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German Pages XXII, 189 [206] Year 2020
Advanced Purchasing & SCM 7
Erik Hofmann Fabian Staiger
Beschaffungskompetenzen 4.0 Berufsbilder im Zeitalter des digitalisierten Einkaufs
Advanced Purchasing & SCM Band 7 Reihe herausgegeben von E. Hofmann, St. Gallen, Schweiz W. Stölzle, St. Gallen, Schweiz
Aufgrund der anhaltenden Globalisierung und der damit einhergehenden Redu zierung der Wertschöpfungstiefe zahlreicher Unternehmen hat die Bedeutung von Beschaffung und Supply Chain Management in den letzten Jahren stark zugenommen. Die Reihe „Advanced Purchasing & SCM“ leistet einen Beitrag, der gestiegenen Bedeutung dieser Themengebiete gerecht zu werden. Die Publikationen behandeln aktuelle Fragestellungen sowie Innovationen und Exzellenz-Ansätze im Management von Wertschöpfungsnetzwerken und verknüpfen theoretische Konzepte mit praktischen Anwendungen. Die Reihe wird vom Institut für Supply Chain Management der Universität St.Gallen herausgegeben und richtet sich an Wissenschaftler sowie an Fach- und Führungskräfte in der Wirtschaft. Weitere Bände in der Reihe http://www.springer.com/series/8869
Erik Hofmann • Fabian Staiger
Beschaffungskompetenzen 4.0 Berufsbilder im Zeitalter des digitalisierten Einkaufs
Erik Hofmann Universität St. Gallen St. Gallen, Schweiz
Fabian Staiger notime AG Zürich, Schweiz
Advanced Purchasing & SCM ISBN 978-3-662-61837-0 ISBN 978-3-662-61838-7 (eBook) https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Gabler © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von allgemein beschreibenden Bezeichnungen, Marken, Unternehmensnamen etc. in diesem Werk bedeutet nicht, dass diese frei durch jedermann benutzt werden dürfen. Die Berechtigung zur Benutzung unterliegt, auch ohne gesonderten Hinweis hierzu, den Regeln des Markenrechts. Die Rechte des jeweiligen Zeicheninhabers sind zu beachten. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag, noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Der Verlag bleibt im Hinblick auf geografische Zuordnungen und Gebietsbezeichnungen in veröffentlichten Karten und Institutionsadressen neutral. Springer Gabler ist ein Imprint der eingetragenen Gesellschaft Springer-Verlag GmbH, DE und ist ein Teil von Springer Nature. Die Anschrift der Gesellschaft ist: Heidelberger Platz 3, 14197 Berlin, Germany
Geleitwort zur Schriftenreihe
Der Trend zur Globalisierung und zunehmenden Arbeitsteilung sowie die rasante Entwicklung der Informations- und Kommunikationstechnologie haben zu welt weiten, durch Material-, Informations- und Finanzmittelflüsse verbundenen Wert schöpfungsnetzwerken geführt. Diese globalen Supply Chains stellen aufgrund ih rer Komplexität und der länderübergreifenden Struktur große Herausforderungen für die beteiligten Akteure dar. Dem Supply Chain Management kommt dabei die zentrale Aufgabe zu, unter Beachtung ökonomischer, ökologischer und sozialer Aspekte, Wertschöpfungsnetz werke nach den Bedürfnissen der Endkunden zu planen und zu betreiben. Beschaf fung als Bestandteil von Supply Chain Management zählt zu den zentralen Kernauf gaben und ist häufig in der obersten Führungsebene verankert. Eine professionelle Beschaffungsfunktion (Advanced Purchasing) umfasst dabei das ganzheitliche Ma nagement aller Prozesse, die Versorgung eines Unternehmens mit den benötigten Gütern, sowie die Generierung von Wettbewerbsvorteilen. Aufgrund der gestiegenen Relevanz des Einkaufs und der Beschaffung liegt der Fokus nicht mehr nur in der Kostenreduzierung, sondern auch in der Differenzie rung von Unternehmen und Wertschöpfungsnetzwerken. Themen wie Sortimente, Risikomanagement, Finanzierung oder Nachhaltigkeits- und Qualitätsmanagement in der Supply Chain inklusive der hierzu korrespondierenden Führungsstrukturen und Managementphilosophien werden in den kommenden Jahren zunehmend mehr Aufmerksamkeit verlangen. Dazu kommen sich ändernde politische Rahmenbedin gungen, Oligopole auf Anbietermärkten, Ressourcenengpässe. Trotz der großen praktischen Bedeutung der Beschaffung und des Supply Chain Managements erscheinen diese zukünftigen Herausforderungen und Verknüpfun gen – auch unter Berücksichtigung zusätzlicher Themenfelder in der Logistik – aus wissenschaftlicher Sicht noch nicht ausreichend gewürdigt. Die Buchreihe „Advan ced Purchasing & Supply Chain Management“ soll einen Beitrag dazu leisten, diese Lücken zu schließen und sowohl für die Praxis als auch für die Wissenschaft ein schlägigen Nutzen zu generieren.
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Geleitwort zur Schriftenreihe
Die Realisierung dieser Zielsetzung wurde einst vom „Kerkhoff Competence Center of Supply Chain Management“ – einer gemeinsamen Exzellenzplattform von Kerkhoff Consulting und dem Lehrstuhl für Logistikmanagement der Universi tät St. Gallen (LOG-HSG) – initiiert und vom Institut für Supply Chain Manage ment (ISCM-HSG) der Universität St. Gallen weitergeführt. Das Ziel des Instituts ist es, mit dieser Reihe eine aktive Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Praxis zu etablieren, um Trends und Herausforderungen in Einkauf, Beschaffung und Sup ply Chain Management im Zusammenspiel mit Fragestellungen der Logistik und dem Güterverkehr zu analysieren sowie Handlungsempfehlungen für die Praxis ab zuleiten. Die Beiträge der Buchreihe „Advanced Purchasing & Supply Chain Manage ment“ behandeln aktuelle Fragestellungen sowie Innovationen und Exzellenz- Ansätze im Management von Wertschöpfungsnetzwerken. Durchgängig werden theoretische Konzepte mit praktischen Anwendungen verknüpft. Die Autoren set zen sich aus Forschern der Universität St. Gallen, Wissenschaftlern weiterer führen der internationaler Forschungseinrichtungen mit den Schwerpunkten Einkauf, Be schaffung und Supply Chain Management sowie Experten aus der Praxis zusammen. Durch die Bildung von teilweise gemischten Autorenteams aus Wissenschaft und Praxis entsteht eine enge Verzahnung dieser Bereiche. Im ersten Band der Reihe werden ausgehend von der Situation eines erhöhten Kapitalbedarfs bei gleichzeitig zurückhaltender Kreditvergabe der Banken, Kon zepte zur Ermittlung und Stärkung der Innenfinanzierungskraft aus Unternehmens praxis- und aus Supply-Chain-Sicht und damit „Wege aus der Working-Capi tal-Falle“ vorgestellt. Ferner werden konkrete Handlungsempfehlungen für Einkaufsverantwortliche und Supply Chain Manager ausgesprochen, um die finan zielle Wettbewerbsfähigkeit des eigenen Unternehmens und der Wertschöpfungs partner zu steigern. Im zweiten Band wird das Thema Investitionsgütereinkauf aufgegriffen. Bezug nehmend auf die besonderen Herausforderungen, die der Investitionsgütereinkauf an die beteiligten Akteure stellt, werden Instrumente und Methoden erläutert, um diese anzugehen. Die entwickelten Abläufe und Werkzeuge wirken unterstützend bei der Strukturierung dieses komplexen Beschaffungsprozesses. Das Buch leistet damit einen Beitrag zur Professionalisierung eines in der Literatur bisher wenig be achteten Erfolgsfaktors des Beschaffungsmanagements. Im dritten Band der Reihe stehen die Erfolgsmessung und die Gestaltung von Anreizsystemen im Einkauf im Vordergrund. Dabei werden die Erfolgsmessung im Einkauf und der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung, Lieferantenbewertung, ganz heitliche Systeme zur Erfolgsmessung sowie erfolgsorientierte Anreizsysteme vor gestellt und diskutiert. Getreu dem Motto “You can’t manage what you can’t mea sure”, können Unternehmen mit Hilfe des vorgestellten Methodensets ihre Steuerung des Einkaufs maßgeblich verbessern. Durch die Vorgabe von Zielen, der Messung der relevanten Größen und der anschließenden Rückkopplung an die Steuerung des Einkaufs können Erfolgsmessung und Anreizsysteme optimiert werden.
Geleitwort zur Schriftenreihe
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Im vierten Band der Reihe werden im Rahmen einer empirischen Untersuchung die Erfolgs- und Savingsmessung beim Investitionsgütereinkauf analysiert. Damit werden die Themen des zweiten und dritten Bandes der Buchreihe anhand einer Fallstudie kombiniert. Die Studie wurde im Rahmen der Dissertation von Dr. Daniel Maucher durchgeführt und präsentiert praxisrelevante Ergebnisse der Untersuchung. Der fünfte Band der Reihe adressiert erstmalig das Themenfeld des Nachhaltig keitsmanagements, dessen Relevanz für Unternehmen, die Dienstleistungen ein kaufen, stetig zunimmt. Dabei liegt der Fokus auf den Eckpfeilern eines CO2- Accountings bei Logistikdienstleistern. Die Kompetenz- und Schlüsselbereiche eines CO2-Accountings werden systematisch strukturiert und im Lichte der An wendbarkeit sowie Umsetzbarkeit bei mittelständischen Logistikdienstleistern auf bereitet. Der resultierende IT-Lösungsansatz („Green Tool“) zur ressourceneffizien ten Ermittlung unternehmensspezifischer Emissionskennzahlen wurde im Rahmen eines Forschungsprojektes von der Kommission für Technologie und Innovation (KTI) mitfinanziert. Im sechsten Band der Buchreihe wird ein universell anwendbarer Ansatz zur Be wertung von Dienstleistungen und Dienstleistern entwickelt. Mit steigendem Anteil immaterieller Güter am Einkaufsvolumen nimmt deren Bedeutung für die Wert schöpfung eines Unternehmens stetig zu. Daher wird es zunehmend wichtiger, an gemessene Bewertungsverfahren einzuführen, um eine kontinuierliche Qualität der bezogenen Leistungen sicherzustellen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Ansätzen für Sachgüter gilt es bei der Dienstleistungsbeschaffung und -erstellung spezifische Charakteristika von Dienstleistungen zu berücksichtigen. Im Zentrum dieser Buch publikation steht der neu entwickelte Ansatz des ‚Advanced Value Break Down‘ (AVBD). Im hier vorliegenden siebten Band der Reihe „Beschaffungskompetenzen 4.0“ stehen die zukünftigen Kompetenzen der Mitarbeitenden des Einkaufs im Zentrum der Betrachtung. Mit der derzeit von stattgehenden digitalen Transformation der Wirtschaft und der vierten industriellen Revolution (Industrie 4.0) steht die Be schaffung vor der einzigartigen Möglichkeit, ihr volles crossfunktionales Potenzial zu nutzen und ihre strategische Relevanz auszubauen, dies jedoch nur, wenn sie die richtigen Kompetenzen entwickelt. Ausgehend von den aktuellen Beschaffungsauf gaben werden von den beiden Autoren drei Kompetenzprofile systematisch abgelei tet, welche die Grundlage für die Entwicklung zukünftiger Berufsbilder in der Be schaffung 4.0 darstellen. Dieses Buch illustriert personalwesensgerecht, auf welche Weise sich die heutigen Aufgaben, Anforderungen sowie Kompetenzen in der Be schaffung mit der digitalen Transformation zukünftig verändern werden. Aufbau end auf diesem konkreten Handlungsbedarf werden Leitlinien zur Stärkung der in der Beschaffung tätigen Mitarbeitenden im digitalen Zeitalter entwickelt. Das zu kunftsgerichtete Werk lässt sich mit folgenden Schlagworten charakterisieren: (i) beschaffungszentrierte Betrachtung der Themen Digitalisierung und Industrie 4.0, (ii) anforderungsgerechte Erkenntnisse im Bereich Beschaffung 4.0 sowie (iii) kon kretes Instrumentarium zur Ableitung von Kompetenzen aus Aufgaben und Anfor derungen für den Einkauf der Zukunft.
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Geleitwort zur Schriftenreihe
Die Herausgeber der Schriftenreihe wünschen den Lesern dieses Bands eine er kenntnisreiche Lektüre sowie zahlreiche Anregungen zur praktischen Umsetzung der behandelten Themen im Schmelztiegel von „HR“, Einkauf und Digitalisierung. St. Gallen, Schweiz Wolfgang Stölzle Erik Hofmann März 2020
Vorwort
Die Beschaffungsfunktion befindet sich im Wandel und konnte in den letzten Jahren in vielen Unternehmen sowie auch in der Theorie an strategischer Relevanz gewin nen. Die digitale, cross-organisationale Vernetzung von Maschinen, Produkten und Mitarbeitenden mit dem Internet der Dinge wird es der Beschaffung als Nahtstel lenfunktion erlauben, ihre unternehmerische Position weiter auszubauen. Dafür ist ein systematischer Wandel erforderlich, der vor allem personell geprägt sein muss. Es hat möglichst rasch ein Umdenken zu erfolgen – nicht mehr die zahlreichen technologischen Lösungen, Tools und Features sollten im Kern der Diskussion ste hen, sondern wieder der Mensch! Genau dieser erforderlichen „Re-Humanisierung“ der aktuellen Diskussion haben sich die Autoren gestellt – Ziel ist es, ein praktikab les Instrumentarium zur Verfügung zu stellen, mit dessen Hilfe sich Kompetenzan forderungen skizzieren und entsprechende Schulungsprogramme im Einkauf ent wickeln lassen. Teile dieses Buches wurden im Rahmen der Abschlussarbeit eines der beiden Autoren am Institut für Supply Chain Management der Universität St. Gallen (ISCM-HSG) ausgearbeitet und durch den anderen Autor systematisch weiterentwi ckelt und verfeinert. Dabei standen jederzeit die Entwicklung einer zeitgemäßen Kompetenzmodellierungsmethode sowie deren Anwendung auf die aktuelle und zu künftige Situation in der Beschaffung im Zentrum. Wir – die Autoren – möchten mit der vorliegenden Ausarbeitung einen kleinen Beitrag leisten, um die Beschaffungs manager fit für die digitale Zukunft zu machen. Ein besonderer Dank gilt unserem privaten Umfeld, das uns während der inten siven Zeit des Schreibens jederzeit unterstützt und motiviert hat. Wir möchten die ses Buch deshalb der Freundschaft und dem Abschluss einer prägenden Zeit widmen. St. Gallen, Schweiz März 2020
Erik Hofmann Fabian Staiger
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Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung: Auf dem Weg zu neuen Mitarbeiter-Kompetenzen im Einkauf�������������������������������������������������������������������������������������������������� 1 1.1 Ausgangslage�������������������������������������������������������������������������������������� 1 1.2 Zielsetzung und Problemstellung�������������������������������������������������������� 2 1.3 Vorgehensweise und Methodik ���������������������������������������������������������� 3 1.4 Relevanz dieses Buches���������������������������������������������������������������������� 4 1.5 Einordnung des Forschungsgebiets und begriffliche Abgrenzung������ 5 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 6 2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung������������������������������������������������������������ 9 2.1 Begriffliche Unterscheidung zwischen der englischen und deutschen Kompetenzdefinition���������������������������������������������������������� 10 2.2 Kompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise�������������� 14 2.2.1 Exploration������������������������������������������������������������������������������ 15 2.2.2 Aufgaben- und Anforderungsanalyse sowie Kompetenzmodellierung�������������������������������������������������������� 16 2.2.3 Kompetenzprofiling���������������������������������������������������������������� 21 2.3 Methodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – die aufgaben- und anforderungsanalysebasierte Kompetenzmodellierungsmethode zur Entwicklung ganzheitlicher Kompetenzprofile (AKEK-Methode) ������������������������������������������������������������������������������ 23 2.3.1 Kompetenzprofiling des heutigen Beschaffungsmanagers������ 23 2.3.2 Veränderungen durch die Digitalisierung ������������������������������ 28 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 30 3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement���������������� 33 3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion ������ 33 3.1.1 A – Strategische Beschaffungsmarktforschung���������������������� 35 3.1.2 B – Strategische Strukturanalyse und -planung���������������������� 39 3.1.3 C – Suche und Vorauswahl von Neulieferanten���������������������� 43 3.1.4 D – Ausschreibung, Verhandlung und Beziehungsaufbau������ 47 XI
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Inhaltsverzeichnis
3.1.5 E – Operative Beschaffungsdisposition���������������������������������� 53 3.1.6 F – Kontrolle, Monitoring und Risikomanagement���������������� 56 3.1.7 G – Steuerung, Förderung und Beendigung �������������������������� 58 3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen������������������������������������������������������������������������������������������������ 62 3.2.1 Der Informationsmanager ������������������������������������������������������ 65 3.2.2 Der interne und externe Beziehungsmanager ������������������������ 70 3.2.3 Der Operator �������������������������������������������������������������������������� 74 3.3 Kritische Analyse der Ergebnisse anhand weiterer Studien��������������� 77 3.3.1 Berufsbilder in der Beschaffung – ein Vergleich�������������������� 78 3.3.2 Relevante Kompetenzen für Einkaufsmanager – Ein Alternativvorschlag�������������������������� 81 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 82 4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0 �������������������������������������������������������� 83 4.1 Was ist Industrie 4.0?�������������������������������������������������������������������������� 83 4.2 Exogene Trends und Ursachen der Digitalisierung���������������������������� 84 4.3 Technologische Treiber von Industrie 4.0������������������������������������������ 86 4.3.1 Blockchain und ‚Smart Contracts‘������������������������������������������ 86 4.3.2 Enterprise 3D Printing������������������������������������������������������������ 87 4.3.3 ‚Ubiquitos Computing‘ und RFID-Technologie�������������������� 87 4.3.4 Internet der Dinge und Dienste (IoTS) und ‚Cloud Computing‘ ���������������������������������������������������������������������������� 88 4.3.5 Big Data und Analytics-Dienste��������������������������������������������� 89 4.3.6 Maschine-zu-Maschine-Kommunikation�������������������������������� 89 4.3.7 Robotics, Automatisierung und selbstfahrende Fahrzeuge ������ 90 4.3.8 Virtual and Augmented Reality (Mensch-Maschine-Interaktion) �������������������������������������������� 90 4.4 Fünf neuartige Paradigmen der Industrie 4.0�������������������������������������� 91 4.4.1 Vertikale und horizontale Integration�������������������������������������� 91 4.4.2 Dezentrale Intelligenz ������������������������������������������������������������ 91 4.4.3 Dezentrale Steuerung�������������������������������������������������������������� 92 4.4.4 Durchgängiges digitales Engineering ������������������������������������ 92 4.4.5 CPPS �������������������������������������������������������������������������������������� 93 4.5 Implikationen für den Einkauf������������������������������������������������������������ 95 4.5.1 Wandel zu prozessorientierten Wertschöpfungsnetzwerken������ 96 4.5.2 Die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios �������������������� 101 4.5.3 Die Digitalisierung des Einkaufs�������������������������������������������� 104 4.5.4 Einfluss der Digitalisierung auf die ermittelten Kompetenz felder �������������������������������������������������������������������������������������� 117 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 121 5 Beschaffungskompetenzen 4.0������������������������������������������������������������������ 127 5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile�������������������������������������� 127 5.1.1 Der digitale Berater und Netzwerkcoach�������������������������������� 130 5.1.2 Der digitale Prozess- und Systemmanager ���������������������������� 149
Inhaltsverzeichnis
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5.1.3 Der digitale Risikomanager und Datenanalyst ���������������������� 160 5.2 Gegenüberstellung von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen������������������������������������������������������������������������������ 169 5.2.1 Vom internen und externen Beziehungsmanager zum digitalen Berater und Netzwerkcoach������������������������������������ 171 5.2.2 Vom Operator zum digitalen Prozess- und Systemmanager ���������������������������������������������������������������������� 173 5.2.3 Vom Informationsmanager zum digitalen Risikomanager und Datenstrategen������������������������������������������������������������������ 174 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 175 6 Fazit: Die neue Rolle des Einkaufs der Zukunft ������������������������������������ 179 Literatur�������������������������������������������������������������������������������������������������������� 186 Anhang���������������������������������������������������������������������������������������������������������������� 187
Abkürzungsverzeichnis
AKEK
aufgaben- und anforderungsanalysebasierte Kompetenzmodellierungsmethode zur Entwicklung ganzheitlicher Kompetenzprofile AKV Aufgaben-Kompetenzen-Verantwortung AR Augmented Reality BME Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. BMWI Bundesministerium für Wirtschaft und Energie BMÖ Bundesverband Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik in Österreich CAD Computer-Aided Design CAM Computer-Aided Manufacturing CPPS Cyber-Physical Production Systems CPS Cyber-Physical System DACUM Developing a Curriculum DGB Deutscher Gewerkschaftsbund DUNS Data Universal Numbering System F und E Forschung und Entwicklung HWZ Hochschule für Wirtschaft in Zürich IAIS Fraunhofer-Institut für intelligente Analyse- und Informationssysteme iCRM Internal Customer Relationship Management ICV Internationaler Controller Verein IMP Innovative Management Partner IoTS Internet of Things and Services Kompetenz-Diagnostik und -Entwicklung KODE® KPI Key Performance Indicators KSAO Knowledge, skills, abilities and other characteristics P2P Purchase-to-Pay RFI Request for Information RFID Radio-Frequency Identification
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RFP RFQ SCM SPS SRM TCO UNSPSC VDI VDMA VNL VR WWF
Abkürzungsverzeichnis
Request for Proposal Request for Quote Supply Chain Management Speicherprogrammierbare Steuerung Supplier Relationship Management Total Cost of Ownership United Nations Standard Products and Services Code Verein Deutscher Ingenieure Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau Verein Netzwerk Logistik Schweiz Virtual Reality World Wildlife Fund
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1.1 Prozessmodell in der Beschaffung – Hilfe zur definitorischen Abgrenzung. ������������������������������������������������������������������������������������ 5 Abb. 2.1 Kompetenzen im Vergleich zu Qualifikationen, Wissen und Fertigkeiten. �������������������������������������������������������������������������������������� 11 Abb. 2.2 Entwicklungsphasen eines Kompetenzprofilingmodells. ������������������ 14 Abb. 2.3 Tätigkeitsanalyse nach der DACUM-Methode. �������������������������������� 18 Abb. 2.4 Die 64 Schlüsselkompetenzen des KODE®-Modells. ������������������������ 19 Abb. 2.5 AKEK-Methode. �������������������������������������������������������������������������������� 24 Abb. 2.6 Übersicht über die zu untersuchenden Tätigkeiten und die zugehörigen Aufgaben. ���������������������������������������������������������������������� 25 Abb. 2.7 Von Aufgaben über Anforderungen zu Kompetenzen. ���������������������� 26 Abb. 2.8 Erweiterung der Kompetenzen mit Soft Skills. �������������������������������� 27 Abb. 3.1 Abb. 3.2 Abb. 3.3 Abb. 3.4 Abb. 3.5 Abb. 3.6 Abb. 3.7 Abb. 3.8 Abb. 3.9
Übersicht über die zu untersuchenden Aufgaben. ������������������������������ 34 Aufgaben der strategischen Beschaffungsmarktforschung. �������������� 35 Aufgaben der strategischen Strukturanalyse und -planung. �������������� 40 Aufgaben bei der Suche und Vorauswahl von Neulieferanten. ���������� 44 Aufgaben, die sich aus Ausschreibungen, Verhandlungen und dem Beziehungsaufbau ergeben. ������������������������������������������������������� 48 Aufgaben der operativen Beschaffungsdisposition. �������������������������� 54 Aufgaben der Kontrolle, des Monitorings und des Risikomanagements. �������������������������������������������������������������������������� 57 Aufgaben der Steuerung, der Förderung und der Beendigung. �������� 60 Zusammenspiel der drei Kompetenzprofile. �������������������������������������� 64
Abb. 4.1 Cyber-physisches Produktionssystem. ���������������������������������������������� 94 Abb. 4.2 Der Mensch als letzte Entscheidungsinstanz. ������������������������������������ 95
XVII
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Abbildungsverzeichnis
Abb. 4.3 Veränderung des Einkaufs durch die Digitalisierung. ������������������������ 96 Abb. 4.4 Vierstufiger Prozess der Kundenorientierung. ���������������������������������� 97 Abb. 4.5 Purchase-to-Pay-Prozess (P2P). �������������������������������������������������������� 105 Abb. 5.1 Zusammenspiel der ‚digitalisierten‘ Rollenprofile in der Beschaffung 4.0. �������������������������������������������������������������������������������� 128
Tabellenverzeichnis
Tab. 2.1 Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse der Kompetenzforschung im angloamerikanischen und deutschsprachigen Raum. ������������������������������������������������������������������ 13 Tab. 3.1 A-1 Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 36 Tab. 3.2 A-2 Auswahl der Datenerhebungsmethode (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 36 Tab. 3.3 A-3 Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 37 Tab. 3.4 A-4 Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 39 Tab. 3.5 B-1 Identifikation der Objekte/Lieferanten und Definition der relevanten Merkmale (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 41 Tab. 3.6 B-2 Bestimmung der Merkmalsausprägungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 42 Tab. 3.7 B-3 Bildung von Gruppen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 42 Tab. 3.8 B-4 Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Umgestaltung der Struktur (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 43 Tab. 3.9 C-1 Bedarfsspezifikation und Make-or-Buy-Entscheidungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 45 Tab. 3.10 C-3 Informationsbeschaffung (RFI) und Bewertung der Anbieter (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 46 Tab. 3.11 C-4 Vorauswahl von Neulieferanten (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 47 Tab. 3.12 D-1 Angebotseinholung und Angebotsvergleich (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 49
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Tabellenverzeichnis
Tab. 3.13 D-2 Verhandlungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 50 Tab. 3.14 D-3 Aufbau der Beziehung (inhaltliche Aspekte von Verhandlungen) (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)�������� 50 Tab. 3.15 D-4 Finalentscheid für die Lieferanteneinbindung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 53 Tab. 3.16 E-1 Auslösen der Bestellung (E-Procurement) und Kontrolle der Auftragsbestätigung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 54 Tab. 3.17 E-2 Terminkontrolle und Terminsicherung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 55 Tab. 3.18 E-3 Wareneingangsprüfung und finanzwirtschaftliche Verbuchung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 56 Tab. 3.19 E-4 Operative Beschaffungslogistik (Warenannahme, Lagerung und Entsorgung) (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 57 Tab. 3.20 F-1 Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������� 58 Tab. 3.21 F-2 Monitoring, Benchmarking und Risikoanalyse (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 59 Tab. 3.22 F-3 Dokumentation und Präsentation (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 59 Tab. 3.23 F-4 Entscheid über Akzeptanz der Abweichung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 60 Tab. 3.24 G-1 Selbststeuerung und Weisung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 61 Tab. 3.25 G-2 Nachverhandlungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 62 Tab. 3.26 G-3 Lieferantenförderung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 63 Tab. 3.27 G-4 Beendigung der Beziehung Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 64 Tab. 3.28 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Informationsmanagers. ���������������������������������������������������������������������� 66 Tab. 3.29 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Informationsmanagers. ���������������������������������������������������������������������� 67 Tab. 3.30 Zentrale KODE®-Schlüsselkompetenzen des Informationsmanagers. ���������������������������������������������������������������������� 69 Tab. 3.31 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Beziehungsmanagers. ������������������������������������������������������������������������ 71 Tab. 3.32 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Beziehungsmanagers. ������������������������������������������������������������������ 72
Tabellenverzeichnis
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Tab. 3.33 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des Beziehungsmanagers. ������������������������������������������������������������������������ 73 Tab. 3.34 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Operators. ������������������������������������������������������������������������������������������ 75 Tab. 3.35 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Operators. ������������������������������������������������������������������������������������ 76 Tab. 3.36 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des Operators. ���������� 77 Tab. 4.1 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der operativen Beschaffungsdisposition (E) �������������������������������������������������������������� 106 Tab. 4.2 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Beschaffungsmarktforschung (A) ������������������������������������������������������ 108 Tab. 4.3 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Strukturanalyse und -planung sowie bei der Entwicklung von Warengruppenstrategien (B) �������������������������������������������������������������� 109 Tab. 4.4 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Bedarfsspezifikation und bei Make-or-Buy-Entscheidungen (C1)������ 110 Tab. 4.5 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Lieferantensuche und -bewertung inkl. bei Ausschreibungen (C2–D1)�������������������������� 112 Tab. 4.6 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in Verhandlungen, beim Beziehungsaufbau und bei Innovationsprojekten (D2-D4)���������������� 113 Tab. 4.7 Veränderungen der bisherigen Aufgaben der Lieferantenkontrolle, des Monitorings und des Risikomanagements inkl. des Datenschutzes (F)�������������������������������������������������������������������������������� 116 Tab. 4.8 Veränderungen der bisherigen Aufgaben der Lieferantensteuerung und -förderung sowie bei der Beendigung der Beziehung (G) ���������� 118 Tab. 5.1 Kurzbeschreibung der erhobenen Kompetenzprofile. ������������������������ 130 Tab. 5.2 Interne Vernetzung und Netzwerkplanung (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 132 Tab. 5.3 ‚Innovation Scouting‘ und digitale Lieferantensuche, -bewertung und -auswahl (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ���������������� 133 Tab. 5.4 (Digitale) Verhandlungen (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 135 Tab. 5.5 Beziehungsaufbau und Vertragsmanagement (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������������������������� 136 Tab. 5.6 Gestaltung der Beziehungen: Kontrolle, Förderung und Steuerung (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������� 140 Tab. 5.7 Steuerung von Innovationsprojekten (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 142 Tab. 5.8 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs. ������������������������������������ 145 Tab. 5.9 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs. ���������������������������������������������������������� 148
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Tab. 5.10 Digitale Prozessmodellierung und Anbindung der IT-Systeme (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������� 151 Tab. 5.11 Digitale Prozessanalyse und stetige Überprüfung der Service- und Produktqualität (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)�������������� 152 Tab. 5.12 Digitales Prozess(re)design und Realisierung von Prozessverbesserungen (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ������������������������������������������������������������������������������������ 154 Tab. 5.13 Beratung in Bezug auf Prozesse, Systeme und Qualität (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)���������������������������������������� 155 Tab. 5.14 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Prozess- und Systemmanagers. ������������������������������������ 157 Tab. 5.15 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Prozess- und Systemmanagers. ���������������������������������������������������������� 159 Tab. 5.16 Identifikation, Beurteilung und Analyse potenzieller Risiken sowie die Entwicklung von Reaktionsplänen ������������������������������������ 162 Tab. 5.17 Monitoring sowie Echtzeit-Konfiguration und Koordination der Supply Chain (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) ���������������� 164 Tab. 5.18 Einleitung und Kontrolle nachhaltiger Risikominderungsmaßnahmen sowie die Generierung eines Risikobewusstseins (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)�������� 165 Tab. 5.19 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen. ���������������������������������� 166 Tab. 5.20 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen. ������������������������������������������������ 168
1 Einleitung: Auf dem Weg zu neuen
Mitarbeiter-Kompetenzen im Einkauf
„Die vierte industrielle Revolution bietet dem Einkauf die einmalige Chance, der Forderung nach seiner strategischen Rolle gerecht zu werden.“ (Pellengahr et al. 2016, S. 10). Lange Zeit wurden die Möglichkeiten der Beschaffung sowohl in Theorie als auch Praxis vernachlässigt und viel Potenzial blieb ungenutzt (Corsten und Gabriel 2002, S. 35). Im neuen Zeitalter der Digitalisierung muss ein Umdenken stattfinden, um den immer schnelleren marktseitigen und technologischen Veränderungen gerecht zu werden. Die Beschaffung wird ganzheitlich integrierte Supply Chains in Echtzeit steuern. In ihrer Rolle als agiler Innovationsführerin wird sie zum Katalysator innovativer Initiativen, indem sie die unternehmensinternen Fähigkeiten mit externem Wissen von Lieferanten und anderen Supply-Chain-Partnern vernetzt (Schreiber et al. 2016, S. 1). Die Digitalisierung wird den Einkauf radikal verändern und ganz neue Anforderungen an ihn stellen, was nach der Entwicklung spezifischer Kompetenzen verlangt.
1.1 Ausgangslage Das strategische Beschaffungsmanagement gewann in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung. Durch die Fokussierung auf die unternehmenseigenen Kernkompetenzen und im Zuge des dadurch entstandenen Outsourcing-Trends nahm das Einkaufsvolumen stetig zu, wodurch es heutzutage teilweise über die Hälfte des Umsatzes beansprucht (Large 2013, S. 3–4). Dadurch erfuhr die Beschaffung eine strategische Aufwertung in den Unternehmen (Drebinger 2000). Der operative Fokus der Beschaffung – die Minimierung der Kosten – wurde ausgeweitet und es kamen neue strategische sowie taktische Aufgaben hinzu. Vor allem die Identifikation leistungsstarker Lieferanten sowie die geeignete Integration derselben in die eigenen Prozesse wurden im Einkauf neue Schwerpunkte. Dennoch wird die Beschaffung auch heute noch oftmals als kostendrückende Unterstützungsfunktion im
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7_1
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1 Einleitung: Auf dem Weg zu neuen Mitarbeiter-Kompetenzen im Einkauf
Unternehmen betrachtet und kaum in strategische Prozesse, wie die Produktentwicklungen, involviert. Dies ist vor allem auf den funktionalen Organisationsaufbau, die Arbeitsteilung sowie rivalisierende Funktionsoptimierungen zurückzuführen (Drebinger 2000). Durch die Automatisierung operativer Tätigkeiten werden Ressourcen für strategische Beschaffungsaufgaben freigelegt. Diese Ressourcen können genutzt werden, um den beschaffungsspezifischen Wertbeitrag in der gesamten Wertschöpfung zu steigern (Welge 2016, S. 60). Seine Schnittstellenfunktion zu den Lieferanten ermöglicht es dem Beschaffungsmanager, zukünftig Innovationen in das eigene Unternehmen hineinzubringen. Er kann sich neu positionieren und seine strategische Relevanz steigern, indem er sich aktiv mit der digitalen Transformation beschäftigt und die nötigen Kompetenzen für die Bewältigung dieser disruptiven Veränderung entwickelt (Pellengahr et al. 2016, S. 10). Die externe und interne Vernetzung, die Echtzeitkommunikation sowie die Nutzung von intelligenten Systemen setzen enorme Potenziale frei, die die Beschaffung revolutionieren können. Denn im effizienten und effektiven Beschaffungsmanagement zeigen sich große Potenziale, die zu wesentlichen Wettbewerbsvorteilen sowie zu einer Wertsteigerung des gesamten Unternehmens führen können (Arnold 1997, S. 15). Um diese Potenziale zu erschließen, sind jedoch kompetente und fähige Beschaffungsmanager notwendig.1 Doch wie können diese Kompetenzen ermittelt werden? Wie wird sich die Digitalisierung auf die Beschaffungsfunktion und ihre Aufgaben auswirken? Wie werden sich die heutigen Kompetenzanforderungen in der Beschaffung durch die digitale Transformation verändern? Welche Kompetenzlücken werden entstehen und welcher Handlungsbedarf wird sich daraus ergeben? Dies sind die zentralen Fragen, die diesem Buch zugrunde liegen und im weiteren Verlauf ausgiebig diskutiert werden.
1.2 Zielsetzung und Problemstellung Ziel dieses Buches ist es, herauszufinden, auf welche Weise die Digitalisierung die Rolle des Beschaffungsmanagers im Unternehmen sowie die dafür benötigten Kompetenzen verändern wird. Ausgehend von den aktuellen Beschaffungsaufgaben wird das Buch entsprechende Veränderungen untersuchen. Diese Erkenntnisse dienen als Basis, um künftige Anforderungen und Kompetenzen ableiten zu können. Folgende Forschungsfrage ist Kern der weiteren Untersuchung: Auf welche Weise werden sich die heutigen Aufgaben, Anforderungen sowie Kompetenzen in der Beschaffung mit der digitalen Transformation verändern?
1 In diesem Buch wird nur aus Gründen der Einfachheit auf die weibliche Form von Personenbezeichnungen verzichtet. Die folgenden männlichen Bezeichnungen schließen alle weiblichen Personen mit ein.
1.3 Vorgehensweise und Methodik
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Dies bedeutet, dass diese Arbeit die aktuellen Aufgaben von Beschaffungsmanagern untersucht und daraus methodisch die notwendigen Kompetenzen ableitet. Darauf basierend soll herausgearbeitet werden, wie sich diese Kompetenzen unter Berücksichtigung der Digitalisierungstrends verändern werden. Ziel ist es, eine Wissensgrundlage über allfällige Kompetenzlücken zu schaffen, auf deren Basis Lehrinstitutionen und/oder weitere Forschungsarbeiten langfristige Maßnahmenpläne zur Stärkung der Beschaffungsfunktion 4.0 entwickeln können. Die folgende These wird im Rahmen dieser Arbeit diskutiert: Da die Digitalisierung die gesamte Wertschöpfung sowohl im eigenen Unternehmen als auch jene, die in Zusammenarbeit mit den Supply-Chain-Partnern erfolgt, revolutionieren wird, steht die Beschaffungsfunktion unter starkem Veränderungsdruck. Sie wird aufgrund ihrer Schnittstellenfunktion in Zukunft als Innovationsmotor einen wesentlich höheren Wertbeitrag leisten. Um diesem neuen Anspruch gerecht zu werden, ist es essenziell, ausgehend von den jetzigen Anforderungen und unter Berücksichtigung der Trendanalyse Kompetenzen abzuleiten, die künftig benötigt werden. Durch den Vergleich mit den aktuellen Kompetenzanforderungen lässt sich ein klarer Handlungsbedarf aufzeigen, der als Grundlage für die Entwicklung nachhaltiger Maßnahmen zur Stärkung der Beschaffungsfunktion im Rahmen der Digitalisierung genutzt werden kann.
1.3 Vorgehensweise und Methodik Damit die definierte Problemstellung konzeptualisiert und die gesetzten Ziele erreicht werden können, wird zunächst ein Modell entwickelt, das es erlaubt, anhand von Aufgaben Anforderungen und Kompetenzen abzuleiten. Ausgehend von der Definition und nach Abgrenzung der Begrifflichkeiten werden die zentralen Erkenntnisse aus der Mitarbeiterkompetenzforschung skizziert. Dabei steht der Diskurs zwischen dem deutschsprachigen und dem angloamerikanischen Kompetenzbegriff im Fokus. Da dieses Buch das Ziel verfolgt, möglichst umfassende Kompetenzbilder in der Beschaffung zu erstellen, wird die Vorgehensweise von Sonntag und Schmidt-Rathjens als Orientierungsrahmen gewählt (2007, S. 20). Dieses Modell kombiniert den im deutschen Sprachraum verbreiteten Kompetenzmodellierungsansatz mit der Aufgaben- und Anforderungsanalyse, die vornehmlich in den USA und Großbritannien genutzt wird. Diese Vorgehensweise wird im Rahmen dieses Buches durch die DACUM-Aufgabenanalyse und den KODE®-Kompetenzatlas ergänzt (vgl. u. a. Norton 1997, 2000; Norton und Moser 2016; Tippelt und Edelmann 2007; Heyse und Erpenbeck 2007). Dadurch lassen sich sowohl fachliche als auch überfachliche Kompetenzen (Soft Skills) ableiten. Nachdem die eigene Methodik zur Kompetenzmessung entwickelt wurde, werden die aktuellen Aufgaben der Beschaffung untersucht. Dazu werden vorerst die bedeutendsten Aufgaben und Anforderungen in der Beschaffung anhand ausgewählter Fachliteratur beschrieben, um in einem zweiten Schritt mithilfe der DACUM-Aufgabenanalyse Fach- und Methodenkompetenzen abzuleiten (Koch und Westhoff 2012, S. 12–14).
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1 Einleitung: Auf dem Weg zu neuen Mitarbeiter-Kompetenzen im Einkauf
Die Ergebnisse werden anschließend mit dem KODE®-Kompetenzatlas abgeglichen und durch weiche Kompetenzen ergänzt. Schlussendlich werden die Resultate anhand des Spezialisierungskonzepts zu Kompetenzprofilen gruppiert und mit aktuellen Studien verglichen, um die Profile zu validieren (Drumm 2008, S. 217–218). Im dritten Teil dieser Arbeit wird untersucht, auf welche Weise sich diese Kompetenzprofile im Zuge der Digitalisierung verändern werden. Dazu werden die wesentlichen Trends beschrieben, um anschließend auf die Veränderungen im Aufgabenbereich des Einkaufs 4.0 schließen zu können. Anhand diverser Trendstudien wird erläutert, wie sich die Beschaffungsfunktion verändern wird und welche Einflüsse dies auf die zuvor definierten Kompetenzprofile hat. In einem letzten Schritt wird schließlich versucht, neue digitale Kompetenzbilder zu definieren, die daraufhin mit den vorherrschenden Kompetenzbildern verglichen werden. Dadurch wird ermittelt, wie sich die Rolle des Einkäufers infolge der Digitalisierung wandeln wird und welche Kompetenzen künftig benötigt werden, um die Potenziale der Beschaffung 4.0 zu erschließen. Dies ist essenziell, um die beschaffungsspezifischen Kompetenzlücken, die die digitale Transformation mit sich bringt, erfassen und einen konkreten Handlungsbedarf aufzeigen zu können. In allen drei Kapiteln bilden Literaturrecherchen die Basis der Wissensermittlung. Dabei wird auf arbeitspsychologische sowie beschaffungsspezifische Fachliteratur, Papers und Vorlesungen zurückgegriffen. Das letzte Kapitel basiert vor allem auf Trend- und Zukunftsstudien von Unternehmensberatungen, Universitäten sowie Expertengruppen.
1.4 Relevanz dieses Buches Im verarbeitenden Gewerbe wurde im Jahre 2011 ein Bruttoproduktionswert von 1864 Mrd. Euro erzielt, wobei das Einkaufsvolumen einem Wert von 1204 Mrd. Euro entsprach. Der prozentuale Kostenanteil beschaffter Güter nahm in den letzten Jahren aufgrund des Outsourcing-Trends sogar noch weiter zu und erreichte bei der Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteilen im Jahr 2015 70,2 Prozent (Bundesamt für Statistik 2017, S. 317). Diese Zahlen zeigen den enormen Einfluss der Beschaffungsfunktion auf die Unternehmenskosten sowie deren strategische Bedeutung für den Unternehmenserfolg auf (Large 2013, S. 4–5). Angesichts der kommenden digitalen Revolution reicht es aber nicht mehr aus, lediglich Kosten zu reduzieren. Der Einkauf muss seine reaktive Haltung aufgeben und das Unternehmen sowie die gesamte Supply Chain proaktiv mitgestalten (Drebinger 2000). Laut der gemeinsamen Studie des Fachverbands für Einkauf und Supply Management ‚Procure.ch‘, des Innovationsnetzwerks ‚Verein Netzwerk Logistik Schweiz‘ (VNL) und der ‚INNOVATIVEN MANAGEMENT PARTNER‘ (IMP) schätzen über 80 Prozent der befragten Schweizer Einkäufer die aktuellsten Entwicklungen der Digitalisierung als relevant bis sehr relevant ein. Gleichzeitig sind entsprechende Kompetenzen jedoch nur begrenzt vorhanden. Vier von fünf dieser Unternehmen beurteilen ihren Kenntnisstand in Bezug auf das Thema Digitalisie-
1.5 Einordnung des Forschungsgebiets und begriffliche Abgrenzung
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rung sowie Industrie 4.0 als gering bis ungenügend (Ruile und Vollrath 2015, S. 8). Dies zeigt, dass hinsichtlich des Einkaufs 4.0 ein klarer Handlungsbedarf besteht. Es erweist sich somit als sehr relevant, die zukünftig benötigten Kompetenzen im Bereich der Beschaffung zu eruieren und entsprechende Kompetenzlücken aufzuzeigen.
1.5 E inordnung des Forschungsgebiets und begriffliche Abgrenzung Die Beschaffung versorgt die Funktionsbereiche mit Gütern und Dienstleistungen, die diese benötigen, um ihre Rolle im Unternehmen zu erfüllen (Large 2013, S. 3–4). Dies umfasst laut Arnold (1997, S. 3) „sämtliche unternehmens- und/oder marktbezogenen Tätigkeiten, die darauf gerichtet sind, einem Unternehmen die benötigten, aber nicht selbst hergestellten Objekte verfügbar zu machen“. Die Beschaffung zählt neben der Produktion und dem Vertrieb zu den betriebswirtschaftlichen Kernfunktionen. Sie ist die Schnittstellen zu den Lieferanten sowie zu den internen Bedarfsträgern. Demzufolge kümmert sich die Beschaffung um die Eignung eines Gutes (Transformation),2 um die rechtliche Verfügbarkeit (Transaktionen)3 sowie um die faktische Verfügbarkeit (räumlicher und zeitlicher Transfer)4 der beschafften Güter (Hofmann 2016, LE1, S. 6–7, 18; LE2, S. 9). Um die gängigen Begrifflichkeiten, wie Sourcing, Procurement, Supply Chain Management etc., voneinander abzugrenzen und zu definieren, erweist es sich als zielführend, ein Prozessmodell zu betrachten (vgl. Abb. 1.1). Beim Supply Chain Management (SCM) geht es um die Koordination unternehmensübergreifender Material-, Informations- und Finanzflüsse in ganzheitliSupply Chain Management Beschaffung (Procurement)
Tier n-Kunden
Tier n-Lieferanten
Strategische Beschaffung (Sourcing)
Tier 1 Lieferant
Bedarfsspezifikation
Lieferantenauswahl
Einkauf (Purchasing)
Vertragsabschluss
Bestellung auslösen
Bestellüberwachung
Abwicklung /Evaluation
interner Kunde
Beschaffungslogistik Value Chain Management (Wertschöpfungskettenmanagement)
Abb. 1.1 Prozessmodell in der Beschaffung – Hilfe zur definitorischen Abgrenzung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an van Weele und Essig 2017, S. 22)
Zum Beispiel: Bedarfsspezifikation, Lieferantensuche. Zum Beispiel: Ausschreibungen, Angebotseinholung, Preisverhandlungen, Verträge. 4 Zum Beispiel: materialwirtschaftliche Tätigkeiten, Beschaffungslogistik. 2 3
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1 Einleitung: Auf dem Weg zu neuen Mitarbeiter-Kompetenzen im Einkauf
chen Unternehmensnetzwerken von Tier-n-Lieferanten bis zum Endkunden (van Weele und Essig 2017, S. 21–22). Der Begriff Value Chain Management wird oftmals synonym zu SCM gebraucht. Im Gegensatz zu diesem orientiert sich dasWertschöpfungskettenmanagement jedoch stärker am Kunden und versucht, das Nutzenversprechen resp. die Attraktivität des Produktes zu optimieren (van Weele und Essig 2017, S. 25). Die Beschaffung (Procurement) lässt sich in drei Teilbereiche aufteilen: die strategische Beschaffung (Sourcing), den Einkauf (Purchasing) und die Beschaffungslogistik. Während sich der Einkauf auf die operativen Aufgaben, d. h. auf die Abwicklung der Bestellungen, konzentriert, kümmert sich die strategische Beschaffung um Tätigkeiten mit strategischem und taktischem Charakter. Über Rahmenverträge schafft sie die Voraussetzungen für die operative Abwicklung (Large 2013, S. 22–23). Im weiteren Verlauf dieser Arbeit werden die Begriffe ‚Beschaffung‘ und ‚Einkauf‘ trotz ihrer Unterschiede aus Gründen der Einfachheit als Synonyme verwendet. Die Beschaffungslogistik überwacht die physische Verfügbarkeit der eingekauften Güter (beispielsweise den Transport, den Wareneingang, die Lagerung oder das Recycling) (van Weele und Essig 2017, S. 23–24). Aufgrund der vielfältigen Aufgaben der Beschaffungsfunktion und des beschränkten Umfangs dieser Arbeit ist eine Eingrenzung des Untersuchungsgebiets notwendig. Da das Ziel dieser Arbeit darin besteht, die Veränderungen der Beschaffungsfunktion und vor allem der Kompetenzen von Beschaffungsmanagern im Zuge der Digitalisierung zu untersuchen, wird vom zentralen Beschaffungsprozess ausgegangen. Der Fokus liegt somit auf der Erfassung beschaffungsspezifischer Aufgaben, mit denen sich strategische und operative Einkäufer im täglichen Arbeitsleben regelmäßig befassen. Gemäß der Einschätzung des Autors bildet die Untersuchung des zentralen Beschaffungsprozesses ein in sich schlüssiges Konzept und eine solide Grundlage für die weiteren Analysen, die dem Rahmen dieser Arbeit entsprechen. Einmalige, sich nicht ständig wiederholende Tätigkeiten (wie beispielsweise die Konzeption der Aufbau- und Ablaufstruktur, die Erfolgsmessung in der Beschaffung oder das Führen spezifischer Projekte) werden deshalb nicht analysiert. Ferner muss auf die Analyse von strategischen Prozessen, die sehr ähnlich in anderen Funktionsbereichen ablaufen (wie beispielsweise in der Ziel- und Strategiefindung), verzichtet werden. Hier könnten weitere Analysen ansetzen, um die Ergebnisse dieser Arbeit zu erweitern und die Kompetenzbilder von Beschaffungsmanagern abzurunden.
Literatur Arnold, U. (1997). Beschaffungsmanagement. Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Bundesamt für Statistik. (2017). Kostenstruktur der Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes sowie des Bergbaus und der Gewinnung von Steinen und Erde 2015. Fachserie 4. Reihe 4.3.
Literatur
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Corsten, D., & Gabriel, C. (2002). Supply Chain Management erfolgreich umsetzen. Grundlagen, Realisierung und Fallstudien. Berlin/Heidelberg: Springer. Drebinger, T. (2000). Zusammenarbeit Einkauf und Entwicklung. Zukunftsweisende Impulse durch neue Medien.https://beschaffung-aktuell.industrie.de/allgemein/zukunftsweisende-impulsedurch-neue-medien/. Zugegriffen am 01.02.2018. Drumm, H. J. (2008). Personalwirtschaft (6., überarb. Aufl.). Berlin/Heidelberg: Springer. Heyse, V., & Erpenbeck, J. (2007). Kompetenzmanagement. Methoden, Vorgehen, KODE® und KODE®X im Praxistest. Münster: Waxmann. Hofmann, E. (2016). Strategisches Beschaffungsmanagement (Vorlesungsunterlagen). Universität St.Gallen. Koch, A., & Westhoff, K. (2012). Task-Analysis-Tools (TAToo) – Schritt für Schritt Unterstützung zur erfolgreichen Anforderungsanalyse. Lengerich: Papst Science Publishers. Large, R. O. (2013). Strategisches Beschaffungsmanagement. Eine praxisorientierte Einführung mit Fallstudien (5., vollst. überarb. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler. Norton, R. E. (1997). DACUM handbook. Columbus: The Ohio State University. Norton, R. E. (2000). DACUM: Curriculum for the high performance workplace. In G. Kohn, J. Rützel, H.-G. Schröter & S. Ziehm (Hrsg.), Compatibility of vocational qualification systems (S. 180–193). Berlin: Overall. Norton, R. E., & Moser, J. R. (2016). Conceptual DACUMs: They really work. Columbus: The Ohio state University. Pellengahr, K., Schulte, A. T., Richard, J., & Berg, M. (2016). Einkauf 4.0 Digitalisierung des Einkaufs. https://www.bme.de/fileadmin/_horusdam/4190-Vorstudie_Einkauf_40.pdf. Zugegriffen am 03.01.2018. Ruile, H., & Vollrath, C. (2015). Industrie 4.0 verändert den Einkauf. Eine evolutionäre Betrachtung für den Einkauf der Zukunft. http://www.impconsulting.com/neu/edi-tor/upload/file/ Industrie%204_0%20und%20Einkauf%20der%20Zukunft_Ergebnisse.pdf. Zugegriffen am 03.01.2018. Schmidt-Rathjens, C. (2007). Anforderungsanalyse und Kompetenzmodellierung. In H. Schuler & K. Sonntag (Hrsg.), Handbuch der Arbeits- und Organisationspsychologie (6. Aufl., S. 592–601). Göttingen: Hogrefe. Schreiber, B., Janssen, R., Weaver, S., & Peintner, S. (2016). Procurement 4.0 in the digital world. Transforming procurement into an agile, linked innovation leader and catalyst. http://www. adlittle.com/en/insights/viewpoints/procurement-40-digital-world. Zugegriffen am 31.12.2017. Tippelt, R., & Edelmann, D. (2007). DACUM (Developing a Curriculum). In J. Erpenbeck & L. von Rosenstiel (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis (2., überarb. u. erw. Aufl., S. 737–757). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. van Weele, A. J., & Essig, M. (2017). Strategische Beschaffung. Grundlagen, Planung und Umsetzung eines integrierten Supply Management. Wiesbaden: Springer Gabler. Welge, F. (2016). Procurement 4.0. Von der Lieferkette zum selbststeuernden Wertschöpfungsprozess. IM+io. Das Magazin für Innovation, Organisation und Management, 3.
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
Das Kompetenzmanagement und die Anforderungsanalyse haben in Unternehmen in den letzten Jahren stark an Bedeutung gewonnen. Firmen, die Kompetenzen und Anforderungen aktiv managen und vorantreiben, sind wirtschaftlich erfolgreicher. Sie verfügen über schlankere Strukturen und Prozesse, sind effizienter und zeichnen sich durch stabilere Gewinne sowie bessere Expansionschancen aus (Siddique 2004, S. 238–239). Ausgehend vom Kongruenz- oder AKV-Prinzip müssen die von einer Position zu erfüllenden Aufgaben mit den vorzuweisenden Kompetenzen und den zu übernehmenden Verantwortlichkeiten übereinstimmen. Folglich kann eine Rolle im Unternehmen nur dann zielführend übernommen und produktiv erfüllt werden, wenn diese drei Elemente im Gleichgewicht stehen (Thommen et al. 2016, S. 437–438). Dies bedeutet, dass Mitarbeitende gewisse Kompetenzen benötigen oder entwickeln müssen, um die ihnen zugeordneten Verantwortungen und Aufgaben erfüllen zu können. Um im späteren Verlauf dieser Arbeit eine Einschätzung der benötigten Kompetenzen eines Beschaffungsmanagers und deren Veränderungen im Zeitalter der Digitalisierung vornehmen zu können, wird in diesem Kapitel methodisch eruiert, auf welche Weise die notwendigen Kompetenzen auf Basis von Aufgaben und Verantwortlichkeiten abgeleitet werden können. In den folgenden Kapiteln werden vorerst Kompetenzen definiert, wobei der Diskurs zwischen dem englisch- und dem deutschsprachigen Raum im Zentrum steht. Anschließend wird erklärt, wie diese Kompetenzen gemessen werden können, wobei die Unterscheidung zwischen Anforderungsanalyse und Kompetenzmodellierung diskutiert wird. Anhand der strukturierten Vorgehensweise von Sonntag und Schmidt-Rathjens (2004, S. 20) wird schließlich ein eigenes Kompetenzprofilingmodell1 auf Basis einer Literaturrecherche unter Einbezug von Fachliteratur, Best-Practice-Ansätzen sowie Zukunftsstudien erstellt.
1 Unter dem Begriff ‚Kompetenzprofilingmodell‘ wird die systematische Ableitung von Kompetenzprofilen aus Aufgaben und Anforderungen eines Tätigkeitsfelds verstanden (vgl. dazu Sonntag und Schmidt-Rathjens 2004).
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7_2
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2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
2.1 B egriffliche Unterscheidung zwischen der englischen und deutschen Kompetenzdefinition McClelland behauptete erstmals im Jahre 1973, dass klassische Intelligenztests kaum vorhersagen können, ob Aufgaben in einer spezifischen Position bewältigt werden können. Dies führte zu einem Paradigmenwechsel in der Kompetenzforschung. Sollen notwendige Kompetenzen für einen gewissen Beruf bestimmt werden, ist es gemäß McClelland (1973) essenziell, eine tätigkeits- und verhaltens bezogene Analyse durchzuführen. Die sogenannten ‚Task-Analysis‘ oder Arbeitsanalysen sind Methoden zur Erfassung von Anforderungen und Kompetenzen, die auf der Untersuchung von Aufgaben innerhalb eines Tätigkeitsfelds basieren. Sie sind bis heute noch sehr verbreitet und zentral in der englischen Kompetenzforschung (Schmidt-Rathjens 2007, S. 595; Sonntag 2006, S. 208–209). McClelland (1973) hat mit seiner Studie den Kompetenzbegriff im englischsprachigen Raum weitgehend geprägt. Dieser Kompetenzbegriff steht heute aufgrund des starken Bezugs zur Aufgabenanalyse für „eng definierte, praktische Kenntnisse, Fertigkeiten und Verhaltensweisen“ (Edelmann und Tippelt 2007; Grote et al. 2012, S. 23), die sich strikt auf den Arbeitsplatz beziehen. Im angloamerikanischen2 Raum orientiert sich die Definition des Begriffs ‚Kompetenzen‘ deshalb an individuellen Leistungsdispositionen, dem sogenannten KSAO-Modell („knowledge, skills, abi lities and other characteristics“) (Schmidt-Rathjens 2007, S. 593). Diese sind größtenteils als Fach- und Methodenkompetenzen zu verstehen. Im Gegensatz dazu steht das deutsche Kompetenzverständnis, das sich vor allem auf die Fähigkeit der Selbstorganisation bezieht. Unter Kompetenzen werden jene Fähigkeiten verstanden, die notwendig sind, um selbstorganisiert bestimmte Aufgaben oder Anforderungen zu bewältigen. Dies betrifft etwa die Fähigkeit, eine Tätigkeit kreativ und selbstständig durchzuführen, also handlungsfähig zu sein (Erpenbeck et al. 2017, S. XII). Dabei lassen sich diese Fähigkeiten laut Erpenbeck et al. (2017) in eine „fachlich-methodische (kognitive), […] motivationale, personale (ethische), willensmäßige (aktivitätsbezogene) und sozialkommunikative“ (Erpenbeck et al. 2017, S. XIII) Komponente unterteilen. Wie Abb. 2.1 entnommen werden kann, beinhalten Kompetenzen sowohl Qualifikationen als auch Wissen und Fertigkeiten, lassen sich aber nicht auf diese reduzieren. Qualifikationen, Wissen und Fertigkeiten werden dennoch als unverzichtbare Bestandteile von Kompetenzen verstanden (Erpenbeck et al. 2017, S. XVIII). Um ein klares, gemeinsames Verständnis für die verschiedenen Begrifflichkeiten zu schaffen, werden nachfolgend die bedeutendsten Elemente aufgegriffen und erläutert. Wissen (Knowledge): Wissen umfasst Fakten, Informationen und Kenntnisse, die aufgrund von Erfahrung oder Bildung erworben wurden und sich sowohl auf das
2 Die Begriffe angloamerikanischer und englischsprachiger Sprachraum werden synonym verwendet.
2.1 Begriffliche Unterscheidung zwischen der englischen und deutschen … Abb. 2.1 Kompetenzen im Vergleich zu Qualifikationen, Wissen und Fertigkeiten. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an: Erpenbeck et al. 2017, S. XVII)
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Kompetenzen Regeln Wissen i.e.S. Fertigkeiten
Werte
Qualifikationen
Normen
theoretische als auch auf das praktische Verständnis eines Themas beziehen (Oxford Dictionary o. J.). Fähigkeiten (Abilities): Fähigkeiten werden von den Anlagevoraussetzungen und den genetischen Grundfähigkeiten eines Menschen beeinflusst. Sie können durch Lernen oder Sozialisation erworben werden und umfassen „physische und psychische Voraussetzungen eines Menschen, die es ihm ermöglichen, körperliche und geistige Leistungen zu erbringen“ (DGB o. J., S. 2). Fähigkeiten sind somit Voraussetzungen für den Erwerb von Fertigkeiten. Laut Erpenbeck und von Rosenstiel (2007, S. XXXVI) sind Fähigkeiten nicht immer gleichbedeutend mit Kompetenzen, während Kompetenzen ihrerseits stets auch als Fähigkeiten bezeichnet werden können. Fertigkeiten (Skills): Fertigkeiten beziehen sich auf sensomotorische Handlungsmöglichkeiten. Sie sind handlungszentriert und betreffen das konkrete ‚Können‘ (Erpenbeck und von Rosenstiel 2007, S. XXXV), also alle Fähigkeiten, die durch Training mechanisiert sowie unbewusst durchgeführt werden. Dies umfasst beispielsweise Lesen, Rechnen und Schreiben (DGB o. J., S. 2). Fertigkeiten werden gemäß Duden als „bei der Ausführung bestimmter Tätigkeiten erworbene Geschicklichkeit; Routine, Technik“ (Duden o. J.) definiert. Qualifikationen: Qualifikationen werden als ein Zusammenspiel von Wissen, Fertigkeiten und Fähigkeiten beschrieben, die für die Ausführung eines Berufs notwendig sind (Erpenbeck und von Rosenstiel 2007, S. XXXV). Sie bestimmen also die notwendigen Voraussetzungen für die erfolgreiche Erwerbstätigkeit (DGB o. J., S. 2). Kompetenzen: Der Begriff ‚Kompetenzen‘ umfasst im deutschsprachigen Raum einen weiteren Bereich als im englischsprachigen Raum und kann gemäß
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2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
Erpenbeck und von Rosenstiel (2003, S. 365–366) folgendermaßen umschrieben werden: „Kompetenzen können Erfahrungen, Fähigkeiten, Willenskomponenten, Wissen und Werte beinhalten – aber sie lassen sich nicht darauf reduzieren […]. Kompetenzen werden von Wissen fundiert, durch Werte konstituiert, als Fähigkeiten disponiert, durch Erfahrungen konsolidiert, aufgrund von Willen realisiert.“ (Erpenbeck und von Rosenstiel 2003, S. 365–366 zit. n. Heyse 2017, S. 246)
Dies bedeutet, dass eine qualifizierte Person auch imstande sein muss, ihr Wissen und ihre Fähigkeiten umzusetzen, um im Beruf sinnvoll zu handeln. Kompetenzen verfolgen somit einen ganzheitlichen Ansatz, umfassen also die ganze Person und erfüllen nicht wie Qualifikationen einen vorgegebenen, fremdorganisierten Zweck, sondern beziehen auch Selbstorganisationsfähigkeiten mit ein. Kompetenzen sind somit im Gegensatz zu Qualifikationen subjektbezogen und nicht objektbezogen (Arnold 2000, S. 269). Es werden nicht nur tätigkeitsbezogene, sondern auch tätigkeitsübergreifende Kompetenzen miteinbezogen (Schuler 2014a, S. 63 und 64). Gemäß Bunk (1994, S. 10) umfasst die berufliche Kompetenz nicht nur erforderliche Kenntnisse, Fertigkeiten und Fähigkeiten, sondern auch die Selbstständigkeit und Flexibilität im Lösen von Aufgaben. Ferner stellt er fest, dass ein dispositives Mitwirken im Berufsumfeld sowie in der Organisation essenziell ist. Dieses Verständnis über die Selbstorganisationsfähigkeit erweitert die eher tätigkeitsbezogene Sichtweise, die im englischen Sprachraum vorherrscht und bei der Fach- und Methodenkompetenzen im Zentrum stehen, um Handlungs-, Sozial- und Selbstkompetenzen (Kauffeld 2006). Heyse und Erpenbeck (2007) definiert in diesem Zusammenhang folgende Kompetenzen: • Personale Kompetenzen: Fähigkeiten, selbstkritische und produktive Werthaltungen und Einstellungen zu entwickeln. • Aktivitäts- und Handlungskompetenzen: Fähigkeiten, die eigenen Ideale, das Wissen und die Erfahrungen sozialer Interaktion aktiv umzusetzen. • Fachlich-methodische Kompetenzen: Fähigkeiten, schwierige Probleme mit spezifischen fachlichen sowie methodischen Kenntnissen effektiv zu lösen. • Sozial-kommunikative Kompetenzen: Fähigkeiten, eigenständig mit anderen zu kommunizieren und zu kooperieren sowie sich mit anderen auseinanderzusetzen. Das deutschsprachige Kompetenzverständnis ist viel umfassender, da nicht nur tätigkeitsspezifische Fach- und Methodenkompetenzen (KSAO), sondern auch sogenannte Soft Skills miteinbezogen werden (Lies o. J.). Im Sinne der deutschen Kompetenzforschung hat sich die Kompetenzmodellierung durchgesetzt. Dabei handelt es sich zumeist um unternehmensspezifische Modelle zur Messung und Einschätzung von Kompetenzen, die nicht auf Aufgabenanalysen beruhen, sondern auf qualitativen Methoden, wie z. B. auf Befragungen (Grote et al. 2012, S. 19; Schmidt-Rathjens 2007, S. 595). Die zentralen Erkenntnisse der Kompetenzforschung werden in Tab. 2.1 zusammengefasst. Im nachfolgenden Abschnitt wird nun die systematische Vorgehensweise von Sonntag und Schmidt-Rathjens (2004, S. 20) aufgegriffen, die den Rahmen für die Entwicklung eines eigenen Modells vorgibt.
2.1 Begriffliche Unterscheidung zwischen der englischen und deutschen …
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Tab. 2.1 Zusammenfassung der zentralen Erkenntnisse der Kompetenzforschung im angloame rikanischen und deutschsprachigen Raum. (Quelle: eigene Darstellung) Autoren McClelland (1973)
Kompetenzermittlungsverfahren Arbeits- und Aufgabenanalyse
Fleishman und Reilly (1992) Eckardt und Schuler (1992)
Arbeits- und Aufgabenanalyse
Spencer and Spencer (1993) Mansfield (1996)
Arbeits- und Aufgabenanalyse und Kompetenzmodellierung
Arbeits- und Aufgabenanalyse
Arbeits- und Aufgabenanalyse
Norton (1997)
Arbeits- und Aufgabenanalyse
Heyse und Erpenbeck (1997)
Kompetenzmodellierung
Briscoe and Hall (1999)
Kompetenzmodellierung
Shippmann et al. (2000)
Arbeits- und Aufgabenanalyse und Kompetenzmodellierung
Arnold (2000)
Kompetenzmodellierung
Sonntag und Schmidt- Rathjens (2004)
Arbeits- und Aufgabenanalyse und Kompetenzmodellierung
Erkenntnisse Intelligenztests sind nicht ausreichend, um Aussagen über die künftige Aufgabenbewältigung zu machen. Entwicklung der ersten tätigkeitsanalytischen Ansätze. Definition von Kompetenzen als KSAO-Modell (,Knowledge, Skills, Abilities and other Characteristics‘) Unterscheidung zwischen erfahrungsgeleitet-intuitiver, arbeitsplatzanalytisch-empirischer und personenbezogen-empirischer Methode zur Bestimmung von Anforderungen Entwicklung des ‚Behavioral-Event- Interviews‘ zur Messung von Kompetenzen Differenzierung zwischen dem Single- Job-, dem One-Size-Fits-All- und dem Multiple-Job-Ansatz Entwicklung des DACUM-Ansatzes – eine der bedeutendsten Methoden zur Analyse von Aufgaben und Anforderungen Interpretation von Kompetenzen als Dispositionen, die selbstorganisiertes Handeln ermöglichen. Fokus wird erstmals auf die Selbstorganisation gelegt. Unterscheidung zwischen einer wertebasierten, einer forschungsbasierten und einer strategiebasierten Vorgehensweise zur Konstruktion von Kompetenzmodellen Vergleich von Arbeitsanalysen mit Kompetenzmodellierung. Erläuterung der Vor- und Nachteile der beiden Verfahren. Erkenntnis, dass die Kombination beider Methoden zum besten Ergebnis führt. Detaillierte Unterscheidung zwischen Qualifikationen und Kompetenzen Kombination der angloamerikanischen Aufgabenanalyse mit der Kompetenzmodellierung. Erkenntnis, dass beide Ansätze ein gemeinsames Kompetenzverständnis in der Operationalisierung menschlicher Leistung aufweisen. (Fortsetzung)
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
14 Tab. 2.1 (Fortsetzung) Autoren Kauffeld (2006)
Kompetenzermittlungsverfahren Kompetenzmodellierung
Schuler (2006)
Kompetenzmodellierung
Edelmann und Tippelt (2007) Heyse und Erpenbeck (2007); Heyse (2017)
Arbeits- und Aufgabenanalyse Kompetenzmodellierung
Erkenntnisse Differenzierung der Kompetenzen in Fach-, Methoden-, Sozial- und Selbstkompetenzen. Unterscheidung zwischen tätigkeitsspezifischen und tätigkeitsübergreifenden Anforderungen sowie Befriedigungspotenzialen Entwicklung des ‚Competency-Based- Training‘ auf Basis der DACUM-Analyse Entwicklung des KODE®Kompetenzatlas, bestehend aus 64 Schlüsselkompetenzen
2.2 K ompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise Sonntag und Schmidt-Rathjens (2004, S. 20) entwickelten eine systematische Vorgehensweise, die die angloamerikanische Aufgabenanalyse und die Kompetenzmodellierungsmethode, wie sie im deutschsprachigen Raum verbreitet ist, zusammenführt. Diese Kombination ermöglicht es, den vollen Nutzen beider Methoden auszuschöpfen. Das Erstellen von Kompetenzprofilen lässt sich als zentraler Prozess begreifen, der im Folgenden dargestellt und diskutiert wird (Schmidt-Rathjens 2007, S. 596–599). Wie in Abb. 2.2 ersichtlich, wird in Phase 1, der ‚Exploration‘, zunächst die Logik des Kompetenzmodells bestimmt. In einem zweiten Schritt werden Aufgaben und Anforderungen analysiert. Diese werden anschließend zu relevanten Kompetenzen verdichtet (Kompetenzmodellierung) und letztlich zu Kompetenzprofilen subsumiert (Sonntag 2006, S. 212). Das Gruppieren von Kompetenzen zu Profilen ist essenziell, um künftige Variationen in den Arbeitsverläufen den richtigen Personenprofilen zuordnen zu können und so die Bewältigung der Veränderung effizienter zu managen (Drumm 2008, S. 215). Die erstellten Kompetenzprofile können schließlich für die effektive Mitarbeiterauswahl und deren Förderung verwendet werden (Sonntag 2006, S. 212). Diese Vorgehensweise entspricht den Ansprüchen dieses Buches und dient daher als Grundlage für die Entwicklung eines eigenen Modells. Dazu werden für jeden Prozessschritt die verschiedenen Herangehensweisen, Methoden und Modelle
Phasen
Exploration
Aufgaben- und Anforderungsanalyse
Kompetenzmodellierung
Kompetenzprofiling
Umsetzung in HR-Massnahmen
Abb. 2.2 Entwicklungsphasen eines Kompetenzprofilingmodells. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an: Schmidt-Rathjens 2007, S. 596–599, und Sonntag und Schmidt-Rathjens 2004, S. 20)
2.2 Kompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise
15
e rklärt und analysiert, um die für dieses Buch angemessenen Ansätze herauslesen und entsprechend anpassen zu können. Die letzte Phase, ‚Umsetzung in HR- Maßnahmen‘, in der die erstellten Kompetenzprofile in konkrete Weiterbildungsmaßnahmen und Mitarbeiterselektionsprozesse transferiert werden, wird in dieser Arbeit nicht behandelt. Vielmehr liegt der Fokus auf der Konstruktion und dem Vergleich von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen. Dadurch können allfällige Kompetenzlücken identifiziert und ein entsprechender Handlungsbedarf abgeleitet werden.
2.2.1 Exploration In einem ersten Schritt geht es bei der Entwicklung eines Kompetenzmodells darum, den Rahmen für weitere Analysen vorzugeben. Folglich werden die verschiedenen Ansätze zur Kompetenzermittlung diskutiert, um in einem weiteren Schritt herauszufinden, welche Logik am besten für dieses Buch geeignet ist. 2.2.1.1 Logik der Kompetenzermittlung Die Entwicklung eines Kompetenzprofilingmodells verlangt zuallererst nach der Definition von Zielen und Voraussetzungen. Dies umfasst unter anderem auch den Zweck der Kompetenzdefinition (Sonntag 2006, S. 224). Gemäß Briscoe und Hall (1999, S. 39–42) können Kompetenzprofilingmodelle nach drei verschiedenen Ansätzen erfolgreich konstruiert werden: 1. Dem forschungsbasierten Ansatz, der erfolgreiche Verhaltensweisen und Best- Practice-Beispiele analysiert, 2. der strategiebasierten Methode, bei der die Kompetenzanforderungen von der Unternehmensstrategie abgeleitet werden, und 3. der wertebasierten Vorgehensweise, die die Kultur im eigenen Unternehmen als ausschlaggebend für die Ableitung der geforderten Kompetenzen erachtet. Während sowohl der strategie- als auch der wertebasierte Ansatz stark unternehmensspezifisch sind, dient die forschungsbasierte Methode zur Ableitung allgemeingültiger Kompetenzen. Es wird versucht, mithilfe wissenschaftlicher Methoden herauszufinden, welche Kompetenzen dazu führen, dass eine Tätigkeit erfolgreich ausgeführt wird (1999, S. 39–42). 2.2.1.2 Wahl der für dieses Buch relevanten Logik Um einen Rahmen für die eigene Kompetenzermittlungslogik zu erstellen, werden nachfolgend kurz die bedeutendsten Ziele, Voraussetzungen und Ansprüche an die Analyse definiert.
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2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
Das Ziel besteht darin, aktuelle und zukünftige Kompetenzprofile in der Beschaffung miteinander zu vergleichen, um allfällige Kompetenzlücken zu identifizieren. Dieser Vergleich soll generisch, also sowohl unternehmens- als auch branchenunabhängig, durchgeführt werden. Um ein fundiertes Ergebnis über aktuelle und zukünftige beschaffungsspezifische Kompetenzen zu erarbeiten, ist die detaillierte Auseinandersetzung mit Fach- und Methodenkompetenzen unbedingt notwendig. Ferner sollen vollumfängliche Profile erstellt werden, weshalb die ermittelten Fach- und Methodenkompetenzen durch Handlungs-, Aktivitäts-, personale sowie sozial-kommunikative Fähigkeiten ergänzt werden. Als Basis der Analyse dienen einerseits Fachliteratur (Gegenwart) und andererseits Zukunftsstudien (Zukunft). Der Gewährleistung der Wissenschaftlichkeit ist dabei ein hoher Stellenwert zuzuordnen. Werden die verschiedenen Herangehensweisen in den Kontext dieser Arbeit gestellt, macht die Fokussierung auf einzelne Unternehmensstrategien und -werte wenig Sinn. Sowohl die strategiebasierte als auch die wertebasierte Vorgehensweise bezieht sich zu stark auf einzelne Unternehmen, wodurch es schwierig wäre, allgemeine Aussagen abzuleiten und somit dem Anspruch dieser Arbeit gerecht zu werden (Briscoe und Hall 1999, S. 39–42). Durch die forschungsbasierte Methode kann die gewünschte generische Sichtweise jedoch realisiert werden. Somit wird diese als passend eingestuft. Konkret bedeutet dies, dass – unabhängig von einzelnen Unternehmen – mithilfe von Fachliteratur und Best-Practice-Beispielen allgemeingültige Kompetenzprofile erstellt werden.
2.2.2 Aufgaben- und Anforderungsanalyse sowie Kompetenzmodellierung In der zweiten und dritten Phase des Kompetenzprofilierungsprozesses gilt es, die Methoden zur Ermittlung von Anforderungen und Kompetenzen zu definieren. Folglich werden die verschiedenen Ansätze vorgestellt und im Rahmen der zuvor definierten Ziele diskutiert. In einem ersten Schritt werden zum allgemeinen Verständnis die Begriffe ,Aufgabe‘ sowie ,Anforderung‘ definiert. 2.2.2.1 Definition von Aufgaben und Anforderungen Aufgaben sind durch Zielvorgaben bestimmt und bezeichnen die verschiedenen Schritte, die nötig sind, um Strategien durchzuführen und Ziele zu erreichen. Sie implizieren einen Verrichtungsprozess, der aufgrund von Handlungen realisiert wird. Die Erfüllung von Aufgaben kann an Hilfsmittel sowie an gewisse mentale, personale oder sachliche Voraussetzungen gekoppelt sein (Drumm 2008, S. 210; Schuhmacher o. J.). Werden verschiedenen Aufgaben in einem gewissen Bereich zusammengefasst, entstehen Tätigkeitsfelder, die als Funktionen oder als Funkti-
2.2 Kompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise
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onsbereiche beschrieben werden können. Dabei erweist es sich als zielführend, sich bei der Abgrenzung von Tätigkeitsbereichen am Wertschöpfungsprozess zu orientieren (Drumm 2008, S. 210). Anhand der Analyse von Aufgaben lassen sich Anforderungen, die für die Erfüllung benötigt werden, ableiten. Unter Anforderungen werden Faktoren verstanden, die für eine optimale Realisierung dieser Aufgaben erforderlich sind. Sie setzen entweder ein gewünschtes Verhalten oder gewisse Kompetenzen voraus. Eine Person muss also über ein entsprechendes Set von Kompetenzen sowie über Verhaltensmuster verfügen, um gewissen Anforderungen gerecht zu werden und dadurch Aufgaben adäquat zu erfüllen (Drumm 2008, S. 212–213). 2.2.2.2 Methode zur Ermittlung von Anforderungen und Kompetenzen Grundsätzlich bestehen drei verschiedene Ansätze, um Anforderungen und Kompetenzen für ein spezifisches Tätigkeitsfeld zu bestimmen (Schuler 2006, 2014a, S. 63 und 64): Arbeitsplatzanalytisch-empirischer Ansatz Bei dieser Methode wird davon ausgegangen, dass sich Anforderungen direkt aus Aufgaben resp. aus einem Tätigkeitsbereich ableiten lassen. Sie wird deshalb auch als Aufgaben- und Anforderungsanalyse beschrieben (Nerdinger 2017, S. 77–82). Mithilfe eines formalisierten Vorgehens wird die berufliche Tätigkeit analysiert und in ihre Teilaufgaben zerlegt. Daraus werden Anforderungen und benötigte Kompetenzen abgeleitet (Eckardt und Schuler 1992, S. 536–538; Schuler 2014a, S. 66–67). Die Anforderungs- oder Aufgabenanalyse hilft dabei, eine Tätigkeit zu untersuchen und herauszufinden, welche Merkmale für die produktive Ausübung derselben relevant sind (Schuler 2014b, S. 63). Dies stellt eine Grundvoraussetzung dar, um Leistungsanforderungen für spezifische Stellen oder Positionen zu beschreiben (Schmidt-Rathjens 2007, S. 592). Zudem bildet sie die Basis, um zukünftige Arbeitssituation einzuschätzen, und stellt aufgrund der systematischen Vorgehensweise den in methodischer Hinsicht präzisesten Ansatz dar (Grote et al. 2012, S. 19; Sonntag 2006, S. 213). Die DACUM-Analyse von Norton (1997, 2000); Norton und Moser (2016) ist eine der berühmtesten arbeitsplatzanalytisch-empirischen Methoden und im angloamerikanischen Raum sehr verbreitet. Sie zeichnet sich sowohl durch Relevanz als auch durch hohe Zuverlässigkeit aus (Grote et al. 2012, S. 19; Sonntag 2006, S. 213). Bei der DACUM-Methode werden während eines zweitägigen Workshops mithilfe einer „Berufs- und Tätigkeitsanalyse […] Fertigkeiten, Kenntnisse und Arbeitstugenden, die für die erfolgreiche Ausübung eines Berufes erforderlich sind“, bestimmt (Tippelt und Edelmann 2007, S. 737). Mit diesem Analyseverfahren soll unter anderem das Berufsbild genau beschrieben sowie ein Tätigkeitsprofil erstellt werden. Es handelt sich um ein qualitatives Gruppenverfahren, wobei die zu ermittelnden Kompetenzen von Fachexperten mithilfe einer Tätigkeitsanalyse erarbeitet werden. Der Workshop wird in Unternehmen durchgeführt, was dazu führt,
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
18
dass die Resultate sehr stark von den Teilnehmern abhängen und unternehmensspezifisch sowie subjektiv sind (Edelmann und Tippelt 2007). Trotz dieser Einschränkungen bildet die übersichtliche Darstellung der DACUM-Analyse eine gute Basis für die Ableitung von Kompetenzen, da sie ein solides Verständnis für die Aufgaben und Anforderungen schafft. Abb. 2.3 zeigt beispielhaft einen DACUM-Chart. Die Verantwortungsbereiche (‚Duties‘) werden vertikal gelistet und in ihre verschiedenen Aufgaben (‚Tasks‘) unterteilt. Das Verfahren lässt sich gemäß Tippelt und Edelmann (2007, S. 738 und 739) in vier zentrale Schritte unterteilen (vergleiche dazu Abb. 2.3). 1. Zunächst werden die verschiedenen Verantwortungsbereiche (‚Duties‘) in ihre Aufgaben (‚Tasks‘) sowie Teilaufgaben (‚Steps‘) unterteilt. 2. In einem zweiten Schritt werden die Aufgaben detailliert beschrieben, um ein Verständnis für die Prozesse und Abläufe zu generieren. Es erfolgt die arbeitsplatzanalytische Ableitung der Anforderungen. 3. Anschließend werden aus den definierten Anforderungen auf induktive Weise sowie durch logische Schlussfolgerungen und subjektive Einschätzungen Kompetenzen abgeleitet. 4. Schlussendlich werden sämtliche Erkenntnisse zu Kompetenzprofilen zusammengefasst. Diese enthalten Informationen über das benötigte Wissen, die notwendigen Fähigkeiten sowie über die erwünschten Charaktereigenschaften. Da es sich beim DACUM-Modell um ein angloamerikanisches Kompetenzermittlungsverfahren handelt, stehen Fach- und Methodenkompetenzen im Fokus. Es
DACUM-Methode (Task Analysis) TASKS
DUTIES Duty A
A-1
A-2
A-3
A-4
A-5
A-6
Duty B
B-1
B-2
B-3
B-4
B-5
B-6
Duty C
C-1
C-2
C-3
C-4
C-5
B-7
JOB COMPETENCY PROFILE Abb. 2.3 Tätigkeitsanalyse nach der DACUM-Methode. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an: Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
2.2 Kompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise
19
ist eine induktive Methode, die verwendet wird, um aufgabenbasiert Anforderungen und Kompetenzen abzuleiten. Erfahrungsgeleitet-intuitiver Ansatz Bei dieser Methode wird meist keine Aufgabenanalyse durchgeführt, stattdessen wird die Einschätzung von Experten herangezogen. Anforderungsanalytiker arbeiten in diesem Zusammenhang oftmals mit der Methode des kritischen Ereignisses. Dabei muss der Proband seine Verhaltensweise in einer gewissen Situation einschätzen resp. beschreiben. Daraus werden anschließend meist auf deduktive Weise gewünschte Anforderungen und Kompetenzen abgeleitet (Nerdinger 2017, S. 76–77). Diese Methode wird vor allem im deutschsprachigen Raum verwendet und ist unter dem Begriff ‚Kompetenzmodellierung‘ bekannt. Darunter wird in diesem Zusammenhang „die spezifische Kombination der Merkmale, die für die erfolgreiche Ausübung einer bestimmten Tätigkeit erforderlich ist“, verstanden (Schmidt-Rathjens 2007, S. 594). Sie dient als Basis für die unternehmensspezifische Auswahl und Entwicklung von Personal (Sonntag 2007, S. 267–270). Eine erfolgreiche erfahrungsgeleitet-intuitive Technik bietet der KODE®-Kompetenzatlas, der im deutschsprachigen Raum hohe Anerkennung erlangte. Der Kompetenzatlas unterscheidet vier Grundkompetenzen: 1.) personale Kompetenzen, 2.) Aktivitäts- und Handlungskompetenzen, 3.) fachlich-methodische Kompetenzen und 4.) sozial-kommunikative Kompetenzen. Diese werden wiederum in 64 Schlüsselkompetenzen3 unterteilt (Heyse 2017, S. 247). Abb. 2.4 illustriert die 64 Schlüsselkompetenzen, die den grundlegenden Bewertungsrahmen für die Entwicklung von Kompetenzprofilen bilden. P Personale Kompetenzen Normativethische Einstellung
Einsatzbereitschaft
Glaubwürdigkeit
Eigenverantwortung
Humor
Hilfsbereitschaft
Loyalität
P
Entscheidungsfähigkeit
Schöpferische Fähigkeit
Offenheit für Veränderungen
Innovationsfreudigkeit
Belastbarkeit
Ausführungsbereitschaft
Lernbereitschaft
Ganzheitliches Denken
Optimismus
Soziales Engagement
Ergebnisorientiertes Handeln
Zuverlässigkeit
Impuls geben
Schlagfertigkeit
Beharrlichkeit
Problemlösungsfähigkeit
Wissensorientierung
Analytische Fähigkeiten
Konzeptionsstärke
Beurteilungsvermögen
Fleiß
Folgebewusstsein
Fachwissen
P/S Mitarbeiterförderung
A Aktivitäts- & Handlungskompetenzen Selbstmanagement
P/A
P/F
A/S
Delegieren
Disziplin
Konfliktlösungsfähigkeit
Integrationsfähigkeit
Akquisitionsstärke
Teamfähigkeit
Dialogfähigkeit Kundenorientierung
Experimentierfreude
Beratungsfähigkeit
Sachlichkeit
Kommunikationsfähigkeit
Kooperationsfähigkeit
Sprachgewandtheit
Verständnisbereitschaft
Projektmanagement
Anpassungsfähigkeit
Pflichtgefühl
Gewissenhaftigkeit
Lehrfähigkeit
S/P
Beziehungsmanagement
S
S/A
S/F
S Sozial-kommunikative Kompetenzen
Gestaltungswille
Tatkraft
F/P
Mobilität
A
A/P
F/S
Initiative Zielorientiertes Führen
A/F
Konsequenz Organisationsfähigkeit
F/A
Systematischmethodisches Vorgehen
Marktkenntnisse
F Fachliche Anerkennung
Planungsverhalten
Fachübergreifende Kenntnisse
F Fach- und Methodenkompetenzen
Abb. 2.4 Die 64 Schlüsselkompetenzen des KODE®-Modells. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Heyse 2017, S. 249) Dem Anhang ist eine Definition der einzelnen Kompetenzen zu entnehmen.
3
20
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
Mithilfe eines Fragebogens werden im Rahmen des KODE®-Verfahrens verschiedene Verhaltensweisen beschrieben, die zuerst anhand einer Selbsteinschätzung seitens des Probanden und anschließend durch Fremdeinschätzungen bewertet werden. Die Antworten werden in Folge jeweils in eine Punkteskala transferiert, wodurch jede der 64 Schlüsseleigenschaften eine gewisse Relevanz für eine berufliche Tätigkeit erhält. Abschließend werden die Punkte zu Kompetenzprofilen subsumiert (Heyse und Erpenbeck 2007, S. 13, 171). Da bei der Erstellung der Kompetenzprofile lediglich eine Bewertung von Kompetenzen, die sich bereits in einer Liste befinden, vorgenommen wird, kann der KODE®-Kompetenzatlas als deduktives Verfahren beschrieben werden. Personenbezogen-empirischer Ansatz Darunter wird ein empirischer Ansatz verstanden, bei dem die Zusammenhänge zwischen Personenmerkmalen und beruflichen Erfolgskriterien statistisch untersucht werden. Dieses Verfahren wird oftmals in der Berufsberatung verwendet (Nerdinger 2017, S. 82–85). Im Rahmen der vorliegenden Arbeit lässt sich die personenbezogen-empirische Methode aufgrund des beschränkten Zugangs zu Daten und aufgrund der beschränkten Ressourcen nur schwer umsetzen. Sie wird deshalb nicht weiterverfolgt. 2.2.2.3 Definition der für dieses Buch relevanten Logik Die Wahl der geeigneten Methode hängt stark von den jeweiligen Zielen der Analyse ab. Um die Grundlage für die eigene Methodik zu eruieren, werden die Vorund Nachteile beider Verfahren kurz diskutiert. Die DACUM-Methode, die von Norton (1997, 2000); Norton und Moser (2016) entwickelt wurde, zeichnet sich durch eine hohe Relevanz sowie Zuverlässigkeit aus (Edelmann und Tippelt 2007, S. 747). Sie basiert auf einer Aufgaben- und Anforderungsanalyse, die eine sehr präzise und wissenschaftlich fundierte Methode ist. Sie orientiert sich jedoch stark an der Gegenwart, da oftmals nur die aktuelle Arbeitssituation untersucht wird. Sie orientiert sich an einem starren Verfahren, das kaum Iteration zulässt. Als alleiniger Ansatz ist sie daher unflexibel. Zudem fokussiert sie aufgrund des dahinterliegenden angloamerikanischen Kompetenzverständnisses zu stark auf Fach- und Methodenkompetenzen (Grote et al. 2012, S. 19; Sonntag 2006, S. 213). Sie wird deshalb in diesem Buch eine zentrale, jedoch keine ausschließliche Rolle einnehmen. Im Gegensatz dazu verfolgt die KODE®-Methodik den Kompetenzmodellierungsansatz. Dieser beruft sich auf das deutsche Kompetenzverständnis, wodurch neben Fach- und Methodenkompetenzen vor allem auch Handlungs-, Aktivitäts-, Sozial- sowie Selbstkompetenzen berücksichtigt werden. Damit wird das englischsprachige Verständnis des Kompetenzbegriffs an diesem Punkt erweitert (Kauffeld 2006; Schmidt-Rathjens 2007, S. 267–270; Sonntag 2006, S. 227, 2007, S. 267–270). Viele dieser Modelle basieren jedoch auf intuitiven Einschätzungen, wodurch
2.2 Kompetenzprofiling – Methode, Ziele und Vorgehensweise
21
Merkmalslisten oftmals nach eigenem Ermessen erstellt werden. Das macht sie zwar flexibler und zukunftsorientierter als die Aufgaben- und Anforderungsanalyse, beschränkt jedoch auch die Wissenschaftlichkeit (Grote et al. 2012, S. 19; Schmidt-Rathjens 2007, S. 595; Schuler 2014a, S. 85). Häufig werden Prädikatoren und Kriterien miteinander vermischt. Dadurch können Voraussetzungen und Konsequenzen nicht mehr klar voneinander getrennt und in Abhängigkeit gesetzt werden (Schuler 2014a, S. 85). Schuler kam zu dem Ergebnis, dass diese Methode – obwohl sie weit verbreitet ist – alleine meist nicht ausreicht, um präzise und vollumfängliche Kompetenzprofile zu entwickeln (Schuler 2006, 2014a, S. 63 und 64). Gemäß Schuler erweist sich die Kombination verschiedener Verfahren als wesentlich effektiver und der Einsatz eines „multimodalen-multimethodalen Ansatzes“ durchaus als sinnvoll (2006, 2014a, S. 63 und 64). Kompetenzmodelle erreichen ihren vollen Nutzen nur dann, wenn sie auf Aufgaben- und Anforderungsanalysen basieren und auch zukünftige Trends miteinbeziehen (Sonntag 2006, S. 223). Konkret bedeutet dies, dass eine solide Anforderungsanalyse die Basis jedes Kompetenzmodells bilden sollte (Schuler 2014a, S. 85). Es ist deshalb sinnvoll, die Kompetenzmodellierung auf der Aufgaben- und Anforderungsanalyse aufzubauen. Als deduktive Methode bietet der KODE®-Kompetenzatlas jedoch mit seinen 64 generischen Schlüsselkompetenzen eine umfassende Kompetenzenliste und somit eine ideale Ergänzung zur induktiven Arbeits- und Aufgabenanalyse nach Norton (Koch und Westhoff 2012, S. 12–14). Durch die Kombination beider Verfahren können vielschichtige Kompetenzprofile erstellt werden, die wissenschaftlich fundiert, methodisch präzise und zukunfts- sowie gegenwartsbezogen sind. Dies ermöglicht die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen, die in Kapitel 2.2.1.2 definiert wurden.
2.2.3 Kompetenzprofiling In der letzten Phase wird definiert, auf welche Weise die ermittelten Kompetenzen zu Profilen verdichtet werden. Im nächsten Abschnitt werden die zwei grundsätzlichen Herangehensweisen beschrieben und in den Kontext dieser Arbeit gesetzt. 2.2.3.1 Spezialisierung vs. Ganzheitlichkeit Drumm (2008, S. 215) beschreibt im Rahmen der Personalplanung, dass Aufgaben und Anforderungen zu Bündeln zusammengefasst werden können, um Kompetenzprofile zu erstellen. Dazu müssen vorerst Kriterien definiert werden, anhand derer eine Bündelung durchgeführt werden kann, wobei hierfür zwei unterschiedliche Ansätze existieren: Spezialisierung und Ganzheitlichkeit (Drumm 2008, S. 216–218). Während der Spezialisierungsansatz auf der Zusammenfassung möglichst ähnlicher Aufgaben und Anforderungen basiert, steht bei der Ganzheitlichkeit die Erfüllung
22
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
einer Aufgabenreihe mit entsprechendem Arbeitsresultat im Zentrum. Es werden also sämtliche Tätigkeiten zusammengefasst, die zu einem bestimmten Arbeitsergebnis führen. Daraus ergeben sich sehr komplexe Anforderungsprofile. Andererseits führt dieser Ansatz aufgrund der ganzheitlichen Aufgabenerfüllung und der Erzielung eines Aufgabenergebnisses zu einer Steigerung der Motivation sowie Zufriedenheit der Stelleninhaber. Zudem werden die Transaktionskosten gesenkt. Im Gegensatz dazu können bei der Gruppierung mithilfe von Spezialisierungskriterien sehr homogene Aufgabenbündel erreicht werden. Dadurch sind Kompetenzen klar erfassbar und es entstehen keine überkomplexen Anforderungsprofile. In Folge können neue Fähigkeiten einfacher erlernt werden. Ferner ergeben sich Synergieeffekte, die zu Effizienz- sowie Effektivitätsvorteilen führen. Der Nachteil des Spezialisierungsansatzes liegt darin, dass verbundene Aufgaben in unabhängige Teilaufgaben unterteilt werden, wodurch Schnittstellen entstehen. Dies kann wiederum dazu führen, dass Aufgaben, die nur schwer zugeteilt werden können, als Restmenge übrigbleiben und anderen Tätigkeitsbereichen zugeordnet werden müssen (Drumm 2008, S. 217–218). 2.2.3.2 Wahl der für diese Arbeit relevanten Technik Vor dem Hintergrund, dass die Spezialisierungstendenzen im Zuge der Digitalisierung weiter zunehmen und intelligente Informationssysteme die Schnittstellenpro blematik zusätzlich verringern werden, scheint die Gruppierung aufgrund von Spezialisierungskriterien angemessen. Dabei ergibt es jedoch keinen Sinn, Aufgaben willkürlich zu separieren. Stattdessen sollen Aufgabenfelder geschaffen werden, die in sich stimmig sind sowie gut voneinander abgetrennt und über IT-Systeme einfach verbunden werden können (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 98–100). Ausgehend vom Spezialisierungskonzept werden Aufgaben, die ähnliche Anforderungen und Kompetenzen verlangen, gruppiert und entsprechende Kompetenzprofile abgeleitet, wodurch Synergiepotenziale genutzt werden können (Drumm 2008, S. 217–218; Kosiol 1962, S. 32 ff.). Dadurch entstehen klar abtrennbare, homogene Aufgabengruppen. Der Ganzheitlichkeitsansatz würde hier zu einer Verwässerung der Ergebnisse führen, da höchstkomplexe Kompetenzprofile entstünden (Drumm 2008, S. 217–218). Um zusätzliche Transparenz bei der Gruppierung von Aufgaben und Anforderungen zu schaffen, wird ergänzend zum Spezialisierungsprinzip das „functional job analysis taxonomic model“ von Fine hinzugezogen (Fine 1955). Gemäß Prien und Ronan (1971, S. 379) handelt es sich um das verständlichste Modell, um Aufgaben grob zu kategorisieren. Es unterteilt Aufgaben in die drei Kategorien Daten, Menschen und Dinge. Fine stellt fest, dass jeder Job anhand dieser drei Faktoren kategorisiert werden kann, wobei stets eine hierarchische Ordnung besteht (Prien und Ronan 1971, S. 379). Dieses Schema dient für die weitere Analyse als Orientierungsrahmen und wird als zusätzlicher Kategorisierungsfaktor verwendet (Prien und Ronan 1971, S. 379; Rossetti und Dooley 2010, S. 51–54).
2.3 Methodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – …
23
2.3 M ethodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – die aufgaben- und anforderungsanalysebasierte Kompetenzmodellierungsmethode zur Entwicklung ganzheitlicher Kompetenzprofile (AKEK-Methode) In den letzten Abschnitten wurde die Logik des Kompetenzprofilings von Sonntag und Schmidt-Rathjens (2004, S. 20) vorgestellt und analysiert. Diese Vorgehensweise umfasst sowohl die Aufgaben- und Anforderungsanalyse als auch die Kompetenzmodellierung, die für dieses Buch als essenziell erachtet wurde. Sie wurde aufgrund des wissenschaftlichen Bezugsrahmens nicht übernommen, stellt aber die Basis für das weitere Vorgehen dar. Da dieses Buch das Ziel verfolgt, sowohl die aktuellen als auch die zukünftigen Kompetenzen von Beschaffungsmanagern zu eruieren und sie in einem weiteren Schritt miteinander zu vergleichen, ist eine systematische Herangehensweise erforderlich. Abb. 2.5 illustriert die Methodik dieses Buches und stellt die einzelnen Schritte in einem ganzheitlichen Kontext übersichtlich dar. Das AKEK-Modell fungiert als Orientierungsrahmen für diese Arbeit und bildet die Grundlage für alle weiteren Untersuchungen. In den nachfolgenden Unterkapiteln werden die einzelnen Schritte genauer erläutert.
2.3.1 Kompetenzprofiling des heutigen Beschaffungsmanagers Um überhaupt Aussagen über die zukünftigen Kompetenzanforderungen an Beschaffungsmanager treffen zu können, müssen die aktuellen Aufgaben und Anforderungen analysiert werden. Dies bildet die Basis, um künftige Veränderungen besser einschätzen zu können. Anhand spezifischer Fachliteratur werden vorerst die für diese Arbeit relevanten Aufgaben evaluiert, um sie in einem zweiten Schritt zu untersuchen. Dafür werden die einzelnen Tätigkeitsbereiche in Aufgaben und Teilaufgaben unterteilt. Mithilfe der DACUM-Aufgabenanalyse werden zudem Anforderungen und Kompetenzen abgeleitet. Die Ergebnisse werden in einem weiteren Schritt mit dem KODE®-Kompetenzatlas verglichen, um die abgeleiteten Fach- und Methodenkompetenzen mit den KODE®-Schlüsselkompetenzen zu erweitern. Diese werden schlussendlich anhand von Spezialisierungskriterien gruppiert und zu Kompetenzprofilen verdichtet. 2.3.1.1 Evaluierung der zu untersuchenden Aufgaben Da es sich bei der Beschaffungsfunktion um ein sehr breites Fachgebiet handelt und der Rahmen dieser Arbeit eingeschränkt ist, muss vorerst bestimmt werden, welche Aufgaben für die Untersuchung relevant sind. Mithilfe einer detaillierten Literatur-
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
24
Arbeitsplatzanalytisch-empirische und erfahrungsgeleitet-intuitive Methode Spezialisierungskriterien und Fine-Modell
Forschungsbasierter Ansatz
Aufgaben- und Anforderungsanalyse sowie Kompetenzmodellierung Kompetenzprofiling
Exploration
Phase Methode
Arbeitsschritte und Resultate Aktuell
Beschaffung 4.0
Evaluierung der zu untersuchenden Aufgaben anhand von Fachliteratur
Analyse von Trendstudien Ableitung der...
Definition der für die Untersuchung relevanten Aufgaben
...für die Untersuchung relevanten Veränderungen Bilden die Grundlage für die...
Beschreibung und Analyse der aktuellen Aufgaben und Anforderungen
Beschreibung und Analyse der Veränderungen der Aufgaben sowie Anforderungen der aktuellen Kompetenzprofile
Abgleich mit dem KODE®Kompetenzatlas (deduktiv)
Abgleich mit dem KODE®Kompetenzatlas (deduktiv)
Direkte, induktive Ableitung (DACUM)
KODE®Schlüsselkompetenzen 4.0
KODE®Fach- und SchlüsselMethodenkompetenzen kompetenzen
Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen anhand von Spezialisierungskriterien
Direkte, induktive Ableitung (DACUM)
Fach- und Methodenkompetenzen 4.0
Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen anhand von Spezialisierungskriterien
Abgleich mit bestehenden Studien
Aktuelle Kompetenzprofile
Kompetenzprofile 4.0 Vergleich
Abb. 2.5 AKEK-Methode. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an: Sonntag und Schmidt- Rathjens 2004, S. 20)
2.3 Methodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – … Aufgaben
Tätigkeit
A
Tätigkeit A
B
Tätigkeit B
C
Tätigkeit C
25
A-1
A-2
A-3
A-4
A-5
B-1
B-2
B-3
B-4
B-5
C-1
C-2
C-3
C-4
C-5
Abb. 2.6 Übersicht über die zu untersuchenden Tätigkeiten und die zugehörigen Aufgaben. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
recherche zum Thema Einkauf und Beschaffung werden Informationen über die verschiedenen Beschaffungsaufgaben gesammelt und bewertet. Dabei sollen jene Aufgaben bestimmt werden, die für diese Arbeit als relevant eingestuft werden. Es erscheint zielführend, vom zentralen Beschaffungsprozess auszugehen, da dieser das Rückgrat der Beschaffungsfunktion bildet und eine solide Basis für die weitere Analyse darstellt (van Weele und Essig 2017, S. 50). Zudem kann ein zu hoher Detaillierungsgrad zu einer Überdifferenzierung führen und so die Aussagekraft dieser Arbeit schwächen. Aus diesem Grund wird der Fokus auf die bedeutendsten Aufgaben und Schritte gelegt (Koch und Westhoff 2012, S. 12–14). Abb. 2.6 illustriert die gewählte Vorgehensweise. Einzelne Tätigkeitsfelder werden vertikal gelistet und in die zugehörigen Aufgaben unterteilt (horizontal). Diese Darstellung lehnt sich stark an die DACUM-Methode an und soll eine Übersicht über die zu untersuchenden Aktivitäten ermöglichen. 2.3.1.2 D urchführung der Aufgaben- und Anforderungsanalyse sowie Bestimmung der benötigten Kompetenzen Nachdem die relevanten Tätigkeitsbereiche und Aufgaben bestimmt wurden, folgt die detaillierte Analyse. Diese unterteilt sich in drei Schritte: 1.) Beschreibung der Aufgaben und Anforderungen mithilfe von Fachliteratur, 2.) induktive Ableitung von harten Fach- und Methodenkompetenzen mithilfe der DACUM-Methode so wie 3.) Vergleich und Ergänzung der abgeleiteten Kompetenzen mithilfe des KODE®-Kompetenzatlas (deduktive Methode). 1. Aufgaben- und Anforderungsbeschreibung Die zuvor definierten Aufgaben werden mithilfe verschiedener Lehrbücher beschrieben und in ihre Teilaufgaben unterteilt. Anschließend werden passende Anforderungen abgeleitet. Die übersichtliche Darstellung der DACUM-Methode macht die Untersuchung transparent und nachvollziehbar, weshalb die Methode an dieser Stelle – mit gewissen Änderungen – gewählt wurde. Obwohl die
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
26
DACUM-Methode die Relevanz von Fachexperten unterstreicht, wird in diesem Buch aufgrund des zuvor definierten forschungsbasierten Ansatzes Fachliteratur verwendet (Briscoe und Hall 1999, S. 39–42). Dies ist essenziell, zumal dieses Buch versucht, keine unternehmensspezifischen, sondern allgemeingültige Kompetenzprofile für Beschaffungsmanager zu konstruieren. 2. DACUM-Analyse Nach der Aufgabenbeschreibung und der Anforderungsdefinition werden die benötigten Kompetenzen abgeleitet, die für die produktive Erfüllung der einzelnen Aufgabenbereiche notwendig sind. Im Rahmen der DACUM-Analyse sind dies vor allem Fach- und Methodenkompetenzen. Besteht eine Anforderung beispielsweise in der ‚Verwendung der richtigen Datenerhebungsmethode‘, so lässt sich intuitiv verstehen, dass dazu Fachwissen im Bereich der Datenerhebung benötigt wird (Koch und Westhoff 2012, S. 12–14). Abb. 2.7 illustriert die in dieser Arbeit verwendete Vorgehensweise. 3 . KODE®-Methode In einem nächsten Schritt wird auf die KODE®-Methode von Heyse (2017) zurückgegriffen, die als Ergänzung der zuvor erwähnten DACUM-Analyse verstanden wird. Dies bedeutet, dass die definierten Anforderungen mit dem Kompetenzatlas verglichen werden, um die zentralen Schlüsselkompetenzen in die Untersuchung miteinzubeziehen. Dies verdeutlicht Abb. 2.8. Die Kompetenzbewertung nach dem KODE®-Ansatz geht somit deduktiv vor, da die generischen Kompetenzen des Kompetenzatlas bewertet und nicht selber abgeleitet werden (Koch und Westhoff 2012, S. 12–14). Im Gegensatz zum Original basiert sie in methodischer Hinsicht auf einer Aufgaben- und Anforderungsanalyse, die die Basis für die Kompetenzeinschätzung durch den Autor darstellt. Es wird dabei keineswegs der Anspruch erhoben, sämtliche Kompetenzen für jede analysierte Teilaufgabe zu berücksichtigen. Stattdessen sollen lediglich die bereits erfassten Fach- und Methodenkompetenzen mit den bedeutendsten Soft Skills ergänzt werden. 4. Darstellung in der Arbeit Damit die Analyse nachvollziehbar bleibt, wird vorerst jeder Tätigkeitsbereich grob anhand aktueller Fachliteratur beschrieben. Zusätzlich wird mithilfe einer Tabelle (Abb. 2.6) aufgezeigt, in welche Aufgaben sich das Tätigkeitsfeld unterteilt. In einem weiteren Schritt wird die Analyse durchgeführt. Dazu werden pro Aufgabe jeweils die Teilaufgaben, die Anforderungen sowie die abgeleiteten Kompetenzen in tabellarischer Form dargestellt (Abb. 2.7). Die in der Tabelle
Tätigkeitsfeld Aufgabe
Anforderungen
Kompetenzen
Aufgabe
Anforderungen
Kompetenzen
Aufgabe
Anforderungen
Kompetenzen
Abb. 2.7 Von Aufgaben über Anforderungen zu Kompetenzen. (Quelle: eigene Darstellung)
Anforderungen
Anforderungen
Aufgabe
Aufgabe Kompetenzen
Kompetenzen
Kompetenzen Delegieren
Kooperationsfähigkeit Anpassungsfähigkeit
Kommunikationsfähigkeit Beziehungsmanagement
Pflichtgefühl
Sprachgewandtheit
Experimentierfreude
Akquisitionsstärke
Disziplin
Lernbereitschaft
Lehrfähigkeit
Gewissenhaftigkeit
Fachwissen Planungsverhalten
Fachliche Anerkennung
Fleiss
Konzeptionsstärke
Beharrlichkeit
Fachübergreifende Kenntnisse
Marktkenntnisse
Systematischmethodisches Vorgehen
Organisationsfähigkeit
Konsequenz
Zielorientiertes Führen
Initiative Ergebnisorientiertes Handeln
Folgebewusstsein
Beurteilungsvermögen
Analytische Fähigkeiten
Schlagfertigkeit
Soziales Engagement
Belastbarkeit
Mobilität
Tatkraft Ausführungsbereitschaft
F Fach- und Methodenkompetenzen
Projektmanagement
Sachlichkeit
Wissensorientierung
Impuls geben
Optimismus
Innovationsfreudigkeit
Gestaltungswillen
A Aktivitäts- & Handlungskompetenzen Entscheidungsfähigkeit
Verständnisbereitschaft
Beratungsfähigkeit
Problemlösungsfähigkeit
Zuverlässigkeit
Ganzheitliches Denken
Offenheit für Veränderung
Selbstmanagement
S Sozial-kommunikative Kompetenzen
Dialogfähigkeit Kundenorientierung
Integrationsfähigkeit
Teamfähigkeit
Konfliktlösungsfähigkeit
Mitarbeiterförderung
Hilfsbereitschaft
Glaubwürdigkeit
Humor
Schöpferische Fähigkeit
Eigenverantwortung
Abb. 2.8 Erweiterung der Kompetenzen mit Soft Skills. (Quelle: eigene Darstellung)
Anforderungen
Aufgabe
Tätigkeitsfeld
Einsatzbereitschaft
Normativethische Einstellung
P Personale Kompetenzen Loyalität
2.3 Methodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – … 27
28
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
gelisteten Kompetenzen beinhalten sowohl Fach- und Methodenkompetenzen als auch die Schlüsselkompetenzen, die sich durch den Abgleich mit dem KODE®-Kompetenzatlas ergeben haben.
2.3.1.3 G ruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Kompetenzprofilen In einem nächsten Schritt werden die analysierten Tätigkeitsbereiche und die abgeleiteten Kompetenzen anhand des Spezialisierungskonzepts gruppiert und zu Kompetenzprofilen verdichtet. Somit werden Aufgaben und Anforderungen aufgrund ihrer Ähnlichkeit gruppiert, um möglichst homogene Kompetenzprofile erstellen zu können. Um zusätzliche Transparenz bei der Gruppierung von Aufgaben zu schaffen, wird das „functional job analysis taxonomic model“ von Fine hinzugezogen (Prien und Ronan 1971, S. 379; Rossetti und Dooley 2010, S. 51–54). Sobald die Aufgaben und Anforderungen zu Profilen verdichtet wurden, erfolgt die Gruppierung der bereits erfassten Kompetenzen. Dies bedeutet, dass pro Profil zunächst jene Methoden- und Fachkompetenzen aufgelistet werden, die direkt aus den Aufgaben und aus den Instrumenten, die zu ihrer Ausführung benötigt werden, abgeleitet werden können (beispielsweise Datenanalysefähigkeiten oder Marktanalysemethoden etc.). Im zweiten Teil werden die bedeutendsten Schlüsselkompetenzen aus der Aufgabenanalyse zusammengetragen und klassifiziert (beispielsweise Kooperationsfähigkeit oder analytische Fähigkeiten etc.). Dadurch ergeben sich sowohl harte Fach- und Methodenkompetenzen als auch weiche Fähigkeiten, die für die optimale Erfüllung der Aufgaben für jedes Kompetenzprofil notwendig sind. 2.3.1.4 Vergleich mit aktuellen Studien und Evaluierung der Ergebnisse Abschließend werden die Ergebnisse mit bestehenden Studien zu Einkaufskompetenzen verglichen. Dadurch können die erstellten Kompetenzprofile überprüft, erweitert und wissenschaftlich untermauert werden, was aufgrund der Subjektivität der Resultate als wesentlich eingestuft wird.
2.3.2 Veränderungen durch die Digitalisierung In diesem Abschnitt werden die zuvor analysierten Aufgaben und erstellten Profile im Lichte der Digitalisierung betrachtet. Durch die zuvor durchgeführte DACUM- Analyse konnte ein tiefes Verständnis für die aktuellen Aufgabenbereiche der Beschaffungsmanager generiert und somit eine fundierte Ausgangslage für die Trendanalyse gebildet werden. Vorerst werden die zentralen Trends und deren Einflüsse auf die Beschaffungsfunktion beschrieben, um diese in einem zweiten Schritt auf
2.3 Methodische Vorgehensweise zur Einschätzung von Beschaffungskompetenzen – …
29
die analysierten Kompetenzprofile anwenden zu können. Ziel ist es, herauszufinden, inwiefern sich Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen der zuvor definierten Kompetenzfelder durch die Digitalisierung verändern, ob sich neue Kompetenzprofile bilden und/oder ob sich alte auflösen werden. 2.3.2.1 Analyse der Trends Um die Entwicklungen der Beschaffungsfunktion im Zuge der Industrie 4.0 besser abschätzen zu können, dienen Trendstudien als Ausgangspunkt der Analyse. Dabei sollen zunächst allgemeine Veränderungen – exogene Trends – beschrieben werden, um diese anschließend auf die Beschaffungsfunktion zu adaptieren. Zusätzlich werden Trends in den Bereichen Logistik, Produktion und Marketing peripher beobachtet, da diese starke Auswirkungen auf die Beschaffungsfunktion haben und oftmals als Schnittstellen agieren (Welge 2016, S. 62). Die ausgewerteten Daten sollen als wissenschaftliche Grundlage für die folgende Analyse fungieren. 2.3.2.2 V eränderungen bei Aufgaben und Anforderungen und deren Einfluss auf die zuvor definierten Kompetenzprofile Sobald die essenziellen Trends beschrieben wurden, wird eingeschätzt, inwiefern sich die Beschaffungsfunktion verändern wird und welche Tätigkeitsbereiche und Aufgaben am meisten betroffen sein werden. Dazu werden zunächst die wichtigsten Veränderungen in den Tätigkeitsfeldern bestimmt. Dies bedeutet, dass ausgehend von den Ergebnissen der DACUM-Analyse erforscht wird, wo neue Technologien, Strukturen, Prozesse etc. Platz finden und auf welche Weise aktuelle Aufgaben durch diese neu definiert werden. In einem weiteren Schritt gilt es, zu untersuchen, welche neuen Anforderungen und Kompetenzen sich aufgrund der veränderten Aufgaben für die definierten Kompetenzprofile ergeben. Die definierten Schlüsselkompetenzen werden somit auf Basis der Zukunftsanalyse erneut bewertet und auf Veränderungen geprüft. Diese werden schlussendlich zu neuen Kompetenzprofilen subsumiert, um einen Vergleich mit der gegenwärtigen Situation herstellen zu können. 2.3.2.3 Vergleich zwischen aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen Abschließend sollen die Ergebnisse diskutiert werden, wobei der Vergleich zwischen aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen im Zentrum steht. Zusammenfassend soll aufgezeigt werden, wie sich die Kompetenzfelder in Zukunft wandeln und welche neuen Rollen aus den bestehenden Profilen emergieren. Anhand dieses Vergleichs lassen sich allfällige Kompetenzlücken bestimmen, wodurch ein potenzieller Handlungsbedarf aufgezeigt werden kann. Diese Erkenntnisse sollen die Grundlage für die Entwicklung nachhaltiger Maßnahmen zur Förderung der Beschaffungsfunktion im Rahmen weiterführender Untersuchungen bilden.
30
2 Mitarbeiter-Kompetenzforschung
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3 Kompetenzprofiling im heutigen
Beschaffungsmanagement
Damit die zukünftigen Aufgaben und Anforderungen sowie die dafür benötigten Kompetenzen von Beschaffungsmanagern im Zeitalter der Digitalisierung angemessen beurteilt werden können, wird zunächst eine detaillierte Analyse der aktuellen Hauptaufgaben durchgeführt. Dazu wird in einem ersten Schritt bestimmt, welche beschaffungsspezifischen Aufgaben für das vorliegende Buch relevant sind, um diese anschließend einzeln analysieren zu können. Ziel dieses Kapitels ist es, aktuelle Kompetenzprofile in der Beschaffung anhand des Spezialisierungskonzepts zu bilden.
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion Als Basis der DACUM-Aufgabenanalyse dienen sowohl die Vorlesungsunterlagen des Seminars ‚Strategisches Beschaffungsmanagement‘ von Erik Hofmann (2016) von der Universität St. Gallen sowie die Bücher ‚Strategisches Beschaffungsmanagement‘ von Large (2013) ‚Strategische Beschaffung‘ von van Weele und Essig (2017), ‚Beschaffungsmarketing‘ von Koppelmann (2003) als auch ‚Materialwirtschaft und Einkauf‘ von Arnolds et al. (2016). Mithilfe dieser Literatur konnten für dieses Buch die in Abb. 3.1 gesammelten Aufgaben als relevant eingestuft werden. Die dargestellte Übersicht zeigt den zuvor erwähnten zentralen Beschaffungsprozess, der sich jeweils in bestimmten Perioden wiederholt. Der Prozess wird durch die Entstehung eines Bedarfes initiiert. Folgend werden die Spezifikationen für das neue Objekt in Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen festgelegt, bevor die Suche nach geeigneten Anbietern folgt. Dabei werden sowohl Informationen aus der Lieferantenbasis als auch aus der Beschaffungsmarktforschung genutzt. Ist ein geeigneter Lieferant gefunden, folgen die Vertragsverhandlungen und die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung wird aufgebaut. Anschließend werden die operativen Prozesse in Gang gesetzt. Die Zusammenarbeit wird dabei von einem ständigen Kontrollprozess begleitet, um Verbesserungspotenziale realisieren zu können. © Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7_3
33
Strategische Strukturanalyse & -planung
Suche und Vorauswahl von Neulieferanten
Ausschreibung, Verhandlung und Beziehungsaufbau
Operative Beschaffungsdisposition
Kontrolle, Monitoring und Risikomanagement
Steuerung, Förderung und Beendigung
A
B
C
D
E
F
G
A-2 Auswahl der Datenerhebungsmethode
B-2 Bestimmung der Merkmalsausprägungen
C-2 Suche nach geeigneten Anbietern
D-2 Verhandlungen (Ablauf, Strategie und Stil)
E-2 Terminkontrolle und Terminsicherung
F-2 Monitoring, Benchmarking und Risikoanalyse
G-2 Nachverhandlungen
A-1 Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes
B-1 Identifikation der Objekte bzw. der Lieferanten und Definition der relevanten Merkmale
C-1 Bedarfsspezifikation und Make-orBuy-Entscheidungen
D-1 Angebotseinholung (Ausschreibungen [RFP & RFQ]/Auktionen) und Angebotsvergleich
E-1 Auslösung der Bestellung (EProcurement) und Kontrolle der Auftragsbestätigung
F-1 Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle
G-1 Selbststeuerung und Weisung
G-3 Lieferantenförderung
F-3 Dokumentation und Präsentation
E-3 Wareneingangsprüfung und finanzwirtschaftliche Verbuchung
D-3 Aufbau der Beziehungen (inhaltliche Aspekte von Verhandlungen)
C-3 Informationsbeschaffung (RFI) und Bewertung der Anbieter
B-3 Bildung von Beschaffungsobjektbzw. Lieferantengruppen
A-3 Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Erstellung von Anforderungsprofilen)
Aufgaben
G-4 Beendigung der Beziehung
F-4 Entscheidung über Akzeptanz der Abweichung
E-4 Operative Beschaffungslogistik (Warenannahme, Lagerung, Entsorgung)
D-4 Finalentscheidung für die Lieferanteneinbindung
C-4 Vorauswahl von Neulieferanten
B-4 Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung von konkreten Massnahmen zur Umgestaltung der Struktur
A-4 Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten
Abb. 3.1 Übersicht über die zu untersuchenden Aufgaben. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
Strategische Beschaffungsmarktforschung
Tätigkeit
34 3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
35
Falls die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung nicht zufriedenstellend ist, werden Steuerungsmaßnahmen eingeleitet, die schlussendlich auch eine Beendigung der Beziehung und somit eine neuerliche Suche zur Folge haben können (Hofmann 2016; Koppelmann 2003; Large 2013; van Weelen und Essig 2017). In den nächsten Abschnitten wird einzeln auf die definierten Tätigkeitsfelder eingegangen.
3.1.1 A – Strategische Beschaffungsmarktforschung Damit externe Erfolgspotenziale optimal genutzt werden können und die Beschaffungsfunktion adäquat erfüllt werden kann, ist Wissen über die Beschaffungsmärkte erforderlich. Diese Informationen können mithilfe der Marktforschung gewonnen werden. Bei dieser strategischen Aufgabe handelt es sich um die „systematische Gewinnung und Auswertung von Informationen über die Gegebenheiten und Beeinflussungsmöglichkeiten von Märkten“ (Köhler 1993, S. 2782). Um Informationen über die Beschaffungsmärkte zu gewinnen und auszuwerten, müssen gemäß Large (2013, S. 94–108) vier zentrale Aufgaben (Abb. 3.2) absolviert werden (vgl. auch Hofmann 2016, LE4; Koppelmann 2003, S. 339–374; van Weele und Essig 2017, S. 173–195). A-1: Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes Da das Beschaffungsmanagement aufgrund der enormen Menge von Beschaffungsobjekten auf sehr vielen Märkten agiert, ist es essenziell, die relevantesten Beschaffungsmärkte zu lokalisieren. Es muss somit vor einer Vorauswahl ein Forschungsschwerpunkt gesetzt werden, der den Zielen entspricht. Anschließend können die Märkte räumlich und sachlich abgegrenzt und die für die Untersuchung relevanten Schwerpunkte festgelegt werden (vgl. Tab. 3.1). A-2: Auswahl der Datenerhebungsmethode Um die vorausgewählten Märkte untersuchen zu können, muss eine geeignete Datenerhebungsmethode ermittelt werden. Es kann dabei zwischen der Primärforschung (Erhebung neuer Informationen mithilfe von Interviews und Befragungen, Fertigungsbesuchen etc.) und der Sekundärforschung (Auswertung bereits bestehender Daten wie Veröffentlichungen, Zeitschriften, Lieferantenverzeichnisse etc.) unterschieden werden (vgl. Tab. 3.2).
Aufgaben
Tätigkeit
A
Strategische Beschaffungsmarktforschung
A-1 Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes
A-2 Auswahl der Datenerhebungsmethode
A-3 Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Erstellung von Anforderungsprofilen)
A-4 Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten
Abb. 3.2 Aufgaben der strategischen Beschaffungsmarktforschung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
36
Tab. 3.1 A-1 Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Zielsetzung
Anforderungen Kenntnisse über Beschaffungsziele; Entscheid betreffend Umfang und Machbarkeit der Analyse (Kosten-Nutzen-Analyse/ Machbarkeitsstudien)
Sachliche und räumliche Marktabgrenzung
Einteilung in Beschaffungsobjektgruppen; Beurteilung der nationalen und internationalen Märkte; Priorisierung wichtiger Beschaffungsobjekte; Wissen über Produktionstechnologien; Beachtung vorgelagerter Märkte; Umgang mit Daten
Vorauswahl der potenziellen Beschaffungsmärkte
Eingrenzung der zu untersuchenden Märkte; Erkennen von Beschaffungschancen und – risiken; Wahrnehmung von Marktsignalen; Umgang mit Daten
Kompetenzen Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Fachwissen, Beurteilungsvermögen, Entscheidungs- & Problemlösungsfähigkeit, Methodenkenntnisse (Kosten- Nutzen-Analyse, Machbarkeitsstudien) Beurteilungsvermögen, Fach- & Marktwissen, Wissen über Beschaffungsobjektgruppen, Wissen über nationale und internationale Märkte, Sachlichkeit, Internetkompetenzen, Entscheidungsfähigkeit, Risikoeinschätzung, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, ergebnisorientiertes Handeln Entscheidungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Beurteilungsvermögen, Planungsverhalten, Wissensorientierung, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, fachübergreifende Kenntnisse, Fachwissen, Lernbereitschaft
Tab. 3.2 A-2 Auswahl der Datenerhebungsmethode (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Auswahl der geeigneten Datenerhebungsmethode
Anforderungen Ermittlung der adäquaten Datenerhebungsmethode; Verwendung der richtigen Daten, um mögliche Erlös- oder Kostenpotenziale nutzen zu können
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Datenanalysefähigkeiten, Wissen über verschiedene Datenerhebungsmethoden (explorative, deskriptive und experimentelle Forschungsmethoden oder Sekundärquellenanalyse) und über Datenverdichtungsmethoden, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
37
A-3: Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Erstellung von Anforderungsprofilen) Anbieter und Nachfrager agieren auf Märkten, um Produkte und Dienstleistungen auszutauschen. Diese sind wiederum in ein Marktumfeld eingebettet, das sich durch politische, rechtliche, wirtschaftliche, kulturelle und technologische Eigenheiten auszeichnet und sich somit von Land zu Land unterscheidet. Zusätzlich stehen Anbieter und Nachfrager einander auf jedem Markt in spezieller Weise gegenüber, woraus sich die Wettbewerbssituation ergibt. Ein wesentliches Ziel der Beschaffungsmarktforschung ist die Klassifizierung von Anbietern (Anforderungsprofile), also die Beurteilung derselben hinsichtlich einer potenziellen Zusammenarbeit (Large 2013, S. 166). Zur Beschaffung von Informationen über Anbieter und das Marktumfeld wird hauptsächlich das Internet genutzt (van Weele und Essig 2017, S. 195) (vgl. Tab. 3.3). A-4: Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten Letztendlich müssen die Ergebnisse in eine angemessene Form gebracht werden, damit sie für die Entscheidungsträger relevant und zugänglich werden (vgl. Tab. 3.4). Tab. 3.3 A-3 Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Klassifizierung und Auflistung der Anbieter
Anforderungen Marktanalyse; Erkennen und Einschätzen von interessanten Anbietern (first- & second-tier); Erstellen von Anforderungsprofilen; Beschaffung von Informationen über Rohstoffknappheit, Potenziale (Technologie, Produktivität, Qualität, Logistik), disruptive Technologien, Preisänderungen etc.; Risikoanalysen; Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden; Umgang mit Daten; Erkennen von externen Trends und Bedürfnissen; Identifikation potenzieller Lieferanten
Kompetenzen Fach- & Marktwissen, Beurteilungsvermögen, systematisch-methodisches Vorgehen, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke, Offenheit für Veränderungen, Wissensorientierung, Lernbereitschaft, Innovationsfreudigkeit, Initiative, Mobilität, Fleiß, Organisationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Internetkompetenzen, analytische Fähigkeiten, technisches Wissen über Produktions- und Herstellungsverfahren, Methodenwissen (Datenerhebung und -verdichtung, Zukunftsprognose, Lernmethoden, Marktstrukturanalysen), E-Mail-Kenntnisse, Risikoanalysefähigkeiten (Fortsetzung)
38
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.3 (Fortsetzung) Teilaufgaben Analyse der Nachfrager
Anforderungen Marktanalyse; Erkennen von Knappheit; Lokalisierung möglicher Einkaufskooperationen; Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden; Umgang mit Daten; Erkennen von externen Trends und Bedürfnissen; Benchmarking; Risikoanalysen
Erforschung des Marktumfelds
Marktanalyse; Einschätzung von Versorgungsunsicherheiten (Risikoanalysen); Analyse der rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und technologischen Rahmenbedingungen; Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden; Umgang mit Daten; Erkennen von externen Trends und Bedürfnissen
Kompetenzen Marktkenntnisse, Fachwissen, Beurteilungsvermögen, systematisch-methodisches Vorgehen, Lernmethoden, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke, Offenheit für Veränderungen, Wissensorientierung, Lernbereitschaft, Innovationsfreudigkeit, Initiative, Mobilität, Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Organisationsfähigkeit, Internetkompetenzen, Neugierde, analytische Fähigkeiten, Methodenwissen (Datenerhebung, Datenverdichtung, Zukunftsprognose, Benchmarking, Markstrukturanalysen), Neugierde, E-Mail-Kenntnisse, Risikoanalysefähigkeiten Wissensorientierung, juristische und politische Fähigkeiten, Marktkenntnisse, Fachwissen, Beurteilungsvermögen, systematisch-methodisches Vorgehen, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Initiative, Mobilität, Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Organisationsfähigkeit, Internetkompetenzen, analytische Fähigkeiten, Impuls geben, Methodenwissen (Datenerhebung, Datenverdichtung, Zukunftsprognose, Lernmethoden, Marktstrukturanalysen), Risikoanalysefähigkeiten (Fortsetzung)
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
39
Tab. 3.3 (Fortsetzung) Teilaufgaben Bewertung der Wettbewerbssituation
Anforderungen Marktanalyse; Untersuchung der Marktformen (vollkommener Wettbewerb, monopolischer Wettbewerb, Oligopol, Monopol); Einsatz qualitativer und quantitativer Methoden; Umgang mit Daten; Erkennen von externen Trends und Bedürfnissen; Risikoanalysen
Kompetenzen Methodenwissen (Marktstrukturanalyse), Lernmethoden, Wissensorientierung, Fach- & Marktwissen, Beurteilungsvermögen, systematisch-methodisches Vorgehen, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Initiative, Mobilität, Fleiß, Organisationsfähigkeit, Internetkompetenzen, analytische Fähigkeiten, Methodenwissen (Datenerhebung, Datenverdichtung und Zukunftsprognose), Neugierde, Risikoanalysefähigkeiten
Tab. 3.4 A-4 Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Erstellen von Berichten oder eines Vortrags mit den relevantesten Informationen
Anforderungen Belieferung der Entscheidungsträger mit wichtigen Informationen
Kompetenzen Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Beurteilungsvermögen, Fleiß, Gewissenhaftigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Datenverdichtungsmethoden, Datenerfassungssoftware
3.1.2 B – Strategische Strukturanalyse und -planung Im strategischen Beschaffungsmanagement ist es essenziell, Erfolgspotenziale zu erkennen und diese zu nutzen, wobei nicht nur die Befriedigung des Absatz- und Produktionsplans im Vordergrund steht. Dies bedeutet, dass sich die definierten Ziele nicht nur auf einzelne Beschaffungsobjekte, sondern vielmehr auf die gesamte Struktur beziehen sollten. Um diese strukturellen Ziele erreichen zu können, wird die Beschaffungsobjektstrukturanalyse und -planung durchgeführt. Diese unterteilt die zu beschaffenden Objekte in homogene Gütergruppen, um dann spezifische Strategien für die einzelnen Gruppen definieren zu können. Aufgrund der regelmä-
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
40
ßigen Analyse der Beschaffungsobjektstruktur lassen sich Probleme, wie eine hohe Anzahl an risikoreichen Beschaffungsgütern, erkennen und entsprechende Maßnahmen einleiten (Hofmann 2016, LE4 und LE5; Large 2013, S. 68–69). Demgegenüber steht die Lieferantenbasis, also sämtliche Lieferanten, von denen Güter bezogen werden. Auch die Lieferantenbasis kann in homogene Lieferantengruppen segmentiert und dadurch strukturiert werden. Die eigene Lieferantenstruktur zu verstehen, ist eine essenzielle Voraussetzung für das Management von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen. Die hohe Anzahl und die Unterschiedlichkeit der Lieferanten sowie die Vielfältigkeit der Wechselbeziehungen können nämlich zu einer enormen Komplexität führen. Die systematische Analyse dieser Basis hilft dabei, kohärente und auf Fakten basierende Entscheidungen zu treffen (Hofmann 2016, LE4 und LE5; Large 2013, S. 110–113). „Die wichtigste Voraussetzung für ein großes Erfolgspotential des Beschaffungsmanagers ist die Stimmigkeit von Beschaffungsobjekt- und Lieferantenstruktur.“ (Large 2013, S. 113) Damit die Potenziale optimal genutzt werden können, müssen die richtigen Objekte von den richtigen Lieferanten beschafft werden. Es muss somit eine Kongruenz innerhalb der Strukturen bestehen. Es ist daher zielführend, diese beiden Analysen – auch aufgrund der sehr ähnlichen Vorgehensweise – in einem Abschnitt zusammenzufassen. Daraus ergeben sich vier zentrale Aufgaben (Abb. 3.3), die unter dieser Kategorie subsumiert werden können (vgl. auch Large 2013, S. 68–93, 110–140; Hofmann 2016, LE4 und LE5; van Weele und Essig 2017, S. 243–252). B -1 Identifikation der Objekte bzw. der Lieferanten und Definition der relevanten Merkmale Zunächst müssen die Beschaffungsobjekte sowie die Lieferanten genau identifiziert werden, um die Transparenz für die weitere Vorgehensweise zu erhöhen. Dazu werden die Beschaffungsobjekte in Hauptgruppen aufgeteilt und die Lieferantenbasis auf Dubletten überprüft. In einem nächsten Schritt werden die relevanten Klassifikationsmerkmale identifiziert und das entsprechende Skalenniveau, das zur Gruppenbildung genutzt wird, bestimmt (vgl. Tab. 3.5). B-2 Bestimmung der Merkmalsausprägungen Nachdem die relevanten Klassifikationsmerkmale und das Skalenniveau bestimmt sind, folgt die Ermittlung der Merkmalsausprägungen für jedes Beschaffungsobjekt bzw. jeden Lieferanten. Außerdem werden diese datentechnisch im operativen IT-System erfasst (vgl. Tab. 3.6). Aufgaben
Tätigkeit
B
Strategische Strukturanalyse & -planung
B-1 Identifikation der Objekte bzw. der Lieferanten und Definition der relevanten Merkmale
B-2 Bestimmung der Merkmalsausprägungen
B-3 Bildung von Beschaffungsobjektbzw. Lieferantengruppen
B-4 Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung von konkreten Massnahmen zur Umgestaltung der Struktur
Abb. 3.3 Aufgaben der strategischen Strukturanalyse und -planung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
41
Tab. 3.5 B-1 Identifikation der Objekte/Lieferanten und Definition der relevanten Merkmale (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Bildung von Beschaffungsobjekthauptgruppen (Produktionsmaterialien, Betriebsstoffe, Investitionsgüter, Handelswaren und Dienstleistungen) Eindeutige Identifikation der Lieferanten
Anforderungen Wissen über Materialität und Verwendungszweck; Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen
Kompetenzen Wissen über die Produkte und Herstellungsverfahren, technisches Verständnis, Fachwissen, Kooperationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft
Fachwissen (Wissen über die Lieferanten), Gewissenhaftigkeit, Fleiß, ERP-Kenntnisse
Bestimmung der relevanten Klassifikationsmerkmale
Berichtigung von Dubletten; Bereinigung von fehlerhaften Lieferantenstammsätze Wahl der geeigneten Klassifikationsmerkmale; Bestimmung von komplexen Klassifikationsmerkmalen aufgrund von messbaren Einzelmerkmalen; Ableitung aus Zielen
Definition des Skalenniveaus
Wahl des geeigneten Skalenniveaus
Strategie- & Zielverständnis, Wissen über Klassifikationsmerkmale und ihre Wirkungszusammenhänge (Versorgungsrisiko, Kostenpotenziale etc.), Risikoanalysefähigkeiten, Wissen über Klassifikationsmerkmale (Lieferanten- und Beziehungsmerkmale), Fach- & Marktwissen, systematischmethodisches Vorgehen, Kenntnisse über Produkt und Herstellverfahren, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, Folgebewusstsein Methodenwissen bzgl. Skalenniveau (Nominal-, Ordinalzahlen und metrische Skalen), systematisch-methodisches Vorgehen, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, Folgebewusstsein
B-3 Bildung von Beschaffungsobjekt- bzw. Lieferantengruppen Wenn die relevanten Merkmalsausprägungen im System vorhanden sind, kann die eigentliche Klassifizierung in homogene Gruppen vorgenommen werden. Dazu gilt es, anhand der Beschaffungsziele die relevante Gruppenbildungsmethode zu wählen und die Einteilung durchzuführen. Sind die Gruppen gebildet, werden die Ergebnisse datentechnisch erfasst und in einer angemessenen Form abgespeichert (vgl. Tab. 3.7). B-4 Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Umgestaltung der Struktur Anhand der zuvor erfolgten Analyse werden etwaige Probleme in der Beschaffungsobjekt- und Lieferantenstruktur sichtbar. Diese fallen bei jedem Unternehmen unterschiedlich aus und können sowohl ein Übermaß an Beschaffungsobjekten,
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Tab. 3.6 B-2 Bestimmung der Merkmalsausprägungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Bestimmung der Merkmalsausprägung
Anforderungen Nutzen der operativen Daten im System; Verwendung von objektiven Informationen und subjektiven Erfahrungen zur Einschätzung; Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (u. a. Produktion); Rückgriff auf Informationen aus der Lieferantenkontrolle und -auswahl
Abspeicherung der Daten im IT-System und Dokumentation
Bildung von Schlüsselfeldern im Materialstammsatz; Abspeichern der Daten in geeigneter Form
Kompetenzen ERP-Kenntnisse, Tabellenkalkulation, Wissen über die Produkte und Herstellungsverfahren (Qualitätsanforderungen etc.), Wissen über die Lieferanten sowie ihre Beziehung, Fach- & Marktwissen, technisches Verständnis, Sachlichkeit, fachübergreifende Kenntnisse, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Kommunikationsfähigkeit, Risikoeinschätzung, Verständnisbereitschaft ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
Tab. 3.7 B-3 Bildung von Gruppen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Wahl der geeigneten Methode zur Gruppenbildung und Durchführung
Anforderungen Zuordnung zu einer Beschaffungsobjekt- / Lieferantengruppe; Reduktion der Komplexität; Erkennen von Synergiepotenzialen
Datentechnische Erfassung der Ergebnisse
Abspeichern verschiedener Analysen im operativen IT-System; Dokumentation der Ergebnisse
Kompetenzen Methodenkenntnisse zur Gruppenbildung (rationale, nominale, ordinale oder metrische Skalierung, Cluster-Analysen), Wissen über einfache und komplexe Methoden (ABC-, XYZ-Analysen, Material-/Lieferanten- Erfolgspotenzial-Portfolio, Kralijc-Matrix, Art der Geschäftsbeziehung, Lieferantenmatrix etc.), Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Entscheidungsfähigkeit, Konzeptionsstärke ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
eine zu niedrige Lieferqualität oder -zuverlässigkeit als auch kritische Versorgungsrisiken für bestimmte Güter umfassen. In dieser letzten Phase folgen die Interpretation der Untersuchung und die Beurteilung der momentanen Struktur hinsichtlich der Zielerreichung. Außerdem werden konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der aktuellen Situation abgeleitet (vgl. Tab. 3.8).
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.8 B-4 Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung von konkreten Maßnahmen zur Umgestaltung der Struktur (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Erkennen von Problemen in der Beschaffungsobjektund Lieferantenstruktur
Anforderungen Beurteilung der Struktur; Abgleich der Ist-Struktur mit der Soll-Struktur (Ziele)
Ableitung konkreter Maßnahmen und Strategien zur Behebung struktureller Probleme
Vergleich mit Beschaffungsmarkt; Überprüfen der Anwendbarkeit verschiedener Maßnahmen; Wirkungsprognosen; Erstellung eines Maßnahmenplans; Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (u. a. F&E, Produktion, Marketing)
Kompetenzen Strategieverständnis, Wissen über Erfolgspotenziale, Konzeptionsstärke, ganzheitliches Denken, Beurteilungsvermögen, Fach- & Marktwissen, Problemlösungsfähigkeit, ERP-Kenntnisse (Daten aus IT- System), Warengruppenmanagement Wissen über Beschaffungsmarkt und Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen, fachliche Anerkennung, technisches Wissen, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Marktwissen, Planungsverhalten, Konflikt- & Problemlösungsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Methodenwissen (Zukunftsprognosen, Projektmanagement), analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, Marketingwissen, Warengruppenmanagement, Integrationsfähigkeit, ganzheitliches Denken, Lieferantenmanagement
3.1.3 C – Suche und Vorauswahl von Neulieferanten Der Prozess der Suche und Vorauswahl von Neulieferanten ist eine der bedeutendsten Aufgaben des Beschaffungsmanagers, um externe Erfolgspotenziale erschließen zu können. Jene Lieferanten am Markt zu identifizieren, die am besten zum jeweiligen Unternehmen passen, ist eine wesentliche Voraussetzung, um stabile Lieferantenbeziehungen aufbauen zu können (Large 2013, S. 163). Die Informationen aus der Beschaffungsmarktforschung und der Strukturanalyse dienen dabei als Basis für die Suche nach neuen Lieferanten. Die nachfolgende Suche und Selektion resultiert in der Vorauswahl von mehreren potenziellen Partnern. Eine der wesentlichen Absichten der strategischen Lieferantenauswahl besteht in der Erhöhung der Anzahl leistungsstarker Lieferanten und dem Aufbau einer stabileren Beziehung zu diesen. Dadurch kann die Versorgungssicherheit strategisch bedeutsamer Güter besser gewährleistet werden. Andererseits kann so auch der Zugang zu Innovationen gesichert werden (Hofmann 2016, LE6; Large 2013, S. 162–165). Ziel dieses Prozesses
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Aufgaben
Tätigkeit Vorauswahl C Suchevonund Neulieferanten
C-1 Bedarfsspezifikation und Make-orBuy-Entscheidungen
C-2 Suche nach geeigneten Anbietern
C-3 Informationsbeschaffung (RFI) und Bewertung der Anbieter
C-4 Vorauswahl von Neulieferanten
Abb. 3.4 Aufgaben bei der Suche und Vorauswahl von Neulieferanten. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
ist es, aus allen potenziellen Lieferanten (‚Longlist‘) die interessanten Anbieter herauszufiltern und in einer verkürzten Liste (‚Shortlist‘) zu präsentieren. Large (2013) unterteilt den Prozess der Suche und Vorauswahl in vier Hauptaufgaben (Abb. 3.4), die die Basis für die nachfolgende DACUM-Analyse darstellen (S. 162–183; vgl. auch Hofmann 2016, LE6; Koppelmann 2003, S. 152–202, 234–241; van Weele und Essig 2017, S. 55–60). C-1: Bedarfsspezifikation und Make-or-Buy-Entscheidungen Damit die Anforderungen an die neuen, potenziellen Lieferanten festgelegt werden können, muss zunächst bestimmt werden, ob das benötigte Gut beschafft oder selber hergestellt werden soll (‚Make or Buy‘). Dies umfasst stets auch eine Überprüfung des Zielzusammenhangs und eine Einschätzung der Risiken sowie Potenziale. Danach werden in Zusammenarbeit mit anderen Funktionsbereichen die genauen Ansprüche (mengenspezifisch, logistisch, qualitativ etc.) an die Lieferantensuche resp. an den neuen Lieferanten definiert (vgl. Tab. 3.9). C-2 Suche nach geeigneten Anbietern In Anbetracht der Tatsache, dass es sich bei dem neuen Beschaffungsmarkt um einen zuvor untersuchten Markt handelt und dass für die darin agierenden Lieferanten bereits Anforderungsprofile erstellt wurden, kann diese Phase an dieser Stelle vernachlässigt werden.1 C-3 Informationsbeschaffung (RFI) und Bewertung der Anbieter Es existieren diverse Instrumente, um Informationen über potenzielle Lieferanten zu beschaffen, etwa das Versenden von Fragebögen, Interviews mit Lieferanten, die Nutzung von Internetplattformen oder RFI (Dick 2006). Die gesammelten Informationen müssen anschließend bewertet werden. Die Lieferantenbewertung ist im Rahmen der strategischen Lieferantenauswahl als Bewertung potenzieller Anbieter zu verstehen. Anbieter werden anhand ihres möglichen Erfolgsbeitrags eingestuft. Dies umfasst nicht nur neue Lieferanten, sondern auch bestehende. Die relevanten Bewertungskriterien werden vorerst definiert und anschließend operationalisiert (beispielsweise Liefermengen, Preise etc.). Danach werden die Merkmalsausprägungen der potenziellen Lieferanten gemessen, um die möglichen Lieferanten hie rarchisch zu ordnen (vgl. Tab. 3.10).
Eine ausführliche Analyse der neuen Beschaffungsmärkte erfolgte bereits in Abschn. 3.1.1. In diesem Kapitel wurde auch die Erstellung von Lieferantenanforderungsprofilen im Rahmen der strategischen Beschaffungsmarktforschung diskutiert.
1
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.9 C-1 Bedarfsspezifikation und Make-or-Buy-Entscheidungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Verfeinerung des Anforderungskatalogs (technische und funktionale Spezifikation)
Make-or-BuyEntscheide
Anforderungen Produktkenntnisse; angemessene Einschätzung und Festlegung der Anforderungen an das Beschaffungsgut; Überprüfung der Funktionsweise; Kontrollieren der technischen Spezifikationen; Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (F&E, Produktion, Marketing etc.) Klärung des Zielzusammenhangs; Einschätzung der Kostensenkungs- und Leistungssteigerungspotenziale; Abwägen von Risiken und Chancen, Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (F&E, Produktion, Marketing etc.)
Bestimmung der Mengen-, Qualitäts-, Logistik- und Instandhaltungsanforderungen sowie des Budgetplans und der Lieferantenanforderungen
Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (Marketing, Produktion, F&E etc.); Beratung anderer Funktionen; Überprüfen der Objektivität
Ermittlung der benötigten Ressourcen und deren Eigenschaften
Abklärung, welche Inputgüter zur Herstellung benötigt werden; Definition der geforderten Eigenschaften; Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (Marketing, Produktion, F&E etc)
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, technisches Produktwissen sowie Kenntnisse über Herstellungsverfahren, Fachwissen, Wissen über neueste Technologien, Marktwissen, Sachlichkeit, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Integrationsfähigkeit, fachliche Anerkennung, fachübergreifende Kenntnisse (Marketing, Logistik, SCM), ganzheitliches Denken, Beratungstechniken, Konflikt- & Problemlösungstechniken, Warengruppenmanagement Strategisches Verständnis, technisches Produktwissen, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Risikomanagement, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, fachübergreifende Kenntnisse (Marketing, Logistik, SCM), Integrationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Beratungsfähigkeit, Beratungstechniken, ganzheitliches Denken, Warengruppenmanagement Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Planungsverhalten, Beratungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, fachübergreifendes Wissen (Marketing, Logistik, SCM, Finanzwirtschaft, Qualitätswesen), Sachlichkeit, fachliche Anerkennung, Integrationsfähigkeit, ganzheitliches Denken, Beratungstechniken, Problem- und Konfliktlösungstechniken, Warengruppenmanagement technisches Produktwissen, Wissen über Herstellungsverfahren, Konzeptionsstärke, Integrationsfähigkeit, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Planungsverhalten, Beratungsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, fachliche Anerkennung, fachübergreifende Kenntnisse (Marketing, Logistik, SCM), Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Organisationsfähigkeit, ganzheitliches Denken
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.10 C-3 Informationsbeschaffung (RFI) und Bewertung der Anbieter (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Definition der relevanten Bewertungskriterien
Anforderungen Verstehen und Übersetzen von Strategien, um eine langfristige Erfüllung der Beschaffungsziele zu erreichen; Ableitung aus Auftragsspezifikation
Operationalisierung der Merkmale
Logische Übersetzung und Zerlegung der Kriterien in messbare/abschätzbare Indikatoren
Informationsbeschaffung die Merkmale betreffend (,Longlist‘)
Marktanalyse; Versenden von Fragebögen zur Selbsteinschätzung und sonstiges Einholen von Informationen; Überprüfung der Glaubwürdigkeit (Interviews oder Besuch der Fertigung); Erkennen und Dokumentieren relevanter Informationen; Durchführen eines RFI; Verständnis für Einkaufswebseiten, Lieferantenportale, virtuelle Marktplätze, vorhergehende Beschaffungsmarktforschung; Umgang mit Daten; Identifikation potenzieller Lieferanten
Bewertung
Messung/Abschätzung der Ausprägungen; Erkennen von Potenzialen; Risikoanalysen; Umgang mit Daten
Kompetenzen Marktkenntnisse, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, systematisch-methodisches Vorgehen, Strategieverständnis, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke Analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Sachlichkeit, Datenanalysefähigkeiten, Konzeptionsstärke Kenntnisse über Zertifikate (z. B. ISO), Methodenkenntnisse Datenerhebung (u. a. RFI), Organisationsfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Mobilität, Dialogfähigkeit, systematisch-methodisches Vorgehen, ERP-Kenntnisse, Marktkenntnisse, Fleiß, Sourcing-Methoden, Gewissenhaftigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Datenanalysefähigkeiten, Entscheidungsfähigkeit, Datenverdichtung, E-Mail- Kenntnisse Qualitative und quantitative Methodenkenntnisse (Gewichtung, Nutzenzuordnung, Bewertungsstabilisierung, Sensitivitätsanalyse), analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Sachlichkeit, Beurteilungsvermögen, Tabellenkalkulation, Datenanalysefähigkeiten, Folgebewusstsein, Risikoanalysefähigkeiten
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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C-4 Vorauswahl von Neulieferanten Zuletzt sollten die potenziellen Lieferanten nach gewissen Muss-Kriterien überprüft werden, die für das Unternehmen zu einem gewissen Mindestmaß erfüllt sein müssen, jedoch nicht in die zuvor durchgeführten Analysen eingeflossen sind. Erfüllen die potenziellen Anbieter diese Muss-Kriterien, werden sie für den Folgeprozess freigegeben (vgl. Tab. 3.11).
3.1.4 D – Ausschreibung, Verhandlung und Beziehungsaufbau Die zweite Phase des strategischen Managements von Lieferanten-Abnehmer- Beziehungen widmet sich dem Beziehungsaufbau zu einem oder mehreren Lieferanten. Damit eine Lieferantenbeziehung aufgebaut und ein Rahmenvertrag abgeschlossen werden kann, geht auch dieser Phase eine erneute Informationsbeschaffung voraus. Häufig dienen Auktionen und Ausschreibungen als Instrumente, um Angebote einzuholen. Diese Angebote werden in einem nächsten Schritt miteinander verglichen und die vielversprechendsten ausgewählt. Aus Effizienzgründen kann nur mit wenigen Lieferanten in Verhandlungen eingetreten werden (van Weele und Essig 2017, S. 148). Während dieser Verhandlungen werden alle entscheidenden Aspekte der Zusammenarbeit bestimmt und es wird entschieden, ob eine Partnerschaft zielführend ist oder nicht. Die folgenden vier Hauptaufgaben (Abb. 3.5) werden je nach Wissensstand, nach der Anzahl vorausgewählter Lieferanten sowie anhand der eingeschätzten Erfolgspotenziale mehr oder weniger ausführlich durchgeführt (vgl. auch Hofmann 2016, LE6; Koppelmann 2003, S. 234–329; Large 2013, S. 185–206; van Weele und Essig 2017, S. 57–66/146–149). Tab. 3.11 C-4 Vorauswahl von Neulieferanten (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Überprüfung der Musskriterien
Erstellen von Ranglisten und datentechnische Erfassung der Informationen
Anforderungen Übersetzen und Überprüfen der internationalen Anforderungen in Musskriterien; Befolgen ethischer Grundsätze; Umgang mit Daten; Überprüfung von Gesetzen Dokumentieren der Ergebnisse im operativen IT-System
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, juristische/ Compliance-Kenntnisse, fachübergreifende Kenntnisse, ganzheitliches Denken, normativ-ethische Einstellung, Folgebewusstsein
ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Aufgaben
Tätigkeit Verhandlung D Ausschreibung, und Beziehungsaufbau
D-1 Angebotseinholung (Ausschreibungen [RFP & RFQ] /Auktionen) und Angebotsvergleich
D-2 Verhandlungen (Ablauf, Strategie und Stil)
D-3 Aufbau der Beziehungen (inhaltliche Aspekte von Verhandlungen)
D-4 Finalentscheidung für die Lieferanteneinbindung
Abb. 3.5 Aufgaben, die sich aus Ausschreibungen, Verhandlungen und dem Beziehungsaufbau ergeben. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
D-1 Angebotseinholung (Ausschreibungen [RFP und RFQ]/Auktionen) und Angebotsvergleich Bei der Beurteilung der vorausgewählten Lieferanten geht es nicht mehr um die Gewinnung allgemeiner Informationen über die potenziellen Anbieter, sondern bereits um die Beschaffung angebotsspezifischer Details (wie beispielsweise die genauen Lieferkonditionen). Dazu eignen sich sowohl Ausschreibungsverfahren (RFP/RFQ) als auch Auktionen. Während RFI für die Beschaffung allgemeiner Informationen genutzt wird, beinhalten RFP/RFQ meist verbindliche Angebote (Dick 2006). Diese Angebote werden in einem weiteren Schritt anhand spezifischer Kriterien miteinander verglichen und datentechnisch erfasst (vgl. Tab. 3.12). D-2 Verhandlungen (Ablauf, Strategie und Stil) Verhandlungen stellen einen der bedeutendsten Bestandteile des Beziehungsmanagements dar, da sie die Bedingungen der Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen festlegen (Large 2013, S. 187–204). Verhandlungen lassen sich prinzipiell in eine Vorbereitungs-, eine Durchführungs- und eine Nachbereitungsphase unterteilen. Dabei wird stets das Ziel verfolgt, bestmögliche Verhandlungsergebnisse zu erreichen. Je nachdem, wie relevant eine potenzielle Partnerschaft ist, stehen dem Beschaffungsmanager verschiedene Verhandlungsstile sowie -strategien zur Verfügung2 (Hofmann 2016, LE6; van Weele und Essig 2017, S. 146–149). Tab. 3.13 verdeutlicht diesen Zusammenhang. D-3 Aufbau der Beziehungen (inhaltliche Aspekte von Verhandlungen) Grundsätzlich findet der Aufbau von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen auf vier verschiedenen Ebenen statt, die alle einen entscheidenden Bestandteil des Beziehungsmanagements darstellen. Die wertbezogene Ebene klärt, inwiefern ein Beschaffungsobjekt in die Wertschöpfung des eigenen Unternehmens integriert werden kann, während auf der flussbezogenen Ebene die Transaktionen der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung geregelt werden. Die sozialen Interaktionen zwischen den Firmen widerspiegelt die soziale Ebene, die vertraglichen Abmachungen werden wiederum in der rechtlichen Ebene behandelt. All diese inhaltlichen Aspekte einer Zusammenarbeit müssen bei Verhandlungen geklärt und in einem Rahmenvertrag dokumentiert werden (vgl. Tab. 3.14). Da der 2 In diesem Unterkapitel wird lediglich der Ablauf von Verhandlungen analysiert. Unter dem Punkt ‚Aufbau der Beziehungen‘ im nächsten Abschnitt werden anschließend die inhaltlichen Aspekte von Verhandlungen untersucht.
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.12 D-1 Angebotseinholung und Angebotsvergleich (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Beschaffung weiterer Informationen (,Shortlist‘) und Nutzung bestehender Informationen
Anforderungen Einholen von Informationen über Interviews und Fertigungsbesuche; kritisches Hinterfragen, ob sich der zusätzliche Aufwand lohnt; Umgang mit Daten; Unterscheidung zwischen brauchbaren und unbrauchbaren Informationen; Meistern der Informationsflut; Umgang mit Daten; angemessene Bewertung der eigenen Erfahrungen
Anfrage bei potenziellen Anbietern (Ausschreibungen (RFP/RFQ)/ Auktionen)
Verfassung der Leistungsbeschreibungen; Erstellung der Bewertungskriterien; Bekanntmachung des Projekts für die ,Shortlist‘; Durchführung des Ausschreibungs- oder Auktionsprozesses Festlegung der Eignungs-, Auswahl und Zuschlagkriterien; Zusammenarbeit mit anderen Bereichen; TCO-Analyse
Angebotsvergleich
Datentechnische Erfassung der Ergebnisse
Dokumentieren der Ergebnisse im operativen IT-System
Kompetenzen Mobilität, Beurteilungsvermögen, Dialogfähigkeit, Fach- & Marktwissen, ergebnisorientiertes Handeln, kritisches Hinterfragen, Organisationsfähigkeit, Datenanalysefähigkeiten, Datenerhebungsmethoden, Kooperationsfähigkeit, Sprachgewandtheit, Fleiß, Entscheidungsfähigkeit, Umgang mit dem Internet, Gewissenhaftigkeit, ganzheitliches Denken, Sourcing- Methoden, Datenverdichtung, ERP-Kenntnisse, E-Mail-Kenntnisse Analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, technisches Wissen, Ausschreibungsund Auktionswissen, Kommunikationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Sourcing- Methoden Kooperationsfähigkeit, Methodenwissen (Kontrollgrößen und Vergleichsmethoden), systematisch- methodisches Vorgehen, Entscheidungsfähigkeit, Beurteilungsvermögen, finanzwirtschaftliche Kenntnisse, analytische Fähigkeiten, Fachwissen, Konzeptionsstärke, Datenanalysefähigkeiten, Fleiß, Risikoanalysefähigkeiten ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
Aufbau neuer Lieferantenbeziehungen sehr teuer und zeitaufwendig ist, muss der Prozess des Beziehungsmanagements sorgfältig durchlaufen werden, damit ein erneuter Lieferantenwechsel so gut wie möglich verhindert werden kann. Dies ist wesentlich für die Wirtschaftlichkeit des Unternehmens (Large 2013, S. 162–163).
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Tab. 3.13 D-2 Verhandlungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Vorbereitung
Anforderungen Genaue Festlegung des Anliegens, des Zieles und der administrativen Anforderungen; Einschätzung der Konsequenz für den Lieferanten; Festlegung des Verhandlungsstils; Erstellung der Verhandlungsunterlagen
Durchführung
Einsatz von Kommunikationsmedien mit hohem Informationsreichtum (Media-Richness); kooperative Eröffnung des Gesprächs; Stärkung des Willens für gemeinsame Problemlösung; höfliche und effiziente Gesprächsführung; Austausch von Informationen und adäquate Handhabung von Konflikten; crossfunktionale Zusammenarbeit
Nachbereitung
Erstellung und Versendung einer Dokumentation (datentechnische Erfassung); interne Kommunikation der persönlichen Aufzeichnungen
Kompetenzen Wissen über Verhandlungspartner, Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, Konzeptionsstärke, Fachwissen, Kenntnisse über Verhandlungsstile, Teamfähigkeit, Organisationsfähigkeit, Verhandlungstechniken, Marketingwissen, Akquisitionsstärke Verhandlungsgeschick, Kompromissbereitschaft, ethisches Verhalten, Sprachgewandtheit, Zuhören, Sachlichkeit, Loyalität, normativ-ethische Einstellung, Glaubwürdigkeit, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Akquisitionsstärke, Dialogfähigkeit, Initiative, Kommunikationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Schlagfertigkeit, Fachwissen, Planungsverhalten, Projektmanagement, Fremdsprachenkenntnisse, Wissen über Kommunikationsmedien, Marketingwissen, Integrationsfähigkeit, Kulturverständnis, Mobilität ERP-Wissen, Kommunikationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Präsentationsfähigkeiten, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke
Tab. 3.14 D-3 Aufbau der Beziehung (inhaltliche Aspekte von Verhandlungen) (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Klärung der Eignung des Beschaffungsobjekts
Anforderungen Nutzung des Lastenhefts/ von technischen Zeichnungen; Prüfung der technologischen Realisierung; Prüfung der Veränderungsvorschläge; Zusammenarbeit mit Produktion und F&E
Kompetenzen Technisches Produktwissen, Wissen über Produktionstechnologien und Herstellungsverfahren, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement
(Fortsetzung)
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.14 (Fortsetzung) Teilaufgaben Organisation der Verteilung der Entwicklungstätigkeit
Anforderungen Funktionierende Zusammenarbeit; abgestimmter Entwicklungsprozess; Abschätzung der adäquaten Form, Zusammenarbeit mit F&E und Lieferant
Durchführung von Lieferantenaudits
Prüfung der Qualitätsfähigkeit (Zusammenarbeit mit Qualitätswesen und Produktion); Erkennen von Schwachstellen und Verbesserungspotenzialen; Abschätzung der adäquaten Form Zusammenarbeit mit Logistikabteilung und Lieferant (evtl. Logistikunternehmen); Abschätzung der adäquaten Form
Bestimmung der Beschaffungslogistik
Festlegung des Bereitstellungsprinzips
Zusammenarbeit mit Produktion und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form
Kompetenzen Interdisziplinäre, fachübergreifende Kenntnisse, Risikoeinschätzung, Organisationsfähigkeit, Planungsverhalten, Beurteilungsvermögen, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, ganzheitliches Denken, Beziehungsmanagement, Konzeptionsstärke, Projektmanagement, technisches Produktwissen, Innovationsfreudigkeit, Dialogfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Kulturverständnis, Methodenkompetenz (Entwicklungsprojekte, Prozessgestaltung) Auditkenntnisse (System, Prozess, Produkt), analytische Fähigkeiten, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Projektmanagement, Qualitätswissen, ganzheitliches Denken, Integrations- & Beratungsfähigkeit Logistik- & SCM-Wissen, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Planungsverhalten, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung) Kenntnisse über Bereitstellungsprinzipien (Logistik/ SCM), Planungsverhalten, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, ganzheitliches Denken, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung) (Fortsetzung)
52
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.14 (Fortsetzung) Teilaufgaben Auswahl der geeigneten Kommunikationstechnologien und Organisation der EDI-Gestaltung
Anforderungen Zusammenarbeit mit IT und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form; Einführung von E-Procurement
Klärung der Finanzflüsse
Zusammenarbeit mit Finanzen und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form
Formen von interorganisationalen Teams
Schaffen von Vertrauen und Gewissheit; Klärung von Erwartungen; Einschätzung des Lieferanten
Aufsetzen von Verträgen
Abschätzung der adäquaten Vertragsform; Zusammenarbeit mit Rechtsabteilung
Kompetenzen IT-/EDI-/SAP-Kenntnisse (EDIFACT, EANCOM etc.), Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, E-Procurement-Kenntnisse, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, ganzheitliches Denken, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Wissen über Kommunikationstechniken, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung) Finanzwirtschaftliche Kenntnisse (Preisstrukturanalyse etc.), Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung) Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Organisationsfähigkeit, Glaubwürdigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Sachlichkeit, normativ-ethische Einstellung Juristisches Fachwissen, Planungsverhalten, Vertragsmanagement, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit
D-4 Finalentscheidung für die Lieferanteneinbindung Letztendlich muss entschieden werden, ob ein oder mehrere Lieferanten in die Lieferantenbasis aufgenommen und somit in die operativen Geschäfte eingebunden werden (vgl. Tab. 3.15). Darüber hinaus können Lieferanten auch probeweise eingebunden werden, wodurch aber eine verstärkte Kontrolle und Steuerung notwendig werden (vgl. Kontrollprozess).
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.15 D-4 Finalentscheid für die Lieferanteneinbindung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Freigabe oder Abweisung von Lieferanten
Anforderungen Auswertung der zuvor dokumentierten Analysen, Entscheidung
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, ganzheitliches Denken, Planungsverhalten, Entscheidungsfähigkeit, Folgebewusstsein, Fach- & Marktwissen, Prognosetechniken und Risikoeinschätzung
3.1.5 E – Operative Beschaffungsdisposition Während des strategischen Managements von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen werden die Voraussetzungen für die effiziente Abwicklung der operativen Prozesse geschaffen. Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen geben gewissermaßen den Rahmen vor, in dem die operative Beschaffungsdisposition abzulaufen hat. Dieser Prozess wird durch das konkrete Auftreten eines Bedarfs ausgelöst. Gemäß Large (2013, S. 207–211) gibt es dazu vier verschiedene Ausgangslagen: 1. Wiederholungskäufe: Es ist eine Lieferanten-Abnehmer-Beziehung erforderlich und ein Rahmenvertrag ist vorhanden. 2. Ungeplanter Bedarf (modifizierte Wiederholungskäufe): Eine LieferantenAbnehmer-Beziehung ist erforderlich, aber kein Rahmenvertrag vorhanden. Der Bedarf kann jedoch mithilfe einer bestehenden Beziehung in der gleichen Beschaffungsobjektgruppe befriedigt werden. 3. Unvorhergesehener Bedarf: Eine Lieferanten-Abnehmer-Beziehung ist erforderlich, jedoch ist weder ein Rahmenvertrag noch eine bestehende Beziehung vorhanden. 4. Einmaliger/sehr seltener Bedarf: Es ist keine Lieferanten-Abnehmer-Beziehung erforderlich. Während bei Wiederholungskäufen Beschaffungsaufträge direkt in Bestellungen überführt werden können, sollte in Fall 3 (unvorhergesehener Bedarf) der reguläre strategische Lieferantenauswahlprozess in Gang gesetzt werden. Da diese Suche aufgrund des Zeitdrucks oftmals weniger sorgfältig erfolgt, ist der unvorhergesehene Bedarf eine der größten Ursachen für eine mangelhafte Lieferantenbasis (Large 2013, S. 210). Im Gegensatz zu Fall 3 wird das Entstehen eines ungeplanten resp. einmaligen Bedarfs lediglich von operativen Maßnahmen der Lieferantenauswahl begleitet. Die operative Lieferantenauswahl ergibt sich ähnlich wie der strategische Prozess durch das Einholen von Angeboten, durch Verhandlungen sowie durch den Angebotsvergleich. Je nach Fall kann hier auf gewisse Prozessschritte verzichtet werden. Da jegliche Schritte der Lieferantenauswahl bereits im strategischen Prozess diskutiert wurden, wird nachfolgend davon ausgegangen, dass die operative Vertragsabwicklung auf einem Rahmenvertrag beruht, wodurch sich folgende Hauptaufgaben (Abb. 3.6) ergeben (vgl. auch Arnolds et al. 2016, S. 191–196, 287–332; Hofmann 2016, LE06; Koppelmann 2003, S. 331–337; Large 2013, S. 211–219; van Weele und Essig 2017, S. 67–69):
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Aufgaben
Tätigkeit
E
Operative Beschaffungsdisposition
E-1 Auslösung der Bestellung (EProcurement) und Kontrolle der Auftragsbestätigung
E-2 Terminkontrolle und Terminsicherung
E-3 Wareneingangsprüfung und finanzwirtschaftliche Verbuchung
E-4 Operative Beschaffungslogistik (Warenannahme, Lagerung, Entsorgung)
Abb. 3.6 Aufgaben der operativen Beschaffungsdisposition. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750) Tab. 3.16 E-1 Auslösen der Bestellung (E-Procurement) und Kontrolle der Auftragsbestätigung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Erhalt der Bedarfsmeldung und Auslösen der Bestellung
Anforderungen Annahme der Bedarfsmeldung; Bedienung des E-Procurement-Tools
Kontrolle der Auftragsbestätigung
Überprüfung der Auftragsbestätigung mit der Bestellung
Kompetenzen E-Procurement-Kompetenzen, ERP- Wissen, Ausführungsbereitschaft, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Lernbereitschaft, Methodenkompetenz (Aneignen von E-Procurement-Wissen), Planungsverhalten, Datenerfassungssoftware, Bedarfsplanung Sorgfalt, Pflichtgefühl, Fachwissen, Gewissenhaftigkeit, E-Procurement- Kompetenzen, ERP-Wissen, Organisationsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Tatkraft, Ausführungsbereitschaft
E-1 Auslösen der Bestellung (E-Procurement) und Kontrolle der Auftragsbestätigung Ein Bedarf kann über die programmorientierte Planung, durch das Erreichen eines Mindestbestands oder durch das Auftreten eines individuellen Bedarfs (bei vorhandenem Rahmenvertrag) entstehen. Dieser individuelle Bedarf kann entweder automatisch mithilfe von E-Procurement oder über eine Bedarfsmeldung mit anschließender datentechnischer Erfassung in eine Bestellung überführt werden (vgl. Tab. 3.16).3 E-2 Terminkontrolle und Terminsicherung Bei der Terminkontrolle ist die Überprüfung der Termineinhaltung zentral, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Daten bezüglich der Zuverlässigkeit des Lieferanten werden im operativen IT-System erfasst und im Rahmen des Kontrollprozesses untersucht. Die Terminsicherung hingegen versucht, Terminüberschreitungen bereits im Voraus zu verhindern (vgl. Tab. 3.17). Wesentlich ist dabei die strategische Lieferantenauswahl, die nicht nur auf Preise, sondern auch auf andere Faktoren (wie beispielsweise die Lieferzuverlässigkeit) fokussieren sollte. Im operativen Sinn steht dabei vor allem die Verbesserung der Kommunikation mit den anderen Funktionsbereichen und den Lieferanten im Zentrum (Arnolds et al. 2016, S. 195).
3 Es wird davon ausgegangen, dass mithilfe eines IT-Systems die Bestellung per ‚Knopfdruck‘ ausgelöst werden kann.
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.17 E-2 Terminkontrolle und Terminsicherung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Terminkontrolle
Anforderungen Gewährleistung der Liefertermine; Verschicken von Erinnerungen; Einleitung von Mahnungsverfahren; Weitergabe der Informationen an strategisches Beschaffungsmanagement; Eingabe in Accounting- Software; Einleitung von Sofortmaßnahmen
Terminsicherung
Rechtzeitige Bestellung bei zuverlässigen Lieferanten; Verbesserung des Informationsaustausches; Aufbereitung der Daten und Weiterleitung an strategische Beschaffung, um strategische Lieferantenauswahl zu verbessern Abspeichern der verschiedenen Analysen im operativen IT-System; Dokumentation der Ergebnisse
Datentechnische Erfassung der Ergebnisse
Kompetenzen Beharrlichkeit, Konsequenz, Konfliktund Problemlösungs- sowie Kommunikationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Organisationsfähigkeit, Fachwissen, Beurteilungsvermögen, Kooperationsfähigkeit, Umgang mit Kommunikationsmedien, Belastbarkeit, Entscheidungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, Tatkraft, Initiative, Accounting- Software, Audittechniken, Methodenkompetenz (Kontrollgrößenermittlung, Mahnverfahren), finanzwirtschaftliches und juristisches Wissen, Datenerfassungssoftware, Reklamationsverfahrenstechniken Kooperations- & Kommunikationsfähigkeit, Fachwissen, Zuverlässigkeit, Organisations- & Integrationsfähigkeit, Tatkraft, Initiative, Prognosen, Datenaufbereitung, Planungsverhalten
ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Stammdatenpflege, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentationsund Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
E-3 Wareneingangsprüfung und finanzwirtschaftliche Verbuchung In diesem Schritt werden die bestellten Güter empfangen und einer Wareneingangsprüfung unterzogen, um sicherzustellen, dass die verhandelten Objekt-, Mengenund Qualitätsanforderungen den Vereinbarungen im Rahmenvertrag entsprechen. Nach der Prüfung werden die Güter verbucht. Sind Produkte fehlerhaft, wird ein Reklamationsverfahren eingeleitet. Die hohen Kosten, die die Wareneingangskon trolle verursacht, können mithilfe einer qualitativ hochwertigen Lieferantenauswahl umgangen oder eingeschränkt werden (vgl. Tab. 3.18). E-4 Operative Beschaffungslogistik (Warenannahme, Lagerung und Entsorgung) Die interne Beschaffungslogistik fällt oftmals in den Funktionsbereich des Beschaffungsmanagers, da Güter an den richtigen Ort transportiert werden müssen, nach-
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.18 E-3 Wareneingangsprüfung und finanzwirtschaftliche Verbuchung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Eingangsprüfung
Anforderungen Identitäts-, Mengen- und Qualitätsprüfung, Reklamationen, Zusammenarbeit mit dem Qualitätsmanagement
Buchung des Wareneingangs
Dokumentation der Erfüllung (Lieferschein); Eingabe in ERP-System, Archivierung der Lieferantenakten
Datentechnische Erfassung der Ergebnisse
Abspeichern der verschiedenen Analysen im operativen IT-System; Dokumentation der Ergebnisse
Kompetenzen Fachwissen, Kooperationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Organisationsfähigkeit, Audittechniken, Beurteilungsvermögen, juristische Kenntnisse, Bedienen von Qualitätsmanagement-Tools, Datenerfassungs-Software, Methodenkompetenz Prüfungsverfahren, Entscheidungsfähigkeit, Konsequenz, Beharrlichkeit, Integrationsfähigkeit, Tatkraft, fachliche Anerkennung, Reklamationsverfahren, Qualitäts-/technisches Wissen Finanzwirtschaftliche Kenntnisse, Accounting-Software, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Rechnungskontrolle, Rechnungsklärung Dokumentationskompetenzen, Fleiß, Fachwissen, Audittechniken ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Stammdatenpflege, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
dem sie angenommen und einer Prüfung unterzogen wurden. Die eingelagerten Güter werden dadurch für die weitere Verarbeitung (u. a. für die Produktion) zugänglich. Abschließend müssen Verpackungsmaterialien angemessen entsorgt und die Retouren organisiert werden (vgl. Tab. 3.19).
3.1.6 F – Kontrolle, Monitoring und Risikomanagement Aufgrund der Terminkontrolle sowie der Wareneingangs- und Rechnungsprüfung werden bereits während der operativen Nutzung Kontrollaufgaben durchgeführt. Falls Verspätungen und Falschlieferungen häufig auftreten, ist dies oft ein Indiz für eine inadäquate Lieferantenbasis, weshalb die operativen Kontrolltätigkeiten von strategischen Maßnahmen begleitet werden müssen. Dabei sollten stets Vergleiche zwischen einem gewünschten (Soll-), einem erwarteten (Wird-) und/oder einem beobachteten (Ist-)Zustand angestellt werden (Large 2013, S. 217, 220, 221). Dieser strategische Kontrollprozess wird durch vier Hauptaufgaben (Abb. 3.7) bestimmt, die im Folgenden analysiert werden (Large 2013, S. 220–243; vgl. auch Koppelmann 2003, S. 377–401; van Weele und Essig 2017, S. 519–524).
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.19 E-4 Operative Beschaffungslogistik (Warenannahme, Lagerung und Entsorgung) (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Warenannahme
Anforderungen Effiziente Ablauforganisation; Bereitstellung der Fördermittel; Schnelle Entladung und Auspackung; Kommissionierung; Zusammenarbeit mit Logistik
Betrieblicher Weitertransport und Materiallager
Bereitstellung der Güter im Produktionslager; Zusammenarbeit mit Logistik
Retouren und Abfälle
Effiziente Steuerung der betrieblichen Abfallentsorgung (u. a. von Verpackungsmaterial) und Retouren; Zusammenarbeit mit Logistik
Aufgaben
Tätigkeit
F
Kontrolle, Monitoring und Risikomanagement
Kompetenzen Fachwissen, Organisations-, Kooperations- & Entscheidungsfähigkeit, logistische & fachübergreifende Kenntnisse, Ausführungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Integrationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Tatkraft, Initiative, fachliche Anerkennung, Datenerfassungs- Software Fachwissen, Organisations-, Kooperations- & Entscheidungsfähigkeit, logistische & fachübergreifende Kenntnisse, Ausführungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Integrationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Tatkraft, Initiative, fachliche Anerkennung, Planungsverhalten Fachwissen, Organisations-, Kooperations- & Entscheidungsfähigkeit, logistische & fachübergreifende Kenntnisse, Ausführungsbereitschaft, Zuverlässigkeit, Integrationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Initiative, Tatkraft, fachliche Anerkennung, Planungsverhalten
F-1 Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle
F-2 Monitoring, Benchmarking und Risikoanalyse
F-3 Dokumentation und Präsentation
F-4 Entscheidung über Akzeptanz der Abweichung
Abb. 3.7 Aufgaben der Kontrolle, des Monitorings und des Risikomanagements. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
F-1 Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle Wie detailliert der Kontrollprozess abläuft, wird hauptsächlich durch die strategische Ausrichtung der Beschaffung und durch das zur Verfügung stehende Budget bestimmt. So können einfache Lieferkontrollen, Lieferantenkontrollen und Beziehungskontrollen durchgeführt werden oder es kann ein umfassendes Beschaffungskontrollsystem eingeführt werden (vgl. Tab. 3.20). F-2 Monitoring, Benchmarking und Risikoanalyse In einem zweiten Schritt werden die Führungs- (Ist-), Kontroll- (Soll-) und Prognosegrößen (Wird-) bestimmt. Entscheidende Instrumente, um diese Größen zu bestimmen, sind das Monitoring bestehender Beziehungen, das Benchmarking und die Risikoanalysen. Während beim Monitoring operative Daten der vergangenen
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.20 F-1 Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Wahl des adäquaten Kontrollsystems
Anforderungen Abschätzung von Nutzen und Kosten; Ableitung aus Beschaffungsstrategie; Budgetplanung
Festlegung der Kontrollart
Wahl der geeigneten Führungs-, Kontrollgrößen und Vergleichsmethoden pro Lieferantengruppe; Ableitung aus Beschaffungszielen; Bestimmung von Vorbildern (Benchmarking); Verwendung der Daten aus der Lieferantenstrukturanalyse
Kompetenzen Kenntnisse über verschiedene Kontrollarten (Liefer-, Lieferanten-, Beziehungs- und Beschaffungssystemkontrolle), strategisches Wissen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Konzeptionsstärke, finanzwirtschaftliche Fähigkeiten Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Wissen über Lieferantenstrukturanalyse, Konzeptionsstärke, Methodenwissen (Führungs-, Kontroll-, Wird-Größen- Ermittlung), Benchmarking, finanzwirtschaftliche Fähigkeiten, Risikoanalysefähigkeiten
Periode aufbereitet und analysiert werden, richtet sich das Risikomanagement auf die Steuerung potenzieller Risikosituationen in der Zukunft aus. Es wird versucht, mithilfe diverser Daten Prognosen zu erstellen, um die künftige Situation besser einzuschätzen und entsprechende Handlungsmaßnahmen abzuleiten (vgl. Tab. 3.21). Obwohl dies zu den bedeutendsten Aufgaben in der strategischen Beschaffung gehört, fehlt das Risikomanagement in der Beschaffung oftmals oder erfolgt nur mangelhaft. Dies kann zu Versorgungsengpässen und Produktionsstillstand führen (Kotula 2011). F-3 Dokumentation und Präsentation Wenn die Vergleichsergebnisse vorliegen, werden die Daten in eine geeignete Form übersetzt und präsentiert, damit die Entscheidungsträger gegebenenfalls Maßnahmen einleiten können (vgl. Tab. 3.22). F-4 Entscheidung über Akzeptanz der Abweichung Letztendlich muss entschieden werden, für welche Lieferanten Steuerungsmaßnahmen hilfreich sind und für welche nicht. Dies hängt wesentlich von den Potenzialen des Lieferanten sowie von den möglichen Risiken ab (vgl. Tab. 3.23).
3.1.7 G – Steuerung, Förderung und Beendigung In dieser Phase des Managements von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen steht die Beeinflussung des Verhaltens von Lieferanten im Vordergrund. Da Unsicherheiten bezüglich der künftigen Umweltentwicklungen bestehen und das Verhal-
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.21 F-2 Monitoring, Benchmarking und Risikoanalyse (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Bestimmung der Führungsgrößen (Soll)
Anforderungen Ableitung aus Zielen; Bestimmung von Vorbildern (Benchmarking)
Bestimmung der Kontrollgrößen (Ist)
Aufbereitung quantitativer Daten der vergangenen Periode; Berechnung von Kennzahlen (aggregierte Ist-Größen); Einbezug qualitativer Merkmale (z. B. Flexibilität); Monitoring Durchführen von Prognosen; Auswerten von Daten über Lieferanten (aktueller Auftragseingang, künftige Auslastung etc.); subjektive Einschätzung der Zukunftsentwicklung; Risikoanalysen Bildung absoluter und prozentualer Abweichung und Quotenbildung; rechtzeitige Erkennung von Problemen oder Veränderungen (Hidden Characteristics, Actions and Intentions)
Bestimmung der Wird-Größen
Vergleich der verschiedenen Größen
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Wissen über Lieferantengruppen, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, Sachlichkeit, Benchmarking, Risikoanalysefähigkeiten Methodenkenntnisse (Lieferantenstrukturanalyse), mathematische & analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Controlling-Wissen, ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Konzeptionsstärke, Prozess-Mapping und Prozessanalyse, Accounting-Software, Audit-Techniken Beurteilungsvermögen, Methodenkenntnisse über Zukunftsprognosen (Prognoserechnung, Indikatorprognose, Regressionsrechnung etc.), Fach- & Marktwissen, Konzeptionsstärke, Risikoanalysefähigkeiten Vergleichsmethodenkenntnisse (Bildung von absoluten und prozentualen Abweichungen, Quotientenbildung etc.), Wissen über Qualitätssicherungssystem, Konzeptionsstärke, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Accounting-Software, Audit- Techniken
Tab. 3.22 F-3 Dokumentation und Präsentation (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Bestimmung der zu steuernden Lieferanten und Priorisierung
Präsentation und Dokumentation
Anforderungen Einteilung der Lieferanten in Erfolgs-, Teilerfolgs- und Misserfolgslieferanten; Abwägung der Bedeutung des Lieferanten und der Kosten; Risikoeinschätzung, teils gemeinsam mit Bedarfsträgern Umwandlung und Präsentation der Daten in angemessener Form; Verringerung der Komplexität
Kompetenzen Methodenkenntnisse (LEP), Entscheidungsfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Risikoanalysenfähigkeiten, Kooperationsfähigkeit, Fachwissen, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft ERP-Kenntnisse, Beurteilungsvermögen, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Datenverdichtung, Präsentations- und Dokumentationsfähigkeiten, Konzeptionsstärke, Datenerfassungssoftware
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
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Tab. 3.23 F-4 Entscheid über Akzeptanz der Abweichung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Entscheid über Akzeptanz der Abweichung
Anforderungen Abwägung der Potenziale und Risiken; Beurteilung von Alternativen
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Folgebewusstsein, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Prognosetechniken und Risikoeinschätzung, ganzheitliches Denken, Planungsverhalten Aufgaben
Tätigkeit
G
Steuerung, Förderung und Beendigung
G-1 Selbststeuerung und Weisung
G-2 Nachverhandlungen
G-3 Lieferantenförderung
G-4 Beendigung der Beziehung
Abb. 3.8 Aufgaben der Steuerung, der Förderung und der Beendigung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Tippelt und Edelmann 2007, S. 750)
ten der Lieferanten beim Aufbau der Beziehung nicht vollständig beurteilt werden kann, werden im späteren Verlauf der Zusammenarbeit Steuerungsprozesse notwendig. Die Maßnahmen werden aus den Ergebnissen der Ex-post-Bewertung der vorgelagerten Kontrollphase sowie anhand von strukturellen Veränderungen der Beschaffungsstruktur oder des Beschaffungsmarktes abgeleitet. Dabei stehen gemäß Large (2013) vier mögliche Aktivitäten (Abb. 3.8) im Zentrum, die wesentlich durch die eigene Machtposition, die Relevanz der Beziehung sowie durch die Potenziale der Lieferanten bestimmt sind (S. 244–262; vgl. auch Hofmann 2016, LE7; Koppelmann 2003, S. 252–259; van Weele und Essig 2017, S. 524–527). G-1 Selbststeuerung und Weisung Maßnahmen der Selbststeuerung und Weisung werden bei kleineren Problemen oder bei Lieferanten, die strategisch weniger Bedeutung haben, eingesetzt. Bei der Selbststeuerung wird davon ausgegangen, dass der Lieferant selbstständig Verbesserungsmaßnahmen einleitet, wenn Probleme klar kommuniziert werden. Mithilfe von Kontrolldaten werden Verbesserungspotenziale aufgezeigt. Das beschaffende Unternehmen nimmt dabei lediglich eine berichtende Rolle ein und hofft darauf, dass der Lieferant eigenständig Maßnahmen zur Problemlösung umsetzt. Die geeignete Kommunikationsform ist bei der Selbststeuerung essenziell. Besteht eine sehr starke Machtposition, kann diese genutzt werden, um den Lieferanten unter Druck zu setzen und so zu einer Veränderung zu bewegen. Über Weisungen wird versucht, das Verhalten des Lieferanten an die eigenen Erwartungen anzupassen. Dabei sollten Zwangsmaßnahmen und Drohungen jedoch stets vermieden werden, da sonst negative Gegenreaktionen zu erwarten sind. Diese könnten den Geschäftsbeziehungen langfristig schaden (vgl. Tab. 3.24).
3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse der Beschaffungsfunktion
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Tab. 3.24 G-1 Selbststeuerung und Weisung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Selbststeuerung
Weisungen zu erwarteten Veränderungen
Anforderungen Benachrichtigung des betroffenen Lieferanten über Probleme; Übermittlung der ausgewerteten Ergebnisse; Ableitung aus Zielvorgaben und Soll-Ist-Vergleich; Wahl der geeigneten Kommunikations- und Dokumentationsform Starke Machtposition; unspezifische Beschaffungsobjekte; starke Abhängigkeit des Lieferanten
Kompetenzen Kommunikationsfähigkeit, Präsentationsfähigkeiten, Beurteilungsvermögen, Sachlichkeit, Konzeptionsstärke, Verständnisbereitschaft, Kommunikationsmedienwissen, Strategieverständnis, Fachwissen, Dialogfähigkeit, Kulturverständnis, Fremdsprachenkenntnisse, Initiative, Lieferantenmanagement Kommunikationsfähigkeit, Präsentationsfähigkeiten, Beharrlichkeit, Konsequenz, Delegieren, fachliche Anerkennung, Belastbarkeit, Schlagfertigkeit, Dialogfähigkeit, Kulturverständnis, Fremdsprachenkenntnisse, Beurteilungsvermögen, Initiative, Lieferantenmanagement
G-2 Nachverhandlungen Als bedeutendste Steuerungsmaßnahme dienen Nachverhandlungen, die ähnlich wie die Verhandlungen zum Aufbau von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen in eine Vorbereitungs-, eine Durchführungs- und eine Nachbereitungsphase unterteilt werden. Erfahrungen aus der Vergangenheit dienen zur Einschätzung des Lieferanten und sollten strategisch genutzt werden. Meist geht den Nachverhandlungen ein Negativerlebnis voraus und nur eine Seite hat Interesse an Verhandlungen. Somit muss ein geeignetes Kommunikationsmedium gewählt werden (vgl. Tab. 3.25). Eine höfliche Gesprächsführung ist unbedingt erforderlich (Large 2013, S. 251–254). G-3 Lieferantenförderung Die Förderung von Lieferanten ist ein aktives Steuerungsinstrument und kann aus verschiedenen Maßnahmen bestehen. Übergeordnetes Ziel ist die Steigerung der Leistungsfähigkeit aufgrund einer erhöhten Erfolgspotenzialeinschätzung. Die diversen Förderungsmaßnahmen können personenbezogen (technische Beratung und Unterstützung, Besuch der Produktion etc.) sowie kapitalbezogen (Materialien, Kapital etc.) sein. Die Kosten für diese Maßnahmen müssen genau abgeschätzt und im Verhältnis zum erwarteten Ertrag beurteilt werden (vgl. Tab. 3.26). G-4 Beendigung der Beziehung Falls die getroffenen Maßnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis führen oder wenn im Rahmen einer Lieferantenstrukturanalyse redundante Lieferanten erkannt wurden, erweist sich eine Beendigung der Zusammenarbeit als zielführend. Dabei kann zwischen einem partialen und einem vollständigen Abbruch unterschieden werden. Maßnahmen zur Beendigung sollten sorgfältig getroffen und potenzielle Lieferalternativen frühzeitig geprüft werden (vgl. Tab. 3.27).
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.25 G-2 Nachverhandlungen (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Vorbereitung
Anforderungen Genaue Festlegung des Problems, des Zieles und der administrativen Anforderungen; Einschätzung der Konsequenz für den Lieferanten; Festlegung des Verhandlungsstils (Austragen von Konflikten)
Durchführung
Einsatz von Kommunikationsmedien mit hohem Informationsreichtum (Media- Richness); kooperative Eröffnung des Gesprächs; Stärkung des Willens für gemeinsame Problemlösung; höfliche und effiziente Gesprächsführung
Nachbereitung
Erstellung und Versendung einer Dokumentation; interne Kommunikation der persönlichen Aufzeichnungen; Überwachung der Maßnahmen (Audit)
Kompetenzen Wissen über Verhandlungspartner, Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, Konzeptionsstärke, Fachwissen, Kenntnisse über Verhandlungsstile, Team- & Organisationsfähigkeit, Verhandlungstechniken Verhandlungsgeschick, Kompromissbereitschaft, normativ- ethische Einstellung, Sprachgewandtheit, Zuhören, Sachlichkeit, Loyalität, Glaubwürdigkeit, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Initiative, Kommunikationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Schlagfertigkeit, Fachwissen, Planungsverhalten, Projektmanagement, Fremdsprachenkenntnisse, Wissen über Kommunikationsmedien, Dialogfähigkeit, Kulturverständnis, Mobilität, Lieferantenmanagement ERP-Wissen, Kommunikationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Präsentations- & Dokumentationsfähigkeiten, Fleiß, Datenverdichtung, Konzeptionsstärke
3.2 G ruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen Nachdem die aktuellen Aufgaben des strategischen und operativen Beschaffungsmanagements beschrieben und mithilfe der AKEK-Methode transparent dargestellt wurden, konnte die Komplexität der Aufgabenvielfalt aufgeschlüsselt werden. Aus den einzelnen Teilaufgaben wurden sowohl arbeitsplatzanalytisch-empirisch als auch erfahrungsgeleitet-intuitiv Anforderungen und Kompetenzen abgeleitet. In diesem Abschnitt sollen die Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen nun anhand ihrer Ähnlichkeit und ihrer primären Eigenschaften gruppiert und zu Kompetenzprofilen verdichtet werden. Abb. 3.9 illustriert die Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Kompetenzbereichen und schafft eine erste Übersicht. Die Aufgabenanalyse hat erstens gezeigt, dass die Informationsbeschaffung, -selektion, -aufbereitung und -präsentation einen wesentlichen Teil der Beschaffungsaufgaben umfasst. Dieser Bereich wird von Daten dominiert. Sowohl in der Beschaffungsmarktforschung, dem Kontrollprozess als auch bei der Suche nach Lieferanten und deren Bewertung ist die Beschaffung und Aufbereitung von Daten
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen
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Tab. 3.26 G-3 Lieferantenförderung (Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Auswahl der förderungswürdigen Lieferanten
Wahl der geeigneten Förderungsmaßnahmen und vertragliche Einbindung des Lieferanten
Anforderungen Vorliegen von Problemen und Erwartung, dass bei Unterstützung ein dauerhaft höheres Erfolgspotenzial realisiert werden kann; Überprüfung der tatsächlichen Kosten der Förderung und des erwarteten (Budgetplanungs-)Ertrags Einschätzung der adäquaten Maßnahmen; Abschätzung der Fähigkeiten des Abnehmers; Bereitschaft aller beteiligten Mitarbeitenden und des Lieferanten zur Förderung; Einbindung der obersten Leistungsebene des Lieferanten
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, Budgetplanung, Planungswissen, Risikoeinschätzung und Prognosefähigkeiten, Fach- & Marktwissen, systematisch- methodisches Vorgehen, Lieferantenmanagement, Entscheidungsfähigkeit, ganzheitliches Denken Wissen über verschiedene Förderungsmaßnahmen, Beurteilungsvermögen, Team-, Kooperations-, Kommunikations- & Beratungsfähigkeit, fachliche Anerkennung, juristische Fähigkeiten, Initiative, Marketingwissen, Dialogfähigkeit, Planungsverhalten, Methodenwissen (Zukunftsprognosen, Projektmanagement), Konzeptionsstärke, Lieferantenmanagement, Organisationsfähigkeit, Folgebewusstsein, Fach- & Marktwissen, analytische Fähigkeiten, Integrationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, systematisch-methodisches Vorgehen, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Kulturverständnis, ganzheitliches Denken
essenziell. Entscheidungsträger müssen mit Informationen beliefert werden, um fundierte Entscheidungen über die Gestaltung von Lieferantenbeziehungen treffen und die interne Koordinationsfunktion wahrnehmen zu können. Um eine effektive und effiziente Informationsfunktion zu schaffen, müssen strategische Vorgaben existieren, mit denen der Prozess bewusst gesteuert wird. Zweitens zeigte sich, dass das Beziehungsmanagement, bei dem der zwischenmenschliche Kontakt im Fokus steht, zu den zentralen Tätigkeitsfeldern der Beschaffung gehört. Dies betrifft nicht nur den Aufbau und die Steuerung von Beziehungen zu den Lieferanten, sondern auch zu internen Bedarfsträgern. Auf Basis der bereitgestellten Informationen wird eine Lieferantenauswahl vorgenommen und eine Beziehung aufgebaut. Aufgrund der Erkenntnisse, die aus den Kontrolldaten gewonnen werden können, werden schließlich Steuerungsmaßnahmen eingeleitet. Letztendlich werden die abgeschlossenen Verträge in operative Prozesse umgewandelt, die bereits heute stark IT-
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
64
Tab. 3.27 G-4 Beendigung der Beziehung Teilaufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Erkennen eines konkreten Anlasses als Grund zur Beendigung der Beziehung
Wahl der geeigneten Maßnahmen zur Beendigung der Beziehung
Führen des Prozesses der Beendigung
Anforderungen Dauerhaftes Nichterfüllen der Anforderungen trotz Maßnahmen; schwerwiegendes Fehlverhalten des Lieferanten; Abbau unnötiger Lieferanten; Optimierung der Lieferantenbasis Partiale oder vollständige Beendigung; Finden von Alternativen
Managen interner Widerstände von Bedarfsträgern; Umgang mit Rufschädigung sowie mit moralischen und vertraglichen Verpflichtungen; Managen der Ersatzteilversorgung
Kompetenzen Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Konsequenz, Beharrlichkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Offenheit für Veränderungen, systematisch-methodisches Vorgehen, ganzheitliches Denken, Lieferantenmanagement Entscheidungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Beurteilungsvermögen, Planungsverhalten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Folgebewusstsein, Fach- & Marktwissen, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Konzeptionsstärke, ganzheitliches Denken, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Initiative, Lieferantenmanagement Change-Management, Problemlösungs-, Kommunikations-, Kooperations-, Konfliktlösungs-, Team- & Beratungsfähigkeit, juristische Fähigkeiten, Beurteilungsvermögen, Hilfsbereitschaft, Verständnisbereitschaft, Integrationsfähigkeit, Projektmanagement, Organisationsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Kulturverständnis, Fach- Marktwissen, Initiative, Lieferantenmanagement
Daten liefert Informationen und unterstützt bei der Entscheidungsfindung
Informationsmanager
(Datenbeschaffung, -selektion, -auswertung, -präsentation)
macht strategische Vorgaben
wertet operative Daten aus
erfasst operative Daten
Informationssysteme (u.a. ERP)
Beziehungsmanager (Planung und Koordination von Beziehungen)
Menschen
Operator
beschliesst Rahmenverträge; leitet Steuerungsmassnahmen ein
setzt Rahmenverträge um; steuert Materialfluss; gewährt Versorgungssicherheit
(Disposition und Umsetzung von Verträgen)
Dinge
Abb. 3.9 Zusammenspiel der drei Kompetenzprofile. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Prien und Ronan 1971, S. 379; Rossetti und Dooley 2010, S. 51–54)
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen
65
gestützt sind, jedoch oft noch manuell gehandhabt werden (Kleemann und Glas 2017, S. 8–10). Die Koordination dieser Prozesse beschreibt das dritte Tätigkeitsfeld, das hauptsächlich die Steuerung des Materialflusses sowie die Gewährleistung der Versorgungssicherheit (Dinge) umfasst. Erfahrungen, die im Bereich der Disposition gesammelt wurden, werden an das Informationsmanagement zur Analyse weitergeleitet und mit den Beziehungsmanagern geteilt. Zwischen all diesen Kompetenzbereichen steht das IT-System, das als Schnittstelle zur effektiven Kommunikation verstanden werden kann. Werden die Analogien aus der Analyse zusammengefasst, ergeben sich somit drei Kompetenzfelder oder Kompetenzprofile: 1.) die Datenbeschaffung und -aufbereitung (Informationsmanager), 2.) das interne sowie externe Beziehungsmanagement (Beziehungsmanager) sowie 3.) die operative Umsetzung (Operator). In den folgenden Kapiteln werden die drei Kompetenzprofile beschrieben. Dazu werden die bedeutendsten Aufgaben und Anforderungen zusammengefasst und die abgeleiteten Kompetenzen klassifiziert.
3.2.1 Der Informationsmanager Werden die analysierten Aufgaben betrachtet, so zeigt die Untersuchung, dass Daten in der Marktforschung (A),4 der Strukturanalyse (B1–B3), der Suche nach Neulieferanten (C2–C4/D1) sowie dem Kontrollprozess (F1–F3) an oberster Stelle stehen und somit aufgrund ihrer Ähnlichkeit zu einem Tätigkeitsfeld gruppiert werden können. In Tab. 3.28 sind die zentralen Aufgaben und Anforderungen, die sich in Bezug auf dieses Kompetenzfeld ergeben, zusammengefasst. Bei der Untersuchung dieser Aufgaben und Anforderungen wird ersichtlich, dass vor allem der Umgang mit Daten und Informationen essenziell ist. Informationen müssen beschafft, selektiert und in einer geeigneten Form an den Entscheidungsträger übertragen werden. Grundsätzlich hat der Informationsmanager zwei zen trale Aufgaben: die Beschaffung und Auswertung von Informationen über neue Märkte, Beschaffungsgüter, Lieferanten und innovative Technologien sowie die Analyse von Kontrolldaten aus dem operativen Geschäft. Marktanalysen helfen dabei, die Veränderungen am Markt frühzeitig wahrzunehmen und entsprechende Maßnahmen zu definieren. Dabei werden die Märkte systematisch nach neuen Lösungen durchsucht, um so den Beschaffungsbedarf der Produktion und Produktentwicklung zu befriedigen. Zusätzlich bilden Markt- und Lieferantendaten die Ausgangslage von Risiko- und Chancenanalysen, die dabei unterstützen, die richtigen Lieferanten auszuwählen. Wurden jegliche Informationen beschafft, folgt deren Auswertung, indem bedeutsame Kriterien, wie beispielsweise die Lieferzuverlässigkeit, definiert und entsprechende Ausprägungen b eurteilt werden. Das Resultat ist eine hierarchische Rangliste möglicher Anbieter, mit denen in Verhandlung getreten werden kann. Ist die Lieferanten-Abnehmer-Beziehung aufgebaut, wird sie von einem kontinuierlichen Kontrollprozess begleitet. Operative Die Klassifizierungen der Aufgaben (A–G) sind dem Abschn. 3.1 zu entnehmen.
4
Durchführung von Marktanalysen (u. a Benchmarking)
Untersuchung der rechtlichen Rahmenbedingungen Umgang mit den operativen ERP- Systems (Materialstamm, Lieferantenstamm etc.)
Eingrenzung und Bewertung von Märkten
Umgang mit quantitativen und qualitativen Datenerhebungsmethoden
Bildung von Beschaffungsobjekts- und Lieferantengruppen
Umgang mit Daten (Beschaffung, Selektion, Aufbereitung, Präsentation)
Erkennen von Trends sowie Durchführen von Zukunftsprognosen (Wird-Größen) Wahl der geeigneten Klassifikationsmerkmale/ Skalenniveaus Durchführen von Lieferantenaudits (Kontrollgrößen)
Einschätzen und Erkennen von Risiken und Chancen (Risikoanalysen) Belieferung der Entscheidungsträger mit Informationen Übersetzen von Zielen (Kosten- Nutzen-Analysen/ Machbarkeitsstudien) Anwendung von Vergleichsmethoden (Ist/Soll/Wird)
Wahrnehmung von Marktsignalen
Einteilung der Lieferanten in Erfolgs-, Teilerfolgsund Misserfolgslieferanten (Lieferantenbewertungen)
Einholen von Informationen (Interviews, Fertigungsbesuche, RFX etc.) Identifikation potenzieller Anbieter
Tab. 3.28 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Informationsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse)
66 3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen
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Kontrolldaten werden mit Prognosen und Informationen aus dem Benchmarking verglichen. Dies ermöglicht es, Schwächen in der Lieferantenstruktur zu erkennen und daraus Maßnahmen abzuleiten. Aufgabe des Informationsmanagers ist in diesem Zusammenhang die Analyse und Bereitstellung dieser Daten. Für bestehende und potenzielle Lieferanten werden Profile mithilfe diverser Klassifizierungs- und Analysetools erstellt. Für die Bewältigung dieser Aufgaben erweisen sich sowohl spezifische Fachund Methodenkompetenzen als auch gewisse Schlüsselkompetenzen als vorteilhaft. Die bedeutendsten werden nachfolgend aufgeführt (vgl. Tab. 3.29). Tab. 3.29 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Informationsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Fachkompetenzen • Datenanalysefähigkeiten (Erfassung und Auswertung von vergangenheits- und gegenwartsbezogenen Informationen) • Marktkenntnisse (lokal, national, international) • Umgang mit dem Internet (Lieferantenportale, Suchmaschinen, Einkaufswebseiten, virtuelle Marktplätze etc.) • technologisches sowie technisches Wissen (Produkt und Herstellungsverfahren sowie Qualitätsanforderungen) • Beschaffungsobjekt- sowie Lieferantengruppenwissen • fachübergreifende Kenntnisse (v. a. finanzwirtschaftliches und juristisches Wissen, Qualitätswesen) • Strategieverständnis und Umsetzungsbereitschaft • Kenntnisse über verschiedene Zertifikate (ISO etc.) • ERP-Kenntnisse (Lieferantenstamm, Materialstamm etc.) und E-Procurement • Beherrschen von Tabellenkalkulationsprogrammen • Wissen über Skalenniveaus und Klassifikationsmerkmale • Datenerfassungssoftware • Accounting-Software • Risikoanalysefähigkeiten
Methodenkompetenzen • Datenerhebung (explorative, deskriptive, experimentelle Methoden sowie Sekundärquellenanalyse (Befragungen, Beobachtungen, Lieferantenaudits, Suchmaschinennutzung, Lieferantendatenbanken, Internetrecherchen, RFI/RFP (RFX-Technologien)) • Sourcingmethoden (bspw. Ausschreibungen und Auktionen) • Datenanalyse • Marktstrukturanalysen (PESTEL, 5-Forces, Scoring etc.) • Kosten-Nutzen-Analysen • Machbarkeitsstudien • Lieferantenklassifizierung (ABC-, XYZ-Analysen, Material- bzw. Lieferanten-Erfolgspotenzial-Portfolio, Kraljic, Art der Geschäftsbeziehung, Lieferantenmatrix etc.) • Wird-Größen/Prognosen (Trendanalyse, Delphi-, Szenario-Methode, Regressionsrechnung, Indikatorprognose etc.) • Führungs-Größen/Benchmarking • Kontroll-/Ist-Größenermittlung sowie Vergleichsmethoden (Gewichtung, Nutzenzuordnung, Bewertungsstabilisierung, Sensitivitätsanalyse, absolute und prozentuale Abweichungen, Quotientenbildung etc.) • Audittechniken • Risikoanalysen (Erkennen von Risikopotenzialen im Markt) • Prozessmanagement (Prozessmapping und -analyse) • Datenverdichtung und -aufbereitung (Dokumentation und Präsentation) • Lernmethoden- und Wissenserarbeitung
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Fach- und Methodenkompetenzen aus der DACUM-Analyse Um relevante Daten für die Ausführung der Beschaffungsfunktion erheben zu können, muss sich der Informationsmanager mit diversen Datenerhebungsmethoden, wie Befragungen, Lieferantenaudits und RFX-Methoden, auskennen. Vor allem bei der Sekundärquellenanalyse ist das Internet das bedeutendste Instrument zur Beschaffung von Daten, weshalb ein geübter Umgang mit verschiedenen Portalen wesentlich ist. Um diese Daten in Informationen umzuwandeln und sie somit nützlich zu machen, werden verschiedene Methodenkenntnisse benötigt, wie beispielsweise Marktstrukturanalysen und Zukunftsprognosetechniken. Dem gegenüber steht die Auswertung von Daten aus der Kontrolltätigkeit und der Strukturanalyse. Die Klassifizierung und Bewertung von Lieferanten, die Analyse von Risiken sowie die Durchführung von Zukunftsprognosen sind Methodenkompetenzen, die für den Informationsmanager unentbehrlich sind. Eine seiner Haupttätigkeiten betrifft den Vergleich zwischen Ist-, Wird- und Führungsgrößen, die ein methodisches Vorgehen erfordern. Werden die dabei benötigten Fachkompetenzen betrachtet, wird klar, dass der geübte Umgang mit Informationssystemen (ERP, Tabellenkalkulation, E-Mail, Datenerfassungssoftware, AccountingSoftware etc.) essenziell ist. Der Informationsmanager beliefert die Informationssysteme mit den für die Entscheidungsträger relevanten Informationen und agiert dabei nach strategischen Vorgaben, um keine Redundanzen zu schaffen. KODE®-Schlüsselkompetenzen Anhand der DACUM-Aufgabenanalyse und der Beurteilung durch den KODE®-Kompetenzatlas zeigte sich, dass vor allem Fach- und Methoden- sowie Aktivitäts- und Handlungskompetenzen für die Informationsbeschaffung und -aufbereitung essenziell sind (vgl. Tab. 3.30). Um Daten und Informationen über Märkte und ihre Akteure, insbesondere über Lieferanten, zu gewinnen und diese aktiv nutzen zu können, sind vor allem analytische Fähigkeiten und eine systematisch-methodische Vorgehensweise notwendig. Marktkenntnisse helfen ihm, die verschiedenen Märkte zu verstehen. Eine offene Haltung gegenüber Veränderung sowie Interesse, neue Märkte, Akteure, Technologien, Innovationen etc. zu untersuchen und sich auf diese einzulassen, sind erforderlich. Der Informationsmanager muss lernbereit sein und sich immer wieder auf neue Umstände einlassen können, um Chancen und Risiken richtig einzuschätzen und sich für die richtigen Märkte zu entscheiden. Um sowohl den Beschaffungszielen als auch den verfügbaren Ressourcen gerecht zu werden, werden einerseits Konzeptionsstärke und andererseits Organisationsfähigkeiten vorausgesetzt. Hierzu braucht er ein ausgeprägtes Beurteilungsvermögen. Diese Kompetenzen überschneiden sich mit jenen, die für den Kontrollprozess benötigt werden. Auch dort ist analytisches und systematisch-methodisches Vorgehen notwendig, um einen effizienten Prozess zu gewährleisten und die relevanten Informationen bereitzustellen.
Personalkompetenzen • ganzheitliches Denken • Offenheit für Veränderung • Zuverlässigkeit • Lernbereitschaft
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Kooperationsfähigkeit • Problemlösungsfähigkeit • Verständnisbereitschaft • Gewissenhaftigkeit
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Entscheidungsfähigkeit • ergebnisorientiertes Handeln • Impuls geben • Initiative • Innovationsfreudigkeit • Mobilität
Tab. 3.30 Zentrale KODE®-Schlüsselkompetenzen des Informationsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Fach- und Methodenkompetenzen • Fachwissen • analytische Fähigkeiten • Beurteilungsvermögen • Fleiß • Folgebewusstsein • Konzeptionsstärke • Marktkenntnisse • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten • Sachlichkeit • systematisch-methodisches Vorgehen • Wissensorientierung
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen 69
70
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
3.2.2 Der interne und externe Beziehungsmanager Wie zuvor erläutert, steht der zwischenmenschliche Kontakt zwischen Abnehmer und Lieferant sowie zwischen Beschaffungsmanager und den Bedarfsträgern im Fokus des Beziehungsmanagements. Die Beziehung zum Lieferanten stellt den wichtigsten Teil des Beschaffungsmanagements dar, da „die Effizienz der unternehmerischen Geschäftstätigkeit zu einem immer größeren Anteil von der Art und dem Umfang der Zusammenarbeit mit Zulieferern und Abnehmern respektive der Koordination von Geschäftsbeziehungen bestimmt wird“ (Hahn 2000; Stölzle und Heusler 2005, S. 200). Untersucht man, bei welchen analysierten Tätigkeitsfeldern der Mensch im Fokus steht, so können der Beziehungsaufbau inkl. der Verhandlungen (D2–D4), die Bedarfsspezifikation (C1) sowie der Steuerungsprozess (G, B4, F4) gruppiert werden. Daraus ergeben sich die in Tab. 3.31 dargestellten Aufgaben und Anforderungen. Der Beziehungsmanager kann als zwischenmenschliche Schnittstelle beschrieben werden, da er in direktem Kontakt zu den Lieferanten oder den Bedarfsträgern steht. Somit beziehen sich die resultierenden Anforderungen hauptsächlich auf die interne und externe Koordinationsfunktion. Diese setzt die Planung und Steuerung von beschaffungsspezifischen inter- und intraorganisationalen Informations-, Güter- sowie Finanzflüssen voraus. Verhandlungen nehmen diesbezüglich eine essenzielle Rolle ein. Dazu gehört sowohl der Aufbau von Partnerschaften, die Koordination von Lieferanten als auch die Beratung anderer Funktionsträger bei der Festlegung von Anforderungen an Beschaffungsgüter. Die Analyse zeigt, dass die Entscheidungsgewalt in beschaffungspolitischen Fragen hauptsächlich bei den Beziehungsmanagern liegt, da diese die Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen steuern. Diese Anforderungen verlangen nach spezifischen Kompetenzen, die in Tab. 3.32 zusammengefasst werden. Fach- und Methodenkompetenzen aus der DACUM-Analyse Um eine adäquate Kommunikationsgrundlage zu schaffen, muss der Beziehungsmanager unbedingt über funktionsübergreifendes Wissen verfügen. Auf diese Weise kann er Zusammenhänge ganzheitlich verstehen und Einigungen können leichter erzielt werden, da sowohl die fachliche Anerkennung gegeben ist als auch Missverständnisse weitgehend verhindert werden können. Es ist dabei essenziell, zu verstehen, dass der Beschaffungsmanager keine fachfremden Aufgaben übernehmen muss, sondern lediglich eine beratende Funktion in beschaffungspolitischen Fragen einnimmt. Die partnerschaftliche Zusammenarbeit verschiedener Kompetenzbereiche steht hier im Vordergrund (Large 2013, S. 89). Um Verhandlungen führen und Win-win-Situationen realisieren zu können, müssen verschiedene Verhandlungsstile und -techniken sowie Konfliktlösungsmethoden beherrscht werden. Dies impliziert ein fundiertes Wissen über die Verhandlungspartner sowie die richtige Wahl des Kommunikationsmediums. Zudem muss ein ausgeprägtes Marketingverständnis vorhanden sein, da Beschaffungsziele einfacher zu realisieren sind, je konkreter auf die Zuliefererbedürfnisse eingegangen wird (Koppelmann 2001, S. 2–3). Um Verträge schlussendlich umsetzen zu können,
Nutzung von Informationen und Daten aus dem Informationssystem
Vergleichen von Lieferanten und Auswahl des am besten geeignetsten Partners
Koordination und Pflege von Lieferantenbeziehungen
Planung und Koordination von Förderungs- und Steuerungsmaßnahmen
Steuerung der Kommunikations-, Informations- und Finanzflüsse
Planung der Beschaffungslogistik sowie des Bereitstellungsprinzips Beenden von Beziehungen zu Lieferanten
Steuerung von gemeinsamen Entwicklungsprozessen mit Lieferanten
Aufsetzen von Verträgen
Führen von crossfunktionalen Teams
Aufbau von Partnerschaften mit Lieferanten
Fällen von Entscheidungen basierend auf den ausgewerteten Daten
Festlegung von strategischen Vorgaben (Soll- Zuständen)
Festlegung von Anforderungen an Beschaffungsgüter (in Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen)
Beurteilung von Ist-Zuständen und Ableitung von adäquaten Maßnahmeplänen
Interne Koordination mit anderen Abteilungen (Marketing, Produktion, F&E, Logistik etc.) Führen von Verhandlungen mit Lieferanten
Beratung anderer Funktionen betreffend Beschaffungsentscheidungen
Tab. 3.31 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Beziehungsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse)
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen 71
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.32 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Beziehungsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Fachkompetenzen • Marktkenntnisse (lokal, national, international) • technologisches sowie technisches Wissen (Produkt und Herstellungsverfahren sowie Qualitätsanforderungen) • Strategieverständnis • Beschaffungsobjekt-, Beziehungs- und Lieferantengruppenwissen • solides Wissen über Verhandlungspartner • Verhandlungsgeschick und Verhandlungsstile (kompetitiv, ausweichend, verständigungsorientiert) • Berufserfahrung im Lieferantenmanagement • fachübergreifende Kenntnisse (Marketingwissen, Logistik- und SCM-Wissen, finanzwirtschaftliches und juristisches Wissen, Qualitätswesen) • E-Procurement-/EDI-/SAP-Kenntnisse (EDIFACT, EANCOM etc.); Umgang mit ERP-Tools etc. • Fremdsprachenkenntnisse • Verständnis für verschiedene Kulturen • Kommunikationsmedienkompetenzen (E-Mail, Telefon etc.) • Wissen über diverse Lieferantenförderungsmaßnahmen
Methodenkompetenzen • Methoden zum Warengruppenmanagement (Strategieentwicklung, ‚Spend Analysis‘ etc.) • Lieferantenmanagementtechniken (Aufbau, Steuerung und Förderung von Beziehungen) • Verhandlungstechniken (Vorbereiten, Durchführen, Nachbereiten) • Techniken zur Beurteilung von Sachverhalten (Risiko, Erfolgspotenziale, Prognosetechniken) • Vertragsmanagement • Projektmanagementmethoden (Planung und Implementierung von Lieferantenbeziehungen, u. a. Entwicklungsprojekte, Lieferantenförderungsprojekte etc.) • Methoden zur Prozessgestaltung (Güter-, Finanz- und Informationsfluss) • Problem- und Konfliktlösungstechniken • Beratungstechniken • Präsentations- und Dokumentationstechniken; Datenverdichtung • Change-Management-Techniken
verfügt der Beziehungsmanager über ein solides juristisches Grundwissen. In Anbetracht der zunehmenden Globalisierung sind zudem Fremdsprachenkenntnisse sowie ein Verständnis für kulturelle Eigenheiten maßgebend. Der Beziehungsmanager bringt nicht nur Erfahrungen im Lieferantenmanagement mit, sondern verfügt auch über Wissen im Projektmanagement. Dieses hilft ihm, stabile Lieferantenbeziehungen aufzubauen und mittels eines geeigneten Vertragsmanagements langfristig zu erhalten. Wie zuvor beschrieben, liegt die Entscheidungsgewalt aufgrund des direkten Kontakts zum Lieferanten beim Beziehungsmanager. Entscheidungsfindungsmethoden und Beurteilungstechniken helfen ihm, diese Rolle adäquat ausführen zu können. Er gestaltet zudem die beschaffungsspezifischen Prozesse gemeinsam mit den Lieferanten und sollte sich somit mit Prozessgestaltungsmethoden auskennen. KODE®-Schlüsselkompetenzen Die verbindende Funktion des Beschaffungsmanagers und die zuvor beschriebenen partnerschaftlichen Ansätze führen vor allem im sozial-kommunikativen Bereich zu hohen Kompetenzanforderungen. Kommunikations-, Kooperations-, Dialog- und Teamfähigkeiten sind Schlüsselkompetenzen bei der Zusammenarbeit mit Lieferanten und anderen Abteilungen (vgl. Tab. 3.33). Die meisten Aufgaben des Beziehungsmanagers beinhalten Verhandlungen – sei es bei der Verfeinerung des Anfor-
Personalkompetenzen • ganzheitliches Denken • Glaubwürdigkeit • Loyalität • normativ-ethische Einstellung
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Akquisitionsstärke • Beratungsfähigkeit • Beziehungsmanagement • Dialogfähigkeit/Kunden- orientierung • Integrationsfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit • Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit • Kooperationsfähigkeit • Sprachgewandtheit • Teamfähigkeit • Verständnisbereitschaft
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Entscheidungsfähigkeit • Initiative • Mobilität
Tab. 3.33 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des Beziehungsmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Fach- und Methoden-kompetenzen • Beurteilungsvermögen • fachliche Anerkennung • fachübergreifende Kenntnisse • Fachwissen • Konzeptionsstärke • Marktwissen • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten • Sachlichkeit
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen 73
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
derungskatalogs, bei Preisfindungen, während des Aufbaus von Beziehungen oder im Steuerungsprozess. Die Konsensfindung ist dabei maßgeblich von seiner Kundenorientierung, seiner Verständnisbereitschaft, seiner Sachlichkeit und seiner Beratungsfähigkeit abhängig. Anregungen einbringen zu können, um geeignete beschaffungspolitische Lösungen zu finden, wird von den anderen Fachbereichen, wie beispielsweise der Forschung und Entwicklung, sehr geschätzt (Large 2013, S. 89). Dies bedeutet, dass die Qualität der Zusammenarbeit maßgeblich von der Hilfsbereitschaft sowie der Integrationsfähigkeit der Beschaffung bestimmt wird. Der Beziehungsmanager muss ferner fähig sein, Sachverhalte angemessen zu beurteilen und darauf aufbauend Entscheidungen zu fällen. Dies bezieht sich beispielsweise auf die Finalentscheidung über die Lieferanteneinbindung oder die Auswahl von Förderungsmaßnahmen. Bei der angemessenen Entscheidungsfindung in beschaffungspolitischen Fragen nutzen ihm sein ganzheitliches Denken, seine Konzeptionsstärke, seine Organisationsfähigkeit sowie sein Planungsverhalten. Da er großen Einfluss auf die Wirtschaftlichkeit des gesamten Unternehmens hat, werden zudem Loyalität gegenüber der eigenen Firma sowie ein normativ- ethisches Verhalten verlangt.
3.2.3 Der Operator Nachdem das strategische Beschaffungsmanagement Rahmenverträge verhandelt hat, wird beim Entstehen eines Bedarfs der operative Prozess initiiert. Dabei sollen Verträge in der täglichen Arbeit realisiert und ein effektives Materialwirtschaftsmanagement gewährleistet werden. Der Aufgabenbereich der operativen Beschaffungsdisposition (E) lässt sich aufgrund der erforderlichen Kompetenzen zum Kompetenzfeld ‚Operator‘ zusammenfassen, das die in Tab. 3.34 dargestellten Aufgaben und Anforderungen umfasst. Es wird ersichtlich, dass die effiziente und effektive Abwicklung der operativen Prozesse im Fokus dieses Kompetenzfeldes steht. Dem Operator kommt die Aufgabe zu, die (physische) Versorgungssicherheit zu gewährleisten und den Abwicklungsprozess zu überwachen. Es ist seine Aufgabe, im Falle einer Bedarfsmeldung die richtige Menge beim Lieferanten zu bestellen und diese zur richtigen Zeit am richtigen Ort zur richtigen Qualität verfügbar zu machen. Der Operator organisiert somit den Warentransport und leitet die Beschaffungsgüter schlussendlich an die Produktion weiter. Dabei überprüft er sowohl die Termine als auch die Qualität der Waren. Er sorgt zudem dafür, dass die Güter richtig verbucht werden. Sollte eine Lieferung zu spät oder in unzureichender Qualität eintreffen, leitet er ein Mahnresp. Reklamationsverfahren ein. Während des ganzen Prozesses kümmert er sich um die datentechnische Erfassung der operativen Daten. Diese Kontrolldaten werden in das operative IT-System übermittelt und für die folgendenAuswertungen seitens des I nformationsmanagements verfügbar gemacht. Die zuvor durchgeführte DACUM-Aufgabenanalyse hat gezeigt, dass dazu folgende Kompetenzen benötigt werden (vgl. Tab. 3.35).
Gekonnter Umgang mit E-Procurement-Tool, ERP-Systems und anderen Informationssystemen Prüfung der Wareneingänge (Identitäts-, Mengen- und Qualitätsprüfung)
Kontrolle und Gewährleistung von Lieferterminen Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen (Logistik, Qualitätswesen, Controlling)
Überprüfung der Auftragsbestätigung
Erfassung von Ist-Daten in Accounting-Software
Adäquates Erinnern, Mahnen und Reklamieren (Telefon, E-Mail etc.) Effiziente Organisation der Warenannahme und des Weitertransports
Tab. 3.34 Übersicht über die zentralen Aufgaben und Anforderungen des Operators. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Gewährleistung der Dokumentation und des Informationsaustausches (mit strategischer Beschaffung und Bedarfsträgern) Steuerung der betrieblichen Abfallentsorgung und Retouren
3.2 Gruppierung der Aufgaben, Anforderungen und Kompetenzen zu Profilen 75
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
Tab. 3.35 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des Operators. (Quelle: eigene AKEK-Analyse) Fachkompetenzen • technisches Wissen (Produkt und Herstellungsverfahren sowie Qualitätsanforderungen) • fachübergreifende Kenntnisse (v. a. logistisches, finanzwirtschaftliches und juristisches Wissen, Qualitätswesen) • Erfahrungen in der Bedarfsplanung (MRP) • Kenntnisse bei der Rechnungsstellung und Rechnungskontrolle • ERP-Kenntnisse (Lieferantenstamm, Materialstamm etc.), Stammdatenpflege • Datenerfassungssoftware • Accounting-Software • Beherrschen von Tabellenkalkulationsprogrammen • Bedienen von Qualitätsmanagement-Tools • Umgang mit E-Procurement • Kommunikationsmedienkompetenzen (E-Mail, Telefon etc.)
Methodenkompetenzen • Datenerfassungsmethoden • Datenaufbereitung (Dokumentation und Präsentation) • Qualitätsprüfverfahren • Kontroll-/Ist-Größenermittlung • Lernmethoden (z. B. Aneignen von E-Procurement und anderer Software) • Mahn- und Reklamationsverfahren • Prognoseverfahren zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit
Fach- und Methodenkompetenzen, die sich aus der DACUM-Analyse ergeben Bei der Betrachtung der Tätigkeitsfelder des Operators fällt auf, dass beinahe sämtliche seiner Aufgaben die Interaktion mit Computern und Software-Programmen verlangen. In diesem Zusammenhang ist vor allem der Umgang mit E-Procurement hervorzuheben, das bereits heute von vielen Unternehmen genutzt wird, um die operative Bestellabwicklung zu erleichtern (Kleemann und Glas 2017, S. 8–10). Neben seinen Erfahrungen in der Materialbedarfsplanung (MRP) braucht der Operator vor allem fachübergreifende Kenntnisse. Er muss nicht nur dafür sorgen, dass die Produktion mit den benötigten Beschaffungsgütern versorgt wird, sondern agiert auch als Schnittstelle zur Logistik sowie dem Qualitätswesen. Er benötigt spezifische Fähigkeiten in der Beschaffungslogistik sowie dem Qualitätswesen (u. a. Termin- und Qualitätskontrollen). Für die Ausübung der operativen Beschaffungsdisposition muss er sich zudem mit Mahn- und Reklamationsverfahren auskennen, um im Falle einer Nichteinhaltung von Vertragsinhalten reagieren zu können. Für die operative Ist-Größenermittlung, bei der der Operator eine gewisse Monitoring- Funktion wahrnimmt, muss er sich mit der Datenerfassung sowie Datenaufbereitung und den dafür benötigten Softwareprogrammen auskennen. KODE®-Schlüsselkompetenzen Um eine effiziente Abwicklung zu garantierten, müssen Abläufe konsequent organisiert und durchgeführt werden. Dabei sind Organisationsfähigkeit sowie Planungsverhalten wesentlich (vgl. Tab. 3.36). Von der Warenannahme über den internen Weitertransport bis hin zur Einlagerung und schließlich Entsorgung der Güter sind logistische Prozesse involviert. Um diese Abläufe effizient ausführen zu können, braucht es eine partnerschaftliche Zusammenarbeit mit der Logistik, die der Operator durch Kooperationsbereitschaft und Integrationsfähigkeit realisieren kann.
3.3 Kritische Analyse der Ergebnisse anhand weiterer Studien
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Tab. 3.36 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des Operators. (Quelle: eigene AKEKAnalyse) Personalkompetenzen • Lernbereitschaft • Zuverlässigkeit
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Gewissenhaftigkeit • Integrationsfähigkeit • Kooperationsfähigkeit • Problemlösungsfähigkeit
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Ausführungsbereitschaft • Beharrlichkeit • Belastbarkeit • Entscheidungsfähigkeit • Konsequenz • Tatkraft • Initiative
Fach- und Methoden-kompetenzen • fachliche Anerkennung • fachübergreifende Kenntnisse • Fachwissen • Fleiß • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten
Es zeigte sich, dass für die Erfüllung des operativen Einkaufsprozesses zudem vor allem Aktivitäts- und Handlungskompetenzen benötigt werden. Zu nennen sind Ausführungsbereitschaft, Tatkraft und die Fähigkeit, Entscheidungen schnell und richtig zu treffen. Um die Versorgungssicherheit nicht zu gefährden, muss sich der Operator ferner durch Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit auszeichnen. Besonders entscheidend ist die Lernbereitschaft hinsichtlich neuer Software-Technologien (u. a. E-Procurement), da diese, wie zuvor ersichtlich, einen bedeutenden Stellenwert für den Operator einnehmen.
3.3 K ritische Analyse der Ergebnisse anhand weiterer Studien Um die Ergebnisse der eigenen Analyse zu validieren und empirisch zu untermauern, werden nachfolgend zwei Kompetenzstudien aus dem Bereich des Beschaffungsmanagements erläutert und mit den erarbeiteten Resultaten verglichen. Dadurch sollen die ermittelten Kompetenzprofile kritisch diskutiert werden, um die Wissenschaftlichkeit zu gewährleisten und eine solide Basis für das weitere Vorgehen zu schaffen. Die Ergebnisse beider Studien werden bei der Entwicklung der zukünftigen Kompetenzprofile berücksichtigt. Zunächst werden die Ergebnisse von Fröhlich-Glantschnig (2005) beschrieben. Sie analysiert, ähnlich wie in der vorliegenden Studie, mithilfe einer Aufgabenanalyse die Tätigkeitsbereiche von Beschaffungsmanagern und leitet daraus, unter Einbeziehung einer Delphi-Studie, Berufsbilder ab. Im zweiten Teil werden die Erkenntnisse von Giunipero und Pearcy (2000) analysiert, die die fünf essenziellsten Eigenschaften von Beschaffungsmanagern bestimmen. Durch den Vergleich mit dieser Studie soll herausgefunden werden, welche Kompetenzprofile am wichtigsten sind und folglich bei der weiteren Analyse am stärksten gewichtet werden sollten.
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
3.3.1 Berufsbilder in der Beschaffung – ein Vergleich Fröhlich-Glantschnig (2005) konnte vier Berufsfelder ermitteln, die für die Wahrnehmung der Beschaffungsfunktion relevant sind. Sie verfolgte bei der Gruppierung der Kompetenzen, im Gegensatz zur vorliegenden Studie, einen ganzheitlichen Ansatz. Somit bildete sie keine Kompetenzprofile, sondern Berufsfelder (2005, S. 99). Nachfolgend werden die verschiedenen Berufsbilder erläutert und mit den zuvor ermittelten Kompetenzprofilen verglichen, wobei die Vergleichbarkeit aufgrund der unterschiedlichen Ansätze eingeschränkt ist. 3.3.1.1 Der Bedarfs- und Lieferantenmanager In der Delphi-Analyse unterteilte Fröhlich-Glantschnig (2005) die interne und externe Koordinationsfunktion in zwei unterschiedliche Berufsbilder: den Bedarfsmanager und den Lieferantenmanager. Dem Bedarfsmanager kommen die Aufgaben der Bedarfsspezifikation, der internen Koordination sowie der Bestimmung möglicher Inputgüter zu. Der Lieferantenmanager ist im Gegensatz dazu für die Lieferantenbewertung, das Management von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen sowie für Verhandlungen zuständig. Werden die Erkenntnisse von Fröhlich-Glantschnig (2005, S. 255–265, 269–295) zusammengefasst und an die vom Autor gewählte Vorgehensweise angepasst, ergeben sich folgende Fach- und Methodenkompetenzen: • Fachkompetenzen: Beschaffungsverständnis, unternehmerisches Handeln, Marketingverständnis, Fremdsprachenkenntnisse, kulturspezifisches Verständnis, produkttechnische Grundlagen sowie Verstehen technischer Zusammenhänge. • Methodenkompetenzen: Verhandlungstechniken und strategische Managementtechniken (vor allem Team- und Projektmanagement). Zudem bewertet Fröhlich-Glantschnig (2005) folgende Kompetenzen als u nbedingt erforderlich: Kommunikations-, Kooperations-, Konflikt- und Überzeugungsfähigkeit, ethisches Verhalten, Sensibilität, Urteilsvermögen, Entscheidungsfreudigkeit, Ausstrahlungskraft, Mobilitätsbereitschaft, ganzheitliches Denken, Eigeninitiative, Selbstvertrauen. 3.3.1.2 Der Informationsmanager Der Informationsmanager beliefert die Bedarfsträger, wie beispielsweise den Lie ferantenmanager, mit relevanten Informationsinhalten, damit diese fundierte Entscheidungen treffen können. Er hat somit eine Art Supportfunktion inne (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 267–292, 296–299). Nachfolgend werden die bedeutendsten Fach- und Methodenkompetenzen zusammengefasst:5 5 Aufgrund des zuvor erläuterten Ganzheitlichkeitsanspruchs wurde in der Delphi-Studie ein Großteil der Informationsfunktion (u. a. die Beschaffungsmarktforschung, die Suche nach potenziellen
3.3 Kritische Analyse der Ergebnisse anhand weiterer Studien
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• Fachkompetenzen: Umgang mit Software (elektronische Systeme, Internet), Fachwissen im Bereich der Informationsbeschaffung und -vermittlung sowie bei der Auswertung von Kontrollinhalten. • Methodenkompetenzen: Informationsgewinnungstechniken, Analysetechniken, Kontrollmethoden, Prognosetechniken (Eintreten möglicher Ereignisse, z. B. Probleme mit der Vertragserfüllung), Methoden des Denkens (Erschließen neuer Informationsquellen, neue Märkte), Informationstechniken (Übermittlung von Informationen), Entscheidungstechniken (Lieferantenbewertungsverfahren etc.). 3.3.1.3 Der Prozessmanager Der Prozessmanager ist für die operative Abwicklung der Prozesse zuständig. Dies beinhaltet die Terminkontrolle, die Organisation der Transporte, die Kontrolle der Wareneingänge und -ausgänge, die Lagerhaltung sowie die Entsorgungssteuerung.6 Er ist somit für die effiziente Organisation der Kontraktabwicklung und der logistischen Prozesse zuständig (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 264–267, 269–292, 296). Die Delphi-Studie bewertet insbesondere folgende Fach- und Methodenkompetenzen als besonders entscheidend: • Fachkompetenzen: Umgang mit Software (E-Procurement, ERP, Accounting- Software etc.) sowie Beschaffungsverständnis im Hinblick auf Terminkontrolle sowie Beschaffungslogistik. • Methodenkompetenzen: Analysemethoden (z. B. Terminsicherung und Wareneingangsprüfung), Prognosemethoden (in Bezug auf die Vorhersage möglicher Vertragserfüllungsprobleme), operative Managementtechniken (vor allem Zeitmanagementtechniken), Informationstechniken (Weitergabe von Termin- und Qualitätsproblemen). Zusätzlich wird die Kompetenz ‚Organisationsfähigkeit‘ als unbedingt erforderlich herausgestrichen.
Lieferanten sowie die Durchführung von Lieferantenanalysen und -bewertungen) dem Lieferantenmanager zugeordnet. Die Analyse des Autors widerspricht diesem Ergebnis, da sie auf die Bildung von Kompetenzfeldern fokussiert. Daher ist es notwendig, die informationstechnischen Kompetenzen des Lieferantenmanagers auf den Informationsmanager zu transferieren, um eine Vergleichbarkeit erreichen zu können. 6 Aufgrund des Ganzheitlichkeitsanspruchs umfasst das Aufgabenfeld des Prozessmanagers in der Studie von Fröhlich-Glantschnig (2005, S. 269–296) auch die Auswertung von Kontrollaktivitäten. Diese wurden in der Studie des Autors jedoch dem Informationsmanager zugeordnet. Somit ist auch diesbezüglich die Vergleichbarkeit eingeschränkt. Dem Operator kommt lediglich die Aufgabe der Erfassung und Weiterleitung von Ist-Daten aus der Termin- und Warenkontrolle zu. Dies führt dazu, dass die Ergebnisse der Studie um die Kontrollaktivitäten bereinigt werden müssen.
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3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
3.3.1.4 Kritische Reflexion der ermittelten Ergebnisse Die Ergebnisse von Fröhlich-Glantschnig (2005) stimmen größtenteils mit den vom Autor erzielten Resultaten überein. Obwohl die Zuordnung von Aufgaben zu Berufsbildern resp. Kompetenzprofilen nicht immer deckungsgleich ist und sich somit eine eingeschränkte Vergleichbarkeit ergibt, lassen sich gewisse Gemeinsamkeiten erkennen. Sowohl der Bedarfsmanager als auch der Lieferantenmanager, die dem Beziehungsmanager entsprechen, sind für die interne und externe Koordination zuständig. Sie übernehmen die entscheidende Rolle im Beschaffungsprozess, während Prozessmanager und Informationsmanager als Supportfunktionen verstanden werden (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 268). Dies entspricht weitgehend der vom Autor vorgenommenen Analyse. Das Beherrschen von Verhandlungs- und Managementtechniken wird als entscheidende Methodenkenntnis des Lieferantenmanagers beschrieben. Ferner werden ein fundiertes Beschaffungs- und Marketingverständnis sowie Kenntnisse in Fremdsprachen und anderen Kulturen verlangt. Dabei handelt es sich um essenzielle Bestandteile einer adäquaten Verhandlungsführung. Auch die unbedingt erforderlichen Sozial- und Selbstkompetenzen, wie beispielsweise Kommunikations-, Kooperations-, Konflikt-, Überzeugungsfähigkeit, Ausstrahlungskraft, Eigeninitiative und Selbstvertrauen, sind wesentliche Persönlichkeitsmerkmale, die für eine erfolgreiche Verhandlung erforderlich sind. Die mithilfe des KODE®-Kompetenzatlas ermittelten Sozialkompetenzen entsprechen diesem Ergebnis. Da dem Beziehungsmanager in der vom Autor vorgenommenen Analyse jedoch nicht nur die externe, sondern auch die interne Koordination zugeordnet wurde, ist sein Kompetenzprofil weiter gefächert und beinhaltet auch Kompetenzen des Bedarfsmanagers im Sinne von Fröhlich-Glantschnig. Der Bedarfsmanager muss vor allem Verständnis für technische Zusammenhänge aufbringen, damit er als Berater für andere Abteilungen agieren kann. Auch diese Kompetenzen wurden im ermittelten Profil berücksichtigt. Schlussendlich klassifizieren beide Studien aufgrund der strategischen Position die Entscheidungsfreudigkeit und das Urteilsvermögen als unbedingt erforderlich (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 255–265, 269–295). Das Kompetenzprofil des Informationsmanagers ist in der Studie von Fröhlich- Glantschnig sowie in der vorliegenden Arbeit sehr ähnlich aufgebaut. Die Bedeutung der verschiedenen Methodenkompetenzen zur Beschaffung, Auswertung und Aufbereitung von Informationen, wie beispielsweise Informationsgewinnungs-, Analyse-, Kontroll-, Entscheidungs- sowie Prognosetechniken, wird auch von Fröhlich-Glantschnig unterstrichen. Dies impliziert aufgrund der größtenteils elektronischen Beschaffung von Daten Fachkompetenzen im Umgang mit Software und dem Internet. Zudem muss der Informationsmanager aufgrund seiner Supportfunktion wissen, auf welche Weise er ausgewertete Informationen angemessen an die Entscheidungsträger übermitteln kann (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 267–292, 296–299). Die Kenntnisse im Umgang mit Software wurden sowohl für den Prozessmanager als auch für den Operator in der vom Autor durchgeführten Studie hervorgehoben. Dies beinhaltet den Umgang mit E-Procurement, ERP, Accounting-Software
3.3 Kritische Analyse der Ergebnisse anhand weiterer Studien
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etc. Zudem wird auch für den Prozessmanager ein Beschaffungsverständnis in Bezug auf Termin- und Warenkontrollen sowie in Bezug zur Beschaffungslogistik vorausgesetzt. Fröhlich-Glantschnig nennt ferner diverse Methodenkompetenzen, die sich auf die operative Erfüllung der Beschaffungsfunktion beziehen. Der Prozessmanager erfasst nicht nur operative Daten, sondern analysiert diese auch teilweise, was den Ergebnissen der vom Autor durchgeführten Studie widerspricht. Der Operator ist im Rahmen der vorliegenden Studie lediglich für die datentechnische Erfassung zuständig, während der Informationsmanager die Informationen nachfolgend auswertet. Dies führt dazu, dass der Prozessmanager ein tieferes Wissen in Bezug auf Analyse- sowie Prognosetechniken aufweisen muss. Bezüglich der Organisationsfähigkeit weisen beide Untersuchungen jedoch ein ähnliches Ergebnis auf und kategorisieren diese Kompetenz aufgrund der Notwendigkeit einer effizienten Abwicklung des operativen Prozesses als sehr bedeutsam (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 264–267, 269–292, 296). Abschließend lässt sich sagen, dass keine der Kompetenzen, die von Fröhlich- Glantschnig als unbedingt erforderlich klassifiziert wurden, in der vom Autor durchgeführten Studie unbeachtet blieben. Obwohl teils unterschiedliche Begriffe verwendet wurden, konnten die Ergebnisse der eigenen Analyse weitgehend verifi ziert werden.
3.3.2 R elevante Kompetenzen für Einkaufsmanager – Ein Alternativvorschlag Giunipero und Pearcy (2000) haben in ihrer Studie die zentralen Kompetenzen für Einkaufsmanager ermittelt. Dazu wurden 136 Beschaffer/Einkäufer befragt. Im Ergebnis zeigen sich die folgenden fünf Eigenschaften: zwischenmenschliche Kommunikation, Entscheidungsfähigkeit, Kooperations- und Teamfähigkeit, Verhandlungsgeschick sowie Kundenfokus. Dies spiegelt die Besonderheiten der Beschaffungsfunktion als Verbindungselement zwischen den verschiedenen Sparten in Unternehmen sowie zwischen Lieferanten und Abnehmer wider. Das Schnittstellenmanagement, sowohl im Unternehmen als auch zwischen verschiedenen Unternehmen, gehört zu den Hauptaufgaben des Beschaffungsmanagements. Zudem unterstreichen die Studienautoren, dass strategisches Denken, Verständnis der Geschäftsbedingungen sowie Change-Management wesentlich an Bedeutung gewonnen haben (Giunipero und Pearcy 2000, S. 12). Beide Ansatzpunkte sollen bei der Entwicklung der künftigen Beschaffungsbilder berücksichtigt werden. Die Ergebnisse werden durch die vom Autor durchgeführte Analyse bestätigt und die Bedeutung des Beziehungsmanagers wird unterstrichen. Obwohl bei Giunipero und Pearcy (2000) keine Kompetenzfelder gebildet wurden, sondern lediglich die bedeutendsten Eigenschaften ermittelt wurden, zeigten sich große Überschneidungen mit den Kompetenzen des Beziehungsmanagers. Dies bestätigt die anfängliche Vermutung, dass der Beziehungsmanager weiter an Bedeutung gewinnen wird und das zentrale Kompetenzfeld in der Beschaffung verkörpert. Sämtliche der von Giunipero und Pearcy genannten fünf wichtigsten Eigenschaften sind im Kompe-
82
3 Kompetenzprofiling im heutigen Beschaffungsmanagement
tenzfeld des Beziehungsmanagers enthalten. Die anderen beiden Kompetenzfelder sind als Unterstützungsfunktionen zu verstehen, die in Zukunft vielleicht sogar unternehmensweit zusammengefasst oder durch Automatisierung substituiert werden können (Fröhlich-Glantschnig 2005, S. 267).
Literatur Arnolds, H., Heege, F., Röh, C., & Tussing, W. (2016). Materialwirtschaft und Einkauf. Grundlagen – Spezialthemen – Übungen (13., Ak. u. überarb. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler. Dick, L. (2006). RFX Defined. http://sourcinginno-vation.com/wordpress/2006/06/13/rfx-defined/. Zugegriffen am 11.10.2017. Fröhlich-Glantschnig, E. (2005). Berufsbilder in der Beschaffung. Ergebnisse einer Delphi-Studie. Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag/GWV Fachverlag GmbH. Giunipero, L. C., & Pearcy, D. H. (2000). World-class purchasing skills: An empirical investigation. Journal of Supply Chain Management, 36(4), 4–13. Hahn, D. (2000). Problemfelder des Supply Chain Management. In H. Wildemann (Hrsg.), Supply Chain Management (S. 9–19). München: TCW. Hofmann, E. (2016). Strategisches Beschaffungsmanagement (Vorlesungsunterlagen). Universität St.Gallen. Kleemann, F. C., & Glas, H. A. (2017). Einkauf 4.0. Digitale Transformation der Beschaffung. Wiesbaden: Springer Gabler. Köhler, R. (1993). Marktforschung. In W. Wittmann (Hrsg.), Handwörterbuch der Betriebswirtschaft (5., völl. neu gest. Aufl., S. 2782–2803). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. Koppelmann, U. (2001). Produktmarketing. Entscheidungsgrundlagen für Produktmanager (6., überarb. u. erw. Aufl.). Berlin/Heidelberg: Springer. Koppelmann, U. (2003). Beschaffungsmarketing (4., neu bearb. Aufl.). Berlin/Heidelberg: Springer. Kotula, M. (2011). Fehlendes Risikomanagement im Einkauf: Risikofaktor für den Unternehmenserfolg (Pressmitteilung). https://www.kerkhoff-consulting.com/presse/pressearti-kel/presse-details/news/fehlendes-risikomanagement-im-einkauf-risikofaktor-fuer-den-unternehmenserfolg. html?tx_news_pi1%5Bcontroller%5D=Newsundtx_news_pi1%5Baction%5D=detailundcHash=fdc489abfb907c678caceb6675ca1979. Zugegriffen am 12.07.2018. Large, R. O. (2013). Strategisches Beschaffungsmanagement. Eine praxisorientierte Einführung mit Fallstudien (5., vollst. überarb. Aufl.). Wiesbaden: Springer Gabler. Prien, E. P., & Ronan, W. W. (1971). Job analysis: A review of research findings. Personnel Psychology, 24(3), 371–396. Rossetti, C. L., & Dooley, K. J. (2010). Job types in the supply chain management profession. Journal of Supply Chain Management, 46(3), 40–56. Stölzle, W., & Heusler, K. F. (2005). Implementierung von Supply Chain Management – Ressourcenorientierte Ableitung eines konzeptimmanenten Kompetenzprofils. In M. Essig (Hrsg.), Perspektiven des Supply Management. Konzepte und Anwendungen (S. 199–236). Berlin/Heidelberg: Springer. Tippelt, R., & Edelmann, D. (2007). DACUM (Developing a Curriculum). In J. Erpenbeck & L. von Rosenstiel (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis (2., überarb. u. erw. Aufl., S. 737–757). Stuttgart: Schäffer-Poeschel. van Weele, A. J., & Essig, M. (2017). Strategische Beschaffung. Grundlagen, Planung und Umsetzung eines integrierten Supply Management. Wiesbaden: Springer Gabler.
4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Die vierte industrielle Revolution wird in einem Wandel des gesamten Wertschöpfungsprozesses resultieren. Das Aufkommen neuer technologiebasierter Geschäftsmodelle und intelligenter Wertschöpfungsnetzwerke wird die traditionelle Pro duktion ersetzen. Diese werden eine intensivere Kundenintegration sowie die Selbstorganisation und Selbststeuerung verteilter und vernetzter Systeme ermöglichen. Der Einkauf wird als Dirigent eine zentrale Rolle bei der Gestaltung dieser Wertschöpfungsnetzwerke einnehmen (Ruile und Vollrath 2015, S. 2). Aufgrund seiner Schnittstellenfunktion ist er sogar in mehrfacher Hinsicht gefordert. Einerseits müssen die benötigten Technologien beschafft werden, andererseits steuert er die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit mit den Lieferanten (Kleemann und Glas 2017, S. 6). Nachfolgend werden die verschiedenen Trends der vierten industriellen Revolution aufgegriffen, erklärt und hinsichtlich ihrer Bedeutung für Einkauf und Beschaffung geprüft. In einem nächsten Schritt wird eruiert, wie sich die zuvor analysierten Aufgaben und abgeleiteten Kompetenzfelder durch diese Trends verändern werden.
4.1 Was ist Industrie 4.0? Unter dem Begriff ‚Industrie 4.0‘ wird die vierte industrielle Revolution verstanden, die als neue, zukunftsweisende technologische Entwicklung in der industriellen Produktion definiert werden kann (Kleemann und Glas 2017, S. 1). In den letzten 250 Jahren wurde die Industrie drei Mal durch disruptive Entdeckungen ‚revolutioniert‘. Der erste Wandel ereignete sich am Ende des 18. Jahrhunderts aufgrund der Erfindung von mechanischen Produktionsanlagen, die durch Dampf- und Wasserkraft angetrieben wurden. Die zweite Revolution folgte knapp 100 Jahre später mit der Einführung der arbeitsteiligen Massenproduktion. Im Jahre 1970 mündete der Industrialisierungsprozess in der dritten Revolution, deren Auswirkungen bis heute andauern und die sich durch die Automatisierung der Produktion mithilfe von Elektronik und IT auszeichnet (Kagermann et al. 2013, S. 17–18). Die fortschrei© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7_4
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
tende Weiterentwicklung dieser Informations- und Kommunikationstechnologien und die damit einhergehenden Veränderungen in der Wertschöpfung werden als vierte industrielle Revolution zusammengefasst (Kersten et al. 2014, S. 102–104). Die zunehmende Digitalisierung und die Vernetzung über die Unternehmensgrenzen hinweg führen zu einem Paradigmenwechsel in der Industrie (Kleemann und Glas 2017, S. 1). Gemäß Kagermann et al. (2013, S. 24) kann der Begriff ‚Industrie 4.0‘ folgendermaßen definiert werden: „eine Vernetzung von autonomen, sich situativ selbst steuernden, sich selbst konfigurierenden, wissensbasierten, sensorgestützten und räumlich verteilten industriellen Produktionsressourcen (Produktionsmaschinen, Roboter, Förderungs- und Lagersysteme, Betriebsmittel etc.) inklusiv deren Planungs- und Steuerungssystemen“ (Kagermann et al. 2013, S. 24).
Das Kernelement der digitalen Vernetzung ist somit die intelligente Fabrik (‚Smart Factory‘). Sie ist Bestandteil von unternehmensübergreifenden Wertschöpfungsnetzwerken mit durchgängigen Engineering-Prozessen, in denen die digitale und die physische Welt ineinanderfliessen. Die Kommunikation zwischen Menschen, Maschinen und Ressourcen erfolgt in solchen Netzwerken nahtlos. Zudem werden Produkte intelligenter (‚Smart Products‘), da sie eindeutig identifizierbar und zu jeder Zeit lokalisierbar sind. Bereits während der Produktion ‚wissen‘ Produkte, auf welche Weise sie hergestellt werden und welche Station im Produktionsprozess sie selbstständig ansteuern müssen (Kagermann et al. 2013, S. 23–25). Industrie 4.0 zeichnet sich durch die weltweite Übermittlung von Daten unmittelbar bei deren Entstehung, also in Echtzeit, aus. Dies wird über eine mehrstufige Vernetzung und den unternehmensweiten Datenaustausch möglich. Dies bedeutet, dass Produktionsmaschinen und Produkte systematisch miteinander kommunizieren können und von intelligenten Systemen, die ständig ‚dazulernen‘, autonom gesteuert werden (Kreutzer et al. 2016, S. 604–607). Industrie 4.0 ist die Antwort auf das zunehmende Bedürfnis, Produkte und Dienstleistungen zu individualisieren. In ‚Smart Factories‘ sind Maschinen in der Lage, selbstständig und auf Basis von zuvor definierten Regeln Entscheidungen über die Produktion und über die Beschaffung von Produkten zu fällen. Dies eröffnet die Option, auch kleinste Einheiten effizient zu produzieren und somit eine stärkere Kundenorientierung zu realisieren (Welge 2016, S. 59). Die Vernetzung solcher ‚Smart Factories‘ führt zu nahtlosen Material-, Informations- und Kommunikations- sowie Finanzflüssen. Bestände, Produktionsmengen sowie Lieferzeiten können in vernetzten Systemen bedarfsgerecht optimiert werden, wodurch maximal flexible, aber auch höchstkomplexe Supply Chains entstehen (Kleemann und Glas 2017, S. 6).
4.2 Exogene Trends und Ursachen der Digitalisierung Kersten et al. (2017) haben in ihrer aktuellen Studie die exogenen Trends der Digitalisierung analysiert und dabei vier hauptsächliche Treiber ermittelt. Unter exogenen Trends werden Entwicklungen verstanden, die von außen auf Unternehmen wirken. Sie können nur begrenzt kontrolliert werden. Aus diesem Grund ist Anpas-
4.2 Exogene Trends und Ursachen der Digitalisierung
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sungsfähigkeit entscheidend. Diese Entwicklungen können bis zu einem gewissen Maß als Ursachen oder Auslöser für die kommenden Veränderungen interpretiert werden (Kersten et al. 2017, S. 18–20). • Kostendruck: Der zunehmende internationale Wettbewerb und die gleichzeitig erhöhte Preissensibilität der Kunden führen zu einem verstärkten Kostendruck. Zudem verursacht auch die hohe Preistransparenz zusätzlichen Druck. Es wird also entscheidend sein, Einsparpotenziale möglichst effektiv auszuschöpfen und Aufträge kosteneffizient abzuwickeln (Kersten et al. 2017, S. 18). • Individualisierung: Der Kundenwunsch nach individualisierten Produkten und Dienstleistungen resultiert in einer erhöhten Gütervielfalt und einer Diversifizierung der Unternehmen. Das Bedürfnis nach einem breiten Angebot wird oftmals von der Forderung nach kurzen Lieferzeiten und kleinen Liefermengen begleitet, was zu zusätzlichen Herausforderungen führt. Dabei entstehen Schwierigkeiten, die bestehenden Systeme, Prozesse und Strukturen zu flexibilisieren und an das Individualisierungsbedürfnis anzupassen (Kersten et al. 2017, S. 18). Zudem haben viele Kunden das Bedürfnis, Änderungswünsche noch bis sehr kurz vor der Lieferung anbringen zu können (Ruile und Vollrath 2015, S. 6). In vielen Industrien hat die Macht des Kunden stetig zugenommen, womit Kundenzufriedenheit zum höchsten Ziel der Supply Chains wird (Lambert 2008). • Komplexität: Die erhöhte Gütervielfalt führt automatisch zu einer überproportionalen Zunahme der Produktkomponenten. Dies bedeutet, dass die gesamte Supply Chain zunehmend komplexer und somit schwieriger zu managen wird (Kersten et al. 2017, S. 18–20). Da sich der Produktlebenszyklus durch den technologischen Fortschritt stark verkürzt, wird die Komplexität zusätzlich erhöht (Ruile und Vollrath 2015, S. 6). Die Digitalisierung kann dabei als essenzielles Werkzeug genutzt werden, um Übersicht zu erlangen und Transparenz zu schaffen (Kersten et al. 2017, S. 18). • Nachhaltigkeit: Der Nachhaltigkeitsanspruch in Supply Chains hat in den letzten Jahren am stärksten an Bedeutung gewonnen. Neben wirtschaftlichen Faktoren werden auch soziale und ökologische Folgen für Stakeholder immer bedeutsamer (Kersten et al. 2017, S. 20). Insbesondere schlechte Nachrichten verbreiten sich über soziale Netzwerke rasant. Dadurch werden Unternehmen angreifbar und es können langfristige Schäden entstehen (Scharlach et al. 2014, S. 21). Das zunehmende Konfliktpotenzial, das sich durch die Kluft zwischen Arm und Reich ergibt, führt nicht nur zu sozialen und politischen Unruhen, sondern belastet auch die Wirtschaft (von der Gracht et al. 2016, S. 10). Dies wird durch die stark wachsende Nachfrage nach seltenen Rohstoffen verstärkt. Laut WWF übersteigt der Ressourcenverbrauch die natürlichen Regenerationsfähigkeiten der Erde um 50 Prozent, was in Zukunft zu Versorgungsengpässen führen kann (WWF 2014, S. 12). Außerdem ereigneten sich in den letzten zehn Jahren viermal so viele Naturkatastrophen wie in den 1970er-Jahren, wodurch Instabilitäten entstehen (von der Gracht et al. 2016, S. 11). ‚Grüne‘ und ‚soziale‘ Systeme werden somit die Zukunft prägen (Kersten et al. 2017, S. 20).
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Um diesen neuen Anforderungen gerecht zu werden, ist ein robustes Management gefordert, das proaktiv, präventiv und reaktiv handelt und Veränderungen frühzeitig wahrnimmt (von der Gracht et al. 2016, S. 11).
4.3 Technologische Treiber von Industrie 4.0 Die zuvor beschriebenen Trends der Digitalisierung werden durch technologische Treiber wie Blockchain, Big Data Analytics und IoTS begleitet. Diese erleichtern oder ermöglichen es, dem Bedürfnis nach Individualisierung gerecht zu werden, den Kostendruck und die Komplexität zu meistern sowie die Supply Chain transparent abzubilden, um Nachhaltigkeit zu gewährleisten (Kersten et al. 2017, S. 18–20). Somit spielen solche Technologien eine wesentliche Rolle bei der Realisierung der vierten industriellen Revolution. Nachfolgend wird auf die wichtigsten technologischen Treiber eingegangen, um ihre Rolle in der Beschaffung 4.0 besser verstehen zu können.
4.3.1 Blockchain und ‚Smart Contracts‘ Unter Blockchain (‚Block-Kette‘) wird ein Netzwerk verstanden, das nicht auf einer zentralen Datenbank beruht. Eine Blockchain ist dezentral organisiert, also auf verschiedene Rechner verteilt (HWZ 2016). Mithilfe der ‚Open-Source-Technologie‘ werden die Parteien direkt miteinander verknüpft und der traditionelle Intermediär (bspw. eine Bank) wird durch eine „kollektive Verifizierung des Ökosystems“ ersetzt (Bradley o. J.). Die Blockchain speichert jegliche Transaktionen in chronologischen Blöcken in einer Art digitalem Register. Diese Blöcke sind im Nachhinein nicht mehr veränderbar und somit fälschungs- und manipulationssicher. Sämtliche Informationen können durch alle Netzwerkmitglieder verifiziert werden und können transparent nachvollzogen werden (GS//Lexikon o. J.). Aus diesen Gründen wird eine verwaltende Drittinstanz (‚Trusted Third Party‘), die die Echtheit von Daten bestätigt, redundant. Kritische Informationen müssen somit nicht mehr mit Dritten geteilt werden. Blockchain erweist sich somit überall dort als sinnvoll, wo Vertrauen und Transparenz erforderlich sind, wo Dritte als Mediatoren beteiligt sind oder wo Prozesse eine Vielzahl an manuellen Arbeitsschritten umfassen (Rösch und Herburg 2018). Zudem führt die dezentrale Speicherung dazu, dass Daten vor Hackern sicher sind, da diese nicht nur eine einzelne Datenbank, sondern eine ganze Kette auf diversen Rechnern angreifen müssten (Rösch und Herburg 2018). Durch den Einsatz von ‚Smart Contracts‘ (intelligente Verträge) können Vertragsinhalte und einzelne Bestandteile autonom vom System geprüft und ausgeführt werden (HWZ 2016). Mithilfe des ‚Wenn-Dann-Prinzips‘ werden Bedingungen und Konsequenzen eines Vertrags festgelegt. Wenn nun eine Bedingung eintritt, ist das Programm in der
4.3 Technologische Treiber von Industrie 4.0
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Lage, selbstständig Maßnahmen einzuleiten (GS//Lexikon o. J.). Die Blockchain übernimmt dabei die kontrollierende Rolle und setzt bei Nichteinhaltung von Vertragsinhalten automatisch die vereinbarten Konsequenzen um (Rösch und Herburg 2018).
4.3.2 Enterprise 3D Printing Die 3D-Drucktechnik ist ein Verfahren, mit dem anhand eines digitalen Modells reale, dreidimensionale Objekte hergestellt werden können. Durch schichtweisen Aufbau wird das gewünschte Produkt mithilfe diverser Materialen (Harz, Holz, Gips, Metall etc.) hergestellt. Dieser additive Fertigungsprozess führt dazu, dass Komplexität und Vielfalt mit geringeren Kosten einhergehen und keine Montage, Vorlaufzeiten oder Fertigungskenntnisse mehr nötig sind. Die Produktion wird zudem ortsunabhängig. Außerdem entsteht weniger Abfall und es können präzise physische Kopien angefertigt werden, da die Dateivorlage beliebt vervielfältigt werden kann (Fiedler 2016). Der 3D-Druck ist ein wesentlicher ‚Enabler‘ um die Vision ‚batch size one‘ zu realisieren, da es dabei zur Entmaterialisierung des physischen Warenstroms kommt. In Folge können neue Marktsegmente erschlossen und neue Wertschöpfungsarten (bspw. digitale Lager von 3D-Modellen) realisiert werden (Heutger und Kückelhaus 2016, S. 34).
4.3.3 ‚Ubiquitos Computing‘ und RFID-Technologie Aufgrund der zunehmenden Entwicklung der Kommunikations- und Informationstechnologien können Computerteile immer kosteneffizienter hergestellt werden. Dies führt dazu, dass immer mehr Produktionskomponenten und Maschinen durch hocheffiziente Technologien (wie beispielsweise Sensoren, Speicher, Computerchips etc.) ergänzt werden, was unter dem Begriff ‚Embedded Computing‘ zusammengefasst wird (Fleisch und Mattern 2005, S. 39–40). Durch die Vernetzung dieser intelligenten Produkte mithilfe des Internets entsteht ‚Ubiquitous Computing‘, was als „Allgegenwärtigkeit kleinster, untereinander vernetzter, intelligenter Computer und Objekte“ verstanden werden kann (Siepmann 2016c, S. 25). Eine entscheidende Technologie in diesem Zusammenhang ist der RFID-Chip. RFID-Chips (‚Radio Frequency Identification‘) sind intelligente Etiketten, die nur wenige Quadratmillimeter groß sind und keine Energieversorgung benötigen. Die Daten (Produktinformationen, Herstellungsdaten etc.) können mit speziellen RFID-Lesegeräten abgerufen werden. Sichtverbindung ist nicht notwendig (Fleisch und Mattern 2005, S. 55). Sie bieten die Möglichkeit zur „Lokalisierung, Überwachung, Steuerung, Autorisierung, Identifikation, Dokumentation und Authentifikation aus der Prozessebene heraus“ (Siepmann 2016c, S. 52). Dadurch ist es beispielsweise möglich, Qualitäts- oder Prozessdaten schon während der Produktion
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
zu erfassen und auszuwerten (Schamari 2012). In der Logistik kann somit lückenlos und automatisch über Pulkerfassung1 ermittelt werden, welche Waren sich in welchem Ausmaß an welchem Ort befinden. Dies führt zu unternehmensweiten Optimierungspotenzialen von Liefer- und Produktionsnetzwerken (Schittenhelm und Glöckle 2014, S. 3). Durch die speicherprogrammierbare Steuerung können Maschinen auf Basis der Daten des RFID-Chips automatisch konfiguriert werden, wodurch ‚Mass Customization‘ (Losgröße 1) unterstützt werden kann (IdentProGmbH 2013, S. 6). Mithilfe der RFID-Technologie sind ganzheitliche Prozessoptimierungen sowie Echtzeitkommunikation mit einem SAP-System möglich (SickAG 2014).
4.3.4 I nternet der Dinge und Dienste (IoTS) und ‚Cloud Computing‘ Das IoTS basiert auf der vollständigen Vernetzung sämtlicher Gegenstände. Mit RFID-Chips und Sensoren ausgestattet, ist es physischen Objekten möglich, von überall Informationen zu erhalten und zu nutzen sowie eigenständig Informationen weiterzugeben (Schlick et al. 2014, S. 58–59). Die intelligenten Produkte (‚Smart Products‘) werden dadurch Bestandteil des Internets und produzieren ständig Daten, die sie selbst verarbeiten und nutzen. Durch die Vernetzung werden Produkte und Produktionsanlagen in der Lage sein, eigenständig miteinander zu kommunizieren, Daten zu analysieren und Maßnahmen einzuleiten (Siepmann 2016c, S. 26–27). Konkret bedeutet dies, dass mithilfe von Big Data und Analytics Informationen zur Steuerung, Wartung und Kontrolle von cyber-physischen Systemen (CPS) in Echtzeit ausgewertet werden können (Siepmann 2016c, S. 23). Um die Technologisierung der Produktion überhaupt zu realisieren, wird eine entsprechende IT-Infrastruktur benötig. ‚Cloud Computing‘ stellt solche Infrastrukturen bereit. Cloudbasierte Lösungen umfassen diverse Hilfsmittel zur Datenerfassung und -verarbeitung über das Internet und ermöglichen so ein globales Netzwerk vernetzter Softwarelösungen (VDI 2013). Dies bedeutet, dass IT-Infrastrukturen bei externen Dienstleistern gemietet und nicht mehr lokal im Unternehmen gespeichert werden, wodurch kosten- oder zeitintensive Tätigkeiten ausgelagert werden können (Mell und Grance 2013, S. 6–7; Müller und Karlstetter 2013). CPPS könne über die Cloud kommunizieren und auch unternehmensübergreife Informationen austauschen (Verl und Lechler 2014, S. 235–239). Zudem kann mithilfe eines internetfähigen Geräts jederzeit auf Echtzeitdaten zurückgegriffen werden (Bildstein und Seidelmann 2014, S. 587).
1 Unter Pulkerfassung wird das automatische Erfassen von Objekten in der Logistik ohne menschliches Eingreifen verstanden (vgl. Schittenhelm und Glöckle 2014, S. 3).
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4.3.5 Big Data und Analytics-Dienste Big Data zeichnet sich durch ‚Volume‘ (enorme Datenmenge), ‚Variety‘ (hohe Heterogenität) und ‚Velocity‘ (Geschwindigkeit der Datenverarbeitung) aus (Mann 2014). Daten, die von intelligenten Objekten, mobilen Endgeräten, intelligenten Fabriken, von Web und Social Media sowie von Cloud-Diensten geriert werden, können mithilfe von Big Data innerhalb von Millisekunden verdichtet und anschließend effizient ausgewertet werden (Schöning und Dorchain 2014, S. 548–549). Sobald die Daten verdichtet sind, können sie in einem nächsten Schritt ausgewertet werden, um die Resultate (Steuerungsdaten) über die Cloud an die CPPS zurückzugegeben (Siepmann 2016c, S. 58). Die analysierten Daten können Qualitätsprobleme in diversen Unternehmensbereichen aufdecken und diese den Entscheidungsträgern in ausgewerteter Form leicht nachvollziehbar zur Verfügung stellen, wodurch gezielte Maßnahmen zur Problemlösung eingeleitet werden können (IAIS 2014). Aufgrund der Digitalisierung von Geschäftsprozessen ist die Zukunft der Datenanalyse durch einen kontinuierlichen Anstieg verfügbarer Daten gekennzeichnet. Der Analysefokus verlagert sich zudem von vergangenheitsorientierten Informationen immer stärker auf die Erstellung von Prognosen. Die Möglichkeit, hochkomplexe Daten in Echtzeit zu verarbeiten und daraus Prognosen abzuleiten, kann unter dem Begriff ‚Big Data oder Business Analytics‘ zusammengefasst werden (Deuse et al. 2014, S. 381). Der Big Data Analytics kommt die Aufgabe zu, die gewaltigen, unstrukturierten Datenmengen aufzubereiten, wobei ein aufwändiger Prozess der Datenextraktion, -erfassung und -transaktion eingeleitet wird. Anschließend erfolgt eine Analyse mithilfe spezifischer Software (Litzel 2016). Dabei ist die induktive Erkennung neuer Muster sowie die eigenständige Ableitung von Hypothesen (bekannt als ‚Data Mining‘) ein zentraler Baustein. Dies bedeutet, dass die Software eigenständig Daten durchsucht und interpretiert. Bei der Business Analytics kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz, bei denen nicht nur vergangenheitsorientierte Daten ausgewertet werden, sondern mithilfe von ‚Predictive Analytics‘ auch Zukunftsprognosen erstellt werden. Mithilfe von Datenmodellen und algorithmischen Analyseverfahren können somit Ereignisse in der Zukunft vorhergesagt werden. ‚Data Mining‘ stellt die Basis für assoziative Analysen dar (Mauerer 2015). Mit den Erkenntnissen aus diesen Analysen können Prozesse optimiert und Wettbewerbsvorteile gewonnen werden (Litzel 2016).
4.3.6 Maschine-zu-Maschine-Kommunikation Als M2M-Kommunikation wird der automatische Informationsaustausch zwischen technischen Systemen bezeichnet. Intelligente Produkte gewinnen Daten in Echtzeit und übermitteln diese an Cloud-Lösungen, wo sie verarbeitet und schließlich in autonome „Regelprozesse“ umgewandelt werden (Siepmann 2016c, S. 59). Diese werden wiederum an Produktionsanlagen übermittelt, was dann dazu führt, dass
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dezentral gesteuert wird. Um eine standardisierte M2M-Kommunikation zu ermöglichen, müssen die verschiedenen Netzwerkkomponenten miteinander kombiniert werden können. Deshalb muss eine Basistechnologie für ein kommunikationsfähiges Gesamtnetz vorhanden sein (BMWI 2012, S. 2). Dies bezieht sich sowohl auf die vertikale Integration (Schnittstellen zwischen APS (Advanced Planning System), ERP, MES (Manufactoring Execution System) etc.) als auch auf die horizontale Integration (Schnittstellen zwischen Unternehmen) (Hoppe 2014, S. 334–337).
4.3.7 Robotics, Automatisierung und selbstfahrende Fahrzeuge Robotergesteuerte und autonome Technologien wurden aufgrund des technologischen Fortschritts in den letzten Jahren stetig präziser, flexibler und bezahlbar. Ausgestattet mit intelligenten Sensoren, hochauflösenden Kameras und der Möglichkeit, sich selbstständig Fähigkeiten anzueignen, können sie in naher Zukunft als Assistenten des Menschen eingesetzt werden und physische Aufgaben, wie Kommissionierung, Packen, Sortieren, Nachfüllen etc., übernehmen (Heutger und Kückelhaus 2016, S. 42). In Kombination mit selbstfahrenden Fahrzeugen, wie autonomen Gabelstaplern, Paletten-Fahrzeugen und Fördersystemen, kann dies zu völlig selbstständig handelnden Lagersystemen führen (Heutger und Kückelhaus 2016, S. 43).
4.3.8 V irtual and Augmented Reality (Mensch-Maschine-Interaktion) Mithilfe von Virtual Reality (VR) können Daten über Schnittstellen wie Smartphones oder Datenbrillen für den Menschen leicht verständlich visualisiert werden. Somit wird es möglich, Prozesse realistisch und interaktiv dreidimensional zu simulieren, was vor allem beim durchgängigen digitalen Engineering notwendig ist (Gorecky et al. 2014, S. 528; Siepmann 2016c, S. 64–65). Durch die Visualisierung in Echtzeit erhöht sich die Kreativität und Motivation von Mitarbeitenden. Zudem hat VR einen positiven Einfluss auf die Kommunikationsprozesse, da diese optisch unterstützt werden können (Kunst 2005, S. 67–74). Augmented Reality (AR) unterstützt den Menschen bei der Ausführung von Aufgaben, indem zusätzliche Informationen eingeblendet werden (Mayer und Pantförder 2014, S. 486–487). Diese sind über Datenbrillen, Smartphones etc. abrufbar (Tönnis 2010, S. 4). Demzufolge können beispielsweise bei Reparaturen Bedienungsanleitungen (mit den einzelnen Arbeitsschritten) sowie benötigte Werkzeuge visualisiert werden (Schart 2014). Dies führt zu einer verbesserten Prozesseffizienz und -qualität sowie einer Risikoreduktion, da der Benutzer aufgrund der Integration zusätzlicher Informationen sein Umfeld umfassender verstehen kann (Heutger und Kückelhaus 2016, S. 35)
4.4 Fünf neuartige Paradigmen der Industrie 4.0
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4.4 Fünf neuartige Paradigmen der Industrie 4.0 Die zuvor erläuterten Technologien sind wesentliche Bestandteile der Digitalisierung. Der Begriff ‚Industrie 4.0‘ lässt sich jedoch nicht auf diese Technologien reduzieren, da solche technologischen Komponenten bereits heute auf dem Markt verfügbar sind. Neu an Industrie 4.0 ist die Vernetzung dieser Technologien zu einem einheitlichen System. Dies schlägt sich in folgenden fünf neuartigen Denkweisen nieder, die das neue Zeitalter maßgeblich bestimmen werden (Siepmann 2016a, S. 37–46).
4.4.1 Vertikale und horizontale Integration Die Kombination von vertikaler und horizontaler Integration bringt enorme Wettbewerbsvorteile mit sich. Durch die Vernetzung kann eine durchgängig hohe Datenqualität sowie Datenverfügbarkeit geschaffen werden. In einer vernetzten Welt können Produktionsprozesse automatisch anforderungsgerecht angepasst werden. Auf diese Weise kann flexibler und effizienter auf individuelle Kundenwünsche reagiert werden (‚Mass Customization‘) (Brossardt 2014, S. 10). Vertikale Integration Damit Daten effizient erhoben und verarbeitet werden können, müssen alle relevanten Systeme hierarchisch in eine unternehmensweite Systemlandschaft eingebettet werden. Zudem müssen Schnittstellen zum Austausch dieser Daten geschaffen werden (Kagermann et al. 2013, S. 24). Ein durchgängiges System, das eine Maschine- Maschine-Kommunikation (M2M-Kommunikation) in Echtzeit gewährleistet, verlangt nach unternehmensunabhängigen Standards in Bezug auf Sensoren, Aktoren und Systeme. Sind solche Standards vorhanden, können Daten automatisch erhoben, verdichtet und ausgewertet werden, was zu großen Optimierungspotenzialen im Prozessmanagement führt (Brossardt 2014, S. 8–9). Horizontale Integration Die Vernetzung von Systemen innerhalb eines Unternehmens und mit sämtlichen Stakeholdern über den gesamten Wertschöpfungsprozess ermöglicht den Aufbau dynamischer Wertschöpfungsnetzwerke (Brossardt 2014, S. 9–10). Der Datenaustausch in Echtzeit und die kontinuierliche Verfügbarkeit von Daten ermöglichen es Planungs- und Steuerungssystemen, Produktionsprozesse zeitlich zu optimieren und höchstflexibel und koordiniert zu realisieren (Kagermann et al. 2013, S. 24).
4.4.2 Dezentrale Intelligenz Dezentrale Intelligenz bezieht sich auf die Fähigkeit der ortsunabhängigen Weitergabe von Informationen von Produktionskomponenten und Fertigungsanlagen an Steuerungssysteme. Dafür wird einerseits die Kommunikationsfähigkeit über
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
das IoTS sowie andererseits eine Ausstattung mit intelligenten Komponenten, wie beispielsweise Sensoren und RFID-Chips, benötigt (Wörner 2013). Daten, die für den Produktionsprozess notwendig sind, können direkt auf den RFID-Chip übertragen werden. Dies beinhaltet beispielsweise Mengen-, Qualitäts- und Strukturangaben sowie Informationen zu den Fertigungsschritten. Auf diese Weise sind Produktionsanlagen imstande, mit den Fertigungsmitteln zu kommunizieren und zu erkennen, welche weiteren Produktionsschritte notwendig sind (Siepmann 2016a, S. 39).
4.4.3 Dezentrale Steuerung Die Steuerung von Produktionsanlagen, die sich an verschiedenen Orten befinden, über das IoTS erfolgt mithilfe von dezentralen Systemen. Dies ermöglicht Ortsungebundenheit sowie Flexibilität. Die Vernetzung von Produktions- und Steuerungssystemen wird in der Industrie 4.0 über eine Cloud oder das Internet erfolgen und nicht wie bisher über Verkabelung. Dadurch kann Kommunikation in Echtzeit und ortsunabhängig in einem vernetzten Wertschöpfungsnetzwerk stattfinden (Schäfer und Schmidt 2014, S. 7). Die Schnittstelle zwischen Technologie und Mensch, beispielsweise über eine Applikation, ermöglicht eine erleichterte Interaktionsfähigkeit mit den Systemen. Zudem kann überall mithilfe eines internetfähigen Geräts auf Daten zugegriffen werden (Siepmann 2016a, S. 40).
4.4.4 Durchgängiges digitales Engineering Unter durchgängigem digitalen Engineering wird die vollständige digitale Abbildung physischer Prozesse verstanden. Dadurch lassen sich Prozesse über alle Funktionsbereiche hinweg als Gesamtprozess in Echtzeit virtuell visualisieren. Das digitale Engineering zeichnet sich durch folgende drei Komponenten aus (Kapp und Constantinescu 2006, S. 9–10): • Digitale Fabrik: Abbild einer realen Fabrik (Maschinen, Produkte, Personal, Fertigungsprozesse sowie Betriebsmittelmodelle), das mithilfe von ‚Computer- aided- design‘(CAD)- oder ‚Computer-aided-manufacturing‘(CAM)-Programmen erstellt wird. • Virtuelle Fabrik: Die virtuelle Fabrik unterscheidet sich von der digitalen Fabrik durch die Ergänzung durch die zeitliche Dimension. Dies bedeutet, dass Produktionsprozesse dynamisch und in zeitlicher Abhängigkeit abgebildet werden können. • Datenmanagementsystem: Datenbasis, die die Übertragung von realen Daten auf die virtuelle Fabrik mithilfe von Planungs- und Visualisierungstools ermöglicht.
4.4 Fünf neuartige Paradigmen der Industrie 4.0
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Durch durchgängiges digitales Engineering können verschiedene Szenarien digital simuliert und Prozesse entsprechend analysiert werden. Zudem können gezielt Maßnahmen gegen erwartete Probleme eingeleitet werden. Mithilfe von Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) können neuentwickelte Produkte oder Anlagen dreidimensional visualisiert werden. Dies führt dazu, dass bereits in der Planungsphase mögliche Probleme erkannt und behoben werden können (Kapp und Constantinescu 2006, S. 9–10).
4.4.5 CPPS Cyber-physische Produktionssysteme (CPPS) basieren auf cyber-physischen Systemen (CPS), die mithilfe von Sensoren in der Lage sind, Daten zu erfassen, zu verarbeiten und in mechanische Handlungen umzuwandeln. Dies bedeutet konkret, dass Daten, die durch den Sensor gesammelt wurden, mithilfe des CPS ausgewertet werden. Das CPS ist über WLAN mit dem Internet verbunden und interagiert sowohl aktiv als auch reaktiv mit der digitalen Welt (Siepmann 2016b, S. 29–30). Die Interaktion erfolgt über Mensch-Maschine-Schnittstellen, wie beispielsweise über Touchscreens, Sprache, Gesten und Datenbrillen, wobei direkt auf die Produktionsanlage eingewirkt werden kann (Vogel-Heuser 2014, S. 63). Wie Abb. 4.1 zu entnehmen ist, erfolgt die Datenerhebung und -verarbeitung in einem CPS auf drei verschiedenen Ebenen. 1. Physische Objekte, die eindeutig identifizierbar sind, sammeln Daten mithilfe von Sensorik, RFID-Chips und Aktoren in der Prozessebene. Die intelligenten Produkte, Fertigungsmaschinen und sonstigen Komponenten sind über das Internet miteinander vernetzt und leiten die Daten in Echtzeit weiter (Drath 2014, S. 51; Siepmann 2016b, S. 30–31). Dadurch sind sämtliche System-, Prozessund Produktzustände datentechnisch erfasst und jederzeit auf sämtlichen Stufen abrufbar, womit sie zur Planung und Steuerung verwendet werden können (Darr 2017, S. 7). 2. Die gewonnenen Informationen (Sensordaten) werden im Datenspeicher (Cloud) gesammelt und gespeichert. Die Cloud, die die internetbasierte IT-Infrastruktur bildet, enthält zudem 3D-Modelle (‚Digital Twins‘) und elektronische Dokumente (wie Wartungspläne oder Betriebsanleitungen), wobei der Zugriff über Intra- oder Internet erfolgt (Drath 2014, S. 51; Siepmann 2016b, S. 30–31). 3. Mithilfe von klar definierten Schnittstellen und Standards in der Kommunikation werden die Daten an Dienstsysteme weitergeleitet und dort von Big-Data- oder Analytics-Programmen2 verdichtet und ausgewertet. Die Resultate der Auswer-
2 Im Folgenden werden die Konsolidierung von Daten aus verschiedensten Quellen sowie deren Analyse unter dem Begriff ‚Big Data Analytics‘ zusammengefasst (vgl. dazu auch die im Abschn. 4.3.5 zu entnehmende Definition).
4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Weitergabe der Daten
Algorithmen – Auswertungen - Steuerungssysteme
Datenspeicher (Cloud) Dokumente – Daten – 3D-Modelle
Physische Objekte
Steuerungsdaten
Datenerhebung
Dienstsysteme (Big-Data-, Analytics- und SPS-Systeme) Verarbeitete Daten
Vertikale Integration
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Fertigungsmaschinen – 3D-Drucker – Intelligente Objekte
Abb. 4.1 Cyber-physisches Produktionssystem. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Drath 2014, S. 51)
tung werden durch die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) an die physischen Objekte in Form von Steuerungsdaten zurückgegeben (Drath 2014, S. 51; Siepmann 2016b, S. 30–31). CPS können somit als Produktionsanlagen oder Logistikkomponenten definiert werden, die kommunikationsfähige, über das IoTS vernetzte Bündel von intelligenten Systemen, Produkten und Fertigungsanlagen darstellen. Die Gesamtheit dieser CPS wird unter dem Begriff ‚cyber-physische Produktionssysteme‘ zusammengefasst (Bauernhansl 2014, S. 15–16). Die standardisierte Datenspeicherung und Kommunikation ermöglicht die unbegrenzte Verfügbarkeit von herstellerübergreifenden Steuerungsdaten, wodurch eine völlig neue Steuerung der Wertschöpfungskette geboten wird (Drath 2014, S. 55). Wenn global verteilte Produktionssysteme digital miteinander vernetzt sind, können sie jegliche Daten in Echtzeit austauschen und ihre Interaktionen entsprechend aufeinander abstimmen. In Folge können verschiedene Produktionsstandorte jederzeit und von jedem Ort der Welt wie eine einzelne vernetzte Fabrik gesteuert werden. Materialflüsse können kurzfristig umgeleitet und Produktionsausfälle oder Kapazitätsengpässe durch das „Hochfahren eines anderen Standorts“ kompensiert werden (Bauer et al. 2014, S. 22). In der Industrie 4.0 kommt dem Menschen die Aufgabe zu, diese Systeme zu steuern, indem er die bereitgestellten Informationen interpretiert und entsprechend handelt. Der Mensch wird, wie in Abb. 4.2 ersichtlich, zum „Problemlöser in letzter Instanz“ (Siepmann 2016c, S. 63–64). Als flexibelster Bestandteil von CPPS wird der Mensch in Zukunft über kontextsensitive Benutzerschnittstellen (VR und AR) mit der intelligenten Fabrik interagieren (Gorecky et al. 2014, S. 541). Als Voraussetzung für die Realisierung von CPPS gilt die vertikale und horizontale Integration mithilfe von einheitlichen Schnittstellen und Kommunikationsstandards. Zudem basieren CPPS auf Technologien, wie beispielsweise ‚Ubiquitous Computing‘, IoTs, ‚Cloud Computing‘, Big Data Analytics und Virtual sowie Augmented Reality (Drath 2014, S. 55).
4.5 Implikationen für den Einkauf
95
Anpassung der Strategie/Steuerung
Erhebung von Daten
Aufbereitung von Daten
Interpretation der Daten
Intervention
Autonome Systeme erheben Daten aufgrund von Strategievorgaben
Big-Data- und AnalyticsProgramme werten Daten aus
Ausgewertete Daten werden zur Interpretation bereitgestellt
Der Mensch als oberste Instanz leitet Massnahmen ein
Durch CPS
Durch Mensch
Abb. 4.2 Der Mensch als letzte Entscheidungsinstanz. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Gorecky et al. 2014, S. 526)
4.5 Implikationen für den Einkauf Das zentrale Element der Beschaffung 4.0 wird das ‚Smart Procurement‘ sein, also die intelligente Steuerung der Auftragsabwicklung, in der alle Akteure und Ressourcen aufeinander abgestimmt sind. ‚Smart Procurement‘ ermöglicht die „Vernetzung von […] Einkaufsorganisation und Lieferant in der Supply Chain mit Produktionsund Logistiksystemen“ (Darr 2017, S. 31–32). Jegliche Beschaffungsobjekte sind überall lokalisierbar und eindeutig identifizierbar. Sie erhalten Daten über ihre bisherigen und ihre künftigen, aber auch über alternative Produktionsstufen (Darr 2017, S. 31–33). Die neuen Paradigmen der industriellen Revolution werden somit auch die Beschaffung stark beeinflussen. Die transparente, automatisierte, vernetzte, dezentrale und intelligente Analyse, Steuerung und Planung von unternehmensweiten Prozessen in Echtzeit ist ohne den Einkauf als Schnittstellenfunktion kaum umsetzbar (Darr 2017, S. 36, 99–100). Um die kontinuierliche und autonome Erfassung, Übermittlung und Verarbeitung von Daten entlang der gesamten Supply Chain überhaupt zu ermöglichen, müssen zunächst bestimmte Voraussetzungen geschaffen werden. Für die Beschaffung bedeutet dies einerseits, eine führende Rolle in der Vernetzung mit den Supply-Chain-Partnern einzunehmen, andererseits muss die Digitalisierung der eigenen Prozesse vorangetrieben werden. Zudem werden sich gänzlich neue Ansprüche an das Beschaffungsportfolio in Bezug auf intelligente Produkte und Fabrikate ergeben, auf die der Einkauf vorbereitet sein muss. De facto ergeben sich somit drei primäre Aspekte für den Wandel zum Einkauf 4.0: 1 . der organisatorische Wandel: Prozesssicht und das Management von Netzwerken, 2. die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios sowie 3. die Digitalisierung der Einkaufsfunktion (Ruile und Vollrath 2015, S. 4; Pellengahr et al. 2016, S. 28). Diese drei Perspektiven sowie die zentralen Herausforderungen, die sie begleiten, werden in den folgenden Abschnitten detailliert diskutiert. Abb. 4.3 verdeutlicht diesen Zusammenhang und zeigt das weitere Vorgehen systematisch auf. Während die ersten beiden Abschnitte eher organisatorische Rahmenbedingungen oder Voraussetzungen für den erfolgreichen Einkauf 4.0 beschreiben, werden
4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
96
Exogene Trends
Horizontale und vertikale Integration Dezentrale Intelligenz Dezentrale Steuerung Digitales Engineering Cyber-physikalische Produktionssysteme
Beschaffungskompetenzen 4.0
Digitale Einkaufsprozesse
Abb. 4.3 Veränderung des Einkaufs durch die Digitalisierung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Ruile und Vollrath 2015, S. 4)
im letzten Abschnitt die konkreten Veränderungen bei den heutigen Beschaffungsaufgaben untersucht. Die in Abschn. 3.1 untersuchten Tätigkeitsbereiche der heutigen Beschaffungsmanager bilden die Basis, um die Veränderungen des Aufgabenspektrums im Zuge der Digitalisierung zu analysieren.
4.5.1 Wandel zu prozessorientierten Wertschöpfungsnetzwerken Voraussetzung für den Einsatz von CPS und die Schaffung intelligenter Wertschöpfungsnetzwerke ist die organisationale sowie digitale Vernetzung. Die Akteure der Supply Chain können nur synchronisiert handeln, wenn Abteilungs- sowie Unternehmensgrenzen aufgelöst sind und dadurch der zeitgleiche und kontinuierliche Informationsaustausch gewährleistet wird. Konkret bedeutet dies, dass isolierte Funktionsbereiche, Silodenken und opportunistische Funktionsoptimierungen zu wesentlichen Wettbewerbsnachteilen führen werden. Die Verknüpfung der verschiedenen Bereiche und die konsequente Ausrichtung aller Supply-Chain-Akteure an einem ganzheitlichen Wertschöpfungsprozess werden die Wettbewerbsfähigkeit weitgehend prägen (Pellengahr et al. 2016, S. 29–30). Die interne und externe Vernetzung wird somit zur Kernaufgabe und zur Schlüsselkompetenz des Einkaufs. 4.5.1.1 Interne Vernetzung und Kundenorientierung Der Einkauf hat in Bezug auf die Digitalisierung eine besondere Bedeutung, da er als Schnittstelle zwischen Lieferanten (Marktseite) und Bedarfsträgern (interne Anforderungen) fungiert (Tschandl et al. 2016, S. 30). Um im Wettbewerb zu bestehen und kontinuierlich Innovationen hervorzubringen, müssen alle Abteilungen effektiv zusammenarbeiten. Traditionelle Grenzen zwischen Unternehmensbereichen wie Einkauf, Logistik, Produktion, FundE sowie Marketing und Vertrieb, jedoch auch zwischen verschiedenen Akteuren der Supply Chain müssen zunehmend abgebaut
4.5 Implikationen für den Einkauf
97
werden. Die Bereiche müssen über Systeme miteinander vernetzt werden, um den Datenaustausch zu fördern (Geissbauer et al. 2016, S. 5). Die Reduktion von Schnittstellen und die Harmonisierung verschiedener Systeme werden dadurch zu relevanten Aufgaben des Beschaffungsmanagers (Pellengahr et al. 2016, S. 29–30). Einkauf und Bedarfsträger werden zunehmend beansprucht, um gemeinsam Produkt- und Serviceinnovationen voranzutreiben (Hofmann et al. 2018, S. 19; Vollrath 2017). In der Forschung und Entwicklung sowie der Produktion finden Planung und Konzeption immer öfter in virtuellen Räumen statt. Der Einkauf muss sich früh in diesen virtuellen Produktentwicklungsprozess integrieren und die Bedarfsträger in beschaffungsspezifischen Fragen unterstützen (von der Gracht et al. 2016, S. 9–10). Um die Aufgaben eines Beraters adäquat ausführen zu können, ist er auf eine Vielzahl von Informationen angewiesen, die nur aufgrund einer internen Vernetzung effizient abrufbar sind (Tschandl et al. 2016, S. 30). Dem stark verbreiteten Problem des Maverick Buyings, bei dem es sich um ein Versagen des Einkaufs handelt, kann durch eine konsequente Orientierung an internen Kunden mithilfe eines internen Customer Relationship Managements (iCRM) begegnet werden (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 133). Die Entwicklung unternehmensinterner Berater, die mithilfe ihres beschaffungsspezifischen Wissens Bedarfsträger unterstützen und ferner den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Abteilungen gewährleisten, würde zu großen Vorteilen führen (Rüdiger und von Schubert 2017; Zenz 1994). Mithilfe von abteilungsübergreifenden Beschaffungsteams kann Fachwissen mit einkaufsspezifischem Know-how kombiniert werden (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 133–135). Dies bedeutet, dass Bedarfsträger und die Beschaffung in Zukunft gemeinsam in crossfunktionalen Teams Warengruppenstrategien entwickeln und umsetzen sollten (Hofmann et al. 2018, S. 19; Vollrath 2017). Beschaffungsentscheide können nämlich nur erfolgreich sein, wenn die Bedürfnisse und Ansprüche der Abteilungen bekannt sind und verfolgt werden. Zudem wird die Beschaffung nur dann als Partner wahrgenommen, wenn interne Kunden (Produktion, Logistik, Marketing etc.) zufrieden sind. Die Beschaffung muss sich stärker an Kunden orientieren, um die Bedürfnisse der Bedarfsträger besser erfüllen zu können. Dazu eignet sich ein vierstufiger Prozess, der in Abb. 4.4 dargestellt wird (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 133–135). Das iCRM fördert den regelmäßigen Austausch zwischen Beschaffung sowie Fachabteilungen und erhöht die Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Digitale Koope-
Visualisierung der Abläufe
Abstimmung der Schnittstellen
Definition der Erfolgskriterien
Messung der Verlässlichkeit
Um konfliktäre Wirkungszusammenhänge zu erkennen, werden Abläufe bspw. mit Wertstromkarten visualisiert.
Mithilfe von Moderationen müssen die Anforderungen zwischen den Parteien abgestimmt werden.
Bilateral werden Kriterien für die gute Zusammenarbeit definiert. Dies führt zu Verlässlichkeit der innerbet. Prozessen.
Anhand eines Notensystems können die Leistungen gemessen und wenn nötig Maßnahmen eingeleitet werden.
Abb. 4.4 Vierstufiger Prozess der Kundenorientierung. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Rüdiger und von Schubert 2017, S. 135–136)
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
rationsnetzwerke erhöhen zudem die Kooperationsbereitschaft sowie die Möglichkeit, auf Anregungen einzugehen, indem sie den Austausch vereinfachen (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 136–137). So lässt sich beispielsweise über soziale Medien internes Feedback in Echtzeit realisieren, indem Bedarfsträger und Beschaffung in ständigem Kontakt stehen (Accenture 2014, S. 8). Durch die Möglichkeit des Intranet-gestützten Feedbacks und der Evaluierung der Beschaffungstätigkeiten wissen Beschaffungsmanager, ob ihr Engagement geschätzt wird. Es wird eine prozess- und funktionsübergreifende Transparenz geschaffen, indem die Einsatzbereitschaft der Einkäufer aus Sicht der Fachabteilungen elektronisch aufgezeigt wird (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 136–137). Ein entscheidender Faktor, der die Zufriedenheit der Fachabteilungen bestimmt, ist die Kommunikations- und Informationsbereitschaft auf Seiten der Beschaffungsfunktion. Fachabteilungen müssen notwendige Informationen rechtzeitig und in geeigneter Qualität erhalten. Dadurch wird die Einkaufsabteilung teilweise zum Informationslieferanten. Die vernetzte IT-Infrastruktur ermöglicht es dabei, Informationen auszutauschen, und stellt eine wesentliche Voraussetzung für eine effiziente Zusammenarbeit dar (Kagermann et al. 2013, S. 23–24). Prozesse und Schnittstellen müssen in Zukunft nicht nur definiert, sondern regelmäßig überdacht und verbessert werden. Methodisches Prozess- und IT-Wissen wird essenziell, da nicht mehr die Abwicklung, sondern vielmehr die Steuerung und die Konzeption von Abläufen den Aufgabenbereich des Einkaufsmanagers prägen werden. Anders als zuvor bedeutet dies, nicht im vorgegebenen Rahmen zu handeln, sondern Probleme zu lokalisieren und gemeinsam mit anderen Fachbereichen eine nachhaltige Lösung zu entwickeln (Kleemann und Glas 2017). Insbesondere Beschaffungsmanager werden häufiger Prozesse über die Funktionsgrenzen hinweg analysieren und ganzheitliche Systeme erkennen müssen (Pellengahr et al. 2016, S. 22). 4.5.1.2 Unternehmensübergreifende Integration Die steigenden Kundenerwartungen sowie der stärkere globale Wettbewerbsdruck fordern eine intensivere Kooperation entlang von Wertschöpfungsnetzwerken (Theissen und Eggers 2017, S. 143). Dabei ist das Management von Komplexität eines der größten Probleme, mit dem sich künftige Supply Chains auseinandersetzen müssen. Die Anzahl von direkt und indirekt beteiligten Akteuren wird bereits bei sehr simplen Produkten massiv zunehmen (Handfield 2017, S. 6–7). In Anbetracht der zunehmenden Forderungen nach sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit wird Transparenz entlang der Supply Chain immer bedeutsamer (von der Gracht et al. 2016). Dies fordert eine sorgfältige Prüfung und nachhaltige Zusammenarbeit mit Lieferanten entlang der gesamten Wertschöpfungskette (Scharlach et al. 2014, S. 21). Ziel des strategischen Einkaufs 4.0 wird es sein, aus einem Pool von Lieferanten ein selbstlernendes Netzwerk zu gestalten, das aktiv kontinuierliche Optimierung sowie Innovation hervorbringt und dabei sowohl den sozialen als auch den ökologischen Ansprüchen gerecht wird.
4.5 Implikationen für den Einkauf
99
Unternehmensweiter Datenaustausch und Gewährleistung der Datentransparenz Neben der internen Vernetzung stellt auch der externe Datenaustausch eine wesentliche Voraussetzung zur Umsetzung von Industrie 4.0 dar. Ohne eine Anbindung der Lieferanten an die eigenen Systeme ist der effiziente Daten- und Informationsaustausch nicht möglich. Die Komptabilität von Systemen wird somit die zukünftige Lieferantenwahl maßgeblich beeinflussen (Pellengahr et al. 2016, S. 22). Die Anbindung von Lieferanten kann nämlich nicht mithilfe von Eigenentwicklungen und ‚Insellösungen‘ realisiert werden, sondern muss auf netzwerkweiter Datenstandardisierung beruhen (Kleemann und Glas 2017, S. 19–20). Im Gegensatz zu EDI- Projekten umfasst die Lieferantenanbindung nicht nur die Automatisierung operativer Prozesse, sondern auch die Synchronisierung von Leistungserstellungsprozessen. Der Fokus liegt dementsprechend nicht nur auf C-Gütern, sondern auf werthaltigen und zeitkritischen A- und B-Gütern (VDMA 2016, S. 9). Der Datenaustausch mit Lieferanten bringt drei grundlegende Vorteile für die Wertschöpfung entlang der Supply Chain: Er fördert zum einen eine rasche und präzise Interaktionsfähigkeit mit den Zulieferern, wodurch das Lieferantenmanagement optimiert werden kann (Süssenguth 2017, S. 3–4). Die Möglichkeit, sämtliche Informationen von Bedarfsträgern, Kunden, Distributoren sowie Lieferanten in Echtzeit abzurufen, führt nämlich zu TCO-Optimierungspotenzialen, systematischen Qualitätsverbesserungen sowie zur Fehlerreduktion entlang der gesamten Supply Chain (Vollrath 2017). Dies beinhaltet nicht nur die Reduktion der Durchlaufszeit und des Inventars, sondern bedeutet auch, dass die Kundenerfahrung intensiviert und die Kundenzufriedenheit verbessert wird (Geissbauer et al. 2016, S. 8). Zum anderen kann durch die Nutzung prozessualer Synergiepotenziale der Automatisierungsgrad weiter erhöht werden, wodurch es zu gesteigerter Flexibilität und Transparenz in Bezug auf Warenströme und Logistik kommt (Süssenguth 2017, S. 3–4). Diese Faktoren führen zum dritten entscheidenden Vorteil der Datensynchronisierung: der frühzeitigen Erkennung von Versorgungs-, Ausfall-, Qualitätsund Preisrisiken, die eine rechtzeitige Einleitung von Gegenmaßnahmen ermöglicht. Intelligente Risikomanagementinformationssysteme können aufgrund der internen und externen Vernetzung der Systeme auf Daten von Lieferanten und anderen Supply-Chain-Partnern (wie beispielsweise Logistikdienstleistern) zugreifen. Dadurch können diese Systeme potenzielle Risiken durch Soll-Ist-Vergleiche antizipieren und entweder (im Rahmen der definierten Parameter) automatisch Maßnahmen ergreifen oder solche vorschlagen (Süssenguth 2017, S. 3–4). Business Intelligence im Einkauf der Zukunft bedeutet somit eine interne Integration sämtlicher beschaffungsspezifischer Systeme (Beschaffungsmarktforschung, Trendanalysen, Lieferantensuche, -auswahl und -bewertung, Risikomanagement etc.), aber auch eine fach- sowie unternehmensübergreifende Vernetzung der Systeme (Hofmann et al. 2018, S. 19; Vollrath 2017). Um diese Chancen erschließen zu können, muss der Beschaffungsmanager versuchen, die Lieferanten zu integrieren, um die gesamte Supply Chain zu optimieren und ein ganzheitliches Produktlebenszyklusmanagement mit den Partnern zu realisieren (Geissbauer et al. 2016, S. 8).
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Dieser freie Datenfluss verlangt nach strikten Sicherheitsmaßnahmen, um die Daten vor Hackern zu schützen. Zudem sind spezifische Regeln notwendig, um relevante Daten teilen zu können und gleichzeitig kritische Daten zu schützen. Die Aufgabe der Beschaffung besteht in Zusammenarbeit mit der IT darin, klare Anforderungsprofile zu erstellen. Zudem erfordert die Weitergabe von sensiblen Informationen neben Sicherheitsmaßnahmen auch eine vertrauensvolle Beziehung. Wird davon ausgegangen, dass zukünftig CPPS existieren, die eigenständig Daten sammeln und analysieren, werden sich vielseitige Abhängigkeiten zwischen Lieferanten und Abnehmern ergeben, die langfristige Partnerschaften voraussetzen (Kleemann und Glas 2017, S. 20–29). Langfristige Partnerschaften als Resultat und Voraussetzung Zusätzlich zu den Investitionen in die IT-Infrastruktur wird vor allem der Aufbau eines aktiven Lieferantenmanagements für die Zukunft entscheidend. Für eine tief gehende Vernetzung und Integration müssen aufgrund der Abhängigkeiten die richtigen Partner ausgewählt werden (VDMA 2016, S. 10). Diese Entscheidung erfolgt langfristig, da Lieferanten folglich weniger leicht ausgetauscht werden können. Die Untersuchung des Marktes und die Prognose von Veränderungen sind essenziell, um die richtigen Kooperationspartner zu evaluieren. Zudem werden gegenseitiges Vertrauen und eine enge Zusammenarbeit für den Erfolg solcher Kooperationsprojekte entscheidend (Ackermann 2016, S. 11). Es müssen geeignete Vereinbarungen in Bezug auf Logistik und Produktion gefunden werden, um dem Anspruch der Flexibilität gerecht zu werden. Dies bedeutet, dass der Lieferant für zeitkritische Güter nicht nur Versorgungssicherheit gewährleisten, sondern auch in Bezug auf die Menge sehr flexibel agieren muss, um auf verschiedene Losgrößen reagieren zu können. Die gemeinsame Schaffung von Strukturen, in denen eine solche Kooperation möglich ist, wird neben dem Datenaustausch zu den kritischen Aufgaben von Beschaffungsmanagern gehören (VDMA 2016, S. 9). Der Umgang mit Echtzeit-Supply-Chains beinhaltet die Fähigkeit, Bedürfnisse interner und externer Kunden zu verstehen und vorherzusagen sowie sofort auf Veränderungen im Markt zu reagieren. Die Wettbewerbsfähigkeit wird weitgehend durch die Reaktionsgeschwindigkeit bestimmt werden (Handfield 2017, S. 4–5). Um dies realisieren zu können, muss nicht nur eine Optimierung des eigenen Unternehmens und insbesondere der Einkaufsfunktion, sondern auch eine Stärkung der Partner erfolgen (Welge 2016, S. 62). Organisationen, die sich gemeinsam mit ihren Schlüsselpartnern in der Supply Chain entwickeln, werden besser auf das sich rasant verändernde Umfeld reagieren können (Handfield 2017, S. 10). Digitale Plattformen ermöglichen in diesem Zusammenhang wesentliche Vorteile im Bereich der Kommunikation sowie bei der Steuerung von gemeinsamen Prozessen (Accenture 2014; Kleemann und Glas 2017, S. 24–26). Einer der größten Vorteile der sozialen Medien liegt darin, dass damit Menschen auf der gesamten Welt digital vernetzt werden und ein Informationsaustausch in Echtzeit ermöglicht wird. Dies erhöht die Kommunikationsqualität und somit auch die Produktivität der Zusammenarbeit. Der Einsatz von ‚Collaboration Rooms‘ oder sozialen Medien erlaubt es zudem, gemeinsam mit Partnern digital neue Ideen zu entwickeln (Ac-
4.5 Implikationen für den Einkauf
101
centure 2014, S. 5). Solche Plattformen können aber auch für Aus- und Weiterbildungen sowie zur Qualifikation von Mitarbeitenden oder Partnern genutzt werden (Vollrath 2017). Nützlich ist dies aber nicht nur für den Informationsaustausch zwischen verschiedenen Beschaffungsmanagern, sondern auch, um mit Lieferanten und Bedarfsträgern effizient zusammenzuarbeiten (Accenture 2014, S. 5).
4.5.2 Die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios Der Einkauf 4.0 wird im Gegensatz zu E-Procurement einen großen Einfluss auf Beschaffungsobjekte ausüben, da das digitalisierte Produktportfolio, das über das IoTS selbststeuernd Wertschöpfung generiert, völlig neue Anforderungen an die Beschaffung stellt (Ruile und Vollrath 2015, S. 4, 11). Die Digitalisierung führt dadurch nicht nur zur Automatisierung und Vernetzung von Prozessen und Maschinen, sondern auch dazu, dass höchst technische Produkte und Fabrikate, wie beispielsweise Hard- und Software, Sensoren, IT-Service und Cloud-Lösungen, benötigt werden (Welge 2016, S. 61). Dadurch verschmelzen physischer Einkauf und IT-Einkauf und es entstehen hybride Wertschöpfungsbündel aus Produkt, Mensch und IT (Ruile und Vollrath 2015, S. 11). 4.5.2.1 Neue Funktionalitäten Produkte und Produktkomponenten werden zunehmend digital. Sie werden mit neuen Funktionalitäten und komplexen Algorithmen ausgestattet, um intelligent agieren zu können (Kleemann et al. 2016, S. 22). Diese mögliche Aufwertung von Produkten mit intelligenten Funktionen stellt eine der größten Chancen für die Beschaffung 4.0 dar (Kleemann 2016, S. 7). Sie verlangt nach neuen L ieferantenbeiträgen (Kleemann et al. 2016, S. 22). Obwohl der Warenwert dieser Materialien und Geräte verhältnismäßig gering ist, besteht ein hohes Marktrisiko, wodurch sie nach Kraljic als Engpassprodukte kategorisiert werden (Ruile und Vollrath 2015, S. 4, 11). Neue Rohstoff- und Materiallösungen sowie Produkte und Funktionen müssen somit aktiv in Beschaffungsmärkten gesucht werden. Die Beschaffungsfunktion muss künftig potenzielle Veränderungen innerhalb der Produktion antizipieren und untersuchen, wo neue Beschaffungsanforderungen entstehen könnten. Dies kann bis zu einer beschaffungsgetriebenen Produktentwicklung führen. Klar ist, dass die Beschaffung Innovation proaktiv vorantreiben sollte und den Fokus von der „Reaktion auf Bedarf“ zur „proaktiven Lieferanten- und Produktsuche“ verschieben muss (Kleemann und Glas 2017, S. 22–23). Die Beschaffungsfunktion wird aus diesen Gründen künftig eine entscheidende Rolle in der Produktentwicklung einnehmen und somit einen wesentlichen Beitrag zur Innovationsfähigkeit leisten (Kleemann et al. 2016, S. 22). Um diesbezüglich die richtigen Entscheidungen treffen zu können, wird ständig neues Know-how über Produkte und Technologien benötigt, da die Innovationszyklen im IT-Bereich extrem kurz sind (VDMA 2016, S. 7). Dieses
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Fachwissen kann nur über die interne vertikale Vernetzung mit den anderen Fachabteilungen aufgebaut werden (Pellengahr et al. 2016, S. 29). 4.5.2.2 Neue Werkstoffe Neben neuen Funktionalitäten werden in Zukunft auch neue Werkstoffe benötigt, da aufgrund der Revolution in der Produktion Bau- und Ersatzteile mithilfe des 3D-Drucks selbst effizient in Kleinserie hergestellt werden können (Kleemann und Glas 2017, S. 22). Wenn Unternehmen in der Lage sind, solche Produkte selbst herzustellen, kommt es zur Rückwärtsintegration (von der Gracht et al. 2016, S. 9). Die Produktion wird dadurch eine der Kernaufgaben der heutigen Beschaffungsfunktion übernehmen. Der zukünftige Einkäufer würde also kaum mehr spezifische Teile, sondern hauptsächlich Produktionsstoffe für den 3D-Druck beschaffen (von der Gracht et al. 2016, S. 9). Dies verlangt einerseits nach einem Wissensaufbau in Bezug auf Grundstoffe für die additive Fertigung sowie die Materialberechnung und andererseits nach dem Erwerb von Lizenzen für den Nachbau (Kleemann und Glas 2017, S. 22–23; Wolfgang Stölzle et al. 2017, S. 201). Die Beschaffung solcher Nutzungsrechte für die additive Fertigung wird sich mit ähnlichen Fragen auseinandersetzen, wie sie beim Einkauf von Software-Lizenzen auftreten (Kleemann und Glas 2017, S. 22–23). 4.5.2.3 Mehr Dienstleistungen Die zunehmende Vernetzung in höchst spezialisierten Märkten führt dazu, dass der Anteil zugekaufter Dienstleistungen in Bezug auf das Beschaffungsvolumen weiter zunimmt, da vor allem IT-Lösungen oftmals nicht selber hergestellt werden können (Welge 2016, S. 61). Der steigende Anteil eingekaufter Serviceleistungen führt dazu, dass neue Vertragsmodelle entwickelt werden müssen. Die Frage nach dem geistigen Eigentum sowie regulatorische Vorschriften werden diese neuen Modelle wesentlich prägen (Geissbauer et al. 2016, S. 7). Die Entscheidung für Softwarelösungen erfolgt langfristig und sollte sorgfältig getroffen werden, da es zu starken Lock-in-Effekten kommt. In Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung muss nach spezialisierten IT-Unternehmen gesucht werden. Als Herausforderung für die Beschaffung sind vor allem die Auswahl, Bewertung und Steuerung solcher Partnerschaften sowie die Vertragsgestaltung zu nennen (VDMA 2016, S. 10). 4.5.2.4 Folgen für das neue Beschaffungsportfolio All dies hat zur Folge, dass Make-or-Buy-Entscheidungen wieder ausführlicher diskutiert werden müssen. Die potenzielle Rückwärtsintegration mithilfe von additiven Fertigungsmodellen wird dem Outsourcing-Trend in Zukunft entgegenwirken und zu komplexen Entscheidungen in Bezug auf Eigenfertigung oder Fremdvergabe
4.5 Implikationen für den Einkauf
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führen. Diese Entscheidungen müssen einerseits gemeinsam mit den Fachabteilungen gefällt werden, andererseits müssen sie von intelligenten Tools (Big Data) unterstützt werden (Kleemann und Glas 2017, S. 23). Hier sind vor allem die digitale Vernetzung sowie die effiziente Kooperation mit der Chief-Digital-Officer- Organisation essenziell, um gemeinsam die digitale Transformation des Unternehmens mithilfe von wegweisenden Projekten voranzutreiben (Vollrath 2017). Welge (2016) spricht diesbezüglich neben ‚Make‘ und ‚Buy‘ sogar von einer dritten Option, die er als ‚Partner‘ bezeichnet (S. 61). Die verkürzten Produktlebenszyklen, das fehlende Forschungs- und Entwicklungswissen und der zunehmende Druck, Produkte als Erster auf den Markt zu bringen, führen dazu, dass Innovation-Sourcing an Stellenwert gewinnt (Pellengahr et al. 2016, S. 29). Lieferanten sind näher am Beschaffungsmarkt und erkennen neue Trends früher als der Abnehmer. Werden Lieferanten bereits früh in Entwicklungsprozesse einbezogen, steigt die Innovationskraft wesentlich an. Dies bedeutet, dass durch eine digitale Vernetzung kürzere Innovationszyklen realisiert werden, was bei sich rasch ändernden Kundenbedürfnissen und bei einem harten Wettbewerb für die Sicherung der Marktposition ausschlaggebend sein wird (Ackermann 2016, S. 11). Obwohl bereits vier von fünf Schweizer Unternehmen gemeinsam mit ihren Lieferanten Produktengineering betreiben, wird die Einbindung der Lieferanten in die Produktentwicklung durch den Wettbewerbsdruck weiter zunehmen (Ruile und Vollrath 2015, S. 7). Der Einkauf hat viele Möglichkeiten, Innovation hervorzubringen. Bereits während der Ideengenerierung und der technischen Auswertung kann durch die Vernetzung mit dem Lieferanten die Informationsbasis wesentlich erweitert werden. Stehen nicht nur eigene Daten, sondern auch Daten von Lieferanten zur Verfügung, können Ideen schneller gewonnen und bewertet werden. Zudem werden Produkte immer häufiger virtuell entwickelt, wodurch ihre Funktionen und Eigenschaften einfacher untersucht, simuliert und schließlich optimiert werden können. Diese Informationen sind überall und in Echtzeit abrufbar und können somit leicht mit Lieferanten sowie Bedarfsträgern geteilt werden (Eggers 2017, S. 77–82). Kontinuierliche Innova tionsprojekte, die in Zusammenarbeit mit Lieferanten erfolgen, können somit zu einer enormen Steigerung der Kosteneffizienz von neuen Produkten führen. Die Innovationsstärke von Unternehmen wird entscheidend von den Kompetenzen des Beschaffungsmanagers abhängen, die richtigen Lieferanten in den Forschungs- und Entwicklungsprozess einzubinden und Kooperationen, Co-Creation und Coopetition effektiv zu managen. Dazu müssen sich die hierarchischen Beziehungen zwischen Abnehmer und Lieferant zunehmend zu Partnerschaften auf Augenhöhe entwickeln, damit Open-Innovation, also die Öffnung des Innovationsprozesses gegen außen, möglich wird (von der Gracht et al. 2016, S. 12).3 3 Um Lieferanten als ‚digitale Partner‘ auszuwählen und gemeinsam die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle voranzutreiben, sind einerseits die digitale Innovationsbedeutung und andererseits die Innovationsfähigkeit der Lieferanten zu bewerten. Die digitale Innovationsbedeutung eines Lieferanten basiert sowohl auf den bezogenen Liefermengen als auch auf der Bedeutung der Beschaffungsobjekte in Bezug auf die Digitalisierung. Die Innovationsfähigkeit hingegen spiegelt die Potenziale des Lieferanten wider, den digitalen Wandel erfolgreich zu bestehen. Dadurch lassen sich jene Lieferanten identifizieren, mit denen Innovationen vorangetrieben werden
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4.5.3 Die Digitalisierung des Einkaufs Damit überhaupt eine unternehmensweite Vernetzung über das IoTS stattfinden kann, muss die Wertschöpfungskette digitalisiert werden. Dies wird über die schrittweise Verschmelzung von industriellen Systemen und Informations- und Kommunikationstechnologien möglich (Bent 2017, S. 6; Günther 2017, S. 288–289). Dies bedeutet für den Einkauf, dass Prozesse digital erfasst werden müssen, damit Abläufe synchroner verarbeitet werden und die Kommunikation in Echtzeit stattfinden kann (Günther 2017, S. 289). 4.5.3.1 S tandardisierung, Datentransparenz und digitales Workflowmanagement als Voraussetzungen für die Digitalisierung des Einkaufs Um die Möglichkeiten der Digitalisierung insbesondere von Big Data überhaupt nutzen zu können, ist in den Einkaufsabteilungen für eine durchgehend hohe Datenqualität zu sorgen. Dies bedeutet, dass die digitale Erfassung aller Beschaffungsvorgänge gewährleistet werden muss, da nur auf diese Weise zentrale Informationen über Einkaufsprozesse jederzeit abrufbar sind. Prozesse lassen sich nur verbessern, wenn qualitativ hochwertige Daten in Bezug auf Bestellvolumen, Ist-Kennzahlen sowie Soll-Ist-Abgleiche abrufbar sind (Süssenguth 2017, S. 4). Zudem ist es essenziell, Beschaffungsprozesse zu standardisieren, um unnötige Arbeit zu vermeiden und den Einkauf zu professionalisieren. Damit ein durchgängiges digitales Engineering umgesetzt werden kann, müssen alle relevanten Prozesse digital abgebildet werden (‚Digital Twin‘). Integrierte Systeme ermöglichen eine Vernetzung zwischen Bedarfsträgern, Lieferanten und der Beschaffung, wodurch die gesamte Einkaufsprozesslandschaft ‚end-to-end‘ abgebildet werden kann (Strobel 2017, S. 6). Die Verschmelzung von Systemen führt zu völlig neuen Möglichkeiten im digitalen Prozessmanagement, da sich interne sowie externe Prozesse in Echtzeit beobachten lassen. Zudem lassen sich diese Daten mit den Informationen aus dem Supplier Relationship Management sowie dem Risikomanagement verknüpfen, wodurch die Informationsqualität weiter verbessert wird (Theissen und Eggers 2017, S. 151–153). Nachfolgend wird untersucht, wie sich die in Abschn. 3.1 analysierten Tätigkeitsfelder durch die Digitalisierung verändern werden. Die Erkenntnisse werden in einer Tabelle dargestellt, um in Kap. 5 die neuen Kompetenzprofile leichter ableiten zu können.
können. Diese werden als ‚Digital Supply Champions‘ und ‚Digital Potentials‘ bezeichnet (vgl. dazu Appelfeller und Buchholz (2011, S. 100)).
4.5 Implikationen für den Einkauf
105
4.5.3.2 Intelligente, autonome Purchase-to-Pay-Prozesse (E) Wie aus der Abb. 4.5 ersichtlich wird, vereinfachen E-Procurement-Tools bereits heute den operativen Beschaffungsprozess ‚Purchase-to-Pay-Prozess‘ (P2P) wesentlich und führen dazu, dass Bestellabwicklungen fast gänzlich automatisch ablaufen können (Kleemann und Glas 2017, S. 8–10). Der Austausch von Daten (Bestellungen, Auftragsbestätigungen und Rechnungstellung) zwischen Beschaffung, Bedarfsträgern und Lieferanten stellt die zentrale Herausforderung dieses Prozesses dar. Bedarfsanforderungen werden über ein E-Procurement-Tool (integrierter Katalog) erstellt und automatisch in das System des Lieferanten übermittelt. Die verwendeten Dokumente werden elektronisch ausgetauscht und archiviert. Zudem werden Rechnungen selbstständig mit Bestellungen und Wareneingängen verglichen und elektronisch bezahlt. Dieser Prozess kann als entscheidender Grundstein der Digitalisierung im Rahmen der Beschaffung gewertet werden. Er verlangt nach der zuvor diskutierten internen sowie externen Vernetzung, um eine effektive Abwicklung zu ermöglichen (Borgmann 2016). E-Procurement ist ein internetbasiertes System zur Unterstützung von Beschaffungsprozessen, da es mehrere Schnittstellen miteinander verbindet. Diese Systeme sind jedoch kaum intelligent, sie vereinfachen nur und können nicht autonom handeln. Bei den heutigen Lösungen wird eine Bestellentscheidung durch den Menschen ausgelöst und nicht durch das System erkannt (Kleemann et al. 2016, S. 22). Wenn Informationen zukünftig in Echtzeit übermittelt werden können, kann zeitgleich mit dem Auftreten des Bedarfs eine Nachbestellung ausgelöst werden. Zusätzlich können intelligente Systeme die Bedarfsverläufe selbstständig aufgrund von prädiktiven Big-Data-Analysen untersuchen (Kleemann und Glas 2017, S. 8–10). Sie werden autonom Bestellungen auslösen und ständig ‚dazulernen‘ (Kleemann und Glas 2017, S. 29). Ferner werden intelligente Systeme kontinuierlich Daten aus den operativen Geschäften, wie beispielsweise Termintreue und Lieferqualität, digital erfassen, analysieren und teilen (Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91). Die Automatisierung wirkt also nicht wie bisher nur unterstützend, sondern vollumfänglich ‚End-to-End‘ (Kleemann und Glas 2017, S. 8–10). Dies beinhaltet auch die Bestätigung, dass ein Produktionsteil verbaut wurde, sowie die Zahlungsabwicklung (Genehmigung und Ausführung der Zahlung, autonomes
Purchase
Bedarfsmeldung
Prüfung/ Freigabe
Bestellung/ Bestätigung
Beschaffung
Pay
to
Wareneingang
Scanning/ e-Rechnung
Abgleich Bestellung
Genehmigen
Zahlung
Rechnungsbearbeitung
Abb. 4.5 Purchase-to-Pay-Prozess (P2P). (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Borgmann 2016)
106
4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Bonus-Malus-System etc.) anhand von ‚Smart Contracts‘ (Kleemann et al. 2016, S. 22; Schreiber et al. 2016, S. 3). Dies hat zur Folge, dass viele operative und administrative Prozesse obsolet werden. Gemäß Pellengahr et al. (2016, S. 21) und Ruile und Vollrath (2015, S. 11) wird der operative Einkäufer sogar aussterben. Davon betroffen sind unter anderem Aufgaben wie die Rechnungsstellung, das Reporting, die Reklamationsklärung, die Bestellerzeugung und -verfolgung, die Stammdatenpflege sowie die Warendispositionen (BME 2012, S. 15; Welge 2016, S. 62). Wenn operative Aufgaben weitgehend automatisiert werden, legt dies in Unternehmen Ressourcen für strategische Verantwortlichkeiten frei (Welge 2016, S. 60). Dadurch steht die strategische Weiterentwicklung unter starkem Erfolgsdruck (Ruile und Vollrath 2015, S. 11). Die Aufgabe der Beschaffung wird es sein, Prozesse zu konzipieren und zu pflegen, in denen Systeme operative Tätigkeiten selbstständig abwickeln können. Dazu gehört die Definition von Rahmenparametern, wie beispielsweise der Bedingungen oder der Wertgrenzen für Bestellungen, unter denen die Systeme automatisch handeln können. Zudem muss der Einkäufer 4.0 die notwendigen IT-Systeme gemeinsam mit anderen Fachbereichen definieren und umsetzen sowie Optimierungspotenziale im Einkaufssystem und in den Schnittstellen realisieren (Kleemann und Glas 2017, S. 21). Mithilfe von Self-Service-Portalen können operative Prozesse verschlankt werden, indem Aufgaben der Beschaffung an die Bedarfsträger resp. die Systeme delegiert werden. Für standardisierte Beschaffungsanfragen kann mithilfe automa tisierter Genehmigungsprozesse und Reportings in Echtzeit eine autonome Bearbeitung erfolgen, unter der Bedingung, dass geeignete Schnittstellen vorhanden sind und beschaffungspolitische Rahmenbedingungen geschaffen wurden (Tschandl et al. 2016, S. 30). Zudem ist es möglich, mithilfe von Apps mobil auf den Einkaufsprozess zuzugreifen und dadurch Self-Service-Szenarien, wie Bestellfreigaben, zu beschleunigen (Tschandl et al. 2016, S. 31). Tab. 4.1 fasst diese Veränderungen zusammen.
Tab. 4.1 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der operativen Beschaffungsdisposition (E) Auslösung von Bestellungen
Terminkontrolle & Terminsicherung Wareneingang & Rechnungsprüfung
Operative Beschaffungslogistik
Der Bedarf wird mithilfe von prädiktiven Big-Data-Analysen identifiziert. Bestellungen werden eigenständig von CPS ausgelöst. Self-Service-Portale ermöglichen die Bestellung durch den Bedarfsträger. Die Vertragserfüllung wird automatisch gemessen (OTIF-Monitoring). Ein digitales Beschwerdemanagement mit automatisiertem Erinnerungs- und Mahnverfahren kommt zum Einsatz. Die Vertragserfüllung wird automatisch gemessen (OTIF-Monitoring). Nach Vertragserfüllung wird automatisch ein Pay-Prozess ausgelöst (Genehmigung, Auslösung der Zahlung sowie Wahl der profitabelsten Zahlungsbedingungen, bspw. über ‚Smart Contracts‘). Ein autonomes Bonus-Malus-System basiert auf Leistungen und Volumendiscounts. Die Warendisposition wird von intelligenten Systemen (CPS, Robotern etc.) gesteuert.
4.5 Implikationen für den Einkauf
107
4.5.3.3 D igitales Supplier Relationship Management auf Basis von Big Data Das Supplier Relationship Management befasst sich mit der Auswahl, Bewertung, Kontrolle und Entwicklung von Lieferanten und soll eine effiziente Beziehungsgestaltung und Koordination der Zusammenarbeit schaffen (Riemer und Klein 2002, S. 7). Es umfasst somit die Mehrheit der in Abschn. 3.1 untersuchten Aufgaben und bildet den Kern der weiteren Analyse. Gemäß Ruile und Vollrath (2015) werden für strategische Aufgaben wie das Lieferantenmanagement in digitalisierten Netzwerkstrukturen oder auch für die Chancen- und Risikoanalyse mittels Prognose- und Trendanalyseinstrumenten immer häufiger ‚smarte‘ Anwendungen eingesetzt. Als übergeordnetes Ziel gilt dabei stets die selbststeuernde und selbstlernende Organisation (Ruile und Vollrath 2015, S. 4). Mithilfe von Supplier-Relationship-Systemen werden Daten leichter verfügbar und dadurch das Controlling erleichtert. Die automatische Erfassung von Kontrolldaten ermöglicht eine KPI-basierte Lieferantenbewertung. Die Lieferantenwahl kann somit nach objektiven Gesichtspunkten erfolgen und eine ergebnisorientierte Steuerung wird gewährleistet (Severing 2016, S. 6). Simulationstools ermöglichen es zudem, verschiedene Szenarien zu simulieren, und erleichtern es dadurch, Entscheidungen zu treffen (Scharlach et al. 2014, S. 11). Big Data spielt in diesem Zusammenhang eine Schlüsselfunktion. Die Beschaffung von Informationen wird einfacher, da sie in Zukunft von digitalen Systemen übernommen wird (Pellengahr et al. 2016, S. 28). Welche Änderungen dies auf die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der strategischen Beschaffung hat, wird im Folgenden diskutiert. Beschaffungsmarktforschung (A) Die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios wird zukünftig völlig neue Ansprüche an die Beschaffungsmarktforschung stellen. Die strukturierte Beobachtung von Märkten sowie das Managen kontinuierlicher Benchmarking-Prozesse werden weiterhin essenziell sein, damit die Einkäufer in Bezug auf neue Trends und Innovationen informiert bleiben und Optimierungsmöglichkeiten frühzeitig identifizieren können (Albrecht 2016a, S. 4). Es reicht aber nicht mehr aus, die Märkte lediglich bei der Entstehung eines Bedarfs nach Lösungen zu durchsuchen, stattdessen müssen neue Lieferanten und Produktlösungen proaktiv am Markt gesucht werden. Dadurch wird das ‚Innovation Scouting‘ zunehmend bedeutsamer (Kleemann und Glas 2017, S. 22–23). Big Data wird diesbezüglich eine wesentliche Rolle einnehmen. Da eine Vielzahl von Informationen autonom und effizient ausgewertet werden kann, müssen Beschaffungsmärkte kaum mehr eingegrenzt werden. Autonome Marktforschungstools auf Basis von Big Data ermöglichen es, neuen Technologien, Lieferanten und Produkte frühzeitig und selbstständig am Markt zu lokalisieren (Schreiber et al. 2016, S. 3). Die Aufgabe der Beschaffung liegt dann in der Selektion und Interpretation der vom System bereitgestellten Vorschläge (vgl. Tab. 4.2). Dies verlangt nach einer engen unternehmensinternen Zusammenarbeit (von der Gracht et al. 2016, S. 41). Die Auswertungen dieser Analysen können genutzt werden, um Lieferanten, Beschaffungsmärkte und Kunden besser zu verstehen (Geissbauer
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Tab. 4.2 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Beschaffungsmarktforschung (A) Auswahl des zu erforschenden Beschaffungsmarktes Auswahl der Datenerhebungsmethode
Untersuchung des Beschaffungsmarktes (Erstellung von Anforderungsprofilen) Aufbereitung, Dokumentation und Verteilung der Daten
Aufgrund der Effizienz von Big Data bei der Verarbeitung und Verdichtung enormer Datenmengen, müssten Märkte kaum mehr eingeengt werden. Da Daten aufgrund der Möglichkeiten von Big Data kaum mehr manuell beschafft werden müssen, wird die Datenerhebungsmethode sekundär. Die Primärquellen- Beschaffung (Interviews, Fertigungsbesuche etc.) wird durch digitale Kommunikationsmedien und VR/AR wesentlich vereinfacht. Big-Data-Analysen untersuchen Märkte autonom und lokalisieren neue Technologien, Lieferanten und Produkte frühzeitig. Prädiktive Analysen erstellen Prognosen und Entscheidungshilfen. Systeme verdichten und bereiten Daten eigenständig auf. Die Dokumentation erfolgt digital und der Zugriff über Cloud- Systeme. Informationen werden digital mit den Anspruchsgruppen geteilt.
et al. 2016, S. 9). Um dies zu realisieren, ist es essenziell, dass Forschungs-, Entwicklungs- und Beschaffungsstrategie aufeinander abgestimmt sind und mithilfe von gemeinsamen KPIs und digitalen Kooperationsplattformen miteinander verbunden werden (Schreiber et al. 2016). Strukturanalyse und -planung sowie Entwicklung von Warengruppenstrategien (B) Wenn die internen und externen Systeme über Schnittstellen zu einer durchgehenden Systemarchitektur verbunden werden, können die Strukturanalyse und -planung sowie die Ableitung von Warengruppenstrategien wesentlich vereinfacht werden. Der kontinuierliche Anstieg von Daten aufgrund der Digitalisierung der Geschäftsprozesse sorgt für eine wesentlich höhere Datenqualität (Deuse et al. 2014, S. 381). Big Data Analytics führt dazu eigenständig Portfolio-Analysen durch und definiert Warengruppenstrategien anhand zuvor bestimmter Parameter. Zusätzlich werden mithilfe von digitaler DUNS und UNSPSC Daten automatisch mit bereits vorhandenen Klassifikationssystemen (beispielsweise in der FundE) synchronisiert und bereinigt. Lieferanten sowie Beschaffungsobjekte werden dadurch eindeutig identifizierbar (Schreiber et al. 2016, S. 3). Eine weitere Möglichkeit, um eine einzigartige Identifikation von Produkten sicherzustellen, könnte beispielsweise durch die Erstellung eines digitalen Abbilds eines Produktes mithilfe einer Blockchain erfolgen. Indem produktspezifische Daten gespeichert und einem Chip hinzugefügt werden, kann das Produkt beim Abnehmer einfach authentifiziert werden. Das Transferieren der Besitzrechte kann zudem transparent und nachvollziehbar über die Blockchain abgewickelt werden. Mithilfe einer blockchainbasierten Applikation können Zertifizierungen digital abgebildet und mit der Produkt-ID gekoppelt werden. Dadurch wird eine erhöhte Supply-Chain-Transparenz realisiert und das Risiko von Fälschungen sinkt, weil jede Transaktion in der Blockchain nachvollziehbar ist. Zudem verringern solche digitalen Applikationslösungen mit-
4.5 Implikationen für den Einkauf
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Tab. 4.3 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Strukturanalyse und -planung sowie bei der Entwicklung von Warengruppenstrategien (B) Identifikation von Objekten/ Lieferanten und Definition relevanter Merkmale
Bestimmung der Merkmalsausprägungen
Bildung von Gruppen
Erkennen von strukturellen Problemen und Ableitung konkreter Maßnahmen
Durch die Einführung digitaler DUNS- und UNSPSC-Daten und aufgrund der Vernetzung der Systeme erfolgt eine automatische Synchronisierung und Bereinigung. Aufgrund der Möglichkeiten von Big Data Analytics werden Klassifikationsmerkmale und Skalenniveaus sekundär. Die Vernetzung der Systeme ermöglicht eine kontinuierliche Bestimmung von Merkmalsausprägungen, indem Daten autonom aus den verschiedenen Systemen zusammengetragen und verdichtet werden (aus operativem Monitoring, der Lieferantenbewertung und -auswahl etc.). Big Data Analytics bildet eigenständig Gruppen auf Basis der zuvor definierten Rahmenparameter, führt Portfolio-Analysen durch und leitet geeignete Warengruppenstrategien ab. Big Data ermöglicht es, strukturelle und akute Probleme frühzeitig zu erkennen. Der Mensch als „Problemlöser in letzter Instanz“ leitet mithilfe der Systeme geeignete Maßnahmen ab und passt Strategien an.
hilfe von gemeinsamen Standards den Authentifizierungsbedarf und reduzieren den physischen Dokumentenfluss (van der Geest 2017, S. 34–41;52–54). Tab. 4.3 zeigt, dass Big Data Analysen die bisherigen Aufgaben der Strukturanalyse stark prägen werden. Dies hat zur Folge, dass zeitintensive Strukturanalysen, die meist nur einmal im Jahr durchgeführt werden, kontinuierlich aktualisiert werden können (Large 2013, S. 225). Aus diesen Gründen verschmilzt die periodische Strukturanalyse mit den operativen Kontrollaktivitäten zu einem kontinuierlichen Kontrollprozess, bei dem strukturelle und akute Probleme sofort erkannt und Gegenmaßnahmen frühzeitig eingeleitet werden können.4 Bedarfsspezifikation, Lieferantensuche und -bewertung inkl. RFI/RFP/ RFQ (C1-D1) Bedarfsspezifikation und Make-or-Buy-Entscheidungen (C1) Die künftige Beschaffung von intelligenten Produkten, Werkstoffen und Dienstleistungen verändert die Ansprüche an die Bedarfsspezifikation, was nach spezifischem Beschaffungswissen und einer intensiven, fachübergreifenden Kooperation verlangt (Kleemann et al. 2016, S. 22; Pellengahr et al. 2016, S. 29). Make-or-Buy- Entscheidungen müssen gemeinsam mit den Fachabteilungen unter Berücksichtigung von Big-Data-Analysen gefällt werden. Eine Möglichkeit zur digitalen Zusammenarbeit bietet das bereits diskutierte interne Customer Relationship Management (iCRM), das einen effizienten Informationsaustausch zwischen den Abteilungen gewährleistet (vgl. Tab. 4.4). Dadurch kann die Beschaffung ihre Rolle
4 Im Abschnitt ‚Monitoring, Risikoanalyse und Zukunftsprognosen‘ wird diese Thematik detaillierter erläutert.
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Tab. 4.4 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Bedarfsspezifikation und bei Make-or- Buy-Entscheidungen (C1) Bedarfsspezifikation
‚Make or Buy‘
Aufgrund der Digitalisierung von Beschaffungsportfolios (neue Funktionalitäten, neue Werkstoffe, mehr Dienstleistungen) ergeben sich neue (technologische) Anforderungen an Beschaffungsobjekte. Die effiziente Gestaltung der crossfunktionalen Zusammenarbeit sowie die Kooperation mit Lieferanten werden zunehmend wichtiger (iCRM/ ‚Collaboration Rooms‘). Die rasche technologische Entwicklung verlangt nach ständigem Wissensaufbau. Die Dienstleistungsbeschaffung und in Folge der Erwerb von (Software-)Lizenzen und Nutzungsrechten (additive Fertigung) gewinnt an Bedeutung. Der Bedarf muss in Zukunft antizipiert werden. Aufgrund der zunehmenden Verschmelzung von physischer und digitaler Welt wird eine starke Vernetzung mit der IT essenziell. Die Beschaffung wird zum Berater. Make-or-Buy-Entscheidungen werden künftig ausführlicher diskutiert (Outsourcing-Trend nimmt ab). Intelligente Tools (Big Data) werden zur Entscheidungsunterstützung genutzt. Außerdem erfolgt die Beratung in crossfunktionalen Teams mit Fachabteilungen. Die additive Produktion ermöglicht eine Rückwärtsintegration. Partnerschaftliche Kooperationsprojekte mit Lieferanten werden wichtiger.
als Beraterin optimal wahrnehmen und die Zufriedenheit der Bedarfsträger wesentlich erhöhen (Rüdiger und von Schubert 2017, S. 133). Lieferantensuche und -bewertung inkl. Ausschreibungen (C2-D1) Intelligente Lieferanten-Identifikationstools werden in Zukunft nicht nur interne Kontrolldaten auswerten, sondern auch externe Daten über geschaffene Schnittstellen berücksichtigen können. Dazu gehören zum Beispiel Informationen aus Wirtschaftsforen, Suchmaschinen, sozialen Medien, aber auch von anderen Lieferanten. Potenzielle Anbieter können dann durch intelligente Analyse-Programme autonom bewertet und qualifizierte Lieferanten in einem Portfolio zusammengefasst werden. Dies hat den Vorteil, dass große Mengen an (mehrsprachigen) Daten für den Aufbau strategischer Lieferantennetzwerke berücksichtigt werden können. Zudem kann viel Zeit gespart werden, da die Suche und Bewertung von Lieferanten nicht mehr manuell, wie beispielsweise mithilfe eines Excels, erfolgt (Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91). Um die bestmögliche Lieferantenentscheidung treffen zu können, ist es in Anbetracht langfristiger Kooperationsziele maßgeblich, den TCO-Ansatz in das Lieferantenmanagement zu implementieren (Helmold und Terry 2016, S. 40–41). Dem System wird es möglich sein, eigenständig auf Basis von Offerten von Lieferanten, internen Kosten sowie Informationen aus unterschiedlichsten Quellen die TCO pro Lieferant zu berechnen. Die Entscheidung für den optimalen Lieferanten sollte dann gemeinsam mit den Bedarfsträgern gefällt werden (BME 2015, S. 22). Zudem werden diese Systeme einen wesentlichen Beitrag zur kontinuierlichen Weiterentwicklung von Lieferantennetzwerken leisten, indem stetig neue Daten (z. B. aus der Beschaffungsmarktforschung) systematisch ausgewertet und somit neue Potenziale sichtbar werden (Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91). Bei Standardprodukten sowie unkritischen Gütern, die sich durch ein geringes Beschaffungsrisiko auszeichnen und nicht persönlich betreut werden müssen, wird
4.5 Implikationen für den Einkauf
111
der Automatisierungsgrad noch weiter zunehmen5 (Barth 2016, S. 10). Zukünftig werden elektronische Ausschreibungs- und Auktionsverfahren mithilfe von Algorithmen aus diversen Lieferanten- und Preisinformationen vollautomatisch die besten Angebote herausfiltern und selbstständig Bestellungen auslösen können. Dadurch wird der aufwändige operativ-taktische Prozess der Auftragsvergabe stark vereinfacht, was zu einer Reduzierung transaktionaler Beschaffungsaufgaben führt (Tschandl et al. 2016). Nachdem die Anforderungen sowie Spezifikationen durch crossfunktionale Teams bestimmt wurden, werden die Lieferanten mithilfe von Big Data geprüft und zu Auktionen eingeladen. Die Systeme vergleichen die eingehenden Gebote und wählen das oder die besten Angebote selbstständig aus. Hier ist einzuwenden, dass sich bei strategisch relevanten Beschaffungsobjekten der persönliche Kontakt als sinnvoll erweist, um eine vertrauensvolle Partnerschaft aufzubauen (Barth 2016, S. 10). Das Etablieren einer sozialen Ausschreibungsplattform kann zudem die Kommunikation mit den potenziellen Anbietern erleichtern. So können allgemeine Fragen öffentlich (im Rahmen der Beteiligten) gestellt und beantwortet werden. Dies führt dazu, dass Informationen, die für alle bedeutsam sind, nicht einzeln weitergegeben werden müssen. Dadurch lassen sich Transparenz und Effizienz von Ausschreibungsverfahren wesentlich erhöhen (Accenture 2014, S. 9). Alternativ könnte ein digitaler Marktplatz auf Basis der Blockchain genutzt werden, auf dem verschiedene Anbieter direkt und transparent miteinander konkurrieren. Mit einer solchen Netzwerklösung lässt sich der gesamte Beschaffungsprozess von der Lieferantenidentifikation und -selektion bis zur Bezahlung und Bewertung in einer externen Applikation digital abwickeln. ‚Smart Contracts‘ garantieren dabei, dass die Vertragsinhalte umgesetzt und keine Daten im Nachhinein manipuliert werden. Zudem basiert jede Leistungsbewertung auf einer effektiven Transaktion und ist transparent und verifizierbar. Dadurch wird das Lieferantenrisiko minimiert und die Prozesseffizienz wesentlich gesteigert (van der Geest 2017, S. 28–33; 50–52). Tab. 4.5 stellt diese Veränderungen zusammenhängend dar. Verhandlungen, Beziehungsaufbau und Innovationsprojekte (D2-D4) Verhandlungen Auch bei Verhandlungen ist es essenziell, zwischen strategisch relevanten Produkten und Standardprodukten zu unterscheiden. Bei strategischen Verhandlungen wird Technologie zunehmend unterstützend eingesetzt. Die mithilfe von Big Data ausgewerteten Informationen über die Lieferanten und den Bedarf werden in Zukunft in Echtzeit während der Verhandlungen über Augmented Reality (AR) abrufbar sein. Dies führt dazu, dass Aussagen des Verhandlungspartners über Qualität und Leistungsfähigkeit jederzeit überprüft werden können. Die Sensorik in Datenbrillen befähigt den Träger außerdem, die Gemütszustände des Gegenübers besser zu verstehen. Dies ermöglicht es dem Beschaffungsmanager, sensibler in kritischen Situationen zu reagieren und dadurch das Gegenüber mit gezielten Aktionen zu besänftigen (Kleemann und Glas 2017, S. 30–31).
Vgl. Kraljic-Matrix (Kraljic 1983).
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Tab. 4.5 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in der Lieferantensuche und -bewertung inkl. bei Ausschreibungen (C2–D1) Suche nach geeigneten Anbietern, Informationsbeschaffung und Bewertung der Anbieter
Vorauswahl von Neulieferanten
Angebotseinholung (Ausschreibungen [RFP & RFQ]/Auktionen) und Angebotsvergleich
Die ganzheitliche Systemstruktur ermöglicht es, enorme Datenmengen aus internen und externen Quellen miteinzubeziehen. Intelligente Lieferanten-Identifikationstools sammeln, verdichten und analysieren Daten selbstständig. Die Systeme können mithilfe von prädiktiven Analysen Veränderungen in der Leistungsfähigkeit von Lieferanten antizipieren und diese Erkenntnisse in die Bewertung einfließen lassen. Die gesammelten Daten werden in KPIs umgewandelt und in ein Bewertungs-Tool integriert. Die Objektivität von Lieferantenbewertungen nimmt zu. Es erfolgt eine automatische Erstellung vollumfänglicher Portfolios mit qualifizierten Lieferanten. Digitale Kommunikationsmedien unterstützen die manuelle Informationsbeschaffung und den Austausch mit potenziellen Lieferanten. Es findet eine fundierte Vorauswahl auf Basis von Big Data statt. Das System erstellt Vorschläge. Langfristige Partnerschaften und gemeinsame Innovationsprojekte werden zunehmend an Bedeutung gewinnen, deshalb wird eine sorgfältige Vorauswahl wichtiger. Entscheidungen werden in crossfunktionalen Teams getroffen. Qualitative Faktoren (wie strategischer und kultureller ‚Fit‘, Flexibilität etc.) werden wichtiger. Elektronische Ausschreibungs- und Auktionsverfahren vergleichen Angebote und filtern autonom die besten Angebote heraus. Der persönliche Kontakt bei strategisch relevanten Gütern bleibt jedoch weiterhin entscheidend. Verschiedene Auktionstypen werden als innovatives Mittel verwendet. Digitale Kommunikationsplattformen erhöhen die Transparenz und ermöglichen den effizienten Austausch zwischen Bedarfsträgern, Lieferanten und der Beschaffung. Die Auswahl erfolgt in crossfunktionalen Teams mithilfe von KPIs, die vom System bereitgestellt werden, sowie anhand von qualitativen Faktoren (je nach Warengruppenstrategie).
Wenn sich Güter gut beschreiben lassen und den Unternehmenserfolg nur eingeschränkt beeinflussen, könnten in Zukunft ‚Cybernegotiation Systems‘ den Verhandlungsprozess übernehmen. Heutzutage werden für die zu beschaffenden Güter meist Rahmenverträge vereinbart, da aufgrund des Zeitaufwands nicht für jeden Auftrag einzeln nach einer optimalen Lösung gesucht werden kann. Elektronische Verhandlungs-Avatare wären jedoch fähig, mehrere Tausend Such- und Verhandlungsprozesse abzuwickeln. Das System würde somit automatisch Angebote einholen und diese untereinander vergleichen. Wurden zuvor definierte Verhandlungsstrategien festgelegt, kann der Computer autonom Parameter vergleichen und verdichten, um dann situativ die optimale Entscheidung zu treffen (vgl. Tab. 4.6). Der Beschaffungsmanager wird somit zum Manager seines Verhandlungs-Avatars, der nach den jeweiligen Verhandlungspräferenzen und Taktiken agiert (Schiele 2016, S. 16–18).
4.5 Implikationen für den Einkauf
113
Tab. 4.6 Veränderungen der bisherigen Aufgaben in Verhandlungen, beim Beziehungsaufbau und bei Innovationsprojekten (D2-D4) Verhandlungen
Aufbau der Beziehung
Finalentscheidung über die Einbindung und Vertragsmanagement
Big Data ermöglicht eine detaillierte Informationsbeschaffung. Alle Informationen werden während der Verhandlungen über AR in Echtzeit abrufbar. Die Sensorik in Datenbrillen kann den Wahrheitsgehalt und Gemütszustände erkennen. Das ‚Cybernegotiation Systems‘ führt autonom Verhandlungen anhand von zuvor definierten Rahmenparametern durch. Elektronische Verhandlungs-Avatare können mehrere Tausend Verhandlungsprozesse individuell abwickeln und für jeden Auftrag optimale Lösungen suchen. Soziale Plattformen ermöglichen den Austausch in Echtzeit und erleichtern die Kommunikation mit lokal verteilten Lieferanten. Der Mensch steht im Mittelpunkt. Langfristige Partnerschaften und gemeinsame Innovationsprojekte werden zunehmend an Bedeutung gewinnen. Gemeinsame Ziele und strategische ‚Fits‘ mit Lieferanten und Bedarfsträgern werden erarbeitet (crossfunktionale Teams). Zudem werden Strukturen und Prozesse geschaffen, um eine optimale Wertschöpfung zu generieren (Material-, Informations-, Kommunikations- und Finanzflüsse). Bedürfnisse werden aufeinander abgestimmt. Durch Vertrauen und regelmäßige Kommunikation können langfristige Kooperationen aufgebaut werden. Digitale Kommunikationsplattformen (z. B. Soziale Medien) vereinfachen den Austausch, die Kommunikation und die Kollaboration. Das Vertragsmanagement wird vermehrt digital erfolgen. Vertragsmanagementsysteme und die digitale Speicherung erlauben allzeitigen Zugriff in Echtzeit. Neue Technologien, wie ‚Smart Contracts‘, die auf Blockchains basieren, vereinfachen das Vertragsmanagement und ermöglichen eine autonome Abwicklung (vgl. intelligente, autonome P2P).
Aufbau der Beziehung Die zunehmende Integration sowie der Anspruch nach langfristigen Partnerschaften sowie gemeinsamen Strukturen führen dazu, dass die Pflege von persönlichen Beziehungen zu Lieferanten weiterhin an Bedeutung gewinnen wird (Ackermann 2016, S. 11; Pellengahr et al. 2016, S. 21; VDMA 2016, S. 9). Das Vertragsmanagement betrifft nicht nur die Festlegung von Preisen, sondern es muss auch den Anforderungen der Supply Chain entsprochen werden. Andere Abteilungen miteinzubeziehen, ist dabei essenziell. Mithilfe eines Vertragsmanagementsystems und der digitalen Speicherung können alle relevanten Akteure auf die aktuellen Verträge zugreifen. Digitale Verträge legen die Anforderungen der Lieferanten-Abnehmer- Beziehung in Bezug auf Qualität, Lieferzyklen, Service-Level etc. fest und beschreiben somit die Soll-Ausgangslage. Zudem erhalten sie Informationen über Maßnahmen bei Nichteinhaltung (Albrecht 2016b, S. 6). Intelligente Systeme werden zukünftig autonom Verträge verhandeln, aufsetzen und abteilungsübergreifend kontrollieren (von der Gracht et al. 2016, S. 34). Dabei werden auch ‚Smart Contracts‘ an Bedeutung gewinnen. Es handelt sich dabei um digitale, softwarebasierte Verträge, die eine autonome Abwicklung
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
e rmöglichen. Sie beruhen auf Blockchain-Technologien und bieten eine elektronische Unterstützung beim Vertragsmanagement (Stölzle et al. 2017, S. 176). Als Alternative zu Akkreditivstellen könnte beispielsweise eine blockchainbasierte Applikation genutzt werden, um das finanzielle Risiko eines Handels zu reduzieren, ohne einen Finanzdienstleister einzubeziehen. Dies wird realisiert, indem der vereinbarte Betrag für ein Beschaffungsgut gesperrt wird. Je nachdem, ob ein Vertrag erfüllt wird (Auslösung gewisser Transaktionen bis zum vereinbarten Termin), wird dieser Betrag entweder dem Verkäufer überwiesen oder dem Käufer rückerstattet. Die Abwicklung solcher Verträge über die Blockchain ermöglicht es den Parteien, Dokumente jederzeit digital einzusehen und zu überprüfen. Zudem können essenzielle Dokumente den Behörden zugänglich gemacht werden, um so beispielsweise gegen Geldwäscherei vorzugehen (van der Geest 2017, S. 41–47; 54–55). Besondere Aufmerksamkeit in Bezug auf den Beziehungsaufbau kommt dem beschaffungsspezifischen Innovationsmanagement zu. Der Trend zum Innovationszukauf und zu gemeinsamen Innovationsprojekten verlangt nach langfristig stabilen Lieferantenbeziehungen (Albrecht 2016b, S. 7). Für den Beschaffungsmanager heißt dies vor allem, die gemeinsamen Innovationsziele mit dem Lieferanten zu erarbeiten und den strategischen ‚Fit‘ zwischen Lieferant und Abnehmer zu überprüfen. Ist eine Zusammenarbeit sinnvoll, erfolgt die Integration des Lieferanten in die Produktentwicklung (vgl. Tab. 4.6). Dazu müssen Systeme vernetzt werden, um den kontinuierlichen Informationstransfer sowie den Wissensaustausch zu gewährleisten. Dies verlangt nach der Schaffung von Vertrauen und der regelmäßigen Kommunikation, um eine gemeinsame Kultur zu schaffen und die gegenseitigen Bedürfnisse abzustimmen (Ackermann 2016, S. 11). Der Beschaffungsmanager übernimmt in solchen Projekten die Rolle des Projektleiters, indem er in einer Schnittstellenfunktion zwischen Lieferant und Bedarfsträger agiert (Helmold 2013, S. 147–148; Helmold und Terry 2016). Monitoring, Benchmarking und Risikomanagement inkl. Datenschutz (F) Die zunehmende Digitalisierung und die daraus resultierende Spezialisierung von Lieferantennetzwerken führen dazu, dass die prädiktive Vermeidung von Lieferantenausfällen immer bedeutsamer wird. Dies ist vor allem auf die optimierten Lagerbestände zurückzuführen, da die Produktion ohne Lagerbestände sofort ins Stocken gerät, wenn Lieferanten ausfallen (Scharlach et al. 2014, S. 21). Das Lieferantenmanagement wird somit immer mehr zum Risikomanagement (Dust 2009; Helmold und Terry 2016, S. 147). Zudem birgt die unternehmensübergreifende Vernetzung große Potenziale im Bereich Benchmarking, da sich durch die Vernetzung kooperierender Unternehmen über eine integrierte Benchmarking-Plattform Leistungen in der Beschaffung digital miteinander vergleichen lassen. Die Unternehmen können so effizienter voneinander lernen und Best Practices teilen (von der Gracht et al. 2016, S. 35). Durch die erhöhte Komplexität von Supply Chains ändern sich die Anforderungen an das Kennzahlensystem. Neben der Festlegung von Qualitäts-, Mengen- und Preisanforderungen gewinnen qualitative KPIs, wie die Maverick-Buying-Quote (iCRM), an Bedeutung. Anhand der relevanten Vertragsaspekte werden die ent-
4.5 Implikationen für den Einkauf
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scheidenden KPIs abgeleitet, in das digitale Controlling-Instrument übertragen und priorisiert (Albrecht 2016b, S. 6). Die Entwicklung eines durchgängigen Kennzahlensystems, das kontinuierlich Daten aus der Beschaffung, der Produktion, der Logistik und dem Vertrieb in Echtzeit auswertet, ermöglicht einen stetigen Abgleich mit Sollwerten. Aufgrund der unternehmens- und funktionsübergreifenden Vernetzung der alleinstehenden IT-Module zu einer ganzheitlichen Systemlandschaft wird eine netzwerkweite Prozesstransparenz geschaffen, die eine konsolidierte Erfassung von verschiedensten Leistungsdaten ermöglicht (Helmold und Terry 2016, S. 136). Der Einsatz von digitalen Technologien, wie beispielsweise RFID, Sensoren und CPPS, erlaubt eine automatisierte und kontinuierliche Leistungserfassung in Echtzeit auf operativer Ebene entlang der gesamten Supply Chain (Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91). Dies umfasst beispielsweise Daten über Transport und Verkehrssituation, Lagerkapazität, die produzierte Menge sowie über Wareneingänge und -ausgänge. Über die Anbindung intelligenter Verarbeitungssysteme (Big Data Analytics) können diese Daten autonom ausgewertet, in einem zentralen, cloudbasierten Kontrollzentrum (Risikomanagementinformationssystem) gespeichert und über diverse E-Tools oder 4.0-Applikationen in Echtzeit abgerufen werden (Helmold und Terry 2016, S. 136–138). Dadurch werden Produktions- und Absatzmengen, Lagerbestände und Ortsangaben jederzeit verfolgbar und Fehler sowie Verspätungen jederzeit antizipierbar (Schlünsen und Schentler 2016, S. 93–94). So wäre es mithilfe eines Radars beispielsweise möglich, zu erwartende Störungspotenziale in der Wertschöpfungskette zu lokalisieren (von der Gracht et al. 2016, S. 8–9). Die Definition von ‚Early Warning Indicators‘ und der Einsatz automatischer Warnsysteme führen zudem dazu, dass Risiken frühzeitig erkannt werden können. Solche Warnsysteme werten autonom länderspezifische Nachrichten, z. B. über außergewöhnliche Vorkommnisse wie Erdbeben, Stürme oder Streiks, sowie lieferantenspezifische Informationen, z. B. zu Produktionsengpässen oder zu Maschinenausfällen, aus (Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91). Dadurch können Veränderungen im Risikorating sofort erkannt und geeignete Ad-hoc- Maßnahmen, wie beispielsweise Lieferanten-Audits, eingeleitet werden, um größere Zwischenfälle zu verhindern (von der Gracht et al. 2016, S. 8–9). Mithilfe von Big Data Analytics lassen sich somit präzisere Zukunftsprognosen erstellen, um Nachfragen, Lieferkapazitäten und Risiken besser einschätzen zu können. Dies hilft bei der strategischen Beschaffungsplanung und reduziert Kosten (Tschandl et al. 2016, S. 30). Der Einkauf muss dafür diverse Planungs- und Risikoinstrumente einsetzen (z. B. Wildcard-Analysen, ‚Business Wargaming‘ und Risikosimulationen), um erfolgreich globale Supply Chains managen zu können (von der Gracht et al. 2016, S. 11). Dazu gehören auch die Segmentierung potenzieller Risiken und die Verfassung von Reaktionsplänen in Zusammenarbeit mit anderen Supply-Chain- Partnern (Theissen und Eggers 2017, S. 149). Eine entscheidende Aufgabe der Beschaffung wird also darin bestehen, auf Basis von verfügbaren Echtzeit-Daten Risiken und Potenziale zu erkennen, reibungslose Abläufe in den Prozessen sicherzustellen und – falls nötig – steuernd einzugreifen (vgl. Tab. 4.7). Der Beschaffer wird zum Koordinator autonomer Systeme (Kleemann und Glas 2017, S. 21).
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Tab. 4.7 Veränderungen der bisherigen Aufgaben der Lieferantenkontrolle, des Monitorings und des Risikomanagements inkl. des Datenschutzes (F) Entwicklung eines Systems zur Beziehungskontrolle
Monitoring, Benchmarking und Risikomanagement
Dokumentation und Präsentation Entscheidung über die Akzeptanz der Abweichung
Es wird ein durchgängiges Kontrollsystem entwickelt, das in Echtzeit interne Beschaffungs-, Produktions-, Logistik-, Marketingdaten etc. sowie externe Daten sammelt und analysiert. Dies ermöglicht eine verbesserte Lieferanten- und Risikobewertung. Die Qualität von Kontrolldaten wird durch die interne und externe Vernetzung enorm gesteigert. Qualitative Daten, wie die Maverick-Buying-Quote, gewinnen an Bedeutung. Big Data ermöglicht die autonome Verdichtung, die selbstständige Aufbereitung und die Analyse von Echtzeit-Informationen sowie die Erarbeitung von Verbesserungsvorschlägen mithilfe von durchgängigen Systemen. Operative Daten werden automatisch und in Echtzeit erhoben und ausgewertet (Transport, Verkehr, Lager, Produktion, Wareneingänge und -ausgänge, Termintreue, Lieferqualität etc.). Dies ermöglicht einen kontinuierlichen Soll-Ist-Vergleich. Die prädiktive Vermeidung von Lieferantenausfällen gewinnt an Bedeutung. Intelligente Tools (beispielsweise Radar) ermöglichen es, Versorgungsengpässe sofort zu lokalisieren. Durch präskriptive Big-Data-Analysen und den Einsatz von diversen Planungs- und Risikoinstrumenten (Wildcard-Analysen, ‚Business Wargaming‘, Risikosimulationen) werden potenzielle Risiken und Trends frühzeitig erkannt. Vernetzte Benchmarking- Plattformen verbessern den Wissensaustausch. Es werden ganzheitliche Schutzstrukturen benötigt, um Datensicherheit, Compliance, Urheberschutz etc.in der gesamten Supply Chain zu gewährleisten. Datenmanagement gilt als Schlüsselfaktor. Systeme verdichten und bereiten Daten eigenständig auf. Die Dokumentation erfolgt digital statt und der Zugriff über Cloud- Systeme. Informationen werden digital mit Anspruchsgruppen geteilt. Big Data ermöglicht es, strukturelle und akute Probleme frühzeitig zu erkennen. Als „Problemlöser in letzter Instanz“ leitet der Mensch mithilfe der Systeme geeignete Maßnahmen ab und passt Strategien an.
Die Daten- und Informationsflut, die durch die durchgängige Vernetzung verursacht wird, bringt jedoch zusätzliche Risiken in Bezug auf Datenschutz mit sich (Pellengahr et al. 2016, S. 21–22). Das Risikomanagement bezüglich Compliance, Datenschutz, Urheberrechtsschutz sowie IT-Sicherheit (letztere ist notwendig, um Versorgungsausfälle zu verhindern) wird an Bedeutung gewinnen. Einkaufsmanager müssen fähig sein, diese Risiken aktiv zu managen (Welge 2016, S. 59–62). Da Cyberattacken meist beim schwächsten Akteur der Kette erfolgen, müssen sich Unternehmen und speziell Beschaffungsmanager um eine ganzheitliche Schutzstruktur für jene Daten bemühen, die gemeinsam genutzt werden (von der Gracht et al. 2016). Lieferantensteuerung und -förderung sowie Beendigung der Beziehung (G) Das Lieferantenmanagement betrifft in Zukunft vor allem die präventive und nachhaltige Steuerung sowie die kontinuierliche Verbesserung von Lieferantennetzwerken mithilfe von Big Data (Helmold 2013; Helmold und Terry 2016, S. 141). Dazu
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gehören auch die aktive Förderung und Intensivierung der Partnerschaft mit jenen Lieferanten, die den potenziell höchsten Wertbeitrag leisten. Dadurch können Kosten systematisch gesenkt und Innovationen gefördert werden (Scharlach et al. 2014, S. 17). Die verstärkte Abhängigkeit der Zukunft erhöht neben der Wichtigkeit einer sorgfältigen Partnerwahl vor allem auch die Bedeutung von Steuerungs- und Förderungsmaßnahmen. Investitionen in Partner werden sich aufgrund der engen Kooperation direkt auf den eigenen Unternehmenserfolg auswirken. Ein Beispiel dazu ist der Aufbau einer Lieferantenakademie, in der Lieferanten geschult und gefördert werden. Der Beschaffungsmanager nimmt in dieser Hinsicht die Rolle eines Lieferantencoaches ein (Helmold und Terry 2016, S. 81–83). Durch soziale Medien und ‚Collaboration Rooms‘ kann zudem die Kommunikationsqualität wesentlich gesteigert werden, indem mit global verteilten Partnern nicht nur akustisch, sondern auch visuell kommuniziert werden kann. Somit wird eine Zusammenarbeit in einem virtuellen Raum ermöglicht (Accenture 2014, S. 5). Auf solchen Plattformen können beispielsweise Performance-Daten aus dem Risikomanagementinformationssystem über digitale Lieferantencockpits mit den Partnern geteilt und diskutiert werden. Dadurch lassen sich Optimierungspotenziale frühzeitig erkennen und geeignete Maßnahmen ableiten (Helmold und Terry 2016, S. 80–81). Dies erhöht die Reaktionsfähigkeit der gesamten Wertschöpfungskette (Handfield 2017, S. 4–5). Das Erstellen von Plänen und Handlungsszenarien, um Netzwerkpartner entlang der ganzen Wertschöpfungskette zu unterstützen, wird zu einem zentralen Aspekt für Beschaffungsmanager. Dies beinhaltet Instrumente wie gezielte Investitionen, das Setzen von gemeinsamen Standards, den Austausch von Informationen bis hin zu gemeinsamen Innovationsprojekten (Welge 2016, S. 62). Tab. 4.8 stellt diese Veränderungen zusammenfassend dar.
4.5.4 E influss der Digitalisierung auf die ermittelten Kompetenzfelder Das Beschaffungsmanagement ist aufgrund der Digitalisierung einem starken Veränderungsdruck ausgesetzt. Die drei grundsätzlichen Stoßrichtungen der Beschaffung 4.0 – horizontale und vertikale Vernetzung, digitales Beschaffungsportfolio und digitale Einkaufsprozesse – führen zu einer Umgestaltung der Tätigkeitsbereiche. Bestehende Aufgaben werden automatisiert oder durch Technologien unterstützt. Fröhlich und Karlshaus fassen diese neuen Anforderungen an den Einkauf 4.0 in fünf Herausforderungen zusammen, die den Ergebnissen der vom Autor vorgenommenen Analyse entsprechen (2017, S. 5–7): 1.) Der technologische Fortschritt, die Volatilität der Märkte, der zunehmende Outsourcing-Trend sowie die Globalisierung resultieren in einer erhöhten Anforderungsbreite für Beschaffungsmanager (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 6). Wenn Sicherheitsbestände immer kleiner werden und die Versorgungssicherheit dennoch gewährleistet werden soll, wird vor allem das beschaffungsspezifische
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4 Digitalisierung und der Einkauf 4.0
Tab. 4.8 Veränderungen der bisherigen Aufgaben der Lieferantensteuerung und -förderung sowie bei der Beendigung der Beziehung (G) Selbststeuerung und Weisung
Nachverhandlung
Lieferantenförderung
Beendigung der Beziehung
Der Lieferant kann eigenständig auf Informationen aus dem Monitoring, der Risikoanalyse etc. des Abnehmers zugreifen. Er kann frühzeitig und selbstständig Maßnahmen ergreifen. Das System warnt Lieferanten autonom, wenn Vertragsinhalte nicht eingehalten werden. Soziale Plattformen ermöglichen den Austausch in Echtzeit und erleichtern dadurch die Kommunikation mit lokal verteilten Lieferanten. Big Data ermöglicht eine detaillierte Informationsbeschaffung. Alle Informationen werden während der Verhandlungen über AR in Echtzeit abrufbar. Die Sensorik in Datenbrillen erlaubt es, Wahrheitsgehalt und Gemütszustände zu erkennen. Die ‚Cybernegotiation Systems‘ führen autonom Verhandlungen anhand von zuvor definierten Rahmenparametern durch. Soziale Plattformen ermöglichen den Austausch in Echtzeit und erleichtern dadurch die Kommunikation mit lokal verteilten Lieferanten. Die Einbeziehung crossfunktionaler Teams gilt als Erfolgsfaktor. Nachhaltige Förderungsmaßnahmen gewinnen aufgrund der zunehmenden Vernetzung an Bedeutung, um langfristige Partnerschaften zu intensivieren. Erkenntnisse aus Big-Data-Analysen unterstützen die Wahl geeigneter Maßnahmen. Investitionen in relevante Lieferanten können die Innovationskraft steigern. Der effiziente Datenaustausch verbessert die Zusammenarbeit wesentlich. Soziale Plattformen ermöglichen den Austausch in Echtzeit und erleichtern dadurch die Kommunikation mit lokal verteilten Lieferanten. Eine Beziehung zu beenden wird aufgrund der zunehmenden funktionalen sowie systemseitigen Vernetzung immer schwieriger und sollte nur in Notfällen erfolgen. Dabei ist ein sorgfältiges Management des Abkopplungsprozesses essenziell.
Risikomanagement wesentlich an Bedeutung gewinnen müssen (Dust 2009; Helmold und Terry 2016, S. 147). Dazu kommen neue Anforderungen im Bereich nachhaltige Beschaffung (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 6). 2.) Die zunehmende Vernetzung erhöht die Bedeutung des externen und internen Schnittstellenmanagements. Die Beschaffung muss die zunehmend komplexeren Anforderungen der internen Bedarfsträger gezielt steuern und auf dem Beschaffungsmarkt nach geeigneten Lösungen suchen. Zudem müssen die IT-Systeme der Lieferanten, der Bedarfsträger und der Beschaffung über effiziente, ganzheitliche und sichere Lösungen integriert werden (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 6). 3.) Diese Integration resultiert in einer verstärkten Abhängigkeit zwischen den Supply-Chain-Partnern, wodurch das Beziehungsmanagement essenziell wird. Dies betrifft einerseits die Gewährleistung von Versorgungssicherheit und andererseits die Möglichkeit, Innovation ins Unternehmen zu bringen. Dazu gehören auch die Entwicklung und die Umsetzung von neuen, digitalen Geschäftsmodellen (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 6–7; Pellengahr et al. 2016, S. 9).
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4.) Die steigende Komplexität von integrierten Lieferantennetzwerken führt zudem zu hohen organisatorischen Anforderungen bezüglich des Aufbaus und der Steuerung solcher Netzwerke (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 7). Die zunehmende Individualisierung fordert, dass jeder Kunde und Lieferant einzeln behandelt werden muss. ‚One-Fits-It-All-Modelle‘ sind nicht länger adäquat. Um individuelle Ansprüche effizient zu erfüllen, ist technologische Unterstützung erforderlich. Diese zu managen, wird zu einer zentralen Herausforderung (Günther 2017, S. 288–289). 5.) Zuletzt ist das effiziente Kostenmanagement zu nennen, das auch in Zukunft eine entscheidende Aufgabe der Beschaffung bleibt (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 7). Jedoch richtet sich der Fokus immer stärker auf eine nachhaltige TCO-Betrachtung, bei der Kundenbedürfnisse und Lieferantenanforderungen geschickt ausbalanciert und Kosteneinsparungen fair zwischen den Netzwerkpartnern verteilt werden (Fröhlich und Karlshaus 2014). Unternehmensübergreifende Prozesse sorgfältig zu planen und kontinuierlich zu verbessern, wird künftig Möglichkeiten bieten, um Kosten ganzheitlich zu senken (Pellengahr et al. 2016, S. 29–30; Süssenguth 2017, S. 4). Für die Beschaffung werden sich somit neue Herausforderungen für den Operator, den Informationsmanager sowie den internen und externen Berater im Bereich des Lieferantenmanagements, des Risikomanagements sowie des Prozess- und Systemmanagements ergeben. 4.5.4.1 Veränderung des Aufgabenbereichs des Operators Autonome P2P-Systeme, die vernetzt und intelligent arbeiten, werden im Rahmen der digitalen Transformation sämtliche Aufgaben des Operators übernehmen können (u. a. Pellengahr et al. 2016, S. 21; Ruile und Vollrath 2015, S. 11). Die Systeme können selbstständig mithilfe von Sensoren und Analytics-Programmen Ist-Daten erheben und auswerten, diese mit Vertragsinhalten vergleichen und bei Nichteinhaltung Maßnahmen ergreifen (‚Smart Contracts‘). Zudem werden diese Systeme fähig sein, mithilfe von prädiktiven Analysen den Bedarf zu antizipieren (Kleemann et al. 2016, S. 22). Der operative Einkäufer, wie er heute existiert, wird somit aussterben (Ruile und Vollrath 2015, S. 11). Damit autonome Bestellabwicklungen umgesetzt werden können, müssen einerseits die alleinstehenden IT-Systeme über geeignete Schnittstellen zu einer ganzheitlichen IT-Systemlandschaft integriert und andererseits unternehmensübergreifende Prozesse digital konzipiert werden (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 11). Der Operator wird zum „Manager der prozessual- systemseitigen […] Rahmenfaktoren“, bei denen Einkaufssysteme autonom agieren können (Kleemann 2016, S. 6). Die Beschaffung bildet die Schnittstelle zum Lieferanten und zu den internen Bedarfsträgern und wird somit eine führende Rolle in diesem Feld einnehmen müssen. Ohne ein geeignetes Prozess- sowie Systemmanagement lässt sich dies kaum realisieren (BMÖ 2015; Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 11).
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4.5.4.2 Veränderung des Aufgabenbereichs des Informationsmanagers Die Hauptaufgabe des Informationsmanagers bestand darin, Informationen zu beschaffen, diese auszuwerten, um anschließend die Interessengruppen damit beliefern zu können. Das Aufkommen von Big Data wird diesen Prozess revolutionieren und völlig neue Standards setzen. Intelligente Systeme werden zukünftig sehr autonom über diverse Schnittstellen externe sowie interne Informationen ermitteln, diese auswerten und in geeigneter Form bereitstellen können (Deuse et al. 2014, S. 381). Dies wird sich vehement auf das Kompetenzprofil des Informationsmanagers auswirken. Die Kombination aus Big Data Analytics, Echtzeit-Kommunikation, intelligenten Systemen und der digitalen Vernetzung erlaubt qualitativ bessere Analysen der aktuellen Performance von Lieferanten sowie eine umfassendere Einschätzung zukünftiger Entwicklungen. Hochoptimierte Supply Chains ohne Sicherheitsbestände sind anfälliger für Versorgungsausfälle. Dies bedeutet, dass prädiktive Analysen, mit denen potenziellen Risiken entgegengewirkt werden kann, an Bedeutung gewinnen werden (Dust 2009; Helmold und Terry 2016, S. 147). Datenanalyse 4.0 zeichnet sich nicht nur durch den Anstieg der Datenmenge und durch die Verbesserung der Datenqualität aus, sondern auch durch die Verlagerung des Analysefokus von vergangenheitsorientierten Untersuchungen hin zu zukunftsorientierten Prognosen (Deuse et al. 2014, S. 381). Aus dem Informationsmanager wird somit zunehmend ein digitaler Risikomanager und Datenstratege, der die Ver sorgungssicherheit in einem dynamischen Netzwerk unter Nutzung diverser 4.0-Applikationen gewährleistet (u. a. Deuse et al. 2014, S. 381; Dust 2009; Helmold und Terry 2016, S. 147). 4.5.4.3 V eränderung des Aufgabenbereichs des internen und externen Beziehungsmanagers Anders als beim Informationsmanager (unterstützende Prozesse) und beim Operator (operative Prozesse) wird sich der Tätigkeitsbereich des Beziehungsmanagers ausweiten und intensivieren. Langfristige Partnerschaften sowie die Integration von Supply-Chain-Partnern werden immer entscheidender, um flexibel auf Marktveränderungen reagieren zu können. Fröhlich und Karlshaus (2017) beschreiben diese Funktion als ‚Troubleshooter‘, der die internen Bedürfnisse mit den Gegebenheiten des Marktes abstimmt (2017, S. 12–13). Neben der nachhaltigen Gewährleistung der Versorgungssicherheit hat der Beschaffer die Möglichkeit, Innovation in das Unternehmen hineinzutragen und gemeinsam mit Lieferanten und Bedarfsträgern kreative Lösungen zu erarbeiten (u. a. Albrecht 2016b, S. 7; Fröhlich und Karlshaus 2014, S. 9, 2017, S. 12; Handfield 2017, S. 6–7; Ruile und Vollrath 2015, S. 10; Schreiber et al. 2016, S. 1–3). Das Kernelement funktionierender Beziehungen wird auch in Zukunft der Mensch bleiben (Scharlach et al. 2014, S. 15). In der Rolle des Verhandlers und Projektmanagers schafft er die strukturellen Voraussetzungen, um kooperative Netzwerke aufzubauen, die Lieferqualität und Versorgungssicherheit
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nachhaltig zu gewährleisten und regelmäßig Innovationen hervorzubringen. Er wird zum digitalen Berater und Netzwerkcoach.
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5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Die Veränderungen der Beschaffungsfunktion im Rahmen der Digitalisierung führen zu neuen Prozessen und Anforderungen. Eine neue ‚Vielseitigkeit‘ wird erforderlich, die weit über Marktkenntnisse und Verhandlungsgeschick hinausgeht. Digitale Lösungen werden sich in allen Bereichen der Beschaffung fest etablieren, sei es als Einkaufssoftware (E-Sourcing, E-Procurement, E-Invoicing etc.), im Lieferanten-Beziehungsmanagement (Supplier-Relationship-Systeme) oder im Risikomanagement (Albrecht 2016a, S. 2–4). Der Einkauf wird digital. Die Realisierung von Automatisierungspotenzialen und die Tatsache, dass der Mensch im operativen sowie im unterstützenden Bereich durch Technik abgelöst wird, erlauben einen verstärkten Fokus auf strategische und kreative Aufgaben. Diese Veränderungen äußern sich in drei neuen Kompetenzprofilen.
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile Die Aufgaben des Beziehungsmanagers, des Informationsmanagers und des Operators wurden im letzten Kapitel mithilfe von diversen Trendstudien ‚digitalisiert‘ und an die Anforderungen der Beschaffung 4.0 angepasst. Es konnten drei neue Rollenprofile für die Beschaffung 4.0 erarbeitet werden: der digitale Berater und Netzwerkcoach, der digitale Prozess- und Systemmanager sowie der digitale Risikomanager und Datenstratege. Mit diesen drei Kompetenzprofilen kann der Einkauf den hohen Forderungen nach Effizienz/Lean (vernetzte, schlanke, autonome Prozesse und Systeme), Effektivität/Service (innovative, kundenindividuelle, flexible Lösungen entlang der Supply Chain) und strikter Einhaltung von Compliance- sowie Risikostandards (robuste, nachhaltige, präventive Netzwerke) gerecht werden (Darr 2017, S. 16, 43; Schnellbächer 2018, S. 28–29). Abb. 5.1 fasst die Erkenntnisse aus dem letzten Kapitel zusammen und stellt sie in den Zusammenhang der drei neuen Kompetenzprofile.
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127
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
128
Externe Marktgegebenheiten
Interne Anforderungen
Prädiktive Analysen; autonome Marktforschungsund Lieferantenidentifikationstools
iCRM (Vernetzte Systeme; funktionsübergreifende Zusammenarbeit)
Trouble-Shooting (Abgleich des internen Bedarfs mit den externen Marktgegebenheiten)
Digitaler Berater und Netzwerkcoach Schafft agile, kooperative, innovative, transparente, nachhaltige, effiziente und präventive Netzwerke und baut Beziehungen zu Supply-Chain-Partnern auf.
Beratend
Digitaler Risikomanager und Datenstratege Konfiguration und Koordination der SC, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten (OTIF)
Digital vernetzte Kommunikationsplattformen
Beratend
Digitaler Prozess- und Systemmanager
(kontinuierlicher Wissensaustausch)
Schaffung der prozessualsystemseitigen Rahmenbedingungen
Intelligente, vernetzte Produktionssysteme
(Produktionsmaschinen, Lagersysteme, Fahrzeuge, intelligente Objekte, 3D-Drucker etc.)
Nutzung der Daten, um Optimierungs-, Standardisierungs-, Automatisierungs- und Digitalisierungspotentialen zu realisieren
Interpretation der Daten, um Risiken zu minimieren, Szenarien zu simulieren und Maßnahmen einzuleiten Steuerungsdaten 4.0 Applikation
Kontinuierliche Datenproduktion 4.0 Applikation
4.0 Applikation
4.0 Applikation
Zentrales, cloudbasiertes Kontrollzentrum (Daten) Datenspeicher (Cloud)
(verarbeitete Informationen, gespeicherte Dokumente, Daten, 3D-Modelle etc.)
Externe Daten (Datenbanken, Suchmaschinen, Webpages, Lieferantendaten, Soziale Medien etc.)
BIG DATA Analytics
(autonome Datenbeschaffung, -selektion, auswertung)
Interne Daten (Beschaffung, Produktion, F&E, Marketing etc.)
Abb. 5.1 Zusammenspiel der ‚digitalisierten‘ Rollenprofile in der Beschaffung 4.0.
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
129
Basis des neuen Modells bildet das cloudbasierte Kontrollzentrum, das fach- und unternehmensübergreifend vernetzt ist. Dieses dezentrale System sammelt alle Daten, die entweder über externe Schnittstellen in das Unternehmen hineinfließen oder selber produziert werden, sei dies in anderen Fachabteilungen oder während der operativen Abwicklung mittels CPPS. All diese Daten werden anschließend autonom ausgewertet, als Steuerungsdaten zurückgegeben und über 4.0-Applikationen (oder andere Mensch-Maschine-Schnittstellen) abrufbar. Die Interpretation dieser Informationen bildet die Basis jeglicher Entscheidungsfindung. Wie aus Abb. 5.1 ersichtlich wird, steht die Rolle des ‚digitalen Beraters und Netzwerkcoachs‘ im Zentrum der Beschaffung 4.0 und lässt sich mit der Planung und Konzeption der Supply-Chain-Struktur zusammenfassen. Der digitale Berater und Netzwerkcoach agiert sowohl binnenorientiert (interne Anforderungen) als auch außenorientiert1 (externe Marktgegebenheiten) und schafft die Voraussetzungen für leistungsstarke Supply Chains. Er sucht mithilfe diverser 4.0-Applikationen geeignete Partner und baut eine partnerschaftliche Lieferantenbeziehung zu diesen auf. Über ein Lieferantencockpit steuert er zudem die verschiedenen Coaching- Maßnahmen. Er führt crossfunktionale sowie unternehmensübergreifende Teams und sorgt dafür, dass Innovation in das Unternehmen hineingetragen wird. Sein Aufgabenbereich umfasst vor allem die Beziehungsebene und ist stark personenbezogen. Der ‚digitale Prozess- und Systemmanager‘ hingegen schafft die prozessual- systemseitigen Rahmenbedingungen für eine effiziente Abwicklung. Er setzt die vertraglich vereinbarten Standards um, kümmert sich um die Harmonisierung der Schnittstellen, sorgt für schlanke Prozesse (Lean) und realisiert den kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Zudem berät er den digitalen Berater und Netzwerk coach bei der Auswahl und Förderung von Supply-Chain-Partnern und überprüft die Kompatibilität der IT-Systeme und Prozesse (auch hinsichtlich der TCO-Ansätze). Indem er Transparenz schafft, erhöht er die Prozessqualität, wodurch Kosten- sowie Effizienzsteigerungspotenziale realisierbar werden. Da es sich um unternehmensübergreifende Prozesse handelt, agiert auch er sowohl binnen- als auch außenorientiert. Als letzte Rolle ist der ‚digitale Risikomanager und Datenstratege‘ zu nennen, der potenzielle Risiken mithilfe von prädikativen Big-Data-Analysen identifiziert, segmentiert und Alternativszenarien erarbeitet. Er agiert außenorientiert und kümmert sich um die Echtzeit-Konfiguration und die Koordination der Supply Chain, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dazu überwacht er die Versorgungsprozesse digital im Risikomanagementinformationssystem. Zudem berät auch er den digitalen Berater und Netzwerkcoach, um Risiken nachhaltig zu minimieren und dadurch eine leistungsstarke und robuste Supply Chain zu ermöglichen. Die Aufgabenbereiche des digitalen Prozess- und Systemmanagers und des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen sind eher sachbezogen. Alle drei Rollen 1 Die von Krüger (2012) vorgeschlagene Unterscheidung von Teammitgliedern nach Verhaltensmustern (außen- oder binnenorientiert) und Persönlichkeitsmerkmalen (personen- oder sachbezogen) dient hier dem allgemeinen Verständnis für die Rollenbilder (S. 35).
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
130
Tab. 5.1 Kurzbeschreibung der erhobenen Kompetenzprofile. (Quelle: eigene Darstellung, angelehnt an Fröhlich und Karlshaus 2014, S. 18–19, 2017, S. 12–13; Schreiber et al. 2016, S. 2) Kompetenzprofile Digitaler Berater und Netzwerkcoach
Hauptziel Aufbau von agilen, kooperativen, innovativen, transparenten, nachhaltigen, effizienten und präventiven Netzwerken
Digitaler Prozess- und Systemmanager
Steuerung der systemseitigen und prozessualen Integration; Steigerung der Effizienz und der TCO sowie Realisierung kontinuierlicher Prozessverbesserung Minimierung von Risiken sowie Gewährleistung der Versorgungssicherheit und OTIF
Digitaler Risikomanager und Datenstratege
Kurzdefinition des Aufgabenbereichs Umsetzen von Strategien und Schaffung von Strukturen; internes und externes ‚Troubleshooting‘ (Abgleich zwischen internem Bedarf und den Beschaffungsmarktmöglichkeiten); Beratung der internen Bedarfsträger; Verhandlungen; Aufbau langfristiger Beziehungen; Coaching der Lieferantenbeziehungen; Führen von Innovations- und Förderprojekten Schaffung von prozessual-systemseitigen Rahmenbedingungen; Optimierung von unternehmensübergreifenden Prozessen, Systemen und IT-Infrastrukturen; Überwachung des Order-Prozesses; Realisierung schlanker Prozesse (Lean)
Durchführen von präventiven Analysen; Erkennung und Segmentierung potenzieller Risiken; Entwicklung von Alternativszenarien und Maßnahmeplänen; Echtzeit- Konfiguration und Koordination der Supply Chain; Risikoberatung
agieren in einem Umfeld, in dem physische und virtuelle Welten nahtlos ineinanderfließen und Daten die Basis jeglicher Beurteilung und Entscheidungsfindung bilden (Bauernhansl 2014, S. 15–16; Vogel-Heuser 2014, S. 63–64). Tab. 5.1 fasst die Hauptziele und Aufgabenbereiche der drei Kompetenzprofile zusammen. Obwohl diese Kompetenzprofile erstellt wurden, darf diesbezüglich keinesfalls von fixen Rollen ausgegangen werden. Die intrafunktionale Zusammenarbeit und die Teamarbeit sind für die effiziente und effektive Abwicklung der Beschaffung zentraler denn je. Vor allem in Zukunft sollten das Teammanagement und der gegenseitige Austausch vermehrt Aufmerksamkeit finden (Fröhlich und Karlshaus 2014, S. 19). Im Folgenden wird detailliert auf die einzelnen Rollenbilder und deren Aufgaben sowie Kompetenzen eingegangen.
5.1.1 Der digitale Berater und Netzwerkcoach Agilität wird in einem zukünftigen dynamischen Umfeld immer bedeutsamer. Der digitale Berater und Netzwerkcoach muss dafür sorgen, dass Veränderungen am Beschaffungsmarkt frühzeitig wahrgenommen und entsprechende Maßnahmen initiiert werden (Dieckmann 2017, S. 52, 55). Während es zuvor die Hauptaufgabe der Beschaffung war, Produkte und Serviceleistungen vollständig und rechtzeitig
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
131
(OTIF) für die eigene Wertschöpfung zur Verfügung zu stellen, wird dies in Zukunft nicht mehr ausreichen. Die Beschaffung muss ihren Fokus auf das Kreieren von Unternehmenswert im Rahmen von Innovationsprojekten mit Lieferanten, der ‚Crowd‘ und Start-ups legen (Schreiber et al. 2016, S. 2). Durch die Integration von externem Wissen kann die Innovationskraft der Partner für das eigene Unternehmen genutzt werden (Ruile und Vollrath 2015, S. 10). Der digitale Berater und Netzwerkcoach wird zum Katalysator und Verbindungselement zwischen den externen Partnern und den internen Funktionen (Schreiber et al. 2016, S. 2). Er muss ‚Digital Supply Champions‘ und ‚Digital Potentials‘ am Markt lokalisieren sowie die eigene Lieferantenbasis nutzen, um gemeinsam mit den ideenreichsten Partnern Innovationen hervorzubringen (Kleemann und Glas 2017, S. 25). Der digitale Berater und Netzwerkcoach sorgt zudem für die Planung, den Aufbau sowie die Steuerung von langfristigen Supply-Chain-Kooperationen. Diese Aufgabe umfasst die Lieferantenauswahl, den Beziehungsaufbau, die Beziehungskontrolle sowie die Einleitung von langfristigen Steuerungsmaßnahmen und Förderprogrammen. Intelligente Systeme und 4.0-Applikationen2 werden ihm dabei helfen, Märkte, Lieferanten, Dienstleister, Beziehungen und Kunden besser zu verstehen und darauf aufbauend innovative Lösungen zu entwickeln (Geissbauer et al. 2016, S. 9; Kleemann und Glas 2017, S. 8–10, 29; Schlünsen und Schentler 2016, S. 90–91; Schreiber et al. 2016, S. 2). Ähnlich wie der interne und externe Beziehungsmanager hat auch der digitale Berater und Netzwerkcoach die Aufgabe inne, den internen Bedarf anhand der externen Marktgegebenheiten abzugleichen (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 12–13). Er wird die Integration von externem Wissen gewährleisten und zwischen den internen Bedarfsträgern und den externen Akteuren einen nachhaltigen Mehrwert für das Unternehmen und die gesamte Supply Chain generieren (Schreiber et al. 2016, S. 2). Einen zentralen Baustein dieser Netzwerkplanung bildet die strategische Verbindung der unterschiedlichen Supply-Chain-Leistungen zu einer ganzheitlichen und kohärenten Wertschöpfung. Dies ermöglicht die konsequente Ausrichtung am Kunden und somit die Befriedigung des gesteigerten Individualisierungsbedürfnisses der Zukunft (Mello 2017, S. 30; Olvera und Castillo 2015). Das Ziel des digitalen Beraters und Netzwerkcoaches ist es, agile, kooperative, innovative, transparente, nachhaltige, effiziente und präventive Netzwerke zu schaffen, die den Anforderungen der digitalisierten Welt 4.0 gerecht werden (Helmold und Terry 2016, S. 141). 5.1.1.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse Im Folgenden werden basierend auf dem Kompetenzprofil des Beziehungsmanagers, die bedeutendsten Aufgaben und Anforderungen des digitalen Beraters und Netzwerkcoaches analysiert (vgl. dazu Tab. 5.2, 5.3, 5.4, 5.5, 5.6 und 5.7). Der Aufgabenbereich des digitalen Beraters und Netzwerkcoach umfasst hauptsäch2 U. a. Big Data Analytics, autonome Marktforschungstools, intelligente Instrumente zur Lieferantenidentifikation und -kontrolle, E-Sourcing, E-Procurement etc.
Supply Chain Design, Modellierung und Simulation
Teilaufgaben Gestaltung der internen Zusammenarbeit
Anforderungen Führung des Strategieprozesses; Entwicklung einer abgestimmten Strategie zwischen den Bedarfsträgern und Beschaffung; Nutzung von Erkenntnissen aus Big Data, um Strategie in Zusammenarbeit mit anderen Funktion anzupassen; gemeinsame Definition von KPIs (Q-K-L-E); Realisierung einer frühen Integration des Einkaufs in die Produktentwicklung; Visualisierung der Abläufe der Zusammenarbeit; Abstimmung der Anforderungen und Entwicklung gemeinsamer Ziele; Festlegung von Kriterien für die funktionierende Zusammenarbeit (KPIs); Messung der Leistung der Zusammenarbeit sowie Einleitung von Maßnahmen zu deren Verbesserung; Austausch über ‚Collaboration Rooms‘ und Soziale Medien; rechtzeitige Belieferung der Bedarfsträger mit den benötigten Informationen Leitung von crossfunktionalen Teams, um neue SC-Lösungen zu erarbeiten; Nutzung von Big Data, um SC zu designen, zu modellieren und zu simulieren; Berücksichtigung neuer Konzepte und Technologien (wie bspw. 3D-Druck, Drohnen, selbstfahrende Fahrzeuge, Blockchain, VR & AR etc.); Nutzung von digitalen Kooperations- und Kommunikationsplattformen; kontinuierlicher Wissensaufbau; Vorantreiben von Produkt- und Serviceinnovation gemeinsam mit Bedarfsträgern
Kompetenzen Strategieverständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Controllingwissen (Kennzahlen), Kreativtechniken, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Zuverlässigkeit, Führungskompetenzen, ergebnisorientiertes Handeln, Pflichtgefühl, Impuls geben, Beziehungsmanagement, Gestaltungswille, Offenheit für Veränderungen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analyse- und Simulationstools), technisches, technologisches und digitales Wissen; Kreativtechniken, Erfahrungen in der Planung von Netzwerken, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Beratungsfähigkeit, datenbasiertes Lernen, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Offenheit für Veränderungen, Gestaltungswille, Wissensorientierung, Innovationsfreudigkeit, schöpferische Fähigkeiten, Experimentierfreude, Führungskompetenzen
Tab. 5.2 Interne Vernetzung und Netzwerkplanung (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
132 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
,Innovation Scouting‘ und Lieferantensuche
Teilaufgaben Make-or-Buy- Entscheide und Bedarfsspezifikationen
Anforderungen Gemeinsame Erarbeitung von Warengruppenstrategien und Bedarfsspezifikationen (Bestimmung der Mengen-, Qualitäts-, Logistik- und Instandhaltungsanforderungen sowie des Budgetplans und der Lieferantenanforderungen); ‚Spend Analysis‘; Führen von crossfunktionalen Beschaffungsteams; Beratung der anderen Funktionen; Nutzen von intelligenten Tools (Big Data); Abwägen von Risiken und Chancen; Einschätzung der Kostensenkungs- und Leistungssteigerungspotenziale; angemessene Einschätzung und Festlegung der Anforderungen an das Beschaffungsgut; Überprüfung der Funktionsweisen; Kontrollieren der technischen Spezifikationen; Zusammenarbeit mit der IT (technologische Güter); Spezifikation von Dienstleistungen (Input-, Prozess- oder Output-Spezifikation); Festlegung von KPIs zur Erfüllung von DL (SLAs) Nutzen von Big Data Analytics, um kontinuierlich Märkte zu beobachten und proaktiv neue Lieferanten, Technologien, Produktlösungen, Start-ups sowie Geschäftsmodelle zu identifizieren; Einsatz autonomer Marktforschungs- und Lieferantenidentifikationstools; gezielte Lieferantensuche bei spezifischem Bedarf mithilfe von Big Data; Nutzung von blockchain-basierten Marktplätzen; Selektion und Interpretation der vom System bereitgestellten Daten; Evaluierung der relevanten Trends und Prognosen; Antizipation der sich verändernden Bedarfsanforderungen; stetiger Wissensaufbau; crossfunktionale Zusammenarbeit mit den Fachbereichen; effizienter Informationsaustausch über ‚Collaboration Rooms‘; Austausch mit Lieferanten, um Innovationen zu lokalisieren (Überblick über Märkte, Erkennen von Trends); Einbezug des digitalen Risikomanagers
(Fortsetzung)
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Vertragsmanagement, Controlling-Wissen (Kennzahlen, SLAs), fachliche Anerkennung, Sourcing-Wissen, Warengruppenmanagement, strategisches Verständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, technisches Produktwissen, DL-Beschaffungskompetenzen, Führungskompetenzen, Projektmanagement, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Risikomanagement, Einschätzung von Potenzialen, Planungsverhalten, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, fachübergreifende Kenntnisse (Marketing, Logistik, SCM, Finanzen, F&E, IT etc.), Integrationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Beratungsfähigkeit, ganzheitliches Denken, Sachlichkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.) Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), digitale Kompetenzen (Blockchain, E-Tools etc.), analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Sourcing- Wissen, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, ganzheitliches Denken, Wissensorientierung, technologisches Wissen, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Prognosetechniken, Lernbereitschaft, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), datenbasiertes Lernen
Tab. 5.3 ‚Innovation Scouting‘ und digitale Lieferantensuche, -bewertung und -auswahl (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 133
Teilaufgaben Bewertung und Vorauswahl
Anforderungen Nutzung autonomer Lieferantenbewertungssysteme; Einsatz von VR-Technologie, um Unternehmen virtuell zu bewerten; objektive Wahl der passenden Lieferanten (TCO) basierend auf den vom System ausgewerteten Informationen (KPI-basiert); Balance-Scorecards; Steuern von autonomen eInstrumenten (E-Sourcing, E-Auktionen und E-Ausschreibungen); Einsatz verschiedener Auktionsverfahren (Dutch-, Reverse,Rangauktion etc.), Nutzung von blockchain-basierten Marktplätzen, von Sozialen Medien, digitalen Kommunikationsplattformen etc.; Berücksichtigung der systemseitigen Kompatibilität; Überprüfung sozialer und ökologischer Nachhaltigkeitsfaktoren; Wahl geeigneter (IT-) Dienstleistungsunternehmen und Partner; Berücksichtigung qualitativer Aspekte (strategischer und kultureller ,Fit‘, Flexibilität, Innovationsfähigkeit etc.); Simulation verschiedener Szenarien; Entscheid in crossfunktionalen Teams
Tab. 5.3 (Fortsetzung) Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), digitale Kompetenzen (VR, Blockchain, E-Tools etc.), analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Controlling-Wissen, Sourcing-Wissen (Ausschreibungs- und Auktionstechniken), ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), fachübergreifende Kenntnisse (IT), normativ-ethische Einstellung, nachhaltige Beschaffung, Methodenkenntnisse (DL Assessment), Folgebewusstsein, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Fach- & Marktwissen, ganzheitliches Denken, Projektmanagement, Sachlichkeit, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Methodenkenntnisse (TCO, Balance-Scorecards etc.), Wissen über verschiedene IT-Systeme
134 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
135
Tab. 5.4 (Digitale) Verhandlungen (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Vorbereitung von Verhandlungen
Anforderungen Genaue Festlegung des Anliegens, des Zieles und der administrativen Anforderungen in crossfunktionalen Teams; Nutzung von Big-Data- Auswertungen; Einschätzung des Lieferanten; Festlegung des Verhandlungsstils (kooperativer Fokus), Erstellung digitaler Verhandlungsunterlagen
Durchführung von Verhandlungen
Durchführung von (virtuellen) Verhandlungen in crossfunktionalen Teams mithilfe von AR und Nutzung der Informationen aus Big-Data-Analysen; Erarbeitung gemeinsamer Ziele und des strategischen ,Fits‘ mit Lieferanten und Bedarfsträgern (crossfunktionale Teams); Einsatz von Kommunikationsmedien mit hohem Informationsreichtum (‚Media Richness‘); kooperative Eröffnung des Gesprächs; Stärkung des Willens für gemeinsame Problemlösung; höfliche und effiziente Gesprächsführung; Austausch von Informationen und Handhabung von Konflikten; crossfunktionale Zusammenarbeit; Steuern von ,Cybernegotiation Systems‘ und Definition der Rahmenparameter Digitale Erfassung und automatische Weiterleitung der Informationen; Teilen mit Anspruchsgruppen bspw. über Cloud Services
Nachbereitung von Verhandlungen
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Wissen über Verhandlungsund Kooperationspartner, Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, Konzeptionsstärke, Fachwissen, Kenntnisse über Verhandlungsstile, Team- & Organisationsfähigkeit, Verhandlungstechniken, Marketingwissen, Akquisitionsstärke, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Kooperations-, Team- und Integrationsfähigkeit Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), digitale Kompetenzen (VR, AR, ,Cybernegotiation Systems‘ etc.), Strategieverständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, Integrationsfähigkeit, Führungskompetenzen, Wissen über Verhandlungs- und Kooperationspartner, Verhandlungsgeschick, Kompromissbereitschaft, ethisches Verhalten, Sprachgewandtheit, Zuhören, Sachlichkeit, Loyalität, normativ-ethische Einstellung, Teamfähigkeit, Glaubwürdigkeit, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Akquisitionsstärke, Dialogfähigkeit, Initiative, Kommunikationsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Schlagfertigkeit, Fachwissen, Planungsverhalten, Projektmanagement, Fremdsprachenkenntnisse, Marketingwissen, ‚Global Mindset‘, Mobilität, Einsatzbereitschaft ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), digitale Kompetenzen (Cloud etc.), Kommunikations- & Kooperationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Fleiß, Konzeptionsstärke
Anforderungen Abstimmung und Vereinbarung der SLAs; Klärung der Erwartungen, Rollen und Verantwortlichkeiten; Festlegung von Meilensteinen und KPIs; Einbezug aller relevanten Anspruchsgruppen; Bestimmung der Schutz- und Nutzungsrechte und des Dateneigentums
Nutzung des digitalen Lastenhefts/von technischen Zeichnungen; Prüfung der technologischen Realisierung mithilfe von Big Data; Prüfung von Veränderungsvorschlägen; Zusammenarbeit mit Produktion und F&E; Gerechtwerden der Anforderungen der SC
Siehe gemeinsame Innovationsprojekte
Teilaufgaben Dienstleistungsvereinbarungen
Klärung der Eignung des Beschaffungsobjekts
Organisation der Verteilung der Entwicklungstätigkeit
Kompetenzen Wissen über DL-Beschaffung (SLAs, KPIs, Nutzungsrechte, Dateneigentum etc.), Fach- & Marktwissen, fachübergreifende Kenntnisse, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Planungsverhalten, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Einkaufsrecht (Dateneigentum, Schutzrechte etc.), Integrationsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, fachliche Anerkennung, Folgebewusstsein, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Führungskompetenzen, Entscheidungsfähigkeit Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, technisches Produktwissen, fachübergreifende Kenntnisse (SCM), Beratungsfähigkeit, Wissen über Produktionstechnologien und Herstellungsverfahren, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, fachliche Anerkennung, Folgebewusstsein, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Entscheidungsfähigkeit Siehe gemeinsame Innovationsprojekte
Tab. 5.5 Beziehungsaufbau und Vertragsmanagement (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
136 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Bestimmung der Beschaffungslogistik
Durchführung von Lieferantenaudits
Prüfung der Qualitätsfähigkeit (Zusammenarbeit mit Qualitätswesen und Produktion); (virtuelle) Audits; Erkennen von Schwachstellen und Verbesserungspotenzialen mithilfe von Big Data; Abschätzung der adäquaten Form; Gewährleistung von sozialer und ökologischer Nachhaltigkeit; Überprüfung von Ökolabels und deren Wirksamkeit; Einhaltung von Compliance-Standards; Gewährleistung von Transparenz entlang der ganzen SC; Zusammenarbeit mit digitalem Risikomanager Zusammenarbeit mit Logistikabteilung und Lieferant (evtl. Logistikunternehmen); Abschätzung der adäquaten Form; Gerechterwerden der Anforderungen der SC; Berücksichtigung neuer Konzepte und Technologien (u. a. selbstfahrende Fahrzeuge, Drohnen etc.); Zusammenarbeit mit digitalem Prozess- und Systemmanager
(Fortsetzung)
Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, Auditkenntnisse (System, Prozess, Produkt), analytische Fähigkeiten, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Fach- & Marktwissen, Projektmanagement, Qualitätswissen, ganzheitliches Denken, Integrationsfähigkeit, nachhaltige Beschaffung, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, Folgebewusstsein, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Beratungsfähigkeit, digitale Kompetenzen (VR, AR etc.), Offenheit für Veränderungen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, Logistik- & SCM-Wissen, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Planungsverhalten, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Entscheidungsfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung), ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Wissen über neueste Technologien, Kreativtechniken, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, Folgebewusstsein, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 137
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, Kenntnisse von Bereitstellungsprinzipien (Logistik/SCM), Planungsverhalten, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, ganzheitliches Denken, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung), ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Kreativtechniken, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, Folgebewusstsein, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, IT-/EDI-/SAP-Kenntnisse (EDIFACT, EANCOM etc.), Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, digitale Kompetenzen (Cloud, RFID, IoTS, E-Tools etc.), nachhaltige Beschaffung, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Kreativtechniken, Entscheidungsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, ganzheitliches Denken, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Wissen über Kommunikationstechniken, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung), ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Wissen über verschiedene ITSysteme, Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, Folgebewusstsein, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen
Anforderungen
Zusammenarbeit mit Produktion und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form; Gerechtwerden der Anforderungen der SC; Berücksichtigung neuer Konzepte und Technologien (u. a. 3D-Druck, Kanban etc.), Zusammenarbeit mit digitalem Prozess- und Systemmanager
Zusammenarbeit mit IT und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form; Schaffen von gemeinsamen IT-Standards und Strukturen, um technische Integration zu ermöglichen (Maschine-Maschine- und Maschine-Mensch-Kommunikation); Nutzung von Cloud Services; Berücksichtigung neuer Konzepte und Technologien (u. a. RFID, IoTS, ‚Collaboration Rooms‘, Soziale Medien etc.); Fokus auf ‚Media Richness‘; Schaffung von ganzheitlichen Schutzstrukturen, um Datensicherheit, Urheberschutz etc. in der gesamten Supply Chain zu gewährleisten (gemeinsam mit IT, Rechtsabteilung und Lieferant); Festlegen von Maßnahmen bei Missbrauch; Zusammenarbeit mit digitalem Prozess- und Systemmanager
Teilaufgaben
Festlegung des Bereitstellungsprinzips
Auswahl der geeigneten Kommunikationstechnologien und Organisation der EDI-Gestaltung
Tab. 5.5 (Fortsetzung)
138 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Bildung von funktions- und unternehmensübergreifenden Teams (Ingenieure, Einkäufer, Marketing, Lieferanten etc.); Erarbeitung gemeinsamer Ziele; Überprüfung des strategischen und kulturellen ,Fits‘; Managen von verschiedenen Kulturen; Schaffen von Vertrauen, Gewissheit und einer gemeinsamen Kultur/Strategie; Abstimmung der gegenseitigen Bedürfnisse; Klärung von Erwartungen; Einschätzung des Lieferanten Abschätzung der adäquaten Vertragsform (bspw. von performancebasierten Verträgen‘); Aufsetzen von DL-Vereinbarungen (SLAs); Zusammenarbeit mit Rechtsabteilung; crossfunktionale Festlegung der Beziehungsanforderungen; Erstellen von ,Smart Contracts‘
Formen von interorganisationalen Teams
Aufsetzen von Verträgen
Zusammenarbeit mit Finanzen und Lieferant; Abschätzung der adäquaten Form; Berücksichtigung neuer Konzepte und Technologien (u. a. Blockchain, ,Smart Contracts‘ etc.); Zusammenarbeit mit digitalem Prozess- und Systemmanager
Klärung der Finanzflüsse
Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, juristisches Fachwissen (Einkaufsrecht), Planungsverhalten, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, digitale Kompetenzen (,Smart Contracts‘, Blockchain etc.), digitales Vertragsmanagement
Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, finanzwirtschaftliche Kenntnisse (TCO, Cash-Flow etc.), Kooperations- , Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Beratungsfähigkeit, ganzheitliches Denken, Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, fachliche Anerkennung, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, Kreativtechniken, Entscheidungsfähigkeit, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Methodenkompetenz (Prozessgestaltung), Gestaltungswille, Initiative, Pflichtgefühl, Folgebewusstsein, Offenheit für Veränderungen, Fach- & Marktwissen, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.) Strategieverständnis, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, Beurteilungsvermögen, Pflichtgefühl, Organisationsfähigkeit, Glaubwürdigkeit, Projektmanagement, Dialogfähigkeit, fachliche Anerkennung, Beziehungsmanagement, Integrationsfähigkeit, Sachlichkeit, normativ-ethische Einstellung, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Führungskompetenzen, ‚Global Mindset‘, Beratungsfähigkeit
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 139
Steuerung der Zusammenarbeit (Lieferantenakademie)
Teilaufgaben Beziehungskontrolle
Anforderungen Führen des kontinuierlichen BenchmarkingProzesses (vernetztes Benchmarking); Entwicklung digitaler Lieferanten-Scorecards, um Voraussetzungen für die kontinuierliche Zielerfüllung und die Realisierung stetiger Verbesserung zu schaffen; Entwicklung gemeinsamer Zielgrößen, um die stetige Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten; regelmäßiger Austausch mit digitalem Risikomanager und digitalem Prozess- und Systemmanager Rolle als Lieferantencoach; Gestaltung von effizienten und innovationsorientierten Lieferantenbeziehungen; Schaffen von zunehmendem Vertrauen; Förderung von partnerschaftlicher Zusammenarbeit; kontinuierlicher Austausch über innovative Kommunikationsplattformen in crossfunktionalen Teams; enge Zusammenarbeit bei DLs; regelmäßiger Austausch mit digitalem Risikomanager und digitalem Prozess- und Systemmanager
Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Projektmanagement, Kreativtechniken, technologisches Wissen, Lieferantenmanagement, Strategieverständnis, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Coaching-Methoden, fachübergreifende Kenntnisse, Change Management, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Zuverlässigkeit, Führungskompetenzen, ergebnisorientiertes Handeln, Pflichtgefühl, Impuls geben, Beziehungsmanagement, Gestaltungswille, Offenheit für Veränderungen, ‚Global Mindset‘, Einsatzbereitschaft
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Strategieverständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, Controlling-Wissen (Kennzahlen), Lieferantenmanagement, Warengruppenmanagement, Beurteilungsvermögen, Fach- & Marktwissen, Projektmanagement, Offenheit für Veränderungen, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, Folgebewusstsein, Initiative, Pflichtgefühl, ganzheitliches Denken, Entscheidungsfähigkeit, Planungsverhalten
Tab. 5.6 Gestaltung der Beziehungen: Kontrolle, Förderung und Steuerung (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
140 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Nachverhandlungen Beendigung
Gestalterische und netzwerkbasierte Förderungsmaßnahmen (Lieferantenakademie)
Rolle als Lieferantencoach; Vorliegen von Problemen und Erwartung, dass bei Unterstützung ein dauerhaft höheres Erfolgspotenzial realisiert werden kann; Überprüfung der tatsächlichen Kosten der Förderung und des erwarteten Ertrags (Budgetplanung); Einschätzung der adäquaten Maßnahmen basierend auf Big Data; Abschätzung der Fähigkeiten des Abnehmers; Bereitschaft aller beteiligten Mitarbeitenden und des Lieferanten zur Förderung; Einbindung der obersten Leistungsebene des Lieferanten; Entwicklung von Plänen, um Netzwerkpartner zu fördern; Einsatz nachhaltiger Förderungsmaßnahmen, um Partnerschaft zu intensivieren; Verbesserung der Zusammenarbeit und des Datenaustausches; Gewährleistung der regelmäßigen Kommunikation über digitale Plattformen; regelmäßiger Austausch mit digitalem Risikomanager und digitalem Prozess- und Systemmanager Analog zu Verhandlungen Dauerhaftes Nichterfüllen der Anforderungen trotz Maßnahmen; schwerwiegendes Fehlverhalten des Lieferanten; Abbau unnötiger Lieferanten; Optimierung der Lieferantenbasis; sorgfältiges Managen des Abkoppelungsprozesses (system- und funktionsseitig); Evaluierung von Alternativen; Managen interner Widerstände von Bedarfsträgern; Umgang mit Rufschädigung, moralischen und vertraglichen Verpflichtungen; Managen der Ersatzteilversorgung; regelmäßiger Austausch mit digitalem Risikomanager und digitalem Prozess- und Systemmanager Analog zu Verhandlungen Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Konsequenz, Beharrlichkeit, Fachwissen, fachliche Anerkennung, Planungsverhalten, Offenheit für Veränderungen, systematisch-methodisches Vorgehen, ganzheitliches Denken, Verständnisbereitschaft, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Folgebewusstsein, Marktwissen, analytische Fähigkeiten, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Projektmanagement, Change Management, Kooperations-, Team- und Beratungsfähigkeit, juristische Fähigkeiten, Hilfsbereitschaft, Integrationsfähigkeit, ‚Global Mindset‘, Initiative, Pflichtgefühl, fachübergreifende Kenntnisse (IT)
Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, Change-Management, Wissen über verschiedene Förderungsmaßnahmen, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Lieferantenmanagement, Wissensorientierung, Beurteilungsvermögen, Team-, Kooperations-, Kommunikations- & Beratungsfähigkeit, fachliche Anerkennung, juristische Fähigkeiten, Initiative, Pflichtgefühl, Marketingwissen, Dialogfähigkeit, ergebnisorientiertes Handeln, Planungsverhalten, Projektmanagement, Impuls geben, Konzeptionsstärke, Kreativtechniken, Gestaltungswille, technologisches Wissen, Innovationsfreudigkeit, Organisationsfähigkeit, Folgebewusstsein, Fach- & Marktwissen, analytische Fähigkeiten, Integrationsfähigkeit, Einsatzbereitschaft, Verständnisbereitschaft, systematisch-methodisches Vorgehen, Konfliktund Problemlösungsfähigkeit, ‚Global Mindset‘, ganzheitliches Denken, Coaching-Methoden, nachhaltige Beschaffung, Risikoeinschätzung und Prognosefähigkeiten, Entscheidungsfähigkeit, Offenheit für Veränderungen
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 141
Anforderungen Evaluierung der potenziellen Innovationskraft von Lieferanten und deren Bedeutung für das Unternehmen (Lieferantenportfolio Einkauf 4.0); Wahl der geeigneten Partner für Innovationsprojekte (,Digital Supply Champions‘/,Digital Potentials‘); Abschätzung des strategischen und kulturellen ,Fits‘; Überprüfung der Kompatibilität der Systeme
Schaffen von Vertrauen und von einer gemeinsamen Kultur; Abstimmung der gegenseitigen Bedürfnisse; Bildung von funktions- und unternehmensübergreifenden Teams (Ingenieure, Einkäufer, Marketing, Lieferanten etc.), um Produktkonzept zu entwickeln; Festlegung der gemeinsamen Ziele; Schaffen von geteilten Standards; Vernetzung von Systemen und Erstellen von einheitlichen Prozessen/Organisationen; abgestimmter Entwicklungsprozess; Aufbau der technischen Infrastruktur; Standardisierung und Modularisierung der Entwicklungstätigkeit; vertragliche Regelungen der Kooperation; Festlegung von KPIs; Zusammenarbeit mit digitalem Prozess- und Systemmanager
Teilaufgaben Wahl der geeigneten Innovationslieferanten
Aufbau der innovativen Zusammenarbeit
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Projektmanagement, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Wissen über IT-Systeme, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Pflichtgefühl, Initiative, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Fach- & Marktwissen, Strategieverständnis, Gestaltungswille, Folgebewusstsein, ganzheitliches Denken, Konzeptionsstärke, Integrationsfähigkeit, Kooperationsfähigkeit, fachübergreifende Kenntnisse, fachliche Anerkennung Strategieverständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Controlling-Wissen (Kennzahlen), fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Lieferantenmanagement, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse (Recht, F&E, IT etc.), Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Zuverlässigkeit, Führungskompetenzen, ergebnisorientiertes Handeln, Pflichtgefühl, Impuls geben, Beziehungsmanagement, Gestaltungswille, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Vertragsmanagement, ‚Global Mindset‘, technisches Produktwissen, Methodenkompetenz (Entwicklungsprojekte, Prozessgestaltung)
Tab. 5.7 Steuerung von Innovationsprojekten (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
142 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Übernehmen der Projektleiterrolle (Koordination, Überwachung etc.); Erstellen von Projektplänen und Einsatz von Produktmanagement; Definition von KPIs; Analyse von Performance-Daten in Echtzeit, um Produkteigenschaften zu definieren; virtuelle Prototyp-Entwicklung im digitalen Produktlebenszyklus-Management-System (PLM); Arbeiten in geteilten, digitalen Forschungseinrichtungen und virtuellen Räumen (Technikvorschläge, Validierung, Prüfung etc.); Gewährleistung eines kontinuierlichen Informationstransfers und Wissensaustausches, Sicherstellung des Urheberschutzes; Koordination und Kontrolle von Lieferantenleistungen; Gewährleistung der hohen Datenqualität
Evaluierung der Zusammenarbeit; Investitionen in wichtige Lieferanten, um Innovationskraft zu steigern; Schaffen von gemeinsamen Lerneinrichtungen; Teilen von Daten, um Wissen des Lieferanten zu stärken; Förderung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit; regelmäßiger Austausch mit digitalem Risikomanager und digitalem Prozess- und Systemmanager
Führen gemeinsamer Innovationsprojekte
Stärkung der Innovationskraft von Lieferanten
Strategieverständnis, Strategieentwicklungskompetenzen, Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Controlling-Wissen (Kennzahlen), fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Lieferantenmanagement, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, Projektmanagement, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse (Recht, Datenschutz, F&E, IT etc.), Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Zuverlässigkeit, Führungskompetenzen, ergebnisorientiertes Handeln, Pflichtgefühl, Impuls geben, Beziehungsmanagement, Gestaltungswille, Offenheit für Veränderungen, Innovationsfreudigkeit, Vertragsmanagement, ‚Global Mindset‘, technisches Produktwissen, Methodenkompetenz (Entwicklungsprojekte, Prozessgestaltung), Kreativtechniken (,Design Thinking‘, ,Rapid Prototyping‘, ,Minimal Viable Products‘ etc.), Verständnis für digitale Plattformen, digitale Kompetenzen (VR, AR, digitales Engineering, Cloud etc.), schöpferische Fähigkeiten, Einsatzbereitschaft Siehe „gestalterische und netzwerkbasierte Förderungsmaßnahmen“
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 143
144
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
lich die interne Vernetzung und Netzwerkplanung, das ‚Innovation Scouting‘ und das ‚Digital Sourcing‘. Zudem ist er für den Aufbau langfristiger Partnerschaften, für die Gestaltung der Beziehungen sowie für die Förderung von Innovation zuständig.3 5.1.1.2 Kompetenzprofil Fach-und Methodenkomptenzen aus der DACUMs-Analyse Der Aufgabenbereich des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs wird eindeutig durch den menschlichen Kontakt und den Aufbau zwischenmenschlicher Beziehungen bestimmt. Als technischer Berater und Netzwerkgestalter funktioniert er als ‚Moderator‘ und ‚Botschafter‘ (Fröhlich 2017, S. 121–126). Wie aus Tab. 5.8 zu entnehmen, ist das Kompetenzprofil des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs sehr ähnlich wie das des internen und externen Beziehungsmanagers aus Abschn. 3.2.2. Es wurde jedoch durch diverse ‚digitale Kompetenzen‘ ergänzt, die als maßgeblich für das Beschaffungsmanagement 4.0 erachtet wurden. Um die Netzwerke der Zukunft zu gestalten und gute sowie sachlich fundierte Entscheidungen treffen zu können, ist der digitale Berater und Netzwerkcoach auf eine Vielzahl von Informationen angewiesen. Nur wenn er die Fähigkeit besitzt, die bereitgestellten Daten richtig zu interpretieren und darauf aufbauend Lösungsszenarien abzuleiten, kann er die Potenziale von Big Data gewinnbringend nutzen. Das Verständnis für intelligente Systeme und digitale Instrumente (4.0-Applikationen) sowie der richtige Umgang damit zählen somit zu den zentralen Schlüsselkompetenzen. Die Digitalisierung der Prozesse verlangt nach einer Sicherheit in der Interaktion mit s olchen Technologien. Der digitale Berater und Netzwerkcoach muss fähig sein, die Erkenntnisse von Big-Data-Analysen zu nutzen, um leistungsstarke Netzwerke a ufzubauen und den TCO-Ansatz zu realisieren. Dies verlangt neben Fachwissen im Bereich Lieferantenmanagement und Warengruppenmanagement vor allem auch Erfahrungen in der Planung und Steuerung von digital vernetzten und globalen Netzwerken. Er nutzt das Wissen des digitalen Prozessund Systemmanagers sowie des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen, um die Potenziale und Risiken langfristiger Integrationsprojekte besser abschätzen zu können. Berücksichtigt man, dass der Dienstleistungsanteil am Beschaffungsvolumen kontinuierlich zunimmt, werden außerdem fundierte Kenntnisse im Bereich der DL-Beschaffung erforderlich. Dies beinhaltet unter anderem den Umgang mit 3 Vgl. dazu u. a.: Accenture (2014); Ackermann (2016); Albrecht (2016a, b); Eggers (2017); Geissbauer et al. (2016); Hossenfelder und Lünendink (2011); Kleemann und Glas (2017); Pellengahr et al. (2016); Rüdiger und von Schubert (2017); Schlünsen und Schentler (2016); Schreiber et al. (2016); Severing (2016); Tschandl et al. (2016); VDMA (2016); von der Gracht et al. (2016). Ausgangslage bilden: Arnolds et al. (2016); Dick (2006); Hofmann (2016); Köhler (1993); Koppelmann (2003); Large (2013); van Weele und Essig (2017).
Fachkompetenzen • Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten (Nutzung von Big Data Analytics, um ausgewertete KPIs, Portfolioanalysen etc. richtig zu interpretieren) • Marktkenntnisse (lokal, national, international, digital) • Solides Wissen über Verhandlungs- und Kooperationspartner • Strategieverständnis und Warengruppenwissen • Verhandlungsgeschick und Beherrschen von verschiedenen Verhandlungsstilen (kompetitiv, ausweichend, verständigungsorientiert, Spieltheorie, NLP etc.) • Berufserfahrung im Lieferantenmanagement (insb. Wissen und Umgang mit diversen (digitalen) Lieferantenförderungsmaßnahmen) • Erfahrungen in der Planung und Steuerung von virtuellen und globalen Netzwerken • Fachübergreifende Kenntnisse • (Einkaufs-)Recht (Incoterms, Verträge, Schutzrechte, Nutzungsrechte, Dateneigentum etc.) • Finanz- und Controllingwissen (KPIs, SLAs, Bilanz, Cash-Flow, TCO etc.) • Marketingwissen (Kundenorientierung etc.) • Logistik- und SCM-Wissen (Aufbau der Materialflüsse, Prozessdenken etc.) • IT (Vertrautheit mit IT-Systemen und dem Schnittstellenmanagement (EDI-/ SAP-/ERP-Kenntnisse (EDIFACT, EANCOM etc.)
(Fortsetzung)
Methodenkompetenzen • Datenanalyse- und Dateninterpretationstechniken • Kontroll-/Ist-Größenbeurteilung (auf der Beziehungsebene) • Wird-Größen: Nutzung von Big-Data-Auswertungen für prädiktive Prognosen • Führungsgrößen/Benchmarking: Nutzung von Big-Data-Auswertungen für die Suche nach alternativen Lösungen • Strategieentwicklungs- und Strategieumsetzungstechniken, Techniken zur Beurteilung von Sachverhalten und Planungstechniken (u. a. Zeitplanung, Finanzierung, Budgetierung) • Methoden des Warengruppenmanagements (Strategieentwicklung, ‚Spend Analysis‘, Stakeholder-Management etc.) • Sourcing-Methoden (Techniken für systematisches Management des Sourcing-Prozesses (u. a. Ausschreibungs- und Auktionstechniken) unter Nutzung von E-Lösungen • DL-Beschaffungstechniken (SLAs, Schutz- und Nutzungsrechte etc.) • Lieferantenmanagementmethoden (Techniken für den Aufbau, die Steuerung, Entwicklung und Förderung von Beziehungen) • Verhandlungstechniken (Planen, Vorbereiten, Durchführen, Nachbereiten)
Tab. 5.8 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs. (Quelle: eigene AKEK-Analyse, ergänzt durch Darr 2017; Dieckmann 2017; Fröhlich 2017; Fröhlich und Karlshaus 2014, 2017; Grimm 2017; Helmold und Terry 2016; Jamal 2017; Karlshaus und Segger 2017; Mello 2017; Pohle 2017; Thöne 2017)
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile 145
Fachkompetenzen • Qualitätswesen (ISO-Zertifikate, Ökolabel etc.) • Produktion (Produktkenntnisse, technologisches und technisches Wissen, Produktions- und Herstellungsverfahren, Funktionalitäten, Innovationen, GM, Best Practice, neue Technologien, Qualitätsanforderungen etc.) • FundE (Beratung bei der Produktentwicklung, ‚Open-Innovation‘ etc.) • Digitale Kompetenzen • Im Umgang mit 4.0-Applikationen auf Basis von Big Data Analytics (intelligente Marktforschungs-, Lieferantenidentifikations-, Lieferantenbewertungs-, Reportingtools etc.) • Im Umgang mit intelligenten Tools (E-Katalog, E-Ordering, E-Procurement, E-Sourcing, E-Auktionen, E-Ausschreibungen, ,Cybernegotiation Systems‘, ,Smart Contracts‘ etc.) • Im Umgang mit neuen Systemen, Technologien und Konzepten (Cloud Services, IoTS, Blockchain, VR, AR, selbstfahrende Fahrzeuge, CPPS etc.) • Im Umgang mit neuen Kommunikationsmedien (Social Media, ,Collaboration Rooms‘ etc.) • Im Umgang mit cloudbasierten Dokumentationstools (bspw. Office- Applikationen) • Sonstige Kompetenzen • ‚Global Mindset‘ • Nachhaltige Beschaffung • Datenbasiertes Lernen
Tab. 5.8 (Fortsetzung) Methodenkompetenzen • (Digitale) Vertragsmanagementmethoden (,Smart Contract‘, ,Cybernegotiation Systems‘ etc.) • Coaching- und Beratungstechniken • Problem- und Konfliktlösungstechniken • Projektmanagementmethoden (Planung und Implementierung von Lieferantenbeziehungen, u. a. Entwicklungsprojekte, Lieferantenförderungsprojekte etc.) • Innovationstechniken (,Open Innovation‘, ,Crowd Sourcing‘ etc.) • Kreativtechniken (,Design Thinking‘, ,Rapid Prototyping‘, ,Minimal Viable Products‘ etc.) • Lernmethoden und Wissenserarbeitung (bspw. neue Technologien, neue Produkte, neue Lösungen etc.) • Change-Management-Techniken
146 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
147
SLAs, Nutzungsrechten und Dateneigentum sowie eine offene Kommunikationskultur. Kommunikation stellt das bedeutendste Mittel dar, um langfristige Kooperationen zu realisieren. Damit die Beschaffung ihre Beratungs- und Coachingfunktion wahrnehmen sowie effektiv kommunizieren und ‚Kundenwert‘ generieren kann, muss sie Erfahrung mit sozialen Medien und digitalen ‚Collaboration Rooms‘ aufweisen. Der regelmäßige Austausch mit Bedarfsträgern und Lieferanten wird in Anbetracht langfristiger Partnerschaften unbedingt notwendig. Eine der größten Herausforderungen diesbezüglich besteht darin, als Projektleiter crossfunktionaler Teams bei den Bedarfsträgern Akzeptanz für die Beschaffungsfunktion herzustellen. Neben ausgeprägten sozial-kommunikativen Kompetenzen soll der digitale Berater und Netzwerkcoach vor allem technische, beschaffungsspezifische und fachübergreifende Fähigkeiten sowie ein ausgeprägtes Verhandlungsgeschick mitbringen, um mit Ingenieuren, Verkäufern, Technikern, aber auch Lieferanten auf Augenhöhe kommunizieren und diese somit adäquat beraten zu können (Fröhlich 2017, S. 124). Das Führen von crossfunktionalen und unternehmensübergreifenden Teams fordert zudem methodische Kenntnisse im Bereich des Projektmanagements und der Strategieentwicklung. Auch Problem- und Konfliktlösungstechniken müssen beherrscht werden. Die Globalisierung führt ferner dazu, dass sich unternehmensübergreifende Teams durch eine sehr hohe Diversität auszeichnen, was nach einem ‚Global Mindset‘4 verlangt, um Partnerschaften erfolgreich aufzubauen und langfristig zu erhalten. Um Innovation in das eigene Unternehmen hineinzutragen und die Potenziale der globalen Märkte zu nutzen, wird der digitale Berater und Netzwerkcoach zum „Intelligence Agent“ (KPMG 2013, S. 13). Als Projektleiter von kooperativen Innovationsprojekten muss er mit diversen Lern- und Wissenserarbeitungsmethoden sowie Kreativ- (z. B. ,Design Thinking‘) und Innovationstechniken (wie ‚Open-Innovation‘ und ‚Crowd Sourcing‘) vertraut sein. KODE-Schlüsselkompetenzen Als Schlüsselfigur bei der Planung und Konzipierung von Netzwerken versucht der digitale Berater und Netzwerkcoach, eine agile Supply Chain aufzubauen und somit langfristige Wettbewerbsvorteile im dynamischen Marktumfeld der Zukunft zu erschließen (vgl. Tab. 5.9). Für eine agile Supply Chain ist eine agile Belegschaft erforderlich (Dieckmann 2017, S. 52). Dieckmann konnte in ihrer Studie die folgenden fünf koinzidierenden Fähigkeiten aus Theorie und Praxis ableiten, die eine agile Person auszeichnen: Proaktivität, Kompetenz, Anpassungsfähigkeit, Flexibilität/Dynamik und Teamfähigkeit (2017, S. 66–67). Werden diese Ergebnisse mit den abgeleiteten KODE®-Schlüsselkompetenzen verglichen, lassen sich viele Ähnlichkeiten feststellen. In Zukunft reicht es nicht mehr aus, erst aktiv zu werden, wenn ein neuer Bedarf entsteht. Es muss kontinuierlich und proaktiv nach neuen Lieferanten, Dienstleistungspartnern, Produktlösungen und Technologien Vergleiche dazu das Konzept des ‚Global Mindsets‘ von Mello (2017).
4
Personalkompetenzen • Einsatzbereitschaft • Ganzheitliches Denken • Glaubwürdigkeit • Lernbereitschaft • Loyalität • normativ-ethische Einstellung • Offenheit für Veränderung • Schöpferische Fähigkeiten
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Anpassungsfähigkeit • Beratungsfähigkeit • Beziehungsmanagement • Dialogfähigkeit/Kundenorientierung • Experimentierfreude • Integrationsfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit • Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit • Kooperationsfähigkeit • Pflichtgefühl • Sprachgewandtheit • Teamfähigkeit • Verständnisbereitschaft
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Entscheidungsfähigkeit • Gestaltungswillen • Impuls geben • Initiative • Innovationsfreudigkeit • Zielorientiertes Führen
Fach- und Methodenkompetenzen • Analytische Fähigkeiten • Beurteilungsvermögen • Folgebewusstsein • Fachliche Anerkennung • Fachübergreifende Kenntnisse • Fachwissen • Konzeptionsstärke • Marktwissen • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten • Projektmanagement • Sachlichkeit • Systematisch-methodisches Vorgehen • Wissensorientierung
Tab. 5.9 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs. (Quelle: eigene AKEK-Analyse)
148 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
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gesucht werden. Der digitale Berater und Netzwerkcoach muss sich daher durch ein hohes Maß an Initiative, Planungsverhalten und Gestaltungswillen auszeichnen. Er muss die Fähigkeit besitzen, ganzheitlich zu denken, und sich gerne neues Wissen, beispielsweise über innovative Technologien und Konzepte, aneignen. Dazu gehört es auch, Probleme mithilfe von intelligenten Tools systematisch zu analysieren und zu lösen. Beurteilungsvermögen und Folgebewusstsein sind essenziell, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen und die richtige Entscheidung zu treffen. Um mit der steigenden Dynamik und Veränderlichkeit der Märkte umgehen zu können, ist ein hohes Maß an Anpassungsfähigkeit, Innovationsfreudigkeit sowie Offenheit für Veränderung nötig. Zudem müssen Pflichtbewusstsein, Loyalität und eine normativ-ethische Einstellung vorhanden sein, um die Zukunft des Unternehmens nicht nur verantwortungsbewusst sowie aktiv mitzugestalten, sondern auch dem Anspruch nach ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Die zunehmende interne sowie externe Vernetzung verlangt ferner nach fortgeschrittenen sozial-kommunikativen Kompetenzen. Der Aufbau und die Förderung von langfristigen Partnerschaften machen Kommunikations-, Kooperations-, Integrations- sowie Teamfähigkeiten essenziell. Nur wenn der digitale Berater und Netzwerkcoach fähig ist, auf andere einzugehen und diese zu verstehen, kann er seine Aufgabe als ‚Troubleshooter‘ zwischen dem internen Bedarf und den externen Marktgegebenheiten adäquat erfüllen (Kundenorientierung). In seiner Beraterfunktion ist zudem nicht nur spezifisches Markt- und Fachwissen entscheidend, sondern es müssen auch fachübergreifende Kenntnisse sowie fachliche Anerkennung vorhanden sein. Diese helfen dem digitalen Berater und Netzwerkcoach dabei, in Verhandlungen und Teamsitzungen als gleichwertiger Partner betrachtet und mit Respekt behandelt zu werden. Für die Steuerung von partnerschaftlichen Innovationsprojekten und gestalterischen Förderungsmaßnahmen werden zudem ausgeprägte Kompetenzen im Projektmanagement und im zielorientierten Führen sowie Konzeptionsstärke und Organisationsfähigkeit erforderlich sein. Außerdem muss der digitale Berater und Netzwerkcoach fähig sein, Impulse zu geben und ein schöpferisches Umfeld zu schaffen, um so seine Mitarbeitenden zu motivieren.
5.1.2 Der digitale Prozess- und Systemmanager Während der digitale Berater und Netzwerkcoach Rahmenbedingungen für die Lieferantenbeziehung schafft, ist es Aufgabe des digitalen Prozess- und Systemmanagers, die vereinbarten Verträge umzusetzen. Er kümmert sich um die Implementierung und die Optimierung von unternehmensübergreifenden Material-, Informations-, Kommunikations- und Finanzflüssen (Helmold und Terry 2016, S. 39). Zudem steuert er die technische und inhaltliche Integration der Systeme und
150
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
arbeitet dabei eng mit der IT sowie dem Qualitätswesen zusammen. Er schafft somit die Voraussetzungen für die autonome und reibungslose Abwicklung der operativen Prozesse (Severing 2016, S. 7). Er muss Strukturen schaffen, die es ermöglichen, Ist-Zahlen kontinuierlich und automatisch mit Soll-Werten zu vergleichen (Albrecht 2016a, S. 4). Mithilfe von Prozessmodellierungen und -analysen schafft er zudem die Grundlage für das Prozess(re)design, um Optimierungspotenziale in Zusammenarbeit mit den Lieferanten (Prozess- und Systemebene) und/oder den anderen zwei Berufsbildern in der Beschaffung (Beziehungs- und Risikoebene) zu realisieren (Liebetruth 2016, S. 27–151). Mit geeigneten Methoden sorgt er dadurch für eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse und Systeme. Mit seinem Prozess- und Systemwissen unterstützt und berät er den digitalen Berater und Netzwerkcoach bei der Auswahl von Neulieferanten sowie bei gestalterischen Förderungsmaßnahmen (Helmold und Terry 2016, S. 40–41). Der digitale Prozessund Systemmanager ist zudem für die kontinuierliche Überwachung der operativen Beschaffungsprozesse zuständig und stellt sicher, dass sich der autonome Beschaffungsprozess an die inhaltlich und zeitlich vordefinierten Abläufe hält (Darr 2017, S. 39–40). Sein Ziel ist die Schaffung von Transparenz innerhalb der (unternehmensübergreifenden) Prozesse. Prozesstransparenz ermöglicht es einerseits, Kosten- und Effizienzpotenziale in allen Prozessschritten zu realisieren, andererseits kann damit die Durchlaufzeit optimiert werden. Bei Störungspotenzialen kann zudem präventiv eingegriffen werden, was den Wirkungsgrad des Risikomanagements wesentlich erhöht. Denn nur wenn Daten in hoher Qualität verfügbar sind, können diese auch gewinnbringend genutzt werden (Helmold und Terry 2016, S. 43, 136). 5.1.2.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse Die Hauptaufgaben des digitalen Prozess- und Systemmanager sind: Modellierung der unternehmensübergreifenden Prozesse und Anbindung der IT-Systeme, die Prozessanalyse und die kontinuierliche Überwachung der operativen Zusammenarbeit, das Prozess(re)design und die Realisierung von Verbesserungspotenzialen sowie das Prozess-, System- und Qualitätscoaching von Lieferanten.5 In den folgenden Tab. 5.10, 5.11, 5.12, 5.13 werden diese Aufgaben analysiert.
5 Vgl. dazu u. a.: Albrecht (2016a, b); Darr (2017); Eggers (2017); Geissbauer et al. (2016); Helmold und Terry (2016); ICV (2015); Kleemann und Glas (2017); Liebetruth (2016); Pellengahr et al. (2016); Rüdiger und von Schubert (2017); Scharlach et al. (2014); Schlünsen und Schentler (2016); Schreiber et al. (2016); Severing (2016); Tschandl et al. (2016); Theuermann (2016); VDMA (2016); Welge (2016). Ausgangslage bilden: Arnolds et al. (2016); Dick (2006); Hofmann (2016); Köhler (1993); Koppelmann (2003); Large (2013); van Weele und Essig (2017).
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
151
Tab. 5.10 Digitale Prozessmodellierung und Anbindung der IT-Systeme (Aufgaben, Anfor derungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Digitale Prozessmodellierung
Anforderungen Auswahl der geeigneten Modellierungssystematik (SIPOC, Flussdiagramm, BPMN 2.0, Wertstromanalysen); Durchführen von Workshops; digitale Abbildung der physischen, administrativen und informationstechnischen Ist- und Soll-Prozesse; Definition des Betrachtungsraums, Erfassung der Prozessanforderungen (Produkt, Ort, Zeitpunkt, Menge, Qualität), Festlegung der Prozessschritte und Schnittstellen gemeinsam mit SC-Partner; Definition der KPIs
Anbindung der (IT-) Systeme
Bildung unternehmensübergreifender Teams zur Implementierung; Ist-Analyse der Prozesse und Systeme; Definition und Standardisierung der Schnittstellen; Synchronisierung der ERP-, PLM-, CRM-Systeme etc.; Umsetzung der DataGovernance-Richtlinien; Überprüfung der Datensicherheit; Nutzung standardisierter und digitaler Lösungen (u. a. Supply On, EDITFACT-, EANCOMSysteme); Vernetzung der Supply-Chain-Partner über digitale, cloudbasierte Dashboards
Kompetenzen Prozessmodellierungsmethoden, fachübergreifende Kenntnisse (SCM, IT, Logistik etc.), Nutzung von (cloudbasierten) Modellierungstools (bspw. MS Visio, ,SYCAT‘, BPMN 2.0), Controlling-Wissen (KPIs etc.); analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Fachwissen, ganzheitliches Denken, Organisationsfähigkeit, Gewissenhaftigkeit, Kooperationsund Kommunikationsfähigkeit, ICT-Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Verständnis für und Umgang mit IT-Systemen und Prozessen, Benchmarking, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ergebnisorientiertes Handeln, Projektmanagement, fachliche Anerkennung, Planungsverhalten, Zuverlässigkeit, Pflichtgefühl Verständnis für und Umgang mit diversen IT-Systemen und digitalen Lösungen (ERP, PLM, CRM, Supply On, EDITFACT, EANCOM etc.), grundlegende Programmierkenntnisse, Schnittstellenmanagement, ITProjektmanagementmethoden (bspw. SCRUM), Wissen über IT-Sicherheit und Data Governance, ICTKompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), Prozessanalysemethoden, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools etc.), Kooperations-, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Integrationsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, Projektmanagement, zielorientiertes Führen, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Fachwissen, ergebnisorientiertes Handeln, fachliche Anerkennung, Planungsverhalten, Zuverlässigkeit, Gewissenhaftigkeit, ganzheitliches Denken (Fortsetzung)
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
152 Tab. 5.10 (Fortsetzung) Teilaufgaben Schaffung der Voraussetzung für autonome Abwicklung (Umsetzung der Verträge)
Anforderungen Konfiguration und Steuerung der Self-Service-Plattformen (bspw. 4.0-App) und der Systeme für die autonome Abwicklung (Definition von Rahmenparametern und Wertgrenzen gemeinsam mit Lieferanten und Bedarfsträgern); Zusammenarbeit mit IT
Kompetenzen Verständnis für und Umgang mit diversen IT-Systemen und digitalen Lösungen (ERP, PLM, CRM, Supply On, EDITFACT, EANCOM etc.), operatives Prozesswissen, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools, Apps etc.), grundlegende Programmierkenntnissen, Fachwissen, Schnittstellenmanagement, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Konzeptionsstärke, Projektmanagement, Kooperations-, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Organisationsfähigkeit, Ausführungsbereitschaft, Pflichtgefühl
Tab. 5.11 Digitale Prozessanalyse und stetige Überprüfung der Service- und Produktqualität (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Digitale Prozessanalyse (Durchführung von System- und Prozessaudits)
Anforderungen Kontrolle der System- und Prozessanforderungen; Planung der Prozessanalyse; Zusammenstellung des Teams; Auswahl der Prozesse und Umfang der Analyse; Wahl der geeigneten Analysemethoden; Konzeptspezifikation und Operationalisierung (Bestimmen der Zielgröße und Messung); Nutzung von Big Data Analytics für Informationsbeschaffung und -auswertung; Durchführung Gemba und Interviews; Identifikation von Verbesserungspotenzialen; digitale Dokumentation (cloudbasiert) und Teilen der Informationen (bspw. über Apps)
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Controlling- und Auditwissen (KPIs etc.), Planungsverhalten, Qualitätsmanagement, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools, Apps etc.), Prozessanalysemethoden, ICT-Kompetenzen, Projektmanagement, Ziel- und Kundenorientierung, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Analysetechniken, Beurteilungsvermögen, Fachwissen, Kommunikations- & Kooperationsfähigkeit, ergebnisorientiertes Handeln, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit (Fortsetzung)
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
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Tab. 5.11 (Fortsetzung) Teilaufgaben Preis-WertAnalysen (TCOOptimierungen) und ‚Value Engineering‘
Anforderungen Festlegung der Ziele des Projekts; Nutzung von Big Data Analytics für die Untersuchung; Festlegung von Soll-Zuständen, crossfunktionale und unternehmensübergreifende Entwicklung von Lösungen; Bewertung der Lösungen und Realisierung der Verbesserung; Kostentransparenz als Schlüssel zum Erfolg; Teilen der Ergebnisse über digitale Plattformen
Kontinuierliche Analyse der Service- und Produktqualität
Nutzung der kontinuierlichen und autonomen Datenerfassung und Datenauswertung (Big Data), um Mängel und Verbesserungspotenziale aufzudecken; Sicherstellung der digitalen Datenerfassung und -qualität; Überprüfung der SLAs und KPIs (Big Data Analytics, Befragungen, Benchmarking etc.); Messung der externen und internen Servicequalität (bspw. SERVQUAL- oder SERVPERF-Ansatz); Identifikation von Verbesserungspotenzialen; Teilen der Ergebnisse über digitale Plattformen
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), strategisches Kostenmanagement (TCOOptimierungen, Cost Break-Down, Preis-Wert-Analysen, ‚Value Engineering‘), Controlling- und Auditwissen (KPIs etc.), Projektmanagement, Kenntnisse über verschiedene Normen (DIN, VDI etc.), detailliertes Kostenverständnis, Kundenorientierung, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools etc.), ICT-Kompetenzen, analytische Fähigkeiten, Kommunikations- & Kooperationsfähigkeit, systematischmethodisches Vorgehen, Gewissenhaftigkeit, Beurteilungsvermögen, Fachwissen, Zuverlässigkeit Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Controlling- und Auditwissen (KPIs, SLAs etc.), Analysetechniken, Methodenkenntnisse Servicequalität (SERVQUAL- oder SER VPERF-Ansatz), Benchmarking, Ziel- und Kundenorientierung, Projektmanagement, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools etc.), ICT-Kompetenzen, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Beurteilungsvermögen, Fachwissen, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Präsentationsfähigkeiten
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
154
Tab. 5.12 Digitales Prozess(re)design und Realisierung von Prozessverbesserungen (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Digitales Prozessdesign und Prozessverbesserung
Anforderungen Festlegung des Ziels der Prozessverbesserung (Zeitreduktion, Qualitätserhöhung, Kostenreduktion, Flexibilitätserhöhung etc.); Beherrschen der Prozessverbesserungsprinzipien (parallelisieren, bündeln, eliminieren, Transparenz schaffen, automatisieren, standardisieren, digitalisieren etc.); Nutzung diverser Konzepte zur Prozessverbesserung (Lean, VMI, E-Kanban, RACI, TCO, KVP, Business Process Reengineering, SCRUM, Postponement etc.); Umsetzung von Optimierungspotenzialen in Einkaufssystemen und den beschaffungspolitischen Rahmenparametern basierend auf Big Data; Gewährleistung der IT-Sicherheit und der Datentransparenz gemeinsam mit der IT
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Prozessverbesserungsfähigkeiten, Methodenkenntnisse (Lean, VMI, E-Kanban, RACI, TCO, KVP, Business Process Reengineering, SCRUM, Postponement etc.), Verständnis für und Umgang mit diversen IT-Systemen und digitalen Lösungen, Schnittstellenmanagement, Wissen über IT-Sicherheit und Data Governance, Schlanke Methoden, Lernmethoden, Kreativitätstechniken, Change Management, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, Beurteilungsvermögen, Entscheidungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Lernbereitschaft, Organisationsfähigkeit, Fachwissen, fachübergreifende Kenntnisse (bspw. Qualitätswesen, Logistik, Produktion (Pull, kontinuierlicher Fluss etc.)), ganzheitliches Denken, Problemlösungsfähigkeit, Projektmanagement, normativethische Einstellung, ergebnisorientiertes Handeln, Planungsverhalten, Folgebewusstsein, Pflichtgefühl, datenbasiertes Lernen
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
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Tab. 5.13 Beratung in Bezug auf Prozesse, Systeme und Qualität (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Durchführung von Prozess-, System- und Qualitätscoachings (Lieferantenakademie)
Anforderungen Teilen von Informationen über ein cloudbasiertes Lieferanten-Cockpit (enthält alle wichtigen KPIs) basierend auf Big Data; Interpretation der Daten und Management von Verbesserungen; Steuern des kontinuierlichen Datenaustauschs und Förderung der regelmäßigen Kommunikation; Initiierung von CoachingMaßnahmen im Bereich Prozess- und Systemmanagement (Lean Management, logistische Prozesse, IT-Systeme etc.)
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), ICTKompetenzen, digitale Kompetenzen (Cloud, E-Tools etc.), Prozessverbesserungsfähigkeiten, Methodenkenntnisse (Lean, VMI, E-Kanban, RACI, TCO, KVP, Business Process Reengineering, SCRUM, Postponement etc.), Verständnis für und Umgang mit diversen IT-Systemen und digitalen Lösungen, Lernmethoden, Schnittstellenmanagement, Wissen über IT-Sicherheit und Data Governance, fachübergreifende Kenntnisse (bspw. Qualitätswesen, Logistik, Produktion (Pull, kontinuierlicher Fluss etc.)), Coaching- und Beratungstechniken, Kreativitätstechniken, Change Management, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, analytische Fähigkeiten, systematischmethodisches Vorgehen, Beurteilungsvermögen, Kooperations-, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, Fachwissen, Verständnisbereitschaft, Organisationsfähigkeit, ‚Global Mindset‘, Beratungsfähigkeit, Ausführungsbereitschaft, Dialogfähigkeit, Initiative, Impuls geben, fachliche Anerkennung, Pflichtgefühl, ergebnisorientiertes Handeln, Projektmanagement, Folgebewusstsein, ganzheitliches Denken, Planungsverhalten (Fortsetzung)
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
156 Tab. 5.13 (Fortsetzung) Teilaufgaben Beratung des digitalen Beraters und Netzwerkcoach/digitalen Risikomanagers und Datenstrategen
Anforderungen Unterstützung des digitalen Beraters und Netzwerkcoachs/digitalen Risikomanagers und Datenstrategen als Prozess- und Systemexperte; Nutzen von sozialen Plattformen (Echtzeit-Kommunikation) und regelmäßigen Besprechungen, um Austausch zu verbessern; Teilen von Wissen; Unterstützung bei der Einleitung von Maßnahmen
Kompetenzen ICT-Kompetenzen, Coaching- und Beratungstechniken, Kreativitätstechniken, Beratungsfähigkeit, Kooperations-, Team- und Kommunikationsfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Beziehungsmanagement, Präsentationsfähigkeiten, Fachwissen, fachübergreifende Kenntnisse, fachliche Anerkennung, Dialogfähigkeit, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Konzeptionsstärke, Lernbereitschaft
5.1.2.2 Kompetenzprofil Fach-und Methodenkomptenzen aus der DACUMs-Analyse Der digitale Prozess- und Systemmanager trägt die Verantwortung für die Umsetzung der vertraglichen Vereinbarungen (vgl. Tab. 5.14). Dazu benötigt er einerseits beschaffungsspezifisches Prozesswissen, um die operativen Abläufe abbilden zu können, andererseits ein fundiertes Verständnis für die verschiedenen IT-Systeme und deren Schnittstellen. Um systemseitige Integrationsprojekte zu steuern, reicht Anwenderwissen nicht aus (Kleemann und Glas 2017, S. 21). Der digitale Prozessund Systemmanager muss mit diversen Abteilungen sowie Lieferanten zusammenarbeiten, um interne und externe Prozesse integrieren und Schnittstellen reduzieren zu können (Kirsch 2014, S. 34–35). Ein grundsätzliches Verständnis für die Bereiche Supply Chain Management, Logistik, IT, Qualitätswesen, Finanzen sowie Produktion ist nötig, um bereichsübergreifend agieren und die Prozesse ganzheitlich verstehen zu können. Als Projektleiter von Integrationsprojekten ist er auf eine funktionierende Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen angewiesen, weshalb er sowohl Projektmanagementmethoden beherrschen als auch über Problem- und Konfliktlösungs- sowie Beratungskompetenzen verfügen sollte. Zusätzlich ist die Anforderung an digitale Kompetenzen hervorzuheben. Da er neben der prozessualen auch für die systemseitige Integration zuständig ist, muss er über Erfahrung mit den verschiedenen IT-Systemen verfügen. Seine digitalen Kompetenzen helfen ihm dabei, eng mit der IT-Abteilung zusammenzuarbeiten und einen gewinnbringenden Beitrag zu leisten. Auch er kommuniziert digital und sollte mit neuen Kommunikationsmedien, wie beispielsweise Lieferanten-Cockpits, vertraut sein. In Bezug auf das Prozessmanagement muss er vor allem über methodische Kompetenzen im Bereich des Prozessmanagements verfügen. Die Realisierung von unternehmens- und fachübergreifenden Verbesserungspotenzialen ist nur mit den entsprechenden Modellierungs-,Analyse- und Design-Techniken, wie beispielsweise Wertstromanalysen,
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
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Tab. 5.14 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Prozessund Systemmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse, ergänzt durch Darr 2017; Dieckmann 2017; Fröhlich 2017; Fröhlich und Karlshaus 2014, 2017; Grimm 2017; Helmold und Terry 2016; Jamal 2017; Karlshaus und Segger 2017; Liebetruth 2016; Mello 2017; Pohle 2017; Thöne 2017) Fachkompetenzen • Datenhandhabung und Dateninterpretation (Nutzung von Big Data Analytics, um Prozesse und Systeme zu analysieren und zu optimieren) • Beschaffungsspezifisches Prozess- und Systemwissen sowie Schnittstellenmanagement • Denken in Prozessen • Fachübergreifende Kenntnisse • Logistik, Produktion und SCM (Optimierung der Materialflüsse, schlanke Methoden, Abstimmung der Prozesse) • Qualitätswesen (Produkt- und Servicequalität) • IT (grundlegende Programmierungskenntnisse, Verständnis für IT-Systeme (vgl. digitale Kompetenzen), Data Governance etc.) • Finanzen (Audit und Controlling von KPIs, SLAs etc.) • Marketing (Kundenorientierung) • Recht (Einhaltung von Compliance- Standards und Normen (beispielsweise DIN), Datensicherheit etc.) • Digitale Kompetenzen • im Umgang mit 4.0-Applikationen auf Basis von Big-Data-Analytics (intelligente Prozess- und Systemanalysetools, Aufbau von Self-Service-Plattformen, CAD-/CAM-Programme) • im Umgang mit intelligenten Tools (E-Katalog, E-Ordering, E-Procurement, E-Sourcing, E-Auktionen, E-Ausschreibungen, ,Cybernegotiation Systems‘, ,Smart Contracts‘ etc.) • im Umgang mit digitalen Prozessen und cloudbasierten Modellierungstools (MS Visio, SYCAT, BPMN 2.0) • im Umgang mit IT-Systemen, Schnittstellen und digitalen Lösungen (ERP, PLM, CRM, SRM, SAP, Supply On, EDITFACT, EANCOM etc.) • im Umgang mit neuen Systemen, Technologien und Konzepten (Cloud Services, IoTS, Blockchain, VR, AR, selbstfahrende Fahrzeuge, CPPS etc.)
Methodenkompetenzen • Datenanalyse- und Dateninterpretationstechniken • Kontroll-/Ist-Größenbeurteilung: kontinuierliche Überprüfung und Überwachung der operativen Prozesse • Führungsgrößen/Benchmarking: Nutzung von Big-Data-Auswertungen für die Suche nach alternativen und innovativeren Lösungen • (digitale) Prozessmodellierungstechniken (SIPOC, Flussdiagramm, BPMN 2.0, Wertstromanalysen etc.) • (digitale) Prozessanalysetechniken (Qualitätsprüfverfahren, Gemba, Workshops, Funktionsund Leistungsanalyse, ABC-XYZ, SERVQUAL- oder SERVPERF-Ansatz etc.) • (digitale) Prozessdesign- sowie Verbesserungstechniken (Lean, VMI, E-Kanban, RACI, TCO, KVP, Business Process Reengineering, SCRUM, Postponement etc.) • Methodenwissen über den Aufbau und die Steuerung von Self-Service-Plattformen/-Applikationen • Schlanke Methoden (KVP, Six Sigma, JIT, Fluss-, Takt-, Null-Fehler- und Pull-Prinzip, Kanban etc.) • Strategisches Kostenmanagement (TCO-Ansatz, Cost Breakdown, Preis-Wertanalysen, ‚Value Engineering‘ etc.) • Coaching- und Beratungstechniken • Problem- und Konfliktlösungstechniken • (IT-)Projektmanagementmethoden (Planung, Steuerung und Implementierung von Prozessund Systemoptimierungsprojekten) • Kreativtechniken (Entwicklung und Simulation alternativer Szenarien, ,Design Thinking‘ etc.) • Lernmethoden und Wissenserarbeitung (bspw. neuer Systeme und Methoden) • Change-Management-Techniken
(Fortsetzung)
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5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Tab. 5.14 (Fortsetzung) Fachkompetenzen • im Umgang mit neuen Kommunikationsmedien (Social Media, ‚Collaboration Rooms‘, Plattformlösungen etc.) • im Umgang mit cloudbasierten Dokumentationstools (bspw. Office- Applikationen) • sonstige Kompetenzen • ‚Global Mindset‘ • datenbasiertes Lernen
Methodenkompetenzen
BPMN 2.0 oder CAD-/CAM-Programmen, möglich. Lean-Management-Methoden bilden den Kern seiner Arbeit, um Prozesse schlanker und somit effizienter machen zu können. Die kennzahlenbasierte Steuerung dieser Prozesse setzt ferner Fä higkeiten im Bereich des strategischen Kostenmanagements voraus, um TCO- Optimierungen einzuleiten oder direkt umzusetzen (Thöne 2017, S. 281). Auch für den digitalen Prozess- und Systemmanager spielen Daten und somit die Fähigkeit, diese richtig zu interpretieren, eine entscheidende Rolle. Er nutzt Big Data Analytics, um Daten auszuwerten und dadurch Verbesserungspotenziale in Prozessen und Systemen lokalisieren und umsetzen zu können. Im Sinne des kontinuierlichen Verbesserungsprozesses gewinnen Kreativtechniken, Lernmethoden sowie das Change Management zunehmend an Bedeutung. Die Fähigkeit, sich neues Wissen anzueignen, neue Lösungen zu entwickeln und diese auch adäquat implementieren zu können, bildet im Lichte der Digitalisierung und im Zuge des damit einhergehenden technologischen Fortschritts eine wesentliche Voraussetzung, um Unternehmen erfolgreich weiterzuentwickeln (Grimm 2017, S. 145). KODE-Schlüsselkompetenzen Die systemseitige Integration und die Umsetzung der vertraglichen Vereinbarungen verlangen nach einer engen Kooperation mit den verschiedenen Fachbereichen sowie mit den Lieferanten. Prozess- und Systemimplementierungen müssen ganzheitlich durchdacht und unter Berücksichtigung der Interessen der Anspruchsgruppen durchgeführt werden. Neben Fach- und Methodenkompetenzen gewinnen auch sozial-kommunikative Eigenschaften zunehmend an Bedeutung (Grimm 2017, S. 145–146). Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeiten sind ausschlaggebend für eine effiziente Zusammenarbeit mit den Lieferanten und den Fachbereichen, insbesondere mit der IT (vgl. Tab. 5.15). Die Teamarbeit hängt wesentlich von der Fähigkeit des digitalen Prozess- und Systemmanagers ab, andere in den Entscheidungsprozess zu integrieren. Als Projektmanager in Integrations- und Optimierungsprojekten zeichnet er sich neben Fähigkeiten im Bereich Projektmanagement vor allem durch seine Beratungskompetenzen aus. Er versucht, optimale Lösungen für alle zu erarbeiten, und berät dabei nicht nur Lieferanten, sondern auch die internen Fachbereiche sowie den Netzwerkcoach und den Risikomanager in Prozess- und Systemfragen. Um unternehmensübergreifende Prozessverbesse-
Personalkompetenzen • Ganzheitliches Denken • Lernbereitschaft • Normativ-ethische Einstellung • Zuverlässigkeit
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Beratungsfähigkeit • Beziehungsmanagement • Dialogfähigkeit/ • Kundenorientierung • Gewissenhaftigkeit • Integrationsfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit • Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit • Kooperationsfähigkeit • Pflichtgefühl • Teamfähigkeit • Verständnisbereitschaft
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Ausführungsbereitschaft • Entscheidungsfähigkeit • ergebnisorientiertes Handeln • Impuls geben • Initiative
Fach- und Methoden- kompetenzen • Analytische Fähigkeiten • Beurteilungsvermögen • Fachliche Anerkennung • Fachübergreifende Kenntnisse • Fachwissen • Folgebewusstsein • Konzeptionsstärke • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten • Projektmanagement • Systemtisch-methodisches Vorgehen
Tab. 5.15 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Prozess- und Systemmanagers. (Quelle: eigene AKEK-Analyse)
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rungsinitiativen realisieren zu können, benötigt er zudem Kompetenzen in deren Planung, Konzeptionierung und Organisation. Seine ausgeprägten analytischen Fähigkeiten sowie sein systematisch-methodisches Vorgehen helfen ihm dabei, Prozesse detailliert zu untersuchen. Dabei ist es ausschlaggebend, dass er Sachverhalte adäquat beurteilen, die Folgen durchdenken und darauf aufbauend pflichtbewusste Entscheidungen treffen kann. Sein Handeln ist größtenteils ergebnisorientiert. Da er die Voraussetzung für die operative Abwicklung und die Datengenerierung schafft, muss er sich durch eine hohe Gewissenhaftigkeit und Zuverlässigkeit auszeichnen.
5.1.3 Der digitale Risikomanager und Datenanalyst Das Risikomanagement wird innerhalb hochkomplexer Supply Chains und stark verschlankter Prozesse sowie in Anbetracht der zunehmenden Gefahr von Ressourcenknappheit und Naturkatastrophen einen immer größeren Stellenwert innerhalb des Lieferantenmanagements einnehmen (Helmold und Terry 2016, S. 147; Scharlach et al. 2014, S. 21). Wenn sämtliche internen sowie externen Daten von Lieferanten und Datenbanken in einem System zusammengefasst werden können, lässt sich der gesamte physische und digitale Produktlebenszyklus überwachen. Mithilfe intelligenter Systeme, (prädiktiven) Big-Data-Analysen und 4.0-Applikationen6 lassen sich viele Daten auswerten und in einer Art Supply Chain Control Tower visualisieren. Dadurch können potenzielle Risiken frühzeitig erkannt und die Supply Chain kann zukunftsweisend gesteuert werden (Penthin und Görtzen o. J.). Der digitale Risikomanager und Datenanalyst ist verantwortlich für die Identifikation, Strukturierung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung potenzieller Risiken mithilfe von digitalen Tools (Kersten et al. 2014, S. 116–118; Theuermann 2016, S. 34–35). Als Projektleiter kümmert er sich um die Entwicklung von langfristigen Strategien und Maßnahmen zur Risikobewältigung und Risikominimierung und arbeitet dabei eng mit dem digitalen Berater und Netzwerkcoach zusammen, um netzwerkbasierte Initiativen umzusetzen und diesen bei Risikofragen zu beraten. Zusätzlich ist er für die Echtzeit-Konfiguration und für die Koordination der Wertschöpfungskette mithilfe von vernetzten, cloudbasierten SCM-Systemen und digitalen Dashboards zuständig, um vollständige und rechtzeitige Lieferungen (OTIF) zu gewährleisten (Schreiber et al. 2016, S. 2). Es ist essenziell, dass er die Potenziale der Systeme erkennt und die Analyseergebnisse richtig interpretieren kann (Geissbauer et al. 2016, S. 7; Welge 2016, S. 61). Eine der bedeutendsten Anforderungen des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen betrifft das Managen von Echtzeit-Informationen sowie den Umgang mit prädiktiven Zukunfts- und Risikoanalysen (Geissbauer et al. 2016, S. 7; Welge 2016, S. 61). Dies bedeutet, dass er fähig sein muss, potenzielle Risiken entlang der Supply Chain (z. B. Lieferantenausfall- oder Preisanstiegsrisiken) zu erkennen, die Auswirkungen abzuschätzen U. a. Frühwarn- und In-Memory-Systeme.
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5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
161
und geeignete Sofortmaßnahmen einzuleiten. Dafür muss er die Unternehmensstrategie verstehen, regelmäßig mit den Bedarfsträgern und den Lieferanten kommunizieren sowie im Team Notfallpläne und Alternativszenarien entwickeln (Albrecht 2016b, S. 6). 5.1.3.1 Aufgaben- und Anforderungsanalyse Zum Aufgabengebiet des digitalen Risikomanager und Datenstratege gehören die Identifikation und Beurteilung potenzieller Risiken sowie die Entwicklung von Risikostrategien. Er kümmert sich außerdem um das Monitoring, die Echtzeit- Konfiguration und Koordination der Supply Chain, die Einleitung nachhaltiger Maßnahmen zur Risikominderung sowie um deren Kontrolle.7 Die genaue Analyse ist Tab. 5.16, 5.17 und 5.18 zu entnehmen. 5.1.3.2 Kompetenzprofil Fach-und Methodenkomptenzen aus der DACUMs-Analyse Der digitale Risikomanager und Datenstratege wird vornehmlich in virtuellen Räumen arbeiten. Er nutzt eine Vielzahl von intelligenten Applikationen und Systemen, um potenzielle Risiken zu identifizieren, zu klassifizieren und Maßnahmen abzuleiten. Sowohl bei der Identifikation potenzieller Risiken als auch bei der Echtzeit- Konfiguration und bei der Koordination der Supply Chain hängt sein Erfolg maßgeblich von seinen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten ab (vgl. Tab. 5.19). Vernetzte Systeme und Big-Data-Analyse-Tools werden ihm die benötigten Informationen in Echtzeit bereitstellen und ihm die Möglichkeiten bieten, exaktere Zukunftsprognosen, Trendanalysen und Risikoszenarien zu erstellen, unter der Bedingung, dass er mit diversen Analyseverfahren8 vertraut ist (ICV 2015, S. 36). Nur wenn er fähig ist, diese Daten angemessen zu beurteilen, kann er gute Entscheidungen treffen. Dafür muss er zudem Kenntnisse über verschiedenste digitale Risikoidentifikationstools aufweisen, wie beispielsweise Frühwarnsysteme, Risikofilter und virtuelle Audits, um Risiken präventiv zu lokalisieren, zu beurteilen und entsprechende Maßnahmenpläne zu entwickeln. Dies verlangt nach methodischen Kompetenzen im Bereich Risikoplanung, -identifikation, -analyse, -beurteilung sowie -handhabung. Wildcard-Analysen, ,Business Wargaming‘, Risikosimulationen und Portfolio-Analysen sind beispielsweise Instrumente, deren Umgang 7 Vgl. dazu u. a.: Albrecht (2016b); Darr (2017); Geissbauer et al. (2016); Helmold und Terry (2016); Kleemann und Glas (2017); Pellengahr et al. (2016); Penthin und Görtzen (o. J.;, Scharlach et al. (2014); Schlünsen und Schentler (2016); Schreiber et al. (2016); Theissen und Eggers (2017); Tschandl et al. (2016); von der Gracht et al. (2016); Welge (2016). Ausgangslage bilden: Arnolds et al. (2016); Dick (2006); Hofmann (2016); Köhler (1993); Koppelmann (2003); Large (2013); van Weele und Essig (2017) 8 U. a. prädiktive Analysen, Echtzeit-Analysen, mobile und cloudbasierte Business Intelligence, ‚Data Mining‘.
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
162
Tab. 5.16 Identifikation, Beurteilung und Analyse potenzieller Risiken sowie die Entwicklung von Reaktionsplänen (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Identifikation potenzieller Risiken
Anforderungen Nutzung von Big Data, um potenzielle Risiken zu ermitteln; Einsatz diverser Planungs- und Risikoinstrumente (Wildcard-Analysen, Business ,Business Wargaming‘, Risikosimulationen, Prognosetools etc.); Entwicklung eines übergreifenden Warnsystems unter Nutzung von Big Data, um frühzeitig potenzielle Risiken entlang der gesamten Supply Chain zu lokalisieren; Definition von ,Early Warning Indicators‘ und Risikofilter; Steuerung von prädiktiven Big-Data-Analysen, um exaktere Zukunftsprognosen zu erstellen und Trends frühzeitig zu erkennen (bspw. Preisschwankungen, Veränderung des Kundenverhaltens etc.); Berücksichtigung von diversen Risikopotenzialen (Versorgungssicherheit, Qualität, Kosten, Nachhaltigkeit, Compliance, IT-Sicherheit etc.); Analyse technischer, kommerzieller, vertraglicher und leistungsbezogener Risiken sowie externen Risiken (Sicherheit, Stabilität etc.); regelmäßiger Erfahrungsaustausch; Nutzung von Supply Chain Mapping (in Zusammenarbeit mit dem digitalen Prozess- und Systemmanager)
Strukturierung, Beurteilung und Analyse potenzieller Risiken
Trennung von Ursache und Wirkung (z. B. Schmetterling-Modell); Bewertung potenzieller Risiken (Schaden/Eintrittswahrscheinlichkeit) mithilfe von Big Data; Nutzung geeigneter Kennzahlen; Segmentierung und Priorisierung potenzieller Risiken (mittels Risikokategorien)
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Beurteilungsvermögen, Methodenkenntnisse über Risikoidentifikation und Zukunftsprognosen, Fachwissen, Marktkenntnisse, Konzeptionsstärke, internationale Erfahrungen, Strategieverständnis, Wissen über verschiedene Risikopotenziale, ganzheitliches Denken, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Planungsverhalten, Sachlichkeit, Benchmarking, Gewissenhaftigkeit, Folgebewusstsein, fachübergreifende Kenntnisse, Offenheit für Veränderungen, Lernbereitschaft, Wissensorientierung, Aufmerksamkeit, Kooperations-, Kommunikations- & Teamfähigkeit, normativ-ethische Einstellung, Techniken zur Wissenserarbeitung, Risiko- und Sicherheitsbewusstsein, Zuverlässigkeit, Pflichtgefühl, Entscheidungsfähigkeit, Initiative, datenbasiertes Lernen, Verständnis für verschiedene Analysemethoden Datenhandhabungs-, Dateninterpretations- und Datenmodellierungsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Analysetools), Beurteilungsvermögen, Methodenkenntnisse über Risikoanalyse und -beurteilung, Fach- &Marktwissen, Strategieverständnis, Konzeptionsstärke, ganzheitliches Denken, Entscheidungsfähigkeit, Risikoanalysefähigkeiten, Folgebewusstsein, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Gewissenhaftigkeit, Sachlichkeit, Zuverlässigkeit, Pflichtgefühl (Fortsetzung)
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
163
Tab. 5.16 (Fortsetzung) Teilaufgaben Entwicklung von Strategien und Reaktionspläne für ihre Steuerung
Anforderungen Entwicklung von Strategien, Reaktionsplänen und Handlungsoptionen, um Risiken zu steuern (zusammen mit Supply-Chain- Partnern, Bedarfsträgern und digitalen Netzwerkcoaches); Nutzung digitaler Planungstools; Simulieren von Supply Chains mithilfe von Big Data; Ermitteln von Alternativen; Diskutieren und Teilen der Ergebnisse (bspw. über Soziale Medien); stetige Überprüfung der Strategien und Anpassung an Marktumfeld; Einsatz von Risikominderungstools (beispielsweise Postponement) unter Absprache mit dem digitalen Prozess- und Systemmanager
Kompetenzen Strategieverständnis, Strategieentwicklungstechniken, Verständnis für und Umgang mit Big Data (Planungs- und Simulationstools), Risikominderungskompetenzen, Kreativtechniken, fachliche Anerkennung, Kommunikations-, Kooperations- & Teamfähigkeit, Integrationsfähigkeit, Fach- & Marktwissen, Planungsverhalten, Projektmanagement, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Beratungsfähigkeit, Verständnisbereitschaft, Folgebewusstsein, Initiative, Beurteilungsvermögen, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, fachübergreifende Kenntnisse, Konzeptionsstärke, Entscheidungsfähigkeit, ICT- Kompetenzen (Soziale Medien, ‚Collaboration Rooms‘ etc.), ganzheitliches Denken, Zuverlässigkeit, Führungskompetenzen, Lernbereitschaft, ergebnisorientiertes Handeln, Offenheit für Veränderungen, schöpferische Fähigkeiten, Experimentierfreude, Pflichtgefühl, Gestaltungswille, ‚Global Mindset‘
der digitale Risikomanager und Datenstratege beherrschen sollte. Da er außerdem für die Echtzeit-Konfiguration und für die Koordination der Supply Chain zuständig ist, muss er über Kompetenzen beim Management von Echtzeit-Informationen verfügen. Er muss fähig sein, die Systeme, Prozesse und Technologien zu verstehen (beispielsweise Track-and-Trace-Systeme), um so passende Sofortmaßnahmen einleiten zu können. Hierfür ist fachübergreifende Bildung essenziell (vor allem Logistik und SCM), damit er einerseits im Ernstfall schnell reagieren kann und a ndererseits Risikopotenziale beurteilen kann, die nicht nur die Beschaffung betreffen. Außerdem helfen ihm seine interdisziplinären Fähigkeiten dabei, als Projektleiter von crossfunktionalen Risikoteams respektiert zu werden. Um eine ganzheitliche Sichtweise zu erhalten, ist auch der digitale Risikomanager und Datenstratege bei der Entwicklung von Risikostrategien und Reaktionsplänen auf eine funktionierende Zusammenarbeit mit den Bedarfsträgern und Lieferanten angewiesen. Er nutzt da-
Anforderungen Steuerung und Beobachtung der kontinuierlichen Auswertung von Echtzeitdaten (Transport, Verkehrssituation, Lagerkapazität, produzierte Mengen), um potenzielle Versorgungsrisiken zu erkennen; Interpretation von Track-and-Trace-Systemen (Radar); frühzeitiges Erkennen von Störungen (Stürme, Erdbeben, Insolvenzen etc.) mithilfe von Big Data; Überwachung des ganzheitlichen Produktlebenszyklus; Durchführung von Risiko- , Qualitäts- und Nachhaltigkeitsaudits
Einleiten von Sofortmaßnahmen; ‚Troubleshooting‘; Echtzeit-Konfiguration und -Koordination von Supply Chains mithilfe von Big Data; Umsetzung von Reaktionsplänen; Nutzung cloudbasierter Informationstechnologien und Cloud Logistics (E-Logistik)
Teilaufgaben Monitoring/Risikoüberwachung
Echtzeit-Konfiguration und -Koordination bei Risikoeintritt
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data sowie Echtzeitinformationen (Track-and-Trace etc.), digitale Kompetenzen (Prozess-, Technologie- und Systemwissen), fachübergreifende Kenntnisse, analytische Fähigkeiten, systematisch-methodisches Vorgehen, Controlling-Wissen, Beurteilungsvermögen, ganzheitliches Denken, Audittechniken, nachhaltige Beschaffung, Folgebewusstsein, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Organisationsfähigkeit, Risiko- und Sicherheitsbewusstsein Folgebewusstsein, Belastbarkeit, digitale Kompetenzen (Prozess-, Technologie- und Systemwissen), Ausführungsbereitschaft, Pflichtgefühl, Einsatzbereitschaft, Entscheidungsfähigkeit, digitale Kompetenzen (E-Tools, Track-and-Trace, SC-Control- Tower etc.), fachübergreifende Kenntnisse, Fach- & Marktwissen, ganzheitliches Denken, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Initiative, Kommunikationsfähigkeit, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, Konsequenz, Organisationsfähigkeit, Tatkraft, ‚Global Mindset‘, Sachlichkeit, ergebnisorientiertes Handeln
Tab. 5.17 Monitoring sowie Echtzeit-Konfiguration und Koordination der Supply Chain (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen)
164 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
165
Tab. 5.18 Einleitung und Kontrolle nachhaltiger Risikominderungsmaßnahmen sowie die Generierung eines Risikobewusstseins (Aufgaben, Anforderungen, Kompetenzen) Teilaufgaben Einleitung nachhaltiger Maßnahmen (Risikocoaching von Lieferanten, Bedarfsträgern und den anderen Kompetenzprofilen)
Risikokontrolle
Anforderungen Austausch mit Netzwerkcoach bei schwerwiegenden Problemen, um Sourcing-Strategie anzupassen; Unterstützung bei der Einleitung von Förderungsmaßnahmen; Erzeugung eines Risikobewusstseins; Nutzung von Big Data; Verhinderung von Ruf- und Imageschädigung (Compliance); Schaffung von Transparenz entlang der ganzen Supply Chain (Datenqualität); Umgang mit Rohstoffknappheit; Förderung grüner und sozialer Supply Chains (Überprüfung von Ökolabels und deren Wirksamkeit); Beratung bei der Auswahl neuer Lieferanten; Unterstützung bei der Schaffung von ganzheitlichen Schutzstrukturen, um Datensicherheit, Urheberschutz etc. zu gewährleisten (Kontrolle von kritischen Daten, Abwehr von Hackern); Arbeiten in crossfunktionalen Teams (IT, Lieferanten etc.); bereichsübergreifende Initiierung von Verbesserungsmaßnahmen Überprüfung der Maßnahmen (Effektivität, Effizienz) mithilfe von Big-Data- Analysen; Kontrolle und Steuerung von Tier-1- bis Tier-n-Lieferanten betreffend Einhaltung von sozialen, ökologischen, rechtlichen etc. Standards; Anpassung der Reaktionspläne
Kompetenzen Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für Big Data, digitale Kompetenzen (Prozess-, Technologieund Systemwissen), Strategieverständnis, Gestaltungswille, Hilfsbereitschaft, Offenheit für Veränderungen, schöpferische Fähigkeiten, Coaching- und Beratungstechniken, Experimentierfreude, Wissen über verschiedene Förderungsmaßnahmen, ICT-Kompetenzen, Nachhaltigkeitsbewusstsein, Beurteilungsvermögen, Team-, Kooperations-, Kommunikations- & Beratungsfähigkeit, fachliche Anerkennung, Initiative, Dialogfähigkeit, Planungsverhalten, Projektmanagement, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit, Folgebewusstsein, Fach- & Marktwissen, analytische Fähigkeiten, Integrationsfähigkeit, Wissen über IT-Sicherheit, Verständnisbereitschaft, systematisch-methodisches Vorgehen, ergebnisorientiertes Handeln, Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit, ‚Global Mindset‘, ganzheitliches Denken, Change Management, fachliche Anerkennung, Impuls geben, Pflichtgefühl, Risiko- und Sicherheitsbewusstsein, normativ- ethische Einstellung Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten, Verständnis für und Umgang mit Big Data, digitale Kompetenzen (Prozess-, Technologie- und Systemwissen), fachübergreifende Kenntnisse, analytische Fähigkeiten, systematisch- methodisches Vorgehen, Controlling- Wissen, Beurteilungsvermögen, ganzheitliches Denken, Folgebewusstsein, Gewissenhaftigkeit, Zuverlässigkeit, Organisationsfähigkeit, Risiko- und Sicherheitsbewusstsein, Lernbereitschaft, normativ-ethische Einstellung
166
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
Tab. 5.19 Übersicht über die zentralen Fach- und Methodenkompetenzen des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen. (Quelle: eigene AKEK-Analyse, ergänzt durch Darr 2017; Dieckmann 2017; Fröhlich 2017; Fröhlich und Karlshaus 2014, 2017; Grimm 2017; Helmold und Terry 2016; Jamal 2017; Karlshaus und Segger 2017; Kersten et al. 2014; Mello 2017; Pohle 2017; Theissen und Eggers 2017; Theuermann 2016; Thöne 2017) Fachkompetenzen • Datenhandhabung und Dateninterpretation (Nutzung von Big Data Analytics, um ausgewertete Risikodaten und -analysen richtig zu interpretieren) • Verständnis für verschiedene Datenanalysemethoden (orts- und raumbezogene Analysen, ,Predictive und Streaming Analytics‘, mobile und cloudbasierte Business Intelligence, ,Data Mining‘ etc.) • Marktkenntnisse (lokal, national, international, digital) • Strategieverständnis und Umsetzungsbereitschaft • Risikoanalyse- und Risikominderungskompetenzen • fachübergreifende Risikokenntnisse • juristische Risiken (z. B. Compliance und Vertragsbrüche) • finanzielle Risiken (z. B. Insolvenz und Kosten) • Marktrisiken (z. B. Änderung von Kundenwünschen, technologischer Fortschritt und Preisschwankungen) • Produktionsrisiken (z. B. betriebliche Ausfälle) • Logistikrisiken (z. B. Verkehr und Unfälle) • SC-/Prozessrisiken (z. B. Abhängigkeitsrisiken, Akzeptanzrisiken und Störungen des Kommunikationsnetzes) • IT (z. B. Schnittstellenprobleme und Datensicherheit) • Qualitäts- und Nachhaltigkeitsrisiken (z. B. ISO-Zertifikate, Ökolabels und Rufschädigung) • Katastrophen und Unruhen (z. B. Erdbeben, Stürme, Fluten, Kriege und Proteste) • Digitale Kompetenzen • Im Umgang mit 4.0-Applikationen auf Basis von Big Data Analytics (intelligente Risikotools, Frühwarnsysteme, Risikofilter, Reportingtools etc.) • Im Umgang mit digitalen Prozessen und Echtzeit-Tools (Track-and-Trace, SC-Tower, cloudbasierte Informationstechnologien, virtuelle Zentralen, E-Logistik etc.)
Methodenkompetenzen • Datenanalyse- und Dateninterpretationstechniken • Kontroll-/Ist-Größenbeurteilung: Monitoring und prädiktive Risikoanalysen • Wird-Größen: Nutzung von Big-Data- Auswertungen für prädiktive Prognosen und Trendanalysen • Führungsgrößen/Benchmarking: Nutzung von Big-Data-Auswertungen für die Suche nach alternativen und risikoärmeren Lösungen • Strategieentwicklungs- und Strategieumsetzungstechniken, Techniken zur Beurteilung von Sachverhalten und Planungstechniken • Methoden des Risikomanagements: Risikoplanung, -identifikation, -analyse und -beurteilung (Schmetterling-Modelle, Wildcard- Analysen, ,Business Wargaming‘, Risikosimulationen, Portfolio-Analysen etc.) • Audittechniken (Risiko-, Qualitäts- und Nachhaltigkeitsaudits) • Coaching- und Beratungstechniken • Problem- und Konfliktlösungstechniken • Projektmanagementmethoden (Planung, Steuerung und Implementierung von Projekten zur Risikominimierung) • Kreativtechniken (Entwicklung und Simulation alternativer Szenarien, ,Design Thinking‘ etc.) • Lernmethoden und Wissenserarbeitung (bspw. neue Risikopotenziale) • Change-Management-Techniken
(Fortsetzung)
5.1 Ableitung der drei neuen Kompetenzprofile
167
Tab. 5.19 (Fortsetzung) Fachkompetenzen • Im Umgang mit neuen Systemen, Technologien und Konzepten (Cloud Services, IoTS, Blockchain, VR, AR, selbstfahrende Fahrzeuge, CPPS etc.) • Im Umgang mit neuen Kommunikationsmedien (Social Media, ‚Collaboration Rooms‘, Plattformlösungen etc.) • Im Umgang mit cloudbasierten Dokumentationstools (bspw. Office- Applikationen) • Sonstige Kompetenzen • ‚Global Mindset‘ • Nachhaltige Beschaffung • Risiko- und Sicherheitsbewusstsein • Datenbasiertes Lernen
Methodenkompetenzen
bei Strategieentwicklungs- und Kreativtechniken, um im Team Alternativszenarien zu erarbeiten, wobei auch er mit Projektmanagementmethoden vertraut sein sollte. In seiner Beraterfunktion unterstützt er den digitalen Berater und Netzwerkcoach im Hinblick auf Risiken, die sich bei der Auswahl von Partnern ergeben, und hilft ihm bei der Einleitung nachhaltiger Maßnahmen zur Risikominimierung. Dafür sollte er fundiertes Marktwissen und ein ausgeprägtes Risiko- und Sicherheitsbewusstsein mitbringen. Er muss die verschiedensten Risikopotenziale kennen und sich mithilfe von Lern- und Wissenserarbeitungstechniken auf dem aktuellen Stand halten. Um dieses Wissen effizient zu teilen und eine regelmäßige Kommunikation zu gewährleisten, ist letztlich der Umgang mit den digitalen Kommunikationsmedien ausschlaggebend. KODE-Schlüsselkompetenzen Um potenzielle Risiken identifizieren, beurteilen und steuern zu können, benötigt der digitale Risikomanager und Datenstratege vor allem analytische Fähigkeiten. Er muss vorausschauend agieren können sowie systematisch-methodisch vorgehen, um Gefahren frühzeitig zu erkennen. Sein Planungsverhalten, sein Beurteilungsvermögen und seine Fähigkeit, die Folgen von Entscheidungen vorauszusehen (Folgebewusstsein), helfen ihm dabei, Risikopotenziale angemessen einzuschätzen (vgl. Tab. 5.20). Da es unzählige solcher Risikopotenziale gibt, zeichnet er sich zudem durch ganzheitliches und interdisziplinäres Denken aus. Er verfügt über Erfahrung in diversen Fachgebieten und Märkten und bringt fundiertes Fachwissen im Risikomanagement mit. Offenheit für Veränderung, Wissensorientierung und Lernbereitschaft helfen ihm ferner dabei, auf dem aktuellen Stand zu bleiben und eine gewisse Weitsicht zu entwickeln. Um im Ernstfall sofort und reflektiert agieren zu können, muss er zudem nicht nur entscheidungsfähig und ausführungsbereit, sondern auch belastbar sein. Die Fähigkeit, die Initiative zu ergreifen, ist hier ausschlaggebend. Während bei der Risikoidentifikation, -analyse und -beurteilung eher mathematische und rationale Fähigkeiten verlangt werden, erfordert die Entwicklung von Risikostrategien und
Personalkompetenzen • Ganzheitliches Denken • Lernbereitschaft • Normativ-ethische Einstellung • Offenheit für Veränderung • Schöpferische Fähigkeiten • Zuverlässigkeit
Sozial-kommunikative Kompetenzen • Beratungsfähigkeit • Experimentierfreude • Gewissenhaftigkeit • Integrationsfähigkeit • Kommunikationsfähigkeit • Kooperationsfähigkeit • Konflikt- und Problemlösungsfähigkeit • Pflichtgefühl • Teamfähigkeit
Aktivitäts- und Handlungskompetenzen • Ausführungsbereitschaft • Belastbarkeit • Entscheidungsfähigkeit • Ergebnisorientiertes Handeln • Impuls geben • Initiative
Fach- und Methoden- kompetenzen • Analytische Fähigkeiten • Beurteilungsvermögen • Fachliche Anerkennung • Fachübergreifende Kenntnisse • Fachwissen • Folgebewusstsein • Konzeptionsstärke • Marktkenntnisse • Organisationsfähigkeit • Planungsverhalten • Projektmanagement • Sachlichkeit • Systematisch-methodisches Vorgehen • Wissensorientierung
Tab. 5.20 Die zentralen KODE®-Schlüsselkompetenzen des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen. (Quelle: eigene AKEK-Analyse)
168 5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.2 Gegenüberstellung von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen
169
Reaktionsplänen in crossfunktionalen Teams zunehmend auch sozial-kommunikative Kompetenzen. Die Team-, Kooperations- und Konfliktlösungsfähigkeiten des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen tragen maßgeblich zu einer leistungsfähigen Zusammenarbeit bei. In solchen Kooperationen ist es entscheidend, über Kenntnisse im Projektmanagement zu verfügen. Das digitale Risikomanagement verlangt nach einer konzeptionellen sowie organisierten Arbeitsweise. Eine der bedeutendsten Aufgaben des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen ist die Schaffung eines Risikobewusstseins sowie einer Risikokultur. Er übernimmt hier die Rolle des Risikoberaters, der sich durch fachliche Anerkennung, ausgeprägte Kommunikations- und Beratungsfähigkeiten sowie Pflichtgefühl auszeichnet. Er gibt Impulse, um Veränderungen zu initiieren, und trägt mit seiner normativ-ethischen und risikobewussten Haltung gewissenhaft zur Entwicklung von präventiven und nachhaltigen Supply Chains bei.
5.2 G egenüberstellung von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen Die detaillierte Analyse der aktuellen und zukünftigen Aufgaben in der Beschaffung hat gezeigt, dass sich die Kompetenzanforderungen im Einkauf stark verändern werden. In diesem Kapitel werden die Veränderungen hervorgehoben, um klare Kompetenzlücken identifizieren zu können. Mit der Entwicklung des Einkaufs zum strategischen Partner in Unternehmen muss sich auch die Belegschaft weiterentwickeln. Anhand der Analyse der neuen Rollenbilder zeigte sich, dass unternehmerisches und bereichsübergreifendes Denken zunehmend an Bedeutung gewinnen (Fröhlich und Karlshaus 2014, S. 9). Zu den unternehmerischen Kompetenzen zählen Initiative, Folgebewusstsein, Loyalität, schöpferische Fähigkeiten (Kreativität), Einsatzbereitschaft, Eigenverantwortung, Innovationsfreudigkeit etc. In jedem der drei zuvor erörterten Kompetenzprofile sind mehrere dieser Kompetenzen stark ausgeprägt, die in Zukunft stärker verlangt werden. Dies beinhaltet vor allem auch strategisches und kundenorientiertes Denken (Karlshaus und Segger 2017, S. 101). Dies ist heutzutage aufgrund des oftmals noch beständigen operativen Fokus der Beschaffung noch nicht gegeben. Hier muss die Beschaffung Kompetenzen aufbauen, um in Zukunft auf strategischer Ebene mitreden zu können. Dabei ist auch das Beherrschen von Innovations- und Kreativitätstechniken zu nennen, die zukünftig verstärkt in der Beschaffung eingesetzt werden müssen. Denn als strategischer Partner in globalen Netzwerken ist es auch Aufgabe der Beschaffung, Bestehendes kritisch zu hinterfragen, sich neues Wissen anzueignen und innovative Lösungen zu erarbeiten. Neue Lern- und Wissenserarbeitungsmethoden, wie beispielsweise datenbasiertes Lernen, müssen Einzug in die Beschaffung der Zukunft finden, um ihrer neuen Rolle als Innovati onsführerin gerecht werden zu können. Alle drei Kompetenzprofile verlangen
170
5 Beschaffungskompetenzen 4.0
ausgeprägte Kompetenzen im Bereich des Change Managements. Der Umgang mit Veränderung spielt in volatilen Märkten und aufgrund des rasanten technologischen Fortschritts eine entscheidende Rolle. Offenheit für Veränderung und Förderungen von Innovation werden zu wesentlichen Bestandteilen der Kompetenzanforderungen im Bereich der Netzwerkplanung, der Risikovermeidung oder des Prozessmanagements (Karlshaus und Segger 2017, S. 99). In diesem Zusammenhang ist auch die steigende Bedeutung des Projektmanagements in der Beschaffung zu nennen. Die sich stetig verändernden Märkte und die kürzeren Produktlebenszyklen verlangen nach hoher Flexibilität und Umsetzungsgeschwindigkeit. Dem gegenüber steht der Anspruch nach fach- und unternehmensübergreifender Zusammenarbeit, die die Komplexität bei der Erarbeitung neuer Lösungen wesentlich erhöht. Um diese Komplexität handhaben zu können, ist das Beschaffungsmanagement der Zukunft auf ein professionelles Projektmanagement angewiesen (Lorenzen und Krokowski 2018, S. 195). Planung, Implementierung und Kontrolle von Lieferantenentwicklungs-, Co-Innovations-, Prozess- und Systemoptimierungs- oder Risikominimierungsprojekten werden wesentliche Bestandteile des Einkaufs sein und entsprechende Kompetenzen müssen aufgebaut werden. Hier werden Koordinationsgeschick, Organisationsfähigkeit, Planungsverhalten und Konzeptionsstärke gefragt sein (Karlshaus und Segger 2017, S. 99–100). Als weiterer entscheidender Aspekt ist die zunehmende Bedeutung fachübergreifender resp. interdisziplinärer Kompetenzen zu nennen (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 13). Denn in seiner Schnittstellenfunktion, sei es als Berater, Netzwerkcoach, Datenstratege, Risiko-, Prozess- oder Systemmanager, muss der Beschaffer nicht nur die Bedürfnisse der diversen Kooperationspartner verstehen, sondern auch als ernstzunehmender Partner auftreten können. Deshalb wird er sich im Zeitalter der Digitalisierung auch intensiver mit Coaching- und Beratungstechniken sowie Konflikt- und Problemlösungsverfahren befassen müssen, um in vielfältigen Teams rasch einen Konsens erreichen zu können. Der Trend zur fachübergreifenden und unternehmensübergreifenden Integration und Kooperation fordert insofern vor allem sozial-kommunikative Kompetenzen (Fröhlich und Karlshaus 2014, S. 9), wie im Rahmen der Analyse gezeigt werden konnte. Obwohl Kommunikations-, Kooperations- und Teamfähigkeiten sowie das Beziehungsmanagement bereits heute relevante Aspekte darstellen, werden sie in Zukunft noch stärker gefordert (Karlshaus und Segger 2017, S. 99). Sie werden zu Schlüsselkompetenzen, um integrierte Netzwerke aufzubauen und sich dadurch langfristige Wettbewerbsvorteile zu sichern. Besonders hervorzuheben in diesem Zusammenhang ist der Begriff ‚Global Mindset‘ nach Mello (2017, S. 37–38). Um globale Kooperationsnetzwerke aufzubauen und netzwerkübergreifende Strategien zu entwickeln, ist ein gemeinsames Geschäftsverständnis vonnöten. Kulturelle Barrieren können überwunden werden, indem interkulturelle Empathie, Leidenschaft für Vielfalt und globale Geschäftsintelligenz9 gefördert werden. All diese Eigenschaften lassen sich nur sehr schwierig 9 Weitere Kompetenzen im Sinne des Global Mindsets sind: kognitive Komplexität, kosmopolitische Perspektive, Suche nach Abenteuer, Selbstbewusstsein, zwischenmenschliche Auswirkung und Diplomatie.
5.2 Gegenüberstellung von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen
171
erlernen. Unternehmen müssen somit eine Kultur schaffen, die Diversität, Toleranz und Zwischenmenschlichkeit aktiv vorantreibt (Mello 2017, S. 36–37). Die geringste Veränderung zeigt sich in Bezug auf beschaffungsspezifische Fachkompetenzen. Die bedeutendsten fachlichen Fähigkeiten, wie Verhandlungsgeschick, Lieferantenmanagement und Warengruppenmanagement, werden auch zukünftig zum Anforderungsprofil des Beschaffungsmanagers zählen (Fröhlich und Karlshaus 2017, S. 13). Neue Technologien führen jedoch dazu, dass solche Aufgaben zukünftig auf digitalem Wege ablaufen. Für den Einkauf bedeutet dies konkret, dass er digitale Kompetenzen im Umgang mit 4.0-Applikationen, Cloud Services und intelligenten Tools auf Basis von Big Data aufbauen muss. Dies bezieht sich vor allem auch auf die Fähigkeit, analytisch zu denken. Alle drei erwähnten Kompetenzprofile müssen deshalb Kenntnisse im Bereich Datenhandhabung und Dateninterpretation erlangen. Sie müssen spezifische Techniken kennenlernen, um analysierte Daten korrekt zu interpretieren. Die Beschaffung, als strategischer Partner im Unternehmen, muss lernen, Folgen von Entscheidungen adäquat zu beurteilen und in einen ganzheitlichen Kontext zu stellen. Es ist essenziell, dass der Einkäufer 4.0 dazu die neuen Systeme, Technologien und Konzepte der digitalisierten Welt versteht und sich in virtuellen Kommunikations- und Kooperationsräumen zurechtfindet (Karlshaus und Segger 2017, S. 98). Vernetzte Systeme führen zu einer weitreichenden Automatisierung von operativen Prozessen, wobei der Beschaffungsmanager die Hoheit über solche Systeme behalten muss, um im richtigen Moment eingreifen zu können. Zu diskutieren ist schlussendlich noch die zunehmende Verantwortlichkeit der Beschaffung, grüne und soziale Supply Chains zu fördern. Compliance und Nachhaltigkeitsthemen werden auch die Zukunft der Beschaffung stark prägen (Kersten et al. 2017, S. 20; Ruile und Vollrath 2015, S. 4, 11). Eine normativ-ethische Einstellung sowie die Fähigkeit, nachhaltig zu denken und zu handeln, werden die Kompetenzprofile aller drei neuen Beschaffungsrollen maßgeblich bestimmen.
5.2.1 V om internen und externen Beziehungsmanager zum digitalen Berater und Netzwerkcoach Aufgrund der Digitalisierung und des damit einhergehenden Wandels des internen und externen Beziehungsmanagers zum digitalen Berater und Netzwerkcoach wird sich vor allem die strategische Relevanz dieses Kompetenzprofils verändern. Der interne und externe Beziehungsmanager wird zunehmend eine Führungsfunktion im Aufbau strategischer (Lieferanten-)Netzwerke übernehmen. Die Wahrnehmung der reaktiven Rolle der Beschaffung, lediglich den Bedarf an Produktionsgütern zu befriedigen, wird zukünftig nicht mehr ausreichen. Er wird als Leiter crossfunktionaler und unternehmensübergreifender Teams zum Katalysator proaktiver Innovationsprojekte. Dazu wird er nicht nur beschaffungsspezifische Führungskompetenzen aufbauen, sondern auch einen unternehmerischen Geist entwickeln müssen. Außerdem muss er in Zukunft fähig sein, das Unternehmen aktiv voranzutreiben, indem er impulsgebend, initiativ und innovationsfreudig ist. Nur wenn er offen für Veränderung
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5 Beschaffungskompetenzen 4.0
ist und über schöpferische Fähigkeiten verfügt, kann er die geforderte Proaktivität in der Beschaffung 4.0 umsetzen (um nur einige Anforderungen zu nennen). Bereits heute zählen sozial-kommunikative Kompetenzen zu den entscheidenden Anforderungen im Rollenbild des Beziehungsmanagers. Anhand der erstellten Trendanalyse konnte jedoch gezeigt werden, dass sich die Ansprüche an das Beziehungsmanagement zunehmend intensivieren. Für die neue Rolle des Beraters und Netzwerkcoachs bedeutet dies vor allem einen weiteren Ausbau seiner Beratungs-, Dialog-, Kommunikations-, Kooperations- sowie Teamfähigkeit. Strategisches Denken und Kundenorientierung (sowohl intern als auch extern) werden zu relevanten Schlüsselkompetenzen, um langfristige Partnerschaften erhalten zu können. Der digitale Berater und Netzwerkcoach muss dazu bereit sein, seinen Arbeitsplatz zu verlassen und im Austausch mit internen Kunden und Lieferanten nach innovativen Lösungen zu suchen (Thöne 2017, S. 278). Eine noch größere Anforderung besteht darin, die diversen Anspruchsgruppen zu integrieren, um als Dirigent zwischen den internen Bedarfsträgern und dem Lieferantennetzwerk zu agieren. In seiner Funktion als ‚Troubleshooter‘ vertritt er die internen Anforderungen nach außen und gleicht sie an die Marktgegebenheiten an. Er muss lernen, die Firmenkultur der Partnerfirma sowie die Bedürfnisse der Bedarfsträger genau zu verstehen und beider Interessen zu vereinen. Strategische Verhandlungen physischer oder digitaler Natur werden also auch in Zukunft den Kern seiner Tätigkeit ausmachen und entsprechende Verhandlungstaktiken bleiben relevant. Allgemein zeigen sich bei der Gegenüberstellung von Beziehungsmanager und digitalem Berater und Netzwerkcoach nur begrenzt Veränderungen in Bezug auf Fach- und Methodenkompetenzen. Da die Rolle des Informationsmanagers durch die Möglichkeiten von Big Data Analytics weitgehend substituiert wird, erhält der digitale Berater und Netzwerkcoach die benötigten Informationen nicht von einer anderen Person, sondern entnimmt sie den Systemen. Dadurch weiten sich die benötigten Kompetenzanforderungen im informationstechnischen und digitalen Bereich aus. 4.0-Applikationen werden den digitalen Berater und Netzwerkcoach im Warengruppen- und Lieferantenmanagement sowie im Sourcing- und Kommunikationsprozess unterstützen. Um diese Instrumente10 gewinnbringend nutzen zu können, muss er sie zukünftig verstehen und beherrschen können.
10 Dazu zählen: intelligente Marktforschungs-, Lieferantenidentifikations-, Lieferantenbewertungs- und Reporting-Tools sowie E-Katalog, E-Ordering, E-Procurement, E-Sourcing, E-Auktionen, E-Ausschreibungen, ‚Cybernegotiation Systems‘, ‚Smart Contracts‘, Cloud Services, IoTS, Blockchain, VR, AR, selbstfahrende Fahrzeuge, CPPS, Social Media, ‚Collaboration-Rooms‘ usw.
5.2 Gegenüberstellung von aktuellen und zukünftigen Kompetenzprofilen
173
5.2.2 V om Operator zum digitalen Prozessund Systemmanager In diesem Kompetenzfeld ergeben sich aufgrund der Digitalisierung die größten Veränderungen in Bezug auf Fach- und Methodenkompetenzen. Da Prozesse nicht mehr manuell ausgeführt werden müssen, werden Ressourcen freigesetzt und der Operator kann sich vermehrt der Konzeption und Optimierung von unternehmensübergreifenden Prozessen widmen, wodurch der strategische Wert dieser Rolle gesteigert wird. Durch die Konzipierung von Abläufen und die Integration von Systemen schafft er die Voraussetzungen für die autonome Abwicklung, indem er den Datenaustausch ermöglicht. Der erhöhte Anspruch an das Prozess- und Systemmanagement verlangt nach dem Aufbau entsprechender Fach- und Methodenkompetenzen. Diese wurden bereits ausführlich bei der Erstellung des Kompetenzprofils für den digitalen Prozess- und Systemmanager diskutiert. Grundsätzlich werden vermehrt (digitale) Prozessmodellierungs-, Prozessanalyse-, Prozessdesign- sowie Prozessverbesserungstechniken erforderlich sein. Dies bedeutet beispielsweise, dass er künftig in seiner Prozessmanagerfunktion über spezifisches Wissen im Bereich Lean-Management und strategischem Kostenmanagement verfügen muss. Die kontinuierliche Verbesserung der unternehmensübergreifenden Zusammenarbeit mithilfe von Daten aus 4.0-Applikationen und intelligenten Tools steht dabei im Fokus. Dazu wird neben analytischen Fähigkeiten vor allem auch ein fundiertes System- und Prozessdenken verlangt (Karlshaus und Segger 2017, S. 99). Entscheidend ist zudem der Aufbau entsprechender IT-Kompetenzen, um die Vernetzung der Systeme zu koordinieren. Grundlegende Programmier- und Data- Governance- Kenntnisse sowie ein Verständnis für die diversen IT-Systeme11 und deren Schnittstellen sind Voraussetzungen, um in Zusammenarbeit mit der IT-Abteilung unternehmensübergreifende Integrationsprogramme durchzuführen. Im Gegensatz zum Operator, der vornehmlich über Aktivitäts- und Handlungskompetenzen verfügen muss, wird der digitale Prozess- und Systemmanager vor allem Fach- und Methodenkompetenzen aufbauen müssen. Für die erfolgreiche Durchführung von Integrations- und Optimierungsprojekten muss er sich zukünftig durch Konzeptionsstärke, Planungsverhalten sowie ein systematisch-methodisches Vorgehen auszeichnen. Dies zeigt, dass im Kontext der Beschaffungsfunktion auch die Rolle des Operators an strategischem Wert gewinnen wird. Zuletzt konnte festgestellt werden, dass im Kompetenzbereich des digitalen Prozess- und Systemmanagers verstärkte Anforderungen an sozial-kommunikative Kompetenzen bestehen. In einer vernetzten Welt, in der Systeme reibungslos miteinander agieren, müssen auch die Menschen fähig sein, effizient zu kommunizieren, Informationen zu teilen und zusammenzuarbeiten.
11
Unter anderem ERP, PLM, CRM, SRM, SAP, Supply On, EDITFACT, EANCOM etc.
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5 Beschaffungskompetenzen 4.0
5.2.3 V om Informationsmanager zum digitalen Risikomanager und Datenstrategen Die Automatisierung der Informationsbeschaffung und -auswertung über intelligente Big-Data-Analytic-Programme führt zu einer Freisetzung von Ressourcen im Aufgabenbereich des Informationsmanagers. Diese Ressourcen werden künftig im Risikomanagement benötigt, da Sicherheitsreserven aufgrund der gesteigerten Effizienzansprüche zukünftig stark abgebaut werden. Dadurch gewinnt auch der Informationsmanager zunehmend an strategischer Relevanz für die Gewährleistung der Versorgungssicherheit. Um die Rolle des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen wahrnehmen zu können, müssen ausgeprägte Datenanalyse- und Dateninterpretationsfähigkeiten entwickelt werden. Ein detailliertes Wissen über verschiedenste Analyseverfahren ist Voraussetzung, um die Vielzahl von Daten angemessen beurteilen zu können. Das Beherrschen diverser Risikomanagementmethoden, die von der Planung über die Identifikation und Analyse bis hin zur Entwicklung von Risikohandhabungsstrategien12 reichen, werden zentrale Bestandteile des Tätigkeitsbereiches des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen sein. Hier werden klare fachliche und methodische Kompetenzlücken sichtbar. In der Rolle als Risikomanager wird er nicht nur ein ausgeprägtes Risiko- und Sicherheitsbedürfnis entwickeln, sondern sich vor allem auch neue Fähigkeiten im Umgang mit 4.0-Applikationen und intelligenten Systemen im Bereich des (prädiktiven) Risikomanagements aneignen müssen. Es wurde ersichtlich, dass für das digitale Risiko- und Datenmanagement zukünftig vor allem spezifische Fach- und Methodenkompetenzen für die Handhabung der Datenvielfalt benötigt werden. Neben analytischen Kompetenzen braucht der digitale Risikomanager und Datenstratege vor allem die Fähigkeit, zu planen und die Konsequenzen seiner Entscheidungen vorauszusehen. Er muss die Märkte, in denen er agiert, verstehen und die mit ihnen verbundenen Risiken angemessen beurteilen können. Der digitale Risikomanager und Datenstratege muss also eine gewisse Voraussicht entwickeln und künftig offen für Veränderungen sein, um sich nicht von Erfahrungswerten blenden zu lassen. Die Entwicklung solcher Kompetenzen hilft ihm, in Zukunft mithilfe eines intelligenten und vernetzten Risikomanagementinformationssystems Risikopotenziale frühzeitig zu erkennen und entsprechend zu reagieren. Abschließend bleibt zu konstatieren, dass auch der digitale Risikomanager und Datenstratege von einer funktionierenden Zusammenarbeit in crossfunktionalen Teams abhängig sein wird. Auch im Risikomanagement werden sich zukünftig große Kompetenzlücken im sozial-kommunikativen Bereich ergeben, wenn nicht entsprechende Maßnahmen entwickelt werden. Die effiziente Kommunikation und der kontinuierliche Wissensaustausch zwischen den drei Kompetenzprofilen bilden die Basis für diese arbeitsteilige Zusammenarbeit und müssen konsequent gewährleistet werden. 12
Vergleiche dazu das Kompetenzprofil des digitalen Risikomanagers und Datenstrategen.
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6 Fazit: Die neue Rolle des Einkaufs der
Zukunft
In diesem Buch wurde in einem ersten Schritt versucht, mithilfe der eigenständig entwickelten AKEK-Methode den aktuellen Tätigkeitsbereich der Beschaffung zu untersuchen. Ausgehend vom zentralen Beschaffungsprozess wurden die beschaffungsspezifischen Aufgaben analysiert, Anforderungen und Kompetenzen abgeleitet und diese anhand des Spezialisierungskonzepts zu drei Kompetenzbereichen verdichtet: dem Informationsmanagement, dem Beziehungsmanagement und der operativen Abwicklung. In einem zweiten Schritt wurden diese Kompetenzprofile in den Kontext der Digitalisierung gestellt. Dies bedeutet, dass analysiert wurde, wie sich die Aufgabenbereiche der Kompetenzprofile mit der vierten industriellen Revolution verändern werden. Es wurde untersucht, welche neuen Herausforderungen auf die Beschaffung zukommen und welche Kompetenzen für deren Bewältigung benötigt werden. Ziel war der Vergleich zwischen der aktuellen und zukünftigen Situation, um herausfinden zu können, wo sich allfällige Kompetenzlücken ergeben werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die Beschaffung großen Veränderungen gegenübersteht. Der zunehmende Kostendruck sowie das Bedürfnis der Abnehmer nach individualisierten Produkten und nachhaltiger Produktion erhöhen die Komplexität von Supply Chains zunehmend. Die vierte industrielle Revolution wird die Art und Weise, wie Wertschöpfung heute in Supply Chains geschaffen wird, revolutionieren. In einer Welt, in der Maschinen, Produkte und Menschen nahtlos und in Echtzeit miteinander kommunizieren und autonom agieren, können Wertschöpfungsnetzwerke völlig neu organisiert werden. Diese digitale Welt wird sich durch eine vertikale und horizontale Vernetzung von Systemen, durch dezentrale Intelligenz und Steuerung sowie durch ein durchgängig digitales Engineering auszeichnen. Cyber-physische Produktionssysteme werden fähig sein, Material-, Informationsund Finanzflüsse autonom zu organisieren, wobei der Mensch nur noch steuernd eingreift. Als Schnittstelle zwischen Abnehmer und Lieferant wird der Beschaffer
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7_6
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6 Fazit: Die neue Rolle des Einkaufs der Zukunft
zum Dirigenten solcher Integrationen und sorgt für den Aufbau von in sich stimmigen Netzwerken. Ziel der Beschaffung wird es sein, ein selbstlernendes Kooperationsnetzwerk aus Lieferanten aufzubauen, das kontinuierlich Verbesserungen und Innovationen hervorbringt – nicht nur als Unternehmen, sondern auch als Supply Chain. Die Rolle des operativen Einkäufers wurde in diesem Buch mit dem Kompetenzprofil des Operators zusammengefasst, dessen Hauptziel es ist, die betriebliche Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Zu den Aufgaben des Operators gehören neben der Planung und Auslösung von Bestellungen auch die Terminkontrolle, die Wareneingangsprüfung, die finanzwirtschaftliche Verbuchung sowie die operative Beschaffungslogistik. Er zeichnet sich deshalb vor allem durch Fähigkeiten in der Bedarfsplanung und Logistik sowie im Qualitätsmanagement aus. Er muss insbesondere im Umgang mit IT-Systemen vertraut sein, um die saubere Erfassung von Lieferantendaten aus dem operativen Geschäft im ERP-System zu gewährleisten. Diese Daten stellen nämlich die Basis für die Weiterentwicklung der Lieferantenbasis dar. Abhängig vom jeweiligen Unternehmen hat er dafür verschiedene Instrumente zur Verfügung, die ihm die Abwicklung beispielsweise mithilfe eines E- Procurement-Tools wesentlich erleichtern. Die Analyse hat ergeben, dass in diesem Bereich vor allem Aktivitäts- und Handlungskompetenzen gefordert werden. Der Operator muss gewillt sein, Handlungen tatkräftig auszuführen und im Falle eines Problems rasch zu entscheiden. Um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten, zeichnet er sich ferner durch Zuverlässigkeit und Gewissenhaftigkeit aus. Wenn cyber-physische Produktionssysteme die operativen Prozesse zukünftig eigenständig steuern und abwickeln, führt dies zu vielen Redundanzen im Tätigkeitsfeld des klassischen (operativen) Einkäufers. Denn im Gegensatz zu E- Procurement sind CPSS intelligent. Das bedeutet, dass sie auf Basis von Big Data Analytics den künftigen Bedarf antizipieren sowie den ganzen Abwicklungsprozess ‚end to end‘ steuern können. Während des gesamten Prozesses werden Daten gesammelt, analysiert und geteilt, wodurch die Systeme ihre Kenntnisse ständig erweitern. Anhand von ‚Smart Contracts‘ erkennt das System Vertragsinhalte und handelt entsprechend. Dadurch wird die Beschaffung entscheidend entlastet und es werden Kapazitäten für strategische Aufgaben frei. Aufgabe des Einkaufs wird es in diesem Zusammenhang sein, Prozesse zu schaffen und zu pflegen, innerhalb derer die Einkaufssysteme autonom handeln können. Dies umfasst die interne und externe Vernetzung sowie die Definition der entsprechenden Schnittstellen. Die neue Rolle des Operators wird also darin bestehen, die prozessual-systemseitigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dadurch verschiebt sich seine Tätigkeit immer weiter in Richtung Prozess-, System- und Schnittstellenmanagement: er wird zum digitalen Prozess- und Systemmanager. Sein Aufgabengebiet wird neben der technischen und organisationalen Integration der Systeme auch die Definition und Modellierung der unternehmensübergreifenden Prozesse umfassen. Dadurch schafft er die Grundlage für die durchgehend hohe Datenqualität, von der die Beschaffung 4.0 abhängig sein wird. Er überwacht die unternehmensübergreifenden Prozesse und verbessert sie kontinuierlich mithilfe von Big-Data-Auswertungen. Dazu muss er künftig vor allem Fach- und Methodenkompetenzen in der Modellierung, der Analyse, dem
6 Fazit: Die neue Rolle des Einkaufs der Zukunft
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Design und der Optimierung von Prozessen erarbeiten, wobei er die diversen (digitalen) Instrumente und Konzepte, wie beispielsweise Wertstromanalysen, Lean und VMI, zielführend nutzen kann. Seine analytischen Fähigkeiten sowie sein systematisch- methodisches Vorgehen werden ihm dabei helfen, die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen. Er ist zudem IT-affin und hat ein fundiertes Verständnis für IT-Systeme (ERP, SAP, (i)CRM usw.) und deren Schnittstellen. Neben diesen spezifischen Fach- und Methodenkompetenzen benötigt er funktionsübergreifendes Wissen, um Prozesse und Systeme ganzheitlich verstehen und somit abbilden zu können. Die Qualität der Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen ist ausschlaggebend für den Erfolg solcher Projekte. Deshalb ist es entscheidend, dass er neben (IT-)Projektmanagementmethoden und sozial-kommunikativen Kompetenzen auch Problem-, Konflikt- und Beratungstechniken beherrscht. Schlüsselkompetenzen bleiben aber auch in Zukunft Planungsverhalten, Organisationsfähigkeit sowie Konzeptionsstärke. Als digitaler Prozess- und Systemmanager sieht sich der Operator mit einem völlig neuen Tätigkeitsbereich konfrontiert und er muss künftig lernen, solche Integrationsprojekte in crossfunktionalen Teams zu organisieren und zu leiten. Einen weiteren zentralen Tätigkeitsbereich der Beschaffung stellen heutzutage die Informationsbeschaffung, -selektion, -aufbereitung und -präsentation dar. Daten über Lieferanten und Beschaffungsmärkte bilden die Basis der Suche, Bewertung, Kontrolle und Steuerung von Versorgungspartnern. Der Informationsmanager, der diese Aufgaben wahrnimmt, beschafft und selektioniert diese Daten. Er wandelt die Daten in brauchbare Informationen um und stellt sie schließlich in geeigneter Form den Entscheidungsträgern zur Verfügung (sei es in der Beschaffung selbst oder in anderen Fachabteilungen). Der Umgang mit Daten gilt als zentrale Anforderung, um diese Aufgaben erfolgreich wahrzunehmen. Dies beinhaltet ausgeprägte Fachund Methodenkompetenzen im Bereich Datenerhebung, Datenanalyse sowie Datenverdichtung. Die Schlüsselkompetenzen des Informationsmanagers liegen daher vor allem im fachlich-methodischen sowie im aktivitäts- und handlungsspezifischen Bereich. Marktkenntnisse, analytische Fähigkeiten sowie eine systematisch- methodische Arbeitsweise sind für die erfolgreiche Erfüllung der Informationsfunktion unbedingt nötig. Es zeigte sich zudem, dass eine gewisse Offenheit für Veränderung sowie Innovationsfreudigkeit und Wissensorientierung vorhanden sein müssen. Diese Fähigkeiten helfen dem Informationsmanager dabei, proaktiv neue Märkte zu erschließen. Die sensorbasierte Datenerfassung, die vernetzte Datenverdichtung, die cloudbasierte Datenspeicherung und die intelligente Datenauswertung mithilfe von Data Analytics werden diesen Informationsprozess in Zukunft aber zu einem Großteil automatisieren. Diese ‚intelligente‘ Automatisierung macht die effiziente Auswertung einer gewaltigen Datenbasis möglich und steigert dadurch nicht nur die Qualität von Entscheidungen, sondern ermöglicht es auch, Risikopotenziale frühzeitig zu erkennen. Denn ein System, das kontinuierlich Daten über die Verkehrssituation, über Warenflüsse, die Auslastung der Lieferanten, Marketingaktionen, aber auch externe Risikopotenziale auswertet, ermöglicht ein vollwertiges und machtvolles Risikomanagement. Gleichzeitig wird die Synchronisierung von Supply-Chain-
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Leistungen zu einer Minimierung von Sicherheitsbeständen führen, was wiederum die Gefahr eines Versorgungsausfalls erhöht. Um diese Gefahren bewältigen zu können, muss das Risikomanagement künftig einen zentralen Baustein im Lieferantenmanagement darstellen. Dies bedeutet, dass sich die unterstützende Funktion des Informationsmanagers immer stärker zu einem prädiktiven Risikomanagement entwickeln wird. Der digitale Datenstratege und Risikomanager ist die Antwort auf die hochoptimierten und komplexen Supply Chains. Die Aufgabe des digitalen Datenstrategen und Risikomanagers wird darin bestehen, Risiken entlang der gesamten Supply Chain zu minimieren sowie die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Mithilfe eines integrierten Risikomanagementinformationssystems wird er sich der Identifikation, Strukturierung, Beurteilung, Steuerung und Überwachung potenzieller Risiken widmen. Er wird zu einem Großteil in virtuellen Räumen arbeiten und Daten interpretieren, weshalb er seine Datenhandhabungs- und Dateninterpretationsfähigkeiten weiter ausbauen und ein tiefes Verständnis für Big Data Analytics entwickeln muss. Neben der Nutzung diverser 4.0-Applikationen zur Echtzeit-Konfiguration und zur Koordination der Wertschöpfungskette fällt auch die Entwicklung langfristiger Strategien und Maßnahmen zur Risikominimierung in sein Tätigkeitsfeld. Sein Umgang mit Kreativtechniken hilft ihm ferner dabei, Alternativszenarien zu entwickeln und somit die Versorgungssicherheit nachhaltig zu gewährleisten. Andererseits ist er nicht nur belastbar, sondern auch ausführungsbereit und kann im Ernstfall sofort reagieren. Er muss also fähig sein, potenzielle Risiken mit geeigneten Tools zu erkennen, Sofortmaßnahmen einzuleiten und diese breit zu kommunizieren. Dazu berät er crossfunktionale Teams in Risikofragen und schafft ein umfassendes Risikobewusstsein im Unternehmen, wofür er ausgeprägte Kommunikations-, Kooperations- sowie Teamfähigkeiten benötigt. Als Schlüsselkompetenzen sind zudem seine analytischen Fähigkeiten sowie sein Planungsverhalten, Beurteilungsvermögen und Folgebewusstsein hervorzuheben, die ihm dabei helfen, Risikopotenziale vorausschauend abschätzen zu können. Den wohl bedeutendsten Tätigkeitsbereich in der Beschaffung stellt das Beziehungsmanagement dar, da die Art der Zusammenarbeit die Effizienz der unternehmerischen Geschäftstätigkeit maßgeblich bestimmt (Hahn 2000; Stölzle und Heusler 2005, S. 200). Der Aufbau, die Förderung und die Steuerung von menschlichen Beziehungen mit Lieferanten und internen Bedarfsträgern bilden somit das Rückgrat einer erfolgreichen Beschaffungsfunktion. Neben dem Management von Lieferanten-Abnehmer-Beziehungen kommt dem Beziehungsmanager auch eine gewisse interne Beratungsfunktion zu. Als Schnittstelle zwischen Lieferant und Bedarfsträger zeichnet sich der Beziehungsmanager nicht nur durch seine Verhandlungsfähigkeiten sowie durch den geschickten Einsatz von verschiedenen Ver handlungsstilen aus, sondern auch durch sein fachübergreifendes Wissen. Seine weitreichenden Kenntnisse ermöglichen es ihm, als gleichwertiger Partner in internen sowie externen Verhandlungen aufzutreten und bei Fragen adäquat zu beraten. Problem- und Konfliktlösungstechniken sowie Beratungsmethoden helfen ihm dabei, rasch einen Konsens herbeizuführen. Das Kompetenzprofil des Beziehungsmanagers umfasst mehrheitlich sozial-kommunikative Fähigkeiten. Darunter fallen
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beispielsweise Kommunikations-, Kooperations-, Integrations-, Dialog- und Teamfähigkeiten. Anders als der Informationsmanager und der Operator wird der Beziehungsmanager nicht einem völlig neuen Tätigkeitsfeld gegenüberstehen. Sein Aufgabenfeld wird sich aufgrund der steigenden Komplexität von integrierten Lieferantennetzwerken sowie der verstärkten Abhängigkeit zwischen den Partnern intensivieren. Dies führt zu hohen organisatorischen Anforderungen an das Beziehungsmanagement. Neben Erfahrungen in der Planung und Steuerung von digital vernetzten und globalen Wertschöpfungsnetzwerken sollte er vor allem auch Kenntnisse im Bereich Warengruppen- sowie Lieferantenmanagement aufweisen. Der Beziehungsmanager wird immer mehr zum ‚Troubleshooter‘ zwischen internen Bedürfnissen und den Marktgegebenheiten und agiert nicht nur als digitaler Netzwerkcoach, sondern auch als Berater. Er arbeitet eng mit den Funktionsbereichen zusammen, berät sie in beschaffungstechnischen Fragen und sucht proaktiv nach neuen Lösungen, Technologien und Lieferanten. Er sorgt für die Zufuhr von externem Wissen in das Unternehmen, fördert Innovation und schafft somit einen nachhaltigen Mehrwert für die gesamte Supply Chain. Dazu nutzt er diverse 4.0-Applikationen, um Informationen auszuwerten und auf deren Basis bessere Entscheidungen zu treffen. Dafür muss er über ein tiefgreifendes Verständnis für intelligente Systeme und digitale Instrumente, wie Marktforschungs- und Lieferantenbewertungstools, für E- Sourcing, ‚Smart Contracts‘, VR und AR verfügen. Diese helfen ihm, die Potenziale von Big Data Analytics auszuschöpfen. Die Digitalisierung des Beschaffungsportfolios hat zur Folge, dass Produkte, Komponenten und Maschinen mit intelligenter Technologie ausgestattet werden. Diese höchst technischen Beschaffungsgüter zeichnen sich durch ein beachtliches Marktrisiko sowie durch potenzielle Abhängigkeiten aus, womit die Beschaffung künftig konstant und proaktiv nach innovativen Produktlösungen suchen muss. Ferner sind seine Fähigkeiten im Bereich der Dienstleistungsbeschaffung, insbesondere im Bereich IT und Softwarelösungen, hervorzuheben, die in Zukunft einen großen Anteil am Beschaffungsvolumen ausmachen werden. Dazu gehören der Umgang mit Nutzungsrechten, Lizenzen, Datenschutz sowie die Definition von SLAs. Make-or-Buy-Entscheidungen müssen in Zukunft wieder detaillierter und vor allem in crossfunktionalen Teams diskutiert werden, um geeignete Lösungen zu finden. ‚Innovation Scouting‘ und die Förderung gemeinsamer Innovationsprojekte werden in diesem Zusammenhang zu einer Kernkompetenz der Beschaffung. Für das Führen solcher Projekte zeichnet sich der digitale Netzwerkcoach und Berater neben einem ausgeprägten Verhandlungsgeschick vor allem durch den geschickten Einsatz von Beratungs-, Coaching-, Problem- und Konfliktlösungstechniken aus. Mit der zunehmenden Globalisierung wird auch die Entwicklung eines Global Mindsets nach Mello (2017) für den Umgang mit verschiedenen Kulturen ausschlaggebend. Dieser erleichtert ihm den Umgang mit Diversität und kulturellen Unterschieden, was in globalisierten Wertschöpfungsnetzwerken eine Schlüsselkompetenz darstellt. In seiner Rolle als Innovationsförderer muss er neben Projektmanagementmethoden auch mit diversen Lern- und Innovationstechniken vertraut
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sein. Der digitale Berater und Netzwerkcoach zeichnet sich durch ein hohes Maß an Initiative und Gestaltungswillen aus. Er plant, denkt strategisch sowie ganzheitlich und eignet sich gerne neues Wissen an. Seine analytischen Fähigkeiten helfen ihm zudem dabei, Probleme und deren Folgen angemessen zu beurteilen und dadurch richtige Entscheidungen zu treffen. Er ist offen, pflichtbewusst sowie loyal und gestaltet die gesamte Supply Chain aktiv mit. Er verfügt über Führungskompetenzen und besitzt Kenntnisse im Changemanagement. Besondere Anforderungen werden an seine sozial-kommunikativen Fähigkeiten gestellt. Durch seine Kommunikations-, Kooperations-, Integrations- und Teamfähigkeiten ist es ihm möglich, nachhaltige Partnerschaften aufzubauen, die auf gegenseitigem Vertrauen beruhen. Dies wird nicht ohne ein hohes Maß an interner sowie externer Kundenorientierung möglich sein. Seine Rolle wird für die gesamte Unternehmung zunehmend an Bedeutung gewinnen und seine Führungskompetenzen werden die Wettbewerbsfähigkeit der Supply Chain maßgeblich beeinflussen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Beschaffung mit diesen drei neuen Rollen den Anforderungen der Industrie 4.0 nach Effektivität und einem hohen Servicelevel, nach Effizienz und Schnelligkeit sowie nach Nachhaltigkeit und Versorgungssicherheit gerecht werden kann. Die strategische Relevanz aller drei Kom petenzprofile wird mit der Digitalisierung zunehmen. Dies führt dazu, dass unternehmerisches und bereichsübergreifendes Denken in Zukunft konsequent von allen drei Rollenbildern gefordert werden. Die Beschaffung muss künftig auch Sachverhalte kritisch hinterfragen, die außerhalb ihres definierten Tätigkeitsfelds liegen, sowie nachhaltige und vor allem ganzheitliche Lösungen erarbeiten. Die Beschaffung der Zukunft muss Führungsqualitäten vorweisen. Sie muss offen für Veränderung sein, Innovation aktiv vorantreiben und ständig dazulernen. Sie muss ganzheitlich sowie strategisch denken, um als Projektleiterin Verantwortung übernehmen und crossfunktionale Teams im Bereich Netzwerkplanung, Risikomanagement und Prozess- sowie Systemmanagement führen zu können. Planungsverhalten, Konzeptionsstärke, Organisationsfähigkeit und Beurteilungsvermögen sind nur einige Fähigkeiten, die verstärkt Einzug in die Beschaffung finden müssen. Als Schnittstellenmanagerin und Beraterin werden in der Beschaffungsfunktion nicht nur Fach- und Marktwissen, sondern auch interdisziplinäre Fähigkeiten benötigt. Dies beinhaltet unter anderem ausgeprägte sozial-kommunikative Kompetenzen, die in Zukunft noch stärker gefordert werden. Zudem muss sie ein ‚Global Mindset‘ entwickeln, um die kulturelle Vielfältigkeit in globalisierten Netzwerkkooperationen aktiv managen zu können. Für die Beschaffung 4.0 ist ferner ein differenziertes Verständnis für 4.0-Applikationen, Cloud Services und intelligente Tools auf Basis von Big Data vonnöten. Datenhandhabung und Dateninterpretation werden neben der Fähigkeit, neue Systeme, Technologien und Konzepte der digitalisierten Welt zu verstehen und sich in virtuellen Kommunikations- und Kooperationsräumen zurechtzufinden, zu weiteren Schlüsselkompetenzen. Die Beschaffung muss stets die Hoheit über solche Technologien behalten, um sie gewinnbringend einsetzen können. Interessanterweise hat sich gezeigt, dass sich die drei Kompetenzfelder in Zukunft einander annähern werden. Obwohl jedes der drei Profile spezifische Fachund Methodenkompetenzen erfordert, zeigte sich bei jedem Kompetenzprofil eine
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erhöhte Forderung nach sozial-kommunikativen sowie digitalen Kompetenzen. Dies verkörpert den Anspruch der internen sowie externen Vernetzung und führt zum Schluss, dass die erfolgreiche Ausübung der Beschaffungsfunktion maßgeblich von der Fähigkeit abhängen wird, in crossfunktionalen Teams zusammenzuarbeiten. Das Ziel dieses Buches bestand darin, aktuelle und zukünftige Kompetenzanforderungen in der Beschaffung miteinander zu vergleichen und daraus einen Handlungsbedarf aufzuzeigen. Dies wurde weitgehend erfüllt. Mithilfe der Untersuchung der aktuellen Aufgaben konnte ein detailliertes Verständnis für den Beschaffungsprozess und die dazugehörigen Anforderungen sowie Kompetenzen geschaffen werden. Dies schaffte eine Vergleichsbasis und erleichterte dadurch die Klassifizierung der Veränderungen, die sich aufgrund der Digitalisierung in der Beschaffung ergeben werden. Die erste große Herausforderung dieses Werks bestand in der Entwicklung eines Kompetenzmodells, das den Ansprüchen dieser Studie gerecht wurde. Dies beinhaltete die Konstruktion eines Modells, das es erlaubt, generische Kompetenzen und Anforderungen aus Aufgaben abzuleiten, die in Fachliteratur und Trendstudien beschrieben werden. Um ganzheitliche Kompetenzprofile erstellen zu können, war nicht nur die detaillierte Definition von Fach- und Methodenkompetenzen entscheidend, sondern auch die Ergänzung durch Soft Skills. Die Analyse sollte ferner sowohl für die wissenschaftliche Einschätzung der gegenwärtigen als auch der zukünftigen Situation verwendet werden können. Zudem sollte sich diese Methode nicht nur für die Analyse von beschaffungsspezifischen Aufgaben als brauchbar erweisen, sondern auch einfach auf die Untersuchung anderer Fachbereiche übertragen lassen und somit ein wertvolles Instrument für zukünftige Analysen darstellen. Die eigenständig entwickelte AKEK-Methode kombiniert zwei verschiedene Modelle: die induktive DACUMs-Aufgaben- und Anforderungsanalyse und das deduktive KODE®-Verfahren. Diese Kombination ermöglicht es, ganzheitliche Kompetenzprofile zu erstellen, die sowohl harte als auch weiche Kompetenzen umfassen. Anlässlich des begrenzten Umfangs dieses Buchs konnten leider nicht alle Aufgabenbereiche untersucht werden. Vor allem im Bereich der Entwicklung von Beschaffungsstrategien und im Bereich des Beschaffungscontrollings greift es zu kurz. Um ein vollständiges Bild der zukünftigen Beschaffungsfunktion geben zu können, wäre es zielführend, weitere Studien anzusetzen. Zusätzlich ist anzumerken, dass zwischen Theorie und Praxis häufig große Unterschiede bestehen und die Aufgaben- und Anforderungsanalyse mithilfe von Fachliteratur nur bedingt für die Praxis relevant ist. Um einen verstärkten Praxisbezug herstellen zu können, wäre eine Ergänzung durch Fachexperten und Stelleninhaber wünschenswert (wie dies bei der ursprünglichen DACUM-Methode vorgeschlagen wird). Zudem hat sich gezeigt, dass die Kompetenzableitung – trotz der wissenschaftlichen Aufgaben- und Anforderungsanalyse – zum Teil sehr subjektiv erfolgte. Hier wäre ein aussagekräftigeres Resultat möglich, wenn die Ableitung von Kompetenzen und Anforderungen im Team erfolgen würde oder wenn eine Diskussion mit zumindest einem Experten erfolgt wäre. Nichtsdestotrotz wird die vorgeschlagene Methodik den Zielen dieses Buchs gerecht. Die Ergebnisse bilden eine gute Ausgangslage, auf deren Basis die
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künftigen Kompetenzanforderungen für die Beschaffungsmanager 4.0 erstellt werden können. Sie bildet zudem den Ausgangspunkt für die Erarbeitung eines Maßnahmenplans zur Stärkung der Beschaffungsfunktion im Rahmen der Digitalisierung, insbesondere, da sich deutlich zeigte, dass der Einkauf noch einiges aufzuholen hat, um seine visionäre Rolle als Innovationsmotor in der Supply Chain der Zukunft wahrnehmen zu können.
Literatur Hahn, D. (2000). Problemfelder des Supply Chain Management. In H. Wildemann (Hrsg.), Supply Chain Management (S. 9–19). München: TCW. Mello, R. (2017). Die Eigenschaften des Global Mindsets im Kontext der New Supply Chain Agenda. In E. Fröhlich & A. Karlshaus (Hrsg.), Personalentwicklung in der Beschaffung. Best Practices aus Theorie und Praxis (S. 27–50). Berlin: Springer Gabler. Stölzle, W., & Heusler, K. F. (2005). Implementierung von Supply Chain Management – Ressourcenorientierte Ableitung eines konzeptimmanenten Kompetenzprofils. In M. Essig (Hrsg.), Perspektiven des Supply Management. Konzepte und Anwendungen (S. 199–236). Berlin/Heidelberg: Springer.
Anhang
Die folgende Tabelle zeigt die Definitionen der 64 Schlüsselkompetenzen des KODE®-Modells (eigene Darstellung, angelehnt an: Heyse 2017, S. 249).
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Schlüsselkompetenz Akquisitionsstärke Analytische Fähigkeiten Anpassungsfähigkeit Ausführungsbereitschaft Beharrlichkeit Belastbarkeit Beratungsfähigkeit Beurteilungsvermögen Beziehungsmanagement
12 13 14 15 16 17
Delegieren Dialogfähigkeit/ Kundenorientierung Disziplin Eigenverantwortung Einsatzbereitschaft Entscheidungsfähigkeit Ergebnisorientiertes Handeln Experimentierfreude
18
Fachliche Anerkennung
19
Fachübergreifende Kenntnisse Fachwissen Fleiß
20 21
Definition Fähigkeit, andere für Aufgaben und Produkte zu werben Fähigkeit, Sachverhalte und Probleme zu durchdringen Fähigkeit, sich Mensch und Verhältnissen anzupassen Fähigkeit, Handlungen gut und gern auszuführen Fähigkeit, beharrlich zu handeln Fähigkeit, unter äußerer und innerer Belastung zu handeln Fähigkeit, Menschen und Organisationen zu beraten Fähigkeit, Sachverhalte zutreffend zu beurteilen Fähigkeit, persönliche und arbeitsbezogene Beziehungen zu gestalten Fähigkeit, Aufgaben sinnvoll zu verteilen Fähigkeit, sich auf andere (u. a. Kunden) im Gespräch einzustellen Fähigkeit, in gebilligter Disziplin zu handeln Fähigkeit, verantwortlich zu handeln Fähigkeit, mit vollem Einsatz zu handeln Fähigkeit, Entscheidungen unverzüglich zu treffen Fähigkeit, an Ergebnissen orientiert zu handeln Fähigkeit, in neuen Situationen zu probieren, neuartig zu handeln Fähigkeit, eigenes fachliches Können sowie das anderer sachlich anzuerkennen Fähigkeit, fachübergreifende Kenntnisse einbeziehend zu behandeln Fähigkeit, neustes Fachwissen einbeziehend zu behandeln Fähigkeit, konzentriert und unermüdlich zu handeln
© Springer-Verlag GmbH Deutschland, ein Teil von Springer Nature 2020 E. Hofmann, F. Staiger, Beschaffungskompetenzen 4.0, Advanced Purchasing & SCM 7, https://doi.org/10.1007/978-3-662-61838-7
187
Anhang
188 22
Folgebewusstsein
23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34 35 36
Ganzheitliches Denken Gestaltungswille Gewissenhaftigkeit Glaubwürdigkeit Hilfsbereitschaft Humor Impuls geben Initiative Innovationsfreudigkeit Integrationsfähigkeit Kommunikationsfähigkeit Konfliktlösungsfähigkeit Konsequenz Konzeptionsstärke
37 38
Kooperationsfähigkeit Lehrfähigkeit
39 40 41
Lernbereitschaft Loyalität Marktkenntnisse
42 43 44 45
Mitarbeiterförderung Mobilität Normativ-ethische Einstellung Offenheit für Veränderungen
46 47
Optimismus Organisationsfähigkeit
48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58
Pflichtgefühl Planungsverhalten Problemlösungsfähigkeit Projektmanagement Sachlichkeit Schlagfertigkeit Schöpferische Fähigkeit Selbstmanagement Soziales Engagement Sprachgewandtheit Systematisch-methodisches Vorgehen Tatkraft
59
Fähigkeit, die Folge von Entscheidungen voraussehend zu erkennen Fähigkeit, ganzheitlich zu denken und handeln Fähigkeit, etwas willensstark zu gestalten Fähigkeit, gewissenhaft zu handeln Fähigkeit, glaubwürdig zu handeln Fähigkeit, anderen Hilfe zu leisten Fähigkeit, sich „von außen“ und relativierend zu betrachten Fähigkeit, anderen Handlungsanstöße zu vermitteln Fähigkeit, Handlungen aktiv zu beginnen Fähigkeit, Neuerungen gern anzugehen Fähigkeit, mit anderen erfolgreich zusammenzuwirken Fähigkeit, mit anderen erfolgreich zu kommunizieren Fähigkeit, auch unter Konflikten erfolgreich zu handeln Fähigkeit, folgegerichtet zu handeln Fähigkeit, sachlich gut begründete Handlungskonzepte zu entwickeln Fähigkeit, gemeinsam mit anderen erfolgreich zu handeln Fähigkeit, anderen Wissen und Erfahrungen erfolgreich zu vermitteln Fähigkeit, gerne und erfolgreich zu lernen Fähigkeit, redlich zu handeln Fähigkeit, sich Marktkenntnisse zu erarbeiten und entsprechend zu handeln Fähigkeit, Mitarbeiter zu fördern Fähigkeit, geistig/körperlich beweglich zu handeln Fähigkeit, ethisch zu handeln Fähigkeit, Veränderungen als Lernsituation zu verstehen und entsprechend zu handeln Fähigkeit, zuversichtlich zu handeln Fähigkeit, organisatorische Aufgaben aktiv und erfolgreich zu bewältigen Fähigkeit, verantwortungsbewusst zu handeln Fähigkeit, vorausschauend und planvoll zu handeln Fähigkeit, Problemlösungen erfolgreich zu gestalten Fähigkeit, Projekte erfolgreich durchzuführen Fähigkeit, sachbezogen zweckmäßig zu handeln Fähigkeit, schlagfertig zu antworten Fähigkeit, schöpferisch (kreativ) zu handeln Fähigkeit, das eigene Handeln zu gestalten Fähigkeit, sozial tatkräftig zu handeln Fähigkeit, zu geschmeidigem Sprechhandeln Fähigkeit, Handlungsziele systematisch-methodisch zu verfolgen Fähigkeit, tatkräftig zu handeln
Anhang 60 61
Teamfähigkeit Verständnisbereitschaft
62
Wissensorientierung
63 64
Zielorientiertes Führen Zuverlässigkeit
189 Fähigkeit, in und mit Teams erfolgreich zu arbeiten Fähigkeit, andere zu verstehen und sich verständlich zu machen Fähigkeit, ausgehend vom neusten Wissensstand zu handeln Fähigkeit, andere auf Ziele hin zu orientieren Fähigkeit, zuverlässig zu handeln
Literatur Heyse, V. (2017). KODE® und KODE®X – Kompetenzen erkennen, um Kompetenzen zu entwickeln und zu bestärken. In J. Erpenbeck, L. von Rosenstiel, S. Grote, & W. Sauter (Hrsg.), Handbuch Kompetenzmessung. Erkennen, verstehen und bewerten von Kompetenzen in der betrieblichen, pädagogischen und psychologischen Praxis (3., überarb. u. erw. Aufl., S. 245–273). Stuttgart: Schäffer-Poeschel.