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German Pages [348] Year 2016
böhlau
STUDIEN ZU DENKMALSCHUTZ UND DENKMALPFLEGE BAND XXIV
Herausgeber BUNDESDENKMALAMT WIEN
MARKUS SANTNER
BILD VERSUS SUBSTANZ : DIE RESTAURIERUNG MITTELALTERLICHER WANDMALEREI IM SPANNUNGSFELD ZWISCHEN THEORIE UND PRAXIS (1850 –1970) Entwicklungslinien in Kärnten und Österreich
Lektorat ANITA SANTNER Layout ELISABETH WÖLCHER
2016 BÖHLAU VERLAG WIEN KÖLN WEIMAR
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http: //dnb.d-nb.de abrufbar. Umschlagabbildung: Gurk, Dom, Bischofskapelle, um 1260/70, Detail aus dem Himmlischen Jerusalem Foto: BDA (Petra Laubenstein) © 2016 by Böhlau Verlag GmbH & Co. KG, Wien Köln Weimar Wiesingerstraße 1, A–1010 Wien, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Satz: Elisabeth Wölcher, Wien Einbandgestaltung: Michael Haderer, Wien Druck und Bindung: Holzhausen, Wolkersdorf Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier Printed in the EU ISBN 978 -3 -205-20509-8
FÜR MARTIN
„NICHT DER MENSCH HAT AM MEISTEN GELEBT, WELCHER DIE HÖCHSTEN JAHRE ZÄHLT, SONDERN DER, WELCHER SEIN LEBEN AM MEISTEN EMPFUNDEN HAT“.
(Jean-Jaques Rousseau)
INHALT 9
VORWORT
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EINLEITUNG
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FORSCHUNGSSTAND UND QUELLENLAGE
14
ZWISCHEN KONSERVIERUNG UND STIL - RESTAURIERUNG IM 19. JAHRHUNDERT
18
1.1 1.2
20
1.3 1.4 1.5
1.6
1.7 2
ERHALTUNG, NICHT RESTAURIERUNG
2.1 2.2 2.3 2.4
2.5 2.6 3
Frühe Stimmen nach mehr Respekt für die überlieferte Substanz Institutionelle Voraussetzung: Die k.k. Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale Erste systematische Erfassung und Dokumentation von Kunstwerken Berufsstand und Ausbildungssituation der Künstler-Restauratoren Stil-Restaurierung als Nachbildung 1.5.1 Eine Diskussion zwischen stilgerechter Wiederherstellung und Erhaltung 1.5.2 Die Forderung nach Konservierung Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung und erste Leitlinie zur Wandmalereirestaurierung 1.6.1 Eduard von Sacken und Karl Schellein: Rathschläge in Betreff alter Wandgemälde in Kirchen, Schlössern 1.6.2 Freilegungs- und Behandlungsmethoden 1.6.3 Künstler-Restauratoren und Gutachten 1.6.4 Die Herausforderungen in der praktischen Anwendung der Rathschläge 1.6.5 Das erste große Restaurierprojekt in Kärnten Bildteil
– DER PARADIGMENWECHSEL UM 1900
Die Forderung nach einer Restauratorenausbildung Eine wegweisende Konservierung in Kärnten Im Spannungsfeld zwischen alter Restauriertradition und neuen Grundsätzen Der Beginn der modernen Denkmalpflege und neue Leitlinien zur Wandmalereirestaurierung 2.4.1 Alois Riegl: Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei 2.4.2 Georg Hager: Die Erhaltung alter Wandmalereien 2.4.3 Robert Eigenberger: Über einige Fragen der praktischen Denkmalpflege Restauratorische Untersuchung, konservatorische Handlungsweise und Retusche im Wandel Bildteil
DAS EINFORDERN DER GRUNDSÄTZE – DER WEG VON DER THEORIE DER MODERNEN DENKMALPFLEGE ZUR PRAXIS DES RESTAURIERENS (1920–1945)
3.1 3.2
Die erste akademische Restauratorenausbildung in Österreich Die Trennung von Original und Zutat: Beginn der wissenschaftlichen Methodik
23 25 30 34 38 42 46 47 55 63 69 72 76 87 91 96 101 105 106 115 118 120 127
134 138 140
3.3
3.4 4
Die kunsthistorisch angeleitete Restaurierung und ihre Entwicklungsstufen in Kärnten 3.3.1 Provisorische Übergangsphase: Die Landeskonservatoren August von Jaksch von Wartenhorst und Hugo Paul von Henriquez 3.3.2 Methodische Verankerung: Landeskonservator Otto Demus 3.3.3 Entrestaurierung als Überwindung der Stil-Restaurierung 3.3.4 Gewissenhafte Kontinuität: Landeskonservator Walter Frodl Bildteil
144 144 153 160 165 172
DIE KONSOLIDIERUNG DER WISSENSCHAFTLICHEN UND ÄSTHETISCHEN METHODIK (1945–1970)
181
4.1 4.2
183 187
4.3
Neue Möglichkeiten der Fortbildung zum Wandmalereirestaurator Wissenschaftliche Restaurierung und inhaltliche Systematik 4.2.1 Zwischen akademischer und handwerklicher Restaurierung: Landeskonservator Siegfried Hartwagner 4.2.2 Höhepunkt der Freilegungswelle und Konsequenzen für die Substanz 4.2.3 Kopieren von mittelalterlichen Wandmalereien und erste Kartierungen 4.2.4 Wandmalereiabnahmen und die Folgen für das Objekt 4.2.5 Die Retusche als Dokument im Bild Bildteil
190 198 203 205 214 226
5
CONCLUSIO
246
6
ANHANG
254 254 254 267 275 280 291 294 294 296 297 301 303 305 306 307 310 336 338 341 347
6.1
Quellentexte zur Wandmalereirestaurierung Teil I: 1800–1900 Teil II: 1900–1920 Teil III: 1920–1945 Teil IV: 1945–1970 Verzeichnis der angeführten Quellentexte 6.2 Auflistung von Personen und Restaurierungen Tabelle 1: Studenten von Josef Matthias Trenkwald (Akademie) Tabelle 2: Restaurierungen von Alfons Siber Tabelle 3: Restaurierungen von Theophil Melicher Tabelle 4: Restaurierungen von Franz Walliser (in Kärnten) Verzeichnis der in der Arbeit ausführlich behandelten Fallbeispiele 6.3 Abkürzungen 6.4 Archive 6.5 Ungedruckte Literatur und Archivquellen 6.6 Zitierte Literatur 6.7 Literatur aus dem Internet 6.8 Ortsregister 6.9 Personenregister 6.10 Abbildungsnachweis
Vorwort Der Antagonismus „Bild versus Substanz“ rührt an die Grundfragen der Denkmalpflege und Restaurierung. Es erscheint uns selbstverständlich, dass das materielle Substrat im künstlerischen Schaffensvorgang in eine Form und Gestalt transformiert wird, weniger selbstverständlich erscheint es uns, dass das künstlerische Erscheinungsbild und die Materie auch wieder auseinanderdriften können. Durch den Anteil der Zeit, die nach der Schöpfung des Werks hinzutritt, ist das Kunstwerk ab dem Zeitpunkt seiner Entstehung eben nur als „Denkmal“ mit allen Spuren von Alterung und Veränderung zu haben. Diese Verwandlungen zeichnen sich an der Substanz ab und machen sie auf diese Weise zum materiellen Garanten für die Authentizität des überlieferten Werks. Sie bezeugen gewissermaßen seinen Überlieferungsstrang. Urkunden- und Quellenwert kann nur dem materiell überlieferten Bestand zukommen und ihm wird daher ein hoher Denkmalwert beigemessen. Substanz vermittelt sich aber nur in der Wahrnehmung, die durch Vorstellungen gelenkt wird und außerdem der Gestaltbildung im Sehen unterliegt. Somit kommt auch dem Schauwert der Denkmale ein hohes Gewicht zu, das sich an der Schlüssigkeit in der Wahrnehmung, das heißt also an der ästhetischen Nachvollziehbarkeit der künstlerischen Hinterlassenschaft in ihrer Zeitlichkeit bemisst. Konservierung und Restaurierung der Werke in ihrem überlieferten Zustand als „Denkmale“ bewegen sich in diesem Spannungsfeld zwischen Dokument und Monument, zwischen den historischen und ästhetischen Merkmalen, aus denen sich gemäß Georg Dehio die Doppelnatur des Denkmals zusammensetzt. Restaurierziele lassen sich, da es sich in jedem Fall um „Denkmale“ handelt, nur durch das Ausbalancieren der dialektisch aufgebauten Denkmalwerte finden, wie uns Alois Riegl das in seiner Systematik der Denkmalwerte gezeigt hat. Die vorliegende Arbeit beschreibt diese Prozesse anhand der Geschichte der Restaurierung von mittelalterlichen Wandmalereien. Diese sind einerseits durch die bauphysikalischen Einwirkungen und andererseits durch Übertünchungen und nachfolgende Freilegungen in besonderem Maße von Veränderungen, Reduktionen und Fragmentierungen betroffen. Dadurch waren sie aber bereits sehr früh in der Geschichte der Denkmalpflege ein zentraler Gegenstand der Diskussionen um die Restaurierziele. In der vorliegenden Arbeit erfolgt – erstmals für Österreich – eine umfassende Zusammenschau der materiellen, technologischen und restaurierungstechnischen Voraussetzungen mit den theoretischen Positionen der Denkmalpfleger und Kunsthistoriker im geschichtlichen Verlauf zwischen 1850 und 1970. Respekt vor der überlieferten Substanz war in der Geschichte der Denkmalpflege insbesondere das Anliegen von Kunsthistorikern, die den Urkunden- und Quellenwert ihres Gegenstands gesichert sehen wollten; andererseits war ihnen auch das Erscheinungsbild ein selbstverständliches Anliegen, das in der Spannweite zwischen Werkgerechtigkeit und Substanzgerechtigkeit auszu-
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Vorwort
handeln war. Die Anmutung des Originals mit allen Zeitspuren der Fragmentierung stand und steht dabei in einem Antagonismus zu einer geschlossenen Gesamtwirkung, die durch Eliminierung der Störungen in der Wahrnehmung zu erreichen ist. Es ist die Leistung dieser Arbeit, diese gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen denkmalpflegerischer Wertebalance, kunsthistorischen Vorstellungen und restauratorischem Entwicklungsstand – etwa hinsichtlich Freilegungs- oder Retuschiertechniken – in ihrem historischen Verlauf sichtbar zu machen. Die beschriebene Epoche ist hierbei durch die leitende Rolle der Kunsthistoriker gekennzeichnet, welche die Restaurierung mittelalterlicher Wandmalereien nach ihren Vorstellungen gelenkt und sich damit auch die Gegenstände ihrer Forschung sozusagen selbst geschaffen haben. Diese Ergebnisse haben im hermeneutischen Zirkel wiederum die Erwartungen an nachfolgende Restaurierungen bestimmt. Kunsthistoriker hatten im Rahmen ihrer Funktionen in der Denkmalpflege das Sagen. Kärnten eignet sich als hauptsächliches Untersuchungsgebiet dieser Arbeit besonders gut, da in diesem Bundesland im 20. Jahrhundert bedeutende Kunsthistoriker wie Otto Demus, Walter Frodl und Karl Ginhart in der Denkmalpflege tätig waren und dort auf einen außerordentlich reichen Bestand an mittelalterlichen Wandmalereien stießen. Für die Analyse dieser Wechselwirkungen zwischen kunsthistorischen Leitbildern und den technologischen Möglichkeiten ihrer Umsetzung in der Restaurierung ist der Autor durch seine doppelte Ausbildung als Kunsthistoriker und Restaurator mit Spezialisierung auf Wandmalerei besonders prädestiniert. Damit ist ein spannendes Kapitel aus der Geschichte der Denkmalpflege und der Kunstgeschichte entstanden, das den engen und immanenten Zusammenhang zwischen den beiden Disziplinen neu beleuchtet. In diesem Sinne wurde die vorliegende Arbeit als Dissertation am Institut für Kunstgeschichte an der Universität Wien unter der Betreuung von Univ.-Prof. Dr. Monika Dachs-Nickel und Univ.-Doz. Mag. Dr. Manfred Koller erstellt. Die Veröffentlichung im Rahmen der „Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege“ des Bundesdenkmalamtes ist ein wichtiger Beitrag zum Verhältnis von Theorie und Praxis in der Geschichte der österreichischen Denkmalpflege. Diese Form der Geschichtsschreibung ist aber gleichzeitig von höchster Aktualität, denn sie historisiert denkmalpflegerische Gedanken- und Entscheidungsmuster, die nicht wenigen Akteuren und Akteurinnen in der Denkmalpflege damals wie heute jeweils – fälschlich – als absolut erscheinen. Spätestens seit den Darlegungen von Alois Riegl sollte es uns aber bewusst sein, dass die Objekte die Denkmalwerte, welche ihre Erhaltung und Erschließung durch Restaurierungen begründen, nicht selbst mitbringen, sondern aus dem jeweiligen Standort der Gesellschaft zugemessen erhalten. Dies bedeutet, dass auch in der Entwicklung eines Restaurierziels verschiedene Perspektiven in einer Entscheidungsmatrix zusammentreten, die anlass- und objektbezogen im Moment der Entscheidung zu befüllen sind. Dies begründet auch die Zeitabhängigkeit des Prozesses. Die vorliegende Arbeit macht das Muster dieser Komponenten und ihre jeweils unterschiedliche Gewichtung im historischen Verlauf bestens sichtbar, seien es die historisch-ästhetischen Bedeutungsfelder, die kunsthistorischen Vorstellungen, die kulturaktuellen gesellschaftlichen Erwartungen, die materielle Beschaffenheit, der Erhaltungszustand und die Er-
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Vorwort
haltungsperspektiven, die konservatorisch- restauratorischen Handlungsmöglichkeiten oder anderes mehr. Nur im Bewusstsein, dass diese Komponenten in ihrer Gewichtung zeitabhängige Parameter sind, können Entscheidungen über Restaurierziele zustande kommen, die auf dem Grundsatz methodisch nachvollziehbarer Abwägungen und nicht auf einem starren Regelwerk aufbauen. Dieses Prozesswissen, das Theorie und Praxis miteinander verzahnt, lässt sich aus der Geschichte der Denkmalpflege besser verstehen und erkennen. Die daraus folgenden Aktualisierungsmöglichkeiten sind ein Verdienst dieser Arbeit. Damit trägt der vorliegende Band der „Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege“ des Bundesdenkmalamtes auch zu einer Kernkompetenz der amtlichen Denkmalpflege bei, die in der Beurteilung von Veränderungsmaßnahmen, mithin also auch von Konservierungen und Restaurierungen, liegt. Das österreichische Denkmalschutzgesetz von 1923 benennt die Schutzziele, die es bei Veränderungen abzuwägen gilt, mit den Begriffen „Bestand, überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung“. Diese Formulierung geht wortwörtlich auf einen Verordnungsentwurf von 1916 zurück und ihr Inhalt zieht sich schon durch alle – vorerst erfolglos gebliebenen – Gesetzesentwürfe seit der Zeit um 1900 als Vorläufer des heute geltenden Gesetzes. Die Dialektik zwischen Bild und Substanz, die in der Theoriebildung der „modernen Denkmalpflege“ um 1900 – nicht zuletzt durch Alois Riegl – methodisch verankert wurde, hat also zeitgleich in die Grundlagen für das österreichische Denkmalschutzgesetz Eingang gefunden. Sie bildet bis heute eine der wesentlichsten Herausforderungen im Umgang mit den Denkmalen. Die vorliegende Arbeit erschließt die Aspekte dieser Dialektik als Handlungsgrundlagen in ihrem geschichtlichen Verlauf. Der methodische Ansatz der Verschränkung der denkmalpflegerischen, kunsthistorischen und restauratorischen Denk- und Handlungsmuster in der historischen Aufarbeitung ist eine zukunftsweisende Qualität dieses Buches.
Dr. Bernd Euler-Rolle Fachdirektor des Bundesdenkmalamtes Leiter der Abteilung für Konservierung und Restaurierung
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Einleitung Im Fokus dieser Arbeit steht der bislang noch wenig erforschte, jedoch ungemein große und bedeutende Bestand an mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten. Im Zuge der Vorarbeiten wurden rund 70 Kirchen besucht und die Wandbilder vor Ort nach kunsthistorischen, denkmalpflegerischen sowie restauratorischen Aspekten untersucht und fotografisch dokumentiert. Da ein Großteil aller mittelalterlichen Wandmalereien nach ihrer Entstehung zumindest einmal übertüncht wurde, stellte die Recherche der Restauriergeschichte zu den einzelnen Objekten eine wichtige wissenschaftliche Grundlage dar. Dabei zeigte sich ein ungemein reichhaltiger Fundus an historischen Quellen zu den einzelnen Freilegungen und Restaurierungen. Der Fokus wurde schließlich auf die Entwicklung der Wandmalereirestaurierung im Zeitraum von 1850 bis 1970 mit dem Schwerpunkt auf das Bundesland Kärnten gelegt. Der zeitliche Beginn hängt im Besonderen mit der Entstehung der staatlichen Denkmalpflege 1850 in Österreich zusammen. Der inhaltliche Aufbau der Arbeit ergab sich im Wesentlichen durch die Aspekte, die im Rahmen einer Restaurierung von Wandmalerei eine zentrale Rolle spielen. Die Arbeit ist in vier Kapitel unterteilt, wobei das erste Kapitel (1850– 1900) im Vergleich zu den übrigen drei einen längeren Zeitraum umfasst, was auch am Seitenumfang erkennbar ist. Die restlichen drei Kapitel behandeln jeweils Abschnitte zwischen 20 und 25 Jahren. Der in der Arbeit behandelte Zeitraum endet um 1970, da hier wieder ein Generationenwechsel im Bundesdenkmalamt, an der Akademie der bildenden Künste in Wien, sowie in der Restauratorenschaft stattfand, viele neue internationale Organisationen entstanden und damit eine nächste Entwicklungsstufe in der Denkmalpflege und Konservierung-Restaurierung erreicht wurde. In den einzelnen Kapiteln werden im Wesentlichen vier Themenkreise behandelt: Die Organisation und Situation in der staatlichen Denkmalbehörde, der Berufsstand der Restauratoren sowie deren Möglichkeiten zur fachlichen Ausbildung, die methodischen Entwicklungen in der Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und die Praxis des Restaurierens. Anhand von einzelnen Fallbeispielen wird versucht den Ablauf und die Umsetzung von Restaurierprojekten nachzuzeichnen.1 Neben der Entwicklung der heimischen Denkmalpflege wurden auch internationale Tendenzen in der Arbeit behandelt, die die Wandmalereirestaurierung und deren Fortschritte in Österreich nachhaltig beeinflussten. Zahlreiche der für die Arbeit verwendeten Quellenzitate sind dem Anhang beigefügt.2 Die Entwicklung der Restaurierung mittelalterlicher Wandmalerei ist im Kontext ihrer Freilegung sowie der Prägung der Bilder durch kunsthistorische Vorstellungen, denkmalpflegerische Leitlinien und restauratorisches Handeln zu betrachten. Dieser Zusammenhang wurde in der Forschung bisher wenig behandelt. Die Grundvoraussetzung für die Schilderung dieser Entwicklung ist das Vorhandensein von Quellenmaterial zu einzelnen Re-
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Einleitung
staurierprojekten sowie zu deren damaliger Bewertung. Diese Überlieferungen (Restaurierberichte, Gutachten, Protokolle etc. von Künstler-Restauratoren und Fachrestauratoren sowie den handelnden Personen der staatlichen Denkmalpflege) spiegeln die verschiedenen Restauriertendenzen ihrer Zeit wider. Sie sind wichtige Dokumente für die Geschichte einzelner Kunstwerke und für das Verständnis ihres Erscheinungsbildes. Die Interpretationen der Ergebnisse aus den Quellenrecherchen stellen somit das Rückgrat und eine wichtige Forschungsleistung dieser Arbeit dar. Das Quellenmaterial aus der restauratorischen Praxis wird mit der Entwicklungsgeschichte der Denkmalpflege, ihren Rahmenbedingungen, Methoden und Motiven verknüpft und in einen größeren Zusammenhang gestellt. Dabei ist es von Bedeutung, dass sowohl die Wortführer der Paradigmenwechsel als auch die Ausbildungssituation von (Wandmalerei-)Restauratoren und der Berufsstand beleuchtet werden. Die Herausarbeitung der Vorgehensweise bei den einzelnen Restaurierungen unter der Ägide der denkmalpflegerisch-kunsthistorischen Maximen stellt einen Schwerpunkt dieser Arbeit dar, wobei die Erfahrungen und Eindrücke der Personen ein Licht auf die oftmals spannenden Auseinandersetzungen werfen. Soweit es dokumentiert und relevant ist, werden auch technische und methodische Aspekte der Konservierung und Restaurierung beleuchtet, ebenso wie die Entwicklung von Retusche- und Integrationsmethoden oder die Dokumentationsweisen von mittelalterlicher Wandmalereibestände und Restaurierungsmaßnahmen. Die Auswahl der Restaurierprojekte konzentriert sich besonders auf das Bundesland Kärnten. Die denkmalpflegerische Entwicklung in Kärnten zeigte mit dem Einsetzen der staatlichen Denkmalpflege von Beginn an eine besondere Dynamik und hatte in vielerlei Hinsicht Auswirkungen auf die übrigen Bundesländer. Die führenden Personen in der Kärntner Denkmalpflege, die allesamt namhafte Kunsthistoriker waren, spielten dabei eine entscheidende Rolle. Die Präsentation einzelner Fallbeispiele in zeitlicher Abfolge stellte bisher ein wichtiges Forschungsdesiderat dar.3 Restaurierungen unterliegen im Allgemeinen verschiedenen Einflüssen, Moden und Entwicklungen, die nicht ohne die jeweiligen zeitgenössischen Interessenslagen und ästhetischen Erwartungen zu verstehen sind. Diese Arbeit soll helfen, die zahlreichen bis heute überlieferten älteren Restaurierungen in ihrem geschichtlichen Kontext besser nachzuvollziehen, um sie in Zukunft differenzierter bewerten zu können. Mit dem Erkenntniszugewinn wird eine wichtige Wissensgrundlage geschaffen, die als Ausgangspunkt für weitere Forschung dienen soll. Der Mannigfaltigkeit der in der Arbeit verknüpften Wissenschaftsdisziplinen wird durch Methodenpluralität Rechnung getragen. Die jeweiligen Themen der Denkmalpflege, Konservierung-Restaurierung und Kunstgeschichte sollen dabei eine Synthese bilden, um damit einen sinnvollen Beitrag zur Kulturwissenschaft zu leisten.
1 Siehe dazu 6.2, Verzeichnis der in der Arbeit ausführlich behandelten Fallbeispiele. 2 Siehe dazu 6.1, Verzeichnis der angeführten Quellentexte. 3 Bacher 1995b, S. 69–89 und Bacher 2000, S. 105–112.
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Forschungsstand und Quellenlage Die Geschichte der Wandmalereirestaurierung stellte in der wissenschaftlichen Forschung lange Zeit eine Randerscheinung dar, was sich in den letzten Jahren jedoch geändert hat. Aspekte der Restauriergeschichte wurden vermehrt in kunsthistorischen Publikationen mit einbezogen oder selbst zum Thema gemach.4 Die Anfänge einer staatlichen Denkmalpflege und die Entwicklung der k.k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale werden von Walter Frodl in seinem Buch Idee und Verwirklichung, Das Werden der staatlichen Denkmalpflege in Österreich ausführlich beschrieben.5 Auch wenn Frodl die Geschichte der Wandmalereirestaurierung nicht erschöpfend behandelt, so diskutiert er in manchen Kapiteln denkmalpflegerische Grundsatzüberlegungen, Abläufe und Tätigkeiten innerhalb der Zentralkommission und skizziert Entwicklungsphasen und Zielsetzungen, die unmittelbare Auswirkungen auf die Methoden und Behandlungen mittelalterlicher Wandmalereien im 19. und frühen 20. Jahrhundert hatten. Die Entstehung des Bundesdenkmalamtes, die Zwischenkriegszeit mit den zahlreichen administrativen Wechselformen sowie die schwierige Phase während des 2. Weltkrieges wird im Buch von Eva Frodl-Kraft Gefährdetes Erbe, Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918 – 1945 im Prisma der Zeitgeschichte ausführlich behandelt.6 Sie beschreibt die Phase des späten Historismus ebenso wie den Weg zur modernen Denkmalpflege im 20. Jahrhundert (Zusammenbruch 1918, Neubeginn und das Denkmalschutzgesetz). Über das Wirken sowohl der Zentralkommission als auch des Bundesdenkmalamtes wurden zahlreiche Beiträge in den Mitteilungen der k.k. Zentralkommission (MCC – bis 1873 und MZK – ab 1873) sowie in der Österreichischen Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege (ÖZKD) veröffentlicht. Ein großartiges Nachschlagewerk über Personen, die mit der österreichischen staatlichen Denkmalpflege oder dem Denkmalschutz befasst waren, stellt das von Theodor Brückler und Ulrike Nimeth publizierte Personenlexikon zur österreichischen Denkmalpflege (1850–1990) 4 Lanc 1983; Wolters 1989, S. 151–155; Kühlenthal 1998, S. 313–322; Lanc 2002; Feldtkeller 2008; Achsel 5 6 7 8 9 10 11 12 13
2012; Gustavson 2012; Krack 2012. Frodl 1988. Frodl-Kraft 1997. Brückler/Nimeth 2001. Koller 1991, S. 65–85; Koller 1997a, S. 355–365; Koller 2002, S. 103–119 und Koller 2003, S. 14–17. (Auswahl). Koller 1968, S. 48–50; Koller 1970a, S. 32–43 und Koller 1971, S. 94–103 sowie Knoepfli/Emmenegger/Koller/ Meyer 1990, S. 22–121 und Autenried/Koller/Wipfler 2011, Sp. 715–768. Althöfer 1962 S. 73–88 und S. 144–170 und Althöfer 1987. Harnoncourt 1999. Frodl 1948, S. 147–165; Koller 2003, S. 14–17 und Feldtkeller 2008. Koller 2002, S. 103–119.
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Forschungsstand und Quellenlage
dar.7 Diese biographisch-lexikalische Arbeit umfasst einen Zeitraum von 140 Jahren und gibt historisch relevante Informationen zu den einzelnen Personen und interessante Details zur Fachgeschichte der österreichischen Denkmalpflege. Zahlreiche grundlegende Schriften zur Entwicklung der (Wandmalerei-)Restaurierung in Österreich hat Manfred Koller geschrieben. Seine Darlegungen illustriert Koller mit einer Reihe von repräsentativen Beispielen, anhand derer die damaligen Restaurierauffassungen und -methoden nachvollziehbar beschrieben werden.8 Koller publizierte auch zahlreiche Texte zur Technik der mittelalterlichen und barocken Wandmalerei.9 An dieser Stelle sei auch Heinz Althöfer erwähnt, der zur Geschichte der Restaurierung im 19. Jahrhundert oder der Fehlstellenbehandlung und Retusche wichtige Schriften veröffentlicht hat.10 Die Diplomarbeit von Alice Harnoncourt Restaurierung mittelalterlicher Wandmalerei um 1900 stellt die Umbruchsitutation um 1900 in Österreich anhand einiger Restaurierprojekte dar.11 Das Thema der Entrestaurierung und ihrer Motive wurde bislang noch nicht sehr ausführlich behandelt.12 Die Entwicklung der Dokumentation von Wandmalerei in Österreich beschreibt Koller.13 Wandmalereiabnahmen spielten in Österreich keine so bedeutende Rolle, wie dies in anderen Ländern der Fall gewesen war. Trotzdem fanden Abnahmen statt,14 deren Notwendigkeit später stark hinterfragt wurde.15 Über die Entwicklung des Berufstandes der Restauratoren in Österreich im 19. und 20. Jahrhundert gibt es wenig Literatur. In seinem Buch über den Thronfolger Franz Ferdinand als Denkmalpfleger beschreibt Brückler die Diskussion um die Einführung einer Restauratorenausbildung.16 Deren Entwicklung ist in Österreich eng verknüpft mit der Geschichte der Restaurierung von Tafelgemälden,17 den Museumsgründungen und deren Restaurierwerkstätten18 sowie den beiden Restaurierungsinstituten an der Universität für angewandte Kunst19 und der Akademie der bildenden Künste.20 Quellenmaterial über Freilegungen und Restaurierungen einzelner Wandmalereien oder Wandmalereizyklen in Österreich findet sich in zahlreichen Berichten, Gutachten, Briefen, Aktenvermerken, Protokollen etc. aus diversen Archiven. Die wichtigsten davon sind das Archiv der Familie Melicher,21 das Archiv des Bundesdenkmalamtes,22 das Archiv der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bundesdenkmalamtes,23 das Archiv des Landeskonservatorates in Kärnten24 und das Archiv der Akademie der bildenden Künste.25 Informationen darüber findet man auch in den Mitteilungen der k.k. Zentral-Kommission (MZK) oder anderen Fachzeitschriften (u. a. Carinthia I., ÖZKD). Eine weitere wichtige
14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Pokorny 1967, S. 37–43 und 65–71 sowie Feldtkeller 2008. Koller 1968, S. 48–50. Brückler 2009 und Feldtkeller 2008. Koller 2008a, S. 11–43. Koller 1987, S. 32–42; Koller 1995, S. 125–146; Tripp 1973, S. 8–10 und Oberthaler 1996, S. 26–33. Krack 2012. Wagner 1967; Kortan 1984, S. 35–41; Baatz/Kaml 2007, S. 41–49; Baatz 2008, S. 1–9 und Baatz 2015, S. 6–8. Melicher 2012a, 2012b, Huf-Melicher 1988a, 1988b. Archiv Hofburg, Frodl 1930–1938, Frodl Kärnten 1938–1945. Archiv AKR und Nachlass Walliser. Archiv LK-K. Archiv Akademie, Statut 1872 und Studienordnung 1876.
15
Forschungsstand und Quellenlage
Quelle stellen die Schriften und Gutachten von Alois Riegl26 und Max Dvoøák27 dar, die auch auf grundlegende Fragen zum Umgang mit historischer Wandmalerei und auf übergreifende denkmalpflegerische Fragestellungen Bezug genommen haben. Zahlreiche Texte und kunsthistorische Einzelpublikationen über die freigelegten Wandmalereien und über die praktische Denkmalpflege wurden von den jeweils im Land tätigen Konservatoren, Korrespondenten, Kunsthistorikern und Denkmalpflegern veröffentlicht; beispielsweise von Otto Demus,28 von Walter Frodl,29 von Siegfried Hartwagner,30 von Karl Ginhart,31 von Ernst Bacher32 und von Barbara Kienzl.33 Bezüglich der Restauriertheorien und -methoden sind die Rathschläge in Betreff alter Wandgemälde in Kirchen, Schlössern zu nennen, die von der Zentralkommission herausgegeben wurden,34 weiter das Gutachten von Alois Riegl Zur Frage der Restaurierung von Wandmalereien35 und der Aufsatz von Georg Hager zur Erhaltung alter Wandmalerei,36 von Robert Eigenberger Über einige Fragen der praktischen Denkmalpflege37 sowie später dann einige grundlegende Arbeiten von Walter Frodl,38 Ernst Bacher,39 Norbert Wibiral40 oder etwa Katrin Janis.41 Ein wichtiges und umfassendes Kompendium, in dem die Einflüsse, Theorien und Motive der Wandmalereirestaurierung im 19. und 20. Jahrhundert ausführlich recherchiert und dargelegt werden, publizierte Julia Feldtkeller mit ihrem Buch Wandmalereirestaurierung. Eine Geschichte ihrer Motive und Methoden.42 Feldtkeller hat versucht, das Thema Wandmalereirestaurierung in Deutschland und Österreich anhand der theoretischen Positionen und Diskussionen darzustellen. Das Buch bildet mit einer umfangreichen Bibliographie gleichzeitig ein wichtiges Nachschlagewerk. In einigen Bereichen der vorliegenden Arbeit werden ähnliche Themen wie bei Feldtkeller behandelt, jedoch mit unterschiedlichen methodischen Fragestellungen. Ein Verweis auf das um-
26 Bacher ed. 1995a [Riegl]. 27 Dvoøák 1907, S. 86–87; Dvoøák 1911, S. 64–74 und Dvoøák 1918. 28 Demus 1931, S. 61–70; Demus 1932, S. 179–180; Demus 1937a, S. 9–13; Demus 1938, S. 77–116; Demus
1948, S. 393–411 und Demus 1958 u. a., S. 156–161. 29 Frodl 1939, S. 22; Frodl 1942, S. 262–336; Frodl 1944a, Frodl 1944b, Frodl 1948, S. 174–165; Frodl 1964, 30 31 32 33 34 35 36 37 38 39 40 41 42 43 44 45 46 47
S. 77–89 und Frodl 1970, S. 11–31. Hartwagner 1947, S. 138–155; Hartwagner 1948, S. 252–332 und Hartwagner 1952, S. 3–80. Ginhart 1927/28, S. 65–71; Ginhart, 1930a, S. 39–47 und Ginhart 1930b, S. 160–170. Bacher 1995 b, S. 69–89. Kienzl 1994, S. 319–353. Normative 1883. MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31. Hager 1903, S. 117–120 und S. 129–131. Eigenberger 1915, S. 198–209. Frodl 1962 S. 65–70, Frodl 1966, S. 117–131 und Frodl 1987, S. 231–236. Bacher 1973, S. 82–92. Wibiral 1957, S. 24–29. Janis 2005. Feldtkeller 2008. Koller 1997a, S. 355–365 und Koller 2002 S. 103–119. Demus u. a. 1958, S. 156–161. Bacher 1973, S. 82–92. Schädler-Saub 1997, S. 336–343; Schädler-Saub 2003, S. 105–121 und Schädler-Saub 2008, S. 141–158. Althöfer 1962, S. 73–88 und S. 144–170.
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Forschungsstand und Quellenlage
fassende Werk Feldtkellers wird daher nur an jenen Stellen angeführt, wo eine unmittelbare inhaltliche Verknüpfung gegeben ist. Die verschiedenen farblichen Präsentationsmethoden der restauratorischen Praxis des Historismus beschreibt Koller,43 die restauratorischen Integrationsmethoden der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts skizzierten Demus44 und Bacher,45 die Entwicklung der ästhetischen Retuschemethode wird von Ursula Schädler-Saub46 und Heinz Althöfer47 mehrmals bearbeitet.
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1. Zwischen Konservierung und Stil-Restaurierung im 19. Jahrhundert Die Entwicklung der Denkmalpflege im 19. Jahrhundert vollzog sich vor dem Hintergrund eines sich verändernden Geschichtsbewusstseins und eines immer stärker werdenden kunsthistorisch-wissenschaftlichen Interesses am kulturellen Erbe seitens der Forschung sowie auch der bürgerlichen Gesellschaft. Der über die Jahrhunderte angestellte künstlerisch-kulturelle Vergleich mit der Antike verlor an Bedeutung und brachte durch ein verändertes Zeitbewusstsein eine Neubewertung der nachfolgenden Epochen mit sich.48 Der besonders das 19. Jahrhundert prägende Stil des Historismus ist Teil dieser Geschichte, indem er die historischen Stile wieder aufgriff, insbesondere die des Mittelalters. Der besonders in der Architektur wirkende Stil übte seinen Einfluss auch auf andere Bereiche aus, wie beispielsweise auf das Kunstgewerbe oder die bildende Kunst. Das stilistische Formenvokabular bediente sich dabei der reichen Auswahl vergangener Epochen. Das Spektrum der schöpferischen Nachahmung älterer Stilarten pendelte zwischen stilreiner und kombinierter Form, was eine subjektive Interpretation im Geiste der älteren Stile bedeutete. Die größtmögliche Annäherung an das historische Vorbild stellte ein wichtiges Wesensmerkmal des Historismus dar. Dies spielt im Bezug auf die Entwicklung der Restauriergeschichte im 19. Jahrhundert eine ganz wesentliche Rolle. In den Schriften der Kunstgelehrten taucht die mittelalterliche Wandmalerei erstmals um 1800 auf, wobei hier ausschließlich die nie übertüncht gewesenen Objekte behandelt werden. Die systematische Erforschung und Inventarisierung erfolgte in Österreich erst allmählich mit den zahlreichen Entdeckungen und Freilegungen von Wandbildern im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts und ging einher mit der sich etablierenden Kunstgeschichte als eigenständige wissenschaftliche Disziplin. Die stilgeschichtliche Einordnung der Kunstwerke stellte dabei einen wichtigen Forschungsschwerpunkt dar.49 Kunstgeschichte als eigenständiges Studium wurde an der Universität Wien 1852 mit der Berufung von Rudolf Eitelberger von Edelberg50 zum außerordentlichen Professor für „Kunstgeschichte und Kunstarchäologie“ begründet, der 1863 zum Ordinarius ernannt wurde.51 Eitelberger war ab 1871 Herausgeber der Reihe „Quellenschriften zur Kunstgeschichte“, wo historische Quellentexte publiziert wurden.52 Damit begann die Geschichte der kunstwissenschaftlichen Forschung und Lehre, die Wien zu einem der wichtigsten Zentren werden lies. Da Eitelberger, der auch als Dozent an der Akademie der bildenden Künste unterrichtete sowie seit 1864 Direktor des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie war, überlastet war, wurde 1873 mit Moritz Thausing ein weiterer Professor für Kunstgeschichte berufen, der zuerst zum außerordentlichen und 1879 zum ordentlichen Professor ernannt wurde.53 Eine Herausforderung stellte für die Kunstgeschichte die Kenntnisnahme der neu entdeckten Wandmalereien dar, die in der Regel nur am Ort ihrer Entstehung untersucht werden konnten.54 Das ver-
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stärkte den Wunsch nach einer Dokumentation der Neuentdeckungen, der man ab den 1860er Jahren auch zunehmend nachkam. Aufgrund der meist schlecht erhaltenen oder durch spätere Interventionen stark veränderten Wandbilder war eine kunsthistorische Untersuchung oft nur eingeschränkt möglich, was ein Problem für die Bewertung der Malerei darstellte. Der Zeugniswert eines Kunstwerks war umso höher, je mehr von seiner originalen Substanz erhalten war. Aufgrund des Mangels an überlieferten Objekten verlagerte sich die Forschung in Richtung Buchmalerei.55 Gegen Ende des 19. Jahrhunderts unternahm die Kunstgeschichte einen neuen Anlauf, um das Forschungsdefizit im Bereich der Wandmalerei aufzuarbeiten. Dazu kam, dass in der Zwischenzeit die Zahl der Neuentdeckungen angestiegen war, was die methodische Bearbeitung und den wissenschaftlichen Erfolg wesentlich erleichterte. Die kunsthistorischen Beiträge folgten dabei meist einem ähnlichen Muster, indem man zu allererst auf die bedeutende Kunstgattung und ihre bislang ungenügende wissenschaftliche Bearbeitung hinwies. Üblicherweise erfolgte daraufhin eine ikonografische Beschreibung, eine Datierung und – falls dies nachvollziehbar war – die Zuordnung zu einer Werkgruppe. Ein Problem stellte der meist schlechte Erhaltungszustand dar, der die Charakterisierung der Malereien erschwerte.56 Abgesehen von kurzen Mitteilungen über neu entdeckte Malereien57 wurden über mittelalterliche Wandmalereien in Kärnten nur wenige kunsthistorische Abhandlungen veröffentlicht.58 Die Restaurierung von mittelalterlicher Wandmalerei begann sich im 19. Jahrhundert allmählich zu entwickeln und wurde dabei vom Historismus stark beeinflusst. Das Restaurierziel wurde dem jeweiligen Stil sowie dem Zeitgeschmack angepasst. Unter Restaurierung verstand man im 19. Jahrhundert allgemein ausgedrückt ein Wiederherstellen oder Imitieren des ursprünglichen Erscheinungsbildes. Für die Wandmalereirestaurierung bedeutete dies ein Übermalen reduzierter, zerstörter aber auch intakter Flächen, wodurch eine höchstmögliche Nachschöpfung der mittelalterlichen Stile erreicht werden sollte. Die damals in der Restaurierung handelnde Person, der Restaurator, trat erst seit der Zeit des Klassizismus in Erscheinung und löste sich allmählich aus dem Verband des Künstlertums heraus. In diesem Zusammenhang spricht man daher von Künstler-Restauratoren, da sich das Berufsbild des Restaurators im heutigen Verständnis erst viel später etablieren sollte.59
Feldtkeller 2008, S. 23–25. Feldtkeller 2008, S. 29. Zur Person Eitelbergers siehe Brückler/Nimeth 2001, S. 58, 59. Brückler/Nimeth 2001, S. 58. Koller 1991, S. 77. Zu den Quellenschriften Eitelbergers siehe Dobslaw 2009. Aurenhammer 2002, S. 1, 2 und Brückler/Nimeth 2001, S. 58, 59. Feldtkeller 2008, S. 29–32. Feldtkeller 2008, S. 29–32. Feldtkeller 2008, S. 29–32. Siehe dazu in den Mitteilungen der k.k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunstund historischen Denkmale, 1885–1900 und Sitte 1892, S. 75–80 (Auwahl). 58 Helfert (Hg.) 1871, S. 126–142 und Schnerich 1893, S. 35–44 (Auswahl). 59 Althöfer 1987, S. 283. Siehe dazu auch Wagner 1988 und Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 47–64. 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57
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1.1 Frühe Stimmen nach mehr Respekt für die überlieferte Substanz Bereits Ende des 18. Jahrhunderts beschäftigte man sich in der Gemälderestaurierung mit der Vorgehensweise bei Fehlstellenergänzungen und stellte erstmals die Frage, ob eine farbliche Retusche oder Ergänzung überhaupt durchgeführt werden müsse.60 Seit der Antike und dem Mittelalter bestand die Restaurierung von Kunstwerken darin, sie zu ergänzen, der zeitgenössischen Auffassung anzupassen oder sie aufzufrischen. Im 19. Jahrhundert erlebte die Diskussion einen Quantensprung durch die zunehmend formulierten Gedanken zur Konservierung und Prävention von Schäden an Kunstgegenständen.61 Diese Entwicklung ging mit einer zunehmenden Auseinandersetzung mit Quellenmaterial und historischen Techniken zur Wandmalerei einher sowie mit der Forderung nach einer größeren Zurückhaltung bei Restaurierungen gegenüber der originalen Substanz. In Deutschland forderte der 1816 als Professor an der Dresdner Akademie der bildenden Künste angestellte Ferdinand Hartmann einen anderen Zugang bei der Reinigung, denn „es sei besser, einige Unreinigkeiten sitzen zu lassen“, als dass man Bilder mit zu starken Lösemitteln beschädige.62 1821 wies Johann Georg Gündter, seines Zeichens Galeriedirektor von Augsburg, in einem Schreiben die Generaldirektion der Münchner Pinakothek darauf hin, dass bei der Restaurierung von Kunstwerken der Originalität der Vorzug zu geben sei. Übermalungen, die über die Fehlstelle auf das Original hinaus ausgeführt würden, seien zu verurteilen.63 Friedrich Gottfried Hermann Lucanus, ein deutscher Naturwissenschafter, Analytiker, Apotheker, Kunstsammler, Restaurator und Denkmalpfleger, schrieb 1828 in seiner „Anleitung zur Restauration64 alter Ölgemälde“ bereits über Behandlungsmethoden in der Restaurierung.65 Lucanus diskutierte die Reinigung von Gemälden und beklagte auch die fehlende Möglichkeit zum Erlernen des Restauratorenberufes an Institutionen. Bemerkenswerterweise hebt er den „originale[n] Werth“ eines Kunstwerkes hervor und verurteilt „das Übermalen wohl erhaltener Theile“.66 Der deutsche Maler und Restaurator Christian Philipp Köster publizierte zwischen 1827 und 1830 drei Hefte „Ueber Restauration alter Oelgemälde“, in denen er die Herausforderungen einer Restaurierung diskutierte.67 Darin kritisierte er auch das Fehlen von spezifischer Fachliteratur und forderte, dass die Fachleute
Althöfer 1987, S. 283, 284. Siehe dazu Hoppe-Harnoncout 2000, S. 135–206 und Gustavson 2012. Zindel 2010, S. 416. Koller 2010, S. 94. Althöfer 1987, S. 330. Man sprach damals meist von einer Restauration und nicht Restaurierung. Unter dem Begriff Restauration versteht man heute im Allgemeinen die Wiederherstellung eines politischen Systems. 65 Zindel 2010, S. 458. Siehe dazu auch Althöfer 1987, S. 283, 284. 1929 wird diese Schrift von Lucanus unter der Mitwirkung Berliner Museumskonservatoren neu aufgelegt (Koller 2010, S. 95). 66 Zindel 2010, S. 458 und Althöfer 1987, S. 284. Siehe dazu die „Conservirung von Oelgemälde“, in: F.F.A. 1842, S. 250–252. 67 Köster 1827–30. 60 61 62 63 64
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ihr Wissen „zur öffentlichen Kenntnis zu bringen“ hätten, so dass in Zukunft mehr Schaden im Zuge von Restaurierungen durch „ungeschickte Restauratoren“ verhindert werden könne.68 In Italien beschwerte sich 1837 Jean Bedotti, ein Kunsthändler, Restaurator und Hersteller von Restaurierungsmitteln, über die in Venedig für Gemälde angewandten Restauriermethoden.69 Bedotti vertrat die Ansicht, dass ein Restaurator die durch frühere Eingriffe erfolgte falsche Farbgebung eines Gemäldes durchaus korrigieren dürfe. Den Restauratoren empfahl er, sich ein umfangreiches kunstgeschichtliches Wissen anzueignen.70 Anhand dieser Aufzählungen erkennt man das immer stärker werdende Interesse und die bewusste Auseinandersetzung mit Kunstwerken früherer Epochen und den zunehmenden Respekt vor der alten Substanz. Die Restaurierpraxis sah jedoch anders aus. Unter dem Begriff der Restaurierung von Gemälden verstand man noch bis ins frühe 20. Jahrhundert bloß Arbeiten an der Objektoberfläche wie Reinigen oder Retuschieren, die von den Künstler-Restauratoren im Hinblick auf das Erscheinungsbild ausgeführt wurden.71 Die übrigen eher technischen Arbeiten schienen erst allmählich unter „Hilfsarbeiten“ in Form von Kosten in Rechnungen, aber nicht in Grundsatzfragen zur Restaurierung auf.72 Eine ähnliche Auffassung der Arbeitsteilung in konservierungstechnische und restauratorische Aufgaben ist auch in der Restaurierung von Wandmalerei erkennbar. Das Freilegen von Wandbildern oder das Verputzen von Fehlstellen wurde als minderwertige Arbeit angesehen und häufig von Hilfskräften oder von Laien ausgeführt. Die Künstler-Restauratoren besorgten in erster Linie die farbliche Wiederherstellung oder eine Imprägnierung der Oberfläche.73 In diesem Kontext wird in der vorliegenden Arbeit auch von stilgerechter Nachbildung, Wiederherstellung oder Restaurierung gesprochen, worunter ein freies Nachahmen älterer Stilarten in Anlehnung an die aufgefundenen Malereireste verstanden wird. Dies brachte in der Regel eine vollständige Übermalung mit sich. Innerhalb dieser historisierenden Restaurierungen gab es jedoch eine Weiterentwicklung. Das Restaurierziel eines möglichst getreuen mittelalterlichen Abbildes blieb zwar gleich, aber die überlieferte Substanz sollte mehr respektiert und sorgsam mit einbezogen sowie durch Hinzufügungen vervollständigt werden. Dies kann als künstlerisch angeleitete Stil- Restaurierung bezeichnet werden. Restaurieren war also nicht immer Restaurieren, wie wir das heute verstehen würden, und konzentrierte sich in erster Linie auf die Ergänzungspraxis.74 Frühe Stimmen, die eine größere Zurückhaltung in der Restaurierung von Wandmalerei
68 Köster 1827–30, S. VI (Vorwort). 69 Bedotti kritisierte dabei vor allem die Verwendung von in Harzfirnissen angeriebenen Farbmitteln (Zindel
2010, S. 458). Zindel 2010, S. 478, 479. Weiter siehe Althöfer 1987, S. 283–286. Oberthaler 1996, S. 31 und Hanauska 2001, S. 102. Hanauska 2001, S. 102. Ein frühes Gutachten verfasste der Maler Leopold Kuppelwieser über die anstehende Restaurierung der Universitätskirche in Wien am 1.12.1830. Neben einer detaillierten Schadensbeschreibung stellt Kupelwieser Überlegungen zu restauratorischen Eingriffen und zur Neugestaltung der Deckenbilder vor (Eyb-Green 2016). 74 Althöer/Straub/Willemsen 1974, S. 62–64. 70 71 72 73
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forderten, gab es auch in Österreich beziehungsweise in der damaligen Habsburgermonarchie. Johann Peter Krafft, der Maler und Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie in Wien war,75 überprüfte anlässlich eines Besuchs in Praha/Prag den Erhaltungszustand der Wandmalereien in der Burgkapelle in Karlštejn/Karlstein. Am 26. August 1839 nahm er in der Österreichischen Kaiserlichen Privaten Wiener Zeitung – wie zuvor bereits Bedotti – Bezug auf den Begriff des Originals. Seiner Ansicht nach sei es von großer Bedeutung, dass die wichtigen Wandbilder in Karlstein „unberührt und ohne Verletzung ihrer Originalität aufbewahrt werden“; selbst der kleinste Eingriff könnte diese Malereien zerstören.76 Zusätzlich forderte er die Anfertigung von Kopien sowie einen besseren Schutz für die Wandmalereien vor äußeren Einflüssen, damit ihnen der „Reiz der Alterthümlichkeit“ erhalten bliebe.77 Die Angst vor einer Verunstaltung der so bedeutenden Malereien durch eine unsachgemäße Restaurierung beruhte wohl auf den schlechten Erfahrungen mit damaligen Restaurierungen. Interessant bei Krafft ist, dass er als Direktor der kaiserlichen Gemäldegalerie als Experte für Denkmalpflege auch in Fragen der Wandmalereirestaurierung hinzugezogen wurde. Dies geschah vor dem Hintergrund der durch ihn in Fresko ausgeführten Deckenmalereien von Andrea Pozzo in der Wiener Universitätskirche, bei welcher er auf der Grundlage von kleinformatigen Kopien und Pausen die gesamte Malerei rekonstruiert hatte.78 In Preußen veröffentlichte 1843 der damalige Kunstreferent im Kultusministerium Franz Theodor Kugler, der Historiker und Kunsthistoriker war, einen ministeriellen Runderlass über die Art des Restaurierens, in dem er das überlieferte Erscheinungsbild als erhaltenswert beschrieb. Laut Kugler könne es nicht Zweck einer Restaurierung sein, „jeden kleinen Mangel, der als die Spur vorübergegangener Jahrhunderte zur Charakteristik eines Bauwerkes
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Zur Person Kraffts siehe Gustavson 2012, S. 183. Frodl 1988, S. 34. Frodl 1988, S. 34. Siehe dazu Koller 1997, S. 355 und Koller 2002, S. 103. Siehe dazu Frodl-Schneemann, 1984. Reste originaler Wandmalerei fanden sich nur in den Seitenemporen (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Huse 1984, S. 67. Huse 1984, S. 67. Ruskin 1900, S. 363. Vgl. dazu Janis 2005, S. 18 und Jokilehto 2002, S. 304–314. Ruskin 1900, S. 242. Ruskin 1900, S. 364, 365. Peskoller 2013, S. 456–458. Frodl 1988, S. 192, S. 76–110 und Harnoncourt 1999, S. 9–12. Siehe dazu Frodl 1988, S. 76–84 und Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 2 und 3. Petrin 1938, S. 1. Brückler/Nimeth 2001, S. 43, 44. Frodl 1988, S. 90–92. Vgl. auch Brückler/Nimeth 2001, S. 12, 191, 221, 259, 272. Harnoncourt 1999, S. 7. „Grundzüge einer Instruktion (1850)“, die „Gesetzlichen Bestimmungen über den Wirkungskreis der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, der Konservatoren und Baubeamte (1853) Auszug“ und die „Instruktionen für die k.k. Baubeamten“ (Frodl 1988, S. 192–204). Diesem Ausschuss gehörten an: Franz Anton Thun-Hohenstein (Ministerium für Kultus und Unterricht), Karl von Reich (Innenministerium), Joseph Calasanz von Arneth (Münz- und Antikenkabinett), Paul Sprenger (Handelsministerium) und Eduard van der Nüll (Akademie der bildenden Künste), (Frodl 1988, S. 90–92). Frodl 1988, S. 141, 142, 153.
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beitrage, zu verwischen“.79 Von einer guten Restaurierung könne man nur dann sprechen, wenn die am Objekt ausgeführte Intervention nicht erkennbar sei.80 Bezeichnend ist die von Krafft und Kugler aufgezeigte Tendenz zu mehr Respekt gegenüber der überlieferten Substanz. Ein maßgebendes Sprachrohr der konservierenden Perspektive war der in England lebende Schriftsteller, Kunstkritiker, Maler und Kulturphilosoph John Ruskin. Ruskin kritisierte 1849 in seinem Schlüsselwerk „Seven Lamps of Architecture“, dass weder die Öffentlichkeit noch die Verantwortlichen für öffentliche Baudenkmale die Bedeutung des Wortes „restoration“, er meinte damit die Wiederherstellung, verstehen.81 In seinem 31. Lehrspruch des VI. Bandes wurde er noch deutlicher, indem er „Restoration, so called, is the worst manner of destruction“ bezeichnete.82 Ruskin stellte die Erneuerung einer „halben Zoll tief abgewittert[en] und abgebröckelt[en]“ Steinoberfläche in Frage, da sie das überkommene, aus seiner Sicht erhaltenswerte Erscheinungsbild zerstören würde.83 Der Verlust dieser überlieferten Oberflächen bedeutete für Ruskin eine Zerstörung der Zeit– und Alterspuren, welche den schicksalhaften Gang der Werke durch die Zeiten erkennen lassen. Überdies würde dies auch eine Zerstörung der noch erkennbaren handwerkstechnischen Faktur der Steinoberflächen bedeuten, die für ihn bei der Betrachtung der Architektur und Bauplastik naturgemäß im Vordergrund stand. Ruskin stellte die Zeitschichten am Objekt, die Patina sowie das Denkmal in seiner überlieferten Gesamtheit über die Komplettheit des Werkes.84 Damit widersetzte er sich der Erneuerung und Wiederherstellung der gealterten Kunstwerke, die damals von vielen erwartet wurden. Hier wird also eine eindeutige Tendenz zum Respekt gegenüber dem originalen Wert eines Kunstwerks im restauratorischen Umgang erkennbar. Die rein erhaltende Konservierungsstrategie sollte sich jedoch erst Jahrzehnte später durchsetzen. Das Bewusstsein für die Sensibilität gegenüber dem überlieferten Zustand eines Kunstwerks war bereits vorhanden, widersprach jedoch der damals weitverbreiteten zeitgenössischen Ansicht hinsichtlich des vollständigen Erscheinungsbildes des ursprünglichen Werks.
1.2. Institutionelle Voraussetzung: Die k.k. Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale Die Situation in der Konservierung und Restaurierung von Bau- und Kunstdenkmalen war in Österreich eng mit der Entwicklung der staatlichen Denkmalpflege verbunden und stand in einem Zusammenhang mit der 1850 von Kaiser Franz Joseph persönlich genehmigten „k.k. Central–Commission für die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“.85 Die Kommission wurde als beratende Körperschaft des damaligen k.k. Handelsministeriums geschaffen.86 In einem Ausschuss unter dem ersten Präsidenten der Zentralkommission, Karl Czoernig von Czernhausen,87 wurden verschiedene Instruktionen88 erarbeitet.89 Ihre Tätigkeit nahm die Zentralkommission erst 1854 auf; sie war auch verpflichtet, dem Unterrichtsministerium Protokolle von den jeweiligen Bauverhandlungen „in Bezug auf kunstgemäße Restaurationen“ vor-
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zulegen; mittels Erlässen stellte sich das Unterrichtsministerium hinter die Zentralkommission.90 Damit wurde versucht, die Kommission, die sich erst etablieren musste, zu unterstützen und zu stärken. 1859 wurde die Zentralkommission vom Handelsministerium getrennt und dem Unterrichtsministerium als eine selbständige Einrichtung angegliedert.91 Die Kommission besaß keine behördlichen Befugnisse und musste ihre Wünsche und Empfehlungen entweder den Landesbehörden oder der Kirchenbehörde bekannt geben. Ein hauptsächlicher Arbeitsschwerpunkt der Kommission war es, eine Erhebung der historischen Denkmale vorzunehmen beziehungsweise ein Verzeichnis darüber zu erarbeiten.92 Um die außerordentlich große Anzahl von Denkmalen überhaupt erfassen zu können, war die Zentralkommission auf die Hilfe von Mitarbeitern in den einzelnen Ländern, damals noch Kronländern der k.k. Monarchie, angewiesen. Die Kommission ernannte dazu Konservatoren (seit 1853) und Korrespondenten (seit 1854), für die als Arbeitsgebiet ein begrenzter Bezirk ausgewählt wurde und die die Arbeit der Zentralkommission unterstützen sollten.93 Als Konservatoren wurden meist Personen ausgesucht, die sich mit Kunst oder Archäologie beschäftigten und die bereits durch besondere wissenschaftliche oder künstlerische Leistungen bekannt waren.94 Für Konservatoren und Baubeamte wurden gesetzliche Bestimmungen95 erarbeitet, in denen in mehreren Paragraphen Aufgaben, Rechte und Pflichten dieser Personen beschrieben werden. Durch den Antritt dieses Ehrenamtes verpflichtete sich jeder Konservator, „eine möglichst genaue Kenntniss aller in seinem Bezirke vorfindigen Baudenkmale und ihrer Beschaffenheit zu erwerben“ (§4); zusätzlich sollte sich der Konservator ein genaues Wissen über die für die Bau- und Kunstdenkmale verwendeten Materialien erarbeiten und er sollte diese vor möglichen Zerstörungen schützen.96 Diese gesetzlichen Bestimmungen bedeuteten eine Art von Handlungsanweisung für die praktische Denkmalpflege und Restaurierung von Baudenkmalen. Die Baubeamten waren in erster Linie jedoch Techniker und beschäftigten sich vor allem mit der Bauaufnahme. Mit der Kontrolle von Restaurierungen dürften sie häufig überfordert gewesen sein. Sie wurden jedoch seitens der Kommission bei ihren Entscheidungen unterstützt; beispielsweise wurden ihnen zusätzlich noch eigene Anleitungen angeboten beziehungsweise veröffentlichte die Zentralkommission
91 Dvoøák 1911, S. 66. 92 Helfert 1881, S. 4. Die Vorgehensweise bei der Inventarisierung und Dokumentation von Bau- und Kunst-
denkmäler wird später noch diskutiert. 93 Frodl 1988, S. 90–92. 94 Frodl 1988, S. 205 und S. 89–100. 95 Die Bestimmungen von 1853 lauteten: „Gesetzliche Bestimmungen über den Wirkungskreis der k.k. Cen-
tral-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale, der Konservatoren und Baubeamten“ (Frodl 1988, S. 196). Frodl erwähnt noch ein anderes Gesetz von 1818, das unter anderem die Ausfuhr von Kunstwerken erschwerte (Frodl 1987, S. 232). 96 Frodl 1988, S. 198, 199 und Helfert 1881, S. 4. 97 Frodl 1988, S. 106, 107, 141, 142 und 192–194. Siehe auch Harnoncourt 1999, S. 17, 18. 98 Helfert führte seine Funktion 47 Jahre lang aus (Frodl 1987, S. 232–234 und Brückler/Nimeth 2000, S. 43, 44). 99 Frodl 1988, S. 96 und Frodl 1984, S. 70, 71 und 95. 100 Frodl 1988, S. 199. 101 Frodl 1988, S. 96 und Frodl 1984, S. 70, 71 und 95.
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hierzu notwendige „Belehrungen“, um den richtigen Baustil zu beschreiben oder anzugeben wie das Denkmal in seinem überlieferten Erscheinungsbild zu erhalten sei. Die Kontrollen von Restaurierarbeiten sowie die Überwachung des Restaurierziels erfolgten meist durch die Konservatoren und Korrespondenten und eher selten durch die Baubeamten. 1855 wurden auch Instruktionen für die Korrespondenten erarbeitet, die den Konservatoren als Hilfskräfte zur Seite stehen sollten, um beispielsweise Auskünfte über Bau- und Kunstdenkmale einzuholen. Die ehrenamtlich arbeitenden Mitarbeiter der Kommission wurden jeweils auf drei Jahre bestellt. Bis Ende des Jahres 1855 waren 58 Konservatoren und 41 Korrespondenten ernannt worden.97 Wenn man sich die damalige Fläche aller zu Österreich gehörenden Kronländer mitsamt ihren Kunstdenkmalen vor Augen hält, so kann man sich vorstellen, dass die Mitarbeiter überfordert gewesen sein mussten. Daher waren es häufig auch die großen Städte, in denen die Zentralkommission zu Beginn vermehrt tätig war. Czoernig schied 1863 aus der Kommission aus und als neuer Präsident wurde der Jurist Joseph Alexander von Helfert verpflichtet, der seine Schwerpunkte besonders im Ausbau der administrativen Tätigkeit sah und zahlreiche Publikationen veröffentlichte.98
1.3 Erste systematische Erfassung und Dokumentation von Kunstwerken Ähnlich wie bereits in Frankreich in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts, wollte man auch in der Zentralkommission mit einer Inventarisierung die Zahl und Bedeutung der Denkmale statistisch feststellen, um dadurch besser für deren Erhaltung sorgen zu können.99 Die Erfassung und Dokumentation von Kunstwerken wurde daher in den gesetzlichen Bestimmungen von 1853 festgeschrieben. Eine Verpflichtung für die Konservatoren und Korrespondenten stellte das Anlegen eines Verzeichnisses von allen Bau- und Kunstdenkmalen dar, die in den jeweils zugeordneten Bezirken vorhanden und kunstgeschichtlich oder wissenschaftlich von Interesse waren (§ 5); dabei sollte eine Klassifizierung in „todte Baudenkmale“ erfolgen und in Denkmale, an denen dringende „Conservirungs-Arbeiten“ notwendig wären.100 Für die Durchführung dieses ambitionierten Unternehmens wurden seitens des Staates jedoch kaum Geldmittel zur Verfügung gestellt. Daher war man gezwungen, andere Wege zu gehen. Mittels eines Fragebogens, der an die Konservatoren und Korrespondenten ausgegeben und zusätzlich an die einzelnen Pfarren ausgesandt wurde, versuchte man, die wichtigsten Auskünfte einigermaßen systematisch und einheitlich einzuholen. Im Fragebogen enthalten waren Fragen zur Identifikation des Objektes, zu den am Objekt erkennbaren Veränderungen, zu Inschriften und zum Wert des Denkmals. Es sollte auch eine Einschätzung über die Erhaltung und den Zustand der Objekte erfolgen. Insgesamt bestand das Formular aus elf Fragen. Dieses System erwies sich jedoch als äußerst unzuverlässig und wurde von der Kommission nicht allzu lange verfolgt.101 Die Aufstellung einer Systematik für die wissenschaftliche Erforschung und systematische Inventarisierung des Denkmalbestandes stellte für die Erarbeitung eines Denkmalverzeichnisses jedoch eine wichtige Vorstufe dar. Die
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denkmalkundlichen Erkenntnisse über den umfangreichen und wertvollen Bestand an Kunstdenkmalen im österreichischen Kaiserreich veranlasste die Zentralkommission, sich mit dem Gedanken zu beschäftigen, einen Jahresbericht oder eine Zeitschrift herauszugeben. 1856 erschien das erste Heft der „Mitteilungen der k.k. Central-Commission“.102 Damit begann man seitens der Kommission, den umfangreichen Denkmälerbestand wissenschaftlich aufzuarbeiten. 1858 und 1860 veröffentlichte Eitelberger zwei Bände „Mittelalterliche Kunstdenkmale des Österreichischen Kaiserstaates“, die als erste kunsttopographische Arbeiten im deutschsprachigen Raum gelten.103 Wie intensiv man sich damals mit der Inventarisierung auseinandersetzte, zeigt ein anderer Entwurf zu einem „Formular zur Aufnahme einer Statistik der Denkmale bildender Kunst in Österreich“, der 1857 vom damaligen Landesarchäologen der Steiermark, Carl Haas, publiziert wurde.104 Eine wichtige Voraussetzung für die Inventarisierung war für Haas ein unvoreingenommener Blick und ein aufmerksames Beobachten „vermeintlicher Kleinigkeiten“.105 Der Entwurf zum Formular bestand aus acht Fragen: Die ersten drei Fragen erörtern das Kunstwerk selbst (Ort, Aufstellungsort und die Frage, ob es vor Witterungseinflüssen geschützt ist). Weiter war anzugeben, ob Literatur- und/oder Quellenangaben (gedruckt/ungedruckt/mündlich) vorhanden seien sowie welcher Kunstgattung man das Objekt zuordnen könne. Unterschieden wurden verschiedene Materialien und Kunstgattungen (Wandmalerei, Tafelmalerei, Miniaturen, Glasmalerei, Email, Niello und Mosaik), wozu noch spezifische Fragen gestellt wurden. Bei der Wandmalerei wurde etwa gefragt, ob es sich um eine „Temperamalerei“ oder „Fresco (auf nassem Kalk)“ oder um „Wasserfarbe auf trockenem Grunde“ handelte.106 Der nächste Teil widmete sich der künstlerischen Plastik, wobei zwischen Skulptur und der Gussformtechnik unterschieden wurde. Es sollten die Inschriften sowie die Ikonographie beschrieben werden; dabei wurde besonders Wert darauf gelegt, dass man bei der Beschreibung auch „die Zeichnung und Farbe berücksichtigen“ sowie kleine Beiwerke nicht unbeachtet lassen soll.107 Von qualitätvoll gemalten Köpfen und Inschriften bei Gemälden sollten Pausen mit „Strohpapier“ und von berühmten plastischen Werken sollten Gipsabgüsse hergestellt werden. Zusätzlich wurde nach den Maßen des Kunstobjektes gefragt und es sollte festgestellt werden, ob in der Umgebung des zu beschreibenden Kunstwerks Vorbilder oder aber Kopien (ältere Kupferstiche etc.) vorhanden wären. Existierten bereits Fotografien von Kunstwerken, sollten diese gesammelt werden.108 Dieser sehr detailliert und um102 Frodl 1988, S. 110. 103 Krack 2012, S. 59. 104 Haas veröffentlichte das Formular im Artikelt über die „Andeutungen über Malerei und Bildhauerei des 105 106 107 108 109 110 111
Mittelalters in Österreich“ (MCC, 12, II, 1857, S. 314. Vgl. dazu Frodl 1988, S. 121). MCC, 12, II, 1857, S. 313. MCC, 12, II, 1857, S. 313–315. MCC, 12, II, 1857, S. 313–315. MCC, 12, II, 1857, S. 313–315. MCC, 12, II, 1857, S. 313, 314. Frodl 1988, S. 121. Demus 1948, S. 404. Vgl. Frodl 1970, S. 9, 10, 14; Kienzl 1994, S. 323; Frodl-Kraft 1997, S. 81 und Normative 1883, S. 57–74.
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fangreich formulierte Fragebogen wäre von den Konservatoren und Korrespondenten je nach ihren Möglichkeiten auszufüllen gewesen. Mit den Zeichnungen, Pausen oder Gipsabgüssen von den Kunstobjekten wollte die Kommission im Laufe der Zeit ein Archiv aufbauen.109 Die Redaktion der Zentralkommission bezeichnete den Fragebogen von Haas als einen „wohlgemeinten und verdienstvollen Vorschlag“.110 Mit diesen ambitionierten Unternehmungen erhoffte man sich in der Kommission, die mangelnde Sachkenntnis bezüglich der Kunstwerke zu überbrücken. Für die ehrenamtlich tätigen Konservatoren und Korrespondenten waren die Anforderungen enorm, Verzeichnisse zu erarbeiten, Beschreibungen und Abbildungen als Abschrift an die Zentralkommission nach Wien zu schicken sowie laufende Restaurierarbeiten zu überwachen und Neufunde zu melden.111 Joseph Alexander von Helfert112 als Präsident der Zentralkommission schreibt rückblickend, dass „nur ein und der andere nach Zulaß seiner Kräfte und Mittel“ den auferlegten Verpflichtungen nachkam.113 Das Arbeitsprogramm überstieg also bei weitem die Leistungsfähigkeit der Konservatoren und Korrespondenten und selbst die kenntnisreichsten und fleißigsten Persönlichkeiten konnten die Forderungen nur ansatzweise erfüllen.114 Die ernannten Konservatoren, die in den Bestimmungen als die „Hauptorgane der Central-Commission“ bezeichnet werden, waren keineswegs durchgehend Fachleute. In der Regel waren es ambitionierte Personen mit großem Interesse an der Kunst; deren Berufung hing zusätzlich noch davon ab, „ob die zuständige politische Landesbehörde die Unbedenklichkeit ihrer staatspolitischen Gesinnung bestätigte“.115 Aber auch die Zentralkommission wurde ihrem selbst auferlegten Arbeitsprogramm lange nicht gerecht.116 1874 begann man in Kärnten an einer Inventarisierung der Kunstund historischen Denkmale zu arbeiten. Damit wollte man die Tätigkeit der Konservatoren und Korrespondenten unterstützen und die Öffentlichkeit mehr sensibilisieren. 1880 wurde erneut über die an die jeweiligen Pfarrer ausgesandten Fragebögen berichtet, die dank der Unterstützung des bischöflichen Ordinariates auch bereitwillig beantwortet und zurückgeschickt wurden.117 Obwohl man in Kärnten schon weit fortgeschritten war, erarbeitete Karl Lind118 1882 einen weiteren Entwurf mit neuen Grundsätzen, die bei der Sammlung und Abfassung einer Kunsttopografie beachtet werden sollten. Nach einer Überarbeitung diente der Entwurf von Lind119
112 Helfert war Professor, Justiz- und Ministerialbeamter, Politiker und Historiker. Neben zahlreichen Be-
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119
tätigungen wurde er 1863 zum Präsidenten der Zentralkommission ernannt (Brückler/Nimeth 2001, S. 104, 105). Helfert 1881, S. 4. Frodl 1988, S. 94. Frodl 1988, S. 95–99. Helfert 1881, S. 4. MZK N.F. VI, 1880, S. VII. Siehe dazu Brückler 2015 (in Vorbereitung), Kapitel 6. Lind war seit 1878 Mitglied des Komitees „für die Inventarisierung der Kunst- und historischen Denkmale des österreichischen Kaiserstaates“ und seit 1882 Mitglied der Zentralkommission (Brückler/Nimeth 2001, S. 158). MZK N.F. XIII, 1882, S. 26. 1884 wird berichtet, dass Lind für Kärnten die meiste Vorarbeit lieferte und er mit den Architekten Karl Pippich, Vinzenz Rauscher sowie den Korrespondenten Matthäus Grösser und Franz Pichler zusammenarbeitete (MZK N.F. X, 1884, S. 29).
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als Vorlage für die gesamten kunsttopografischen Arbeiten der nächsten Jahrzehnte. Nach zehnjähriger Vorarbeit publizierte man 1888 die erste österreichische Kunsttopographie, nämlich den Band über das Herzogtum Kärnten, der ein auf wissenschaftlicher Basis erarbeitetes Inventar bildete.120 Diese Pionierleistung der Denkmalforschung charakterisierte in kurzen Texten und Zeichnungen die wichtigsten Bauund Kunstdenkmale von der Prähistorie bis in das 18. Jahrhundert. In anderen Bezirken beziehungsweise Kronländern wurde das Unternehmen Kunsttopographie erst 1907 begonnen. Dieses ab diesem Zeitpunkt kontinuierlich weiterlaufende Vorhaben begründete die moderne Denkmalforschung.121 Eine zweite Publikationsreihe stellte das „Dehio-Handbuch – Die Kunstdenkmäler Österreichs“ dar,122 das ab 1933 nach deutschem Vorbild als kompaktes Nachschlagewerk zur Vermittlung der Denkmale in der Öffentlichkeit dienen sollte und ein Verzeichnis der kunsthistorischen und kulturell bedeutendsten Kunstdenkmäler mitsamt ihrer Ausstattung bildet. Österreich und die zu jener Zeit dazugehörenden Kronländer verfügten über eine große Anzahl bedeutender romanischer und gotischer Wandmalereien. Man erkannte den großen und wertvollen Bestand, der jedoch häufig den Umwelteinflüssen ausgesetzt und dadurch dem Verfall preisgegeben war.123 Bereits im § 5 über die „Arbeitsleistungen der k.k. Baubeamten“ in den gesetzlichen Bestimmungen von 1853 forderte man getreue Abbildungen von Baudenkmalen.124 Darüber hinaus wird festgehalten, dass, wenn eine dokumentarische Erfassung (zeichnerisch oder in Aquarelltechnik) etwa aus Zeitgründen nicht möglich sein sollte, der Konservator verpflichtet sei, „geeignete Talente mit der Abbildung solcher Baudenkmale und ihrem Detail [zu beauftragen]“.125 Die Pläne, Zeichnungen, Skizzen etc. wurden der kunstwissenschaftlichen Forschung zur Verfügung gestellt, die dieses Material für ihre Publikationen verwendete.126 Das Interesse der Zentralkommission galt aber auch den archäologischen Funden, Textilien, kunstgewerblichen Gegenständen sowie Gemälden und lässt sich ab 1860 anhand zahlreicher Veröffentlichungen gut nachvollziehen.127 Die immer größer werdende Kenntnis des Denkmalbestandes hatte gerade auch im Bereich der mittelalterlichen Wandmalerei das Bewusstsein für die Erhaltungsproblematik gesteigert und sensibilisiert. Zu diesem Zweck wurden in kleinem
120 Siehe dazu Brückler 2015 (in Vorbereitung), Kapitel 6. 121 Bacher 1995b, S. 69–89 und Kienzl 1994, S. 350–152. Vgl. dazu auch Frodl 1984, S. 123, 124. Die Mängel
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an diesen ersten Heften der Kunsttopographie schreibt Frodl der Tatsache zu, dass trotz negativer Erfahrungen in anderen Ländern am System des Fragebogens festgehalten wurde. Nachlass Frodl, Karton 1 (Faszs. 1–12), M2. Seit 1953 werden die Bände vom Bundesdenkmalamt herausgegeben. Kienzl 1994, S. 348. Der Maler Johann Peter Krafft forderte bereits 1839 Kopien der von ihm untersuchten Wandbilder in der Burg Karlstein in Prag an (Frodl 1988, S. 34, 199, 201). Siehe auch Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 8. Frodl 1988, S. 199, 201. Helfert 1881, S. 4. Vgl. dazu auch Feldtkeller 2008, S. 46, 47. Harnoncourt 1999, S. 12. Dabei handelt es sich um das „Jahrbuch der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“, den „Mitteilungen der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale (bis 1873)“ und den „Mitteilungen der k.k. Zentral-Kommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale (ab 1873)“.
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Maßstab mittels Gouachefarben oder Aquarell auf Papier oder Karton Kopien von Wandbildern und anderen Kunstwerken angefertigt. Ein weiterer Grund für die Erstellung von Kopien war die Angst vor der Vergänglichkeit von Kunstwerken sowie das dokumentarische Festhalten wollen des Istzutsandes, bevor eine restauratorische Fehlstellenbehandlung ausgeführt wurde. In Kärnten betrieb der bekannte Landschaftsmaler Markus Pernhart früh Studien an Bau- und Kunstwerken. 1853 hatte Pernhart bereits 40 Zeichnungen von Schlössern, Ruinen, Kirchen, Klöstern und anderen Monumenten erstellt.128 Eine frühe Dokumentation entstand 1857 von den spätromanischen Nischenmalereien in der Stiftskirche Nonnberg, Salzburg.129 1861 fertigte der spätere Konservator Moritz Trapp130 fünfzehn Bestandsskizzen von den Malereien in der Rotunde in Znojmo/Znaim an, wobei es sich um sehr freie Interpretationen des Erscheinungsbildes handelte.131 In den darauf folgenden Jahrzehnten wurden von der Zentralkommission des Öfteren Konservatoren oder Künstler nach Kärnten geschickt, um die bedeutendsten Baudenkmale und Kunstwerke durch Zeichnungen oder Fotografien kunsttopografisch zu erfassen beziehungsweise wurden auch Aquarellskizzen von Wandbildern angefertigt; eine frühe fotografische Aufnahme erstellte man 1871 in Metnitz.132 Dass über mögliche Kopien von den im Bestand gefährdeten Wandmalereien in der Zentralkommission häufiger diskutiert wurde, zeigt das Beispiel der gotischen Wandmalereiausstattung in der Kapelle im Schloss Bruck in Lienz. Der Zustand der Wandbilder wurde ab 1872 unterschiedlich eingeschätzt. 1874 suchte man nach einem Künstler, dem man die „Kopierung dieser Bilder anvertrauen kann“.133 Der Osttiroler Maler Karl Untergasser hätte sich bereit erklärt, die Schutzmantelmadonna (Abb. 1) für günstige 30.– Gulden zu kopieren. Man befürchtete jedoch, „daß der genannte Maler [während der Kopie] nicht zugleich eine Restaurierung vornähme“, wie in einem Brief darauf Bezug genommen wird.134 Seitens der Zentralkommission wäre man bereit gewesen, Untergasser mit der Kopie zu beauftragen. Zuvor sollte dieser jedoch noch einige „Zeichnungsproben“ vorlegen, um sein Verständnis für die „mittelalterliche Kunstformen“ zu beurteilen und man hätte ihn gleich darauf hinweisen können, jeden Versuch einer Restaurierung zu unterlassen.135 Hier wird deutlich, wie groß die Befürchtung in der Zentralkommission vor einer Restaurierung der Wandmalereien durch den Künstler war, obwohl dieser nur für die Kopie beauftragt worden wäre.136 Das
128 Bacher 1995b, S. 70. Pernhart wurde dabei vom Direktor des Geschichtsvereins Max von Moro beauf-
tragt. Frodl 1988, S. 162. Vgl. Frodl 1962, S. 123 und Koller 2002, S. 105. Zur Person Trapp siehe Brückler/Nimeth 2001, S. 275. Harnoncourt 1999, S. 26, 27. Bacher 1995b, S. 70. Vgl. Frodl 1984, S. 124. BDA-Archiv, Hofburg, Mappe „Schloss Bruck“, Zl. 259/CC, 1874. Die Exzerpte wurden dankenswerterweise von Frau Martha Bindernagel zur Vergügung gestellt. 134 BDA-Archiv, Hofburg, Mappe „Schloss Bruck“, Zl. 259/CC, 1874. Die Exzerpte wurden dankenswerterweise von Frau Martha Bindernagel zur Vergügung gestellt. 135 BDA-Archiv, Hofburg, Mappe „Schloss Bruck“, Zl. 259/CC, 1874. Die Exzerpte wurden dankenswerterweise von Frau Martha Bindernagel zur Vergügung gestellt. 136 Die Kopie wurde offenbar nie ausgeführt, da Untergasser nach Innsbruck wechselte und dort für die 129 130 131 132 133
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Beispiel zeigt auch die Schwierigkeiten, zu qualitätvollen Kopien zu kommen, und das intensive Bemühen, diese künstlerisch wertvollen Malereien dokumentarisch festzuhalten. Die systematische Inventarisierung der Kunstdenkmale für die erste Kunsttopografie in Kärnten dürfte sich auch positiv auf die Initiative zur vermehrten Anfertigung von Kopien ausgewirkt haben. Auf einen Antrag von Lind hin wurden besonders in Kärnten und in Tirol zahlreiche Kopien von Seiten der Zentralkommission in Auftrag gegeben.137 Von 1870 bis 1880 kopierte Max von Mann systematisch in Nord- und Südtirol befindliche mittelalterliche Wandmalereien.138 Mann zeigte in seinen kolorierten Bildern auch akribisch viele Details wie Mauersprünge, Risse und andere Schäden (Abb. 2), die an den Wandbildern vorhanden waren. Hier ist ein zunehmendes Interesse am Zeugniswert an der faktisch überlieferten Substanz und auch ein Verständnis für Altersbilder zu erkennen, indem detailgetreu die verschiedenen Erhaltungszustände unter Berücksichtigung der Fehlstellen festgehalten wurden.139 Der tschechische Künstler Max Pirner kopierte in dieser Weise die Wandbilder am Karner von Metnitz, in der Rupertikapelle im Bergfried von Friesach und an der Westfassade der Stiftskirche von Millstatt. 1881 wird über die gute Ausführung der Aquarellkopien berichtet und weiter festgehalten, dass sie „dem Geiste der hochwichtigen Originale [vollkommen entsprechen]“.140 Die von Pirner angefertigten Kopien waren künstlerisch so qualitätvoll, dass sie damals im k.k. Museum für Kunst und Industrie in Wien gezeigt wurden.141 Ein anderer Künstler, Max Tendler, aquarellierte die heute nur mehr fragmentiert erhalten gebliebenen Wandbilder im Bergfried des Petersbergs von Friesach (Abb. 3) nach 1880 präzise in ihrem Zustand.142 Wenn man die beiden Aquarellkopien von Pirner und Tendler mit dem heutigen Zustand der Malereien vergleicht (Abb. 21), erkennt man den dramatischen Verfall in den letzten 130 Jahren. Das Dokumentieren des unaufhaltbaren Verfalls der Originale durch Zustandskopien war auch von einem tiefen Pessimismus bezüglich der Erhaltungsperspektiven geprägt.143
1.4 Berufsstand und Ausbildungssituation der Künstler-Restauratoren Bis zur Gründung der Zentralkommission 1850 hatte die Akademie der bildenden Künste in Wien die Funktion einer denkmalpflegerischen Instanz des österreichischen Kaiserstaates inne. Im Zuge der Industrialisierung und der Gründung der Kunstgewerbeschule wurde die Akademie vom wachsenden Anspruch befreit, Schüler für das Gewerbe ausbilden zu müssen.144 Im Bereich der Gemälderestaurierung, die meist direkt an den Museumsinstitutionen angesiedelt war, wurde im Vergleich zur Wandmalereirestaurierung mehr Wert auf die technische Qualifikation von Restauratoren gelegt.145 Deswegen wurde auch viel früher die Forderung nach einer Restauratorenausbildung für Gemälde gestellt. 1837 bestand in der Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste in Wien die Notwendigkeit, einen Großteil der
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Bilder zu restaurieren. Der damalige Kustos Ferdinand Georg Waldmüller wollte unter seiner Leitung hierfür Schüler der Akademie ausbilden lassen, um die Kosten für die Restaurierung zu verringern. Im Rat der Professoren stieß dies jedoch auf heftigen Widerstand, da man befürchtete, dass die Schüler dadurch von ihren normalen Studien abgehalten würden. Zudem erwarteten sich die Professoren von dieser Idee nicht viel Gutes. Sie verwiesen dabei auf die von den Restauratoren in der Gemäldegalerie restaurierten Bilder, die keinen guten Eindruck hinterlassen hätten. Zur Restaurierung von Gemälden betonte Rudolf von Remy, damals provisorischer Sekretär und Präses-Stellvertreter der Akademie, dass diese grundsätzlich mit großer Vorsicht ausgeführt werden müssten. Die farblichen Ergänzungen von Fehlstellen sollten in der Art durchgeführt werden, „dass sie dem Originalzustand möglichst nahe kommen“, so Remy.146 Sogar der damalige Staatskanzler Klemens Wenzel von Metternich befürwortete den Restaurierunterricht für fähige Schüler der Akademie mit der Begründung, dass man ihnen damit eine weitere gute Erwerbsquelle verschaffen könnte. Der Rat der Professoren diskutierte dieses Anliegen zwar, setzte es aber letztlich nicht um.147 Es gab aber auch Stimmen, die Kritik an akademisch ausgebildeten Malern, die als Restauratoren arbeiteten, übten. Johann Kuhn beschrieb die Situation 1864 für Deutschland, „dass die meisten Restauratoren keine gebildeten Maler sind und sollten sie auch die Akademie durchlaufen haben“.148 Dem „Retouchierfache“ wenden sich nur diejenigen zu, die mit ihrer Kunst nicht überleben können und daher ein „lukratives Geschäft in dem Restauriren der Gemälde“ sehen.149 Neben einigen Abhandlungen und Aufsätzen zur Restaurierung gab es allgemein noch keine umfassende Literatur.
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Tiroler Glasmalerei zu arbeiten begann (BDA-Archiv, Hofburg, Mappe „Schloss Bruck“, Zl. 129, 1875). Die Exzerpte wurden dankenswerter Weise von Frau Martha Bindernagel zur Vergügung gestellt. Koller 2003, S. 105. Koller 2002, S. 105. Die grafische Dokumentation von Schadensbildern wurde bereits im 18. Jahrhundert durchgeführt, wie beispielsweise von Salomon Kleiner 1773 am Hasenhaus in der Kärntnerstrasse in Wien (Koller 2008/098, S. 35–38). An dieser Stelle wird darauf verwiesen, dass durch die Aquarelle von Pirner „die Sammlung der Central-Commission von Copien werthvoller älterer Wandgemälde besonders bereichert wurde“ (MZK N.F. VII, 1881, S. XII). Helfert 1881, S. 14 und Kienzl 1994, S. 348. Koller 2003, S. 105. Koller 2002, S. 105. Vgl. dazu auch Kienzl 1994, S. 90–94, 348 und Helfert 1881, S. 14. Krack 2012, S. 71, 72. Feldtkeller 2008, S. 44, 45. Wagner 1967, S. 105. Wagner 1967, S. 105. Vgl. dazu auch Krack 2012, S. 7–73. 1851 wird über dreitätige Restauratorenprüfungen in der Münchner Pinakothek berichtet. Die Kandidaten hatten bei der vom Bayrischen König vorgegebene Prüfung einen theoretischen und praktischen Teil zu absolvieren. Am ersten Tag musste man „Schmutz und vergilbten Mastix-Firniss von dem größten Theile eines Gemäldes abnehmen, alsdann ein schadhaftes Bildnis auf eine neue Leinwand aufziehen […]“. Die Prüfung fand in der Pinakothek statt, das Zeugnis wurde jedoch von der Akademie ausgestellt (Althöfer 1987, S. 332). Zwischen 1849 und 1851 fand im Pariser Louvre der erste große Restauratoren-Wettbewerb in Europa statt (Koller 2014, S. 48–51). Kuhn 1864, S. 5. Kuhn 1864, S. 5.
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In Italien entstanden 1866 zwei Handbücher zur Gemälderestaurierung. Das „Handbuch des Maler-Restaurators“ (Il Manuale des pittore restauratore) stammt von Ulisse Forni, der als Restaurator in den Uffizien tätig war und das „Handbuch für den technischen Teil der Kunst des Gemälderestaurators“ (Il Manuale ragionato per la parte meccanica del arte del ristauratore dei dipinti) von Giovanni Secco Suardo, der sich selbst als Juristen, Diplomaten und Restaurierungsdilettanten bezeichnete.150 In den beiden Büchern werden in umfassender Art und Weise die einzelnen Verfahren zur Restaurierung und Übertragung von Gemälden, aber auch anderer Materialgattungen beschrieben. Forni fasste in seinem Handbuch die damals angewandten Restauriermethoden in Italien zusammen, wobei er unter anderem auch Behandlungsmethoden für Wandmalereischäden beschrieb. Das Handbuch von Suardo stellte eine Sammlung von Handlungsanweisungen zur Restaurierung dar, die dieser in vielen Jahrzehnten zusammen getragen hatte. Suardo unterteilte sein Handbuch in einen technischen, chemischen und malerischen Teil und fügte ein Rezeptarium an; unter anderem beschrieb er auch die Reinigung, Abnahme und Übertragung von Wandmalereien. Sein Handbuch hatte einen unerwartet großen Erfolg und wurde seit damals in mindestens zehn Auflagen publiziert.151 Inwieweit diese Handbücher außerhalb Italiens ihre Verbreitung fanden, lässt sich nur schwer beurteilen. In jedem Fall stellen sie eine der umfassendsten und wichtigsten Handlungsanweisungen für die Restaurierung im 19. Jahrhundert dar.152 An der k.k. Gemäldegalerie im Schloss Belvedere in Wien wurde unter dem damaligen Direktor Erasmus Ritter von Engerth 1868 für jeweils drei Maler erstmals eine Art „Restaurier-Schule“ eingerichtet.153 Die Studenten wurden von den Kustoden unterrichtet und sollten sich durch Selbststudium weiterbilden, womit das Kopieren oder Studieren der alten Meister gemeint war; später sprach man dann abwechselnd von Restaurieranstalt oder Restaurierschule. Im Vordergrund blieben dabei die Tafel- und Leinwandbilder. Die wohl wichtigste Ausbildungsstätte, an der viele über Vermittlung der Zentralkommission tätige Künstler-Restauratoren studierten, war die Akademie der bildenden Künste in Wien.154 1872 erfolgte eine Reorganisation der Akademie, an der unter anderem auch Eitelberger von Seiten der Zentralkommission beteiligt war.155 Wie sah das damalige Studienprogramm an der Akademie aus? Die Lehrgegenstände
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Achsel 2012, S. 17,18 und Beckett 2013, S. 146. Achsel 2012, S. 17, 18 und Beckett 2013, S. 146. Teile des Handbuchs von Suardo wurden 1929 ins Deutsche übersetzt. Koller 2008a, S. 11 und Oberthaler 1996, S. 30–31. Die ersten Stipendiaten sind Carl Schellein und Friedrich Staudinger und Franz Woska (Siehe dazu Oberthaler 1996, S. 30–31). Beispielsweise studierten an der Akademie die Künstler-Restauratoren Eduard Gerisch, Hans Viertelberger, Theophil Melicher, August Veiter, Alfons Siber oder Fritz Weninger. Vgl. dazu Brückler/Nimeth 2001. Eitelberger war Mitherausgeber der Kunsttophographie „Mittelalterliche Kunstdenkmäler des österreichischen Kaiserstaates“ (1856–1860) und ab 1871 Herausgeber der „Quellenschriften für Kunstgeschichte und Kunsttechnik des Mittelalters und der Renaissance“ (Weltausstellung 1873, Internetseite besucht am 08.04.2015). Zu den Quellenschriften Eitelbergers siehe Dobslaw 2009. Statut 1872, S. 1,2 und Studienordnung 1876, S. 5. Vgl. dazu Aufnahms-Listen 1873/74 – 1894/95. Statut 1872, S. 1,2 und Studienordnung 1876, S. 5.
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in der allgemeinen Maler- und Bildhauerschule waren „Zeichnen und Malen nach der Antike, Zeichnen und Malen der menschlichen Gestalt, Zeichnen des Actes am Abende, Studium des Gewandes und Compositionsübungen“.156 Im ersten Jahr der Ausbildung besuchten die ordentlichen Schüler „Vorlesungen über Anatomie und Perspective, im zweiten über Kunstmythologie, Styllehre und Costümlehre […] im dritten Jahre über Farbenlehre und Farbenchemie als absolut obligate Fächer“; zusätzlich waren die Schüler verpflichtet, „den Vorlesungen über Kunstgeschichte und allgemeine Geschichte regelmässig beizuwohnen“; die Schüler mussten also Hauptfächer und Hilfsfächer „in Verbindung mit praktischen Uebungen“ absolvieren.157 Nach Abschluss der Studien in der allgemeinen Maler- und Bildhauerschule mit „gutem Erfolg“ konnte man sich für die Aufnahme an eine der „Spezialschulen“ bewerben.158 Bei Professor Josef Matthias Trenkwald, der ab dem Sommersemester 1873 die „Specialschule für Historienmalerei“ leitete und der als Fachmann für Fragen zur Restaurierung in der Zentralkommission später noch eine tragende Rolle spielen sollte, studierten in seiner mehr als 20jährigen Lehrtätigkeit insgesamt 80 Schüler (Tabelle 1).159 Im Besitz von Trenkwald befanden sich Bücher zur Technik von Dekorationsmalerei,160 der Freskomalerei161 oder über die Landschaftsmalerei.162 Es ist denkbar, dass er diese Bücher auch für seinen Unterricht verwendete. In einem der Bücher „Das Buch von der Frescomalerei“ aus dem Jahre 1846 findet man eine persönliche Notiz von ihm zur Retusche an neu gemalten Fresken.163 Trenkwald war Mitglied einer Kommission an der Akademie der bildenden Künste, bestehend aus dem Kustos und drei gewählten Professoren, die für die „Leitung, Ergänzung und Aufstellung der [Gemälde-]Galerie“ verantwortlich waren.164 Der Kustos hatte die allgemeine Aufgabe, den Schülern der Akademie das Studium der alten Meister sowie die Anfangsgründe der Malerei zu lehren; in erster Linie versuchte die Galerie also, eine Art „Lehrbehelf für die jungen Künstler zu sein“.165 Die Künstler-Restauratoren, oder auch „Mauermalerei-Restaurator[en]“ genannt,166 erhielten demnach eine gute Ausbildung in der Anwendung der alten künstlerischen Techniken, waren versierte Personen auf dem Gebiet der Malerei und beherrschten die traditionellen Maltechniken. Andere Künstler-Restauratoren besuchten Ausbildungsstätten wie beispielsweise die Kunstgewerbeschule. In der Restaurierung von mittelalterlicher
158 Statut 1872, S. 1, 2 und Studienordnung 1876, S. 5. Vgl. dazu Aufnahms-Listen 1873/74 – 1894/95. 159 Die Studentenliste ist im Anhang unter 6.2. Tabelle 1 beigefügt. 160 Wiegmann Rudolf, Die Malerei der Alten in ihrer Anwendung und Technik, besondere als Decorations-
malerei, Hannover 1836. 161 Frescomalerei 1846. 162 F. F. A. 1842. Die hier genannten Bücher stammen aus dem Nachlass von Theophil Melicher, der diese
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Bücher von Trenkwald bekommen hat. Den Hinweis habe ich dankenswerter Weise von Dr. Theophil Melicher erhalten. Quellentext siehe 6.1, Teil I.1 und Teil I.2 (Frescomalerei 1846, S. 99, 100). Lott 1892, S. 43. Möglicherweise war Trenkwald hier auch in die Restaurierung von Gemälden eingebunden, die für diverse Ausstellungen in der Galerie durchgeführt wurden. Seit 1887 war Gerisch Kustos der Gemäldegalerie. Königsberger 1988, S. 101. Diesen Ausdruck verwendete Melicher in einem seiner Restaurierberichte (Huf-Melicher 1988b, S. 491).
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Wandmalerei war im 19. Jahrhundert ein hohes Maß an künstlerischem Können sowie das Wissen um die historischen Werktechniken gefragt, wie es auch an der Akademie gelehrt wurde, da meist eine idealisierte Nachschöpfung älterer Stile verlangt wurde. Insbesondere die Freskotechnik des Mittelalters wurde vermehrt angewendet;167 man denke beispielsweise an die Vertreter der Stilrichtung der Nazarener, die überwiegend auf Wandflächen arbeiteten. Einige der Künstler-Restauratoren waren sowohl in der Gemälde-, als auch in der Wandmalereirestaurierung tätig. Die Spezialisierung auf ein einziges Fachgebiet der Restaurierung war damals noch nicht üblich. Bei der Betrachtung der Entwicklung des Ausbildungswesens für Restauratoren ist es in unserem Zusammenhang von Interesse, dass auf kunsthistorischen Konferenzen168 zu jener Zeit die Forderung nach einem Lehrkurs für die Ausbildung von Restauratoren auf der Akademie der bildenden Künste oder in technischen Schulen ausgesprochen wurde. Diese Forderungen weisen auf den zunehmenden Stellenwert der überlieferten Substanz hin, was eine vermehrte Auseinandersetzung mit konservatorischen Behandlungsmethoden sowie Restauriertechniken zur Folge haben sollte.
1.5 Stil-Restaurierung als Nachbildung Die Diskussion über die Erhaltung von Denkmalen in der Mitte des 19. Jahrhunderts war von der Reaktion auf die zeitgenössischen Restaurierungen der gotischen Kathedralen und Monumentalbauten in Frankreich, England und Italien bestimmt und reagierte auf die ausdrücklichen Erhaltungsregeln des Architekten und Denkmalpflegers Viollet-le-Duc, der nach dem Prinzip von „Stileinheit und Stilreinheit“ einige Baudenkmale erneuerte.169 Barocke Ausstattungen und Einrichtungen wurden radikal aus den Kirchen entfernt und durch entsprechende neugotische Formen ersetzt. Le Duc war einer der führenden Restauratoren in Frankreich und galt als einer der Verfechter der stilgerechten Restaurierung von Baudenkmalen. Dabei schloss er die Rekonstruktion von zerstörten Gebäudeteilen in ihrem ursprünglichen Aussehen unter Anwendung des gleichen Materials mit ein, schadhafte Materialien sollten seiner Ansicht nach durch neue ersetzt werden. Das Ziel einer Restaurierung sah er in der Einheitlichkeit des Denkmals im ursprünglichen Stil, wobei die vollständige Form des Objektes als Ausdruck der Entwurfsidee wichtiger war als die überlieferte Originalsubstanz. Als wesentliche Voraussetzungen für eine Restaurierung beschrieb er bereits die Voruntersuchung, wie die Dokumentation oder eine Bauaufnahme.170 Aus historischer Bauforschung konstituierten sich die idealen Stilbilder. Damit stehen Viollet-le-Duc oder der englische Architekt George Gilbert Scott mit ihrer Forderung nach einer stilgerechten Restaurierung im diametralen Gegensatz zu der Auffassung eines John Ruskin.171 Die Entwicklungen um 1850 gingen in der denkmalpflegerischen Praxis in Österreich überwiegend in die Richtung der stilreinen Erneuerung und Nachbildung. Dabei wurde keine besondere Rücksicht auf die überlieferte, später so genannte „historische Substanz“ des Denkmals genommen.172
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An dieser Stelle stellt sich nun zuerst die Frage, ob die Zentralkommission in ihren Vorschriften auf die Restaurierung von Kunstdenkmalen Bezug genommen hat und wie diese in die Praxis der Denkmalpflege umgesetzt wurden. Die Baubeamten oder Konservatoren informierten die Kommission in Wien in der Regel schriftlich über den Fortgang der von ihnen kontrollierten Restaurierprojekte.173 Häufig wussten die Mitarbeiter der Kommission jedoch nicht einmal, wo Restaurierungen stattfanden. Daher waren sie auf Vertrauenspersonen angewiesen, Privatpersonen oder Kirchenangehörige, um die nach Belieben durchgeführten Restaurierungsmaßnahmen durch behördliche Anzeigen oder frühzeitige Warnungen zu verhindern beziehungsweise zu verbessern.174 In § 21 der Instruktionen von 1850 über „Die Restauration schadhafter Denkmale“ werden für die Durchführung von Restaurierungen „Voranschläge“ verlangt, die durch die von der Kommission beauftragten Personen zu begutachten sind.175 Damit wurde erstmals eine Art Restaurierkonzept eingefordert. In der Praxis wurden diese Konzepte vermutlich eher selten ausgeführt, nicht zuletzt deswegen, da man damit zu kämpfen hatte zu erfahren, wo überhaupt Restaurierungen stattfanden. In den Vorschriften „Wirkungskreis der Konservatoren“ 176 von 1853 wurden erste Handlungsanweisungen festgeschrieben, die sich auf die Restaurierung von Baudenkmalen bezogen. Hinsichtlich der dauerhaften Erhaltung des Bestandes wurde die Restaurierung von Baudenkmalen „auf die Reinigung und die Befreiung von ihnen nicht angehörigen schädlichen Zuthaten oder Beiwerken“ beschränkt (§ 6); lockere Teile sollten durch Instandsetzungsmaßnahmen befestigt und das Bindemittel verwitterter Fugen durch die Konsolidierung mit Mörteln oder anderen Materialien wieder erneuert werden.177 Abstand zu nehmen sei von jeglicher Ergänzung, die den „Charakter oder den Baustyl“ des Baudenkmals verändern könnte.178 Diese behutsame und konservierende Haltung in der Anfangszeit der Kommission spiegelt die Diskussion der Jahrhundertmitte wider. In den Instruktionen spricht man von auf den Bestand Rücksicht nehmenden Reparaturen beziehungsweise eben auch von der Erhaltung künstlerischer Elemente im richtigen Stil. Damit ist die ganze Spannweite der denkmalpflegerischen Handlungsweisen bezeichnet. Innerhalb der Kommission herrschte noch große Unsicherheit über die genaue Umsetzung der Bestimmungen. Es zeigt sich, dass man unter den angewandten Be-
167 1822/23 wurde das Kunstbuch von Cennino Cennini in Buchform gedruckt (Persönliche Mitteilung von
Manfred Koller, am 02.09.2015). 168 Vgl. dazu Eitelberger 1874, S. 41, 42, Koller 1991, S. 77 und Koller 2002, S. 104. 169 Frodl 1987, S. 232, 233. Siehe auch Jokilehto 2002, S. 277–283 und Peskoller 2013, S. 456, 458. 170 Wichtige Restaurierprojekte von Le Duc waren beispielsweise die Kirche Madeleine in Vézeley oder 171 172 173 174 175 176 177 178
Carcassone (Siehe auch Oechslin (Hg.) 2010). Jokiletho 1986, S. 168–220. Frodl 1988, S. 144, 145. Frodl 1988, S. 90–92 und Harnoncourt 1999, S. 7. Frodl 1988, S. 153 und JbCC, 1859, S. IX. Frodl 1988, S. 194. Der Titel der Handlungsanleitung lautete „Wirkungskreis der Konservatoren“ (Frodl 1988, S. 198–201). Frodl 1988, S. 199. Frodl 1988, S. 199. Vgl. auch Koller 2002, S. 103.
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griffen und Empfehlungen sehr unterschiedliche Grade der Konservierung oder Erneuerung verstehen konnte. Die Restaurierungen bestanden in der Anfangszeit der Kommission vor allem aus Instandsetzungsmaßnahmen an Kirchen und Profanbauten.179 Größere Renovierungsprojekte wurden in den 1860er Jahren begonnen, die sich dann oft über mehrere Jahrzehnte hinzogen.180 Verfallene Teile und schlecht erhaltene Oberflächen wurden dabei wieder instand gesetzt, indem man sie im alten Stil ergänzte oder rekonstruierte, Innenausstattungen aus anderen Stilepochen wurden häufig rücksichtslos beseitigt. 1860 schrieb Friedrich von Schmidt in seinem Gutachten über die bevorstehende Innenrestaurierung der Pfarrkirche von Heiligenblut, als Voraussetzung „einer konsequenten, stylgemäßen Restaurierung“ müsste die gesamte Ausstattung im Kircheninneren, die nicht mit den ursprünglichen gotischen Formen übereinstimmt, entfernt werden.181 Dies entspricht der von Viollet-le-Duc eingenommenen Position auf Stileinheit und Stilreinheit zu achten, was schließlich zu vielen Verlusten von Kirchenausstattungen führte. Besonders Schmidt, der ab 1860 einer der prominentesten Mitglieder der Zentralkommission und ab 1863 Dombaumeister von St. Stephan war, war als Restaurierungsarchitekt und Denkmalpfleger in diesem Sinne tätig und erlangte einen wesentlichen Einfluss auf zahlreiche Restaurierprojekte. Schmidt war beispielsweise für Restaurierungen an der Burg Karlstein in Böhmen, am Dom in Zagreb, an der Kathedrale in Pécs/Fünfkirchen oder der Stiftskirche von Klosterneuburg verantwortlich.182 Dabei begnügte er sich meistens nicht damit, die noch vorhandene Substanz bestmöglich zu erhalten, sondern war häufig auch nachschöpferisch tätig.183 In diesem Zusammenhang müsste man aus heutiger Sicht eher von einer stilgerechten Renovierung und nicht Restaurierung sprechen. Unter der Renovierung eines Denkmals im heutigen Verständnis versteht man das „Wiederneumachen“ der äußeren Erscheinung, wobei damit die ästhetische Einheit beziehungsweise die sichtbare Oberfläche des Denkmals gemeint ist.184 Diese denkmalpflegerische Auffassung hatte auch ihre Auswirkungen auf die Restaurierung von Wandmalereien. Die Vervollständigung oder Erneuerung im Sinne einer stilreinen Wiederherstellung spiegelt die allgemeine Erwartungshaltung. Darüber hinaus existierten damals noch keine gesetzlichen Vorgaben.185 Johann Peter Krafft beschrieb die original überlieferte Substanz als schützens- und erhaltenswert. Begriffe wie „Original“ oder „Urkunde“ verdeutlichen die historische Authentizität des Kunstwerks und sollen damit den notwendigen Respekt gegenüber dem Objekt unterstreichen.186 Dies wurde im Zusammenhang mit der Ergänzung von Fehl-
179 Siehe dazu auch Frodl 1988, S. 140–161. 180 Frodl 1988, S. 141, 142, 153. 181 Mahlknecht 2001, S. 88 und Frodl 1988, S. 152–162. Siehe auch das nahezu gleichzeitig verfasste Gutachten
182 183 184 185 186
Schmidts über die Restaurierung der Pfarrkirche St. Leonhard in Bad St. Leonhard, in: Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 14. Frodl 1987, S. 233. Architektenlexikon 2015 (Internetseite besucht am 22.12.2014). Petzet 1994, S. 3. Siehe dazu Eyb-Green 2016. Siehe dazu auch Bacher 1985, S. 22–24.
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stellen bei Kunstwerken diskutiert, wo es darum ging, die Retusche auf die Fläche der Fehlstelle zu beschränken und das Original unberührt zu belassen. Max von Pettenkofer, ein bayerischer Naturwissenschafter und Hygieniker, forderte 1870 die Sichtbarmachung jeder Zutat oder Veränderung am Objekt durch den Restaurator sowie eine Bestandsaufnahme vor und nach einer Restaurierung und wies auf die Bedeutung des Kunstwerkes als „Urkunde“ hin.187 In dem Vergleich mit einer Urkunde wird ein Kriterium der Echtheit angesprochen, was sich jedoch erst viel später etablieren sollte.188 In London erschien 1870 ein Buch von Manfred Holyoake mit dem Titel „The conservation of pictures“.189 Bemerkenswert dabei ist, dass Holyoake im Titel den Begriff Konservierung und nicht Restaurierung verwendete. In der Forderung nach alternativen Behandlungsmethoden wurde immer öfter der Begriff der Konservierung verwendet, womit eine andere Vorgehensweise im Unterschied zu den stilgerechten Restaurierungen gemeint war. Für die Wandmalereirestaurierung bedeutete eine stilgerechte oder stilreine Wiederherstellung die größtmögliche Nachbildung des ursprünglichen Stils, was in der praktischen Umsetzung ein farbiges Übermalen von Malereioberflächen bedeutete und häufig einer Neuinterpretation gleich kam. Durch diese Intervention wurde das überlieferte Erscheinungsbild stark verändert. In den Instruktionen der Zentralkommission für die Konservatoren und Baubeamten von 1853 wurde bereits von „Conservirungs-Arbeiten“ gesprochen (§ 5),190 aber man führte nicht näher aus, was man darunter zu verstehen hätte. Vermutlich wollte man damit den Handlungsspielraum zwischen der Restaurierung, dem Wiederneumachen und einem zurückhaltenderen Vorgehen eingrenzen. Heute versteht man unter Konservieren das Bewahren oder das Erhalten des materiellen IstBestandes eines Denkmals, der jedwedem weiteren Substanzverlust vorbeugen soll.191 Das überlieferte Erscheinungsbild ist dabei nach Möglichkeit unverändert zu belassen. Damals wurde der Begriff der Konservierung oder auch der Erhaltung jedoch weiter gefasst verstanden. Neben den technischen Arbeiten waren auch ästhetische sowie für die Sicherheit des Bestandes notwendige Eingriffe inkludiert. Das Bewahren des materiellen Ist-Bestandes, das jedwedem weiteren Substanzverlust vorbeugen sollte, war dabei mit eingeschlossen. Grundsätzlich wollte man sich mit dem Begriff der Konservierung von der das Objekt stark verändernden stilgerechten Wiederherstellung distanzieren. 1873 erfolgte eine Umbildung und Umbenennung der Zentralkommission. Anstatt wie bisher vorrangig für die Erforschung und Erhaltung von Baudenkmalen zuständig zu sein, erweiterte man die Bezeichnung auf „Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale“.192 Die Behörde wurde durch
187 Althöfer 1987, S. 327 und Althöfer 1962, S. 82. 188 Althöfer 1987, S. 331. 189 In dem Buch beschreibt Holyoake die schädlichen Einflüsse auf ein Gemälde, wie Dampf, Sonnenlicht,
oder Rauch beziehungsweise auch was man bei der Hängung eines Bildes beachten müsste. Dieser vorausschauende Schutz wird heute allgemein als präventive Konservierung verstanden und Zindel beschreibt ihn als einen für die damalige Zeit ganz außergewöhnlichen Gedanken (Zindel 2010, S. 517. Siehe dazu Holyoake 1870 und Blockx 1881). 190 Frodl 1988, S. 199. 191 Petzet 1994, S. 1. 192 Petrin 1938, S. 1.
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eine kaiserliche Bewilligung nun offiziell in drei Fachkommissionen, nämlich der Archäologie (Sektion I), Kunstgeschichte (Sektion II) und Archive (Sektion III) untergliedert, was eine Erweiterung des Aufgabenbereichs bedeutete. Damit sollte ein effizienteres Arbeiten ermöglicht werden und die Zentralkommission insgesamt moderner erscheinen.193
1.5.1 Eine Diskussion zwischen stilgerechter Wiederherstellung und Erhaltung Eine der frühen dokumentierten Stil-Restaurierungen im Sinne einer Nachbildung des mittelalterlichen Vorbildes fand in Österreich 1873 an den mittelalterlichen Wand- und Gewölbemalereien im Karner von Tulln statt. Die in ihrem Ergebnis bis heute überlieferte Restaurierung war eine der ersten von der Zentralkommission subventionierten Arbeiten. Der spätromanisch-frühgotische Zentralbau wird im Inneren von Dreiviertelsäulen in sechs gleich große Felder geteilt und von einem Gewölbe überspannt. Die Malereien des Zentralraums umlaufen friesartig den oberen Wandbereich (Abb. 4).194 Der Zustand der Wandmalereien wird zum Zeitpunkt der Entdeckung als reduziert, jedoch in weiten Teilen noch lesbar beschrieben. Der Entscheidung für eine stilgerechte Restaurierung ging eine spannende Diskussion voraus, in der expressis verbis die Erhaltung und nicht die Wiederherstellung der Malereien gefordert wurde. Geleitet wurde das Restaurierprojekt vom LandesIngenieur und Konservator Karl Rosner.195 Hinsichtlich der Vorgehensweise bei der Restaurierung stand Rosner in engem Austausch mit dem Konservator, archäologischen Zeichner, Topographen und Altertumsforscher Albert von Camesina196 und dem Historienmaler und Akademieprofessor Karl Mayer,197 welche die Zentralkommission vertraten.198 Professoren von der Akademie fungierten als Berater der Zentralkommission und konnten diese auch bei Restaurierprojekten vertreten. In Tulln war Mayer maßgeblich an der Entscheidungsfindung beteiligt. Für die Restaurierarbeiten wurde der Architekt, Maler, Restaurator und Kunstsammler Ferenc Storno herangezogen.
193 Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 3. 194 Dargestellt sind Szenen der klugen und törichten Jungfrauen, eine Anbetung der heiligen Drei Könige
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sowie eine Katharinendarstellung. Das Gewölbe wurde mit einem blauen Himmel mit goldenen Sternen ausgeschmückt. In der Apsiskalotte sind Christus als Weltenrichter, flankiert von zwei stehenden Engeln und eine gemalte Vorhangzone zu sehen. Zur Beschreibung des heutigen Malereizustands siehe Riedel 2013b. Rosner wurde 1869 zum Konservator ernannt. MZK XV, 1870, S. XXIV und Brückler/Nimeth 2001, S. 229. Siehe dazu auch Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 9. Brückler/Nimeth 2001, S. 37. Zu Mayer siehe Brückler/Nimeth 2001, S. 172 und MZK XV, 1870, S. XXIV. Mayer trat 1870 die Nachfolge des verstorbenen Professors Karl Rösner an. (Brückler/Nimeth 2001, S. 172 und MZK XV, 1870, S. XXIV) Rösner wirkte in seiner Funktion als Vertreter der Akademie der bildenden Künste bei der Zentralkommission an einigen wichtigen Kirchenbauten mit (MZK XIV, 1869, S. CXXI) beziehungsweise verfaßte er einige Gutachten über Restaurierungen, wie zum Beispiel über die Restaurierung von Schloß Tirol oder sein „Votum über die Wiederherstellung der prachtvoll decorirten Räume im ehemaligen Prinz Eugen schen Gebäude […]“ (MZK XIV, 1869, S. CXXI und CXXII).
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Storno wurde in Eisenstadt geboren, wuchs in Bayern auf und ließ sich 1845 in noch jungen Jahren in Sopron/Ödenburg nieder. 1853 lernte Storno den Künstler Friedrich von Amerling kennen, der ihn daraufhin förderte. Über Amerling kam er auch mit der Zentralkommission in Kontakt, die ihn 1857 zum Korrespondenten ernannte. Seine erste Restaurierung führte der autodidakte Storno zwischen 1862 und 1866 in Ödenburg in der St. Michael-Kirche durch. Storno führte zahlreiche Restaurierungen vor allem in Oberungarn aus und war auch an Forschungs- und Dokumentationsarbeiten sowie am ungarischen Denkmalschutz beteiligt.199 Storno wurde eingeladen, seine „Modalitäten bekannt zu geben, unter welcher er geneigt wäre, die in Rede stehende Restaurierung zu übernehmen“.200 Darüber hinaus musste er Zeichnungen der freigelegten Malereien anfertigen und der Kommission vorlegen. Als Material für die Restaurierung sollten „Wachsfarben“ verwendet werden.201 1871 werden einige Bereiche der Gewölbemalerei als verblichen beschrieben, dennoch glaubte man, dass es möglich sei, „den ganzen Cyclus der Darstellungen zu erkennen“.202 Projektleiter Rosner forderte zwei Jahre später eine umfangreiche Restaurierung, „um sie vor gänzlichem Ruin zu bewahren“.203 Seitens der Zentralkommission formulierte man daraufhin folgendes Restaurierziel: „Die Restauration wird eine stylgerechte sein, d.h. es wird keineswegs mit einer einfachen Kalktünche überzogen, sondern es soll die alte Sculptur und Malerei möglichst conservirt, resp. wiederhergestellt werden“.204 Bezeichnend in dieser Formulierung ist einerseits die Forderung nach einer im Sinne des mittelalterlichen Stils wiederherzustellenden Malerei und andererseits, dass die alte Malerei conservirt werden sollte. Damit zeigt sich hier die Divergenz zwischen dem Wunsch nach einer im Stil einheitlichen mittelalterlichen Wandmalerei und dem gleichzeitigen Anspruch auf Erhaltung der überlieferten Malerei. Eine Übertünchung schloss man dezidiert aus. Unter der Forderung nach einer stylgerechten Restaurierung verstand man, die Wandmalerei farblich imitierend zu überarbeiten und in den zerstörten Bereichen eine Rekonstruktion vorzunehmen. Dies spiegelte die Erwartungshaltung der Eigentümer sowie der Zentralkommission wider, die unter „Erhaltung“ und „Restaurierung“ eine Vervollständigung der Formen, Farben und Bildinhalte auf Basis der überlieferten Malereien verstanden; dies offenbar entgegen einer „Wiederherstellung“, ohne auf den Resten aufzubauen. Dieses Restaurierkonzept stieß aber auf scharfe Kritik. Der Prähistoriker, Archäologe, Numismatiker und Kunsthistoriker Eduard von Sacken, der sich im Bereich der Kunstwissenschaft und als Konservator für Niederösterreich „bereits eine[n] in weiten Kreisen mit Achtung genannten Namen erworben [hatte]“ 205 und mittlerweile
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Prost 2005, S. 145 und ÖBL 1815–1950, Bd. 3, 61, 2009, S. 330. BDA-Archiv Hofburg, Akt Tulln, Brief 9. 7. 1873. BDA-Archiv Hofburg, Akt Tulln, Brief 9. 7. 1873. MZK XVI, 1871, S. CXXIX. BDA-Archiv Hofburg, Akt Tulln, Brief 10. 7. 1873. MZK XVIII, 1873, S. 48, 49. Brückler/Nimeth 2001, S. 231, 232. Sacken war von 1864 bis 1883 Mitglied der Zentralkommission, seit 1878 Mitglied des Komitees „für die die Inventarisierung der Kunst- und historischen Denkmale der
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zu den einflussreichsten und prominentesten Mitgliedern in der Kommission zählte,206 appellierte an die Kommission, die geplante Vorgehensweise nochmals zu überprüfen und zu überdenken. Seine Überlegungen sowie alternativen Vorschläge formulierte Sacken ausführlich in einem Brief an die Zentralkommission.207 Er beschrieb die Malereien als in einem „überaus schadhaften und nur mehr wenig mehr sichtbaren“ Zustand, sprach sich jedoch für die „Erhaltung des Bestehenden“ und dezidiert gegen die im Protokoll beschriebene „völlige Übermalung und gar Conzeption neuer Figuren“ aus. Interessant sind seine Ausführungen hinsichtlich der farblichen Ergänzungen. Noch nachvollziehbare unterbrochene Konturen beziehungsweise Stellen, an denen noch Farbreste vorhanden sind, würde Sacken durch Retuschen schließen, wobei der Farbton „genau im Ton der alten Farbe“ gewählt werden sollte.208 Nach seiner Auffassung von „Gemälde-Restauration“ dürfte die originale Substanz auf keinen Fall übermalt oder etwas neu dazu erfunden werden, da nämlich ansonsten die Malerei einen völligen unnatürlichen Charakter erhalten würde. Sacken forderte die Akzeptanz des ruinenhaften Charakters der Malereien und sprach von „Erhaltung, nicht Erneuerung“.209 Dabei geht es Sacken um die Erhaltung im Sinne einer Bewahrung der überlieferten Substanz in ihrem Altersbild und nicht um Erhaltung im Sinne der Erhaltung der Bildwirkung. Er berief sich auch darauf, dass die Zentralkommission erstmals in der Lage sei, eine Restaurierung finanziell großzügig zu unterstützen und daher ihr Restaurierziel gut überlegen sollte.210 Damit griff Sacken den bei den im gleichen Jahr in Wien stattfindenden kunsthistorischen Kongress formulierten Gedanken nach mehr Konservierung auf.211 Die Art der Kritik sowie die Vorschläge von Sacken sind äußerst bemerkenswert, da sie zeigen, dass die konservierende Haltung, die an der Zeugniskraft des vorhandenen Bestandes orientiert ist, im Widerstreit zur stilgerechten Restaurierung auch in der Praxis vertreten wurde. Diese Tendenzen spiegeln charakteristisch die beiden Strömungen wider, nämlich die der Konservierung und die der historisierenden Stil-Restaurierung, die das ganze 19. Jahrhundert hindurch parallel, aber mit unterschiedlicher Gewichtung, verlaufen. In der konservierenden Erhaltung sind bereits einige wesentliche Aspekte der modernen Denkmalauffassung zu finden, nämlich der Respekt gegenüber dem überlieferten Bestand und die Absage an vollflächige Übermalungen an reduzierten Malereien. Interessant ist auch die Forderung Sackens, dass die Retuschen mit „Wasserfarben mit Kalkwasser“ ausgeführt werden sollten,
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österreichischen Kaiserstaates“ und von 1879 – 82 Präsident der Akademie der bildenden Künste (Brückler/Nimeth 2001, S. 231. Zu Sacken siehe auch MZK N.F. IX, 1883, S. 71–82). Sacken zählte mit Gustav Heider und Rudolf von Eitelberger zu den wichtigsten Vorläufer der späteren „Wiener Schule der Kunstgeschichte“ (Sobieczky 2004, S. 52). Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 4. Quellentext siehe 6.1, Teil I.4. BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873. BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873. BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873. Auf die beiden Kongresse wird im Folgekapitel näher eingegangen.
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wo hingegen doch bereits von Rösner die Überarbeitung mit Wachsfarben vermerkt wurde, die eine deutlich stärkere Intensität der Malereien herbeiführen. Zum Verstärken der Konturen beschreibt Sacken „trockene Rötel“ oder „Terra di Sienna“ als Wasserfarbe, die er auch als „Totenkopffarbe“ 212 bezeichnete.213 Die Sorge, dass eine Neuausmalung der Kuppel eine viel stärkere Überarbeitung der reduzierten Wandbilder nach sich ziehen würde, zeigt eine fortschrittliche Restaurierauffassung, die darauf Bedacht nimmt, dass Verstärkungen an einer Stelle auch Verstärkungen an anderen Stellen innerhalb des Originalbestandes bedeuten würden. Sacken konnte sich gegenüber der Zentralkommission jedoch nicht durchsetzen. Storno reinigte, konsolidierte und erneuerte die Malereien, wobei er die eingesetzten Materialien oder Behandlungsmethoden nicht näher beschrieb. In seiner flächigen opaken Übermalung hielt sich Storno mehr oder weniger an die ursprüngliche ikonographische Darstellung, wobei er in manchen Partien eine Neuinterpretation ausführte.214 Dies entsprach der damals mehrheitlich vertretenen Erwartungshaltung einer im Stil der mittelalterlichen Wandmalerei nachempfundenen stilgerechten Restaurierung. Das Restaurierergebnis wurde dahingehend gelobt, dass Storno die Malereien „mit pietätvoller Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit“ wiederhergestellt habe.215 Der Kunsthistoriker Karl Lind216 beschrieb 1873 die damalige Intention der Restaurierung durch das neu erwachte Kunstinteresse von Seiten der Zentralkommission und meinte, dass eine „totale stylgemässe Restauration […] eine unabweisbare Nothwendigkeit, ja eine Ehrensache der Stadt Tulln“ war.217 Mit dieser auf Stileinheit und Stilreinheit abzielenden Restaurierung ist erstmals das Zusammenwirken der im Auftrag der Zentralkommission tätigen Personen mit den vor Ort verantwortlichen Konservatoren und den Künstler-Restauratoren einigermaßen gut nachvollziehbar dokumentiert. Erkennbar wird hier der Einfluss seitens der Akademie der bildenden Künste, die durch Professor Mayer vertreten war, der in Tulln offensichtlich eine tragende Rolle bei der Festlegung des Restaurierziels spielte. Die Vorgehensweise wurde also künstlerisch angeleitet, da Mayer Historienmaler war. Viele der Professoren an der Akademie waren Künstler, welche die alten Stile und Maltechniken unterrichteten und unter dem Einfluss des zeitgenössischen Historismus standen. In dieser Zeit entwickelte sich jedoch eine immer stärker werdende Diskussion über neue Behandlungsmethoden.218 Generell nahmen im 19. Jahrhundert fachspe-
212 Carput Mortuum wurde damals auch als Totenkopffarbe bezeichnet (Persönliche Mitteilung von Manfred
Koller, am 02.09.2015). 213 BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873. 214 Riedel beschreibt, dass „etwa die Darstellung des Marienthrones in der Szene der Anbetung durch die
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hl. Drei Könige oder die Darstellung der Hölle in der Szene der törichten Jungfrauen“ kaum mehr erkennbar und nur mehr durch die Unterzeichnung erhalten waren (Riedel 2013a). Quellentext siehe 6.1, Teil I.5. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 52. Lind war Kunsthistoriker und von 1868 bis 1901 Redakteur der Mitteilungen der Zentralkommission (Brückler/ Nimeth 2001, S. 158). Quellentext siehe 6.1, Teil I.6 (Lind 1873, S. 48, 49. 8). Siehe auch Tripp 1970c, S. 189.
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zifische Veranstaltungen an Bedeutung zu. Das Interesse an den historischen Maltechniken wuchs.219 Genaue Vorgaben für eine Restaurierung von Wandmalereien existierten zu jener Zeit noch nicht; daher ist die von Sacken detailliert formulierte Handlungsanweisung also umso beachtenswerter einzustufen. Der äußerst fortschrittlich denkende Sacken wird genau zehn Jahre später seine bereits für den Tullner Karner vorgeschlagene Behandlungsweisen noch ausführlicher in eine bemerkenswerte Leitlinie einfließen lassen. Bei der Restaurierung in Tulln handelte es sich um eine der ersten umfassenden Restaurierungen von mittelalterlicher Wandmalerei in Österreich, bei welcher eine inhaltliche Auseinandersetzung über das Restaurierziel stattgefunden hat.
1.5.2 Die Forderung nach Konservierung Die seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geäußerte Forderung nach Zurückhaltung im Umgang mit der überlieferten Substanz bekam 1873 ausgehend von Wien einen neuen Aufschwung. Am 1. Mai eröffnete die – für ein halbes Jahr dauernde – Wiener Weltausstellung, die zum fünften Mal in der Geschichte der Weltausstellungen und als erste im deutschen Sprachraum stattfand. Die Weltausstellung wurde als großartige Möglichkeit gesehen, die österreichische und internationale Kunstindustrie zu präsentieren. Eine Sektion auf der Weltausstellung beschäftigte sich mit dem Thema „Bilder-Conservirung resp. Restaurierung“.220 Eine der grundlegenden Erkenntnisse der Debatten war, dass man dem überlieferten Kunstwerk einen größeren Respekt entgegenbringen sollte. Anstatt für das Objekt sichtbar nachteilige Maßnahmen forderte man zurückhaltendere Behandlungsmethoden, indem man davon sprach, es solle „Conservirung und keine Restauration“ stattfinden.221 Was genau darunter verstanden wurde, wurde nicht näher erläutert. Interessant an diesem Ausspruch ist, dass man die Restaurierung im Gesamten ablehnte und wohl vordergründig den langfristigen Erhalt der Kunstwerke gesichert sehen wollte. Veränderungen des Erscheinungsbildes durch eine restauratorische Intervention schienen zu weitreichend. Im Zuge der Weltausstellung fand vom 1. bis 4. September 1874 im Bibliothekssaal des k.k. Österreichischen Museums für Kunst und Industrie ein erster internationaler kunstwissenschaftlicher Kongress statt, zu dem 60 namhafte Kunsthistoriker eingeladen wurden.222 Der Anstoß für diese Konferenz ging vom Museumsgründer und damaligen Direktor Eitelberger aus, der Organisator und Leiter des Kongresses war. Wie er 1874 berichtete, wollte er „die Vertreter der modernen Kunstwissenschaft unter einander in nähere persönliche Berührung bringen um Fragen zu erörtern“.223 Dabei war ihm die Diskussion zu Themen der Restaurierme-
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Althöfer 1987, S. 294. MZK XIX, 1874, S. Koller 2002, S. 104. Koller 2002, S. 104. Eitelberger 1874, S. 40. Siehe dazu auch Koller 1984, S. 14, 15 und Koller 2002, S. 104. Eitelberger 1874, S. 40.
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thodik und Prinzipien der Denkmalpflege besonders wichtig.224 In Verbindung mit einer geplanten Katalogisierung von Gemälden stellte Eitelberger „die Frage [nach] der Conservirung derselben“, die in einem engen Zusammenhang stünde; darüber hinaus forderte er, dass „ein öffentlicher Lehrcurs errichtet werde für die kunstwissenschaftliche und technische Ausbildung von Restauratoren“, die in Institutionen wie der Akademie, diversen Galerien oder auch „technische[n] Schulen“ zu etablieren sei.225 Eingeleitet wurde die Debatte über die Restaurierung von Gemälden durch den Kustos des Österreichischen Museums für Kunst und Industrie, Friedrich Lippmann226 sowie durch den außerordentlichen Professor für Kunstgeschichte an der Universität Wien, Moriz Thausing und den Professor Alfred Woltmann, zuständig für Baudenkmale.227 Neben einer ganzen Reihe anderer Beschlüsse im Rahmen des Kongresses wurde folgender bemerkenswerter Antrag vom Kunsthistoriker Karl von Lützow eingebracht: „Der kunstwissenschaftliche Congress erachtet es für geboten, auszusprechen, dass den Denkmalen der Kunst gegenüber als erste Pflicht bei der Restauration Conservirung bezeichnet werde;“ darüber hinaus sollten Kommissionen eingesetzt werden, die jede einzelne Restaurierung von Gemälden „anordnen, leiten und überwachen“ sollten.228 Lützow verstand es geradezu als eine Pflicht, Kunstwerke nicht wiederherzustellen, sondern für deren reine Erhaltung zu sorgen. Mit dieser Forderung des Konservierens statt des Restaurierens wurde – noch lange vor Georg Dehio 1905 – einer der für die Geschichte der Denkmalpflege und Restaurierung wichtigsten Leitgedanken ausgesprochen.229 Die Kunstgeschichte, die in den Diskussionen zur Restaurierung durch Eitelberger und Thausing eine besondere Triebfeder war, wandte sich seit den 1860er Jahren von einer ästhetischen Kunstbetrachtung ab und entwickelte sich zu einer auf historisch-philologischer Quellenkritik basierenden Wissenschaft. Das Kunstwerk wurde als Ausgangspunkt der Forschung betrachtet und als Urkunde gesehen, die nicht verändert werden durfte. Dies verlangte ein Umdenken innerhalb der staatlichen Denkmalpflege und im Besonderen auf dem Gebiet der Restaurierung.230 Die Restaurierung im Verständnis von Wiederherstellung im Wege einer Erneuerung, ob an Gemälden oder an Baudenkmalen, stieß also immer wieder auf scharfe Kritik. Die getätigten Aussagen auf der Weltausstellung und während des kunstwissenschaftlichen Kongresses sind als wichtige Entwicklungsschritte in der Geschichte der Restaurierung zu betrachten, weil die Forderungen im Austausch internationaler Fachkräfte öffentlich kundgetan wurden.
224 Mitteilungen des k.k. Museum 1873 (Internetseite besucht am 05.09.2015), Regelement (o.S.) und Koller
1991, S. 77. Eitelberger 1874, S. 41, 42. Siehe dazu auch Koller 2002, S. 104. Brückler/Nimeth 2001, S. 159. Eitelberger 1874, S. 42. Mitteilungen des k.k. Museums 1873 (Internetseite besucht am 05.09.2015), S. 481–492 und Eitelberger 1874, S. 42. 229 Koller 2002, S. 104. 230 Frodl 1987, S. 234. 225 226 227 228
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Im gleichen Jahr des Weltausstellungskongresses plante man eine Restaurierung der mittelalterlichen Wandmalereiausstattung in der Rotunde der Heiligen Katharina der Stadt Znaim, die sich in der südmährischen Region im heutigen Tschechien befindet. Der Innenraum der Rotunde wurde um 1134 vollständig mit Malereien ausgeschmückt.231 Diese dürften zu einem beträchtlichen Teil bereits zerstört gewesen sein, die noch erhaltenen Reste stark verschmutzt. Der spätere Konservator Moritz Trapp232 unterbreitete der Zentralkommission in Wien damals den Vorschlag, den gegenwärtigen Zustand eher zu belassen, als ihn durch eine „ungenügende Restaurierung“ noch weiter zu beschädigen; eine Reinigung der Malereien müsste aus seiner Sicht „mit aller Vorsicht und Pietät geschehen, weil die Farbe[n] leicht verwischt oder abgelöst werden könnten“.233 Dafür käme für ihn nur ein erfahrener KünstlerRestaurator in Frage. Trapp beschrieb als abschließenden Restaurierungsvorgang noch die Festigung der Wandmalereien.234 In seinem Gutachten sprach er vornehmlich von einer Reinigung und einer Schutzimprägnierung für die Malereien und erkannte dabei die technischen Schwierigkeiten, die bei der Reinigung von pulvrigen Malschichten zu erwarten wären. Aus der Berichterstattung von Trapp ist bereits ein gewisser Respekt vor der überlieferten Substanz der Wandmalereien erkennbar, die er lieber so belassen wollte, als sie im Sinne einer stilgerechten Wiederherstellung überarbeiten zu lassen. Die Wandbilder wurden erst rund 20 Jahre später, nämlich 1892, im Sinne einer künstlerisch angeleiteten Stil-Restaurierung restauriert.235 Der Forderung von Lützow auf dem kunstwissenschaftlichen Kongress von 1873 nach einer separaten Kommission für Restaurierung kam man seitens der Zentralkommission nach. In einer ihrer Plenarsitzungen gründete die Kommission im Frühjahr 1874 ein Komitee, dessen Aufgabe die „Leitung und Überwachung der Restaurirung“ von Wand-, Tafel- und Buchmalerei war.236 Die Gruppe bestand unter anderem aus Albert von Camesina, Jakob Friedrich Ludwig von Falke, Eduard von Sacken, Karl Schellein und Friedrich Lippmann.237 Eine Instruktion vom 3. Mai 1875 erlaubte es dem Komitee, je nach Bedarf auch externe Fachkräfte zur Unterstützung einzuladen. Das Komitee wurde im Falle „restaurationswürdiger und bedürftiger Objecte“ aktiv, indem es sich durch die Entsendung eines ihrer Mitglieder über den
231 In der Kuppel ist ein segnender Christus in der Mandorla und die vier Evangelistensymbole sowie an
232 233 234 235 236 237
den Wänden unter anderem die Verkündigung, Mariae Heimsuchung, der Traum Josefs, die Geburt Christi, die Verkündigung der Hirten, die Anbetung der Könige, der Bethlehemitische Kindermord sowie die Flucht nach Ägypten zu sehen. Weiters sind noch Herrschergestalten sowie Stifterfiguren dargestellt (Krzemienska 1987, S. 5–59). Zur Person Trapp siehe Brückler/Nimeth 2001, S. 275. Harnoncourt 1999, S. 26–28. Harnoncourt 1999, S. 26–28. Siehe dazu S. 60. MZK N.F. II, 1876, S. III. MZK N.F. II, 1876, S. III. Siehe dazu auch Oberthaler 1996, S. 31. Ein anderes Komitee, nämlich ein so genanntes „Sub-Comitée“ wurde 1896 in Kärnten vom Geschichtsverein bestellt, das die Aufgabe hatte, „restaurierungsbedürftige Denkmale zu ermitteln und mit Hilfe lokaler Kräfte die fälligen Anträge zu erstatten“ (Frodl 1984, S. 123, Frodl Erinnerungen, Karton 1 (Faszs. 1–12), M2 und Frodl-Kraft 1997, S. 134. Siehe auch Frodl 1988, S. 162 und Carinthia I, 1910, S. 99).
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„Zustande und Werthe des betreffenden Objectes“ informieren wollte.238 Im Zuge dieser Besichtigungen wurden Vorschläge für die anstehende Restaurierung ausgearbeitet beziehungsweise es wurde die Ausführung von den Kommissionsmitgliedern überprüft, geleitet und überwacht. Dies geschah im Austausch mit den jeweiligen Künstler-Restauratoren, bei denen man sich über die Art und Weise der Restauriermethode informierte und überzeugen ließ. Die durchzuführenden Maßnahmen sollten den „ursprünglichen Zustand und den Stylcharakter des betreffenden Kunstobjectes möglichst unversehrt […] belassen“ beziehungsweise es seien nur die notwendigsten Ergänzungen erlaubt.239 Seitens der Kommission versuchte man, geplante Restaurierungen besser zu kontrollieren und generell mehr Einfluss zu gewinnen. Dabei handelte es sich um eine summarisch formulierte Vorgehensweise, die erneut die Ambivalenz zwischen der Erhaltung der überlieferten Substanz auf der einen Seite und der Anwendung farblicher Ergänzungen auf der anderen Seite aufwies. Zwei Jahre später, 1877, wurde ein Professor der Akademie der bildenden Künste in Wien der Zentralkommission als „Fachmann für Malerei“ beigestellt.240 Es handelt sich um den ursprünglich aus Prag stammenden Josef Matthias Trenkwald (Abb. 5), der Maler von Historienbildern und Monumentalgemälden war.241 Trenkwald sollte die Entwicklung der Wandmalereirestaurierung in den nächsten Jahrzehnten ganz entscheidend beeinflussen. Kriterien und Normen, die an der Akademie vom Professoriumkollegium schon vor einiger Zeit gefasst wurden, wurden durch ihn in die Zentralkommission übertragen.242 Durch sein Wirken erhielt die Restaurierung in Österreich eine systematischere Vorgehensweise. Demzufolge sollten an Gemälden vor einer Restaurierung alle „abgesprungenen Stellen“ kartiert werden (Abb. 6), ältere Übermalungen seien in jedem Fall zu entfernen, auch wenn die darunter liegende Malerei nur mehr reduziert erhalten sei; an diesen Stellen sei auch nicht „mit neuer Farbe“ zu retuschieren.243 Das Sichtbarmachen der originalen Substanz sowie die Möglichkeit zur Erforschung der Maltechnik wurden aus akademischer Sicht als wichtige Aspekte betrachtet. Eine andere Vorgehensweise beschreibt Trenkwald jedoch für Wandbilder in Kirchenräumen, die aufgrund ihrer inhaltlichen Funktion eine wichtigere Bedeutung zu erfüllen hätten und für die ein „ruinenhaftes Stehenlassen aufgedeckter schadhafter Malereien“ eigentlich keine Option darstellen würde.244 Trenkwald zählte bis in die 1890er Jahre neben Friedrich von Schmidt und
MZK N.F. II, 1876, S. III. MZK N.F. II, 1876, S. III. MZK N.F. XXIII, 1897, S. 236. Trenkwald (1824–1897) studierte von 1841 bis 1852 bei Christian Ruben an der Akademie in Prag und übersiedelte 1853 mit Ruben nach Wien, wo er seine Studien bis 1856 unter anderem bei Joseph Führich und Carl Rahl fortsetzte. Nach einem fünfjährigen Aufenthalt in Rom kehrte er 1861 zuerst nach Wien zurück und wurde 1865 Nachfolger von Eduard von Engerth als Direktor der Akademie in Prag. Ab 1872 lebte er als Professor an der Akademie in Wien und ging 1895 in den Ruhestand (Reiter 2006, S. 268). 242 BDA-Archiv, Topographische Akten Tirol, allgemein, Zl. 500/1881. Quellentext siehe 6.1, Teil I.24. Siehe dazu auch Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 9. 243 BDA Archiv, Karton Tirol allgemein, Zl. 500/1881. Siehe dazu Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 9. 244 BDA Archiv, Karton Tirol allgemein, Zl. 500/1881. Siehe dazu Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 9. 238 239 240 241
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Albert Ilg zu den einflussreichsten Personen in der Zentralkommission, worauf in den folgenden Abschnitten noch vertieft eingegangen wird. Die Referate von Schmidt zur Frage der Restaurierung von Baudenkmalen sowie die Gutachten von Trenkwald zur Restaurierung von Malerei stießen dabei auf großes Interesse.245
1.6 Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung und erste Leitlinie zur Wandmalereirestaurierung 1883 publizierte der italienische Architekt und Kunsthistoriker Camillo Boito die „Carta del Restauro“ 246 und wandte sich damit gegen die Methoden der Rekonstruktion von Viollet- le-Duc und formulierte neue Ansätze für die Restaurierung von Denkmalen. In seiner aus acht Thesen bestehenden Schrift zur Restaurierung historischer Denkmale fordert er unter anderem eine Unterscheidung der Stile zwischen alten und neuen Gebäudeteilen, eine Kennzeichnung von Ergänzungen durch Materialien oder Formen, die Vermeidung von neuen Formteilen oder Dekorationselementen, die Notiz nach dem genauen Datum des Eingriffs, die Dokumentation von restauratorischen Maßnahmen sowie eine größere Zurückhaltung bei den restauratorischen Interventionen.247 Boito sprach von der unverfälschten Erhaltung des Originals als Dokument und forderte eine Anerkennung der auf dem Kunstwerk befindlichen Zeitschichten. Ein wichtiges Restaurierprojekt von Boito war 1858 die Restaurierung der Kirche S.S. Maria e Donato auf Murano in Venedig, bei der auch eine Dokumentation der Arbeiten durchgeführt wurde.248 Die Dokumentation über konservatorische Behandlungsmethoden wurde allgemein betrachtet, jedoch noch wenig thematisiert. Mit der Carta del Restauro wurden in Italien erstmals wissenschaftlich fundierte Thesen zur Restaurierung aufgestellt. Ob und wann die Carta in Österreich ihre Auswirkungen gezeigt hat, konnte im Zuge dieser Arbeit nicht festgestellt werden.249 1883 fand in Klagenfurt ein erster „Conservatoren-Tag“ statt, an dem 15 Personen teilnahmen. Dabei versammelten sich unter anderem Vertreter aus der Zentralkommission, der kaiserlichen Gemäldegalerie im Schloss Belvedere, der Universität Wien und des Kulturministeriums.250 Referiert wurde unter anderem über die Vorgehensweise bei der Bergung von Grabsteinen aus den Fußböden von Kirchenräumen und über Regeln zum Schutz von beweglichen Kunstgegenständen gegenüber ihrer Verschleppung.251 Die hier zum ersten Mal in Form einer Resolution gefassten Beschlüsse hatten nachhaltige Auswirkungen auf die Denkmalpflege der ganzen Monarchie.252
Kobald 1903, S. 1–16. Carta 1883. Siehe dazu auch Peskoller 2013, S. 459. Jokilehto 1999, S. 335–338. Jokilehto 1999, S. 335–338 und Jakobs 1990, S. 1. Boito war mit Friedrich von Schmidt persönlich bekannt (Persönliche Mitteilung von Bernd Euler-Rolle, am 14.05.2015). 250 Koller 2002, S. 104 und Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 14. 251 Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 14. 252 Frodl 1984, S. 124. 245 246 247 248 249
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Zudem dienten diese Konservatorentage dazu, die Tätigkeit der Konservatoren anzuregen und zu vereinheitlichen, „insbesondere behufs eines übereinstimmenden Vorganges bei den kunsttopographischen Arbeiten“.253
1.6.1 Eduard von Sacken und Karl Schellein:
Rathschläge in Betreff alter Wandgemälde in Kirchen, Schlössern Die Vorschriften für die Restaurierung von historischen Baudenkmalen von 1853 verloren rasch an Bedeutung und wurden erst um die Jahrhundertwende durch den Paradigmenwechsel in der Denkmalpflege weiterentwickelt.254 Für die Restaurierung von Wandmalerei waren diese Richtlinien zu allgemein formuliert, um in der praktischen Arbeit als Anleitung zu dienen. Die zahlreichen Appelle zu mehr Zurückhaltung und Akzeptanz gegenüber dem überlieferten Kunstwerk und die häufige Unzufriedenheit mit den Restaurierergebnissen waren nicht spurlos an der Kommission vorübergegangen. Im November 1881 stellte der auch als „Terlaner Kunstpapst“ 255 bekannte Tiroler Kunsthistoriker und Konservator Karl Atz den Antrag, dass die Zentralkommission ein Komitee zusammenstellen sollte, dass „gültige Grundzüge“ für die Vorgehensweise bei einer Restaurierung erarbeite.256 In den im Jahr darauf laufenden Verhandlungen der Plenarversammlungen wurde über neu entdeckte Wandmalereien in Tirol berichtet, die in den letzten Jahren vermehrt die Aufmerksamkeit der Zentralkommission geweckt hatten.257 In der zweigeschossigen Choranlage in der St. Nikolauskirche bei Matrei überlegte man zuerst, die Restaurierung der entdeckten Malereien den Meraner Maler Andreas Paßler ausführen zu lassen, der in seinem Kostenvoranschlag von vornherein grundsätzlich eine stilgerechte Wiederherstellung der Wandbilder anbot.258 Das Konzept von Paßler sah eine „Auffrischung der Bilder, Aufdeckung der überweißten sowie Ergänzung fehlender Bilder im rechten Style“ vor, wofür er 419 Gulden veranschlagte.259 Der da-
253 Eingeladen wurden die Konservatoren von „der Steiermark, von Kärnten, Krain, Salzburg und Tyrol“
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259
(MZK N.F. X, 1884, S. 26). Ein weiterer Konservatorentag fand zwei Jahre später 1885 vom 2. bis 4. November in Steyr statt, der von den Konservatoren und Korrespondenten der Zentralkommission abgehalten wurde. In den täglich drei bis vier Stunden dauernden Beratungen wurden verschiedene Themen behandelt. Unter anderem referierte Konservator Graus aus der Steiermark über zu schaffende „Maßregeln“ für die Restaurierung von Kirchenbauten, um diese vor dem weiteren Verfall zu schützen; weiters sprach er über die Methoden „der Bloslegung übertünchter alter Wandmalereien (in tempera und al fresco)“, die zu empfehlen seien (MZK N.F. XI, 1885, S. CXXXVIII.). Frodl 1988, S. 99. Siehe auch Sobieczky 2004, S. 52. Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 12. BDA-Archiv, Topographische Akten Tirol, allgemein, Zl. 500/1881. Mittelalterliche Malereien wurden unter anderem in der Marienkirche in Terlan (Südtirol) und in Tessenberg bei Sillian entdeckt und restauriert (MZK N.F. VIII, S. LXXXVIII). Im Gewölbe des Oberchors ist die endzeitliche Vision des Himmlischen Jerusalems mit dem thronenden Pantokrator im Scheitel zu sehen. Über einer Vorhangzone umläuft ein mit 21 Brustbildern gestalteter Fries die Wandflächen. Die breite Rundbogenleibung mit der Darstellung des Traums Jakobs sowie aufund absteigenden Engeln stellt die Verbindung vom Chor zum Kirchenschiff her. Die Malereien werden um 1260 datiert (Brucher (Hg.) 2000, S. 437, 438). Forcher 1980, S. 252, 253.
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malige Brixner Hofkaplan Johannes Stippler vermerkte dazu im März 1881, dass eine Restaurierung der Malereien mit Verstand und Aufmerksamkeit zu erfolgen hätte. Stippler empfahl daher den Brixner Maler Josef Barth und sprach sich gegen eine Auffrischung aus. Diese würde seiner Ansicht nach die Malereien zerstören und er vermerkt, „neues dazu machen geht ganz und gar nicht“.260 Stippler schätzte die alleinige Freilegung der Wandmalereien als eine „sehr anerkennenswerthe Restauration [ein]; gelingt dieses, dann ist die Kirche gerettet“,261 was eine interessante Auffassung darlegt. Hier zeigt die Auffassung von Restaurierung für die Bewahrung eines Freilegungszustands das unterschiedliche Verständnis der Begriffe. Möglicherweise waren die Besonderheit und Seltenheit der Matreier Malereien in ihrer Zeitstellung dafür ausschlaggebend, dass Stippler sie nicht in der traditionellen Art und Weise behandeln lassen wollte. Barth wurde schließlich mit der Restaurierung beauftragt und begann 1881 die Arbeiten gemeinsam mit dem Nazarenermaler Johann Hintner. Das Projekt wurde im Auftrag der Zentralkommission von Atz überwacht. Stippler konnte sich mit seiner Auffassung nicht durchsetzen, da die Malereien schließlich mit Ölfarbe stilgerecht überarbeitet wurden. Die figuralen Szenen der Wand- und Gewölbemalereien (Abb. 7) führte Hintner aus, Barth bearbeitete scheinbar nur die Dekorationselemente.262 Verantwortlich für diesen Meinungswechsel war offensichtlich der Sekretär von Stippler, der schrieb, dass es „eine wahre Schweinerei“ wäre, die „Gemälde in status quo zu belassen“,263 worunter er vermutlich den Zustand der Malerei nach der Freilegung meinte. Zusätzlich gab es „pastorelle Bedenken“ hinsichtlich nackter Darstellungen an einigen Figuren, die laut Atz, der selbst Priester war, „auf leichte Weise durch Pflanzenäste oder Blätter verdeckt und für das Auge unschädlich gemacht werden könnten“.264 Hintners Arbeit wurde bereits während seiner Ausführungen durch zeitgenössische Künstler stark kritisiert.265 In einem Artikel in der Augsburger Allgemeinen Zeitung beanstandeten die Künstler Michael Stolz und Albert Steiner von Felsburg die Art des Restaurierens sowie die Überarbeitung der Genitalien, denen Hintner Schürzen gemalt hatte, was die Kollegen als den „größten Barbarismus“ bezeichneten.266 Auch der Tiroler Kunsthistoriker Hans Semper sprach von rücksichtslosem Übermalen und dem „berüchtigtem Restaurierer Hintner“, wodurch die bedeutenden romanischen Malereien stark an Wert verloren hätten.267 Der für das Projekt zuständige Atz
260 261 262 263 264 265 266 267 268
Forcher 1980, S. 252, 253 und Frick 2014, S. 107. Forcher 1980, S. 252, 253. Forcher 1980, S. 252, 253. Forcher 1980, S. 252, 253. Forcher 1980, S. 252, 253. Forcher 1980, S. 252, 253. Siehe dazu auch Koller 1997, S. 365 und Brucher (Hg.) 2000, S. 437, 438. Frick 2014, S. 210. Forcher 1980, S. 252, 253. MZK N.F. VIII, 1882, S. LXXXVIII LXXXIX. 1890 spricht man „in fachmännischen Kreisen, dass die Wandmalereien in der Kirche zu Windisch Matris restarirt, beziehungsweise ruinirt worden wären. Die Central-Commission, der von einer solchen Restaurirung nichts bekannt war, hat nun durch den Conservator Director Deininger erhoben, daß […] wohl aber scheint die in der Nähe gelegenen St. Nicolauskirche im Jahre 1883 gründlich restaurirt worden zu sein“ (MZK N.F. XVI, S. 1890, S. 221, 222).
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berichtete hingegen von der „fleißigen Hand des Malers Hintner“, der sich dabei „große Verdienste“ erworben268 und die Restaurierung zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt hätte. An diesem Beispiel wird erkennbar, wie unterschiedlich nicht nur die Auffassungen von einer Restaurierung, sondern auch die einzelnen Positionen hinsichtlich des Restaurierziels waren. Wie schon bei der Restaurierung des Tullner Karners 1873, gab es auch in St. Nikolaus Intentionen, die Malereien nicht wiederherzustellen, sondern sie weitestgehend unbehandelt zu belassen. Besonders das Ergebnis der Restaurierung der Malereien im Oberchor in St. Nikolaus veranlasste die Kommission dazu, sich Gedanken über neue Behandlungsmethoden für die Restaurierung von Wandmalereien zu erarbeiten und so beschloss man 1882 eine „Belehrung über die Conservirung in populärer Form zu verfassen“, die möglichst schnell ihre Verbreitung finden sollte.269 Bereits im Jahr darauf, 1883, publizierte man eine inhaltlich fundierte Leitlinie, die den Künstler-Restauratoren erstmals in detaillierter Art und Weise die Behandlungsmethoden und den Umgang in der Wandmalereirestaurierung vorgab. Was hat die Zentralkommission dazu veranlasst, eine so präzise Beschreibung einzelner Arbeitsschritte zu publizieren und was waren deren inhaltlichen Eckpunkte?270 Niedergeschrieben wurde die Leitlinie von Eduard von Sacken und von Karl Schellein. Sacken war bereits 1873 als Kritiker in Tulln in Erscheinung getreten, wo er äußerst fortschrittliche Gedanken zu einer zurückhaltenderen Vorgehensweise formuliert hatte. Der Maler und Restaurator Schellein hatte an der Akademie der bildenden Künste in München studiert, war 1848 nach Wien übersiedelt und trat in den Kreis um Engert ein. 1871 wurde er zum „Kustos und Vorstand der Restaurierschule der Gemäldesammlung des Allerhöchsten Kaiserhauses“ ernannt und 1874 in das Restaurierungskomitee der Zentralkommission berufen.271 Sacken brachte also viel Fachkenntnis aus der praktischen Denkmalpflege mit und Schellein hatte bereits durch seine Funktion als Kustos der Gemäldesammlung bestimmt viel Erfahrung in der Gemälderestaurierung gesammelt. Vermutlich tauschten Sacken und Schellein sich über den genauen Inhalt mit den übrigen Komiteemitgliedern aus. Das Komitee bestand in diesen Jahren aus Hermann Bergmann, Carl Radnitzky und Trenkwald unter Einbeziehung von Schellein.272 Trenkwald als Fachmann für Malerei trug den Entwurf der Leitlinie in einer ihrer Plenarsitzungen schließlich dem „Special-Comité für Ge-
269 Quellentext siehe 6.1, Teil I.7. 270 Zwar wurde rund 100 Jahre zuvor die wohl früheste in deutscher Sprache veröffentlichte Schrift über
die Restaurierung von Wandmalerei geschrieben, die von dem aus Italien stammenden Maler und Kunsthistoriker Domenico Fiorillo stammt. Fiorillo übersiedelte Ende des 18. Jahrhunderts nach Deutschland und bekam 1813 eine Professur in Göttingen. Mit ihm wurde die Kunstgeschichte in Deutschland als eigenes Universitätsfach etabliert. 1789 publizierte er die „Geschichte der Mahlerey“; darin erzählt er die um 1700 mit der Wiederherstellung der Wandmalereien von Raffael durch den Künstler Carlo Maratta aufgekommene Diskussion über die Restaurierung von Wandmalereien. Das Fazit der Diskussion war, eine künstlerische Handschrift zu imitieren sei unmöglich und eine Restaurierung verfälsche grundsätzlich immer das Kunstwerk selbst, daher sollte jedwede Restaurierung untersagt werden. Eine äußerst fortschrittliche Einstellung gegen Ende des 18. Jahrhundert (Feldtkeller 2008, S. 41). 271 Brückler/Nimeth 2001, S. 236. 272 MZK N.F. IX, 1883, S. VII, VIII.
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mälde-Restaurirungen“ vorgetragen.273 Trenkwald selbst brachte sich immer wieder mit „werthvollen Rathschlägen“ bezüglich der Konservierung alter Gemälde in die Diskussion ein und wurde von seinen Kollegen besonders als Fachmann für schwierige Fragen zur Restaurierung gelobt.274 Die Versammlung der Zentralkommission erkannte die „Nothwendigkeit der Hinausgabe einer solchen Anleitung“, genehmigte sie und publizierte sie daraufhin auch sofort.275 Veröffentlicht wurde der Text 1883 unter dem Titel „Rathschläge in Betreff alter Wandgemälde in Kirchen, Schlössern“ 276 nicht als Einzelpublikation, sondern in einer aus 15 Kapiteln (Abb. 8) bestehenden Sammlung mit dem Titel „Normative der k.k. Central-Commission zur Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale“.277 Darin sind Dokumente jüngeren und älteren Datums zusammengefasst herausgegeben, wie beispielsweise das Statut der Zentralkommission, die Geschäftsordnung, einzelne Instruktionen und Dekrete.278 Auffallend ist auch die Divergenz in der Titelbezeichnung. Die neuen Leitlinien für die Wandmalereirestaurierung bezeichnete man als Rathschläge, der Sammelband bekam jedoch den Titel Normative. Wichtig an dieser Stelle ist zu betonen, dass man hier eine Belehrung über die Conservirung und nicht über Restaurierung erarbeitet hatte. Damit wollte man von der (den überlieferten Bestand stark verändernden) stilgerechten oder stilreinen Restaurierung abrücken und einen neuen Weg einschlagen, der mit dem Begriff der Konservierung umschrieben wurde.279 Unter dem Begriff der Konservierung verstand man nicht nur eine Beschränkung auf technische Arbeitsschritte ohne einen künstlerischen Eingriff, sondern man versuchte durch eine Abkehr von den opaken flächigen und häufig neuinterpretierenden Übermalungen zu einer systematisch fundierteren Vorgehensweise zu kommen.280 Dies beinhaltete sehr wohl eine Auseinandersetzung mit der Frage einer künstlerischen Bearbeitung, die sich jedoch auf differenzierte Bereiche beschränken sollte.281 Mit den neuen Leitlinien über die Freilegung und Restaurierung von Wandmalerei wurde erstmals eine systematische Vorgehensweise beschrieben. Im Folgenden wird der Text der Rathschläge 1883 eingehend erläutert. Zu Beginn bekundet die Zentralkommission ihr großes Interesse an alten Wandmalereien, das bereits in zahlreichen kunsthistorischen Publikationen seinen Nieder-
273 MZK N.F. VIII, 1882, S. VII, VIII. Es gab entweder noch andere Komitees, oder eine andere Bezeichnung
274 275 276 277 278 279 280 281
des Spezialkomitees, wie beispielsweise „Comité zur Ueberwachung der Restaurirung von alten Gemälden“ (MZK N.F. IX, 1883, S. VII, VIII) oder „Comité für die Erhaltung und Maaßregeln zum Schutze alter Gemälde“ (MZK N.F. IX, 1883, S. 72). Normative 1883, MZK N.F. XXIII, 1897, S. 236 und Harnoncourt 1999, S. 20. Vgl. dazu Kobald 1903, S. 1–16. MZK N.F. VIII, 1882, S. VII, VIII. Normative 1883 und MZK N.F. XXIII, 1897, S. 236. Im Folgenden wird die Bezeichnung Rathschläge 1883 für den Text verwendet. Normative 1883. Im Folgenden wird die Bezeichnung Normative für den Sammelband verwendet werden. Normative 1883. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 49–54. Vergleiche dazu Althöfer 1974, S. 50–64. Siehe dazu auch Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 55–64.
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schlag gefunden hatte.282 In einer umfangreichen und detaillierten Beschreibung werden einzelne Behandlungsmethoden aufgelistet, wobei die Freilegung, das Kitten von Fehlstellen, die Reinigung und die farbliche Rekonstruktion beziehungsweise Retusche als „die Hauptgrundlagen bei [der] Herstellung von Wandmalereien“ bezeichnet werden; für die Durchführung dieser Arbeiten ist „in allen Fällen […] ein gewissenhafter erfahrener Künstler nöthig“.283 Im Kapitel 1 wird für die Freilegung von Wandmalerei die Strappomethode284 beschrieben und darauf hingewiesen, dass grundsätzlich mit größter Vorsicht vorzugehen ist. Die genaue Schilderung der zu empfehlenden Freilegungsmethode zeigt das Interesse an der Erhaltung der originalen Substanz: Der Anleitung zufolge wird ein mit Kleister (Stärke) bestrichenes „Druckpapier (natürlich noch unbedruckt)“ möglichst ohne „Blasen“ auf die Tüncheschichten aufgebracht; vorhandene Fehlstellen sollen zuvor in mehreren Arbeitsschritten mit „Gh[i]ps gut verkittet werden“; nach dem Abtrocknen des Papiers und des Kleisters werden mit dem Abziehen des Papiers auch „die Schichten der Tünche von der Malerei“ abgelöst; sollten nach der Abnahme der Papier-Kleister-Schicht noch Reste von Tüncheschichten auf der Wand vorhanden sein, „so ist später mit einem geeigneten Messer oder Schabeisen sorgsam nachzuhelfen“; für diese Arbeit „verlangt [es] in erster Linie einen Mann von echt künstlerischer Empfindung, der, um das vorhandene Original zu retten, mit Liebe und Hingebung arbeitet“, ansonsten würden die „alten Werke statt gerettet, erst recht verdorben werden“.285 Das Abarbeiten der Tüncheschichten mit einem Messer oder Schabeisen beschädigte in der Regel die Putz- und Malschichten massiv. Daher waren auch die freigelegten Wandmalereien in ihrer Substanz meistens stark reduziert beziehungsweise zerstört. Einerseits existierten damals noch keine präziseren Freilegewerkzeuge und andererseits wurde diese Arbeit meistens von Hilfsarbeiter ausgeführt. Typisch ist auch die Beschreibung, dass diese Arbeit mit großer „Liebe“ und „Hingebung“ zu erfolgen hätte, was die damalige Auffassung im Umgang mit Kunstwerken zeigte.286 Im nächsten Absatz werden Materialien für die Anwendung von Kittungen für Fehlstellen und für die Retusche beschrieben: Die Kittungen sollen in der „gleiche[n] Fläche her[gestellt] werden“ wie die noch vorhandene originale Malerei; anschließend sei eine Grundierung bestehend aus „Eiergelb mit recht gutem Weinessig gemischt“ aufzustreichen; dabei wird gesondert auf die Herstellung dieser Grundierung hingewiesen, nämlich dass man zum „Eiergelb […] auch etwas Eierklar“ nehme, welches „mit dem reinen unverfälschten Weinessig
282 Normative 1883, S. 90. Viele dieser Publikationen wurden in den k.k. Mitteilungen der Zentralkommission
publiziert. 283 Normative 1883, S. 92. 284 Beim Strappo-Verfahren wird ausschließlich die Malschicht mit einem geringen Putzanteil von der Mauer
abgelöst; als Schutz für die Malschichtoberfläche wird heute in der Regel ein Facing mit Japanpapier, Gewebe oder Gaze und Leim oder einem anderen Material aufgebracht. Nach dem Abtrocknen wird die Malschicht gelockert, abgezogen und auf einem neuen Träger appliziert. 285 Normative 1883, S. 91. Einige Jahre früher wurde bereits von der Zentralkommission eine Anleitung für eine Strappomethode beschrieben (Quellentext siehe 6.1, Teil I.8). 286 Feldtkeller 2008, S. 47–49.
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recht gut verbunden werden“ müsse, was man durch Schlagen erreichen könne; die Retusche auf diesen grundierten Kittflächen sei dann mit „Temperafarben, d. h. guten reinen Erdfarben, die im Wasser“ angeteigt werden sowie „mit dem Bindemittel – Ei und Weinessig – gemischt sind“ durchzuführen; Erdfarben sollen sich auch gut „zum Ergänzen“ eignen, da sie sich nicht verändern, was bei der Temperamalerei besonders zu beachten sei; der Ausführende hätte dabei „gewissenhaft i[m] Geiste des Originals das Fehlende“ zu ergänzen; „[…] die alte Malerei [darf dabei] unter keiner Bedingung übermalt werden“; er habe sich an der „Heiligkeit des Originals“ zu orientieren, was eine der „Grundbedingungen einer ehrlichen Restauration“ darstelle.287 Ausführlich wird hier also der Umgang mit Fehlstellen beschrieben, welcher immer den besten Gradmesser für den denkmalpflegerischen beziehungsweise restauratorischen Zugang bildet. Kittungsflächen sollen das Niveau der originalen Oberfläche erreichen, Rekonstruktionen, die sich auf die Kittungen zu beschränken hatten, seien in Temperafarben, bestehend aus Erdfarben und einem Ei-Weinessiggemisch, durchzuführen. Interessant dabei ist die Betonung der originalen Malerei, die unter keinen Umständen übermalt werden darf. Dem Original wird, wie dies auch schon in der Carta del restauro von Boito angesprochen ist, nur in seiner Unversehrtheit ein hoher Wert zugesprochen. Die Empfehlung für Ergänzungen im Geiste des Originals zeigt allerdings die Ambivalenz zwischen dem Bewusstsein für die Bedeutung der originalen Substanz und dem Verlangen nach Vervollständigung der gleichermaßen als original aufgefassten kompletten Bildinhalte. Im nächsten Abschnitt wird auf die Art der Verschmutzung sowie die Ursache der Zerstörung von Kunstwerken eingegangen: Als eine Ursache der Verschmutzung von Wandmalereien wird „Rauch und dgl.“ beschrieben; in diesem Fall wird eine trockene Reinigung mit Brot empfohlen, die „am leichtesten und gefahrlosesten“ durchgeführt werden könne.288 Angesprochen werden auch der Wert der mittelalterlichen Wandbilder und die Wertminderung durch Beschädigungen oder falsche Restaurierungen. Der Wert kann nur Bestand haben, wenn die Malereien „unberührt und intact erhalten bleiben“; dabei wird auf den „schlimmsten Feind […], die unberufene Hand“ hingewiesen, die durch „die sogenannte Herstellung oder eigentlich Uebermalung“ dem Kunstwerk diesen Wert entziehen und Schäden verursachen würde; diese Übermalungen könnten nicht mehr entfernt werden und das „Denkmal alter Kunst“ sei damit für immer verloren; bei gut erhaltenen Wandmalereien fordert man von den Künstler-Restauratoren eine weitestmögliche Zurückhaltung und lehnt jegliche farbliche Übermalung derselben ab.289 Der Verfall von Kunstwerken wird nicht allein auf die Zeit zurückgeführt, sondern „am allermeisten [auf] die Menschen [die] zum Untergange und zur Verunstaltung der Kunstwerke beigetragen haben“.290 Interessant an dieser Beschreibung
287 288 289 290
Normative Normative Normative Normative
1883, 1883, 1883, 1883,
S. S. S. S.
92. 92. 94. 92.
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ist das Hervorheben des künstlerischen und geschichtlichen Wertes der Malereien, der nur erhalten bleibe, wenn die Malereien selber unberührt belassen werden. Als die Hauptschadensursachen von Kunstwerken werden unsachgemäß durchgeführte Restaurierungen genannt. In dem folgenden Abschnitt wird erneut auf die Retusche beziehungsweise stilgerechte Rekonstruktion beschädigter Wandbilder eingegangen: Die „stylgerechte Herstellung schadhafter alter Wandgemälde“ wird zu den schwierigsten Aufgaben einer Restaurierung gezählt; für den Künstler-Restaurator bedeutet dies, dass er mit den unterschiedlichen Arten der Herstellungstechnik des Werkes „vollkommen vertraut sein“ sowie ein hohes Verständnis für „den Charakter und Styl der verschiedenen Perioden“ der Kunstgeschichte haben muss; nur wenn er diese Anforderungen erfüllt, sei er auch „im Stande, die Schäden im Geiste des Künstlers […] auszubessern“; dabei misst man der Rekonstruktion schadhafter oder fehlender Bereiche von „Köpfe[n], Hände[n], Füße[n]“ eine höhere Wertigkeit zu; diese „im richtigen Style anzufügen“, sei noch schwieriger.291 Von den Künstler-Restauratoren wird eine hohe künstlerische Begabung und ein künstlerisches Können gefordert. Sie sollten in der Lage sein, die verschiedenen alten Maltechniken imitieren zu können. Dabei empfiehlt man, dass die farbliche Rekonstruktion auf Kittungsflächen mit Ei-Temperafarben und auf reduzierten/schadhaften Malereiflächen mit Leimfarben ausgeführt werden.292 Möglicherweise wurde die Leimfarbe als Retuschemedium aufgrund ihrer farbigen Wirkung bewusst ausgewählt. Keinen Hinweis findet man darauf, dass sie zwecks ihrer Reversibilität vorgeschlagen wurde. In diesem Abschnitt greift die Erwartung an eine stilgemäße Restaurierung der Bilder von den Fehlstellen auch auf reduzierte Originalbereiche über und verdeutlicht den Zwiespalt zwischen Konservieren und Restaurieren im Verständnis des 19. Jahrhunderts. In diesem Sinne wird die Erwartungshaltung einer Konservierung zwischen den Polen der Authentizität der Substanz und der Vervollständigung der Bilder diskutiert und man distanziert sich damit von den reinen stilgerechten Wiederherstellungen. Für diejenigen mit wenig Verständnis von „alte[r] Kunst“ müssten die restaurierten Wandbilder „bunt und frisch genug aussehen, [jedoch] den Verständigen mit Entsetzen und Entrüstung erfüllen“.293 Restaurierungen, die „bunt“ und „frisch“ aussahen, wurden damals besonders von Kunstsachverständigen massiv kritisiert; dabei wird von einer Zerstörung des Kunstdenkmals gesprochen; an dessen Stelle sei ein „neues fremdartiges“ Gebilde ohne Wert getreten.294 Angesprochen wird auch der Mangel an gut ausgebildeten Restauratoren und zwar, dass es „selbst unter den tüchtigen und geschulten Künstlern der Hauptstädte“ nur wenige gäbe, die „eine derartige Restaurirung in entsprechender, den Kenner befriedigende[n] Weise durchzuführen“ imstande seien. Meist gab man die Aufträge „Zimmermalern oder Staffirern von Altären, […] die die Bilder mit Leimfarbe über-
291 292 293 294
Normative Normative Normative Normative
1883, 1883, 1883, 1883,
S. S. S. S.
94. 94, 95. 94. 94, 95.
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malt[en]“.295 Weiter wird darauf hingewiesen, dass bei der „Herstellung von Wandmalereien“ die Behandlungsmethoden in jedem einzelnen Fall neu zu wählen seien; je nach Problemstellung sei das bestmögliche Restaurierverfahren anzuwenden und es „lassen [sich] keine allgemeinen Regeln für diesselbe ausstellen“.296 Die Zentralkommission war sich der fehlenden Ausbildung und damit der nicht existenten Qualifizierung von Künstler-Restauratoren durchaus bewusst. Selbstkritisch wird hier auf diesen Mangel hingewiesen. Die Qualität der Arbeit hing dabei im Wesentlichen vom Ausbildungsgrad und der Erfahrung der Künstler-Restauratoren ab. Vorarbeiten wie das Freilegen, Reinigen oder Kitten von Fehlstellen wurden als Hilfsarbeiten eingestuft und wurden auch meistens von Hilfskräften ausgeführt. Mit den Rathschlägen versuchte man auch, die Eigentümer von Wandmalereien anzusprechen, da eine Restaurierung nicht ohne die Zustimmung der Zentralkommission durchgeführt werden sollte. Wenn eine stilgerechte Nachbildung von Wandbildern notwendig sei, so hätte sich der Eigentümer entweder an einen der Konservatoren oder direkt an die Zentralkommission zu wenden. Bemerkenswert ist das Angebot der Kommission, nach eingehender Meldung „sofort einen Sachverständigen zur Untersuchung des Denkmals [zu] entsenden“.297 Im Zuge einer solchen Untersuchung, die „im Einverständnis mit dem Besitzer oder Bewahrer“ erfolgen sollte, seien Vorschläge für weitere Maßnahmen zu erarbeiten.298 Mit diesen Rathschlägen wurden von Seiten der Zentralkommission erstmals Handlungsanleitungen für eine systematische Vorgehensweise beschrieben und sie stellten einen äußerst innovativen Entwicklungsschritt dar. Das Bewusstsein für eine objektspezifische Differenzierung lässt bereits einen Abstand zur Doktrin der StilRestaurierung im Sinne einer Nachbildung erkennen und dient als Ausgangspunkt für die künftige Entwicklung der Denkmalpflege. Die Umsetzung der Leitlinien in die Praxis erfolgte einerseits unter der Kontrolle von Künstlern (Professoren u. a.) und andererseits durch als Künstler ausgebildete Restauratoren; daher kann man von künstlerisch angeleiteten Stil-Restaurierungen sprechen. Die Anwendung der Rathschläge 1883 ist in einigen Fällen dokumentiert. 1888 sandte Trenkwald die Rathschläge an den beauftragten Architekten für die bevorstehende Freilegung der Wandbilder im Karner von Hartberg299 und der KünstlerRestaurator Theophil Melicher bezog sich 1898 im Zuge seiner Restaurierung in Taisten (Südtirol) darauf. Eine Restaurierung der Apsis in der Pfarrkirche „nach den Normen der hohen Commission“ würde sich auf die Konservierung der noch erhaltenen Malereien beschränken.300 Darunter verstand er „ein sorgfältiges Austupfen“ schadhafter Bereiche mit „ergänzender Farbe“ und eine „Neu-Polychromirung des
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Normative 1883, S. 94. Normative 1883, S. 95. Normative 1883, S. 95. Normative 1883, S. 95. Harnoncourt 1999, S. 73. MZK N.F. XXIV, 1898, S. 210–213.
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Teppichs in der Apsis“ auf neuem Putz.301 Melicher spricht hier von einer Konservierung, womit er nicht ausschließlich bestandserhaltende Maßnahmen meinte, sondern auch Retuschen, die sich auf reduzierte Malereiflächen sowie auf eine Rekonstruktion zerstörter Bereiche beschränkten. Genau diese Differenzierung ist als Entwicklungsschritt gegenüber den bisherigen wiederherstellenden und den Bestand stark verändernden Restaurierungen zu sehen. Konservierung im Sinne des Erhaltens und Bewahrens des überlieferten Bestands unter Einbeziehung von genau abzugrenzenden Retuschen und farblichen Rekonstruktionen.
1.6.2 Freilegungs- und Behandlungsmethoden Die Ausgangspunkte für die zunehmende Auseinandersetzung mit alternativen Methoden in der Wandmalereirestaurierung waren auch der Entdeckergeist auf der Suche nach neuen Wandbildern sowie der reduzierte Zustand der Malereien nach den unsachgemäß ausgeführten Freilegungen. Ein Großteil aller mittelalterlichen Wandmalereien in Österreich war ja nach ihrer Entstehung mindestens einmal übertüncht worden. 1856 berichtete Sacken über die entdeckten Wandmalereien im Karner von Mödling, dass er „mit nicht geringer Mühe“ gut anhaftende „Kalkschichten vorsichtig ab[löste]“ und dabei seine große Freude hatte, „dass ein vollständiges Bild […] zum Vorschein kam“.302 An dieser Stelle wird bereits in der Mitte des 19. Jahrhunderts die Motivation durch die Entdeckerfreude deutlich sichtbar, aus der heraus die Freilegung von mittelalterlichen Wandmalereien angestrebt wurde. Mit dem Blick auf den erwarteten künstlerischen Zugewinn wurden die von Sacken beschriebenen Mühen auch gerne in Kauf genommen. Im letzen Drittel des 19. Jahrhunderts bis etwa 1910 strebte das Freilegen von mittelalterlichen Wandmalereien seinem ersten Höhepunkt zu. Das spiegelt sich in den zwischen 1856 und 1910 in den Mitteilungen der Zentralkommission erschienenen 1100 Artikeln zum Thema Wandmalerei wider; allein 670 davon entstanden zwischen 1900 und 1910.303 Die Entdecker von Wandbildern waren meist Handwerker, Bürger oder Angehörige des Klerus, welche die Malereien häufig auch gleich selbst freilegten. Dabei versuchten sie, vor allem Gesichter oder Figuren zu finden, um möglichst schnell ein repräsentatives Ergebnis zu erzielen. Die Künstler-Restauratoren wurden jedoch zunehmend von der Zentralkommission aufgefordert, die Freilegungen selber auszuführen. Durch mangel- und fehlerhafte Freilegungen, unzureichende Reinigungstechniken oder durch frühere Interventionen wurde der Malereibestand stark beschädigt; das heißt, Putz- und Malschichten wurden zerkratzt, abgeschabt oder zerstört. Dies war mitunter auch ein Grund dafür, dass man die Wandbilder umfangreich farblich wieder überarbeiten musste, was kritisch hinterfragt wurde. Der Konservator Johann (?) Moser 301 MZK N.F. XXIV, 1898, S. 210–213. 302 MZK 1858, S. 266, 267 und Koller 2003, S. 103 (Quellentext siehe 6.1, Teil 1.3). Eine weitere Freilegung
gab es 1868 in der Stiftskirche von Lambach an den Gewölbemalereien. Einen Überblick über durchgeführte Restaurierungen dieser Zeit findet man in: MZK N.F. XXVII, 1887, S. CLXXXVIII–CLXXXIX. 303 Siber 1898, S. 199–202. Vgl. dazu Koller 2002, S. 108 und Harnoncourt 1999, S. 12, 13.
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warnte 1890 eindrücklich davor, die geplanten Freilegungsarbeiten an den romanischen Wandmalereien in der Liebfrauenkriche in Brixen (Südtirol) auszuführen. Aus seiner Sicht sollten die Wandbilder lieber unberührt belassen werden, als dass sie den „schmerzlichen Prozess der Freilegung durchmachen müssen“.304 Die vielfachen schlechten Erfahrungen mit unsachgemäßen Freilegungen dürften Moser zu dieser Aussage bewogen haben. Ebenfalls kritisch zum Thema Freilegung äußerte sich zwei Jahre später, 1892, Camillo Sitte, ein bekannter Architekt und Literat, indem er forderte, dass nur „ein leises Abklopfen lockerer Stellen [erfolgen soll], […] gewaltsam durch Kratzen etc. soll derlei nie geschehen“.305 Die Möglichkeiten der Freilegungsmethoden waren damals begrenzt und man verwendete allgemein übliche Werkzeuge wie Holzhämmer zum Abklopfen der Übertünchungen sowie Messer, Schabeisen oder Holzspatel zum Entfernen von Resttüncheschichten.306 Anwendung fand auch die Abnahme von Tüncheschichten durch Essig- oder Salzsäure, was jedoch von der Zentralkommission konsequent abgelehnt wurde.307 In den Rathschlägen 1883 wurde die Strappomethode zur Abnahme von Tüncheschichten beschrieben. Konservator Johann Graus, der bereits 1885 auf dem zweiten Konservatorentag in Steyr über Freilegungsmethoden referiert hatte, ließ sich vom Künstler-Restaurator Theophil Melicher seine praktischen Erfahrungen schildern und hielt diese dann 1897 in dem Artikel „Wie man übertünchte Malereien aufdeckt“ fest.308 Die Beschreibung gibt einen detaillierten Einblick in die damalige praktische Ausführung. Graus erwähnt auch die schlechten Erfahrungen bei der Freilegung im Karner in Hartberg, wo „von den Restauratoren des Maurerwerks […] beim sogenannten Abpicken mit dem geschärften Maurerhammer“ vorgegangen wurde; dabei seien die Wandbilder „förmlich zerschnitten“ und die Malschichten zerstört worden.309 Graus betonte auch, dass vor Freilegung die Tüncheschicht zu untersuchen sei, ob „sie etwa nur dünn sei, d.h. aus einer einzigen Lage Aufstriches bestehe;“ in diesem Fall könne man die Tünche mit einem Schwamm befeuchten, um sie nach dem Trocknen mit „einer kurzhaarigen Bürste abzubürsten“.310 Für Versinterungen oder harte Tüncheschichten werden chemische Mittel vorgeschlagen, was jedoch nur partiell und eher selten eingesetzt wurde.311 Die Anleitung von Graus zur Freilegung war eine noch detailliertere Beschreibung als in den Rathschlägen. Anstatt Druckpapier schlug Graus Baumwollstoff zum Verkleben der Oberfläche vor, für den man zum guten Ankleben an die Oberfläche
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MZK N.F. XVI, 1890, S. 206 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.11). Sitte 1892, S. 75. Graus 1897, S. 38. Schädler-Saub 2002, S. 145. Zur historischen Salzsäureanwendung siehe Eibner 1926 und zur Entwicklungsgeschichte der Maltechnik siehe Berger 1901. Graus 1897, S. 36–40 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.19). Graus 1897, S. 38. Wie aus dem Untersuchungsbericht von Heinz Leitner von 1993 hervorgeht, sind in Hartberg „grobe Kratz-, Hack- und scharrierende Freilegungspuren“ an den Malereien vorhanden (Leitner 1993). Graus 1897, S. 38. Graus 1897, S. 38.
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einen „außer Gebrauch gesetzten Besen“ verwenden sollte.312 Die nach dem Freilegen oft verbleibenden Resttünchen müssten durch „vorsichtiges Abschaben, Absprengen oder Herausschneiden“ entfernt werden; dazu bediente man sich Messer, Schabeisen oder Anstreicher-Spachteln, die aus heutiger Sicht betrachtet sehr grobe Werkzeuge sind; es wird auch darauf hingewiesen, dass es „schwer zu vermeiden [ist], hie und da die Malerei durch Schaben und Kratzen etwas zu lädieren; doch ist hinterher ein solcher Schaden unschwer zu reparieren […].313 Die Sensibilität für die zu bewahrende Substanz wurde zwar eingefordert, war in der Praxis jedoch nicht stark ausgeprägt. Dies entsprach den damaligen Möglichkeiten und es ist durchaus als Fortschritt zu sehen, dass man für die einzelnen Arbeitsschritte so präzise Anleitungen erarbeitete. Ein viel größeres Manko stellte die Tatsache dar, dass immer noch davon ausgegangen wurde, dass die Freilegungen nicht von den Künstler-Restauratoren ausgeführt werden müssten, wenn sie nur leicht genug durchführbar wären. Obwohl Graus am Ende seines Artikels nochmals darauf hinwies, dass man für schwierige Freilegearbeiten besser einen Fachmann hinzuziehe, wurde das Freilegen als eine eher technische, mitunter auch minderwertige Arbeit eingestuft.314 So berichtete Alois Riegl 1902 über die bevorstehenden Freilegearbeiten in der Laurentiusbasilika in Lorch, dass „Herr Melicher kaum sich Zeit nehmen dürfte, um die von seinem Standpunkt untergeordnete Arbeit der Bloslegung auszuführen“ und man sich dafür jemanden anderen suchen müsste.315 Die Künstler-Restauratoren sahen ihre Arbeit vor allem in der künstlerischen Ergänzung.316 Mit den relativ genauen Anleitungen hatte man seitens der Zentralkommission gehofft, die Freilegungsmethoden zu verbessern. Bei der Strappomethode fehlt jedoch grundsätzlich jegliche Kontrollmöglichkeit während der Schichtenabnahme; zudem besteht die große Gefahr, an der darüber liegenden Schicht anhaftende Pigmentkörner oder ganze Malschichten mit zu entfernen.317 Darüber hinaus konnten sich nach der Freilegung weiße Kalkschleier bilden beziehungsweise es blieben häufig Tünchereste, Versinterungen oder verschiedene Patinabeläge (Salz, biogener Befall) zurück. Durch die reduzierten Malschichten entstand ein oft eingeschränktes Zustandsbild mit einem trüben, farbreduzierten und oft schlecht lesbaren Erscheinungsbild. Eine sensible Vorgehensweise ist aus diesen Beschreibungen nicht abzulesen; ganz im Gegenteil, wie Graus in seinem Artikel selbst schrieb, hat man durchaus Schäden durch die Art der Freilegung in Kauf genommen. Übrigens ein Zustand, der sich noch sehr lange nicht ändern sollte. Ab 1884 wurden von Adolf Keim in München die „Technischen Mitteilungen für Malerei“ 318 herausgegeben, in denen insbesondere über Maltechniken und Materialien sowie auch über verschiedene Restauriertechniken diskutiert wurde. Trenkwald bezog
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Graus 1897, S. 39, 40. Graus 1897, S. 39, 40. Graus 1897, S. 39, 40. Harnoncourt 1999, S. 116. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 47–49. Vgl. dazu Koller 2002, S. 15. Technische Mitteilungen 1844–1944.
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beispielsweise diese Mitteilungen.319 In seiner Funktion als Professor an der Akademie der bildenden Künste hatte er wohl ein großes Interesse an historischen Maltechniken und als Fachmann für Malerei in der Zentralkommission an neuen Behandlungsmethoden in der Restaurierung. Einen Hinweis darauf findet man in einem Buch zur Freskenmalerei, das nachweislich im Besitz von Trenkwald war.320 Darin beschreibt er detailliert die Zubereitung von „Käseleim für [die] Vermischung der Farben und Retouchiren von Fresken“ sowie das Brennen von Kalk für die Mörtelmischung.321 Diese Anmerkung von Trenkwald zeigt, dass er sich nicht nur mit einer künstlerisch-ästhetischen Anleitung der zeitgenössischen Wandmalereirestaurierung beschäftigte, sondern sich vor dem Hintergrund seiner eigenen künstlerischen Tätigkeit intensiv auch mit allen technischen Aspekten und ihren Auswirkungen auf das Erscheinungsbild auseinander gesetzt hat. Schon einige Jahre zuvor werden in der Gemälderestaurierung neue Behandlungsmethoden entwickelt und vermehrt Fachliteratur publiziert.322 Im Zuge einer zunehmenden wissenschaftlichen Auseinandersetzung fand eine Unterscheidung zwischen den Techniken der Malerei und den Behandlungsmethoden in der Konservierung und Restaurierung statt. Maler, Wissenschafter und Laien experimentierten und versuchten die historischen Maltechniken bestmöglich zu imitieren. Die Herangehensweisen an eine Restaurierung wurde zielgerichteter und es erfolgte eine erste Annäherung an die Naturwissenschaften. Das Restaurierziel wurde nicht mehr bloß durch den subjektiven Geschmack, eine ästhetische Norm oder die handwerkliche Geschicklichkeit bestimmt, sondern die Erhaltung des Kunstwerks und seiner überlieferten Substanz traten zunehmend in den Vordergrund. Die Rathschläge 1883 stellten dafür eine erste theoretische Grundlage dar, deren Umsetzung in die Praxis jedoch nicht so reibungslos verlief. 1895 besuchte Trenkwald gemeinsam mit den Künstler-Restauratoren Eduard Gerisch und Alfons Siber den ersten Kongress der Deutschen Gesellschaft zur Beförderung rationeller Malverfahren (A. V.) in München. Das große Interesse an historischen Maltechniken fand 1895 in der Einrichtung der ersten Maltechniklasse an der Berliner Kunsthochschule ihren Niederschlag.323 Auch Graus berichtete 1897 über einen Austausch mit dem „berühmte[n] Director des Germanischen Museums zu Nürnberg [August Essenwein]“ zum Thema historische Übertünchungen und Freilegung von Wandmalereien.324 Die führenden Berater und Künstler-Restauratoren in Österreich informierten sich also international über neue Entwicklungen und standen im Austausch mit anderen Fachkollegen. Das große Interesse an den maltechnischen Entwicklungen und
319 Persönliche Mitteilung von Theophil Melicher am 22. Februar 2013. Zum Thema „Technische Mitteilungen
für Malerei“ siehe auch Pursche 2015, S. 79, 80. 320 Das Buch stammt aus dem Nachlass Melicher. Persönliche Mitteilung von Theophil Melicher am 22. 321 322 323 324
Februar 2013. Frescomalerei 1846, Seite 1 (Siehe Anhang I.1 und I.2). Siehe dazu Hanauska 2001, S. 102. Althöfer 1987, S. 294. Melicher 1897, S. 37. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 51–57. 1909 veröffentlichte Eibner sein bekanntes Werk „Über die Entwicklung und Werkstoffe der Wandmalerei vom Altertum bis zur Neuzeit“ (Eibner 1926).
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neuen Materialen war auch in der damaligen zeitgenössischen Kunst erkennbar und bildete eine der Grundlagen der Moderne. 1891 wurden Restaurierarbeiten in der Pfarrkirche Maria Verkündigung in Šternberk/Sternberg, Mähren ausgeführt. Bei der durch einen Sternberger und Wiener Künstler-Restaurator durchgeführten Restaurierung wurden Deckenmalereien durch einen „Waschproceß“ gereinigt, im Zuge dessen die originale Malerei weitestgehend entfernt und „nur mehr die eingeritzten Contouren“ erhalten geblieben sind; daraufhin war man gezwungen ein „völlig neues Deckenbild zu malen, das allerdings bunt und frisch genug [aussah]“.325 Die fehlende Fachkenntnis wurde häufig erst nach den schlechten Erfahrungen in der Praxis erweitert. Im gleichen Jahr wurde eine weitere Restaurierung an Wandbildern in der Kirche in Sternberg ausgeführt, wo man sich schon zurückhaltender gezeigt hat. Eine restauratorische Wiederherstellung „durch bloßes Abreiben und Reinigen mit Brot“ war aufgrund dicker Schmutzschichten nicht möglich und eine Reinigung „durch Waschen“ schloss man aus, da „bei diesem Processe zum mindesten alle Lasuren, wenn nicht alle Farben, abgewaschen werden dürften“.326 Zur Reinigung von Wandmalereioberflächen wurden allgemein verschiedene Materialien verwendet, meistens jedoch eine trockene Reinigung mit Brot ausgeführt, was noch bis weit in das 20. Jahrhundert häufig Anwendung fand. Die Reinigung mit Brot wird in den Rathschlägen 1883 als „am leichtesten und gefahrlosesten“ bezeichnet,327 jedoch fanden auch andere Materialen ihre Anwendung wie beispielsweise Essig oder Soda; man erkannte aber recht bald die Gefahr der Säureanwendungen, was auf Beratungen durch Chemiker schließen lässt.328 Wandbilder wurden, wie das Beispiel in Sternberg zeigte, gerne mit Wasser abgewaschen oder abgebürstet. Die zunehmende Kritik an den alten Restauriermethoden beeinflusste die Diskussion um neue alternative Behandlungsmethoden sicherlich.329 Eine der größeren Herausforderungen für die damaligen Künstler-Restauratoren war der Umgang mit den nach der Freilegung meist reduzierten Malschichtoberflächen. Dazu entwickelte man eine Methode, die Putz- und Malschichten durch Tränkung oder Imprägnierung vor weiteren schädlichen Einflüssen zu schützen oder dem ausgelaugten Bindemittel wieder seine Festigkeit zurückzugeben. Allerdings besaß man noch wenig Erfahrung für solche Problemstellungen beziehungsweise hatte man noch ungenügende Kenntnisse über die Wirkungsweisen und das Langzeitverhalten der neu eingebrachten Materialien.330 1885 spricht Trenkwald im Zuge der MZK N.F. XVII, 1891, S. 142. Möglicherweise war dieses Deckenbild nie übertüncht gewesen (MZK N.F. XVII, 1891, S. 142). Normative, S. 92. Koller 2002, S. 104, 105. Vgl. dazu „Über die Konservierung altertümlicher Wandmalereien“, Josef Klein, Direktor des Provinzialmuseums in Bonn, vom 19. Juni 1888, in: Technische Mitteilungen 1844–1944, 69, VI, 1889, S. 37–40 und „Über die Reinigung von Freskobildern“ (Technische Mitteilungen 1844–1944, 126, VIII, 1891, S. 118–119. Vergleiche dazu auch Feldtkeller 2008, S. 49). 329 Hanauska 2001, S. 102. 330 1852 wird bereits eine Schutzimprägnierung „mit in Äther gelöstem Gummi“ an Wandbildern in einer ehemaligen Trinkstube des Apothekers Zieglauer in Brunneck ausgeführt, der „ihnen zwar einen falschen Glanz verlieh, aber unter den heutigen Umständen als Schutzmittel zum Vorteil gereicht“ (MZK 3, 2, 1903, Sp. 157. Vgl. dazu Schädler-Saub 2002, S. 152). 325 326 327 328
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Restaurierung des Landplagenbildes an der Außenseite des Grazer Doms von einem neu entwickelten italienischen wachshaltigen Konservierungsmittel.331 Verwendung fanden vor allem Kombinationen aus Wachsen,332 Harzen und Ölen, aber auch Kasein, Wasserglas, Keßler Fluat bis hin zu Firnissen und Lacken.333 In den Rathschlägen 1883 findet sich kein Hinweis auf ein Festigungsmedium. Der Künstler-Restaurator Theophil Melicher sprach 1892 über die Notwendigkeit eines Schutzüberzuges, um die Wandbilder damit langfristig zu konservieren.334 Melicher verglich die Vorgehensweis mit der Restaurierung von Ölgemälden, die als „Schutz und Nachhilfe gegen das Austrocknen des Firnisses und dessen Verschwinden“ durch eine derartige Behandlung besser erhalten werden könnten. Dabei stufte er die Notwendigkeit eines Schutzüberzuges für die Wandmalerei noch viel höher ein, da sie durch ihre exponierte Lage viel eher durch Witterungseinflüsse zerstört werden könnte.335 Beispielsweise verwendete Melicher im Zuge seiner Restaurierungen an den Wandmalereien im Kreuzgang des Brixener Doms eine Schellack-Tränkung und in der Johanneskapelle in Pürgg eine Harz- und Wachstränkung; neben den vermeintlich konservierenden Eigenschaften hoffte man auch „mehr Helligkeit“ in den Malereien zu bekommen und meinte, das „trübe Bild“ dadurch etwas auffrischen zu können, wie es Trenkwald einmal ausdrückte.336 Die Erkenntnisse über die neuen Behandlungsmöglichkeiten in der Gemälderestaurierung dürften einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Wandmalereirestaurierung gehabt haben, da viele der Künstler-Restauratoren auch in der Gemälderestaurierung tätig waren.337 1899 reiste Melicher nach Böhmen, um über Malereien in der Kirche in Chudenice/Chudenitz ein Gutachten zu erarbeiten. Dabei schlug er eine Fixierung der noch erhaltenen Farbreste vor, wodurch diese „gekräftigter und klarer im Farbwerthe erscheinen [sollen], ohne das eine Übermalung oder [ein] neuer Farbenzusatz [erforderlich wäre]“; dies sei nämlich, „um das Original zu erhalten“, unbedingt zu vermeiden.338 Melicher sprach sich hier gegen jegliche Über-
331 Die Rezeptur zu dieser Wachslösung stammt scheinbar aus der königlichen Direktion eines Museums
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in Neapel (BDA-Archiv, Mappe Graz, Dom, Landplagenbild, Zl. 995/1885). Schellein wurde von Trenkwald um die Überprüfung dieser Rezeptur gebeten; jedoch hat er sich gegen die Anwendung dieser Wachslösung ausgesprochen (BDA-Archiv, Mappe Graz, Dom, Landplagenbild, Zl. 606/1886). Durch die Behandlung mit Wachs wird die Putz- und Malschicht klebrig und zieht so vermehrt Schmutz und Staubpartikel an, was zu einer Verdunkelung der Oberfläche führt. Darüber hinaus kann eine feuchte Wand durch die Wachsbehandlung auch weiß oder trüb werden. Koller 1970a, S. 39. Klein weist auf die vermehrte Anwendung von Wachs oder Wasserglas hin, die in Italien bei römischen Wandmalereifragmenten angewandt wird. Er beschreibt jedoch auch die nachteilige Wirkung von Wasserglas (Technische Mitteilungen 1844–1944, 69, VI, 1889, S. 39). Auch Keim weist 1882 bereits auf die nachteilige Wirkung von Wasserglas hin (Vgl. dazu auch Keim 1882, S. 72, 73). Dabei bezog er sich auf die romanischen Wandmalereien in der Johanneskapelle in Pürgg, an denen er damals gerade arbeitete (Quellentext siehe 6.1, Teil I.12.). Melicher 2012b, Brief am 19. Februar 1892, S. 68. Melicher 2012b, Brief im Oktober 1893, S. 105. In der Gemälderestaurierung wurden in der damaligen Zeit häufig das Pettenkofer sche Verfahren zur Regenerierung von Firnissen eingesetzt. Melicher kannte dieses Verfahren, da er es selbst angewandt hat. Huf-Melicher 1988b, S. 573, 574 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.16).
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arbeitung von originalen Farbflächen aus, wie es auch in den Rathschlägen gefordert war. Nur in jenen Bereichen, in denen die Malerei zerstört oder stark reduziert war, sollten diese „mit neuer Farbe zugetuscht werden“.339 Mit der Imprägnierung erreichte man zusätzlich eine Verstärkung der Bildwirkung und der Konturen sowie eine Farbvertiefung der Putz- und Malschichtoberfläche. So glaubte man, das Original in seiner historischen Substanz und seinem ursprünglichen Bild wieder herstellen und langfristig erhalten beziehungsweise konservieren zu können.340 Diese Erwartungshaltung wird auch in einer Einschätzung Trenkwalds deutlich, die er 1889 im Zuge einer ausgedehnten Kärntenreise notiert hat. Auf dieser Reise begutachtete er einige abgeschlossene Projekte, wie beispielsweise in Maria Saal, die durch die Künstler-Restauratoren Johann Hintner an den Wandmalereien am Karner und Berthold Winder an den Wandmalereien in der Propsteipfarrkirche durchgeführten Restaurierungen. Die Arbeit von Hintner beurteilte er als sehr „trefflich im Sinne d. Originales mit vom Wachs durchtränkten also sehr haltbaren fast durchsichtigen Farben […], alte und neue Fractur deutlich wahrnehmbar.“ 341 Winder hätte laut Trenkwald ein zu schwach gebundenes Bindemittel verwendet, wodurch er das Ergebnis als nicht zufrieden stellend einschätzte. Damit beschrieb Trenkwald das Verstärken der Bildwirkung durch die Behandlung mit Wachs, wodurch er glaubte, das Original in seiner alten Substanz und seinem ursprünglichen Bild wieder herstellen und langfristig erhalten zu können. Der Konservator Adolf Stippberger kritisierte hingegen das Restaurierergebnis von Hintner, indem er davon sprach, dass die Wandbilder „neue hergestellt [wurden]; die Figuren gehen alle in die Lederfarbige über, wahrscheinlich um sie alt erscheinen zu lassen“.342 Im Gegensatz zu den dort nicht erwähnten Schutzüberzügen hat man in den Rathschlägen 1883 die Möglichkeiten der Retusche ausführlich erläutert. 1881 beschrieb Atz die Ausführung einer Retusche an den Wandmalereien in der Marienkirche in Terlan. Als Maltechnik der ursprünglichen Malerei vermutete man eine Temperamalerei, daher folgte man in der Restaurierung einer ähnlichen Vorgehensweise. Die Farben wurden in Firnis angerieben, anschließend in Terpentin oder Benzin aufgelöst und etwas Wachs beigemengt. Während des Retuschierens wurde zum Verdünnen noch Terpentin beigemengt.343 1897 schilderte der Künstler-Restaurator Siber seine schlechte Erfahrung im Zuge seiner Restaurierung in Pellizzano in Trient mit einer „Wachs-Tempera“ Retusche, da diese stumpf und dunkel wurde; Siber untermalte da-
339 Huf-Melicher 1988b, S. 573, 574. 340 Koller spricht von einem allgemeinen Interesse für Wachs um 1850 und einem vermehrten Interesse
an der römischen Enkaustiktechnik nach antikem Quellenstudium sowie von der Fortsetzung barocker Traditionen der Öl- und Wachstemperatechniken. Wachs als Bindemittel wurde auch für neugemalte Wandmalereien verwendet, wie etwa von Johann Peter Kraft 1828/31 in der Wiener Hofburg (Koller 1997, S. 357, Harnoncourt 1999, S. 49, Koller 2002, S. 107 und Koller 2003, S. 93). 341 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 493/1889. Siehe dazu MZK N.F. XV, 1889, S. 133 und Hassler 2011, S. 47–53. Winder führte 1884 auch Freilegungsarbeiten in der Pfarrkirche in Maria Saal durch (MZK N.F. X, 1884, S. CCXXIV, Quellentext siehe 6.1, Teil I.10). 342 MZK N.F. XIV, 1888, S. 50. 343 Quellentext siehe 6.1, Teil I.9.
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raufhin seine Retusche mit einer „Eier-Tempera“.344 Hier sind Einflüsse aus der Gemälderestaurierung durchaus denkbar. In Erinnerung gerufen werden soll nochmals der bemerkenswerte Vorschlag von Sackens 1873 für die Restaurierung der Malereien im Tullner Karner, wo er als Retuschemedium Wasserfarbe in Kalkwasser zur Diskussion gestellt hatte. Generell waren die Retuschematerialien vielfältig und wurden in den Restaurierberichten nur selten genauer beschrieben. Häufig verwendete man eine Art Temperatechnik, wofür verschiedene Bindemittelmedien eingesetzt wurden wie beispielsweise Ei, Kasein, Öl, Kalk, Wachs, Terpentin, Firnis oder Wasserglas.345 Viel häufiger wurde hingegen über das ästhetische Ergebnis der Retuschen und die farblichen Rekonstruktionen diskutiert, die vor allem von „[der] Gewissenhaftigkeit und des Stilgefühles des Künstlers“ abhingen.346 Als eine Weiterentwicklung ist die Beschreibung in den Rathschlägen 1883 zu sehen, dass eine Retusche nur auf den reduzierten Flächen zu erfolgen hätte, besser erhaltene Bereiche sollten unbehandelt belassen werden. In Österreich ist ein Großteil der mittelalterlichen Wandmalereien in Kalk-Seccotechnik gemalt und nur die Unterzeichnung beziehungsweise teils die Untermalung besitzen eine freskale Abbindung.347 Daher sind die Putz- und Malschichten im Zuge von Freilegungen meistens besonders gefährdet, da sie im Unterschied zu einer großteils in Fresko gemalten Malerei keine große Stabilität besitzen. Reduzierte Malereizustände können einerseits durch eine natürliche Alterung (Witterungseinflüsse etc.) und andererseits durch spätere Interventionen (Übertünchung, Freilegung etc.) entstehen und sind an der Wandmalerei meist nicht genau abgrenzbar, sondern ihre Übergänge sind fließend. Die Empfehlung in den Rathschlägen 1883 war, dass man die reduzierten Bereiche durch eine farbliche Retusche und die zerstören Flächen durch eine farbige Rekonstruktion in ein ästhetisches Gesamterscheinungsbild mit den gut erhaltenen Bereichen bringen sollte. Aus restauratorisch-technischer Sicht war diesem Anspruch vermutlich nur schwer zu entsprechen. Die Grenzen zwischen den Malereizuständen (gut bis schlecht erhalten) sind in der Regel fließend, was zu Unterschieden im Retuscheergebnis führen musste. Als Restaurierziel war die ästhetische Gesamtwirkung eines der wichtigsten Kriterien und zu große Unterschiede zwischen gut erhaltenen und retuschierten beziehungsweise rekonstruierten Flächen hätten bestimmt keine Zustimmung gefunden. Die in den Rathschlägen geforderte differenzierte Herangehensweise zwischen gut erhaltenen und reduzierten Malereiflächen war jedoch ein wichtiger Schritt in der Entwicklung der Retusche. Daher waren die Künstler-Restauratoren meistens auch gezwungen, die gealterten, aber besser erhaltenen Bereiche zumindest überzulasieren, um den Anspruch eines einheitlichen Gesamterscheinungsbildes gerecht zu werden. Die Wandmalerei sei „durch Farbergänzungen und theilweise Überlassierungen in einen einheitlichen gleichwert-
344 345 346 347
Siber 1898, S. 199–202 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.20). Vgl. dazu Koller 1997, S. 357. Siehe dazu Kühn 2002, S. 257. Kunstverein 1897, S. 3. Autenrieth/Koller 2011, Sp. 720.
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higen Charakter zu bringen,“ so beschrieb es Melicher einmal in einem seiner Gutachten.348 In der Behandlungstechnik unterschied man also zwischen einer Lasur, einer Retusche und einer Rekonstruktion im Sinne einer stilgerechten Vervollständigung, schloss jedoch eine „Übermalung […] an den Originalresten“ aus.349 Dies hatte zur Folge, dass viele der besser erhaltenen Flächen überarbeiten wurden, auch wenn das „nur“ mit einer Lasur geschah. Ein Bericht von Trenkwald 1893 über die von Melicher im Jahr zuvor an den Wandmalereien in der Rotunde in Znaim ausgeführte Restaurierung umreißt diese schwierige Situation sehr trefflich. Trenkwald schreibt, dass die Trocknung der für die Restaurierung eingesetzten (Öl-) Farben bereits weit gediehen war und sich diese „hinsichtlich des Farbeneffectes sehr günstig entwickelt[en];“ die Zeichnung der Figuren und ihre Farben würden „schön und klar“ hervortreten; zwei Bildfelder dürften bereits stark zerstört gewesen sein, da Melicher bei diesen die „toten Contouren kräftig lasirend verstärkt [hat];“ wo noch Spuren von Farbresten erkennbar waren, hat man sich an diesen orientiert.350 In Znaim versuchte Melicher, den Anforderungen der Zentralkommission gerecht zu werden, was Trenkwald in seinen Schilderungen bestätigte. Gleichzeitig glaubte man, mit diesen Behandlungsmethoden dieses wichtige Kunstwerk vor der völligen Zerstörung gerettet zu haben. Ein interessanter Bericht über die Vorgehensweise ist vom Künstler-Restaurator Siber erhalten, als dieser in Pellizzano in Trient 1897 arbeitete.351 Darin schreibt er in relativ detaillierterArt und Weise seine Retuschemethode. Obwohl sich Siber immer noch auf der Stufe der stilgerechten Restaurierung befand, zeigen seine Ausführungen eine erstaunliche Aufmerksamkeit für die Vielfalt der Methoden bei der Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei. Indem er die jeweiligen Auswirkungen der Methoden auf das Erscheinungsbild diskutierte, wird ein Eingehen auf den Bestand und eine differenzierte Ausführung der Restaurierung möglich. Die künstlerisch angeleitete Restaurierung beinhaltete also technische Arbeiten wie das Freilegen, Reinigen, Kitten oder Festigen sowie Retuschen (Lasur, Ergänzung) und farbliche Rekonstruktionen in definierten (reduzierten oder zerstörten) Flächen. Weitere Bestandteile waren auch die Dokumentation von Bestand und Zustand in Form von Zeichnungen, Skizzen (Aquarell, Gouache etc.) oder Photographien sowie Gutachten und Berichte zur Restaurierung.
1.6.3 Künstler-Restauratoren und Gutachten Trenkwald pflegte als Fachmann für Malerei und Vertreter der Zentralkommission eine intensive Korrespondenz mit den jeweils vor Ort tätigen Künstler-Restauratoren, aber auch mit den Pfarrherren und anderen verantwortlichen Personen. Die wichtigen 348 Huf-Melicher 1988b, S. 573, 574. 349 Huf-Melicher 1988b, S. 573, 574. 350 MZK N.F. XIX, 1893, S. 186 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.17). Zur Restauriergeschichte in Znaim siehe
Harnoncout 1999, S. 23–40. 351 Quellentext siehe 6.1, Teil 1.20.
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Restaurierarbeiten fanden unter der Aufsicht der Zentralkommission statt und wurden vor Ort von den Konservatoren und Korrespondenten begleitet, welche die Informationen an die Kommission oder ins Unterrichtsministerium weiterleiteten. In den schriftlichen Korrespondenzen ging es zuerst meist um die Bewilligung einer Restaurierung, um eine finanzielle Unterstützung, die Empfehlung oder Entsendung der Restauratoren aus Wien sowie um die anzuwendende Restauriermethode und das Restaurierziel; später wurde dann über den Fortgang der Restaurierarbeiten berichtet.352 Ab Mitte der 1880er Jahre setzte in Zusammenhang mit der zunehmenden Dynamik der historistisch verstandenen Restaurierungsprojekte und der ansteigenden kunsthistorischen Literatur zum Mittelalter eine regelrechte Freilegungs- und Restaurierwelle an Wandbildern ein, wobei einige der heute bedeutendsten mittelalterlichen Wandmalereien gefunden und restauriert wurden. Die wichtigsten Projekte waren unter anderem die Wandmalereirestaurierungen im Brixner Dom (Kreuzgang) und in anderen Kirchen Südtirols, im Karner von Hartberg, in der Johanneskapelle in Pürgg, in der Rotunde in Znaim und in der Johanneskirche in Jindøichův Hradec/Neuhaus in Böhmen.353 Diese großen Restaurierprojekte wurden unter der Leitung von Trenkwald ausgeführt, der besonders drei Künstler-Restauratoren für diese Arbeiten einsetzte, nämlich Theophil Melicher, Alfons Siber und Eduard Gerisch. Eduard Gerisch (1853–1913) wurde in Mähren geboren und studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien; seit 1887 war er Kustos der Gemäldegalerie. 1890 wurde Gerisch zum Korrespondenten für Niederösterreich ernannt. Gerisch führte zahlreiche Wandmalereirestaurierungen unter anderem in Südtirol, in der Untersteiermark, in Krain, Dalmatien und Istrien durch und war als Kustos auch für die Gemälderestaurierung in der Gemäldegalerie an der Akademie verantwortlich.354 Alfons Siber (1860–1919) wurde 1860 in Schwaz in Tirol geboren, arbeitete ab 1879 in der Glasmalereianstalt in Innsbruck und studierte von 1881 bis 1890 an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Christian Griepenkerl und Trenkwald. Siber arbeitete vor allem im Tiroler Raum. Im Anhang ist eine Tabelle mit einigen seiner Arbeiten aufgelistet, die 1910 seitens der Zentralkommission zusammengestellt wurde (Tabelle 2).355 Der aus Wien stammende Theophil Melicher (1860–1926) studierte ab 1876 an der Akademie der bildenden Künste bei Trenkwald Historienmalerei. Schon während seiner Ausbildung und auch später arbeiteten beide gemeinsam an einigen Künstleraufträgen wie beispielsweise 1884 und 1885 am Marienaltar in der Votivkirche in Wien. Melicher galt als enger Vertrauter Trenkwalds und war neben seinem Beruf als Künstler-Restaurator auch selbst ein bekannter Historienmaler.356 Am 3. November 1897 wurde Melicher zum Korrespondenten der Zentralkommission ernannt und
Schädler-Saub 2002, S. 145. Koller 1997a, S. 355–365, Koller 2002, S. 103–119 und Harnoncout 1999 (Auswahl). Brückler/Nimeth 2001, S. 81 und ÖBL, 1, 1957, S. 426. ÖBL, 12, 1956, S. 217, Brückler/Nimeth 2001, S. 254, 1910. Einige von Siber ausgeführte Arbeiten sind im Anhang unter 6.2. Tabelle 2 angeführt. 356 Nach dem Tod von Trenkwald malte Melicher das von Trenkwald bereits begonnene Altarbild im Linzer Dom fertig (Brückler/Nimeth 2001, S. 174 und Melicher). 352 353 354 355
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erstellte in deren Auftrag zahlreiche Gutachten.357 Melicher arbeitete nicht nur in Österreich, sondern unter anderem auch in Italien (Südtirol/Friaul), Tschechien (Böhmen/Mähren), Polen und Slowenien. Seine wichtigsten Wandmalereirestaurierungen führte er in der Johanneskapelle in Pürgg (ab 1889), in der Pfarrkirche in Thörl (ab 1889), im Heidenturm in Znaim (ab 1891), im Kreuzgang (ab 1892) und in der Johanneskapelle im Dom von Brixen (ab 1892), in den Karnern in Hartberg (ab 1893) und Mödling (ab 1895) sowie in der Johanneskirche in Brixen (ab 1900) und in der Taufkapelle in Millstatt (ab 1901) durch (Tabelle 3).358 Melicher war wohl der bedeutendste der drei Künstler-Restauratoren und führte die wichtigsten Restaurierprojekte der damaligen Zeit für die Zentralkommission durch. Eine Würdigung im Monatsblatt des Wiener Altertumsvereins im Jahre 1895 zeigte seine besondere Stellung.359 Darin wird er als der wohl bekannteste Künstler-Restaurator für die Restaurierung mittelalterlicher Wandmalereien bezeichnet, der „wie kein Anderer [das Zeug] in sich hat, um dem Raume eine stilgerechte neue Decoration zu verleihen, welche zu den alten Resten nicht disharmoniren wird.“ 360 Auch in dieser Würdigung wird die bereits mehrfach angesprochene Ambivalenz zwischen dem Respekt vor der originalen Substanz und der stilgerechten Wiederherstellung deutlich. Zwischen 1891 und 1895 waren alle drei Künstler-Restauratoren im Kreuzgang des Brixner Domes tätig und zwar Gerisch im Jahr 1891, Melicher und Siber zwischen 1892 und 1895. Über die abgeschlossenen Restaurierarbeiten wurde 1896 berichtet, dass diese „in erfreulicher und hochbefriedigender Weise [unter der] Oberleitung Trenkwalds“ fertig gestellt wurden.361 Die Zentralkommission beauftragte die Künstler-Restauratoren auch für die Erstellung von Gutachten, in denen eine kurze Beschreibung über den Bestand und Zustand der Malereien erfolgte sowie ein Restaurierkonzept erarbeitet wurde. Im Folgenden werden zwei Fallbeispiele erläutert, an denen einerseits die Auswahl der Künstler-Restauratoren von Seiten der Zentralkommission gut nachvollziehbar ist und andererseits die in Auftrag gegebenen Gutachten erläutert werden, die als Vorläufer der heutigen Dokumentation einer Bestands- und Zustandserhebung zu sehen sind. In der ehemaligen Stiftskirche in Millstatt in Kärnten wurde ein Gutachten für eine geplante Restaurierung von Seiten der Zentralkommission verlangt. Dabei handelte es sich um ein bedeutendes Wandbild Meister Friedrichs von Villach in der
357 Melicher 2012a, S. 1–18 und Huf-Melicher 1988a, S. 323. 358 Melicher 2012a, S. 1–18. 1923 würdigte man Melicher in der Zentralkommission als den „ersten Fachmann
auf dem Gebiete der Freskenrestaurierung“ (BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, Z 1295/D, 11. Juni 1923). Eine Auflistung der von Melicher ausgeführten Restaurierarbeiten ist im Anhang unter 6.2. Tabelle 3 aufgelistet. 359 Quellentext siehe 6.1, Teil I.18. 360 Melicher 2012b, Monatsblatt des Alterthums-Vereines zu Wien, 12, IV. 12. 12. 1895, S. 123. 361 MZK N.F. XXII, 1896, S. 63. Neben den drei Künstler-Restauratoren arbeitete 1890 auch Franz Jobstl in Brixen.
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Ernestuskapelle, um 1428 entstanden.362 1895 mussten Teile der Malereien bereits sichtbar gewesen sein, weil man über sie berichtete und über eine Restaurierung diskutierte. Die Zentralkommission schlug als Restauratoren entweder den „Custos Gerisch, Maler Theophil Melicher oder einer der im Brixener Kreuzgang beschäftigten Tiroler [Künstler]“ vor.363 Gerisch besuchte daraufhin Millstatt, untersuchte die Malereien und erarbeitete ein Gutachten. In den darauf folgenden Monaten wurde er mehrmals angefragt, ob er nicht die Restaurierung ausführen könne, was er jedes Mal wegen Arbeitsüberlastung ablehnte.364 Nachdem man Gerisch offensichtlich nicht überreden konnte, erneut nach Millstatt zu kommen, suchte man in der Zentralkommission um den „akadem. Maler und Schüler Trenkwalds Herrn Korrespondenten Melicher“ für die Ausführung der Restaurierarbeiten an.365 Melicher wurde im Mai 1898 in einem Brief an die Landesregierung Kärnten seitens der Zentralkommission das „volle Vertrauen“ ausgedrückt, da er sich „bereits wiederholt bei schwierigen Freskenrestaurierungen bestens bewährt“ hat.366 Melicher übernahm den Kostenvoranschlag und wohl auch das Konzept von Gerisch und führte die Restaurierung im Sommer 1899 durch (Abb. 9). Als Vorgehensweise wurden die Freilegung der restlichen Wandbereiche, die photographische Aufnahme und die Restaurierung festgelegt.367 In Millstatt kannte man die „Gewissenshaftigkeit und das Verständnis [von] Melicher“ und war überzeugt, „dass [er] auch der richtige Mann für eine entsprechende Herstellung respective Restaurierung der Bilder sein wird […].“ 368 Melicher selber beschrieb den Malereizustand so, dass die Konturen an einigen Bereichen reduziert und porös erschienen und teilweise durch die Tünche bereits angegriffen waren, im Ganzen aber noch gut lesbar seien.369 Als Bestandteil des Restaurierkonzeptes wird hier auch die Dokumentation durch Fotografie festgehalten. Einige Jahre zuvor hat Melicher in Pürgg noch Aquarellstudien zur Dokumentation des Bestandes angefertigt. Die Anfertigung von Fotoaufnahmen ist also durchaus als Fortschritt anzusehen. Fotografie wurde damals noch selten eingesetzt, war bestimmt sehr kostspielig und zudem waren Schwarz-Weiß Fotos den
362 In Millstatt am Nordufer des Millstätter Sees befindet sich die ehemalige Stiftskirche und heutige
363 364 365 366 367 368 369
Pfarrkirche Christus Salvator. Die Benediktinerabtei wird 1065 bis 1075 erstmals urkundlich erwähnt. In dieser dreischiffigen frühromanischen und ursprünglich flach gedeckten Pfeilerbasilika befindet sich in der Vorhalle südseitig die vom Prager Erzbischof Ernestus von Pardubitz geweihte sogenannte Ernestuskapelle. Die um 1300 bis 1364 gebaute quadratische Kapelle besitzt ein Kreuzrippengewölbe. Kurz vor oder nach 1428 bestellte eine edle Frau namens Margarete oder eine ihrer Verwandten nach ihrem Tod (um 1428) ein Votivbild beim Meister Friedrich von Villach. Friedrich malte an der Ostwand ein in zwei Bildstreifen geteiltes Wandbild, im oberen eine einheitliche Landschaft, in der er Passionsszenen (Gebet Christi am Ölberg, Kreuztragung) und eine kniende Frau (hl. Margaretha) mit Spruchband darstellte; im unteren eine Kreuzigung sowie eine Kreuzabnahme kombiniert mit Grablegung und einer Auferstehung (Höfler 1981/82, 1, S. 44 und Höfler 1998, S. 2–11). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, GZ. 171/1896. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, GZ. 1288/1897 (Quellentext siehe 6.1, Teil 1.21). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, 1898. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, Zl. 1288, 24. 5. 1897. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, Zl. 1288, 24. 5. 1897. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, GZ. 2069/1899. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, 1899.
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farbigen Aquarellen nicht unbedingt überlegen. Sitte kritisierte 1892 sowohl die Dokumentationstechniken einer Aquarellkopie als auch die fotografische Aufnahmen.370 Er meinte, dass der Fotografie die Farbe fehle und die Aquarellkopie vermöge es nicht, durch „Zeichnung, Pinselführung […] die ganze Mache des Originals“ nachzuempfinden.371 Bei diesen Dokumentationstechniken, die besonders häufig für Wandmalereien eingesetzt wurden, sprach Sitte von der Befriedigung des „archäologischen Gewissen[s]“; womit er vor allem die Kunsthistoriker meinte.372 Diese hatten auch insofern ein großes Interesse daran, da sie durch Fotos oder Aquarelle vermehrt kunsthistorische Forschungen betreiben konnten. Die fotografische Dokumentation wurde aber auch dazu benutzt, reduzierte Malereien vor Beginn einer farblichen Übermalung zu dokumentieren; so geschehen bei den Malereien im Karner von Hartberg, um damit die „Richtigkeit dieser (namhaften) Zugaben“ kontrollieren zu können.373 Der Konservator Franz Gustav Hann bezeichnete die Restaurierung in Millstatt „als eine höchst gelungene“.374 Wie aus der Beschreibung von Hann und aus späteren Einschätzungen375 erkennbar wird, dürfte Melicher aufgrund des vorgefundenen reduzierten Malereizustandes einen Großteil des Wandbildes überarbeitet und durch eine Imprägnierung gefestigt haben. Das Fallbeispiel in Millstatt zeigt die Auswahl an Künstler-Restauratoren, derer man sich seitens der Zentralkommission damals bediente. Die Vorgehensweise war bereits äußerst fortschrittlich, indem man zuerst durch ein Gutachten den Bestand und Zustand untersuchte, Fotografien erstellte und ein Restaurierkonzept erarbeitete, wie dies in den Rathschlägen 1883 vorgegeben wurde und anschließend die Restaurierung ausführte. Ein anderes Gutachten verfasste Melicher 1899 für die Filialkirche zum heiligen Georg in Wabelsdorf in Kärnten. In der aus einem romanischen Langhaus mit gotischem 5/8 Chorschluss bestehenden Filialkirche entdeckte man im Chorbereich in den 1890er Jahren Reste mittelalterlicher Wandmalereien.376 Melicher bekam im Juli von der Zentralkommission den Auftrag, die Malereien zu untersuchen und ein Restaurierkonzept zu erarbeiten, was dieser in einem detaillierten Gutachten festhielt.377
Sitte 1892, S. 75–78. Sitte 1892, S. 78. Sitte 1892, S. 78. Kunstverein 1897, S. 3. Zur Restauriergeschichte siehe Harnoncourt 1999, S. 67–87. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, GZ. 1244/1900 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.22). Frodl beschreibt den Charakter der Malereioberfläche 1944 folgend: „Oelig-glatte Oberfläche (infolge Tränkung mit einem Konservierungsmittel?)“ (Frodl 1944 b, S. 87) und der Kunsthistoriker Höfler charakterisierte die spätere Entrestaurierung folgend: „1972 von der Übermalung befreit, dabei jedoch auch manches beseitigt, was der Restaurator ohne Zweifel treu nach dem Original gemalt hatte“ (Höfler 1982, 2, S. 11, 12). 376 Die Freilegung und Restaurierung der Malereien erfolgte jedoch erst 1937 durch Weninger sowie 1967 durch Lukas Arnold jun., der eine Nachfreilegung durchführte. Erhalten sind im Gewölbe Engel und Evangelistensymbole und an der Chorwand fragmentierte Szenen einer Georgslegende und ein Weltgericht an der Innenseite des Triumphbogens (Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 67, Bacher 1969, S. 153, Demus 1931 und Dehio-Handbuch 2001, S. 1040, 1041). 377 Quellentext siehe 6.1, Teil I.23. 370 371 372 373 374 375
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Eine weitere Freilegung der Malereien stufte er als einen Mehrwert für die Kunstgeschichtsforschung ein und meinte, dass man mit einer „gewissenhafte[n] Fixierung und Restaurierung dieser Bilder, dem Kunstforscher Gelegenheit [gäbe] obige Aufnahmen zu studieren und zu präcisieren […]“.378 Dieses Zitat ist von besonderem Interesse, weil es ausdrücklich belegt, wie von Seiten der Künstler-Restauratoren die Erwartungshaltung der Kunsthistoriker mit einbezogen wurde. Melicher erwog gar nicht, die Freilegung zu unterlassen, falls die Malereien großteils zerstört sein sollten, und stellte sich damit auch nicht die Frage über den Zustand der Malereien. Im Vordergrund stand der Erkenntnisgewinn vor allem für die Kunstgeschichtsforschung; eine Auffassung, die sich im 20. Jahrhundert noch verstärken sollte. Melicher gab daraufhin in seinem Gutachten eine bemerkenswert detaillierte Anleitung, wie die farblichen Ergänzungen auszuführen wären. Dabei kannte er noch gar nicht den gesamten Bestand und Zustand der noch nicht freigelegten Malereien. In seiner Ausführung unterschied er Fehlstellen zwischen großen schadhaften Bereichen und kleinen „nadelkopfgroße[n] Farbabsprünge[n]“, die unbehandelt belassen werden sollten. Im Zweifelsfall könnte man die Konturen verstärken sowie verblasste Inschriften mit transparenter Farbe überarbeiten. Für die reduzierten und teils zerstörten Flächen beschrieb er daraufhin ein „zweifaches Verfahren“: Im ersten Fall, wenn sich reduzierte Flächen in noch gut erhaltenen Bereichen befinden, sollten diese der Umgebung farblich angepasst und stilgerecht ergänzt werden. Ist ein ganzes Bildfeld stark reduziert, so wären in diesem Fall nur die Konturen zu verstärken und fehlende Farbflächen „ohne Modellierung auszustupfen“, was einem gealterten Zustand ähneln sollte.379 Im anderen Fall schilderte Melicher die Situation einer Malerei, die in gute und zerstörte Bereiche klar getrennt ist. Figurengruppen, die durch diese Zäsur beschädigt sind, wären „in voller Farbenmodellierung“ zu ergänzen.380 Die von Melicher umrissene Handlungsanweisung gibt eine differenzierte Herangehensweise wieder, die jedoch einen gewissen Antagonismus erkennen lässt. Einerseits will man die originale Substanz erhalten, andererseits lässt man eine weitgehende farbliche Überarbeitung zu. Der Begriff vom „Original“ pendelte zwischen der dokumentarisch erhaltenen Substanz, die um 1900 im Einklang mit den Geschichtswissenschaften und der Kunstgeschichte immer größere Bedeutung bekam, und dem originalen Bild, das nur durch ein Überschreiten der überlieferten Substanz wiederzugewinnen ist. Melicher beschrieb hierzu das „Ausstupfen“ von Binnenflächen und das Nachziehen von Konturlinien. Diese Retuschetechniken sind als Modellierung der üblichen stilgerechten Ergänzungen oder Lasuren zu sehen. In den folgenden Jahrzehnten werden sie sich zu einer der am häufigsten angewendeten Retuschemethoden in der Wandmalereirestaurierung entwickeln. Auch stellt die Imitation eines gealterten Zustandes eine neue Herangehensweise dar. Das Hauptaugenmerk in diesem von Melicher erarbeiteten Gutachten lag insbesondere auf der Retusche.
378 Huf-Melicher 1988b, S. 581 und 578–583. Siehe auch MZK, N.F. XXV, S. 90–92. 379 Huf-Melicher 1988b, S. 582, 583. 380 Huf-Melicher 1988b, S. 582, 583.
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Melicher, Gerisch und vermutlich wohl auch andere Künstler-Restauratoren verfassten eine Vielzahl von Gutachten im Auftrag der Zentralkommission. Max Dvoøák bezeichnete diese Form der Gutachten später einmal als „ästhetische“ Gutachten.381 Der Austausch über die Ergebnisse einer Untersuchung oder über Restaurierungen erfolgte über kurze prägnante schriftliche Korrespondenzen in Form von Gutachten, Protokollen, Aktennotizen, Briefen oder Postkarten. Gerne berichtete man vor allem über die Darstellungen der neu entdeckten und freigelegten Wandmalereien. Unter Trenkwald wurde vermehrt eine detailliertere Restaurierdokumentation angestrebt und man diskutierte ausführlicher über die Vorgehensweisen und die anzuwendenden Behandlungsmethoden. Die Gutachten und Zustandsaquarelle der Künstler-Restauratoren stellten die Grundlage für spätere Entscheidungen oder die weiteren Vorgehensweisen für die Zentralkommission dar. Die Qualität der Beschreibungen des Malereizustands oder der Schadensproblematik war abhängig von der Erfahrung und Ausbildung der jeweiligen Künstler-Restauratoren. Viele wichtige inhaltliche Bereiche, die auch nach heutigem Verständnis im Rahmen einer Dokumentation erfasst werden sollen, wurden damals bereits behandelt.382
1.6.4 Die Herausforderungen in der praktischen Anwendung der Rathschläge Das wohl wichtigste Restaurierprojekt unter Trenkwald fand zwischen 1889 und 1894 in der Johanneskapelle in Pürgg statt.383 Die malerische Gesamtausstattung der Kapelle aus der Zeit um oder nach 1160 zählt zu den schönsten Beispielen romanischer Wandmalerei in Österreich und zeigt ein umfangreiches ikonographisches Programm.384 Bei diesem Projekt ist das besondere Verhältnis zwischen dem „Fachmann für Malerei“ in der Zentralkommission, Trenkwald, und seinem wichtigsten KünstlerRestaurator Melicher gut nachvollziehbar, da es in zahlreichen Protokollen, Korrespondenzen und Briefen dokumentiert ist. Es war eine der ersten großen Restaurierungen Melichers. Über die Art und Weise, die Behandlungsmethoden, die Materialien sowie das Restaurierziel wurde eine intensive Diskussion zwischen Trenkwald, Melicher und anderen verantwortlichen Personen geführt. Nachdem Melicher mit Hilfsarbeitern die Malereien zwischen 1889 und 1891 freigelegt hatte, hielt er den Zustand der Malereien in Aquarellen fest (Abb. 10) und fertigte verschiedene Skizzen einzelner 381 Dvoøák 1911, S. 69. 382 Altdörfer 1987, S. 327. 383 Zur Restauriergeschichte siehe Harnoncourt 1999, S. 41–67 und Fillitz (Hg.) 1998, S. 427–430 und Lanc
2002 (Textband), S. 362–386. 384 Im Kapellenraum sind in zwei Registern über einer Vorhangzone Szenen wie die wunderbare Brotver-
mehrung, die törichten und klugen Jungfrauen, die Verkündung an Maria, die Geburt Christi, die Verkündigung an die Hirten und der Katzen- und Mäuse-Krieg dargestellt. Die Bildzone wird oben von einem Mäanderband abgeschlossen. An der Triumphbogenwand sind ein segnender Christus, die Opfer von Kain und Abel sowie ein geistlicher und ein weltlicher Stifter zu sehen beziehungsweise eine besonders seltene Dekoration eines kufischen Ornamentbandes. Im Chorraum sind im Gewölbe die vier Evangelistensymbole, das Agnus Dei im Scheitel sowie Atlantenfiguren und an den Wandflächen stehende Heiligenfiguren dargestellt (Fillitz (Hg.) 1998, S. 427–430 und Tomaschek 2014, S. 4–23).
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Figurengruppen an, die als Grundlage für das Restaurierziel galten. Große Fehlstellen hatte er in den Aquarellen vermutlich absichtlich freigelassen, da noch keine Entscheidung über die Art der farblichen Gestaltung seitens der Zentralkommission vorlag. Aquarellstudien über den freigelegten Bestand oder Zustand der Malereien wurden von der Zentralkommission vermehrt von den Künstler-Restauratoren eingefordert.385 Seitens der Zentralkommission bemühte man sich um die Dokumentation des freigelegten Bestandes. Denkbar wäre auch, dass die Aquarellstudien als Entscheidungshilfen in der Frage des Restaurierziels dienten. Die Konturen hatte Melicher unmittelbar nach der Freilegung am Bestand teils mit Bleistift nachgezogen, aus der Sorge heraus, dass zumindest diese sicher erhalten bleiben. Der Auftrag von Seiten der Zentralkommission lautete auf ein „Hervorheben und Auffrischen der geschwächten Farben und Schutz der Fresken.“ 386 Daraufhin vereinbarte man mit Melicher eine Probearbeit im Chor der Johanneskapelle (Abb. 11), wozu am 28. Juli 1893 eine erste kommissionelle Besichtigung vor Ort zur Begutachtung einberufen wurde. Dabei wurden die Prinzipien für die weitere Vorgehensweise festgelegt. Trenkwald bemängelte lediglich die teils durch die „Harz- und Wachstränkungen“ entstandenen zu trüben Malereiflächen und empfahl Melicher, dass „ein zusätzlicher Aufheller eingebracht werden [müsste]“.387 Die durch die Tränkung entstandene Farbvertiefung vermittelte den Eindruck, dass Melicher „die Flächen übermalt“ hätte.388 Hinsichtlich dieser Intensivierung des Erscheinungsbildes gab es Kritik seitens des Reichsgrafen von Lamberg, der Mitglied der Begutachterkommission war. Trenkwald verteidigte in einem Brief die mit ihm abgesprochene Vorgehensweise gegenüber dem Grafen, worin er nochmals auf die Imprägnierung und ihre konservierungstechnischen Vorteile zu sprechen kam und fügte hinzu, dass sich Melicher „exakt an die vorgegebenen Richtlinien und Bedingungen gehalten [hat], die mit der Central Commission festgelegt waren“.389 Lediglich die zu pastos ausgeführte Konturennachzeichnung sollte laut Trenkwald etwas reduziert werden. Auch Melicher verteidigte sich ebenfalls in einem Brief und legte nochmals die Vorteile einer Imprägnierung für die Wandmalerei dar. Aus seiner Sicht werden durch die aufgebrachte „transparente Wachslösung“ einerseits reduzierte Konturen wieder besser lesbar und andererseits erfolgt dadurch ein Schutz gegenüber den Verwitterungseinflüssen und der weiteren Zerstörung der Malerei.390 In diesen Einschätzungen wird die Ambivalenz zwischen dem Bewusstsein um den dokumentarischen und ästhetischen Wert des Altersbildes
385 Die großformatigen Aquarelle von Melicher von den romanischen Wandmalereien in der Johanneskapelle
386 387 388 389 390
waren so qualitätvoll, dass sie später von der Kommission angekauft wurden (Melicher 2012b, Brief 8.2.1892, S. 86). BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, Zl. 237/1892. Melicher 2012b, Brief im Oktober 1893, S. 105 (Quellentext siehe 6.1, Teil I.13.). BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, P.Nr. 1014 CC/1892. BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, P.Nr. 1014 CC/1892. Melicher 2012b, Brief 28. 7. 1892, (P.Nr. 1014), (Quellentext siehe 6.1, Teil I.14). An anderer Stelle schrieb Melicher „Zum Zwecke der Wiederbelebung und Fixierung der verblichenen Farbtöne [diese zuerst] durch eine Harztränke, dann durch eine Wachstränke, […]“ imprägniert (Melicher 2012b, Protokoll, P.Nr. 979, S. 107 und MZK N.F. XX, 1894, S. 196).
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des Originals auf der einen Seite und den gebräuchlichen Methoden des Restaurierens auf der anderen Seite erkennbar. Die Kommission stimmte hinsichtlich einer Wiederbelebung und Festigung der Farben einer zweimaligen Tränkung, zuerst mit einer Harz- und dann mit einer Wachslösung, zu. Im Zuge einer Versammlung am 3. November 1893 in Wien wurde darüber diskutiert, ob man die Proberestaurierung von Melicher im Chor belassen sollte. Die Gutachterkommission vereinbarte daraufhin ein weiteres Treffen am 3. Juni 1894. Dabei sprach sie sich erneut für die Behandlungsmethode der zweimaligen Tränkung aus. Melicher restaurierte die Wandmalereien mit unterschiedlichen Behandlungstechniken, indem er in reduzierten oder zerstörten Bereichen eine Gipsglätte auftrug und die romanische Malerei stilgerecht nachbildete, während er die besser erhaltenen Bereiche mittels Ausstupfens und Lasuren überarbeitete.391 Melicher schilderte in einem seiner Briefe, dass er gestehen müsse, „eine Grenze zwischen Ausstupfen, Lasieren etc. zu ziehen, war in Pürgg enorm schwer. Um die Bildwirkung zu erreichen, blieben die wenigsten Stellen unberührt.“ 392 Möglicherweise hatte dieses große Restaurierprojekt Vorbildwirkung für die weiteren Restaurierungen gehabt. Durch die Kritik, die Melicher auch zu seiner Restaurierung in Pürgg erfuhr, konnte er bei der nachfolgenden Restaurierung der mittelalterlichen Malereien im Karner in Hartberg zu einer deutlich differenzierteren Vorgangsweise finden (Abb. 12). In technischer Hinsicht erreichte Melicher in Hartberg durch die Anwendung einer Kalkseccomalerei eine bessere Verträglichkeit mit der bestehenden Putz- beziehungsweise Malschicht, als dies durch die öligen Bindemittelanteile sowie die Harz-Wachsimprägnierung in Pürgg der Fall gewesen war. In ästhetischer Hinsicht ergab sich dadurch eine bessere Verträglichkeit mit der Bildwirkung der mittelalterlichen Kalkseccomalerei. Im Vergleich zu Pürgg beschränkte Melicher seine Eingriffe in Hartberg auf die Verstärkung vorhandener Konturen reduzierter Flächen sowie auf die farbige und formale Ergänzung der tatsächlich fehlenden Partien.393 In Pürgg stellte Melicher noch fest, dass sich „keine Normen“ in Restaurierungsfragen aufstellen ließen, sondern das Vorgehen an das jeweilige Objekt angepasst werden müsste.394 Diese Aussage ist umso bemerkenswerter, als sich daraus ableiten lässt, dass die von der Zentralkommission erarbeiteten Rathschläge 1883 eben nicht direkt in die Praxis übernommen werden
391 Zu Retuschtechniken bei Fehlstellen bei Gemälden im 19. Jahrhundert siehe Althöfer 1987, S. 330. 392 BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, Brief 8. 8. 1893 und Brückler/Nimeth 2001, S. 276 (Quellentext
siehe 6.1, Teil I.15). 393 Koller bezeichnet diese Übermalungen „eher als erweiterte Retusche anzusprechende Zutaten“, Harnon-
court hingegen schreibt von vielen „Unsicherheiten“, was nun neu und was von Melicher ergänzt worden ist. Die damaligen Untersuchungen zeigten jedoch, dass Melicher den blauen Hintergrund, der als reine Seccorfarbe am stärksten reduziert war, vollflächig übermalt hatte; auf eine Regeneration durch eine Harz-Wachs-Imprägnierung scheint Melicher verzichtet zu haben (Koller 1997, S. 355–365; Koller 2002, S. 107, 108; Koller 2002, S. 108 und Harnoncourt 1999, S. 87. Zur Restauriergeschichte siehe Harnoncourt 1999, S. 67–89 und Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 9). An der vom Restaurator Heinz Leitner ausgeführten Probereinigung an einer Figur „waren praktisch keine Übermalungen“ vorhanden, „nur die Konturen waren verstärkt und lokal war überlasiert“ (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015; weiters siehe dazu Koller 1997, S. 355–365). 394 Melicher, St. Johannes-Kapelle, Transkription Fam. Melicher, S. 104.
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könnten und dass man die Wahl der anzuwendenden Behandlungsmethode von Objekt zu Objekt jedes Mal neu entscheiden müsse. Diese fortschrittliche Einstellung von Melicher nützte ihm jedoch damals wenig, wurden seine Restaurierungsergebnisse, die er so präzise wie möglich nach den Vorgaben der Kommission auszuführen versucht hatte, doch bald stark kritisiert.
1.6.5 Das erste große Restaurierprojekt in Kärnten Die Tätigkeit der Zentralkommission in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kärnten war eng mit dem 1844 gegründeten Kärntner Geschichtsverein verbunden, den sie im Aufbau und in der Verwaltung nachhaltig unterstützte.395 Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts wurden unzählige Kirchenrenovierungen in den kleinen Dörfern und Städten durchgeführt beziehungsweise wurden von vielen Kunstdenkmalen im Rahmen der kunsttophographischen Erfassungen Pläne, Zeichnungen und Beschreibungen erstellt.396 Im Vergleich zu anderen Bundesländern wurden „Restaurationen“, wie man sie damals nannte, im Sinne einer stilgerechten Wiederherstellung nur vereinzelt ausgeführt wie beispielsweise 1889 in der Pfarrkirche in Berg im Drautal. Zwei Jahre zuvor gab es einen Brand in der Kirche, sodass man im Zuge einer Gesamtrestaurierung den Chor mit einer neoromanischen Malerei neu ausgemalt hatte. In der Ausmalung hielt man sich thematisch nicht an die mittelalterlichen Vorbilder, da diese zum Teil durch 12 cm dicke Putzschichten verdeckt waren. Auch die Altäre wurden im Stil der Neoromanik und Neogotik neu bemalt und ausgeschmückt.397 Mit diesen Restaurierungen fand eine Rückführung des Baudenkmals auf seine mutmaßliche ursprüngliche Gestalt statt. Walter Frodl nannte diese Art der Ausführungen „Rekonstruktionen nach Hypothesen“, die allerdings nach eingehenden Studien beziehungsweise Forschungen am Objekt stattfanden.398 Die gewissenhafte Aufzählung der Restaurierungsmaßnahmen enthielt jedoch meist keine näheren Angaben über die angewandten konservatorischen Behandlungsmethoden außer der Feststellung, die Restaurierung sei „stylgemäß“ ausgeführt worden. In der Restaurierung von Wandmalereien gab es vor der Zeit Trenkwalds keine großen Restaurierprojekte. Die Freilegung von Wandmalereien setzte in Kärnten erst Mitte der 1880er Jahre ein und hielt sich die Jahre zuvor in Grenzen. Dieser Umstand
395 Interessant ist dabei das frühe wissenschaftliche Interesse des Vereins. 1858 ließmaneinematerial-
396 397 398 399
wissenschaftliche Analyse zur Maltechnik an einem Wandmalereifragment aus Virunum durchführen. Frodl 1984, S. 124. Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 14. Weitere Beispiele einer Umgestaltung waren 1894 die Dominikanerkirche und 1895 die Pfarrkirche in Friesach (Koslowsky-Pechloff 1992, S. 7–9, Hartwagner 1967, S. 25 und Frodl 1984, S. 124). Frodl 1988, S. 144, 145. Frodl 1984, S. 124. Das Verständnis im Umgang mit wertvollen Kunstwerken im ländlichen Bereich zeigt das Beispiel in Obervellach in Mölltal, wo die Gemeinde beabsichtigte, die berühmte Altartafel von Jan van Scorel zu entfernen und „durch ein[e] wertlos[e] zu ersetzen“; der damalige Bischof konnte dies noch rechtzeitig verhindern (Frodl 1988, S. 139. Vgl.dazu BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Obervellach, Prot. CC, Zl. 172 und 178/1863).
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war sicherlich ein Glück, sodass viele der Malereien vorerst noch unentdeckt unter den Tüncheschichten verblieben.399 In Kärnten beteiligten sich viele Nichtfachleute an der Freilegung von Wandbildern, so wie 1884 der Dekan Martin Schaschl das Wandbild im Chorraum an der Nordwand der Propsteikirche in Maria Saal400 und 1886 der Korrespondent und Pfarrer Matthäus Grösser „einen Cyclus von alten Wandmalereien“ im Karner von Deinsberg freigelegt haben.401 Diese heute stark fragmentierte und reduzierte Wandmalereiausstattung zeigte ehemals Szenen aus der Passion Christi. 1890 wird vom „Fleiß des Conservators“ gesprochen und davon, dass er „offenbar ohne Verluste freigelegt“ hat.402 1895 wurden im Zuge von Malerarbeiten vom damaligen Pfarrer Petermann die bedeutenden romanischen Wandmalereien in der Rosenkranzkirche in Maria Wörth gefunden und „primitiv“ zum Teil herausgekratzt (Abb. 64).403 Melicher führte im Zeitraum vom 1889 bis 1909 einige Untersuchungen durch, wie die bereits erwähnte in Wabelsdorf sowie zahlreiche Freilegungen und Restaurierungen.404 Eines seiner Projekte fand in der Pfarrkirche in Thörl statt, das im Folgenden näher erläutert werden soll. Eine erste größere Restaurierung von mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten erfolgte zwischen 1887 und 1889 in der Pfarrkirche des heiligen Andreas in Thörl. Die Freilegungs- und Restaurierarbeiten zogen sich in der Folge über mehr als ein halbes Jahrhundert und es haben dort nicht weniger als fünf Restauratorengenerationen gearbeitet. Die Kirche besteht aus einem zweijochig sternrippengewölbten Langhaus und einem kreuzrippengewölbten Chor. In der spätgotischen Pfarrkirche wurden 1886 bei Abscherarbeiten durch Maurer an den Chorwänden erste Malereien entdeckt und teilweise freigelegt.405 Dabei wurde ein Hauptwerk des Künstlers Thomas (Artula) von Villach, auch bekannt unter den Namen Meister von Gerlamoos, und eine der künstlerisch und inhaltlich wertvollsten Ausstattungen der Spätgotik in Österreich gefunden. Ans Tageslicht kam im Westjoch des Chorraums eine symbolische Kreuzigung, die von Passionsszenen umgeben und mit entsprechenden Texten ausgeschmückt ist (Abb. 63). Neun Engelchöre mit thronendem Gottvater sind über einer Höllenfahrt Christi in der rechten unteren Ecke zu sehen. Abgeschlossen wird die Szene mit einem gemalten Vorhang. Im Ostjoch des Chors ist ein gemaltes Sakramentshäuschen über einer Tabernakelnische mit typologischen Begleitszenen dargestellt (Abb. 13). Die zentrale Szene in der Mitte zeigt einen Schmerzensmann mit Maria und Johannes
400 Die Malereien wurden bis 1885 von „Professor Winder aus Wien“ restauriert und 1934 von Walliser ent-
restauriert (MZK N.F. XVI, 1890, S. 199, Hassler 2011, S. 47–53). 401 MZK, N.F. XII, 1886, S. XXXI. 402 MZK N.F. XVI, 1890, S. 199. Dies kann aus heutiger Sicht nur schwer nachvollzogen werden, da die
Malereien fast zur Gänze zerstört sind (Siehe dazu Voithofer/Sagmeister 2015). 403 MZK N.F. XXIV, 1898, S. 203. Vgl. dazu MZK N.F. XXII, 1896, S. 63 und BDA-Archiv Hofburg, Kärnten,
Akt Maria Wörth. 404 Eine Auflistung von Untersuchungen und Restaurierungen, die von Melicher durchgeführt wurden, ist
im Anhang unter 6.2. Tabelle 3 beigefügt. 405 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 708/1886, Höfler 1981/82, 2, S. 34–36 und Dehio-Handbuch
2001, S. 948–950. Die dazugehörigen Regesten wurden dankenswerter Weise von Frau Anneliese Schallmeiner zur Verfügung gestellt. Siehe auch Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 14.
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Evangelist, darüber das letzte Abendmahl. Jeweils fünf Szenen begleiten dieses Hauptbildfeld, links eine Verkündigung an Maria, die Begegnung Abrahams mit Melchisedek, die Mannalese, die Speisung Elias und eine Schutzmantelmadonna und rechts ebenfalls eine Verkündigung durch einen Engel, Abrahams Opfer, das Quellwunder des Moses, die Speisung Daniels in der Löwengrube und eine Messszene. Thomas von Villach hat in einer ersten Chorausmalung die Malereien der Passionswand zwischen 1470– 1475, die Tabernakelwand jedoch einige Jahre später (1476/78 und vor 1482) geschaffen.406 Begeistert durch die Entdeckungen versuchte man im Jahr darauf, 1887, gleich die notwendigen Geldmittel für eine Restaurierung aufzubringen.407 Zur Begutachtung schickte man Trenkwald Skizzen und Beschreibungen, die vom Konservator Stippberger und dem Künstler-Restaurator Winder angefertigt wurden (Abb. 14). Trenkwald konnte zwar erkennen, dass die Malereien ein „Zeugniss von interessanter Anordnung der Composition“ darstellten und zweifellos „culturtechnisch von Werth“ seien, jedoch konnte er den „eigentlichen Kunstwerth“ nicht abschätzen und stellte vorerst keine Subvention von Seiten der Zentralkommission in Aussicht.408 Nachdem Stipperger ein Arbeitsprogramm sowie einen Kostenvoranschlag für die Restaurierung an Trenkwald geschickt hat, dürfte dieser seine Meinung geändert und eine finanzielle Unterstützung in Aussicht gestellt haben.409 Winder wurde nach einer gemeinsamen Abstimmung durch den Gemeindevorsteher, den Dechanten und den Pfarrer mit den Restaurierarbeiten beauftragt und schloss diese im September 1887 ab.410 Die mittelalterlichen Wandmalereien wurden „vollkommen geputzt, ausgeglichen und ergänzt“ sowie bis auf vier Bilder und drei Figuren in Tempera „wieder hergestellt“.411 Darüber hinaus entdeckte Winder das Jüngste Gericht an der gegenüber liegenden Wand und legte es frei.412 Durch den Tod Winders wurden die Restaurierarbeiten im Juli 1888 unterbrochen. Stippberger fragte bei der Zentralkommission um einen Nachfolger an und erwähnte dabei, dass es „hoffentlich […] nicht Maler Hintner aus Bozen“ 413 werde, der einige
406 Höfler 2015, S. 69–93; Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 127, 128; Höfler 1982; Höfler 1981;
Demus 1937b; Demus 1938; Frodl 1944b, S. 37–41, 91–92. 407 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 708/1886, Höfler 1981/82, 2, S. 34–36 und Dehio-Handbuch
408
409 410 411
412 413
2001, S. 948–950. Die dazugehörigen Regesten wurden dankenswerter Weise von Frau Anneliese Schallmeiner zur Verfügung gestellt. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 297/1887, Trenkwald, 11. 3. 1887. Winder hat 1884 etwa auch Freilegungs- und Restaurierarbeiten in der Pfarrkirche in Maria Saal durchgeführt sowie auch in Südtirol gearbeitet (MZK N.F. X, 1884, S. CCXXIV und S. 45, 49). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 258/1887, 4. 6. 1887. Winder schickte der Komission vier Abbildungen und einen Restaurierbericht (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 306/1887). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 297/1887. Vgl. dazu MZK N.F. XIII, 1887, S. 172; MZK N.F. XIII, 1887, S. CLXXVI und MZK N.F. XII, 1886, S. CLXXX. Brückler erwähnt, das Winder von 21 Wandbildern 17 in Tempera restaurierte (Brückler (in Vorbereitung), siehe Kapitel 14). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 549/1887. Vgl. dazu MZK N.F. XV, 1889, S. 269, 133. Trenkwald beschreibt Hintner als einen autodidakten Künstler-Restaurator aus Bozen, Südtirol. Hintner führte auch die Freilegung und stilgerechte Restaurierung an den Wandmalereien in St. Nikolaus in Matrei zwischen 1881 und 1883 aus (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 493/1889).
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Jahre zuvor eine den überlieferten Malereibestand stark verändernde Restaurierung in der St. Nikolauskirche in Matrei ausgeführt hatte.414 Trenkwald beschrieb die Arbeiten von Winder, die er im Zuge seiner Kärntenreise 1889 besichtigte, als „zufriedenstellend ausgeführt“ und hielt fest, dass es „keine Ursache zum Tadel“ gäbe.415 Als Nachfolger Winders schlug er Gerisch vor, hingegen lehnte er den Sohn Winders ab, da seine Arbeiten am Sonntagberg „keineswegs zufriedenstellend ausgefallen sind“.416 Gerisch konnte die Arbeit vermutlich aus Zeitgründen nicht durchführen, sodass darauf hin Melicher nach Thörl geschickt wurde. Im Juni 1890 berichtete er der Kommission über seine durchgeführten Arbeiten, wobei er hauptsächlich die Darstellungen der Malereien beschrieb.417 Sowohl Winder als auch Melicher stellten einen Teil der ursprünglich malerischen Gesamtausstattung im Chor der Pfarrkirche im Sinne einer stilgerechten Restaurierpraxis wiederher. Diese Restaurierung in Thörl wurde in den Jahren darauf ebenfalls als „recht unglücklich“ beschrieben.418 1912 heißt es in einem Akt, Melicher habe „nach veralteten Prinzipien restauriert und dabei so stark übermalt, dass es einer Blosslegung des Triumphbogenbildes bedurfte“.419 Über das Restaurierergebnis von Winder wird erstaunlicherweise nichts erwähnt. Aus heutiger Sicht lässt sich aufgrund fehlender Informationen auch nicht mehr genauer beurteilen, ob sich die Vorgehensweisen von Winder und Melicher unterschieden. Diese Kritik, die bereits vom Standpunkt des Paradigmenwechsels zur modernen Denkmalpflege um 1900 bestimmt war, führte dazu, dass bei der Fortsetzung der Freilegung und Restaurierung im Jahre 1911 ohne weit reichende Ergänzungen und Übermalungen vorgegangen wurde und dass schließlich 1938 die Überarbeitungen von 1899 im Zuge einer so genannten „Entrestaurierung“ wieder entfernt wurden, um den neuen Maßstäben Genüge zu tun. Bei einer folgenden Restaurierung 1969/72 beschäftigte man sich erneut nach dem damaligen Stand der Behandlungsmethoden mit der Präsentation im Bereich der Fehlstellen, sodass das Fallbeispiel der Ausstattung von Thörl sämtliche Stufen der Entwicklung repräsentiert.
414 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 744/1888 und GZ. 87/1889. Stippberger zog den Sohn
415 416 417
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419
von Winder in Betracht, Sigmar Berthold Winder, der im Sommer 1888 die noch von seinem Vater begonnen Arbeiten in Sonntagberg zu Ende geführt hatte. Quellentext siehe 6.1, Teil I.10 (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 493/1889). Der Vorschlag von Trenkwald Gerisch als Nachfolger für Winder einzusetzen wurde im Akt später durch den Namen Melicher ersetzt (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 493/1889). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 1161/1889. Durch eine Erweiterung der Sakristei sollten die an der nördlichen Chorwand befindlichen Wandmalereien besser vor äußeren Witterungseinflüssen geschützt werden. Von ersten Schäden an den Wandmalereien wird berichtet; der Putz an der Außenwand sollte dabei abgeschlagen werden und mit einem Portlandzementmörtel verputzt werden. Trenkwald notierte, dass der alte Mörtel ausgetauscht sowie „die vier betroffene Bilder […] nach genommener Durchzeichung neu gemalt werden“ sollten (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 960/1891). Franz Neuwirth, seit 1905 Generalkonservator für die II. Sektion (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 3137/1906 und GZ. 2211/1908). In seinem Bericht über die Restaurierarbeiten beschreibt Melicher in erster Linie die Darstellungen der Wandbilder. Siehe dazu Brückler (in Vorbereitung), Kapitel 14. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 1609/1912 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.14). 1935 argumentierte man noch vehementer gegen die Restaurierung des 19. Jahrhunderts: „Es wäre auch im Interesse des Ansehens der Denkmalpflege gelegen, die Verunstaltungen einer früheren Epoche wieder gut zu machen“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 755/1935, 21.2.1935).
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1.7 Bildteil
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1. Simon von Taisten, Schutzmantelmadonna um 1490, Kapelle im Schloss Bruck in Lienz (2013)
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Kapitel 1: 1850 –1900
2. Max von Mann 1870 –1880, Bestandsstudie einer Wandmalerei, Meistersingersaal im Pflegegericht in Schwaz, Aquarell auf Papier (Archiv BDA)
3. Josef Tendler nach 1880, Bestandsstudie einer Wandmalerei, Rupertikapelle am Petersberg in Friesach, Aquarell auf Papier (Archiv BDA)
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Kapitel 1: 1850 –1900
4. Stil-Restaurierung als Nachbildung 1873 von Ferenc Storno, Karner von Tulln (2013)
5. Josef Matthias Trenkwald, historische Aufnahme
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6. Josef Olachfelner 1882, Bestandszeichnung einer Wandmalerei, Liebfrauenkirche in Brixen, Bleistift auf Papier (Archiv BDA)
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Kapitel 1: 1850 –1900
7. Stil-Restaurierung als Nachbildung 1881 von Johann Hintner, Oberkirche von St. Nikolaus in Matrei, historische Aufnahme
8. Deckblatt der Normative 1883, herausgegeben von der k. k. Zentralkommission
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Kapitel 1: 1850 –1900
9. Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung 1899 durch Theophil Melicher, Ernestuskapelle in Millstatt, historische Aufnahme
10. Theophil Melicher 1889/90, Bestandsstudie der Wandmalerei nach der Freilegung, Johanneskapelle in Pürgg, Aquarell auf Karton (Archiv BDA)
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Kapitel 1: 1850 –1900
11. Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung zwischen 1889 –1894 durch Theophil Melicher, Johanneskapelle in Pürgg, historische Aufnahme
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12. Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung zwischen 1893 –1894 durch Theophil Melicher, Karner von Hartberg (2013)
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13. Freilegung und Restaurierung zwischen 1887–1889 durch Berthold Winder und Theophil Melicher, Thomas von Villach um 1470/75, Aufnahme vermutlich nach der Entrestaurierung 1938 durch Franz Walliser, Pfarrkirche von Thörl, historische Aufnahme
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14. Berthold Winder 1887, Bestandsskizze einer Wandmalerei, Pfarrkirche von Thörl, Bleistift und Aquarell auf Karton (Archiv BDA)
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2. Erhaltung, nicht Restaurierung – Der Paradigmenwechsel um 1900
Die Zeit des Paradigmenwechsels hin zur „modernen Denkmalpflege“ 420 war geprägt von einer kritischen und ablehnenden Haltung gegenüber dem Historismus, seiner Auffassung von Denkmalpflege sowie seiner restauratorischen Vorgehensweise.421 Innerhalb der staatlichen Denkmalpflege gab es noch verschiedene Standpunkte, einerseits die Vertreter der bisherigen Restauriertradition und andererseits Stimmen, die eine radikale Veränderung gegenüber den historisierenden Restaurierungen einforderten. Diese vertraten auch die Meinung, dass durch die Art des Restaurierens im 19. Jahrhundert weder das ursprüngliche Erscheinungsbild noch der geistige Inhalt eines Kunstwerks wiederhergestellt werden könne. Dies wäre aus ihrer Sicht auch nicht unter den Voraussetzungen eines größeren kunsthistorischen Wissenstandes oder eines besseren künstlerischen oder handwerklichen Einfühlungsvermögen zu erzielen. Hier wurde auch das Argument der Täuschung ins Spiel gebracht, wodurch der dokumentarische Wert eines Kunstdenkmals vermindert würde.422 Für die Kunstgeschichte blieb es weiterhin schwierig, Forschung an mittelalterlichen Wandmalereien zu betreiben. Obwohl die Anzahl der neu entdeckten und freigelegten Wandmalereien stieg, stellten die Erreichbarkeit, das schlechte Bildmaterial oder ein durch die Freilegung und Restaurierung verminderter Zeugniswert den Grund für die geringe wissenschaftliche Behandlung dar. Darüber hinaus konzentrierte sich die Forschung vermehrt in Richtung bildnerische Einzelheiten, sodass spätere Veränderungen des originalen Bestandes für eine seriöse Interpretation umso gravierender waren.423 Daher wurden die in ihrem Bestand aufgrund natürlicher Alterung beziehungsweise Verwitterung oft reduzierten, jedoch nicht freigelegten und/oder überarbeiteten mittelalterlichen Wandmalereien von der Kunstgeschichte besonders hoch geschätzt. Die kunsthistorischen Untersuchungen und Publikationen erfolgten gerne unmittelbar nach der Freilegung und Restaurierung. Den Wandbildern wurde aufgrund ihres häufig reduzierten Erscheinungsbildes oft eine nur regionale Bedeutung zugemessen.424 In Wien wurde die so berühmte Wiener Schule für Kunstgeschichte mit Franz Wickhoff begründet. Damit begann eine über mehrere Generationen hinweg auf systematischen Fragestellungen und hohem Reflexionsniveau aufbauende kunstwis-
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Hager 1903, S. 117–120, Lange 1906, Tiezte 1907, S. 177–197, Dvoøák 1918 und Bacher 1995. Feldtkeller 2008, S. 77. Feldtkeller 2008, S. 78. Feldtkeller 2008, S. 97, 98. Viele der kunsthistorischen Publikationen über Wandmalereien wurden in den Mitteilungen der k.k. Zentralkommission veröffentlicht.
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senschaftliche Forschung, die international ein hohes Ansehen erlangte.425 Die Nachfolge Eitelbergers wurde 1894 mit Alois Riegl als außerordentlichem, beziehungsweise 1897 als ordentlichem, Professor besetzt. Riegl, der zuvor als Kustos im Museum für Kunst und Industrie in der Abteilung für Textilien tätig war, wird nicht nur zu einem der bedeutsamsten Vertreter der Wiener Schule gezählt, sondern bildete auch eine der treibenden Kräfte des Paradigmenwechsels in der österreichischen Denkmalpflege.426 Bis zum Eintritt Riegls in die Zentralkommission, wurde die aktuelle Diskussion und Kritik an den Stil-Restaurierungen nicht rezipiert. Die Generation um Wickhoff, Riegl, oder später auch Dvoøák und Julius von Schlosser bildete auch viele junge Kunsthistoriker aus, die in der Folge auch in der Denkmalpflege tätig wurden. Damit wuchs der Einfluss der Kunstgeschichte auf die praktische Denkmalpflege beziehungsweise auf die Praxis des Restaurierens. Der Aufbruch zum Wandel war innerhalb der Zentralkommission mit einer gesteigerten fachlichen Auseinandersetzung zu Fragen der Restaurierung und Konservierung verbunden. Im Oktober 1904 berief die Zentralkommission eine „Enquetebe treffend die Konservierung von Kunstgegenständen“ ein, die unter dem Vorsitz von Helfert drei Tage lange abgehalten wurde.427 Daran nahmen mehr als 30 Personen teil, die sich aus Mitgliedern der Zentralkommission, Teilnehmern aus Museen, Archiven und Bibliotheken sowie aus Bereichen der Naturwissenschaften (Chemiker und Biologen) zusammensetzte. Viele der auch aus dem Ausland eingeladenen Fachspezialisten hielten zu unterschiedlichsten Themen Vorträge, wie beispielsweise zu den Wirkungsweisen verschiedener Materialien oder zu verschiedenen Konservierungsfragen.428 Eines der Ergebnisse der Enquete war die Bildung eines Arbeitsausschusses,429 der in acht Fachgebiete430 unterteilt wurde und der um Mitglieder aus der „freien Vereinigung zur Erhaltung von Kunstgegenständen“ und aus den diversen Arbeitsgruppen erweitert wurde. Allen Mitgliedern wurde ein Fragebogen431 zur Durcharbeitung zugesandt, der sich insbesondere mit Themen zur Erhaltung von Kunstgegenständen auseinandersetzte. 1905 wurde der Fragebogen mit den Antworten der Mitglieder des gegründeten Arbeitsausschusses als Manuskript veröffentlicht, in dem unter anderem auch Themen der Wandmalereirestaurierung abgehandelt wur-
Aurenhammer 2002, S. 2. Aurenhammer 2002, S. 2, 3. Siehe dazu auch Schlosser 1934, S. 141–228. Enquete 1905. Enquete 1905, S. 5. Der Arbeitsausschuss bestand aus: Freiherr von Helfert, Baurat Deininger, Kustos Dr. Dreger, Regierungsrat Dr. Much, Hofsekretär Dr. Querner, Professor Redlich, Professor Riegl und Hofrat Freiherrn von Weckbecker (Enquete 1905, Nachtrag). 430 Folgende Fachgebiete: für vorgeschichtliche Gegenstände, für Gebäudeerhaltung und Objekte aus Stein, für Gegenstände aus Holz, Elfenbein u. dgl., für Keramik und Glas, für Metalle, für Textilarbeiten, für Gemälde, für Bücher, Handschriften und graphische Verfielfältigungen (Enquete 1905, Nachtrag). 431 Der Titel des Manuskriptes lautete: „Erweiterter Fragebogen für die Verhandlungen der freien Vereinigung zur Erhaltung von Kunstgegenständen,“ nur zum Gebrauche für die Mitglieder der freien Vereinigung bestimmt (Fragebogen 1905). 432 Fragen waren: „Schutzdächer im Freien. Barrieren gegen das Angreifen/Empfiehlt sich eine Imprägnierung / Verhalten, wenn der Putz springt oder sich wirft? / Schimmelbildung / Verhalten bei Salpeter – Aus425 426 427 428 429
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den. In dem aus zehn Fragen432 bestehenden Kapitel wurde beispielsweise zu Beginn festgehalten, dass jede Wandmalerei besonders gegen Feuchtigkeit zu schützen sei. Beantwortet wurden die Fragen vor allem von Eduard Ritschl, der Restaurator der Gemäldegalerie des Kaiserhauses (heute Kunsthistorisches Museum) war, von Karl Karger, der Professor für „figural-dekorative Malerei“ an der Kunstgewerbeschule in Wien war, und dem Architekten und Baurat Ludwig Wächtler, der Mitglied der Zentralkommission war.433 Die Umstrukturierung innerhalb der k.k. Zentralkommission war insbesondere mit Veränderungen in der bürokratischen Modalität verbunden. Eine der wesentlichsten Veränderungen innerhalb der staatlichen Denkmalpflege war die Schaffung der Position eines Generalkonservators für die Sektion II, die im Frühjahr 1903 zuerst provisorisch und dann 1904 definitiv mit dem Kunsthistoriker Alois Riegl besetzt wurde. Riegl avancierte in seinem kurzen Schaffen zu einer der wichtigsten Personen für den Wandel in der Denkmalpflege.434 In seinen drei Wirkungsjahren, Riegl starb 1905, absolvierte er ein erstaunliches Arbeitspensum. Neben seinen Aufgaben als Redakteur der Mitteilungen und des Jahrbuchs der Zentralkommission setzte er sich mit den Möglichkeiten und Grenzen der Denkmalpflege sowie ihren methodischen Fragestellungen auseinander und stellte Überlegungen zur Organisationsstruktur und zum Denkmalschutzgesetz an. Seine intensive Reisetätigkeit führte ihn nicht nur in die österreichischen Kronländer, sondern auch nach Südtirol, Trentino, Krain, Dalmatien, Böhmen, Mähren sowie Galizien, wo er sich mit einer großen Anzahl von Kunstdenkmalen und deren Konservierungs- und Restaurierungsproblemen auseinandersetzte. In seiner Funktion als Generalkonservator übernahm er durch die von ihm abgefassten Gutachten zunehmend Verantwortung in wichtigen Fragen der Denkmalpflege und war damit die oberste wissenschaftlich-fachliche Instanz.435 Nach dem frühen Tod von Riegl übernahm 1905 der Kunsthistoriker Max Dvoøák sowohl den Kunstgeschichte-Lehrstuhl an der Wiener Universität, als auch die Agenden des Generalkonservatorates.436 Dvoøák baute die Ideen Riegls zu einer modernen Denkmalpflege und Denkmalforschung weiter aus und war die treibende Kraft und das geistige Haupt der 1911 durchgeführten Reform der Zentralkommission mit der Schaffung eines eigenen Staatsdenkmalamtes mit zugehörigen Landesstellen. Dvoøák
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schwitzungen und Verschiedenen chemischer Vorgängen / Können in der Nähe befindliche Küchen, (chemische) Fabriken u.a. schaden? / Schaden geheizte Kamine, die etwa durch die Wand gehen? / Wie ist Staub und Ruß zu entfernen?“ (Fragebogen 1905, S. 15, 16). Fragebogen 1905, S. 15, 16. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13–19. Vgl. dazu Bacher, Riegl und die Denkmalpflege, 1995, Wohlleben 1988, S. 25–28 und Höhle 2005, S. 14–21. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13 und 33–41. Vgl. dazu Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 145–156; MZK 3, 2, 1903, Sp. 333–341 und MZK 3, 3, 1904, Sp. 272–29. Nach dem Tod Wickhoffs 1909 kam es zu einer Zäsur am Kunsthistorischen Institut der Universität Wien, indem sich zwei gegensätzliche kunstwissenschaftliche Auffassungen im Widerstreit gegenüberstanden. Mit Josef Stryzgowski wurde ein erklärter Gegner der Wiener Schule für Kunstgeschichte Nachfolger Wickhoffs, was in der Folge aufgrund unüberwindbarer inhaltlicher Differenzen zu einer Zweiteilung des Institutes führte; nämlich des I. (ab 1911) und des II. (ab 1920) Kunsthistorischen Institutes (Aurenhammer 2002, S. 3–5).
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wurde 1911 auch zum Vorstand des neu geschaffenen Kunsthistorischen Institutes am Staatsdenkmalamt bestimmt, was den neuen wissenschaftlichen Anspruch der Inventarisation widerspiegelt; seine Funktion als Generalkonservator übte er bis 1917 aus.437 Neben der Tatsache, dass Dvoøák die Ideen von Riegl in bemerkenswerter Weise fortführte, war noch ein zweiter glücklicher Umstand für den Aufschwung der Denkmalpflege verantwortlich, nämlich dass sich der Thronfolger Erzherzog Franz Ferdinand besonders für Denkmalpflege interessierte. 1910 wurde er vom Kaiser zum „Protektor“ der Zentralkommission ernannt und übte seine Tätigkeit und Anweisungen mit „größter Sachkenntnis und der größten Energie“ aus.438 Mit der Reform 1911 wurde die Zentralkommission neu geordnet und ihre administrative Abteilung in das „Staatsdenkmalamt“ umgewandelt.439 Die Organisation bestand gemäß dem neuen Statut aus dem Präsidium (Präsident, zwei Vizepräsidenten), dem Denkmalrat, dem Staatsdenkmalamt sowie dem Kunsthistorischen Institut. Für jede Außenstelle des Staatsdenkmalamtes war ursprünglich ein kunsthistorisch, ein technisch und ein prähistorisch-archäologisch geschulter Beamter geplant.440 Mit 1. Oktober 1912 erfolgte in den einzelnen Kronländern die Einsetzung von hauptberuflichen Landeskonservatoren. Eine ihrer Hauptaufgaben war die Erhaltung der Kunst- und Baudenkmale. Sie fungierten als verlängerter Arm der Zentrale in Wien, waren an diese weisungsgebunden, konnten jedoch politisch unabhängig von den jeweiligen Landesbehörden agieren.441 Vor dem Ersten Weltkrieg gelang es jedoch nur mehr in der Steiermark und in Salzburg tatsächlich Landeskonservatoren einzusetzen.442 Der Kunsthistoriker Paul Hauser443 übernahm als erster Landeskonservator 1912 die Steiermark und zusätzlich Agenden und Betreuung für das damals noch unbesetzte Landeskonservatorat in Kärnten.444 Nachdem Hauser am 8. September 1914 in Galizien während des Ersten Weltkrieges gefallen war, wurden seine gesamten Amtsgeschäfte Walter von Semetkowski445 übertragen, der ihm im Jahr zuvor als Praktikant zugeteilt worden war. Zum Landeskonservator der Steiermark wurde Semetkowski erst 1920 offiziell ernannt. Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges konnte das Vorhaben
437 Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 39, 40 und Brückler/Nimeth 2001, S. 54 und 55. Vgl. dazu Frodl-Kraft 1997, S. 432 und ÖBL, 1, 1956, S. 206, 207. Dvoøák saß etwa ab 1908 im Beirat für die Restaurierung des Diokletianpalastes in Split und des Wawel in Krakau (Scarrocchia ed. 2013 [Dvoøák], S. 347–355). 438 Frodl 1987, S. 236. Siehe dazu Brückler 2009. 439 Kienzl 1994, S. 328 und Frodl 1966, S. 124. 440 Demus 1948, S. 403 und Frodl 1970, S. 13. 441 Frodl-Kraft 1997, S. 115. 442 In Salzburg übernahm der Architekt Eduard Hütter 1913 die Agenden des Landeskonservators. In Ober-
österreich wirkte ab 1913 Oskar Oberwalder, der danach in die Zentrale versetzt wurde (Frodl-Kraft 1997, S. 116, 117). 443 Hauser studierte 1887 bis 1889 Pharmazie an der Universität Wien und übernahm 1893 die Apotheke seines Vaters in Klagenfurt. Ab 1901 studierte er Kunstgeschichte an der Universität München und promovierte dort 1905. Im gleichen Jahr trat er in die Zentralkommission ein und wurde 1910 in der wissenschaftlichen und technischen Abteilung Sekretär (Brückler/Nimeth 2001, S. 101, 102). 444 Brückler/Nimeth 2001, S. 101. Vgl. Frodl-Kraft 1997, S. 124–134 und Kloepfer 1916, S. 174–179. 445 Semetkowski war Schüler von Strzygowskis an der Universität in Graz; weiter besuchte er während seiner Studienzeit die Baufachschule und betrieb Studien zur Architektur an der Technischen Hochschule in München betrieben (Frodl 1966, S. 124).
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mit der Einrichtung von Außenstellen in den einzelnen Kronländern nicht restlos durchgeführt werden.446 In dieser Zeit fand zunehmend ein Generationenwechsel statt, wodurch vermehrt Leute mit „einer modernen, auf solide kunsthistorische und technologische Kenntnis gestützten Denkmalpflege“ eingestellt wurden.447 Die Umstrukturierung und der Ausbau von Fachabteilungen schuf eine straffe Organisation, die damit auch die Möglichkeit zur fachlichen Arbeitsteilung erhielt. Die ersten beiden Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts stellten somit einen wichtigen Abschnitt dar und ebneten den Weg für die Entwicklung zu einer modernen Denkmalpflege. Ein Teil der organisatorischen Einrichtung des Staatsdenkmalates ging durch den Zerfall der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im Jahr 1918 verloren (Protektor, Präsident, Denkmalrat).448 Bereits Ende des 19. Jahrhunderts begann man, sich unter dem Druck der spätgründerzeitlichen Erneuerungswelle mit einem Denkmalschutzgesetz auseinander zu setzen. Dessen Einführung gelang aber erst im Jahre 1923; auf den drohenden Ausverkauf von Kunstschätzen nach dem Krieg reagierte man bereits 1918 durch ein Ausfuhrverbotsgesetz. Der Schritt zur modernen Denkmalpflege war jedoch schon am Beginn des 20. Jahrhunderts durch eine immer besser werdende Organisation auf wissenschaftlicher Basis sowie auf dem Gebiet der Praxis erkennbar.449
2.1 Die Forderung nach einer Restauratorenausbildung Eine spezialisierte Ausbildung für Restauratoren wurde im 19. Jahrhundert immer wieder gefordert. 1902 drängte das Ministerium für Kunst und Unterricht die Akademie der bildenden Künste, einen Kurs zur Ausbildung fachlich geschulter Restauratoren einzurichten. Das Professorenkollegium war prinzipiell nicht abgeneigt und wollte der Forderung auch zustimmen. Letztlich wurde dies jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass ein Raummangel vorherrsche und der Lehrzweck im Vergleich zu den übrigen Studienfächern zu unterschiedlich wäre. Im Jahr darauf gab das Kollegium, mit Ausnahme von Professor Otto Wagner, dem erneut geäußerten Wunsch des Ministeriums mit der Forderung nach, neben einem Ausbildungskurs für Restauratoren auch einen Spezialkurs für die Techniken der Wandmalerei abhalten zu wollen. Die Einführung eines solchen Kurses war jedoch zu kostspielig, womit erneut der Versuch scheiterte, eine Ausbildung für Restauratoren an der Akademie zu etablieren.450 1907 vereinbarte das Professorenkollegium mit dem Kustos der Gemäldegalerie an der
446 So hat Semetkowski 1921 vorübergehend auch die Denkmalpflegeagenden des Burgenlandes übernom-
447 448 449 450
men. In anderen Bundesländern, wie Vorarlberg, arbeiteten die Landeskonservatoren noch ehrenamtlich (Frodl-Kraft 1997, S. 115–118). Demus/Frodl 1957, S. 49, 50; Frodl 1966, S. 124; Kienzl 1994, S. 328; Frodl-Kraft 1997, S. 115–118; Brückler/Nimeth 2001, S. 101 und 253. Vgl. auch ÖZKD 20, 1966, S. 60 und Frodl-Kraft 1997, S. 440. Demus 1948, S. 403. Frodl 1987, S. 231, 232. Kortan 1984, S. 36. Vgl. auch Koller 2002, S. 104.
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Akademie, Eduard Gerisch, dass in seinem Atelier gegen Honorar private Restaurierkurse abgehalten werden. Das Ministerium stimmte im November 1908 diesem Modus zu und Gerisch begann im darauf folgenden Jahr mit den Kursen. Diese wurden jedoch nur wenige Jahre lang abgehalten.451 Dvoøák, der inzwischen Generalkonservator war, forderte eine ständige Anstellung eines Restaurators als Beamter in der Zentralkommission, dem die Verpflichtung auferlegt werden sollte, Fachrestauratoren heranzubilden und beklagte die misslichen Zustände in der Restaurierung, welche die Kommission in große Verlegenheit bringe. Die zeitlichen Verzögerungen durch die Einschaltung der Kommission verursachten bei den „lokalen Faktoren“ einen Unwillen, wodurch letztlich für die Kunstwerke nachhaltige Schäden entstanden.452 Dvoøák forderte neue Handlungsanweisungen in technischen Belangen sowie in der Retusche und machte die Diskrepanz zwischen der neuen Theorie und den fehlenden Anleitungen für deren praktische Umsetzung deutlich. Darüber hinaus kritisierte er das Fehlen von gut, das heißt im neuen Sinne ausgebildeter, Restauratoren. Die Kontrollen von laufenden Restaurierungen, für die „es keinen anderen Ausweg [gab], als eine ständige kunsthistorische Aufsicht“, müssten verstärkt durchgeführt werden.453 In den Erklärungen von Dvoøák wird also nochmals deutlich, dass es unter den neuen Vorzeichen der modernen Denkmalpflege bei der Kunstgeschichte gelegen sein sollte, die Erwartungen an die Restaurierziele festzulegen. Waren es im 19. Jahrhundert verstärkt Personen mit künstlerischer Ausbildung, die die Anleitungen und Forderungen der Restaurierziele festlegten, so änderte sich das nun. Die Kunstgeschichte in Wien war etabliert und die neue junge Generation der im Staatsdenkmalamt tätigen Personen waren meist ausgebildete Kunsthistoriker. 1910 wurde vom Thronfolger Franz Ferdinand gemeinsam mit Dvoøák der Vorschlag unterbreitet, auf Kosten der Zentralkommission oder des Ministeriums für Kunst und Unterricht, systematisch junge Restauratoren durch anerkannte Restauratoren wie Hermann Ritschl, Theophil Melicher, Hans Viertelberger oder Johann Böhm ausbilden zu lassen.454 Mit den beiden jungen Künstlern Cassian Dapoz und Konstantin Korzendörfer sollte begonnen werden. Ritschl konnte jedoch der Aufforderung Franz Ferdinands aus Zeitmangel nicht nachkommen, sodass an seiner Stelle Gerisch die erwähnten Kandidaten betreuen musste. Gerisch, der unter Trenkwald zu den wichtigsten Künstler-Restauratoren zählte und somit der älteren Generation zuzuordnen ist, übernahm also die Ausbildung einiger junger Restauratoren. Für die Restaurierung von Wandmalereien aus der Zeit der Gotik und Renaissance in Südtirol sollten ebenfalls junge Künstler ausgebildet werden, denen dann in Zukunft „die gesamten Restaurierungsarbeiten in Süd-Tirol zu übertragen“ wären.455 Die in den darauf fol-
451 Kortan 1984, S. 36; Koller 2008a, S. 12 und Baatz/Kaml 2007, S. 41. Vgl. auch Feldtkeller 2008, S. 109 452 453 454 455
Eigenberger 1927. Dvoøák 1910, Dossier und Brückler 2009, S. 51 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.11). Dvoøák 1910, Dossier. Brückler 2009, S. 51, 85, 86, 317. BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, MKFF, K.Nr.:1, 1–144, (155) 1910. Als Lehrer sollten wieder die Restauratoren Ritschl, Melicher oder Viertelberger fungieren.
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genden Jahren immer wieder anlaufenden Versuche einer Umsetzung scheiterten zuletzt an finanziellen Nöten.456 Auf den Umstand des allgemein großen Mangels an „verlässlichen Fresken-Restauratoren“ wurde in einem Akt der Zentralkommission am 11. August 1910 verwiesen.457 Die Kommission bezeichnete darin Viertelberger, Hans Lukesch und Ritschl als die derzeit einzigen Restauratoren, die „mit einiger Beruhigung“ empfohlen werden könnten; dabei wurde erwähnt, dass es schwierig wäre, die Restauratoren in „außer deutschen Landesteilen“ einzusetzen, da sie häufig aus „nationalen Gründen abgelehnt werden“.458 In der Zeit um die Jahrhundertwende waren auf den Fachgebieten der Wand- und Gemälderestaurierung die ältere Generation mit Melicher, Gerisch und Siber sowie die junge Generation mit Ritschl, Böhm, Lukesch und Viertelberger die wohl bekanntesten Künstler-Restauratoren, die sowohl vom Ministerium als auch von der Zentralkommission häufig für Arbeiten eingesetzt wurden. In dieser Zeit des Wandels war es für die Restauratoren schwierig, sich auf die neuen Anforderungen von Seiten der Denkmalpflege, damit waren in Bezug auf die Wandmalereirestaurierung die Schriften von Alois Riegl gemeint, einzustellen. Das Restaurieren nach den Rathschlägen 1883 gut beherrschend, war es nicht leicht, sich gegenüber den Auftraggebern durchzusetzen, die ebenso noch der alten Tradition anhingen. Gerade in Südtirol hatte man offenbar schlechte Erfahrungen mit den Künstler-Restauratoren gemacht und wollte daher möglichst schnell junge Maler ausbilden lassen. Wie schwierig der Umgang mit der älteren und bereits etablierten Künstler-Restauratorengeneration für die Zentralkommission war, zeigt das Beispiel Alfons Sibers. Über Siber, der neben Melicher und Gerisch zu den wichtigsten und bekanntesten Künstler-Restauratoren der Ära Trenkwald zählte und viele bedeutende Restaurierungen in Südtirol ausgeführt hat, hatte Franz Ferdinand Erkundigungen eingeholt;459 vermutlich um sich ein Bild über den Stand seines Fachwissens und seine Bereitschaft der Umsetzung der neuen Leitlinien zu machen. So berichtete der Konservator Anton Grubhofer im Jänner 1910 über Siber, dass diesem ein zu guter Ruf vorauseile, denn besonders sein „Naturell schließt das pietätvolle Vorgehen wie es solche Arbeit erfordert aus“.460 Auf die Anfrage von Franz Ferdinand bezog die Zentralkommission ebenfalls Stellung und erklärte, dass Siber von der Kommission in den letzten Jahren immer wieder für Sicherungsarbeiten an Wandmalereien herangezogen worden war. Siber verfügte über eine große praktische Erfahrung beziehungsweise war er unter einer strengen Aufsicht, „die ein Befolgen plötzlicher Eingebungen ausschlösse“ durchaus in der Lage, gute Arbeit zu leisten.461 Die größte Gefahr bei ihm wäre jedoch der „erklärliche Drang“, die Wandmalerei auf ihre „kom-
456 Kortan 1984, S. 36; Koller 2008a, S. 12; Brückler 2009, S. 52, 53. Brückler schreibt, dass 1914 Viertelberger
zusammen mit Ludwig Kahling Restaurierkurse abgehalten hat (Brückler 2009, S. 281). 457 BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, Z 49, 11. 9. 1910. 458 BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, Z 49, 11. 9. 1910. 459 Eine Auflistung der von Siber ausgeführten Restaurierarbeiten ist im Anhang unter 6.2. Tabelle 2 bei-
gefügt. 460 BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, MKFF, K.Nr. 47, K 1–140 (155), 1910 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.12). 461 BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, MKFF, K.Nr.: 47, K1–140 (155), 1910.
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positionelle Geschlossenheit“ hin zu restaurieren, was meist umfangreiche farbliche Ergänzung und Überarbeitungen zur Folge hatte.462 Durch strengere Kontrollen während der Restaurierarbeiten versuchte man seitens der Zentralkommission ein willkürliches Handeln durch die Künstler-Restauratoren zu vermeiden. Siber dürfte in diesen Jahren wenig Arbeit von der Kommission bekommen haben und beschwerte sich 1910 in einer aus sieben Punkten bestehenden „Denkschrift“ 463 über die neue Art des Restaurierens und erläuterte seine Ansichten. An diesem Punkt wird auch ein bestimmtes Selbstbewusstsein des Künstler-Restaurators spürbar. Dabei sprach er sich generell für eine zurückhaltende Vorgehensweise bei der Wandmalereirestaurierung aus. Farbliche Ergänzungen sollten vermieden werden und nur in Ausnahmesituationen wären Ergänzungen notwendig, die in „künstlerischer als auch in stilistischer Hinsicht“ an das Kunstwerk anzugleichen seien.464 Damit jedoch für den Betrachter kein falscher Eindruck entstehe, solle eine klare Unterscheidung zwischen dem Original und dem neu Hinzugefügten gemacht werden, wofür er eine Kennzeichnung etwa durch eine „dunkle Grenzlinie (je nach der Farbe des Originals)“ vorschlug.465 Damit meinte er wohl Rekonstruktionen auf Kittflächen, denn Ergänzung auf dem Original lehnte er strikt ab, außer es waren bereits zuvor Änderungen vorgenommen worden. An dieser Stelle merkt man Siber noch seine Neigung zur älteren Restauriertradition an, indem er verlangte, dass – wenn auch in Ausnahmesituationen – die farblichen Ergänzungen nach wie vor künstlerisch als auch stilistisch dem alten Kunstwerk anzugleichen wären. Interessant war hingegen sein Vorschlag, die neuen farblichen Ergänzungen zu kennzeichnen und somit für den Betrachter als eine spätere Hinzufügung eindeutig zu markieren. Siber betonte auch die Herausforderung und Schwierigkeit, nach vorgegebenen Normen zu arbeiten, da jedes Kunstwerk und jede Restaurierung immer wieder auf das Neue zu bewerten und eine strikte Vorgehensweise nach einer Richtlinie nicht immer möglich sei. Eine wichtige Voraussetzung für einen Restaurator sei aus seiner Sicht ein „großes stilistisches und technisches Können“.466 Ein Fortschritt wäre auch darin gelegen, dass man die Wandmalereien „vor und nach der Restaurierung“ gemeinsam – Restaurator und Denkmalpfleger – besichtigt, was bisher eher selten geschah.467 Prägend für die Zentralkommission war auch die Erfahrung mit den Stil-Restaurierungen in der Johanneskapelle in Pürgg und im Karner von Hartberg. Obwohl Melicher dort gewissenhaft nach den Rathschlägen 1883 vorgegangen war und die Arbeiten unter der strengen Anleitung von Trenkwald ausführte, kam es alsbald nach Fertigstellung
462 BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, MKFF, K.Nr.: 47, K1–140 (155), 1910. 463 Der Titel lautet: „Denkschrift bezüglich der Normen für die Restauration alter Fresken“ (BDA-Archiv 464 465 466 467 468
Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910; Quellentext siehe 6.1, Teil II.13. BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910. BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910. BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910. BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910. Diese Schäden entstanden „am meisten dort, wo eine Tür, die ins Freie führte, vermauert und Gipsgrund aufgetragen wurde“. Als Ursachen für diese frühe Schadensbildung vermutete man entweder die Ver-
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zu ersten kritischen Äußerungen. Neben einigen ersten Schäden in Pürgg,468 wurde bei beiden Objekten vor allem das Restaurierergebnis kritisiert. 1910 forderte der damalige steirische Landeskonservator Hauser eine neuerliche Auseinandersetzung mit der Restaurierung der Malereien in Pürgg, wobei man über eine völlige Entfernung der Überarbeitungen nachdachte.469 Die Arbeiten im Karner von Hartberg wurden von der Zentralkommission als „nicht zuverlässig“ kritisiert.470 Melicher stand besonders im Fokus der Kritik, da er die meisten wichtigen Restaurierungen ausgeführt hat. Es gab jedoch auch andere Stil-Restaurierungen, die Anlass zu Kritik gaben und wo keine so differenzierte inhaltliche Auseinandersetzung beziehungsweise Vorgehensweise stattgefunden hatte. Veraltete Kenntnisse und Methoden, die besonders auf der Anschauung einiger Künstler-Restauratoren beruhten, spiegelten das Prinzip der Erneuerung nach ästhetischen Gesichtspunkten in der wiederherstellenden Restaurierung wider. Die Ansprüche an die Künstler-Restauratoren stiegen, was nach neuen speziellen Fachkenntnissen verlangte. Die Abgrenzung vom Handwerk durch eine Professionalisierung des Restaurators wurde in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ein wichtiges Anliegen. Hier fand langsam der Übergang vom Künstler-Restaurator zum Restaurator statt, der in einer zunehmenden Spezialisierung sowie einer vermehrten methodischen Herangehensweise begründet lag. Die zahlreichen Publikationen historischer Quellenschriften führten ebenso zu einer Anhebung des Wissensstandes, sodass die Kunsthistoriker, Konservatoren oder Restauratoren auf eine immer besser werdende Basis zurückgreifen konnten.471 Es gab jedoch nach wie vor einen Mangel an guten Fachkräften. In den Jahren 1913 und 1914 hielt der Restaurator Viertelberger deshalb Restauratorenkurse ab. Fortunat von Schubert-Soldern beschrieb die großen Bemühungen von Viertelberger, „seinen Schülern die erforderliche Fertigkeit in Restaurierungen von Fresken und Wandbildern beizubringen“.472 Durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurden die Kurse jedoch unterbrochen. In diesen Jahren hielt schließlich auch Ritschl mehrere Restaurierkurse in seinem Atelier ab, in denen er sowohl Theorie als auch Praxis des Restaurierens, vermutlich an Gemälden, lehrte; an denen unter anderem Hugo Atzwanger und Alexander Kind teilnahmen.473 1914 forderte Hauser eine bessere Ausbildung für Wandmalereirestauratoren, da er der Meinung war, dass man in anderen Ländern, besonders in Italien, bereits bessere Methoden zur Restaurierung von Wandmalerei anwende als in Österreich. Seiner Ansicht nach sollten Restauratoren zur Ausbildung zuerst zwei Semester „anorganische und organische Chemie“ studieren und daraufhin ihre praktischen
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wendung von nassen Ziegeln für das Zumauern der ehemaligen Türöffnung, oder dass der Hohlraum nicht ausgemauert wurde, oder auch der von Melicher aufgetragene Gipsgrund keine gute Haltbarkeit aufwies (Melicher 2012b, Brief 12. 7. 1900, S. 133. Vgl. dazu Wibiral 1957, S. 25 und Vgl. dazu Harnoncourt 1999, S. 87–89). Bacher 1973, S. 82, 83. Sobieczky 2004, S. 59. Feldtkeller 2008, S. 109–112. BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, AV Schubert von Soldern, Z 376, 1921. Brückler/Nimeth 2001, S. 226.
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Erfahrungen durch Auslandstudien erweitern.474 Diese Einschätzung Hausers ist als sehr fortschrittlich zu bewerten, da ein Fachwissen in Chemie einen großen Vorteil bedeutet hätte. Der seit 1887 als Kustos in der Gemäldegalerie an der Akademie der bildenden Künste tätig gewesene Gerisch starb im Juli 1915. Seine Agenden wurden provisorisch vom kaiserlichen Rat und Adjunkt Heinrich Thomke weitergeführt.475 Zwei Jahre später, im April 1917, wurden als neuer Kustos der bereits als Assistent in der Zentralkommission arbeitende Robert Eigenberger und als Restaurator Serafin Maurer in der Gemäldegalerie neu angestellt. Ab dieser Zeit wurde ein dreijähriger offizieller Restaurierkurs für maximal drei Studenten angeboten, den man 1925 in die Statuten der Akademie aufnahm und bis 1932 fortführte.476 Zur Untersuchung von Gemälden richtete Maurer damals auf eigene Kosten ein Röntgenlabor ein, das später von seinem Sohn Robert Maurer um Untersuchungen mit ultraviolettem und infrarotem Licht erweitert wurde.477 15 Studenten sollen in der Zeit von 1917 bis 1932 den Restaurierkurs absolviert haben.478 Die Bemühungen um eine Restauratorenausbildung wurden intensiviert. Eine eigene Restaurierklasse an der Akademie zu etablieren gelang jedoch erneut nicht. Bis auf einzelne Restaurierkurse boten sich den Restauratoren immer noch wenige Möglichkeiten für eine fachliche Weiterbildung. Neben der künstlerischen Ausbildung an der Akademie oder einer anderen Fachschule stellte die praktische Erfahrung die wohl wichtigste Voraussetzung für den Restauratorenberuf dar. Diese konnten sich die jungen Restauratoren aber nur bei den etablierten älteren Künstler-Restauratoren erwerben, die meist noch der älteren Restauriertradition anhingen.
2.2 Eine wegweisende Konservierung in Kärnten Der Paradigmenwechsel in der Denkmalpflege vollzog sich natürlich nicht von einem Tag auf den anderen. Noch bevor Georg Dehio oder Alois Riegl ihre neuen programmatischen Schriften zur Denkmalpflege verfassten und ein neuer Weg eingefordert wurde, führte 1899 ein Restaurator eine äußerst bemerkenswerte Konservierung an einer mittelalterlichen Wandmalerei in Kärnten durch, die wegweisend für spätere Interventionen werden sollte und die bereits den Weg zu den neuen Grundsätzen erkennen ließ. Hans Viertelberger (1861–1933), wurde am 23. Juni 1861 in Wien geboren und absolvierte seine Ausbildung an der Wiener Kunstgewerbeschule sowie an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Nach seinem Studium an der Akademie arbeitete er einige Jahre im Ausstattungswesen im Burgtheater unter Josef Fux und wurde später selbständiger Restaurator. 1912 wurde Viertelberger als „ständiger Restaurator bei der Zentralkommission“ angestellt und 1925 auch zum Korrespondenten ernannt.479 Zahlreiche Reisen führten ihn in die einzelnen Kronländer der ehemaligen österreich-ungarischen Monarchie, wobei er besonders häufig nach Rumänien reiste.480 Er führte im Auftrag der Zentralkommission zahlreiche Untersuchungen, Gutachten, Freilegungen, Sicherungen und Restaurierungen durch.
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Wie bei Melicher und Siber fiel die Tätigkeit Viertelbergers in die Übergangsphase des Paradigmenwechsels. Er verstand es jedoch besser, sich den neuen Regeln anzupassen. Ausgebildet wurde Viertelberger noch in der alten Tradition, Wandmalereien zu restaurieren. Zahlreiche Berichte über seine Arbeit zeichnen ein unterschiedliches Bild über seine Arbeitsweise. Als Dvoøák 1910 den Mangel an guten Fachkräften kritisierte, schrieb er über Viertelberger, dass dieser sich bis auf einige Ausnahmen in zahlreichen Projekten gut bewährt hätte, wie beispielsweise seine Wandmalereirestaurierung im Georgskloster Suceava, in der Bukowina in Rumänien zeige. Dvoøák stellte ihn als einen äußerst gewissenhaft arbeitenden Restaurator dar, der die ihm gegebenen Vorgaben genauestens umsetzen konnte.481 Hauser wollte Viertelberger die wichtigsten Restaurierprojekte ausführen lassen, „als [den] derzeit geschätztesten Restaurator“ in Österreich; zum Zwecke einer besseren Planung sollte er mit den wichtigsten Restaurierungen betraut werden, damit man sich als Landeskonservator „auf sein Kommen verlassen […] kann“ und er nicht quer durch ganz Österreich geschickt werden muss.482 Hauser meinte aber auch, dass Viertelberger von seiner Ausbildung her „ganz empirisch ist, [und] nicht auf der Höhe der Zeit steht“; um ihn zur Beurteilung von Restaurierkonzepten anderer Restauratoren um Rat zu fragen, fehle ihm der „überlegene Standpunkt und eine profunde Kenntnis der anwendbaren möglichen Techniken“.483 Oskar Oberwalder, Landeskonservator von Oberösterreich, berichtete 1933 über das breite Betätigungsfeld von Viertelberger, das sich von der Restaurierung von Wandmalereien, Sgraffiti bis hin zu Tafelbildern erstreckte. Durch seine langjährigen Erfahrungen und umfangreichen Kenntnisse wusste er auch in schwierigen Fällen immer Rat und „rettete, was überhaupt noch zu retten war“.484 Diese ambivalenten Beurteilungen bestätigen später auch Walter Frodl und Eva FrodlKraft. Frodl schildert die Arbeitsmethode Viertelbergers dahingehend, dass er „sich noch der im 19. Jahrhundert üblichen Art des Renovierens“ bedient hätte und es „zur Überarbeitung der vorhandenen Malereien“ kam;485 und auch Frodl-Kraft beschreibt ihn als einen Restaurator, der eher nach den traditionellen Methoden einer „wieder herstellenden Restaurierung“ gearbeitet hätte.486 Bei der 1913 durchgeführten Restaurierung der gotischen Wandmalereien in der Filialkirche Maria Himmelfahrt in Einersdorf hat sich Viertelberger eine scheinbar „wohltuende Zurückhaltung auferlegt“,
474 475 476 477 478 479 480 481 482 483 484 485 486
BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Hauser an einen Regierungsrat, 18. 4. 1914. Weimar 2013 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Weimar 2013 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Kortan 1984, S. 36 und Baatz/Kaml 2007, S. 41. Vgl. dazu Koller 2002, S. 112, Streller 1987, S. 311–312 und Baatz 2008, S. 1–9. Koller 2008a, S. 12. Vgl. auch Feldtkeller 2008, S. 109–112. Brückler/Nimeth 2001, S. 281 und Oberwalder 1933, S. 69–70. Oberwalder 1933, S. 69–70. Dvoøák 1910, Dossier. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 18. 4. 1914. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 18. 4. 1914. Oberwalder 1933, S. 69–70. Frodl 1984, S. 125. Frodl-Kraft 1997, S. 140.
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die er dann später bei der Restaurierung der spätgotischen Gewölbemalereien im Langhaus des Gurker Doms „unter dem Einfluss des Domprobstes und Prälaten Dr. Johann Quitt und des ehrenamtlichen Konservators Dr. Alfred Schnerich“ wieder aufgegeben hätte, als er die Malereien mit einer „bunten Farbschicht“ übermalte, schildert Frodl-Kraft.487 Um 1900 erschien mit Viertelberger also ein Restaurator in der Restauratorenlandschaft, der für die nächsten drei Jahrzehnte der wohl wichtigste Mann auf dem Gebiet der Wandmalereirestaurierung werden sollte. Im Folgenden wird eine frühe Konservierung anhand eines Fallbeispiels erläutert. Im Unterschied zur Auffassung einer Konservierung im 19. Jahrhundert, wurden dort nur technische Arbeiten, jedoch keine Retuschen oder Ergänzungen ausgeführt. Seit 1860 wurde in regelmäßigen Abständen über den Zustand sowie die zunehmende Verschmutzung der Wandmalereiausstattung in der Bischofskapelle im Gurker Dom in Kärnten berichtet. Ausschlaggebend für die immer stärker werdende Verschmutzung der Wandoberflächen dürfte der seit 1779/80 in der Kapelle befindliche Blasbalgkasten für die barocke Orgel gewesen sein. 1808 entstand durch einen Dachbrand zudem ein massiver Schaden an Gewölbe- und Wandflächen im Ostjoch der Kapelle.488 Die malerische Ausgestaltung der auf Emporenhöhe zwischen den beiden Westtürmen befindlichen Kapelle wird nicht vor 1260 datiert und zählt zu den bedeutendsten Kunstdenkmalen spätromanischer Monumentalmalerei der Alpenländer.489 Die künstlerische Gesamtdekoration umfasst die Gewölbe, Wände, Fensterleibungen und Nischen und zeigt ein aufwendig konzipiertes ikonographisches Programm. Die Anordnung des Bildprogramms entspricht der architektonischen Zweiteilung des Raumes, getrennt durch einen Gurtbogen mit der Darstellung des Traums Jakobs und einer Himmelsleiter mit kletternden Engeln. Dargestellt sind das Irdische Paradies mit Genesisszenen im Ostgewölbe und das Himmlische Jerusalem im Westgewölbe. Im Ostjoch befindet sich an der Ostwand das Zentrum des Bildprogramms mit dem Thron Salomonis (Abb. 51), Maria als thronende Himmelskönigin mit Jesuskind flankiert von den allegorischen Tugendgestalten. Die heute fast zerstörten Szenen an den beiden Längswänden zeigten ehemals die Verkündigung der Geburt Mariae an ihre Eltern Anna und Joachim sowie die Verkündigung der Geburt Jesu an Maria durch den Erzengel Gabriel. Im Westjoch ist an der Westwand die Transfiguration Christi (Abb. 15 a) sowie an den beiden Schildbogenwänden südlich der Zug der Heiligen Drei Könige (Abb. 15 b) und nördlich der Einzug Jesu in Jerusalem zu sehen. Eine Besonderheit stellen die zahlreichen plastisch modellierten und mit Metallauflagen gestalteten Applikationen dar, die Nimben, Gewand- oder Architekturelemente verzierten.490
487 Frodl-Kraft 1997, S. 140. 488 MZK V, 1860, S. 90, 91. 489 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 106–112; Brucher (Hg.) 2000, S. 436, 437; Demus 1968,
S. 212–214; Ginhart 1967, S. 9–174 (Auswahl). 490 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 106–112; Brucher (Hg.) 2000, S. 436, 437; Santner 2011,
S. 37–62; Santner 2007; Baatz/Santner 2008–09, S. 97–108, Santner/ Burszán/Riedel 2008; Schneeweis 2001; Koller 1997, S. 365; Demus 1968, S. 212–214; Ginhart 1967, S. 9–174.
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Die malerische Gesamtausstattung blieb vor beeinträchtigenden Interventionen oder Übertünchungen, abgesehen von der Entfernung der Erkerapsis an der Ostwand im Zuge des Orgeleinbaues, weitestgehend verschont und zeigt einen altersmäßig bedingten, in weiten Teilen reduzierten Zustand.491 Dass die Malereien nie übertüncht oder stark überarbeitet wurden, unterscheidet sie von den anderen bisher besprochenen Fallbeispielen, die alle wiederentdeckt und freigelegt worden waren. In Gurk bestand also ein durch die natürliche Nutzung, Alterung und das Raumklima sowie durch die Folgen eines Dachbrandes geprägtes Erscheinungsbild. Diese Situation beeinflusste die Strategie der Vorgehensweise. 1899 beauftragte die Zentralkommission Viertelberger mit der Sicherung der Malereien.492 Der Korrespondent Paul Grueber berichtet am 1. September 1899 über die Arbeiten, die er aufgrund des noch stehenden Gerüstes aus der Nähe kontrollieren konnte, dass Viertelberger große Risse mit „feine[m] Weißkalkmörtel“ verkittete und lockere Putzteile mit „Käseleim“ konsolidierte, wobei er die vorsichtige Arbeitsweise hervorhob, da die Randzonen entlang der Risse intakt erhalten blieben und nicht überdeckt wurden.493 Das Bemerkenswerte an der Vorgehensweise Viertelbergers war, dass er bis auf wenige Retuschen auf Kittungen keine farblichen Ergänzungen ausführte, sondern die Malereien nur reinigte, lockere Putzteile mit Kasein festigte und Putzhohllagen vermutlich mit Gipsmörtel hinterfüllte. Bezüglich der in Teilbereichen stark reduzierten Malerei machte Viertelberger den Vorschlag, eine farbliche Rekonstruktion an einem Medaillon im Friesbereich auszuführen, um die ursprüngliche Pracht und Farbigkeit der Malereien zeigen zu können. Die Kommission zeigte sich mit dem Vorschlag einverstanden, ein Medaillon im Friesbereich „in den richtigen lebendigen Farben und Vergoldungen des einstigen Bestandes [wiederherzustellen]“.494 Aufgrund von Arbeitsüberlastung bat Viertelberger die Kommission um einen zeitlichen Aufschub seiner Arbeiten, was ihn offensichtlich schließlich veranlasste, der Kommission einen überarbeiteten Vorschlag hinsichtlich der Medaillonrekonstruktion zu unterbreiten.495 Um die ursprüngliche Malerei für den Besucher wieder erlebbar zu machen, schlug er vor, eine Kopie anzufertigen und diese im Raum aufzustellen. Zwei Gründe führte er für diese Idee an. Erstens würde das überlieferte Erscheinungsbild durch eine Kopie keineswegs gestört werden und der Betrachter würde trotzdem eine Idee von der ursprünglichen Schönheit vermittelt bekommen;
491 Baatz/Santner 2008–09, S. 99, 100 und Santner 2007, S. 3, 4. 492 MZK V, 1860, S. 90, 91. Vgl. auch MZK N.F. XXIV, 1898, S. 58, 59. 493 Quellentext siehe 6.1, Teil II.1. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P.Nr. 1703 und Archiv Diözese,
Gurk, Akt Gurk, Z. 1837, 1899. Vgl. dazu auch MZK N.F. XXVI, 1900, S. 111; Ginhart/Grimschitz 1930, S. 63, 64; Santner 2007, S. 3–6 und Baatz/Santner 2009, S. 99–101. 1904 schreibt Viertelberger über seine Untersuchungen in der Apsis an den Blumenthalmalereien und erwähnt dort folgende Vorgehensweise: „Die zahlreichen losgelösten Partien der Gemälde wären, so wie es in der Westempore (dem sogenannten Nonnenchor) diesen Sommer durchgeführt wurde, wieder mit dem Verputze resp. den Steinen des Mauerwerks, die an manchen Stellen hervorstehen, in feste Verbindung zu bringen. Damals hat der Gefertigte die hohlen Stellen mit Gypsmörtel ausgegossen und kleinere Stücke mit Käseleim befestigt. Nachdem sich dieser Vorgang bewährt hat, so gedenkt er auch hier die Befestigungen in derselben Weise durchzuführen“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, Brief 1. 12. 1904). 494 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P. Nr. 960, 1900. 495 Quellentext siehe 6.1, Teil II.2.
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eine wiederherstellende Restaurierung schloss er aufgrund der zu großen Fehlstellen von vornhinein aus, was aus seiner Sicht „dem Bestreben gewissenhaft zu restaurieren nicht mehr entsprechen würde.“496 Und zweitens fürchtete er, dass nur die geringste Intervention in Form einer Retusche den Eindruck erwecken könnte, als sei hier übermalt worden, „was für einen gewissenhaften Restaurator der schwerste Vorwurf ist den man ihm machen kann“.497 Viertelberger sah in einer farblichen Teilrekonstruktion an Ort und Stelle die Gefahr, dass letztlich in der Folge größere Wandflächen rekonstruieren werden müssten. Sein Vorschlag zu einer separaten Kopie ist als fortschrittlich einzustufen und entsprach dem allgemeinen Aufbruch um 1900.498 Viertelberger nimmt in diesem Punkt Riegls Gutachten von 1903 „Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei“ 499 vorweg, der darin Überlegungen anstellte, Kopien von mittelalterlichen Wandmalereien anzufertigen, um damit das Original als Urkunde möglichst unangetastet zu belassen und trotzdem dem historischen (sprich kunsthistorischen) Wert besser Rechnung zu tragen. Die am Original fehlenden Bereiche könnten laut Riegl dabei farblich ergänzt werden. Die Kopie wäre dann vor dem Original aufzustellen, um einerseits den ursprünglichen Gesamteindruck zu vermitteln und andererseits dabei den Kunsthistorikern ihre Studien auch am unangetasteten Originalbestand zu ermöglichen.500 Möglicherweise kannte Riegl die Diskussion um die Vorgehensweise in Gurk und hat daraus gewisse Inspirationen für seine Schrift erhalten. Viertelberger hatte bereits Anfang der 1890er Jahre „fachliche Beziehungen aufgenommen“ und stand damals vermutlich im Austausch mit Personen der Zentralkommission.501 In Viertelbergers Vorgehensweise sind einige Grundsätze der späteren neuen denkmalpflegerischen Leitlinien erkennbar, beziehungsweise entsprach sein Handeln den Maßstäben einer Konservierung nach heutigem Verständnis. Seine Vor-
496 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P.Nr. 960, 1900. 497 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P.Nr. 960, 1900. 498 Melicher diskutierte 1897 mit der Zentralkommission die Anfertigung einer Kopie des Landplagenfreskos
499 500 501 502 503 504
505 506
507
an der Dompfarrkirche in Graz. Dieses Gemälde war so stark von älteren Übermalungen beschädigt, dass man das Wandbild abschlagen und durch eine Kopie ersetzen wollte (Huf-Melicher 1988, Bericht 28. 01. 1898, S. 485–495. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 49, 50). MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 165. Oberwalder 1933, S. 69–70. Schnerich 1924 –1933, S. 10. Sitte 1892, S. 75–78. Sitte 1892, S. 75–78. Einen eher ungewöhnlichen Vorschlag unterbreitete Sitte hinsichtlich von „Fresco Resten“, der alsbald Kritik hervorrief; man könne „getrost den gesammten Wandschmuck in harmonischer Gestaltung“ erneuern, „säge aber vorher alle Fresco-Reste ab“; die abgenommenen Wandmalereien könnten dann „wohlgeordnet und nach Fundstellen bestimmt“ an anderer Stelle, z. B. einem Museum wieder ausgestellt werden (Sitte 1892, S. 75–78. Vgl. dazu Kienzl 1994, S. 344). Semper war seit 1883 Korrespondent (Brückler/Nimeth 2008, S. 253). Weitere wichtige Gutachten waren etwa 1902 zu dem geplanten wiederherstellenden Eingriff beim Riesentor von St. Stephan, 1903 zur Erhaltung des ehemaligen diokletianischen Palastes in Spalato, oder 1904 zu den Wandbildern in der Heiligkreuzkapelle des Domes auf dem Wawel zu Krakau (Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13 und 33–41). Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13 und 33–41. Vgl. dazu Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 145–156; MZK 3, 2, 1903, Sp. 333–341 und MZK 3, 3, 1904, Sp. 272–29.
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gehensweise beschränkte sich auf rein erhaltende Maßnahmen, womit hier ein wesentlicher Unterschied in der Auffassung einer Konservierung zur Ära Trenkwald vorliegt, wo zu einer Konservierung auch eine differenzierte Retusche, Ergänzung, beziehungsweise Rekonstruktion gehörten. Die Herangehensweise in Gurk dürfte Vorbildwirkung für andere Restaurierungen gehabt haben. 1933 schrieb der Korrespondent Alfred Schnerich über die Arbeit Viertelbergers, dass es sich „um ein damals ganz neuartiges Verfahren, ohne jede Zutat gehandelt haben [soll]“, welches für viele weitere Restaurierungen wegweisend gewesen sein soll.502 Schnerich beschrieb mit dem neuartigen Verfahren eine rein konservatorische Handlungsweise. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass auch Camillo Sitte bereits 1892 ein generelles Verbot der Restaurierung alter Wandmalereien für den Gurker Dom forderte, da eine solche „bisher noch immer vernichtend ausgefallen“ sei.503 Als Restauriermethode beschrieb er die Intervention „des blos trockenen Reinigens von Schmutz und Staub und des Retouschirens kleinster Stellen mit Wasserfarben“, ließ dabei jedoch nicht unerwähnt, „[dass] sogar dieses gelindeste Verfahren Schaden bringen kann“.504 Seine Beschreibungen entsprachen in etwa der zurückhaltenden Vorgehensweise in der Bischofskapelle, die in jedem Fall eine großartige restauratorische Leistung für die damalige Zeit war. Eine der Voraussetzungen für die Möglichkeit einer solchen Vorgehensweise war wohl die Tatsache, dass die Wandmalereien in der Bischofskapelle nicht freigelegt werden mussten und dass sie ein weitestgehend natürlich gealtertes Erscheinungsbild beziehungsweise einen hohen Zeugniswert besaßen. Die Bereitschaft, einen solchen Zustand zu akzeptieren und sich neben der Reinigung vor allem auf konservatorische Handlungsschritte zu beschränken, war also viel eher gegeben. Die Leistung Viertelbergers ist in diesem Fallbeispiel nicht hoch genug einzuschätzen und zeigt die Tendenz einer neuen Herangehensweise.
2.3 Im Spannungsfeld zwischen alter Restauriertradition und neuen Grundsätzen Bevor Riegl seine neue Funktion als Generalkonservator antrat, war er bereits einige Zeit für die Kommission als Berater tätig gewesen, was eine bestimmte Reisetätigkeit mit sich brachte. Dabei reiste er auch gemeinsam mit Hans Semper, der damals Professor für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck war.505 In seiner Tätigkeit verfasste Riegl unzählige Gutachten,506 in denen seine methodischen Überlegungen und neuen Ideen erkennbar sind, die er in die Praxis umzusetzen versuchte.507 Im Folgenden werden drei Gutachten von ihm diskutiert, die einen Einblick in seine Handlungsweisen und seinen Zugang zur Wandmalereirestaurierung geben. Eines seiner ersten Gutachten erstellte Riegl 1902 über ein mittelalterliches Wandbild in der so genannten Frauenkapelle in der Laurentiusbasilika in Lorch bei Enns in Oberösterreich. Dargestellt sind Szenen der Veronika mit Schweißtuch, Heiligen-
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legenden, Einzelfiguren und eine Verkündigung aus dem 14. Jahrhundert (Abb. 16).508 Die freigelegten Malereien wurden vor dem Auftreten Riegls bereits von Melicher untersucht. In seinem Gutachten beschrieb Melicher den möglichen Schadensverlauf der Wandbilder nach ihrer Freilegung und der Entfernung der Tüncheschicht, die ja eine Zeit lang einen Schutz gebildet hatten. Neben einer Reinigung müssten die Malereien daher unbedingt imprägniert werden, um die noch wenigen erhaltenen Bereiche zu konservieren. Die Restaurieraufgaben hätten sich auf „das Austupfen störender fehlender Malstellen“ zu begrenzen, wobei ganz kleine Fehlstellen belassen werden sollten, die scheinbar „vergilbten Conturen sind nachzuziehen“.509 In den Worten Melichers zeigte sich durchaus ein dem neuen Verständnis entsprechender, sorgsamer Zugang zur unbeeinträchtigten Erhaltung der Originalsubstanz und einem zurückhaltenden Ausgleichen von auffallenden Fehlstellen. Dennoch dürfte Melicher in seiner tatsächlichen Arbeitsweise – so wie in Pürgg oder Hartberg – diese Begriffe anders verstanden haben, sodass Riegl sich in dem Ennser Fall zum Einschreiten veranlasst sah. Riegl stellte nach eigener Untersuchung fest, dass die Wandmalerei stark beschädigt und in manchen Teilen durch mehrere Resttüncheschichten überdeckt war. Der Zustand der Malerei würde jedoch die hohen Kosten für eine Restaurierung nicht rechtfertigen. Seiner Meinung nach sollte eine Nachfreilegung durchgeführt werden, um den Bestand danach photographisch zu dokumentieren beziehungsweise durch einen Künstler kopieren zu lassen. Für Dokumentationszwecke jedoch wollte Riegl die Malereien imprägnieren, wie er schrieb, „wobei Auffrischungen durch Tränkung zu Hilfe genommen werden könnten […]“.510 Diese Stellungnahme Riegls gab einen Vorausblick auf seinen berühmten Aufsatz zur Restaurierung von Wandmalerei aus dem darauf folgenden Jahr, in welchem er die Bedürfnisse eines Kunsthistorikers nach der Geschlossenheit eines Werks behandelte und zur Schonung des Originalbestandes durch die Anfertigung von Kopien eingelöst sehen möchte. Zur Erfüllung dieser Bedürfnisse gehörte auch die Tränkung der Wandmalerei zum Zwecke der besseren Erkennbarkeit. Im Wesentlichen unterschieden sich die beiden Gutachten von Melicher und Riegl nicht sonderlich. Neben der Nachfreilegung hätte Riegl die Malereien wohl ebenso reinigen lassen, wie es auch Melicher vorschlug. Die Imprägnierung wurde von beiden empfohlen, nur mit unterschiedlichen Intentionen. Melicher wollte durch die Festigung die Malereien langfristig schützen, Riegl hingegen sah vor allem die Vorteile für die kunsthistorische Interpretation. Der deutlichste Unterschied ist in der Frage der Retusche erkennbar. Riegl lehnte sie aufgrund des Respektes gegenüber der noch erhaltenen Substanz sowie auch aus Kostengründen ab, Melicher hingegen sah darin ein Verbesserungspotential der Bildwirkung. In diesem Punkt sowie in der Forderung nach einer
508 Dehio 1956, S. 188, 189. 509 BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, GZ. 775/1902, Brief 15.5.1902; Harnoncourt 1999, S. 115
und Koller 2002, S. 110 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.3). 510 MZK 3,1, 1902, Sp. 253 und Koller 2002, S. 110. 1907 wurde Viertelberger mit einer Festigung der
Malereien beauftragt, nachdem man ein weiteres Verblassen der Malereien beobachten konnte (Vgl. dazu Harnoncourt 1999, S. 114–120).
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photographischen und zeichnerischen Dokumentation unterscheiden sich die beiden Gutachten. Im gleichen Jahr untersuchte Riegl gemeinsam mit Semper die bedeutenden spätmittelalterlichen Malereien im Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz in Tirol. Die Ausmalung der 25 Joche des Kreuzganges erfolgte traktweise zwischen 1512 und 1526 und stellt Szenen aus der Passion Christi und zwei Darstellungen aus dem Leben des Heiligen Franziskus dar.511 Der Zustand der Malereien ist durch Ablaugungen und Übermalungen stark reduziert und zeigt heute meist nur mehr die hoch differenzierte Pinselunterzeichnung (Abb. 18). Siber arbeitete seit 1899 an diesem umfangreichen Malereibestand, der 1687/88 übermalt worden war.512 Riegl nimmt in seinem Gutachten auf fünf Wandbilder im nördlichen Bereich des Kreuzganges Bezug. Darin schlägt er vor, die Wandbilder von der barocken Übermalung freizulegen und zu reinigen, wodurch in den gut erhaltenen Bereichen die noch vorhandenen Malschichten sowie in den beschädigten Zonen die Unterzeichnung zum Vorschein gebracht werden sollten. Auf farbliche Ergänzung wäre bis auf die die Bildfelder trennenden Säulen und Rahmen zu verzichten. Auf Wunsch des Klosters wurden die übrigen Wandfelder des Kreuzganges jedoch in der Art der künstlerisch angeleiteten Stil-Restaurierung fortgesetzt (Abb. 17). Riegl und der ihn begleitende Semper forderten zusätzlich Pausen und Fotografien von den „alten Umrisse[n] und Schraffierungen“, womit die Unterzeichnung gemeint war, die abschließend von Semper kollaudiert werden mussten.513 In dem Gutachten wurde die Abnahme der barocken Malerei auf die mittelalterliche Unterzeichnung formuliert, obwohl kaum mehr mittelalterliche Farbreste vorhanden waren. Hier wurde der Verlust der barocken Ausstattung zu Gunsten einer stark reduzierten originalen Substanz bevorzugt. Obwohl das entwicklungsgeschichtliche Verständnis der Kunstgeschichte bei Riegl dem Barock durchaus einen Platz eingeräumt hat, erschien ihm in Schwaz der ältere, mittelalterliche Bestand selbst in seinem reduzierten Erhaltungszustand im Sinne einer Rangordnung doch noch höherwertiger zu sein. Diesem kunsthistorischen Interesse sollte das barocke Werk durchaus geopfert werden. Bezeichnend für den schrittweisen Übergang in der Umsetzung der neuen Restaurierauffassung war, dass Riegl anlässlich seines Ortsbesuches 1902 offenbar noch keinerlei Einfluss auf die Ausführung von Siber nehmen konnte, da dieser bis 1911 unverändert weitestgehende künstlerische Übermalungen nach der Freilegung durchführte.514
511 512 513 514
Rosenauer 2003, S. 459, 460. Siehe Garber 1920, S. 67–90. MZK 3, 1, 1902, Sp. 351. MZK 3, 1, 1902, Sp. 351. Siber stellte bis 1911 zehn Abschnitte fertig. Über seine Arbeit schreibt er, dass er die Wandbilder „nach [seiner] Ueberzeugung richtig restauriert, nur das letzte Bild musst [er] gegen [seine] Ueberzeugung restaurieren“ (BDA-Archiv Hofburg, Tirol, Akt Schwaz, Z. 652). Siber wurde daraufhin vom Restaurator Viertelberger abgelöst, der „die schöne alte Vergoldung des XVI. Jahrhdt. mit späteren Uebermalungen entfernt[e]“ (BDA-Archiv Hofburg, Tirol, Akt Schwaz, Z. 652, 1914 und Götzinger 1993, S. 78–81).
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Ein weiteres Gutachten skizziert insbesondere die Auffassung des Kunsthistorikers Riegls gegenüber den künstlerisch angeleiteten Stil-Restaurierungen und beleuchtet den schwierigen Entscheidungsfindungsprozess in der Frage des Restaurierziels. Melicher restaurierte in der alten Taufkirche St. Johann im Kreuzgang von Brixen im Jahre 1900 ein „Gemälde am Triumphbogen“ (Abb. 19, 20), welches vom Domprobst Franz Egger „als vorzüglich gelungen“ an die Zentralkommission gemeldet wurde.515 Nachdem kritische Stimmen über die Restaurierung laut geworden waren, wurde im Oktober 1902 eine kommissionelle Besichtigung einberufen, an der unter anderem der Kommissionsleiter Josef Neuwirth, Domprobst Franz Egger, Korrespondent Johann Walchegger, der Künstler Adolf Böhm sowie Riegl und Semper teilnahmen. Riegl verfasste ein umfangreiches Gutachten dieser kommissionellen Besichtigung, welches das damalige Spannungsfeld zwischen der traditionellen Herangehensweise und den Reformansätzen gut widerspiegelt.516 Riegl gab darin die wissenschaftliche Auffassung der Kunsthistoriker wieder, die er ja selber vertrat, indem er jegliche stilgerechte Ergänzung in einem alten Wandbild absolut ablehnte. Dadurch würde der Charakter des Kunstwerks verfälscht, was letztlich zu einer fehlerhaften kunsthistorischen Interpretation führen würde.517 Einen ähnlichen Ansatz konnten wir bereits in der Tätigkeit Viertelbergers in der Bischofskapelle in Gurk erkennen.518 In diesem Gutachten von Brixen 1902 entwickelte Riegl den Hauptgedanken seines grundlegenden Aufsatzes zur Restaurierung von Wandmalerei aus dem Jahre 1903, in welchem er die ganz unterschiedlichen Erwartungshaltungen der drei Gruppen von Rezipienten – Radikale, Kunsthistoriker und Konservative, wie er sie nennt – thematisierte und die verschiedenen restauratorischen Vorgehensweisen im Hinblick auf diese Erwartungshaltungen betrachtete.519 Das Ergebnis dieser Restaurierung in der Taufkirche St. Johann in Brixen, die eine weitgehende künstlerisch angeleitete Überarbeitung des freigelegten Bestandes darstellte, wurde von Riegl – ungeachtet seiner persönlichen Haltung zur Bewahrung der Originalsubstanz – nicht grundsätzlich kritisiert, sondern als Resultat der spezifischen Erwartungen im kirchlichen Bereich verständlich gemacht. Melicher sei vom Domkapitel in Brixen geradezu aufgefordert worden, nicht nur die vorhandenen Malflächen aufzufrischen, sondern auch bereits verloren gegangene Flächen sowie Fehlstellen innerhalb noch bestehender Originalbereiche mit neuen Kompositionen zu ergänzen. Diese und noch weitere beschriebene Vorstellungen über das von Seiten der kirchlichen Auftraggeber gewünschte Restaurierergebnis mussten hier vom Künstler-Restaurator erfüllt werden.520 Die Entscheidung über das Restaurierziel wurde daher nicht alleine von der Zentralkommission gefällt, sondern kam in Auseinandersetzung mit dem Denkmaleigentümer und anderen verantwortlichen Personen zustande.
515 516 517 518 519 520
Stampfer 2005, S. 22. Vgl. dazu Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 36. Quellentext siehe 6.1, Teil II.4. Stampfer 2005, S. 22–25. Siehe dazu „2.2 Eine wegweisende Konservierung“, Kapitel 2. Siehe dazu „2.4.1 Alois Riegl: Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei“, Kapitel 2. Stampfer 2005, S. 22.
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In den hier diskutierten Gutachten erkennt man die Ansprüche an eine neue Art des Restaurierens. Der Fokus lag dabei auf einer größeren Zurückhaltung gegenüber dem überlieferten Bestand, schloss jedoch die Imprägnierung zum Zwecke der kunsthistorischen Untersuchung mit ein. Dabei ging es um die Erhaltung der Kunstwerke in ihrer dokumentarisch verbürgten Substanz. Der Unterschied zu den älteren ästhetischen Gutachten bestand darin, dass die Retusche und farbige Ergänzung nämlich nicht als die wichtigsten Bestandteile einer Restaurierung gesehen wurden.
2.4 Der Beginn der modernen Denkmalpflege und neue Leitlinien zur Wandmalereirestaurierung Die staatliche Denkmalpflege im späten 19. Jahrhundert wurde einerseits von Praktikern wie Baufachleuten, Künstlern oder Künstler-Restauratoren mit verschiedenen Gattungs- und Stilvorlieben und andererseits von Kunsthistorikern, Historikern und Archäologen mit verschiedenen Forschungsschwerpunkten geprägt.521 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde vermehrt über neue Prinzipien in der Restaurierung und über mögliche Verbesserungen zur Erhaltung von Kunstdenkmalen diskutiert. In Fragen der Denkmalpflege wurden klarere Positionen gefordert.522 Der Umdenkprozess ging einher mit neuen Programmschriften, in denen eine weitgehende Revision der methodischen Grundsätze stattfand, sowie mit einer neuen Personalentwicklung, was zu einer radikalen Änderung in der Denkmalpflege führte. Für diese Neuorientierung waren unter anderen der deutsche Kunsthistoriker Dehio und in Österreich die Kunsthistoriker Ilg, Neuwirth, Riegl und Dvoøák verantwortlich, was insgesamt einen zunehmenden Einfluss durch die Kunstgeschichtswissenschaft bedeutete.523 Der deutsche Kunsthistoriker Georg Dehio sprach sich in seiner programmatischen Kaiserrede zum Thema „Denkmalschutz und Denkmalpflege im neunzehnten Jahrhundert“ 1905 für eine dezidierte Trennung zwischen der Denkmalpflege und der nachschaffenden Restaurierung aus. Der so oft zitierte Ausspruch „Konservieren, nicht restaurieren“ umreißt den Hauptgedanken seiner denkmalpflegerischen Ansicht, indem er einen respektvollen Umgang bei der Erhaltung von Denkmalen forderte und diese zur wichtigsten Regel erhob.524 In seinem Sprachgebrauch verstand er unter Restaurierung Erneuerung, Vervollständigung und Nachbildung, was im heutigen Verständnis eher von den Begriffen Renovierung und Rekonstruktion umrissen wird. Der Appell von
521 Wohlleben 1988, S. 11. 522 Bacher 1995b S. 13, Feldkeller 2008, S. 77–88 und Janis 2005 S. 20–24. Siehe dazu auch Meier/Scheuermann/
Sonne 2013. 523 ZDP, II, 1927/28, S. 93.Vgl. dazu siehe Bacher 1985, S. 22–24 und Frodl 1966, S. 123. 524 Dehio 1905, S. 263–282, Janis 2005, S. 20,21, Feldtkeller 2008, S. 80 und Euler-Rolle 2010, S. 90–92. Dehio
verwendete diesen Satz bereits 1900 beim ersten „Tag für Denkmalpflege“ in Dresden (Frodl 1987, S. 234). Dehio hat hier wortwörtlich eine bereits 1884 in Turin ausgesprochene Forderung Camillo Boitos „conservare, non restaurare“ übernommen (Kühlenthal 1998, S. 313).
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Dehio war nicht neu, wenn man sich an die Restaurierung des Tullner Karners oder an den ersten kunstwissenschaftlichen Kongress, beide 1873, erinnert, fand aber in einer anderen Zeit und in einem anderen Umfeld statt und erhielt nun eine viel stärkere Verankerung in der Denkmalpflege. In Österreich war dieser Prozess eng mit der Person Riegls verbunden, der ebenfalls einige wichtige Schriften zur Denkmalpflege veröffentlichte, die den Denkmalbegriff entscheidend verändern sollten. Sein wohl bekanntestes Werk „Der Moderne Denkmalkultus: Sein Wesen und seine Entstehung“ stellt ein theoretisches Gedankengebäude dar, das erstmals in einer umfassenden Gesamtsystematik Werte und Bedeutungsebenen von Denkmalen definierte.525 Seine Haltung gegenüber dem Denkmal war den von Ruskin 1849 veröffentlichten und 1900 erstmals ins Deutsche übersetzten Thesen nicht unähnlich, indem die Altersspuren den schicksalhaften Weg der Denkmale über die Zeiten und damit auch ihre Authentizität bezeugen sollten. Damit war auch bei Riegl die Abwendung von den Stil-Restaurierungen des 19. Jahrhunderts und die größtmögliche Obsorge für überlieferte Zustände vorgezeichnet.526 Die Entwicklung verschiedener Wertekategorien stellte die Basis für eine differenzierte Überprüfung des Denkmals in seiner Ganzheit dar, die im Ergebnis von der jeweiligen zeitgenössischen Rezeption abhängig ist. Diese Systematik ist eine wichtige Voraussetzung für die Abwägung zur Entscheidungsfindung im denkmalpflegerischen Handeln. Hierbei müssen die verschiedenen Denkmalwerte – Erinnerungswerte und Gegenwartswerte – in ein Verhältnis zueinander gesetzt werden.527 Riegl und Dehio wurden zu Pionieren und gelten als Wegbereiter für eine moderne und eigenständige Denkmalpflege. Mit ihren Betrachtungen wurde das Denkmal endgültig als historisches Dokument manifestiert und als Ausdruck einer bestimmten Zeitspanne in der menschlichen Entwicklung anerkannt. Die Baudenkmale galten dabei als Ausgangspunkte für diese Debatten, an denen die modernen ethischen Maximen festgeschrieben wurden. Der Respekt vor dem überlieferten Original und vor seinem historisch gewachsenen Zustand wurde im 20. Jahrhundert immer wieder zur wichtigsten Forderung für Restaurierungsprinzipien erhoben.528 Aus der ablehnenden Haltung gegenüber der restauratorischen Praxis des Historismus entstanden auf dieser Grundlage auch neue Leitlinien für die Praxis der Wandmalereirestaurierung.
2.4.1 Alois Riegl: Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei Riegl legte am 13. Jänner 1903 in einer der Plenarsitzungen der Zentralkommission ein grundlegendes Gutachten „Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei“ 529 vor, das er später in ähnlicher Form auch veröffentlichte und das im Folgenden nun besprochen wird.530 Riegl war auch Mitglied im „Comité für Gemälderestaurierung“, in dem neue Behandlungsmethoden in der Restaurierung diskutiert wurden.531 Wie schon im 19. Jahrhundert mehrfach angesprochen wurde, gab es nach wie vor ein enges fachliches Zusammenwirken zwischen der Gemälde- und Wandmalereirestaurierung. Auch in den bereits beschriebenen Ausbildungskursen wurde nicht
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wirklich zwischen diesen beiden Fachgruppen unterschieden. Riegl bedauerte die vor allem im 18. Jahrhundert durchgeführten Übertünchungen an mittelalterlichen Wandmalereien sowie die im 19. Jahrhundert verfolgte Restaurierpraxis der weitgehenden Wiederherstellung des ursprünglichen Aussehens. Dabei sprach er die meist nur annähernde Übereinstimmung mit einem mittelalterlichen Wandbild an, der eine kritische kunsthistorische Auseinandersetzung fehlte und die stark von künstlerischen und subjektiven Empfindungen getragen worden war.532 In einer systematisierenden Analyse der verschiedenen Interessenslagen unterscheidet Riegl zwischen drei Gruppen: den „Radikalen“ – vor allem künstlerisch Interessierte und Künstler –, den „Kunsthistorikern“ sowie den „Konservativen“, zu denen er den Klerus und die Laien zählte. Diese drei Gruppen hatten nach Riegl verschiedene Erwartungshaltungen. Die Radikalen wünschten die Erhaltung der überlieferten Substanz ohne jegliche konservatorische und restauratorische Intervention, wodurch auch der von ihnen hoch gehaltene „Alterswert“ beziehungsweise Stimmungswert am besten empfunden werden könnte.533 Für die Kunsthistoriker hatte das unverfälschte Original als Beweisurkunde und seine Lesbarkeit den größten Wert; dabei wurde das Schließen von Fehlstellen als ein gewisser Beitrag zur Wiedergewinnung des Originals betrachtet. Gerne hätten sie den ursprünglichen Zustand durch eine Restaurierung wieder anschaulich gemacht, jedoch lehnten sie jede Veränderung als Verfälschung des authentisch überlieferten Bestands ab. Die Konservativen hingegen könnten mit gestörten Flächen, fragmentarischen Formen oder reduzierten Zuständen gar nichts anfangen und wären stets für eine Vervollständigung oder Wiederherstellung durch Übermalung, um eine komplette Bildwirkung zu erzielen. Besonders die katholische Kirche würde sich nur mit einer geschlossenen, vollständigen Gestaltung ihrer Sakralräume und darin befindlichen Bilderwelt einverstanden erklären. Lücken in figuralen Darstellungen religiösen Inhalts hatten dabei keinen Platz und sollten unter allen Umständen geschlossen werden. „Es wäre ihm alles recht, nur müßten die Figuren ihre Köpfe wieder bekommen“, so der Pfarrer von Schönau 1903 über seine Restaurierwünsche.534 Riegl versuchte, in seinem Gutachten 1903 zur Behandlung von Wandmalereien auf diese drei Gruppen einzugehen und ihre Forderungen gegeneinander abzuwägen. Der wichtigste Grundsatz für Riegl war die „Erhaltung, nicht Restaurierung!“, wobei er die Zusammengehörigkeit der beiden Begriffe erkannte
525 526 527 528 529 530
531 532 533 534
MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31, Feldtkeller 2008, S. 81 und Janis 2005, S. 20, 21. Frodl 1987, S. 235. Janis 2005, S. 20, 21. Janis 2005, S. 23, 24 und Feldtkeller 2008, S. 103–111. Im Folgenden wird die Bezeichnung Gutachten 1903 für den Text verwendet. MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31. Riegl war unter anderem Mitglied im „Comité für Gemälderestaurierung“, die ab 1903 ein „Programm über die Behandlung der alten Wandmalereien“ erarbeiteten (Kobald 1903, S. 9, 10 und Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13). Kobald 1903, S. 9, 10 und Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13. MZK 3, 2, 1903, Sp. 14, 15. MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31. MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–20; Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 161 und Harnoncourt 1999, S. 110–112.
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und darauf hinwies, dass eine Konservierung ohne Restaurierung grundsätzlich gar nicht möglich sei.535 Den kleinsten gemeinsamen Nenner der drei Gruppierungen und die einfachste Erhaltungsregel stellte für Riegl die Entfernung von Schmutz und Hinzufügungen dar.536 Die drei wichtigsten Behandlungsmethoden zur Restaurierung von Wandmalerei beschrieb er folgendermaßen: „1. Die Reinigung durch unschädliche Mittel. 2. Die Ausfüllung klaffender Spalten im Mauerwerk,537 wobei der füllende Mörtel an der sichtbaren Oberfläche in einer der Gesamtfärbung der umgebenden Malpartien entsprechenden Weise getönt werden soll. 3. Die Befestigung loser Farben- oder Mörtelschichten“.538 Bei Riegl war also ein Bewusstsein für eine Balance zwischen der unveränderten Erhaltung der Originalsubstanz mit ihren Fehlstellen auf der einen Seite und der Rücksichtnahme auf eine Gesamtwirkung in der Wahrnehmung auf der anderen Seite erkennbar. Zusätzlich forderte er ein Verbot von transparenten Materialien für Imprägnierungen, durch die in der Vergangenheit massive Schäden verursacht worden waren, wie beispielsweise Wachs, das vermeintlich vor „mechanischen Zerstörungen und chemischen Zersetzungen“ schützen sollte.539 Zur langfristigen Erhaltung schloss er jedoch die Anwendung „eines deckenden Schutzmittels, oder einer Schutzschicht, analog der Verglasung der Ölgemälde“, nicht gänzlich aus, wie beispielsweise für pulvrige Malschichten.540 Grundsätzlich hatte die Aufbringung von Schutzüberzügen auch eine Auswirkung auf das Erscheinungsbild, weil dadurch eine größere Farbintensität eintrat. Riegl hoffte in diesem Falle auf die Entwicklung neuer moderner Materialien beziehungsweise sollten sie so gewählt werden, dass sie „den überlieferten Charakter der alten Malereien möglichst wenig beeinträchtigen“ und damit die kunsthistorische Interpretation nicht beeinflussen.541 Die Dokumentation der freigelegten Wandmalereien, und zwar des überlieferten Originalzustandes, war eine Grundvoraussetzung für die weiteren Arbeitsschritte. Hier ist eine Ambivalenz feststellbar: obwohl Riegl die Imprägnierungen verurteilte, forderte er sie im Gegenzug für photographische Dokumentationszwecke, um aus den reduzierten Wandbildern die Formen stärker hervortreten zu lassen und sie letztlich für die kunstwissenschaftliche Forschung besser aufzubereiten. Aus der Warte des Kunsthistorikers ist die dokumentarische Verlässlichkeit des überlieferten Bestandes beziehungsweise des Restaurierergebnisses, aber auch die Erkennbarkeit von zentraler Bedeutung. Damals gab es wenige materialwissenschaftliche Versuchsanstalten oder Instrumente, mit denen man Untersuchungen oder Analysen für derartige Schutzüberzüge hätte durchführen können. Wie gebräuchlich diese waren, zeigt die Forderung Riegls 1904 für die
535 MZK 3, 2, 1903, Sp. 19, 20. 536 Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 163. 537 Riegl bezeichnete diesen Arbeitsschritt auch als „Verkleisterung der Mauersprünge“ (MZK 3, 2, 1903, 538 539 540 541
Sp. 20). Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 167 und Koller 2002, S. 108. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 167 und Koller 2002, S. 108. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 163, Koller 2002, S. 111. MZK 3, 2, 1903, Sp. 22 und Koller 2002, S. 111. Hager erwähnt 1903 die Fixierung von Farben mit „Kalkoder Käsewasser mit dem Fixierrohr“ (Hager 1903, S. 119).
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Wandbilder in der Georgskirche am Hradschin in Prag, dass sie nicht restauriert, „sondern nur durch eine Tränkung mit einem unbedenklichen Schutzmittel fixiert werden“ sollten.542 Obwohl Riegl die transparenten Materialien so vehement ablehnte, schreibt er dennoch von Schutzmitteln in seinen Stellungnahmen. 1903 beschrieb er die Notwendigkeit einer Auffrischung an den Wandbildern in der Pfarrkirche von St. Wolfgang in Oberösterreich und wies darauf hin, dass die dortige Malerei „einen kunsthistorischen Wert“ einfordere.543 Die Malereien dürften daher keineswegs, wie es lokale Personen gerne hätten, eine stilgerechte Restaurierung erfahren, sondern gereinigt, in den Fehlstellen ergänzt und in den verbleichten Bereichen „aufgefrischt“ werden.544 Darin wird die ambivalente Haltung des Kunsthistorikers erkennbar, für den auch die klare Erkennbarkeit der Bilder eine wichtige Rolle spielte. Im Sinne von Riegls „historischem Wert“ der Denkmale, der eigentlich ein kunsthistorischer Wert ist, diskutierte er auch die Möglichkeit der Anfertigung von Kopien, an denen man das ursprüngliche Erscheinungsbild der Malereien auf faksimileartige Weise wieder zeigen könnte, ohne in die überlieferte Substanz einzugreifen. Damit würde der „Originalbestand“ für die kunstwissenschaftlichen Studien sowie der für die Radikalen so wichtige „Stimmungswert“ erhalten bleiben.545 In größeren Umfang wäre dieses Unterfangen jedoch nicht möglich. Den ausführlichsten Teil seines Textes widmet Riegl aber dem Thema der Retusche und den farblichen Ergänzungen. Eine zurückhaltende und möglichst „unauffällige Ergänzung der fehlenden Umrisse und Farbflächen“ sei in besser erhaltenen Malereibereichen anzuwenden; dabei sei „auf eine Kräftigung der vorhandenen Umrisse und Farben [zu] verzichten“; bei reduzierten Malereiflächen, an denen die Konturen und Farben nur mehr unklar und verblichen erhalten sind, sollten durch die farbliche Überarbeitung „die Motive wieder klar zur Geltung kommen“; in diesem Fall seien reduzierte Konturen farblich zu verstärken und gänzlich fehlende Konturen wieder herzustellen; dazwischen liegende weniger reduzierte oder halbwegs gut erhaltene Farbflächen seien dabei „unberührt zu belassen“; die Bearbeitung von Konturen erfordere eine sensible Behandlung, wobei es gelte, den Originalcharakter der Malerei zu bewahren, der nicht durch die alleinige „Beschränkung der Ergänzung auf die Kontur“ gewährleistet ist.546 Das Aussehen der originalen Malerei durfte also in keinem Fall durch die Retuschen verändert werden. Entsprechend der Riegl’schen Denkweise ist hier eine Abwägung zwischen den verschiedenen Präsentationsmöglichkeiten von Wandmalereien zu erkennen. Während an den besser erhaltenen Partien zur Erhaltung des Originalwerts nur geringe Eingriffe geduldet werden und die Retusche nach Möglichkeit unauffällig sein sollte, seien in weniger gut erhaltenen Flächen Verstärkungen fehlender Konturen möglich, um – aus der Warte des Kunsthistorikers – zu einem erkennbaren Bild zu gelangen. 542 543 544 545 546
MZK 3, 3, 1904, Sp. 26. MZK 3, 2, 1903, Sp. 22 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.5.). MZK 3, 2, 1903, Sp. 22. MZK 3, 2, 1903, Sp. 22. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 168, 169.
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Im nächsten Abschnitt erklärt Riegl die Möglichkeiten einer Rekonstruktion nach Vorbildern, wobei er zwischen „Ergänzungen ganzer Kompositionen und […] einzelner Teile innerhalb einer Komposition oder einer Figur“ unterscheidet. Die vorerst erstaunliche Beschäftigung Riegls mit dem Thema der Rekonstruktion erklärt sich daraus, dass er die verschiedenen Möglichkeiten einer Restaurierung für die drei von ihm genannten Gruppen von Rezipienten – Radikale, Kunsthistoriker und Konservative – beschreibt und gegeneinander abwägt. Rekonstruktionen dienen hierbei besonders den Bedürfnissen der Konservativen. Die farbliche Rekonstruktion bei großflächigem Totalverlust der Malschicht hätte dem ursprünglichen originalen Charakter der Malerei zu entsprechen, wozu Studien von Vorbildern aus der gleichen Entstehungszeit notwendig wären. Hinsichtlich der verblassten Farbigkeit überlieferter Wandbilder sollten zwecks richtiger Farbigkeit Bilder aus der Buch- oder Miniaturmalerei herangezogen werden.547 Eine ähnliche Differenzierung hatte einige Jahre zuvor Melicher in seinem Gutachten über die Wandmalereien in Wabelsdorf gemacht, wo er ausführlich die verschiedenen Möglichkeiten einer Retusche und Rekonstruktion erläuterte.548 Riegl schloss auch eine modernere oder zeitgemäße Interpretation im Sinne neuerer kirchlicher Kunst nicht aus.549 Die Mehrzahl der zukünftigen Restaurierungen werde sich jedoch mit besser erhaltenen oder nur wenig reduzierten Wandflächen auseinander setzen, wenn sich die Freilegungsmethoden verbessern. Man werde mit der Erwartung konfrontiert sein, dass sich die farblichen Ergänzungen und Retuschen möglichst dem überlieferten Zustand und Charakter des Malereibestandes anzupassen hätten sowie in möglichst geringem Ausmaße erfolgen sollten.550 An dieser Stelle sollte sich Riegl täuschen, da die Freilegungsmethoden noch lange Zeit nicht verbessert wurden und weiterhin massive Schäden entstanden. Dann kommt Riegl in seinem Text erneut auf die Retusche zu sprechen, indem er eine möglichst unauffällige Ergänzung von fehlenden Konturen und Farbflächen fordert und jede weitere Verstärkung zu vermeiden sei. Bei stark beschädigten Bereichen seien die Konturen jedoch zu ergänzen oder zu verstärken, dazwischenliegende Binnenflächen sollen unberührt bleiben. Riegl drückt es so aus: „wenn schon übermalt werden soll, bloß die linearen Umrisse, nicht aber die breiten Flächen […]“.551 Die Beschränkung der Ergänzungen auf die Konturlinien stellte für ihn die größtmögliche Bewahrung der originalen Malerei bei gleichzeitiger Wiedergewinnung einer gewissen Geschlossenheit der Form dar.552 Riegl beschrieb hier eine Retuschemethode, die in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts in Österreich häufig angewandt werden sollte und die 1899 in ähnlicher Form bereits von Melicher erwähnt wurde. Das Interesse lag dabei besonders auf der Wiederherstellung der Konturlinien, da diese für einige Kunsthistoriker eine höhere künstlerische Aussagekraft besaßen. In diesem Zusam-
547 548 549 550 551 552
Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 170. Siehe dazu Koller 1997, S. 356 und Feldtkeller 2008, S. 97–101. Quellentext siehe 6.1, Teil I.23. MZK 3, 2, 1903, Sp. 25. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 170. Siehe dazu Koller 1997, S. 356. MZK 3, 2, 1903, Sp. 26, 27. MZK 3, 2, 1903, Sp. 26, 27.
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menhang ist die um die Vorgehensweise bei der Restaurierung im Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz geführte Diskussion, über die bereits berichtet wurde, interessant. Riegl berichtete von den Wünschen des Klostervorstehers, der die neuen Ansätze nicht aufnehmen wollte und überhaupt kein Verständnis für die Freilegung und Konservierung der schwarzen Unterzeichnungslinien zeigte, da er von der „Farbenpracht der von Alfons Siber restaurierten Gemälde“ geradezu geblendet war.553 Riegl nahm hier die mittelalterlichen Wandbilder im Kreuzgang des Klosters als Ausgangspunkt für seine Überlegungen zu Retuscheanwendungen. Dabei sprach er in diesem Zusammenhang von der progressiven Entwicklung in der kunsthistorischen Haltung, mit der eine Sensibilisierung der Betrachtungsweise einhergeht. Die Restauratoren hätten sich bei den farblichen Ergänzungen „ein selbstverzichtendes, kopistenhaftes, wissenschaftlich-verstandesgemäßiges Sichanbequemen an ältere Kunstschöpfungen“ aufzuerlegen und jegliche künstlerische Neuschöpfung zu unterlassen; in jedem Fall müsse eine individuelle Anpassung der Maßnahmen an den Einzelfall erfolgen.554 Riegl forderte in seinem Gutachten 1903 die Erhaltung des überlieferten originalen Charakters und er beschrieb gleichzeitig die farbliche Überarbeitung von reduzierten sowie die farbliche Rekonstruktion von fehlenden Flächen. Wie in den Rathschlägen 1883 ist auch hier eine Ambivalenz erkennbar, in der gleichzeitig eine unauffällige Fehlstellenanpassung an den Altbestand und auch ein Verstärken und Ergänzen von Konturen sowie eine Rekonstruktion fehlender Flächen beschrieben wird. Die Wichtigkeit der spezifischen Abstimmbarkeit der anzuwendenden Behandlungsschritte wurde bereits von den Künstler-Restauratoren der vorhergehenden Generation erkannt, nachdem auch sie versuchten, genauestens nach den Leitlinien zu arbeiten und dabei an ihre Grenzen stießen. 1903 empfahl Riegl nach eigener Untersuchung für die Restaurierung der Wandbilder in der Filialkirche zu Žirovnica/Scheraunitz in Oberkrain, dass man sich im Besonderen auf das Verputzen der Sprünge und Risse, auf die Entfernung von Tüncheresten sowie auf eine „entsprechende Tönung der Lücken“ zu begrenzen habe.555 Ähnliches äußerte Riegl auch in seinem Gutachten von 1905 zur Restaurierung der Fromiller’schen Wandbilder in der Stiftskirche zu Ossiach aus dem 18. Jahrhundert, die von Viertelberger durchgeführt werden sollte. Neben Festigungsmaßnahmen und neu zu verputzenden Flächen machte Riegl hier den Vorschlag, fehlende Malereiflächen „mit einer neutralen Farbe zu tonen“ und kleinere Fehlstellen „auszustupfen“.556 Damit brachte Riegl einen neuen Terminus ins Spiel, nämlich das Behandeln von fehlenden Farbflächen in einem neutralen Farbton, der später noch eingehender behandelt wird.557 Alle diese genannten Beispiele verdeutlichen das Abwägen zwischen der authentischen Erhaltung der Originalsubstanz und den Möglichkeiten, eine Gesamtwirkung zu erzielen.
553 MZK 3, 2, 1903, Sp. 27. 554 Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 170 und Harnoncourt 1999, S. 113. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 104, 105
und Koller 2002, S. 111. 555 MZK 3, 2, 1903, Sp. 152. 556 MZK 3, 4, 1905, Sp. 130 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.8). 557 Zum Thema der Neutralretusche siehe Kapitel 4.2.5.
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Um die „Ergänzungstätigkeit an alten Wandmalereien“ zu unterbinden, sollten die Vorschläge der Restauratoren im Vorfeld durch einen „kunsthistorische[n] Vertrauensmann“ verstärkt kontrolliert werden.558 Zu dem vorgelegten Restaurierprogramm für die Wandbilder in der Pfarrkirche von Krè äußerte Riegl in der Kommissionssitzung vom 4. Jänner 1905, dass jedwede Übermalung oder Ergänzung ausgeschlossen sein sollte, was ihn veranlasste, eine „kunsthistorische Kontrolle der Arbeiten [einzuleiten]“.559 An dieser Stelle wollte Riegl die weitestgehend autonom arbeitenden Restauratoren in ihrer Vorgehensweise eingrenzen, da es ihm nicht mehr ausreichend schien, erst nach dem Abschluss einer Restaurierung bloß durch die schriftlichen Restaurierberichte sowie Abbildungen oder (Aquarell-)Skizzen darüber unterrichtet zu werden. Er forderte strengere Kontrollen durch kunsthistorisch versiertes Fachpersonal, wodurch für die Restauratoren eine neue Situation entstand, in der sich die Gewichte zur kunsthistorischen Anleitung der Restauratoren verschoben. So sollten sie auch enger mit der Kommission verbunden werden. Dort wurden die geplanten Vorgehensweisen durch das Gemälde-Restaurierungskomitee begutachtet.560 In seinem Text spricht Riegl auch über die Dokumentation von Wandmalerei.561 Dabei dachte er vor allem an die Kunstgeschichtsforschung, für die immer eine Fotografie und eine Farbskizze des unberührten Originalzustandes anzufertigen sei.562 1902 untersuchte Riegl gemeinsam mit Semper die Fassadenmalerei des Fuggerhauses in Schwaz in Tirol, die „in hohem Grade beschädigt, verwittert und zersetzt sei“ und in manchen Bereichen „überwiegend neu gemalt werden müsste, wodurch ihre Ursprünglichkeit fast vollständig verloren gehen würde“.563 Riegl und Semper beantragten eine fotografische Dokumentation dieser Fassadenmalereien und aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes eine konservatorische Maßnahme, durch welche die Malereien möglichst lange vor der vollständigen Zerstörung geschützt werden sollten. Eine künstlerische Wiederherstellung der Malereien lehnten sie ab.564 Eine ähnliche Vorgehensweise wählte Riegl für die „verblaßten und lückenhaften“ Fassadenmalereien am Rathaus in Brixen in Südtirol, die man „vorläufig unberührt“ belassen und von denen zuerst eine „photographische Aufnahme und eine farbige Kopie“ angefertigt werden sollten.565 Die Forderung Riegls nach einer Fotografie sowie einer Kopie zeigt sein großes Interesse, Grundlagen für die kunsthistorische Forschung zu sammeln. Später wurde ihm auch eine „pessimistische Einschätzung“ bezüglich der Erhaltungsmöglichkeiten zugeschrieben.566 Klar ist, dass er eine wissenschaftlich fundierte Restaurierung als logische Weiterentwicklung der neuen denkmalpflegerischen Ansätze in seinem Aufsatz forderte.
558 559 560 561 562 563 564 565 566
Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 171. Siehe dazu auch Sobieczky 2004, S. 58, 59. MZK 3, 4, 1905, Sp. 9. MZK 3, 2, 1903, Sp. 31. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 112, 113. Koller 2002, S.111. Vgl. auch Koller 1997, S. 356 und Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 171. MZK 3, 1, 1902, Sp. 350, 351. MZK 3, 1, 1902, Sp. 350, 351. Vgl. dazu MZK 3, 3, 1904, Sp. 400. MZK 3, 4, 1905, Sp. 121. Koller 2002, S. 16.
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Wissenschaftliche und technische Kompetenz in der Denkmalpflege sollten seiner Ansicht nach in der Zukunft die Lebensdauer von Kunstwerken verlängern und ihre materielle Authentizität bewahren.567 So wie schon in den Rathschlägen 1883 wurden in dem Gutachten 1903 erneut detaillierte Vorgaben für die Vorgehensweise bei der Restaurierung von Wandmalerei von Seiten der staatlichen Denkmalpflege erarbeitet. Diese stellten keine radikale Abkehr zu den älteren Leitlinien dar, sondern versuchten vielmehr die Herangehensweise und die Anforderungen nach den neuen Ansätzen zu verifizieren und durch strengere Kontrollen eine zuverlässigere Umsetzung zu gewährleisten. Die neue Art des Restaurierens stieß zu Beginn besonders in den Kreisen des Klerus auf großen Widerstand und bei den Restauratoren entstand eine „ziemliche […] Erregung und Erbitterung“.568 Innerhalb des Klerus glaubte man, dass die „Kirchlichkeit in einem höheren Grade“ nur durch den Ausdruck der mittelalterlichen Stile und deren Geschlossenheit zum Tragen kommen könnte.569 Riegl war sich auch dessen bewusst, dass seine grundsätzliche Ablehnung gegenüber den Stil-Restaurierungen auf Widerstand seitens des Klerus stoßen würde. Dabei unterschied er einerseits zwischen Kirchenräumen, die der kirchlichen Liturgie dienten, wo man gegenüber den Wünschen des Klerus hinsichtlich den Ergänzungen mehr Nachsicht zeigen sollte; andererseits wäre bei kirchlichen Räumen, die von der Öffentlichkeit weitestgehend nicht benutzt wurden, eine Restaurierung ohne farbliche Ergänzungen durchaus vertretbar.570 Seitens der Zentralkommission musste man also noch viele Kompromisse eingehen und Überzeugungsarbeit leisten. Riegl war ein kluger Stratege, der es vermochte, Maximalforderungen mit Kompromissvorschlägen zu begegnen.571 Diese Haltung ist bei den Malereien in der Kirche zu Myšenec/Mischenetz in Böhmen (gehört heute zum Staatsgebiet der Tschechischen Republik) gut nachvollziehbar, wo er für bereits freiliegende Malereien in der Sakristei forderte, dass diese „vollkommen unberührt belassen werden“, da die Sakristei nicht besucht werde.572 Hingegen sollten die stärker beschädigten Malereien an den Wänden und im Gewölbe des Presbyteriums „gemäß dem Wunsche der lokalen Faktoren“ restauriert werden, wobei die Retuschemaßnahme dennoch auf ein Mindestmaß begrenzt werden sollten.573 Von dem Restaurierergebnis in der Johanneskirche in Brixen, wo die Geschlossenheit der Bildwirkung die Überhand gewann, berichtete er hingegen von einem großartigen Erfolg.574 Die Wandmalereien waren in einem äußerst guten Zustand erhalten. Das erlaubte in diesem Fall der Kommission, dem „unbesiegbaren Wunsch des Dom-
567 568 569 570 571 572 573 574
Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 13–19 und Brückler/Nimeth 2001, S. 224. Frodl, Erinnerungen, Karton 1, M2. Frodl 1987, S. 233. MZK 3, 2, 1903, Sp. 23, 24. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 36. MZK 3, 3, 1904, Sp. 188. MZK 3, 3, 1904, Sp. 188. Quellentext siehe 6.1, Teil II.7.
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kapitels“ nach Retuschen von größeren Fehlstellen sowie dem „Nachziehen der Konturen einiger Körperteile“ zuzustimmen, unter der Voraussetzung, dass die Retuschen für den Betrachter eindeutig von der originalen Malerei unterscheidbar blieben.575 Der Konservator und Domherr von Gurk, Grösser beschwerte sich 1908 anlässlich einer Pastoralkonferenz über die Zentralkommission, sie sei so sehr „für die Herstellung des Alten, dass sie fast Staub und Schmutz als sakrosankt erkläre“.576 Aber auch die ehrenamtlich arbeitenden Konservatoren und Korrespondenten waren mit den modernen Grundsätzen der Denkmalpflege und den daraus abgeleiteten Behandlungsmethoden noch nicht ganz vertraut. Besonders bei der Restaurierung mittelalterlicher Wandmalereien konnte das Zusammenwirken der kunstinteressierten ehrenamtlichen Funktionäre und der Kirchenbehörde zu einem Ergebnis führen, das den damals bereits gestellten fachlichenAnsprüchen in keinster Weise gerecht wurde.577 Riegl beschrieb die oftmaligen Schwierigkeiten und „die Entschiedenheit und Zähigkeit, mit der sich die maßgebenden geistlichen Kreise stets dagegen gewehrt haben“, fehlende Bereiche bei figuralen Szenen im fragmentarischen Zustand zu akzeptieren.578 Vor einigen Jahren hätte die Art der Restaurierung mit Ergänzungen noch den allgemeinen Maßstäben entsprochen, weshalb die Kommission den Forderungen der Auftraggeber oder Eigentümer meist auch ihre Zustimmung erteilt hätte. Der Wunsch nach einem wiederhergestellten mittelalterlichen Wandbild stand dabei im Spannungsfeld zwischen religiöser Funktion und dem Respekt vor der überlieferten Substanz. Dvoøák berichtete über Riegl, das er auf seinen Reisen unermüdlich versuchte, seinen Amtskollegen und den Vertretern der Kirchenbehörde oder Laien, die von ihm erarbeiteten Leitlinien einzupflanzen und damit in einzelnen Landesteilen von Österreich einen neuen Weg in der Denkmalpflege einzuschlagen.579 Trotz aller Widerstände wurden Restaurierungen nach den neuen Leitlinien durchgeführt. 1910 berichtete Don Vincenzo Casagrande über durchgeführte Restaurierarbeiten im Dom zu Trient. Man habe präzise nach den „bestehenden Vorschriften“ der Kommission gearbeitet, obwohl die allgemeine Erwartungshaltung in der Bevölkerung eine andere war; man wollte alle Fehlstellen farblich ergänzt sehen, was dazu
575 576 577 578 579 580 581 582 583
584 585 586 587 588 589
MZK 3, 3, 1904, Sp. 400. Frodl,Erinnerungen, Karton 1, M2. Frodl-Kraft 1997, S. 80, 81. Vgl. auch Feldtkeller 2008, S. 108, 109. Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 162. Dvoøák 1911, S. 69. Casagrande 1910, S. 155. Casagrande 1910, S. 155. Hager 1903, S. 117–120, Lange 1906, Tiezte 1907, S. 177–197, Dvoøák 1918 und Bacher 1995. Casagrande berichtet noch weiter, dass die Restaurierarbeiten von Hermann Ritschl, dem Maler Gustav Hartinger aus Ziersdorf bei Wien und dem Maler Paul Umbereit ausgeführt wurden (Casagrande 1910, S. 155). Im Folgenden wird die Bezeichnung Aufsatz 1903 für den Text verwendet. Hager 1903, S. 117–120. Hager 1903, S. 117. Hager 1903, S. 117. Hager 1903, S. 117, 118. Siehe Fussnote 226, S. 49.
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geführt hätte, dass die Malerei „vollständig aufgefrischt, erneuert und komplettiert“ ausgesehen hätte.580 Casagrande verteidigte gegenüber der Bevölkerung die neuen Vorgaben damit, dass die Kunstgeschichte sowie die „moderne Wissenschaft“ eine stilgerechte Wiederherstellung nicht mehr erlauben und eine reine „Konservierung der Kunstwerke“ verlangen.581 So wie bei den Theoretikern des Paradigmenwechsels in der Denkmalpflege um 1900 – Riegl, Dvoøák, Hans Tietze und anderen – ausdrücklich von der „modernen Denkmalpflege“ gesprochen wird, so ist hier im Zusammenhang mit dem Restaurierziel von der modernen Wissenschaft die Rede.582 Casagrande beschrieb die Reaktion der Bevölkerung auf diese neue Art des Restaurierens damit, dass man – „entzückt von der Schönheit der blossgelegten Fresken“ – sich bereits an die mit „neutralen Tönen“ behandelten Fehlstellen gewöhnt hat.583 Damit schien die Rechnung Riegls aufzugehen, dass die unberührten, reduzierten Zustände im Sinne des Alters- beziehungsweise Stimmungswertes eine sehr unmittelbare Wirkung auf den Betrachter ausstrahlen würden. Im gleichen Jahr, als Riegl sein Gutachten der Zentralkommission vorgelegt hat, wurden auch in München neue Leitlinien zur Wandmalereirestaurierung erarbeitet, die im Folgenden besprochen werden.
2.4.2 Georg Hager: Die Erhaltung alter Wandmalereien Der als Konservator am Bayerischen Nationalmuseum und am königlichen Generalkonservatorium der Kunstdenkmale und Altertümer Bayerns in München tätige Georg Hager publizierte 1903 den Aufsatz „Die Erhaltung alter Wandmalereien,“ 584 in dem er insbesondere und präzise technische Vorgehensweisen bei der Restaurierung von Wandmalerei beschrieb.585 Hager erwies sich in zahlreichen Schriften und Vorträgen als einer der maßgebenden und theoretisch fundierten Wortführer der modernen Denkmalpflege in Deutschland. In seinem Aufsatz 1903 kritisierte er die wiederherstellenden Restaurierungen und machte bezüglich Freilegungen von Wandmalereien eine wichtige Aussage: „Der beste Konservator war doch die Tünche“.586 Dies ist so zu verstehen, dass ein Wandbild unter Tüncheschichten im Allgemeinen vor Witterungseinflüssen besser geschützt gewesen sei, als es nach einer Freilegung der Fall wäre. Seinen Aufsatz teilte er in drei grundlegende Abschnitte zur Freilegung und zu den allgemeinen Regeln für Erhaltung und für Restaurierung beziehungsweise Wiederherstellung.587 Eine gute Freilegung stellte für Hager eine der wichtigsten Kriterien in der Wandmalereirestaurierung dar, um dem verstärkten Interesse an der Bewahrung der originalen Substanz gerecht zu werden. Dabei erwähnt er verschiedene Freilegewerkzeuge, wobei er vor allem ein „abgerundetes Schlitzmesser“ oder eine „abgeschliffene Kelle“ zum Lösen der Tüncheschichten als besonders geeignet erachtet.588 Weiters nennt er die Strappomethode589 als eine Möglichkeit zum Freilegen, die er jedoch kritisch betrachtet und auf eine mögliche Schimmelbildung durch die Kleisterrückstände verweist. Ebenso rät er von der Verwendung „einer heißen Leimlösung“ oder „großer Wurzelbürsten, wie sie zum Bodenputzen dienen, um die Tünche wegzukratzen“ ab; das Freilegen sollte generell nicht durch Maurer, sondern am besten durch die
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Restauratoren selbst ausgeführt werden.590 In Ausnahmefällen können bei „glasigen“ Schichten auf „Tempera- oder Käsefarbengemälde[n]“ zur Auflösung „Flußspatsäure“, bei harten Kalkschichten „frisch gelöschter, noch heißer Kalk dick aufgetragen“ verwendet werden; sollten die aufliegenden Tüncheschichten noch feucht sein, so könnte man sie mit einer „Lötlampe“ zu trocknen versuchen, um die spröden Schichten anschließend abzunehmen; freskale abgebundene Wandmalereien, die mit Leimfarben überstrichen wurden, könnten durch Abwaschen freigelegt werden; hingegen seien Leimfarbenschichten auf in Secco gemalten Wandbilder nur sehr schwierig zu entfernen.591 Die Verwendung von Messern und Kellen sowie auch die Beschreibung der Strappomethode finden sich auch in den Rathschlägen 1883, wie auch die Forderung, dass die Freilegung ausschließlich von Restauratoren auszuführen sei. Die von Hager formulierten Forderungen schließen also an die Leitlinien der Zentralkommission an und werden von ihm inhaltlich noch vertieft. Für die Reinigung von gefirnissten Wandbildern erwähnt Hager die Entfernung des Überzuges mittels Schmierseife; wurde die ursprüngliche Malerei jedoch mit Ölfarben übermalt, so sollte man für ihre Entfernung die „Zerstörungssalbe“ anwenden, die aus Pottasche und Chlorkalk besteht; zur Entfernung von „Lackfarben“ eigne sich Spiritus.592 Freskal abgebundene Wandbilder sollten „abgestaubt und dann abgewaschen“ werden, hingegen dürften in Secco gemalte Wandbilder beziehungsweise Fresken mit späteren in Kaseinfarben gemalte Hinzufügungen „nur abgestaubt und mit feuchten Schwamme abgestumpft, aber nicht abgewaschen werden“; sollten nach diesen Reinigungsdurchgängen noch störende Restflecken vorhanden sein, könnte man versuchen, diese „vorsichtig mit verdünnter Salzsäure [oder] mittels Spiritusoder Benzinabtupfungen“ zu behandeln; die Salzsäure müsse jedoch unbedingt mit einem nassen Schwamm gründlich nachgewaschen werden.593 Bezüglich der Regeln zur Erhaltung von Wandmalerei beschreibt Hager die Wichtigkeit der Kenntnisse über die Werktechnik, in der die alten Malereien gemalt wurden.594 Hager gibt einen Überblick über die einzelnen Herstellungstechniken mittelalterlicher Wandmalerei, vom reinen Fresko bis hin zur Seccomalerei.595 Feuchtigkeit stellt für Hager eine der schlimmsten Schadensursachen für die Wandbilder dar und er weist auf die Wichtigkeit einer guten Durchlüftung hin, die er als eine wichtige Voraussetzung zur langfristigen Erhaltung sieht; weiter beschreibt er Kondensationsprozesse an Wandflächen, die zu Feuchtigkeitsschäden führen können. Dass Feuchtigkeit einer der Hauptschadensauslöser sein kann, wurde also schon früh erkannt. Als Gegenmaßnahme erläutert er die Möglichkeit der Querdurchlüftung.
Hager 1903, S. 117, 118. Hager 1903, S. 118. Hager 1903, S. 118. Hager 1903, S. 118. Dabei verweist er auf Ernst Berger und seine „Beiträge zur Entwicklungs-Geschichte der Maltechnik“ von 1901 (Berger 1901). 595 Hager 1903, S. 119. Siehe dazu Autenrieth/Koller 2011, Sp. 715–793. 590 591 592 593 594
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Zur Reinigung von Wandmalereien formuliert Hager detailliertere Handlungsanweisungen, als in den österreichischen Leitlinien, wo vor allem noch die Verwendung von Brot als Reinigungsmedium beschrieben wurde. Hier ist eine Entwicklung in der technischen Anwendung erkennbar, die hohe Ansprüche an die Restauratoren stellte, indem sie beispielsweise zwischen freskal gemalten und in Secco gemalten Wandbildern unterscheiden lernen mussten. Große Mauersprünge und Risse seien mit Ziegelbrocken zu füllen und anschließend mit einem Kalkmörtel zu schließen; nach Möglichkeit sollten die Sprünge mit Zement von der Rückseite ausgegossen werden. Die Kittung sei mit feinem Kalkmörtelputz auf der Ebene der originalen Malerei abzuschließen. Hohlstellen in den Putzschichten seien mit „dünnerem Zementbrei (bei Innenräumen auch mit Gips befestigt)“ mehrmalig zu hinterfüllen.596 Die Verwendung von Zement oder Gips wird seitens der „Schriftleitung“ jedoch kritisch betrachtet, da sie massive Schäden an den Wandmalereien verursachen könnte.597 Fehlstellen im Putz sollten „zuerst angefeuchtet, dann mit feinem Sand und Kalk und etwas Gips ausgefüllt“ werden; sind die Fehlstellen „nicht tief, so kann man sie, namentlich bei untergeordneten Bildteilen und bei geringeren Bildern unausgefüllt lassen und nur mit Farbe behandeln“.598 Die Oberfläche der Putzkittung sollte möglichst der alten Malerei nach behandelt und nachempfunden werden. Hager verweist hier auf eine Kalkmörtel-Gips- Mischung für Fehlstellen. Interessanterweise schlägt er für kleinere Fehlstellen ausschließlich eine Retusche und keine Kittung vor. Hagers Haltung ist für den neuen Zugang zu diesen Fragen um 1900 bezeichnend. Fehlstellen gewinnen als Bestandteil des überlieferten Dokuments an Bedeutung, sollten jedoch in der Gesamtwahrnehmung keine störende Rolle spielen. Daher beschäftigt sich der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger Hager detailliert mit dem restauratorischen Umgang mit Fehlstellen und der Einfügung von Fehlstellenkittungen in das Erscheinungsbild der Wandmalerei. Pulvrige Malschichten im Innenbereich können mit reinem Kalk-, Alaun- oder Käsewasser gefestigt werden. Die Anwendung sollte aus einem bestimmten Abstand mittels Fixierrohr erfolgen. In Ausnahmefällen kann die Festigung mit „Terpentinöl, dem etwas Venezianischer Terpentin (Tannenharz) beigemischt ist“ ausgeführt werden.599 Wandmalereien im Außenbereich sollten mit reinem Kalkwasser fixiert werden. Eine Ausnahme macht Hager bei einer dekorativen Wandmalerei, die – „wenn frischeres Aussehen gewünscht wird“ – nach einer Vorfestigung mit Wasserglas mit „Keimschen Mineralfarben“ neu- oder nachgemalt werden; anschließend erfolgt erneut eine Festigung mit „lauwarmen verdünntem Wasserglas“.600 Besteht jedoch die Gefahr des Feuchtigkeitseintrages, so kann man nach dem Fixieren mit den oben genannten Materialien und der Retusche abschließend mit einem Pinsel in Terpentinöl gelöstes warmes Wachs zum Schutz
596 597 598 599 600
Hager Hager Hager Hager Hager
1903, 1903, 1903, 1903, 1903,
S. S. S. S. S.
119. 119. 119. 119, 120. 119, 120.
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auftragen.601 Hager führt hier eine breite Palette an verschiedenen Festigungsmedien für pulvrige Malschichten an, die in ihren Eigenschaften und in ihrer Wirksamkeit unterschiedlich zu bewerten seien. Interessant ist jedoch sein zuletzt gemachter Vorschlag, bei der Gefahr von Feuchtigkeit, die Malereien zum Schutz mit Wachs zu imprägnieren; eine Behandlungsmethode, die besonders bei den historisierenden Restaurierungen gerne verwendet und später kritisiert wurde. Als letztes erwähnt Hager noch die Möglichkeit der Abnahme von Wandmalereien.602 Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass Hager in seinem Aufsatz 1903 die wesentlichen Behandlungsschritte einer Wandmalereirestaurierung beschreibt. Für eine aus seiner Sicht im Ausnahmefall notwendige Wiederherstellung einer Malerei gibt er eine kurze Anleitung. Hager definierte eine wichtige Grundregel, nämlich dass eine technisch gute Freilegung eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Erhaltung einer Wandmalerei ist.603 Die Aufgabe der Restaurierung sah er im Belassen des oft fragmentarischen Charakters der Wandmalerei. Er lehnte gleichzeitig die Option ergänzender Maßnahmen ab, so dass er eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes eigentlich ausschloss. Seiner Auffassung nach war der entstehungszeitliche Zustand ohnehin nicht zu rekonstruieren.604
2.4.3 Robert Eigenberger: Über einige Fragen der praktischen Denkmalpflege 1915 publizierte der Kunsthistoriker, Maler und Restaurator Robert Eigenberger, der einige Jahre später noch eine zentrale Rolle in der Ausbildung von Restauratoren spielen sollte, einen für die Wandmalereirestaurierung relevanten Aufsatz. Eigenberger erhielt seine Ausbildung an der Universität in Prag, wo er als Assistent tätig war. 1913 wurde er zum Praktikanten und 1916 zum Assistenten in der Zentralkommission bestellt, bevor er 1917 als Kustos an die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste berufen wurde.605 Eigenberger bezieht sich in seinem Beitrag „Über einige Fragen der praktischen Denkmalpflege“,606 auf die Schadensbildung, die Behandlungsmethoden und die Abnahme von Wandmalerei.607 Schadensbildungen an den überlieferten Kunstwerken können vielfältig sein; das seien die im Laufe der Zeit natürlich aufgetretenen Schäden, spätere Hinzufügungen, Ausbesserungen oder Ergänzungen.608 Hinsichtlich der Restaurierung sei eine „möglichst unveränderte Erhaltung“ der Objekte anzustreben, daher könne eine „durchgeführte Erhaltung“ nicht von beliebiger Art und Weise sein.609 Bezugnehmend auf die Resultate der praktischen Restaurierweise des Historismus und der Abnahme jüngerer Malereien schreibt Eigenberger, dass die stilgerechten Übermalungen meist den Wert mindernde und nachteilige Veränderungen bedeuteten. Sie würden einen neu geschaffenen Zustand ergeben, der nur in den seltensten Fällen einen hohen künstlerischen Wert besäße. Wenn die „Form und das Wesen der Überarbeitungen“ des 19. Jahrhunderts von guter Qualität seien und sie der kunsthistorischen Forschung wichtig erscheinen, dann könnten solche Überarbeitungen auch akzeptiert werden.610 In den meisten Fällen würde man jedoch diese Übermalungen bedenkenlos entfernen.
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Nicht jedwede Abnahme von mitunter qualitätvoller Übermalung sei jedoch ein Vorteil, vor allem dann nicht, wenn sich das freizulegende Bild darunter in einem „sehr schadhaften und schlechten Zustand“ befinde.611 Eigenberger tritt für die Abnahme jüngerer Malereien ein, wenn sich darunter noch eine gut erhaltene originale Malschicht befindet. Hinsichtlich späterer Überarbeitungen oder Korrekturen, die das ursprüngliche Bild stilistisch und qualitativ vollständig verändert haben, seien diese zu entfernen. Wo es sich jedoch um eine historische Überarbeitung handelte, die für die Kunstgeschichteforschung von Interesse sein könnte, so wäre diese zu belassen.612 Dabei gibt er keinen Hinweis, ab welchem Alter eine Überarbeitung aus seiner Sicht historisch ist, er weist jedoch darauf hin, dass es immer ein Abwägen sein sollte, ob eine „Entfernung von jüngeren Übermalungen […] skrupellos durchgeführt werden kann“, oder nicht.613 Die Einbeziehung und Wertschätzung von Schichten aus allen Epochen entspricht dem neuen Denkmodell nach dem Paradigmenwechsel zur modernen Denkmalpflege des 20. Jahrhunderts. Eigenberger weist auf den „Reinigungseifer“ einiger Denkmalpfleger hin, die insbesondere kunsthistorische Forschung betreiben wollten und sich eine größere Zurückhaltung auferlegen sollten, um nicht zu viel zu entfernen.614 Hinsichtlich des Wertverlustes eines Kunstwerks, der durch qualitativ schlechte Restaurierungen hervorgerufen wurde, liegt Eigenberger auf einer Linie mit Riegl. Für Eigenberger spielt jedoch nicht ausschließlich das Herausarbeiten jedes einzelnen Restes originaler mittelalterlicher Malerei die wichtigste Rolle, da er auch die Frage nach dem Zustand der darunter liegenden Malerei stellte. Mit dieser Argumentation nimmt Eigenberger eher eine Randstellung ein, da man in den meisten Fällen rigoros die Überarbeitungen entfernte. Gleichzeitig befürwortet er jedoch auch die bedenkenlose Abnahme jüngerer und minder qualitativer Malereien und sieht ein Hauptziel einer Restaurierung in der Aufbereitung für die kunsthistorische Interpretation. Die Abhandlungen von Hager und Riegl werden als die wichtigsten Leitlinien angesehen, die eine progressive Entwicklung der Wandmalereirestaurierung bewirkten und eine weite Verbreitung in der Praxis erfahren haben. Sie erkannten die
601 602 603 604 605 606 607 608 609 610 611 612 613 614
Hager 1903, S. 120. Hager 1903, S. 120. Hager 1903, S. 117. Feldtkeller 2008, S. 104, 105. Brückler/Nimeth 2001, S. 58. Der Text ist im Anahng I beigefügt. Im Folgenden wird die Bezeichnung Beitrag 1915 für den Text verwendet. MZK 3, 14, 1915, S. 198–209. Eigenberger 1915, S. 199. Eigenberger 1915, S. 200. Eigenberger 1915, S. 202. Eigenberger 1915, S. 202. Eigenberger 1915, S. 201, 202. Eigenberger 1915, S. 202. Eigenberger 1915, S. 203.
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unterschiedlichen Interessenslagen der Rezipienten als die größte Herausforderung in der Frage der Restaurierung von Wandmalerei beziehungsweise bei der Erstellung eines Restaurierkonzeptes.615 Eigenbergers Aufsatz belegt die wachsende Aufmerksamkeit für die überlieferte Substanz sowie eine zunehmende Beschäftigung mit der Geschichte des Objektes, wobei für ihn – zwar auch nur in Ausnahmefällen – ein Belassen gut ausgeführter historisierender Restaurierungen eine Option war.
2.5 Restauratorische Untersuchung, konservatorische Handlungsweise und Retusche im Wandel Untersuchungen vor einer Restaurierung wurden bereits in der Ära Trenkwald bei wichtigen Projekten ausgeführt und bestanden in erster Linie aus einer kurzen Einschätzung des Bestandes und Zustandes und einem restauratorischen Konzept. Die Frage des Restaurierziels stellte auch bei Riegl einen ganz wichtigen Aspekt dar und seine Gutachten zeichneten sich insbesonders durch eine größere Zurückhaltung in den vorgeschlagenen Maßnahmen aus. Viertelberger, als einer der wichtigsten Wandmalereirestauratoren in der Zeit des Paradigmenwechsels, wurde von der Kommission ebenfalls gerne für Untersuchungen und Konzepterstellung eingesetzt. Im Folgenden wird die Gutachtertätigkeit Viertelbergers anhand von zwei Fallbeispielen erläutert. Drei Jahre nach seiner bemerkenswerten Arbeit von 1899 in der Bischofskapelle im Gurker Dom führte Viertelberger im nahe gelegenen Friesach eine Untersuchung durch und erstellte ein Arbeitsprogramm und eine Kostenschätzung.616 Dabei handelte es sich um die um 1200 fertig gestellte Rupertikapelle am Petersberg, die zur Burganlage in Friesach gehört. Dieser längsrechteckige, zweijochige, kreuzgratgewölbte Kapellenraum war ursprünglich mit einer malerischen Gesamtdekoration außerordentlich prachtvoll gestaltet. Durch den Verlust des Daches um 1830 stürzte 20 Jahre später das Gewölbe der Kapelle ein. Damit waren die Malereien unmittelbar den Witterungseinflüssen ausgesetzt, wodurch massive Verluste entstanden. Erst 1893 wurde der Turm wieder überdacht. Der Zustand der Kapelle und der Malereien wurde mehrmals mittels Zeichnungen (1863) oder Aquarellskizzen (nach 1880 durch Pirner und Tendler, 1897 durch Grueber) festgehalten; diese Bestandsaufnahmen zeigen jedoch oft einen verschönerten Eindruck. Wäre diese Kapelle mit ihrer Ausstattung noch ganz erhalten, würde sie wohl zu den besten Denkmalen hochromanischer Malerei zählen. Die Darstellungen sind heute stark fragmentiert, teils zerstört und nur einzelne Teile sind noch relativ gut erhalten. Das ikonographische Programm der ins 1. Viertel des 13. Jahrhunderts datierten Wandmalerei zeigt an der Nordwand
615 Feldtkeller 2008, S. 105–108. 616 Die dazugehörigen Regesten wurden dankenswerter Weise von Frau Anneliese Schallmeiner zur Verfügung
gestellt.
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Reste einer Geburt Christi, den Einzug Jesu in Jerusalem und noch weitere fragmentierte Szenen; an der Südwand finden sich Reste eines Letzten Abendmahls und einer Fußwaschung sowie eine Darbringung (?) und Anbetung der Könige sowie fragmentierte Einzelfiguren (Abb. 21); an der Westwand sind noch Teile eines Thrones Salomonis erhalten; Maria wird von den ihr zugewiesenen Tugenden flankiert. Die Sockelzone der Kapelle war mit gemalten Marmorplatten verziert, die kostbare Materialien imitieren sollten. Ebenso gemalt waren marmorierte Säulen mit skulptierten Kapitellen. Eine Besonderheit stellten die vergoldeten und versilberten plastischen Applikationen dar, welche Nimben, Borten und Architekturelemente zierten.617 In seinem Gutachten von 1903 beurteilte Viertelberger den Bestand und den Zustand der Malereien als gefährdet; Hohllagen müssten hinterfüllt und Anböschungen an den Putzrändern zur Sicherung durchgeführt werden; ebenso beobachtete er pulvrige und abblätternde Malschichten, die er mit Wasserglas oder einem anderen adäquaten Material festigen würde.618 Viertelbergers Beobachtungen unterscheiden sich von denen Riegls. Die Schwerpunkte liegen in der Angabe der auszuführenden konservatorischen Maßnahmen zur langfristigen Erhaltung des Kunstwerks. Eine Imprägnierung der reduzierten Malerei zur Verbesserung des Erscheinungsbildes, etwa für eine bessere kunsthistorische Interpretation, erwähnt Viertelberger hingegen nicht. Sein Vorschlag zur Festigung dient vor allem der Konsolidierung schadhafter Malschichten. Darüber hinaus machte er keine Vorschläge für eine Retusche und plädierte für ein Belassen des überlieferten Zustandes. Der Erhaltungszustand der Malereien dürfte nicht allzu gut gewesen sein. Viertelberger wurde jedoch erst Jahre später mit den Sicherungsarbeiten beauftragt und führte eine Art von Putzkonservierung durch. Die erodierten Putzflächen festigte er dabei nicht – wie er schrieb – mit „Wasserglas“, sondern mit einer „Caseinkalkwasserlösung“ und die Bruchränder sicherte er mittels Anböschungen; dabei betonte er, dass er keine „malerische Restaurierung [durchführte], weder irgend eine Ergänzung oder Betupfung, ja nicht einmal eine Vertonung der neuen größeren Verputzstellen“.619 Obwohl von der Untersuchung bis zur Konservierung fast 20 Jahre vergingen, hielt man sich weitestgehend an das Konzept aus der Untersuchung von 1902. Viertelberger verwies nochmals darauf, dass er keine Ergänzungen oder Betupfungen an den Wandmalereien ausgeführt und auch die Putzkittungen im Putzton belassen hätte. Das Fallbeispiel zeigt erneut die fortschrittliche Arbeitsweise Viertelbergers. 1907 wurde Viertelberger mit einer Untersuchung an einer mittelalterlichen Außenwandmalerei von Seiten der Zentralkommission beauftragt. In Metnitz sollte er an
617 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 96–99; Fillitz (Hg.) 1998, S. 441, 442; Lanc 1991, S. 115–131;
Biedermann 1994, S. 132–134; Ginhart 1967, S. 33–36, 49–96, 163 und Frodl 1942, S. 17–21. 618 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Friesach, GZ. 1053/1903. Wasserglas als mineralisches Festigungsmittel
wurde seit dem späten 19. Jahrhundert verwendet (Kühn 2002, S. 255, 256; Quellentext siehe 6.1, Teil II.6). 619 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Friesach, 4. 2 1921. Zur weiteren Restauriergeschichte der Wandmalereien siehe Enzinger 1973, S. 94–103.
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dem im Alpenraum einzig erhaltenen Totentanz im Außenbereich des Karners, der südlich der Pfarrkirche liegt, den Zustand der Malereien feststellen. Der oktogonale gotische Karner wurde im 14. Jahrhundert gebaut und besitzt einen 5/8-Chor. Dieser außergewöhnliche, 1.20 m hohe und 50 m lange Fries mit 28 Figurenpaaren und – gruppen sowie dem Tod, wie er den Repräsentanten der Stände erscheint, und ferner einem Passionszug wurde um 1500 gemalt (Abb. 22).620 Viertelberger untersuchte die Malereien und führte einige konservatorische Maßnahmen durch, die jedoch von den kirchlichen Vertretern nicht gewürdigt wurden.621 Von Seiten der Pfarre überlegte man, den weiteren Verfall durch eine Verglasung zu verhindern. Wandmalereien im Außenbereich sind Witterungseinflüssen meist viel direkter ausgesetzt und unterliegen daher besonders den jahreszeitlichen Klimaschwankungen, was zu massiven Verlusten führen kann. In seinem Gutachten vom 14. November 1907 schrieb Viertelberger, dass alle Risse und Fehlstellen gekittet, schadhafte Putzränder angeböscht und Hohllagen mit einer Kaseinkalkmischung hinterfüllt werden müssten. Eine Festigung der Malschicht wäre aus seiner Sicht nicht notwendig. Diskutiert wurde weiter das Anbringen von Glastafeln vor den Wandmalereien als Schutz vor der Witterung. Viertelberger lehnte diesen Vorschlag jedoch mit der Begründung ab, dass sich dadurch Kondenswasser an den Gläsern beziehungsweise an der Wandmalereioberfläche bilden könnte. Wenn, dann müsste man diese in einiger Entfernung anbringen, was wiederum zu hohen Temperaturunterschieden führe, so Viertelberger.622 Eine finanzielle Unterstützung des Restauriervorhabens wurde seitens des Ministeriums nur unter der Voraussetzung gewährt, dass die Arbeiten von Viertelberger ausgeführt würden.623 Im Sommer 1910 reinigte er den Wandmalereifries; ältere Kittungen, die „mit Cement oder groben Kalkmörtel zum Schutz gegen ein weiteres Ausbrechen gemacht wurden“, entfernte er und ersetzte sie durch neue Kalkmörtelkittungen.624 An diesen neu verputzten Flächen nahm er „programmäßig“ keine malerische Ergänzung oder farbliche Tönung vor.625 Der Pfarrer kritisierte im Frühjahr 1912 das Ergebnis dahingehend, dass „nur“ eine Ausbesserung sämtlicher Risse und Sprünge stattgefunden hätte, seiner Meinung nach jedoch keine wirkliche Restau-
620 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 102; Dehio-Handbuch 2001, S. 532, 534; Sörrles 1996; Hart-
621 622 623 624 625 626
wagner 1977, S. 153–156 und Frodl 1944b, S. 117. Die Wandmalerei wurde 1968/69 von John Anders abgenommen und auf eine Polyesterträger (?) oder Kunstharzträger übertragen und in der Pfarrkirche aufgehängt. Aufgrund von massiven Feuchtigkeitsproblemen entstanden in den folgenden Jahren erneut Schäden an den abgenommenen Wandbildern, sodass sie daraufhin in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes auf einen Glasfaser-Polyesterträger appliziert wurden (Hammer 1989, S. 43–53 und persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Heute ist der Fries in einem kleinen Museum neben der Pfarrkirche ausgestellt und am Karner eine Kopie der Malereien zu sehen, die 1989 von Walter Campidell und Dietrich Wiedergut in Freskotechnik angefertigt wurde (Staunig 2005, S. 18, 19). Die dazugehörigen Regesten wurden dankenswerter Weise von Frau Anneliese Schallmeiner zur Verfügung gestellt. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Metnitz, GZ. 3273/1907 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.10). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Metnitz, GZ. 1472/1909. Die Wandmalereien dürften also bereits vorher einmal restauriert worden sein. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Metnitz, GZ. 1537/1912, 25. 5. 1912. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Metnitz, GZ. 1168/1912, 4. 4. 1912. 1953 wurden an den Wandmalereien von Walliser weitere Arbeiten durchgeführt. Walliser in seinem Bericht: „An der Aussenseite habe ich
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rierung.626 Viertelberger hatte hier programmmäßig nach den neuen denkmalpflegerischen Leitlinien gearbeitet und wie schon in der Rupertikapelle in Friesach keinerlei Retuschen ausgeführt. Das Fallbeispiel zeigt auch, dass die Restauratoren häufig zwischen den gegensätzlichen Interessen ihrer meist noch der älteren Tradition anhängenden kirchlichen Auftraggeber sowie den Ansprüchen der Denkmalpfleger standen. Die neuen denkmalpflegerischen Ansätze mussten erst den Laien und Nutzern in einer plausiblen Art und Weise vermittelt werden. Die Erwartungshaltung entsprach noch dem Wunsch nach einer einheitlichen Bildwirkung und unbehandelte Fehlstellen störten das ästhetische Empfinden der Betrachter. Auf konservatorische Handlungsweisen beschränkte Maßnahmen stellten damals noch eher die Ausnahme dar. Umso höher zu bewerten sind daher die Entscheidungen, die damals in Gurk, Friesach oder Metnitz getroffen wurden. Max Dvoøák als Generalkonservator in der Zentralkommission führte im Wesentlichen den neu eingeschlagenen Weg weiter und legte seinen Schwerpunkt auf eine noch stärkere wissenschaftliche Vorgehensweise, indem er beispielsweise die systematische Erforschung der österreichischen Kunstdenkmale vorantrieb. Dazu gründete er 1911 das „Kunsthistorische Institut“, das in kurzer Zeit bis 1918 bereits 12 Bände der „Österreichischen Kunsttopographie“ herausbrachte.627 1916 publizierte er eine wichtige Programmschrift, den „Katechismus der Denkmalpflege“.628 Darin bezog er auch zum Thema der Freilegung und Restaurierung sowie zu den in seinen Augen unkorrekten historisierenden Restaurierungen Stellung. Wie schon Riegl bezeichnete Dvoøák den historischen Wert eines Denkmals nach einer Übermalung als eigentlich wertlos und verglich dies mit einer gefälschten Urkunde.629 Durch die Stil-Restaurierungen würde auch der künstlerische Wert des Kunstwerks ruiniert, da sie besonders durch ihr willkürliches Vorgehen geprägt seien und damit ein neues Kunstprodukt entstehen lasse.630 In dieser kurzen Feststellung Dvoøáks sind die beiden grundlegenden Werte eines Denkmal, nämlich sein substantieller Zeugniswert und sein ästhetischer Wert angesprochen, wie dies Georg Dehio 1905 in seinem Ausspruch von der „historischen und ästhetischen Doppelnatur“ der Denkmale zusammengefasst hat.631 Im Hinblick auf den Respekt vor der authentischen Substanz kritisierte Dvoøák auch die Arbeitsteilung bei der Freilegung von Wandmalereien und forderte sowohl für die bereits freiliegenden als auch noch nicht freigelegten Wandbilder, dass jedwede Intervention ausschließlich durch einen „geschulten Restaurator“ auszufüh-
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die Totentanzgemälde durch vorsichtiges Abspühlen mit Wasser und mehrfacher Bestäubung mit Formalin entkeimt und durch nachheriges Fixieren mit Kalkwasser gefestigt“ (Nachlass Walliser, Bericht 1.12.1953). Siehe dazu auch Aurenhammer 2002, S. 4. 1982 wurde dieses Institut durch eine „Abteilung für Denkmalforschung“ ersetzt (Frodl 1987, S. 236, 237). Dvoøák 1918, S. 31. Dvoøák hat sich auch zu Fragen der Gemälderestaurierung geäußert (Vgl. dazu Scarrocchia ed. 2013 [Dvoøák], S.409, 410 und 504–506). Dvoøák 1918. Dvoøák 1918, S. 31 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.15). Dehio 1905, S. 4.
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ren sei.632 Dvoøák sprach hier von einer Fälschung oder künstlerischen Abwertung, die den Kunstwerken durch die Übermalungen widerfahren könnte. Das Original als historisches Dokument dürfe auf keinen Fall verändert werden und konservatorische Maßnahmen sollten nur von gut ausgebildeten Restauratoren ausgeführt werden. Abgesehen von einzelnen Fortbildungskursen gab es damals jedoch noch keine adäquate Ausbildungsmöglichkeit für Restauratoren. Im Folgenden soll an einem Fallbeispiel ein bemerkenswertes Restaurierkonzept diskutiert werden, das 1906/07 von dem Theoretiker Dvoøák und dem Praktiker Viertelberger gemeinsam erarbeitet wurde und dass insbesondere im Hinblick auf die Frage des Umgangs mit Fehlstellen und Retuschen äußerst interessant ist. Zwischen 1896 und 1901 wurden die Apsismalereien im Dom von Aquileia in Italien freigelegt.633 Dvoøák äußerte sich anlässlich seines Besuches in Aquileia in einem Gutachten von 1906 auch zur restauratorischen Vorgehensweise und gab direkte Anweisungen, dass jegliche Veränderung des Bestandes sowie stilgerechte Ergänzungen beziehungsweise Retuschen durch Übermalungen zu vermeiden wären.634 Nachdem bereits ein Gutachten von Melicher vorlag,635 beauftragte man – auf Vorschlag Dvoøáks – Viertelberger mit einer erneuten Untersuchung und der Erarbeitung eines Restaurierkonzeptes, das dieser der Zentralkommission im Februar 1907 vorlegte. Viertelberger versuchte die Kommission davon zu überzeugen, dass er sein Konzept anhand einer Musterfläche selbst umsetzen könne. Die Zentralkommission willigte in den Vorschlag ein und beauftragte ihn mit der Proberestaurierung.636 Dvoøák machte später das Restaurierkonzept in den Mitteilungen der Zentralkommission einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich.637 Im Konzept setzten sich die beiden Autoren besonders mit den zahlreichen Hackspitzlöchern (für eine bessere Haftung der nachmaligen Überputzungen) auseinander, da diese die Malereien in ihrer Lesbarkeit stark beeinflussten.638 Das Ziel der Restaurierung sollte ein zusammengehörendes Gesamtbild sein. Für die zu schließenden Hackspitzlöcher wurden drei Musterflächen für eine Retusche erarbeitet, die anschließend vor versammelter Kommission präsentiert wurden. In allen drei Fällen kittete Vier632 Dvoøák 1918, S. 45. Vgl. dazu Koller 2002, S. 108. 633 Sobieczky 2004, S. 53. Sobieczky beschreibt hier ein Bestreben, dass die neuen Ansichten einer wis-
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senschaftlich arbeitenden Kunstgeschichte, mit Kunstwerk verantwortungsvoll umzugehen, erkennbar waren (Zur Restauriergeschichte siehe dazu Sobieczky 2004, S. 50–88). Sobieczky 2004, S. 60, 61. Das Gutachten von Melicher soll 20 Seiten lang gewesen sein (Sobieczky 2004, S. 55–60). Viertelberger staubte die Malereien mit einem weichen Pinsel ab und reinigte sie mit Brot; lockere Bruchränder hat er mit Käseleim (Kaseinleim) gefestigt und mit Gipsmörtel angeböscht (Sobieczky 2004, S. 62). Sobieczky 2004, S. 65. Für die Behandlung der an großer Zahl vorhandenen Fehlstellen beschrieb er dann drei Varianten, dass man die bereits gearbeitete Putzkittung im Putzton belässt, in einem „neutralen einheitlichen“ Farbton oder in der „Lokalfarbe der Umgebung“ retuschiert (Dvoøák 1907, Sp. 86–87. Vgl. dazu Sobieczky 2004, S. 50–86). Riegl beschrieb bereits in seinem Gutachten 1903, dass Putzkittungen „in einer der Gesamtfärbung der umgebenden Malpartien entsprechenden Weise getönt werden“ können (Bacher ed. 1995a [Riegl], S. 167). Sobieczky 2004, S. 61, 62.
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telberger die Löcher mit weißem Gipsmörtel aus, wobei er sie im ersten Fall unbehandelt beließ, im zweiten Fall mit einem neutralen Grauton einfärbte und im dritten Fall die Kittungsflächen dem Umgebungsfarbton anpasste.639 Das Ergebnis zeigte, dass die Varianten der Ergänzung im Putzton und der Ergänzung in einem einheitlichen Farbton die Form der Malerei eher zerreißen und damit weder die Darstellung noch die Farbigkeit der Malerei besser erkennbar sein würden. Hingegen würden bei einer etwas helleren farblichen Tönung der Fehlstellen im jeweils umliegenden Lokalfarbton diese mehr geschlossen erscheinen. Jede Einzeichnung oder Modellierung sei selbstverständlich zu vermeiden, wo eine klare Unterscheidung zwischen dem Original und den „zur Stütze der Originalteile in unseren Tagen neu ausgefüllt[en]“ Bereichen erkennbar sein sollte. Dvoøák wies auch darauf hin, dass man die Ergebnisse dieser Probeflächen nicht verallgemeinern könne, da dies von „der Beschaffenheit der Gemälde und deren Beschädigung abhängig ist“ und man von Objekt zu Objekt jedesmal neu entscheiden müsste.640 Diese drei von Dvoøák und Viertelberger erarbeiteten Varianten sind als eine Weiterentwicklung in der Retuschetechnik zu betrachten und setzten die von Riegl beschriebene Form einer Retusche mit neutralen641 Farbtönen in die Praxis um. In den gleichen Jahren untersuchte Viertelberger eine bereits 1889 entdeckte Wandmalerei an der Triumphbogenwand in der Pfarrkirche in Thörl und wurde einige Jahre später mit der Freilegung und Restaurierung derselben beauftragt (Abb. 23 und Abb. 24).642 Aufgrund starker Feuchtigkeit gestaltete sich die Freilegung als schwierig, sodass kleine Details verloren gingen. Die von ihm ausgeführte Retusche beschrieb er dahingehend, dass er bei kleineren Fehlstellen „mit passender Farbe“ durch Ausstupfen und bei größeren Fehlstellen „ohne weitere Einzeichnungen“ durch eine Eintönung eine Beruhigung sowie Verbesserung erzielen konnte; eine Rekonstruktion fehlender Figurenteile lehnte er dezidiert ab.643 Viertelbergers Vorgehens-
639 Sobieczky 2004, S. 63. 640 Dvoøák 1907, Sp. 86–87 (Quellentext siehe 6.1, Teil II.9). 641 Dass jedoch ein neutraler Farbton eigentlich gar nicht existierte wurde lange Zeit nicht erkannt. In der
Regel verstand man darunter verschiedene Grautöne, die keinen wesentlichen Farbstich besitzen (Althöfer 1962, S. 144–170). 642 Das Wandbild wurde im Zuge der Restaurierung von 1887 bis 1889 entdeckt. Das Jüngste Gericht ist mit Deesis, Engeln und sitzenden Aposteln dargestellt; begleitet wird es von der Auferstehung der Toten, Auserwählten vor den Toren des himmlischen Jerusalem und Verdammten vor dem Rachen des Leviathan. Datiert wird dieses Wandbild kurz nach Fertigstellung der Passionswand 1476/78 (Höfler 1982; Höfler 1981; Frodl 1944b, S. 37–41, 91–92; Demus 1937b, Demus 1938). 1905 wurde Viertelberger für die Freilegung vorgeschlagen, jedoch dürfte er erst im Herbst 1906 eine erste Zustandsuntersuchung vorgenommen haben, worüber er die Zentralkommission am 6. Dezember informierte. Das Ministerium bewilligte daraufhin einen Kredit nur unter der Voraussetzung, dass Viertelberger die Arbeiten durchführt. Viertelberger scheint in diesen Jahren jedoch so stark mit Arbeit eingedeckt gewesen zu sein, dass er erst im Herbst 1911 mit den Freilegungsarbeiten in Thörl beginnen konnte (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 1620/1905 und Brückler/Nimeth 2001, S. 188; BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 3137/1906 und GZ. 2211/1908). 643 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 697/1912. Vgl. dazu BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl. Die farbige Behandlung von neuen Kittungen oder Fehlstellen mittels Ausstupfen oder mit Lasuren hatte Melicher bereits in seinem Gutachten für Wabelsdorf 1899 beschrieben.
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weise entsprach auch in Thörl dem neuen Weg, den er damals gemeinsam mit Dvoøák in Aquileia begonnen hatte. Die Diskussion um die restauratorische Behandlung von Fehlstellen zeigte einmal mehr das Bewusstsein für die Balance zwischen Originaldokument und der ästhetisch motivierten Gesamtwirkung eines Bildes. Nach dem Wandel sah man das Kunstwerk als historisches Dokument im Sinne des Originals, und zwar der originalen Substanz und nicht des originalen Bildes, an. Die „geschlossene künstlerische Wirkung“ spielte dabei eine wichtige Rolle, wobei das historische Dokument von den neuen Ergänzungen klar unterscheidbar bleiben musste.644 Die Vorgehensweise Dvoøáks und Viertelbergers zeigt diese äußerst fortschrittliche denkmalpflegerische Auffassung sowohl in der Theorie als auch in der Praxis.645 Damit wurden in der Wandmalereirestaurierung neue Maßstäbe gesetzt. Der bisher üblichen Restaurierpraxis der Wiederherstellung im Sinne einer Stileinheit folgte nun der Respekt vor dem unverfälschten Dokument der zu erhaltenden Wandmalerei.646 Viertelberger zählte zweifellos zu den wichtigsten Wandmalereirestauratoren seiner Zeit und war eng mit den Vordenkern in der Zentrale in Wien verbunden. Zugute kam ihm sicherlich seine Bereitschaft, flexibel und offen auf Veränderungen zu reagieren. Seine konservatorischen Handlungsweisen bestätigen eine äußerst fortschrittliche Auffassung. Dass er auch Restaurierungen im Stile der älteren Restauriertradition ausgeführt hat, ist gut vorstellbar.647 Erstens beherrschte er diese Art des Restaurierens und zweitens waren die Restauratoren finanziell auch abhängig von ihren Auftraggebern, die tendenziell noch mehr die Stil-Restaurierungen befürworteten. Ohne die Veränderungen in der staatlichen Denkmalpflege, die neuen Handlungsträger rund um Riegl und Dvoøák, sowie die neuen Leitlinien wäre jedoch die Umsetzung in die Praxis nicht möglich gewesen. Schwierig muss es für die ältere Künstler-Restauratorengeneration gewesen sein, die offenbar bemüht war, den neuen Weg mitzugehen, jedoch zunehmend mit weniger Aufträgen seitens der Zentralkommission bedacht wurde. Die gestellten Ansprüche erforderten von allen ein hohes Maß an persönlichem Einsatz, Überzeugungskraft und Willen. Die Erwartungshaltung der Eigentümer war meist eine andere und das sollte sich auch so schnell nicht ändern. Die Entwicklungen und Diskussionen stärkte die Restaurierung als eigene Fachdisziplin und lösten den Begriff der Konservierung von seinem Verständnis im 19. Jahrhundert. Unter dem Begriff des Konservierens verstand man jetzt mehr eine Beschränkung auf technische Arbeitsschritte und das Imprägnieren, ohne eine künstlerische Vervollständigung. In den nächsten Jahrzehnten differenzierte sich die Vorgehensweise in der Wandmalereirestaurierung weiter hin zugunsten des dokumentarischen Wertes des überlieferten Bestandes und substanzerhaltender konservatorischer Maßnahmen.
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Schubert-Soldern 1915, S. 1–14 und Schubert-Soldern 1916, S. 33–40. Zur Restauriergeschichte siehe Sobieczky 2004, S. 50–88. Frodl 1966, S. 123. Frodl-Krafft 1997, S. 138–141.
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2.6 Bildteil
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15a,b. Konservierung 1899 durch Hans Viertelberger, Wandmalerei um 1260/70, Bischofskapelle im Gurker Dom; oben: Transfiguration Christi (2012); unten: Einzug Jesu in Jerusalem (2013)
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16. Freilegung 1902 durch Theophil Melicher und Restaurierung 1907 durch Hans Viertelberger, Wandbild 14. Jahrhundert, Laurentiuskirche in Lorch bei Enns (2013)
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17. Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung zwischen 1899 –1911 durch Alphons Siber, Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz, historische Aufnahme
18. Zustand nach der Entrestaurierung 1939 –1945 durch Franz Walliser, Wandmalerei 1512–1525, Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz (1996)
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19. Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung 1900 durch Theophil Melicher, Triumphbogenwand in der Johanneskapelle in Brixen, historische Aufnahme
20. Zustand nach der Entrestaurierung, Triumphbogenwand in der Johanneskapelle in Brixen (2010)
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21. Reduzierter Erhaltungszustand, Wandmalerei 1. Viertel 13. Jahrhundert, Rupertikapelle am Petersberg in Friesach (1981)
22. Max Tendler um 1885, Bestandsstudie einer Wandmalerei, Totentanzfries am Karner in Metnitz, Aquarell auf Karton (Archiv BDA)
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23. Collage als Dokumentationsform um 1911 von Hans Viertelberger, Triumphbogenwand in der Pfarrkirche in Thörl, Tempera (?) auf Karton (Archiv BDA)
24. Freilegung und Restaurierung nach 1911 durch Hans Viertelberger, Wandmalerei am Triumphbogen 1476 –1478, Pfarrkirche in Thörl (1982)
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3. Das Einfordern der Grundsätze – Der Weg von der Theorie der modernen Denkmalpflege zur Praxis des Restaurierens (1920–1945) Die neue wissenschaftliche Ausrichtung der „modernen Denkmalpflege“ 648 führte zu einer immer stärker werdenden Auseinandersetzung mit den Methoden der Restaurierung, was auch durch einen vermehrten internationalen Fachaustausch erkennbar war. 1929 wurde in den Technischen Mitteilungen für Malerei eine aus dem Italienischen übersetzte Abhandlung mit einer Anweisung zur Restaurierung von Wandmalerei publiziert.; in dem bereits in der 4. Auflage veröffentlichten Buch „Il restauratore dei dipinti“ des Italieners Giovanni Secco Suardo, die erste Auflage stammte von 1866, werden detaillierte Vorgehensweisen zu restauratorischen Arbeitsschritten beschrieben.649 1930 fand in Rom eine erste Konferenz zur „Untersuchung von Kunstwerken mit wissenschaftlichen Methoden“ statt; bei dieser vom International Museum Office organisierten Veranstaltung wurde der Begriff der „Conservation“ definiert und angewandt.650 Ein entscheidendes Ereignis für eine länderübergreifende Verständigung in Fragen zur Denkmalpflege fand vom 12. bis 30. Oktober 1931 in Athen statt, wo in einer zweitägigen Fachtagung Mitglieder des internationalen Museumsrates des Völkerbundes zu einem Kongress zusammentraten. In diesen von Experten, Wissenschaftern und Praktikern aus den jeweiligen Fachgebieten geführten Diskussionen wurden die neuen theoretischen Ansätze und die aus der Praxis gewonnenen Erfahrungen in der Erhaltung und Restaurierung von Bau- und Kunstdenkmalen in einem aus zehn Punkten bestehenden Grundsatzpapier, nämlich der Charta von Athen, zusammengefasst.651 Zugeschnitten war die Charta von Athen auf die Erfordernisse der Baudenkmalpflege und archäologischer Ausgrabungsstätten. Dabei wurde festgeschrieben, dass das Kunstdenkmal mit allen seinen überlieferten Phasen als historisches Dokument zu respektieren und anzuerkennen sei.652 Eine Wiederherstellung sei dabei zu vermeiden und der gewachsene historische Zustand sowie der künstlerische Wert der Vergangenheit seien zu respektieren. Die Konferenz empfahl zudem, dass eine Restaurierung nur dann ausgeführt werden solle, wenn sie zwingend erforderlich sei, das heißt, wenn das Kunstwerk ansonsten weiteren Schaden nehmen würde. Vor jedweder Konsolidierung oder Restaurierung sei eine zuverlässige Untersuchung durchzuführen.653 Damit waren viele Positionen der modernen Denk-
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Hager 1903, S. 117–120, Lange 1906, Tiezte 1907, S. 177–197, Dvoøák 1918 und Bacher 1995. Achsel 2012, S. 17, 18 und Feldtkeller 2008, S. 182, 183. Koller 2010, S. 95. Janis 2005, S. 150, 151; Tripp 1970, S. 22–27 und Jokilehto 1989, S. 399–400. Janis 2005, S. 152. Janis 2005, S. 151 und Tripp 1970, S. 22–27.
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malpflege erstmals in ein internationales Grundsatzdokument gegossen worden. In Italien versuchte man 1932 mit der „Carta del Restauro Italiana“ als Nachfolgedokument der Charta von Athen, die Restaurierung als eine eigenständige Disziplin zu etablieren. Wiederherstellungen sollten nur auf der Basis von sicheren Anhaltspunkten geschehen und sich nicht auf Hypothesen stützen. Stileinheit sollte kein Restaurierziel mehr darstellen, ganz im Gegenteil, Zeitschichten sollten mehr Akzeptanz erhalten.654 1937 wurde von Max Doerner das Doernerinstitut in München gegründet, das sich besonders der Aufgabe widmete, die Maltechniken der Alten Meister zu erforschen.655 1939 wurde in Rom das Istituto Centrale del Restauro gegründet, das unter anderem den Auftrag hatte, auf Grundlage wissenschaftlicher Forschung eine einheitliche methodische Vorgehensweise in der Restaurierung zu entwickeln. Ihr erster Leiter war Cesare Brandi.656 Mit der Gründung des Restaurierinstitutes wurde ein wesentlicher Schritt gesetzt, um die weitere Entwicklung einer auf wissenschaftlicher Grundlage basierenden Restaurierung zu begründen.657 1941 wurde in der Reihe „Merkblätter zur praktischen Denkmalpflege“ des Bayrischen Landesamts für Denkmalpflege ein wichtiger Aufsatz über die Wandmalereirestaurierung des Konservators Joseph Schmuderer publiziert.658 Für die Wandmalereirestaurierung in Österreich behielten die Leitlinien von Hager, Riegl beziehungsweise Eigenberger in der ganzen 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts ihre Gültigkeit und wurden nicht durch neue Schriften ersetzt. Die Kunstgeschichte beschäftigte sich nach wie vor nur eingeschränkt mit der Erforschung der mittelalterlichen Wandmalerei, wobei das Augenmerk der Forschung dabei lange Zeit speziell auf die romanische Wandmalerei gerichtet war. Aufgrund der zahlreichen Neuentdeckungen rückten aber langsam auch die gotischen Bildwerke in den Fokus der wissenschaftlichen Auseinandersetzung. Nicht mehr so schwierig stellte sich die Erreichbarkeit der Objekte oder das Manko von qualitativ schlechten und damit nicht wissenschaftstauglichen Fotografien dar. Erschwerend für die Forschung war eher die Zufälligkeit der Funde; häufig fehlte es somit an Vergleichsobjekten. Im Vergleich zur progressiv verlaufenden Buchmalereiforschung hinkte man da hinterher.659 Das ikonographische Bildprogramm konnte auch bei schlecht erhaltenen Wandmalereien meistens noch glaubwürdig interpretiert werden. In diesem Zusammenhang wurde vermehrt auch die Frage nach der ursprünglichen Funktion der Wandbilder im Kirchenraum gestellt.660 Obwohl die Anzahl der freigelegten Wandbilder stetig anstieg, wurden meist nur kurz zusammengefasste Publikationen661 von
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Janis 2005, S. 151. Doerner 2014. Zu Brandi siehe Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi]. Janis 2005, S. 154. Feldtkeller 2008, S. 182, 183. Feldtkeller 2008, S. 170. Feldtkeller 2008, S. 173. Ginhart 1930a, S. 39–47, Ginhart/Grimschitz 1930, S. 160–170, Demus 1931, S. 61–70, Demus 1932, S. 179– 180, Herzig 1935, Demus 1937b, S. 49–86, Demus 1938, S. 77–116 (Auswahl).
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wichtigen und meist gut erhaltenen Malereien veröffentlicht. 1944 wurde erstmals ein Katalog zur romanischen und gotischen Wandmalerei in Kärnten in zwei Bänden publiziert.662 Für die Kunstgeschichtsforschung und die kunsthistorische Betrachtungsweise, beziehungsweise für die Frage, wie das Kunstwerk als künstlerische Erscheinung zu begreifen sei, war ein Aufsatz des Kunsthistorikers Erwin Panovsky von 1920 richtungsweisend.663 Die imaginäre Rekonstruktion des ursprünglichen Aussehens ging zwar vom überlieferten Zustand aus, war jedoch stark von der eigenen Perspektive auf das gedachte Mittelalterbild beeinflusst. Panovsky sah in der kunsthistorischen Interpretation mittelalterlicher Bildwerke mögliche Fehlerquelle, die nicht alleine in der schwierigen Einschätzung des überlieferten Zustandes begründet waren, sondern auch in der kunstwissenschaftlichen Vorgehensweise.664 Eine Herausforderung stellte nach wie vor die Einschätzung der künstlerischen Qualität eines mittelalterlichen Wandbildes dar. Die Menge an mittelmäßigen Denkmalen überschritt jene der herausragenden um ein vielfaches. Dessen ungeachtet waren die Kunsthistoriker trotzdem bestrebt, ihnen eine Bedeutung zuzuschreiben, wobei hier gerne von regionalen Kunstkreisen oder provinziellen Malern gesprochen wurde.665 Ein Gewinn für die Kunstgeschichteforschung dürfte der sogenannte Führerauftrag zur systematischen Dokumentation historischer Wandmalereien gewesen sein.666 Anlass war damals die ab 1942 einsetzende Bombardierung deutscher Städte, die zu massiven Verlusten von Bau- und Kunstdenkmälern und auch von Wandmalereien führte. Ab 1943 wurde in Deutschland, Österreich, Ost- und Westpreußen, Nordmähren und Böhmen unter dem Titel „Führerauftrag Farbfotografie“ von allen wichtigen Wand- und Deckenmalereien eine fotografische Dokumentation angefertigt.667 In dem vom Propagandaministerium organisierten Vorhaben wurden mehrere Fotografenteams mit Mitarbeitern ausgesendet, die bis zum Ende des Krieges etwa 40.000 Aufnahmen von 480 Objekten anfertigten. Dabei verfolgte man das Ziel, Vorlagen für eine spätere Rekonstruktion zerstörter Wandmalereien oder für wissenschaftliche Forschung zu besitzen.668 In Österreich erhielt mit dem 12. Juni 1920 das verbliebene Staats- beziehungsweise Bundesdenkmalamt ein neues Statut, welches das Kunsthistorische Institut und die Außenstellen mit Landeskonservatoren enthielt; zudem blieben die Korrespondenten und Konservatoren noch bestehen, die gegenüber den Landeskonservatoren und den Mitarbeitern ein bestimmtes Gegengewicht darstellten.669 Der aufgrund von Zerstörungen durch den Krieg entstandene große Verlust an Kulturgütern, sowie die politischen Veränderungen des Jahres 1918, unterstützten das seit langem erwartete Denk-
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Frodl 1944a und Frodl 1944b. Panovsky 1920, S. 29–43 und Feldtkeller 2008, S. 171, 172. Feldtkeller 2008, S. 171, 172. Feldtkeller 2008, S. 174. Siehe dazu auch Demus 1931, Demus 1932, Herzig 1935, Frodl 1944a, Frodl 1944b (Auswahl). Siehe dazu auch Farbdiaarchiv (Internetseite besucht am 29.09.2015). Feldtkeller 2008, S. 166. Feldtkeller 2008, S. 166. Demus 1948, S. 404; Frodl 1970, S. 9, 10, 14; Kienzl 1994, S. 323 und Frodl-Kraft 1997, S. 48–50 und 81.
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malschutzgesetz, das 1923 erlassen wurde und das Bundesdenkmalamt als Vollzugsorgan bestimmte.670 Für die Restaurierung war die in § 4 des Denkmalschutzgesetzes formulierte Feststellung von besonderer Bedeutung, dass „jede Veränderung an einem solchen Denkmal, die den Bestand, die überlieferte Erscheinung oder künstlerische Wirkung dieses Denkmals beeinflussen könnte“, an die Zustimmung des Bundesdenkmalamtes gebunden sei.671 Vorstand des Staats- beziehungsweise Bundesdenkmalamtes war seit 1917 der Jurist und Kunsthistoriker Fortunat von Schubert-Soldern, der 1928 auch zum ersten Präsidenten bestimmt wurde.672 Ihm folgte 1931 Leodegar Petrin, der sich in den darauf folgenden Jahren mit großer Vehemenz gegen die geplante Auflösung der staatlichen Organisation im Ständestaat stemmte.673 Mit einem Bundesgesetz vom 25. Mai 1934 wurde das Bundesdenkmalamt dann trotz aller Widerstände aufgelassen und durch die „Zentralstelle für Denkmalschutz“ im Bundesministerium für Unterricht und Kunst ersetzt.674 Die Kontinuität der österreichischen Denkmalpflege blieb jedoch weitestgehend durch den Apparat der Landeskonservatoren, Konservatoren und Korrespondenten und sonstigem Hilfspersonal bestehen.675 Im Jahr 1938 wurde die Zentralstelle dann aufgehoben und mit ihrer bisherigen Organisation in die „Zentralstelle für Denkmalschutz im Ministerium für innere und kulturelle Angelegenheiten“ umbenannt, wobei die hauptamtlich fungierenden Landeskonservatoren, die in „Gaukonservatoren“ umbenannt wurden, nur noch nebenberuflich tätig sein durften.676 Nachdem Präsident Petrin zurückgetreten war, übernahm Herbert Seiberl die Leitung der Zentralstelle mit 1. Juli 1938.677 Im selben Jahr wurden auch die Restaurierwerkstätten als eigene Abteilung der Zentralstelle für die Bereiche Gemälde, Holzskulptur, Stein und Bodenfunde ins Leben gerufen, die während des Krieges vor allem für Schutzmaßnahmen gegen die Luftangriffe sowie für Notbergungen an beweglichem Kunst- und Kulturgut zuständig waren.678 1940 wurde im Zuge einer Neuorganisation die Zentralstelle für Denkmalschutz dem Reichsminister für Wissenschaft, Erziehung und Volksbildung zugeordnet und in das fachlich-wissenschaftliche Institut für Denkmalpflege umbenannt. Gaukonservatoren standen demnach in keiner dienstlichen Beziehung zu Wien mehr, sondern waren den Dienststellen der Reichsstatthalter zugestellt.679 Die Funktion der Zentralstelle wurde also mit dem Anschluss
670 Frodl 1966, S. 124. 671 Denkmalschutzgesetz 2000. Siehe auch Koller 2002, S. 112. 672 Semetkowski 1959, S. 549 und Brückler/Nimeth 2001, S. 247, 248. Vgl. auch Frodl-Kraft 1997, S. 3–72 und
438. 673 Semetkowski 1959, S. 549. Zu Petrin siehe Frodl-Kraft 1997, S. 437. 674 Demus 1948, S. 404, Frodl 1966, S. 125 und Koller 2002, S. 112. 675 Demus 1948, S. 404 Laut Semetkowski setzte sich Petrin dafür ein, dass es nicht zu einer kompletten
Auflösung des Denkmalamtsapparates gekommen ist (Semetkowski 1959, S. 548). 676 Semetkowski 1959, S. 548 und Frodl 1966, S. 125. 677 Semetkowski 1959, S. 549. 678 Frodl 1966, S. 127 und Koller 2002, S. 112. Vgl. dazu Tripp 1970c, S. 189–193, Koller 1995, S. 125–146
und Koller 2004, S. 454–471. Verantwortlich war damals besonders Herbert Seiberl, Leiter des damaligen Institutes für Denkmalpflege, dass die Restaurierwerkstätten dem Amtsbetrieb angegliedert wurden (Tripp 1970c, S. 189). 679 Frodl 1942, S. 262.
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an Deutschland und der Errichtung der Reichsgaue aufgehoben, was eine einheitliche Ausrichtung der „österreichischen“ Denkmalpflege erschwerte. Das Denkmalschutzgesetz blieb dabei interessanterweise unangetastet.680 Die Zwischenkriegszeit sowie der Zweite Weltkrieg waren eine Zeit, die auch wesentliche Veränderungen in der Verwaltung sowie im personellen Bereich mit sich brachte.
3.1 Die erste akademische Restauratorenausbildung in Österreich Nach dem Ende der Monarchie 1918 führten die Nachfolgestaaten die Einrichtungen der Zentralkommission zum Teil weiter fort. In den zwanziger und dreißiger Jahren des 20. Jahrhunderts kann von guten Beziehungen Österreichs zum Ausland nicht wirklich gesprochen werden.681 Kontakte muss es aber dennoch gegeben haben. Restauratoren wurden von ausländischen Staaten zu Volontariaten nach Österreich geschickt. Im Frühjahr 1930 erreichte den damaligen Präsidenten Schubert-Soldern eine Anfrage aus Schlesien, ob es möglich wäre, den „Provinzialrestaurator Lukas Mrzyglod“ als Volontär zur Fortbildung hinsichtlich der Restaurierung von Wandmalerei nach Österreich zu schicken.682 Schubert-Soldern wandte sich daraufhin an den gerade in Kärnten arbeitenden Restaurator Franz Walliser, der sich bereit erklärte, Mrzyglod bei der Restaurierung in Maria Saal für etwa 14 Tage mitarbeiten zu lassen. 683 Die Auswahl der Restauratoren erfolgte nach wie vor durch das Bundesdenkmalamt in Wien beziehungsweise das Ministerium, aber auch durch das jeweilige Landeskonservatorat oder den Denkmaleigentümer selbst. Manche Restauratoren wurden nur für einzelne Aufträge herangezogen, andere wiederum engagierten sich persönlich bei der Erhaltung von Wandmalereien.684 Für die Absolvierung eines seit 1917 abgehaltenen dreijährigen Restaurierkurses in der Gemäldegalerie der bildenden Künste in Wien bekamen die Restauratoren ein Abgangszeugnis.685 Robert Eigenberger, der 1917 als Kustos an die Gemäldegalerie berufen und ab 1922 deren Direktor wurde, war inzwischen vom Ministerium zum akademischen Restaurator und zum außerordentlichen Professor ernannt worden. 1933 gründete Eigenberger die Klasse für „Restauriertechniken an Werken der Malerei und Plastik“, die nach Änderungen der Statuten in die „Fachschule für Konservierung und Technologie“ umbenannt wurde.686 Damit war eine der ersten Restauratorenausbildungen auf Hochschulniveau in Europa und die erste staatliche Ausbildung für Restauratoren in Österreich etabliert. Im Lehrplan befasste man sich besonders mit der Geschichte der Technik zur Malerei
680 681 682 683 684 685 686
Semetkowski 1959, S. 549. Frodl 1966, S. 130. BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Saal, Brief 13.5.1930. BDA-Archiv LK-K, Notiz Walliser an Schubert-Soldern, Mai 1930. Viertelberger bemühte sich sehr um die Freilegungen und Restaurierungen im Gurker Dom in Kärnten. Akademie 2005 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Baatz 2015, S. 6–8; Krack 2012, S. 74, 75; Koller 2008a, S. 12, Brückler/Nimeth 2001, S. 58; Baatz/Kaml 2007, S. 41; Koller 2010, S. 85 und Tripp 1970c, S. 189.
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und Plastik, aber auch mit der Freskotechnik oder Materialkunde zu Holz und Leinwand.687 Ab 1937 erhielten die Studenten ein Diplom und schlossen ihre Ausbildung als „akademischer Restaurator“ ab.688 Besonders die im staatlichen Besitz befindlichen Kunstwerke wurden der Fachschule zur Restaurierung vorbehalten.689 Österreich stand mit der Gründung einer organisierten Ausbildung an einer vorderen Stelle im internationalen Kontext; etwa zur gleichen Zeit, 1933, errichtete das Institute of Archaelogy und das Courtauld Institute of Art ein Restaurierprogramm für Restauratoren an der Universität in London; das Institut Royal du Partrimoine Artistique in Brüssel begann 1934 Restaurierkurse zu organisieren; 1937 gründete man das Doerner Institut in München.690 1939 wurde das Ordinariat an der Akademie in Wien in die „Fachmeisterschule für Konservierung und Technologie“ umgewandelt.691 In den ersten beiden Jahren erhielten die Studenten eine künstlerische Ausbildung, entweder in einer der Malerei- oder Bildhauerklassen, und begannen erst im dritten Studienjahr mit der drei Jahre dauernden Restauratorenausbildung. Das von Eigenberger zu Beginn seiner Tätigkeit formulierte Programm wurde nur zum Teil umgesetzt und beinhaltete die Auseinandersetzung mit der „Geschichte der Techniken bei Werken der Malerei und Plastik, Materialkunde […] sowie mit praktischen Arbeiten […]“.692 Der Schwerpunkt der Ausbildung lag in der Beschäftigung mit einzelnen Maltechniken und der Restaurierung von Gemälden und Skulpturen sowie auf den ganz allgemeinen Vorlesungen für Studierende an der Akademie, wie etwa Kunstgeschichte. Die Studenten ließ Eigenberger an der Begutachtung von Kunstwerken teilnehmen. Jedes Objekt verdiene die Fürsorge des Restaurators, dabei solle die Qualität keinen Unterschied ausmachen. Für die Ausübung des Restauratorenberufes wurden von Eigenberger die künstlerische Begabung, handwerkliche Fähigkeit sowie das wissenschaftliche Können als besonders wichtig eingestuft.693 Eigenberger selbst setzte sich mit maltechnischen Fragestellungen und neuen Konservierungsmethoden auseinander und führte Untersuchungen an verschiedenen Materialien durch. Er studierte ihre Eigenschaften und konnte dadurch die Ursachen für viele „Schäden unseres Kunstbesitzes [feststellen,] deren wahre Wurzel man bisher nicht gekannt und daher vernachlässigt hatte“, wie es Leopold Ruprecht 1937 beschrieb.694 Ebenso konnte er die „Fehlgriffe in der bisher angewandten Technik der Restauratoren aufzeigen“, durch deren Anwendung noch größere Schäden an den Malereien entstanden seien.695 Interessant bei der Benennung der neuen
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Akademie 2005 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Krack 2012, S. 74, 75. Siehe dazu auch Baatz 2008, S. 1–9. Akademie 2005 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Janis 2005, S. 154, 155 und Doerner 2004 (Internetseite besucht am 26.01.2015). Baatz/Kaml 2007, S. 43 und Akademie 2005 (Internetseite besucht am 25.01.2015). Siehe auch Koller 1997b und Kortan 1973, S. 29–34. Baatz/Kaml 2007, S. 41, 42 und Wagner 1967, S. 305. Krack 2012, S. 76. Ruprecht 1937, S. 227 und Brückler/Nimeth 2001, S. 58. Ruprecht 1937, S. 227 und Brückler/Nimeth 2001, S. 58. Beispielsweise führte Eigenberger in den 1930er Jahren auch materialwissenschaftliche Untersuchung an den Malereien in der Johanneskapelle in Pürgg durch.
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Klasse ist, dass man von Beginn an von einer Fachschule für Konservierung sprach und der Begriff der Restaurierung nicht vorkam. Möglicherweise spielte hier die inhaltliche Abgrenzung zur Stil-Restaurierung noch immer eine Rolle. Der Begriff der Restaurierung wurde erst Jahrzehnte später in den Titel zur Benennung der Fachklasse dazu genommen. Der Schwerpunkt in der Ausbildung lag auf der Konservierung und Restaurierung von Malerei und Skulptur sowie der Erlernung der alten Mal- und Werktechniken. Die Restaurierung von Wandmalerei wird zumindest im Programm nicht eigens erwähnt, Freskotechnik wurde hingegen gelehrt. Das bedeutete, dass es für die Wandmalereirestaurierung nach wie vor keine institutionalisierte Ausbildung gab. Der wichtigste Qualifikationsnachweis für einen Restaurator blieb weiterhin eine künstlerische Ausbildung, die Absolvierung eines Restaurierkurses, sowie die praktische Erfahrung, die weiterhin als ein wichtiges Lern- und Experimentierfeld fungierte.696
3.2 Die Trennung von Original und Zutat: Beginn der wissenschaftlichen Methodik Riegls Schwerpunkt in seinem Aufsatz 1903 lag insbesondere in der Beschreibung des Umgangs mit der Retusche und der farblichen Ergänzung auf reduzierten oder zerstörten Malschichtflächen. Dvoøák und Viertelberger nahmen die Ideen Riegls auf und entwickelten die Integrationsmethoden sowie deren praktische Umsetzung weiter. Retuschen sollten sowohl dem Ziel der wissenschaftlichen Genauigkeit hinsichtlich der authentisch überlieferten Substanz, als auch einer gewissen ästhetischen Gesamtwirkung Rechnung tragen. Fragmentarische Zustände galten als Nachweis für das Original, sollten aber keine große Störung in der Gesamterscheinung auslösen. Der formale Zusammenhang eines Kunstwerks wurde dabei durch die Farbigkeit der Retusche beeinflusst. Bereits Riegl diskutierte die Frage, ob Retuschen „auf den ersten Blick eben als Zutaten verraten […] werden sollen“, wobei er sich für möglichst klar abgesetzte Ergänzungen aussprach.697 Fortunat von SchubertSoldern forderte in seinen Publikationen von 1915698 und 1916,699 dass Ergänzungen und Ausbesserungen, die zum Zwecke einer künstlerischen Gesamtwirkung vorgenommen werden, als solche deutlich erkennbar sein müssten. Der „wissenschaftliche Denkmalpfleger“ müsse danach streben, dass die dokumentarische Substanz und die Ergänzung klar voneinander unterscheidbar seien.700 Das Schließen fehlender oder reduzierter Konturlinien wurde bereits 1873 in Tulln von von Sacken und in den Rathschlägen 1883 beziehungsweise bei Riegl in
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Feldtkeller 2008, S. 182, 183. MZK 3, 2, 1903, Sp. 30. Schubert-Soldern 1915, S. 1–14. Schubert-Soldern 1916, S. 33–40. Schubert-Soldern 1915, S. 8,9 und Schubert-Soldern 1916, S. 38, 39. Siehe dazu auch Euler-Rolle 2013, S. 132–155.
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seinem Gutachten 1903 diskutiert. Riegl reagierte dabei auf die in der historisierenden Restaurierpraxis eher grobe Nachahmung der mittelalterlichen Konturen und verlangte mehr Sensibilität in der Ausführung. Die Binnenflächen sollten dabei unberührt bleiben, womit er glaubte, dass der Originalcharakter der Malerei weitestgehend bewahrt werden könnte. Diese Methode fand über die gesamte 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts hinweg weiterhin ihre Anwendung. 1935 beschrieb Otto Demus die farbliche Integration an reduzierten Malereiflächen in der Filialkirche in Unterwinklern in Kärnten. Aufgrund einiger gut erhaltener Figuren waren Anhaltspunkte für die Rekonstruktion der Konturlinien vorhanden gewesen, wobei die Binnenfläche in einem einheitlichen Ton der Umgebungsfläche angepasst wurde. Fehlstellen wurden ausgestupft,701 womit eine Kenntlichmachung für den Betrachter gegeben war.702 Dieses Beispiel zeigt, dass die Retuschemethode der Konturergänzung und des Bearbeitens der dazwischenliegenden Binnenflächen gerne angewandt wurde. In der Zwischenkriegszeit entwickelten sich auch noch weitere Retuschemethoden. Eine eher selten angewandte Integrationsmethode war die rein lineare Nachahmung von Konturlinien ohne Tönung der Binnenflächen. Dabei wurden „auf einem blank gelassenen Malgrund“ die Linien der Figurendarstellung mittels Kohlestift nachgezeichnet.703 Ein Beispiel dafür findet man an der Chornordwand der Propsteipfarrkirche in Maria Saal in der Szene der Flucht nach Ägypten (Abb. 25), wo 1934 eine Fehlstelle durch lineare Nachahmungen ergänzt wurde.704 Eine ähnliche Retuschemethode besteht darin, die Fehlstellen in Grisaille-Technik zu ergänzen, „wobei die Grenze zum Original zwar scharf hervortritt, der Gesamteindruck dennoch geschlossen bleibt.“705 Damit erfolgte eine noch strengere Abgrenzung zwischen Fehlstelle und Original, die dem angestrebten ästhetischen Gesamteindruck in einer weiterentwickelten Form entsprach. Eine häufig angewandte Retuschemethode war die farbliche Integration fehlender Bereiche ohne konkrete Wiederherstellung der Formen. Durch diese so genannte „schummrige“ Retusche wurde auf eine impressionistische Art versucht, die Fehlstellen im Umgebungsfarbton einzubinden, um dadurch die fragmentarische Zerteilung des Bildwerkes aufzuheben.706 Eines der frühen Beispiele für diese fortschrittliche Restauriermethodik wandte Viertelberger 1919/20 am Wandbildes des thronenden Christus mit den vierundzwanzig Ältesten und Schriftbändern im südlichen Querhaus
701 Unter Ausstupfen verstand man das Aufbringen von Farbe, meist mittels Schwamm oder Pinsel, in bereits
702 703
704 705 706
reduzierten Malereibereichen innerhalb der Binnenstruktur einer figürlichen Darstellung. Der Begriff des Ausstupfens wurde bereits von Riegl verwendet. Demus 1935, S. 242. Die Restaurierung wurde von Franz Walliser ausgeführt. Demus u. a. 1958, S. 161. Walliser wendete diese Integrationsmethode etwa in der Szene Fischwunder in der Deutschordenskirche in Friesach, an dem Wandbild im Chor der Propsteikirche Maria Saal und in der Veitskapelle in St. Peter in Salzburg in der Dekorationsmalerei (BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965) Bericht 1949). Die Restaurierung wurde von Franz Walliser ausgeführt. Anwendung fand diese Restauriermethode beispielsweise an der Fassade am Hoferhaus in Bad Aussee (Demus u. a. 1958, S. 161). Bacher 1973, S. 88.
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im Gurker Dom an (Abb. 26). Auf einer neu verputzten Fläche versuchte er die Fehlstelle durch eine farbliche Imitation der Umgebungsfläche zu integrieren. Die Retusche gibt in ihrer farbigen Gestaltung den Ansatz einer Idee wieder, wie die große Fehlstelle ursprünglich gestaltet gewesen sein könnte, ohne in eine zu detaillierte Wiederherstellung einzusteigen. So ist die fehlende Figur in ihrer ursprünglichen Form für den Betrachter erfahrbar, ihr fehlt jedoch eine exakte Ausdifferenzierung. Diese Retusche ist noch heute von der Malerei klar zu unterscheiden und wurde ausschließlich im Fehlstellenbereich angewandt. Karl Ginhart verwies in seiner Beschreibung der Restaurierung Viertelbergers erneut auf die Wichtigkeit der Gesamtwirkung innerhalb eines Kirchenraums und betonte, dass es sich dabei um kein Museum handeln würde. Das Restaurierergebnis von Viertelberger lobte er als „Musterleistung“.707 Auf noch zwei weitere Restaurierungen sei an dieser Stelle hingewiesen, die der Restaurator Walliser in Osttirol ausgeführt hat. Osttirol wurde 1939 dem Gau Kärnten angeschlossen und fiel damit in die Agenden des Landeskonservatorates in Klagenfurt. Zwischen 1937 und 1941 unterzog Walliser die Stil-Restaurierung Hintners und Barth von 1881 im Oberchor der Filialkirche St. Nikolaus in Matrei einer so genannten „Entrestaurierung“.708 Dabei versuchte er, die Fehlstellen im figuralen Bereich „durch eine zart getönte, den Umriß andeutende Schummerung“ auszugleichen (Abb. 27), um eine verbesserte Gesamtwirkung zu erzielen.709 Eine ähnliche Retusche führte er im Zuge seiner Restaurierung an den spätgotischen Wandmalereien in der Kapelle in Schloss Bruck in Lienz 1942 durch. In Abstimmung mit dem Landeskonservator Walter Frodl entfernte Walliser eine ältere Ergänzung einer Figur und schummerte quasi eine neue hin (Abb. 28).710 Diese Art der Integrationstechnik wurde damals für eine „einwandfreie Methode“ gehalten und gerne angewandt.711 Der Umgang mit der Retusche bei fehlenden ornamentalen Dekorations- oder Rahmenelementen war ein anderer. Bereits Riegl und Semper beschrieben dies in einem Gutachten von 1903 über die Wandbilder im Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz Tirol (Abb. 17, 18). Diese Elemente besaßen meistens eine Funktion im architektonischen Zusammenhang beziehungsweise in der Strukturierung der Bildflächen. In diesem Kontext erschien das Bedürfnis größer, den Bildern im räumlichen Zusammenhang durch Vervollständigung von Rahmenbordüren etc. Halt zu verleihen und die raumbildende Funktion von Wänden und Gewölben nicht in Frage zu stellen. Deshalb wurde in der Regel eine weitergehende farbliche Integration bei Rahmen- und Strukturteilen angestrebt. Bemerkenswert ist, dass man hierbei
707 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Z 2577, 8. 10. 1920 (Quellentext siehe 6.1, Teil III.2).
708 709 710 711
Die Retuschen von Viertelberger sind auch heute noch an den Malereien zu sehen. 1924 restaurierte Viertelberger das unmittelbar darüber liegende Wandbild des stürzenden Paulus (Siehe dazu auch Ginhart 1927/28). Siehe dazu Kapitel 3, Entrestaurierung von Stil-Restaurierung. Frick 2014, S. 109, 110. Riedel 2014, S. 10–15. Frick 2014, S. 109, 110.
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einen Unterschied in der Bewertung der Originalsubstanz von Bilddarstellungen und dekorativen Elementen machte. Dies spiegelt durchaus auch eine kunsthistorische Rangordnung wider. Die figurale Malerei wurde dabei als reines Fragment belassen und nur die dekorativen Teile vervollständigt.712 Detaillierte Beschreibungen über die Ausführung von Retuschen an Dekorations- oder Rahmenelementen findet man relativ selten in den Restaurierberichten; sie waren eher summarisch. Die Fehlstellen in den Rahmenelementen wurden dabei häufig in einem etwas abgesetzten helleren Ton eingefärbt, wobei der Farbton sich in diesen Fällen den Umgebungsflächen anglich.713 Die hier beschriebenen Retuschemethoden entwickelten sich aus dem Anspruch heraus, neue Möglichkeiten in der Präsentation vor allem der großen Fehlstellen zu finden. Dabei ist keine strikte und einheitliche Vorgehensweise erkennbar, sondern die einzelnen Retuschemethoden wurden je nach Anforderung und Problemlage des Objektes angepasst. Gerne wurde auch der Begriff des „Eintönens“ verwendet, der als eine zurückhaltende gestaltbildende Zutat verstanden wurde.714 Die Wahl der Retuschetechniken war vor allem abhängig vom Zustand der Malerei, dem überlieferten Erscheinungsbild und vom handwerklichen und künstlerischen Können der Restauratoren sowie der methodischen Zugangsweise. Wichtig war in jedem Fall die Sichtbarmachung der Retusche, die für den Betrachter eindeutig vom Original unterscheidbar sein musste, was immer mehr zum vorrangigen Ziel erklärt wurde. Dies entsprach dem neuen wissenschaftlichen Ansatz der Restaurierung, wonach der kunsthistorisch maßgebende Originalbestand verlässlich von den rezenten Zutaten getrennt werden sollte. DerAnspruch auf eine Gesamtwirkung blieb dabei dennoch aufrecht.715 In seiner „Allgemeinen Einschätzung im Umgang mit Kunstwerken“ von 1937 nimmt der Kunsthistoriker Leopold Ruprecht Bezug auf die Fehlstellenergänzung. Fehlende Ränder eines Bildes würde er nicht ergänzen, da auch Teilstücke einer ehemals größeren Komposition für sich noch immer ein Ganzes bilden können. Hingegen bliebe die „ästhetische Wirkung eines Kunstwerks“ nur erhalten, wenn Fehlstellen innerhalb eines Bildes so geschlossen würden, dass letztere die Gesamtwirkung nicht zu stark beeinflussen würden. Für die Entscheidung solch schwieriger Fragestellungen könnten jedoch niemals starre Vorschriften gefunden werden, ganz im Gegenteil, man müsse sie jedes Mal von Objekt zu Objekt neu anpassen.716
712 Bacher 1973, S. 91. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 196. 713 Walliser beschreibt diese Art der Retusche beim größeren der beiden gotischen Bildstöcke in Reisach
im Gailtal, wo er sich „hauptsächlich auf das Decken kleinerer Fehlstellen und Zusammenhängen und Ergänzen der Carput mortuum-Streifen in einem etwas helleren Farbton [beschränkte]. [Größere Fehlstellen wurden] mit neutraler Farbe unauffällig gemacht“ (Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 1955). 714 Feldtkeller 2008, S. 195–197. Angewendet wurde auch die Neutralretusche, als eine noch größere reduziertere Zutat, die erst in einem späteren Kapitel genauer behandelt wird. Siehe dazu Kapitel 4, Die Retusche als Dokument im Bild. 715 Bacher 1973, S. 89. 716 Ruprecht 1937, S. 227.
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3.3 Die kunsthistorisch angeleitete Restaurierung und ihre Entwicklungsstufen in Kärnten Die Umsetzung der neuen Regeln fand in Österreich nur langsam statt, was an der fehlenden Akzeptanz durch Auftraggeber, Eigentümer, aber zum Teil auch durch Denkmalpfleger und Restauratoren lag. Unter Trenkwald wurde die Restaurierung vor allem künstlerisch angeleitet; nun versuchte man, auf Basis der neuen Vorgaben, die Restaurierung kunsthistorisch wissenschaftlich anzuleiten, indem die Restaurierziele klarer definiert und die praktische Umsetzung noch strenger kontrolliert wurden. Als Leitmotiv galt dabei die bestmögliche Erhaltung des Originals, das nunmehr als unberührt überlieferte Substanz verstanden wurde;717 eine Betrachtungsweise, die im Speziellen den Vertretern der entwicklungsgeschichtlich orientierten und wissenschaftlich methodisch ausgerichteten Kunstgeschichte zu eigen war. In der Praxis versuchte man, die Handlungsweisen der Restauratoren strenger unter Kontrolle zu halten. 1918 sondierte Viertelberger „durch größere und kleinere Einstiche“ mittelalterliche Wandmalereien im Gurker Dom in Kärnten.718 Das Bundesdenkmalamt stellte ihm den Korrespondenten Alfred Schnerich,719 einen Kunsthistoriker, zur Seite, der die Freilegungsarbeiten „zu besichtigen und zu überwachen und über seine Beobachtungen zu berichten“ hatte.720 Nachdem die personellen Mittel lange Zeit gering waren, war eine intensive Baustellenbetreuung durch die Korrespondenten, Konservatoren oder Landeskonservatoren nur eingeschränkt möglich. Pro Bundesland standen dem Landeskonservatorat in der Regel nur zwei Stellen für Mitarbeiter zur Verfügung.721
3.3.1 Provisorische Übergangsphase: Die Landeskonservatoren August von Jaksch von Wartenhorst und Hugo Paul von Henriquez Kärnten wurde lange Zeit denkmalpflegerisch von der Steiermark mit betreut, bis 1920 mit dem Historiker August Jaksch Ritter von Wartenhorst, der bis dahin Direktor und Archivar des Geschichtsvereins war, der erste provisorische Landeskonservator berufen wurde.722 Die Bedingungen müssen für Jaksch schwierig gewesen
717 Siehe dazu Feldtkeller 2008, S. 179. 718 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 9.10.1918 und Z 109, 1919. 719 Schnerich studierte in Wien unter anderem Kunstgeschichte. 1892 ernannte ihn die Kommission zum
Korrespondenten, wo er vor allem an den Wandmalereifreilegungen in Maria Saal und Gurk mitverantwortlich war (Brückler/Nimeth 2001, S. 243, 244). 720 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Z 2104, 8. 6. 1918. Schnerich traf sich im Juli zuvor noch in Klagenfurt mit dem steirischen Landeskonservator Semetkowski, wo „alle Fragen der Freilegung von Wandmalereien eingehend erörtert wurden“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Z 2383, 8. 7. 1918). 721 Demus 1991, S. 7. 722 Kienzl 1994, S. 328 und Frodl 1984, S. 123. Jaksch wurde 1883 von der Zentralkommission zum ehrenamtlichen Konservator, 1891 zum Korrespondenten in Klagenfurt, 1898 zum ehrenamtlichen Konservator für die Bezirke Hermagor, Klagenfurt, Spittal und Villach und ab 1907 dann für ganz Kärnten berufen (Brückler/Nimeth 2001, S. 121 und Frodl 1984, S. 123).
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sein, da ihm nicht einmal eine Schreibkraft zur Seite gestellt wurde beziehungsweise dürfte er mit seinen fast 70 Jahren mit der ihm betrauten Aufgabe überfordert gewesen sein. Die provisorische Bestellung von August von Jaksch ist für die damalige schwere Lage des Bundesdenkmalamtes bezeichnend, das zwar einen Landeskonservator berufen konnte, ihn jedoch nicht annähernd finanziell oder materiell zu unterstützen fähig war.723 Trotz der „staatsfinanziellen Notlage“ fanden in Kärnten Denkmalaktivitäten statt, in deren Folge eine Freilegungswelle an mittelalterlichen Wandmalereien einsetzte.724 Besonders im Zuge von Kirchenrenovierungen wurden ab den 1920er Jahren im Gurker Dom, ab den 1930er Jahren in der Stiftskirche von St. Paul sowie in zahlreichen kleinen Kirchen viele Malereien entdeckt.725 Eine neuentdeckte Wandmalerei wurde als ein materieller Zugewinn mit (kunst-)historischer Bedeutung gesehen, der die Bedeutung des Baudenkmals steigern sowie die Kennerschaft und das breite Publikum anziehen konnte.726 Für die Initiative vieler Freilegungen war der damalige Fürstbischof Adam Hefter maßgeblich verantwortlich. Viertelberger legte beispielsweise den Großteil der Wandbilder im Gurker Dom frei und berichtete 1923 von weiteren noch unter der Tünche befindlichen interessanten Wandbildern, die „vom kunsthistorischen Standpunkte aus, notwendig [wären], frei zu bekommen“.727 Der kunsthistorische Antrieb zur Freilegung von Wandmalereien könnte nicht deutlicher zum Ausdruck kommen. Ein Grund für das Freilegen von Wandbildern war die Suche nach zusätzlicher Verschönerung für die Gesamtwirkung des Kirchenraumes. Einerseits sah man darin einen Zugewinn zum österreichischen Kunstbesitz, andererseits rechtfertigte man die zahlreichen Freilegungen mit dem großen Interesse der Öffentlichkeit. Offensichtlich war es einfacher, Geldmittel für Freilegungen zu erwirken, als für andere denkmalpflegerische Arbeiten.728 An dieser Stelle sei auf die Restaurierung mittelalterlicher Skulpturen beziehungsweise ihren Fassungen hingewiesen, wo ab den 1920er Jahren das kunsthistorische Interesse am so genannten Original durch Freilegungen erst so richtig einsetzte. Die Reflexion über die Bedeutung späterer Schichten setzte im Vergleich zur mittelalterlichen Wandmalerei erst später ein.729 Die praktische Denkmalpflege muss aber aufgrund kaum vorhandener Geldmittel und Subventionen eingeschränkt gewesen sein. 1923 beschwerte sich die Landesregierung beim Landeskonservatorat, dass nicht einmal die notwendigsten Sicherungsarbeiten an den Wand-
723 Quellentext siehe 6.1, Teil III.1. Der damalige Landesschulinspektor Friedrich Wolsegger schlug anstatt
724 725
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Jaksch den Künstler-Restaurator August Veiter für den Landeskonservatorenposten vor, einen Spätnazarener, was die kuriose Lage nur noch unterstreicht (Frodl 1930–1938 Karton 1 Faszs. 1–12, M2). Vgl. dazu Demus 1932, S. 179, 180. In der Stiftskirche von St. Paul legte Walliser die bekannten Wandbilder des Thomas von Villach in der Nordostecke des nördlichen Querhauses frei und restaurierte sie (Demus 1932, S. 53. Vgl. dazu auch BDA-Archiv LK-K, BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Maria Saal, Ginhart/Grimschitz 1930; Ginhart 1930a, Ginhart 1930b und Demus 1931). Feldtkeller 2008, S. 164. BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, Brief 24. 7. 1923 und Gurker Domverein, 3, 1926. Demus 1937a, S. 9. Koller 2008b, S. 73–88.
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malereien durchgeführt würden, was damit zusammenhinge, dass „in Kärnten geradezu ausschließlich der Maler Viertelberger als Restaurator“ in Anspruch genommen werde und dieser maßlos mit Aufträgen überladen sei.730 Dem Bundesdenkmalamt war es jedoch aufgrund der beschränkten finanziellen Mittel gar nicht möglich, viele Arbeitskräfte für Restaurierungen einzusetzen. Viertelberger selbst klagte über zu wenig Staatsaufträge in diesen Jahren und meinte, dass er grundsätzlich nicht das Problem der Arbeitsüberlastung hätte.731 Wie beschwerlich die Situation gewesen sein muss, zeigt das Angebot Viertelbergers, der bereit gewesen wäre, „bloß gegen Vergütung meiner Selbstauslagen, wie Reisespesen, Mehrauslagen für Material und Verpflegung etc.“ im Gurker Dom bereits frei gelegte Wandbilder fertig zu restaurieren.732 In diesen Jahren wurde Viertelberger beauftragt, die Restaurierung an den Wandmalereien von Blumenthal in der Apsis des Gurker Domes auszuführen. Als Kontrolleur wurde ihm der Korrespondent Karl Ginhart733 zugewiesen. Ginhart, gleichfalls Kunsthistoriker, diskutierte dabei die Vorgehensweise der besonders schwierigen Restaurierarbeiten. Die Wandbilder waren in einem schlechten Erhaltungszustand. Die möglichen Restaurierziele pendelten zwischen einer rein konsolidierenden Maßnahme und einer „im Interesse bildmäßiger, den Kultbedürfnissen des Domes entsprechender Wirkung“ schöpferischen Restaurierung;734 darunter verstand Ginhart das Ausmalen von „Gewandfalten, Körpermodellierungen, Ergänzungen im Hintergrund etc.“.735 Seine Argumentation für diese Art der Restaurierung unterstrich er damit, dass sich das „Gegenstück“ der Malerei in der südlichen Apsis mit einer Petrusdarstellung in einem weitaus besseren Zustand befände und man damit eine Vorlage für die fehlende Komposition hätte. Darüber hinaus seien die Malereien ohnedies bereits photografisch dokumentiert und somit für die Kunstgeschichteforschung zugänglich.736 Ginhart bezog hier eindeutig Stellung für die – von Riegl so beschriebenen – „Konservativen“, die stets für eine Wiederherstellung durch Übermalung plädierten, um eine einheitliche Bildwirkung zu erzielen. Reduzierte Flächen oder fragmentarische Formen fanden besonders bei Laien keine große Zustimmung.737 Als Otto
730 Seitens der Landesregierung wurde hier der „Antrag auf Verwendung auch noch anderer Kräfte in
Lande“ gestellt (BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, Z 165/D). 731 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 17. 5. 1932. 732 Viertelberger spricht dabei von der Hl. Maria und dem von Löw freigelegten Hl. Georg (BDA-Archiv
Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 17. 5. 1932). 733 Ginhart fungierte seit 1923 als Korrespondent für die Bundesländer Tirol, Steiermark und Kärnten
(Frodl-Kraft 1997, S. 118.). Zu Ginhart siehe Frodl-Kraft 1997, S. 435. 734 Feldtkeller versteht unter dem Begriff der „schöpferischen Restaurierung“ ein individuelles freies Nach-
bilden unter Beibehaltung der ursprünglichen Form und des Bildcharakters (Feldtkeller 2008, S. 157). 735 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, Z 3912/D, 1929. 736 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, Z 3912/D, 1929. Siehe dazu auch Euler-Rolle/Santner 2014,
S. 7–15. 737 In den 1920er Jahren spricht man auch von „schöpferischer Restaurierung“, worunter man ein individuelles
freies Nachbilden unter Beibehaltung der ursprünglichen Form und des Bildcharakters versteht (Siehe dazu Feldtkeller 2008, S. 157).
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Demus einige Jahre später nach Kärnten kam und die Leitung des Landeskonservatorates übernahm, arbeitete Viertelberger noch immer an den Blumenthalmalereien. Demus ließ die Arbeiten von Viertelberger angeblich wegen seiner „traditionellen“ Arbeitsweise sofort einstellen.738 Inwieweit und ob Viertelberger selbst mit diesem Restaurierkonzept im Reinen war, lässt sich aus heutiger Sicht nicht mehr beurteilen. Seine Vorgehensweise wurde grundsätzlich von Ginhart kunstwissenschaftlich begleitet; dabei zeigte sich aber, dass das Verständnis für die Umsetzung der neuen denkmalpflegerischen Leitlinien selbst bei den Mitarbeitern des Bundesdenkmalamtes unterschiedlich war wie eben hier bei Ginhart und Demus. Dazu kam meist noch die stark traditionell verhaftete Anschauung der Denkmaleigentümer, die einen nicht unwesentlichen Einfluss ausübten. Das Beispiel in Gurk zeigt aber auch, wie lange noch in der Art der wiederherstellenden Restaurierungen gearbeitet wurde und in welchem Spannungsfeld sich die Denkmalpflege bei der Umsetzung der neuen Leitlinien bewegte. 1925 wurde – zwar nur ehrenamtlich – der Historiker Hugo Paul von Henriquez739 mit der Amtsführung des Landeskonservatorates betraut, wodurch es eine Zeit lang zwei Landeskonservatoren in Kärnten gab. Henriquez übte seine Funktion noch bis 1938 aus.740 Jaksch hatte sein Amt als Landeskonservator nicht länger als ein Jahr inne und zog sich 1927, offenbar wegen eines „nervösen Erschöpfungszustandes“, aus der Denkmalpflege zurück.741 Daraufhin wurde der Kunsthistoriker und Jurist Eduard Andorfer zu seinem Vertreter ernannt.742 Auch wenn damals noch Stil-Restaurierungen ausgeführt wurden, veränderten sich zunehmend die Schwerpunkte des Berufes hin zur wissenschaftlich-kunsthistorischen Erfassung von Kunst- und Kulturgut auf Basis der Beschäftigung mit alten Maltechniken, Bestandserhaltung und Dokumentation. Der Zeugniswert des Originals rückte dabei zunehmend in den Vordergrund und stellte einen immer wichtiger werdenden Aspekt dar. Ältere Überarbeitungen oder Schmutzauflagen wurden dabei als hinderlich gesehen und in der Regel radikal entfernt. Die Konservierung als eine reine bestandserhaltende Maßnahme etablierte sich erst langsam. In diesen Jahren kündigte sich auch bei den Restauratoren ein Generationenwechsel an. Von Seiten des Villacher Museums aus war man im Herbst 1926 auf der Suche nach „einem geeigneten arischen Maler“ gewesen und dabei auf den Wiener Franz Walliser gestoßen. Walliser antwortet am 7. Dezember dem Museum, dass er sowieso
738 Frodl-Kraft 1997, S. 140, 141. Die Restaurierarbeiten wurden später von Walliser vollendet. 739 Henriquez wurde 1880 in Triest geboren und studierte an der Universität Wien (Brückler/Nimeth 2001,
S. 106, 107). 740 Demus 1991, S. 6; Brückler/Nimeth 2001, S. 47 und Frodl 1984, S. 123, 125. 741 Zu Jaksch vermerkte Frodl: „[…] Im September 1928 (?) legte Jaksch ein ärztliches Zeugnis vor in dem
ihm ein nervöser Erschöpfungszustand bestätigt wurde; auch kündigte er an, dass er einen Urlaub von 3 Wochen antreten werde und Konservator Henriquez gebeten habe ihn zu vertreten. Damit verschwindet er aus der Kärntner Denkmalpflege“ (Frodl 1930–1938 Karton 1 Faszs. 1–12, M2). 742 Brückler/Nimeth 2001, S. 9.
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„zwecks einer Freskenrestaurierung“ nach Kärnten fahren müsse und diesen Anlass nutzen würde, um „die vorzunehmenden Arbeiten zu besichtigen“.743 Damit trat ein Restaurator in das Geschehen ein, der die Restaurierung in Österreich in den nächsten drei Jahrzehnten besonders beeinflussen sollte und der nicht nur in Kärnten die meisten Freilegungen, Restaurierungen und Gutachten an Wandmalereien und Gemälden durchführte. Franz Walliser (1892–1975) stammte aus Wien und studierte anfangs Chemie und Physik, wechselte später jedoch das Fach und absolvierte daraufhin das Studium der Kunstgeschichte bei Dvoøák (Abb. 29). 1921 promovierte er zum Thema „Zur Geschichte der spätromanischen und frühgotischen Malerei in Österreich“.744 Er war von seiner Ausbildung her also Kunsthistoriker, bildete sich hinsichtlich der Restauriertechniken jedoch großteils als Autodidakt weiter und brachte sich viele künstlerische Techniken selbst bei, wie er einmal festhielt: „Die Kenntnis sämtlicher einschlägiger Restaurierungsarbeiten an Gemälden, Stichen, Plastiken u. Keramiken habe ich in Aufträgen praktisch erprobt“.745 Seit 1925 arbeitete er als Restaurator für das Bundesdenkmalamt, für das er zahlreiche Aufträge ausführte. Frodl-Kraft schrieb über Walliser, dass er noch bei einer Generation von Restauratoren gelernt hätte, denen „die Hinterlassung eines fragmentarischen Zustandes Anlaß bieten konnte daran zu zweifeln, ob sie ihr Metier beherrschten“.746 Diese Einschätzung kann ein Grund für seine anfänglichen Schwierigkeiten gewesen sein, jedoch wurde Walliser im Laufe der Jahre zu einem der meist beschäftigten und herausragenden Restauratoren im 20. Jahrhundert in Österreich.747 Allein in Kärnten hat Walliser an die 90 Untersuchungen und Restaurierungen ausgeführt.748 Seine erste Restaurierarbeit in Kärnten im Jahr 1927 war von technischer Seite her gleich eine besonders große Herausforderung. Die Abnahme einer Wandmalerei galt in der Umsetzung als eine restauratorische Sonderleistung. Im Vergleich zum 19. Jahrhundert stieg die Abnahme von Wandbildern in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an.749 Bereits Riegl beschrieb in seinem Gutachten 1903 das Verfahren zur Abnahme von Wandmalereien als einen Prozess mit „besonders hervorragender
743 Walliser erwähnt dabei seine kürzlich abgeschlossenen Arbeiten im Schloss Schönbrunn und an einer „Wiener
744 745
746 747 748 749
Kirchendecke“; in den darauf folgenden Jahren wurde Walliser mit der Restaurierung zahlreicher Tafel- und Leinwandgemälde aus dem Museum betraut (Nachlass Walliser, Kärnten, Brief im Dezember 1926). Brückler/Nimeth 2001, S. 285, 286. Brückler/Nimeth 2001, S. 285, 286. Zwischen 1914 und 1919 unterbrach Walliser aufgrund des Krieges seine Studien und von 1921 bis 1925 zwangen ihn finanzielle Nöte zur Anstellung in einer Bank. Walliser unternahm auch einige Studienreisen nach Deutschland, Frankreich, Belgien, Schweiz, Schweden und Italien. Holey und Ginhart machten damals den Leiter Schubert-Soldern auf die Fähigkeiten Wallisers aufmerksam (BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Z. 758/25/D, 1925). Frodl-Kraft 1997, S. 140. Vgl. dazu Frodl-Kraft 1997, S. 119, 220 und Koller 2002, S. 112. Eine Auflistung der von Walliser in Kärnten ausgeführten Restaurierarbeiten ist im Anhang unter 6. 2. Tabelle 4 beigefügt. Feldtkeller 2008, S. 120, 121. In Spanien errichtete man in den 1920er Jahren ein Museum für abgenommene Wandmalereien, die aus kleineren schwer zugänglichen Kirchen aus den Pyrenäen stammten. Der Kunsthistoriker Hans Tietze kritisierte diese Einrichtung damit, dass viele der Malereien starke Schäden aufwiesen und sie ihre kontextuelle Bedeutung verloren hätten (Feldtkeller 2008, S. 193, 194).
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kunsthistorischer Bedeutung oder ganz unvergleichlicher Stimmungswirkung“.750 Auch Eigenberger akzeptierte eine Abnahme jüngerer Malereien, wenn sich darunter noch eine besser erhaltene oder künstlerisch höher wertige Malschicht befinden würde.751 Wandmalereien wurden also abgenommen, wenn sie entweder stark beschädigt waren und ihr Fortbestand am Ort gefährdert schien, wenn sie nicht gesehen werden konnten oder wenn ältere bedeutende Malereien durch jüngere überdeckt waren.752 Die meisten abgenommenen Malereien transferierte man in ein Museum. Walliser zählte die Wandmalereiabnahmen zu den schwierigeren Aufgaben in der Restaurierung und, wie er es selber später einmal ausdrückte, absolut zu seinem „Spezialfach“.753 Am 24. Dezember 1926 ersuchte der Präsident des Bundesdenkmalamtes, Schubert-Soldern, Walliser um die Untersuchung und Sicherung des 1925 entdeckten Heiligen Oswalds an der südlichen Langhauswand der Pfarrkirche Maria Hilf Assumptio in Malta. Das bereits stark fragmentierte Wandbild lag über einem noch älteren mittelalterlichen Wandbild (Abb. 30), einer Dorotheadarstellung aus der Zeit um 1330.754 Im November 1927 berichtete das „Kärntner Tagblatt“, dass man das Wandbild „in ungemein behutsamer Weise […] Stück für Stück“ abgenommen hatte, wobei die Putz- und Malschicht oft nur mehr einige Millimeter dick war (Abb. 31).755 Die einzelnen Fragmentteile wurden anschließend in ein Gipsbett gelegt und wieder zusammengefügt. Die dadurch entstandenen Bruchlinien wurden im Ton der umliegenden Farben retuschiert, „so daß kein Hauch der Patina verlorenging“.756 An dem abgenommenen Fragment des heiligen Oswald entstanden bald darauf weiße Flecken an der Oberfläche, was alsbald kritisiert wurde.757 Diese Wandmalereiabnahme stellte in der Phase der kunsthistorisch angeleiteten Restaurierung eines der frühesten Beispiele für eine Abnahme dar. In diesem Zusammenhang ist es bezeichnend, dass auf Grund der höheren Wertschätzung des älteren Kunstwerkes das jüngere seinen authentischen Platz verlassen musste und zwar unter technisch-konservatorisch wenig gesicherten Bedingungen. Dass durch die Abnahme das Dorotheabild den Umwelteinflüssen nun viel unmittelbarer ausgesetzt sein und damit langfristig gesehen weitere Schäden nehmen würde, wurde damals noch nicht bedacht.758 Für 750 MZK 3, 2, 1903, Sp. 24. 751 Eigenberger 1915, S. 201, 202. 752 Die abgenommenen Wandmalereien wurden meist in Museen oder an einen anderen Standort versetzt
(Siehe dazu Feldtkeller 2008, S. 50, 51, 120, 121, 193, 194 und 276, 277). 753 BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), GZ. 4867/50, 16. 5. 1950. Siehe auch Feldtkeller 2008,
S. 193, 194 und Harnoncourt 1999, S. 30, 31. Nachlass Walliser, Kärnten, Z. 5200/D. ex 1926, 1926. Nachlass Walliser, Kärnten, Kärntner Tagblatt 25. 11. 1927 (Quellentext siehe 6.1, Teil III.3). Nachlass Walliser, Kärnten, Kärntner Tagblatt 25. 11. 1927. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Z. 134, 20. 1. 1934, Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 140; Dehio-Handbuch 2001, S. 491. Siehe dazu auch Koller 2002, S. 111, 112. Die Restaurierung der Dorotheafigur wurde dahingehend beschrieben, dass sie in der Ausführung „zeichnerisch linear behandelt“ wurde (Ginhart 1930b, S. 160). 758 Zwei Jahre später, 1929, erschien in den Technischen Mitteilungen für Malerei die erste deutsche Übersetzung der inzwischen 4. Auflage des Restaurierhandbuchs von Giovanni Secco Suardo. Darin enthalten ist unter anderem eine detaillierte Beschreibung des Abnehmens von Wandbildern (Suardo 1929 und Achsel 2012). 754 755 756 757
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den jungen Walliser war diese Abnahme sicherlich eine besondere Herausforderung. Dass an dem abgenommenen Fragment bald darauf Veränderungen an der Oberfläche entstanden, sollte ihm nochmals zum Verhängnis werden. Neben Walliser wurde damals noch ein anderer Restaurator gerne für Restaurierarbeiten in Kärnten eingesetzt, Fritz Weninger, auf den in den folgenden beiden Fallbeispielen eingegangen wird. Der damalige Generalvikar des Gurker Domkapitels Prälat Johann Baptist Schmutzer beschwerte sich bereits im Mai 1925 beim Landeskonservatorat in Klagenfurt und stellte in den Raum, dass die im Vorjahr gefundenen und teilweise freigelegten Malereien in der Pfarrkirche des heiligen Filippus in St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf wieder übertüncht würden, wenn nicht mehr für ihre Erhaltung unternommen würde. Der jetzige Zustand sei ein unwürdiger für den Kirchenraum, schrieb Schmutzer weiter.759 Das Präsidium des Bundesdenkmalamtes in Wien hatte für die Arbeiten die Restauratorin Rust aus Kirchberg am Wagram vorgesehen. Rust, die lange Jahre bei Viertelberger mitgearbeitet hatte, sollte „unter dessen verantwortlicher Leitung die Arbeit durchführen“.760 Die Auswahl von Restauratoren erfolgte meist durch die Zentrale in Absprache mit dem Ministerium für Unterricht und dem jeweiligen Landeskonservatorat. Aus Krankheitsgründen konnte Rust die Arbeit jedoch nicht beginnen, woraufhin man den Restaurator Weninger beauftragte.761 Fritz Weninger (1892–1981) stammte aus Rohrbach an der Lafnitz, absolvierte die „Spezialschule für Malerei und Kunstgewerbe“ in Wien und studierte nach dem Ersten Weltkrieg an der Graphischen Lehr- und Versuchsanstalt sowie an der Wiener Akademie der bildenden Künste bei Hans Tichy. Praktische Erfahrungen sammelte er in der Gemälderestaurierung bei Ritschl und in der Wandmalereirestaurierung bei Viertelberger. Ab 1926 führte er selbständige Restaurierungen im Auftrag des Bundesdenkmalamtes durch. Weninger wurde 1937 zum Konservator für den Bezirk Neunkirchen ernannt und 1939 in den Dienst des Bundesdenkmalamtes gestellt. 1952 wurde er vom Bundesministerium für Unterricht zum „anerkannte[n] Restaurator für Sgraffiten und Fresken“ befördert.762 1927 begann Weninger mit der Freilegung und Restaurierung der Malereien im Chorbereich der Pfarrkirche des heiligen Filipus in St. Filippen ob Sonnegg, die er
759 BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief Mai 1925. 760 Restauratorin Rust wurde von Ambros, der für juristische und administrative Agenden im Bundesdenk-
malamt verantwortlich war, dem Ministerium für Unterricht vorgeschlagen (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief 1927). 761 BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief im Juni 1927. 762 Weninger restaurierte zahlreiche Kunstwerke in Österreich, wie etwa die Wandbilder in der Schatzkammer sowie das Selbstporträt des Meisters Pilgram am Kanzelfuß in St. Stephan in Wien und in der Göttweiger Hofkapelle in Stein an der Donau. Weiters war er an der Entrestaurierung der romanischen Malereien in Pürgg beteiligt und an einigen Fassadenrestaurierungen, unter anderem in Eggenburg, Krems, Weitra und Horn (Brückler/Nimeth 2001, S. 292). 763 Hierbei dürfte es sich um Franz Xaver Mayrhofer von Grünbühel handeln, der 1890 zum Korrespondenten und 1906 zum Konservator für kunsthistorische und technische Agenden im Bezirk Völkermarkt ernannt wurde (Brückler/Nimeth 2001, S. 173). Später wurden die Arbeiten auch von Otto Demus beaufsichtigt (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief im Juni 1927).
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unter der Aufsicht des Konservators Mayrhofer763 ausführte. Dabei handelte es sich um eine ehemals reiche Ausstattung aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts. Das Programm zeigt heute die vier Evangelistensymbole im Gewölbe, einen Marienzyklus und einen heiligen Georg im Drachenkampf, die Szenen aus der Passion Christi (Kreuzigung, Ölberg), den Zug und die Anbetung der Heiligen Drei Könige, Verkündigung, Marientod, Schutzmantelmadonna und Marienkrönung (Abb. 32).764 Weninger legte die Malereien im Presbyterium frei und hatte offensichtlich Probleme, einige Schriftbänder richtig zu ergänzen.765 Er nahm farbliche Korrekturen an einigen Figuren vor, die er zuvor mit dem Landeskonservatorat diskutierte. Beispielsweise entfernte er bei einer angeblichen Georgsfigur die „Ellbogenhachel“, da sie nach ikonographischer Überprüfung nicht stimmen konnte; ähnlich arbeitete er bei einer Gregoriusfigur, wo die „spitz zulaufende Mütze nicht“ richtig sein könnte, da es sich wohl um Gregor den Großen handeln müsste.766 Hier wurde offensichtlich sehr willkürlich mit den ikonographischen Darstellungen umgegangen und sie wurden den jeweiligen kunsthistorischen Vorstellungen angepasst. Fehlstellen wurden nur „andeutungsweise ergänzt, und an dem ursprünglichen Bestande wurde nichts geändert“.767 Weninger erhoffte sich durch die schwierige Restaurierung mehr Anerkennung von Seiten des Landeskonservatorates. Aus der Berichterstattung geht darüber hinaus eine Diskussion über die zu ergänzenden Spruchbänder zwischen dem Restaurator und den verantwortlichen Personen im Landeskonservatorat hervor. Weninger hatte offensichtlich Probleme, einige Schriftbänder zu ergänzen, da diese schon eine starke Beschädigung aufwiesen, beziehungsweise führte er farbliche Ergänzungen an Attributen einzelner Heiligen durch, um ihnen die vermeintlich richtige ikonographische Bedeutung zu geben. Mayrhofer, der noch mehr der alten Restauriertradition verbunden war, bezeichnete die Arbeit von Weninger als ein „Muster sachgemäßer Restaurierung“, die Demus später, den neuen Leitlinien folgend, kritisierte und meinte, dass Weninger „eher zu viel getan hat“.768 Das Fallbeispiel zeigt gut die unterschiedliche Auffassung über das Restaurierergebnis. 764 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 53, 54; Dehio-Handbuch 2001, S. 621, 622; Hartwagner 1977,
S. 176; Hutter 1958, o.S.; Frodl 1944b, S. 68, 69, Ginhart 1930, S. 61 und Demus 1931, S. 64. 765 Quellentext siehe 6.1, Teil III.4 und Teil III.5. 766 BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief September 1927. 767 BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Bericht September 1927. Eine neben dem Hochaltar
aufgestellte Osterkerze führte laut dem damaligen Pfarrer im Februar 1989 zu einem Brand in der Kirche. Dabei kam es zu einer starken Verrußung des Chorraumes. Die Kirchenmalerfirma Campidell überprüfte anschließend den Zustand der Malereien und stellte unter anderem fest, „dass die Malereien entweder von Weninger oder Florian mit einem Lack (Zaponlack?)“ übersprüht worden sind; bei der folgenden Restaurierung durch Campidell „musste die Saponlackschichte vorsichtist abgebeizt und anschließend mit Beizmittel neutralisiert werden. Fehlstellen retuschiert“; aufgrund des Chorbrandes und der offensichtlich dadurch notwendig gewordenen neuerlichen Restaurierung durch Campidell können die Restaurierungen der 1930er Jahre heute nicht mehr beurteilt werden. Die von Campidell beschriebene Zaponlackschicht wurde weder von Weninger noch von Florian erwähnt (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, AV, Zl 1082/1/89 und Rechnung Campidell, 10. 10. 1989). 768 BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Bericht September 1927 und BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief März 1934. Wenige Jahre später wurde der akademische Maler Maximilian Florian mit den Freilegungs- und Restaurierungsarbeiten im Chorschluss der Kirche beauftragt (Quellentext siehe 6.1, Teil III.11).
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Im Jahr darauf, 1928, führte Weninger unter der Leitung von Andorfer eine weitere Freilegung und Restaurierung in Kärnten durch, nämlich in der Pfarrkirche des heiligen Petrus in St. Peter in Holz, die in der Nähe der ehemaligen antiken Stadt Teurnia liegt. Dabei legte er an der Nordwand des Langhauses einen der größten christologischen Zyklen des 14. Jahrhunderts in Kärnten frei. Der in Bildstreifen unterteilte Zyklus umfasst die Leidensgeschichte Christi, Christus in der Mandorla, Maria mit Engeln und Aposteln, eine Auferstehung der Seligen, einen Zug zur Himmelsburg sowie eine Dorotheenlegende (Abb. 33).769 Die um 1370 datierte Malerei wurde seit damals keiner den Bestand maßgeblich verändernden Behandlung unterzogen. Abgesehen von einem teilweisen Neuanstrich der Nullflächenkittungen kann das damalige Restaurierergebnis noch heute weitestgehend im Zustand von 1928 betrachtet werden, wobei das Augenmerk besonders auf den farblichen Umgang mit den Fehlstellen zu legen ist. Die Arbeiten sollten ursprünglich vom akademischen Maler und Korrespondenten August Veiter770 durchgeführt werden, der sogar einmal für die Leitung des Landeskonservatorates vorgeschlagen wurde.771 Andorfer äußerte sich im Juli 1928 kritisch zur der Bestellung Veiters für die Restaurierarbeiten. Nach den bisherigen Erfahrungen mit ihm, würde dieser noch gerne eine Stil-Restaurierung durchführen, die er häufig mit „dem Vorwand des schlechten Erhaltungszustandes“ rechtfertigte, wie beispielsweise seine Restaurierungen in der Stadtpfarrkirche in Klagenfurt.772 Andorfer schlug der Zentrale in Wien daher Weninger für die Arbeiten in St. Peter in Holz vor.773 Veiter hatte offenbar Schwierigkeiten, die neuen Leitlinien und Behandlungsmethoden des Bundesdenkmalamtes umzusetzen. Auch Präsident Schubert-Soldern äußerte seine Bedenken hinsichtlich der Arbeiten in St. Peter in Holz, da die „begründete Befürchtung einer stark eigenwilligen Veränderung der zu behandelnden Wandgemälde“ durch die Arbeitsweise von Veiter bestehen würde.774 Weninger führte die Arbeiten zwischen 1928 und 1930 durch. Über seine Arbeiten berichtete er 1930 an das Landeskonservatorat, dass ihm die Sicherung des schadhaften Putzes „infolge des glatten, nicht-
769 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 136, 137; Dehio-Handbuch 2001, S. 811, 812; Hutter 1958,
770 771 772 773 774
o.S.; Frodl 1944b, S. 69, 73, 82, 85, 96; Herzig 1935, o.S.; Demus 1931, S. 61, 68; Ginhart 1930, S. 160; die Malereien stammen aus der Zeit um 1370/80. Veiter wurde 1896 zum Korrespondenten in Kärnten ernannt und erhielt ab 1914 Restaurieraufträge von der Zentralkkommission erhalten (Kienzl 1994, S. 325 und Brückler/Nimeth 2001, S. 280). Frodl 1930–1938 Karton 1 Faszs. 1–12, M2. BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Peter in Holz, Brief 25. 7. 1928 (Quellentext siehe 6.1, Teil III.6). BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Peter in Holz, Brief 25. 7. 1928. BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Peter in Holz, AV Schubert, 28. 1. 1929. Veiter dürfte in diesen Jahren nur mehr wenige Aufträge erhalten haben. 1935 bat sein Sohn in einem Brief an die Zentralstelle in Wien um Unterstützung für seinen Vater: „[…] da in dem vom Liberalismus (auch heute noch, wenn auch in anderem polit. Gewande) beherrschten Kärnten für einen kirchlichen Künstler nichts getan wird […]. Gegen Veiter würden von der ZST Einwände erhoben werden, weil diese gerne Wiener Künstler bevorzugt und weil sie sachlich gegen die Restaurierungsart, wie mein Vater sie anwendet, etwas einzuwenden hat. [Nach der Auffassung des Denkmalamtes gehörte Veiter] zu jenen Malern, die – was durchaus tadelnswert ist – trotz aller Abmahnungen immer sehr viel in den alten Bestand hineinmalen, sodaß die restaurierten Gemälde vielfach ihren Wert verlieren“ (Brückler/Nimeth 2001, S. 280).
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saugenden Bausteines“ besondere Schwierigkeiten bereitete und er zur Festigung des Bestandes umfangreiche Hinterfüllungen der großflächig vorhandenen Hohllagen durchführen müsse.775 Die Fehlstellen verputzte Weninger glatt mit Kalkmörtel. In den Bildflächen führte er die Retusche „in einem indifferenten Ton“ aus; aus heutiger Betrachtung retuschierte er mit einem relativ breiten Pinsel in einem braunen Farbton.776 In den Rahmenbändern ergänzte er die Fehlstellen farblich dem Originalton entsprechend etwas heller, „licht durchgezogen“, wie er es ausdrückte; auf diese Art und Weise wurde versucht, die Neueinputzungen „kleiner erscheinen [zu] laßen“ und die Gesamtwirkung zu beruhigen sowie den Zusammenhalt des Bildzyklus zu gewährleisten.777 Das Ergänzen der Rahmenelemente unterstreicht die bereits angesprochene Unterscheidung und Bewertung in der Behandlung originaler Bildelemente.778 Das heute noch erhalten gebliebene Ergebnis der Restaurierung von 1928 stellt ein besonders gutes Beispiel für den damaligen Anspruch einer Restaurierung nach kunstwissenschaftlichen Maßstäben bei gleichzeitigem Bewusstsein für die Gesamtwirkung der Wandbilder im Kirchenraum dar. Die Fragmentierung, die sich aus der Beschränkung auf die erhaltene Originalsubstanz ergibt, wurde durch die putztonige Einfärbung der Fehlstellenkittungen gemildert; die gemalte Gliederung der Wandflächen wurde durch die farbige Schließung der Rahmenbänder wiederhergestellt. In dieser Zeit der Übergangsphase wurden die Restaurierprojekte in Kärnten immer strenger von den Korrespondenten oder Landeskonservatoren begleitet. Ende der 1920er Jahre kam es innerhalb der staatlichen Denkmalpflege zu einem Generationenwechsel, woraufhin eine für die Wandmalereirestaurierung in Kärnten enorm wichtige Person zum Landeskonservator bestellt wurde: Otto Demus.
3.3.2 Methodische Verankerung: Landeskonservator Otto Demus 1929 wurde die Funktion des Landeskonservators mit dem Kunsthistoriker Otto Demus779 besetzt, der erst 1934 offiziell ernannt wurde. Demus wurde nach nur einem halben Jahr Grundausbildung im Bundesdenkmalamt in Wien im Herbst 1929 bereits nach Klagenfurt entsandt.780 Die Ankunft von Demus in Kärnten als neuer
775 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt St. Peter im Holz, Bericht 7. 10. 1930 und BDA-Archiv LK-K, Ordner
St. Peter in Holz, Brief 17. Mai 1930 und im September 1930. 776 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt St. Peter im Holz, Bericht 7. 10. 1930 und BDA-Archiv LK-K, Ordner
St. Peter in Holz, Brief 17. Mai 1930 und im September 1930. 777 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt St. Peter im Holz, Bericht 7. 10. 1930 und BDA-Archiv LK-K, Ordner
St. Peter in Holz, Brief 17. Mai 1930 und im September 1930. 778 Demus notierte 1931 dazu: Die Restaurierung wurde „in technischer Hinsicht einwandfrei durchgeführt.
Für die nach h.a. Erachtens doch etwas weitgehende Erneuerungen dürfte der ursprüngliche schlechte Erhaltungszustand […] verantwortlich zu machen sein“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Peter in Holz, AV Demus, Zl. 1046/D/31, 1931). 779 Demus wurde 1902 in Harland (St. Pölten) geboren, studierte an der Universität in Wien Kunstgeschichte, Prähistorie und Geschichte studiert und promovierte 1928 (Brückler/Nimeth 2001, S. 46, 47). 780 Brückler/Nimeth 2001, S. 46, 47, Frodl 1984, S. 124 und Frodl-Kraft 1997, S. 431.
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Landeskonservator war alles andere als herzlich, denn es stellte sich heraus, dass man ihn „gar nicht als Landeskonservator zu akzeptieren beabsichtigte“, wie ihm das in der Zentrale in Wien zugesichert worden war, sondern „als wissenschaftlichen Assistenten eines verdienten […], alten Herrn, der als eigentlicher Amtsträger anzusehen war“.781 Demus schrieb rückblickend über den bereits amtierenden Henriquez, dass er von seiner Ausbildung her „weder Kunsthistoriker noch Archäologe, weder Baufachmann noch Kenner von Kunsttechniken“, sondern Historiker und als solcher auch Autodidakt wäre.782 Die Agenden der beiden wurden so aufgeteilt, dass Demus für die kirchlichen Denkmale und Henriquez für die Ausgrabungen und profanen Denkmale zuständig sein sollte.783 Wien gegenüber trug jedoch Demus die volle Verantwortung.784 Demus und Henriquez verstanden sich offensichtlich gut, wie aus den Korrespondenzen hervorgeht. Henriquez hatte Demus nicht nur imponiert, sondern ihm auch „seine väterliche Freundschaft“ geschenkt und ihm viel beigebracht.785 Demus setzte in Kärnten konsequent den Anspruch um, die Restaurierprojekte von Anfang bis zur Fertigstellung persönlich zu betreuen, was in dieser intensiven Form zuvor noch nicht praktiziert worden war. Unter Henriquez, der nicht in diesem Sinne als Denkmalpfleger agierte, wurde lange nicht so ein starker fachlicher Druck ausgeübt, wie das schließlich unter Demus der Fall war. Demus baute also die Denkmalpflege in Kärnten „von Grund aus neu [auf]“; er kämpfte gegen die Anwendung veralteter Restauriermethoden, die große Schäden an den Kunstwerken verursachen würden, und kämpfte gegen die „erbitterten Widerstände“ der Auftraggeber, gegen die er hart durchgreifen musste.786 Er forderte auch eine radikale Umsetzung der neuen Behandlungsmethoden, indem er auf „eine asketische, dass heißt auf Ergänzungen und weitgehend auch auf Retuschen verzichtende Vorgangsweise“ setzte.787 Demus sorgte durch seinen Einsatz für eine „Verbreiterung der wissenschaftlichen Basis der Denkmalpflege“ und etablierte durch seine Vorgehensweise österreichweit einen neuen fachlichen Standard.788 Darüber hinaus bildete er eine neue Generation von Restauratoren, Handwerkern und Gewerbetreibenden heran und nahm die kunstwissenschaftliche Erforschung der Kunstdenkmale wieder auf. Er versuchte dabei, das Interesse der Bevölkerung „durch Vorträge, Zeitungsartikel und wissenschaftliche Veröffentlichungen“ zu wecken.789 Seine Dienstreisen durch Kärnten machte Demus mit der Bahn oder dem Autobus. Rückblickend schilderte er die Situation so, dass
781 782 783 784 785
786 787 788 789
Demus 1991, S. 6. Demus 1949, S. 77. Kienzl 1994, S. 328 und Brückler/Nimeth 2001, S. 106. Frodl 1984, S. 125. Demus schrieb 1991 rückblickend: „Er [Henriquez] hat mir viel geholfen, besonders im Umgang mit Menschen und Autoritäten. Im Fachlichen ließ er mir bald freie Hand [und ich war] stolz und dankbar, dass [ich] durch sechs Jahre hindurch sein Zögling sein durfte […]“ (Demus 1991, S. 6). Demus 1991, S. 7. Frodl-Kraft 1997, S. 119 und Koller 2002, S. 112. Siehe dazu Frodl 1972, S. 81–82, Frodl 1975, S. 163–164. Frodl-Kraft 1997, S. 120. Demus 1991, S. 7. 1934/35 publizierte Demus eine aus zwei Teilen bestehende, umfassende Arbeit zu Thomas von Villach und seinem Kunstwerk in der Filialkirche Heiliger Georg in Gerlmoos (Demus 1937b und Demus 1938).
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an die Benützung eines Dienstautos nicht im Ansatz zu denken gewesen wäre; „die Forderung nach einem solchen hätte den Fordernden [Demus] wohl ins Irrenhaus gebracht“.790 Sein wohl wichtigster Schützling wurde Franz Walliser, der einige Jahre zuvor seine Tätigkeit als freischaffender Restaurator aufgenommen hatte und in Kärnten bereits tätig gewesen war. Eines seiner ersten großen Restaurierprojekte in Kärnten unter dem neuen Landeskonservator verlief für Walliser nicht nach Wunsch beziehungsweise kam es hier zum ersten Aufeinandertreffen mit Demus. Im Sommer 1929 beauftragte man Walliser mit der Freilegung der Malereien im Querhausgewölbe in der Propstei- und Wallfahrtskirche Maria Saal. Das zuvor dem Salzburger Erzbistum unterstellte Kollegiatsstift ließ im 15. Jahrhundert einen völligen Neubau errichten und die Kirche im Inneren reich ausgestalten. Walliser legte hier bedeutende Gewölbemalereien mit reich gestalteten Figuren und Blütenformen frei, die um 1430/40 datiert werden (Abb. 34). In den vier Hauptfeldern im Nordjoch thronen die vier lateinischen Kirchenväter, im Südjoch sind Evangelistensymbole dargestellt; jeweils in den seitlichen Gewölbefeldern adorierende Engelsgestalten. In der Scheitelraute des Mitteljochs steht in der Mandorla die Gottesmutter mit dem Jesusknaben, die von acht gekrönten heiligen Jungfrauen mit Attributen sowie der Halbfigur des heiligen Josef (?) umgeben ist.791 In seinem Kostenvoranschlag führte Walliser die Position an, „eine vorsichtig vorzunehmende Ergänzung“ an den Malereien durchführen zu wollen. Dieser Vorschlag wurde zunächst von Schubert-Soldern mit der Begründung abgelehnt, dass „eine solche Ergänzung […] von Seiten des Bundesdenkmalamtes nicht bewilligt werden“ könne.792 Als Walliser seine Arbeiten an den Gewölbemalereien im Hauptschiff beendet hatte, war man in der Zentrale in Wien mit dem Restaurierergebnis offenbar gar nicht zufrieden, da man kurz überlegte, die weiteren Arbeiten einem anderen Restaurator zu übergeben. Das Ergebnis von Walliser wurde im Bundesdenkmalamt so kommentiert, dass dieser die Figuren und Ornamente „zwar nicht übermalt, aber den Konturen nachgeholfen“ sowie den Hintergrund mit einer Farbe neu überstrichen hätte, was offenbar nicht der modernen Restaurierauffassung entsprach.793 Der damalige Fürstbischof Adam Hefter setzte sich jedoch für die Fortsetzung der Arbeiten mit der Begründung ein, dass er zwar das kunsthistorische Argument des „zu wenig konservative[n] Vorgehen[s]“ Wallisers verstehe, dem jedoch entgegenhalten möchte, dass es „Extreme auf beiden Seiten gibt“.794 Hefter brachte auch zum Ausdruck, dass Wandmalereien dem Volk in ihrer Pracht gezeigt werden sollten und dass die Kirche eben kein Museum sei und er eine rein konservatorische Behandlung daher ablehne.
790 Demus 1991, S. 7. 791 Hassler 2011, S.47–53; Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 72–74; Ernst 1994; Frodl 1944b, S.
83, 84 und Demus 1931, S. 86–89. 792 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, AV von Schubert, 27. 1. 1930. 793 Frodl-Kraft 1997, S. 139, 140. 794 BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Saal, Brief 17. 3. 1930. Die Akten wurden mir dankenswerter Weise von
Frau Doris Hassler zur Verfügung gestellt (Quellentext siehe 6.1, Teil III.7).
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Er habe sich mehrmals persönlich am Gerüst über den Fortgang der Arbeiten ein Bild gemacht und könne bestätigen, „in welch pietätvoller und echt konservativer Weise Dr. Walliser vorgeht“.795 Die Argumente des Fürstbischofs dürften ihre Wirkung beim Bundesdenkmalamt nicht verfehlt haben, da Walliser daraufhin mit der Fortführung der Arbeiten beauftragt wurde. Ginhart berichtete am 24. Juli 1930 von einem Baustellenbesuch, dass Walliser nun von Demus „strenge beaufsichtigt“ werde und aufgrund der „zu weit gegangenen Erneuerungen“ jetzt zurückhaltender sei.796 Demus konnte in Maria Saal seine Vorstellungen über die „neue Art des Restaurierens“ erstmals in die Praxis umsetzen, wobei es ihm besonders um den Erhalt der historischen Substanz sowie um eine klare Trennung zwischen „authentischem und nicht authentischem Bestand“ ging.797 Die Arbeiten in Maria Saal kommentierte Demus abschließend damit, dass der überlieferte Bestand unverändert geblieben sei und Fehlstellen „in neutralen, der Umgebung angepassten Tönen ausgefüllt“ worden wären.798 Die begriffliche Vermischung der beiden unterschiedlichen Vorgehensweisen einer neutralen Tönung und einer in der Umgebungsfarbe gehaltenen Tönung zeigt, dass in dieser Phase der Denkmalpflege und Restaurierung eine exakte Methodik, wie sie sich in der Phase zwischen 1945 und 1970 entwickeln sollte, noch fehlte. In Maria Saal fand also die erste Zusammenkunft von Demus und Walliser auf einer Baustelle statt. In den folgenden Jahren setzte Demus Walliser für zahlreiche Restaurierungen ein, sodass er ihn nach den „strengen Grundsätzen einer rein konservierenden Denkmalpflege“ erziehen konnte.799 In diesem Sinne ist der Begriff der kunsthistorisch angeleiteten Restaurierung zu verstehen. Die Einflussnahme durch Demus dürfte wohl einer der Hauptgründe für den späteren Aufstieg des Restaurators gewesen sein. Seit 1930 war dieser noch zusätzlich als ehrenamtlicher Restaurator am Wiener Diözesanmuseum tätig und 1933 suchte er erstmals um die Verleihung des Professorentitels an, der ihm vorerst verwehrt blieb. Ginhart kommentierte sein Ansuchen damit, dass Walliser ein gelernter Kunsthistoriker sei, überdies zuerst in einer Bank gearbeitet hätte und seinen Beruf als Restaurator erst vor etwa sechs Jahren auszuüben begonnen hätte. Eine seiner frühen Restaurierungsarbeiten in Maria Saal sei ihm „missglückt“ und das Bundesdenkmalamt hätte damals alle Hände voll zu tun gehabt, um ihn zu verteidigen; Walliser sei „riesig reklamesüchtig“.800 Ginhart verwies in diesem Zusammenhang auch auf die fehlgeschlagene erste Wandmalereiabnahme des Oswaldfragments in Malta, das nach der Abnahme weiße Flecken aufwies. Die Verleihung des Professorentitels an Walliser
795 BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Saal, Brief 17. 3. 1930. Die Akten wurden mir dankenswerter Weise von
Frau Doris Hassler zur Verfügung gestellt. 796 BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Saal, AV von Ginhart, Z. 5452/W, 2. 9. 1930. Bei der Baustellenbesichtigung 797 798 799 800
war auch der spätere Landeskonservator Walter Frodl anwesend. Frodl 1984, S. 124, 125. Demus 1931, S. 66. Frodl-Kraft 1997, S. 397–399. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Z. 758/25/D, 1925. Nach einer persönlichen Mitteilung von Manfred Koller am 02.09.2015 wurde Walliser auch vom Ehrgeiz seiner Frau Viktoria (?) angetrieben.
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erschien ihm daher etwas verfrüht und eine solche würde wohl einen „Sturm [...] vor allem von Seite der akademisch ausgebildeten Künstlerschaft [erregen]“.801 Eine herausragende Leistung in der Restaurierung sei ihm von Walliser bisher nicht bekannt, es sei eher alles „von durchschnittlicher Güte“ und den Arbeiten etwa eines Viertelbergers nicht ebenbürtig.802 Trotz der weiterhin finanziell schwierigen Situation war es insbesondere der kunsthistorische Entdeckerdrang, der die wirklich treibende Kraft bei den Freilegungen von Wandmalereien war, die in Kärnten eine besondere Dynamik entwickelte. 1930 wurde von 40 Freilegungen und Sicherungsarbeiten an Wand- und Deckenbildern in mindestens 20 Ortschaften Kärntens berichtet.803 Demus schilderte das folgendermaßen: „Die Restaurierungstätigkeit kann dem raschen Tempo der Entdeckungen nicht annähernd folgen.“ 804 Demus war damals auch klar, dass sich der Großteil von mittelalterlichen Wandbildern noch unter den Tüncheschichten befand. Die große Begeisterung des Entdeckens stand dabei immer im Vordergrund und es gab auch weiterhin Fälle, wo Handwerker, Mitglieder von Kirchengemeinden, der Pfarrer oder einer der Konservatoren des Bundesdenkmalamtes auf die schnellstmögliche Weise versuchten, Teile von Wandbildern freizukratzen.805 Tendenziell wurden jedoch mehr und mehr Freilegungen durch die Restauratoren selbst durchgeführt. In so genannten Arbeitsprogrammen wurden die für das kommende Jahr vorgesehenen Freilegungen und Restaurierungen aufgelistet. Im Jänner 1934 beispielsweise schickte Demus Walliser folgende Auflistung: „Maria Saal, Chorfresken und Karner; St. Lorenzen i.L. Weltgericht; Winklern im Mölltal, Christoph; Gurk, Georg und Tod Mariae“.806 Die Neuentdeckungen in dieser Zeit fanden wissenschaftlich rasch ihren Niederschlag; so veröffentlichten beispielsweise die in Kärnten tätigen Kunsthistoriker Karl Ginhart, Otto Demus oder Walter Frodl zahlreiche kunsthistorische Texte über die Neufunde, was eine ganz neu gewonnene Möglichkeit bot, kunstgeschichtliche Forschung zu betreiben. Die Schwerpunkte in diesen Aufsätzen lagen in der Beurteilung des Zeugniswertes, der Bildbeschreibung, der ikonographischen Bestimmung sowie der Bewertung der künstlerischen Qualität. Eher selten war die wissenschaftliche Bearbeitung von Werkgruppen oder die Zuschreibung von Wandmalereien an bestimmte Künstler. Die Anzahl der freigelegten Wandbilder war mittlerweile so angewachsen, dass auch an einer stilgeschichtlichen Entwicklung der romanischen und gotischen Malerei gearbeitet wurde.807
BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Z. 134, 20. 1. 1934. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Z. 134, 20. 1. 1934. Ginhart 1930a, S. 39. Vgl. auch Koller 2002, S. 112. Demus 1931, S. 61. Viertelberger berichtete 1932 davon, dass beispielsweise das Wandbild mit der Darstellung des Heiligen Georg im Gurker Dom vom damaligen Kustos und Korrespondenten Josef Löw freigelegt wurde (BDAArchiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 17. 5. 1932). 806 Nachlass Walliser, Kärnten, Brief 1934. 807 Feldtkeller 2008, S. 97–101. Vgl. dazu Ginhart 1930a, Ginhart 1930b, Demus 1931, Herzig 1935, Demus 1937a, Demus 1937b, Demus 1938, Frodl 1943, Frodl 1944a,b und Hutter 1958, o.S. 801 802 803 804 805
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Für viele Restaurierungen nach 1900 hatte die Vorgehensweise Viertelbergers 1899 in der Bischofskapelle im Gurker Dom Vorbildcharakter. Ab den 1930er Jahren fand in der unmittelbar darunter liegenden Vorhalle ein ähnlich wichtiges Restaurierprojekt statt, in dessen Verlauf ein Generationenübergang von Viertelberger zu Walliser stattfand. Die Wandbilder in der Vorhalle waren, außer im unteren Bereich, so wie auch in der Bischofskapelle, nie übertüncht gewesen. Damit besaßen sie ebenfalls einen hohen Zeugniswert in ihrem originalen Bestand. Die äußere Vorhalle ist ein großer quadratischer und tonnengewölbter Raum, der sich zwischen den zwei Westtürmen befindet. Die ehemals offene Vorhalle wurde nach 1337/38 mit einer durchfensterten Mauerwand geschlossen, weil sie eine Widmung als Kapelle erhielt, womit auch die malerische Ausgestaltung in den Jahren bis 1343 (?) einher geht.808 Die Nord- und Südwand sind durch gemalte Kosmatenbänder in ein Rahmensystem eingeteilt, das auch auf die westliche Fensterwand übergreift. In vier horizontalen Bildregistern sind dort Bildszenen angeordnet. In das Tonnengewölbe übergehend zeigt sich ein breites Rahmenband, das die blau gemalte und mit plastischen Sternen gestaltete Himmelszone einfasst. Im Zentrum ist ein Lamm Gottes in einem Reliefmedaillon dargestellt. Die Ostwand wird zur Gänze vom romanischen Trichterportal eingenommen; nur im Streifen zwischen den Archivoltenbögen und dem Gewölbeansatz sind gemalte Medaillons mit Christus und den zwölf Aposteln zu sehen. Das Bildprogramm zeigt an der Nordwand 36 alttestamentarische und an der Südwand 30 neutestamentarische Szenen (Abb. 35), die nach chronologischen Gesichtspunkten geordnet sind. Aus dem Neuen Testament sind übliche Szenen dargestellt, wie etwa von der Verkündigung bis zum Pfingstfest. Der Wandmalereizyklus zählt zu den bedeutendsten Kunstdenkmalen Österreichs.809 Die unteren Bildstreifen wurden vermutlich im 18. Jahrhundert mit einer Kalktünche übermalt; die oberen Bereiche der Ausstattung blieben unberührt. Dieser Umstand und die aufsteigende Mauerfeuchtigkeit sowie stark schwankende Klimaverhältnisse führten im Sockelbereich und an den unteren Bildern zu starken Schäden. Bereits 1904 berichtete Viertelberger von lockeren Stellen, die „teilweise schon abgefallen sind oder abzufallen drohen“.810 Die Freilegung dieser Zonen sowie die massiven Malschichtschäden an diesen bedeutenden Malereien führten dann zu umfangreichen Untersuchungen. 1930 führte Viertelberger eine Untersuchung durch und erwähnte in seinem Gutachten einen Schimmelpilz, welcher sich immer weiter vermehre und das Bindemittel allmählich zerstöre.811 Die Malschichten beschrieb er an manchen Stellen als äußerst pulvrig und warnte vor jeglicher Berührung oder Reinigung. Weiter regte er an, durch ein „geeignetes Desinfectionsmittel“, welches er leider nicht
808 Brucher (Hg.) 2000, S. 446; Stein-Kaiser 1975, Deuer/Kallen, 1995, S. 20–25 und Ginhart/Grimschitz,
1930, S. 95–102 (Auswahl). 809 Brucher (Hg.) 2000, S. 446; Stein-Kaiser 1975, Deuer/Kallen, 1995, S. 20–25; Baatz u. a. 2006 und
Ginhart/Grimschitz, 1930, S. 95–102. 810 Viertelberger schlägt als Maßnahme vor, die Fehlstellen zu verkitten und die losen Ränder zu festigen
(BDA-Archiv Hofburg, Akt Viertelberger, Brief 1. 12. 1904). 811 Quellentext siehe 6.1, Teil III.8.
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näher bezeichnete, das weitere Ausbreiten des Schimmels zu verhindern; die bereits befallenen Flächen wären vorher „zu befreien und sichtbar zu machen“.812 Dabei verwies er auf die in seiner langjährigen Praxis gemachte gute Erfahrung mit diesem Verfahren. Die Malschicht wäre anschließend nur noch zu festigen.813 Viertelberger schilderte hier aus seiner Sicht die Schadensproblematik der Malereien und machte Vorschläge für die konservatorische Behandlung. In diesem Prozess war auch Henriquez als „zweiter“ Landeskonservator involviert, der daraufhin weitere Untersuchungen und eine Probereinigung forderte, um festzustellen, ob es sich bei dem Schleier um eine Verschmutzung oder einen Schimmelpilz handelt.814 In dieser detaillierten Auseinandersetzung mit Schadensphänomenen und ihren möglichen Ursachen drückt sich bereits der moderne technologische Zugang zur Restaurierungsaufgabe aus. Im Jahr darauf verfasste Viertelberger ein weiteres Gutachten, in dem er betonte, dass der Zustand der Malereien sich immer weiter verschlechtern würde.815 Am 17. Mai 1932 wandte er sich an den damaligen Dompfarrer mit der Bitte, Probeflächen zur Entfernung des Schimmelpilzes sowie zur Festigung der Malschichten anlegen zu dürfen. Darüber hinaus tätigte Viertelberger eine interessante Aussage, warum eine Beauftragung an ihn von Vorteil wäre: „[…] damit nicht vielleicht Abstaub- oder Reinigungsversuche von de[m] neuen Herrn, hier oder in der Westempore gemacht werden, wo ein Abstauben mit Besen oder Tüchern oder ein Putzen mit Brod oder einem anderen Reinigungsmittel einen nicht mehr gut zu machenden Schaden an den wertvollsten Gemälden des Domes verursachen würden.“ 816 Mit dem neuen Herrn hatte Viertelberger Walliser gemeint und sein Misstrauen könnte nicht deutlicher ausgesprochen werden. Damit endete die Ära Viertelbergers, der zwei Jahre später verstarb. Walliser übernahm in Gurk die weiteren Restaurieraufgaben und führte daraufhin 1931 weitere Untersuchungen an den Malereien in der Vorhalle durch. Er schrieb in seinem Untersuchungsbericht hingegen nichts mehr von Schimmelpilz, sondern meinte, dass der auf der Malerei aufliegende „graue Schleier“ großteils aus einer Staubschicht bestehe, die sich überdies „mit Brot leicht entfernen lässt“.817 Walliser wies jedoch auch auf pulvrige Malschichten besonders bei den roten Farbpigmenten hin sowie auf Stellen, die sich nicht mit Brot reinigen lassen würden und wo er Rückstände von „Kalkwasserverwaschungen nach alten schlechten Putzausbesserungen“ vermutete (Abb. 36).818 Walliser dürfte nicht unmittelbar mit weiteren Arbeiten beauftragt worden sein. Erst 1934 führte er im Beisein von Konservator Johann Quitt, Meinrad Gottwald, dem Korrespondenten Otto Rainer
BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 3. 9. 1930. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 3. 9. 1930. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Z. 7841, AV 17. 11. 1930. Quellentext siehe 6.1, Teil III.9. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 17. 5. 1932. 1925 lehnte Viertelberger einmal ein Ansuchen von Walliser ab, bei ihm mitarbeiten zu können (BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925– 1965), Z. 134, 20. 1. 1934). 817 BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Voranschlag 4.7.1931 (Quellentext siehe 6.1, Teil III.10). 818 BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Voranschlag 4.7.1931. 812 813 814 815 816
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(?) sowie Demus eine weitere Reinigungsprobe an den Malereien durch, die allgemein auf große Zufriedenheit stieß. Demus beschrieb die Vorgangsweise Wallisers dahingehend, dass dieser die pulvrigen Malschichten vorgefestigt und anschließend erst die Reinigung durchgeführt hätte. Der Grund für das schwache Bindemittel wurde nach den Untersuchungen mit der aufsteigenden Bodenfeuchtigkeit in Verbindung gebracht, die auch für die Anhaftung der Staubschichten verantwortlich wäre. Demus betonte in seinem Protokoll noch, dass „das Original nicht verletzt“ worden sei.819 Man war sich der Bedeutung der Malereien bewusst und wollte keine falschen Entscheidungen treffen. Henriquez schrieb noch an das Präsidium in Wien, dass man möglichst vieles im Vorfeld abzuklären gedenke, „damit nicht nachträglich von irgendeiner Seite Vorwürfe erhoben werden können“.820 Für die Reinigung der Wandflächen dürfte Walliser Brot beziehungsweise bei gut anhaftenden Schmutzflächen Salmiakwasser verwendet haben, wie er es auch für die Probereinigung an den Wandmalereien in der darüber liegenden Bischofskapelle beschrieben hat.821 Wie aus den Untersuchungen von Viertelberger und Walliser hervorgeht, hat man sich intensiv mit den konservatorischen Problemen der pulvrig aufliegenden Malschichten und den Schmutz- und Schimmelauflagen auseinandergesetzt.822 Die differenzierte Vorgehensweise der beiden Restauratoren sowie auch die thematische Auseinandersetzung von Demus mit der Schadensproblematik sind bemerkenswert für diese Zeit und zeigen den großen Respekt vor den zweifellos bedeutenden Wandmalereien. Möglicherweise haben der hohe Zeugniswert der Malereien und der Umstand, dass der Wandmalereizyklus großteils nie übertüncht gewesen war, zu dieser sorgsamen und vorsichtigen Vorgehensweise geführt. Die Restaurierarbeiten an den Wandmalereien in der Vorhalle des Gurker Domes wurden 1942 beendet.
3.3.3 Entrestaurierung als Überwindung der Stil-Restaurierung Die kunsthistorisch geprägten Restaurierkonzepte und die Abneigung gegenüber den wiederherstellenden Restaurierungen aus dem 19. und frühen 20. Jahr-
819 Am gleichen Tag nahm man auch eine Reinigungsprobe in der Szene Einzug Jesu in Jerusalem in der
Bischofskapelle vor. In seinem Bericht vom 11. Juli 1934 beschreibt Walliser seine Vorgehensweise folgend: „[…] Das Putzen wurde mit äusserster Vorsicht vorgenommen. Dabei wurde konstatiert, dass die Farben rot, gelb und braun etwas abfärben. Zum Putzen wurde weiches, geknetetes Brot verwendet, bei hartnäckigen Stellen etwas Salmiakwasser zu Hilfe genommen. Das Grün hielt bei der Putzstelle fest“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Protokoll von Demus 11. 7. 1934). 820 BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Brief 13. 7. 1934. 1938 berichtet Walliser nach einer erneuten Unterbrechung an das Landeskonservatorat in Kärnten über den Fortlauf der Arbeiten: „Melde hiermit, dass ich die Sicherungsarbeiten in Gurk aus technischen Gründen unterbrechen muß. Die leicht haftenden Schmutzschichten in den 2 obersten Bildstreifen habe ich entfernt. Die Ausbesserung der Putzschäden, Fixierung des Bestandes, Entfernung hartnäckiger Schmutzstellen, Ausfleckung optisch störender Fehlstellen muß des Frostes wegen aufgeschoben werden“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Zl. 1084, Bericht Dezember 1938). 821 BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, Protokoll, 11.7.1934. Vgl. dazu auch BDA-Archiv AKR, Untersuchungsund Restaurierberichte von 2006, 2010 und 2011. 822 Die systematische Überprüfung des Erhaltungszustandes war lange Zeit nur durch eine rein visuelle Untersuchung möglich. Die Einschätzung der Schadensproblematik erfolgte meist ohne gesicherte tech-
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hundert führten von Seiten der Denkmalpflege zur Forderung nach Abnahme jeglicher späterer nicht originaler Hinzufügungen. In der künstlerisch geprägten Zeit stellten die früheren Stil-Restaurierungen einen wichtigen Teil der Denkmalpflege dar. Für eine kunsthistorische Anerkennung der Restaurierungsleistungen des Historismus fehlte damals noch die zeitliche Distanz, um dieses Zeitdokument würdigen zu können, was erst Jahrzehnte später erfolgen sollte. Die neue denkmalpflegerische Forderung nach der Anerkennung aller Zeitschichten schloss die jüngst vergangene Phase nicht mit ein. Eigenberger hat den damaligen Standpunkt in seinem Beitrag 1915 geschildert und festgehalten, dass die Stil-Restaurierungen in der Regel eine Wertminderung der künstlerischen Qualität des Kunstwerks bedeuteten, die man in den meisten Fällen sorglos entfernen könne. Eigenberger formulierte zumindest die Ausnahmeregel, dass man bei einer solchen Überarbeitung, wenn sie von hoher künstlerischer Qualität sein sollte, worüber die Kunstgeschichte zu urteilen hätte, oder wenn das freizulegende Wandbild darunter in einem schadhaften Zustand sei, ein Belassen der jüngeren Schicht in Betracht ziehen könne.823 Die Abnahme jüngerer Übermalungen wurde meist damit argumentiert, dass man den Originalbestand des Kunstwerks zeigen wollte, um damit seine ursprüngliche Wirkung und künstlerische Ausdruckskraft zu erhöhen. Eigenberger sprach dabei interessanterweise von einer „ästhetischen Forderung“, welcher der Denkmalpfleger im Austausch mit dem Kunsthistoriker und Historiker nach reiflicher Überlegung den Vorrang geben müsse.824 In den seltensten Fällen wurde eine photographische Dokumentation der Übermalungen angefertigt. Fehlstellen, die durch die Abnahme der Übermalungen entstanden, versuchte man dabei sichtbar zu belassen oder sie durch eine neutrale Retusche825 zu schließen.826 Diese restauratorische Methodik ist darin begründet, dass der dokumentarische Charakter und der Originalbestand eines Kunstwerkes wichtige Kriterien der modernen Denkmalpflege geworden waren, welche die Entwicklungshaltung an das Erscheinungsbild bestimmten. Die Ästhetik der Ursprünglichkeit wurde ein lebensnotwendiges Merkmal eines überlieferten
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nologische Grundlagen und war stark von der jeweiligen praktischen Erfahrung der Restauratoren abhängig (Koller 2002, S. 112; Vgl. dazu auch Feldtkeller 2008, S. 111, 112, 184–186). Die Einholung eines naturwissenschaftlichen Rates stellte eher noch eine Seltenheit dar. Walliser ließ manchmal Proben vom „Dipl. Chemiker Prof. Ernst Schmitz von Staat. chem. techn. Versuchsanstalt im Technologischen Gewerbemuseum in Wien“ durchführen, der ihn dann meist telefonisch über das Ergebnis informierte (Bericht Herbst 1949, Walliser Nachlass. Vgl. dazu Koller 2002, S. 112). Eigenberger 1915, S. 201. Die Abnahme soll unter der Voraussetzung des guten Erfolges nur bei Bildern erfolgen, wo die darunter liegenden „in reiner Al-fresco-Technik [gemalt sind] oder bei solchen, deren Farbstoffe sehr fest an der Mauer haften“ oder wo es eine natürliche Trennschicht durch eine Putzschicht gibt. Eigenberger erwähnt noch, dass das Wandbild in größeren als auch kleineren Teilen abgenommen werden muss, die anschließend wieder zusammengeführt werden. Bei einer gelungenen Abnahme eines jüngeren Wandbildes hätte der Denkmalpfleger dann noch die Aufgabe, einen geeigneten Platz für dieses Objekt zu finden (Eigenbeger 1915, S. 206–208). Koller 2003, S. 16 und Koller 2002, 112. Koller 2002, S. 16. Wandmalereien mit einer Stil-Restaurierung, die nicht entrestauriert wurden, findet man heute noch im Karner von Tulln und Hartberg, oder in der Schlosskapelle von Mauterndorf im Lungau.
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Kunstwerks.827 Die radikalste Auslegung dieser Vorgehensweise wurde mit den Begriff der „Entrestaurierung“ umschrieben, die eine konsequente Entfernung der farblichen Übermalungen der historistischen Restaurierungen und aller ihrer Ergänzungen bedeutete sowie im Anschluss den Verzicht auf jedwede neue farbliche Zutat verlangte. Die bedenkenlose Abnahme wurde häufig mit der Befreiung des Originals begründet, um das Kunstwerk in seiner Authentizität dem Betrachter wieder zeigen zu können. Ernst Bacher bezeichnete die Entrestaurierung später als einen „merkwürdig hybride[n], eigentlich kontradiktorische[n] Begriff“.828 Eine der bekanntesten Entrestaurierungen wurde ab 1939 an den von Melicher restaurierten romanischen Wandmalereien in der Johanneskapelle in Pürgg829 durchgeführt, die zu den wichtigsten Restaurierprojekten in der Ära Trenkwald zählte. Bereits einige Jahre nach der Fertigstellung traten erste Schäden im Bereich des Sockels beziehungsweise der vermauerten Tür auf. 1910 stellte man Subventionen für Ausbesserungsarbeiten in Aussicht, womit Viertelberger beauftragt werden sollte, der jedoch aufgrund von Arbeitsüberlastung die Arbeiten nicht durchführen konnte. 1912/13 legte der Maler Gustav Lang an zwei Stellen Reinigungsproben im Langhaus und in der Apsis an. Die schwierige Zeit während des Ersten Weltkrieges und der Tod von Landeskonservator Hauser dürften die Bemühungen um eine Fortführung der Arbeiten vorerst ausgesetzt haben. 1937 wurde der in der Zwischenzeit zum Professor berufene Eigenberger mit einer Untersuchung der Wandmalereien beauftragt, um ein Restaurierverfahren zur Entfernung der Öl-/Harzmalschichten Melichers zu entwickeln. Interessanterweise zog Eigenberger in seinem Restaurierkonzept nach der Reinigung eine anschließende Imprägnierung der Malereien in Betracht.830 Die Restaurierarbeiten wurden 1939 von den Restauratoren Fritz Weninger und Bruno Malanik begonnen und nach einer langjährigen Unterbrechung, wohl aufgrund des Zweiten Weltkrieges, 1948 von Walliser fortgeführt und beendet. Radikal wurden die Überarbeitungen von Melicher (Abb. 37) sowohl auf der originalen Malerei als auch auf den großflächigen Kittungen abgenommen (Abb. 38). Interessanterweise beließ man im Apsisbereich einige wenige Stellen der Melicherrestaurierung. Möglicherweise wurden diese als Teil der originalen Malerei interpretiert, was jedoch
827 Bacher 1989, S. 1. 828 Bacher 1985, S. 22–24 und Koller 2003, S. 16. Kritik an den Stil-Restaurierungen wurde im Laufe des 20. Jahrhunderts von vielen Kunsthistorikern und Denkmalpflegern geäußert. Dvoøák meinte, dass
„durch willkürliche Zusätze die alten Stilformen vernichtet […] und ein stilistisches Mixtum compositum gebildet worden [ist]“ (Scarrocchia ed. 2013 [Dvoøák], S. 505); Frodl beschrieb sie als „Die Erneuerungssucht der mittelalterlichen Wandmalerei [oder etwa als] rücksichtslose Übermalungen“ (Frodl 1988, S. 150); Demus bezeichnete sie als „Fehlschläge […] die die Denkmale als historische und künstlerische Dokumente entwertet und sie in technischer Beziehung schwer geschädigt hatten“ (Demus 1958, S. 156); Wibiral sah sie als eine „stilgerechte ja stilverbessernde Restauriermethode des historisierenden 19. Jhs.“ (Wibiral 1957, S. 25) und Bacher charakterisierte sie als „tiefgreifende Verfälschungen des künstlerischen Tatbestandes“ (Bacher 1985, S. 22). Zum Thema der „Entrestaurierung“ siehe auch Euler-Rolle 2013, S. 132– 155 und Feldtkeller 2008, S. 188–191 und 270–274. 829 Siehe dazu auch Kapitel 1, „Die Herausforderungen in der praktischen Anwendung der Rathschläge“. 830 Protokoll Seiberl, 14.9.1937 in: Melicher 2012b.
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nur eine vage Vermutung darstellt. Ob durch die Abnahmen der im Zuge der StilRestaurierungen aufgebrachten neuen Farbschichten immer von einem hohen Substanzverlust am mittelalterlichen Bestand ausgegangen werden kann, ist nicht zwingend anzunehmen.831 Jüngere Untersuchungen an solchen Kunstwerken haben gezeigt, dass sich diese Schichten der Restaurierung meist problemlos entfernen lassen und dass die meisten Schäden wohl schon während der Freilegungsarbeiten oder noch früher entstanden sind. Dies lässt sich sowohl für die Wandmalereien in der Johanneskapelle in Pürgg832 als auch im Karner von Hartberg833 sagen, die damit zu den prominentesten Beispielen für eine Entrestaurierung zählen. Walliser beschrieb die Entrestaurierung im Allgemeinen als „Entfernung der mit Ölfarbe oder ölhältiger Tempera ausgeführten Restaurierungen des 19. Jhts.“ 834 und rühmte sich selbst damit, dass er diese Methode in Österreich zum ersten Mal ausgeführt hätte.835 Die denkmalpflegerisch-restauratorische Auseinandersetzung mit den früheren Stil-Restaurierungen begann im vollen Umfang in den 1930er Jahren und war eng mit Demus verbunden, der an der Entwicklung der Entrestaurierungen ganz maßgeblich beteiligt war und auch einen guten Partner bei der praktischen Durchführung in der Person Wallisers gefunden hatte.836 1934 beauftragte Demus Walliser in Thörl an der von Winder und Melicher zwischen 1887 und 1889 ausgeführten Stil-Restaurierung eine Probereinigung durchzuführen.837 Walliser argumentierte die angedachte Entrestaurierung mit einem hohen „Gewinn für den heimischen Kunstbesitz“, wenn man die Wandmalereien in ihrer „ursprünglichen Qualität“ wiederherstellen würde beziehungsweise sprach er von einer denkmalpflegerischen Revision, indem man die „Verunstaltungen einer früheren Epoche“ damit wieder gut machen könnte.838 Auch für Henriquez stellte die Wiedergewinnung der originalen Substanz einen wichtigen Aspekt dar.839 Das Ergebnis der Entrestaurierung
831 Beckett 2013, S. 152 und Bacher 2000, S. 108. 832 Seit 2012 läuft dort ein Restaurierprojekt der Abteilung für Konservierung und Restaurierung des Bun-
desdenkmalamtes. 833 Hier wurde 1993 eine Probereinigung auf Originalbestand der Melicherüberarbeitungen von Restaurator
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Heinz Leitner auf Veranlassung von Manfred Koller (Restaurierwerkstätten) im Einvernehmen mit Landeskonservator Bouvier vorgenommen (Siehe dazu Leitner 1993 und Koller 1997a). BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), GZ. 4867/50, 16. 5. 1950. Beispielsweise führte Walliser 1934 eine Entrestaurierung am Dreikönigsfresko im Chor der Propsteipfarrkirche von Maria Saal in Kärnten durch oder auch ab 1929 und 1938/39 im Oberchor der Filialkirche St. Nikolaus in Matrei (Frick 2014, S. 108, 109). Siehe dazu etwa Demus 1937a, S. 13. 1926 überlegte man, erneut Hans Viertelberger oder August Veiter für Ausbesserungsarbeiten an den Chormalereien nach Thörl zu schicken. 1927 dürfte ein Restauriervorschlag der Kirchenmalerfirma Campidell aus Feistritz an der Drau beim Denkmalamt eingelangt sein, den man im Sinne des Denkmalschutzgesetzes mit der Begründung ablehnte, für die „ergänzenden Nachmalungen“ an den Malereien keine Zustimmung erteilen zu können. 1929 diskutierte man bereits eine „Auffrischung des Jüngsten Gerichtes“ durch Franz Walliser (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 697/1912). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Z. 119, Brief von Henriquez 21.02.1935. Gleichzeitig entschloss man sich auch die Gewölbemalereien freizulegen und zu restaurieren. Zu sehen sind in den westlichen Feldern vier Kirchenväter mit Evangelistensymbolen und die Symbole der vier Elemente und in den östlichen Feldern eine Halbfigur der Madonna mit Kind in einer Strahlenglorie, die von neun musizierenden Engeln umgeben ist sowie die Darstellung einer Veronika mit dem Schweißtuch Christi (Höfler 1982; Höfler 1981; Frodl 1944b, S. 37–41, 91–92; Demus 1937b, und Demus 1938).
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Wallisers am Weltgericht (Abb. 24) wurde so beschrieben, dass die Farben durch die Reinigung „nunmehr eine glänzende Leuchtkraft und Frische [zeigen]; die Konturen treten treten kräftig hervor, die Verschwommenheit ist einer hellen Klarheit gewichen.“ 840 Aus heutiger Perspektive wäre es spannend, das Ergebnis der Entrestaurierung am Weltgerichtsbild und das Ergebnis der von Walliser nach moderner Vorstellung durchgeführten Restaurierung der Gewölbemalereien miteinander vergleichen zu können. Walliser führte damals auch an der Nordwand eine Probeabdeckung durch, wo die Künstler-Restauratoren Winder und Melicher die Malereien ebenfalls übermalt hatten. Walliser schilderte den Zustand der originalen Malerei dahingehend, dass er „ausgezeichnet erhalten [sei]. Die graugrün schimmernde Uebermalung geht verhältnismässig leicht herunter und deckt Farben von grösster Leuchtkraft und zartester Buntheit auf“.841 Thörl zählt zu jenen Beispielen, bei denen durch eine Abfolge von mehreren Restaurierungen die früheren Zustände nicht mehr nachvollziehbar sind. Die Prägung der Bilder durch künstlerische oder kunsthistorische Vorstellungen ist vielen freigelegten mittelalterlichen Wandmalereien eigen geworden und bietet oft nur mehr vage Anhaltspunkte der künstlerisch meist differenziert gearbeiteten mittelalterlichen Maltechnik. Die Sehnsucht nach dem Ursprünglichen, beziehungsweise der Wunsch nach einem Originalzustand, nehmen gegenüber den geschlossenen Bildern als Restaurierungsergebnisse des 19. Jahrhunderts in der Rangordnung einen höheren Platz ein. Unter diesem Aspekt wird auch die Hoffnung der Kunstgeschichte verständlich, die glaubt, die Denkmalpflege könnte für sie das Original wiederherstellen und sichern. Damit einher geht aber eine „Manipulation der Geschichte am Kunstwerk“, die als untrennbarer Bestandteil seiner Existenz zu sehen sei.842 Das Missverständnis ist darin gelegen, dass es streng genommen kein Original im Sinne eines idealen Erstzustandes gibt und dass dieser Begriff demnach – laut Ernst Bacher – eigentlich eine Fiktion ist, denn jedes Kunstwerk ist zwangsläufig seiner Geschichtlichkeit im Laufe seiner weiteren Existenz unterworfen, womit der Originalbegriff als Synonym für die Entstehungszeit jedoch ausgeklammert ist.843 Entrestaurierungen waren eine Folge der Suche nach einem solchen fiktiven Original. Dementsprechend setzten sie ab den 1930er Jahren unter der Ägide der kunsthistorisch-wissenschaftlichen Erwartungen ein. In Kärnten wurden unter Demus einige Entrestaurierungen ausgeführt und diese Art der Vorgehensweise hat wohl auch zu einer methodischen Weiterentwicklung beziehungsweise Verankerung der konservatorischen und restauratorischen Behandlungsmethoden geführt. Die großen Fehlstellen, die durch die Entfernung der rekon-
840 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Zl. 1032, Brief von Frodl 20.12.1938. 841 Die Wandflächen des Triumphbogens legte Walliser ebenfalls frei und hat sie „in der ursprünglichen
Erscheinung (Stein in roten und gelben Quaderfeldern übertupft) wiederhergestellt, desgleichen die entsprechenden Dienste und deren figurale Konsolen“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Zl. 1032, Brief von Frodl 20.12.1938). 842 Bacher 1989, S. 3. 843 Bacher 1989, S. 3.
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struierten Ergänzungen entstanden sind, wurden mit den bereits in diesem Kapitel diskutierten Retuschemethoden bearbeitet. Dabei ging es wiederum um eine Balance zwischen dem ästhetischen Gesamteindruck und dem reduziert erscheinenden und daher verlässlichen Originalbestand. Demus wurde bereits 1936 zurück nach Wien in die Zentralstelle für Denkmalschutz berufen und Walter Frodl folgte ihm als Landeskonservator nach.
3.3.4 Gewissenhafte Kontinuität: Landeskonservator Walter Frodl Walter Frodl844 arbeitete schon seit 1930 als „unbesoldeter Volontär“ im Landeskonservatorat mit. Gleich am ersten Tag nahm ihn Demus mit auf die Baustelle nach Maria Saal, wo Walliser gerade an den Gewölbemalereien arbeitete. Frodl wurde also gleich in die Diskussion um die neuen methodischen Ansätze von Demus mit hineingezogen, die insbesonders die Erhaltung der historisch gewachsenen Substanz sowie die konservatorische Beschränkung auf den authentischen Bestand beinhalteten.845 1936 wurde Frodl zum neuen Landeskonservator von Kärnten ernannt. 1938 erweiterte sich durch den Anschluss von Osttirol an den Gau Kärnten sein Betreuungsgebiet, was für das Landeskonservatorat eine erhebliche Mehrbelastung des zu betreuenden Denkmalbestandes bedeutete.846 1942 übernahm Frodl in seiner Funktion als ehrenamtlicher „Gaukonservator für den Reichsgau Kärnten“ auch die Direktion des Landesmuseums, die er bis Kriegsende innehatte.847 Frodls Zeit als Landeskonservator fiel also großteils in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Er berichtete von einer regen denkmalpflegerischen Tätigkeit sowie auch davon, dass trotz der schwierigen Lage während des Krieges beträchtliche Geldmittel für Restaurierprojekte, vor allem für Instandsetzungsmaßnahmen an Kirchen, von Seiten der Pfarren vorhanden waren. Die Restaurierung mittelalterlicher Wandbilder stellte in Kärnten nach wie vor einen Schwerpunkt der denkmalpflegerischen Arbeit dar.848 Die bereits etablierten beziehungsweise vom Denkmalamt eingesetzten Restauratoren setzten ihre Arbeiten im Wesentlichen fort. Dazu zählte auch ein Maler, nämlich der Klagenfurter Willibald Zunk. Zunk hat, wie viele andere freischaffende Künstler auch, durch Restaurierarbeiten versucht, ein Zubrot zu verdienen. Willibald Zunk (1902–1952) entschloss sich nach einer pädagogischen Ausbildung und verschiedenen Lehrtätigkeiten, freischaffender Künstler zu werden. Dazu trug vor allem auch seine Bekanntschaft mit dem zeitweise in Kärnten lebenden Maler
844 Frodl studierte Kunstgeschichte und Archäologie in Graz und Wien sowie Architektur an der Technischen
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Hochschule in Graz und promovierte 1930 mit einer Doktorarbeit zum Thema „Fresken des hl. Christophorus in Kärnten“ (Brückler/Nimeth 2001, S. 75). Frodl-Kraft 1997, S. 138 und Brückler/Nimeth 2001, S. 75. Frodl 1984, S. 123. Siehe dazu auch Pollak 2015. Frodl 1984, S. 123, Frodl 1990, S. 196, Brückler/Nimeth 2001, S. 75, 76 und Frodl-Kraft 1997, S. 434. Frodl wurde 1945 aus dem Bundesdienst entlassen, rehabilitiert und 1948 mit den Agenden des Landeskonservators der Steiermark betraut. 1952 übernahm Frodl die Leitung des Instituts für österreichische Kunstforschung des Bundesdenkmalamtes und wurde 1965 Präsident (Brückler/Nimeth 2001, S. 75). Frodl-Kraft 1997, S. 397–399.
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Herbert Boeckl bei. Erfahrungen in der Restaurierung sammelte Zunk bei Walliser, als er 1930 bei den Restaurierarbeiten an den Gewölbemalereien der Propsteipfarrkirche in Maria Saal mitgearbeitet hat. Ilse Spielvogel-Bodo schrieb über Zunk, dass er in den 1930er Jahren, „um sein Überleben zu sichern“, im Auftrag des Denkmalamtes als Restaurator arbeitete.849 Zudem war er dank der Bemühungen Frodls vom 1. Jänner bis 31. März 1941 „als Hilfskraft in der Restaurierwerkstatt des Instituts für Denkmalpflege in Wien beschäftigt“.850 Im Folgenden werden zwei Fallbeispiele diskutiert, wo Zunk die Freilegung und Restaurierung ausgeführt hat. Von der ursprünglichen mittelalterlichen Wandmalerei waren nur mehr Reste erhalten geblieben, die jedoch auf großes kunsthistorisches Interesse stießen. 1939 wurde Zunk in die gotische Filialkirche zum heiligen Veit in Klein St. Veit geschickt, um dort eine Heiligenfigur freizulegen. Im Zuge dieser Arbeiten entdeckte er weitere qualitätvoll gearbeitete mittelalterliche Wandmalereien der Passionsgeschichte Christi (Judaskuß, Christus vor Pilatus, Kreuzigung und Kreuzabnahme), die aus der Zeit um 1340 stammen (Abb. 39).851 Im September 1939 berichtete er an das Landeskonservatorat, dass er unter der Gestalt eines heiligen Matthäus noch ältere gotische Malereien gefunden hätte. Die Wandmalereien seien laut Zunks Bericht „bis auf einige Fehlstellen recht gut erhalten […]. […] Mauerrisse wurden ausgebessert, das Ganze bereinigt, kleinere Fehlstellen ergänzt und alles gesichert.“ 852 Die frühgotischen Malereien stellte Zunk als „recht gut erhalten“ dar. Diese Einschätzung des Bestandes ist nicht nachvollziehbar, da die Malereien auf einer historischen Fotografie um 1945 bereits ausschließlich nur mehr aus ihrer rötlichen Unterzeichnung bestanden. Viele Kratzspuren deuten auf eine unsachgemäße Freilegung hin, wodurch große Malschichtschäden entstanden. Für die Kunstgeschichtsforschung bot sich in diesem Freilegungsergebnis trotzdem eine interessante Möglichkeit, den künstlerischen Entwurf der Malerei zu studieren, der normalerweise in der Endausführung durch verschiedene Farblagen verdeckt ist. Die Unterzeichnung stellt in der Regel einen detaillierten Kompositionsentwurf dar. Die Motive und Anordnungen wurden weitestgehend freihändig auf die Maluntergründe der Wandmalerei übertragen. Manchmal kann es auch zu Veränderungen beziehungsweise Korrekturen in der Malerei gegenüber der Unterzeichnung kommen. Diese Abänderungen könnten nach werkstattinternen Revisionen geschehen sein, oder aber auch durch die Einflussnahme von Personen außerhalb der Werkstatt, wie beispielsweise Auftraggeber. Frodl beschrieb in seiner Einschätzung vor allem auch den Zeugniswert und erwähnte dabei die Qualität der zeichnerischen Anteile der Malereien, die „von ausgezeichneter künstlerischer Güte“ seien und von ihrer stilistischen Ausdrucksform eine „ruhige überaus expressive Linienkunst, welche 849 Neben den Arbeiten in Klein St. Veit restaurierte Zunk auch die mittelalterlichen Malereien in der
Pfarrkirche in Brückl, Irschen und in Obervellach restauriert (Spielvogel-Bodo 2007a, S. 25, 26). 850 Spielvogel-Bodo 2007a, S. 25, 26 und Spielvogel-Bodo 2007b, S. 7–24. 851 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 43; Frodl 1939, S. 11 und Frodl 1944b, S. 64. 852 BDA-Archiv LK-K, Ordner Klein St. Veit, Zl. 1516, Bericht 26.9.1939 und Dehio-Handbuch 2001, S. 407, 408.
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innere Vorgänge zu eindruckstarker Sichtbarkeit zu steigern weiß (Kreuzabnahme)“ präsentieren würden.853 Die seltene Gelegenheit des Studiums der rötlichen Unterzeichnungslinien, die normalerweise durch Farbschichten verdeckt sind, lässt Frodl den übertragenen Entwurf mittels Pinsel schildern, der von einer „sichere[n] Beherrschung der Form“ des Künstlers getragen sei.854 Frodl leitete hier seine Begeisterung für die besonderen Qualitäten dieser Wandmalereien von dem reduzierten Erscheinungsbild ab, das nach der groben Freilegung ausschließlich durch die erhalten gebliebene und sichtbar gewordene Unterzeichnung geprägt ist. Vom Standpunkt des Kunsthistorikers jener Zeit wird diese Reduktion nicht als Verlust oder Defizit bewertet.855 Im Gegenteil, die Freude der Kunsthistoriker an den Unterzeichnungen als direktem Niederschlag der künstlerischen Handschrift kommt bereits bei Josef Garber 1920 in seiner Beschreibung der durch die Entfernung der barocken Übermalungen 1911/12 sichtbar gewordenen Unterzeichnungen der spätgotischen Wandbilder im Kreuzgang des Franziskanerklosters in Schwaz zum Ausdruck. Dabei bezeichnete Garber die Unterzeichnung als die „ursprüngliche Handschrift des Meisters, eine Seltenheit sondergleichen, ein Kunstwerk von besonderem Reize und ein Studienmaterial von seltener Unverdorbenheit und Frische!“ 856 Garber leitete daraus seine Argumentation ab, dass man kein Recht dazu hätte, diese Malereien stilgerecht zu restaurieren. Viele der mittelalterlichen Wandmalereien sind nur mehr durch ihre meist freskal abgebundenen rötlichen Unterzeichnungslinien erhalten. Dies war durch die Freilegungstechnik bedingt, da die meist in Secco gearbeiteten Malschichten grundsätzlich keine sehr gute Anhaftung an den Untergrund aufwiesen. Zunk wurde 1939 mit einer weiteren Freilegung und Restaurierung eines großen Wandbildes aus dem 1. Viertel des 14. Jahrhunderts an der Nordwand im Chorquadrat der Pfarrkirche des heiligen Dionys Martyr in Irschen beauftragt. Auch hier ist das Spannungsfeld zwischen der Entdeckerfreude und der unsachgemäßen Freilegung gut dokumentierbar. Dabei legte Zunk in der romanisch-gotischen Anlage ein aus zwei Kompartimenten bestehendes Bildfeld frei, das in das 1. Viertel des 14. Jahrhundert datiert wird.857 Von der in einem Rundbogen eingestellten Komposition ist im oberen Bildfeld eine gebaute Thronarchitektur mit der Verherrlichung Mariens und Heiligenfiguren in Kleeblattarkaturen und im unteren Bildfeld Maria sitzend auf dem Thron Salomonis begleitet von ihren Tugendgestalten zu sehen. Viele Kratzspuren lassen auch hier eine unsachgemäße Freilegung vermuten. Die ursprüngliche Farbigkeit ist kaum mehr erhalten, die fragmentierte Malerei auf die rötliche Unterzeichnung reduziert (Abb. 41). Frodl schilderte diesen schlechten Erhaltungszustand und interpretierte die Malereien stilistisch als „schlanke in hochgotischer Krümmung
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Frodl 1944, S. 64. Frodl 1944, S. 64. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 175, 176. Garber 1920, S. 77. Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 156; Mahlknecht 2004, S. 2–5; Frodl 1944b, S. 64 und Hutter 1958, o.S.
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ausschwingende Gestalten, deren Erscheinung durch die Linie bestimmt wird“.858 Von der künstlerischen Qualität her sei die Wandmalerei als ein „derbes Werk“ einzuordnen.859 Dass die Malereien nach der Freilegung oft in keinster Weise mehr einem mittelalterlichen Wandbild entsprachen und häufig nur mehr durch die roten Unterzeichnungslinien lesbar waren, wurde nicht erkannt. Die kunsthistorische Interpretation der gotischen Wandmalerei als elegante Linienkunst hat einiges mit der ungewollten Sichtbarkeit der Unterzeichnung zu tun. Umgekehrt erklärt sich daraus wieder die Neigung, bei Restaurierungen mehr der Schließung von Konturen als von Binnenformen und –flächen zuzustimmen; reduzierte Malereiflächen wurden dabei in der Regel nur im Ton der Umgebungsfläche ausgestupft. Wichtig war dabei eine Vervollständigung der Konturlinien. Aus Restaurierergebnissen wurden Stilbilder abgeleitet, die, wie Euler-Rolle es ausdrückt, unter dem Gesichtspunkt des hermeneutischen Zirkels wiederum Restaurierungen anleitete.860 Das konnte jedoch auch so weit führen, dass die künstlerisch so aussagekräftigen Stilbilder erst durch die Restauratorenhand erzeugt wurden.861 Der Fokus in der Beschreibung der neu entdeckten und freigelegten Wandbilder lag vor allem auf der Einschätzung des Zeugniswertes, der ikonographischen Darstellung und in der kunsthistorischen Interpretation. Eine differenzierte Einschätzung des Bestandes und Zustandes der Malereien erfolgte dabei nur in seltenen Fällen. Das ikonographische Programm selbst konnte auch bei schlecht erhaltenen Wandbildern noch zuverlässig gedeutet werden.862 Neben einigen herausragenden Kunstwerken wurde eine Menge mittelmäßiger oder geringwertiger Wandbilder freigelegt. Häufig wurden die Objekte mit dem Hinweis auf ihre regionale Bedeutung als bedeutsam eingestuft, wobei meist eine Zuweisung an einen lokal arbeitenden Künstler erfolgte.863 Über die in Kärnten tätigen Restauratoren sowie deren Betätigungsfelder führte Frodl genau Buch. Er gab darin einen Überblick und eine bemerkenswerte Einschätzung der jeweiligen Ausführenden.864 Rund elf Restauratoren zählte die Liste Frodls, die vermutlich zum Restauratorenkreis gehörten, der damals in Kärnten von Seiten
858 Frodl 1944, S. 64. 859 Frodl 1944, S. 64. Die Malereien wurden 1991 von der Fa. Campidell gereinigt und gesichert (LK-K,
Ordner Irschen, Endabrechnung Campidell, 5. 6. 1991). Siehe dazu Euler-Rolle 2006/07, S. 459–474. Siehe dazu auch Euler-Rolle/Santner 2014, S. 7–15. Siehe dazu Feldtkeller 2008, S. 173, 174. Feldtkeller 2008, S. 174. Dass Zunk nach seinem Aufenthalt in den Restaurierwerkstätten die für ihn geplanten weiteren Restaurierungen nicht ausführen konnte, lag daran, dass er zum Wehrdienst einberufen wurde (Spielvogel-Bodo 2007a, S. 24). 864 Franz Walliser sei „zur Behandlung mittelalterlicher Wandmalerei sowie zur Lösung schwieriger technischer Fragen (Übertragung von Fresken u. dergl.)“; Fritz Weninger hat „nur ganz kurz in Wabelsdorf und in Obervellach“ restauriert, wurde ab 1939 nicht mehr eingesetzt; Otto Bestereiner restaurierte Wand- und Tafelbilder, war „wegen mangelndem Interesse an der Arbeit“ nicht mehr greifbar; Willi Zunk sei für die „Restaurierung und Freilegung von Wandmalereien mittlerer Qualität“, August Veiter sei für die „Restaurierung barocker Wandgemälde und mittlerer Ölgemälde“; Markus Antonitsch für Restaurierungen von „Schnitzplastik, mittelalterliche Tafelbilder, Vergolderarbeiten usw.“ und für schwierige Restaurierarbeiten gut einsatzfähig; Julius Tuschke für Bildhauerarbeiten, Stein und Stuck sowie für „besonders 860 861 862 863
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der staatlichen Denkmalpflege eingesetzt wurde. Interessant ist seine Einschätzung hinsichtlich der verschiedenen Fachgebiete, woraus hervorgeht, dass viele Restauratoren nach wie vor in mehreren Fachgebieten gleichzeitig tätig waren. Die Spezialisierung auf ein einzelnes Fachgebiet war damals noch nicht weit verbreitet und vermutlich zwecks Auftragsmangel auch nicht leicht möglich. In der Liste waren nach wie vor akademische Künstler und Bildhauer, die noch gerne für Restaurierungen eingesetzt wurden, sowie zwei Kirchenmalerfirmen, die Mitarbeiter mit einer oder mehreren Handwerksausbildungen, wie beispielsweise Vergolder, vorzuweisen hatten. Walliser war bei Frodl der meist beschäftigte Restaurator, dem die wichtigen Wandmalereiprojekte übertragen wurden. Wie schon Demus erarbeitete auch Frodl so genannte Arbeitsprogramme für Walliser.865 Über die große Anzahl der zu restaurierenden Objekte meinte Frodl damals, dass man diese über einen größeren Zeitraum aufteilen müsse; unter allen Umständen sollten jedoch die Wandmalereien in St. Nikolaus in Matrei, in St. Jakob in Strassen, in der Vorhalle des Gurker Doms, in der Pfarrkirche in Zweinitz und wenn möglich auch im Karner in Berg im Drautal ausgeführt beziehungsweise fertig gestellt werden.866 Dabei schlug Frodl Walliser vor, diese Arbeiten der Reihe nach abzuarbeiten, damit dieser im Herbst noch weitere „Aufträge des Landeskonservators in Tirol“ entgegennehmen könne.867 Walliser war zu jener Zeit bereits ein viel beschäftigter Mann und führte beispielsweise in Tirol ebenso viele Restaurierungen durch wie in Kärnten. Aufgrund der damaligen allgemeinen „schwierigen Verkehrs- und Verständigungsverhältnisse“ wurde nicht jede Restaurierarbeit dem Landeskonservatorat gemeldet beziehungsweise es wurden die Abgaben „solcher Meldungen“ mitunter auch gerne bewusst übersehen. Frodl sprach in diesem Zusammenhang von „Fehlrestaurierungen“, die man bei einer entsprechenden Zusammenarbeit mit den Landeskonservatorat durchaus vermeiden hätte
schwierige Stuckarbeiten“; Kirchenmaler Adolf Campidell restauriert „Wandmalerei mittlerer Qualität, kirchliche Gesamtrestaurierungen, Fassarbeiten, Vergolderarbeiten. Auch Tafelbilder und Plastiken mittlerer Schwierigkeiten“; Kirchenmaler Lukas Arnold für „kirchliche Gesamtrestaurierungen, Faß- und Vergolderarbeiten, Färbelungen, Dachstuhlimprägnierungen, Aufstellung von Gerüsten für Spezialarbeiten u. dergl.“; F. Leixl „für Restaurierungen von Glasmalereien, schwierige Arbeiten“ und Franz Janisch Senior für „Glasmalereien, jedoch nur ganz ungefährliche Arbeiten“ (Frodl, Kärnten 1938–1945, S. 54). 865 Beispielsweise für das Jahr 1941: „1. St. Nikolaus, Matrei: Fertigstellung, 2. Straßen, St. Jakob: Fertigstellung, 3. Gurk, Dom, Vorhalle: Fertigstellung, 4. Zweinitz, Pfarrkirche, Fresko: Aufdeckung und Restaurierung, 5. Neuhaus a.d. Gail, Kapelle: Sicherung, 6. Berg im Drautal, Karner: Sicherung, 7. Lienz, Bildstock im Garten des Sichenhauses: Sicherung, 8. Lienz, Schloß Bruck, Kapelle: Sicherung, 9. Obermauern, Pfarrkirche: Sicherung, 10. Tessenberg, Pfarrkirche: Entrestaurierung, 11. Höllein, Filialkirche: Sicherung (allenfalls Abnahme), 12. St. Helena am Wieserberg/Gail: Sicherung, 13. Zwickenberg, Pfarrkirche, Chorgewölbe: Entrestaurierung, 14. Villach, St. Jakob, Christophorus: Restaurierung“ (Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 74, 1941). 866 Daraufhin konkretisierte Frodl seine Vorschläge nochmals und setzte das Arbeitsprogramm für 1941 fest. „Zweinitz: Aufdeckung und Restaurierung der gotischen Fresken; Gurk: Fertigstellung der Arbeiten in der Vorhalle des Domes; Neuhaus: Thurnbergkapelle, Sicherung u. Restaurierung; Thörl: Kirchenschiff, Gesamtherstellung gleichzeitig mit Nr. 3.; Straßen: Fertigstellung der Restaurierung. Matrei, St. Nikolaus: Fertigstellung. Restaurieurng des Christoph und der Vorhallenfresken“; Frodl schlägt Walliser vor, diese Arbeiten „der Reihe nach […] zu erledigen, damit Sie im Herbst für die Aufträge des Landeskonservators in Tirol zur Verfügung stehen“ (Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 304/1, 1941). 867 Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 304/1, 1941.
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können.868 Durch diese und andere erschwerte Zustände konnten immer weniger Kontrollen von laufenden Restaurierarbeiten durchgeführt werden.869 Teilweise kommunizierten die jeweiligen Pfarrer auch direkt mit den Restauratoren. Pfarrer Jabornigg vom Pfarramt Grafendorf im Gailtal schilderte beispielsweise seine damals schwierige Situation in einem an Walliser gerichteten Brief vom 26. Jänner 1941. Er meinte jedoch zuversichtlich, dass man die finanziellen Mittel für „die weitere Blosslegungen im hies. Presbyterium“ doch aufbringen werde.870 Die Organisation von Restaurierarbeiten wurde im Laufe der Kriegsjahre aber immer schwieriger. Frodl erwähnte „Vorkehrungen, die der Bombenkrieg forderte [und] die Glockenablieferung, die Metallsammlungen, von denen es […] elf verschiedene Gruppen gab“ und ebenso die Bergung von Kunstwerken, die häufig nur unter schwierigsten Bedingungen durchführbar wären.871 Nach der Angliederung Osttirols an Kärnten 1938 wurden im Zuge der Kriegsverhältnisse im Dezember 1941 Kärnten weitere Landesteile (Mießtal und Oberkrain) zugeteilt; diese neuen Gebiete wurden vom Landeskonservatorat in Klagenfurt mit betreut. Damit waren zahlreiche mittelalterliche Wandmalereien zusätzlich zu behandeln. Frodl beauftragte daraufhin Walliser, eine Bereisung dieser Denkmale durchzuführen, um ein Erhaltungsprogramm zu erarbeiten872 Walliser dürfte sich fachlich und aufgrund seiner immer größer werdenden Erfahrung gut weiterentwickelt haben. Dies zeigen seine Gutachten und Restaurierberichte, die er zu fast jeder Untersuchung oder Restaurierung verfasste. Zu seinen Arbeitsplätzen reiste Walliser meistens mit dem Zug oder Bus an und hatte die Werkzeugkisten stets im Gepäck mit. 1942 wurde er zu der kleinen, mitten im Wald auf 889 m Höhe gelegenen Filialkirche am Wieserberg geschickt, um den Malereizustand festzustellen und konservatorische Arbeiten auszuführen. Der romanische Saalbau mit einer kleinen Halbkreisapsis besitzt eine der bedeutendsten frühgotischen Wandmalereiausstattungen Kärntens aus der Zeit um 1293 (Abb. 40).873 Walliser stellte an der Ost- und Südwand „Ausblühungen, weißliche Überzüge, Verschleierungen und Verkrustungen“ fest.874 In seinem Restaurierbericht875 beschrieb er einerseits die technische
Frodl, Kärnten 1938–1945, S. 54–57. Koller 2002, S. 112 und Frodl 1942, S. 278–327. Nachlass Walliser; Brief 26. 1. 1941 (Quellentext siehe 6.1, Teil III.12). Frodl 1990, S. 196. Frodl erwähnte dabei Malereien in „Ehrengruben bei Laak a.d. Zaier, St. Oswald in Seeland, Scheraunitz, Senitschno bei Neumarktl und Wurzen“; zusätzlich sollte Walliser noch Museen in Laak oder Stein oder Gebäude bezüglich etwaiger Restaurierungen untersuchen (Nachlass Walliser, Kärnten, ZL. 1702/1). 873 Die künstlerisch bedeutenden Malereien waren nie übertüncht gewesen und zeigen ein umfangreiches ikonographisches Programm. In der Apsiskalotte ist eine Majestas Domini und im unteren Bildstreifen sind 12 Apostel dargestellt. Die alttestamentarischen Vorläufer, 12 halbfigurige Propheten, aus fensterartigen Feldern herabblickend, schmücken die Triumphbogenleibung. Die Triumphbogenwand zeigt die typische und häufige Darstellung der Szene mit Kain und Abel, die ihre Opfer darbringen. Daneben links ist eine Kreuzigung und rechts Maria mit dem Kind sowie im unteren Bildstreifen Apostel und Heilige zu sehen (Steppan 2009, S. 36–5; Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 147, 148; Fillitz (Hg.) 1998, S. 460; Biedermann 1994, S. 134 und Frodl 1942, S. 25–29). 874 Archiv, LK-K, Ordner Wieserberg, Bericht 1942. 875 Quellentext siehe 6.1, Teil III.13. Als Festigungsmittel für pulvrige Malschichtoberflächen verwendete Walliser meist Kalksinterwasser, das er durch mehrmaliges Sprühen auf die Oberfläche aufbrachte. Für 868 869 870 871 872
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Auseinandersetzung mit der vorliegenden Schadensproblematik und andererseits zeigte er sein Bewusstsein für die ästhetische Dimension einer Restaurierung. Neben der Erhaltung der Originalpartien im unberührten Zustand sollte dennoch durch Retuschen, neutrale Eintönungen von Fehlstellen sowie durch eine farbige Abstimmung des Raumschalentones ein geschlossener Gesamteindruck erzielt werden. Die Aktivitäten der beiden namhaften Kunsthistoriker Demus und Frodl in Kärnten hatten Auswirkungen auf die Denkmalpflege in ganz Österreich876 nachdem sich die beiden besonders die „kunsthistorisch angeleitete Restaurierung“ 877 zur Aufgabe gestellt haben.878 Trotz der schwierigen Zeiten wurden vor und während des Zweiten Weltkrieges zahlreiche Freilegungen und Restaurierungen an Wandmalereien durchgeführt. Unter ihnen wurde die methodische Vorgehensweise in der Restaurierung weiterentwickelt, was Vorbildwirkung für die übrigen Bundesländer besaß. Imprägnierungen an Wandmalereien wurden zumindest in Kärnten nur mehr selten angewandt; hierzu verwendete Walliser beispielsweise gerne Kalksinterwasser, Weninger hingegen Wasserglas.879 Die allgemeine Akzeptanz fragmentarischer Erhaltungszustände stieg. In der Retusche konzentrierte man sich – wenn möglich – auf die Vervollständigung der linearen Konturen wie Unterzeichnungslinien oder Schlusskonturen sowie auf das Schummern zu ergänzender figuraler Bereiche. Reduzierte Binnenflächen wurden mittels Ausstupfen behandelt. Besonders wichtig war die Erkennbarkeit der Retusche für den Betrachter und die Unterscheidung gegenüber dem Original. Die Betreuung der Restaurierarbeiten wurde seitens der staatlichen Denkmalpflege intensiver, somit stieg die Einflussnahme der meist kunsthistorisch ausgebildeten Denkmalpfleger. Eine Besonderheit stellten die Entrestaurierungen dar, wodurch die historisierenden Restaurierungen ohne vorherige dokumentarische Erfassung radikal entfernt wurden. Die zuvor zusammenhängenden Gesamtbilder wurden durch fragmentarische Zustände, die insbesondere von der Bevölkerung oder den kirchlichen Auftraggebern kritisiert wurden, abgelöst. Dies zeigt das Spannungsfeld zwischen Denkmalpflege und Kirche, wobei meistens eine Kompromisslösung angestrebt wurde. Gutachten wurden immer häufiger als Berichte definiert, womit hier eine begriffliche Weiterentwicklung stattfand. Die Schwerpunkte in der Beschreibung lagen in der Darlegung des substantiellen Zeugniswertes, der ikonographischen Charakterisierung, sowie in der Erklärung der Retusche. Technische Arbeitsschritte wurden meist nur kurz umrissen und die eingesetzten Materialien werden bei Walliser häufiger, bei anderen Restauratoren gar nicht, erwähnt. Nach dem Ausscheiden Frodls wurden die Besorgungen der öffentlichen Denkmalpflege in Kärnten vorübergehend von Adolf Christl „für die weltlichen“ und Otto Rainer „für die kirchlichen Belange“ weitergeführt.880
876 877 878 879 880
das Abtöten von Pilzen und Bakterien verwendete er meist Formalin. Kühn erwähnt auch, dass die Restauratoren bei der Kalkkaseinretuschen diese gerne zusätzlich mit Formalin gefestigt hätten, um sie unter anderem vor Fäulnis zu schützen (Kühn 2002, S. 257). Koller 2002, S. 112 und Koller 2003, S. 16. Koller 2003, S. 16 und Koller 2002, S. 112. Vgl. dazu Frodl-Kraft 1997, S. 119. Bei zwei Restaurierungen von Weninger konnte hingegen Wasserglas nachgewiesen werden (Siehe dazu Voithofer/Sagmeister 2015c und Voithofer/Sagmeister 2015b). Brückler/Nimeth 2001, S. 40, 75 und 218.
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3.4 Bildteil
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25. Integration der Fehlstelle 1934 durch Franz Walliser, lineare Nachahmung von Konturlinien mittels Kohlestift ohne Tönung der Binnenflächen, Chor der Propsteipfarrkirche in Maria Saal (2013)
26. „Schummrige“ Retusche 1919/20 durch Hans Viertelberger, Wandbild der 24 Ältesten im südlichen Querhaus im Dom zu Gurk (1942–45)
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27. „Schummrige“ Retusche 1938/39 durch Franz Walliser, Oberchor der Filialkirche St. Nikolaus in Matrei (2015)
28. „Schummrige“ Retusche 1942 durch Franz Walliser, Kapelle im Schloss Bruck in Lienz (2015)
29. Franz Walliser während der Restaurierarbeiten in der Kapelle im Schloss Bruck in Lienz 1942
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30, 31. Wandbild an der Langhauswand (außen) der Pfarrkirche in Malta; links: Zustand vor der Abnahme der späteren Malerei 1927; rechts: Zustand nach der Abnahme und Restaurierung durch Franz Walliser (2012)
32. Freilegung und Restaurierung 1927 durch Fritz Weninger, Wandmalerei 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, Chor der Pfarrkirche in Pfannsdorf (2010)
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33. Freilegung und Restaurierung 1928 –1930 durch Fritz Weninger, Wandmalerei um 1370, Langhauswand der Pfarrkirche St. Peter in Holz (2016)
34. Freilegung und Restaurierung 1929 durch Franz Walliser, Gewölbemalereien um 1430/40, Querhaus der Propsteipfarrkirche in Maria Saal (1930)
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35. Untersuchung und Restaurierung 1931–1942 durch Franz Walliser, Wandmalereizyklus 1339 –1343, Vorhalle des Gurker Doms (2010)
36. Putzergänzungen von Franz Walliser 1931–1942, Christus in der Vorhölle 1339 –1343, Vorhalle des Gurker Doms (1942–1945)
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37. Zustand vor der Entrestaurierung 1938 –1948 durch Franz Walliser u. a., Geburt Christi, Johanneskapelle in Pürgg, historische Aufnahme
38. Zustand nach der Entrestaurierung 1938 –1948, Geburt Christi, Johanneskapelle in Pürgg (2013)
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39. Freilegung und Restaurierung 1939 durch Willibald Zunk, Wandmalerei um 1430, Langhauswand in der Filialkirche in Klein St. Veit (2010)
40. Restaurierung 1942 durch Franz Walliser, Wandmalerei um 1290, Apsis und Triumphbogenwand, Filialkirche am Wieserberg (2011)
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41. Freilegung und Restaurierung 1939 durch Willibald Zunk, Wandmalerei 1. Viertel 14. Jahrhundert, Chor der Pfarrkirche in Irschen (2010)
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4. Die Konsolidierung der wissenschaftlichen und ästhetischen Methodik (1945–1970) Nachdem man sich von der schlimmen Zeit des 2. Weltkriegs etwas erholt hatte, begann in der Denkmalpflege und Restaurierung eine neue Phase, die durch einen starken internationalen Austausch geprägt war und in der Italien eine maßgebliche Rolle spielte. Die Denkmalpflege erfuhr grundsätzlich eine Veränderung, die neue Möglichkeiten in den technischen Wissenschaften sowie Naturwissenschaften eröffnete. International entstanden neue Institutionen wie 1946 die United Nation Educational, Scientific and Cultural Organization (UNESCO), das erste International Council of Museums (ICOM) sowie 1950 das International Institute for Conservation of Museum Objects (IIC) oder 1956 das Arbeitszentrum für Fragen der Konservierung und Restaurierung, das seit 1958 unter dem Namen International Centre for the Study of the Preservation and the Restoration of Cultural Property (ICCROM) in Rom geführt wurde. Diese Institutionen standen im engen Kontakt mit nationalen Restaurierinstituten, etwa dem Istituto Centrale del Restauro in Rom oder dem Institut Royal du Partrimoine Artistique in Brüssel.881 Das Bundesdenkmalamt hielt in diesen Jahren Kontakt zu vielen der neu gegründeten internationalen Institutionen und Ausbildungszentren.882 In der Kunstgeschichte blieb die Erforschung der mittelalterlichen Wandmalerei weiterhin hinter der Tafel- oder Buchmalerei zurück. Obwohl die Qualität der fotografischen Abbildungen immer besser wurde und man über die Neuentdeckungen, Freilegungen, Entrestaurierungen und Restaurierungen regelmäßig in diversen Tätigkeitsberichten informierte, sah man das Problem in dem qualitativ und quantitativ ständig wechselnden Forschungsmaterial.883 In diesem Zusammenhang stellte für die Kunstgeschichteforschung der so wichtige Zeugniswert von Wandbildern oft ein Hindernis dar, da die Substanz überarbeitet oder stark reduziert war. Das Interesse an der Entrestaurierung von Stil-Restaurierungen war nach wie vor groß. Der Aufbau einer kunsthistorischen Abhandlung blieb gegenüber dem vorigen Zeitraum unverändert. Dieser bestand im Wesentlichen aus der ikonographischen Bildanalyse, die
881 Tripp 1970a, S. 23 und Koller 2010, S. 95, 96. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 239, 240. In England
fand in der Zeit zwischen 1947 und 1963 eine Diskussion über die Reinigung von Gemälden statt, ausgelöst durch eine Ausstellung an der National Gallery. Die Vorgehensweise der Gemäldereingiung wurde versucht naturwissenschaftlich zu begründen, was zu intensiven Auseinandersetzungen zwischen Künstlern, Restauratoren, Naturwissenschaftern und Kunsthistorikern führte (Wechsler 1987, S. 89–132 und Koller 2010, S. 95, 96). 882 Tripp 1970b, S. 181. 883 Feldtkeller 2008, S. 249.
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auch bei reduzierten Wandmalereien meist noch möglich war, aus einer stilhistorischen Einordnung und aus der Charakterisierung der Maltechnik und der Malweise. Die zahlreichen in Kärnten neu entdeckten mittelalterlichen Wandmalereien fanden in einzelnen Abhandlungen,884 sowie auch in einer katalogisierten Aufarbeitung, ihren Niederschlag.885 Vermehrt wurde wieder die Frage nach der ursprünglichen Funktion der mittelalterlichen Wandmalerei im Kirchenraum gestellt. Eine Herausforderung stellte auch die große Zahl eher mittelmäßiger Wandmalereien dar, deren mindere Qualität durch die fehlenden Malschichten noch verstärkt wurde. Diesen Nachteil versuchte man dadurch auszugleichen, indem oftmals eine außergewöhnliche Ikonographie, eine bemerkenswerte Darstellung oder ein dekorativer Effekt hervorgehoben wurden. Das mäßige Kunstniveau dieser Wandbilder wurde mit der handwerklichen oder provinziellen Herkunft der Künstler argumentiert.886 Nach Kriegsende ermöglichte in Österreich das „Behörden-Überleitungsgesetz“ eine Reorganisation der staatlichen Denkmalpflege, wobei das Statut auf der Basis von 1928/29 wieder in Kraft trat.887 Präsident des Bundesdenkmalamtes wurde mit 1. Juli 1946 Otto Demus. Durch seine Erfahrung und organisatorischen Fähigkeiten prägte er in der schwierigen Phase der Nachkriegszeit die weitere Entwicklung der Denkmalbehörde.888 Ebenso war die Fortführung der Restaurierwerkstätten889 des Bundesdenkmalamtes nach dem Krieg stark in Frage gestellt, bis eine Unterkunft in einem Trakt der ehemaligen Gendarmeriekaserne am Rennweg gefunden wurde. 1955 erfolgte dann der Umzug ins Arsenal. Ihr erster Leiter war der Kunsthistoriker Josef Zykan,890 der 1967 von der Kunsthistorikerin Gertrude Tripp891 abgelöst wurde.892 Die Restaurierwerkstätten wurden in ihrer Anfangszeit von kunsthistorisch ausgebildeten Personen geleitet. Die Ziele der Restaurierwerkstätten waren neben der Rettung gefährdeter Kunstwerke während des Zweiten Weltkrieges, dem Entwickeln neuer Restauriermethoden und -techniken, oder der fachlichen Unterstützung der Denkmalpfleger auch das Angebot an die Restauratoren, sich nach Abschluss ihrer
884 Hartwagner 1947, S. 38–155, Hartwagner 1948, S. 252–332, Frodl 1948, S. 147–165, Hartwagner 1952,
S. 3–80, Frodl 1954b, S. 85–91, Ginhart 1967, S. 9–147, Frodl 1970, S. 11–31 (Auswahl). 885 Demus 1968 S. 202–216 und Bacher 1969, S. 120–155. 886 Feldtkeller 2008, S. 252, 253. 887 Demus 1948, S. 405, Frodl 1942, S. 123. und Semetkowski 1959, S. 549. Siehe dazu Frodl-Kraft 1997,
S. 153–423 und Zykan 1950, S. 106–110. 888 Demus, der 1939 von im Zuge einer Studienreise nach Palermo nach London weitergereist war, kam
889 890
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erst im Frühjahr 1946 wieder nach Österreich zurück (Frodl-Kraft 1997, S. 431; Brückler/Nimeth 2001, S. 47 und Lehne 2007, S. 45. Siehe auch Denkmalpflege 1945–1970). Heute Abteilung für Konservierung und Restaurierung, Bundesdenkmalamt. Zykan studierte unter anderem bei Josef Strzygowski an der Universität in Graz, war Mitbegründer der „Gesellschaft für Vergleichende Kunstforschung“ sowie Landeskonservator für Wien (bis 1951, für Sakralbauten bis 1966), Niederösterreich (bis 1962) und Burgenland (bis 1947); (Brückler/Nimeth 2001, S. 309). Tripp studierte Kunstgeschichte, historische Hilfswissenschaften und Archäologie an der Universität Wien. 1951 wurde sie Landeskonservatorin für Oberösterreich, 1956 in die Zentralle zurückberufen, 1961 stellvertretende Amtsleiterin und 1967 zusätzlich mit der Leitung der Restaurierwerkstätte des Bundesdenkmalamtes betraut. Sie war an vielen wichtigen Restaurierungsarbeiten beteiligt und international gut vernetzt. Brückler/Nimeth 2001, S. 277 und Akt Gertrude Tripp, BDA-Archiv Hofburg.
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Grundausbildung in den Werkstätten praktisch weiterbilden zu können. Die Restaurierwerkstätten beteiligten sich mehr und mehr an den wichtigen Restaurierprojekten, in denen sie die Restauratoren und Denkmalpfleger fachlich berieten, das Arbeitsprogramm festlegten, oder Untersuchungen selbst vornahmen.893
4.1 Neue Möglichkeiten der Fortbildung zum Wandmalereirestaurator 1945 wurde die „Fachmeisterschule für Konservierung und Technologie“ in die „Meisterschule für Konservierung und Technologie“ umbenannt.894 Die gleichwertige Anerkennung des Studiums mit anderen universitären Studienrichtungen bei Eintritt in den Staatsdienst wurde von Eigenberger im Jahr 1948 erreicht, was eine immense Anerkennung für den Berufsstand bedeutete.895 Dadurch wollte man zusätzlich eine Verbesserung der restauratorischen Arbeiten in Museen oder in staatlichen Werkstätten erzielen.896 Die Entwicklung der akademisch auszubildenden Restauratoren war durch die schwierige Kriegs- und Nachkriegszeit bis in die 1950er Jahre eingeschränkt und nur wenigen war die Ausbildung bei Eigenberger an der Akademie möglich. 1948 hat das Bundesministerium für Unterricht eigens eine staatliche Prüfung für nicht akademische Restauratoren eingeführt; damit wollte man die Qualität der Arbeiten verbessern und man erhoffte sich mehr Einfluss und Kontrolle bei der Vorgehensweise. Dazu mussten die Kandidaten zuvor einige Zeit in den Amtswerkstätten mitarbeiten. Nach Ablegen der Prüfung, die in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes stattfand, durften die Restauratoren die Bezeichnung „Vom Bundesministerium für Unterricht anerkannter Restaurator“ mit der Nennung des dazugehörigen Faches, in dem sie die Prüfung abgelegt hatten, führen.897 Die Durchführung der Prüfung oblag einer vom Bundesministerium ernannten Kommission. Den Vorsitz der Kommission hatte der Präsident des Bundesdenkmalamtes inne und es waren Vertreter aus dem Bundesministerium für Unterricht, den staatlichen Museen, der Nationalbibliothek, Fachpersonen des Bundesdenkmalamtes und Professoren der Akademie der bildenden Künste anwesend.898 Mit dieser Prüfung, die um 1970 aufgegeben wurde, erfolgte gewissermaßen eine Gleichstellung der meist gewerblich ausgebildeten Handwerker mit den akademisch ausgebildeten Restauratoren. Dieser Umstand hatte jedoch zur Folge, dass sich in den darauf folgenden Jahrzehnten diese handwerklich anerkannten Restauratoren in den Bundesländern so gut etablierten, dass sie dadurch den Einsatz
893 Tripp 1970c, S. 190–193. Dies war jedoch nicht in jedem Bundesland der Fall beziehungsweise wurden
894 895 896 897 898
gerade in Kärnten in den 1980er und 1990er Jahren die Restaurierwerkstätten fast gar nicht mehr zu Terminen auf Baustellen eingeladen (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Baatz 2015, S. 6–8 und Akademie 2005. Baatz/Kaml 2007, S. 42. 1949 wurde an der Staatlichen Akademie in Stuttgart eine technische Restauratorenausbildung unter Kurt Wehlte ins Leben gerufen (Koller 2010, S. 96). Kortan 1984, S. 36. Vgl. auch Koller 2008a, 12, 13. Koller 2004, S. 471 und Semetkowski 1959, S. 551. Semetkowski 1959, S. 551 und Demus u. a. 1958, S. 121. Frodl war beispielsweise zwischen 1948 und 1960 agierendes Mitglied in der Kommission (Frodl 1972, S. 81, 82).
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der akademisch ausgebildeten Restauratoren verhinderten. Damit wurden auch viele unqualifizierte Restaurierungen ausgeführt beziehungsweise es wurde kaum über die durchgeführten Arbeiten berichtet.899 Am 1. Juli 1946 wurde der akademische Maler Paul Reckendorfer als erster im Staatsdienst tätiger Wandmalereirestaurator in den Restaurierwerkstätten angestellt, studierte 1949 neuerlich an der Akademie und schloss schließlich 1953 die Meisterschule für Konservierung und Technologie ab.900 Von Oktober 1950 bis Februar 1951 absolvierte Reckendorfer im Rahmen eines Austausches von Restauratoren einen Kurs am Istituto Centrale per il Restauro in Rom. Damit war der Grundstein für den weiteren Austausch von Fachwissen durch angestellte Restauratoren mit anderen internationalen Instituten gelegt.901 In den 1960er Jahren wurden an der Universität der Scuola di perfezionamento per lo studio e il restauro dei monumenti in Rom jährlich internationale Lehrgänge zur Denkmalpflege für Architekten und Kunsthistoriker abgehalten, an denen auch Österreicher teilnahmen.902 Restaurierkurse fanden ebenso in anderen Ländern statt, wie beispielsweise 1956 am Courltauld Institut in London ein Kurs über „The conservation of works of art“, oder 1973 am Institut für Technologie der Malerei an der Staatlichen Akademie der bildenden Künste in Stuttgart ein „Fortbildungskurs in der Untersuchung und Konservierung von Wandmalerei“.903 Die Situation für die Restauratoren blieb weiterhin schwierig, da ihre Restaurierergebnisse nicht immer alle beteiligten Fraktionen zufrieden stellen konnten. Nach wie vor strebte man nach einer wissenschaftlichen Restaurierung, was gleichzeitig mit einem Wandel im Berufsbild einherging. Diesen Anforderungen versuchte man mit einem fachübergreifenden ethischen Leitfaden, dem „Code of Ethics for Art Conservation“ für die Restaurierung, gerecht zu werden, der vom International Institute for Conservation of Historic and Artistic Works (IIC) 1964 publiziert wurde.904 Im gleichen Jahr wurde im Zuge eines internationalen Kongresses in Venedig einer der wichtigsten denkmalpflegerischen Texte des 20. Jahrhunderts verfasst, die „Charta von Venedig“, auf die im Folgenden noch eingegangen wird. 1965 wurde Eigenberger an der Akademie der bildenden Künste vom akademischen Restaurator und Kunsthistoriker Helmut Kortan905 als Professor und neuer
899 Koller 2004, S. 471. 900 Reckendorfer studierte von 1932 bis 1933 an der Akademie der bildenden Künste bei Hans Lawin, von
901 902 903 904 905 906
1933 bis 1935 absolvierte er eine Studienreise nach Bulgarien und setzte sein Studium in den Jahren 1937 und 1938 wieder fort. Eines seiner großen Restaurierprojekte war beispielsweise die Rekonstruktion der zerstören Deckenbilder von Gregorio Guglielmi in der Großen Galerie des Schlosses Schönbrunn im Jahr 1947 (Brückler/Nimeth 2001, S. 220). Koller 2008a, S. 34. Vgl. auch Koller 2004, S. 454–471. Auch Sebastian Enzinger besuchte einen Fortbildungskurs in Rom. Frodl 1966, S. 130. BDA-ARK, Archiv, EII, Zl. 8659/1956. Feldtkeller 2008, S. 263, 264. Siehe auch Koller 1973, S. 17–27. Restauratorenblätter 27/28, Personalia, S. 168 und Krack 2012, S. 76. Siehe dazu auch die Gründung der Meisterklasse für Metallrestaurierung an der Universität für angewandte Kunst (Krack S. 111–146).
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Leiter der „Meisterschule für Konservierung und Technologie“ abgelöst.906 Kortan studierte von 1946 bis 1950 bei Eigenberger an der Wiener Akademie und ergänzte seine Studien durch das Doktorat für Kunstgeschichte an der Universität Innsbruck. 1955 bis 1965 war er leitender Restaurator in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes. Unter seiner Leitung schlossen die Studierenden das nun fünfjährige Studium für Konservierung und Technologie mit einem Diplom ab, wobei sie kein Vorstudium mehr in der Malerei oder Bildhauerei durchlaufen mussten. Die Studierenden absolvierten in den ersten beiden Jahren ein künstlerisches Grundstudium an gefassten Holzskulpturen und an Leinwandgemälden. Zusätzlich gab es Lehrveranstaltungen für „Zeichnen, Malen, Kopieren, Werkzeugkunde und Holztechnologie sowie geistes- und naturwissenschaftliche Vorlesungen“ und einen täglichen Werkstättenunterricht an originalen Objekten.907 Erst im dritten Studienjahr spezialisierten sich die Studierenden auf eine restauratorische Fachrichtung. Kortan erweiterte sein Angebotsspektrum durch die Möglichkeiten, dass sich die Studierenden individuell in andere Fachbereiche vertiefen konnten, „unter anderem Konservierung und Restaurierung von Keramik, Bodenfunden, Glas, Wandmalerei und Metall sowie historische Musikinstrumente und Textil“.908 Neben einer Vielzahl an neuen Lehrverpflichtungen, fachspezifischer Vorlesungen und Seminaren, führte Kortan eine schriftliche Diplomarbeit ein. Damit stärkte er die wissenschaftliche Etablierung des noch jungen Fachbereichs sowie die damit verbundene akademische Ausrichtung des Studiums.909 Die Anforderungen an die Restauratoren und die Konservierung und Restaurierung unter den Gesichtspunkten einer modernen wissenschaftlichen Disziplin stiegen kontinuierlich. Vorarbeiten zu einer Restaurierung sollten neben den Recherchen von Quellenschriften auch materialwissenschaftliche und werktechnische Untersuchungen sowie vermehrt Ursachenforschung von Schadensbildungen beinhalten und alle Ergebnisse sowie die praktische Arbeit detailliert dokumentieren.910 Die internationale Hilfe nach der Flutkatastrophe in Florenz 1967 ermöglichte es auch einigen öster-
907 Krack 2012, S. 76. Siehe dazu auch Baatz 2008, S. 1–9. 908 Baatz 2015, S. 6. 909 Baatz 2015, S. 6–8. 1966 wurde durch Otto Wächter erstmals Papierrestaurierung an der Akademie
gelehrt, die sich neben der Restaurierung von Gemälden und Skulpturen als weitere Spezialisierung etablieren konnte (Baatz/ Kaml 2007, S. 42). 1968 wurde Franz Mairinger Leiter der Farbenchemie an der Akademie, der auch mit dem Bundesdenkmalamt zu Fragen von Wandmalereiproblemem eng zusammenarbeitete (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). 1980 bis 1984 wurden in der Meisterklasse für Restaurierung an der Akademie unter Kortan Kurse zur Wandmalereirestaurierung angeboten, die von Oskar Emenegger abgehalten wurden. Einen großen Meilenstein in der akademischen Ausbildung von Restauratoren stellte ab 1983 der mit dem Titel Magister Artium eingeführte Abschluss dar. 1986 löste Gerald Kaspar Kortan als Meisterschulleiter ab und benannte nun seine Klasse mit „Meisterschule für Restaurierung und Konservierung“. Unter Kaspar wurde das Ausbildungsspektrum auf die Bereiche Gemälde und Papier reduziert und Wandmalerei als eigenes Ausbildungsfach exisiterte noch immer nicht (Baatz/Kaml 2007, S. 42, 43). 1981 wurde unter Hubert Dietrich an der Hochschule für Angewandten Kunst, der zweiten Kunstuniversität in Wien, ebenfalls eine Restaurierklasse gegründet. Die Etablierung eines eigenen Fachbereichs für die Ausbildung von Wandmalereirestauratoren als fixer Bestandteil der Ausbildung erfolgte erst 1995 unter dem Restaurator und Chemiker Wolfang Baatz, der die Leitung bis heute innehat (Siehe dazu auch Feldkteller 2008, S. 359, Koller 2010, S. 96–101 und Krack 2012, S. 76, 77). 910 Koller 1970ab, S. 184, 185.
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reichischen Restauratoren, italienische Restauriermethoden zu erlernen und zu praktizieren.911 Ab 1968 wurde am International Centre for the Study of the Preservation and the Restoration of Cultural Property (ICCROM) in Kooperation mit dem Istituto Centrale per il Restauro in Rom der „Mural Painting Course“ (MPC) zur Untersuchung und Konservierung von Wandmalerei angeboten, der unter dem Direktor Paul Philippot vor allem von Paolo und Laura Mora entwickelt und geleitet wurde.912 Dies stellte eine weitere Möglichkeit zur Fortbildung von Wandmalereirestauratoren dar, da dieser Studienzweig an den Hochschulen nach wie vor nicht angeboten wurde. Diese sechs Monate dauernden Spezialkurse, die international hoch anerkannt waren, konnten die Restauratoren mit einem staatlichen Stipendium absolvieren. Die Nominierung österreichischer Restauratoren erfolgte alle ein bis zwei Jahre durch das Bundesdenkmalamt.913 Die Fortbildungskurse in Rom hatten zur Folge, dass dadurch eine Anhebung der Qualität auf dem Gebiet der Wandmalereirestaurierungen einherging. Tripp beschrieb 1973 zwei Möglichkeiten für die Ausbildung eines Restaurators, entweder würde man eine Lehre in einem der traditionellen Handwerksberufe erlernen oder eine akademische Ausbildung absolvieren. Die handwerklich versierten Restauratoren hätten ihre Schwerpunkte „auf handwerklich-technische[m] Gebiet“, der akademische Restaurator „primär eine methodisch-kritische Einstellung zum Kunstwerk“, so Tripp.914 Als fachliche Anforderungen eines Restaurators formulierte sie ein hohes künstlerisches Feingefühl, ein hohes Maß an handwerklicher Fertigkeit, ein Interesse für die Kunstgeschichte und die Bereitwilligkeit sich mit den Naturwissenschaften zu beschäftigen.915 Es ist bezeichnend für diese Entwicklungsstufe der methodischen Konsolidierung, dass die Erwartungen an die Restauratoren sich nicht nur auf die künstlerischen und technischen Befähigungen beschränkten, sondern durch die Einbeziehung von Kunstgeschichte und Naturwissenschaften gleichermaßen die wissenschaftliche Seite umfassen sollten. Technisches Know-how, ein internationaler Austausch, die zunehmende Zusammenarbeit zwischen den Naturwissenschaften, Technikern und Restauratoren sowie die Nutzung moderner Hilfsmittel und Materialien standen für die Fortschrittlichkeit des Restaurierwesens.916 Die Ausbildungsmöglichkeit zum akademischen Restaurator an der Akademie der bildenden Künste stellte eine Grundvoraussetzung für ein immer höher qualifiziertes Arbeiten in der
911 Koller 2010, S. 96. 912 Mora 2015 (Internetseite besucht am 05.09.2015). 913 Koller 2002, S. 114. Die Auswahl erfolgte insbesondere durch Gertrude Tripp, teils nach Rücksprache
mit Manfred Koller; unter anderem nahmen folgende RestauratorInnen aus Österreich teil: Wolfgang Götzinger, Emmerich Mohapp, Christoph Serentschy, Herbert Schwaha, Heinz Leitner, Maritius Spurny, Wolfgang Baatz, Frambert Wall-Beyerfels (war Assistent bei Eigenberger), Sebastian Enzinger, Ernst Lux, Sieghart Pohl, Willi Ghetta, Johann Kandl, Heliane Meissen-Jarisch (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). 914 Tripp 1973, S. 8, 9. Vgl. dazu auch Koller 1984, S. 91. Koller erwähnt auch Wifi-Kurse in Klagenfurt ab 1983. 915 Tripp 1973, S. 8, 9. 916 Feldtkeller 2008, S. 264. Siehe dazu auch Koller 1987a, S. 32–42.
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Restaurierung dar. Obwohl die Wandmalereirestaurierung als eigenes Fach nicht gesondert gelehrt wurde, gab es durch die Vermittlung von methodischer Systematik in anderen Fachbereichen auch Synergien. Einige der akademischen Restauratoren spezialisierten sich am Ende im Zuge ihrer Diplomarbeit917 oder nach ihrer Ausbildung auf den Bereich der Wandmalereirestaurierung. Die Nachfrage an Fachkräften war jedoch in der schwierigen Nachkriegszeit besonders groß, sodass auch an künstlerisch bedeutenden Kunstwerken die handwerklich ausgebildeten Restauratoren vermehrt eingesetzt wurden.
4.2 Wissenschaftliche Restaurierung und inhaltliche Systematik 1951 wurde der Kunsttheoretiker, Kunsthistoriker und Direktor des Istituto Centrale per il Restauro in Rom, Cesare Brandi, zu einem Vortrag nach Wien eingeladen, wo er über „Die Methoden des Istituto Centrale del Restauro mit Bezug auf die allgemeinen Grundsätze der Restaurierung von Kunstwerken“ sprach.918 Brandi diskutierte in seinem Vortrag die beiden verschiedenen Standpunkte einer Restaurierung, einerseits die rein konservierende Behandlung und andererseits die restauratorische Intervention durch definierte Retuschen eines beschädigten Kunstwerkes. Jedem praktischen Handeln am Objekt müsse eine theoretische Diskussion voran gehen. Daher werde auch das Istituto Centrale per il Restauro in Rom von Kritikern und nicht von Restauratoren geleitet. Brandi hob zwei Grundsätze beim Restaurieren eines Kunstwerks hervor, erstens dürfe man „niemals vergessen, daß es ein Kunstwerk ist“ und zweitens dürfe man keinesfalls die Gegebenheit aus dem Blick verlieren, dass „ein Kunstwerk ein historisches Ereignis – fatto istorico – ist“.919 In ästhetischer und historischer Hinsicht sind diese beiden Pole aufeinander abzustimmen und nicht als Gegensätze zu sehen, so wie bereits Georg Dehio 1905 von der „ästhetischen und historischen […] Doppelnatur“ der Denkmale sprach.920 Unter keinen Umständen könne man ein Kunstwerk in seinen ursprünglichen Zustand zurückführen, da es sich um ein einmaliges Ereignis handeln würde. Eine starke Überarbeitung im Sinne einer ästhetischen Wiederherstellung wie auch eine archäologische Restaurierung in Sinne des rein historischen Standpunktes lehnte Brandi ab. In diesem Zusammenhang hebt er die von ihm so benannte potentielle Einheit des Kunstwerkes in den Vordergrund. Diese Einheit ist nicht durch Phantasie oder Analogie zu erreichen, sondern durch eine deutlich erkennbare Integration von Fehlstellen, welche dem Auge hilft, diese potentielle Einheit nachzubilden, und damit sowohl dem ästhetischen als auch dem historischen Moment gerecht wird. Diese neue Integrationstechnik
917 Eine der ersten Diplomarbeiten war von Wolfgang Götzinger 1967 über die romanischen Wandmalereien
im Läuthaus in der Stiftskirche von Lambach. 918 BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.8). 919 BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951. 920 Dehio 1905, S. 4 und Huse (Hg.) 1984, S. 139.
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kommt keineswegs einer Neuherstellung gleich und stellte auch keine Ergänzung mit neutralen Farben dar. Brandi diskutierte auch über den Begriff der Patina, die für ihn nicht nur Schmutz darstellte, sondern ein gewachsener Teil eines Kunstwerks sein könne. Die Erhaltung der Patina wurde am Istituto Centrale per il Restauro zu einem wichtigen Prinzip bei Restaurierungen. Den Kern seiner Überlegungen bildete die Balance zwischen der Bewahrung der Substanz in ihrem geschichtlich überlieferten Zustand auf der einen Seite, sowie einer störungsfreien Wahrnehmung auf der anderen Seite, in der die Fehlstellen – gestaltpsychologisch gedacht – keine eigene Gestaltwertigkeit annehmen.921 Brandi war zu jener Zeit der führende Vertreter einer sehr reflektierten Restaurierphilosophie in Italien, der seine zahlreichen Einzelpublikationen 1963 in einer „Teoria del Restauro“ zusammenfasste.922 Nach der Zeit des Wiederaufbaues fand 1957 in Paris ein erster internationaler Denkmalpflegekongress statt, der Congrés des Architectes et Techniciens des Monuments Historiques, im Zuge dessen anhand von Bildtafeln die Tätigkeiten der einzelnen europäischen Länder im Wiederaufbau gezeigt und diskutiert wurden. Diesem folgte 1964 ein zweiter Kongress in Venedig, der sich mit der Überprüfung der 1931 in Athen (Charta von Athen) festgehaltenen Vorstellung über die Art des Restaurierens befasste und diese gegebenenfalls erweitern sollte. Anlass war, dass die klassischen Grundsätze des Konservierens und Restaurierens nach den besonderen Bedingungen des Wiederaufbaus nach 1945 nunmehr wieder in einem Grundsatzpapier, der Charta von Venedig von 1964, zusammengefasst werden sollten.923 Der Kongress in Venedig führte 1965 zur Gründung des Fachverbandes International Council of Monument and Sites (ICOMOS).924 An dem in der Zeit vom 25. bis 31. Mai 1964 in Venedig stattfindenden II. Internationalen Kongress nahmen vor allem die in der Denkmalpflege tätigen Architekten und Ingenieure teil.925 Österreich wurde durch Gertrude Tripp vertreten, die als ein grundlegendes Ziel der neuen Grundsätze zur Konservierung und Restaurierung die Erhaltung der „ästhetischen und historischen Werte des Kunstwerkes“ sah, wie es auch schon Brandi definiert hatte.926 Gefordert wurde die Akzeptanz gegenüber den am Kunstwerk im Laufe der Zeit entstandenen Spuren, hervorgerufen durch natürliche Einflüsse oder durch spätere Interventionen, die den ursprünglichen Zustand veränderten. Dies wurde in der Charta nun als Teil des überlieferten dokumentarischen Charakters betrachtet. Jede gesetzte Maßnahme durfte die Grenze der hypothetischen Hinzufügung nicht überschreiten und sollte sich nach Möglichkeit besonders auf die Konservierung konzentrieren.927 Die aus
BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951. Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi]. Siehe auch Janis 2005, S. 24–29. Charta 1964. Tripp 1970a, S. 25 und Janis 2005, S. 155. In Österreich wurde 1968 die Sektion Restauratoren der Berufsvereinigung der bildenden Künstler Österreichs gegründet, die die erste Standes- und Interessensvertretung für österreichische Restauratoren darstellte (Koller 1970a, S. 189, 188). 925 Janis 2005, S. 155. 926 Tripp 1970b, S. 180. 927 Tripp 1970b, S. 180. 921 922 923 924
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insgesamt 16 Artikeln bestehende Charta stellte den historischen Wert in den Mittelpunkt, griff damit auf die bereits von Dehio und Riegl formulierten Forderungen zurück und definierte die Substanzerhaltung als die wichtigste Aufgabe der Denkmalpflege. In einer bis heute gültigen Form hat sie allgemein die für die Konservierung und Restaurierung formulierten Grundsätze zusammengefasst und kodifiziert.928 Der überlieferte Bestand ist für die Entscheidung in Konservierungs- und Restaurierungsfragen zu respektieren, jeder Eingriff in das Kunstwerk ist auf das absolut notwendige Maß zu begrenzen und Ergänzungen sind in klarer Unterscheidung zum Original hin vorzunehmen.929 Die methodische Untersuchung und Erforschung des Denkmals wurde als Voraussetzung für jede restauratorische Vorgehensweise manifestiert, wobei sich der noch relativ junge Begriff der wissenschaftlichen Restaurierung mehr und mehr etablierte.930 Die Charta von Venedig wurde in Österreich als „eine Instruktion für den Denkmalpfleger“ angesehen.931 Frodl, der inzwischen zum Ordinarius des Instituts für Kunstgeschichte und Denkmalpflege an die Technische Hochschule in Wien berufen wurde, spricht 1962 von zu strengen methodischen Vorgaben, die an die Denkmalpflege gestellt wurden. Die Erfahrung zeigte, dass ein striktes Vorgehen nach theoretischen Handlungsanweisungen eine gewisse Inflexibilität im Umgang mit den Kunstwerken bedeuten konnte. Andererseits erkannte man die Wichtigkeit der Programmschriften, die zu einem wichtigen Instrument in der Denkmalpflege geworden waren. Bei komplexen Herausforderungen würden sie eine Orientierung darstellen, an der man Überlegungen und Argumentationen anknüpfen könne und die man auch dann nicht verlieren würde, wenn die einzugehenden Kompromisse vom ursprünglichen Ausgangspunkt scheinbar wegführten. Die „Freiheit der Denkmalpfleger“ sei auch mit einem gewissen Misstrauen gegenüber den Methoden und Theorien verbunden, so Frodl.932 Bacher formulierte es rund zehn Jahre später dahingehend, dass in einer Zeit, in der die methodische Vorgehensweise in der Denkmalpflege und Restaurierung immer präziser entwickelt wurde, man die Gefahr erkannte, dass Methoden mit Rezepten verwechselt werden und die notwendigen Abwägungen im Einzelfall zu kurz kommen könnten.933 Das führte ferner dazu, dass eine große Unsicherheit im Bereich der methodischen Fragestellungen besonders in der Restaurierung von mittelalterlichen Wandmalereien herrschte.934 Dabei würde sich die Bilanz an guten und weniger befriedigenden Resultaten von damaligen Restaurierungen ungefähr die Waage halten. Die Umsetzung bestimmter Leitlinien, wie eben die Vermeidung rekonstruierender Ergänzungen, die Akzeptanz fragmentarischer Erscheinungsbilder oder die Umset-
928 Janis 2005, S. 156–158. 929 Janis 2005, S. 159. 930 Koller beschrieb einmal den Zeitraum des Paradigmenwechsels um 1900 bis 1970 als „wissenschaftlich 931 932 933 934
angeleitete Restaurierung“ (Koller 2002, S. 60). Tripp 1970b, S. 180 und Charta 1964. Frodl 1962, S. 65. Bacher 1973, S. 82–85. Bacher 1973, S. 82–85.
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zung bestimmter Retuschiermethoden, war ein langwieriger Prozess und hatte in der Mitte des 20. Jahrhunderts noch keineswegs eine allgemeine Gültigkeit erreicht. Die Debatte wurde – laut Bacher – um zwei Problemkreise geführt, und zwar um die technischen und um die ästhetisch-methodischen Fragestellungen. Zusätzlich glaubte man, mit den naturwissenschaftlichen Untersuchungsmethoden die Problemstellungen objetivierter überprüfen zu können.935 Die wissenschaftliche Präzision wird daran erkennbar, dass der restauratorischen Arbeit am Objekt wissenschaftliche Vorarbeiten wie Quellenforschung sowie kunsthistorische und materialwissenschaftliche Untersuchungen vorausgehen sollten. Im Zuge der Beschäftigung mit dem Kunstwerk ist der ursprüngliche Zustand, wie auch die späteren Veränderungen, festzustellen; dabei werden den materialimmanenten Veränderungen am Bildträger oder der Oberfläche, wie etwa Korrosion, Patina oder Farbveränderungen, mehr Bedeutung beigemessen und diese als untrennbarer Bestandteil der authentisch überlieferten Substanz des Originals erkannt, soweit sie keine Gefahr für den Bestand darstellten.936 Die wissenschaftlich-kritische Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Aussehen und die Suche nach dem Original einschließlich seiner Veränderungen waren das Leitmotiv der Denkmalpflege und der restauratorischen Tätigkeit.937 Der Kunsthistoriker Norbert Wibiral, der Landeskonservator von Oberösterreich war, plädierte im Zusammenhang mit der Restaurierung der romanischen Wandmalereien in der Stiftskirche von Lambach für den absoluten Vorrang des „Originalwertes“, demzufolge fragmentarische Erscheinungsbilder in Kauf genommen werden sollten. Wibiral brachte das in einen Gegensatz zum „Schauwert“, der in einem solchen Fall zurückstehen müsse.938 Damit wird ein Höchstmaß an Respekt für den wissenschaftlich gesicherten Bestand dokumentiert.
4.2.1 Zwischen akademischer und handwerklicher Restaurierung: Landeskonservator Siegfried Hartwagner In Kärnten wurde 1946 Siegfried Hartwagner, der in Berlin Kunstgeschichte, Publizistik und Germanistik studiert und 1942 promoviert hatte, mit den Agenden des Landeskonservators betraut.939 Hartwagner übte diese Funktion 35 Jahre lang aus. Seine Einstellung zur Denkmalpflege schilderte er einmal dahingehend, dass „die Arbeit des Denkmalpflegers ein selbstloses Dienen sein soll“; er trat 1981 in den Ruhestand.940 Aufgrund der zahlreichen im Krieg beschädigten Kirchen war „es oftmals kaum möglich […] mit den zur Verfügung stehenden Fachkräften“ die Instandsetzungsmaßnahmen zu bewältigen, obwohl genug Geld vorhanden war; Hartwagner schrieb von „geldreichen ersten Nachkriegsjahre[n]“.941 In fast 50 Kirchen wurde in diesen Jahren in Kärnten die Raumschale neu gefärbelt und Hartwagner bedauerte das Fehlen von geeigneten und gut ausgebildeten Restauratoren, was er als eine Gefährdung der kirchlichen Bau- und Kunstdenkmale betrachtete. In diesen Jahren kämpfte die österreichische Denkmalpflege aber auch mit einem Mangel an Materialien und mit allgemeinen Verkehrs- und Transportschwierigkeiten.942 Das vorrangige Ziel zu jener Zeit war es, das Kunstwerk in seinem Bestand zu sichern und es nach
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Möglichkeit wieder in seine Funktion zurückzuführen, „ohne ihm durch die restauratorische Behandlung den Alterswert zu nehmen“.943 Umso bezeichnender ist es, dass in dieser so schwierigen Zeit trotzdem eine immense Anzahl neuer Freilegungen von mittelalterlichen Wandmalereien ausgeführt wurde, die von den Instandsetzungsund Wiederherstellungsmaßnahmen ihren Ausgang nahmen. Walliser, der in der Zwischenzeit zum gefragtesten Restaurator aufgestiegen war, nahm noch bis Mitte der 1960er Jahre eine zentrale Rolle in der Wandmalereirestaurierung ein und führte in diesem Zeitraum allein in Kärnten rund 50 Untersuchungen, Freilegungen und Restaurierungen durch. 1946 stellte Walliser ein Ansuchen, um als Restaurator beim Bundesdenkmalamt aufgenommen zu werden. In seiner Bewerbung beschrieb er ausführlich seine inzwischen 20jährige Berufserfahrung auf dem Gebiet des „Gemälde-Konservierungs- und Restaurierungsfach[es]“, seine theoretische und praktische Beschäftigung mit der Denkmalpflege und mit materialwissenschaftlichen und maltechnischen Fragestellungen.944 Seine Fähigkeiten sah Walliser vor allem in der konservatorisch-restauratorischen Behandlung von Wandmalereien aus allen Epochen, wobei die Abnahme, die Reapplikation beziehungsweise museale Präsentation sowie die Freilegung zu seinen besonderen Stärken zählen würde. Darüber hinaus erwähnte er seine Erfahrungen in der Restaurierung von in Öl oder in Tempera gemalten Gemälden, den „Rentoilierungen von Leinwand- und Holztafelbildern“ sowie der Freilegung von Fassungen an Skulpturen.945 Walliser erhielt schließlich eine Anstellung als Restaurator beim Bundesdenkmalamt und war nach den damals „aus politischen Gründen ausgeschiedenen“ Restauratoren Weninger, Lauer und Fisko, neben Reckendorfer offensichtlich der einzige Restaurator für Gemälde und Wandmalerei im Staatsdienst. Besonders hervorgehoben wurden seine „qualitativen Leistungen und die Raschheit in der Durchführung der Arbeiten“ und es wurde angedacht, ihn für Schulungen junger Kräfte heranzuziehen.946 Einige Jahre später, 1950, bewarb sich Walliser erneut um die Verleihung des Professorentitels, nachdem ihm diese Ehre 1933 bereits einmal verwehrt worden war. In seinem Ansuchen schilderte er seinen umfangreichen Tätigkeitsbereich. Darin wiederholte er im Wesentlichen seine Aufzählung aus der Bewerbung um die Anstellung beim Bundesdenkmalamt und erweiterte sie noch in einzelnen Details, wie etwa seine Spezialisierung für Entrestaurierungen, die er in Österreich zum ersten Mal eingeführt hätte, oder seine Aufgabe als Projektleiter zahl-
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Bacher 1973, S. 82–85. Tripp 1970b, S. 180 und Koller 1970ab, S. 184, 185. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 261. Tripp 1970b, S. 180. Wibiral 1957, S. 25–29. Brückler/Nimeth 2001, S. 99 und 100. Brückler/Nimeth 2001, S. 99 und 100 und Denkmalpflege Kärnten 1984 (Hg.) 1984, S. 19, 20. Hartwagner 1952, S. 3. Hartwagner 1952, S. 3. Vgl. dazu auch Denkmalpflegearbeiten 1945–1950, S. 106–110. Tripp 1970b, S. 182. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Zl. 1087, 11. 2. 1946. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Zl. 1087, 11. 2. 1946. BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), Zl. 1087, 11. 2. 1946.
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reicher Restaurierungen. Er erwähnte auch seine große Anzahl von Freilegungen mittelalterlicher Wandmalereien. Romanische Wandbilder hatte er „an ca. 12 Dutzend Orten“ und gotische Wandbilder „an ca. 2 Dutzend Orten“ freigelegt, hingegen überstieg die Anzahl der konservierten und restaurierten Wandmalereien die Zahl der Freigelegten um ein Vielfaches.947 Walliser wurde der Professorentitel schließlich 1951 verliehen. Ende der 1950er Jahre begann er an der Wiener Universität am Institut für Kunstgeschichte auch Einführungsvorlesungen über die Technik der Malerei und Plastik zu halten.948 Salzburgs Landeskonservatorin Margarethe Witternig nannte ihn einmal den „namhaftesten Freskenrestaurator in Österreich“ 949 und sein späterer Nachfolger und Fachreferent für die Wandmalerei in den Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes, Ivo Hammer, einen „der Pioniere der Wandmalereirestaurierung in Österreich“.950 Wie die kunsthistorischen Vorstellungen von mittelalterlichen Bildwerken und die wissenschaftlich-methodische Restaurierung derselben damals zusammenwirkten, soll anhand von drei Fallbeispielen erläutert werden. Eine seiner ersten Restaurierarbeiten der Nachkriegszeit führte Walliser in Pisweg durch, das sich auf dem Höhenzug zwischen dem Gurktal und dem Wimitzgraben befindet. Südwestlich der Pfarrkirche liegt der im Kern spätromanische zweigeschossige Karner mit Apsis und Kegeldach. Ab 1946 legte Walliser eine bedeutende Wandmalereiausstattung aus der Zeit um 1280/90 frei. Die Ikonographie der vollständig erhaltenen Ausstattung orientierte sich an den Malereien in der nahe gelegenen Bischofskapelle in Gurk. Zu sehen ist an den Gewölberippen die Jakobsleiter; in den Gewölbezwickeln sind eine thronende Madonna mit zwei gekrönten Jungfrauen, die Belehrung an Adam und Eva, der Sündenfall und die Vertreibung aus dem Paradies dargestellt (Abb. 42); im ersten darunter befindlichen Bildstreifen finden sich unter anderem Verkündigung, Geburt Christi, Anbetung der Könige, Darstellung im Tempel, Taufe Christi und Ölbergszene; im zweiten unter anderem eine Kreuzigung, die Apostelfürsten, eine Auferstehung sowie einzelne Heiligenfiguren.951 Der Karner fungierte lange Zeit als Rumpelkammer und durch Undichtigkeiten in der Bausubstanz (Regen- und Schneeeintrag) herrschten für die Malereien nachteilige Klimaverhältnisse. Als Walliser 1946 nach Pisweg kam, fand er einerseits einen aufgrund der natürlichen Alterung reduzierten Malereibestand und andererseits einen übertünchten unteren Bereich vor.952 Über seine Vorgehensweise und Behandlungsmethoden ver-
947 BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925–1965), GZ.. 4867/50, 16. 5. 1950 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.9
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Für eine Auflistung der von Walliser in Kärnten ausgeführten Restaurierarbeiten ist im Anhang unter 6.2. Tabelle 4 beigefügt). Brückler/Nimeth 2001, S. 285, 286. Vgl. dazu auch Frodl 1972 S. 81, 82; Bacher 1974, S. 336 und Frodl 1975, S. 163, 164. BDA-Archiv Hofburg, Salzburg, Akt Mariapfarr, Brief 1949. Hammer 2002, S. 129. Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 112; Dehio-Handbuch 2001, S. 624, 625; Sörrles 1996, S. 75–55, S. 111; Zykan 1950, S. 110; Hartwagner 1947, S. 138 und Frodl 1944a, S. 48, 49. BDA-Archiv, LK-K, Ordner Pisweg, Akt 1930.
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fasste er einen ausführlichen Arbeitsbericht.953 Darin beschrieb er den baulichen Zustand des Karners sowie den Bestand und Zustand der Wandmalereien. Die Putzschicht war in manchen Bereichen erodiert und die Malerei mit Oberflächenauflagen, wie Spinnweben, Verrußung etc., stark verschmutzt; das Erscheinungsbild der Malereien war noch zusätzlich durch Schleierbildungen und Übertünchungen beeinträchtigt. In kurzer, knapper Form umriss er die wichtigsten Schadensbilder.954 Im Zuge einer ersten konservatorischen Behandlung des Bestandes nahm Walliser eine vorsichtige Reinigung, Putzfestigung, Kittung kleiner Putzfehlstellen sowie die Entfernung alter Übermalungen vor. Ausführlicher widmete er sich in seiner Beschreibung der Vorgehensweise bei der Integration von Fehlstellen. Dabei schloss er eine Ergänzung fehlender Details von Gewändern oder Gesichtern aus, da dies verantwortungslos gegenüber dem wertvollen Bestand gewesen wäre. Als Retuschemethode wandte er das Nachziehen von Konturen sowie das farbliche „Ausstupfen“ an, wobei er zwei Arten von Behandlungsflächen unterschied; einerseits bearbeitete er optisch störende und reduzierte Bereiche im Hintergrund und andererseits ergänzte er kleine Unterbrechungen der Konturlinien, womit eine wesentliche Verbesserung der Lesbarkeit erreicht werden konnte.955 Diese Aufgabe könne nach Walliser nur von einem verantwortungsbewussten „Künstler“ ausgeführt werden, der sich zu jedem Zeitpunkt während der Maßnahme ein kritisches Hinterfragen auferlegt. Interessanterweise bezeichnete sich Walliser hier als Künstler und nicht als Restaurator.956 Mit dem Restaurierergebnis war man seitens des Landeskonservatorates zufrieden. Hartwagner hält in einer Aktennotiz fest, dass durch die Reinigung und Freilegung der Raum in seiner Gesamtwirkung wieder eine Einheit bildet und die Malerei des „bäuerlichen Freskanten“ dadurch eine Aufwertung ihrer künstlerischen Qualität erfahren habe, die es nun gelte, neu zu bewerten.957 Das Fallbeispiel von Pisweg zeigt eine methodische Vorgehensweise, sowohl in der Konservierung als auch in den ästhetischen Maßnahmen, wie dies für die Phase nach 1945 charakteristisch werden sollte. Der differenzierte Umgang mit der Fehlstellenbehandlung lässt erkennen, dass schon geringste Mittel ausreichen sollten, damit sich die Formen in der Wahrnehmung des Betrachters zusammenschließen. Manchmal lagen zwischen dem beschriebenen und dem tatsächlichen Umfang der gesetzten restauratorischen Maßnahme jedoch große Unterschiede, die damals
Quellentext siehe 6.1, Teil IV.1. BDA-Archiv LK-K, Ordner Pisweg, Zl. 169/46, Bericht 1946. BDA-Archiv LK-K, Ordner Pisweg, Zl. 169/46, Bericht 1946. Im letzten Teil seines Berichtes erwähnt er noch die von ihm eingesetzten Freilegungswerkzeuge, wie Schaber und feine Hämmer (BDA-Archiv LK-K, Ordner Pisweg, Zl. 169/46, Bericht 1946). 957 Hartwagner 1947, S. 152. 1996 erfolgte eine Gesamtrestaurierung des Karners durch die Firma Campidell. In einem Aktenvermerk wurde folgendes über die Restaurierung der Wandmalereien notiert: „Nach der anschließenden Freilegung sowie der Reinigung der Fresken und der Entfernung der Übermalung von Walliser aus dem Jahr 1946 wurden die Hintergründe der Darstellungen zum Teil lasierend retuschiert. Im Bereich der figürlichen Darstellung blieben die frühgotischen Malereien unverändert. Die Retuschen wurden mit Kalkkasein durchgeführt und sind damit reversibel“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Pisweg, AV, GZ. 2215/3/1996). 953 954 955 956
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von den kontrollierenden Organen oft nicht erkannt wurden. Ein gutes Beispiel dafür stellte die 1946/47 vom Restaurator Bruno Malanik ausgeführte Restaurierung der romanischen Wandmalereien im Chorturmjoch der Pfarrkirche in Mariapfarr dar. Jüngste Untersuchungen zeigten eine beträchtliche Überarbeitung bestimmter Bereiche, indem nicht nur fehlende Konturlinien geschlossen, sondern bestehende übermalt wurden (Abb. 43).958 Durch die Beschränkung der Ergänzungen auf die Konturen und Binnenzeichnung wurde der Vorstellung vom Zackenstil in besonderer Weise Rechnung getragen. In der Folge wurde dieses Restaurierergebnis von der Kunstgeschichte als bedeutendes Beispiel für den Zackenstil behandelt.959 In diesen Fällen handelte es sich um eine vom Restaurator realisierte und in Abstimmung mit der zeitgenössischen kunsthistorischen Vorstellung entworfene „multiplizierte Mittelalterfiktion“.960 Viele der in dieser Art restaurierten Wandbilder zeigen eine vermeintlich unverfälschte Überlieferung der Linienzeichnung, dabei liegt hier ein stark überarbeitetes oder nachgezeichnetes Stilbild vor. Die Malerei besitzt häufig einen flachen Charakter, wobei die Linearität nichts mehr mit der ursprünglich wahrnehmbaren Linienführung gemeinsam hat.961 Der Grat zwischen dem Schließen von kleinen Fehlstellen und einer interpretierenden Ergänzung bei Konturen ist häufig schmal. Eine optische Differenzierung von Original und Zutat ist in diesen Fällen oftmals nur schwer möglich. Das führte dazu, dass restaurierte mittelalterliche Bildwerke von der Kunstgeschichte erforscht und analysiert wurden, in dem Glauben, noch eine weitestgehend originale Substanz vor sich zu haben. Im gleichen Jahr, als Walliser in Pisweg arbeitete, begleitete er ein Restaurierprojekt im nahe gelegenen Friesach, auf das im nächsten Fallbeispiel eingegangen wird. Die Vorgehensweise in der Wandmalereirestaurierung war nicht immer von hohen fachlichen Ansprüchen geprägt. Neben dem fortschrittlich agierenden Walliser gab es noch andere Restauratoren und auch Kirchenmalerfirmen, die im Zuge von Kirchenrenovierungen zunehmend für Freilegungen und Restaurierungen eingesetzt wurden. Darüber hinaus waren die personellen Ressourcen beschränkt und man war froh über jede Fachkraft. In diesen Jahren wurden in Kärnten besonders zwei Kirchenmalerfirmen vermehrt herangezogen, die Firma Campidell962 und die Firma Arnold.963 Bereits Frodl setzte Campidell für die Restaurierung von Wandmalereien
Siehe dazu Voithofer 2010, Euler-Rolle/Santner 2014 und Fillitz (Hg.) 1998, S. 445, 446. Filitz 1998, S. 445, 446. Feldtkeller 2008, S. 175, 176. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 99–101. Die Firma Campidell stammte ursprünglich aus St. Ulrich im Grödnertal und kam mit Jakob Campidell 1905 nach Kärnten, wo sich die Familie 1909 in Feistritz an der Drau niederließ. 1936 übernahm Walter Campidell den Betrieb von seinem Vater und legte später in Wien vor einer Kommission eine Prüfung zum Restaurator ab, von da an er sich als ein „Vom Bundesministerium für Unterricht anerkannter Restaurator“ nennen durfte. Der Betrieb wird seit 1997 von seinem Sohn Werner Campidell weitergeführt (Semetkowski 1959, S. 551 und Campidell 2012 (Internetseite besucht am 29.09.2015; Siehe dazu Koller 1990, S. 6, 7). 963 Die Firma Arnold wurde 1937 von Lukas Arnold sen. gegründet. Seine Ausbildung und praktische Erfahrung dürfte Arnold in Tirol beim Restaurator Veiter absolviert haben. Sein Sohn Lukas stieg dann 958 959 960 961 962
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„mittlerer Qualität“ sowie für „Gesamtrestaurierungen, Fass- und Vergolderarbeiten“ sowie „Tafelbilder und Skulpturen“ und Arnold ebenfalls für „Gesamtrestaurierungen, Fass- und Vergolderarbeiten, Färbelungen, Dachstuhlimprägnierungen etc.“ ein.964 Einige der Freilegungen und Restaurierungen durch die Kirchenmalerfirmen ließ das Bundesdenkmalamt von Walliser kontrollieren. Dieser spricht teils von „Fehlresultate[n] von Campidell und Arnold“.965 Im Zuge der Kircheninnenrenovierung 1946 in der Deutschordenskirche in Friesach, die von der Firma Arnold ausgeführt wurde, entdeckte man unter einer 6 cm dicken Putzschicht mittelalterliche Wandmalereien. Arnold führte die Freilegung daraufhin gleich „auf eigene Faust“ durch, was im Landeskonservatorat besonders kritisiert wurde.966 Hartwagner beschrieb die Situation am 26. Oktober 1946: „Meines Erachtens ist die Abstellung jeglicher Schwarzarbeit die Vorbedingung einer Verhütung des ungebührlichen Betragens gewisser Malermeister, da durch die offiziell nicht bekannte Arbeit jegliche Kontrolle, auch im Hinblick auf die Preisgestaltung, unmöglich ist. Auf diese Weise entwickeln sich die Herrn Malermeister zwangsläufig zu Diktatoren. Wenn sie erst einmal erkannt haben, dass gewisse Landgeistliche durch wenige Fachausdrücke verwirrbar sind, muss es verlocken, ihnen den eigenen Willen aufzuschwatzen.“967 Arnold, der in diesem Brief angesprochen wurde, antwortete Hartwagner am 14. November 1946, indem er auf seine bereits gemachte große Erfahrung in der Freilegung von Wandmalereien hinwies und meinte, dass sich bisher noch niemand über die Qualitäten seiner Arbeiten beschwert hätte.968 Aus der Beschreibung Hartwagners geht ein offensichtliches Problem mit der Schwarzarbeit hervor und auch die Angst, dass durch die eigenständige Übernahme von Freilegungen und Restaurierungen im Zuge der Kirchenrenovierungen durch Kirchenmalerfirmen sowie das Nichtverständigen der Denkmalbehörde die Kontrolle nicht mehr gegeben wäre. Arnold dürfte die Arbeiten in der Deutschordenskirche beinahe abgeschlossen haben, als Walliser mit der Fortführung der Restaurierarbeiten beauftragt wurde. Der von Arnold zurückgelassene Zustand der Wandmalereien muss äußerst verunklärt gewesen sein, da romanische und gotische Malereischichten gleichzeitig vorlagen.969 Walliser führte daraufhin eine Nachfreilegung durch Entfernung der Resttüncheschichten aus. In der dem heiligen Blasius geweihten romanischen Saalkirche wurde der Chorraum
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in die Fußstapfen seines Vaters. Nach der Maler- und Vergolderlehre legte er auch noch die Meisterprüfung ab. Nach einigen Praxisjahren erlangte er das Diplom Vom Bundesministerium für Unterricht anerkannter Restaurator. 1976 übernahm er dann den elterlichen Betrieb, der bis heute besteht (Persönliche schriftliche Mitteilung von Lukas Arnold, am 26.02.2015). Frodl, Kärnten 1938–1945, S. 54. In der Zeit von 1947 bis 1957 waren dies Restaurierungen in der Pfarrkirche Deutschrittersorden in Friesach 1947 (Arnold), in der Pfarrkirche in Metnitz 1950–53 (Campidell), in der Pfarrkirche in Völkermarkt 1949, 1953 und 1954 (Arnold, Campidell), Maria Rojach 1947 (Campidell) und in der Kirche St. Kanzian am Kanzianiberg 1951, 1952 (?) (Walliser Nachlass, Akt Kärnten). Hartwagner 1947, S. 138. BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Zl. 283, 1946 und Hartwagner 1948, S. 138. BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Brief 14.11.1946 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.2). Hartwagner 1947 S. 139, 140.
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ursprünglich zweimal mit einer reichen malerischen Ausgestaltung geschmückt, und zwar im späten 12. Jahrhundert sowie im 2. Viertel des 13. Jahrhunderts. Aus der ersten Phase sind in jeweils zwei Registern an der Nordseite die törichten Jungfrauen vor verschlossener Himmelstür und darunter die wundersame Brotvermehrung (Speisung der Fünftausend, die Segnung der Brote und Fische durch Christus und das Wegschaffen der Speisen) (Abb. 44) sowie an der Südseite die klugen Jungfrauen und darunter die Anbetung der Heiligen Drei Könige (stark zerstört) zu sehen. Die Bildstreifen werden oben mit einem Mäanderfries abgeschlossen. Von der ehemaligen jüngeren Ausstattungsphase sind heute noch zwei Prophetengestalten, Isaias und Jeremias (Abb. 45), in der Leibung des Südfensters erhalten. Ehemals plastisch gestaltete Nimben wurden abgeschlagen. Die schwierige Freilegung der Wandmalerei in der Deutschordenskirche konnte Arnold offensichtlich nicht gut bewältigen. Walliser schilderte seine Wahrnehmung dahingehend, dass ihn noch „beim Schreiben dieser Zeilen […] ein richtiger Schock“ packen würde, wenn er an den Zustand der Malereien zurückdenke, den er damals vorgefunden hatte.970 Walliser beschrieb auch das Ergebnis der Fehlstellenkittungen von Arnold, der den Kalkputz „über die Bruchkanten zwei und mehr Zentimeter […] auf das Original“ hinaus gearbeitet hätte.971 Die unmittelbar übereinander liegenden Ausstattungsphasen wurden bei der Freilegung durch die Kirchenmalerfirma nicht erkannt beziehungsweise es fand auch keine inhaltliche Diskussion über die Vorgehensweise oder über das Restaurierziel statt. Damit wurde die jüngere gotische Malerei fast zur Gänze zerstört. Der Zustand präsentiert sich heute fragmentarisch und wird durch große Fehlstellen und eine reduzierte Malschichtoberfläche bestimmt.972 Die nicht offizielle Vergabe von Restaurierarbeiten schadete nicht nur der allgemeinen Preisentwicklung, sondern es konnte auch keine Qualitätskontrolle etwa seitens des Landesdenkmalamtes, durchgeführt werden. Offensichtlich konnten einige Pfarrer mit fachlichen Argumenten leicht beeinflusst werden. Das größte Problem lag darin, dass durch die unsachgemäße Freilegung ein massiver Schaden an der mittelalterlichen Malerei entstanden war. Arnold handelte bestimmt aus bestem Wissen und hat aus seiner Sicht mit großer Sorgfalt gearbeitet, war jedoch durch sein fehlendes Fachwissen mit der komplexen Problemstellung überfordert. Einige Jahre nach dem Vorfall in Friesach, beauftragte man Arnold mit der Freilegung einer mittelalterlichen Malerei, um sein Können nochmals zu überprüfen. Gleichzeitig wird in diesem folgenden Fallbeispiel nochmals die damalige Einflussnahme seitens der kunsthistorisch ausgebildeten Denkmalpfleger auf die Restaurierung dargestellt. 1951 begann die Kirchenmalerfirma Arnold einen Teil der im Turmquadrat befindlichen mittelalterlichen Wandmalereiausstattung in der Pfarrkirche des heiligen Petrus und Paulus in Steuerberg freizulegen. Aufgrund „des äußerst brüchigen Putzgrundes“ gestaltete sich die Arbeit jedoch schwierig, obwohl Arnold laut Hartwagner vorsichtig vorgegangen zu sein scheint und darüber hinaus auch ohne finanzielles Entgelt arbeitete.973 Von Seiten des Landeskonservatorates wollte man „das technische Vermögen Arnolds überprüfen“.974 Arnold dürfte die Freilegungsarbeiten jedoch nicht
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vollendet haben und es kam zu einer Unterbrechung der Arbeiten. Im Jahr darauf wollte man seitens des Bundesdenkmalamtes zuerst die Restauratorin Josefine Kreuzer mit der Fortführung der Arbeiten beauftragen; wegen der technisch äußerst schwierigen Arbeit übertrug man diese Aufgabe schließlich Walliser und stellte ihm Kreuzer als Hilfskraft zur Seite.975 Freigelegt wurde damals ein Thron Salomonis mit Maria und dem Jesusknaben, begleitet von ihren Tugenden an der Nordwand, eine Verkündigung an der Südwand sowie die klugen und törichten Jungfrauen in der Triumphbogenleibung. Das kreuzgratgewölbte Turmquadrat war mit Sternen auf blauem Himmel gemalt. Datiert werden die Malereien in die Zeit um 1300.976 Walliser arbeitete und reiste häufig zusammen mit seinem Gehilfen Rudolf Peisar, der in Steuerberg die Instandsetzungsmaßnahmen sowie vorbereitende Arbeiten zur Retusche, wie das Aufbringen einer Grundierung oder farbliche Ergänzungen in Bereichen von Rahmenbändern, ausführte.977 Heute sind häufig nur mehr die schwarzen oder in caputmortuum gemalten Hintergründe als Relikte der ehemals in Secco bemalten Blauflächen erhalten. Dieses Erscheinungsbild entstand erst durch die Freilegung auf die Untermalung, wobei die darüber liegenden blauen Farbreste entfernt wurden. Durch eine auf einen einheitlichen Gesamteindruck zielende Retusche der noch erhaltenen Untermalungsfarbe wurde eine geschlossene „Farbfläche“ simuliert.978 Bei der Szene des Traums Nebukadnezars fand eine interessante Diskussion über die Interpretation der Darstellung zwischen dem inzwischen zum Präsidenten aufgestiegenen Demus und Walliser statt (Abb. 46). Walliser hatte Demus einige Fotoaufnahmen nach der Fertigstellung zugesandt. Demus vermeinte, anhand der Fotos eine Fehlinterpretation bei der farblichen Ergänzung an einer Figur durch Walliser zu erkennen, wodurch für ihn die inhaltliche Darstellung der Malereien im formalen als auch im gegenständlichen Charakter manipuliert sein würde. Walliser interpretierte für sich eine „Figur mit geneigtem Kopf“, die – nach der kunsthistorischen Recherche von Demus – jedoch einen „Pelikan, der mit ringförmig gebogenen Hals seine Brust zerfleischt“ darstellen sollte.979 Dies verleitete Demus zu einer besonders harschen Kritik gegenüber Walliser mit dem Hinweis, dass er in Zukunft jede weitere gestal-
970 BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Brief 13.9.1947 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.3). 971 BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Brief 13.9.1947. 972 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 99; Lanc 2002, S. 368; Fillitz (Hg.) 1998, S. 432, 433 und 446;
973 974
975 976 977 978 979
Reichmann-Endres 1997, S. 6–10; Demus 1968, S. 207, 208; Frodl 1948, S. 158 und Hartwagner 1947, S. 138–147. Während der Freilegung waren unter anderem eine thronende Madonna und die Namen der Heiligen Drei Könige zu erkennen (Hartwagner 1947 S. 140). BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, AV, Zl. 888/1947, 10. 9. 1951. BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, AV, Zl. 888/1947, 10.9.1951 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.10). Nachdem Arnold 1947 durch seine Vorgehensweise in der Deutschordenskirche Friesach beim Landeskonservator in Ungnade gefallen war, bekam er offenbar in Steuerberg erneut eine Chance, sein Können unter Beweis zu stellen. BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Tätigkeitsbericht, 1952. Wadl 2001, S. 67–70; Dehio-Handbuch 2001, S. 913, 914; Frodl 1944b, S. 95, 119 und Frodl 1954ab, S. 54, 55. Siehe dazu Anhang 6.1, Teil IV.11. Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015. BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Brief 16. 12. 1953 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.11 und Teil IV.12).
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terische Interpretationen zu unterlassen hätte.980 Besonders bei künstlerisch hochwertigen Kunstwerken sei lediglich der Bestand zu konservieren. Ebenso bat er Walliser um die Korrektur seiner Ergänzungen.981 Nach einem persönlichen Besuch von Demus in Steuerberg musste dieser jedoch einen Irrtum in seiner eigenen kunsthistorischen Interpretation zugeben, woraufhin er sich bei Walliser für seine falschen Behauptungen entschuldigte.982 Die von Walliser vermutete Darstellung des Traums Nebukadnezars an der Südwand war also richtig interpretiert. Obwohl Demus seinen Irrtum gegenüber Walliser unmissverständlich ausräumte, erkennt man, wie empfindlich man damals auf eine interpretierende Retusche reagierte. Noch dazu handelte es sich bei Walliser um einen erfahrenen und mittlerweile zum Professor ernannten Restaurator. Dem dokumentarischen Wert und Charakter der Malerei wird hier viel Respekt entgegengebracht, der keinesfalls durch irgendwelche Falschinterpretationen oder farblichen Ergänzungen vermindert werden darf.
4.2.2 Höhepunkt der Freilegungswelle und die Konsequenzen für die Substanz Die Entdeckerfreude beim Fund eines Wandbildes war meistens groß und fand allseits eine große Unterstützung für eine weitere Freilegung. Hartwagner berichtete 1948 von mehr als 350 neuen Freilegungen983 und beschrieb den außerordentlichen Reichtum an mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten, der sich jährlich durch Neuentdeckungen vermehrte. Dabei schilderte er die argumentativen Voraussetzungen für eine Freilegung, dass das Wandbild einerseits einen „künstlerische[n] Wert“ besitzen und andererseits in einem einigermaßen guten „Erhaltungszustand“ sein müsse.984 Dass Hartwagner unter anderem den Erhaltungszustand als Entscheidungsgrundlage für eine Freilegung definierte, muss unter dem Aspekt betrachtet werden, dass eine sensible konservatorische Beurteilung von intakten Malschichtoberflächen damals noch gar nicht üblich war. Dem Bekenntnis stand keine gelebte Praxis gegenüber. Wandmalereien, die zu fragmentarisch oder zu beschädigt waren, wurden dokumentiert und wieder übertüncht; andere wiederum wurden abgenommen.985
980 Dabei verwies Demus auf einen ähnlichen Vorfall bei der Restaurierung Wallisers in der Deutschor-
denskirche in Friesach. 981 BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Brief 16. 12. 1953 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.13). 982 Demus im Wortlaut: „[…] Für diesen Fall ziehe ich also ausdrücklich meine Äusserungen in meinem
letzten darauf bezüglichen Schreiben zurück und bitte um Vergebung! […]“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Brief 20. 9. 1954). 983 Hartwagner 1948, S. 352, 353 und siehe auch Demus u. a. 1958, S. 158, 159, Demus 1969, S. 107–119, Demus 1971, S. 10–28 und Gobiet 2002. Große Freilegungsprojekte fanden 1946 im Karner in Pisweg, 1946 und 1947 in der Deutschordenskirche in Friesach und in der Pfarrkirche in Grades sowie 1948 in der Pfarrkirche in Metnitz statt; Neuentdeckungen gotischer Wandbilder mit Großteils bereits abgeschlossener Restaurierung findet man in der Pfarrkirche von Maria Rojach, Grades, Metnitz und St. Ulrich bei Feldkirchen; noch weitere anstehende Freilegungen in den Kirchen von Radlach, Feistritz ob Grades, Maria Gail und Zienitzen (Hartwagner 1948, S. 352, 353). 984 Hartwagner 1952, S. 50, 51. 985 Demus u. a. 1958, S. 158.
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Demus sprach 1958 von Neufunden in ca. 150 Orten986 und Ernst Bacher987 dokumentierte mehrere hundert Neufunde zwischen 1959 und 1969 in 45 Kirchen988 Wenn man davon ausgeht, dass es sich dabei auch um komplette Wandmalereizyklen, Gewölbedekorationen oder Chorausstattungen handelte, so ergibt das einen beträchtlichen Bestand. Die Qualitäten der Neufunde werden von derben Werken, deren Qualität in ihrer dekorativen Wirkung zu finden ist, über eine große Anzahl an durchschnittlichen Malereien bis hin zu einigen wirklich künstlerisch hochwertigen Kunstwerken beschrieben.989 Der Wunsch seitens der Kunstgeschichte und Denkmalpflege, möglichst viele neue Wandbilder freizulegen, hatte nachteilige Auswirkungen auf die Substanz beziehungsweise war man seitens der Kirchengemeinde nicht immer über neu gefundenen Malereien erfreut, wie das folgende Fallbeispiel zeigt. 1947 entdeckten Maurer Malereien vom Ende des 14. Jahrhunderts unter Putzund Tüncheschichten in der Pfarrkirche Mariae Himmelfahrt in Maria Rojach am Fuße der Koralpe. Diese kratzten sie in einer unsachgemäßen Art und Weise frei, sodass ein massiver Schaden an der Malschicht entstand. Freilegungen ohne „offizielle Genehmigung des Landeskonservators“ fanden, wie bereits in Friesach gezeigt wurde, eben immer wieder statt.990 Im Fall von Maria Rojach informierte Hartwagner darauf hin den Generalvikar der Diözese Gurk, Josef Kadras, der „sich sichtlich ungehalten über die Vorgänge“ zeigte; Kadras ließ die Arbeiten sofort einstellen und man beauftragte, nachdem der Restaurator Otto Bestereiner aus Zeitgründen abgesagt hatte, Walliser im August 1948 mit dem weiteren Vorgehen.991 Die Ausmalung des Kircheninnenraumes sowie die Restaurierung der Seitenaltäre führte die Kirchenmalerfirma Campidell aus. Walliser legte die an den Wandflächen hinter den Altären befindliche Malerei jedoch nur unter der Bedingung frei, dass man die beiden Altäre nicht mehr aufstelle, da sie einen Teil der Malereien verdecken würden. Die nur mehr fragmentarisch erhaltenen Malereien im Chor zeigen einen Zug der Heiligen Drei Könige und Apostelfiguren. Die großformatigen Bildfelder werden von einem plastisch gemalten Rahmenstreifen eingefasst.992 Daraufhin bildete sich zwischen dem Pfarrer, Campidell und wohl auch der Pfarrgemeinde eine Koalition für die Wiederaufstellung der Altäre, wobei Walliser
986 Demus u. a. 1958, S. 157. 987 Bacher studierte an der Akademie der bildenden Künste Wien Malerei sowie an der Universität Wien
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Kunstgeschichte und trat noch während seiner Ausbildung 1960 in das Bundesdenkmalamt ein. 1979 wurde er mit der Leitung des Instituts für Kunstforschung beauftragt, kurze Zeit später wurde er Generalkonservator (von 1982 bis 2000); (ÖZKD, 2005, S. 7, 8). Bacher 1995b, S. 74. Demus u. a. 1958, S. 157 und Hartwagner 1952, S. 50. BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, AV, Zl. 549, Juli 1947. Bestereiner restaurierte bereits unter Frodl Wand- und Tafelbilder. BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, AV, Zl. 548, Juli 1947. Bereits 1930 wird von der Entdeckung mittelalterlicher Wandmalereien im Chorbereich berichtet (BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, AV, Zl. 1042/1930). Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, S. 34; Dehio-Handbuch 2001, S. 510, 511; ÖZKD 1994, S. 65; Milesi 1950, S. 36, ÖZKD 1950, S. 36 und Zykan 1950, S. 110.
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gegenüber jedoch versichert wurde, dass die Altäre Scharniere bekommen würden, um „im Bedarfsfalle abgedreht werden [zu] können“.993 Es kam jedoch anders. Nach dem Abschluss seiner Arbeiten schilderte Walliser seine große Enttäuschung an Hartwagner, dass sowohl der Pfarrer als auch Campidell nicht, wie ursprünglich vereinbart, die von ihm restaurierten Wandbilder zeigen wollten. Walliser sprach von einer „notorischen Feindschaft der Rojacher gegen die alten Wandgemälde“.994 Nicht immer war es also auch der Wunsch einer Pfarrgemeinde, möglichst viele mittelalterliche Wandbilder in ihrem Kirchenraum freizulegen und damit vertraut gewordene Erscheinungsbilder von Räumen zu verlieren. Die Fallstudie von Maria Rojach mit der sonderbaren Idee eines Klappmechanismuses für Seitenaltäre und dem diesbezüglichen Widerstand der Pfarrgemeinde zeigt besonders anschaulich, welchen Druck die kunsthistorische Entdeckerfreude schließlich ausüben konnte. Walliser versuchte hier auch bei der Entscheidung für den Raumschalenton mitzuwirken, indem er nach der Freilegung den Kirchenmaler anwies, in der Farbtönung auf die in der Kirche befindlichen Wandmalereien Rücksicht zu nehmen.995 Eine Befundung mit der Frage zur ursprünglichen mittelalterlichen Gesamtfarbigkeit des Kircheninnenraumes führte Walliser jedoch nicht durch. Dies entsprach dem vorherrschenden Verständnis von Wandmalereien als Einzelbildwerke und nicht als Bestandteile der Raumkunst. Aufgrund des Wunsches des Pfarrers, die Renovierungsarbeiten zu einem baldigen Abschluss zu bringen, wurden große Teile der noch unter den Tüncheschichten vorhandenen Wandmalereien nicht mehr freigelegt.996 In der Regel bestand jedoch ein großes Interesse an der Freilegung. Im Folgenden wird ein typisches Beispiel für ein solches Restaurierprojekt besprochen. 1950 entschloss man sich in der dem heiligen Leonhard geweihten Pfarrkirche in Metnitz im oberen Metnitztal zur Freilegung mittelalterlicher Wandmalereien. Dazu beauftragte man die Kirchenmalerfirma Campidell, die unter der fachlichen Anleitung von Walliser die Arbeiten ausführen sollte. Im Sommer 1950 begann Walliser mit Campidell, vier seiner Mitarbeiter und dem Pfarrer im Presbyterium. In nur einer Woche wurde „im Rekordwege“ das gesamte Gewölbe freigelegt und jeder Mitarbeiter „suchte schneller einen Quadratmeter herauszubekommen“, schilderte Walliser.997 Das veranlasste ihn, die Kollegen zur Vorsicht aufzufordern, da ansonsten die Malereien einen großen Schaden erleiden würden.998 Das Ergebnis führte jedoch dazu, dass Walliser im Jahr darauf einige Nachfreilegungen von Resttüncheschichten durchführen musste.
BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, Zl. 837/47, Bericht von Walliser. BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, Zl. 837/47, Bericht 1947 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.4). BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach AV, Zl. 549, 14. 8 1947. Walliser berichtete dabei noch von „Gemälden des 14. Jhdts. im Presbyterium“, von „Aposteln mit Weihekreuzen und Darstellungen vermutlich aus dem Marienleben“ beziehungsweise von schlecht erhaltenen Heiligenmedaillons im Deckenbereich, die eine Freilegung nicht rechtfertigen würden (BDA-Archiv LKK, Ordner Maria Rojach, Bericht Oktober 1947). 997 BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 6. 11. 1950 und Zl. 680/51, 1951 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.5 und Teil IV.6). 998 BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 29. 9. 1950. 993 994 995 996
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Freigelegt und restauriert wurden Wandmalereien aus dem frühen 14. Jahrhundert. Dargestellt sind im Gewölbe Christus als Weltenherrscher, eine Krönung Mariens, Evangelistensymbole und die vier Elemente sowie an der Chorwand hinter dem Altar in mehreren übereinander liegenden Schichten eine Leonhardsmesse aus der Zeit von 1337 (Stiftungsinschrift); weitere Malereien vom Anfang des 14. Jahrhunderts befinden sich im Chorbereich, wie etwa an der nördlichen Chorwand eine großformatige Darstellung einer Beweinung Christi (Abb. 47), Propheten und Heilige; Maria mit Kind, Passionsszenen und eine Kreuzigung (Chorschluss) sowie Heiligenfiguren und eine Samsondarstellung an der Südwand (Abb. 48). Nur mehr in der Unterzeichnung erhalten sind interessante Tiergestalten, wie der Samsonlöwe an der Chorsüdwand.999 Hier wurde eine äußerst umfassende und aus mehreren Zeitschichten bestehende mittelalterliche Gesamtausstattung freigelegt. Die Restaurierarbeiten umfassten Festigungsmaßnahmen, eine Reinigung, Kittung und Retusche. Die „Ausfleckarbeiten“ im figuralen Bereich behielt sich Walliser selbst vor beziehungsweise durfte Campidell Ergänzungen im Bereich der Rahmenbänder durchführen.1000 Optisch störende kleine Fehlstellen wurden farblich „gedeckt“, größere Fehlstellen „bloß neutralisiert“ (Abb. 48).1001 In Metnitz wird die künstlerische Bewertung der einzelnen Bildelemente wieder deutlich, indem der Handwerker die vermeintlich unbedeutenden und der Restaurator die bedeutenderen Szenen retuschieren durfte.1002 Die Freilegetechnik hatte sich in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts im Vergleich zum 19. Jahrhundert nicht wesentlich weiterentwickelt.1003 Die Schädigungen
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Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 102; Staunig 2005, S. 12, 13; Dehio-Handbuch 2001, S. 532– 534; Hartwagner 1977, S. 153–156; Frodl 1944b, S. 73 und Hutter 1958, o. S. BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 6. 11. 1950 und Zl. 680/51, 1951. Aus einer Abschrift von Walliser von 1950 geht hervor, welche Materialien er für seine Restaurierarbeiten in der Pfarrkirche von Metnitz verwendete: Neben mehreren Kilogramm Brot, 22 kg Marmorsand und Radiergummi notierte er noch folgende Ausgaben: „Pinsel 8.80, Telegram LK Klgf. 9.70, Telegram Pfarramt Metnitz 8.30, Telefon 7.10, Formalin, Salmiak 7.50, Pauspapier 0.28, Spiritus 3.–, Drahtbürste 4.20, Leim 14.–, Leinwand 25.–, Hilfsdienste in Sirnitz u. 1 Brett 84.48, Pauspapier 1.30, Zeichenkohle 6.60, Marmormehl 7.–, w. Zement 10.–, Telefon LK Klagenfurt 10.40, Zerstäuber 23.–, Telefon Klgf. 16.80, B-Eisen 4.93, Leim 8.95, Maguisette 29.–, Leinen 27.–, Topfen 5.–, Maguisette 29.–“ (Nachlass Walliser, Kärnten, Metnitz, 1950). BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 6. 11. 1950 und Zl. 680/51, 1951. Neben Walliser und den Kirchenmalerfirmen führten auch andere Restauratoren Wandmalereirestaurierungen in Kärnten durch, beispielsweise Josefine Kreuzer, die aus Gotschee in Slowenien stammte und ein Kunststudium an den Universitäten in Graz und Wien absolvierte. Später arbeitete sie 20 Jahre lang als Gymnasiallehrerin. Kreuzer restaurierte in ihrem 40jährigen künstlerischen Schaffen über 200 Kärntner Bildstöcke (Kreuzer 2012, Internetseite besucht am 29.09.2015). 1955 wurde sie mit der Freilegung eines vielfigurigen Dreikönigszuges aus der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts in der kleinen Kapelle Maria Hilf, einer ehemaligen Burgkapelle der Burg Unterlind, beauftragt. Die Kapelle liegt am Berghang oberhalb der Ortschaft von Lind im Drautal (Dehio-Handbuch 2001, S. 471; Milesi 1968, S. 53 und Hutter 1958, o.S.). Hartwagner, der die Arbeiten von Beginn an betreut hatte, war mit dem Ergebnis der Restaurierung durch Kreuzer offensichtlich sehr zufrieden (BDA-Archiv LK-K, Ordner Lind/Kleblach, Zl. 120/55, AV von Hartwagner 1955). Die positive Beurteilung der Freilegung durch Hartwagner ist aus heutiger Sicht nicht mehr nachvollziehbar. Viele massive Kratz- und Schabspuren des für die kleine Kapelle großen Wandbildes weisen auf eine unsachgemäße Freilegung durch Kreuzer hin. Ebenso wurden die Malereien im Zuge der Restaurierarbeiten stark übermalt. Von Seiten der Denkmalpflege fand damals nur selten eine Beurteilung des Zustandes der Malerei nach der Freilegung statt. Siehe dazu Bacher 2000, S. 106–108. Siehe dazu auch Feldtkeller 2008, S. 187, 188 und 269, 270.
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an Putz- und Malschichten entstanden insbesondere durch den Mangel an geeigneten technischen Arbeitswerkzeugen, was jedoch die Entdeckerfreude nicht bändigen konnte.1004 Wie groß die Versuchung gewesen sein muss, nach Malereien zu suchen, zeigt die Darstellung des Landeskonservators Hartwagner über seine Probefreilegung in der Filialkirche von St. Klementen. Am 3. September 1956 schreibt dieser, dass er „selbst Teile einer wand- und gewölbefüllenden Gemäldefolge bloßgelegt“ habe, um festzustellen, ob sich ein Fortsetzen der Arbeiten lohnen würde.1005 Man verwendete nach wie vor Schabeisen, grobe und feine Hämmer oder Spachteln und nicht immer achtete man auf eine möglichst schadensfreie Vorgehensweise, wodurch die originalen Malschichten gedünnt oder reduziert wurden (Abb. 39, 41, 49). Die die Bilder umlaufenden Rahmenbänder mit ihren vegetabilen Ornamenten, den architektonischen Motiven oder die Hintergrundflächen wurden dabei oft vernachlässigt oder überhaupt belassen, da sie als nicht so wichtige Bereiche interpretiert wurden. Die Frage nach einer möglichst substanzschonenden Methode zur Freilegung wurde lange Zeit nicht gestellt. Ebenso fehlte die Kenntnis über die technische Beurteilung des Erhaltungszustandes und man hatte nach wie vor ungenaue Vorstellungen über die künstlerische Werktechnik der alten Malereien. Besonders kritisch stellte sich die Situation für die auf Kalktünchen gemalten Wandbilder dar, die grundsätzlich eine geringere Anhaftung besitzen. Diese Ausführungstechnik trifft auf einen Großteil der mittelalterlichen Wandmalerei in Österreich zu, bei der die reine Freskotechnik zu den Seltenheiten zählt. Mit einer Freilegung geht auch die daraus entstehende Exposition sensibler Wandmalereioberfläche einher und die in der Folge einsetzenden natürlichen Zerstörungsmechanismen beziehungsweise Alterungsprozesse.1006 Das bedeutet, dass durch die Freilegung erst konservatorische Probleme hinsichtlich einer langfristigen Erhaltung entstehen. Mit dem Malereizustand nach der Freilegung war man meist zufrieden, obwohl die Oberflächen reduziert oder beschädigt waren. Wie bereits dargelegt, konnte man darin den Nachweis der Originalität erblicken. Kratzund Schabspuren oder Ausbrüche in der Malschicht beeinflussen somit bis heute das Erscheinungsbild zahlreicher mittelalterlicher Wandmalereien. Von einer ursprünglich bunten Bemalung sind häufig nur mehr die Reste der freskal abgebundenen Unterzeichnungslinien beziehungsweise der Untermalung oder die Sinopien erhalten. Dieser Umstand war den Kunsthistorikern, Denkmalpflegern und auch Restauratoren bis in die 1970er Jahre nicht ausreichend bewusst.1007 Die ursprüngliche differenzierte und farbintensive mittelalterliche Malerei ist oft nur mehr ansatzweise erlebbar; natürlich kann auch im reduzierten Zustand die kunstgeschichtliche Bedeutung als Dokument einer gewissen Stilepoche zum Tragen kommen.1008
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Bacher 1973, S. 84. Siehe dazu auch Danzl 2014, S. 205–2013. Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 639/56, 1956. Vgl. dazu Koller 2002, S. 110. Vgl. dazu Schädler-Saub 2002, S. 148–150. Wibiral, 1957, S. 24, 25. Zum Thema Freilegung siehe auch Feldtkeller 2008, S. 114–116, 187–188, 269– 270.
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4.2.3 Kopieren von mittelalterlichen Wandmalereien und erste Kartierungen Die Chancen auf eine langfristige Erhaltung von Wandmalereien wurden gerade in den 1950er Jahren pessimistisch beurteilt. Die Erfahrungen der vorangegangenen Jahrzehnte zeigten, dass selbst konservatorische Behandlungen den Verfall nicht aufhalten konnten. Nach dem Vorbild Frankreichs1009 plante das Bundesministerium für Unterricht in Österreich, mittelalterliche Wandmalereien kopieren zu lassen, um damit eine Art Freskenabteilung in einem der Museen einrichten zu können. Alsbald revidierte man dieses kostspielige Vorhaben und die Ansprüche wurden bescheidener, indem man nur die wichtigsten und bedeutendsten Wandbilder für die Kunstgeschichtsforschung in möglichst getreuen Abbildern kopierte.1010 Das Institut für österreichische Kunstforschung im Bundesdenkmalamt beauftragte Restauratoren, solche Kopien in Originalgröße herzustellen. Dazu bediente man sich der bereits in Frankreich entwickelten Technik zur Herstellung von Kopien. Auf speziell präparierten Leinwänden wurde dabei nicht nur die Malerei nachgestellt, sondern auch der Zustand mit den jeweiligen Schadensbildern kopiert.1011 1954 führte die Restauratorin Dina Kerciku erste Kopieversuche zweier Wandmalereifragmente vom Bergfried der Burg Petersberg in Friesach durch. Zwecks Verbesserung der Technik schickte man Kerciku zu einem Studienaufenthalt zu den Kopistengruppen nach Jugoslawien und nach Frankreich. Vom Aufenthalt zurückgekehrt wurde Kerciku beauftragt, mit einer Gruppe von Restauratoren weitere Kopien anzufertigen (Abb. 50); unter anderem arbeitete das Team in der Stiftskirche in Nonnberg in Salzburg (seit 1956), in der Johanneskapelle in Pürgg (seit 1958), an einzelnen Wandbildern in Krems und Lockenhaus, in der Michaelerkirche in Wien, in der Bischofskapelle in Gurk (Abb. 51 und Abb. 52) sowie in der Minoritenkirche und Ruprechtskirche in Bruck an der Mur. Die Kopien, sowie der komplett nachgebaute und kopierte Altarraum der Johanneskapelle von Pürgg, wurden 1965 in der Ausstellung „Romanik in Österreich“ in der Minoritenkirche in Stein gezeigt.1012 1970 präsentierte das Bundesdenkmalamt unter Verwendung übertragener Originale1013 und Kopien aus dem 19. und 20. Jahrhunderts sowie einer Vitrine zur Technik der mittelalterlichen Wandmalerei und einem Modell zur Abnahmeproblematik eine Ausstellung zum Thema „Mittelalterliche Wandmalerei in Österreich“ in der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere in Wien, die eine „Antwort“ auf die Florentiner Wanderausstellung „Fresken aus Florenz“ war.1014 In der Ausstellung wurde erstmals Bilanz über die Erforschung und
1009 In Frankreich entschloss sich die Commission des Monuments Historiques in Paris 1937 dazu, dem
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Musée des Monuments Francais im Palais de Chaillot eine Freskoabteilung anzugliedern und dafür möglichst naturgetreue Kopien von den bekanntesten Wandbildern Frankreichs anfertigen zu lassen, wozu man eine spezielle Kopietechnik entwickelte (Frodl 1964, S. 77). Demus u. a. 1958, S. 161. Siehe auch Frodl/Rice 1964. Frodl 1964, S. 77. Frodl 1964, S. 78–90. Die zuvor in den Restaurierwerkstätten zumeist vom Restaurator Emmeric Mohapp nachkonserviert wurden (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Frodl/Bacher/Koller 1970, Götzinger 1967 und persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015.
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die Restaurierung von Wandmalerei der letzten 100 Jahre gezogen, wobei die fehlende Auseinandersetzung mit der Problematik langfristiger Erhaltung und mit den Freilegungstechniken kritisiert wurde.1015 Die Beschäftigung mit Wandmalerei blieb also ein wichtiges Thema in der österreichischen Denkmalpflege. Die Ausführlichkeit der Berichterstattungen durch die Restauratoren war in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts sehr unterschiedlich. Das Hauptaugenmerk lag auf der Beschreibung der Darstellung und des ikonographischen Programms der neu entdeckten Wandbilder sowie der angewandten Retusche; der Erhaltungszustand, die Restauriergeschichte, die Schadensproblematik oder die einzelnen Behandlungsmethoden beziehungsweise angewandten Materialien und Rezepturen wurden eher selten ausführlich dokumentiert. Die zur Verfügung stehenden finanziellen Mittel reichten später meist nur mehr für Kirchenrenovierungen aus. Die Freilegung von Wandmalereien schritt voran, aber die fachliche Auseinandersetzung mit dem Konservieren und Restaurieren der Wandmalerei nach der Freilegung nahm ab und wurde zumindest in Kärnten zunehmend von den Kirchenmalerfirmen in die Hand genommen, da fachlich gut ausgebildetes Personal immer seltener zur Verfügung stand. Das führte dazu, dass nur mehr in kürzester Form über die Arbeiten berichtet wurde. Die Kirchenmalerfirma Campidell beschrieb häufig nur in Zweizeilern die von ihnen durchgeführten Arbeiten, wie „Freilegung, Sicherung und Restaurierung“.1016 Aber es gab auch die wichtigen Restaurierprojekte, wo man allmählich begann, erste detailliertere Dokumentationen über den Bestand und die verschiedenen Schadenszustände anzufertigen. Dazu wurden ab 1965 von Hans Foramitti und der Abteilung für Fotogrammetrie des Bundesdenkmalamtes photogrammetrische Planunterlagen für die Dokumentation erstellt.1017 Die heute allgemein als Kartierungspläne bezeichnete Primärdokumentation wurde 1963 bei der Untersuchung und Restaurierung der romanischen Wandmalereien im Leuthaus des Stiftes Lambach von Walliser und Koller erstmals eingesetzt, die damals als „Erhaltungszustandsskizze“ bezeichnet wurde (Abb. 53).1018 An dieser Stelle sei auf einen weiteren Generationenwechsel
1015 Koller 2002, S. 113. 1016 Campidell über die von ihm ausgeführte Freilgeung und Restaurierung an den Wandmalerieien in der
Pfarrkirche Heiliger Nikolaus in Gradenegg (Archiv LK-K, Ordner Gradenegg, Rechnung Campidell, 1969). 1017 1963 wurdenim Nordjoch(West- und Nordwand) „erste Versuche“ einer Zustands- und Maßnahmenkartierung durchgeführt. 1966/67 wurden dann an „allen neun figuralen Feldern“ weitere Kartierungen ausgeführt. Die Idee, eine Kartierung anzufertigen kam offensichtlich auf Vorschlag Zykans (BDA Archiv-AKR, Akt Lambach, Bericht Walliser Zl. 2105/66). 1966 dürfte bereits Koller seine im Sommer 1964 gemachten Erfahrungen seines Praktikums bei Leonetto Tintori in Italien eingebracht haben (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). 1018 Walliser und Koller führten hier eine Zustandkartierung durch. Auf den Kartierungsplänen im Maßstab von 1:6 wurden folgende Schadensbilder festgehalten: „Gefahrensprünge und Bohrstoppel, Verlust von Unterputz und Malschicht, Starke Korrossion der Malschicht, Hohler Klopfgang (Kavernen), Oberflächenverwurf (Buckel, Überplattung), gezielte Zerstörung (Bildzauber)“ (BDA Archiv-AKR, Akt Pürgg). Als Amtsrestaurator wurde Koller von Zykan erstmals als Assistent für Walliser in Lambach eingeteilt (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015).
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hingewiesen, indem der Schritt zur wissenschaftlichen Restaurierung dann endgültig erfolgen sollte. Wie Anfang der 1930er Jahre Walliser seinen Vorgänger in der Wandmalereirestaurierung, nämlich Viertelberger, abgelöst hat, begann mit Manfred Koller in seiner Funktion als Amtsrestaurator des Bundesdenkmalamtes eine neue Ära, die die Restaurierung in Österreich stark beeinflussen sollte.1019
4.2.4 Wandmalereiabnahmen und die Folgen für das Objekt Die Abnahme von Wandbildern in der Nachkriegszeit nahm sowohl international als auch national zu, obwohl sich die Denkmalpflege vermehrt gegen eine Translozierung aussprach. Im Vordergrund stand dabei die Sichtbarmachung von verdeckten Sinopien oder noch älteren Bildwerken. Besonders in Italien entwickelte sich die Abnahme von Wandmalereien zu einer großen Mode, die einerseits durch den Pessimismus gegenüber der langfristigen Bestandsfähigkeit von Wandmalereien im Mauerwerksverband und andererseits durch die Freude an der Sichtbarmachung der graphischen Kunst der Sinopie geprägt war. Die Gegenargumente zielten auf die Loslösung des Kunstwerkes aus seinem historischen Kontext und auf die Trennung der Malerei von ihrem originalen Bildträger. Durch neue Materialien und eine Weiterentwicklung der technischen Methoden glaubte man, bei Abnahmen weniger Schaden am Kunstwerk anzurichten.1020 Für diese technisch schwierige Aufgabe wurde in Österreich gerne Walliser herangezogen, der zahlreiche Wandmalereiabnahmen ausführte. Im Folgenden werden zwei Fallbeispiele erläutert, die die technische Herausforderung beleuchten und ein Beispiel, bei dem aufgrund des künstlerisch bedeutenden Kunstwerks Fachkräfte aus Italien hinzugezogen wurden. 1950 führte Walliser eine Übertragung eines Christophorusbildes aus dem dritten Viertel des 14. Jahrhunderts in der Pfarrkirche St. Peter in Holz durch. Das 4 m hohe und 1,5 m breite Wandbild war ursprünglich am Außenbau sichtbar gewesen, wie dies bei den meisten Christophorenbildern der Fall war, und wurde erst durch den Zubau eines Turmes im 15. Jahrhundert verdeckt.1021 Bei der Voruntersuchung stellte
1019 Manfred Koller wurde in Wien geboren und studierte von 1959 bis 1962 Konservierung und Technologie
an der Wiener Akademie der Bildenden Künste bei Robert Eigenberger (Assistententätigkeit von 1962– 1965). Gleichzeitig studierte er Kunstgeschichte und Klassische Archäologie an der Wiener Unsiversität und schloß das Studium 1972 ab. Ab 1970 hielt er eine erste Vorlesung an der Akademie über Restaurierprobleme in der Denkmalpflege. Im Sommer 1964 vermittelte ihm Artur Rosenauer ein Praktikum in der Restauratorengruppe um Leonetto Tintori in Italien, während dem er unter anderem auf den Baustellen in Padua (Arenakapelle), in Venedig und Florenz mitarbeiten durfte. Seit 1965 als Amtsrestaurator (Nachfolge Kortan) tätig, leitete er von 1980 bis 2005 (Nachfolge Tripp) die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes. Durch seine Italienaufenthalte hielt Koller sowohl nach Florenz als auch nach Rom intensive Kontakte und orientierte sich auch stark an den italienischen Restauriermethoden. Von 1972 bis 1992 (Nachfolge Tripp) fungierte er als österreichischer ICCROM-Delegierter. In seiner Funktion als Werkstättenleiter hat Koller das Restaurierwesen international, aber besonders in Österreich stark geprägt (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015; Koller 2012, S. 48–64; Krack 2012, S. 119). 1020 Feldtkeller 2008, S. 276, 277. 1021 Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 6. 11. 1950.
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er eine starke Verschmutzung sowie Korrosionserscheinungen und Malschichtverluste fest.1022 Walliser machte dem Bundesdenkmalamt den Vorschlag, das Wandbild in seiner Freizeit abzunehmen, was auch angenommen wurde. In seinem Bericht beschrieb er detailliert seine Vorgehensweise.1023 Walliser führte die Abnahme im „Distaccio-Verfahren“ durch, das heißt, er versuchte, die Malschicht gemeinsam mit ihrem Mörtelgrund abzunehmen (Abb. 54). Nach Wallisers Ansicht war diese Abnahme die erste in Österreich, in der man eine solch große Fläche als Ganzes übertragen hat. Der Grund für diese Translozierung lag vor allem in der Sichtbarmachung des Christophorus, die in der Turmkammer nicht gegeben war. Einige Jahre später, 1953, führte Walliser in Wachsenberg die Abnahme einer Madonnenfigur im „Strappo-Verfahren“ durch, dass heißt, er versuchte alle drei Malschichten (Unterzeichnung auf Tünche, Vorgrundierung und Malschicht) in einem Arbeitsgang und ohne Mörtelschicht abzunehmen. Walliser schilderte dies als die ihm erste bekannte Strappoabnahme einer Seccomalerei, die mit Erfolg durchgeführt wurde.1024 Walliser hat im Bereich der Wandmalereiabnahme wirkliche Pionierarbeit geleistet, wenn man seinen Behauptungen Glauben schenkt, dass er sowohl das Distaccio-, als auch das Strappoverfahren in Österreich erstmals angewendet hat. Nicht immer waren seine Abnahmen jedoch von Erfolg gekrönt, wie das folgende Fallbeispiel zeigt. Eine Translozierung gleich mehrerer mittelalterlicher Einzelbilder fand 1959 in der Stadtpfarrkirche in St. Veit an der Glan in Kärnten statt. Bei den in der Zeit um 1406 gemalten Wandbildern handelt es sich um den heiligen Achatius, einen segnenden Heiland, einige Heiligenfiguren (Johannes der Täufer, Johannes Evangelist, Antonius Eremita) und ein Fragment einer thronenden Madonna mit dem heiligen Wolfgang und Stifterpaar.1025 Die Malereien befanden sich hinter dem Altar des südlichen Seitenschiffes und mussten vor allem aufgrund von Feuchtigkeitsproblemen übertragen werden. Auch waren sie hinter den Altären für die Besucher nicht sichtbar (Abb. 55, 56 und 57). In der Zeit vom 4. bis 9. Mai wurden die Wandmalereien in einem ersten Schritt noch von restlichen Tünchen freigelegt, gereinigt und für die bevorstehende Abnahme mit einem Leinwandgewebe, das mit einem tierischen Leim aufgeklebt wurde, konsolidiert. Das Problem, das dabei auftrat, war, dass der Leim nicht trocknete und klebrig blieb. Sowohl der Restaurator Bernhard Treven als auch Hartwagner äußerten daraufhin Kritik an Wallisers Vorgehensweise.1026 Hartwagner sprach von einem „Kunstfehler“, der ihm unterlaufen sei, da Walliser seiner Ansicht nach die Rezeptur des Leimes nicht richtig gewählt hätte.1027 Die von Hartwagner
1022 Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 6. 11. 1950. Kurzbeschreibung zur Pfarrkirche siehe Fallsbeispiel St.
Peter in Holz, PK; zu Christophorus-Wandbilder siehe Miklautz 2011. Quellentext siehe 6.1, Teil IV.7. Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 28. 5. 1953. Die Größe des Freskos beträgt 102 cm x 46 cm. Bacher 1969, S. 149. BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 28.06. 1959. Walliser wehrte sich in einem Brief dagegen (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.15). 1027 BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 24. 06. 1959 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.16). 1023 1024 1025 1026
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aufgestellten Behauptungen wies Walliser entschieden zurück und rechtfertigte sich gegenüber Demus, indem er erklärte, dass er bereits Rücksprache mit einem Chemiker gehalten hätte.1028 Dabei kam er zu dem Schluss, dass besonders in den unteren Mauerbereichen der Leim nicht trocknen konnte, da diese Bereiche „vom Mauersalpeter verseucht“ wären und dadurch starke hygroskopische Eigenschaften besäßen.1029 Von dieser Stelle nahm Walliser anschließend eine Putzprobe für eine materialwissenschaftliche Analyse, die er zu Schmitz nach Wien schickte.1030 Wegen des Nichttrocknens des untersten Teilbereiches musste das Gewebe wieder entfernt werden. Nachdem Walliser die Ergebnisse der materialwissenschaftlichen Untersuchung von Schmitz telefonisch erhalten hatte, änderte er seine Vorgehensweise. Er entfernte alle aufgeklebten Gewebeteile und behandelte die Mauer mit Formalin, in der Hoffnung, der Mauer dadurch die Feuchtigkeit zu nehmen. Danach brachte er erneut ein Schutzgewebe teils mit Leim, teils mit Schellack (?) auf, das er mit Ventilatoren möglichst schnell zu trocknen versuchte. Zwecks einer größeren Sicherheit nahm er diese Teile im Distacco-Verfahren ab, dass heißt in starren Teilstücken und mit einer dickeren Putzschicht. Erneut kam es jedoch aufgrund der hohen anhaltenden Feuchtigkeit und des Nichttrocknens des Leims zu großen Problemen.1031 Walliser zählte die im August 1959 durchgeführte Abnahme zu einer seiner schwierigsten Arbeiten in seiner langjährigen Restaurierpraxis.1032 Die einzelnen Arbeitsschritte wurden im Arbeitsbericht Wallisers detailliert aufgelistet und lassen erkennen, welchen Strapazen die Wandbilder durch die Behandlung ausgesetzt waren.1033 An den abgenommenen Wandbildern dürften alsbald danach Schäden aufgetreten sein, die das Bundesdenkmalamt veranlasst haben, eine neuerliche Restaurierung einzuleiten. Die abgenommenen Wandstücke wurden dazu nach Wien in die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes gebracht, wo die Arbeiten ausgeführt wurden.1034 Eine mit internationaler Beteiligung durchgeführte Abnahme eines über 20 m2 großen künstlerisch wichtigen Wandbildes fand ab 1963 an der westlichen Außenwand
1028 BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 5. 7. 1959 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.17). 1029 Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 23. 8. 1959. 1030 Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 23. 8. 1959. Nachdem der heilige Antonius von der Wand strappiert
1031 1032 1033
1034
wurde, zeigte sich eine interessante Vorzeichnung, die heute leider durch den Altar verdeckt ist und an der Wand zurückblieb. Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 23. 8. 1959. 1970 wurden die abgenommenen Teile in der Austellung „Mittelalterliche Wandmalerei in Österreich“ in der Österreichischen Galerie im Oberen Belvedere in Wien gezeigt (Frodl/Bacher/Koller 1970). „1. Egalisierung der Rückseiten der abgelösten Freskostücke, 2. Überklebung dieser Rückseiten mit Geweben (wasserfester Klebestoff Kalkkasein), 3. Ablösung der aufgeleimten Gewebe mit heißem Wasser und damit Sichtbarmachung der Bilder, 4. Zusammensetzung der Teile der abgelösten Fresken auf sieben Bilder. 5. Aufspannung auf Blindrahmen, die durch verdünnten Nitrozelluloselack (wie in Seckau) gegen Feuchtigkeit gesichert wurden. 6. Ausflecken der kleinen Fehlstellen (Spitzhammerhiebe) und Deckung der größeren Fehlstellen in einem neutralen Ton (zwei Tage Arbeit). 7. Fixierung mit einer verdünnten Kunstharzdispersion (Caparol) zur Hebung der Farben. 8. Montage der nun transportablen Fresken an der linken Presbyteriumwand in derselben Reihenfolge wie am ursprünglichen Platz“ (Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 23. 8. 1959). BDA-Archiv Hofburg, Akt 5302–5304 St. Veit an der Glan, Restaurierbericht Götzinger 1977.
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der Stiftskirche in Millstatt in Kärnten statt. Das um 1517 vom Kärntner Maler Urban Görtschacher gemalte Wandbild zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken des ausgehenden Spätmittelalters (Abb. 58). Das Zentrum der Darstellung bildet Christus als thronender Weltenrichter auf einem schmalen Regenbogen sitzend, seine Füße auf die Weltkugel gestützt. Links des Glorienscheins kniet Maria und rechts der Heilige Johannes; dahinter auf Wolkenbänken sitzen die zwölf Apostel. In einer strahlend weißen Wolkensphäre bewegen sich zahlreiche Engel und geflügelte Engelsköpfe. Posaunende Engelsgruppen stellen den Übergang zur unteren Bildhälfte dar. In einer weiten Landschaft sind die Auferstehung der Toten sowie die Scheidung von Gut und Böse dargestellt; unten rechts der Höllendrache und eine Menschenmenge, die von einer Kette umschlossen wird.1035 Bereits im Dezember 1954 hielt Frodl, der als Dozent am Institut für österreichische Kunstforschung im Bundesdenkmalamt tätig war, in einem Aktenvermerk erstmals die Möglichkeit einer Abnahme des gemalten Weltgerichtsfreskos fest. Grundsätzlich sprach sich Frodl aufgrund der besonderen künstlerischen Qualität und Wirkung, die das Wandbild trotz des fragmentarischen Zustandes aufwies, für einen Verbleib vor Ort aus, jedoch ließen ihn der starke Verfall sowie das zunehmende Unverständnis des Eigentümers und der Öffentlichkeit über die Untätigkeit des Denkmalamtes über eine Abnahme nachdenken.1036 Walliser untersuchte die Malereien und stellte einen mikrobiellen Bewuchs (Moos) fest, der über dem ganzen Wandbild vorhanden und aus seiner Sicht die Ursache für die starke Beschädigung der Malerei war. Im Zuge der Sicherungsarbeiten führte er „eine mehrmalige Entkeimung“ durch und festigte die Putz- und Malschichtoberfläche mit einer „Kalkkristallwasser-Besprühung“.1037 Zusätzlich machte er sich über einen neuen Aufstellungsstandort im Inneren der Kirche Gedanken; weitere Schritte wurden daraufhin nicht gesetzt. 1961 stieg der öffentliche Druck auf die staatliche Denkmalpflege, das Wandbild abzunehmen. In der Tageszeitung „Die Neue Zeit“ vom 29. August 1961 berichtete man von diesem für die Kunstgeschichte so wichtigen Kunstwerk und beklagte, dass dies weiterhin den nachteiligen Umweltbedingungen ausgesetzt sei und keine weiteren Handlungen zur Rettung gesetzt würden. Dazu holte man die Meinungen einiger Fachleute ein, unter denen auch die Position vertreten wurde, dass durch eine Translozierung der Wert des Originals verloren gehen würde und man das Wandbild eher an Ort und Stelle verfallen lassen sollte, als es für viel Geld abzunehmen.1038 Hier wurde der von Riegl definierte radikale Standpunkt eingenommen, dass das Wandbild ohne jegliche konservatorische und restauratorische Intervention belassen werden sollte, wodurch der Alters- oder Stimmungswert im Prozess der Rückbildung am besten nachempfunden werden kann.
1035 Rosenauer (Hg.) 2003, S. 474, 475; Kienzl/Deuer 1996, S. 86–89 und Frodl 1944b, S. 125, 126. 1036 BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, AV 24.12.1954. Hartwagner vermutete noch „ein älteres,
wahrscheinlich romanisches Gemälde“ darunter (Brief von Dechant 13.12.1954). 1037 BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, Z. 1621/77, Bericht 6.12.1955. 1038 BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, Z. 1621/77 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.18).
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Die in absehbarer Zeit erwartbare vollständige Zerstörung des Kunstwerks wäre dabei in Kauf genommen worden. Auch der für Millstatt zuständige Dechant kritisierte das Nichthandeln des Bundesdenkmalamtes dahingehend, dass das „Gemälde in Schönheit stirbt beziehungsweise daß man es dem Verfall überläßt“.1039 Hartwagner dürfte darauf hin vom Präsidium in Wien beauftragt worden sein, die Möglichkeiten einer Abnahme zu prüfen. Dabei stellte er fest, dass das Wandbild zwar im oberen Bereich durch ein kleines Dach geschützt werde, jedoch im unteren Bereich bereits massive Schäden beziehungsweise Zerstörungen vorhanden seien. Zusätzlich prüfte er die Möglichkeit eines geeigneten neuen Standortes im Inneren der Kirche.1040 Immerhin weist das Bild eine Größe von 5.80 m x 4.00 m auf, was eine große Herausforderung für die Abnahme darstellte. Aufgrund fehlender Erfahrungen in Österreich und der guten internationalen Beziehungen wandte man sich seitens des Bundesdenkmalamtes an das Istituto Centrale per il Restauro in Rom. Am 7. September 1962 besichtigte der aus Rom angereiste Restaurator Luciano Maranzi1041 das Weltgerichtsfresko. Wie schon Frodl, sprach sich auch Maranzi grundsätzlich gegen eine Abnahme aus, jedoch schätzte er den derzeitigen Erhalt der Wandmalerei an Ort und Stelle noch auf etwa 5 bis 10 Jahre ein, in 15 bis 20 Jahren jedoch „würde es unweigerlich das Schicksal des Grazer Landplagenbildes (das dem Restaurator Maranzi ebenfalls bekannt [war]) teilen“.1042 Er schlug daher die Abnahme in einem Stück im Strappo-Verfahren vor. Zudem erklärte Maranzi sich bereit, mit zwei österreichischen Restauratoren als Mitarbeiter die Abnahme durchzuführen.1043 Präsident Demus kontaktierte darauf persönlich in einem Brief den damaligen Direktor Pasquale Rotondi1044 des Istituto Centrale per il Restauro. Demus bedankte sich einerseits, dass Rotondi helfen wolle, „unsere jungen Restauratoren und Kunsthistoriker so gut wie nur irgend auszubilden“, und andererseits für die Möglichkeit, dass der bekannte Restaurator Paolo Mora aus Rom im Sommer nach Millstatt kommen könne, um die bevorstehende Abnahme des Weltgerichtsfreskos zu begutachten.1045 In diesem Jahr fand überhaupt ein immer stärker werdender internationaler Fachaustausch statt, der auch durch die Gründung einiger Fachinstitutionen unterstützt wurde. 1963, im gleichen Jahr als man in Millstatt begann, sich über die Abnahme genauere Gedanken zu machen, wurden die „wichtigste restauratorische Fachkraft“ des Istituto Centrale per il Restauro, Paolo Mora sowie der Vizedirektor des internationalen Studienzentrums, Paul Philippot von der UNESCO beauftragt, Studien und Berichte über die Situation und den Stand in der Restaurierung und Konservierung von Wandmalereien in europäischen und außereuropäischen Ländern
BDA-Archiv Hofbrug, Akt Millstatt, Brief 15.12.1961. BDA-Archiv Hofbrug, Akt Millstatt, Brief 15.12.1961. Maranzi war ein in Rom für das Istituto Centrale per il Restauro arbeitender Restaurator. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Brief 28.9.1962. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Brief 28.9.1962 und 23.1.1963. 1968 wurde Rotondis für ein Gutachten zu den Grundsätzen der geplanten Restaurierung des Beethovenfrieses eingeladen (BDA-Archiv Hofburg, Wien, Secession, Zl. 802/71). 1045 BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, ZL. 3328/63, Brief. 1039 1040 1041 1042 1043 1044
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einzuholen. Dazu bereisten beide Herren einige Länder, unter anderem im Juli 1963 auch Deutschland und Österreich, wo sie sich mit wertvollen Ratschlägen zu schwierigen Fragen der Konservierung bei neu aufgedeckten Wandmalereien einbrachten.1046 Mora, Philippot sowie die deutschen Kollegen Johannes Taubert und Fritz Buchenrieder (beide Restauratoren im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege in München) kamen am 11. Juli 1963 in der Stiftskirche von Lambach zusammen, um das damals wichtigste Projekt der Wandmalereirestaurierung in Österreich, nämlich die 1957 entdeckten romanischen Wandmalereien in Lambach zu besichtigen und über die weitere Vorgehensweise zu beraten.1047 Am 15. Juli reisten die beiden Herren aus Rom dann von Wien gemeinsam mit Tripp nach Millstatt, wo sie die laufenden Arbeiten an der Abnahme des Weltgerichtsfreskos begutachteten.1048 Maranzi sollte die Abnahme gemeinsam mit zwei österreichischen Restauratoren ausführen, letztlich wurde ihm vom Denkmalamt der Restaurator John Anders zugeteilt. Damit trat ein weiterer Wandmalereirestaurator in die Restauratorenlandschaft ein, bei dem in den folgenden Jahren eine ganze Generation junger Restauratoren ihre Praktika absolvieren sollte. Anders wurde 1922 in Schlesien (?) geboren und erhielt nach seiner Rückkehr aus dem Kriegsdienst bei der Kirchenmalerfirma Leitner in Salzburg seine erste praktische Ausbildung. Kurze Zeit später wurde er Mitarbeiter des Kirchenmalers Josef Watzinger, der in den 1950er Jahren viele der großen und umfassenden Kirchenrestaurierungen in Salzburg und Oberösterreich ausführte.1049 In seinen ersten Jahren als freischaffender Restaurator arbeitete er vermehrt in Kärnten und in der Steiermark, bis er Anfang der 1970er Jahre wieder in Salzburg Fuß fassen konnte. In seiner langjährigen Tätigkeit waren viele junge Restauratoren bei ihm tätig,1050 wie Sebastian Enzinger, Heinz Leitner, Ernst Lux und Mauritius Spurny. Einige dieser Restauratoren durften nach drei bis vier Jahren Mitarbeit bei ihm zum ICCROM-Wandmalereikurs nach Rom zur Fortbildung
1046 BDA-Archiv Hofburg, Akt Lambach, OÖ, Stift, 1963–1964, GZ. 4944/63, AV 22. 07. 1963. 1047 Wibiral ließ auch Walliser zu dem internationalen Treffen einladen, der darauf hin die Restaurierarbeiten
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an den Wandmalereien ausführte und berichtet am 12. 09. 1963 über das von Mora und Philippot ausgearbeitete „Rezept zur Sicherung der Malereien“ (BDA-Archiv Hofburg, Akt Lambach, OÖ, Stift, 1963– 1964, GZ. 4944/63, AV 22. 07. 1963 und GZ. 6469/63, Brief 12. 09. 1963; Brief von Wibiral aus Rom, Z. 4152/1963, 11. 06. 1963). Siehe auch Koller 1997, S. 360, 361 und Fillitz (Hg.) 1998, S. 420–423. Mora und Philippot reisten nachmittags dann weiter nach Wien, wo sie mit Tripp und Kortan die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalamtes sowie mit Josef Haissinek die Restaurierwerkstätten des Kunsthistorischen Museums besuchten. Am 13. Juli 1963 fuhren sie in Begleitung von Tripp und Kühnel weiter nach Krems, wo ihnen abgeschlossene Restaurierungen in Stein und Dürnstein gezeigt wurden und am Nachmittag besuchten sie die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums mit Direktor Oberhammer und Tripp (BDA-Archiv Hofburg, Akt Lambach, OÖ, Stift, 1963–1964). BDA-Archiv Hofburg, Akt Lambach, OÖ, Stift, 1963–1964, GZ. 4944/63, AV 22. 07. 1963 und GZ. 6469/63, Brief 12. 09. 1963; Brief von Wibiral aus Rom, Z. 4152/1963, 11. 06. 1963. Watzinger leitete eine Kirchen- und Dekorationsmalerfirma und war besonders in Oberösterreich und Salzburg tätig; er führte unter anderem viele Freilegungen an mittelalterlichen Raumschalen durch, wodurch teils massive Schäden an der Malerei entstanden sind, wei beispielsweise in der Pfarrkirche in Hallstatt (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Koller spricht auch von „informeller Lehre“ (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). Mit persönliche Mitteilung von Walter Schlegel, am 30.11.2014.
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fahren, wobei ihnen die praktische Erfahrung bei Anders zugute kam.1051 Anders hat auch in den Restaurierwerkstätten für das Bundesdenkmalamt Aufträge ausgeführt.1052 Im Frühjahr 1963 wurde in Millstatt mit den Vorbereitungen für die Abnahme begonnen. Maranzi und Anders führten zuerst vier Probeabnahmen an verschiedenen Stellen in einer Größe von 10 cm x 10 cm durch, um die Vorgehensweise an unterschiedlich stark zerstörten Bereichen zu testen.1053 Danach war bereits der Termin fixiert, zu dem Mora, Philipot und Tripp die Abnahme des Wandbildes kontrollieren sollten. Aufgrund von Schlechtwetterprognosen wurde die Arbeit jedoch vorverlegt und die kleine internationale Kommission diskutierte anschließend die weitere Vorgehensweise der Wiederanbringung.1054 Die einzelnen Arbeitsschritte wurden detailliert in einem Restaurierbericht festgehalten.1055 Zuerst reinigte man die Wandmalereioberfläche mit verdünntem Alkohol und klebte anschließend zwei Lagen Mullstoffleinen sowie zwei Lagen dickes Leinwandgewebe mit heißem, bereits angequollenem Perlleim in waag- und senkrechten Bahnen auf. Die einzelnen Lagen mussten jedes Mal getrocknet werden, um eine bessere Haftanbindung zu erreichen; zum Schluss wurde nochmals eine Schicht Leim aufgetragen. Der Großteil des 24 m2 großen Wandbildes wurde im Strappoverfahren abgenommen und nur ein circa 3 m2 großer stark versinterter Bereich konnte im Stacco-Verfahren, das heißt gemeinsam mit dem Putzmörtel, abgenommen werden (Abb. 59).1056 Im Zuge der Abnahme entdeckte man, dass Görtschacher bei seiner Ausführung des Bildes eine Sinopie1057 auf dem Grobputz (Arriccio) (Abb. 60) sowie zusätzlich eine Unterzeichnung auf dem Feinputz (Intonaco) als Unterzeichnung angelegt hat. Kurzerhand überlegte man, das Wandbild im Presbyteriumsbereich direkt an die Wand zu applizieren, was auch bei Zykan, Demus und Tripp auf Zustimmung stieß, wogegen sich jedoch Maranzi aussprach.1058 Hinsichtlich des Trägers wurde von Mora der Vorschlag unterbreitet, das „Fresco auf eine Aluminium-Konstruktion mit Hartfaserplatten aufzukleben“ beziehungsweise es wurde auch die „russische Methode der Plexiglasfixierung“ in Erwägung gezogen; letztlich entschied man sich für einen Holzrahmen und eine Kalkkaseinverklebung auf Leinwand.1059 Um die
1052 Beispielsweise 1968 zwei abgenommene Kompartimente vom Totentanz des Karners in Metnitz, 1969
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die Figur des Romanus vom Petersberg in Friesach und 1970 eine abgenommene Wandmalerei aus der Pfarrkirche St. Dionysen in der Steiermark (BDA Archiv-AKR, Restauratorenkartei, Anders). BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Zl. 8430/63. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, GZ 5101/63, AV 20. 07. 1963. Bei dieser Besprechung waren vermutlich auch Demus und Zykan anwesend. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Restaurierbericht 23. Jänner 1964. Aus dem sehr ausführlichen Restaurierbericht werden hier nur die wichtigsten Einzelheiten wiedergegeben. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Restaurierbericht 23. 01. 1964. Sinopie ist eine aus meist feinkkörnigen Eisenoxid bestehende rote Farbe, die als ein erster Entwurf des Wandbildes auf den Arriccio aufgetragen wurde. Die Sinopie diente der groben Bildeinteilung sowie auch für eine erste Präsentation der künstlerischen Idee für den Auftraggeber. BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, GZ 5608/63. Folgende Arbeitsschritte wurden ausgeführt: Mörtelteile und Putzreste auf der Rückseite wurden mittels Eisenraspeln entfernt; die Rückseite wurde „mit einem verdünnten Kunstharzbinder-Vinavil“ gefestigt; dem Kalkkasein wurde ein Kunstharzbinder beigemengt, um das Material wasserunlöslich zu machen
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Methode der Abnahme zu studieren, fand sich am 25. Juli 1963 eine weitere Gruppe von verantwortlichem und interessiertem Fachpublikum ein.1060 Maranzi und Anders hatten eigens dazu ein Stück des Wandbildes noch in situ belassen, um dann im Beisein der Gruppe „eine kleine mittelalterliche Komposition […] i[m] Strappoverfahren“ abzunehmen.1061 Die Translozierung des Weltgerichtsfreskos stieß jedoch nicht überall auf eine positive Reaktion. Ginhart drückte einige Jahre später sein „Unbehagen über die Transplantation“ in der Zeitschrift Carinthia aus, worin er sich für den Erhalt in situ aussprach und damit drohte, „keine 3. Auflage [vom Kirchenführer] mehr [zu] schreiben und auch keine Vorträge und Führungen in Millstatt mehr“ abzuhalten.1062 Das Vorgehen in Millstatt wurde also kontrovers diskutiert.1063 Anders rechtfertigte sich gegenüber der Kritik auch damit, dass der Abnahme eine ausführliche Untersuchung vorausgegangen war und das Wandbild im unteren Bereich bereits stark beschädigt war. Darüber hinaus sei für die Kunstgeschichtsforschung ein zusätzlicher Gewinn durch die Freilegung der fast 30 m2 großen Sinopia erzielt worden, die einen interessanten Einblick in den künstlerischen Arbeitsprozess biete.1064 In diesem Kontext wird erkennbar, wie die zutage tretenden Sinopien beziehungsweise Unterzeichnungen der modernen Vorliebe im 20. Jahrhundert für die unmittelbare künstlerische Handschrift in der Zeichentechnik entgegenkommen. Außerdem bezog sich Anders auf die 1969 laufende Ausstellung „Fresken aus Florenz“ in München, die zuvor bereits in New York, Amsterdam und London gezeigt worden war. Hierbei handelte es sich um die erste Wanderausstellung mit originalen Wandmalereien. Dabei wurden vor allem Objekte gezeigt, die im Zuge des ersten Weltkrieges stark beschädigt und nun wieder zusammengefügt worden waren oder aus konser-
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und die Klebekraft zu erhöhen, sowie als Füllstoff Bimsstein zugefügt; abwechselnd wurden waagrecht und senkrecht wieder zwei Lagen Mullstoff und zwei Lagen Leinwand aufgeklebt, wobei das Wandbild jedes Mal auf den Holzrahmen aufgespannt und getrocknet wurde; anschließend wurde das Bild gewendet und die vorderen Stoff- und Leinenschichten wurden durch Anquellen mit heißem Wasser abgelöst und die verbliebenen Leimreste abgewaschen. Nach der Montage des Bildes am Holzrahmen wurden die fehlenden Putzbereiche oder „alle sichtbaren Leinwandteile“ mit einem Weißkalkmörtel ausgespachtelt. Die an der Außenwand noch vorhanden farblichen Restputzflächen „mit Teilen der Rötelvorzeichnung“ wurden daraufhin ebenfalls abgenommen. Diese Restputzflächen wurde „auf eigene Initiative“ von Anders abgenommen und anschließend eine Zeit lang auf dem Dachboden der Pfarre gelagert. Dort entstanden neuerliche massive Schäden, sodaß die abgenommene Malerei 1965 schließlich in die Restaurierwerkstätten des Bundesdenkmalates transportiert und auf eine Leinwand übertragen wurde. Die Sinopiavorzeichnung am Grobputz wurde in situ belassen, gereinigt und mit Paraloid B72 (1:20) dreimal gefestigt (BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Restaurierbericht 23. 01. 1964 und BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Restaurierbericht 7.09.1969). Aus Wien reisten der Amtsrestaurator Helmut Kortan und die Restauratoren Giovanna Zehetmayer (fungierte vermutlich als Dolmetscherin, da sie nie an der Wand arbeitete), August Kicker und Josef Fastl an; zusätzlich waren anwesend der akademische Maler Gustav Krämer, die beiden Kirchenmaler Lukas Arnold jun. und Adolf Campidell jun., die aus Tirol stammenden Restauratoren Frambert WallBeyerfels und Alois Höfer (BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Zl. 8430/63). BDA-Archiv AKR, Akt Millstatt, Zl. 8430/63. Carinthia I, 159, 1969, S. 10 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.19). Anders verteidigte die Abnahme in einem Brief (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.20). BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, Brief 15.10.1969. BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, Brief 15.10.1969.
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vatorischen Gründen nach der Flutkatastrophe 1966 in Florenz abgenommen werden mussten. Dieses internationale Interesse würde laut Anders damit wohl „am besten die Richtigkeit der Maßnahme zur Abnahme gefährdeter Wandmalereien“ beweisen, zumal die Sinopien in der Ausstellung eine wichtige Rolle spielten.1065 In Italien betrieb nach 1945 besonders Ugo Procacci, der damals Sopraintendente von den Provinzen Florenz, Arrezzo und Pistoia war, eine gezielte Politik der Freilegung von Unterzeichnungen, die von seinem Nachfolger Umberto Baldini weiter verfolgt wurde.1066 Private Restauratorengruppen um Leonetto Tintori, Guiseppe Rosi oder Alfio del Serra waren dabei aktiv tätig. Tintori kooperierte mit namhaften Kunsthistorikern wie Millard Meiss oder Eve Borsook. Den Höhepunkt erreichte die Welle von Abnahmen nach der Flut von 1966 in Florenz und Venedig. Das führte 1975 mitunter zur Gründung des Restaurierinstituts „Opificio delle Pietre Dure“ in der Fortezza del Basso in Florenz, das mit dem „Gabinetto di restauro dei dipinti“ zusammengeführt und als gleichwertiges Staatsinstitut neben dem Instituto Centrale per il Restauro in Rom geführt wurde.1067 Die in Millstatt mehrfach geäußerte Kritik an der Abnahme spiegelt die damalige internationale Diskussion wieder. Im Artikel 8 der Charta von Venedig wird insbesondere auf den integralen Bestandteil von Kunstwerken am Denkmal hingewiesen. Nur in Ausnahmefällen, wenn beispielsweise das Kunstwerk durch keine andere Möglichkeit gerettet werden kann, darf die Abnahme einer Wandmalerei vorgenommen werden.1068 Dies war in Millstatt auch das Hauptargument der Befürworter einer Abnahme, argumentierten sie doch, dass bei einer Belassung in situ das Wandbild in absehbarer Zeit zerstört sein würde. Der schlechte Zustand des Kunstwerks oder eine eingeschränkte Sichtbarkeit durch spätere Zubauten waren häufig genannte Gründe, jedoch wurde die Abnahme eines Wandbildes nun auch als ein Verlust für die Integrität und Authentizität des Kunstwerks selbst bewertet.1069 In Österreich kritisierte Koller 1967 einen von Ernest Pokorny in der Zeitschrift „Maltechnik“ veröffentlichten Aufsatz zum Thema Freskenübertragung in Tirol, worin dieser eine positive Haltung gegenüber Abnahmen einnahm.1070 Koller argumentierte, dass die Abnahme einer Wandmalerei immer mit Substanzverlusten verbunden sei. Selbst die Übertragung eines Strappos, bei dem nur der Maluntergrund mit der Malschicht und nicht der Putzträger abgenommen werde, bedeute eine Trennung der Malerei vom originalen Bildträger und führt somit zu einer Verminderung der historisch gewachsenen Substanz.1071 Koller stellte die Notwendigkeit von Wandmalereiabnahmen grund-
1065 BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948–1978, Brief 15.10.1969. 1066 Procacci publizierte 1960 einen Katalog mit der Auflistung aller bis dato freigelegten Unterzeichnungen 1067 1068 1069 1070 1071
(Procacci 1960). Zur Person Procacci siehe Ciatti/Frosinini 2006. Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015 und Ciatti/Frosinini 2006. Charta 1964, Artikel 8. Siehe auch Frodl 1954a, S. 85–91, Koller 1967 und Feldtkeller 2008, S. 276, 277. Feldtkeller 2008, S. 276, 277. Pokorny 1967 (73/2), S. 37–43 und (73/3), S. 65–71. Koller 1968, S. 48–50.
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sätzlich in Frage.1072 Trotz aller Nachteile stiegen die Abnahmen von Wandmalereien in der Nachkriegszeit stark an. Dies war in erster Linie darin begründet, dass man die Erhaltungsbedingungen in Zusammenhang mit den immer wiederkehrenden Bauwerksschäden pessimistisch einschätzte. Hartwagner sah im Vordergrund, dass die „weniger wertvollen geopfert werden müssen, um die kostbaren zu erhalten“.1073 Restauratorische Versuche, jüngere Wandbilder von darunter liegenden älteren abzunehmen, um sie an anderer Stelle wieder zu applizieren, scheiterten häufig.1074 In diesem Spannungsfeld bewegt man sich bis heute, wenn man über die Abnahme eines Wandbildes diskutiert. Wichtig war für die damalige Zeit die Verankerung in der Charta von Venedig, dass man eine Abnahme nur in Ausnahmefällen durchführen sollte. In Österreich war der Druck seitens der kunstwissenschaftlichen Forschung nicht so groß, wie das etwa in Italien der Fall war. Dies stand auch mit der Werktechnik in Zusammenhang, denn die mittelalterliche Wandmalerei in Österreich ist vorzugsweise auf Kalktünchen ausgeführt, in Italien jedoch mit mehrlagigen Putzschichten und häufig mit Sinopien. Eine Erweiterung des für einen Teil der Wandmalerei gut schützenden Vordaches wurde in Millstatt offenbar nicht in Betracht gezogen, was möglicherweise eine Alternative gewesen wäre. Wandmalereien, gerade im Außenbereich, sind immer einer starken Belastung durch Witterungseinflüsse ausgesetzt, was die restauratorische Bewertung über den Bestand und Zustand zu einem wichtigen Faktor macht. Der fachliche Austausch mit Italien und insbesondere mit dem Istituto Centrale per il Restauro in Rom und dem Restaurierinstitut des Opificio delle Pietre Dure in Florenz wird sowohl die Denkmalpflege als auch die Restaurierung in Österreich in den folgenden Jahren noch stark beeinflussen.
4.2.5 Die Retusche als Dokument im Bild Demus, Frodl, Tripp und Bacher führten unter Einbeziehung der Theorien von Brandi die methodische Auseinandersetzung über einzelne Retuschemethoden weiter, die je nach Problemlage und Anforderung am Objekt ihre Anwendung finden sollten. Die Retuschen sind dabei zeitlich keiner genau abgrenzbaren Periode zuzuordnen, sondern wurden über längere Zeiträume hinweg immer wieder angewandt. In der kunsthistorisch angeleiteten Restaurierungsperiode zeichneten sich die Retuschen besonders durch ihre Kenntlichmachung aus, indem man eine immer deutlichere Abgrenzung zum Original erzielte, ohne die Gesamtwirkung im Kirchenraum zu vernachlässigen. Dies entsprach der wissenschaftlich-kunsthistorischen Vorstellung und blieb auch weiterhin ein wesentlicher Bestandteil des Restaurierziels.
1072 Siehe dazu auch Schädler-Saub 2002, S. 279 (mit Quellenangaben), Feldtkeller 2008, S. 276, 277 und
Koller 2003, S. 2003. In zwei weiteren Artikeln nimmt Koller erneut Bezug auf die Abnahme von Wandmalerei, worin er neben einen kurzen geschichtlichen Rückblick auch die Vor- und Nachteile aufzeigt (Koller 1971, S. 94–103 und Koller 1987b, S.17–22). 1073 Hartwagner 1952, S. 50, 51. 1074 Hartwagner 1952, S. 50, 51.
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Noch immer eine breite Anwendung fand die bereits beschriebene „schrummrige“ Retusche. 1946/47 wurde an den romanischen Wandbildern in der Deutschordenskirche in Friesach1075 eine solche Retuschemethode ausgeführt,1076 die jedoch beim Vorstand des dort ansässigen Konventes auf wenig Zustimmung stieß. Walliser versuchte, den fehlenden Kopf einer Figur durch Schummern anzudeuten, sodass die Bildszene wieder in einem geschlossenen Gesamteindruck präsentiert wurde. Das veranlasste Demus dazu, sich an Walliser mit der Bitte zu wenden, die Ergänzungen zu einer „größere[n] Geschlossenheit“ hin zu korrigieren sowie den „Eindruck des Schwimmens der neutralen Farbflecke“ zu vermeiden.1077 Die Kritik an dieser Art von Retusche wurde aufgrund der Unklarheit solcher Ergänzungen geübt, nämlich dass sie grundsätzlich mehr verwirrten oder den Eindruck von „noch schlecht abgedeckten Reste[n]“ erweckten, als dass sie zur Klärung des Bildzusammenhanges beitragen würden.1078 Walliser entfernte daraufhin den Großteil seiner Retuschen und beließ nur wenige Konturlinien zur Schließung der Form (Abb. 44). Die Tendenz im Umgang mit den Fehlstellen ging hin zu einer strengeren puristischen Auffassung. Dabei wandte man die sogenannte Neutralretusche an, bei der die Fehlstellen in einem neutralen, oft helleren grauen „oder dem Farbcharakter des Freskos entsprechenden“ Farbton angepasst wurden und ein weicher Übergang von der originalen zur retuschierten Fläche erzielt werden sollte (Abb. 61).1079 Jede Form einer farblichen Ergänzung wurde abgelehnt. Durch eine Neutralisierung glaubte man, die Fehlstellen zwar zu belassen, aber „unauffällig“1080 machen zu können. Im Erscheinungsbild der Wandmalereien werden hierbei intakte und schadhafte Bereiche unvermittelt nebeneinander gezeigt, was dem fragmentarischen Zustand von archäologischen Präsentationen entspricht.1081 Die Fehlstellen bleiben dabei weitestgehend unbehandelt, was nicht ausschließt, dass sie trotzdem bearbeitet werden, um die Brüche in der Wahrnehmung zu verringern. Dies kann dadurch geschehen, dass man die Fläche des Unterputzes zeigt beziehungsweise nachstellt oder dass störende Flächen durch „optische Strukturierungen“ oder Tönungen vermindert werden.1082 Alt-
1075 Siehe dazu Fallbeispiel Friesach, Deutschordenskirche 1946. 1076 Siehe dazu Kapitel 3, „Die Trennung von Original und Zutat – Beginn der wissenschaftlichen Methodik“. 1077 BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Zl. 6242/48, 1948. Demus war damals bereits Präsident des Bun-
desdenkmalamtes. 1078 Demus u. a. 1958, S. 161 und Bacher 1973, S. 89. 1079 Der Begriff der neutralen Eintönung von Fehlstellen wurde bereits viel früher eingeführt und auch
angewandt. In der Gemälderestaurierung wurde die Neutralretusche bereits im Klassizismus Ende des 18. Jahrhunderts gefordert (Althöfer 1987, S. 283–286). In der Wandmalereirestaurierung in Österreich machte beispielsweise Riegl 1905 den Vorschlag, „fehlende Partien mit einer neutralen Farbe zu tonen“ (Vorgabe von Riegl an Viertelberger für seine Restaurierung an den Fromiller schen Wandbildern in der Stiftskirche zu Ossiach, MZK 3, 4, 1905, Sp. 130). Dvoøák sprach 1907 davon, fehlende Stellen in einem „neutralen […] den ganzen Gemälden einheitlichen Ton“ (Dvoøák beschreibt hier den Umgang mit Retusche in Aquiliea, Dvoøák 1907, Sp. 86–87) zu schließen, oder Demus 1931, dass „Fehlstellen [...] in neutralen, der Umgebung angepassten Tönen ausgefüllt [wurden]“ (Demus 1931, S. 66, Demus u. a. 1958, S. 161 und Althöfer 1962, S. 72–81). 1080 Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 1955. 1081 Bacher 1973, S. 88. Siehe auch Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], S. 53–59. 1082 Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 87.
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höfer beschreibt den wichtigsten Grundsatz einer Ergänzung, nämlich jenen „der geringsten Störung“.1083 Die archäologische Präsentation hatte den Ansatz, unabhängig und neutral zu sein, frei von subjektiven Zutaten und Einflüssen oder verfälschenden Farbtönen, unter Berücksichtigung des dokumentarischen Bildcharakters.1084 Feldtkeller sieht in dieser radikalen Reduktion eine „nachträgliche Abstraktion von Wandmalerei, […] die zugleich Modernität und Fortschrittlichkeit demonstriert“.1085 Das fragmentarisch belassene Erscheinungsbild galt mehr und mehr als Nachweis von Wissenschaftlichkeit. Diese Art der Fehlstellenbehandlung in neutralen Farbtönen stieß aber auch auf Kritik. Frodl hinterfragte ihre Anwendung dahingehend, dass sie zwar in Bildflächen von Tafelgemälden mitunter vertretbar sei, in der Wandmalereirestaurierung jedoch einer kritischen Betrachtungsweise nicht standhalten würde1086 und Bacher spricht in diesem Zusammenhang von einem zweifachen Missverständnis. Die für die Restaurierung ureigenste Aufgabe der „Wiederbelebung des Kunstwerks als ästhetische Einheit“ werde zugunsten einer dokumentarischen Restaurierung zurückgedrängt, so Bacher.1087 Das würde bedeuten, dass nicht der Gesamtzusammenhang des Bildwerkes im Vordergrund stünde, sondern die Methodik, originale und fehlende Bereiche zu dokumentieren. Andererseits bestehe das große Missverständnis in der Begrifflichkeit des neutralen Tones; neutral gebe es nicht und im Allgemeinen würde ein Grauwert darunter verstanden. Diesen Grauwert beschreibt Bacher als „wesenlose Nichtfarbe, [die] eine Verbindung ohne Eigenwert [besitzt]“.1088 Der „neutrale“ Farbton sollte eine Verbindung zwischen den gut und den schlecht erhaltenen Malereibereichen herstellen und gleichzeitig die optisch störende Wirkung der Fehlstelle aufheben. Im Bildzusammenhang kann es grundsätzlich jedoch keinen Neutralton geben. Ausgehend von einem grauen Grundton passt sich dieser der Umgebungsfarbe an. Mit der Neutralretusche führte man – so Bacher – durch einen farblichen Mittelwert eine zweite Bildebene im Bildgefüge ein, die visuell hinter die Malerei zurücktreten sollte. Dem fragmentierten Bildzusammenhang sei damit eine größtmögliche optische Präsenz gegeben.1089 Althöfer schrieb der Neutralretusche ebenfalls keine wirkliche Lösung des Problems zu. Sie würde zwar den „urkundlichen Charakter“ eines Kunstwerks gewährleisten, ließe jedoch seine ästhetische Wirkung und künstlerische Gegebenheit unberücksichtigt.1090 Brandi hingegen sah in ihr durchaus eine alternative Retuschemethode, die einen Ersatz dafür bilden würde, die Fehlstellen durch eine rein interpretierende oder erfundene Ergänzung zu integrieren.1091 Die Bezeichnung der Neutralretusche hat sich bis heute erhalten und wird nach wie vor zur Beschreibung von Retuschen verwendet.
1083 1084 1085 1086 1087 1088 1089 1090 1091
Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 94. Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 87–94 und Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], S. 53–105. Feldkeller 2008, S. 260. Frodl 1962, S. 67. Bacher 1973, S. 89. Bacher 1973, S. 89. Bacher 1973, S. 89. Althöfer 1987, S. 286. Brandi 1951, S. 6.
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Wie andere Restaurierweisen auch, spiegelt die Behandlung von Fehlstellen in fragmentierten Wandbildern, ob sie nun eine puristische, neutrale oder graphische1092 ist, die jeweils zeitgemäße Vorgehensweise wider. Das Ergebnis war daher ein durch die Restaurierung erzeugtes fragmentarisches Gesamtbild mit einem dokumentarischen Charakter.1093 Die Vorgaben der anzuwendenden Retuschemethoden wurden von den Kunsthistorikern und Denkmalpflegern gemacht, das tatsächliche Ergebnis war von den künstlerisch-technischen Fähigkeiten des Restaurators abhängig.1094 Die allgemeine Akzeptanz der fragmentarischen Präsentation freigelegter Wandbilder war ein langwieriger Prozess. Demus schrieb 1958 über die in den letzten Jahrzehnten restaurierten Wandmalereien, dass sie bis „heute weitgehend das [zeigen], was von der originalen Oberfläche noch vorhanden ist“ und das Ausmaß an Retuschen sollte auf das Notwendigste beschränkt sein.1095 Hinsichtlich der ästhetischen Maßnahmen zur Behandlung von Fehlstellen entwickelte sich eine systematische und methodische Vorgehensweise, für welche seit den 1950er Jahren neue theoretische Grundlagen entstanden. Besonders in Italien wurden neue Schriften veröffentlicht, die auch die weitere Entwicklung der Restaurierung in Österreich beeinflussten. Brandi fasste die Erfahrungen und Erkenntnisse des Istituto Centrale per il Restauro in seiner 1963 publizierten Teoria del Restauro zusammen, die aus mehreren Einzelpublikationen besteht.1096 In seinen Schriften versuchte er, die Bedeutung des Kunstwerks und die Tätigkeit des Restaurators zu definieren; unter der Restauriertätigkeit verstand er „[die physische Substanzerhaltung], auf der die Dauer und Überlieferung der künstlerischen Erscheinung des Werkes beruht“.1097 Auf der Basis und der Zusammenfassung von Fallstudien versuchte Brandi, allgemeinverbindliche Grundprinzipien einer Restaurierung aufzustellen.1098 Für die Entwicklung der Integration von Fehlstellen spielte die in den Jahren 1945 bis 1950 von Brandi mit Laura und Paolo Mora entwickelte neue Retuschetechnik des „Tratteggio“, in Italien auch „Rigatino“ oder übersetzt Strichretusche genannt, eine entscheidende Rolle.1099 In einem Vortrag von 1951 in Wien verwies Brandi auf diese neue Retuschemethode und forderte, dass als Retuschemedium ausschließlich Aquarell verwendet werden
1092 Walliser verwendet für die Retusche des Christophorus an der Pfarrkirche Kötschach-Mauten, der im
1093 1094 1095 1096 1097 1098 1099
oberen Bereich nur mehr durch die Unterzeichnung auf der Arriccioschicht lesbar war, einmal den Begriff einer „original-graphische[n] Ergänzung“; dabei ergänzte er die fehlenden Bereiche der Unterzeichnung, wodurch der Verlust der originalen Farbschicht durch den Erhalt der nun sichtbaren rötlichen Unterzeichnung „von Augen, Nase, Rundachse bei den Köpfen und den Draperien […]“ etwas gemindert wurde (Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 1956). Feldtkeller 2008, S. 261. Bacher 1973, S. 91. Demus u. a. 1958, S. 161. Frodl 1966, S. 130 und Tripp 1970b, S. 180. Siehe auch Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], Koller 2008a, S. 11–13 und Basile 2006, S. 11–15. Tripp 1970b, S. 180 und Schädler-Saub 2004, S. 161, 162. Janis 2005, S. 154. Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], S. 169, 170.
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solle.1100 Die Retuschetechnik sei in einer „divisionistischen (trennenden) Art“ aufzutragen, damit sie für den Betrachter aus der Nähe eindeutig erkennbar sei und aus der entfernten Betrachtung eine Illusion der ursprünglich ästhetischen Gesamtheit des Bildwerks erzeuge.1101 Farbliche Ergänzungen in einem „tieferen Ton (sotto tono)“ oder einem der Umgebung angeglichenen Lokalton, wie das von den österreichischen Restauratoren häufig angewandt wurde, beeinträchtigen laut Brandi die „potentielle Einheit des Kunstwerks“ sowie seine ursprüngliche Farbverteilung.1102 Durch die Anwendung der Strichtechnik, die ausschließlich auf neu gekitteten Fehlstellen aufgetragen werden dürfe, werde die Grenze hin zur originalen Malerei nie überschritten.1103 Brandi verstand die Strichretusche als streng nur auf rekonstruierbaren Fehlstellen anzuwendende Methode; je nach Art der Fehlstelle und ihrer Umgebung wurden auf hellem Grund und mit reinen Farben in Aquarell die stets vertikalen und parallel verlaufenden Strichfarben aufgesetzt.1104 In einer vertikalen Schraffur werden dünne Farbstriche nach dem Prinzip der optischen Farbmischung aufgetragen, das im Impressionismus (Divisionismus, Pointillismus als Extreme) praktiziert wurde, die aus der Nähe sofort erkennbar seien, jedoch vom normalen Standpunkt des Betrachters eine ästhetische Integration der Fehlstelle gewährleisten. Althöfer beschreibt sie als „Dokumentation im Bild“, durch die sowohl dem Anspruch auf Erhaltung der historischen Urkunde, als auch dem Anspruch auf ästhetische Bildwirkung Rechnung getragen werden kann.1105 Die Retuschetechnik wurde damit in einer strengen Systematik vorgegeben. In Österreich setzte sich der Terminus Tratteggio für die Strichretusche durch und fand hierzulande in der Restaurierung bald ihren Niederschlag. Wibiral beschrieb die Tratteggio-Technik 1957 als eine strichelnde Malweise, durch welche die Fehlstellen geschlossen werden könnten. Die Retuschen sollten durch einen Fachmann immer klar zu unterscheiden sein.1106 Jedoch seien sakrale Bauwerke keine Museen und bei größeren Fehlstellen oder bei einem schlechten Erhaltungszustand hätten Ergänzungen im Altbestand zur Erzielung einer geschlossenen Gesamtwirkung durchaus ihre Berechtigung. Bei einem Kunstwerk ersten Ranges – gemeint waren mittelalterliche, im Besonderen romanische Werke – müsse aber „jede zeitsubjektive Forderung nach ästhetischer Geschlossenheit hintangestellt werden“, so Wibiral.1107 Damit vertrat Wibiral einen etwas anderen – man könnte sagen österreichischen – Standpunkt als Brandi, wenn er farbige Ergänzungen in reduzierten Flächen zur Erzielung eines einheitlichen
1100 Aquarell als Retuschemedium wurde bereits 1873 von Eduard von Sacken für die Restaurierung der
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Malereien im Tullner Karner vorgeschlagen. Siehe dazu Kapitel 1, „Eine Diskussion zwischen stilgerechter Wiederherstellung und Erhaltung“. BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951. BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951. BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951. Schädler-Saub 1999 S. 336–343 und S. 526–531, Schädler-Saub 2004, S. 161, 162. Siehe dazu auch Schädler-Saub 2003, 2008 und Althöfer/Straub/Willemsen 1974, S. 82–87. Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], S. 169, 170 und Althöfer 1974, S. 82–87. Wibiral 1957, S. 25. Wibiral 1957, S. 25.
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Gesamtbildes nicht ganz ausschloss. Bacher stellte die Tratteggio-Technik als eine Retusche für kleine Fehlstellen dar, hingegen seien ihr für große Fehlstellen Grenzen gesetzt. Ein Vorteil sei, dass sie leicht korrigierbar und reversibel wäre und die Handschrift des Restaurators durch das System der Schraffur weitestgehend zurückgedrängt werde.1108 Damit kam ein weiterer wichtiger Punkt ins Spiel, nämlich der Anspruch auf reversible Restauriermaterialien, die zu einer wichtigen Forderung von Seiten der Denkmalpflege an die Restaurierung werden sollte. Bacher definierte 1973 die Wirkung von Fehlstellen als eine „Beeinträchtigung des formalen Zusammenhanges und des ästhetischen Gesamteindruckes“; dabei unterschied er die Unterbrechung formaler linearer Zusammenhänge durch kleine Fehlstellen und Störungen im Gesamtbild durch große Fehlstellen.1109 Besonders große Fehlstellen, wo Malschichten komplett oder Putzschichten teilweise zerstört sind, seien die Ursache der formalen Unterbrechung.1110 Eine der wichtigsten Regeln stellte dabei der Respekt vor dem unverfälschten originalen Kunstwerk dar. Ideale Lösungen gebe es für große Fehlstellen jedoch nicht; je größer eine Fehlstelle sei, desto stärker werde sie den Bildzusammenhang stören und dabei ins Auge fallen. Anstatt einer farblichen Integration entwickelte man eine Möglichkeit, bei der die Fehlstelle mit einer dem Original gegenüber etwas vertieften Einputzung, sozusagen wie durch einen freiliegenden Arriccio, geschlossen wurde. Damit soll eine im Wandbild strukturell bereits vorhandene Ebene den Gesamtzusammenhang in der Wahrnehmung gewährleisten.1111 Eine Präsentation ähnlicher Art wurde bereits 1956 bei der Restaurierung der romanischen Gewölbemalereien in der Stiftskirche von Lambach ausgeführt. Die Schließung kleiner Fehlstellen erfolgte in Lambach in einem gegenüber dem Originalbestand etwas helleren Lokalton und die größeren wurden im Hinblick auf den künstlerisch wertvollen Originalbestand mit einer im Niveau gegenüber der Putzoberfläche etwas tiefer gesetzten und eingetönten Neuputzfläche geschlossen (Abb. 61).1112 Die zurückgesetzten unbehandelten Putzflächen wurden bei späteren Restaurierungen als eine Art Unterputz oder als ein quasi frei liegender Arriccio interpretiert. Bacher bezeichnete dies „als eine im Bild strukturell bereits gegebene Ebene“.1113 Die tiefer gearbeiteten neu eingeputzten Flächen, die besonders in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts häufig angewandt wurden, bedeuten einen weiteren Schritt in der Entwicklung neuer Präsentationsmöglichkeiten. Interessanterweise fand in Österreich keine Auseinandersetzung mit der in Florenz stattfindenden Entwicklung von der Strichretusche zu optisch verschieden aufgebauten Strichnetzen statt. Mit ein Auslöser für die Diskussion in Florenz war mitunter das nach der Flutkatastrophe stark beschädigte Kruzifix von Cimabue in Santa Croce,
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Bacher Bacher Bacher Bacher Wibiral Bacher
1973, 1973, 1973, 1973, 1957, 1973,
S. S. S. S. S. S.
87. Vgl. dazu Feldtkeller 2008, S. 279–281. 85. 87. Siehe dazu auch Schädler-Saub/Jakobs ed./übers. 2006 [Brandi], S. 53–59. 87–89. 25, 26. Jüngste Untersuchungen zeigten, dass die Vertiefung minimal ist. 88. Siehe dazu auch Philippot 1962, S. 119.
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in dessen Folge eine intensive Auseinandersetzung über den Umgang mit der Fehlstellenergänzung und der Retusche stattfand und Umberto Baldini daraufhin seine „Teoria del restauro e unitá di metodologia“ entwickelte.1114 Baldini modifizierte das römische Tratteggio und entwickelte ein flexibles Retuschesystem, das sich aus der so genannten Farbabstraktion (astrazione cromatica), Farbselektion (selezione cromatica) und Goldselektion (selezione d ora) zusammensetzte.1115 Die Integrationsmethoden ließen sich jedoch nicht in Normen oder Regeln packen und man erkannte, dass eine schematische Anwendung irgendwelcher Prinzipien vermieden werden sollte; ganz im Gegenteil, es sollte immer eine kritische Auseinandersetzung mit den vorliegenden Problemen entstehen.1116 Im Folgenden wird anhand von zwei Fallbeispielen die frühe Anwendung der Strichretusche in der Wandmalereirestaurierung in Österreich dargelegt. Eine der umfangreichsten Entrestaurierungen unter Hartwagner fand ab 1969 in der Pfarrkirche in Thörl statt. (Abb. 11, 24, 63)1117 Im Jahr zuvor hatte man die Kirchenmalerfirma Campidell um einen Kostenvoranschlag für eine Entrestaurierung der Chormalereien gebeten. Campidell vermutete in Teilbereichen noch einen Originalbestand, der von den Stil-Restaurierungen durch Winder und Melicher überdeckt sei. Hartwagner hingegen glaubte, dass „die Originalschichte […] von einem Schleier überdeckt [ist], der auf die Feuchtigkeit im Mauerwerk zurückzuführen sein dürfte“.1119 Aufgrund der künstlerischen Bedeutung der Malereien bat Hartwagner daraufhin die Zentrale in Wien um die Entsendung von Fachkräften, die diese Arbeit durchführen könnten. Infolgedessen beauftragte man den Restaurator Anders, der gemeinsam mit seiner Tochter und seinem zukünftigen Schwiegersohn Sebastian Enzinger1119 in Thörl arbeitete, was von mehreren Seiten alsbald kritisiert wurde. Hartwagner berichtete davon, dass die beiden Mitarbeiter nicht als Fachkräfte zu bezeichnen seien, war jedoch mit dem Ergebnis der Arbeiten zufrieden, da durch die Reinigung „die Leuchtkraft der Fresken“ wieder zum Vorschein kam.1120 Anders und seine Hilfskräfte führten im Zuge der Restaurierung auch Retuschen durch. Offenbar wurde Anders von Seiten des Bundesdenkmalamtes der Vorwurf gemacht, dass er farbliche Ergänzungen oder Rekonstruktionen vornehmen würde. Anders
1114 Baldini 1978; Casazza 1981; Jani 2005, S. 29–31 und persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am
02.09.2015. 1115 Baldini 1978; Casazza 1981; Janis 2005, S. 29–31. 1116 Bacher 1973, S. 91. Siehe dazu auch Jakobs 1988, S. 53–67. 1117 1957 fand beispielsweise in der Pfarrkirche von Malta in Gmünd an den Malereien im Presbyterium
bereits eine Entrestaurierung unter Hartwagner statt (Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 6512/57, Bericht 9. 9. 1957); (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.14). 1118 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Brief 22. 11. 1968. 1119 Enzinger dürfte wohl bei Anders seine erste Ausbildung erhalten haben. Später wurde er zu Fortbildungskursen nach Rom geschickt und arbeitete auch in Florenz nach der Hochwasserkatastrophe mit. Die Verbindungen zwischen ihm und dem Bundesdenkmalamt rissen später weitgehend ab, da seine Kostenvoranschläge zu teuer waren (Mit freundlicher persönlicher Mitteilung von Walter Schlegel, am 30.11.2014). 1120 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Z. 509/69, 1969 und Brief 5. 8. 1969.
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verteidigte sich damit, dass die Ergänzungen „jederzeit abnehmbar und als solche kenntlich“ belassen seien.1121 Hier wird einerseits auf die Reversibilität der Materialien und andererseits auf die Kenntlichmachung der Retuschen hingewiesen. Anders beschwerte sich daraufhin, dass seine Arbeitsweise so genau kontrolliert werde und dass er eigentlich nur dem Landeskonservator gegenüber verantwortlich sei. Dabei betonte er die Qualität seiner Arbeit, die er „wie kein anderer Freskenrestaurator in Österreich“ leiste.1122 Hartwagner antwortete Anders daraufhin, dass der Denkmalpfleger für die Kontrolle der Arbeiten verantwortlich sei sowie auch die Ausführung der Restaurierung bestimme und nicht der Restaurator.1123 In dieser recht hart geführten Kontroverse wird ersichtlich, wie die Aufgaben bei einer Restaurierung damals verteilt waren. Deutlich wird auch ein starkes Selbstbewusstsein der Restauratoren, die früher bei Walliser und anderen in der Form noch nicht erkennbar war. Die Reinigung führte Anders mittels „Radierung mit weichen Kunstgummiplatten“ durch und er entfernte die Übertünchungsreste mit Skalpell; Ränder des Originalputzes sicherte er mit Kalkkaseinmörtel und Hohlstellen wurden nach Durchspülen mit Spirituswasser mit einer „Kalk-Vinavilmischung“ hinterfüllt sowie anschließend „mit [einer] Schraubenpresse wieder in ihre ursprüngliche Mauerlage gebracht“; die Festigung der Malschichten erfolgte mit „klarem Kalkwasser unter geringem Zusatz von Gummiarabicum“, das mehrfach im Sprühverfahren aufgebracht wurde.1124 Kleinere Fehlstellen wurden von Anders mit der Tratteggio-Technik in englischen Aquarellfarben gearbeitet. Alte größere Einputzungen wurden durch neue ersetzt und in diesem Zusammenhang diskutierte man drei Möglichkeiten einer Schließung beziehungsweise Präsentation: „a- Stehenlassen aller Fehlstellen im Naturton des eingeputzten Kalkmörtels, b-Einmalen der Fehlstellen in Trattegio, c- Alle Fehlstellen, gegenüber dem Originalintonaco vertieft einputzen und in helleren Tönen ohne Zeichnung färbig einmalen“.1125 Die Entscheidung fiel für das Bearbeiten der großen Fehlstellen in Tratteggio. Das Ergebnis zeigte, dass in den kleinen Fehlstellen der malerische Gesamteindruck wieder erreicht wurde, bei den großen Fehlstellen vermittelten jedoch die vielen kleinen Striche eine unruhige Fläche und drängten die mittelalterliche Malerei in den Hintergrund. Das veranlasste Anders dazu, alle großen Neueinputzungen nochmals zu entfernen und in einem tieferen Niveau einzuputzen sowie die Fläche ein-
1121 Hartwagner stellte dazu fest, dass „bei der Weltgerichtsdarstellung an der Triumphbogenwand nunmehr
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auch die südseitige Hälfte einen gelb-grünen Boden aufweist. Somit hat Herr Anders wieder einen einheitlich getönten Boden geschaffen“. Ebenso wurden die stark beschädigten Sockelflächen diskutiert, wobei Hartwagner den Standpunkt vertrat, dass „beim Vorhang Ergänzungen“ vorgenommen werden müssten (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, AV, Zl. 1142/69, 22. 8. 1969). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Zl. 1142/69, AV 22. 8. 1969. Laut Koller war Anders nicht nur auch teuer, sondern lehnte häufig den Konsens mit dem Bundesdenkmalamt ab und wollte vor allem seine eigenen Vorstellungen durch- und letztlich auch umsetzen (Persönliche Mitteilung von Manfred Koller, am 02.09.2015). BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Zl. 1142/69, AV 22. 8. 1969. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Bericht 15. 12. 1969. BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Bericht 15. 12. 1969.
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zutönen, wie das bereits im Konzept auch vorgeschlagen wurde. Das Originaldokument rückte damit stärker in den Vordergrund und die großen Fehlstellen konnten dadurch besser eingearbeitet werden.1126 Für die Kollaudierung im Mai 1970 hat man seitens des Bundesdenkmalamtes erneut Fachleute vom Istituto Centrale per il Restauro aus Rom eingeladen, nämlich die international anerkannten Restauratoren Paolo und Laura Mora, um über das Restaurierergebnis sowie die angewandte Retuschemethode zu diskutieren. Von österreichischer Seite waren neben den beiden Restauratoren Anders und Enzinger auch Tripp, Bacher und Koller anwesend. Bei der Retusche wurde von den Fachexperten aus Rom eine gewisse Unsicherheit in der Strichtechnik festgestellt. Die Moras erklärten, dass man das Rigatino grundsätzlich nur auf neu eingeputzten Kittungen anwenden sollte. Bei reduzierten Putzflächen sei eine „velature“, damit meinte man eine farbliche Lasur in Grautönen, anzuwenden und keine Ergänzung in Farbe vorzunehmen.1127 Diese Art der velature wurde auch als „aqua sporca“ bezeichnet, was übersetzt schmutziges Wasser bedeutet. Dabei wird ein Grauton erzeugt, der kleine helle Fehlstellen zurück drängen soll. Bei der Anwendung dieser Methode ist besonders auf die beeinflussende Wirkung des Simultan- und Komplementärkontrastes1128 zu achten, da der Grauton zur Behandlung der Fehlstelle in der Wahrnehmung von den umliegenden Farben beeinflusst wird. Anders dürfte kleine Fehlstellen mit Strichretusche oder mit einer farbigen Lasur geschlossen haben, was die Moras kritisierten. Durch einen vermeintlich geringen Eingriff konnte ein geschlossenes Gesamtbild erreicht werden, was möglicherweise keine klare Unterscheidung zwischen Retusche und Original zuließ. Bacher weist in diesem Zusammenhang auf den leicht missverstandenen Begriff des farblichen „Schließens“ hin; der Missbrauch entstünde bei der Umsetzung, indem unter Schließung „eine wörtliche Ergänzung der fehlenden Teile“ verstanden würde.1129 Die Grenze der farblichen Integration von Fehlstellen könne leicht überschritten beziehungsweise missverstanden werden, wenn man diese Maßnahmen des Schließens kleinerer Fehlstellen verharmlosen oder unterschätzen würde. Die Fehlleistung oder der Missbrauch würden dabei nicht so unmittelbar ins Auge fallen wie bei einer Ergänzung größerer Fehlstellen. Das Ziel, die Lesbarkeit eines Kunstwerks wieder zu verbessern, würde an dieser Stelle unter falschen Voraussetzungen gesehen werden. Auch im kleinsten Detail sei die „Handschrift des Originals“ nicht wiederholbar und die Missachtung dieser Grundregel bedeute immer eine Verfälschung des Originals.1130 Die Anwendung der aqua sporca, einer wesentlich aus grauen Farbtönen bestehenden Farbmischung, sollte eine Kenntlichmachung ermöglichen und doch einen geschlossenen Gesamteindruck unter Bewahrung der dokumentarischen
1126 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Bericht 15. 12. 1969 (Quellentext siehe 6.1, Teil IV.21). 1127 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, AV, GZ.. 134/70, 1970. Siehe auch Koller 2008a, S. 11. 1128 Der Simultankontrast beschreibt die Wechselwirkung von aneinander liegenden Farbbereichen. Als
Komplementärfarben werden die Ergänzungsfarben (die sich im Farbkreis nach Itten diamentral gegenüberstehen) bezeichnet. 1129 Bacher 1973, S. 86. 1130 Bacher 1973, S. 86.
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Substanz vermitteln. Dem jungen Enzinger wurde von den Moras angeboten, einen Fortbildungskurs in Rom zu besuchen, den dieser bald darauf in Anspruch nahm.1131 Enzinger restaurierte 1972 den nur provisorisch fertig gestellten Sockel fertig. Dabei entfernte er alle älteren Retuschen und Einputzungen, um sie durch eine „ästhetische Reintegration […] unter Wahrung der Authentizität des Originals“ zu ersetzen, wie er es vermutlich in Rom gelernt hatte (Abb. 62).1132 In der differenzierten Herangehensweise und in der inhaltlichen Auseinandersetzung mit den verschiedenen Methoden der Fehlstellenbehandlung entsprach man damals den Anforderungen einer wissenschaftlichen Restaurierung. Was in Thörl noch besonders hervorzuheben ist, ist die bis heute fast vollständig erhaltene Enheit von Raumfassung der Architekturglieder und den szenisch bemalten Binnenflächen. Noch wenig Augenmerk legte Anders hingegen auf die Recherche zur Restauriergeschichte oder die Dokumentation zur Werktechnik oder den Zustand der Wandmalerei. Der Umgang mit großen Fehlstellen im ästhetischen Zusammenwirken einer fragmentarisch erhaltenen mittelalterlichen Wandmalerei hin zu den Nullflächen des Kirchenraumes konnte auch zu einer abstrakten, im damaligen Verständnis modernen Lösung führen, wie das nächste Fallbeispiel zeigt. Im gleichen Jahr als Anders in Thörl arbeitete, wurde er mit der Restaurierung der bereits 1895 von Pfarrer Petermann entdeckten romanischen Wandmalereien im Chorraum der frühmittelalterlichen Chorquadratkirche in Maria Wörth beauftragt. Petermann hatte bei der Entdeckung einige Teile der romanischen Ausstattung gleich selbt freigelegt. Bereits in gotischer Zeit waren massive Verluste durch den Einbau eines Fensters in der Ost- und Südwand sowie eines gotischen Kreuzgratgewölbes anstelle einer Flachdecke entstanden. Der fragmentierte Bestand weist ein typisches Programm romanischer Apsiden auf, mit einer Majestas Domini, einem thronenden Pantokrator in der Mandorla, umgeben von den vier Evangelistensymbolen und den 12 Apostel in Arkaden mit breitem Palmettenornamentband und einem Vorhangsockel (Abb. 64). Datiert werden die in hoher Qualität ausgeführten Malereien in das späte 12. Jahrhundert.1133 Im Zuge der Restaurierarbeiten entwickelte sich zwischen Anders und Hartwagner eine rege Diskussion über das Zusammenwirken der zu färbelnden Nullflächen mit den romanischen Wandmalereifragmenten.1134 Anders wollte einen Kontrast zwischen der romanischen Wandmalerei und den großen fehlenden Flächen erwirken.1135 Hartwagner hingegen kritisierte, dass durch die fast weiß gestrichenen Nullflächen die Wandmalerei optisch zu stark in den Vordergrund getreten wäre.
1131 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, AV, GZ.. 134/70, 1970. 1132 BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, KV von Enzinger, Zl. 3278/72, 17.5.1972. 1133 Frodl-Kraft/Frodl/Frodl-Schneemann 2005, 63, 64; Fillitz (Hg.) 1998, S. 438, 439; Biedermann 1994, S. 128–
130; Bacher 1988, S. 224 und 346; S. Bacher 1969, S. 138; Demus 1968, S. 205, 206; Frodl/Rice 1964, S. 17 und Frodl 1942, S. 21–25. 1134 Siehe Quellentext 6.1, Teil IV.22. 1135 Eine ähnliche Restaurierung führte Anders beispielsweise in der Pfarrkirche in Feldkirchen aus (BDAArchiv LK-K, Akt Thörl, AV, 20. 5. 1969).
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Um eine geschlossene Raumwirkung zu erzielen, sei eine Vereinheitlichung der restaurierten Wandmalereien hin zum Raumschalenfarbton anzustreben.1136 Die hohe Kontrastwirkung hingegen war einer modernen Auffassung geschuldet, welche die Fragmente des Alten, die gewissermaßen aus einer anderen, historischen Welt stammen, durch die Isolierung überhöhten und auch von der gegenwärtigen Erscheinung der Raumschale trennten. Dies verdeutlichte auch den wissenschaftlich-dokumentarischen Charakter der modernen Restaurierung. Gleichzeitig legte Anders in der Kirche von Maria Wörth an der äußeren Chorbogenwand und nördlichen Langhausmauer gotische Malereien aus dem 2. Viertel des 14. Jahrhundert frei, die Heiligendarstellungen mit einem ornamentalen Sockelstreifen sowie ein Kruzifix mit Astkreuz in der Fensterleibung zeigen.1137 Die Freilegung der Fresko-Seccomalerei beschrieb er als eine schwierige; bevor er die Tüncheschichten entfernen konnte, musste er mit einer Kalk-Vinavillösung die originale Malschicht festigen und hinterkleben, um die Schichten voneinander trennen zu können. Die Retusche der kleineren Fehlstellen führte er in Trattegio-Technik aus (Abb. 65).1138 Obwohl sich Anders hier offensichtlich bemühte, den italienischen Vorgaben zu folgen, entsprach die ausgeführte Strichretusche bei weitem nicht den hohen Ansprüchen. Die Bestimmung über das Restaurierziel lag beim Denkmalamt, das die Restauratoren in technischen Fragen beriet sowie ihre Arbeiten beaufsichtigte. Bei künstlerisch hochwertigen Wandmalereien holte man sich nicht nur fachliche Unterstützung bei anderen Kollegen oder den amtlichen Restaurierwerkstätten, sondern lud auch Fachkollegen aus dem Ausland zu Diskussionen ein. Das Wesentliche war, dass die verschiedenen Methoden der Retusche beziehungsweise Eintönung präzise nach der jeweiligen Art der Fehlstellen ausgewählt und dass die Retuschetechniken – insbesondere die Strichretusche – in ihrer Ausführungsart systematisch festgelegt wurden. Die Motive, welche die Wahl einer Retuschemethode beeinflussen, können sehr unterschiedlich sein wie etwa die künstlerische Qualität oder auch die seelsorglichen und kultischen Bedürfnisse. In jedem Fall wollten die Verantwortlichen eine Verbesserung der Lesbarkeit der Kunstwerke erreichen. Diese freigelegten und restaurierten Wandmalereien sind Zeugnisse einer Restaurierungsästhetik, die unter den denkmalpflegerischen und gestalterischen Tendenzen ihrer Zeit zu bewerten und als ein Zeitdokument anzusehen sind. Trotzdem fällt es manchmal schwer, unsachgemäße Freilegungen, schlechte Kittungen, zu intensive Reinigungen oder plumpe Retuschen als historisches Zeugnis zu akzeptieren. Vielleicht waren aber auch die Restauratoren mit den oft nur mehr fragmentarisch erhalten gebliebenen Resten von Wandbildern überfordert und ihr Eingriff führte gerade deshalb zu gravierenden Abweichungen von der ursprünglichen Ikonographie oder Bildkomposition.1139 Wie viel an mittelalterlicher Substanz durch die historischen Frei-
1136 1137 1138 1139
BDA-Archiv LK-K, Akt Thörl, AV, 20. 5. 1969. Dehio-Handbuch 2001, S. 523. BDA-Archiv LK-K, Akt Thörl, Bericht 17. 1. 1972. Schädler-Saub 2002, S. 154.
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legungen und Restaurierungen des 19. und 20. Jahrhunderts verloren ging und wie viel an mittelalterlicher Substanz noch unter Tüncheschichten verborgen liegt, lässt sich nur schwer einschätzen. Die Abnahme älterer Übermalungen und Retuschen kann mit einem Verlust an ikonografischer und formaler Darstellung verbunden sein und keinen Zugewinn an entstehungszeitlicher Malerei darstellen; bestimmt bekommt man nicht ein Mehr an originaler Malerei.1140 Die Rezeption und Interpretation der Restauratoren bestimmen heute viele der mittelalterlichen Wandmalereien; figurale Szenen, Hintergründe oder die Rahmenarchitektur präsentieren sich als ein künstlerischer Bildzusammenhang, der jedoch im verschiedenem Umfang überarbeitet oder ergänzt wurde.1141 Mit jedem Verlust an ursprünglicher Substanz oder an historischen Hinzufügungen kann etwas vom Erkenntniswert einer historisch oder künstlerisch relevanten Aussage eines Kunstwerks verloren gehen. Häufig sind das ursprüngliche Erscheinungsbild, die materielle Substanz, die Maltechnik oder die künstlerische Handschrift eines Kunstwerks die primären Aspekte einer Restaurierung.1142 Der subjektiven Beliebigkeit von Restaurierzielen kann man sich durch kritisches Hinterfragen jedes einzelnen Restaurierfalls nach den anerkannten Methoden und Grundsätzen entziehen. Eine gelungene Restaurierung benötigt neben einer objektiven Festlegung des Restaurierziels gut qualifizierte Ausführende, um die Anforderungen überhaupt umsetzen zu können. Die Funktion des Kunstwerks sowie die Vergangenheitswerte mit ihrer Geschichte, sind dabei von entscheidender Bedeutung.1143 Wenn man jedoch nur das mittelalterliche Original als Erkenntnisquelle im Fokus hat, tut man dem Kunstwerk unrecht und würde es in seiner historischen Dimension verkennen.1144
1140 1141 1142 1143 1144
Schädler-Saub 2002, S. 151. Schädler-Saub 2002, 152. Schädler-Saub 2002, S. 156. Koller 2003, S. 14, 15. Schädler-Saub 2002, S. 156.
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4.3 Bildteil
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42. Freilegung und Restaurierung 1946 durch Franz Walliser, Wand- und Gewölbemalerei um 1280, Karner in Pisweg (2011)
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43. Freilegung und Restaurierung mit teilweise ergänzten schwarzen Konturlinien 1946/47 durch Bruno Malanik, Geburt Christi 1230 –1240, Chorquadrat der Pfarrkirche in Mariapfarr (2010)
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44. Freilegung und Restaurierung mit Putzergänzungen 1946 durch Franz Walliser, Wandmalerei spätes 12. Jahrhundert, Chor der Deutschordenskirche in Friesach (2010)
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45. Prophet Isaias 2. Viertel 13. Jahrhundert, Fensterlaibung der Deutschordenskirche in Friesach (2010)
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46. Freilegung und Restaurierung 1951/52 durch Franz Walliser, Traum Nebukadnezars um 1300, Turmquadrat der Pfarrkirche in Steuerberg (2010)
47. Freilegung und Restaurierung 1950/51 durch Franz Walliser, Beweinung Christi frühes 14. Jahrhundert, Chor der Pfarrkirche in Metnitz (2010)
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48. Integration der Fehlstellen mittels Putzergänzungen und Retusche 1950/51 durch Franz Walliser, Samsonlöwe frühes 14. Jahrhundert, Chor der Pfarrkirche in Metnitz (2010)
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49. Schäden in der Putz- und Malschicht durch unsachgemäße Freilegung, 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts, Kapelle Maria Hilf in Kleblach Lind (2010)
50. Dina Kerciku während der Anfertigung einer Wandmalereikopie in Originalgröße in der Johanneskapelle in Pürgg 1958
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51. Thron Salomonis um 1260/70, Bischofskapelle in Gurk (2010)
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52. Thron Salomonis, Kopie in Originalgröße von 1958, Acryl auf Leinwand (2015)
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Kapitel 4: 1945 –1970
53. Zustandskartierung 1963 durch Manfred Koller und Franz Walliser, Läuthaus des Stiftes Lambach, Buntstift auf Folie (Archiv BDA)
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Kapitel 4: 1945 –1970
54. Originaldokumentation einer Wandmalereiabnahme durch Franz Walliser um 1950, St. Peter in Holz (Archiv BDA)
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Kapitel 4: 1945 –1970
55. Zustandsaufnahme 1959 während der Wandmalereiabnahme durch Franz Walliser, Stadtpfarrkirche in St. Veit an der Glan
56. Sinopie des Hl. Antonius, Stadtpfarrkirche in St. Veit an der Glan (1959)
57. Hl. Antonius nach der Übertragung, Stadtpfarrkirche in St. Veit an der Glan (2010)
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58. Wandbild vor der Abnahme 1963 durch John Anders, Urban Görtschacher um 1517, Westwand der Pfarrkirche in Millstatt
59. Aufnahme während der Wandmalereiabnahme 1963/64, Pfarrkirche in Millstatt
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Kapitel 4: 1945 –1970
60. Sinopie des Wandbildes von Urban Görtschacher um 1517, Westwand der Pfarrkirche in Millstatt (1964)
240
Kapitel 4: 1945 –1970
61. Integration der Fehlstelle mittels Kittung und Retusche um 1956 durch Franz Walliser, Läuthaus des Stiftes Lambach (1974)
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Kapitel 4: 1945 –1970
62. Tratteggio-Retusche 1972 durch Sebastian Enzinger, Pfarrkirche in Thörl (2010)
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Kapitel 4: 1945 –1970
63. Entrestaurierung ab 1972 durch John Anders und Sebastian Enzinger, Thomas von Villach, Symbolische Kreuzigung (Lebendes Kreuz) um 1470/75, Chor der Pfarrkirche in Thörl (2013)
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Kapitel 4: 1945 –1970
64. Restaurierung 1972 durch John Anders, spätes 12. Jahrhundert, Chor der Winterkirche in Maria Wörth (2010)
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Kapitel 4: 1945 –1970
65. Tratteggio-Retusche 1972 durch John Anders, Langhauswand nord, Winterkirche in Maria Wörth (2010)
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5. Conclusio
Die These dieser Arbeit geht davon aus, dass das Aussehen von wiederentdeckten mittelalterlichen Wandbildern nicht einfach ein Ergebnis autonomen restauratorischen Handelns ist, sondern dass sich die Erscheinung des überlieferten Werks aus einem dichten Spannungsfeld von kunsthistorischen Perspektiven, denkmalpflegerischen Maximen, gesellschaftlichen Erwartungen und konservatorisch-restauratorischen Methoden entwickelt und konstituiert. Die durch Interventionen geprägten Zustände von Wandmalereien waren dahingehend zu untersuchen, in welchem Verhältnis Substanzerhaltung und Bildwirkung jeweils zueinander stehen. Dem liegt ein Antagonismus zwischen dokumentarischer Evidenz und ästhetischer Schlüssigkeit zugrunde, der die Geschichte der Wandmalereirestaurierung in unterschiedlichen Gewichtungen von den Anfängen der Denkmalpflege um 1800 bis zur Konsolidierung der Methodik um 1970 begleitet. Dabei ist ferner davon auszugehen, dass das jeweils angestrebte Restaurierziel von der Dialektik zwischen den verschiedenen Entwicklungsstufen der beteiligten Disziplinen Denkmalpflege, Konservierung-Restaurierung und Kunstgeschichte bestimmt ist. Somit sind die jeweiligen Restaurierungsergebnisse immer im Spiegel ihrer Zeit zu interpretieren. Die Entwicklung der Wandmalereirestaurierung in Österreich ist eng mit der Geschichte der staatlichen Denkmalpflege verbunden. Bis zur Gründung der „k.k. Zentralkommission für die Erforschung und Erhaltung der Baudenkmale“ 1850 als staatlicher Institution wurde die Kontroll- und Gutachtertätigkeit von den Professoren der Akademie der bildenden Künste in Wien ausgeübt, die als eine Art Kunst- und Denkmalinstanz der Monarchie fungierten. Im Rahmen der Zentralkommission nahmen sie in der denkmalpflegerischen Praxis eine beratende Tätigkeit ein, erstellten Gutachten und fungierten als Auskunftspersonen zu Fragen der Restaurierung, wodurch sie einen nicht unwesentlichen Einfluss ausüben konnten. Damit setzte das Zusammenwirken von staatlicher Denkmalpflege mit der Akademie, den ehrenamtlichen Konservatoren in den Kronländern, den Eigentümern sowie mit den am Objekt handelnden Restauratoren ein. Die allgemeine Erwartungshaltung an die Restaurierung war durch den zeitgenössischen Stil des Historismus geprägt. Das führte in der Wandmalereirestaurierung dazu, dass die meist durch unsachgemäße Freilegung reduzierten Wandbilder nach den Vorstellungen des ursprünglichen mittelalterlichen Erscheinungsbildes künstlerisch nachgebildet wurden. Diese stilgerechten Wiederherstellungen bedeuteten in der Regel mehr oder minder eine Überarbeitung von originaler Malerei und jedenfalls eine Rekonstruktion von fehlenden Bereichen. Dabei zeigt sich eine Entwicklung innerhalb des 19. Jahrhunderts von der vollständigen
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Conclusio
Neuherstellung beziehungsweise Übermalung der aufgefundenen Malereireste (StilRestaurierung als Nachbildung) hin zu einer Bewahrung der freigelegten Substanz mit komplettierenden Ergänzungen und Fehlstellenbehandlungen (Künstlerisch angeleitete Stil-Restaurierung). Parallel zum gebräuchlichen Restaurierziel einer vollständigen Nachbildung gab es im 19. Jahrhundert bereits immer wieder Stimmen, die mehr Zurückhaltung gegenüber der konkret überlieferten Substanz forderten. Eine erste Diskussion zwischen stilgerechter Nachbildung und Erhaltung fand 1873 aus Anlass der freigelegten Gewölbe- und Wandmalereien im Karner von Tulln statt. Die damals gestellte Forderung nach „Erhaltung, nicht Erneuerung“,1145 die bezeichnenderweise auch auf dem im gleichen Jahr in Wien stattfindenden kunstwissenschaftlichen Kongress ausgerufen wurde, meinte eine größere Zurückhaltung hinsichtlich einer Restaurierung als Wiederherstellung, schloss jedoch eine Anwendung von Retuschen und Ergänzungen mit ein. Die große Unzufriedenheit in der Zentralkommission mit den Ergebnissen der stilgerechten Nachbildungen führte schließlich zur Erarbeitung einer ersten allgemeinen Handlungsanweisung. Diese 1883 publizierten „Rathschläge in Betreff alter Wandgemälde in Kirchen, Schlössern“ 1146 stellten einen großen Fortschritt in der Wandmalereirestaurierung dar. Indem sie auch die Substanz der Malerei thematisieren, spiegeln sie die zeittypische Ambivalenz im Verständnis von einem zu erhaltenden „Original“ wider, nämlich auf der einen Seite als dokumentarisch überlieferte Substanz und auf der anderen Seite als Bildwerk beziehungsweise als künstlerische Schöpfung im gesamten ursprünglichen Umfang. Substanz und Bild wurden damit als eigenständige Parameter verstanden, die unterschiedlich und letztlich noch unentschlossen gewichtet wurden. Obwohl die Bemühungen groß waren, hinsichtlich der Einbeziehung der freigelegten Substanz nach diesen methodischen Vorgaben zu arbeiten, lag den meist als akademischen Malern ausgebildeten Künstler-Restauratoren eine rein künstlerische Auslegung der Leitlinien weitaus näher. Daraus resultierte weiterhin ein hoher Grad an stilgerechten Ergänzungen und Teilübermalungen. Dennoch unterschieden sich diese künstlerisch angeleiteten Stil-Restaurierungen von den vollständigen stilgerechten Wiederherstellungen durch eine Differenzierung der Vorgangsweise je nach überliefertem Erhaltungszustand sowie durch eine größere Zurückhaltung bei den zu setzenden Maßnahmen und eben durch eine methodische Herangehensweise, obwohl sie ein ähnliches Restaurierziel anstrebten. Mittels zeichnerischer Farbstudien oder Schwarz-Weiß-Fotografien wurde der freigelegte Bestand und Zustand dokumentiert, was nicht zuletzt der kunstwissenschaftlichen Forschung zugute kam. Als Folge der gestiegenen Wertschätzung der faktisch überlieferten Originalsubstanz wurden diese Dokumentationen ebenso zu fixen Bestandteilen von Restaurierungen wie die (Vor-)Untersuchungen beziehungsweise Gutachten, die
1145 BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873. 1146 Normative 1883.
247
Conclusio
zusammen mit aquarellierten Farbstudien als Grundlage für die Definition eines Restaurierziels dienten. Festzuhalten ist dabei auch, dass sich in dieser Phase die grundlegenden Merkmale heutiger restauratorischer Handlungsweisen manifestierten. Der sogenannte Paradigmenwechsel in der Denkmalpflege um 1900 brachte die entscheidende Umgewichtung von der restauratorisch-wiederherstellenden Linie zur konservatorisch-bewahrenden Linie mit sich. In der Folge musste sich die Bildwirkung dem Maßstab der erhaltenen Substanz bis hin zum Verzicht auf eine geschlossene Gesamtwirkung unterordnen. Ein Generationenwechsel, neue Programmschriften sowie strukturelle Umstellungen innerhalb der Zentralkommission veränderten die zuvor beschriebenen Handlungsweisen und begründeten eine neue, sogenannte „moderne Denkmalpflege“, wie sie von den Protagonisten selbst bezeichnet wurde.1147 Seitens der staatlichen Denkmalpflegeinstitution distanzierte man sich von den historisierenden Restaurierungen und forderte mehr Zurückhaltung im Umgang mit der überlieferten Substanz und dem Original, das nun vorrangig als authentisches Dokument mit den Spuren seiner Geschichte verstanden wurde. Die neuen theoretischen Leitlinien zur Wandmalereirestaurierung erarbeiteten nicht mehr künstlerisch ausgebildete Personen, sondern Kunsthistoriker wie Alois Riegl in seinem Gutachten „Zur Frage der Restaurierung von Wandmalerei“ 1148 aus dem Jahre 1903. Riegl stellte insbesondere die Wertschätzung der überlieferten Substanz in den Vordergrund und beschrieb differenzierte, neue Methoden im Umgang mit den farblichen Ergänzungen und Retuschen. Entsprechend seiner Systematik der Denkmalwerte, die von den Objekten nicht selbst mitgebracht, sondern vom Standpunkt des Rezipienten aus zugemessen werden, prüfte er die unterschiedlichen Vorgehensweisen und die dabei erzielbaren Restaurierungsergebnisse im Hinblick auf die verschiedenen Erwartungshaltungen der Betrachter. Für Riegl selbst standen zwar der Alterswert und die möglichst unberührte Erhaltung der überlieferten Substanz im Vordergrund, er schloss jedoch auch andere Interventionsmöglichkeiten im Rahmen einer Restaurierung nicht aus, da er erkannte, dass es sich bei der Entwicklung von Restaurierzielen immer um Abwägungsprozesse unter Einschluss der Betrachterstandpunkte handelt. Deshalb spielten selbst bei ihm Überlegungen zu farblichen Verstärkungen und Ergänzungen sowie Farbvertiefungen durch Imprägnierungen eine gewisse Rolle. Mit diesen theoretischen Formulierungen fand ein ganz wesentlicher Fortschritt in der Entwicklung der Wandmalereirestaurierung hin zu einer Methodik in Abhängigkeit von den Denkmalwerten statt. Dies spiegelte jedoch nicht die damalige Praxis wider, in welcher die strenge methodische Umsetzung der neuen Leitlinien nur in seltenen Fällen gelang. Wegweisend für die Entwicklung in der restauratorisch-technischen Behandlung von Wandmalereien war auch der Aufsatz „Die Erhaltung alter Wandmalereien“ 1149 von Georg Hager 1903, in welchem er seine praktischen Erfahrungen
1147 Hager 1903, S. 117-120, Lange 1906, Tietze 1907, S. 177–197, Dvořák 1918 und Bacher 1995. 1148 MZK 3, 2, 1903, Sp. 14–31. 1149 Hager 1903, S. 117–120.
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Conclusio
klar in Grundsätzen formulierte. Die Vorgehensweisen und einzelnen Berichte der Restauratoren in Österreich lassen darauf schließen, dass sein Text auch hierzulande Verbreitung gefunden hat. Der neu eingeschlagene Weg wurde in der Zentralkommission konsequent in der Person von Max Dvořák fortgesetzt, der die Grundsätze Riegls weiterführte und in die Praxis umzusetzen wusste. Die damit einhergehende Abkehr von geschlossenen Bildwerken hin zu fragmentarischen Erscheinungsbildern stieß insbesondere beim Klerus im Hinblick auf die religiöse, pastorale Funktion der Bilder auf Ablehnung. Dazu kam, dass durch die kunsthistorisch motivierte Zunahme von Wandmalereifreilegungen und durch die denkmalpflegerische Orientierung auf fragmentarische Erscheinungsbilder barocke beziehungsweise historistische Raumeinheiten nicht selten zerstört wurden. Indem die vollständigen Regotisierungen von Räumen als Restaurierziel zu Ende gekommen waren, trat eine Vereinzelung und Isolierung der Wandmalereien im Raum ein, welche wiederum die Akzeptanz fragmentierter Bildwirkungen als Ergebnis einer modernen wissenschaftlichen Denkmalpflege begünstigte. In dieser Phase fand ein Übergang vom Tätigkeitsprofil des Künstler-Restaurators zu jenem des Restaurators statt, der in der methodischen Weiterentwicklung begründet liegt. Die Bemühungen um die Einführung einer staatlichen Ausbildung für Restauratoren scheiterten nach wie vor an der Ablehnung durch die Professoren an der Akademie. Selbst die wenigen Restaurierungskurse mussten nach kurzer Zeit aufgrund von Geldmangel wieder eingestellt werden, obwohl man dringend nach den neuen Ansprüchen ausgebildete Restauratoren benötigt hätte. Die Restauratoren standen in dieser Übergangsphase nicht selten zwischen den Interessen der neuen denkmalpflegerischen Anforderungen und der noch vermehrt der traditionellen Restaurierung anhaftenden Auftraggeber. Diese befürchteten, ihre Gotteshäuser könnten als Museen angesehen werden, wenn bei Restaurierungen die Geschlossenheit oder auch Neuwertigkeit der Wandmalereien kein Anliegen mehr wäre. Interessant ist, dass sich die restauratorisch-denkmalpflegerische Herangehensweise in jenen Fällen unterschied, in denen eine mittelalterliche Wandmalerei nie übertüncht worden war. Im Gegensatz zu den neu entdeckten und freigelegten Malereien zeigte man hier einen weitaus größeren Respekt gegenüber dem überlieferten Zustand der historischen Substanz. Bei den bereits sichtbar vorhandenen Wandmalereien stellte sich allerdings bisweilen die Frage, wie mit einem historisch gewachsenen Zustand an qualitätsvollen Übermalungsanteilen aus jüngeren Epochen umzugehen sei, wie dies 1915 von Robert Eigenberger in seinem Aufsatz „Über einige Fragen zur praktischen Denkmalpflege“ 1150 behandelt wurde. Eigenbergers Position entsprach dem neuen Denkmodell der modernen Denkmalpflege, indem er die Einbeziehung und Wertschätzung aller Epochen, also auch der historistischen, forderte. Diese Übergangsphase um und nach 1900 brachte unterschiedliche Restaurierungsergebnisse hervor, was die Bandbreite zwischen theoretischer Vorstellung und praktischer Umsetzung
1150 MZK 3, 14, 1915, S. 198–209.
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Conclusio
aufzeigt. Einen der größten Fortschritte in dieser Entwicklungsstufe stellten mit Sicherheit die ersten rein auf die Substanzerhaltung ausgerichteten Konservierungen dar, die auf jegliche farbliche Ergänzung und Retusche verzichteten und wegweisend für spätere Restaurierungen werden sollten. Eine derartig zurückhaltende Vorgehensweise war in dieser Phase noch mehr als in jeder anderen von der richtigen Konstellation aufgeschlossener Konservatoren, Auftraggeber und handelnder Restauratoren abhängig. Ebenso wurden neue Integrationsmethoden entwickelt, die insbesondere auf die Unterscheidbarkeit zwischen überlieferten Anteilen und Retuschen abzielten. Durch die Erlassung des Denkmalschutzgesetzes 1923 erlangte das Denkmalamt erstmals Behördenfunktion. Damit war ein Instrumentarium geschaffen worden, das den (Landes-)Konservatoren des Bundesdenkmalamtes eine rechtliche Handhabe und damit Unterstützung in der Umsetzung denkmalpflegerischer Ansätze gab. In der Kunstgeschichte war zu jener Zeit die authentische Substanz als unverfälschtes Dokument ein fester Bestandteil der Kunstbetrachtung geworden. Die damit einhergehende Auslegung des Originalbegriffs führte dazu, dass man fragmentarische Erscheinungsbilder nicht bloß in Kauf nahm, sondern sie viel mehr als Nachweis des Originalwertes zu sehen und schätzen lernte. Die radikalste Ausprägung dieser Entwicklung führte zur bedingungslosen Entfernung der Übermalungen aus den älteren und jüngeren Restaurierungsphasen. Die Abnahme dieser Übermalungen erfolgte dabei meist ohne kritische Diskussion, systematische Materialprüfung oder Dokumentation des Vorzustandes. Dies fand unter dem Fachbegriff der „Entrestaurierung“ Eingang in den Sprachgebrauch der Denkmalpflege. Mit der Einführung von Landeskonservatoren in den einzelnen Ländern wurden die Restaurierprojekte gewissenhafter überprüft. Mit Otto Demus wurde die methodische Herangehensweise in der Wandmalereirestaurierung in Kärnten besonders nachdrücklich verankert und zielstrebig weiter verfolgt. Erst in dieser Phase fanden die theoretischen Leitlinien von Riegl und Hager breite Anwendung in der Praxis. Die Handlungsweise wurde dabei auf eine streng kunsthistorisch-wissenschaftliche Basis mit striktem Blick auf das „Original“ in Gestalt der unberührten Substanz gestellt; daher spricht man für diese Phase auch von „kunsthistorisch angeleiteten Restaurierungen“. Dies wurde auf Grund einer Freilegungswelle in den 1920er und 1930er Jahren, die vom Interesse der Kunstgeschichtsforschung angetrieben wurde, in Kärnten besonders relevant. Als problematisch anzusehen ist es, dass der aus dem Blickwinkel der Kunsthistoriker und Denkmalpfleger absolut gesetzte Erhaltungszustand nach der Freilegung über weite Strecken weiterhin das Ergebnis mangelhafter Freilegungstechniken war, die sich auf Ebene der handelnden Restauratoren nicht mit der progressiven Denkmalpflege mitentwickelten. Somit entstanden während der Freilegung nach wie vor erhebliche Schäden an den zum Großteil als Kalkmalerei beziehungsweise in Seccotechnik ausgeführten mittelalterlichen Wandmalereien, die dann der originalen Existenz gewissermaßen zugerechnet wurden. Die Schwerpunkte einer kunsthistorischen Abhandlung veränderten sich nicht wesentlich, da selbst eine ikonographische Beschreibung noch bei reduzierten Wand-
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Conclusio
bildern zuverlässig ausgeführt werden konnte. Aufgrund der reduzierten Malereizustände wurde die Analyse der meist freskal abgebundenen und daher nach der Freilegung jedenfalls noch erhaltenen Unterzeichnung ein wichtiger Aspekt der Kunstbetrachtung. Diese kunsthistorischen Interessen hatten im Umkehrschluss wiederum für die Wandmalereirestaurierung weitreichende Folgen, da viele der Kunsthistoriker in der Denkmalpflege tätig waren und ihr Einfluss auf laufende Restaurierarbeiten somit stieg. In manchen Fällen führte dies zu Ergänzungen auch in jenen Bereichen, wo genauere Anhaltspunkte fehlten und dadurch fiktive mittelalterliche Stilbilder erzeugt wurden. Dem immer stärker werdenden kunstwissenschaftlichen Verständnis von Restaurierung entsprach die Forderung nach eindeutiger Erkennbarkeit von Hinzufügungen und nach einer klaren Trennung zwischen Retuschen und originaler Malerei. Die Grundsätze der modernen Denkmalpflege in der Restaurierung waren außerdem wahrnehmungsorientiert und somit auch auf Wirkungen fokussiert. Daraus ergab sich eine Ambivalenz zwischen der Präsentation der unveränderten Anteile originaler Substanz als Faktor der Authentizität und einer ungestörten Gesamtwirkung als Faktor der Wahrnehmung, innerhalb derer Fehlstellen und Lücken keine Störungen bilden sollten. Dies forderte einen nächsten wichtigen Entwicklungsschritt in der Wandmalereirestaurierung in Richtung methodischer und qualifizierter Integrationsmethoden heraus. Entscheidend für die Umsetzung war der Zusammenhang zwischen der programmatischen kunsthistorischen Erwartungshaltung und den immer differenzierteren Fähigkeiten der handelnden Restauratoren. Gerade in Kärnten agierte man in dieser Entwicklungsphase besonders fortschrittlich, was auch eine Vorbildwirkung für die übrigen Bundesländer hatte. Einen Meilenstein für den Berufstand der Restauratoren stellte schließlich die Umsetzung der Forderung nach der Einrichtung einer akademischen Ausbildung für Restauratoren an der Wiener Akademie im Jahre 1933 dar. Das Interesse der Fachklasse galt insbesondere der Restaurierung von Leinwand- und Tafelmalerei beziehungsweise von Holzplastiken, jedoch nicht so sehr der Wandmalerei. Als Folge des Zweiten Weltkrieges entstanden wichtige internationale Institutionen, die sich mitunter eine Verbesserung der Ausbildungssituation von Restauratoren zur Aufgabe machten. So wurden österreichische Wandmalereirestauratoren zur Fortbildung nach Italien geschickt. Durch eine immer stärker werdende internationale Vernetzung versuchte man, sich besonders an der neuen italienischen Restauriertheorie zu orientieren, welche die Maxime der unbedingten Substanzerhaltung mit neuen Methoden der ästhetischen Präsentation in einer besonders strengen Methodik zu vereinen trachtete. Obwohl man mit Geldnöten kämpfte, wurden in Kärnten, bedingt durch die vielen Kirchenrenovierungen in der Nachkriegszeit, eine ungemein große Zahl neuer Entdeckungen gemacht, was wohl den Höhepunkt der Freilegungswelle an mittelalterlicher Wandmalerei in Österreich darstellte. Das hatte zur Folge, dass die neuen methodischen Ansätze und Entwicklungen vorerst kaum greifen konnten. Vielmehr wurden lokalen, rein handwerklich ausgebildeten Kräften Aufgaben übertragen, denen sie nicht gewachsen waren, was nicht nur im Mangel an geeigneten
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Conclusio
Fachkräften in den Aufbaujahren begründet lag. Freilegungen und Restaurierungen wurden aus Zeit- und Kostengründen öfters im Zuge von Kirchenrenovierungen von den Kirchenmalerfirmen mitausgeführt, die sich noch dazu durch ein relativ kurzes Prüfungsverfahren als staatlich anerkannte Restauratoren legitimieren lassen konnten. Andererseits übten internationale Entwicklungen, wie die Methoden zur Abnahme von Wandmalereien oder neuer Retuschemethoden ihre Einflüsse in Österreich aus. So bot die von Rom ausgehende Tratteggio-Retusche eine methodisch konsequente Möglichkeit, gestaltwirksame Fehlstellen durch eine abstrakte Schichtung von farbreinen Strichen in der Wahrnehmung in die Gesamtform einzubinden. Die restauratorische und künstlerische Qualität in der Behandlung von Fehlstellen stieg damit deutlich an, was einen weiteren Entwicklungsschritt darstellte. Das große Interesse an mittelalterlicher Wandmalerei wurde durch Projekte wie die Anfertigung originalgroßer Wandmalereikopien oder durch Ausstellungen abgenommener Wandbilder deutlich. Diese Unternehmungen wurden in hohem Maße von dem Pessimismus ausgelöst, dass Wandbilder im Zusammenhang der Bauwerke langfristig nicht erhalten werden können. Die in der Arbeit besprochenen Leitlinien stellen Meilensteine in der Entwicklung der österreichischen Wandmalereirestaurierung dar und waren wesentliche Faktoren für die jeweiligen denkmalpflegerischen und restauratorischen Richtungsänderungen. Ihre Umsetzung in die Praxis stellte die ausführenden Restauratoren jedoch vor große Herausforderungen, da bei jedem Objekt – abhängig von der Problemlage – eine individuelle Überprüfung stattfinden muss und die notwendigen Arbeitsschritte flexibel eingesetzt werden müssen. Das wurde allerdings schon früh erkannt. Daher kann es keine allgemeingültigen Normen in der Denkmalpflege und Restaurierung geben. Die im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts begonnene begriffliche Abgrenzung zwischen „Konservierung“ und „Restaurierung“ führte zu einer Kontrastierung, die sich erst im Laufe der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts wieder auflösen sollte und durch eine Gleichstellung der beiden Begriffe ersetzt wurde. An der Wiener Akademie wurde die „Meisterschule für Konservierung und Technologie“ schließlich 1983 in „Meisterschule für Restaurierung und Konservierung“ 1151 umbenannt. Eine vertiefte akademische Ausbildung für die Restaurierung von Wandmalerei bestand ab 1984 nur für einige Jahre durch einen Lehrauftrag des Schweizer Restaurators Oskar Emmenegger und etablierte sich erst 1995. Die allgemeinen Ausbildungsmöglichkeiten hatten sich jedoch ab den 1950er Jahren durch individuelle Fortbildungsmöglichkeiten in Italien und durch die Weiterentwicklung der Lehrpläne an der Akademie verbessert. Dies geschah vor dem Hintergrund einer kontinuierlichen Weiterentwicklung und methodisch-wissenschaftlichen Ausdifferenzierung der Disziplin der Restaurierung in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts im internationalen Austausch. Wesentliche Merkmale waren eine kritischere Betrachtungsweise im Antagonismus zwischen der
1151 Baatz/Kaml 2007, S. 42, 43 und Baatz 2015, S. 6–8.
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zu bewahrenden Substanz und des zu bewahrenden Kunstwerks, im Vorfeld durchzuführende Recherchearbeiten zur Restauriergeschichte, begleitende materialwissenschaftliche Untersuchungen, die Entwicklung neuer Materialien und neuer Restauriermethoden, sowie genauere Bestands- und Zustandserhebungen und Dokumentationen. Daraus ergab sich eine deutliche Abkehr von einer rein handwerklich oder künstlerisch bestimmten hin zu einer (material-)wissenschaftlich fundierten Vorgehensweise, die den Restaurator zunehmend in einem interdisziplinären Feld mit geistes- und naturwissenschaftlichen Fachbereichen verankerte. Das restauratorische Ethos konvergierte vor dem Hintergrund der Verwissenschaftlichung dieser Disziplin zunehmend mit dem kunsthistorisch-denkmalpflegerischen Anspruch auf Unversehrtheit der überlieferten dokumentarischen Substanz von Kunstwerken. Die vorliegende Arbeit zeigt, dass an den jeweiligen Entwicklungsstufen ein entscheidender Zusammenhang zwischen den künstlerischen beziehungsweise kunsthistorischen Erwartungen sowie den denkmalpflegerischen Positionen und den technischen, künstlerischen sowie intellektuellen Zugängen seitens der handelnden Restauratoren gegeben war. Die maßgebenden Denkmalpfleger waren Kunsthistoriker, die durch ihre Auffassungen vom Originalbegriff und von den bestimmenden Faktoren der Stilentwicklung das Erscheinungsbild von Wandmalereien wesentlich prägten. In allen hier beschriebenen Phasen, ob im 19. oder 20. Jahrhundert, führte der eingeschlagene Weg, mittelalterliche Wandmalereien zu restaurieren, meist zu einer Veränderung ihres Zustandes beziehungsweise häufig zu einer Reduzierung der Substanz, obwohl man immer bestrebt war, gerade diese möglichst lange zu erhalten. Somit bleibt als unabweisbares Faktum der restauratorischen Nachgeschichte der Bildwerke, dass durch Interventionen Wandmalereien heute in ihrer Bildwirkung meist nicht ihrem ursprünglichen Aussehen entsprechen, sondern das Gebilde und der Ausdruck einer bestimmten Restaurierungsepoche sind. Dies wird an der Geschichte der österreichischen Wandmalereirestaurierung am Beispiel Kärntens deutlich, die durch kunsthistorische Erwartungen, denkmalpflegerische Grundsätze und konservatorisch-restauratorischen Methodenwandel geprägt ist und wiederum zur Referenz für die Ziele nachfolgender Restaurierungen wurde.
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6. Anhang 6.1 Quellentexte zur Wandmalereirestaurierung
Teil I: 1800 –1900 I.1 Anleitung zur Retusche an neu gemalten Fresken, 1846: „In ein Quast Weingeist von ungefähr 35–36 Grad werden 4 Unzen gebleichter Schellack, ½ bis 2 Unzen Galipot, auch weisses Fichtenharz, Baurenweihrauch, Waldrauch etc. genannt, aufgelöst und der Auflösung hierauf noch 10 Gran Kampher zugegeben. Die Farben werden hiezu in Branntwein fein gerieben, je feiner, desto schöner, und es können alle und jede Sorten von Farben genommen werden, welche wir zur Frescomalerei als tauglich angeführt haben. Diese Farben werden auf der Palette mittelst der Spatel mit oben angegebener Mischung verdünnt und sodann gemalt. Es versteht sich, dass nur Schatten retouchirt werden können, und verstärkt oder durch Schraffirungen geändert; von Uebermalen kann jedoch keine Rede sein. Die Farben dürfen nur ganz dünn aufgetragen werden und auf keine Stelle darf man überhaupt zweimal kommen, weil sonst die Farben Glanz bekommen würden, was auf das Eigenthümliche der Frescobilder sehr nachtheilig einwirken würde, und keines Falls einen guten, sondern einen störenden Eindruck veranlasste. Die Frescogemälde müssen, bevor man mit dieser Retouche kommt, wenigstens 8 Tage vollendet sein und durchaus keine nassen Flecken mehr besitzen; diese Retouche ist gewiss sehr anwendbar und besitzt die grösste Dauer. Ihre Farben sind in Zeit von einer halben Stunde hart, verändern sich nie, und überdauern ganz bestimmt noch die eigentlichen Frescogemälde. Um die Harze im Firniss noch besser aufzulösen, darf man den letzteren nur auf einen warmen Ofen stellen und von Zeit zu Zeit tüchtig rütteln.“ (Frescomalerei 1846, S. 99, 100) I.2 Persönliche Notiz von Josef Matthias Trenkwald: Herstellung von „Käseleim“: „Bereitung des Käseleim für Vermischung der Farben und Retouchiren von Fresken, Doppelkohlensaures Kali und Topfen 1 zu 100“: „Topfen (möglichst trockner magerer) wird in einem mit Wasser gefüllten Lavoir so lange ge… tet (?) bis alle Fettigkeit entfernt ist; das Wasser wird zeitweise abgegossen und […] erneuert bis keine Fettaugen mehr oben schwimmen / [d]ann wird eine Messerspitze voll Doppelkohlensaurem Kali auf dem Reibstein mit einem Tropfen Wasser angefeuchtet und gerieben (?); während des Reibens wird nun nach und nach immer eine Quantität Topfen zugesetzt
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und verrieben und dies geschieht so lange bis die ganze verriebene Maße durchsichtig / etwa wie gekochte Stücke / bleibt. […] wird diese Maße mit destilliertem Wasser in der Weise verdünnt, dass sie etwa wie Milch aussieht und wird sodann in einer Flasche gut verpfropft zum Gebrauch für den Tag oder für den kommenden Morgen aufbewahrt. Länger aufbewahrt, verdickt sie. Der oben am Hals der Flasche sich abstoßende fettige Schaum wird vor dem Gebrauch abgeschöpft und entfernt. Mittels dieser milchartigen Flüssigkeit werden nun die Farben durch […] iges Eintauchen des Pinsels gemischt und aufgetragen. Die Pinsel sind vor Gebrauch (die Bindung sowohl als der halbe Stil) mit Siegellack in Spiritus aufgelöst zu überziehen (?), an jedem Abend aber in Essig auszuwaschen, wodurch sie große Geschmeidigkeit erlangen und sich gut […].“[…] Mörtel: Nimm etwas von denselben Kalk, womit du […] und lege ihn zum Trocknen in die Sonne. Dann brenne ihn ziemlich viel im Ofen – oder im Feuer, dann reibe ihn und arbeite damit. Versuche ihn ebenfalls auf der Zunge, wenn er bitter oder scharf ist wie der andere womit du Anwurf machst, so lass ihn, weil er Kruste bildet und sich nicht behandeln lässt –wenn er aber nicht bitter ist sondern rein fade (?), so kannst du ungehindert arbeiten.“ (Persönliche Notiz von Trenkwald, in: Frescomalerei 1846, Seite 1) I.3 Mödling, Karner: Eduard von Sacken über seine Freilegung, 1858: „Sehr geringe Spuren von Farbe, die in der Halbkuppel der Apsis unter der Tünche sichtbar waren, führten mich auf die Vermuthung, das sie al fresco ausgemalt gewesen sei. Mit nicht geringer Mühe löste ich die mitunter sehr fest haftende Kalkschicht vorsichtig ab und hatte die Freude, dass ein vollständiges Bild, das dem Style der Zeichnung nach ohne Zweifel mit dem Bau gleichzeitig ist, also dem XII. Jahrhundert angehört, durch die Tünche aber vielleicht seit Jahrhunderten unsichtbar war, zum Vorschein kam.“ (MZK 1858, S. 266, 267) I.4 Tulln, Karner: Eduard von Sacken an die ZK vor Beginn der Restaurierung, 1873: „Die Restaurierung der überaus schadhaften und nur wenig mehr sichtbaren Fresken in der Tullner Capelle soll sich nach meinem Dafürhalten nur auf das Maß des Notwendigen zur Erhaltung des Bestehenden und zu dessen Verdeutlichung, soweit dieselbe durch die vorhandenen Spuren möglich ist, erstrecken, keineswegs aber, wie es nach dem inliegenden Protocolle beabsichtigt zu sein scheint, auf eine völlige Übermalung und gar Conzeption neuer Figuren, wo keine deutlichen Spuren von alten vorhanden sind. Ich denke mir dies so, dass 1. Die Wandmalereien von der Tünche möglichst befreit sodann 2. die unterbrochenen Conturen zusammengehängt 3. die Ausfüllung mit Farbe nur dort, wo auch unterbrochene Farbenreste vorhanden sind, durch Zusammenhängen derselben genau im Ton der alten Farbe vorgenommen werde. Es fordert hier ein ebenso feines Verständnis, als eine schonende und sichere Hand. Nach meinen Begriffen von Gemälde-Restauration soll kein Fleckchen des Vorhandenen übermalt werden, wo keine sicheren alten Anhaltspunkte
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vorhanden sind, nicht dazu gemalt werden. Die Wandgemälde sollen ja nicht aussehen, als seien sie eben gemacht, oder so, wie man sich denken könnte, dass sie einmal ausgesehen haben, sondern sollen Ruinen, wie sie, besonders in der Tullner Capelle sind, bleiben und nur erhalten und bis auf einen gewissen, aber beschränkten Grad sichtbar gemacht werden. Sind zum Beispiel Conturen unterbrochen, die sich aber ganz gut verfolgen lassen, so kann man sich schon erlauben, die unterbrochenen Teile zu verbinden, wodurch das Bild an Deutlichkeit gewinnt, sind aber die Spuren so mangelhaft, dass sich die Zeichnung nicht mit voller Sicherheit erkennen lässt, so lasse man sie lieber wie sie sind, als dass man etwas – möglicherweise falsches – dazu componiert. Zum Verstärken der Konturen empfiehlt sich gewöhnlicher Rötel trocken oder die sog. Totenkopffarbe, gebrannte Terra di Siena als Wasserfarbe. Noch behutsamer soll mit der Ausfüllung der Konturen durch Farbe vorgegangen und bloß nach den sichersten Indizien in der beschriebenen Weise, mehr andeutend von der Farbe Gebrauch gemacht werden. Am zweckmäßigsten ist Wasserfarbe mit Kalkwasser. Es bedarf hier eine besonders behutsame, fein andeutende Hand. Ich bin entschieden gegen jede Restauration, welche die kaum mehr in Spuren sichtbaren Wandmalereien herstellen will, wie sie einst gewesen sein sollen, am entschiedensten aber gegen das Bemalen der Kuppel mit Blau und goldenen Sternen und zwar gegen letzteres darum so entschieden, weil dies ein völliges Neumalen der Bilder nach sich ziehen würde, daher hätte zur Folge, dass man die schadhaften architektonischen Bestandteile erneurn müsste, und man würde am Ende, statt des alten Denkmals erhalten, es in ein neues fremdartiges mit großen Kosten umgewandelt haben. Aus dem Vorschlag zur Bemalung der Kuppel mit Blau und goldenen Sternen glaube ich entnehmen zu dürfen, dass Herr Storno die Aufgabe, um die es sich hier handelt, durchaus nicht begreift. Ich für meinen Teil kann die Mithilfe der C.C. nur unter der Bedingung beantragen, dass in der oben erwähnten äußerst vorsichtigen und riscanten Weise mit der Erhaltung, nicht Erneuerung der höchsten Wandgemälde vorgegangen werde. Ich halte die Sache für wichtig und heikel, es ist das erste mal, dass die C.C. in der Lage ist, eine Restauration mit einer größeren Summe zu unterstützen, also liegt viel daran, dass dieselbe ganz entsprechend ausgeführt wird. Ich bitte daher, die Angelegenheit noch Herrn A. v. Camesina und Herrn Prof. Karl Mayer zur möglichst beschleunigten Begutachtung zu übergeben und letzteren aufzufordern, sich über die einzuhaltenden Vorgaben bei der Restaurierung durch den Augenschein zu überzeugen. Bis dies geschehen sein wird, beantrage ich, jede Arbeit an den Wandgemälden zu sistieren, dagegen die Einrüstung in Angriff zu nehmen, damit Prof. Mayer in der Lage sei, die Bilder in der Nähe betrachten zu können.“ (BDA-Archiv, Hofburg, Akt Tulln Karner, P.N. 146 CC, 10.07.1873) I.5 Tulln, Karner: Bericht in den MZK über die ausgeführte Restaurierung, 1873: „[Storno] reinigte [die Malereien] mit […] der in diesem Specialfache gemachten
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Erfahrungen so dass die Contouren sichtbarer hervortraten, fixirte dieselben mit kunstgeübter Hand nach reiflichem Studium und stellte sie – alle Schwierigkeiten bewältigend – mit pietätvoller Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit wieder her. Dieselben Bilder, welche jetzt [wieder] wie neu aussehen, sind jedoch wenigstens 600 Jahre alt und gehören zu den besterhaltenen Frescogemälden aus der romanischen Periode in Österreich. […] Die ehemalige Farbenpracht und reichliche Vergoldung konnte zwar nicht wieder hergestellt werden, doch sind die Bilder mit gewissenhafter Beibehaltung des alterthümlichen Kunstcharakters zur allgemeinen Zufriedenheit restauriert worden.“ (MZK XVIII, 1873, S. 280) I.6 Tulln, Karner: Karl Lind über die Intention der Restaurierung, 1873: „Bei dem in neuerer Zeit erwachten Kunstsinne war eine totale stylgemässe Restauration im Innern und Äusseren der altehrwürdigen Dreikönigscapelle eine unabweisbare Nothwendigkeit, ja eine Ehrensache der Stadt Tulln“. (Lind 1873, S. 48, 49) I.7 Beschluss der ZK eine „Belehrung über die Conservierung“ zu erarbeiten, 1882: „[…] eine Belehrung über die Conservirung in populärer Form zu verfassen und dieselbe möglichst zu verbreiten. Im Laufe dieses Jahres behielt die Central-Commission diesen Gegenstand in Evidenz und referirte Professor Trenkwald über den von den Herren Baron Sacken und Schellein verfaßsten, vom Special-Comité für GemäldeRestaurirungen vorgelegten und zur Hinausgabe an die Conservatoren und Corespondenten, wie zur weiteren Verbreitung überhaupt geeignet befundenen Entwurf in Bezug auf Conservirung alter Wandmalereien in Kirchen, Schlössern etc. Die Versammlung anerkannte die Nothwendigkeit der Hinausgabe einer solchen Anleitung und genehmigte den vorgelegten Entwurf, der sofort publicirt wurde.“ (MZK N.F. VIII, 1882, S. VII, VIII) I.8 Terlan: Anweisung der ZK zur Wandmalereifreilegung, 1882: „Die bewährteste Methode zum Bloßlegen alter Fresken ist noch immer die auf trockenem Wege. Vor allem ist eine gründliche Untersuchung der Mauerfläche nötig, um herauszufinden, welche Stellen derselben gesund sind, und jene, an welchen der Mörtel unter dem Bilde hohl ist oder durch Feuchtigkeit morsch wurde oder gar vom Salpeter zerstört ist. Das wichtigste Instrument zu dieser Untersuchung ist ein Hammer von Holz mit abgerundetem Kopfe, der nach keiner Richtung eine scharfe Kante oder Ecke hat, mit welchem man sorgfältig perkussiert und untersucht. Bei dieser Untersuchung ist besondere Vorsicht bei jenen Stellen anzuwenden, wo der Mörtel selbst hohl klingt, weil dort, bei etwas stärkerem Klopfen, die Gefahr nahe liegt, die Malerei selbst loszulösen. Diese formt man nach Bedürfnis rund oder spitz, breit oder schmal. Eiserne Spateln sind nicht anzuraten, weil man damit leicht die Farbenschichte zerkratzt. An Stellen, wo die ganze Mörtelschichte unter den Fresken
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selbst gelockert ist und daher das Klopfen nicht angezeigt wäre, überstreicht man die über den Fresken befindliche Tünche mit dünnem Kleister oder gekochter Stärke und blättert, nachdem dieser getrocknet hat, die dadurch aufgehobene Tünche sorgfältig weg. Nur muß man Acht haben an jenen weniger übertünchten Stellen, mit dem Kleister nicht etwa bis auf die Farbe selbst zu kommen, weil sonst diese ebenfalls sich loslösen würde. Nicht immer sind alte Malereien als Fresko gemalt, sondern sehr oft auch nur a tempera. Solche Bilder verlangen wegen ihrer geringeren Bindung mit den Mauerflächen um so größere Sorgfalt und vertragen am wenigsten die Anwendung von feuchten chemischen Mitteln wie zum Beispiel Essigsäure etc., denn diese würden nicht bloß die obere Tünche, sondern auch die untere angreifen und selbst das kohlensaure Kalkschutzhäutchen der Freskobilder zerstören“. (MZK N.F. VIII, 1882, S. LXV) I.9 Terlan, Marienkirche: Karl Atz über die Retuschetechnik, 1881: „[…] den in Firnis ganz dick angeriebenen Farben in Terpentin oder Benzin aufgelöstes Wachs beigemischt und die Farben beim Malen mit Terpentin immer wiederum genügend flüssig gemacht. Man nimmt zwei Theile Farbe und 1 Theil Wachs. Die so mit Wachs und Terpentin gemischten Oelfarben tragen auffallend viel bei, um bei den Bildern den alten Charakter leichter zu erreichen und sind überdies sehr haltbar und von Dauer“. (MZK N.F. V, 1881, S. LXV-LXVI) I.10 Maria Saal: Beurteilung von Josef Matthias Trenkwald über zwei Restaurierungen, von Berthold Winder (Kirche) und Johann Hintner (Karner), 1889: „Der Vergleich fällt leider nicht zu Gunsten Winders aus. […] Infolge der Anwendung eines geschwachen Bindemittels haben die Farbkörper wenig Haltbarkeit; an dem Luftwechsel stark ausgesetzten Bild in der Vorhalle haben Abblätterungen bereits stattgefunden […]. […] Hintners Restaurierung ist trefflich im Sinne des Originales mit vom Wachs durchtränkten also sehr haltbaren fast durchsichtigen Farben […], alte und neue Fractur deutlich wahrnehmbar.“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 493/1889) I.11 Brixen, Liebfrauenkirche: Johann (?) Moser zu den geplanten Restaurierungsarbeiten, 1890: „Überlegen wir wiederholt und wiederholt, bevor wir irgend welche restaurirenden Maßnahmen anrathen oder auch nur empfehlen. […] Lieber lasse man die Bilder übertüncht, als dass sie den ohnedies schon schmerzlichen Prozess der Freilegung durchmachen müssen, um dann in einem Zustand sich uns vorzustellen, der wohl für ein Kunstdenkmal als aus alter ehrwürdiger Zeit zulässig erscheint, beim kirchlichen Zwecke des Bilde[s] und im kirchlichen Raume aber aus begreiflichen Gründen nicht gern auf die Dauer geduldet wird“. (MZK N.F. XVI, 1890, S. 206)
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I.12 Theophil Melicher zum Thema Schutzüberzug, 1892: „[…] wie notwendig ein Schutzüberzug auch für die Zukunft der Freskobilder sei. Wie Ölbilder Schutz und Nachhilfe gegen das Austrocknen des Firnisses und dessen Verschwinden brauchen, in gleichem ja in erhöhterem Maße braucht es die Mauernmalerei. […] Ist das Bindemittel zerstört, so ist die Freske nur mehr gleich einem Pastellbild auf der Mauer, noch immer in der ursprünglichen Farbenkraft, aber nicht mehr befestigt. Nun genügt der bloße Wind, oder ein reinigender Besen um in kürzester Zeit das Zeugnis einer Kunstepoche schwinden zu machen. Dieses [ist] der eine Fall. Dann sind Farben, die schlechte Verbindungen eingehen, Flechten und Pilze, äußere, zerstörende Einflüsse einerseits – Krankheiten des Mörtels, bis auf die Seuche in der Mauer, den Mauerfraß andererseits. Letztere sind leider fast unheilbare Übel“. (Melicher 2012b, Brief 19.2.1892, S. 68) I.13 Pürgg, Johanneskapelle: Josef Matthias Trenkwald zum Thema Imprägnierung von Wandmalerei, 1893: „[…] um mehr Helligkeit der Malereien zu erhalten und um das trübe Bild aufzufrischen, [muss] entweder bei der Harz- und Wachstränkung ein zusätzlicher Aufheller eingebracht werden, oder die in Brixen verwendete Schellack- Tränkung [zur Anwendung kommen]. [Zwecks einer Verbesserung empfiehlt Trenkwald] „weniger öliges Petrol sondern ein Gutteil Benzin als das flüchtigere Element beizumischen. Die Streichung mit Schellack oder Sandlack, die Sie [Melicher] in Pürgg noch nicht angewandt haben, scheint sicher gut und dienlich zur Erlangung größerer Helligkeit und Frische des Gesamttones und für die Zukunft empfehlenswert“. (Melicher 2012b, Transkription Fam. Melicher, S. 104 und Melicher 2012b, Brief im Oktober 1893, S. 105) I.14 Pürgg, Johanneskapelle: Josef Matthias Trenkwald zum “Restaurierungsverfahren“, 1892: „[Ich glaube nicht, dass] weder die Anschauung der Fürstin noch des Grafen noch sonstiger Interessenten die h. Comm. von dem Gesichtspunkte wissenschaftlicher Restaurierung abzubringen imstande sein dürften. Das Restaurierungsverfahren, die Methode des Vorgehens und angewandten Materialien entsprechen den Anforderungen aber auch in technischer Hinsicht. Die Buntheit und das derbe Colorit ist nicht etwa das Ergebnis von unberechtigter Uebermalung, sondern die Folge transparenter Wachslösung, womit die Bildfläche getränkt wird und welche zwei nicht zu unterschätzende Vortheile gewährt. 1. kommt Alles u. Jedes zum Vorschein was noch vom Originale vorhanden bis zum allerfeinsten flüchtigsten Pinselstrich des alten Künstlers. 2. wird die Wachs durchtränkte Malerei gegen die zwei ärgsten Feinde, Verwitterung und Feuchtigkeit dauernd geschützt. Jene Buntheit und Derbheit des Colorites aber schwindet mit der Zeit, wenn das ätherische Öl verdunstet, binnen
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weniger Monaten wenn Luft und Sonne wirken, langsamer falls einer dieser Factoren fehlt oder der Zustand des Mauermaterials ein minder günstiger ist; aber schwinden wird sie und damit auch der böse Umstand: daß die leeren weiß gelassenen Stellen derzeit umso greller herausstechen und so manches Auge beleidigen, das an des sanften, immer mehr verblassenden Tönung des unberührten Originales seine Freude und sein Genügen fanden.“ (Melicher 2012b, Brief 28. 7. 1892, P.Nr. 1014) I.15 Pürgg, Johanneskapelle: Theophil Melicher über seine Retuschetechnik, 1893: „Ich muß gestehen eine Grenze zwischen Austupfen, Lasieren etc. zu ziehen, war in Pürgg enorm schwer. Um die Bildwirkung zu erreichen, blieben die wenigsten Stellen unberührt. So ist ein neues erlösendes Problem für bloßgelegte Malereien geschaffen. Ich werde meine ganze Kraft daran setzen, diese Lösung zu erreichen. Die Flickschusterei in Pürgg machte mir wenig Freude.“ (BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, Brief 8. 8. 1893) I.16 Chudenic: Theophil Melicher zum Thema Schutzüberzug auf Wandmalerei, 1899: „[Mit der Imprägnierung konnten die] letzten Farbreste […] auf den Untergrund [fixiert werden]. Durch das Bindemittel, das wieder die alte Farbe erhält, wird sie auch gleichzeitig etwas gekräftigter und klarer im Farbwerthe erscheinen, ohne daß eine Übermalung oder neuer Farbenzusatz erfolgt. Dieses ist um das Original zu erhalten auf alle Fälle zu vermeiden. Nur an den auffallenden Stellen, wo in erhaltenen Farbflächen durch größere störende Risse, Kratzer oder Bruchstellen der Untergrund sichtbar wird, können diese mit neuer Farbe zugetuscht werden“. [Dabei erwähnt er auch die zweite Hauptaufgabe der Restaurierung], „durch Farbergänzungen und theilweise Überlassierungen in einen einheitlichen gleichwerthigen Charakter zu bringen, um hiemit die Vortragsweise und Zeichnung dauernd wieder zu erhalten […], wobei jede Übermalung oder weitere Anwendung von Farbe an den Originalresten als ausgeschlossen zu betrachten ist“. (Huf-Melicher 1988b, S. 573, 574) I.17 Znaim, Rotunde: Josef Matthias Trenkwald über die Restaurierung von Theophil Melicher, 1893: „[Das] die Auftrocknung der im vorigen Jahre restaurirten Farben bereits weit fortgeschritten sei und sich hinsichtlich des Farbeneffectes sehr günstig entwickelt, Figurenzeichnung und Färbung treten schön und klar hervor und [es] kann alles als gelungen bezeichnet werden. Große Schwierigkeit ergab sich bei zwei ziemlich unklar gewordenen Bildern: Verkündigung und Geburt Christi. Mit Sorgfalt wurden die toten Contouren kräftig lasirend verstärkt und dort, wo von einer ehemaligen Farbenfüllung Spuren vorhanden waren, diese benützt. Auf diesem Wege ist es gelungen, auch diese beiden wichtigen Darstellungen den übrigen harmonisch einzuordnen. Bei Wiederhervorrufung und Belebung dieser halbverloren gegangenen Bilder hatte
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der restaurirende Künstler allen gerechten Anforderungen entsprochen und verdient volles Lob. Die CC [Zentralkommission] kann aber mit Recht zur freudigen Kenntnis nehmen, solch ein in seiner Art einziges und kunsthistorisch bedeutsames Werk vor völligem Untergang gerettet und der Nachwelt überliefert zu haben“. (MZK N.F. XIX, 1893, S. 186) I.18 Würdigung von Theophil Melicher im Monatsblatt des Wiener Altertumsvereins, 1895: „Die Central-Commission aber kann von ihrem Standpunkte zufrieden sein, wenn nur den alten Malereien gebührenden Respect gewährt wird, und der zu modernen Ausmalung bestimmte Maler, Herr Theophil Melicher, ist durchaus der richtige Künstler, welcher in Folge seiner vielen Restaurationen romanischer Werke das Zeug, wie kein Anderer in sich hat, um dem Raume eine stilgerechte neue Decoration zu verleihen, welche zu den alten Resten nicht disharmoniren wird. Seine bisherigen Restaurationen in Znaym, in Pürgg, Hartberg und Brixen haben bewiesen, dass wir keinen Künstler in Österreich besitzen, welcher mit so viel Verständnis den romanischen und den frühgotischen Stil zu erfassen im Stande wäre“. (Melicher 2012b, Monatsblatt des Alterthums-Vereines zu Wien, 12, IV. 12. 12. 1895, S. 123) I.19 Johann Graus „Wie man übertünchte Malereien aufdeckt“, 1897: „[…] Aber ist nun geschehen, was durchaus hätte ausbleiben sollen, und vermuthen wir unter der Kalkkruste einer alten Kirchenwand ein merkwürdiges Alterthum, was ist dann anders unsere Pflicht, als den armen Verschütteten wieder auszugraben und die Leichenhülle der weißen Tünche von seiner Gestalt zu entfernen. […] Mehrere Mittel wurden schon vorgeschlagen und angewendet zum obigen Zwecke; es ist aber kein Zweifel, dass bei derlei Manipulation schon viel unrettbar zugrunde gerichtet worden ist. Wir begrüßten deshalb mit besonderer Freude die Gelegenheit, mit einem im Fache der Gemälderestauration erfahrenen Manne verkehren zu können und erbaten uns von demselben einige Mitheilungen, die vor Verfehlten in obiger Hinsicht warnen, zu Heilsamen anregen könnten. Der betreffende Herr ist in den letzten Nummern unserer Blätter genannt worden, der Restaurator von mehreren wichtigen alten Wandmalereien, Theophil Melicher zu Wien. Was er uns darüber mittheilte und zum Gebrauche zur Verfügung stellte, soll in Nachstehendem dem Leserkreise unserer Blätter geboten sein thunlichst mit den Ausdrücken dieses Fachmannes. Herr Melicher warnt zuerst vor den äußerst bedenklichen Methoden der Bloßlegung, die besonders in den Händen von Unverständigen Schaden für übertünchte Gemälde herbeiführen müssen. Das vielempfohlene Abklopfen der Tünche geschehe es mit einem Holz- oder Kautschukhammer, ist der größte Schaden für die alten Bilder. Es erschüttert die Putzflächen, einzelne Partien springen ab und ganze Flächen werden von der Mauer hohlgeklopft. Bei so bloßgelegten Bildern, wenn sie
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auch scheinbar derzeit halten, kann durch ein Naturereignis ein Abfallen großer Flächen immer gewärtigt werden. Dabei ist nämlich keine Garantie gegeben, wie weit die Erschütterung geht, und es ist natürlich, dass dieselbe Erschütterung, welche die Tünche losprellt, die Haltbarkeit auch des alten Verputzes, der die Malschichte trägt, beeinträchtigt. Beim sogenannten Abpicken mit dem geschärften Maurerhammer (ein Vorgehen, das in Hartberg angewandt wurde von den Restauratoren des Mauerwerkes) wird im allgemeinen die alte Putzfläche weniger erschüttert, weil die Hiebfläche des Hammers nur eine scharfe Schneide darstellt. Hingegen ist dieses Vorgehen ein noch brutaleres für die Bildfläche selbst. Die Bilder werden dadurch förmlich zerschnitten; wo sich mehrere Schnitte kreuzen oder tangieren, dort springt die Malkruste ab. So sind es in Hartberg nachspringende oder später sich lösende Stellen, die während der Restaurierung noch fest hafteten, darauf aber durch die Feuchtigkeit der Luft abgehoben wurden. Der Herr Referent wendet sich nun zur Darlegung einer mehr sicheren Methode, nach welcher eine Befreiung der übertünchten Wandgemälde erreicht werden könnte, schickt aber voraus, dass sich hierüber nur allgemeine Normen aufstellen ließen und dass es gerathen sei für minder Geübte, wenn sich Anstände ergäben, nicht weiter nach diesen Normen vorzugehen, sondern die weitere Procedur erfahrener Seite eines Fachmannes zu überlassen. Folgendermaßen verfährt man am besten, indem man zuerst die Tünche untersucht, ob sie etwa nur dünn sei, d.h. aus einer einzigen Lage Aufstriches bestehe, so dass sie, mit einem Schwamme befeuchtet, das Bild darunter schon durchschimmern lasse. In diesem Falle versuche man, sie nach gutem Trocknen mit einer kurzhaarigen Bürste abzubürsten. Wenn das nicht geht, dann möge man diese Stellen der Behandlung eines Fachmannes überlassen. Dünne Tüncheschichten sind überhaupt am schwersten zu entfernen, da sie manchesmal als durchsichtige Versinterung, Verquarzungen sich zu erkennen geben, die dann nur auf chemischen Wege, und da auch nur mit fraglichem Erfolge, gelöst werden dürften. Gewöhnlich aber kommen solche letztere Producte bei übertünchten Malereien nur auf wenige Stellen beschränkt vor, während die Tünchkruste im allgemeinen durch das wiederholte „Überteigen“ (wie der Tiroler Dialect das Tünchen nennt) einen ganz annehmbaren Körper oder Dicke erlangt hat. Derartige körperhafte Tünchschichte wird nun zuerst mit Leimwasser bestrichen. Man nehme eine wässerige, nicht zu schwache heiße Leimlösung und bestreicht damit die Mauerwand, als wenn man sie weißnen wollte. Die dünnen Tünchestellen würden sich hiebei sofort zeigen, da an ihnen das Bild zum Durchschimmern käme. Daher vermeidet man durchaus, Leimwasser auch über diese dünnen Stellen zu streichen; sie würden sonst nur noch fester auf der Bildfläche haften und hier deren Bloßlegen erschweren. Dieses Bestreichen mit Leimwasser oder sogenannte Grundieren hat einen zweifachen Zweck. Zuerst soll dadurch dem später mit Stärkekleister aufzuklebenden Stoffe auf der sonst staubigen und trockenen Tünche ein festerer Halt und bessere Bindung geschaffen werden. Zum zweiten möchten spröde und lose aufliegende Tüncheschichten durch das Auftrocknen des Leimwassers sich von
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selbst zu schälen, respective abzublättern beginnen, so dass nur compactere Stellen für den aufzuklebenden Stoff übrig bleiben. Natürlich kann dieser Leimanstrich nur zur wärmeren Jahreszeit mit Erfolg angewendet werden; er würde im Winter, statt zu trocknen, versulzen und dadurch die Kraft verlieren. Ist nun obiger Leimanstrich in fünf oder sechs Stunden getrocknet, so macht man sich einen Stärkekleister, wozu die ordinärste billigste Stärkesorte verwendet, mit sehr wenig kaltem Wasser zu einer flüssigen gut gesättigten Lösung aufgerührt wird. Siedendes Wasser wird unter fortwährendem Rühren der Stärkemehllösung zugesetzt und gibt den brauchbarsten dünnflüssigen Kleister. Das siedende Wasser darf nicht in zu gerigem Quantum genommen werden, sonst würde der Kleister dick und starr ausfallen und eine sulzige, unbrauchbare Masse bilden. Desgleichen wäre auch feine Stärke nicht zweckdienlich. Nun nimmt man billigsten Baumwollenstoff, größere Fetzen, weiche, möglichst wenig appretierte Stoffe, altes Unterfutter und dgl. und klebt selbe mit obigem Kleister auf die leimgrundierte Tünche hin. Je nach der Bildgröße, die bloßgelegt werden soll, bemessen, ist es von Nutzen, diese Stoffe recht groß zu nehmen. Federige, stark ausgewaschene Stoffe kleben und heben schlecht. Papier aufkleben, wie das allgemein empfohlen wird, ist nutzlos; wo das Papier wirkt, fällt in der Regel die Tünche auch durch Beklopfen mit der Hand ab. Nachdem man nun gleich einem Tapezierer die Bloßlegungsfläche mit Stoff beklebt hat, verfährt man auch nach seiner Art. Man nimmt einen alten, wegen der kurzen Haare außer Gebrauch gesetzten Besen (von dem der Stiel entfernt wurde) und drückt, wischt und klopft mit den Haaren desselben jede frisch aufgeklebte Stoffläche eben, so dass eine innige Verbindung des Stoffes mit der Tünche erfolgt. Dann macht man gerade das, was der Tapezierer sorgfältig vermeidet: sucht nämlich durch viel Luftzug, Ventilation, Wärmeeinfluss (durch Heizen) ein möglichst rasches Trocknen des Aufgeklebten zu bewirken. Durch ein solches künstlich rasch herbeigeführtes Trocknen, das an der Oberfläche, d.h. am aufgeklebten Stoffe, zuerst eintritt, findet an diesem letzteren eine Zusammenziehung statt, wodurch derselbe, wenn früher fest an die Rauhigkeiten der Tünche angedrückt und angeschlossen, an allen rauhen Haftstellen rüttelt und zerrt. Die erzeugte Spannung wird umso stärker sein, je größer der aufzutheilende Stoff genommen wird. Daher thut man gut, ihn so groß zu nehmen, dass er noch über das Bild hinausreicht. Da Wasser der Leimlösung, mit der zuerst die Tünche getränkt worden, ist in der Tiefe derselben nocht nicht verdunstet und hat erweichend auf deren dickere Stellen gewirkt, während die Oberfläche mit dem aufgeklebten Stoffe schon im Trocknen und Zusammenziehen begriffen ist. Infolgedessen gibt die noch nasse, dem Bilde zugekeherte Unterfläche der Tünche dem Zerren und Schieben der trocknenden Oberfläche nach und die ganze Kruste zerstört das Anhaften auf der Bildfläche. So lässt man nun den aufgeklebten Stoff ein, zwei oder mehrere Tage unter der Einwirkung von Zug, Wind und Wärme auftrocknen, wonach man beginnen kann, denselben von der Wand herabzureißen. Am Rande, wo man anzieht, wird der Stoff nur dann die Tünche mitnehmen, wenn man diese Stelle mit einem Kautschukhammer beklopft, oder noch besser, einen vorsichtigen Einschitt in die Tünche macht, um
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ein gutes Ende zur Hebung zu erhalten. In der Mitte jedoch, wo die Spannung am stärksten war, und der Stoff auf der Tünche am festesten haftete, wird der Erfolg am meisten gesichert sein. Umso verlässlicher wird sich dieses Verfahren herausstellen, wenn das Object günstig, die Kirche trocken, die Tünche spröde oder versintert ist. Man darf sich nicht abschrecken lassen, wenn mit dem abgeriebenen Stoffe das Bild noch nicht ganz zum Vorschein kommt und die Tünche nicht durchsichtig dünn geworden ist, hat man mit dem Leimen und Aufkleben aufs neue zu beginnen. Ist dies aber aus dem Grunde nämlich, dass die Tünchereste zu zerstreut und isoliert stehen, ohne die alte Malerei zu tangieren, nicht möglich – und die bloßgelegte Malerei darf absolut nicht mit Leim und Stoff in Berührung gebracht werden! – dann muss ein anderes Verfahren eingeschlagen werden. Die haftengebliebenen Tüncherestchen werden durch raue Malflächenstellen oder andere Ursachen zurückgehalten, sind aber durch obigen Process in ihrem Anhaften schon bedeutend erschüttert worden. Man muss sie deshalb durch vorsichtiges Abschaben, Absprengen oder Herausschneiden zu entfernen suchen, wozu man sich gewöhnlicher AnstreicherSpachteln, die in eine Stemmeisenform ausgehen, bedienen kann, und die am Auslauf breit (21/2 – 3 cm) oder schmal (1–11/2 cm), doch möglichst biegsam sein sollen. Mit denselben soll man zwischen Tünchekruste eindringen, um letztere abzusprengen; stärkere erlauben die festanhaftenden Kalkreste abzustemmen. Schwer zu vermeiden wird es sein, hie und da die Malerei durch Schaben und Kratzen etwas zu lädieren; doch ist hinterher ein solcher Schaden unschwer zu reparieren und bleibt der Malgrund unangetastet. Durch Hacken und Klopfen auf der Tünche wird der Malgrund angegriffen und dieser Schade[n] lässt sich eigentlich, da er in die Tiefe geht, garnicht reparieren. Die Spachteln sollen nicht scharf geschliffen, nur kantig sein. Vorstehendes enthält die Normen des Bloßlegens nur im allgemeinen; wo ganz bestimmte Umstände obwalten und obige Verfahren unzureichend sind, da soll es Regel sein, dass man das Bild einem Fachmann zu entdecken vorbehalte. Soweit die Mittheilungen des Herrn Melicher, der die Gelegenheit hatte, an vielen Orten die Sache zu studieren, die Weise zu erproben. Was er zum Schluss sagt, ist für uns sehr wichtig: Man lasse sich nicht tief in Bloßlegungsarbeiten ein, wenn man nicht Fachmann ist. Man begnügt sich mit einem gewissen Grad, von dem unter der Tünche schlummernden Gemälde Kenntnis zu haben. Die gutgemeinten Proceduren sind doch nicht so einfach und erfordern die Berücksichtigung von einer Reihe von Erfahrungen und Verständnissen der Malweise von Wandgemälden, dass ein Fachmann der Restauration auch vor dem Beginne derselben garnicht zu entbehren sein kann.“ (Graus 1897, S. 36-40) I.20 Pellizzano: Alfons Siber über sein Restaurierverfahren, 1898: „[…] Es ist bei allen Restaurierungsarbeiten die Frage der Dauerhaftigkeit eine nothwendige und hoch wichtige und kann erst durch jahrzentelanges Studium gelöst werden. […] Der Restaurator steht […] alle Augenblicke vor der Aufgabe das alte zu ergänzen, zu imitieren und wird auf diese Weise eine Vertrautheit mit allen Techniken
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erlangen, die kaum ein anderer Maler sich anzueignen Muße und Gelegenheit hat. […] Mit Hilfe eines Maurers, der nur in meinem Beisein auf dem Gerüste sein durfte, wurden die Bilder mit Gyps und Mörtel unterfangen. […] Ausgießen der Hohlräume. […] Während ich alle Ergänzungen im Äußeren in Fresco ausführte, machte ich die Ergänzungen auf den Madonnenbildern mit den Heiligen mit Eiertempera […]. Der Ruinenzustand des Gemäldes ließ kaum eine Berührung zu. Man konnte das Gemälde nicht einmal vom Schmutz reinigen. Erst als alles ringsum fest war und hart stützte, gelang dieses. […] Alle Gemälde wurden, nachdem selbe auf ihre Haltbarkeit geprüft waren, mit Wasser und etwas Soda gereinigt. Die alten Theile besserte ich mit EierTempera-Farben auf, ließ diese Theile gründlich trocknen und überzog dann alle alten und alle mit Eier-Tempera gemalten Theile mit einem Wachspräparate, einer Art Wachsfirnis. Dadurch wurden einzelne neu aufgetragene Farben wohl in ganz geringem Maße verändert, aber diese fast durchwegs lichter gestimmt. Diese Theile behandelte ich alsdann mit Ludwig’schem Wachs-Tempera-Farben und brachte selbe mit ganz leichten Lasuren in Übereinstimmung mit dem übrigen. Die Wachs-Tempera-Farben allein angewandt und besonders als Deckfarben, zeigen stumpfe und schwere Töne, wie solche man ganz deutlich auf den renovierten Bildern am Kreuzgang in Brixen sehen kann. Durch die Untermalung mit Eier-Tempera habe ich diesen Uebelstand diesesmal gänzlich und glücklich überwunden. Ganz unberührt vom Wachsüberzug habe ich das ältere Christusbild gelassen. Dieses überzog ich seines vorzüglichen Zustandes wegen nach der Reinigung nur mit etwas leichter Eiklar und tupfte die beschädigten Stellen mit Ei-Tempera-Farben aus.“ (Siber 1898, S. 199–202) I.21 Millstatt, PK, Ernestuskapelle: Referent Schaeffer zur Suche eines Restaurators, 1898: „Nachdem […] Gerisch die Restaurierung […] abgelehnt hat, stehen wir wieder am Anfang der Dinge. Um aber rasch einem Ziele gegenstreben, beantragt der Unterzeichnete den akadem. Maler und Schüler Trenkwald’s Herrn Korrespondenten Melicher zu befragen […]“. (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, 1898) I.22 Millstatt, PK, Ernestuskapelle: Franz Gustav Hann über die Restaurierung von Theophil Melicher, 1900: „Die Restaurierung muß als eine höchst gelungene bezeichnet werden, da mit Verbindung aller subjektiven Zuthaten und Angestaltungen die ältere Linie und Farben erneuert wurden. […] Sorgfalt ließ Th. Melicher den Inschriften angedeihen, deren gothische Minuskel in den erhaltenen Schätzen nur aufgefrischt wurden […]“. (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Millstatt, GZ. 1244/1900) I.23 Wabelsdorf, FK: Gutachten von Theophil Melicher, 1899: „Die Restaurierung dieser Fresken müßte sich nach vollständiger Bloslegung auf die Fixierung und Hervorhebung der Bilder, ferner nur auf das Austupfen mit Farbe
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größerer schadhafter Stellen beschränken, während kleinere nadelkopfgroße Farbabsprünge, die nicht viel stören, unberührt zu belassen sind, damit möglichst das Original erhalten bleibt. Im Nothfalle sind die Conturen zu verstärken, verblaste, leserliche Schriftzüge mit schwacher Farbe zu überziehen. Bei den gerauhten oder zersetzten Malstellen hingegen, wo wohl noch die Grundfarbe und Zeichnung in Contur erhalten sein dürfte, die Modellierung der Farbe aber verloren gegangen sein wird, ist ein zweifaches Verfahren zu beobachten. Befinden sich solche Stellen noch stilisiert in noch durchgeführter Umgebung, so sind selbe wol gleich der Umgebung mit modellierter Farbe zu versehen. Beherrschen selbe Zerstörungen aber eine ganze Bildfläche oder einen größeren Theil, so wäre in ersterem Falle das Bild nur in seiner Contur zu verstärken und die fehlenden Farbleisten ohne Modellierung auszutupfen, würde zwar auf diese Weise gleich einem untertupften Bilde ohne Modellierung gleich sehen, aber doch noch immerhin als zerstörtes Original besser der Zukunft gewahrt bleiben, als wenn es pastos mit Farbe überdeckt wird. Im zweiten Falle wäre aber der Vorgang zu beobachten, daß man (wenn z.B. schräg geschnitten eine halbe Bildseite erhalten, die andere Hälfte zerstört ist) die Figuren und die Gruppen, die erhalten und deren untere Parthien, die über dem schrägen Schnitt liegend sich befinden, zerstört sind, selbe in voller Farbenmodellierung ergänzt, während man die Figuren, die auf dieser Zerstörungsfläche sich ganz ohne jedweder Modellierung befinden, in erster oben angegebener Weise behandelt. Der Hintergrund hiezu aber wäre von der Modellierung aus verlaufend bis auf den Charakter der letzteren Figuren zu behandeln […]“. (Huf-Melicher 1988b, S. 582, 583) I.24 Josef Matthias Trenkwald „über einen vor Jahren gefaßten Beschluß des Professorenkollegiums der Akademie der bildenden Künste“, 1881: „[…] nach welchem bei jedem reparationsbedürftigen Bilde ihrer Gemäldesammlung vor Beginn der Restaurierung die abgesprungenen Stellen genau verzeichnet werden, über welche hinaus nichts übermalt werden darf, wie denn auch alle von früheren Restaurierungen vorfindlichen Übermalungen entfernt werden und selbst wenn das darunterliegende Originale nicht mehr in erfreulichem Zustande zu Tage trete sollte, solche Stellen durchaus auf keine Weise mit neuer Farbe gedeckt werden dürfen. Freilich muß bemerkt und wohl ins Auge gefaßt werde, daß hier die Bilder in technischer Beziehung Lehrmittel sind und Originalität [U.i.O.] des Machwerks in erster Reihe von großer Wichtigkeit ist. Anders wohl dürften sich die Grundsätze für Restaurierungen in Kirche, also für Kultzwecke, gestalten. Da sind Bilder wohl auch zum Teil Lehrmittel – vorzugsweise aber ihrem Inhalt [U.i.O.] nach und ihrer Bedeutung [U.i.O.] als erforderliche Mahnung an das Ewige, als dekorativer Schmuck des Gotteshauses. Hier würde man sich in den seltensten Fällen mit ruinenhaften Stehenlassen aufgedeckter schadhafter Malereien zufrieden geben. Restaurator aber und Konservator dürften dabei stets in arge Bedrängnis geraten.
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Aus diesen Gründen glaubt Referent, Herrn Konservator Atz [U.i.O.], dessen reger Eifer und guter Wille nicht zu verkennen ist, gern in Schutz nehmen zu sollen – dagegen den Antrag sich erlauben zu sollen: Es möge die h. k.k. ZK in Erwägung ziehen, ob nicht der Versuch gemacht werden könnte, etwa durch Zusammenstellung eines Komitees, allgemein gültige Grundzüge aufzufinden, wonach in Zukunft bei Vornahme von Restaurierungen vorzugehen wäre.“ (BDA-Archiv, Hofburg, Topographische Akten, Tirol, allgemein, Zl. 500/1881)
Teil II: 1900 –1920 II.1 Gurk, Bischofskapelle: Paul Grueber über die Restaurierung von Hans Viertelberger, 1899: „Es wurden die großen Sprünge mit feine[m] Weißkalkmörtel verstrichen und alle hohl liegenden Partien, jener Mörtelschichten auf welchen sich die Malereien befinden durch einträufeln von Käseleim an das dahinter liegende Mauerwerk festgeklebt. Hr. Hans Viertelberger hat diese Arbeit mit größter Aufmerksamkeit durchgeführt und stets Sorge getragen, dass kein Marckel zurückbleibt; in so sorgsamer Art, dass zu den äußersten Rändern der vorhandenen Sprünge die Malereien unversehrt erhalten geblieben sind“. (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P.Nr. 1703 und Archiv Diözese, Gurk, Akt Gurk, Z. 1837, 1899) II.2 Gurk, Bischofskapelle: Vorschlag von Hans Viertelberger für eine farbliche Rekonstruktion, 1900: „Nach reiflicher Überlegung und Nachdenken über diesen ehrenvollen Auftrag, wie man am erfolgreichsten die Absicht, einen Teil der Malereien in ihrer ursprünglichen Frische zu sehen erreichen könnte, ist der Gefertigte zu der Ansicht gelangt, dass es am besten wäre, wenn man an Stelle der Restaurierung vorläufig eine Kopie, die man auf frischen Mörtelbewurf, den man auf eine Holzunterlage, oder ein Drahtgitter aufzieht, treten lassen würde. Die Gründe die ihn bewegen, diesen Vorschlag einer hohen k.k. C-Commission zur gütigen Beurteilung zu unterbreiten erlaubt er sich im Folgenden nur in Kürze anzuführen: 1. Würde der Gesamteindruck des Nonnenchores in keiner Weise gestört werden, wenn nur nebenstehend die Kopie aufgestellt würde, bei einem kleinen restaurierten Stücke hätte mancher Beschauer den Wunsch den ganzen Raum in der ursprünglichen Frische prangen zu sehen, und eine Restaurierung des Ganzen ist wohl auf keinen Fall durchzuführen, da ja einzelne Teile vollständig fehlen und eine Ergänzung ein willkürliches Komponieren bedingen würde, was doch dem Bestreben gewissenhaft zu restaurieren nicht mehr entsprechen würde. Könnte man die Kopie in derselben Freskotechnik durchführen, welche ursprünglich angewandt wurde, die Restaurierung aber nur in Temperafarben; und endlich
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2. fürchtet der Gefertigte dass trotz der sorgfältigsten Erhaltung auch der kleinsten noch vorhandenen Farbteile, das restaurierte Stück den Eindruck hervorrufen könnte als sei es übermalt, was für einen gewissenhaften Restaurator der schwerste Vorwurf ist den man ihm machen kann, und dem sich Gefertigter auf keinen Fall aussetzen möchte“. (BDA- Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Gurk, P.Nr. 960, 1900) II.3 Lorch, Laurentiuskirche: Restaurierkonzept von Theophil Melicher, 1902: „Der trockene Farbkörper, der nun blosgelegt wurde, nimmt Feuchtigkeit von der Luft an und wird hierdurch schwer und hat, nachdem ihm Bindemittel fehlt, die schützende Tünche auch bereits abgefallen oder entfernt wurde, durch diese Beschwerung seiner Moleküle die ständige Neigung sich durch Abfallen derselben zu vermindern und hiemit immer schwächer kenntlich zu werden. Die Restaurierung dieser Bilder hat daher als Hauptaufgabe nach sorgfältiger Bloslegung und Reinigung gleich eine Tränkung und Haftung der noch vorgefundenen Farbkörper vorzunehmen. Das Restauriren hat sich auf das Austupfen störender fehlender Malstellen zu beschränken, während minimale nicht störende Fehlstellen zu belassen sind. Die vergilbten Conturen sind nachzuziehen“. (BDA-Archiv Hofburg, Steiermark, Akt Pürgg, GZ. 775/1902, Brief 15.5.1902) II.4 Brixen, Johanneskirche: Gutachten von Alois Riegl, 1902: „Vor allem muss ich die Bemerkung vorausschicken, dass ich als Kunsthistoriker vom Standpunkte meiner Wissenschaft jedweden Zusatz des Restaurators zu einem alten Fresko für verwerflich ansehe, weil er das Aussehen des Kunstwerkes fälscht und zu irrigen Schlüssen hinsichtlich der kunsthistorischen Verhältnisse und Zusammenhänge verleitet. Dieser Grundsatz der kunsthistorischen Interessenten ist überall dort ohne Schwierigkeiten durchzuführen, wo auch der Besitzer der Gemälde und Auftraggeber für ihre Restaurierung vom Kunstwerk bloß die Erfüllung eines Stimmungszweckes verlangt, wie diese gegenüber den Erzeugnissen der modernen Kunst ausnahmslos der Fall ist. Ein Conflict muß aber dann eintreten, wenn der Besitzer und Auftraggeber von den zu restaurierenden Wandmalereien vornehmlich die Erfüllung eines religiösen Erbauungszweckes fordert, und dies trifft bei den Malereien der Johanniskirche in Brixen zu. Da dies in Tirol derzeit nicht der einzige Fall ist und vielmehr die dortigen geistlichen Besitzer freskengeschmückten Räume mit Einmüthigkeit und größter Entschiedenheit von den Restauratoren eine gleichmässige Bedeckung der Wände, wie sie ohne ergänzende Zusätze nicht möglich wäre, zu verlangen pflegen, so bin ich der Überzeugung, dass dieses Verlangen nicht einem blossen subjectiven Belieben, sondern einer ganz bestimmten religiösen Empfindung entstammt, die in den unregelmässigen leeren Flecken inmitten der farbigen Compositionen eine unwürdige Besudelung des Gotteshauses erblickt und sich für dieses störende Gefühl durch den blossen Stimmungswerth der unberührt gebliebenen alten Parthien nicht hinlänglich entschädigt findet.
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Infolge dessen wurden auch an Theophil Melicher vom Brixner Domkapitel, in dessen Verwesung die Johanneskirche steht, die Aufgaben gestellt: nicht bloß die vorhandenen Farbenflächen und Umrisse aufzufrischen, sondern auch leere Flächen mit neuen Compositionen, leere Stellen innerhalb der einzelnen Figuren mit neuen Ergänzungen auszufüllen. Bei der Durchführung dieser Aufgabe wurden ihm gewisse, im Folgenden noch zu nennende Grundsätze für die Detailbehandlung vorgeschrieben, die im Allgemeinen den am Anfang der Neunziger Jahre in Geltung gestandenen Normen der Denkmale-Erhaltung entsprachen, weshalb auch die k.k. Central-Commission ihre Zustimmung hiezu ertheilt hat. Eine kritische Beurtheilung der Leistung Melichers muß daher nach meinem Dafürhalten von der Fragestellung ausgehen, inwiefern er den ihm zur Richtschnur gemachten Grundsätzen in der That entsprochen hat oder nicht. 1. An allen Figuren, die keiner völligen oder auch nur partiellen Erneuerung bedurften, hatte Melicher lediglich die sichtbaren Umrisse auszustupfen und die Farbenflächen nach den vorhandenen Resten der Originalfarbe zu erneuern. Aus solchen Figuren setzen sich namentlich die Figurenfriese an den beiden Langwänden zusammen; aber auch das Gemälde der Eingangswand und selbst dasjenige der (allerdings einer genaueren Beurtheilung nach dieser Richtung durch ihre grosse Entfernung vom Beschauer entzogen) Triumphbogenwand sind offenbar gemäß der Voraussetzung behandelt, dass ihre Figuren wenigstens zum grösseren Theile nicht als neue Herstellungen, sondern als Auffrischungen alter Arbeiten gelten sollten. Nun lehrt aber der erste Blick auf die Gemälde sämmtlicher vier Wände, dass ihre jetzige Färbung zwar eine übereinstimmende Gesamtwirkung entfaltet, aber von der Wirkung echter romanischer Malereien grundverschieden ist. Eine aufmerksame Untersuchung erschauter Details lieferte eine ganz natürliche Erklärung für diese befremdliche Erscheinung. Melicher fand in den Resten naturgemäß bloß gebrochene Farben vor, weil die ursprünglichen, der romanischen Stilübung entsprechenden primären Farben im Laufe der Zeit durch den punktweise zu Tage getretenen Verputz, durch Kalkspritzer, durch Staub u. dgl. gebrochen worden waren. Anstatt die primären Fresken wiederherzustellen (was freilich auch seine kaum überwindlichen Schwierigkeiten gehabt hätte) hat Melicher die gebrochenen Farben künstlich verstärkt. Dadurch erzielte er das unerwünschte Resultat, dass er einerseits nichts weniger als das ursprüngliche Aussehen der Fresken wiederhergestellt hat, andererseits den Fresken aber auch den Stimmungswerth geraubt hat, den sie mit der natürlichen, durch das Alter bedingten Gebrochenheit ihrer Farben entfaltet hatten. Was früher gewissermaßen als Patina erschienen war, ist jetzt mistöniger Schmutz, der nach keiner Seite hin befriedigt. Und ähnlich wie mit den Farbflächen verhält es sich auch mit den Umrissen. Es ist daher zu sagen, dass Melicher in jenen Parthien, wo es sich um eine Restaurierung im eigentlichen Sinne gehandelt hat, zwar seinen Auftraggeber mit gutem Willen zu entsprechen versucht hat, aber hiebei von einer grundfalschen Auffassung vom ursprünglichen Charakter der alten Originalfarben ausgegangen war. Das Resultat ist eine völlig unechte Färbung der Flächen mit dem Verlust jener unvergleichlich empfindungsreichen Feinheit in den Umrissen, die den Hauptreiz
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romanischer Fresken ausmacht, aber zugleich ihre Restaurierung zu einer der Schwierigsten, nur auf Grund größter Gewissenhaftigkeit und Denkmaleerkenntnis überhaupt zu wagenden Aufgaben der Denkmalpflege macht. 2. Bei allen neuen Zuthaten wurde Melicher die Beobachtung des Grundsatzes vorgeschrieben, dass diese Zuthaten zwar einerseits in Form und Farbe mit den benachbarten alten Parthien in der Gesammtwirkung übereinstimmend gemacht werden, andererseits aber doch so gehalten sein sollten, dass sie für den genauer Zusehenden sich offen und unzweideutig eben als neue Zuthaten zu erkennen gäben. Dieses Princip hat Melicher thatsächlich peinlich beobachtet. Es herrscht in der Färbung seiner Zuthaten die gleiche trübe und dumpfe Gesamtstimmung, wie in den lediglich restaurirten Parthien. Wie weit die neuen Compositionen in den Schildbogenfeldern und auf der Decke den Anforderungen von liturgischem und ikonographischem Standpunkte entsprechen, habe ich nicht zu untersuchen, da Melicher hierin vermutlich von seinen Auftraggebern abhängig war, die für die getroffene Wahl ihre guten Gründe gehabt haben mögen. Wenn sich dem Restaurator in Bezug auf die Zuthaten ein Vorwurf machen lässt, so könnte er bloß der sein, dass er die ergänzten Parthien durch eine allzu schematische und oft selbst rohe Bildung der Umrisse und Formen gegenüber den alten Theilen chrakterisiert hat. Diese neu erfundenen Figuren und Figurentheile, die dadurch daß sie den alten nahe kommen aber doch wieder nicht alt erscheinen sollten, von Haus aus etwas Zwitterhaftes und daher Unauffälliges erhalten mussten, leiden nun obendrein unter ihrer geistlosen Detailbildung. Melicher hat also auch hier zwar den Intentionen seiner Auftraggeber mit gutem Willen zu entsprechen getrachtet, aber im Einzelnen vielfach, ja überwiegend eine wenig glückliche Hand bekundet. Ich fühle mich jedoch gedrängt als meine Überzeugung hinzuzufügen, daß sie dem Restaurator Melicher in der Johanniskirche zu Brixen gestellte Aufgabe eine ungewöhnlich schwierige war, und dass er sich ihrer Lösung anfänglich mit übermäßigem Selbstvertrauen, in späterem Verlaufe aber mit einer lähmenden Ängstlichkeit und Befangenheit unterzogen haben mochte, worauf auch bestimmte Äusserungen des kk. Conservators Domsekretär Walchegger schliessen lassen, der die Thätigkeit Melichers in ihrem ganzen Verlaufe beobachtet hat. Die Frage, in welcher Weise das vorstehende Urtheil und die bei seiner Schöpfung gemachten Erfahrungen für die künftige Denkmaleerhaltung nutzbringend gemacht werden sollen, wird weil ihre Beantwortung für das Urtheil selbst nach den eingangs vorausgeschickten Bemerkungen belanglos ist, im Anschlusse an den Befund der Schönnauer Fresken beantwortet werden. Brixen 17. Oktober 1902, Dr. Alois Riegl.“ (Stampfer 2005, S. 22-25. Das Gutachten von Riegl befindet sich im „Faszikel Johanneskirche Brixen des Landesdenkmalamtes Bozen“ und wurde hier aus dem Artikel Stampfer übernommen.) II.5 St. Wolfgang, PK: Alois Riegl zur Notwendigkeit einer Auffrischung, 1903: „[…] einen kunsthistorischen Wert beansprucht, nicht durch eine neue Malerei ersetzt werde, wie es die lokalen Faktoren beabsichtigen, sondern bloß gereinigt, in
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den fehlenden Teilen ergänzt und in den verblassten aufgefrischt werde“. (MZK 3, 2, 1903, Sp. 22) II.6 Friesach, Petersberg, Rupertikapelle: Gutachten von Hans Viertelberger, 1903: „Die Malereien drohen an allen Stellen abzubröckeln und haben durchwegs keine feste Verbindung mit dem Untergrund mehr. Hohlräume müßten ausgegossen werden, so dass beide Schichten wieder miteinander verbunden werden. Die Ränder der Malerei müssten mit einem abgeschrägten Mörtelanwurf gesichert werden. Es besteht nicht nur ein Ablösen der Schichten sondern auch eine Blätterung der Farben. An all diesen Stellen, wo der Kalk seine Bindekraft verloren hat, müßte eine Fixierung und Erhärtung der oberen Schichten, was der Gefertigte, durch eine Fixierung mit Wasserglas oder ein anderes Mittel zu erreichen hofft.“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Friesach, GZ. 1053/1903) II.7 Brixen, Johanneskirche: Alois Riegl über die Restaurierung von Theophil Melicher, 1904: „Die Arbeiten waren von ungewöhnlichen Erfolge begleitet; einige Malereien traten mit frischester Farbenpracht zutage, als ob sie niemals übertüncht worden wären. […] Über unbesiegbaren Wunsch des Domkapitels beschließt die Zentralkommission, an diesen Bildern die geforderten Ergänzungen (Retouchen größerer Farblücken, Nachziehen der Konturen einiger Körperteile in einer Weise, daß der Beschauer über die Ergänzungen nicht im Zweifel bleiben kann) zu konzedieren“. (MZK 3, 3, 1904, Sp. 400) II.8 Ossiach, Stiftskirche: Alois Riegl über die Restaurierung von Hans Viertelberger, 1905: „Die losen Stellen der Gemälde wären zu befestigen, die vom Mauerfraß durchfeuchteten Teile zu entfernen, neu zu verputzen und zu tonen. Das Gemälde Vermählung Mariens an der rechten Seite des Presbyteriums ist so verfallen, daß eine Restaurierung ohne weitgehende Ergänzung nicht möglich wäre. Da sich das Gemälde an einer wenig auffälligen Stelle befindet, wären größere fehlende Partien mit einer neutralen Farbe zu tonen, kleinere Lücken dagegen, wo der Zusammenhang unzweifelhaft ist, mit entsprechender Farbe auszustupfen“. (MZK 3, 4, 1905, Sp. 130) II.9 Aquileia, Dom: Restaurierkonzept von Max Dvořák (gemeinsam mit Hans Viertelberger), 1907: „[…] Wenn die Gemälde vor der vollständigen Zerstörung gerettet werden sollen, ist es notwendig, die Löcher zu schließen. Dabei muß entschieden werden, wie die geschlossenen Löcher zu behandeln sind, wofür sich dreierlei Möglichkeiten bieten: Man läßt die ausgefüllten Stellen in der Farbe des Verputzes, man gibt ihnen einen
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neutralen in den ganzen Gemälden einheitlichen Ton, oder man tönt sie in der Lokalfarbe der Umgebung. […] Es hat sich gezeigt, daß die Tönung der neu verputzten Stelle in der Lokalfarbe der Umgebung den zwei anderen Methoden weitaus vorzuziehen ist. Wenn die Lücken die Farbe des neuen Verputzes behalten [Variante 1] oder einheitlich neutral getönt [Variante 2] werden, zerreißen sie fast vollständig die Formen, so daß man kaum mehr erkennen würde, was dargestellt ist, und verändern überdies den farbigen Eindruck der Malereien ganz und gar, wogegen bei der Tönung in der Lokalfarbe der Umgebung der Formenzusammenhang eher hervorgehoben als mehr zerrissen und auch der jetzige koloristische Eindruck gewahrt wird, ohne daß irgendeine Verfälschung stattfinden würde, da bei den so getönten Ausfüllungen selbstverständlich jede Einzeichnung oder Modellierung vermieden werden muß, und überdies ein etwas lichterer Ton als der der umliegenden Partien gewählt werden kann, so daß auf den ersten Blick ersichtlich wird, welche Partien des Gemäldes ursprünglich sind und welche zur Stütze der Originalteile in unseren Tagen neu ausgefüllt wurden. Man kann dieses Ergebnis nicht generalisieren, weil es von der Beschaffenheit der Gemälde und deren Beschädigung abhängig ist, dennoch scheint es mir nicht nur der Wichtigkeit des Denkmals wegen, um welches es sich handelt, wert zu sein hier mitgeteilt zu werden“. (Dvořák 1907, Sp. 86–87) II.10 Metnitz, Karner: Stellungnahme von Hans Viertelberger, 1907: „Das[s] […] alle Lücken, Risse und sonstige Angriffspunkte zu verkitten und zu vermörteln, Bruchränder und lose Stellen durch Abschrägen des Mörtels, Ausgießen, oder Anleimen mit Casein-Kalkkitt zu sichern [sind]. […] Von einer Fixierung wäre wohl abzusehen und was den Vorschlag des […] Pfarrers betrifft, die Bilder mit Glas zu überdecken, so wäre [dies] selber wohl etwas schwierig durchzuführen. Große schwere Spiegelgläser direkt davor zu legen, wäre ein gefährlicher Versuch, da dann ein Schwitzen der Gläser auf die Bilder unvermeidlich wäre, es könnten also nur in einiger Entfernung formliche Glaswände aufgestellt werden und auch diese möchten kaum ihren Zweck erfüllen, da sich die Temperaturunschiede in dem Zwischenraum eher vergrößern dürften und auf die Bilder wahrscheinlich noch mehr einwirken würden.“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Metnitz, GZ. 3273/1907) II.11 Dossier von Max Dvořák, 1910: „In den Angelegenheiten der Restaurierung alter Fresken ist die Z.K. momentan in grosser Verlegenheit, da es zahlreiche Arbeiten gibt, deren Verzögerung nicht nur einen grossen Unwillen der lokalen Faktoren, sondern auch eine Schädigung der Monumente selbst mit sich bringen würde. Andererseits ist sich der Gefertigte auf Grund einer fünfjährigen Erfahrung wohl bewusst, dass auf die bisher verwendeten Kräfte zum grössten Teil kein Verlass ist, und eine einschneidende Reform des ganzen staatlichen Restaurierungswesen auf dem Gebiete der alten Malerei unbedingt notwendig ist. Diese Reform müsste folgende Massnahmen umfassen.
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1. Es müssen vor allem die allgemeinen Gesichtspunkte festgestellt werden, nach welchen, und zwar sowohl in technischer Beziehung, als auch was die künstlerische Eigenart anbelangt, die alten Malereien zu behandeln sind. In dieser Beziehung herrschte bisher, obwohl die Grundsätze in der Theorie einfach und klar zu sein scheinen, in der Praxis eine grosse Unsicherheit und Verschiedenheit in den Entscheidungen, wodurch auch die besseren Restauratoren ganz desorientiert wurden. Um dem abzuhelfen, würde es sich empfehlen, baldigst eine Beratung in der Zentralkommission abzuhalten, in der die Hauptlinien der technischen und künstlerischen Sicherung der alten Gemälde zu vereinbaren wären. 2. Es müsste eine Reihe tüchtiger Restauratoren erzogen werden. Wie dies am besten durchzuführen wäre, könnte auch in der genannten Beratung erörtert werden. Vielleicht wäre es am vorteilhaftesten, einen ständigen Restaurator bei der Zentralkommission als definitiven Beamten anzustellen, der, da er ein festes Gehalt bezöge, kein Interesse an Mehrarbeit hätte, der auch sonst den ihm erteilten Weisungen genauestens folgen müsste, und der zugleich die Verpflichtung hätte, Schüler heranzubilden. 3. Beide Massnahmen genügen nicht, wo es sich um besonders wichtige oder komplizierte Fälle handelt, wo oft Zoll für Zoll bestimmt werden muss, was geschehen soll. Da gibt es keinen anderen Ausweg, als eine ständige kunsthistorische Aufsicht. Bisher war sie nur ausnahmsweise möglich, da es der Zentralkommission an Personen und Mitteln dazu mangelte; in der Zukunft könnte sie, wenn die Reorganisation durchgeführt wird, zu den Obliegenheiten der Landeskonservatoren gehören. Alle diese Reformen beanspruchen schon aus Mangel an Geldmitteln eine gewisse Zeit. Da aber bis dahin, wie schon oben angedeutet wurde, nicht alle Arbeiten aufgeschoben werden können, sollte für ein Provisorium gesorgt werden. Ritschl kann wohl nicht, da er ja auch in der Gemäldegalerie zu tun hat, alle laufenden Arbeiten besorgen. Anderseits hat sich aber Viertelberger in vielen Fällen – ich verweise nur auf die Restaurierung der Malereien im Georgskloster in Suczawa – wirklich bewährt und wenn vielleicht andere seiner Arbeiten nicht so ausgefallen sind, wie zu wünschen wäre, so dürfte dies mehr auf die am Anfang angeführten allgemeinen Gründe zurückzuführen sein, als auf seine Ungeschicklichkeit oder Pietätlosigkeit. Er ist ungemein gewissenhaft und wenn man ihn strikte, präzise Direktiven gibt, so befolgt er sie genau, und ist überdies in seiner finanziellen Forderungen ungemein bescheiden. Deshalb würde sich empfehlen, nebst den oben ausgeführten Anträgen zur Reform des Restaurierwesens auf dem Gebiete der alten Malerei, bis zur Durchführung dieser Reform die Weiterverwendung Viertelbergers wenigstens für jene Arbeiten, die ihm bereits kontraktlich zugesichert sind, in Aussicht nehmen. Max Dvořák“ (Dvořák 1910, Dossier) II.12 Anton Grubhofer über Alfons Siber an Erzherzog Franz Ferdinand, 1910: „Was nun aber seine [Sibers] Eignung zur Restaurierung von alten Gemälden betrifft, so halt ich die ihm auf diesem Gebiete zugeschriebene Wertung für einen Irrtum, gerade sein, sich selbst durchsetzendes Naturell schließt das pietätvolle Vor-
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gehen wie es solche Arbeit erfordert aus“. (BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, MKFF, K.Nr. 47, K 1–140 (155), 1910) II.13 „Denkschrift bezüglich der Normen für die Restauration alter Fresken“ von Alfons Siber, 1910: „I. Alte Kunstwerke sollen mir seril berührt werden als deren Erhaltung unbedingt erfordert. II. Ergänzungen sollen im Ganzen keine gemacht werden. III. Sollen diese Ergänzungen durch zwingende Gründe dennoch hin und wieder notwendig sein, dann sollen sich solche Ergänzungen nicht durch Schlechte Mache und durch modern wirkende Farbe heraus drängen, sondern sie müssen sich genau, sowohl in künstlerischer als auch in stilischtischer Hinsicht an das alte Kunstwerk anschließen. Um keine Taeuschung aufkommen zu lassen ist die Ergänzung irgendwie unauffällig zu kennzeichnen. Am besten wohl durch eine leichte oder dunkle Grenzlinie (je nach der Farbe des Originals). IV. Ergänzungen die in die Grenzen des alten Bestandes hinein greifen und dort andere Änderungen als zur Sicherung hervor rufen sind auf das schärfste abzuweisen; denn V. am alten sicheren Bestand des Bildes dürfen auch nicht die bescheidensten Änderungen vorgenommen werden. Anders steht es wenn im alten Bilde durch spätere Eingriffe sei es mechanischer Natur oder durch Übermalung Änderungen schon vorher stattgefunden haben. VI. Sollte sich ein Restaurator dazu verleiten lassen wie dies am Bildstöckl zu Welsberg geschehen ist und am Christophbild zu Taisten am alten Original Tönungen vorzunehmen zu dem Zwecke um das schlechtbemalte Neue nicht heraus fallen zu lassen so ist ein solch gewissenloser Mann sofort zu entlassen. Trotzdem ich diese Normen aufstelle beziehungsweise voll erlaube ich mir das Weitere eindringlichst zu unterbreiten, wenn nicht durch starre Vorschriften vom grünen Tische aus jede großzügige Arbeit unterbinden werden soll. Jede Restauration ist für sich eine eigene Individualität und muß dem gemäß behandelt werden. Es bietet manche Restauration Geheimnisse, die selbst ein gewiegter Restaurator erst nach dem Eingriffe während der Arbeit zu erkennen und abzustellen im Stande ist. Daher ist zur obrigen Richtschnur folgendes hinzuzufügen. VII. Der Restaurator muß ein absolut ehrlicher verläßlicher Mann sein, der in seinem Fache wohlbewandert ist und ein großes stilistisches und technisches Können besitzt besonders auf dem Gebiet der Mauermalerei. Andere Leute soll man nicht anstellen. Hat sich ein solcher Mann gefunden, dann muß ihm auch das nötige Vertrauen entgegen gebracht werden und ein Grad von Freiheit der bei Änderungen der Sachlagen ihn erlaubt im Rahmen obiger Normen Änderungen der Abhilfemittel anzuwenden. Durch einen eisernen Ring von Vorschriften macht man einen schlechten gewissenhaften Restaurator nicht besser, wohl aber wird man dadurch einen strebsamen tüchtigen Restaurator hemmen, das Bessere zu tun.“ (BDA-Archiv Hofburg, Akt Siber, Z. 4425, 1910) II.14 Thörl, PK: Kritik am Restaurierergebnis von Theophil Melicher, 1912:
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„Leider wurden die Darstellungen der Passion, des lebenden Kruzifix und des Sakramentshäuschens […] von Melicher nach veralteten Prinzipien restauriert und dabei so stark übermalt, dass es einer Blosslegung des Triumphbogenbildes bedurfte, um die Hand des Meisters mit Bestimmtheit nachzuweisen. Merkwürdigerweise fallen die Übermalungen jetzt aber viel stärker aus dem Bildganzen heraus als dies noch vor 9 Jahren der Fall war. Heute aber Zeigen diese Malereien […] jetzt Spuren fortschreitender Verwitterung“. (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, GZ. 1609/1912) II.15 Max Dvořák zu Stil-Restaurierungen, 1918: „Ein übermaltes altes Wandgemälde ist als historisches Denkmal beinahe wertlos und kann mit einer gefälschten Urkunde verglichen werden. Jeder gebildete Mensch weiß, daß man historische Dokumente nicht fälschen darf, doch in der alten Kunst ist es noch immer nicht nur erlaubt, sondern sogar sehr beliebt. Daß durch willkürliche und zu weitgehende Restaurierungen auch der künstlerische Wert vernichtet wird, bedarf wohl keines Nachweises. Aus Werken der alten Kunst werden Werke der Kunst, die der Restauratoren, […]. […] die Bloßlegung [darf] nicht gewöhnlichen Maurern überlassen oder, wie so oft geschieht, vom begeisterten Finder selbst vorgenommen werden, sondern es ist eine Anzeige bei der Denkmalbehörde notwendig, die dafür zu sorgen hat, daß die Bloßlegung und Sicherung der Malereien durch einen geschulten Restaurator durchgeführt wird, an den man sich auch zu wenden hat, wenn Wandgemälde, die nie unter der Tünche waren oder schon vor längerer Zeit bloßgelegt wurden, gereinigt oder neu an der Wand befestigt und vor Zersetzung geschützt werden sollen. Läßt man alte Wandmalereien übermalen, so bedeutet dies die Vernichtung ihres historischen und künstlerischen Wertes“. (Dvořák 1918, S. 31–45)
Teil III: 1920 –1945 III.1 Walter Frodl zur Bestellung von August von Jaksch zum Landeskonservator von Kärnten, 1930-1938: „[…] und so wurde das alte Schlachtroß, der Landesarchivar Herr von Jaksch hervorgeholt und mit dem Erlaß des Staatsdenkmalamtes vorbehaltlich einer anderen Regelung vorläufig […] provisorisch mit der Funktion eines Landeskonservators betraut. Vorsichtiger hätte eine Bestellung kaum formuliert werden können. […] Jaksch, der nicht einmal über eine Schreibkraft verfügte, sah sich, sowohl was seine Leistungsfähigkeit wie auch die materielle Grundlage betraf, schwer überfordert. In der nämlichen Lage befand sich auch das Bundesdenkmalamt, das zwar einen Landeskonservator bestellt hatte, aber nicht im Stande war ihn auch nur einigermaßen zu dotieren oder ihm sonst irgendwie zu helfen, weil der Staat einfach am Bettelstab
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hing. […] Jaksch ging auf den Siebziger zu, was Wolsegger den abwegigen Gedanken eingab, den Maler August Veiter, ehrenamtlicher Konservator, einen Spätest-Nazarener, der während des Studiums an der Akademie den Anatomie-Unterricht versäumt hatte, zum Landeskonservator vorzuschlagen“. (Frodl 1930-1938 Karton 1 Faszs. 1–12, M2) III.2 Gurk, Dom, Wandbild 24 Älteste: Beschreibung der Restaurierung von Hans Viertelberger, 1920: „Die Abnahme der Tünche geschah mit größter Sorgfalt. Die bemalte Fläche blieb vollkommen unberührt, Ergänzungen wurden nur an jenen Stellen vorgenommen, wo die Malerei gänzlich verloren war, und zwar so, daß diese Zutaten dem halbwegs geübten Auge allsogleich kennbar sind. Man hat den vollkommen wahren Eindruck eines alten Kunstwerkes, das zwar im ganzen gut erhalten ist, jedoch die Narben der Zeit an sich trägt. Die Ergänzungen, aber besser gesagt, Verdeckungen der verlorenen Stellen, gegen die sich die Theoretiker oft sträuben, waren aber schon einmal darum notwendig, da die Kirche doch kein Museum ist, und ein ruinöses Kunstwerk erfahrungsgemäß für die Dauer in diesem Zustande doch nicht zu erhalten ist. Eben die vorliegende Erneuerung zeigt, daß man beiden Teilen gerecht werden kann, wenn es auch viel Können, Mühe und Fleiß erfordert“. (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Z 2577, 8. 10. 1920) III.3 Malta, PK: Bericht über die Wandmalereiabnahme von Franz Walliser im Kärntner Tagblatt, 1927: „In ungemein behutsamer Weise mußte Stück für Stück des oft nur wenige Millimeter dicken Oswald-Bildes, von dem nur noch der Kopf und Brustpartien erhalten sind, abgenommen und in einem Gipsbett wieder zusammengestellt werden. Die Bruchlinien wurden im Ton der alten Farben kaum kenntlich übergangen, so daß dem Fresko kein Hauch der Patina verlorenging, die die Jahrhunderte darüber gebreitet haben. […] [Das darunter liegende Wandbild wird] ebenso geschickt als stilgerecht nachgefahren […]“. (Nachlass Walliser, Kärnten, Kärntner Tagblatt 25. 11. 1927) III.4 St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK: Fritz Weninger an das Landeskonservatorat in Klagenfurt, 1927: „Die fehlenden Namen würden nach d. a. Rat ergänzt bis auf St. Ge…, da St. Geminianus platzhalber nicht geht und bleibt dieser unergänzt. St. Georg wurde in der gewünschten Weise verbeßert und die Ellbogenhachel weggenommen. Bei St. Gregorius stimmt die spitz zulaufende Mütze und ist sicher Gregor der Große dargestellt. Die Gewölberippen wurden gelb nach der ersten Bemalung gefärbelt mit weißen Fugen. Die neu vermauerten Stellen in graugrüner Farbe dem Gesamteindrucke nach abgestimmt. […] Ich hoffe mit der Freskenrestaurierung in St. Filippen, die ob des zerstörten Zustandes eine sehr schwierige war auch ihre Anerkennung
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errungen zu haben und Danke nochmals ergebenst für die vielen ausführlichen Auskünfte.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief September 1927) III.5 St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK: Restaurierbericht von Fritz Weninger, 1927: „Der Gefertigte berichtet, daß er in ungefähr 8–10 Tagen die Restaurierung der gotischen Fresken in der hiesigen Pfarrkirche beendigen wird und ersucht höflichst um Auskunft: 1. Wie wurde in der (früh)-Gotik S. Matthäus und Johannes geschrieben? Beide Evangelistennamen fehlen zur Gänze, wie Herr Präsident Henriquez sich kürzlich überzeugen konnte; nach genauester Untersuchung fand ich vom Johannes das E / S zum Schluße, ich ergänzte das Wort mit Doppel N. Doch wäre es aus ornamentalen Gründen möglich, daß nur ein N geschrieben war. Bei S. Matthäus probierte ich S: Matheus, das ginge aus, während doppel T, Ä? schwer ginge und ich mangels Nachschlagmöglichkeit auch nicht weiß, ob zeitlich nicht eine bestimmte Schreibung feststeht. 4 Heilige haben Schriftbänder: S. Erfarde – S. Gregorius (gut erhalten). S. Ge...(i).(c)?us fehlen 4 Buchstaben (ev. 5). Heiliger mit Buch ohne Kopfbedeckung, S. Georgius kann es nicht heißen. S. August… (Augustinus oder Augustus?) Heiliger mit Bischofsstab. Der S. Gregorius hat einen doppelten Bischofs? Stab mit Kreuz und eine hutähnliche Kopfbedeckung, der ist wohl kein Bischof, diese haben alle einen einfach gewundenen Stab; vielleicht ein Diakon? Es handelt sich nur wegen der Ergänzung der Kopfbedeckung. Falls ich einige der Namen sicher feststellen laßen – so ergänze ich diese, ansonsten laße ich diese unergänzt. Am wichtigsten ist mir die richtige Schreibweise der zwei Evangelistennamen – die wohl in gotischen Abbildungen vorhanden sein werden.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief 3. 9. 1927) III.6 St. Peter in Holz, PK: Eduard Andorfer an den Vorstand des Bundesdenkmalamtes, 1928: „Nach den h.a. gemachten Erfahrungen ist August Veiter jedoch nicht in der Lage, die oberwähnten Fresken in denkmalpflegerischer Beziehung einwandfrei zu restaurieren, da er stets die ihm zur Konservierung übertragenen Malereien unter dem Vorwand des schlechten Erhaltungszustandes vollständig übermalt. Sprechende Beispiele hierfür sind seine jüngsten Arbeiten: die Auffrischung der Emporenbilder in der Domkirche und der Deckenfresken in der SPK Klagenfurt. Deshalb wird das BDA ersucht, von einer Vergebung der Arbeiten in St. Peter i. H. an August Veiter abzusehen und mit der Restaurierung Fritz Weninger betrauen zu wollen.“ (BDAArchiv LK-K, Ordner St. Peter in Holz, Brief 25. 7. 1928) III.7 Maria Saal, PPK: Adam Hefter an den Vorstand des Bundesdenkmalamtes, 1930: „[…] Ich weiss zwar, dass von gewiss schätzenswerter kunsthistorischer Seite ein
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zu wenig konservatives Vorgehen ihm [Walliser] zu Vorwurf gemacht wird, aber dem möchte ich entgegenhalten, dass es Extreme auf beiden Seiten gibt. Man kann zu konservativ und zu wenig konservativ bei solchen Arbeiten vorgehen. Zu konservativ geht man nach meiner Ansicht vor, wenn man vergisst, dass die aufgedeckten Fresken sich derart dem Auge darbieten müssen, dass sie dem gläubigen Volke in der Kirche zur Erbauung und nicht zum Anstosse gereichen. Die Kirche bleibt eben immer eine Kirche und nicht ein Museum. Im Uebrigen habe ich mich wiederholt persönlich auf dem Gerüste oben überzeugt, in welch’ pietätvoller und echt konservativer Weise Dr. Walliser vorgeht und ich glaube aus eigener Beobachtung sagen zu können, dass die ihm gemachten Vorwürfe, soweit es das grosse Ganze betrifft, wohl nicht stichhaltig sind.“ (Archiv LK-K, Ordner Maria Saal, Brief von Hefter am 17. 3. 1930 an das BDA) III.8 Gurk, Dom, Vorhalle: Stellungnahme von Hans Viertelberger, 1930: „Nachdem diese Malereien al secco ausgeführt sind, so wird natürlich das Bindemittel der Farben durch diese Pilze vollkommen zerstört und die Malereien würden sich abstauben und verwischen lassen, daher muss vor irgend einer Berührung oder einem Reinigen dringendst gewarnt werden. Vor allem muss durch eine genaue Untersuchung, die ich aber ohne ausdrückliche Bewilligung nicht vornehmen wollte, festgestellt werden, ob es nicht, wie ich bestimmt annehme, möglich wäre, durch ein geeignetes Desinfectionsmittel ein Weiterverarbeiten (Weiterverbreiten?) zu verhindern und die bereits befallenen Stellen zu befreien und sichtbar zu machen. In vielen Fällen, die ich in meiner langjährigen Praxis kennen lernte, war ein Vergiften von grossem Erfolg. Nach dem Verschwinden des Pilzes ist es dann natürlich notwendig, die Farben durch eine Fixierung wieder zu festigen und ein Abstauben zu verhindern, was ja keine Schwierigkeiten machen würde.“ (BDA-Archiv Hofburg, Kärnten, Karton 10, Gurk, Brief 3. 9. 1930) III.9 Gurk, Dom, Vorhalle: Stellungnahme von Hans Viertelberger, 1931: „In der äußeren Vorhalle des Domes sind die Malereien in einem Zustand, welcher von Jahr zu Jahr schlechter wird. Die Medaillons über dem Hauptportal, […] Szenen aus dem Alten und Neuen Testament sind mit einer schmutzig grauen Schichte überzogen und werden immer weniger sichtbar. Die Ursache ist, dass sich durch Feuchtigkeit ein Schimmelpilz entwickelt hat, welcher sich immer mehr ausbreitet. Nachdem diese Malereien keine echten Fresken sind, so ist schon teilweise das Bindemittel der Farben zerstört und ist es daher nicht möglich, durch ein einfaches Abwischen oder Abwaschen diese Schichte zu entfernen, weil dann auch die losen Farben abgehen würden. Es ist also hier doppelte Arbeit zu leisten, die Pilzbildung zum Schwinden zu bringen und die losen Farbschichten zu fixieren. Um dies zu erreichen sind vielerlei Proben und Versuche an kleinen Teilen notwendig, da ja die Wirkung nicht sofort zu sehen sein wird.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Gurk, 19.2.1931)
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III.10 Gurk, Dom, Vorhalle: Stellungnahme von Franz Walliser, 1931: „Soweit eine oberflächliche Besichtigung zu konstatieren gestattet, dürfte der graue Schleier, der vom Gewölbeansatz nach abwärts die Freskoschichte zudeckt, zum größeren Teil aus einer Staubschichte, die sich mit Brot leicht entfernen lässt, bestehen. Allerdings ist Vorsicht am Platze, da gewisse Farbe wie Rot abstauben. Ich fand aber auch Stellen, die sich mit weichem Brot nicht entfernen lassen, die deutlich den Eindruck von Kalkwasserverwaschungen nach alten schlechten Putzausbesserungen machen. Eine dritte Art von Schäden betrifft besonders den unteren Teil der Fresken, wo eine vorsichtige Putzprobe wohl langsam zur Entfernung des Schleiers fürhte, wo aber unter dem Schleier die Malerei nicht mehr vorhanden war. Solche Stellen bedürfen einer gründlichen Untersuchung. Ob es sich bei solchen Fällen um einen Pilz oder um Sinterungen durch die Bodenfeuchtigkeit handelt – welche 2. genannte Schadensursache ich eher anzunehmen geneigt bin – kann erst präzise nach genauer Prüfung festgestellt werden. Tatsache ist, dass je näher die Fresken zum Boden reichen, umso weniger mehr vom Freskobestand vorhanden ist.“ (BDAArchiv LK-K, Ordner Gurk, Voranschlag 4.7.1931) III.11 St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK: Otto Demus über die Restaurierung von Maximilian Florian, 1934: „[…] die Arbeit ist zufriedenstellend durchgeführt. Zum Vorschein gekommen sind einzelne Heiligengestalten unter Baldachinen im Chorschluß der Kirche. Der jetzige Zustand gibt ein gutes Bild der hochgotischen Gesamtausstattung des Presbyteriums. Da Restaurator F. Weninger bei der seinerzeitigen Restaurierung der Wand- und Gewölbefresken des Presbyteriums eher zu viel getan hat, wurde bei der Restaurierung der Fresken des Chorschlusses darauf Wert gelegt, den ursprünglichen stilistischen Bestand möglichst unangetastet zu lassen. Es handelt sich um Umrißzeichnungen, die in zarten Farben (smaragdgrün, rosa, ziegelrot, ocker, hellblau) flächig gefüllt sind.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner St. Filippen ob Sonnegg, Brief März 1934) III.12 Grafendorf: Pfarrer Jabornigg an Franz Walliser, 1941: „Unser Befinden ist normal, etwas besser und gehobener als die Zeit und ihre ersten Umstände es im allgemeinen zulassen. Gesundheit, Proviant, Brennholz ausreichend – die grössten Wellen der Ereignisse schlagen auch nicht ins Gailtal herein. Was Herrn Drs. Absichten oder Pläne für die weitere Blosslegungen im hies. Presbyterium anlangt, wird darüber noch später zur reden sein; ob die Zeit (puncto Hilfskräfte, Geld-Verpflegung etc.) dafür ganz opportun erscheint, dürfte der Ueberlegung wert sein“. (Nachlass Walliser; Brief 26. 1. 1941) III.13 Wieserberg, FK: Restaurierbericht von Franz Walliser, 1942:
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„Ich kann berichten, daß mir die Entfernung [der] gefährlichen, oft schwer lösbaren chemischen Auflagen gelang. Durch mehrfache starke Befeuchtung machte ich Proben auf das Vorhandensein weiterer Zerstörungsmöglichkeiten. Sie fielen alle negativ aus, sodaß ich behaupten kann, wenn nicht neue organische Zersetzungsprodukte etwa durch Dachschäden auf die Wände kommen, daß der Prozeß nicht nur gestoppt sondern auch aufgehoben ist. Mit einem Fixiermittel, das nicht fault, habe ich die lockeren Teilchen fixiert. […] Der Bestand blieb selbstverständlich unberührt bis auf unwesentliche Ausstupfungen optisch störender Stellen. Größere Fehlstellen wurden neutralisiert. Die Sprünge und Löcher wurden verkittet. […] Die Färbelung des ganzen Raumes habe ich dem Freskogrund angeglichen und intigriert.“ (BDA-Archiv, LK-K, Ordner Wieserberg, Bericht 1942)
Teil IV: 1945 –1970 IV.1 Pisweg, Karner: Restaurierbericht von Franz Walliser, 1946: „Die Wandgemälde waren stark geschwärzt und infolge früherer Dachschäden arg mitgenommen. Schleierbildungen deckten große Partien. Bis zirka drei Meter über den Boden hinaus war alles übertüncht und roher, dicker, brauner waagrechter Strich trennte den Gemäldestreifen mitten durch. […] Putzzersetzungen, überall Spinnweben, Verrussungen, Verschleierungen, muffiger Zersetzungsgeruch, kurz ein Eindruck trostloser Verwahrlosung, vielleicht seit Jahrhunderten. […] Vorerst konzentrierte sich die Arbeit auf die Sicherung des schon sichtbaren Bestandes. Vorsichtige Reinigung hellte den Bestand auf und legte Partien frei, die vorher von einem Schleier verdeckt waren. Lockerer Putz wurde gefestigt und die kleinen, folgenden Putzstellen mit Mörtel geschlossen. Alte Übermalungen mit rohen schwarzen Linien wurden konstatiert und teilweise entfernt. […] Eine Ergänzung der Fehlstellen, etwa der fehlenden Innenzeichnung und wichtiger Gewand- und Gesichtsdetails, war von vornherein ausgeschlossen, weil es unverantwortlich gewesen wäre, einen so starken Eingriff in dieses ehrwürdige Meisterwerk zu machen. Aber die Ausstupfung unwichtiger und optisch störender Stellen im Hintergrund und die vorsichtige Schließung kleiner Unterbrechungen der Linienführung waren für die Sichtbarmachung des alten Bestandes von großer Bedeutung. Es war für den Ausführenden während der Arbeit die grösste Überraschung, wie sich die Formen durch die geringfügigen Ausstupfungen von selbst ergaben und wie die Darstellung bedeutend an Klarheit gewann, ohne dem Werk Gewalt anzutun oder etwa das Kolorit zu beeinflussen. […] Nur ein Verantwortungsbewusster und von der größten Liebe zum alten Kunstwerk erfüllter Künstler, der bei jedem, auch den kleinsten Punkt, der auf eine Fehlstelle gesetzt wird, sich ständig kritisch kontrolliert, kann solche Aufgaben lösen. Je höher das Alter und je größer die Qualität des Kunstwerkes ist, um so mehr Zurückhaltung und Reserve, die bis zu vollkommenen Vermeidung jedes Pinselstriches führen kann,
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muß geübt werden. Nur solchen Kräften, die die absolute Gewähr für eine wirklich pflegerische Behandlung unserer wertvollen Kunstschätze bilden, überträgt das Bundesdenkmalamt ähnlich wichtige Aufgaben. […] Die zweite Etappe der Arbeiten war die Freilegung und Sicherung des übertünchten Bestandes. Je tiefer die Malschicht zum Erdboden reichte, um so mehr zerstört war sie. […] Mit Schabern und feinen Hämmern musste die Tünche entfernt werden, eine mühevolle und heikle Kleinarbeit. Galt es ja doch, jede, auch die allerkleinste Originalstelle herauszubekommen.“ (BDAArchiv LK-K, Ordner Pisweg, Zl. 169/46, Bericht 1946) IV.2 Friesach, Deutschordenskirche: Stellungnahme von Lukas Arndold, 1946: „[…] dass er schon eine Reihe Fresken entdeckt, wo andere Sucher – keine gefunden haben. Bitte noch kein (Fresken- Restaurator) hat sich beschwert, dass die von mir nur soweit abgedeckten Fresken, als es zu Feststellung des Zeitalterns beziehungsweise Umfang notwendig erschien, Verletzungen aufwiesen.“ (BDA-Archiv LKK, Ordner Friesach, Brief 14.11.1946) IV.3 Friesach, Deutschordenskirche: Brief von Franz Walliser über die Freilegung von Lukas Arnold, 1947: „[…] es ist, wie sich neuerdings wieder eindeutig erwiesen hat, nicht zu verantworten, dass eine Firma wie die genannte solche äusserst heikle und subtile Arbeiten vornimmt. […] Noch beim Schreiben dieser Zeilen packt mich ein richtiger Schock, wenn ich an den Zustand zurückdenke, den ich in Friesach vorgefunden habe. […] Noch krasser zeigt sich die Unfähigkeit der Firma, die nicht einmal die verhältnismässig leichte vorsichtige Verkittung der Fehlstellen mit Schonung der Originalpartien bewältigen konnte. Ich musste mit grösster Entrüstung feststellen, dass über die Bruchkanten zwei und mehr Zentimeter neuer Kalkputz auf das Original verrieben wurde, sodass dabei schon abgedeckte Stellen wieder zugedeckt wurden.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Friesach, Brief 13.9.1947) IV.4 Maria Rojach, PK: Brief von Franz Walliser, 1947: „Die Arbeiten in Rojach habe ich Sonntag abgeschlossen. Nur habe ich gleich am ersten Tag meines Eintreffens in Rojach eine Enttäuschung erleben müssen. Hr. Pfarrer und Hr. Campidell, die beide wenigstens die Fresken beim rechten Seitenaltar als Altarbild sichtbar belassen wollten, sind umgefallen. Hr. Campidell hat sogar den Umfall mit Begeisterung verteidigt. Wohl haben mir beide Herrn versichert, dass alle 2 Seitenaltarbilder Scharniere bekommen sollen und im Bedarfsfalle abgedreht werden können. Das ist der von mir inspirierte Plan der obgenannten Koalition. Aber wer weiß, was noch alles dazwischen kommt. Bei der notorischen Feindschaft der Rojacher gegen die alten Wandgemälde ist nichts ausgeschlossen. […] Von einer weiteren Behandlung der Fresken hinter den beiden Seitenaltären habe ich natürlich
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unter den obgenannten Umständen Abstand genommen. […] Ich war der von den Behörden eingesetzte Sturmbock und habe das Möglichste bei denkbar ungünstigsten Verhältnissen herausgeholt. Die Kirchenmalerei wäre fürchterlich geworden, wäre ich nicht […] bis ins Letzte an die Hand gegangen.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Maria Rojach, Zl. 837/47, Bericht 1947) IV.5 Metnitz, PK: Franz Walliser über die Freilegung der Firma Campidell, 1950: „Im Einvernehmen mit dem Landeskonservator wurde zwecks Ausnützung des Gerüstes zuerst die Entfernung der Tünche an der Decke des Presbyteriums vorgenommen. Hierbei habe ich mit Herrn Campidell und seinen 4 Hilfskräften und dem Pfarrherrn gearbeitet. Die Arbeit an 8 Figurenfeldern und 10 blauen Feldern mit plastisch vertieften Sternen ging so rasch vor sich, dass in einer Woche die gesamte Decke von der Tünche frei war. Das Tempo war mir viel zu schnell, so dass ich immer zur Vorsicht mahnte.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 29. 9. 1950) IV.6 Metnitz, PK: Franz Walliser über die Restaurierungsarbeiten, 1951: „Wegen flüchtiger Abdeckung durch eine Malerfirma im vorigen Jahr war noch viel abzudecken. Außerdem waren viele Putzstellen auszubessern und sehr viele Spitzhammerhiebe in den unteren Gemäldestreifen auszukitten. Die Darstellungen wurden gesichert, geputzt und vorsichtig ausgefleckt. Die Ausfleckarbeit habe ich mir persönlich vorbehalten. Wie immer wurden nur die kleinen Fehlstellen, soweit sie störten, gedeckt, die großen Fehlstellen bloß neutralisiert. Bei der Restaurierung der Rahmenstreifen hat Herr Campidell genau nach meinen Anweisungen gearbeitet. […] Um mich zu decken, muß ich noch auf die durch die Malerfirma im vorigen Jahr vorgenommene Freskenabdeckung zurückkommen. Es wurde damals im Rekordwege von den 5 Angestellten der Firma die Tünche abgeklopft. Jeder suchte schneller einen Quadratmeter herauszubekommen. Es ist klar, dass bei einer solchen Konkurrenz, das Objekt leiden muß. Es wäre im Interesse der schonungsvollen Behandlung alter Fresken wünschenswert, daß solche Forcierungen unterbleiben.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Metnitz, Brief 6. 11. 1950 und Zl. 680/51, 1951) IV.7 St. Peter in Holz, PK: Franz Walliser berichtet über seine Wandmalereiabnahme, 1950: „Ich habe den Versuch unternommen den Christophorus mit dem Mörtel abzunehmen. Nach Sicherung der Farbschichte durch Überklebung und 6 Tage langes Beklopfen mit einem Holzhammer über einem Stück Pressplatte, gelang mir die Lockerung dieses 6 m2 grossen Stückes. Durch Anbringung eines Holzrahmens und dessen Verspreizung gelang auch die Abnahme von der Mauer und der Transport der schweren und grossen Platte in die Vorhalle der Kirche, wo die Rückseite behandelt wurde. Dort wurde getrachtet, die zu dicken Putzstellen anzuschwächen und so halbwegs eine Egalisierung der Rückseite der Mörtelplatte zu erreichen. Dann wurde
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die Freskoplatte an die vorbereitete Mauerstelle an der Aussenseite des Presbyteriums herangebracht und mit Hilfe von 4 Maurern eine zwei bis drei cm starke Mörtelschichte an den A[n]bringungsplatz geworfen, was zirka 20 Minuten dauerte. In die noch feuchte Mörtelschichte wurde die Freskoplatte angedrückt und mittels Querriegln, die an fest in der Mauer haftenden Mauerhaken befestigt waren, durch Bolzkeile an die Mauer gepresst, sodass das weiche Mörtelmaterial über den Rand quoll. Nach entsprechender Trockenpause wurden alle Sicherungen entfernt und das Fresko haftet nun an seiner neuen Mauerstelle. Nach Ausfleckung der Fehlstellen war die Restaurierung beendet. Die Übertragung eines so grossen Freskostückes mit dem daran haftenden Mörtel ist die erste in Österreich, was das grosse Ausmass anbelangt“. (Nachlass Walliser, Kärnten, Bericht 6. 11. 1950) IV.8 Vortrag von Cesare Brandi über „Allgemeine Grundsätze der Restaurierung von Kunstwerken“, 1951: „Die Methoden des Istituto Centrale del Restauro mit Bezug auf die allgemeinen Grundsätze der Restaurierung von Kunstwerken: Unter Restaurierung versteht man gewöhnlich jedwede Tätigkeit, die sich damit befaßt, die physischen Bestandteile zu erhalten, welche die Grundlage oder den Träger für das Kunstwerk selbst darstellen. Aber man kann auch den Begriff Restaurierung bis zur möglichst weitgetriebenen Reintegration eines beschädigten Kunstwerkes ausdehnen. Das sind die beiden Pole, von denen der eine die Restaurierung auf eine reine Konservierung beschränkt, während der andere dazu führen kann, daß Privilegien des künstlerischen Schaffens für die Restaurierung zu Unrecht in Anspruch genommen werden. So sind die widersprechenden Ansichten zu charakterisieren, welche hinsichtlich Rrestaurierung bestanden und heute noch bestehen. Aus dieser unleugbaren und grundsätzlichen Gegensätzlichkeit entstehen die Vorwürfe, welche man gegen Restauratoren und Restaurierungen erhebt, mehr noch, als aus falschen Vorgängen und aus unglückselig gewählten Materialien. Daraus entstehen auch die unfruchtbaren Polemiken, welche die eine Ansicht auf Kosten der anderen zu unterdrücken suchen. Die Frage bedarf daher einer theoretischen Klärung. Der Praxis muß immer die Theorie vorangehen. Jeder Eingriff zeigt sofort, ob wir bei einem Gegenstand nur den reinen historischen Wert oder den Kunstwert in den Vordergrund stellen, welcher wieder sehr persönlich oder im Sinne der Kunstgeschichte aufgefaßt werden kann. Über diese beiden hinaus, sind gewiß auch noch andere Gesichtspunkte möglich. Jede Auffassung entspricht nicht nur einer menschlichen Haltung, sondern ist unzertrennlich ein Bestandteil der Kulturgeschichte im Hinblick auf den Begriff „Kunstwerk“. So hat man durch Jahrhunderte Kunst bloß als historisches Dokument betrachtet, und gedacht, es wäre möglich, ohne weiteres den unterbrochenen oder verstümmelten Arbeitsvorgang an einem Kunstwerk wieder aufnehmen zu können. Man glaubte, daß man erlaubter Weise den Eingriff verschleiern darf, als ob niemals eine Restaurierung erfolgt wäre.
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Es ist nun das erstemal, daß man versucht zum Begriff „Restaurierung“ auf dem Wege des Begriffes der Kunst selbst zu kommen. Es kann selbstverständlich auch eine intuitive Erfassung dieser Beziehungen geben. Die Gegensätze, die bestehen, sind nicht technischer sondern theoretischer Art und lassen sich in dem Gegensatz zusammenfassen: Hie englischer Empirismus, hie italienischer Idealismus. Diese theoretischen Erörterungen mußten vorausgehen, um zu zeigen, nach welchen Prinzipien das Istituto Centrale del Restauro in Rom arbeitet. Die Methoden des Istituto Centrale del Restauro sind im Begriffe auf der ganzen Welt anerkannt zu werden. Methoden und Prinzipien die von großer Selbstverständlichkeit sind. Weil sie so selbstverständlich sind, kann man nicht von ihnen Abstand nehmen. Der erste Grundsatz lautet: Wenn man ein Kunstwerk restauriert, so darf man niemals vergessen, daß es ein Kunstwerk ist. Der zweite Grundsatz lautet: Bei der Restaurierung eines Kunstwerkes darf man niemals die Tatsache aus dem Auge lassen, daß ein Kunstwerk ein historisches Ereignis (fatto istorico) ist. Auch dieser zweite Grundsatz ist selbstverständlich, aber nicht für alle. Sonst könnten nicht manche behaupten, daß der wahre Zweck einer Restaurierung darin bestehe, ein Kunstwerk seinem ursprünglichen Zustand so nahe wie möglich zu bringen. Jedes Kunstwerk ist eine historische Tatsache, ein einmaliges Ereignis, das sein Leben in seiner Zeit hat und das daher, so wie man es nicht fälschen kann, auch keineswegs automatisch in den Zustand seiner Entstehung zurückgeführt werden kann, als ob man die Zeit beliebig nach rückwärts drehen könnte. Ein solcher Eingriff ist willkürlich und nicht zu rechtfertigen. Denken wir zurück an die Zeiten eines Viollet-le-Duc, so ist uns sofort die Notwendigkeit klar, daß wir uns dieses selbstverständliche Prinzip immer vor Augen halten müssen. Die beiden Prinzipien dürfen nicht in Gegensatz gebracht werden, sondern müssen aufeinander abgestimmt werden, wie dies erforderlich ist im Hinblick auf die Polarität des Kunstwerkes in ästhetischer und historischer Hinsicht. Ein Beispiel hiefür sind die verbrannten chinesischen Steinfiguren aus der Sammlung Gualino, sie waren sozusagen in kleine Bruchstücke zerfallen. Wenn der Restaurator nicht von der Überzeugung getragen gewesen wäre, daß diese Bruchstücke Teile einer Form waren, hätte das reine Aneinanderpassen der Bruchstücke niemals dazu führen können, die ursprüngliche Einheit zu erreichen. Dagegen wurden die Lücken zwischen den Bruchstücken nicht in einer Art ergänzt, daß die Ergänzung dem Laienauge unkenntlich geblieben wäre, man vermied zu fälschen, um die Spuren der Zeit nicht auszulöschen. Diese Restaurierung ist viel diskutiert worden. Die getroffene Lösung ist kein Kompromiß: Das Istituto Centrale del Restauro konnte sich weder für eine Restaurierung, welche die völlige Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes ins Auge faßte, erklären, noch für eine archäologische Restaurierung. Die erste Auffassung hätte nur den ästhetischen Standpunkt, die zweite nur den historischen Gesichtspunkt gewahrt. Wir stehen aber auf dem Standpunkt, daß es sich um eine Einheit handelt, und daß diese Einheit wieder aufgebaut werden sollte. Diese Einheit darf selbstverständlich nur erreicht werden auf Grund von sicheren
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Dokumenten und nie auf Grund von Phantasie oder Analogie. Es soll die mögliche Einheit des Kunstwerkes wieder erreicht werden. Und zwar in einer Technik, daß jeder Zeit ohne besondere Hilfsmittel von jedermann die erfolgte Integration erkannt werden kann. So wird das ästhetische und historische Moment vollkommen gewahrt, man verbindet die Grundsätze der vollständigen Wiederherstellung mit dem archäologischen Gesichtspunkt. Nach Festsetzung dieser Prinzipien mußte man zu einer Integration kommen, die keineswegs einer Neuherstellung gleichkommt, aber auch nicht nur eine Ergänzung mit neutralen Zonen darstellt. Dies ist besonders in der Malerei wichtig. In Fällen, in welchen der Wiederaufbau einer weitgehenden Einheit sich als unmöglich erwiesen hat, ist die neutrale Zone immer noch besser, als die Integration nach Analogien oder der Phantasie. Hinsichtlich der Malerei ist zu sagen, daß Ergänzungen in Aquarell ausgeführt werden, in einer divisionistischen (trennenden) Art, welche aus der Nähe vollkommen erkennbar ist, aus der Ferne aber eine wirkliche Illusion erzeugt. Eine Ergänzung in einem tieferen Ton (sotto tono) oder in einem nur angeblichen Ton ergab immer eine Beeinträchtigung der Einheit des Werkes, einen Eingriff bis ins Tiefste gegenüber der ursprünglichen Farbverteilung. Die Integration mit Aquarell überschreitet nie die Grenzen des Originals, man kann damit die feinsten Tonwerte erreichen. In der Praxis ergibt sich somit: Man restauriert allein die Materie des Kunstwerkes, denn das Kunstwerk selbst ist ein unwiederholbares Unikat, man darf nicht wagen, den unterbrochenen oder verstümmelten Arbeitsprozeß wieder aufzunehmen. Es ist nur daran zu denken, daß diese Materie nicht eine beliebige ist, sondern das Mittel, dessen sich der Meister zu seinem Kunstwerk bedient hat. Der Restaurator darf sich aber niemals mit dem Meister selbst identifizieren. Die Restaurierungstätigkeit ist daher eine kritische, wie bei der Philologie. Darum ist auch das Istituto Centrale del Restauro nicht von Restauratoren geleitet, sondern von Kritikern, woraus sich die richtige Basis für die Konservierung der Kunstwerke ergibt. Die Restaurierungstätigkeit muß geführt sein von kritischen und genauen Kenntnissen. Es ist eine falsche Auffassung, daß man die Restauierung der reinen Praxis dadurch entreissen könnte, daß man Physik und Chemie heranzieht, die nur dienende Stellung haben können. Was die Patina betrifft, ist es primitiv zu behaupten, daß sie nur Schmutz sei und daher entfernt werden müsse. Es ist auch eine falsche Verallgemeinerung, daß Patina eine romantische Erfindung wäre. Der Begriff der Patina hat sich langsam im klassischen Altertum gebildet, findet sich wieder im Mittelalter und hat seine genaue Formulierung in der Barockzeit gefunden. Der Romantizismus sieht in der Patina einen gefühlsmäßigen Faktor, das Wirken der Zeit am Kunstwerk, und geht soweit, dichte und gefärbte Firnisse aufzubringen. Das darf uns nicht hindern, durch alle Zeiten hindurch die ästhetische Idee zu verfolgen, die sich in der Patina manifestiert. So wie man nicht glauben darf, daß alle gefärbten Firnisse in der romantischen Zeit aufgebracht worden sind. Schon der Gedanke, der Firnis bezeichne das Dahingehen der Zeit über ein Kunstwerk, wäre ein Grund für seine Erhaltung, aber die Patina ist dies nicht nur allein. Es interessiert uns diese Frage auch im Hinblick auf
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das Kunstwerk selbst, inwieweit vom Künstler versucht wurde, der körperlichen Substanz das Materielle zu nehmen. Eine zu neue und leuchtende Materie wird unvermeidlicher Weise sich vor die Geistigkeit eines Bildes drängen und zu einem reinen Lustgefühl der Sinne führen. Wenn im Istituto Centrale del Restauro die Erhaltung der Patina zu einem wichtigen Prinzip der Restaurierung geworden ist, freilich nicht ganz ohne Widersprüche, so ist es nicht deshalb, weil die Restauratoren nicht wüssten, das Gemälde völlig bloßzulegen, wie dies gewisse Kollegen aus Übersee machen. Es handelt sich in der Patina nicht um eine Frage des Geschmackes, sondern um eine letzte Feinheit der künstlerischen Konzeption selbst, die nicht physischer oder körperlicher Art ist. Bedeutender wird diese Frage, wenn Lasuren und der ursprüngliche Firnis auf dem Spiel stehen. Unglückselige Reinigungen haben einige Meisterwerke fast zerstört. Das Vorgehen wurde noch mit den bösesten Sophismen verteidigt. Die Entfernung des Firnisses bedeutet immer eine Entfernung der Patina. Die Erhaltung eines später hinzugefügten Firnisses ist immer ein geringeres Übel als die Zerstörung der Patina. Bei venezianischen Bildern ist es überdies gelungen die später aufgebrachten gelblichen Firnisschichten zu entfernen, wobei der ursprüngliche Firnis braun und transparent wie leuchtendes Email erhalten geblieben ist. Dies war zum Beispiel bei der Restaurierung des hl. Rochus von Tintoretto aus dem Museum in Bari der Fall. Ist der beschädigte alte Firnis mit dem neuen jedoch so verbunden, daß der neue Firnis ohne Gefahr für den alten Firnis und die Lasuren nicht entfernt werden kann, ist es daher vorzuziehen, die später zugefügten Firnisse wieder zu beleben und zu konservieren. Das geschah bei der Restaurierung der Pietá von Sebastiano del Piombo aus dem Museum in Viterbo. Bei der Fotografie mit ultravioletten Strahlen kommen deutlich die Zonen des milchigen Firnisses heraus, der erhalten wurde, um nicht die unterhalb liegenden feinen Lasuren zu berühren; sie sind jedoch bei gewöhnlichem Licht völlig unsichtbar. Bei Festhaltung dieser Prinzipien können wirkliche Wiedersprüche zwischen ästhetisch und geschichtlichen Standpunkt nicht auftreten. Wenn auch jede Restaurierung in der Praxis nur eine Restaurierung der Materie ist, so muß die Konservierung der Materie immer in Hinblick auf die Kunst geschehen und nicht umgekehrt, daher wird man ohne zu zögern, die Materie opfern müssen, wenn nur auf diese Weise das Kunstwerk gerettet werden kann. Dieser Grundsatz wird besonders klar bei der Übertragung von Fresken von der Mauer und von Malereien von der Tafel oder von der Leinwand auf andere Materien. Die strenge Forderung nach einer Übertragung auf gleiches Material ist nicht gerechtfertigt und gibt eine falsche Idee vom Historischen ebenso wie die Entfernung der Patina, eine falsche Idee von der Kunst gibt. Wenn das Kunstwerk einmal von dem originalen Träger entfernt ist, darf man nur mehr an das Kunstwerk denken, man muß absolut jedes Mißverständnis vermeiden. Das Istituto Centrale del Restauro hat als einfachsten und leichtesten Träger die Leinwand gewählt, mit einem eigens konstruierten Spannrahmen. Aber noch wollen zu viele Menschen das Kunstwerk mit den Fingern betrachten und sehen in einem Restaurator den Rutengänger, der den Jungbrunnen für die Kunstwerke zu finden vermag. (BDA-ARK, Archiv, Ordner E II, Zl. 3220/1951)
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IV.9 Ansuchen von Franz Walliser um die Verleihung des Professorentitels, 1950: „Spezialist in Aufdeckung von übertünchter Wandgemälden und in Entrestaurierung von übermalten Gemälden, welche Methode ich in Österreich zu mindestens, so weit es sich um Entfernung der mit Ölfarbe oder ölhältiger Tempera ausgeführten Restaurierungen des 19. Jhts. handelt, zum 1. Mal eingeführt habe. […] Öfters zu Gutachten über Erhaltungszustand und die Möglichkeit der Rettung von Gemälden vom BDA und den Behörden der Länder und Gemeinden herangezogen. […] Seit 1946 als Leiter von Arbeitsgruppen an Unterweisung von jungen Kräften in der Restaurierungspraxis. 1947 Vorträge im Denkmalpflegekurs des BDA. Diverse Radiovorträge über interessante und bedeutende Restaurierungserfolge. An Altargemälden und Tafelbildern habe ich im Auftrage des Staates an die 100, für private Auftraggeber ein vielfaches davon restauriert. Neu Entdeckungen von romanischen Wandgemälden glückten mir an ca. 12 Dutzend Orten, Funde gotischer Wandgemälde an ca. 2 Dutzend Orten. Die Zahl der von mir gesicherten und restaurierten mittelalterlichen Gemälde übersteigt aber ein Vielfaches der Entdeckungen. Die Zahl der von mir restaurierten barocken Wandgemälde beträgt mindestens 50 Stück, wobei es sich zum größten Teil um große Flächen wie Kuppeln und ganze Kirchenausmalungen handelt“. (BDA-Archiv Hofburg, Akt Walliser (1925- 1965), GZ. 4867/50, 16. 5. 1950) IV.10 Steuerberg, PK: Über die Freilegungsarbeiten der Firma Arnold, 1951: „Arnold, der bisher mit erstaunlicher Sorgfalt und ohne Spesenvergütung die Freilegung durchführte, wird die Gewölbepartien, auf denen ein Himmel mit goldenen Sternen zu sehen ist, bloßlegen. Auch hier ist der Verputz brüchig und droht abzufallen, eine Gelegenheit, das technische Vermögen Arnolds zu überprüfen. Die Himmelpartie ist mit barocken Darstellungen übermalt, die entfernt werden müssen.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, AV, Zl. 888/1947, 10.9.1951)
IV.11 Steuerberg, PK: Franz Walliser über die schwierigen Freilegungsarbeiten, 1953: „Der Originalmörtel ist in diesem Joche sehr brüchig und mürbe. Während der Abdeckungsarbeit muß unbedingt gleichzeitig mit Injektionen gearbeitet werden, sonst gehen wertvolle Originalstellen verloren. Einzelne Partien sind leicht abzudecken, dagegen die Mehrzahl der Originalpartien sehr schwer. Es wurde mit dem Landeskonservator vereinbart, daß Herr Arnold lediglich die Gewölbepartien, wo nur blauer Grund mit goldenen Sternen vorhanden ist (in der Barocke wurden hier figurale Darstellungen angebracht, die natürlich entfernt werden) behandelt und die Wände mit den romanischen figuralen Gemälden unberührt läßt. […] Die Arbeiten wären mit großer Subtilität vorzunehmen und mit äußerster Vorsicht durchzuführen. Bei unvorsichtiger Handlungsweise würden wertvolle und seltene Originalstellen verloren gehen.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Bericht 27. 5. 1953)
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IV.12 Steuerberg, PK: Franz Walliser über seinen Mitarbeiter Rudolf Peisar, 1953: „Fünf Tage habe ich R. Peisar zum Auskitten, Unterputzlegung einer alten elektrischen Leitung, die besonders an der Nordwand störte, zur Ausfleckung der breiten roten Umrahmungen und zur Grundierung von Fehlstellen herangezogen. Alle anderen Arbeiten habe ich selbst durchgeführt. Die Retuschen beschränkten sich auf Ausflecken kleinerer Fehlstellen, größere Partien wurden nur neutralisiert. […] Die fehlenden Sterne [an der Decke] habe ich nicht ergänzt. Den blauen Fond habe ich ausgefleckt.“ (BDA-Archiv LK-K, Ordner Steuerberg, Zl. 126/53, Bericht 1953) IV.13 Steuerberg, PK: Kritik von Otto Demus an einer farblichen Ergänzung von Franz Walliser, 1953: „[…] Weniger gefreut hat mich die Feststellung, daß bei der interpretierenden Ergänzung des Bestandes ein Irrtum unterlaufen ist, der die Darstellung sowohl im formalen als auch im gegenständlichen Sinn verfälscht. Die von Ihnen [Walliser] als Figur mit geneigtem Kopf interpretierte Form in der Krone des Baumes war nach Ausweis sämtlicher Parallelen ein Pelikan, der mit ringförmig gebogenen Hals seine Brust zerfleischt, um den Jungen Nahrung zu geben. Dieser rinförmige gebogene Hals ist von Ihnen als geneigter Kopf einer Figur umgedeutet worden. Sie sehen also daraus wieder, daß es nicht nur gefährlich, sondern absolut abzulehnen ist, irgend welche Gestaltungsinterpretationen vorzunehmen. Solche Interpretationen können zu einer völligen Verfälschung des Tatbestandes führen. Ich bitte Sie, aus dieser Erfahrung (die ja nicht vereinzelt ist, siehe Friesach, Deutschordenskirche) die Konsequenzen zu ziehen und in Hinkunft nicht zu interpretieren, sondern nur den Bestand zu erhalten, wenn es sich um Werke von dokumentarischem Wert und Charakter handelt. Der Schaden wird sich ja in diesem Fall leicht beheben lassen und ich bitte Sie, im nächsten Jahr dazu eine Gelegenheit zu finden.“ (BDAArchiv LK-K, Ordner Steuerberg, Brief 16. 12. 1953) IV.14 Malta, PK: Bericht von Franz Walliser über die Entrestaurierung, 1957: „[die alten] Ergänzungen der Fehlstellen waren wohl kenntlich durch Konturierung, aber sie waren in einem fremden Ton gehalten. Die Wiedergutmachung der verunglückten Restaurierung bestand in der Entfernung der zweiten Schichte, der Retuschen, der Ergänzungen und der Pigmentverzierungen. An einzelnen Stellen konnten noch unter Mörtelverkittungen […] wichtige Originalteile freigelegt werden. […] Größere Fehlstellen wurden in einem etwas helleren Lokalton ohne Innenzeichnung gehalten sodaß eine optische Schließung der Formen erreicht wurde“. (Nachlass Walliser, Kärnten, Zl. 6512/57, Bericht 9. 9. 1957) IV.15 St. Veit an der Glan, PK: Stellungnahme von Franz Walliser bezüglich seiner Anschuldigungen, 1959:
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„Die Vorwürfe Dr. Trevens wegen unsachgemäßer Arbeit können ihn nicht treffen, weil ich durch meine Praxis bewiesen habe, besonders schwierige Aufgaben […] lösen zu können. Dr. Treven scheint nicht zu wissen, daß das Problem des Ablösens nicht allein im Abreißen besteht, ja daß sogar das Abreißen unter besonderen Umständen für das Bild gefährlich werden kann. Nach Beendigung der Arbeiten in St. Veit behalte ich mir vor, im Einvernehmen mit Herrn Präsidenten Schritte zu unternehmen, um mich und das Bundesdenkmalamt in Zukunft vor Anpöbelungen, die meine Arbeit betreffen, zu schützen.“ (BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 28. 6. 1959) IV.16 St. Veit an der Glan, PK: Notiz von Siegfried Hartwagner über die Arbeiten von Walliser, 1959: „[das] Prof. Walliser bei seiner Arbeit ein Kunstfehler unterlaufen [sei], in dem er die Mischung des Leimes nicht richtig gewählt oder getroffen hat. Obwohl eine verhältnismäßig kleine Stelle seit Wochen mit einer Heizsonne bestrahlt wird, ist der Leim bisher nicht getrocknet, er klebt immer noch wie Fliegenleim. Neugierig gewordene Kirchenbesucher versuchen immer wieder die aufgeklebte Leinwand von der Wand zu heben […].“ (BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 24. 06. 1959) IV.17 St. Veit an der Glan, PK: Erneute Stellungnahme von Franz Walliser, 1959: „Ich habe mich sofort mit einem Chemiker besprochen. Zur einwandfreien Feststellung der Ursachen des feuchten Leims an den unteren Partien werde ich Proben des verseuchten Mauerwerks untersuchen lassen. Das wird in diesem Falle zwecks Zurückweisung der Angriffe gegen mich und in Zukunft zur wirklichen fachlichen Beurteilung von Mauerschäden und deren Gefahren von großer Wichtigkeit sein. Die Behauptung des Landeskonservators von Kärnten, daß mir offensichtlich in der Mischung des Leims ein Kunstfehler unterlaufen ist, muß ich energisch zurückweisen. Das Klebrigbleiben des Leimes betrifft den unteren Teil der Fresken, wie ich seinerzeit knapp vor meiner Abreise von St. Veit feststellen konnte. Das selbe Klebemittel wurde auch für die übrigen Teile der Fresken verwendet. Der Grund, daß die unteren Partien anscheinend noch immer feucht sind, liegt in der bis ca. 3m Höhe vom Mauerfraß stark verseuchten Mauer. Bei einem geringeren Grad der Verseuchung gelang mir in anderen Fällen das Trocknen durch Wärme ohne Schwierigkeiten.“ (BDA Archiv Hofburg, Akt St. Veit an der Glan, Brief 5. 7. 1959) IV.18 Millstatt, PK: Aus der Tageszeitung „Die Neue Zeit“, 29. 09.1961: „[…] eine Übertragung eines Freskos sei sinnlos, da dadurch ohnehin der Wert der Originalität verlorenginge. Also: Besser dort umsonst verkommen lassen, wo es ist, als für gutes Geld an einen anderen Ort übertragen und retten! Seltsame Ansichten!“ (BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948-1978, Z. 1621/77)
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IV.19 Millstatt, PK: Karl Ginhart über die Translozierung des Wandbildes, 1969: „Aber seit das Weltgerichtsfresko von der Westfront weg und in die Kirche verbracht wurde, werde ich keine 3. Auflage mehr schreiben und auch keine Vorträge und Führungen in Millstatt mehr halten. Man hätte einen anderen Weg suchen müssen, das bedeutende Werk zu erhalten und einen solchen wohl auch finden können“. (Carinthia I, 159, 1969, S. 10) IV.20 Millstatt, PK: Stellungnahme von John Anders, 1969: „Die Auffassung mancher Kunsthistoriker, lieber ein Fresco in Schönheit sterben zu lassen als an eine Transplantation zu denken, ist mir wohl bekannt, doch habe ich in der langjährigen Tätigkeit als Restaurator noch nie ein Fresco in Schönheit sterben sehen. Eher kann von einem elenden Dahinsiechen eines totkranken Patienten gesprochen werden“. (BDA-Hofburg, Akt Millstatt, PK, 1948-1978, Brief 15.10.1969) IV.21 Thörl, PK: John Anders über die Art seiner Retuschetechnik, 1969: „Wir aber wollten erreichen, daß der malerische Zusammenhang erhalten blieb. […] Während die kleineren Fehlstellen in der Tratteggioeinmalung stehen blieben, entschloß ich mich, alle Neueinputzungen nochmals herauszunehmen, mit einem tieferen Niveau einzuputzen und flächig einzumalen. Dadurch wurde erreicht, daß alle Originalstellen klar erkennbar sind, die Einmalungen ruhig zurücktreten und die zerrissene Sockelzone den Gesamteindruck der Wände nicht beeinflußt.“ (BDAArchiv Hofburg, Kärnten, Akt Thörl, Bericht 15. 12. 1969) IV.22 Maria Wörth, WK: Beschreibung von John Anders über die durchgeführten Restaurierarbeiten, 1969: „Ausstoßen aller Neukittungen, Sicherung der Randzonen am Original mit Kalkmörtel, Freilegung der Secco- Malerei, Trockenreinigung der orig. Malerei, Unterspritzen und Festigen des losgelösten Malgrundes, Einputzen aller Fehlstellen und Eintönen derselben, Fixieren der orig. Secco-Malerei, Freilegung des gotischen Chorbogens und Restaurierung der Innenseite.“ (BDA-Archiv LK-K, Akt Thörl, Bericht 25. 6. 1969)
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Verzeichnis der angeführten Quellentexte
I.1 I.2 I.3 I.4
Teil I : 1800 – 1900
Mödling, Karner Tulln, Karner
I.5 I.6
Tulln, Karner Tulln, Karner
I.8 I.9 I.10
Terlan Terlan, Marienkirche Maria Saal
I.11 I.12 I.13
Brixen, Liebfrauenkirche Pürgg, Johanneskapelle
I.15 I.16
Pürgg, Johanneskapelle Chudenic
I.7
I.14
I.17
I.18
I.19 I.20 I.21
I.22
I.23 I.24
Pürgg, Johanneskapelle
Znaim, Rotunde
Pellizzano Millstatt, PK, Ernestuskapelle Millstatt, PK, Ernestuskapelle Wabelsdorf, FK
Anleitung zur Retusche an neu gemalten Fresken. Persönliche Notiz von Josef Matthias Trenkwald: Herstellung von „Käseleim“. Eduard von Sacken über seine Freilegung. Eduard von Sacken an die ZK vor Beginn der Restaurierung. Bericht in den MZK über die ausgeführte Restaurierung. Karl Lind über die Intention der Restaurierung.
Beschluss der ZK eine „Belehrung über die Conservierung“ zu erarbeiten. Anweisung der ZK zur Wandmalereifreilegung. Karl Atz über die Retuschetechnik. Beurteilung von Josef Matthias Trenkwald über zwei Restaurierungen, von Berthold Winder (Kirche) und Johann Hintner (Karner). Johann (?) Moser zu den geplanten Restaurierungsarbeiten. Theophil Melicher zum Thema Schutzüberzug. Josef Matthias Trenkwald zum Thema Imprägnierung von Wandmalerei. Josef Matthias Trenkwald zum „Restaurierungsverfahren“. Theophil Melicher über seine Retuschetechnik. Theophil Melicher zum Thema Schutzüberzug auf Wandmalerei. Josef Matthias Trenkwald über die Restaurierung von Theophil Melicher. Würdigung von Theophil Melicher im Monatsblatt des Wiener Altertumsvereins. Johann Graus „Wie man übertünchte Malereien aufdeckt“. Alfons Siber über sein Restaurierverfahren. Referent Schaeffer zur Suche eines Restaurators. Franz Gustav Hann über die Restaurierung von Theophil Melicher. Gutachten von Theophil Melicher. Josef Matthias Trenkwald „über einen vor Jahren gefaßten Beschluß des Professorenkollegiums der Akademie der bildenden Künste“.
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1846 1858
1873 1873 1873
1882
1882 1881 1889
1890 1892 1893 1892 1893 1899 1893 1895
1897 1898 1898
1900
1899 1881
Anhang
II.1 II.2
II.3 II.4 II.5 II.6
II.7 II.8 II.9
Gurk, Bischofskapelle Gurk, Bischofskapelle
Lorch, Laurentiuskirche Brixen, Johanneskirche St. Wolfgang, PK Friesach, Petersberg, Rupertikapelle Brixen, Johanneskirche Ossiach, Stiftskirche Aquileia, Dom
II.10 Metnitz, Karner II.11
II.12 II.13
II.14 Thörl, PK II.15
III.3
III.4
III.5
III.6 III.7 III.8 III.9 III.10 III.11
III.12 III.13
Paul Grueber über die Restaurierung von Hans Viertelberger. Vorschlag von Hans Viertelberger für eine farbliche Rekonstruktion. Restaurierkonzept von Theophil Melicher. Gutachten von Alois Riegl. Alois Riegl zur Notwendigkeit einer Auffrischung. Gutachten von Hans Viertelberger.
Gurk, Dom, Wandbild 24 Älteste Malta, PK
St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK St. Peter in Holz, PK Maria Saal, PPK Gurk, Dom, Vorhalle Gurk, Dom, Vorhalle Gurk, Dom, Vorhalle St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf, PK Grafendorf Wieserberg, FK
1899 1900
1902 1902 1903 1903
Alois Riegl über die Restaurierung von Theophil Melicher. Alois Riegl über die Restaurierung von Hans Viertelberger. Restaurierkonzept von Max Dvořák (gemeinsam mit Hans Viertelberger). Stellungnahme von Hans Viertelberger.
1904 1905
Anton Grubhofer über Alfons Siber an Erzherzog Franz Ferdinand. „Denkschrift bezüglich der Normen für die Restauration alter Fresken“ von Alfons Siber. Kritik an der Restaurierung von Theophil Melicher. Max Dvořák zu Stil-Restaurierungen
1910
Dossier von Max Dvořák.
Teil III : 1920 – 1945
III.1 III.2
Teil II : 1900 – 1920
1907 1907
1910
1910
1912 1918
Walter Frodl zur Bestellung von August von Jaksch zum Landeskonservator von Kärnten.
1930– 1938
Bericht über die Wandmalereiabnahme von Franz Walliser im Kärntner Tagblatt. Fritz Weninger an das Landeskonservatorat in Klagenfurt.
1927
1927
Eduard Andorfer an den Vorstand des Bundesdenkmalamtes. Adam Hefter an den Vorstand des Bundesdenkmalamtes. Stellungnahme von Hans Viertelberger. Stellungnahme von Hans Viertelberger. Stellungnahme von Franz Walliser. Otto Demus über die Restaurierung von Maximilian Florian.
1928 1930 1930 1931 1931 1934
Beschreibung der Restaurierung von Hans Viertelberger.
Restaurierbericht von Fritz Weninger.
Pfarrer Jabornigg an Franz Walliser. Restaurierbericht von Franz Walliser.
292
1920
1927
1941 1942
Anhang
Teil IV: 1945 – 1970 IV.1 IV.2
IV.3
IV.4 IV.5 IV.6 IV.7 IV.8 IV.9
IV.10 IV.11 IV.12 IV.13
Pisweg, Karner Friesach, Deutschordenskirche Friesach, Deutschordenskirche Maria Rojach, PK Metnitz, PK Metnitz, PK St. Peter in Holz, PK
Steuerberg, PK Steuerberg, PK Steuerberg, PK Steuerberg, PK
IV.14 Malta, PK IV.15 St. Veit an der Glan, PK IV.16 St. Veit an der Glan, PK IV.17 St. Veit an der Glan, PK
IV.18 IV.19 IV.20 IV.21 IV.22
Millstatt, PK Millstatt, PK Millstatt, PK Thörl, PK Maria Wörth, WK
Bericht von Franz Walliser. Stellungnahme von Lukas Arndold.
Brief von Franz Walliser über die Freilegung von Lukas Arnold.
Brief von Franz Walliser. Franz Walliser über die Freilegung der Firma Campidell. Franz Walliser über die Restaurierungsarbeiten. Franz Walliser berichtet über seine Wandmalereiabnahme. Vortrag von Cesare Brandi über „Allgemeine Grundsätze der Restaurierung von Kunstwerken“. Ansuchen von Franz Walliser um die Verleihung des Professorentitels.
Über die Freilegungsarbeiten der Firma Arnold. Franz Walliser über die schwierigen Freilegungsarbeiten. Franz Walliser über seinen Mitarbeiter Rudolf Peisar. Kritik von Otto Demus an einer farblichen Ergänzung von Franz Walliser. Bericht von Franz Walliser über die Entrestaurierung. St. Veit an der Glan, PK: Stellungnahme von Franz Walliser bezüglich seiner Anschuldigungen. Notiz von Siegfried Hartwagner über die Arbeiten von Walliser. St. Veit an der Glan, PK: Erneute Stellungnahme von Franz Walliser. Aus der Tageszeitung „Die Neue Zeit“. Karl Ginhart über die Translozierung des Wandbildes. Stellungnahme von John Anders. John Anders über die Art seiner Retuschetechnik. Beschreibung von John Anders über die durchgeführten Restaurierarbeiten.
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1946 1946
1947
1947 1950 1951 1950 1951 1950
1951 1953 1953 1953
1957 1959
1959 1959
1961 1969 1969 1969 1969
Anhang
6.2 Auflistung von Personen und Restaurierungen Tabelle 1: Studenten von Josef Matthias Trenkwald (Adademie) „Aufnahms-Listen“ von Studenten (Bd. 92–128), die bei Prof. Josef Matthias Trenkwald an der Akademie der bildenden Künste zwischen 1873/74 und 1894/95 studierten.1152
Namen der Studenten
Herkunft
Semester
Jahr
Jedlicka, Anton Nechndny, Franz Stein, Alois Raimund Dolezal, Josef Jenisek, Franz Malik, Carl Oberhauser, Emanuel Pirner, Max Tulka, Josef Zenisek, Franz Fischer, Jakob Tapper, Josef Sturm, Johann Killer, Leo Josef Ottenfeld, Rudolf Otto von Müller, Anton Gisela, Josef Berger, Hermann Schwaiger, Hans Attorner, Franz Discart, Johann Jenewein, Felix Kasparides, Eduard Cohn, Adam Kaufmann, Isidor Grünnes, Rafael Rathschiller, Leonhard Melicher, Theophil Blitz, Josef Sonnenburg, Ludwig von Hausmann, Victor Kral, Josef Stalmach, Josef Kutschka, Hugo
Prag Prag Wien Böhmen Prag Wien Niederösterreich Böhmen Böhmen Prag Wien Niederösterreich Wien Mähren Italien, Verona Niederösterreich Niederösterreich Ungarn Böhmen Oberösterreich Italien, Modena Böhmen Mähren Polen, Warschau Ungarn Niederösterreich Italien, Verona Niederösterreich Mähren Niederösterreich Ungarn Krain Mähren Niederösterreich
I & II
1873/74
I & II
1874/75
I & II
1875/76
I & II
1876/77
I & II I & II
1877/78 1878/79
I & II
1879/80
I & II
1880/81
I & II
1881/82
I & II
1882/83
I & II
1883/84
1152 Archiv, Akademie der bildenden Künste Wien.
294
Anhang
Müller, Carl Büchler, Eduard Spielter, Carl Schram, Alois Hein, Alois Raimund Scheffer, Robert Payer, Ernst Rudl, Sigmund Pistor, Oskar von Werner, Adolf Vondjeje, Wilhelm Ustyanowicz, Cornel Siber, Alfons Wörndle, Wilhelm von Mayerhofer, Johannes Kanopa, Rudolf Schlegel, Friedrich Cizek, Franz Steinsky, Wilhelm Bilek, Johann Müller, Franz Schmutzer, Ferdinand Jvekovic, Otton Karpellus, Adolf Moser, Kolomann Jaschke, Franz Fiala, Rudolf Duxa, Carl Wolf, Hans Schumacher, Philipp Grmela, Raimund Gsur, Karl Schuster, Karl Friedenfeldt, Karl von Liebenwein, Max Gnaiz, Anton Köpf, Josef Kempf, Gottlieb Reich, Josef Preisecker, Ludwig Froning, Ferdinand Feiertag, Karl Lang, Josef Wenzel, Ernst
Wien Niederösterreich Deutschland Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Steiermark Prag Niederösterreich Böhmen Böhmen Galizien Tirol Tirol Niederösterreich Niederösterreich Böhmen Böhmen Niederösterreich Mähren Böhmen Niederösterreich Kroatien Galizien Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Böhmen Tirol Ungarn Niederösterreich Wien Mähren Niederösterreich Krain Niederösterreich Niedersterreich Vorarlberg Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Niederösterreich Böhmen
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I & II
1884/85
I & II
1885/85
I & II
1886/87
I & II I & II
1887/88 1888/89
I & II
1889/90
I & II
1890/91
I & II I & II
1891/92 1892/93
I & II
1893/94
I & II
1894/95
Anhang
Tabelle 2: Restaurierungen von Alfons Siber In der folgenden Tabelle sind einige Restaurierungen von Alfons Siber aufgelistet (nicht vollständig):1153
Jahr
Standort, Kirche
Arbeit
o. J. o. J. o. J. o. J. o. J. o. J. 1909 o. J. o. J. 1909 1909 o. J. o. J. 1909 1909 1910 o. J.
Riffian bei Meran, K St. Georgen bei Brunneck, K Innichen, PK Meran, Pk St. Magdalena, Levis, Kapelle St. Leonhard, Kundl, K Niederndorf, Totenkapelle Brixen, Gasthaus zum Elefanten Brunneck, Reinkirche Brunneck, Alte Mühle Castelfondo, PK Imst, PK Nonnsberg, Unsere Liebe Frau im Walde, K Moos bei Niederndorf, Magdalenenkapelle Taisten, Georgskirche und Bildstock Hafling, Hl. Katharina, K Sonnenburg bei St. Lorenzen im Pustertale, eh. Kloster Gais, Totenkapelle Schwaz, Kreuzgang, Kloster
Proberestaurierung (noch nicht ausgeführt) ohne Erlaubnis der ZK durchgeführt ohne Erlaubnis der ZK durchgeführt (noch nicht ausgeführt) (noch nicht ausgeführt) Restaurierung Untersuchung (in Verhandlung) Restaurierung Restaurierung (noch nicht ausgeführt) (noch nicht ausgeführt) Restaurierung Restaurierung Restaurierung
Schenna, Georgskirche
Freilegung und Sicherung
o. J. 1899– 1911 o. J.
1153 BDA-Archiv Hofburg, Personalakt Siber.
296
Restaurierung Restaurierung Restaurierung
Anhang
Tabelle 3: Restaurierungen von Theophil Melicher In der folgenden Tabelle sind Untersuchungen und Restaurierungen von Theophil Melicher aufgelistet:1154
Datum
Objekt, Standort
Arbeit
1889
Pürgg, Johanneskapelle Thörl-Maglern, PK Stift Göttweig Guttaring, PK Althofen, PK Deinsberg, Karner Weitschach, Karner Maria Saal, PK Thörl-Maglern, PK Klein Mariazell, Wallfahrtskirche Stein an der Donau, Frauenkirche Znaim (Böhmen/Mähren), Rotunde Pürgg, Johanneskapelle Brixen (Südtirol), Dom, Kreuzgang Pürgg, Johanneskapelle Znaim (Böhmen/Mähren), Rotunde Brixen (Südtirol), Johanneskirche Znaim (Böhmen/Mähren), Rotunde Hartberg, Karner Brixen (Südtirol), Dom, Kreuzgang Innsbruck (Ölbilder für Prof. Semper) Hartberg, Karner Pürgg, Johanneskapelle Brixen, Dom, Kreuzgang Brixen, Dom, Kreuzgang Brixen, Johanneskirche Welsberg (Südtirol), Kapelle im Schloss In der Nähe von Bruneck, „Welser Stöckl“ Mödling, Karner Taisten, Georgskirche Mödling, Karner St. Wolfgang, PK, Wandbilder Mödling, Karner
Gutachten, Restaurierung Gutachten, Restaurierung div. Restaurierarbeiten Gutachten Gutachten Gutachten Gutachten Restaurierung Restaurierung Restaurierung Gutachten Restaurierung Restaurierung Restaurierung (mit anderen) Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung (mit anderen) Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung (mit anderen) Restaurierung (mit anderen) Restaurierung Restaurierung Restaurierung Untersuchung Restaurierung Restaurierung Untersuchung Restaurierung
1890
1891 1892
1893
1894
1895
1896 1897
1154 Melicher 2012a. Persönliche Mitteilung von DI.Dr. Theophil Melicher am 12.06.2015. Die Auflistung
zielt nicht auf Vollständigkeit ab.
297
Anhang
1898
1899
1900
1901
Kapelle am Semmering Vaduz (Lichtenstein), Schlosskapelle (Altar) Neuhaus (Böhmen), Johanneskirche Wien, Schloss Belvedere (Calvanesische Deckengemälde) Wien, Schloss Belvedere, Wandmalereien gr. Marmorsaal Millstatt, PK, Taufkapelle Wabelsdorf, FK Maria Saal, Wallfahrtskirche, Wandbild Hausleitn, Bibliotheksaal, Pfarrhof (Kremser Schmid) Graz, Dom, Landplagenbild Neukirchen im Pinzgau, PK, Jüngstes Gericht Wien, Canisiuskirche Halb-Thurn, Schloss Halbthurn, Vestibül (Wandmalereien) Maria Saal, Jüngste Gericht Schenna (Südtirol), Georgskapelle im Schloss Schenna bei Meran Wabelsdorf, PK Stein an der Donau, Giebel, Hyrtmaierschen Armeninstitutes Salzburg, PK St. Virgil Chudenic (Böhmen/Mähren), PK Probsdorf, PK Muljava (Slovenien), PK Walchdorf-Eiersdorf, Kärnten Pannon Halma bei Györ (Ungarn), Stift, Refektorium Brixen (Südtirol), Johanneskirche Schenna (Südtirol), Georgskapelle im Schloss Schenna bei Meran Maria Saal, Wallfahrtskirche Taisten, Kirche Iglau (Böhmen/Mähren), Ignaziuskirche, WM Walchdorf-Eiersdorf (Kärnten), Kirche, Pieta und Christophorus (WM) Vahrn bei Brixen, PK, Krönung Mariä Radsberg ob Gürnitz, Kirche Brixen, Johanneskirche Görz, Friaul Aquileia (Italien), Dom, Kuppelmalerei Trient, Südtirol, Aula des Gymnasiums, WM Barbana bei Pola, Slowenien, St. Antoniuskapelle
298
Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Reinigung Gutachten, Restaurierung Gutachten Restaurierung Gutachten Gutachten Gutachten Glasfenster Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Gutachten Gutachten Gutachten Gutachten Gutachten Gutachten Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Gutachten Restaurierung Gutachten Gutachten Restaurierung Vorschlag Polychromierung Kopie Gutachten Gutachten
Anhang
1902
1903
1904
1905
1906
1907
Wittingau (Böhmen/Mähren), Kirche Radsberg ob Gürnitz, Kärnten, Jüngstes Gericht Lorch an der Enns, Laurentiuskirche Wittingau (Böhmen/Mähren), Klosterkirche Tattenitz (Böhmen/Mähren), PK Doublovice (Böhmen/Mähren), PK Triest (Italien), Dom St. Giusto Wien, WM am Haus Haizingergasse Hausleiten bei Stockerau, PK Wien, Finanzministerium Bosnien und Herzogowina Teltc (Böhmen), Schloss für Graf Podstatztky Klagenfurt, Maria-Gailer Altar Teltc (Böhmen), Schloss für Graf Podstatztky, Schatzkammer Tattenitz (Böhmen/Mähren), PK Doublovice (Böhmen/Mähren) Chwojen (Böhmen/Mähren), FK Greilenstein bei Horn, Schloss Wittingau (Böhmen/Mähren), Kreuzgang und Epitaph Olmütz (Böhmen/Mähren), PK Brünn (Böhmen/Mähren), Nonnenhaus-Kapelle Krc (Böhmen/Mähren), PK Taisten (Südtirol), St. Georgskapelle Fürstenstein bei Breslau (Polen), Schloss Tattenitz (Böhmen/Mähren), Kirche Stignitz Post Wischenau (Böhmen/Mähren), PK Brünn (Böhmen/Mähren), Stiegenhaus im Alten Landhaus Mislitz bei Wischenau (Böhmen/Mähren), Schlosskapelle Brünn (Böhmen/Mähren), Kreuzgang und im Museum (Gemälde) Wittingau (Böhmen/Mähren), St. Egidikirche Görz (Slowenien), Sakristei Budixdorf bei Tattenitz (Böhmen/Mähren) Brünn (Böhmen/Mähren), Kreuzgang und Museum Frauenberg, Hluboka (Böhmen/Mähren), Holzplafond im Schloss Brünn (Böhmen/Mähren), Stiegenhaus im Alten Landhaus Znaim (Böhmen/Mähren), Kirche Mühlfrauen und Pöltenberg, Altarbilder
299
Gutachten Restaurierung Gutachten Restaurierung Gutachten Gutachten Gutachten Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Gutachten Gutachten Restaurierung Restaurierung Entwurf für Polychromierung Restaurierung Entwurf für Polychromierung Restaurierung Polychromierung Restaurierung (Abnahme) Restaurierung Polychromierung Restaurierung Restaurierung Gutachten Restaurierung Gutachten
Anhang
1909
1910
1911
Blauhurka (Böhmen/Mähren), Patronatskirche Wien, Gemäde Hörzendorf (Kärnten) Maria Wörth (Kärnten), Kirche, Ölbergfresken Wilfersdorf (Steiermark), Kirche Fuschl am See (Salzburg), Kirche Krumau (Böhmen/Mähren), Schlosshöfen Krumau (Böhmen/Mähren), Schloss Seitenstetten (Niederösterreich), Kirche, Sakristei Maria Schein (Böhmen/Mähren), Kirche Saar (Böhmen/Mähren), Kirche, Hauptaltar Leitmeritz (Böhmen/Mähren), Castolowitz (Böhmen/Mähren), Schloss (Böhmen/Mähren)
1913
Haidershofen bei Steyr, PK Forbes (Böhmen/Mähren) Wien, „Gemeinsames Finanzministerium“, Johannesgasse; (Bosnien, Herzogowina) Fürstenstein bei Breslau (Polen), Schloss 1915–1923 Krumau (Böhmen/Mähren), Schloss 1918–1921 Fürstenstein bei Breslau (Polen), Schloss „Krummer Saal“, „Rüstkammer“, Tafelzimmer“ 1921–1923 Mährisch Trübau (Böhmen/Mähren), PK 1924 Bregenz (Vorarlberg), Neues Landhaus, Sitzungssaal
300
Restaurierung Restaurierung Polychromierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung und Polychromierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung und Polychromierung Gutachten Gutachten diverse Arbeiten Restaurierung Weiterarbeit an den oben angeführten Arbeiten Restaurierung Restaurierung Restaurierung Entwurf für Polychromierung Restaurierung Polychromierung Restaurierung Entwurf für Polychromierung (nicht ausgeführt)
Anhang
Tabelle 4: Restaurierungen von Franz Wallliser (in Kärnten) In der folgenden Tabelle sind Untersuchungen und Restaurierungen von Franz Walliser aufgelistet, die er in Kärnten durchgeführt hat:1155
Datum
Objekt, Standort
Arbeit
1926 g. J. 1927 g. J. g. J. 1928 g. J. g. J. 1931/32–1935 1931 g. J. 1932 1934 g. J. 1935 g. J. g. J. 1936 1937 g. J. 1938 g. J. 1939 g. J. g. J. g. J. g. J. 1940 g. J. g. J. 1941 g. J. g. J. 1942 g. J. g. J. g. J. 1946
Malta, Pk Museum der Stadt Villach Dornbach, Kirchenruine Oberbuch bei Gmünd, eh. FK Maria Saal, PK Karnburg, PK St. Ruprecht am Moos bei Villach, PK St. Jakob, Wolfsberg, SPK St. Paul im Lavanttal, PK Mauthen, Gemaltes Haus 45 St. Lorenzen im Lesachtal, PK Mauthen, PK Gurk, Dom Maria Saal, PK Maria Saal, PK Unterwinklern, Velden, FK Dom, Gurk Dom, Gurk Albersdorf, FK Gurk, Dom Lieding, Straßburg, PK Thörl, PK Gurk, Dom Klein St. Veit, Hart, FK Obervellach, PK Thörl, PK St. Lorenzen im Lesachtal, PK Grafendorf, PK Landhaus Klagenfurt, Kleiner Wappensaal Thörl, PK Neuhaus an der Gail, Turmbergkapelle Thörl, PK Berg im Drautal, Karner Friesach, Petersberg St. Helena am Wieserberg, FK Zwickenberg, PK Berg im Drautal, PK Ötting, PK
Abnahme Gemälderestaurierung Untersuchung Untersuchung Untersuchung Freilegung, Sicherung Restaurierung Untersuchung Restaurierung Restaurierung Untersuchung Freilegung, Sicherung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Sicherung Restaurierung Restaurierung Untersuchung, Restaurierung (?) Untersuchung Restaurierung Sicherung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Sicherung Restaurierung Untersuchung Sicherung Restaurierung Restaurierung (?) Untersuchung Restaurierung
1155 BDA-Archiv AKR, Nachlass Walliser.
301
Anhang
g. J. g. J. 1947 g. J. 1948 g. J. g. J. 1949 1950 g. J. g. J. 1951 g. J. g. J. 1952 g. J. g. J. g. J. 1953 g. J. g. J. 1954 g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. 1955 g. J. g. J. 1956 g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. g. J. 1957 g. J. g. J. g. J. 1958 1959
St. Stefan bei Niedertrixen, Haimburg, Karner Maria Tax, Stallhofen, FK Pisweg, Karner St. Jakob, Wolfsberg, SPK Klagenfurt, Schloss Ebenthal Grades, PK Tigring, PK Magdalensberg Metnitz, PK St. Peter in Holz, PK Schloss Wernberg, Großer Saal Metnitz, PK Strassburg, Hl. Geistkirche St. Jakob, Villach, SPK Höllein, K Metnitz, PK St. Kanzian bei Mallestig St. Jakob, Villach, SPK Metnitz, Karner Sirnitz, PK Wachsenberg, PK Altenmarkt, Gurktal, PK Kirchbach im Gailtal, Friedhofsportal Steuerberg, K Völkermarkt, PK Greifenburg, Waisach Altenmarkt, Gurktal, PK Kirchbach im Gailtal, Friedhofsportal Völkermarkt, PK Faak am See, FK Friesach, Petersberg Millstattm Klosterhof Kötschach im Gailtal, PK Millstatt, PK Nötsch im Gailtal, PK Reisach, Bildstöcke St. Lorenzen im Lesachtal, PK Metnitz, Karner St. Urban bei Feldkirchen, K Thörl, PK Feistritz ob Grades, Karner und PK Funkhaus, Großer Saal Malta, PK St. Urban bei Feldkirchen, PK Feldkirchen, PK St. Veit an der Glan, SPK
302
Untersuchung Restaurierung (?) Restaurierung Restaurierung Untersuchung Restaurierung Untersuchung, Freilegung Untersuchung, Restaurierung Untersuchung Abnahme Untersuchung Restaurierung (?) Untersuchung Untersuchung, Restaurierung Untersuchung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung (?) Abnahme Abnahme, Restaurierung Restaurierung Sicherung Restaurierung Restaurierung Untersuchung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Sicherung Restaurierung Restaurierung Restaurierung Untersuchung Restaurierung Untersuchung Restaurierung (?) Restaurierung Untersuchung Untersuchung, Restaurierung Abnahme Restaurierung Restaurierung Restaurierung Abnahme
Anhang
Verzeichnis der in der Arbeit ausführlich behandelten Fallbeispiele In der folgenden Tabelle sind die in der Arbeit ausführlich untersuchten Fallbeispiele und Gutachten aufgelistet:
Jahreszahl
Ort
Objekt
Restauratoren / Gutachter
Seite
1873
Tulln
Karner
Ferenc Storno
38–42
1887– 1889
Thörl
Pfarrkirche
Berthold Winder / Theophil Melicher
73–75
1899
Millstatt
Ernestuskapelle, Stiftskirche
Theophil Melicher
65–67
1899
Wabelsdorf
Filialkirche
Theophil Melicher
67–69
1889– 1894
Pürgg
Johanneskapelle
Theophil Melicher
69–72
1899
Gurk
Bischofskapelle
Hans Viertelberger
1902
Lorch bei Enns
Frauenkapelle in der Laurentiusbasilika
Alois Riegl
101–103
1902
Schwaz (Tirol)
K re u z ga n g , Franziskanerkloster
Alois Riegl
103
1902
Brixen (Südtirol)
Taufkirche St. Johann im Kreuzgang
Alois Riegl
104–105
1902
Friesach
Rupertikapelle am Petersberg
Hans Viertelberger
120–121
1906 Thörl 1906/07 Aquileia
Pfarrkirche Dom
125–126
1907 1927
Metnitz Malta
Karner Pfarrkirche
Hans Viertelberger Max Dvořák / Hans Viertelberger Hans Viertelberger Franz Walliser
1927
St. Filippen ob Sonnegg Pfarrkirche bei Pfannsdorf St. Peter in Holz Pfarrkirche
Fritz Weninger
150–151
Fritz Weninger
152–153
1929– 1930
Maria Saal
Propstei- und Wallfahrtskirche
Franz Walliser
155–156
1930– 1942 1937– 1948
Gurk
Vorhalle
158–160
Pürgg
Johanneskapelle
Hans Viertelberger/ Franz Walliser Franz Walliser u. a.
1939
Klein St. Veit
Filialkirche
Willibald Zunk
166–167
1939 1946
Irschen Pisweg
Pfarrkirche Karner
Willibald Zunk Franz Walliser
167–168 192–193
1946
Friesach
Deutschordenskirche
KMF Arnold / Franz Walliser
194–196
1928
303
98–101
124–125 121–123 148–150
162–163
Anhang
1948
Maria Rojach
Pfarrkirche
Franz Walliser
199–200
1950
Metnitz
Pfarrkirche
KMF Campidell / Franz Walliser
200–201
1950
St. Peter in Holz
Pfarrkirche
Franz Walliser
205–206
1951
Steuerberg
Pfarrkirche
KMF Arnold/ Franz Walliser
196–198
1953
Wachsenberg
Pfarrkirche
Franz Walliser
206
1959
St. Veit an der Glan
Pfarrkirche
Franz Walliser
206–107
1963
Millstatt
Stiftskirche
Luciano Maranzi/ John Anders
207–214
1969
Maria Wörth
Rosenkranzkirche
John Anders
223–225
1969– 1970
Thörl
Pfarrkirche
John Anders/ Sebastian Enzinger
220–223
304
Anhang
6.3 Abkürzungen AV Archiv BDA Archiv LK-K Archiv AKR BDA Bde. ed. Eh. FK Fam. g. J. K k. A. Kons. Korr. KMF KV LK LKT MKFF MZK ÖKT ÖZKD österr. o. J. PPK PK SPK u. a. übers. WK ZK ZSt.
Amtsvermerk / Aktenvermerk Archiv in der Hofburg, Bundesdenkmalamt Archiv des Landeskonservatorates in Kärnten, Bundesdenkmalamt Archiv der Abteilung für Konservierung und Restaurierung, Bundesdenkmalamt Bundesdenkmalamt Bände Editor ehemalig Filialkirche Familie gleiches Jahr Kirche keine Angabe Konservator Korrespondent Kirchenmalerfirma Kostenvoranschlag Landeskonservator Landeskonservatorat Militärkanzlei Franz Ferdinand Mitteilungen der Zentralkommission Österreichische Kunsttopographie Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege österreichisch ohne Jahr Propsteipfarrkirche Pfarrkirche Stadtpfarrkirche unter anderem überetzt Winterkirche k.k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale Zentralstelle für Denkmalschutz im Bundesministerium für Unterricht
In den zitierten und exzerptierten Quellentexten werden Schreibfehler nicht korrigiert oder gesondert gekennzeichnet, sondern als solche belassen. Unterstrichene Textpassagen oder sonstige Vermerke werden nicht übernommen.
305
Anhang
6.4 Archive ARCHIV AKADEMIE Aufnahmelisten (Bd. 92–128), 1873/74 – 1894/95, in: Universitätsarchiv, Akademie der bildenden Künste Wien ARCHIV DIÖZESE, GURK Diözese Gurk, Bischöfliches Ordinariat, Archiv, Alte Pfarrakten Gurk VII. „Kunst“ MELICHER DI Dr. Theophil Melicher, Architekt, Wien 2012 BDA-ARCHIV HOFBURG Archiv, Topographische/Historische Akten, Wien, Bundesdenkmalamt BDA-ARCHIV AKR Archiv, Abteilung für Konservierung und Restaurierung, Wien, Bundesdenkmalamt BDA-ARCHIV LK-K Archiv, Landeskonservatorat Kärnten, Bundesdenkmalamt
306
Anhang
6.5 Ungedruckte Literatur und Archivquellen BAATZ u. a. 2006 Wolfgang Baatz, Renáta Burszán, Josef Voithofer, Markus Santner, Gurker Dom/Gotische Wandmalereien der Vorhalle, Bericht zur Voruntersuchung, BDA-Archiv AKR, Wien 2006. DVO ØÁK 1910 Max Dvořák, Dossier vom 30. 11. 1910, in: Österreichisches Staatsarchiv, Kriegsarchiv, Karton 155, K1–140. FRAGEBOGEN 1905 Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums Wien, Galerieakt 469 ex 1905. FRODL 1930–1938 Walter Frodl Erinnerungen 1930–1938 (maschinschriftl. MS), BDA-Archiv Hofburg. FRODL, KÄRNTEN 1938–1945 Walter Frodl, Die Denkmalpflege im ehemaligen Reichsgau Kärnten, Bericht des LKs, Doz. Dr. Walter Frodl über seine Tätigkeit und über die Geschehnisse in den Jahren 1938–1945 (maschinschriftl. MS 1946), BDA-Archiv Hofburg. HUF-MELICHER 1988a Maria Dorothea Huf-Melicher, Theophil Michael Franz Justus Melicher, 1860–1926, Historienmaler; Ein Lebensbild, 4. Teil, Wien 1988, DI Dr. Theophil Melicher, Architekt, Wien 2012 (unveröffentlicht). HUF-MELICHER 1988b Maria Dorothea Huf-Melicher, Theophil Michael Franz Justus Melicher, 1860–1926, Historienmaler; Ein Lebensbild, 5. Teil, Wien 1988, DI Dr. Theophil Melicher, Architekt, Wien 2012 (unveröffentlicht). LEITNER u. a. 1993 Heinz Leitner u. a., Dokumentationsbericht über die Konservierung und Restaurierung des Hartbergers Karners 1993, Arbeitsgemeinschaft für Restaurierung und Konservierung, BDA- Archiv AKR. MELICHER 2012a Historienmaler Theophil Justus Melicher (1860–1926), Künstlerische Arbeiten, DI Dr. Theophil Melicher, Architekt, Wien 2012 (unveröffentlicht), S. 1–18.
307
Anhang
MELICHER 2012b Melicher Theophil (Architekt), St. Johannes Kapelle Pürgg-Trautenfels in der Steiermark, Geschichte einer Restaurierung und Entrestaurierung, DI Dr. Theophil Melicher, Architekt, Wien 2012 (unveröffentlicht). NACHLASS WALLISER Franz Walliser, Nachlass, BDA-Archiv AKR. OBERWALDER 1933 Oskar Oberwalder, Aus einem Nachruf an Viertelberger, aus: Personalakt Viertelberger, 1933, BDA-Archiv Hofburg, S. 125. RIEDEL 2013a Jörg Riedel, Untersuchungs- und Restaurierbericht über die romanische Wandmalerei in der ehemaligen Rupertuskapelle am Petersberg in Friesach, in: Akt Friesach, BDAArchiv AKR. RIEDEL 2013b Jörg Riedel, Untersuchungsbericht Tulln, Dreikönigskapelle im Karner, Wandmalerei. Akt Tulln, BDA-Archiv AKR. RIEDEL 2014 Jörg Riedel, Lienz, Schloss Bruck Schlosskapelle. Untersuchung der Wand- und Gewölbemalereien, in: Akt Schloss Bruck, Lienz, BDA-Archiv AKR. SANTNER/BURSZÁN/RIEDEL 2008 Markus Santner, Renáta Burszán, Jörg Riedel, Abschlussbericht über Notsicherungsarbeiten in der Bischofskapelle in Gurk, BDA-Archiv AKR, 2008. STATUT 1872 Statut für die k.k. Akademie der bildenden Künste in Wien, in: Statut 1872, VA 9200, 1872, Karton 237, XLVIII. Stück. 135. Kundmachung des Ministeriums für Cultus und Unterreicht vom 25. August 1872, Archiv der Akademie der bildenden Kunst Wien, S. 1–7. STUDIENORDNUNG 1876 Studien-Ordnung für die Schulen der k.k. Akademie der bildenden Künste in Wien, in: Studienordnung 1876, VA 38–1876, Archiv der Akademie der bildenden Kunst Wien, S. 1–8.
308
Anhang
VOITHOFER 2010 Josef Voithofer, Pfarrkirche Maria Pfarr im Lungau, Mittelalterliche Wandmalerei im Chorraum, Konzepterstellung zum Umgang mit einer historischen Restaurierung, Untersuchung, Dokumentation und Anlegen von Arbeitsproben, Wien 2010, BDAArchiv, AKR. VOITHOFER/SAGMEISTER 2015a Josef Voithofer, Alexandra Sagmeister, Projekt Monitoring und Zustandserhebung an mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten: Karner in Deinsberg, GZ BDA00061/sb/2014/0014-allg., 2015, BDA-Archiv AKR. VOITHOFER/SAGMEISTER 2015b Josef Voithofer, Alexandra Sagmeister, Projekt Monitoring und Zustandserhebung an mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten: Georgskapelle in Gerlamoos, GZ BDA00061/sb/2014/0014-allg., 2015, BDA-AKR. VOITHOFER/SAGMEISTER 2015c Josef Voithofer, Alexandra Sagmeister, Projekt Monitoring und Zustandserhebung an mittelalterlichen Wandmalereien in Kärnten: PK St. Peter in Holz, GZ BDA00061/sb/2014/0014-allg., 2015, BDA-AKR.
309
Anhang
6.6 Zitierte Literatur ACHSEL 2012 Bettina Achsel, Das Manuale von Giovanni Secco Suardo von 1866/1894. Ein Schlüsselwerk zum Verständnis der Restauriergeschichte des 19. Jahrhunderts (kommentierte Übersetzung), Göttingen 2012. ALTHÖFER 1962 Heinz Althöfer, Die Retusche in der Gemälderestaurierung, Teil 1 und Teil 2, in: Museumskunde 1962, S. 73–88 und S. 144–170. ALTHÖFER/STRAUB/WILLEMSEN 1974 Heinz Althöfer, Rolf E. Straub, Ernst Willemsen, Beiträge zur Untersuchung und Konservierung mittelalterlicher Kunstwerke (Forschungen und Berichte der Bau- und Kunstpflege in Baden-Württemberg) 4, München–Berlin 1974, S. 47–94. ALTHÖFER 1987 Heinz Althöfer, Das 19. Jahrhundert und die Restaurierung. Beiträge zur Malerei, Maltechnik und Restaurierung, München 1987. AURENHAMMER 2002 Hans Aurenhammer, 150 Jahre Kunstgeschichte an der Universität Wien (1852–2002), in: Mitteilungen der Gesellschaft für vergleichende Kunstforschung in Wien, 54, 2/3, Wien 2002, S. 1–15. AUTENRIED/KOLLER/WIPFLER 2011 Hans-Peter Autenried, Manfred Koller und Esther Wipfler, Artikel Fresko, in: Reallexikon zur deutschen Kunstgeschichte X, 2011, Sp. 715–793. BAATZ 2008 Wolfgang Baatz, History and development of conservation-restoration education at the Academy of Fine Arts Vienna, in: Ruuben Tannar (Hg.), Proceedings of the Interim Meeting ICOM-CC Working Group Education and Training in Conservation, Academy of fine Arts in Vienna April 20–22, 2007, Helsinki 2008, S. 1–9. BAATZ 2015 Wolfgang Baatz, Das Institut für Konservierung-Restaurierung feiert Jubiläum: 80 + 1, in: Österreichischer Restauratorenverband (Hg.), Architekturmodelle, Plastilinarbeiten, Cellophan, Umdruckdekor, Teppich-Schausammlung Museum für angewandte Kunst, Journal 08, Wien 2015, S. 6–8.
310
Anhang BAATZ/KAML 2007 Wolfgang Baatz, Isabella Kaml, Restauratorenausbildung für gefasste Skulptur in Wien, in: Restauratorenblätter 26, 2007, S. 41–49. BAATZ/SANTNER 2008/09 Wolfgang Baatz, Markus Santner, Die Bischofskapelle in Gurk – Befund und Evaluierung, in: Restauratorenblätter 28, 2008/09, S. 97–109. BACHER 1969 Ernst Bacher, Mittelalterliche Wandmalerei, Funde 1959–1969, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XXIII, H. 3/4, 1969, S. 120–155. BACHER 1973 Ernst Bacher, Einige methodische Fragen zum Thema Wandmalerei-Restaurierung, in: Restauratorenblätter 1, 1973, S. 82–92. BACHER 1974 Ernst Bacher, Prof. Dr. Franz Walliser (Nachruf), in: Institut für Österreichkunde (Hg.), Geschichte und Literatur 18, H. 4, 1974, S. 336. BACHER 1985 Ernst Bacher, Kunstwerk und Denkmal – Distanz und Zusammenhang, in: Kunsthistoriker, Mitteilungen des Österreichischen Kunsthistorikerverbandes II, 1985, S. 22–24. BACHER 1986 Ernst Bacher, Kunstwerk und Denkmal, in: Irving Lavin (Hg.), World Art. Themes of Unity in Diversity, London 1986, S. 821–826. BACHER 1988 Ernst Bacher, Zur romanischen Kunst Kärntens, in: Ausstellungskatalog Hemma von Gurk, Schloss Straßburg, Klagenfurt 1988, S. 221–229 und 346. BACHER 1989 Ernst Bacher, Original und Rekonstruktion, in: Georg Mörsch und Richard Strobel (Hg.), Die Denkmalpflege als Plage und Frage, München 1989, S. 1–5. BACHER ed. 1995a [Riegl] Kunstwerk oder Denkmal?, Alois Riegls Schriften zur Denkmalpflege 1903–1905, Ernst Bacher (Hg.), (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 15), Wien–Köln– Weimar 1995. BACHER 1995b Ernst Bacher, Mittelalterliche Kunst in Kärnten. Fragen – Perspektiven in: Carinthia I 185, 1995, S. 69–89.
311
Anhang BACHER 1998 Ernst Bacher, Authentizität, was ist das?, in: Monumental, Arbeitshefte des bayerischen Landesamt für Denkmalpflege 100, 1998, S. 79–82. BACHER 2000 Ernst Bacher, Zur Problematik mittelalterlicher Wandmalerei, in: Ronald Gobiet (Hg.), Die Spätgotische Wandmalerei der Michaelskapelle in Piesendorf. Zur Erhaltung und Erforschung mittelalterlicher Wandmalerei im Ostalpenraum (Salzburger Beiträge zur Kunst- und Denkmalpflege 1), Salzburg 2000, S. 105–112. BASILE 2006 Giuseppe Basile, Cesare Brandi, Das Kunstwerk und die Restaurierung – eine Annäherung, in: Cesare Brandi, Theorie der Restaurierung, in: Publikation des Deutschen Nationalkomitees von ICOMOS in Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart, Baden-Württemberg und dem Istituto Centrale per il Restauro in Rom (Hg.), aus dem Italienischen übersetzt und kommentiert von Ursula Schädler-Saub und Dörthe Jakobs, München 2006, S. 11–15. BECKETT 2013 Barbara Beckett, Die gotischen Wandmalereien im Ostflügel der Forchheimer Burg. Bestand- und Restauriergeschichte, phil.Diss. 1, Bamberg 2013. BERGER 1901 Ernst Berger, Beiträge zur Entwicklungs-Geschichte der Maltechnik, München 1901. BIEDERMANN 1994 Gottfried Biedermann, Romanik in Kärnten, Klagenfurt 1994. BISCHOF 1988 Hubert Bischof, Sraßburg und Umgebung, Klagenfurt 1988. BLOCKX 1881 Jaques Blockx, Compendium á l usage des artistes peintres et des amateurs de tableaux, Anvers 1881. BOITO 1883 Camillo Boito, Voto conclusivo del III. Congresso degli Ingegneri e Architetti Italiani, Roma 1883. BRUCHER 2000 Günter Brucher (Hg.), Gotik, Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 2, München u. a. 2000, S. 433–465.
312
Anhang BRÜCKLER (IN VORBEREITUNG) Theodor Brückler, Die Ära Helfert, in Vorbereitung. BRÜCKLER 2009 Theodor Brückler, Thronfolger Franz Ferdinand als Denkmalpfleger, Die „Kunstakten“ der Militärkanzlei im Österreichischen Staatsarchiv (Kriegsarchiv), (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege 20), Wien 2009. BRÜCKLER/NIMETH 2001 Theodor Brückler, Ulrike Nimeth, Personenlexikon zur österreichischen Denkmalpflege (1850–1990), Wien 2001. CHARTA 1964 Charta von Venedig, Internationale Carta über die Konservierung und Restaurierung von Denkmalen und Ensembles, 1964, in: Petzet (Hg.), Grundsätze der Denkmalpflege/ Principles of Monument Conservation / Principes de la Conservation des Monuments Historiques, Hefte des Deutschen Nationalkomitees X (ICOMOS), S. 45–49. CIATTI/FROSININI 2006 Marco Ciatti, Cecilia Frosinini, Ugo Procacci a cento anni dalla nascita (1905–2005), Atti della giornata di studio, Florenz 2006. DANZL 2014 Thomas Danzl, Wandmalerei entdeckt! Freilegen oder wieder verdecken? Anmerkungen zu einem ewigen Dilemma der Denkmalpflege, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 28/2, 2014, S. 205–2013. DEHIO 1905 Dehio Georg, Denkmalschutz und Denkmalpflege im 19. Jahrhundert, Festrede an der Kaiser-Wilhelms-Universität zu Straßburg, den 27. Januar 1905. DEHIO-HANDBUCH 2001 Dehio-Handbuch, Die Kunstdenkmale Österreichs, Kärnten, 3. Auflage, Wien 2001. DEMUS 1931 Otto Demus, Neu entdeckte Wand- und Deckenmalereien in Kärnten 1930, in: Die Deutsche Kunst und Denkmalpflege 5, 1931, S. 61–70. DEMUS 1932 Otto Demus, Neuentdeckte romanische Wandgemälde in St. Paul im Lavanttale, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 6, 1932, S. 179–180.
313
Anhang
DEMUS 1935 Otto Demus, Bericht von Unterwinklern, in: Deutsche Kunst und Denkmalpflege 9, 1935, S. 242. DEMUS 1937a Otto Demus, Restaurierung mittelalterlicher Fresken 1937, in: Jahresbericht der Österreichischen Denkmalpflege 1937, S. 9–13. DEMUS 1937b Otto Demus, Der Meister von Gerlamoos, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung in Wien, Teil I, Neue Folge, Bd. XI, Wien 1937, S. 49–86. DEMUS 1938 Otto Demus, Der Meister von Gerlamoos, Jahrbuch der kunsthistorischen Sammlung in Wien, Teil II, Neue Folge, Bd. CII, Wien 1938, S. 77–116. DEMUS 1948 Otto Demus, Die österreichische Denkmalpflege, in: 100 Jahre Unterrichtsministerium 1848–1948, Wien 1948, S. 393–411. DEMUS 1949 Otto Demus, Erinnerung an Hugo von Henriquez, in: Carinthia I, 139, 1949, S. 76–78. DEMUS u. a. 1958 Otto Demus, Entdeckungen und Restaurierungen mittelalterlicher Wandgemälde, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 12, 1958, S. 156–161. DEMUS 1968 Otto Demus, Romanische Wandmalerei, München 1968. DEMUS 1969 Otto Demus, Zu den Freskenfunden des letzten Jahrzehnts, Funde 1959 – 1969, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XXIII, H. 3/4, 1969, S. 107–119. DEMUS 1971 Otto Demus, Zur mittelalterlichen Kunst Kärntens, in: Kärntner Kunst des Mittelalters, 65. Wechselausstellung der Österreichischen Galerie, 1971, S. 10–28. DEMUS 1991 Otto Demus, Die spätgotischen Altäre Kärntens, Klagenfurt, Bd. 25, 1991. DENKMALPFLEGE 1945–1970 Bundesdenkmalamt (Hg.), Denkmalpflege in Österreich 1945–1970, Wien 1970.
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Anhang
DENKMALPFLEGEARBEITEN 1945–1950 Denkmalpflegearbeit des Bundesdenkmalamtes in den Jahren 1945–1950, in: Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege IV, H. 5/6, 1950, S. 106–120. DENKMALPFLEGE KÄRNTEN 1984 Bundesdenkmalamt (Hg.), Denkmalpflege in Kärnten, Klagenfurt 1984. DENKMALSCHUTZGESETZ 2000 Bundesgesetz betreffend den Schutz von Denkmalen wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen oder sonstigen kulturellen Bedeutung, Denkmalschutzgesetz 2000. DEUER/KALLEN 1995 Wilhelm Deuer, Wim van der Kallen, Der Dom zu Gurk, Gurk 1995. DOBSLAW 2009 Andreas Dobslaw, Die Wiener „Quellenschriften“ und ihr Herausgeber Rudolf Eitelberger von Edelberg. Kunstgeschichte und Quellenforschung im 19. Jahrhundert (Wiener Schriften zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege 1), München, Berlin 2009. DVOØÁK 1907 Max Dvoøák, Notizen. Proberestaurierung der Apsisgemälde des Domes von Aquileja, in: Kunstgeschichtliches Jahrbuch der k.k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst– und historischen Denkmale 1, 1907, Beiblatt für Denkmalpflege, S. 86–87. DVOØÁK 1911 Max Dvoøák, Denkmalpflege in Österreich, in: Gemeinsame Tagung für Denkmalpflege und Heimatschutz, Salzburg 1911, S. 64–74. DVOØÁK 1918 Max Dvoøák, Katechismus der Denkmalpflege, 2. Auflage, Wien 1918 (1. Auflage 1916). EIBNER 1926 Alexander Eibner, Entwicklung und Werkstoffe der Wandmalerei, München 1926, S. 435. EIGENBERGER 1915 Robert Eigenberger, Über einige Fragen der praktischen Denkmalpflege, in: Mitteilungen der k.k. Zentralkommission für Erforschung und Erhaltung der Kunst- und historischen Denkmale XIV, 1915, S. 198–209.
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Anhang
EIGENBERGER 1927 Robert Eigenberger, Die Gemäldegalerie der Akademie der bildenden Künste Wien. Textband, Wien, Leipzig 1927. ENQUETE 1905 Zentralkommission (Hg.), Auszug aus dem stenographischen Protokoll der von der k.k. Zentralkommission für Kunst- und historische Denkmale in Wien einberufenen Enquete betreffend die Konservierung von Kunstgegenständen, 1904, Manuskript, Wien 1905 (gedruckt). ENZINGER 1973 Sebastian Enzinger, Restaurierung romanischer Wandmalereien in Friesach, in: Restauratorenblätter 1, 1973, S. 94–103. ERNST 1994 Anita Ernst, Die Propstei- und Wallfahrtskirche Maria Saal, Ein Beitrag zur Kunstgeschichte Kärntens, Diss.phil. Innsbruck 1994. EULER-ROLLE 2013 Bernd Euler-Rolle, Substanzwert und Schauwert. Der Zusammenhang in Theorie und Geschichte der Denkmalpflege, in: Hans-Rudolf Meier u. a. (Hg.), Werte. Begründungen der Denkmalpflege in Geschichte und Gegenwart, Berlin 2013, S. 132–155. EULER-ROLLE 2010 Bernd Euler-Rolle, „Am Anfang war das Auge“ – Zur Rehabilitierung des Schauwerts in der Denkmalpflege, in: Hans-Rudolf Meier und Ingrid Scheuermann (Hg.), DENKmalWERTE. Beiträge zur Theorie und Aktualität der Denkmalpflege, Berlin 2010, S. 89–100. EULER-ROLLE 2006/07 Bernd Euler-Rolle, Die Rezeption des Barock in der Geschichte der Denkmalpflege und Restaurierung. „Stilgerechte“ Restaurierungen einst und jetzt, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte, 2006/07, S. 459–474. EULER-ROLLE/SANTNER 2014 Bernd Euler-Rolle, Markus Santner, Das Salzburger Fachgespräch zur Wandmalereirestaurierung in Mariapfarr vom 16. bis 18. September 2010. Die Restaurierung der Restaurierung, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege LXVIII, H 1/2, Horn Wien 2014, S. 6–15. EYB-GREEN 2016 Sigrid Eyb-Green, Das zusammengedrängte Gedenken. Leopold Kupelwiesers Freskenzyklus in der niederösterreichischen Statthalterei, Horn 2016.
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Anhang
F.F.A. 1842 F.F.A. (Autor unbekannt), Ueber Landschaftsmalerei. Ein Handbuch für Dilettanten und Anfänger in dieser Kunst, Verlag Heubner, Wien 1842. FRESCOMALEREI 1846 (Autor unbekannt), Das Buch von der Frescomalerei, Landherr Verlag, Heilbronn 1846. FELDTKELLER 2008 Julia Feldtkeller, Wandmalereirestaurierung, Eine Geschichte ihrer Motive und Methoden, Wien 2008. FILLITZ 1998 Hermann Fillitz (Hg.), Früh- und Hochmittelalter, Geschichte der bildenden Kunst in Österreich 1, München u. a. 1998, S. 418–461. FORCHER 1980 Michael Forcher (Red.), Matrei in Osttirol. Ein Gemeindebuch zum 700-Jahr-Jubiläum als Markt 1280–1980, 1980. FRICK 2014 Michaela Frick, Vom Fragment zum Bild. Die digitale Rekonstruktion eines archäologisch geborgenen Freskenfundes zu den Wandmalereien im Oberchor der Filialkirche St. Nikolaus, Matrei in Osttirol, in: Leo Andergassen und Michaela Frick (Hg.), Conservatum est, Festschrift für Franz Caramelle zum 70. Geburtstag, Innsbruck 2014, S. 105–124. HELFERT 1871 Joseph Alexander von Helfert (Hg.), Die Wandgemälde im Nonnenchor zu Gurk, in: Mitteilungen der k.k. Zentralkommission zur Erforschung und Erhaltung der Baudenkmäler 16, Wien 1871, S. 126–142. FRODL 1939 Walter Frodl, Die Kärntner Denkmalpflege im Jahre 1939, in: Carinthia I, H. 2, 1939, S. 22. FRODL 1942 Walter Frodl, Die Kärntner Denkmal- und Museumspflege in den Jahren 1940 bis 1942, in: Carinthia I, 132, 1942, S. 262–336. FRODL 1944a Walter Frodl, Die romanische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1944.
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Anhang
FRODL 1944b Walter Frodl, Die gotische Wandmalerei in Kärnten, Klagenfurt 1944. FRODL 1948 Walter Frodl, Die romanischen Wandgemälde in Pürgg nach der Entrestaurierung, in: Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege II, 1948, S. 147–165. FRODL 1954a Walter Frodl, Zur Übertragung eines Freskozyklus des 13. Jahrhunderts im Stift Seckau, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 8, 1954, S. 85–91. FRODL 1954b Walter Frodl, Zur Malerei der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts in Österreich, in: Wiener Jahrbuch für Kunstgeschichte 15, 1954, S. 47–81. FRODL 1962 Walter Frodl, Lob der Methode, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XVI, 1962, Wien, S. 65–70. FRODL 1964 Walter Frodl, Kopien der mittelalterlichen Wandmalereien in Österreich, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege 18, 1964, S. 77–89. FRODL/RICE 1964 Walter Frodl, David Talbot Rice, Österreich, Mittelalterliche Wandmalerei, Vorwort von Davi Talbot Rice (Unesco-Sammlung der Weltkunst 22), München 1964, Einleitung S. 9–18. FRODL 1966 Walter Frodl, Die österreichische Denkmalpflege, Tradition und Erneuerung, in: Montfort, Denkmalpflege in Vorarlberg 18, H. 2, 1966, S. 117–131. FRODL 1970 Walter Frodl, Mittelalterliche Wandmalerei in Österreich, in: Österreich 1970, S. 11–31. FRODL/BACHER/KOLLER 1970 Walter Frodl, Ernst Bacher, Manfred Koller, Mittelalterliche Wandmalerei, Kat. Ausst. 1970. FRODL 1972 Walter Frodl, Professor Dr. Franz Walliser zum 80. Geburtstag, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XXVI, H. 1/2, 1972, S. 81–82.
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Anhang
FRODL 1975 Walter Frodl, Prof. Dr. Franz Walliser (Nachruf), in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XXIX, 1975, S. 163–165. FRODL 1984 Walter Frodl, Zur Geschichte der Denkmalpflege in Kärnten, in: Denkmalpflege in Kärnten, 1984, S. 119–127. FRODL 1987 Walter Frodl, Der Aufbruch zur modernen Denkmalpflege in Österreich, in: Das Zeitalter Kaiser Franz Josephs, 2. Teil: 1880–1916, Glanz und Elend, 1, Beiträge (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, NF 186), Wien 1987, S. 231–236. FRODL 1988 Walter Frodl, Idee und Verwirklichung, Das Werden der staatlichen Denkmalpflege in Österreich (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege XIII), Wien 1988. FRODL 1990 Walter Frodl, Ergänzende Bemerkungen zum vorstehenden Aufsatz von Th. Brückler, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege XLIV, 1990, S. 194–197. FRODL-KRAFT 1997 Eva Frodl-Kraft, Gefährdetes Erbe, Österreichs Denkmalschutz und Denkmalpflege 1918–1945 im Prisma der Zeitgeschichte (Studien zu Denkmalschutz und Denkmalpflege XVI), Wien 1997. FRODL-KRAFT/FRODL/FRODL-SCHNEEMANN 2005 Eva Frodl-Kraft, Gebert Frodl, Marianne Frodl-Schneemann, Kärntner Kunststätten, Salzburg 2005. FRODL-SCHNEEMANN 1984 Marianne Frodl-Schneemann, Johann Peter Krafft, 1780–1856, Monographie und Verzeichnis der Gemälde, Wien, München 1984. GARBER 1920/21 Josef Garber, Zur Geschichte der Erhaltung der Wandmalereien Tirols, in: Mitteilungen des Staatsdenkmalamtes, Bd. II, III, 4, 1920/21, S. 67–90. GINHART 1927/28 Karl Ginhart, Neue Entdeckungen und Arbeiten der Denkmalpflege in Gurk, in: Die Denkmalpflege 2, S. 65–71.
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Anhang
GINHART 1930a Karl Ginhart, Neu entdeckte Wand- und Deckenmalereien in Kärnten, Teil I, in: Die Denkmalpflege 4, 1930, S. 39–47. GINHART 1930b Karl Ginhart, Neu entdeckte Wand- und Deckenmalereien in Kärnten, Teil II, in: Die Denkmalpflege 4, 1930, 160–170. GINHART/GRIMSCHITZ 1930 Karl Ginhart und Bruno Grimschitz, Der Dom zu Gurk, Wien 1930. GINHART 1967 Karl Ginhart, Die Datierung der Fresken in der Gurker Westempore, in: Carinthia I, 157, 1967, S. 9–147. GOBIET 2002 Ronald Gobiet (Hg.), Die spätgotische Wandmalerei der Michaelskapelle in Piesendorf, in: Zur Erhaltung und Erforschung mittelalterlicher Wandmalerei im Ostalpenraum, Neukirchen, Großvenediger 2000. GÖTZINGER 1967 Wolfgang Götzinger, Der technologische Aufbau der romanischen Fresken im Läuthaus der Stiftskirche und der Versuch einer Rekonstruktion des Malvorganges, Diplomarbeit Akademie der bildenden Künste Wien 1967. GÖTZINGER 1993 Wolfgang Götzinger, Die Restaurierung der Wandmalereien im Kreuzgang des Franziskanerklosters zu Schwaz, in: Franziskanerkloster Schwaz, Renovierung Kloster, Kreuzgang, Kirche, Schwaz 1993, S. 78–81. GRABER 1915 Josef Graber, Neuaufgefundene Wandgemälde in Deutsch-Südtirol, in: Mitteilungen der k.k. Zentralkommission für Denkmalpflege XIV, N.F. 3, 1915, S. 145–159. GRAUS 1897 Johann Graus, Wie man übertünchte Malereien aufdeckt, in: Blätter des christlichen Kunstvereines der Diözese Seckau XXVIII, H. 3, 1897, S. 36–40. GUSTAVSON 2012 Natalia Gustavson, Gemälde zwischen Krieg und Frieden. Untersuchungen zur österreichisch-französischen Restauriergeschichte im Spannungsfeld des „napeolonischen“ Kunstraubes, phil. Diss., Wien 2012.
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Anhang
HAMMER 2002 Ivo Hammer, Bewusstsein und Zeit. Zur Erhaltungsgeschichte der romanischen Wandmalereien in Lambach und auf dem Nonnberg in Salzburg, in: Matthias Exner und Ursula Schädler-Saub (Hg.), Die Restaurierung der Restaurierung, Zum Umgang mit Wandmalereien und Architekturfassungen des Mittelalters im 19. und 20. Jahrhundert (Schriften des Hornemann Instituts 5), München 2002, S. 119–134. HANAUSKA 2001 Maja Hanauska, Frühere Überarbeitungen und ihr Zusammenhang mit dem Erhaltungszustand und der „Originalität“: Konservierung und Restaurierung des Gemäldes „Ecce Homo“, 133,5 x 100,7 cm, Öl auf Leinwand, 18. Jh., Diplomarbeit Wien 2001. HUSE 1984 Norbert Huse (Hg.), Denkmalpflege – Deutsche Texte aus drei Jahrhunderten, 1984. KRZEMIENSKA 1987 Barbara Krzemienska, Die Rotunden in Znojmo und die Stellung Mährens in böhmischen Premyslidenstaat, Historica 27, 1987, S. 5–59. GRÖTECKE 2007 Iris Grötecke, Raumausstattung und Einzelbild Wandmalerei, in: Klein (Hg.), Geschichte der bildenden Kunst in Deutschland, Gotik 3, München u. a. 2007, S. 457–473. HAGER 1903 Georg Hager, Die Erhaltung alter Wandmalereien, in: Vierter Tag für Denkmalpflege, Erfurt 1903, Stenographischer Bericht, Berlin o. J., 41–53; abgedruckt in: Die Denkmalpflege 5, 1903, S. 117–120 und 129–131. HARNONCOURT 1999 Alice Harnoncourt, Restaurierung mittelalterlicher Wandmalerei um 1900, Diplomarbeit, Universität Wien 1999. HARTWAGNER 1947 Siegfried Hartwagner, Neuaufgedeckte romanische Wandmalereien in Kärnten, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege I, 1947, S. 138–155. HARTWAGNER 1948 Siegfried Hartwagner, Die Denkmalpflege in Kärnten 1945–1948, in: Carinthia I, 136.– 138, 1948, S. 252–332. HARTWAGNER 1952 Siegfried Hartwagner, Die Denkmalpflegearbeiten in Kärnten in den Jahren 1948– 1950, in: Carinthia I, 142, 1952, S. 3–80.
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Anhang
HARTWAGNER 1967 Siegfried Hartwagner, Berg im Drautal und seine Kirchen, Kirchenführer, Klagenfurt 1967. HARTWAGNER 1977 Siegfried Hartwagner, Der Bezirk St. Veit an der Glan, seine Kunstwerke, historischen Lebens- und Siedlungsformen, Österreichische Kunsttopographie 8, Salzburg 1977. HASSLER 2011 Doris Hassler, Die gotische Ausstattung der Propsteipfarrkirche Maria Saal, Diplomarbeit, Universität Wien 2011. HELFERT 1881 Josef Alexander Freiherr von Helfert, Österreichische Kunsttopographie, in: Mitteilungen der Zentralkommission zur Erhaltung und Erforschung der Kunst- und Historischen Denkmale, N.F. 7, 1881, S. 1–16. HERZIG 1935 Robert Herzig, Die gotische Wandmalerei in Kärnten von 1380 bis 1450, phil.Diss. (ungedruckt), Wien 1935. HOLYOAKE 1870 Manfred Holyoake, The conservation of pictures, London 1870. HOPPE-HARNONCOURT 2000 Alice Hoppe-Harnoncourt, Geschichte der Restaurierung an der k.k. Gemäldegalerie. I. Teil: 1722 bis 1828, in: Jahrbuch der Kunsthistorischen Sammlungen in Wien 2, Wien 2000, S. 135–206. HÖFLER 1981/82 Janez Höfler, Die gotische Malerei Villachs, Villacher Maler und Malerwerkstätten des 15. Jahrhunderts, 2 Bde. (Neues aus Alt-Villach, 18. und 19. Jahrbuch des Stadtmuseums), Villach 1981/82. HÖFLER 1998 Janez Höfler, Einige Gedanken zum Meister Friedrich und seiner Werkstätte anlässlich der neuen Ergänzungen seines CEuvres, in: Symposium zur Geschichte von Millstatt und Kärnten 1998, S. 2–11. HÖFLER 2015 Janez Höfler, Das Leben und Werk des Thomas von Villach – ein Überblick, in: Aktuell Restauriert, Das Fastentuch-Fragment des Thomas von Villach, Wien 2015, S. 69–94.
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Anhang
HÖHLE 2005 Eva-Maria Höhle, Alois Riegl, Kunsthistoriker und Denkmalpfleger, Zum 100. Todestag, in: Österreichische Zeitschrift für Kunst- und Denkmalpflege LIX, 2005, S. 14–21. HUTTER 1958 Heribert Hutter, Italienische Einflüsse auf die Wandmalerei in Österreich im vierzehnten Jahrhundert, phil.Diss., Wien 1958. JAKOBS 1988 Dörthe Jakobs, Restaurierung nach dem Zeitgeschmack. Der Kruzifix von Cimabue nach der Restaurierung von Umberto Baldini, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 1, Worms 1988, S. 53–67. JAKOBS 1990 Dörthe Jakobs, Die arta del restauro 1987, in: Zeitschrift für Kunsttechnologie und Konservierung 4, 1990, S. 1–29. JANIS 2005 Katrin Janis, Restaurierungsethik im Kontext von Wissenschaft und Praxis, München 2005. JOKILEHTO 2002 Jukka Jokilehto, A history of Architectural Conservation, Oxford 2002. KEIM 1882 Adolf Keim, Die Feuchtigkeit der Wohngebäude, der Mauerfraß und Holzschwamm nach Ursache, Wesen und Wirkung betrachtet, Leipzig 1882. KIENZL 1994 Barbara Kienzl, Denkmalpflege. Die Anfänge im 19. Jahrhundert und der Geschichtsverein, in: Carinthia I., 184, 1994, S. 319–353. KIENZL/DEUER 1996 Barbara Kienzl, Wilhelm Deuer, Renaissance in Kärnten, Klagenfurt 1996. KLOEPFER 1916 Hans Kloepfer, Paul Hauser, in: Zeitschrift des Historischen Vereins für Steiermark XIV, Graz 1916, S. 174–179. KNOEPFLI/EMMENEGGER/KOLLER/MEYER 1990 Albert Knoepfli, Oskar Emmenegger, Manfred Koller und André Meyer, Wandmalerei, Mosaik, Reclams Handbuch der künstlerischen Techniken 2, Stuttgart 1998, S. 22–121.
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Anhang
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6.8
Ortsregister
Athen 134, 188 Berg im Drautal 72, 169 Böhmen 36, 60, 64, 65, 89, 113, 136, 294, 295 Brixen 56, 60, 65, 66, 80, 104, 112, 113, 131, 258, 259, 261, 265, 268, 270, 271 Burgenland 91, 182 Chudenice/Chudenitz 60 Dalmatien 64, 89 Deinsberg 73 Deutschland 16, 20, 31, 49, 115, 136, 138, 148, 210, 295 Einersdorf 97 England 23,34, 181 Florenz 185, 203, 205, 212, 213, 214, 219, 220 Frankreich 25, 34, 148, 203 Friesach 30, 72, 78, 120, 123, 132, 141, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 203, 211, 215, 229, 230, 271, 281, 288 Galizien 89, 90, 295 Grafendorf 170, 279 Graz 60, 90, 100, 165, 182, 201, 209 Gurk 98, 99, 100, 101, 104, 114, 120, 123, 128, 138, 142, 144, 145, 146, 147, 150, 157, 158, 159, 160, 169, 173, 177, 194, 199, 203, 234, 267, 276, 278, 279 Hartberg 54, 56, 64, 65, 67, 71, 84, 94, 95, 102, 161, 163, 261, 262 Heiligenblut 36 Innsbruck 29, 64 Irschen 166, 167, 180 Istrien 64 Italien 21, 32, 34, 46, 49, 60, 65, 95, 124, 135, 148, 181, 188, 204, 205, 213, 214, 217, 251, 252, 294 Jindr`´ichův Hradec/Neuhaus 64, 169 Karlštejn/Karlstein 22, 28, 36 Kärnten 10, 12, 13, 15, 19, 27, 28, 29, 30, 44, 47, 61, 65, 66, 67, 72, 73, 75, 90, 96, 98, 138,
338
Anhang
141, 142, 144, 145, 146, 147, 148, 150, 152, 153, 154, 155, 157, 160, 163, 164, 165,168, 169, 170, 171, 182, 190, 191, 192, 194, 198, 201, 204, 206, 208, 210, 250, 251, 253, 275, 289, 301 Klein St. Veit 166, 179 Klagenfurt 46, 90, 142, 144, 152, 153, 165, 170, 186, 201, 276, 277 Klosterneuburg 36 Krain 47, 89, 294, 295 Kroatien 295 Lambach 55, 187, 190, 204, 210, 219, 236, 240 Lienz 29, 77, 142, 169, 174 Lorch bei Enns 57, 101, 129, 268 Mähren 59, 64, 65, 89, 294, 295, 297, 298 Malta 149, 156, 175, 220, 276, 288 Maria Rojach 195, 198, 199, 200, 281 Maria Saal 61, 73, 74, 138, 141, 144, 155, 156, 157, 163, 165, 166, 173, 176, 258, 277 Maria Wörth 73, 223, 224, 242, 243, 290 Mariapfarr 194, 228 Matrei 47, 48, 74, 75, 81, 142, 163, 169, 174 Metnitz 29, 30, 121, 123, 132, 195, 198, 200, 201, 211, 231, 232, 272, 282 Millstatt 30, 65, 66, 67, 82, 208, 209, 210, 211, 212, 213, 214, 239, 265, 289, 290 Mödling 55, 56, 255 Murano 46 Myšenec/Mischenetz 113 Niederösterreich 40, 64, 182, 294, 295 Nonnberg 29, 203 Oberösterreich 90, 97, 101, 109, 182, 190, 210 294 Ossiach 111, 215, 271 Österreich 9, 12, 14, 15, 16, 18, 22, 23, 25, 26, 28, 34, 38, 42, 45, 46, 55, 58, 62, 65, 69, 73, 95, 97, 105, 106, 110, 114, 135, 136, 138, 139, 144, 148, 150, 158, 163, 171, 182, 184, 186, 188, 189, 191, 192, 202, 203, 205, 206, 207, 209, 210, 213, 214, 215, 217, 218, 219, 220, 221, 246, 249, 251, 252, 257, 261, 283, 287 Pécs/Fünfkirchen 36 Pellizzano 61, 63, 264 Polen 65, 294 Praha/Prag 22, 28, 45, 66, 109, 118 Pürgg 60, 64, 65, 66, 69, 71, 82, 83, 94, 95, 102, 139, 150, 162, 163, 178, 203, 233, 259, 260, 261
339
Anhang
Salzburg 29, 47, 90, 141, 155, 192, 203, 210 Schwaz 64, 78, 103, 111, 112, 130 142, 167 Slowenien 65, 201 Sopron/Ödenburg 39 Spittal an der Drau 144 St. Filippen ob Sonnegg bei Pfannsdorf 150, 276, 277, 279 St. Klementen 202 St. Paul im Lavanttal 145 St. Peter in Holz 152, 176, 205, 237, 277, 282 St. Veit an der Glan 206, 238, 288, 289 St. Wolfgang im Salzkammergut 109, 270 Steiermark 26, 47, 90, 144, 146, 165, 210, 211, 295 Šternberg/Sternberg 59 Steuerberg 196, 197, 198, 231, 287, 288 Steyr 47, 56 Südtirol 30, 47, 54, 56, 64, 65, 74, 89, 92, 93 Terlan 47, 61, 257, 258 Thörl 65, 73, 75, 85, 86, 125, 126, 133, 163, 164, 169, 220, 223, 240, 241, 274, 290 Tirol 30, 31, 47, 48, 64, 66, 103, 112, 142, 146, 169, 194, 212, 213, 268, 295 Trient 61, 63, 114 Trentino 89 Tschechien 44, 65 Tulln 38, 41, 42, 49, 62, 79, 106, 140, 161, 218, 247, 255, 256, 257 Ungarn 294, 295 Unterwinklern 141 Venedig 21, 46, 184, 188, 205, 213 Villach 144 Wabelsdorf 67, 73, 110, 125, 168, 265 Wachsenberg 206 Wien 10, 12, 18, 21, 22, 27, 30, 31, 32, 35, 40, 42, 43, 44, 45, 46, 49, 64, 65, 71, 73, 87, 89, 90, 92, 96, 114, 126, 137, 138, 139, 144, 147, 148, 150, 152, 153, 154, 155, 160, 161, 165, 166, 182, 185, 187, 189, 194, 199, 201, 203, 205, 207, 209, 210, 212, 217, 220, 246, 247, 261, 294, 295 Wieserberg 169, 170, 179, 279 Zagreb 36 Žirovnica/Scheraunitz 111, 170 Znojmo/Znaim 29, 44, 63, 64, 65, 260
340
Anhang
6.9 Personenregister Althöfer, Heinz 15, 17, 216, 218 Amerling, Friedrich von 34 Anders, John 122, 210, 211, 212, 213, 220, 221, 222, 223, 224, 239, 243, 244, 245, 266, 290 Andorfer, Eduard 147, 152, 277 Arnold (Kirchenmalerfirma) 67, 169, 194, 195, 196, 197, 212, 281, 287 Atz, Karl 47, 48, 61 Atzwanger, Hugo 95, 258, 267 Bacher, Ernst 16, 17, 162, 164, 189, 190, 199, 214, 216, 219, 222 Baldini, Umberto 213, 220 Barth, Josef 48, 142 Bedotti, Jean 21, 22 Bestereiner, Otto 168, 199 Boeckl, Herbert 166 Böhm, Adolf 104 Böhm, Johann 92, 93 Boito, Camillo 46, 52, 105 Borsook, Eve 213 Brandi, Cesare 136, 187, 188, 214, 216, 217, 218, 283 Brückler, Theodor 14 Buchenrieder, Fritz 210 Camesina, Albert von 38, 44, 256 Campidell (Kirchenmalerfirma) 122, 151, 163, 168, 169, 193, 194, 195, 199, 200, 201, 204, 212, 220, 281, 282 Casagrande, Don Vincenzo 114, 115 Christl, Adolf 171 Czernhausen, Karl Czoernig von 23 Dapoz, Cassian 92 Dehio, Georg 9, 43, 96, 105, 106, 123, 187, 189 Demus, Otto 10, 16, 17, 141, 147, 150, 151, 153, 154, 155, 156, 157, 160, 162, 163, 164, 165, 169, 171, 182, 197, 198, 199, 207, 209, 211, 214, 215, 217, 250, 279, 288 Doerner, Max 135 Dvořák, Max 16, 69, 88, 89, 90, 92, 97, 105, 114, 115, 123, 124, 125, 126, 140, 148, 162, 215, 249, 271, 272, 273, 275 Egger, Franz 104 Eigenberger, Robert 16, 96, 118, 119, 120, 135, 138, 139, 149, 161, 162, 183, 184, 185, 186, 205, 249
341
Anhang
Eitelberger, von Edelberg Rudolf 18, 26, 32, 39, 42, 43, 88 Emmenegger, Oskar 185, 252 Engerth, Erasmus Ritter von 32, 45 Enzinger, Sebastian 184, 186, 210, 220, 222, 223, 240, 242, 243 Essenwein, August 58 Euler-Rolle, Bernd 168 Falke, Jakob Friedrich Ludwig von 44 Feldtkeller, Julia 16, 17, 216 Felsburg, Albert Steiner von 48 Ferdinand, Erzherzog Franz 15, 90, 92, 93, 273 Foramitti, Hans 204 Forni, Ulisse 34 Franz Joseph, Kaiser 23 Friedrich, von Villach 65, 66 Frodl, Walter 10, 14, 16, 24, 28, 67, 72, 97, 147, 156, 157, 162, 165, 166, 167, 168, 169, 170, 171, 183, 189, 194, 199, 208, 209, 214, 216, 275 Frodl-Kraft, Eva 14, 97, 98, 148 Fux, Josef 96 Garber, Josef 167 Gerisch, Eduard 32, 33, 58, 64, 65, 66, 69, 75, 92, 93, 96, 265 Ginhart, Karl 10, 16, 142, 146, 147, 148, 156, 157, 212, 290 Gottwald, Meinrad 159 Görtschacher, Urban 208, 211, 239 Graus, Johann 47, 56, 57, 58, 261 Griepenkerl, Christian 64 Grösser, Matthäus 27, 73, 114 Grubhofer, Anton 93, 273 Grueber, Paul 99, 120, 267 Gündter, Johann Georg 20 Haas, Carl 26, 27 Hager, Georg 16, 115, 116, 117, 118, 119, 135, 248, 250 Hammer, Ivo 192 Hann, Franz Gustav 67, 265 Harnoncourt, Alice 15, 71 Hartmann, Ferdinand 20 Hartwagner, Siegfried 16, 190, 193, 195, 196, 198, 199, 200, 201, 202, 206, 208, 209, 214, 220, 221, 223, 289 Hauser, Paul 90. 95. 96, 97, 162 Hefter, Adam 145, 155, 277, 278 Helfert, Joseph Alexander Freiherr von 25, 27, 88
342
Anhang
Henriquez, Hugo Paul von 144, 147, 154, 159, 160, 163, 277 Hintner, Johann 48, 49, 61, 74, 81, 142, 258 Holyoake, Manfred 37 Ilg, Albert 46, 105 Jabornigg, Severin (?) 170, 279 Jaksch von Wartenhorst, August von 144, 145, 147, 275, 276 Janis, Katrin 16 Kadras, Josef 199 Karger, Karl 89 Keim, Adolf 57, 60 Kerciku, Dina 203, 233 Kienzl, Barbara 16 Kind, Alexander 95 Koller, Manfred 10, 15, 17, 61, 71, 163, 186, 189, 204, 205, 210, 213, 214, 221, 222, 236 Kortan, Helmut 184, 185, 205, 210, 212 Korzendörfer, Konstantin 92 Köster, Christian Philipp 20 Krafft, Johann Peter 22, 23, 28, 36 Kreuzer, Josefine 197, 201 Kugler, Franz Theodor 22, 23 Kuhn, Johann 31 Kühn, Hermann 171 Lamberg, Reichsgrafen von 70 Lang, Gustav 162 Leitner, Heinz 56, 71, 163, 186, 210 Leitner (Kirchenmalerfirma) 201 Lind, Karl 27, 30, 41, 201, 257 Lippmann, Friedrich 43, 44 Lucanus, Friedrich Gottfried Hermann 20 Lukesch, Hans 93 Lützow, Karl von 43, 44 Lux, Ernst 210, 186 Malanik, Bruno 162, 194, 228 Mann, Max von 30, 78 Maranzi, Luciano 209, 201, 211, 212 Maurer, Robert 96 Maurer, Serafin 96 Mayer, Karl 38, 41, 256
343
Anhang
Mayrhofer, Franz Xaver 150, 151 Meiss, Millard 213 Melicher, Theophil 15, 32, 33, 54, 55, 56, 57, 58, 60, 63, 64, 65, 66, 67, 68, 69, 70, 71, 72, 73, 75, 82, 83, 84, 92, 93, 94, 95, 97, 100, 102, 104, 110, 124, 125, 129, 131, 162, 163, 164, 220, 259, 260, 261, 264, 265, 267, 268, 270, 271, 274, 275, 297 Metternich, Klemens Wenzel von 31 Mora, Laura 186, 217, 222, 223 Mora, Paulo 186, 209, 210, 211, 217, 222, 223 Moser, Johann (?) 55, 56, 258 Mrzyglod, Lukas 138 Neuwirth, Josef 104, 105 Nimeth, Ulrike 14 Oberwalder, Oskar 90, 97 Olachfelner 80 Panovsky, Erwin 136 Paßler, Andreas 47 Peisar, Rudolf 197, 288 Pernhart, Markus 29 Petermann (Pfarrer) 73, 223 Petrin, Leodegar 137 Pettenkofer, Max von 37, 60 Philippot, Paul 186, 209, 210 Pirner, Max 30, 31, 120 Pokorny, Ernest 213 Pozzo, Andrea 22 Procacci, Ugo 213 Quitt, Johann 98, 159 Radnitzky, Carl 49 Rainer, Otto 159, 171 Reckendorfer, Paul 184, 191 Remy, Rudolf von 31 Riegl, Alois 9, 10, 11, 16, 57, 88, 89, 90, 93, 96, 100, 101, 102, 103, 104, 105, 106, 107, 108, 109, 110, 111, 112, 113, 114, 115, 119, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 135, 140, 141, 142, 1436, 148, 189, 208, 215, 248, 249, 250, 268, 270, 271 Ritschl, Eduard 89 Ritschl, Hermann 92, 93, 95, 114, 150, 273 Rosi, Guiseppe 213 Rosner, Karl 38, 39
344
Anhang
Rösner, Karl 38, 41 Rotondi, Pasquale 209 Ruprecht, Leopold 139, 143 Ruskin, John 23, 34, 106 Rust (Restauratorin) 150
Sacken, Eduard von 39, 40, 41, 42, 44, 47, 49, 55, 62, 140, 218, 255, 257 Schädler-Saub, Ursula 17 Schaschl, Martin 73 Schellein, Karl 33, 44, 47, 49, 60, 257 Schlosser, Julius von 88 Schmidt, Friedrich von 36, 45, 46 Schmuderer, Joseph 135 Schmutzer, Johann Baptist 150 Schnerich, Alfred 98, 101, 144 Schubert-Soldern, Fortunat von 95, 137, 138, 140, 148, 149, 152, 155 Scott, Gilbert 34 Semetkowski, Walter von 90, 91, 137, 144 Semper, Hans 48, 100, 101, 103, 104, 112, 142 Serra, Alfio del 213 Siber, Alfons 32, 58, 61, 63, 64, 65, 93, 94, 97, 103, 111, 130, 264, 273, 274, 295 Sitte, Camillo 56, 67, 100, 101 Spurny, Mauritius 186, 210 Stippberger, Adolf 61, 74, 75 Stolz, Michael 48 Storno, Ferenc 38, 39, 41, 79, 256 Suardo, Giovanni Secco 32, 134, 149
Taisten, Simon von 77 Taubert, Johannes 210 Tendler, Max 30, 78, 120, 132 Thomas (Artula), von Villach, auch genannt Meister von Gerlamoos 73, 74, 85, 145, 154, 241 Thomke, Heinrich 96 Tichy, Hans 150 Tietze, Hans 115, 148 Tintori, Leonetto 204, 205, 213 Trapp, Moritz 29, 44 Trenkwald, Josef Matthias 33, 45, 46, 49, 50, 54, 57, 58, 59, 60, 61, 63, 64, 65, 66, 69, 70, 72, 74, 75, 79, 92, 93, 94, 101, 120, 144, 162, 254, 257, 258, 259, 260, 265, 266, 294 Tripp, Gertrude 182, 186, 188, 205, 210, 211, 214, 224
345
Anhang
Untergasser, Karl 29 Veiter, August 34, 145, 152, 163, 168, 194, 276, 277 Viertelberger, Hans 34, 85, 92, 93, 95, 96, 97, 98, 99, 100, 101, 102, 103, 104, 111, 120, 121, 122, 123, 124, 125, 126, 128, 129, 133, 138, 140, 141, 144, 145, 146, 147, 150, 157, 158, 159, 160, 162, 163, 173, 205, 215, 267, 271, 272, 273, 278 Viollet-le-Duc, Eugene34, 36, 46, 284 Wächtler, Ludwig 89 Wagner, Otto 91 Walchegger, Johann 104, 270 Waldmüller, Ferdinand Georg 31 Walliser, Franz 73, 122, 130, 138, 141, 142, 143, 145, 147, 148, 149, 150, 155, 156, 157, 158, 159, 160, 161, 162, 163, 164, 165, 166, 168, 169, 170, 171, 173, 174, 175, 176, 177, 178, 179, 191, 193, 194, 195, 196, 197, 198, 199, 200, 201, 204, 205, 206, 207, 208, 210, 215, 217, 221, 227, 229, 231, 232, 237, 238, 240, 241, 276, 278, 279, 280, 281, 282, 287, 288, 289, 301 Watzinger, Josef 210 Weninger, Fritz 32, 67, 150, 151, 152, 153, 162, 168, 171, 175, 176, 191, 276, 277, 279 Wibiral, Norbert 16, 162, 190, 210, 218 Wickhoff, Franz 87, 88, 89 Wiedergut, Dietrich 122 Winder, Berthold 61, 73, 74, 75, 85, 86, 163, 164, 220, 258 Witternigg, Margarethe 192 Wolsegger, Friedrich 145, 276 Woltmann, Alfred 43 Zunk, Willibald 165, 166, 167, 168, 179, 180 Zykan, Josef 182, 204, 211
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Anhang
6.10 Abbildungsnachweis Autor 1, 16, 25, 27, 28, 31, 32, 38, 39, 40, 41, 42, 44, 45, 46, 47, 48, 49, 62, 64, 65 AKR Archiv BDA, Wien 30, 53 Fotoarchiv BDA, Wien 2, 5, 6, 7, 8, 9, 10, 11, 12, 13, 14, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 26, 29, 34, 36, 37, 50, 54, 55, 56, 57, 58, 59, 60, 61, 63 Fotoarchiv BDA, Wien (Dworak Irene, Laubenstein Petra) 4, 15a, 15b, 33, 35, 43, 51, 52 Österreichische Kunsttopographie, Die profanen Bau- und Kunstdenkmäler der Stadt Friesach, Bd LI, Wien 1991, S. 117
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