurück, die vor kurzem unter Führung Robert Guiscards in jene Provinzen eingefallen waren und die Ein20 wohner getötet, vertrieben oder zu Knechten gemacht hatten ; hier erwartete er den Tag seines Todes 12• 3 . Dieser Robert stammte aus einem mittelmäßigen normannischen Geschlecht, das dem Stande der Ritter angehörte, die dort allgemein Vavassoren genannt werden, und war in dem Landstrich geboren, den 25 die Einwohner Gotentin 13 nennen. Er hatte mit seinem Bruder Roger teils, wie man sagt, um während einer Hungersnot den Wunsch seines Vaters zu erfüllen, teils wegen der lästigen Unfruchtbarkeit der Ge gend die Heimat verlassen und war auf der Suche nach einem bes seren Siedlungsgebiet lange Zeit durch viele Länder umhergeirrt . 30 Daher nannte man ihn wegen dieses Umherziehens in seiner Mutter sprache "Guiscard" , das bedeutet "Umherirrer" oder "Landstrei cher" 14• Nachdem er also, wie gesagt, lange Zeit durch viele Länder gewandert war, fand er schließlich in Unteritalien, im heutigen Apulien und Kalabrien, Aufnahme. Dieses Land war im Besitz der Langobarden, 8
Im Jahre 1 084. Hier ist die Chronologie wiederum verwirrt, in Wirklichkeit geschah das 1 076/7 7 . 1 0 Mathilde war eine entfemte Cousine Heinrichs IV. 1 1 Salerno. 1 2 1 085 Mai 25. 13 So richtig von Simson, nicht Coutence. Coutance ist eine Stadt, keine plaga. 1 4 Vielmehr "Schlaukopf" ; Otto hat den Namen offenbar in falscher Ableitung umherirren erklärt. mit ahd. girrön 9
=
1 26
G esta Frederici I, 3 - 4
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possessam inertis piebis inhabitatione tamquam industrie defen sionis vacuam inveniret, remissis in Galliam nuntiis expositaque locorum idoneitate ac gentis inertia ad expugnationem f earum provinciarum consocios invitavit. Et ne multis detinear, virtute, dolo, arte ignavi populi victor existens Campanie, Apulie, Cala- s brie, Sicilie ad ultimum possessor inventus est l6• Reliquit autem Rogerio fratri ex parte sui comitatum Sicilie tenendum, ipse vero ducaturn Apulie cum Calabria sibi retinuit. Huius filius, qui multa postmodum tarn in Grecia quam in ceteris orientis partibus fortia et gloriosa gessit opera, Boimundus fuit 16• Fratris vero 1 0 sui Rogerii Rogerius, qui postmodum regium nomen usurpavit 17, natus erat, huius, qui inpresentiarum est, Guillelmi pater. Sed hec hactenus. 4. Circa idem tempus Saxonum gens inquietissima more suo principi rebellans castrum quoddam Harzebure dictum, ob eius- 1 s dem gentis obpugnationem ab imperatore i n ingressu provincie in loco munitissimo fundatum, euro ecclesia pariter, in qua con gregatio canonicorum fuit, funditus delevit l8• Occasio tarnen huius rebellionis non tauturn ex predicte gentis instabilitate 19, sed ex principis lascivia ortum sumpserat. Dum enim predictus 20 princeps in iuvenili adhuc positus etate, toto regno silente domi niumque suum humiliter portante, prefatam terram ingressus fuisset, iuveniliter dixisse fertur se mirari nullum per totum imperii ambitum inveniri, in quo vires suas exercere posset, idque non virtuti, sed ignavie deputabat. Quod dieturn non secundum 2s naturam generis sui percusso ere mox transiit, sed tarn efficaciter in mentibus plurium radices a) figens germinavit, ut tota in brevi provincia illa adversus ipsum commota et in unum corpus coadu nata innumeris populis et gentibus letifera pocula ministraverit 20 • Discant ergo principes orbis 21 in summo positi omnium summum JO
a ) radicem AB.
16 Vgl. zum Vorhergehenden Chronica VI, 33. 18 Bohemund von Tarent, illegitimer Sohn Roberts, errichtete auf dem ersten
Kreuzzug das Fürstentum Antiochia.
Normannen in Unteritalien - Sachsenaufstand
127
und er fand es infolge der Trägheit dieses Volkes ohne j ede ab sichtlich angelegte Verteidigungsmittel ; daher schickte er Boten nach Frankreich zurück, schilderte die günstige Beschaffenheit des Landes sowie die Faulheit des Volkes und lud Kampfgenossen zur Eroberung s dieser Provinzen ein. Und, um mich kurz zu fassen : durch Tapferkeit, List und Taktik besiegte er das feige Volk und wurde schließlich Herr von Kampanien, Apulien, Kalabrien und Sizilien 15• Seinem Bruder Roger ( I . ) aber überließ er von seinem Besitz die Grafschaft Sizilien, er selbst behielt das Herzogtum Apulien mit Kalabrien. Sein Sohn 10 war Boemund, der später in Griechenland und den übrigen Ländern des Orients viele tapfere und ruhmvolle Taten vollbracht hat 18• Der Sohn seines Bruders Roger aber, Roger ( II . ) , der später den Königs titel annahm 17, war der Vater des j etzigen Königs Wilhelm (I.). Doch genug hiervon . 1s 4. Um dieselbe Zeit rebellierte der höchst unruhige Stamm der Sachsen nach seiner Gewohnheit gegen den König und zerstörte eine Feste mit Namen Harzburg von Grund aus und zugleich die Kirche, in der sich ein Kanonikerstift befand 18• Die Burg war zur Niederhal tung dieses Volkes an einer für eine Festung sehr geeigneten Stelle 20 an der Grenze des Landes vom Kaiser erbaut worden. Veranlassung zu diesem Aufstand hatte aber nicht in erster Linie die Unzuverlässig keit dieses Volkes gegeben 19, sondern der Mutwille des Königs. Denn als dieser Fürst einst noch in jugendlichem Alter in dieses Land ge kommen war, während das ganze Reich sich friedlich verhielt und seine 25 Herrschaft demütig ertrug, da soll er in jugendlichem Ü bermut ge sagt haben, er wundere sich, daß er im ganzen Umfang des Reiches niemanden finden könne, an dem er seine Kräfte erproben könne, und das bewertete er nicht als Tugend, sondern als Feigheit. Dieser Aus spruch verging nicht, wie sonst derartige Worte, alsbald nachdem er 30 die Luft bewegt hatte, er schlug vielmehr in vielen Köpfen Wur zel und sproßte so kräftig, daß in kurzer --zeit das ganze Land, gegen den König aufgestachelt, zu einem Leib zusammengewachsen, un zähligen Völkern und Stämmen todbringende Giftbecher reichte 20. Daraus mögen die auf dem höchsten Gipfel stehenden Fürsten der 35 Welt 21 lernen, sich den Allerhöchsten, ihren Schöpfer, vor Augen
1 7 Seit 1 1 30. 18 Quelle Ottos ist die Chronik Frutolfs ; vgl. MG. SS. 6, 200 a. 1073. 10 Vgl. Chronica VI , 5. 20 Diese Begründung für den Sachsenaufstand ist ganz fabulös ; vgl. Quellen zur Gesch. Heinrichs I V . , S. 20 ff. 2 1 princeps orbis wäre vielleicht auch mit Kaiser zu übersetzen, zumal ange. sichts des folgenden "in summo positi" .
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Gesta Frederici I, 4 - 5
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creatorern suurn pre rnente habendo rnoderantiarn servare 22, f ut iuxta Ciceronern, 23 quanto rnaiores sunt, tanto se gerant surn rnissius 23. Optirne enirn a phisicis fallaciarn cornplexionurn con siderantibus dieturn cognoscitur : 24 Melius est ad surnrnurn quarn in surnrno 24. Curn enirn 25 horno natus ad Iaborern 26, 26 brevi vivens 5 ternpore 26, natura tarnquarn ex rnultis cornposita ad dissolu tionern tendente, nurnquarn in eodern statu rnanere valeat, si in surnrno fuerit, rnox eurn declinare oportebit 27. Cuius rei causa paulisper philosophari liceat, etenirn 10 28 Felix qui potuit rerurn cognoscere causas 28• 5. 29 Quicquid est, genuinurn est aut nativurn. Sicut autern genuinurn non potest esse non sirnplex et, ut ita dixerirn, non singulare, non solitariurn, ita nativurn non potest esse non cornpositurn, non conforrne, non concreturn 30 • Prirno ergo vide arnus, quid genuinurn, quid nativurn appelletur, ut exhinc horurn 1 5 sensus verborurn facilius appareat. Genuinurn dicitur tarnquarn generans et non geniturn, id est carens generatione ; nativurn velut naturn aut geniturn, descendens a genuino. Unde Plato : 31 Est igitur, ut rnihi videtur, in prirnis dividendurn, quid sit quod sernper est, carens generatione, quid itern quod gignitur 20 nec est sernper 31. Et Boetius : 32Qui ternpus ab evo Ire iubes 32. 22
Ganz ähnlich Chronica S. l f. Vgl. Cicero, De off. I, 26, 90. 2 4 -2 • Vgl. I, 5 ; nach J. Koch, a. a. 0. S. 326, aus Aphorismus I, 3 des Hippakrates abgeleitet. 25-2 5 V gl. I ob. 5, 7 . 26-26 = Job 1 4, l . 2 7 Vgl. das folgende Kap. 5 . 2 8- 2 8 = Verg., Georg. li, 490. - Wie Koch a . a . 0 . zeigt, wäre "causa" in dem Zusammenhang mit dem Satz des Hippakrates und den Darlegungen in Kap. 5 hier auch mit "Formursache" zu übersetzen. 2 9 Zum ganzen Kap. 5 ist J. Koch, Geschichtsphilosophie Ottos von Freising, heranzuziehen. Koch hat die grundlegende Bedeutung dieses Kapitels für die geschichtsphilosophischen Grundanschauungen Ottos herausgearbeitet ; ihm sind auch die Ü bersetzung und der Kommentar dieses Kapitels weitgehend verpflichtet. 30 Otto stellt einander gegenüber : simplex, singulare, solitarium und com positum, conforme, concretum. Conforme ist Gegensatz zu singulare = einzig artig, meint also etwas, was anderes der gleichen Art neben sich hat ; so ist, wie Otto wenig später sagt, die humanitas Platos conformis der humanitas des Socrates, d. h. der species nach gleich. Conformis im Singular wird daher am 2 3 -2 3
Philosophischer Exkurs - Ursprüngliches und Entstandenes
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haltend, Maß zu bewahren 22, damit sie sich nach Cicero 23 desto be scheidener benehmen, je höher sie stehen 23• Denn von den Ärzten, die die Hinfälligkeit der Leiblichkeit beobachten, kennt man das Wort : 24 Besser ist zur Höhe als auf der Höhe 24• Denn 25 der Mensch, zur s Arbeit geboren 25 und 26 nur kurze Zeit lebend 26, von Natur aus gleich sam aus vielem zusammengesetzt und zur Auflösung neigend, kann niemals in dem gleichen Zustand bleiben, und wenn er auf dem Gipfel ist, muß er bald wieder herabsteigen 27• Deshalb möge es mir erlaubt sein, ein wenig zu philosophieren, denn : 28 Glücklich, wer die Ursache 1 0 der Dinge erkannte28• 529. Alles, was ist, ist ursprünglich oder entstanden. Wie nun Ur sprüngliches nicht nicht einfach sein kann, sozusagen nicht nicht ein zigartig, nicht nicht alleinig, so kann Entstandenes nicht nicht zu sammengesetzt sein, nicht mit sich wirklich stimmig, nicht nicht aus 1 5 Verschiedenartigem verbunden 30. Laßt uns nun zuerst sehen, was ursprünglich, was entstanden genannt wird, damit dadurch der Sinn dieser Wörter leichter aufscheine. Ursprünglich wird etwas Hervor bringendes und nicht Hervorgebrachtes genannt, also etwas , was der Hervorbringung entbehrt ; das Entstandene dagegen ist entweder 20 geboren oder hervorgebracht, indem es vom Ursprünglichen herkommt. Daher sagt Plato : 31 Man muß also, so scheint mir, zunächst unter scheiden zwischen dem, was immer ist und der Entstehung entbehrt, und dem was hervorgebracht und nicht immer ist 31• Und Boethius : 32 Der du von Ewigkeit her gehen heißest die Zeit 32• Hervorbringung besten mit dem Zusatz "mit anderen" übersetzt. ( S ) . - Der Begriff concretum (später auch concretio ) , Gegensatz zu solitarium, wird erst aus den weiteren Deduktionen Ottos ganz erhellt, er sei aber bereits hier erläutert. Während compositio, compositum, das Zusammengesetztsein überhaupt, d. h. das zu. sammengesetztsein der Form, z. B . der humanitas aus animalitas und rationali· tas, aber auch des nur physisch Existenten (subsistens, substantia) , z. B. des Körpers aus verschiedenen Körpern, meint, und conforme, conformitas die Gleichartigkeit der Formen, die dem physisch Existenten sein eigentliches Sein geben - z. B. die humanitas die Plato und Socrates zu Menschen macht - , meint concretum das Zusammen von Form und physisch Existentem (subsi. stens), das das "konkrete" \Vesen ausmacht. Da Form und Subsistens aber - wie Otto sagt - einander entgegengesetzt sind und daher nicht zusammengesetzt (compositum) werden können, müssen sie bei allem Entstandenen (nativum ) das nur durch das Zusammen von forma und subsistens ist, auf eine besondere Art von Gott zusammengefügt sein, die Otto als concretio, als "Zusammenge . wachsensein" - wie J . Koch sagt - bezeichnet, was hier als "Verbindung" übersetzt wird. Man kann daher bei dem Gegensatzpaar solitarium ·concretum auch von "für sich" und "konkret" sprechen. 3 1- 3 1 Timaeus c. 1 2 , nach der Ü bersetzung des Chalcidius, in Hippolyti opera, ed. Fabricius, Hamb . 1 7 1 8, I l , 35. (W). 3 2- 3 2 Boeth . , De cons. I I I m . I X , 2.
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Gesta Frederici I, 5
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Generationern vero large accepimus pro ingressu in quamlibet proprietatem vel, ut manifestins loquar, pro quolibet ingressu de non esse ad esse 33• Unde Aristotiles : 34 Ex oppositis fiunt generationes 34• In omni enim nativo negatio prior est affirma tione. Genuinum est igitur carens generatione, carens principio, s quale aput nos unum tantum invenitur, eternitas videlicet, soli divinitati accommoda. Non enim tria aput nos, que Plato posuit 36, inveniuntur principia, sed unum tantum, 36 Deus pater, ex quo omnia, Deus filius, per quem omnia, Deus spiritus f sanctus, in quo omnia 36• Et hi tres, sicut nec tres dii, ita nec 10 tria principia nec tria eterna, sed unum principium et unum eternum . Sola ergo divinitas principio carens simplex esse necessariis probatur rationibus. Quidquid enim componitur, ab alio componi necessarium est. Nulla enim res, sicut se non gignit, ita nec se componit. Quod autem ab alio componitur, ab 1 5 alio esse necesse est. Divinitas vero a b alio non est. A b alio componi ergo nequit. Simplex igitur est. Unde Boetius in tertio libro de consolatione : 37Quod si natura quidem inest, sed ratione diversum, cum de rerum principe loquamur Deo, fingat qui potest, quis hec diversa coniunxerit 37• Hec eadem divina 20 essentia, eo quod nec actu nec natura conformem habeat, singularis esse probatur. Quod ex intuitu naturalium facilius consideratur. Cum enim ad contemplanda celsa divinitatis attollimur, eo quod intellectus noster, in quo sedeat, non habet, tamquam de re incerta palpitantes melius negando quam 2s affirmando, id est quid non sit quam quid sit, conspicimus. In nativis igitur omnem naturam seu formam , que integrum esse subsistentis sit, vel actu et natura vel natura saltem conformem habere necesse est. Verbi gratia : humanitas Socratis actu et natura conformis est humanitati Platonis, dum secundum Jo omnes partes et omnimodum e:ffe ctum, quod quidam formam substantie et substantiam forme vocant, tarn in isto quam in illo inveniatur. Unde, quamvis Socrates et Plato ratione partiendi in numerum veniant, ut duo dicantur homines, tarnen as Diese philosophische Problematik knüpft im Mittelalter letztlich an die creatio ex nihilo der Genesis an. u-u De interpret. c. 1 4, in der Ü bersetzung des Boethius, PL. 64, 387 A. 624 A.
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aber verstehen wir i m weitesten Sinne als Eingehen i n irgendeine Eigengestalt oder, um mich deutlicher auszudrücken, als den Über gang vom Nichtsein zum Sein 33• Daher sagt Aristoteles : 34 Aus Gegen sätzen wird Hervorbringung 34 • Bei j edwedem Gewordenen nämlich s ist Verneinung früher als Bejahung. Ursprüngliches ist also entbehrend der Hervorbringung , entbehrend des Anfangs ; ein solch Ursprüng liches findet sich bei uns nur eines, nämlich Ewigkeit, die allein der Gottheit angemessen. Bei uns nämlich finden sich nicht drei Ursprünge, wie Plato annimmt 35, sondern nur einer : Gott Vater, aus dem alles 10 ist, Gott Sohn, durch den alles ist, und Gott Heiliger Geist, in dem alles ist 36• Und wie diese drei nicht drei Götter sind, so sind sie auch nicht drei Ursprünge, noch drei Ewigkeiten, sondern ein Ursprung und eine Ewigkeit. Die alleinige Gottheit ist, des Anfangs entbehrend, einfach, wie durch notwendige Gründe erwiesen wird. Denn was zuts sammengesetzt ist, für das ist es notwendig, daß es von einem anderen zusammengesetzt werde. Denn wie etwas sich nicht selbst erzeugt, so setzt es sich auch nicht selber zusammen . Was aber von einem an deren zusammengesetzt wird, muß notwendig von einem anderen sein Sein haben. Die Gottheit aber ist nicht von einem anderen. Sie kann 20 also nicht von einem anderen zusammengesetzt werden. Einfach also ist sie. Daher sagt Boethius im dritten Buch über den Trost (der Philosophie) : 37 Wenn etwas von Natur innewohnt, der Art nach aber verschieden ist, dann möge wer kann, wenn wir vom Urheber der Dinge, Gott, sprechen, sich vorstellen, wer dieses Verschiedene ver2S einigte 37• Dieses göttliche Sein , das weder dem Wirken , noch der Na tur nach etwas ihm Gleichartiges hat, wird daher als einzigartig erkannt. Das erhellt noch deutlicher aus der Betrachtung der natür lichen Dinge. Wenn wir uns nämlich erheben, die Erhabenheit der Gottheit zu betrachten , dann sehen wir - hat doch unser Erkenntnis3 0 vermögen nichts, worauf es fußen kann -, indem wir gleichsam über etwas Unbestimmtes stammeln, mehr verneinend als bej ahend, eher das, was nicht ist, als das, was ist . Bei dem Entstandenen also hat j ede Natur oder Form, die das vollständige Sein eines Dinges oder Wesens ist, etwas sowohl dem Wirken als auch der Natur, oder wenigJS stens der Natur nach Gleichartiges . Zum Beispiel : Die Menschhaftig keit des Sokrates ist dem Wirken und der Natur nach der Mensch haftigkeit Platos gleichartig ; denn das, was manche Form des Wesens oder Wesen der Form nennen , ist in allen seinen Teilen und in jeglicher Wirkung sowohl in j enem als auch in diesem zu finden. Obwohl also �o Sokrates und Plato nach dem Prinzip der Einteilung eine Mehrzahl 86
Gemeint sind das Gute, das Wahre und das Schöne. Vgl. l . Cor. 8, 6 ; Rom. 1 1 , 36. 8 7-8 7 De consol. III pr. I 0.
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Gesta Frederici I, 5
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ratione assimilandi unus possunt dici homo . Substantialis namque similitudo non solum subiecta conformia, sed et eadem et unum dici facit, iuxta illud : Participatione speciei plures homines unus, et secund um quod soliti sumus dicere : Idem vinum bibitur hic quod Rome. Partes autem hic voco eas s formas, que ad componendam speciem aut in capite ponuntur, ut generales, aut aggregantur, ut differentiales, aut eas comi tantur, ut accidentales 38• Omnis quippe diffinitio alterius est et alteri convenit ; nam forme est et subsistenti con f venit. Iam ex his, ut arbitror, patet quod dixi, humanitatem Socratis 1 0 secundum omnes partes et omnimodum effectum humanitati Platonis conformem esse ac secundum hoc Sooratem et Pla tonem eundem et unum in universaH dici solere 39• Si enim altera rationalis, altera esset mortalis, nec tota esset in isto nec tota in illo, sed aliam partem ista, aliam partem caperet illa. De effectu 1 s quoque clarum est, quod, sicut hec illum rationalem seu mor talem , ita illa hunc rationalem seu mortalem facit. Concretio etiam in naturalibus non solum coadunatione forme et subsistentis, sed et •l multitudine accidentium, que substantiale esse 40 comitantur, considerari potest. Verbi causa : 20 humanitas, que est integrum esse hominis et ex multis, ut ostensum est, formis composita, ad hoc, ut subiectum informet, risibilitatem ceteraque trahit accidentia. Sunt alie forme subiec tum integrum informantes, que natura bl tantum conformem habent. Esse quippe solis, etsi non actu, natura non confor- 25 mem habere noscitur. Quare quamvis plures soles sint, sine repugnantia tarnen nature plures esse possunt. Patet igitur ex opposito per negationem, quod divina essentia nec conformis est nec concretioni subiacet. Quare, ut verba naturalia in divinam
a ) so zu verbessern statt ex
AB. C ? b) naturam A B . Gilbertus Porretanus, Expositio in Boethii libros de trinitate, PI. 64, 1 2 7 1 ; die gesamten Ausführungen Ottos sind bis in die Beispiele hinein so stark an diesen Kommentar Gilberts angelehnt, daß hier auf Einzelbelege im allgemeinen verzichtet wird . 39 V gl. Prantl, Geschichte der Logik im Abendland 2 II, 222. •• substantia (substantiale) meint bei Otto nicht wie später bei Thomas von Aquin, daß etwas für sich besteht, sondem nur, daß es real besteht ; vgl. Koch a. a. 0. S. 339 ; Gilbert. Porret. a . a . 0 . 38 Vgl.
Philosophischer Exkurs
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sind, so daß sie als zwei Menschen bezeichnet werden müssen, können sie doch nach dem Prinzip der Ähnlichkeit ein Mensch genannt wer den. Denn die wesenhafte Ähnlichkeit bewirkt, daß man die Träger derselben Form nicht nur gleichartig, sondern sogar ein und dasselbe s nennen kann nach dem Grundsatz : Infolge der Teilhabe an einer Art sind mehrere Menschen einer ; und wir pflegen ja auch zu sagen : Man trinkt hier denselben Wein wie in Rom . Teile aber nenne ich diejeni gen Formen, die bei der Zusammensetzung einer Art an die Spitze gestellt werden, wie die Gattungsformen, oder beigestellt werden, wie 10 die unterscheidenden, oder aber diejenigen, die diese begleiten , wie die unwesentlichen 38• Denn j edwede Bestimmung (eines Dinges) ist Aufgabe des einen und kommt dem anderen zu ; denn sie ist Aufgabe der Form und kommt einem Bestehenden zu. Daraus wird nun, ·wie ich meine, klar, was ich gesagt habe, daß nämlich die MenschhaitigI S keit des Sokrates nach allen ihren Teilen und in ihrer gesamten Wir kung der Menschhaftigkeit Platos gleichartig ist und daß deshalb Sokrates und Plato im Allgemeinen als ein und derselbe bezeichnet werden 39• Wenn nämlich die eine (Menschhaftigkeit) vernünftig, die andere sterblich wäre, dann wäre weder in diesem noch in j enem die 20 ganze, vielmehr besäße den einen Teil diese, den anderen Teil j ene . Ebenso ist hinsichtlich der Wirkung klar, daß ebenso wie diese den einen vernünftig und sterblich macht, so auch die andere jenen ver nünftig und sterblich macht. Die Verbindung von Verschiedenartigem in den natürlichen Dingen 25 kann nicht allein als Vereinigung von Form und Bestehendem , son dern auch als Vielheit von Unwesentlichem, welches das wesenhafte 40 Sein begleitet, betrachtet werden . Zum Beispiel : Die Menschhaftig keit, die das vollständige Sein des Menschen ausmacht und , wie ge zeigt wurde, aus vielen Formen zusammengesetzt ist, zieht die Lach30 fähigkeit und die übrigen Akzidentien an sich, um ein Unterworfe nes 40a zu formen. Es gibt andere das vollständige Unterworfene for mende Formen, die nur der Natur nach Gleichartiges neben sich haben . So weiß man, daß das Sein der Sonne zwar nicht dem Wirken nach, aber der Natur nach Gleichartiges neben sich hat. Denn obwohl es 35 nicht mehrere Sonnen gibt, kann es doch ohne ·Widerspruch zur Natur mehrere geben . Es ergibt sich also aus dem Gegensatz durch Verneinung, daß das göttliche Wesen weder anderem gleichartig ist, noch der Verbindung mit Verschiedenartigem unterworfen ist. Daher < oa
So
wird
hier subiectum übersetzt, unter dem Otto nicht das denkende,
vorstellende und wollende Wesen gegenüber dem Obj ekt versteht , sondern dasj enige, was der Formung durch die Form unterworfen ist. Subiectum ist daher bei Otto soviel wie subsisten s .
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Gesta Frederici I, 5
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vertantur predicationem, sicut simplex, sie et singularis et solitaria dicatur, ut simplex contra compositionem, singularis contra conformitatem, solitaria dividat contra concretionem. Nec igitur actu nec natura conformis est, quia nec fuit nec est nec esse poterit alius Deus, alius creator, alius omnipotens. s Unde psalmista : 41 Deus, quis similis tibi � 41 Concretionem non recipit, cum nec subiectum, quod informet, habeat, nec aliquam comitantiam accidentium admittat. Quare nec substantia pro prie dici potest. Substantia enim potest quodam modo subiectum vocari, forma vero nullo modo subiectum esse potest. Hoc vero 1 0 cum iuxta philosophum 42 nec pas f sionibus nec motui subi ciatur, ex hoc aut ex illo constans, sed quidquid est, unum est, et ideo vere est, et fortissimum, nullo nitens, multo melius forma dicitur. Omne namque esse ex forma est. Non est ergo hoc et hoc, sed hoc tantum : pulcherrimum et fortissimum. Si enim 1 s conforme haberet, pulcherrimum dici non posset. Si subiecto ni tens comitantia accidentium egeret, fortissimum non esset. Quare pulcherrimum et fortissimum est, nullo nitens, et ut optime a predicto philosopho dieturn est 43, nec diffinitioni nec divisioni, multo minus demonstrationi vel resolutioni apta est. Vere. 20 Cum enim superveniens genus, quo componatur, non habeat, diffinitionem non admittit. Divisionis sectionem quomodo reciperet, que omnibus, in quas dividi posset, speciebus caret � Demonstrationi quoque qualiter pateret, que velut omnium principium et primum primiora, veriora, notiora super se habere 2s non potest � Unde necessario ex simplicitatis, singularitatis, solitaritatis 44, ut ita dicam, natura resolutionis 45 necessitudinem excludit, ut iure solum eternum, invariabile, incommutabile et sit et naturaliter esse credatur. Cetera namque, si qua surrt, que variationem non suscipiunt, ut angeli , non ex propria 30 natura, sed ex opificis sui gratia, a cuius invariabilitate ipsi u-u =
Ps. 70, 19. Gerneint ist Boethius ; vgl. Boeth . , De trinitate, e d . R. Peiper, L p z . 1 87 1 , S. 1 5 1 ff. ; Gilbert. Porret. , Expositio . . . , ed. Haring, S . 53 - 56. •• Vgl. Boeth. , In Cat. Aristotelis I, PL. 46, 1 6 6 D. " "ut ita dicarn" bezieht sich auf das von Otto neu gebildete Wort solitari· tas. ( S ) . ••
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möge sie - um dem Entstandenen entsprechende Begriffe zu einer Aussage über die Gottheit anzuwenden -, so wie einfach, so auch ein zigartig, so auch alleinig genannt werden, um sie als einfach gegen über der Zusammensetzung, als einzigartig gegenüber dem Gleichar5 tigen, als alleinig gegenüber der Verbindung von Verschiedenartigem zu unterscheiden. Sie ist also weder dem Wirken noch der Natur nach anderem gleichartig, weil ein anderer Gott, ein anderer Schöpfer, ein anderer Allmächtiger weder gewesen ist, noch ist, noch sein kann . Daher sagt der Psalmist : 41 Gott, wer ist dir gleich ? 41 Sie geht keine 10 Verbindung mit Verschiedenartigem ein, da sie weder ein Unter worfenes hat , dem sie die Form gäbe, noch die Begleitung von Un wesentlichem zuläßt. Daher kann sie auch nicht im eigentlichen Sinn als Substanz bezeichnet werden . Denn die Substanz kann in gewisser Weise auch Unterworfenes genannt werden, die Form aber kann auf 15 keinen Fall Unterworfenes sein. Dieses (Sein) unterliegt vielmehr nach dem Philosophen 42 weder der Einwirkung noch der Veränderung, aus diesem und aus jenem bestehend, sondern was es auch immer ist, es ist eines und ist daher in Wahrheit und das Stärkste, auf nichts sich stützend, und deshalb nennt man es viel richtiger Form. Denn alles 20 Sein ist aus der Form. Es ist also nicht dies und das, sondern nur dies : das Schönste und Stärkste. Denn wenn es etwas mit anderem Gleich artiges hätte, könnte es nicht das Schönste genannt werden. Wenn es, sich auf ein Unterworfenes stützend, der Begleitung des Unwesent lichen bedürfte, wäre es nicht das Stärkste. Daher ist es das Schönste 25 und Stärkste, auf nichts sich stützend, und wie der oben genannte Philosoph 43 treffend gesagt hat, ist es weder der Bestimmung durch etwas anderes noch der Teilung, noch viel weniger aber der Darlegung und der Auflösung fähig. So ist es in Wahrheit ! Denn da es keine über geordnete Gattung hat, durch die es zusammengesetzt würde, läßt 30 es eine Bestimmung nicht zu. Wie sollte sie die Zerlegung durch Tei lung annehmen, sie, die aller Arten entbehrt, in die sie geteilt werden könnte ? Wie sollte sie einem Beweis zugänglich sein, sie, die als aller Dinge Anfang und Erstes Ersteres, Wahreres und Ausgezeichneteres nicht über sich haben kann ? Notwendig schließt sie daher wegen der 3 5 Natur der Einfachheit, der Einzigartigkeit und - um mich dieses Wortes zu bedienen - der Alleinigkeit (des Fürsichseins) die Unaus weichlichkeit der Auflösung 43 aus, so daß mit Recht sie allein das Ewige, Unveränderliche und Unwandelbare ist und man glaubt, daß sie von Natur aus so sei. Denn wenn es etwa sonstiges gibt, das sich 40 keiner Veränderung unterzieht, wie die Engel, so haben diese das 45 Die zunächst eine logische Operation bezeichnende resolutio ist hier ontolo· gisch zu verstehen . Koch, S . 333, hat darauf hingewiesen, daß dieser unvermit telte Ü bergang aus dem logischen in den ontologischen Bereich mit Ottos Be· griffsrealismus zusammenhängt.
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Gesta Frederici I , 5
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invariabiles denominantur, hoe habere probantur, ut seeundum hoe, eum dieo : Deus est invariabilis, angelus est invariabilis, non alia in seeunda quam in prima propositione predieetur invariabilitas, sed eadem. Verbi gratia : Cum dieo artifieem humanum et opus humanum, non aliam et aliam predieo huma- 5 nitatem, sed hoe, quod de artifiee substantive, de opere predieo denaminative ; velut eum dico : Soerates ridet, pratum ridet, non aliam de Socrate, aliam de prato predieo proprietatem, sed eandem, quam de Soerate proprie, de prato inproprie vel tran sumptive enuntio. Quod eonsiderans Boetius ait : 46 Tropus nullins 10 est proprietatis 46. Osteuso de divina essentia iuxta iudieium negationis, cum nee eomposita, eonformis, eoncreta diei f possit, simplieem, sin gularem, solitariam eam quoquo modo comprehendi, nunc, qualiter omne nativum eompositum, conforme, eoncretum 1 s intelligatur, dieendum restat. Omne quippe, quod natum est, ab alio sine dubio originem sumit. Niehil enim a se nasei potest. Quod autem ex alio est, principium non est. Ergo est hoc et hoe ; ergo simplex non est ; compositum est igitur. Non enim hie ad effandum de theologiea 47 et ineffabili generatione seu nativitate 20 attollimur, sed tauturn de ea, que a philosophis genitura, a nobis faetura seu ereatura diei solet, disputationem instituimus. Sed notandum, quod eompositio alia formarum, alia est sub sistentium ; formarum ex formis, subsistentium ex subsistentibus. Nulla enim forma subsistentium nee subsistens formarum eom- 25 positionem admittit. Nam tanta diversitate esse et id quod est seiunguntur, ut nee quod est esse sui nee esse eius, quod ipso est, eompositionem admittat ; et eum sub nullo genere eonveniant eompositionemque, ut dieturn est, alterum alterins non admittat, alterum tarnen sine altero esse nequit. Heeque talis diversis- Jo simorum, ut ita dixerim, compaetio coneretio potius oppo sitorum quam compositio similium voeatur. Compositio igitur alia, ut dieturn est, formarum, alia est subsistentium. Formarum autem alie composite, alie simplices ; simpliees ut albedo, u-•• In Cat. Aristotelis I, PL. 46, 1 66 D . " Dazu Koch S. 329 Anm. 23.
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nicht dank ihrer eigenen Natur, sondern durch die Gnade ihres Schöp fers, nach dessen Unveränderlichkeit sie selber unveränderlich ge nannt werden ; infolgedessen wird, wenn ich sage : Gott ist unverän derlich, der Engel ist unveränderlich , im zweiten Satz keine andere s Unveränderlichkeit ausgesagt als im ersten, sondern dieselbe . Zum Beispiel : Wenn ich einen Künstler als menschlich und auch sein Werk als menschlich bezeichne, so sage ich hier keine andere Menschhaftig keit aus als dort, sondern was ich vom Künstler im eigentlichen Sinne aussage, das sage ich von seinem ·werk im abgeleiteten Sinn aus ; oder 10 wenn ich sage : Sokrates lacht, die Wiese lacht, dann sage ich nicht eine andere Eigentümlichkeit von Sokrates aus, eine andere von der Wiese, sondern dieselbe, die ich von Sokrates im eigentlichen Sinn aussage, die sage ich von der Wiese im uneigentlichen oder übertragenen Sinne aus. Dies erwägend sagt Boethius : 46 Der bildliehe Gebrauch eines 15 Wortes bezeichnet kein eigentümliches Merkmal 46. Nachdem wir durch verneinendes Urteilen gezeigt haben, daß die göttliche Wesenheit weder zusammengesetzt, noch anderem gleich artig, noch verbunden genannt werden kann und daher als einfach, einzigartig und alleinig in jeder Weise begriffe n werden muß , bleibt 20 nun noch darzulegen, wie alles Entstandene als zusammengesetzt, anderem gleichartig und aus Verschiedenartigem verbunden aufge faßt werden muß . Alles nämlich, was entstanden ist, nimmt ohne Zweifel von einem anderen seinen Ursprung. Nichts kann von sich selbst entstammen . Was aber von einem anderen ist, ist selbst nicht 25 Anfang. Also ist es dies und das ; also ist es nicht einfach ; zusammenge setzt ist es also . Denn wir erheben uns hier nicht dazu, etwas über die theologische 47 und nicht aussagbare Zeugung oder Geburt auszusagen, sondern stellen nur über diejenige eine Erörterung an, die von den Philosophen Zeugung, von uns aber Bildung oder Schöpfung genannt 30 zu werden pflegt. Dabei ist aber anzumerken, daß eine andere die Zusammensetzung der Formen, eine andere die des Bestehenden ist ; die der Formen geschieht aus Formen, die des Bestehenden aus Be stehendem. Keine Form nämlich läßt die Art der Zusammensetzung des Bestehenden und kein Bestehendes läßt die Art der Zusammen35 setzung der Formen zu . Denn durch so große Verschiedenheit sind das Sein und das, was ist, voneinander getrennt, daß weder das, was ist, die Art der Zusammensetzung seines Seins noch das Sein die Art der Zu sammensetzung dessen, das durch dieses Sein ·erst ist, zuläßt ; und dennoch : während beide unter keiner Gattung zusammenstimmen und, 40 wie gesagt, das eine nicht die Zusammensetzung des anderen zuläßt, kann doch das eine nicht ohne das andere sein . Und eine solche, um es einmal so auszudrücken, Zusammenfügung von völlig Verschiede nem nennt man besser Verbindung, (d. i. von Gegensätzlichem) als Zusammensetzung, (d. i. von Ähnlichem) . Die Zusammensetzung ist
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Gesta Frederici I, 5
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composite ut humanitas. At simplices in compositione com posite venire possunt, nulla autem simplex per se in naturalibus subiectum informare valet, sed tantum compositam informantem comitatur. Omnem igitur formam ad hoc, ut integre subsisten tem informet, compositam esse necesse est et esse hoc et hoc. 5 Subsistentes quoque ex subsistentibus constare nulli dubium est. Omne enim corpus ex corporibus constat. Nec inconveniens arbi trantur philosophi, sicut quantitatem in inmensas quantitates, sie et corpus in infinita secare corpora. Nullum itaque subsistens simplex, nulla forma, que sit integrum esse, potest esse non 10 composita. Sed seiendum est, quod subsistens aliud a) suscipit coniunctionem partium, aliud a) f non. Corpus suscipit, spiritus non. Quare et spiritus simplex esse videtur. Ad hoc videndum est simplicitatem quandoque contra compositionem tantum, quandoque contra compositionem simul et concretionem divi- 1 5 dere. Unde Boetius in octava regula libri ebdomade : 48 0mni composito aliud est esse, aliud ipsum est 48• Non enim in hac regula diversitas inter id quod est et quo est, que in secunda regula, in qua dicitur : 49 Diversum est esse et id quod est 49, assignata est, notatur, sed potius ea diversitas formarum, qua 20 subiectum alio est et alio aliquid est. Verbi gratia : Ut corpus b) corporeitate esse, colore aliquid esse dicitur, sie et spiritus creatus, cum alio sit, alio sapiens sit, quamvis copulatione partium carens simplex esse videatur, tarnen, quia formam ex formis compositam habet, et c) ex concretione huiusmodi forme et 25 subsistentis plenarie simplex dici non potest. Omne igitur nativum compositum. De conformitate et concretione supra probatum est, quod videlicet ex substantiali similitudine con forme, ex eo quod subiectum informet multitudinemque post se JO accidentium trahat, concretum dicatur 60•
a ) alius AB.
bl c)
fehlt C. fehlt AB.
Philosophischer Exkurs
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also, wie gesagt wurde, eine andere bei den Formen, eine andere beim Bestehenden . Unter den Formen aber sind die einen zusammengesetzt, die anderen einfach ; einfach bespielsweise die Weiße, zusammenge setzt die Menschhaftigkeit. Aber die einfachen können in einer Zus sammensetzung zusammengesetzt auftreten, doch kann keine einfache von sich aus bei den natürlichen Dingen ein Unterworfenes prägen, vielmehr begleitet sie nur die zusammengesetzte prägende (Form ) . Jede Form muß also, u m ein Bestehendes völlig z u gestalten, not wendig zusammengesetzt sein und dies sein und das. Daß Bestehendes 10 aus Bestehendem besteht, ist ebenfalls niemandem zweifelhaft . Denn jeder Körper besteht aus Körpern. Und die Philosophen halten es nicht für unzulässig, wie Quantität in unzählige Quantitäten , so auch einen Körper in unzählige Körper aufzuteilen . Kein Bestehendes ist also einfach, keine Form, die ein vollständiges Sein ist, kann nicht ts zusammengesetzt sein . Aber man muß wissen, daß das eine Bestehende eine Vereinigung von Teilen gestattet, das andere nicht. Der Körper gestattet sie, der Geist nicht . Daher ist auch der Geist offenbar ein fach. Dazu muß man beachten, daß man Einfachheit zuweilen nur gegenüber der Zusammensetzung, zuweilen gegenüber der Zusammen20 setzung und zugleich der Verbindung unterscheidet. Daher sagt Boe thius in der achten Regel seines Buches De hebdomadibus : 48 Für j edes Zusammengesetzte ist ein anderes das Sein, ein anderes ist es selbst 48. In dieser Regel wird nämlich nicht die Verschiedenheit zwischen dem, was ist, und dem , wodurch es ist, gekennzeichnet, wie in der zweiten Regel, 25 in der gesagt wird, 49 Verschieden ist das Sein und das, was ist 49, son dern vielmehr diejenige Verschiedenheit der Formen, nach der das Unterworfene durch das eine ist und durch ein anderes etwas ist. Zum Beispiel : Wie man sagt, daß ein Körper durch Körperlichkeit ist, durch Farbe etwas ist, so kann auch der erschaffene Geist, der durch 30 ein anderes ist, durch ein anderes weise ist, obwohl er, einer Verknüp fung von Teilen entbehrend, offenbar einfach ist, dennoch, weil er eine aus Formen zusammengesetzte Form hat, und infolge der Verbindung von Form und Unterworfenem nicht im vollen Sinne einfach genannt werden. Alles Entstandene ist also zusammengesetzt. Hinsichtlich der 3 5 Gleichartigkeit und der Verbindung ist oben nachgewiesen worden, was auf Grund der ähnlichen Beschaffenheit gleichförmig mit anderem , aber auf Grund dessen, daß es ein Unterworfenes prägt und eine Vielheit von Unwesentlichem nach sich zieht, verbunden genannt wird 50• 48 -•• = De trinitate III, ed. Peiper, S . 1 69, vgl . Gilberti Comm . in Boethii libr. de hebdomadibus, ed. N . Haring, Traditio 9, 1 953, 1 82 ff. ••- .. Ebda. S. 1 69. 50 Das .,konkrete" Ding ist also das durch eine Form geprägte Existierende.
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Gesta Frederici I, 5
[2 1 /22]
Inter omnia vero nativa nichil magis compositum invenitur quam homo, qui non solum ex esse compositum habet esse vel subsistentem ex subsistentibus, sed et ex oppositis compactus 51 subsistentibus oppositorum subsistentium iuncturam et eorum dem diversarum subsistentiarum 52 compositionem recipit. Quare 5 haut mirandum, si ex tota et tanta compositione compactus facilius resolutioni subiacet 53• Item cum iuxta Boetii nonam regulam 54 omnis diversitas discors, similitudo appetenda sit, et quod appetit aliud, tale ipsum esse naturaliter ostenditur, quale est illud hoc ipsum , quod appetitur 54, tanto vehementins 1 0 ad dissolutionem tendimus, quanto dissidentins ex oppositis partibus constamus. Verbi causa : Gorpore ex IIII elementis compacto, igne sursum, terra deorsum, aqua et ere quasi e regione distrahentibus sibique hoc modo partibus dissidentibus, quid inequalis esse poterit � Id ipsum etsi non sensus, f ratio 1 5 tarnen in compositione forme percipit. Accedit ad hoc, quod non solum forma, que a) substantiale est esse, ex formis est a) com posita, sed quod ipse forme componentes, nunc nascentes, nunc occidentes, neque umquam in existendi conditione constanti et rata perseverantes subiectum quiescere non permittunt. Unde, 20 decedentibus aliis, alie semper sine intervallo succedunt. Quem celerrimum fluxum formarum cum sequatur fluxus morarum, tempus tarn acutum emergit, ut eius instans vix vel numquam conspici queat. Bene ergo a tarn mutabilitatem b) nature quam more considerantibus dieturn est : 65 Melius est ad summum 25 quam in summo 55, quia, cum amplius, quo crescat, non habeat, decrescere necesse est. Sicut autem a medicis precipitur, ut hone habitudines, cum in summo fuerint, solvantur, sie non in merito a probatis animarum medicis suadetur, ut mens, que
a- a ) fehlt C. b) mutabilitate 51
AB.
Z . B . Geist, der keine Zusammensetzung zuläßt, weil er als Bestehendes einfach ist, und Körper. 5 2 = subsistentium. Gemeint ist beispielsweise die Zusammensetzung des Körpers aus Körpern.
Philosophischer Exkurs
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Unter allem Entstandenen aber findet sich nichts mehr Zusammen gesetztes als der Mensch, der nicht nur ein aus Sein zusammengesetztes Sein hat und ein Bestehendes aus Bestehendem, sondern auch aus ent gegengesetztem Bestehenden zusammengefügt ist 51 und sowohl die 5 Verknüpfung von einander entgegengesetztem Bestehenden wie auch die Zusammensetzung des j eweils Bestehenden aus Bestehendem 52 zu läßt. Daher ist es nicht verwunderlich, wenn er als ein ganz und gar und aus einer so großen Zusammensetzung Zusammengefügter leichter der Auflösung 53 unterliegt. Und da nach der neunten Regel des BoeI O thius 54alle Verschiedenheit uneins ist und nach Ähnlichkeit streben muß , und das, was etwas anderes erstrebt, sich damit seiner Natur nach selber als ein solches erweist, wie j enes selbst ist, das es erstrebt 54, darum neigen wir umso stärker zur Auflösung, je zwieträchtiger wir aus entgegengesetzten Teilen bestehen. Zum Beispiel : Was könnte es 1 5 Ungleichartigeres geben als den Körper, der aus den vier Elementen, aus Feuer, das ihn nach oben, aus Erde, die ihn nach unten zieht, aus Wasser und Luft, die ihn gleichsam nach verschiedenen Seiten ausein anderreißen, und auf diese Weise aus sich einander widerstreitenden Teilen zusammengefügt ist ? Dasselbe erfassen zwar nicht die Sinne, 20 wohl aber die Vernunft in der Zusammensetzung der Form . Dazu kommt, daß nicht nur die Form, die das sein Wesen ausmachende Sein ist, aus Formen zusammengesetzt ist, sondern auch die die Zu sammensetzung bildenden Formen selber, bald entstehend, bald ver gehend, niemals in bleibender Bedingung der Existenz verharren und 25 so das ihnen Unterworfene niemals zur Ruhe kommen lassen. Wäh rend daher die einen schwinden , folgen ohne Pause immer andere . Da diesem überaus raschen Fließen der Formen ein Verfließen der Zwi schenpausen folgt, entsteht eine so zugespitzte Zeit, daß deren Gegen wart kaum oder niemals angeschaut werden kann . Daher haben die30 j enigen, die eine solche Veränderlichkeit der Natur und des Verweilens betrachten, zutreffend gesagt : 55 Besser zur Höhe als auf der Höhe, denn wenn es nichts mehr gibt, wohin man weiterwachsen kann, ist es notwendig abzunehmen. Wie aber von den Ä rzten gelehrt wird, daß gute Gesundheit, wenn sie auf dem Höhepunkt ist, wieder aufgelöst 35 wird, so wird nicht zu Unrecht von erfahrenen Ärzten der Seele ge raten, daß der Geist, der, wenn er durch die Gunst der Dinge auf die 53 Wie J. Koch, S. 34 1 , zeigt und auch aus dem Folgenden hervorgeht, meint resolutio = Auflösung nicht nur den Tod, sondern auch die Auflösung eines ganz bestimmten körperlichen, geistigen oder seelischen Zustandes und be stimmter vom Menschen geschaffener Verhältnisse, also schlechthin die ständige Veränderung. - Vgl. zum Verständnis von Ottos Auffassung vom Menschen auch das wichtige Kap. I, 56. ••-u = ed. Peiper S . 1 69 f. u - ss Vgl. oben S . 128 Anm. 24.
Gesta Frederici I, 5 - 7
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[22/23]
rerum prosperitate in summo posita elevari assolet, malorum intuitu reprimatur. Unde est illud, 56 ln die bonorum ne in memor sis malorum 56. Sed iam ad propositum redeamus. 6. Igitur Saxonibus a capite suo dissidentibus, ex omnibus regni visceribus princeps ad debellandos eos fortem et magnum militem s cogens instauransque exercitum predictam provinciam ingre ditur 57. Fuerunt in comitatu eius quatuor magni duces, singuli cum singulis legionibus, Zuendebaldus dux Boemorum, Gwelfo dux Noricorum, Rödulfus dux Suevorum, Gotefridus dux Lotharingiorum, et alii principes, comites nobilesque innu- to merabiles. 58 lta iuxta fluvium Unstrut dieturn publico bello commisso, cruenta rex potius victoria rediit 58• Non multo post tempore duo prefati duces Gvelfo et Rödulfus, qua occasione dubium, principi rebellantes Saxonibus iunguntur 59. Gote fridus autem Lotharingie dux orientalem expeditionem f aggres- t s sus 60, Hierosolimis ducaturn populi Dei tenens 61, ibidem in pace quievit. 7 . At Romanus pontifex Gregorius, qui iam, ut dieturn est 62, principes adversus imperatorem concitabat, omnibus, ut alium crearent 63, latenter et manifeste scribebat. Igitur Rödulfus dux 20 Suevorum ab eis rex factus diadema a Romana ecclesia accepisse traditur cum huiusmodi scripto : Roma dedit Petro, Petrus diadema Rödulfo 64. Huius Rödulfi filiam quidam ex nobilissimis regni optimatibus Bertolfus nomine de castro Zaringen habuit. 65 Non multo post 2s tempore Rödulfus in publico bello a fidelibus imperatoris necatur 65 et in ecclesia Merseburc cultu regio sepelitur. Fertur de imperatore, quod, cum pacatis paulisper his seditionum motibus ad predictam ecclesiam Merseburc venisset ibique prefatum Rödulfum velut regem humatum vidisset, cuidam dicenti, 30
6s-u
Eccli. 1 1 , 27.
0 7 1075. - Vgl. Chronica VI, 3 4 . 68-6 8 Vgl. Chronica VI, 34. 6 0 Im Jahre 1076.
60 Verwechslung mit Gottfried von Bouillon, dem Neffen Gottfrieds d. Buck ligen.
Sachsenaufstand - R udolf von Schwaben
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Höhe geführt wurde, sich zu erheben pflegt, im Anblick der Ü bel wieder niedergedrückt werden möge. Daher auch das Wort : 56 In guten Tagen sei der Ü bel eingedenk 56• Doch kehren wir nun zu un serem Thema zurück. 6 . Als die Sachsen von ihrem Oberhaupt abfielen, zog der König s zu ihrer Niederwerfung ein großes, starkes Heer aus dem ganzen Reich zusammen, rüstete es aus und rückte in Sachsen ein 57• In seiner Ge folgschaft waren vier große Herzöge, j eder mit seinem Aufgebot : der H�rzog von Böhmen Zuerdebald, der Herzog von Bayern Welf (VI . ) , 1 0 der Herzog von Schwaben Rudolf und der Herzog von (Nieder- ) Lothringen Gottfried (der Bucklige) , ferner unzählige andere Fürsten, Grafen und Edle. 58Nachdem der König in einer offenen Feldschlacht an der Unstrut einen blutigen Sieg erfochten hatte, kehrte er heim 58• Nicht lange danach fielen die Herzöge Welf und Rudolf - der Grund t s ist unklar - vom König ab und verbanden sich mit den Sachsen 59• Gottfried aber, der Herzog von Lothringen, unternahm einen Zug ins Morgenland 60 und erhielt in Jerusalem die Herzogswürde des Volkes Gottes 61, und dort ist er in Frieden entschlafen. 7 . Der Römische Pontifex Gregor aber, der, wie gesagt 62, schon die 2 0 Fürsten gegen den Kaiser aufwiegelte, schrieb jetzt geheim und offen an alle, sie sollten einen anderen wählen 63• So wurde Herzog Rudolf von Schwaben von ihnen zum König gewählt und erhielt, wie berich tet wird, von der Römischen Kirche ein Diadem mit folgender In schrift : Rom gab Petrus die Krone, und Petrus gab sie dem Rudolf 64• Dieses Rudolfs Tochter war mit einem der vornehmsten 25 Fürsten des Reiches, Berthold, benannt nach der Burg Zähringen, vermählt. 85 Nicht lange danach wurde Rudolf von den Getreuen des Kaisers im offenen Kampf getötet 65 und in der Kirche von Merseburg mit königlichen Ehren beigesetzt. Über den Kaiser wird berichtet, nachdem diese Aufstände einigermaßen niedergeschlagen waren, sei er 30 einmal in die Merseburger Kirche gekommen und habe dort diesen Rudolf wie einen König bestattet liegen gesehen ; als ihn nun j emand 6 1 1 096 - 1 1 00.
62
Oben I, 2 . Das ist unrichtig. Gregor hatte nicht z u einer Neuwahl aufgefordert, seine Legaten sollten eine solche sogar verhindern, doch haben diese dann doch zum Gelingen der Wahl aus eigener Initiative beigetragen. Erst 1 080 hat Gregor Rudolf anerkannt. - Vgl. jetzt auch K. F. Morrison, Canossa : A Revision, Traditio 1 8, 1 962, 1 2 1 - 1 48. •• Unrichtig, vgl. aber Sigeberti Gembl. Chron. , MG. SS. 6, 364 und Helmoldi Cron. Slav . , ed. B. Schmeidler, SS. rer. Germ. S. 56 ; G. Meyer v. K . , Jbb. des Dt. Reiches unter Heinrich IV. und Heinrich V. 3, 630 f., 638. 6 •-•• 1 080 Okt. 15. Vgl. Chronica VI, 35. 63
-
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Gesta Frederici I, 7 - 8
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cur eum, qui rex non fuerat, velut regali honore sepultum iacere permitteret, dixerit : 'Utinam omnes inimici mei tarn honorifice iacerent' . Occiso Rödulfo gener eius Bertolfus ducaturn Suevie tamquam a socero sibi concessum usurpat ss. 8. Ea tempestate comes quidam Fredericus nomine, ex 5 nobilissimis Suevie comitibus originem trahens, in castro Stoyphe 67 dicto coloniam posuerat. Hic, cum esset consilio providus, armis strennuus, ad curiam imperatoris assumptus per multos dies ibidem militarat a> 68 strennuissimique ac nobilissimi militis officium implens 68 in omnibus periculis suis viriliter 10 imperatori astiterat. Videns princeps ergo rei publice tarn dubium statum, vocato ad se secreto prefato comite, f sie eum alloquitur : 'Virorum optime, quem inter omnes in pace fidelissi mum et in bello fortissimum expertus sum , cerne, qualiter Ro manus orbis tenebris involutus, fide vacuus, iuxta quod dicitur : 1 5 69 Ultima celicolum terras Astrea 70 reliquit 69, ad ausus nefarios factaque nefandissima concitatur. Nec parentibus reverentia nec dominis debita subiectio servatur. Sacramenta, que tarn iure poli quam iure fori principi a milite publice exhiberi solent, con tempnuntur, factiosaque iuramenta, que contra leges divinas et 20 humanas in angulis fiunt, diabolo instigante pro sacrosanctis ha bentur. Nullus legibus, nullus divinis sanctionibus honor inpen ditur. 71 Cum enim omnis potestas a Deo sit, qui potestati resistit, Dei ordinationi resistit 71• Assurge igitur huic tarn pessimo morbo atque ad debellandos imperii hostes viriliter accingere. Neque 25 enim priorum meritorum tuorum inmemor existo nec futurarum ingratus ero . Filiam quippe, quam habeo unicam b) , tibi in matri monio sortiendam tradam ducatumque Suevie, quem Bertholfus invasit 72, concedam' . Sie itaque predictus Fredericus dux simul Suevorum et gener regis factus ad propria rediit et, ne multis 30 morer, Bertolfum tandem pacem petere coegit, quod tarnen quia ) militaret
AB. b) u. q. h. A B . Vielmehr erst 1 092 nach dem Tod von Rudolfs Sohn Berthold ; Heinrich IV. verlieh Schwaben 1079 an Friedrich von Büren ; vgl. das folgende Kap. 8 7 Hohenstaufen, Kr. Göppingen. • •- 88 Vgl. Sall., Cat. 60, 4 : strenui militis et boni imperatoris officia simul ex sequebatur. 88
Graf Friedrich wird Herzog von Schwaben
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fragte, warum er zugelassen habe, daß j emand, der nicht König ge wesen sei, mit königlichen Ehren bestattet liege, habe er gesagt : Möchten alle meine Feinde so ehrenvoll bestattet liegen ! Nach Rudolfs Tode beanspruchte sein Schwiegersohn Berthold das Herzogtum s Schwaben als ihm von seinem Schwiegervater hinterlassen 66• 8 . In dieser Zeit hatte ein Graf namens Friedrich, der von den vor nehmsten Grafen Schwabens abstammte, auf der Burg Staufen eine Siedlung angelegt 67• Da er im Rat vorausschauend und im Waffen handwerk tüchtig war, war er an den kaiserlichen Hof aufgenommen 10 worden, hatte dort lange Zeit Dienst getan, und indem er die 68 Pflich ten eines äußerst tüchtigen und hochadligen Ritters erfüllte 68, hatte er dem Kaiser in allen seinen Gefahren mannhaft beigestanden . Als nun der Kaiser die gefährliche Lage des Reiches erkannte, berief er den Grafen insgeheim zu sich und sprach zu ihm : "Bester der Männer, 1 5 den ich unter allen im Frieden als den treuesten und im Kriege als den tapfersten erkannt habe, sieh, wie das römische Reich , von Finster nissen eingehüllt, der Treue bar nach dem Wort : 69 Unter den Göttern verließ als letzte Asträa 70 die Erde 69, sich zu niederträchtigen An schlägen und verabscheuenswerten Taten verleiten läßt ; nicht den 20 Eltern wird Ehrfurcht, nicht den Herren der schuldige Gehorsam ge zollt. Die heiligen Eide, die nach göttlichem wie menschlichem Recht den Fürsten von ihren Vasallen öffentlich geleistet zu werden pflegen , werden für nichts geachtet, und eidliche Parteiverpflichtungen, die gegen göttliches und menschliches Recht in Schlupfwinkeln erfolgen , 25 werden unter der Hetzpeitsche des Teufels für heilig gehalten . Keine Achtung wird den Gesetzen, keine Achtung den göttlichen Geboten ge zollt. 71 Denn da alle Obrigkeit von Gott stammt, widersteht Gottes Verordnung, wer der Obrigkeit widersteht 71. So erhebe du dich wider diese schreckliche Seuche und gürte mannhaft dein Schwert zur 30 Niederwerfung der Feinde des Reichs. Denn ich bin deiner bisherigen Verdienste nicht uneingedenk und werde deiner künftigen nicht un eingedenk sein. Ich werde dir also meine einzige Tochter (Agnes) zur Ehefrau geben und dir das Herzogtum Schwaben , das Berthold an sich gerissen hat 72, übertragen . " So wurde denn Friedrich zugleich 35 Herzog der Schwaben und Schwiegersohn des Königs ; danach kehrte er auf seine Besitzungen zurück und - um mich kurz zu fassen zwang schließlich Berthold, um Frieden zu bitten . Manche berichten
••-•• Ovid . , Met. I, 1 50. 70 Eigentlich die Sternenjungfrau, d. h. die jungfräuliche Göttin der Gerechtig keit. 71-71 = Rom. 1 3 , l f. 7 2 1 079 ; Ottos Darstellung ist hier wieder unrichtig ; vgl. auch Anm. 66.
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Gesta Frederici I , 8
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dam sub filio suo Frederico factum tradunt 73• Conditio autem pacis talis fuit, ut Bertolfus ducaturn exfestucaret 74, sie tarnen, quod Turegum nobilissimum Suevie oppidum a manu imperatoris ei tenendum remaneret. Hoc oppidum in faucibus montium ver sus Italiam super lacum, unde Lemannus fluvius fluit 75, situm 5 imperatorum seu regum olim colonia fuit tanteque iuxta maiorum nostrorum traditionem auctoritatis, ut Mediolanenses, si quando ab imperatore ad Transalpina vocarentur iudicia, ibi discuti vel iudicari de iure deberent. Unde ex eiusdem tarn f in rebus quam honoribus habundantia in ipsius porta scripturn dicitur : Nobile 10 Turegum multorum a) copia rerum 76• A predicto etiam Lernanno fluvio - unde Lucanus : 77 Deseruere cavo tentoria fixa Lernanno 77 - tota illa provincia Alemannia vocatur 78• Quare quidam totam Teutonicam terram Aleman niam dietarn putant omnesque Teutonicos Alemannos vocare 1 s solent, cum illa tantum provincia, id est Suevia, a Lernanno fluvio vocetur Alemannia populique eam inhabitantes solum modo iure vocentur Alemanni. Bertolfus iste, quamvis in hoc negotio imperio simul et iustitie cesserit, tarnen strennuissimus ac fortissimus fuisse traditur. Unde et adhuc ab antiquioribus 20 de ipso dicitur, quod, si quando nuntius aliqua tristia ipsi apportans, secundum quod fieri assolet, hesitare voluisset, dixerit : 'Die, die ! scio enim, quod semper leta tristia vel tristia precedunt leta 79 ; quare mihi tantumdem b) est primo audire nubilosa, cum postmodum auditurus sim serena, quam primo 25 auditis serenis post auditurus sim nubilosa' . 80Magnifica vox et viro forti digna80 , qui nativorum volubilitatem81 sine litteris naturali percipiens ingenio 82nec in diebus bonorum immemor malorum elevatus nec in diebus malorum immemor bono rum fuit fractus82• Fredericus autem ducaturn Alemannie Jo
a ) multorum
AB. G, von 2. Hd. zu multarum kMr. G. t. m. AB. 7 3 Ebenfalls ungenau, da Friedrichs Sohn erst 1 1 05 das Herzogtum übernahm ; der Friedensschluß fand 1 098 statt. " Zu exfestucare vgl. F. Kern, Gottesgnadentum und Widerstandsrecht, 2. Aufi . , S. 1 4 7 Anm. ( S ) . 7 � Gemeint ist die Limmat, Lemannus (lacus) ist der Genfer See. ( S ) . b)
Barthold von Zähringen
1 47
allerdings, daß dies erst unter seinem Sohn Friedrich geschehen sei 73• Die Friedensbedingung war, daß Berthold auf das Herzogtum verzich tete 74, aber dafür Zürich, eine sehr bedeutende Stadt Schwabens, aus der Hand des Kaisers als Besitz erhielt. Diese Stadt liegt in einer Ge5 birgsschlucht nach Italien zu oberhalb eines Sees, aus dem der Le mannus 76 herausfließt ; sie war einstmals eine Kolonie der Kaiser und Könige und nach der Ü berlieferung unserer Vorfahren so angesehen, daß dort über die Mailänder, wenn sie einmal vom Kaiser zu Gerichts verhandlungen über die Alpen gerufen wurden, von Rechts wegen 1 0 Untersuchungen angestellt und das Urteil gefällt werden mußte. Wegen ihres Reichtums an Besitz und Ehren steht, wie es heißt, an ihrem Stadttor : Zürich, gefeierte Stadt, ein Hort unzähliger Schätze 76• Nach j enem Lemannfluß - über ihn sagt Lucanus : 77 Sie verließen 1 5 die Zelte, errichtet am tiefen Lemannus 77 - heißt j ene ganze Provinz Alemannia 78• Daher glauben manche, daß danach ganz Deutschland Alemannien benannt ist, und pflegen alle Deutschen Alemannen zu nennen , während nur jene Provinz, das heißt Schwaben, nach dem Lemannusfluß Alemannia heißt und allein deren Einwohner 20 Alemannen genannt werden. Jener Bertholf mußte sich zwar in dieser Sache dem Befehl und zugleich dem Recht beugen, er soll aber trotz dem sehr energisch und mutig gewesen sein. Daher berichten ältere Leute noch folgendes von ihm : Wenn einmal ein Bote mit irgendeiner Unglücksnachricht, wie es ja zu geschehen pflegt, zögern wollte, sagte 25 er : "Rede nur, rede ! Ich weiß ja, daß stets Betrübliches Erfreulichem und Erfreuliches Betrüblichem vorausgeht" 79, deshalb ist es mir einer lei, ob ich zuerst das Trübe höre, da ich ja danach das Heitere hören werde, oder ob ich zuerst das Heitere und dann das Trübe höre . " SO Ein großartiges Wort, eines tapferen Mannes würdig80, der ohne 30 gelehrte Bildung mit seinem natürlichen Verstand die Wechselhaftig keit alles Entstandenen erkannt hat81 und 82 in guten Tagen nicht übermütig wurde, wenn er an die schlimmen dachte, und in schlimmen Tagen nicht verzagte, weil er an die guten dachte82• Friedrich aber 76 Da in allen Hss. multorum steht, das allein in C, aber doch wohl frei, zu multarum emendiert ist , scheint es nicht ausgeschlossen, daß hier eigentlich ein Wortspiel vorliegt und ursprünglich zu lesen war : Nobilis Tu ! regum multorum copia rerum = Du Vornehme ! Vieler Könige Reichtum ! - Vgl. dazu S. 1 46 Z. 6 : imperatorum seu regum colonia. 77-" = Phars. I, 396. Lucan meint selbstverständlich den Genfer See. 7 8 Vgl. Isid., Etym. IX, 2, 94. 78 Zu beachten die Parallele zu Kap. I , 5 . so- 8 o Vgl. Cic . , De off. II, I 81 Vgl. oben I , 5 . u-a 2 V gl. Eccli. 1 1 , 27.
Gesta Frederici I, 8 - 1 0
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exhinc sine contradictione habuit ac strennue diebus non paucis rexit83• 9. Suscepit vero ex nobilissima compare sua Agnete duos filios, Fredericurn et Conradurn, et ipse 84post multa virtutum suarum insignia84 85 in senectute bona85 diem ultimum claudens s in monasterio Laureacensi in proprio fundo constructo a) ss humatus est. At supra nominatus Bertolfus, vacuum exhinc nomen ducis gerens87, id quasi hereditarium posteris reliquit ; ornnes enirn usque / ad presentem diem duces dicti sunt, nullum ducaturn habentes soloque nomine sine re participantes - nisi 10 quis ducaturn esse dicat comitatum inter Iurum et montem Iovis, quem post mortem ·willelmi comitis88 filius suus Conradus ab irnperatore Lothario suscepit, vel a ducatu Carentano, quem nurnquam habuerunt89, ducis eos nomine honorandos conten dat -, in aliis tarnen rerum et honoris non parva pollentes 1 5 magnificentia. 10. Mortuo Alemannarum duce Frederico, Agnetem ab ipso viduatarn frater suus Heinricus, imperatoris Heinrici filius, in sua suscepit eamque Leopaldo Orientali marchioni90, quod alias a nobis plenius dieturn est91, in uxorem dedit, filiis ipsius Fre - 20 derico quindecirn, Conrado92 duodecim annos habentibus. Porro Fredericus, qui maior natu erat, patri in ducaturn successerat93. Circa idern ternpus imperator Heinricus aput Leodium Belgice urbem diem obiit94, sepultisque ibidem intestinis eius, corpus in Gallie civitatern Spirarn deportatur ibique in ecclesia beate Dei 25 genitricis semperque virginis Marie95, quarn ipse miro et arti ficioso, sicut hodie cernitur, construxerat opere96, 97 iuxta patrem, avum imperatores cultu regio sepelitur97• Eique in regnum suc cessit filius suus Heinricus, in ordine imperatorum quartus, re gurn vero quintus. Hic armis strennuissimus totum imperium 30 ita in brevi sue subiecit ditioni, ut et omnes in Romano orbe a ) constructUDl AB. C.
83
Bis 1 1 05. Chronica II, 20, S . 1 60 Z . 29. Gen. 25, 8. 1 1 02 gegründet. 1 098 wurde Bertho1d diese Würde zuerkannt.
84 - 84 85 - 85 86 87
=
=
Tod Friedrichs von Schwaben
1 49
hatte seitdem ohne Anfechtung das Herzogtum Schwaben im Besitz und führte lange Zeit ein energisches Regiment83. 9. Seine hochedle Gemahlin aber schenkte ihm zwei Söhne, Fried rich und Konrad ; er selbst starb 84nach vielen Proben seiner hervors ragenden Eigenschaften84 85in gesegnetem Alter85 und wurde in dem auf eigenem Grund erbauten Kloster Lorch86 beigesetzt. Jener Bertholf aber führte seitdem nur den leeren Titel "Herzog" 87 und hinterließ diesen als Erbschaft seinen Nachkommen, denn sie heißen alle bis zum heutigen Tag Herzöge, ohne ein Herzogtum zu haben, 10 haben also nur teil am Titel ohne die Sache, man müßte denn die Graf schaft zwischen dem Jura und dem Großen St. Bernhard, die nach dem Tode des Grafen Wilhelm 88 Bertholds Sohn Konrad vom Kaiser Lotbar empfangen hat, als Herzogtum bezeichnen oder behaupten, man habe sie nach dem Herzogtum Kärnten, das sie niemals gehabt 1 5 haben, durch den Titel "Herzog" ehren wollen89 - aber im übrigen führten sie ein großartiges Leben in Reichtum und Ehren. 10. Nach dem Tode des Herzogs Friedrich von Schwaben nahm des sen Witwe Agnes ihr Bruder Heinrich , der Sohn Kaiser Heinrichs, in seine Obhut und gab sie dem Markgrafen Leopold von O sterreich 90 zur 20 Frau - worüber ich an anderer Stelle91 ausführlicher berichtet habe -, als ihre Söhne Friedrich 15 und Konrad92 12 Jahre alt waren. Der Ä ltere, Friedrich , folgte seinem Vater in der Herzogswürde93• Um dieselbe Zeit starb Kaiser Heinrich in der belgiseben Stadt Lüttich94• Während seine Eingeweide dort begraben wurden, brachte man seinen 25 Leib nach der gallischen Stadt Speyer und bestattete ihn 95 hier in der Kirche der seligen Gottesmutter, der immer jungfräulichen Maria, die er selber als wundervolles künstlerisches Bauwerk, so wie man sie heute sieht, errichtet hatte96, 97 mit königlichem Prunk neben seinem Vater und seinem Großvater, den beiden Kaisern97• Sein Nachfolger 3 0 wurde sein Sohn Heinrich , in der Reihe der Kaiser der vierte, unter den Königen aber der fünfte . Dieser, außerordentlich tüchtig im Waffenhandwerk, brachte in kurzer Zeit das ganze Reich in seine Gewalt, so daß alle Menschen in der römischen Welt das Joch der 88 v . Hochburgund, t l l 2 7 . 8 9 Berthold I . v o n Z ähringen h a t t e 1 0 6 1 unter d e r R egentschaft d e r Kaiserin Agnes das Herzogtum Kärnten erhalten .
9" 91 92 93 9' 95 96
Vater Ottos von Freising. Chronica VII,
9.
Der spätere König Konrad I I I . l l 05 - 1 1 4 7 . l l 06.
E rst 1 1 1 1 .
Vgl . Vita Heinrici c. l .
D7 -97
=
Chronica VII, 1 6 ,
S . 333
Z.
5 ff.
1 50
Gesta Frederici I, 1 0 - 1 2
[26/27]
positi subiectionis iugum humiliter portarent et vicini domina tionem eius suspectam habentes metu obrigescerent. l l . Quot ergo et quanta tarn Rome quam in Italia fortia gesserit, quia in priori dicta sunt historia98, supersedemus. Hoc tantum ad presens ponere sufficiat, quod, cum in summo statu 5 positus, omnibus Gallicanis 99 trepidantibus, castrum Barum con tra opinionem multorum f assultu cepisset ibique comitem Reinal dum comprehensum captivum abduxisset99, iuxta eiusdem comi tis arcem Munzun dietarn castra posuit. Quam in altissimo monte sitam naturaque locorum munitissimam dum nulla arte vel vi 10 capere valeret, patibulum erigi precepit, dicens, quod, nisi veloci ter castrum redderetur, comitem ipsum suspendio perimeret. Oppidani usque in alterum diem inducias petunt. Illa in nocte comitissa filium genuit. Itaque oppidani convenientes infantulo recenter genito sacramento fidelitatis astringuntur. Mane facto, 1 5 cum imperator a) ad deditionem castri oppidanos exposceret, dominoque illorum comite coram ducto, suspendium intermina retur, ipsi responderunt se propter mortem illius castrum reddere nolle, presertim cum novum dominum , quem illa nocte uxor eius sibi peperisset, haberent. Qua de re inflammatus princeps predic- 20 tum comitem ad patibulum trahi iussit. Cumque a principibus, qui aderant, ne id faceret, rogaretur, ipsoque in proposito perseve rante, a quibusdam , ut saltem divina animadversione a cepto desisteret, diceretur, turbato pre ira oculo, respondisse fertur : 1 Celum celi domino, terram autem dedit filiis hominum 1. Tandem 2s tarnen irrationabili motu defervescente, cunctorum precibus augustus inclinatus a mortis sententia animum revocavit pre dictumque comitem secum captivum ducens ad familiaria domi cilia rediit. 1 2 . Non multo post ipso in civitate Gallie Maguntia nuptias 30 cum multorum principum astipulatione magnifice celebrante 2, imperium , ut alibi a nobis profusius dieturn est, scinditur 3. Que scissura illo tempore tarn gravis fuit, ut preter Fredericum ducem fratremque suum 4 et Gotefridum palatinum comitem Rheni vix a)
folgt rursum
AB.
Chronica VI I , 14. 9o-u Vgl. Chronica V I I , 1 5 . 98
Kaiser Heinrich V.
151
Untertänigkeit willig trugen und die Nachbarn, die seiner Machtent faltung mißtrauisch gegenüberstanden, sich aus Furcht wie erstarrt still verhielten. 1 1 . Wie viele und wie große tapfere Taten er in Rom und in Italien s vollbracht hat, übergehen wir hier, da sie in dem früheren Geschichts werk geschildert sind98• Folgendes nur anzuführen, möge für j etzt genügen : Als er auf der Höhe seiner Macht stand und alle Welschen vor ihm zitterten, 99 eroberte er gegen die Erwartung vieler die Burg Bar( -le-Duc) im Stunn und führte den dort ergriffe nen Grafen Reginald 1 0 als Gefangenen mit sich 99 ; dann schlug er in der Nähe der Burg Mouzon sein Lager auf. Diese lag auf einem sehr hohen Berge und war durch ihre Lage von Natur außerordentlich gut geschützt. Da er sie weder mit List noch Gewalt nehmen konnte, ließ er einen Galgen errichten und erklärte, wenn die Burg sich nicht unverzüglich ergäbe, werde er 1 5 den Grafen selber hängen lassen. Die Burginsassen baten um Auf schub bis zum folgenden Tage. In dieser Nacht gebar die Gräfin einen Sohn. Nun versammelten sich die Burgbewohner und verpflichteten sich dem Neugeborenen eidlich zur Treue. Als dann am nächsten Morgen der Kaiser die Burgbewohner wieder zur Übergabe auffor20 derte und er ihren Herrn, den Grafen, vorführen ließ, während der Galgen drohend zwischen ihnen aufragte, da erklärten jene, sie woll ten die Burg nicht übergeben, um den Tod des Grafen zu verhindern, zumal da sie j a nun einen neuen Herrn hätten , den ihnen dessen Gemahlin in dieser Nacht geboren habe. Da befahl der Kaiser in 2s loderndem Zorn , den Grafen auf den Galgen zu ziehen . Obwohl die anwesenden Fürsten ihn baten, das zu unterlassen, beharrte er bei seinem Entschluß , und als einige sagten , er solle doch wenigstens im Hinblick auf die göttliche Strafe von seinem Vorhaben abstehen, soll er mit zorngetrübtem Blick erwidert haben : 1 Der Himmel gehört dem 30 Herrn des Himmels, die Erde aber hat er den Menschenkindern ge geben 1 . Schließlich aber kühlte sich seine Wut durch eine unergründ liche Regung ab, und der Kaiser ließ sich durch die allgemeinen Bitten erweichen und widerrief das Todesurteil . Indem er den Grafen mit sich führte, kehrte er dann auf seine Familienbesitzungen zurück. 35 1 2 . Nicht lange danach feierte er in der in Gallien gelegenen Stadt Mainz mit aller Pracht im Kreise zahlreicher Fürsten seine Vermäh lung 2, aber das Reich zerfiel, wie von uns an anderer Stelle geschildert ist 3. Dieser Zerfall war damals so schlimm, daß es außer dem Herzog Friedrich und seinem Bruder 4 sowie dem Pfalzgrafen bei Rhein, 1-1 Ps . l l 3 , 1 6 .
Mit Mathilde, der Tochter Heinrichs 1 . von England ; vgl. Ekkehard , Chron . , Rez. C a. 1 1 1 4 . 3 Chronica VII, 1 5 . • Konrad, der spätere König. 2
152
Gesta Frederici I, 1 2 - 1 3
[27/29]
aliqui ex principibus fuerint, qui principi suo non rebellarent. Quot et quanta ergo Fredericus Suevorum dux nobilissimus vel 5 imperatore presente vel in Italia morante 5 stilo tune digna a) gesserit, quia in multo f rum adhuc habentur memoria, sum matim dicemus. Ipse enim de Alemannia in Galliam transmisso 5 Rheno se recipiens totam provinciam a Basilea usque Mogon tiam, ubi maxima vis regni esse noscitur, paulatim ad suam inclinavit voluntatem. Nam semper secundum alveum Rheni descendens, nunc castrum in aliquo apto loco edificans vicina queque coegit, nunc iterum procedens, relicto priore, aliud muni- 10 vit ; ut de ipso in proverbio diceretur : 'Dux Fredericus in cauda equi sui semper trahit castrum . ' Erat autem predictus dux in bellis fortis, in negotiis ingeniosus, vultu et animo serenus, in sermone urbanus donisque tarn largus, ut ob hoc multitudo maxi ma militum ad eum confiueret seque ad serviendum illi ultro 1 5 offerret. 1 3 . Igitur omnibus circa Renum, ut supra dieturn est, ad nutum suum inclinatis, Maguntino archiepiscopo Alberto, om nium illius temporis regni principum versutissimo et locupletissi mo, eo quod predicte factionis caput et auctor fuerat, bellum 20 indixit 6, vastatisque cunctis in circuitu, taudem ipsam civitatem cum infinita multitudine militum ac piebis obsidione cinxit. Est autem predicta civitas magna et fortis super Rhenum posita et ex b) ea parte, qua Rhenum attingit, spissa et populosa, et c) ex alio latere rarum habitatorem habens vacua, muro tauturn forti, 25 non paucas turres habenti, circumdata. 7 Porrecta in inmensum in longitudine, in lato angustior. Necessitas locum signavit 7. Nam ex ea parte, qua Gallie contigua est, monte mediocriter in altum sublato artatur8 ; ex alio vero latere, qua Germaniam respicit, Rheno. Unde fit, quod circa Rhenum nobilibus templis et edi- Jo ficiis vestita sit et versus montem vineis aliisque usibus exposita. Vulgus, quod cum duce in obsidione fuit, ex illa parte, qua rara est civitas, predandi gratia eam assultu capere voluit. / Timens a ) d. t. A B . fehlt C.
b) c)
fehlt AB.
Herzog Friedrich II. von Schwaben unter Heinrich V.
1 53
Gottfried, kaum Fürsten gab, die sich nicht gegen den Kaiser empör ten. Wie viele und welch große der Schilderung würdige Taten der hochedle Herzog Friedrich von Schwaben damals 6 in Gegenwart des Kaisers oder, während dieser in Italien weilte 6, vollbracht hat, wollen 5 wir nun kurz berichten, denn sie sind noch vielen in Erinnerung. Nachdem er nämlich den Rhein überschritten und von Deutschland nach Gallien gegangen war, beugte er allmählich das ganze Gebiet von Basel bis Mainz , in dem bekanntlich die Hauptstärke des Reichs liegt, unter seinen Willen. Denn immer den Rhein hinabziehend, errichtete 1 0 er bald an einem geeigneten Platz eine Burg und unterwarf die Umge bung, bald verließ er die bisherige Burg und errichtete eine neue, so daß man von ihm sprichwörtlich sagte : "Herzog Friedrich schleppt am Schwanz seines Pferdes stets eine Burg hinter sich her . " Dieser Herzog war im Kampf mutig, in Geschäften einfallsreich, in Miene und 1 5 Gemüt heiter, seine Rede war höflich, und im Schenken war er so frei gebig, daß ihm deswegen eine große Menge von Kriegern zuströmte, die ihm freiwillig ihren Dienst anboten . 1 3 . Nachdem er sich, wie gesagt, das ganze Land am Rhein gefügig gemacht hatte, erklärte er dem Erzbischof Adalbert von Mainz, dem 20 verschlagensten und begütertsten aller damaligen Fürsten des Reichs, den Krieg, weil er Haupt und Urheber der erwähnten Spaltung ge wesen war 6 ; nachdem er die ganze Umgebung verwüstet hatte, schloß er schließlich die Stadt selbst mit einer ungeheuren Menge von Rittern und Volk ein . Diese am Rhein gelegene Stadt ist groß und stark und 25 auf der an den Rhein grenzenden Seite dicht bevölkert, auf der anderen Seite dagegen hat sie nur wenige Einwohner und ist nur mit einer starken Mauer mit vielen Türmen umgeben. 7 Die Stadt erstreckt sich in der Länge unendlich weit, in der Breite dagegen ist sie schmaler. Der Zwang der Lage hat der Stadt das Gepräge gegeben 7• Denn auf der 30 Gallien benachbarten Seite wird sie durch einen mäßig hohen Berg eingeengt8, auf der anderen, nach Germanien zu gelegenen Seite aber durch den Rhein. So kommt es, daß sie am Rhein mit herrlichen Kirchen und weltlichen Gebäuden ausgestattet, nach dem Berg zu dagegen mit Weingärten und anderen Nutzanlagen versehen ist. Das 35 gemeine Volk, das sich mit dem Herzog an der Belagerung beteiligte, wollte die Stadt von j ener Seite aus, wo nur wenige Leute wohnten, im Sturm nehmen , um sie auszuplündern . Aber der hochedle Herzog
•-•
Fast die gleichen Worte Chronica VII,
1 5.
1 l l 7 ; vgl. Ekkehard , Chron. a. 1 1 1 6 . 1 1 1 7 ; zu Adalbert vgl. P. Acht in LThK 21 , 1 22. 6
7- 7 8
Vgl. Hegesipp., De bello Iudaico III, 5. Vgl. ebda.
Gesta Frederici I, 1 3 - 1 4
1 54
[29/30]
autem nobilissimus dux, si irrationabili piebis furori talis daretur licentia, sanctorum forte loca direptioni et flamme exponi, ne voluntas illorum effectui manciparetur, summopere laboravit. At episcopus civitatis, fidei ducis non rectam recompensationem reddens, directis de civitate ad ipsum in dolo nuntiis treugam s postulat, diem, quando et ubi conveniant, petit, se ad gratiam imperatoris velle venire promittit, sicque ducem exercitum dimit tere, obsidionem solvere ac ita cum paucis ad propria redire per suadet. Episcopus solutam obsidionem, dimissum cernens exer citum, apertis portis, cum magna ducem insequens militia ex t o inproviso invasit a) . Dux cum suis, quos adhuc de tanto exercitu bl habebat, tune primo dolum sentiendo , non, ut assolet arma ex inproviso arripientibus c) accidere, mente turbatus, sed ex pre sentia hostium amplius ad virtutem animatus, arma sumit, in hostem d) ruit viriliterque pugnantibus Alemannis, tandem ex t s parte Franeorum comes Emicho9 , qui ceterorum primipilarins erat, letali10 sauciatus vulnere 10 occubuit 11 • Qua de re fracti ani mo Franci terga verterunt presidioque fuge se committunt. Quos fortissimus dux insecutus, occisis plurimis et captis, reli quos usque ad portas civitatis cum episcopo suo triumpho poti- 20 tus fugavit. Cives, qui parentes et amicos in illa cede amiserant, tanta cordis amaritudine affecti erant, ut pene in proprium episco pum velut huius concussionis auctorem irruerent. 1 4 . Idem etiam dux illustrissimus alia vice, dum predictus Albertus episcopus cum Lothario Saxonum duce aliisque prin- 2s cipibus in magna et valida militum manu castrum Lintburc 12 in territorio Spirensi situm obsidione clausisset et iam, oppidanis fame et inedia astrictis, castrum pene ad deditionem coegisset, militem colligens supervenit predictosque principes obsidionem solvere fecit. Fertur pretaxatos oppidanos, dum J fame laborarent, Jo 13 quid facto opus esset 13, consilium inisse ; dumque alii et alii sie et sie consulerent, Ulricum quendam de Horningen, natione a ) invadit AB.
b)
c)
d) •
folgt residuos AB.
corripientibus AB. hostemque A B . von Leiningen.
Friedrich Il. von Schwaben und Adalbert von Mainz
1 55
fürchtete, wenn er der unberechenbaren Wut des Volkes die Erlaubnis dazu gäbe, würden womöglich die Stätten der Heiligen der Plünde rung und Einäscherung preisgegeben, und setzte deshalb alles daran, daß der Wunsch dieser Leute nicht erfüllt werde. Doch der Bü;chof 5 der Stadt bezahlte die Redlichkeit des Herzogs nicht mit gleicher Münze, er schickte vielmehr, um ihn zu überlisten, aus der Stadt Boten an ihn, forderte einen Waffenstillstand und bat um Angabe von Ort und Zeit für eine Zusammenkunft, dabei versprach er, er wolle sich dem Kaiser unterwerfen ; dadurch veranlaßte er den Herzog, sein 1 0 Heer zu entlassen, die Belagerung aufzuheben und mit wenigen Leuten in sein Land zurückzukehren . Als aber der Bischof sah , daß die Bela gerung aufgehoben und das Heer entlassen war, ließ er die Tore öffnen, rückte dem Herzog mit einem großen Aufgebot nach und überfiel ihn unversehens . Der Herzog erkannte jetzt erst die List, aber er verlor IS nicht den Kopf, wie es sonst meist geschieht, wenn man unversehens die Waffen ergreifen muß, sondern wurde durch die Gegenwart der Feinde nur noch mehr zur Tapferkeit angespornt, ergriff samt den wenigen Leuten, die er von dem ganzen Heer noch bei sich hatte , die Waffen und stürmte gegen den Feind ; die Alemannen kämpften mannhaft, 20 und schließlich wurde auf Seiten der Franken Graf Emicho9, der An führer der übrigen, tödlich verwundet und starb 11• Dadurch entmutigt, machten die Franken kehrt und suchten ihr Heil in der Flucht. Der tapfere Herzog verfolgte sie, und nachdem viele niedergehauen oder gefangengenommen worden waren, jagte er die übrigen samt ihrem 25 Bischof siegreich bis zu den Toren der Stadt. Die Bürger, die bei diesem Blutbad Verwandte und Freunde verloren hatten , waren so erbittert, daß sie sich beinahe auf ihren eigenen Bischof als den Urheber dieses Unheils gestürzt hätten. 14. Derselbe erlauchte Herzog hat sich auch noch ein anderes Mal 30 hervorgetan ; als der oben erwähnte Bischof Adalbert mit dem Sach senherzog Lotbar und anderen Fürsten mit einem großen und starken Ritterheer die im Gebiet von Speyer liegende befestigte Burg Lim burg belagerte 12 und sie, da die Einwohner bereits Hunger litten, schon fast zur Ergebung gezwungen hatte, da zog er ein Heer zu35 sammen, kam überraschend über die erwähnten Fürsten und zwang sie zur Aufgabe der Belagerung. Die Bewohner sollen wegen der Hungersnot beratschlagt haben, 13 was zu tun sei l3 ; während die einen dies, die anderen j enes vorschlugen, soll ein gewisser Ulrich von 10 Verg . , Aen . I X , 580. " Vgl. Ekkehard, Chron . a. =
1 2 1 1 1 6.
1 1 17.
1 3 - 1 3 Sehr gebräuchliche Redensart, vgl. die Nachweise in Lamperti monachi Hersfeldensis opera, ed. 0. Holder- Egger, S S . rer. Germ . ( 1 894) S. 4 6 1 und unten c. 1 9 , s. 1 60 z. 1 5 .
156
Gesta Frederici I, 1 4 - 1 7
[ 30/3 1]
Alemannum, vi mentis corporisque proceritate insignem, dixisse melius fore, ut pingues monachi - nam monachorum cenobium in eodem castro positum erat - ederentur, quam castrum propter ciborum inopiam hostibus traderetur. Quo dicto cognito monachi perculsi cibaria, que reposita habebant, publicaverunt cunctos- 5 que ibidem manentes milites usque ad Iiberationern castri in his quibus poterant alimentis paverunt. Quid plura 1 Pretaxatus dux, ut breviter dicam , per omnia patrem induens, tarn fidus principi miles, tarn utilis avunculo amicus exstitit, ut sua virtute honorem regni labefactaturn viriliter contra hostes tarn diu 10 decertando a) sustentaret, donec membra a capite b) dissidentia ad gratiam principis veniendo 14ad cor redirent14• Accepit autem Heinrici Noricorum ducis filiam 15 in uxorem, ex qua post modum Fredericum gloriosissimum, qui inpresentiarum impe rator est, et Iuditam, que modo Matheo Lotharingiorum duci 1 5 copulata noscitur, genuit. 1 5 . Imperator Heinricus, revocatis in pacem qui erant ei oppositi c) principibus, libere potitus imperio, aput inferius 16Traiectum Fresie urbem in pentecoste curiam celebravit l7• Ubi morbo correptus, rebus humanis exemptus 18, sepultisque ibidem 20 interioribus, per ripa.m Rheni ad superiora deportatus in civitate Spira patribus suis appositus est 16• 1 6 . At imperatrix Mathildis, Heinrici regis Anglorum filia, regalia irt potestate sua habebat. Quam predictus Albertus Magun tine ecclesie archiepiscopus ad se vocavit falsisque promissionibus 25 ad sibi tradenda regalia induxit l9• 1 7 . Igitur Albertus - nam id iuris, dum regnum vacat, Ma guntini archiepiscopi ab antiquioribus esse traf ditur - principes regni in ipsa civitate Maguntina tempore autumnali convocat, malorumque a duce Frederico sibi illatorum haut inmemor, cum 30 predictus dux ad regnum a multis exposceretur, ipse Lotharium ducem Saxonum, virum tarnen ex probitatis industria omni honore dignum, plus familiaris rei, quantum in ipso erat, quam communi commodo consulens, in regem a cunctis qui aderaut principibus eligi persuasit 20. Que res Iandabiliter facta gravissime 35 a ) d. t. diuAB.
b)
folgt suo AB.
c) ei
opp. erant AB .
Tod Heinrichs V.
1 57
Hornungen, ein Schwabe von hervorragender Schlauheit und Körper größe, gesagt haben , es sei besser, die fetten Mönche - in der Burg lag nämlich ein Mönchskloster - zu verspeisen, als die Burg wegen des Mangels a,n Eßbarem den Feinden zu übergeben. Als die er5 schrockenen Mönche diesen Ausspruch erfuhren, gaben sie die Nahrungsmittel, die sie aufgespeichert hatten, heraus und ernährten nun mit diesen Speisen, wie sie konnten, alle sich dort aufhaltenden Krieger bis zur Befreiung. Und weiter ? Um mich kurz zu fassen : der genannte Herzog schlug ganz nach seinem Vater, er war dem Kaiser to ein so treuer Vasall, dem Oheim ein so nützlicher Freund, daß er mit seiner Tüchtigkeit das erschütterte Ansehen des Reichs durch seinen mannhaften Kampf gegen dessen Feinde so lange aufrechterhielt, bis die mit ihrem Haupt zerfallenen Glieder durch Unterwerfung unter den Kaiser 14in sich gingen 14. Er empfing aber die Tochter des Herzogs 1 5 Heinrich von Bayern 15 zur Gemahlin, die ihm später den ruhmreichen Friedrich, den gegenwärtigen Kaiser, und Judith gebar, die j etzt mit dem Herzog Matthäus von Lothringen verheiratet ist. 1 5 . Nachdem sich Kaiser Heinrich mit den oppositionellen Fürsten ausgesöhnt und die unbeschränkte Herrschaft über das Reich ge20 wonnen hatte , feierte er zu Pfingsten 17 in der friesischen Stadt Utrecht einen Hoftag. Hier erkrankte er und starb 18• Während seine Ein geweide dort bestattet wurden, wurde er den Rhein entlang ins Oberland gebracht und in Speyer neben seinen Vorfahren beigesetzt. 16. Aber Kaiserin Mathilde, die Tochter des englischen Königs 25 Heinrich, hatte die Reichsinsignien in ihrer Gewalt. Der oben er wähnte Mainzer Erzbischof Adalbert lud sie zu sich und bewog sie durch heuchlerische Versprechungen, sie ihm zu übergeben 19• 1 7 . Adalbert berief nun die Fürsten des Reiches - denn dieses Recht hat nach alter Ü berlieferung der Mainzer Erzbischof, wenn der 30 Königsthron vakant ist - zum Herbst nach Mainz, und als nun von vielen Herzog Friedrich als König gefordert wurde, setzte er, ein gedenk der ihm vom Herzog zugefügten Unbill, durch, daß Herzog Lothar von Sachsen von allen anwesenden Fürsten zum König ge wählt wurde 20 ; dieser war wegen seines Strebens nach Rechtschaffenheit u- a V gl. Is. 48, 8 .
Judith, Tochter Heinrichs d. Schwarzen v. Bayern. 1 7 l l 25 Mai 1 7 . V gl. Chronica VII, 1 6 . 1 8 l l 25 Mai 23. Die in den letzten Jahren von Heinrichs V. Regierung unver. minderten Schwierigkeiten und die Beschränkung seiner Herrschaft werden hier, ähnlich wie in der Chronik, verschwiegen . Vgl. auch oben I, 10 die ähnlichen Worte über Tod und Begräbnis Heinrichs IV. 1 0 Nach Ekkehard, Chron. a. l l 25 ließ Heinrich V. die Insignien auf den Trifels bringen. 2• V gl. Chronica VII, 1 7 . 15
16-16
1 58
Gesta Frederici I, 1 7 - 1 8
[31/32]
tarnen seisaure seminarium denuo fuit. Nam predictus princeps consilio eiusdem Alberti Maguntini episcopi, iuxta quod dicitur : 21 Non missura cutem nisi plena cruoris hirudo 21, nondum odio in heredes imperatoris Heinrici satiati, Fredericum ducem fratrem que suum Conradum persequitur 22• Cuius rei gratia castrum 5 Noricum, ubi ipsi presidia posuerant et tamquam iure hereditario possidebant 26, adiuncto sibi Boemorum duce Ulrico 23 et Baioa riorum Heinrico 24 obsidione clausit 25• Dux autem Boemorum, eo quod barbari, qui cum ipso venerant, 27 nec Deum timentes nec hominem reverentes 27, omnia vicina depopulando nec etiam 1 0 ecclesiis parcerent 28, a principe post aliquod tempus redire per missus est. 1 8 . Itaque Fredericus dux fraterque suus Conradus militem colligunt ac data oppidanis die ac signo ipsi quadam die cum militia sua castro appropinquant. Quod videntes oppidani, leti- 15 tiam cordis dissimulare non valentes, in voces magnas et cantus prorumpunt. Princeps, tutius iudicans alio in tempore prefatum castrum obsidione cingere quam infide fortune fidei se incaute committere, obsidionem solvit ac per Bavenberc transiena in civitatem Herhipolim se contulit. Oppidani cum ingenti clamore 20 descendentes castra iam vacua irruunt et , si qua ibi remanserant, diripiunt dominosque suos J cum magna letitia suscipientes in castrum ducunt. Duces oppidum ipsum victualibus aliisque necessariis muniunt ; sicque regem insequentes, illo in civitate manente, tyrocinium, 29 quod vulgo nunc turnoimentum dicitur 29, 25 cum militibus eius extra exercendo usque ad muros ipsos progre diuntur. Post hec Rhenum transeunt in Spirensique civitate, cuius populus eos ob fidelitatem imperatorum, qui ibidem humati 2 1 -21 = Horat., Serm. III, 476. 22 Die Parteinahme für die Staufer verführt hier Otto zu einer falschen Dar·
stellung. Ursache der Auseinandersetzung war der Streit um das salische Erbe, unter dem sich zahlreiches Reichsgut befand. Heinrich V. hatte Friedrich von Schwaben nach Ekkehard, Chron. a. 1 1 25 auf dem Sterbebett zum Erben ein gesetzt. - Zu Lothar vgl. jetzt auch H . -W . Vogt, Das Herzogtum Lothars von Süpplingenburg, Qu. u. Darstellungen z. Gesch. Niedersachsens 57, 1 958 ; K. Jordan, Herzogtum und Stamm in Sachsen während des hohen Mittelalters, Nieders. Jb. 30, 1 958.
Wahl Lotbars III.
-
Verfolgung der Staufer
1 59
j eder Ehre würdig, aber, so weit es an ihm lag, mehr bedacht auf seine Privatinteressen als auf das allgemeine Wohl. Diese löblich vollzogene Wahl war aber der Keim zu neuerlichen schweren Zer würfnissen. Denn auf Betreiben des Mainzer Bischofs Adalbert, dessen 5 Haß gegen die Erben Kaiser Heinrichs noch nicht gesättigt war, ent sprechend dem Spruch : 21 Nicht läßt der Egel die Haut, als bis er vom Blute geschwollen 21, verfolgte der König den Herzog Friedrich und seinen Bruder Konrad 22• Deshalb verband er sich mit den Her zögen Ulrich 23 von Böhmen und Heinrich von Bayern 24 und belagerte 1 0 die Festung Nürnberg 25, in die jene eine Besatzung gelegt hatten und die sie gleichsam nach Erbrecht besaßen 26• Dem Herzog von Böhmen aber wurde nach einiger Zeit erlaubt abzuziehen, denn die Barbaren, die mit ihm gekommen waren, plünderten 27 ohne Gottesfurcht und Menschenachtung 27 die ganze Umgegend und verschonten nicht ein15 mal die Kirchen 28 • 1 8 . Deshalb zogen nun Herzog Friedrich und sein Bruder Konrad ein Heer zusammen, und nachdem sie den Einwohnern den Tag und das kennzeichnende Feldzeichen angegeben hatten, rückten sie eines Tages mit dem Heer vor die Burg. Als die Bürger das sahen, konnten 20 sie ihre Herzensfreude nicht verbergen, brachen in laute Rufe aus und stimmten Lieder an. Da hielt es der Herrscher für gefahrloser, die Stadt einmal zu anderer Zeit zu belagern, als sich unvorsichtig der unzuverlässigen Gunst des Schicksals anzuvertrauen ; er hob daher die Belagerung auf und zog über Bamberg nach Würzburg. Die 25 Nürnberger stürmten nun mit gewaltigem Geschrei hinunter, brachen in das bereits leere Lager ein und plünderten, was darin etwa zurück gelassen worden war ; mit lautem Jubel empfingen sie ihre Herren und geleiteten sie in die Burg. Die Herzöge belieferten nun die Stadt mit Lebensmitteln und anderen notwendigen Vorräten , dann zogen 30 sie dem König nach, und während sich dieser in der Stadt (Würzburg) aufhielt, rückten sie bis unmittelbar vor die Mauern und veran stalteten draußen mit ihren Rittern ein Kampfspiel, 29 das man j etzt gewöhnlich Turnier nennt 29 ; dann zogen sie über den Rhein und legten eine Besatzung in die Stadt Speyer, deren Bevölkerung sie in 23 24 2• 26
Sobeslaw. Heinrich d. Stolze. 1 1 27.
Das Reichgut Nürnberg hatten die Staufer nach dem Aussterben der Salier gleichsam als salisches Erbe in Besitz genommen. 2 7 - 2 7 Vgl. Luc. 1 8, 2.4. 28 Als ausgemachte Plünderer werden die Böhmen auch im Carmen de bello Saxonico dargestellt ; vgl. Quellen zur Gesch. Heinrichs IV., Freiherr vom Stein· Gedächtnisausgabe 1 2, 1 84. 2 '- 2' Vgl. unten IV, l l .
1 60
Gesta Frederici I, 1 8 - 20
[3 2/33]
sunt, tamquam eiusdem sanguinis eonsortes, devote suseeperat, presidia eolloeant. Quam prineeps iuneto sibi Alberto Maguntino obsidione eireumdat multosque ibi dies eonsumens prevalere tune non potuit ao . 1 9. Porro Heinrieus Norieorum dux, supra nominati Heinriei 5 dueis filius, ob gratiam prineipis, euius filiam Gerdrudim noviter in uxorem duxerat, Frederieo duei, haut memor affinitatis, que ex eopula sororis sue Iudithe inter ipsos erat, bellum indieit ; eoadunatoque ex Baioaria non parvo milite Alemanniam ingres sus non longe a Danubio super fiuvium Werenza dieturn taber- 1 0 naeula loeavit a) 31 • Quo eomperto sepe dieti duees etiam ipsi militem eolligunt nee longe ab eo eastra metantur. At dux Nori eorum missis exploratoribus, quod hostium robur sit, inquirit. Quibus redeuntibus et ea que viderant enarrantibus suos con suluit, 32 quidque facto opus sit 32, requirit hl . Illi incautum fore, 1 5 si hostes expectentur, iudicantes fugam consulunt. Tanta ergo cum festinatione Norici hostes tamquam sibi iam imminentes declinaverunt, ut pontis angustias suspeetas habendo infidis predieti amnis procellis, qui ex multitudine ymbrium plus solito excreverat, incaute se committerent, ipsoque non tarn trans- 20 vadando quam trans J natando periculose transmisso, ad propria cum rubore remearent. 20. Alio inde c) tempore predictus dux Heinricus Alemanniam ingressus ad propria ibi domicilia se contulit. Erat enim natione Alemannus, ex anti qua et nobilissima Guelforum familia originem 25 trahens ac per hoc multas possessiones ex ea parte, qua Pyreneos montes attingit Alemannia, iure hereditario habens 33, vir per omnia laudabilis, tarn animi quam generis nobilitate insignis, in hoc solo facto tauturn reprehensibilis. Missis itaque legatis ad Fredericum ducem Suevorum eum amice tamquam sororis sue 30 mariturn monet, ut ad gratiam principis redeat, durum esse dicens quempiam quantumcumque magnum vel probum principem totius imperii pondus solum sustinere ; addit etiam huius negotii
a ) castra posuit AB.
b) c)
perquirit AB. itidem AB.
161
Heinrich der Stolze bekämpft die Staufer
ihrer Treue gegen di e dort bestatteten Kaiser gleichsam als Bluts verwandte untertänig aufgenommen hatte. Der König schloß im Bunde mit Adalbert von Mainz die Stadt ein, aber obwohl er lange Zeit dort verweilte, vermochte er keinen Erfolg zu erringen 30• 5 19. Ferner eröffnete Herzog Heinrich von Bayern, der Sohn des oben genannten Herzogs Heinrich, den Kampf gegen Herzog Fried rich ; er tat dies dem König zuliebe, dessen Tochter Gertrud er vor kurzem geheiratet hatte, ungeachtet der Verwandtschaft, die ihn mit Friedrich durch dessen Vermählung mit seiner Schwester Judith verI O band ; nachdem er ein starkes Aufgebot aus Bayern zusammen gezogen hatte, rückte er in Schwaben ein und schlug am Flusse Wernitz in der Nähe der Donau seine Zelte auf 31• Als dies die oft genannten Herzöge erfuhren, sammelten sie ihrerseits ein Heer und lagerten sich nicht weit davon. Nun schickte der Herzog von Bayern 1 5 Kundschafter aus und ließ die Stärke der Gegner feststellen . Als diese zurückkehrten und berichteten, was sie gesehen hatten, zog er seine Leute zu Rate und fragte sie, was zu tun sei 32• Diese erklärten es für unvorsichtig, die Feinde zu erwarten, und rieten zur Flucht. Da wichen die Bayern vor den Feinden, als ob diese schon angegriffe n 20 hätten, mit solcher Hast, daß sie sich, der schmalen Brücke nicht trauend, unvorsichtig den gefährlichen Strudeln des Flusses, der in folge vieler Regengüsse noch ungewöhnlich stark angeschwollen war, anvertrauten ; nachdem sie ihn mehr schwimmend als watend unter Lebensgefahr überquert hatten , kehrten sie mit Schande in ihr Land 25 zurück. 20. Noch ein anderes Mal rückte der besagte Herzog Heinrich in Schwaben ein und begab sich auf seine dortigen Besitzungen. Er war nämlich ein Alemanne aus dem alten, vornehmen Geschlecht der Welfen und hatte deshalb nach Erbrecht in dem Teil Alemanniens, 30 der an die Alpen grenzt, viele Besitzungen 33 ; er war in j eder Bezie hung rühmenswert und zeichnete sich durch Vornehmheit der Ge sinnung wie des Geschlechtes aus, nur in folgendem war er zu tadeln : Er schickte nämlich Boten an Herzog Friedrich von Schwaben und mahnte ihn als den Gatten seiner Schwester freundschaftlich, sich 35 dem Herrscher zu unterwerfen, denn es sei schwer, so sagte er, für einen Herrscher die Last des Reichsregiments allein zu tragen und sei er auch noch so groß und tüchtig ; er fügte noch hinzu : wenn er seinen
30
1 1 28. 1 1 27 . s2 Vgl. oben S . 1 55 Anm. 1 3 . 8 3 Vgl. jetzt auch H. Büttner, Staufische Territorialpolitik i m 1 2. Franken 47, 1 963. Sl
Jh . ,
Württ.
Gesta Frederici I, 20
1 62
[33/ 3 4]
se, si monitis eius aequieseere vellet, fidum fore mediatorem. Ubi ergo et qua die simul eonveniant oreque ad os de hoe familiarius eonferant, monasterium quoddam Zwivelton dieturn eonstituitur. Dux Frederieus nil perperam exspeetans ad predietum loeum eum paueis venit. Ille vero 34 non simplieiter ambulans 34, quo 5 loeo noete eubare vellet, latenter exploravit. Itaque sole ad inferius hemisperium deseendente, eum tenebrosis mentibus tenebrarum opportunitas se offerret, eubieulum, in quo dux iaeebat, eireumdatur, et quod non amieus, sed ut hostis advenerit, re et voee aperitur. Quid faeeret ? Quo se verteret ? Arma eor- 10 riperet 1 Sed pene nullum, quo iuvaretur, habuit. Fugeret ? Sed nullum eubieuli meatum seiens fuge presidium non invenit. Dolum itaque eognoseens ad divine tantum gratie se vertit adiu torium. Qua opitulante / per abdita quedam eubieuli penetralia tune sibi prima quasi eelitus ostensa eeclesiam introivit, turrim, 1 5 que eeelesie eontigua erat, aseendit. Rostes eubieulum irrumpunt et non invento duee claustra etiam monaehorum ingrediuntur, eunetas a) offieinas ipsorum ferro perscrutantur. Phebo ab inferis redeunte superioremque eris regionem illuminare incipiente vicini quique fideles ducis, tarn teterrimo cognito facto, aggre- 20 gatim in adiutorium eius advolant. Hostibus adhuc secretiora elaustri rimantibus ignemque minantibus, Fredericus suos de turre adventare prospiciens, iam securus factus, Heinricum du cem exposcit eumque sie affatur : 'Contra fas, hone dux, fecisti, qui me in pace voeatum, pacis non ferens signa, inimicum te po- 25 tius quam amicum ostendisti ; nee te ab hoc facto proprie fame revoeavit honestas nec carnis, qua coniungimur, affinitas. 35 Ne autem malum pro malo reddere 36 videar, te tamquam amicum fideliter ammoneo, ne fideles meos, quos undique adventare eerno, expeetes' . Exeusatur tarnen a quibusdam hoc factum ducis Jo non solum ex hoc, quod eo in tempore inimiei fuerunt, iuxta illud : 36 Dolus an virtus quis in haste requirat ? 36, sed et b ) ex eo,
a ) cunctasque AB.
b)
fehlt G.
u - u vgl. Prov. l0, 9 ; 1 1 , 20 ; 28, 1 8 .
Überfall Herzog Heinrichs in Zwiefalten
1 63
Mahnungen Gehör schenken wolle , werde er dabei ein zuverlässiger Ver mittler sein . Man vereinbarte nun, wo und wann man sich treffen wolle, um vertraulicher von Mund zu Mund sich darüber auszusprechen, und einigte sich auf das Kloster Zwiefalten. Herzog Friedrich kam, nichts s Böses ahnend, mit wenigen Begleitern dorthin . Heinrich dagegen, 34 nicht
ohne Hintergedanken wandelnd 34, erkundete heimlich, wo j ener über nachten wollte. Als nun die Sonne zur unteren Hemisphäre hinabsank und so die Finsternis seinen finsteren Plänen eine günstige Gelegen heit bot, da umstellte er das Gemach, in dem der Herzog lag, und nun
1 0 wurde durch das Geschehen und durch Rufe klar, daß er nicht als
Freund, sondern als Feind gekommen war . Was sollte er tun ? Wohin sollte er sich wenden ? Sollte er zu den Waffen greifen ? Aber er hatte ja fast niemanden, der ihm beistehen konnte . Sollte er fliehen ? Aber da er keinen Ausgang aus dem Gemach kannte, fand er keine Mög15 lichkeit, sich durch die Flucht zu retten . Den böswilligen Anschlag nun erkennend, wandte er sich allein an den Beistand der göttlichen Gnade . Durch deren Hilfe kam er durch eine versteckte Tür des Raumes, die ihm j etzt erst wie vom Himmel gezeigt ward, in die Kirche und stieg auf den sich an die Kirche anschließenden Turm. 20 Die Gegner stürmten in das Schlafgemach, und als sie den Herzog nicht fanden, drangen sie auch in das Mönchskloster und durch suchten mit dem Schwert alle Wirtschaftsräume . Als Phöbus aus der Unterwelt zurückkehrte und den oberen Luftraum zu erhellen begann, eilten alle Getreuen des Herzogs aus der Umgebung, die von dieser 25 abscheulichen Tat gehört hatten, in Scharen herbei, um ihm zu helfen . Während die Feinde noch die inneren Räume des Klosters durch suchten und sie in Brand zu stecken drohten, fühlte sich Friedrich, als er vom Turm aus seine Anhänger herankommen sah , bereits sicher, er forderte den Herzog Heinrich heraus und redete ihn folgen30 dermaßen an : "Du hast, mein guter Herzog, unrecht getan , hast du mich doch in Frieden gerufen, ohne das Banner des Friedens zu tra gen , und hast dich eher als Feind denn als Freund erwiesen, und weder die Rücksicht auf deinen eignen ehrbaren Ruf noch die Bluts verwandtschaft, die uns verbindet, hat dich von diesem Anschlag 35 abgehalten. 36 Um aber nicht Böses mit Bösem zu vergelten 36, er mahne ich dich treulich wie einen Freund, meine Getreuen , die ich
von allen Seiten herankommen sehe , nicht abzuwarten . " Manche aber entschuldigen diesen Anschlag des Herzogs nicht nur damit, daß sie damals Feinde waren, nach dem Wort : 36 0b List oder Tapferkeit, 40 wer wird beim Feind danach fragen ? 36, sondern auch damit, daß er
ao-••
a1-a1
Vgl. 1. Petr. 3, 9 . Verg., Aen. I I , 390. =
1 64
Gesta Frederici
I, 20 - 2 1
[3 4/35]
quod pro fidelitate regni et rei publice quietem a) principi eum tradere pacemque imperio instaurare volens hoc fecerit. 2 1 . Dissensio igitur inter Fredericum ducem Lothariumque imperatorem pene per decem annos protracta b) imperium quies cere non permisit. Qualiter autem ad ultimum pacatum fuerit, 5 et quot et quanta virtutum insignia Lotharius reliquerit, in priore historia dieturn 37 sufficiat. Verum silentio preterire nolu mus, quod predictus princeps adversam nimis circa regni prim ordia fortunam sensit. Quidam enim Otho Maravie eomes f duca turn Boemie affectans 38 principem adiit 39 eique magnam peeu- 10 niam promittens ad hoe, ut Boemiam seeum intraret ibique eum dueem erearet, inclinavit. Quod Ulricus, qui eundem ducaturn tune forte habebat, impedire volens nullo principem obsequio a cepto revocare potuit. Igitur rex Saxoniam intrans militem in staurat dueensque seeum Othonem claustra silvarum, que Boe- 1 5 miam et Saxoniam seiungunt, hiemali tempore ingreditur. Dux autem Boemie Ulricus in ipsis silvarum abditis locis, septis undique silvis, super amniculum quendam 40 castra posuit. Rex cum suis propter nimietatem nivium a recta via exorbitans ac per devia silvarum oberrans ad predictum amnem forte venit, 20 suis vie labore nimio et inedia exhaustis quiescere volentibus ; barbari turbatum cernentes amnem hostes in proximo esse presen tiunt ex inprovisoque supervenientes Saxones, qui in prima acie erant, iam per nives deambulando fatigatos invadunt ac paucis per fugam elapsis, quibusdam captis, ceteros crudeliter occidunt 41 • 25 Videns hoc princeps suisque ex angustia viarum nullum presi dium ferre valens, sevissima mentis amaritudine perculsus, rerum tarnen, quas ab adolescentia gesserat, ac antique virtutis memo ria quasi celesti rore repletus in collem quendam cum paucis, quos adhuc residuos habebat, se recepit. Quem prefatus dux, suis 30 AB. C ; könnte viell. adjektivisch aufgejaßt werden. b) pertracta C. Chronica VII, 1 7 ff. 38 Otto v. Olmütz war als Bruder des Königs Swatopluk von Böhmen ( 1 1 07 bis 1 1 09) nach dessen Ermordung bereits mit Einwilligung Heinrichs V. kurze Z eit Herzog von B öhmen gewesen, bevor er zu Gunsten Wladislaws zurücktrat. Nach Wladislaws Tod konnte Otto daher ältere Ansprüche geltend machen als der ohne Einwilligung Lothars erhobene Sobeslaw, der Bruder Wladislaws. V gl. zu diesem Feldzug D. Schäfer, in Hist. Aufsätze K. Zeumer dargebracht 1 9 1 0.
a)
37
so
-
Lotbars III.
Niederlage in Böhmen
1 65
dies aus Treue zum Reich und um der Ruhe im Staate will e n getan habe in der Absicht, den Herzog dem Kaiser auszuliefern und im Reich Frieden zu stiften . 2 1 . So zog sich der Zwist zwischen Herzog Friedrich und Kaiser 5 Lotbar fast zehn Jahre hin und ließ das Reich nicht zur Ruhe kom men. Wie aber schließlich der Friede zustandekam und wie viele bedeutende Denkmale großer Taten Lothar hinterlassen hat, habe ich in dem früheren Geschichtswerk erzählt 37, und das möge genügen. Aber wir wollen doch nicht mit Stillschweigen übergehen, daß der 10 Kaiser im Anfang seiner Regierungszeit ein überaus widriges Schick sal zu spüren bekam. Ein gewisser Otto nämlich , Graf von Mähren, der nach der Herzogswürde von Böhmen strebte 38, wandte sich an den Herrscher 39 und machte ihn dadurch, daß er ihm eine große Summe Geldes versprach, geneigt, mit ihm nach Böhmen zu ziehen 15 und ihn dort zum Herzog zu erheben. Ulrich , der damals das Herzog tum zufällig innehatte, wollte das verhindern, vermochte aber den Kaiser durch keine Versicherung seiner Untertänigkeit von seinem Vorhaben abzubringen . So zog der König nach Sachsen und rüstete dort ein Heer aus ; dann rückte er mit Otto zusammen im Winter in 20 die undurchdringlichen Wälder ein, die Böhmen von Sachsen tren nen. Der Böhmenherzog Ulrich aber errichtete an einer abgelegenen, rings von Wäldern umgebenen Stelle des Gebirges an einem Bach 40 ein Lager. Der König aber kam mit seinen Truppen wegen der ge waltigen Schneemassen vom rechten Wege ab und irrte durch das 25 weglose Bergland ; dabei kam er zufällig an das Flüßchen, und seine Leute, die durch die harten Strapazen und durch Hunger erschöpft waren, wollten rasten . Als die Barbaren an der Trübung des Flüß chens sahen, daß die Feinde in nächster Nähe waren, fielen sie unver sehens über sie her und griffe n die Sachsen an, die den ersten Heer30 haufen bildeten und durch das Umherirren im Schnee erschöpft waren ; nur wenige von ihnen konnten sich durch die Flucht retten, einige wurden gefangengenommen, die übrigen aber grausam nieder gemacht 41. Als der König das sah , seinen Leuten aber wegen der schmalen Wege keine Hilfe bringen konnte, da ergriff ihn tiefste Be3 5 trübnis, aber im Gedenken an seine Leistungen von Jugend an und seine alte Mannhaftigkeit, zog er sich, wie von himmlischem Tau er quickt, mit den wenigen, die er noch übrig hatte, auf einen Hügel zurück. Diesen hielt der Herzog gleichsam eingeschlossen, indem er 39 1 1 25.
40
Nach Schäfer die Te1lnitz bei Culm. 1 1 26 Febr. 1 8. Da an Lotbars Zug vorwiegend Sachsen teilnahmen, hatte deren Adel besonders hohe Verluste, wodurch die Machtstellung des sächsischen Herzogs entscheidend begünstigt wurde. 41
166
Gesta Frederici I, 2 1 - 23
[35/36]
in circuitu positis magnarumque arborum iactu et clausura reditum negantibus, tamquam clausum tenuit. Tandem Hein rico Saxonie marchione 42, qui de sorore ducis natus cum rege advenerat, mediante ad pedes imperatoris satisfactionem offerens humiliter dux venit hominiumque sibi cum sacramento fidelitatis s exhibens ducaturn ab eo suscepit, captivos reddidit ; sicque princeps, portatis secum eorum qui nobiliores erant funeribus, cum multo merore rediit. f 22. Inter ceteros nobilissimus marchio Saxonie Albertus 43 cap tus fuerat. Tanta vero strages Saxonum et precipue nobilium et 10 illustrium virorum ibi facta fuit, ut perpetui odii inter Saxones et Boemos fomes tune accensus nondum extinctus sit 44• Otho quoque, qui huius concussionis auctor fuerat, ambitionis sue penas luens ibidem necatus est. Sed, ut dicitur : 45 Flebile prin cipium melior fortuna sequetur 46, sie et hunc principem melior 1 s fortuna secuta ad tauturn apicem provexit, ut, sedatis omnium tempestatum motibus, cum triumpho et victoria de Italia rediens in ipsis montibus vivendi fecerit finem a) 46• Verum Fredericus dux, mortua uxore sua Iudita dissensionis tempore 47, Frederici comitis de Sarburc, fratris Alberti episcopi 48, filiam Agnetem in 20 uxorem duxit ; ab eaque Conradum, qui palatinus comes Rheni 49 nunc esse noscitur, et Clariciam Lodewici Turingie comitis uxorem accepit. 23. Defuncto imperatore Lothario ac in monasterio Lutre 50, (23) quod in eins proprio fundo situm est, humato, principes regni 2s aput Gallie oppidum Confluentiam, ubi Mosella Rhenum infinit, conveniunt et de eligendo principe consilium ineunt 51• Igi tur Conradus Frederici ducis frater ab omnibus qui aderaut
a ) finem fec. AB.
n
Heinrich von Groitsch, der allerdings erst 1 1 3 1 die sächsische Mark erhielt. Albrecht d. Bär, 1 1 23 - 1 1 3 1 Markgraf der sächsischen Ostmark (Lausitz) . " In Wirklichkeit waren die Spannungen zwischen Sachsen und Böhmen natürlich älter, sie entzündeten sich vor allen Dingen immer wieder durch das böhmische Interesse an Meißen. • • -.. = Ovid . , Met. VII, 5 1 8 ; vgl. oben Vorrede S. 1 1 8, unten IV, 22. 48
Tod Lotbars III.
-
Wahl Konrads III .
167
seine Leute rings u m ihn aufstellte und jenen durch Wegsperren aus großen Bäumen, die er fällen ließ, den Rückzug abschnitt. Schließlich griff der Markgraf Heinrich von Sachsen 42, der, ein Schwestersohn des Herzogs, mit dem König gekommen war, als Vermittler ein ; der 5 Herzog warf sich demütig dem König zu Füßen und bot ihm Genug tuung an ; er leistete ihm Mannschaft und Treueid, empfing von ihm das Herzogtum und gab die Gefangenen zurück. Dann kehrte der Kaiser in tiefer Trauer zurück und führte die Leichen der Edlen mit sich. 10 22 . Unter anderen war der hochedle Markgraf Albrecht von Sachsen 43 gefangengenommen worden. Außerdem aber waren dort die blutigen Verluste der Sachsen, insbesondere unter den erlauchten Männern, so schwer, daß der dauernde Haß zwischen Sachsen und Böhmen, der sich damals entzündete, heute noch nicht erloschen 1 5 ist 44• Auch Otto, der Urheber dieses Unheils, büßte dort seinen Ehrgeiz durch den Tod. Doch nach dem Wort : 45Tränenreichem Be ginn wird besseres Schicksal folgen 45, erblühte auch dem Kaiser ein besseres Schicksal : es erhob ihn zu solcher Höhe, daß er nach Bei legung all der schweren Unruhen, als er siegreich aus Italien zurück20 kehrte, noch in den Bergen starb 46• Herzog Friedrich aber heiratete nach dem Tode seiner Gemahlin Judith noch in der Zeit des Zer würfnisses 47 Agnes, eine Tochter des Grafen Friedrich von Saarburg, eines Bruders des Bischofs Adalbert 48 ; sie gebar ihm Konrad, den j etzigen Pfalzgrafen bei Rhein 49, und Klarissa, die Gattin des Grafen 25 Ludwig von Thüringen . 23. Nach Kaiser Lothars Tode und seiner Bestattung im Kloster Lutter, das auf seinem eigenen Grund und Boden liegt 50, kamen die Fürsten des Reichs in der gallischen Stadt Koblenz, wo die Mosel in den Rhein mündet, zusammen und beratschlagten über die Königs30 wahl 51. Von allen Anwesenden wurde Herzog Friedrichs Bruder 46 Man könnte hier an eine gewisse Ironie Ottos glauben. - Vgl. auch Chronica VII, 20 und das noch etwas zurückhaltendere Urteil. - Lothar starb arn 4. Dez. 1 1 37 . 4 7 Vgl. oben I , 2 1 . 4 8 Adalbert I . von Mainz. 49 1 1 56 - 1 1 95. ; o Jetzt Königslutter ; vgl. auch Chronica VII, 20. 51 Vgl. Chronica VII, 22. - Bewußt hat hier Otto die Tatsachen beschönigt ; während er in Chronica VII, 22 noch wahrheitsgemäß berichtete, daß eine all gemeine Wahlversammlung für Pfingsten 1 1 38 (22. Mai) nach Mainz einberufen war, aber einige wenige Fürsten (die Erzbischöfe Albero von Trier und Arnold von Köln, Bischof Bucco von Worms, Friedrich von Schwaben und der Kardinal legat Dietwin) vorher Konrad erhoben, um die voraussichtliche \Vahl Heinrichs d. Stolzen zu verhindern, wird hier die Wahl Konrads als eine allgerneine dar· gestellt und die Unregelmäßigkeit seiner Erhebung völlig verschwiegen.
G esta Frederici I, 23 - 25
168
[36/37]
exposcitur, ad regnumque levatus 52 in palatio Aquis coronatur 53• Quod eo facilius fieri potuit, quod imperatoris Heinrici odium in mentibus plurium iam deferbuerat Albertusque Maguntinus archiepiscopus iam recenter vivendi finem fecerat 54• Accessit etiam ad huius negotii promotionem, quod Heinricus Nori- 5 corum dux pro nota superbie pene omnium, qui in expeditione Italica cum Lothario imperatore fuerant, odium contraxerat. 24. Itaque Fredericus dux Maguntiam, que tune pastore suo orbata vacabat, venit omnesque tarn clericos quam laicos ad hoc, ut Albertum iuniorem, uxoris sue, quam secundo acceperat, 10 fratrem , eligerent 55, induxit, principe f ad hoc corroborandum asscito . Qui patruum suum seniorem Albertum non exuens non bene gratus beneficiorum extitit nec plene fidum principi suo se exhibuit 56• Qualiter vero Heinricus dux Noricorum predicte sublimationi principis contradixerit et quem finem ipse sortitus 1 5 fuerit, quomodo etiam princeps tarn de ipso quam de multis aliis triumphaverit, in priori historia dieturn sufficiat 57• (24) 25. Circa idem tempus Iohannis regie urbis imperatoris apocrisiarii, viri clarissimi, Rarnanorum principem adeunt, tarn confederationis vinculum ob Rogerii Siculi insolentiam inter duo 20 imperia, Hesperie videlicet et Orientis, renovare cupientes quam in huius rei argurnenturn aliquam regalis sanguinis puellam filio suo a) in uxorem dandam postulantes. Princeps comparis sue 59 sororem 58 potius illo destinavit, in huiusque rei confir mationem venerabilem Herbipolensem episcopum Embriconem, 2s virum prudentem et litteratum, in Greciam misit, Iohanne iam mortuo 60 sedenteque in urbe filio suo predicto Manuel. Qui omnia sapienter et sollerter ordinans nuptias proxima post epiphaniam ebdomada 61 in urbe regia celebrari cum fastu et decore regio persuasit ; et ipse non paucis ibi diebus ad pro- 3o motionem huius et aliorum regni negotiorum manens, dum remigando ad patriam redire cogitaret, multis Grecorum xeniis
a ) folgt Manuel AB.
62
68 u
••
1 1 38 1 1 38 1 1 37 1 1 38
März 7. März 1 3 . Juni 23. April 1 7/22 - 1 1 4 1 ; vgl. Chronica V I I , 22.
Bischofswahl in Mainz - Gesandtschaft der Griechen
1 69
Konrad gefordert ; er wurde zum König erhoben 62 und in der Pfalz Aachen gekrönt 63• Das konnte um so leichter geschehen, als der Haß gegen Kaiser Heinrich in den meisten Herzen erloschen und Erz bischof Adalbert von Mainz vor kurzem gestorben war 64• Auch das 5 trug zum Erfolg dieses V orgehens bei, daß sich Herzog Heinrich von Bayern wegen seines Stolzes fast bei allen, die mit Kaiser Lothar an dem Zuge nach Italien teilgenommen hatten, verhaßt gemacht hatte. 24. Herzog Friedrich kam nun nach Mainz, dessen Bischofsstuhl damals verwaist war, und veranlaßte alle, Kleriker wie Laien, dazu, 1 0 den j üngeren Adalbert, den Bruder seiner zweiten Gemahlin, zu wählen 66, nachdem er den König schon dafür gewonnen hatte, die Wahl zu bestätigen. Der aber folgte den Spuren seines Oheims, des älteren Adalbert : er zeigte sich nicht dankbar für die Auszeichnung und verhielt sich nicht vollkommen treu gegen seinen Fürsten 58• Wie t5 aber Herzog Heinrich von Bayern sich der Königswahl widersetzt hat und welches Ende ihm selbst beschieden war, wie ferner der König über ihn und viele andere triumphierte, das habe ich in meinem früheren Geschichtswerk dargestellt, und das möge genügen 67• 25. Um dieselbe Zeit kamen Gesandte des byzantinischen Kaisers 20 Johannes, hochberühmte Männer, zum römischen Fürsten und wünschten wegen der Unverschämtheit Rogers von Sizilien das Bündnis zwischen den beiden Reichen, dem des Abend- und des Morgenlandes, zu erneuern, und forderten zur Bekräftigung dieses Bundes die Vermählung irgendeiner Prinzessin königlichen Geblüts 25 mit dessen Sohn Manuel. Der König bestimmte dafür lieber eine Schwester 58 seiner Gemahlin 69 und schickte zum Abschluß dieses Paktes den ehrwürdigen Bischof Embricho von Würzburg, einen klu gen, gebildeten Mann, nach Griechenland, als Johannes bereits ge storben war 60 und sein Sohn Manuel in Konstantinopel regierte. Der 30 Bischof ordnete alles klug und geschickt und vereinbarte, daß die Hochzeit in der Woche nach Epiphanie 61 mit königlichem Pomp und Prunk in der Kaiserstadt gefeiert wurde. Er hielt sich dann noch längere Zeit dort auf, um dieses und andere Geschäfte des Reiches zu fördern ; als er dann aber mit vielen Geschenken von Seiten der 35 Griechen geehrt und beladen nach Hause zurückkehren wollte, starb 56 Nur der Tod hinderte Adalbert daran, 1 1 4 1 gemeinsame Sache mit den Sachsen gegen Konrad zu machen. 5 7 Vgl. Chronica VII, 23. - Auch hier stellt Otto die Ereignisse in zu günsti gem Licht dar. 58 Berta von Sulzbach, die als Kaiserin von Byzanz den Namen Irene annahm . - Vgl. Chronica VII, 28. •• Gertrud von Sulzbach. 60 1 1 43 April 8. u 1 1 46 Jan. 7 - 1 2 .
1 70
(2S>
Gesta Frederici I, 25 - 26
[37 /38]
honoratus et oneratus, aput Aquilegiam vita decessit 62. Super his autem negotiis inter utrumque principem huiusmodi directe inveniuntur epistole. Que ne omnes ponerentur, compendium in causa fuit : 26. Conradus Dei gratia Romanorum imperator augustus sa s Iohanni eadem gratia Constantinopolitano imperatori salutem et fraternam dilectionem . Amicitiam, honorem et gloriam, ut parentes nostri, videlicet Romanorum imperatores, antecessores nostri, ad antecessores vestros, scilicet regnum et populum Greco rum , constituerunt, constituo et, sicut servaverunt, conservabo. 10 Non est gens, regnum aut f populus, qui non noverit nostre Romane rei publice vestram novam Romam et dici et fore filiam, ex huius radice ramos et fructus eius processisse ; propter quod hereditatem, que a matre debetur filie, constituimus eternamque volumus, et eo amplius, quod que matri debetur, filiam velle 1 s cernimus, scilicet ut auctoritas materna precinat consilio, auxilio respondeat autem gloria et honore filiastina dilectio. Sint ergo res utriusque communes, utriusque amicus idem, idem inimicus, sive in terra sive in mari, et cognoscat ac timeat matris virtutem et valentiam, qui non honoraverit filiam, sive Normannus sive 20 Siculus sive quis alter quicumque ubicumque. Neque enim obliti sumus vel ego vel principes nostri imperii al quoscumque hostium nostrorum incursus vel invasiones in imperium et magnificentiam Romanam . Secl cum divina clementia subveniet, retribuemus unicuique ipsorum secundum multitudinem ipsorum 2s malitie. Videbit ergo et audiet universa regnorum latitudo, quam facili manu prosternentur latrones, qui insurrexerunt in utriusque imperii nostri monarchiam, quia cooperante Deo, si alas b) excutiemus, hostem modo volitantem capiemus et cordis eius eviscerabimus audaciam , que modo extollitur contra 30 utriusque imperii nostri honorem et gloriam 64• Conservamus igitur que iusta et amicabilia sunt ad vos, eadem vos ad nos, et tanto studiosius, quanto per coniugium sororis dilectissime coniugis nostre, imperatricis videlicet nobilissime, et filii tui
a ) i. n.
b)
alias
AB. AB.
Brief Konrads III. an Johannes Korunenos
171
e r i n Aquileja 62• Ü ber diese Verhandlungen finden sich noch die zwischen den beiden Fürsten gewechselten Briefe. Um nicht alle wie derzugeben, bringe ich hier nur einen Auszug. 26. Konrad, von Gottes Gnaden erhabener Kaiser der Römer 63, 5 entbietet Johannes, durch dieselbe Gnade Kaiser von Konstantinopel , Gruß und brüderliche Liebe. Ich bekräftige die Freundschaft, Ver ehrung und Hochschätzung, wie sie die römischen Kaiser, unsere Vor gänger, euren Vorgängern , dem Reich und Volk der Griechen , be kräftigt haben, und wie sie sie bewahrt haben, werde ich sie beI O wahren . Es gibt kein Geschlecht, Reich oder Volk, das nicht wüßte, daß euer neues Rom die Tochter unseres römischen Reiches genannt wird und ist, daß seine Zweige und Früchte aus der Wurzel unseres Reiches hervorgesproßt sind . Deshalb haben wir das Erbe, das die Mutter der Tochter schuldet, festgelegt und wollen , daß es ewig gelte, 1 5 und zwar um so mehr, als wir sehen , daß die Tochter will, was der Mutter gebührt, nämlich daß die mütterliche Autorität vorangeht mit Rat und Hilfe und daß die töchterliche Liebe antwortet mit Hoch achtung und Ehrung. So mögen also für beide die Interessen die gleichen, für beide der Freund derselbe und der Feind derselbe sein , 20 sei es zu Lande, sei es zur See, und wer die Tochter nicht ehrt, möge die Tapferkeit und Stärke der Mutter kennenlernen und fürchten, sei es der Normanne oder der Sizilier, sei es ein anderer, wer und wo immer. Denn ich und die Fürsten des Reichs haben all die Anstürme und Angriffe unserer Feinde auf das Reich und auf die römische 25 Würde nicht vergessen . Aber wenn uns Gottes Güte beisteht, werden wir j edem von ihnen die Vergeltung zukommen lassen, die der Größe ihrer Bosheit entspricht. Dann wird die ganze Welt sehen und hören , wie leicht die Räuber niedergeschlagen werden, die sich gegen unsere beiden Reiche erhoben haben , denn mit Gottes Hilfe werden wir, 30 wenn wir unsere Schwingen ausbreiten, den Feind noch im Fluge fangen und ihm sein freches Herz aus dem Leibe reißen, das sich jetzt gegen Ehre und Ruhm unserer beiden Reiche aufbläht 54. Wir wollen also, was recht und freundschaftlich ist, euch gegen über wahren wie ihr uns gegenüber, und das um so eifriger, als wir 3 5 durch die Vermählung der Schwester unsrer geliebten Gemahlin , der hochedlen Kaiserin , mit deinem Sohne noch näher verbunden 62 1 1 46 Nov. 1 0/ 1 1 . 63
Zum Gebrauch des Konrad noch nicht zustehenden Kaisertitels vgl.
\V. Ohnsorge, "Kaiser" Konrad III . , Zur Geschichte des staufischen Staats gedankens, M Ö IG . 46, 1 932. • • Das Bündnis zwischen Konrad und Manne!, der eine auch den \Vesten ein
beziehende Restaurationspolitik betrieb , war vor allem gegen Roger II. und die Vgl. allgemein P . Lamma, Comneni e Staufer 1 , Roma Normannen gerichtet. 1 955, 33ff. -
172
G esta Frederici I, 26
[3 8/39]
confederati sumus propinquius. Verum quia de nostris hilarescere successibus dilectionis et nobilitatis tue credimus experientiam, quid post discessum prudentissimorum apocrisiariorum tuorum in generali et sollempni curia 65 euro universis imperii nostri principibus celebrata, cui eos interesse voluimus, Deo auxiliante s actum sit, tibi sicut unico fratri nostro et amico dilectissimo dignum duximus intimare. Noveris igitur, quod omnes, qui imperium nostrum offendisse videbantur, cooperante Deo potenter in a) nostro imperiali iure inclinavimus eosque in plenitudinem gratie nostre suscipientes universas imperii nostri 1 0 partes habundanti pace ditavimus 66• Ad hec Francia et bl Ispania, Anglia, Dania f ceteraque regna imperio nostro adia centia cottidiana legatione sua cum debita reverentia et obse quio nos frequentant, ad ea que imperii nostri mandata sunt se prompta esse tarn obsidibus quam sacramentis affirmantes 67• 1 s Nolumus etiam latere discretionis tue prudentiam, quod domnus papa totaque Apulia, Italia et Longobardia de die in diem ad ventum nostrum desiderant et, ut nostra eis imperiali sub veniamus potentia, cum omni devotione expostulant. Huius rei gratia dilectissimum et precordialem imperii nostri principem 20 Embriconem venerabilem Herbipolensem episcopum, amicum tuum, ad exquirendam domini pape voluntatem Romam direximus. Cognita vero ipsius circa nos voluntate, communicato principum nostrorum consilio, ea que ad utriusque imperii nostri honorem spectant per karissimos et prudentes nuntios 2s nostros, Roherturn scilicet principem Capuanum, illustrem utique virum ac nobilem nobisque fidelem, necnon Albertum, dilectum capellanum nostrum et in fide constantem , tue signi ficamus nobilitati. Hos igitur tamquam nos audias et que tibi dixerint, sicut decet excellentiam tuam et sicut de te speramus 30 et credimus, ad effectum perducas, et honestos et idoneos
a) audientiam 0.
b ) fehlt A B .
Brief Konrads III. an Jobarmes Korunenos
1 73
sind . Da wir nun glauben, daß du dich in Liebe und Edelmut über die Nachricht von unseren Erfolgen freuen wirst, haben wir es für an gebracht gehalten, dir wie unserem einzigen Bruder und geliebtesten Freund zur Kenntnis zu bringen, was nach der Abreise deiner klugen 5 Gesandten auf dem feierlichen Reichstag, der mit sämtlichen Fürsten unseres Reiches gefeiert wurde 65 und an dem deine Gesandten, so wünschte ich, hätten teilnehmen sollen, mit Gottes Hilfe erreicht worden ist. Erfahre denn, daß wir alle, die sich gegen unser Reich erhoben hatten, mit Gottes Hilfe kraftvoll zum Gehorsam gegen unser t o kaiserliches Regiment gebracht haben ; wir haben sie voll in unsere Gnade wieder aufgenommen 66 und so allen Teilen unseres Reiches überströmenden Frieden geschenkt . Dazu senden Frankreich, Spa nien, England und Dänemark und die übrigen an unser Reich gren zenden Länder täglich Gesandtschaften an uns mit der Versicherung ts der schuldigen Achtung und Untertänigkeit und verpflichten sich durch Geiseln und Eide, alle Befehle unserer Regierung auszu führen 67• Wir wollen auch deiner Hoheit Weisheit nicht verschweigen, daß der Herr Papst und ganz Apulien, Italien und die Lombardei unsere Ankunft tagtäglich herbeisehnen und mit aller Ergebenheit 20 verlangen, daß wir ihnen mit unserer kaiserlichen Macht zu Hilfe kommen . Deshalb haben wir unseren herzlich geliebten Reichsfürsten Embriko, den ehrwürdigen Bischof von Würzburg, deinen Freund, nach Rom geschickt, um die Wünsche des Herrn Papstes zu er kunden. Nachdem wir seine freundliche Gesinnung gegen uns kennen25 gelernt und mit unseren Fürsten beratschlagt haben, lassen wir deiner Hoheit durch unsere hochgeschätzten, klugen Gesandten, nämlich den erlauchten, edlen, uns getreuen Fürsten Robert von Capua und unseren geliebten, in Treue unwandelbaren Kaplan Albert, wissen, was das Ansehen unserer beiden Reiche fördern kann. Diese mögest du an30 hören wie uns selbst, und was sie dir sagen, mögest du ausführen, wie es deiner Erhabenheit geziemt und wie wir es von dir erhoffen und es
Hoftag zu ?
66 Inhaltlich würde das am ehesten für den Reichstag zu Frankfurt am
3. Mai 1 1 42 stimmen, es könnte aber auch lediglich der Sieg bei Weinsberg gemeint sein, so daß Konrad also auch hier wieder stark übertriebe. Sicherheit ist nicht zu gewinnen, da die Datierung des Briefes nicht zweifelsfrei ist. Wäre das Datum 1 2 . Febr. , Regensburg, richtig, käme nur das Jahr 1 1 42 in Frage, da Konrad im Februar 1 1 43 in Sachsen weilte, aber die Monatsangabe ist nur in einer, und zwar nicht der besten Handschriftenklasse überliefert. 6 7 Diese Worte, die j eder sachlichen Grundlage entbehren, sollten natürlich das Reich gegenüber Byzanz herausstreichen, doch scheinen sich hier auch schon typisch staufisehe Reichsvorstellungen anzudeuten, die später bei Fried. rich I . und seinen Nachfolgern noch deutlicher ausgeprägt werden.
1 74
Gesta Frederici I, 26
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apocrisiarios tuos una cum nuntiis nostris sine dilatione ad nos remittas. Preterea de Reutenis, qui ad contemptum imperii nostri, occisis hominibus nostris, pecuniam nostram sibi usur paverunt, sicut convenit in causa amici et propinqui tui, et sicut nobis scripsisti, ita facias. Militibus quoque imperii nostri, s Alemannis scilicet, qui aput te sunt, sicut decet exccllentiam a) tuam, benignus existas. Niehilaminus etiam te rogamus, ut hominibus imperii nostri, Teutonicis videlicet, qui Constantino poli morantur, locum, in quem ad honorem Dei ecclesiam edificent, concedas, turn respectu divine remunerationis, turn 10 etiam interventu ac petitione nostre dilectionis. Recordari quoque debet tua discretio, quod nos in litteris prioribus, per prefatum capellanum nostrum tue nobilitati presentatis, hoc idem a te pro Dei amore et honore petivimus, quia, si ipse, 67aqui dat salutem regibus67a , fuerit in medio nostri, certurn est, quod t s non gaudebunt inimici nostri. f Datum XVIII. Kaiendas Martii b) Ratispone, in Christo feliciter. Amen. Iohannes in Christo Deo fidelis rex porphirogenitus, sublimis, fortis, augustus, Corninos et imperator Romanorum, ad nobilis simum fratrem et amicum imperii mei. Nobilissime et dilecte 20 amice imperii mei, rex. Littera tue nobilitatis, fraterni affectus signum, ad nostram delata mansuetudinem per prudentissimum apocrisiarium nobilitatis tue multa nos letitia replevit. Nam bona tue nobilitatis voluntas et cognationis et c) amicabilis affectio et dilectio, quam demonstrasti et per litteras et per verba et per 2� opera ipsa erga imperium nostrum d) , nostram consequenter pietatem totam toto animo ad tuum amorem pertraxit. Quare etiam diversos fidelissimorum et familarissimorum hominum suorum ad tuam nobilitatem emisit, recommunicare per eos volens nobilitati tue totis de causis, propter quas et mandasti et 30 scripsisti ei. Vult enim cum Deo in omnibus amice sapere et cognationabiliter et fraterne ad tuam voluntatem e) et omnia agere secundum quod videtur ei, que ad honorem sunt nobilitatis tue. Quia vero prudentissimus dux Venetie Petrus Polanus mediator a nobilitate tua in his causis assumptus est, sicut vir bonus et 3� b) fehlt C. a ) magnificentiam AB. c) nobilitatem AB. d) n. i. AB. c ) BO B. C .
J ohannes K omnenos an Konrad I I I .
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glauben, und dann mögest du deine ehrenwerten, geeigneten Ge sandten zusammen mit unseren Boten unverzüglich zu uns schicken. vVas ferner die Russen betrifft , die zur Schande unseres Reiches unsere Leute getötet und sich unser Geld angeeignet haben, so 5 mögest du handeln, wie es sich in einer Sache deines Freundes und Verwandten geziemt und wie du uns geschrieben hast. Auch den Vasallen unseres Reiches, den Alemannen, die sich bei dir aufhalten, mögest du dich gütig erweisen, wie es deiner Vorzüglichkeit geziemt . Ebensosehr bitten wir dich, den Untertanen unseres Reiches, d . h . 1 0 den Deutschen, die sich i n Konstantinopel aufhalten, im Hinblick auf Gottes Lohn wie auch auf meine Vermittlung und Bitte, einen Platz zu überlassen, an dem sie zu Gottes Ehre eine Kirche bauen können. Wir müssen deine Hoheit auch daran erinnern, daß wir in unserem vorigen Brief, der deiner Majestät durch den oben genannten 15 Kaplan überbracht worden ist, die gleiche Bitte um Gottes Liebe und Ehre willen an dich gerichtet haben, denn wenn der, der den Königen Heil gibt, in unserer Mitte ist, dann ist es gewiß, daß unsere Feinde nicht triumphieren werden . Gegeben am 1 2 . Februar zu Regensburg. Glück und Heil in Christo ! 20 Amen. Johannes, der in Christo Gott ergebene, im Purpur geborene König, der erhabene, tapfere Augustus Komnenos und Kaiser der Römer an den hochedlen Bruder und Freund meines Reiches . Edel ster, geliebter Freund meines Reiches, König ! Dein Brief, das Zeichen 25 brüderlicher Liebe, den deiner Hoheit kluger Gesandter unserer Milde überbracht hat, hat uns mit großer Freude erfüllt. Denn deine gute Gesinnung und die Zuneigung und Liebe verwandtschaftlicher Freundschaft, die du durch den Brief und durch Wort und Tat unserem Reiche bewiesen hast, hat dementsprechend im vollen Um30 fang unsere Güte mit ganzem Herzen zur Liebe zu dir entfacht. Des halb habe ich auch mehrere meiner getreuesten und vertrautesten Leute an deine Hoheit abgeschickt, um deiner Hoheit über alle An gelegenheiten, deretwegen du mir berichtet und geschrieben hast , Mitteilung zu machen . Ich will mich nämlich mit Gott deinem Wunsch 3 5 gegenüber in allem als Freund, Verwandter und Bruder bewähren und nach deinem Gutdünken alles tun, was deiner Hoheit zur Ehre gereicht. Daß der kluge Doge von Venedig Petrus Polanus von deiner Hoheit zur Mittelsperson in diesen Angelegenheiten gewonnen worden ist, auch damit sind wir einverstanden, denn er ist ein ehrenwerter
67
a Vgl. Ps. 143, 10.
Gesta Frederici I, 2 6
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fidelis ambabus partibus, et hoe nobis plaeere dignum visum est 68• De eausa Apulie et Longobardie prudentissimis apo erisiariis nostris, que a a> nobis visa sunt, iussimus. Nam etsi quidam horum ad suseeptionem magis nobilissime eum Deo future nurus imperii mei missi sunt, tarnen etiam eommuniter 5 eis notum est imperii mei velle. De eausa, que faeta est in Rossia, sicut imperio meo scripsisti, sieut convenit imperio meo faeere in eausa amiei et propinqui sui, sie et feei. Sed de eaballariis nobilitatis tue, quod seripta tua nominatim eomprehendebant, et magis de eo qui defeeit in viventibus ex eis, sie feeit imperium 10 meum, ut seripsisti. Vale, nobilissime amiee imperii mei, rex . f Conradus Dei gratia Romanorum imperator augustus karis simo fratri suo E. 69 porphirogenito Comiano, illustri et glorioso regi Greeorum, salutem et fraternam dileetionem. Nobilitatis tue litteras, ut a tanto et tam earo amieo nostro serenitati nostre 1 5 transmissas, gratanter exeepimus et viso earumdem tenore de ineolomitate et sublimitate tua admodum gavisi sumus. Sed auditis a Nykyforo, tue dileetionis prudenti apoerisiario, preter illa que in litteris eontinebantur, quibusdam verbis duris et, ut verum fateamur, ab omni retro tempore inauditis et nostre 20 maiestatis, ultra quam lingua explere valeat, perturbata est mansuetudo, et est admirata universi b) imperii nostri latitudo. Unde vel a quo hoe tarn amarum verbum proeesserit, miramur c>, presertim eum inter eetera huius mundi regna Greeorum regnum omni sapientia et diseretione haetenus floruerit d> . Si enim idem 25 nuntius tuus Nykyforus unieum filium nostrum Heinrieum in presentia nostra morti dedisset, ad maiorem iram maiestatis nostre animum provoeare non poterat. Cumque iam per tri duum in hoe aeervo laboraaset et rigorem nostri animi nullo ingenio nullaque sapientia ad suam voluntatem infleetere 30 potuisset, vix tandem quarto die aliis verbis duleioribus ex eellentiam nostram exhilaravit nostreque furore indignationis mitigato nobilitatis tue voluntatem nobis aperuit. Et quoniam ita nune est et esse debet, quod tu, amieorum amieissime, uxorem aeeipies dilectissimam filiam nostram, sororem videlieet 35 a)
fehlt AB.
c ) fehlt AB.
b)
universa AB.
d l folgt admodum mirati sumus AB.
Brief Konrads III . an Manuel Korunenos
177
Mann und beiden Parteien treu ergeben 68 • Was wir über die Angelegen heiten Apuliens und der Lombardei denken, haben wir unseren er fahrenen Gesandten mitgeteilt. Denn obgleich einige von ihnen vor nehmlich zur Ü bernahme meiner edlen mit Gott künftigen Schwieger5 tochter gesandt sind, so ist ihnen doch allen mein Wille bekannt. Was die Vorgänge in Rußland betrifft, so habe ich gehandelt, wie du mir geschrieben hast, wie es sich für mich in einer Angelegenheit eines Freundes und Verwandten ziemt. Auch hinsichtlich deiner Ritter hat meine Regierung ausgeführt, was dein Schreiben ausdrücklich 10 dargelegt hat, und ebenso auch hinsichtlich dessen, der inmitten der Lebenden gestorben ist. Lebe wohl, edelster Freund meines Reiches, König ! Konrad, von Gottes Gnaden erhabener Kaiser der Römer seinem teuersten Bruder E. 69, dem im Purpur geborenen Komnenos, dem er15 lanchten und ruhmreichen König der Griechen Gruß und brüderliche Liebe ! Deinen Brief haben wir, da er uns von einem so mächtigen und teuren Freund übersendet wurde, mit Freuden empfangen und uns nach Kenntnisnahme seines Inhalts über dein gutes Befinden und deine erhabene Gesinnung sehr gefreut. Aber wir mußten von deiner 20 Liebden klugen Gesandten Nikephoros außer dem, was in deinem Brief stand, manche harte und, um die Wahrheit zu gestehen, in der ganzen Vergangenheit nie gehörte Worte vernehmen. Dadurch ist die freundliche Stimmung unserer Majestät mehr, als Worte es aus drücken können, getrübt worden, und unser ganzes Reich verwunderte 25 sich sehr darüber. Wir fragen uns höchst erstaunt, woher und von wem dieses so bittere Wort stammt ; zumal das griechische Reich bisher unter allen Reichen dieser Welt in aller Weisheit und Be sonnenheit geglänzt hat. Denn hätte dein Gesandter Nikephoros unseren einzigen Sohn Heinrich vor unseren Augen ermordet, so 30 hätte er bei uns nicht größeren Zorn erwecken können. Nachdem er drei Tage lang bei seinem kränkenden Verhalten geblieben war und unseren unbeugsamen Sinn durch kein Argument, durch keine weis heitsvolle Erklärung zu seinem Standpunkt umzustimmen vermocht hatte, hat er unsere Hoheit dann endlich am vierten Tage durch 3 5 freundlichere Worte aufgeheitert, die Wut unserer Empörung be sänftigt und uns deine Absichten eröffnet. Da es nun so ist und sein soll, daß du, teuerster unserer Freunde, unsere geliebte Tochter, die Schwester unserer hochedlen Gemahlin,
68 Vgl. P. Lamma, Comneni e Staufer 1 , 39. P.
•• Wohl Manuel l l 43 - 1 1 89. Der Brief dürfte um 1 1 45 geschrieben sein ; vgl. Lamma 1 , 50 ff.
Gesta Frederici I, 2 6
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nobilissime contectalis nostre, volumus, ut insit eternum fedus perennis amicitie, quam videlicet amicitiam presente apocrisiario tuo ore et manuscripto firmari iussimus, ita videlicet, ut et amici amicorum tuorum et inimici simus inimicorum tuorum. Proinde certa sit prudentia tua, quod si tue nobilitati undecum- 5 que aliqua molestia vel iniuria fuerit illata, non hanc tibi tantum , sed etiam nobis factam iure dilectionis reputamus, quoniam virtutis tue nobilitas et maxime generosi sanguinis, quo in pignus perpetue dilectionis confederati sumus, propinquitas / nos invitat, ut te tamquam filium karissimum totius ulnis 10 caritatis amplectamur et cuncta que tibi placita sunt libenti animo faciamus. In qua re iustum arbitramur, ut eandem amici tiam nobis et imperio nostro firmari facias, ut, completis omnibus honorifice, utrique imperio debitus honor exinde deferatur et pax et nomen Christi per universum mundum inde magnificetur. 1 5 Porro de quingentis militibus, quos nobilitas tua petiit, hoc tibi respondemus, quod non solum quingentos, sed etiam duo vel tria milia, si necesse habueris, tibi mittemus et, quod maius al est, antequam detrimentum aliquod honoris tui pati videremus, elaborata totius imperii nostri fortitudine in propria persona 20 tibi, sicut precordiali filio et fratri karissimo, deficere et deesse non possemus. Preterea scripsit nobis tua nobilitas, quod magnos et caros nuntios sinceritati tue mitteremus ; in quo voluntati tue acquievimus, quoniam quos cariores habuimus excellentie tue transmisimus, scilicet carissimum et precordialem nostrum 25 Embrikonem venerabilem Wirzeburgensem episcopum , illu strem et magnum imperii principem, qui est cor nostrum et anima nostra, necnon et bl dilectissimum c) nostrum Robertum, illustrem et nobilem principem Capuanum . Misimus etiam quasi utrasque manus nostras germanos duos fratres, scilicet Jo fratrem Bernonem, virum sapientem et religiosum, et fratrem ipsius Riwinum 70 , qui nobis valde carus est et familiaris et nobilis, et honorandum principem imperii nostri Rogerium, illustrem comitem de Adriano dl, cuius fidem et constantiam sepius experti sumus, et Gualterum fidelem nostrum 71• Istis 35 a)
rnagis AB.
bl
fehlt AB.
c)
dilecturn AB.
d)
Ariano AB.
Brief Konrads III. an Manuel Komnenos
179
zur Gattin empfangen wirst, s o wünschen wir, daß damit ein ewiges Bündnis dauernder Freundschaft verbunden sei, und wir haben be fohlen, daß diese Freundschaft in Gegenwart deines Gesandten mündlich und schriftlich bekräftigt werde, und zwar mit der Maßgabe, 5 daß wir auch Freunde deiner Freunde und Feinde deiner Feinde sein wollen. Demgemäß kann deine Weisheit sicher sein, daß wir, wenn deiner Hoheit von irgendeiner Seite Unbill oder Unrecht zugefügt wird, dies, wie es die Liebe verlangt, nicht nur als dir, sondern auch als uns zugefügt betrachten, denn der Adel deiner Tüchtigkeit und vor allem die VerIO wandtschaft mit dem edlen Blute, durch das wir als Unterpfand ewiger Liebe verbunden sind, fordert uns dazu auf, daß wir dich wie unseren teuersten Sohn mit den Armen vollkommener Liebe um fassen und bereitwillig alles tun, was dir angenehm ist. In diesem Punkt halten wir es für erforderlich, daß du die gleiche Freundschaft 1 5 uns und unserem Reiche zusichern läßt, damit dadurch, wenn alles ehrenvoll erfüllt ist, künftig für beide Reiche die gebührende Ehre gesichert, der Friede und der Name Christi in der ganzen Welt ver herrlicht werde. Was die fünfhundert Ritter betrifft, die du erbeten hast, so antworten wir dir : nicht nur fünfhundert, sondern auch 20 zwei- oder dreitausend werden wir dir schicken , wenn du sie brauchst, und mehr noch : ehe wir irgendeine Beeinträchtigung deiner Ehre dulden, könnten wir, wenn die ganze kämpferische Kraft unseres Reiches vergeblich aufgeboten worden wäre, dir als unserem geliebten Sohn und teuersten Bruder nicht unsere Hilfe durch unseren Einsatz 25 in eigner Person versagen . Außerdem schrieb uns deine Hoheit, wir möchten hohe und ver traute Gesandte an dich abschicken ; diesen Wunsch haben wir er füllt, denn wir haben hochgeschätzte Männer zu dir gesandt, nämlich unseren teuren und geliebten Embricho, den ehrwürdigen Bischof von 30 Würzburg, einen erlauchten und bedeutenden Reichsfürsten, der mit uns ein Herz und eine Seele ist, und unseren geliebten Robert, den erlauchten, edlen Fürsten von Capua. Wir haben ferner abgeordnet gewissermaßen als unsere beiden Hände zwei Brüder, nämlich Berno, einen weisen Mönch, und seinen Bruder Ricwin, einen uns sehr teuren 35 und vertrauten Adligen 70 ; weiter den ehrenwerten Fürsten unseres Reiches, den erlauchten Grafen Roger von Ariano, dessen Treue und Zuverlässigkeit wir öfters erprobt haben, und unseren getreuen Walter 71. Ihnen haben wir aufgetragen, dir das, was in dem Brief
70 Gründer des Klosters Ebrach ; vgl. zuletzt F. Geldner, Abt Adam von Ebrach, das staufisehe Königshaus und der hl. Bemhard von Clairvaux, Jb. f. fränk. Landesforschg. l l/ 1 2 , 1 953. 7 1 Nicht näher bekannt.
1 80
Gesta Frederici I , 26 - 2 7
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itaque ea, que in litteris non continentur, industrie tue referenda commisimus, quorum verbis fidem adhibeas, et que tibi di xerint, tamquam a nobis dicta credas. De Ruthenis vero, pro quibus patri tuo dive recordationis Iohanni imperatori per fidelissimum capellanum nostrum Adalbertum et per comitem s Alexandrum de Gravina scripsimus, et de loco, in quo nostris Teutonicis ad f honorem Dei ecclesiam edificari a) volumus, et de nobilibus baronibus Apulie, Alexandro videlicet Clarimontis, Philippi de Surris et Heinrico comite et Senne Pustellis, ille noster precordialis \Virzeburgensis episcopus et ceteri familiares 10 nostri voluntatem nostram tibi referent, quibus tamquam nobis credas 72• Super his omnibus fidelem apocrisiarium tuum Nyky forum, licet in principio legationis sue nos conturbaverit, tibi attentius commendamus, et quia constanter perduravit, ut 15 eum remuneres, rogamus . Vale b>. (26) 27. Creverat c> Fredericus, Frederici strennuissimi ducis filius, militieque cingulum iam sumpserat, nobilis patris futurus heres nobilior. Igitur bone indolis virtutem non dissimulans, educatus, ut assolet, ludis militaribus, ad seria tandem tyro cinandi accingitur negotia, adhuc patre d> vivente terramque 20 suam plenarie tenente. Nam et comitem quendam nobilem Heinricum de Wolfradeshusen hostem denuntians Baioariam cum magna militum copia ingreditur. Norici et maxime co mites et nobiles, velut tyrocinium celebraturi, quod modo nundinas 73 vocare solemus, in predicti comitis castro se reci- 2s pinnt. Itaque strennuissimus superveniens adolescens Noricos ante murum stantes ipsumque armatos exspectantes non ut iocando, sed ut rem seriam agendo viriliter aggressus est, diuque et fortiter utrisque pugnantibus, tandem, ut hostes castro se reciperent, coegit. Versis in fugam Noricis ac ex angustia porta- 30 rum artatis, comes quidam Conradus de Dachowe, tune nobilis comes, postea dux factus Croatie et Dalmatie 74, qui incautius extra remanserat, ab hostibus e) f capitur, sicque adolescens a ) edificare AB.
b)
folgt De hoc hactenus AB.
c ) folgt autern AB. d ) patre adhuc AB.
e) folgt circurndatus AB.
Friedrichs Einfall in Bayern
181
nicht steht, zu übermitteln ; ihren Worten kannst du vertrauen und, was sie dir sagen, als von uns gesagt glauben. Betreffs der Russen aber, über die wir deinem Vater seligen An gedenkens, dem Kaiser Johannes, durch unseren getreuen Kaplan 5 Albert und den Grafen Alexander von Gravina geschrieben haben, und betreffs des Ortes, an dem nach unserem Wunsch für unsere Deutschen zur Ehre Gottes eine Kirche gebaut werden sollte, ferner betreffs der edlen apulischen Barone Alexander von Claromonte, Philipp von Surre, Graf Heinrich und Senne von Pustelli werden dir 10 unser teurer Bischof von Würzburg und unsere übrigen Vertrauten unseren Willen übermitteln 72 ; ihnen glaube wie uns selbst. Über all dies hinaus empfehlen wir dir deinen treuen Gesandten Nikephoros, obgleich er uns zu Beginn seiner Gesandtschaft verstimmt hat, und wir bitten dich, ihn zu belohnen, weil er standhaft ausgeharrt hat. 1 5 Lebe wohl ! 2 7 . Friedrich , der Sohn des überaus tatkräftigen Herzogs Friedrich , war nun herangewachsen und hatte bereits den Rittergürtel angelegt, im Begriff, des edlen Vaters edlerer Sohn zu werden . Er zeigte aus gezeichnete Anlagen, wurde wie üblich in ritterlichen Spielen aus20 gebildet und waffnete sich schließlich, während sein Vater noch lebte und sein Land vollständig in der Hand hatte, zu ersten ernsten kriegerischen Unternehmungen . Denn indem er einen gewissen edlen Grafen Heinrich von Wolfratshausen zu seinem Feind erklärte, rückte er mit einem starken Aufgebot in Bayern ein. Die Bayern und 25 namentlich die Grafen und Edlen versammelten sich auf der Burg des genannten Grafen, um ein Turnier zu veranstalten , das wir heute Nundinae nennen 73• Der rührige Jüngling erschien dort überraschend und griff die Bayern, die ihn in Waffen vor den Toren erwarteten , mannhaft an, nicht zum Spiel, sondern zum ernsten Kampf, und 3 0 zwang die Feinde schließlich , nachdem man auf beiden Seiten tapfer gekämpft hatte, sich in die Burg zurückzuziehen . Als die flüchtenden Bayern sich in den engen Toren zusammendrängten, wurde ein ge wisser Konrad von Dachau - er war damals ein edler Graf und wurde später Herzog von Kroatien und Dalmatien 74 - der unvorsichtiger3 5 weise draußen geblieben war, von den Gegnern gefangengenommen ; so kehrte der Jüngling siegreich heim und nahm den Grafen mit. Als ,
" Vgl . Lamma, Comneni e Staufer 1 , 53. Nundinae = Markt ; also ein Turnier gelegentlich eines Markts. 7 4 Vgl . unten I V , 1 7 . Die hier geschilderten Ereignisse spielten sich 1 1 46 ab, Heinrich von \Volfratshausen war der Neffe des Bischofs Heinrich von Regens· burg, gegen den die Babenberger und Konrad III. in Fehde lagen ; vgl. unten I . 3 l f. 73
1 82
Gesta Frederici I, 27 - 30
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prefatum ducens comitem ad propria cum victoria revertitur. Cumque a multis sibi suaderetur, ut pecuniam magnam ab eo extorqueret, ipse ex innata sibi nobilitate pravorum declinavit consilia. Nam , sicut fortiter captum , sie eum liberaliter dimis sum ad propria redire sine pecunie exactione permisit. (27l 28. Post hec Conrado duci, supradicti Bertolfi 76 ducis filio, bellum indicit, captoque supra memorato Alemannie oppido Turego 76, presidia ibidem posuit. Dehinc iunctis sibi etiam quibusdam de Baioaria nobilibus prefati ducis terram cum magna manu militum introivit atque ad ultima pene Alemannie pro- to cedens ad Zaringen usque, eiusdem ducis castrum, pervenit, nullo sibi obviante vel resistere valente. Non multo post etiam arcem ipsius quandam, que cunctis adhuc cernentibus inexpugna bilis esse videtur, cepit et expugnavit 77 ac contra multorum opinionem fortissimum et ditissimum ducem tarn acriter debella- t s vit, ut ad patrem patruumque suum supplicem eum venire ac pacem petere cogeret. Hec et alia tarn ardua in ipsa puerili etate gessit negotia, ut non inmerito cum multorum stupore de ipso dici posset illud evangelii : 78Quis putas puer iste erit ? 78 (28) 2 9 . His diebus Arnaldus 79 quidam religionis habitum80 habens, 20 sed eum minime, ut ex doctrina eius patuit, servans, ex eccle siastici honoris invidia urbem Romam ingreditur ac senatoriam dignitatem equestremque ordinem renovare ad instar anti quorum volens totam pene Urbem ac precipue populum ad versus pontificem suum concitavit81 • Unde et al ad eorumdem 2s temeritatis vel potius fatuitatis corroborationem ab eis ad principem destinatum tale scripturn invenitur : / (29) 30. Excellentissimo82 atque preclaro Urbis et orbis totins domino, Conrado Dei gratia Romanorum regi semper augusto senatus populusque Romanus salutem et Romani imperii felicem Jo et inclitam gubernationem . Regali excellentie per plurima iam scripta nostra facta et negotia diligenter exposuimus, quomodo a) 75 71 77
fehlt AB. c . 7. c. 8. Nac h E . Heyck
Geschichte der Herzoge von Z ähringen, 1 89 1 , S. 304 f. vielleicht eine Burg auf dem Schloßberg bei Freiburg. ,
Kampf gegen Konrad von Zähringen
1 83
ihm viele rieten, von ihm eine große Summe Geldes zu erpressen, lehnte er aus dem ihm angeborenen Edelmut diesen schändlichen Rat ab . Wie er ihn mutig gefangengenommen hatte, so entließ er ihn nun gütig und erlaubte ihm, ohne Lösegeld nach Hause zurück5 zukehren. 2 8 . Danach sagte er Konrad , dem Sohne des oben genannten Herzogs Berthold 76 Fehde an, eroberte die oben genannte aleman nische Stadt Zürich 76 und legte eine Besatzung dorthin. Nachdem sich ihm auch einige bayerische Edle angeschlossen hatten, fiel er dann t o mit einer großen Schar von Rittern in das Land j enes Herzogs ein, und indem er fast bis an die Grenze Alemanniens vorrückte, gelangte er bis Zähringen, der Burg des Herzogs, ohne daß ihm j emand ent gegentrat und Widerstand leisten konnte. Bald darauf eroberte er auch eine Burg des Herzogs, die bisher bei allen, die sie in Augen1 5 schein genommen hatten, für uneinnehmbar galt 77, und warf wider das Erwarten vieler den äußerst tapferen und begüterten Herzog so heftig nieder, daß er ihn nötigte, bittflehend vor seinem Vater und seinem Oheim zu erscheinen und um Frieden zu bitten. Diese und andere schwierige Unternehmungen hat er in jugendlichem Alter 20 durchgeführt, so daß viele Leute staunten und man nicht unver dienterweise auf ihn das Wort des Evangeliums anwenden könnte : 78Was, meinst du, wird aus diesem Knaben werden 78 ? 29 . In dieser Zeit trat ein gewisser Arnold 79 hervor ; er trug zwar das Gewand eines Religiosen80, hütete es aber ganz und gar nicht, wie aus 25 seiner Lehre hervorging ; aus Haß gegen das Ansehen der Kirche ging er nach Rom, und in der Absicht, die Senatorenwürde und den Ritter stand nach antikem Muster wiederherzustellen, wiegelte er fast die ganze Stadt und vor allem das Volk gegen den Papst auf81• Es findet sich daher folgendes Schreiben, das die Römer zur Erhärtung ihrer 30 Unbesonnenheit oder richtiger : ihrer Tollheit an den Herrscher rich teten : 30. Dem 82 erhabenen, herrlichen Herrn der Stadt und des ganzen Erdkreises, Konrad, von Gottes Gnaden allzeit erhabener König der Römer, wünschen Senat und Volk von Rom Heil und glückliche, 35 ruhmreiche Regierung des römischen Reichs . Wir haben eurer könig lichen Majestät schon in mehreren Schreiben die Tatsachen und Maß nahmen eingehend geschildert, wie wir in Treue zu euch verharren 7 8-78 Luc. 1 , 66. 79 v. Brescia ; vgl. unten I I , 3 0 . 80 Arnold war Regularkanoniker ; vgl. A. Frugoni, Arnaldo di Brescia, Roma, 1 954. 81 Die Darstellung ist ungenau. 8 2 Der Brief ist auch in der Sammlung Wibalds von Stablo (Ph. Jaffe, Bibl. rer. G erm . l, 332 n . 2 1 4 ) überliefert. =
Gesta Frederici I, 30
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in vestra fidelitate permaneamus ac pro vestra imperiali corona exaltanda et omni modo augenda cottidie decertamus . Ad que quia regalis industria, ut postulavimus, rescribere dignata non fuit, plane tamquam filii et fideles de domino et patre satis mira mur. Nos enim quidquid agimus pro vestra fidelitate et honore s facimus. Et quidem regnum et imperium Romanum, vestro a Deo regimini concessum, exaltare atque amplificare cupientes, in eum statum, quo fuit tempore Constantini et Iustiniani, qui totum orbem vigore senatus et populi Romani suis tenuerunt manibus, reducere, senatu pro his omnibus Dei gratia restituto, 1 0 et eis, qui vestro imperio semper rebelies erant quique tantum honorem Romano imperio subripuerant, magna ex parte con culcatis, quatinus ea que cesari et imperio debentur a) per omnia et in omnibus obtineatis, vehementer atque unanimiter satagi mus atque studemus. Et ob huius rei effectum bonum principi- 1 s um ac fundamenturn fecimus. Nam pacem et iustitiam omnibus eam volentibus observamus, fortitudines, id est turres et domos potentum Urbis, qui vestro imperio una cum Siculo83 et papa84 resistere parabant, cepimus et quasdam in vestra fidelitate tenemus, quasdam vero subvertentes solo coequavimus. Sed pro 20 his omnibus, que vestre dilectionis fidelitate facimus, papa, Franiipanes86 et filii Petri Leonis86, homines et amici Siculi, excepto Iordano nostro in vestra fidelitate vexillifero et adiu tore87, Tolomeus quoque et alii plures undique nos inpugnant, ne libere, ut decet, imperialem regio capiti valeamus imponere 2s coronam. At nos, 88 quoniam amanti nullus Iabor gravis est88, f licet inde plurima dampna sustineamus, pro vestro amore et honore gratanter patimur. Seimus namque nos a vobis proinde premium sicut a patre accepturos vosque in eos sicut in imperii hostes vindictam daturos. Cum tanta igitur nostra in vobis Jo fidelitas sit tantaque pro vobis sustineamus, precamur, ne spes ista nobis deficiat, neu regia dignitas nos, vestros fideles et filios, despiciat ; neque, si in regalibus auribus aura sinistra de senatu
a) pertinent AB.
88
••
König Roger II. Papst Eugen III.
Brief der Römer an Konrad IIJ .
1 85
und uns täglich bemühen, eure Herrscherwürde zu erhöhen und auf alle Weise zu stärken. Daß euer königlicher Eifer darauf nicht, wie wir verlangt haben, zu antworten geruht hat, darüber wundern wir uns sehr, ganz wie Söhne und Getreue über ihren Herrn und Vater. Denn s alles, was wir betreiben, tun wir aus Pflichttreue für eure Ehre. Wir wünschen, das römische Reich, das von Gott eurer Regierung anver traut ist, zu erhöhen und zu mehren und auf den Stand zurückzu führen, den es zur Zeit Konstantins und Justinians hatte, die durch die Kraft des Römischen Senats und Volkes den ganzen Erdkreis in ihren 10 Händen hielten ; wir haben für all diese Zwecke mit Gottes Gnade den Senat wiederhergestellt und diejenigen, die immer gegen eure Re gierung rebelliert und dem römischen Reich diese hohe Ehrenstellung entrissen haben, zum größten Teil vernichtet ; so bemühen wir uns kraftvoll und einmütig und arbeiten darauf hin, daß ihr in allem und t s j edem das erhaltet, was dem Kaiser und dem Reich gebührt. Und zur Erreichung dieses Zweckes haben wir einen guten Anfang gemacht und das Fundament gelegt. Denn allen gegenüber, die es wollen, wahren wir Frieden und Recht ; die Bollwerke, das heißt die Türme und Paläste der Mächtigen der Stadt, die sich anschickten, zusammen 20 mit dem Sizilier83 und dem Papst84 eurer Regierung Widerstand zu leisten, haben wir erobert ; einige davon halten wir als eure Getreuen in unseren Händen, andere haben wir zerstört und dem Erdboden gleich gemacht . Aber für all dies, das wir in Treue zu euch getan haben, be kämpfen uns nun der Papst, die Frangipani86 und die Söhne des 25 Pierleone86, Lehnsmannen und Freunde des Siziliers - mit Ausnahme unseres Jordan87, eures in Treue ergebenen Fahnenträgers und Hel fers -, ferner auch Tolomeo und viele andere von allen Seiten, damit wir nicht frei, wie es sich ziemt, die Kaiserkrone auf euer königliches Haupt setzen können. 88Da aber dem Freund keine Mühe zu schwer 30 ist88, erdulden wir das alles für eure Liebe und Ehre gern, wenn wir dadurch auch schweren Schaden erleiden. Denn wir wissen, daß wir dafür von euch wie von einem Vater die Belohnung empfangen werden und daß ihr j ene als Feinde des Reichs bestrafen werdet. Da also unsere Treue zu euch so groß ist und da wir für euch so Schweres auf 35 uns nehmen, bitten wir darum, daß wir uns in dieser Hoffnung nicht täuschen und daß eure königliche Majestät eure Getreuen und Söhne nicht mißachte ; wenn aber euren königlichen Ohren über den Senat 86 Röm. Adelsfamilie, seit der Mitte des 1 1 . Jahrhunderts meist eine Stütze des legitimen Papsttums. 88 R ömische, ehemals jüdische Adelsfamilie, die zeitweise die kommunale Be wegung unterstützte. 87 Bruder Anak1ets II. ; vgl. Chronica VII, 3 1 . ••-•• Vgl. Cic . , Or. 1 0, 33 : sed nihil difficile amanti puto.
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Gesta Frederici I, 30
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et nobis flaverit, in eam intendat aut respiciat, quia, qui de nobis vestre altitudini mala suggerunt, de vestra et nostra, quod absit, dissensione letari volunt et utrosque, ut soliti sunt, callide opprimere moliuntur. Sed circa hec, ne fiant, regalis prudentia, ut decet, sollicita sit et provida, reminiscaturque vestra sollertia, 5 quot et quanta mala papalis curia et dicti quondam cives nostri imperatoribus, qui fuerunt ante nos a) , fecerint ; et nunc deteriora vobis cum Siculo facere temptaverunt ; sed nos Christi gratia in vestra fidelitate viriliter eis resistimus ac plures ex illis ab Urbe sicut pessimos hostes imperii , ut sunt, pepulimus. Appropinquet 1 0 itaque nobis imperialis celeriter vigor, quoniam quidquid vultis in Urbe obtinere poteritis et, ut breviter ac succincte loquamur, potenter in Urbe, que caput mundi est, ut optamus, habitare, toti Italie ac regno Teutonico, omni clericorum remoto obstaculo, liberius et melius quam omnes fere antecessores vestri dominari 1 5 valebitis. Sine mora ergo, precamur, ut veniatis et interim de statu vestro, quem semper desideramus salubrem et prosperum, de his regalibus litteris ac nuntiis nos letificare dignemini . Sumus enim per omnia vestre voluntati semper obtemperare parati. Sciatis preterea, quia pontem Mulvium extra Urbem parum 20 longe, per tempora multa pro imperatorum contrario destructum , nos, ut exercitus vester per eum transire queat, ne Petri Leonis per castellum Sancti Angeli vobis nocere possint, ut statueraut cum papa et Siculo, magno conamine restauramus, et in parvi tem poris spatio muro fortissimo et silicibus iuvante Deo complebitur. 25 Concordiam autem inter Siculum et papam huiusmodi esse acce pimus. Papa concessit Siculo virgam et anulum, dalmaticam et mitram atque sandalia, et ne f ullum mittat in terram suam lega tum, nisi quem Siculus petierit89, et Siculus dedit ei multam pecuniam pro detrimento vestro et Romani imperii, quod Dei 30 gratia vestrum existit. Hec omnia sollicite vestra animadvertat, optime rex, prudentia.
a)
so
AB; durch übergeschriebenes
u
z u vos v. Korrektor verbessert C .
Brief der Römer an Konrad III.
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und uns böse Gerüchte eingeblasen werden, so möget ihr nicht auf sie hören noch sie beachten . Denn diej enigen, die eurer Maj estät Böses über uns hinterbringen, wollen sich nur über eine Entzweiung zwischen euch und uns - die Gott verhüte l - freuen und trachten nur danach , 5 uns beide, wie sie gewohnt sind, mit List zu verderben . Das zu ver hindern möge eure königliche Klugheit besorgt und auf der Hut sein, wie es sich gebührt, und eure Einsicht möge sich daran erinnern, wie viel schweren Schaden die päpstliche Kurie und unsere oben erwähn ten ehemaligen Mitbürger den Kaisern, die eure Vorgänger waren, 1 0 zugefügt haben ; und j etzt haben sie versucht, mit dem Sizilier euch noch Schlimmeres anzutun ; aber wir, durch Christi Gnade eure Ge treuen, widerstehen ihnen mannhaft und haben schon viele von ihnen als die bösesten Feinde des Reichs, die sie sind, aus der Stadt ver trieben. 15 Möge deshalb das kaiserliche Machtaufgebot rasch zu uns kommen, denn ihr könnt in der Stadt alles erreichen , was ihr wollt, und, um es kurz zusammenfassend zu sagen, herrscherlieh in der Stadt, die das Haupt der Welt ist, residieren , wie wir es wünschen, und ihr werdet nach Beseitigung aller Behinderung von Seiten der Kleriker freier und 20 besser über ganz Italien und das deutsche Reich regieren können als fast alle eure Vorgänger. Kommt also , so bitten wir, unverzüglich und geruhet inzwischen, uns über euer Befinden, das hoffentlich immer ge sund und glücklich ist, durch ein königliches Schreiben oder durch Boten zu erfreuen. Denn wir sind bereit, in allem eurem Willen zu gehorchen . 25 Ihr müßt außerdem wissen, daß wir dabei sind, die Milvische Brücke nicht weit außerhalb der Stadt mit allen Kräften wiederherzustellen sie lag lange Zeit zum Nachteil der Kaiser in Trümmern -, damit euer Heer sie überschreiten kann und damit euch die Pierleoni nicht durch die Engelsburg Schaden zufügen können , wie sie zusammen mit dem 30 Papst und dem Sizilier beschlossen hatten ; dieser Wiederaufbau mit einer starken Mauer und Felssteinen wird mit Gottes Hilfe in Kürze vollendet sein. Wir haben aber erfahren, daß zwischen dem Sizilier und dem Papst folgende Vereinbarung besteht : der Papst hat dem Sizilier Stab und Ring, Dalmatika, Mitra und Sandalen zugestanden und sich 35 verpflichtet, in dessen Land keinen Legaten zu schicken außer einem , den der Sizilier erbittet. Der Sizilier hat ihm viel Geld gegeben zu eurem und des römischen Reiches Schaden, das durch Gottes Gnade das eure ist89• Dies alles möge eure Weisheit, bester König, sorgfältig bedenken. 89 In Wahrheit handelt es sich nicht um kürzlich Geschehenes, sondern um Abmachungen, die auf Urban I l . zurückgehen. Die Nachfolger Innocenz' I I . standen bis z u Hadrian I V . ( 1 1 5 8 ) i m Gegensatz zu den Normannen.
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Gesta Frederici I, 30 -- 3 1
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Rex valeat, quidquid cupit optineat super hostes, Imperium teneat, Rome sedeat, regat orbem Princeps terrarum, ceu fecit Iustinianus. Cesaris accipiat cesar, que sunt sua presul, Ut Christus iussit90, Petro solvente tributum91 • Nos de cetero, legatos nostros, precamur, ut benigne recipiatis et quod vobis dixerint credatis, quia scribere cuncta nequivimus . Sunt enim nobiles viri, Guido senator, Iacobus filius Sixti pro curatoris et Nicolaus, eorum socius. At christianissimus princeps huiusmodi verbis sive neniis pre- 1 0 bere aures abnuit, quin immo venientes ad se ex parte Romane ecclesie viros magnos et claros , quarum unus Guido Pisanus92, eiusdem curie cardinalis et cancellarius, erat, renovationemque antiquarum privilegiorum suorum postulantes honorifice suscepit 15 et honeste dimisit. 3 1 . Ea tempestate ubique terrarum bellorum turbine orbem ( 30) replente fermeque totum imperium seditionum motibus invol vente - nam et in Alemannia inter predictum adolescentem Fredericum et prenominatum93 ducem Conradum hoc dissen sionis malum agitabatur ; in Baioraia inter Heinricum Leo- 20 paldi94 marchionis filium95, eiusdem terre ducem, et item Hein ricum Ratisponensem episcopum gravissimum bellum excitatum in dies augmentabatur ; in Belgica Gallia viris magnis et egregiis Alberone Treverorum archiepiscopo et Heinrico Namucense comite debellantibus omniaque preda et incendio commiscenti- 25 bus, maximum rei publice dispendium exspectabatur96 ; Poli mia a) quatuor fratribus, tribus97 cum quarto98 pro ducatu con tendentibus, maximam effusionem sanguinis minabatur, ceteris quoque imperii provinciis huius mali non ex / torribus -, re pente 99per dexteram excelsi tanta facta est mutatio99, ut, sopitis 3o omnibus his bellorum tempestatibus, in brevi totam terram quiescere et innumerabiles b) ex Gallia et Germania contra inimicos crucis crucibus acceptis militiam profiteri cerneres. Sed, antequam
a ) so AB.
b) so AB,
G. invariabiles 0.
Fehden
im Reich
1 89
Stark sei der König, was er wünscht, erreiche er gegen die Feinde, Herrschen soll er im Reich und in Rom den Erdkreis regieren, Herrscher über die Welt, wie Justinian es gewesen. Was des Kaisers, empfange der Kaiser, was sein ist, der Bischof, s Wie es Christus befahl90, als Petrus den Zinsgroschen zahlte91. Des weiteren bitten wir, unsere Gesandten gnädig zu empfangen und ihnen zu glauben, was sie sagen, denn wir konnten nicht alles schreiben. Es sind nämlich edle Männer ; der Senator Guido, Jakob, der Sohn des Prokurator Sixtus, und Nikolaus, ihr Genosse. 10 Indes lehnte es der allerchristlichste König ab, diesen Worten, diesem Geschwätz sein Ohr zu leihen, vielmehr nahm er die vor ihm erscheinenden Gesandten der römischen Kirche, die Erneuerung ihrer alten Privilegien forderten, mit allen Ehren auf und ent ließ sie in Ehren ; es waren das bedeutende und berühmte Männer, 15 einer von ihnen war Guido von Pisa, Kardinal und Kanzler der Kurie92• 3 1 . In dieser Zeit tobten allenthalben in der Welt Kriegsstürme und stürzten fast das ganze Reich in Aufruhr : in Schwaben ging die böse Fehde zwischen dem oben genannten93 j ungen Friedrich und Herzog 20 Konrad weiter ; in Bayern war zwischen Heinrich, dem Sohne des Markgrafen Leopold94, dem Herzog des Landes95, und dem Bischof Heinrich von Regensburg ein schwerer Krieg entbrannt und ver schlimmerte sich von Tag zu Tag ; im belgiseben Gallien befehdeten sich zwei bedeutende und vortreffliche Männer, der Trierer Erzbi25 schof Albero und der Graf Heinrich von Namur ; sie plünderten und brandschatzten das ganze Land, und man sah schwerste Schädigung des Reiches voraus96 ; in Polen stritten drei Brüder97 mit dem vierten 98 um die Herzogswürde, und es drohte schweres Blutvergießen ; und auch die übrigen Länder des Reiches wurden in Mitleidenschaft gezogen. 30 Da aber erfolgte plötzlich 99durch die Rechte des Höchsten ein solcher Umschwung99, daß alle diese Kriegsstürme gestillt wurden, in Kürze die ganze Welt zur Ruhe kam und unzählige Menschen in Frankreich und Deutschland das Kreuz nahmen und sich zum Kampf gegen die 9o
Vgl . Matth. 22, 2 1 . Matth. 1 7 , 2 4 ff. 92 Vgl. B. Zenker, Das Kardinalkollegium in den Jahren 1 1 30 - 1 1 59, Diss . Würzburg 1 964. 93 Oben I, 28. 9' v. d. bayer. Ostmark. 95 Heinrich J asomirgott. 96 V gl. Chronica VII, 34. 97 Boleslaw, Miesko, Heinrich (Kasimir). 9 8 \Vladislaw II. ; vgl. auch Chronica VII, 34. 99-99 V gl. Ps. 76, l l . 9 1 V gl.
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Gesta Frederici I, 3 1 - 32
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huius tarn inaudite mutationis historiam attingamus, pauca de priori turbulentia premittenda sunt. (Jl) 32. Igitur eo tempore, quo predictus Heinricus Noricorum dux cum prenominato Heinrico Ratisponensium episcopo civibusque suis ac Stirensi marchione Odoacro gravissimam guerram agita- s bat, quidam milites de Orientali marchia egressi Pannoniam la tenter ingrediuntur ac noctu castrum Bosan, quod et Bresburc a> , quod olim imperator Heinricus obsidione cinxerat 1, e x inproviso aggressi capiunt, quibusdam comprehensis, nonnullis occisis, aliis per fugam elapsis 2• Quod audiens rex Ungarie b) Geiza, Beli t o regis filius, premissis quibusdam comitibus suis, qui, quare vel qualiter hoc factum fuerit, inquirerent, ipse eosdem subsecutus ad liberationem castri cum magna Ungarorum properat multitu dine. Comites, qui precesserant, ab oppidanis, cuius rei causa tarn gravem regi intulerint iniuriam , sollerter percunctantur. t s Qui responderunt se nec pro Romanorum principe nec pro duce suo hoc fecisse, sed pro domino suo Boricio. 2Erat autem Bori tius Colomanni quondam regis Ungarie filius, predictum regnum Ungarie, ut in prioribus cronicis dieturn est, iure hereditario repetens ac ob hoc adipiscendum utrosque principes, Romanorum 20 scilicet ac Grecorum , frequenter sollicitans multosque ex militi bus nostris ad favorem suum pecunia inducens 2• Igitur rex Ungarie superveniens castraque ponens oppidum cinxit, diversis instrumentis tormentorumque generibus adhibitis ac sagittariis op pido circumjfusis. Teutonici, eo quod dux in superioribus Baioarie 2s partibus moraretur, princeps vero in remotis regni maueret locis, cum nullum liberationis sue solatium haberent, de facienda cum Ungaris pace pertractare incipiunt. Ita, ne multis morer, mutuo colloquentes, accepto a rege sub iureiurando promisso trium mi lium librarum in pondere, castrum sibi reddunt, ipsique ad propria Jo redeunt. Rex autem Ungarorum dampnum sibi a Teutonicis illatum graviter ferens, ducem Noricum habens suspectum hostem denun tiat exercitumque maximum per totam regni sui latitudinem colli git. Sed antequam de egressione huius gentis dicamus, breviter quedam de ipsius terre situ nationisque ritu prelibanda videntur. Js a ) q. e.
B. fehlt AB.
b l U. r. AB.
Kämpfe um Preßburg
s
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20
25
30
35
191
Feinde des Kreuzes meldeten. Doch ehe wir uns der Schilderung dieses unerhörten Umschwungs zuwenden, muß noch einiges über die vor hergehenden Wirren vorausgeschickt werden . 32. Zu derselben Zeit, wo, wie erwähnt, Herzog Heinrich von Bayern mit dem Bischof Heinrich von Regensburg und seinen Bürgern und dem Markgrafen Ottokar von Steiermark einen schweren Krieg führte, rückten einige Ritter aus Ö sterreich heimlich in Ungarn ein, überfielen in der Nacht unversehens die Festung Pozsony, die auch Preßburg heißt, die einst Kaiser Heinrich belagert hatte 1 , und eroberten sie ; dabei wurden einige gefangengenommen, einige getötet, andere konnten entfliehen 2• Als der ungarische König Geisa, der Sohn König Belas, das erfuhr, entsandte er zunächst einige seiner Grafen, die feststellen sollten, warum und wie dies geschehen war ; dann folgte er ihnen selbst und eilte mit einer großen Menge Ungarn zur Befreiung der Festung herbei. Die vorausgeschickten Grafen erkundigten sich bei der Be satzung, weshalb sie dem König ein so schlimmes Unrecht angetan hätten. Diese erklärten, sie hätten das weder für den römischen Kö nig noch für ihren Herzog getan, sondern für ihren Herrn Boris. 2Boris nämlich, der Sohn des früheren ungarischen Königs Koloman , beanspruchte, wie in der früheren Chronik berichtet, auf Grund des Erbrechts den ungarischen Thron und hatte deshalb mehrfach bei beiden Kaisern, dem römischen und dem griechischen, Vorstellungen erhoben, und er hatte durch Geld viele unserer Ritter für sich ge wonnen 2• Als nun der König von Ungarn herangerückt war, schlug er ein Lager auf und schloß die Festung ein, indem er mannigfaltige Belagerungsmaschinen und Geschütze aufstellte und durch Bogen schützen die ganze Stadt umzingeln ließ. Da der Herzog sich in Ober bayern aufhielt und der Kaiser in entfernten Teilen des Reiches weilte, konnten die Deutschen nicht auf Befreiung hoffen und begannen deshalb Friedensverhandlungen mit den Ungarn. Um es kurz zu machen : nach wechselseitigen Gesprächen übergaben sie die Festung, nachdem sich der König eidlich zur Zahlung von 3000 Pfund Silber verpflichtet hatte, und zogen dann heim . Der Ungarnkönig aber war empört über den ihm von den Deutschen zugefügten Schaden, und da er gegen den Herzog von Bayern Verdacht hegte, erklärte er ihn zum Feind und sammelte in seinem ganzen Land ein sehr großes Heer. Bevor wir indes über den Ausmarsch dieses Volkes berichten , scheint es mir richtig, kurz einiges über die Lage dieses Landes und die Lebensweise des Volkes vorauszuschicken.
1 Heinrich V. im Jahre l l 08 ; vgl. Chronica VII, 1 3 . 2
Vgl. Chronica VII, 2 1 . 34.
Gesta Frederici I, 33
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3 3 . Hec 3 enim provincia, eo quod circumquaque silvis et montibus et precipue Apennino 4 clauditur, ex antiquo Pannonia dicta 6, 6 intus planitie campi latissima, decursu fluminum et am nium conspicua 6, nemoribus diversarum ferarum generibus plenis conserta, tarn innata arnenitate faciei leta quam agrorurn ferti- s litate locuples esse cognoscitur, ut tarnquarn paradisus Dei vel Egyptus spectabilis esse videatur. Habet enim pulcherrirnurn, ut dixi, naturaliter spectaculum, sed ex barbarice a) gentis ritu b) meniurn vel edium rarurn omaturn terrninosque non tarn mon tiurn vel silvarum quarn cursu rnaxirnorurn flurninurn c) septos. 10 Attingitur ab oriente, ubi Sowa famosus fluvius Danubio recipi tur, Bulgaria, ab occidente Maravia et Orientali Teutonicorurn rnarchia, ad austrurn Croatia, Dalrnatia, Hystria vel Carinthia, ad septentrionern Boernia, Polimia d>, Rutenia, inter austrurn et orientem Rarna 7, unter aquilonern et itern orientern Pecenato- 1 5 rurn8 et Falonurn9 maximarn venationum copiam habente, sed vomere ac rastro pene experte campania. Crebras vero barbaro rum irruptiones passa, haut mirurn, si rnoribus aut lingua agrestis manet et f insulsa. Narn prirno, quod alibP0 latius a nobis dieturn est, Hunorum, qui iuxta Iordanum 11 12 ex incubis et rneretrici- 20 bus 12 orti fuerant, direptioni patuit, postrnodurn Avarorurn cru dis et irnrnundis carnibus vescentiurn conculcationi, ad ultirnurn 13 Ungarorurn a Scithia egressorurn 13, qui et adhuc earn incolunt, relicta est possessioni. Sunt autern predicti Ungari facie tetri, profundis oculis, statura hurniles, rnoribus et lingua barbari et 25 feroces, ut iure fortuna culpanda vel potius divina patientia sit arnrniranda, que, ne dicarn horninibus, sed talibus 14horninurn monstris 14 tarn delectabilern exposuit terrarn. In hoc tarnen Grecorurn irnitantur sollertiarn, quod nullarn rern rnagnarn sine
a ) barbarae AB.
b) c)
fehlt 0.
fiuviorum AB.
d ) so AB. 0.
3 Vgl. zu diesem ethnographischen Exkurs auch den über die Lombarden, unten II, 1 4. ' Gemeint sind mit Apennin an dieser Stelle vielleicht die Karpathen, wenn nicht mit Kohl an ein willkürliches Wortspiel (Apennin - Pannonien) zu den ken ist.
Charakteristik Ungarns
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3 3 . Das 3 Land ist rings von Wäldern und Bergen eingeschlossen, insbesondere vom Apennin 4, und heißt von alters her Pannonien 5 ; 6 im Innern gibt es Felder in einer weiten Ebene, die von Flüssen und Strömen durchzogen wird 6 und reich ist an Wäldern voller Wild verschiedener Arten. Das Land ist anmutig wegen der ihm von Natur verliehenen Lieblichkeit und reich infolge der Fruchtbarkeit seiner Äcker, so daß es so schön erscheint wie das Paradies Gottes oder Ägypten. Es bietet, wie gesagt, von Natur einen herrlichen Anblick, aber es ist, wie bei einem Barbarenvolk natürlich, nur dürftig mit Stadtmauern und Gebäuden ausgestattet, und die Grenzen werden weniger von Bergen und Wäldern als von großen Flüssen gebildet. Nachbarländer sind im Osten, wo der berühmte Fluß Sau in die Do nau mündet, Bulgarien, im Westen Mähren und die deutsche Ostmark, im Süden Kroatien, Dalmatien, Istrien und Kärnten, im Norden Böhmen, Polen und Rußland, im Südosten Rama 7, im Nordosten folgt das ebene Land der Petschenegen8 und Falonen9, das eine große Menge von j agdbaren Tieren hat, aber den Pflug und die Hacke kaum kennt . Da das Land häufig Einfälle von Barbaren erlitten hat, ist es nicht verwunderlich, daß es in Sitten und Sprache bäurisch und ungeschliffen geblieben ist. Denn zuerst - das ist anderswo 10 von uns näher ausgeführt worden - lag es der Ausplünderung durch die Hunnen offen, die nach Jordanis 11 12 von bösen Geistern und Huren 12 stammen, dann der Verwüstung durch die Avaren, die rohes, unreines Fleisch essen, und schließlich der Besitzergreifung 13 durch die aus Skythien ausgewanderten Ungarn 13, die es noch heute bewohnen. Diese Ungarn haben ein häßliches Gesicht mit tiefliegenden Augen, von Wuchs sind sie klein, in Sitten und Sprache wilde Barbaren , und man muß mit Recht das Schicksal tadeln oder sich vielmehr über die göttliche Duld samkeit wundern, die dieses schöne Land 14 menschlichen Scheusalen 14 - denn Menschen kann man sie kaum nennen - ausgeliefert hat. Doch darin ahmen sie die Schlauheit der Griechen nach, daß sie • Vgl. Isidor., Etym. XIV, 4, 1 6 . • -• Ygl. Oros. II, 6 , 8 (in bezug auf Babylon) ; unten I , 4 8 . I I , 3 6 . I I I , 39 ;
Chronica II, 1 1 . 7 Bosnien. s Ukraine . • Falben oder Kumanen, Turkvölker an der Theiß . 1 o Chronica IV, 1 6 . 11 Jordanis Getica c. 24, MG. AA. 5, 89 ; vgl. Chronica IV, 1 6. 1 2 - 1 2 Chronica IV, 1 6 . 1 3- 13 Vgl. Chronica IV, 10. 1 • - u So auch in einem Brief an B ischof Dado von Verdun (D 'Achery, Spici legium 12, 355) und bei Hrotsvith, Gesta Ottonis v. 389 (ed. P. v . Winterfeld , MG. SS. rer. Germ . , S. 2 1 5) .
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Gesta Frederici I, 33
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crebra et longa consultatione adgrediuntur. Denique cum vilis sima in vicis vel oppidis ibi , id est ex cannis tantum, rara ex lignis, rarissima ex lapidibus habeantur habitacula, toto estatis vel autumpni tempore papiliones inhabitant ; ad curiam regis sui, singulis ex primoribus sellam secum portantibus, conveniunt ac 5 de sue rei publice statu pertractare et disentere non negligunt, hiemis algore in domiciliis, que al habent, id ipsum facientes . At omnes sie principi suo obsecuntur, ut unusquisque, ne dicam manifestis illum contradictionibus exasperare, sed et occultis susurriis lacerare nefas arbitretur. Hinc est, ut, cum predictum 10 regnum per LXX vel amplius divisum sit comitatus, de omni iustitia ad fiscum regium due lucri partes cedant, tertia tantum comiti remaneat, nullusque in tarn spatioso ambitu, rege excepto, monetam vel theloneum habere audeat. Quod si aliquis ex corni turn ordine regem vel in modico offenderit vel etiam de hoc quan- 1 5 doque non iuste infamatus fuerit, quilibet infime conditionis lixa a curia missus eum , licet satellitibus suis stipatum, solus com prehendit, in vinculis ponit, ad diversa tormentorum genera trahit. Nulla sententia af principe, sicut aput nos moris est, per pares suos exposcitur, nulla accusato excusandi licentia datur, 20 sed sola principis 15 voluntas aput omnes pro ratione habetur 15• Si quando vero exercitum rex ducere voluerit, cuncti sine con tradictione quasi in unum corpus adunantur. Coloni quidem, qui in vicis morantur, novem decimum , vel etiam septem octa vum vel infra, si neoesse fuerit, cum subpellectili ad bellum neces- 2s saria instruunt, ceteris pro cultura terre domi relictis . Qui vero de militum ordine sunt, nulla occasione nisi gravissima domi remanere audebunt. At in ipsa regis acie hospites, quorum ibi magna copia est et qui aput eos principes dicuntur, latus principis ad muniendum ambiunt. Omnes pene tetri tetris in armis proce- 30 dunt, nisi quod iam ab hospitibus, quos nunc solidarios dicimus, educati vel ab eisdem etiam geniti, quandam, non innatam, sed quasi extrinsecus affixam virtutem trahentes, principes tantum et hospites nostros impugnandi peritia armorumque splendore 35 imitantur. Sed de predicte gentis ritu hec dicta sufficiant.
a ) qui C.
Verfassung Ungarns
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kein wichtiges Unternehmen ohne häufige und lange Beratung in Angriff nehmen. Schließlich gibt es dort in Dörfern und Flecken nur ganz elende Wohnungen, meist aus Rohr, selten aus Holz und ganz selten aus Stein, sie bewohnen vielmehr in der ganzen Sommers- und s Herbstzeit nur Zelte ; am Hof ihres Königs kommen sie zusammen, wobei j eder der Vornehmen einen Stuhl mitbringt, und beraten einge hend und diskutieren über den Zustand ihres Staates, und in der Win terkälte tun sie dasselbe in den Behausungen, die sie haben. Alle aber sind ihrem Fürsten gegenüber dermaßen unterwürfig, daß j eder es für 1 0 unrecht hält, ihn auch nur durch ein heimliches Flüstern zu belästigen , geschweige denn ihn durch offenen Widerspruch zu erbittern. So kommt es, daß, obgleich das Reich in 70 oder mehr Komitate geteilt ist, von j edem Gericht zwei Drittel des Gefälles an den königlichen Fis kus abgeführt werden, während nur ein Drittel dem Grafen verbleibt, 15 und daß trotz der Größe des Landes niemand außer dem König eine Münzstätte oder ein Zollhaus zu haben wagt. Wenn aber einer vom Stande der Grafen beim König auch nur den geringsten Anstoß erregt oder auch nur einmal zu Unrecht dessen geziehen wird, dann verhaftet ihn j eder beliebige Troßknecht niedrigsten Standes, der vom Hof aus20 geschickt ist - auch wenn er von seinen Gefolgsleuten umgeben ist -, wirft ihn in Ketten und unterzieht ihn Folterungen mannigfacher Art . Xiemals aber fordert der König, wie es bei uns üblich ist , einen Urteilsspruch seiner Standesgenossen ; einem Angeklagten ist es nicht erlaubt, sich zu verteidigen, vielmehr 15 gilt bei allen der Wille des 25 Königs als Gesetz 15• Wenn der König einmal einen Kriegszug unter nehmen will, vereinigen sich alle ohne Widerspruch gewissermaßen zu einem Körper. Von den Bauern, die in den Dörfern wohnen, stat ten j e neun den zehnten oder j e sieben den achten oder, wenn nötig, noch weniger einen Mann mit der für den Krieg nötigen Rüstung aus, 30 die übrigen läßt man zur Bestellung des Landes zu Hause. Die aber, die zum Stande der Ritter gehören, würden nur aus ganz wichtigen Gründen zu Hause zu bleiben wagen . Im Treffen des Königs umgeben die Gefolgsleute, die es dort in großer Zahl gibt und bei ihnen Fürsten genannt werden, den König zu seinem Schutz von allen Seiten. Fast 3 5 alle gehen abscheulich mit abscheulichen Waffen einher, es sei denn, daß sie schon von den fremden Gefolgsleuten, die wir j etzt Söldner nennen, geschult sind oder auch von ihnen abstammen und dadurch eine ihnen nicht angeborene, sondern gewissermaßen nur äußerliche Kriegstüchtigkeit erringen und nun unsere Fürsten und Soldaten in 40 der Kriegskunst und im Glanz der Waffen nur nachahmen. Doch damit genug von der Lebensweise dieses Volkes. u- u
Vgl. Juvenal . , Sat. 6, 223.
1 96
Gesta Frederici I, 34
[ 5 1 /52]
34. lgitur rex 16 ad portam Mesiam 17 septuaginta pugnatorum milia vel amplius habens erupit, in campoque inter portam pre fatam et fluvium Lithahe, qui Teutonica lingua Virvelt, quod nos vacantem campum dicere possumus, castra posuit. Dux etiam cum suis non longe ex altera parte eiusdem fluvii, qui imperii 5 Romani et regni illius ex uno Danubii latere - nam ex altero Maraha fluvius - limes est, suos convocans, itidem castra meta tur, missis exploratoribus, qui statum hostium diligenter in quirendo ediscerent. Altera die rex in predicto campo ad quan dam ligneam ecclesiam accedit, ibique ab episcopis - nam eo 1 0 usque in puerilibus annis positus nondum militem induerat accepta sacerdotali benedictione ad hoc instituta armis accingi tur. Post hec acies ordinat, militem instaurat, positis in f capite duabus alis, in quibus sagittarii, quatinus vim hostium eminus repellerent, erant, et e regione una magna acie, cui avunculus 15 suus Bela dux preerat, in propria legione, ut aiunt, plus quam XII milia equitum retinens. Dehinc fluvium Litahe ex inproviso, exploratoribus ducis non bene, propter quod missi erant, obser vantibus, transvadando permeat, apposito mox in vicinis igne. Dux itidem acies instituerat et iam, 18 quid facto opus esset 18, con- 20 sultabat, frustra exploratores, qui aut dolo aut pigritia tardabant, expectans. Cumque alii pugnandum, nonnulli ex ali o latere amnis Viscahe, super quem residebat a termino ad duo tantum Teuto nica miliaria distantem, expectandum atque robur hostium melius explorandum consulerent, subito fumus apparens ignis 25 et hostium certurn signum dedit, quibusdam ex nostris putanti bus ac dicentibus ab hostibus in fugam versis propria castra ignibus data esse. Itaque dux - est enim manu fortis, mente audax, sed more impatiens - subito arma corripit et, secus quam disciplina militaris et ordo exposcit, non pedetemptim incedens, 30 sed precipitanter advolans in hostem ruit, suis gregatim adven tantibus et dirupto legionum ordine confuse venientibus. Denique ex 19 prepetis cursus 19 nimia velocitate sagittariorum impetum, qui in duabus precedentibus alis positi erant, prevenit ac illas cum duo bus comitibus, qui eisdem preerant, ferme funditus delevit. Post 35
(33)
u Geisa.
Schlacht
an
der Leitha
1 97
34. Der König 16 brach nun mit mindestens 70 000 Mann bei der Porta Mesia 17 hervor und schlug sein Lager zwischen diesem Ort und der Leitha in einer Ebene auf, die in deutscher Sprache Virfeld heißt, was wir "Brachfeld" nennen können . Auch der Herzog scharte 5 seine Leute um sich und lagerte sich nicht weit davon entfernt am anderen Ufer dieses Flusses, der auf der einen Seite der Donau die Grenze zwischen dem römischen Reich und Ungarn bildet - auf der anderen Seite tut das die March -, und schickte Spähtrupps aus, die die Verhältnisse beim Feind genau erkunden sollten. Der König begab 10 sich am folgenden Tage zu einer hölzernen Kirche auf dem Virfeld und wurde dort unter den dafür vorgeschriebenen Segenssprüchen von Bischöfen mit den Waffen ausgerüstet, denn bisher hatte er wegen seiner Jugend noch nicht den Rittergürtel empfangen. Darauf ord nete er sein Heer und stellte seine Truppen auf, voran zwei Haufen 15 Bogenschützen, die den Angriff der Feinde von fern abschlagen soll ten, dann auf der einen Seite das Gros des Heeres, das sein Oheim Bela befehligte, während er in seiner eigenen Abteilung, wie es heißt, mehr als 1 2 000 Ritter behielt. Dann überschritt er überraschend an einer Furt die Leitha - die Kundschafter des Herzogs erfüllten ihre 20 Aufgabe, zu der sie ausgesandt waren, schlecht - und legte in dem Grenzgebiet sofort Feuer an. Der Herzog hatte sein Heer ebenfalls zur Schlacht aufgestellt und beratschlagte, 18 was zu tun sei 18, während er vergebens auf die Kundschafter wartete, die aus böswilliger Absicht oder Trägheit säumten. Während nun die einen rieten, man solle den 25 Kampf aufnehmen, andere dagegen meinten, man solle auf dem ande ren Ufer der Fischa, an der er in einer Entfernung von nur zwei deutschen Meilen lagerte, warten und die Stärke der Feinde erkunden, zeigte sich plötzlich der Rauch von Feuer und gab über die Stellung der Gegner genauen Aufschluß ; aber einige unserer Leute glaubten 30 und behaupteten , die Feinde hätten sich zur Flucht gewandt und ihr eignes Lager in Brand gesteckt. Daher griff der Herzog - er ist näm lich stark und kühn, aber ungeduldig - plötzlich zu den Waffen und wider die Erfordernisse militärischer Zucht und Ordnung rückte er nicht bedächtig vor, sondern stürmte Hals über Kopf vorwärts und 35 stürzte sich auf den Feind , so daß seine Mannen nur abteilungsweise und in aufgelöster Ordnung herankamen. Infolge des übermäßig raschen Vorstoßes kam er allerdings dem Angriff der Bogenschützen, die auf den beiden vorrückenden Flügeln standen, zuvor und rieb sie mitsamt den beiden Grafen , die sie befehligten, fast vollständig auf. 40 Dann aber stieß er auf die beiden großen Heerhaufen des Königs und 1 7 Wieselburg ; ungar. Moson ( S ) . 1 8-18 Vgl. oben S . 1 0- u Vgl . Seneca,
1 5 5 mit Anm. Hipp . 1 06 1 .
13.
198
(34)
Gesta Frederici I, 3 4 - 3 5
[52/53]
hec illas duas magnas acies, regis scilicet et avuneuli sui dueis, impegit, ex regis legione nullo egrediente, sed tamquam in modum silve fixa immobiliter manente. Iam iam Ungari de fuga eogitabant dorsaque vertere volebant, et eeee Teutoniei, qui in posterioribus alis dueem suum sequebantur, fugam ineunt, duee 5 ignorante vel ea que fiebant ex pulveris multitudine, qui illis in partibus siceitatis tempore maximus esse solet, eonspieere non valente. Barbari tune primo vires sumunt dueique tamquam a suis destituto circumfunduntur. Dux tune demum tergo hosti dare compellitur ac tam f pugnacis dextre quam pulveris erem obdu- 1 0 centis benefieio belli perieulis exemptus in vieinum oppidum Hienis, quod olim a Romanis inhabitatum Favianis 20 dicebatur, declinavit. Ungari usque ad predietum fluvium tantum Viscahe hostes persequentes ad propria redeunt. Cecidit in hoe prelio virorum nobilium et illustrium pars magna, vulgi vero multitudo 1 5 innumerabilis, maior tarnen, u t dicitur, e x Ungaris. Cuius rei et tarn dedecoris facinoris ultio nondum facta Deo opitulante a victriee presentis imperatoris dextra futura expectatur 21• 35. Circa idem tempus Rogerius Siculus 22, aptatis in Apulia, Calabria, Sicilia triremibus et biremibus, quas modo galeas seu 20 sagiteas vulgo dicere solent, aliisque navibus bellicis onerariis, classem in Greciam destinat, prefectis eis ducibus strennuis et in navali prelio gnaris . Armatis itaque navibus Grecie fines ingre diuntur ac Mutino sine inpedimento gravique negotio capto ad Gurfol usque, fortissimum Grecie castrum, procedunt. Quod dum 2s nulla capere vi prevalerent, ad dolos et ingenia se vertunt. Igitur premissis quibusdam, ut dicitur, qui se quempiam mortuum humandi gratia deferre simularent - est enim in predicta aree castri, sicut Grecis mos est, congregatio clericorum seu mona chorum -, idem castrum irruunt, arcem oecupant, Grecis eiectis 30 presidiisque suis ibidem locatis. Inde ad interiora Grecie pro gressi Corinthum, Thebas, Athenas, antiqua nobilitate celebres, expugnant ac maxima ibidem preda direpta opifices etiam qui sericos pannos texere solent ob ignominiam imperatoris illius suique principis gloriam captivos deducunt. Quos Rogerius in 3 5 20 Den ganzen Umständen nach sollte man an Wien denken, doch ist die Form Hienis (in allen Hss. !) nicht sehr plausibel. - Bei dem antiken Favianum
Schlacht an der Leitha
-
N ermannen in Griechenland
1 99
seines Oheims, des Herzogs ; keiner aus des Königs Heer verließ die Stellung, es stand vielmehr unbeweglich fest wie ein Wald. Schon dachten die Ungarn an Rückzug und wollten sich zur Flucht wenden, da begannen die Deutschen , die mit den hinteren Trupps ihrem Herzog 5 folgten, zu fliehen ; der Herzog aber wußte das nicht und konnte es wegen der Wolken von Staub nicht sehen , der in diesen Gegenden in der Zeit der Trockenheit gewöhnlich in außerordentlicher Stärke auf tritt. Jetzt rafften die Barbaren erst recht ihre Kräfte zusammen und umzingelten den Herzog, der von seinen Leuten im Stich gelassen war. 10 Nun sah sich der Herzog gezwungen, vor dem Feinde zu fliehen ; dank seiner streitbaren Faust und dank der ihn verhüllenden Staubwolke konnte er sich den Gefahren des Kampfes entziehen und entwich nach dem nicht weit entfernten Hienis, das einst von den Römern bewohnt war und Favianis hieß 20. Die Ungarn verfolgten den Gegner nur bis 15 zur Fischa und zogen dann heim . Es fielen in diesem Kampf ein großer Teil der edlen und erlauchten Männer, von den Gemeinen aber eine unzählige Menge, noch mehr indessen, wie es heißt, bei den Ungarn . Hierfür und für diese so schmachvolle Niederlage ist die Rache noch nicht vollzogen, man erwartet aber, daß sie mit Gottes Hilfe von der 20 siegreichen Rechten des jetzigen Kaisers vollzogen werden wird 21 . 35. Um dieselbe Zeit schickte Roger von Sizilien 22 eine Flotte unter energischen und im Seekrieg erfahrenen Führern gegen Griechenland ; er hatte dazu in Apulien, Kalabrien und Sizilien Zwei- und Dreiruderer, die man heute gewöhnlich Galeeren oder Sagitteen nennt, und Last25 kriegsschiffe ausgerüstet. Mit diesen Schiffen fuhren sie nach Griechen land, eroberten ohne Behinderung und ohne Schwierigkeit Methoni und drangen bis Korfu , einer sehr starken Festung Griechenlands, vor. Da sie diese nicht im Sturm zu nehmen vermochten, griffe n sie zu Listen und Tücken . Sie schickten, wie es heißt, einige Leute voraus, 3 0 die so tun sollten, als ob sie einen Toten zur Beerdigung brächten in j ener Burg befindet sich nämlich, wie in Griechenland üblich , eine Kongregation von Klerikern oder Mönchen -, dann überfielen sie die Festung, besetzten die Burg, vertrieben die Griechen und legten eine eigene Besatzung hinein . Darauf zogen sie ins Innere von Griechen3 5 land und eroberten die altberühmten Städte Karinth, Theben und Athen, machten dabei ungeheure Beute und führten auch die Hand werker, die seidene Stoffe weben, zur Schande deren Kaisers und zum Ruhme ihres Königs fort. Diese siedelte Roger in Palermo , der handelt es sich um das heutige Mautern , aber
schon früh wurde geglaubt, Wien Favianum. Jedenfalls l iegt Mautern zu weit vom daß es hier geme int sein könnte.
( V indobona) sei das frühere Schlacht feld entfernt, als
" Vgl. unten Il, 6. " l l 47 ; vgl. E. Caspar,
2 1 3 ff.
Roger l i . ,
1 904, S . 370 ff.,
P.
Rassow, M I Ö G . 62, 1 954,
200
Gesta Frederici I, 35 - 37
[53/55]
Palermo Sicilie metropoli collocans artem I illam texendi suos edocere precepit, et exhinc predicta ars illa, prius a Grecis tan tum inter Christianos habita, Romanis patere cepit ingeniis. Sed ut ad id, unde paulisper digressi fuimus 23 stilus redeat, de pacis serenitate, que post hanc orbis conflictationem contra multorum 5 opinionem subito reluxit, breviter aliqua dicenda erunt. (35) 36. Eugenio in urbe Roma sedente, Cönrado in eadem, Lode wico in occidentali Francia regnantibus, imperante in urbe regia Manuel, Hierosolimis Folcone 24, Lodewicus dum occulte •) Hieru salern eundi desiderium haberet, eo quod frater suus Philippus 1 0 eodem voto astrictus morte preventus fuerat 26, diutius protelare nolens propositum, quibusdam ex principibus suis vocatis, quid in mente volveret, aperuit 26• Erat illo in tempore in Gallia cenobii Clarevallensis abbas quidam Bernardus dictus, vita et moribus venerabilis, religionis ordine conspicuus, sapientia litte- 1 5 rarumque scientia preditus, signis et miraculis clarus. Hunc prin cipes vocandum, ab eoque, quid de hac re fieri oporteret, tamquam a divino oraculo consulendum decernunt. Vocatur prefatus abbas, consiliumque ipsius super predicti exposcitur principis voluntate. Ille de tarn grandi negotio ex proprie auctoritatis arbitrio respon- 20 sum dare frivolum iudicans, ut ad Romani pontificis audientiam et examen deferatur, optimum esse respondit. Itaque missa ad Eugenium legatione totum illi negotium aperitur. Qui anteces sorum suorum exempla revolvens, quod I videlicet Urbanus huiusmodi occasione transmarinam ecclesiam duasque patriar- 2s chales sedes, id est Antiochiam et Hierosolimam, ab obedientia Romane sedis scissas in pacis unitatem receperit 27, votis predicti regis pro dilatando Christiane religionis ritu annuit, auctoritate predicandi animosque cunctorum ad hoc commovendi prenomi nato abbati , qui aput omnes Gallie ac Germanie populos ut pro- 30 pheta vel apostolus habebatur, concessa. Unde eins scripturn tale ad regem principesque suos directum invenitur : (36) 37. Eugenius 28 episcopus, servus servorum Dei, karissimo in b) Christo b) filio Lodewico, illustri et glorioso Franeorum regi, et a ) occultum AB. Oben I, 3 1 .
28
b- b )
fehlt
C.
Kreuzzugspläne in Frankreich
201
Hauptstadt Siziliens, an und ließ durch sie seine Leute in dieser Web kunst unterrichten ; seitdem begann diese Kunst, die bis dahin unter den Christen nur von den Griechen ausgeübt wurde, auch römischen Talen ten zugänglich zu werden. Doch um nach dieser kleinen Abschweifung s zu dem Ausgangspunkt zurückzukehren 23, müssen wir nun kurz über die Friedenssonne berichten, die nach diesen Erschütterungen des Erdkreises wider allgemeines Erwarten plötzlich aufleuchtete. 36 . Als in Rom Eugen (III . ) auf dem Thron saß, Konrad (III . ) ebendort und Ludwig (VII ) . in Frankreich herrschten, in Konstanti10 nopel Manuel und in Jerusalem Fulko 24 regierten, hatte Ludwig ins geheim den Wunsch, nach Jerusalem zu ziehen, und weil sein Bruder Philipp, der sich dazu durch ein entsprechendes Gelübde verpflichtet hatte 25, vorher gestorben war, wollte er sein Vorhaben nicht länger hinausschieben ; er berief also einige seiner Fürsten zu sich und er15 öffnete ihnen seine Absicht 26• Es lebte zu dieser Zeit in Frankreich als Abt des Klosters Clairvaux ein gewisser Bernhard, hinsichtlich Lebensführung und Sittenreinheit verehrungswürdig, ein ausge zeichneter Mönch, begabt mit Weisheit und hochgebildet und berühmt durch Zeichen und Wunder. Ihn beschlossen die Fürsten zu sich zu 20 rufen und wie ein göttliches Orakel zu befragen, was in dieser Sache zu tun sei . Der Abt wurde also berufen , und man forderte von ihm einen Rat betreffs der erwähnten Absicht des Königs . Jener aber hielt es für anmaßend, über eine so wichtige Angelegenheit eine Antwort nach seinem persönlichen Gutdünken zu erteilen, und erklärte, es sei 25 das Beste, sie dem Papst mitzuteilen und zur Prüfung vorzulegen . Man schickte daraufhin eine Gesandtschaft an Eugen und teilte ihm das ganze Vorhaben mit. Dieser erwog das Vorbild seiner Vorgänger , wie nämlich Urban li. bei einer solchen Gelegenheit die überseeische Kirche und zwei Patriarchensitze, nämlich Antiochia und Jerusalem, 30 die vom Gehorsam gegen den Römischen Stuhl abgefallen waren, in die Einheit des Friedens zurückgewonnen hatte 27, und stimmte daher um der Ausbreitung der christlichen Religion willen dem Wunsche des Königs zu ; dem genannten Abt, der bei allen Franzosen und Deutschen als Prophet und Apostel galt, erteilte er die Vollmacht, zu predigen 35 und die Herzen aller für diesen Zug zu begeistern. Daher richtete er an den König und die Fürsten folgendes Schreiben : 37. Bischof Eugen 28, der Knecht der Knechte Gottes, seinem in Christus geliebten Sohn Ludwig, dem erlauchten und ruhmreichen ••
Vielmehr Balduin III ; der gleiche Irrtum auch Chronica VII, 28. 25 Vgl. oben I , Vorwort. •• 1 1 45 in Bourges. 27 Die orthodoxen Patriarchen von Antiochien und Jerusalem wurden auf dem ersten Kreuzzug durch lateinische ersetzt. 28 JL. 8796 ; ein gleichlautendes Schreiben vom I. Mai 1 1 46 (JL. 8 8 7 6 ) .
202
Gesta Frederici I, 37
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dilectis filiis principibus et universis Dei fidelibus per Galliam constitutis salutem et apostolicam benedictionem . Quantum predecessores a) nostri Romani pontifices pro liberatione orien talis ecclesie laboraverint, antiquarum relatione didicimus et in gestis eorum scripturn repperimus. Predecessor etenim noster 5 felicis memorie papa Urbanus tamquam tuba celestis b) intonuit et ad ipsius deliberationem c) sancte Romane ecclesie filios de diversis mundi partibus sollicitare curavit. Ad ipsius siquidem vocem ultramontani et precipue Franeorum regni fortissimi et strennui bellatores et illi etiam de Italia caritatis ardore succensi 10 convenerunt et maximo congregato exercitu, non sine magna proprii sanguinis effusione, divino eos auxilio comitante, civi tatem illam, in qua salvator noster pro nobis pati voluit et gloriosum ipsius sepulcrum passionis sue nobis memoriale dimisit, et quam plures alias, quas prolixitatem vitantes memorare 1 5 supersedimus, a paganorum spurcitia liberarunt. Que per gratiam Dei et patrum vestrorum studium, qui d) per intervalla temporum eas defendere et Chrif stianum nomen in partibus illis dilatare pro viribus studuerunt, usque ad nostra tempora a Christianis detente 20 sunt, et alie urbes infidelium ab ipsis viriliter expugnate. Nunc autem nostris et ipsius populi peccatis exigentibus, quod sine magno dolore et gemitu proferre non possumus, Edissa civitas, que nostra lingua Rohais 29 dicitur, que etiam, ut fertur, cum quondam in oriente tota terra a paganis deti neretur e) , ipsa sola sub Christianorum potestate Domino ser- 25 viebat, ab inimicis crucis Christi capta est, et multa Christi anorum castella ab ipsis occupata 30• Ipsius quoque civitatis archiepiscopus 31 cum clericis suis et multi alii Christiani ibidem interfecti sunt, et sanetarum reliquie in infidelium concul cationem date sunt et disperse. In quo quantum ecclesie Dei 3o et toti Christianitati periculum immineat, et nos cognoscimus et prudentiam vestram latere non credimus. Maximum namque nobilitatis et probitatis indicium fore cognoscitur, si ea que pa trum strennuitas acquisivit a vobis O filiis strennue defendantur. a) d)
decessores C. quod A B .
b) fehlt
C.
e ) detinetur
C.
c ) Iiberationern
0 nobis A B .
AB.
Brief Papst Eugens an König Ludwig
203
König der Franken, sowie unseren geliebten Söhnen, den Fürsten und allen Getreuen Gottes in Frankreich Gruß und apostolischen Segen. Wie viel unsere Vorgänger, die römischen Päpste, für die Befreiung der Kirche im Orient getan haben, wissen wir aus älteren Berichten 5 und haben wir in den Schriften über ihre Taten gelesen. Unser Vor gänger, Papst Urban seligen Angedenkens, hat gleichsam die himm lische Posaune ertönen lassen und sich bemüht, die Söhne der heiligen römischen Kirche aus den verschiedenen Teilen der Welt zu ihrer Befreiung zu veranlassen . Auf seinen Aufruf hin versammelten sich die t o Menschen nördlich der Alpen, insbesondere die tapferen und wackeren Krieger Frankreichs und auch Italiens, in Liebe entflammt, stellten ein großes Heer auf und befreiten nicht ohne schwere eigene Blutverluste mit Gottes Hilfe jene Stadt, in der unser Heiland für uns leiden wollte und in der er uns sein ruhmreiches Grab als Denkmal seines Leidens 15 hinterlassen hat, und noch viele andere Städte, die wir, um nicht weit läufig zu werden, übergehen wollen, von dem Unflat der Heiden . Durch Gottes Gnade und die Anstrengungen eurer Väter, die sich in der Zwischenzeit nach Kräften bemüht haben, sie zu verteidigen und den Namen Christi in j enen Landen auszubreiten, sind sie bis in unsere 20 Zeit von den Christen behauptet und andere Städte der Ungläubigen von ihnen mutig erobert worden . Jetzt aber ist zur Strafe für unsere und dieses Volkes Sünden ein Ereignis eingetreten, das wir nur mit größtem Schmerz und Kummer nennen können : die Stadt Edessa, in unsrer Sprache Roheis 29 genannt, 25 die, wie berichtet wird , allein unter christlicher Herrschaft Gott diente, als einst die Heiden noch den ganzen Orient in ihrem Besitz hatten, ist von den Feinden des Kreuzes Christi erobert worden, und viele Burgen der Christen sind von ihnen besetzt worden 30• Der Erzbischof der Stadt 31 samt seinen Klerikern und viele andere Christen wurden 30 dabei getötet und die Reliquien der Heiligen von den Ungläubigen zertreten und verstreut. Wir sehen, welche Gefahr der Kirche Gottes und der ganzen Christenheit dadurch droht, und es ist, wie wir glauben auch eurer Klugheit nicht entgangen. Denn es ist doch das deutlichste Kennzeichen von Edelmut und Rechtschaffenheit, wenn das, was 3 5 die Tatkraft der Väter erworben hat, von euch Söhnen tatkräftig
Arab . Ruka ( S ) . 30 E roberung von Edessa durch d e n Emir von Mossul Imad ad-din Zenki im Jahre 1 1 44. 31 Hugo . 29
204
Gesta Frederici I, 37
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Verumtamen, si, quod absit, secus contigerit, patrum forti tudo in filiis imminuta probatur. Universitatem itaque vest ram in Domino commonemus, rogamus atque precipimus et in peccatorum remissionem iniungimus, ut qui Dei sunt et maxime potentiores et nobiles viriliter accingantur et infidelium 5 multitudini, que se tempus victorie super nos adeptam letatur, sie occurrere et ecclesiam orientalem, tanta patrum vestrorum, ut prediximus, sanguinis effusione ab eorum tyrannide liberatam, ita defendere et multa captivorum milia confratrum nostrorum de ipsorum manibus eripere studeatis, ut Christiani nominis 1 0 dignitas vestro tempore augeatur et vestra fortitudo, que per universum mundum laudatur, integra et illibata servetur. Sit vobis etiam in exemplum bonus ille Matathias 32, qui pro paternis legibus conservandis se ipsum cum filiis et parentibus suis morti exponere et quicquid in mundo possidebat relinquere nullatenus 1 5 dubitavit atque tandem divino cooperante auxilio, per multos tarnen labores, tarn ipse quam sua progenies de inimicis viriliter triumphavit. Nos autem vestrorum quieti et einsdem ecclesie destitutioni paterna sollicitudine providentes illis, qui tarn sanctum tamque pernecessarium opus et laborem devotionis 20 intuitu suscipere et perficere defcreverint, illa.m peccatorum remissionem, quam prefatus predecessor noster papa Urbanus instituit, auctoritate nobis a Deo concessa concedimus et con firmamus atque uxores et filios eorum, bona quoque et pos sessiones sub sancte ecclesie, nostra etiam et archiepiscoporum, 25 episcoporum et aliorum prelatorum ecclesie Dei protectione manere decernimus. Auctoritate etiam apostolica prohibemus, ut de omnibus, que, cum crucem acceperint, quiete possederint, nulla deinceps questio moveatur, donec de ipsorum reditu vel obitu certissime cognoscatur. Preterea, quoniam illi qui Do- 30 mino militant nequaquam in vestibus pretiosis nec cultu forme nec canibus vel accipitribus vel aliis que portendant lasciviam debent intendere, prudentiam vestram in Domino commonemus, ut, qui tarn sanctam opus incipere decreverint, ad hec non intendant, sed in armis, equis et ceteris, quibus infideles 35 expugnent, totis viribus studium et diligentiam adhibeant.
Brief Papst Eugens an König Ludwig
205
verteidigt wird . Wenn j edoch, was Gott verhüte, das Gegenteil ge schieht, dann wird dadurch bewiesen, daß die Tapferkeit der Väter in den Söhnen geschwunden ist. Daher mahnen, bitten und be fehlen wir euch allen bei Gott und machen euch zum Erlaß eurer 5 Sünden zur Pflicht, daß alle, die Gottes sind, besonders die Mächtigen und Edlen, sich mannhaft gürten, der Menge der Ungläubigen, die frohlocken, für sie sei die Zeit des Sieges über uns gekommen, ent gegentreten und sich bemühen, die Kirche im Orient, die, wie schon gesagt, unter schweren Blutverlusten eurer Väter von deren HerrIO schaft befreit worden ist, zu verteidigen und die vielen Tausende un serer von ihnen gefangengehaltenen Brüder aus ihren Händen zu be freien, damit zu unsrer Zeit das Ansehen des christlichen Namens ge stärkt und eure Tapferkeit, die in der ganzen Welt gepriesen wird, ungeschwächt und ungeschmälert erhalten werde . Als Vorbild diene 15 euch auch j ener tapfere Mattathias 32, der, um die Gesetze der Väter zu bewahren, keinen Augenblick zögerte, sich selbst mit seinen Söhnen und Eltern dem Tod auszusetzen und alles zu verlassen, was er auf der Welt besaß ; schließlich haben er selber und seine Nachkommenschaft mit Gottes Hilfe, allerdings erst nach vielen Mühen, über ihre Feinde 20 kraftvoll triumphiert. Wir aber, um die Ruhe eurer Landsleute und die Hilflosigkeit j ener Kirche väterlich besorgt, erteilen und bestätigen kraft der uns von Gott verliehenen Vollmacht allen, die aus Frömmig keit dieses heilige, notwendige und mühevolle Werk auf sich nehmen und durchführen wollen, jenen Sündenerlaß, den unser oben genannter 25 Vorgänger, Papst Urban, verfügt hat 33, und wir ordnen an, daß ihre Frauen und Kinder, ebenso ihre Güter und Besitzungen unter dem Schutz der heiligen Kirche, unserem eigenen und auch dem der Erz bischöfe, Bischöfe und der übrigen Prälaten der Kirche Gottes ver bleiben. Kraft apostolischer Vollmacht bestimmen wir ferner, daß 30 betreffs alles dessen, was sie unangefochten besessen haben, als sie das Kreuz nahmen, künftig kein Prozeß angestrengt werden darf, bis völlig sichere Nachricht von ihrer Rückkehr oder ihrem Tode einge troffen ist . Da diej enigen, die für den Herrn streiten, ihren Sinn nicht richten sollen auf kostbare Kleider, Schmuck des Leibes, Hunde und 35 Falken und andere Kennzeichen heiteren Lebensgenusses, erm ahnen wir außerdem eure Klugheit im Herrn, daß diejenigen, die sich ent schließen, ein so heiliges Werk zu beginnen, nicht auf solches sinnen, sondern mit allen Kräften ihren Eifer und ihre Sorgfalt den Waffen, den Pferden und der übrigen Ausrüstung widmen, womit sie die Ungläubigen bezwingen können. Diejenigen aber, die von Schulden 32 Vgl. l. Macc. 2. Z um Kreuzzugsablaß vgl. C. Erdmann, Die Entstehung des Kreuzzugs gedankens, 2 1 955, passim. 88
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Gesta Frederici I, 37 - 39
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Quicumque vero ere premuntur alieno et tarn sanctum iter puro corde inceperint, de preterito usuras non solvant, et si ipsi vel alii pro eis occasione usurarum astricti sunt sacramento vel fide, apostolica eos auctoritate absolvimus . Liceat eis etiam terras sive ceteras possessiones suas, postquam commoniti propinqui s sive domni, ad quorum feudum pertinent, pecuniam commodare aut noluerint aut non valuerint, ecclesiis vel personis ecclesiasti cis vel aliis quoque fidelibus libere sine ulla reclamatione in pignerare. Peccatorum remissionem et absolutionem iuxta prefati predecessoris nostri institutionem omnipotentis Dei et 10 beati Petri apostolorum principis auctoritate nobis a Deo concessa talem concedimus, ut, qui tarn sanctum iter devote inceperit et perfecerit sive ibidem mortuus fuerit, de omnibus peccatis suis, quibus 34 corde contrito et humiliato confessionem susceperit 34, absolutionem obtineat et sempiterne retributionis fructum ab om- 1 5 nium remuneratore percipiat. Datum a) Vetralle, Kal. Decembris. 3 8 . Igitur, ut ad narrationis seriem redeamus, Bernardus abbas venerabilis concessa sibi apostolice sedis auctoritate non abusus gladio 35 verbi Dei fortiter accingitur 35, ac excitatis ad transmarinam expeditionem multorum animis, taudem curia 20 generalis aput Verzelacum Gallie oppidum, ubi beate Marie Magdalene ossa recondita sunt, indicitur, convocatis ex diversis Gallie provinciis obtimatibus virisque illustribus 36• Ibi Lode wicus Franeorum rex crucem a pretaxato abbate cum multa mentis alacritate sumens militiam transmarinam professus est 2 s cum Theodorico Flandrense et Heinrico Theobaldi Blesensis filio comitibus aliisque de regno suo baronibus virisque nobilibus. 39. Inter hec Radolfus monachus, vir quidem religionis habitum habens religionisque severitatem sollerter imitans, sed litterarum notitia sobrie imbutus, eas partes Gallie que 30 Renum attingunt ingreditur multaque populorum milia ex Agrippina, Maguntia, Warmatia, Spyra, Argentina aliisque vicinis civitatibus, oppidis seu vicis ad accipiendam crucem accendit, hoc tarnen doctrine sue non vigilanter interserens, quod Iudei in civitatibus oppidisque passim manentes tamquam 3 5
a ) data B, fehlt A .
Frankreich nimmt das Kreuz
207
bedrückt sind und reinen Herzens diesen heiligen Zug antreten , brauchen für die vergangene Zeit keine Zinsen zahlen, und wenn sie sich selbst oder andere sich für sie hinsichtlich der Zinsen durch Eid oder Bürg schaft verpflichtet haben, so lösen wir sie davon kraft apostolischer 5 Vollmacht. Es soll ihnen auch erlaubt sein, ihre Ländereien oder son stigen Besitzungen, wenn ihre Verwandten oder Lehensherren, die sie darum ersucht haben, ihnen kein Geld leihen wollen oder können, an Kirchen oder kirchliche Personen oder andere Gläubigen frei und ohne Einspruch zu verpfänden . Sündenerlaß und Lossprechung erteilen wir 1 0 nach dem Vorbild unseres erwähnten Vorgängers kraft der uns von Gott übertragenen Vollmacht des allmächtigen Gottes und des seligen Petrus, des Apostelfürsten, dergestalt, daß derjenige, der einen so heiligen Zug fromm begonnen und vollendet hat oder dabei gestorben ist, von allen seinen Sünden , 34 die er zerknirschten und demütigen 1 5 Herzens gebeichtet hat 34, Absolution erhalte und von dem Allesver gelter den Lohn ewiger Vergeltung empfange. Gegeben zu Vetralla am I . Dezember. 3 8 . Doch kehren wir nun zur chronologischen Erzählung zurück ; der ehrwürdige Abt Bernhard mißbrauchte die ihm vom apostolischen 20 Stuhl verliehene Vollmacht nicht, er gürtete sich 35 mannhaft mit dem Schwert 35 des Wortes Gottes und begeisterte viele zu dem Zug übers Meer ; schließlich wurde ein Reichstag nach der französischen Stadt Vezelay, wo die G ebeine der heiligen Maria Magdalena beigesetzt sind, einberufen, wozu die Großen und Edlen aus den verschiedenen Pro25 vinzen Frankreichs geladen wurden 38• Dort nahm der französische König Ludwig in höchster Begeisterung aus der Hand des besagten Abtes das Kreuz und gelobte den Kreuzzug, zusammen mit den Grafen Theoderich von Flandern und Heinrich, dem Sohn des Grafen Theo bald von Blois, und vielen anderen Grafen, Baronen und Edlen seines 30 Reichs. 3 9 . Währenddessen kam in die am Rhein gelegenen Gebiete Galliens ein Mönch Radulf, der zwar im Mönchsgewand einherging und mön chische Strenge zur Schau trug, aber nur mäßige Bildung besaß, und bewog viele Tausende aus Köln , :\Iainz , Worms, Speyer, Straßburg und 35 anderen benachbarten Städten, Gemeinden und Dörfern zur Annahme des Kreuzes ; aber unbedacht ließ er in seine Predigt einfließen , man solle die Juden, die allenthalben in den Städten und Gemeinden wohnten ,
a ntschlafen waren, wieder auf und erschienen vielen 22• Jetzt 23 breitet er seine Zweige bis ans Meer und seine Schößlinge bis nach Rom aus 23• 3 5 Dessen rühmt sich dieser Mensch , daß sein Buch an der Römischen 1 5- 1 5 Vgl . Ps. 1 0 6 , 2 6 . 16- 1 6 = Is. 7, l l . 1 7 - 1 7 V gl . Ps. 1 30, l . 1 8-18 Vgl . Prov. 25, 2 7 , jedoch mit 1 9 - 1 9 Vgl . Ezech. 28, 1 5 . 20- 20 Vgl . J OS. 6, 26 . 2 1 - 2 1 = Mat th . 1 4 , 2 u. ö . 2 2 -22 = 1\lat th . 27 , 5 2 f . 2 3 -2 3 = Ps. 79, 1 2 .
anderem
Sinn.
230
Gesta Frederici I, 5 1
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in curia Romana 24 habet, ubi caput suum reclinet 24 ! Hinc con fortatus et confirmatus est error eius. Proinde cum fiducia pre dicat verbum iniquitatis usquequaque a) . Propterea, cum in conspectu episcoporum super his eum argueret abbas Clareval lensis zelo iustitie et fidei armatus, ille 25 nec confessus est nec 5 negavit 25, sed a die et a h> loco et iudice, quem ipse sibi elegerat, sine lesione, sine gravamine, ut 26 prolongaret iniquitatem 26, sedem apostolicam appellavit. Episcopi, qui propter hoc unum convenerant, vestre reverentie deferentes nichil in personam eius egerunt, sed tantummodo capitula a sanctis olim patribus 1 0 condempnata medicinali necessitate, ne morbus serperet, adiu dicaverunt. Quia ergo homo ille multitudinem 28 trahit post se 28 et populum, qui sibi credat, habet, neoesse est, ut huic morbo celeri medicina occurratis. 29 Sero enim medicina paratur c) , cum 1s mala per Iongas convaluere d> moras 29• Processimus nos i n hoc negotio, quousque ausi sumus ; tuum, beatissime pater, est de cetero providere, ne aliqua heretice pravitatis macula decor ecclesie contaminetur. 30 Tibi commissa est sponsa Christi, o amice sponsi 30. Tuum est eandem 31 uni viro 20 virginem castam exhibere Christo 31. Rescriptum vero Innocentii tale : Innocentius episcopus, servus servorum Dei, venerabilibus fratribus Heinrico Senonensi et S. Remensi archiepiscopis eorum que suffraganeis et karissimo in Christo filio/B . Clarevallensi abbati salutem et apostolica.m benedictionem. Testante apostolo, 25 sicut 31aunus Dominus, una fides esse31a dinoscitur, in qua tamquam immobili 34fundamento, preter quam nemo aliud potest e) po nere 34, firmitas katholice ecclesie inviolata consistit. Inde est, quod beatus Petrus apostolorum princeps pro eximia huius fidei confessione 35 audire meruit : 36Tu es, inquam, Petrus, et super 30 a ) usquaque C. fehlt AB.
bl
operatur AB. invaluere AB. e) p. a. A B . ••-.. = Matth. 8, 20. ••-•• Vgl. Joh. 1 , 20. ••-•• Vgl. Ps. 128, 3. c)
d)
Abälard beim Papst verklagt
23 1
Kurie einen Platz 24 hat, wo es sein Haupt hinlegt 24• Dadurch ist sein Irrtum noch bestärkt und befestigt worden . Deshalb verkündet er nun mit Zuversicht allenthalben seine sündhafte Lehre. Als ihn der Abt von Clairvaux, mit dem Eifer für Gerechtigkeit und Glauben 5 bewaffnet, in Gegenwart der Bischöfe deshalb anklagte, 25hat er da her weder bekannt noch geleugnet 25, sondern vom Tage, Ort und Richter, den er selbst gewählt hatte , obgleich er weder gekränkt noch belästigt worden war, an den apostolischen Stuhl appelliert, 26 um seine Ketzerei zu verlängern 26• Die Bischöfe, die nur um dieser einen 10 Angelegenheit willen zusammengekommen waren und sie eurer Ehr würden anheimgaben, haben nichts gegen seine Person unternom men, sondern nur mit heilsamer Notwendigkeit 27 über die Sätze, die einst von heiligen Vätern verdammt worden sind, ihr Urteil gespro chen, damit die Krankheit nicht weiter um sich greife. Da also dieser 15 Mensch die Menge verleitet 28 und das Volk ihm glaubt, müßt ihr dieser Krankheit mit einem schnell wirkenden Heilmittel begegnen. 29 Denn zu spät versucht man zu heilen , wenn durch langen Verzug mächtig das Ü bel erstarkt 29• Wir sind in dieser Sache vorgegangen, soweit wir es wagten ; an dir ist es nun, heiliger Vater, das Weitere 20 zu veranlassen, damit nicht durch einen Schandfleck ketzerischer Verkehrtheit die Ehre der Kirche besudelt werde. 30 Dir ist die Braut Christi anvertraut, du Freund des Bräutigams 30• An dir ist es, 31 diese Jungfrau dem einen Mann, Christo, rein zuzuführen 32• Innocenz' Antwort lautete folgendermaßen 32 : 25 Bischof Innocenz, Knecht der Knechte Gottes, den ehrwürdigen Brüdern, den Erzbischöfen Heinrich von Sens und Samsan von Reims und ihren Suffraganen sowie dem geliebten Sohn in Christo , dem Abt Bernhard von Clairvaux , Gruß und apostolischen Segen . Nach dem Zeugnis des Apostels gibt es 33 nur einen Gott, nur einen 3 0 Glauben 33, auf dem als einem unverrückbaren 34 Fundament, außer dem niemand ein anderes legen kann 34, der Bestand der katholischen Kirche unerschütterlich ruht. Daher durfte der selige Petrus, der Apostelfürst, für das herrliche Bekenntnis seines Glaubens 35 die Worte hören : 36 Du bist Petrus und auf diesen Felsen will ich meine Kohl übersetzt : nach der Vorschrift der Heilkunde. Vgl. Cant. l, 3. ••-•• = Ovid . , De rem. amoris 9 1 . 30-30 Vgl. J oh. 3, 2 9 . 3 1 -3 1 = 2 . Cor. 1 1 , 2 . 3 2 J L . 8 1 48. 33-33 = Ephes. 4, 5. u- u Vgl. l. Cor. 3, l l . 3 5 Matth . 1 6, 1 6. 36- 36 = l\fatth . 1 6 , 1 8 . 27 28
232
Gesta Frederici I, 5 1
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hanc petram edificabo ecclesiam meam 36, petram utique firmi tatem fidei et catholice unitatis soliditatem manifeste designans. Hec siquidem est inconsutilis tunica redemptoris nostri, super quam milites sortiti sunt, sed eam dividere minime potuerunt 37 • Contra quam in initio 38 fremuerunt gentes, et populi meditati 5 sunt inania. Astiterunt reges terre, et principes convenerunt in unum 38• Verum apostoli duces dominici gregis et eorum succes sores apostolici viri ardore karitatis et zelo rectitudinis succensi fidem defendere et eam in cordibus populorum proprii sanguinis effusione plantare non dubitaverunt. Demum cessante persecu- 1 0 torum rabie imperavit 39 Dominus 39 ventis, et facta est 39 in ecclesia 39 tranquillitas magna 39• Sed quia hostis humani generis semper 40 circuit, querens quem devoret 40, ad expugnandam •J sinceritatem fidei fraudulentam hereticorum fallaciam subin duxit. Contra quas bJ veri ecclesiarum rectores viriliter insur- 1 5 gentes eorum prava dogmata cum ipsorum auctoribus condemp narunt. In magna namque Nicena synodo 41 Arrius 42 hereticus est dampnatus . Constantinopolitana synodus 43 Manicheum 44 hereticum debita sententia condempnavit. In Ephesina synodo 45 Nestorius 46 condignam sui erroris condempnationem recepit. 20 Calcedonensis quoque synodus 47 Nestorianam heresim et Euthi cianam 48 cum Dioscoro 49 et eius complicibus iustissima sententia confutavit. Marcianus preterea, licet laicus, christianissimus tarnen imperator 60 , catholice fidei amore succensus, predecessori nostro sanctissimo f pape Iohanni 51 scribens adversus eos qui 25 sacra misteria profanare contendunt inter cetera sie loquitur a ) impugnandam AB. b) so AB. 0 statt quos oder quam. 3 7 Vgl. Joh . 1 9 , 23 f. 38-38
Act. 4, 25 f. Ps. 2, 1 f. Matth. 8, 26. ••-•• = l . Petr. 5, 8. 41 i. J. 325. ' 2 Priester in Alexandrien ( t 336), vertrat seit etwa 3 1 5/ 1 7 die Lehre, der Logos sei Geschöpf des Vaters und diesem nicht wesensgleich, sondem ähnlich . •• i. J. 3 8 1 . " Mani, Manes ( 206 - 274/77), Gründer einer gnostischen, streng dualistischen synkretistischen Lehre, die sich zeitweise über das gesamte römische Reich ••-••
=
=
=
Antwort und Urteil Innocenz' II.
2 33
Kirche bauen 36• Ganz eindeutig wird hier mit dem Wort "Felsen" die Festigkeit des Glaubens und die Unerschütterlichkeit der katholi schen Einheit bezeichnet. Sie ist ja der ungenähte Rock unseres Er lösers, über den die Kriegsknechte das Los warfen 37, aber teilen s konnten sie ihn nicht. Gegen sie haben anfangs 38 die Heiden getobt und die Völker nichtige Pläne ersonnen . Die Könige der Erde traten zusammen, und die Fürsten vereinigten sich 38. Aber die Apostel, die Führer der Herde des Herrn , und ihre Nachfolger, die apostoli schen Männer, haben, vom Feuer der Liebe und dem Eifer der RechtI O gläubigkeit entbrannt, nicht gezögert, den Glauben zu verteidigen und ihn durch ihre Blutopfer in die Herzen der Völker zu pflanzen . Als dann endlich die Wut der Verfolger schwand, da gebot39 der Herr 39 den ·winden, und 39 in der Kirche 39 entstand nun große Stille 39. Aber weil der Feind des Menschengeschlechts immer 40 umgeht und !S sucht, wen er verschlinge 40, hat er, um die Reinheit des Glaubens zu erschüttern, die niederträchtige Falschheit der Ketzer heimlich ein geschmuggelt. Gegen sie schritten die wahren Leiter der Kirche mannhaft ein und verdammten ihre verkehrten Lehren mitsamt ihren Urhebern. Denn auf der großen Synode zu Nicäa 41 wurde 20 Arius 42 als Ketzer verdammt. Das Konzil von Konstantinopel 43 ver dammte durch verdienten Urteilspruch den Ketzer Manichäus 44• Auf der Synode von Ephesus 45 empfing Ncstorius 46 die gebührende Ver dammung seiner Irrlehre . Auch das Konzil von Chalkedon 47 hat die Ketzerei des Nestorins sowie des Eutyches 48, des Dioscorus 49 und 2s seiner Spießgesellen durch gerechten Spruch verurteilt. Ferner hat Marcian, zwar Laie, aber ein dem Christentum ganz ergebener Kaiser 50, von Liebe zum katholischen Glauben entflammt, in einem Brief an unseren Vorgänger, den heiligen Papst Johannes 5\ einen Brief gerichtet, in dem er gegen diej enigen , die die heiligen Mysterien V
Gesta Frederici I, 56
[77/78]
In naturis proprietas substantialis alia universalis, alia est singularis vel individualis vel particularis ; individualis alia personalis, alia non . Personam autem a personalitate quasi dena minative sumptam voco, non quam Greci ab anteponendo pro sopon, Latini a personando dicunt, sed eam, quam Boetius in 5 libro de persona et natura contra Euticen et Nestorium dispu tans a Grecis ypostasin, non ethimologiam vocis, sed rei rationem secutus, personam vocavit, secundum hoc et sie eam diffiniens : 80 Persona est rationalis nature individua substantia80 • Univer salem vero dico non ex eo, quod una in pluribus sit, quod est 1 0 inpossibile, sed ex hoc, quod plura in similitudine uniendo ab assimilandi unione universalis quasi in unum versalis dicatur. Qualis est a plurium similitudine maior corporeitas, minor ani malitas, minima vel ultima humanitas significata. Unde Boetius : 81 Species est forma individuorum et ultima similitudo. Post 1 s hanc enim non similitudo, sed dissimilitudo potius occurrit81• E x quo patet alterum membrum , quare / videlicet singularem, indivi dualem vel particularem dixerim proprietatem, eam nimirum, que suum subiectum non assimilat aliis, ut humanitas, sed ab aliis divi dit, discernit, partitur, ut ea, quam ficto nomine solemus dicere 20 Platonitas, a dividendo individua, a partiendo particularis, a dissi milando singularis dicta. Nec opponas, quod potius a dividendo di viduam guam individuam dici oporteat ; nam cum suum subiectum non solum ab aliis dividat vel dissimilet, sed etiam in sua individua litate et dissimilitudine tarn firmiter manere faciat, ut nec sit nec 25 fuerit nec futurum sit aliud subiectum, quod secundum eiusmodi proprietatem illi assimilari queat, melius individuum privando quam dividuum ponendo vocatur, eiusque oppositum, quod a) dividendo pluribus communicat et communicando dividit, rectius dividuum dici debet. Sed notandum, quod individuum et singu- Jo lare non sunt ad se convertentia ; nam omne individuum singulare, sed non omne singulare individuum . Hec enim albedo singulare est, sed non individuum. Denique in naturis nullum simplex
folgt se AB. Contra Eutychen et Nestorium (De persona et duabus naturis), ed. R . Peiper, Lpz. 1 8 7 1 , c . 3 , S . 1 9 3 . a)
80-80
Gilberts Trinitätslehre
243
Beim Gewordenen ist die das Wesen ausmachende Eigentümlichkeit einmal allgemein, ein andermal einzigartig und unteilbar und nur diesen Teil betreffend ; die unteilbare ist einmal personhaft, ein andermal nicht . Person nenne ich das von Personhaftigkeit gleichsam 5 Abgeleitete, nicht was die Griechen von Anlegen-einer-Maske oder wie die Lateiner von Durchtönen herleiten, sondern das, was Boethius in dem Buch über die Person und das Gewordene, sich gegen Euty ches und Nestorius wendend, entsprechend dem griechischen {m6cr't' non veloeins ullum mobilitate viget 12, inmensitatem sali ex nature sue celeritate transvolans, de ex- 1 5 peditionis nostre eventu certa promens indicia, i n auribus oreve omnium ibi versabatur. css) 5 9 . Itaque finita synodo salutiferisque ad innovationem seu confirmationem antiquarum ibidem promulgatis decretorum capitulis 13, prudentiores et viciniores ad causam episcopi Giliberti 20 terminandam reservantur. Decursa mediane quadragesime ebdo mada sacroque dominice passionis tempore inchoante 14 episcopus Pictavinus, manente adhuc summo pontifice Remis, rursus ad iudicium trahitur. In cubiculo, ubi Urbis episcopus cum senioribus sedit, vocatur et ab eo, quid de fide sancte Trinitatis sentiat, 25 subtiliter interrogatur. Ille orthodoxorum patrum , quas non in scedulis decisas, sed in corpore librorum integras attulerat, legi faciens auctoritates, eandem se quam illi fidem tenere asserebat. Cumque huiuscemodi sermone seu legendi prolixitate dies detine retur, tamquam tedio affectus Romanus inquit antistes : 'Multa, Jo frater, dicis, multa et ea fortassis, que a nobis non intelliguntur, legi facis ; sed simpliciter a te cognoscere velim , anne illam sum mam essentiam, qua tres personas profiteris unum Deum, credas esse Deum' 1 Qui diutina collatione fatigatus minus premeditate a) so Vergil ; quo A B , que G.
' Suger von St. Denis, Kanzler König Ludwigs
VII.
8 Nach Sigeberti Cont. G embl . , a. a. 0 . 390, im Jahre 1 1 48.
Fortsetzung des Prozesses gegen Gilbert
251
mit seinen Traktätchen der erwähnte Eum vorgeführt, ein bäurischer, ungebildeter Mann, der des Namens eines Ketzers nicht würdig war und für seine störrische Albernheit oder seine alberne Störrigkeit bestraft werden mußte : er wurde dem Abt Suger von St. Denis 7, 5 der wegen der Abwesenheit des Königs gemäß dem Vorrecht j enes Klosters in Frankreich die Reichsgeschäfte verwaltete, übergeben und von ihm in strenger Haft gehalten ; er starb aber bald danach 8• Zu dem Konzil kamen auch Gesandte des jüngeren römischen Königs Heinrich mit einer Goldenen Bulle, die dem Papst seine Wahl 1 0 zum König meldeten9 und ferner Klage erhoben über die drei pol nischen Brüder 10, die den vierten , den ältesten, verj agt und das Herzogtum unter sich geteilt hatten, sowie über die Bischöfe jenes Landes, die dem Vater der Brüder 11 in dieser Sache einen Eid ge leistet hatten . Auch ein schlimmes Gerücht war in aller Ohren und 1 5 Munde - es ist ja schneller als alles Bewegliche nach dem Wort : 12Nichts gibt es, das sich schneller bewegt als die Kunde von üblen Dingen 12 - es hatte die unermeßliche Weite des Ozeans infolge der Schnelligkeit seiner Natur überflogen und brachte sichere Kunde vom Ausgang unseres Zuges. 20 59. Nachdem das Konzil beendet war und heilsame Verordnungen zur Erneuerung und Einschärfung alter Dekrete erlassen worden waren 13, wurden die Klügeren und die in der Nähe Wohnenden zur Erledigung der Sache Gilberts zurückgehalten. Nach Ablauf der Mittfastenwoche wurde zu Anfang der heiligen Passionszeit 14 des 2 5 Herren der Bischof von Poitiers, während der Papst noch in Reims weilte, wieder vor Gericht gestellt . In dem Gemach, in dem der römi sche Papst mit den Altesten saß, wurde er aufgerufen und von diesem eingehend befragt, wie er über den Glauben an die Heilige Drei einigkeit denke. Daraufhin ließ er Zeugnisse rechtgläubiger Väter ver30 lesen, die er nicht in Auszügen auf Zetteln, sondern unverkürzt in vollständigen Büchern mitgebracht hatte , und versicherte, er habe denselben Glauben wie sie. Als nun in dieser Weise mit Reden und ausführlichen Zitaten der Tag hinging, da erfaßte den Papst Ungeduld und er sagte : Vieles sagst du, Bruder, und vieles läßt du verlesen und 3 5 vielleicht gerade das, was wir nicht verstehen ; ich möchte aber in schlichten Worten von dir erfahren, ob du glaubst, daß j ene höchste Wesenheit, durch die nach deinen Lehren drei Personen ein Gott sind , Gott ist . Durch die Verhandlung ermüdet, antwortete er unbedacht : 9 Vgl. oben I, 4 6 . 1• Siehe oben I, 3 1 . 11
Boleslaw III.
1 2 -1 2 = Verg . Aen . IV, 1 74 f. 1 a Vgl. Mansi XXI, 7 1 3 . 1 4 1 1 4 8 März 2 8 .
252
Gesta Frederici I, 59
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respondit : 'Non'. Quod dieturn mox ab eins ore rapturn notarins excepit, scribens in hunc modum : Episeopus Pictaviensis seripsit et dixit, quod divina essentia non est Deus. In eommentario enim super Boetium de Trinitate, ubi auctor theologiea a naturaf libus predicamenta diseernens inter eetera posuit : 15 Substantia qua s Deus est l5, iste apposuit : 16 non, que Deus est ; id est, ut non ad subsistentem, sed ad subsistentiam referatur 16. Sieque in hec verba conventus ea die dimittitur. Episeopus totum quod super fuit illius diei spatium cum nocte sequente amieos suos ex car10 dinalibus, quos habuit non paucos, eireuit. In crastino a) ipso denuo coram summo pontifice in eausa posito reeitatur seriptum. Cuius ut ab eo reddatur ratio, exposcitur. Ipse se hoe non simplieiter coneessisse asserebat. Dieebat enim hoc nomen 'Deus' quandoque in designatione nature, quandoque in designatione persone unius etiam poni. In designatione nature, 1 s ut eum dieitur : Deus h> tuus unus est, persone h>, ut c> cum dici tur cJ : Pater est Deus, filius est Deus, persone et unius tantum de tribus, ut ibi : 17 Aseendit Deus in iubilatione 17, quod de persona filii dieturn esse nemo ambigit l8• Quare et aiebat se divinitatem esse Deum in illo tantum sensu concedere, quo 'Deus' ponitur 20 pro natura. In eo vero absolute concedere non andere, quo pro qualibet dl personarum hoe nomen 'Deus' aeeommodatur, ne videlicet, si indeterminate profiteretur divinitatem esse Deum , id est quamlibet personarum, cogeretur sine determinatione concedere quidquid de qualibet personarum et de essentia, sie- zs que in hanc incideret absurditatem, ut, sieut personam filii, ita divinam essentiam indeterminate inearnatam passam confitere tur. Ex qua absurditate facile sensus heretieus iuxta Sabellium emergeret, ut eadem res dieeretur et generans et genita et eadem se ipsam genuisse. Quod autem inter naturam et personam non JO a ) crastinum AB. b -b) in allen Hss. nach persone (Z. 17 ), in C a b e r gestellte Buchstaben berichtigt. c- c) fehlt AB, in C a. R. v . Korrektor nachgetragen.
v.
Korrektor durch über·
d) quolibet C. a-1 • Vgl. De trinitate I, c. 4 : qui homo est ve l Deus refertur ad substantiam,
qua est aliquid, id est homo vel Deus.
Gilberts Trinitätslehre
253
Nein ! Dieses Wort, kaum seinem Munde entflohen, griff der Notar auf und schrieb folgendes nieder : Der Bischof von Poitiers hat ge schrieben und gesagt, die göttliche Wesenheit ist nicht Gott. Denn in seinem Kommentar zu des Boethius Werk De trinitate, wo der Ver5 fasser die theologischen Aussageweisen von denen im Bereich des Gewordenen unterscheidet und unter anderem sagt : 15 Die Wesenheit, durch die Gott ist l5, hatte Gilbert hinzugesetzt : 16 nicht, welche Gott ist ; das heißt, daß das nicht auf den bestehenden, sondern auf dessen Wesenheit bezogen werden muß 16• Und so wurde auf diese Worte 1 0 hin die Versammlung an diesem Tage geschlossen. Der Bischof be suchte den Rest des Tages über und während der ganzen folgenden Nacht seine Freunde unter den Kardinälen, deren Zahl nicht gering war. Als er am nächsten Tage wieder in Gegenwart des Papstes vor 1 5 Gericht gestellt wurde, verlas man das Protokoll. Man forderte ihn nun auf, darüber Rechenschaft abzulegen. Er erklärte, er habe das nicht schlechthin zugestanden. Er sagte nämlich, das nomen Gott werde mitunter zur Bezeichnung der Wesenheit, mitunter auch zur Bezeichnung einer Person verwendet. Zur Bezeichnung der Wesenheit, 20 wenn man etwa sagt, dein Gott ist einer, der Person dagegen, wenn man sagt, der Vater ist Gott, der Sohn ist Gott, und zur Bezeichnung nur einer einzigen Person von den dreien, in dem Satz etwa : 17 Gott fährt auf mit Jauchzen 17, was, wie niemand bezweifelt, von der Per son des Sohnes gesagt ist 18• Deshalb, sagte er auch, gestehe er, daß 25 die Göttlichkeit Gott sei, nur in dem Sinne zu, daß Gott an Stelle von Wesenheit stehe. In dem Sinne dagegen, daß dieses nomen Gott für j ede der Personen verwendet werde, wage er den Satz nicht unbeschränkt zuzugestehen ; denn wenn er ohne Einschränkung bekenne, die Göttlichkeit sei Gott, das heißt, j e die der Personen, 30 so sei er gezwungen, uneingeschränkt alles, was über irgendeine der Personen ausgesagt werde, auch für die Wesenheit zuzugestehen, und dann würde er in die unsinnige Aussage verfallen, daß er bekenne, wie die Person des Sohnes, so habe auch die göttliche Wesenheit ohne Einschränkung Fleisch angenommen und gelitten. Aus dieser Ab35 surdität würde leicht ein häretischer Sinn nach der Art des Sabellius hervorgehen, so daß ein und dasselbe zeugend und gezeugt genannt und von ihm behauptet würde, es habe sich selbst gezeugt. Daß aber die Vernunft zwischen Wesenheit und Person nicht mittels 1 6 - 1 6 Gilberti in Boethii librum de Trinitate (Migne, PL. 64, 1 290) : Quod dicitur illorum quilibet esse homo vel illorum quilibet esse Deus, refertur ad substantiam , non quae est, sed qua est, id est non ad subsistentem , sed ad substantiam . 17-17 = Ps. 46, 6 . 1 8 Diese Deutung entspricht allerdings nicht dem Sinn d e s P s . 4 6 .
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mathematica abstractione, sed theologica consideratione quoquo modo divideret ratio, et ratione et auctoritate probare nitebatur. Ratione, ne videlicet iuxta Arrium, sicut personarum, ita et pluralitatem admitteret essentiarum, vel / secundum Sabellium ad essentie singularitatem Christiaue fidei religio pluralitatem s restringeret personarum, hac Theodoriti contra Sabellium utens auctoritate : 19 Oportet igitur desiderantem spirituales divitias et volentem Christianorum dogmata vendicare rerum non igno rare proprietatem, ne forte aliud pro aliis intelligens circa dog mata peccet. Qui enim naturam et personam idem esse intelligit, 10 aut in divisionem Arrii incidit aut in confusionem Sabellii l9• Et illa Hilarii : 20 Discerne igitur, o heretice, spiritum Christi ab spiritu Dei et excitati a mortuis spiritum Christi a spiritu Dei Christum a mortuis excitantis. Et quero nunc, in spiritu Dei utrum naturam an rem nature significatam existimes. Non idem 1 s est enim natura, quod nature res est ; sicuti non idem est homo et quod hominis est, nec idem a} ignis et quod ignis b) ipsius est. Et secundum hoc non idem est Deus et quod Dei est 20 . Item quod non natura, sed filii persona carnem suscepisse credenda sit, hac auctoritate Toletani concilii ostendit : 21 Solus c) 22 verbum caro 20 factum est et habitabit 22 in nobis. Et euro tota cooperata sit Trinitas formationem suscepti hominis, quoniam inseparabilia sunt opera Trinitatis, solus tarnen accepit hominem in singulari tate persone, non unitate divine nature, id est id quod est pro prium filii, non quod commune Trinitati 21 • Quam auctoritatem 2s euro determinare vellet, Clarevallensis abbas aliqua verba, que cardinalibus displicerent, protulit, episcopo Pictavino dicente : 'Et hoc scribatur' . Ad quod ille respondit : 22a 'Scribatur stilo ferreo, ungue adamantino' 22a, moxque ad publicum progressus omnes quos poterat convocavit. Ibi euro archiepiscopis, episco- Jo pis virisque religiosis et eruditis contra quatuor predicta, que Pictavino episcopo inponebantur, capitula fidem suam in hunc modum ipse euro aliis et alii euro ipso exposuerunt : f a) folgt est AB. b) ignis est ipsius AB. c) ao A B . C . n- a
Nicht nachgewiesen.
Gilberts Trinitätslehre
255
mathematischer Abstraktion, sondern in theologischer Erwägung irgendwie unterscheide, suchte er durch Vernunftgründe und Aussagen der Väter zu beweisen. Durch Vernunft insofern, als die christliche Glaubenslehre weder nach der Lehre des Arius, ebenso wie eine Mehr5 zahl der Personen, auch eine Mehrzahl der Wesenheiten zulasse, noch nach der des Sabellius die Mehrheit der Personen in der Einheit der Wesenheit aufgehen lasse ; dafür führte er ein Zeugnis Theodorets gegen Sabellius an : 19 Wer sich also nach geistigen Schät.zen sehnt und die christlichen Glaubenssätze schützen will, der muß die Eigentüm1 0 lichkeiten der Dinge kennen, damit er nicht das eine mit dem anderen verwechsle und gegen die Glaubenssätze sündige . Wer nämlich meint, Wesenheit und Person seien dasselbe, der teilt. entweder wie Arius oder wirft zusammen wie Sabellius 19• Ferner zitierte er den Hilarius : 20 Unterscheide also, Häretiker, den Geist Christi von dem Geist Gottes 15 und den Geist des von den Toten auferweckten Christus von dem Geist des Christus von den Toten auferweckenden Gottes. Und weiter frage ich, wird deiner Ansicht nach mit Geist Gottes die Wesenheit oder ein etwas der Wesenheit bezeichnet ? Denn Wesenheit und ein etwas der Wesenheit sind nicht dasselbe, ebenso wie Mensch und ein 20 etwas des Menschen oder Feuer und ein etwas des Feuers nicht das selbe sind. Und demgemäß ist Gott und was zu Gott gehört nicht dasselbe 20• Daß man ferner glauben müsse, nicht die Wesenheit, sondern die Person des Sohnes habe Fleisch angenommen , bewies er durch folgenden Ausspruch des Konzils von Toledo : 21Nur 22 das Wort 25 ist Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt 22. Und obwohl die ganze Dreieinigkeit zusammen die Gestaltung des angenommenen Menschen bewirkt hat, weil die Werke der Dreieinigkeit untrennbar sind, so hat doch er allein den Menschen angenommen in der Einzig artigkeit der Person, nicht in der Einheit der göttlichen Wesenheit ; 30 das ist das, was dem Sohne eigentümlich und nicht der Dreieinigkeit gemeinsam ist 21• Der Abt von Clairvaux wollte diesen Satz erläutern und sagte einige Worte, die den Kardinälen mißfielen ; da meinte der Bischof von Poitiers : Man schreibe auch dies auf ! Darauf erwiderte j ener : 22 a Man schreibe es auf mit eisernem Griffel und mit spitzem 35 Diamanten 22 a ! ; und alsbald trat er vor die Ö ffentlichkeit und rief alle zusammen, so weit er konnte . Dort legte er mit den Erzbischöfen und Bischöfen und frommen und gelehrten Männern , er selbst mit den andern und die andern mit ihm gegen die vier genannten Sätze, die dem Bischof von Poitiers zur Last gelegt wurden, folgendes Glaubens40 bekenntnis ab : 20-20 Hilar. , De Trinitate VIII, 2 1 , 22, Migne, PL. 1 0 , 252. 21-21 6 . Konzil von Toledo, Mansi X, 662. 22 - 22 Vgl. Joh. l, 1 4 . 22 a - 22a Vgl. Jerem. 1 7, l ; vgl. auch Migne, P L . 1 85, 590.
256
Gesta Frederici I, 60 - 6 1
[85/8 6]
60. 23 Credimus simpliciter naturam divinitatis esse Deurn neo aliquo sensu catholico posse negari, quin divinitas sit Deus et Deus divinitas . Si vero dicitur sapientia sapientern, magnitudine rnagnum, eternitate eternum, unitate unurn, divinitate Deurn esse et alia huiusmodi, credarnus nonnisi ea sapientia, que est s ipse Deus, sapientern esse, nonnisi rnagnitudine, que est ipse Deus, rnagnum esse, nonnisi ea eternitate, que est ipse Deus, eternurn esse, nonnisi ea unitate, que ipse est, unum esse, nonnisi ea divinitate Deum, que est ipse, id est se ipso sapientern, rna10 gnurn, eternurn, unurn Deurn . Curn de tribus personis, patre, filio, spiritu sancto loquirnur, ipsas unurn Deurn, unarn divinam substantiarn faternur esse. Et e converso : curn de uno Deo, una divina substantia loquirnur, ipsurn unurn Deurn , unarn divinarn substantiarn esse tres personas profitemur. 15 Credirnus solurn Deurn patrern et filiurn et spiriturn saueturn eternurn esse neo aliquas ornnino res, sive relationes sive pro prietates sive singularitates vel unitates dicantur et huiusrnodi alia adesse Deo al, que sint ab eterno et non sint Deus. Credirnus ipsam divinitatem, sive substantiam divinam sive 20 naturam divinam dicas, incarnatam , sed in filio esse 23• (60) 6 1 . Quod Gallicane ecclesie factum tarn graviter sacer cardinaliurn senatus accepit, ut cum magna mentis indignatione curiam intraret ac tamquam unum corpus effecti una ornnes voce pontifici suo dicerent : 'Scire debes, quod a nobis, per quos 2s tamquam per cardines universalis ecclesie volvitur axis, ad regimen totius ecclesie promotus, a privato universalis pater effectus, iam deinceps te non tuum, sed nostrum potius esse oportere nec privatas et modernas arnicitias antiquis et cornrnuni bus preponere, sed omnium f utilitati consulere Rornaneque 30 curie culmen ex officii tui necessitudine curare et observare de bere. Sed quid fecit abbas tuus et cum eo Gallicana ecclesia ? Qua fronte, quo ausu cervicem contra Romane sedis primaturn et apicem erexit ? Hec est enirn sola que 24 claudit, et nerno aperit, aperit, et nemo claudit 24• Ipsa sola de fide catholica discutere 35 (59)
a) alia a Deo esse G.
Glaubensbekenntnis Bernhards
2 .5 7
60. 23 Wir glauben in Einfalt, daß die Wesenheit der Göttlichkeit Gott ist, und daß in irgendeinem katholischen Sinn nicht bestritten werden kann, daß die Göttlichkeit Gott und Gott die Göttlichkeit ist. Wenn aber gesagt wird, durch Weisheit sei er weise, durch Größe 5 groß, durch Ewigkeit ewig, durch Einheit einer, durch Göttlichkeit Gott und anderes dieser Art, so glauben wir, daß er weise ist nur durch die Weisheit, die Gott selbst ist, groß nur durch die Größe, die Gott selbst ist, ewig nur durch die Ewigkeit, die Gott selbst ist, einer nur durch die Einheit, die er selbst ist, Gott nur durch die Göttlichkeit, to die er selbst ist, das heißt, daß er durch sich selbst weise, groß, ewig und e i n Gott ist. Wenn wir von drei Personen, Vater, Sohn und Heiligem Geist, sprechen, so bekennen wir, daß sie e i n Gott, e i n e göttliche Wesenheit sind ; und wenn wir umgekehrt von e i n e m Gott, e i n e r göttlichen 15 "Wesenheit sprechen, so bekennen wir, daß der e i n e Gott, die e i n e göttliche Wesenheit drei Personen sind. Wir glauben, daß allein Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist ewig sind, und daß durchaus nicht irgendwelches Etwas, seien es Beziehun gen, Eigentümlichkeit, Einzigartigkeiten oder Einheitlichkeiten und 20 dergleichen, Gott anhaften, die von Ewigkeit sind und nicht Gott sind. Wir glauben, daß die Göttlichkeit selbst, mag man sie nun göttliche Wesenheit oder göttliche Natur nennen, Fleisch geworden ist, aber im Sohne 23• 6 1 . Dieses Verhalten der französischen Kirche erregte beim heiligen 25 Senat der Kardinäle so schweren Anstoß, daß er mit tiefer Entrüstung zur Kurie ging und die Kardinäle, gleichsam ein Leib geworden, alle einstimmig zu ihrem Papst sagten : "Du solltest wissen, daß du von uns, in denen wie in ihren Angeln die Achse der gesamten Welt sich dreht, zur Herrschaft über die ganze Kirche berufen und damit aus 30 einem Privatmann zum Vater der gesamten Kirche gemacht worden bist ; infolgedessen darfst du nicht dir, sondern mußt vielmehr uns gehören und darfst nicht neue private Freundschaften den alten gemeinsamen vorziehen, du mußt vielmehr auf das Gemeinwohl be dacht sein und, wie es dein Amt erfordert, die Oberhoheit der Römi35 sehen Kirche wahren und im Auge behalten. Doch was haben dein Abt und mit ihm die französische Kirche getan ? Mit welcher Stirn , mit welcher Kühnheit hat er seinen Nacken gegen den Primat und die Oberhoheit des Römischen Stuhles erhoben ? Denn dieser allein ist es, 24 der schließt, und niemand öffnet, der öffnet , und niemand schließt 24• 40 Er allein darf über den katholischen Glauben richten 25, und er kann, 2 3- 2 3 Vgl. auch die Ü berlieferung bei Gaufridi libellum contra Gilbertum (PL. 1 85, 6 1 7 f . ) , und bei Mansi XXI, 7 1 2 . ••-•• = Apoc . 3, 7 . 2• discutere i n dieser Bedeutung auch Chronica VII, 1 7 ( S ) .
Gesta Frederici I, 6 1 - 62
258
(61 )
[8 6/87]
habens 25 a nullo, etiam absens, in hoc singulari honore preiudi cium pati potest. Sed ecce Galli isti , etiam faciem nostram con tempnentes, super capitulis, que his diebus nobis assidentibus agi tata sunt, tamquam finitive sententie ultimam manum apponen do, nobis inconsultis, fidem suam scribere presumpserunt. Certe, 5 si in oriente, utpote Alexandria vel Antiochia, coram omnibus patriarchis huiusmodi tractaretur negotium, nihil firma stabilitate solidum sine nostra diffiniri valeret a) auctoritate, quin immo iux ta antiquarum patrum instituta vel exempla Romano servaretur examini terminandum. Quomodo ergo isti in nostra presentia 1 0 usurpare audent, quod etiam remotioribus et maioribus, nobis absentibus b) , non licet 1 Volumus igitur, ut c) huic tarn temerarie novitati celeriter assurgas ipsorumque contumaciam punire non differas' 26• Quos Romanus pontifex blando mitigans eloquio, ab bate ad se vocato, de hoc facto qualitateve facti sollerter in- 1 5 quirit. Cui ille humiliter et cum reverentia respondit se vel domi nos episcopos nil de prefatis capitulis diffinisse, sed quia ab episcopo Pictavino audierat, ut fides sua scriberetur, iccirco, quia solus nollet, illorum auctoritate ac testimonio simpliciter se quid sentiret exposuisse 27• Hocque tarn humili quam modesto 20 ipsius responso predicta cardinalium indignatio conquievit, ita tarnen, ut prefatum scriptum, tamquam inconsulta curia prola tum, velut auctoritatis pondere carens, pro simbulo in ecclesia, quod in conciliis contra hereses congregatis fieri solet, non habe retur d>. Benedictus per omnia Deus, qui sie ecclesie sue, sponse zs sue previdit, ne vel summa membra a capite suo dissiderent, f vel tantus religiosarum et discretarum personarum numerus Gallicane ecclesie aliquod iudicii pondus a sede Romana repor tans scismatis non parvi occasio esset ! 62. Hec pauca ex multis de illius concilii agenda dixisse sufficiat, 30 hoc tarnen apposito, quod de tribus capitulis propter premissam a) valent AB.
b) fehlt c)
fehlt
0. 0.
d ) habetur AB.
26 Vgl. auch den Bericht des Johannes von Salisbury, Historia pontificalis, ed. M. Chibnall, London 1 956, S. 1 5 ff. Zu den immer wieder aufbrechenden -
Reaktion der Kardinäle
259
auch wenn er nicht anwesend ist, von niemandem einen Eingriff in dieses ihm allein zustehende Recht dulden. Aber siehe, diese Gallier haben sogar unsere persönliche Anwesenheit mißachtet und es ge wagt, hinsichtlich der fraglichen Sätze, die doch in unserer Gegenwart s verhandelt wurden, ohne uns zu Rate zu ziehen, ihren Glauben nie derzuschreiben und damit gleichsam das endgültige Urteil zu fällen. Wahrlich, wenn im Orient, etwa in Alexandria oder Antiochia, in Gegenwart sämtlicher Patriarchen über eine solche Frage verhandelt würde, könnte ohne unsere Ermächtigung keine unerschütterliche, 10 dauerhafte Entscheidung getroffen werden, vielmehr würde diese nach den Anordnungen und dem Beispiel der alten Väter dem Römi schen Stuhl vorbehalten bleiben. Wieso also wagen diese Leute, sich in unserer Gegenwart anzumaßen, was nicht einmal entfernter \Voh nenden und Höherstehenden in unserer Abwesenheit erlaubt ist ? 1 5 Wir wünschen also, daß du sofort gegen diese leichtfertige Neuerung einschreitest und ihre Unbotmäßigkeit bestrafst 26." Der Papst be schwichtigte sie mit gewinnenden Worten, berief den Abt zu sieh und verhörte ihn eingehend über das Geschehene und die Art des Vorgehens . Jener antwortete ihm demütig und ehrerbietig, er und die 20 Herren Bischöfe hätten keine Entscheidung über die angeführten Lehrsätze getroffen, sondern weil er gehört habe, wie der Bischof von Poitiers sagte, sein Glaubensbekenntnis solle niedergeschrieben werden, habe er, weil er das nicht allein tun wollte, unter ihrer Be glaubigung und Zeugenschaft einfältig seine Ansichten dargelegt 27 • 2 5 Diese demütige und bescheidene Antwort beschwichtigte den Un willen der Kardinäle, doch nur unter der Voraussetzung, daß jene Niederschrift, weil sie ohne Befragung der Kurie abgefaßt war und des Gewichts ihrer Bestätigung entbehrte, in der Kirche nicht als ein Glaubensbekenntnis gelten solle, wie es auf den gegen Häresien 30 veranstalteten Konzilen abgelegt zu werden pflegt. Gepriesen sei in alledem Gott, der es für seine Kirche, seine Braut, so gefügt hat, daß weder die obersten Glieder in Widerspruch zu ihrem Haupt gerieten, noch die überaus große Zahl der frommen und erlauchten Persön lichkeiten der französischen Kirche durch ein schwerwiegendes Urteil 35 des Römischen Stuhls betroffen wurden, das Anlaß zu einem sehr bedeutungsvollen Schisma gegeben hätte ! 62. Dieses wenige, das ich hier aus den vielen Verhandlungsgegen ständen dieses Konzils mitgeteilt habe, möge genügen ; ich muß nur Spannungen zwischen den Kardinälen und Bernhard und zum Selbstbewußtsein des Kardinalkollegiums vgl. F . J. Schmale, Studien zum Schisma des Jahres 1 1 30, Abh . z . kirchl. Rechtsgesch. u. z. Kirchenrecht 3, 1 9 6 1 , passim. 2 7 Berücksichtigt man die Stelle oben S. 254 Z. 34, dann klingt Bemhards Ant· wort geradezu naiv. Es scheint, daß Otto hier nicht ganz ohne Ironie spricht. .
260
Gesta Frederici I, 62
[87 /88]
tumultuationem nichil diffiniri potuit. Nec mirum ; in quarto enim non multum ab aliis discordabat episcopus Gilibertus, cum illi pro fiterentur naturam incarnatam, sed in filio, iste personam filii incar natam, non sine sua natura. De predicatione personarum quid dif finirent, cum eius usum quidem, quid scilicet proprie predicari 5 diceret, ab aliis magistris etiam in naturalibus alienum non habereut 1 De proprietatibus, an persone essent, tarn ob predictam causam quam ob theologicas rationes, que hinc inde habentur, suppressum est. De primo tauturn Romanus pontifex diffinivit, ne aliqua ratio in theologia inter naturam et personam divideret, 10 neve Deus divina essentia diceretur ex sensu ablativi tantum, sed etiam nominativi. Unde adhuc a probatioribus eiusdem episcopi auditoribus tenetur, ne ratio ibi discernat in intelli gendo, sed in dicendo. Episcopus vero premissam summi pon tificis sententiam reverenter excipiens, archidiaconibus suis 28 in 1 5 gratiam receptis, cum ordinis integritate et honoris plenitudine ad propriam diocesim remeavit. Utrum autem predictus abbas Clarevallensis in hoc negotio ex humane infirmitatis fragilitate tamquam homo deceptus fuerit, vel episcopus tamquam vir litteratissimus propositum astute celando ecclesie iudicium 20 evaserit, discutere vel iudicare nostrum non est. Quod enim sancti et sapientes viri, corruptibili carne circumdati , frequenter in talibus fallantur, et novis et f antiquis probatur testimoniis. Nam, ut de illo taceam, quod beatus Gregorius29 sancto 30David, in quem spiritus Domini directus asseritur30 , ad patriam, a qua a 2 5 filio 31 propulsus fuerat, revertenti, a servo Mitiboset cum xeniis occurrenti surreptum inducit 32, exemplo, Christianis temporibus beatus Epiphanius, Salamine Cypri episcopus 33, tarn eximie, ut mortuum quoque suscitaret, sanctitatis, adversus Iohannem Crisostomum 34, cuius hodie in ecclesia viget memoria, tarn 30 acriter ab emulis 35 eius a) induci potuit, ut eum in propria a ) fehlt C. 2s Oben I, 49, 53.
u
Greg. Mag. , Dialog. I, 4.
81
Absalom.
ao -ao Vgl. 1. Reg. 1 6, 1 3 .
a 2 Vgl. 2. Reg. 9, 2 ff. ; 1 6 , 1 ff. , 19, 2 4 ff.
Stellungnahme Ottos von Freising
261
noch hinzufügen, daß wegen der geschilderten Störung über die drei Lehrsätze keine Entscheidung getroffen werden konnte . Und das soll weiter niemanden verwundern, denn Bischof Gilbert wich im vierten Punkt nicht sehr stark von den anderen ab, da j ene erklärten, die 5 Wesenheit sei Fleisch geworden, aber im Sohn, er dagegen, die Person des Sohnes sei Fleisch geworden , doch nicht ohne seine Wesenheit. Was hätten sie betreffs seiner Aussage über die Personen feststellen sollen , wo sie seinen Sprachgebrauch - was er nämlich "im eigent lichen Sinne ausgesagt werden" nannte - bei anderen Lehrern auch 10 in bezug auf natürliche Dinge nicht abwegig fanden ? Betreffs der Eigentümlichkeiten, ob diese der Person zukämen , wurde keine Ent scheidung gefällt sowohl aus dem genannten Grunde als auch wegen der voneinander abweichenden theologischen Theorien darüber. Nur hinsichtlich des ersten Satzes entschied der Papst, daß keine Lehre 1 5 in der Theologie zwischen Wesenheit und Person trennen solle und Gott als göttliche Wesenheit nicht nur im ablativischen, sondern auch im nominativischen Sinne bezeichnet werde. Daher halten die bewährteren Hörer dieses Bischofs daran fest, daß der Verstand dabei nicht im Erkennen , sondern im Ausdruck unterscheide. Der Bischof 20 nahm diesen Spruch des Papstes mit Ehrfurcht auf, und nachdem er sich mit seinen Archidiakonen 28 versöhnt hatte, kehrte er in seiner Würde unangetastet und in vollen Ehren in seine Diözese zurück. Ob sich aber der Abt von Clairvaux in dieser Sache irrfolge der Gebrech lichkeit menschlicher Schwäche als ein Mensch getäuscht hat , oder ob 25 der Bischof als hochgelehrter Mann seine wahre Ansicht nur schlau verborgen hat und dadurch der Verurteilung durch die Kirche ent gangen ist, das zu erörtern und zu entscheiden ist nicht unsere Sache . Denn daß sich heilige und weise Männer in der Hülle des vergänglichen Fleisches in derlei Fragen oft irren , das wird durch alte und neue Zeug30 nisse bewiesen . Denn um von dem Beispiel zu schweigen, das der heilige Gregor 29 von dem heiligen David berichtet, 30 auf dem , wie versichert wird, der Geist des Herrn ruhte 30, und der bei seiner Rückkehr in sein Vaterland, aus dem er von seinem Sohne 31 ver trieben worden war, von dem Knecht Miphiboseth, der ihm mit Gast 3 5 geschenken begegnete, listig getäuscht worden ist 32 - in christlicher Zeit hat sich der heilige Epiphanius, der Bischof von Salamis auf Zypern 33, ein Mann von so außergewöhnlicher Heiligkeit, daß er sogar einen Toten auferweckte, gegen Johannes Chryostomos 34, des sen Andenken noch heute in der K irche lebendig ist, von dessen Neben40 buhler 30 so heftig aufhetzen lassen , daß er ihm in seiner eigenen 33 3 6 7 - 403 Metropolit von Konstantia ( S alam i s ) auf " 3 9 7 - 4 03 Patriarch von Konst a n t i n o p el, t 4 0 7 . 3 5 Ve> r a llem Theophilos v o n Alcxandrien.
Cypern.
262
Gesta Frederici I, 62 - 63
[88/89]
civitate 36 declinans communicareque a) nolens al etiam populum sibi commissum, quantum in ipso fuit, contra illum concitaret 37. Quod in priori nostra ex Tripartita 38 sumptum hystoria plenius dieturn est 39. Hactenus ista. 2 (6 l 63. Dum bl hec et huiusmodi aguntur in Gallia, exercitus s noster, ut supra dieturn est 40, navigandi Iabore disperaus pelagus operiebat, quolibet, prout poterat et quando, diversa per loca litus attingere conante. Nam Lodewicus Franeorum rex iuxta Antiochiam, patrui 42 comparis sue 43 principis terram, circa mediam XLgesimam 41 applicuit in eo loco qui Portus Sancti 1 0 Simeonis vocatur 44, aliis ex nostris aput Ptholomaidam, que et Achon, aliis aput Tyrum 45, aliis c) inter Tyrum cl et Sydonem 46, in Sarepta 47 oppido Sydoniorum, non sine naufragii metu optatum portum capientibus, nonnullis ipsum naufragium passis, quibusdam aquis absorptis, ceteris seminudis evadentibus. Illi 15 ergo qui tarn mature applicuerant circa palmas 48 Civitatem Sanctam intraverunt, dominicam passionem sanctamque re- f surrectionem 49, singula loca, ubi hec facta sunt, circueundo ac, ut dicitur, oculo ad oculum videndo, cum multa cordis devotione 20 celebrantes. At Conradus Rarnanorum princeps, habens adhuc in comitatu suo ex principibus Ortliebum Basiliensem episcopum, Arnal dum cancellarium suum, Fredericum ducem Suevorum, Heinri cum ducem Baioariorum 50, Guelfonem ducem 51 aliosque comites virosque dl illustres et nobiles, in ipsa paschali ebdomada Ptho- 25 lomaide applicans ac post paucos dies Hierosolimam veniens in magna cleri et populi iocunditate cum ingenti honore suscipitur. Mortuus tune fuit in comitatu regis vir clarissimus Fredericus Ratisponensis ecclesie advocatus 52 ac ad Urbem Sanctam deportatus et in cimiterio militum Templi non Ionge ab antiquo Jo
a- a l nec communicare volens AB.
b l Cum AB.
c- c ) fehlt 0.
que fehlt AB ; über der Zeile v. Korr. nachgetragen •• D. h. Konstantinopel. n Vgl. B. Altaner, Patrologie S. 2 8 1 - 284. 88 X, 1 0 ff. ; CSEL 7 1 . •• Chronica IV, 1 9 . d)
0.
Ankunft der Kreuzfahrer im Hl. Land
2 63
Stadt 36 auswich und nicht mit ihm verkehren wollte, j a sogar das ihm anvertraute Volk, soviel er konnte, gegen ihn aufhetzte 37• Darüber haben wir aus der Historia Tripartita 38 in unserem früheren Geschichtswerk ausführlicher berichtet 39• So weit hiervon. 5 6 3 . Während dieser und derartiger Geschehnisse in Frankreich war unser Heer, wie oben 40 berichtet, infolge der Beschwerlichkeiten der Seefahrt auseinandergesprengt und bedeckte das Meer ; dabei ver suchte j eder, wie und wann er konnte, an verschiedenen Stellen das Ufer zu erreichen. So landete der französische König Ludwig um 10 Mittfasten 41 bei Antiochia im Lande des Oheims 42 seiner Gemahlin 43 an der Stelle, die Hafen des heiligen Sirnon heißt 44, während von unseren Landsleuten die einen bei Ptolemais, das auch Akka genannt wird, andere bei Tyrus 45, wieder andere zwischen Tyrus und Sidon 46 in Sarepta 47, einer Stadt der Sidonier, den ersehnten Hafen erreichten, 1 5 nicht ohne Furcht vor einem Schiffbruch, denn wirklich erlitten einige Schiffbruch, manche ertranken, die übrigen konnten sich halbnackt retten. Diej enigen nun, die so früh gelandet waren, erreichten am Palmsonntag 48 die Heilige Stadt und feierten die Passion des Herrn und seine heilige Auferstehung 49 in tiefer Demut des Herzens, indem 20 sie zu den einzelnen Stätten, an denen dies geschehen war, zogen und sie, wie man sagt, Aug' in Auge betrachteten. Der römische König Konrad aber, der in seiner Begleitung von den Fürsten noch den Basler Bischof Ortlieb, seinen Kanzler Arnold, den Herzog Friedrich von Schwaben, den Bayernherzog Heinrich 50, deh 25 Herzog Welf 51 und andere, Grafen sowie erlauchte und edle Männer, hatte, landete in der Osterwoche selbst in Ptolemais ; wenige Tage danach kam er nach Jerusalem und wurde unter lauten Jubelrufen von Klerus und Volk mit höchsten Ehren empfangen. Aus dem Gefolge des Königs starb damals der hochangesehene Vogt der Regensburger 30 Kirche Friedrich 52 ; er wurde j etzt in die heilige Stadt gebracht und auf dem Friedhof der Tempelritter nicht weit von dem alten Tempel 40 Oben I, 59. 4 1 Genauer 1 1 48 März 1 9 . 4 2 Raimund von Poitiers, Fürst von Antiochien, Sohn Wilhelms I X . von
Aquitanien. 43 Eleonore von Aquitanien, Tochter Wilhelms X. von Aquitanien. 04 An der Mündung des Orontes. 45 Heute Sur. 46 Heute Saida. 47 Sarpath, Sarafend. 4 8 1 1 48 April 4. •• 1 1 48 April l i . • o Heinrich Jasomirgott. 6 1 'Velf VI . , Herzog von Spoleto. • • Graf von Bogen.
26 4
Gesta Frederici I, 63 - 6 5
[89/90]
templo Domini sepultus. Rex per aliquot ibi dies in palatio Templanorum a>, ubi olim regia domus, que b) et templum Sale monis, constructa fuit, manens et sancta ubique loca peragrans, per Samariam et Galileam Ptholomaidam rediit, omnes ad ventantes quos poterat milites pecunia ad remanendum inducens. 5 Convenerat enim cum rege illius terre 63 et patriarcha 64 militibus que Templi circa proximum Iulium in Syriam ad expugnationem Damasci exercitum ducere . Qua de re multa large dispersa pecunia militem, quem tune poterat, collegit. (63) 64. Rex etiam Francie Lodewicus idem pro posse suo sectans, 1 0 de Antiochia 66 reversus, aput Tyrum manebat. Ambo itaque inter Tyrum et Ptholomaidam in loco, qui Palma c) nomen a re sortitus appellatur 66, mense f Iunio circa nativitatem sancti Iohannis baptiste 67 conveniunt, de die, loco, ubi et quando exercitus instauraretur, ordinantes. Nondum tarnen ex tot et 1 5 tantis attritionibus fastus inter eos regalis decoctus conquieverat. Unde, quem et proventum et eventum hec quoque Damascena sortita fuerit expeditio, alias et fortassis ab aliis dicenda erunt 68• (64) 65. Expleta vero hac expeditione principes ad propria redire disponunt, Romanus quidem per Greciam, alter vero per Cala- 20 briam et Apuliam. Itaque Conradus Romanorum princeps naves aput Ptholomaidam ingressus ac per equor navigans, fratrem et amieuro suum Manuel regie urbis principem in Achaie seu Thessalie finibus 69 inveniens adiit cum eoque, tamquam ex longa via fatigatus laboribusque fractus et non modica infirmitate 25 correptus, per aliquod temporis spatium quievit 60• Ibi de reditu ordinans Fredericum ducem, fratris sui filium, ad cognoscendum vel potius ad corroborandum imperii statum premisit. Qui per Bulgariam Pannoniamque iter faciens mense Aprili 61 ad propria rediit illoque quosdam ex propriis ministerialibus suis pro bono 30 pacis, boni iudicis exercens officium, suspendio peremit. Porro a ) so AB. C. darüber v . Korr. velqua 0.
b)
Spalma AB. Balduin III. von Jerusalem. •• Fulcher ( 1 146 - 1 1 5 7 ) . 66 Ludwig verließ Antiochien wegen z u enger Beziehungen seiner Gemahlin mit Raimund. c)
6a
Rückkehr der Kreuzfahrer
265
des Herrn begraben. Der König blieb dort einige Tage im Palast der Templer, wo einst der Königspalast, der auch Tempel Salomos hieß, gestanden hatte ; dann zog er durch Samaria und Galiläa, wobei er überall die heiligen Stätten besuchte, und kehrte dann nach Ptolemais 5 zurück ; hier veranlaßte er, soweit er konnte, alle ankommenden Ritter durch Geld zum Bleiben . Er hatte nämlich mit dem König dieses Landes 53 und dem Patriarchen 54 sowie den Tempelrittern ver einbart, im nächsten Juli ein Heer nach Syrien zu führen, um Damas kus zu erobern. Deshalb sammelte er durch reichlichen Geldaufwand 10 ein Heer, soweit es damals möglich war. 64. Auch der französische König Ludwig versuchte nach Kräften das gleiche und hielt sich nach seiner Rückkehr aus Antiochia 55 in Tyrus auf. Beide trafen sich zwischen Tyrus und Ptolemais an einem Ort, der nach einer dort stehenden Palme Palma 56 heißt, im Monat 15 Juni zur Zeit des Geburtsfestes des heiligen Johannes des Täufers 57 und vereinbarten Tag und Ort für die Ausrüstung des Heeres. Aber trotz so vieler schwerer Heimsuchungen war die überhebliche Eiler sucht zwischen den beiden Königen noch keineswegs erloschen und zur Ruhe gebracht. Welchen Fortgang und Ausgang auch dieser 20 Feldzug gegen Damaskus genommen hat, das wird anderswo und vielleicht von anderen zu berichten sein 58• 65. Nach Beendigung dieses Feldzuges beschlossen die Könige, in die Heimat zurückzukehren, und zwar der römische über Griechen land, der andre über Kalabrien und Apulien. Der römische König 25 Konrad bestieg deshalb bei Ptolemais das Schiff, und nach seiner Ü berfahrt traf er mit seinem Bruder und Freund Manuel, dem Kaiser von Konstantinopel, im Gebiet von Achaia oder Thessalien 59 zusam men und hielt dann mit ihm eine Zeitlang Rast, denn er war durch den langen Zug ermüdet, durch die Anstrengungen erschöpft und litt an 30 einer ziemlich schweren Unpäßlichkeit 60• Dort traf er Anordnungen bezüglich der Rückkehr und schickte den Sohn seines Bruders, Herzog Friedrich, voraus, damit er den Zustand des Reichs erkunde oder viel mehr stärke. Dieser zog durch Bulgarien und Ungarn und kam im April 61 in seine Heimat ; dort ließ er, das Amt eines guten Richters 3 5 ausübend, einige seiner eignen Ministerialen zur Sicherung des Frie dens an den Galgen hängen. Sein Oheim, der König, verbrachte zunächst •• Nicht nachzuweisen ; nach Wilhelm von Tyrus fand die Zusammenkunft bei Akkon statt ( XVI, 29) . 51 Juni 24. 5 8 Vgl. oben I, 48. 5 9 Gemeint ist Thessalonike. •• Konrad blieb bis zum Frühj ahr 1 1 49 in Konstantinopel. 81 i. J. 1 1 49.
266
Gesta Frederici I , 65 - 66
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patruus suus rex, transaetis aliquot, quibus in Greeia quieverat, diebus, habens a) seeum predietum Basiliensem episeopum 62 et eaneellarium Arnaldum fratremque suum Norieorum dueem Heinrieum - nam Guelfo dux per Calabriam et Apuliam rever sus fuerat -, per Illirieum Dalmatieumque remigans equor, in � propriis imperii sui finibus aput Polam 63 Histrie eivitatem applieuit, ibique sonipede insidens ae per Aquilegiam transiens, in Iuvavia, que nunc Salzeburga dieta Baioarie metropolitana sedes esse noseitur, penteeosten celebravit 64, expletis ab eo, quo idem festurn in Pannonie finibus egerat 65, duobus annis. f Inde 1 0 Ratispone cum magna principum frequentia curiam celebravit. (6�) Porro, quia nonnulli 66 ex pusillis 67 ecclesie fratribus scandali zati 66 mirantur, mirando scandalizantur de pretaxate nostre expeditionis Iabore, quod tarn arduo et bono inehoata prineipio tarn humilem et non bonum exitum aceeperit, ipsis hoe modo � � respondendum videtur. 66. Niehil vere diei bonum potest, illo solo exeepto, qui non aliunde, sed ex se habens quod est, et verissime esse et verissime bonus esse dieitur, iuxta illud : 68 Nemo bonus nisi solus Deus 68• Cetera vero ab eo non ex ipsius essentie seetione, sed ex einsdem 20 bonitatis denominatione bona dicuntur. Quidquid autem in naturalibus bonum vocatur, aut id fit simplieiter aut seeundum quid. Sed si simplieiter fit, tune datum nature dieitur sieut concessum gratie donum, iuxta illud : 69 0mne datum optimum et omne donum perfeeturn desursum 69 est. Ipsum vero daturn 2� nature, quod simplieiter bonum diximus, velut in civili faeul tate 70 generalissimum, per donum gratie tamquam per differen tiam ad constituendam quodammodo speeiem informatur, seeundum quod aliqua dieimus iusta, sobria. Cum ergo aliqua simplieiter in nativis bona dieuntur, proeul dubio bonum nature 30 intelligitur. Unde dieturn est : 71 Vidit Deus euneta que feeerat, et erant valde bona 71• Quomodo Iapis et lignum erit bonum. Cum autem ad eius proximam speeiem deseendimus, universalitate a) ducens AB. u Oben I, 63. 6 3 Nach Giesebrecht, GDK IV2, 295, 483 unzutreffend. •• 1 1 49 Mai 22.
Reflexion
über das Gute
267
e1mge Rasttage in Griechenland und segelte dann mit dem oben erwähnten Bischof von Basel 62, dem Kanzler Arnold und seinem Bruder, dem Herzog Heinrich von Bayern - denn Herzog Welf war bereits über Kalabrien und Apulien heimgekehrt -, über das illyrische 5 und dalmatische Meer und landete im Gebiet seines eignen Reiches bei Pola, einer Stadt in Istrien 63 ; dort stieg er zu Pferde und ritt über Aquileia nach Juvavia, das j etzt Salzburg heißt und bekanntlich die Metropole Bayerns ist ; hier feierte er Pfingsten 64 zwei Jahre, nachdem er dieses Fest in Pannonien begangen hatte 65• Danach veranstaltete t o er in Regensburg einen Reichstag, der von zahlreichen Fürsten be sucht wurde. Da nun aber einige 66kleingläubige 67 Brüder der Kirche Ärgernis nehmend 86 sich wundern und sich wundernd Ärgernis nehmen an der Mühsal unserer Heerfahrt, weil sie nach einem so großartigen und guten 15 Anfang einen so kläglichen und schlimmen Ausgang genommen hat, so muß man ihnen, wie es scheint, in folgender Weise antworten. 66. Nichts kann wahrhaft gut genannt werden außer allein dem , der nicht von etwas anderem, sondern aus sich selbst hat, was er ist, und von dem deshalb ausgesagt wird, daß er im wahrsten Sinne sei 20 und im wahrsten Sinne gut sei, nach dem Wort : 68 Niemand ist gut als allein Gott 68• Alles übrige aber wird nach ihm gut genannt, allerdings nicht auf Grund einer Zerteilung seiner Wesenheit, sondern auf Grund der Ableitung von seiner Gutheit. Wenn aber im Bereich des Gewor denen etwas gut genannt wird, so geschieht das entweder schlechthin 25 oder in bezug auf etwas. Geschieht es schlechthin, dann wird damit eine als Geschenk der Gnade gewährte Gabe an das Gewordene be zeichnet, nach dem Wort : 69 Alle gute Gabe und alle vollkommene Gabe ist von oben 69• Das dem Gewordenen Mitgegebene, das wir schlechthin gut genannt haben, oder, wie man in der profanen Wis30 senschaft 7° sagt : das allgemeinste (Gute) , wird mittels des Geschenks der Gnade, gleichsam mittels Verschiedenheit geformt, um eine Art zu bilden, demgemäß wir dann etwas als gerecht oder maßvoll nen nen . Wenn also im Bereich des Gewordenen etwas schlechthin gut genannt wird, so meint man damit zweifellos das Gute, das dem Ge3 5 wordenen zukommt. Daher heißt es : 71 Gott sah alles, was er gemacht hatte, und es war sehr gut 71• So ist etwa der Stein oder das Holz gut. Wenn wir aber zu dessen nächster Art herabsteigen, wobei das der •• Vgl. oben I, 47. •• - •• Vgl. Mare . 9, 4 1 ; Luc. 1 7 , 2. 87 Dies wahrscheinlich der Sinn von pusill us in diesem Zusammenhang. ••-•• = Luc. 1 8 , 1 9 . u-•• = Jac. I , 1 7. 10 Vgl. oben S. 226 Anm. 5. 7 1 - 7 1 = Gen. 1, 3 1 .
Gesta Frederici I, 66
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generis per speeifieam differentiam, quam donum gratie di ximus, ad rationalem restrieta naturam, illam tauturn solemus dieere iustam vel sobriam . Numquam vero lapidem sicut bonum sie voeamus sobrium vel iustum . Denique, ut verbis Boetii in libro Regularum utar, qui bonum generale iustum speeiale s ponens adneetit : 72Nee speeies deseendit in omnia 72, I id est : ut de omnibus, que supponuntur generi, predieetur, ita ex opposito dieere Heet, quod genus ad ea tantum, ad que speeies predieatione sua non eontrahatur. Iuxta logieorum enim regulam methodus a genere ad destruendum a) , a speeie valet ad astruen- 1 0 dum. Sieut ergo, euro sirupHeiter aliquid bonum dieo, nature datum, quod velut univoee de suis speeiebus predieatur, intel Hgo, sie, euro seeundum quid aHquid bonum b) assero, utilitatem potius quam nature fontem intueor. Quo usu eius aeeeptio ad infinita equivoeatur * . Hine dieimus equum bonum ex usu 1 s veetigandi, vestem bonam e x utilitate induendi, aHmenturn bonum ex emolumento nutriendi. Item eadem ratione, quod alteri speeiei bonum, alteri asseritur malum . Verbi gratia : Iusquiamum aHt passerem , neeat hominem. Eadem quoque res aHa et c) aHa c) eonsideratione eiusdem speeiei eontentis I vel 20 etiam eidem singulari erit bona et erit non bona. Unde et solemus • d)
SirupHeiter et ipse Summum bonum I
denominatione Nativum bonum � --
-- -�-�-
r--
�
I --
--- -
L
�
simplieiter bonum : univoee datum nature
_______
I
Seeundum quod bonum : equivoee utile I
I
virtus anime : virtus eorporis : alias simplieiter : alias seeund um Passio Christi - quid : bibere sobrium, iustum fortis, velox Ethiops niger aquam Ethiops albus dente c- c) fehlt C. a ) destruendam A B . b) folgt esse A B . Das Folgende a . R. als Erläuterung zu Ottos Darlegungen C; nach sobria (S. 266 Z. 29) Hss. A * ; nach astruendum Hs. A ; fehlt E. d)
Reflexion über das Gute
26 9
gesamten Gattung Gehörige durch artbildenden Unterschied, den wir ein Geschenk der Gnade nannten, auf das vernünftige Gewordene ein geschränkt wird, so pflegen wir nur dieses gerecht und maßvoll zu nennen. Niemals aber nennen wir den Stein so wie gut, so auch maß5 voll und gerecht. Schließlich , um die Worte des Boethius aus dem Buch der Regeln zu gebrauchen, der dort das Gute als das Gattungshafte, das Gerechte als das Arthafte bezeichnet und hinzufügt : 72 Aber die Art steigt nicht zu allem herab 7 2 - das heißt so, daß sie von allem ausgesagt wird, was zur Gattung gehört -, so kann man umgekehrt 10 auch sagen, die Gattung umfaßt nur das, auf was sich die Art durch ihre Aussage nicht erstreckt. Denn nach einem Lehrsatz der Logiker vermag die von der Gattung ausgehende Methode zu zerlegen, die von der Art ausgehende aufzubauen . Wenn ich also etwas schlechthin gut nenne, so meine ich damit etwas dem Gewordenen Gegebenes, das 1 5 im gleichen Sinne von (allen) seinen Arten ausgesagt wird ; behaupte ich dagegen, etwas sei in bezug auf etwas gut, dann habe ich mehr die Nützlichkeit im Auge als die Herkunft des Gewordenen. Bei solchem Gebrauch wird der Begriff des (Guten) mehrdeutig auf unbegrenzt vieles angewendet * . So nennen wir ein Pferd gut, weil es zum Reiten 20 gebraucht wird, ein Kleidungsstück gut, weil es zum Anziehen nütz lich ist, ein Nahrungsmittel gut, weil es der Ernährung förderlich ist. Aus demselben Grund wird etwas, was für die eine Art als gut, für die andere als schlecht bezeichnet. Zum Beispiel : Bilsenkraut nährt den Sperling, tötet aber den Menschen. Auch wird ein und dieselbe 25 Sache, unter diesem oder jenem Gesichtspunkt betrachtet, für alle Dinge derselben Art oder auch nur für ein einzelnes einmal gut und Das schlechthin Gute und das Höchste Gut selbst I
Durch Ableitung : Das Gute im Bereich des Gewordenen �-
1
-- - �
-�
------
L--�- --
---
I
Das schlechthin Gute : eindeutig das Das in bezug auf etwas Gute : dem Gewordenen Gegebene das mehrdeutig Nützliche � � - -----� --- -
I
l____ l ----1
Fähigkeit der Seele : Fähigkeit einmal schlechtdes Körpers : hin : das Leiden maßvoll, gerecht stark, schnell Christi - wie sinngemäß ent sprechend : der Ä thiopier ist schwarz 7 2- 7 2
ein andermal in bezug auf etwas : Wasser trinkenwie sinngemäß entsprechend : der Äthiopier ist weiß, hinsichtlich seiner Zähne
Boeth . , Quomodo substantiae bonae sint, ed . Peiper, S. 1 74.
Gesta Frederici I , 66
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dieere : Bon um est isti ealorem febrilem sentienti bibere aquam, bonum est illi 73 propter infirmitatem stomaehi iuxta apostolum modieo vino uti 73 ; nee ex hoe sequitur, si seeundum quid bonum est isti vel illi, simplieiter esse bonum ; sieut non sequitur, si Ethyops est albus dente, ergo est albus, vel e eonverso : non est 5 niger dente, ergo non est niger. Quod etiam ex divine pagine usu patet, velut eum dieimus : Non erat bonum Iudeis vel Iude Christum tradere vel erueifigere, etsi nobis esset bonum. Sieut vero in humana philosophia album habere dentem non aufert Ethyopi esse nigrum, sie in divina pagina malum Iudeorum non t o demit universitati passionem Christi non a) esse bonam. Ex quo fit a simili propter eandem eausam de predieta nostra expeditione, quod si non fuit bona pro dilatatione terminorum vel eommoditate eorporum, bona tarnen fuit ad multarum salutem animarum, sie tarnen, ut bonum non pro dato nature, sed pro utili semper t 5 aeeipias, et ex eo usu hee emergat subdivisio, ut, sieut supra diximus, bonum quandoque simplieiter diei, quandoque se eundum quid, et quando seeundum quid dieitur, ad diversum usum utilis equivoeari, ita hoe b) bonum idem c) utile, quan doque simplieiter, quandoque seeundum quid voeari . Quam- 20 vis, si dieamus sanetum illum abbatem 74 spiritu Dei ad ex eitandos nos afflatum fuisse, sed nos ob superbiam laseiviamque nostram salubria mandata non observantes merito rerum personarumve dispendium deportasse, non sit a rationibus vel antiquis exemplis dissonum ; quamquam et spiritus prophetarum 25 non semper subsit prophetis 75. Qualiter vero predietus bonus vir ei libro, quem Eugenio pape de Consideratione seribens super hae re ad exeusationem sui apollogetieum interseruerit 76, euriosus rerum indagator invenire potest. / JO Quomodo autem Eugenius papa Rarnanorum prineipem de tarn gravi tribulatione redeuntern paternis eonsolationum verbis exeeperit, subter annotatum est 7 7 • a)
b)
ao
AB. 0. folgt modo AB.
c) id est AB.
Reflexion über das Gute
271
einmal nicht gut sein. Daher pflegen wir auch z u sagen : Für den, der die Hitze des Fiebers spürt, ist es gut, Wasser zu trinken, für j enen ist es 73wegen der Schwäche seines Magens, wie der Apostel sagt, gut, wenig Wein zu trinken ; daraus folgt aber nicht, daß etwas, was in 5 bezug auf etwas gut ist für dieses oder j enes, schlechthin gut sei ; ebenso wie man nicht folgern darf : der Äthiopier hat weiße Zähne, also ist er weiß, oder umgekehrt : er hat keine schwarzen Zähne, also ist er nicht schwarz . Das geht auch aus dem Gebrauch der Heiligen Schrift hervor ; z. B. wenn wir sagen : Es war nicht gut für die Juden 10 oder für Judas, Christus zu verraten und zu kreuzigen, obwohl es für uns gut war. Wie in der menschlichen Philosophie der Besitz weißer Zähne nicht das Schwarzsein des Äthiopiers aufhebt, so läßt in der Heiligen Schrift die böse Tat der Juden zu, daß Christi Leiden für die Gesamtheit gut war. Daraus ergibt sich durch Analogieschluß aus 15 demselben Grund hinsichtlich unseres Kreuzzuges : wenn er nicht gut war zur Erweiterung der Grenzen oder für das leibliche Wohl, so war er dennoch gut für das Heil vieler Seelen, in dem Sinne j edoch, daß man unter gut nicht das dem Gewordenen Verliehene, sondern immer das Nützliche versteht ; und aus diesem Sprachgebrauch ergibt sich 20 folgende Unterteilung : wenn wir oben sagten, gut werde manchmal schlechthin, manchmal nur in bezug auf etwas gemeint, und wenn es in bezug auf etwas so genannt werde, werde es unter dem gleichen w·ort als zu verschiedenem Gebrauch nützlich bezeichnet, so wird hier eben dieses Gute nützlich zuweilen schlechthin, zuweilen in bezug auf 25 etwas genannt. Wenn wir nun sagten, j ener heilige Abt 74 sei vom Geist Gottes angehaucht worden, uns aufzurufen, wir aber hätten wegen unserer Hoffahrt und Zügellosigkeit die heilsamen Gebote nicht be achtet und deshalb verdientermaßen Verluste an Sachen und Perso nen erlitten, so würde das gleichwohl den Vernunfterwägungen und 30 den Beispielen aus der alten Zeit nicht widersprechen ; freilich ist der Geist der Propheten nicht immer bei den Propheten 76• Daß aber der genannte treffliche Mann seinem Buch "De considera tione" , das er an Papst Eugen schickte, zu seiner Entschuldigung eine Verteidigungsschrift eingefügt hat 76, wird der wißbegierige Forscher 35 selbst zu finden wissen. Wie nun Papst Eugen den aus so schweren Drangsalen zurück kehrenden römischen König mit väterlichen Trostworten empfangen hat, ist nachstehend verzeichnet 77• 13- 7 3 Vg l . 1 . Tim. 5, 2 3 . 7• Bernhard von Clairvaux. 70 Das scheint wiederum ironisch gemeint zu sein. 76 De consideratione II, 1 (PL. 1 82). 77 Der folgende Brief (JL. 9344) auch bei Wibald ; Jaffe, Bibi. rer. Germ. 1 , 304
n . 1 85.
Gesta Frederici I, 67
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6 7 . Eugenius episcopus, servus servorum Dei, karissimo in
Christo filio Conrado, Dei gratia Romanorum regi illustri, salutem et apostolicam benedictionem. Cum in hoc mundo cuncta mutabilitatis ordo corrumpat, sicut nec prosperis elevari, ita nec frangi adversis confidentes de divina miseratione debemus, s quia 78 Dei et hominum mediator 78 admiranda dispensatione consuevit 79 omnem filium, quem recipit, adversitatibus flagel lare 79, ut, dum ipsum per amorem ad eterna premia vocat, presens mundus eius animum per turbationes, quas ingerit, a se ipso repellat, tantoque facilius ab huius seculi amore recedat80, t o quanto magis impellitur, dum vocatur. Quod i n Israhelitico populo Moyse al vocante et Pharaone signatur. Moyses namque tune ad vocandum missus est, cum Pharao duris eum operibus perurgebat, quatinus alter vocando pertraheret, alter impelleret seviendo, ut plebs in servitio turpiter fixa vel provocata bonis t s vel impulsa molestiis moveretur. Hoc itaque rationis debito incitati discretionem tuam commonemus et exhortamur in Domino, quatinus tribulationes, quas tibi et exercitui tuo omnipotens Deus irrogavit, patienter supportes et in eo spem tuam con stituas, 81 qui quem vult permittit affligi et confidentes in se 20 misericorditer liberare consuevit81 . Si enim patientiam et hu militatem in adversis perfecte tenueris, per desertum huius vite sub protectione 82 columne nubis et ignis83, id est patientie solatio b) et karitatis ardore, intrepidus perduceris. Quia igitur personam tuam vera karitate diligimus et de te valde confidimus, 2s si post tu um reditum sine dilatione c) de his, que ad honorem sancte ecclesie et regni spectare noscuntur, tecum mutuis potuissemus tractare colloquiis, nobis utique gratum fuisset. Verum quia id nobis temporis qualitas denegavit et de tua salute sumus solliciti, f quosdam de fratribus nostris, postquam te ad Jo Longobardie partes auctore Domino incolomem pervenisse accepimus, sicut per venerabiles fratres nostros Artwicum Bremensem archiepiscopum et A. Havelbergensem d) episcopum tibi significavimus, ad tuam serenitatem duximus destinana ) folgt et cetera A B ; b)
solatiurn 0.
der weitere Brief fehlt AB. c)
delatione 0.
d)
Haud'b'g' 0.
Brief Eugens III . an Konrad III.
273
67 . Bischof Eugen, der Knecht der Knechte Gottes, seinem gelieb ten Sohn in Christo Konrad, von Gottes Gnaden erlauchter König der Römer, Gruß und apostolischen Segen. Da die Herrschaft der Verän derlichkeit in dieser Welt alles zu Schanden macht, dürfen wir im s Glück nicht übermütig werden und im Unglück nicht verzagen, wir müssen vielmehr auf die göttliche Barmherzigkeit vertrauen, denn 78der Mittler zwischen Gott und �1enschen 78 pflegt nach seinem wunder baren Heilsplan 79 j eden Sohn, den er annimmt, mit Unglück zu schlagen 79, während er ihn durch Liebe zur ewigen Belohnung beruft, 10 soll ihn die gegenwärtige Welt durch die Drangsale, die er ihm auf erlegt, von ihr abstoßen, und so soll er sich um so leichter von der Liebe zu dieser Welt lösen 80, je mehr Schicksalsschläge er erhält, während er berufen wird. Das zeigt sich beim israelitischen Volke, als Moses es berief, und bei Pharao . Denn Moses wurde gesandt, es 15 zu berufen , zu der Zeit, als Pharao es durch harte Fronden schwer bedrängte, damit j ener es durch seine Rufe locke, dieser es durch sein Wüten abstoße und so das in Knechtschaft schimpflich festgehaltene Volk entweder durch die Aussicht auf Besserung oder durch die Plagen aufgerüttelt werde. Durch diesen zwingenden Vernunftschluß ange20 regt , ermahnen wir deine Hoheit und fordern sie im Herrn auf, die Heimsuchungen, welche der allmächtige Gott dir und deinem Heer auferlegt hat, geduldig zu ertragen und deine Hoffnung auf den zu setzen, 81 der heimsuchen läßt, wen er will , aber die ihm Vertrauenden erlöst 81. Denn wenn du im Unglück Geduld und Demut voll bewahrst, 25 wirst du unter dem Schutze 82 der \Volkensäule und der Feuersäule 83, das heißt durch tröstende Geduld und glühende Liebe furchtlos durch die ·wüste des Lebens geleitet werden. Weil wir also deine Person wahr haft lieben und dir volles Vertrauen schenken, wäre es uns sehr an genehm gewesen , wenn wir nach deiner Rückkehr unverzüglich über 30 das, was die Ehre der Kirche und des Reichs betrifft, mit dir in Zwie gesprächen hätten verhandeln können. Da uns das aber die Zeitver hältnisse versagt haben und wir auf dein Wohl bedacht sind, haben wir, nachdem wir erfahren haben, daß du mit Gottes Hilfe wohlbe halten in der Lombardei angekommen seist, - wie wir es dir durch 35 unsere ehrwürdigen Brüder, den Erzbischof Hartwich von Bremen und Bischof Anselm von Havelberg, angekündigt haben -, einige unsrer Brüder an deine Hoheit absenden zu sollen geglaubt, damit
78-78 = 1 . Tim. 2, 5 . 79-79 \' gl . Hebr. 1 2, 6 .
s o V gl . Chronica
8 1 - 8 1 V gl . �I atth .
I,
Prolog ;
27, 43.
8 2 -8' V gl . E x o d . 1 3 , 2 1 .
II, 14 u . ö . ( S ) .
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Gesta Frederici I, 67 - 68
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dos, ut affectum et benivolentiam , quam erga te gerimus, tibi exponerent, et quod de te audire cupimus ipsorum relatione nosceremus. Quibus dedimus in mandatis, ut tibi, tamquam karissimo filio nostro et catholico principi atque speciali Romane sancte ecclesie defensori, ipsius ecclesie statum et nostrum ex- 5 ponerent . Qui siquidem in Tusciam usque progressi, ex quo te ad Teutonicas partes pertransisse noverunt, longitudinem vie et difficultatem itineris propter estatis intemperiem metuentes ad nostram presentiam redierunt. Ceterum, quia statum tuum et dilecti filii nostri Heinrici iunioris regis, quem post discessum 10 tuum paterno affectu dileximus a) et in posterum actiones eius prosperari in Domino preoptamus, cognoscere cupimus, cum fratres nostri propter estatis fervorem laborem tanti itineris perficere non valerent, per fidelem nostrum Franconem84, latorem presentium, et apostolica scripta tuam excellentiam 15 visitantes nobilitatem tuam monemus et exhortamur in Domino, quatinus ea, que circa te et ipsum geruntur, et statum regni per eundem F. nobis studeas intimare , et hoc tempore devotionem , quam erga matrem tuam sanctam Romanam ecclesiam geris, ostendas, ut nostro respondere affectui congrue videaris et 20 beati Petri apostolorum principis intercessionibus, cui te totum debes exponere, creatoris nostri largiorem debeas gratiam promereri. Datum Tusculani VIII . Kal. Iuliiss. (67) 68. Circa idem tempus filius regis Heinricus , quem ipse, ut supra dictum est, per electionem principum regem ordinaverat86, 2 5 diem obiit87, habens adhuc alium fratrem parvulum nomine Fredericum88• Ea quoque tempestate in inferiori Traiecto Fresie urbe Hardelebo eiusdem ecclesie pontifice obeunte89, grave scisma ibidem oritur, quibusdam Fredericum90 Adulfi / comitis91 filium, aliis Herimannum ecclesie sancti Gereonis in suburbio 10 Coloniensi site prepositum in illius ecclesie presulem eligenti bus. Illi vero qui Herimannum elegerant alias preoccupantes principem aput Noricum castrum92 adeunt ab eoque investitu ram regalium suscipiunt. Quos altera pars in civitatem Gallie a ) dilexerimus C. "' Nicht näher bekannt.
8 5 1 1 49.
86
1 1 50.
Schisma in Utrecht
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sie dir die Liebe und das Wohlwollen, das wir gegen dich hegen, schildern, und damit wir das, was wir von dir zu hören wünschen, durch ihren Bericht erfahren . Wir haben sie beauftragt, dir als unse rem geliebten Sohn, dem katholischen Fürsten und besonderen Vers teidiger der heiligen Römischen Kirche, die Lage dieser Kirche und unsre eigene zu schildern. Als sie aber in die Toskana kamen und er fuhren, daß du von dort bereits nach Deutschland weitergereist warst, scheuten sie wegen der sommerlichen Hitze die weite, beschwerliche Reise und kehrten zu uns zurück. Weil wir aber wünschen, über dein 1 0 Befinden und das unseres geliebten Sohnes, des j ungen Königs Hein rich, den wir nach deiner Abreise mit väterlicher Zuneigung ins Herz geschlossen haben und dem wir für künftige Betätigungen im Herrn Glück wünschen, Kenntnis zu erhalten, unsere Brüder aber wegen der Sommerhitze die Strapazen einer so weiten Reise nicht auf sich nehmen 15 konnten, so schicken wir deiner Majestät unseren getreuen Franko 84, den Ü berbringer dieses Briefes, und ein apostolisches Schreiben und ermahnen deine Hoheit und fordern dich im Herrn auf, bedacht zu sein, uns über die dich und ihn betreffenden Vorgänge und über den Zustand des Reiches durch denselben Franko zu unterrichten und 20 jetzt die Ergebenheit, die du gegen deine Mutter, die heilige Römische Kirche hegst, an den Tag zu legen, damit man sieht, daß du unsere Zuneigung angemessen erwiderst und durch die Fürbitten des seligen Apostelfürsten Petrus, dem du dich ganz hingeben mußt, die reichere Gnade unseres Schöpfers verdienst. Gegeben zu Tusculum am 24 . 25 Juni85. 6 8 . Um dieselbe Zeit starb Heinrich, der Sohn des Königs86, den dieser, wie oben berichtet, durch Wahl der Fürsten zum König erho ben hatte 87 ; er hatte aber noch einen kleinen Bruder mit Namen Friedrich88• Zu dieser Zeit starb in der friesischen Stadt Utrecht auch 30 Hartlieb 89, der Bischof der dortigen Kirche ; dadurch entstand dort ein schweres Schisma, denn einige wählten Friedrich90, einen Sohn des Grafen Adolf91, andere dagegen Hermann, den Propst von S. Gereon in der Vorstadt von Köln, zum Bischof der Utrechter Kir che. Die Wähler Hermanns aber kamen den anderen zuvor, wandten 35 sich an den König in Nürn berg92 und empfingen von ihm die Belehnung mit den Regalien. Die andere Partei aber ging darauf in die gallische
87 88
Oben I, 46. Der spätere Herzog von Schwaben ( t 1 1 6 7 ) . 80 Hartbert, t 1 1 50 Nov. 1 1 . •• Propst von St. Georg in Köln. 11 v. Berg. u 1 1 5 1 März 1 8 .
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Gesta Frederici I , 68 - 69
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Spyram93 subseeuta indueias ab eo usque ad proximos dies rogationum 94 in palatium N oviomagense aeeepit. Inter hee Arnaldus quoque Coloniensis arehiepiseopus95, vir ad omnia ecclesiastiea et seeularia negotia inutilis, vitam finivit. (68) 6 9 . Igitur Conradus rex tarn de subrogatione Coloniensis 5 quam super determinatione illius eontroversie, que in Traieetensi eeelesia agitabatur, examen laturus inferiores Rheni partes adiit, habens seeum ex Baioaria Ottonem Frisingensem et Saxonia Albertum•l Misinensem episeopos . Cumque ad Bobardiam villam regalem 96 in territorium Treverorum super Rhenum positam 1 0 verrisset, legatos obvios habuit nuntiantes Arnaldum ean eellarium suum in prefata Coloniensi eeclesia eleetum esse, sed euro huius rei assensum usque ad adventum ipsius distulisse. Quod verbum gratanter rex aeeepit, ac inde extra viam paulisper digrediens duas arees fortissimas, quarum altera super Mosellam 1 5 Cohma, altera super Rheni litus posita Rineeea dieebatur, expugnavit, in Cohma presidia ponens, alteram ignibus tradens . Ibi prenominatum Coloniensem eleetum exeipiens euro eoque ad inferiora deseendens eapellam operosam97, quam ille non Ionge a Colonia in proprio fundo eonstruxerat, a predietis, quos seeum 20 duxerat, episeopis eonseerari fecit. Inde naves ingressus j ac per Rhenum remigans Coloniam Agrippinam venit, eum maximo eleri ac populi tripudio susceptus. Igitur finita, ut assolet, proeessionis sollempnitate, rex in prineipali beati Petri eeelesia sedens Arnaldum renitentem valde et reclamantem ponti- 2s fieatus simul et dueatus98 regalibus investit, sieque ad N ovio magense palatium, Traieetensium eausam iudieaturus, venit. Traiectenses Frederieum in eivitate non sine fastu habebant, Herimanno eieeto . Itaque eonduetum primo de personarum in eolomitate petentes euro magna multitudine navium a Rheno 3o per Gual fluvium, qui ab eo seissus ipsius braehium esse noseitur, veniunt. Quos rex in eausam b) ponens ad paeemque euro ad versariis suis sine litis eontestatione revoeare volens, euro hoe modo proeedere non posset, taudem eis iuris distrietionem a ) Aberturn
b ) causa
0.
0.
Zug Konrads III. an den Niederrhein
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Stadt Speyer93, erhielt vom König einen Aufschub der Ent1;1cheidung bis zu den nächsten Bittagen 94 und wurden nach der Pfalz Nymwegen be schieden . Inzwischen starb auch Erzbischof Arnold von Köln95, ein ::\fann , der für alle kirchlichen und weltlichen Geschäfte untauglich war. 5 6 9 . König Konrad begab sich nun an den Niederrhein, um über die Neubesetzung des Kölner Erzbistums und über die Beilegung des in der Utrechter Kirche ausgebrochenen Streites die Entscheidung zu fällen ; es begleitete ihn aus Bayern Bischof Otto von Freising und aus Sachsen Bischof Albert von Meißen . Als er auf dem im Gebiet von 10 Trier am Rhein gelegenen Königshof Boppard ankam96, traf er dort Gesandte, die ihm meldeten, sein Kanzler Arnold sei in der Kölner Kirche gewählt worden , dieser aber habe die Annahme der Wahl bis zur Ankunft des Königs aufgeschoben . Diese Nachricht empfing der König mit Freuden ; er bog von dort ein wenig vom Wege ab und 1 5 eroberte zwei starke Burgen, deren eine, Kochern, an der Mosel, die andere, Rheineck, am Rhein liegt ; nach Kochern legte er eine Besat zung, die andere übergab er den Flammen. Hier empfing er den Er wählten von Köln und zog nun mit ihm rheinabwärts, dabei ließ er eine kunstreiche97 Kapelle, die jener nicht weit von Köln auf eigenem 20 Grund erbaut hatte, von den erwähnten Bischöfen, die ihn begleite ten, weihen . Dann bestieg er die Schiffe und fuhr auf dem Rhein nach Köln ; hier ·wurde er von Klerus und Volk mit großem Jubel emp fangen . Als dann in üblicher Weise der festliche Aufzug beendet war, belehnte der König, in der Hauptkirche des seligen Petrus thronend, 25 Arnold trotz seines heftigen Widerstrebens und Einspruchs gleichzeitig mit den Regalien des Bistums und des Herzogtums98 ; danach ging er in die Pfalz Nymwegen, um die Utrechter Sache zu entscheiden. Die Utrechter hatten Hermann verjagt und beherbergten nun nicht ohne Stolz Friedrich in ihrer Stadt ; sie baten nun zunächst um freies 30 Geleit und Zusicherung persönlicher Sicherheit, dann kamen sie mit einer großen Menge Schiffe vom Rhein her die Waal herab, die sich j a bekanntlich vom Rhein abzweigt und einen seiner Arme bildet. Der König forderte sie vor sein Gericht, wollte sie aber zu einer friedlichen Einigung mit ihren Gegnern ohne förmlichen Prozeß veranlassen , da April 8. •• Die drei Tage vor Christi H immelfahrt, 1 1 5 1 Mai 1 4 - 1 6 . - Nach einem
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Brief Konrads (Jaffe, B ibi. rer. Germ. I, 452 f. n. 324) wollte der König allerdings die Sache persönlich in Utrecht entscheiden . 95 1 1 5 1 April 3, Reit l l 48 durch Papst Eugen I I I . suspendiert. '6 Vgl . F . -J. Heyen, Reichsgut im Rheinland, d . Gesch . d. kgl. Fiskus Boppard, Rh. Arch. 48, 1 9i'i ß . 9 7 D i e Doppelkirche in Schwarzrheindorf b e i Bonn . 08 Yon einem "Ducatus" des Kölner Erzbischofs ist sonst zu dieser Z e i t nichts be k a n n t ; vielleicht liegt auch eine Remin iscenz an die Stellung Bruns von Köln vor.
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obtulit. Illi viaticum redeundi postulaverunt, dicentes se, eo quod causa ipsa tamquam ecclesiastica ad ecclesiasticum iudicem, id est ad aures summi pontificis, translata esset99, respondere coram cincto iudice non posse. Contra quos, utpote adversus Romanum principem agentes maiestatis reos al, quia in con- 5 tinenti propter prestiturn commeatum ulcisci non valuit, acerba rex usus conquestione, mox etiam pro huius temeritatis debita vindicta sumenda ad civitatem ipsorum processisset, nisi quod propter quorumdam Noricorum corniturn insolentiam in eandem revocabatur provinciam 1 . 10 (69) 7 0 . Igitur proximum pentecosten 2 in Confluentia, ubi et nun tios regis Hyspanorum 3 iam diu secum moratos dimisit, sub corona incedendo celebrans, Baioariam .ingreditur, Ratispone que curiam habens 4 duos ex cardinalibus Romane sedis legatos, Iordanem 5 scilicet et Octavianum 6, obvios excepit. Post hec 1 5 palatino comite Ottone ob filiorum suorum excessus proscripto, vicinum eius castrum Cheleheum dictum, rapido Danubii fluminis ambitu clausum, obsidione f cingit eumque ad hoc, ut unum filiorum suorum obsidem daret, coegit. Inde in Gallias rediens Traiectensium negotium, revocatis omnibus ad subiec- 20 tionem Herimanni, cum imperii honore terminavit ; ac ne aliquis in posterum eius facti scrupulus haberetur, a Romana sede ratihabitionem optinuit. 84• Hune morem prineipe seeuto, non solum laieorum feoda, sed et 20 quorumdam episeoporum, id est Hartwiei Bremensis et Ulriei Halberstatensis, regalia personis tantum, quia nee personis, sed eeelesiis perpetualiter a prineipibus tradita sunt, abiudieata fuere85. Sed quoniam huius terre mentio habita est, de ipsius situ ae 25 ritu, et a quibus prius inhabitata, quove nomine dieta, a quibus postmodum possessa, quo eenseatur voeabulo, paueis absolvam 86• 14. Hee Pyreneo seu Apennino, altissimis et seopulosissimis ( 1 3) alpibus, in oblongum duetis , hine inde septa, tamquam eorumdem vel potius eiusdem montis umbilieus, utve deliciarum hortus, a 30 Tyrreno mari usque ad Adriatiei equoris oram protenditur, a ) fehlt C .
b l fuerit A B ; c ) fehlt AB.
korr. C.
dampnantur AB. Otto knüpft an die seit Augustin sich durchsetzende christliche Herrscher auffassung an, derzufolge der König vor Gott für sein Volk verantwortlich ist. 83 Wahrscheinlich nach dem 30. Nov. 1 1 54. d)
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Hoftag zu Roncaglia
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hatten, verteilt würde ; damit sorgte er vorbildlich für das allgemeine Beste und erfüllte vorbildlich die Pflicht eines Führers, indem er, im Begriff, große Unternehmungen zu beginnen, vor allem danach strebte, den Lenker und Bildner des Alls, ohne den nichts glücklich s begonnen wird, zu versöhnen und seinen Zorn von seinem Volke abzuwenden 82. 1 3 . Von da zog er weiter und schlug sein Lager im Monat Novem ber83 auf den Ronkalischen Feldern am Po, nicht weit von Piacenza , auf. Es ist aber Gewohnheit der Könige der Franken, die auch Könige 1 0 der Deutschen heißen, auf diesen Feldern Aufenthalt zu nehmen , wenn sie zum Empfang der Krone des römischen Reiches ein Heer aufge bracht haben, um über die Alpen zu ziehen. Dort wird an einem auf gerichteten Pfahl ein Schild aufgehängt , und durch einen Herold des Hofes wird die gesamte Schar der Ritter, die ein Lehen haben , auf15 gefordert, in der nächsten Nacht beim König Wache zu halten . Eben so handeln die Fürsten, die in seinem Gefolge sind, indem jeder ,-on ihnen seine Lehnsmannen durch Herolde vorfordert. Wer dabei gefaßt wird , daß er bei dem nächtlichen Wachtdienst gefehlt hat, wird am folgenden Tage noch einmal vor den König beziehungsweise die an2 0 deren Fürsten und erlauchten ßfänner gela,den, und dabei werden sämtlichen Lehensmannen , die ohne Genehmigung ihrer Herren zu Hause geblieben sind, ihre Lehen entzogen84 . Diesem Brauch folgte auch der König, und es wurden nicht nur Laien ihre Lehen abge sprochen , sondern auch einigen Bischöfen , nämlich Hartwich von 2 5 Bremen und Dirich von Halberstadt, die Regalien entzogen - allerdings nur persönlich -, denn sie waren ja nicht den Personen , sondern den Kirchen von den Fürsten für alle Zeit verliehen worden 85. Aber da ich Italien erwähnt habe, will ich kurz seine geographische Beschaffenheit und seine Gewohnheiten schildern und berichten 86, 30 von wem es früher bewohnt war, wie es hieß, von wem es später in Besitz genommen wurde und wie man es jetzt nennt . 1 4 . Es wird von zwei sehr h ohen , zerklüfteten, sich langhin er streckenden Gebirgen, den Pyrenäen und dem Apennin von beiden Seiten eingehegt und bildet gewissermaßen das Zentrum dieser Ge3 5 birge oder richtiger dieses Gebirges und erstreckt sich als ein wahr hafter Garten der Wonnen vom Tyrrhenischen bis zum Adriatischen •• Versäumnis der Heeresfolge und der Hoffahrtpflicht hat Lehensverlust zur Folge ; vgl. Mitteis, Lehnrecht u . Staatsgewalt S . 6 7 7 ff. 8 5 Angesichts des kleinen Heeres - Friedrich spricht in seinem Brief an Otto ( o ben S . 8 9 ) von 1 800 Rittern - müssen noch mehr Fürsten ausgeblieben sein. Wenn hier in Roncaglia Hartwich und L:lrich die Regalien abgesprochen wurden , so ist kaum die Verletzung der Heerespflicht der wahre Grund, sondern die Gegnerschaft Heinrichs d . Löwen zu den beiden Bischöfen . 8 6 \" gl. oben I, 3 2 .
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habens ad septentrionem Pyreneas, ut dieturn est, alpes, ab austro Appenninum, qui modo mutato nomine mons Bardonis87 vulgo dicitur, ab occidente Thirrenum, ab oriente Adriaticum equor. Padi vel Eridani fl.uminis, quem unum inter tria Europe fl.umina famosissima topografi ponunt88, ceterorumque amnium s decursu irrigua, soli dulcedine celique temperie frumenti, vini et olei ferax, in tantum ut arbores fructiferas, precipue castaneas, ficeta et oliveta instar nemorum educet. Rarnanorum colonia ulterior Italia olim dicebatur, tribus distincta provinciis, Venetia, Emilia, Liguria, quarum prime Aquilegia, secunde Ravenna, 10 tertie Mediolanum metropoles fuere. At in ipso Appennino, ubi f et urbs Roma sita noscitur, que modo Tuscia vocatur, eo quod Appennino inclusa Urbem quoque ipsam in sinu suo contineat, interior Italia iure dicta est. Illa vero, que post emensionem montium campania excipitur, unde et, a re nomen trahens, Cam- t s pania adhuc dici solet, ac usque ad Farum, brachium maris, navibus ob sirtes inportunum, Siciliam a solido seiungens, produ citur - nam Sicilia Europam terminans Sardinie ceterisque Italie insulis adnumeratur -, olim citerior Italia vel Maior Grecia voca batur, nunc Apulia vel Calabria dicta. Quamvis aliqui hanc et 20 mediam pro una reputantes Italia, Citeriorem seu Maiorem Gre ciam dicere maluerint Italiam, non tres, sicut premissum est, sed duas tantum, Ulteriorem et Citeriorem, ponentes Italias89 • Nonnulli tarnen predictas alpes Apenninum et Pireneum eadem montana esse volunt, eo quod circa eas partes, qua Ianua civitas, 2s in navalibus preliis satis exercitata, super Tyrrenum equor sita est, conveniendo predictam claudant provinciam ; in argumen tum sue assertionis inducentes, quod Pannonia iuxta Ysidorum 90 tamquam Appennino clausa nomen accepit, quam non Appen ninus, qui mons Bardonis, sed Pyrenee attingunt alpes. Patet, 30 ut arbitror, cur hanc terram duorum montium vel eiusdem su pra91 umbilicum dixerim. Barbarorum vero incursionibus ac dominationi, qui a Scanzia insula cum Alboin duce venientes Pannonias primo inhabitarunt, 8 7 Bei Paulus Diaconus V, 27 ; VI, 5 8 Bezeichnung für den Apennin bei Berceto. 88 Nämlich Po, Donau, Rhein ; vgl. unten II, 1 5, 48. 8o So auch Otto in Chronica VI, 1 4 S . 326.
Über Italien
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Meer ; im Norden begrenzen es, wie gesagt, die Pyrenäen, im Süden der Apennin, der jetzt mit verändertem Namen gewöhnlich Berg des Bardo 87 genannt wird, im Westen das Tyrrhenische, im Osten das Adriatische Meer. Durch den Po oder Eridanus, den die Geographen unter die drei berühmtesten Ströme Europas rechnen88, und andere Flüsse wird das Land bewässert, und wegen des fruchtbaren Bodens und des milden Klimas trägt es Getreide, Wein und Ö l, und zwar in solchen Mengen, daß es geradezu Wälder von fruchttragenden Bäu men, vor allem Kastanien, Feigen- und Ölbäume hervorbringt. Die Kolonie der Römer hieß früher "das j enseitige Italien" und zerfiel in die drei Provinzen Venetien, Emilia und Ligurien ; deren Hauptstädte waren Aquilej a, Ravenna und Mailand. Doch innerhalb des Apen nin, in dem bekanntlich auch Rom liegt, nannte man, was j etzt Tus cien heißt, mit Recht Inneritalien, weil es, vom Apennin eingeschlossen, auch Rom selbst in seinem Schoße enthält. Jene Ebene aber, die man nach dem Durchschreiten des Gebirges wahrnimmt und die deshalb auch, ihren Namen von der Sache ableitend, bis heute Kampa nien genannt wird, erstreckt sich bis zum Faro(-di Messina), einem Meeresarm, der für Schiffe wegen seiner Untiefen ungeeignet ist und Sizilien vom Festland trennt ; denn Sizilien bildet die Grenze von Europa und wird zu Sardinien und den übrigen italienischen Inseln gerechnet ; jene Ebene hieß einst das diesseitige Italien oder das größere Griechenland, j etzt aber nennt man sie Apulien und Kalabrien. Manche allerdings rechnen dieses Italien und das mittlere als eine Einheit und möchten diese lieber das diesseitige Italien oder das größere Griechenland nennen, indem sie nicht drei Teile, wie oben angegeben, sondern nur zwei annehmen89, nämlich das j enseitige und das diesseitige Italien . Einige dagegen meinen, die oben genannten Gebirge Apennin und Pyrenäen seien ein und dasselbe Bergland, weil sie sich in der Gegend von Genua, das am Tyrrhenischen Meer gelegen ist und in Seeschlachten große Erfahrung hat, vereinigen und den Abschluß dieser Provinz bilden ; zum Beweis für diese Annahme füh ren sie an, daß nach Isidor90 Pannonien seinen Namen davon erhielt, daß es gleichsam vom Apennin eingeschlossen sei, aber es grenzt nicht an den Apennin, der jetzt Berg des Bardo heißt, sondern an die Py renäen. Es ist klar, so meine ich, warum ich oben91 dieses Land das Zentrum zweier Gebirge oder des einen genannt habe. 92 Dann aber begann es den Einfällen der Barbaren und deren Herrschaft zu unterliegen ; diese kamen unter Führung Alboins von der Etym. XIV, 4, 1 6. Oben S. 304 Z . 30. ••-•• Vgl. Chronica V, 4 S. 235 nach Frutolf (MG. S S . 6, 1 40 ff. ) . Allerdings kamen die Langobarden nicht aus Skandinavien, sondern wohl von der unteren Elbe, doch findet sich diese Ansicht auch bei Paulus Diaconus. •• n
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subiacere incipiens92 ab eisdem, eo quod ad augendum exercitum feminis, reflexis ad mentum crinibus sicque virilem et barbatam faciem imitantibus, et iccirco Longobardis a Iongis barbis al vocitatis93, et ipsa Longobardia appellari consuevit94• Ex quo contingit, ut circa exarchatum Ravennatensem artatis antiquis 5 eiusdem provincie incolis ea pars Italie, que antea Emilia diceba tur, nunc Romaniola, quod diminutivum a Roma J tractum nos citur, vulgo usque hodie dici soleat. Verumtamen barbaricc deposito feritatis rancore, ex eo forsan, quod indigenis per conu bia iuncti filios ex materno sanguine ac terre erisve proprietate 10 aliquid Romane mansuetedinis et sagacitatis trahentes genuerint, Latini sermonis elegantiam morumquc retinent urbanitatem95• In civitatum quoque dispositione ac rei publice conservatione antiquorum adhuc Romanorum imitantur sollertiam96• Denique libertatem tantopere affectant, ut potestatis insolentiam fugiendo 1 5 consulum potius quam imperantium regantur arbitrio. Cumque tres inter eos ordines, id est capitaneorum, valvassorum b), plebis, esse noscantur, ad reprimendam superbiam non de uno, sed de singulis predicti consules eliguntur. Neve ad dominandi libidinem prorumpant, singulis pene annis variantur. Ex quo fit, ut, tota 20 illa terra inter civitates ferme divisa, singule ad commanendum secum diocesanos compulerint, vixque aliquis nobilis vel vir magnus tarn magno ambitu inveniri queat, qui civitatis sue non sequatur imperium97• Consuerunt autem singuli singula territoria ex hac comminandi potestate comitatus suos appellare. Ut etiam 25 ad comprimendos vicinos materia non careant, inferioris condi tionis iuvenes vel quoslibet contemptibilium etiam mechanicarum artium opifices, quos cetere gentes ab honestioribus et liberioribus studiis tamquam pestem propellunt, ad militie cingulum vel dignitatum gradus assumere non dedignantur98• Ex quo factum Jo a)
bardi s AB. vavassorum AB. 9 3 Diese, allerdings nur auf ein einmaliges Ereignis der langobardischen Früh · zeit anspielende Sage, steht bei Paulus Diaconus I, 8 (SS. rer. Germ. S. 5 8 ) und wird von diesem als eine lächerliche Fabel bezeichnet. 94 Vgl . Chronica V, 5. 95 Die zunächst strenge Trennung zwischen Romanen und Langobarden wurde seit dem 7 . f 8. Jahrhundert aufgegeben. - Vgl. j etzt zur lango . b)
Zustände in der Lombardei
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Insel Skandinavien und hatten sich zunächst in Pannonien angesie delt92 ; sie hatten zur Verstärkung ihres Heeres Frauen herangezogen , denen die Haare u m das Kin n gewickelt waren, s o d a ß diese bärtigen :\Iännern ähnelten , und hießen wegen der langen Bärte Langobarden 93 ; danach pflegte man auch das Land selbst Longobardia zu nennen 94_ So kommt es , daß irrfolge der Zusammendrängung der alten Einwohner dieser Provinz um das Exarchat von Ravenna dieser Teil Italiens , der früher Emili a hie ß , n u n bis z u m heutigen Tage allgemein Romanio ta genannt wird , und das ist bekanntlich ein Diminutiv von Rom . Indes die Langobarden legten ihre rohe barbarische Wildheit ab , und vielleicht deshalb, weil sie sich mit Eingeborenen verheirateten und Söhne zeugten , die vom mütterlichen Blut und der Eigenart des Landes und des Klimas etwas von römischer Gesittung und Gedan kenschärfe annahmen , bewahren sie d i e Eleganz d e r lateinischen Sprache und die verfeinerte Lebensart95. Auch in der Verwaltung der Städte und in der Bewahrung der Staatsform ist ihr Vorbild noch heute die Klugheit der alten Römer 96. Schließlich lieben sie die Frei heit so stark , daß sie sich j edem Übergriff der Gewalt entziehen und lieber von Konsuln als von Herrschern regieren lassen. Da es bekanntlieh bei ihnen drei Stände gibt, nämlich Kapitane , Valvassoren und Bürger , werden , um keinen Hochmut aufkommen zu lassen , diese Konsuln nicht aus einem , sondern aus allen Ständen gewählt, und damit sie sich nicht zur Herrschsucht verleiten lassen, werden sie fast j edes Jahr ausgetauscht . So kommt es , daß das Land fast vollständig unter Stadtstaaten aufgeteilt ist und daß j eder derselben die Be wohner seines Gebietes mit ihnen zusammenzuleben zwingt, daß man ferner kaum einen Edlen oder Gro ßen von noch so gro ßem Ehrgeiz findet, der sich nicht trotzdem der Herrschaft seines Staates beugt e 9 7 • Auf Grund dieser Gewalt des Zusammentreibens pflegen sie ihre Territorien "Komitate " zu nennen . Damit sie nicht der Mittel ent raten, auch die �achbarn z u unterdrücken , halten sie es nicht für unter ihrer Würde, j unge Leute der unteren Stände und auch Hand werker, die irgendein verachtetes mechanisches Gewerbe betreiben, zum Rit tergürtel und zu höheren Würden zuzulassen , während die übrigen Völker solche wie die Pest von den ehrenvolleren und freieren Besch äftigungen ausschließen98• So kommt es, daß sie an Reichtum bardischen Geschichte v o r allem
;\lilano 1 94 8 . 9 6 Vgl . oben
I, 3 3 . 9 7 t' ber d i e Entwicklung
P.
Bognetti,
Santa Maria d i C a ste l Seprio ,
und Verfassung d e r oberitalienischen Communen
vgl. E. E nne n , Frühgesch . d. europ ä i schen Stad t , 1 9 5 3 , 2 2 3 ff . 9 8 Sc h o n s e i t dem 7 . J a h rh un de rt n a h m e n d i e La ngobarden K aufleute m i t
einer bestimmten Ve r m ö g e n sg rö ß e als Panzerre i t e r in d a s D o re n , I t alienische \\' i r t s c h a ft sgeschichte I , 1 9 3 4 , 1 2 2 ff.
Heer
a u f . Vg l . A .
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Gesta Frederici 11, 1 4-- 1 5
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est, ut ceteris orbis civitatibus divitiis et potentia premineant. Iuvantur ad hoe non solum, ut dieturn est, morum suorum indu stria, sed et prineipum in Transalpinis mauere assuetorum absen tia. In hoe tarnen antique nobilitatis immemores barbarice fecis retinent vestigia, quod, cum Iegibis se a) vivere a) glorientur a), s legibus a) non obsecuntur99. Nam principem, cui voluntariam exhibere deberent subiectionis reverentiam, vix aut numquam reverenter suscipiunt vel ea que secundum legum integritatem sancciverit b) f obedienter excipiunt, nisi eius multi militis astipu latione coaeti sentiant auctoritatem . Ob ea frequenter contingit, 1 0 ut, quamvis eivis lege ßectendus, adversarius armis eogendus secundum Ieges sit, ipsum tarnen, quem ut proprium principem mitem suseipere oportebat, sepius iura propria exposeentem hostiliter excipiant. Ex quo duplex rei publiee naseitur detrimen tum, ut c) prineeps ad subiugationem civis in colligendo exereitu 15 distrahatur et civis non sine magno rerum suarum dispendio ad obedientiam prineipis eompellatur. Quare eadem ratione, qua populum super hoc ineusat temeritas, sie prineipem aput Deum et homines excusare debebit neeessitas. (14) 1 5. Inter ceteras eiusdem gentis eivitates Mediolanum pri- 20 matum nunc obtinet, inter Padum et Pireneum sita, Tieino et Adua ab eodem Pyreneo naseentibus ae in Pado se reeipientibus et ob hoe sinum quendam fertilissimum in modum insule faeienti bus media posita, rite Mediolauum vocatur l, quamvis nonnulli 2 ex quodam portentuoso sue, unam medietatem setas et alteram 25 lanam habente, a fundatoribus Mediolauum 3 dietarn putent. Hec ergo non solum ex sui magnitudine virorumve fortium eopia, verum etiam ex hoe, quod duas civitates vieinas d) in eodem sinu positas, id est Cumam et Laudam, ditioni sue adiecit, aliis, ut dieturn est, eivitatibus eelebrior habetur 4• Porro, ut in rebus 3o cadueis ex arridentis fortune blandimento fieri solet, rebus seeun dis elata in tautarn elationis extumuit audaeiam, ut non solum vieinos quosque infestare non refugiat, sed et ipsius principis
a ) a. R. 0.
b ) sancciverint 0. folgt et AB. d l v. c. AB. 99 Die Welt der bürgerlichen Communen mit ihrer Rechtsordnung bleibt dem adligen Otto von Freising verschlossen. c)
Zustände in der Lombardei - Mailand
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und Macht die übrigen Städte der Welt übertreffen. Förderlich war ihnen dabei nicht nur, wie gesagt, ihr tatkräftiger Charakter, sondern auch die Abwesenheit der Herrscher, die sich angewöhnt haben, im transalpinisehen Gebiet zu bleiben . Darin aber bewahren sie, uneinge5 denk der antiken adligen Haltung, einen Rest barbarischen Boden satzes, daß sie den Gesetzen nicht gehorchen, obwohl sie sich rühmen, nach den Gesetzen zu l eben 99• Denn ihrem Fürsten, dem sie frei willigen ehrfürchtigen Gehorsam schuldeten, begegnen sie kaum j emals mit Ehrfurcht, noch anerkennen sie gehorsam, was er nach 1 0 gültigem Gesetz anordnet, es sei denn, daß sie, unter dem Zwang eines starken militärischen Aufgebots die Autorität zu spüren be kommen. Daher geschieht es oft, daß sie, obwohl nach gesetzlicher Ordnung doch der Bürger durch das Gesetz zu lenken, der Feind aber durch Waffen zu bändigen ist, den Mann, den sie als ihren 15 eignen gnädigen Fürsten ertragen sollten , feindselig behandeln, wenn er sein eigenes Recht fordert. Daraus entsteht ein doppelter Schaden für den Staat : der Fürst wird genötigt, zur Niederhaltung der Bürger ein Heer aufzustellen, und die Bürgerschaft wird nicht ohne schweren Vermögensverlust zum Gehorsam gegen den Fürsten 20 gezwungen. Aus demselben Grunde also, aus dem die Aufsässigkeit das Volk schuldig erscheinen läßt, wird den Fürsten vor Gott und den Menschen die Notwendigkeit entschuldigen müssen. 1 5 . Unter allen Städten dieses Volkes nimmt Mailand j etzt den ersten Rang ein ; zwischen Po und Pyrenäen und Tessin und Adda, 25 d ie in de n Pyrenä en entspringen und in den Po münden und eine sehr fruchtbare Landspitze nach Art einer Insel bilden, in der Mitte ge legen, heißt es mit Recht Mediolanum 1 ; manche 2 allerdings glauben, es sei von den Gründern nach einem wunderlich gestalteten Schwein, das zur einen Hälfte Borsten, zur anderen Wolle trug, Medio-lanum 3 30 genannt worden . Diese Stadt nun gilt, wie gesagt, als die bedeutendste von allen, nicht nur wegen ihrer Größe und der großen Zahl tat kräftiger Männer, sondern auch deshalb , weil sie sich zwei in der selben Landschaft liegende Nachbarstädte, Corno und Lodi, unter worfen hat 4• vVie es aber nun zu geschehen pflegt, wenn einem in der 35 Vergänglichkeit das Glück lockend lächelt, wurde sie durch ihre Er folge übermütig, und ihre Kühnheit schwoll schließlich so übermäßig an, daß sie sich nicht scheute, alle ihre Nachbarn anzugreüen, j a 1 Das Wortspiel "media (posita) - Mediolanum" kann i n der Ü bersetzung nicht entsprechend wiedergegeben werden. 2 Isid. v. Sev . , Etym. XV, I , 5 7 . 3 Auch dieses Wortspiel ist nicht übersetzbar. - In Wirklichkeit ist die Be zeichnung :\lediolanum keltischen Ursprungs. • Vgl . auch Carmen des gestis Federici I imperatoris v . 6 - 20.
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Gesta Frederici li, 1 5 - 1 7
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maiestatem non reformidando eius ausa fuerit incurrere recenter offensam . Quod quibus de causis exordium sumpserit, postmodum breviter aperiam . 0 5) 1 6 . Interea quedam de iustitia regni dicenda videntur. 5 Mos enim antiquus al 5, ex quo imperium Rojmanum ad Francos 5 derivatum est, ad nostra usque deductus est tempora, ut, quo tienscumque reges Italiam ingredi destinaverint, gnaros quoslibet de familiaribus suis premittant, qui singulas civitates seu oppida peragrando ea que ad fiseuro regalem spectant, que ab accolis fodrum 6 dicuntur, exquirant. Ex quo fit, ut principe adveniente 10 plurime civitates, oppida, castella, que huic iustitie vel omnino contradicendo vel integraliter non persolvendo reniti conantur, ad solum usque prostrata protervie sue documentum posteris ostendant. Alia itidem ex antiqua consuetudine manasse traditur iustitia, ut principe Italiam intrante cuncte vacare debeant di- 1 5 gnitates et magistratus ac ad ipsius nutum secund um scita legum iurisque peritorum iudicium universa tractari . Tantam ei quoque iudices terre recognoscere dicuntur iurisdictionem bl , ut ex omni bus, que terra producere solet, usui necessariis, exceptis vix bubus et seminibus ad excolendam terram idoneis, de ceteris 20 quantum necesse fuerit militi profuturis ad regios usus suppedi tare equum arbitrentur. 1 7 . Igitur rege aput Roncalias per quinque, ut aiunt, dies ( 1 6) sedente 7 et ex principum ac de universis pene civitatibus con sulum seu maiorum conventu curiam celebrante, diversa hinc 25 inde diversis ex querimoniis emersere negotia. Inter que Guillel mus marchio de Monte-ferrato, vir nobilis et magnus et qui pene solus ex Italie baronibus civitatum effugere potuit imperium, simul et Astensis episcopus 8, gravem uterque super Astensium , alter, id est marchio, super oppidanorum Kaire9 conquestionem Jo facientes c) insolentia. 10 Neque enim multurn ad principis triumphi/ titulurn respectu aliorum ipsius gestorum fortium facere arbi tramur, si de castellis, rupibus , oppidis villisque magnis, que ab a)
antiquis
C.
b ) so A B . C. zu fehlen, doch kommen ähnliche Konstruktionen
c) hier scheint ein Prädikat
mehrfach vor.
•-• Vgl. Ovid. Met. XV, 4 1 .
Rechte des Reichs in Italien
313
sogar ohne j ede Ehrfurcht vor der Majestät des Herrschers dessen Unwillen von neuem zu erregen wagte. Aus welchen Anlässen dies begann, werde ich später kurz darlegen. 16. Zunächst glaube ich einiges über die Rechte des Reiches sagen 5 zu müssen. Seit der Ü bertragung des römischen Reiches auf die Franken 5 ist es bis heute Sitte 5, daß die Könige, wenn sie beschlossen haben, nach Italien zu ziehen, einige erfahrene Männer aus ihrer Umgebung vorausschicken, die durch die großen und kleinen Städte reisen und das, was dem königlichen Fiskus zusteht, von den EinI O wohnern Fadrum genannt, eintreiben sollen. Weil nun aber sehr viele 6 Städte, :Flecken und Burgen diese Abgabe überhaupt ablehnen oder sich der vollständigen Zahlung zu widersetzen suchen, so geschieht es , daß sie, wenn der König dann kommt, dem Erdboden gleich gemacht werden und so den Späteren ein Zeugnis ihrer Frechheit 15 darbieten . Ein anderes Recht soll sich aus einer alten Gewohnheit herleiten, daß nämlich , sobald der König Italien betritt, alle Würden und beamteten Obrigkeiten ruhen müssen und alle Angelegenheiten auf seinen Befehl nach den Bestimmungen der Gesetze und dem Spruch Rechtskundiger behandelt werden . Die Richter des Landes sollen ihm 20 sogar so umfassende Gerechtsame zusprechen , daß sie es für billig halten, daß ihm von allem zum Leben Notwendigen, was das Land hen-orbringt, höchstens mit Ausnahme der Rinder und des Saatgutes, die zur Bebauung des Landes geeignet sind, für den königlichen Bedarf so viel zusteht, wie das Heer braucht. 25 1 7 . Auf den Ronkalischen Feldern blieb der König, wie man be richtet, fünf Tage 7 und hielt dort mit den Fürsten und den Konsuln und Großen aus fast allen Städten einen Hoftag ; dabei tauchten aus wrschiedenen Klagen verschiedene Aufgaben für ihn auf. So zum Beispiel erhoben der Markgraf Wilhelm von Montferrat, ein vor30 nehmer, großer Herr, der fast als einziger italienischer Baron sich der Herrschaft der Städte hatte entziehen können , und zugleich der Bischof von Asti8 gemeinsam schwere Klagen über die Frechheit der Einwohner von Asti und der eine von ihnen, der Markgraf, über die der Leute von Chieri9• 10 Wir glauben aber nicht, daß es im Vergleich 3 5 zu seinen sonstigen Heldentaten viel zum Ruhme des Königs bei tragen würde, wenn wir die Burgen, Felsennester, Städte und großen 6
Heeressteuer. Bis Dez. 6. 8 Anselm. 9 Ost! . v . Turin . 1 0 - 1 0 Dieser Satz paßt schlecht in den Zusammenhang (vgl. W. Giesebrecht, DKG . 6, 3335 ; Simonsfeld , Jb. S. 245 n . 1 2 3 . ) ; er ist vielleicht im Entwurf am Rande nachgetragen und von den Abschreibern falsch eingeordnet worden . Er würde besser in Kap. 1 6 nach ostendant ( S . 3 1 2 Z . 1 4 ) passen. 7
314
Gesta Frederici II, 1 7 - 1 8
[ 1 1 9 / 1 20]
ingressu suo non solum militari ordine, sed etiam armigerorum tumultuationis assultu subversa sunt, diceremus, ad maiora festinantes 10 • Aderant etiam Cumanorum seu Laudensium con sules de attritionis sue diutina miseria lacrimabilem super Me diolanensium superbia facientes querimoniam 11, presentibus 5 duobus consulibus einsdem civitatis, Oberto de Orto et Girardo Nigro. Princeps igitur his de causis superiores Italie partes aditurus, per Mediolanensium fines transire volens, predictos consules tamquam vie duces futuros et de idoneis tabernaculorum locis disposituros secum retinuit. Venerunt etiam ad eandem 10 curiam legati Ianuensium 12, qui non longe ante hec tempora, captis in Hispania inclitis civitatibus et in sericorum pannorum opificio prenobilissimis Almaria et Ulixibona 13, Sarracenorum spoliis onusti redierant, leones, strutiones, psitacos cum ceteris 15 pretiosis muneribus principi presentantes. 1 8 . Fredericus ergo a d superiora, u t dieturn est, ulterioris ( 1 7) Italie profecturus, a Roncaliis copias ducens, in territorio Me diolanensium castra posuit 14• Dumque a prenominatis consulibus per arida, ubi nec stipendia inveniri nec ex mercatu haberi pos sent, circumduceretur loca, indignatione motus, iussis primo, ut 20 ad propria redirent, consulibus, in Mediolanenses arma con vertit 15. Accessit ad huius indignationis cumulum, quod ex maxima imbrium effusione a) totus exacerbatus fuisse dicitur exercitus, ut ex hac duplici, inedie videlicet et celi inclementie, molestia cuncti, prount poterant, principem adversus eos concitarent. Alia itidem 25 huius commotionis causa non parva b) fuit, quod princeps teme ritatis illorum in hoc tumorem presenserat, quod non solum/ civi tates, quas destruxerant, reedificari pati nollent, quin etiam ad iniquitatis illorum assensum ipsius nobilem et incorruptum hacte nus animum pecunia inclinare ac corrumpere satagebant. Rex 30 castra de aridis locis movens, ad fertilia ipsius territorii habitacula non longe a civitate se transferens, militem lassatum refecit. infusione B, suffusione A . b ) n. p. c. AB. Vgl. auch Carmen des gestis Federici I , Register s. v. Laudum , Cuma. 12 Ugo und Cafaro von Caschifellone ; vgl. hierzu und zum spanischen Feldzug der Genuesen, der unter Führung des Konsuls Cafaro stand, dessen Annales Ianuenses, R. I. S S . a)
11
Streit mit Mailand
315
Dörfer aufzählten, die seit seinem Einmarsch nicht nur durch regel rechten Angriff seines Heeres, sondern auch durch planlosen Ansturm seiner Knechte zerstört worden sind, und gehen deshalb gleich zu Wichtigerem über 10. Auch die Konsuln von Corno und Lodi waren 5 anwesend und erhoben wegen des Elends langj ähriger Bedrückung j ammervolle Klage gegen die Ü bergriffe der Mailänder 11 in Gegenwart von zwei Konsuln dieser Städte, Obert de Orto und Girard Niger. Der König wollte aus diesen Gründen Oberitalien aufsuchen und durch Mailänder Gebiet ziehen und hielt deshalb die beiden Konsuln bei 10 sich zurück, damit sie ihm auf dem Marsch als Führer dienten und geeignete Plätze für Zeltlager anwiesen . Zu diesem Hoftag kamen auch Gesandte der Genuesen 12, die nicht lange vor diesen Zeiten nach der Eroberung von Almeria und Lissa bon 13, diesen bekannten und durch Seidenweberei hochberühmten 15 Städten, mit Beutestücken beladen, die sie den Sarazenen abge nommen hatten , zurückgekehrt waren, und brachten dem König Löwen, Strauße, Papageien und andere kostbare Geschenke dar. 1 8 . Friedrich wollte nun, wie gesagt, in das Oberland des j en seitigen Italien ziehen ; er führte daher seine Truppen von den Ron20 kaliseben Feldern fort und schlug auf Mailändischem Gebiet 14 ein Lager auf. Doch als er von den genannten Konsuln durch unfrucht bare Gegenden umhergeführt wurde, wo man Nahrungsmittel weder finden noch kaufen konnte, da befahl er den Konsuln heimzukehren und wandte sodann zornentbrannt die Waffen gegen die Mailänder 15. 25 Es steigerte seinen Zorn noch mehr, daß das ganze Heer infolge über aus starker Regengüsse so erbittert gewesen sein soll, daß wegen dieser doppelten Belastung durch Hunger und schlechtes Wetter alle, soviel sie konnten, den König gegen sie aufhetzten . Eine weitere nicht unbedeutende Ursache dieser Erbitterung war, daß der König 30 schon ihren aufgeblasenen Ü bermut erkannt hatte, denn sie wollten nicht nur den Wiederaufbau der von ihnen zerstörten Städte nicht dulden, sondern versuchten sogar, seinen Edelmut und seine bis herige Unbestechlichkeit durch Geld wankend zu machen und zu verführen , ihre Ungerechtigkeit gutzuheißen . Der König verlegte nun 35 sein Lager aus der dürren Gegend in fruchtbarere Gefilde des Landes in der Nähe der Stadt und gab den erschöpften Truppen Gelegenheit zur Erholung. 1 3 l l 47 Okt. 25 ; vgl. auch Chronica I, 2 7 . 1 4 Bei Landriano ; vgl. Gesta Federici I . imperatoris i n Lom bardia, e d . Holder
Egger, MG. SS. rer. Germ . , S. l 6 f. 1 5 So nach Friedrichs eigener Darstellung oben S. XX. �ach den Gesta Federici I. imp. in Lombardia S. 1 6 sorgten Händler für den Unterhalt des Heeres, wurden aber von diesem mißhandelt.
316
Gesta Frederici Il, 1 9 - 20
19.
[ 1 20/ 1 2 1 ]
Erat i n vicino oppidum quoddam satis populosum Rosa turn , ubi Mediolauenses circiter quingentorum equitum armato rum presidia locaverant. Iubentur ergo equites ad civitatem redire, direptisque omnibus usui necessariis, ipsum oppidum flamme datur. Ibi quidam ex equitibus principis usque ad portas s Mediolanensium progressi, quibusdam vulneratis, quosdam cepere. Mediolauenses non solum 16 dampno presentium, sed et metu futurorum 16 stupefacti Girardi consulis, tamquam huius mali auctoris, domum, principis iram mitigaturi , diruunt. At princeps huius rei nichil pensi habens ad Ticinum usque amnem , maiores 10 his clades irrogaturus, procedit. Is amnis a Pyreneo, ut supra 17 ostensum est, surgens et Padum seu Eridanum iuxta Papiam , que exhinc Ticinum vocatur, influens insulam Mediolanensium ab occidentali latere cingit . Ibi duos pontes ligneos, quos ipsi ob incursum in Papienses et Novarienses construxerant ac ob 1 5 illorum impetum reprimendum propugnaculis munierant, occu pat transmissoque per eos milite ignibus tradit 18• Denique a) tria ipsorum castra munita et decora, id est Mummam , Gailardam , Tricam, que ad expugnationem Novariensium in ipsorum terri torio firmaverant, expugnata cremantur. Est autem Novaria 20 civitas non magna, sed, ex quo ab imperatore Heinrico 19 olim eversa reedificari cepit, muro novo et vallo non modico munita, comitem habens in sua diocesi Guidonem Blanderatensem, qui preter morem Italicum totum ipsius civitatis territorium , /vix ipsa civitate excepta, Mediolanensium possidet auctoritate, in- 25 hiantibus adhuc Mediolanensibus, ut et hanc simul et Papiam sicut alias absorbeant civitates . Facta est hec victoria mense Decembrio, nataleque Domini circa predictorum excidium castro rum a principe cum magna celebratur alacritate 20 • ( 1 9) 20. Post hec princeps per Vercellum et Taurinum t.ransiens, 30 transvadato ibi Pado, ad inferiora versus Papiam iter reflectit. Verum oppidani Kayre simul et Astenses cives, eo quod pre cepta b) principis de exhibenda marchioni suo Guillelmo de Monte ferrato iustitia minime paruissent, tamquam rebellionis rei hostes iudicati proscribuntur. Ad quorum puniendam contumaciam dum 35 ( 1 8)
a ) Deinde AB.
b) so B . C .
Eroberung verschiedener Kastelle
317
1 9 . I n der Nachbarschaft lag der ziemlich stark bevölkerte Flecken Rosate, in dem die Mailänder eine Besatzung von etwa fünfhundert Rittern stationiert hatten. Diesen Rittern wurde nun befohlen, in ihre Stadt zurückzukehren, dann wurde alles zum Leben notwendige 5 geplündert und die Stadt eingeäschert. Mehrere Ritter des Königs, die bis zu den Toren Mailands vordrangen, verwundeten dort einige Leute und nahmen einige gefangen. Die Mailänder waren nicht nur durch den 16 gegenwärtigen Verlust erschreckt, sondern sorgten sich auch wegen der Zukunft l6, und, um den Zorn des Königs zu be10 schwichtigen, zerstörten sie das Haus des Konsuls Girard als des Urhebers dieses Unheils . Dem Könjg aber war dies völlig gleich gültig ; er rückte bis an den Tessin vor in der Absicht, ihnen noch schwerere Niederlagen zu bereiten. Dieser Fluß entspringt, wie oben gesagt l7, in den Pyrenäen, mündet bei Pavia, das deshalb Ticinum 15 heißt, in den Po oder Eridanus und begrenzt die Insel der Mailänder im Westen. Dort hatten diese zwei hölzerne Brücken gebaut, um Pavia und Novara anzugreifen, und hatten sie, um deren Angriff abwehren zu können , durch Schutzwehren befestigt ; der König be setzte sie, führte auf ihnen sein Heer hinüber und ließ sie dann ein20 äschern 18. Danach eroberte und verbrannte er drei schöne und feste Burgen der Mailänder, Torre di Momo, Galiate und Trecate, die sie zur Eroberung Novaras auf dessen eigenem Gebiet angelegt hatten . Novara ist zwar keine große Stadt, doch seit sie einst von Kaiser Heinrich zerstört worden war 19, hat man sie wieder aufzubauen be25 gonneu und mit einer neuen Mauer und einem ziemlich starken \Vall befestigt. Graf ist in ihrem Gebiet Guido von Biandrate, der wider die italienische Sitte das ganze Territorium der Stadt, diese selbst kaum ausgenommen, unter dem Schutz der Mailänder in seinem Besitz hat ; aber diese trachten gierig danach, auch diese Stadt zu30 gleich mit Pavia wie die übrigen Städte zu verschlingen. -- Dieser Sieg wurde im Dezember errungen, und der König feierte Weihnachten wegen der Vernichtung der genannten Burgen in freudigster Stimmung 20 • 20. Dann marschierte der König über Vercelli und Turin, wo er den Po überschritt, in das tiefer gelegene Land in Richtung auf Pavia . 3 5 Da die Bewohner von Chieri und die Bürger von Asti dem Befehl des Königs, die Rechtsansprüche ihres Markgrafen Wilhelm von Mont ierrat zu erfüllen, nicht gehorcht hatten, wurden sie als der Unbot mäßigkeit schuldig für Feinde erklärt und geächtet. Als der König u- 1 •
Vgl. Chronica VII, 34. Oben li, 1 5 . 18 Ü bergang bei Abbiate grosso a m 1 5 . Dez. 1 1 54. 1 o 1 1 1 0 Sept.jükt . ; vgl. Chronica VII, 1 4 . '" Im Lager vor Galiate .
"
318
Gesta Frederici II, 20 - 2 1
[ 1 2 1 /1 22]
rex exercitum ducit, illi relictis munitionibus, velut viribus suis diffidentes, ad vicina montana diffugiunt. Rex primo Kayram veniens, inventis sufficienter victualibus, per aliquot ibi dies mansit, turres, que non pauce ibidem fuere, destruxit oppidum que succendit. Inde Astam procedens vacuamque non opibus, sed s habitatore repperiens civitatem, non paucis ibi diebus manens, igni eam et direptioni dedit. Ante vero quam abinde castra mo verentur 21, consilio sapientum rex habito, propter crebras que in exercitu orte fuerant seditiones, aliqua militi in posterum pro futura ordinare disponit. Non solum ergo edicto dato, sed et a 10 singulis maioribus et minoribus sacramento prestito, legem dedit, ne quis infra castrorum ambitum gladium ad quodlibet commili tonis nocumentum portare auderet, adiciens penam, ut, quicum que hanc treugam violando quempiam de sociis vulneraret, manu mutilaretur vel etiam capite obtruncaretur. Hacque tarn sapienti 1' quam necessaria lege data de cetero iuvenilium irrationabilis impetus animorum conquievit. f (20) 2 1 . Fuit non longe ab eo loco civitas Terdona, natura et arte munita, Mediolanensibus amica ipsisque contra Papienses federe iuncta 22. Igitur Papiensibus conquerentibus plus a Terdona se 20 quam a Mediolano molestari , eo quod, quamvis civitas Papia in sinu 23 quidem Mediolanensium posita, robur tarnen comitatus sui ultra Ti ein um fluvium habeat, isti nullo montis seu fluminis 24 obiectu expositum, iussa est a principe a Mediolani contubernio recedere Papieque sociari . Quod dum facere recusaret, dumque 2s magis seditiose et inimice quam pacifice et amice regibus 26 civitati adherere delegisset, tamquam maiestatis rea et ipsa inter hostes imperii adnumerata proscribitur. Princeps Terdonensium sicut et Astensium vindicaturus insolentiam, ab Asta castra movens, in marchia quadam que Busca 26 dicitur tentoria fixit. Ibi per Jo aliquot dies moram faciens quosdam ex militibus cum fratre suo Conrado, Bertolfo Burgundionum duce 27, Ottone vexillifero suo, ex Baioaria palatino comite, premittendos situmque civitatis 21
1 1 55 Febr. 1 . Zum Folgenden vgl. "De ruina Terdone ", ed. F. Güterbock, NA. •• Vgl. oben II, 1 5.
22
43
( 1 922).
Marsch auf Tortons
319
sein Heer heranführte, u m ihren Trotz z u bestrafen, verließen sie ihre Befestigungen, weil sie ihrer Stärke nicht trauten, und flohen in die benachbarten Berge. Der König kam zuerst nach Chieri, und da er hier reiche Lebensmittelvorräte fand , blieb er dort einige Tage ; er 5 ließ die zahlreichen Türme zerstören und die Stadt einäschern. Dann zog er gegen Asti und fand die Stadt leer von Einwohnern, aber nicht von Kostbarkeiten ; auch hier blieb er mehrere Tage, dann über antwortete er sie dem Feuer und der Plünderung. Ehe der König j edoch von dort abzog 21, beriet er mit verständigen Leuten und ent10 schloß sich, wegen der zahlreichen im Heere entstandenen Raufereien einige für die Truppen in Zukunft heilsame Anordnungen zu treffen. Er erließ daher ein Gesetz , das er nicht nur öffentlich verkündigen, sondern auch von allen, hoch und niedrig, beschwören ließ : niemand solle innerhalb des Lagers das Schwert zu irgendwelcher Schädigung t 5 eines Waffenbruders zu ziehen wagen, und er fügte als Strafe hinzu, wer diesen Lagerfrieden verletze und einen seiner Gefährten ver wunde, dem solle eine Hand oder sogar der Kopf abgeschlagen werden. Nachdem dieses ebenso weise wie notwendige Gesetz gegeben war, legte sich fürderhin das unberechenbare Ungestüm der jugend20 liehen Gemüter. 2 1 . Nicht weit von diesem Ort lag die durch Natur und Kunst befestigte Stadt Tortona, die mit Mailand befreundet und gegen Pavia verbündet war 22• Nun beklagten sich die Einwohner von Pavia, sie erlitten von Tortona mehr Unbilden als von Mailand, denn ob2 5 wohl die Stadt Pavia innerhalb der Mailänder Landzunge 23 gelegen sei, liege doch der größte Teil seines Gebiets j enseits des Tessin , wo weder ein Berg noch ein Fluß 24 Schutz vor ihrem Angriffe biete ; der König befahl daher Tortona, die Gemeinschaft mit Mailand zu lösen und sich mit Pavia zu verbünden. Da die Stadt das aber ablehnte 30 und es vorzog, der aufrührerischen und feindlich gesinnten statt der friedlichen und königstreuen 26 Stadt verbündet zu sein, wurde sie als des Majestätsverbrechens schuldig selbst zur Feindirr des Reiches er klärt und in die Acht getan. Der König rückte nun von Asti ab, um die Unbotmäßigkeit Tortonas ebenso wie die Astis zu bestrafen, 35 und schlug sein Lager in der Markgrafschaft Busco 26 auf. Dort hielt er einige Tage Rast und entschloß sich, seinen Bruder Konrad, den Herzog Berthold von Burgund 27 und den bayrischen Pfalzgrafen Otto, seinen Bannerträger, mit einigen Rittern vorauszuschicken, um 2t Irrtum Ottos. 2 5 Der Plural "regibus" ist irreführend, Pavia war im Laufe seiner Geschichte
nicht königstreuer als andere oberitalienische Städte. 2 1 Südöstl. v. Alessandria zwischen den Flüssen Bormida und Scrivia. 2 7 Berthold von Zähringen.
320
Gesta Frederici II, 2 1 - 23
[ 1 22/1 23]
exploraturos deerevit. Qui, transmisso amne qui a) Tanera vulgo dieitur a) 28 usque ad ipsam eivitatem deeurrentes ae omnia eir eumspieientes non longe ab ea super predietum amnem metantur eastra 29• Tertia dehine luee rex suos inseeutus altera fluminis ripa tabernaeula fixit, suis ex predieti amnis inundatione, qui ex 5 subita imbrium multitudine plus solito exereverat, iungi non valens. Attamen non multo post fluvio b) aliquantisper mitigato, transvadandi labore suis adiunetus ad eivitatem properavit ; pri moque assultu suburbia, muro, turribus suffulta, eepit et expu gnavit, eivibus vix ad superiorem eivitatis areem se reeipiendi f 10 ex 30 noetis, que iam ineumbebat, et supervenientis tempestatis benefieio 30 faeultatem habentibus. 22. Est autem Terdona pene in pede Apennini montis, ex ea, qua Appenninus et Pyreneus, ut supra 31 dieturn est, iunguntur, parte sita, eampaniam Papie seu Mediolani tamquam e speeula 1 s prospieiens : i n monte terete, seopulosam faeiem i n prerupto laterum pretendente, posita, turribus et preeipue una lateritia, a Tarquinio Superbo 32 olim faeta, que et Rubea nune ab indigenis dieebatur, superba, in declivo montis suburbio, ex murorum am bitu ae turrium eelsarum populique multitudine, euiusdam am- 20 nieuli 33 per medium transeuntis nobili c) , insignis. Prineeps nobilis dl, eapto, ut dieturn est, suburbio, areem ipsam seu eivi tatem obsidione elausit. Erat autem predieta arx non solum suis viribus, sed etiam Mediolanensium 34 fortitudine et vieinorum baronum, quorum unus marehio Opieius eognomento Malaspina 25 fuit, presidiis munita obque tante opis eonfidentiam ad propellen dam prineipis iram instrui ausa. Initiata est hee eelebris Ter done obsidio mense Februario ineipiente post eaput ieiunii proxi ma e) quadragesime ebdomada 35• (21) 2 3 . Reeeptis igitur ad angustias areis Terdonensibus tanta- J O que multitudine 35• velut uno eareere inelusis35 a , mons ipse a - al
fehlt A B . b ) fluviolo A B . Korr. a. R . ergänzt C . d l fehlt A B . e ) prima A B . 2 8 Irrtum Ottos, die Scrivia war zu überschreiten. 29 1 1 55 Febr. 1 4 nach Gesta Federici I imp. in Lomb . S. 1 4 . 3o-3o Vgl. Oros. I V , 1 , 1 0 ; Einhard, Vita Karoli M. c . 9. c) v.
Belagerung von Tortona
321
die Lage der Stadt z u erkunden. Nach dem Ü bergang über einen Fluß, der gewöhnlich Tanaro 28 genannt wird, ritten sie bis an die Stadt heran und musterten das ganze Gelände ; dann lagerten sie sich in der Nähe an j enem Fluß 29• Am dritten Tage danach folgte ihnen 5 d er König und schlug am anderen Ufer des Flusses die Zelte auf, denn infolge eines plötzlichen Regengusses war der Fluß ungewöhnlich hoch angeschwollen, so daß er sich nicht mit seinen Leuten vereinigen konnte . Aber nach kurzer Zeit sank der Wasserspiegel des Flüßchens, und man konnte es mit einiger :Mühe durchwaten ; so vereinigte sich 1 0 der König mit seinen Leuten, rückte unverzüglich vor die Stadt, und gleich beim ersten Sturm nahm und eroberte er die mit Mauern und Türmen bewehrte Unterstadt ; ihre Bürger konnten sich, wenn auch mit Mühe, 30 dank der bereits anbrechenden Nacht und eines plötz lichen Unwetters 30 in die höhergelegene Burg der Stadt zurückziehen . 22. Tortona liegt fast am Fuße des Apennin auf der Seite, wo, wie 15 oben 31 gesagt, Apennin und Pyrenäen aneinandergrenzen , und blickt auf die Ebene von Pavia und Mailand wie von einer ·warte hinab : auf einem steilen Berge gelegen, der seine zerklüftete Front auf den j äh abfallenden Seiten vorstreckt, stolz auf ihre Türme, darunter vor 20 allem einen aus Ziegelsteinen , der, einstmals von Tarquinius Super bus 32 errichtet, j etzt von den Einwohnern "der Rote" genannt wird ; ausgezeichnet durch eine am Abhang des Berges gelegene, durch den Umfang ihrer Mauern, durch die Menge der hohen Türme und der BeYölkerung und einen Bach 33, der mitten hindurchfiießt, ansehnliche 25 Vorstadt . Xachdem der e d l e König, wie berichtet, die Vorstadt er obert hatte, belagerte er die eigentliche Burg und die Stadt. Die Burg wurde aber nicht nur durch ihre eigenen Mannen, sondern auch durch Truppen der ::\Iailänder 34 und Besatzungen benachbarter Barone, deren einer der Markgraf Opizo mit dem Beinamen �Ialaspina 3 0 war, verteidigt ; im Vertrauen auf diese starken Streitkräfte wagte man anzuordnen , sie sollten den Angriff des erzürnten Königs ab schlagen. Diese berühmte Belagerung Tortonus begann im Februar zu Beginn der ersten Fastenwoche nach Aschermittwoch 35 • 2 3 . Nachdem sich nun die Einwohner von Tortona in die Engen 3 5 der Burg zurückgezogen hatten und diese große l\Ienge 35a wie in einem Gefängnis eingeschlossen war 35a , wurde der Berg vom König 31 Oben II, 1 5 .
32
D e r siebte und letzte der römischen Könige i m 6 . Jahrhundert v. Chr.
33 Ossona.
"' Die Gesta Federici I. imp . in Lomb. sprechen von 1 00 Rittern und 200 Bogenschützen ( S . 1 7 ) . 3 ' 1 1 55 Febr. 1 3 . Allerdings ist Ottos Angabe s o unbestimmt, daß auch der 14. Febr. (s. Anm . 29 S. 320) gemeint sein könnte. 3Sa-3sa Vgl. Chronica S. 157.
322
Gesta Frederici li, 23
[ 1 23/1 24]
circumquaque a principe, ne ullus effugiendi pateret miseris aditus, obsidione vallatur, principe ipso ex occidentali parte, Heinrico duce Saxonie in suburbio, quod meridiem versus Appenninum respicit, Papiensibus in campania, que contra Papiam seu Medio lanum ad orientem vel aquilonem extenditur, residentibus. Nec s mora, machine diversorumque tormentarum genera fabricantur, sagittarii, balistarii, fundibularii arcem circumseptam observant. 36 Temptabat omnia virtus prinfcipis et, ubi infirmiora arcis videbat loca, valentiori urgebat manu. At Terdonenses artissimis septi claustris, effugii locum non habentes, ex desperatione 10 audaciam sumunt. N ulla enim a) , ut ait ille historiographus, promptiorem bello militem reddit quam necessitas preliandi ex prerupto periculorum. Urgentur iaculis, urgentur balistis 36, quodque his gravius est, propria remordentur conscientia, eo quod proprio principi rebellando, quicumque ex eis deprehensi fuissent, 1s patibuli, quod inpresentiarum erectum cernebant, expectabant supplicium. Sicut enim est magna miseris tyrannice obviantibus immanitati consolatio conscientie spes, sie e converso tali prin cipi , qui non solum legittimus iudex, sed et pius presul dici potest, reluctari conantibus miserie miseriam cumulat contra conscien- 20 tiam debite sententie metus . Crebris tarnen excursionibus, quasi nullo timoris periculo urgerentur, militem in castris manentern lacessebant, iuvenilesque animi, laudis, ut assolet, avidi, virium suarum experientiam utrobique capessebant, 36 illis pro salute, istis pro triumpho dimicantibus 36• Nec hoc sine utriusque partis 2s dampno ; nam et ex nostris duo nobiles iuvenes, Kadolus ex Baioaria et Iohannes de Saxonia, pluribus sauciatis, necantur ; ex illis vero, exceptis his, quos occisos vcl vulneratos intus cela bant, nonnulli vivi deprehensi, ligni supplicio in oculis omnium penas meritas luebant. Ferunt quadam die lapidem vi tormenti Jo ex balista, quam modo mangam 37 vulgo dicere solent, propulsum ad superiora meniorum loca conscendisse, ex collisione parietum tribus fractis b) frustis, tres simul milites armatos inter maiores a) folgt
res A.
b ) factis A B .
(Hegeaipp.).
aa-as Größtenteils wörtlich nach Hegesipp., De bello Iudaico III, 9.
Belagerung von Tortona
323
ringsum eingeschlossen, damit den Unglücklichen kein Fluchtweg offenstünde ; dabei lagerten der König selbst auf der Westseite, der Herzog Heinrich von Sachsen in der Vorstadt, die sich nach Süden dem Apennin zu erstreckt, die Pavesen dagegen in der Ebene, die 5 sich Pavia und Mailand gegenüber nach Osten und Norden hinzieht. Unverzüglich wurden Maschinen und Geschütze verschiedener Art gebaut, und Bogenschützen, Kanoniere und Schleuderer behielten die eingeschlossene Burg im Auge . 36 Alles versuchte der energische König, und wo er schwächere Stellen der Burg entdeckte, griff er mit stär1 0 kerer Mannschaft an. Aber da die Tortonesen, rings von starken Boll werken eingeschlossen, keine Möglichkeit zur Flucht hatten, schöpften sie aus der Verzweiflung Mut. Denn nichts , so sagt j ener Geschichts schreiber, macht den Soldaten williger zum Kampf als der Zwang zu kämpfen infolge j äh hereinbrechender Gefahren. Sie wurden überIS schüttet mit Wurfspeeren, überschüttet mit Schleudersteinen 36, und, was schlimmer ist als dies, sie litten Gewissensbisse, weil sie sich gegen ihren eigenen König empört hatten und nun alle, die gefangen genommen würden, erwarteten, zur Strafe an den Galgen gehängt zu werden, den sie mit eigenen Augen vor sich aufgerichtet sahen. 20 Denn während für die Unglücklichen, die sich der Unmenschlichkeit eines Tyrannen widersetzen, ihr gutes Gewissen ein großer Trost ist, häuft im Gegensatz dazu bei denen, die gegen einen solchen Fürsten zu kämpfen wagen, der nicht nur ein rechtmäßiger Herrscher, sondern auch ein gütiger Vorgesetzter genannt werden kann, gegen ihre bessere 25 Einsicht die Furcht vor der verdienten Strafe Elend auf Elend. Gleichwohl forderten sie durch häufige Ausfälle, als ob sie von keiner Furcht vor Gefahr behelligt würden, das sich im Lager haltende Heer heraus, und die jungen Leute auf beiden Seiten , ruhmbegierig, wie sie nun einmal sind, ergriffen die Gelegenheit, ihre Kräfte zu er30 proben, 36 wobei die einen um ihre Rettung, die anderen um den Sieg kämpften 36• Und dies geschah nicht ohne Verluste auf beiden Seiten ; denn von unseren Leuten wurden mehrere verwundet, und zwei edle Jünglinge, Kadolus aus Bayern und Johann aus Sachsen, wurden getötet ; von j enen aber wurden, abgesehen von denen, die sie tot 3 5 oder verwundet in der Burg bargen, einige lebend gefangengenommen und zahlten vor aller Augen am Galgen die verdiente Strafe. Wie berichtet wird, flog eines Tages ein Stein, der von einer Wurfmaschine geschleudert wurde, die man jetzt gewöhnlich Manga 37 nennt, dank deren Kraft bis zum oberen Teil der Mauern hinauf und schlug beim 40 Aufprall drei Breschen in die Mauer und zerschmetterte und tötete mit einem Schlage gleichzeitig drei bewaffnete Ritter, die gerade im 37 manga = ursprüngl. griech. Lehnwort ; Steinschleuder, die mittels einer Rolle gespannt wurde .
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Gesta Frederici II, 23
[ 1 24/1 25]
civitatis iuxta principalem ecclesiam de sue rei publice statu con sultantibus stantes uno ictu percussisse necique dedisse. Quia vero castra Papiensium maiorem incursum ceteris sustinebant, iunguntur eis ex imperio f principis Guillelmus marchio de Monte-ferrato et quidam alii ex Italicis baronibus. 5 Erat enim ex ea parte puteus seu fons, quo solo poterant oppi dani uti et idcirco Papiensibus prohibentibus illisque suprema necessitudine, cuius proprium est periculorum discriminis immemorem a> , audacter decertantibus, maior, immo quasi cottidiana instabat conflictatio . Nam amniculus, qui medius, ut 10 supra 38 ostensum est, percurrebat suburbium , ex ruina turrium ceterorumve menium a proprio alveo excussus, ne in ipsorum usum etiam feculentus provenire posset, a duce Saxonie suisque acriter servabatur. Videns princeps plus cupito obsidionem pro duci - anhelabat enim ad accipiendam orbis et Urbis monar- 1 5 chie coronam -, non solum turres 39 machinis quati 39, sed etiam inusitato satis utens artificio cuniculos versus turrim Tarquinii , que Rubea dicebatur, fieri iubet, ut sie ad turrim ipsam per ipsos subterraneos meatus procedentes, fundamento leso, eam ruine darent. 40 Nam cum predicta civitas non in modum 20 aliarum civitatum vallo seu fossa, sed preruptis undique prope interclusa rupibus 40, naturali presidio muniatur, ex illa tantum parte aliquantisper remissior hispideque rupis firmamento carens, predicte turris munimentum magnique fossati robur tamquam huius sue imbecillitatis adiumentum artificialiter 25 admisit. Oppidani , non sine quorumdam ex nostris proditionis suspiCwne, ingenium presentiunt commentisque usi iuxta fundamenturn turris et ipsi cuniculos faciunt, sicque quibusdam ad eversionem turris procedentibus suffocatis, ceteri a cepto desistunt. 41 Post hec rex naturam nature ope vincere volens, id 30 est ut nature presidiis septos per inopiam cogeret potus, pre dictum fontem humanis usibus inutilem facere disponit. Iniciun tur ibi hominum, pecorum fetida et putentia cadavera ; sed nec ·
a) so AB. C; esse erg. Pithoeus. 38 Oben II, 22. ••-•• Vgl . Hegesipp. III, 1 1 .
4o- •o Fast wörtlich
Hegesipp. III, 9.
Belagerung von Tortona
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Kreise der Großen der Stadt standen, die beim Dom über die Lage ihres Gemeinwesens berieten. Da das Lager der Pavesen schwerere Angriffe als die übrigen aus zuhalten hatte, wurden ihnen auf Befehl des Königs der Markgraf 5 Wilhelm von Montferrat und einige andere der italienischen Barone zugeteilt. An dieser Stelle lag nämlich ein Brunnen oder Quell, den die Bewohner der Stadt als einzigen benutzen konnten, und da die Pavesen das zu verhindern suchten, während j ene in der äußersten Not, für die es charakteristisch ist, daß man nicht an die drohenden 1 0 Gefahren denkt, mutig eine Entscheidung herbeizuführen versuchten, entbrannte hier ein schwererer, j a fast alltäglicher Kampf. Denn der kleine Fluß, der, wie oben erwähnt 38, mitten durch die Vorstadt floß, war durch die Trümmer der Türme und der übrigen Mauern aus seinem Bett herausgedrängt worden, und er wurde nun vom Herzog 1 5 von Sachsen und seinen Leuten scharf bewacht, damit er nicht, wenn auch verunreinigt, von jenen benutzt werden konnte. Als der König erkannte, daß sich die Belagerung länger, als ihm erwünscht war, hinzog - er ersehnte nämlich dringend den Empfang der Krone des Herrschers über den Erdkreis und die Stadt -, ließ er nicht nur 20 die Türme 39 mit Mauerbrechern berennen 39, sondern wendete auch noch einen ungewöhnlichen Kunstgriff an : er ließ in Richtung auf den Turm des Tarquinius, der der Rote hieß, Tunnel graben, damit man so durch diese unterirdischen Gänge bis an den Turm selbst vordringen und ihn durch Beschädigung seines Fundaments zum 25 Einsturz bringen könne. 40 Denn diese Stadt war ja nicht wie andere Städte durch Wall und Graben gesichert, sondern war auf allen Seiten durch steile Felsen beinahe abgesperrt 40 und genoß somit eines natür lichen Schutzes ; nur an jener Stelle, die etwas weniger gesichert ist und des Schutzes durch einen schroffen Felsen entbehrt, ließ sie 30 gleichsam zum Ausgleich ihrer eigenen Schwäche diese künstlich angelegte Sicherung durch jenen Turm und einen breiten Graben zu. Die Stadtbewohner aber bemerkten das Vorhaben, nicht ohne daß man einige unserer Leute des Verrates verdächtigte : sie bedienten sich einer List und legten ihrerseits dicht am Fundament des Turmes 35 unterirdisch e Gänge an, und als nun einige, die zur Zerstörung des Turmes vordrangen, verschüttet wurden, gaben die übrigen das Unter nehmen auf. 41 Seitdem wollte der König die Natur mit Hilfe der Natur besiegen, das heißt, er wollte die durch natürliche Schutz wehren Geschützten durch Mangel an Trinkwasser bezwingen und 40 ließ daher den genannten Quell für menschliche Benutzung unbrauch bar machen : Man warf faulende und stinkende Leichen von Menschen und Tieren hinein, aber auch dadurch konnte die jammervolle Gier .,_., Vgl . Hegesipp. III, 1 0.
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Gesta Frederici II, 23 - 25
[ 1 25/ 1 27]
sie repelli paterat misera oppidanorum aviditas 41• Aliud itidem invenitur ingenium. Incutiuntur predicto fonti ardentes f facule, sulfureas et piceas fl.ammas ferentes, sicque aque ipse humanis usibus deinceps inutiles amaricantur. 24. Erat in vicino castrum quoddam Mediolanensium N. a) s ( 22) vocitatum, natura et ingenio munitum . Fiunt in castris, cer nentibus Terdonensibus, scale ceteraque pro ascendendis muris instrumenta utilia, oppidanis arbitrantibus ad ipsorum hec fieri nocumentum. Deliguntur gnari quique et fortes de equitum ordine viri ; prefectisque b) sibi duobus ducibus, Bertolfo duce et 10 Ottone palatino comite, ad predictumque castrum eo tempore, quo 42 noctis beneficio 42 propositum celari poterat, properatur c) , Nec mora, iactis ad murum scalis, ad superioris arcis convexa tendunt, castrum ingrediuntur ; ac sine dubio, cunctis sopore depressis, voto potiti fuissent, nisi ex prematurata clamoris t 5 concitatione oppidani excitati ad fugamque parati, vix tandem fiducia sumpta, ad arma convolassent. (23) 2 5 . Nec pretereundum erit de cuiusdam prerupte audacie stratoris virtute, qui, dum tedio lange obsidionis affectus ceteris assiliendi arcem exemplum dare vellet, gladio tantum et 20 clipeo parvaque, ut id genus hominum solet, securi, que seile ab eis alligate portantur, usus aggerem, qui turri Rubee preiacet, aggreditur viamque securi, qua pedem figeret, faciens montem ascendit. Non illum crebri lapidum ictus, qui a machinis principis contra turrim vi tormentarum propellebantur, deterrere, non 25 eum iaculorum seu saxorum ab arce ad modum imbrium non interpolati iactus revocare poterant, ad turrim usque iam semidirutam processit, ibique viriliter dimicando militem etiam armatum ad terram ictibus deiecit atque inter tot periculorum discrimina illesus ad castra redire potuit. Quem rex ad se voca- 30 turn militari cingulo ob tarn preclarum facinus honorandum decrevit. At ille, cum se plebeium d) difceret in eodemque ordine velle remanere, suffleere sibi conditionem suam, honeste donatum ad propria redire permisit contubernia. a) fehlt AB. c ) diriguntur AB.
b ) prefectis AB. p . s. AB.
d)
Belagerung von Tortona
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der Stadtbewohner nicht abgeschreckt werden 41• Da kam man auf einen anderen Einfall : Man warf brennende Fackeln mit Flammen aus Schwefel und Pech in den Quell und machte dadurch das Wasser selbst fürderhin für den menschlichen Gebrauch untauglich und 5 ungenießbar. 24. In der Nähe lag ein durch Natur und Kunst geschütztes Kastell der Mailänder mit Namen N. Vor den Augen der Tortonesen baute man im Lager Leitern und andere Geräte, wie man sie zum Ersteigen von Mauern braucht, und die Stadtbewohner glaubten, das geschehe 1 0 zu ihrer eigenen Schädigung. Nun wählte man einige erfahrene und tapfere Männer aus dem Ritterstand, stellte an ihre Spitze zwei Führer, den Herzog Berthold und den Pfalzgrafen Otto, und ent sandte sie zu einer Zeit, wo das Vorhaben 42 dank der Nacht 42 ver heimlicht werden konnte, zu j enem Kastell. Unverzüglich legten sie 15 die Leitern an die Mauer, erklommen die Höhe der oberen Burg und drangen in das Kastell ein, und unzweifelhaft hätten sie ihre Absicht erreicht, da alle im tiefen Schlafe lagen, wenn die Burgmannen, durch ein vorzeitig erhobenes Geschrei aufgeschreckt und schon zur Flucht bereit, sich nicht schließlich doch ermannt hätten und zu den Waffen 20 geeilt wären. 25. Auch darf nicht versäumt werden, von dem tollkühnen Mut eines Reitknechts zu berichten : der langen Belagerung überdrüssig, wollte er den anderen zeigen, wie man die Burg ersteigen könne, und nur mit Schwert und Schild ausgerüstet und einem kleinen Beil, 2 5 wie es diese Leute am Sattel angebunden tragen, ging er den dem Roten Turm vorgelagerten Wall an, und indem er sich mit seinem Beil einen Weg bahnte, auf dem sein Fuß einen Halt finden konnte, stieg er den Berg empor. Ihn konnten nicht die zahlreichen Steine ein schüchtern, die mit der ganzen Kraft der Geschütze von den Ma30 schinen des Königs gegen den Turm geschleudert wurden, nicht die wie ein Regenguß ununterbrochen von der Burg aus heranprasselnden Wurfspieße und Felsbrocken zurückhalten ; er stieg bis zu dem schon halb zerstörten Turm empor, streckte dort in mannhaftem Kampf einen ebenfalls bewaffneten Ritter durch seine Streiche zu Boden und 35 konnte trotz der vielen schweren Gefahren unversehrt ins Lager zu rückkehren. Der König ließ ihn zu sich rufen und wollte ihn wegen seiner ruhmvollen Tat durch Verleihung des Rittergürtels ehren. Doch da jener erklärte, er sei ein Mann niederen Standes und wolle in diesem bleiben, er sei mit diesem Los zufrieden, beschenkte er 40 ihn reich und ließ ihn zu seinen Zeltgenossen zurückkehren.
"-u
Vgl. oben S. 320 Anm. 30.
Gesta Frederici li, 25 - 26
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Sed ut ad id unde digressi sumus redeamus. Urgentur aquis amaricatis oppidani, intollerabili potus inedia, gravi sitis molestia. Appropinquabat paschale festum, et princeps reli gionis intuitu quatuor diebus, id est a quinta cene Domini feria usque ad proximam paschalis ebdomade secundam feriam, ab 5 arcis impugnatione cessandum statuit 43• 2 6 . Itaque proxima dehinc feria, id est ea die, qua passio Domini in parasceue a al cunctis Christicolis celebratur, clerici et mo nachi cum oppidanis a) inclusi, vestibus sacris induti, cum crucibus, thuribulis ceterisque Christiani ritus ornamentis 10 portis apertis egressi ad tentoria principis venire cupiebant. Quas rex delonge prospiciens b) missis in occursum eorum epi( 25) scopis virisque litteratis, cur et ad quid venirent, inquisivit. At illi : 'Terdone nos', aiunt, 'infelix portio ad pedes regalis ex cellentie venire desiderabamus, calamitates deploraturi, quas 1 s sustinemus non merito nostro c> , sed perdite civitatis per ditissimorumque civium contagio . Nunc autem , quia ad presen tiam non admittimur principis, liceat interim pedibus vestre provolvi benignitatis, obnixe postulantes, ut humanitatis gratia nos homines animadvertendo humane miserie tamquam vestram 20 sortem in nobis recognoscatis. Neque pro condempnata civitate nec pro civibus maiestate reis preces a:fferimus. Quos o utinam numquam nostri vidissent oculi, numquam eis fors d) iunxisset, quarum nobis sors tarn futura fuerat obnoxia ! Numquid insans cum sonte, cum nocente innocens, innoxius / cum reo pari pena 25 ab equo iudice plectendus erit ? Vallamur claustrorum diuturni tate, quatimur tormentarum acerbitate, sitis infesta ariditate piceas ac sulfureas usibusque humanis ineptas aquas haurire cogimur, unumque magis dolendum est, non nobis hoc sacro sancto dominice passionis tempore Deo servire licet, quia nec 3o libet. Astantes enim sacris altaribus sagittarum terremur spiculis, saxorum percellimur ictibus, sicque semper ad omnem etiam naturalem motum pavidi a mentis tranquillitate tam quam amentes circumferimur. Non securi in lectulis, non in oratorio inperculsi, animum ex periculorum instantia distractum 35 (24)
a - a ) a.
R. C.
b)
aspiciens AB.
c > n . m. A B .
d)
sors A B .
Belagerung von Tortona
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Doch kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück. Infolge der Verpestung des Wassers wurden die Stadtbewohner von unerträg lichem Wassermangel und äußerst lästigem Durst geplagt. Nun nahte das Osterfest, und der König beschloß, mit Rücksicht auf die Religion 5 vier Tage lang, nämlich von Gründonnerstag bis zum Montag der Osterwoche, die Bestürmung der Burg zu unterbrechen 43• 26. Daher zogen am folgenden Tage, dem Karfreitag, an dem von allen Christen das Leiden des Herrn gefeiert wird, die mit den Stadt bewohnern eingeschlossenen Kleriker und Mönche in ihren heiligen 10 Gewändern mit Kreuzen, Weihrauchfässern und den übrigen Geräten des christlichen Ritus durch die geöffneten Tore hinaus in dem Wunsch, zu den Zelten des Königs zu gelangen. Als der König sie in der Ferne sah, schickte er ihnen Bischöfe und Gelehrte entgegen und ließ sie fragen, warum und zu welchem Zweck sie kämen. 15 Darauf erklärten jene : "\Vir, ein unglückseliger Teil Tortonas , sehnten uns danach, uns der königlichen Hoheit zu Füßen zu werfen , um das Elend zu beklagen, das wir nicht durch unsere Schuld er dulden, sondern wegen unserer Zugehörigkeit zu der verruchten Stadt und ihren höchst verruchten Bürgern. Da wir aber nun nicht 20 vor den König gelassen werden, sei es uns vergönnt, uns vorerst Euer Gnaden zu Füßen zu werfen mit der inständigen Bitte, uns um der Menschlichkeit willen als Menschen zu betrachten und in uns das Los menschlichen Elends gleichsam als das eure zu erkennen. Unsere Bitten gelten nicht der verdammten Stadt noch ihren des Majestäts25 verbrechens schuldigen Bürgern . 0 hätten unsere Augen sie nie ge sehen, hätte uns niemals das Geschick mit ihnen verbunden, deren Schicksal uns so verhängnisvoll werden sollte ! Soll nun der Schuldlose mit dem Schuldigen, mit dem Schädling der Unschädliche, der Recht schaffene mit dem Angeklagten von einem gerechten Richter mit der 30 gleichen Strafe belegt werden ? Seit langem sind wir völlig ein geschlossen, wir werden erschüttert durch heftige Beschießung, durch quälenden Durst werden wir gezwungen, durch Pech und Schwefel verunreinigtes, für menschlichen Gebrauch ungeeignetes Wasser zu trinken ; und eins ist noch mehr zu beklagen : in dieser hochheiligen 35 Zeit der Passion des Herrn können wir Gott nicht dienen, weil es nicht möglich ist. Denn wenn wir an den heiligen Altären stehen , werden wir durch die Spitzen der Pfeile erschreckt, von den Stößen der Felsbrocken niedergeworfen und werden infolgedessen selbst bei j eder natürlichen Bewegung ängstlich, so daß wir wie Wahnsinnige 40 ohne Ruhe des Geistes hin und her gerissen werden. Nicht sicher auf unserem Lager, nicht furchtlos in der Kirche, vermögen wir den infolge der drohenden Gefahren zerrissenen Geist nicht zu sammeln , 43 März 24 - 28.
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Gesta Frederici Il, 26
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ad offerendurn Deo saerifieiurn paeis eolligere paeifieurn non valernus. Quid feeirnus � Quid luirnus � Nurnquid Mediolano assoeiati rea eontra Papiarn arrna tulirnus � Nurnquid ex federe seditiose eivitatis irarn prineipis ineurrirnus � At nos aetenus arrnorurn ignari, ne diearn eurn faetiosis, sed nee ullis rnortalibus s eonfederati, soli Deo, arrnis spiritalibus, non earnalibus instrueti, rnilitare eonsuevirnus. Sine nostro eonsilio rniles arrnatur ; nobis ineonsultis, irnrno ignorantibus in prelio eoneertatur ; eonsulurn rnaiorurnque eivitatis hee est dispositio, illorurn nutu hee gerunter ; 44 proeerurn rnotus, ut dieitur, hee euneta seeuntur 44. 10 Ad nos nil speetat nisi eeelesiastiearurn exeubiarurn sollieitudo, pro regurn ceterorurnve in sublirnitate positorurn tranquillitate ad regern regurn Deurn eottidiana efflagitatio . At dicet aliquis : Ex hostis contubernio et tu iudiearis hostis. Sis eius in pena socius, cuius fuisti in rnalefactis arnieus. 46 Narn tangens pieern 1 s coinquinatur 45. Curn perverso rnanens pervertitur. Dicit enirn et psalrnista : 46 Curn sancto sanctus eris, et curn perverso per verteris 46. Nurnquid nostro rnagis arbitrio quarn divina pro videntia civibus his a) cornrnanendi necessitudine, non ex rnale faeiendi assensione adiuncti surnus 1 Nurnquid non curn Ba- 20 bilonicis, f 47 qui affeetu, non loco fugiendi sunt 47, nos non Babilonici in uno septo esse possurnus � Possurn curn rnale faetore esse, nec tarnen rnalefaetoris socius vel arnicus iure diei. Possurn necessitatis lege sie persone iungi, ut persone non iungar vitio, iure nature in hornine naturarn sie horninis diligere, 2s ut nature abhorrearn easurn . Narn qui ex indupto sapientis vel psalrnigraphi testirnonio 48, scilicet quod ex eontubernio bonorurn bonus, ex eonsortio rnalorurn rnalus fiat, probare nititur, non sie auctoritatern notabit, quasi non de quodarn sie et de quodarn non sie, sed de ornni sie et sernper aeeipiatur. Verurn, etsi b> de 30 quodarn sie et de quodarn non sie, non tarnen de ornni sie vel sernper, sed ut frequentins dietarn putet. Quern usurn in naturali bus non rnathernaticorurn , sed phisieorurn secuntur artes. Nec a) folgt ex AB. b ) folgt ut AB. 46-40 Vgl. Eccli. 1 3 , l . Lucan., Phars. V, 342. 4 6 -4 6 = Ps. 1 7 , 26. 27 . .,_., Vgl. Chronica I, 7. 44- u =
Belagerung von Tortona
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um Gott das friedenbringende Opfer des Friedens darzubringen. Was haben wir getan 1 Wofür büßen wir 1 Haben wir etwa als Verbündete Mailands schuldhaft die Waffen gegen Pavia erhoben 1 Haben wir uns etwa mit der aufrührerischen Stadt verbündet und dadurch den 5 Zorn des Königs erregt ? Wir haben uns vielmehr, der Waffen bisher unkundig, mit keinen Sterblichen, geschweige denn mit Rebellen verbündet und sind gewohnt, mit geistlichen, nicht mit irdischen Waffen ausgerüstet, für Gott allein zu streiten. Ohne unseren Rat wird das Heer bewaffnet ; ohne uns zu befragen, ja ohne daß wir to davon wissen, wird in der Schlacht gekämpft ; das unterliegt der Anordnung der Konsuln und der Großen der Stadt, auf deren Befehl geschieht das ; 44 auf der Führer Befehl, so heißt es, erfolgt dies alles 44• Uns kümmert nichts als die Sorge um den kirchlichen Dienst, nichts als das tägliche Bittgebet zu Gott, dem König der Könige, t5 für den Frieden des Königs und der übrigen hochgestellten Per sönlichkeiten. Aber vielleicht wird jemand sagen : "Infolge der Ge meinschaft mit dem Feind giltst auch du als Feind. So mußt du in der Strafe dessen Genosse sein, dessen Freund du im Ü beltun gewesen bist. 45 Denn wer Pech anfaßt, besudelt sich 45• Wer bei dem Ver20 derbten bleibt, wird verdorben. Sagt doch der Psalmist : 46 Mit dem Heiligen wirst du heilig sein und mit dem Verdorbenen wirst du ver dorben werden 46. Sind wir etwa mehr durch unseren freien Willen als durch göttliche Vorsehung mit diesen Bürgern verbunden infolge des Zwanges zu bleiben, nicht infolge unserer Zustimmung zu ihrem 25 bösen Tun 1 Können wir, die wir keine Babyionier sind, nicht mit den Babyloniern, 47 die man mit dem Herzen, aber nicht räumlich meiden muß 47, in einem Gehege sein ? Ich kann doch mit einem Ü beltäter zusammen sein, ohne mit Recht des Übeltäters Genosse oder Freund genannt zu werden. Ich kann durch gesetzlichen Zwang mit einer 30 Person verbunden sein, ohne doch im Laster mit ihr verbunden zu sein, ich kann nach dem Recht der Natur bei einem Menschen die menschliche Natur lieben und doch den Fehltritt der Natur verab scheuen. Denn wer aus dem angeführten Zeugnis des Weisen und daß man nämlich durch die Gemeinschaft mit den Psalmisten 48 35 Guten gut, durch den Verkehr mit den Bösen böse werde - einen Beweis herzuleiten sucht, der wird den Spruch nicht so deuten, als ob er nicht von dem einen so und von dem anderen nicht so, sondern von j edem so und immer so gelte. Aber er möge, wenn er auch von dem einen so und von einem anderen nicht so gilt, doch nicht glauben, 40 daß er von jedem immer so gelte, sondern daß er sich vielmehr nur auf die Mehrzahl der Fälle bezieht. So verfährt gegenüber den Gegen ständen der Natur nicht die Kunst der Mathematiker, sondern die -
u
V gl. oben S. 330 Anm. 46.
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Gesta Frederici II, 2 6
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rite pix •> tangi ex commanendi, sed consentiendi dicetur ratione. Quamvis et alium predicte auctoritati prophetie b) precedentia et consequentia genereut sensum, ut non de nobis, sed de creatore hec asserantur, qui scilicet, sicut sancto sanctus apparet, miseri corditer eum iustificando, sie perverso perversus putatur, iuste 5 illum puniendo, ea locutione vel proportionis ratione, qua linea recta curvo parieti apposita irrationali sensus opinione non recta videtur. U nde et alibi ab eodem propheta dicitur : 49Quam bonus Israhel Deus his qui recto sunt corde 49• Et hic subse quenter annectitur : 50Quoniam tu populum humilem salvum 10 facies et oculos superhorum humiliabis 50 . Imitetur princeps terre principem celi c>, et si in eadem civitate cum superbo humilis inveniatur, non tarnen cum superbo humilis puniatur. Miseremini ergo, domni et patres, conditionis nostre, respicite in nobis que gestamus stigmata Christi, et quos ad pietatem non 15 flectit nostre calamitatis acerbitas, inclinet saltem caracter Domini . Sed heu mortalium sortem ! Commenta Papie luis, Terdona, non tua delicta. Accusas de malefactis Papia Terdonam , cum tu, si comparationem dissimilif tudo qualitatum admittit, peius feceris. At, inquies, improbe civitati suaque contumaci 20 superbia vicinos quosque prementi federa nexa, ab equo principe iure penas subire debes . Esto : Mediolano associata est Terdona. Quare 1 Non illius gratia, sed tuo metu . Non ut per illius poten tiam imperaret, sed ut per eius vires a tua excuteretur violentia. Sensi 51 rem meam, inquit Terdona, agi, dum paries proximus 25 - Limellum 52 dico - arderet 51 , sub Mediolani confugi alas. �.fediolanum iudicas, quod Cumas legittima occasionc de struxerit ; te ipsam non respicis, que Limellum , imperiale oppidum, magna et robusta equitum manu stipatum, palatini comitis tui habitatione inclitum, oppidanis ipsis ad colloquium JO pacis dolo vocatis fraudulenterque captis, ad solum usque sine causa prosternere non timueris. Factus est ille inter Italie b ) prophete A B . a) pice kor•·. aus pie 0. ••-•• = Ps. 72, 1 . 50-50 = Ps. 1 7 , 2 8. s1-s1 Vgl. Horat., Epist. I , 1 8, 84.
c l c.
p. A B .
Belagerung
von To rtona
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der Physiker. Und man wird auch nicht mit Recht vom Pechanfassen sprechen auf Grund des Zusammenseins, sondern nur auf Grund eines Einverständnisses. Indessen gibt das, was der genannten Prophetie vorausgeht, und das, was folgt, ihr einen anderen Sinn, nämlich den, 5 daß dies nicht von uns, sondern vom Schöpfer gesagt wird, der einer seits dem Heiligen als Heiliger erscheint, indem er ihn in Barmherzig keit rechtfertigt, andrerseits dem Bösen als bös gilt, wenn er ihn gerecht straft, in dem Sinne und gemäß dem Verhältnis, wonach eine Gerade, die an eine gekrümmte Wand gelegt wird, nach dem unver10 nünftigen sinnlichen Eindruck nicht gerade erscheint. Daher sagt auch derselbe Prophet an anderer Stelle : 49 Wie gütig ist der Gott Israels gegen die, die reinen Herzens sind 49• Und dann schließt sich unmittelbar an : 50 Denn du rettest das niedrige Volk und die Augen der Hoffärtigen demütigst du 60• Der irdische Fürst ahme den himm15 lischen nach, und wenn sich in derselben Stadt mit dem Stolzen der Demütige befindet, so sollte doch der Demütige nicht mit dem Stolzen bestraft werden. Erbarmt euch also, Herren und Väter, unserer Lage, berücksichtigt, daß wir die Zeichen Christi an uns tragen, und wen unser bitteres Elend nicht zur Barmherzigkeit wendet, möge wenig20 stens das Mal des Herrn geneigt machen . Aber wehe über das Los der Sterblichen ! Für die Lügen Pavias büßest du, Tortona, nicht für deine eigenen Vergehen . Du, Pavia, wirfst Tortona Vergehen vor, während doch du - wenn man Unähnliches überhaupt miteinander vergleichen darf - noch übler gehandelt hast. Aber, wirst du ein25 wenden, mit einer ruchlosen Stadt verbündet, die durch ihren un beugsamen Stolz alle ihre Nachbarn bedrückt, mußt du verdienter maßen von einem gerechten Fürsten bestraft werden. Nun gut ! Tortona ist mit Mailand verbündet. Weshalb ? Nicht ihm zuliebe, sondern aus Furcht vor dir ; nicht um durch seine Macht Herrschaft 30 auszuüben , sondern um durch seine Kräfte vor deiner Gewalt tätigkeit geschützt zu sein . 51 Ich habe bemerkt, sagt Tortona, daß es sich um meine Sache handelt, als die benachbarte Mauer 51 - Lo mello 62 meine ich - brannte, da habe ich unter den Flügeln Mailands Zuflucht gesucht. Du verurteilst Mailand, weil es aus berechtigter 35 Ursache Corno zerstört hat ; an dich selbst denkst du nicht, da du dich doch nicht scheutest, Lomello, die kaiserliche Stadt, die von einer großen und starken Schar von Rittern besetzt war und die als Resi denz deines Pfalzgrafen berühmt war, ohne Grund dem Erdboden gleichzumachen, nachdem dessen Einwohner hinterlistig zu Frie4 0 densverhandlungen eingeladen und gefangengenommen worden waren. Jener, der vornehmste unter den Edlen Italiens , 63 der ein Nördl. Tortona. ••-•• Vgl. Cic., Phil. II, 4 1 , 105.
••
Gesta Frederici Il, 26 - 2 7
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proceres nobilissimus 53 inquilinus tuus, qui debuit esse dom nus 53. Reddit tibi nunc vectigal, cui tu principis vicem gerenti vectigal persolvere solebas 64• Videat princeps et animadvertat, qua honestate sui imperiive honore ipsius lateri iudicium de Italis laturus assideat vectigalis tuus, consideret, quo decore 5 securis, qua rei in Italia iure plectendi sunt, ante ipsum deferatur, qui sub tuis modo militat signis. Iudicetur itaque a iusto rerum arbitro equa lance primo Ticinum, eiusque exemplo ceterarum Italie urbium corrigantur excessus. Sed quid ad nos de talibus ? 56 Tractent fabrilia fabri 65. Nos miserum vulgus, nos Dei tantum 1 0 servitio mancipati nostram intueamur sortem. Nichil ad nos de tirannis terre. Atque o utinam 66 felix nimium prior etas 66 at que 67 aurea Saturni redirent secula 57, ut colonus terre sarculo ligoneque et rastro non cum nature consorte, sed cum terra pugnaret 58, sicque ordo Deo sacratus orajtionibus ac a) ob- 1 5 secrationibus libere invigilare posset ! 69 Pereat qui ad cruentan dum hominum genus arma extulit 59, qui beluina feritate, hominem se non recognoscens, humanum sanguinem primo fudit ! Ad nos redeamus. Nichil fecimus, alienas ob culpas plectimur. Nobis, quesumus, pietas parcat principis et, si misere 20 non vult ignoscere civitati, nos saltem inermes, iam ex fetore pestilentie morbidos et iam morti proximos, libertati datos de tarn gravibus claustris exire permittat 60. Hec dicunt, et manus ad celos tendentes 61 lacrimisque obortis 61 rigantes62 genas 62 63 cum magno eiulatu 63 ad pedes 25 eorum qui missi fuerant se prosternunt. (26) 2 7 . Cognitis his princeps animum quidem intus ad misericor diam flexum presensit, sed dissolutionis suspicionem vitans extra eum in prioris severitatis constantia servavit, illis, ut ad arcem redeant, iussis. Condescendebat misere cleri sorti, sed JO a)
fehlt C.
•• Vgl. Liber honorantiae civitatis Papie, MG. SS. 30. •• - •• = Horat., Epist. II, 1, 1 1 6. ••-•• = Boeth . , Cons. II, metr. 5 . • ,_., Vgl. Verg., Ecl. IV, 6 und Verg., Aen. VIII, 324f. ss V gl. Chronica I , 25. •• - •• Vgl. Chronica I , 6.
Belagerung von Tortona
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Herr hätte sein müssen, ist dein Mietsmann geworden 63• Jetzt zahlt er dir Steuern, dem du als dem Stellvertreter des Königs Steuern zu entrichten pflegtest 64• Möge der König sehen und merken, wie ehren voll es für ihn und das Reich ist, wenn der Mann, der über die Italiener s Recht sprechen soll, als dein Steuerpflichtiger an seiner Seite sitzt, und möge er doch erwägen, mit welcher Würde das Beil, mit dem in Italien die Schuldigen von Rechts wegen hinzurichten sind, vor dem Mann einhergetragen wird, der j etzt unter deinen Fahnen kämpft. Es sollte also vom gerechten Richter nach gleichem Maße zuerst 1 0 Pavia verurteilt werden , und dann mögen nach seinem Vorbild die Übergriffe der übrigen Städte Italiens geahndet werden. Doch was geht das uns an ? 55 Schmiedehandwerk üben die Schmiede 55. Wir ein unglückliches Volk, die wir nur dem Dienst Gottes gehören, wollen unser Los betrachten . Uns kommt es nicht zu, über die Mäch15 tigen der Erde zu reden. 0 56 kehrten doch das überglückliche frühere Zeitalter 06 und 57 die goldenen Jahrhunderte Saturns zurück 57, wo der Landmann mit Spaten, Hacke und Karst nicht mit seinesgleichen, sondern mit der Erde kämpfte 68 und so auch der Gott geweihte Stand ungestört nur auf Gebete und Bitten bedacht sein konnte ! 59 Zu20 grunde gehen möge, wer die Waffen erhob, um das Menschengeschlecht mit Blut zu besudeln 59, wer in tierischer Wildheit, sich nicht als Menschen erkennend, zuerst Menschenblut vergossen hat ! Doch kehren wir zu uns zurück. Wir haben nichts begangen, um fremder Schuld willen werden wir bestraft. Uns möge, so bitten wir, des Königs 25 Barmherzigkeit verschonen, und wenn er der unglücklichen Stadt nicht verzeihen will , so erlaube er wenigstens uns Waffenlosen, die wir schon infolge des Pestgestankes krank und dem Tode nahe sind, der Freiheit wiedergegeben, diesen schrecklichen Kerker zu ver lassen . " 60 So sprachen sie, und die Hände zum Himmel erhebend und die 30 Wangen 62 61 mit hervorströmenden Tränen 61 benet:1lend 62, warfen sie sich 63 mit lautem Wehklagen 63 denen zu Füßen, die zu ihnen ge schickt worden waren . 2 7 . Als der König dies erfuhr, fühlte er im Innern zwar sein Herz 35 zum Mitleid geneigt, aber um den Verdacht der Schwäche zu ver meiden , beharrte er nach außen hin standhaft auf seiner bisherigen Strenge und befahl j enen, in die Burg zurückzukehren. Er bemit leidete zwar das schlimme Los des Klerus, aber er freute sich über 60
Diese Rede ist selbstverständlich von Otto frei stilisiert, allenfalls die Bitte
um Schonung und vielleicht auch der Hinweis auf Pavia könnten den Tatsachen
entsprechen. 61- n = Verg., Aen. IV, 30. 1 2 -6 2 Vgl Ovid., De arte am. I , 532. 6 3 - 1 3 = Gen. 27, 38. .
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Gesta Frederici II, 27 - 29
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subridebat superbi populi fortune, quem hoc indicio quasi de speratum et desolationi proximum animadvertebat. At oppidani nondum tot malis victos se fingentes infra nrror dies, quibus pro Christiani cultus devotione principem hostibus pacem dedisse diximus 64, baleare tormentum instruunt, ignorante principe ac 5 eos treugam datam observare estimante. Finito, ut dieturn est, quatriduo, oppidani rursum machinis pulsantur. Illi suo, quod fecerant, vim tormenti propellentes, unum etiam, quo magis infestabantur, quatiendo frangunt. Quo sine mora reparato, acrius solito urgentur. Tot impulsionum ac maxime sitis 10 defatigatione fracti ultimaque desperatione correpti Terdo nenses tandem de reddenda per deditionis presidium pertractant arce. 2 8 . Igitur tertia post paschalern 65 sollempnitatem ebdomada, mense Aprili 66, animabus solum ex miseratione et mansuetudine 1 5 principis saluti et libertati datis, civitas f primo direptioni exposita excidio et flamme mox traditur 67• Eripitur ibi de gravi, qua tenebatur, captivitate quidam ex Grecorum proceribus, quem Opicius cognomento Malaspina male propter pecunie exactionem ceperat asperisque locis inclusum in ipsa arce zo tenebat. Videres miseros oppidanos, cum iam securitate concessa de miseris claustrorum ergastulis ad liberam prodirent eris temperiem , funebri facie tamquam de bustis egredientes imitari, in semet pretendentes quod dicitur, 68 omnium miserabilius esse claudi obsidione 68• zs (27) 2 9 . Peracta victoria rex a Papiensibus ad ipsorum civitatem triumphum sibi exhibituris invitatur, ibique ea dominica qua Iubilate canitur 69 in ecclesia sancti Michahelis, ubi antiquum regum Longobardorum palatium 70 fuit, cum multo civium tripudio coronatur 71• Deductis ibi cum magna civitatis letitia et 30 •• Vgl. oben II, 25. •• 1 1 55 März 27. 66 Nach Gesta Federici I . irnp. in Lornb. S . 17 arn 1 8. April, während die dritte Woche nach Ostern in die Zeit vorn 1 0 . - 1 6 . April fiel. Die Ü bergabeverhand lungen führte Abt Bruno von Chiaravalle. 87 Nach Gesta Federici I . irnp. in Lornbardia S . 17 sollen die Pavesen dem K önig Geld gegeben haben, damit er Tortona zerstören lasse. ••-•• Vgl. Hegesipp. , De bello Iudaico, Prol.
Einnahme von Tortona
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das Schicksal des hochmütigen Volkes, das, wie er aus diesen Anzei chen erkannte, fast ohne Hoffnung und der Verzweiflung nahe war. Die Stadtbewohner aber stellten sich, als seien sie durch so viel Miß geschick noch nicht besiegt, und bauten während der vier Tage, s während deren, wie wir berichtet haben 64, der König aus Ehrfurcht vor dem christlichen Kult Frieden gewährt hatte, eine Schleuder maschine ohne Wissen des Königs, der vielmehr glaubte, sie hielten die ihnen gewährte Waffenruhe . Nach Ablauf der vier Tage wurden die Stadtbewohner wieder mit Maschinen beschossen . Jene wehrten 10 mit ihrem Geschütz , das sie gebaut hatten , den Angriff des Geschützes ab, eines, das sie besonders gefährdete, zerschlugen und zerschmetter ten sie auch . Dieses wurde aber sofort wieder instand gesetzt und bedrängte sie nun noch stärker als bisher. Infolge der Erschöpfung durch so viele Angriffe und gebrochen vor allem durch den Durst, 15 packte die Tortonesen äußerste Verzweiflung, und sie verhandelten nun endlich über die Auslieferung der Burg unter den Schutzbedin gungen der Unterwerfung. 28. In der dritten Woche nach dem Osterfest 65 im Monat April 66 wurde die Stadt zuerst der Plünderung ausgesetzt und dann der Ver20 nichtung und den Flammen preisgegeben 57, und nur den Einwohnern wurden durch das Erbarmen und die l\lilde des Königs Leben und Freiheit geschenkt. Dabei wurde ein vornehmer Grieche aus der schweren Gefangenschaft, in der er gehalten worden war, befreit, den Opizio mit dem Beinamen Malaspina, um Geld von ihm zu erpressen, 25 in schurkischer Weise gefangengenommen und in der Burg in hartem Kerker eingeschlossen gehalten hatte . Da sah man die unglücklichen Stadtbewohner, nachdem ihnen Sicherheit gewährt war, nun aus der elenden Behausung der eingeschlossenen Burg in die freie Luft treten ; leichenblaß, als ob sie aus den Gräbern hervorkämen, machten 30 sie an sich selbst das Wort anschaulich, das da sagt, 88 das Schlimmste von allem sei, durch eine Belagerung eingeschlossen zu werden 68• 2 9 . Nachdem der Sieg errungen war, wurde der König von den Pavesen in ihre Stadt eingeladen, wo sie für ihn ein Siegesfest veran stalten wollten ; dort ging er an dem Sonntag, an dem man Jubilate 69 35 singt, in der Kirche des hl. Michael, bei der die alte Pfalz der Lango bardenkönige 70 gestanden hatte, unter dem lauten Jubel der Bürger unter der Krone 71• Unter lauten Freudenbezeugungen der Stadt und •• April 1 7 , aber da Tortona erst am 1 8. April erobert wurde, muß ein Irrtum vorliegen ; wahrscheinlicher ist der Sonntag Cantate, April 24 ; vgl. auch St. 3705. 7 0 Diese Pfalz war von den Pavesen 1 024 nach Heinrichs II. Tod zerstört (Wipo, Gesta Chuonradi, ed. H. Bresslau, SS. rer. Germ . S. 29 f . ) und nicht wieder aufgebaut worden. 71 Xach Friedrichs eigenen Angaben (oben S. 86) eine Festkrönung ; erst 1 1 5 8 ließ Friedrich sich zum König von Italien krönen (vgl. unten I I I , 44 ) .
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Gesta Frederici II, 29 - 30
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impensa tribus diebus, inde per Placentiam transiens 72 iuxta Bononiam pentecosten 73 celebrat, ac ibidem transcenso Apen nino, citeriorem Italiam , que modo Tuscia vocari solet, perlustrat. Illic Pysanos, viros in insulis et transmarinis regionibus potentes, obvios habuit eisque, ut naves contra Guillelmum Siculum arma- 5 rent, in mandatis dedit. Circa idem tempus AnselmusHavelbergen sis episcopus a Grecia reversus Ravennatensem archiepiscopatum per cleri et populi electionem, simul et eiusdem provincie exarcha tum, laboris sui magnificam recompensationem, a principe accepit. (28) 30. Igitur rex ad Urbem tendens circa Biterbium castrametatur. 10 Quo 74 Romanus antistes Adrianus cum cardinalibus suis veniens ex debito officii sui honorifice suscipitur 75 gravique adversus populum / suum conquestione utens reverenter auditus est. Predictus enim populus, ex quo senatorum ordinem renovare studuit 76, multis malis pontifices suos affligere temeritatis ausu 1 5 non formidavit. Accessit a d huius seditiosi facinoris augmentum, quod Arnoldus a> quidam Brixiensis h>, de quo supra dieturn est 77, sub typo religionis et, ut evangelicis verbis utar, 78 sub ovina pelle lupum gerens 78, Urbem ingressus, ad factionem istam rudis populi animis premolli dogmate ad animositatem accensis 20 innumeram post se duxit, immo seduxit multitudinem . Arnaldus iste ex Italia civitate Brixia oriundus eiusdemque ecclesie clericus ac tantum lector c) ordinatus Petrum Abailardum olim preceptorem habuerat. Vir quidem nature non hebetis d>, 79 plus tarnen verbarum profluvio quam sententiarum pondere copio- 25 sus 79, singularitatis amator, novitatis cupidus , cuiusmodi hominum ingenia ad fabricandas hereses scismatumque per turbationes surrt prona. Is a studio a Galliis in Italiam revertens Arnaldus A, Arnolfus C. b ) Brixinensis A, Brixensis C. d ) hebens C. c ) l, t. AB. 72 Nach Gesta Federici I. imp . in Lombardia (8. 1 8 ) b e a b s i c h t i g t e Friedrich Piacenza zu erobern, wurde aber von den Mailänder Truppen daran gehindert. Die Zerstörung Tortonas nach zweimonatiger Belagerung konnte nur sehr be dingt als Sieg betrachtet werden , da der eigentliche Gegner Mailand davon nur wenig betroffen wurde, während Friedrich kostbare Zeit verlor und schließlich doch den Gegner ungebeugt im Rücken zurücklassen mußte. 73 1 1 55 Mai 1 5 . Zum Aufenthalt Friedrichs in Bologna vgl. Carmen de gestis v. 452 ff. a)
Weitermarsch nach Rom
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auf ihre Kosten verweilte er drei Tage und marschierte dann von dort über Piacenza 72 weiter und feierte Pfingsten bei Bologna 73 ; dann überschritt er den Apennin und zog durch das diesseitige Italien , das man jetzt gewöhnlich Tuscien nennt. Dort begegnete er den Pisanern, s mächtigen Männern auf den Inseln und in den Ländern jenseits des Meeres, und trug ihnen auf, Schiffe gegen Wilhelm von Sizilien aus zurüsten. Um dieselbe Zeit kehrte Bischof Anselm von Havelberg aus Griechenland zurück und erhielt auf Grund der Wahl von Klerus und Volk vom König das Erzbistum Ravenna und zugleich den Exarchat 10 dieser Provinz als großartigen Dank für seine Mühe. 30. Auf dem Weitermarsch nach Rom schlug der König bei Viterbo das Lager auf. Dorthin 74 kam der römische Bischof Hadrian (IV.) mit seinen Kardinälen und wurde, wie es seinem Amt gebührt, ehrenvoll aufgenommen 75, und als er gegen sein Volk schwere Klagen erhob, I S wurde er ehrerbietig angehört. Seitdem dieses nämlich den Senatoren stand wieder einzuführen strebte 76, scheute es sich in seiner Ver wegenheit nicht, den Päpsten viel Übles anzutun. Dieses aufrühre rische Unternehmen wurde noch dadurch verschlimmert, daß ein gewisser Arnold von Brescia, von dem wir schon oben gesprochen zo haben 77, unter dem Vorwand der Religion und, um mich der Worte des Evangeliums zu bedienen, 78 wie ein Wolf im Schafspelz 78 in die Stadt k a m , das ungebildete Volk durch seine gewinnende Lehre zur Wut entflammte und so eine unzählbare Volksmenge dieser Em pörung zuführte oder vielmehr verführte. Dieser Arnold stammte aus 2s der italienischen Stadt Brescia und wurde Geistlicher an der dortigen Kirche, aber nur zum Lektor geweiht ; sein Lehrer war einst Peter Abälard gewesen. Ein Mann zwar nicht von stumpfem Geist, 79 aber seine Rede war reicher an strömender Wortfülle als an gewichtigem Gedankengehalt 79 ; er liebte das Absonderliche, strebte nach NeueJO rungen, und der Geist solcher Leute ist geneigt, Häresien und schis matische Verwirrungen zu stiften. Als er vom Studium aus Frankreich " Nicht in Viterbo, sondern in Sutri trafen, wie Friedrichs Brief angibt, Hadrian und Barbarossa am 8. Juli 1 1 55 zusammen. Diesem Treffen waren bereits Verhandlungen, u. a. auch über die Erneuerung des Konstanzer Vertrages, vorangegangen ; vgl. P. Rassow, Honor Imperii ( 2 1 962) S. 6 6 ff. 7• Den Streit Friedrichs mit Hadrian um den Stratordienst, der von Fried . rich erst abgelehnt, dann aber doch vollzogen wurde, verschweigt Otto, vgl. R. Holtzmann , Der Kaiser als Marschall des Papstes ( 1 928) u. HZ. 1 45 ( 1 932), E . Eichmann, HZ. 142 ( 1 930) . 7 8 Vgl. Chronica VII, 2 7 . 7 7 Oben I, 29 ; vgl. auch A. Frugoni, Arnaldo d a Brescia un d die dort behan delten Parallelquellen, vor allem Carmen de gestis Federici I. v. 760 - 860. 78-7• Vgl. Matth. 7 , 1 5 . 7•-70 Vgl. Carmen d e gestis v. 763 - 765.
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Gesta Frederici Il, 30
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religiosum habitum, quo amplius decipere posset, induit, 80 omnia lacerans, omnia rodens, nemini parcens80 , clericorum ac episcoporum derogator, monachorum persecutor, laicis tantum adulans. Dicebat enim nec clericos proprietatem nec episcopos regalia nec monachos possessiones habentes aliqua ratione s salvari posse81 • Cuncta hec principis esse, ab eiusque bene ficientia in usum tantum laicorum cedere oportere. Preter hec de sacramento altaris, baptismo parvulorum non sane dicitur sensisse. His aliisque modis, quos longum est enumerare, dum Brixiensem a) ecclesiam perturbaret laicisque terre illius pru- to rientes 81• erga eierum aures 81a habentibus ecclesiasticas malitiose exponeret personas, in magno concilio Rome sub Innocentio habito 82 ab episcopo civitatis illius 83 virisque religiosis accusatur. Romanus ergo pontifex, ne perniciosum dogma ad plures ser peret, imponendum viro silentium decernit. Sicque factum est. J t s Ita homo ille d e Italia fugiens a d Transalpina s e contulit ibique in oppido Alemannie Turego officium doctoris assumens per niciosum dogma aliquot diebus seminavit84• Comperta vero morte Innocentii 85, circa principia pontificatus 86 Eugenii U rbem ingressus, cum eam contra b) pontificem suum in seditionem 20 excitatam invenisset, viri sapientis haut sectatus consilium de huiusmodi dicentis : 87 Ne in eius ignem ligna struas87, amplius eam in seditionem concitavit, proponens antiquarum Roma norum exempla, qui ex senatus maturitatis consulto et ex iuvenum c) animorum fortitudinis ordine et integritate totum 2s orbem terre suum fecerint88• Quare reedificandum Capitolium , renovandam dignitatem senatoriam d) , reformandum equestrem ordinem docuit89• Nichil in dispositione Urbis ad Romanum pontificem spectare, suffleere sibi ecclesiasticum iudicium debere. In tantum vero huius venenose doctrine cepit invalescere 30 a ) Brixinensem A , Brixensem C. c ) iuvenilium AB. so -so Vgl. Carmen de gestis v. 7 7 l f. 81
b)
erga A B . d. AB.
d) s .
Vgl. auch P. Classen, Gerhoh von Reichersberg ( 1 960) S . l 0 5 ff. , 1 30. Vgl . 2 . Tim. 4, 3. •• 2 . Laterankonzil 1 1 39. ss Bischof Manfred von Brescia. Bl a-Bla
34 1
Arnold von B rescia
nach Italien zurückkehrte, legte er das Ordensgewand an, um desto besser täuschen zu können, 80 alles herunterreißend, alles zernagend, niemand schonend80, ein Verächter der Geistlichen und Bischöfe, ein Verfolger der Mönche, schmeichelte er nur den Laien. Er behauptete 5 nämlich, weder die Geistlichen, die Eigentum, noch die Bischöfe, die die Regalien, noch die Mönche, die Besitzungen hätten , könnten auf irgendeine \Veise das Heil erringen 81• Dies alles gehöre dem König und dürfe durch seine Gnade nur Laien zum Nießbrauch abgetreten werden . Außerdem soll er über das Sakrament des Altars und über 10 die Kindertaufe nicht die richtige Ansicht vertreten haben . Da er durch diese und andere Lehren, die aufzuzählen zu weit führen würde, die Kirche von Brescia beunruhigte und vor den Laien jenes Gebietes, denen die Ohren Bla gegen den Klerus juckten 81a, die kirchlichen Personen böswillig herabsetzte, wurde er auf einem unter Innocenz 15 (II . ) in Rom veranstalteten großen Konzil 82 vom Bischof jener Stadt83 und von frommen Männern angeklagt. Damit seine verderbliche Lehre keine weitere Verbreitung finde , entschloß sich der Papst, ihm Schweigen aufzuerlegen. Und so geschah es. Nunmehr floh der Mensch aus Italien und begab sich in die j enseits der Alpen liegenden 20 Länder und übernahm in der alemannischen Stadt Zürich ein Lehr amt , dort verbreitete er eine Zeitlang seine verderbliche Lehre 84• Als er aber Innocenz' Tocl85 erfuhr, kam er zu Anfang von Eugens (III . ) Pontifikat 8 6 wieder nach Rom ; e r fand die Stadt i m Aufstand gegen ihren Papst und entgegen dem Rate des Weisen, der über dergleichen 25 sagt : 87 \Virf nicht Holz in sein Feuer87, hetzte er sie noch mehr zum Aufruhr auf, indem er ihnen die alten Römer als Beispiele vorhielt, die durch die altersweisen Beschlüsse des Senats und die Zucht und Unverdorbenheit des t apferen Geistes der Jugend den gesamten Erd kreis zu ihrem Eigentum gemacht hätten88. Daher, erklärte er, 30 müsse man das Kapitol wieder aufbauen, die Senatorenwürde er neuern und den Ritterstand wieder einführcn 89. Der Papst habe in Rom nichts anzuordnen , er müsse sich mit der kirchlichen Gerichts barkeit begnügen. In solchem :\Ia ße aber begann diese giftige Lehre "' L"ngenau, Arnold ging zunächst nach Paris, erst nach seiner Vertreibung durch Luclwig VII. nach Zürich . Von dort erneut auf Betreiben Bernhards von Clairvaux durch B ischof Hermann von Konstanz vertrieben , fand Arnold Z u flucht b e i d E' m Cardinallegaten G u i d o ( vgl . P . Classen, Gerhob v o n Reiehersberg S.
1 05 ) .
Erst durch Guidos Vermittlung konnte Arnold nach Italien zurück
kehren . 8 5 1 1 43 Sept. 2 4 . 86 1 1 45. 8 7"- 8 7 = Eccli. 8, I . 88 L" ngenau : erst während Eugens Aufent halt in Frankreich um
1 1 47
nahm
Arnold die Ycrb indung zur kommunalen Bewegung und damit die Agitation wieder auf. 8 9 \"gl . oben I ,
29.
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Gesta Frederici II, 30 - 3 1
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malum, ut non solum nobilium Romanorum seu cardinalium diruerentur domus et splendida palatia, verum etiam quedam de cardinalibus reverende persone inhoneste, sauciatis quibus dam, a furenti plebe tractarentur90• Hec et his similia cum multis diebus, id est a morte Celestini91 usque ad hec, ab eo incessanter 5 et irreverenter agerentur tempora, cumque sententia pastorum iuste in eum et canonice prolata eius iudicio tamquam omnino auctoritatis vacua ab illo contempneretur, tandem in manus quorumdam incidens, in Tuscie finibus captus, principis examini reservatus est et ad ultimum a prefecto Urbis92 ligno adactus ac, 10 rogo in pulverem redacto funere, ne a stolida a) plebe corpus eius venerationi haberetur, in Tyberim sparsus93. Sed ut ad id unde digressus est stilus redeat, iun ctis sibi in comitatu rerum apicibus ac per aliquot dies una procedentibus, quasi inter spiritalem patrem et filium 94 dulcia miscentur 15 colloquia94, f et tamquam ex duabus principalibus curiis una re publica effecta, ecclesiastica simul et secularia tractantur negotia95• ( 29) 3 1 . At Romanorum cives de principis adventu cognoscentes pretemptandum ipsius animum legatione b) adiudicarunt. Ordi- 20 natis ergo legatis industriis c) et litteratis, qui eum inter Sutrium et Romam adirent, accepto prius de securitate viatico , sicque presentatis regalis excellentie consistorio viris, taliter adorsi sunt : 'Urbis legati nos, Urbis non parvum momentum, rex optime, ad tuam a senatu populoque Romano destinati sumus 25 excellentiam . Audi serena mente, benignis auribus, que tibi ab alma orbis domina deferuntur Urbe, cuius in proximo adiu vante Deo futurus es princeps, imperator et dominus. Pacificus si venisti, immo quia, ut arbitror, venisti, gaudeo . Orbis im perium affectas ; coronam prebitura gratanter assurgo, iocanter Jo a ) furente A B . b l 1. a. AB. c l illustribus A , industribus B. 90 Diese Ereignisse fallen erst in die Zeit Hadrians. Damals wurde Kardinal
Guido von Crema mißhandelt, und Hadrian verhängte daraufhin das Interdikt über Rom. Dadurch zwang er die Stadt einzulenken, und auch Arnold mußte die Stadt verlassen.
Arnold von Brescia
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zu wirken, daß nicht nur die Häuser und die glänzenden Paläste des römischen Adels und der Kardinäle zerstört wurden, sondern auch einige ehrwürdige Kardinäle persönlich von dem wütenden Pöbel schmählich mißhandelt, manche sogar verwundet wurden 90• So und s ähnlich trieb er es ehrfurchtslos unaufhörlich vom Tode Cölestins91 an bis zur Gegenwart ; denn die gerechte und kanonisch verkündigte Verurteilung durch die Oberhirten entbehrte seiner Meinung nach j eglicher Gültigkeit und wurde deshalb von ihm mißachtet ; endlich aber fiel er einigen in die Hände , er wurde in Tuscien gefangen10 genommen und dem Gericht des Königs vorbehalten ; schließlich wurde er vom Stadtpräfekten 92 erhängt, sein Leichnam aber auf dem Scheiterhaufen zu Staub verbrannt, und dieser wurde in den Tiber gestreut, damit sein Leib nicht bei dem törichten Volk ein Gegenstand der Verehrung würde 93. 15 Doch kehren wir zu unserem Ausgangspunkt zurück. Als die Spitzen der Welt sich vereinigt hatten und einige Tage lang zusammen weiter zogen, wurden zwischen ihnen als dem geistlichen Vater und dem Sohn 94 freundliche Gespräche geführt94, und als ob aus zwei fürst lichen Höfen ein Staat geworden wäre, besprach man sich zugleich 20 über kirchliche und weltliche Angelegenheiten95• 3 1 . Als die Bürger Roms von der Ankunft des Königs erfuhren , beschlossen sie, durch eine Gesandtschaft seine Gesinnung zu erkun den. Sie ordneten daher gewandte und gebildete Gesandte ab, die ihn zwischen Sutri und Rom trafen, und nachdem sie vorher einen Ge25 leitsbrief für ihre Sicherheit empfangen hatten, hielten sie folgende Ansprache vor der Versammlung der königlichen Räte : Wir, die Abgesandten der Stadt, die wir in Rom keine geringe Bedeutung ha ben , sind, bester König, vom Senat und Volk von Rom an deine Erhabenheit abgeordnet . Höre mit freundlichem Sinn und gnädigem 30 Ohr an, was dir von dieser Stadt, der segenspendenden Herrin des Erdkreises, angetragen wird, deren Fürst, Kaiser und Herr du mit Gottes Hilfe in Kürze sein wirst. Wenn du als Friedensfürst, oder vielmehr, weil du, wie ich meine, als Friedensfürst gekommen bist, freue ich mich . Du erstrebst die Herrschaft über den Erdkreis ; dir 9 1 1 1 44. Hier widerspricht sich Otto selbst, da er wenige Sätze vorher Arnold e rst 1 1 45 nach Rom kommen läß t . 92 Petrus. 93 Vgl. auch Carmen de gestis Federici I. in Lombardia v. 859 f. ; Ort und Zeit der Hinrichtung sind unbekannt . Xach Carmen de gestis v. 850 soll Friedrich die Hinrichtung nachträglich bedauert haben. 9, _ .. Vgl. den Brief Friedric hs oben S. 8 7 . 9 5 Damit wird erneut, w i e schon b e i der Krönung Friedrichs zu Aachen (oben S. 2 8 8 ) das Thema der Chronica wieder aufgenommen. Erneut tritt die Civitas perm i x t a in Erscheinung, die das Ende der Zeit nochmals hinausschiebt.
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Gesta Frederici II, 3 1
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occurro . Cur enirn suurn visitaturus populurn non pacifice ad veniret, non gloriosa rnunificentia respiceret, qui indebiturn clericorurn excussurus iugurn ipsius rnagna ac diutina expec tatione prestolatus est adventurn ? Revertantur, opto, pristina ternpora ; redeant, rogo, inclite Urbis privilegia ; orbis Urbs sub s hoc principe recipiat gubernacula, refrenetur hoc irnperatore ac ad Urbis reducatur rnonarchiarn orbis insolentia ! Talis rector Augusti sicut nornine sie induatur et gloria ! Scis, quod urbs Rorna ex senatorie dignitatis sapientia ac equestris ordinis virtute et disciplina 96 a rnari usque ad rnare palrnites exten- 1 0 dens96, non solurn 97 ad terrninos orbis irnperiurn dilatavit97, quin etiarn insulas extra orbern positas orbi adiciens princi patus eo propagines propagavit. Non illos procellosi fluctus equorurn, non hos scopulose et inaccessibiles rupes Alpiurn tueri poterant : Rornana 98 virtus indornita cuncta perdornuit98• Sed, 1 s exigentibus peccatis, longe positis a nobis principibus nostris, nobili illo antiquitatis insigni - senaturn loquor - ex inerti quorurndarn desidia neglectui dato, f dorrnitante prudentia vires quoque rninui necesse fuit. Assurrexi tue ac dive rei publice profutururn glorie ad sacrurn sancte Urbis senaturn equestrern- 20 que ordinern instaurandurn , quatenus huius consiliis, illius arrnis Rornano irnperio tueque persone antiqua redeat rnagnifi centia. N urnquid hoc placere non debebit tue •> nobilitati ? Nonne etiarn rernunerabile iudicabitur tarn insigne facinus tarnque tue cornpetens auctoritati ? Audi ergo, princeps, pa- 2s tienter et clernenter pauca de tua ac de rnea iustitia ! Prius tarnen de tua quarn de rnea. Etenirn 99 a Iove principiurn 99• Hospes eras, civem feci. Advena fuisti ex Transalpinis partibus, principern constitui. Quod rneurn iure fuit, tibi dedi . Debes itaque prirno ad observandas rneas bonas consuetudines leges- JO que antiquas, rnihi ab antecessoribus tuis irnperatoribus idoneis instrurnentis firrnatas, ne barbarorurn violentur rabie, securi tatern prebere, officialibus rneis, a quibus tibi in Capitolio a) t. n . d. A B . 96-96 Vgl. Ps. 7 1 , 8 u. 79, 12. 97-97 Vgl. Ps. 7 1 , 8 u. Deut. 1 2, 20. 9 8- 9 8
Vgl. Sallust. , Cat. 7 ; 5.
Gesandtschaft der Römer
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die Krone zu bieten, erhebe ich mich gern und komme ich dir freudig entgegen. Warum sollte denn der, welcher sein Volk besuchen will, nicht in friedlicher Absicht kommen und den mit rühmlicher l\filde bedenken, der seit langem in höchster Erwartung seine Ankunft hers beigesehnt hat, um das unverdiente Joch des Klerus abzuschütteln ? Möchten doch, so wünsche ich , die alten Zeiten zurückkehren ; möchten doch, so bitte ich, die Vorrechte der berühmten Stadt erneuert wer den ; möchte die Hauptstadt des Erdkreises unter diesem Fürsten das Steuer zurückerhalten und möchte unter diesem Kaiser der 10 dreist sich erhebende Erdkreis gezügelt und unter die Herrschaft der Stadt zurückgeführt werden ! Ein solcher Herrscher möge sich ·wie mit dem Namen, so auch mit dem Ruhm des Augustus schmücken ! Du weißt, daß die Stadt Rom durch die Weisheit der Senatoren würde und die Tapferkeit und Zucht des Ritterstandes 96 von Meer zu t s Meer ihre Zweige ausstreckte96 und ihre 97 Herrschaft nicht nur bis an die Grenzen des Erdkreises ausgedehnt97, sondern auch die außerhalb des Erdkreises liegenden Inseln dem Erdkreis angegliedert und bis dorthin die Schößlinge ihrer Oberhoheit verpflanzt hat. Diese konnten die stürmischen Fluten der Meere, jene nicht die zerklüfteten, unzu20 gäuglichen Felsen der Alpen schützen : 98 die unbezwingbare Kraft der Römer hat alles bezwungen98• Aber da unsere Fürsten weit von uns entfernt waren und da jene edle Zierde des Altertums - den Senat meine ich - infolge der tatenlosen Trägheit einiger seiner Mitglieder der Geringschätzung anheimgefallen war und die Klugheit schlief, 25 mußten sich um der Sünden willen auch die Kräfte vermindern. Ich habe mich erhoben, um zum Nutzen deines Ruhmes und dem des göttlichen Staates den heiligen Senat und den Ritterstand der heiligen Stadt wicderherzustellen, damit durch die Beschlüsse des Senats und die Waffen der Ritter dem römischen Reiche und deiner Person die alte 30 Größe wiedergegeben werde. Sollte das deiner Hoheit nicht gefallen l Wird eine so herrliche und deinem Ansehen entsprechende Tat nicht auch als einer Belohnung würdig angesehen werden ? Höre also , o Fürst, geduldig und gnädig einige wenige Worte über deine und über meine Rechte . Zuerst jedoch über deine und dann über meine. Denn 35 99 von Jupiter zuerst99. Du warst ein Gast, ich machte dich zum Bürger. Ein Fremdling warst du aus den Ländern jenseits der Alpen, ich setzte dich zum Herrscher ein . Was von Rechts wegen mir gehörte, gab ich dir. Du mußt mir also zuerst, damit mein gutes Herkommen und die alten Gesetze, die mir von deinen Vorgängern, den Kaisern , durch 40 entsprechende Urkunden verbrieft sind, in Geltung bleiben und nicht durch wütende Barbaren verletzt werden , Sicherheit gewähren ; mei nen Beamten. von denen dir auf dem Kapitol akklamiert werden muß, •• - ••
=
Verg. , Aen. VII, 2 1 9 .
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Gesta Frederici II, 3 1 - 32
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adclamandum erit, usque ad quinque 1 milia librarum expensam dare, iniuriam a re publica etiam usque ad effusionem sanguinis propellere et hec omnia privilegiis munire sacramentique inter positione a ) propria manu confirmare 2• (30) 3 2 . Ad hec rex tarn superbo quam inusitato orationis tenore 5 iusta indignatione inflammatus cursum verborum illorum, de sue rei publice ac imperii iustitia more Italico longa continuatione peryodorumque circuitibus sermonem producturus 3, interrupit et cum corporis modestia orisque venustate regalem servans animum ex inproviso non inprovise respondit 4 : 'Multa de 10 Romanorum sapientia seu fortitudine actenus audivimus, magis tarnen de sapientia. Quare satis mirari non possumus, quod verba vestra plus arrogantie tumore insipida quam sale sapientie condita sentimus. Antiquam tue proponis urbis nobilitatem, dive tue rei publice veterem stajtum 4a ad sydera sustollis 4a . 1 5 Agnosco, agnosco, et b) ut tui scriptoris verbis utar : 5 Fuit, fuit quondam in hac re publica virtus 5• Quondam dico . Atque o utinam tarn veraciter quam libenter nunc dicere possemus ! Sensit Roma tua, immo et nostra, vicissitudines rerum. Sola eva dere non potuit eterna lege ab auctore omnium sanccitam cunctis 20 sub lunari globo degentibus sortem 6• Quid dicam ? Clarum est, qualiter primo nobilitatis tue robur ab hac nostra urbe translatum sit ad Orientis urbem regiam 7, et per c) annorum curricula ubera deliciarum tuarum Greculus csuriens suxerit. Supervenit Francus, vere nomine et re nobilis8, eamque, que adhuc in te residua fuit, 25 ingenuitatem fortiter eripuit. Vis cognoscere antiquam tue Rome gloriam 1 Senatorie dignitatis gravitatem 1 Tabernaculo rum dispositionem 1 9 Equestris ordinis virtutem et disciplinam, a d conflictum procedentis intemeratam ac indomitam audaciam 1 Nostram interne rem publicam . Penes nos cuncta hec sunt. Ad 30 a) interponere AB. c ) folgt quot AB. b ) ut et C. 1 Nach Helmolds Chron. Slav. I, 80 (ed. B. Schmeidler, SS. rer. G erm.
S. 1 52 ) sollen es gar 1 5 000 Pf. gewesen sein. 2 Daß der zukünftige Kaiser dem Papst vor dem Einzug in clic Stadt Sicherheits eide leistete, war stets üblich gewesen. Nun nahm der Senat als neuer Stadtherr offenbar dieses Recht für sich in Anspruch . - Nach Carmen des gestis Federici I. in Lomb. v. 6-!3 ff. soll eine zweite römische G esandtschaft mit etwa den gleichen Wünschen unmittelbar vor den Toren der Strrdt an Friedrich herangetreten sein.
Antwort Friedrichs an die Römer
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mußt du an 5000 1 Pfund für ihre Ausgaben zahlen, mußt Un recht auch unter Blutvergießen von der Stadt abwehren und dies alles durch Privilegien festlegen und eidlich mit eigener Hand bestätigen 2• 5 32 . Über den hochfahrenden und ungewöhnlichen Ton der Rede empört, unterbrach der König daraufhin ihren Redestrom, um über die Rechte seines Staates und des Reiches nach italienischer Weise aus führlich und in vielfach gegliederten Perioden zu sprechen, und wie die Haltung des Körpers und die Anmut seines Antlitzes auch königI O liehen Sinn bewahrend, antwortete er aus dem Stegreif, aber nicht unbedacht 4 : Viel haben wir bisher von der \Veishcit und Tapferkeit der Römer gehört, mehr jedoch von ihrer Weisheit. Desh alb können wir uns nicht genug darüber wundern, daß eure \Vorte, wie wir hören, infolge ihrer arroganten Aufgeblasenheit mehr geschmacklos als mit 1 5 dem Salz der Weisheit gewürzt sind. Du führst uns den alten Adel deiner Stadt vor Augen, du erhebst 4a den alten Zustand deiner gött lichen Republik bis zu den Sternen 4 a . Zugegeben, zugegeben, um die ·warte eines deiner Geschichtsschreiber zu gebrauchen, 5es gab, ja es gab einst in dieser Republik Tugend 5. Einst, sage ich. Ach könnten wir 20 doch ebenso wahr wie gern "jetzt" sagen ! Dein, vielmehr auch unser Rom hat den \Vechsel der Dinge zu spüren bekommen. Es konnte nicht allein dem Schicksal entgehen, das nach ewigem Gesetz vom Schöpfer aller Dinge über alle unter der �1ondkugel Lebenden ver hängt ist 6. Was soll ich sagen ? Es ist bekannt, wie zunächst die Kraft 25 deines Adels von unserer Stadt hier auf die königliche Stadt des Ostens 7 übertragen worden ist und wie viele Jahre lang das hungernde Griechlein an den Brüsten deiner Herrlichkeit gesogen hat. Dann kam der Franke über dich, wahrhaft von Adel nach Namen und Art8, und er hat dir den Adel, der noch in dir übriggeblieben war, kraftvoll 30 entrissen . Willst du den alten Ruhm deines Rom kennenlernen ? Die \Vürde des Senatorenstandes ? Die Lagerordnung9 ? Die Tüchtigkeit und Zucht des Ritterstandes, seine ungebrochene, unbezwingbare Kühnheit, wenn er in den Kampf zieht ? Blick auf unseren Staat ! Bei
3 producturus in A und C (Rahewin ) muß stehen bleiben . 4 Zur Beredsamkeit Friedrichs vgl. auch unten I V, 86.
• a-•a Vgl. Verg . , Aen . II, ! 53. •-• Cic . , In Cat. I , l , 3 . 6 Vgl. Boeth . , Cons. I I , metr. 3. ' Konstantinopel. 8 Vgl . Chronica I, 25 S. 3 7 . • Vgl. unten I V , 2 . =
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Gesta Frederici II, 32
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nos simul omnia hec cum imperio demanarunt. Non cessit nobis nudum imperium. Virtute sua amictum venit, ornamenta sua secum traxit. Penes nos sunt consules tui . Penes nos est senatus tuus . Penes nos est miles tuus. Proceres Franeorum ipsi te con silio regere, equites Franeorum ipsi tuam ferro iniuriam propellere 5 debebunt. Gloriaris me per te vocatum esse, me per te primo civem, post principem factum, quod tuum erat a te suscepisse. Que dicti novitas quam ratione absona, quam veritate vacua sit, estimationi tue prudentumque relinquatur arbitrio . Revolvamus modernorum imperatorum gesta, si non divi nostri principes 10 Karolus et Otto 10 nullins beneficio traditam , sed virtute expugna tam Grecis seu Longobardis Urbem cum Italia eripuerint a) Fran corumque apposuerint terminis . Docet hec Desiderius et Beren garius, tyranni tui, in quibus gloriabaris, quibus tamquam prin cipibus innitebaris 11• Eos a Fraucis nostris non solum subactos t 5 et captos fuisse, sed et in servitute ipsorum f consenuisse, vitam finisse vera relatione didicimus . Cineres ipsorum aput nos recon diti evidentissimum huius rei representant indicium . Sed dicis : Vocatione mea venisti. Fateor, vocatus fui l2• Redde causam , quare vocatus fuerim ! Ab hostibus pulsabaris nec propria manu 20 Grecorumve mollitie liberari poteras. Franeorum virtus invita tione adscita est. Implorationem potins quam vocationem hanc dixerim . Implorasti misera felicem , debilis fortem, invalida vali dum, amtia securum . Eo tenore vocatus, si vocatio dicenda est, veni. Principem tuum militem meum feci 13 teque deinceps usque 25 inpresentiarum in meam ditionem transfudi . Legitimus possessor sum . 14 Eripiat quis , si potest, clavam de manu Herculis 14. Sicu lus , in quo confidis, forte hec faciet ? Ad priora respiciat exempla. 15 Nondum facta est Franeorum sive Teutonicorum manus inva lida 15. 16 Deo largiente vitaque comite 16 et ipse temeritatis sue Jo quandoque 17 capere poterit experimenta 17. 18 Iustitiam tuam , a)
eripuerunt A B . Otto d . Gr. 11 Der letzte Langobardenkönig Desiderius starb in einem fränkischen Kloster, Berengar (96 1 - 964) wurde nach seiner Unterwerfung naeh Bamberg verbracht, wo er auch starb . - Charakteristisch für Barbarossa ist die starke karolingische Tradition. 12 Friedrich wird hier und im Folgenden mit seinen Vorgängern identifiziert. 10
Antwort Friedrichs an die Römer
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uns gibt es dies alles. Auf uns ist dies alles zugleich mit der Kaiser herrschaft übergegangen. Nicht nackt ist das Kaisertum uns zugefallen. lVIit seiner Kraft bekleidet kam es, seine Zierden brachte es mit. Bei uns sind deine Konsuln . Bei uns ist dein Senat . Bei uns ist dein Heer. 5 Die Vornehmen der Franken müssen dich nach ihrer Einsicht regieren , die Ritter der Franken werden mit dem Schwert Unrecht von dir ab wenden müssen. Du prahlst, ich sei durch dich berufen worden, durch dich sei ich zuerst Bürger, dann Fürst geworden, von dir hätte ich empfangen, was dein war. ·wie vernunftwidrig, wie unwahr diese neue 1 0 Behauptung ist, das bleibe deiner Ü berlegung und dem Urteil der Klugen überlassen. Schlagen wir nach in den Taten der neuen Kaiser, ob nicht unsere göttlichen Fürsten Karl und Otto 10 die ihnen nicht nur durch irgendj emandes Verleihung übergebene, sondern durch Tapfer keit eroberte Stadt zusammen mit Italien den Griechen und den Lan15 gobarden entrissen und dem Gebiet der Franken einverleibt haben ? Das lehren Desiderius und Berengar, deine Tyrannen, deren du dich rühmtest, auf die du dich als deine Fürsten stütztest 11• Daß sie von unseren Franken nicht nur unterworfen und gefangengenommen, son dern auch in deren Knechtschaft alt wurden und ihr Leben endeten, 20 haben wir aus zuverlässigen Berichten erfahren. Ihre Asche, bei uns beigesetzt, liefert den augenfälligsten Beweis dafür. Aber du sagst : Auf meinen Ruf hin bist du gekommen . Ich gebe zu, ich bin gerufen worden 12. Gib den Grund an, weshalb ich gerufen wurde ! Du wurdest von Feinden bedrängt und konntest weder durch eigene Hand noch 15 durch die schwächlichen Griechen befreit werden. Der Franken Tap ferkeit wurde durch die Einladung herbeigerufen . Ich möchte das eher ein Anflehen als ein Rufen nennen. Als Elende hast du den Glücklichen angerufen, als Schwache den Starken, als Kraftlose den Kraftvollen , als Ängstliche den Sicheren . In diesem Sinne berufen, wenn man das 30 eine Berufung nennen kann, bin ich gekommen . Deinen Fürsten habe ich zu meinem Vasallen gemacht 13, und dich habe ich dazu bis zum heutigen Tage unter meine Botmäßigkeit gebracht. Ich bin dein recht mäßiger Eigentümer. 14 1\fag, wer es kann, der Faust des Herkules die Keule entreißen 14• Wird das etwa der Sizilier tun, auf den du ver3 5 traust ? Er möge an frühere Beispiele denken ! 15 Noch ist die Hand der Franken und der Deutschen nicht erlahmt 15. 16So Gott will und jener bis dahin lebt l6, wird auch er einstmals 17 die Folgen seiner Unbesonnen heit erfahren können 17. 18 Du forderst dein Recht, das ich dir schulden G emeint ist wohl Berengar. Vgl. A. Otto, Sprichwörter S. 1 63 ; Thes. linguae lat. III, 1 296f. 1 5 -H Vgl. Num. 1 1 , 23. 1 6 - 16 Vgl. Chronica S. 3 ( B rief Ottos an Friedrich). 1 7-1 7 V gl. Gen . 42, 1 5 . 18 - 18 Vgl . P s. 1 1 8, 56. 94. 13
u- u
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Gesta Frederici Il, 32
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quam tibi debeam, exquiris 18• Taceo, quod principem populo, non populum principi leges prescribere oporteat. Pretermitto, quod quilibet possessor possessionem suam ingressums nullum conditionis preiudicium pati debeat. Ratione contendamus. Pro panis, ut mihi videtur, trium sacramentorum exactionem 19• De 5 singulis respondeo . Dicis me debere iurare, ut leges antecessorum meorum imperatorum, eorum privilegiis tibi firmatas, et bonas consuetudines tuas observem. Apponis etiam, quod patrie usque ad periculum capitis tuitionem iurem . Ad ista duo simul respon deo . Ea que postulas aut iusta sunt aut iniusta. Si iniusta sunt, 1 0 nec tuum erit postulare nec meum concedere. Si iusta, recognosco me hec et debendo velle et volendo debere. Quare superfluum erit voluntario debito et debite voluntati sacramentum apponere. Quomodo enim tibi tuam iustitiam infringerem, qui quibuslibet infimis etiam quod suum est servare 20 cupio 1 Quof modo pa- 1 5 triam et precipue imperii mei sedem usque ad periculum capitis non defenderem, qui et ipsius terminos non sine einsdem peri culi estimatione, quantum est in me, restaurare cogitaverim 1 Experta est hoc Dania nuper subacta Romanoque reddita orbi 21 , et fortasse plures provincie pluraque sensissent regna, si presens 20 negotium non impedisset. Ad tertium venio capitulum . Affirmas pro pecunia quadam iuramentum a) prebcri a mea deberi persona. Proh nefas ! A tuo , Roma, exigis principe, quod quilibet lixa potius petere deberet ab institore . A captivis hec penes nos exi guntur. Num in captivitate detineor 1 Num vinculis hostium 25 urgeor 1 Nonne multo et forti stipatus milite inclitus sedeo 1 Coge tur princeps Romanus contra suam voluntatem cuiuslibet pre bitor esse, non largitor 1 Regaliter et magnifice hactenus mea cui libuit et quantum decuit et precipue bene de me meritis dare consuevi . Sicut enim a minoribus debitum rite expetitur obse- 30 quium, sie a maioribus meritum iuste rependitur beneficium : hunc, quem alibi a divis parentibus meis acceptum servavi morem , civibus cur negarem Urbemque meo introitu letam a ) folgt
tibi AB, (t. iur. A ) . Vgl. den Brief Friedrichs, oben S . 86. 2o Vgl. Chronica S. 2.
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soll 18. Ich will nicht davon reden , daß der Fürst dem Volke, nicht das Volk dem Fürsten Gesetzte vorzuschreiben hat. Ich übergehe, daß ein Besitzer, der seinen Besitz antreten will, sich keinerlei präjudizierende Bedingung vorschreiben lassen darf. jiit Vernunftgründen wollen wir 5 streiten. Du forderst, so scheint mir, drei Eide 19. Zu jedem einzelnen gebe ich hier die Antwort. Du sagst, ich müsse schwören, die Gesetze der Kaiser, meiner Vorgänger, die dir durch ihre Privilegien bestätigt worden sind, und dein gutes Herkommen zu beachten . Du fügst noch hinzu, daß ich dem Vaterland bis zur Lebensgefahr eidlich Schutz 1 0 zusagen soll . Auf beide Forderungen antworte ich zugleich. Was du forderst, ist entweder gerecht oder ungerecht. Wenn es ungerecht ist, so wird es nicht an dir sein zu fordern und nicht an mir, es zu gewähren. Ist es gerecht, so erkenne ich an, daß ich es will, weil ich es schuldig bin, und es schuldig bin, weil ich es will. Daher ist es überflüssig, zu 15 der freiwillig anerkannten Pflicht und dem der Pflicht entsprechenden Willen noch einen Eid hinzuzufügen . Denn wie sollte ich dir dein Recht verletzen, der ich doch selbst den Geringsten ilir Eigentum zu erhalten 20 wünsche ? Wie sollte ich das Vaterland und insbesondere den Thron meines Reiches nicht bis zur Gefährdung meines eigenen 20 Lebens verteidigen, der ich doch darauf bedacht bin, nicht ohne diese Gefahr in Betracht zu ziehen, selbst seine Grenzen wiederherzustellen ? Das hat Dänemark zu spüren bekommen, das neulich unterworfen und dem römischen Reich wieder angegliedert wurde 21, und wahr scheinlich hätten noch mehr Länder und noch mehr Königreiche diese zs Erfahrung gemacht, wenn das gegenwärtige Unternehmen es nicht verhindert hätte . Ich komme zum dritten Punkt. Du behauptest, daß ich dir für meine Person schulde, einen Eid hinsichtlich einer ge wissen Geldsumme zu leisten. Welch ein Frevel ! Von deinem Fürsten, Rom , forderst du, was eher ein Marketender von einem Krämer for30 dern sollte. Von Gefangenen ·wird so etwas bei uns gefordert. Werde ich etwa in Gefangenschaft gehalten ? Bin ich von Banden der Feinde ge fesselt ? Throne ich nicht hier, hoch berühmt, umgeben von einem großen und tapferen Heer ? Soll der römische König gegen seinen Willen genötigt werden, irgendjemandem etwas zu leisten, nicht zu schenken ? 3 5 Königlich und glänzend war ich bisher gewöhnt zu geben, wem mir's beliebte und so viel sich ziemte, vor allem denen, die sich wohl um mich verdient gemacht . Denn wie von den Geringeren mit Recht der schuldige Gehorsam gefordert ·wird, so wird von den Großen billiger weise der verdiente Lohn gespendet ; warum sollte ieh diesen von mei40 nen göttlichen Vorfahren überkommenen Brauch , den ich an anderen Orten gewahrt habe, den (römischen) Bürgern versagen und der Stadt nicht durch meinen Einzug Freude bereiten ? Doch wer 2 1 Vgl .
oben II, 5.
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Gesta Frederici II, 32 - 34
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non facerem ? Sed merito non iusta iniuste petenti cuncta iuste negantur' . (3 1 ) 3 3 . Hec dicens et non sine condigna mentis indignatione ora tionem terminans conticuit. Porro quibusdam ex circumstantibus inquirentibus ab his qui missi fuerant, an plura dicere vellent, 5 paulisper deliberantes in dolo responderunt se prius ea que audi erant concivibus suis referre et tune dem um ex consilio ad princi pem redire velle. Sie accepto commeatu a curia egredientes ad Urbem cum festinatione revertuntur. Rex dolum presentiens consulendum super hoc negotio patrem suum Romanum pon- 10 tificem decernit. Cui ille : 'Romane plebis, fili , adhuc melius experieris versutiam. Cognosces enim in dolo eos venisse et in dolo redisse. Sed Dei nos adiuvante clementia dicentis : 22 Com prehendam sapientes in f astutia sua 22, prevenire eorum poteri mus versutas insidias. Maturato igitur premittantur fortes et 1 5 gnari de exercitu iuvenes, qui ecclesiam beati Petri Leoninumque occupent castrum. In presidiis equites nostri ibi sint a) , qui eos cognita voluntate nostra statim admittent. Preterea Octavianum cardinalem presbiterum 23, qui de nobilissimo Rarnanorum de scendit sanguine 24, fidelissimum tu um, eis adiungemus' . Sicque 20 factum est. Eliguntur proxima nocte pene usque ad mille arma torum equitum lectissimi iuvenes summoque diluculo Leoninam intrantes urbem, ecclesiam beati Petri, vestibulum et gradus occu paturi, observant . Redeunt ad castra nuntii hec leta reportantes. 34. Sole orto, transacta iam prima hora, precedente cum car- 25
dinalibus et clericis summo pontifice Adriano eiusque adventum in gradibus prestolante, rex castra movens, armatus cum suis per declivum montis Gaudii descendens 25, ea porta, quam Auream vocant, Leoninam urbem, in qua beati Petri ecclesia sita noscitur, intravit. Videres b) militem tarn armorum splendore fulgentem, 3o tarn ordinis integritate decenter incedentem, ut recte de illo dici passet : 26 Terribilis ut castrorum acies ordinata 26, et illud Macha beorum : 27 Refulsit sol in clipeos aureos, et resplenduerunt montes a)
b)
videns AB. 2 3 von S . Cecilia, der spätere Viktor (IV . ) . einer Legation nach Deutschland ( 1 1 49) engere Ver· bindung zu Friedrich aufgenommen und war sowohl am Abschluß des Konstanzer sunt AB.
22-2 • = l . Cor. 3, 1 9 . 2 4 Oktavian hatte auf
Einzug in Rom
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unrechtmäßigerweise unberechtigte Forderungen stellt, dem wird mit Recht alles verweigert. 33. Mit diesen Worten schloß er seine Rede in berechtigter Em pörung und schwieg dann. Als dann einige der Umstehenden die Ab5 gesandten fragten, ob sie noch mehr reden wollten, antworteten diese nach kurzer Besprechung arglistig, sie wollten das, was sie gehört hätten, zunächst ihren Mitbürgern berichten und dann erst nach einer Beratung zum König zurückkehren. So erhielten sie Urlaub, verließen den Hof und kehrten eiligst in die Stadt zurück. Der König ahnte eine 1 0 List und beschloß, über diese Angelegenheit seinen Vater, den Papst, zu befragen. Dieser sagte zu ihm : Du wirst nun, mein Sohn, die Ver schlagenheit des römischen Volkes noch besser kennenlernen . Du wirst nämlich erfahren, daß sie mit Hintergedanken gekommen und mit Hintergedanken zurückgekehrt sind. Doch unter dem gnädigen Bei15 stand Gottes, der sagt : 22 Ich will die Weisen erhaschen in ihrer Klug heit 22, werden wir ihren listigen Anschlägen zuvorkommen können. Schleunig mögen tapfere und kundige Krieger aus dem Heer vorausge schickt werden, die die Kirche des heiligen Petrus und die Leoninische Burg besetzen. Auf den Schanzen sollen unsere Ritter stehen, und 20 diese werden sie, wenn sie unseren ·willen erfahren haben, sofort ein lassen . Außerdem werden wir ihnen den Kardinalpriester Oktavian 23 beigeben , der aus edelstem römischem Blut stammt 2� und dir treu er geben ist. Und so geschah es. In der folgenden Nacht wurden fast t ausend bewaffnete Ritter, die auserlesensten Mannen, ausgewählt und 25 in der ersten Morgendämmerung drangen sie in die Leostadt ein und bewRchten die Kirche des seligen Petrus, bereit, die Vorhalle und die Stufen zu besetzen . Ins Lager kehrten Boten zurück und brachten diese freudige Nachricht. 34. Nach Sonnenaufgang, als schon die erste Stunde vorüber war, 3 0 und Papst Hadrian, der mit den Kardinälen und Klerikern vorange zogen war, seine Ankunft auf den Stufen erwartete, brach der König auf und stieg bewaffnet mit seinen Leuten den Abhang des :\Ionte �fario 25 hinab und betrat durch das sogenannte Goldene Tor die Leostadt, in der bekanntlich die Kirche des heiligen Petrus liegt . Da 3 5 konnte man das Heer so strahlend im Glanz der "7affen, so muster gültig in der Vollkommenheit seiner Ordnung einherziehen sehen , daß man mit Recht von ihm sagen konnte : 26Schrecklich wie die ge ordnete Schlachtreihe des Lagers 26 und, wie es bei den .:\fakkabäern heißt : 27Auf den goldenen Schilden spiegelte sich die Sonne, und die \"ertrages wie auch an dessen Erneuerung beteiligt. Z ur Belohnung erhielt er von Friedrich ein Lehen. 2 5 Auf ihm pflegten die deutschen Könige vor der Kaiserkrönung zu lagern. 2 6 - 26 Cant . 6, 3 . ! . Mach. 6, 3 9 . "_,, =
=
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Gesta Frederici II, 34 - 3 5
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a b eis 27• Mox princeps a d gradus ecclesie beati Petri veniens a summo pontifice honorifice susceptus ac usque ad confessionem beati Petri deductus est. Dehinc celebratis ab ipso papa missarum sollempniis, armato stipatus rex milite cum benedictione debita imperii coronam accepit, anno regni sui quarto, mense Iunio, s XIIII . Kal. Iulii, cunctis qui aderant cum magna letitia accla mantibus Deumque tarn super al glorioso facto glorificantibus. Interim a suis pons, qui iuxta castrum Crescentii ab urbe Leonina usque ad ingressum ipsius extenditur Urbis, ne a furente populo celebritatis huius iocunditas interrumpi posset, servabatur. Perac- 10 tis omnibus imfperator cum corona solus equum faleratum in sidens, ceteris pedes b) euntibus, per eandem, qua introierat cl , portam ad tabernacula, que ipsis muris adherebant 28, revertitur, Romano pontifice in palatio quod iuxta ecclesiam habebat remanente. 15 3 5 . Dum hec agerentur, Romanus populus cum senatoribus ( 33 ) suis in Capitolio convenerant. Audientes autem imperatorem sine sua adstipulatione coronam imperii accepisse, in furorem versi, cum impetu magno Tyberim transennt ac iuxta ecclesiam beati Petri procurrentes quosdam ex stratoribus 29, qui remanserant, 20 in ipsa sacrosancta ecclesia necare non timuerunt. Clamor attolli tur. Audiens hec imperator militem ex estus magnitudine sitisque ac laboris defatigatione recreari cupientem armari iubet. Festi nabat eo amplius, quo timebat furentem plebem in Romanum pontificem cardinalesque irruisse. Pugna conseritur, ex una parte 25 iuxta castrum Crescentii cum Romanis, ex altero latere iuxta Piscinam 30 cum Transtyberinis. Videres nunc hos istos versus castra propellere, nunc hos illos ad pontem usque repellere. Adiuvabantur nostri, quod a castro Crescentii saxorum ictibus seu iaculorum non ledebantur spiculis, mulieribus etiam , que in Jo spectaculis stabant, suos, ut aiunt, adhortantibus, ne propter inertis piebis temeritatem tarn ordinatum equitum decus ab his qui in arce erant predictis modis sauciaretur. Dubia itaque sorte dum diu ab utrisque decertaretur, Romani tandem atrocitatem a l s. t. AB. b) ao AB. C. c)
folgt egressus AB.
Friedrich
zum
Kaiser gekrönt
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Berge erstrahlten von ihnen 27• Als dann der König zu den Stufen der Kirche des heiligen Petrus kam, wurde er vom Papst ehrenvoll emp fangen und zur Confessio des heiligen Petrus geleitet. Nachdem dann der Papst selbst eine feierliche Messe zelebriert hatte, empfing der 5 König, umgeben von seinem bewaffneten Heer, unter dem gebühren den Segen, die Krone des Reiches , im vierten Jahr seines Königtums, am 1 8 . Juni, während alle Anwesenden mit größter Freude akkla mierten und Gott um eines so ruhmvollen Ereignisses willen priesen. Inzwischen wurde die Brücke, die sich bei der Engelsburg von der 10 Leostadt bis zum Eingang in die eigentliche Stadt erstreckt, von seinen Mannen gehütet, damit die Fröhlichkeit dieser Feier nicht von dem wütenden Volke gestört werden konnte. Nachdem alles vollzogen war, bestieg der Kaiser, die Krone auf dem Haupt, als einziger ein prunkvoll geschmücktes Roß , während die anderen zu Fuß gingen, und kehrte 15 durch dasselbe Tor, durch das er eingezogen war, zum Zeltlager zu rück, das direkt an den Stadtmauern lag 28, '"ährend der Papst in seinem Palast blieb, der neben der Kirche liegt. 35. Während dieser Vorgänge hatte sich das Römische Volk mit seinen Senatoren auf dem Kapitol versammelt. Als sie nun aber 20 hörten, daß der Kaiser ohne ihre Zustimmung die Krone des Reiches empfangen habe, gerieten sie in Wut, zogen mit großem Ungestüm über den Tiber, drangen bis zur Kirche des heiligen Petrus vor und scheuten sich nicht, einige dort zurückgebliebene Kriegsknechte 29 in d er hochheiligen Kirche selbst totzuschlagen. Da erhob sich lautes 25 Geschrei. Als der Kaiser davon erfuhr, befahl er dem Heer, das sich von der großen Hitze und der Erschöpfung durch den Durst und die Anstrengung gern erholt hätte, die Waffen anzulegen. Er beeilte sich um so mehr, als er fürchtete, der rasende Pöbel habe sich auf den Papst und die Kardinäle gestürzt. Es kam zum Kampf, auf der einen 30 Seite bei der Engelsburg mit den Römern, auf der anderen beim Fisch teich 30 mit den Bewohnern von Trastevere. Da sah man, wie bald diese j ene nach der Engelsburg zu trieben, bald jene diese bis zur Brücke zurückwarfen. Unseren Leuten kam es zugute, daß sie nicht von der Engelsburg aus durch Stein- oder Speerwürfe verletzt wurden, zumal 3 5 auch die Weiber, die dem Schauspiel beiwohnten , wie es heißt, ihren Leuten zuredeten, daß eine so gut geordnete, glänzende Ritterschar nicht wegen der Unbesonnenheit des einfältigen Pöbels von denen, die sich in der Burg aufhielten, auf die angegebene Weise verwundet würde. Lange kämpfte man auf beiden Seiten unentschieden, schließlich 40 aber hielten die Römer den hitzigen Angriffen unserer Leute nicht 28 Auf den Neronischen Wiesen nördl. der Leostadt.
20 Nach Friedrichs eigenen Angaben (oben S. 86) nur zwei. 30 S. Benedetto in Piscinula am Tiberufer, am nördlichen Rand von Trastevere
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Gesta Frederici II, 35 - 3 6
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n ostrorum non ferentes coguntur cedere 31• Cerneres nostros tarn immaniter quam audacter Romanos cedendo sternere, sternendo cedere, acsi dicerent : Accipe nunc, Roma, pro auro Arabico Teutonicum ferrum. Hec est pecunia, quam tibi princeps tuus pro tua offert corona. Sie emitur a Francis imperium. Talia tibi a 5 principe tuo redduntur commercia, talia prestantur iuramenta. Prelium hoc a decima pene diei f hora usque ad noctem protrac tum est. Cesi fuerunt ibi vel in Tyberi mersi pene mille, capti ferme ducenti a), sauciati innumeri, ceteri in fugam versi, uno tantum ex nostris, mirum dictu, occiso , uno capto 32• Plus enim 10 nostros intemperies celi estusque illo in tempore maxime circa Urbem inmoderatior quam Rarnanorum ledere poterant arma. (3 4) 36. Finito tarn magnifico triumpho imperator ad castra rediit ibique, et se et suis fessa lectulis recipientibus membra, nocte illa conquievit. Altera die 33 cum mercatum a civibus amaricatis 1 5 habere non posset, laborantem ciborum inedia militem ad superi ora duxit ac paulisper ad campi planitiem procedens tentoria locavit. Dehinc iuxta montem Soractem, in quo beatum Silve strum olim persecutionem fugientem tradunt latuisse 34, Tyberim transvadans 35, in quadam valle campi viriditate amena 36, cuius- 20 dam amnis 37 cursu conspicua, non longe a civitate Tyburto mili tem tarn crebris laboribus defatigatum aliquantum quiescere permisit. Adventabat toti ecclesie et precipue Romane urbis pontifici et imperatori venerabile festurn b) Petri et Pauli 38• Ea ergo die, missam papa Adriano celebrante, imperator coronatur 39. 25 Tradunt Rarnanorum ibi pontificem inter missarum sollempnia cunctos, qui fortasse in conflictu cum Romanis habito sanguinem fuderant, absolvisse, allegationibus usum , eo quod miles pro prio principi militans eiusque obedientie astrictus contra hostes imperii dimicans, sanguinem fundens iure tarn poli quam fori JO non homicida, sed vindex affirmetur. Inde castra movens inter aJ
DC A B . apostolorum A B (a. P . e. P. festurn A ) . 3 1 Nach Carmen d e gestis Federici I. i n Lomb. v . 707 ff. und anderen Quellen zeichnete sich auch hier, ebenso wie bei Tortona, Heinrich d. Löwe besonders aus. 32 Wie weit Ottos Bericht und Zahlenangaben zutreffen, ist nicht sicher, da Ottos Grundlage, Friedrichs Brief, sich mit wenigen Angaben begnügt und b) folgt
Aufstand der Römer - Abzug Friedrichs
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mehr stand und mußten zurückweichen 31 . Da konnte man sehen, wie unsere Krieger ebenso schrecklich wie kühn die Römer töteten, indem sie sie niederstreckten, und niederstreckten, indem sie sie töteten, als ob sie sagen wollten : Empfange jetzt, Rom , statt arabischen Goldes 5 deutsches Eisen ! Das ist das Geld, das dir dein Kaiser für deine Krone zahlt. So wird von den Franken die Kaiserkrone gekauft. So geht dein Fürst auf den von dir angetragenen Handel ein ; solche Eide werden geleistet. Dieser Kampf zog sich fast von der zehnten Stunde des Tages bis zur Nacht hin . Es fielen dabei oder ertranken im Tiber fast 1 0 tausend, gefangengenommen wurden an die zweihundert und un zählige verwundet ; von den Unsrigen wurden wunderbarerweise nur einer getötet und einer gefangengenommen 32. Schlimmer nämlich als die \Vaffen der Römer setzte unseren Leuten die ungesunde Witterung und die damals besonders in der Stadt herrschende unmäßige 1 5 Hitze zu . 36. Nach diesem großartigen Sieg kehrte der Kaiser ins Lager zu rück und schlief dort in jener Nacht, indem er und seine Begleiter die ermatteten Glieder den Ruhebetten überließen. Als er am anderen Tage von den erbitterten Bürgern keinen Markt erlangen konnte, 20 führte er das Hunger leidende Heer in höher gelegene Gegenden, dann zog er wieder ein Stückehen in die Ebene hinunter und schlug hier die Zelte auf. Dann überschritt er in der Nähe des Monte Soracte, auf dem sich einst der heilige Silvester auf der Flucht vor der Verfolgung verborgen haben sol! 34, den Tiber 35 und ließ in einem durch das Grün 25 seiner Felder lieblichen TaP6, das von einem Fluß durchströmt wur de 37, in der Nähe von Tivoli das durch so viele Mühen erschöpfte Heer ein wenig rasten. Es näherte sich das für die ganze Kirche und beson ders für den Papst und den Kaiser ehrwürdige Fest der Apostel Petrus und Paulus 38. An diesem Tage feierte Papst Hadrian die Messe , und 30 der Kaiser trug die Krone 39. Der Papst soll bei der Messe allen, die etwa in dem Kampf mit den Römern Blut vergossen hatten, Absolu tion erteilt haben, indem er aus Zeugnissen bewies, daß ein Soldat, der für den eigenen Fürsten kämpft und ihm zum Gehorsam verpflichtet im Kampf gegen Feinde des Reichs Blut vergießt, nach göttlichem 3 5 wie irdischem Recht nicht als )lörder, sondern als Rächer gelte. Darauf andere Berichte stark davon abweichen. - Vgl. Carmen de gestis Federici I . i n Lomb. v . 6 i 2 ff. mit Anm. 33 1 1 55 Juni 1 9 . 3 4 Vgl. Vita s . Silvestri, Mombrit ius, Sanctuarium 2 I I , 5 1 1 . " ' Bei Magliano. 38 Bei der Lultanischen Brück('. 37 Aniene . 38 Peter und Paul, 2 9 . Juni 1 1 55. 39 Festkrönung.
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Gesta Frederici II, 36 - 3 7
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Urbem et Tusculanum resedit 40 • Iam tempus imminebat, quo Canis ad morbidum pedem Orionis micans exurgere deberet 41 . E vicinis stagnis cavernosisque ac ruinosis circa Urbem locis tristi bus erumpentibus et exhalantibus nebulis totus f vicinus crassatur er, ad hauriendum mortalibus letifer ac pestifer. Urgebatur hoc 5 incommodo in Urbe civis, hoc tempore ad montana consuetus fugere, in castris miles, tanta desuetus eris intemperie. Nec dubium , quin civis ad obedientiam pontifici, ad deditionem prin cipi suo venisset, si miles extra tauturn incommodum pati potuisset 42• Verum innumeris hac celi corruptione in morbos 1 0 gravissimos incidentibus, princeps dolens ac nolens suisque tauturn morem gerens ad vicina montana transferre cogitur tabernacula. Itaque proximum ascendens Appenninum, super Nar fluvium, de quo Lucanus : 43 Sulphureas Nar albus aquas 43, tentoria fixit, circa Tyburtum a Rarnano pontifice, relictis sibi 1 5 captivis, divisus. Ibi per aliquot dies manens acceptoque pru dentum consilio corruptum, quem biberant, erem farmatiis propellendum, exercitum quantum paterat recreavit. (3 5) 37. Peractis ibi aliquot diebus, cum fadrum a vicinis civitatibus et castellis et oppidis exquireretur, Spoletani indignationem prin- 20 cipis incurrunt 44• Dupliciter enim peccaverant, cum DCccarum librarum facti essent obnoxii, partim defraudando, partim falsam monetam dando . Adauxit huius indignationis cumulum , quod Guidonem comitem cognomento Guerram, inter omnes Tuscie proceres opulentiorem, de Apulia in legatione imperatoris 25 ad ipsum redire valentem , in sua civitate hospitatum, compre hendere captumque tenere ausi sunt a> . Quodque his peius erat, preceptum principis euro relaxari iubentis contempserunt. Im perator ergo plus de captivitate proceris sui quam de fraudatione pecunie motus in Spoletanos transtulit arma. Illi murorum am bitu 30 altissimarumque turrium muniminis multitudine non contenti, extra muros euro fundibulariis et sagittariis egressi, occurrendum a)
fuerunt A, sint B. Vgl. den Brief Friedrichs, oben S. 86 : usque Albam venimus. - Ottos Angaben über Friedrichs Bewegungen sind zumindest unvollständig ; nach Carmen de gestis Federici I. in Lomb. v . 8 6 1 muß Friedrich auf seinem Zug durch die römische Campagna eine Reihe von Befestigungen gebrochen haben.
••
Aufenthalt in der Carnpagna
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brach der Kaiser auf und lagerte zwischen der Stadt und Tusculum 40 . Schon kam die Zeit heran, wo das Hundsgestirn, am kranken Fuß des Orion leuchtend, aufgehen mußte 41• Aus den Sümpfen in der Nachbarschaft und aus den Höhlen und Trümmerstätten rings um die 5 Stadt erhoben sich Nebel mit ihren trüben Ausdünstungen und ver dickten die Luft, so daß sie für die Sterblichen todbringend und krank machend zu atmen war. Unter diesen Beschwerden litt in der Stadt der Bürger, der zu dieser Zeit in die Berge zu entfliehen pflegte, im Lager der Soldat, der an solche übermäßige Hitze nicht gewöhnt war. 1 0 Ohne Zweifel wäre die Bürgerschaft zum Gehorsam gegen den Papst und zur Unterwerfung unter ihren Fürsten gebracht worden, wenn das Heer draußen diese schweren Widrigkeiten hätte ertragen können 42• Da aber Unzählige infolge dieses verderblichen Klimas sehr schwer erkrankten, sah sich der Kaiser zu seinem Bedauern wider seinen lS Willen und nur seinen Leuten zuliebe genötigt, das Lager in die nahen Berge zu verlegen. Daher zog er auf die nächsten Höhen des Apennin hinauf und schlug am Flusse Nera, von dem Lucan sagt : 43Weiß schim mert von schwefligem Wasser die Nera 43, die Zelte auf, nachdem er sich bei Tivoli vom Papst getrennt und ihm die Gefangenen überlassen 20 hatte. Dort blieb er einige Tage und gönnte dem Heer, so weit er konnte, Erholung, um auf den Rat kluger Männer durch Heilmittel die verdorbene Luft, die man eingeatmet hatte, unschädlich zu machen. 3 7 . Als er sich einige Tage dort aufgehalten hatte und von den be nachbarten Städten, Burgen und Flecken das Fadrum eingetrieben 25 wurde, zogen die Spoletaner den Zorn des Kaisers auf sich 44• Denn zweifach hatten sie gefehlt, indem sie, zur Zahlung von 800 Pfund verpflichtet, das Geld teils unterschlugen, teils in falscher Münze zahlten . Es steigerte diesen Zorn, daß sie es wagten, den Grafen Guido mit dem Beinamen Guerra, den reichsten von allen Großen 30 Tusciens, gefangenzunehmen, als er von Apulien als Gesandter des Kaisers zu diesem zurückkehren wollte und in ihrer Stadt herbergte, und in Haft zu halten. Und noch schlimmer war, daß sie dem Befehl des Kaisers, ihn freizulassen, nicht gehorchten. Der Kaiser, mehr über die Gefangenhaltung eines seiner Großen erzürnt als über die Unter35 schlagung des Geldes, richtete nun seine Waffen gegen die Spoletaner. Diese mit dem Umfang ihrer Mauern und der Menge der außerordentlich hohen Schutztürme nicht zufrieden, zogen mit Schleuderern und Bogen schützen vor die Mauern , denn sie glaubten, dem Kaiser entgegentreten 41
Juli 24. " Das ist eine der üblichen optimistischen Interjektionen wie etwa oben im Bericht über die Eroberung Tortonas oder in dem Brief Friedrichs. < a -n Vgl. Verg., Aen. VII, 5 1 7 . .. Über die Eroberung Spoletos vgl . auch Carmen de gestis Federici I. in Lomb . v. 900 ff.
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Gesta Frederici II, 3 7 - 38
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principi putantes, quos poterant percutiebant et quos poterant figebant. Videns hocfprinceps : 'Ludus, ait, hic puerorum, non virorum videtur concertatio' . Dixit suosque fortiter in adversarios ruere iubet. Quo sine mora facto vallorumque obstaculis tamquam plano ex ferventium animorum fortitudine transmissis, ceduntur 5 Spoletani ac aliquamdiu viriliter resistentes cedere coguntur. Ur bis refugio se recipere volentibus miles, qui a tergo imminebat, simul recipitur, 45 fortuna iuvante virtutem 45• Civitas direptioni datur, et antequam asportari usui hominum profutura possent, a quodam apposito igne concrematur. Cives, qui ferrum flammam- 10 que effugere poterant, in vicinum montem seminudi , vitam tau turn servantes, se recipiunt. Protendebatur conflictus iste a tertia usque ad nonam . Nullus in illa concertatione privatus principe strennuior, nullus nec gregarius miles ad sumenda arma promptior, nullus ad periculorum exceptionem nec conducticius 1 5 e o paratior. Denique ea e x parte, qua maioris ecclesie pontificalem sedem versus ex convexo montis inaccessibilior civitas videbatur, ipse non solum suos ad assultum adhortatione urgebat, minis coge bat, verum etiam aliis exempla prebebat - non sine maximo peri culo montem in propria persona ascendens - eamque a) irrupit 46. 20 {36) 3 8 . Transacto Spoletanorum excidio, princeps ea nocte ibi victor remansit. Postera die 47, eo quod ex adustione cadaverum totus in vicino corruptus er intolerabilem generaret nidorem, ad proxima exercitum transtulit loca, duobus diebus ibi manens, donec igni residua in usus exercitus, non miserorum Spoletano- 2s rum cederent spolia. Post hec ad maritima Adriatici equoris loca procedit exercitus. Ibi in confiniis Anchone imperator castra ponens Palologum 48 -, quod nos veterem sermonem dicere possumus -, nobilissimum Grecorum regalisque sanguinis pro cerem, et Marodocum 49, egregium virum, ex parte principis sui 30 Constantinopolitani 50 J venientes muneraque non parva deferen tes obvios habuit. Quibus auditis causaque vie cognita, per ali quot dies secum detinuit 51 • Dehinc accepto principum, qui cum a) eam AB. ••- • • Vgl. Terent. , •• 1 1 55 Juli 2'i. 49
Phormio I , 4, 203. 4 8 Michael Paläologus. 47 Juli 28. Wohl Johannes Ducas, vgl. den Brief Friedrichs oben S . 88.
Eroberung von Spoleto
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zu müssen, und erstachen, und stießen nieder, so viele sie konnten. Als der Kaiser das sah, rief er aus : Das scheint mir ein Spiel mit Knaben, kein Kampf mit Männern zu sein . So sprach er und befahl seinen Man nen, sich mutig auf die Gegner zu stürzen . Das geschah ohne Verzug ; 5 die Schutzwehren der Wälle wurden infolge der Tapferkeit der erhitz ten Gemüter überstiegen wie ebenes Land, und die Spoletaner wurden niedergemäht, und obgleich sie eine Zeitlang mannhaft Widerstand leisteten, zur Flucht gezwungen . Als sie sich in den Schutz der Stadt zurückziehen wollten, drangen die Truppen, die sie im Rücken beI O drohten, zugleich mit ein ; 45 so half das Glück der Tapferkeit 45• Die Stadt wurde der Plünderung preisgegeben , und noch bevor wegge schafft werden konnte, was zum Gebrauch der Menschen nützlich war, ging sie in Flammen auf, da irgendjemand Feuer angelegt hatte. Die Bürger, die dem Schwert und den Flammen entfliehen konnten, zogen 15 sich, nur das nackte Leben rettend, auf einen benachbarten Berg zu rück . Dieser Kampf zog sich von der dritten bis zur neunten Stunde hin. Niemand war in diesem Kampf rühriger als der Kaiser, keiner, auch kein gemeiner Kriegsmann, entschlossener, die Waffen zu ergrei fen, keiner, auch kein Söldner, bereiter, sich Gefahren auszusetzen als 20 er. Schließlich drängte er selbst von der Seite, wo bei dem bischöflichen Sitz der Hauptkirche die Stadt wegen der Steilheit des Berges fast unzugänglich erschien, nicht nur seine Leute durch Zuruf zum Angriff und zwang sie durch Drohungen dazu, sondern gab auch den anderen ein Beispiel, und indem er unter schwerster Gefahr in eigener Person 25 den Berg erstieg, drang er in die Stadt ein 46• 38. Nach der Vernichtung Spoletos blieb der Kaiser als Sieger noch die Nacht über dort. Am folgenden Tage 47 aber führte er das Heer in die Nachbarschaft, denn durch die Verbrennung der Leichen war die ganze Luft in der Gegend verpestet, und es entstand ein unerträglicher 30 Gestank ; dort blieb er zwei Tage, bis die vom Feuer verschonte Beute in den Besitz des Heeres, nicht der unglücklichen Spoletaner, gelangt war. Darauf zog das Heer an die Küste des Adriatischen Meeres. Dort schlug der Kaiser in der Nähe von Ancona sein Lager auf, und hier begegneten ihm Paläologus 48 - den Namen können wir mit "alte 35 Rede" übersetzen - ein sehr vornehmer Grieche, ein Sproß könig lichen Blutes, und Marodocus 49, ein trefflicher Mann, die als Gesandte ihres Kaisers 50 von Konstantinopel kamen und reiche Geschenke überbrachten . Nachdem er sie angehört und den Grund ihrer Reise erfahren hatte , behielt er sie einige Tage bei sich 51. Nach dem Rat der 50
Manuel I . Komnenos.
5 1 Nach Carmen de gestis Federici I. in Lomb .
v . l 030ff. wurde hier nochmals über eine Heirat Friedrichs mit einer byzantinischen Prinzessin verhandelt. Vgl . auch P. Lamma , Comneni e Staufer l , l 7 4 ff.
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Gesta Frederici II, 3 8 - 40
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ipso erant, consilio, Guibaldum Corbeiensem simul et Stabulen sem abbatem regalem, virum prudentem ac in curia magnum 52, in Greciam legatione ipsius ad regie urbis principem functurum destinavit. (37) 3 9 . Inter hec princeps Capue 52a, Andreas Apulie comes 53 ceteri- s que eiusdem provincie exules 54 Campaniam et Apuliam cum legatione imperatoris ingredientes civitates, castella ceteraque, que olim habebant, municipia sine contradictione recipiunt, acco lis terre putantibus imperatorem e vestigio ipsos subsecuturum. At princeps diu cum proceribus maioribusque de exercitu con- to sultans plurimum ad inclinandos animos eorum a>, ut in Apuliam descenderent laboravit. Verum excandescente amplius in exer citum 66 Canis rabie 65 vixque aliquibus residuis, qui estus fervore et eris intemperie corruptionem non sentirent b) , sauciatis quoque de civitatum, castellorum, oppidorum expugnatione pluribus 1.5 nonnullisque extinctis, non sine cordis amaritudine ad Trans alpina redire cogitur. (38) 4 0 . Igitur signo dato cunctis ad patriam licentia repedandi conceditur. Intrabaut alii naves, per Adriaticum equor ac insu lam c>, que modo Venetia dicitur, ad propria reversuri . Inter 20 quos primates fuere Peregrinus Aquilegensis patriarcha, Ever hardus Babenbergensis episcopus, Bertolfus comes 56, Heinricus Carentanorum dux, Odoacer Stirensis marchio . Alii ad occiden tales partes Longobardie, nonnulli per montem Iovis, alii d) per d> vallern Morianne 57 transituri, carpebant iter. Complures adhuc 2s (39) imperatori adherebant 58. f Fredericus itaque, victor, inclitus, triumphator 69, ab Anconensium territorio castra movens per Senegalliam, ubi Senones Gallos olim Romani mansisse autumant, Fanum et Ymulam transiens, Appennino transmenso, in plano ulterioris Italie iuxta Bononiam super Rhenum resedit. Inde 30 per planam Italiam, transmisso iuxta beati Benedicti cenobium 60 b l sentiret C. a) e. a. AB. c ) insula d l fehlt AB. 5 2 Wichtigster Berater Konrads li. ••a Robert II. 53 Andreas von Rupecanina. 5 4 Robert von Bassavilla, Richard von Aquilej a u. a.
C.
Friedrich entläßt das Heer
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Fürsten, die bei ihm waren, ordnete er den königlichen Abt Wibald von Corvey und Stablo, einen klugen und am Hof hochgeschätzten Mann 52, nach Griechenland ab, damit er bei dem Fürsten der Kaiser stadt das Amt seines Gesandten verwalte. 5 39. Inzwischen waren der Fürst von Capua 62a , der Graf von Apulien Andreas 53 und die übrigen Verbannten 54 dieser Provinz mit der Gesandtschaft des Kaisers in Kampanien und Apulien eingerückt und nahmen die Städte, Burgen und alle Orte, die ihnen einst gehört hatten, ohne Widerspruch wieder in Besitz , und die Einwohner des 10 Landes glaubten, der Kaiser werde ihnen auf dem Fuße folgen . Dieser bemühte sich zwar in häufigen Beratungen mit den Vornehmen und Großen des Heeres, sie zu einem Zug nach Apulien zu veranlassen . Da aber die 55 Hitze des Hundsgestirnes 65 für das Heer immer uner träglicher wurde und kaum auch nur mehr einige wenige nicht unter 15 der verderblichen Wirkung der Hitze und des ungesunden Klimas litten, außerdem ja auch viele bei der Eroberung der Städte, Burgen und Flecken verwundet, einige auch getötet worden waren, sah er sich nicht ohne Bitterkeit des Herzens gezwungen, über die Alpen heimzu kehren. 20 40 . So gab er die entsprechende Losung aus und gewährte allen die Erlaubnis, in ihr Vaterland zurückzumarschieren. Die einen bestiegen Schiffe, um über das Adriatische Meer und die Insel, die j etzt Venedig heißt, heimzukehren. Unter ihnen waren die Vornehmsten der Patri arch Peregrin von Aquileja, der Bischof Eberhard von Bamberg, der 25 Graf Berthold 56, der Herzog Heinrich von Kärnten und der Markgraf Ottokar von Steiermark. Andere schlugen den Weg über die westliche Lombardei ein, um teils über den Großen St. Bernhard, teils durch das Tal von Maurienne 67 zu ziehen. Mehrere blieben noch beim Kaiser 58. Friedrich , der siegreiche, ruhmgekrönte Triumphator 59, zog nun aus 30 dem Gebiet von Ancona ab über Sinigaglia, wo nach der Meinung der Römer einst die keltischen Senonen gesiedelt haben, Fano und Imola, überschritt den Apennin und lagerte sich in der Ebene des j enseitigen Italien bei Bologna am Reno . Von dort zog er weiter durch die Ebene Italiens, setzte beim Kloster des heiligen Benedikt 60 über 55-55 Vgl. Hor at . , Epp. I, 1 0, 1 6 . 5 6 v o n Andechs. 5 7 l\Iont Cenis. 58 u. a. Berthold von Zähringen, Otto von Wittelsbach und zahlreiche Bi·
schöfe. 59 Sei t der Spätantike gebräuchliche Epitheta des Kaisers ; vgl. auch Chronica S. 1 . - Entgegen Ottos Worten war der Erfolg Friedrichs nur gering, außer der Kaiserkrone war keines der sonstigen Ziele und keinerlei Erfolg von Dauer erreicht. 6 0 S . Benedetto südöstl. von Mantua.
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Gesta Frederici Il, 40 - 42
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navibus al Eridano , ad campestria Veronensium revertitur circa principia mensis Septembris. 4 1 . Est autem antiqua Veronensium consuetudo, et quasi Ionginqua imperatorum utuntur privilegio, ut principes Romano rum seu ad Urbem ex Transalpinis partibus venientes seu inde 5 redeuntes, ne per ipsorum civitatem veniendo depopulationi subiaceant, paulisper sursum a civitate per pontem navibus ab eis factum Addesam transeant 61 . Hunc morem Veronenses fraudu lenter secuti pontem quidem ex navibus fecerant, sed ex liga mentorum tenaculis tarn debilem , ut potins muscipulam quam 10 pontem diceres. Alio itidem commento pcrnicioso usi fuerant. Ex superioribus amnis partibus validas lignorum strues in plures congesserant fasces, quatenus per hoc huius rei ignarum decipe rent militem, id est ut, postquam altera pars transiret, altera ponte per hec diabolica machinamenta dirupto remaneret, ipsi in 1 5 alteras irruerent. 62 Inciderunt iniqui i n foveam, iuxta scripturam, quam fecerunt 62. Denique nutu Dei saluti principis exercitusque sui previdentis factum est, ut et miles periculose, sine dampno tarnen, transiret, et predicte strues supervenientes ponte diruto quosdam ex hostibus, qui exercitum subsecuti fuerant, eodem , 20 quo venerant, meatu reverti se putantes interciperent. Qui mox omnes sicut traditores trucidati sunt. Ea nocte fessus laboribus in vicino resedit miles . (40) 4 2 . Erant 63 in imminenti fauces montium saxumque fortissi mum prope in declivo rupis inaccessibilem f servans b) viam . 2s Oportebat per desubtus exercitum transire . Talis est enim ibi natura locorum : Ex una parte labitur Athesa fluvius invadabi lis c) , ex altem prerupta montis precipitia viam stringunt et vix semitam artissimam faciunt. In hac arce quodam Alberico no bili Veronensium equite auctore latrunculorum predandi causa J O convolaverat multitudo . Igitur adventante exercitu, quidam ex eis, qui ea die, qua Athesa transmissa est, transire cupiebant, pacifice ex industri dolo angustias d) latronibus transpedare per mittuntur. Venientibus d) sequenti luce aliis latrones ad saxorum a) c)
61
ponte de navibus B. b) observans AB. invadibilis C. d - d ) a . R. v . Korr. C . Vgl . z u m Folgenden auch Carmen de gestis Federici I. in Lomb. v. I 04 3 ff.
In
der Klause bei Verona
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den Po und kehrte dann ungefähr Anfang September in das Gebiet von Verona zurück. 4 1 . Nun ist es ein alter Brauch der Veronesen, und sie genießen ge wissermaßen seit langem das kaiserliche Privileg, daß die römischen 5 Fürsten, wenn sie aus den transalpinisehen Landen nach Rom ziehen oder von dort zurückkehren, nicht durch ihre Stadt marschieren, um sie nicht der Plünderung auszusetzen, sondern etwas oberhalb der Stadt die Etsch auf einer von ihnen errichteten Schiffsbrücke über schreiten 61• Diesem Brauch entsprechend hatten die Veroneser zwar 1 0 eine Schiffsbrücke gebaut, aber sie hatten sie heimtückischerweise mit so schwachen Haltetauen befestigt, daß man sie eher eine Mausefalle als eine Brücke nennen konnte. Auch noch eine andere verderben drohende List hatten sie angewendet. Am Oberlauf des Flusses hatten sie starke Balken zu mehreren Bündeln zusammengebunden, um da1 5 durch die Truppen, die j a nichts davon wußten, zu überlisten ; wenn ein Teil des Heeres hinübergezogen war, während der andere zurück blieb, weil die Brücke durch diesen teuflischen Anschlag zerstört war, wollten sie sich selbst auf die letzten stürzen. Aber die Gottlosen fielen, wie es in der Schrift heißt, 62in die Grube, die sie gemacht hatten 62• Denn 20 auf den Wink Gottes, der für das Wohl des Kaisers und seines Heeres sorgte, zogen die Truppen zwar unter Gefahr doch ohne Verlust hin über, die erwähnten Holzstöße schwammen heran und zerstörten die Brücke und schnitten so die Feinde ab, die dem Heer nachgesetzt waren und auf demselben Wege, auf dem sie gekommen, zurückkehren 25 wollten. Sie wurden alsbald alle als Verräter niedergehauen. In dieser Nacht lagerte das Heer, von den Anstrengungen erschöpft, in der Umgegend . 42 . In bedrohlicher Nähe war ein Engpaß 63, und eine gewaltige Felsenburg hütete fast am Absturz eines Felsens den unzugänglichen 30 Weg. Darunter mußte das Heer vorbeiziehen. Folgendermaßen ist die Ö rtlichkeit : Auf der einen Seite strömt undurchschreitbar die Etsch, auf der anderen beengen jähe Vorsprünge des Berges den Weg und geben kaum einen ganz schmalen Pfad frei. In dieser Burg hatte sich auf Anstiften eines gewissen Alberich, eines vornehmen Veroneser 35 Ritters, eine Schar von Straßenräubern zusammengefunden, um Beute zu machen. Als nun das Heer heranrückte, wurde einigen von denen, die an dem Tage, da man über die Etsch ging, weiterzuziehen wünsch ten, von den Räubern, die listigerweise Friedfertigkeit vortäuschten, erlaubt, den Engpaß zu durchschreiten . Als am folgenden Tage die • •- ••
Vgl. Ps. 7, 1 6 ; Prov. 26, 2 7 . D i e Klause v o n Volargha. - Unbedingte Gewißheit über d i e folgenden Vor. gänge ist nicht zu gewinnen, da sich die einzelnen Berichte widersprechen. Vgl. Carmen de gestis v . 1 043 ff. m. Anmm. 63
Gesta Frederici II, 42
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moles currunt, transmeandi facultatem prepediunt. Principem ea latere non poterant. Erant adhuc in comitatu suo a> duo Vero nensium civium illustres equites, qui eum ad Urbem prosecuti ac inde usque ad presentem locum secuti fuerant, Garzabanus et Ysaac. Hos princeps ad predictos latrones destinandos putavit, 5 ut ita communicato concivium suorum consilio a cepta facilius desisterent malitia. Illi eos nec audire, sed ictibus propellere. Imperator rursum aliis eo destinatis illos ab incepto desistere iubet. At illi in pertinaci obstinatione sua remanentes Iapides itidem iactare ceperunt, dicentes imperatorem ibi numquam 1 0 transiturum , nisi a singulis equitibus loricam vel equum habereut et insuper non modicam pecuniam a principe. Audiens hec imperator : 'Dura est', inquit, 'hec conditio, durum est latroni principem -tributa persolvere' . Quid faceret ? Quo se verteret ? Flumen transvadaret ? Ad b) transvadandum aptus natura reni- 1 5 tente non erat. Ingenio transiret ? Pons dirutus fuit. Civitatem versus descenderet ? Sed et ibi mons ad flumen se stringens clausu ram fecerat, quam Veronensium presidia observabant. Ad con sueta priorum virtutum se vertit insignia 64• Oportebat enim qualicumque predictam arcem expugnari ingenio . Iubet sarcinas 20 deponi, tentoria quasi erigi, acsi eadem ibidem nocte figenda forent tabernacula. / 'Hic, inquit, tamquam patrie nobis arri dente vestibulo, tot decursis periculis, laborum nostrorum con summationem hic habebimus' . Sie suos alloquens, acsi illo Virgiliano uteretur : 25 66 0 socii, neque inexpertes sumus ante laborum, 0 passi graviora, dabit deus his quoque finem. Forsan et hec olim meminisse iuvabit 66, omnes armari iubet. Deinde vocato Garzabano et Ysaac de situ locorum, quove aperiri possit via ingenio, inquirendo sol- Jo lerter edoceri petit. At illi : 'Cernis eam, que super arcem de pendet, rupem, eminentia sua terribilem et c) fragosisc> locis saxorumque asperitate quasi inaccessibilem ? Illam, nisi forte ab eis observetur, si incautis preripere poteris, propositum tenebis' . Nec mora, mittuntur cum Ottone vexillifero quasi 35 a)
eius
AB.
b l At ad AB.
c ) confragosis
AB.
In der Klause bei Verona
367
anderen kamen, liefen die Räuber zu dem Felsmassiv und verhinderten den Durchzug. Dem Kaiser konnte das nicht verborgen bleiben. Noch befanden sich in seinem Gefolge zwei erlauchte Ritter aus der Veronesi schen Bürgerschaft, die ihn nach Rom begleitet hatten und ihm von 5 dort bis zu dieser Stelle gefolgt waren, Garzaban und Isaak. Sie glaubte der Kaiser zu den Räubern a bordneu zu sollen in der Erwartung, j ene würden auf den Rat ihrer Mitbürger hin eher von ihrem schlim men Vorhaben abstehen. Doch die härten sie gar nicht an, sondern vertrieben sie durch Steinwürfe. Der Kaiser schickte noch einmal to andere Boten an sie und befahl ihnen, von ihrem Beginnen abzulassen . Doch jene beharrten bei ihrer hartnäckigen Widersetzlichkeit und begannen wieder, mit Steinen zu werfen, und äußerten, der Kaiser werde hier niemals vorbeikommen, wenn sie nicht von j edem Ritter einen Harnisch und ein Roß und obendrein vom Kaiser eine große 1 5 Geldsumme erhielten . Als der Kaiser das erfuhr, rief er aus : Hart ist diese Bedingung, hart ist es für einen Kaiser, einem Räuber Tribut zu zahlen. Was sollte er tun ? Wohin sollte er sich wenden ? Sollte er den Fluß überschreiten ? Er war seiner Natur nach nicht überschreit bar. Sollte er ihn mit Hilfe eines technischen Mittels überschreiten ? 20 Die Brücke war zerstört. Sollte er nach der Stadt zu hinunterziehen ? Aber auch dort hatte der sich dicht an den Fluß schmiegende Berg eine Klause geschaffen, die die Posten der Veroneser bewachten . Da wandte er sich zu den gewohnten Taten seiner Tapferkeit 64. Er mußte ja diese Burg durch irgendeinen Kunstgriff erobern. So befahl er, das 25 Gepäck abzulegen, scheinbar die Zelte aufzustellen, als ob dort in der Nacht die Zelte aufgeschlagen werden sollten. Hier, rief er aus, wo uns gleichsam die Vorhalle des Vaterlandes zulächelt, hier werden wir nach Ü berwindung so vieler Gefahren das Ende unserer Mühen erle ben. So sprach er zu ihnen, gleichsam jene Verse Vergils verwendend : 30 65 0 Genossen, wir sind nicht unerfahren in Mühen, 0 die wir Schlimmeres litten, Gott wird auch dieses beenden. Möglich, daß einst es uns freut, auch an dieses zu denken 65, und befahl allen, sich zu wappnen . Darauf beschied er Garza ban und Isaak zu sich und suchte sich durch Fragen genau 35 über die Geländeverhältnisse zu unterrichten und durch welche List etwa der Zugang zu ihr eröffnet werden könne. Jene ant worteten : Siehst du den Felsen dort, der die Burg überragt, von erschreckender Höhe, wegen der Klüfte und schroffen Felsblöcke scheinbar unzugänglich ? Wenn sie diesen vielleicht unvorsichtiger40 weise nicht bewachen und du ihn besetzen kannst, wirst du dein Ziel erreichen . Unverzüglich wurden etwa zweihundert auserlesenste Krieger unter dem Bannerträger Otto abgeschickt. Auf Abwegen durch 04 Vgl. oben I, 9.
..-•• Vgl. Verg. , Aen. I, 1 9 8 f. 203.
368
Gesta Frederici II, 42
[ 1 48/ 149]
ccti lectissimi iuvenes armati. Illi per devia silvarum et mon tium, per concava et confragosa Alpium oberrando loca tandem cum multo sudore ad predictam perveniunt rupcm . Que dum quasi ferro abscisa nullum ascendendi aditum militi offerret, curvatur alius, ut socium dorso levet, alius ad erigendum com- 5 militonem suum al humeros prebet. Post hec de hastis facientes scalam - nam gravabatur admodum hac naturali, ut ita dicam , scala armatus eques -, cuncti ad summitatem perveniunt rupis. Exeritur ab Ottone imperatoris vexillum , quod ab eo prius latenter gestabatur. Hoc signo tamquam victoriam presagiente 1 0 66 clamor et cantus attollitur 66, exercitus, qui in valle manebat, ad assultum properat. Latrunculi huius rei incauti - putabant enim predictam rupem cunctis mortalibus impermeabilem, solis avibus perviam fore -, viso, quod ex infernis et supernis urgeren tur locis, desperatione corripiuntur fugamque moliuntur, sed 1 5 fuge locus non erat. Quicumque enim ex eis precipitii presidio se committeret, ex collisione hinc inde saxorum confractus mem bratimque discerptus, antequam ad solum perveniret, animam in inani ponebat. Tanta erat saxi eminentia, tanta fuit hispide rupis scabrosa J malitia. Quid plura ? Uno, ut b) aiunt b) , solo, qui 20 cavernosis locis absconsus delitescens mortem evasit, ceteri om nes obtruncantur, duodecim cum Alberico captis ac ad suppli cium rcservatis. Erant pene omnes, qui deprehensi in vinculis tenebantur, equestris ordinis . Presentatis igitur predictis viris principi ad patibulique supplicia adiudicatis, unus ex eis inquit : 2s 'Audi, imperator nobilissime, miserrimi homini sortem . Gallus ego natione sum, non Lombardus, ordine quamvis pauper eques, conditione liber, casu, non industria his latronibus adiunctus pro resarcienda familiaris rei penuria. Promiserunt se ducturos me ad loca talia, ubi mea posset relevari inopia. Credidi miser, consensi 30 credulus, ductus sum ab iniquis et seductus ad hec infortunia. Quis enim in quolibet mortalium tarn precipitate mentis speraret insaniam , tam furentis animi expectaret audaciam ? Quis a pro prio cliente has suo principi, Urbis et orbis dominatori, necti crederet insidias ? Parce, princeps, parce misero, parce miserabiliter 35
a ) fehlt AB.
b ) autem
C.
In der Klause bei Verona
369
Wälder und Berge, über Klippen und Klüfte der Alpen irrend erreich ten sie schließlich unter schweren Anstrengungen den Felsen. Da dieser aber, wie mit dem Schwert abgeschnitten, dem Kriegsvolk keine Anstiegsmöglichkeit bot, bückte sich der eine, um den Genossen auf 5 den Rücken zu nehmen, der andere bot seinen Kameraden die Schul tern, um ihn höher zu heben. Dann fertigten sie aus Lanzen eine Lei ter - denn durch jene sozusagen natürliche Leiter wurde der be waffnete Ritter allzusehr belastet -, und so gelangten alle auf den Gipfel des Felsens . Nun richtete Otto das kaiserliche Banner auf, das 1 0 er bisher verborgen getragen hatte . Da dieses Banner gewissermaßen den Sieg vorausverkündete, 66 erhob sich Geschrei und Gesang 66, und das im Tal verbliebene Heer eilte zum Angriff. Die Räuber machten sich deswegen zunächst noch keine Sorge - glaubten sie doch, jener Felsen sei für alle Menschen unzugänglich und nur für Vögel erreich15 bar -, aber als sie nun sahen, daß sie von unten und von oben ange griffen wurden, da wurden sie von Verzweiflung erfaßt und sannen auf Flucht, aber für Flucht war kein Raum. Denn wenn einer sich dem Schutz des Felsabsturzes anvertraute, wurde er bald hier, bald da durch stürzende Felsbrocken zerschmettert und Glied für Glied zer20 fetzt hauchte er seine Seele in den leeren Raum aus, bevor er noch den Boden erreichte . So hoch ragte der Fels empor, so verderbenbringend war die Schroffheit des rauhen Gesteins. Kurz , nur ein einziger soll dem Tode entronnen sein, der sich in einer Höhle verbarg und unentdeckt blieb, alle übrigen wurden niedergehauen, zwölf wurden mit Alberich 25 gefangengenommen und für die Hinrichtung aufgespart. Fast alle Gefangenen, die in Haft gehalten wurden, gehörten dem Ritterstand an. Als diese Männer nun vor den Kaiser geführt und zum Galgen ver urteilt wurden, rief einer von ihnen aus : Höre, hochedler Kaiser, das Schicksal eines tiefunglücklichen Mannes ! Ich bin von Herkunft ein 3 0 Gallier, kein Lombarde, von Stand ein freilich armer Ritter, frei von Geburt, zufällig, nicht aus Absicht, diesen Räubern verbunden, um dem Mangel an Vermögen abzuhelfen. Sie versprachen, mich an solche Orte zu führen, wo ich von meiner Armut befreit werden könnte . Ich Unglücklicher glaubte ihnen , leichtgläubig willigte ich ein, ließ mich 3 5 von diesen Schurken führen und wurde zu solch schändlichem Tun verführt. Wer konnte denn in irgendeinem Menschen einen sich so überstürzenden Wahnsinn vermuten, die Tollkühnheit eines so rasen den Sinnes erwarten ? Wer konnte glauben, daß gegen den Kaiser, den Herrn der Stadt und des Erdkreises, von einem seiner eigenen 40 Untertanen solche Ränke gesponnen würden ? Schone, Fürst, schone den Unglücklichen, schone den elend Verführten ! Ihn allein von allen •• - • •
Vgl. Verg., Aen. IX, 566
u.
ö.
370
Gesta Frederici II, 42 - 44
( 1 49 / 1 5 0]
seducto' ! Rune solum imperator gloriosus de ceteris sen tentia mortis a) eripiendum decrevit, hoc ei tauturn pro pena imposito, ut funibus cervicibus singulorum appositis ligni sup plicio commilitones plecteret 67• Sicque factum est. Non illis miserrimis profuit multa, quam pro vita redimenda promittebant, s pecunia ; a districto iudice patibulo appensi sunt. Ceteri omnes, qui per decliva montium dispersi iacebant, ut cunctis trans euntibus temeritatis sue preberent documenta, in ipsa via in cumulos acti. Fuerunt autem, ut dicitur, quasi quingenti . (4 1) 4 3 . Princeps, transitis locorum angustiis, iam cunctis emensis 1 0 periculis, nocte illa in Tridentinorum territorio castra letus locavit 68• Dehinc per Tridenturn vallemque Tridentinam trans iens ad Bauzarrum usque pervenit. Hec villa in termino Italie Baioarieque posita dulce vinum atque ad vehendum f in exteras regiones naturale b> Noricis mittit 69• Inde, multis se ad propria 1 s dispergentibus domicilia, per Brixinoram iter agens ad Baioarie planitiem eodem ferme, quo inde egressus fuerat, tempore 70 vertente anno rediit. Hec de expeditionis illius processu et proventu pauca de multis enarrasse sufficiat. Neque enim cuncta ibi fortiter gesta a zo nobis ea ordinis integritate stilique urbanitate dici poterant, acsi oculis nostris illa vidissemus. Nam antiquarum mos fuisse traditur, ut illi, qui res ipsas prout geste fuerunt sensibus perceperant, earumdem scriptores existerent. Unde et historia ab histeron, quod in Greco videre sonat, appellari consuevit 71• zs Tanto enim quisque ea que vidit et audivit plenius edicere poterit, quanto nullius gratia egens hac illacque ad inquisitionem veritatis non circumfertur dubie anxius et anxie dubius. Durum siquidem est scriptoris animum tamquam proprii extorrem examinis ad alienum pendere arbitrium . 30 44. Igitur consummato feliciter vie labore, princeps ad (42) familiaria remeans domicilia alloquitur in confinio Ratisponen sium patruum suum Heinricum ducem, ut ei de transactione a)
bl 87
m. s. AB.
so
AB. C.
Nach Carmen de gestis Federici I. in Lomb. wurden die Gefangenen ver stümmelt (v. 1077 ff. ) .
Rückkehr nach Deutschland
37 1
beschloß der glorreiche Kaiser von dem Todesurteil auszunehmen, und nur eines erlegte er ihm als Strafe auf, daß er jedem seiner Kame raden den Strick um den Hals legte und an ihm die Strafe des Hän gens vollzog 67• Und so geschah es. Nichts nützte es j enen Unglücks liehen, daß sie für den Loskauf ihres Lebens viel Geld versprachen ; von dem strengen Richter wurden sie an den Galgen gehängt. Alle übrigen, die rings auf den Abhängen der Berge verstreut lagen, wurden am Wege aufgehäuft, um allen Vorübergehenden ein warnendes Denkmal ihrer Unbesonnenheit zu liefern. Es waren aber, wie es heißt, 1 0 ungefähr fünfhundert. 43 . Nachdem der Kaiser den Engpaß durchschritten und nun alle Gefahren überstanden hatte, schlug er in jener Nacht sein Lager fröh lich gestimmt in dem Gebiet von Trient auf 88• Dann zog er über Trient und durch das Tridentiner Tal und gelangte bis Bozen. Diese Stadt, 15 an der Grenze Italiens und Bayerns gelegen, schickt den Bayern einen süßen, zum Versand ins Ausland geeigneten Wein 69• Während viele sich von hier aus in ihre Heimat zerstreuten, schlug er den Weg über Brixen ein und kehrte ungefähr um dieselbe Zeit, wo er von dort auf gebrochen war 70, nach einem Jahr in die bayerische Ebene zurück. 20 Aus dem Vielen dieses Wenige über den Verlauf und den Erfolg die ser Heerfahrt erzählt zu haben, möge genügen. Denn es konnten nicht alle tapferen Taten, die dort geschahen, in der gehörigen Ordnung vollständig und in gepflegtem Stil von uns geschildert werden, so wie wenn wir sie mit eigenen Augen gesehen hätten . Denn Sitte der Alten 25 soll es gewesen sein, daß diejenigen , welche die Vorgänge, wie sie ge schehen waren, mit eigenen Sinnen beobachtet hatten, auch selbst über sie schrieben. Daher ist auch das Wort historia von hysteron abgeleitet, das im Griechischen sehen bedeutet 71. Denn j eder wird das, was er gesehen und gehört hat, um so genauer schildern können, 3 0 je weniger er eines Fremden Gunst bedarf und zur Erforschung der Wahrheit sich nicht hierhin und dorthin wenden muß , aus Zweifel ängstlich und aus Angst zweifelnd. Denn es ist hart, wenn der Geist des Geschichtsschreibers, der eigenen Nachprüfung beraubt, von fremdem Urteil abhängt . 35 44. Nachdem nun der Kaiser die Mühsal der Heerfahrt glücklich überstanden hatte und zu seinen heimischen Wohnsitzen zurück gekehrt war, hatte er im Gebiet von Regensburg eine Unterredung mit seinem Oheim, dem Herzog Heinrich, um ihn zu einem Vergleich 88
Am 7. Sept . ist Friedrich bei Trient nachgewiesen (St. 3725). •• Vgl. Gotifredi Viterb. Geste. Friderici I metr. v . 263 (SS. rer. Germ.). 70 Vgl. oben li, 1 1 . Am 20. Sept. ist Friedrich in Peiting nachgewiesen (St. 3727). n Vgl. Isidor., Etym. I, 4 1 , 1. -
G esta Frederici II, 44 - 4 5
372
[ 1 50/ 1 5 1)
facienda cum altero Heinrico, qui iam, ut dieturn est 72, ducaturn Baioarie iudicio principum obtinuerat, persuaderet. Cui dum ille tune non acquiesceret, iterum diem alium, quo eum super eodem negotio per internuntios conveniret, in Baioaria versus confinium Boemorum constituit 73• Quo princeps veniens La- 5 bezlaum ducem Boemie, Albertum marchionem Saxonie 74, Herimannum palatinum 75 comitem Rheni cum aliis viris magnis obvios habuit. Tantus etenim eos qui remanseraut ob ipsius gestorum magnificentiam infvaserat metus, ut omnes ultro venirent, et quilibet familiaritatis eius gratiam obsequio con- 10 tenderet invenire. Quantum etiam Italis timorem incusserit factorum eius memoria, ex legatis Veronensium perpendi potest, quod in proximo, Deo largiente, plenius dicendum erit 76. At cum multis modis ad transigendum a) nos, qui mediatorum ibi vice fungebamur, operam daremus, infecto adhuc negotio, 1 5 insalutati a b invicem separati sunt 77• (4 3) 4 5 . Post hec mediante Octobre 78 imperator Ratisponam, Norici ducatus metropolim, curiam celebraturus ingreditur, habens secum Heinricum Heinrici ducis filium in possessionem eiusdem ducatus mittendum . Hec civitas super Danubium, qui 20 unus trium famosissimorum fiuminum in Europa a topografis dicitur 79, ex ea parte, qua predicto amni duo navigabilia, Regnus scilicet et Naba, illabuntur fiumina, posita80, eo quod ratibus oportuna bonaque sit, vel a ponendo ibi rates Ratis pona h> vel Ratisbona81 vocatur, Baioariorum quondam regums2, zs modo ducum sedes. Venerunt ad eam curiam Arnaldus Magun tinus archiepiscopus et predictus Herimannus Reni palatinus comes, uterque, alter de alteroc>, querimoniam facientes 83. Denique manente in Italia principe totum pene Transalpinum imperium seditionibus motum, ferro, fiamma publicisque con- 30 gressionibus turbatum d) , absentiam sui sensit presulis. Inter a)
transiendum
c) fehlt 72
C.
AB.
b)
Ratisb. v. Ratisp . d) tubaturn C .
AB.
Oben II, 1 1 .
7 3 Ort unbekannt.
a Albrecht d . Bär, Markgraf der sächsischen Nordmark. 7 5 Hermann von Stahleck. 7 6 Unten II, 47.
Verhandlungen wegen Bayern
373
mit dem anderen Heinrich zu überreden, dem, wie berichtet 7 2 , durch einen Beschluß der Fürsten das Herzogtum Bayern zugesprochen war. Da ihm aber j ener damals noch nicht nachgab, bestimmte er einen anderen Tag in Bayern an der böhmischen Grenze, auf dem er s mit ihm über dieselbe Sache durch Bevollmächtigte verhandeln wollte 73. Dort traf sich der Kaiser mit dem Herzog Wladislaw (II.) von Böhmen, dem Markgrafen Albrecht 74 von Sachsen, dem Pfalz grafen bei Rhein Hermann 75 und anderen Großen. Denn diejenigen , die im Lande geblieben waren , hatte ob seiner großartigen Taten 10 solche Furcht ergriffen , daß sie alle freiwillig erschienen und jeder einzelne sich darum bemühte, durch Gehorsam die Gnade seiner Freundschaft zu erringen . Welche Scheu die Erinnerung an seine Taten auch den Italern eingej agt hatte, kann man an den Gesandten von Verona ermessen, worüber im folgenden, so Gott will, ausführlich 15 zu sprechen sein wird 76• Aber obwohl wir dort als Vermittler fun gierten und uns mit vielen :\Iitteln um eine Einigung bemühten , blieb die Sache noch unerledigt, und sie trennten sich ohne Gruß von einander 77• 45. Mitte Oktober 78 kam dann der Kaiser nach Regensburg, der 20 Hauptstadt des Herzogtums Bayern, um dort einen Reichstag ab zuhalten ; in seiner Begleitung befand sich Heinrich, der Sohn Herzog Heinrichs, der in den Besitz dieses Herzogtums gesetzt werden sollte . Diese Stadt liegt an der Donau , die von den Geographen als einer der drei berühmtest.en Ströme Europas bezeichnet wird 79, an der Stelle, 25 wo zwei schiffbare Flüsse, nämlich der Regen und die Nab , in sie münden 80 ; sie heißt Ratisbona oder Ratispona, weil sie für Schiffe (rates) geeignet und gut ist, oder weil dort Schiffe (rates) anlegen (ponere) 81 und war einst die Residenz der bayrischen Könige 82, jetzt die der Herzöge. Zu diesem Reichstag kamen Erzbischof Arnold von 30 Mainz und der oben genannte Pfalzgraf bei Rhein Hermann, und beide erhoben Klage wider cinander 83. \Yährend der König sich in Italien aufhielt, bekam nämlich fast das ganze transalpinisehe Reich die Abwesenheit des Herrschers zu spüren ; es wurde durch Aufstände erschüttert und durch Feuer und Schwert und öffentliche Kämpfe 3 5 zerrüttet. Vor allem hatten diese beiden Fürsten, weil sie besonders 7 7 Damit widerspricht O tto wiederum seinen eigenen Worten, mit denen er kurz vorher von der Furcht , die alle ergriffen habe, berichtete. 7 8 Reichstag zu Regensburg 1 1 55 Okt . , gerraueres Datum unbekannt. 7 9 Vgl . oben I I , 24. 8 0 Yielmehr ge ge n ü ber . 8 1 Rat ispona aus kelt. Radaspona . 8 2 D a s sind wohl d i e Karolinger Ludwig d. Deutsche, Karlmann, Kar! III . tmd Arnulf von Kärnten , die hier als baycr. Könige bezeichnet werden . 83 Hermann, Vasall Arnolds, hatte sich gegen dessen Lehenspolitik empört.
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Gesta Frederici I I , 45 - 4 7
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quos duo a> hii principes, tanto ad nocendum efficaciores quanto fortiores, totam pene Rheni provinciam et precipue Moguntine civitatis nobile territorium preda, cede et incendiis comma cularant. Igitur sedente ibi in publico consistorio imperatore iam sepe nominatus Heinricus dux possessionem suam patrum- 5 que suorum recipit sedem . Nam et proceres Baioarie hominio et sacramento sibi obligantur, et cives non solum iuramento, sed etiam, ne ullam vacillandi potestatem haberent, vadibus ob firmantur. / (44) 4 6 . Impetitur ibi Hardewicus, qui noviter per electionem 1 0 cleri et populi et metropolitani84 sui consecrationem ponti ficatum eiusdem civitatis acceperat. Regalia siquidem, que iuxta rationes curie nulli episcoporum militi, antequam de manu principis suscipiantur, tradere licet, ipse huius rei nescius impremeditate85, morante adhuc in Italia principe, tradiderat. 1 5 Ob ea in causam bJ positus, dum et factum inficiari qualita temve facti defendere nequit, compositionis incurrit noxam . Ceteri quoque, qui ab eo susceperant, quique iuxta suam con ditionem et sortem in plusve minusve consimili pena dampnan tur. Est enim lex curie, quod quisquis de ordine principum prin- 20 cipis sui iram incurrens compositionem persolvere cogatur, centum librarum debitor existat, ceteri minoris ordinis viri , sive ingenui sive liberi vel ministri, decem . (4 5 ) 47 . Ad eandem curiam episcopus Veronensis86 a populo suo ad imperatorem destinatus venit, habens secum duos predic- 25 tos87 equites Garzabanum et Ysaac. Qui cum presentie prin cipis admissus fuisset, inquit88 : 'Princeps gloriosissime, fidelis simi tui Veronenses ad tuam destinaverunt nos magnificentiam . Neque enim ego, qui eiusdem civitatis, quamvis indignus, episcopus vocor, prius hanc Iegationern suscipere volui, donec, Jo omnibus in maiore ecclesia congregatis, tamquam Deo teste, ea que ore proferebant corde se tenere unanimiter assererent. Denique credendum non est populum animi virtute prestantem, a) so besser statt d. h. 0.
causa AB. Eberhard ; Hartwigs Vorgänger Heinrich von Diessen wa.r a.m 10. Mai 1 1 55 gestorben. b)
84
Friedrich hält Gericht
375
mächtig waren und darum um so größeren Schaden stiften konnten, die gesamten Rheinlande und besonders das edle Gebiet der Stadt Mainz durch Plünderung, Mord und Brandstiftungen befleckt. Als nun dort der Kaiser öffentlich Rat hielt, empfing der schon oft ges nannte Herzog Heinrich seinen Besitz und die Residenz seiner Väter zurück. Denn auch die bayrischen Großen leisteten ihm Mannscha.ft und Eid, und die Bürger wurden nicht nur durch Eid, sondern auch durch Bürgen gebunden, damit sie keine Möglichkeit hätten, wankend zu werden. 10 46. Zur Rechenschaft gezogen wurde dort Hartwich, der vor kur zem durch Wahl von Klerus und Volk und durch die Weihe von seiten seines Metropoliten 84 die Bisehofswürde dieser Stadt erhalten hatte. Er hatte nämlich die Regalien, die nach den Grundsätzen des Hofes keinem Lehnsmann von Bischöfen übergeben werden dürfen , t 5 bevor sie aus der Hand des Kaisers entgegengenommen worden sind, ohne Kenntnis dieser Bestimmung unüberlegt verliehen, während der Kaiser noch in Italien weilte . Deswegen wurde er angeklagt und zu einer Buße verurteilt, weil er weder die Tatsache bestreiten noch die Art seines Vorgehens verteidigen konnte. Auch die übrigen, die Lehen 20 von ihm empfangen hatten, wurden je nach ihren Verhältnissen und ihrer Lage zu einer größeren oder kleineren Buße verurteilt. Es gibt nämlich ein Gesetz des Hofes, daß jeder aus dem Stande der Fürsten, der sich den Zorn seines Kaisers zuzieht und eine Buße zahlen mu ß, hundert Pfund verwirkt hat, die übrigen Männer geringeren Standes, 25 Edle, Freie und l\linisterialen, zehn . 47 . Auf demselben Reichstag erschien der Bischof von Verona86 als Gesandter seines Volkes an den Kaiser, und mit ihm kamen die beiden oben genannten87 Ritter Garzaban und Isaak. Als er zur Audienz beim Kaiser vorgelassen ·wurde, sagte er88 : Glorreicher Fürst, 30 deine getreuen Veronesen haben uns an deine Erhabenheit abgeordnet. Nicht eher wollte ich , der ich, obwohl unwürdig, Bischof dieser Stadt ge nannt werde, diese Gesandtschaft übernehmen, als bis alle, in der Dom kirche versammelt, gewissermaßen vor Gott als Zeugen einmütig ver sicherten , daß das, was sie mündlich vorbrachten, ihre Herzensmeinung 35 sei. Schließlich ist auch nicht anzunehmen, daß ein Volk, das sich durch tüch tigen Sinn auszeichnet und Ü berfluß hat an irdischen Gütern, 85 Yon Unkenntnis kann kaum die Rede sein ; in Salzburg dürfte es sich eher darum handeln, j eden königlichen Einfluß auf die Besetzung der Bischofsitze auszuschalten ; im übrigen konnten diese Grundsätze, niedergelegt im Wormser Konkordat, als nicht mehr in G eltung betrachtet werden, da das Wormser Konkordat nur persönliches Privileg für Heinrich V . war. 8 B Tebaldus ( l l 35 - l l 5 7 ) . 8 7 Oben II , 42. 88 Die folgende Rede ist wiederum von Otto stilisiert.
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Gesta Frederici I l , 47 - 48
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rerum habundantia pollentem, pastorem animarum suarum deceptionis baiolum facere. Alium invenire poterant fraudis idoneiorem ministrum. Preterea hi mihi college iuncti sunt, quorum tu fidem in negotiis, fortitudinem in preliis proxima tua ex pertus es expeditione. Crede ergo, domine, crede quod dicimus. Po- 5 pulus tuus Veronensis tuus89est peculiaris a) I populus 89' tibi tam quam domno et imperatori bl fideliter devotissimus et devote fidelissimus. Audierunt, dum per eorum fines transires, quosdam latrunculos angustias viarum observare ausos fuisse ; cognoverunt etiam te eosdem debita animadversione punisse. Audivit hec 10 Verona et letata est. Non reputat suos cives maiestatis tue insidiatores . Absit, ut suos cives putet, qui latrocinio inserviunt. Audivit rursum, unde non mediocriter indoluit, huius te rei sus picionem de tua habere civitate. Ad hoc missi sumus. Quicum que hoc tue insinuavit serenitati, criminator fuit, aliena felicitate t 5 lividus. Delatorem eum scias, non cognitorem . Numquid non sacramento fidelitatis tibi obligata est Verona ? Numquid, cum ab ea recederes, in tua non remansit gratia ? Offenderetne sub hone fidei pallio perfide c> Verona principem , que hoc modo ledere non solet equalem ? Visne amplius ? Sed si his credere non 20 placet allegationum rationibus, excusat se super hoc facto Verona. Famam purgare, innocentiam probare iudicio curie parata est coram tue maiestatis excellentia. Recipiat ergo bonus princeps devoti populi sui purgationem innocentie et convertat indignationis sue aculeos contra Mediolanensium et Romanorum 2s superbiam' . Hac legatione accepta imperator cum principibus consilium capit. Postea, sicut cognovimus, in gratiam recepta est Verona. Nam et magnam pecuniam dedit ac militiam , quam habere posset, contra Mediolauenses ducere sacramento firmavit. (46) 4 8 . Inde ad partes Rheni se conferens proximum natale 30 Domini Wormatie celebravit. Ea namque regio, quam Rhenus nobilissimus fluvius, ex trium Europe nominatissimorum fluvio rum unus90, intersecat, ex una ripa Gallie, ex altera Germanie Iimes, in frumento et vino opima, venationibus et piscationibus copiosa - habet enim ex parte Gallie vicinum Vosagum et 35 a ) p.
e.
AB.
b ) folgt s u o AB.
c) perfidem C .
Entschuldigung der Veroneser
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seinen Seelenhirten zum Ü bermittler einer Täuschung machen will . Sie hätten einen anderen, geeigneteren Diener für einen Betrug finden können . Außerdem sind mir Männer als Genossen beigesellt, deren Zuverlässigkeit in Verhandlungen und Tapferkeit in Kämpfen 5 du bei deiner j üngsten Heerfahrt kennengelernt hast. Glaube also, Herr, glaube, was wir sagen ! Dein Volk von Verona 89 ist das Volk, das dir zu eigen gehört89, dir als Herrn und Kaiser in Treue ergeben und in Ergebenheit treu. Sie haben erfahren , daß bei deinem Durch marsch durch ihr Gebiet einige Wegelagerer sich erfrecht haben, einen 10 Engpaß zu sperren ; sie haben auch erfahren, daß du die gebührende Strafe über diese verhängt hast. Verona hat es gehört und sich darüber gefreut. Feinde deiner Majestät sieht es nicht als seine Bürger an . Es sei ferne, daß es Leute für seine Bürger halte, die das Räuber handwerk betreiben. Es hat aber auch gehört, und darüber war es 15 nicht wenig betrübt, daß du deshalb gegen deine Stadt Verdacht geschöpft hast. Deshalb sind wir gesandt. Ganz gleich , wer deiner Hoheit diese Meinung eingeflüstert hat, er war ein Verleumder, neidisch auf fremdes Glück. Sei überzeugt , er war ein Angeber, kein Zeuge . Ist dir nicht Verona durch Treueid verpflichtet ? Ist es nicht, 20 als du es verließest, in deiner Gunst verblieben ? Sollte denn Verona unter dem Deckmantel treuer Ergebenheit treulos den Kaiser be leidigen, während es doch nicht einmal einen Gleichgestellten in dieser Weise zu kränken pflegt ? \Yillst du noch mehr ? Doch wenn du diesen Rechtfertigungsgründen nicht glauben willst, so entschuldigt 25 sich Verona wegen des Geschehenen . Es ist bereit, vor deiner erhabe nen Majestät seinen Ruf zu reinigen und seine Unschuld vor dem Hofgericht zu beweisen . Möge also der gütige Fürst die Rechtfertigung der Unschuld seines ergebenen Volkes annehmen und die Stacheln seines Zornes gegen den Ü bermut der Mailänder und Römer richten . 30 Nach dem Empfang dieser Gesandtschaft beriet sich der Kaiser mit den Fürsten . Später ist, wie wir erfahren haben, Verona wieder zu Gnaden angenommen worden . Denn es zahlte eine große Geldbuße und verpflichtete sich eidlich, eine möglichst große Truppe gegen Mailand zu stellen . 35 48. Von dort begab er sich an den Rhein und feierte das nächste Geburtsfest des Herrn in Worms. Dieses Gebiet nämlich, das der hoch berühmte Rhein , einer der drei bedeutendsten Ströme Europas90, durchschneidet, an dessen einem Ufer die Grenze Galliens, an dessen anderem die Germalliens verläuft, ist reich an Getreide und ·wei n 40 und bietet eine Fülle von jagdbarem Wild und Fischen - denn auf der gallischen Seite liegen in der Nähe die Vogesen und die Ardennen , ••-" V gl. Deut. 1 4, 2 . •o Vgl . oben II, 2 4 und S. 373 Anm . 79.
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Gesta Frederici I l , 48 - 49
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Ardennam, ex parte Germanie silvas non medioeres barbara adhue nomina retinentes , in Transalpinis91 mafnentes prineipes diutissime servare potest92• Ad haue curiam Arnaldus Maguntinus arehiepiseopus et Herimannus palatinus eomes venientes, de hoe, quod absente prineipe terram illam , ut supra 5 dieturn est93, preda et ineendio perturbarant, in causam ponun tur, ambobusque cum eomplicibus suis reis inventis, alteri ob senii morumque gravitatem et pontificalis ordinis reverentiam parcitur, alter debita pena pleetitur. Denique vetus consuetudo pro lege aput Francos et Suevos inolevit, ut, si quis nobilis, 10 ministerialis vel colonus coram suo iudice pro huiusmodi ex cessibus reus inventus fuerit, antequam mortis sententia puniatur, ad confusionis sue ignominiam nobilis canem, ministerialis sellam a>94 de eomitatu in proximum eomitatum gestare eo gatur95. Rune morem imperator servans palatinum istum 1 5 eomitem, magnum imperii principem, cum deeem comitibus complicibus suis eanes per Teutonieum miliare portare coegit. Hoc tarn distrieto iudieio per totam Transalpini imperii latitu dinem promulgato tantus omnes terror invasit, ut universi magis quiescere quam bellorum turbini inservire vellent. Aeeessit 20 ad huius tarn magni boni augmentum , quod princeps cireum quaque non inpigre discurrens nonnullorum raptorum eastra, munitiones b>, receptacula diruit, quosdam comprehensos capitali sententia plectendo, alios patibuli tormento torquendo . Sola Baioaria propter prenominatam litem huius gratie particeps 25 nondum fieri meruit. 4 9 . Eodem anno96 inter paseha et pentecosten97 Arnaldus Coloniensis archiepiscopus, vir honestus sueque eeelesie repa rator98, diem obiit99. Imperator ad Baioariam rediens, dies penteeostes in quodam castro 1 Ottonis palatini comitis c) priva- 30 tus erat. Proxima dehine f feria tertia d> 2 non longe a civitate a)
folgt rusticus aratri rotam A .
d ) t. f . AB.
91
b) folgt et AB.
c ) fehlt C.
Von Rom aus gesehen . Die Könige sind also des Unterhalts willen gezwungen, die verschiedenen Gegenden des Reichs aufzusuchen. 93 Oben II, 45. 92
Bestrafung des Pfalzgrafen Hermann
379
auf der germanischen Seite ausgedehnte Wälder, die bis heute noch ihre barbarischen Namen tragen - und kann daher die Fürsten, wenn sie sich jenseits91 der Alpen aufhalten, am längsten versorgen92• Auf diesem Reichstag erschienen Erzbischof Arnold von Mainz und 5 der Pfalzgraf Hermann und wurden angeklagt, weil sie in Abwesen heit des Kaisers das Land, wie oben berichtet92, durch Plünderung und Brandschatzung beunruhigt hatten ; sie wurden beide mit ihren Helfershelfern für schuldig befunden, doch wurde der eine wegen seines hohen Alters und seines sittenstrengen Lebenswandels und aus 10 Ehrfurcht vor seinem bischöflichen Stand verschont, während der andere mit der ihm gebührenden Strafe belegt wurde. Es hat sich bei Franken und Schwaben folgender alte Brauch als Gesetz erhalten : wenn ein Edelmann, ein Ministeriale oder ein Bauer, von seinem Richter derartiger Vergehen für schuldig befunden worden ist, dann 15 muß , bevor die Todesstrafe vollzogen wird, zur Brandmarkung seines Vergehens der Edelmann einen Hund, der Ministeriale einen Sattel von einer Grafschaft bis zur nächsten Grafschaft tragen 95• Diesem Brauch folgend, zwang der Kaiser den Pfalzgrafen, diesen hohen Reichsfürsten, und zehn Grafen, seine Mitschuldigen, eine deutsche 20 Meile weit Hunde zu tragen. Als dieses strenge Urteil im ganzen transalpinisehen Reich verbreitet wurde, befiel alle ein solcher Schreck, daß sie lieber Frieden halten, als sich auf Kriegswirren ein lassen wollten . Zur Verstärkung dieser günstigen Wirkung kam noch hinzu, daß der Kaiser überall unermüdlich umherzog und die Burgen, 25 Befestigungen und Schlupfwinkel einiger Räuber zerstörte und einige, die er gefangengenommen hatte, hinrichten ließ, andere der Folterung am Galgen überantwortete . Nur Bayern war es wegen des oben erwähn ten Streites noch nicht vergönnt, dieses Glücks teilhaftig zu werden. 49. In demselben Jahr96, zwischen Ostern und Pfingsten97, starb98 30 Erzbischof Arnold von Köln , ein angesehener Mann, der Wieder hersteller seiner Kirche99• Der Kaiser kehrte nach Bayern zurück und verlebte Pfingsten ganz für sich auf einer Burg 1 des Pfalzgrafen Otto . Am darauf folgenden Dienstag 2 hatte er in der Nähe von 94 In allen wichtigen Hss. fehlt die Strafe für den Colonus ; die Strafe des Pflugschartragens steht nur in der späten Ü berlieferungsgruppe A, ist also sicher nachträglich eingefügt. 95 Ü ber diese "haranscara" geheißene Strafe vgl. R. His, Gesch. des dt. Strafrechts bis zur Karolina ( 1 928) S . 94. 9 6 l l 56 ; das Jahr beginnt Weihnachten l l 55. 9 7 April 1 5, bzw. Juni 3. •• Vgl. I, 68. 99 l l 56 Mai 1 4 ; Arnold starb an Verletzungen, die er sich bei einem Sturz anläßlich eines Wettlaufs zugezogen hatte. 1 Wahrscheinlich Kelheim (Vgl. S . Riezler, Geschichte Baierns 1 , 662) . 2 Juni 5.
380
Gesta Frederici II, 49 - 50
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Ratispona patruum suum Heinricum ducem alloquens ad trans actionem cum altero itidem Heinrico faciendam tune demum inclinavit. Preponebat hoc princeps omnibus eventuum suorum successibus, si tarn magnos sibique tarn affines imperii sui prin cipes sine sanguinis effusione in concordiam revocare posset. (48) 50. Sequente a) dehinc ebdomada 3 in civitate orientalis Francie Herbipoli regio apparatu, multa principum astipulatione, iuncta sibi Beatrice Reinaldi comitis 4 filia nuptias celebrat. Reinaldus iste de anti qua bl et illustri Burgundiorum c) prosapia originem trahens illius Burgundie comes dicebatur, que olim a 10 Radulfo rege imperatori Heinrico, Gonradi filio , cum testamento relicta regnum erat 5. Hec eadem provincia est, a qua Gonradus dux 6 eiusque filius Bertolfus duces vocari consueverunt 7• Que vero huius disceptationis causa fuerit, paucis absolvam . Mos in illa, qui pene in omnibus Gallie provinciis servatur, remansit, 1 5 quod semper seniori fratri eiusque liberis, seu maribus seu feminis, paterne hereditatis cedat auctoritas, ceteris ad illum tamquam ad dominium respicieritibus. Ex qua consuetudine factum est, ut Guillelmus qui dicebatur Puer, huius8 ex parte patris9 consanguineus, Gonradi vero ducis sororis 10 filius, rerum 20 summam, dum adhuc viveret, illa in provincia haberet. Quo fraude suorum rebus humanis exempto 11, Reinaldo comiti iure hereditario dominium cessit. Actum est hoc sub Heinrico V . seu Lothario II. 12 Verum predictus comes nimis iustitie sue confisus - erat enim homo lenis et ex nimia lenitate remissus , 25 curias principis adire neglexit. Ex quo factum est, ut indignatione motus f princeps predictam terram Gonrado duci concederet l3, sicque uterque vicina dl sibi vendicaret loca. Longa itaque concertatione, in tantum ut etiam in campo congressu publico ab eis pugnaretur, pene usque inpresentiarum 14 deducta est hec JO controversia, donec recenter ab imperatore, sicut cognovimus, eo tenore decisa est, quod Bertolfus predicti Gonradi filius in -
proxima AB. b) antiquo C. 1 0. - 1 6. Juni. • Graf Rainald III. von Hochburgund. s Vgl. Chronica VI, 30. 6 von Zähringen.
a)
•
c) so
B.
C.
d) vincina C.
Friedrichs Hochzeit mit Beatrix
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Regensburg eine Unterredung mit seinem Oheim, dem Herzog Heinrich, und bewog ihn nun endlich zu einem Vergleich mit dem anderen Heinrich. Der Kaiser schätzte es höher als alle seine übrigen Erfolge, daß er diese beiden großen , mit ihm verwandten Fürsten seines 5 Reiches ohne Blutvergießen wieder aussöhnen konnte. 50. In der folgenden Woche 3 feierte er in der ostfränkischen Stadt Würzburg mit königlichem Gepränge in Gegenwart vieler Fürsten seine Hochzeit mit Beatrix, der Tochter des Grafen Rainald 4• Dieser Rainald stammte aus einem alten, erlauchten burgundischen Ge1 0 schlecht und führte den Titel eines Grafen desj enigen Burgund, das einst von König Rudolf dem Kaiser Heinrich (III . ) , Konrads Sohn , testamentarisch hinterlassen wurde und ein Königreich war 5. Das ist dieselbe Provinz , nach der Herzog Konrad 6 und sein Sohn Berthold gewöhnlich Herzöge genannt werden 7• Ü ber den Grund dieses Zwistes 15 will ich kurz berichten. Es blieb dort als Sitte erhalten, wie sie in fast allen gallischen Provinzen besteht, daß die väterliche Erbschaft immer auf den ältesten Bruder und seine Kinder, seien sie männlich oder weiblich, übergeht und die übrigen jenen als ihren Herrn be trachten . Irrfolge dieser Sitte hatte Wilhelm, genannt das Kind, 2 0 väterlicherseits9 sein8 Blutsverwandter, Schwestersohn 10 des Herzogs Konrad, die Oberherrschaft in j ener Provinz innehatte, solange er lebte . Als dieser nun durch einen Anschlag seiner Angehörigen ums Leben kam l l , fiel dem Grafen Rainald nach dem Erbrecht die Herrschaft zu. Dies geschah unter Heinrich V. oder Lothar II 12. Doch der genannte 25 Graf vertraute allzusehr auf sein Recht - er war nämlich ein milder :Mensch und irrfolge seiner allzugroßen :Milde nachlässig - und ver säumte es, die kaiserlichen Hoftage zu besuchen. Aus Ärger darüber verlieh der Kaiser jenes Land dem Herzog Konrad 13, und beide er hoben infolgedessen auf die benachbarten Gebiete Anspruch . In JO langer Fehde, wobei es sogar so weit kam, daß sie sich auf dem Felde in offenem Kampf gegenübertraten, zog sich dieser Streit fast bis zur Gegenwart l4 hin, bis er kürzlich, wie wir erfahren haben , vom Kaiser dahin entschieden worden ist, daß Bertholf, der Sohn des oben ge nannten Konrad, zum Ausgleich drei Städte zwischen dem Jura und 7
Oben I, 9. nämlich Rainaids III. 9 Wilhelm III., Sohn Rainaids I I . , Vetter Rainaids III. 1o Agnes von Zähringen. 11 1 1 27. 1 2 Lothar von Süpplingenburg, 2 . Kaiser seines Namens. 1 3 1 1 27 Speyer, oben I, 9 . 1 4 1 1 57 ; ein anderer Vertrag, der Berthold das ganze Burgund einräumte, war 1 1 52 geschlossen worden, als Friedrich noch nicht an die persönliche Erwerbung denken konnte (vgl. Jaffe, Bibi. rer. Germ. I, 5 1 4 n. 383). 8
Gesta Frederici II, 50 - 5 1
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negotii transactionem tres civitates inter Iurum et montem Iovis, Losannam, Gebennam et N. a) 16 accepit, ceteris omnibus imperatrici relictis. Protenditur etenim hec provincia pene a Basilea, id est a castro quod Mons-Biliardi vocatur, usque ad Isaram fluvium, de quo Lucanus : 16 Hi vada liquerunt Isarae, 16 s iunctam habens dominatui suo eam terram, que proprie Pro vincia vocatur et ab eo flumine porrigitur usque ad ea loca, qua Rodanus mari recipitur et Arelatum civitas sita est. At Reinal dus iste Symonis Lotharingiorum ducis filiam 17 ducens ab ea tantum hanc puellam 18 suscepit ipsamque non multo post 10 moriens secundum predictum morem totius terre sue heredem reliquit l9• Quam imperator, ut ostensum est, in matrimonio sortitus non solum Burgundiam, sed et Provinciam, imperio iam diu alienatas, sub uxoris titulo, ut postmodum plenius 1s dicetur 20, familiariter possidere cepit. (49) 5 1 . Ad eam curiam Guibaldus Corbagensis abbas a Grecia rediens 21 venit. Nam legati Grecorum, qui cum eo ad imperato rem destinati fuerant, aput Iuvaviam b) relicti presentie prin cipis non admittebantur. Cuius rei ratio hec fuit. Cum ab eo circa Anconam recessissent 22, litteras quasdam sigillo suo 20 clausas per surreptionem acceperant. Igitur redeunte ad Trans alpina principe, Greci Campaniam simul et Apuliam infgrediuntur ostensisque imperialibus litteris maritima sibi a principe con cessa fuisse c) mentiuntur, sicque indigenas quosque non solum auctoritate imperatoris terrendo, sed et auro corrumpendo, 2s totam provinciam ad suam ditionem inclinant 23• Inde Barrum usque procedentes arcem, ubi Guillelmi 24 presidia posita erant, expugnant. Mortuus fuit ibi Palologus et ad terram suam de portatus. Adiuvabantur non solum exulum, videlicet principis Capuani 25, Andree comitis, aliorumque, qui noviter terras suas Jo receperant 26, auxilio, sed et Roberti Cavillensis 27 cuiusdam a) v. Korr. nachgetr. 0. Iuaviam 0. c ) folgt loca AB, vgl. aber unten I V, 84. u Sitten. u- u Phars. I, 399. 1 7 Agatha. b)
=
Die
Griechen in Apulien
383
dem Großen St. Bernhard, Lausanne, Genf und N. 15, erhielt, während alles übrige der Kaiserin verblieb . Diese Provinz erstreckt sich nun fast von Basel, das heißt von der Burg namens Mömpelgard, bis zur Isere, von der Lucanus sagt : 16Diese verließen die Furt der Isere 16 ; sie s umfaßt in ihrem Herrschaftsgebiet auch die Landschaft, die im eigentlichen Sinne Provence heißt und sich von diesem Fluß bis zu der Gegend hinzieht, wo die Rhone ins Meer mündet und die Stadt Arles liegt. Jener Rainald aber heiratete die Tochter des Herzogs Sirnon von Lothringen 17, und diese gebar ihm nur dieses Mädchen 18 10 und hinterließ es, als er bald darauf starb 19, gemäß der oben erwähn ten Sitte, als Erbin seines ganzen Landes. Als nun der Kaiser sie, wie berichtet, zur Gemahlin erhielt, begann er, wie weiter unten aus führlicher erzählt werden wird 20, nicht nur Burgund, sondern auch die Provence, beide schon lange dem Reich entfremdet, unter dem 15 Rechtstitel seiner Gattin als Familieneigentum in Besitz zu nehmen . 5 1 . Auf diesem Reichstag erschien, aus Griechenland zurück kehrend 21, der Abt Wibald von Corvey. Denn die griechischen Ge sandten, die mit ihm an den Kaiser abgeordnet waren, blieben in Salzburg, da ihnen keine Audienz beim König gewährt wurde. Der 20 Grund war folgender : Als sie sich bei Ancona von ihm trennten 22, hatten sie einige durch sein Siegel verschlossene Briefe durch Dieb stahl an sich gebracht. Als nun der Kaiser über die Alpen zurück kehrte, gingen die Griechen nach Kampanien und Apulien, wiesen die kaiserlichen Briefe vor und stellten die erlogene Behauptung auf, 25 ihnen seien vom Kaiser die Küstengebiete abgetreten worden, und brachten dadurch , daß sie die Einwohner nicht nur durch die Autorität des Kaisers einschüchterten, sondern auch mit Gold bestachen, die ganze Provinz unter ihre Botmäßigkeit 23. Dann drangen sie bis Bari vor und eroberten die Burg, in der eine Besatzung Wilhelms 24 lag. 30 Dort starb Paläologus und wurde in seine Heimat überführt. Unter stützt wurden sie nicht nur durch die Hilfe der Verbannten, nämlich des Fürsten von Ka pua 25, des Grafen Andreas und anderer, die vor kurzem ihre Länder zurückerhalten hatten 26, sondern auch eines Grafen Ro bert von Cavilla 27, eines mächtigen Mannes aus j enem Lande, 18 10
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Beatrix. 1 1 48 Jan. 22. Unten III, 12. Vgl. oben II, 37. Ebda. Hierzu P. Lamma, Comneni e Staufer l, l 7 5 ff. von Sizilien. Robert. Oben Il, 38. von Bassavilla.
384
Gesta Frederici II, 5 1 - 52
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comitis, magni de terra illa viri, quem per a) pecuniam a) sibi allexerant. Preterea totus pene populus in civitatibus oppidisque manens, eo quod iam diu Guillelmi huius patrisque sui Rogerii 28 tyrannide premeretur, tamquam de iugo tarn gravi liberari optans, illis adherebat. Diffamabatur non solum per vicinas s regiones, sed et b) ad nos usque pervenit, Guillelmum vel vitam finisse vel ex vi morborum sensum amisisse, Grecos iam omnes illas possidere provincias. Audivit hoc princeps indignationeque motus consultabat diutissime, an predicti legati, qui ex parte principis sui Manuel advenerant, presentie sue admittendi vel 1 o tamquam traditores puniendi vel contemptibiliter facultatem redeundi accepturi forent. Tandem inclinatus quorundam preci bus audientiam eis prestare disponit, et ob hoc dies eis in Norico castro mense lulio prescribitur. 52. lpse vero, quamvis Guillelmum odiret, nolens tarnen imperii 1 5 sui limites tyrannica Rogerii rabie usurpatos a b exteris eripi, . expeditionem illo iurari fecit 29• Non multo tanien post, ex quo cognovit Willelmum fusis Grecis Apuliam et Calabriam rece pisse 30, consilium mutavit et ad compescendam Mediolanensium contumaf ciam iram convertit. Unde eius tale scripturn ad 20 principes destinatum invenitur :
Fredericus 31 Dei gratia Rarnanorum imperator et semper augustus dilecto patruo suo Ottoni Frisingensi episcopo gratiam suam et omne bonum. Quia divine c) providentied> clementia Urbis et orbis gubernacula tenemus, iuxta diversos eventus rerum 25 et successiones temporum sacro imperio 22 et dive rei publice consulere debemus. Cum enim ea que necessitatis causa instituta fuerint cessante necessitate cessare debeant, expeditionem, quam proxime \Virzeburc propter invasionem Grecorum in Apuliam iurari precepimus, post fugam eorum tibi ceterisque principibus 30 relaxamus, ut ad alia imperii negotia promptiores eos invenire possimus. Verum quia Mediolanensium superbia iam diu caput contra Roman um imperium erexit e> et modo sua fortitudine totam ltaliam subvertere vel suo nititur dominio subiugare r>, a) pecunia AB. d) providente AB.
bl fehlt AB. el e. i. AB.
c ) divina AB. fl s. d. AB.
Pläne zum zweiten Italienzug
385
den sie durch Geld für sich gewonnen hatten. Außerdem stand fast das gesamte Volk in den Städten und Flecken auf ihrer Seite, denn es litt schon lange unter der Gewaltherrschaft dieses Wilhelm und seines Vaters Roger 28 und wollte sich nun von diesem drü ckenden Joch be5 freien. Man verbreitete nicht nur in den benachbarten Gegenden das Gerücht, sondern es gelangte auch bis zu uns, daß Wilhelm gestorben sei oder infolge schwerer Krankheit den Verstand verloren habe und die Griechen schon alle j ene Provinzen in ihrem Besitz hätten . Dies erfuhr der Kaiser nun, und zornentbrannt hielt er lange Beratungen 1 0 ab, ob j ene Gesandten, die im Auftrag ihres Kaisers Manuel gekommen waren, zur Audienz zugelassen oder als Verräter bestraft werden, oder ob sie unter Schimpf die Erlaubnis zur Rückkehr erhalten sollten. Endlich ließ er sich durch die Bitten einiger Ratgeber erweichen und beschloß , ihnen die Audienz zu gewähren, und zu diesem 15 Zweck wurden sie für den Monat Juli zu einem Tag in Nürnberg beschieden. 52 . Er selbst aber wollte, obwohl er Wilhelm haßte, doch nicht, daß die von Roger in seiner despotischen Besessenheit in Besitz genomme nen Grenzgebiete seines Reiches ihm von Fremden entrissen würden, 20 und ließ deshalb eine Heerfahrt dorthin beschwören 29• Nicht lange danach aber änderte er seinen Plan, als er erfuhr, daß Wilhelm die Griechen geschlagen und Apulien und Kalabrien wieder in seinen Besitz gebracht hatte 30, und richtete nun seinen Zorn auf die Zäh mung des Trotzes der Mailänder. Deshalb richtete er an die Fürsten 25 folgendes Schreiben : Friedrich 31 von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und immer Augustus seinem geliebten Oheim, Bischof Otto von Freising, seine Gunst und alles Gute. Weil wir durch die Gnade der göttlichen Vor sehung die Regierung der Stadt und des Erdkreises innehaben , 30 müssen wir j e nach den wechselnden Ereignissen und Zeitläuften Sorge tragen für das heilige Reich und den göttlichen Staat. Da Be schlüsse, die in der Not gefaßt worden sind, wenn die Not ein Ende hat, wieder aufgehoben werden müssen, so erlassen wir dir und den übrigen Fürsten die Heerfahrt, die wir kürzlich wegen des Einfalls der Grie35 chen in Apulien in Würzburg haben beschwören lassen , um sie zu anderen Unternehmungen des Reiches bereitwilliger finden zu können . Da nun der Ü bermut der Mailänder schon seit langem sein Haupt gegen das römische Reich erhoben hat und jetzt durch seine Macht ganz Italien umzustürzen und seiner Herrschaft zu unterwerfen 28
Roger II. Das geschah noch in Würzburg, wie aus dem folgenden Brief deutlich wird. 3o Bereits im Mai 1 1 56. 31 Etwa Anfang April 1 15 7 geschrieben ; vgl . MG. Const. l , 224. 3 2 Vgl. R . Folz, L' idee d'empire en occident du yme au XIvme siecle, Paris 1953. 29
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Gesta Frederici II, 52 - 54
( 1 58 / 1 59]
ne tanta presumptio nostro tempore prevaleat, vel gloriam nostram plebs improba usurpare vel conculcare valeat, futuris casibus viriliter occurrere et ad destructionem eorum omne robur imperii excitare intendimus. Ex iudicio igitur principum expeditionem contra Mediolanum a proximo pentecosten aa ad s annum iuratam tibi indicimus, quam intime rogantes et pre cipientes, quatinus ad eam nobiscum peragendam a vigilia pentecostes ad annum Ulme nobis indubitanter occurras 34, certus, quod nec te nec aliquem principum nostrorum montem 10 Appenninum transire cogemus 36. ( SI ) 5 3 . Denique princeps ad Transalpina rediens, sicut Francis presentia sua pacem reddidit, sie Italis absentia subtraxit. Nam non solum Apulia et Campania huius mali , ut ostensum est 36, particeps fuit, sed et a) f ulterior Italia absentiam sui sentiens principis inmunis ab hoc turbine esse non potuit. Mediolauenses 1 s siquidem mox reedificata Terdona 37 Papiensium renovant bellum, duobus super Ticinum fabricatis pontibus 38, fines eorum irrumpunt, oppidum quoddam Vingevum, ubi multi ex ipsis simul cum marchione Willelmo 39 fuerunt, obsidione vallant ac tandem artificiose ad deditionem coactos pacem zo petere, obsides dare compellunt 40• Sed cum duras nimium pacis conditiones audissent, rursus rebellare temptabant Papienses. Igitur Mediolauenses per pontes, quos fecerant, transmeantes Limellum reedificant 41 totumque b) pene territorium Papiensium crudeliter depopulantur. zs ( 52) 54. Ea tempestate defuncto, ut dictum est 42, Arnaldo Colo niensi archiepiscopo, ecclesia illa ad electionem faciendam conveniens gravissime scissa est, prepositis et abbatibus Ge rardum Bunnensem prepositum, maioris vero ecclesie canonicis, qui tune temporis preposito et decano carebant, Fredericum 30 Adolfi comitis filium 43 eligentibus . Itaque imperatore mense b) totum AB. a ) etiam AB, vgl. aber c . 51 S. 382 Z. 25. •• 1 1 57 Mai 1 9 ; der Zug wurde 1 1 57 März 24 auf einem Reichstag in Fu1da beschworen. Die Pläne sind offensichtlich geändert worden ; das Heer " 1 1 58 Juni 7. sammelte sich Anfang Juni bei Augsburg (vgl. unten III, 2 1 ) . • • Den Empfang dieses Briefes bestätigt Otto in Chronica S . 3 . 11 Oben II, 5 1 . -
Neue Wirren in der Lombardei
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strebt, beabsichtigen wir, künftigen Anschlägen mannhaft entgegen zutreten und zu ihrer Niederwerfung die ganze Kraft des Reiches aufzubieten, damit eine solche Anmaßung sich in unserer Zeit nicht durchzusetzen und ein gottloses Volk unseren Ruhm nicht sich ans zumaßen oder zu mißachten vermag. Daher sagen wir dir einen Zug gegen Mailand an, der nach dem Urteil der Fürsten für nächste Pfingsten 33 über ein Jahr beschworen wurde, und bitten dich dringend und befehlen dir, an der Vigil von Pfingsten über ein Jahr in Ulm zu uns zu stoßen 34, um den Zug mit uns auszuführen, in der sicheren 10 Gewißheit, daß wir weder dich noch irgendeinen unserer Fürsten zwingen werden , den Apennin zu überschreiten 36• 53 . Als der Kaiser in das Land jenseits der Alpen zurückkehrte , gab er zwar den Franken durch seine Gegenwart den Frieden zurück, den Italienern aber entzog er ihn durch seine Abwesenheit . Denn 1 s nicht nur Apulien und Kalabrien waren, wie berichtet 36, von diesem Übel betroffen, auch das j enseitige Italien spürte seine Abwesenheit und konnte von diesen Unruhen nicht verschont bleiben. Denn die Mailänder bauten Tortona wieder auf 37 und begannen dann sofort wieder den Krieg gegen Pavia ; sie schlugen zwei Brücken über den 20 Tessin 38, fielen in deren Gebiet ein und belagerten Vigevano ; dort hielten sich viele Pavesen zusammen mit dem Markgrafen Wil helm 39 auf, und die Mailänder zwangen sie mit allerlei Listen, sich zu ergeben, um Frieden zu bitten und Geiseln zu stellen 40 . Als jedoch die Pan•sen die allzu harten Friedensbedingungen gehört hatten, 25 versuchten sie, den Kampf wiederaufzunehmen . Die Mailänder zogen nun auf den Brücken , die sie geschlagen hatten, hinüber, bauten Lomello 41 wieder auf und verwüsteten erbarmungslos fast das ganze Gebiet von Pavia . 54 . Um diese Zeit wurde, nach dem Tod des Erzbischofs Arnold 30 von Köln , von dem schon gesprochen wurde 42, j ene Kirche, als man zur Neuwahl zusammenkam, aufs tiefste gespalten ; die Pröpste und Ä bte wählten den Bonner Propst Gerhard , die Kanoniker der Dom kirche dagegen , die zur damaligen Zeit keinen Propst und keinen Dekan hatten , wählten Friedrich, den Sohn des Grafen Adolf 43• Als 37 Im Juni 1 1 55 begann Mailand nach Vertreibung der Pavesen mit dem vYiederaufbau ; vgl. Gesta Federici I. imp. in Lomb. S. 2 l f. 38 Eine bei Bernate Ticino (seit 6. Nov. 1 1 55) ; die andere im November 1 1 56 erbaute Brücke verband Abbiategrasso und Cassolnovo. Vgl. Gesta Federici I . imp. in Lomb . S. 22 u. 2 3 . 39 v o n Montferrat. 40 1 1 57 Juni 1 8 ; vgl. Gesta Federici I. imp . in Lomb . S. 24 - 26. 4 1 1 1 5 7 August ; vgl. Gesta Federici I. imp. in Lomb. S . 2 7 ; oben II, 26. 4 2 Oben II, 49. u Vgl. oben I, 68.
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Gesta Frederici li, 54 - 57
[ 1 59/ 1 60]
Iulio m Norico castro, ubi Greci eius maiestati presentandi erant 44, morante utreque iste partes causam suam principi ostensure veniunt 45• (53) 5 5 . Non longe ante hec tempora Grecorum princeps cum Boricio 46 co�tra Ungaros copias mittens magnum sui detrimen- s turn accepit exercitus, in tantum ut et Boricius a quodam, qui secum venerat, Cumano, qui et Scitha, sagitta transfixus necare tur. Eapropter predicti nuntii non solum ob firmandum conu bium 47 ad imperatorem venerant, sed etiam ad vindicandam a) suam de Ungaris auctoritate principis iniuriam. In utroque j 1o frustrati surrt. Nam et imperator aliam sibi, ut predictum est 48, in matrimonio iunxerat, et expeditio contra Ungaros - postula bant enim proximo eam Septembre fieri - tarn celeriter fieri b> vel bl ordinari non poterat. Admittuntur tarnen eius conspectui, scripta recipiuntur. Remittitur cum eis Stephanus capellanus 1 5 imperatoris 49, per quem prinC'rps de illius principis voluntate amplius cognoscat. Sed de Grecis dicta hunc teneant locum . 5 6 . Procedunt Colonienses, advocatos exposcunt, de sua utri (54) que electione per triduum coram principe decertant et con rixantur. Tandem princeps, utrorumque auditis allegationibus, 20 consilio et iudicio, quos secum habebat, episcoporum aliorum que principum predictam causam ad curiam Ratisponensem , ubi consilium pro terminanda duorum ducum lite publicari debuit, producendam decrevit so. 5 7 . Igitur mediante iam Septembre principes Ratispone con- 25 veniunt ac per aliquot dies presentiam imperatoris prestolaban( 55) tur c> . Dehinc principe patruo suo in campum occurrente manebat enim ille ad duo Teutonica miliaria sub papilionibus cunctisque proceribus virisque magnis accurrentibus, consilium, quod iam diu secreto retentum celabatur, publicatum est 52• Erat Jo autem hec summa, ut recolo, concordie 53• Heinricus maior natu ducaturn Baioarie per septem dl vexilla •> resignavit. Quibus
c) prestolantur AB. a) iudicandam 0. b) fehlt AB. e) folgt imperatori AB. d ) s. p. AB. u Vgl. oben II, 5 1 . •• Vgl. auch Chronica regia Coloniensis, ed. G . Waitz, SS. rer. Germ. S . 93 a. 1 1 57.
Kölner Doppelwahl - Ostmark wird Herzogtwn
389
nun der Kaiser im Juli in Nürnberg weilte, wo die Griechen seiner Majestät vorgestellt werden sollten 44, erschienen die beiden Parteien, um ihren Streit dem Fürsten vorzutragen 45• 55. Kurz vorher mußte der Fürst der Griechen, der zusammen mit 5 Boris 46 Truppen gegen die Ungarn entsandte , eine schwere Nieder lage seines Heeres hinnehmen ; sie war so groß, daß auch Boris von einem Kumanen oder Skythen, der mit ihm gekommen war, mit einem Pfeil durchbohrt und getötet wurde. Deshalb waren die ge nannten Boten nicht nur zum Kaiser gekommen, um den Ehebund 1 0 abzuschließen 47, sondern auch, um ihr von den Ungarn erlittenes Unrecht durch die Macht des Kaisers zu rächen . In beidem sahen sie sich getäuscht. Denn der Kaiser hatte, wie berichtet 4R, eine andere Frau geheiratet, und ein Feldzug gegen Ungarn - sie verlangten nämlich, daß dieser im kommenden September unternommen werde 1 5 konnte nicht so schnell angetreten oder angeordnet werden. Sie wurden aber zur Audienz zugelassen, und man nahm ihre Schreiben entgegen. Mit ihnen wurde der kaiserliche Kaplan Stephan 49 zurück gesandt , durch den der Fürst über dieses Fürsten Absichten Näheres erfahren sollte . So viel möge hier über die Griechen gesagt sein. 20 56. Die Kölner traten vor, verlangten Fürsprecher und stritten und zankten sich drei Tage lang vor dem Kaiser über ihre beiderseitige Wahl. Der Kaiser hörte die Berichte der beiden Parteien an und be schloß endlich auf den Rat und nach dem Urteil der Bischöfe und anderen Fürsten, die bei ihm waren , die Entscheidung in dieser Sache 25 bis zu dem Regensburger Reichstag zu verschieben, auf dem der Be schluß über die Beilegung des Streites der beiden Herzöge verkündet werden sollte 50• 57. Mitte September kamen dann die Fürsten in Regensburg zu sammen und warteten einige Tage auf die Ankunft des Kaisers . Als 30 der Kaiser sich dann im Feldlager mit seinem Oheim 51 getroffen hatte - j ener blieb nämlich etwa zwei deutsche Meilen entfernt im Zeltlager -, und alle Vornehmen und Großen herbeigeeilt waren, wurde der Beschluß 5 2 verkündet, der schon lange im geheimen be standen hatte. Die wichtigsten Punkte dieser Einigung 53 waren, wie 3 5 ich mich erinnere, folgende : Heinrich der Ä ltere gab die Herzogs gewalt in Bayern durch sieben Fahnen zurück. Sie wurden dem 4 6 Vgl.
oben I, 32.
" Vgl . oben II, 1 2 .
• • Oben I I , 5 1 .
49 Sonst nicht bekannt. 5 o Mi t te Septern ber 1 1 56. 5 1 Heinrich J asomirgott. 52 Die Urkunde, das sogenannte Privilegium minus ; vgl. jetzt K. Heilig,
Ostrom und das Deutsche Reich um die Mitte des 1 2. Jahrhunderts, in Kaiser tum und Herzogsgewalt im Zeitalter Friedrichs I., Sehr. der Mon. Germ. Hist 9 ( 1 944) 1 ff. 53 Vgl. auch Cons t I, 2 2 0 n. 159. .
.
390
Gesta Frederici II, 5 7 - 58
[ 1 60/ 1 6 1]
iuniori 54 traditis, ille duobus vexillis marchiam Grientalern cum comitatibus ad eam ex antiquo pertinentibus reddidit. Exinde de eadem marchia cum predictis comitatibus, quos tres dicunt 55, iudicio principum ducaturn fecit eumque non solum sibi, sed et uxori 56 cum duobus vexillis tradidit, neve in posterum ab aliquo s successorum suorum mutari posset aut I infringi, privilegio con firmavit 57. Acta sunt hec anno regni eius V., imperii secundo . (56) 5 8 . Ita ad civitatem, iuxta quod preoptaverat, inter patruum et avunculi sui filium terminata sine sanguinis effusione contro versia, letus rediit ac statim sequenti die in publico residens con- 1 0 sistorio, ne Baioaria ulterius totius regni quietis inmunis esset, treugam a proximo pentecosten ad annum iurari fecit 58• Porro tanta ab ea die usque inpresentiarum toti Transalpino pacis iocunditas arrisit imperio, ut non solum imperator et augustus, sed et pater patrie iure dicatur Fridericus. Enimvero, antequam 1 5 hec curia terminaretur, presentatis sibi iterum d e Coloniensi ecclesia utrisque partibus, alteram electionem, eam videlicet, que a canonicis maioris ecclesie facta fuit, validiorem iudicans, Fredericum, Adolfi comitis filium, de regalibus investit sicque 20 eum a Romano pontifice consecrandum ad Urbem misit. Tanta sunt, que de tue maiestatis virtute dici possent, augu storum optime, quod, si simul sine interpolatione insipienter effundantur, scribentis prefocare possent animum. Quare huic � secundo operi terminus detur, ut ad ea que dicenda restant tertio 25 locis servetur volumini . I
&l Heinrich
der Löwe. Uhlirz, Bemerkungen zu dem "Privilegium minus" für O sterreich ( 1 156) und zur Frage der "tres comitatus" , Südostforschungen 20 ( 1 96 1 ) 2 3 ff. , Grafschaft a n der T r a i s e n. u Nach M.
Friede im Reich
39 1
J Ungeren Heinrich 54 übergeben, und dieser gab durch zwei Fahnen die Ostmark mit den seit alters dazugehörigen Grafschaften zurück. Dann bildete er aus dieser Mark und den Grafschaften, die man drei nennt 55, auf Grund eines Beschlusses der Fürsten ein Herzogtum und 5 übertrug es mit zwei Fahnen nicht nur ihm persönlich, sondern auch seiner Gemahlin 56 und bestätigte ihm durch Privileg, daß das in Zu kunft von keinem seiner Nachfolger geändert oder aufgehoben werden könne 57• Das geschah im fünften Jahre seines Königtums, im zweiten des Kaisertums. 10 58. So war, wie er gewünscht hatte, der Streit zwischen seinem Oheim und dem Sohn seines Mutterbruders ohne Blutvergießen bei gelegt, und er kehrte in heiterer Stimmung in die Stadt zurück ; gleich am folgenden Tage ließ er in öffentlichem Rat einen Frieden auf ein Jahr vom nächsten Pfingsfest an beschwören 58, damit Bayern 15 fürderhin an der Ruhe im ganzen Reich teilhabe. Von diesem Tage an bis zur Gegenwart lächelte dem ganzen transalpinisehen Reich so heiterer Friede, daß man Friedrich nicht nur Kaiser und Augustus, sondern mit Recht auch Vater des Vaterlandes nennt. Denn bevor dieser Reichstag beendet wurde, erschienen die beiden Parteien der 20 Köln er Kirche wiederum vor ihm, und da er die zweite Wahl, die j enige nämlich, die von den Kanonikern der Domkirche vollzogen worden war, für rechtmäßiger hielt, belehnte er Friedrich, den Sohn des Grafen Adolf, mit den Regalien und schickte ihn dann nach Rom, damit er vom Römischen Bischof geweiht werde. 25 Es ist so viel, was über die Tatkraft deiner Majestät gesagt werden könnte, Bester der Kaiser, daß es den Geist des Schreibenden er sticken könnte, wenn es unverständigerweise ohne Unterbrechung auf einmal ausgeschüttet würde . Daher soll diesem zweiten Buch ein Ende gesetzt werden, damit für das, was noch zu berichten bleibt, JO im dritten Buch ein Platz aufgehoben werde. 56 Die Byzantinerin Theodora ; die Belehnung auch der Gemahlin und die freie Verfügungsgewalt ist nach K. Heilig aus dem byzantinischen Recht zu er klären un d sollte die Entschädigung für Heinrichs Jasomirgott Verzicht auf Bayern sein. - Zu der Errichtung neuer Herzogtümer durch Friedrich I. vgl. Th . Mayer, in Kaisertum und Herzogsgewalt, Sehr. d. Mon. Germ. Hiat. 9 ( 1 944) 365ff. 57 Otto gibt den Inhalt des Privilegium nur unvollständig wieder. Nicht er wähnt werden die Lehnsunabhängigkeit von Bayern, die unbeschränkte Ge. richtsbarkeit nach dem Territorialitätsprinzip, Kriegsdienstpflicht nur in un mittelbarer Nähe der Grenze, Erblichkeit in der weiblichen Linie. 56 Der Friede müßte demnach von Pfingsten 1 1 57 an (Mai 1 9 ) auf ein Jahr gegolten haben . Da aber die Chronologie in den letzten Kapiteln des 2. Buches nicht in Ordnung ist, dürfte eher an einen Frieden von Pfingsten 1 1 58 an gedacht Bein, der den zweiten Italienzug Friedrichs sicherstellen sollte.
392
HUC USQUE OTTO EPISCOPUS CRONICA SUA, AMODO R .
V iris prudentissimis, pace et militia exercitatis, U.1 et H . 2 , sacri palatii uni cancellario, alteri notario, R. sancte Frisingensis ecclesie professione canonicus, ordine diaconus a) , licet indignus, s simul cum intellectu spiritu pietatis habundare . 3 lnterrogans generationem pristinam et diligenter investigans patrum memo riam 3 multis experimentis invenio 4 humanarum rerum nihil firmum, nihil perpetuum 4, sed 5 dies hominis velocius transire, quam a texente tela succiditur 5, et 6 vitam eius velocius umbra t o aut vento declinare 6• Quod cum multis et magnis clarum sit experimentis, etiam presentis operis pagina suum nobis exinde prebet documentum, que ab auctore suo felicis memorie venusti sermonis inchoata principio, ipso proch dolor ! infausta morte prevento 7, nostre parvitati, velut abortiva et 8 quasi de domni sui t s funere rapta8, eius iussu pariterque serenissimi et divi imperatoris Frederici nutu fovenda et promovenda committitur. Parendum ergo tarn magnis preceptoribus deliberavi, malens potius de rudis informitate sermonis subire iudicium, quam de perfida desidia seu deside perfidia notari, si tarn clari ac magni viri mihique karissimi 20 domni tarn preclare materie ceptum opus et memoriale9 pariter cum illo in interitum atque oblivionem passus fuissem venire 10 . Et vestre quidem prudentie potissimum labor iste debebatur, aput quos exacta fides histofrie reperitur, sed preiudicantibus vobis in hac parte diversarum occupationum curis, non tarn vacat zs folgt dignitate prepositus B. 1 ffirich von Dürrmenz, Kanzler 1 1 59 Aug. 1 - 1 1 62 Sept. 7 , erwählter
a)
Bischof von Speyer, t 1 1 63 Dez. • Notar Konrads lii. 1 1 38 Aug. 1 3 - 1 1 5 1 Nov. 1 3 ; Notar Friedrichs 1 1 52 April - 1 1 55 Dez. 1 8 ; Protonotar 1 1 5 7 Nov. 1 8 - 1 1 6 7 Aug. ; vielleicht identisch mit dem Kanzler Heinrich 1 1 68 Juni 2 8 - 1 1 7 1 Nov. 27. •-• = lob 8, 8. • - • = loseph. , Bell. lud. (in der Ü bersetzung des Rufinus) IIl, 1 4 . 6-6 Vgl. l o b . 7, 6 .
393
BIS HIERHER BISCHOF OTTO UND SEINE CHRONIK VON NUN AN RAHEWIN Den hochweisen, in Frieden und Krieg erprobten Herren Ulrich 1, Kanzler, und Heinrich 2, Pfalz-Notar, wünscht Rahewin, der heiligen 5 Freisinger Kirche Kanoniker dem Stande, Diakon dem Rang nach, wenn auch unwürdig, die Fülle der Frömmigkeit und Klugheit. 3 Wenn ich das frühere Geschlecht befrage und die Überlieferung der Vorfahren genau durchforsche 3, dann erweist sich mir an vielen Beispielen, 4 daß an den menschlichen Verhältnissen nichts beständig, 10 nichts dauerhaft ist \ daß 0 Vielmehr des Menschen Tage rascher ver fließen, als vom Weber der Faden abgeschnitten wird 0, und 6 daß sein Leben schneller vorübergeht als Schatten oder Wind 6• Das wird aus vielen bedeutungsvollen Beispielen ersichtlich, und auch das vorliegende Werk bietet uns einen Beweis dafür, ist es doch von seinem 15 Verfasser glückseligen Angedenkens in feiner Sprache begonnen worden, und nun, nachdem er, o Schmerz ! vom unseligen Tode ereilt worden ist 7, unserer Wenigkeit wie ein frühgeborenes und 8 gewisser maßen aus der Leiche seines Herrn herausgezogenes Kind8 auf seine Anordnung und zugleich auf Befehl des allergnädigsten und er20 habenen Kaisers Friedrich hin zur Hut und Fortsetzung anvertraut worden. Den Befehlen so bedeutender Männer habe ich gehorchen zu müssen geglaubt, denn ich will lieber wegen der Formlosigkeit meines ungehobelten Stils getadelt, als wegen treuloser Trägheit oder träger 25 Treulosigkeit gerügt werden, wenn ich das begonnene hochbedeut same Werk9 eines so berühmten und großen Mannes, meines geliebten Herrn, zugleich mit ihm dem Untergang und dem Vergessen hätte anheimfallen lassen 10. Eurer Klugheit freilich wäre in erster Linie diese Arbeit zugekommen, euch, bei denen man genaue Kenntnis 30 der Geschichte findet ; da euch aber hieran die Sorgen für mancherlei Geschäfte hindern, so bleibt euch zwar keine Zeit, den vielbeschäftigten Vgl. I ob 8, 9 ; 7, 7. 7 Vgl. unten IV, 1 4 . Ovid . , Trist. I, 7, 3 8 . • Aus dem Ausdruck "memoriale" hat man auf e in Merkbuch Ottos schließen wollen, das über das 2. Buch sachlich und zeitlich hinausführte und Rahewins Darstellung zugrunde liegen soll. Dafür spricht j edoch nichts, memoriale ist zweifellos nur Adjektiv zu opus. 10 Vgl. Einhard, Vita Karoli M . , MG. SS. rer. Germ. ( 1 l 9 l l ) , S. I . •-•
•-•
=
394
Gesta Frederici III, Ep . Rahewini
[ 1 63/ 1 64]
ad scribendum distractos animos applicare, quam 11 scriptis alio rum accusationem vel debitam Iaudationern 11 accommodare. 12Quidam enim, ut ait Iosephus, non quod rebus interfuerint, sed incertos et incongruos narrantium sermones auribus colligentes oratorum more perscribere solent ; qui vero presto fuerunt, aut 5 vincentis principis obsequio aut odio eorum qui victi sunt contra fidem rerum falsa confirmant 12• A quorum parte utrimque me beatum estimo, qui in his que audivi non passim quorumlibet relatorum rumusculis sum me perpessus abrumpi nec in his que per me cognovi gratia principis seu favore mee gentis falsum quip- 10 piam addidi l3• Si quis autem superioris operis facundiam habita collatione cum arido nostri ingenii eloquio contulerit, veniam placatus tribuat. Fateor equidem, 14 quod tenuis mihi spiritus est ad excitandam a) minutam tybiam, nedum b) ad implendam supe rioris auctoris venerabilis presulis tarn magnificam et copiosam 1 5 scribendi e t dicendi tubam . Sed ubi eloquentie e t stili m e superat pondus, sensus et integra veritas rerum gestarum Deo propitiante exequabit. Vos itaque ambos in hoc opere preceptores, testes et iudices eligo, rogans, ut exactum a me laborem sine contumelia suscipiatis, et qui rebus ipsis tamquam familiares et conscii secre- 20 torum interfuistis, si quid corrigendum est, ad regulam veritatis emendare, si quid parum aut superflue dieturn est, vel radere vel superaddere 14, quantum satis est, non pigritemini . Ego etenim revera, nisi vestra fretus ope ac studio, sub hoc fasce subcum berem, frustra per me conatus tanti imperatoris gesta attingere, 25 cuius 15 si quis magnitudinem animi et imperii cum annis con ferat, etatem ultra putet. Ita enim late et magnifice per orbem terrarum arma circumtulit, tauturn operum pace belloque gessit, ut qui J res eius legerit, non unius, sed multorum facta regum seu Jo imperatorum arbitretur 15•
a ) folgt vel AB.
b ) necdum C. 1 1 -11 Vgl. Ioseph.
Bell. lud. praef.
Brief Rahewins an Kanzler Ulrich und Notar Heinrich
395
Geist auf die Geschichtsschreibung zu richten, aber doch dazu, 11 den Schriften anderer Tadel oder verdientes Lob 11 zu spenden . 12 Man ehe pflegen nämlich, wie Josephus sagt, nicht als Augenzeugen der Ereignisse zu schreiben, sondern im Stil der Redner, indem sie 5 sich die unbestimmten und nicht übereinstimmenden Angaben der Erzähler anhören ; die aber dabei waren, berichten entweder aus Liebedienerei gegenüber dem siegreichen Fürsten oder aus Haß gegen die Unterlegenen den wirklichen Vorgängen zuwider Falsches 12• Diesen beiden Arten von Geschichtsschreibern gegenüber schätze 1 0 ich mich glücklich, da ich mich bei dem, was ich gehört habe, nicht fortwährend durch das nichtige Gerede irgendwelcher Berichterstatter habe ablenken lassen, noch bei dem , was ich persönlich erfahren habe, um Fürstengunst oder meinem Volke zuliebe irgendetwas Falsches hinzugefügt habe l3• 15 Wenn j edoch j emand den gewandten Stil des bisherigen Werkes mit der trockenen Redeweise unserer Darstellungsart vergleicht, möge er mir gütig verzeihen. Ich gebe ja zu, 14 daß mein Atem zu schwach ist, um auch nur eine ganz kleine Flöte zum Erklingen zu bringen , geschweige denn der gewaltigen, lauttönenden Posaune, wie 20 sie dem früheren Autor, dem ehrwürdigen Bischof, beim Schreiben und Reden zur Verfügung gestanden hat, Genüge zu tun. Aber wo ich unter der Last der Beredsamkeit und Stilkunst unterliege, werden mit Gottes Hilfe die Gesinnung und die unverfälschte Wahrhaftigkeit in der Darstellung der Ereignisse den Mangel ausgleichen. 25 Euch beide also wähle ich bei diesem Werk zu Lehrern, Zeugen und Richtern und bitte euch, die von mir geleistete Arbeit ohne Spott entgegenzunehmen, und, da ihr den Ereignissen gleichsam als Ver traute und Mitwisser der Geheimnisse beigewohnt habt, es euch nicht verdrießen zu lassen, der Wahrheit gemäß zu ändern, wenn etwas zu 30 verbessern ist, und wo zu wenig oder zu viel gesagt ist, zu streichen oder hinzuzufügen 14, soviel nötig ist. Denn wenn ich nicht auf eure Hilfe und Bereitwilligkeit vertraute, würde ich wahrlich unter dieser Bürde erliegen , da ich vergeblich versuchen würde, aus eigener Kraft die Taten dieses großen Kaisers darzustellen, 15 dessen Alter 35 man für weit höher halten müßte, wenn man die Größe seines Geistes und seiner Herrschaft mit seinen Jahren vergleicht. Denn er hat ja seine vVaffen so weithin und herrlich über den Erdkreis getragen, so viele Taten im Frieden und im Krieg vollbracht, daß , wer davon liest, glauben muß, es handle sich um die Taten vieler Könige und Kaiser 15. 12-12
Zum größten Teil nach Ioseph . , Bell. lud. praef. Vgl . Jordan . , Getica 60, 3 1 6 (MG . AA. 5, 1 38). u- u Vgl. Jordan, G etica, prol. (AA. 5, 1 38). u - u Vgl. Florus, De Tito Livio l , proem. 13
396
Gesta Frederici III, Prol.
[ 1 67]
TERTIUS LIBER INCIPIT
o>
Ü RDINAT0 1 IN ALEMANNIE 2 partibus summa pru dentia imperio, tota terra illa iam inusitatam et diu incognitam tranquillitatem agebat. Ea denique pax in Germania erat, ut mutati homines, terra alia, celum ipsum mitius molliusque videretur 3• Imperator autem tanta quiete non ad otium, non ad voluptatum illecebras abutebatur. Indignum siquidem ratus est, si exercitatum bellicis negotiis animum sine utilitatibus imperii per desidiam dissolvi pateretur.
1 Dieser erste Abschnitt des 3. Buches ist als Ü berleitung, gewissermaßen als Prolog des dritten Buches gemeint.
s
Pro log
397
DRITTES BUCH VORREDE
s
10
Nachdem 1 die Reichsangelegenheiten in Deutschland 2 mit höchster Klugheit geordnet worden waren , genoß das ganze Land eine schon ungewohnt gewordene und lange nicht mehr gekannte Ruhe. Kurz, es herrschte solcher Friede in Deutschland, daß die Menschen ver ändert, das Land ein anderes, selbst das Klima milder und sanfter zu sein schienen 3• Doch der Kaiser mißbrauchte die Ruhe nicht zu Müßiggang, nicht zu lockenden Vergnügungen. Denn er hielt es für unwürdig, seinen in kriegerischer Tätigkeit geschulten Geist ohne Nutzen für das Reich durch Nichtstun erschlaffen zu lassen.
• Hier, wie offenbar überhaupt bei Rahewin, wird Alemannia im Sinn e von " Deutschland" verstanden ; vgl. oben I, 8. 3 Vgl . Florus, Epit. II, 30.
398
l.
Gesta Frederici III, 1 - 2
[ 1 67 / 1 68]
Anno itaque ab incarnatione Domini lVICLVII, mense
Augusto contra Polanos proeineturn movet 4. Est autem Polimia a>, quam modo Slavi inhabitant, sicut placet his, 5 qui situs terrarum descriptionibus notant 5, in finibus superioris Germanie, habens ab occidente Odderam fluvium , ab oriente Iustulam b) , a septen- s trione Ruthenos et mare Sciticum, a meridie silvas Boemorum. Terra utique naturalibus firmamentis munitissima, natio tarn propria feritate quam vicinarum contiguitate gentium pene bar bara et ad pugnandum promptissima. Aiunt enim eius maris, quod illius terre litus alluit, tales esse provinciarum habitatores, 10 qui famis tempore semet devorent, et cum perpetuis rigeant algoribus ideoque nullam possint agriculturam in quibusdam locis exercere, venationibus et mortibus dediti sunt. Omnes autem pyraticam exercent et insulas occeani, Hyberniam et Brittan niam, Datiam quoque inquietant, licet in alio litore reperiantur 6 • t s Talium, ut assolet, nationum vicinia nonnichil atrocitatis tam quam de 7 rubiginoso ferro cariem c) sibi Polani affricuere 7• Unde nec principibus suis fidem nec natura propinquis debitam in veniuntur gratiam conservare. J (2) 2 . At huius expeditionis hec ratio fuit8• Bolizlaus, Gazimerus9 20 et tertius item Lolizlaus d> 10, qui Gerdrudem 11, neptem 12 impera toris, filiam Leopaldi marchionis Austrie, sortitus fuerat uxorem, totam terram funicolo hereditatis tenere debebant, maiori natu, quem ultimo posuimus loco, nomen et honorem ducis habente 13• Quo a fratribus per vim cum regalis sanguinis uxore proiecto et ad 2s a ) so stets A B . C. b) so AB. C. c) scariem AB. d ) Bilizlaus B, fehlt A , a. R. C . ' Vgl. zum Bericht über den Polenfeldzug den Brief Friedrichs an Abt Wibald von Stablo (Jaffe, Bibi. rer. Germ . 1, 60 1 n. 470). - Am 4. August 1 1 57 erfolgte der Aufbruch von Halle aus. • - • V gl. Florus, Epit., proem. • Vielleicht sind damit die als Seeräuber bekannten Bewohner von Rügen gemeint.
Feldzug gegen Polen
399
l . Daher unternahm er im Monat August des Jahres 1 1 57 nach der Fleischwerdung des Herrn einen Feldzug gegen die Polen 4• Es liegt aber Polen, das jetzt Slawen bewohnen, 5 nach der Ansicht von Ver fassern geographischer Beschreibungen 5 im Gebiet des oberen Ger5 manien und wird begrenzt im Westen von der Oder, im Osten von der Weichsel, im Norden von den Russen und dem Skythischen Meer und im Süden von den böhmischen Wäldern. Das Land ist allenthalben durch natürliche Befestigungen gut geschützt, das Volk ist durch die ihm eigene Wildheit sowie durch die Berührung 10 mit den Nachbarvölkern fast barbarisch und äußerst leicht zum Kämpfen bereit. Man erzählt nämlich, die Bewohner der Provinzen an dem Meere, das die Küste dieses Landes bespült, seien Leute, die bei Hungersnot sich gegenseitig verschlingen, und da sie ständig unter schwerer Kälte leiden und daher nirgends Ackerbau treiben 15 können, sind sie nur auf Jagd und Mord eingestellt. Alle aber be treiben Seeräuberei und beunruhigen die Inseln des Ozeans, Irland und Britannien und auch Dänemark, obgleich sie ja an einer anderen Küste wohnen 6• Durch die Nachbarschaft solcher Völker haben die Polen, wie es zu geschehen pflegt, 7 einige Wildheit angenommen 20 wie Rost vom rostigen Eisen 7 • Daher halten sie auch weder ihrem Fürsten Treue, noch hegen sie gegen ihre natürlichen Verwandten die schuldige freundliche Gesinnung. 2. Der Anlaß 8 für diesen Zug war folgender : Boleslav (IV. ) und Kasimir9 und ein dritter, ebenfalls Lolizlaw10, der Gertrud 11, die 25 Nichte 12 des Kaisers und Tochter des Markgrafen Leopold von O ster reich geheiratet hatte, sollten nach den Erbschaftsbestimmungen das ganze Land in Besitz haben , während der Ä lteste, den wir an die letzte Stelle gesetzt haben, Namen und Amt des Herzogs führte 13. Als dieser von seinen Brüdern mit seiner Gattin aus königlichem 30 Blut gewaltsam vertrieben worden war und sich als Flüchtling zu 1- 1 Vgl. Seneca, Epp. 7 , 7. • Vgl. oben li, 5 1 . 8 Der erst 1 1 3 8 geborene Kasimir, der fünfte Sohn Boleslaws III., war an dem Streit der Brüder nicht beteiligt. 1 • Wladislaw li. Zwei weitere Brüder, Mieczyslaw und Heinrich, werden von Rahewin nicht genannt. 11 Vielmehr Agnes. Gertrud war die Gemahlin Wladislaws II. von Böhmen. 12 Vielmehr Tante Fried richs I . , Halbschwester Konrads III. 13 Vgl. oben I , 3 1 . -
Gesta Frederici 111, 2 - 3
400
[ 1 68 / 1 69]
Conradum Romani imperii tune principem perfuga al profecto 14 et clementer recepto, missa ad prenominatos tyrannos crebra legatione, ut in pristinum statum fratrem reciperent, rex spretus est, ducisque exilium usque ad obiturn regis 15 duravit. Divo autem principe Frederico rerum summam gubernante, pari modo 5 mandatum eius floccipendere sibi impune arbitrabantur. Cessit vero his secus ac rati sunt. Nam et altioris spiritus et acrioris in genii principem multiplicate iniurie ulterius dissimulare facinus non sinebant. Accessit siquidem ad hec, quod vel debitum fideli tatis sacramentum offerre vel soliturn singulis annis tributum 16 10 quingentarum marcarum publico erario inferre iam desueverant talibusque indiciis aperte se ab imperio descivisse et non clancu lam, sed evidentem b) rebellionem moliri c) protestabantur. 3 . Imperator ergo cum magnis copiis Polimiam 17, quamvis arte et natura admodum munita sit, ita dl ut priores reges seu im- 1 5 peratores vix magna difficultate ad fluvium Odderam pervenis sent, fretus ope divina, que visibiliter exercitum precessit, clausu ras illorum, quas in angustis locis presica e) densitate silvarum fe / cerant et magna mole ingeniose obstruxerant, penetravit, et XI. Kal. Septembris prenominatum amnem , qui ex illa parte 20 totam Polimiam quasi murus ambit et profunditate sui gurgitis omnes excludit aditus, preter opinionem incolarum cum omni exercitu transvadavit. Tantum enim omnes tenebat transeundi desiderium, ut alii natando, alii, quodlibet instrumenturn fors obtulisset, eo pro navicula utendo transirent. Quo viso, Polani de 25 tarn inproviso malo perculsi et vehementer exterriti, cum iam nichil preter exitium sui et destructionem terre superesse viderent, quamvis auxilio vicinarum gentium, Ruthenorum videlicet, Parthorum 18, Pruscorum et Pomeranorum, maximum collegissent exercitum, in sola fuga spem vite constituunt ; adeo desperatione 30 a)
b) c)
profuga A , per folgt se AB.
fugam
B.
moliti C.
d ) fehlt AB.
e ) prescisa C.
u
Wladislaw erschien 1 1 46 in Kaina vor Konrad III. und wurde mit Polen belehnt, aber mehrere Versuche, wieder in Polen Fuß zu fassen, auch ein Feld zug Konrads III. im Herbst 1 1 46, blieben ohne Erfolg. In einem Vertrag mit
Feldzug gegen Polen
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Konrad 14, dem damaligen römischen König, begeben hatte und freund lich aufgenommen worden war, wurde an die genannten Tyrannen wiederholt Botschaft gesandt, sie sollten ihren Bruder in seine frühere Stellung wieder einsetzen ; aber sie achteten nicht auf den 5 König, und das Exil des Herzogs dauerte bis zum Tode des Königs 15. Als dann der erhabene Fürst Friedrich die Regierung übernahm, glaubten sie, in derselben Weise straflos seinen Befehl mißachten zu können. Doch es erging ihnen anders, als sie erwarteten. Denn die mannigfachen Rechtsverletzungen erlaubten diesem Fürsten von 10 höherem Selbstbewußtsein und härterer Sinnesart nicht, weiterhin die Missetat unbeachtet zu lassen . Dazu kam noch, daß sie sich bereits abgewöhnt hatten, den schuldigen Treueid zu leisten und den üblichen j ährlichen Tribut l6 von 500 Mark an die Staatskasse abzu führen ; durch ein solches Verhalten bekundeten sie eindeutig, daß 15 sie vom Reich abgefallen waren und nicht im geheimen, sondern offensichtlich eine Empörung planten. 3. Der Kaiser drang nun also mit einem starken Heer in Polen ein 1 7 , obwohl es durch Kunst und Natur außerordentlich stark befestigt ist, so daß die früheren Könige und Kaiser unter großen Schwierigkeiten 20 kaum bis zur Oder gelangt waren ; im Vertrauen auf die göttliche Hilfe , die sichtbarlieh dem Heer voranschritt, durchbrach er die Sperren, die sie an engen Stellen durch Fällen dichter Wälder er richtet und kunstvoll als großes Bollwerk angelegt hatten, und über schritt am 22. August den genannten Fluß, der an dieser Seite ganz 25 Polen wie eine Mauer umgibt und durch seine Tiefe und seine Strö mung jeden Zugang verwehrt, wider Erwarten der Einwohner mit dem ganzen Heer. Denn alle erfüllte ein so starkes Verlangen hin überzukommen, daß die einen schwimmend, die anderen irgendein Hilfsmittel, das ihnen der Zufall darbot, als Fähre benutzend, über30 setzten . Als die Polen das sahen , wurden sie durch das unvorher gesehene Unglück entmutigt und heftig erschreckt und erkannten, daß ihnen jetzt nur noch Untergang und Verwüstung ihres Landes übrig bleibe, und, obwohl sie mit Hilfe der benachbarten Völker, der Russen, Parther 18, Preußen und Pommern , ein sehr großes Heer ge3 5 sammelt hatten, setzten sie nun die einzige Hoffnung, ihr Leben zu retten , auf die Flucht, und so sehr hatte sie die Verzweiflung gepackt, Boleslaw IV. mußte Wladislaw bis zu einer endgültigen Entscheidung auf einem Reichstag auf Polen verzichten und blieb in Altenburg ; vgl. Bernhardi, Konrad 111. 2, 487 ff. 1 8 Vgl. Chronica V I , 2 8 . '" 1 1 52 Fe bruar 1 5 . 17 Der folgende Bericht stimmt fast wörtlich m i t Friedrichs Brief a n Wibald von Stablo überein (Jaffe, Bibi. rer. Germ. I, 60 1 n. 470). - Vgl . auch Carmen de gestis Federici I. imp. in Lomb. v. l 58 6 ff. 1s Es bleibt unklar, was Rahewin meint.
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Geste. Frederici III, 3 - 5
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correpti, ut proprium solum, propriam patriam suis manibus incendendo vastarent, insuper et arces ac munitiones destruerent. Inter quas munitissima castra, Glogowa videlicet et Bitum , que prius ab hoste capta non fuerant, ne a nostris ibidem presidia ponerentur, cremaverunt. Imperator fugientes insecutus et 5 territorium episcopii, quod vocatur Frodezlau, transcurrens in episcopatum Poznan pervenit, totamque terram etiam ipse igne et gladio depopulatus est, indignum estimans eis parcere, qui in se ipsos tarn crudeles hostes inventi fuissent. 4. Bolizlaus dux rebus suis ultimum fatum cernens imminere, 10 cum totam terram populumque suum periclitari et prope esse ad interitum cerneret, barones et principes nostros turn per nuntios turn in propria persona conveniens, multis precibus, multis lacrimis, multis quoque promissionibus, ut sub iugum Romane ditionis et in gratiam principis recipi mereretur, postulavit, 1 5 19 salutare secutus consilium, ante intollerabilem calamitatem rebellionis mutare sententiam ; debere autem dedignari dominos humiliores, non eum, cuius in potestate f sit Romanum imperi um 19• Imperator iam dudum edoctus hanc nobilitatem, 20 Parcere prostratis et debellare superbos 20, prematuram, subitam et a 20 Deo datam nolens cruentare victoriam, ducem ad deditionem recipiendum decrevit. 5 . Itaque in predicto territorio episcopatus Boznan a) , circa partes Crisgowe, prefatus dux pedibus imperatoris provolutus interventu principum hoc tenore in gratiam receptus est. Primo 25 iuravit pro se et pro omnibus Polanis, quod frater suus exul ad ignominiam Romani imperii non fuerit expulsus. Deinde pollici tus est dare duo milia marcarum imperatori et principibus mille, imperatrici XX marcas auri, curie CC marcas argenti ob eam negligentiam, quod ad curiam non venerat nec de terra debitam 30 fecerat fidelitatem. Iuravit quoque Italicam expeditionem . Dein de iuravit, ut in proxima nativitate Domini ad curiam Magdeburg celebrandam venire deberet, iuxta iudicium et sententiam Pola norum et Boemorum super querimonia fratris sui expulsi plenarie responsurus. Sicque, iurata principi fidelitate, sicut mos est, et de 35 a)
BO
auch A .
Unterwerfung Herzog Boleslavs
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daß sie den eigenen Boden , das eigene Vaterland mit eigenen Händen durch Feuer verwüsteten und obendrein die Burgen und Befestigungs anlagen zerstörten. So äscherten sie die beiden stark befestigten Burgen Glogau und Beuthen ein, die bisher noch niemals vom :Feind 5 erobert worden waren, damit von unseren Leuten dort keine Be satzungen stationiert werden konnten. Der Kaiser verfolgte die Fliehenden, durchzog das Gebiet des Bistums Breslau und gelangte in das Bistum Posen ; auch er verwüstete das ganze Land mit Feuer und Schwert, denn er hielt es für unziemlich, diejenigen zu schonen, 1 0 die sich als so grausame Feinde ihrer selbst erwiesen hatten. 4. Als Herzog Boleslav erkannte, daß seiner Machtstellung Ver nichtung drohte, da er mitansehen mußte, wie sein Land und sein Volk gefährdet und dem Untergang nahe waren, setzte er sich teils durch Gesandte, teils persönlich mit unseren Baronen und Fürsten 15 in Verbindung und ersuchte sie mit vielen Bitten, vielen Tränen und auch mit vielen Versprechungen, sich dafür zu verwenden, daß er unter das Joch der römischen Oberhoheit zurückkehren dürfe und vom Herrscher in Gnaden aufgenommen werde, 19indem er dem heil samen Rat folgte, vor einem unerträglichen Sturz den Plan einer 20 Empörung aufzugeben ; er meinte indes, die niedrigeren Herren miß achten zu dürfen, nicht aber den, in dessen Gewalt das römische Reich war19• Der Kaiser, der schon längst jenes edle Wort kannte : 20Die Be siegten zu schonen, die Stolzen niederzukämpfen20, wollte seinen unerwartet raschen, plötzlichen und von Gott verliehenen Sieg nicht 25 mit Blut beflecken und beschloß daher, die Unterwerfung des Herzogs anzunehmen . 5. So warf sich also der Herzog in dem oben erwähnten Gebiet des Bistums Posen in der Nähe von Krzyszkowo dem Kaiser zu Füßen und wurde durch Fürsprache der Fürsten unter folgenden Bedin30 gungen zu Gnaden angenommen : Zuerst schwor er für sich und alle Polen, daß sein verbannter Bruder nicht zur Verhöhnung des römi schen Reiches vertrieben worden sei. Weiter versprach er, dem Kaiser 2000 Mark zu geben, den Fürsten 1 000, der Kaiserin 20 Mark Gold und dem Hof 200 Mark Silber wegen seiner Nachlässigkeit, weil er 35 weder zum Hofe gekommen war, noch für sein Land den schuldigen Treueid geleistet hatte. Er beschwor ferner seine Teilnahme am itali schen Feldzug. Weiter schwor er, am nächsten Geburtsfest des Herrn auf dem in Magdeburg abzuhaltenden Reichstag zu erscheinen, um sich gemäß dem Beschluß und Votum der Polen und Böhmen wegen der 40 Klage seines vertriebenen Bruders ausführlich zu verantworten. Nachdem er so dem Kaiser, wie es üblich ist, Treue geschworen und 10- 1 0 Vgl. Ioseph. , Bell. lud . VI, 1 1 u . unten III, 49. 20 - 20
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Verg . , Aen. VI, 853.
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Gesta Frederici III, 5 - 7
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supradictis omnibus fideliter adimplendis acceptis obsidibus, Gazimero videlicet, fratre ducis, et aliis nobilibus, gloriosam adeptus victoriam Deo duce feliciter augustus revertitur 21 . Ipse tarnen dux dolis plenus et acerbam dominationis cupidinem mente gerens iamiam suis promissionibus, ut postmodum patuit 22, moliebatur insidias . Nam nec ad curiam venit nec sufficientes pro se procuratores misit, Italicam quoque expeditionem violato sacramento mentitus est. 6 . Non multo post 23 aput Herhipolim civitatem Constantino politani imperatoris legati coram principe cum muneribus suam 1 0 peragunt legationem . Quia f tarnen verba eorum in quibusdam fastum regalem et Grecum in subornato sermone videbantur sapere tumorem, imperator eos despexit, et nisi in melius com mutata sententia commodius sibi prospexissent, si fieri poterat salvo nuntiorum privilegio, dissimulationem agente principe, 1 5 prope fuit, ut a quibusdam ignominiosum et erumnosum accepis sent responsum. Placatus tarnen multis eorum precibus et lacri mis imperator veniam super his donavit, accepta sponsione, quod deinceps spernentes ampullosa, nonnisi eam quam deceret Ro manum principem et Urbis ac orbis dominatorem, reverentiam 20 suis salutationibus apportarent. Indulgentiam et gratiam con secuti Fredericum ducem Suevie, filium Gonradi regis, adhuc adolescentulum, in presentia sua gladio accingi et militem pro fiteri postulant et impetrant. Amita siquidem sua Herena a) , im peratrix Constantinopolitana 24, et antea et nunc multis et ma- 25 gnificis eundem puerum visitaverat largitionum muneribus idque legatis in mandatis dedisse traditur, ne quando nisi completo b) negotio in Greciam reverterentur, astipulante sibi cum magno favore proprio marito ob gratiam et antiquam amicitiam cum patre pueri rege Conrado habitam . 3o (7) 7 . Ibidem tune affuere etiam Heinrici regis Anglie missi , varia et preciosa donaria multo lepore verborum adornata presentantes. a ) fehlt AB. b ) folgt hoc AB. 21 Bis hierher nach Friedrichs Brief an Wibald. 22 Vgl. unten III, 1 5. Es wäre irrig, aus der Erwähnung eines späteren Ereignisses an dieser Stelle, das sich hier als Charakteristik des Polenherzogs -
Hoftag zu Würzburg
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dieser für die aufrichtige Erfüllung der oben genannten Verpflichtun gen Geiseln empfangen hatte , nämlich Kasimir, den Bruder des Herzogs, und andere Edle, kehrte der Kaiser nach seinem glor reichen Sieg unter Gottes Geleit glücklich heim 21 • Der Herzog jedoch 5 war voller Arglist und brennender Herrschsucht und sann schon da mals, wie sich später herausstellte 22, darauf, sich seinen Verpflich tungen zu entziehen . Denn er kam nicht auf den Reichstag, schickte auch an seiner Statt keine ausreichend bevollmächtigten Vertreter und entzog sich auch eidbrüchig der Teilnahme an dem italischen 1 0 Feldzug. 6. Nicht lange danach 23 machten in Würzburg die Gesandten des Kaisers von Konstantinopel vor dem Kaiser unter Ü berreichung von Geschenken ihre Aufwartung. Weil aber ihre Worte in mancher Be ziehung nach königlicher Anmaßung und in ihrer gezierten Redeweise 1 5 nach griechischem Schwulst schmeckten, beachtete der Kaiser sie nicht, und wenn sie ihre Haltung nicht zum Besseren geändert und sich nicht besser vorgesehen hätten, so wäre es - wenn es ohne Ver letzung des Gesandtenrechtes möglich gewesen wäre - nahe daran gewesen, daß sie von einigen eine beleidigende und sie betrübende 20 Antwort erhalten hätten, während der Fürst Gleichgültigkeit zur Schau trug. Doch der Kaiser ließ sich durch ihre vielen Bitten und Tränen milde stimmen und gewährte ihnen Verzeihung, nachdem sie ihm versprochen hatten, künftig schwülstige Reden zu vermeiden und in ihren Ansprachen nur die Ehrerbietung zum Ausdruck zu bringen, 25 die dem römischen Kaiser und dem Beherrscher des Erdkreises und der Stadt gebühre. Nachdem sie Verzeihung und Gnade erlangt hat ten, wurde ihnen ihre Bitte erfüllt, daß Herzog Friedrich von Schwa ben, der noch jugendliche Sohn König Konrads, in ihrer Gegenwart mit dem Schwert gegürtet und zum Ritter geschlagen wurde. Seine 30 Tante Irene nämlich 24, die Kaiserin von Konstantinopel, hatte diesen Jüngling früher und jetzt wieder mit vielen kostbaren Geschenken bedacht, und sie soll die Gesandten beauftragt haben , nur nach Er ledigung dieser Angelegenheit nach Griechenland zurückzukehren, und darin stimmte ihr mit großer Bereitwilligkeit ihr Gemahl zu 3 5 wegen des guten Einvernehmens und der alten Freundschaft mit dem Vater des Jünglings, dem König Konrad. 7 . Ebendort waren damals auch Gesandte des Königs Heinrich (II . ) von England zugegen , die mit vielen anmutigen Worten mannigfache kostbare Geschenke überbrachten . Darunter sahen wir ein riesiges, sinnvoll einfügt, mit R . Holt zmann , Das Carmen, zu schließen, Rahewin müsse hier eine schon vorgeformte Quelle benützt haben. 23 1 1 5 7 Sept. 28. 2 4 Bertha von Sulzbach, Schwägerin Konrads I I I . , führte seit ihrer Ver mählung mit Manuel l. Komnenos den Namen lrene.
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Gesta Frederici 111, 7 - 8
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Inter que papilionem unum, quantitate maximum, qualitate bonissimum , perspeximus 25• Cuius si quantitatem rcquiris, non nisi machinis et instrumentorum genere et adminiculo levari paterat ; si qualitatem, nec materia nec opere ipsum putem ali quando ab aliquo huiuscemodi a) apparatu superatum iri . Litteras 5 quoque mellito sermone plenas pariter direxerat ; quarum hic tenor fuit : 8 . Precordiali amico suo F . , Dei gratia Rarnanorum imperatori invictissimo, H. rex Anglie, dux / Normannie et Aquitanie et comes Andegavensis, salutem et vere dilectionis concordiam . 10 Excellentie vestre quantas possumus referimus grates, dominan tium optime, quod nos nuntiis vestris visitare, salutare litteris, muneribus prevenire et, quod his carius amplectimur, pacis et amoris invicem dignatus estis federa inchoare. Exultavimus et quodammodo animum nobis crescere et in maius sensimus evehi, 1 5 dum vestra promissio, i n qua nobis spem dedistis i n disponendis regni nostri negotiis, alacriores nos reddidit et promptiores. Exultavimus, inquam, et tota mente magnificentie vestre assur reximus, id vobis in sincero cordis affectu respondentes, quod, quicquid ad honorem vestrum spectare noverimus, pro posse 20 nostro effectui mancipare parati sumus. Regnum nostrum et quicquid ubique nostre subicitur ditioni vobis exponimus et vestre committimus potestati, ut ad vestrum nutum omnia dis ponantur · et in omnibus vestri fiat voluntas imperii 26• Sit igitur inter nos et populos nostros dilectionis et pacis unitas indivisa, 25 commertia tuta 27, ita tarnen, ut vobis , qui dignitate preminetis, im perandi cedat auctoritas, nobis non deerit voluntas obsequendi 26• Et sicut vestre serenitatis memoriam vestrorum excitat in nobis munerum largitio , sie vos nostri quoque reminisci preoptamus, mittentes que pulcriora penes nos erant et vobis magis placitura. 30 Attendite itaque dantis affectum , non data, et eo animo quo dantur excipite. De manu beati Iacobi, super qua nobis scripsistis, a) huiusce 0. Rahewin war 1 1 57 in Würzburg zugegen ; wahrscheinlich überreichte er Ottos Chronik ; vgl. Chronica S. 3. 2 8 Zweifellos nur eine höfliche Floskel, die Heinrich I I . von England während seiner Auseinandersetzungen mit Ludwig VII. von Frankreich das Wohlwollen 25
Brief Heinrichs II. von England
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prachtvolles Zelt 26• Wenn du nach seiner Größe fragst : es konnte nur mit Maschinen und Werkzeugen aller Art und mit Stützen gehoben werden ; wenn du nach seiner Beschaffenheit fragst : ich glaube, es kann weder im Material noch in der Ausführung jemals von irgend5 einem anderen derartigen Gerät übertroffen werden. Auch einen Brief voller honigsüßer Worte hatte er an ihn gerichtet, dessen Wortlaut folgender war : 8 . Seinem herzlich geliebten Freund Friedrich, dem durch Gottes Gnade unbesiegten römischen Kaiser, sendet Heinrich, König von 1 0 England, Herzog der Normandie und von Aquitanien, Graf von Anjou , Gruß und Eintracht in echter Liebe. Eurer Majestät, bester unter allen Herrschern, danken wir von ganzem Herzen dafür, daß ihr geruht habt, uns durch eure Gesandten aufsuchen zu lassen, uns mit einem Brief zu grüßen, uns mit Geschenken 15 zuvorzukommen und, was wir noch höher schätzen, einander Bünd nisse des Friedens und der Liebe vorzuschlagen. Wir haben darüber frohlockt und gefühlt, wie unser Mut gewissermaßen wächst und sich zu Höherem aufschwingt, weil euer Versprechen, mit dem ihr in uns Hoffnung auf eine Ordnung der Verhältnisse unseres Reiches 20 weckt, uns fröhlicher und entschlossener gemacht hat. Wir haben frohlockt, sage ich, und haben uns von ganzem Herzen vor Eurer Hoheit erhoben und antworten euch in aufrichtiger Zuneigung des Herzens, daß wir bereit sind, nach unseren Kräften alles auszuführen, was nach unserer Einsicht eurer Ehre dienlich ist . Unser Reich und 25 alles, was immer unserer Herrschaft untersteht, stellen wir euch zur Verfügung und vertrauen es eurer Macht an, damit alles nach eurem Winke geordnet werde und in allem der Wille eurer Herrschaft geschehe 26. Es möge also zwischen uns und unseren Völkern eine unlösbare Gemeinschaft der Liebe und Freundschaft bestehen, siche30 rer Handelsverkehr 27, so j edoch, daß euch, dem an Würde Höher stehenden, die Befehlsgewalt zufällt ; uns wird es nicht an dem Willen zu gehorchen fehlen 26. Und wie die Übersendung eurer Geschenke in uns die Erinnerung an eure Hoheit erweckt, so wünschen wir sehr, daß auch ihr unser gedenkt, wenn wir euch das Schönste senden, was 35 wir besaßen, und was euch am meisten gefallen wird. Beachtet also die Liebe des Spenders, nicht die Spenden und nehmt sie in der Gesinnung entgegen, in der sie gegeben werden. Was die Hand des heiligen Jako bus betrifft, über die ihr uns geschrieben habt, so haben wir unsere Friedrichs sichern sollte ; es dürlte kaum berechtigt sein, etwa mit R. Holtz mann (Der Weltherrschaftsgedanke d. ma. Kaisertums u. d. Souveränität der europ . Staaten, 2 1 959, S. l 4 f. ) diese Stelle für die kaiserliche Stellung auszu werten . 27 Vo n Heinrich I I . erh ielte n kölnische Kaufleute 1 1 57 ein erstes Handels privileg.
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Gesta Frederici III, 8 - 1 0
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in ore magistri Heriberti 28 et Willelmi clerici nostri verbum po suimus. Teste Thoma cancellario 29 aput Northamt. (8) 9 . Aderant preterea diversarum nationum, utpote de Datia, Pannonia, Italia seu de Burgundia, diverse legationes, quarum portitores se mutuo videntes atque certatim munera et suppli- 5 cationes afferentes singuli singulis stuporem pariter et admira tionem addidere . 1 0 . Mense Octobre mediante imperator apud Bisuntium curiam celebraturus in Burgundiam iter aggrefditur. Est autem Bisun tium una metropoleos 30 eius tertie partis, in quas imperator glorio- t o sus Karolus Magnus suum inter tres filios suos, omnes regio no mine gaudentes, divisit imperium 31, sita super amnem Töba. In qua civitate pene omnibus proceribus terre illius adunatis, multis quoque exterarum gentium al , utpote Romanis, Apulis, Tuscis, Venetis, Italis, Francis, Anglis et Hispanis, per legatos suos im- t 5 peratoris adventum prestolantibus, festivissimo apparatu et sol lempni favore excipitur 32• Tota siquidem terra eundem fortissi mum cognoscens et clementissimum, amore pariter et timore permixto, novis illum fascibus honorare, novis laudibus attollere satagebat. At priusquam ad eius provincie negotia seu ordina- zo tionem stilus se porrigat, de legatis Romani pontificis Adriani , ad quid venerint et quomodo recesserint, quia et auctoritas eius partis maior et causa gravior, dicendum nobis erit. Prolixitatem huius narrationis non causabitur, qui materie pondus ac temporis, quo hec tempestas protracta est et protrahitur, diuturnitatem 25 diligenter consideraverit bl. Persone nuntiorum erant Rolandus tituli Sancti Marci presbiter cardinalis et cancellarius sancte Romane ecclesie 33 et Bernardus tituli Sancti Clementis presbiter cardinalis 34, ambo divitiis, maturitate et gravitate insignes et pene omnibus aliis in Romana Jo ecclesia auctoritate maiores. Causa vero adventus eorum speciem sinceritatis videbatur habere ; sed fermenturn et occasionem a ) folgt hominibus AB.
b ) consideravit 0.
•s Vielleicht Herbert von Bosham, Kleriker des Thomas von Canterbury, der später eine Vita des Heiligen schrieb und Erzbischof von Benevent und Kardinal wurde.
Reichstag
zu
Besan i)JOn
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Antwort in den Mund des Magisters Heribert 28 und unseres Klerikers Wilhelm gelegt. Beglaubigt zu Northampton durch den Kanzler Thomas 29• 9. Ferner waren Gesandtschaften verschiedener Völker anwesend , 5 z . B . aus Dänemark, Ungarn, Italien und Burgund, deren Mitglieder, als sie sich gegenseitig sahen und um die Wette Geschenke und Bitt gesuche überbrachten , einander Staunen und zugleich Bewunderung einflößten . 1 0 . Mitte Oktober begab sich der Kaiser nach Burgund, um in Be1 0 sanr;on einen Reichstag zu veranstalten . Besanr;on liegt am Doubs und ist die Hauptstadt 30 des einen der drei Teile, in die der ruhm reiche Kaiser Karl der Große sein Reich unter seine drei Söhne teilte 31, die sich alle des königlichen Namens erfreuten. In dieser Stadt kamen zum Fest alle Großen des Landes zusammen und auch viele Vertreter 15 auswärtiger Völker wie Römer, Apulier, Tusker, Veneter, Italier, Franken , Engländer und Spanier ; ihre Gesandten erwarteten die An kunft des Kaisers, und dieser wurde mit hochfestlichem Gepränge und feierlichem Jubel empfangen 32• Denn die ganze Erde kannte ihn als den tapfersten und zugleich mildesten Fürsten und bemühte sich, 20 da ihre Liebe gleichzeitig mit Furcht gemischt war, ihn durch neue Ehreuerweisungen zu verherrlichen und durch neue Lobpreisungen zu feiern. Doch bevor sich mein Bericht den Angelegenheiten dieser Provinz und ihrer Regelung zuwendet, müssen wir von den Gesandten Papst Hadrians sprechen, zu welchem Zweck sie kamen und wie sie 25 abzogen, denn die Sache ist von allzu großer Bedeutung und Wichtig keit. Die Ausführlichkeit dieses Berichtes wird der nicht schelten, der die Wichtigkeit des Stoffes und die Länge der Zeit genau erwägt , während der sich dieses Ungewitter bereits hingezogen hat und weiter hinzieht. 30 Die Personen der Gesandtschaft waren Roland, der Kardinal priester von S. Marco und Kanzler der heiligen römischen Kirche 33, und Bernhard, der Kardinalpriester von S. Clemente 34, beide ausge zeichnet durch Reichtum, Reife und Würde und an Ansehen in der römischen Kirche fast allen anderen überlegen . Der Grund ihres 35 Kommens war dem Anschein nach lauter ; doch später stellte sich heraus, daß darin der Sauerteig und die Veranlassung zu allem Übel Thomas Becket, seit I 1 62 Erzbischof von Canterbury, t I I 70 Dez. 29. Die Ü bersetzung ist unklar : una metropoleos einzige Metropole ? una = eine Metropole (von mehreren ? ) . 3 1 Divisio imperii von 806 Februar 6 z u Diedenhafen unter Karls Söhne Pippin, Ludwig d. Fr. und Kar! (Il . ) ; Besan�on lag im Reichsteil Ludwigs d. Fr. 3 2 Friedrich ist urkundlich v. 24. - 28. Okt. 1 1 57 in Besan�on nachgewiesen . 33 Der spätere Alexander III. •• Vgl. dazu B. Zenker, Kardinalkollegium, Diss. Würzburg 1 964. 29
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Gesta Frederici III, 1 0 - 1 1
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malorum intus a) latuisse postmodum evidenter deprehensum est 35• Principe ergo die quodam a strepitu et populi tumultu declinante, in cuiusdam oratorii privatiore recessu predicti nuntii in con spectum eius deducti ab eoque, ut oportebat, sicut qui 36boni se nuntii baiolos 36 assererent, benigne et honeste recepti sunt. Ex- / s ordium autem sermonis illorum in fronte ipsa notabile comparuit, quod tale fuisse dicitur : 'Salutat vos beatissimus pater noster papa Adrianus et universitas cardinalium sancte Romane eccle sie, ille ut pater, illi ut fratres' 37• Paucisque interpositis, litteras quas ferebant protulere. Quas et aliarum que in hac turbulentia to hinc inde discurrebant rescripta litteramm idcirco huic operi interserere curavi, ut quivis lector, qui in partem declinare volu erit, non meis verbis vel assertionibus, sed ipsarum partium pro priis scriptis tractus et vocatus, libere eligat, utri parti suum velit accommodare favorem 38• Tenor denique litterarum talis erat : ts (9) 1 1 . Adrianus 39 episcopus, servus servorum Dei, dilecto filio Frederico, illustri Romanorum imperatori, salutem et apostoli cam benedictionem. Imperatorie maiestati paucis retroactis diebus recolimus nos b) scripsisse, illud horrendum et execrabile facinus et piaculare flagitium tempore nostro commissum, in Teutonicis 20 partibus, sicut credimus, aliquando intemptatum, excellentie tue ad memoriam revocantes, non c) sine grandi admiratione feren tes, quod absque digna severitate vindicte usque nunc transire passus sis tarn perniciosi sceleris feritatem. Qualiter enim venera bilis frater noster E. Lundenensis archiepiscopus, dum a sede 2s apostolica remearet 40, a quibusdam impiis et scelestis, quod sine grandi animi merore non dicimus, in partibus illis captus fuerit et adhuc in custodia teneatur, qualiter etiam in ipsa captione predicta viri impietatis, 41 semen nequam, filii scelerati 41, in a) fehlt C. b) fehlt C. c) nec A und andere Oberlieferungen des Briefes (vgl. Const. 1 , 229 n. 164) . as Es ist auffällig, daß der eigentliche Grund, nämlich die Gefangennahme Eskils von Lund auf der Rückreise von Rom und die stillschweigende Duldung der Tat durch Friedrich, von Rahewin nicht erwähnt wird. Bei den folgenden Auseinandersetzungen standen für den Papst aber diese Vorgänge und das Ver· halten Friedrichs ihnen gegenüber im Vordergrund, nicht die Frage des Ver hältnisses von Kaisertum und Papsttum, die dann von Friedrich und seiner Umgebung in den Vordergrund geschoben wurde. Vielleicht ist in diesem
Besan 9on : Brief Hadrians IV.
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verborgen war 35. Als sich nun der Kaiser eines Tages vor dem Lärm und Getöse des Volkes zurückzog, wurden die Gesandten in einer ab gelegenen Kapelle vor sein Angesicht geführt und von ihm, wie es sich gehörte, gnädig und ehrenvoll empfangen, zumal sie versichers ten, 36Überbringer einer guten Nachricht zu sein 36• Aber der Anfang ihrer Rede erschien schon in der Anrede auffallend ; sie soll nämlich folgendermaßen gelautet haben : Es grüßt euch unser heiligster Vater, Papst Hadrian, und die Gesamtheit der Kardinäle der heiligen römi schen Kirche, jener als euer Vater, diese als eure Brüder 37• Wenig 10 später überreichten sie ein Schreiben, das sie mitgebracht hatten . Dieses sowie die Abschrift eines anderen, das in dieser Zeit der Ver wirrung überall kursierte , habe ich diesem Werk eingefügt, damit je der Leser, der sich einer Partei zuneigen möchte, nicht durch meine Worte und Behauptungen, sondern durch die eigenen Schreiben der IS Parteien selbst angezogen und gelockt, frei wählen kann, welcher Partei er seine Gunst zuwenden wilJ38. Der Wortlaut des Briefes nun war folgender : 1 1 . Bischof Hadrian 39, Knecht der Knechte Gottes, seinem ge liebten Sohn Friedrich, dem erlauchten Kaiser der Römer, Gruß und 20 apostolischen Segen. Wir erinnern uns daran, vor wenigen Tagen an eure kaiserliche Majestät ein Schreiben gerichtet zu haben, in dem wir j ene schreck liche , fluchwürdige Tat, j enes sühneheischende Verbrechen, das in unserer Zeit geschehen, in Deutschland aber, so glauben wir, noch 25 niemals begangen worden ist , deiner Hoheit ins Gedächtnis zurück gerufen haben, und wir sind äußerst erstaunt darüber, daß du ein so schändliches und furchtbares Verbrechen bisher ohne die verdiente strenge Strafe hast hingehen lassen . Denn daß unser ehrwürdiger Bruder, der Erzbischof Eskil von Lund, auf der Heimkehr vom 30 apostolischen Stuhl 40 von einigen ruchlosen, schurkischen Männern wir sagen das mit tiefstem Herzeleid - in jenem Lande gefangen genommen wurde und bis heute in Haft gehalten wird, daß auch in der Gefangenschaft noch 41 gottlose Männer, ein verruchtes Geschlecht 41, -
Umstand auch zunächst das Verhalten Hadrians nach dem Zwischenfall von Besan-;on begründet. - Zur Darstellung Rahewins vgl. oben S. 38 ff. 3 6 - 36 Vgl . 2. Reg. 1 8, 22. 37 Das Auffallende an der Anrede ist die Bezeichnung der Kardinäle als Brüder des Kaisers, der durch eine solche Gleichstellung gewissermaßen dem Papst unterstellt worden wäre ; - wenn diese Anrede wirklich so verwendet worden ist. 36 Vgl . auch unten III, 1 9 ; IV, 5 9 . 7 5 . 3 9 J L . 1 0304 ; vgl. auch MG. Const. I, 229 f. n . 1 64 (Anagni 1 1 56 Sept. 2 0 ) . '0 1 1 56. < > - 4 1 Vgl. Isai. 1 , 4 .
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Gesta Frederici III, 1 1
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eum et in suos evaginatis gladiis violenter exarserint et eos, ablatis omnibus, quam turpiter atque inhoneste tractaverint, et tua serenissima celsitudo cognoscit, atque ad Ionginquas et remotis simas regiones fama tanti sceleris iam pervenit. Ad cuius utique vehementissimi faci f noris ultionem , sicut his cui bona placere, 5 mala vero displicere credimus, constantius exurgere debuisti, et gladium, qui tibi 42 ad vindictam malefactorum, laudem vero bonorum 42 est ex divina provisione concessus, in cervicem dese· vire oportuit impiorum et gravissime conterere presumptores. Tu vero id ipsum ita dissimulasse diceris, sevitiam a) neglexisse, 1 0 quod eosdem non est quare peniteat commisisse reat.u m, quia inpunitatem sacrilegii quod gesserunt iamiam sentiunt invenisse. Cuius quidem dissimulationis et negligentie causam penitus ignoramus 43, quoniam nos in aliquo serenitatis tue gloriam offen disse conscientie scrupulus nostrum animum non accusat, sed 1 5 personam tuam sicut karissimi e t specialis filii nostri e t principis christianissimi, quem in apostolice confessionis petra non ambi gimus per Dei gratiam solidatum, sincera semper dileximus kari· tate et debite tractavimus benignitatis affectu . Debes enim , gloriosissime fili, ante oculos mentis reducere, quam gratanter et 20 quam iocunde alio anno mater tua sacrosancta Romana ecclesia te susceperit, quanta cordis affectione tractaverit, quantam tibi dignitatis plenitudinem contulerit et honoris, et qualiter im perialis Insigne corone libentissime conferens benignissimo gremio suo tue sublimitatis apicem studuerit confovere, nihil prorsus 25 efficiens, quod regie voluntati vel in minimo cognosceret obviare. Neque tarnen penitet nos desideria tue bl voluntatis in omnibus implevisse, sed, si maiora beneficia excellentia tua de manu nostra suscepisset, si fieri posset, considerantes, quanta ecclesie Dei et nobis per te incrementa possint et commoda provenire, non 30 inmerito gauderemus. Nunc autem, quia tarn inmensum facinus, quod in contumeliam universalis ec / eiesie et imperii tui noscitur etiam commissum , negligere ac dissimulare videris, suspicamur a) so AB. C und selbständige Oberliejerungen ; nur in Cod. Wien 62.9 richtig seu etiam.
b) t. d. A B .
• •-u =
I.
Petr.
2, 1 4 .
Besan Q on : Brief Hadrians IV.
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verbrecherische Söhne, gegen ihn und die Seinen mit gezückten Schwertern ungestüm gewütet haben, und wie schmachvoll und ent ehrend sie diese, nachdem sie ihnen alles geraubt hatten, behandelt haben, das alles weiß deine erlauchte Hoheit, und die Kunde von dies sen schweren Verbrechen ist bereits bis in die fernsten und abgelegen sten Länder gedrungen. Zur Sühnung dieser besonders schlimmen Ge walttat hättest du dich als ein Mann, dem, wie wir glauben, das Gute gefällt, das Böse aber mißfällt, energischer aufraffen und das Schwert, das dir 42 zur Bestrafung der Übeltäter und zum Schutz der Guten 42 10 durch göttliche Fürsorge verliehen ist, gegen den Nacken der Gott losen zücken und die frechen Schurken aufs strengste bestrafen müssen . Du aber hast, so sagt man , gerade dies versäumt, hast es an Strenge fehlen lassen, so daß jene keinen Grund haben, ihr Verbrechen zu bereuen, weil sie meinen, für den Frevel, den sie begingen, bereits ts Straflosigkeit erlangt zu haben . Den Grund für diese Versäumnis und diese Gleichgültigkeit kennen wir durchaus nicht 43, denn kein beun ruhigender Zweifel klagt unser Gewissen an, in irgendeinem Punkt den Ruhm deiner Herrlichkeit verletzt zu haben, haben wir doch deine Person als die unseres teuersten und uns besonders nahen Sohnes und 20 allerchristlichsten Fürsten, der, wie wir nicht zweifeln, durch Gottes Gnade auf dem Felsen des apostolischen Bekenntnisses fest gegründet ist, immer aufrichtig geliebt und mit dem gebührenden Wohlwollen behandelt. Du mußt dir nämlich, ruhmreichster Sohn, vor Augen führen, wie gern und freudig in einem früheren Jahre deine Mutter, 25 die heilige römische Kirche, dich aufgenommen, mit welch herzlicher Liebe sie dich behandelt hat, wie sie dir die ganze Fülle der Würde und Ehre hat zuteil werden lassen, und wie sie sich, indem sie dir bereit willigst die Insignie der Kaiserkrone verlieh, bemüht hat, in ihrem allgütigen Schoß deine Größe und Erhabenheit zu hegen, indem sie 30 alles vermied, was auch nur im geringsten dem königlichen Willen zuwiderlief. Wir bereuen es j edoch nicht, die Wünsche deines Herzens in allem erfüllt zu haben, sondern, wenn deine Hoheit auch noch grö ßere Wohltaten aus unserer Hand empfangen hätte - wenn das mög lich wäre -, würden wir uns mit Recht darüber freuen in dem Gedan35 ken daran, welch großen Nutzen und welch große Vorteile der Kirche Gottes und uns durch dich zuteil werden können . Jetzt aber, da du ein so ungeheuerliches Verbrechen , das ganz offenbar zur Schande der gesamten Kirche und auch deines Reichs begangen worden ist, nach lässig zu übersehen scheinst, so argwöhnen und fürchten wir allerdings, • • Friedrich war gegen Eskil erbittert, weil nicht ohne dessen Mitwirkung die nordische Kirche durch die Erhebung Drontheims und Lunds zu Erz. bistümern verselbständigt worden war. Damit war die skandinavische Kirche aus dem - allerdings kaum j emals wahrgenommenen - Primat von Hamburg· Bremen gelöst worden.
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G esta Frederici III, 1 1 - 1 2
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utique ac veremur, ne forte in hanc dissimulationem et negligen tiam propter hoc tuus animus sit inductus, quod suggestione perversi hominis zizania 43 seminantis 44 adversus clementissimam matrem tuam sacrosanctam Romanam ecclesiam et nos ipsos indignationem, quod absit, aliquam conceperis vel rancorem . Ob s hoc igitur et ob alia omnia negotia, que cognoscimus imminere, duos de melioribus et carioribus quos circa nos habemus, dilectos scilicet filios nostros, B. Sancti Clementis presbiterum cardi nalem a) et a) R. Sancti Marci presbiterum cardinalem et cancella rium nostrum, viros utique religione, prudentia et honestate 10 conspicuos, serenitati tue de latere nostro ad presens duximus destinandos, excellentiam tuam rogantes attentius, quatinus eos tarn honorifice quam benigne recipias, honeste tractes et ea, que ipsi super hoc et super aliis ad honorem Dei et sacrosancte Ro mane ecclesie, ad decus etiam et exaltationem imperii pertinen- 1s tia ex parte nostra imperatorie proposuerint dignitati, sicut ab ore nostro procedant, absque ulla hesitatione suscipias et ipsorum ver bis, tamquam si ea contingeret nos proferre, fidem non dubites adhibere. (IO) 1 2 . Talibus litteris lectis et per Reinaldum cancellarium fida 20 satis b) interpretatione 46 diligenter expositis, magna principes qui aderaut indignatione commoti sunt, quia tota litterarum continentia non parum acredinis habere et occasionem futuri mali iamiam fronte 46 sua preferre videbatur. Precipue tarnen universos accenderat, quod in premissis litteris inter cetera zs dieturn fuisse acceperant dignitatis et honoris plenitudinem sibi a Romano pontifice collatam et insigne imperialis corone de manu eius imperatorem suscepisse, nec ipsum penitere, si maiora beneficia de manu eius suscepisset, f habita consideratione, quanta ecclesie Romane per ipsum possent incrementa et Jo commoda provenire. Atque ad horum verborum strictam ex positionem ac prefate interpretationis fidem auditores induxerat, quod a nonnullis Romanorum temere affirmari noverant im perium Urbis et regnum Italicum donatione pontificum reges a) fehlt C. b) nimis B. "-" Vgl. Matth. 13, 25.
Empörung über Hadrians Brief
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du seist z u dieser Nachlässigkeit und Gleichgültigkeit dadurch ver anlaßt worden, daß du dich durch die Einflüsterung eines bösen Menschen, 44 der Unkraut sät 44, gegen deine gnädigste Mutter, die hochheilige römische Kirche, und uns selbst zu Mißachtung - was 5 Gott verhüte - oder Groll hast verleiten lassen . Um dieser und anderer Geschäfte willen, die, wie wir wissen, erledigt werden sollen, haben wir geglaubt, jetzt zwei unserer Besten und Teuersten aus unserer Umge bung, nämlich unsere geliebten Söhne, den Kardinalpriester Bernhard von S. Clemente und unseren Kanzler Roland, den Kardinalpriester 1 0 von S. Marco, zwei durch Frömmigkeit, Klugheit und Ehrenhaftigkeit ausgezeichnete Männer, von unserer Seite an deine Hoheit abordnen zu sollen, und wir bitten deine Erhabenheit inständig, sie ehrenvoll und gnädig aufzunehmen und ehrenhaft zu behandeln und das, was sie über diese und andere Angelegenheiten, die auf die Ehre Gottes 15 und der heiligen römischen Kirche und auch auf den Ruhm und die Herrlichkeit des Reiches abzielen, von unserer Seite der kaiserlichen Hoheit vortragen werden, ohne jedes Bedenken aufzunehmen , als käme es aus unserem eigenen Munde, und nicht anzustehen, ihren Worten zu glauben, wie wenn wir sie selber vorbrächten. 20 1 2 . Als dieser Brief verlesen und vom Kanzler Rainald in ziemlich genauer Ü bersetzung 45 sorgfältig erläutert worden war, erfaßte die anwesenden Fürsten tiefe Empörung, weil der gesamte Inhalt des Briefes offensichtlich überaus scharf war und schon in seiner äußeren Form 46 den Anlaß zu künftigen Mißhelligkeiten bot. Besonders aber 25 hatte es alle empört, als sie vernahmen, daß darin unter anderem behauptet wurde, die Fülle der Würde und Ehre sei dem Kaiser vom römischen Bischof verliehen worden, er habe die Kaiserkrone aus dessen Hand empfangen und es würde ihn nicht reuen, wenn er noch größere Lehen aus seiner Hand empfangen hätte, in der Erwägung, 30 welch große Förderung und Vorteile der Römischen Kirche durch ihn zuteil werden könnten . Zu der strengen Auslegung dieser Worte und zu dem Glauben an die Zuverlässigkeit der Übersetzung hatte die Zuhörer der Umstand veranlaßt, daß, wie sie wußten, von einigen Römern unbesonnen behauptet wurde, unsere Könige hätten bisher die 35 Herrschaft über die Stadt und das italische Königtum durch Schenkung •• Rahewirr selbst scheint gewisse Zweifel an der Richtigkeit und Sinngemäß . heit der Ü bersetzung, wie sie im folgenden erläutert wird, empfunden zu haben . Zu Rainald von Dassei vgl. zuletzt N. Höing, Arch. f. Dip!. 2, 1 956, 1 3 5 fT. " Kohl übersetzt "Anrede" , weil - wie K. meint - in der Voransetzung des päpstlichen Namens vor den des Kaisers eine berechnete Unhöflichkeit und �ichtanerkennung des von den Kaisern beanspruchten Supremats auch über die Kirche gelegen habe. Doch ist das sachlich nicht richtig, da der päpstliche Name in der Briefadresse voranstehen mußte. Darum darf " fronte" kaum mit "Anrede" übersetzt werden.
Gesta Frederici III, 1 2
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nostros hactenus possedisse, idque non solum dictis, sed et scriptis atque picturis representare et ad posteros transmittere 47• Unde de imperatore Lothario in palatio Lateranensi super huiusmodi aJ picturam 48 scripturn est : Rex venit ante fores, iurans prius Urbis honores, Post homo fit pape, sumit quo dante coronam . Talis pictura talisque superscriptio principi, quando alio anno 49 circa Urbem fuerat, per fideles imperii delata euro vehementer displicuisset, amica prius invectione precedente, laudamenturn a papa Adriano accepisse memoratur, ut et scriptura pariter 10 atque pictura talis de medio tolleretur, ne tarn vana res summis in orbe viris litigandi et discordandi prebere posset materiam . His omnibus in unum collatis, euro strepitus et turba inter optimates regni de tarn insolita legatione magis ac magis in valesceret, quasi 50gladium igni 50 adderet, dixisse ferunt unum 1 s de legatis : 'A quo ergo habet, si a domno papa non habet im perium ?' Ob hoc dictum eo processit iracundia, ut unus eorum, videlicet Otto palatinus comes de Baioaria, ut dicebatur, prope bJ exerto gladio cervici illius mortem intentaret. At Fre dericus auctoritate presentie sue interposita tumultum quidem 20 compescuit, ipsos autem legatos securitate donatos ad habita cula deduci ac primo mane via sua proficisei precepit, addens a) bl
eiusmodi AB. fehlt AB.
47 Auf einer von G . Ladner (I mosaici e gli affreschi ecclesiastico-politici
nell' antico palazzo Lateranense, Riv. di Archeologia Cristiana 1 2 , 1 935, 280 - 290) entdeckten Nachzeichnung des hier erwähnten Gemäldes aus dem 1 6. / 1 7 . Jh. werden vier Bildszenen wiedergegeben, die bis auf die dritte voll kommen den vier in den Versen erwähnten Vorgängen entsprechen. Die dritte Szene dagegen zeigt den sitzenden Papst und den vor ihm stehenden Lothar, der sich dem Papst leicht entgegenneigt. Im Bild fehlt jeder konkrete Hinweis auf eine etwa vollzogene Kommendation, von der indes der Vers zu sprechen scheint. Das Bild, das Ladner ansprechend dahingehend interpretiert, daß es auf einen zwischen Papst und Kaiser ausgetauschten Friedenskuß anspiele, und die Bildunterschrift, die eindeutig von Vasallität spricht, fallen also aus einander. Ü berdies besagt der Vers nicht, daß Lothar als Kaiser Vasall des Papstes geworden sei, das Kaisertum Lehen des Papstes sei, eher spielt er auf die tatsächliche Belehnung mit den Mathildischen Gütern an. Weder im Bild noch in der Unterschrift würde also - wenn die Nachzeichnungen zutreffend sind - etwas Anstößiges zu sehen sein. (Vgl. jetzt auch F. Kempf, Kanonistik und kuriale Politik im 1 2 . Jahrhundert, Arch . Historiae Pontificiae l , 1 963,
Empörung über Hadrians Brief
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der Päpste besessen, und daß sie dies nicht nur durch Worte, sondern auch durch Schriften und bildliehe Darstellungen zum Aus druck brachten und der Nachwelt überlieferten47• So liest man von Kaiser Lothar im Lateranpalast über einem entsprechenden Ge5 mälde 47 die Worte : Der König kommt vor die Tore, beschwört zunächst die Rechte der Stadt, Wird dann des Papstes Mann, von ihm erhält er die Krone. Von diesem Bilde und dieser Überschrift hatte der Kaiser, 10 als er sich früher einmal 48 in der Nähe der Stadt aufhielt, durch Getreue des Reiches Kenntnis erhalten ; es hatte ihm heftig miß fallen, und nach vorausgegangener freundschaftlicher Vorstellung soll er von Papst Hadrian das Versprechen erhalten haben, daß diese Aufschrift zugleich mit dem Bild beseitigt würde, damit nicht eine so 1 5 unwichtige Sache den höchstgestellten Männern des Erdkreises Anlaß zu Hader und Zwietracht geben könne 49• Als man all dies nun zu sammenfaßte und unter den Großen des Reichs Lärm und Tumult über eine so ungewöhnliche Botschaft mehr und mehr anschwoll, soll einer der Legaten, als fügte er 50 zum Feuer noch das Schwert 5° hinzu, 2 0 gesagt haben : Von wem hat er denn das Kaisertum, wenn er es nicht vom Herrn Papst hat ? Wegen dieses Wortes stieg der Zorn so an, daß einer von ihnen , nämlich der Pfalzgraf Otto von Bayern, beinahe mit gezücktem Schwert den Nacken des Legaten bedroht haben soll. Friedrich aber machte das Gewicht seiner Anwesenheit geltend und 25 beschwichtigte so den Tumult ; die Legaten aber, denen freies Geleit gewährt wurde, ließ er in ihre Herberge führen und befahl ihnen, am 23ff. ) . - Diesem Befund scheint der Bericht der möglicherweise Rainald von Dassei nahestehenden Kölner Königschronik entgegenzustehen ; danach hätte das Bild Lothar dargestellt, wie er mit g e f a l t e n e n Händen und sich vor dem thronenden Papst verneigend die Kaiserkrone aus dessen Händen empfängt. Aber auch daraus läßt sich nicht der geringste Hinweis auf Kommendation oder Belehnung mit dem Kaisertum entnehmen. Ü berhaupt dürfte sich das hier erwähnte Bild auf den Krönungsvorgang beziehen, und man kann sich schlecht vorstellen, wie Lothar anders als gebeugt die Kaiserkrone entgegennehmen sollte, und selbstverständlich hielt er die Hände bei einer liturgischen Zeremonie gefalten ; (Chronica regia Colon . , ed. Waitz, SS. rer. Germ. S . 93). 48 1 1 5 5 . 40 Diese etwas verklausulierte Darstellung Rahewins scheint mir nicht ganz zweifelsfrei. 50-5o Vgl. Horat . , Sat . I I , 3, 276. Es ist weder sicher, daß, wie meist an genommen, der Kanzler Roland diese Frage stellte - wahrscheinlich war er es nicht - , noch lag in dieser Frage an sich eine Provokation, da sie völlig den herkömmlichen und a l l g e m e i n e n Vorstellungen entsprach . Eindeutig war es Friedrich, der in Besan9on die bisher gültige mittelalterliche Tradition über Bord warf. - Vgl. j etzt auch Kempf, Arch. Rist . Pont . I , 1 963, 4 3 ff. -
41 8
Gesta Frederici III, 1 2 - 1 3
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in mandatis, ne hac vel illac in territoriis episcoporum seu ab batum vagarentur, sed recta via, nec ad dexteram nec ad sinistram declinantes, reverterentur ad Urbem . Ipsis itaque sine efficacia re vertentibus, id quod factum fuerat ab imperatore per universum regni ambitum provide litteris declaratur, quarum hic tenor fuit : J s Clll 1 3 . 61 Cum divina potentia, a qua omnis potestas in celo et in terra 61, nobis, christo eius, regnum et imperium regendum commiserit et pacem ecclesiarum imperialibus armis conser vandam ordinaverit, non sine maximo dolore cordis conqueri cogimur dilectioni vestre, quod a capite sancte ecclesie, cui 1 0 Christus pacis ac dilectionis sue caracterem irnpressit, cause dissensionum, seminarium malorum , pestiferi morbi venenum manare videntur ; de quibus, nisi Deus avertat, tot um corpus ecclesie commaculari, unitatem scindi, inter regnum et sacer dotium scisma fieri pertimescimus. Cum enim nuper in curia 1 5 Bisuntii essemus et de honore imperii et salute ecclesiarum debita sollicitudine tractaremus, venerunt legati apostolici, asserentes se talem legationem nostre afferre maiestati , unde honor imperii non parvum accipere deberet incrementum. Quos cum prima die adventus sui honorifice suscepissemus et secunda, 20 ut mos est, ad audiendam legationem eorum cum principibus nostris consedissemus, ipsi , quasi 62 de mammona iniquitatis 62 inflati, de altitudine superbie, de fastu arrogantie, de execrabili tumidi cordis elatione, legationem apostolicis litteris conscrip tam nobis presentaverunt, quarum tenor talis erat, 53 quod pre 25 oculis mentis semper deberemus habere, qualiter domnus papa insigne imperialis corone nobis contulerit neque tamen peni tentia moveretur, si maiora excellentia nostra ab eo beneficia suscepisset 53• Hec erat illa paterne dulcedinis legatio, que unitatem ecclesie et imperii confovere debuit, que vinculo pacis 30 utrumque colligare studuit, que ad utriusque concordiam et obedientiam animos audientium allexit. Certe ad vocem illam nefandam et omni veritate vacuam non solum imperialis maiestas debitam indignationem concepit, verum omnes principes qui aderant tanto furore et ira sunt repleti, quod sine dubio illos 3 5 n-n
Vgl. Rom. 13, 1 .
Brief Friedrichs über diese Vorgänge
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nächsten Morgen ihres Weges z u ziehen, nirgendwo in den Territorien der Bischöfe und Abte zu verweilen, sondern geradeswegs nach Rom zurückzukehren, ohne nach rechts oder links abzubiegen. Während sie also ohne Erfolg heimkehrten, verkündete der Kaiser vorsorglich s die Geschehnisse in einem über das ganze Reich hin verbreiteten Brief mit folgendem Wortlaut : 1 3 . 51 Da die göttliche Allmacht, von der alle Gewalt im Himmel und auf Erden stammt 51, uns, ihrem Gesalbten, Königtum und Kaisertum zur Leitung übertragen und den Frieden der Kirchen den kaiser1 0 liehen Waffen anvertraut hat, sehen wir uns mit tiefster Bekümmernis des Herzens gezwungen, eurer Liebe zu klagen, daß von dem Haupte der heiligen Kirche, der Christus das Zeichen seines Friedens und seiner Liebe aufgeprägt hat, offensichtlich Anlässe zu Zwistigkeiten, Samen des Bösen, das Gift einer verderblichen Seuche auszugehen scheinen ; 1 5 wir fürchten sehr, daß, wenn Gott es nicht verhütet, dadurch der ganze Leib der Kirche befleckt, die Einheit zersprengt und zwischen Königtum und Priestertum eine Spaltung herbeigeführt wird. Als wir nämlich neulich auf dem Reichstag zu Besan 40, nuper electi, principis adeunt presentiam, postulantes, quatinus 2s investituram de regno suo regi mittere ac electionem de ipso factam ratihabitione con j firmare dignaretur 41 • Exaudivit eos imperator, prebito et accepto ab eis sacramento iurisiurandi post reditum suum de Italia infra XL dies regem ad curiam venturum et regni administrationem de manu principis debite fidelitatis 30 interposita securitate suscepturum . (26) 29. Interea confluente ad ipsum undiqueversus copioso exer citu, nuntii diversorum principum aulam replevere, quibus locis singuli eorum cum singulis exercitibus per artiora montium a) destinamus AB.
b) ac AB.
c)
et AB.
d ) folgt N. AB.
Im Heerlager bei Augsburg
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geliebten Sohnes, des Herzogs Heinrich von Bayern und Sachsen, zwei unserer Brüder, Heinrich vom Titel der heiligen Nereus und Achilleus und den Kardinaldiakon Hyazinth von S. Maria in Cos medin, erfahrene und ehrenwerte Männer, gesandt, und wir bitten 5 und ermahnen deine Hoheit im Herrn, sie ehrenvoll und gnädig zu empfangen ; deine Erhabenheit möge wissen, daß alles, was sie von unserer Seite deiner Hoheit mitteilen werden, aus einem aufrichtigen Herzen stammt, und deshalb möge deine Majestät unter Vermittlung des genannten Herzogs, unseres Sohnes, bestrebt sein, sich mit diesen 10 unseren Söhnen dahin zu einigen, daß zwischen dir und deiner Mutter, der hochheiligen Römischen Kirche, kein Same mehr zur Zwietracht bleibe. 27 . Nachdem der Brief verlesen und in wohlwollender Weise 37 ver deutscht und erläutert worden war, war der Kaiser besänftigt und 15 milder gestimmt ; aber er gab den Gesandten ein Verzeichnis gewisser anderswo noch zu behandelnder Punkte 38, die den Keim zur Zwie tracht enthielten, wenn nicht eine entsprechende Besserung erfolge. Da ihre Antwort den Wünschen des Kaisers entsprach und in jeder Beziehung befriedigte und da sie versprachen, der römische Bischof 20 werde in keiner Weise der 39königlichen Würde Abbruch 39 tun, sondern Ehre und gerechtsame des Reiches stets unvermindert er halten, gewährte er dem Papst und dem gesamten römischen Klerus Frieden und Freundschaft und bekräftigte sie dadurch, daß er den Anwesenden für die Abwesenden den Friedenskuß gab. So reisten 25 die Gesandten heiter und mit königlichen Geschenken bedacht nach der Stadt. 2 8 . Am selben Ort und in denselben Tagen erschienen Gesandte des vor kurzem gewählten dänischen Königs 40 vor dem Kaiser und baten ihn darum, dem König gnädigst die Belehnung mit seinem 30 Reich zu erteilen und seine Wahl durch seine Anerkennung zu be stätigen 41. Der Kaiser erhörte sie, nachdem sie geschworen hatten, daß der König innerhalb von 40 Tagen nach des Kaisers Rückkehr aus Italien bei Hofe erscheinen und nach Ableistung des schuldigen Treueides aus der Hand des Kaisers die Belehnung mit seinem 35 Reiche entgegennehmen werde. 29. Während ihm inzwischen von allen Seiten ein großes Heer zu strömte, füllten die Boten der verschiedenen Fürsten den Hof und fragten beim Kaiser an, an welcher Stelle j eder von ihnen mit seinem 37 V gl. oben III, 1 2 . • • Vgl. unten I V , 34 - 36. •• - •• = Ioseph . , Bell. lud, I, 5. • o W aldemar I . u Sven war 1 1 5 7 Okt. 23 i n einer Schlacht gefallen.
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Gesta Frederici III, 29 - 30
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loca transirent, imperatorem consultantes . Tante siquidem erant auxiliariorum copie, quod plurium viarum meatus vix eos pre multitudine sustinere potuisset, videlicet Francorum, Saxonum, Ribuariorum , Burgundion um, Suevorum, Baioariorum , Lotharingiorum, Boemorum, Ungarorum, Carentanorum, et cum 5 his alie nonnulle Celtice 42 seu Germanice nationes, viri fortes, bellatores infinite multitudinis vario armorum apparatu, iuven tus valida et ad bellorum motus inperterrita. Fredericus habito consilio et provida circumspectione usus hoc modo eis vias et Alpium transitus censuit distribuendas. Dux Austrie Hein- 1 0 ricus et iterum a) Heinricus dux Carentanus et simul cum eis copie Ungarorum, ferme DC sagittarii electi, pariterque comites et barones illarum terrarum per Canalem et Forum Iulii atque marchiam Veronensem ; dux Bertolfus de Zaringen vel potius Burgundie cum Lotharingis per viam Iulii Cesaris, que modo 1 5 mons Iovis vocatur 43 ; multa pa.rs Francorum, Ripariolorum ac Suevorum per Clavennam et lacum Cumanum. Princeps ipse, habens in comitatu suo regem Boemie, ducem Suevie, videlicet Fredericum, filium regis Conradi, f fratrem suum Conradum palatinum comitem de Rheno, Fredericum Coloniensem, Arnal- 20 dum Maguntinum, Hellinum Treverensem archiepiscopos cum episcopis Conrado Eistetense, Daniel Bragensi, Herimanno Verdense, Gebehardo Herbipolense et abbatibus regalium cenobiorum, videlicet Fuldense 44, Augiense 45• Taceo marchiones, comites clarissimos et valde potentes, quorum nomina si coner 25 perstringere, delicato seu pigro Ieetori onerosus existam. His onmibus stipatus agminibus, immo divino comitatus presidio, divus augustus Alpium fauces felici procinctu cepit urgere 46. (27) 3 0 . Iam 47 angustias montium letus exierat exercitus, iam in planis Italie campestribus castra metati fuerant, primaque JO venientium impetum Brissia, temere in locis munitis et militum suorum fortitudine confisa, armis ausa fuit excipere. Sed mo mento temporis laceratis eius viribus subacta est ; primo a rege a ) so AB. C. •• Vgl. Chronica VI, 30. 43 Großer St. Bernhard. 4 5 Ulrich IV. •• Heinrich.
Marschrouten des Heeres
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Heer über die Gebirgspässe ziehen solle. Denn die Zahl der Hilfs truppen war so groß, daß selbst mehrere Straßen sie wegen ihrer Menge kaum fassen konnten ; da waren die Franken, Sachsen, Ri puarier, Burgunder, Schwaben , Bayern, Lothringer, Böhmen, 5 Ungarn, Kärntner und mit ihnen einige andere keltische 42 und ger manische Volksstämme, alles tapfere Männer, Krieger in unzählbarer Menge in verschiedenen Rüstungen, eine starke, den Wechselfällen des Krieges unerschrocken entgegensehende Schar junger Männer. Friedrich entschied sich nach einer Beratung mit vorausschauender to Umsicht, ihnen die Wege und Ü bergänge über die Alpen in folgender Weise zuzuweisen : Herzog Heinrich von O sterreich und Herzog Heinrich von Kärnten und mit ihnen zusammen die Truppen der Ungarn, etwa 600 auserlesene Bogenschützen, sowie die Grafen und Barone j ener Gegenden sollten über Canaleis und Friaul und die Mark 1 5 Verona ziehen ; Herzog Berthold von Zähringen oder vielmehr von Bur gund mit den Lothringern auf dem Wege des Julius Caesar, der j etzt Berg des Jupiter 43 heißt ; ein großer Teil der Franken, Ripuarier und Schwa ben über Chiavenna und den Corner See. Der Kaiser selbst, begleitet von dem König von Böhmen, dem Herzog Friedrich von Schwaben, dem 20 Sohn des Königs Konrad, seinem Bruder, dem Pfalzgrafen bei Rhein Konrad, den Erzbischöfen Friedrich von Köln, Arnold von Mainz und Hillin von Trier sowie den Bischöfen Konrad von Eichstädt, Daniel von Prag, Hermann von Verden und Gebhard von Würzburg, den Äbten der königlichen Klöster Fulda 44 und Reichenau 45 ich lasse 25 unerwähnt die erlauchten und sehr mächtigen Markgrafen und Gra fen, denn wenn ich versuchte, deren Namen anzuführen, würde ich dem verwöhnten oder mißmutigen Leser nur zur Last fallen -, von allen diesen Scharen umringt, ja von göttlichem Schutz begleitet, begann der göttliche Augustus die Alpenpässe in glücklicher Heer30 fahrt zu überschreiten 46. 30. Schon 47 hatte das Heer in fröhlicher Stimmung die Gebirgs pässe überschritten, schon war in der Ebene Italiens das Lager auf geschlagen, da wagte als erste Stadt Brescia im törichten Vertrauen auf seine Befestigungen und auf die Tapferkeit seiner Krieger sich 3 5 dem Ansturm der Heranrückenden mit den Waffen entgegenzustellen. Aber im Nu wurde es überwältigt, nachdem seine Streitkräfte zerfetzt -
48 Ende Juni 1 1 58 überschritt Fricdrich den Brenner, am 6. Juli befand er sich in Verona ; vgl. auch Gesta Federici I. imp . in Lomb. S. 28. 47 Ü ber die Geschehnisse des zweiten Italienzuges liegen zahlreiche Berichte vor, die zum Folgenden grundsätzlich zu vergleichen sind : Vincentii Pragensis Annales, MG. SS. 1 7 ; Gesta Federici I. imp. in Lomb . S. 2 8 ff. ; Ottonis Morenae . . . historia Friderici 1 . , ed. F. Güterbock, M G . S S . rer. Germ. N S . 7 , 1 930 ; Carmen de gestis Federici I. imp. in Lombardia, ed . J. Schmale - Ott, MG. SS. rer. Germ . 1 964 ; Chronica regia Coloniensis, MG. SS. rer. Germ.
Gesta Frederici lU, 30 - 3 1
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Boemorum graviter attrita, deinde in adventu prineipis, datis LX vadibus simulque non modiea peeunia, in deditionis pae tionem reeepta 48 . (28) 3 1 . Residente augusto et ex diversis eivitatibus a) It.alie venientem militem prestolante, consilio inito eommode et s religiose satis prius de pacis quam de belli traetat negotiis . Con ventum ergo prineipum cogens leges paeis in exereitu eonser vandas tales constituit : "Statuimus et firmiter observari volumus, ut nee miles nee serviens litem audeat movere. Quod si alter eum altero rixatus b) 1 0 fuerit, neuter debet voeiferari signa eastrorum, ne inde sui eoneitentur ad pugnam. Quod si lis mota fuerit, nemo debet aeeurrere eum armis, gladio seilicet, laneea vel sagittis ; sed indutus loriea, seuto, galea, ad litem non portet f nisi fustem, quo dirimat litem. Nemo vociferabitur signa castrorum, nisi querendo 1 s hospitium suum. Sed si miles vociferatione signi litem commo verit, auferetur ei omne suum harnaseha, et eicietur de exereitu . Si servus fecerit, tondebitur, verberabitur et in maxilla com buretur, vel dominus suus redimet eum eum omni suo harnaseh. Qui aliquem vulneraverit et hoe se feeisse negaverit, tune, si 20 vulneratus per duos veraces testes, non eonsanguineis suis, illum eonvineere potest, manus ei abseidatur. Quod si testes defuerint et ille iuramento se expurgare voluerit, aeeusator, si vult, potest c) imamenturn refutare et illum duello impetere. Si quis homieidium feeerit et a propinqua oeeisi vel amico vel 2s soeio per duos veraees testes, non eonsanguineos oeeisi, eon vietus fuerit, capitalem sententiam subibit. Verum si testes defuerint et homieida se iuramento d) expurgare voluerit, amieus propinquus oeeisi duello eum potest impetere. Si extraneus miles paeifiee ad eastra aeeesserit, sedens in 30 palefrido sine seuto et armis, si quis eum leserit, paeis violator iudieabitur. Si autem sedens in dextrario et habens senturn in eollo, laneeam in manu ad castra aeeesserit, si quis eum leserit, pacem non violavit. a l I. b) c)
c. AB. fuerit Schluß des Gesetzes fehlt A . d) i . 8 . B . p. 8 . v . B . -
Friedensgesetze für das Heer
457
worden waren ; zuerst vom Böhmenkönig schwer heimgesucht, wurde dann bei der Ankunft des Kaisers sein Kapitulationsangebot angenommen, nachdem es 60 Bürgen und eine bedeutende Geld summe übergeben hatte 48• s 3 1 . Während sich der Kaiser im Lager aufhielt und auf die aus den verschiedenen Städten Italiens heranziehenden Truppen wartete, ent schloß er sich in völlig angemessener und frommer Weise, sich vor den Angelegenheiten des Krieges denen des Friedens zu widmen. Er berief also eine Fürstenversammlung und erließ folgende Friedens10 gesetze, die im Heer befolgt werden sollten : Wir ordnen an und wollen streng beachtet wissen, daß kein Ritter und kein Knecht einen Streit zu erregen wage. Wenn einer mit einem anderen in Streit gerät, darf keiner von beiden die Lagerparole schreien, damit seine Kameraden nicht zum Kampf aufgerufen wer1 5 den. Ist aber ein Streit ausgebrochen, darf niemand mit Waffen, nämlich Schwert, Spieß oder Pfeilen herbeieilen ; sondern ausgerüstet mit Panzer, Schild und Helm, bringe er zu dem Streit nur einen Knüppel mit, um den Streit zu schlichten. Niemand darf die Lager parole rufen, außer wenn er sein Quartier sucht. Hat aber ein Ritter 20 durch das Rufen der Parole einen Streit erregt, soll ihm seine ganze Rüstung weggenommen und er aus dem Heer ausgestoßen werden . Wenn e s ein Knecht getan hat, soll er geschoren, gegeißelt und am Kinnbacken gebrandmarkt werden , oder sein Herr soll ihn loskaufen mit seiner ganzen Rüstung. 25 Wer j em anden verwundet hat und es abstreitet, dem soll, wenn der Verwundete durch zwei glaubwürdige, mit ihm nicht blutsverwandte Zeugen jenen überführen kann, die Hand abgehauen werden. Wenn aber Zeugen fehlen und der Täter sich durch einen Eid reinigen will , kann der Kläger, wenn er will, den Eid ablehnen und j enen zum 30 Zweikampf herausfordern. Wenn jemand einen Totschlag begangen hat und von einem Ver wandten des Erschlagenen oder einem Kameraden durch zwei glaub würdige, nicht mit dem Erschlagenen blutsverwandte Zeugen überführt wird, soll er mit dem Tode bestraft werden. Wenn aber Zeugen fehlen 35 und der Mörder sich durch einen Eid reinigen will, kann ein Freund oder Verwandter des Erschlagenen ihn zum Zweikampf herausfordern. Wenn ein fremder Ritter friedlich ins Lager kommt, ohne Schild und Waffen auf seinem Pferd sitzend, soll jemand, der ihn verletzt, als Friedensbrecher gelten . Kommt er aber zum Lager, auf 40 einem Streitroß sitzend mit dem Schild am Halse, der Lanze in der Hand, dann hat einer, der ihn verletzt, den Frieden nicht gebrochen. •• Vgl. vor allem Vincenz v. Prag, a. a. 0. S. 669 ; Carmen de gestis Federici I. in Lomb. v. 2005 ff.
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Gesta Frederici III, 3 1
[200/20 1]
Miles, qui mercatorem spoliaverit, dupliciter reddet ablata et iurabit, quod nescivit illum mercatorem. Si servus, tondebitur et in maxilla comburetur, vel dominus reddet pro eo rapinam . Quicumque aliquem spoliare ecclesiam vel forum viderit, prohibere debet, tarnen sine lite ; si prohibere non potest, reum s accusare debet in curia. Nemo aliquam mulierem habeat in hospitio ; qui vero habere presumpserit, auferetur ei omne suum harnash, et excommuni catus 49 habebitur, et mulieri nasus abscidetur. Nemo inpugnabit castrum, quod a curia defensionem habet. 1 0 Si servus furtum fecerit et in furto fuerit deprensus a>, si prius fur non erat, non ideo suspendetur, sed tondebitur, verberabitur et in maxilla comburetur et eicietur de exercitu, nisi dominus eius redimat eum cum omni suo harnasch. Si prius fur erat, ts suspendetur. f Si servus aliquis culpatus bl non in furto fuerit deprensus, sequenti die expurgabit se iudicio igniti ferri, vel dominus eius cl iuramentum pro eo prestabit ; actor vero iurabit, quod aliam ob causam non interpellat eum de furto, nisi quod putat eum d) 20 culpabilem. Si quis invenerit equum alterius, non tondebit eum nec ignotum faciet, sed dicet marscalco, et tenebit eum d) non furtive et imponet ei onus suum. Quod si ille, qui amisit, equum in via deprehenderit oneratum, non deiciet onus illius cl , sed sequens ad 2s hospitium recipiet equum suum. Si quis vero villam vel domum incenderit, tondebitur et in maxillis comburetur et verberabitur. Faber non comburet carbones in villa, sed portabit ligna ad hospitium suum et ibi comburet ; quod si in villa fecerit, tondeJo bitur, verberabitur et in maxillis comburetur. Si quis aliquem leserit, imponens ei quod pacem non iuraverit, non erit reus violate pacis, nisi ille probare possit duobus idoneis testibus, quod pacem iuraverit. a ) deprehensus B. b ) folgt et B. d) fehlt C. c ) eius B. c ) fehlt C.
Friedensgesetze für das Heer
459
Ein Ritter, der einen Kaufmann ausgeplündert hat, soll das Ge raubte doppelt erstatten und schwören, er habe nicht gewußt, daß jener ein Kaufmann sei. Ist der Täter ein Knecht, so soll er geschoren und am Kinnbacken gebrandmarkt werden, oder sein Herr muß für 5 ihn den Raub erstatten. Wer irgendjemanden eine Kirche oder einen Markt berauben sieht, soll ihn daran hindern, jedoch ohne Streit ; wenn er ihn nicht hindern kann, soll er ihn bei Hofe verklagen . Niemand soll ein Weib in seinem Quartier haben ; wer aber eines 10 zu haben wagt, dem soll seine ganze Rüstung genommen werden, und er soll für exkommuniziert gelten49, und dem Weibe soll die Nase abgeschnitten werden . Niemand soll eine Burg angreifen, die vom Hofe eine Besatzung hat. Wenn ein Knecht einen Diebstahl begeht und dabei ertappt '.>'ird, 15 soll er, falls er vorher kein Dieb war, deswegen nicht gehenkt werden , aber er soll geschoren, gegeißelt und am Kinnbacken gebrandmarkt und aus dem Heer ausgestoßen werden, es sei denn, sein Herr kauft ihn mit seiner ganzen Rüstung los. Wenn er schon früher ein Dieb war, soll er gehenkt werden. 20 Wenn ein Knecht nur beschuldigt, aber nicht beim Diebstahl er tappt worden ist, soll er sich am folgenden Tage durch die Probe des glühenden Eisens reinigen, oder sein Herr soll für ihn einen Eid leisten ; der Kläger aber soll schwören, daß er ihn aus keinem anderen Grund des Diebstahls bezichtige, als weil er ihn für schuldig halte . 25 Wenn j emand das Roß eines anderen findet, soll er es nicht scheren noch unkenntlich machen, sondern soll es dem Marschall melden, und er soll es nicht geheimhalten, sondern ihm sein Gepäck aufbürden . Wenn aber derjenige, dem das Pferd abhandengekommen ist, es unterwegs beladen antrifft, soll er das Gepäck nicht herunterwerfen, JO sondern zu dessen Quartier folgen, und dort wird er sein Pferd zurück erhalten. Wer aber ein Gut oder ein Haus in Brand steckt, soll geschoren, an den Kinnbacken gebrandmarkt und gegeißelt werden . Ein Schmied soll seine Kohlen nicht im Dorfe brennen, sondern 35 das Holz zu seinem Quartier tragen und dort brennen ; wenn er es im Dorfe tut, soll er geschoren, gegeißelt und an den Kinnbacken ge brandmarkt werden. Wenn einer einen anderen verletzt, indem er ihm vorwirft, er habe den Frieden nicht beschworen, so soll dieser nicht des Friedens40 bruches schuldig sein, wenn jener nicht durch zwei zuverlässige Zeu gen beweisen kann, daß er den Frieden beschworen hat. " Merkwürdig, daß nur an dieser Stelle von einer kirchlichen Strafmaßnahme die Rede ist.
460
Gesta Frederici III, 3 1 - 3 2
[20 1 /202]
Nemo recipiet a> servum qui sine domino est. Quod si fecerit, reddet in duplo quidquid ille abstulerit. Quicumque foveam 50 invenerit, libere fruatur ea. Quod si ablata fuerit ei b ) 51, non reddet mal um pro malo 51, non ulciscetur iniuriam suam, sed conqueretur marscalco, iustitiam accepturus. 5 Sed c> si mercator Teutonicus civitatem intraverit et emerit mercatum et portaverit ad exercitum et carius vendiderit in exercitu, camerarius auferet ei omne forum suum et verberabit eum et tondebit et comburet in maxillam. Nullus Teutonicus habeat socium Latinum , nisi sciat Teuto- 1 0 nicum ; sed si habuerit, auferetur ei quidquid habet. Si miles militi convitia dixerit, negare potest iuramento ; si non negaverit, componet ei X libras monete, que tune erit in exercitu. Si quis invenerit vasa plena vini, vinum inde extrahat ita 1 s caute, ne vasa confringat vel ligamina incidat vasorum, ne ad dampnum exercitus totum vinum effundatur. / Si castrum aliquod captum fuerit, bona que intus sunt auferan tur, sed non incendatur, nisi forte hoc marscalcus faciat . Si quis venatus fuerit cum canibus venaticis, feram quam 20 invenerit et canibus agitaverit sine alicuius inpedimento habebit. Si quis per canes leporarios feram fugaverit, non erit necessario sua, sed erit occupantis. Si quis lancea vel gladio feram percusserit, et antequam manu d) levaverit, alter occupaverit, non c) occupantis erit, sed 25 qui occiderit eam sine contradictione obtinebit. Si quis birsando feram 0 balista vel arcu occiderit, eius erit" . Hanc treugam archiepiscopi, episcopi, abbates datis pro se dextris firmaverunt et violatores pacis pontificalis officii severitate 52 cohercendos promiserunt. Jo (29) 3 2 . Iam totus exercitus tarn Cisalpinus quam Transalpinus convenerat, iam multitudo prudentium et in lege doctissimorum in unum coierat •>, omniumque aures intente erant, quas ad
a) folgt hospicio B. d) manum B.
b ) fehlt B. e) fehlt B.
c ) fehlt
B.
0 folgt vel B.
g) coigerat 0.
Friedensgesetze für das Heer
461
Niemand soll in seinem Quartier einen herrenlosen Knecht auf nehmen. Tut er es doch, soll er das Doppelte von dem erstatten, was j ener gestohlen hat. Wer eine Grube 60 findet, darf sich ihrer ungehindert bedienen. 5 Wenn sie ihm weggenommen wird, 51 soll er nicht Böses mit Bösem vergelten 51 und das ihm angetane Unrecht nicht rächen, sondern es dem Marschall klagen, um sein Recht zu erhalten. Wenn aber ein deutscher Kaufmann in eine Stadt kommt und Waren kauft, sie dann zum Heere bringt und im Heer teurer ver10 kauft, soll ihm der Kämmerer seine ganze Ware wegnehmen, ihn geißeln, scheren und am Kinnbacken brandmarken lassen. Kein Deutscher soll einen Lateiner zum Genossen haben, wenn dieser nicht Deutsch versteht ; hat er doch einen, soll ihm alles, was er hat, weggenommen werden. 15 Wenn ein Ritter einen Ritter beschimpft, kann er das durch einen Eid ableugnen ; bestreitet er es jedoch nicht, soll er ihm 10 Pfund der Münze zahlen, die zur Zeit im Heere gilt. Wenn einer Fässer voll Wein findet, soll er den Wein so vor sichtig abzapfen, daß er die Fässer nicht zerbricht oder die Bänder 20 der Fässer zerschneidet, damit nicht der ganze Wein zum Schaden des Heeres auslaufe. Wenn eine Burg erobert worden ist, dürfen die darin befindlichen Güter geraubt werden, sie selbst aber soll nicht in Brand gesteckt werden, wenn es der Marschall nicht etwa selber tut. Wenn jemand mit Jagdhunden j agt, soll das Wild, das er gefunden 2s und durch seine Hunde aufgestöbert hat, ohne Behinderung durch irgendjemanden ihm gehören. Wenn jemand mit Hasenhunden ein Wild aufgescheucht hat, gehört es ihm nicht notwendig, sondern dem, der es fängt. 30 Wenn j emand ein Wild mit der Lanze oder dem Schwert durch bohrt hat und, bevor er es mit der Hand aufgehoben hat, ein anderer es ergreift, soll es nicht dem gehören, der es an sich genommen, sondern ohne Widerspruch dem, der es getötet hat. Wenn jemand auf der Pirsch ein Wild mit Pfeil und Bogen erlegt 35 hat soll es ihm gehören . Dieses Friedensgesetz bestätigten die Erzbischöfe, Bischöfe und Ä bte durch Handschlag, und sie versprachen, Friedensbrecher mit der Strenge ihres kirchlichen Amtes zu bestrafen 52• 32 . Schon hatte sich das gesamte Heer aus den diesseits wie jenseits 40 der Alpen gelegenen Landen versammelt, schon war eine Menge er fahrener und gesetzeskundiger Männer zusammengekommen, und 60
••
D. h. eine Vorratsgrube . D. h. mit Kirchenstrafen.
n-n
Vgl. 1 . Petr. 3, 9.
462
Gesta Frederici I I I , 32
[202/203)
partes vel in quas nationes inprimis eos bellicus labor et voluntas principis invitaret. Tune imperator, coniuncta cum hilaritate iuvenili regia severitate, ut et timeri pariter et amari merere tur, 53 unde exaudiri passet constitisse 53 et pro concione huiusce modi usus oratione memoratur : 'Regi regum magnas nos et ingentes debere gratias cognosci mus, cuius dum complacuit ordinationi, ut quasi ministri eius et vestri 54 regni gubernacula regeremus, tautarn nobis in vestra probitate atque prudentia fiduciam donavit, quod in multis experimentum vestri habentes, salvo nobis benignitatis vestre presidio simul et consilio, quecumque occurrerint, quecumque rem publicam Romani imperii turbare ausa fuerint, facile reprimenda putemus, imperii inquam Romani, cuius aput nos ministerium, auctoritatem penes vos, qui optimates regni estis, recognoscimus. Nemo nos pro libitu nostro J bella gerere putaverit, quarum et 65 eventus varius est 56, et que corniturn suorum, videlicet fame, siti, vigiliis, denique diversis mortibus horrenda et formidolosa non ignoramus. Non ad prelium nos accendit 56 libido dominandi 56, sed feritas rebellandi. Mediolanum est, quod patriis vos laribus excivit, quod caris liberorum et coniugum vos amplexibus abstraxit, quod hos omnes labores sua irreverentia et temeritate capitibus vestris induxit. Iustam vobis belli causam fecerunt, qui legittimo imperio rebelies inveniuntur. 57 Suscipietis itaque bella ipsa non cupiditate vel crudelitate, sed pacis studio, ut malorum audacia coherceatur et boni discipline sue debitum fructum inveniant 67• Quod si per desidiam aut ignaviam dedecus a Mediolano vobis a) illatum vindice gladio non prosequeremur, iam indubitanter 68 eum sine causa por taremus 68, nec tarn esset in hoc nostra laudanda patientia quam negligentia vituperanda. 69 Ministri ergo iustitie suffragium vestrum iuste postulamus, ut temeritas adversariarum careat effectu et imperii status ad nostra deductus tempora nostro nobis A, fehlt C. Ioseph., Bell. lud. VII, 4. "' Die Großen Italiens ; vgl. unten Z. 14. 56-66 Vgl. Verg., Aen. X, 1 60. a)
U- 6 •
10
15
20
25
3o
Rede Friedrichs an das Heer
463
aller Ohren waren gespannt darauf, in welche Länder und gegen welche Völker die Mühe des Krieges und der Wille des Kaisers sie zuerst rufe. Da stellte sich, so wird berichtet, der Kaiser, bei dem königliche Strenge sich mit jugendlicher Heiterkeit verband, so daß er gleich 5 zeitig gefürchtet und geliebt zu werden verdiente, 53 auf einen Platz , von dem aus man ihn hören konnte 53, und hielt vor der Versammlung folgende Ansprache : Wir wissen, daß wir dem König der Könige großen und unend lichen Dank schulden, dessen Anordnung es gefallen hat, daß wir 1 0 als sein Diener auch eures 54 Reiches Steuerruder führen sollten , und der uns so großes Vertrauen zu eurer Redlichkeit und Klugheit geschenkt hat, daß wir nach den vielfachen Beweisen , die ihr uns geliefert habt, glauben, wenn uns euer gütiger Schutz und zugleich euer Rat erhalten bleibt, alles mühelos überwinden zu können, was 1 5 sich uns in den Weg stellt und das römische Reich zu beunruhigen wagt, das römische Reich, sage ich, dessen Regierung uns gebührt, dessen Ansehen in euren Händen liegt, die ihr die Großen des Reiches seid. Niemand soll glauben, daß wir nach unserem Gutdünken Kriege führen, 65 deren Ausgang unbestimmt ist 56 und die wegen ihrer Be20 gleiterscheinungen wie Hunger, Durst, Nachtwachen und Tod in mannigfacher Form, wie wir wissen, schrecklich und grauenhaft sind . 66 Nicht Herrschsucht 66 reizt uns zum Kampfe, sondern die Wildheit des Aufruhrs. Mailand ist es, das euch vom heimischen Herd aufge scheucht, das euch aus den liebevollen Umarmungen eurer Kinder 2s und Gattinnen gerissen , das durch seine Unehrerbietigkeit und Un besonnenheit all diese Mühe über eure Häupter gebracht hat. Sie haben euch einen berechtigten Grund zum Kriege geliefert, da sie sich als Rebellen gegen die rechtmäßige Herrschaft erweisen. 67 Ihr werdet also diesen Krieg auf euch nehmen nicht aus Kriegslust oder 30 Grausamkeit, sondern aus Liebe zum Frieden, damit die Frechheit der Bösen in ihre Schranken gewiesen werde und die Guten den ge bührenden Lohn für ihren Gehorsam ernten 67• Wenn wir aber die euch von Mailand angetane Schmach aus Faulheit oder Trägheit nicht durch das Schwert rächten, 58 dann würden wir es zweifellos 35 ohne Berechtigung tragen 68, und dann wäre nicht unsere Geduld zu loben, sondern unsere Gleichgültigkeit zu tadeln. 69 Als Diener der Gerechtigkeit fordern wir daher mit Recht eure Zustimmung, damit die Vermessenheit der Gegner nicht zum Ziele führe und dem An sehen des Reichs, das es bis zu unseren Zeiten genießt, durch unsere •• - •• Vgl. Sall., Cat. 2, 2 . •7-57 Vgl. Gratian, Decretum C . 23 q. 3 c . 6 . ••-•• Vgl. Rom. 1 3 , 4. ••-•• = Decretum C. 23 q . 3 c. 1 .
464
Gesta Frederici II I , 32 -33
[203/204]
ministerio debitum sortiatur honorem 59• 60Non inferimus, sed depellimus iniuriam 60• 61 Cumque iustum bellum sit, quod ex edicto superioris potestatis geritur, agite nunc universi, summam militie laudem consecuturi, de meritis et laboribus fructum congruo a> tempore a> recepturi , obedientiam rei publice utilitati- s bus exhibete, quidquid vobis utiliter imperatum fuerit, pro viribus obtemperate 61 • Divina siquidem opitulante misericordia non segnes, non degeneres invenire nos debet inimica civitas in conservando, quod J antecessores nostri Karolus et Otto titulis imperii addidere primique de ultramontanis, ille inter occiden- 10 tales, hic inter orientales Francos, ad regni terminos dilatandos adicere curaverunt' . Dixerat, verbumque augusti strepitus, clamor favorque totius exercitus prosequitur, et 62 divina quedam alacritas militibus incidit 62, salutis datori vota ac Frederico imperatori fausta t s quisque patria voce adclamantes. At sapientes et legum periti persuadent, Mediolanenses, licet improbos et infames, iudicis tarnen officio per legittimas indutias citandos esse, ne violentia eis illata vel contra ius in absentes prolata sententia videretur. Legittimas vero indutias dicunt iudicis edictum unum, mox 20 alterum et tertium, seu unum pro omnibus, quod peremptorium nominatur 63• Quod et factum est. (30) 3 3 . Itaque Mediolauenses cum viderent universam vim belli suis inminere capitibus, eligunt quos ad curiam mittant legatos, viros eruditos et in dicendo acerrimos. Qui cum se penalibus et 2s stricti iuris actionibus conveniri viderent, neque principem pactione multe pecunie posse deliniri, suffragio optimaturn frustra quesito 64 pacisque infecto negotio 64 ad suos revertuntur. Imperator, astipulantibus iudicibus et primis de Italia, contra Mediolauenses condempnationis proferens sententiam hostes eos 30 iudicat omnique apparatu ad obsidionem civitatis accingitur. 65Quibus rebus aput Mediolanum compertis, permota civitas atque inmutata urbis facies erat. Ex summa letitia atque lascivia, que diuturna eis b) requies pepererat, repente omnes a) magnificum A, cognoscite B. bl fehlt AB.
Mailand wird
zum
Feind erklärt
465
Bemühung die schuldige Ehre zuteil werde 59• 60Wir tun nicht Un recht, sondern wehren es ab 60• 61 Und da ein Krieg gerecht ist, der auf Befehl einer höheren Gewalt geführt wird, wohlan ! Ihr alle, die ihr euch höchsten Kriegsruhm erringen und zu gegebener Zeit den 5 Lohn für Verdienste und Mühen empfangen wollt, seid gehorsam zum Nutzen des Staates und erfüllt nach Kräften, was euch zum all gemeinen Besten befohlen wird 61. Mit Gottes gnädiger Hilfe soll uns die feindliche Stadt nicht träge, nicht entartet finden bei der Erhaltung dessen, was unsere Vorgänger Karl und Otto den Ruhmestiteln des 10 Reiches hinzuerworben haben und als erste unter den jenseits der Alpen Wohnenden - jener unter den West-, dieser unter den Ost franken - zur Erweiterung der Grenzen des Reiches beigetragen haben. So sprach er, und das ganze Heer nahm die Worte des Kaisers mit 15 Lärm, Geschrei und Beifallsrufen auf ; 62das Heer befiel eine Art gött lichen Kampfeseifers 62, und sie riefen dem Spender des Heils Gebete und, jeder in seiner Muttersprache, dem Kaiser Friedrich glückver heißende Worte zu. Aber die Weisen und Rechtskundigen rieten ihm, die Mailänder, wenn sie auch ruchlos und übel berüchtigt. seien, nach 20 richterlicher Pflicht innerhalb der gesetzlichen Fristen vorzuladen, damit nicht der Anschein erweckt werde, als sei ihnen Gewalt angetan und wider das Recht das Urteil gegen sie in ihrer Abwesenheit gefällt worden . Unter gesetzlichen Terminen aber versteht man drei aufein ander folgende Vorladungen des Richters oder eine einzige statt aller, 25 was man peremptorisches Verfahren nennt 63. So geschah es auch. 33. Als nun die Mailänder sahen, daß ihren Häuptern die ganze Schwere des Kriegs drohte, wählten sie gebildete und äußerst rede gewandte Männer, um sie als Gesandte an den Hof zu schicken . Als diese aber erkannten, daß man mit einem Strafverfahren nach stren30 gern Recht zu rechnen habe und daß der Kaiser auch durch eine große Geldzahlung nicht zu besch·wichtigen sei, suchten sie zunächst ver geblich die Fürsprache der Fürsten zu gewinnen und kehrten dann 64 ohne Erfolg 64 in ihrer Friedensmission nach Hause zurück. Unter Zustimmung der Richter und der angesehensten Männer 3S Italiens fällte nun der Kaiser gegen die Mailänder das Verdammungs urteil, erklärte sie für Feinde und traf alle Vorbereitungen zur Be lagerung der Stadt. 65 Als dies in Mailand bekannt wurde, wurde die Bürgerschaft unruhig, und das Antlitz der Stadt veränderte sich, Vgl. Decreturn C. 2 3 q. 3 c. 7 . Vgl. Decretum C. 2 3 q. 2 c. 1 . ••- •• = Ioseph . , Bell. lud. III, 1 7 . 8 3 Vgl. Dig. V, 1 , 70. u- u Vgl. Chronica VII, 23 ( Oros. IV, 1 9 . 20.) ••-•• Fast wörtlich Sall., Cat. 31, 1 - 3. •o-oo
01-•1
466
Gesta Frederici III, 33 - 34
[204/205]
tristitia invasit. Festinare, trepidare, suo quisque modo et metu pericula metiri . Ad hec mulieres, quibus sue rei publice magni tudine belli timor insolitus incesserat, afflictare sese, manus supplices ad celum tendere, f miserari parvos pueros, omnia pavere 65• 66 Fuere tarnen plerique 67 sicut a> alibi de quibusdam s dicitur a> 67, qui se et rem publicam obstinatis animis perditum irent 66• 68 Nam semper in civitatibus, quibus opes nulle sunt 68, 69 qui es alienum solvere non possunt 69, 70 bonis aliorum et quieti invident, nova exoptant, odio suarum rerum omnia mutari student ; seditionibus sine cura aluntur, quoniam , ut dicitur, 1 0 egestas facile habetur sine dampno 70• 71 Preterea iuventus, que magis b) manuum labore victum querens inopiam tolerabat, publicis largitionibus excita urbarrum otium ingrato labori pretulerat 71• Unde factum est, ut, multitudine huius vulgi prevalente, 72 rei publice iuxta ac sibi consulerent 72 ac 73 liben- 1 s tibus animis belli eventum expectarent 7 3 , nobilioribus e t meliori bus metu talium silentio addictis. Et hec quidem in civitate . {3 1) 34. Fredericus autem c) per aliquot dies opperiens expectabat, si forte Mediolauenses penitudo salubris ab incepto rebellionis revocaret, si forte cladis et periculorum consideratio eos pro- 20 positum mutare persuaderet. Paratus etenim erat serenus principis animus potins correctis veniam prestare quam post destructionem provincie cum dampno multorum de perdito populo triumphare. Illis ergo in priori pertinacia permanentibus, cunctis comitatus agminibus incipere obsidionem acriter statuit, 2s castraque movens usque ad flurneu Adduam processit . Is 74 fluvius Cremonensium ac Mediolanensium fines medius dirimens sepissime atroces eorum contra sese incursus inhibuit. Et tune a- a ) fehlt AB. b ) so AB. C, in agris Sallust, ß . c ) folgt regali mansuetudine A. 68 - 88 Fast wörtlich Sall. , Cat. 36, 4. 8 7 Vgl. oben III, 22. 88-88 Sall . , Cat 37, 3 . •• - 8• Vgl. Sall. Cat. 3 5 , 3. 1o-1o Fast wörtlich Sall. , Cat. 37 , 3 . n -11 Fast wörtlich Sall. , Cat. 37, 7 . 12-12 Vgl. Sall . , Cat. 37, 8. =
Furcht der Mailänder
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nach höchster Fröhlichkeit und Ausgelassenheit, die durch die lang dauernde Ruhe hervorgerufen war, befiel nun alle plötzlich Traurig keit . Man rannte ängstlich und zitternd hin und her, und j eder be maß die Gefahren nach eigenem Maßstab und nach der eigenen Furcht. 5 Dazu härmten sich die Weiber ab, hatte sie doch wegen der Größe ihrer Stadt eine ungewöhnliche Angst vor dem Kriege erfaßt ; sie erhoben flehend die Hände zum Himmel, bej ammerten ihre kleinen Kinder und fürchteten alles 65. 66 Es gab j edoch viele - wie an anderen Stellen von gewissen Leuten erzählt wird 67 -, die verstockten Sinnes 10 sich und die Stadt zugrunde richten wollten 66• 68 Denn in allen Städten sind die Vermögenslosen 68 , 69 die keine Schulden zurückzahlen kön nen 69, 70 neidisch auf den Besitz anderer und ihr ruhiges Leben, sinnen auf Umsturz und wünschen aus Mißbehagen über ihre Verhältnisse eine Revolution ; Aufstände ernähren sie ohne alle Mühe, denn Armut 1 5 ist, wie man sagt, leicht ohne Schaden zu ertragen 70• 1 1 Außerdem hatte die Jugend, die eher als durch der Hände Arbeit den Lebens unterhalt zu suchen Mangel ertrug, durch öffentliche Spenden verlockt, das müßige Leben in der Stadt der unangenehmen Arbeit vorge zogen 71• Da nun diese Pöbelmasse das Ü bergewicht hatte, kam es 20 dahin, 72 daß man sich um das Gemeinwesen ebensowenig kümmerte wie um sich selbst 72 und 73freudigen Herzens den Ausgang des Krieges erwartete 73, während die Vornehmeren und Edleren aus Furcht vor solchen Leuten durch ihr Schweigen zustimmten. So also stand es in der Stadt . 25 34 . Friedrich aber zögerte einige Tage lang und wartete, ob etwa die Mailänder heilsame Reue von ihrem aufrührerischen Beginnen zu rückrufe, ob sie etwa der Gedanke an Niederlage und Gefahren ver anlassen würde, ihre Absicht zu ändern. Denn der hochherzige Fürst war bereit, ihnen lieber Verzeihung zu gewähren, wenn sie sich besser30 ten, als nach Vcrwüstung des Landes zum Schaden vieler über ein unglückliches Volk zu triumphieren. Da sie aber bei ihrer bisherigen Hartnäckigkeit blieben, faßte er nun den harten Beschluß, mit allen ihm zur Verfügung stehenden Truppen die Belagerung zu beginnen ; er brach daher sein Lager ab und rückte bis an die Adda vor. Dieser 35 Fluß 74, der die Grenze zwischen den Gebieten von Cremona und Mai land bildet, hat schon sehr oft ihren gegenseitigen Angriff aufgehalten. 7 3 - 7 3 Fast wörtl. Sall., Cat . 37, 9. - Daß dies alles reine Erfindung, bloße Zu tat aus literarischer Ambition Rahewins ist, bedarf kaum des Hinweises. 74 Zum folgenden Bericht über den Adda- D bergang vgl. Gesta Federici I . imp. i n Lomb. S . 29 f. ; Vincenz von Prag S . 669f. ; Carmen de gestis Federici I . imp. i n Lomb. v. 204 6 ff. ; Otto Morena S . 48 ff. ; Chronica regia Colon. S . 97 ; Keiner der Berichte stimmt mit irgend Burchardi Ursp. Chronicon S . 28. einem der anderen so völlig überein, daß sich ein wirklich eindeutiges Bild ergibt. -
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Gesta Frederici III, 34 - 3 5
[205/206]
quidem propter liquentes in Alpibus nives non mediocri inun datione excreverat, ruptisque pontibus omnino transvadandi oportunitatem exercitui denegare videbatur 75• Aderant quoque in ulteriore fluminis ripa f pugnacissimi de Mediolanensibus circiter M equites armati, qui se ope et adminiculo inundantis s fluminis facile vada a) pontesque defendere posse arbitrati sunt. Verum 76 contra audaces non est audacia tuta 76. Nempe frustrati sunt, cum ex inproviso rex Boemie et Conradus dux Dalmatie cum suis, parvi pendentes periculum, aquis se dederint et, quamvis difficillime et non sine clade suorum , inperterriti tamen 10 alveum furentis amnis transvadaverint vel potius transnata verint 77. Numerus eorum, quos aquarum vehementia involvit, involvendo submersit, circiter CC b> 78 estimabatur. Medio lanenses, postquam regem preter spem et opinionem suam transisse cognoverunt, ante pugnam fuga disiecti et ad civita- 1 s tem reversi sunt, sarcine relicte, et preda universa a nostris direpta 79• Has primitias belli primosque conatus infaustos Mediolauensi bus nonnulli asperius auspicati sunt, rerum exitus ex principio metientes. Boemos reliquus exercitus secutus, pars refectis 20 pontibus, pars insano gurgiti se immittentes, tarn se quam sarcinas transposuere. (32) 3 5 . Erat non longe ab eo loco castrum quoddam Medio lanensium, Trecium c) so appellatum, in planitie campestri mediocri eminentia paulolum in altum sublatum, quod una 25 parte iam dictus fluvius Addue alluebat, altera muri fortissimi ambitu turrisque fortitudine muniebatur, pontem firmum et ad transmeandum copiose militie habilem suis continuans suburbiis. Augustus commodum ratus ad transitum suorum , si prefatum castrum sue subigeret potestati, obsidione cingit, obpugnat et in Jo brevi expugnat. Castellani enim disciplina militum et ingenio conterriti paulisper quidem primos sustinuere impetus, deinde, cum 81 nullum locum fuge81, nullum de civitate presidium a) vados AB.
b l LX AB. c)
Tercium AB.
76 Zu diesem Satz vgl. auch Carmen de gestis Federici v. 2080ff.
Ü bergang über die Adda
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Und auch damals war er wegen der Schneeschmelze in den Alpen sehr stark angeschwollen , und da er die Brücken fortgerissen hatte, schien er dem Heere j ede Möglichkeit zum Ü bergang zu versagen 75• Es stan den außerdem an seinem j enseitigen Ufer etwa tausend höchst 5 kampflustige Mailändische Panzerreiter, die glaubten , mit Hilfe des angeschwollenen Flusses die Furten und Brücken leicht verteidigen zu können. Jedoch 76gegenüber den Kühnen ist selbst die Kühnheit nicht sicher 76. Ihre Erwartung wurde nämlich getäuscht, denn unver mutet sprangen, der Gefahr nicht achtend, der König von Böhmen 1 0 und der Herzog Konrad von Dalmatien mit ihren Leuten ins Wasser und durchwateten oder richtiger durchschwammen, wenn auch mit größter Schwierigkeit und nicht ohne Verluste, das Bett des reißenden Stromes 77• Die Zahl derer, welche die Gewalt des Wassers verschlang und verschlingend ertränkte, schätzte man auf ungefähr 200 78• Als 1 5 die Mailänder sahen, daß wider ihre Hoffnung und ihr Erwarten der König übergesetzt war, flohen sie ohne Kampf und kehrten in die Stadt zurück ; ihr Gepäck ließen sie zurück, und die gesamte Beute wurde von unseren Leuten geplündert 79. Aus diesen ersten Kampfhandlungen und den ersten unglücklichen 20 V ersuchen prophezeiten manche den Mailändern Schlimmeres, indem sie den Ausgang des Kampfes nach seinem Anfang beurteilten. Den Böhmen folgte das übrige Heer ; die einen gingen mit dem Gepäck über die wieder hergestellten Brücken, die anderen stürzten sich in den tosenden Strudel. 25 35 . Nicht weit von dieser Stelle lag eine Burg der Mailänder mit Namen Trezzo 80, in der Ebene auf einer kleinen Anhöhe nur ein wenig emporragend ; auf der einen Seite bespülte sie der schon erwähnte Fluß Adda, auf der anderen Seite war sie durch sehr starke Mauern und einen festen Turm geschützt, und eine feste, zum Ü bergang eines 30 zahlreichen Heeres geeignete Brücke verband sie mit ihren Vorstädten . Der Kaiser hielt es für den Ü bergang seines Heeres für zweckmäßig, diese Burg in seine Gewalt zu bringen ; daher schloß er sie ein, bestürmte sie und eroberte sie in kurzer Zeit. Die Burgmannen nämlich waren über die Zucht und Geschicklichkeit der Ritter in Furcht geraten , 35 hielten j edoch kurze Zeit den ersten Angriffen stand ; da sie aber 81 keine Möglichkeit zur Flucht81 sahen und keine Hilfe aus der Stadt erwarten 7 unus erat to Iohannes dux et maim de exarchatu Ravennatensium c) , et regii milites N. et N . , capti quidam ; ceteri ad castra revertuntur. (34) 3 7 . Revertentes autem 92 milites interminatio principum et imperator iratus huiusmodi oratione corripuit : 'Mediolanenses omnia euro deliberatione faciunt atque prudentia, fraudes et ts insidias componendo, eorumque dolos fortuna persequitur. Nostri vero, quibus ob disciplinam et consuetudinem obediendi rec toribus fortuna famulatur, nunc contrario peccant. Non inmerito itaque vincuntur, depelluntur, quia omnium pessimum est pre sente imperatore sine rectore dimicare, euro etiam vincere sine 20 precepto ducis infamie sit ' . Scituros esse, ait, omnes qui de cetero arroganter egerint vel minimum quid preter ordinem moverint, legum severitate se in eos vindicaturum . Circumfusa vero agmina principem pro commilitonibus obsecrabant paucorumque teme ritatem condonari cunctorum obedientie precabantur ; emenda- 25 turos esse peccatum presens future compensatione virtutis. Placatus imperator est precibus, simul / et utilitate multitudinis facto indulgendum putans, multa monens, ut post hec prudentius agerent. Ipse vero, quemadmodum se in adversarios ulcisceretur, iam provocatus artius cogitabat92• 30 (351 38. Itaque postera die, que lucescit in VIII. Kai. Augusti93, Fredericus ad obsidionem civitatis ducens exercitum omnes a- a) verum aput extraneos quoque AB. b ) ibi AB. c- c) fehlt AB. 01 Zu Ekberts Tod vgl. Chronica regia S . 98 ; Vincenz v. Prag S. 67 1 . Zum genaueren Ort der Schlacht vgl. auch abweichend von Rahewin Gesta Federici I. mp. in Lomb. 29f. und Otto Morena S. 53. -
Mailand wird belagert
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ihm, weil sie der Kraft und Kühnheit dieses Mannes nicht zu trotzen vermochten. Aber fürwahr, ihn verfolgte das Schicksal, dem kein Mensch entrinnen kann. Auf allen Seiten von einer Menge von Gegnern umringt, wurde er durch einen Lanzenstich niedergestreckt ; man nahm 5 ihm den Helm ab, zog ihm den Panzer aus und schlug ihm den Kopf ab, und niemand konnte ihm zu Hilfe eilen, weil die Umstände jeden, der helfen wollte, daran hinderten. So kam dieser hochedle Graf und Mann von königlichem Geblüt elend ums Leben und hinterließ nicht nur bei seinen Leuten, sondern auch bei Außenstehenden tiefe Trauer90• Ich 10 entsinne mich aber, daß manche behaupteten, er sei lebend gefangen und in der Stadt gräßlich enthauptet worden 91 . Es wurden dort auch einige andere Edle - darunter Johannes, der Herzog aus dem Exarchat von Ravenna, ein bedeutender Mann - und die königlichen Ritter N. und N. erschlagen und einige gefangengenommen ; die übrigen 15 kehrten ins Lager zurück. 37 . Die zurückkehrenden 92 Ritter aber hörten von den Fürsten nur drohende Worte, und der Kaiser schalt sie zornig mit folgenden Worten : "Die Mailänder tun alles mit Überlegung und Klugheit, ersinnen Listen und heimtückische Anschläge, und ihre Ränke begünstigt das Glück. 20 Unsere Leute dagegen, denen das Glück wegen ihrer Kriegszucht und ihrer Gewohnheit, den Führern zu gehorchen, dienstbar ist, verhalten sich jetzt im Gegenteil falsch. Nicht ohne ihre Schuld wurden sie des halb besiegt und verjagt, denn das allerschlimmste Übel ist es, in An wesenheit des Kaisers sich ohne Anführer auf einen Kampf einzulassen, 25 da auch ein ohne Befehl eines Führers errungener Sieg unehrenhaft ist." Sie sollten, so fuhr er fort, wissen, daß er gegen alle, die künftig eigenmächtig handelten oder auch im geringsten gegen die Ordnung verstießen, mit der Strenge des Gesetzes einschreiten werde. Die umstehenden Truppen aber legten beim Kaiser für ihre Kameraden 30 Fürbitte ein und baten ihn, die Unbesonnenheit einiger weniger wegen des Gehorsams aller übrigen zu ven.. eihen, sie würden das j etzige Ver gehen durch künftige Tapferkeit ausgleichen. Der Kaiser ließ sich durch diese Bitten und zugleich im Hinblick auf das allgemeine Beste be sänftigen ; er glaubte, das Geschehene verzeihen zu sollen, aber er 35 ermahnte sie eindringlich, in Zukunft vorsichtiger zu handeln. Er selbst aber sann j etzt, da er bereits herausgefordert war, noch ein dringlicher darüber nach, wie er sich an den Feinden rächen könne92• 38. Daher führte Friedrich am nächsten Tage, das heißt am 25. Juli, das Heer zur Belagerung der Stadt ; er hatte alle seine Truppen in .,_., Fast wörtlich Ioseph. VI, 5. - Die gleiche Reaktion des Kaisers berichtet auch Chronica regia Coloniensis S. 99. •• Richtig wäre VIII Id. Aug. - Die Belagerung wurde am 6. August eröffnet (Gesta Federici I. imp . S. 30) .
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Gesta Frederici III, 3 8 -40
[209/2 1 0]
copias suas in VII Iegiones partitur, 94 preficiens singulis de prin cipibus rectores ordinum, quos antiqui centuriones, tecatont archos a> seu chiliarchos appellare consueverunt, cum signiferis aliisque discipline et ordinis custodibus. Premissi autem milites cum stratoribus viarum ibant, qui aggerum maligna corrigerent 5 ac devia complanarent, obstacula preciderent, ne perplexo itinere fatigaretur exercitus . Circum aquilam et signa alia tubicines et cornicines. Servi singulorum agminum cum peditibus erant, mulis aliisque iumentis advehentes militum sarcinas. Hos se quebantur qui expugnandis civitatibus machinas et cetera tor - 10 menta portarent. Omnium vero agminum postrema erat mer cennaria multitudo. Ordinato taliter militum itinere94, premo nitisque diligenter, 95 ne quis ordinem deserat, Martio quodam spiritu repleti, cum valido clamore divinum implorant auxilium . Deinde otiose et cum omni decore progredientes ambulant, suum 1 5 quisque ordinem velut in bello custodiens95• Quemcumque huic negotio liberum spectatorem contigit affuisse, hunc ego experien tius irrteiligere puto quod dicitur : 96 Pulcra ut Iuna, electa ut sol, terribilis ut castrorum acies ordinata96. ( 36) 3 9 . 97 Peracto itinere, Fredericus cum omni exercitu, circiter 20 C milia98 armatorum vel amplius, Mediolanum pervenit, ibique positis castris, quamvis promptos ad bellum milites continebat, ne quid ea die attemptarent. Illi vero, qui de civitate fuerant egressi, J stabant armati super vallum , nichil omnino strepentes, dubium, principis advenientis aspectus utrum hanc reverentiam 25 et huius silentii disciplinam an metum universis incusserit. In girum ergo e regione portarum distribuens exercitum, instruebat o bsidionem 97 . (37) 40 . De civitatis ipsius situ ac moribus cum superiore libro99 mentio fuerit, id adiciendum videtur, quod 1campi planitie 30 undique conspicua, natura loci latissima. Ambitus eius supra centena stadia circumvenitur. Muro circumdatur, fossa extrinsecus a) so B. C, ecatontarchos korr. A . ••-•• Vgl. Ioseph. III, 5 . ••-•• Vgl. Ioseph. III, 3 .
Cant. 6, 9 . Von einer Einteilung in verschiedene Heeresgruppen ••-•• berichten auch Vincenz von Prag S. 6 7 2 und Carmen de gestis Federici I. in Lomb . v. 22 1 6 ff. , doch in verschiedener Weise. Sicher scheint, daß die Böhmen die Spitze =
-
Mailand wird belagert
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7 Abteilungen geteilt und 94 jeder einen Fürsten zum Führer gegeben, die man im Altertum Centurionen , Hekatontarchcn oder Chiliarchen nannte, ferner Bannerträger und sonstige Hüter der Disziplin und Ordnung. Ritter aber gingen mit Wegearbeitern voraus, die schadhafte s Stellen der Landstraßen ausbessern, Unebenheiten einebnen und Hindernisse wegräumen sollten, damit das Heer nicht durch Schwierig keiten auf dem Marsch ermüdet werde. Neben dem Adler und den übrigen Feldzeichen standen Trompeter und Hornisten . Die Knechte der einzelnen Truppenteile, die auf Mauleseln und anderen Lasttieren 10 das Gepäck der Ritter heranführten, zogen mit dem Fußvolk. Ihnen folgten die Leute, welche die für die Erstürmung von Städten nötigen Maschinen und die sonstigen Geschütze trugen . Der letzte aller Trup penteile aber war der Söldnerhaufe. Xachdem in dieser Weise die Marschordnung bestimmt war94 und alle eindringlich ermahnt worden 15 waren, 95 daß niemand aus dem Gliede trete, erflehten sie, gewisser maßen mit dem Geist des Mars erfüllt, mit lautem Ruf die göttliche Hilfe. Dann rückten sie bedächtig und mit aller Gemessenheit vor, und jeder blieb wie in der Schlacht an seinem Platz95• Wem es vergönnt war, als unbeteiligter Zuschauer diesem Vormarsch beizuwohnen, der 20 wird , glaube ich, besser verstehen, was die Worte bedeuten : 96 Schön wie der l\Iond, auserwählt wie die Sonne , schrecklich wie das zur Schlacht geordnete Heer96. 39. 97 Nach Beendigung des Marsches stand Friedrich mit dem ge samten Heer, etwa hunderttausend98 Bewaffneten oder mehr, vor 25 l\Iailand und schlug dort das Lager auf, aber obwohl er die Ritter stets kampfbereit hielt, befahl er, an diesem Tage noch keinen Angriff zu unternehmen . Die Feinde aber, die aus der Stadt herausgekommen waren, standen bewaffnet auf dem \Vall, ohne auch nur den geringsten Lärm zu machen ; es ist zweifelhaft, ob der Anblick des anrückenden 30 Kaisers bei ihnen allen solche Ehrfucht und zuchtvolle Stille oder Furcht erweckte . Er stellte nun das Heer rings um die Tore auf und begann die Belagerung97• 40. Da über die Lage der Stadt und die Sitten der Einwohner schon im vorigen Buch 99 berichtet worden ist, will ich hier nur noch hinzu35 fügen, daß 1 sie von allen Seiten sichtbar in der Ebene liegt und sich der Bodenbescha ffenheit wegen sehr weit ausdehnt. Ihr Umfang beträgt mehr als 100 Stadien. Sie ist mit einer l\Iauer umgeben, und außen
bildeten, den Schluß die Truppen Rainaids von Dassei und Konrads von Schwa · ben, bei denen sich auch italienische Abte ilungen befanden. 97-97 Vgl. Ioseph . III, 5. - Zur Verteilung des Heeres vgl. Gesta Fe de ri c i I . i m p . i n Lomb. S . 3 0 f. ; Otto Morena S . 53 f. 9 8 Gesta Federici I . imp. in Lomb . ( S . 30) sprechen von l 5 000 · Rittern . •• Oben I I , 1 5 . 1 - 1 Vgl. Oros. II, 6, 8 - 1 0 (Chronica I I , 1 1 ) . - Der jetzige Naviglio grande.
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Gesta Frederici III, 40 - 4 1
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late patens, aquis plena vice amnis circumfluit l, quam priori anno primitus ob metum futuri belli, multis invitis et indignanti bus, consul eorum provide fecerat. Turrium proceritate non tarn ut alie civitates student. Nam in multitudine atque fortitudine tarn sua quam sibi confederatarum civitatum confidentes im- s possibile arbitrati sunt a quoquam regum seu imperatorum suam civitatem posse claudi obsidione 2• Unde factum est, ut civitas hec inimica regibus ab antiqua fuisse dicatur, hac usa temeritate , ut semper rebellionem principibus suis moliens scismate regni gauderet et geminorum potius dominorum quam unius super 1 0 se iuste regnantis affectaret principatum, ipsa levis et utriusque ridens fortunam nec in hac nec in illa parte fidem haberet. Huius rei si quis exempla desiderat, ad Leoprandum , qui gesta Longo bardorum subnotavit, recurrat 3• (38) 4 1 . Divisis, ut dieturn est 4, inter principes exercitus portis 1 5 civitatis, singuli eorum 6 festinare, parare 6, vallo, sudibus, palis aliisque propugnaculis castra munire propter improvisos hostium excursus decertabant. Neque enim 6 vineis, turribus, arietibus aliorumque generum machinis 6 tantam civitatem attemptandam putabant, sed longa potius obsidione fatigatos 7 ad / deditionem 20 cogi vel , si foras propter fiduciam multitudinis erupissent, prelio superatum iri. 8 Oppidani non segnius ea que necessaria al forent procurare 6, munimenta castrorum disturbare, crebris excursibus exercitum attemptare, sagittariis et fundibulariis plerosque sauci are. Erat9 in extrema parte exercitus Conl."adus palatinus comes 2s de Rheno, germanus imperatoris, et dux Suevorum F . , cum Suevis ceterisque ipsorum commilitonibus obsidionis agentes negotia circa portam sibi destinatam . Mediolanenses oportunum rati, vel pro eo quod pauciores aliis agminibus et iuniores etate, vel quod sequestrati a fortitudine exercitus auxilium invenire 30 non possent, eos invadere statuunt, sperantes facile se aut plenum a) sibi usui AB. •
Vgl. oben II, 28. 3 Vgl. Liudprandi Cremon. Antapodosis (ed. Becker, MG. 8 8 . r e r . Germ.) I, 37. • Oben III, 39. • -• = SaU . , Cat. 6, 5 ; Iug. 76, 4. •-• Vgl. Sall., Iug. 2 1 , 3. 7 Vgl. Oros. I , 21, 4.
B elagerungsgefechte
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fließt wie ein Fluß ein breiter, mit Wasser gefüllter Graben um sie herum 1 , den der Konsul der Stadt erst im Jahre vorher aus Furcht vor dem künftigen Krieg trotz des Widerstands und der Empörung vieler Bürger vorausschauend hatte anlegen lassen. Auf die Höhe der 5 Türme legen sie nicht so viel Gewicht wie andere Städte. Denn im Vertrauen auf die Menge und Tapferkeit ihrer eigenen Bürger sowie die der mit ihnen verbündeten Städte, hielten sie es für unmöglich, daß ihre Stadt von irgendeinem König oder Kaiser durch eine Bela gerung eingeschlossen werden könnte 2. Daher ist es gekommen, daß 10 diese Stadt schon von alters her als Feindin der Könige gilt ; war sie doch so vermessen, daß sie stets Empörung gegen ihre Fürsten plante, sich über Spaltungen des Reiches freute und lieber die Herrschaft zweier Herren als eines, der gerecht über sie regierte, duldete, dabei leichtfertig des Geschickes beider spottete und keinem Treue hielt. 15 Wer Beispiele dafür wünscht, der greife auf Liutprand zurück, der eine Geschichte der Langobarden geschrieben hat 3• 4 1 . Nachdem, wie gesagt 4, die Tore der Stadt unter die Heerführer verteilt worden waren, wetteiferten sie alle, 5 sich zu beeilen und daran zu gehen 5, im Hinblick auf unvorhergesehene Ausfälle der Feinde das 20 Lager mit Wall, Pfählen, Palisaden und anderen Schutzwehren zu befestigen. Denn sie meinten, daß man eine so große Stadt nicht mit 6 Schutzdächern, Türmen, Sturmböcken und anderen Maschinen 6 be rennen könne, daß man sie vielmehr nur durch eine lange Belagerung mürbe machen 7 und zur Ü bergabe zwingen oder, wenn sie etwa im 25 Vertrauen auf ihre große Zahl einen Ausfall machten, in offener Schlacht besiegen könne. 8 Die Stadtbewohner waren nicht weniger eifrig, für das Lebensnotwendige zu sorgen, die Befestigungsarbeiten am Lager zu stören, in häufigen Ausfällen das Heer anzugreifen und durch Bogenschützen und Schleuderer recht viele zu verwunden. 30 Auf9 dem äußersten Flügel des Heeres standen der Pfalzgraf bei Rhein Konrad, der Bruder des Kaisers, und der Schwabenherzog Friedrich, und sie waren mit den Schwaben und ihren sonstigen Kameraden an dem ihnen zugewiesenen Tor mit der Vorbereitung der Belagerung beschäftigt. Die Mailänder beschlossen, sie zu überfallen, denn sie 35 hielten die Gelegenheit für günstig, entweder weil j ene weniger zahl reich als die anderen Heerhaufen und j ünger waren oder weil sie ge trennt von dem Gros des Heeres nicht auf Hilfe rechnen konnten ; so hofften sie, ohne Schwierigkeit einen vollkommenen Sieg über sie zu 8 - 8 Vgl. Sall., Iug. 75, 10 u. 54, 6. • Ü ber den Verlauf des folgenden Gefechts ist wiederum keine völlige Klar heit zu gewinn en ; alle Quellen gehen in Einzelheiten auseinander. Stärkere Über einstimmung zeigen Gesta Federici I. imp. in Lomb . S. 31 und Carmen des gestis Federici I. v. 2 3 1 1 ff. gegenüber Rahewins Darstellung, Otto Morena S. 55 und Vincenz von Prag S. 672 f.
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Gesta Frederici III, 4 1
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de illis triumphum reportare aut 10 forti aliquo patrato facinore 11 vitam pacisci pro laude 11. Itaque post occasum solis, cum preter vigiles tantum totus miles fessa labore corpora somni quiete recreanda. speraret, apertis portis cum pugnacissimis egres si, disiectis custodibus, usque ad iam dictarum heroum castra s excurrunt 10 , oppugnant, sauciant. Alemanni, ubi hostes adventare senserant, inopinata re ac inprovisa primo perculsi, 12 alter aput alterum formidinem simul et tumultum facere 12, deinde 13 alius alium appellare, hortari 13, arma capessere, venientes excipere, instantes propulsare. 14 Clamor permixtus hortatione, strepitus 10 armorum ad celum ferri, tela utrimque volare 14, 15 pro ingenio quisque, pars cominus gladiis, pars pugnare lapidibus 15 seu alte rins generis missilibus. Non procul abhinc rex Boemorum castra fixerat. Is, ex quo bellicum 16 clamorem accepit, decernit Iabo rantibus sociis auxilio fore 16 debere. Quanta ergo poterat veloci- 15 tate suis arma capere, equos ascen/ dere iubet ; ipse cum electis militibus a> et tubicinis et b> tympanistris preire 17. Non eos mora bantur vinearum aggeres seu macerie, non 18 asperitas et insolen tia loci retinebat. Ea vero consueti Sclavorum equi facile eva dere 18. Nostri, ubi ex sono tubarum et tympanarum amici regis 20 adventum cognovere, animosiores et letiores effecti resistere, 19 hortari se invicem, ne deficerent neu paterentur hostes iam iam fugituros vincere 19. Aderant Boemi ; turn demum 20 maxima vi certatur, maximo clamore cum infestis signis concurritur. Rex ipse cominus acriter instare, Iaborantibus succurrere, hostem 25 ferire, strennui militis et boni regis officia simul exequebatur. Oppidani, ubi vident, contra ac rati erant, se in medios hostes 20 devenisse nec impetum regis sustinere posse, terga vertunt ; nostri fugientibus instant et usque ad angustias portarum perse cuti in reliquum tempus pacem sibi de incursionibus illorum 30 a ) folgt et sagittariis B. b ) ac AB. 1o-1o
Vgl. los., Ill, 8. n-1 1 Vgl. Verg., Aen. V, 230 ; auch bei los. Ill, 8. 1 2- 1 2 Fast wörtlich Sall., Iug. 53, 7 . 10-1s Vgl. Sall., Cat. 6, 5 und lug. 3 3 , 8 . u-u =
SaU., lug. 6 0 , 2.
Gefecht zwischen Mailändern und Böhmen
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erringen oder IO nach einer tapferen Tat 11ihr Leben für den Ruhm dahinzugeben 1 1 . Als nun nach Sonnenuntergang das ganze Heer außer den Wachen die von der Arbeit ermüdeten Glieder durch die Ruhe des Schlafes erquicken zu können hoffte, öffneten sie die Tore, zogen mit 5 den Kampflustigsten hinaus, zersprengten die Wachen, drangen bis zum Lager der genannten Helden vor 10, griffen es an und teilten Wunden aus. Als die Deutschen das Herankommen der Feinde be merkten, waren sie zuerst über den unerwarteten und unvorherge sehenen Ü berfall bestürzt, und 12 der eine erregte beim anderen SehreklO ken und Verwirrung 12, dann aber I3 ruft einer den anderen an, sie ermahnen sich gegenseitig i3, ergreifen die Waffen, treten den Angrei fern entgegen und werfen sie zurück . 14 Geschrei vermischt sich mit ermutigenden Zurufen, Waffenlärm erhebt sich zum Himmel, Ge schosse kommen von beiden Seiten geflogen 14, I S j eder kämpft nach 15 eignem Gutdünken, die einen im Nahkampf mit den Schwertern, die anderen mit Steinen I S oder Wurfgeschossen anderer Art. Nicht weit von hier hatte der König von Böhmen sein Lager aufgeschlagen. So bald er das I6 Kriegsgeschrei hörte, beschloß er, den in Bedrängnis geratenen Gefährten Hilfe zu bringen 16• So rasch er konnte, befahl er 20 seinen Leuten, die Waffen zu ergreifen und aufzusitzen ; er selbst zog mit auserlesenen Rittern, Trompetern und Paukenschlägern voraus 17. Sie ließen sich nicht durch Dämme und Mauern der Weingärten, nicht durch die I8 Unebenheit und Holprigkeit des Geländes aufhalten. Die daran gewöhnten Pferde der Slaven überwanden diese leicht l8. Als 25 unsere Leute an dem Schall der Trompeten und Pauken d as Heran nahen des befreundeten Königs erkannten, wehrten sie sich mutiger und zuversichtlicher und I9 ermahnten sich gegenseitig, nicht zu wanken und nicht zu dulden, daß die bereits auf Flucht sinnenden Feinde siegten 19. Die Böhmen waren da ; nun erst 20kämpft man mit 30 äußerster Kraft, und unter lautem Geschrei prallt man mit den feind lichen Fähnlein zusammen. Der König selbst kämpfte hitzig Mann gegen Mann, eilte Gefährdeten zu Hilfe, schlug Feinde nieder und er füllte zugleich die Pflichten eines wackeren Ritters und eines guten Königs. Als die Städter merkten, daß sie wider Erwarten mitten unter 35 die Feinde 20 geraten waren und sie dem Angriff des Königs nicht standhalten konnten, wandten sie sich zur Flucht ; unsere Leute setz ten den Fliehenden nach , verfolgten sie bis an die Engen der Tore und verschafften sich dadurch für die Zukunft Ruhe vor ihren Angriffen. 1 5- I >
Vgl. Sall., Iug. 57, 4 . SaU. , Iug. 52, 6. Aufzug berichtet auch Vincenz von Prag a. a. 0 . Sall. , Iug. 50, 6. SaU., Iug. 5 1 , 4 . Sall., Cat. 6 0 , 2 - 5.
1 6- 1 6 Vgl. 1 7 Diesen 18 - 18 Vgl. 1 9- 19 Vgl. 2o- 2o Vg l .
Gesta Frederici 111, 4 1 - 42
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peperere. Hostium quidam occisi, plurimi capti, 21 magna pars vulneribus confecti 21• ( 39) 4 2 . 22Quia vero tarn superbe civitatis tarn famosam obsidionem se non meminit etas nostra vidisse 22, pro eo quod non solum Alemannici, sed et Italici regni vires ibi adunate fuerant, quisque s gloriosus ac 23 laudis avidus 23 alius alium in aliquo egregio facto, unde sibi a) nomen faceret, prevenire satagebat. Igitur Otto pala tinus comes de Baioaria, cuius iam sepe b) mentio habita est, euro duobus fratribus suis F. 24 et Ottone iuniore 25 aliaque sibi con iuncta militia ad portam, quam ipsi vallaverant 26, diligentius 10 hostium conamina observabant. Quadam ergo die, dum otiose ipsos agere rarosque circa portam custodes aspexissent, visum est J eis temptandam fortunam . Ergo propinquante vespera clanculo milites armari iubent, servosque ignem euro aride materie fasce preparatum habere, quatenus dato signo pariter 1 s ex inproviso procurrerent et pontem ac portam ipsam, si fieri posset, exurerent. Parent dicto, atque ad nutum precipientium subito prosilientes usque ad propugnacula pontis super aggerem disposita venerunt ignemque, sicut precepti fuerant, haut se gniter iniecerunt. Populus civitatis tumultu excitatus, 27 inproviso 20 metu incerti, quid potissimum facerent, trepidare 27, euro erum pentibus ßammis propugnacula et aggeres concremari cernerent, timere, ne aridum nacte fomitem citius volitando non solum pontes et portam, verum ipsam civitatem pessumdarent. Clamor ergo ac tumultus per civitatem varius agitatur, 28 curruntque 2s permixti inermes et armati 28, prohibituri incendium. Concurritur infesto Marte, certatur magnis viribus ab utrisque, obscuram noctem incendium et facule tedeque ardentes illuminabant. Fragor percutientium, gemitus percussorum, voces adhortantium hinc inde varie resonabant. Hi, ut ceptum eorum efficaciam Jo obtineret, illi , ut ignem restinguerent nostrosque a porta pro pellerent, 29 summa vi conabantur 29• Comites ipsi duces prelii in hoc certamine, sicut et in aliis multis, omnibus se periculis a)
n. s .
21-21
=
AB.
bJ
s.
Sall., Iug. 60, 7. ••-•• V gl. Ioseph. , prol. •• - •• = Sall., Cat. 7, 6.
i. AB.
Weitere Kämpfe
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Einige der Feinde wurden getötet, viele gefangengenommen, 21 ein großer Teil schwer verwundet 21 • 42 . 22 Da aber unsere Zeit sich nicht entsinnt, eine so berühmte Be lagerung einer so stolzen Stadt erlebt zu haben 22, weil ja dabei nicht 5 nur die Streitkräfte des deutschen, sondern auch des italischen Reichs versammelt waren, strebten alle Ruhmsüchtigen und Lobbegie rigen 23, einander durch irgendeine Heldentat zu übertreffen, um sich einen Namen machen zu können. So beobachtete Otto, der schon oft erwähnte Pfalzgraf von Bayern , mit seinen beiden Brüdern, Fried10 rich 24 und dem j üngeren Otto 25, und anderen Rittern, mit denen sie sich vereinigt hatten, an dem Tore 26, das sie selbst mit einem Walle umgeben hatten, höchst aufmerksam die Unternehmungen der Feinde. An einem Tage nun, als sie bemerkten, daß jene untätig waren und nur wenige Posten am Tore standen, schien es ihnen günRtig, das Glück 15 zu versuchen. Als der Abend herannahte, hießen sie die Ritter sich heim lich wappnen und die Knechte Feuu und Bündel trockenen Holzes bereithalten, um auf ein gegebenes Zeichen unvermutet hervorzu stürmen und die Brücke und womöglich auch das Tor selbst in Brand zu stecken. Sie gehorchten dem Befehl, und auf den Wink ihrer An20 führer brachen sie plötzlich hervor, drangen bis zu den auf einem Damm errichteten Schutzwehren der Brücke vor und warfen, wie ihnen be fohlen war, unverzüglich die Feuerbrände darauf. Die Stadtbewohner, durch den Lärm aufgescheucht und 27 infolge des unvorhergesehenen Schrecks unschlüssig, was sie als erstes tun sollten, liefen ängstlich hin 25 und her 27, und als sie sahen, daß die Schutzwehren und Dämme von den hervorzüngelnden Flammen verzehrt wurden, fürchteten sie, das Feuer werde, wenn es das trockene Reisig erreicht hätte, rasch weiter fliegen und nicht nur die Brücken und das Tor, sondern auch die Stadt selbst vernichten . Da erhob sich G eschrei und wirrer Lärm überall in 30 der Stadt, und 28 Waffenlose und Bewaffnete durcheinander liefen herbei 28, um dem Feuer Einhalt zu tun . In wildem Streit rennt man gegen einander an und kämpft auf beiden Seiten 29 mit allen Kräften 29 ; Feuer und brennende Kienspäne und Fackeln erhellten das Dunkel der Nacht. Das Klirren der Waffen, das Stöhnen der Getroffenen und 3 5 anfeuernde Rufe erschollen durcheinander von hier und von dort. Diese versuchten mit aller Anstrengung, ihren Plan zu verwirklichen, jene, das Feuer zu löschen und unsere Leute von dem Tore zu vertrei ben. Die Grafen selbst als Befehlshaber setzten sich in diesem Kampf 2 5 t 1 1 89 . 2• t 1 1 9 8 . 2 6 Porta nova ; vgl. Gesta Federici I. imp. i n Lomb. S . 32, auch z u m ganzen Gefecht. 27-27 = Sall., Iug. 67, 1 . 2 8-28 V gl. Sall., Iug. 94, 5. 2 o -2o Vgl. Sall., Iug. 25, 9 ; 92, 6.
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Gesta Frederici III, 42-43
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prostituentes, sicut optimi bellatores fortitudinem corporis ae 30 animi magnitudinem 30 adeo sub oculis omnium clarere fece runt, ut de eorum virtute etiam hostis iudicaret et quivis spee tator testis fieret. Multo autem labore eonsumpto liteque in horam noctis protraeta, miles ad castra revertitur. Saueiati utrimque s plurimi ; verum atrocitatem cladis 31 beneficium noctis 31 immi nuebat. Alii a) asserunt hoe negotium clara die consummatum a) . (40) 43. Nec minus populares Mediolanenses turpe habentes, si remissius in nostros agerent, ubi tempus et loeum invenerunt, non euro valida quidero manu , sed f per paucos sive sagittarios to sive fundibularios b) ineautos sauciando 32 temeritatis atque au datie sue roagnitudinem ostentare conabantur. Et illi quidero qui ad superiores eonflictus venerant moderatius agere, alii vero, taroquam non experti, per singula momenta excursiones moliri . Ad portaro itaque, quam observabat Henrieus dux Austrie, vir t s nobilitate generis et animi clarissimus patruusque imperatoris, dum sepius hanc exercerent iniquitatem, non dignum ratus faci nus hoc sine ultione preterire, ad eorreetionem eius et vindictam accepta oportunitate aceingitur. Igitur universis quos secum habebat armatis, auxiliariis Ungarorum eopiis in sagittando 20 optirois euro cetera heroum qui sibi sociati fuerant cohorte assump tis, omni conamine obpugnationem porte 33 disponebat. Non hoc latere poterat Mediolanenses, quippe molitiones nostrorum pre sentientes ignoroiniam iudicabant, si pares, iromo plures multi tudine, roinori animo, venientibus non occurrerent. Per turmas 2s ergo et cohortes suas egressi committunt seseque mutuo roaxima vi cedunt, sauciant, capiunt, fugant. 34 Tum spectaculum horri bile, sequi, fugere, oceidi, capi , equi atque viri afflicti, ac multi vulneribus acceptis neque fugere posse neque quietem pati, niti modo ac statim concidere. Postremo c) omnia constrata telis, 30 armis, cadaveribus et infecta sanguine tellus 34• Ex parte oppi danorum iterum 36male pugnatum est 35 ipseque dux , cuius ibi a - a) fehlt AB. b) folgt interdum etiam per gladiatores adversum se militiam commoverunt
nostrosque sive prudentes sive A . c ) Postrema AB.
Weitere Kämpfe
483
wie in vielen anderen allen Gefahren aus und ließen wie die besten Streiter ihre Körperkraft und ihren 30 hohen Mut 30 vor aller Augen so hell leuchten, daß auch der Feind ihre Tüchtigkeit anerkannte und j eder Zuschauer sie bezeugte. Nachdem man aber viel Mühe aufge5 wendet hatte und der Kampf sich bis in die Nacht hingezogen hatte, kehrte das Heer ins Lager zurück. Auf beiden Seiten gab es sehr viele Verwundete, aber die Nacht 31 verhüllte gnädig 31 die Furchtbarkeit der Niederlage. Andere versichern, der Kampf sei noch am hellen Tage beendet worden. 10 43. Nicht minder versuchte das Volk von Mailand, das es für schimpf lich hielt, sich gegen unsere Leute lässiger zu zeigen, seine große Ver wegenheit und Kühnheit, sobald es Zeit und Gelegenheit dazu fand, zur Schau zu stellen, indem es nicht mit einer starken Mannschaft, sondern mit wenigen Bogenschützen oder Schleuderern unsere SoldaI S ten verwundete, wenn sie unachtsam waren 32• Dabei zeigten sich diejenigen, die schon an früheren Kämpfen beteiligt waren, vorsichti ger, andere dagegen, die noch keine Erfahrung hatten, machten alle Augenblicke Ausfälle. Als sie nun an dem Tore, das der Herzog Hein rich von Ö sterreich, ein Mann, hochberühmt durch Adel des Geschlechts 20 und des Geistes, und Oheim des Kaisers, bewachte, mehrfach diese üble Kampfesweise anwendeten, hielt er es für seiner nicht würdig, dieses Treiben ungeahndet hingehen zu lassen, und bereitete sich darauf vor, es bei günstiger Gelegenheit abzustellen und zu bestrafen. Er bewaffnete daher alle Leute aus seiner Umgebung, zog die ungari25 sehen Hilfstruppen, die besten Pfeilschützen, sowie die übrige Schar der mit ihm verbündeten Helden heran und bereitete mit aller Macht einen Sturm auf das Tor 33 vor. Das konnte den Mailändern nicht ver borgen bleiben, und da sie die Zurüstungen unserer Leute bemerkten, hielten sie es für eine Schande, wenn sie, an Zahl gleich, j a überlegen, 30 mit geringerem Mut den Angreüenden entgegenträten. In ihre Schwa dronen und Kohorten gegliedert, ziehen sie also hinaus, stürzen sich in den Kampf, und mit aller Kraft töten, verwunden, fangen und ver j agen sie sich gegenseitig. 34 Da spielte sich ein grauenhaftes Schau spiel ab : es wurde verfolgt, geflohen, getötet, gefangengenommen , Rosse 35 und Männer wurden erschlagen, und viele Verwundete konnten we der fliehen noch sich ausruhen, nur sich aufrichten und wieder nieder stürzen. Schließlich war alles übersät mit Geschossen, Waffen und Leichen und mit Blut besudelt die Erde 34• Die Stadtbewohner 36 kämpf ten wieder unglücklich 35, und der Herzog selbst, dessen Heldenmut 3o- so Vgl. Sall., Cat. 54, 1 . 8 1 - 31 Vgl. Oros. IV, 1 , 1 0 ; Einhard, Vita Karoli M . c . 9 . 8 2 Vgl. oben III, 4 1 . 8 3 Vielleicht Porta Tosa. u -u =
Sall., Cat. 1 0 1 , 1 1 .
.._ ..
Vgl . Sall., Iug. 1 02, 2 .
484
Gesta Frederici III, 43 - 44
[ 2 1 4/2 1 6)
probitas mirifice probata est, 36 haut dubie victor 36, eos intra menia fugavit et a solita in posterum eruptione compescuit. Inter alios, qui de Mediolanensibus eo prelio ceciderunt, occisus est quidam de nobilissimis illorum nomine al Statius al 37, quem , ut tune fama f fuerat, regulum super se creare cogitaverant ; audi- 5 taque morte eius, tota civitas luctum assumpsit, corpusque mor tui cum vivis, quos de nostris habebant, et copiosa pecunia com mutantes redemerunt et regalibus exequiis honorando sepelierunt. (4 1 ) 44. 38 Illud etiam non ab re est memorare, quod quidam ex oppidanis, vir in oculis suis sibi placitus, progressus versus castra 10 imperatoris, velut equitandi imperitiam nostris exprobrans, que dam superba prolocutus est et quemlibet fortissimum ac equitandi peritissimum ad singulare certarnen provocavit 38• 39 Cepitque vertibilem equum modo impetu vehementi dimittere modo strictis habenis in girum, ut huic negotio mos est, revocare moxque 1 5 varios perplexosque per amfractus discurrere 39• 40 A t qui contra steterunt multi quidem dedignabantur. Erant b J autem inter eos, ut assolet, etiam qui timerent cJ . Quosdam vero non inconsulta movebat ratio, cum mortis cupido non debere confligere et cum his in discrimen venire, quos neque vincere magnum sit et vinci 20 cum dehonestamento periculosum, non fortitudinis, sed insi pientie videri . Cum autem diu nemo procederet, multaque ille nostrorum timiditati illuderet 40 , nobilis comes Albertus de Tyrol, ad omnem virtutis commendationem idoneus, inermis et pale frido sedens, solo 41 clipeo accepto et hasta, prefato Liguri ob- 25 viam venit 41 42 eumque tripudiantem et vana iactantem42 deiecit, cadentemque dedignatur occidere, contentus ad laudem , quia visus est potuisse. Ita 43 nostros ultus comes Albertus nil glorians ad suos revertitur 43, vir minime iactantie et qui semper 44 manu quam lingua promptior 44 inveniri volebat. Ita inter nostros 30 principes f contra Ligures varium pro virtute et gloria certarnen in dies habebatur. a ) fehlt AB.
c) timet C. b ) Erat C . 102, 1 . Tazo de Mandello, den Otto Morena S . 5 5 nennt ; vgl. auch Vincenz von Frag S. 672 (Dacius) . 88- 88 Vgl. Ioseph. VII, 5 und Liudprand, Antapodosis I , 2 1 . 3 6 -3 6 = Sall . , Iug. 3 7 Wahrscheinlich
Weitere Kämpfe
485
sich dort wieder wunderbar bewährte, trieb sie, 36 unzweifelhaft Sieger 36, hinter die Mauern zurück und vertrieb ihnen für die Zu kunft die l..ust an den gewohnten Ausfällen . Unter anderen Mailän dern, die in diesem Treffen gefallen sind, wurde einer ihrer Vornehmsten 5 mit Namen Statius 37 getötet, den sie, wie damals das Gerücht ging, zu ihrem Fürsten hatten wählen wollen ; als sein Tod bekannt wurde, ergriff Trauer die ganze Stadt, und sie kauften die Leiche des Toten gegen die Lebenden, die sie von uns hatten, mit einer ansehnlichen Geldsumme los, und ehrten ihn durch ein königliches Leichenbegängnis. 10 44. 38 Es widerspricht auch nicht unserer Aufgabe, auch folgendes zu erwähnen : einer der Stadtbewohner, ein selbstgefälliger Mann, drang bis zum Lager des Kaisers vor, warf unseren Leuten Unfähig keit im Reiten vor und , indem er ihnen prahlerische Worte zurief, forderte er den Tapfersten und des Reitens Kundigsten zum Zwei1 5 kampf heraus 38. 39 Dann begann er sein gewandtes Roß bald im Galopp da hinstürmen zu lassen, bald mit angezogenem Zügel zum Schritt laufen im Kreis zurückzunehmen , wie es bei dieser Kunst üblich ist, bald wieder lie ß er es in wechselnden , verschlungenen Wendungen laufen 39. 40 Aber Yiele von denen , die drüben standen, lehnten das als 20 unwürdig ab . Es gab unter ihnen aber, \l'ie gewöhnlich , auch welche, die sich fürchteten. Einige aber stellten die nicht unkluge Erwägung an, mit einem nach dem Tode verlangenden :Menschen dürfe man nicht kämpfen, und sich mit Leuten in ein Gefecht einzulassen, die zu be siegen nichts Großes, und von denen besiegt zu werden, entehrend und 2s gefährlich sei, erscheine nicht als ein Zeichen der Tapferkeit, sondern der Torheit. Als aber lange Zeit niemand hervortrat und jener sich über die Furchtsamkeit unserer Leute vielfach lustig machte 40, zog endlich der edle Graf Albert von Tirol, der zu j edem Beweis von Tap ferkeit fähig \Var, ohne Harnisch auf seinem Streitroß sitzend, nur 30 41 mit Schild und Lanze bewaffnet , dem genannten Ligurer entgegen 41 42 und warf den übermütigen Prahlhans 42 aus dem Sattel, verschmähte es aber, den Stürzenden zu töten, sich mit dem Ruhm begnügend, da man ja sah , daß er es gekonnt hätte. Xachdem Graf Albert so 43 die Unseren gerächt hatte, kehrte er, ohne sich zu rühmen, zu seinen Leu35 ten zurück 43, ein Mann ohne die gcring�te Prahlsucht, wollte er 44 lieber mit der Hand als mit der Zunge schlagfertig 44 erfunden wer den . So fand unter unseren Fürsten im Kampf gegen die Ligurer Tag für Tag ein mannigfacher Wettstreit um Tapferkeit und Ruhm statt . 39- 39 Liudprand , Antapodosis I, 2 1 .
loseph. VII, 5. V gl . Liudprand, Ant apodosis I , 2 1 . . , _ . , Ygl . Io se ph . Y I I , 5 . 4 3 - 4 3 Y gl . Liuclprand, Antapodosi' I . 2 1 . a-a Ygl . S a U . , Iug. 4 4 , I . ••-••
u-u
=
486
Gesta Frederici III, 45 - 46
[2 1 6/2 1 7]
45. Inter hec princeps ipse impiger omnia 46 que ad cladem et eversionem civitatis erant providere 45, muros modo cum paucis modo 46 cum multis et lectis militibus circuire, ubi muros aggre deretur explorare 46, omni modo temptare, si posset inclusos ad congressionem et pugnam provocare. His circuitionibus alteram s partem civitatis, que necdum obsidione adeo fuerat suhacta et artata, quin peccora eorum extra pascerentur civibusque intran di et exeundi pateret aditus, ita compescuit atque cohibuit, ut turn a) demum cervicem demitterent et quale esset obsidione claudi experimento addiscerent. Euntem in gyro imperatorem to arbitrantes ad assultum faciendum venire, in civitate tumultus exoritur, ingens trepidatio, signorum crepitus, tubarum sonitus, fortes ad arma, mulieres et invalidi senes ad lamenta. Nemo tarnen extra progredi ausus, ad defensionem tauturn civitatis armata iuventus et inperterrita ad modum corone consistebant. t s Sed nec a d portam, ubi militia principis obsidionem celebrabat, excursiones facere, dubium an metu an reverentia imperatoris 47 cohiberentur. (4 3) 4 6 . Erat non Ionge a vallo, id est quantum arcus iacere potest, quasi turris quedam fortissima, ex quadris lapidibus solido opere 20 compacta. 48 Mirabilis autem fuit lapidum magnitudo . Nec enim ex vu]garibus saxis aut que homines ferre posse crederentur. Sie autem manibus artificum formata, ut, quatuor columpnis susten tata, ad similitudinem Romani operis vix aut numquam in ea iunctura compaginis appareret 48• Unde et Arcus Romanus appel- 2s lata est, sive ab antiquo aliquo Rarnanorum imperatore ob de corem et memoriam in J fornicem triumphalem erecta 49, sive , ut in gestis Longobardorum repperitur 50 , ad expugnationem et cladem civitatis ab uno regum nostrorum fuerit fabricata. Erant in ea 61 virorum receptacula et cenacula XL lectorum vel am- Jo plius capacia, collectis ibi 61 tarn in armis quam in victualibus que ratio necessitudinis ad obsidionis tempus desiderabat. Ibi Ligures sua presidia locaverant duplici ratione, ut et hostibus usui non esset, cum exinde quicquid in civitate ageretur velut e (42)
a) cum A, dum B. Sall., Cat. 60, 4 ; Iug. 1 00, 3. Ioseph. VI, 7.
•• ••-.-
=
=
Kampf um den Römischen Bogen
487
45 . Inzwischen bereitete 45 der Kaiser unermüdlich 45 alles vor 45, was zur Eroberung und Zerstörung der Stadt beitragen konnte, machte bald mit wenigen, 46 bald mit vielen auserlesenen Rittern einen Um gang um die Mauern, erkundete, wo er die Mauern angreifen könne 46, 5 und versuchte auf alle mögliche ·weise, die Eingeschlossenen zu An griff und Kampf herauszufordern . Infolge dieser Rundgänge schloß er auch die andere Seite der Stadt, die durch die Belagerung bisher noch nicht so eingeengt und bedrängt war, so daß die Bürger ihr Vieh außerhalb weideten und heraus- und zurückgehen konnten, eng ein 10 und verhinderte den Zugang, so daß sie jetzt erst den Nacken beugten und durch Erfahrung lernten, was es bedeutet, durch eine Belagerung eingeschlossen zu sein. Sie glaubten nun , der Kaiser mache diese Rundgänge, um einen Sturm vorzubereiten, und daher entstand in der Stadt Unruhe und ungeheure Angst, man härte den Lärm des Feld1 5 geschreis, den Schall der Trompeten, die Tapferen ergriffen die Waf fen, die Weiber und kraftlosen Greise erhoben Wehgeschrei. Niemand aber wagte einen Ausfall, nur zur Vert.eicligung der Stadt stellte sich die waffentragende unerschrockene Jugend ringsum auf. Aber an dem Tor, an dem die Ritterschaft des Kaisers die Belagerung aus20 übte, machten sie keine Ausfälle ; mag sein, daß sie sich durch Furcht oder Hochachtung vor dem Kaiser 47 davon abhalten ließen. 46 . Nicht fern von dem Wall, ungefähr einen Bogenschuß weit, stand ein sehr fester turmartiger Bau , aus Quadersteinen in gediegener Arbeit zusammengefügt. 48 Staunenswert aber war die Größe der 25 Steine. Denn er bestand nicht aus gewöhnlichen Felsblöcken oder solchen, die Menschen tragen konnten. Er war vielmehr von Künstler händen so gestaltet, daß er, auf vier Pfeilern ruhend, einem römischen Bauwerk ähnelnd, kaum oder nie eine Fuge aufwies 48• Daher hieß er auch Römischer Bogen, sei es, daß er von irgendeinem alten römischen JO Kaiser zur Zierde und zur Erinnerung als Triumphbogen errichtet wurde 49, oder, wie man in den Taten der Langobarden findet 50, von einem unserer Könige zur Eroberung und Niederwerfung der Stadt erbaut worden ist. Darin waren 51 für die Männer Wohn- und Speise zimmer, die vierzig oder mehr Betten faßten , und es war dort 51 an 35 Waffen und Lebensmitteln so viel aufgespeiehert 61 , wie die Rück sicht auf eine Notlage während einer Belagerung erforderte. Dorthin hatten die Ligurer Besatzungen in doppelter Absicht gelegt, einer seits, damit er nicht den Feinden nützen könnte, da man von dort aus
47 Vgl. oben III, 39.
in
••-•• Vgl. Ioseph. VI, 6. •• So auch Carmen de gestis Federici I.
Lomb. S. 3 1 . • • Liudprand, Antapodosis III, 14. • t ->� Ioseph. VI, 6 .
v.
2389ff. und Gesta Federici I. imp.
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Gesta Frederici III, 46 - 4 7
[2 1 7 /2 1 8]
specula facile videri itemque, quid aJ in castris fieret quidque exer citus strueret, ipsis continuo denuntiari posset. Fredericus, versis in contrarium rationibus, hanc expugnare statuit. Verum cum nec instrumentis sive machinis aut aliquo tormentarum genere pro firmitudine sua pulsanda videretur, � triplici ordine iaculatorum et sagittariorum eam vallat, tantaque illorum erat et magnitudo bJ et in feriendo peritia, quod non dubie mortem appeteret, quisquis in propugnaculis appareret. Summa ergo necessitate coacti dextras petunt et ut sibi parceretur roga bant, acceptaque fide publica, munitionem tradunt et recedunt. 10 Exinde nostris arx illa usui 52• (44) 4 7 . Nemo in hac obsidione maiori studio maiorique atrocitate quam Cremonensium et Papiensium desevit exercitus, nullisque obsidentium obsessi se magis ac illis offensos et infensos prebuere . Longissimis siquidem simultatibus et discordiis inter Mediola- 1 5 num atque has civitates agitatis, multis milibus hominum hinc inde vel occisis vel dura captivitate afflictis, territoriis preda et incendio vastatis, euro se in Mediolano, quod propriis viribus et auxiliariis civitatibus prevalebat, ad plenum vindicare non potuissent, oportunum tempu s adepti iniurias suas ultum iri 20 decernunt. Itaque non ut cognatus populus, non ut domesticus inimicus, sed velut in externos hostes, in alienigenas, tanta in sese invicem sui gentiles crudelitate seviunt, quanta nec f in barbaros deceret. Vineta, ficeta, oliveta Mediolanensium pars radicitus evellunt, pars excidunt, alii corticibus abrasis ignibus idoneam 25 preparare materiam . Quando 53 gladiis inter se res ageretur 53 et mutuo casu vel hac vel illac quispiam infelix caperetur, hii qui extra 54 in conspectu hostium 54 aut 55 mucronem iugulo condere 55 aut spiculo configere, qui vero intus, ne crudelitate inferiores invenirentur, captum per membra dividere forasque suis misera- 30 bile spectaculum proicere. Et tale quidem Conlatinorum inter se commercium fuit. quod AB. b) multitudo AB. Immerhin wurde acht Tage um den Turm gekämpft ; vgl. die sich nicht völlig deckenden Berichte in den Gesta Federici I. imp . in Lomb . S. 31 f. ; Otto Morena S. 54 ; Vincenz von Prag S. 6 7 3 ; Burchard von Ursperg S . 29 f. - Nach Gesta Federici I. S. 32 wurde der Turm von den Mailändern zurückerobert. a) 62
Pavesen und Cremonesen
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alles, was in der Stadt geschah , wie von einer Warte aus leicht be obachten konnte, andererseits, damit ihnen sofort gemeldet werden konnte, was im Lager geschah und was das Heer vorhatte. Friedrich, von entgegengesetzten Erwägungen geleitet, beschloß, 5 ihn zu erobern. Da er aber wegen seiner Festigkeit offensichtlich weder mit Werkzeugen noch Maschinen oder Geschützen irgendwelcher Art erschüttert werden konnte, umschloß er ihn mit einer dreifachen Reihe von Schleuderern und Bogenschützen, und deren Zahl und Treffsicher heit war so groß, daß ohne Zweifel jeder dem Tod verfallen war, der 10 sich auf den Schutzwehren sehen ließ. Von der höchsten Not gezwun gen, baten sie d aher um Gnade und um Schonung, und als ihnen freies Geleit gewährt worden war, übergaben sie das Festungswerk und zogen ab. Seitdem diente jene Burg den Unseren 62. 47. Niemand wütete bei dieser Belagerung mit größerem Eifer und 15 größerer Wildheit als das Heer der Cremonesen und Pavesen, und gegen keinen Teil der Belagerer zeigten sich die Belagerten angriffs lustiger und feindseliger. Denn seit sehr langer Zeit herrschten Streit und Zwietracht zwischen Mailand und diesen Städten, viele Tausende von Menschen waren auf beiden Seiten getötet oder in harter Ge20 fangenschaft gehalten, ihre Territorien durch Raub und Brand ver wüstet worden , und da sie sich bisher an dem durch seine eigene Macht und durch die mit ihm verbündeten Städte überlegenen Mailand nicht voll hatten rächen können, beschlossen sie jetzt, wo sich ihnen eine günstige Gelegenheit bot, für die erlittenen Unbilden Rache zu 25 nehmen . Daher wüteten nun die Landsleute nicht wie ein verwandtes Volk, nicht wie ein einheimischer Gegner, sondern wie gegen auswär tige Feinde und Fremde mit solcher Grausamkeit gegeneinander, wie es sich nicht einmal gegen Barbaren geschickt hätte . Die einen reißen die Weinstöcke, Feigenbäume und Olivenpflanzungen der Mailänder 30 mit den Wurzeln heraus, andere schneiden sie ab, und wieder andere schälen die Rinde ab und machen daraus geeignetes Brennholz . Wenn sie 53 mit den Schwertern gegeneinander kämpften 53 und je nach dem wechselnden Zufall auf dieser oder j ener Seite ein Unglücklicher ge fangengenommen wurde, stießen ihm die, welche draußen waren, 35 64 angesichts der Feinde 54 entweder 55 den Dolch in die Kehle 56 oder spießten ihn auf, die drinnen dagegen zerhackten den Gefangenen Glied für Glied, um nicht an Grausamkeit unterlegen zu erscheinen, und warfen ihn vor die Mauern zum j ammervollen Schauspiel für seine Landsleute . Solcherart war der Umgang der Mitlateiner unter40 einander. s a- s a Vgl. Sall . , Cat. 60, 3 . G imperatoris redituri sunt et permansuri. Cumas et Laudam civitates ad honorem d) imperii relevari non prohibebunt et amodo non •> impugnabunt nec destruent, et a fodro et viatico et ab omnimoda exactione f se ibidem per omnem 30 eorum ditionem continebunt, et ultro se non intromittent, ut sint libere ille civitates, sicut Mediolauenses ab ipsis sunt liberi , a) ao AB, Iosephus ; incedere 0. b ) h.
e. AB.
c) fehlt AB.
d) das Folgende e ) n ec B.
-
ecclesiam Mediolanensem (S. 496, Z. 2) fehlt A .
Friedensschluß
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deutschen Kaiser, dienen ! Obwohl ihr die mannigfachen Gefahren des Krieges schon zum Teil aus Erfahrung kennengelernt habt, 71 ist es das Beste, vor dem unerträglichen Untergang die Meinung zu ändern und, solange es noch möglich ist, einem heilsamen Rat zu folgen 71 • 5 In der Milde des Kaisers liegt für uns eine große Hoffnung ; 72 er wird nicht bis ans Ende zürnen, wenn ihr nicht bis ans Ende gegen ihn trotzig gewesen seid. Wenn sie auch die Bollwerke der Mauern nicht brechen können, werden doch in Kürze Hunger und Pest für sie streiten . Haltet euch, ich beschwöre euch, vor Augen die Kinder, Frauen und El1 0 tern, die nach kurzer Zeit, wenn ihr den Sinn nicht ändert, entweder der Krieg oder der Hunger dahinraffen wird . Xiemand wird glauben, daß ich aus Feigheit und nicht vielmehr im Hinblick auf die Gefahren solches rate. Ich selbst bin bereit, für mein Volk, für meine Stadt zu sterben, und ich will gern mein Blut dahingeben als Preis für euer Wohl 71 • 15 50 . 72 Nachdem er seine Rede beendet hatte, bekundete der eine mit Worten, der andere durch Gebärden Zustimmung 73 oder Wider spruch. Es siegte aber über die Unvernunft der Rat der Verständigen . Einmütig geworden, verhandelten sie nun durch die Konsuln und Ersten der Stadt zunächst mit dem König von Böhmen und dem 20 Herzog von Ö sterreich, darauf dank deren Vermittlung mit anderen Fürsten und sandten sie dann mit der Bitte um Frieden zum Kaiser. Der Fürst, der in seiner königlichen Milde und angeborenen Menschen freundlichkeit wünschte, die Bürger ihrer Stadt, die Stadt ihren Bürgern zu erhalten , war froh, als er erfuhr, daß das Volk an Frieden zs dachte, und als er im Kriegsrate sah, daß alle mit großem Eüer da nach strebten, verhandelte er über den Abschluß und die Bedingungen des Friedens. Daß dies so gewesen ist, beweist die darüber angefertigte Urkunde, die folgendermaßen lautet : Im74 Namen unseres Herrn Jesus Christus. Dies ist der Vertrag, 30 durch den die Mailänder in die Huld des Herrn Kaisers zurück kehren und darin verbleiben sollen . Sie werden nicht hindern, daß die Städte Corno und Lodi zur Ehre des Reichs wieder aufgebaut werden, und werden sie künftighin weder angreüen noch zerstören, und sie werden in ihrem ganzen 35 Herrschaftsbereich kein Fodrum oder Wegegeld und überhaupt keinerlei sonstige Abgaben erheben und sich nicht in ihre Angelegen heiten einmischen, so daß j ene Städte frei sind so wie die Mailänder n - n Vgl. Ioseph. VI, 1 1 . - Die Reue ist zweifellos frei stilisiert, doch kehrt der eine oder andere Gedanke auch in der Rede des Konsuls im Carmen de gestis Federici I. v. 2481 ff. wieder. ,._,. Vgl. Sall . , Cat. 52, l . " MG. Const. 1 , 241 ff. n . 1 74 ; danach vom l . Sept. 1 1 58, doch geben die im allgemeinen sehr zuverlässigen Gesta Federici I. imp. in Lomb. den 7. Sept. als den Tag des Friedensschlusses an (S. 3 3 f. ) .
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Gesta Frederici III, 50
[222/223)
excepto respectu iuris ecclesiastici, quod habent ad archiepi scopum et ecclesiam Mediolanensem . Omnes Mediolauenses communiter a minoribus usque ad maiores, ab annis XIIII et supra usque ad annos LXX , fidelita tem domno imperatori iurabunt sine malo ingenio et observabunt. 5 Palatium imperiale ad honorem donmi imperatoris arbitratu bonorum elevabunt et cum debito honore bona fide conservabunt. Pecuniam pro emendatione iniuriarum domno imperatori vel domne imperatrici sive curie promissam statutis temporibus persolvent, hoc est tertiam partem infra XXX dies, ex quo hec 10 pactio confirmata fuerit, aliam vero tertiam partem infra octa vam beati Martini 76, tertiam autem residuam partem infra octa vam epiphanie 76• Hisque sie persolutis, nullis privatis teneantur promissionibus. Pecunie promisse summa hec est : novem milia mar carum argenti sive auri vel monete eiusdem estimationis et pretii. t s Pro his tauturn a) pretaxatis capitulis bona fide complendis et conservandis CCC obsides dabunt capitaneos, vavassores h ) , popu lares 77, quales approbati fuerint a domno archiepiscopo Mediola nensi et comite Blandratensi et marchione Guillelmo Montis ferrati et tribus consulibus, si hec domno imperatori placuerint , 20 iuramento astrictis ad hanc electionem fideliter faciendam . Obsi des vero in partibus Italie omnes serventur, preter L vel pauciores per interventum regis Boemorum Labezlai et aliorum principum ultra montes, si domno imperatori placuerit, deferendos. Quibus autem commissi fuerint obsides in Italia, iurent in presentia 25 Mediolanensium ad hec predestinatorum , quod, prefixo tempore transacto, infra octo dies ex quo requisiti f fuerint a Mediolanen sibus, eos eis libere reddant, ut illi secure eos habeant, si preta xata capitula ab eis observata fuerint. Tres vero principes Ale mannie dextras dabunt, quod obsides illi qui ultra montes de- JO ferentur, si qui erunt, eodem pacto fideliter reddentur. Consules vero qui nunc sunt ex auctoritate et concessione domni imperatoris usque ad Kai. Februarii proxime 78 venturas derseverent et pro consulatu suo domno imperatori iurent. a) so AB. b)
G, viell. verlesen für IIII
valvassores AB.
(quattuor).
Friedensvertrag mit Mailand
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von ihnen unabhängig sind, abgesehen von dem auf dem Kirchen recht beruhenden Verhältnis, in dem sie zum Erzbischof und zur Kirche von Mailand stehen . Alle Mailänder insgesamt von den Niedrigsten bis zu den Vornehmsten von 14 Jahren und darüber bis zu 70 Jahren, werden dem Herrn Kaiser ohne Arglist den Treueid leisten und ihn halten . Z u Ehren des Herrn Kaisers werden sie nach den Anweisungen vertrauenswürdiger Männer eine Pfalz errichten und mit schuldiger Ehrfurcht gewissenhaft instand halten. Zur Sühne ihrer Vergehen werden sie an den Herrn Kaiser oder die Frau Kaiserin oder an den Hof das versprochene Geld in den vereinbarten Raten zahlen, das heißt ein Drittel innerhalb von 30 Tagen nach Abschluß dieses Vertrages, ein Drittel innerhalb der Oktav des heiligen Martin 75, das letzte Drittel aber innerhalb der Oktav von Epiphanie 76. Nach diesen Zahlungen sollen sie durch keine privaten Versprechungen mehr gebunden sein. Die Summe des versprochenen Geldes beträgt 9000 Mark in Silber oder Gold oder in Münzen des gleichen Gehaltes und Wertes. Für die gewissenhafte Erfüllung und Innehaltung der vorerwähnten Verpflichtungen werden sie 300 Geiseln stellen, Kapitane, Valvas soren und Popularen 77, welche vom Herrn Erzbischof von Mailand, vom Grafen von Biandrate, vom Markgrafen Wilhelm von Mont ferrat und drei Konsuln als geeignet bezeichnet worden sind, die, wenn es dem Herrn Kaiser gefällt, eidlich zu verpflichten sind, diese Auswahl gewissenhaft zu treffen. Sämtliche Geiseln aber sollen in Italien in Verwahrung gehalten werden außer 50 oder weniger, die auf Wunsch des Böhmenkönigs Wladislaw und anderer Fürsten über die Alpen gebracht werden sollen, wenn der Herr Kaiser einverstanden ist. Diejenigen aber, denen die Geiseln in Italien anvertraut werden, sollen in Gegenwart der dazu bestimmten Mailänder schwören, sie nach Ablauf der festgesetzten Zeit innerhalb von acht Tagen nach ihrer Zurückforderung durch die Mailänder freizugeben, damit diese sie mit Gewißheit erhalten, wenn sie die vorgenannten Abmachungen eingehalten haben . Drei deutsche Fürsten aber werden sich durch Handschlag verpflichten, daß etwaige Geiseln, die über die Alpen gebracht worden sind, ebenso getreulich zurückgegeben werden. Die j etzigen Konsuln aber sollen mit Ermächtigung und Bewilli gung des Herrn Kaisers bis zum nächsten l . Februar78 im Amt bleiben und für ihren Konsulat dem Herrn Kaiser den Eid leisten. In Zukunft '6
1 1 . - 1 8 . Nov. 6. - 1 3 . Jan. 1 1 59 . " Nach Gesta Federici I . im p . in Lomb. S . 33 i m Alter von 1 2 - 20 Jahren. '8 1 1 59. '6
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Gesta Frederici III, 50
[223/224]
Venturi vero consules a populo eligantur et ab ipso imperatore con firmentur, quorum medietas ad ipsum veniat, dum in Longobar dia fuerit ; alias autem eo existente, duo ad eum ex consulibus veniant et iuramento facto officium consulatus sui a domno imperatore recipiant pro se et sociis suis, facturis a) idem iura- 5 mentum domno imperatori coram communi sue civitatis. Si autem legatus a domno imperatore destinatus fuerit in Italiam , eadem coram ipso et per ipsum fiant. Legati vero domni imperatoris in Italiam directi, si civitatem adierint, in palatio sedeant et placita ad eos delata ad honorem 10 imperii diffiniant. Antequam castra ab obsidione moveantur, captivi omnes reddantur in potestatem regis Boemi, qui et securitatem per se et honestos principes eis faciat, quod captivos illos domno impera tori reddet, si eis domnus imperator pacem fecerit cum Cre- 1 5 monensibus, Papiensibus, Novariensibus, Cumanis, Laudensibus, Vercellensibus ; non solum autem Mediolanensibus, verum etiam confederatis eorum, Terdonensibus, Cremensibus et Insulanis, salvo honore domni imperatoris et illibatis amicitiis Mediolanen sium et in suo statu permanentibus. Si vero pax eis cum predictis 20 civitatibus facta non fuerit, captivi veteres eis reddantur, nec ob id gratia domni imperatoris ipsi et amici eorum priventur. Regalia, veluti monetam, theloneum, pedaticum, portus, comitatus et alia similia, si qua sunt, commune Mediolanensium dimittet et ultra se non intromittet, et si f qui b) per violentiam c) 2s hec optinere voluerint d> et iustitiam inde coram domno impera tore vel nuntio eius facere noluerint •> , Mediolanenses vindictam de eo pro sua possibilitate sument in persona et possessione et regalia domno imperatori restituent sine fraude et malo ingenio . Hoc pacto et ordine domnus imperator Mediolanenses, Cre- Jo menses cum CXX marcarum emendatione in gratiam suam reci piet et eos et amicos eorum in plena curia publice a banno absol vet et captivos eorum omnes, veteres et novos, eis reddet, statim a) facturus 0. b ) quas B, quis MG. Oonat. 1, n. 1 74. c) divisum B, vgl. auch MG. Oonat. 1 , n. 1 74 . d ) voluerunt B, voluerit M G . Oonat. 1 , n. 1 74 . e ) voluerit A , noluerit B.
Friedensvertrag mit Mailand
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aber sollen die Konsuln vom Volke gewählt und vom Kaiser be stätigt werden ; wenn dieser in der Lombardei weilt, soll die Hälfte von ihnen zu ihm kommen ; wenn er sich aber anderswo aufhält, sollen zwei der Konsuln zu ihm kommen und nach der Eidesleistung 5 das Konsulamt für sich und ihre Amtsgenossen vom Herrn Kaiser empfangen, die anderen sollen dann den gleichen Eid vor der Bürger schaft der Stadt dem Herrn Kaiser leisten. Wenn aber vom Herrn Kaiser ein Gesandter nach Italien geschickt wird, soll dasselbe vor ihm und durch ihn geschehen . 10 Die Gesandten des Herrn Kaisers für Italien sollen, wenn sie in die Stadt kommen, in der Pfalz wohnen und alle ihnen vorge tragenen Angelegenheiten zur Ehre des Reichs entscheiden. Ehe die Belagerung aufgehoben wird, sollen alle Gefangenen an den König von Böhmen zurückgegeben werden, der ihnen persönlich so15 wie durch angesehene Fürsten Sicherheit dafür bieten soll, daß er jene Gefangenen erst dann dem Herrn Kaiser übergeben wird, wenn der Herr Kaiser Frieden zwischen Mailand und Cremona, Pavia, Novara, Corno, Lodi und Vercelli gestiftet hat, nicht aber nur für Mailand, sondern auch für deren Verbündete Tortona, Crema und 20 Isola, unbeschadet der Ehre des Herrn Kaisers und unter Aufrecht erhaltung der Freundschaftsbündnisse der Mailänder, die unver ändert bestehen bleiben sollen. Wenn aber der Friede zwischen ihnen und den genannten Städten nicht zustande kommt, sollen ihnen die früheren Gefangenen zurückgegeben werden, und sie und 25 ihre Freunde sollen deshalb nicht die Gunst des Herrn Kaisers verlieren. Die Regalien wie Münze, Zoll, Geleite, Hafenabgabe, Grafschaften und anderes der Art, soweit es sie noch gibt, wird die Mailänder Bürgerschaft aufgeben und künftighin nicht mehr in Anspruch nehmen. Wenn sie aber jemand mit Gewalt behalten will, aber nicht 30 bereit ist, seinen Anspruch vor dem Herrn Kaiser oder seinem Ge sandten zu vertreten, dann werden es ihm die Mailänder nach Mög lichkeit an seiner Person und seinem Besitz vergelten und dem Herrn Kaiser getreulich ohne Arglist und bösen Vorsatz die Regalien zurückerstatten . 35 Unter diesen Bedingungen wird der Herr Kaiser die Bürger von Mailand und Crema gegen eine Buße von 120 Mark wieder zu Gnaden annehmen und sie und ihre Freunde öffentlich vor seinem ganzen Hofe vom Bann lösen und ihnen ihre sämtlichen Gefangenen, alte
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Gesta Frederici III, 50 - 5 1
[224/225]
postquam obsides imperatori dederint et captivos tarn veteres quam novos in manum regis Boemorum reddiderint. Datis autem obsidibus et captivis, altera die vel tertia exercitus ab obsidione recedet, et domnus imperator Mediolauenses et eorum res cle menter tractabit. Commune Mediolani prefatas conditiones servabit plenarie, bona fide, sine fraude et malo ingenio , quantum non permanserit per insturn impedimentum et per parabolam Frederici Romani imperatoris vel nuntii eius aut eius successoris. Collectam predicte pecunie liceat modo facere Mediolauenses 10 ab his quos in sua societate habere consueverant, preter Cumanos, (48) Laudenses a) et eos qui de comitatu Sifriensib) fidelitatem domno imperatori nuper iuraverunt. 5 1 . Talibus pacis conditionibus utrimque receptis, Mediolanum in gratiam reditura hoc ordine talique specie, fide publica accep- 1 s ta, cum suis ad curiam venit. Inprimis clerus omnis et quique fuerant eccle f siastici ordinis ministri cum archiepiscopo suo, prelatis crucibus, nudis pedibus, humili habitu ; deinde consules et maiores civitatis, item abiecta veste, pedibus nudis, exertos super cervices gladios ferentes 79• Erat autem ingens spectacu- 20 lum, validissima constipatio multorumque, qui mitioris ingenii erant, commiseratio, cum 80 viderent paulo ante superbos et de factis impiis arrogantes ita nunc humiles esse ac tremere, ut miseranda esset, quamquam in hoste, tanta mutatio80 • 81 0mnis denique militia loca, ubi tantum stare possent, prevenerant, im- 2s peratori et principibus quantus ad spectandum c) locus suffleeret et venientibus vix concesso necessario transitu 81• 82 Divus ergo augustus placido eos vultu intuens ait letum se esse, cum tarn claram civitatem tantumque populum Deus commonuerit, uti aliquando pacem malint quam bellum, quodque sibi dempserint Jo acerbam eos persequendi necessitatem , seque malle devotis et volentibus quam coactis imperitare . Atque hoc si a principio eis d) placuisset, mali nil perpessos, plurima vero accepisse bona e).
a) Lauclanenses A , Laudunenses B. d) illis AB. c ) spectaculurn 0 .
b) sefrensi e) b. a.
C. AB.
Ö ffentliche Unterwerfung Mailands
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wie neue, zurückgeben, sobald sie dem Kaiser die Geiseln übergeben und die alten wie die neuen Gefangenen dem König von Böhmen zurückgegeben haben. Nach Übergabe der Geiseln und Gefangenen aber wird das Heer am zweiten oder dritten Tage die Belagerung auf5 heben, und der Herr Kaiser wird die Mailänder und ihr Eigentum gnädig behandeln. Die Bürgerschaft Mailands wird die vorstehenden Bedingungen vollständig, ohne Arglist und Hintergedanken , erfüllen, soweit es nicht durch ein gerechtfertigtes Hindernis und mit Zustimmung des 1 0 römischen Kaisers Friedrich oder seines Gesandten oder seines Nach folgers unterbleibt. Einen Beitrag zu der obengenannten Geldsumme sollen die Mai länder nur von denen erheben dürfen , mit denen sie im Bündnis zu stehen gewohnt waren, mit Ausnahme der Bürger von Corno und 1 5 Lodi sowie der Einwohner der Grafschaft Seprio, die j üngst dem Herrn Kaiser den Eid geleistet haben . 5 1 . Nachdem beide Parteien diese Friedensbedingungen ange nommen hatten , kam Mailand, um wieder zu Gnaden angenommen zu werden, nachdem es freies Geleit erhalten hatte, in folgender Ordnung 20 und Haltung mit den Seinen an den Hof. Voran der gesamte Klerus und die Angehörigen des kirchlichen Standes mit ihrem Erz bischof mit vorangetragenen Kreuzen , nackten Füßen und in ärm lichem Gewand ; dann die Konsuln und angesehensten Bürger der Stadt, ebenfalls ohne Obergewand, mit nackten Füßen, entblößte 25 Schwerter auf dem Nacken tragend 79. Es war ein großartiges Schau spiel : eine gewaltige Zuschauermenge und ·Mitleid bei vielen, die milderen Sinnes waren, als 80 sie sahen, wie die vor kurzem noch Stolzen, die sich ihrer gottlosen Taten rühmten, nun demütig waren und zitterten, so daß eine solche Veränderung, selbst beim J , o Italia, passa es reges, immo tyran nos, qui hoc tihi mandatum per Contrapositionern interpretaren tur, versa vice dominantes hominihus, immo prementes quosque bonos et sapientes rationeque utpote rationales uti cupientes, s pisces maris, lubricos scilicet, rapaces et ceno voluptatis deditos, et altum inaneque sapientes demulcerent et iniqui iniquos in suis impietatibus 40 contra ius fasque 40 confoverent. Novimus, qualia aliquando simus b) passi imperia iniusta, superba, crudelia. Novimus iniqua dominatione 41 nichilominus insontes sicuti 10 sontes circumventos 41 • Meminimus sine extanti crimine factas 42proscriptiones locupletium, magistratus, sacerdotia 42 nefaria turpique conventione commutata et 43 alia multa, que libido dominantium imperaret 43, nostris sub oculis irreverenter per petrata. 44 Gaudeamus ergo et exultemus et demus gloriam 1 s Deo44, post tarn turbidi temporis tempestatem serenum nobis pacis diem illuxisse, dum tibi, serenissimo domino nostro, placet imperium tuum per innocentiam servare potius atque tueri, quam 46 per scelus crescere 46 et per sanguinem subiectorum incrustari. Domineris, o augustissime imperator, piscibus maris 20 et volatilibus celi ; nam et divinum iudicium 46 superbis resistit, humilibus autem dat gratiam 46• De nobis fidelibus tuis, de populo f tuo consultare placuit tue potentie c) super legibus et iustitia atque honore imperii. Scias itaque omne ius populi in condendis legibus tibi concessum. Tua voluntas ius est, sicut 2s dicitur : 47Quod principi placuit, legis habet vigorem, cum populus ei et in eum omne suum imperium et potestatem concesserit d> . Quodcumque enim imperator per epistolam constituerit vel cognoscens decreverit vel edicto preceperit, legem esse constat 47• Profecto secundum naturam est, commoda cuiusque rei eum J o sequi, quem secuntur incommoda 48 , ut videlicet omnibus debeas imperare, qui omnium nostrum sustines onera tutele' . b) s. a. a) Quantas G. d) concessit AB. •o-•o Vgl. Sall., Cat. 1 5 , 1 . n -u Sall., Cat. 1 6, 3. '"-u Sall., Cat. 2 1 , 2.
AB.
c) prudentiae
AB.
Antwort des Erzbischofs von Mailand
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über den anderen, nach göttlichem Gebot aber herrscht der Mensch über die Fische des Meeres und die Vögel des Himmels. Wie viele Könige, nein, Tyrannen hast du, Italien, ertragen müssen, damit sie dieses Gebot durch rlen Gegensatz begreiflich machten, indem sie s umgekehrt über die Menschen herrschten, ja alle Guten und Weisen bedrückten, die als vernünftige Wesen ihre Vernunft gebrauchen wollten, aber die Fische des Meeres, nämlich die glatten Betrüger, die Räuber und unflätigen Genüssen Ergebenen und die Hohlköpfe, die sich im höchsten Maße weise dünkten, umschmeichelten und, selber 1 0 ungerecht, die Uogerechten in ihren ruchlosen Verstößen 40 wider menschliches und göttliches Recht 40 begünstigten. Wir wissen, welch ungerechtes, übermütiges, grausames Regiment wir manchmal er tragen haben. Wir wissen, daß durch rechtlose Gewaltherrschaft 41 Unschuldige wie Schuldige unterdrückt worden sind 41• Wir erinnern ts uns, daß ohne j edes Vergehen 42reiche Leute proskribiert, daß Be amte und Priester 42 auf Grund schändlicher, verbrecherischer Ab sprache abgesetzt worden sind und daß 43 viele andere Schändlich keiten, die die Willkür der Herrschenden gebot 43, unter unseren Augen schamlos begangen worden sind. 44 Laßt uns also frohlocken 20 und fröhlich sein und Gott die Ehre geben 44, daß uns nach so sturm bewegter Zeit der heitere Tag des Friedens erstrahlt, da du, unser er lauchter Herr, gewillt bist, deine Herrschaft lieber durch Recht schaffenheit zu erhalten und zu bewahren, als 45durch Verbrechen mächtiger zu werden 45 und dich mit dem Blute der Untertanen zu 2s beflecken. Du mögest deine Gewalt ausüben, o erhabenster Kaiser, über die Fische deR Meeres und die Vögel des Himmels ; denn auch das göttliche Gericht 46 widersteht den Hoffärtigen, den Demütigen aber ist es gnädig 46• Nun hat es dir in deiner Macht gefallen, mit uns, deinen Getreuen, deinem Volke, über die Gesetze und die GerechtJo same und die Ehre des Reichs zu beraten. ·wisse also, daß das ge samte Gesetzgebungsrecht des Volkes dir übertragen ist. Dein Wille ist Gesetz nach den Worten : 47 Was dem Fürsten gefällt, hat Gesetzes kraft, da das Volk ihm und auf ihn alle seine Macht und Gewalt über tragen hat. Denn alles, was der Kaiser brieflich anordnet oder erJS kennend beschließt oder durch Edikt befiehlt, das gilt als Gesetz 47 . Es entspricht wahrlich der Natur, daß der die Vorteile genießt, der die Nachteile zu tragen hat 48, daher mußt du, der du die Lasten des Schutzes über uns alle trägst, über alle herrschen. u-u Vgl. ebda. u-u
Vgl. Apoc. 19, 7 . Sall., Iug. 14, 7 . . , _ .. I . Petr. 5, 5 ; Iac . 4, 6. n - n = Instit. I, 2.6. •• Vgl. Dig. L, 17, 1 0. .. _ .. =
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Gesta Frederici IV, 5 - 7
[239 /240]
His finitis, ea die in vesperam protracta curia solvitur. Fuere etiam qui ibidem in publico facta imperatoris carminibus favorabilibus celebrarent 49• 6. Sequentibus diebus plena atque sollempni curia iudicio et iustitie a) a mane usque ad vesperam intentus querimonias et s proclamationes tarn divitum quam pauperum diligenter audiebat, habensque nnor iudices, videlicet Bulgarum, Martinum , Iacobum, Hugonem, viros disertos, religiosos et in lege doctissi mos legumque in civitate Bononiensi doctores et multorum auditorum preceptores 50 , cum his aliisque legis peritis, qui diversi 10 ex diversis civitatibus aderant, audiebat, discutiebat et termina bat negotia. Videns autem multitudinem eorum, qui cruces baiola rent - is enim Italorum mos est, ut habentes querelas crucem manibus preferant -, misertus illorum, ait mirari se prudentiam Latinorum, qui, cum precipue de scientia legum glorientur, 1 5 maxime legum invenirentur transgressores, quamque sint tenaces iustitie sectatores, 51 in tot esurientibus et sitientibus iustitiam 51 evidenter apparere. Divino itaque usus consilio singulis diocesanis 52 singulos iudices preposuit, non tarnen de sua civitate, sed vel de curia vel de aliis civitatibus , hac eos 20 commutans ratione, ne, si civis civibus preficeretur, aut gratia aut odio lefviter a vero posset averti. Sicque factum est, ut de tanta querulorum multitudine vix ullus superfuisset, qui non aut plenam de lite victoriam sive iustitiam aut competentem 25 cum adversario transactionem se gauderet reportare. 7 . Deinde 53 super iustitia regni et de regalibus, que longo iam tempore seu temeritate pervadentium seu neglectu regum im perio deperierant, studiose disserens, cum nullam possent invenire defensionem excusationis, tarn episcopi quam primates et civitates uno ore, uno assensu in manum principis regalia reddi- 30 dere, primique resignantium Mediolauenses extitere, requisitique a) iusticia A B . Möglicherweise Anspielung auf das Lied des Archipoeta "Salve mundi domine", das hier auf dem Reichstag zuerst vorgetragen zu sein scheint. •0 Nach Otto Morena S. 60 waren sie von 28 weiteren Magistern aus Bologn a begleitet. - Vgl. Savigny, Geschichte des Römischen Rechts im Mittelalter 4 , Kap. 28 ; F . Calasso, Medio e v o del diritto I ( 1 954) 5 1 0 ff. 4o
Der Kaiser hält Gericht
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Nach Beendigung dieser Rede wurde die Sitzung, die sich an diesem Tage bis in den Abends hingezogen hatte, geschlossen. Es gab dort auch einige, welche die Taten des Kaisers öffentlich in preisenden Liedern verherrlichten 49• 5 6 . An den folgenden Tagen war der Kaiser vor dem reich besuchten und feierlichen Reichstag vom Morgen bis zum Abend mit Gericht und Gerechtigkeit beschäftigt und hörte sich aufmerksam Klagen und Beschwerden von Reich und Arm an ; er hatte vier Richter bei sich, Bulgarus, 1\'Iartinus , Jacobus und Hugo, redegewandte, fromme 10 und äußerst gesetzeskundige Männer , Doktoren der Rechte in Bologna und Lehrer vieler Zuhörer 50, und mit ihnen und anderen rechtskundigen Männern, deren verschiedene aus verschiedenen Städten anwesend waren, hörte, beriet und entschied er die An gelegenheiten . Als er aber die :Menge derer sah, die Kreuze tru1 5 gen - es ist nämlich bei den Italienern Sitte, daß die, die Klagen haben, ein Kreuz in den Händen vor sich hertragen -, da hatte er Mitleid mit ihnen und sagte, er wundere sich über die Klugheit der Lateiner, die sich doch gerade ihrer Rechtskenntnis besonders rühmten, sieb dabei aber in so großer Zahl als Ü bertreter erwiesen, 20 und wie sehr sie nach Gerechtigkeit eiferten, zeige 51 secund um leges resarciant. 25 Iniuria seu furtum legitime puniatur. Homicidium et membro rum diminutio vel aliud quodlibet delictum legaliter vindicetur. Indices vero et locorum defensores vel quicumque magistratus ab imperatore vel eius potestate constituti seu confirmati, qui iustitiam facere neglexerint O et pacem violatarn vindicare 30 legitime supersederint 8l, dampnum omne et iniuriam pacis hl a ) partes B. G. d ) folgt ad 0.
g) supersederit
h l ao B. G.
b) irnperpetuurn
B.
61 D. i . Treuevorbehalt.
e ) so B. G.
B. G.
c)
fehlt
B.
fl neglexerit
B.
Allgemeine Friedensgesetze
5
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Wenn aber zwischen dem Herrn und dem Vasallen ein Streit ent steht, soll er von standesgleichen, von dem Herrn durch Treueid verpflichteten Geschworenen beigelegt werden . Wir verordnen auch, daß in jedem Treueid der Kaiser ausdrücklich ausgenommen werde 81 .
Wir, Friedrich 62, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Augustus, befehlen allen Untertanen des Reichs durch dieses Edict, das für alle Zeit gelten soll, Folgendes : Alle Untertanen unseres Reichs sollen untereinander echten und dauernden Frieden halten, 10 und dieses Bündnis soll unverletzlich unter allen fortan gewahrt werden. Die Herzöge, Markgrafen, Grafen , Kapitane 63, Valvassoren 84 und die Rektoren aller Orte nebst den Männern hohen wie niedrigen Standes in allen Orten vom 1 8 . bis zum 70. Jahre sollen sich eidlich verpflichten, den Frieden zu halten und die Rektoren der Orte beim 15 Schutz und bei der Aufrechterhaltung des Friedens zu unterstützen ; und alle fünf Jahre sollen diese Eide betreffs der Wahrung des vor genannten Friedens erneuert werden . Wenn j emand aus irgendeinem Grunde oder wegen irgendeiner Handlung einen Rechtsanspruch gegen j emanden zu haben glaubt, 20 wende er sich an die richterliche Gewalt, um durch sie zu dem ihm zustehenden Recht zu kommeiL \Venn aber jemand es wagt, durch einen verwegenen Anschlag den Frieden zu verletzen , so soll, wenn es sich um eine Stadt handelt, diese mit e i ner B u ß e von 1 00 Pfund Gold belegt werden, die an 25 unsere Kammer zu zahlen sind. Ein Flecken aber soll mit 20 Pfund Gold büßen . Herzöge, Markgrafen und Grafen sollen 50 Pfund zahlen. Kapitane und die größeren Valvassoren sollen mit 20 Pfund Gold bestraft werden . Die kleineren Valvassoren und alle übrigen, die den Frieden gebrochen haben, sollen gezwungen werden, 6 Pfund Gold 30 zu zahlen und den durch den Friedensbruch angerichteten Schaden nach den gesetzlichen Bestimmungen zu ersetzen. Beleidigung und Dieb8tahl sollen nach den Gesetzen bestraft werden, ebenso sollen Totschlag, Verstümmelung und jedes andere Vergehen nach dem Gesetz gesühnt werden. 35 Die Richter, die Befehlshaber der Ortschaften sowie alle Obrig keiten, die vom Kaiser oder kraft seiner Vollmacht eingesetzt und bestätigt sind, sollen, wenn sie die Rechtspflege vernachlässigen und Friedensbruch gesetzlich zu bestrafen verabsäumen, gezwungen sein, den gesamten Schaden oder den infolge des Friedensbruchs erlittenen 62
Vgl. MG. Const. 1, 245 ft'. n. 1 76. Die großen Vasallen vornehmlich der Kirche. •• Die kleinen Lehensträger.
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Gesta Frederici IV, 1 0 - 1 1
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resarcire compellantur, et insuper, si maior iudex est, sacro erario in a) penam X libras auri prestet, minor autem pena tri um li brarum auri multetur. Qui vero ad predictam penam persolven dam inopia dinoscitur laborare, sui corporis cohercionem cum verberibus patiatur et procul ab eo loco quem inhabitat quin- s quaginta miliaria per quinquennium vitam agat. Conventicula quoque et omnes coniurationes in civitatibus et extra, etiam occasione parentele, inter b> civitatem f et civitatem et inter personam et personam sive inter c) civitatem et personam omnibus modis fieri prohibemus et in preteritum factas cassa- 1 0 mus, singulis coniuratorum pena unius libre auri percellendis 66• Episcopos quoque locorum ecclesiastica censura violatores huius sanctionis, donec ad satisfactionem veniant d), cohercere, volumus. Receptoribus •> etiam malefactorum, qui predictam pacem violaverint, et O ementibus f) 66 nostre indignationi subiciendis s> 1 s et eadem pena feriendis. Preterea bona eius publicentur et domus destruantur, qui pacem iurare et tenere noluerit et leges pacis non servat. Illicitas etiam exactiones, maxime ab ecclesia, quarum abusio iam per longa tempora inolevit, per civitates et castella omnimodis 20 condempnamus et prohibemus, et si facte fuerint, in duplum reddantur. Item 67 sacramenta pupillorum sponte facta super contractibus rerum suarum non retractandis inviolabiliter custodiantur. Per vim autem vel iniustum metum, etiam a maioribus, maxime ne 2s querimoniam maleficiorum commissorum faciant, extorta sacra menta nullius esse momenti iubemus. Ad hec : qui allodium suum vendiderit, distrioturn h) et iuris dictionem imperatoris vendere non presumat, et si fecerit, non valeat. Jo I I . Cremonenses et Placentini inter eos, qui sibi coram prin cipe litem commovebant, acrius ceteris 68 adfversus i) sese ex periebantur 68. Nam cum inter has duas civitates non longe a se b ) intra B. C. 0 fehlt B. h) s o z u verbessern statt de8 sinnlosen il fehlt C. a) fehlt B. e) receptori B.
c ) intra B. C. g) subiciendi B.
distractum B. C.
d) veniat
B.
Allgemeine Friedensgesetze
531
Nachteil zu ersetzen und obendrein an den Fiskus des heiligen Reichs, wenn es ein höherer Richter ist, 10 Pfund, ein niederer 3 Pfund Gold als Strafe zahlen . Wer aber zu arm ist, diese Strafe zu zahlen, soll körperliche Züchtigung durch Rutenschläge erleiden und fünf Jahre 5 lang fünfzig Meilen von seinem Wohnort entfernt leben. Wir verbieten ferner strikt Verbindungen und Eidgenossen schaften jeder Art in den Städten und außerhalb zwischen Stadt und Stadt, zwischen Person und Person oder zwischen Stadt und Person, auch wenn sie unter dem Vorwand der Verwandtschaft geschlossen 1 0 werden, und erklären die früher geschlossenen für ungültig ; jeder der Verschworenen ist zu einer Strafe von einem Pfund Gold zu ver urteilen 65. Die Bischöfe der Städte sollen die Ü bertreter dieser Verordnung mit einer Kirchenstrafe belegen, bis sie sich zur Genugtuung be1 5 quemen . Wer Ü beltäter, die den vorgenannten Frieden verletzen, aufnimmt oder von ihnen etwas kauft66, soll unserem Zorn verfallen und ist mit der gleichen Strafe zu belegen. Ferner sollen die Güter desjenigen eingezogen und seine Häuser 20 zerstört werden, der sich weigert, den Frieden zu beschwören und zu halten, und die Friedensgesetze nicht beobachtet. Auch die ungesetzlichen Erhebungen von Abgaben in Städten und Burgen, besonders von der Kirche, wie sie schon seit langem miß bräuchlich eingerissen sind, verdammen und verbieten wir in jeder 25 Weise ; wenn sie erfolgt sind, soll die doppelte Summe zurückerstattet werden. Freiwillige 67 Eide der Mündel , die über ihr Vermögen getroffenen Vereinbarungen nicht anzufechten, sollen als vollgültig geachtet werden. Aber durch Gewalt oder ungerechte Einschüchterung er30 preßte Eide, auch solche von Großjährigen, hauptsächlich um sie zu nötigen, wegen begangener Verbrechen keine Klage zu erheben , sollen ungültig sein. Schließlich : wer sein ererbtes Eigen verkauft, soll sich nicht er kühnen, auch Bann und Gerichtsbarkeit des Kaisers zu verkaufen ; 35 tut er es aber, so soll es keine Gültigkeit haben . 1 1 . Unter denen, die ihren Streit vor den Kaiser brachten, zeigten sich die Vertreter von Cremona und Piacenza erbitterter gegen einander als die übrigen88. Denn zwischen diesen beiden Städten, die •• Diese B estimmung trifft wiederum die Städte besonders hart, sie verbietet praktisch die Bildung von Communen. 66 D. h. von der Beute. 6 7 Vgl. MG. Const. l, 246. Dieses Gesetz wurde zum ersten Mal vielleicht schon in Bologna 1 1 55 erlassen. n Vgl. I V 25.47. -
,
532
Gesta Frederici IV, 1 1
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positas, nisi quod Pado interßuente separantur, propter contu berniurn Mediolanensiurn antique ac diutine rnanserint discordie, aceesserat tune, quod Crernonenses curn inperatore ad curiarn venientes, Placentinorurn rnilitia egressa eos ad certarnen pro vocaverat, quod rnodo vulgo tornoirnenturn vocant 69, ibique s hinc inde aliqui sauciati, alii capti, quidarn occisi sunt. Ob hanc rern durn adversus se invicern accusationern proponerent : Cre rnonensibus se, durn essent in obsequio et in cornitatu principis, hostiliter invasos, nec tarn se quarn regiarn fuisse lesarn rnaiesta tern, suarn iniuriarn rnagnitudini principurn a) eure esse debere, to penes irnperiurn esse, ut Placentini velut hostes rei publice pro irnpietatibus in ipsos, pro perfidia et terneritate in irnperatorern graves penas reddant ; Placentinis autern, non adversus princi pern, sed contra b) infestissirnos hostes se venisse, qui , cum c) in terrninis ipsorurn multa iniqua fecerint, rapinis et incendiis om- ts nia permiscuerint, queri d) modo d) calumpniose, quod iniuriam passi sint, allegantibus, Fredericus partibus prosequendi copiam dedit, sufficienterque auditis que ab utrisque dicerentur, ani madvertit Placentinos minus idonee obiecta purgare, presertim curn in plurimis rebus dolus eorum et perfidia in regnum iam 20 antea foret deprehensa 70• Itaque contra ipsos sententia iudicum procedit, tandemque hac mulcta in gratiam recipiuntur, ut preter non parve pecunie donationem vallurn civitatis egregium, quod hisdem annis pro defectione ab imperatore fecisse insimulabantur, replendo equarent turresque universas destruerent 71• Quod et 2s facturn est, dignaque in Placentiam seditiosam civitatern pro rnodo deflicti ultio exerta rebellionis metum reliquis civitatibus incussit. Ibi •J quoque Fredericus augustus de proprietate Mo doici, ubi sedes regni Italici, ut dieturn est 72, esse dinoscitur, contra Medio]anenses causam assurnens selectis arbitris gloriose JO iustitia media de lite triumphavit eJ . so AB. 0. folgt suos AB. c) dum AB. d ) so AB. 0, aber in 0 getilgt und durch querimonie a. R. ersetzt. e) Ibi - triumphavit fehlt A .
a)
b)
•• Vgl. oben I , 1 8 .
Gericht über Piacenza
533
nahe beieinander liegen , nur durch den Po getrennt, bestand seit alters ein langwieriger Zwist wegen des Bundes mit den Mailändern ; dazu kam nun noch, daß die Cremonesen, als sie mit dem Kaiser zum Reichstag zogen, von der Mannschaft der Piacentiner zu einem Wett5 kampf herausgefordert worden waren, den man j etzt gewöhnlich Turnier nennt 69, und dahei wurden auf beiden Seiten einige verwun det, andere gefangengenommen und etliche getötet. Deshalb erhoben sie nun wechselseitig Klage gegeneinander : die Cremonesen beh aup teten, während sie im Gefolge und in der Begleitung des Kaisers 10 waren, seien sie in feindlicher Absicht überfallen worden, und dadurch sei mehr als sie selbst die kaiserliche Maj estät verletzt worden, die von ihnen erlittene Unbill müsse Yon den großmächtigen Fürsten sorgfältig erwogen werden, das Reich müsse dafür sorgen, daß die Piacentiner als Feinde des S taates für die gegen sie begangenen 15 Schändlichkeiten, für ihren Treubruch und ihre Widerspenstigkeit gegen den Kaiser schwere Buße zahlten ; die Piacentiner ihrerseits erklärten, sie seien nicht gegen den Kaiser, sondern gegen ihre schlimmsten Feinde ausgezogen, und während diese in ihrem Land vielen Schaden angerichtet und alles durch Raub und Brand ver20 wüstet hätten, klagten sie nun verleumderisch, sie hätten Unrecht erlitten , und so gab Friedrich den Parteien Gelegenheit, sich zu äußern, und nachdem er sich zur Genüge angehört hatte, wai'l von beiden Seiten vorgebracht wurde, erkannte er, daß sich die Piacen tiner nur unzulänglich von den Anschuldigungen gereinigt hätten, 25 zumal da man ihre Hinterlist und Untreue gegen das Reich schon früher bei vielen Gelegenheiten erkannt hatte 70• Daher erging der Spruch der Richter gegen sie, aber schließlich wurden sie unter der Bedingung wieder zu Gnaden angenommen , daß sie außer Erlegung einer hohen Geldsumme den herrlichen Wall ihrer Stadt , den sie in 30 diesen Jahren angelegt hatten, um vom Kaiser abzufallen - so be schuldigte man sie jedenfalls -, durch Auffüllung des Grabens a b trügen und alle Türme zerstörten 71 • Das geschah auch, und die Strafe, die entsprechend der Schwere ihres Verbrechens an der aufständischen Stadt Piacenza vollzogen wurdl' , erregte bei den übrigen Städten 35 Furcht, sich zu empören. Dort erhob Kaiser Friedrich auch Anklage gegen Mailand, weil es sich !\1onza angeeignet hatte, wo, wie erwähnt 72, der Sitz des italischen Reiches ist ; durch das Urteil der bestellten Richter ging die Gerechtigkeit glorreich als Siegerin aus dem Streit hervor. 70 Die frühere :Feindschaft gegen den Kaiser ist der eigentliche Grund für das Urteil gegen Piacenza. Friedrich nahm in allen Streitigkeiten zwischen den Städten einseitig Partei für diej enigen, die ihm anhingen . 71 Xach Otto Morena ( S . 63) wurde das Urteil von Piacenza nicht ausgeführt : vgl. auch unten IV, 3 1 . 7 2 Oben III, 53.
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Gesta Frederici IV, 1 2 - 1 3
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1 2 . Apud Roncalias rebus bene gestis et utilitatibus imperii sapienter ordinatis, Fredericus conventum dimisit atque, proxi mioribus ordinatis, ad ulteriores terras et in insulas maris regium regie procurationis animum protendit. Itaque electos nuntios, episcopum videlicet Conradum Eistetensem et comitem Emicho- s nem 73, in Sardiniam et Corsicam dirigit, commendans eos Pisanis et Ianuensibus conducendos, pro eo quod he due civitates maxi mum in Tyrreno mari viderentur habere principatum 74• Verum quam ob rem eadem legatio sine efficacia remanserit, conicient hii, quibus notum est, in quantis emolumentis Pisanis atque 10 Ianuensibus insula Sardinia prostituta sit. Unde non incongrue putatur illorum astu et falsis occasionibus iter nuntiorum fuisse impeditum. Nam et Ianuensibus vicem redditurus, adventum suum augustus comminans finibusque eorum accedens mira celeritate ac facilitate eos deterruit et ad pacis pacta 75 confugere 1 s compulit, que fuere huiusmodi : mille marcas 76 argenti publico erario persolvere et a muri, quem orsi fuerant, fabrica cessare. Non autem ab re putatur hunc illis celitus incussum fuisse terro rem atque formidinem, ne multos sua temeritate ad defectionem invitarent. Nam salutis spem Ianuensibus certarn et contra- 20 venientibus hesitationem natura loci prestare maxime poterat, que civitatem ita ex omni parte vallaverat, ut vel propter emi nentium Alpium prerupta et irrvia vel Tyrreni maris, quo litus ipsum alluitur, fluctibus ad eam nec perveniri facile fuerit. f Au gustus autem a) nullo horum motus etiam cum natura certare 25 non diffidebat, ut, quod illa situ loci inexpugnabile fecerat, ipse magnitudine animi ac virtute superandum putaret 77• 1 3. His gestis, Fredericus pro recreando milite in opimis et nondum bello tactis Italie locis hiemare statuit, proximumque natale Domini aput Albam civitatem celebrans nuntios pro 30 a) animo
?a
G.
Von Leiningen. 16 Korsika und Sardinien standen seit der Mitte des 1 1 . Jahrhunderts unter der Oberhoheit Pisas und Genuas, nachdem diese Städte die Inseln von den Sarazenen befreit hatten, ohne daß das Reich dazu eine Hilfe geboten hätte. 10 Vertrag von Busco, gültig bis 1 1 59 Juni 24. 7 6 Nach den Ann ales Ianuenses des Genueser Konsuls Caffaro (SS. XVIII, 27) 1 200 Mark.
Friedensvertrag mit Genua
535
12. Nachdem auf den Roncalischen Feldern alle Angelegenheiten glücklich erledigt und die Gerechtsame des Reichs weise geregelt waren, entließ Friedrich die Versammlung, und, nachdem er die nächstliegenden Angelegenheiten erledigt hatte, richtete er seine s königliche Fürsorge auf ferner gelegene Länder und die Inseln des Meeres. Daher schickte er auserwählte Gesandte, nämlich den Bischof Konrad von Eichstätt und den Grafen Emicho 73, nach Sardinien und Korsika und übertrug ihr Geleit Pisa und Genua, weil diese beiden Städte im Tyrrhenischen Meer die Vorherrschaft innehatten 74• 10 Warum aber diese Gesandtschaft ergebnislos blieb, das werden die erraten, denen bekannt ist, welche Vorteile Pisaner und Genuesen aus der Insel Sardinien ziehen . Daher glaubt man nicht ohne Grund, daß durch ihre Schlauheit und ihre irreführenden Machenschaften die Reise der Gesandten verhindert worden sei. Freilich drohte auch 15 der Kaiser den Genuesen mit seinem Anmarsch, um an ihnen Ver geltung zu üben, und als er ihrem Gebiet nahte, hielt er sie durch die wunderbare Schnelligkeit und seine Freundlichkeit in Furcht und nötigte sie, zu folgendem Friedensvertrag 70 ihre Zuflucht zu nehmen : Zahlung von 1 000 Mark 76 Silber an die Staatskasse und Einstellung 20 des begonnenen Mauerbaus. Man wird nicht in der Annahme fehl gehen, daß dieser Schrecken und diese Furcht ihnen vom Himmel eingeflößt worden sei, damit sie nicht noch viele andere durch ihre Aufsässigkeit zum Abfall verlockten. Denn die Lage der Stadt konnte den Genuesen sichere Hoffnung auf Rettung geben, Angreifer aber 25 zögern lassen, hatte doch die Natur die Stadt auf allen Seiten so ge deckt, daß es einerseits wegen der Steilheit und Unwegsamkeit der hochragenden Alpen und andererseits wegen des Tyrrhenischen Meeres, welches das Gestade bespült, nicht leicht ist, an sie auch nur heranzukommen. Der Kaiser indes ließ sich durch keine dieser 30 Schwierigkeiten abschrecken und scheute sich nicht, auch mit der Natur zu kämpfen, denn er glaubte, was jene durch die Lage des Ortes uneinnehmbar gemacht hatte, durch hohen Mut und Tapfer keit überwinden zu müssen 77• 1 3 . Danach beschloß Friedrich, um dem Heer Erholung zu gönnen, 35 in reichen, vom Krieg noch nicht berührten Gegenden Italiens zu überwintern ; er feierte das nächste Weihnachtsfest in der Stadt Alba 77 Rahewins Bericht ist unzuverlässig. Die Genuesen setzten den Mauerbau fort, und Friedrich hatte sich zu dem Vertrag entschlossen, wn einem zweifel haften Kampf auszuweichen. Den Genuesen wurden überdies ungewöhnliche Rechte entgegen den Gesetzen von Roncaglia eingeräumt, z. B. der unbeein trächtigte Besitz aller h e r k ö m m l i c h e n Rechte und Freiheiten, Schutz gegen jeden Angriff, Versprechen, keine Klage gegen Genua anzunehmen. - Vgl. Caffaro S . 26 f.
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Gesta Frederici IV, 1 3 - 1 4
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colligendo fodro per totam Tusciam et maritima atque Campa niam direxit 78• De principibus quoque ad ordinandos in civitati bus consules seu potestates alium alio dimittit, adiunctis eis cartulariis, qui de regalibus, que fisco accesserant, certarn sum mam et plenam notitiam reportarent. Redditus quoque imperiales, s que dicuntur domus Mehtildis, a duce Guelfone 79 seu ab aliis distractos et dispersos, congregavit, quos postmodum eidem nobilissimo principi adunatos et melioratos liberali restitutione noscitur reddidisse. Quorum prediorum magnitudinem eiusque terre copiosam opulentiam qui ripas Eridani pervagati sunt non 10 ignorant. 1 4. Romanus imperator, etsi in aliis omnibus secunda fortuna usus fuerit a) , in morte tarnen nonnullorum principum per idem tempus eius sevitiam et h) cecitatem b) expertus est, quorum ut apud posteros nulla celebretur memoria, nobilitas generis, mentis 1 s prudentia e t egregie tam animi quam corporis virtutes non per mittunt. In numero quorum primus fuit Otto Frisingensis ecclesie venerabilis presul, huius istins c) auctor et feliciori fine futurus consummator, nisi, ut quidam incusant, 80 fata virtutibus invi- 20 dissent80 • Et quia f tam in huius preclari viri nece quam in con flagratione Frisingensis ecclesie patria mea duplici contritione attrita est, nemo me accuset, si 81 vel patrie miserias vel amantis simi 82 domini et nutritoris mei82 flebilem interitum prolixiore narratione prosequar, sed dolori veniam tribuat, considerantibus 2s nobis civitatem nostram ad tantum felicitatis gaudium proces sisse eandemque fere ad ultimos casus inclinatam . Si quis autem, ut ait quidam83, durior misericordie sit iudex, res quidem tribuat historie, lamenta vero scriptori 81• Anno ergo ab incarnatione Domini M°C0LVIIII0 , indictione VII , 30 regnante serenissimo imperatore Frederico, anno imperii eius a) est
AB.
fehlt A B. c) folgt operis AB. 18 1 1 59. 18 Welf, Herzog von Spoleto, Markgraf von Toskana, belehnt mit den Mathil
bl
dischen Gütern, war - offenbar auf Grund vorhergehender W abiabsprachen -
537
Tod Ottos von Freising
und schickte von dort Boten aus, um das Fodrum in ganz Tuszien, den Küstengebieten und in der Campagna einzutreiben 78• Auch einige Fürsten sandte er teils hierhin, teils dorthin, um in den Städten Konsuln oder Podesta einzusetzPn, und gab ihnen Schreiber mit, die 5 ihm hinsichtlich der für den Fiskus gewonnenen Regalien die gerraue Summe (der Erträge) und den gerrauen Umfang melden sollten. Auch die kaiserlichen Einkünfte, die man Mathildische Güter nennt und die vom Herzog Welf 79 und anderen verschleudert und zerstückelt wor den waren, vereinigte er wieder, und er gab sie bekanntlich später verIO eint und verbessert denselben edlen Fürsten freigebig wieder zurück. Wer die Uferlandschaften am Po durchstreift hat, kennt die Größe dieser Güter und die außerordentliche Fruchtbarkeit dieses Land strichs. 1 4 . Während der römische Kaiser in allen anderen Dingen vom 1 5 Glück begünstigt wurde, mußte er um dieselbe Zeit doch in dem Tod mehrerer Fürsten auch dessen Grausamkeit und Blindheit kennenlernen ; daß ihr Gedächtnis auch bei der Nachwelt gefeiert werde, dafür bürgen der Adel ihres Geschlechts, die Klugheit ihres Geistes und die herrlichen Vorzüge der Seele und des Körpers. 20 Der erste von ihnen war der ehrwürdige Bischof Otto von Freising, der Verfasser dieses Werkes, das er bei glü cklicherem Ausgang ab geschlossen hätte, wenn nicht 80das Schicksal wie es manche be schuldigen auf die Tugenden neidisch gewesen wäre80• Und da durch den Tod dieses hervorragenden Mannes und die Einäscherung 25 d e r Freisinger Kirche meine Heimat von einer doppelten Heimsuchung betroffen worden ist, so möge niemand mir Vorwürfe machen , 81 wenn ich die Nöte der Heimat und den traurigen Tod meines heiß geliebten 82Herrn und :Förderers 82 ausführlicher schildere ; er möge vielmehr dem Schmerz verzeihen, wenn wir in Erwägung ziehen, wie 30 unsere Stadt, die zunächst zu einem so hohen Grad glücklichen Gedeihens emporgestiegen war, nun fast dem Untergang geweiht ist. Wenn aber einer, wie jemand83 sagt, ein allzu strenger Richter über das Mitleid ist, der möge die Tatsachen der Geschichte, die Klagen aber dem Schriftsteller zuschreiben 81 • 35 Im Jahre 1 1 59 nach der FleischwPrdung des Herrn, in der 7. In diktion, unter der Regierung des erhabenen Kaisers Friedrich, im �
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von Friedrich I . in alle Herrschaften eingesetzt worden, die vorher sein Bruder Herzog Heinrich d. Stolze von Bayern unter Lothar besessen hatte . Irrfolge der allgemeinen Verhältnisse in Italien war es Welf aber bisher kaum möglich gewesen, sein Recht wahrzunehmen. 80 - 80 Vgl . Sall. , Cat. 58, l ; Ioseph . , Bell. lud. VII, l . 8 1 - 81 Vgl. Ioseph. Prol . 8 2 -8 2 = E inhard, Vita Karoli M . , Prol. sa Ioseph . a. a. 0 .
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Gesta Frederici IV, 1 4
[249/250]
tertio, regni V0 84, rnernoratus antistes ab hac luce Deo vocante migravit. Is primo velut celitus et a Deo missus, cum eandern ecclesiarn repperisset omnibus fere bonis destitutam, distractas facultates, collapsa palatia, familiarn attritam, religionis rnonasteriorum s nullarn vel parvam memoriam, ope divina tandem ipsam in eum locum reduxerat, ut clero religionem, familie libertatem, facul tatibus copiam, edificiis decorem ab hac luce subtractus resti tuisset, eiusque cura, labor, rneritum circa sedem et gentem suam perinde fuerat, acsi non tarn instaurator quam fundator illius 10 extitisset. Huic negotio prestabat adminiculum et opern turn genus viri , turn probitas, turn conversationis estirnatio. Nempe imperatorum Heinrici quarti nepos, sororius quinti Heinrici, Conradi regis frater uterinus, Frederici irnperatoris augustissirni huius, qui iam feliciter regnat, patruus, ex clarissimo regni prin- 1 s cipe Leopaldo marchione patre e t matre Agnete, filia quarti Heinrici imperatoris, pariter cum fratribus suis germanis, Con rado Pataviensi episcopo, Leopaldo duce Baioarie et Heinrico duce f Austrie, necnon et sororibus, Gertruda85 ducissa Boernie et Berhta86 ducissa Polanorum ac Ita marchionissa de Monte- 20 ferrato et a> N. imperatricis b) Hyspanie87 genitrice ; de tanta, in quam, tamque illustri parentela proles ipse nobilissirna traxit originem. LitteraH scientia non mediocriter aut vulgariter in structus, inter episcopos Alemannie vel primus vel inter primos habebatur, in tantum, ut preter sacre pagine cognitionem, cuius 2s secretis et sententiarum abditis prepollebat, philosophicorum et Aristotelicorum librorum subtilitatem in topicis, analeticis atque elencis fere primus nostris finibus adportaverit. Ob ea et aliarum multarum privilegia gratiarum, fiducia quoque tarn secularis pru dentie quam eloquio fretus facundissime lingue, curn sepius in cau- 30 sis ecclesie coram regibus et principibus constantissime ageret, et exinde sibi gloria laudern, laus invidiarn, ut assolet, non modicam peperisset, laqueos adversantium inperterritus declinavit et fehlt AB.
b) imperatrice AB. Die Zeitangabe müßte lauten 1 1 59, indict. 4, anno imperii 4, regni 7. 8 5 Vgl. Chronica VII, 34 ; irrtümlich als G emahlin Wladislaws II. von Polen bezeichnet oben III, 2. a) 84
Nachruf auf Otto von Freising
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dritten Jahre seines Kaisertums, im fünften seines Königtums 84, schied der erwähnte Bischof auf Gottes Ruf aus diesem Leben. Als er wie ein Gesandter Gottes gleichsam vom Himmel herabkam, fand er zunächst seine Kirche fast aller Besitzungen beraubt, ihr Vers mögen verschleudert, ihre Paläste verfallen, die Eigenleute verelendet und keine oder nur geringe Erinnerung an klösterliche Zucht ; aber mit Gottes Hilfe hatte er sie, als er aus dem Leben schied, wieder so weit in die Höhe gebracht, daß er dem Klerus Religion, den Eigen leuten die Freiheit, der Kirche ihren vollen Besitz und den Gebäuden 10 ihr schmuckes Aussehen zurückgegeben hatte, und seine Sorge, seine Mühe und sein Verdienst um seinen Stuhl und seine Gemeinde waren 80 groß , als wäre er nicht der Wiederhersteller, sondern der Gründer des Bistums . Bei diesen Bemühungen leisteten ihm seine Herkunft, seine Rechtschaffenheit und die Hochachtung vor seinem Lebens15 wandel Unterstützung und Hilfe. Er war j a der Neffe Kaiser Hein richs IV. , der Schwestersohn Heinrichs V . , der Halbbruder des Königs Konrad, der Oheim des zur Zeit glücklich regierenden erhabensten Kai sers Friedrich, der Sohn des hochberühmten Reichsfürsten Markgraf Leopold und der Tochter Kaiser Heinrichs IV. Agnes ; gemeinsame 20 Eltern hatte er mit seinen Brüdern, dem Bischof Konrad von Passau, dem Herzog Leopold von Bayern und dem Herzog Heinrich von Ö ster reich, ferner mit seinen Schwestern, der Herzogin Gertrud 86 von Böhmen, der Herzogin Bertha86 von Polen und der Markgräfin Ita von Montferrat, der Mutter der Kaiserin NY von Spanien ; aus so 25 erlauchter Verwandtschaft stammte er ab, er selbst der edelste Sproß. 1\Iit wissenschaftlichen Kenntnissen in mehr als mittelmäßiger oder gewöhnlicher Weise ausgerüstet, galt er unter den deutschen Bischöfen als der erste oder als einer der ersten ; denn außer der Kennt nis der Heiligen Schrift, deren geheimnisvolle und tiefsinnige Aus30 sprüche er besser verstand als andere, hat er fast als erster die Sub tilitäten der philosophischen und der Aristotelischen Schriften über die Topik, die Analytik und die Beweisführung unserem Heimatland vermittelt. Wegen dieser und vieler anderer vorzüglicher Gaben und auch im Vertrauen auf seine weltliche Klugheit und seine außer35 gewöhnliche Redegewandtheit hat er öfter in kirchlichen Angelegen heiten vor Königen und Fürsten höchst energisch verhandelt ; der Ruhm, der ihm daraus erwuchs, brachte ihm Lob ein, das Lob aber, wie es zu gehen pflegt, nicht geringen Neid , aber er wich unerschrocken 86 Vielmehr Agnes ; Bertha heiratete den Burggrafen von Regensburg, Hein. rich von Bogen. 8 7 Gemeint ist Richilda oder Rica, die allerdings eine Tochter der Agnes und Wladislaws II. von Polen war und 1 1 5 2 Alfons YII. von Kastilien heiratete ; vgl. Jaffe, Bibi. rer. Germ. I , 5 2 3 n. 3 9 1 .
Gesta Frederici IV, 1 4
540
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obloquentium ora a> sine lesione probe probus evasit. Sane vivendi modum iuxta Cisterciensis ordinis religionem instituerat, ibique in monasterio Morimundensi primo abbas88, eo usque probatus et electus inventus est, ut merito sibi diceretur : f 89 Amice, ascen de superius89• Episcopus factus90, transcurso iuventutis fervore ac s sopito lubrice etatis incentivo, 91 oleurn peccatoris91 declinans et iustitiam suam 92 in conspectu hominum92 et favore facere parvi pendens, Deo potius, quem conscientie et corda non fallunt, placere satagebat, adtendens illud ewangelicum : 93 Nesciat sini stra tua, quid faciat dextera tua93• Unde factum est, ut, si quid 10 ex conversatione mundana pulverulentie contraxisset, in pre senti 94 lingua detrahentium, que ut gladius acutus94, raderetur atque purgaretur. Siquidem supradicto principe Frederico , pa truo suo, in Italicam expeditionem iter agente96, cum et ipse sicut necessarius et perutilis imperii negotiis ire debuisset, nutu 1 5 divino contigit, ipsum iter retractare, u t vir religiosus inter manus fratrum orantium potius quam inter strepitum preliantium ex spirans, dicere posset : 96 Domine, suscipe me, ut cum fratribus meis shn, cum quibus etc.96 Benigne vero ab imperatore dimissus multis gemitibus comrnissam sibi sue benignitati commendavit 20 ecclesiam, ac quodam spiritu prophetico de fine suo prescius, ne post mortem suam ipsam aliquo modo gravaret et libertatern b) electionis, ut iam sepius ante c) actis c) temporibus c) in aliis eccle siis fact'um dicebatur, eam nullo modo privaret, postulavit. Accepto de hac probabili petitione fideli laudarnento, ad pro- 25 pria reversus est. At cum aliquibus de morte sua seu per visiones seu per somnia revelatum fuisse, referentibus et commonentibus quibusdam religiosis, cognovisset, salutatis fraterna caritate media quam intime fratribus et valedicto, occasione visitandi Cisterciense 30 capitulum 97 viam carpit et iam dudum languore ac debilitate corporis invalidus, laborioso itinere, nichil tarnen adhuc suis qui a ) ore 0.
88
b)
Um l l 37f38.
8 9 - 88 = Luc . 1 4 , 1 0 .
80
1 1 38.
9 1-81 =
Ps. 1 40, 5.
so
B.
0.
c)
fehlt
AB.
Nachruf auf Otto von Freising
541
den Schlingen der Gegner aus und entrann den Reden Widersprechen der berechtigterweise unverletzt als rechtschaffener Mann. Er lebte nach den Regeln des Zisterzienserordens und dort, in dessen Kloster Morimund war er zuerst Abt88, aber er wurde so erprobt und aus5 erlesen erfunden, daß man zu ihm mit Recht sagte : 89 Freund, rücke hinauf89 ! Nachdem er dann Bischof geworden war90, das Feuer der Jugend sich abgekühlt hatte und die Reizungen des gefährlichen Alters eingeschläfert waren, hütete er sich vor dem 91 01 des Sün ders91, er achtete es gering, seine Gerechtigkeit 92 vor den Menschen92 1 0 und um ihrer Gunst willen zu üben, er trachtete vielmehr danach, lieber Gott zu gefallen, dem die Gewissen und die Herzen nicht ver borgen sind, indem er das Wort des Evangeliums beachtete : 93 Laß deine Linke nicht wissen, was deine Rechte tut93• So kam es, daß die Staubkörnchen, die er sich etwa im Verkehr mit der Welt zugezogen 15 hatte, j etzt 94 durch die Zunge seiner Verkleinerer, die wie ein scharfes Schwert wirkte94, abgekratzt und beseitigt wurden. Obwohl er nun Kaiser Friedrich, seinen Neffen, auf dem Zug nach Italien 95 als unent behrlicher und für die Reichsgeschäfte äußerst nützlicher Ratgeber hätte begleiten müssen, geschah es nach Gottes Willen, daß er sieh der 20 Teilnahme an der Fahrt entzog, so daß er als Mönch, der lieber unter den Händen betender Brüder als im Kampfgetümmel sein Leben aushaucht, sagen konnte : 98 Herr, nimm mich auf, damit ich bei meinen Brüdern sei, mit denen96 usw. Vom Kaiser also gnädig beur laubt, empfahl er unter vielen Seufzern dessen Wohlwollen die ihm 25 anvertraute Kirche ; als ob er in prophetischem Geist sein Ende vor aussähe, bat er, sie nach seinem Tode nicht irgendwie zu bedrücken und sie der Freiheit der Wahl auf keinen Fall zu berauben, wie es bei anderen Kirchen schon öfter in früheren Zeiten geschehen sein soll . Er empfing das zuverlässige Versprechen, daß diese beifallswerte 30 Bitte erfüllt würde, und kehrte dann in die Heimat zurück. Als er aber durch Berichte und Mahnungen einiger Mönche erfuhr, daß ihnen in Visionen und Träumen sein Tod angekündigt worden sei, da grüßte er die Brüder aufs herzlichste mit brüderlicher Liebe und sagte ihnen Lebewohl, dann machte er sich auf den 'Veg, um das 35 Zisterzienserkapitel 97 zu besuchen ; schon längst infolge seiner kör perlichen Mattigkeit und Gebrechlichkeit hinfällig, kam er nach einer
9 2 -u = Eccli. I, 3 7. 93 -98 = Matth. 6, 3. 9•-u Vgl. Ps. 56, 5 . Der zweite Italienzug von 1 1 58. •• -•• Die Herkunft des Zitats ist nicht nachgewiesen, gewisse Anklänge an 2. Mach . 7, 29 sind vorhanden. 97 D. h. das j ährliche, im September stattfindende Generalkapitel der Zister zienser, dem Otto als Abt von Morimund angehörte. 95
Gesta Frederici IV, 1 4
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[251 /253]
secum I erant metuentibus, ad prenominatum Morimundense monasterium pervenit. Ibi per aliquot dies lecto cubans et iam de obitu suo nequaquam dubius, dum sacro liquore olei, sicut moris est, perunctus fuisset et de pecunia sua laudabili testamento ordinasset, inter cetera, que sollicitus de salute sua previdebat, s etiam hunc codicem manibus suis offerri precepit eumque littera tis et religiosis viris tradidit, ut, si quid pro sententia magistri Gileberti, ut patet in prioribus98, dixisse visus esset, quod quem piam posset offendere, ad ipsorum arbitrium corrigeretur, seque catholice fidei assertorem iuxta sancte Romane, immo et univer- 10 salis ecclesie regulam profesaus est. Deinde multa prius cordis contritione et humili confessione reatum suum recognoscens, sumptis sacrosanctis misteriis, in medio multitudinis sanctorum tarn episcoporum quam abbaturn Domino spiritum reddidit. Felix utique et pro meritis suis divino munere donatus, ut antea raptus 1 s sit, quam 99 unicam suam99, dilectam suam, ecclesiam videlicet, cui ipse spiritali et intimo amore connexus erat, in favillam et cinerem conversam vidisset et subversam. Cum autem adhuc vivens locum supulture sue fratribus digito premonstrasset extra ecclesiam in loco humili, ubi scilicet ab omnibus fratribus calcari 20 debuisset, huic eius ultime voluntati obviandum putabatur, et intra septa ecclesie iuxta maius altare honorifice tumulatus est, eiusque sepulchrum a cunctis fratribus honore ac veneratione dignum habetur. Ego autem, qui huius operis principium eius ex ore adnotavi finemque eiusdem iussu principis 1 perficiendum 2s suscepi et manu mea ipsius extrema lumina clausi, hoc epytha phium composui et tumulo seu cenotaphio eius inscribi feci : I Libram Phebus subiit cum falcitenente, Luci nox prevaluit die decrescente, Vita minus habuit morte prevalente, Otto quando corruit raptus, heu ! repente. Hic, si gradum consulis : presul dignitate ; Formam : decens, habilis, iuvenis etate ; es Oben S. 260 ff.
30
Nachruf auf Otto von Fr eising
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anstrengenden Reise, ohne daß seine Begleiter indessen schon etwas befürchteten, zu dem oben genannten Kloster Morimund. Dort hütete er einige Tage das Bett und zweifelte nun nicht mehr an seinem Tode ; nachdem er dann mit dem heiligen Ö le gesalbt worden war, wie es 5 Sitte ist, und über sein Vermögen in einem lobenswerten Testament v erfügt hatte, befahl er unter anderen besorgten Vorkehrungen für sein Seelenheil auch die Handschrift dieses Werkes hier in seine Hände zu legen, und übergab sie dann gelehrten und frommen Männern : wenn er in seinen früheren Ausführungen 98 zugunsten der 10 Ansichten des Magisters Gilbert etwas gesagt habe, was bei j emandem Anstoß erregen könnte, möge es doch nach ihrem Urteil korrigiert werden, und er bekannte sich als Verfechter des katholischen Glau bens nach der Lehre der heiligen römischen oder vielmehr der uni versalen Kirche. Danach bekannte er in tiefer Herzenszerknirschung 15 und demütiger Beichte seine Schuld und gab nach Empfang der hochheiligen Sakramente inmitten einer großen Zahl von heiligen Bischöfen und Ä bten dem Herrn seinen Geist zurück. Gewiß ist er glücklich zu preisen , daß ihm um seiner Verdienste willen die gött liche Gnade zuteil ward, dahingerafft zu werden, bevor er mitansehen 20 mußte, wie 99 seine einzige99 Geliebte. seine Kirche, mit der er in innigster geistiger Liebe verbunden war, in Schutt und Asche sank und zerstört wurde. Obgleich er aber noch bei Lebzeiten den Brüdern mit dem Finger seine Begräbnisstätte an einem unansehnlichen Platz außerhalb der Kirche bezeichnet hatte, wo alle Brüder hätten dar25 übergehen müssen, glaubte man dieser letztwilligen Verfügung ent gegenhandeln zu sollen, und so wurde er in der Kirche neben dem Hochaltar mit allen Ehren beigesetzt, und dieses Grab wird von allen Brüdern der Verehrung und Hochachtung für würdig befunden. Ich aber, der ich den Anfang dieses Werkes nach seinem Diktat nieder30 geschrieben und auf Befehl des Kaisers dessen Fortsetzung über nommen habe !, der ich ihm mit meiner Hand nach seinem Tode die Augen zugedrückt habe, dichtete folgende Grabschrift und ließ sie auf sein Grabmal schreiben : Phöbus trat in die Waage ein mit dem Sichelträger, das Licht wich der Nacht, da der Tag sich neigte, das Leben unterlag der Ü bermacht des Todes, als Otto, ach wie plötzlich uns entrissen, dahinsank.
35
Fragst du nach seinem Stand : der Würde nach Bischof : nach seiner Gestalt : schön , ansehnlich, jugendlich ; "-•• = 1
Ps. 2 1 , 2 1 ; 34, 1 7 . Vgl . oben S . 392.
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Gesta Frederici IV, 14
[253/254]
Genus : alta nobilis regum maiestate ; Mores : commendabilis mira probitate ; Monachum se prebuit, si religionem, Y deas asseruit, si positionem. Virgo, cuius meruit intercessionem, Eius ad quem genuit agat mentionem ! Eius a> frequens otium in philosophia, Maius exercitium in theologia, Fedus sibi mutuum cum philologia ; Nunc sit ei speculum summa theoria ! Plangat hunc Germania planctu generali ! Magis tu, Frisingia, orba viro tali, Cui tot privilegia dono speciali, Iugi querimonia debes lamentari. Huius in te studio studium vigebat ; Grata disceptatio plures acuebat. Quid mos aut quid ratio, nemo non videbat ; Fraus et cavillatio latens non latebat. Hic sacrum ecclesie sublimavit cultum , Ipse dedit strepere logicum tumultum. Hoc in eius cinere totum est sepultum. Talern nemo plangere potest satis multum. Quis nunc tantam gratiam formis affirmabit 1 Quis ad consequentiam tropos revocabit, aut Quis elegantiam dictis assignabit 1 Heu qualem sententiam scola vento dabit 1 / Quid rerum compactio, sagax dum rimatur, Matheais abstractio quid, dum contemplatur, Quod nichil privatio, per hunc dum probatur, Quid ambarum actio morte sciri datur. Huius necem patria iuste dedignata, Clara dolens atria rectore privata, De se bene meritum cernens in favilla, I vit in interitum pariter et illa. a) Huius AB.
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Jo
Epitaph Ottos von Freising
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nach seinem Geschlecht : vornehm durch hohe königliche Majestät ; nach seinem Wesen : allen Preises wert ob seiner wunderbaren Rechtschaffenheit ; 5
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Fragst du nach seiner Religion : er war ein Mönch ; nach seiner Lehre : er verteidigte die Ideen. Die Jungfrau, deren Fürbitte er sich verdient hat, möge ihn bei dem empfehlen, den sie geboren hat ! Seine Muße widmete er oft der Philosophie, häufiger noch der Beschäftigung mit theologischen Fragen, auch mit der Philologie war er im Bunde ; j etzt möge ihm als Anblick die höchste Schau zuteil werden ! Ihn soll Germania betrauern mit allgemeiner Wehklage ! Mehr noch mußt du, Freising, eines solchen Mannes beraubt, dem durch besondere Gnade so viele Vorzüge verliehen waren, in nicht endender Trauer um ihn klagen. Durch sein Bemühen blühte in dir wissenschaftliche Forschung ; wertvolle Erörterungen schärften den Geist vieler. Was Sitte, was Vernunft sei, erkannte jeder ; verborgene Täuschung und leeres Gerede blieb nicht verborgen.
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Den heiligen Dienst der Kirche hat er erhöht, Er ließ logischen Wettstreit entbrennen , das alles ist nun mit seinem Staube begraben. Einen solchen Mann kann niemand genug betrauern. Wer wird nun den Formen solche Anmut zusprechen 1 Wer wird den Sätzen Eleganz verleihen ? Wer wird nun die Tropen so folgerichtig erklären ? Ach, welche Sentenz soll die Schule nun dem Wind anvertrauen ? Während er noch scharfsinnig erforscht, was die Zusammenfügung der Dinge ist, während er noch erwägt, was abstrakte Erkenntnis ist, während durch ihn bewiesen wird , daß das Nichts Abwesenheit ist, kann man durch den Tod darüber belehrt werden, was die Wir kung der beiden ist . Die Vaterstadt, über seinen Tod mit Recht schwer betroffen, beklagt, daß der herrliche Bau seines Vorstehers beraubt ist ; als sie sah, daß der um sie hochverdiente Mann in Asche zerfallen, ging auch sie dem Untergang entgegen.
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Gesta Frederici IV, 14 - 1 6
[254/255)
Tantas ad exequias turba populorum Pias fundat lacrimas, mestum ducens chorum ! Ad preces continuas et lamenta quorum Illum salvet, animas qui beat iustorum ! Amen .
Aliter idem : Quidquid in orbe beat preclaros et meliores, Presulis Ottonis mire cumulavit honores. Si proavi vel avi probitas, sacer ordo potestas Deberent mortis furias cohibere molestas, Non moriturus erat preclare preditus illis. Heu talem communibus accessisse favillis ! Quam facunda viri vox, qualis philosophia, Hortatu regum docet edita chronographia. Luxit eum patria propria comitata ruina. Propicietur ei Deus et pia virgo Maria !
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1 5 . Ottone episcopo X Kal. Octobris, quod est circa solsticium brumale, defuncto, paucis post mensibus Non. Aprilis 2, quae tune fuit dominica palmarum et est circa solsticium estivale, hora matutina 3 f civitas Frisingensis penitus et penitus incendio con flagravit, adeo quod, ut taceam de maioribus ecclesiis, que cum 20 ornamentis suis perierunt, sedeque ipsa et palatio, nec una qui dem de minoribus capellis et oratoriis superfuit. Domus etiam et officine canonicorum et domus militum, exceptis valde paucis, cremate sunt. Hec ecclesia eo tempore in tali statu fuerat a> , quod rebus, edificiis et divitiis omnibus pene collateralibus et vicinis 2s episcopatibus aut maior erat aut equalis ; cleri probitate tarn insignis ,' ut in eins honestate et disciplina, in liberalitate, in litterarum scientia rari pares, meliores et superiores in orbe Romano nulli haberentur. 1 6 . Hanc Frisingensis civitatis multiplicem cladem et erump- Jo nosi eventus casum nonnulla prodigiorum indicia precesserant. Quadam enim vice in die circumcisionis Domini 4, dum ad missam a) erat AB.
Brand Freisings
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Am Grabe dieses großen Mannes möge die Volksmenge
fromme Tränen vergießen und den Trauerchor bilden ! Auf ihre unausgesetzten Bitten und Klagen hin möge der ihm das Heil verleihen, der die Seelen der Gerechten erhöht ! Amen.
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ts
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Ein anderes gleicher Art : Was auf der Welt beglückt die besten und herrlichsten Männer, wunderbar hat es der Ehren gehäuft auf Otto, den Bischof. Könnten der Ahnen Tugend und heiliger Stand und Bedeutung Einhalt gebieten den schweren Qualen des Todes, wäre nimmer gestorben der Mann, der das alles besessen. Weh, daß ein solcher Mann wie alle zu Asche dahinsank ! Wie beredt seine Sprache gewesen, wie hehr seine Weisheit, lehrt sein Geschichtswerk, welches er schrieb auf der Könige Bitten. Um ihn trauert sein Land, das selbst in Trümmer gesunken. Gnädig seien ihm Gott und die heilige Jungfrau Maria. 1 5 . Wenige Monate, nachdem Bischof Otto am 22. September, also um die Zeit der Tag- und Nachtgleiche gestorben war, brannte ungefähr um die Sommersonnenwende am Palmsonntag, dem 5. April 2, die Stadt Freising zur Zeit der Frühmette 3 vollständig nieder, so daß nicht einmal eine von den kleineren Kirchen und Kapellen erhalten blieb, um ganz zu schweigen von den größeren Kirchen, die mit allem ihrem Schmuck zugrunde gingen, sowie von der Bischofskirche selbst und der Pfalz . Auch die Häuser und Wirtschaftsgebäude der Kanoniker sowie die Häuser der Ritter wurden mit ganz wenigen Ausnahmen ein geäsche r t Diese Kirche hatte sich damals eines solchen Wohlstan des erfreut, daß sie an Vermögen, Gebäuden und Reichtümern alle an grenzenden und benachbarten Bistümer übertraf oder ihnen gleichkam ; durch die Vortrefflichkeit ihres Klerus zeichnete sie sich in sol chem Maße aus, daß diesem an Ehrbarkeit und Zucht, an Freigebig keit und an wissenschaftlichen Kenntnissen nur wenige gleichkamen, aber im Römischen Reich keine anderen als besser oder überlegen galten . 1 6 . Dieses vielfältige Unglück der Stadt Freising und ihr j ammer volles Ende hatten mehrere Vorzeichen angekündigt. Einmal nämlich, am Tage der Beschneidung des Herrn 4, als der Priester zur Feier der .
30
35
2 1 1 59. 3 Zwischen drei und sechs Uhr morgens. • l . Januar 1 1 58 oder früher, da Otto noch lebte.
Gesta Frederici IV, 1 6 - 1 7
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[255/256]
sollempnem presbiter altari maiori assisteret et iam sacri secreti ultimum resolvisset silentium 5, calix cum sanguine ita prorsus eversus et super altare in conspectu omnium effusus est, ut nec stilla superfuisset. Sed prudentissimus episcopus omine tali nil prosperum auguriatum esse presciens, ieiuniis et letaniis divinarn 5 animadversionern perveniri atque placari persuasit. Per idern quoque ternpus rnonstra quedarn quadrupedia aliaque fantasrnata de nocte visa sunt tarn a clericis veracibus quarn a laicis hinc inde volare. Fere bestie, utpote vulpes et lepores, pastoforia, ecclesie ac officinas canonicorurn ingresse, velut dornestice laqueurn sibi 1 0 captionis inponi non abnuebant. Pueri ac puellule per mediarn civitatem sepius processionem agentes verasque letanias imitantes iocis suis gravia seria portenderunt. Nam et sequenti anno 6 locus ipse, ubi rnaior ecclesia et cathedralis sedes fabricanda erat 7, fulmi ne ictus celesti igne conßagravit. Ulule, upupe, bubones8 toto anno 1 5 in tectis funebria personantes lugubri voce aures ornniurn reple verunt. Pilosi, quos satyros vocant, in dornibus plerurnque auditi . / Huius ruine ac desolationis talibus indiciis prophetate prefata Frisingensis ecclesia divina opitulatione per Subrogationern piissirni pastoris Adelberti9, qui ipsarn inpresentiarurn gubernat 20 et regit, restaurationern expectat eiusque industria sublevari sperat et respirare 10 • 1 1 7 . Eodern etiarn anno 1 insignis illa ecclesia et regiurn opus aput Spirarn civitatern similiter igne consurnpta est et desuper, continuitate rnuri rupta, ruina rnolesta plerosque sicut a> tune 25 farna fuit a> involvit. Hisdem diebus 1 2 Fredericus Coloniensis archiepiscopus, cuius superiore libro rnentio habita est l3, tertio pontificatus sui anno cum rnultorurn luctu diern clausit extrernurn , carnesque eius et viscera aput Papiarn posita, ossa vero ad civitatern Colonien- 30 sern deportata sunt. Vir nobilis et litteratus, quique rnansuetudine ac benignitate sua longe lateque rnultorurn in se provocarat affectum . Anselrnus b) Ravenne rnetropolitanus, qui rnultis diebus in imperii obsequiis et fidelitate probatus fuerat, vir prudens et a - a)
b -b ) 5
ut audivimus nach rupta fehlt
AB.
B.
D. h. vor dem "Pater noster".
Vorboten des Unglücks
-
Weitere Todesfälle
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heiligen Messe am Hochaltar stand und schon am Ende des heiligen Geheimnisses das Schweigen gelöst hatte 5, stürzte der Kelch mit dem Blute so vollständig um und ergoß sich das Blut vor aller Augen so über den Altar, daß auch nicht ein Tropfen übrigblieb . Aber der hochs weise Bischof, der voraussah, daß durch ein solches Vorzeichen nichts Günstiges angekündigt worden sei, riet durch Fasten und Litaneien der göttlichen Strafe zuvorzukommen und sie abzuwenden. Um die selbe Zeit sahen auch glaubwürdige Kleriker und Laien vierfüßige Ungeheuer und andere Gespenster in der Nacht herumfliegen. Wilde 10 Tiere und Wild wie Füchse und Hasen kamen in die Vorhallen der Kirche und die Wirtschaftsgebäude der Kanoniker und ließen sich wie Haustiere fangen und den Strick um den Hals legen . Knaben und Mädchen zogen öfters in Prozessionen mitten durch die Stadt, ahmten richtige Bittgesänge nach und prophezeiten durch ihre spielerischen l S Aufzüge ernsthaftes Unheil. Denn im Jahre darauf wurde der Platz 6, an dem die Domkirche und die bischöfliche Residenz erbaut werden sollten 7, vom Blitz getroffen und ging durch das himmliche Feuer in Flammen auf. Käuze, Wiedehopfe und Uhus 8 ließen das ganze Jahr über auf den Dächern ihren Sterberuf ertönen und erfüllten aller 20 Ohren mit ihrem unheilvollen Ruf. Kobolde, sogenannte Satyrn , hörte man sehr oft in den Häusern . Nach dieser durch solche Vorzeichen angekündigten trostlosen Zer störung erwartet die Freisinger Kirche mit göttlichem Beistand durch die Nachfolge des frommen Hirten Adalbert9, ihren gegenwärtigen 25 Bischof, den Wiederaufbau, und sie hofft, durch sein Bemühen sich erholen und wieder aufatmen zu können 10• 17. In demselben Jahr 11 wurde auch die herrliche Kirche in Speyer, ein königliches Bauwerk, in ähnlicher Weise eingeäschert ; dazu bra chen auch noch die Mauern auseinander, und ihre lastenden Trümmer 30 verschütteten viele ::\fenschen , wie damals das Gerücht ging. Zur selben Zeit l2 starb, von vielen betrauert, der Erzbischof Fried rich von Köln, der im vorigen Buch 13 cnvähnt worden ist, im dritten Jahre seines Pontifikats ; sein Fleisch und seine Eingeweide wurden in Pavia beigesetzt, seine Gebeine aber wurden nach Köln überführt. 3 5 Er war ein vornehmer und gebildeter Mann und hatte sich durch seine Sanftmut und G üte weit und breit vieler Menschen Liebe erworben . Anselm, der Metropolit von R avenna , der lange Zt>it ,;ich in treuem Dienst für das Reich bewährt hatte, verschied vor Mailand 14• Auch •
1 1 59 April.
7 Die Stelle des heutigen Domes, früher Platz der karolingischen Pfalzkapelle. 8 Vgl. Varro De linguis L a t . V, 1 1 , 7 5 .
G raf von Sigmaringen, 1 1 58 Nov. 22 - 1 1 84 Nov. l l Bischof von Freising. Die Neu � auten wurden um 1 1 60 von Adalbert begonnen. 1 4 1 1 58 Aug. 12. 1 1 1 1 59. 13 0ben III, 29. 1 2 1 1 58 Dez. 1 5 . 9
10
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Gesta Frederici IV, 1 7 - 1 8
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litteratus, ante Mediolanum defunctus est bl 14• Erbipolensis quoque antistes Gebehardus a> , revisende patrie amore illectus, dum benigne ab augusto dimitteretur, paulo post septimum diem reditus sui bl ad civitatem suam morbo correptus obiit 16, exemplo suo docens, quod Iongas manus mortis nec terra securior nec 5 convictus delicatior faciet declinare. f Tune etiam Conradus Croatie atque Dalmatie dux, natione Noricus, de castro Dachowa oriundus, aput Pergamum finem vivendi fecit 16, eiusque corpus in terram suam deportatum , in monasterio Schiren sepultum est. Cuius liberalitas et in multis 1 0 probata periculis animi magnitudo 17 meruit, ut, subtractus ex hac luce, memoria illius longo tempore aput posteros non deleatur. Nobiles quoque complures et milites strennuissimos, 18 quorum no mina mihi scribenti non occurrunt 18, aut varius belli eventus aut morborum vis per idem tempus idem tempestatis turbo involvit 19• 1 5 1 8 . Frederico in hibernis agente, Adrianus Romane urbis antistes quorumdam instinctu ea, que iam inter ipsum et im peratorem aput Augustam sopita fuerant 20, refricare cepit et denuo meminisse, modo nuntiorum suorum iniuriam, modo eorum, qui pro colligendo fodro directi fuerant, insolentiam et 20 castellanorum suorum gravamen incusans : 21 se pro bonis mala suscepisse cl 21, imperatorem beneficiis suis ingratum existere. Proinde occasionem querens, cum audisset, quod regalia prin cipi tarn ab episcopis et abbatibus quam a civitatibus et pro ceribus recognita fuere, litteras in fronte quidem leniores, 25 diligentius vero considerate acriori commonitione plenas, super hoc negotio dirigit, easque quidam indignus et vilis nuntius presentans, antequam recitate fuissent, disparuit 22• Qua de re A, Heinricus B. c) recepisse AB. b ) fehlt AB. 18 1 1 59 Febr. 1 8/1 9 ; vgl. oben I, 27. 1 1 59 März 17. 17 Vgl. I, 2 7 ; III, 34. 18- 18 Vgl. Einhard, Vita Karoll M. c. 1 8. 18 Der Satz ist grammatisch nicht in Ordnung. 10 Vgl. oben III, 25 - 27. n - n Vgl. Ps. 34, 1 2 u. ö. 10 Rahewins Bericht ist reichlich verworren, und die Reihenfolge der Ge schehnisse ist durcheinander geraten. Ein heute verlorener Brief Hadrians, der auf die hier erwähnte Weise überreicht worden war (vgl. unten IV, 22), betraf einen schon Jahre sich hinziehenden Streit zwischen Bergamo und Brescia um den Besitz einiger Burgen. Diese Burgen waren Lehen des Bischofs von a) N.
10
Neue Spannungen zwischen Kaiser und Papst
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der Würzburger Bischof Gebhard, der wegen seiner Sehnsucht nach der Heimat vom Kaiser gnädig entlassen worden war, starb bald darauf am siebenten Tag nach seiner Rückkehr in seine Stadt an einer Krank heit l5 ; sein Beispiel lehrt, daß weder die größere Sicherheit des Landes s noch üppigere Lebensweise den Menschen den langen Händen des Todes entrinnen läßt. Damals starb auch in Bergamo der Herzog Konrad von Kroatien und Dalmatien, ein gebürtiger Bayer aus der Burg Dachau 16 ; sein Leichnam wurde in sein Land gebracht und im Kloster Scheiern be1 0 graben. Seine Freigebigkeit und sein in vielen Gefahren bewährter hoher Mut l7 haben es wohl verdient, daß nach seinem Hinscheiden die Erinnerung an ihn bei der Nachwelt auf lange Zeit lebendig bleibt. Auch mehrere Vornehme und sehr wackere Ritter, 18 deren Namen mir j etzt beim Schreiben nicht gegenwärtig sind 18, hat damals entweder 15 der wechselvolle Gang des Krieges oder die Gewalt von Krankheiten in diesen stürmischen Zeiten dahingerafft 19• 1 8 . \Yährend Friedrich im Winterquartier lag, begann Papst Hadrian , von gewissen Leuten aufgestachelt, die Streitigkeiten zwi schen ihm und dem Kaiser, die schon in Augsburg beigelegt worden 20 waren 20, wieder aufleben zu lassen und ins Gedächtnis zurückzurufen ; bald klagte er über die seinen Gesandten zugefügten Beleidigungen, bald über die Rücksichtslosigkeit derer, die mit der Eintreibung des Fodrums beauftragt waren, und über die Bedrückung seiner Burg mannen : 21 er habe für Gutes Böses empfangen 21, der Kaiser zeige sich 25 ihm für seine Wohltaten nicht dankbar. Er suchte daher eine Gelegen heit, und als er erfuhr, daß dem Kaiser die Regalien von den Bischöfen und Ä bten ebenso wie auch von den Städten und Vornehmen zuer kannt worden seien , richtete er über diese Angelegenheit einen Brief an ihn, der zwar dem ersten Anschein nach sanft, bei genauerem Zu30 sehen aber voller Vorwürfe war ; der unwürdige, gemeine Bote, der ihn überbrachte, verschwand, bevor er verlesen worden war 22. Darüber Brescia, aber ihr zeitweiliger Inhaber hatte sie an Bergamo verkauft. Daraus entstand ein Krieg zwischen den beiden Städten, aus denen das mit Mailand verbündete Brescia siegreich hervorging. Friedrich hatte sodann auf Drängen Bergamos gegen Brescia Stellung genommen und es 1 1 58 durch den König von Böhmen erobern lassen. (Vgl. dazu im einzelnen Carmen de Gestis Federici I. imp . vv. 9 5 7 ff. , l l l 7 ff. , 2005 ff. ) . Hadrian versuchte nun - durchaus in Übereinstimmung mit den Bestimmungen Friedrichs von Roncaglia - für die Rechte Brescias und seines Bischofs einzutreten . Der hier von Rahewin dagegen in seinem Inhalt beschriebene Brief - auch dieser ist nicht erhalten, sein Inhalt genauer nur durch einen Brief Eberharde von Harnberg (vgl. unten IV, 34) bekannt - wurde durch zwei Kardinäle, Oktavian und Wilhelm, über bracht. - Das allgemeine Urteil Rahewins in den gesamten folgenden Aus einandersetzungen ist einseitig von kaiserlicher Sicht her bestimmt. ,
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Gesta Frederici IV, 1 8 - 1 9
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commotus caloreque iuvenili ad vicem rependendam accensus, meditationem J concipit, non quidem per abiectam, sed per honoratam illi respondere personam. Iam antea missus fuerat ad sedem apostolicam episcopus Vercellensis 23, amicam deferens petitionem, quatinus Guidonem nobilem iuvenem, filium co- 5 mitis Guidonis Blanderatensis, cuius supra mentionem feci mus 24, quem loco Anselmi princeps in Ravennate ecclesia subrogari fecerat, ibidem confirmaret et ordinaret. Nam idem iuvenis infra sacros ordines adhuc existebat, et clericus Ro mane ecclesie pridem factus ac in subdiaconum a papa Adriano 10 consecratus, nonnisi eius coniventia et assensu in aliam ecclesiam transferendus putabatur 26. Cum autem hoc a Romano pontifice, volente in irritum revocare quod factum fuerat, negaretur, mittitur denuo Herimannus Ferdensis episcopus in id ipsum, eiusque negotium item effectu caruit a>. Quod si quis plenius 1 5 scire desiderat, epistolas utrimque directas consulat, quarum talia rescripta inveniuntur : 1 9 . Fredericus Dei gratia Romanorum imperator et semper augustus Adriano Romane ecclesie venerabili pontifici 26. Dilecto et fideli nostro Anshelmo , hone memorie Ravennatis 20 ecclesie venerabili archiepiscopo b) , defuncto, ne curia nostra diutius tanto careret principe, operam dare curavimus, loco eius talem subrogari personam, que pro tempore ad resarcienda ecclesie illius dampna et ad nostrum peragendum servitium apta videretur. Ante omnia autem pre oculis mentis habentes 25 et aure non surda audientes quod scripturn est. 27 Honore invicem prevenientes 27, filium comitis Blanderatensis, quem vos in clericum Romane ecclesie et filium nostra petitione assump sisse recordati sumus, vicissim ad honorem vestrum et sancte Romane ecclesie altins sublimari intendimus, in ea presertim ec- / 30 clesia, quam post sanctam Romanam ecclesiam aut maximam aut unam de maximis habemus, nostreque voluntatis proposito, divina favente clementia, in electione illius persone concorditer et voluntarie universa Ravennas convenit ecclesia, presentibus a ) Da8 Folgende bi8 ein8chließlich cap. 20 fehlt A ; der Satz Stelle de8 letzten Satzes in cap. 21 A . C.
veniuntur an b) episcopo
Quod si
-
in·
Streit um die Besetzung des Stuhls von Ravenna
553
empört und in jugendlichem Feuer danach brennend, Vergeltung zu üben, faßte er den Entschluß, ihm nicht durch eine verächtliche, son dern durch eine vornehme Person zu antworten. Vorher war bereits der Bischof von Vercelli 23 an den apostolischen Stuhl entsendet wor5 den und hatte die freundschaftliche Bitte übermittelt, Guido, einen vornehmen jungen Mann, den Sohn des oben erwähnten Grafen Guido von Biandrate 24, den der Kaiser als Nachfolger Anselms in der Kirche von Ravenna hatte wählen lassen, dort zu bestätigen und zu weihen. Denn dieser junge Mann besaß bisher nur die niederen Weihen , war 10 erst kürzlich Kleriker der Römischen Kirche geworden und von Papst Hadrian zum Subdiakon geweiht worden ; man glaubte deshalb, er könne nur mit dessen Einwilligung und Zustimmung an eine andere Kirche versetzt werden 25• Doch da der Papst das Geschehene rück gängig machen wollte und darum seine Zustimmung versagte, wurde 1 5 der Bischof Hermann von Verden in derselben Sache erneut entsandt, aber auch diesmal ohne Erfolg. Wer darüber Genaues zu erfahren wünscht, der möge die von beiden Seiten abgeschickten Briefe be fragen, die folgendermaßen lauten : 1 9 . Friedrich, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit 20 Augustus an Hadrian, den ehrwürdigen Bischof der Römischen Kir che 26• Nach dem Tod unseres geliebten und getreuen Anselm, des ehr würdigen Erzbischofs von Ravenna seligen Angedenkens, haben wir, damit unser Hof nicht für längere Zeit eines so wichtigen Fürsten entbehre, uns angelegentlich darum bemüht, als seinen Nachfolger 25 eine solche Persönlichkeit zu ernennen, die unter den gegenwärtigen Umständen geeignet erschien, die Schäden jener Kirche wiedergutzu machen und uns ihre Dienste zu widmen. Vor allem aber hatten wir dabei vor unserem geistigen Auge und hörten, nicht mit tauben Ohren, jenes Wort : 27 Einer komme dem anderen mit Ehrerbietung zu30 vor 27 ; daher beabsichtigten wir, den Sohn des Grafen von Biandrate, den ihr, wie wir uns erinnerten, auf unsere Bitte zum Kleriker der Römischen Kirche und zum Sohn angenommen habt, zugleich zu eurer und der heiligen Römischen Kirche Ehre noch weiter zu erhöhen, und zwar gerade in d e r Kirche, die uns nächst der heiligen Römischen 3 5 Kirche als größte oder doch als eine der größten gilt ; mit Gottes Hilfe hat sich denn auch unserem Wunsche entsprechend die gesamte Kirche von Ravenna einmütig und freiwillig auf seine Wahl geeinigt 23
Uguccio. 48 u. 50. 25 Guido war auf Bitten Friedrichs in den römischen Klerus aufgenommen worden. Tatsächlich bedurfte der Ü bertritt eines Geistlichen in eine andere Diözese der Genehmigung des Ordinarius, d. h. in Rom des Papstes. 2 6 Zu der ungewöhnlichen Adresse vgl . unten I V , 2 1 . Rom. 1 2, 1 0 . "_" " III,
=
554
Gesta Frederici IV, 19 - 20
(259/260]
vms honestissimis, legato nostro et vestro, hinc Iacincto cardinali, inde Herimanno Ferdensi episcopo. Scientia autem et moribus in personam prefati electi una cum genere convenienti bus, propter reverendum vestre paternitatis testimonium com mendabilior et acceptior eadem persona nobis iam facta est, s quam utique etiam diligi a a) vobis a) et honorari gaudemus et volumus, ea tarnen ratione et ordine, qua patres filios suos solent diligere, quos suo tempore et b) manumittunt et domui sue providere permittunt. Et quidem decentissimum est, sanctam Romanam ecclesiam tamquam matrem omnium 10 ecclesiarum filios, qui sunt 28 fructus ventris 28, aggregare et aggregatos ad decorem domus Dei per domos et familias dis tribuere, quibus etiam c) nostrum imperium tamquam ab utero et gremio matris nostre progredientibus debeat et velit congruum honorem impendere. Proinde altiori consideratione vestra t s perpendat discretio, quid in hac causa tam vestre quam nostre maiestati et honestati conveniat. 2 0 . Adrianus episcopus d) , servus servorum Dei, karissimo in Christo filio Frederico illustri Romanorum imperatori salutem et apostolicam benedictionem . Qualiter superni Conditoris intuitu 20 et tarn excellentie tue quam dilecti filii nostri Guidonis Blandera tenais comitis interventu dilectum filium Guidonem, sub diaconum nostrum, eiusdem comitis filium, olim in familiari tatem et in nostrum consortium receperimus, qualiter etiam intuitu probitatis eiusdem atque pro honore et utilitate sacro- 2s sancte Romane ecclesie, tamquam si in diaconum iam fuerit ordinatus, ecclesiam ei e) specialiter assignaverimus, et nos profecto memores et a serenitatis tue memoria non credimus excidisse. Nunc autem honestatem ipsius considerantes et pro vectum scientie, 29 si ei vita comes fuerit 29, attendentes, in- 30 telligentes etiam , quanta per eum ac per nobiles et potentes / parentes ipsius sacrosancte Romane ecclesie adhuc potuerint commoda provenire, et ad quantum dignitatis apicem in eadem Romana ecclesia ipse valeat, vita generi concordante, conscendere, cum a sede apostolica in subdiaconatus officium sit promotus 35 a) fehlt
B.
b) etiam
B.
c) et B.
d)
fehlt C.
e) fehlt
B.
Streit um die Besetzung des Stuhls von Ravenna
555
in Anwesenheit höchst ehrenwerter Persönlichkeiten, unseres Ge sandten, des Bischofs Hermann von Verden, und eures Legaten , des Kardinals Hyazinth . Während sich aber in der Person des Erwählten Gelehrsamkeit und gute Sitten mit Adel des Geschlechts vereinigen , 5 ist uns diese Persönlichkeit durch die verehrungswürdige Bekundung eurer väterlichen Gesinnung noch empfehlens werter und annehm barer geworden ; daß sie von euch geliebt und geehrt wird, darüber freuen wir uns und wünschen es auch, j edoch in der Art und Weise , wie Väter ihre Söhne zu lieben pflegen, die sie zu rechter Zeit freigeben und 1 0 für ihr eigenes Hauswesen �orgen lassen . Und vor allem geziemt es sich für die heilige Römische Kirche als die Mutter aller Kirchen, ihre Söhne, 28 die Früchte ihres Leibes 28 sind , um sich zu sammeln und sie dann zum Ruhme des Hauses Gottes in Häuser und Familien zu ver teilen ; ihnen muß und will auch unser Reich, weil sie gleichsam aus dem 15 Leib und Schoß unserer Mutter entsprossen, die ihnen angemessene Ehre erweisen . Daher möge eure Besonnenheit mit tieferdringender Ü berlegung erwägen , was in dieser Sache sowohl eurer wie unserer Maj estät und Ehre dienlich sei. 20. Bischof Hadrian, der Knecht der Knechte Gottes, seinem in 2 0 Christus geliebten Sohn, dem erlauchten Kaiser der Römer, Gruß und apostolischen Segen . Wie wir im Hinblick auf den himmlichen Schöpfer und auf Für sprache deiner Hoheit smvie unseres geliebten Sohnes, des Grafen Guido von Biandrate, unseren geliebten Sohn Guido, unseren Subdia25 kon , den Sohn dieses Grafen, einst in unsere Familie und Gemeinschaft aufgenommen haben , wie wir ihm ferner im Hinblick auf seine Recht schaffenheit und zur Ehre und zum Nutzen der hochheiligen Römi schen Kirche, als wäre er schon zum Diakon geweiht, ausnahmsweise eine Kirehe zugeteilt haben , dessen erinnern wir uns sehr wohl und 30 wir glauben, daß es auch dem Gedächtnis deiner Hoheit nicht ent fallen ist. Wenn wrr nun aber an seine edle Herkunft denken sowie, 29falls er am Leben bleibt 29, an die zu erwartende Zunahme seines Wis sens und erkennen , welch große Vorteile der hochheiligen Römischen Kirche durch ihn und seine edlen und mächtigen Eltern noch erwach35 sen können und zu welcher hohen Würde er in der Römischen Kirche emporsteigen kann, wenn sein Leben mit seiner edlen Herkunft über einstimmt, und da er vom apostolischen Stuhl zum Subdiakon befördert
28- 28 2•-2•
= Ps. 126, 3 . Vgl. 4. Reg. 4, 1 6 .
556
Gesta Frederici IV, 20 - 2 1
[260/2 6 1 ]
et ei, tamquam si iam diaconus esset, sicut superins dieturn est, a nobis sit ecclesia specialiter assignata, communi cato fratrum nostrorum consilio, a nostro latere tarn preciosum pignus iuxta petitionem excellentie tue non potuimus removere, sed ipsum, oportunitate accepta, Deo auctore, in Romana 5 ecclesia ad honorem eiusdem ecclesie et imperii intendimus ordinare, ut vel in ea, prout divina gratia proposuerit, quando que ad sublimiora conscendat vel exinde ad alterins ecclesiastice fastigium dignitatis ipsum contingat auxiliante Domino per venire. Convenientius siquidem est, ut, qui filius et clericus est 1 0 Romane ecclesie, ab eius gremio non recedat et ipsa ei circa se locum dignitatis conferens eidem inde provideat altiora. Ipsa etenim viros et moribus et scientia adornatos, preditos honestate et sanguinis nobilitate preclaros ad se libenter evocat et eos aliunde consuevit admittere, non se talibus, cum ipsos in gremio 1 5 suo habeat, facile spoliare. Quia igitur hoc decentius esse con spicimus et honorabilius existere arbitramur, confidentes etiam imperatorie maiestati hoc potius debere placere et gratum atque acceptum esse, postulationem tuam in hac parte non duximus admittendam, credentes atque sperantes, quod, ex quo nostram 20 super hoc cognoveris voluntatem , tu ipse nostram intentionem et propositum commendabis. 2 1 . Princeps ergo, et ipse accepta occasione, suam hoc modo solatur indignationem . Iubet notario, ut in scribendis cartis nomen suum preferens Romani episcopi subsecundet et die- 25 tionibus singularis numeri ipsum alloquatur 30 • Qui mos scribendi cum antiquitus in usu esset communi, a modernis ob quandam personarum reverentiam et honorem putatur immutatus 31 • Aiebat siquidem imperator aut papam debere servare suorum antecessorum ad personam imperialem scribendi consue- f 30 tudinem, aut se ipsum antiquarum principum morem in suis epistolis oportere observare. Hec itaque causa sermonum et nuntiorum maiorem inter eos simultatis fomitem ministravit, in tantum, ut quedam littere deprehense dicerentur a sede aposto lica directe, que Mediolauenses et quasdam alias civitates 35 30 Auch hier ist in Rahewins Darstellung die Chronologie verwirrt. Bereits der vorhergehende Brief an Hadrian (IV, 1 9 ) entspricht der hier erzählten Ä nderung.
Verschärfung der Spannungen
557
worden ist und ihm, wie schon gesagt, als ob er schon Diakon wäre, von uns ausnahmsweise eine Kirche zugewiesen worden ist, so konnten wir nach Beratung mit unseren Brüdern nicht der Bitte deiner Hoheit entsprechen und ein so wertvolles Unterpfand von uns stoßen ; wir 5 beabsichtigen vielmehr, ihn bei Gelegenheit nach Gottes Willen in der Römischen Kirche zu Ehren dieser Kirche und des Reichs zu ordi nieren, damit er einmal, j e nachdem wie es die göttliche Gnade be stimmen wird, entweder in ihr zu höheren Würden emporsteige oder mit Gottes Hilfe ein anderes hohes kirchliches Amt erlange. Es ist 10 j edenfalls besser, daß er als Sohn und Kleriker der Römischen Kirche sich nicht von ihrem Schoße trennt und daß sie selbst ihm den Rang seiner Würde in ihr zuweist und ihn von da aus in höhere Ämter be fördert. Denn sie ruft Männer mit guten Sitten und mit wissenschaft licher Bildung, die sich durch Ehrenhaftigkeit und Adel des Blutes aus15 zeichnen, gern zu sich und pflegt sie von anderswoher an sich zu ziehen, und wenn sie solche Männer in ihrem Schoße hat, läßt sie sich nicht leicht ihrer berauben. Da wir nun dies für das Geziemendere und Eh renhaftere halten und darauf vertrauen, daß es auch der kaiserlichen Majestät besser gefallen müsse und angenehm und willkommen sei, 20 haben wir geglaubt, deine Forderung in diesem Punkte nicht erfüllen zu dürfen, und wir glauben und hoffen, daß du selbst unsere Absicht und unseren Entschluß billigen wirst, nachdem du unseren Willen in dieser Sache erfahren hast. 2 1 . Der Kaiser nun erleichterte seinen Zorn bei günstiger Gelgenheit 25 auf folgende Weise. Er befahl dem Notar, bei der Ausfertigung von Schriftstücken seinen Namen voranzustellen, den des Römischen Bischofs aber ihm folgen zu lassen und ihn im Singular anzureden ao. Dieser Brauch war in Schriftstücken zwar von alters her allgemein üblich, soll aber dann in neuerer Zeit gewissermaßen aus Hochachtung 30 und Ehrfurcht vor den Personen geändert worden sein 31 • Der Kaiser erklärte nämlich, entweder solle der Papst in Briefen an den Kaiser an den Gewohnheiten seiner Vorgänger festhalten , oder er selber müsse in seinen Briefen künftig die Schreibweise der alten Kaiser anwenden. Diese Auseinandersetzung, durch Reden und Boten geführt, fachte 35 den Streit zwischen ihnen zu solcher Hitze an, daß behauptet wurde, man habe Briefe des apostolischen Stuhles aufgegriffen, in denen die Mailänder und einige andere Städte wieder zum Abfall ermuntert Kap. 19 gehörte eigentlich hinter Kap. 20. Darüber hinaus aber müßten diese beiden Briefe und damit die darin erwähnten Verhandlungen überhaupt noch vor dem oben Kap. 1 8 geschilderten Brief einzuordnen sein, denn die Verhand lungen mit Hadrian über Guido von Biandrate dürften bald nach Anselms von Havelberg Tod ( 1 2. 8 . 58) begonnen haben. 3 1 Das ist so nicht richtig, im Mittelalter stand der Name des Papstes voran.
558
Gesta Frederici IV, 2 1 - 22
[ 2 6 1 /262]
rursus ad defeetionem hortarentur 32• Huius a) negotii veritatem tenor subieetarum epistolarum deelarabit, que a diversis per sonis hine inde misse sunt a) : 2 2 . b) Venerabili patri et fratri et amieo karissimo Eberhardo, Dei gratia Babinbergensi episeopo, Heinrieus, eadem gratia s sanete Romane eeelesie presbiter eardinalis tituli Sanetarum Nerei et Aehillei, salutem in Domino 33. Sieut virtus imperatoria ex eorum, qui sibi assistunt, diseretione monstratur, ita et ipsi, quorum munitur eonsilio, proprie eonseientie et honestati debent attendere, quia et ipsorum honor sie ad dominos speetare 10 videtur, sieut et domini detrimentum in eos proeul dubio refunditur et redundat. Eapropter, dileete pater c) et venerande frater et amiee karissime, vestram non tarn doeemus quam monemus prudentiam, ut imperialis dignitatis exeellentiam, quantum in vobis est, in ea, que ad paeem sunt et ad d) honesta- 1 5 tem speetant, iugiter suadeatis. Subtilius enim et sineerius in his, que ad Deum pertinent et iustitie libertatem, ratio et diseretio vestra intelligit et eognoseit, quam alii prineipes, quantumeumque nobiles sint, si tarnen saeros eanones et ea, que olim a patribus disposita et ordinata sunt, non noverunt. 20 Interfuistis ipse sieut unus ex nobis fidelissimus mediator eis, que eum domino imperatore de paee eeelesie et ipsius ordinata sunt in Alemannia 34, et eis, que e) altera die nos seeum fidelissime et ipse nobiseum benignissime de eadem paee traetavimus. Nunc autem ex litteris illis, quas f eelsitudini sue post reditum meum 2 5 domino meo placuit destinare, que videlicet nee stilum nee antiquam consuetudinem imperialium litterarum obtinebant 36, timemus multum, ne sit in diversa mutatus et alia modo sibi sit faeies sensusque diversus. 36 Replevit cor meum amaritudine et faciem meam eonfusione mutatio hec 36 ; quicquid honoris et Jo iocunditatis et glorie apportaveram mecum, ex litteris illis videtur esse sepultum atque obnubilatum. Ideo , dileetissime frater et amice karissime, episeopalis dignitas et sacerdotii ordo, in quo vos providentia divina constituit, moveant discretionem a - a ) fehlt A, statt deaaen letzter Satz von b) cap. 22 fehlt A . c) frater B.
cap.
1 8 ; vgl. oben S. 552 Note a. B. e) qui B .
d) fehlt
Kardinal Heinrich an Eberhard von Bamberg
559
wurden 32• Den wahren Sachverhalt wird der Wortlaut der im folgenden mitgeteilten Briefe erweisen, die von verschiedenen Personen hierhin und dorthin geschickt wurden : 22. Dem ehrwürdigen Vater und Bruder und teuersten Freund , s Eberhard, von Gottes Gnaden Bischof von Bamberg, wünscht Hein rich, durch dieselbe Gnade Kardinalpriester der heiligen Römischen Kirche vom Titel SS. Nereo und Achilleo, Gruß im Herrn 33• Wie sich die Gesinnung des Kaisers in dem maßvollen Verhalten derer kundgibt, die ihm zur Seite stehen, so müssen auch die, auf deren 10 Rat er sich stützt, auf ihr eignes Gewissen und ihre Ehre achtgeben ; denn ihre Ehrenhaftigkeit strahlt offenbar ebenso auf den Herrn über, wie ohne Zweifel auch eine Schädigung des Herrn auf sie zurückfällt und überströmt. Darum, geliebter Vater und ehrwürdiger Bruder und teuerster Freund, wollen wir eure K l ugheit weniger belehren als er15 mahnen , der kaiserlichen Maj estät, soviel an euch, unermüdlich zu dem zu raten, was dem Frieden und der Ehre dient. Denn genauer und schärfer erkennen eure Vernunft und Klugheit in dem, was Gott be trifft und die Freiheit des Rechtes, als andere Fürsten, die, so edel sie auch sein mögen, die heiligen Kanones und die Verfügungen und An20 ordnungen der früheren Väter nicht kennen. Ihr habt selbst wie einer von uns als getreuester Vermittler an den Verhandlungen mit dem Herrn Kaiser über den Frieden zwischen der Kirche und ihm in Deutschland 34 teilgenommen und ebenso an denen, die wir zu anderer Zeit getreuliehst mit ihm und er aufs gütigste mit uns ebenfalls über 25 denselben Frieden gepflogen haben. Aber wegen des Briefes, den seine Hoheit nach meiner Rückkehr an meinen Herrn zu richten beliebt hat und der weder den Stil noch die in kaiserlichen Briefen früher übliche Schreibart bewahrt hat 35, fürchteten wir nun sehr, er könne sich gänzlich gewandelt haben , anders sei j etzt sein Antlitz und ver30 ändert sein Sinn. 36 Dieser Wandel hat mein Herz mit Bitternis erfüllt und mein Gesicht verstört gemacht 36 ; alles, was ich an Ehre, Freude und Ruhm mit mir gebracht hatte, scheint durch j enen Brief begraben und umwölkt zu sein. Daher, geliebtester Bruder und teuerster Freund, mögen die bischofliehe Würde und der priesterliche Rang, den euch die 3 5 göttliche Vorsehung verliehen hat , euer Urteilsvennögen veranlassen
32
Ob diese Nachricht auf \Vahrheit beruht, kann nicht entschieden werden. Eine genuue Datierung ist nicht möglich . •• In Augsburg 1 1 58. 3 5 Vgl . oben S. 556. 36- 36 \"gl. Ruth I, 2 ; Ps. 68, 8; 76, l l . 33
560
Gesta Frederici IV, 22
[262/263]
vestram et instruant, ut ad honorem Dei stetis et vestrum pro honestate et libertate ecclesie, ut in antiquis limitibus ecclesie integritas conservetur, ne temporibus vestris novis consiliis honestas usque modo turbata turbetur. Satis turbatum est, quidquid secundum consilium vestrum putabamus efficere, et s dicimus vobis, quamdiu per homines rerum divinarum ignaros negotia portabuntur, stabiliri pax incepta non poterit. Sed si presentia vestra et domini prepositi Magdeburgensis 37 consum mande a> pacis laborem susceperit, zelus Dei et scientia, qua preminetis uterque, finem pacificum ad honorem Dei et ecclesie 10 et imperatoris nostri gloriam per industriam vestram et studium vestrum facillime poterit obtinere. Alioquin, 38 si tempore iracundie repertus non fuerit, qui reconciliationi intendat 38 et in cuius verbis possint ista scandala complanari, res ipsa forsan aliud exiget, et quod hodie integrum est, maior vehementia 1 5 necessitatis disrumpet. 39Eidem Heinrico 39 Eberhardus Babenbergensis ecclesie eadem gratia si quid est orationis et servitii omnimodam devotionem . Litteris vestre paternitatis lectis et b) relectis b) , admirari satis non potui, quod esset illud verbum, immo quod esset illud ve 40, 20 de quo scripseratis mihi, cum adhuc a me prorsus esset abscon ditum. Queritans autem inveni J quod nolui et unde multum dolui, teste Deo, et multum doleo. Audivi, 41 et conturbatus et contristatus c) sum 41 ; 42 contremuerunt omnia ossa mea 42, 43 adhesit cutis ossibus meis 43• Et quidem intellexi et cognovi, 25 44 quod bono semini, non meo, sed vestro pacis et concordie consilio, inimicus homo superseminaverit zizania 44• 45 0mnia mala a bonis principiis orta sunt 45• Sicut in sacro eloquio : 46 Paravit Dominus vasa mortis et sagittas ardentes efl"ecit 46, ita et in imperialibus gestis ac dictis simul ac scriptis pleraque 30 repperiuntur, que alios seducunt, alios edificant. Annales quando que revolvuntur, apices imperiales recitantur forte in ea forma, que illi etati et tarn bonitati quam simplicitati temporum a) cum summam C.
b) fehlt B. c ) tristatus C. 38 -88 Vgl Eccli. 44, 1 7 . Gerhard. ae-ao Verkürzung der im Original sicher vollständigen Anrede. '0 Vgl. den Schluß des vorhergehenden Briefes. 3?
.
Eberhard von Bamberg an Kardinal Heinrich
561
und lehren, zu Gottes und eurer eigenen Ehre für ill e Würde und Freiheit der Kirche einzutreten, damit ill e Unversehrtheit der Kirche in ihrem früheren Umfang erhalten bleibe, damit nicht zu eurer Zeit ihre bis heute immer wieder getrübte Ehre durch neue Anschläge s getrübt werde. Hinreichend verwirrt ist alles, was wir nach eurem Rat zu erwirken glaubten, und wir sagen euch : solange die Verhandlungen durch Männer geführt werden, die von göttlichen Dingen nichts ver stehen, kann der begonnene Friede nicht gefestigt werden. Wenn aber ihr und der Herr Propst von Magdeburg 37 persönlich die Mühe auf 1 0 euch nehmt, den Frieden zustande zu bringen, dann werden eure Liebe zu Gott und euer Wissen, worin ihr euch beide auszeichnet, durch euer Bemühen und euren Eifer zur Ehre Gottes und der Kirche und zum Ruhm unseres Kaisers leicht den Friedensschluß herbei führen können . 38 Wenn sich indessen in der Zeit des Zornes niemand 15 findet, der sich um Versöhnung bemüht 38 und durch dessen Worte jene Ärgernisse beseitigt werden, können die Verhältnisse vielleicht eine andere Entscheidung erforderlich machen , und dann wird die stärkere Macht des Zwanges zerreißen, was heute noch unversehrt ist. 39 Demselben Heinrich 39 entbietet Eberhard, durch die gleiche Gnade 20 Bischof der Bamberger Kirche, wenn er überhaupt etwas ist, allseitige Ergebenheit in Gebet und Dienst. Nachdem ich den Brief eurer väterlichen Liebe gelesen und wieder gelesen hatte, konnte ich mich nicht genug wundern, was j enes Wort oder vielmehr jenes Wehe 40 bedeute , von dem ihr mir geschrieben 25 habt, war es mir doch bis dahin gänzlich unbekannt. Als ich aber nachforschte, fand ich, was ich nicht wollte und was mir, Gott sei mein Zeuge, tiefen Schmerz bereitet hat und noch jetzt bereitet. Ich habe es gehört 41 und bin bestürzt und betrübt 41 ; 42 alle meine Gebeine zitterten 42, 43 die Haut hing an meinen Gebeinen 43• Denn ich erkannte 30 und erfuhr. 44 daß ein Feind zwischen den guten Samen, nämlich zwi schen die nicht auf meinen, sondern auf euren Rat hin geführten Verhandlungen über Frieden und Verständigung, Unkraut gesät hat 44• 45 Alles Böse ist aus guten Anfängen hervorgegangen 45• Wie es in der Heiligen Schrift heißt : 46 Der Herr hat die tödlichen Waffen 35 geschaffen und die brennenden Pfeile zugerichtet 46, so findet sich in den Taten der Kaiser, Worten und Briefen gar vieles, was die einen ver führt, die anderen erbaut : Gelegentlich wird in den Jahrbüchern nach geschlagen, kaiserliche Urkunden werden vielleicht in der Form abge faßt, die jenem Zeitalter und der Gutmütigkeit und Schlichtheit jener n-n Vgl. Ps. 54, 3. u-•• Vgl . Thren. 4, 8 . ••-•• Vgl. Sall. , Cat. 5 1 , 27. u- .. = Ps. 7, 14.
42-•• = u -u
Ier. 23, 9. Vgl. Matth. 1 3 , 24. 25.
562
Gesta Frederici IV, 22
[263/264]
illorum competebat, hominibus autem in directum loquentibus neque numerum numero commutantibus neque personas per sonis a> preposterantibus 47• 48 Nunc vero mutata sunt omnia ; sed non expallescat aurum, nec mutetur color optimus, nec dis pergantur lapides sanctuarii in capite omnium platearum 48• Si s qua exorbitatio consuetudinis moderne facta est, his exemplis facta est et hac occasione, quia flamma sopita denuo quodam vento resuscitata est per litteras 49, quas domnus papa nuper direxit domno imperatori super ea questione, que vertitur inter Brixinenses et Pergamenos de contentione duorum castrorum 50, 10 quas quidam pannosus et velut hostis et insidiator domno imperatori despective quodammodo obtrusit, et ultra non comparuit ; que videbantur duriores et quasi interdicti vim in se continentes, ne domnus imperator cause illius iudicium sibi assumeret. Hec autem scribo vobis, non ut queram palliare, que 1 5 pallianda non sunt, sed ut vos et alii prudentes et timentes Deum facilius morbo subveniatis , causa morbi cognita. Hinc inde dicimus et scribimus cottidie : 'Venite, venite ; veniemus, veniemus' . f 61 Sedemus - salva multa vestre sanctitatis re verentia dieturn sit -, sedemus et oscitamus. Sedemus, in- 20 quam, ut ait quidam, in Romana re publica, nocte diem, die noctem expectantes 61, 62 et iam prudentes et scientes perimus 62• De me dico vobis, ut tutis loquar auribus : Nolo 63 mali nuntii esse baiolus 53 neque veniam, ut audiam vel referam amaras historias 64• Verba verbis obviant quasi 55 pila minantia pilis 55• 25 Ubi est sapientia, ubi prudentia in regno et sacerdotio 1 Separet nos Deus ab his, de quibus dicitur : 66 0mnis sapientia eorum devorata est 56• Non dicatis nobis ultra : 'Venite' ; sed potius 67 vos claves habentes scientie 57 nos prevenite, non invitati venite et docete filios vestros non in amaritudine spiritus, sed Jo in lenitate et multa mansuetudine. Parcat illis Deus, qui 58 oleum quasi camino addentes 58 inter patrem et filium, inter regnum et a)
fehlt
0.
u -• s Vgl. Thren . 4 , l . ., Vgl. oben IV, 2 1 . •• Vgl. oben S . 550 Anm. 22. Der Brief ist nicht erhalten. 5 0 Darüber ausführlich Carmen des gestis Federici v. 957 ff. > 1 -n Vgl. Auetor ad Herennium IV, 48. -
Eberhard von Bamberg an Kardinal Heinrich
563
Zeit entsprach, wo die Menschen geradeheraus redeten und nicht Zahl mit Zahl und Person mit Person vertauschten 47. 48Jetzt aber ist alles anders geworden. Aber das Gold soll nicht verblassen, die gute Farbe soll nicht verändert werden, noch sollen die Steine des Heilig5 tums auf allen Gassen verstreut liegen 48• Wenn eine Abweichung vom heutigen Brauch erfolgt ist, so ist das nach diesen Beispielen gesche hen und dadurch veranlaßt worden. daß die schon erstickte Flamme von neuem durch einen Windstoß wieder angefacht worden ist, näm lich durch den Brief 49, den der Herr Papst neulich an den Herrn Kaiser 10 gerichtet hat wegen des Streits zwischen Brescia und Bergamo über den Besitzanspruch an zwei Burgen 60 und den ein zerlumpter Mensch, von dem man annehmen konnte, daß er einen feindlichen Anschlag plane, dem Herrn Kaiser in völlig ungehöriger Form gewissermaßen aufgedrängt hat, ohne sich dann wieder sehen zu lassen ; dieser Brief 15 enthielt offensichtlich sehr harte Worte und gleichsam ein strenges Gebot, der Herr Kaiser solle sich nicht die Entscheidung in j enem Streit anmaßen. Dies aber schreibe ich euch nicht, um zu bemänteln, was nicht zu bemänteln ist, sondern damit ihr und andere kluge und gottesfürchtige Männer die Krankheit leichter bekämpfen könnt, 20 nachdem ihr ihre Ursache erkannt habt. Täglich sagen und schreiben wir von hüben und drüben : Kommt her ! Kommt her ! Wir kommen, wir kommen . 61 Aber wir sitzen da - unbeschadet unsrer großen Ehr furcht vor eurer Heiligkeit sei es gesagt , wir sitzen da und gähnen. Wir sitzen, sage ich , wie jemand sagt in der Römischen Republik und 25 warten in der Nacht auf den Tag, am Tage auf die Nacht 61, 62und schon gehen wir klugen und weisen Leute zugrunde 62. Von mir sage ich euch im Vertrauen : Ich will nicht 53 der Ü berbringer einer schlim men Nachricht sein 63 und werde nicht kommen, um bittere Geschich ten anzuhören oder zu erzählen 64• Worte begegnen den Worten wie 30 66drohende Speere den Speeren 56. Wo ist Weisheit, wo Einsicht bei der weltlichen und geistlichen Gewalt ? Gott scheide uns von j enen, von denen gesagt ist : 66 Alle ihre Weisheit ist verschlungen 58• Sagt nicht mehr zu uns : Kommt her ! , sondern kommt uns zuvor und kommt ungerufen und belehrt eure Söhne nicht in der Verbitterung des 3 5 Herzens, sondern in Milde und großer Sanftmut, 67denn ihr habt j a die Schlüssel zur Weisheit 67. Möge Gott denen gnädig sein, die 68 0 1 ins Feuer gießen 68 und zwischen Vater und Sohn, der weltlichen und -
•• - ••
Terent. , Eunuch. I, 1 , 2 7 . 2 . Re g . 1 8 , 22. • • V gl . Horat., Sat. I, 3, 8 8 f. • s - ss Lucan . , Phars. I, 7 . ••-•• P s . 1 06, 2 7 57-57 V gl . Luc. 1 1 , 5 2 . • • - •• Vgl . Horat . , Sat. I I , 3, 3 2 1 . Vgl . sa - ss V gl . =
=
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Gesta Frederici IV, 22
[264/265]
sacerdotium seminant discordias. 69 Insipiens factus sum, vos coegistis me 59• Veniant pro Deo nuntii boni, portantes pacem , tamquam scientes et docentes nos 60 instare oportune, impor tune 60 • More solito scribantur littere ; adiuvante Domino : 61 Flebile principium melior fortuna sequetur 61 , 62 et tristitia vertetur in 5 gaudium 62• Domnus imperator, superveniente nuntio vestro, propter quedam secreta negotia subito a castris discessit 63• Ideo nec a) ego meis insinuationibus certurn responsum ab eo elicere neque vos litteras eius in continenti habere potuistis. Qualis sit, vos scitis. 64 Diligentes se diligit 64, aliis alienum se 10 facit, quia nondum perfecte didicit etiam inimicos diligere 66• f Alia b> epistola einsdem ad Romanum c> pontificem c> . 66 Cum et tacendi et loquendi tempus sit 66, quando commune instat periculum, desperationis potins quam religionis est servare silentium, omnium est conclamare, in unum concurrere ac ferre 1 5 presidium. Quando autem impetus hostilis aut incendium ingruerit civitati, presertim eorum interest, qui vigiles civitatis surrt, eos qui in arce surrt, ipsum quoque patrem familias ex pergefacere ad subveniendum in necessitatis articulo. Hac officii mei consideratione et specialis debiti, quo teneor multis rationi- 20 bus sancte Romane ecclesie, ego, licet minimus episcoporum, qui 67 nec sum dignus vocari episcopus 67, tarn impudenter quam d) imprudenter d> exclamo ad vos, reverentissime pater et domine, hoc in tempore, quo nobis infirmioribus videtur im minere, quod multum pertimescimus, periculum. 68 Et quidem 25 ab illa olla, quam succensam ab aquilone vidit olim propheta 68, ignis quidam per scintillas occultas cepit erumpere, sed adhuc in fumo est et Deo gratias ! nondum in flammam eluxit. Inter vos, domine, et filium vestrum, dominum nostrum imperatorem, verbotenus adhuc aliquid perturbationis est. Timendum valde et Jo metuendum, ne verba verbis obviantia sua collisione flammam tandem excutiant, que se latius diffundat in sacerdotio et regno ; quod Deus avertat ! Ipse filius vester, sicut nostis, dominus a) fehlt
d) a. R.
oe-6e
n -8 1
=
=
G.
v.
b ) fehlt B. Korrektor nachgetragen G.
Cor. 1 2 . 1 1 . Ovid., Met. VII, 5 1 8.
2.
80-60
c) papam
Vgl.
B.
2. Tim. 4, 2 .
Eberhard von Bamberg an Hadrian IV.
565
geistlichen Gewalt Zwietracht säen ! 59 Ich bin ein Narr geworden, dazu habt ihr mich gezwungen 59, Möchten um Gottes willen gute Boten kommen, die den Frieden bringen als die Weisen, die uns lehren, 60wohl oder übel 60 sich um ihn zu bemühen. Mögen dann die Briefe in 5 herkömmlicher Weise geschrieben werden ; mit Gottes Hilfe wird 81 tränenreichem Beginn glücklicheres Geschick folgen 61, 62und Trauer wird sich in Freude verwandeln 62• Der Herr Kaiser verließ, als euer Bote kam , wegen gewisser geheimer Geschäfte plötzlich das Lager 83• Deshalb konnte ich ihm weder auf meine Vorstellungen eine bestimmte 1 0 Antwort entlocken, noch konntet ihr umgehend einen Brief von ihm erhalten. Was für ein Mann er ist, wißt ihr j a . 64Er liebt, die ihn lie ben 64, anderen ist er abgeneigt, weil er noch nicht ganz gelernt hat, auch seine Feinde zu lieben 65. Ein anderer Brief desselben an den römischen Bischof. 68 Schweigen und Reden hat seine Zeit 66. 'Venn eine gemeinsame 15 Gefahr droht, bedeutet Schweigen bewahren eher V az agtheit als Bedachtsamkeit ; da ist es vielmehr aller Pflicht zusammenzurufen, zusammenzueilen und Hilfe zu bringen . Wenn aber ein feindlicher Angriff oder eine Feuersbrunst über eine Stadt hereinbricht, dann 20 kommt es vornehmlich den 'Vächtern der Stadt zu, die Burgmannen , j a selbst den Familienvater zu wecken. damit er im Augenblick der Kot zur Hilfe herbeieile. In Anbetracht meines Amtes und der be sonderen Verpflichtung, die mich aus Yielen Gründen an die heilige Römische Kirche bindet, rufe ich , wenngleich der g ering ste der Bi25 schöfe, 67 der ich nicht einm a l würdig bin , Bischof zu heißen 67, so dreist wie unverständig euch a n , ehrwürdigster Vater und Herr, in dieser Zeit, in der uns S c h wä c h eren eine Gefahr zu drohen scheint, die wir gar sehr fürchten . 68 Schon begann aus j enem Topf voller Glut, den einst der Prophet von :\Iitternaeht her gesehen hat 68, das Feuer 30 durch verborgene Funken entfacht hervorzubrechen , aber noch hüllt es sich in Rauch und ist noch nicht, Gott sei Dank, zu heller Flamme aufgegangen . Zwischen e u c h Herr, und eurem Sohn, unserem Herrn Kaiser, besteht bi�her nur ein Wortstreit . Aber es ist sehr zu befürch ten, daß die sich begegnenden Worte durch ihren Zusammenprall 35 schließlich doch das Feuer herYortreiben und dieses sich dann in Kir che und Reich weiter ausbreite ; das verhüte Gott ! Er, euer Sohn, ist , ,
62 - 6 2 Vgl . lo h . 1 6, 2 0 . 6 3 Vgl unten IV, 32. - 1 1 5 9 Febr. 2 5 , von hier aus ungefähre Datierung des Briefes. 6 4 -6• Vgl. Prov. 8, 1 7 . 6 5 Vg l Matth. 5 , 44 ; Luc. 6 , 2 i . 66-66 Vgl. Eccl. 3, 7. 6 7 - 6 7 Vgl . Luc. 1 5 , 1 9 ; l . Cor. 15, 9 . 68 - 6 8 Vgl. Ier. 1 , 1 3 . .
.
566
Gesta Frederici IV, 22 - 2 3
[265/266]
noster est, vos autem, quomodo Christus, magister et dominus. Nemo nostrum audet dicere hinc vel inde, cur hoc facitis aut dicitis. Optamus tantum et 69 rogamus ea, que ad pacem sunt 69• Quodsi liceret salva reverentia verba singula trutinare et ratio nem singulorum exigere, 70in insipientia dico 70, non, ut arbitror, s expediret, quia potius ignis sine mora discutiendus est, quam de igne, qua de parte venerit, disceptandum. Supra me esse scio que loquor, sed 71 in simplicitate cordis mei 71 coram eo, qui super omnes et secretorum est conscius, hec loquor et, ex quo cepi semel, loquar adhuc vobis confidenter tamquam patri et 10 domino. Omissis illis, que aliter et aliter secundum varias auditorum et interpretum mentes possunt accipi, dignetm ex integro scribere vestra paternitas placide ac benigne filio vestro, dofmino nostro imperatori, et ad se paterno affectu eum revo care, promptum ad exibendam vobis omnem reverentiam. 1 5 Samuel David suum amplectatur nec dimittat a s e separari, ut nulla scissura clamidis fiat, quatenus Deus honoretur et ecclesia catholica tranquilla devotione letetm. 2 3 . Interea cum de curia 72 obtimatum ad singulas civitates bini vel plures pro constituendis potestatibus et consulibus a 20 principe destinati fuissent, contigit Reinaldum cancellarium et Ottonem palatinum comitem de Baioaria, sepe iam memoratos , comitemque Gozwinum a) 73 Mediolanum hl devenisse, id negotium in ea civitate sicut et in ceteris iussos promovere. Populus ergo in seditionem conversus 74, ad domos, ubi legatos manere su- 25 spicabantur, mox procurrere, contumeliosa et superba per strepere, lapidibus aliisque missilibus crepitare 75• Nec ab eo tumultu vel comes Blanderatensis, qui et ipse affuit, vel reliqui a)
folgt ad civitatem AB. Mediolanensem AB. ••-•• Vgl. Ps. 1 2 1 , 6.
b)
70- 70
Vgl. 2. Cor. 1 1 , 2 1 . Vgl. Sap. 1 , 1 u . ö . 7 2 Seit 1 1 59 Mitte Januar i n Occimiano a m Tanaro . 7S Graf von Heinsberg ; vgl. auch unten IV, 58 ( Graf von Seprio und Marte sana) . 74 Wenn dem Kaiser i n Roncaglia auch das Recht zugesprochen war, i n den oberitalienischen Städten Konsuln und Podesta einzusetzen, so war im Friedens vertrag mit Mailand (oben III, 50) dieser Stadt j edoch die freie Konsulwahl 71-71
Rainald und Pfalzgraf Otto in Mailand
567
wie ihr wißt, unser Herr, ihr aber seid wie Christus unser Meister und Herr. Keiner von uns wagt, bei dieser oder jener Gelegenheit zu sagen, warum ihr das tut oder sagt . \Vir wünschen und 69 erbitten nur das, was des Friedens ist 69• Wenn es ohne Verletzung der Ehrfurcht mög5 lieh wäre, die einzelnen ·worte auf die Waagschale zu legen und die Bedeutung j edes einzelnen genau zu prüfen , so würde das, wie ich glaube - 70 ich sage das in meiner Torheit 70 -, nichts nützen, denn man muß vielmehr das Feuer unverzüglich ersticken, statt zu erör tern, von welcher Seite es angefacht worden sei . Was ich sage, geht 1 0 über meine Befugnis hinaus , ich weiß es, 71 aber in der Einfalt meines Herzens 71 spreche ich vor dem, der über allen ist und auch die gehei men Gedanken kennt, und da ich einmal angefangen habe zu reden , will ich euch wie meinem Vater und Herrn im Vertrauen noch mehr sagen. Unter Auslassung alles dessen , was je nach der Deutung der 1 5 Hörer und Ü bersetzer so oder anders verstanden werden kann, möge eure Väterlichkeit geruhen, an euren Sohn , unseren Herrn Kaiser, erneut versöhnlich und gütig zu schreiben und ihn mit väterlicher Liebe zu sich selbst zurückrufen , denn er ist bereit, euch alle Ehr erbietung zu erweisen. Samuel umarme seinen David und lasse sich 20 nicht mehr von ihm trennen , damit das Kleid keinen Riß bekomme und Gott geehrt werde und die katholische Kirche sich in Ruhe des Gehorsams erfreue . 2 3 . Inzwischen waren vom Hofe aus 72 j e zwei oder mehr vornehme :\fänner an die einzelnen Städte vom Kaiser abgeordnet worden, um 25 die Podesta und Konsuln einzusetzen, und es traf sich, daß der Kanz ler Rainald und der Pfalzgraf Otto von Bayern, die schon oft erwähnt worden sind, sowie Graf Gozwin 73 nach l.Iailand kamen, um, wie be fohlen, diese Angelegenheit in dieser Stadt genau wie in den anderen zu regeln. Da wandte sich das Volk zum Aufruhr 74 und stürzte alsbald 30 zu den Häusern, in denen , wie es vermutete, die Gesandten wohnten, stieß schmähende und überhebliche Rufe aus und warf mit Stei nen und anderen \Vurfgeschossen 75• \Vedcr der Graf von Biandrate, der selbst anwesend war, noch die übrigen Edlen konnten es davon zuerkannt worden, die die :\1ailän der damit als verbrieftes Recht auffaRsen durften und mußten, das nicht unter den Einzug der Regalien fiel. Der folgende Aufstand der Mailänder wurde also durch einen offenen Rechtsbruch des Kaisers ausgelöst. - Vgl . auch G esta Federici
75
Nach Gest a Federici
I.
I.
imp. in L o m b . S. 3 5 .
imp . in L o m b . S . 3 5 f. fl o h Otto bei Nacht a u s der
Stadt, während Ra inald noch bis zum nächsten Tag blieb , die Mailänder emp fing, die sich bereiterklärten , den mit Friedrich geschlossenen Friedensvertrag einzuhalten, und sie freundlich anhörte . Die G esta schreiben die folgenden Maß . nahmen gegen Mailand bis zu der Zerstörung der Stadt zu.
-
Nach Chron. Reg. S.
1 00
1 1 62
dem Haß Rainaids
sind d agegen Ra inald und Otto zusammen noch
in der Nacht und verkleidet aus der Stadt entflohen .
568
Gesta Frederici IV, 23 - 24
[266/267)
nobiles eos avertere poterant. Nam et in ea civitate et pene in a) aliis Italie urbibus non 76 procerum, sed vulgi motus hec cuncta secuntur 76• Id 77 ingenio mobili, seditiosum atque discordiosum erat, cupidum novarum rerum, quieti et otio adversum. Ali quante etiam nobilitatis parti studio talium rerum incitate 5 tumultus ipse et res nove satis placebant 77• Legati ergo, quorum quidam intra muros urbis erant, 78 inproviso metu incerti ignari que quid potissimum facerent, trepidare 78, cum nec resistere armatis et multis ipsi pauci et inermes possent et 79 porte ante clause fugam prohiberent 79• Comites autem, quos et ipsi magis 10 infensos habebant, extra hospitatos ea res minus terruit ; qui sine mora, comperto tumultu, inlesi intactique recessere. Altero die tarn episcopus80 quam cancellarius, infecto negotio, eos e vestigio subsecuntur. f Ita Mediolanenses, violata pace, ruptis sacramen tis, contaminato federe, quod etiam aput barbaros legatis ius 1 5 gentium constituit, defectionis iterate venenum, quod corde conceperant, quod occultis machinationibus conflaverant, hac temeritate discooperire non verentur. 24. Eodem tempore vel potins hisdem diebus legati Con stantinopolitani imperatoris81 ad curiam venturi fidem publicam 20 expetebant ; namque pro morte Wibaldi abbatis Stabulensis, qui in Greciam missus ibi vita decesserat82, sese suspectos haberi metuebant. Nuntii quoque Lodewici regis Franeorum et Hein rici regis Anglie, cum post unos mox alii supervenissent, utri que Fredericum in partem ac favorem sui principis inclinare 25 multis verbarum delinimentis atque muneribus concertabant. Inter hos siquidem reges ex eo tempore, quo inter Lodewicum et thori sui sociam83 factum est divortium eaque prefato Anglorum principi superbis adhesit nuptiis, sive occasione dirimendorum a)
offenbar ein Wort - etwa omnibus
- ausgefallen AB. C. Vgl. Lucan . , Phar. V, 342. 1 1 -11 Vgl. Sall., Iug. 66, 2. 4. 78 - 78 Vgl. ebda. 67, 1 . 79-79 Ebda. 80 Wohl Daniel von Prag und Hermann von Verden ; vgl. Giesebrecht, Gesch. d. dt. Kaiserzeit 6, 373 f. - Die Ereignisse fallen wahrscheinlich ins Jahr 1 1 59 Ende Januar. - Vgl. auch oben Anm. 75. 7 6- 7 6
Auswärtige Gesandtschaften beim Kaiser
569
abhalten. Denn in dieser Stadt wie in fast allen anderen italienischen Städten 76sind alle derartigen Vorgänge nicht die Folge von Aufstän den der Vornehmen, sondern des niederen Volkes 76• Dieses 77 war leicht erregbar, neigte zu Aufruhr und Streit, war umstürzlerisch und 5 dem Frieden und der Ruhe abhold. Aber auch ein kleiner Teil des Adels fand infolge seiner Vorliebe für solche Unruhen starken Ge fallen an Aufruhr und Umsturz 77• Die Gesandten nun, von denen eini ge sich innerhalb der Mauern befanden, 78 waren in Angst, und unsicher infolge des plötzlichen Schreckens wußten sie nicht, was sie am besten 10 tun sollten 78, denn sie konnten, an Zahl unterlegen und waffenlos, der bewaffneten Menge keinen Widerstand leisten, und die 79vorher ver schlossenen Tore machten eine Flucht unmöglich 79• Die Grafen aber, denen sie noch feindlicher gesinnt waren, die aber ihre Quartiere außerhalb hatten, setzten diese Vorgänge weniger in Schrecken ; als 1 5 sie von dem Aufruhr hörten, reisten sie unverzüglich unverletzt und unversehrt ab . Am nächsten Tage folgten ihnen der Bischof80 und der Kanzler auf dem Fuße, ohne ihre Aufgabe erfüllt zu haben. So scheu ten sich die Mailänder nicht, durch Verletzung des Friedens, durch Eidbruch, durch Mißachtung der Bestimmungen, die das Völkerrecht 20 selbst unter Barbaren für Gesandte getroffen hat, das Gift eines er neuten Abfalls, das sie im Herzen trugen und durch geheime Machen schaften zusammengebraut hatten, durch diese unbesonnene Tat zu enthüllen. 24 . Um dieselbe Zeit oder vielmehr in denselben Tagen baten Ge25 sandte des Kaisers von Konsta ntinopel81 für eine Reise zum Hof um freies Geleit ; denn sie fürchteten , man werde wegen des Todes des Abtes Wibald von Stablo82, der nach Griechenland geschickt worden und dort gestorben war, Verdacht gegen sie hegen. Auch die Boten des französischen Königs Ludwig und des englischen Königs Hein3 0 rich - sie erschienen innerhalb kurzer Zeit alle nacheinander - wett eiferten darin, Friedrich durch viele schmeichelnde Worte und durch Geschenke zu veranlassen, die Partei ihrer Fürsten zu ergreifen und ihnen seine Gunst zu leihen. Denn seit der Zeit, als die Scheidung zwi schen Ludwig und seiner Gemahlin 83 erfolgt war und diese sich in 35 ihrem Ü bermut mit dem genannten englischen König vermählt hatte, 81 Manuel I . Komnenos. 82 t 1 1 58 Juli 19 im heutigen Bitolje im jugoslawischen Mazedonien. Seine Leiche , zuerst im Dom von Bitolje beigesetzt, wurde später nach Deutschland
verbracht und am 26. Juli 1 1 59 in Stablo bestattet. 83 Eleonore von Aquitanien, deren Ehe mit Ludwig VII. von Frankreich ge schieden worden war, hatte 1 1 52 Heinrich Il. von England geheiratet und ihm Aquitanien als Erbe eingebracht. Dadurch wurden die schon bestehenden eng lisch-französischen Gegensätze, besonders seit der Thronbesteigung Heinrichs I I . , erheblich verstärkt.
Gesta Frederici IV, 24 - 25
570
(267/268]
inter se finium, sive quodam alio latentiore zelo, continue simultates et dissensiones orte sunt, magnumque sibi credidit auxilium accessisse, quisquis eorum sibi Romani principis conciliare potuisset auctoritatem. Rex quoque Ungarorum84 fama sola Mediolanensium comperiens temeritatem85, honora- 5 biles nuntios et litteratos, magistrum Matheum et magistrum Primogenitum, ad curiam destinavit, suos denuo auxiliarios plures quam prius sponte sua principi promittens. Hos singulos et responso prudenti exhilaratos et regalibus donatos muneribus 10 augustus expedivit et ad suos principes remeare concessit. 2 5 . Frederico in villa que vocatur Autimiacum86 festivitatem luminum celebrante87 , cum multi ad eum Hesperie proceres confluxissent, dolos atque crudam f Mediolanensium superbiam omnibus notissimam in medium commemorat, exhibens vultum t5 iusti doloris simul et regalis indignationis indicem. 'Exclamare' , inquit, 'cogimur, o proceres, in auribus vestris contra crimen perduellionis, contra scelus lese maiestatis, in quo civitas impia, gens nequam, populus sceleratus, Mediolauenses dico, iam non semel, sed sepenumero deprehensi inveniuntur. Factum ipsum vobis adhuc recens exponerem, si tarnen non 20 exinde non solum vestre, verum etiam omnium, qui in orbe Romano sunt, 88 aures tinnirent88. Iniuriam a), quam nobis, immo vobis et imperio superbia et presumptio perversissimorum homi num inique ingessit, occulto Dei iudicio eo tendere videtur, ut hi, qui in suam et multorum pernitiem debachantur, multorum 25 quoque condempnatione et imperiali auctoritate legumque vigore competenter debeant compesci. Ubi fides illa, quam se Mediolauenses adhuc inviolatam et inter ceteras civitates virginali quadam castimonia illibatam habere gloriati sunt ? Ubi iustitia, quam in conservandis legibus specialiter se hactenus Jo habuisse iactaverunt ? Convenient eos modo non nos, sed fides fracta, experientur adversus ipsos sacramenta irrita facta, fedus a)
84
80 B . C.
Geisa li. Wenn, wie aus dem Bericht Rahewins hervorzugehen scheint, die Ge sandtschaft Ende JanuarfAnfang Februar 1 1 5 9 vor dem Kaiser erschien, waren unmöglich die Mailänder Vorgänge Anlaß zu dieser Gesandtschaft. 85
Friedrich klagt Mailand an
57 1
entstanden zwischen diesen beiden Königen dauernd Streitigkeiten und Meinungsverschiedenheiten, sei es über die Grenzziehung zwi schen ihren Ländern, sei es wegen einer anderen, verborgeneren Eifer sucht, und jeder von ihnen glaubte , eine große Hilfe gewonnen zu 5 h a b en , wenn er den m äc h tig e n Einfluß des Ka isers für sich gewinnen könnte. Auch der König von Ungarn 84, der nur durch ein Gerücht von dem verwegenen An s ch l ag der ::\Iailänder gehört hatte 86, schickte zwei ehrenwerte und ge b il d ete Boten , d e n Magis te r Matthäus und den Magister Primogenitus , an den Hof und ve rsp ra ch dem Kaiser aus 1 0 freien Stücken aberm a l s H i l fs t r u p p e n , und zwar mehr als früher. Der Kaiser erfreute sie a ll e durch eine wohlüberlegte Antwort, beschenkte sie königlich u n d e r l aubt e i h n e n d a n n , zu ihren Fürsten zurückzu kehren. 25. Friedrich feierte Lichtme ß 87 in ein e r Stadt namens Occimi1 5 a n o 86 ; viele Vornehme des Abendla ndes waren hier zusammenge strömt ; v o r ihnen brachte er die tückischen A n sc h läge und den allen wohlbekannten f r ech e n Hochmut der Mailänder zur Sprache ; sein Gesicht trug zugleich das Kennzeichen b erechtigten Schmerzes un d königlicher Entrüstung, als er sp r a c h : 'Yir müssen , e dl e Herren , v o r euren Ohren unsere Stimme e rh e b en 20 gegen Verbrechen des Hoch vrrra t s , geg e n d a s Verbrechen der Maje stätsbeleidigu ng, dessen eine go t t l os e Stadt , ein nichtsnutziges Ge schlecht, ein v erb r ec h er i s c h es Volk, die :\failändcr meine ich , nicht einmal nur, sondern öfters l" c h u l d ig befunden worden ist. Ich würde 25 eu c h das erst kürzlich V org e f a l le n e erzählen , wenn nicht euch und allen Bewohnern des Römischen Reiches schon 88 die Ohren davon k l ä n gen 88 . Das U n re c ht, das uns, nein euch und dem Reich, der Ü ber mut und die Vermessenheit völlig v erde r b t e r Menschen ungerecht zugefügt h a ben , s cheint nach Gottes geheimem Ratschluß darauf 30 abzuzielen , daß d iej e n ige n , die wie Rasende sich selbst und vielen anderen Verderben b rin ge n , auch durch das Verdammungsurteil vieler. durch k a iserlichen Macht spruch und durch die S t re nge der Gesetze entsprechend in ihre Schranken gewiesen werden müssen. \Vo i st jene Treue, welche d i e :Y! ai l ä n d e r bisher unverletzt und unter den 3 5 übrigen Städten g e \\·is s e rm a ß e n in j ungfräulicher Keuschheit unbe fleckt zu h a lt e n rühmten ? Wo die Gerechtigkeit, die sie bisher in be sonderem Maße bei der Beobachtung der Gesetze gewahrt zu haben sich brüsteten ? Xicht wir , sondern ihr Treubruch wird sie vor Gericht fordern ; Beweise gegen sie werden ihre Meineide liefern, die Verlet 40 zung des Ver t r a g s und der Gesetze zum Schutz der Ge s an dt e n , d i e 8 6 Vg l . St . 3 8 3 8 .
8 7 1 1 59 Febr. 2 . 88 - •8 V gl. I . Reg. 3, I I .
572
Gesta Frederici I V , 25 - 26
[268/269]
ruptum, leges legatorum, non solum nobis et vobis, verum etiam a) barbaris debita integritate et sanctissima reverentia conservande. Quocirca, si vere ego de vobis audio b> predicari fidem, iustitiam, fortitudinem, 89 abhominationem desolationis stantem in medio vestre terre89, que actenus larvali quodam ter- s rore omnes concutere solebat, respicite atque communibus viribus communem hostem, non tarn nostrum quam vestrum, proterendum assurgite ! Consulite Romano imperio, cuius, etsi nos caput, vos membra. Nobis in hoc negotio, ut libet, 90 vel milite vel imperatore utimini ! 90 Deo propitiante illorum pre- 10 sumptionem c) reiteratam d) iterata vindicta eo usque prose quetur, ut, quod f in nostram iniuriam et Romani gloriam imperii commiserunt, ea cohertione reprimatur, ne pravis et seditiosis crescat spes et ne crimen eorum inultum maneat, qui nec vobis veritatem nec nobis reverentiam et fidem servavere, 1 s abusi clementia nostra, abusi patientia, qui pro penitentia pertinaciam, pro simplicitate duplicitatis confusionem induere non erubuerunt' . 2 6 . 91 Talia perorantem omnes excipere, a c velut impetu quodam divino incitati, alius alium in respondendo antecapere 20 cupiebat, hoc recti consilii arbitrantes, ne quis extremus re mauere videretur91• Erant ibi absque laicis obtimatibus episcopi Everhardus Babinbergensis, Albertus Frisingensis, Conradus Eistetensis, Hermannus Ferdensis, Daniel Bragensis, de ultra montanis Papiensis92, Vercellensis93, Hastensis94, Tertonensis95, 2s Placentinus96, Cremonensis97, Novariensis98• Qui omnes, dum singuli in perorando singulari favoris studio diverso modo placere voluissent, hanc tarnen sententie unius identitatem per os et facundiam Placentini episcopi proferebant : 'Excellentie vestre, princeps post Deum nobis karissime, Jo super iniuria Mediolanensium qua decet gravitate et animi indignatione condolemus ; sed quia scimus sinceritatem vestram a) et A B . b l audeo C. c) presumptio AB. d) reitarata B, fehlt A . 89-89 Vgl. Matth. 24, 1 5 ; Mare. 1 3, 1 4 .
Zustimmung der Fürsten
573
nicht von uns und von euch, sondern auch von Barbaren in der ge bührenden Unverletzlichkeit und heiligsten Achtung gewahrt werden müssen. Wenn ich euch also ehrlicherweise Treue, Rechtlichkeit und Mut bekunden höre, dann denkt an 89 den Greuel der Verwüstung, der 5 inmitten eures Landes herrscht89 und bisher alle wie mit einem ge spenstischen Schrecken zu ängstigen pflegte, und erhebt euch, um mit gemeinsamen Kräften den gemeinsamen Feind, eher euren als unseren, zu vernichten ! Helft dem Römischen Reich ; wir sind zwar sein Haupt, ihr aber seine Glieder ! 90 Verwendet uns dabei nach Belie10 ben als Soldaten oder als Feldherrn ! 90 Wenn Gott uns gnädig ist, wird ihre erneute Vermessenheit erneute Bestrafung in solchem Maße treffen, daß das, was sie zu unserer Beleidigung und gegen die Ehre des römischen Reiches begangen haben, mit solcher Strenge bestraft wird, daß in bösen und aufrührerischen Menschen nicht die Hoffnung 15 wachse und damit nicht das Verbrechen derer ungeahndet bleibe, die weder euch gegenüber die Wahrheit noch uns Ehrerbietung und Treue wahrten, unsere Güte mißbrauchten, unsere Geduld mißbrauchten und sich nicht schämten, statt Reue Trotz , statt Aufrichtigkeit schänd liche Doppelzüngigkeit an den Tag zu legen. 20 2 6 . 91 Diesen Worten stimmten alle bei, und wie von einem göttlichen Impuls angetrieben, wollte der eine dem anderen mit seiner Antwort zuvorkommen, denn j eder hielt es für geraten, nicht als der letzte zu erscheinen 91 • Es waren dort außer den Laienfürsten anwesend die Bischöfe Eberhard von Bamberg, Albert von Freising, Konrad von 25 Eichstätt, Hermann von Verden und Daniel von Prag ; aus den Städten j enseits der Alpen die Bischöfe von Pavia92, Vercelli93, Asti94, Tortona95, Piacenza96, Cremona97 und Novara98• Obwohl j eder von ihnen sich in verschiedener Weise durch Betonung seines besonders eifrigen Beifalls beliebt machen wollte, so brachten sie doch diese 30 Einmütigkeit ihrer Ansicht durch den beredten Mund des Bischofs von Piacenza zum Ausdruck : Eurer Erhabenheit, o Fürst, den wir nächst Gott am meisten lieben, sprechen wir mit allem geziemenden Ernst und mit gebührender Ent rüstung unsere Teilnahme an eurem Schmerz über die Beleidigung 35 der Mailänder aus ; da wir aber eure Lauterkeit kennen und wissen, oo-oo =
SaU . , Cat. 20, 1 6 . Vgl. Ioseph. , Bell. lud. VII, 2 8 . 9 2 Petrus. •• Uguccio. •• Anselm. •• Obert. 9 8 Hugo. 07 Obert. 98 Wilhelm. n - ot
574
Gesta Frederici IV, 2 6
[269/2 7 1]
et animam vestram in hac parte a culpa custoditam, omnipotenti Deo gratias agimus, qui de malis Mediolanensium multa vobis ad gloriam operari poterit et ex illorum superba crudelitate ac crudeli superbia vestram mansuetudinem, vestram dignissimam humilitatem amplius enitescere procurabit. 0 cruda superbia, 5 o infelix arrogantia, que de celo angelum, I de paradyso hominem precipitasti ! Timeo, quod et a> Mediolanensibus pestis hec b) fatale debeat exitium preparare. Parum se cavit ab hoc vitio tumoris de quo dieturn est : 99 Tu signaculum similitudinis, plenus sapientia et perfectus decore in deliciis paradysi Dei fuisti99• 10 Parum et ille, cui concessum est 1 ex omni ligno paradisi come dere 1• Tu quoque non magis ac illi, cui et hec et multa alia de illis dicta quadam proportione similitudinis possunt assignari. Ille inter angelos primus et Lucifer appellatus, tu inter urbes Italie prima, inter orbis una de primis ; ille in deliciis paradisi, 1 5 t u i n deliciis huius mundi nullius indiga fuisti . Ille plenus sapientia et perfectus decore, tu cum multos habeas et sapientes et phylosophos, timeo, ne illis competenter dicatur : 2 Et omnis sapientia eorum devorata est 2• Novimus maximas civitates et antiquas, Babilonem, Niniven, bello subactas, factas ad ulti- 20 mum 3 delubra draconum, habitacula strutionum 3• Tibi certe cras quoque fiet idem, ut, nisi resipueris, 4 in edibus tuis lugubri voce respondeant ulule, saltent pilosi 4• Absit tarnen hoc, avertat hoc a te Deus ! Cupio equidem ego in hac parte 6potius loqui mendacium 6 quam verus propheta inveniri. Tibi, serenissimo 25 domino nostro, fideliter suggerendem putamus, ut pro iniuria Mediolanensium 6 officia vindicte bonus iudex bono animo studeas adimplere 6• 7 Nec enim frustra sunt instituta potestas regis, arma militis et ungula carnificis, disciplina dominantis et severitas boni patris. Habent, ut ait quidam8, ista omnia modos JO suos, causas, rationes, utilitates. Hec cum timentur, et mali I cohercentur, et boni quiete inter malos vivunt 7 • Falluntur a)
fehlt
b l h. p.
89-89
G.
AB.
Ezech. 28, 1 2 . 13. Vgl. Gen. 2, 1 6 . •-• Ps. 1 0 6 , 2 7 . 1-1
=
=
Zustimmung der Fürsten
575
daß ihr eure Seele hierbei vor Schuld beh ütet habt, danken wir dem allmächtigen Gott, der euch durch die Vergehen der Mailänder die Möglichkeit geben wird , euren Ruhm zu erhöhen , und dafür sorgen wird , daß infolge ihrer übermütigen Grausamkeit uml ihres grausamen s Ü bermutes um so heller eure Milde, eure edle Demut erstrahlt. 0 dieser unreife Stolz, o diese unselige Anmaßung, die den Engel aus dem Him mel, den Menschen aus dem Paradies vertrieben haben ! Ich fürchte, daß diese Pest auch Mailand verhängnisvollen Untergang bereiten muß . Zu wenig hütete sich vor diesem Laster der Hoffahrt der, von 10 dem gesagt ist : 99 Du trägst das Zeichen der Ähnlichkeit, voller Weis heit und über die Maßen schön bist du im Lustgarten Gottes gewe sen99. Zu wenig auch der, dem erlaubt war, 1 von jedem Baum des Paradieses zu essen 1 . Nicht besser als j ene hast auch du dich gehütet, von dem dies und vieles andere über jene Gesagtes vergleichsweise 1 5 ähnlich behauptet werden kann . Jener war unter den Engeln der erste, Luzifer genannt, du bist unter den Städten Italiens die erste, unter denen des Erdkreises eine der ersten ; j ener hat von den Genüssen des Paradieses, du hast von den Genüssen dieser Welt keinen ent behrt . Jener war voller Weisheit und über die Maßen schön, du hast 20 viele Weise und Philosophen , aber ich fürchte, daß man von ihnen zutreffend sagen muß : 2 Und alle ihre Weisheit ist verschlungen 2• Wir wissen, daß die größten Städte des Altertums, Babyion und Ninive, im Krieg unterjocht wurden und schließlich 3 Tempel von Drachen und Wohnungen von Straußen geworden sind 3• Dir ist morgen dasselbe 25 gewiß, so daß, wenn du nicht zur Vernunft kommst, 4 in deinen Häu sern der Uhu mit seinem unheilverkündenden Krächzen antworten und Kobolde herumtanzen werden 4• Doch das sei ferne, möge es Gott von dir abwenden ! Ich möchte in diesem Punkt 6 lieber eine Lüge aussprechen 6 als mich als Wahrheit verkündender Prophet erweisen . 30 Dir, unserem allergnädigsten Herrn, glauben wir in Treuen raten zu sollen, daß du 6die Bestrafung für das Durecht der Mailänder als ge rechter Richter gütigen Herzens zu vollziehen trachtest 6• 7 Denn nicht umsonst gibt es die I\Iacht des Königs , die Waffen des Kriegers, die Folter des Henkers, die Zucht des Herrschers und die Strenge des guten 35 Vaters . Dies alles hat , wie j emand sagt 8, sein Maß , seine Gründe, seine Ordnung, seinen Xutzen. \Yenn dies gefürchtet wird, werden die Bösen in Schrecken gehalten, und die Guten leben sorglos unter den Bösen 7• ,_, Vgl . Ps. 1 3, 2 1 . 22. •-• Ebda. 5-5 Vgl . Ps. 5, 7 . • - • Vgl. Gratian . , Decretum C . 23 q . 5 . c 1 6 . , _ , Vgl. Decretum C. 2 3 q . 5 c . 1 8 (aus Augustinus Epp. 1 53). 8 August inus.
576
Gesta Frederici IV, 26 - 2 7
[27 1 /272]
Mediolanenses, si putant modo in te falli quod dicitur : 9 An nescis Iongas regibus esse manus ? 9 10Venisti et vicisti l0• Nec minus tibi facile est victos vincere, quam prima fronte rebel lantes sine difficultate superasse. Idem tibi imperium, idem corporis et animi robur, eadem militie virtus, eadem devotio s militantium. Solum tibi restat disquirere, qua vindicta, qua pena percellendi sint, qui totiens legibus ac legittimo imperio contradicunt. Quamvis autem extraordinaria pena iure coher cendi essent, imperialis clementia hanc moderationem decenter tenebit, ut non sicut illi meruerunt, sed sicut te decet, iniuriam 1 0 persequaris. 11 Non plus apud te valeat Mediolanensium scelus quam tua dignitas, ne magis ire tue quam fame, quam iustitie consuluisse videaris. Nam , si digna pena pro factis eorum queritur, si magnitudo sceleris ventilatur, novo consilio hoc eget et, ut verum fatear, nostra ingenia exsuperat. Quare his 1s adversus eos utendum censeo , que legibus comparata a) sunt ll, bonumque imperatorem et iustum iudicem declarabit cum inimicis ante legibus a> quam armis decertare' . Dixerat, eiusque sententiam et augustus ipse et obtimates universi commendant. 2 7 . Itaque proponuntur edicta, iterumque Mediolauenses in 20 ius per legittimas citantur indutias 12• Die statuta Frederico aput villam regiam que vocatur Marinca commorante 13, per legatos suos Mediolauenses se presentant, videlicet per archi episcopum sue civitatis 14 et per alios quosdam multe quidem eloquentie, parve sapientie. Unde et archiepiscopus, sive vera 2s sive simulata infirmitate, societati illorum se subtraxit. Illi autem dum artius de prestitis sacramentis deque aliis pacis pactionibus, de federe violato convenirentur, cum f aliud non potuissent, responderunt : 'Iuravimus quidem, sed iuramentum adtendere non promisimus' . Digna responsio, 15 ut moribus Jo oratio consonaret, et qui prave ac perfide vivere et facere consueverant, aliter ac perfide et prave loqui non potuissent, ut vitam flagitiosam sermo inlotus comitaretur. Cumque hec et a) cornparata - legibus a. 9 -9 =
R. v . Korrektor nachgetragen C (Gleichschlußlücke) .
Ovid., Heroid. XVII, 1 66. 11-11 Vgl. Sall., Cat. 51, 7. 8. 10-10 Vgl. Sueton. , Caes. 37. 12 Vgl. oben S . 464. u Obert. 1 3 7. - 22 . Febr. 1 1 59.
Mailand wird vor Gericht geladen
577
Die Mailänder täuschen sich, wenn sie glauben, nur auf dich treffe das Wort nicht zu : 9 0der weißt du es nicht : lang ist der Könige Hand ? 9 10 Du kamst und siegtest l0• Und nicht weniger leicht ist es dir, die Besiegten zu besiegen, als die sich zum ersten Mal Empörenden 5 ohne Schwierigkeit überwunden zu haben . Dir stehen dasselbe Reich, dieselbe Kraft des Leibes und der Seele Kraft, dieselbe Tüchtigkeit des Heeres, dieselbe Ergebenheit der Krieger zu Gebote. Nur das bleibt dir zu überlegen, mit welcher Buße, welcher Strafe die zu belegen sind, die sich so oft den Gesetzen und der rechtmäßigen Herrschaft 1 0 widersetzen. Wenn sie aber auch von Rechts wegen durch eine außer gewöhnlich schwere Strafe in ihre Schranken zu weisen sind, so wird doch die kaiserliche Milde geziemender Weise solche Mäßigung üben, daß du ihr Unrecht nicht, wie sie es verdienen, sondern wie es dir geziemt, bestrafst. 11 Das Verbrechen der Mailänder darf dir nicht 15 über deiner Würde stehen, damit es nicht den Anschein hat, als wärest du dabei mehr auf Befriedigung deines Zorns als deines guten Rufs und der Gerechtigkeit bedacht gewesen. Denn wenn man eine ihren Taten angemessene Strafe sucht, wenn man die Schwere ihres Verbrechens in Anschlag bringt, so bedarf es einer ungewöhnlichen 20 Maßregel und übersteigt, die Wahrheit zu gestehen, unsere Fähigkei ten. Daher meine ich, man sollte gegen sie die bestehenden gesetzlichen Bestimmungen anwenden 11, und es wird einen guten Kaiser und einen gerechten Richter offenbaren, wenn er, ehe er mit seinen Feinden kämpft, erst mit den Gesetzen die Entscheidung herbeizuführen sucht. 25 So sprach er, und der Kaiser selbst sowie alle Fürsten stimmten seiner Ansicht zu. 2 7 . Es wurden nun also Edikte erlassen, und wieder wurden die Mailänder innerhalb der gesetzmäßigen Frist vor Gericht geladen 12. An dem festgesetzten Tage weilte Friedrich auf dem Königshof 30 Marengo 13 ; hier erschienen als Gesandte der Mailänder der Erz bischof 14 ilirer Stadt und einige andere Männer von großer Beredsam keit, aber geringer Weisheit. Deshalb entzog sich auch der Erzbischof wegen einer wirklichen oder nur vorgeschützten Krankheit ilirer Ge meinschaft. Als man ihnen aber wegen der geleisteten Eide und der 35 anderen Friedensvereinbarungen, wegen des Bruchs der Verein barungen heftiger zusetzte, da konnten sie nichts anderes antworten als : Wir haben wohl geschworen , aber nicht versprochen, den Eid zu halten. Wahrlich eine passende Antwort, damit Wort und Gesinnung im Einklang stehe ; wer schlecht und treulos zu leben und zu handeln 40 pflegte, hätte auch gar nicht anders als treulos und schlecht ant worten können, damit ungewaschene Rede ilir schandbares Leben begleite. Nachdem sie diese und viele weitere Worte 15mit frecher
15-15 Vgl .
sog.
M. Tulli i lnvectiva in Sallustium 1 .
578
Gesta Frederici I V , 2 7 - 30
[272/273]
alia multa vitio procacitatis 15 verba protulissent, 16 infecto pacis negotio discedunt l6, aliusque illis dies prefigitur. 2 8 . Inter hec videns imperator Mediolanensium superbiam nonnisi in manu gravi et forti posse compesci, cum, ut supra memoravimus 17, dimisso exercitu ipse cum paucis remansisset, s auxilia ultramontanorum contra reprobam civitatem accienda reputavit. Itaque missis nuntiis imperatricem advocat et ducem Baioarie Heinricum aliosque tarn episcopos quam proceres imperii, commonens eos fidelitatis sue, ne desertores regni pro tanta temeritate de impunitate letentur ; velle se pro- to bare ipsorum benivolentiam circa statum imperii conservandum impetumque inimicorum cohibendum. Illi, accepta legatione, alacri animo se ad novam in proximo vere accingunt expe ditionem. 2 9 . Inter hec Fredericus 18 nil apud se remissum, nichil apud t s hostes tutum pati. Inpigre prudenterque suorum et hostium res pariter attendere, explorare, quid boni utrimque aut contra esset 18• Itaque, dimisso exercitu, euro paucis territoria provincie circuit, militem novum et auxiliarios percensuit, castella et munitiones, utpote Verrucam, Serralonga, Lou a) 19 et cetera, que 20 in terra illa magis inexpugnabilia nec aggressione facile capi videbantur, suscepta in discrimen hostium et ad suorum pre sidium sapienter providit. f Novam Laudam 20 toto tempore quadragesime 20 summo studio communit, vallum inmensum extruit, portas et propugnacula disponit ; oportunum ratus 2s futuri belli negotiis, si in tarn vicina civitate, utpote viginti miliariis b) a Mediolano distante, magnam multitudinem bella torum c) subito et locare posset et invenire. Deinde usque Cu mam progrediens honorificentissime recipitur, fedus et auxilium 3o poscit et accipit. 3 0 . Est autem in lacu Cumano insula 21 divitiis habundans, hominibus bellicosis referta, que nisi valde cruenta victoria a quoquam capi difficile putabatur. Erat autem amica Medio lanensibus et multo tempore per fedus coniuncta. Princeps a) fehlt AB. b) miliaribus 0. c) b. m. AB.
Rüstung gegen Mailand
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Stirn vorgebracht hatten 15, gingen sie davon, 16 ohne das Geschäft des Friedens zu gedeihlichem Ende geführt zu haben 16, und es wurde ihnen eine neue Frist gesetzt. 2 8 . Unterdessen sah der Kaiser ein, daß der Übermut der Mais Iänder nur mit harter und fester Hand gebrochen werden könne ; da er nun aber, wie oben erwähnt 17, das Heer entlassen hatte und selbst nur mit wenigen zurückgeblieben war, entschloß er sich, Hilfstruppen von j enseits der Alpen aufzubieten . Daher rief er durch Boten die Kaiserin herbei sowie den Herzog Heinrich von Bayern und andere, 10 sowohl Bischöfe wie Reichsfürsten, indem er sie an ihre Treupflicht erinnerte, damit sich nicht die Verräter des Reichs für ihre Ver ruchtheit der Straflosigkeit erfreuten ; er wolle ihre Bereitwilligkeit, den Bestand des Reiches zu erhalten und den Angriff der Feinde ab zuwehren, auf die Probe stellen. Nach Empfang der Botschaft, 15 rüsteten sich jene eifrig zu einer neuen Heerfahrt im nächsten Frühj ahr. 2 9 . Inzwischen 18 erlaubte sich Friedrich kein Nachlassen und ließ auch den Feinden keine Ruhe. Unermüdlich und klug behielt er in gleicher Weise seine wie der Feinde Lage im Auge und erkundete, was auf beiden Seiten gut, was schlecht war 18• Daher zog er nach Ent20 lassung des Heeres mit schwacher Begleitung durch die Provinz, musterte neue Streitkräfte und Hilfstruppen und setzte zum Nachteil der Feinde und zum Schutz seiner eigenen Leute die Kastelle und Festungswerke vorsichtiger Weise instand, nämlich Verruca, Serra longa, Lou 19 und die übrigen, die in jenem Lande unüberwindlich 25 und durch einen Sturm nicht leicht einnehmbar erschienen. Neu Lodi befestigte er 20während der ganzen Fastenzeit 20 mit höchstem Eifer, legte einen umfassenden Wall an und errichtete Tore und Boll werke, denn er hielt es im Interesse des bevorstehenden Krieges für günstig, wenn er in diese nah gelegene Stadt, die nur 20 Meilen von 30 Mailand entfernt war, eine große Menge Krieger rasch hineinwerfen, beziehungsweise dort vorfinden könnte. Dann rückte er bis nach Corno vor, wo er mit höchsten Ehren empfangen wurde, und forderte und erhielt Bündnis und Hilfe. 30. Im Corner See liegt eine überaus reiche und von kriegstüchtigen 3 5 Menschen dicht bevölkerte Insel 21 , die, wie man glaubte, nur durch einen blutigen Sieg unter Schwierigkeiten erobert werden konnte . Sie war aber mit Mailand befreundet und sehr lange mit ihm verbündet. 1 a- u
Vgl. Oros. IV, 20. 1 9 . Oben I I I , 5 3 . 1 8 -18 Vgl. SaU. , Iug. 88, 2. 18 Wahrscheinlich das heutige Lu Monferrato. 20-20 25 . Febr. - l l . April ; am 23. März urkundet Friedrich in Neu-Lodi, St. 3848. 2 1 Isola Comacina ; vgl. Carmen de gestis Federici I. in Lomb . v . 1447. 17
580
Gesta Frederici IV, 30 - 3 1
[27 3/274]
propter commeatum venientium ad se ac redeuntium 22optimum ratus 22 eo membro corpus insidiose civitatis mutilare, concepta spe atque fiducia, insulam se vel sicut 23 hostem infestum 23 contra hostes vel, si hoc elegerint, tamquam benignum imperatorem ad socios et amicos intraturum comminatur. Nec mora, cum paucis s quos secum habebat naves ingressus cepit remigare. Insulani dum principis spiritum simul et audaciam cognovissent, divino quodam timore concussi obviam navigio pergunt, pacem petunt, cum magno plausu et alacritate venientem excipiunt, fidelitatem iurant, muneribus honorant 24• Satisque fidelis in posterum nobis 10 gens illa reperta est. Idque prospectum singulari consilio prin cipis, ut homines illi insulani feri ac pyratica rabie assueti, in tarn strictis viarum faucibus usui et oportunitati nostrorum recu perarentur. Quid amplius mirandum in hac victoria 1 An prin cipis magnanimitas, quod tantam rem hoc modo attemptare non t s metuit, an felicitas, quod rem a) adeo periculosam sine periculo devicit 1 Sed utrumque miraf bile, quod et aggredi ausus, et quod tanta felicitate ac b} facilitate b} gloriosum complevit triumphum . 3 l . Simili modo apud Placentiam factum est, que et ipsa 20 Mediolanensibus confederata propter diversas causas invisa videbatur et defectionis opinionem dudum incurrerat. Unde etiam, ut supra memoravimus 25, iure possessionis iussi fuerant 26 vallum replere turresque deponere, ut minitando magis quam puniendo reprimerentur perturbande civitatis auctores. Eodem 25 quoque tempore egressi fuerant de Placentia latrunculi et nuntios principis, qui de Genua promissam ferebant pecuniam 27, circiter D 1a talenta, ex insidiis circumvenerunt et memoratam pecunie quantitatem diripuerunt. Ob hec et alia fraudis ex perimenta cum eos sicut indubitanter 28 rerum novarum cu- 30 pidos 28 augustus suspectos haberet, cum paucis tarnen sine pavore civitatem ingreditur, dominicam palmarum debito festo a ) fehlt C. b) fehlt AB.
22 - 22 V gl. Sall. , Cat. 5 7, 5. za-2a = Sall., Iug. 23, 2.
Unterwerfung der Isola Comacina
5
IO
15
20
25
30
581
Der Kaiser hielt 22es wegen des freien Zugangs für diejenigen, die zu ihm kamen oder wieder zurückkehrten, für das Beste 22, den Körper der heimtückischen Stadt dieses Gliedes zu berauben ; von Hoffnung und Vertrauen erfüllt., drohte er, entweder als 23 gefährlicher Feind 23 zu Feinden oder, wenn sie dies vorzögen , als gütiger Kaiser zu Bundes genossen und Freunden auf die Insel zu kommen. Und unverzüglich bestieg er mit seinen wenigen Begleitern die Schiffe und begann über zusetzen . Als die Inselbewohner des Kaisers Unternehmungsgeist und Kühnheit erkannten, fuhren sie ihm , von einer wie von Gott gesandten Furcht befallen, zu Schiff entgegen, baten um Frieden und empfingen ihn, als er zu ihnen kam, mit großem Beifall und Jubel, schwuren ihm Treue und ehrten ihn mit Geschenken 24• Und in der :Folgezeit erwies sich nun j ene Bevölkerung als recht treu. Diesem ungewöhnlichen Entschluß des Kaisers lag die Absicht zugrunde, jene wilden, an wüste Seeräuberei gewöhnten Inselbewohner in den engen Gebirgsschluchten zu Nutz und Frommen unserer Leute für sich zu gewinnen. Was soll man bei diesem Sieg mehr bewundern ? Des Kaisers hohen Mut, daß er sich nicht scheute, ein so schwieriges Unternehmen auf diese \Veise in Angriff zu nehmen, oder sein Glück, daß er ein so gefährliches Unternehmen ungefährdet zum sieg reichen Ende führte ? Aber beides ist wunderbar, sowohl daß er den Angriff wagte, als auch daß C'r mit so großem Glück und so großer Leichtigkeit den ruhmvollen Triumph erran g . 3 1 . Äh n li c hes geschah in Piacenza, das gleichfalls mit Mailand verbündet , aus verschiedenen Gründen verhaßt erschien und schon längst im Verdacht des Abfalls stand . Deshalb war den Einwohnern, wie oben erwähnt 25, auf Grund des Besitzrechts befohlen worden 2 8 , den Wall einzuebnen und die Türme niederzulegen, damit die An stifter des Aufruhrs in der Stadt mehr durch Drohungen als durch Strafen niedergehalten würden. In derselben Zeit waren aus Piacenza Straßenräuber ausgezogen , hatten die Boten des Kaisers, die aus ungefähr 500 Talente -, Genua das versprochene Geld brachten 27 aus einem Hinterhalt überfallen und die gesamte Geldsumme ge. raubt. Wegen dieser und anderer betrügerischer Anschläge hatte sie der Kaiser in Verdacht, 28 daß sie unzweifelhaft auf Abfall sännen 28, trotzdem rückte er mit wenigen Begleitern ohne Furcht in die Stadt -
35
24 l l ii 9 Anfang März . Da einige Paßstraßen auf den Corner See führten und bis Corno der bequemere \Vasserweg benutzt werden konnte, war die Insel von strategischer Bedeutung für Friedrich. " Oben IV, l l . 2 6 In IV, ll spricht R . dagegen von einem Strafurteil wegen eines Streites mit den Cremonesen. 2 7 Oben IV, 1 2 . ts - 2 • V gl . Sall . , Cat . 2 8 , 4 ; Iug. 66, 2 . -
582
Gesta Frederici IV, 3 1 -3 3
[274/275]
peragit 29 ceteraque, que ibidem agenda fuerant, congrue ordi navit pecuniamque direptam, vix a civibus exoratus, recepit. 32. Anno dominice incarnationis MCLVIIII Fredericus pascha 30 aput Mutinam celebravit, festoque terminato, in territorium Bononiense, ubi tune manebat exercitus, demigrans adventu s suo universos letificavit. Nempe a die quo cinis super capita fidelium poni solet 31 usque tune semel tanturn ad exerciturn venerat, supradictis negotiis occupatus 32• Dirniserat tarnen loco suo venerabilern virurn Eberhardurn Babinbergensern epi scopurn, qui venientes et negotia habentes audiret causasque 10 eorurn diligenti exarninatione terrninaret. Erat enirn idern episcopus religione et scientia preditus viteque purioris in stitutionibus instructus. Curnque ad fidern irnperii et honorern pre ceteris diligentiarn habere cognitus esset, apud quam pluri mas terras opinio de eo J celeberrirna pervulgata est, eiusque 1 5 studiurn circa Scripture sensus a c questionurn discussionern tarn attente versabatur, ut inter prelia cornrnanens diversas ernergentes a> curas earurn sedula rneditatione solaretur. Curn autern ornnes episcopos seu cuiuslibet ordinis ecclesiastici viros irnperator diligeret eosque arnpliori honore dignos duceret, 20 specialiter tarnen rnernorati viri sicut prudentissimi nitebatur consilio eurnque dignurn estirnavit, in cuius arbitratu et dis cretione operas suas locaret et onus sirnul ac honorem corn municaret 33. 33. Iarn dies aderat, que Mediolanensibus tertio vel quarto 25 prefixa fuerat 34• Turn irnperator, convocatis iudicibus et legis peritis, qui in ea civitate 35 frequentes aderant, citari iubet Mediolanenses. Curn autern nerno cornpareret, qui absentie illorurn causarn rationabilern ederet, tarnquarn conturnaces rebelles et imperii desertores severitatis sententiarn excipiunt, JO hostes pronuntiantur, res eorum direptioni , persone servituti adiudicantur, eiusque rei occasione in audientia principis satis disputaturn est luculenterque expressurn, que pena excipere debeat, qui defectionis aut lese maiestatis rei forent deprehensi. a) et ingentes C, aber t i aus
2 9 1 1 59 April 5 . 31
30
Aschermittwoch 25. Febr.
m
korr.
April 1 2 .
32
Vgl. oben IV, 22.
Verurteilung
Mailands
583
ein ; hier feierte er den Palmsonntag 29 mit gebührender Festlichkeit, ordnete in angemessener ·weise, was dort zu regeln war, und erhielt das geraubte Geld zurück, kaum durch die Bitten der Bürger milde gestimmt. s 32. Im Jahre l l 59 nach der Fleischwerdung des Herrn feierte Friedrich das Osterfest 30 in Modena ; nach dem Fest zog er in das Gebiet von Bologna, wo damals das Heer stand, und erfreute alle durch seine Ankunft. Denn seit dem Tage, an dem Asche auf das Haupt der Gläubigen gestreut zu werden pfiegt 31 , war er bis dahin 1 0 nur einmal zum Heere gekommen, da er mit der Erledigung der oben erwähnten Angelegenheiten beschäftigt war 32. Aber er hatte als seinen Stellvertreter den ehrwürdigen Bischof Eberhard von Bamberg zurückgelassen, der diejenigen, die in irgendwelchen Geschäften kamen, anhören, ihre Sache nach eingehender Prüfung entscheiden ts sollte. Denn dieser Bischof zeichnete sich durch Frömmigkeit und Wissen aus und huldigte den Grundsätzen eines reinen Lebens . Und da man erkannt hatte, daß er mehr als andere die Treue zum Reich und dessen Ehre im Auge hatte, hatte sich sein ausgezeichneter Ruf in den meisten Ländern verbreitet ; und sein Eifer in der Auslegung 20 der Heiligen Schrift und in der Erörterung von Fragen war so groß, da ß er selbst im Getümmel die verschiedensten Sorgen durch der gleichen eifriges Studium beschwichtigte . Obgleich der Kaiser alle Bischöfe und Männer geistlichen Standes liebte und höherer Ehre für würdig erachtete, stützte er sich doch ganz besonders auf den Rat 25 dieses Mannes als des klügsten, und er hielt ihn für würdig, seiner Ent scheidung und seinem Ermessen seine Angelegenheiten anzuver trauen und mit ihm zugleich die Last und die Ehre zu teilen 33• 3 3 . Schon war der dritte und vierte Termin gekommen, der den Mailändern gesetzt worden war 34• Da berief der Kaiser Richter und 30 Rechtsgelehrte, die es in dieser Stadt 35 in großer Zahl gab, und befahl, die Mailänder vorzuladen. Da aber niemand erschien, der einen ver nünftigen Grund für ihr Ausbleiben vorbrachte, wurde gegen sie als halsstarrige Rebellen und Abtrünnige des Reichs ein strenger Spruch gefällt : sie wurden zu Feinden erklärt, ihre Habe der Plünderung, JS sie selbst der Knechtschaft preisgegeben, und bei dieser Gelegenheit wurde in Gegenwart des Kaisers eingehend erörtert und genau fest gestellt, welche Strafe die des Abfalls und des Hochverrats Schul digen treffen müsse . 88 Zu Eberhard, besonders auch zu seiner Bildung und wissenschaftlichen Tätigkeit, vgl. jetzt P. Classen, Gerhoh von Reichcrsberg ( 1 960) pass. , bes. S. 250 - 27 1 . - Der Versuch von N. Höing, Arch . f . Diplomatik 2 ( 1 956) Eber hard die sogenannten Trierer Stilübungen zuzuweisen, ist nicht unbedingt über zeugend. u Vgl. oben IV, 27. 3 5 Bologna.
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Gesta Frederici IV, 34
[275/276]
34. Preter 36 alios principes, nobiles atque sapientes interfuere huic collationi et negotio sedis apostolice legati, videlicet Octa vianus tituli Sancte Cecilie presbiter cardinalis, Heinricus tituli Sanetarum Nerei et Achillei, Willelmus cardinalis diaconus 37, antea Papiensis archidiaconus, et Gwido Cremensis diaconus s cardinalis 38, missi a papa Adriano. Quorum itineris causas simulque nuntiorum senatus populique Romani J rescriptum litteramm venerabilis viri Eberhardi Babinbergensis episcopi subter annotatum continet, quod tale est : Reverentissimo patri et domino Eberhardo Salzburgensis 10 ecclesie archiepiscopo Eberhardus Babinbergensis gratia Dei si quid est cum oratione qualicumque servitium devotissimum . Scio, pater sanctissime, sacre pietatis affectu vos compati meis laboribus et anime mihi salutem et corpori quietem concupiscere. Ut autem noveritis, quoad compati vos mihi oporteat, dico 1 5 vobis, quod iam 39 tedet animam meam vite mee 39, duo ferens onera in animo meo mihi gravissima, 40 quod et cinctus ducor quo nolo 40 et, quamdiu durare debeat, ignoro, vestris et aliorum fidelium orationibus adiuvari desiderans, ut ab illis separer, quibus 41 iuravit Dominus in ira sua : Si introibunt in requiem 20 meam 41• Super hec 42 tempora periculosa instare 42 videntur, et prope est, ut inter regnum et sacerdotium moveatur discordia. Et quidem cardinalibus a domno papa ad domnum imperatorem transmissis, domno videlicet Octaviano et domno Willelmo quondam Papiensi archidiacono , post lene principium et in- 25 gressum quasi pacificum capitula durissima proposita sunt, verbi gratia : Nuntios ad Urbem ignorante apostolico ab im peratore non esse mittendos, cum omnis magistratus inibi beati Petri sit cum universis regalibus ; de dominicalibus apostolici fodrum non esse colligendum, nisi tempore suscipiende corone ; 3 0 episcopos Italie solum sacramentum fidelitatis sine hominio 36 Die folgende Darstellung ist wieder reichlich verworren, verschiedene Er eignisse sind durcheinander- bzw. zusammengeworfen worden. Mitte April er schienen zunächst die Kardinäle Heinrich und Guido und verhandelten über eine von Hadrian gewünschte Erneuerung des Konstanzer Vertrages von l l 53, den Friedrich allerdings als durch das Konkordat von Benevent gebrochen betrach tete. Doch erklärte der Kaiser sich bereit, diese Frage einem Schiedsgericht zu unterwerfen (vgl. den Brief Eberhards von Bamberg IV, 3 6 ) . Die ablehnende
Eberhard von Bamberg an Eberhard von Salzburg
585
34. Neben 36 anderen Fürsten, Edlen und Gelehrten wohnten dieser Versammlung und Beratung im Auftrag des Papstes Hadrian auch Gesandte des apostolischen Stuhls bei, der Kardinalpriester von S. Cecilia Octavian, Heinrich von SS. Nereo et Achilleo, der Kardinals diakon Wilhelm 37, früher Archidiakon in Pavia, und der Kardinal diakon Guido von Crema 38• Die Gründe für ihre Reise und zugleich die der Gesandten des Senats und Volks von Rom enthält die in folgendem wiedergegebene Abschrift eines Briefes des ehrwürdigen Bischofs Eberhard von Bamberg ; sie lautet folgendermaßen : 10 Dem hochehrwürdigen Vater und Herrn Eberhard, Erzbischof der Salzburger Kirche, wid met Eberhard, durch Gottes Gnade, wenn er etwas ist, Bischof von Bambcrg, seinen untertänigsten Dienst mit Gebeten j eder Art. Ich weiß , heil igst e r Vater, daß ihr aus Liebe zu heiliger Frömmigkeit Anteil nehmt an meinen Mühen und mir für die 1 s Seele Heil und für meinen Leib Ruhe wünscht. Damit ihr aber wißt, wie sehr ihr mit mir Mit leid haben müßt, sage ich euch , daß 39 meine Seele schon meines Le bcns überdrüssig i st 39 ; denn ich trage in meinem Herzen zwei mich sehr drückende Lasten , 40 weil ich gegürtet geführt werde , wohin ich nicht will 40, und nicht weiß , wie lange das dauern 20 soll, und ich sehne mich danach , durch eure unct anderer Gläubigen Gebete unterstützt zu werden , damit ich von denen geschieden werde, denen 41 der Herr in seinem Zorn geschworen hat : Sie sollen nicht zu meiner Ruhe kommen 41 • Außerdem scheinen 42 gefährliche Zeiten bevorzustehen 42, und es ist nahe daran, daß zwischen Königtum und 25 Priestertum Streit ausbricht. Es sind nämlich von den vom Herrn Papst an den Herrn Kaiser abgeordneten Kardinälen, nämlich dem Herrn Octavian und dem Herrn Wilhelm , dem ehemaligen Archi diakon von Pavia, nach milden Anfangsworten und einer gleichsam friedfertigen Einleitung die härtesten Forderungen vorgebracht 30 worden, z. B . : Ohne Wissen des Papstes dürften vom Kaiser keine Boten an die Stadt geschickt werden, da die gesamte Obrigkeit samt den Regalien dort dem heiligen Petrus zustehe ; von den Gütern des Papstes dürfe das Fadrum nicht eingetrieben werden außer zur Zeit des Krönungszuges ; die Bischöfe Italiens dürften dem Herrn Kaiser Antwort des Papstes, der von einem Schiedsgericht nichts wissen wollte (Nicht· judizierbarkeit des Papstes 1 ) überbrachten die Kardinäle Oktavian und Wil· heim Dabei waren auch Gesandte der Stadt Rom anwesend, mit denen Friedrich nun eingehender verhandelte, um den Papst unter Druck zu setzen. - Das Durcheinander bei Rahewin ist offensichtlich aus einem falschen Verständnis von Brief IV, 34 entstanden . 37 Kardinalpriester von S. Pietro in Vincoli. 38 Kardin al priester von S . Calisto . 39-39 = lob. 1 0, I . •o-•o \'p: l. loh. 2 1 , 1 8 . u -u V gl. 2 . Tim. 3 , 1 . 41 -u Vgl. Ps. 94, 1 1 . .
586
Gesta Frederici IV, 34
[276/277]
facere .debere domno imperatori, neque nuntios imperatoris in palatiis episcoporum a) recipiendos ; de possessionibus ecclesie Romane restituendis et b) tributis b) , Ferrarie, Masse, Ficorolii, totius terre comitisse Mahtildis, totius terre, que ab f Aqua pendente est usque Romam, ducatus Spoletani, insularum 3 Sardinie, Corsice 42 a . Domno autem imperatore super his iusti tiam et consilium constanter afferente, si et ipsi iustitiam vellent facere et recipere, illis vero recipere tantum volentibus et non facere, hac ratione, quod domnum apostolicum cause c) subicere ac iudicio sistere non possent, et e contrario domno imperatore 1 0 multa proponente d) de rupta concordia, que in verbo veritatis sibi compromissa fuerat, de Grecis, de Siculo , de Romanis sine communi consensu non recipiendis, de cardinalibus quoque sine permissione imperiali libere per regnum transeuntibus et regalia episcoporum palatia ingredientibus et ecclesias Dei gravantibus, 1 3 de iniustis appellationibus et ceteris quam pluribus brevi tatem superantibus, cum apostolicus per nuntium et litteras cardinalium predictorum ex consensu imperatoris submonitus, cardinales alios ad hec omnia complananda requisitus his qui aderant nuntiis suis et cmie principibus nollet adiungere, 20 unitatis et concordie verbum diu desideratum peccatis nostris exigentibus evacuatum est. Et dum hec agerentur, nuntii Rarnanorum supervenientes et 43 ea que pacis sunt rogantes 43 bene recepti ac dimissi sunt 44• Rogatu tarnen cardinalium dom nus imperator nuntios 46 ad domnum papam et ad Urbem mis- 23 surus est, ut cum apostolico, si ipse voluerit, primo loco pax fiat, sin autem, cum senatu et populo Romano. Domnus imperator in magna est gloria, domnam imperatricem et ducem Baioarie et Saxonie cum aliis superventuris principibus et copiis exer citus 48 expectans et quosdam ex melioribus de Mediolano et 30 Brixia 47 in vinculis retinens. Valete. a) fehlt AB. tributa B, Tiburti A .
b)
c) fehlt AB.
d ) preponente AB. " a Die hier genannten
Besitzungen wurden vom Papsttum teils auf Grund verschiedener Kaiserpacta, teils auf Grund der Konstantinischen Schenkung
Eberhard von Bamberg an Eberhard von Salzburg
587
nur den Treueid ohne Mannschaft leisten, und die Boten des Kaisers dürften nicht in den Palästen der Bischöfe aufgenommen werden ; die Besitzrechte und Tribute von Tivoli, Ferrara, Massa, Figheruolo, an den gesamten Ländereien der Gräfin Mathilde, an allem Land zwi5 sehen Aquapendente und Rom, am Herzogtum Spoleto sowie an den Inseln Sardinien und Korsika seien der Römischen Kirche zurück zugeben 42 a . Der Herr Kaiser aber bot beharrlich eine Untersuchung der Rechtsfragen hierüber an, wenn sie auch ihrerseits Gerechtigkeit geben und nehmen wollten, sie aber wollten nur Gerechtigkeit 10 nehmen, aber nicht geben, mit der Begründung, daß man den Herrn Papst nicht einem Prozeß unterwerfen und vor Gericht stellen könne ; und andererseits erhob der Herr Kaiser schwere Anschul digungen wegen Bruchs des Ü bereinkommens, das mit ihm unter Beteuerung der Aufrichtigkeit abgeschlossen worden war, wegen der 15 Griechen , wegen des Siziliers, wegen der Römer, die ohne beider seitige Zustimmung nicht zu Gnaden angenommen werden sollten , wegen der Kardinäle, die ohne kaiserliche G enehmigung frei durch das Reich zögen, in den königlichen Pfalzen der Bischöfe wohnten und die Kirchen Gottes belasteten , wegen der ungerechtfertigten 20 Appellationen und vielem anderen, was der Kürze halber nicht an geführt werden soll ; und als im Einverständnis mit dem Kaiser der Papst nun durch einen Boten und durch Schreiben der genannten Kardinäle aufgefordert wurde, zur Abstellung all dieser Beschwerden andere Kardinäle seinen anwesenden Boten und den Fürsten des 25 Hofes beizugeben, er das aber a blehnte, blieb das langersehnte Wort der Einigung und der Eintracht um unserer Sünden willen unge sprochen . Während dieser Verhandlungen kamen Boten der Römer an, baten um Frieden 43 und wurden gnädig empfangen und entlassen 44• Auf Bitten der Kardinäle will aber der Herr Kaiser Gesandte 45 an 30 den Herrn Papst und an die Stadt schicken, um zuerst mit dem Papst, wenn er will, Frieden zu schließen, andernfalls aber mit dem Senat und dem Volk von Rom . Der Herr Kaiser steht in hohem Ruhm, er erwartet die Frau Kaiserin , den Herzog von Bayern und Sachsen nebst anderen Fürsten und Heerscharen 46, während er einige der 35 Vornehmsten aus Mailand und Brescia 47 gefangenhält. Lebt wohl ! beansprucht. Sie wurden vom Kaiser - zweifellos zum großen Teil mit schlech ten Rechtsgründen - festgehalten. n-•• Vgl. Luc . 14, 3 2 . •• Vgl. unten I V , 36 und 49. •• Die Gesandten waren Otto von Wittelsbach, Propst Herbert von Aachen und Graf Guido von Biandrate. •• Die erwarteten Truppen trafen am 20. Juli 1 1 59 vor Crema ein, danach dürfte der Brief etwa auf Juli 1 1 59 zu datieren sein ; die in ihm erwähnten Er eignisse sind auf jeden Fall nach den in IV, 36 genannten einzuordnen. 0 7 Vgl . unten IV, 40. 42.
588
Gesta Frederici IV, 35 - 36
[27 7/278]
35 .a) Imperator ad hec verba cardinalium tale dedit respon sum : 'Quamvis non ignorem ad tanta negotia non ex animi mei sententia, sed ex consilio principum me respondere debere, sine preiudicio tarnen sapienftum hoc absque consultatione respon deo. Episcoporum Italie ego quidem non affecto hominium, si tarnen et eos de nostris regalibus nichil delectat habere. Qui si gratanter audierint a Romano presule : 48Quid tibi et regi 1 48 consequenter quoque eos ab imperatore non pigeat audire : 48Quid tibi et possessioni 1 48 Nuntios nostros non esse recipien dos in palatiis episcoporum asserit. Concedo, si forte aliquis to episcoporum habet in suo proprio solo et non in nostro palatium . Si autem in nostro solo et allodio sunt palatia episcoporum , 49 cum profecto omne quod inedificatur bl solo cedat 49, nostra sunt et palatia. Iniuria ergo esset, si qnis nuntios nostros a regiis palatiis prohiberet. Legatos ab imperatore ad Urbem non esse t 5 mittendas affirmat, euro omnis magistratus inibi beati Petri sit euro universis regalibus. Hec res, fateor, magna est et gravis graviorique et maturiori egens consilio . Nam euro divina ordi natione ego Romanus imperator et dicar et sim , speciem tantum dominantis effingo et inane utique porto nomen ac sine re, si 20 urbis Rome de manu nostra potestas fuerit excussa' 50 • 3 6 . Hec augusto et his similia prefatis capitulis argute re spondente, consilium initur, ut ex parte summi pontificis cardi nales sex et ex parte principis sex episcopi religiosi, prudentes et qui Deum timeant, eligantur, tantorum negotiorum hinc inde 25 cognitionem accepturi tantamque litem congruo fine decisuri. Verum, ut supra taxaturn est 51, ex parte Rarnanorum etiam hoc consilium dicitur fuisse evacuatum . Super hoc quoque capitulo
a) capp. 35, 36
b) edificatur G.
fehlen A .
4•-•• Dieses Zitat aus Augustin , auch Chronica IV, pro!. (S. 1 82 ) verwendet, steht auch in Gratians Decretum Dist. VIII c. 1 . 49-49 Vgl. Digest. XLI, tit . I , 7 , 10. s o Wenn es mit dieser Äußerung Friedrichs auch nur sinngemäß seine Richtig· keit hat, dann lag darin ein Angriff auf die weltliche Stellung des Papstes als Stadtherr in Rom , der dem Papst als außerordentlich schwer erscheinen mußte, der auch die von den Gesta Federici I. imp . in Lomb. S. 37 berichteten Verhand lungen und Abmachungen zwischen 1\lai!ttnd und Hadrian hinreichend erklären
Friedrichs Antwort an die Kardinäle
589
3 5 . Auf diese Worte der Kardinäle erteilte der Kaiser folgende Ant wort : Obgleich ich wohl weiß, daß ich in so wichtigen Angelegenheiten nicht nach meiner persönlichen Ansicht, sondern nach dem Rate der Fürsten antworten muß, so sage ich doch, ohne dem Urteil der Fürsten 5 vorzugreifen und ohne vorherige Beratung folgendes : Ich verlange von den Bischöfen Italiens keine Mannschaft, wenn sie ihrerseits keines unserer Regalien beanspruchen. Wenn sie gern vom Römischen Bischof hören : 48 Was hast du mit dem König gemein ? 48, dann darf es sie folgerichtig auch nicht ärgern, wenn sie vom Kaiser hören : 10 48 Was hast du mit weltlichem Besitz gemein ? 48 Unsere Boten , so erklärt er, dürften nicht in den Palästen der Bischöfe aufgenommen werden. Ich bin einverstanden, wenn etwa ein Bischof seine Pfalz auf eigenem Grund und Boden, nicht auf unserem hat. Stehen aber Pfalzen der Bischöfe auf unserem Grund und unserem Eigen, so ge1 5 hören auch die Pfalzen uns, 49 da ja alle auf dem Grundstück er richteten Gebäude zu diesem gehören 49• Es wäre also ein Unrecht, wenn jemand unseren Boten den Zutritt zu den königlichen Pfalzen verwehrte. Er behauptet weiter, vom Kaiser dürften keine Ge sandten an die Stadt geschickt werden, da die gesamte Ober20 hoheit dort mit sämtlichen Regalien dem seligen Petrus zustehe . Das ist, ich gestehe es, eine wichtige und ernste Frage, die ernste rer und reiflicherer Überlegung bedarf. Denn da ich nach gött licher Ordnung römischer Kaiser heiße und bin, so stelle ich nur einen Scheinherrscher dar und trage einen durchaus leeren Namen 25 ohne Inhalt, wenn unserer Hand die Herrschaft über die Stadt entrissen würde 6o. 36 . Nachdem der Kaiser dies und ähnliches scharfsinnig auf die oben angeführten Forderungen erwidert hatte, wurde beschlossen, daß von seiten des Papstes sechs Kardinäle und von seiten des 30 Kaisers sechs fromme, kluge und gottesfürchtige Bischöfe ausge wählt werden sollten, die sich allseitig Kenntnis über diese wich tigen Fragen verschaffen und solch wichtigen Streit zu einem befriedigenden Abschluß bringen sollten. Aber, wie schon oben erwähnt wurde 61, soll auch dieser Plan von seiten der Römer 3 5 vereitelt worden sein . Ü ber diesen Punkt höre man einen Brief und als berechtigt erscheinen lassen würde. Wenn man der Argumentation Friedrichs auch die Logik nicht absprechen kann, so widersprach sie doch den noch immer bis dahin geltenden Kaiservorstellungen und mußte schließlich auf eine seit der Kirchenreform überwundene Abhängigkeit des Papstes hinaus laufen, wie sie wenige Jahre später von Rainald von Dassei formuliert wurde, als er in einer Diskussion mit den Franzosen den Papst in die Rolle eines Reichs bischofs hinabdrückte. 01 Oben IV, 34.
590
Gesta Frederici IV, 36
[278/279]
audi epistolam imperatoris directam Eberhardo Salzburgensi archiepiscopo in hunc modum : 62 Quoniam quidem fidelitatis tue constantiam, quam pro con suetudine exhibere soles imperio, frequenter experti sumus, que aput nos sunt discretioni tue significamus et prudentie tue consi- s lium advocamus. Venerunt siquidem ad nos duo cardinales 53 a papa missi ad hoc, ut inter nos / et illum fieret concordia. Dixe runt igitur, quod papa illam requireret pacem atque concordiam, que inter papam Eugenium et nos facta fuerat et scripta 54• Nos respondimus, quod pacem quidem inviolabiliter huc usque tenuis- 10 semus, de cetero autem neque eam tenere neque ea teneri velle mus, quoniam ipse prior eam violasset in Siculo 66, cui ipse sine nobis reconciliari non debuisset. Adiecimus tarnen, quod omnem iustitiam dare et accipere parati essemus sive secundum humana sive secundum scripta divina. Si vero iustitia gravis videretur, 1 s consilio principum et religiosorum pro amore Dei et ecclesie libenter nos supponeremus. Placuit verbum nostrum cardinali bus, dixerunt tarnen, nisi prius cognita pape voluntate super hoc se nil posse vel audere. Missis nuntiis verbum nostrum cognovit papa mandavitque 66, sicut prius, aliam se nolle concordiam quam 20 illam, que inter papam Eugenium et nos facta fuisset. Nos su pradicto modo hoc recusavimus et in presentia et sub a) testimonio omnium Teutonicorum et Longobardorum episcoporum et laicorum principum et baronum et vavassorum omnem iustitiam atque b) consilium obtulimus, ut et c) nos acciperemus iustitiam 57• zs Presentes ibidem fuere Rarnanorum civium legati, qui cum indig natione mirabantur super his que audierunt. Mandavit enim papa nova et gravia et numquam prius audita, que sine consilio tuo et aliorum fidelium imperii pertractari non possunt 68• Hec discre tioni tue communicavimus, ut, si qua tibi super his occurrerint, 30 nosse veritatem non sit inutile. Rogamus etiam, ut, si necesse fuerit et nos tibi mandaverimus, ad nos pro tanto negotio venire non di:fferas. b) sive B. a) fehlt 0. c) et ut 0. u Der Brief dürfte etwa um die gleiche Zeit wie der Eberhards von Bamberg (IV, 34) geschrieben sein, vielleicht etwas früher.
u Heinrich und Guido.
Brief des Kaisers an Eberhard von Salzburg
59 1
des Kaisers an den Erzbischof Eberhard von Salzburg . Er lautet
folgendermaßen 6 2 : Da wir die Beständigkeit deiner Treue, die du nach deiner Gewohn heit dem Reich zu erweisen pflegst, oft kennengelernt haben , geben s
to
ts
20
2s
30
Js
wir
deinem Urteilsvermögen unsere Probleme zur Kenntnis und bitten um deinen klugen Rat . Es kamen nämlich zwei Kardinäle 63, vom Papst gesandt zu uns , um die Eintracht zwischen uns und ihm herzustellen. Sie erklärten also , der Papst suche den Frieden und die Eintracht wiederherzustellen, die zwischen Papst Eugen und uns vereinbart und urkundlich festgelegt worden war 64. Wir antworteten, wir hätten bisher den Frieden unverbrüchlich gehalten , wir wollten ihn aber fernerhin weder halten noch an ihn gebunden sein , weil er ihn ja selbst durch seine Vereinbarungen mit dem Sizilier 65 zuerst gebrochen habe, mit dem er sich ohne unsere Zustimmung nicht hätte aussöhnen dürfen . Doch fügten wir hinzu, wir wären bereit, Gerechtig keit zu nehmen und zu geben , sei es nach menschlichen, sei es nach göttlichen Satzungen . Wenn aber ein Rechtsverfahren lästig er scheine, würden wir uns aus Liebe zu Gott und der Kirche gern dem Rat der Fürsten und frommen Männer unterwerfen. Unsere Vorschläge gefielen den Kardinälen, doch erklärten sie , bevor sie den Will e n des Papstes erkundet hätten, könnten und wagten sie darüber keine Entscheidung zu treffen . So wurden also Boten geschickt, aber als der Papst unseren Vorschlag kennenlernte , ließ er wie schon vor her erklären 66, er wolle keinen anderen Frieden als den zwischen Papst Eugen und uns vereinbarten. Wir haben das in der oben er wähnten Weise abgelehnt und haben in Gegenwart und unter Zeugen schaft aller deutschen und langobardischen Bischöfe und Laien fürsten, Barone und Vasallen Rechtsverfahren und Rat angeboten, wie auch wir gerechten Spruch annähmen 67• Anwesend waren dabei auch Gesandte der römischen Bürger, die sich mit Entrüstung über das, was sie da hörten, wunderten. Denn der Papst erhob neue und harte und nie zuvor gehörte Forderungen, über die nicht ohne deinen Rat und den der übrigen Getreuen des Reichs verhandelt werden kann 58• Dies haben wir deiner Einsicht unterbreitet, denn es dürfte nützlich sein, daß du die Wahrheit kennst, wenn dir etwas hierüber zu Ohren kommt . Wir bitten dich auch , wenn es nötig ist und wir dich darum ersuchen, wegen dieser so wichtigen Angelegenheit ungesäumt zu uns zu kommen .
•• ••
Der Konstanzer Vertrag vom
23.
Mai
1 1 53.
Durch das sogenannte Konkordat von Benevent, d as allerdings dem Buch-
staben des Konstanzer Vertrages keineswegs widersprach.
••
Durch die Kardinäle Oktavian und Heinrich.
67 Vgl. IV,
••
Vgl. I V ,
35. 34.
592
Gesta Frederici IV, 37
[279/28 1]
At a> Mediolauenses novarum turbarum non iam in occulto, sed apertissime tale sumunt principium. Nondum finita sollemp nitate paschali 69, omnibus copiis suis adunatis egressi sunt, oppidum Trecium, ubi Fredericum iam in priori adventu milites suos locasse memoravimus 60, vi capere properantes, quoniam s perniciosa videbatur obsidio principe intra provinciam I existen te 61 . Iam enim intra civitatem 62 cupidine castri potiundi machi nas aliaque que incepto usui forent 62 preparaverant. 63 Ita conatus eorum et delicta occultiora fuere 63. 64Que postquam ex sententia instruunt, de inproviso cum magna multitudine oppidum cir- 10 cumveniunt 64, ac quidam eorum 66 murum modo suffodere modo scalis aggredi cupere, pars eminus glande aut lapidibus seu iaculis pugnare 65. 66 Milites Romani tumultu perculsi, arma alii capere, pars territos confirmare 66, quidam 67 in proximos saxa devol vere 67, 68 tela eminus missa remittere, pauci in pluribus minus 1 s frustrati, si Ligures propius accessissent 68• 69 0mnia aspera, om nia feda 69, atrocitate utrimque preliantium 70 periculum anceps 70, victoria prima 71 in incerto erat 71• Per totum vero triduum con tinue pugnatum est. Verum enimvero castellani 72 die nocteque vigiliis, ieiuniis laboreque fatigati 72 73 impetum hostium diutius 20 sustinere non poterant 73, cum hi per vices et successiones alter alteri 74 laboranti succurreret 74, istorum vero nullus loco, 76 quem uti defenderet acceperat, cedere potuisset. Defessis itaque omni bus et exhaustis atque languidis, ubi locum hostibus introeundi dederunt, Ligures cuncti irrumpere 75, oppidani universi vel occisi 2s vel capti. Porro in suos proprios gentiles, quos ibidem repperere, ante b) quam in nostros insaniebant, nec ulla fuit eis in Conlatinos miseratio. Nostri autem ob imperatoris reverentiam seu metum captivati c) servati sunt circiter octoginta milites de regia clien tela. I Sed nec hosti triumphanti usquequaque leta cessit victoria, 3o 37.
a) Et 0.
b) amplius AB. c ) so 0, captivitati AB. 6 0 Oben III, 35. 12. April 1 1 59. 6 1 Vgl. z um Folgenden Gesta Federici I. imp. in Lomb. S . 36 ; Carmen de gestis v. 2825ff. ; Otto Morena S. 6 5 f. 6 2- 6 2 Vgl. SaU., Iug. 37, 4. ••-•• Vgl. ebda. 38, 2. 6'-" Vgl. ebda. 38, 4. u-•• Vgl. ebda. 57, 4. 6 7 - 8 7 Vgl. ebda. 57, 5. 66-86 Vgl. ebda. 38, 5 . ••-•• Vgl. ebda. 58, 3 .
••
Die Mailänder erobern Trezzo
593
37 . Die Mailänder indes begannen erneut Aufruhr, diesmal schon nicht mehr im geheimen, sondern ganz offen. Noch war das Oster fest 59 nicht beendet, da zogen sie mit allen ihren Streitkräften aus, um die Stadt Trezzo, wohin Friedrich, wie wir erwähnt haben 60, schon 5 damals, als er das erstemal dorthin kam, seine Ritter gelegt hatte, im Sturm zu nehmen, denn eine Belagerung erschien gefährlich, so lange sich der Kaiser im Lande aufhielt 61 . Schon innerhalb der Stadt hatten sie 62 aus Begier, sich der Burg zu bemächtigen, Maschi nen und anderes, was ihrer Absicht dienlich sein könnte 62, bereit 10 gestellt. 63 So waren ihre Unternehmungen und ihre Anschläge ver borgen geblieben 63. 64 Nachdem sie das planmäßig gerüstet hatten, umzingelten sie die Stadt unvermutet mit großer Macht 64 ; einige von ihnen wollten 65 die Mauer bald unterwühlen, bald mit Leitern an gehen, andere wieder kämpften aus der Ferne mit Schleuderkugeln, 1 5 Steinen und \Vurfspießen 65 • 66 Die römischen Ritter wurden durch den Lärm aufgescheucht, und nun griffen die einen zu den Waffen, ein Teil sprach den Erschreckten Mut zu 66, einige 67 wälzten auf die zunächst stehenden Steine hinunter 67 oder 68 schleuderten die aus der Ferne geworfenen Geschosse zurück ; die Wenigen hätten bei der 20 größeren Anzahl der Gegner weniger ihr Ziel verfehlt, wenn die Li gurer näher herangekommen wären 68 • 69 Alles war schwierig, alles abscheulich 69, infolge der Härte der Kämpfenden auf beiden Seiten 70 war die Gefahr für beide Parteien gleich 70, der Sieg zunächst un gewiß 71 . Drei volle Tage wurde ununterbrochen gekämpft. Schließlich 25 aber konnten die Burgmannen, 72 durch Wachen bei Tag und Nacht, durch Hunger und Ü beranstrengung erschöpft 72, 73 dem Angriff der Feinde nicht länger standhalten 73, denn diese konnten einander ihre Mühen durch Wechsel und Ablösung erleichtern, während von j enen keiner von dem Platz weichen konnte, 75der ihm zur Verteidigung 3 0 zugewiesen worden war. Als nun alle ermattet, erschöpft und er schlafft waren und den Feinden die Möglichkeit gaben einzudringen, stürmten die gesamten Ligurer herein 75 ; alle Insassen der Burg wur den getötet oder gefangengenommen . Aber gegen ihre eigenen Lands leute, die sie dort vorfanden , wüteten sie noch eher als gegen die 35 Unsrigen, und sie kannten kein Erbarmen gegen ihre lateinischen Stammesgenossen . Von unseren Leuten dagegen wurden aus Achtung oder Furcht vor dem Kaiser ungefähr achtzig Ritter aus dem könig lichen Gefolge in Gewahrsam genommen . Doch auch den triumphie renden Feinden fiel kein ungetrübter Sieg zu, denn ziemlich viele
70 -70 Vgl. Sall., Iug. 38, 5. ••-•• Vgl. Sall., Cat. 26, 5. 71-71 V 7 2-7 2 gl. ebda. 5 1 , 2. Vgl. Sall . , Cat. 27, 2. 73-73 Vgl. Caes. , Bell. Gall . I, 26, 1. , . _ , . Vgl. Sall. , Cat. 60, 4. 75-75 V gl. Sall., Iug. 38, 6.
594
Gesta Frederici IV, 37 - 40
[281 /282]
quam pluribus ex illis cesis et letali vulnere sauciatis. Ita Trecium, Mediolanensium prius municipium, ab ipsis captum, crematum et funditus destructum est. 38. Hec audiens Fredericus 76paulisper mestus 76, iram cohibuit, indignationem dissimulavit, impetum militum continuit, curiam 5 ante indiotarn apud Roncaliam gloriose celebravit et ibidem co piosam multitudinem bellatorum collegit. 77 Deinde cum maxima cura ultum ire iniurias festinat 77 et toto apparatu , toto exercitu in Liguriam irruit, agros inflammat, vastat, vineas demolitur, ficus exterminat omnesque fructiferas arbores aut succidi aut 10 decorticari precepit totamque regionem depopulatur, 78 statuens non ante obsidere civitatem, quam penuria necessariorum af fligerentur. Aut enim tune inopia victualium coactos ultro sup plicaturos aut, si ad finem usque in eadem pertinacia duravissent, obsidione inclusos fame consumendos vel ad deditionem cogendos 1 5 arbitrabatur, multoque faciliores ad affligendum fore, s i post intervallum temporis iterum atque iterum anxius a) incubuisset. 3 9. Itaque omnes eorum exitus asservari precepit, frumenti aliarumque rerum 79 eis auferens commertium , edictumque pro posuit, qua pena ferirentur transgressores, quove premio donari 20 debuissent qui venditores harum rerum proderent. Mediolauenses 80 autem omnium rerum tametsi copiam intus habebant, metu tarnen future obsidionis vehementins afficiebantur, et cum iam cibaria ipsa ad modicam mensuram venderentur, f ampliorem eis cupiditatem movebat, quod ius edendi liberum non haberent, 25 ac, velut omnia defecissent, egre ferebant80• Interdum quoque, assumptis secum bellatoribus, imperator usque ad civitatem profectus est, estimans eos aliquid ausuros, quo vel publico congressu eos protereret, si contra venissent, vel, si excurrcre attemptarent, item a calamitate alieni non remanerent. Quod et Jo factum est ; nam inconsulte ad ostentationem suarum virium egressos facto in eos impetu prevenit compluresque ex eis cepit et occidit81• 40. Cumque super tali negotio imperator cum exercitu ultra Mediolanum processisset, Mediolauenses cum quingentis equitibus 35 a) Bo AB. 0. 76-76
=
Sall . , Iug.
68,
1.
77 - 7 7 Vgl.
ebda.
Friedrich verwüstet das Gebiet Mailands
595
von ihnen waren getötet oder tödlich verwundet. So wurde Trezzo, einst eine Stadt der Mailänder, von diesen erobert, eingeäschert und von Grund aus zerstört. 3 8 . Als Friedrich dies hörte, 76 war er eine Zeitlang betrübt 76 ; aber 3 er unterdrückte seinen Zorn, verbarg seine Entrüstung, hielt die Angriffslust der Ritter im Zaum und feierte den zuvor angesagten Reichstag in Roncaglia mit Glanz und sammelte ebendort eine statt liche Menge Krieger um sich . 77 Dann aber beeilte er sich mit größtem Eüer, die Beleidigungen zu rächen 77 : mit allem Kriegsgerät und mit 10 dem ganzen Heere fiel er in Ligurien ein, brannte die Felder nieder und verwüstete sie, zerstörte die ·Weingärten, ließ die Feigenbäume herausreißen und alle fruchttragenden Bäume entweder fällen oder abschälen und verwüstete das ganze Land, 78 da er beschlossen hatte, die Stadt nicht zu belagern, bevor die Einwohner von Mangel an 1 3 allem Notwendigen heimgesucht würden. Denn er glaubte, sie würden dann, durch Mangel an Lebensmitteln gezwungen, sich ergeben, oder sie würden, wenn sie bis zum Ende in ihrem Trotz verharrten, durch die Einschließung vom Hunger erschöpft, zur Ergebung gezwungen werden, und sie würden viel leichter zu schlagen sein, wenn er nach 20 einer Pause sich wieder und wieder Angst erregend herandränge. 3 9 . Daher befahl er, alle ihre Ausgänge zu bewachen, um ihnen dadurch die Einfuhr von Getreide und anderen Waren 79 abzuschnei den, und erließ eine Verordnung, mit welcher Strafe Ü bertreter belegt und mit welcher Belohnung die bedacht werden sollten, die 25 Verkäufer dieser Waren verrieten . Die Mailänder 80 hatten zwar in der Stadt einen Vorrat an allen Dingen, dennoch ergriff sie heftige Furcht vor der bevorstehenden Belagerung, und da schon die Lebens mittel nur in begrenzten Mengen verkauft wurden, erweckte das in ihnen eine heftige Gier, weil sie ihre Eßlust nicht unbeschränkt be30 friedigen konnten, und sie waren unwillig, als ob sie schon an allem Mangel hätten80• Inzwischen war auch der Kaiser mit Truppen bis an die Stadt herangerückt in der Annahme, sie würden einen Angriff wagen , wobei sie entweder, wenn sie ihn angriffen, im offenen Kampf aufgerieben, oder wenn sie einen Ausfall versuchten, ebenfalls nicht 3 5 ohne Schaden davonkommen würden. So geschah es auch ; denn als sie unüberlegt, um mit ihrer Stärke zu prahlen, einen Ausfall machten, kam er ihnen durch einen Angriff zuvor, bei dem viele von ihnen gefangengenommen oder getötet wurden 81 • 40. Als nun der Kaiser unter solcher Beschäftigung mit dem Heer 40 über Mailand hinaus vorgerückt war, zogen die Mailänder am heiligen oo- so Vgl. ebda. III, 8 . lud. III, 8. Gefecht, das unten IV, 5 1 und Gesta Federici I . imp. in Lomb . S. 37 erzählt wird.
7 8 -79 Vgl. Ioseph. , Bell. 81 Vielleicht das gleiche
596
Gesta Frederici IV, 40 - 43
[282 (283]
occulte ad Novam Laudam in die sancto pentecostes82 venien tes predam pecorum ahigere. Episcopo vero Mantuano Carsidonio et marchione Garnerio de Ancona cum sufficiente militia eos insecutis, cum audissent voces clamosas paucissimorum Ale mannorum, Mediolauenses territi et in fugam versi quosdam occi- 5 sos, XVI captos de suis melioribus ibidem perdiderunt. Iuste autem divina eos ultio persecuta est, ut, qui sanctissimo diei debitam revcrentiam et honorem exhibere contempserunt, ipsi cum dispendio atqe dedecore reverti cogerentur. 4 1 . Quadraginta continuis diebus terram hostium vastatio 10 tenuit, interque ceteras arces, turres et munitiones, que vel 83 opere vel natura munite erant83, quoddam castrum, quod Mons Sancti Iohannis vocabatur a>84, usque ad id tempus in expugnabile habitum, obsessum et brevi tempore captum est. Paulatim igitur reprobo capiti propria membra in tantum muti- 1 5 lata sunt et precisa, ut inter multa oppida et plurima castella vix duo tune ipsis residua remanserint. 4 2 . Hisdem diebus Brixienses, et ipsi quoque 85 novis rebus studentes85, comit.atum Cremonensium defpredationis et latro cinandi causa ingrediuntur. Erant quippe Mediolanensibus 20 86 amicitia et societate coniuncti 86. Iam autem antea Cremonenses premoniti ab suis exploratoribus non inparati inveniuntur, sed ex insidiis erumpentes inprovisos invadunt, resistentes paulisper mox in fugam vertunt, predam eripiunt, equites LXVII, pedites fere CCC partim occidunt partim captivos abducunt. Imperator 25 post vastationem hostium Laudam pergit87 ibique Italicum exer citum dimittit, copias militum, qui de transmontanis expectaban tur, ibidern prestolaturus. 4 3 . 88 Et clades quidem Mediolanensium in peius cottidie pro cedebant, cum in facinus magis accenderentur adversis et popu- Jo lum in urbe fames iam acrior possideret88. 89 Non enim spc victorie maior pars eorum, sed desperatione salutis ferocius movehan tur89, nec eos videntes tot mala cepti penitebat, sed 90 ceci et a ) dicebatur A B . 8t Mai 3 1 . - Von einer Beteiligung der Deutschen weiß Otto Morena S . 6 5 ff. nichts. 83-83 Vgl. SaU . , Iug. 57, 1 .
Weitere Kämpfe
597
Pfingsttag82 mit 500 Reitern heimlich vor Neu-Lodi und trieben das Vieh als Beute davon. Aber der Bischof Carsidonius von Mantua und Markgraf Garnerius von Ancona verfolgten sie mit einem ausreichen den Rittertrupp ; als die Mailänder das Feldgeschrei der wenigen 5 Deutschen hörten, wandten sie sich erschreckt zur Flucht, verloren dabei aber mehrere Tote und 16 vornehme Gefangene. Gerecht war die göttliche Strafe, die sie traf, daß nämlich diejenigen, die es unter ließen, dem hochheiligen Tag die schuldige Achtung und Ehre zu erweisen, mit Verlusten und Schande zur Umkehr gezwungen wurden. 10 4 1 . Vierzig Tage hint ereinander dauerte die Verwüstung des feind lichen Landes, und neben anderen Burgen, Türmen und Befestigun gen, die 83 durch Kunst oder Natur gesichert waren83, wurde eine Burg mit Namen Monte S. Giovanni84, die bis dahin für uneinnehm bar galt, belagert und in kurzer Zeit erobert. Allmählich also wurden 15 dem verworfenen Haupt die zu ihm gehörigen Glieder so verstümmelt und abgehauen, daß ihnen von den vielen Städten und noch mehr Burgen nunmehr kaum noch zwei übrigblieben . 42 . In diesen Tagen fielen die Bewohner von Brescia, 85 die gleich falls auf Abfall sannen 85, in das Gebiet von Cremona ein, um zu plün20 dern und zu rauben. Sie waren ja mit den Mailändern 86befreundet und verbündet86. Aber die Cremonesen waren von ihren Kundschaftern schon vorher gewarnt worden , und so traf man sie nicht unvorbereitet an ; sie brachen vielmehr aus einem Hinterhalt hervor und stürzten sich auf die überraschten Feinde und schlugen sie nach kurzem Wider25 stand in die Flucht, nahmen ihnen die Beute wieder ab, 67 Ritter und ungefähr 300 Fußsoldaten wurden getötet oder gefangengenom men . Der Kaiser ging nach Verwüstung des feindlichen Landes nach Lodi 87 und entließ dort das italienische Heer ; hier wollte er nun das Ritterheer empfangen, das aus den Ländern jenseits der Alpen er30 wartet wurde. 43 . 88 Inzwischen verschlimmerte sich die Not der Mailänder von Tag zu Tag, denn durch das Unglück wurden sie mehr und mehr zu verbrecherischen Handlungen getrieben und das Stadtvolk plagte bereits schwere Hungersnot 88. 89 Denn nicht mehr die Hoffnung auf 3 5 Sieg, sondern die Aussichtslosigkeit einer Rettung machte den größten Teil von ihnen so ungebärdig89, und trotz des vielen Elends, das sie er lebt hatten, bereuten sie ihr Unternehmen nicht, sondern 90 verblendet 84
Lage unbekannt. 85-85 Vgl . Sall. , Iug. 7 7 , I . Vgl. Sall. , Iug. 83 I . 8 7 Am 30. Juni 1 1 59 urk u n d et Friedrich in Lodi, St. 3859 . 88 -88 Vgl . loseph. , Bell. lud. VII , I . 89-89 Vgl. ebda. - Die Behauptung, Mailand sei erschöpft gewesen, ist zu diesem Zeitpunkt unsinnig. ••-•• Vgl. Deut. 28, 28. 8 6- 86
,
Gesta Frederici IV, 43
598
[283/284]
amentes facti90, etiam in personam christianissimi principis ausi sunt conspirare, obliti, quod iuxta legem eius facti 91 pena anime amissionem sustinet et memoria rei post mortem dampnatur91• Itaque quendam, qui se stultum et mente captum simularet, inveniunt eumque ad castra Frederici dirigunt, qui tune apud s Laudam morabatur, ut quovis modo violentas manus imperatori iniceret. Erat autem hic homo tarn magnus corpore tantusque viribus, ut non sine causa tantam audaciam concepisse videretur. Animatus itaque multis blandimentis multisque promissionibus, ad novum facinus, ad scelus maximum accingitur. Laudam pergit, 10 castra ingreditur, et stultitiam seu furiam manie simulans, ut id genus hominum solet, potius iocis et ludicris celebratur, quam a tentoriis excludatur. Porro tentoria Frederici tune vicina fu erant et pene super litus Addue locata, cuius loci ea facies isque situs erat, ut labentem inevitabiliter aut convexum obrueret t 5 precipitium aut subterlabentis fluminis vorago esset exceptura. Prefatus ergo f diem aptum et horam servans, quando impera torem solum posset invenire, ut conceptum facinus ad effectum perduceret, quodam mane primo diluculo egredientem de cubi culo tentorii, ut more suo coram sanetarum reliquiis orationum 20 suarum Deo munia persolveret92, conspicatur, seque optatum tempus ratus adeptum, accurrit, scelestas manus inicit et modo trahendo modo portando versus precipitium contendere cepit, potitusque esset forsitan nefario proposito, nisi divina miseratio ad defensionem divi principis manum extendisset. Namque dum 25 hoc modo ille trahendo, iste renitendo, uterque pro viribus conaretur, accidit, ut funibus quibus tabernacula suspenduntur implicati ambo caderent ad terram. Iamque vociferantis prin cipis clamor auditus cubicularios exciverat ; qui accurrentes seeleratum monstrum comprehendunt et multis malis a) affectum 30 eodem loco precipitatum dimergunt. Talis tune de illo opinio fuerat, nos tarnen audivimus eundem vere furiosum fuisse et innocenter vitam perdidisse93• a) plagis
01-91
92
AB.
Inst. IV, 1 8, De publicis iudiciis 3; vgl. oben III, 23. Vgl. unten IV, 86.
Mordanschläge auf den Kaiser
599
und ohne Vernunft90, wagten sie sogar, sich gegen die Person des allerchristlichsten Kaisers zu verschwören, ohne daran zu denken, daß nach dem Gesetz 91 die Strafe für dieses Vergehen der Verlust des Lebens ist und daß das Andenken an eine solche Tat nach dem Tode 5 verdammt wird91 • Sie fanden nämlich einen Menschen, der sich ein fältig und verrückt stellte, und schickten ihn ins Lager Friedrichs, der damals bei Lodi verweilte, damit er auf irgendeine Weise gewalt sam Hand an den Kaiser legte. Dieser Mensch war aber so groß und so stark, daß er offensichtlich nicht ohne Grund so kühnes Unter10 nehmen geplant zu haben schien. Durch vielerlei Schmeicheleien und Versprechungen animiert, rüstete er sich also zu der ungewöhnlichen Tat, zu dem größten Verbrechen. Er ging nach Lodi, betrat das Lager, und während er Einfalt oder Wahnsinn heuchelte, trieb man, wie man es mit Menschen solcher Art zu tun pflegt, lieber Scherz und 15 Possen mit ihm, als daß man ihn von den Zelten ferngehalten hätte. Nun lagen Friedrichs Zelte in der Nähe dicht am Ufer der Adda ; die Beschaffenheit und Lage dieser Stelle war so, daß jemanden, der strauchelte, unvermeidlich entweder der jähe Abgrund tötete oder der Strudel des unten vorbeifließenden Flusses verschlingen mußte. 20 Der Genannte ersah also einen geeigneten Tag und Stunde, da er den Kaiser allein antreffen konnte, um das geplante Verbrechen aus zuführen, und als der Kaiser nun eines Morgens bei der ersten Däm merung aus dem Schlafraum des Zeltes trat, um nach seiner Gewohn heit vor den Reliquien der Heiligen Gott die Opfer seiner Gebete 2s darzubringen 92, erblickte ihn j ener, und da er glaubte, dies sei der ersehnte Augenblick, lief er herbei, faßte den Kaiser mit seinen verbrecherischen Händen und begann, ihn, bald zerrend, bald tra. gend, zu dem Abgrund zu schleppen, und vielleicht hätte er seine verbrecherische Absicht ausführen können, hätte nicht die göttliche 30 Barmherzigkeit ihre Hand zur .Rettung des göttlichen Kaisers aus gestreckt. Denn während beide alle ihre Kräfte aufboten, j ener ihn zerrend, dieser Widerstand leistend, geschah es, daß beide sich in die Stricke, mit denen die Zelte gespannt werden, verwickelten und zu Boden stürzten. Aber schon hatten die Hilferufe des Kaisers seine 3 5 Kämmerer aufgescheucht, sie eilten herbei, ergriffen das schurkische Ungeheuer und stürzten es unter zahlreichen Mißhandlungen an der selben Stelle hinab und ertränkten es . So erzählte man sich damals ; doch haben wir gehört, er sei tatsächlich wahnsinnig gewesen und habe unschuldig sein Leben verloren93• 93 Dieser Satz, vor allem in Verbindung mit dem Beginn des nächsten Kapi· tels, könnte als späterer Zusatz erscheinen, der die Priorität der Handschriften klasse A bewiese. Er stand aber zweifellos, wenn auch als Nachtrag, bereits in Rahewins Konzept, das dieser in 3 gesamt nicht sehr sorgfältig durchgefeilt hat.
600
Gesta Frederici IV, 44 -45
[284/285]
44. Mediolanenses tantum se facinus frustra suscepisse dolentes subsequenter aliud intendunt. Octo de suis pretio ad cremandam Laudam conducunt. Quorum unus dum 94 nocte intempesta94 promissum implere vellet ac edibus ignem iniecisset, invenerunt eum vigiles et comprehensum, dum propositum confessus fuisset, s mane facto eum patibulo contra Mediolanum erecto suspenderunt. Quidam etiam se mentitus monachum, explorator et eorumdem criminum obnoxius, simili modo vitam finivit. 45. Non multo post a quodam divino monitore litteras im peratori allatas accepimus, quendam venisse / in Italiam sive 10 Hispanum sive Arabum Sarracenum, etate senem, facie defor mem et luscum , discipulos vel socios pene XX habentem , malis consiliis et arte venefica prioribus multo potentiorem eumque mortis contemptorem, pariter cum suis sequacibus magnum se munus consecutos arbitrantes, si gloriam et nomen sibi perpetuum t s principis sanguine comparassent. Pretiosa ipsum quasi munuscula laturum, medicinas, anulos, gemmas, frena, calcaria, venenatis furfuribus circumlita, adeo violenter et efficaciter toxicata, ut mortem non evaderet imperator, si vel manu nuda ea attigisset. Sicam quoque latentem iuxta femur gestare, ut, si quo impedi- 20 mento veneni facinus non procederet, ea ad peragendum nefa rium propositum uteretur. Talibus acceptis, cum perpaucis communicato consilio, venturum magum iubet observari. Venien tem ergo, ubi certis indiciis que delata erant a> princeps vera esse cognovit, hominem asservari precepit, et perquirens, cuius hor- 2s tatu ad tauturn facinus esset precipitatus, promisit, quod vera dicenti remitteret omne supplicium, sin falsa promere maluisset, corpus eius tormentis absumeret. Ille et verbera et questiones deridens, insuper comminatus est, si quid ipse mortale pateretur, imperatorem continuo sine dubitatione secum moriturum. Sed 3o deceptus valde est ; nam princeps minas eius contempnens, cum de sociis et auctoribus sceleris nullum ab eo potuisset extorquere documentum, 95 tantam pestem tantique sceleris fabricatorem96, sicut meritus erat, crucis patibulo donavit, Deoque salutis
a)
fuerant
0.
Mordanschläge auf den Kaiser
601
4 4 . Die Mailänder bedauerten, ein so schweres Verbrechen ver gebens ersonnen zu haben, und planten nun unmittelbar darauf ein anderes . Sie dangen acht ihrer Landsleute, Lodi in Brand zu stecken. Als einer von ihnen 94 in tiefer Nacht94 sein Versprechen erfüllen 5 wollte und Feuer in die Häuser geworfen hatte, fanden ihn die Wachen und nahmen ihn fest ; da er sein Vorhaben zugab, hängten sie ihn in der Frühe an einem Mailand gegenüber errichteten Galgen. Auch ein anderer Spion, der sich für einen Mönch ausgab und der gleichen Verbrechen schuldig war, beendete sein Leben auf dieselbe 1 0 Weise. 45. Nicht lange danach wurde, wie wir erfahren, dem Kaiser von einem gottgesandten Warner ein Schreiben überbracht : ein spanischer oder arabischer Sarazene, ein häßlicher, einäugiger Greis, der etwa zwanzig Schüler oder Genossen habe, sei nach Italien gekommen ; er 15 sei den Früheren an bösen Ränken und in der Giftmischerei weit überlegen und verachte den Tod ; er und seine Gefolgsmannen glaub ten, einen großen Gewinn zu erlangen, wenn sie sich durch die Er mordung des Kaisers Ansehen und ewigen Ruhm erworben hätten . Er werde ihm Kostbarkeiten als kleine Geschenke bringen, Heil20 mittel, Ringe, Edelsteine, Zaumzeug und Sporen , mit vergifteter Kleie bestrichen und so stark und wirksam vergiftet, daß der Kaiser dem Tod nicht entgehen werde, wenn er sie nur mit der bloßen Hand berühre. Er trage auch am Oberschenkel einen versteckten Dolch , um ihn, falls infolge irgendeines Hindernisses der Anschlag mit Gift 25 nicht gelänge, zur Ausführung des ruchlosen Vorhabens zu benutzen . Als der Kaiser diese Nachricht erhalten und sich mit nur sehr wenigen darüber beraten hatte, befahl er, den Magier, wenn er komme, im Auge zu behalten. Als er dann erschien und der Kaiser an bestimmten Beweisen die Wahrheit dessen erkannte, was ihm hinterbracht wor30 den war, ließ er den Menschen festnehmen und fragte ilm , wer ihn zu diesem schweren Verbrechen angestiftet habe ; er versprach ihm, wenn er die Wahrheit sage, jede Strafe zu erlassen, wenn er aber lieber Unwahres vorbringen wolle, lasse er ihm sein Leben durch die Folter nehmen . Jener aber spottete der Schläge und Fragen und 3 5 drohte noch obendrein , wenn er selbst den Tod erleiden müsse, werde der Kaiser ohne Zweifel alsbald ebenfalls sterben . Aber er täuschte sich sehr ; denn der Kaiser verachtete seine Drohungen, und da er ihm kein Geständnis über die Genossen und Anstifter des Anschlags abpressen konnte, 95 ließ er diesen Schurken, der ein so schweres Ver40 brechen ausführen wollte95, wie er's verdiente, ans Kreuz schlagen und stattete Gott, dem Retter seines Lebens, reichen Dank dafür ab,
••-•• Sall . , Iug. 38, 4. ••-•• Vgl. Ioseph . , Bell. lud. I,
1 7.
602
Gesta Frederici IV, 45 -46
[285/286]
eonservatori uberes gratias egit, quod tarn validi malefici virus et insidias declinasset96. 4 6 . Interea Beatrix imperatrix, dux Baioarie et Saxonie Hein rieus, Conradus Augustenais episeopus, uti deeretum erat97, 98 milites seribere, profpere eommeatu98, stipendio, armis aliis- 5 que utilibus iter incipere. Profectique cum magno exereitu paueis diebus in Italiam perveniunt99 suoque adventu nostris letitiam, hostibus metum ineutiunt. Erat enim isdem prineeps filius, ut supra dieturn est l, Heinriei ducis et Gerdrudis, filie Lotharii imperatoris. Qui a primis eunabulis patre et matre orbatus, ubi 10 2 primum adolevit, pollens viribus, deeora facie, sed multo maxi me ingenio validus, non se luxui neque inertie corrumpendum a) , sed, uti mos Saxonum est, equitare, iaeulari, eursu cum equalibus certare et, cum omnes gloria anteiret, omnibus tarnen carus esse b> 2• 3 Eius studium, ut de quodam dieitur, modestie, deeoris, 1 5 sed maxime severitatis erat ; eum strennuo virtute, cum modesto pudore, eum innoeente abstinentia eertabat ; esse quam videri bonus malebat. Ita, quo minus appetebat gloriam, eo magis illam assequebatur 3• In omnibus gloriosis 4 plurimum faeere et mini mum ipse de se loqui 4• Is, reeepto ab imperatore, ut supra die- 20 turn est 6, dueatu Baioarie, 6 ubi naturam et mores hominum eo gnovit, multa eura, multo consilio in tantam elaritudinem brevi pervenerat, ut, treuga per totam Baioariam firmata 7, bonis vehementer earus, malis maximo terrori esset 6, adeo ut absentem velut presentem timendo leges pacis, quas sanxerat, nemo sine 25 pena eapitis auderet infringere. Qui eum suos milites regiis eon iunxisset, in 8 brevi spatio novi veteresque coaluere, virtusque omnium faeta est equalis c) s _ Nam et non multo post avunculus imperatoris, Guelfo princeps Sardinie, dux Spoleti, marebio a) scheint dedit ausgefallen AB. C. c) equ. f. e. A B . b l esset A B .
98 Die Erzählung trägt gewisse sagenhafte Züge. Giesebrecht erwog die Mög lichkeit, daß es sich um Assassinen handelte und die Ursache für den Anschlag letztlich in Friedrichs Aufenthalt im Orient während des zweiten Kreuzzuges zu suchen sei. 97 Oben IV, 28. 98-98 Vgl. Sall., Iug. 43, 3. 99 20. Juli in Crema.
Heinrich der Löwe
603
daß er das Gift und die Anschläge eines so starken Bösewichts von ihm abgewendet hatte 96. 46 . Inzwischen boten die Kaiserin Beatrix, der Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen und der Bischof Konrad von Augsburg, wie s angeordnet97, Ritter auf und machten sich mit Proviant, Sold, Waffen und anderem Kriegsbedarf auf den Weg. Sie brachen mit einem großen Heer auf und trafen nach wenigen Tagen in Italien 99 ein und bereiteten durch ihre Ankunft unseren Leuten Freude, den Feinden aber Furcht. Dieser Fürst war, wie oben berichtet !, der to Sohn des Herzogs Heinrich und Gertrud, der Tochter des Kaisers Lothar. Er hatte schon in der frühesten Kindheit Vater und Mutter verloren ; 2 herangewachsen, war er außerordentlich kräftig und schön, besonders aber besaß er hohe Geistesgaben ; er verweichlichte sich nicht durch Luxus und Trägheit, sondern übte sich, wie es bei den t s Sachsen Sitte ist, im Reiten und Speerwerfen und lief mit seinen Altersgenossen um die Wette, und obwohl er alle an Ruhm übertraf, war er doch bei allen beliebt 2. 3 Er strebte, wie jemand sagt, nach Selbstbeherrschung und Ehrenhaftigkeit, vor allem aber nach Strenge ; mit dem Tüchtigen wetteiferte er in Tüchtigkeit, mit dem 20 Bescheidenen an Sittsamkeit, mit dem Unschuldigen an Enthaltsam keit ; er wollte lieber gut sein als scheinen . Um so weniger er nach Ruhm verlangte, um so mehr erwarb er sich ihn 3• Bei allen rühm lichen Unternehmungen 4 tat er das meiste, aber redete am wenigsten von sich 4• Nachdem er, wie oben erwähnt 6, vom Kaiser das Herzog25 turn Bayern erhalten hatte, war er, 6 sobald er Wesen und Sitten der Bevölkerung kennengelernt hatte, durch großen Eifer und große Klugheit rasch zu solcher Berühmtheit gelangt, daß er, nachdem er den Frieden in ganz Bayern befestigt hatte 7, bei den Guten außer ordentlich beliebt war, den Bösen aber heftigsten Sehrecken ein30 fl.ößte 6, so daß man ihn , wenn er abwesend war, fürchtete, als wäre er anwesend, und niemand wagte, die Friedensgesetze, die er er lassen hatte, zu verletzen, ohne die Todesstrafe zu befürchten. Als er seine Ritter mit denen des Königs vereinigt hatte, 8 verschmolzen binnen kurzem die neuen mit den alten, und die Tapferkeit aller war 35 gleich groß8• Nicht lange danach kam auch der Oheim des Kaisers Welf, Fürst von Sardinien, Herzog Yon Spoleto und Markgraf von Oben II, 7 . - Heinrich d. Stolze starb 1 1 3 9 O k t . 20, Gertrud 1 1 43 April l 8 . Fast wörtl. SaU . , Iug. 6, l . •-• = Sall . , Cat. 54, 5. •-• Sall . , Iug. 6 , l . s Oben II, 4 5 . •-• Vgl . SaU . , Iug. 7, 4 . ' Oben II, 5 8 . 8-8 Vgl. SaU . , Iug. 87 3 . 1
•- •
,
604
Gesta Frederici IV, 46 - 4 7
[286/288]
Tuscie, et ipse novum adducens exercitum, cum multo apparatu advenit9 suoque adventu nostris spem triumphi, adversariis fiduciam paciscendi donavit. Ita duo viri sanguine coniunctissimi, utfpote unus eorum alterins fratris filius, 10 diversis inter se vir tutibus certabant. Guelfo dando, sublevando, ignoscendo, dux s Heinricus severitate et maloru m pernitie gloriam adeptus est. lllius facilitas, huius constantia laudabatur. Guelfo negotiis amicorum intentus sua negligere, nichil denegare quod dono dignum esset ; magnas potentias affectabat, exercitum, bellum a) novum exoptabat, ubi virtus enitescere posset. At dux Heinricus 1 0 studi.um modestie decoris pretendens, non divitiis cum divite neque factione cum factioso 10 , sed pro pacis negotiis absens simul presensque pugnabat. 11 Ita memoria nostra ingenti virtute, di versis moribus fuere hii viri duo, dux Heinricus et dux Guelfo, quos, quoniam res obtulerat, silentio preterire non fuit consilium, 1 s quin utriusque naturam et mores, quantum ingenio possem, aperi rem 11, valdeque iocundu m , ut in his duobus clarissimis viris nostra tempora suum Catonem in uno 12, in altero 13 suum Cesarem invenissent. 14 Redeo autem, unde digressus sum 14• 4 7 . Cremonensium cum Mediolano discordia perpetua utros- 20 que adeo urgebat, ut hostiliter sibi invicem incubantes non ant.e manus ab armis reducendas putarent, quam vel una alteram prorsus absumeret vel superior saltem inventa superaret. Freti ergo tune oportunitate temporis Fredericum ad destructionem Creme civitatis hortantur, promissis XI milibus talentorum. 2s Huius rei tali occasione sument exordium . Crema cum esset de comitatu et diocesi Cremonensium eiusque ecclesie tarn in spirita libus quam in secularibus regenda foret arbitrio, spontanea se temeritate a suo capite abruperat, et, quod nefas erat, hostibus sociata, cum Mediolanensibus filia matri rebellare ceperat. Super 30 hoc scismate conventa coram principe nec citatione / legittima a) so
AB. Sall., n . b . C. • 1 1 59 Ende September. 1o-1o Vgl. Sall . , Cat. 5 3 , 6 - 54 6 , . 1 1-11 Vgl. ebda. 53, 6. 1 2 Heinrich. 13 Welf.
Herzog Welf
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Tuscien, ebenfalls mit einem neuen Heer und mit reichem Kriegs gerät an9 und gab durch seine Ankunft unseren Leuten Hoffnung auf Sieg, den Gegnern aber Vertrauen auf Friedensschluß. So wett eiferten 10 nun diese beiden durch Blutsverwandtschaft innigst ver5 bundenen Männer - der eine war ja der Brudersohn des anderen 10miteinander in verschiedenen Tugenden. Welf erlangte Ruhm durch Freigebigkeit, Hilfsbereitschaft und Versöhnlichkeit, Herzog Hein rich durch Strenge und Vernichtung der Ü beltäter. Man lobte das gefällige Wesen des einen, die Charakterfestigkeit des anderen. Welf 10 widmete seine Aufmerksamkeit den Angelegenheiten seiner Freunde, vernachlässigte seine eigenen und versagte nichts, was wert war, verschenkt zu werden ; er strebte nach großer Machtfülle, wünschte sich ein Heer und einen neuen Krieg, in dem er seine hervorragende Tüchtigkeit beweisen konnte. Herzog Heinrich dagegen strebte nach 15 Bescheidenheit und Ehrbarkeit und wetteiferte nicht um Reichtum mit den Reichen noch um Parteiklüngel mit den Parteihäuptern 10, sondern setzte sich abwesend wie anwesend für die Sache des Frie dens ein. 11 So lebten in unserer Zeit diese beiden außergewöhnlich tüchtigen, aber verschieden gearteten 1\Iänner, Herzog Heinrich und 20 Herzog Welf, die ich bei dieser sich gerade bietenden Gelegenheit nicht mit Stillschweigen übergehen wollte, ohne Veranlagung und Charakter der beiden, so gut ich konnte, zu schildern 11, und es ist sehr erfreulich, daß unsere Zeit in diesen beiden hochberühmten Männern ihren Cato in dem einen 12, ihren Cäsar in dem anderen 25 hatte 13• 14 Ich kehre aber nun zu dem Bericht zurück, von dem ich abgeschweift bin 14. 47 . Die beständige Zwietracht zwischen den Einwohnern von Cremona und Mailand zwang beide Parteien dazu, einander dauernd mit Krieg zu bedrohen und erst dann die Waffen aus den Händen zu 30 legen, wenn die eine Stadt die andere völlig vernichtet oder sich wenigstens als überlegen erwiesen und den Sieg davongetragen hätte . Auf den günstigen Augenblick bauend, ermunterten sie daher Friedrich zur Zerstörung der Stadt Crema und versprachen ihm 1 1 000 Talente . Sie benutzten dazu folgenden Umstand als Anlaß : 35 Obwohl Crema zu der Grafschaft und Diözese Cremona gehörte und in geistlichen wie weltlichen Dingen nach dem Ermessen von dessen Kirche regiert werden mußte, hatte es sich doch in eigenmächtiger Verwegenheit von seinem Haupt losgerissen und frevelhafterweise mit dessen Feinden verbündet und sich als Tochter mit Mailand gegen 40 seine Mutterstadt zu empören begonnen . Wegen dieses Abfalls war es vor den Kaiser vorgefordert worden , konnte aber weder durch H- u
Ioseph . , Bell. lud. III, 3 .
606
Gesta Frederici IV, 47 - 49
[288/289)
nec vadibus, quos dudum dederat, cogi poterat, ut adversum se experientibus iudicio sisti curarent. Qua de re pro absentie con tumacia ac contumaci absentia contra se sententiam tristem excipiunt hostesque iudicantur. 4 8 . Collecta ergo valida manu, augustus, ita quod exercitus 5 eius eas copias, quas in obsidione Mediolani habuerat, superare videretur, partem unam cum Cremonensibus contra Cremam dirigit, ipse cum reliquis iterum ad depopulandos Ligures agrum Mediolanensium ingreditur et cum militia Alemannarum terram totam a) pervagatur hostilem, completumque est et ibi illud quod 10 dicitur : 15 Residuum locuste comedit brucus, et residuum bruci comedit eruca 16• At Cremonenses cum auxiliariis et magnis copiis ad oppugnandam Cremam venientes acriter civitatem obsi dione vallant l6, summis viribus impugnant. Oppidani fortiter resistunt de muris, et ante muros equis et ad terram valide cer- 1 5 tatur. Ibi Garnherus marchio Ancone 17 magnam viri fortis in ea pugna gloriam consecutus 17, de nostris occiditur. Alii quoque quam plures tarn de nostris quam de illis ibidem aut occiduntur aut graviter sauciantur. Erat autem Creme situs in loco plano et campestri, opere et manu satis liberaliter accuratus, nature 20 beneficio in quadam sui parte paludoso se defendens ambitu. Ceterum preter fossata ingentia et profunda, aquis plena, duplici muro excelso circumdata omnes aditus et assultus facile arcere valuit. Cives civitatis bellatores aud acissimi et, quia cum suis contubernalibus, videlicet Mediolanensibus et Brixinensibus b) , 25 secundis rebus propensins usi, in atrocitatem, insolentiam ac arrogantiam irritati . Circumvallata itaque civitate, hostium excursus diligenter custodiebantur, et machine aliaque ad op pugnationem profutura sedula preparatione disponuntur. / 49. Cumque c) hec apud Cremam agerentur, nuntii de nobiliori- 30 bus Romane urbis ex parte senatus populique Romani ad curiam veniunt, omni devotione omnique reverentia suum promittentes obsequium 18• Rogare, ne pro iniquitate paucorum malorum et de AB. AB. c) Cum A , Dum B.
a)
tot. terr.
b) Brixiensibus
Beginn der Belagerung von Crema
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gesetzmäßige Vorladung noch durch die schon längst erfolgte Stel lung von Bürgen gezwungen werden, sich vor dem Gericht seinen Gegnern zu stellen . Deshalb mußten sie wegen ihres trotzigen Nicht erscheinens einen ungünstigen Spruch hinnehmen und wurden zu s Feinden erklärt. 48. Nachdem der Kaiser nun also eine starke Streitmacht bei sammen hatte, so daß sein Heer offenbar größer war als die Truppen, die er bei der Belagerung Mailands gehabt hatte, sandte er einen Teil mit den Cremonesen gegen Crema, er selbst rückte mit den übrigen 10 in das Gebiet der Mailänder ein, um das ligurische Land wieder zu verwüsten, und durchstreifte mit der deutschen Ritterschaft das ganze feindliche Land ; da erfüllte sich auch hier das Wort : 15 Was die geflügelte Heuschrecke übrigläßt, frißt die hüpfende, und was die hüpfende übrigläßt, frißt die Raupe 15. Die Cremonesen aber 15 zogen nun mit Hilfstruppen und starken Streitkräften heran, um Crema zu erobern, schlossen die Stadt ein16 und griffe n sie mit allen Kräften an. Die Stadtbewohner aber leisteten tapfer von den Mauern aus Widerstand , und auch vor den Mauern wurde zu Pferd und zu Fuß heftig gekämpft. Hierbei fiel einer der Unseren, der Markgraf 20 Garnerus von Ancona, 17nachdem er sich in dieser Schlacht hohen Ruhm als tapferer Held erworben hatte1 7• Auch viele andere von den Unsrigen wie von j enen wurden dort entweder getötet oder schwer verwundet. Crema lag in einer Ebene, war aber durch Befestigungs werke und Mannschaft stark gesichert und durch die Gunst der 2s Natur auf einer Seite durch ein sumpfiges Gebiet geschützt. Außer dem war es, abgesehen von ausgedehnten tiefen, mit Wasser gefüllten Gräben, mit einer hohen doppelten Mauer umgeben und konnte so alle Zugänge leicht sperren und Angriffe leicht abwehren. Die Bürger der Stadt waren äußerst kühne Kämpfer, und da sie mit ihren Ver30 bündeten, Mailändern und den Bewohnern von Brescia, allzusehr von Glück begünstigt worden waren, hatten sie sich zu Erbarmungs losigkeit, Ü berheblichkeit und Anmaßung verleiten lassen. Nachdem nun die Stadt eingeschlossen worden war, wurden die Ausfälle der Feinde sorgfältig bewacht und Maschinen und andere zu einer Be35 stürmung geeignete Geräte eifrig vorbereitet und aufgestellt. 49. Während dies bei Crema geschah, kamen vornehme Römer als Gesandte des Senats und Volks von Rom an den Hof und verspra chen mit aller Ergebenheit und mit aller Ehrfurcht Gehorsam 18• Sie baten den Kaiser, er möge doch wegen der Vergehen weniger schlechter l5--1• =
Ioel l , 4 . Juli 2. 1 1 - 1 1 = Ioseph . , Bell. lud. I , 1 3. 1 o Vgl. oben IV, 34, 38.
16
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Gesta Frederici IV, 49 - 5 1
[289/290]
plebe multos bonos et nobiles velit pessumdare ; se esse, quorum oeeasione aeeeperit, ut imperator Urbis et orbis nominetur. :Frederieus a) eo quod in priori expeditione severius eum illis egerat 19, indulgentins eorum aeeepta legatione, benignum illis dedit responsum et per aliquot dies seeum eommoratos regaliter s donavit et absolvit 2°, mittens eum eis legatos Ottonem sepe iam dieturn palatii eomitem et magistrum Haribertum Aquensem prepositum, virum prudentem et in negotiis regni longa eruditione exereitatum, dans hoe in mandatis, ut et ea, que eum populo Romano seu de stabiliendo senatu seu de reeipiendo prefecto 1 0 agenda forent, terminarent et eum Romano pontifiee, si is b) hoc eligeret, de prenotatis eapitulis 21 finem facereut et coneor diam stabilirent. 50. Qui venientes ad Urbem 22, cum honorifice tarn a populo quam a senatu recepti essent interque ipsos et summum ponti- 1 s fieem crebri nuntii mediatores dirigerentur 23, molientibus illis more suo antiquum Romane urbis fastum, regales se in nullo passi sunt inferiores inveniri, immo etiam c) ad se sepius veniri, quam ut illis occurrerent, obtinuerunt. 5 1 . :Frederieus interim in Liguria degens ordinabat, ut ali- 20 quam cladem Mediolanensibus, qui omnes ad civitatem confu gerant seque intus communierant, inferret. Itaque eum Papien sium pugnaeissimis consilium init, ut ad eivitatem impetum faeiant seque ab hostibus fugari patiantur, ipsum vero dl ex insi diis eireumventurum f persequentes. Nec multum tune opinione zs deeeptus est. Mediolauenses enim, eum eorum impetum sensissent - iam enim predam abigere eeperant -, strennue eos perseeun tur eosque resistentes aerius eedunt. 24 Iam parum aberat a vera fuga 24 his qui 25 simulato metu eessuri erant 25 ; deelinaverant enim paulisper a loeo insidiarum 26• Turn :Fredericus 27 eohortatus JO suos, ab tergo et ex inproviso iam alacres et pene vietores hostes a) folgt pro AB. d) fehlt 0 .
bl
fehlt
0.
c)
et
AB.
u
Vgl. oben II, 32. 20 Oben IV , 34. 21 Vgl. oben IV, 34, 36. - Chronologisch gehörten die Kap . 34 - 36 hier Kap. 49.
zu
Pfalzgraf Otto als Gesandter in Rom
609
Menschen aus dem Pöbel nicht viele Gute und Edle unglücklich machen ; sie seien es doch, durch die es ihm möglich geworden sei, Kaiser der Stadt und des Erdkreises sich zu nennen. Je abweisender Friedrich sie bei seinem vorigen Feldzug behandelt hatte 19, um so 5 gnädiger empfing er jetzt ihre Abordnung ; er gab ihnen eine freund liche Antwort, und nachdem sie sich einige Tage bei ihm aufgehalten hatten, beschenkte er sie königlich und entließ sie dann 20 ; mit ihnen schickte er als Gesandte den schon oft erwähnten Pfalzgrafen Otto und den Propst von Aachen, l\Iagister Heribert, einen klugen und in 10 den G eschäften des Reichs schon seit langem bewährten Mann ; ihnen trug er auf, einerseits die Vereinbarungen, die mit dem römi schen Volke wegen Festigung ihres Senats und Einsetzung des Prä fekten zu treffen waren, zum Abschluß zu bringen, andererseits mit dem Papst, wenn er wolle , die Verhandlungen über die oben an15 geführten Punkte 21 zu Ende zu führen und einen Vertrag mit ihm zu schließen . 50. Als sie in der Stadt ankamen 22, wurden sie vom Volk und vom Senat ehrenvoll empfangen, und zwischen ihnen und dem Papst gingen häufig Boten als Mittelspersonen hin und her 23 ; wenn sie auch 20 nach ihrer Gewohnheit den alten Stolz der Stadt Rom zu wahren suchten, so duldeten doch die Königsboten nicht, daß man sie in irgendeiner Beziehung geringer achtete, j a sie setzten es sogar durch, daß man häufiger zu ihnen kam, als sie jene aufsuchten. 5 1 . Währenddessen hielt sich Friedrich in Ligurien auf ; er wollte 25 gern den l\'Iailändern , die alle in die Stadt geflüchtet waren und sich darin verschanzt hatten, irgendwie eine Niederlage beibringen . Er verabredete daher mit den streitbarsten Pavesen, sie sollten einen Angriff auf die Stadt machen und sich von den Feinden in die Flucht schlagen lassen ; er selbst werde dann die Verfolger aus einem Hinter30 halt überfallen . Und in dieser Erwartung täuschte er sich nicht sehr. Als nämlich die Mailänder ihren Angriff erkannten - die Pavesen hatten bereits begonnen, die Beute fortzuschaffen -, setzten sie ihnen kraftvoll nach , und als diese Widerstand leisteten, hieben sie hitziger ein . 24 Schon waren j ene, die 25 nur in vorgetäuschter Furcht 3 5 weichen sollten 25, nahe dar an, wirklich zu fliehen 2� ; denn sie waren von der Stelle, an der der Hinterhalt lag, ein wenig abgekommen 26• Da aber 27 feuerte Friedrich seine Leute an, fiel den schon froh lockenden und beinahe siegreichen Feinden unvermutet in den 22 E nde Juli, Anfang August 1 1 59. 2 3 Hadrian hatte sich Ende Mai nach Anagni begeben . ••-" Vgl. Sall . , Iug. 1 0 1 , 8. 2 5 - 2 5 Vgl. ebda. 3 6 , 2. 26 Bei Landriano. - Vgl. dazu Gesta Federici I . imp. in Lomb. S . 3 7 . 21-21 Vgl. Sall. , Iug. 1 0 1 , 4 .
610
Gesta Frederici IV, 5 1 - 52
[290/29 1]
invadit 27 28 auxilioque suis, quos iam pelli acceperat 28, optatus advenit. Mediolanenses, qui 29 prope iam se victoriam adeptos putabant, videntes se circumventos undique a regiis equitibus 29 neo ullum sibi fuge presidium superesse, adversus omnia inparati 30, occidi, capi ; equi atque viri afflicti . Turn spectaculum horri- s bile campis patentibus 30, cum medii hostium, neo pugnare neo fugam inire permissi, sine misericordia cederentur. 30 Postremo omnia qua visus erat constrata sunt telis, armis, cadaveribus 30 aut mortuorum aut ad mortem sauciatorum. Verum , qui numerus aceisorum aut eo prelio captivorum fuerit, augustus ipse suis 10 litteris declarat, scribens ad Albertum Frisingensem episcopum. Ait autem inter cetera : Preterea ad consolationem tuam de presenti statu nostro aliqua tibi scribimus, quia honorem imperii et nostram prosperitatem te diligere non dubitamus. Inter alia igitur 31 magnificavit Dominus facere nobiscum et fecit, unde facti I S sumus letantes 31 et maximas Deo gratias agentes. Maximam enim multitudinem Mediolanensium tradidit Deus in manus nostras, ita quod in Idus Iulii 32, qua data divisio apostolorum celebrari solet, DC de fortioribus civitatis captivos in vinculis abduximus, centum et fere quinquaginta per campos et itinera 20 viarum interfecti sunt. De submersis vero et de vulneratis J modus non fuit neque numerus. Sie cum victoria ad Novam civitatem Laudam reversi fuimus . 5 2 . Ea tempestate Adrianus papa in Kaiendis Septemb. aput Anagniam diem clausit extremum et II.0 Nonas Septemb . in 25 ecclesia beati Petri, presentibus clero, senatu populoque Ro mano, honorifice tumulatus est, regalibus nuntiis 33 adhuc ibidem existentibus. Post cuius obiturn cardinales in seditionem conversi gemina electione scindunt unitatem, quibusdam eligenti bus Octavianum tituli Sancte Cecilie presbiterum cardinalem, 3o cui nomen dederunt Victor, aliis Roland um tituli Sancti Marci pres biterum cardinalem et Romane ecclesie cancellarium, cui nomen imposuerunt Alexander. Verum, ut huius negotii tractatus per petua seu continua decurrat oratione, paulisper alia interim prose quemur, pro magnitudine cause suo loco his diutius immoraturi 34• 3 5 ••-•• Ebda. 1 0 1 , 10.
••-•• Ebda. 101, 9.
Tod Hadrians IV.
s
10
15
20
25
30
35
-
Ausbruch des Schisma
61 1
Rücken 27 und 28 brachte seinen Leuten, die, wie er gehört hatte, schon zurückgeworfen wurden, die ersehnte Hilfe 28• Als die Mailänder, die 29 den Sieg schon fast errungen glaubten , sich von den Reitern des Königs rings umzingelt sahen 29 und ihnen keine Flucht mehr möglich war, da wurden sie, wehrlos gegen alle Angriffe , 30 nieder gemacht oder gefangengenommen ; Pferde und Reiter lagen am Bo den. Da bot sich auf dem offenen Felde ein grausiges Schauspiel 30, als die eingeschlossenen Feinde, die weder kämpfen noch fliehen konnten, mitleidlos niedergehauen wurden. 30 Schließlich war, soweit man sehen konnte, alles mit Geschossen, Waffen und Körpern 30 von Toten oder auf den Tod Verwundeter bedeckt. Wie groß aber die Zahl der in diesem Kampf Gefallenen oder Gefangengenommenen war, gibt der Kaiser selbst in einem Brief an Bischof Albert von Freising an. Dort sagt er unter anderem : Außerdem schreiben wir dir zum Trost etwas über unsere gegenwärtige Lage, weil wir nicht zweifeln , daß dir die Ehre des Reiches und unser Wohl am Herzen liegt. Unter anderem nämlich 31 hat der Herr Großes an uns getan, er hat getan, wovon wir fröhlich geworden sind 31 und Gott innigsten Dank sagen. Denn Gott gab viele Mailänder in unsere Hände, so daß wir am 15. Juli 32, an dem die Apostelteilung gefeiert zu werden pflegt, 600 der Tapfersten der Stadt in Fesseln als Gefangene abge führt haben, während etwa 1 50 auf den Feldern und Straßen getötet wurden . Die Zahl der Ertrunkenen aber und Verwundeten war ohne �laß und Zahl . So kehrten wir als Sieger nach Neu-Lodi zurück. 52 . Um diese Zeit starb am l . September Papst Hadrian in Anagni und wurde am 4. September in Gegenwart des Klerus sowie des Senats und Volks von Rom in der Kirche des heiligen Petrus ehrenvoll be stattet, während die königlichen Gesandten 33 noch in Rom weilten. Nach seinem Tode entzweiten sich die Kardinäle und spalteten durch eine Doppelwahl die Einheit ; einige wählten den Kardinalpriester von S. Cecilia, Octavian, und gaben ihm den Namen Victor, andere den Kardinalpriester von S. 1\Iarcus, Roland, den Kanzler der Römischen Kirche, und gaben ihm den Namen Alexander. Damit aber der Ver lauf dieser Angelegenheit in ununterbrochener und zusammen hängender Darstellung behandelt werden kann , wollen wir inzwischen über etwas anderes berichten , um dann in Anbetracht der Wichtig keit der Sache an geeigneter Stelle länger dabei zu verweilen 34• 30- 30 Vgl. ebda . 1 0 1 , 1 1 . 3 1- 3 1 Vgl . Ps. 1 25, 3 . 3 2 :Nach Gesta Federici I . imp. in Lomb. S . 37 a m 1 3 . Juli, und a uf dieses Datum fällt auch das erwähnte Apostelfest, vielleicht ist zu verbessern "quod III Id. Iulii" , so auch Otto Morena. 33 Vgl. oben IV, 49, 50. 34 Unten IV, 59.
612
Gesta Frederici IV, 53 - 55
[ 29 1 /292]
5 3 . Imperator aliam 35 parans profectionem ad devastandos fines Mediolanensium, cum in partem processisset et pabulatores in toto territorio nec equis annonam invenire potuissent, reversus, cum toto exercitu ad obsidionem Creme pergit. 36 Tum demum perituram civitatem metus invasit, magnaque tristitia habi- 5 tatores eius occupavit. Erant autem et intus et foris universa plena tumultus, multaque bellica instrumenta et in oppido et contra oppidum fabricabantur 36. Erantque deinceps cottidiana eorum officia, hi quidem excursus, isti vero assultus moliri , 37 magnaque vi omnibus ibi diebus certat ur. N am ad portas 1 0 ubi quisque principum curabat, eo acerrime niti, neque alius in alio magis quam in se spem habere, pariterque oppidani similiter agere 37/omniaque ad 38 defensanda menia utilia vario ingenio prepa rare, diffidentiam rei dissimulare 38 ; interdumque prospera fortuna, interdum 39 dolor eorum ad multa facinora incitavit audaciam 39• 1 5 54. Quadam denique die, dum exploratum fuisset Fredericum pro visenda consorte regni imperatrice, que in vicino castro nomine Sanbassan morabatur, e castris exisse, ad partarn quam regalis familia servabat 40 pene cum sexcentis erumpunt equiti bus magnoque prelio inito, 41 cum diu Marte pari utrimque nihil 20 aliud quam occiderent, tellus cruore manavit, nostrique, quam vis tarn pudore quarn virtute summa vi resistere conarentur, illud tarnen efficere non potuerunt, ut hostium manus ea die gradum retro dedisset 41• Graviter fortiterque illa die pugnatum est. Nam, si credere fas est, rivuli campestres peremptorum et 25 sauciatorum vulneribus sanguine infecti ac provecti, imbre cruoris augmentum acceperunt. Vespere facto utrimque dis ceditur, illis intra septa castrorum a) , istis intra munimina muralis aggeris se recipientibus. 5 5 . Rediens augustus, euro de pertinaci hostium audacia 3o comperisset, indignatione simul et ira permotus est, ut, 42 qui iam pene in supremis se potius humiles ac supplices 42 exhibere
a) fehlt 0.
s& 1 1 59 Anfang August ; vgl
.
••-•• Vgl. Ioseph. , Bell. lud.
Federici v. 2926 ff. ;
Ursberg S. 34 ff.
oben IV, 49, 50.
II, 2 8 ; zum Folgenden auch Carmen de gestis I. imp . in Lomb. S. 37 f. ; Burchard v.
Gesta Federici
Friedrich vor Crema
613
53 . Der Kaiser plante einen weiteren 35 Zug z ur Verwüstung des Mailänder Gebietes ; als er aber ein S tück vorgerückt war und die Fouragiere im ganzen Land nicht einmal Futter für die Pferde auftrei ben konnten, kehrte er um und rückte mit dem ganzen Heere vor s Crema, um es zu belagern . 36 Jetzt erst befiel die vom Untergang be drohte Stadt Furcht, und ihrer Einwohner bemächtigte sich tiefe Traurigkeit. Es war aber drinnen und draußen alles voller Unruhe, und in der Stadt sowie gegen die Stadt baute man vielerlei Kriegs geräte 36. ,Tetzt hatten beide Parteien ihre täglichen Aufgaben : diese 10 sannen auf Ausfälle, jene auf Sturm , 37 und täglich wurde mit aller Kraft gekämpft. Denn j eder der Fürsten setzte an dem Tor, wo er be fehligte, seine äußerste Kraft ein, und keiner setzte auf einen anderen größere Hoffnung als auf sich selbst ; ebenso handelten auch die Stadt bewohner 37, alles, was der 38 Verteidigung der Mauern diente, bereite15 ten sie mit mannigfaltiger Erfindungsgabe vor, verbargen aber ihr Mißtrauen gegen den Erfolg38 ; und manchmal reizte die Gunst des Schicksals, 39 manchmal ihr Schmerz ihren l\iut zu vielen Taten 39. 54 . An einem Tage schließlich, als die Cremasken erkundet hatten , daß Friedrich das Lager verlassen habe, um seine Gemahlin , die Kai20 ser·in, zu besuchen, die sich in einer benachbarten Burg mit Namen San Bassano aufhielt, machten sie an dem Tore, das die königlichen ::\iinisterialen bewachten 40, mit ungefähr 600 Reitern einen Ausfall ; es entwickelte sich ein heftiges Gefecht, 41 aber man kämpfte lange unentschieden , auf beiden Seiten tat man nichts anderes als töten , so 25 daß die Erde vom Blute troff; unsere Leute versuchten zwar aus Ehr gefühl und Tapferkeit mit höchster Kraft 'Viderstand zu leisten , konn ten aber an diesem Tag nicht erreichen, da ß die feindlichen Streit kräfte sich zurückzogen 41. Hart und tapfer wurde an jenem Tage ge kämpft. Denn die Bäche auf dem Felde, von dem Blute der Getöteten 30 und Verwundeten gefärbt und angeschwollen, erhielten, wenn man es glauben darf, durch den Strom des Blutes noch einen Zuwachs . Am Abend trennten sich die beiden Parteien ; diese zogen sich in die Ver schanzungen des Lagers, j ene hinter die Schutzwehren des Mauer dammes zurück. 35 55. Als der Kaiser bei seiner Rückkehr von dem hartnäckigen Wage mut der Feinde erfuhr, ergriff ihn Entrüstung und zugleich Zorn dar über, da ß sie, 42 die schon beinahe in äußerster Not eher demütig um 3 7- 3 7
V gl. Sall . , Iug.
38 - 3 8 V gl. ebda.
60,
6 0, l .
5.
39-39 Vgl . Ioseph . I I I , l . 4 0 T o r v o n O m b r iano . , et effrenato quodam impetu ad iaeiendum ineitabantur, hoe 20 speciem esse fortitudinis rectique consilii existimantes, hostibus stuporem mentis admirationemque audacie relinquere. Pauci quidem rationi eedentes filiis eonsulere voluissent, alios autem liberorum eedis amor invasit, malorum, que subditi hostibus passuri fuerant, eogitationem habentes pro solatio neeessitatis 2s ad eedem 60 • Et Crema tune temporis taliter affeeta seu potins afflieta fuerat. / 58. At Mediolauenses arbitrantes Fredericum circa obsidionem Creme sollieitum alias 61 laborantibus non posse suecurrere 51, egressi eum turmis suis pene trigintaf l milia hominum, oppidum 3 o quoddam versus laeum Cumanum Manerbe vocatum 52 obsidione eingunt, aggeres instruunt, machinas admovent omnibusque modis eversionem castri aeeelerare nituntur. Verum eomes Goz winus, qui tune eomitatum Sefrenensem g) et Martusanum iussus •>
e)
so
AB. C.
80 A B . C .
b l v. n. A B .
0 XX A B .
c) solere C.
g ) sefrensem A B .
d) 80 C, sine AB.
los.
Grausame Kämpfe vor Crema
619
tapfere Streiter wären, brauchten wir uns auch hierüber keine Bedenken machen oder auf einen Mahner warten. Denn der Tod bringt ja den Seelen die Freiheit, und aufs höchste glückselig sind die, die fürs Vaterland gestorben sind und dadurch schon Unsterblichkeit errungen s haben. Wie viele unserer Vorfahren sind in solcher Lage und unter solchen Bedingungen gestorben, die einen gefoltert und mit Feuer oder Geißelhieben gemartert, während die anderen, von wilden Bestien halb aufgefressen, lebendig für deren zweites Mahl aufgespart wurden . Elender als ihr sind wir, die wir noch leben und den Tod nicht empto fangen, den wir oft herbeisehnen . Denn wenn j eder von uns an die grausame Knechtsch aft unter Barbaren oder Heiden denkt, wenn er mitansehen muß , wie die Ehefrauen zur Schändung abgeführt werden, wenn der eine mit gefesselten Händen die Stimme des Sohnes hört, der den Vater um Hilfe anfleht, der andere die unglücklichen Greise t s auf den Trümmern der Vaterstadt sitzen sieht, - wenn j eder von uns, sage ich , dies erwägt, wird er dann noch den Anblick der Sonne er tragen, selbst wenn er ungefährdet v;eiterleben könnte ? Ach wären wir doch alle gestorben, bevor wir unsere Stadt von den Händen der Cremonesen zerstört sähen , bevor wir unsere heilige Vaterstadt von 20 den gottlosen Pavesen von Grund aus vernichtet sähen ! Als er noch weiterreden wollte, unterbrachen ihn alle, und ein gleich sam entfesseltes Ungestüm trieb sie dazu, "'urfgeschosse zu schleu dern ; das sei, so meinten sie, ein Beweis ihrer Tapferkeit und ihres richtigen Entschlusses, bei den Feinden Staunen und Bewunderung 25 ihres Mutes hervorzurufen. Nur einige wenige hätten gern, der Ver nunft gehorchend, ihren Söhnen geholfen , andere aber ergriff die Lust , ihre Kinder zu morden, und im Gedanken an die Leiden, die sie als Unterworfene von den Feinden zu erdulden haben würden, nahmen sie die Notwendigkeit als Trost im Tode hin 50• So also war Crema damals 30 angeschlagen oder vielmehr niedergeschlagen. 58. Die Mailänder indes glaubten, Friedrich könne, von der Be lagerung in Anspruch genommen, 61 nicht den anderswo Kämpfenden zu Hilfe kommen 61, und rückten daher mit ihrem Aufgebot von fast 30 000 Mann aus und schlossen eine Burg in der Nähe des Corner Sees 3 5 mit Namen Erba ein 52, bauten Dämme , brachten Maschinen heran und bemühten sich mit allen Mitteln, die Eroberung der Burg zu beschleunigen . Doch Graf Gozwin , der damals im Auftrag des Kaisers die Grafschaft Seprio und die Martesana fürsorglich verwaltete , schickte
01- • 1 Sall . , Cat. 60, 4 ; Iug. 98, l . 5 2 Vielleicht Erbe in der Martesana.
620
Gesta Frederici IV, 58 - 59
[296/297]
a prineipe satis provide administrabat, missos suos ad euriam dirigit hostiumque eonamen denuntiavit, quid faeto sit opus, eonsulit, se quoque eopias quantas possit eolleeturum, si ab exereitu aliquod sibi militie supplementum destinetur. Im perator eontinuo quingentos equites armatos eo dirigere deeernit. s Comes etiam de suis eolligens auxilia non modieuro eoadunavit exereitum. Iamque eompositis rebus, Mediolanensibus 53 se ostendere, minitari, neque prelium faeere neque otium pati, tan tummodo hostem ab ineepto retinere, neque eopiam pugnandi faeere, donee qui e eastris expeetabatur miles superveniret. Rati 10 Ligures, id quod negotium poseebat, imperatorem Iaborantibus suis auxilio venturum et indubitatum prelium futurum 53, obsidionem dimittunt, fugamque ineuntes ad eivitatem evadere festinant. Comes ut videt eos iam fugam eepisse, magna illos vi ab tergo urget, fugientibus instat, eedit, eapit, eopiosam predam 1 s diripit ; reliqui 54 amissis omnibus profugi 54, multique saueii, vix intra eivitatem revertuntur. 5D. Inter hee Plaeentini multis argumentis deteeti sunt studio rerum novandarum niti, eum Mediolanensibus a) inire eoneilia bula, frumentum aliaque 55 usui neeessaria 55 elaneulo illis 20 providere, quin etiam aliquos de suis Cremensibus in auxilium destinasse. Imperator satius existimans habere deteetos inimieos quam f fietos amieos, pro eo quod, ut dieitur, 56 nulla pestis effieatior ad noeendum quam familiaris inimi eus 56, eosdem pro perfidia sua, ut levissimos nee in hae nee in illa parte fidem 25 debitam habentes, hostes pronuntiat. Verum res exigit 57, ut ad seisma Romane eeelesie, unde digressi sumus 58, seribendo redeamus. Porro in hoe negotio leetorem admonitum esse eupimus, ut non de nostro dieto vel seripto veritatem huius rei metiatur, sed, quid reetins sit, 30 59quisve, ut ita dixerim bl , iustius induit arma 59, ex eollatione omnium seriptorum, que undique media diseurrerunt, proprio dis quirat iudieio. Nos enim, si alterutrius partis res vel attolleremus folgt crebra AB. dicam AB. sa-sa Vgl. Sall . , Iug. 5 5 , 8 - 5 6, 1 . 54-54 V gl . ebda. 56, 6 . a)
b)
Mailänder vor Erbe - Piacenza im Aufstand
621
seine Boten an den Hof und meldete das Vorhaben der Feinde ; er fragte an, was zu tun sei , und erklärte , wenn ihm vom Heer einige Hilfstruppen geschickt würden , werde er auch selbst so viel Streit kräfte sammeln, wie er könne . Der Kaiser beschloß, ihm unverzüglich 5 500 gewappnete Ritter zu schicken. Auch der Graf sammelte aus sei nen Untergebenen Hilfstruppen und konnte so ein nicht unbedeuten des Heer zusammenbringen. Und nun , nachdem diese Vorbereitungen getroffen waren, 53 zeigte er sich den Mailändern und bedrohte sie ; er schlug sich nicht mit ihnen, ließ ihnen aber auch keine Ruhe, sondern 1 0 hielt den Feind nur von seinem Vorhaben ab und gab ihm keine Gele genheit zum Kampf, bis das vom Lager erwartete Ritterheer eintraf. Da die Ligurer glaubten, der Kaiser werde, wie es die Lage erforderte, seinen bedrängten Leuten zu Hilfe kommen, und es würde dann un zweifelhaft zu einem Kampf kommen 53, gaben sie die Belagerung auf, 15 machten sich auf die Flucht und suchten eiligst in ihre Stadt zu ent kommen. Als der Graf sah, daß sie schon zu fliehen begannen, drängte er mit aller Kraft nach, setzte den Fliehenden zu, tötete, machte Ge fangene und plünderte die reiche Beute ; die übrigen 04 kehrten, nach dem sie alles verloren , flüchtig 54, viele verwundet, mit Mühe und Not 20 in die Stadt zurück. 59. Währenddessen wurden die Piazentiner durch zahlreiche Be weise überführt, einen Aufstand zu planen : mit den Mailändern hatten sie Zusammenkünfte, lieferten ihnen heimlich Getreide und 55 anderen notwendigen Bedarf 55, ja sie hatten sogar einige ihrer Leute Crema 25 zu Hilfe geschickt. Der Kaiser war der Meinung, es sei besser, offene Feinde zu haben als falsche Freunde, und weil, wie man sagt, 66 keine Pest wirksamer Schaden stiftet als ein Feind im Hause 66, erklärte er sie wegen ihrer Treulosigkeit zu Feinden, da sie wankelmütig weder dieser noch jener Partei die gebührende Treue hielten. 30 Nun aber ist es erforderlich 57, in unserem Bericht zu dem Schisma in der Römischen Kirche zurückzukehren, von dem wir abgeschweift sind 68• In dieser Angelegenheit möchten wir nun den Leser mahnen, den wirklichen Verlauf dieses Ereignisses nicht nach dem, was wir sagen oder schreiben , zu ermessen, sondern darüber, wer richtiger handelte 35 und 59 sozusagen mit größerem Recht die Waffen anlegte 59, durch Ver gleichung sämtlicher Schriftstücke, die von allen Seiten zusammen liefen, nach eigenem Urteil die Entscheidung zu treffen . Denn wenn wir die Sache einer Partei entweder lobend erhöben oder verkleinerten, ,,_., Vgl. I o sep h . I I I , 8 . Boeth., D e consol. III, pros. 5 . 5 7 Vgl . Oros. I , 1 , 7 ; IV, 6, I . ss Oben IV, 52. ••-•• Vgl. Lucan., Phars. I , 1 26. s o -so
=
62 2
Gesta Frederici I V , 59 - 60
[297 /298]
vel extenuaremus, a proposito decidere videremur, nec utique sanum esset corpus reliquum historie, si hanc partem velut principale membrum domestici favoris morbus haberet 60 • 60. Divisis, ut supra dieturn est 61, in electione Romani pontificis cardinalibus, clero ac populo Romano, cum a suis 5 consentaneis et sequacibus alter, id est Octavianus, in prima dominica mensis Octobris 62, alter, id est Rolandus, in decima octava die mensis Septembris in episcopum consecratus fuisset 63, uterque litteras, quarum tenor subiectus est, ad declarandam 10 rem per mundi partes destinavit. Victor episcopus a) , servus servorum Dei , venerabilibus fratri bus, patriarchis, archiepiscopis, episcopis, et karissimis filiis, abbatibus, ducibus, marchionibus, comitibus et ceteris principi bus et egregie familie imperiali, in sacratissima curia domni Frederici serenissimi et invictissimi Romanorum imperatoris 1 5 commorantibus, salutem et apostolicam benedictionem . Quam et in quantum et ecclesiastici status decorem / et honorem Romani imperii et nobilitatem omnium bonorum hactenus sincere dilexerimus b) et que mutue karitatis sint invicem fre quenter exhibita, nequaquam credimus a vestre magnitudinis 20 excidisse memoria. Nunc autem tanto propensioris dilectionis efficaciam vobis et imperio cupimus exhibere, quanto Deo auctore ad maiorem conscendimus dignitatem . Quapropter universitatem vestram, de qua plene confidimus, plurimum deprecamur, ut pro beati Petri apostolorum principis reverentia 25 et antique dilectionis constantia, que inter nos inviolabiliter perseverare dinoscitur, domnum imperatorem invictissimum commonendo rogetis, quatinus imperio sibi a divina clementia commisso et ecclesie Dei , sponse Iesu Christi, cuius advocatus et defensor divinitus est constitutus, providere et subvenire non Jo tardet, ne in tanta discordia adversariarum malitia nequiter prevalere, navicula beati Petri proccllis et tempestatibus suo tem pore quassari et decus imperiale valeat aliquatenus obnubilari. a)
b)
80
Lit.
fehlt C. der weitere Brief fehlt A . Zum Schisma von 1 1 59 vgl. A . Pacaut, Alexandre III und die dort genannte
Schisma : Rundschreiben Viktors IV.
623
würden wir offensichtlich von unserem Vorsatz abweichen, und sicher lich wäre der übrige Körper der Geschichte nicht gesund, wenn gerade diesen Teil, gleichsam das wichtigste Glied , die Krankheit persönlicher Begünstigung befallen hätte 60. 5 60. Wie oben erwähnt 61, waren die Kardinäle, Klerus und Volk von Rom bei der Papstwahl uneinig ; der eine der Gewählten, Octavian, war von seinen Gesinnungsgenossen und Anhängern am ersten Sonn tag des Monats Oktober 62, der andere, Roland, am 1 8 . September zum Bischof geweiht worden 63. Nun schickten beide zur Erklärung der Vor10 gänge in alle Teile der Welt Briefe , deren Wortlaut hier mitgeteilt wird : Bischof Viktor, Knecht der Knechte Gottes, den ehrwürdigen Brü dern, Patriarchen , Erzbischöfen , Bischöfen, sowie den teuersten Söhnen, Äbten, Herzögen, Markgrafen , Grafen und den übrigen 15 Fürsten und der erlesenen Hausgenossenschaft des Kaisers, die am hochheiligen Hofe des Herrn Friedrich, des erlauchten, unbesiegbaren römischen Kaisers weilen, Gruß und apostolischen Segen. Wie sehr uns bisher der würdevolle Zustand der Kirche und das Ansehen des römischen Reiches sowie die Ehre aller Gutgesinnten aufrichtig am 20 Herzen gelegen hat und welche gegenseitigen Freundschaftsbezeu gungen häufig ausgetauscht worden sind, das ist, so glauben wir, dem Gedächtnis eurer Hoheit keineswegs entschwunden. Jetzt aber möch ten wir euch und dem Reich um so nachdrücklicher die Stärke un serer Liebe bekunden, als wir nach Gottes Ratschluß zu einer höheren 25 Würde aufgestiegen sind. Deshalb bitten wir euch alle, auf die wir unser volles Vertrauen setzen, inständig, aus Ehrfurcht vor dem heili gen Petrus, dem Apostelfürsten, und um der Beständigkeit der alten Liebe willen , die ja zwischen uns unverletzlich besteht, den unüber windlichen Herrn Kaiser zu mahnen und zu bitten, daß er nicht säume, 30 dem ihm durch Gottes Gnade anvertrauten Reich und der Kirche Gottes, der Braut Jesu Christi, zu deren Vogt und Verteidiger er von Gott bestellt ist, seine Fürsorge und Hilfe zu gewähren, damit bei der großen Uneinigkeit die Bosheit der Gegner nicht verderblich über handnehme, das Schifflein des heiligen Petrus nicht während seiner 3 5 Herrschaft durch Stürme und Unwetter erschüttert und der Glanz 61 Oben IV, 52. 6 2 Oktavian wurde von einer Kardinalsminderheit unter dem Einfluß Ottos v. Wittelsbach (vgl. W. Holtzmann, NA. 48) und der Römer erhoben. Am 4. Okt. 1 1 59 wurde er als Viktor IV. durch Kardinalbischof Imar von Tusculum in Farfa geweiht. 63 Roland, von etwa zwei Dritteln der Kardinäle erhoben, mußte zunächst der Gewalt der Römer weichen, wurde dann aber am 1 8. September in Cisterna. bei Aricia als Alexander III. immantiert und am 20. Sept. 1 1 59 in Ninfa bei 1:\ orma durch Kardinalbischof Hubald von Ostia konsekriert.
624
Gesta Frederici IV, 60 - 6 1
[298/299]
Insuper universitati vestre dignum duximus intimandum, qualiter ad apostolatus officium Domino concedente vocati fuerimus. Felicis memorie papa Adriano, predecessore nostro, viam universe carnis ingresso, in beati Petri basilica tumulato , convenimus omnes de electione summi pontificis tractaturi. 5 Post Iongarn vero collationem et diutinam deliberationem, divina tandem inspirante clementia, electione venerabilium fratrum nostrorum episcoporum, presbiterorum sancte Romane ecclesie cardinalium, cleri quoque Romani, petitione einsdem populi, assensu etiam senatorie dignitatis, honoratorum insuper 10 capitaneorum ad summum pontificatum, annuente Deo, canonice sumus electi et in sede apostolica collocati ac deinde prima dominica mensis Octo bris 64 benedictionis consecrationem et nostri officii accepimus plenitudinem 65• Quocirca universitatem vestram humiliter deprecamur, quatenus apud ipsum nos 1 5 precibus adiuvetis, 66 a quo omnis est potestas 66 et honor digni tatum. Si autem ex parte illius Rolandi quondam cancellarii , per conspirationem e t coniurationem contra ecclesiam Dei et imperium Willelmo J Siculo astricti, qui die XII. post electionem nostram 67 se fccit intrudi, 68 quod a seculis non est auditum 68, 20 ad vos scripta pervenerint, tamquam mendacio plena et a scismatico et heretico destinata respuatis et aures vestras ne quaquam illis ullatenus prebeatis. Data Segnie, V. Kalend . Novembris. 6 1 . Alexander episcopus, servus servorum Dei, venerabili 25 fratri Gerardo episcopo et dilectis filiis canonicis Bononiensis ecclesie et legis doctoribus ceterisque magistris Bononie com morantibus 69 salutem et apostolicam benedictionem . Eterna et incommutabilis providentia a) Conditoris sanctam et immacula tam ecclesiam a sue fundationis exordio ea ratione voluit et 3o ordine gubernari , 70 ut unus ei pastor et institutor existeret 70 , cui universi ecclesiarum prelati absque repugnantia subiacerent, et membra tanquam suo capiti coherentia ei se mirabili quadam unitate coniungerent et ab ipso nullatenus dissiderent. Qui vero a)
der weitere Brief fehlt A .
• • 1 1 59 Okt. 4 .
Schisma : Brief Alexanders III.
625
des Reiches verdunkelt werde . Außerdem haben wir es für angemessen erachtet, euch allen mitzuteilen, wie wir mit des Herrn Zustimmung zu dem apostolischen Amt berufen worden sind. Nachdem unser Vor gänger seligen Angedenkens, Papst Hadrian, den Weg alles Fleisches 5 gegangen und in der Kirche des heiligen Petrus beigesetzt war, ver sammelten wir uns alle, um über die \Vahl eines Papstes zu verhandeln. Nach langer Beratung und eingehender Ü berlegung wurden wir schließ lich auf die Eingebung der göttlichen Gnade hin durch die Wahl un serer ehrwürdigen Brüder, der Bischöfe, der Kardinalpriester der heili10 gen Römischen Kirche, des Römischen Klerus, auf Bitten des rö mischen Volkes, mit Zustimmung auch des Senatorenstandes, dazu der ehrenwerten Kapitane mit Gottes Einwilligung kanonisch gewählt und auf den apostolischen Stuhl gesetzt und am ersten Sonntag des Monats Oktober 64 empfingen wir dann die Weihe und die Vollgewalt 15 unseres Amtes 65. Deshalb bitten wir euch alle demütig, uns mit euren Bitten bei dem zu unterstützen, 66 von dem alle Gewalt 66 und jede Ehre der Würden stammt. Wenn aber von seiten des ehemaligen Kanzlers Roland , der durch Konspiration und Verschwörung gegen die Kirche Gottes und das Reich an den Sizilier Wilhelm gebunden 20 ist und der sich am 1 2 . Tage nach unserer Wahl 67 als Eindringling einsetzen ließ, 68 was seit unvordenklicher Zeit nicht vorgekommen i�t 68, Schreiben an euch gelangen sollten , so möget ihr sie als voller Lügen und von einem Schismatiker und Häretiker abgesandt zu rückweisen und ihnen keineswegs in irgendeinem Punkte euer Gehör 25 schenken . Gegeben zu Segni, am 2 8 . Oktober. 6 1 . Bischof Alexander, Knecht der Knechte Gottes, dem ehrwürdi gen Bruder, Bischof Gerhard, und den geliebten Söhnen, den Kano nikern der Kirche von Bologna, den Doktoren des Rechts und den übrigen sich in Bologna aufhaltenden Magistern 69 Gruß und apostoli30 sehen Segen . Die ewige, unwandelbare Vorsehung des Schöpfers wollte die heilige, unbefleckte Kirche von Anbeginn ihrer Gründung in der Weise und Ordnung geleitet wissen, 70 daß sie einen einzigen Hirten und Lehrer habe 70, dem sich alle Prälaten der Kirche widerspruchslos unterordnen sollten , und daß sich die mit ihrem Haupte gleichsam 3 5 zusammenhängenden Glieder mit diesem zu einer gewissermaßen wunderbaren Einheit vereinigten und in keinem Punkte sich von ihm 65
Der wahre Sachverhalt wird von Viktor verschleiert.
66-66 67
V g l . R om .
S ept .
68 - 68
18.
Vgl . l o h .
1 3,
I.
9, 3 2 .
69 D . i . die l:niversität Bologna, an d e r Roland v o r seiner Berufung a n die
Kurie kanonisches Recht gelehrt hatte. - Der B r ief ist am schrieben . 70 - 70
Vgl . l o h . 10, 1 6 .
5.
Okt.
1 1 59
ge
Gesta Frederici IV, 61
626
[299/300]
apostolis suis pro eorum fidei firmitate promisit dicens : 71 Ecce ego vobiscum sum omnibus diebus usque ad consummationem seculi 71, ille procul dubio ecclesiam suam, cuius ipsi apostoli magisterium assumpserunt, sua promissione fraudari nullo modo patietur, sed eam in suo statu et ordine, licet ad instar navicule s Petri fluctuare aliquando videatur, perpetuo faciet permanere. Unde et, quamvis hoc tempore 72 tres falsi fratres 72, 73 qui a nobis quidem exierunt, sed non fuerunt de nobis 73, 74 transfigurantes se in angelos lucis, cum sint Sathane 74, "75 inconsutilem Christi tunicam 75, quam utique ipse quidem al , ex persona psalmigraphi , 10 76 a leonibus petit et a framea / erui et de manu canis orat ac postulat liberari 76, scindere et laniare laborent, 77 Christus tarnen auctor et caput ecclesie 77 eam velut unicam suam sponsam provida gubernatione tuetur et navem egregii piscatoris, licet sepius quatiatur, a fluctibus non permittit naufragium sustinere. I 5 Porro cum antecessor noster bone memorie Adrianus papa Kaiendis Septembris bl Anagnie debitum nature solvisset et de terris ad celum , de imis migrasset Domino vocante ad superna, eo Romam adducto et II. Non. Septembr. in ecclesia beati Petri, presentibus fere omnibus fratribus, satis honeste, sicut 20 moris est, tumulato, ceperunt c) fratres et nos cum eis secund um ecclesie consuetudinem de substituendo pontifice in eadem ecclesia studiosins cogitare, et tribus diebus de ipsa electione tractantes, tandem in personam nostram , insufficientem huic oneri et tante dignitatis fastigio minime congruentem , omnes 25 quotquot fuerunt 78, tribus tantum exceptis, Octaviano scilicet, Iohanne de Sancto Martino et Guidone Cremense, Deo teste, quia mendacium non fingimus, sed meram sicut est loquimur veritatem , concorditer atque unanimiter convenerunt dl et nos, assentiente clero ac populo, in Romanum pontificem elegerunt. Jo Duo vero, Iohannes videlicet et Guido, quos prenotavimus, ter tium Octavianum nominantes ad eius electionem pertinaciter intendebant 79• Unde et ipse Octavianus in tantam audaciam insaniamque e) prorupit, quod mantum, quo nos reluctantes et a)
b)
idem B.
d) conveniunt B. 11-11 = Matth .
28, 20.
folgt dum essemus
e) vesaniamque B.
7 2 -7 2 Vgl.
B.
Galat .
2, 4.
c)
folgt omnes
B.
Schisma : Brief Alexanders III.
627
trennten. Der aber seinen Aposteln zur Stärkung ihres Glaubens ver hieß : 71 Siehe, ich bin bei euch alle Tage bis an das Ende der Welt 71, der wird zweifellos unter keinen Umständen dulden, daß seine Kirche, deren Leitung j a die Apostel selbst übernahmen, um seine Verheißung 5 betrogen werde, sondern er wird sie dauernd in ihrem Zustand und ihrer Ordnung erhalten, mag sie auch bisweilen wie der Nachen Petri auf den Wellen zu treiben scheinen. Obwohl nun gegenwärtig 72 drei falsche Brüder 72, 73die zwar von uns ausgegangen sind, aber nicht von uns waren 73 und 74 sich als Engel des Lichts verstellen, während sie 10 Teufel sind 74, 75 den ungenähten Rock Christi 75, den er selber nach dem Psalmisten 76 den Löwen und dem Schwert und dem Hunde zu entreißen sucht 76, zu zerreißen und zu zerstückeln trachten, 77 so schützt doch Christus, der Gründer und das Haupt der Kirche 77, diese wie seine einzige Braut durch seine umsichtige Leitung und läßt den 15 Nachen des hehren Fischers, wenn er auch öfters hin und her geworfen wird, doch nicht durch die Wogen Schiffb ruch erleiden. Als nun unser Vorgänger seligen Angedenkens, Papst Hadrian, am 1 . September in Anagni der Natur den schuldigen Tribut gezahlt hatte und auf Gottes Ruf von der Erde zum Himmel, aus der Tiefe zur 20 Höhe gewandert, nach Rom überführt, in Gegenwart fast aller Brüder am 4. September in der Kirche des seligen Petrus höchst ehrenvoll, wie es üblich ist, bestattet worden war, da begannen alle Brüder und wir mit ihnen nach der Gewohnheit der Kirche über die Einsetzung eines Bischofs dieser Kirche eindringlich zu beraten ; nachdem wir 25 drei Tage über die Wahl verhandelt hatten, da einigten sich schließlich auf unsere für diese Last ungenügende und für eine so hohe Würde ganz und gar nicht geeignete Person alle, so viel ihrer waren 78, ein stimmig und einmütig, drei nur ausgenommen, nämlich Octavian, Johann von S . Martino und Guido von Crema - Gott ist unser Zeuge, 30 daß wir nicht lügen, sondern die reine Wahrheit sagen, wie es war und wählten uns mit Zustimmung von Klerus und Volk zum Römischen Pontifex . Zwei aber, die eben genannten Johann und Guido, nomi nierten den dritten, Octavian, und setzten sich beharrlich für seine Wahl ein 79. Dadurch ließ sich auch Octavian selbst zu solch wahn35 witziger Tollkühnheit hinreißen, daß er uns den Mantel, mit dem uns 7 3 -73
74 - 7• Vgl. 2. Cor. 1 1 , 1 4 . Vgl. 1. loh. 2 , 1 9 . 7 6 - 7 8 Vgl. P s . 2 1 , 2 1 . 2 2 . Vgl. loh. 1 9, 2 3 . 7 7 - 77 Vgl. Ephes. 5, 2 3 . 7 8 D e n vorhergehenden Abmachungen entsprechend sollte die W ah1 allerdings einstimmig sein ; vgl. IV, 62. 79 Danach müssen sich allerdings noch zwei weitere Kardinäle Viktor I V . angeschlossen haben (vgl . unten IV, 62), bzw. die Alexandriner sprechen immer nur von drei Wählem Viktors, weil nach dem kanonischen Recht ein Wider spruch von nur zwei oder drei Kardinälen keine Rechtskraft hatte. 75-7•
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Gesta Frederici IV, 6 1
[300/30 1]
renitentes, quia nostram insufficientiam videbamus, iuxta morem ecclesie Odo prior diaconorum 80 induerat 81, tamquam arrepticius a collo nostro propriis manibus violenter excussit et secum inter tumultuosos fremitus asportavit. Ceterum cum quidam de senatoribus tantum facinus inspexissent, unus ex eis spiritu 5 divino succensus mantum ipsum de manu eripuit sevientis. Ipse vero ad quendam capellanum suum, qui ad hoc instructus venerat et paratus, ilico flammeos oculos fremebundus inflexit, clamans et innuens, ut mantum, quem fraudulenter secum portaverat, festinanter afferret. Quo utique sine mora delato, idem Octa- 1 0 vianus, abstracto pilleo et capite inclinato, cunctis fratribus aut loco J inde aut voluntate remotis, manturn per manus eiusdem capellani et cuiusdam clerici sui ambitiosus assumpsit, et ipse idem, quia non erat alius, in hoc opere capellano et clerico extitit coadiutor. Verum ex divino credimus iudicio 1 s contigisse, quod e a pars manti , que tegere anteriora debuerat, multis videntibus et ridentibus, posteriora tegebat : et cum ipse idem hoc emendare studiosius voluisset, quia capitium manti extra se raptus non paterat invenire, collo fimbrias circumduxit, ut saltim mantus ipse appensus ei quodammodo videretur. 20 Sicque factum est, ut, sicut torte mentis erat et intentionis oblique, ita ex transverso et obliquo mantum fuerit in testimo nium sue dampnationis indutus. Quo facto, porte ecclesie, que firmate fuerant, reserantur, et armatorum cunei , quos, sicut ex re apparuit, pecunie largitione conduxerat, evaginatis gladiis 2s cum immenso strepitu cucurrerunt, et pestis illa mortifera82, quia cardinales episcopos non habebat, armatorum caterva mi litum vallabatur. Fratres vero facinus tarn immensum et 83 a seculis inauditum83 ex insperato videntes et formidantes, ne a conducticiis militibus truncarentur, sese in munitionem ecclesie Jo nobiscum pariter receperunt, ibique novem diebus continuis, ne exinde libere exiremus, fecit nos quorumdam senatorum assensu, quos pecunia oblata corruperat, die noctuque armata manu cum omni diligentia custodiri. Sane, populo incessanter et iugiter acclamante et in senatores pro tanta impietate multa 3 5 so Odo Kardinald.
v.
S. Gregorio ad Velum aureum.
Schisma : Brief Alexanders III.
629
trotz unseres heftigen Sträubens, weil wir unsere Unzulänglichkeit erkannten, nach der Sitte der Kirche Odo, der Prior der Diakone80, bekleidet hatte 81 , wie ein Besessener eigenhändig gewaltsam von un serer Schulter herunterriß und unter Lärm und Geschrei fortschleppte. 5 Als einige Senatoren diesen schweren Frevel sahen, entriß einer von ihnen, vom göttlichen Geist getrieben, den Mantel den Händen des Rasenden . Dieser aber richtete wutschnaubend seine flammenden Augen auf einen seiner Kapläne, der, dazu abgerichtet und vorberei tet, mitgekommen war, und schrie und winkte ihm zu, er solle ihm t o schleunigst den Mantel bringen, den er betrügerischerweise mitge bracht hatte. Als dieser unverzüglich herbeigeschafft worden war, setzte Octavian die Mütze ab und nahm, während sich alle Brüder entfernt hatten oder nur widerwillig zusahen, ehrgeizig aus den Hän den desselben Kaplans und eines seiner Kleriker gebeugten Hauptes 1 5 d en Mantel an , und weil kein anderer da war, half er dabei selbst dem Kaplan und dem Kleriker. Aber es geschah, wie wir glauben, durch göttliche Schickung, daß der Teil des Mantels, der die Vorderseite hätte bedecken sollen, zum Gelächter der vielen, die zusahen, den Rücken bedeckte ; er versuchte zwar eifrig, das zu ändern, konnte aber, 20 außer sich vor \Vut, die Kapuze des Mantels nicht finden und schlang sich die Troddeln um den Hals, so daß ihm wenigstens der Mantel selbst einigermaßen angehängt schien . Und so kam es, daß, wie sein Sinn verdreht und seine Absichten krumm waren, zum Zeugnis seiner Verdammung der Mantel verkehrt und schief saß . Danach wurden die 25 Tore der Kirche, die geschlossen gewesen waren, geöffnet, und Scharen von Bewaffneten, die er, wie aus den Vorgängen ersichtlich wurde, durch Geldspenden gedungen hatte, dr angen mit gezückten Schwer tern unter gewaltigem Lärm ein, und j ene tödliche Pest82 wurde, da sie j a keine Kardinalbischöfe hatte, von einer Rotte bewaffneter Sol30 daten schützend umgeben . Die Brüder, die diese ungeheuerliche, 83 seit Jahrhunderten nicht erhörte 83 Freveltat unvermutet mitan sehen mußten, befürchteten , sie möchten von den bewaffneten Miet lingen in Stücke gehauen werden, und zogen sich daher mit uns zu gleich in das Kastell der Kirche zurück ; dort ließ er uns neun Tage 35 hintereinander mit Zusti m mung einiger mit Geld bestochener Sena toren Tag und Nacht von Bewaffneten mit aller Sorgfalt bewachen, damit wir nicht ungehindert herausgehen könnten. Das Volk aber schrie unaufhörlich und beständig und murrte in großer Wut wegen dieser Ruchlosigkeit gegen die Senatoren ; darum wurden wir zwar 81 Eben das, daß Alexander schon immant iert war, wurde von Viktor ständig bestritten. 8 2 D . h . Oktavian . '3- 8 3 Vgl. loh . 9, 32.
Gesta Frederici IV, 6 1
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[301 /302]
immanitate fremente, de custodia fuimus illius munitionis erepti, sed in artiori et tutiori loco apud Transtyberim nos idem senatores, recepta inde pecunia, posuerunt. Cumque moram ibidem ferme per triduum fecissemus, universo populo tantam proditionem atque malitiam de cetero nullatenus sustinente, s senatores cum nobilibus et populo venientes nos et fratres nostros per Urbem magnifice et honorifice cum immensis laudi bus et preconiis, campanis etiam in transitu nostro ubique a) pulsantibus, conduxerunt, et sie tandem a violentia perse quentis erepti et nostre redditi libertati, sequenti die dominico b) 10 venerabilibus fratribus nostris Gregorio Sabinensi, Hubaldo Ostiensi, f Bernardo84, Walthero s5, Iulio86 et BY episcopis, cardinalibus quoque, abbatibus , prioribus, iudicibus, advocatis, scriniariis, primicerio87 a et scola cantorum, nobilibus etiam et quadam parte de populo Urbis apud Nimpham non longe ab 1 s Urbe insimul congregatis, munus consecrationis accepimus et, sicut in Romana ecclesia moris est, ibidem pontificali regno magnifice fuimus ac sollempniter coronati . Ceterum predictus Octavianus, cum pro consecratione, immo execratione sua, dum et in Urbe esset et postquam latenter Urbem exivit, multos 20 episcopos convocasset, nullum prorsus preter unum , Ferenti natem videlicet episcopum 88, habere potuit pro sua temeritate et vesania confirmanda. Quosdam tarnen episcopos imperialibus minis, quosdam violentia laicali, quosdam vero pecuniis et blanditiis allicere voluit, sed nil, Domino impediente, profecit. 2s Unde nec adhuc invenire potest, licet omnibus modis enitatur, qui ei manus execrationis imponat et se tante faciat presump tionis et impietatis auctorem . Verum memorati Iohannes et Guido, cecitatis tenebris obvoluti , quoniam scripturn est : 89 Peccator cum venerit in profundum malorum cJ , contempnet89, 30 nec si a sua presumptione dampnabili resipiscunt, sed eundem Octavianum, 90 quem sibi in statuam erexerunt90, obstinata a) fehlt 0. b ) dominica c) v .
B.
Korr. übergesch-r.
•• von Porto . 8'
von Alba.
G.
Schisma : Brief Alexanders III.
631
aus der Haft in dieser Fest ung herausgeholt, aber dieselben Senatoren, die von j ener Seite bestochen waren, brachten uns nun in einen noch engeren und sichereren Ort in Trastevere. Dort hielten wir uns ungefähr drei Tage auf, nun a b er wollte das gesamte Volk einen so schweren 5 und bösartigen Verrat unter keinen Umständen noch länger dulden ; daher kamen Senatoren mit dem Adel und dem Volke und geleiteten uns und unsere Brüder mit Gepränge und Ehren unter ungeheueren Lobpreisungen und Verherrlichungen durch die Stadt, während bei unserem Durchzug überall die Glocken läuteten ; und so waren wir 10 endlich der Gewalt des Verfolgers entronnen und unserer Freiheit zurückgegeben und empfingen am nächsten Sonntag in Gegenwart unserer ehrwürdigen Brüder, der Bischöfe Gregor von Sabina, Ru bald von Ostia, Bernhard84, Walter85, Julius86 und B . 87, ferner von Kardinälen, Ä bten, Prioren, Richtern, Advokaten, Notaren, des 15 Primicerius87a und der Gilde der Sänger, auch der Edlen und eines Teiles vom Volk der Stadt, die sich in Ninfa nicht weit von der Stadt alle versammelt hatten, die Gnade der Weihe und wurden, wie es in der Römischen Kirche Brauch ist, in großer Pracht feierlich mit der päpstlichen Gewalt gekrönt. Im übrigen hatte der oben genannte 20 Octavian, solange er in der Stadt war und auch nachdem er sie heim lich verlassen hatte, zu seiner Weihe od er richtiger Verfluchung zahl reiche Bischöfe zusammengerufen , konnte aber keinen finden außer einem, nämlich dem Bischof von Ferentino 88, der ihm seine Vermes senheit und seinen Wahnsinn bestätigte . Dennoch versuchte er, 25 einige Bischöfe durch kaiserliche Drohungen, andere durch Laienge walt, manche auch durch Bestechung und Schmeicheleien anzulocken, erreichte aber nichts, da der Herr es verhinderte. Daher kann er trotz seiner eifrigen Bemühungen auch j etzt noch keinen finden, der ihm die Hände zur "Verfluchung" auflegt und sich zum Förderer einer so 30 großen Anmaßung und Gottlosigkeit macht. Aber die erwähnten Johannes und Guido , von der Nacht der Blindheit umhüllt, lassen, da ja geschrieben steht : 89 Wenn der Sünder in den Abgrund der Bösen kommt, wird er es gering achten 89, dennoch nicht von ihrer verdam menswerten Anmaßung ab, sondern verehren jenen Octavian, 90 den 3 5 sie sich zu einem Standbild aufgerichtet haben90, mit beharrlicher 86
von Palestrina. Boso ( ?). - Von sieben Kardinalbischöfen standen also sechs auf Seiten Alexanders, das war eine starke Stütze für die Legitimität seiner Wahl (vgl. das Papstwahldekret von 1 059). 8 7 a D . i. d e r erste einer Gruppe, hier wohl Vor�teher d e r Kanzlei . 88 V'bald . 89 - 89 = Prov. 1 8, 3 . ••-•• Vgl . Dan. 3, 1 2. 1 8. 87
632
Gesta Frederici IV, 6 1
[302/303]
perfidia venerantur et eum, relicta unitate ecclesie, presumunt usque adhuc tamquam ydolum aut simulachrum adorare. Ipse autem Antichristi tempora preßgurans usque 91 adeo erectus est supra se, ut etiam in templo Dei sederit , ostendens se tamquam sit Deus91, et multi 92 abhominationem desolationis stantem in 5 loco sancto92 non sine multa lacrimarum effusione corporeis oculis inspexerunt. Sane nos infirmitatem nostram et virtutum indigentiam cognoscentes 93 nostrum in Dominum iactamus cogitatum93, sperantes et de Christi misericordia plenius con fidentes, quod ecclesiam sanctam suam, pro qua ipse idem in 10 substantia nostre mortalitatis apparuit, ut eam sibi 94 non habentern rugam aut maculam 94 exhiberet, optata f faciet in a) tranquillitate letari, et procellarum omnium inundatione sedata, nihil erit, quod iam ei possit obsistere, ubi unicus eius sponsus 15 voluerit nubilosa queque et noxia propulsare. Nunc igitur, quia nos de nostrorum meritorum qualitate diffidimus et de honestate et religione vestra plenam habemus fiduciam, vestris et universalis ecclesie precibus infirmitatem nostram petimus adiuvari, karitatem vestram per apostolica scripta rogantes et commonentes attentius, ut sicut viri catholici 20 95 vos pro domo Domini muros inexpugnabiles opponatis95, et in devotione ac fidelitate matris vestre sacrosancte Romane ecclesie immobiliter persistentes ab eius unitate nullatenus recedatis. Quod si prefatus vir impietatis ad partes vestras aliqua dampnationis sue scripta transmiserit, ea, sicut respuenda 25 sunt, respuatis et tamquam vana ac sacrilega contempnere et abicere studeatis. Noverit insuper discretio vestra, quod nos supra nominaturn Octavianum, apostaticum et scismaticum, in octavo die a consecratione nostra96 - tune enim terminnm ei resipiscendi et ad unitatem matris ecclesie redeundi prefixi- Jo mus - tamquam inobedientem et contumacem, et illos, qui ei manus presumerent, non dicimus consecrationis, sed execra tionis imponere, et de communi fratrum nostrorum episcoporum et cardinalium voluntate atque consilio, accensis candelis et cetu clericorurn in ecclesia congregato, vinculo anathematis et 3 5 a)
fehlt
B.
Schisma : Brief Alexanders III .
633
Treulosigkeit und vermessen sich, nachdem sie die Einheit der Kirche aufgegeben haben, ihn bis heute wie ein Idol und Götzenbild anzu beten. Er selbst aber bietet uns ein Bild der künftigen Zeiten des Antichrist, und 91 so hoch er sich über sich selbst erhoben, daß er sich 5 sogar in den Tempel Gottes setzt und sich aufführt, als sei er Gott91 , und viele haben 92 den Greuel der Verwüstung, der an heiliger Stätte steht92, mit ihren leiblichen Augen gesehen und einen Strom von Tränen vergossen. Wir aber richten im Bewußtsein unserer Schwä che und mangelnden Tugenden 93 unsere Gedanken auf den Herrn93 10 und hoffen und vertrauen in vollem Maße auf die Barmherzig keit Christi, daß er seine heilige Kirche, für die er selbst im Stoff unserer Sterblichkeit erschien, um sie sich 94 ohne Runzel und Flecken 94 zu erhalten, sich in der ersehnten Ruhe erfreuen läßt, und daß es, wenn erst die Flut aller Stürme sich gelegt, nichts 15 geben wird, was sich ihr noch entgegenstellen könnte, sobald ihr einziger Bräutigam alle Wolken und alles Schädliche von ihr wird fernhalten wollen. Wir nun, da wir dem Wert unserer Verdienste mißtrauen, zu eurer Ehrenhaftigkeit und Frömmigkeit aber volles Vertrauen haben, bitten 20 euch , mit euren und der ganzen Kirche Gebeten unserer Schwachheit zu Hilfe zu kommen, und bitten und ermahnen euch um eurer Liebe willen eindringlich durch unseren Brief : stellt euch wie katholische Männer 95 als unbezwingliche Mauern vor das Haus des Herrn96, haltet in Ergebenheit und Treue zu eurer Mutter, der hochheiligen römischen 25 Kirche, ohne Wanken stand und weicht keinen Schritt von ihrer Ein heit ab. Wenn aber der obengenannte Mann der Gottlosigkeit irgend welche Briefe seiner Verdammnis an euch gesendet hat, so weist sie zurück, wie sie zurückzuweisen sind, und seid darauf bedacht, sie als lügenhaft, gotteslästerlich unbeachtet zu lassen und zu verwerfen . 30 Außerdem möge eure Besonnenheit zur Kenntnis nehmen, daß wir den obengenannten Apostaten und Schismatiker Octavian am achten Tag nach unserer Weihe 96 - diesen Termin hatten wir ihm nämlich bestimmt, Vernunft anzunehmen und zur Einheit der Mutter Kirche zurückzukehren - als ungehorsam und verstockt, nebst denen, die 3 5 ihm die Hände, wir sagen nicht zur Konsekration, sondern zur Exse kration aufzulegen wagten, nach dem gemeinsamen \Villen und Rat unserer Brüder, der Bischöfe und Kardinäle, bei brennenden Kerzen und vor dem in der Kirche versammelten Klerus mit dem Band des n-91
Vgl . 2. Thess. 2, 4 . Vgl. Matth. 24, 1 5 . 93 - 93 Vgl. P s . 5 4 , 23 . .. _ . . Vgl . Ephes. 5, 2 7 . 9 5 - 95 Vgl. Ezech . 1 3 , 5. 9 6 1 1 59 Sept. 27 in Terracina . 9 2-9 2
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Gesta Frederici IV, 6 1 - 62
[303/304]
excommunicationis astrinximus et eos cum suo auctore diabolo condempnavimus. 6 2 . Venerabilibus in Christo fratribus, patriarchis, archi episcopis, episcopis, abbatibus, ducibus, principibus, prepositis, prioribus et ceteris ecclesiarum prelatis, ad quos littere iste s pervenerint, Y marus Tusculanus episcopus a) prior episcoporum, Iohannes tituli Sanctorum Silvestri et Martini, Guido Cremensis tituli Sancti b) Calixti , sancte Romane ecclesie presbiteri car dinales, Rimundus diaconus cardinalis Sancte c) Marie in Via lata et f Sy. 97 Sancte Marie in Dompnica c) et Sublacus abbas per- 10 petuam in Domino salutem . Ex quo contra honorem ecclesie Dei et imperii amicitia inter domnum papam Adrianum et Willelmum Siculum apud Beneventum facta est98, dissensio et discordia d) non modica inter cardinales sacrosancte Romane ecclesie non sine causa oborta est, nobis scilicet, qui honorem et 1 5 dignitatem sancte Dei ecclesie et imperii nullatenus diminui volebamus, amicitie, que facta fuerat in detrimentum ecclesie et imperii, nequaquam consentientibus, aliis vero, qui, pecunia et multis promissionibus ohcecati, iam dicto Siculo tenebantur astricti99, conventionem ipsam taliter ut diximus fabricatam 20 nequiter defendentibus et quam plures in partem sui erroris attrahentibus, nostro conatui et voluntati totis viribus per tinaciter resistentibus. Proinde procedente tempore, cum iam fama ferret imperatorem Italiam intrasse et plurimam eius partem sue potestati subiugasse, predicti fratres Siculo astricti 25 domnum papam sollicitare ac circumvenire omni sagacitate ceperunt, qualiter aliqua occasione assumpta domnus imperator et omnes sequaces eius excommunicationi subderentur et nos ad id faciendum una cum eis iuramento astringeremur 1• Nos autem econtra diximus potins Siculum excommunicandum, qui Jo omnia iura ecclesie tarn spiritualia quam temporalia violenter abstulerat, quam imperatorem, qui ecclesie Romane et imperii iura fideliter laborabat recuperare et ecclesiam de servitute ad libertatem reducere. Hoc audientes fautores Siculi a iam dicto consilio cum rubore siluerunt. Eo igitur consilio nostro studio et 35 a)
der weitere Brief fehlt A .
b)
fehlt
C.
c- c)
fehlt B.
d)
concordia
C.
Schisma : Brief der Wähler Viktors
635
Fluchs und der Exkommunikation gefesselt und sie samt ihrem An stifter, dem Teufel, verdammt haben. 62 . Den ehrwürdigen Brüdern in Christo, den Patriarchen, Erz bischöfen, Bischöfen, Ä bten, Herzögen , Fürsten, Pröpsten, Prioren und s den übrigen Prälaten der Kirchen, an die dieser Brief gelangt, wünschen Bischof Imar von Tusculum , der Prior der Bischöfe, die Kardinal priester der heiligen Römischen Kirche Johannes von SS. Silvestro e Martino, Guido von Crema von S . Calisto, der Kardinaldiakon Rei mund von S. Maria in Via Lata, Sy. 97 von S. Maria in Domnica und 10 der Abt von Subiaco ewiges Heil im Herrn . Seitdem wider die Ehre der Kirche Gottes und des Reichs zwischen dem Herrn Papst Hadrian und dem Sizilier Wilhelm in Benevent Freundschaft geschlossen wur de 98, ist zwischen den Kardinälen der hochheiligen römischen Kirche nicht ohne Grund erhebliche Uneinigkeit und Zwietracht entstanden ; 15 denn wir, die wir unter keinen Umständen die Ehre und Würde der heiligen Kirche Gottes und des Reichs gemindert wissen wollen, haben diesem zum Schaden der Kirche und des Reichs geschlossenen Freund schaftsbündnis keineswegs zugestimmt, während die anderen, die sich , durch Geld und viele Versprechungen verblendet, dem Sizilier 20 verpflichtet hatten99, schändlicherweise die auf die angegebene Art zustandegebrachte Vereinbarung verteidigten , sehr viele für ihre fal sche Entscheidung gewannen und sich mit allen Kräften hartnäckig unserem Bestreben und Wollen widersetzten . Als dann im Laufe der Zeit gerüchtweise verlautete, der Kaiser sei in Italien einmarschiert 25 und habe es sich zum größten Teil unterworfen, begannen die oben genannten dem Sizilier verpflichteten Brüder den Herrn Papst anzu stacheln und ihn mit aller Schlauheit zu bedrängen, unter irgendeinem Vorwand den Herrn Kaiser und alle seine Anhänger mit dem Kirchen bann zu belegen und uns zusammen mit ihnen für dieses Vorhaben 30 eidlich zu verpflichten 1 . \Yir aber erklärten, eher müsse der Sizilier, der der Kirche alle geistlichen und weltlichen Rechte gewaltsam ent zogen hatte, exkommuniziert werden, denn der Kaiser, der aufrichtig darum bemüht war, die Rechte der römischen Kirche und des Reichs Zurückzugewinnen u n d die Kirche wieder von der Knechtschaft zu 35 befreien . Als die Gönner des Siziliers dies hörten, schämten sie sich und schwiegen von ihrem Plan . So wurde also durch unseren Eifer und
9 7 Simon . •• 1 1 5 7 .
99 \'gl . oben
1
S . 624.
E s ist fragl ir h , wie weit
das den Tatsa, hoc in Romana ecclesia et in imperio Romano credimus mirabili providentia declarasse, cum per hec duo rerum capita et a- a) fehlt A . der weitere Brief fehlt A .
b) 26 27
1 1 60 Jan. 1 3. Vgl. oben S . 1 86 .
647
Friedrich zitiert Alexander nach Pavia
einen allgemeinen Reichstag und eine Zusammenkunft für Oktav von Epiphanie nach Pavia angesagt 26• Zu diesem haben wir aus unserem ganzen Reich und aus anderen Reichen, nämlich England, Frank reich, Ungarn und Dänemark, die Erzbischöfe, Bischöfe, Äbte und 5 andere fromme und gottesfürchtige }länner berufen, damit diese wichtige Angelegenheit der Kirche ohne jede weltliche Mitwirkung nur durch den Spruch kirchlicher Personen so geregelt werde, daß dabei Gott die schuldige Ehre erwiesen wird und die römische Kirche von niemandem mehr ihrer Unversehrtheit und ihrer Rechte beraubt 1 0 oder der Zustand der Stadt, die die Hauptstadt unseres Reiches ist 27, beunruhigt werden kann. Deshalb befehlen wir eurer Weisheit und gebieten ihr im Namen des allmächtigen Gottes und der ganzen katholischen Kirche, auf diesem Reichstag und dieser Zusammen kunft zu erscheinen , um den Spruch der Geistlichen zu hören und 1 5 entgegenzunehmen 28. Denn Gott ist uns Zeuge dafür, daß wir mit diesem Reichstag weder aus Zuneigung noch aus Haß gegen irgend eine Person etwas anderes erstreben als die Ehre Gottes und die Ein heit seiner Kirche . Wenn ihr also zu diesem feierlichen Konvent der Kirche zum Zweck der Untersuchung kommen wollt, werden euch 20 unsere teuersten Fürsten und der katholischen Kirche ehrwürdige Väter und Bischöfe, Hermann von Verden und Daniel von Prag, die wir aus unserer Pfalz zu euch geschickt haben, zusammen mit dem Pfalzgrafen, unserem Verwandten, und anderen unserer Gesandten sicheres Geleit gewähren. Wenn ihr aber den Richterspruch Gottes 25 und der Kirche auf einem so feierlichen Konvent nicht annehmen wollt, so möge das Gott sehen und richten. Wir aber werden mit Hilfe der Gnade dessen, 29 der den Königen Heil schenkt 29, das Urteil Gottes voll strecken, wie es niemandem mehr als dem römischen Kaiser geziemt. 66. Als Beispiel ferner für die Briefe, in denen er die Bischöfe der 30 Länder j enseits der Alpen einlud, mag der folgende genügen : Friedrich 30, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Augustus, sendet dem Bischof Hartmann von Brixen Gruß und alles Gute. Daß sich Christus bei seiner Passion mit zwei Schwertern be gnügt hat, das findet, so glauben wir, durch wunderbare Vorsehung 35 seine Erklärung in der römischen Kirche und dem römischen Reich ; denn die ganze Welt wird ja durch die beiden Häupter und Anfänge 28 Da der Papst nach einem Satz des kanonischen Rechts nicht gerichtet wer den konnte, war Friedrich zweifellos nicht berechtigt, diesen Befehl auszuspre· chen. Wenn Alexander sich mit guten Gründen als rechtmäßiger Papst fühlen konnte, mußte er an der Formulierung "sententiam . . . recepturi" ( Urteil empfangen) Anstoß nehmen. 29-29 Ps. 1 43 , 1 0. 30 Vgl. MG. Const. 1 , 253 f. n. 1 82 ; ein fast gleichlautender Brief vom 28. Okt. 1 1 5 9 ging an Heinrich I I . von England (MG. Const. 1, 254 f. n. 1 83 ) . =
=
Gesta Frederici IV, 66
648
[3 1 1 /3 1 2]
principia totus mundus tarn in divinis quam in humanis ordine tur 31, cumque unus Deus, unus papa, unus imperator sufficiat et una ecclesia Dei esse debeat, quod sine dolore cordis dicere non possumus, duos apostolicos in Romana ecclesia habere videmur. Defuncto itaque Adriano papa in Kaiendis Septembris, s cardinales, qui columpne immobiles esse videbantur, quibus sanc ta et universalis firmissime inniteretur ecclesia, 32 non que Dei sunt, sed sua querentes 32 et unitatem ecclesie scindentes, duos pontifices elegerunt et ambos consecraverunt. Pro tanta namque et tarn perniciosa ecclesie iactura tota nimirum Italica ecclesia 10 conturbatur, et dissensiones, scismate orto in capite, iam in inferiora membra defluxissent et totum ecclesie corpus defedas sent, nisi nos consilio et auxilio religiosorum virorum , qui spiritu Dei aguntur, tarn impudice iniquitati iustitie rigorem opposuisse mus. Ne itaque in tante discrimine discordie universalis ecclesia 1 s periclitari possit, Romanum imperium, quod a d remedium tarn perniciosi morbi divina clementia providit, universorum saluti debet sollicite providere et, ne tanta mala in ecclesia Dei pre mineant, futuris casibus sollerter obviare. Coadunatis itaque in unum omnibus episcopis, tarn Italicis quam Teutonicis 33, ceteris- 20 que principibus ac viris religiosis, qui zelum Dei et ecclesie habere videbantur, quod facto opus esset, diligenter investigavimus, ex decretis Romanorum pontificum et statutis ecclesie veraciter accipientes, quod, exorto scismate in Romana ecclesia ex duorum apostolicorum dissensione, ambos vocare et secundum sententiam 2s et consilium orthodoxorum litem decidere deberemus. Ex con silio itaque omnium qui aderant episcoporum ceterorumque principum curiam sollempnem et generalem conventum omnium ecclesiasticorum virorum in octava epiphanie Papie celebrandam indiximus, ad quam ambos qui se dicunt Romanos pontifices Jo vocavimus omnesque episcopos imperii nostri et aliorum / re gnorum, Fraueie videlicet, Anglie, Ispanie 34 atque Ungarie, ut eorum in presentia nostra iusto declaretur examine, quis illorum regimen universalis ecclesie de iure debeat obtinere. Quia vero ad unitatem ecclesie reformandam sapientia tua a> admodum nobis 3S a)
fehlt B (außer B* ) .
C.
Friedrich lädt die Bischöfe nach Pavia
ein
649
aller Dinge in göttlichen wie in menschlichen Angelegenheiten ge leitet 31, und obwohl nun e i n Gott, e i n Papst und e i n Kaiser genügen und die Kirche Gottes e i n e sein muß , scheinen wir doch, und das können wir nur mit tiefem Schmerz sagen, in der römischen Kirche 5 zwei Päpste zu haben. Denn nach dem Tode des Papstes Hadrian am 1 . September haben die Kardinäle, die unerschütterliche Säulen zu sein schienen, auf denen die heilige und allgemeine Kirche ganz fest ruhte, 32 nicht was Gottes ist, sondern das Ihrige gesucht 32, haben die Einheit der Kirche gespalten, zwei Päpste gewählt und beide ge10 weiht. Durch diese verderbliche Spaltung geriet fürwahr die ganze italienische Kircte in Verwirrung, und Zwistigkeiten hätten sich angesichts der Spaltung, die beim Haupte begonnen hat, schon auf die unteren Glieder ausgedehnt und den ganzen Leib der Kirche be fleckt, wenn wir nicht auf den Rat und mit Hilfe frommer, vom Geist 1 5 Gottes beseelter Männer diesem schamlosen Frevel mit der Strenge des Gesetzes begegnet wären. Damit nun nicht infolge dieser schweren Zwietracht die gesamte Kirche gefährdet werden könne, muß das römische Reich, das die göttliche Güte zur Heilung einer so ver derblichen Krankheit ausersehen hat, angelegentlich für das Wohl 20 aller sorgen und kraftvoll künftigen Fällen vorbeugen, damit solche Ü bel in der Kirche Gottes nicht überhand nehmen. Nachdem wir daher alle Bischöfe Italiens und Deutschlands 33 sowie die übrigen Fürsten und frommen Männer, die Eifer für Gott und die Kirche zu haben schienen, versammelt hatten, haben wir sorgfältig erforscht, 25 was zu tun sei, und aus den Dekreten der Römischen Bischöfe und den Satzungen der Kirche als wahr entnommen, daß wir bei einem Schisma in der römischen Kirche infolge eines Streits zwischen zwei Päpsten beide berufen und den Streit nach dem Spruch und Beschluß Rechtgläubiger schlichten müßten. Daher haben wir auf den Rat aller 30 anwesenden Bischöfe und sonstigen Fürsten auf Oktav von Epiphanie einen feierlichen Reichstag und eine allgemeine Zusammenkunft aller Kirchenmänner in Pavia anberaumt, zu dem wir die beiden, die sich römische Päpste nennen, sowie alle Bischöfe unseres Reichs und anderer Königreiche, nämlich Frankreichs, Englands, Spaniens 34 und 3 5 Ungarns eingeladen haben , damit durch deren gerechte Prüfung fest gestellt werde, wer von ihnen von Rechts wegen die Regierung der gesamten Kirche erhalten solle . Da wir aber zur Wiederherstellung der Einheit der Kirche dringend deiner Weisheit bedürfen, bitten und
31 Vgl. Luc. 22, 3 8 . 3 2-32 Vgl. Phi!. 2, 2 1 . 3 3 Das ist natürlich Übertreibung. 3• Oben S . 646 steht statt dessen Diinemurk.
650
Gesta Frederici IV, 66 - 68
[3 1 2 /3 1 3]
necessaria est, ut ea nequaquam carere valeamus, dilectionem tuam attentissime rogamus et rogando commonemus, quatenus pro fidelitate ecclesie et imperii ad predictam curiam, omni occa sione remota, venias, ut in adventu tuo unitas et pax et tranquil litas ecclesie reformetur ; interim autem predicte scissure in s neutram partem assensum tuum declines nec tamquam iustam et rationabilern aliquatenus recipias. Data Creme X. Kal. Novembris . 6 7 . Iam vero ad ea, que apud Cremam gesta sunt, res exigit 35 ut revertamur. Cremenses, ut supra dieturn est 36, tarn in vadibus quam in captivis suis male affecti, cum ab excursibus et audacia 1 0 temere paulolum quievissent, alio ingenio alioque commento nostros fallere cogitant et subvertere. Quedam enim instrumenta fabricant, muscipulis quidem simiJia a>, sed pro qualitate humani corporis fortiora, eaque per vias circaque vallum dispergunt, quibus ignari multi herentes aut capi facile poterant aut occidi . 1 5 Item fossas quam plurimas hinc inde desuper levi operimento contegunt, quas illapsi similiter aut capiebantur aut occidebantur. 37 Eiusmodi et alii multi latrocinales doli tarn ad rapinas quam ad incendia machinarum cum assidue fierent ab his qui intra muni tionem erant, Fredericus et calliditate simul et audacia eorum 20 magis irritabatur, et quia penuria civitatem capere desperasset habundabant enim frumento -, iterum consilium ad vim atque arma convertit, omnibus agminibus id maxime cupientibus 37, qui iam longe obsidionis tedio affecti variisque laboribus attriti, merore tenebantur bellumque quoquo f modo finiri optabant. 25 Sextus enim iam mensis erat, ex quo civitas obsessa fuerat, hiempsque pluviosa et gelu asperrima illo anno plus solito inhorruerat 38• 68. Itaque, admotis omnibus machinis, ad occupandam civita tem hortatur exercitum, 39 turresque in excelsum erectas, ferro Jo variaque materia undique tectas, ut et pondere stabiles essent neque ignibus expugnarentur, super aggeres collocat, iaculatori bus b) et sagittariis militumque fortissimis plenas, qui cum non a) simillima
AB.
b ) iaculatoriis 0.
ss
36
Vgl. oben IV, 59. Oben IV, 56 f.
Fortgang der Belagerung von Crema
5
10
15
20
25
30
35
40
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mahnen wir , um sie nicht entbehren zu müssen, aufs dringendste deine Liebe, alle Gegengründe hintanzustellen und aus Treue gegen die Kirche und das Reich zu diesem Reichstag zu kommen, damit in deiner Gegenwart Einheit, Friede und Ruhe der Kirche wi.ederhergestellt werden ; inzwischen aber mögest du bei dieser Spaltung keiner der beiden Parteien deine Zustimmung erteilen noch eine davon als gesetz mäßig und berechtigt irgendwie anerkennen . Gegeben zu Crema, am 23. Oktober. 67. Nun aber müssen wir zu den Ereignissen bei Crema zurückkehren 35• Als die Cremasken, die, wie oben erwähnP6, sowohl hin sichtlich ihrer Bürgen wie ihrer Gefangenen hart mitgenommen wor den waren, gerade in ihren Ausfällen und kühnen Vorstößen etwas nachgelassen hatten , beabsichtigten sie, durch eine andere Er findung und eine andere List unsere Leute zu täuschen und zu vernichten . Sie bauten nämlich einige Maschinen, Mausefallen ähnlich, aber der Beschaffenheit des menschlichen Körpers entsprechen d stärker, und verteilten sie auf die Wege rings um den Wall ; in diesen blieben viele, die davon nichts wußten, hängen und konnten leicht gefangen oder getötet werden. Ferner machten sie viele Gruben hier und dort und deckten sie mit einer dünnen Schicht zu, und wer hin einfiel, den nahmen sie ebenfalls gefangen oder töteten ihn. 37Da die Besatzung der Festung ständig auch noch manch andere List nach Art der Räuber zu Räubereien, und um die Maschinen zu verbrennen, anwendete, wurde Friedrich durch ihre Schlauheit und ihre Kühnheit noch mehr gereizt ; und da er die Hoffnung aufgegeben hatte, die Stadt durch Mangel zu erobern - denn sie hatte reiche Getreide vorräte -, beschloß er, wieder Gewalt und Waffen anzuwenden ; das wünschten sehnliehst auch alle Truppen 37 ; denn sie waren der langen Belagerung längst überdrüssig und, durch die mannigfaltigen Mühen erschöpft, voller Mißmut und wünschten, daß der Krieg auf irgendeine Art beendigt werde. Denn schon war es der sechste Monat, seitdem die Stadt belagert wurde, und der Winter war in j enem Jahr reg nerischer und kälter als gewöhnlich 38• 68. Deshalb ließ er alle Maschinen heranbringen und feuerte das Heer an, die Stadt zu erobern ; 39 die hochragenden Türme, die auf allen Seiten mit Eisen und anderem Material abgedeckt waren, damit sie durch ihr Gewicht fest stünden und durch Feuer nicht zerstört würden, ließ er auf den Dämmen aufstellen, auf denen zahlreiche Schleuderer, Bogenschützen und die tapfersten der Soldaten standen ; während sie selbst nicht gesehen wurden, konnten sie die auf der 37-37 Vgl. loseph. , Bell. lud. IIl, 8. 38 Vgl. Sulpicius Sev . , Vita s. Martini 3, I . ••-•• Fast das ganze Kapitel nach loseph . , Bell. lud. IIl, 10.
652
Gesta Frederici IV, 68 - 69
[3 1 3/ 3 1 4]
conspicerentur, ipsi eos, qui vel super murum astarent vel in civitate deambularent, facillime cernerent telisque appeterent, cum illi neque a vertice venientes sagittas facile declinare neque ulcisci possent, quos non viderent. Quotiens autem ignito ferri pondere et adunco , quo levius hereret, machinas attemptabant, s qui desuper erant aquis ignem restinguendo, uncos autem et hamos ferri 40 contis proceris et sudibus dissolvendo conatus eorum in irritum revocabant. In his enim falces alligarant, ut, si quid de materia, que contra ictus machinarum turribus alligata fuerat, ignis corrupisset, statim absciderent 40• Et Cremenses 1 0 quidem ita resistebant, quamvis multi in dies singulos occum berent contraque parum mali hostibus facerent 39• 6 9 . Et quoniam ad finem huius obsidionis tendimus, ad alia properantes, ultimum prelium, quod et maximum , paulisper attingere libet, pro eo quod et atrox et vario eventu gestum est. t s Imperator cernens oppidanos 41neque s e ipsos misereri neque civitati parcere velle, generalem aggressionem fieri statuit 42• Electis ergo de singulis agminibus viris fortissimis 41 , intra machi nas turrium eos collocat, variis quidem locis, alios superiores, alios inferiores, ut, dum inferiores civitatem per murum ingressuri 20 pontes applicarent, superiores eos iaculis et sagittis, quo minus ab hostibus lederentur, defenderent. / Erant turres ipse nimia proceritate mirabiles, supra C pedes in altum erecte, multorum hominum per singula diversoria capaces. Reliquum exercitum circa muri ambitum distribnit, precipiens, quando pontes ad- 25 moveri cepissent, ipsi quoque singuli contra quem starent locum aggredi murumque vel transcendere vel irrumpere conarentur. Ipse quidem utrimque ita disposuit. 43 Civitatis autem populus, postquam oppidum undique videre circumdatum armisque om nia conlucere 43, tubicines quoque universorum agminum et sig- JO niferos congregatos, ut signo dato undique eos invaderent, non segniter se et ipsi communiunt magnaque audacia super muros et in suis machinis , quas gattas appellant, operiuntur, ut., 44 cum admoverentur pontes, ipsi eas vel occuparent vel dei cerent murumque scalis ascendere nitentes vario modo deterrerent, 35 40-40
Vgl. ebda. I I I , 9 .
Sturm auf Crema
653
Mauer Stehenden oder in der Stadt Umhergehenden leicht beob achten und mit ihren Geschossen treffen, während jene den von oben kommenden Pfeilen nur schwer ausweichen und sich nicht an denen rächen konnten, die sie nicht sahen. Sooft sie aber die Maschinen mit s schweren, glühenden Eisenbolzen angriffen, die, damit sie besser faßten, mit Widerhaken versehen waren, 40vereitelten 40 die Oben stehenden 40ihre Versuche 40, indem sie das Feuer mit Wasser lösch ten und die eisernen Haken 40 mit langen Stangen und Pfählen her ausrissen. An diese hatten sie nämlich Sicheln gebunden, um in dem 10 Falle, daß das Feuer etwas von dem Material, das zum Schutz gegen die Stöße der Maschinen an den Türmen angebracht war, vernichtet hätte, dies sofort abreißen zu können 40. In dieser Weise also leisteten die Cremasken Widerstand, obgleich täglich viele ums Leben kamen und sie den Feinden nur wenig Schaden zufügten 39• 69. Da wir nun dem Ende dieser Belagerung zustreben, um zu ts anderem überzugehen, wollen wir nur noch den letzten und zugleich schwersten Kampf kurz schildern, weil er mit großer Härte und mit wechselndem Erfolg geführt wurde. Als der Kaiser erkannte, daß die Städter 41 weder mit sich selber Erbarmen haben noch die Stadt 20 schonen wollten, entschloß er sich zum Generalangriff 4 2. Er wählte also aus j eder Heeresabteilung die tapfersten Männer 41 und stellte sie innerhalb der Turmmaschinen auf, und zwar an verschiedenen Stellen, die einen oben, die anderen unten ; während die unten Stehen den Brücken anlegten, um über die Mauer in die Stadt einzudringen, 25 sollten die oben Stehenden sie mit Wurfspeeren und Pfeilen decken, damit sie von den Feinden nicht verletzt würden. Die Türme waren erstaunlich hoch, über 100 Fuß sich emporreckend, faßten sie in jedem Stockwerk viele Menschen. Das übrige Heer verteilte er rings um die ganze Mauer und befahl, sobald man begänne, die Brücken 30 heranzuschieben, solle jede Abteilung die Stelle angreifen, der sie gegenüberstände, und den Versuch machen, die Mauer zu übersteigen und einzubrechen. So also traf er überall seine Anordnungen. 43 Als nun das Stadtvolk die Stadt von allen Seiten umringt, alles von Waffen leuchten 43 und auch die Trompeter und die Bannerträger 3 5 sämtlicher Truppenteile versammelt sah , um auf ein Signal hin von allen Seiten anzugreifen, da rüstete es gleichfalls voll Eifer und wartete mit großer Kühnheit auf den Mauern und in seinen Maschinen, die man Katzen nennt, 44 um sich entweder der Brücken, wenn sie heran geschoben würden , zu bemächtigen oder sie hinunterzustürzen und 40 diejenigen, die mit Leitern die Mauer zu ersteigen versuchten, auf mannigfache Weise ab21uschrecken ; so verrichteten sie damals Taten u -u
Vgl. ebda. VII, 5.
••-u Vgl. loseph. III, 10.
u
1 1 60 Jan. 2 1 . V gl. ebda.
u-u
654
Gesta Frederici IV, 69 - 70
[ 3 1 4 /3 1 5)
magna tune amm1 faeinora demonstrantes, ne vel in extremis ealamitatibus deteriores nostris viderentur. Iam pontes admoti a) fuerant, iam tota aeies in muro pedem ponebat 44• Turn Cremen ses eallide se intra suas maehinas oeeultantes, primos quidem et desubtus et supra graviter exeipiunt, posteriores autem tormen- 5 torum ietibus deterrent, aeies pro muris pugnantium dissipant, et qui sealis aliisque instrumentis aseendere nitebantur, impulsi devolvebantur a muro . 44 Sed neque nostris virtus in rebus ad versis nee Cremensibus sevitia defuit 44• Nempe unus militum nostrorum nomine Bertolfus de Arrah, qui eum primis de ponte 10 saltu in eivitatem devenerat, eireumdatus undique ab hostibus, dum pugnando se fortissimum Ostendisset multosque solus usque ad magnam partem eivitatis perseeutus fuisset, a quodam retro longa seeuri prostratus est. Nam in anteriori parte per medios ruent.em universi b) vit.abant, audaeiam hominis f metuentes pari- 1 5 ter e t. admirantes. Quem taudem eum oeeidissent, unus eorum erudeliter in mortuum seviens eutem eapitis, ut dieebat.ur, abs traxit et prius deeentissime eapillatam galee sue affixit, ipse turpis et indeeentissimus, nee viri fortitudine permotus nee humane eonditionis sortem miseratus. Alium quoque preeisis 20 manibus ae pedibus, grave ludibrium, per plateas serpere per miserunt. 45 Porro qui murum transeendere eonati sunt, quamvis singillatim digni essent memoria, omnium tamen fortissimus demonstratus 45 est Otto palatii eomes de Baioaria, qui sepius muro repulsus sepiusque ante alias in eeptum opus revertens 2s virtute fortitudinis sue 45 toti huie ornamento fuit ealamitati 45• Non tarnen impune nee longum Cremenses hae fortuna usi sunt. Nam de prominentia turrium nostrorum c) diversis missilibus tot ea die vel oeeisi vel vulnerati sunt oppidanorum, quot d> muro anteriore pulsi intra munitionem, que seeundo muro erat aeeine- 30 ta, eonfugerent et tune prima rebus suis desperarent. 70. Imperator videns exeidium eivitatis vieinum esse - 46iam enim vires eorum et audaeiam labor, metus et ealamitas fre gerant 46 - eoneilium, quod in oetava epiphanie eelebrandum a) admote AB.
b ) hier endet c)
so
AB.
C,
der übrige Text fehlt infolge Verlusts des letzten, d ) s o AB., quod 02•
18.
Quaternions.
Der Sturm wird abgeschlagen
655
hohen Mutes, um im äußersten Unglück nicht geringer zu erscheinen als unsere Leute. Schon waren die Brücken herangeschoben, schon faßte das ganze Heer auf der Mauer Fuß 44. Da bereiteten die Cremas ken, sich voll List innerhalb ihrer Maschinen verbergend, den ersten 5 von unten und oben einen schlimmen Empfang, die Nachrückenden aber trieben sie durch die Geschosse ihrer Wurfmaschinen zurück, zersprengten die Reihen der vor den Mauern Kämpfenden und, wer mit Leitern und anderen Geräten die Mauern zu ersteigen suchte, wurde angegriffen und hinuntergestürzt. 44 Doch fehlte es weder 10 unseren Leuten im Unglück an Tapferkeit noch den Cremasken an Grausamkeit 44. Einer unserer Ritter nämlich, Bertolf von Urach, der mit den ersten durch einen Sprung von der Brücke in die Stadt ge langt war, wurde von den Feinden auf allen Seiten umringt und, nachdem er sich im Kampf als äußerst tapfer erwiesen und viele allein 15 bis weit in die Stadt hinein verfolgt hatte, von einem von ihnen von hinten mit einem langen Beil erschlagen_ Denn von vorn ihn anzu greifen, als er sich mitten durch die Feinde Bahn brach, scheuten sich alle, da sie die Kühnheit des Mannes zugleich fürchteten und bewun derten. Als sie ihn endlich erschlagen hatten, wütete einer von ihnen so 20 grausam gegen den Toten, daß er ihm, wie es hieß, die Kopfhaut abzog und sie an seinen Helm band, nachdem er sie zuvor aufs sorg fältigste gekämmt hatte, ein schändlicher, allen Anstands barer Kerl, der sich weder durch die Tapferkeit des Mannes rühren ließ, noch mit dem Menschenlos Mitleid empfand. Einem anderen hatten 25 sie Hände und Füße abgehauen und ließen ihn - ein böses Spiel durch die Straßen kriechen. 45 0bgleich nun alle, die die Mauer zu übersteigen suchten, des Nachruhms wert wären, so erwies sich doch als der Tapferste von allen 45 der Pfalzgraf Otto von Bayern ; er war bereits mehrfach von der Mauer zurückgetrieben worden, kehrte aber 30 vor den anderen immer wieder zu dem begonnenen Versuch zurück und diente so durch seine heldenhafte Tapferkeit 45 diesem ganzen Unheil zur Zierde 45• Nicht ungestraft jedoch und nicht lange konnten sich die Cremasken dieses Glücks erfreuen . Denn von unseren hoch ragenden Türmen aus wurden an diesem Tag durch verschiedene 3 5 Geschosse ebenso viele Stadtbewohner getötet oder verwundet wie, von der vorderen Mauer verjagt, in die Befestigung, die mit der zweiten Mauer verbunden war, flüchteten, und zum ersten Mal ver zweifelten sie nun an ihrer Sache. 70. Als der Kaiser erkannte, daß der Fall der Stadt nahe bevor40 stand - 46 denn schon hatten die Anstrengungen , die Furcht und die Mißerfolge ihre Kraft und ihren Mut gebrochen 46 -, verschob er das ••-•• Vgl. ebda. VII, 6.
u -u
Vgl. ebda.
VII,
16.
656
Gesta Frederici IV, 7 0 - 7 1
[ 3 1 5 /3 1 6]
fuerat 47, distulit anirnurnque toturn ad subversionern civitatis laxavit. Iarn autern valida 48 iuvenurn manus 48 collapsa fuerat, 49 rnultique in dies singulos iaculis et sagittis occumbebant, cum, ut dieturn est, ipsi contra nichil mali nostris facere possent 49• In tantis ergo rerurn angustiis consilio necessitatis adhibito Pere- 5 grini Aquilegiensis ecclesie patriarche simulque Heinrici ducis Baioarie et Saxonie colloquiurn expetunt, petentibusque locus et hora datur, f quando sapientiores et rnaiores civitatis se dictorurn herourn conspectui presentarent. Mane facto, designata sta tione curn pars utraque adesset, patriarcha, vir eruditus plurirnis- 10 que virtutibus adornatus, et cui preter officii auctoritatern rnagna facundie gratia inerat, prior ad eos ita orsus rnernoratur : 7 1 . 60' Si quidern non viderern vos ad sentiendum51 que pacis sunt 1H esse incitatos, neque populi Crernensis puriorem sinceris sirnarnque vos partern, nurnquarn processissern ad vos neque 1 5 consulere confisus essem. Supervacua enirn, ut ait quidarn 52, est de utilibus oratio, quando ornniurn habitatorurn conspirat ad deteriora consensus. Quia vero aliquos quidern etas rnalorurn belli nescios facit, quosdarn vero inconsiderata spes libertatis, non nullos quoque avaritia succendit, paucorurn bonorurn consilio 20 providendurn est, quernadrnodurn ipsi ab hoc errore corrigantur. Quod si ab initio suscepti belli provisurn non est, sera saltem penitentia corrigat excessurn, ut qui in portu precavere ternpes tatern noluistis, vel inter rnedias procellas pro ternpore rebus fractis consulatis. Subeat vos, si non civitatis iarn perdite 2s iarnque subversioni proxirne, saltern rniseratio filiorum vestrorurn adhuc superstiturn atque coniugurn. Parcite reliquiis hominurn, si parcere noluistis caris aditis paternorurn meniorurn ! Experti feritatern Gerrnanorurn, virtutern et rnagnitudines corporurn, ne dubitetis eos spiritus gerere rnaiores corporibus et anirnas con- Jo temptrices mortis habere. Breviter vobis quod sentio edarn . Pla cet, ut victori principi colla subdatis ; expedit, ut universarn salu tem vestrarn in deditione, non in arrnis reponatis. Si enim spreta 07 Vgl. oben IV, 65, 66. ••-•• Vgl. Ioseph. II, 28. ••- u Vgl. loseph. 1 1 1 , 1 0 . •o-so Vgl. Ioseph. II, 1 6 .
Crema bittet um Frieden
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Konzil, das an der Oktav von Epiphanie abgehalten werden sollte 47, und richtete seinen ganzen Sinn auf die Zerstörung der Stadt. Schon war die starke 48Mannschaft der jungen :Männer 48 zusammengeschmol zen, 49 und viele erlagen noch Tag für Tag den Speeren und Pfeilen, 5 während sie dagegen, wie gesagt, unseren Leuten keinerlei Schaden zufügen konnten 49• In dieser schweren Bedrängnis taten sie, was die Notwendigkeit forderte : sie baten den Patriarchen Peregrin von Aquilej a und zugleich den Herzog Heinrich von Bayern und Sachsen um eine Unterredung ; den Bittenden wurde Ort und Stunde ge10 nannt, wann sich die verständigsten und bedeutendsten Männer der Stadt bei den genannten Helden einfinden sollten. Als am anderen Morgen beide Parteien an der verabredeten Stelle erschienen, begann als erster der Patriarch , ein gebildeter und durch viele Tugenden aus gezeichneter Mann, der außer der Autorität des Amtes auch eine be1 5 deutende Redegabe besaß, zu ihnen folgendermaßen zu sprechen : 7 1 . 50 Sähe ich euch nicht geneigt, daran zu denken, 01 was zum Frieden gehört 51, noch in euch den lautersten und aufrichtigsten Teil des Volkes von Crema, so würde ich niemals zu euch gekommen sein, noch hätte ich Vertrauen zu einer Besprechung gehabt. Denn 20 überflüssig ist, wie jemand gesagt hat 52, eine Unterredung über nütz liche Dinge, wenn sich dabei alle Einwohner übereinstimmend zum Schlimmen verschworen haben . Weil aber manche irrfolge ihrer Ju gend die C bel des Krieges nicht kennen, andere die unbesonnene Hoffnung auf Freiheit, einige auch die Habgier antreibt, so muß 25 durch Beratung der wenigen Guten ermittelt werden, wie sie von diesem Irrtum befreit werden können. Da ihr nun aber von Anbeginn des Krieges ohne Voraussicht gehandelt habt, so möge wenigstens späte Reue euer Vorgehen mildern , so daß ihr, die ihr nicht im Hafen vor dem Sturm Zuflucht suchen wolltet, wenigstens mitten in den 30 Stürmen rechtzeitig für das leckgewordene Schiff Sorge tragt. Er barmt euch, wenn nicht eurer schon verlorenen und der Zerstörung sehr nahen Stadt, so doch wenigstens eurer noch lebenden Söhne und Frauen . Schont die Reste der Einwohner, wenn ihr schon die euch teuren Heiligtümer der aus Väterzeit stammenden Mauern nicht habt 35 schonen wollen ! Ihr habt die \Vildheit der Deutschen kennengelernt, die Stärke und Größe ihrer Leiber, zweifelt nicht daran, daß sie einen Geist in sich tragen , der noch stärker ist als ihre Leiber, und daß sie Seelen haben, die den Tod verachten . Ich will euch kurz sagen, was ich denke. Es ist an der Zeit, vor dem siegreichen Kaiser eure Nacken 40 zu beugen ; es ist zu eurem Vorteil , wenn ihr euer ganzes Heil in der Unterwerfung, nicht in den Waffen sucht. Denn wenn ihr, den 51-51 =
Luc. 14, 32.
5 2 Ioseph. II, 1 6 .
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Gesta Frederici IV, 7 1 - 7 2
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pace in defectione perseverantes eritis, haut dubie maioribus quam passi estis periculis subdemini' 50. 53 His dictis, dolorem quem corde habebant paulisper suppri mentes respondent : se non adversus principem, f sed contra gentiles suos Cremonenses arma sumpsisse 63, olimque sibi decre- 5 turn, neque his neque illis, 54 sed soli Deo et imperatori servire 64 voluisse, et in multis clarere, mortem eos indebite servituti pretu lisse, fedus cum Mediolanensibus pepigisse idque, donec Deo pla cuerit, inviolatum custodisse. Iram se divinam pro peccatis suis perferre ; fortunam imperatoris prevalere. Nam habentes armo- 1 0 rum habundantissimum apparatum et alimentorum nullam penuriam manifestissime Deo spem salutis auferente pcrdidisse. Rogare autem, ne gentilibus suis Cremonensibus inimicissimis penas, sed soli principi cogantur prestare . 65 0ptare se bello finem 15 imponere 55, virtutem imperatoris se effugere non posse. 7 2 . Cognito iam nominati principes, quod pacem cuperent be1lique tedio affecti essent, verbum eorum curie perferunt. Placuit ; de conditionibus pacis agitur, diffinitur et sine contradic tione ab oppidanis recipitur. Erat autem pactum tale, quod Cremenses civitatem dederent ipsique vita sibi indulta cum con- 20 iugibus ac liberis quovis eundi facultatem haberent, de rebus suis quantum quisque semel humeris efferre posset secum exportaret ; Mediolanenses vero et Brixienses, qui ad presidium einsdem civitatis intraverant, relictis ibidem armis et omnibus suis, vitam sibi pro lucro existimarent. Quibus omnibus tandem VI. Kal . 25 Februarii completis, ipsum castrum , egressis inde quasi XX mili bus hominum diversi generis, flammis traditum et militibus ad diripiendum permissum est. Peracto excidio, divus augustus, toto exercitu iocundante, letam victoriam acturus Papiam divertit 56• 57 Ubi vero eum appropin- 30 quare nuntiatum est, omnis multitudo civitatis obvia per vias et plateas cum senibus et iuvenibus, euro coniugibus et liberis 6 3-63 Vgl. ebda. •• - •• Vgl. Deut. 6, 1 3 . •• -•• Vgl. Ioseph. VII, 1 9 . • • A m 3 1 . Januar brach der Kaiser zunächst nach Lodi auf, von dort erst am 3 . Februar nach Pavia.
Ü bergabe von Crema und Zerstörung
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Frieden verschmähend, weiter im Aufstand verharrt, werdet ihr euch unzweifelhaft noch größeren Gefahren aussetzen, als ihr schon über standen habt so. 53 Auf diese Worte entgegneten sie, den Schmerz, den sie im Herzen trugen, ein wenig unterdrückend : sie hätten nicht gegen den Kaiser zu den Waffen gegriffen, sondern gegen ihre Landsleute, die Cre monesen 53, und seit alters seien sie entschlossen, weder diesen noch anderen, 54sondern allein Gott und dem Kaiser zu dienen 54 ; daß sie den Tod unverdienter Knechtschaft vorgezogen hätten, gehe aus vielen Beispielen klar hervor ; mit den Mailändern hätten sie ein Bündnis geschlossen und es unverletzt gehalten, solange es Gott ge fallen habe. Den göttlichen Zorn nähmen sie um ihrer Sünden willen auf sich ; das Glück des Kaisers sei nun einmal größer. Denn obwohl sie eine überreiche Waffenausrüstung besäßen und an Lebensmitteln keinen Mangel litten, hätten sie doch verloren, da Gott ihnen ganz offensichtlich die Hoffnung auf Rettung genommen habe. Sie bäten aber darum , sie nicht zu zwingen, ihren schlimmsten Feinden, den Cremoncsen, ihren Landsleuten, Sühne zu leisten, sondern nur dem Kaiser . 55 Sie wünschten den Krieg zu beendigen 55, der Tapferkeit des Kaisers könnten sie sich doch nicht entziehen. 72. Nachdem die besagten Fürsten also zur Kenntnis genommen hatten, daß die Cremasken Frieden wünschten und des Krieges über drüssig wären, teilten sie deren Worte dem Hofe mit. Sie gefielen ; man verhandelte über die Friedensbedingungen, sie wurden festgelegt und von den Stadtbewohnern ohne Widerspruch angenommen. Der Vertrag aber lautete dahin, daß die Cremasken die Stadt über geben, ihnen selber aber das Leben zugestanden und die Erlaubnis erteilt werden sollte, mit Frauen und Kindern zu gehen, wohin sie wollten ; von seiner Habe sollte jeder mitnehmen dürfen, was er auf einmal auf den Schultern hinaustragen könne ; die Mailänder und Brescianer aber, die sich zur Verteidigung der Stadt eingefunden hatten, sollten froh sein, daß sie unter Zurücklassung ihrer Waffen und aller ihrer Habe ihr Leben retten könnten. Nachdem endlich am 27. Januar alle diese Bedingungen erfüllt waren und etwa 20 000 Menschen beiderlei Geschlechts die Festung verlassen hatten, wurde diese den Flammen überantwortet und den Soldaten zur Plünderung freigegeben . Nach vollendeter Zerstörung zog der göttliche Kaiser unter dem Jubel des ganzen Heeres zur fröhlichen Siegesfeier nach Pavia 56• 57 Als dort sein Herannahen gemeldet wurde, zog ihm die gesamte Bürgerschaft mit Greisen und Jünglingen, mit Weib und Kind auf \Vegen und Straßen entgegen, und wo er vorbeikam, da pries man in .,_., Vgl. Ioseph. VII, 22.
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Gesta Frederici IV, 7 2 - 74
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prestolabatur, et quo transiena divertisset, eius maiestatem vul tusque lenitatem omnium generum vocibus prosequebatur, bene meritum triumphatorem et I salutis datorem solumque dignum Romanum principem appellari . Tota civitas veluti templum variis ornamentis decorata erat et diversis odoribus arom aticis 5 plena redolebat. Cum autem vix per circumstantium multitudi nem ad ecclesiam venire potuisset, antequam in palatio se reci peret, omnipotenti Deo, 68 qui dat salutcm regibus 68, pro adepto triumpho vota solvit et gratulatoria sacra celebravit 57• Conven tum quoque, quem in octava epiphanie habendum statuerat 69, 10 in eadem Ticinensium civitate in purificatione sancte Marie decrevit peragere 60 • Porro de subacta vel potius subversa Crema statim imperiales littere per ambitum regni diriguntur in hunc modum : 7 3 . Fredericus 61 Dei gratia Romanorum imperator et semper 1 5 augustus. Scire credimus prudentiam vestram, quod tauturn divine gratie donum 62 ad laudem et gloriam nominis Christi 62 honori nostro tarn evidenter collatum occultari vel abscondi tam quam res privata non potest. Quod ideo dilectioni vestre ac desiderio significamus, ut sicut karissimos et fideles vos participes 20 honoris et gaudiorum habeamus. Proxima siquidem die post conversionem sancti Pauli plenam victoriam de Crema nobis Deus contulit 63, sicque gloriose ex ipsa triumphavimus, quod tarnen misere genti, que in ea fuit, vitam concessimus. Leges enim tarn divine quam humane summam semper clementiam in 25 principe esse debere testantur. 7 4 . Tempus erat, quo concilium Papie indioturn celebrandum fuerat, idque de universis regni partibus, videlicet Cisalpinis et Transalpinis, in unum collecti archiepiscopi et episcopi aliique ecclesiarum prelati pendula expectatione operiebantur 64• Turn 30 augustus commonens omnes ieiuniorum et orationum subsidiis ecclesie katholice causam Deo commendari, cum I sacerdotibus et omni populo auxilium divinum fida sanctorum int.ercessione poscebat. Deinde convocato in unum concilio , cu m resedisset, ait ad episcopos : ' Quamvis noverim officio ac dignitate imperii 35 o8-68 V gl. Ps . 1 43, 1 0 .
•• Oben IV, 70.
Eröffnung des Konzils von Pavia
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Zurufen aller Art seine Majestät und die Milde seines Antlitzes und nannte ihn den wohlverdienten Triumphator, Spender des Heils und den einzigen, der würdig sei, Kaiser der Römer zu sein. Die ganze Stadt war wie ein Tempel mannigfach geschmückt und duftete nach 5 Wohlgerüchen verschiedener Art. Kaum konnte er sich durch die ihn umringende Menge einen Weg zur Kirche bahnen ; dennoch brachte er, bevor er sich in die Pfalz zurückzog, dem allmächtigen Gott, 58 der Heil gibt den Königen 58, für den errungenen Sieg seine Gebete und Dankopfer dar 67• Die Versammlung, die er auf die Oktav 1 0 von Epiphanie anberaumt hatte 59, befahl er nun, in der Stadt der Pavesen am Tage der Reinigung der heiligen Maria abzuhalten 60• Über die Unterwerfung oder richtiger Zerstörung Cremas aber wur den sogleich ein kaiserlicher Brief überallhin ins Reich mit folgendem Wortlaut gesendet : 15 73. Friedrich 61 , von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Augustus . Eure Klugheit weiß, so glauben wir, daß das große Ge schenk der göttlichen Gnade, das uns 62zu Lob und Ruhm von Christi Namen 62 so offensichtlich verliehen worden ist, nicht wie eine Privatsache verborgen und verheimlicht werden kann. Deshalb geben 20 wir es eurer Liebe und Sehnsucht kund, um euch als unsere Gelieb testen und Getreuesten an unserer Ehre und unserer Freude teil nehmen zu lassen. Denn am Tage nach dem Fest der Bekehrung des heiligen Paulus hat Gott uns den vollen Sieg über Crema verliehen 63, und wir haben so glorreich über die Stadt triumphiert, daß wir den25 noch ihren unglücklichen Einwohnern das Leben gelassen. Denn die göttlichen wie die menschlichen Gesetze fordern, daß im Herrscher stets höchste Milde wohnen muß . 7 4 . E s war nun an der Zeit, das nach Pavia berufene Konzil z u er öffnen, und die versammelten Erzbischöfe, Bischöfe und sonstigen 30 Prälaten der Kirchen aus allen Teilen des Reiches diesseits wie jen seits der Alpen harrten darauf mit gespannter Erwartung 64• Der Kaiser ermahnte nun alle, durch Fasten und Beten die Sache der katholischen Kirche Gott zu empfehlen, und bat mit den Priestern und dem gesamten Volk durch getreue Vermittlung der Heiligen um 35 den göttlichen Beistand . Dann berief er das Konzil, und nachdem er Platz genommen hatte, sagte er zu den Bischöfen : Zwar weiß ich , 60 1 1 60 Febr. 2 ; doch wurde die Eröffnung nochmals auf den 5. Februar ver schoben. 6 1 Der Brief ist in mehreren Ausfertigungen erhalten ; vgl. MG. Const. I , 2 7 1 ff. n . 1 92. 1 93. 6 2- 6 2 Vgl. Missale Roman um, Ordo missae : Suscipiat etc . 6 3 Januar 26. •• Doch waren nur Bischöfe aus dem Reich, nicht aus den sonstigen Staaten erschienen .
662
Gesta Frederici IV, 74 - 7 6
[ 3 1 9/320]
penes nos esse potestatem congregandorum conciliorum, preser tim in tantis ecclesie periculis - hoc enim et Constantinus et Theodosius necnon lustinianus seu recentioris memorie Karalus Magnus et Otto imperatores fecisse memorantur 65 -, auctorita tem tamen diffiniendi huius maximi et summi negotii vestre s prudentie vestreque potestati committo. Deus enim constituit vos sacerdotes et potestatem vobis dedit de nobis quoque iudi candi. Et quia in his que ad Deum sunt non est nostrum de vobis iudicare, tales vos et taliter in hac causa hortamur habere tam quam solins Dei de vobis expectantes iudicium' . Cum hec dixisset, t o ipse se concilio subtraxit, examen totum ecclesie et ecclesiasticis, que ibi innumerabiles 66 erant, committens personis 67• Erant autem circiter quinquaginta archiepiscopi et episcopi ; abbaturn et prepositorum non erat pre multitudine estimatio. Legati quoque diversarum terrarum aderant, spondentes quicquid a synodo t s decretum foret indubitanter a suis recipiendum 68• 75. Residentibus itaque episcopis et clero universo, septem diebus 69 causa ventilata est, tandemque domno Octaviano, qui cum presens advenisset et haberet, qui partem suam defenderent 70, cessit litis victoria, et pro ipso concilium dedit sententiam, con- 20 dempnato Rolando et reprobato, qui citatus legittime concilio se presentare contumaciter abnuisse dicebatur. Sepius autem lec torem admonitum esse cupimus 71, ut in hoc facto ad disquirendam rerum veritatem non nostra dicta consulat, sed litteris et scriptis, que ad manus nostras venerunt et huic operi inserende vise 25 sunt, innitatur, suo servans arbitrio, quando de hac controversia et litis decisione et concilii iudicio sufficienter sibi fides facta videatur 72• f 7 6 . Invictissimo 73 et gloriosissimo domino suo Friderico Ro manorum imperatori et semper augusto et venerabilibus patribus J o 66 Vgl. Anm. 64. Vgl. oben IV, 64. Diese scheinbare Unparteilichkeit war notwendig, um den Verdacht ab zuwehren, die Synode habe unter dem E influß weltlicher Gewalt gestanden. 6& Auch hier entwirft Rahewin ein zu günstiges Bild. Kein anderes Land außerhalb des Reiches hat die Entscheidung der Synode angenommen. 69 5. - l l . Februar. 70 Aus demselben Grund wie Alexander (s. oben S. 647 Anm . 28) blieben auch die alexandrinischen Kardinäle der Synode fern. Kardinal Wilhelm, der sich
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Entscheidung des Konzils für Viktor III.
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daß wir kraft des Amtes und der Würde des Kaisertums die Befug nis haben, Konzile einzuberufen, besonders in so gefährlicher Lage der Kirche - denn es ist überliefert , daß Konstantin und Theo dosius sowie Justinian und in neuerer Zeit die Kaiser Kar! der Große und Otto das getan haben 65 -, aber dennoch übertrage ich eurer Klugheit und in eure Gewalt die Vollmacht, in dieser höchst wich tigen und bedeutungsvollen Angelegenheit die Entscheidung zu treffen. Denn Gott hat euch als Priester eingesetzt und hat euch die Macht gegeben, selbst über uns zu richten. Und weil es nicht unsere Aufgabe ist, in Dingen, die Gott betreffen, über euch zu richten, so ermahnen wir euch, euch in dieser Sache so zu verhalten, als erwartet ihr allein das Gericht Gottes über euch . Nach diesen Worten ent fernte er sich vom Konzil und überließ die ganze Untersuchung der Kirche und den unzähligen 66 anwesenden kirchlichen Personen 67• Es waren das aber ungefähr 50 Erzbischöfe und Bischöfe ; die Zahl der Ä bte und Pröpste ließ sich wegen ihrer Menge nicht schätzen. Auch Gesandte aus verschiedenen Ländern waren zugegen, die versprachen, daß unzweifelhaft alle Beschlüsse der Synode von den Ihren ange nommen würden 68. 75. Sieben Tage 69 hielten nun die Bischöfe und der gesamte Klerus Sitzungen ab und erörterten die Angelegenheit. Schließlich fiel in dem Streit dem Herrn Octavian, der persönlich anwesend war und Ver teidiger seiner Partei fand 70, der Sieg zu, und das Konzil entschied für ihn und verdammte und verwarf Roland, der, wie es hieß, gesetz. mäßig vorgeladen worden war, sich aber hartnäckig weigerte, vor dem Konzil zu erschein e n. Wiederholt aber möchten wir den Leser mah nen 71, daß er zur Erkundung der Wahrheit über diese Vorgänge nicht unsere Worte zu Rate ziehe, sondern sich auf die Briefe und Schrift stücke stütze, die in unsere Hände gelangt sind und die wir diesem Werk einzufügen für richtig befunden haben, und seinem eigenen Urteil vorbehalte, ob ihm hier über diesen Zwist sowie über die Ent scheidung des Streites und das Urteil des Konzils ein hinlänglich zu verlässiger Bericht vorgelegt zu sein scheint 72• 76. Ihrem unbesiegtesten 73 und ruhmvollsten Herrn Friedrich , dem Kaiser der Römer und allzeit Augustus, sowie den ehrwürdigen, im während der Synode in Pavia aufhielt, hat sich allenfalls auf die Rolle eines außenstehenden Beobachters beschränkt. n Vgl . oben IV, 59. 7 2 Rahewins Zurückhaltung und Obj ektivität ist nicht ganz so überzeugend , wie es scheinen möchte ; denn die im Folgenden mitgeteilten Dokumente kom men ausschließlich von Viktors Partei. Darum kann auch aus Rahewins Bericht kein einigermaßen zuverlässiges Bild der ganzen Vorgänge gewonnen werden . Vgl. jetzt Pacaut a. a. 0 . 73 Vor Eröffnung der Synode geschrieben .
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Gesta Frederici IV, 76
[320/32 1 ]
in a) Christi nomine congregatis fratres, qui Rome sunt, basilice beati Petri principis apostolorum canonici, 73a angeli magni con silii 73a presentiam et Spiritus sancti consolantem gratiam. Patres sanctissimi, quos Deus elegit ad consolationem merentium et delinquentium correctionem, sicut ait apostolus, 74 corripite s inquietos, consolamini pusillanimcs 74, intendite precibus nostris et ad dolorem nostrum leniendum consolationis manum extendite. Tanta est enim tamque diffusa meroris nostri materia, ut, unde debeamus exordium sumere, difficulter possimus invenire. Verum, quia materia doloris est et meroris, a luctu et merore ordiri 10 decrevimus. 76 Attendite ergo et videte, si est dolor sicut dolor noster 75, cum videamus matrem nostram Romanam ecclesiam, quondam fulgentem, 76 a filiis suis, immo alienis, quia mentiti sunt ei, quos enutrivit et exaltavit, ipsi autem spreverunt eam 76, contumeliose evisceratam et membris ex parte mutilatam, in t s ceno iacentem, contumeliam iacturamque suam nec sentientem . Unde cum Ieremia plorante sue Hierusalern destructionem plo rantes dicimus : 77 Non crediderunt reges terre et universi habi tatores orbis, quoniam ingrederetur hostis et inimicus per portas Hierusalern 77• Vere Hierusalern erat mater nostra Romana 20 ecclesia, que cunctis ad se venientibus et querentibus pacem dabat 77a. Nunc autem et dolentes dicimus, ut olim illa : 78 Peccatum peccavit nostra Hierusalem, propterea instabilis facta est 78• Nec immerito ; 79propter peccata prophetarum eius et iniquitates sacerdotum eius erraverunt ceci in plateis, facies Domini divisit 2 s eos 79• Et vere. 80 Vultus enim Domini super facientes mala, ut perdat de terra memoriam eorum80• Unde plurimo rubore suffun dimur. Vere peccatum peccavit hoc tempore nostra Hierusalem , invidia et odio et iniquitatibus multis, que quia per omnia longum est enarrare, ad ostendendam Romani pontificis electionem et 30 causam discordie declarandam propositum convertemus. Domno igitur papa Adriano f felicis memorie prima vigilia Kaiendis Septembr. viam universe carnis ingresso , convenit ilico a)
der übrige Brief fehlt A .
73a-7 a a
=
Is.
9, 6 , hier nach dem Missale zitiert ; vgl. Missale Rome.num, Ne.
tivitas Domini, Missa in die, Introitus. 74- 7 & l . Thess. 5,
14.
7 0- 70 Vgl. Thren. 1 ,
12.
Aussagen der Kanoniker von St. Peter in Rom
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Namen Christi versammelten Vätern wünschen die in Rom befind lichen Brüder, die Kanoniker der Basilika des heiligen Petrus, die Gegenwart 73 a des Künders des großen Ratschlusses 73 a und die trö stende Gnade des heiligen Geistes. Heiligste Väter, die Gott auser5 lesen hat zur Tröstung der Betrübten und zur Besserung der Sün der, 74vermahnet, wie der Apostel sagt, die Unruhigen, tröstet die Kleinmütigen 74, hört auf unsere Bitten und streckt die Hand des Trostes zur Linderung unseres Schmerzes aus . Denn so groß und so umfassend ist der Gegenstand unseres Kummers, daß wir nur schwer 10 herausfinden können, womit wir anfangen sollen. Aber da es ein Gegenstand des Schmerzes und des Kummers ist, haben wir uns ent schieden, zuerst von Trauer und Kummer zu sprechen. 75 Merkt also auf und seht zu, ob es einen Schmerz gibt gleich unserem Schmerz 75 ; denn wir müssen sehen, wie unsere Mutter, die einst so strahlende 1 5 römische Kirche, 76 von ihren Söhnen - oder richtiger von Fremd lingen, weil die zu Lügnern geworden sind, an ihr, die sie groß gezogen und erhöht hat, die selbst aber sie verachten 76 - schmäh lich zerfleischt und an ihren Gliedern teilweise verstümmelt worden ist und nun im Kot liegt und ihre Schmach und ihren Verlust nicht 20 einmal spürt. Daher sprechen wir voller Klage mit Jeremias, der über die Zerstörung seines Jerusalem klagt : 77 Nicht haben geglaubt die Könige der Erde, noch die Bewohner des Erdkreises alle, daß ein Gegner und Feind Jerusalem durch die Tore beträte 77. Wahrhaftig, Jerusalem war unsere Mutter, die römische Kirche, die allen, die zu 25 ihr kamen und klagten, den Frieden gab 77 a . Nun aber sagen auch wir mit Kummer : 78 Gesündigt hat unser Jerusalem, deshalb ist es wankend geworden 78. Verdientermaßen ; 79 ob der Sünden seiner Propheten und der Frevel seiner Priester irrten sie blind durch die Straßen ; das Antlitz des Herrn hat sie zerstreut 79• Und wahrhaftig. 30 80 Denn der Blick des Herrn ruht auf denen, die Böses tun, um ihr Andenken von der Erde zu tilgen 80. Deshalb sind wir von Schamröte übergossen. Fürwahr, schwer hat unser Jerusalem zu dieser Zeit gesündigt, durch Neid und Haß und vielerlei Vergehen ; doch führt es zu weit, sie alle aufzuzählen, und wir wollen uns daher der Schilderung 35 der Wahl des Papstes und der Ursache der Zwietracht zuwenden . Als der Herr Papst Hadrian seligen Angedenkens in der ersten Vigilie des l . September den Weg allen Fleisches gegangen war, 7 6- 7 6 Vgl. Isai. I , 2 . 77-77 = Thren. 4, 1 2 . 77 a Ein im Mittelalter gebräuchliches \Vortspiel, in dem Jerusalem mit
liger Friede" zu übersetzen ist . 7 8 - 7 8 = Thren. I , 8 . 7&-79 Thren . 4, 1 3 , 1 4 . 1 6. 80 ·-BO PR. 33, 1 7 . =
=
"hei-
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Gesta Frederici IV, 76
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maxima multitudo, euro quibus et senatores affuerunt, quorum consilio corpus Romam delatum est. Inter cardinales vero conten tione crescente, convenit taudem inter eos, ut Roman redirent et concordem electionem facereut de aliquo cardinalium. Quod si non possent, querereut extraneam personam. Quod si nec sie possent s convenire, ab electione quiescerent, donec invenirent idoneum virum, quem concorditer eligere deberent81• Et hoc unanimiter ab omnibus confirmatum est. Post hoc autem statim Romam redie runt. Domnus Octavianus et quidam alii accesserunt ad obse quium defuncti . Quidam vero alii premiserunt auctorem seelerum 10 Bosonem82, primogenitum Sathane, ut munitionem beati Petri occuparet, cuius custodes fidelitatem ei iuraverant domno papa Adriano vivente, eumque postea subsequentes eandem munitio nem conscenderunt. Domnus autem Tusculanus83 palatium as cendit. Domnus Octavianus et domnus Rolandus cancellarius ad 1 5 domos nostras venerunt e t quidam alii . Vocati autem isti ab illis, qui munitionem observ11.bant, responderunt se numquam ascen suros in munitionem, Bosonem verentes, n e , sicut eis relatum fuerat, a iuratis Bosonis caperentur. Et domnus cancellarius : 'Vadam' , inquit, 'et eos ad vos descendere faciam' . Ivit euro eo 20 diaconus de Carcere84, nec redierunt, et sie per biduum de loco, ubi electionem facerent, convenire nequiverunt. Tandem die sabbati 85 descendentibus illis de munitione, ascenderunt omnes post altare beati Petri et ceperunt de electione tractare. Cumque convenire non possent, dixerunt isti, qui concordiam et pacem 25 ecclesie desiderabant : 'Date nobis electionem, et eligemus unum de vobis, aut habeatis vos electionem, et eligite quem vultis de nobis unum' ; et noluerunt. Rurrexit taudem velut iratus Oddo diaconus Sancti Georii et Aldebaldus86 Crassus cardinalis Sanc torum Apostolorum et Iohannes Neapolitanus, et accepto manto 30 voluerunt inmantare domnum Rolandum cancellarium, sed saniore et meliori parte cardinalium ex parte Dei omnipotentis et/ beatorum principum apostolorum Petri et Pauli atque totins Vgl. oben IV, 62. Kardinaldiakon von S S . Cosma e Damiano, Neffe Hadrians IV., Verfasser der meisten Papstviten des 1 2 . Jahrhunderts im Liber Pontificalis ( ed. Duchesne, II, 3 5 1 - 446), Kardinalkämmerer Hadrians. 81
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versammelten sich alsbald eine große Menge Menschen, darunter auch Senatoren, auf deren Rat der Leichnam nach Rom übergeführt wurde. Unter den Kardinälen aber wuchs die Uneinigkeit ; dennoch vereinbarten sie schließlich , nach Rom zurückzukehren und einmütig einen der Kardinäle zu wählen . Wenn ihnen das nicht möglich sein sollte, wollten sie eine auswärtige Persönlichkeit suchen . Wenn sie sich auch so nicht einigen könnten, wollten sie die Wahl auf schieben, bis sie einen geeigneten l\Iann fänden, den sie dann ein trächtig wählen sollten 81 • Und das wurde einmütig von allen bestätigt. Darauf aber kehrten sie unverzüglich nach Rom zurück. Der Herr Octavian und einige andere schlossen sich dem Begräbnis des Ver storbenen an. Einige andere aber schickten den Urheber der Ver brechen, Boso 82, den Erstgeborenen Satans, voran, damit er die Burg des seligen Petrus besetze, deren Wächter ihm noch zu Lebzeiten Papst Hadrians Treue geschworen hatten, und ihm folgend bestiegen sie nun die Burg. Der Bischof von Tuseulum 83 jedoch bezog den Palast. Der Herr Octavian und der Kanzler, Herr Roland, und einige andere kamen zu unseren 'Vohnungen . Als sie aber von denen, die das Kastell hüteten, gerufen wurden, erwiderten sie, sie würden niemals in die Burg kommen aus Furcht vor Boso, um nicht, wie ihnen hinterbracht worden war, von dessen Mitverschworenen ge fangengesetzt zu werden . Und der Herr Kanzler erklärte : Ich will gehen und sie veranlassen, zu euch herabzukommen. Mit ihm ging der Kardinaldiakon von ( S . Nicolo in) carcere84 ; aber sie kamen nicht zurück, und so konnte man sich zwei Tage lang nicht über den Ort verständigen, wo die Wahl stattfinden sollte. Am Samstag85 endlich kamen jene vom Kastell herunter, und alle begaben sich hinter den Altar des heiligen Petrus und begannen, über die Wahl zu verhandeln . Als sie sich nicht einigen konnten, sagten die, welche die Eintracht und den Frieden der Kirche wünschten : Ü berlaßt uns die Wahl, und wir werden einen von euch wählen, oder vollzieht ihr die Wahl und wählt von uns, welchen ihr wollt ; aber das lehnten sie ab. Endlich erhoben sich wie im Zorn der Diakon Oddo von S. Gregorio und der Kardinal Aldebaldus Crassus86, Diakon von SS. Apostoli, sowie Johannes von Neapel ; sie ergriffen den :\Iantel und wollten den Herrn Kanzler immantieren , konnten das aber nicht, denn der verständigere und bessere Teil der Kardinäle verhinderte es im Namen des all mächtigen Gottes, der heiligen Apostelfürsten Petrus und Paulus und 83 8• 85 86
Kardinalbischof Imar von Tusculum . Oddo, vgl. oben IV, 63. 1 1 59 Sept. 5 . Ildebrandus.
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Gesta Frederici IV, 76
[322]
ecclesie auctoritate prohibente non potuerunt. Facta autem hac prohibitione, iterum eum inmantare attemptaverunt, nec potuerunt, et cancellarium cum manto nullo modo tetigerunt ; per eos tarnen non stetit, quin inmantaretur. Ceterum clerus Romanus, qui in ecclesia beati Petri pro electione summi pon- s tificis convenerat, audito clamore, cucurrerunt, circumdantes domnum Oddonem 87, qui erat cum cardinalibus iuxta altare beati Petri, et clamaverunt omnes dicentes : 'Domnum Oc tavianum eligite, per quem solum ecclesia pacem potest habere' ! Tune petitione populi Romani et electione totius cleri, con- 10 sentiente et desiderante universo capitulo basilice beati Petri, domnus Octavianus cardinalis a saniori parte cardinalium electus est et manto indutus ac in sede beati Petri positus absque omni contradictione, cantantibus omnibus 'Te Deum laudamus' in iubilo . Deinde, sicut mos est, domni cardinales et clerus Roma- t s nus totus, qui presens erat et qui postea confluxerat, populique Romani pars maxima pedes eius osculati sunt. Quod videns domnus Rolandus cancell arius et qui ei, sicut dicebatur, iura mento erant astricti, nec reclamaverunt nec aliquo modo contra dixerunt, sed 87a inclinato capite87a redeuntes munitionem quasi 20 spe sua frustrati conscenderunt. Tune domni cardinales, clerus, iudices, scrinarii, senatores, populus Romanus domnum electum, signis bandonis precedentibus, ad palatium usque cum io cunditate perduxerunt, Romano more clamantes : 'Papa Victore zs santo Petru lo lege' . In crastinum autem quidam de clero Romano ascenderunt munitionem, et osculata manu domni cancellarii, ceperunt eum et qui cum eo erant rogare, ut paci ecclesie provideret. Quidam autem de diaconibus curie respondit eis velut indignans : 'Heri pedes domni Octaviani, qui fratrem suum domnum cancel- 30 larium exuit manto et se induit, estis osculati et modo venitis ad nos ? ' Et domnus cancellaris : 'Noli ' , ait, 'domne cardinalis, dicere quod verum non est. Domuns Octavianus numquam exuit me manto, quia numquam indutus fui' 88 • Sicque per totam 8 7 Wohl Oddo von S. Gregorio ad Velum aureum, nicht, wie Giesebrecht meint (V, 2 3 1 ; VI, 3 9 2 f . ) , Oktavian .
Aussagen der Kanoniker von St.
Peter in Rom
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im Namen der ganzen Kirche. Trotz dieser Behinderung versuchten sie noch einmal, ihn zu immantieren, aber sie konnten den Kanzler nicht einmal mit dem Mantel berühren ; doch es lag nicht an ihnen, daß er nicht immantiert werden konnte. Der römische Klerus indes, 5 der sich in der Kirche des heiligen Petrus zur Wahl des Papstes ver sammelt hatte, lief herbei, als er das Geschrei hörte, umringte den Herrn Oddo 87, der mit den Kardinälen neben dem Altar des heiligen Petrus stand, und rief insgesamt : Wählt den Herrn Octavian, durch ihn allein kann die Kirche den Frieden erlangen ! Da wurde auf Bitten 10 des römischen Volkes und durch Wahl des gesamten Klerus sowie unter Zustimmung und auf den Wunsch des ganzen Kapitels der Basilika des heiligen Petrus von dem besonneneren Teil der Kardinäle der Herr Kardinal Octavian gewählt, mit dem Mantel bekleidet und auf den Stuhl des heiligen Petrus gesetzt, ohne daß sich Widerspruch 1 5 erhob, und alle sangen jubelnd "Gott wir loben dich" . Darauf küßten ihm, wie es Sitte ist, die Herren Kardinäle und der gesamte Klerus, soweit er anwesend oder später zusammengeströmt war, sowie ein großer Teil des Römischen Volkes die Füße. Der Kanzler und die j enigen, die ihm, wie man sagte, eidlich verpflichtet waren, sahen das, 20 erhoben aber keinen Einspruch noch widersprachen sie in irgendeiner Weise ; vielmehr kehrten sie 87 a gebeugten Hauptes 87 a zurück und stie gen als in ihrer Hoffnung Getäuschte zur Burg hinauf. Darauf ge leiteten die Herren Kardinäle, der Klerus, die Richter, die Scriniare, die Senatoren und das Römische Volk den Herrn Erwählten mit zs Ba n n e rn un d unter Jubel zum Pa l ast un d riefen nach römischer Sitte : Papst Viktor, der heilige Petrus wählte ihn. Am folgenden Tag aber stiegen einige vom römischen Klerus zum Kastell hinauf, küßten dem Herrn Kanzler die Hand und begannen, ihn und seine Umgebung zu bitten, auf den Frieden der Kirche beJ o dacht zu sein. Doch einer von den Diakonen der Kurie erwiderte anscheinend empört : Gestern habt ihr die Füße des Herrn Octavian geküßt, der seinem Bruder, dem Herrn Kanzler, den Mantel auszog und sich selbst anlegte, und j etzt kommt ihr zu uns ? Doch der Herr Kanzler entgegnete : Sage nichts Unwahres, Herr Kardinal ! Der Herr 35 Octavian hat mir niemals den Mantel ausgezogen, weil ich ja nie mit ihm bekleidet war88• Jene ganze Woche lang blieb nun der Herr B7 a -B7 a Vgl. Iudith
1 5, 2 .
Eine merkwürdige Erzählung, da Alexander selbst berichtete, der Diakon Oddo habe ihn immantiert. Offensichtlich haben die Viktoriner stets nur die halbe Wahrheit gesagt, nämlich nur, daß Alexander bei der lmmantierung Oktavians nicht den Purpurmantel trug, sie verschwiegen aber, daß sie Alexan der den Mantel entrissen. Diese Version war wichtig für Viktor IV. , um Alexan der als Invasor hinzustellen, der zu Lebzeiten eines bereits rechtmäßig konsti tuierten Papstes die päpstliche Gewalt an sich gerissen habe. 88
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Gesta Frederici IV, 76
[322/323]
ebdomadam illam domno cancellario et suis in / ecclesia beati Petri morantibus, nono die descendentes Transtyberim, eo die et altero commorantes, undecimo exierunt et pervenerunt ad cisternam Neronis, in qua latuit Nero fugiens Romanos inse quentes. Iuste cisternam adierunt, quia 89 dereliquerunt fontem s aque vive et foderunt sibi cisternas, cisternas dissipatas, que continere non valent aquas89• Et ibi die altero90 , qui duodecimus erat ab electione domni Victoris, induerunt cancellarium stolam et pallium erroris in destructionem et confusionem ecclesie ibi10 que primum cantabant 'Te Deum laudamus'. Quis vestrum, o sanctissimi patres, audivit talia 1 Quantum in eis est, biceps hodie facta est Romana ecclesia. Nunc tacendum nobis est, ut domnus Otto palatinus comes et domnus Gwido comes de Blandera et domnus Heribertus prepositus91, viri prudentissimi, imperatorie maiestatis legati, vicem accipiant 1s referendi, quid in domno cancellario et suis reppererint. Qui cum nota retulerint domni episcopi92, domni imperatoris legati, quid hinc inde humilitatis et veritatis cognoverint, plenius poterunt enodare. In Urbe quoque cum Romanus clerus ad ecclesiam beati Petri ipsis presentibus conveniret, quid de facto 20 isto persenserint, quoniam presentes esse credimus, referant ipsi, et ad hoc comprobandum duos de fratribus nostris, Petrum Christianum ecclesie nostre decanum et Petrum Gwidonis camerarium sancte Romane ecclesie subdiaconum, sanctitati vestre transmittimus, ut de his omnibus veritatis testimonium 2s etiam viva voce perhibeant. In cena Domini estis a>, in qua redemptionis humane sacramenta peregit, duos gladios apostoli se habere professi surrt, quos et vos habetis ; quid in eis et per eos agere debeatis, nullus vestrum ignorat. Ibi dieturn est a Christo : Satis est93 ! Et nos, qui Christi vestigia sequi debemus, vobis 30 dominis nostris dicimus, huic operi finem facientes : 'Satis est ' . Omnipotentis sapientia Patris, qui novit e t potest unire vota et voluntates omnium, doceat vos onmes et uniat ad confusionem Babylonicam destruendam et simoniam de ecclesia propellendam et pacem toti mundo desiderabilem b) in integrum reformandam ! J 3 5 a) so alle Haa. ; nostri emendiert Gieaebrecht wohl mit Recht, GDK 6, 39.3. b ) hier setzt B1 wieder ein.
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Kanzler mit seinen Anhängern in der Kirche des heiligen Petrus ; am neunten Tage aber begaben sie sich nach Trastevere und verweilten dort an diesem und dem folgenden Tage ; am elften zogen sie weiter und gelangten zur Zisterne Neros, in der sich Nero auf der Flucht vor den ihn verfolgenden Römern versteckt hatte . l\fit Recht gingen sie nach Cisterna, denn 89 sie verließen den Quell lebendigen Wassers und gruben sich Zisternen, löcherige Zisternen, die kein Wasser halten können89• Und dort bekleideten sie am nächsten Tage90, dem zwölften seit der Wahl des Herrn Viktor, den Kanzler mit der Stola und dem Pallium des Irrtums zur Zerstörung und Verwirrung der Kirche, und dort sangen sie zum erstenmal : Gott., dich loben wir. Wer von euch, hochheilige Väter, hat so etwas gehört ? So viel an ihnen liegt, hat die römische Kirche heute zwei Häupter. Jetzt müssen wir schweigen, damit der Herr Pfalzgraf Otto, der Graf Guido von Biandrate und der Herr Propst Heribert91, diese klugen Männer, die Gesandten der kaiserlichen Majestät, berichten können, was sie beim Herrn Kanzler und seinen Leuten ermittelt haben. Während die Herren Bischöfe92 nur Bekanntes berichtet haben, werden die Herren Gesandten des Herrn Kaisers genauer enthüllen können, was sie hier wie dort an Demut und Wahrhaftigkeit gefunden haben. Da auch in der Stadt der Römische Klerus noch während ihres dortigen Aufenthalts in der Kirche des seligen Petrus zusammenkam, mögen sie selbst, da sie j a , wie wir glauben, anwesend sind, berichten, was sie von diesen Vorgängen wissen, und zur Bestätigung dieses Berichts senden wir zwei unserer Brüder, Petrus Christianus, den Dekan unse rer Kirche, und den Subdiakon Petrus, den Sohn Guidos, den Käm merer der heiligen römischen Kirche, an eure Heiligkeit, damit sie über alle diese Vorgänge auch mit dem lebendigen Wort wahrheits getreu Zeugnis ablegen . Beim Mahl unseres Herrn, bei dem dieser die Sakramente der Erlösung des Menschen vollzogen hat, erklärten die Apostel, daß sie zwei Schwerter hätten, und auch ihr habt sie ; was ihr mit ihnen und durch sie tun müßt, das weiß jeder von euch . Dort hat Christus gesagt : Es ist genug ! 93 Auch wir, die wir Christi Fußtapfen folgen sollen , sa gen euch , unseren Herren : Es ist genug ! und beschließen damit dieses Schreiben. Die Weisheit des allmächti gen Vaters, der die Wünsche und Absichten aller Menschen kennt und einigen kann , möge euch alle lehren und einigen , die babylonische Verwirrung zu beseitigen , die Simonie aus der Kirche zu verbannen und den in der ganzen \Velt ersehnten Frieden wiederherzustellen . ., _,. = 92
sein . 93
9 0 Sept. 1 8 . 91 von Aachen . Ier. 2, 1 3 . Unklar, Daniel von Prag und Hermann von Verden können kaum gemeint
Luc:. 22, 3 8 .
Gesta Frederici IV, 7 7
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[324/325]
77. Actio concilii, que verbis simplicibus in scripturn redacta, item ponenda videbatur : Hec sunt capitula, que al in concilio Papie super electi onem b) domni pape Victoris canonice probata sunt. Domnus Octavianus et nemo alius Rome in ecclesia beati Petri petitione s populi et consensu ac desiderio cleri a cardinalibus manto sollempniter est indutus et presente cancellario et non Contra dieente in kathedra beati Petri collocatus est, et a cardinalibus et clero Romano 'Te Deum laudamus' sollempniter ei cantatum est et nomen ei Victor impositum est. Ibi multitudo cleri et 10 populi Romani venit ad pedes eius. Tune scriniarius secundum antiquam Rarnanorum consuetudinem ascendens in altum voce magna clamavit ad populum, dicens : 'Audite, cives Romani et cetus rei publice ! Secunda 94 feria pater noster Adrianus mor tuus est, et proximo sequenti sabbato95 domnus Octavianus 1 5 cardinalis Sancte Cecilie i n Romanum pontificem electus et inmantatus est et in kathedra beati Petri collocatus est et papa Victor est nominatus . Placet vobis ? ' Respandit magna voce clerus et populus : 'Placet' . Secunda et tertia vice interrogatus populus, si placeret, clara voce respondit : 'Placet' . Deinde cum 20 bandis et aliis papalibus insignibus dominus papa cum laudibus in palatium deductus est. His itaque rite peractis, capitulum beati Petri statim venit ad pedes eiusdem pape Victoris et obedivit ac debitam ei reveren tiam exhibuit, clerus et populus, multitudo magna, similiter 25 obedivit. Sequenti vero die proxima rectores cleri Romani accedentes ad donmum cancellarium et ad cardinales, qui cum eo erant, voluerunt cognoscere, si inmantatus esset, sicut qui dam dicebant, et non invenerunt eum inmantatum neque aliqua dignitatis specie variatum, et habito cum eo et cardinalibus suis 30 colloquio cognoverunt ab ore eins et suorum, quod numquam fuerit inmantatus et quod ei hoc falso imponebatur. Quo audito et cognito, rectores ad pedes domni pape Victoris venerunt et obedientiam et reverentiam exhifbuerunt. a)
von
b ) so
hier an bis z. Schluß d. Kap. fehlt A .
Ca.
Die Konzilsakten
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77. Auch den Hergang des Konzils, der in einfachen Worten schriftlich niedergelegt wurde, glaube ich hersetzen zu sollen : Dies sind die Punkte, die auf dem Konzil zu Pavia betreffs der Wahl des Herrn Papstes Viktor kanonisch gebilligt worden sind. Der s Herr Octavian und kein anderer ist in der Kirche des heiligen Petrus auf Bitten des Römischen Volkes und mit Zustimmung und auf Wunsch des Klerus von den Kardinälen feierlich mit dem Mantel bekleidet und in Gegenwart des Kanzlers ohne dessen Einspruch auf den Stuhl des seligen Petrus gesetzt worden, und die Kardinäle und 1 0 der Römische Klerus haben ihm feierlich das Herr Gott, dich loben wir gesungen und ihm den :Namen Viktor beigelegt. Dort ist ihm die Menge des Klerus und des römischen Volkes zu Füßen gefallen. Darauf stieg nach alter römischer Sitte der Scriniar auf einen er höhten Platz u nd rief mit lauter Stimme dem Volk die Worte zu : 1 5 Hört, römische Bürger und Gemeinde des Staates ! Am zweiten Wochentage 94 ist unser Vater Hadrian gestorben, und am folgenden Samstag95 der Herr Octavian, der Kardinal von S. Cecilia, zum Papst gewählt, immantiert, auf den Stuhl des seligen Petrus gesetzt und Papst Viktor genannt worden . Billigt ihr das 1 Mit lauter Stimme 20 antworteten Klerus und Volk : Wir billigen es. Ein zweites und drittes l\Ial befragt, ob man es billige, antwortete das Volk : \Yir billigen es. Dann wurde der Herr Papst mit den Bannern und anderen piipstlichen Abzeichen unter Lobgesängen in den Palast g e l ei t e t 25 .Xachdem dies also dem Brauch entsprechend vollzogen war, fiel das Kapitel des heiligen Petrus zu Füßen eben dieses Papstes Viktor nieder, gelobte ihm Gehorsam und erzeigte ihm die schuldige Ehr furcht , in ähnlicher Weise gelobten ihm Klerus und Volk, eine große :Menge, Gehorsam . Am nächstfolgenden Tage aber kamen die Rek30 toren des Römischen Klerus zu dem Herrn Kanzler und den Kar dinälen, die auf seiner Seite standen, und wollten sich vergewissern, ob er immantiert worden sei, wie einige behaupteten ; doch sie fanden ihn nicht mit dem Mantel bekleidet und auch mit keinem anderen Abzeichen der lVürde ausgezeichnet, und bei einer Aussprache mit 3 5 ihm und seinen Kardinälen erfuhren sie aus seinem und seiner Anhänger }lunde, daß er niemals mit dem Mantel bekleidet worden war und daß man ihm das fälschlich nachsagte. Nachdem sie dies gehört und erfahren hatten, warfen sich die Herrn Rektoren dem Herrn Papst Viktor zu Füßen und gelobten ihm Gehorsam und .
40
Ehrerbietung.
" :Montag ; Sanctorum Cosme et Damiani obedit. 20 Abbas Sancti Valentini obedit. Magister fratrum templi Hierosolimitani in monte Aventino cum suis b) obedit. Cardinalia Sancti Marcelli obedit. Clerici de cardinalia Sanctorum Apostolorum obediunt. Clerici de cardinalia Sancti Petri ad Vincula obediunt. 2s Clerici de cardinalia Sancti Silvestri obediunt. Clerici de cardinalia Sancti Sixti obediunt. Clerici de cardinalia Sancte Sabine obediunt . Clerici de cardinalia Sancte Sabiline96 obediunt. Cardinalia Sancti Cyriaci apud thermas Diocletiani obedit. 3o Clerici de cardinalia Sancte Marie trans Tyberim obediunt. Clerici de cardinalia Sancte Marie in Porticu obediunt. Clerici de cardinalia Sancti Nycolai in Carcere obediunt. Monasterium Sancte Agathe obedit. 35 Archipresbiter Sancti Apollinaris obedit. a) folgt monachorum
C 2•
b ) folgt fratribus a •.
Die Konzilsakten
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Hinsichtlich aller oben angeführten Punkte waren Zeugen : Petrus Christianus, der Dekan der Basilika des heiligen Petrus, und alle seine Brüder sowie zwei Rektoren des römischen Klerus, nämlich der Priester Blasius und der Priester Manerius, ferner sieben Erzpriester 5 der Stadt Rom und vier andere, teils Diakone, teils Subdiakone. Danach leisteten der Prior des Lateran und seine Kanoniker Ge horsam. Die Kleriker der Patriarchie S . Maria Maggiore leisteten Gehorsam. Der Abt der Patriarchie S . Paolo erklärte durch Boten Gehorsam 1 0 und schickte ihm zum Zeichen seines Gehorsams einiges von seinen Gütern. Der Abt der Patriarchie S . Lorenzo mitsamt seinen Mönchen leistet Gehorsam . Der Abt von S . Cirengio leistet Gehorsam. 15 Der Abt von S . Silvestro mitsamt seinen Mönchen leistet Gehor sam . Der Abt von S . Alessio in monte Aventino mitsamt seinen Mönchen leistet Gehorsam . Der Abt von S . Blasio mitsamt seinen Mönchen leistet Gehorsam. 20 Der Konvent von S . Sabina leistet Gehorsam. Der Konvent von S . Maria auf dem Kapitol leistet Gehorsam. Der Konvent von SS. Cosma e Domiano leistet Gehorsam. Der Abt von S . Valentino leistet Gehorsam . Der Meister der Brüder vom Tempel zu Jerusalem auf dem Aventin 25 mitsamt den Seinen leistet Gehorsam. Die Kardinalkirche S. Marcello leistet Gehorsam. Die Kleriker der Kardinalkirche SS. Apostoli leisten Gehorsam. Die Kleriker der Kardinalkirche S. Pietro in Vincoli leisten Gehorsam. 30 Die Kleriker der Kardinalkirche S . Silvestro leisten Gehorsam. Die Kleriker der Kardinalkirche S . Sisto leisten Gehorsam. Die Kleriker der Kardinalkirche S . Sabina leisten Gehorsam. Die Kleriker der Kardinalkirche S . Sabilina96 leisten Gehorsam. Die Kardinalkirche S . Cyriaco neUe Therme leistet Gehorsam. 35 Die Kleriker der Kardinalkirche S . Maria in Trastevere leisten Ge horsam. Die Kleriker der Kardinalkirche S . Maria in Portico leisten Ge horsam. Die Kleriker der Kardinalkirche von S . Nicola in Carcere leisten 40 Gehorsam. Das Kloster S . Agatha leistet Gehorsam. Der Erzpriester von S . Apollinare leistet Gehorsam. •• D. i. Balbina.
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Gesta Frederici IV, 7 7
[325/326]
Archipresbiter Sancti Triphi97 obedit. Archipresbiter Sancti Bartholomei obedit. Ecclesia Sancti Celsi obedit. Ecclesia Sancte Marie in Monasterio obedit. Ecclesia Sancte Marie in Palaria obedit. Ecclesia Sancti Salvatoris de Curte obedit. Archipresbiter Sancti Vicentii cum suis obedit. f Archipresbiter Sancte Catarine a) obedit. Archipresbiter Sancti Thome de Parrione obedit. Archipresbiter Sancte Anastasie cum suis obedit. 10 Archipresbiter Sancti Salvatoris de Campo cum suis obedit. Archipresbiter Sancte Marie in monte Celso cum suis obedit . Et multe alie ecclesie et monasteria obedierunt, quas vix enumerare valemus. Post promotionem domni Victoris canonici beati Petri mise- 1 5 runt ad Rolandum cancellarium canonicos suos, qui viderent, an esset inmantatus, sicut quidam credebant, aut aliquo modo promotus. Unde bis missi inquisitores bis retulerunt eum non esse inmantatum nec aliqua promotionis specie variatum. Sequenti vero die98, ut omnis dubitatio tolleretur, miserunt 20 canonici quosdam de suis, ut mense cardinalium, qui inerant, interessent et viderent, si saltem in mensa locum digniorem solito obtineret aut etiam benedicendo mensam primus esset vel aliquo modo inter cardinales loco vel dignitate seu veste dignior haberetur. In quibus omnibus nullo modo senserunt eum pro- 25 motum vel mutatum ; atque in hunc modum perscrutati sunt canonici statum cancellarii per singulos continuos VIII dies. Basso et Iohannes de Romano dicunt : 'Postquam cancel larius, sedente domno Victore in kathedra, in munitionem se recepit, Iohannes Phizutus clericus et Iohannes de Bucca-Lata 30 laicus voluerunt inmantare cancellarium . Qui cum iniuria rep pulit eos, dicens : 'De me non facietis ridiculum ; ibi est papa, ite ad eum et obedite ei ! ' Presbiter Blasius et presbiter Manerius h) , rectores cleri c) Romani, dicunt se cum tribus aliis rectoribus cleri sequenti die 35 a) folgt cum suis
C 2•
b ) Magnerius
B.
c)
fehlt 02•
Die Konzilsakten
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Der Erzpriester von S. Trifo97 leistet Gehorsam. Der Erzpriester von S. Bartolomeo leistet Gehorsam. Die Kirche S . Celso leistet Gehorsam. Die Kirche S. Maria in Monasterio leistet Gehorsam. Die Kirche S. Maria in Palaria leistet Gehorsam. Die Kirche S. Salvatore in Corte leistet Gehorsam. Der Erzpriester von S . Vincenzo mitsamt den Seinen leistet Ge horsam. Der Erzpriester von S . Catarina leistet Gehorsam. 10 Der Erzpriester von S . Tomaso in Parione leistet Gehorsam. Der Erzpriester von S. Anastasia mitsamt den Seinen leistet Ge horsam . Der Erzpriester von S . Salvatore in Campo mitsamt den Seinen leistet Gehorsam . Der Erzpriester von S. Maria in l\Ionticelli mitsamt den Seinen 15 leistet Gehorsam . Und viele andere Kirchen und Klöster, die wir kaum aufzuzählen vermögen , leisteten Gehorsam . Nach der Erhebung des Herrn Viktor schickten die Kanoniker des 20 heiligen Petrus einige aus ihrer Mitte zu dem Kanzler Roland, um festzustellen, ob er, wie einige glaubten , immantiert oder in irgend einer ·weise erhoben worden sei . Zweimal wurden die Kundschafter ausgesandt und beide l\fale meldeten sie, er sei weder immantiert noch mit irgendeinem Abzeichen einer höheren Würde geschmückt. Um 25 aber j eden Zweifel zu zerstreuen, schickten die Kanoniker am folgen den Tag98 einige der Ihren , damit sie an der Tafel der anwesenden Kardinäle teilnähmen und feststellten, ob er wenigstens bei Tisch einen höheren Platz einnähme als gewöhnlich oder gar beim Segnen der Speisen der erste wäre oder ob er sich unter den Kardinälen in 30 irgendeiner 'V eise durch seinen Platz oder seine Würde oder seine Kleidung auszeichnete . Aber in all diesen Dingen sahen sie ihn in keiner Weise erhöht oder verändert ; und in dieser Weise erforschten die Kanoniker die Stellung des Kanzlers a cht Tage hintereinander. Basso und Johannes de Romano erklärten : �achdem sich der Kanz3 5 !er in das Kastell zurückgezogen hatte, während Herr Viktor auf der Kathedra saß, wollten der Kleriker Johannes Phizutus und der Laie Johannes de Bucca - Lata den Kanzler immantieren. Der aber wies sie empört zurück und sprach : }fit mir werdet ihr nicht euren Spott treiben ; dort ist der Papst, geht zu ihm und gelobt ihm Gehorsam ! 40 Die Priester Blasins und Manerius, Rektoren des römischen Klerus, sagten aus, sie seien mit drei anrleren Rektoren des Klerus am Tage 97 D. i. Tryphon .
'" Sept.
8.
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Gesta Frederici IV, 7 7
[326/327]
post promotionem domni Victoris accessisse ad cancellarium et ad omnes cardinales qui cum eo erant, et non viderunt eum inmantatum nec aliquo modo promotum, et antequam dis cessissent, audierunt duabus vicibus ab ore cancellarii, quod 5 nec erat nec fuit inmantatus. In presentia etiam ipsorum rectorum et •> in presentia eo rum •> , qui ibi erant, testificatus est Otto cardinalis de Carcere, quod domnus Octavianus nullam violentiam vel iniuriam intulit cancellario. Item dixit Otto : 'Pro nichilo ascribitur hec iniuria domno cancellario, quia f nullus ei manturn abstulit, quia 10 numquam habuit' . His omnibus ita peractis et cognitis, rectores isti iverunt ad domnum Victorem et obedientiam ei fecerunt et preceperunt clero, ut ei obediret. Quod et factum est. Presbiter Barro99 et presbiter Iohannes, capellani de car dinalia cancellarii, dixerunt se sequenti die post promotionem 1 5 domni Victoris a d cancellarium accessisse e t dixisse a d eum sie : 'Audientes vos esse inmantatum gaudebamus, et mmc, quia aliter videmus, dolemus' . Qui dixit eis : 'Pro me nolite gaudere vel dolere, quia ego nec fui nec sum inmantatus ; ite et obedite ei, quem videtis inmantatum' . Hec verba taliter ab ore cancellarii 20 processisse commisit presbiter Barro et presbiter Iohannes qui busdam ex nostris clericis presentibus, ut iurent in animabus eorum ita verum esse. Clerici de cardinalia Sancti Chrisogoni dixerunt se sequenti die post promotionem domni Victoris accessisse ad cardinalem 25 suum, qui erat cum cancellario, et interrogasse eum, dicentes : 'Omnes clerici vadunt ad pedes domni pape ; quid faciemus et nos' ? Qui respondit : 'Ite ad eum sicut alii' . Multi e x nostris dicunt vidisse cancellarium XI. die ab Urbe exisse sine manto, sine stola, sine albo equo et sine omni habitus 30 mutatione, cum pellibus nigro pallio coopertis et cum nigro almutio, usque ad Cisternam. Iohannes de Romano dicit se audivisse Iohannem Neapoli tanum 1 et Bonandiem 2 et quosdam alios cardinales dicentes apud Cisternam : 'Quoniam modo sumus sine pastore et sine 35 a-a) et - eorum
fehlt 0 2 •
Die Konzilsakten
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nach der Erhebung des Herrn Viktor zum Kanzler und all den Kardinälen, die seine Anhänger waren, gegangen und hätten ihn weder immantiert noch in irgendeiner Weise befördert ge funden, und bevor sie wieder fortgegangen seien, hätten sie zwei5 mal aus dem Munde des Kanzlers gehört, daß er nicht immantiert worden sei . Ferner hat in Gegenwart der Rektoren und der dort Anwesenden der Kardinal Otto von (S. Nicola in) Carcere bezeugt, daß der Herr Octavian dem Kanzler keinerlei Gewalt oder Unrecht zugefügt hat. 1 0 Ebenso sagte Otto aus : Völlig grundlos spricht man von einer Belei digung des Herrn Kanzlers, denn niemand hat ihm den Mantel ab genommen, weil er ihn niemals angehabt hat. Nachdem man dies alles verhandelt und erkundet hatte, gingen die Rektoren zum Herrn Viktor, leisteten ihm die Obödienz und befahlen dem Klerus, ihm zu gehorchen. 1 5 Das geschah auch . Die Priester Barro99 und Johannes , Kapläne der Kardinalie des Kanzlers, sagten aus, sie wären am Tag nach der Erhebung des Herrn Viktor zum Kanzler gegangen und hätten so zu ihm gesprochen : Als wir hörten, ihr seiet immantiert worden , freuten wir uns, und jetzt 20 sehen wir mit Bedauern, daß es sich a nders verhält. Der sprach zu ihnen : Um meinetwillen braucht ihr euch weder freuen noch trauern , denn ich war weder immantiert, noch bin ich es, gehet und gehorchet dem, den ihr immantiert seht ! Daß diese 'Vorte so aus dem Munde des Kanzlers gekommen sind , das vertrauten die Priester Barro und 2s Johannes einigen unserer anwesenden Kleriker an, um bei deren Seelen zu schwören, daß dies wahr sei. Die Kleriker der Kardinalkirche S . Crisogono sagten aus, sie seien am Tage nach der Erhebung des Herrn Viktor zu ihrem Kardinal gekommen , der beim Kanzler war, und hätten ihn gefragt : Alle 30 Kleriker gehen zum Fußfall zum Herrn Papst ; was sollen wir tun l Er antwortete : Geht zu ihm wie die anderen ! Viele von unseren Leuten sagten aus, sie hätten gesehen , daß der Kanzler am l l . Tage ohne �lantel, ohne Stola, ohne weißen Zelter und ohne jede Veränderung der Kleidung von der Stadt aus nach Cisterna 3 5 gegangen sei, bekleidet mit einem schwarzen , mit Pelz besetzten Mantel und einer schwarzen Kapuze . Johannes de Romano sagte aus, er habe gehört, wie Johannes von Neapel 1 und Bonadies 2 und einige andere Kardinäle in Cisterna sagten : Da wir zur Zeit ohne Hirten und ohne Oberhaupt sind, wollen
0 9 = B asso . 1
2
Kardinal. Kardinal.
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Gesta Frederici IV, 7 7 -7 8
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capite, faciamus nobis dominum' , et postea inmantaverunt eum et cantaverunt ei 'Te Deum laudamus' apud Cisternam. Iohannes de Sancto Stephano et Wolframmus dicunt se audivisse, quod papa Adrianus dixit ad eos, cum de Urbe exiret : 'Octavianus' , inquit, 'quem ego misi in Longobardiam, vult 5 excommunicare Mediolauenses ; sed ego mandavi Mediolanensi bus, ut non curent de eo, sed fortiter se habeant tarn ipsi quam Brixienses contra imperatorem, et ego cum eis disposui, quod imperator propter eorum impedimenta non poterit Romam venire'. Item : 'Etiam cum cardinalibus ita disposui, quod 10 Octavianus non erit papa post mortem meam ' . Gimundus 3 e t Wolframmus dicunt se audisse ab ore episcopi Sabinensis 4, quod libenter rediret ad domnum f Victorem, sed ita adiuratione est astrictus, quod sine periurio non potest. Episcopus Aletrinus 5 in presentia domni Guidonis Cremensis t 5 cardinalis et Gimundi et Johannis Gaietani et aliorum multorum dixit : 'Non possum ad domnum Victorem venire, quia talem securitatem feci cancellario et suis aput Anagniam , quod non possum ad eos venire usque ad Kalendas, post Kaiendas autem veniam . Interim tarnen habeo eum pro domino et pastore meo ' . 20 Itaque, Kaiendis transactis, cum infirmitate teneretur, misit domno Victori obedientiam per clericum quendam, quem habemus presentem . De omnibus supradictis capitulis testimonium perhibuerunt predicti rectores cleri Romani et VII archipresbiteri supra 25 memorati 6 et alii multi honesti et religiosi clerici Romani et Petrus Urbis prefectus et Stephanus de Tebaldo et Stephanus N ormannus et Iohannes de Sancto Stephano et Iohannes Gaietanus et Wolframmus de Gidocirca et Gimundus de domo Petri Leonis et multi alii illustres Romani et nobilissimi, qui 30 omnibus his interfuerunt et omnia viderunt et tractaverunt. 7 8 . Confirmato et recepto taliter in papatu Victore, defert.ur ad principem sacerdotalis concilii sententia. Qua venerabiliter suscepta et approbata, Victor ad ecclesiam vocatur et magna sollempnitate et frequentia cleri ac populi suscipitur, ipsique ut 35 3 Aus dem Haus der Pierleoni, deren Familie meist auf Seiten d er römischen Commune stand.
D ie Konzilsakten
68 1
wir uns einen Herrn setzen, und dann immantierten sie ihn und sangen ihm in Cisterna das Gott : wir loben dich . Johannes von S . Stefano und Wolfram sagten aus, sie hätten ge hört, wie Papst Hadrian beim Verlassen der Stadt zu ihnen sagte : 5 Octavian, den ich in die Lombardei geschickt habe, will die Mailänder exkommunizieren ; ich aber habe den Mailändern befohlen, sich nicht um ihn zu kümmern , sondern sie selbst sollten sich ebenso wie die Brescianer mutig gegen den Kaiser stellen, und ich habe mit ihnen Vorkehrungen getroffen, daß der Kaiser wegen der von ihnen 10 bereiteten Hindernisse nicht nach Rom kommen kann. Ferner : Auch mit den Kardinälen habe ich Anordnungen getroffen, daß Octavian nach meinem Tode nicht Papst wird. Gimund 3 und Wolfram sagten aus , sie hätten aus dem Munde des Bischofs von Sabina 4 gehört, er würde gern zum Herrn Viktor zurück15 kehren, sei aber durch seinen Sch,\ur so gebunden, daß er das nicht könne, ohne meineidig zu werden. Der Bischof von Alatri 5 hat in Gegenwart des Herrn Kardinals Guido von Crema, Gimunds und Johannes' von Gaeta und vieler anderer ausgesagt : Ich kann nicht zum Herrn Viktor kommen, denn 20 ich habe mich in Anagni dem Kanzler und seinen Anhängern gegen über so gebunden, daß ich bis zum ersten ( Oktober) nicht zu ihm kom men kann ; nach dem ersten aber werde ich kommen. Inz,vischen aber sehe ich in ihm meinen Herrn und meinen Hirten . Da er dann aber nach Ablauf des 1 . durch Krankheit daran verhindert war, übermittel25 te er durch einen Kleriker, der hier anwesend ist, dem Herrn Viktor seine Gehorsamserklärung. Für alle oben berichteten Vorgänge legten Zeugnis ab die genannten Rektoren des Römischen Klerus, die sieben oben genannten 6 Erz priester und viele andere ehrenwerte und fromme römische Kleriker, 30 ferner der Stadtpräfekt Petrus, Stephan de Tebaldo, Stephan der Normanne, Johannes Yon S. Stefano, Johannes von Gaeta, Wolfram von Giudecca, Gimund aus dem Hause Pierleone und viele andere erlauchte und hochedle Römer, die bei all diesen Vorgängen anwesend waren und alles miterlebt und mitverhandelt haben . 78. Nachdem nun so Viktor als Papst bestätigt und angenommen 35 worden war, wurde dem Kaiser der Spruch des geistlichen Konzils übermittelt. Ehrfurchtsvoll nahm er ihn entgegen und billigte ihn ; dann wurde Viktor in die Kirche gerufen und mit großer Feierlichkeit in Anwesenheit einer großen Zahl Geistlicher und Volks empfangen , •
Gregor. Rudolf (Adenolf) . • Oben S. 674. 5
682
Gesta Frederici IV, 7 8 - 7 9
[328/329]
summo pontifici et universali pape adclamatur. Divus quoque im perator consuetam ei reverentiam et stratoris officium sicut Con stantinus beato Silvestro humiliter pro foribus ecclesie exhibuit 7, et manu eius accepta usque ad sedem deduxit et intronizavit. De reli quis que ibidem acta sun t, exemplaria litterarum subnotataconsule: s 79. Fredericus8 Dei gratia Rarnanorum imperator et semper augustus dilectissimo suo Eberhardo f venerabili Salzburgensi archiepiscopo et suffraganeis eius, Adilberto Frisingensi epi scopo, Hartmanno Brixiensi et Romano Gurcensi totique provincie Salzburgensi a) gratiam suam et omne bonum. Si 10 sacro concilio Papie celebrato interfuissetis, omnia b) , que ibidem vel in Romana ecclesia facta sunt, oculata fide cognoscere possetis. Ne autem ab his, qui pravis delationibus et mendaciis iam totum fere orbem resperserunt, veritas possit obnubilari vel vestra sinceritas trahi in contrarium, quanto brevius possumus 1 5 seriem totius rei sine aliqua falsitatis commixtione mera veritate vobis significare dignum duximus. Luce clarius constat, quod papa Adriano adhuc vivente Rolandus cancellarius et quidam cardinales, non adtendentes illnd dominicum : 9 Sit sermo vester : est est, non non9, conspiratione facta cum Willelmo Siculo, prius 20 ab eis excommunicato, et cum ceteris hostibus imperii, Medio lanensibus, Brixiensibus, Placentinis, ne forte per mortem pape Adriani tarn iniqua factio evanesceret, iuramenti vinculo in vicem sese constrinxerunt, ut, defuncto papa, nullus alius ei substitueretur, nisi qui in eadem conspiratione cum eis con- 25 venisset. Hac de causa XII. die post electionem domni Victoris pape, eo sedente in sede beati Petri, iam dicti conspiratores egressi ab Urbe ad cisternam Neronis, 10 derelinquentes venam aquarum viventium 10 , se contulerunt et ydolum sihi Roland um cancellarium erexerunt, dicentes hunc esse Symonem Petrum, 30 qui apostolice dignitatis apicem tarn nefaria invasione attingere presumebat. Quod hec conspiratio facta fuerit et ille iam dictus Rolandus per eam hoc modo intraverit, non est ficticium, sed religiosis viris ab illo qui 11 manifesta facit consilia cordium 11 mirabiliter est declaratum. 35 a)
Rest der Adresse fehlt A.
b)
das Folgende fehlt A .
Friedrich an Eberhard von Salzburg über das Konzil
683
und man akklamierte ihm als oberstem Bischof und allgemeinem Papst. Auch der göttliche Kaiser erwies ihm vor den Toren der Kirche die gewohnte Ehrerbietung und den Dienst des Steigbügelhalters wie Konstantin dem heiligen Silvester 7 ; dann ergriff er seine Hand , ge5 leitete ihn zum Stuhl und inthronisierte ihn . Ü ber das übrige, was dort geschah , ziehe man den hier folgenden Brief zu Rate. 7 9 . Friedrich8, von Gottes Gnaden Kaiser der Römer und allzeit Augustus, versichert seinem geliebten Eberhard, dem ehrwürdigen Erzbischof von Salzburg, nebst seinen Suffraganen, dem Bischof 1 0 Adalbert von Freising, Hartmann von Brixen und Romanus von Gurk, sowie der ganzen Salzburger Provinz seine Gnade und wünscht ihnen alles Gute . Hättet ihr dem heiligen Konzil von Pavia beigewohnt, hättet ihr alles , was dort und in der Römischen Kirche geschehen ist, als Augenzeugen erleben können . Damit aber nun die Wahrheit von t 5 denen, die ihre verkehrten Berichte und Lügen schon fast über den ganzen Erdkreis ausgestreut haben , nicht verdunkelt und eure Lau terkeit nicht zur Gegenpartei hinübergezogen werden kann, haben wir es für richtig gehalten , euch so kurz wie möglich den Hergang der Sache in voller Wahrheit ohne jede Beimischung von Falschem zu 20 melden . Klarer als das Tageslicht ist es, daß noch bei Lebzeiten Papst Hadrians der Kanzler Roland und einige Kardinäle ohne jenes Wort des Herrn zu beachten : 9 Eure Rede sei ja ja, nein nein 9, sich mit dem vorher von ihnen exkommunizierten Wilhelm von Sizilien und mit den übrigen Feinden des Reichs, den Mailändern, Brescianern und Piacen25 tinern , damit diese ruchlose Parteiung nicht etwa nach dem Tode Papst Hadrians verschwinde, verschworen haben, daß nach dem Tode defl Papstes kein anderer an seiner Statt eingesetzt werde als einer, der sich mit ihnen zu derselben Verschwörung vereinigt hätte. Daher sind diese Verschwörer am 1 2 . Tage nach der Wahl Papst Viktors, als 30 dieser schon auf dem Stuhl des heiligen Petrus saß, aus der Stadt aus gezogen und haben sich , 10 den Quell lebendigen Wassers verlassend 10 , zu der Zisterne Neros begeben und sich den Kanzler Roland als ihr Götzenbild errichtet, indem sie erklärten, dieser, der es wagte, durch eine so ruchlose Usurpation die Zier der apostolischen Würde an sich 3 5 zu reißen, sei Sirnon Petrus. Daß diese Verschwörung angezettelt worden ist und daß dieser Roland durch sie auf diese ·weise zu seinem Amt gekommen ist, das ist nicht erlogen, sondern frommen Männern von dem, der 11 die Absichten der Herzen offenbar macht 11, in wunder barer Weise kundgemacht worden . 7
Vgl. unten IV, 80. 8 Vgl. l\IG. Const. 1, 2 63 ff. n. 1 89 . •-• = 1\latth . 5, 3 7 . IO- IO Vgl. Ier. 1 7, 1 3 . 1 1 - 1 1 Vgl. l . Cor. 4, 5 .
684
Gesta Frederici IV, 7 9
[329/3 30]
Dum hec Rome agerentur et nos, quid super tanto scismate agendum esset, viros religiosos, archiepiscopos videlicet f et episcopos, consultaremus, supervenerunt quasi misi a Deo Tarentasinus archiepiscopus 12, abbas Clarevallensis 13, abbas Moremundensis 14 et alii abbates numero decem, postulantes 5 pacem Mediolanensibus, qui, recepto a nobis verbo, dum Medio lauenses a) pro investiganda eorum voluntate adirent b) , acce perunt ab eis tale responsum : 'Domni patres, nos tenemur astricti iuramento domno pape et cardinalibus, quod non debeamus redire ad gratiam imperatoris sine eorum voluntate, 10 et ipsi econtra sine nostra voluntate nullam pacem facere possunt' 15• Responderunt eis abbates : 'Vos de cetero non tenemini domno pape, quia mortuus est' ; et illi statim sub iunxerunt : 'Si mortuus est papa, nos ideo non sumus absoluti, quia niehilaminus tenemur cardinalibus et ipsi tenentur nobis ' . 1 5 Hec predicti patres abbates i n responsis a Mediolanensibus accepisse testificati sunt coram multis religiosis viris. Preter hec multa experimenta facte conspirationis per litteras in via deprehensas accepimus 16, sicut nuntius iste plenius vidit et audivit. Sane ex concilio c) orthodoxorum, sicut alia vice 17 20 meminimus vobis mandasse, generalem conventum religiosorum Papie indiximus, ad quem ambos, qui se dixerunt Romanos pontifices, non ad iudicium seculare, sicut ora mendacium astruunt, sed ad examen ecclesie per duos venerabiles , epi scopos, Ferdensem vidP,licet et Rragensem , convocavimus. Alter 25 vero, eo quod puriorem haberet conscientiarn, domnus Victor videlicet, iudicio ecclesie ultro se obtulit, altero , videlicet Ro lando, contumaciter renitente et dicente, quia , cum ipse omnes deberet iudicare, ipse a nullo vellet iudicari 18. Habito itaque venerabili concilio, in quo patriarcha Aquilegensis et multi 30 archiepiscopi et episcopi religiosi convenerant, per VIII con timws dies maxima gravitate, rliligentissima examinatione, a)
Mediolanurn C2•
b ) redirent C2• c) so B. C2 statt richtiger consilio.
1 2 Petrus II. 1 3 Fastradus, Verfasser eines Berichts über das Schisma.
Friedrich an Eberhard von Salzburg
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Während dies in Rom geschah und wir fromme Männer, Erzbi schöfe nämlich und Bischöfe, befragten , was hinsichtlich dieses schweren Schisma zu tun sei, kamen, wie von Gott gesandt, der Erz bischof von Tarentaise 12, der Abt von Clairvaux 13, der Abt von Mori5 mund 14 und zehn andere Ä bte und baten für die Mailänder um Frie den ; als sie von uns Bescheid erhalten hatten und zu den Mailändern gingen, um deren Absichten zu erkunden, erhielten sie von ihnen fol gende Antwort : Ihr Herren Väter, wir haben uns dem Herrn Papst und den Kardinälen gegenüber eidlich verpflichtet, uns ohne ihre 1 0 Einwilligung nicht mit dem Kaiser zu versöhnen, sie selbst können ihrerseits ohne unsere Zustimmung keinen Frieden mit ihm schließen 15. Die Ä bte antworteten ihnen : Ihr seid dem Herrn Papst künftighin nicht mehr verpflichtet, denn er ist tot, aber j ene erwiderten sogleich : Wenn der Papst tot ist, so sind wir trotzdem nicht unseres Eides ent1 5 bunden , denn wir sind um nichts weniger den Kardinälen verpflichtet , so wie diese uns verpflichtet sind. - Diese Antwort von den Mailän dern erhalten zu haben, bezeugten die genannten Väter Ä bte vor vielen frommen Männern. - Außerdem erhielten wir durch Briefe, die unterwegs abgefangen wurden 16, viele Beweise für ihre Ver20 schwörung, wie dieser Bote selbst gerrau gesehen und gehört hat. Auf den Rat rechtgläubiger Männer haben wir nun - wir entsinnen uns, euch das schon einmal mitgeteilt zu haben 17 - eine allgemeine Versammlung der G eistlichen nach Pavia berufen, zu der wir die bei den, die sich als römische Päpste bezeichneten, durch zwei ehrwürdige 25 Bischöfe , den von Verden und den von Prag, vorgeladen haben, nicht zu einem weltlichen Gericht, wie die Lügenmäuler erzählen, son dern zur Untersuchung durch die Kirche. Der eine, nämlich Herr Viktor, stellte sich freiwillig dem Urteil der Kirche, weil er ein reineres Gewissen hatte, der andere dagegen, Roland, weigerte sich hartnäckig 30 und erklärte, da er selbst über alle zu richten habe, wolle er sich von niemandem richten lassen 18• Auf dem ehrwürdigen Konzil nun, zu dem der Patriarch von Aquilej a und viele fromme Erzbischöfe und Bischöfe erschienen waren , wurde an acht aufeinanderfolgenden Tagen mit größter Gewissenhaftigkeit in sorgfältigster Prüfung unter Ausschluß 14
Eher Morimond, Diöz.
Langres,
als :\Iorimondo bei Mailand .
1 5 Das wird bestätigt durch G esta Federici I. imp. i n Lom b . S. 3 9 . 1 6 Vg l . o b en S . 6 3 0 , d o c h dürften d i e h i e r v o n Friedrich erwähnten Briefe nicht
�o früh angesetzt werden, wie das Rahewin tut. Sie fallen offensichtlich erst in die Zeit n a ch Ausbruch des Schisma, möglicherweise wurde darin nur die 1\Iah . nung ausgesproche n , V iktor und das Konzil von Pavia nicht an zu e rk enn e n . 1 7 Oben IV, 6 6 . 1 8 I n "vellct iud icari" l i egt eine pro pagandistische, Alexander i n s "Unrecht setzende Verdrehung des Rechtssatzes, daß der Pa ps t von niemanden ge richtet w e r d e n k a n n .
686
Gesta Frederici IV, 7 9 - 80
[330/332]
semota omni laicali •> persona, tractatum est, quis ex duobus summi pontificatus apicem de iure deberet obtinere. Post Iongarn itaque deliberationem , quia illa nefandissima con spiratio Deo et ecclesie admodum odibilis manifestis indiciis non solum probata, verum in facie totius ecclesie J coram posita b) 5 revelata est et in domno Victore nichil reprehensibile inventum est, nisi quod pauciores numero cardinales, omnino a conspira tione illa exortes, eum pro bono pacis inter regnum et sacer dotium conciliando elegerunt c) , invocata sancti Spiritus gratia, ecclesia Dei Rolandum cancellarium conspiratorem et scis- 10 maticum, discordias et lites et periurgia bona esse euangelizan tem, condempnavit et domnum Victorem papam in patrem spiritalem et universalem pontificem confirmavit. Quem nos ecclesia duce secuti approbamus et universalis ecclesie patrem et rectorem, cooperante divina clementia, fore denuntiamus. Hoc 15 itaque factum, divinis suffultum presidiis et in apostolica sta bilitate supra petram, Christum videlicet, firmiter fundatum, a vestra beatitudine pro pace totius ecclesie et salute imperii appro bari et ab omni ecclesia vestre sanctitati commissa teneri et con servari rogamus et preoptamus. Data Papie, XV. Kal. Martii . 20 80. Rescriptum generale a synodo presidentibus per partes mundi directum hoc est l9 : Quia sedis apostolice turbatio Christianorum animos admodum sauciavit, nos d> qui ad resecanda scismata et pacem ecclesie reformandam Papie fuimus congregati, qualitatem cause modum- 25 que negotii et sacri concilii dispensationem universitati vestre plenarie duximus intimandum, quatinus per scripta presentia mera veritate monstrata auditorum animi falsitatem, quam forte conceperant, vehementer expellant et ammodo per scripta scismatica non seducantur. Cum igitur orthodoxorum Papie 3o congregatorum universitas in nomine Domini consedisset, causa per VII dies 20 continuos, omni remoto seculari iudicio, legittime et cajnonice agitata ac diligenter inspecta, sufficienter et canonice in conspectu concilii per testes idoneos 21 est compro batum domnum papam Victorem et nullum alium in basilica 35 a ) laica a •.
b) posite
a •.
c) folgt et G 2•
d ) Rest des Kap.
fehlt A .
Rundschreiben der Synode
687
aller Laien darüber verhandelt, wer von den beiden die Würde d es höchsten Bischofsamtes von Rechts wegen behalten dürfe. Da nun j ene höchst ruchlose, Gott und der Kirche überaus verhaßte Ver schwörung durch eindeutige Zeugnisse nicht nur erwiesen, sondern im 5 Angesicht der ganzen Kirche offen dargelegt und enthüllt wurde und man an Herrn Viktor nichts Tadelnswertes gefunden hat, außer daß eine Minderheit der Kardinäle, die an jener Verschwörung gänzlich unbeteiligt waren, ihn zur Wiederherstellung des Friedens zwischen Königtum und Priestertum gewählt haben, hat die Kirche Gottes unter 10 Anrufung der Gnade des Heiligen Geistes nach langer Beratung den Kanzler Roland als einen Verschwörer und Schismatiker, der predigt, daß Zwietracht, Streit und Meineid gut seien, verdammt und den Herrn Papst Viktor als geistlichen Vater und allgemeinen Papst be stätigt. Der Kirche als unserer Führerin folgend, erkennen wir ihn an 1 5 und erklären, daß er unter dem Beistand der göttlichen Gnade Vater und Leiter der gesamten Kirche sein solle. Wir bitten und wünschen, daß diese durch göttlichen Schutz unterstützte und in apostolischer Unerschütterlichkeit auf dem Felsen, d. h. auf Christus, fest gegrün dete Tat um des Friedens der ganzen Kirche willen und zum Wohl des 20 Reiches von eurer Heiligkeit gebilligt und von der ganzen eurer Heilig keit anvertrauten Kirche anerkannt und beachtet werde. Gegeben zu Pavia am 1 6 . Februar. 80. Der von den Vorsitzenden der Synode an die ganze Welt ge richtete allgemeine Erlaß hat folgenden Wortlaut l9 : zs Da der Streit um den apostolischen Stuhl die Herzen der Christen schwer verwundet hat, haben wir, die wir zur Beseitigung der Spal tungen und zur Wiederherstellung des Friedens der Kirche in Pavia versammelt waren, geglaubt, euch insgesamt den Sachverhalt und den Gang der Beratung sowie die Entscheidung des heiligen Konzils voll30 ständig mitteilen zu sollen, damit durch das gegenwärtige, die reine Wahrheit enthaltende Schreiben die Seelen der Hörer die falsche An sicht, die sie sich vielleicht gebildet haben, heftig zurückweisen und sich künftighin nicht mehr durch schismatische Schriftstücke ver führen lassen . Nachdem sich also die Gesamtheit der Rechtgläubigen 35 im Namen des Herrn in Pavia versammelt hatte, wurde die Frage sieben Tage 20 nacheinander unter Ausschluß j edes weltlichen Urteils gesetzmäßig und kanonisch erörtert und sorgfältig geprüft ; dabei wurde angesichts des Konzils durch zuverlässige Zeugen 21 hinreichend und kanonisch festgestellt , daß der Herr Papst Viktor und kein 1 9 Etwa von Mitte Februar ; über andere, sich vom vorliegenden Text unter· scheidende Ü berlieferungen vgl . 1\IG. Const. 1, 265 ff. n. 1 90. 2° Febr. 5 - l l . 21 Vgl. oben IV, 7 7 .
688
Gesta Frederici IV, 80
[3 32 /3 3 3]
beati Petri a saniori parte cardinalium petitione populi et con sensu ac desiderio cleri fuisse electum et sollempniter inman tatum, quod, presente et non Contradieente Rolando quondam cancellario , in kathedra beati Petri fuerit collocatus, et quod ibi ei a cardinalibus et clero Romano 'Te Deum laudamus' 5 gloriose decantatum, et inde ad palatium cum bandis et aliis papalibus insignibus est deductus, et clerus et populus secundnm consuetudinem interrogatus a) per scriniariurn, si placeret, tribus vicibus clara voce respondit : 'Placet' 22• Probatum est etiam , quod Rolandus XII. die post domni Victoris promotionem ab 1 0 Urbe egressus apud Cisternam, in qua Nero imperator quondam ab Urbe profugus latitavit, primo est inmantatus. Probatum est, quod in secundo die post promotionem domni Victoris Rolandus, interrogatus a rectoribns cleri Romani bl ac clericis de sna cardinalia, si domno Victori esset obediendum, expresse con- 15 fessus est se numquam fuisse inmantatum et expresse dixit : 'Ite et obedite ei, quem inmantatum esse videtis' . Super his capitulis fuerunt testes et sub stola tactis sacrosanctis ewangeliis iuraverunt domnus Petrus Christianus decanus basilice beati Petri et in persona sua omnium fratrum suorum. Iuraverunt 20 etiam venerabiles archipresbiteri et rectores cleri Romani Blasins et Manerius presbiteri, Iohannes presbiter, Gentilis c> , Aimeradus archipresbiter, Berardus archipresbiter, Iohannes archipresbiter, Benedictus diaconus, magister Toloneus dl archi presbiter, magister Gerardus et Nicolaus et alii honesti clerici 25 Romani. Preterea Petrus illustris Urbis prefectus, Stephanus de Tebaldo , Stephanus Normannus, Gimundus de domo Petri Leonis, Iohannes de Stephano et alii principes et nobiles Romani, qui ad vocationem serenissimi imperatoris venerant, in con spectu concilii super iam dictis capitulis ex maxima parte 30 testimonium similiter perhibuerunt et iurare voluerunt. Sed J quia nos •> religiosorum presbiterorum multorum testimonium sufficiens et habundantissimum habebamus, duximus laicis in hac parte parcendum 23• Deinde venerabiles episcopi aJ
fehlt B.
b J so
B* ; et cleri Romani B 1 ; et clero Romano 0 2 •
c) wahrsch. presbiter ausgefallen.
d) so
B1• B* ; Tolonensis B2 ; Ptolemeus 02 •
e) so B2 (B ? ) .
Rundschreiben der Synode
689
anderer in der Basilika des heiligen Petrus von dem verständigeren Teil der Kardinäle auf Grund der Bitte des Volkes und mit Zustimmung und nach dem Wunsche des Klerus gewählt und feierlich immantiert worden sei, daß er in Anwesenheit und ohne Einspruch des ehemaligen 5 Kanzlers Roland auf den Stuhl des heiligen Petrus gesetzt, daß ihm zu Ehren dort von den Kardinälen und dem römischen Klerus Gott, wir loben dich gesungen, daß er dann mit Bannern und anderen päpstlichen Abzeichen zum Palast geleitet wurde und daß Klerus und Volk, dem Brauch gemäß vom Scriniar befragt, ob sie einverstanden 10 seien, dreimal mit klarer Stimme antworteten : Wir sind einverstan den 22. Erwiesen ist auch, daß Roland am zwölften Tage nach der Er hebung Viktors die Stadt verlassen hat und erst in Cisterna, wo sich einst Nero nach seiner Flucht aus der Stadt versteckt hatte, imman tiert worden ist . Erwiesen ist, daß am zweiten Tage nach des Herrn 15 Viktor Erhebung Roland, von den Rektoren des Römischen Klerus und den Kleril;:ern seiner Kardinalie befragt, ob man dem Herrn Vik tor die Obödienz leisten solle, ausdrücklich bekannt hat, er sei nie mals immantiert gewesen, und ausdrücklich gesagt hat : Geht und gehorcht dem, der, wie ihr seht, immantiert ist. Für diese Vorgänge 20 waren Zeugen da, und diese haben, indem sie die hochheiligen Evan gelien berührten, über die die Stola gelegt wurde, es beschworen, näm lich Herr Petrus Christianus, der Dekan der Basilika des heiligen Pe trus, s o w o h l für sich selbst als auch für alle seine Brüder. Es haben sie ferner beschworen die ehrwürdigen E rzp r ies t e r und Rektoren des 25 römischen Klerus, die Priester Blasius und Manerius, der Priester Johannes, Gentilis, der Erzpriester Aimeradus, der Erzpriester Berar dus, der E rz p r iester Johannes, der Diakon Benedikt, der Erzpriester :\Iagister Toloneus, der :\Iagister Gerhard sowie Nikolaus und viele andere ehrenwerte römisehe Kleriker. Ferner haben Petrus, der Prä30 fekt der erlauchten S t a dt , Stephan de Tebaldo, Stephan der Normanne, Gimund aus dem Hause Pierleone , Johannes de Stephano und andere römische F ü rs t e n und E d l e . die auf den Ruf des durchlauchtesten Kaisers erschienen waren, in G e ge n wa rt des Konzils über die gesamten Vorgänge grö ßtent eils in ä h nlicher \\'eise Zeugnis abgelegt und es be3 5 schwören wol k n . "-eil wi r aber das Zeugnis so vieler frommer Priester für genügend und völlig ausreichend hielten, haben wir geglaubt, in diesem Punkte auf Laien ,-crzichten zu können 23• Darauf haben die
22
\- gl . oben I V , 7 7 . Zugleich auch, u m dem Vorwurf z u ent gehen, es sei von Laien geurteilt worden. 23
690
Gesta Frederici IV, 80
[333 /334]
Herimannus Ferdensis, Daniel Bragensis et Otto palatinus eomes et magister Heribertus prepositus, quos domnus imperator ex eonsilio XXII episeoporum et Cistereiensis 24 et Clarevallensis 25 abbaturn aliorumque religiosorum tune presentium Romam dele gaverat, ut partes ante coneilii presentiam Papiam evocarent, in s eonspeetu eoncilii testimonium perhibuerunt, quod Rolandum can eellarium et partem eius trinis edietis per intervalla peremptorie et sollempniter ad presentiam ecelesie Papie congregande, remoto omni seeulari iudieio, voeaverunt et quod Rolandus eancellarius et sui cardinales viva voce et ore proprio iudieium vel examen aliquod 10 ecclesie se nolle recipere manifeste dixerunt. Vidimus etiam seripta Heinrici Pisani cardinalis ad domnum imperatorem direeta, in quibus expresse eontinebatur, quod nullum vellent eeclesie subire iudicium vel examen. Super hee omnia idem Heinricus et Otto eardinalis Saneti Nycolai de Carcere Tulliano, qui tempore coneilii 1 s e t ante aput Ianuam morabantur, e t Iohannes Anagninus eardi nalis et Iohannes Piozutus sanete Romane eeelesie subdiaconi, qui tune aput Plaeentiam erant, per VIII dies 26 a eoneilio toto sunt expeetati, et per litteras ac nuntios coneilii sunt voeati, et eon tempserunt venire 27 • Ex his igitur omnibus suffieienter instrueti , 20 et veritate hine inde plenarie declarata, plaeuit reverendo eoneilio, ut electio domni Victoris, qui tamquam agnus mansuetus et in noeens venerat eeclesie iudieium humiliter suseepturus, papro baretur et confirmaretur et eleetio Rolandi penitus eassaretur. Et faetum est ita. Eleetione itaque domni Vietoris, remoto omni 2s seeulari iudieio, saneti Spiritus gratia invoeata, eonfirmata et al reeepta, ehristianissimus imperator post omnes episcopos et post omnem clerum ultimus 28 consilio et petitione eoneilii elee tionem domni Vietoris reeepit et approbavit, et post eum omnes prineipes et innumerabilis hominum multitudo , que presens 30 erat, tribus vieibus interrogata, si eis f placeret, respondit cum g;1udio magna voee : 'Placet' . Sequenti die proxima, id est prima sexta feria quadragesime 29 , donmus Victor eum proeessione ab so B 2 (B ?) u. die anderen Oberlieferungen ; a t que C 2 • ß . 2 4 Lambert. •• Fastradus, vgl . a u c h o b e n I V , 79. 26 Februar 5 - 1 2. Der erwähnte Brief der Kardinäle Heinrich bei Bouquet, Recueil 15, 754.
a)
-
und Oddo
Rundschreiben der Synode
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ehrwürdigen Bischöfe Hermann von V erden und Daniel von Prag sowie der Pfalzgraf Otto und der Propst Magister Heribert, die der Herr Kaiser auf den Rat von 22 Bischöfen , der Abte von Citeaux 24 und Clairvaux 25 und anderer damals anwesender Mönche nach Rom 5 delegiert hatte, um die Parteien vor das Konzil in Pavia zu laden, angesichts des Konzils Zeugnis dafür abgelegt, daß sie den Kanzler Roland und seine Partei durch drei ihm in Abständen vorgelegte Erlasse unumstößlich und feierlich vor das in Pavia zu versammelnde Konzil unter Ausschluß j edes weltlichen Gerichts vorgeladen, daß 1 0 aber der Kanzler Roland und seine Kardinäle mündlich, und zwar mit eigenem Mund eindeutig erklärt haben, keinerlei Urteil oder Un tersuchung seitens der Kirche annehmen zu wollen. Wir haben auch das an den Herrn Kaiser gerichtete Schreiben des Kardinals Heinrich von Pisa gesehen, in dem ausdrücklich enthalten war, daß sie sich 15 keinem Urteil der Kirche und keiner Prüfung durch sie unterziehen wollten . Zu dem allen sind derselbe Heinrich und Kardinal Otto von S. Nicola in Carcere Tulliano, die sich zur Zeit des Konzils und schon vorher in Genua aufhielten, sowie der Kardinal Johannes von Anagni und Johatmes Piozutus, Subdiakone der heiligen Römischen 20 Kirche, die damals in Piacenza weilten , acht Tage lang 26 vom gesam ten Konzil erwartet worden ; auch durch Briefe und Boten des Kon zils wurden sie geladen, aber sie lehnten es ab zu erscheinen 27• Durch dies alles hinreichend unterrichtet, beschloß das ehrwürdige Konzil, nachdem nun die Wahrheit allseitig völlig klar zutage lag, daß die 25 \Yahl des Herrn Viktor, der wie ein sanftes, unschuldiges Lamm gekommen war, um das Urteil der Kirche demütig entgegenzunehmen, gebilligt und bestätigt, die Wahl Rolands dagegen für durchaus un gültig erklärt werde. Und so geschah es. Nachdem nun also die Wahl des Herrn Viktor unter Ausschluß jedes weltlichen Urteils und nach 30 Anrufung der Gnade des heiligen Geistes bestätigt und angenommen worden war, nahm auch der allerchristlichste Kaiser als letzter 28 nach allen Bischöfen und nach dem gesamten Klerus auf den Rat und die Bitte des Konzils die Wahl des Herrn Viktor an und billigte sie ; danach wurden alle Fürsten und die unzählbare �:t:enge der anwesenden 3 5 Menschen dreimal befragt, ob sie einverstanden seien, und sie ant worteten freudig mit lauter Stimme : \Vir sind einverstanden . Am Tage danach, d. h. am ersten Freitag der Fastenzeit 29, wurde der Herr Viktor von der Kirche des heiligen Erlösers außerhalb der Stadt, in 2 7 Entsprechend dem Verhalten Alexanders, der sich auf das Kirchenrecht stützt . .ill" a ch Gerhoh von Reichersberg, De investigatione, sollen die Kardinäle nur für den Fall ihr Erscheinen zugesagt haben, daß ihnen der Vorsitz auf der :)ynode eingeräumt werde. 28 Die Synode muß Wert auf diese Feststellung legen, um sich nicht dem Vor2° Febr. 1 2 . wurf auszusetzen, sie sei vom Kaiser beeinfiußt worden .
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Gesta Frederici IV, 80
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ecclesia sancti Salvatoris extra civitatem, in qua fuerat hos pitium eius, ad cathedralem a) ecclesiam gloriose deductus est. Ibi religiosissimus imperator ante ianuas ecclesie eum suscepit et descendenti b) de equo strepam humiliter tenuit et apprehensum per manum usque ad altare conduxit et pedes eius est osculatus, 5 et nos omnes, patriarcha 30, archiepiscopi, episcopi et abbates et omnes principes cum universa multitudine, que presens erat, pedes apostolicos sumus osculati . Proxima autem die sequenti, id est sabbato 31, habito generali concilio, domnus papa et nos cum illo Rolandum cancellarium scismaticum et eius prin- 1 0 cipales fautores accensis candelis anathematizavimus et 32 tra didimus eum Sathane in interitum carnis, ut spiritus salvus sit in die Domini 32• Illud etiam discretionis vestre prudentiam volumus non latere manifeste esse deprehensum, quod Ro landus cancellarius et eius sequaces quidam cardinales, vivente t 5 adhuc papa Adriano, coniuraverunt. Fuit autem tenor coniura tionis, quod, si eis viventibus papam Adrianum mori contingeret, cardinalem unum de illis eligerent, qui in eadem coniuratione esset astrictus 33• De cetero ex parte Dei omnipotentis et beato rum apostolorum Petri et Pauli et omnium sanctorum et virorum 20 orthodoxorum, qui divino intuitu ad rescindenda scismata convenerunt, universitatem vestram humiliter imploramus et monemus in Christo, ut ea, que ecclesia Dei Papie congregata ad honorem Creatoris et sponse sue, matris vestre, sacrosancte Romane ecclesie tranquillitatem et ad salutem omnium Chri- 2s stianorum fideliter ordinavit, vos, omni dubio et ambiguitate remota, irrefragabiliter ratum c) et firmum c) teneatis, orantes, nt redemptor noster Ihesus Christus universalem pontificem et papam nostrum Victorem, de cuius sanctitate et religione omnino confidimus, per tempora longa conservet et prestet ei 30 omnimodam tranquillitatem et pacem, ita quod per eum Deus omnipotens honoretur et ecclesia Romana omnisque Christiana religio gratum Domino accipiat incrementum. Ut autem omnis nostra d> actio plenius f legentibus elucescat, dignum duximus, ut omnium nostrum consensus et nomina subscribantur 34. 35 a) catholicam B. 02• c) ao
B
b ) descendente B.
u. andere Vberliejerungen.
d)
fehlt
02•
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der er gewohnt hatte, in feierlicher Prozession zur Kathedralkirche geleitet. Dort empfing ihn der fromme Kaiser an der Tür der Kirche, hielt ihm, als er vom Pferde stieg, demütig den Steigbügel, ergriff seine Hand, führte ihn zum Alt.ar und küßte ihm die Füße ; und wir alle, der Patriarch 30, Erzbischöfe, Bischöfe, Ä bte und alle Fürsten mit der gam;en Menge, die anwesend war, küßten die Füße des Papstes. Am darauffolgenden Tage aber, am Samstag 31, haben der Herr Papst und wir mit ihm in einer allgemeinen Sitzung des Konzils den Kanzler Roland als Schismatiker sowie seine hauptsächlichsten Anhänger bei brennenden Kerzen verflucht und 32 dcm Satan überantwortet zum Untergang des Fleisches, damit seine Seele am Tage des Herrn ge rettet wcrde 32. Auch das wollen wir eurer Klugheit nicht verbergen, da ß eindeutig erwiesen ist, daß sich der Kanzler Roland und einige Kardinäle , di e seine Anhänger sind, noch zu Lebzeiten Papst Hadrians verschworen haben . Der Inhalt des Eides aber war folgender : wenn Pnp.;; t Hadrian zu ihren Lebzeiten sterben sollte, wollten sie einen der Kard i n i U e wählen , der sich durch denselben Eid gebunden hätte 33• Im übrigE'n flehen wir im �amen des allmächtigen Gottes und der heiligen Apostel Petrus und Paulus sowie aller Heiligen und Rechtgläubigen, die sich auf Gottes Geheiß zur Beseitigung des Schismas versammelt haben, euch insgesamt demütig an und mahnen euch in Christo, das, wa s d i e in Pavia versammelte Kirche Gottes zur Ehre des Schöpfers u nd zum Fril.'den seiner Braut, eurer Mutter, der hochheiligen römi :schrn Kirche, sowie zum Heil aller Christen gläubig verordnet hat, ohne j e de n Zweifel und ohne Zweideutigkeit als rechtsverbindlich und gülti g einzuhalten ; wir beten darum , daß unser Erlöser Jesus Christ us den universalen Papst, unseren Papst Viktor, in dessen Heilig keit und FrömmigkE-it wir volles Vertrauen setzen , lange Zeit hin durch erhalten und ihm allseitige Ruhe und Frieden gewähren möge, so d a ß durch i hn der allmächtige Gott geehrt werde und die römische Kirche und die ganze christliche Religion eine dem Herrn gefällige Förderung erfahre . Damit aber unsere ganze Verhandlung den Lesern noch klarer wird , haben wir es für richtig gehalten, unser aller Zu stimmung m i t X amcnanga be hiE'r herzusetzen 34. 30 von Aq u il eia . 31 Februar 1 3 .
" _ , . Vgl. I . Cor.
5, 5 . werden. von unrichtigen Angaben, d ie der Gewicht geben sollte n . Nach dieser Liste käme Urteil zu g estimmt hätten , während in Wahrheit von denen einige nur unter dem Vorbehalt der Gesamtkirche zustimmten ; v g! IV, 8 1 .82.
" Dieser Vorwurf kann nicht nac hgeprüft 3 1 Die folgende Liste enthält
Synod alentscheid ung g r ö ß e res man auf 1 5 3 Bischöfe, die dem nur e t w a .3 0 a nw e s e n d waren,
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Entscheidung
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Gesta Frederici IV, 80
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Ego Peregrinus Aquilegensis patriareha euro meis suffraganeis interfui et eonsensi 34 a. Ego Arnoldus Magontinus arehiepiseopus euro XIIII Suf fraganeis interfui et eonsensi . Ego Hartwieus Bremenais arehiepiseopus euro suffraganeis s meis eonsensi. Ego Ellinus Treverensis arehiepiseopus euro meis suffra ganeis eonsensi 35. Ego Reinaldus Coloniensis arehiepiseopus euro meis suffra10 ganeis eonsensi 36• Ego Wiehmannus Magdeburgensis arehiepiseopus euro meis suffraganeis eonsensi. Bizuntinus arehiepiseopus 37 per legatum et episeopum Basiliensem 38 eonsensit. Arelatensis archiepiscopus eonsensit 39• 15 Lugdunenais arehiepiseopus 40 euro suis suffraganeis consensit. Viennensis arehiepiseopus 41 euro suis suffraganeis eonsensit 42• Heinrieus rex Anglorum per litteras et legatos suos eonsensit 43. Rex Ungarorum per litteras et legatos suos eonsensit 44. Rex Boemorum eonsensit 45• 20 Rex Dagnorum eonsensit 46• Gwido eleetus Ravennatensis eonsensit 46 a. Episeopus Firminus eonsensit 47 • Episeopus Ferentinus eonsensit 48• Mantuanus eonsensit 49• 25 Pergarnenais eonsensit 50• Faventinus eonsensit 51. 8• a
Zu Peregrin vgl. unten IV, 82. Hillin von Trier war nicht anwesend (vgl. IV, 8 1 ) , stellte sich aber später auf die Seite Viktors. 3 6 Rainald hatte als bisher nur erwählter Bischof nicht das Recht als Erzbischof von Köln zu unterzeichnen. 87 Humbert von Besan