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German Pages 141 [192] Year 1914
DEUTSCHER VEREIN FÜR KUNSTWISSENSCHAFT EINGETRAGENER VEREIN
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DRITTER BERICHT ÜBER DIE DENKMÄLER DEUTSCHER KUNST
BERLIN 1914 IN KOMMISSIONSVERLAG BEI GEORG REIMER
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PROGRAMM DER DENKMÄLER DER DEUTSCHEN KUNST. § i. Die »Denkmäler der deutschen Kunst« sind eine Quellensammlung der deutschen Kunstgeschichte, in der die kunstgeschichtlich wichtigen Denkmalgruppen methodisch veröffentlicht, werden. § 2Die Bearbeitung hat das ganze Material der einzelnen Denkmälergruppen zu benutzen und daraus bei anzustrebender Vollständigkeit alles für das gegebene wissenschaftliche Problem Bedeutende zu veröffentlichen. § 3Die bildlichen Reproduktionen werden von einem Kommentar begleitet. Derselbe enthält ergänzende Beschreibungen (z. B. der technischen Beschaffenheit, der Restaurierungen usw.), ferner alles, was über die Entstehung nach Ort und Zeit, Künstler und Auftraggeber durch äußere Daten und Kritik festgestellt werden kann. §4Die Wiedergabe erfolgt durch photographische Reproduktionsverfahren, deren Wahl durch die Beschaffenheit und Bedeutung des Denkmals bestimmt wird. Im Format sollen die Publikationen einheitlich sein, in unabweisbaren Fällen sind Ausnahmen gestattet. § 5Als Denkmal der deutschen Kunst ist nicht allein das zu verstehen, was in den Grenzen des jetzigen Deutschen Reiches entstanden ist, sondern jedes Denkmal, welches das künstlerische Schaffen der deutschen Nation zum Ausdruck bringt oder damit in unmittelbarem Zusammenhang steht. (Näheres in der Einteilung des Denkmälerwerkes.) § 6.
Die Gruppierung der Denkmäler erfolgt nach chronologischen und sachlichen Gesichtspunkten unter steter Berücksichtigung der stilistischen Zusammengehörigkeit. Nach diesen Gesichtspunkten werden der folgenden Einteilung gemäß vier Sektionen gebildet mit einer Reihe von Unterabteilungen. Den Leitern der einzelnen Abteilungen steht es frei, eine weitere Gliederung ihrer Abteilungen vorzuschlagen. §
Die Durchführung der Arbeiten wird der Denkmälerkommission übertragen, deren Einrichtung auf Grund einer eigenen Geschäftsordnung erfolgt.
EINTEILUNG DES DENKMÄLERWERKES. I. S E K T I O N .
ARCHITEKTUR.
1. Abteilung: Sämtliche Architekturen der Völkerwanderungszeit auf dem ganzen Gebiete der nationalen Kulturen. 2. Abteilung: Der karolingische Kirchenbau. 3. Abteilung: Der Kirchenbau unter den Ottonen, Saliern und Hohenstaufen (auf dem Gebiete des alten Deutschen Reiches, mit Ausnahme von Burgund, was auch für die folgenden Abteilungen dieser Sektion gilt). 4. Abteilung: Der Kirchenbau von dem Ausgange der Hohenstaufen bis zum Eindringen der Renaissance. 5. Abteilung: Der Kirchenbau vom Aufhören der Renaissance bis zum Dreißigjährigen Kriege. 6. Abteilung: Der Kirchenbau des X V I I . und X V I I I . Jahrhunderts nach Territorien und Künstlern. 7. Abteilung: Der Profanbau des Mittelalters und der Neuzeit. II. S E K T I O N .
SKULPTUR.
1. Abteilung: Sämtliche dekorativen und monumentalen Skulpturen der VölkerWanderungszeit auf dem ganzen Gebiete der nationalen Kulturen. 2. Abteilung: Sämtliche monumentalen Skulpturen auf dem ganzen Gebiete des karolingischen Reiches. 3. Abteilung: Korpus aller monumentalen Skulpturen von den Ottonen bis zum Eindringen der Gotik (auf dem ganzen Gebiete des alten Deutschen Reiches, mit Ausnahme von Burgund, was auch für die folgenden Abteilungen dieser Sektion gilt). 4. Abteilung: Korpus der karolingischen, ottonischen und romanischen Elfenbeine. 5. Abteilung: Gotische monumentale Plastik. 6. Abteilung: Die monumentale Skulptur der Renaissance nach Territorien und Meistern. 7. Abteilung: Die Kleinplastik der Renaissance. 8. Abteilung: Die Barock- und Rokokoskulpturen nach den Territorien und Meistern.
Einteilung des Denkmälerwerkes.
III. S E K T I O N .
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MALEREI.
1. Abteilung: Sämtliche Handschriften-Illustrationen und -Ornamente der Völkerwanderungszeit (merowingische, irische, angelsächsische, westgotische, longobardische), und was sich von monumentalen Malereien und Fußbodenmosaiken aus dieser Zeit erhalten hat. 2. Abteilung: Korpus der karolingischen Miniaturen und Wandmalereien. 3. Abteilung: Korpus der ottonischen und romanischen Wandmalereien (auf dem Gebiete des alten Deutschen Reiches, mit Ausnahme von Burgund, was auch für die nächsten Abteilungen gilt). 4. Abteilung: Ottonische und romanische Miniaturen. 5. Abteilung: Gotische Wandmalereien und Glasgemälde. 6. Abteilung: Verzeichnis aller illustrativen Zyklen vom Eindringen der Gotik bis zum X V I . Jahrhundert und deren Entwicklung. 7. Abteilung: Deutsche Tafelbilder bis zur Mitte des X V I . Jahrhunderts
nach
Territorien und Meistern. 8. Abteilung: Deutsche Handzeichnungen derselben Periode. 9. Abteilung: Beschreibendes Verzeichnis aller deutschen Holzschnitt- und Buchillustrationen, nach den Offizinen, Städten und Meistern geordnet. 10. Abteilung: Die deutsche Malerei von der Mitte des X V I . bis zu Beginn des X I X . Jahrhunderts in territorialen Gruppen und nach Meistern. IV. S E K T I O N .
KUNSTGEWERBE.
1. Abteilung: Kunstgewerbliche Gegenstände der Völkerwanderungszeit,
Gräber-
funde und Kunstschätze. 2. Abteilung: Korpus der karolingischen und ottonischen Goldschmiedearbeiten. 3. Abteilung: Kunstgewerbe der romanischen und gotischen Zeit in stofflicher, chronologischer und territorialer Gruppierung. 4. Abteilung: Kunstgewerbe der neueren Zeit in stofflicher, chronologischer und territorialer Gruppierung.
MITGLIEDER DER DENKMÄLERKOMMISSION. I. Vorsitzender des Vereins und der Kommission: Bode. I. Schriftführer des Vereins und der Kommission: Koetschau. I. Schatzmeister des Vereins: Eduard Simon. ABTEILUNGSLEITER. I. SEKTION.
I. bis 6. Abteilung: Dehio, v . Bezold. 7. Abteilung: Clemen. II. SEKTION.
I. bis 5. Abteilung: Goldschmidt. 6. bis 8. Abteilung: Bode, Hager. III. SEKTION.
I. bis 3., 5. und 6. Abteilung: Dvorak. 4. Abteilung: Swarzenski. Friedländer. 9. Abteilung: Kautzsch. 10. Abteilung: Weizäcker. IV. SEKTION.
1. Abteilung: Koetschau. 2. und 3. Abteilung: v. Falke 4. Abteilung: Graul, Koetschau.
A. BERICHTE ÜBER DIE ARBEITEN AN DEN DENKMÄLERN DEUTSCHER KUNST
I. SEKTION.
Kunstwissenschaft III.
ARCHITEKTUR.
6. A B T E I L U N G :
KIRCHENBAU DES 17. UND 18. JAHRHUNDERTS. BERICHT, ERSTATTET VON DEM ABTEILUNGSLEITER DR. GUSTAV VON BEZOLD UND DEM BEARBEITER DR. THEODOR DEMMLER.
I
m
Jahre
1912
habe
ich
die
allgemeinen
Studien
über
die
deutschen
Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts fortgesetzt, namentlich Westdeutschland
in den Kreis meiner Betrachtungen gezogen und eine Reise nach diesen Gegenden gemacht. Die Bautätigkeit war hier weniger umfassend, als in Süddeutschland und Osterreich, und fest umgrenzte Schulen haben sich nicht ausgebildet.
Einzelne große
Meister wie die beiden Neumann, Stengel und Welsch, der indes im Kirchenbau wenig tätig war, haben da und dort Bedeutendes geschaffen, aber von ihren W e r k e n sind nur geringe Anregungen auf die U m g e b u n g ausgegangen. Anderseits bin ich den Zusammenhängen der frühen deutschen B a r o c k b a u t e n mit Italien nachgegangen.
Es handelt sich hier weniger u m die Ausgänge oder die
Schulzugehörigkeit der größeren Meister, welche wie Santino Solari aus Italien nach Deutschland kamen oder Deutsche, welche wie Fischer von Erlach in Italien ganz oder teilweise ihre Ausbildung gefunden haben, als um das Eindringen der Stilbewegung in die südlichen Alpentäler, w o sie verflacht, und ihr Ausströmen v o n da nach Süddeutschland, dessen Träger Baumeister und Dekoratoren aus dem Tessin, aus Graubünden und dem Etschland waren, und u m das Erstarken des R a u m - und F o r m gefühls an den größeren Aufgaben, welche in den süddeutschen Klöstern gestellt wurden.
Vorarbeiten, die wissenschaftlichen Anforderungen genügen, fehlen, m a n
muß die Arbeit geradezu v o n v o r n beginnen. Ich habe im Herbst eine Orientierungsreise durch das westliche Oberitalien gemacht, bin aber bis j e t z t noch nicht zu festen Ergebnissen gelangt, namentlich h a t sich die Erwartung, d a ß die Kirchen v o n Turin wesentliche Aufschlüsse geben würden, als irrig erwiesen. Die Aufnahmen der B a u t e n Johann Michael Fischers und seiner Münchener Zeitgenossen wurden durch Regierungsbaumeister K ä b fortgesetzt.
Die im Jahre
1911 aufgenommenen Kirchen in Aufhauseil, Ingolstadt und Niederaltaub wurden
12
Die Barockkirchen.
zeichnerisch aufgetragen; die K i r c h e n S. A n n a (Damenstift) in München, Murnau, Bergkirchen und Sandizell sind in A u f n a h m e und Zeichnung fertiggestellt; die von N e u s t i f t bei Freising, Berbling, Egling und Seligenthal bei L a n d s h u t sind gemessen, aber noch nicht gezeichnet.
Die Hoffnung, die A r b e i t e n an dem ersten Teil im Jahre 1913 zum A b s c h l u ß bringen zu können, h a t sich leider nicht erfüllt, weil der Bearbeiter Dr. Demmler, durch seine dienstlichen A u f g a b e n a m Kaiser-Friedrich-Museum stark in Anspruch genommen, dem Verein nur wenig Zeit widmen konnte. Dieser h a t erklärt, d a ß er zwar die v o n ihm begonnene A r b e i t fertigstellen wird, aber weiterhin nicht mehr für die A b t e i l u n g tätig sein kann. E r h a t die Arbeiten sorgfältig und umsichtig betrieben, und ich bedauere seinen Austritt, kann aber in W ü r d i g u n g der Verhältnisse kein Hindernis in den W e g legen.
ihm
A n seine
Stelle ist Dr. M a x H a u t t m a n n in München getreten, der schon auf dem Gebiet der Architekturgeschichte des B a r o c k gearbeitet h a t und eine ausgedehnte
Kenntnis
der Denkmäler besitzt. Die zeichnerischen A u f n a h m e n für den ersten Teil der bayerischen sind abgeschlossen, und es wurden die für den zweiten Teil begonnen.
Kirchen
Außerdem
wurden photographische A u f n a h m e n kleinerer Kirchen gemacht. Die Verlagsverhandlungen konnten nicht weitergeführt werden, weil der U m f a n g des T e x t e s noch nicht feststeht. e t w a 80 T a f e l n notwendig.
A n Zeichnungen und Photographien werden
Uber den Stand der wissenschaftlichen
berichtet im folgenden mein Mitarbeiter.
Bearbeitung
B e z o 1 d.
Während des Jahres 1912 standen für die Arbeit an Ort und Stelle drei Monate zur Verfügung.
Sie waren zum größeren Teil Archivstudien gewidmet.
Die Durch-
sicht der A k t e n , die in fünf Münchener Archiven, ferner in Landshut und N e u b u r g sowie in den Pfarregistraturen a u f b e w a h r t werden, konnte mit wenigen Ausnahmen beendigt werden.
Die Zahl der dabei berücksichtigten Kirchen beträgt zurzeit 34.
D a v o n sind sieben im Jahr 1912 neu hinzugekommen. Die kunstgeschichtliche Ausbeute der Archive ist im Verhältnis zu der Menge des erhaltenen Materials gering.
Sie ist es besonders bei den hervorragenden Kloster-
kirchen, deren wertvollste Dokumente bei der Säkularisation gangen sind.
(1803) verloren ge-
W e n n nicht noch Zufallsfunde die bisherigen Ergebnisse ergänzen, so
werden wir des öfteren auf den urkundlichen Nachweis des Autornamens zu verzichten und die B a u w e r k e nur nach ihrer Stelle in der baugeschichtlichen E n t w i c k lung aufzunehmen haben. Dabei bietet die Abgrenzung der zunächst in Angriff ge-
Die Barockkirchen.
13
nommenen Gruppe, also der Bauten von Johann Michael F i s c h e r , mehr Schwierigkeiten, als die ungefähr gleichzeitigen Kirchen, die auf Dominicus Zimmermann und auf Joseph Schmuzer zurückgehen. Architekt und nur Architekt.
Fischer ist in höherem Maß als j ene beiden
Aber er hat seine eigentümlichen Ideen nicht selten
älteren Plangestaltungen angepaßt oder eingefügt; und in der Dekoration sehen wir die verschiedensten Meister mit ihm zusammenarbeiten. So kommt es, daß seine Hand nicht immer leicht kenntlich ist. über den bisherigen Stand
In Ottobeuren, wo es besonders erfreulich wäre,
der Forschung um ein wesentliches Stück
hinauszu-
kommen, hat die Untersuchung der Quellen bisher für Fischer noch wenig, und um so mehr für einen anderen, bisher wenig hoch gestellten Meister Simpert Kramer ergeben, den wir als den Erbauer von Roggenburg anzusehen haben. Zu der Frage nach Fischers künstlerischem Ausgangspunkt ist trotz aller Mühe noch wenig Material zutage gefördert.
Sicher ist soviel, daß der Meister, der erst
mit etwa 31 J a h r e n sich in München niederließ, niemals ein besoldetes A m t bekleidet hat; und dies trotz seiner nahen verwandtschaftlichen Beziehungen zu Baumeistern des Hofes und der Stadt.
Das Ansehen, das dieser Privatarchitekt schon früh genoß,
und das ihm von nah und fern die verantwortungsvollsten Aufträge verschaffte, fällt um so mehr ins Gewicht. Die Bearbeitung der alten Pläne, die sich in München, Ottobeuren und Stuttgart (Altertümersammlung)
erhalten haben, ist in Angriff genommen.
Welche
Be-
deutung den einzelnen Stücken in der Baugeschichte unserer Kirchen zukommt, wird sich erst bestimmen lassen auf Grund eines Vergleichs mit den im Auftrag des Vereins gemachten Aufnahmen der Gebäude selbst.
Im J a h r 1 9 1 3 konnte die Arbeit an der Fischer-Gruppe der Rokokokirchenbauten leider nicht zum Abschluß gebracht werden.
Der Grund liegt nicht bloß
in der verhältnismäßig kurzen Zeit von zwei Monaten, die mir an Ort und Stelle zur Verfügung stand, sondern an der Eigenart des weit verstreuten Materials selbst. Der glückliche Fund einer großen Anzahl von Originalrissen für Ottobeuren, die Adolf Feulner im Archiv des Historischen Vereins Ingolstadt zutage förderte und im Münchener J a h r b u c h zum Teil veröffentlichte, hat nicht nur unsern Einblick in die Entstehung dieses großartigsten Rokokokirchenbaus in ungeahnter Weise bereichert, sondern auch den Anteil von E f f n e r
und
vor
allem
von
Simpert
K r a m e r , klargestellt, auf dessen Bedeutung ich auf Grund der Stellen im Diarium Ruperti und anderer Quellen schon vorher hinwies.
Auch f ü r Zwiefalten, Ingol-
stadt, Aufhausen (Oberpfalz), Niederalteich konnte das Material an Ort und Stelle ergänzt werden. bayern
Zu den frühen Werken Fischers ist O s t e r h o f e n
hinzugekommen.
in Nieder-
Die archivalische Nachforschung hat für die dortige
Die Barockkirchen.
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Prämonstratenserkirche wie auch für F ü r s t e n z e l l bei Passau, auf die mich Adolf Feulner hinwies, die volle Bestätigung von Fischers Autorschaft ergeben.
Auch
indem jetzt österreichischen S c h ä r d i n g ist er tätig gewesen. — Um die Gruppen richtig abzugrenzen, erscheint eine Vergleichung der hauptsächlichsten Werke, die vor und mit den Fischerschen Bauten entstanden, und deren Herausgabe j a ebenfalls im Plan des Vereins liegt, unerläßlich.
Die vorläufige Zusammenstellung dieser
Kirchen ist begonnen und wird in den ersten Monaten des Jahres 1914 zu Ende geführt werden können. Ihre Kenntnis wird nicht nur dem Abschnitt über Fischer eine sichere Grundlage geben, sondern die endgültige Einteilung der ganzen Publikation soweit fördern, daß mit der Herausgabe eines beliebigen Kapitels begonnen werden kann, ohne den späteren Ergebnissen vorzugreifen. Zu dem Kreis der Fischer nahestehenden Bauten sind noch einige kleinere hinzugekommen,
die die archivalische Bearbeitung bisher nicht
berücksichtigte.
Bei andern, die schon früher, ebenfalls aus stilistischen Gründen, eingereiht waren, werden die Nachforschungen noch weiter ausgedehnt.
Leider hat der Bearbeiter
an einer einzigen — nicht amtlichen — Stelle, wo zuverlässigen Nachrichten zufolge Archivalien über mindestens zwei Fischer-Bauten und über Fischers Persönlichkeit aufbewahrt werden, nicht das Entgegenkommen gefunden, das ihm sonst überall zuteil wurde: alle seine Anfragen blieben unbeantwortet. es gelingt, auch diese Quelle noch zu erschließen.
Es steht zu hoffen, daß
Bei der Ungleichartigkeit und
vielfach auch Dürftigkeit der erhaltenen Pläne und schriftlichen wenigstens das Erreichbare vollständig dargeboten werden.
Quellen sollte
Auch dann noch wird
bei manchem hervorragendem Bauwerk die Gruppenzugehörigkeit im wesentlichen auf stilistische Merkmale zu begründen sein.
Auf die vollständige Herstellung des
Fischerschen Gesamtwerkes muß verzichtet werden.
Die Aufgabe der Quellenpubli-
kation kann nur darin erblickt werden, die für die Stilentwicklung Kirchen nach ihrer Verwandtschaft vorzuführen.
wichtigsten
Auch unter den jetzt bekannten
Werken des Münchener Meisters befinden sich schlichte Gelegenheitsarbeiten, denen mit einer kurzen Charakteristik volle Gerechtigkeit widerfährt. D e m m 1 e r.
Die Kaiserpfalzen.
15
7. A B T E I L U N G :
DIE MITTELALTERLICHEN PROFANBAUTEN. DIE KAISERPFALZEN. BERICHT, E R S T A T T E T V O N DEM A B T E I L U N G S L E I T E R GEH. REG.-RAT PROF. DR. PAUL
CLEMEN.
Mit 4 Abbildungen.
I
n den Jahren 1912 und 1913 sind zunächst die Arbeiten und Untersuchungen an den Pfalzen zu Aachen, Ingelheim und Nymwegen weiter gefördert worden.
Die
im Frühjahr 1912 zu einem vorläufigen Abschluß gekommenen Arbeiten an der K a i s e r p f a l z z u A a c h e n , über die die beiden in dem letzten Jahresbericht (S. 23 u. 28) veröffentlichten Pläne eine Ubersicht geben, sind noch im Herbst dès Jahres wieder aufgenommen worden und haben im Herbst des Jahres 1913 ihre Fortsetzung gefunden. Die überraschende Aufdeckung von Anlagen, die ohne Zweifel der Pfalz Karls des Großen vorangegangen und wohl noch als fränkisch und merowingisch anzusprechen sind, hatte die weitere Verfolgung der hier angeschnittenen Mauerzüge notwendig gemacht.
Schon vor einem Jahrzehnt waren bei den Arbeiten
für die Kanalisation in der Mitte des Chorusplatzés und in der'zwischen dem Stiftsgebäude und dem Erweiterungsbau des Rathauses gelegenen Straße breite Mauern angeschnitten worden, die sich scheinbar unterhalb der Fundamente des karolingischen Ganges hinzogen, der die Aula Regia, das spätere Rathaus, mit der Pfalzkapelle verband.
Weiter waren schon bei dem Ausbau der Südseite des Rathauses
vor zwei Jahrzehnten Fundamente aufgedeckt worden, die in östlicher Richtung verliefen und jenseits des viereckigen Granusturmes unterhalb des Straßenniveaus wieder aufgefunden, wurden.
Endlich aber waren die aus zwei verschiedenen Zeiten
stammenden Anlagen, die sich unterhalb der karolingischen und merowingischen Baugruppe hinzogen, so umfangreich und von solcher Bedeutung, daß ihre weitere Verfolgung sich als unumgänglich notwendig erwies. Im Frühjahr 1913 wurde im Einvernehmen mit der königlichen Regierung, der Provinzialverwaltung, der städtischen Verwaltung und dem Karlsverein ein Programm für die Weiterführung der Untersuchungen aufgestellt, die sich nun auf den ganzen Pfalzbezirk über den engen Rahmen des Platzes zwischen Pfalzkapelle und Rathaus ausdehnen und möglichst Klarheit über den ursprünglichen Umfang und die äußeren Grenzen der Pfalz sowie auch der Annexbauten verschaffen sollten. Der Provinziallandtag bewilligte im Frühjahr 1913 noch einmal einen Betrag von 5000 Mk., die Stadt Aachen ebenso einen Betrag von 2000 Mk., aus dem Allerhöchsten Dispositionsfonds Sr. Majestät des Kaisers würde im Frühjahr 1914 die Summe von 8000 Mark zur Verfügung gestellt.
Mit Rücksicht auf den regen
Die Kaiserpfalzen.
i6
Verkehr,
der während der Sommermonate
auf dem K a t s c h h o f
herrscht,
konnte
die Genehmigung zu den Grabungen erst für den O k t o b e r
erteilt
ist dann sofort mit zwei T r u p p s v o n Arbeitern sowohl
dem Katschhof wie
südlich v o m Münster an der Stelle, wo südlich früher
die
große römische
Badeanlage
der
auf
ungarischen
angeschnitten
und sofort mit sehr wichtigen Ergebnissen.
ward,
werden.
Kapelle
gegraben
Es
schon worden
Südlich v o n dem Münster sind fünf
einzelne Bäder der merkwürdigen römischen Thermenanlage aufgedeckt worden von g a n z verschiedener rechteckiger, kreisrunder oder halbrunder Form, z u m Teil in der Anlage außerordentlich gut erhalten.
Im Katschhof
und in der Chorusstraße
nördlich v o n den Stiftsgebäuden sind starke Mauern aufgefunden worden, die im rechten Winkel an den karolingischen Gang anstoßen.
Ihre westliche Begrenzung
steht noch nicht fest, während im östlichen Teil der Grundriß abgeschlossen ist. E s m u ß noch untersucht werden, ob hier in karolingischer Zeit ein T o r a u f b a u oder ein T o r t u r m , etwa mit seitlichen Nebendurchgängen, den G a n g durchbrochen hat. Die Arbeiten sollen in dem Jahre 1914 systematisch gefördert werden, so daß tunlichst am Ende des Jahres ein A b s c h l u ß zu erwarten ist.
E i n ausführlicher illu-
strierter Bericht wird dann im nächsten Jahresbericht zu geben sein.
Mit R ü c k s i c h t
auf diese Darlegung möchte ich mich in dem vorliegenden Referat nur ganz k u r z fassen. In I n g e l h e i m
ist im Sommer und Herbst des Jahres 1913 erneut ge-
graben worden, um die äußere Südwestecke des Pfalzbezirks und den A b s c h l u ß des eigentlichen Saalbaus nach Norden hin noch klarzustellen. Der in dem ersten Jahresbericht auf Seite 9 mitgeteilte P l a n weist hier eine L ü c k e auf, die noch notwendig auszufüllen war. Die Grabung w a r hier besonders schwierig, weil sie mitten zwischen Häusern, Gärten und Höfen und z u m Teil unterhalb der Haus- und Wirtschaftsgebäude erfolgen mußte.
A u c h über diese Grabungen, die im Frühjahr 1914 wieder
aufgenommen werden, möchte ich im nächsten Jahresbericht weiteres ausführen. Z u m A b s c h l u ß gekommen ist dann in den beiden letzten Jahren die Bearbeitung der P f a l z zu N y m w e g e n .
Die P f a l z auf dem V a l k h o f e , die bis zum J a h r e
1796 in ihrem wesentlichen B e s t a n d noch erhalten w a r und uns in einer außerordentlichen Fülle von älteren Abbildungen überliefert ist, w a r schon wiederholt Gegenstand der Untersuchung gewesen.
Zuletzt hatte im Jahre 1897 Herr Dr. K o n -
rad P l a t h die Pfalzkapelle einer eingehenden Untersuchung unterzogen, auf Grund deren dann seine holländisch geschriebene Arbeit über den Valkhof entstand.
Im
vollen U m f a n g ist aber das Gelände des V a l k h o f s erst durch den Herrn S t a d t b a u r a t W e v e v o n N y m w e g e n untersucht worden, der in unermüdlicher und aufopfernder A r b e i t die einzelnen Bauteile durch zwei Jahrzehnte beobachtet
und v o n
ihnen
mustergültige Aufnahmen angefertigt hat. A u f Grund einer Vereinbarung des D e u t schen Vereins für Kunstwissenschaft mit Herrn B a u r a t W e v e soll das v o n diesem gesammelte Material im R a h m e n der v o n dem Deutschen Verein geplanten Ver-
Die Kaiserpfalzen.
17
öffentlichungen der Kaiserpfalzen publiziert werden. Herr B a u r a t Weve hat gleichzeitig einen eingehenden Text als Grundlage für die Veröffentlichung ausgearbeitet, der in das Deutsche übersetzt worden ist. Da der historische Teil eine wesentliche Erweiterung und Überarbeitung nötig machte, so ist ein junger Historiker, Herr
0
1
Abb. 1. Kunstwissenschaft III.
1
I
2
I
I
5
"I
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1 1 1 1 1
Grundriß der Pfalzkapelle zu Nymwegen.
18
Die Kaiserpfalzen.
ZQ30+
Abb. 2.
Längenschnitt durch die Pfalzkapelle zu Nymwegen.
Die Kaiserpfalzen.
19
Heinrich Wirtz aus Düsseldorf, hierfür herangezogen worden. Herr Wirtz hat in einer Reihe von Studienreisen in Holland das Material nachgeprüft, den Text der Quellen kollationiert, und an Rechnungen und Akten sowie an Abbildungen noch eine erhebliche Zahl hinzugefügt. Es steht noch eine erneute Bereisung der holländischen und belgischen Sammlungen und Archive bevor, auf Grund deren dann die Materialzusammenstellung abgeschlossen werden soll. Die Pfalz ist gegen Ende der Regierung Karls des Großen in ihrer erweiterten Gestalt errichtet worden auf dem Grund einer älteren Anlage, die schon im Jahre 776 dort bestand, und die wieder an die Stelle eines der Drususkastelle getreten war, mit denen Drusus die Rheingrenze befestigt hatte. Der neue Pfalzbau war aber ebensowenig wie Ingelheim durch Karl vollendet worden. Ludwig der Fromme mußte die Fortsetzung des Baus übernehmen, und noch 828 hören wir von einem Aufenthalt des Leiters der königlichen Pfalzbauten Gerwardus in Nymwegen. Ursprünglich war diese Pfalz wohl ebensowenig wie Aachen und Ingelheim befestigt. In ihren glänzendsten Tagen, damals als vor allem Ludwig der Fromme wichtige Reichstage unter großem Zustrom dort abhielt, wurde sie stets Palatium genannt; nur ihre Größe und Pracht, nicht ihre Stärke und Befestigung wird gerühmt. »Palatium operis egregii« nennt sie schon Einhard. Die Gruppierung der wichtigsten Gebäude in Nymwegen scheint der Gesamtanlage der übrigen karolingischen Pfalzen entsprochen zu haben. Die beiden Hauptteile waren der Kaisersaal, die Aula imperialis, die noch so in dem Rechnungsbericht des geldrischen Oberrentmeisters vom Jahre 1346 und 1347 genannt wird, und auf der anderen Seite die Pfalzkapelle. Dazwischen dehnt sich ein weiter Platz aus, an dessen einer dem Strom abgewendeten Längsseite andere Zwischengebäude die Verbindung bilden. Genau in der Mitte unter dem späteren Hauptturm ist eine mächtige alte Toranlage erkennbar. Auch diese würde eine Parallele zu dem Torbau in Aachen bilden, der erst bei den letzten Ausgrabungen in der Mitte des karolingischen Ganges, der Kaisersaal und Pfalzkapelle verband, dort gefunden worden ist. Die geschlossene Gebäudegruppe am Nordrande des Hügels unmittelbar über dem Waal, dife noch im 18. Jahrhundert auf vielen Aufnahmen ganz einheitlich hervortritt, war demnach der Kernpunkt der alten karolingischen Pfalz; an sie würden sich südlich die anderen Gebäude angeschlossen haben. Im Jahre 880 konnten die Normannen, ohne Widerstand zu finden, Nymwegen besetzen. Erst sie umgaben die Pfalz mit Wall und Mauern, an denen die Angriffe Kaiser Ludwigs des Jüngeren scheiterten. Vor ihrem Abzug äscherten die Normannen die Pfalz ein. Bei der Wiederherstellung scheint der Palast planmäßig zu einer Festung ausgebaut worden zu sein. In der Folgezeit lag eine vollständige Besatzung (Castellani) auf der Burg. Zweimal wurde Nymwegen dann bei dem Kampfe zwischen Heinrich III. und den lothringischen Herzögen bestürmt und 1047 zerstört. Damit war seine Bedeutung als Aufenthaltsort der deutschen Könige zunächst ver3
20
D i e Kaiserpfalzen.
A b b . 3.
Längenschnitt durch die große A p s i s auf der Kaiserpfalz zu N y m w e g e n .
Die Kaiserpfalzen.
0 I 11) i) 111111 Abb. 4.
1
2 I
I
3 I
21
I
4 1
1
5 M. 1
Die große Apsis auf der Kaiserpfalz zu Nymwegen.
Die Kaiserpfalzen.
22 nichtet.
Von jener älteren Anlage, die von der karolingisehen Zeit in die frühroma-
nische Periode reicht, ist vor allem noch das merkwürdige Oktogon erhalten, eine Parallele zu der Pfalzkapelle in Aachen, die schon durch die Untersuchungen von Hermann und Plath bekannt gemacht worden war, von der wir aber erst durch Weve erschöpfende architektonische Aufnahmen, verbunden mit einer genauen Untersuchung des aufgehenden Mauerwerks erhalten haben (Abb. i u. 2). E r s t Friedrich Barbarossa begann dann über ein Jahrhundert später im J a h r e 1 1 7 5 die gründliche Wiederherstellung und Erweiterung der P f a l z ; aber am Ende seiner Regierung, im J a h r e 1189, waren die Arbeiten hier ebensowenig wie in Kaiserswerth vollendet.
Von
dem Umbau
unter Friedrich Barbarossa
stammt
noch als bedeutendster R e s t die große Apsis, die sich an einen quer vorliegenden langen Trakt anschloß, in dem man früher den Kaisersaal gesucht hatte.
Auch
von diesem Bauwerke, in dem ältere Materialien und ältere Architekturstücke Verwendung gefunden haben, hat erst Weve genaue Aufnahmen angefertigt; die Konstruktion des Unterbaus ist erst durch die 1 9 1 1 erfolgte Ausgrabung und Freilegung verständlich geworden. (Vgl. Abb. 3 u. 4.) Nach diesem Ausbau warNymwegen wieder eine der wichtigsten deutschen Pfalzen. Das Interregnum entfremdete N y m wegen dem Deutschen Reiche.
Wilhelm von Holland verpfändete es im J a h r e 1247
an Otto von Geldern, und von da an teilte die Pfalz die wechselvollen Schicksale des geldrischen Landes. Als das Herzogtum Geldern an eine Linie des Hauses Jülich kam, wurde die Burg in den 80er J a h r e n des 14. Jahrhunderts weiter ausgebaut.
Während sie
ursprünglich aus Tuffstein aufgeführt war, wurden zu den späteren Umbauten stets Ziegel verwandt.
Eine durchgreifende Wiederherstellung unternahm dann um die
Mitte des 15. Jahrhunderts die Herzogin Katharina von Geldern, und als ihr Sohn, der Herzog Adolf, im J a h r e 1467 die Stadt Nymwegen erweiterte, zog er die P f a l z in den Ring der Befestigung ein, so daß sie ihre Bedeutung als selbständige Festung verlor.
Die Schicksale im nächsten Jahrhundert sind wechselvoll.
Durch den Ver-
trag von Venlo kam nach mannigfaltigen Belagerungen und neuen Befestigungen 1543 Nymwegen mit ganz Geldern endgültig an Habsburg und damit zu den spanischen Niederlanden.
Die Burg war nur noch Wohnung des Burggrafen und v e r -
schiedener anderer Beamter. Die Zerstörung der alten Teile beginnt schon im 16. J a h r hundert.
Um den Tuffstein verkaufen zu können, ließ der Rentmeister Wilhelm
Snab in den Jahren 1580 und 81 die zerfallenen Gebäude auf dem Valkhof abreißen. Vor Beginn der Abbrechungsarbeiten nahm der Stadtmaurermeister von Nymwegen Thomas Singendonc, auf Befehl des Grafen Johann von Nassau einen genauen Plan der B u r g auf, der leider vollständig verschwunden ist und trotz aller Nachforschungen nicht wieder aufgefunden werden konnte.
Das Schicksal der Pfalz ward aber erst
am E n d e des 18. Jahrhunderts besiegelt.
Bei der Belagerung der Stadt durch ein
französisches Revolutionsheer ward die Festung beschädigt, und die Stände der
Die Kaiserpfalzen.
23
batavischen Republik nahmen die Höhe der Wiederherstellungskosten zum Vorwand, die Niederlegung der Burg zu beantragen. Trotz des Widerspruches der Abgeordneten von Nymwegen und besonders des Gelehrten Johannes in de Betouw verkaufte der geldrische Landtag im Jahre 1796 den Valkhof auf Abbruch, und in diesem und dem folgenden Jahre wurde die Burg bis auf die Fundamente geschleift.
Um das
kostbare Tuffmaterial zu gewinnen, wurden auch die Fundamente vollständig ausgehoben, so daß von den Haupttrakten nur noch die Baugruben übrig blieben. Auf Grund des einzigen erhaltenen älteren Planes, den 1725 Handwerker bei einer Reparatur der Dächer angefertigt hatten, war die Disposition der damals verschwundenen Gebäude, für die die noch in aufstehendem Mauerwerk erhaltenen Reste die Ansatzstellen gaben, ziemlich festzustellen.
Die Lage ist im einzelnen genau
bestimmt worden durch eine große Anzahl sehr geschickt gezogener Versuchsgräben und Schürfungen, die dann zum Ausheben umfangreicher Gruben führten.
Diese
unter Weves Leitung durchgeführten Ausgrabungen in den Jahren 1910 und 1911 haben den Plan der ursprünglichen Bauten auf dem Valkhof vervollständigt und einen gewissen Abschluß der Durchforschung des Burghügels ermöglicht.
Das
Resultat dieser Untersuchungen wird in dem in Vorbereitung befindlichen reich illustrierten Band über die Nymwegener Pfalz mit dem ganzen wissenschaftlichen Apparat veröffentlicht werden.
Ciernen.
II. SEKTION.
Kunstwissenschaft III.
SKULPTUR.
4
3. A B T E I L U N G :
DIE MONUMENTALEN SKULPTUREN VON DEN OTTONEN BIS ZUM EINDRINGEN DER GOTIK. BERICHT ERSTATTET VON DEM ABTEILUNGSLEITER PROF. DR. A. GOLDSCHMIDT UND DEN MITARBEITERN DR. GIESAU, DR. NOACK UND DR. WOLTERS.
I
m
Jahre
romanischen
1912 und
haben
die
gotischen
Vorbereitungen
für
Monumentalskulpturen
die
Veröffentlichung
ihren Anfang
der
genommen.
Das Material ist so umfangreich und die zur Sammlung nötige Arbeit so groß, daß zur Bewältigung eine mehrfache Teilung nötig ist. Auch kann nur schrittweise vorgegangen werden, da eine allseitige Inangriffnahme zu große Ausgaben erfordert. Die Aufgabe widmet sich zunächst der Großplastik, da aber dieser Begriff ein schwankender ist, so ist zum Maßstab die Unterscheidung von Architekturplastik und Inventarplastik genommen und in Großplastik alles dasjenige einbegriffen, was zu ersterer gehört, d. h. unmittelbar mit dem Bauwerk verbunden ist, sei es direkt durch Einbau, sei es durch Zugehörigkeit zu einem festen Platz der Architektur (in Tabernakeln, auf Wandkonsolen, Lettnern, Altären u. dgl.), während die Inventarplastik,
die-
jenigen Gegenstände, die beliebig verstellt werden können, wie Leuchter, Altarkruzifixe, Reliquienschreine, schon zur Kleinkunst zu rechnen wären, und für sich bearbeitet werden müssen, wenn dies auch mehr als eine quantitative als qualitative Teilung anzusehen ist. Es handelt sich dabei nicht nur um die figürliche Plastik, sondern, vor allem in den älteren Jahrhunderten, auch um die ornamentalen Steinmetzarbeiten der Architekturen.
Es ist ganz überraschend, welche Fülle von feiner künstlerischer
Schöpfungskraft sich auf diesem, selbst einem großen Teil der Forscher noch recht unbekannten Gebiet offenbart.
Ein erstaunlicher Reichtum an Gestaltungen, die
auf der Höhe ornamentaler Leistungen stehen und die bei all ihrer Mannigfaltigkeit doch inneren Gesetzen folgen, die festzustellen eigentlich der Kernpunkt der Kunstgeschichte ist. Wo alle andern Quellen fehlen, kann man aus den Formen die Herkunft der Meister lesen, in welchen Teilen des Landes oder des Auslandes sie gearbeitet und gelernt haben.
Man wird, wenn man wirklich einmal dies durch viele
Hunderte von Bauten verstreute, oft schwer zu studierende und an unzugänglichen 4*
28 Stellen befindliche Material beisammen hat, imstande sein, ein ganzes Netz v o n Verbindungslinien aus dem 12., 13. und 14. Jahrhundert auf der K a r t e Deutschlands einzuzeichnen, das von höchstem historischem W e r t ist. Bei einer systematischen Teilung der Arbeit' wird man für das Mittelalter drei Perioden getrennt veröffentlichen: 1.
alle großplastischen Werke v o n der karolingischen Zeit an bis zum Ende
der Blütezeit im 13. Jahrhundert, 2.
die Werke v o n ca. 1300 bis ca. 1440/50, d. h. alles,
was dem in K u r v e n
ausgeglichenen gotischen Stil angehört, der in einer starken Parallelität zum französischen doch alle Nuancen der deutschen Eigentümlichkeiten aufweist, 3.
die Werke der zweiten Hälfte des 15. und des Anfanges des 16. Jahrhunderts.
Im dritten Teil hat man es mit einem Stil zu tun, der sich am stärksten v o n dem des Auslandes unterscheidet, trotzdem wird man die systematische Veröffentlichung noch hintenansetzen, da hier die greifbaren Künstlerpersönlichkeiten schon in den Vordergrund treten und damit die private Forschung viel leichter einen Angriffspunkt und eine begrenzte T ä t i g k e i t findet, so daß es gut ist, hier der Einzelarbeit noch vorerst die weitere Vorbereitung zu überlassen, bis der Verein die einzelnen Meister mit ihrem Schulkreis zusammen ausführlich veröffentlichen kann. B e i dem ersten und zweiten Teil dagegen muß man gleich mit einer möglichst umfangreichen S a m m l u n g des Materials auf allen Gebieten beginnen, da sich durch eine gewisse Ubersicht erst die geographische Trennung ergeben wird, nach der die einzelnen Veröffentlichungen gruppiert werden müßten. N a c h einer ganz vorläufigen Schätzung
wird man zunächst auf
deutschem
Reichsgebiet 7 Hauptgruppen getrennt in Angriff nehmen: 1.
Mittelrhein und die abhängigen Maingebiete.
Grenze ungefähr v o n Ander-
n a c h — W e s t e r w a l d — R o t h h a a r g e b . bis H a n n o v . Münden — Werra entlang, Thüringer W a l d — Frankenwald
bis Nürnberg südlich und westlich wieder bis
Mannheim,
dann über den Rhein die B a y r . P f a l z und nördlich bis zur Eifel. 2.
Sachsen nordöstlich davon bis zum Fichtel- und Erzgebirge im Süden,
zur E l b e im Osten und nördlich bis einschließlich der Stadt Hannover und der A l t mark. 3.
Westfalen zwischen E m s und Weser.
4.
Niederrhein westlich v o n der E m s bis an die belgische und französische
Grenze. 5.
Oberrhein mit dein Elsaß.
6.
Schwaben.
7.
Bayern, nördlich bis Mittelfranken
(Nürnberg)
Das nördliche Niedersachsen und die Ostseeländer, die für das 13. Jahrhundert sehr w e n i g enthalten, können wenigstens für diese Zeit an Westfalen angegliedert, dagegen für das 14. Jahrhundert eventuell für sich genommen werden.
29
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Ebenso können die Gegenden östlich der Elbe f ü r das 14. Jahrhundert getrennt behandelt werden, während sie f ü r das 13. Jahrhundert kaum etwas bieten. E s kämen jenseits der Rcichsgrcnzen dann noch Österreich und die Schweiz hinzu. Das in den verschiedenen Abteilungen aufgenommene Material muß allen Bearbeitern zugänglich sein, so daß die Beurteilung der Stileigentümlichkeiten oder der Verwandtschaft der einzelnen Landesteile erleichtert wird. Die Veröffentlichung kann in der Weise fortschreiten, daß sobald eine Gruppe genügend umgrenzt und aufgenommen ist, sie als Lichtdruckatlas mit kritischem, katalogartigem
Text
und einer kunstgeschichtlichen
Zusammenfassung
heraus-
gegeben wird. Diesem Ziele rücken durch die Vorarbeiten des deutschen Vereins die Gebiete Sachsens und des Mittelrheins, besonders die Teile des 1 3 . Jahrhunderts schon verhältnismäßig nahe, über die im folgenden Bericht erstattet wird. Goldschmidt. Mit der Bearbeitung der mittelalterlichen Skulptur in den sächsisch-thüringischen Ländern wurde Anfang J u l i 1 9 1 2 begonnen.
Um die zum Reisen günstige
Jahreszeit noch ausnutzen zu können, wurde die Durcharbeitung der Literatur und die Anfertigung eines literarischen Zettelkataloges einstweilen aufgeschoben und nach Erledigung einiger Vorarbeiten sofort mit der Bercisung begonnen. E s handelte sich für den Bearbeiter vor allem um die früh-mittelalterliche Skulptur bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts, doch hatte er gleichzeitig den Auftrag, das Material für die spätere Zeit bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts zusammenzutragen.
Im Laufe der Arbeit stellte sich jedoch bei der außerordentlichen Reich-
haltigkeit besonders für die spätere Zeit die Notwendigkeit heraus, eine Verschiedenheit in der Behandlung der romanischen und der gotischen Epoche walten zu lassen, um überhaupt erst mit einem Teile zu einem gewissen Ziele zu gelangen.
So wurde
zwar auch f ü r jedes einzelne Stück der späteren Zeit ein Zettel angefertigt, doch wurde er nicht immer vollständig ausgefüllt und mit einem entsprechenden Vermerk versehen.
Dieser Mittelweg erschien insofern praktisch, als auf diese Weise f ü r
den späteren Bearbeiter wenigstens ein Hinweis gegeben wird.
Für die romanische
Epoche wurden aber die Notizen gleich derart gemacht, daß im allgemeinen ein nochmaliges Aufsuchen der Denkmäler unnötig sein wird.
Der Bearbeiter hatte
einen photographischen Apparat des Formates 18 x 24 zur Verfügung.
Dieses
immerhin große und zuweilen unbequeme Format schien unbedingt erforderlich, um wenigstens einen Teil der Aufnahmen so groß herstellen zu können, wie sie f ü r die Reproduktion gebraucht werden.
Eine Vergrößerung kleiner Aufnahmen, die
immer eine mehr oder weniger große Einbuße an Schärfe zur Folge hat, war möglichst zu vermeiden.
Der Apparat bietet jedoch die Möglichkeit, auch Aufnahmen
im Format 1 3 x 18 herzustellen, die bei Werken von geringerer Bedeutung genügen,
30
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Es wurde das Prinzip befolgt, daß der Bearbeiter an schwer erreichbaren Orten und, wenn es sich um vereinzelte Werke handelte, die Aufnahmen selbst anfertigte, und nur an Orten, die eine größere Zahl von Denkmälern aufweisen, die Aufnahmen einstweilen ganz oder zum großen Teil unterblieben. Es waren das in dem bisher bereisten Gebiet vor allem die Orte Halberstadt, Goslar, Quedlinburg, Gernrode, Hildesheim, Magdeburg, Braunschweig und Hannover. Für sie konnten übrigens in weitgehendem Maße bereits vorhandene Aufnahmen nutzbar gemacht werden. Im allgemeinen zeigte sich allerdings, wie auffallend wenig für eine Publikation brauchbares photographisches Material vorhanden ist. Für die Bauornamentik war noch am meisten zu finden, so für den Nordrand des Harzes die Aufnahmen von Herrn Apotheker Kliche in Quedlinburg, für das Herzogtum Braunschweig die Plattenvorräte des Braunschweigischen Denkmälerarchives, die der Direktor des Herzoglichen Museums, Herr Geh. Hofrat Prof. Meier für die Zwecke des Vereins zur Verfügung stellte. Eine reiche Fundgrube für Skulptur und Ornamentik besonders der Frühzeit waren sodann die Aufnahmen von Herrn Landesbaumeister Max Ohle in Halle, die er für eigene Arbeiten angefertigt hat, sie jedoch auch dem deutschen Verein in selbstloser Weise überließ. Dazu kamen dann noch Aufnahmen des Bearbeiters selbst. Die Reisen, die der Bearbeiter Mitte Juli bis Mitte Oktober ausführte, galten dem nördlichen Teile der Provinz Sachsen vom Nordrand des Harzes an, den Herzogtümern Anhalt und Braunschweig und dem südöstlichen Teile der Provinz Hannover. Der Entschluß, die nördlichen Teile des sächsisch-thüringischen Gebietes zuerst in Angriff zu nehmen, wurde dadurch veranlaßt, daß der Schwerpunkt der Entwicklung in der romanischen Zeit in der Gegend nördlich des Harzes liegt und daß vor allem das Material für die frühe Periode gesammelt werden sollte, um das Erscheinen, des ersten Bandes in nicht allzuferner Zeit zu ermöglichen. Dann aber mußte es sich auch darum handeln, die Ausdehnung des Gebietes nach Norden festzulegen, die besonders unsicher ist. Für die Bestimmung der Grenzen des in Frage kommenden Gebietes der sächsisch-thüringischen Skulptur sind mehrere Gesichtspunkte maßgebend, die zu vereinigen nicht ganz leicht ist. An der Spitze stand natürlich der Wunsch, vor allem die kunsthistorischen Zusammenhänge zu wahren. Andererseits mußte dem Inventarcharakter bei der Vorbereitung der Publikation Rechnung getragen werden und das auszusondernde Gebiet auch geographisch in sich abgeschlossen sein. Bei der Bestimmung des Umfanges des zu bearbeitenden Gebietes mußten auch die ehemaligen politischen Zusammenhänge nach Möglichkeit berücksichtigt werden. Zwar das ganze Gebiet des alten Herzogtums Sachsen, das das ganze Land von der Eider südwestlich bis zum Rhein und südlich bis zur Unstrut, also auch das heutige Westfalen, umfaßte, konnte nicht in Frage kommen. Westfalen soll eine besondere Publikation erhalten. Das entspricht sowohl der Zahl wie der stilistischen
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Eigenart seiner Denkmäler.
31
Die Entwicklung der westfälischen Skulptur während
des ganzen 12. Jahrhunderts verläuft, von einigen Ausnahmen abgesehen, völlig unabhängig über die
von
der
eigentlich
sächsischen
Abhängigkeit der sächsischen
Skulptur.
Skulptur
Die
Behauptungen
von der westfälischen
halten
einer eingehenderen Betrachtung snicht tand. Die stilistischen Ubereinstimmungen, die Max Creutz zwischen dem Stil der Arbeiten des Rogkerus von Helmwardeshausen und dem einiger sächsischer Werke konstatiert, sind ganz allgemeiner Natur; es sind Ähnlichkeiten, wie sie unter Werken, die einer Zeit angehören, durchaus natürlich sind.
Tatsächlich finden sich Beziehungen zwischen Westfalen und Sachsen erst
am Anfang des 13. Jahrhunderts, sie bilden aber in ihrer Beschränkung auf einen kleinen Zeitraum durchaus eine Episode.
Im ganzen ist in der späteren Zeit des
Mittelalters Westfalen auch kunsthistorisch, politisch schon seit Ende des 12. Jahrhunderts vollständig von Sachsen geschieden. Auch nach Norden wird die Publikation nicht so weit ausgreifen, wie es die ehemalige Ausdehnung Sachsens nahelegen könnte. Kunsthistorisch unbedingt dazu gehört das ganze Gebiet des heutigen Herzogtums Braunschweig mit den für die Skulptur des 12. und 13. Jahrhunderts wichtigen Orten Braunschweig, Helmstedt, Königslutter, Schöningen, Blankenburg und Gandersheim, und die südlichen Teile der Provinz Hannover, der Reg. - Bezirk Hildesheim. Auch die Altmark nördlich von Magdeburg ist hinzuzunehmen, da sie mannigfache Beziehungen zu dem sächsischen Zentrum aufweist (Grabstein in Altenplatow, Fragment eines Osterleuchters in Jerichow). nördlich davon zwischen Weser und Elbe.
Anders ist es mit dem übrigen Gebiet
Das plastische Material aus dem 12. und
13. Jahrhundert ist hier nicht sehr reich und entbehrt überdies bei dem Fehlen künstlerisch bedeutender Denkmäler eines besonders hervortretenden
Charakters.
Was vorhanden ist, zeigt sehr verschiedenartige Beziehungen, die zum Teil auf Westfalen, zum Teil auf die Ostseeländer weisen. Es ist damit ähnlich wie mit den westlich der Weser, nördlich von Westfalen liegenden Gebieten, bei denen sich wiederum die Frage erhebt, ob sie im Zusammenhang mit Westfalen behandelt werden sollen, zu dem die Beziehungen auch nur lose sind. finden.
Nach Osten ist die Grenze leichter zu
So wird das ganze erst seit Beginn des 13. Jahrhunderts kolonisierte Land
östlich der Elbe besonders veröffentlicht werden müssen.
Die Grenze zwischen
Slawen und Deutschen am Ende des 12. Jahrhunderts deckt sich ziemlich genau mit den Ostgrenzen des heutigen Königreichs Sachsen, des Herzogtums Anhalt und der Provinz Sachsen. Dazu kommt das kunsthistorisch zu Sachsen gehörende Gebiet zwischen mittlerer Havel und Elbe, das bereits im 9. Jahrhundert kolonisiert wurde. Südlich des Harzes gehören das alte Thüringen zwischen Unstrut, Saale, Thüringer Wald und Werra und die zwischen Saale und Elbe gelegene ehemalige sorbische Mark, später die wettinischen Lande, aus denen sich das heutige Königreich Sachsen gebildet hat, in die Publikation, die somit das ganze Gebiet zwischen Thüringer Wald, Erzgebirge, Weser und Elbe bis zu den oben bezeichneten nördlichen Grenzen um-
32
faßt. Während der Schwerpunkt der Entwicklung in der Frühzeit in dem Gebiet nördlich des Harzes liegt, verschiebt er sich im 14. und 15. Jahrhundert mehr nach Süden, wo Erfurt und Umgegend den Mittelpunkt bildet. Innerhalb der bezeichneten Grenzen soll möglichste Vollständigkeit angestrebt werden. Sie wird sich vor allem auf die monumentale Skulptur in Stein, Stuck und Bronze erstrecken. Eine Abtrennung der Bronzeplastik, die eine Zeitlang erwogen war, scheint nicht ratsam, da sich gerade unter den frühesten Denkmälern solche in Bronze befinden, und wir dabei für die Stilentwicklung gerade der Frühzeit auf sie angewiesen sind. Auch die späteren Werke gehen der Stilentwicklung in der übrigen Skulptur parallel, sind sogar wie das Messingtaufbecken in Hildesheim für die Erkenntnis der Stilentwicklung von Bedeutung. Außer der Monumentalskulptur soll auch die Bauornamentik behandelt werden, und zwar soweit sie figürlich ist ebenfalls vollzählig. Aber auch die rein vegetabilische Ornamentik soll in dem Maße herangezogen werden, daß ein Bild der Stilentwicklung und eine Übersicht über die mannigfachen Typen gewonnen wird. Man könnte zweifelhaft sein, ob es angebracht sei, die Bauornamentik überhaupt mit zu bearbeiten, denn eigentlich gehört sie ja zur Architektur und könnte mit Recht für sie beansprucht werden. Jedoch erscheint es aus mancherlei Gründen gerechtfertigt, sie der übrigen Skulptur anzugliedern. Einmal ist es in romanischer Zeit meist sehr schwer, zwischen monumentaler und dekorativer Skulptur zu scheiden, andrerseits finden sich oft reiche figürliche Darstellungen in den rein dekorativen Gliedern, wie auch reiche ornamentale Bestandteile an monumentaler Figurenplastik. Beispiele dafür bieten St. Cyriakus in Gernrode, Hamersleben, St. Godehard in Hildesheim und der Magdeburger Dom. Dazu noch andere Gründe: Das ornamentierte Kapitell unterliegt in seiner Herstellung durchaus den Bedingungen plastischer Arbeit. Es ist plastischer Einzelkörper wie jeder andere tektonischc Bestandteil eines Baues, sobald er für sich betrachtet wird. Die Tätigkeit des Architekten z. B. am Kapitell beschränkt sich auf seine Verwendung innerhalb des baulichen Organismus im allgemeinen, auf seine Gesamtform, seine Lage. Die plastische Ausführung bleibt den Bildhauern überlassen. Künstlerische Herkunft des Architekten und des Ornamentbildners decken sich sehr häufig nicht. Dies ist bisher nie genügend erkannt und es war ein traditioneller Fehler der architekturgeschichtlichen Forschung, daß sie in der stilistischen Untersuchung über die Herkunft des Ornamentes eine Bestätigung für die Ergebnisse der baulichen Stilanalyse zu finden suchte. Dagegen trifft es meistens zu, daß die figürlichen Bildhauer dieselbe künstlerische Heimat haben wie die Ornamentsteinmetzen. In Sachsen besonders ist das sehr auffällig. In der Skulptur sowohl, wie vor allem in der Bauornamentik des 12. Jahrhunderts, lassen sich enge Zusammenhänge mit Oberitalien nachweisen, während die Bauformen selbst im allgemeinen unabhängig von Oberitalien sind. Diese Gemeinsamkeit der Herkunft des Stiles der monumentalen und der dekorativen Skulptur und die Ubereinstimmung ihrer
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
33
Probleme sind es nun vor allem, die ihre gemeinsame Behandlung wünschenswert erscheinen lassen. Andrerseits wird die Bearbeitung der Bauornamentik im Rahmen der monumentalen Skulptur alle Momente außer Acht lassen können, die sich nur auf Form und Erscheinung des Ornaments im Raumbilde beziehen, Gesamtaufnahmen sind deshalb entbehrlich. Daß eine Aufnahme der figürlichen Ornamentik mit Notwendigkeit die der vegetabilischen einschließt, ist aus den soeben dargelegten Gründen klar, jedoch wird man hier eine Beschränkung des Materiales gelten lassen und sich manchmal begnügen, die für die einzelnen Perioden besonders charakteristischen Typen auszuwählen. Was die Anordnung betrifft, so scheint es von mehreren Gesichtspunkten aus ratsam, zwischen monumentaler Skulptur und Bauornamentik eine äußere Trennung zu machen. Es sprechen dafür vor allem Gründe der leichteren Benutzbarkeit der Publikation. In romanischer Zeit übertrifft die Menge der Bauornamentik die Zahl der figürlichen Denkmäler beträchtlich. Vermischt man nun beide Gruppen und führt das Prinzip chronologischer Anordnung durch, so ist klar, daß die stilistisch zusammengehörigen Werke der großen Skulptur räumlich sehr auseinandergerissen werden würden, was auf alle Fälle vermieden werden muß. Die vorstehenden Erwägungen sind hauptsächlich für die Frühzeit bis zum Eindringen der Gotiker gegen die Mitte des 13. Jahrhunderts geltend, da die ornamentale Skulptur von diesem Zeitpunkt ab erheblich an Bedeutung und Umfang verliert. Was die Veröffentlichung und die Verteilung des gesamten Materiales betrifft, so stellt das Folgende nur Erwägungen über eine mögliche Verteilung, keine endgültige Festsetzung dar, die sich erst aus der vollständigen Kenntnis von dem Umfang und der stilistischen Erscheinung der Monumente ergeben kann. Die Bestimmung über die Art der Verteilung rührt zudem gerade in der wichtigsten Zeit des Überganges am Anfang des 13. Jahrhunderts an Probleme, die bis zu einem gewissen Grade gelöst sein müssen, ehe endgültige Entscheidungen möglich sind. Nach der bisher gewonnenen Ubersicht läßt sich die Skulptur bis zur Mitte des 15. Jahrhunderts auf vier Bände verteilen, von denen der erste wegen der großen Fülle des Materiales eine Teilung erfahren muß, die sich überdies aus schon dargelegten inneren Gründen durchaus rechtfertigt. E r wird die ganze Frühzeit bis zum Ende des 12. Jahrhunderts umfassen, oder nach stilistischen Merkmalen ausgedrückt, bis zum Eintritt des bewegten Stiles. Die in der sächsischen Skulptur des 12. Jahrhunderts beschlossenen Probleme, die vor allem in der Art der Beziehungen zu Oberitalien liegen, wird der Text des ersten Bandes nicht endgültig lösen, dagegen wird er vermutlich stärker als es nach den vereinzelten Beobachtungen bisher der Fall war, dazu anregen, diesen Fragen der italienischen Beziehungen, die die sächsische Skulptur, wie es scheint, mit der übrigen deutschen und besonders auch der französischen teilt, nachzugehen. Voraussetzung wäre allerdings auch eine gründliche Publikation der oberitalienischen Skulptur nach Art der vorliegenden für Deutschland. Da diese Kunstwissenschaft III.
5
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
34
Voraussetzung einer exakten Durcharbeitung der italienischen Denkmäler des
Ii.
und 12. Jahrhunderts fehlt, so wird der T e x t nur andeuten können und den bisher bekannten Beziehungen zu Oberitalien (Quedlinburg—Como, nur einige weitere
Beispiele anreihen.
Königslutter—Ferrara)
Eine besondere Schwierigkeit des ersten
Bandes bildet die A u s w a h l aus dem ungeheuer reichen, vielfältigen Material, das gerade im 12. Jahrhundert die Bauornamentik bietet.
Es setzt eine weitgehende
intime Kenntnis der sächsischen Architektur voraus, u m in jedem einzelnen Falle zu wissen, ob es sich u m grundlegende Beispiele handelt, oder u m eine der massenhaften Abwandlungen, die die eigentlich vorbildlichen T y p e n im Laufe der Zeit erfahren.
Das wird auch für die Datierung von Wichtigkeit sein, deren B e s t i m m u n g
im übrigen v o n der Chronologie der Bauwerke abhängig ist.
Hierfür sind die V o r -
arbeiten bisher ganz ungenügend. Es ist, was bei der Bekanntheit und der B e d e u t u n g gerade der sächsischen A r c h i t e k t u r wundernimmt, nie im Zusammenhang darüber gearbeitet worden.
Die Zuverlässigkeit der in großer Zahl vorhandenen und bisher
fast immer prüfungslos benutzten Daten kann aber erst durch eine gründliche stilkritische Untersuchung der hauptsächlich in Frage kommenden Architektur 12. Jahrhunderts erwiesen werden.
Hier ist also einstweilen kein fester
des
Boden.
Da sich andererseits eine festere Datierung der Skulpturen, als sie bisher möglich war, nur mit Hilfe des Ornaments wird erreichen lassen, erwächst daraus die unbedingte Forderung, das ganze reiche Gebiet der Architektur des 12. Jahrhunderts im Zusammenhange zu untersuchen und dabei, was bei der Reichhaltigkeit des Materiales großen E r f o l g verspricht, zu einer möglichst klaren Erkenntnis der stilistischen E n t wicklung des Ornamentes und damit zu neuen Anhaltspunkten für die zeitliche E n t stehung auch der figürlichen Skulpturen durchzudringen.
Es steht zu hoffen, daß auf
diese Weise die Gruppe von Skulpturen, die zuerst den erneuten Einfluß der byzantinischen K u n s t zeigen, also die Halberstädter und die Hildesheimer Chorschranken, deren Datierung bisher noch innerhalb zweier fixiert werden kann.
Jahrzehnte schwankte, annähernd genau
Die hohe Wichtigkeit der zeitlichen Festlegung gerade dieser
Gruppe v o n Denkmälern m u ß um so mehr betont werden, als die beiden ersten Jahrzehnte des 13. Jahrhunderts ein überaus buntes Bild verschiedenartiger
Stilrich-
tungen aufweisen und es darauf ankommt, die A r t ihrer E i n w i r k u n g aufeinander möglichst genau kennen zu lernen.
Der gotische Stil dringt ja gerade zu einer Zeit
in Sachsen ein, als der heimische spätromanische Stil noch in voller E n t w i c k l u n g begriffen ist.
Es besteht das Problem, ob und wie weit die Gotik diese eigenartige
und kräftige E n t w i c k l u n g beeinflußt
habe und ob beispielsweise die W e n d u n g zu
einer cckigeren Faltenbildung im Zusammenhange
mit dem wachsenden Sinn f ü r
plastische Durchbildung und monumentale W i r k u n g der immer stärker eindringenden französischen Gotik auf R e c h n u n g zu setzen sei.
Diese interessanteste Periode
der frühen sächsischen Skulptur wird den zweiten B a n d der Veröffentlichung bilden, der ungefähr die erste H ä l f t e des 13. Jahrhunderts einschließt bis zu dem Eindringen
Die monumentalen Skulpturen bis zui Gotik.
35
der klassischen französischen Gotik, deren erste und bedeutendste Zeugen die im vierten Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts entstandenen Skulpturen der Westfassade der Reimser Kathedrale sind. Ihren starken unverkennbaren Einfluß zeigen die Bildwerke im Westchor des Naumburger Domes. Mit ihnen hat in Sachsen jedes Schwanken zwischen einheimisch spätromanischen und französisch-gotischen Formen aufgehört. Dieser endgültige Sieg des gotischen Stiles bildet die natürliche Grenze des zweiten Bandes gegen den dritten. Wie niemals in der bisherigen Entwicklung stellt sich in den Naumburger Skulpturen etwas völlig Neues gegenüber dem Bisherigen dar, mit schwer erkennbaren formalen Zusammenhängen mit dem Vorhergehenden. Es war zuerst daran gedacht worden, auch diejenigen Skulpturen mit in den dritten Band hinüberzunchmen, die bereits vor Naumburg mehr oder weniger deutlich erkennbare Zusammenhänge mit Frankreich aufweisen, wie vor allem das von Goldschmidt rekonstruierte Magdeburger Portal und die Freiberger goldene Pforte. Jedoch weder in Magdeburg noch in Freiberg tritt das französische Element, etwa in der Form der Skulpturen der Chartreser Vorhallen, rein in die Erscheinung und in Freiberg zum mindesten überwiegt im Stil der Figuren wie des Ornamentes das sächsische Element sehr bedeutend gegenüber den französischen Einflüssen, die sich zur Hauptsache auf die ikonographische Anordnung beziehen. Im Architektonischen werden die französischen Anregungen erheblich alteriert durch Einflüsse bayrischromanischer Portale, wie es unabhängig voneinander Burkhard Meier und Richard Hamann festgestellt haben. Reiner als in Freiberg ist der französische Charakter in dem Magdeburger Portale ausgeprägt, an dessen zeitliche Priorität gegenüber Freiberg aus diesem Grunde schwer zu glauben ist. Vielleicht genügt zur Erklärung der Übereinstimmungen das gemeinsame Vorbild von Chartres. Uber die genaue Datierung des Portales, die mit Hilfe der Ornamentik im Zusammenhang mit der übrigen in Magdeburg wohl möglich erscheint, ist die Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Es scheint jcdoch, als sei es wesentlich später entstanden als bisher angenommen wurde, nämlich erst zu Beginn der dreißiger Jahre. Das Freiberger Portal kann aus den erwähnten Gründen wie wegen seines engen stilistischen Zusammenhanges mit den Halberstädter Chorschranken unmöglich aus diesem natürlichen Zusammenhange gelöst werden. Noch etwas anderes spricht gegen seine Verteilung auf den dritten Band: es ist die Tatsache, daß die Skulpturen der goldenen Pforte an der Wechselburger Kanzel und dem Lettner kopiert werden, nun aber in einem etwas altertümlicheren Stile. Nur das große Triumphkreuz, wie es scheint von einer anderen Hand, ist unabhängig von Freiberg und deutet auf einen direkten Zusammenhang mit dem Kruzifixus der Liebfrauenkirche in Halberstadt. Die fortgeschrittenste Form innerhalb der Gruppe des bewegten Stiles zeigt das Grabmal des Wipert von Groitzsch in Pegau, bei dem sogar ein Zusammenhang mit Naumburg nicht außer dem Bereich der Möglichkeit steht. Starke Einwirkungen der französi5*
D i e monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
36
sehen Gotik zeigt auch, ohne daß sie einstweilen schon auf bestimmte Quellen zurückzuführen wären, das Doppelgrabmal Heinrichs des Löwen und seiner Gemahlin Mathilde im Dome zu Braunschweig, dessen Datierung durch Goldschmidt in den Beginn der dreißiger Jahre zu unrecht angezweifelt worden ist.
Die beiden
im
Kleeblattbogen geschlossenen Fenster am Hochschiff des Domes, die bereits das Modell des Domes in der Hand Heinrichs auf dem Grabmal zeigt, sind nach ihrer Profilierung durchaus noch nicht hochgotisch, sondern zeigen große Verwandtschaft mit Profilen einer bestimmten zisterziensischen Baugruppe und passen durchaus in das vierte Jahrzehnt des 13. Jahrhunderts.
Auch das Ornament an den Sockeln
der beiden Figuren ist spätromanisch. Wenn man sich für die Figuren, deren Faltenstil mit dem einer Äbtissin in Quedlinburg und dem Wechselburger Doppelgrab verwandt ist, nach Analogem in Frankreich umsieht, so könnten am ehesten wieder die Skulpturen des nördlichen Querschiffes in Chartres in Frage kommen. In den zweiten Band gehören dann noch zwei Tympana in Naumburg und Freyburg a. d. U., die, in den zwanziger Jahren entstanden, ganz ohne Zusammenhang mit der Gruppe des bewegten oder des gotisierenden Stiles sind. burger Tympanon ist das bedeutendere.
Das Naum-
Dargestellt ist der stehende Christus in
der Mandorla, die von zwei sich lebhaft bewegenden Engeln getragen wird. Auffällig sind die feinlinigen dicht gedrängten Faltenzüge und das sehr flache Relief.
Seine
Entstehung in den zwanziger Jahren, die durch die Architektur gesichert ist, und die Isoliertheit seiner stilistischen Erscheinung drängt die Frage auf, ob es überhaupt sächsischen Ursprungs ist.
In der Vorhalle des Domes zu Lübeck gibt es ein
gleichzeitiges ikonographisch völlig übereinstimmendes Tympanon, das im Stil der Figuren und des Ornamentes deutlich auf den Niederrhein weist. Da auch die Architektur des Naumburger Domes wie seine Ornamentik ganz nicderrheinisch ist (Cöln S. Andreas; Neuß, S. Quirin), wäre aufch für das Tympanon die Möglichkeit einer Beziehung zur niederrheinischen
Skulptur nahegelegt.
wird man dieser Frage nachgehen müssen.
Durch genaue Vergleiche
Die Bauornamentik tritt im zweiten
Bande im Verhältnis zum ersten sehr zurück. Es liegt zum Teil daran, daß der vom zweiten Bande umschlossene Zeitraum kleiner und umgekehrt das figürliche plastische Material sehr viel reicher ist.
Außerdem ist die Zahl der Typen geringer.
Im Stil
der Ornamentik vollzieht sich ein der Skulptur analoger Wandel, der auch zeitlich parallel geht.
Während des 12. Jahrhunderts blieb das Ornament im allgemeinen
in der Fläche, es war nur die Bearbeitung einer äußeren Schicht von annähernd gleicher Dicke.
Das Ornament war nur die Umschreibung der Kernform.
trat eine Trennung von Kernform und Ornament ein.
Niemals
Parallel mit der größeren
Plastik und dem höheren Relief der Skulpturen und der beginnenden Loslösung des Gewandes vom Körper, nimmt auch die Palmette, die bis zum Eindringen des frühgotischen Knollenkapitells der Hauptbestandteil der Ornamentik bleibt, zu Beginn des 13. Jahrhunderts plastische Formen an und beginnt sich an den Rändern
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
zu wölben.
37
Während des zweiten Jahrzehntes, ungefähr gleichzeitig mit dem Auf-
treten des bewegten Stiles, kommt auch in die Ornamentik stärkere Bewegung, die Palmetten biegen und überschneiden sich in fast manirierter Weise.
Der leben-
suchende Trieb, der bei den Halberstädter Aposteln zu den eigenartigen gehäuften und verschnörkelten Formen führte, äußert sich in sehr verwandter Weise auch im Ornament.
Bezeichnend für diese Entwicklungsstufe sind die ältesten Magde-
burger Kapitelle.
Bis gegen Ende des zweiten Jahrzehntes bleibt die Palmette
das einzige Element.
Dann kommt, wie es scheint, unter westfälisch-niederrheini-
schem Einfluß die Ranke hinzu, sie tritt in Sachsen zuerst an den zu Beginn der zwanziger Jahre entstandenen ältesten Teilen des Naumburger Domes auf.
Parallel
mit den in der Skulptur um 1225 eindringenden gotischen Formen, erscheint in der Ornamentik das gotische Knollenkapitell, mit älteren romanischen Formen vermischt zuerst in Magdeburg, in reiner Form in Walkenried um dieselbe Zeit, hier von Süddeutschland übertragen.
Die herrschende Kapitellform in den ersten beiden
Jahrzehnten war der Kelchwürfel, während für das ganze 12. Jahrhundert die fast einzige Form das Würfelkapitell gewesen war. Um 1250, zugleich mit dem Eindringen der ausgebildeten Gotik in der Skulptur machen dann die spätromanischen und frühgotischen Formen mit den rundlichen gestielten Blättern dem naturalistischen Laubwerk Platz.
Auch dieses tritt in seiner Form ganz unvermittelt auf.
Mit den Naumburger Skulpturen hätte also der dritte Band zu beginnen. Sie zeigen zuerst die volle Aufnahme der reifen gotischen Formen; die auffallende Verwandtschaft der Bewegungsmotive und die plastische Durchbildung des Gewandes weisen mit
Bestimmtheit
auf
Reims als die künstlerische Herkunft des
Bild-
hauers, wie auch das Blattwerk sich nirgends ähnlicher findet als in Reims. Auf diese Frage wird der T e x t der Publikation kaum eingehen können, auch nicht darauf, ob irgendwelche bestimmten Skulpturen in Deutschland als Frühwerke des Bildhauers in Betracht kommen, wie etwa difc Skulpturen des Mainzer Lettners oder einige Skulpturen am Tympanon des ältesten Portales des Domes in Metz.
Dies
wäre Sache einer eingehenden historischen Untersuchung, zu der nicht mehr als die Anregung gegeben werden kann.
Im engsten Zusammenhange mit Naumburg
stehen die Skulpturen der Schloßkirche in Meißen.
Ein eigenhändiges Werk des
Naumburger Hauptmeisters ist der Grabstein eines unbekannten Ritters im Domkreuzgang zu Merseburg.
Die verfehlte Aufstellung und der stark ruinöse Zustand,
besonders des Kopfes, haben bewirkt, daß das Werk in seiner Bedeutung bisher sehr unterschätzt worden ist. Körperhaltung und Anordnung der Gewandung stellen eine sehr originelle Umbildung der Naumburger plastischen Motive im Sinne einer Liegefigur dar. Es ist die erste realistische Liegefigur der deutschen Plastik.
Eben-
falls Reimser Einflüsse, jedoch auf dem Umwege über Minden i. Westf., zeigen drei Statuen an den Strebepfeilern des nördlichen Seitenschiffes vom Dom.
Halberstädter
Sie sind etwas später entstanden als die Naumburger Figuren,
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
38
Was der dritte B a n d im übrigen enthalten wird, kann erst gesagt werden, wenn das spätere Material im ganzen Umfang bekannt sein wird.
E s sind einmal
Schulwerke von Naumburg: außer den in unmittelbarem Zusammenhange mit der Tätigkeit des großen Bildhauers entstandenen Figuren in Meißen und in Naumburg selbst sind es vor allem interessante Skulpturen in S. Agidien und S. Martin in Heiligen Stadt, im Dom zu Erfurt, in der Paulinerkirche zu Leipzig und wiederum in Naumburg selbst.
Die zuletzt genannnten Werke zeigen, daß sich der Naumburger Stil
bis in den Beginn des 15. Jahrhunderts hält. Dazu kommt dann die genannte Gruppe von Erfurter Skulpturen, denen sich Werke in Stadtilm, Mühlhausen und Halberstadt angliedern.
Eine natürliche Grenze gegen den folgenden Band könnte der
Zeitpunkt bilden, in dem von Nürnberg her die Formen des süddeutschen Trecento eindringen.
In E r f u r t , wo bereits zum Teil im Anschluß an Naumburg und Magde-
burg, zum Teil unter direkten Einwirkungen von Frankreich her eine lokale Schule sich gebildet hatte (Vorhalle des Domes), fassen diese süddeutschen Einflüsse um das J a h r 1360 zuerst festen Fuß, der Severisarkophag ist sein erstes Denkmal.
Es
liegt nahe, mit ihm einen neuen B a n d zu beginnen, der dann die ganze übrige Skulptur bis zur Mitte des 1 5 . Jahrhunderts, bis zum Eintritt des eckigen-spätgotischen Faltenstiles enthalten würde.
Für die Zeit, die dieser vierte B a n d umfaßt, der vielleicht
auch eine Teilung erfährt, steht das reichste Material zur Verfügung, zugleich aber auch, besonders gegen Schluß der Periode, das minderwertigste.
Hier wird mit
Vorsicht Auswahl getroffen werden müssen. Von den
vier Bänden erfordert aus den dargelegten Gründen der erste die
umfangreichsten Vorbereitungen.
Um überhaupt eine richtige Auswahl aus der
reichen Fülle der Bauornamentik treffen zu können, muß ein vollständiger Überblick über das ganze Material vorhanden sein. E s erweist sich die Beschaffung eines möglichst vollzähligen Photographienmaterials, zu tragen braucht, als eine Notwendigkeit.
das nur provisorischen
Charakter
Der Erreichung dieses Zieles kamen
die schon genannten Aufnahmen zu statten, die Herr Landesbaumeister Max Ohle auf mehrjährigen Reisen durch Sachsen und Thüringen für seine Studien der sächsischen Skulptur und Ornamentik angefertigt hatte.
E s muß mit Dankbarkeit an-
erkannt werden, daß das Vorhandensein seiner systematisch angelegten Sammlung wie seine vielfachen mündlichen Hinweise die Vorarbeiten wesentlich erleichterte. Auch die Aufnahmen von Herrn Apotheker Küche in Quedlinburg, die für ein bestimmtes Gebiet, den Nordrand des Harzes, ein sehr vollständiges Material bieten, leisteten unübertreffliche Dienste.
Trotzdem fehlt noch manches und es wird eine
Hauptsorge sein, das Arbeitsmaterial auf diesem Gebiete möglichst schnell zu vervollständigen.
F ü r die spätere Reproduktion müßte dann allerdings ein großer Teil
der Aufnahmen, die fast sämtlich das Format 9 x 1 2 haben und nicht gleichmäßig gelungen sind, durch neu anzufertigende ersetzt werden.
F ü r den größten Teil der
monumentalen Skulptur sind bereits sehr brauchbare Aufnahmen vorhanden, die
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
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von der Preußischen Meßbildanstalt und den Photographen Dr. Stödtner (Berlin), Bissinger (Erfurt) und Bödeker (Hildesheim) stammen. Dazu kommen die vom Bearbeiter auf den Reisen des letzten Sommers für den Verein gefertigten Aufnahmen. So wird es hoffentlich möglich sein, den ersten Band in nicht zu ferner Zeit .erscheinen zu lassen, dem dann in verhältnismäßig schnellen Abständen die übrigen folgen können. An der Herstellung des Zettelkataloges ist der Bearbeiter seit Ende Oktober tätig. E s wird zu dem Zweck die ganze in Frage kommende Literatur durchgearbeitet, zu der in erster Linie die Kunstinventare, die Lotzische Kunsttopographie, das Dehioschc Handbuch, Ottes und Bergners Kunstarchäologie und Bodes Geschichte der deutschen Plastik gehören. Dazu kommen dann die in der Literatur nicht erwähnten, auf den Reisen des Bearbeiters gefundenen und die durch Umfrage bei den Kirchenvorständcn festgestellten Denkmäler. E s handelt sich vor allem um die innerhalb der oben bezeichneten Grenzen befindlichen Denkmäler, wozu die in auswärtigen Museen befindlichen Skulpturen sächsischer Provenienz kommen. E s wird dann auch nötig sein, über das sächsische Gebiet hinauszugehen, wenn es sich um Werke handelt, die von auswärts in Sachsen bestellt sind, wie die sogenannten Korssunschen Bronzetüren in Nowgorod, die unter der Regierung des Erzbischofs Wichmann, dessen Porträt sich auf ihnen befindet, in der Magdeburger Gießhütte gefertigt sind. In diesem Falle erscheint es, besonders wenn man bedenkt, daß sich sonst nur wenige Zeugen dieser vermutlich sehr bedeutenden Hütte erhalten haben, durchaus nötig, sie in die Publikation aufzunehmen. Bei anderen Werken, wie den Türen von S. Zeno in Verona, wo die Herkunft aus Sachsen durch äußere Indizien nicht gesichert ist, wird erst die stilistische Untersuchung über die Aufnahme entscheiden. Das gleiche gilt von den mit den letzteren so außerordentlich verwandten Domtüren in Gnesen. Was die Reproduktionen betrifft, so sollen nur Aufnahmen nach den Originalen zugrunde gelegt werden. Auch Vergrößerungen der Negative sollen möglichst vermieden werden. Was den Maßstab betrifft, so wird zu erwägen sein, ob man sämtliche Skulpturen in einem einheitlichen Maßstab abbilden soll. Dies Prinzip muß sicherlich durch die künstlerische Bedeutung des Monumentes oder seine Wichtigkeit für die Stilentwicklung durchbrochen werden, da minderwertige Skulpturen nur summarisch in kleinerem Maßstab vorgeführt werden können. Möglichst ist natürlich darauf zu sehen, daß alle einem Zyklus angehörigen Skulpturen oder solche, deren Vergleich aus bestimmten Gründen erwünscht ist, in demselben Maßstab abgebildet werden. Immerhin ist die Frage des Maßstabes für die monumentale Skulptur nicht von der Wichtigkeit, wie sie es für die Kleinkunst aus Gründen, die Goldschmidt in seinem Bericht über das Korpus der Elfenbeinskulpturen dargelegt hat, zweifellos ist. Was die Zahl der Abbildungen, die von einem Denkmal gegeben werden sollen, betrifft, so ist klar, daß man sich bei nahezu rundplastischen Werken meist
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Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
nicht mit einer einzigen Abbildung begnügen kann. Es werden bei wichtigeren Werken drei Gesamtaufnahmen zu fordern sein, denen sich je nach der Bedeutung des Monumentes eine oder mehrere Detailaufnahmen anreihen. Für Reliefs und minder bedeutende Werke genügt eine einzige Aufnahme. Von größter Wichtigkeit bei der Aufnahme von Freiskulpturen ist die Wahl des Standpunktes. Hier genügt ein. großer Teil der vorhandenen Photographien den Anforderungen nicht, was besonders bei den Aufnahmen der verschiedenen Photographen nach den Naumburger Skulpturen ersichtlich ist. Nur die älteren, unter Schmarsows Leitung gefertigten Flottwellschen Aufnahmen würden ganz einwandfrei sein, wenn sie nicht zum Teil einen gewissen Mangel an Schärfe aufwiesen. Auch bei der Wahl des Standpunktes soll möglichst nach einheitlichem Prinzip verfahren werden, um auch hierdurch dem Vergleich innerhalb einer Gruppe verwandter Skulpturen eine kongruente Unterlage zu geben, wie bei der großen Zahl von stehenden Madonnen aus dem 13. und 14. Jahrhundert, die, weil sie sich gleichmäßig über den Zeitraum von fast zwei Jahrhunderten verteilen, von großer Bedeutung für die Erkenntnis der Stilentwicklung sind. Von der Mitgabe von Details soll besonders bei wichtigen Werken reichlicher Gebrauch gemacht werden, da gerade für eine genauere Beobachtung der Technik und Bearbeitung die Gesamtaufnahmen nicht immer ausreichen. Bei Skulpturen, die noch am ursprünglichen Orte ihrer Aufstellung erhalten sind, sollen Aufnahmen mit ihrer natürlichen Umgebung beigegeben werden. Eine andere Frage von Wichtigkeit ist die der Wiedergäbe von Inschriften als Clichés. Es entspricht durchaus dem Charakter einer Quellenpublikation, die das behandelte Objekt möglichst vielseitig anzugreifen sucht, daß hierauf der größte Wert gelegt wird. Die Publikation ist ja nicht nur für den Kunsthistoriker von Fach bestimmt, sondern soll auch verwandten Gebieten wie der Paläographie und Epigraphik Material liefern. Für den Kunsthistoriker hat eine Inschrift aber noch die spezielle Bedeutung, daß sie unter Umständen eine Datierung des Denkmales ermöglicht, wo andere Hilfsmittel versagen. Bei Inschriften, die in einer Ebene liegen, reicht die Photographie im allgemeinen aus. Eine Inschrift wird aber auf einer Photographie dann nicht genügend zur Geltung kommen, wo sie sich auf einem gewölbten Grunde befindet, wie z. B. bei Tauf steinen. Hier wird ein Abklatschen und die Herstellung eines Faksimile erforderlich sein. Was den Katalog betrifft, so soll die Beschreibung so knapp wie möglich gehalten werden und Angaben vor allem über das enthalten, was die Photographie nicht zeigt, dagegen soll mit der größten Genauigkeit alles verzeichnet werden, was nur irgend geeignet erscheint, über die kunstgeschichtliche Stellung Aufklärung zu bieten. So wurden auf den bisherigen Reisen mit Sorgfalt alle Spuren früherer Bemalung verzeichnet. Unsere Kenntnis von der Art der Bemalung besonders frühmittelalterlicher Skulpturen ist noch sehr lückenhaft und kann nur erweitert werden durch eine systematische Sammlung des Erhaltenen. Nur bei wenigen Skulpturen
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
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der Frühzeit haben sich noch Spuren der ehemaligen Bemalung erhalten, meist ist die jetzt vorhandene Bemalung das Resultat einer ein- oder mehrmaligen Erneuerung und nur einer zeitraubenden Untersuchung wird es zuweilen gelingen, durch die Ubermalungen hindurch die alten Farben festzustellen. Ganz intakt hat sich nur bei wenigen Werken die alte Bemalung erhalten, so bei der sitzenden Madonna der Halberstädter Liebfrauenkirche. Große Sorgfalt muß auch der Feststellung der Maße gewidmet werden. Die Erfahrung lehrte, daß in den einzelnen Perioden und stilistisch zusammengehörigen Gruppen ganz bestimmte Gewohnheiten geherrscht haben, so daß unter Umständen allein die Vergleichung der Maße eine Datierung, für die sonstige Anhaltspunkte fehlten, ermöglichte oder wenigstens bestätigte. Es wurden sehr viel mehr Maße genommen, als es bisher üblich war, außer dem Höhenmaß auch das der Breite und Tiefe und verschiedene Detailmaße, wie z. B. des Kopfes. Dabei zeigte sich die interessante Tatsache, daß die eindringende Gotik ganz bestimmte Gewohnheiten mit sich bringt. Viel mehr als die vorhergehende Zeit legte sie sehr regelmäßig zugehauene Blöcke von sehr einfachen Maßverhältnissen zugrunde. Die Form der Bosse läßt sich meistens mühelos feststellen. Es zeigte sich auch der Wert einer Methode, die in jüngster Zeit bei der Architekturgeschichte mit Glück angewendet worden ist: bei allen Maßen die zugrundeliegenden Fußeinheiten zu ermitteln, die die für die einzelnen Perioden übliche Art zu messen sehr deutlich vor Augen führt. Da das Fußmaß örtlichen und zeitlichen Schwankungen unterworfen ist, zeigen sich gewisse Ubereinstimmungen in Massen erst dann, wenn das zur Verwendung gelangte Fußmaß festgestellt ist. Die Tätigkeit in der nächsten Zeit soll neben anderen Arbeiten der Fertigstellung des Zettelkataloges sowie der weiteren Durcharbeitung der Literatur für den ersten Band gewidmet werden. In den Monaten April und Mai wird die Arbeit durch eine militärische Übung des Bearbeiters eine Unterbrechung erfahren. Anfang Juni soll dann wieder mit Reisen begonnen werden. Da es sich noch mehr als bei der letzten Reise darum handeln wird, vor allem erst das Material für die Zeit bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts zusammenzubringen, so soll im kommenden Jahre das ganze noch fehlende Gebiet derart bereist werden, daß nur an abgelegenen schwer erreichbaren Orten auch für die spätere Zeit mitgesammelt werden soll, während dies in den Hauptzentren der Skulptur des 14. und 15. Jahrhunderts, die zudem fast lauter größere Städte sind (Erfurt, Halle, Heiligenstadt, Mühlhausen, Arnstadt, Meißen, Langensalza) unterbleiben soll. G i e s a u. Die prinzipiellen Bemerkungen über die Bearbeitung der mittelalterlichen Skulpturen, die Art der Aufnahmen, die Anlage des Kataloges, die Bedeutung der Bauornamentik, usw., die oben bei Besprechung des sächischen Gebietes dargelegt wurden, sind ebenso für den Bearbeiter der romanischen Skulptur im Rhein-Main-' Gebiet maßgebend, so daß er darauf verzichten kann, sie hier noch einmal zu erörtern. Kunatwiaaenschaft III.
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Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Für die Arbeit standen zunächst nur August und September 1912 und März und April 1 9 1 3 zur Verfügung. Der Bearbeiter hatte aber auf früheren Reisen das Material schon soweit kennen gelernt, daß sich die Gliederung des Stoffes und die Verteilung mit einiger Sicherheit feststellen ließen. Es werden in einem ersten Teil alle Werke bis zu dem Eindringen der ersten französisch-gotischen Einflüsse behandelt, in einem zweiten Teil die übrigen Arbeiten des 13. Jahrhunderts, die an Zahl und kunstgeschichtlicher Bedeutung alle anderen aufwiegen. Für die weitere Bearbeitung erwies es sich bei der beschränkten Zeit als zweckmäßig, zunächst die Gebiete, die als die wichtigsten und führenden erkannt worden waren, eingehender zu untersuchen und dann erst die entlegeneren und weniger bedeutenden Gegenden anzugliedern. Für die frühen Skulpturen sind die Vorarbeiten noch nicht sehr weit gediehen. Von frühchristlichen Werken kommen vor allem Funde auf dem Albansberg in Mainz und einiges andere in Rheinhessen in Betracht, meist Grabmonumente. Dann von karolingischen Skulpturen Portaldekorationen in Engelstadt und Pfaffenhofen u. a. O. Es wird sich hier als besonders wichtig erweisen, a l l e Bauornamentik heranzuziehen, Stücke in Ingelheim und Lorsch, Kapitelle der Justinuskirche in Höchst und der Michaelskirche in Fulda. Aus der ottonischen Zeit sind der Gedenkstein eines Dieterih im Mainzer Museum mit althochdeutscher Inschrift und die Skulpturen der Kirche auf dem Petersberg bei Fulda zu behandeln. Ob die Bronzelöwen am Willigis-Portal des Mainzer Doms ursprünglich (um 1000) oder erst 12. Jahrhundert sind, ist noch zu entscheiden. Bei systematischer Forschung wird sich die Zahl der Denkmäler sicher noch vermehren lassen. Eine größere Gruppe läßt sich zuerst in der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts an den Ostchor des Mainzer Doms anschließen. Derselbe ist im ersten Drittel des Jahrhunderts erbaut worden (vgl. Kautzsch in der Zeitschrift für Geschichte der Architektur V. (1912) Se'ite 209) und mit zahlreichen Skulpturen, besonders an Kämpfern und Kapitellen, geschmückt, die durchaus einheitlichen Charakter haben. In Oberitalien findet sich an der Kanzel der Kirche auf der Insel S. Giulio im Lago d'Orta eine ganz entsprechende Plastik, so verwandt, daß an einen direkten Zusammenhang gedacht werden muß: dieselben verschiedenen Akanthuskapitelle kommen dort vor, zum Teil mit gleichmäßig mißverstandenen oder umgebildeten antiken Formen, dasselbe Blattwerk, dieselben figürlichen Darstellungen. Die Einheitlichkeit der Mainzer Skulptur unten, besonders am Südostportal und in der südlichen Eingangshalle und oben an der Chorgallerie läßt auch einen Schluß auf eine Bautätigkeit in einem Zuge zu. Die Kanzel von Orta gehört einer Gruppe von oberitalienischen Werken an, die durch die fest datierte Krypta von Modena um IIOO festgelegt ist. Zur Datierung des Mainzer Ostchors bringen die mittelrheinischen Schulwerke einiges Material. In Ilbenstadt in der Wetterau gründet Gottfried von Kappenberg II23 ein Prä-
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
monstratenser-Kloster.
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Bei dem überlieferten Eifer des Stifters ist anzunehmen,
daß der Bau bald begonnen wurde.
An den ältesten Teilen der Kirche, der Vor-
halle und den westlichen Vierungspfeilern — die jüngeren, deutlich davon unterschiedenen Teile sind um II50 anzusetzen—, sind Kämpfer und Kapitelle von einem Bildhauer dekoriert, der aus der Mainzer Schule hervorgeht, wohl auch dort mitgearbeitet hat.
Die Arbeiten sind etwas gröber und handwerklicher als die Mainzer
Skulpturen. Setzen wir sie etwa 1125—30 an, so bekommen wir für Mainz als terminus ante 1125, was auch zu Kautzschs architekturgeschichtlichen Forschungen stimmt. Zu demselben Resultat kommt man durch die Erkenntnis, daß der urkundlich auf 1108—1143 festgelegte Neubau der Kirchc des Benediktinerklosters Dissibodenberg in der Pfalz im engen architektonischen Zusammenhang mit dem Mainzer Ostchor steht (vgl. Kautzsch: Vortrag auf dem kunsthistorischen Kongreß 1912 in Rom) und daß sich dort das Fragment eines Löwen befindet, der ganz mit dem Löwen des Mainzer Südostportals übereinstimmt. Wieweit ähnliche Arbeiten am Speyerer Dom und die frühesten Teile des Wormser Doms hier anzuschließen sind, bleibt noch zu untersuchen. Diese Gruppe wirkt bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts in der Gegend nach.
Eine Fensterarchitektur im Museum in Mainz gehört hierher, dann wohl
einige Skulpturen an den älteren Teilen der Benediktinerkirche Spohnheim im Nahetal, und vielleicht auch die Skulpturen der Nordostvorhalle der Abteikirche von Hersfeld. An das Ende des 12. Jahrhunderts gehören die Reste des Dissibodenberger Lettners; er wird sich vielleicht nach Analogie des gleichzeitigen Maulbronner Lettners rekonstruieren lassen. Einige Mainzer Skulpturen vom Anfang des 13. Jahrhunderts lassen sich bisher noch nicht an die vorigen Arbeiten anschließen. Es ist das Marktportal am Dom dessen Tympanon mit den Bamberger Georgenchorschranken
zusammenzuhängen
scheint; die Dekoration der Memorie, das Paradiesportal am Leichhof,
das mit
einem Tympanon des Kölner Wallraf-Richartz-Museums verwandt ist, und die spärlichen Skulpturen am Eisernen Turm. Bedeutsamer ist die Geinhäuser Gruppe: An die Kaiserpfalz, deren Ornamente noch einige Anklänge an die Mainzer Ostchorgruppe zeigen, schließt sich die Burg Münzenberg an, etwas lockerer die romanischen Reste der Schlösser in Büdingen und Babenhausen.
Der Bildhauer, der an der Peterskirche in Gelnhausen gearbeitet
hat, ist in Aschaffenburg an der Stiftskirche wieder nachzuweisen, seine Schule am Tympanon der Aschaffenburgcr Pfarrkirche und an der Leonhardskirche in Frankfurt a. M.
Hier gehen architektonische Beziehungen mit den plastischen
parallel. In engstem Zusammenhang mit diesen Skulpturen stehen die Arbeiten an der Geinhäuser Marienkirche, die vom ersten Charterer Stil, wahrscheinlich über Etampes, 6*
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
44 beeinflußt sind. Kapitelle.
Es sind die drei Tympana, die Konsolen im Chor und eine Anzahl
Dazu gehört eine Darstellung des lehrenden Christus in der auch archi-
tektonisch abhängigen Stiftskirche zu Pfaffenschwabenheim. In Mainfranken sind in dieser Zeit das Hauptwerk die Bamberger Georgenchorschranken und die damit zusammenhängenden Skulpturen.
Dagegen treten
die Würzburger Arbeiten (Neumünsterkreuzgang, Tympanon der ehemaligen Katharinenkapelle u. a.) in den Hintergrund; sie sind wesentlich vor allem als vermittelndes Glied zwischen Bamberg und dem Mittelrheingebiet. Bei diesen spätromanischen Skulpturen finden sich gemeinsame Züge, eine allgemeine Familienähnlichkeit, die beweist, daß alle zu einer großen bodenständigen Gruppe zusammengehören.
Diese lokale Grundlage ist auch weiterhin an den Skulp-
turen des 13. Jahrhunderts bis nach 1250 zu erkennen. Von den Skulpturen des 13. Jahrhunderts, den Skulpturen, die schon unter dem Einfluß der französischen Hochgotik stehen, sind vor allem die Lettner zu nennen, die sich am Mittelrhein, wenigstens in Resten, besonders zahlreich erhalten haben. A m wichtigsten und auch an Qualität am bedeutendsten sind die beiden Lettner des Mainzer Doms. Dem Westlettner hat man in letzter Zeit mit hoher Wahrscheinlichkeit den Christus zwischen Maria und Johannes d. T., die jetzt am Tympanon des Südostportals angebracht sind, und die beiden Reliefs aus dem jüngsten Gericht im Domkreuzgang zugewiesen (Dehio, Handbuch; Stix, Jahrbuch der K. K . Zentralkommission III. 1909). An den barocken Chorschranken des Westchors sind die alten Stiegentürme wieder verwendet worden: eine genauere Untersuchung ergibt, daß ihre Arkaden teilweise zugemauert sind, daß sie ursprünglich halbrund geöffnet waren, wie die Naumburger Stiegentürme, mit denen sie auch in einzelnen Profilen und in dem Blattwerk an der Treppenspindel große Ähnlichkeit zeigen. auch bei den Skulpturen vorhanden
Diese Ähnlichkeit ist
und hat Stix verleitet, den Lettner für die
Arbeit eines Schülers des Naumburger Meisters zu erklären.
Die Skulpturen sind
an Qualität den Naumburgern gewachsen; alles, was diesem Eindruck widerspricht, stellt sich bei sorgfältiger Untersuchung als Ergänzung und Uberschmierung heraus.
Aber
Mainz
ist
früher
als
Naumburg:
das
Blattwerk
der
Kapitelle
und die Form der Stiegentürme sind noch nicht so entwickelt, wie in Naumburg. Man
muß
den
Meisters halten.
Mainzer
Lettner
demnach für
ein Frühwerk des
Naumburger
Die Reste reichen aus, zu erkennen, daß die Form des Lettners
im allgemeinen der des Naumburgers entsprochen haben muß: eine flache Bühne mit Durchgang in der Mitte; im Tympanon die Gruppe Christi, rechts und links auf der Brüstung die Seligen und Verdammten, von denen nur die beiden Szenen erhalten sind, die sich an das Tympanon anschlössen.
Der Geinhäuser Lettner, der
sich in den Skulpturen an den Mainzer Westlettner anschließt, läßt vermuten, daß
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
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mindestens die Hölle und die Auferstehung verloren gegangen sind.
An der Rück-
seite befanden sich die beiden Treppentürme. Erheblich schwieriger sind die Probleme, die sich einer Rekonstruktion des Ostlettners entgegenstellen.
Er war schon im 15. Jahrhundert zerstört worden, als
man den Ostchor durch den Pfeilereinbau stützte. Als dieser in den sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts abgebrochen wurde, fanden sich noch an beiden Seiten des Chors die Stützen, die jetzt im Domkreuzgang aufgestellt sind und die mit Karyatiden und Kapitellen der Reimser Kathedrale Verwandtschaft zeigen.
Außerdem fanden
sich, zum Teil als Füllmauerwerk verwendet, eine Menge kleiner Reste, von denen im Fundbericht nur einige Rippen näher bezeichnet werden, die jetzt auch im Domkreuzgang liegen.
Sie zeigen, daß es ein Ciborienlettner war, wie der Geinhäuser,
mit einem Vorbau, unter dem der Altar stand; denn an einem Rest kommen zwei Gurten und eine Diagonalrippe zusammen. Außerdem aber fand sich im Dommuseum, einem Raum, in dem allerlei Funde haufenweise aufgestapelt werden, eine große Menge zugehöriger Kapitelle, Konsolen usw. Einige Kapitelle lassen sich zu Gruppen von je dreien zusammenfügen und bestätigen durch die Ähnlichkeit mit den Gelnhäuser Kapitellgruppen die Rekonstruktion als Ciborienlettner.
Besonders wesent-
lich ist, daß die wundervollen Kapitelle zum Teil noch die alte Bemalung haben, dank der frühen Vermauerung: Kämpfer und Ring sind vergoldet, die Blätter sind hellgrün auf hellblauem Grund; ein Knollenkapitell hat Purpurbemalung.
Die
wesentlichste Aufgabe wird nun sein, auf Grund genauer Messungen und Aufnahmen eine exakte Rekonstruktion zu versuchen. Der Lettner der Märienkirche in Gelnhausen scheint von dem Mainzer Ostlettner seine Form entlehnt zu haben; seine Skulpturen schließen sich eng an den Mainzer Westlettner an.
Ein Schulwerk ist der Lettner der Abteikirche in Seligen-
stadt, von dem nur noch einige Säulen in der Taufkapelle und ein Grundriß nach der barocken Umwandlung zur Westempore erhalten sind.
Danach war er in der
Hauptsache ebenso angelegt, wie der Geinhäuser Lettner, hatte aber Stiegentürme, wie der Mainzer Westlettner; wie der Aufbau gestaltet war, ist nicht mehr ersichtlich. Der Neubau der Ostpartie der Seligenstädter Kirche hat 1253 seine abschließende Weihe erhalten; damals wird auch der Lettner fertig gewesen sein.
Unmittelbar
vorher muß der Geinhäuser Lettner entstanden sein, also in der Mitte der vierziger Jahre; auch die Tätigkeit des Bildhauers am Bau der Marienkirche selbst führt auf dieses Datum.
Wir kommen also mit den Mainzer Lettnern auf die Zeit um 1240.
Ich sehe sehr viel Verlockendes darin, sie doch noch mit der Weihe von 1239 in Verbindung zu bringen. Von Reims her ist bei der Unsicherheit der dortigen Chronologie schwer ein terminus post zu gewinnen. Unter Geinhäuser Einfluß ist nach 1250 der Lettner der Friedberger Stadtkirche entstanden, von dem nur noch in spätgotischem Umbau das quadratische Ciborium erhalten ist.
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Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Für Franken ist auch im 13. Jahrhundert der Hauptort wieder Bamberg mit den jüngeren Domskulpturen, die mancherlei Zusammenhänge mit der Gruppe der Georgenchorschranken zeigen, im wesentlichen aber auch von Reims her bestimmt sind.
Die Bauornamentik des Bamberger Domes hat ihre Vorbilder zum Teil in
Ebrach und beeinflußt ihrerseits die Johanneskirche in Schweinfurt und die Sebalduskirche in Nürnberg.
Im Würzburger Kreis kommt außer dem Burkharder Opfer-
stock vor allem der Grabstein des Grafen Otto von Bodenlauben und seiner Gemahlin in Frauenroth in Betracht. In Mainz ist in engem Zusammenhang mit Bamberg, aber von einem anderen Meister, die prachtvolle Madonna in der Fuststraße geschaffen worden.
Dort be-
finden sich aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts im Domkreuzgang, außer einem Diakon als Pultträger und einigen sehr schönen Fragmenten, sechs sitzende Apostel und ein kniender Johannes d. T. von einem jüngsten Gericht.
Auf einer
Hundeshagenschen Zeichnung der Domsakristei (auf deren First die Figuren barock aufgestellt waren) vom Anfang des 19. Jahrhunderts ist auch die Maria noch zu erkennen, die inzwischen verloren gegangen ist. Eine interessante Konsole, ein Engel mit Buch, vom ehemaligen Kronenberger Hof wird jetzt im Museum aufbewahrt. Im Hof der Marien-Schule findet sich über dem Tor ein ausgezeichnetes Relief mit der Steinigung des Stephanus eingemauert. An Mainz lassen sich auch am besten die mittelrheinischen Grabsteine angliedern.
In Mainz selbst ist es der Grabstein des Siegfried von Eppstein (fi249) und
der des Arnold de Turri (f 1268), im Wiesbadener Museum zwei Stücke, die aus Mainz stammen.
Dazu kommen eine ganze Anzahl Steine im Lahntal und in Ober-
hessen bis nach Marburg. Als Grenzort von verschiedenen Seiten beeinflußt ist Wetzlar. Die Architektur der Stiftskirche zeigt in den älteren Teilen noch Anschluß an die Geinhäuser Bauschule, kommt aber mehr und mehr unter starken westfälischen Einfluß, wodurch auch die Anlage des Langhauses als Halle zu erklären ist. Die Skulptur ist an Qualität der Architektur stark unterlegen.
Sie zeigt engen Zusammenhang mit dem Pader-
borner Domportal. Der Meister scheint aber ursprünglich vom Mittelrhein zu stammen; er zeigt die bodenständigen Grundzüge und hat auch starke Beziehungen zu den Bamberger Domskulpturen.
Dieser Einschlag braucht nicht direkt von Bamberg
herzukommen; die Madonna des Wetzlarer Domportals hat z. B. eine ganze Reihe Motive mit der Mainzer Fuststraßen-Madonna gemeinsam. Einige Werke dieser Epoche sind noch nicht sicher festzulegen: ein Diakon mit Weihwasserbecken aus Seligenstadt im Darmstädter Museum, die untere Hälfte eines Taufsteines mit den zwölf Aposteln in Seligenstadt, ein Grabstein und eine Madonna in Ilbenstadt u. a. In der Hauptsache ergibt sich ein ziemlich sicheres Gebäude, besonders im 13. Jahrhundert. Einige Schwierigkeit wird noch die Abgrenzung nach den Nachbar-
Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
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gebieten bereiten. Nach Westfalen hin scheint der Westerwald die Grenze zu bilden, nach Sachsen die Weser und der Thüringer Wald bis zum Fichtelgebirge; dagegen ist die Abgrenzung nach Bayern, Schwaben und dem Oberrhein hin noch unsicher. Politisch wird die Publikation etwa folgende Gebiete umfassen: Hessen-Nassau, Thüringen südlich vom Wald, Oberfranken, Mittelfranken und Unterfranken, die nördlichen Teile von Württemberg und Baden, das Großherzogtum Hessen, die bayerische Pfalz und von der Rheinprovinz die Regierungsbezirke Koblenz und Trier. Die nächste Aufgabe wird sein, die Frage der Abgrenzung zur Entscheidung zu bringen und vor allem das Photographienmatcrial zu vervollständigen, das zum Teil noch den Charakter des Arbeitsmaterials trägt, ohne zur Reproduktion geeignet zu sein. N o a c k.
Die Monate Januar und Februar 1913 vergingen zum großen Teil mit der Inventarisation der Skulptur in Magdeburg. In den Monaten März bis Mai war der Bearbeiter wegen Ableistung einer militärischen Übung beurlaubt. Anfang Juni wurde wieder mit Reisen begonnen, die sich auf die südlichen Teile der Provinz Sachsen und die noch fehlenden Teile der thüringischen Staaten erstreckten. Auch ein Teil des Königreichs Sachsen, in dem die Zahl der in Frage kommenden Denkmäler sehr gering ist, wurde bereist. Bei dem Fehlen geeigneter Ortsphotographen war es nicht möglich, die erforderlichen umfangreichen Aufnahmen in Freiburg, Wechselburg und Meißen sofort anzufertigen. Das soll am Anfang des folgenden Jahres durch die Kgl. Preußische Meßbildanstalt nachgeholt werden, die überhaupt in Zukunft für die Aufnahmen an Orten, wo sich eine größere Zahl von Denkmälern vereinigt findet, herangezogen werden wird. Es handelt sich um die Orte Altzella, Braunschweig, Freiberg, Goslar, Hannover, Hildesheim, Königslutter, Magdeburg, Meißen, Nordhausen, Sangerhausen und Wechselburg. In schwer erreichbaren Orten mit einer geringen Zahl von Denkmälern wird der Bearbeiter nach wie vor die Aufnahmen selbst herstellen. Von Oktober an wurde mit der Durcharbeitung der Literatur und der Vervollständigung des Zettelkataloges fortgefahren. Dazu kamen die vielfältigen Arbeiten, die sich aus der Registrierung der photographischen Platten und Kopien ergaben, sowie die Korrespondenz mit Kirchen- und Museumsvorständen und sonstigen Behörden, um die Reisen des folgenden Jahres vorzubereiten. Sie richten sich vor allem auf die nördlichen und östlichen Teile der Provinz Sachsen, auf die Provinz Brandenburg und das Königreich Sachsen, so daß zu hoffen ist, daß Ende 1914 die Bereisung zur Hauptsache abgeschlossen ist. Das Bestreben wird im nächsten Jahre darauf gerichtet sein, die photographischen Arbeiten so zu fördern, daß mit der stilistischen Ordnung der Denkmäler mit Erfolg begonnen werden kann. G i e s a u.
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Die monumentalen Skulpturen bis zur Gotik.
Die Reise der Unterzeichneten mit Photographen der Kgl. Meßbildanstalt zu Berlin im August und September hatte vor allem den Zweck, die Möglichkeit eines dauernden Zusammenarbeitens des Vereins mit der Anstalt zu untersuchen. Es war dabei von vornherein klar, daß die Resultate — was Zahl der Aufnahmen in einer bestimmten Zeit, Reisekosten, in schwierigen Fällen auch Qualität der Aufnahmen betrifft — nur von bedingter Gültigkeit sein konnten; denn die Anstalt war darauf angewiesen, ihre oft nicht ganz geeigneten Instrumente zu verwenden, und die Photographen mußten für die besonderen Anforderungen bei den Aufnahmen erst geschult werden. Trotzdem müssen die Resultate schon jetzt als recht befriedigend bezeichnet werden. Für die erste Hälfte der Reise war mit Absicht in den Bamberger Domskulpturen ein besonders schwieriges und wichtiges Objekt gewählt worden, auf das die Arbeit einige Wochen (den ganzen August hindurch) konzentriert wurde. Das hohe Domkapitel stellte dem Verein mit der größten Liebenswürdigkeit einen als Dunkelkammer geeigneten Raum im Kapitelhaus zur Verfügung, wofür wir auch an dieser Stelle den verbindlichsten Dank des Vereins aussprechen möchten. Es wurde dadurch ermöglicht, ohne großen Zeitverlust Platten zu wechseln oder zu entwickeln und bei langen Belichtungszeiten die Pausen durch Arbeit in der Dunkelkammer auszunutzen. Hauptaufgabe sollte sein, die Chorschranken und die dazwischenstehenden Figuren mit allen Details so aufzunehmen, daß später möglichst keine Ergänzungsaufnahmen mehr nötig würden. Da die Stative der Anstalt dazu nicht ausreichten, mußte ein Podium auf 3 m hohen Böcken hergestellt werden, von dem aus die Aufnahmen vorgenommen wurden. Die Beleuchtungsverhältnisse waren auf der Nordseite gut. Auf der Südseite mußte dagegen mit einem mit weißer Leinwand bespannten Schirm und mit Spiegeln nachgeholfen werden. Sehr zeitraubend war das dauernde Umbauen des Gerüstes, da im Süden vormittags, im Norden nachmittags das Licht günstig war. Außerdem wurden am Ostchor Proben der Bauornamente: Kapitelle, Kämpfer usw. photographiert, die bei einem zweiten Aufenthalt noch systematisch ergänzt werden müssen. Die Versuche, die wichtigen Schlußsteine und die Kapitelle der dunkelen Ostkrypta aufzunehmen, sind in Ermanglung eines brauchbaren Beleuchtungsapparates nicht geglückt. Für den Bearbeiter bot sich die günstige Gelegenheit, von den Gerüsten und Leitern aus die Skulpturen gründlich aus der Nähe zu studieren. Es wurden genaue Maße genommen, Material und Erhaltung und vor allem alle Reste von Bemalung sorgfältig festgestellt. Es zeigte sich dabei, daß an den Schranken auf der dunkleren Südseite neben späteren Übermalungen noch ganz erhebliche Reste der ursprünglichen Bemalung erhalten sind, die ausreichen, um sich von dem farbigen Charakter der Reliefs eine deutliche Vorstellung zu machen. Im September in Frankfurt a. M. sollte dann auch die Beweglichkeit der photographischen Einrichtungen auf die Probe gestellt werden. Von der Verwaltung der
Die Elfenbeine.
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Städtischen Gallerie war uns die Dunkelkammer im Liebieghaus in sehr dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt worden.
Die mittelalterlichen Werke der städtischen
Skulpturensammlung wurden infolgedessen auch zuerst aufgenommen. Es folgten dann Aufnahmen im städtisch-historischen Museum und im Kunstgewerbemuseum.
Die
Aufnahmen in den Kirchen, besonders im Dom, erwiesen sich als so schwierigj namentlich der schlechten Beleuchtungsverhältnisse wegen, daß sie mit wenigen Ausnahmen bis zur
Beschaffung einer ausreichenden künstlichen
werden mußten.
Lichtquelle
zurückgestellt
Es hatte ursprünglich im Plan gelegen, von Frankfurt aus auch
kleinere Objekte in der Umgebung, die in ein bis zwei Tagen zu erledigen waren, vorzunehmen.
Aus Zeitmangel und infolge dauernder ungünstiger Witterung mußte
das auf später verschoben werden.
Nur in Friedberg wurde ein Versuch gemacht
mit wenig befriedigendem Erfolg.
Der Mangel einer handlichen, leicht zu trans-
portierenden Ausrüstung machte sich in diesem Fall besonders unangenehm bemerkbar. Im ganzen sind in den zwei Monaten ca. 240 brauchbare Aufnahmen zustande gekommen.
Bei größerer Erfahrung und vor allem besserer Ausrüstung wird sich
die Zahl der Aufnahmen natürlich ganz bedeutend vermehren lassen, ohne daß die Kosten wesentlich höher werden.
Noack.
Wolters.
4. A B T E I L U N G :
DIE KAROLINGISCHEN, OTTONISCHEN UND ROMANISCHEN ELFENBEINE. BERICHT, ERSTATTET VON DEM ABTEILUNGSLEITER PROF. DR. ADOLPH GOLDSCHMIDT.
V
on den karolingisch-ottonischen Elfenbeinskulpturen ist der erste Band erschienen.
Besonderer
Dank ist Herrn Ernst Gall für die mühsame Her-
stellung der Register desselben auszusprechen. Vom zweiten Bande liegt die größte Anzahl der Lichtdrucktafeln schon bereit, und für die übrigen, welche den romanischen
Stücken
gewidmet
geringen Lücken angeschafft.
sind,
ist das photographische
Vorlagematerial
mit
Der zweite Band, welcher hauptsächlich die Stücke
des 10. und des beginnenden I i . Jahrhunderts enthalten wird, fordert in mancher Beziehung mehr Arbeit als der erste, weil das Material im Ganzen weniger bekannt und besprochen ist, dafür hat er den Reiz größerer Neuheit im Einzelnen wie in der Gruppierung.
Die Stücke sind nicht von der Größe und Schönheit derjenigen des
9. Jahrhunderts, aber sie sind in größerer Zahl vorhanden und während dort die Herstellungszentren vielfach auf französischem Boden oder französisch-deutschem Kunstwissenschaft III.
7
Gotische monumentale Plastik.
50
Grenzgebiet lagen, rückt das Schwergewicht jetzt ganz nach Deutschland mit dem Niederrhein, wie es scheint, als Mittelpunkt.
Zum Elfenbein des Südens gesellt sich
als sehr gebräuchliches Material der Walroßzahn des Nordens. Die äußeren Anhaltspunkte zur Datierung und Lokalisierung der Stücke sind fast ebenso spärlich wie im 9. Jahrhundert, man ist also auch im 10. und 11. Jahrhundert in der Hauptsache auf stilistische Gruppierung angewiesen.
Auch hier
entbehrt man, daß die Miniaturenschulen der Zeit noch nicht genügend klargelegt und publiziert sind, wenn es auch keineswegs leicht ist, die Parallelität der Formen zwischen Malereien und Reliefs herauszufinden. Einen großen Teil des Jahres 1912 war Dr. 0. Homburger damit beschäftigt, die Literatur über die für den zweiten Band in Aussicht genommenen Stücke durchzusehen und die Notizen darüber zusammenzustellen.
Das Ergebnis für die kunst-
geschichtliche Bestimmung war aber noch geringer als beim ersten Band, und es ist damit eigentlich nur einer Pflicht des Herausgebers genügt.
Auch die Durch-
sicht einer Anzahl von Geschichtsquellen hat keine wesentliche Angabe zutage gefördert. Dagegen hat die fortlaufende Vergleichung der einzelnen Reliefs zu klareren Scheidungen geführt. Bei Gelegenheit der photographischen Aufnahmen, die noch für den zweiten Band hergestellt wurden, ist dafür gesorgt worden, daß zugleich das Abbildungsmaterial für die romanische Zeit sich weiter vervollständigte. Frankreich
(Lyon, Orleans), aus England
Es kamen Stücke aus
(London, Cambridge), aus Österreich
(Prag, Salzburg, Kloster Melk) und aus Deutschland hinzu. Goldschmidt.
5. A B T E I L U N G :
GOTISCHE MONUMENTALE PLASTIK. BERICHT ERSTATTET VON DEN M I T A R B E I T E R N DR. C O H N - W I E N E R UND PROF. DR. K A U T Z S C H .
D
ie Plastik des 14. Jahrhunderts in Elsaß-Lothringen ist seit dem Juni 1912 in acht Reisemonaten und vier Wintermonaten bearbeitet worden *).
Es wurde
zuerst auf dem Straßburger Denkmalsarchiv ein Zettelkatalog der zu besuchenden Ortschaften aufgestellt, wobei, ohne Rücksicht auf vorhandene Notizen, auch alle Orte
miteingeschlossen wurden, an denen nur die entfernteste Aussicht bestand, bisher ') Herrn Dombaumeister und Konservator Knauth in Strafiburg, der mir jede Hilfe zuteil werden ließ, und den ihm unterstellten Denkmalspflegern bin ich, gerade in Hinsicht der Vollständigkeit, aufierordentlich zu Dank verpflichtet.
Gotische monumentale Plastik.
Unbeschriebenes aufzufinden.
51
Infolgedessen gelang es, trotzdem die bisher abge-
reisten Gebiete durch Kriege und die Revolution sehr in ihrem Denkmälerbestande gelitten haben, noch eine ganze Anzahl bisher unbekannter Werke, teilweise von sehr hoher Qualität, aufzufinden. Bis auf den schmalen Streifen an der Schweizer Grenze, dessen Zentrum Pfirt ist, ist bisher das ganze Oberelsaß durchsucht worden. B i s jetzt sind 108 Denkmäler dort registriert.
Außerdem wurde der Straßburger
Denkmälerbestand fortlaufend durchgearbeitet, von dem aber, da er noch nicht ganz vorliegt, im folgenden nicht die Rede sein soll. Überall wurden natürlich außer den Kirchen und Museen auch die Privathäuser und Privatsammlungen herangezogen, welche die Besitzer stets in liberalster Weise zugänglich machten. Für jedes Denkmal wurden, entsprechend den vom Verein zur Verfügung gestellten Formularen, Inhalt und Zustand, Maße und Herkunft registriert.
Indessen
war gerade die Feststellung der Herkunft nicht immer ganz leicht, weil bei den, schon unter französischer Herrschaft in ungewöhnlichem Umfang unternommenen und bis in die Gegenwart fortgesetzten Restaurationsarbeiten, manche Werke am Denkmal selbst ihren Platz wiederholt gewechselt haben und viele Stücke in Sammlungen gekommen sind, wo Zusammengehöriges getrennt wurde. nur durch alte Photographien
Vielfach konnte
und die Aussage einstmals bei den Arbeiten be-
schäftigter Werkmeister und Bildhauer der Umfang der Restauration am einzelnen Stück festgestellt werden.
Trotzdem ist fast in allen Fällen die Aufgabe schließlich
gelöst worden. Was von vorhandenen Aufnahmen dieser Werke irgend erreichbar war, wurde in je zwei Exemplaren angekauft; besonderer Wert wurde darauf gelegt, von restaurierten Objekten Aufnahmen des intakten Zustandes zu erhalten. Von allen Werken in entlegenen Orten wurden entweder vom Unterzeichneten eigene Aufnahmen genommen, oder solche den Lokalphotographen in Auftrag gegeben. Es ergab sich im Laufe der Arbeit, daß die hochgotische Strömung im Elsaß ziemlich genau um das Jahr 1300 eingesetzt haben muß. Das führende Werk der oberelsässischen Gotik ist unverkennbar die Sankt Martinskirche in Kolmar gewesen.
Sie erwies sich, was selbst nach dem Krausschen
Inventar nicht zu erwarten war, als eine mit Skulpturen vollkommen ausgestattete Kathedrale im wesentlichen des 14. Jahrhunderts, die an Tympanen, Strebepfeilerund Turmstatuen,
Konsolen- und Schlußsteinreliefs,
die Bauornamentik
ausge-
schlossen, insgesamt 69 Werke besitzt. Unter ihnen sind die 14 Statuen der Strebepfeiler, Propheten und Patriarchen in sehr interessanter Typologie, die frühesten. Beispielsweise entspricht dem Salomo und der Köngin von Saba an der Nordseite Helena und Konstantin an der Südseite, offensichtlich in bezug auf die Kreuzlegende.
Die Statuen sind teilweise Monumentalwerke allerersten Ranges von frap-
pierender Größe der Haltung und der Charakteristik.
Im Stil den Propheten des
mittleren Westportals am Straßburger Dom verwandt, also aus dem Anfang des 7*
Gotische monumentale Plastik.
52
14. Jahrhunderts stammend, ist die ganze Gruppe noch von französischer Gotik abhängig und hat weiter nach Osten in die Rottweiler Schule hinübergewirkt.
Der-
selben Zeit müssen, nach ihrem herben Stil, das Tympanon des Westportals und die zwölf Konsolenreliefs angehören, die im Innern des Chores die Wanddienste tragen, das erstere mit der Anbetüng der drei Könige und dem Jüngsten Gericht, die letzteren mit dem Sündenfall und der Passion geschmückt.
Dagegen stammen die Skulp-
turen der Chorschlußsteine (St. Martin und Marienszenen) und ebenso die zwölf sehr schönen Konsolen, auf denen die Dachbalustrade des südlichen Querschiffes ruht (auf die einzelnen Steine verteilt ist hier die Anbetung der Könige zwischen Vertretern verschiedener Bürgerberufe dargestellt), ihrem weichen flüssigen Faltenstil nach aus der Mitte des 14. Jahrhunderts.
Kraus nahm an, daß der Chor erst
1 3 5 5 begonnen wäre, trotzdem schon f ü r das Jahr 1 3 1 5 die Absicht, ihn zu bauen, berichtet wird.
Der Statuenbefund aber läßt vermuten, daß der Chor in dieser
ersten Bauperiode bis unter das Dach geführt worden ist, dann die Arbeit einige Zeit ruhte, und die Bauperiode um die Mitte des Jahrhunderts die Einwölbung in sich schloß.
Die Urkunden
gestatten diese Deutung ebenfalls.
Die Statuette
einer
Heiligen, dem Anschein nach ehemals zum Lettner gehörig, und vier arg verstümmelte Köpfe, die bei den Restaurationsarbeiten gefunden wurden, gehören bereits dem Stil der Thanner Westfassade und somit dem Ende des 14. Jahrhunderts an. Auffallend gering war dagegen die Ausbeute in der Kathedrale von R u f a c h , deren gotische Teile dem E n d e des 1 3 . und dem frühen 14. Jahrhundert angehören. Hier konnte fast nur Bauskulptur verzeichnet werden.
Das wichtigste sind vier
Konsolen von Chordiensten, die nackte Gestalten zwischen den Evangelistensymbolen und den, parallel gedachten, Paradiesesflüssen darstellen, sowie zwei äußerst stark verstümmelte Skulpturen zu Seiten der Rose.
Dazu kommen Skulpturen,
die wasserspeierartig aus den Pfeilern des Südturmes herauswachsen.
Sie sind iko-
nographisch von höchstem Interesse, weil hier Motive vorkommen, die man bisher geneigt war, als weit später entstanden anzusehen. E s stehen als Gegensätze nebeneinander: am westlichen Strebepfeiler ein verwesender Körper und eine nackte Frau, Eitelkeit und Schönheit, also ein Motiv, das bis zu Hans Baidung Grien für den Oberrhein charakteristisch bleibt, am südlichen Strebepfeiler Ackerbauer und Krieger; am Ostpfeiler befindet sich ein Wächter mit seinem Hund. Die Serie ist leider nicht mehr vollständig, ein Teufel, der den J u d a s würgt, ist ins Kolmarer Museum gekommen, wahrscheinlich setzte sie sich am Nordturm fort. Unter den anderen, an die Architektur gebundenen Skulpturen des 14. J a h r hunderts überwiegen naturgemäß die Schlußsteine an Zahl ganz bedeutend.
Allein
die Qualität steht meist nicht sehr hoch, und als Themata kehren fast regelmäßig der Kopf Christi und das Agnus Dei wieder. der ehemaligen Abtei Masmünster.
Bedeutender sind die vier Schlußsteine
Die älteren T y m p a n a bevorzugen, ebenso wie
das des Kolmarer Westportals, durchaus die Anbetung der Könige, so das Tympanon
Gotische monumentale Plastik.
53
der Kirche zu Bergheim, das vom Meister der Kolmarer Ballustradenkonsolen herrührt, das der St. Mauritiuskirchc in Sulz, in dessen oberem Streifen außerdem der Titelheilige zu Pferd erscheint, und schließlich das der Abteikirche zu Masmünster, das wohl schon dem Ende des 14. Jahrhunderts angehört. E s ist als Ganzes eine viereckige Platte, in der das eigentliche Tympanon mit der Anbetung der Könige durch einen profilierten Spitzbogen herausgeschnitten wird, während in den Zwickeln die Verkündigung an die Hirten dargestellt ist. Die Konstruktion des Ganzen erinnert sehr an die kleinen T y m p a n a der Haupttür von St. Lorenz in Nürnberg, wie sich auch im Ikonographischen schon östliche Einflüsse geltend machen.
Nach der Mitte des
14. Jahrhunderts entstand bereits das Tympanon der Pfarrkirche in Rappoltsweiler, das in auffallend gelockerter Rcliefgruppierung, jede Figur einzeln gestellt, und mit weichem Faltenstil die Madonna über dem Haupte und vier Heilige zu Seiten des Gekreuzigten zeigt, ferner das ihm thematisch wie stilistisch nahestehende Relief über der Tür der Mülhausener Johanniskapelle, das vielleicht einst zu einem Grabmal gehörte.
Ein kleines, ganz verstümmeltes Tympanon mit dem Agnus Dei ist
in die Kirchhofsmauer von Heiligkreuz bei Kolmar eingemauert.
Weiter sind hier
noch zwei rauchfaßschwingende Engel über der Tür der ehemaligen Dominikanerkirche zu Gebweiler zu erwähnen, und eine wimpergartige Nischenbekrönung an der Bergheimer Kirche mit Statuetten aus einem Jüngsten Gericht.
Im Museum zu
Kolmar befinden sich ferner ein kniender König aus einer Anbetung, dort als Christus am Ölberg bezeichnet, der aus Sulz stammt, ein Schmerzensmann und verschiedene weniger bedeutende Skulpturen und Skulpturreste. Von der inneren Ausstattung dieser Kirchen mit Skulpturwerken ist vieles, besonders die Holzskulpturen der älteren Zeit, den Kriegsstürmen zum Opfer gefallen — Schnitzaltäre der hohen Gotik sind im ganzen Oberelsaß nicht erhalten geblieben, allein es ist nicht ausgeschlossen, daß es solche hier niemals gegeben hat. Von freien Altarskulpturen finden sich nur drei Gattungen, die Madonnenstatue, das Kruzifix und die besonders beliebte Pietà.
Unter den neun Statuen der Madonna mit dem
Kind sind fünf steinerne, von denen zwei noch der Wende des 13. Jahrhunderts angehören, nämlich die stehende Madonna des Gebweiler Spitals und die sitzende des Rufacher Archivs, beide bisher unbekannt und von ganz hervorragender Schönheit (vgl. weiter unten den Sonderaufsatz hierüber).
Dem Anfang des 14. J a h r -
hunderts gehört eine sitzende Madonna an, die aus Sulzmatt ins Straßburger Museum kam, der Mitte des Jahrhunderts eine stehende an einem Hause in Pfaffenheim, offensichtlich unter Baseler Stileinfluß, dem Ende eine kleine sitzende Madonna, jetzt im Mülhausener Museum.
Von den Holzmadonnen gehört eine stehende in
Kaysersberg noch der Frühzeit, eine zweite sitzende ebendort sowie eine in der Gnadenkapelle in Habsheim (alle drei bisher unbekannt) der Mitte des Jahrhunderts an.
Bei der vierten in Bergheini ist im 16. Jahrhundert sehr viel ergänzt worden.
Von den Holzkruzifixen ist das bedeutendste, wohl um die Mitte des 14. Jahrhunderts
Gotische monumentale Plastik.
54
entstanden, im Kolmarer Dom; später sind zwei Stücke in Kaysersberg.
Unter
den Darstellungen der Pietà ist die wichtigste Gruppe die der Ruf acher Katharinen kirche, die vier anderen in Sigolsheim, Herlisheim, Bergheim und Rappertsweiler sind sehr handwerksmäßig.
Uberhaupt ist der Stil der Holzskulpturen von denen
der Steinskulpturen in einer Weise verschieden, daß man hier nicht nur das Material verantwortlich machen kann, sondern an einen handwerklichen Betrieb der. Holzskulptur im Gegensatz zur künstlerischen Steinplastik wird denken müssen. Eine Denkmälerklasse, die durch ihren notwendigen Realismus ihre eigene Entwicklung innerhalb der Zeit hat, ist das Grabmal.
Trotzdem gerade hier die
Revolution außerordentlich verwüstend gewirkt hat, und man sehr zufrieden sein kann, wenn nur die Wappen von den Schilden gemeißelt wurden, was fast ausnahmslos der Fall ist, ist doch soviel übriggeblieben, daß sich, gestützt auf die Datierungen, ein zusammenhängendes Entwicklungsbild ergibt.
Die Baseler Denkmäler werden
gerade hier noch eine sehr erhebliche Bereicherung bringen. Die typische Form des Rittergrabes ist hier, wie in Ostfrankreich, die in einer Wandnische errichtete Tumba, auf der die Statue des Verstorbenen fast freiplastisch liegt.
Ob die einfachen Wandplatten, die daneben vorkommen,
nicht auch von
solchen Grabtumben herrühren, ist natürlich nicht mehr zu entscheiden.
In einer
solchen Nische steht schon das Grabmal des Konrad Werner von Hattstatt im Kolmarer Unterlindenkloster, der 1 3 2 0 starb. und schmucklos.
Allerdings sind Nische und Tumba flach
Der Verstorbene ist in Waffenrock und Kettenpanzer dargestellt,
die Hände gefaltet. Gleichfalls in die erste Zeit des Jahrhunderts gehört nach Haltung und Kostüm der Figur und der naturalistischen Form des Ornaments das Grabmal eines unbekannten Ritters in der Kirche zu Murbach. Hier ist die T u m b a schon erhöht, ihre Wandungen sind mit Maßwerk geziert, und die Nische selbst ist von einer Art Wimperg mit Fialen, Kraben und Kreuzblume gerahmt.
Gegen die
Mitte des Jahrhunderts hat das Rittergrabmal ikonographisch ebenso wie stilistisch seine feste Form bekommen. Regelmäßig liegt der Ritter, mit dem vom Waffenrock überdeckten Kettenpanzer und der Kesselhaube, die vom Gesicht nur Nase, Mund und' Augen frei läßt, gerüstet, auf der Tumba.
Der Helm mit Zier und Decken liegt
unter seinem Haupt, Wappenschilder und Schwert neben ihm.
Auch diese Grab-
mäler standen oft in Nischen, wie das, nur noch in Abbildungen bekannte, eines Ritters in der Rappoltsweiler Klosterkirche zeigt.
Von zwei weiteren besitzen wir
noch die Grabplatten, nämlich den sogenannten Amselritter in Rufach, dann einen Ritter, der Tradition nach ein Herr von Hausen, in der Antoniterpräzeptorei in Isenheim, und kennen außerdem noch das in einer Abbildung bei Schöpflin erhaltene Grab des 1 3 4 3 verstorbenen Berthold Waldner in Sulz. Aus dieser Gruppe erwächst die Grabmalkunst desWölffelin von Rufach, wenn es auch nicht erweislich ist, daß gerade der Rufacher Amselritter ein Jugendwerk von ihm ist.
Seine beiden bezeichneten Grabmonumente sind bekanntlich das Irm-
55
Gotische monumentale Plastik.
gard-Grab im Kloster Lichtental in Baden und das Werd-Grab in der Straßburger Wilhelmerkirche. Die obere Platte des letzteren, das Grabmal des 1344 verstorbenen Ulrich, ist das vollkommenste Werk dieses Typus, von außerordentlich großer Haltung der Statue bei feinster Bewegtheit ihrer Details.
Übrigens scheint mir die
untere Grabplatte, die des 1332 verstorbenen Kanonikus Philipp von Werd, keinesfalls ein Werk des Wölffelin.
Es scheint ziemlich unwahrscheinlich, daß Wölffelin,
der erst 1341 Straßburger Bürger wurde und vorher Werkmeister der Kirche von Rufach war, sie gearbeitet haben könnte, da nicht nur ihr Stil ganz abweicht, sondern sie geradezu beschädigt wurde, als man die Löwen anbrachte, die die obere Platte tragen.
Die auf ihr angebrachte Künstlerinschrift bezieht sich also wohl kaum auf
die untere Platte mit.
Nach der Mitte des Jahrhunderts verschwindet der Typus
wieder; der schöne Grabstein des Johanniterritters Jakob zu Ryne, der 136? starb, in der Mülhausener Johanniskapelle nimmt auf diesen Typus nicht mehr Bezug. Auch das ritterliche Frauengrab hat in der Mitte des Jahrhunderts seinen feststehenden Typus gehabt. Die Frau ist stets in flachem Relief und liegend dargestellt, das Haupt auf ein Kissen gebettet, langgewandet, den Schleier um das Haupt und einen Rosenkranz zwischen den Fingern. Die edelste Arbeit ist eine an der Südwand der Kirche von Sulzbach eingemauerte Grabplatte, deren Inschrift, teilweise zerstört, zwar nicht mehr den Namen der Verstorbenen, aber das Todesdatum 1351 nennt. Außerdem gehören diesem Typus der Grabstein der 1344 verstorbenen Anna von Wattweiler in der dortigen Kirche an und der, leider nur noch in Abbildung bei Schöpflin bekannte, einer 1341 gestorbenen Elisabeth von Rappoltstein, geborenen Geroldseck, in der zerstörten Abtei zu Pairis. Auffallend wenig Grabsteine sind von Geistlichen erhalten: einer des 1314 verstorbenen Priors Cuno im Kloster St. Morand bei Altkirch, der augenscheinlich unfertige eines Bruders Conrad, im Museum zu Kolmar, und der des Kantors und Kanonikus Albertus Mulin in St. Martin ebendort, der 1406 starb. Im letzten Drittel des 14. Jahrhunderts ist die selbständige plastische Entwicklung des Oberelsaß mit überraschender Plötzlichkeit unterbrochen worden. wichtigste Baudenkmal dieser Zeit ist die Kirche St. Theobald in Thann.
Das Hier
stammte aus der Mitte des Jahrhunderts nur noch eine Anbetung der Könige in Einzelstatuen an den Strebepfeilern der Choraußenseite, die bei der Restauration durch teilweise unrichtige Kopien ersetzt worden ist.
Zwei der Könige sind ins
Museum von Kolmar gelangt, während der dritte und die Maria mit dem Kinde nicht mehr aufgefunden werden konnten. Sie zeigen, daß, wie für das nördliche Oberelsaß Kolmar, so für das südliche Basel der skulpturale Vorort gewesen sein muß.
Ihr Stil
entspricht durchaus den Skulpturen eines Brunnens des 14. Jahrhunderts, der heute im Basler Historischen Museum steht.
Das Portal des Thanner Münsters ist das
Hauptwerk der späteren Gotik im Elsaß überhaupt.
In einem Haupttympanon,
das von fünf Archivolten umrahmt ist, zwei darunter über einem Doppelportal
Gotische monumentale. Plastik-
56
angebrachten Nebentympanen, deren jedes von zwei Archivolten umrahmt ist, und einer Reihe von Portalstatuen und vereinzelten anderen Werken, ist die Kirche so übersät mit Skulpturen, daß die Zahl der für Thann nötigen Zettel auf 172 stieg. Die Deutung der Szenen war im einzelnen recht schwierig und ist noch nicht ganz vollendet, wenn auch schon wesentlich mehr klargestellt werden konnte, als in H. Senoners Aufsatz in der »Revue de l'art chretien« 1904. tals war bisher großen Schwankungen unterworfen.
Die Datierung des Por-
Wegen auffälliger Unregel-
mäßigkeiten in der Anlage des ganzen Werkes, und weil die streifige Anordnung des Marienlebens im Haupttympanon und die räumliche Gruppierung der Kreuzigung und Anbetung in den unteren Bogenfeldern einander zu widersprechen schienen, hat man meist das erstere mit der Bauperiode von 1342—50 in Verbindung gebracht, die letzteren erst im 15. Jahrhundert entstanden geglaubt.
Seitdem indessen Hart-
mann die Einheitlichkeit des Südwestportals am Ulmer Dom, das dieselben Stilgegensätze in fast der gleichen Gruppierung vereint, bewiesen hat, steht auch nichts mehr im Wege, den Skulpturenschmuck des Thanner Portals als einheitlich anzusehen, wie es der Figuralstil eigentlich verlangt.
Gerade daß das Relief des Haupt-
tympanons wie eine Kulisse vor eine schon vorhandene Hinterwand
geschoben
wurde, und ebenso die Unterbrechungen seiner inneren Archivoltenreihen bezeugen, daß das heutige Portal zwar nicht das ursprüngliche ist, daß es aber mit seinem ganzen Skulpturenschmuck in ein ursprünglich vorhandenes, aber (nach Aussage eines Bildhauers, der bei der Winklerschen Restauration die Hinterplatten gesehen haben will) nur mit Maßwerk dekoriertes Portal eingefügt worden ist, dessen technische Konstruktion im Interesse des Baues, der schon weiter gediehen war, erhalten bleiben sollte. Daß das Thanner Portal ein Werk der schwäbischen Schule ist, ist evident. Die ikonographischen Berührungspunkte mit dem Südportal des Domes von Augsburg und dem Südwestportal des Domes von Ulm sind in der Anordnung des Ganzen wie im einzelnen zahllos. Viele Szenen des Marienlebens und des Sündenfalls finden sich überhaupt nur an diesen Orten in ganz identischer Gruppierung, selbst die Augsburgischen Heiligen Ulrich und Afra sind in Thann bevorzugt. Der figürliche Stil ist einfach identisch, und selbst der im Elsaß sehr lange fortgebildete Stil der Apostelstatuen, die ursprünglich neben der stilgleichen Deesis über dem Portal standen, dann auf die Pfeiler verteilt, wurden und heute zum Teil im Pfarrgarten stehen, ist augsburgischen Ursprungs.
Allein, wenn das Thanner Portal auch in die Reihe
der schwäbischen Portale der späteren Zeit eingereiht werden muß, so ist es doch unter ihnen ikonographisch das vollständigste, stilistisch das reifste, in der Gesamtanordnung vielleicht das. geschmackvollste.
Alles deutet darauf hin, daß zwischen
dem Augsburger Südportal, das nach 1356 entstand, und dem Ulmer Südwestportal (nach Hartmann zwischen 1377 und 95) ein großes Portal entstanden sein muß, das die augsburgischen Elemente weiter fortbildete, ergänzte und von dem Thann
Die Medaillen.
57
wie Ulm abhängig war, wenn man nicht etwa das Thanner Portal selbst als grundlegend in das Schulgefüge Schwabens einordnen will, wogegen eigentlich nichts spricht.
Ernst
Cohn-Wiener.
Von der mittelrheinischen Plastik von 1300—1450 wurden von mir außer den Denkmälern in Mainz noch solche in einer Reihe linksrheinischer Orte (bis Boppard) verzeichnet, und Dr. Wolters hat vor allem in Frankfurt, dann in Friedberg und am rechten Rheinufer Material gesammelt. In Frankfurt und Friedberg war auch schon die Meßbildanstalt für unsere Abteilung tätig. Dr. Wolters hat dabei (in Gemeinschaft mit Dr. Noack) sein Augenmerk besonders darauf gerichtet, Objekte von recht verschiedener Art aufnehmen zu lassen, um erst einmal Erfahrungen zu sammeln, die der Organisation der Aufnahmetätigkeit für den Verein überhaupt zugute kommen sollten. Diese Erfahrungen wurden in einer ausführlichen Darlegung dem Leiter der Abteilung mitgeteilt und in der Folge der Kommission für die Verhandlungen mit der Meßbildanstalt als Material überwiesen. Prof. Pinder, der die Sammlung der Denkmäler im Maingebiet übernommen hat, konnte anderer literarischer Verpflichtungen halber noch nicht in die Arbeit eintreten.
Kautzsch.
7. A B T E I L U N G :
DIE KLEINPLASTIK DER RENAISSANCE. DIE MEDAILLEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM MITARBEITER DIREKTOR DR. HABICH.
I
m Jahre
1912
wurden
folgende
Sammlungen
bereist
und
teils
vollständig
aufgenommen, teils unter bestimmten Gesichtspunkten durchgesehen:
Wien
(Kais. Medaillen- und Münz-Sammlung), N ü r n b e r g (German. Museum), S t e t -
tin,
Danzig,
Königsberg,
St.
Petersburg
(Medaillen-Sammlung
der Eremitage), G o t h a (Herzogl. Münzkabinett und Museum), W e i m a r
(Goethe-
sche Sammlung), A u g s b u r g (Städtische Sammlung im Maximiliansmuseum und Stettensche Sammlung ebenda), sodann bei einem zweiten Aufenthalt in einige Privatsammlungen, ferner B u d a p e s t und Sammlung Rath) und endlich A g r a m. Kunstwissenschaft IIT.
Wien
(Münzkabinett des Nationalmuseums g
58
Die Medaillen.
Die Ausbeute dieser Reisen, die nur zu einem Teil auf Kosten des MedaillenKorpus gemacht wurden, war sehr umfangreich. Von St. Petersburg, Gotha und Wien erhielt ich Gipsabgüsse in großer Anzahl. Von Gotha und Weimar wurden mir außerdem größere Kollektionen von Medaillen und Münzen leihweise übersandt behufs Studiums undAbformung; ebenso von Augsburg. Von Stettin, Danzig, Nürnberg und Braunschweig (Herzogl. Museum) erhielt ich Photographien, in generösester Weise zum Teil von den Beamten der betr. Museen kostenlos hergestellt. Auch vom Budapester Kabinett sind mir eine Anzahl Abgüsse zugegangen, desgleichen von der Stadtbibliothek Zürich acht Stück, die im dortigen Landesmuseum unentgeltlich hergestellt wurden. Der Apparat des Korpus wurde auf diese Weise wiederum um ein paar hundert Abgüsse und Photos bereichert. Einer großen Anzahl von Fachgenossen und Museumsvorständen des In- und Auslandes bin ich hierfür zu Dank verpflichtet. Ferner habe ich zu danken F r e i h e r r n A l f o n s v o n R o t h s c h i l d in Wien für die Erlaubnis zu photographischen Aufnahmen, ebenso dem Vorstand des Archivs des H o h e n D e u t s c h h e r r n R i t t e r o r d e n s in W i e n . Freundliche Hinweise und wertvolle Vermittlungen danke ich Herrn S e y m o u r d e R i c c i i n P a r i s , Herrn Professor G r a u l in Leipzig u. a. Zum Apparat kamen ferner hinzu zahlreiche photographische Auf nahmen, die ich von der Firma Bruckmann unter der Hand nach Objekten herstellen ließ, die mir von auswärts zur Beurteilung eingesandt wurden, darunter freilich nicht wenig Fälschungen. Mit der Sammlung und Sichtung dieses Materials ging Hand in Hand die Einordnung und katalogmäßige Beschreibung, wobei ich durch den Hilfsarbeiter des Münchner Münzkabinetts Dr. Bernhart in täglich zweistündiger Arbeit unterstützt wurde. Die Durchsicht der n u m i s m a t i s c h e n Literatur ward zum vorläufigen Abschluß gebracht. Die Einordnung des umfangreichen Zettelmaterials nach Meistern und Schulen wurde von mir in den letzten Monaten des Jahres wesentlich gefördert. Ein gut Teil der zur Verfügung stehenden Zeit war einer einläßlichen Spezialuntersuchung über einen hervorragenden und außerordentlich fruchtbaren, aber bisher namenlosen Meister, C h r i s t o p h W e i d i t z , gewidmet. Bei dem problematischen Charakter der an diesen Künstler sich knüpfenden Fragen glaubte ich die Ergebnisse meiner Untersuchung zunächst in Form, eines Aufsatzes zur Diskussion stellen zu sollen, der im »Jahrbuch der preuß. Kunstsammlungen« 1913 S. 1 erschienen ist. Das ganze Werk dieses Medailleurs, etwa 80 Medaillenarbeiten umfassend, wurde chronologisch geordnet, und die Dargestellten, soweit irgend möglich, zu identifizieren gesucht, was auch dank dem freundlichen Entgegenkommen der deutschen Archive und ihrer Vorstände zum größten Teil gelungen ist. Der Unterzeichnete
Die Medaillen.
59
glaubt hiermit ein wesentliches Stück Vorarbeit für das Korpus geleistet zu haben. Es wäre sehr wünschenswert, wenn wenigstens die Hauptmeister der Medaille eine entsprechende monographische Behandlung vor dem Abschluß des Korpus erfahren könnten. Es wurde daher versucht, zunächst für die sächsischen Meister H a n s R e i n h a r d und T o b i a s W o l f f d i e Mitarbeit kunsthistorisch geschulter Fachgenossen zu gewinnen. Vorwiegend aus diesem Grunde übernahm der Unterzeichnete ferner die Redaktion einer von der Firma Riechmaiin u. Co. in Halle projektierten Spezialzeitschrift für Medaillen- und Plakettenkunde, von der eine gewisse Belebung dieser Studien zu erhoffen sein dürfte. Die Arbeiten des Christoph Weiditz füllen im Jahrbuch der preuß. Museen sieben Tafeln, von zahlreichen Textabbildungen abgesehen. Die Herstellung der Tafeln bot eine erwünschte Gelegenheit, die technische Leistungsfähigkeit der für das Korpus der D. Medaillen in Aussicht genommenen Firma zu erproben. Außer sieben Lichtdrucktafeln hat Bruckmann auf eigenes Risiko eine Kupferdrucktafel hergestellt, die einen Vergleich beider Verfahren ermöglichen soll. Bei der Beurteilung dürften die großen Schwierigkeiten nicht außer acht zu lassen sein, die sich bei der Verwendung von fremden Aufnahmen verschiedenster Art einstellen. Neben abziehbaren Platten mußten gewöhnliche photographische Aufnahmen verwandt werden. Die Objekte selbst waren nach Material, Erhaltung, Reliefhöhe usw. ebenfalls sehr verschieden. Neben Holz (Buchs- und Birnbaummodellen) wurden Silber-, Bronze- und Bleimedaillen und außerdem getönte Gipsabgüsse vielfach auf ein und derselben Tafel vereinigt. Daß es hierbei ohne ausführliche Retouchen nicht abging, leuchtet ohne weiteres ein.
Das Jahr 1 9 1 3 bedeutete für das Korpus der deutschen Medaillen einen Fortschritt, vor allem wiederum eine wesentliche Vermehrung an Studienmaterial. Durch die Uberweisung der umfangreichen Medaillensammlung des Bayerischen Nationalmuseums an das Münchener Münzkabinett veranlaßt, wurde eine vollkommene Neuordnung der ganzen Medaillensammlung unseres Kabinetts und zwar eine Ordnung unter kunstgeschichtlichen Gesichtspunkten, soweit angängig nach Meistern und Schulen, vorgenommen. Damit Hand in Hand ging die Verarbeitung dieses großen, bisher zurückgestellten Materials im Zettelkatalog des Korpus. Eine Sammlung von I i 74 Stück wurde auf diese Weise dem Apparat des Korpus einverleibt. Daneben wurden die laufenden Kataloge der Händler für die Zwecke des Korpus ausgezogen und von wichtigeren deutschen Medaillen, die im Handel auftauchten, Gipsabgüsse genommen. Für Überlassung von solchen habe ich den Firmen 0 . Helbing, Dr. E. Merzbacher Nachf., Dr. Hirsch in München, Riechmann u. Co. in Halle und Ad, Cahn in Frankfurt zu danken. Die Katalogisierungs8*
6o
Die Medaillen.
arbeiten wurden im wesentlichen von dem Hilfsarbeiter des Kabinetts, Herrn Dr. Bernhart, vorgenommen, der mir auch bei bibliothekarischen Recherchen und sonst zur Hand ging. Im Frühjahr des verflossenen Jahres besuchte ich London und Paris, um die Medaillenbestände der dortigen öffentlichen und privaten Sammlungen aufzunehmen. In London wurden durchgesehen die Medaillenabteilunegn des Britischen und des Viktoria- und Albert-Museums, ferner die Privatsammlungen der Herrn M a u r i c e R o s e n h e i m und H e n r y O p p e n h e i m e r . Die Ausbeute war sehr erfreulich. Nicht nur, daß mir die Katalogaufnahme der kostbaren Kollektionen freundlichst bewilligt wurde, auch zahlreiche Gipsabgüsse wurden mir kostenlos zur Verfügung gestellt. Außer den beiden genannten Herren habe ich besonders zu danken den Herren H i l l und A l l a n , sowie Herrn C e c i 1 S m i t h und M a c 1 a g a n. Auch Sir H e r k u l e s R e a d bin ich zu Dank verpflichtet für freundliche Auskünfte über die an schönen Medaillenmodellen reiche Waddeston-Kollektion im British Museum. Ferner haben die Herren M u r r a y M a r k s und W h i t c o m b e G r e e n e mich durch freundliche Hinweise gefördert. In Oxford sah ich, bereitwilligst unterstützt durch Herrn B e l l , das Ashmolean-Museum auf Medaillen und Plaketten hin durch. In Paris wurde mir durch die freundliche und wertvolle Vermittlung Herrn S e y m o u r d e R i c c i s ein Teil des Rothschildschen Kunstbesitzes zugänglich gemacht. Hier fanden sich namentlich interessante Holz- und Steinmodelle, die bisher unbekannt waren. Der Liebenswürdigkeit des Herrn Baron R o b e r t d e R o t h s c h i l d verdanke ich die Erlaubnis, einen Teil davon photographisch aufnehmen lassen zu dürfen. In der wenig bekannten Münzsammlung des Darmstädter Museums fanden sich eine ganze Reihe bemerkenswerter Stücke, die mir durch den Verwalter der Sammlung, Herrn B u r g e r , bereitwilligst vorgelegt und durch die Direktion des Museums in entgegenkommender Weise in Abgüssen zugänglich gemacht wurden. Auf einer Urlaubsreise, die mich im Herbst des Jahres nach Italien führte, wurden allerorten die Münzsammlungen auf Medaillen hin durchmustert, so in Venedig (Museo Correr und M. Archeologico), Padua, Ferrara und Florenz, allerdings nicht durchweg mit Erfolg. Vom Museo Archeologico in Venedig und dem Museo Nazionale in Florenz erhielt ich kostenlos Photographien von wichtigen Stücken, wofür auch an dieser Stelle den Sammlungsleitern höflichst gedankt sei. Für das Jahr 1914 ist vorgesehen eine Bereisung der kleineren Sammlungen der Schweiz sowie dann der Besuch einiger Museen im Osten, in Schlesien und Polen. Ebenso hoffe ich die Bestände des Berliner Kabinetts im Laufe des Jahres aufzuarbeiten und die gegenwärtig in Neuordnung begriffene Medaillensammlung des Germanischen Museums in Angriff nehmen zu können. Hierbei läßt die Direktion
Die Medaillen.
6l
des genannten Museums unserem Unternehmen eine überaus dankenswerte Unterstützung angedeihen, indem sie den herzustellenden Zettelkatalog der Nürnberger Medaillen in duplo anfertigen zu lassen und das eine E x e m p l a r dem Apparat des Korpus zur Verfügung zu stellen beabsichtigt. Nach Abschluß dieser Arbeiten bleiben lediglich noch einige, allerdings wichtige deutsche Privatsammlungen und mehrere kleinere fürstliche Kabinette aufzunehmen.
E s steht zu hoffen, daß dies Ziel etwa Mitte nächsten Jahres ( 1 9 1 5 )
zu erreichen ist. Alsdann kann zunächst mit der Ausarbeitung einzelner Meister, für die das Material bereits gesichtet vorliegt, begonnen werden. Hierbei ist eine Arbeitsteilung in Aussicht genommen, die eine beschleunigte Fertigstellung des Ganzen verbürgen würde.
Mit einigen Fachgenossen, die sich bereits auf dem Gebiet der Medaillen -
forschung betätigt haben, wurden bereits dahingehende, vorläufig noch unverbindliche Verhandlungen gepflogen. E s mag hier noch darauf hingewiesen werden, daß die oben erwähnte Zeitschrift »Archiv für Medaillen und Plakettenkunde«, Verlag von Riechmann u. Co. in Halle, inzwischen bereits in drei Vierteljahresheften erschienen ist.
Die daran
geknüpfte Hoffnung, daß die Gründung einer solchen Spezialzeitschrift einen gewissen Aufschwung des von den Kunsthistorikern noch immer etwas zurückhaltend betriebenen Studiums der Medaillen im Gefolge haben werde, scheint im Hinblick auf die lange Reihe hervorragender Gelehrter, die ihre Mitarbeiterschaft teils zugesagt, teils bereits betätigt haben, nicht ganz unbegründet.
H a b i c h.
III. SEKTION.
MALEREI.
i. A B T E I L U N G :
DIE VORKAROLINGISCHEN MINIATUREN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM MITARBEITER DR. E. HEINRICH ZIMMERMANN.
I
m Jahre 1912 wurden von dem Bearbeiter die Bibliotheken
Italiens,
sowie
gegen Ende des Jahres einige deutsche Bibliotheken durchforscht, über die das
angehängte Verzeichnis der Handschriften Aufschluß gibt. Über die künstlerische Ausstattung vorkarolingischer in Italien entstandener Codices ist schlechterdings noch gar nichts geschrieben worden.
Nur der vor einer
Reihe von Jahren im Repertorium erschienene Artikel von Goldschmidt über den Veroneser Psalter wäre zu erwähnen.
Die in dieser Handschrift enthaltenen Zeich-
nungen sind jedoch zweifellos später eingefügt, was nicht nur aus der Verschiedenheit der Tinte, sondern auch aus der Art der Anbringung hervorgeht.
Im übrigen
werden in dem genannten Aufsatze vorzüglich Handschriften um den Psalter gruppiert, die französischen Ursprungs sind; was bei dem gegenwärtigen Stande der Forschung auf diesem Gebiete nicht weiter wundernimmt. Paläographisch sind die Handschriften bisher ebenfalls noch nicht zusammenfassend bearbeitet worden; und da die große Masse in Unciale geschrieben i s t — der Schriftgattung, die den Paläographen am meisten Schwierigkeit bei Bestimmung des Ortes und der Zeit der Entstehung bietet und ihnen infolge des Mangels an auffallenden Abbreviaturen und andern leicht faßbaren Erkennungszeichen nur wenig anziehend erscheint — , so finden wir auch hier wenig Hilfe. Es sei hier gleich bemerkt, daß die Zahl der illuminierten italienischen Handschriften dieser Epoche eine sehr geringe ist.
Im südlichen Italien hat das Erbe
der antiken Kunst und der frische byzantinische Zufluß in früher Zeit selbst noch die Figurenmalerei auf einer respektablen Höhe erhalten.
Hierfür zeugen die im
Codex Amiatinus eingehefteten Blätter, sowie das Cambridger Evangeliar im Corpus Christi College.
Das Burkhard-Evangeliar in Würzburg, das in die gleiche Gegend
(Neapel?) gehört, besaß zwar in seiner ursprünglichen Form nur kleine Initialien, doch zeigt eine verwandte Londoner Handschrift (Harley 1775) reichen Schmuck der Canontafeln. Die Tatsache, daß sich nur einige wenige Handschriften des frühen MittelKunstwissenschaft III.
Q
66
Die vorkarolingischen Miniaturen.
alters für Rom nachweisen lassen, ist oft betont worden. Daher gewinnt für uns die Hs. Vat. lat. 3835/6, wenn sie auch bereits dem 8. Jahrhundert angehört und ihre künstlerische Ausstattung weder eine große Fülle an Motiven, noch besondere Feinheiten aufweist, besondere Bedeutung. Im Norden sind als künstlerische Zentren vor allem Bobbio und Verona zu nennen. In Verona steht die spärliche künstlerische Ausstattung der Handschriften in der frühen Zeit ganz unter byzantinischem Einfluß. Ich rechne hierher dasPurpurEvangeliar in Brescia und die Breslauer Handschrift; beide Codices besitzen die kümmerlichen Arkadenstellungen unter dem Text wie der Ulfilas-Codex in Upsala, der wohl in der gleichen Gegend entstanden sein dürfte. In anderen Handschriften in Verona begegnen wir der frühen Form der byzantinischen Palmette. Zu Beginn des 8. Jahrhunderts setzt dann der starke französische Einfluß ein, der von Luxeuil ausgeht. Hierfür liegt uns ein sicheres Zeugnis in einer (bereits im ersten Berichte erwähnten) Luxeuiler Handschrift vor, die sich noch jetzt in der Biblioteca Capitolare zu Verona befindet. Daß die Handschrift keine Veroneser Kopie einer Luxeuiler Vorlage ist, geht einerseits aus der vollkommenen Übereinstimmung in der Schrift und in der Dekoration mit echten Luxeuiler Codices hervor, (selbst die Valeurs der Farben sind die gleichen), andererseits liegen in Verona zwei Handschriften, die eine solche Annahme von vornherein ausschließen. Es sind dies sowohl in der Schrift, wie in der Dekoration Veroneser Kopien nach einer Luxeuiler Vorlage. Die im 9. Jahrhundert in Verona geschriebenen Codices in karolingischen Minuskeln lassen ebenfalls noch die Abhängigkeit von Frankreich erkennen; jedoch ermangeln sie nicht eines gewissen Lokalkolorits in der künstlerischen Ausstattung. Anders liegen die Verhältnisse in Bobbio, wo wir in dem Mailänder Gregor ein sicheres Werk aus der Mitte des 8. Jahrhunderts mit reichem Initialschmuck besitzen. Um diesen Codex lassen sich einige stilistisch engverwandte Handschriften gruppieren. Die Dekoration dieser Handschriften trägt ein spezifisch italienisches Gepräge, wenn auch einzelne Handschriften im Ornament französischen Anregungen folgen. Näher zu untersuchen ist noch die Stellung der Handschriften, die aus Nonantula stammen, da bei ihnen die großen Übereinstimmungen mit den Motiven französischer Codices auffallend sind. Ähnliches gilt von der Kölner Handschrift in früher Halbunciale — dem ältesten Beispiel profilmäßiger Musterung der Fische — deren Arkadenbogen sie einem Veroneser Codex verwandt erscheinen lassen. Von der allergrößten Bedeutung jedoch, sowohl für die Beziehungen zwischen Byzanz und Italien, wie zwischen Italien und Frankreich sind der von Wickhoff veröffentlichte Rufinus der Wiener Hofbibliothek sowie der Münchener Codex Valerianus. Indes will ich an dieser Stelle keine verfrühten Vermutungen über diese beiden oberitalienischen Codices aussprechen. Von irgendeinem Einfluß der vor-
Die vorkarolingischen Miniaturen.
67
karolingischcn italienischen Buchillustration auf die karolingische Entwicklung kann schlechterdings nicht die Rede sein.
Daß aber ältere italienische Handschriften —
die uns nicht erhalten wären — als Vorlagen von den karolingischen Künstlern benutzt wurden, ist schon aus dem Grunde wenig wahrscheinlich, als speziell in der ornamentalen Ausstattung der vorkarolingischen italienischen Handschriften davon einige Reminiszenzen erhalten geblieben sein müßten.
Dies könnte man aber höch-
stens in gewissem Grade in der Dekoration der Canonesbogen vermuten; doch ist es auch hier zweifelhaft, ob die italienischen Handschriften in diesem Falle eine bodenständige Entwicklung fortsetzen, oder ob ihnen die antikischen Formen nicht doch wieder auf dem Umwege über Byzanz vermittelt wurden.
Die Initialen der
karolingischen Schulen sind gewiß von allen italienischen Elementen vollkommen unberührt geblieben. Das wichtigste Material für die vorkarolingische Buchillustration in italienischen Bibliotheken bilden wohl die vier alten Sakramentare der Biblioteca Vaticana. Jedoch sind sie alle in Frankreich entstanden. Die Heimat von Reg. lat. 3 1 6 wurde bereits im ersten Berichte mit einigen andern Handschriften im Nordosten des Franken rciches vermutet, während erst kürzlich wieder von Tafel (im zweiten Bande der Revue Charlemagne) Burgund aus paläographischen und inneren Gründen,
die
beide jedoch wenig überzeugend sind, in Vorschlag gebracht worden ist. Reg. lat. 257 besitzt in Schrift und Dekoration die größte Verwandtschaft mit Paris nouv. acq. lat. 1740.
Beide Handschriften stehen in enger Beziehung zu Corbie; doch dürften
diese beiden Hss. wohl in einer Tochterschule von Corbie entstanden sein.
Wilmart
verlegte im X X V I I I . Bande der Revue Bénédictine den Codex in den Hennegau und nannte als engen Verwandten die Handschrift Reg. lat. 1 1 , die nicht die geringste Beziehung zu dem erwähnten Sakramentar aufweist. Dagegen ist Reg. lat. 3 1 7 in Luxeuil f ü r die Diözese von Autun geschrieben und besonders wichtig dadurch, daß die Überleitung vom älteren Luxeuiler Stil zu dem bewegteren jüngeren Stil in diesem Missale deutlich zu erkennen ist. Die Heimat von Pal. lat. 493 möchte ich im Osten des Frankenreichs vermuten, doch fehlen z. Z. noch Anhaltspunkte zu einer genauen Lokalisierung der Handschrift, deren Ornamentik jedoch eine frühe Entstehung ausschließt.
Sicher
gehört der Hauptteil der Handschrift nicht — wie Traube vermutete — zur Schule von Luxeuil, sondern zeigt eher Einflüsse von Corbie, die aber selbständig weiterentwickelt sind. Deutschland. D o n a u e s c h i n g e n , Fürstl. Schloßbibliothek: Cod. 18. Orosius. F u l d a , Landesbibliothek : Cod. Bonif. 2. Ragyndrudis-Codex.
Cod, Bonif.
3. Evangeliar des Cad-
mag. G o t h a , Großherzogl. Bibl.: Cod. membr. lat. I. 18. Cod. membr.
Evangeliar. lat. I. 75.
Hilarius.
68
Die vorkarolingischen Miniaturen.
K a r l s r u h e , Großherzogl. Bibl.: Aug. L V I I . Isidorus. K ö l n , Dombibliothek: Cod. 212. Cod. 213. Canones. Schlettstadt, Stadtbibliothek: Cod. 1 (1093). Lektionar. T r i e r , Domschatz: Cod. 61 (134). Evangeliar.
Italien. B r e s c i a , Stadtbibliothek: Codex Purpure us. Evangeliar. F l o r e n z , Bibl. Laurentiana: Codex Amiatinus. Ivrea, Dombibliothek: Cod. I (1). Gregorius. Luc.ca, Dombibliothek: Cod. 490. Liber pontificalis etc. M a i l a n d , Bibl. Ambrosiana: Cod. B . 159. sup. Gregorii Moralia. Cod. C. 98. inf. Homiliae SS. Patrum. Cod. F. 84. sup. Vitae Patrum. Cod. I. 1 0 1 . sup. Varia. M 0 d e n a. Dombibliothek: Cod. 0 . I. 12. Collectio Canonum. Rom, Vat. Vat. Vat. Vat. Pal.
Bibl. Vat. lat. 3835/6. Homiliae. lat. 5757. Cicero u. Augustinus. lat. 5775. Claud. Taurin. graec. 1666. Gregorius. lat. 277. Varia.
Pal. lat. 493. Missale Gallicanum. Pal. lat. 574. Canones. Reg. lat. 9. Epistolae Pauli. Reg. lat. 257. Missale Francorum. Reg. lat. 316. Sacramentarium Gelasianum. Reg. lat. 317. Missale Gothicum. Barb. lat. 570 (XII. 13). Evangeliar. Barb. lat. 671 (XIV. 44). Varia. Barb. lat. 679 (XIV. 52). Canones. R o m , Bibl. Vallicellana: Cod. A. 14. Augustinus. Cod. B. 62. Justus Urgellensis. R o m , Bibl. Vitt. Em. Cod. 2094. (Sessor. 13). Augustinus. Cod. 2107. (Sessor. 77). Eucherius. T u r i n , Bibl. Nazionale. Cod. 0 . IV. 20. Einzelblätter. Cod. D. V. 3. Bibl. des Hofarchivs: Cod. I. b. VI. 28. Lactantius. V e r o n a , Dombibliothek: Cod. I. (1). Psalterium graeco-latinum. Cod. II. (2). Varia. Cod. X . (8). Patres Ecclesiae. Cod. X I I I . (11). Hilarius in psalmos. Cod. X V . (13). Gai Institutiones. Cod. X V I I . (15). Hieronymi Epistolae. Cod. X L . (38). Gregorii Moralia. Cod. LV. (53). Isidorus. Cod. L X I I . (60). Hieronymus.
Abgesehen von der wiederholten Einsicht einiger Handschriften in München, St. Gallen, Paris, London und Berlin, galt es im Jahre 1 9 1 3 vor allem, die illuminierten vorkarolingischen Handschriften in Spanien kennen zu lernen. Die Ausbeute dort war sehr gering und steht leider in keinem Verhältnis zu der vorausgegangenen Katalogarbeit und den beschwerlichen Reisen. Im Mittelpunkte des Interesses stand das Verhältnis des Sakramentars von Gellone zu den spanischen Handschriften. Alle Codices, die in der Dekoration An-
Die vorkarolingischen Miniaturen.
6p
klänge an das genannte Sakramentar enthalten, gehören jedoch bereits dem späteren I X . oder gar erst dem X . Jahrhundert an. Die einzige zeitlich vorangehende Handschrift in Unciale in der Dombibliothek zu Barcelona zeigt gänzlich abweichende Ornamentik. Von den späteren Handschriften auf untergegangene ältere spanische Handschriften verwandten Stiles zu schließen, ist nicht so ohne weiteres erlaubt, als dies z. Z. allgemein beliebt ist. Der Umstand, daß gewisse, bisher als spezifisch spanisch angesehene Kürzungen in der in Frage stehenden französischen Handschrift vorkommen, scheint diese Hypothese zwar zu stützen, doch müßte bei einem direkten Kontakt auch der graphische Charakter eine Beeinflussung verraten, was jedoch keineswegs zutrifft. Naheliegender erscheint mir die Erkärung, daß eine von Osten kommende Stilwelle an verschiedenen Orten verwandte Phänomene gezeitigt hat. In der Art der Dekoration zeigt nämlich die Vandalgariushandschrift in St. Gallen ähnliche Stilprinzipien. Wir finden sie ferner in dem Schmuck der — durchaus nicht aus westgotischer Zeit stammenden — Kirche von St. Miguel de Lino bei Oviedo und müssen schließlich wohl auch die — früher ins VI. Jahrhundert datierten — Kettlacher Emails in diesen Kreis aufnehmen. Die Vorliebe für das Komponieren in Scheibenform sowie die eigenartige Ornamentik, die abendländischer Gewohnheit nicht entspricht, verbindet die genannten Werke miteinander. Die Verarbeitung des bisher gewonnenen Materials wurde wesentlich gefördert, und die Form der Publikation tritt immer klarer hervor. Das Ganze beläuft sich auf ca. 320 Tafeln, die in vier Bänden geordnet werden, um die Benutzbarkeit zu erleichtern; da ein Band mit IOO oder gar mehr Abbildungen unhandlich ist und das Suchen nach bestimmten Objekten zur Qual macht. Die Größe der Tafel wurde auf 34 x 45 cm festgesetzt und ermöglicht die Aufnahme von einer 2 4 x 3 0 , zwei 1 8 x 2 4 oder vier 1 3 x 1 8 Aufnahmen; zugleich entsteht so ein durchaus handliches Format. Die Hälfte des ganzen Werkes (zwei Bände) werden die irischen und angelsächsischen Miniaturen einnehmen, der andere Teil umfaßt die fränkischen und die (wenig zahlreichen) italienischen Handschriften. Den Tafeln wird eine Beschreibung der einzelnen Handschriften beigegeben, die eventuell auch noch einzelne Abbildungen enthält, die nicht in den Tafeln Aufnahme finden. Die Beschreibung muß — im Unterschied zu einem Bibliothekskataloge — knapp gefaßt sein und lediglich die zur Orientierung wichtigen Punkte enthalten. Da alle Manuskripte Pergamenthandschriften sind, so ist ein solcher Vermerk bei jeder Handschrift unnötig. Die Maße, Zahl der Seiten, Kolumnen und Reihen werden stets angegeben, Einbände jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn sie gleichzeitig sind oder unbekannte Teile der Geschichte der Handschrift illustrieren. Das gleiche gilt von den Eintragungen, die sich in den Codices finden. Schrifttyp und Inhalt der Handschrift werden kurz angegeben, Seitenzahlen der
7°
Die vorkarolingischen Miniaturen.
einzelnen Kapitel sowie Zitate der betreffenden Eingangsworte jedoch nicht aufgenommen, da sie für unsere Zwecke wertlos sind und nur eine unnütze Belastung des Textes bilden würden. Von prinzipieller Bedeutung ist sodann die Aufnahme der Literaturangaben. Vollständigkeit in diesem Punkte anzustreben, würde nicht nur jahrelange Arbeiten und bedeutende Kosten erfordern, sondern ebenso zwecklos sein, da der Benutzer alsdann einem Berge Literatur gegenüberstände, an den auch nur heranzugehen ihn die Höhe und der Mangel eines sicheren Wegweisers abhalten würde. Beschränkung auf die wichtige Literatur ist notwendig. Von nicht kunsthistorischen Büchern werden lediglich angeführt: die Kataloge der Bibliotheken, paläographische Publikationen, die neue Seiten der Handschrift oder wichtige Erklärungen geben, sowie Arbeiten, die zum Verständnis oder zur Lokalisierung und Datierung der Handschriften von Bedeutung sind. Von kunsthistorischer Literatur, die von der übrigen zur leichteren Orientierung abzutrennen wäre, werden auch nur wichtige Arbeiten zitiert; d. h. solche, in denen neue fruchtbare Gedanken — wenn auch in weiter zurückliegender Zeit — geäußert wurden. Die Datierungen werden in der Beschreibung kurz angegeben und im Text eingehender erörtert, da man sonst bei verschiedenen Handschriften das gleiche wiederholen müßte und jeder Überblick und jede Geschlossenheit verloren ginge. Die Beschreibung des künstlerischen Schmuckes ist gleichfalls so kurz und bündig zu fassen, als es angängig ist. So hält es der Bearbeiter beispielsweise für überflüssig, bei einem reproduzierten Initial seine Leser darauf aufmerksam zu machen, daß ein Fisch oder ein Vogel die Grundform oder irgendeinen Bestandteil des Initials bildet; denn dies ist aus der Abbildung ja ohne weiteres ersichtlich. Ferner dürfte bei einer Handschrift, die einen ganz einheitlichen Initialtyp besitzt, die eingehende Beschreibung einer Initiale — wozu natürlich die charakteristischste auszuwählen wäre — und eine summarische Aufzählung der übrigen genügen. Wollte der Bearbeiter seine von den Objekten genommenen Notizen drucken, so könnte er damit Bände füllen — ohne daß dies den geringsten Nutzen haben würde. Denn was für den Bearbeiter wichtig ist, bevor die Handschriften gruppiert und datiert sind, ist für den Benutzer der Publikation oft ganz ohne Interesse. Der kurze Text, der schon darum notwendig ist, um die — wie der Bearbeiter meint —richtige Datierung vieler Handschriften gegenüber der bisher angenommenen Entstehungszeit zu begründen und Zweifelhafte oder Andersgläubige zu überzeugen, wird eine Charakteristik der einzelnen Schulen und der in ihnen vor sich gehenden Entwicklung enthalten und sonst nur Probleme von vitalster Bedeutung — wie z. B. die Entstehung der Fisch-Vogelornamentik — berühren und zu lösen versuchen. Zimmermann.
Die karolingischen Miniaturen.
71
2. A B T E I L U N G : DIE K A R O L I N G I S C H E N MINIATUREN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM BEARBEITER DR. WILHELM KÖHLER.
I
ch gebe im folgenden das Verzeichnis eines Teiles der Handschriften, die ich in den
Berichtsjahren
1912 und
1913 durchgesehen habe, sowie, an 1912
angehängt, den ersten Nachtrag zum Bericht über die französischen Provinzbibliotheken, der 1910 erschienen ist.
Ein zweiter Nachtrag, der u. a. die älteren Hand-
schriften in Reims enthalten wird, soll später mit dem Verzeichnis der Pariser Handschriften vereinigt werden. Für die Verzeichnisse selber verweise ich auf die Vorbemerkungen in den bereits erschienenen Berichten und wiederhole nur, daß Handschriften ohne Datierung dem 9. Jahrhundert angehören, Handschriften ohne weitere Bemerkungen keinen Schmuck haben.
Rußland. St. Petersburg.
F. v. I. no. 9. O r o s i u s. F. v. I. no. 10. A u g u s t i n
Kaiserl. öffentl. Bibliothek.
F. v. I. no. 4. J o h . m u s s. V I I I .
Chrysosto-
F. v. I. no. 5. P s a l t e r i u m p 1 e x s. V I I I ex.
tri-
Geringe Schreiberinitialen auf fol. 14 b u. 33b. F. v. I. no. 6. S. A m b r o s i i i n L u c a m.
expos.
Die bekannte Leutchariuseintragung ist ohne Zweifel gleichzeitig mit der Hs., die dadurch für Mitte s. V I I I gesichert ist. Das Ende der Schreibereintragung auf fol. 210a hat Staerk zum Teil verkannt, zum Teil nicht lesen können; es steht dort: Ingreus adiuvante dno scribsit. F. v. I. no. 7. G r e g o r i i M. e c l o g a de moralibus Job u. a. s. V I I I ex. Geringe Schreiberinitialen.
u.a.
Einige geringe Schreiberinitialen. F. v. I. no. I i . C a s s i o d o r i eccl. tripartita.
hist.
Die für die Datierung des ab-Typ wichtigen Adalharduseintragungen — wenigstens die heute erhaltenen — können keinesfalls älter sein als s. X ex. F. v. I. no. 12. Alter s. V I I I u. IX.
Mischband
In der vita s. Germani fol. 69—98 gezeichnete Initialen. F. v. I. no. 13. O r i g e n e s. Einige geringe Schreiberinitialen, F. v. II. no. 12. D i o n y s i i coli, c a n. F. v. VI. no. 3. L i b . d e f e m i n a r u m u. a.
causis
Staerks Probe gibt den einzigen, unbedeutenden Initial.
72
Die karolingischen Miniaturen.
F. v. Class. no. i . C o l u m e l l a . Verzierter Initial auf fol. ia. F. v. Class. no. 7. P r i s c i a n s. X . Gegen Ende einige kleine Schreiberinitialen. F. v. Class. no. 8. C i c e r o s. X . F. v. Class. no. 10. Martianus C a p e i l a s. X . O. v. I. no. 1, Lukasfragment s. V I I I . Insulares Fragment mit kleinem Initial. 0 . v. I. no. 2. M a r k u s f r a g m e n t s. V I I I . Halbunciale, mit Initial in Zeichnung. Die erhaltene Lage bildete die Fortsetzung von Cod. O. v. I. no. 3, wie die Paginierung des 18. Jhs. (fol. i a als 79) und die interessante Kursive von fol. ia, die auf fol. 76b— 78b von Cod. 0 . v. I. no. 3 wiederkehrt, beweisen. Das kursiv geschriebene Stück ist ein Gebet. O. v. I. no. 3. E v a n g e l i u m s. M a t t h a e i s. V I I I . f. Initial auf fol. 3 a. Frühe Minuskel. 0 . v. I. no. 4. C a s s i a n i c o l l a t i o n e s p a t r u m s. V I I I ex. Einige gezeichnete Initialen; interessante frühe Minuskel. 0 . v. I. no. 5. R e v e 1 a t i 0 b. B e r 0 n t i , visio Rotcharii. Aufnahmen von fol. ib. 2a. 8b. 9a. 9b. 10b (Initial, Bilder). O. v. I. no. 7. A 1 c u i n i disputatio puerorum. 0 . v. I. no. 10. E v a n g e l i s t a r s. X I in. Evangelistenbilder; nordfranzösisch.
O. v. X I V . no. 1. Fridegodi v i t a s. W i l f r i d i s. X . Q. v. I. no. 4. A u g u s t i n , de civ. dei s. V I I I in. Q. v. I. no. 15. I s i d o r . Unbedeutender Initial. Q. v. I. no. 16. H i e r o n y m i lib. comitis s. V I I I ex. Aufnahme von fol. 4b (Initial). Q. v. I. no. 19. R u f i n i expos. symboli. Q. v. I. no. 20. H i e r o n y m u s , Isidor. Schemata. Q. v. I. no. 2 1 . E v a n g e l i a r. Aufnahmen von fol. 9a. 10a. 1 1 a . 12a. 16b. 17a. 68a. 101a. 1 5 1 a (Cánones, Zierseiten). 0 . v. I. no. 24. A u g u s t i n i sermones s. X . Q. v. I. no. 26. E v a n g e l i a r. Aufnahmen von fol. 28b. 31a. 32b. 37b. 72a. 79b. 109b. 159b (Cánones, Miniaturen, Schrift). Q. v. I. no. 3 1 . E v a n g e 1 i a r. Aufnahmen von fol. 18b. 19b. 2 i b . 23a. 24a. 69 c verso. 88b. 134b (Cánones, Miniaturen). Q. v. I. no. 33. J o h. C h r y s o s t o • mus. Q. v. I. no. 34. O r d o scrutinii, T h e 0 d u 1 f u. a. s. I X — X . Q. v. I. no. 35. L i b . p o n t i f. eccl. Senonensis s. X . Ornamentik unter touronischem Einfluß. Q. v. I. no. 36. S e r m 0 d e s. G e r mano. . Q. v. I. no. 37. R e v e l a t i o s. S t e p h a n i p a p a e s. X .
Die karolingischen
Q. v. I. no. 38.
Philastri
Miniaturen.
An den Rändern vielfach Palmetten
lib. de
haeresibus s. X in.
und Ranken eingeritzt.
Der bei Staerk abgebildete Initial
Q. v. I. no. 54. E v a n g e 1 i a r s. X I in.
ist einziger Schmuck.
Gute Ornamentik.
Q. v. I. no. 40. T e r t u l l i a n i
apo-
Q. v. I. no. 56. C a l e n d a r i u m Corbeiense s. X .
logeticum. Ziertitel auf fol. ia. Q. v. I. no. 41.
Sakramentar.
Aufnahmen von fol. 14a. 15b (Ini-
Q. v. II. no. 11.
Lex
Q. v. IV. no. 5.
Justin,
Salica. de regno
Assyriorum. Q. v. X I V . no. 1. P a u 1 i n i versus de
tialen). Q. v. I. no. 43. A m b r 0 s i i sermo de
s. Feiice. Insular, auch die Davidzeichnungen
episcopis s. X . Q. v. I. no. 46.
Gregorii
Nazi -
a n z e n i lib. apologet.
auf fol. i a . Q. v. Class. no. 9. E u t r 0 p. Geringer, kleiner Initial auf fol. ib.
Unbedeutender Initial auf fol. i a ; am Ende der Hs. merkwürdige Zeichnung,
73
die
gleichzeitig
sein
könnte
(Vogel neben ornamentaler Staude). Q. v. I. no. 48.
H ierony m i
Eremitage Inv.-No. 195 (Samml. Basilewski no. 141). Evangeliarfragment. Aufnahmen von Initialen, Canones,
ex-
Evangelistenbildern.
plan. in ep. Pauli ad Ephes.
Frankreich. (Erster Nachtrag zum Bericht von 1910.) Arras.
Aufnahmen von fol. 69b. 93b. 100b.
no. 1045 (233).
Evangelistar.
Aufnahmen von fol. 7b. 8a. 13a. 15a. 17a. 21a. 22b. 25a. 26a. 27a. 28a. 30a. 31a. 32a. 34a. 34b. 37a. 39b. 42b. 43a.
no. 21.
Gregor.
Aufnahme
von
fol. 96b (Initial).
no.22. G r e g o r , Expos, in Job, um 1000. Einige kleine Initialen,
53b.
no. 23.
Autun.
no. 2.
255a (Initialen),
Isidor.
Aufnahmen von fol. 27b. 33b. 34a. Propheten.
Aufnahmen von fol. 18b. 19a. 168b. 184a. 199a. no. 6A. 7. no. 19A.
Aufnahme von fol. i a (Initial), no. 30.
B e d a.
Touronische Hs. Genesis.
Aufnahmen von fol. i a . 4a. 33b. 109b (Initialen), no. 20A.
no. 27. H o n o r i u s.
Cassiodor.
Kunstwissenschaft III.
Auxerre.
no. 27.
Ambrosius.
Auf fol. 23b geringer Initial.
74
D i e karolingischen Miniaturen.
Douai.
no. 4.
Eine Zierseite, zwei Initialen; von Biblische
Bücher
s.IX—
der
ottonischen
Abteilung
zu
be-
rücksichtigen.
X. no. 1 1 .
Evangeliar
s. X I .
Nancy.
Evangelisten, Zierseiten, no. 12.
Evangelien
des Mt und Mr.
Aufnahmen von fol. i a . 23a. 25a. 28a. 30a. 35b. 38a (Initialen, Canones, Schrift). no. 14.
B i b 1 i s c h e B ü c h e r s. I X
—X.
no. 317 (356). G l ö s a d e
partibus
orationis. Aus Bobbio.
Geringe Initialen.
Kathedralschatz. Gauzelinevangeliar.
Unbedeutender Initial fol. 3a. no. 170.
Bibliothek.
Aufnahmen der Miniaturen und der
Psalter.
A u f n a h m e von fol. i a (Initial).
meisten Zierseiten. Saint-Omer.
spinal.
no. 15.
no. 49 (6). K o m m e n t a r
zu
Pau-
Aufnahmen einer Schriftseite und Augustini
Sermones,
Im jüngeren Teil einige kümmerAugustini
tractatus in
Aufnahme von fol. 2a (Initial),
10a. 11a. 11b. 16a. 17b. 18b. 19b. 26a. PsalmenkommenGregorii
dialogi, wohl
Beda.
no. 97. H o m i 1 i a e variae s. X . Aufnahme von fol. 2a (Initial), Psalmorum.
Aufnahme von fol. i a (Zeichnung), Dialogi
Gregorii
pa-
p a e s. X ex. Große Initialen,
s. X — X I . Varia geringe
no. 254.
s. X . braune
und
rote
A u g u s t i n i opera varia.
Aufnahmen von fol. i b . 90a (Initialen).
Initialen, no. 194 (78).
opera.
Kleine Initialen,
no. 168.
tar.
s. X ex.
Verwandter des Psalters inBoulogne.
no. 153. E x p o s i t i o
31b. 57a (Initialen),
Ganz
in
Initialen.
no. 91.
Lektionar.
A u f n a h m e n von fol. 5a. 6a. 7a. 9a.
no. 118 (14).
0 m e 1 i a e b. G r e g o r i i
no. 72. A m b r 0 s i i
Johannem s. X .
no. 161 (74).
no. 42.
no. 56. E v a n g e l i a r
liche Initialen.
no. 114 (10).
Varia.
Hiezechihel s. X .
zum Teil s. X .
no. 105 (17).
no. 33bis.
Aufnahme von fol. 88b (Initial),
eines Initials,
00.95(13).
in Psalmos.
(Initialen),
lusbriefen.
no. 72 (7).
Hieronymus
Aufnahmen von fol. 69a. 103a. 165b
Varia
s. X .
no. 201. E v a n g e l i a r
des Mr. s. X I .
no. 266.
J u v e n c i,
wohl s. X .
Hist.
evangel.,
Die karolingischen Miniaturen.
no. 267. V a r i a , no. 3 1 1 . V a r i a s. X . Einige kleine Initialen ohne Sorgfalt. no. 342 bis . E v a n g e l i a r des Mt. s. XI. Wichtige Miniaturen und Zierseiten. no. 764. V i t a s. W a n d r e g i s i l i s. X . Aufnahmen von fol. 7a. 8a. 8b. 9a. 9b. loa. 52b. 53b (Miniaturen, Initialen). Saint-Quentin. Schatz der Collégiale. Evangeliar. Aufnahmen von fol. 10a. 13a. 18a. 22a. 69b. 107a (Cañones, Initialen). V i t a S. Q u i n t i n i s. X I — X I I . Wichtige Miniaturhs. Troyes, Bibliothek. no. 29. V e t. T e s t . Schöne touronische Hs. no. 119. A u g u s t i n. no. 126. P r o p h e t e n s. I X — X . no. 138. E v a n g e l i a r s. X. Initialen, nur lokale Bedeutung, no. 154. H o m i l i a r s. X — X I . Derbe und ärmliche Initialen, no. 159. H o m i 1 i a r. Aufnahmen von fol. 3b. 5b. 20a (Initialen). no. 247. M i s c h b a n d s. X I I I u. I X . Ein paar rot gezeichnete, motivarme Initialen, no. 432. T r a c t a t u s A m b r o s i i in epist. Pauli,
75
no. 522. M i s s a 1 e vetustissimum und no. 552 V a r i a s. I X — X I V . Beide Hss. waren verschickt; nicht gesehen, no. 559. R a b a n s. X. no. 581. V a r i a s. V I I I — I X . Aufnahmen von fol. ib. 64b (Initialen). no. 615. P s a l t e r k o m m e n t a r . Aufnahme von fol. 7a (Schrift), no. 657. C a s s i o d o r , Expos, in Psalmos. Aufnahmen von fol. 51b. m a . 167b. I7^b. 183b. 184b (Initialen), no. 676. C l a u d i i C l e m e n t i s comment. in Mt. no. 728. H a i m o n i s Expos, super Apocal. s. X — X I . no. 804. S y m b o l e u. a. s. I X — X . Die Hs. war verschickt; nicht gesehen. no. 805. G r e g o r i i dialogorum libri s. X . Größerer Initial auf fol. 4b, nur lokale Bedeutung, no. 813. A u g u s t i n u. a. s. X. no. 853. H 0 m i 1 i a r. Aufnahmen von fol. I2b. 52b. 57a. 132b. no. 898. V a r i a , z. T. s. I X . no. 1064. C o l l . C a n o n u m s. I X — X . no. 1069. A n g e l o m i expos. inGenesim. no. 1 1 1 6 . B e d a e expos, in Jud., Ruth usw. no. 1165. A l c u i n u. a. s. I X — X . no. 1248. P a s s i o n e s etc. s. X . no. 1406. F 1 0 r u s s. I X — X . no. 1742. A 1 c u i n i lib. de Virtutibus u. a. Aufnahmen von fol. 5a. 52b. 81a. no. 1979. V a r i a s. X I . no. 2247. V a r i a s. X. 10*
Die karolingischen Miniaturen.
76 no. 2291.
Pompeius
Festus,
De
no. 2405. V a r i a
Evangeliar. Aufnahmen von fol. 6a. 45a (Ini-
Verborum significatione s. X .
tialen).
s. I X — X .
Psalter. Schatz der Kathedrale.
Aufnahmen von fol. 41b. 42a. 85a (Miniaturen und Schrift) und 12 Ini-
Evangeliarfragment. Aufnahmen von fol. i a . 2a. 37a. 39a
tialen.
(Initialen).
Deutschland I. Düsseldorf.
Darmstadt.
Landesbibliothek.
Grofih. Hofbibliothek.
no. 746.
no. A. 14.
Evangeliar.
Paulini sehe
Briefe.
Aufnahmen von fol. 2b. 7a. 9a. 10a.
Aufnahmen von fol. 5b. 28b. 70b.
n a . I2a. 13a. 14a. 15a. 16a. 23a. 69a.
75a. 119b. 120a. 139a (Zeichnungen,
70a.
100a. 103a. 105a.
106a.
128a.
Evangelisten,
Initialen, Schrift), no. B. 3.
159a. 160a. 161a. Zier-
und
Schrift-
Sententie in Genesis A 1 b i n i
magistri. Aufnahme von fol. 239a (Initial und
seiten. no. 1948.
Schrift).
Gerocodex,
no. 1957.
E v a n g e 1 i a r aus Seligen-
no. B. 8.
Omeliae
b.
Augustini
s. X — X I .
stadt. Canones.
no. B. 79.
Epistolae G r e g o r i i papae.
Auf fol. 138a (letztes B l a t t ) ist die Museum.
Gestalt des stehenden Gregor
Evangeliar
s. X I I .
ohne
Evangelistenbilder, belgisch, no. 679.
Evangeliar
s. X I .
Evangeliar
s. X I I .
Evangelisten, zum Teil nicht vollno. 681.
Evangeliar
s. X I .
(wohl
s.
G r e g o r i i omeliae s. X . Gregorii
omeliae.
Einige kleine Initialen in brauner Zeichnung, R a b a n , De institut. cle-
ricorum. Aufnahmen von fol. 3a. 5a. 5b. 44a
Initialseiten, no. 683.
no. 80.
no. B. 113.
endet.
eingeritzt
XII—XIII). no. B. 81.
Evangelisten. 110. 680.
Sorgfalt
nicht
(Zeichnungen, Schrift),
Evangelistar.
no. D. I.
Aufnahme von fol. i a .
Sakramentar.
Xex.
Aufnahmen von fol. 21a. 40b. 41a.
Nur rot gezeichnete Initialen.
52a. 57b. 67a. 125b (Initialen, Schrift).
no. 684.
Evangeliar
s.
Die karolingischen Miniaturen.
no. D . 2.
S a k r a m e n t a r s .
Geringe Zeichnung,
Köln.
X.
Initialen
otto-
Dombibliothek. no. I.
nischen C h a r a k t e r s , no. D . 3.
S a k r a m e n t a r s .
Bibel.
A u f n a h m e n v o n fol. i b . 6b.
X.
33b.
146b. 298b. 300b. 302b. 303b. 304a.
A u f n a h m e n v o n fol. 1 7 b . 18a. 19b.
327b. 350b.
20a (Zeichnungen, Initial), a p o s t o l o r u m
no. 3.
Kleine Initialen, derb g e s c h m ü c k t e r
no. 5.
n o . E . 1. C a n o n e s
77
Orígenes,
Homilien.
P s a l m e n k o m m e n t a r . Großer Initial in G o l d ; ottonisch.
Titel. no. E . 2. C a n o n e s no. E . 3.
a p o s t o l o r u m
no. 9.
Aufnahmen
ciplinis s. X . Initialen in R o t ,
psalte-
von
fol.
ib.
no. 13.
Evangeliar.
Aufnahmen
v o n fol. i b .
3a.
56a. 7 1 b . 9 1 a . 92a. 93a. 129a. Heidelberg.
153a.
Universitäts -Bibliothek. Sal. no. I X b .
Evangeliar.
A u f n a h m e n v o n fol.
von
55b. 152a.
165a.
no. 14.
S a k r a m e n t a r
72a
(Schrift),
zuweilen
m i t dürftiger V e r z i e r u n g .
in
rium.
R e g i n 0 , D e ecclesiast. dis-
Kleine
B r e v i ari um
ib.
2a.
10a.
l i a . 12a. 12b. 13a. 14a. 1 5 a . 15b. 16a.
Petershausen. Pal. lat. no. 52.
16b. 40a. 67b. 68b. 69a. 100b. 104b.
O t f r i d.
A u f n a h m e n v o n fol. 8a. 13b.
105 b. 158b. 160b. 161b.
76a no.
(Initialen).
15.
Comment,
in
lectiones
et
sequentias s. evangelii. A u f fol. i b ein ganz derber Initial, Koblenz. Das
no. 16. Staatsarchiv
historisch wichtigen
besitzt
an
kunst-
N u m m e r n aus
der
Zeit des früheren Mittelalters nur: no. 176 s.
(A. V I I .
1).
E v a n g e l i a r
G ü t e r v e r z e i c h n i s
von
g e b r a c h t e n Gymnasialbibliothek: B i b e 1 s.
no. 29.
fol.
2a.
4a.
24a
H i 1 a r i i tractus in psalmos.
A u f fol. 2a ein geringer Initial,
XI—XII,
mit
Bibel figürl.
s.
no. 34.
K o m m e n t a r
b r i e f e n s. sehr
eigenartigen Z e i c h n u n g e n , großen, z. T .
von
Schrift),
no. 30. 32. 33.
In der j e t z t im S t a a t s a r c h i v unter-
no. 2 u n d 3.
(Zicrscite,
evangeliorum.
no. 19. 20.
P r ü m , a. 1222.
no. I.
s. X .
no. 17. R e g u l a Aufnahmen
XIin.
no. 22.
tar
E v a n g e l i e n k o m m e n -
Auf
fol.
zu
Pauls-
IX—X. 2a
größerer
Initial
in
brauner Zeichnung, XIII,
Initialen.
mit
no. 35. 38. 39 (ärmlicher Initial auf fol. 2a). 40.
78
Die karolingischen Miniaturen.
no. 41. J o h . C h r y s o s t o m i comment. in Pauli epist. ad Hebraeos. Aufnahmen von fol. 2a. 14a. no. 43. Bibelpräfationen des H i e r o • n y m u s. Aufnahmen von fol. 13a. 94b. 113a. 139b (Initialen), no. 44. no. 45. P s a 1 1 e r s. X . Rot gezeichnete Initialen mit Ranken; ottonisch. no. 46. H i e r o n y m u s in Ecclcs. Aufnahmen von fol. ib. 76a (Initial, Schrift), no. 47. H i e r o n y m u s , Kommentar zu Jesaias s. X I . Farbige, aber wenig sorfältige Initialen. no. 49. J e s a i a s , J e r e m i a s . Auf fol. 2b kleiner unbedeutender Initial. no. 50. Hieronymus, no. 51. H i e r o n y m u s , Kommentar zu Ezechiel. Aufnahmen von fol. ia. 2a. 132a (Initialen, Schrift), no. 52. 53 (kleine goldne Initialen ohne Interesse). 54. 55. no. 56. E v a n g e 1 i a r. Aufnahmen von fol. 2b. 3a. 5b. 10b. 2la. 35a. 64b. 101b. no. 57. 58 (ein kleiner Initial mit Hund). 60. 63. 64 (ganz einfache kleine Initialen ohne Interesse). 65. no. 67. A u g u s t i n i enarrationes in psalmos s. V I I I — I X . Aufnahme von fol. 2b (Initial), no. 69. 74. no. 75. A ugu s t in, De civitate Dei.
Aufnahmen von fol. 66a. 122b. 143a (Initialen), no. 76. A u g u s t i n i opuscula. Aufnahmen von fol. 2a. 16a (Initialen), no. 78. 79. 80. 82. 83. no. 83 II. V a r i a. Aufnahmen von fol. 2a. 12b. 14b. 45a. 86a. 1x3a. 146a. 150b. 1 5 1 b . 152a. 152b. 153b. 154b. 156b. 157a. 166b. 173b. 182b (Bilder, Initialen), no. 84. V i t a S. M a r t i n i u. a. s. I X u. X I I . Im jüngeren Teil einiger Schmuck von lokalem Interesse, no. 85. D o c t r i n a e c c l e s i a s t i c a etc. no. 86. G r e g o r , Homilien. Aufnahmen von fol. 4b. 5a. 124b. 138b (Initialen, Schrift), no. 88. S a k r a in e n t a r , ottonisch. Aufnahmen von fol. 25b. 26a. 63b (Initialen, Zierseiten), no. 89. G r e g o r i i liber pastoralis. no. 91. C o l i . C a n o n u m s. V I I I . Vorn schmaler Streifen eines Blattes mit Schrift vom ab-Typ. Auf fol. 2a größerer, aber zur Hälfte weggeschnittener Initial, no. 92. 93. 94. 97. no. 98. I s i d o r , Quaestiones. Aufnahmen von fol. 26b. 44a. 62a. 70a. iooa. 130b. 155b (Initialen, Schrift), no. 99. I s i d o r . Aufnahme von fol. 59b. 62b (Initialen). no. IOO. I s i d o r , Sentenzen, no. IOI. I s i d 0 r i de ecclesiast. offieiis libri. Großer, aber einfacher Initial.
Die karolingischen Miniaturen.
no. 102.
Varia,
vorn
Kalendar
s.
IXex. no. 103.
no. 164. 171.
Aufnahmen von fol. 21a. 30b (Ini-
tialen,
tialen).
no. 104. 105. 106. no. 107.
no. 184. 185. 186. 193. 200 (ein paar
A 1c u i n ,
jüngere gute Randskizzen,
Kommentar zum
Joh." Evangelium. no. 108. 109.
A 1 c u i n , Kommentar
no. 204.
7a. 11b. 25b. 32a. 83b. 122a. 143b
fol. 8a.
(Initialen),
no. 110. 113. Coli.
no. 211.
Aufnahmen von fol. 20a. 69a. 224b Coli.
no. W. 147. E v a n g e l i a r s .
Initialen
ohne
Bedeutung, no. 118. 119. 120. 122. 123. 125.
8a. 42b. 43a. 66b. 67a. 102b. Ms.
theol. no.
tialen), Auf fol. i b ein großer roher und unbedeutender Initial, Liber
pontificalis
s. X I . Aufnahmen von fol. 2b. 5b. 7b. 77b. (Miniaturen, Initialen), no. 143. L e k t i o n a r
des Evergerus
Evangeliar
Vier Aufnahmen (Miniaturen). Kunstgewerbemuseum,
no. G. 700.
L e k t i 0 n a r.
312.
s. X I .
Sakramentar.
Aufnahmen von fol. ib. 2a (Ini-
IX—X.
Aufnahmen von fol. 3a. 4b. 7a. 7b.
Canonum.
Einige gezeichnete
no. 141.
Köln. Stadtarchiv,
Canonum.
Ganz einfache kleine Initialen, Coli.
Bibelglossar.
Canonum.
(Initial, Schrift),
no. 137.
C 0 11. C a n o n u m.
Aufnahmen von fol. 2a. 2b. 3a. 5a.
In no. 108 ein flüchtiger Initial auf
no. 117.
P r i s c i a n s. X .
no. 210. App. II.
zum Joh.-Evangelium.
no. 115.
darunter
menschliche Figur),
Aufnahme von fol. 2a (Initial),
no. 138.
et
vitiis liber.
Im Anfange kleine, gezeichnete Ini-
no. 116.
A 1 c u i n , De virtutibus
no. 174. Beda.
79
Evangeliar.
Aufnahmen von fol. 7a. 8a. loa. lob.
IIb.
12b. 62b. 63b. 97b. 98b.
151b. 152b und eine Schriftprobe. S eminarbibliothek.
Keine älteren Hss., wie mir auf Anfrage versichert wurde.
s. X . Aufnahmen von fol. 3b. 4a. 5b. 6a.
Stadtbibliothek.
8a (Miniaturen, Initial), no. 144.
Evangeliar
s. X I 1 " .
Auf fol. i a ein größerer Initial mit menschlicher Figur.
Metz.
no. 7.
Bibel.
Aufnahmen von fol. 191a. 198a. 323a (Canones, Schrift).
193a.
8o
Die karolingischen Miniaturen.
no. 14.
geben von humidum, ver, aer, sanguis. no. 16.
Lektionars. Evangeliar
Zeichnung. no. 652.
Aufnahmen
G r e g 0 r i i explanatio
super
rot gezeichnete
Initialen;
Evangeliars.
Salis no. 32 (1178).
Salis no. 37 (1183).
Evangeliar
Salis no. 40 (1186).
IXin.
Homiliae b. G r e -
Aufnahmen von fol. 4a. 35a (Initialen).
Aufnahmen von fol. 64b. 84b. 180b
Salis no. 79 (1229).
VitaRemigii,
vita s. Remaeli s. X.
(Initialen), O r o s i u s u. a.
Einige derbe kleine Initialen ohne
Trier. Stadtbibliothek.
Bedeutung, H i e r o n y m u s super Mt.
Aufnahme von fol. 5b (Initial), Sammelband,
darin fol.
2a kleiner Goldinitial s. X — X I . Gut gezeichnete Weltkarte auf fol. 40b. S. M a r t i n i
s. XI.
Sehr gute Ornamentik, E inh ardi
translatio
Marcellini et Petri s. X — X I .
no. 2 (1675—1676).
B i b e l s. XII.
Initialen in roter Zeichnung mit leichter Kolorierung. no. 7. P s a 11 e r s. X e \ Schmuck ärmlich.
M a c r o b i u s s. X I .
Vita
Martini
g 0 r i i Papae.
E p i s t e l n , Sentenzen, Ho-
milien u. a. s.
Vita
Schöne Miniaturen.
B e d a de templo Salomonis
Sorgfältige Zeichnung,
no. 306.
Salis no. 34 (1180).
u. a. s. XII.
u. a. s. X I .
no. 304.
G l o s s e n u. a.
Wichtige Miniaturhs.
Ornamentik; für ottonischc Abtei-
no. 271.
aus
Zwei gezeichnete Initialen ohne Be-
XI.
lung wichtig,
no. 229.
Mi ss a l e
s. X I .
Initial).
no. 209.
(1157).
deutung.
Propheten.
Aufnahmen von fol. ib. 6b (Schrift,
no. 187.
a.
Schmucklos.
vielleicht von lokaler Bedeutung,
no. 134.
Evangeliar
Marmoutier s. XI.
Ezechielem s. X .
no. 130.
78a
1146. Salis no. II
A u g u s t i n s. X.
no. 52.
no. 77.
62a.
Wichtige Miniaturhs.
no. 48.
no. 76.
fol.
(Schrift).
von fol. 19b. 20a.
Derbe,
von
Salis no. 5 (1151).
s. XI.
Wichtige Miniaturen.
V i t a e SS.
Aufnahmen
XI.
Allegorische Zeichnung, no. 35.
Einfache Ausstattung; fol. 75a gute
Glossierter P s a l t e r s. XI.
Sorgfältige Zeichnung: David, um-
S.
no. 22.
Adahandschrift.
no. 23.
Evangeliar.
Vorläufig Aufnahmen von (Bd. I) fol. 13a. 14a. 15a. 23b. 24a. 79b. 80a. — (Bd. II) fol. 5b. 6a. 63b. 64a. no. 31.
Apokalypse.
81
Die karolmgischen Miniaturen.
Vorläufig Aufnahmen von fol. ib.
Einige ganz einfache rote Initialen;
3b. 4b. 6b. 7b. 9b. 13b. 16b. 17b. 19b. 20b. 26a. 30a. 32a. 36a. 51a. 53a. 56a. 59a. 63a. 64a. 71a. 74a. 74b. 110. 36.
P r o s p e r i Aquitani üb. de
promissionibus s. V I I I " 1 . Unciale.
Einige
(1018).
kleine unbedeu-
G 1o s s a e
divinorum
Expo
sitio
I X I. H., schmucklos, Explanatio
psalmo-
Auf fol. i a rot gezeichneter ottonere in Braun, no. 64 (1679).
commen-
no. 118 (Schrank 106).
Epistolae G r e g 0 r i i.
westgotisch!), Epistolae
Gregorii
s. X . Viele sorgfältige kleine Initialen in no. 178 (1205). G r e g o r i i moralia s. X .
Bruchstück
Varia,
Espositio
fol.
Ambrosii
Tractatus A m b r o s i i
super
epist. Pauli.
Haymonis
Auf fol. i a ein Initial s. X I I , sonst geringe braune Anfangsbuchstaben, no. 388 (1152).
Lektionar
no. 564 (806).
Varia,
s. X I .
PaschasiusRad-
Auf fol. 2a ottonischer Initial, no. 592 (1578).
Ohne Schmuck,
Raban,
De instit.
clericorum.
(Schrank 50) u. a. I s i d o r i
Sinónima.
Drei geringe Initialen, no. 843 (Schrank
Nicht s. IX, sondern s. X I ; wertloser kleiner Initial, Au-
Augustini
opera
no. 160 (1198). A u g u s t i n s. X — X I .
Lex
Ala-
kleine
Initialen
in
roter
Zeichnung, no. 859.
quaedam.
120).
mannorum. Einige
Confessiones
g u s t i n i.
Kunstwissenschaft III.
Omelie
b e r t u. a. s. X .
Einige kleine Initialen in Rot.
no. 149 ( 0 9 5 ) .
In Rot gezeichnete, ottonische. Ini-
no. 588 (1543).
in psalmos s. X I m .
(1188).
H 0 m i 1 i a r s.
Xex.
s. X .
(Präfationen)
Ohne Schmuck,
no. 120 (1170).
no. 216 (Schrank 83).
no. 262 (1144).
eines Reimser Evangeliars auf
no. 144
no. 170.
tialen.
Ottonischer Initial,
no. 137
Rohe kleine, durchaus wertlose Ini-
no. 217 (1403). H o m i l i a r s. X — X I .
Haimonis
tarius in Jesaiam s. X.
no. 122.
Quattuor libri
Rohe Initialen, derbe Gebrauchshs.
nischer Initial, außerdem mehrere klei-
234—235.
25).
Gold und Silber; ottonisch.
r ü m s. X .
Darin
(Schrank
no. 171 (1626).
(Schrank 78).
p s a l m o r ü m ; nicht s. X, sondern s. no. 51.
169
J u v e n c i s. X — X I .
Kleine, ordentliche Minuskel (nicht
librorum s. X . no. 50.
no.
tialen.
tende Initialen, no. 40
wertlos.
Gregorii
Moralia in
Job
s. X e x . A r k a d e n ; für ottonische Abteilung wichtig. 11
82
Die karolingischen Miniaturen.
no. 1093 (1464). P r u d e n t i i carmina u. a. s. X. Einige sorgfältige ottonische Initialen. no. 1096 (Schrank 60). 0 r o s i u s s. X. no. 1142 (Schrank 42). P a u l u s D i a c o n u s s. XI. no. 1194 (Schrank 80). Cassiodor s. X. no. 1202 (501). C a p i t u l a r í a Caroli M. de rebus ecclesiast. no. 1203 (Schrank 35). Expos, in t r a n s 1 a t. B e n e d i c t i u. a., wohl schon s. XI.
no. X245 (597). R e g u l a s . B . e n e • d i c t i u. a. Kleine Initialen, no. 1372 (138). V i t a c SS. u. a. s. X. no. 1379 (143). V i t a e s. X. no. 1709. C h a r t u l a r i u m Prumense. Sehr gute und interessante Miniatur s. XI. Inkunabel 921 (aus S. Maximin). Als Vorsatzblätter am Anfang und am Ende Bruchstücke mit Ornamentik von. einer touronischen B i bei.
Schweiz I. Bern. Stadtbibliothek,
Kleine, wertlose Initialen in roter Zeichnung; auf Deckel Fragment in insularer Spitzhand, no. 3 . 4 . Bibel. Aufnahmen von fol. ia. 76a. 87a. no. 48. P a s s i o n e s . 95b. 194b (no. 3) und fol. 83a. 84b. 85a. no. 49. B e d a , hist. eccles. Aufnahme von fol. 6a (Schrift), 85b. 86a. 87a. 96a. II ib. 118a (no. 4). no. 50. J o s e p h i antiquitates Judaeae. no. A 7. V i t a e SS. s. XI. Aufnahmen von fol. 2a. 132a. 222b In Rot gezeichnete Initialen, (Zeichnungen), no. 9. R a b a n , lib. de laudibus s. no. 51. C o m m e n t . in Joel et Apocal. crucis s. X. s. X u. XI. Kopie des karolingischen Zyklus, Gute Skizze einer Frau mit Hund, no. 19. D i o n y s i u s A r e 0 p. s. XI. no. A 55. L a t e r a n k o n z i l a. 649. Kleine, derbe Initialen, no. A 26. N o t i t i a p r o v i n c i a r u m no. A 56. M a r t i n i papae epístola u. a. Gleiche Hand wie A 55; offenbar s. VIII e x . Fragment aus der gleichen Hs. s. IX. no. 36. I s i d o r , Etymol. Aufnahmen von fol. 45 a. 5 7b (Schrift, no. B 56. Martianus Capella s. X. Die Zeichnung ist wertlos, Ornamentik), no. A 57. A 58. B 60 (s. XI). .72. no. 45. L u c a n i Pharsalia. Aufnahmen von fol. ib. 53a (Ini- no. 83. G r a m m a t i s c h e s . Aufnahmen von fol. 2a. 64a. 76a tialen, Schrift), (Schrift), no. 47. P a s s i o n e s u. a. Nicht s. no. 85. E v a n g e 1 i a r. IX., sondern s. XI.
Die karolingischen Miniaturen.
Aufnahmen von fol. 6b. 74b. 118b (Zeichnung, Ornamentik), no. 87.
Kunsthistorisch ohne Interesse, A r a t e a s. X I m .
A A 90. Fragmente. 7
s. I X mit großem, aber ganz
ver-
Isidori
110. 208 (s. X I I u. X I I I , nur unbedeu-
Sermones A u g u s t i n i
tende s. X .
ottonisch. Xex.
Initialen von lokaler Bedeutung, Josephi antiq. Jud.
Aufnahmen von fol. 2a. 24b. 230b. no. 123 (s. X). 124 (derbe Initialen s. X). 128. (s. X e x ) . 132. no. 134 (sorgfältige kleine Initialen), no. 160. 0 r 0 s i u s , J u s t i n u s s. X I . Aufnahmen von fol. 90b. 101b (Initialen).
212. C 219
Die Hs. fehlt seit längerer Zeit. Virgil.
Aufnahme von fol. 2a (Initial), no. 167. 168 (s. X I ) . 169. no. 171. Expositio H i e r o n i m i in Mt. Aufnahme von fol. 222b. Virgil.
Aufnahmen von fol, 2a, 9a. 59a (Schrift).
(darin
(s. X). no. 225 u. a. c a t a l o g u s porum
episco-
Roman.
Aufnahmen von fol. 88a. 89a. 103b. no. 233.
Physiologus.
Aufnahmen von fol. ib. 5b (Schrift), no. 236.
Glossar
a. 911.
Einige geringe Schreiberinitialen, no. 239. 243. no. 249.
Isidor.
Kaum mehr kenntlicher
no. 164. C l e m e n t i s recognitioncs s. X .
no. 172.
Initialen).
insulares Fragment s. I X mit kleinen Initialen). D 219. E 219. F 219. 224
s. X e x — X I I .
no. 117. A u g u s t i n , sup. psalt. s.
110. 165.
IIb.
(Initialen).
Zwei kleine Initialen,
H o m i 1i e n
L a t i n i.
115b. 119a. 140b. 171b. 176b. 184b
P r i s c i a n.
Initial mit Gold,
Grammatici
l i l a . 2a. 2b. 18b.'37b. 48b. 81b. 112a.
no. 102. 103. 107. 108 (s. X e x ) .
no. 118.
no. 199. Aufnahmen von fol. ia. i b .
etymolog.
Einige Ornamentik,
no. 114.
astronomi-
von lokalem Interesse, no. 207.
no. A. 92. 93. A 94. 99.
no. 110.
no. 196. T r a c t a t u s
Großer Initial in brauner Zeichnung
Dioskoridesfragment
blaßtem Initial,
no. 109.
Aufnahme von fol. 61b.
c u s s. X .
Darin no.
no. 101.
no. 180. H e g e s i p p i historiarum libri V . no. 183. (s. X I ) . 184.
no. 89. 90 (s. X I I , Initial ohne Interesse). no. A 91.
no. 178. 179 (s. X mit derbem Anfangsinitial).
B o e t i i ars Geometr. s. X I i n .
no. 88.
83
größerer
Initial auf fol. 51a und geringe Ornanentik. no. 250. 255. no. 263.
257. (s. X). 258.
Isidor,
Cod.
Theodos.
Aufnahmen von fol. 13b. 24b. 26a (Initial, Schrift), no. 264.
Prudentius.
Aufnahmen von fol. ib. 2a. 2b. 3a. 4b. 9b.
IIa.
13a. 13b. 20a. 31a.
31b. 32a. 32b. 33a. 34a. 34b. 35a. 35b. u»
D i e karolingischen Miniaturen.
84
36a. 36b. 37b. 38a. 38b. 39a. 39b. 40a. 40b. 41a. 4 l b . 42a. 43b. 44a. 44b. 45a. 45b. 47a. 53a. 59a. 60a. 60b. 61a. 66a. 67a. 68a. 68b. 69a. 69b.
Die derben geographischen Zeichnungen
sind
ohne
kunsthistorische
Bedeutung, no. 376.
Vita S. A n t o n i i.
70a. 70b. 71a. 71b. 72b. 75a. 76a. 77a.
Aufnahmen von fol. i a (Initialen),
78a. 80b. 81b. 100a. 101a. 118b. 120a.
no. 378 (s. X I , unbedeutender Initial).
no. 265 (s. X). 267 (s. X). no. 277.
Ambrosius,
391 (s. X ) . de officiis.
no. 394.
Aufnahmen von fol. 5a. 24a (Schrift), no. 280.
V e g e t i u s.
Aufnahmen von fol. i b . 14b (IniGregorii
regul. past. s.
no. 289. Tractatus de o r d i n e nico Romano
cano-
u. a.
Einsiedeln. Stiftsbibliothek.
no. 17.
Varia s. X I .
23.24. 25. 126. 127. 185.186. 285. 286.
Hs.
hat
kolorierte
no. 18. 27 (s. V I I I u. I X ; einige kleine Schrciberinitialen).
no. 299 (s. X). 303. 304 (s. XI.
Mini-
atur höchstens von Lokalinteresse),
no. 29 (s. X — X V ) . no. 60.
no. 318.
no. 88.
Physiologus.
Aufnahmen von fol. ia. 7a. 7b. 8a. 8b. 9b. loa. lob.
IIa.
12a. 12b.
11b.
13a. 13b. 14a. 14b. 15a. 15b.
16a.
16b.
17a. 17b. 18a. 18b. 19a. 19b. 20b. 2ia. 22a (Bilder, Initial), Initial).
Aufnahmen von fol. ia. 2a. 3a. 3b. 124a. 139a. (Canones, Miniatur, Schrift), geringer
Initial). 357 (s. X ) . 358. 363. 366. no. 370.
In L u c a n u m
Bernensia.
Aufnahmen von p. 8. 9. 74. 75 (Ornamentik), no. 112.
L e k t i 0 n a r s. X .
Aufnahmen von p. 48 u. p. 2. 3. no. 121. no. 126.
7a. 7b. 8b. n a . 22a. 33b. 79a. 87a. (s. X I ,
L e k t i 0 n a r s. X .
Graduale
s. X .
Aufnahme von p. 205 (Initialseite),
330. 334- 336. 338- 344- 347no. 348. Evangeliar.
352
(s. X mit
4. 5 (Miniatur und Zeichnungen),
(s. X I , geringfügiger
(s. X).
39. 41
äimlichen Initialen),
no. 306 (s. X). 312.
no. 351
Evangeliar.
Aufnahmen von p. 10. 12. 15. 16.18.
Zeichnung; ottonisch.
no. 325
Komputistisches.
no. 5 (s. X).
60a (Schrift), Metzer
no. 417.
X.
Aufnahmen von fol. 3a. 19a. 20a.
Die
Aufnahme von fol. i a (Initial),
Kleiner Schreiberinitial.
Aufnahme von fol. 3a (Initial),
no. 292.
s. X .
no. 398 (s. X — X I I ) . 408.
tialen, Schrift), no. 283.
Prudentius
commenta
Hieronymus
in Mt.
Aufnahmen von p. 1. 6. 70 (Initialen). no. 134.
Hieronymus
in Evang.
Aufnahmen von p. 5. 62. no. 143 (s. X ) . 150 (s. X I ) . no. 151.
Gregorii
moralia.
Aufnahme von p. 1
18
(Zeichnung).
Die karolingischen Miniaturen.
no. 152. G r e g o r i i moralia. Aufnahmen von p. 2. 3 (Initialen), no. 153. no. 156. G r e g o r i u s in Ezechielen! s. X. Aufnahmen von p. A. B (Miniaturen). no. 157. G r e g o r i u s in Ezeehielem. Aufnahme von p. xi. no. 167. I s i d 0 r i orig. s. X. Aufnahme von p. I (Miniatur), no. 176. B e d a in Apocal. s. X. Miniaturen (ottonisch). no. 191. C o l i . C a n. Aufnahme von p. 2b (Arkadenbogen). no. 199. C o l i . C a n. War entlehnt; nicht gesehen, no. 425 (kleiner Schreiberinitial). 427. 432. 433 (s. X). 441. 442 (s. X). 451. 455no. 477. V i t a S. G a l l i s. XI. Aufnahmen von fol. 8a. 8b (Initialen), no. 510. 514 (s. X u. XI). A 5 1 7 . no. 522. Grammatisches. Aufnahmen von fol. ib. 2b. 4a (Initialen), no. 533no
- 534- J u v e n c i carmina s. X. Aufnahmen von fol. ia. i b (Initial, Zeichnung), no. 540. 548 (s. X). no. 582. A n u 1 f i descriptio terrae sanetae. Die Pläne sehr sorgfältig, no. 584. 586. no. 599. G e s t a r e g u m Franc o r u m. Aufnahmen von fol. 7b. 13a (Initialen).
85
no. 610. G l o s s a r s. VIII. Aufnahmen von fol. 43a. 90a (Schrift). no. 645 (s. VIII, ein Schreiberinitial). 668. 671. 680 (s. X). no. 685. (s. X., gezeichneter Initial). 699 (s. X). no. 705 V i t a S. M a r i a e A e g y p t . Aufnahme von fol. 43a (Schrift), no. 205. 236. no. 255. C a s s i a n i vitae patrum s. X. Aufnahme von p. 2 (Miniatur), no. 256 (s. X I ; kleine Initialen). 257 (s. X; geringe Initialen in Rot). 110. 261. V i t a e S S . E m m e r a n i , Corbiniani etc. s. X—XI. Aufnahme von p. 140 (Miniatur), no. 263 (s. X). no. 264. C l e m e n t i s recognitiones. Aufnahme von p. 4b (Schrift), no. 281. A s c e t i c a varia. Aufnahmen von p. I. 30. 87. 108. 131no. 304 (kleine Initialen). 312 (Prudentius; gezeichneter Hahn), no. 316 (ebenso). 318. 326. 339. no. 347. E u s e b i i historia. Aufnahmen von p. 42. 66. 302. 313 (Initialen), no. 351. O r o s i u s s. X—XI. Gute ottonische Initialen, no. 365. 367. 369. 370. 371. Solothurn. Kathedralschatz. Hornbacher Sakramentar. Aufnahmen von fol. 7b. 8b. 9b. loa. 10b. 13a. 13b. 19a (Miniaturen, Ornamentik). Köhler.
86
Deutsche Wand- und Glasmalereien.
5. A B T E I L U N G :
DEUTSCHE WAND- UND GLASMALEREIEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM BEARBEITER DR. K. M. SWOBODA.
V
on den deutschen Wand- und Glasmalereien werden zunächst nur die karolingischen, ottonischen und romanischen Wandmalereien bis zum entschiedenen
Eindringen des französischen plastischen Stils, also alle bis zum Jahre 1280 ca. in deutschem Kunstgebiet entstandenen Werke bearbeitet.
Die genauere lokale Abgren-
zung des Gebietes wird sich naturgemäß erst im Verlaufe der Arbeit ergeben.
In
die Bearbeitung werden außer den Wand- und Gewölbemalereien auch alle anderen Monumentalmalereien einbezogen, also auch die Malereien an hölzernen Decken, intarsierte Fußböden u. ä. Die Vorarbeiten wurden in den Sommermonaten 1912 begonnen.
Es wurden
zunächst die Mitteilungen und Jahrbücher der Zentralkommission (Wien, 1856 ff.) auf die Erwähnung von Wandmalereien hin durchgesehen und auf dieser Unterlage ein Zettelkatalog nach Orten angelegt.
Schon die Durchsicht dieses Katalogs, der
einen Überblick über das ganze österreichische Material erlaubt, ergab, daß die gotischen Wandmalereien in so großer Menge vorhanden sind, daß sie nicht nur von der mit den romanischen Malereien gemeinsamen Bearbeitung ausgeschieden werden müßten, sondern auch nach gesonderten Gebieten -r- am besten mit den Glasgemälden gemeinsam — zu bearbeiten wären. Ferner wurde von Herrn Dr. Fred v. Baldaß Tirol, vom Unterzeichneten Kärnten und Steiermark bereist, und zwar alle jene Orte dieser Kronländer, in welchen romanische und frühere Wandmalereien erwähnt werden, sowie nach Möglichkeit auch diejenigen, in welchen Wandmalereien ohne nähere Datierung genannt sind.
Bei
der Bereisung wurde vor allem darauf geachtet, den Umfang und den Erhaltungszustand des Vorhandenen festzustellen, die bisherigen Datierungen zu kontrollieren und möglichst viele photographische Aufnahmen herzustellen, .so daß der größte Teil des in diesen Kronländern befindlichen Materials in zu Studienzwecken geeigneten Photographien vorliegt. Wenn man bedenkt, wie viele Wandmalereien in den letzten Jahrzehnten durch restaurierende Übermalung verdorben worden sind, kann man das Resultat dieser Bereisung eine freudige Überraschung nennen, denn wenn auch vieles aus der Liste gestrichen werden mußte, weil es sich als irrtümlich romanisch bezeichnetes Werk einer späteren Stilperiode herausstellte, so bleibt doch die Zahl der erhaltenen romanischen Einzelgemälde und Bilderzyklen eine sehr große und das wenigste davon ist der modernen Übermalung zum Opfer gefallen. Größere
Zyklen
konnten
in
B rix en
(Frauenkirche
und
Johanneskirche),
Deutsche Wand- und Glasmalereien.
8;
H o c h e p p a n , L a n a , M a r i e n b e r g , T a u f e r s , T r a m i n und W i n • d i s c h - M a t r e i in Tirol, i n D e i n s b e r g , F r i e s a c h , G u r k , S t . H e l e n a am Wieserberg, M a r i a W ö r t h und P i s s w c g in Kärnten und in G ö s s , H a r t b e r g , P ü r g g und P u x in Steiermark, einzelne Malereien in A 1 a (S. Piero in bosco), B o i m o n t , B o r g o , B r i x e n (Domkreuzgang), G r i s s i a n , N e u s t i f t bei Brixen, N a t u r n s , M a l s , P i n z o l o , R o v e r e t o , R u i n e S i g m u n d s k r o n , Dorf T i r o l , T a r s c h , S. T o m a s o (zw. Arco und Riva), T r i e n t (Domkreuzgang) in Tirol, in A l t e r s b e r g , Althofen, B e r g , S t . M a r e i n bei Neumarkt und W i 1 1 i n g in Kärnten und in T u r n a u in Steiermark konstatiert werden. Von all dem sind nur die Malereien in Lana, Brixen (Johanneskirche), Windisch-Matrei, Hartberg und Pürgg durch restaurierende Übermalung verdorben. Der größte Teil des Material gehört der zweiten Hälfte des 12. und dem 13. Jahrhundert an. Ottonisches hat sich nichts erhalten, die Malereien in Mals sind karolingisch. Der Erhaltungszustand ist in vielen Fällen ein ganz hervorragender. Die Malereien in Brixen (Frauenkirche), Gurk, St. Helena am Wieserberg sind nie übertüncht worden und präsentieren sich in ihrer ursprünglichen Frische. Aber auch die übertüncht gewesenen Gemälde sind zum großen Teil noch so gut konserviert, daß sie ihren originalen Eindruck bewahrt haben. Seit August 1913 wurden die Vorarbeiten, diesmal in Deutschland und Dänemark wieder aufgenommen. Die Bearbeitung des dänischen Materials ist dadurch erleichtert, daß vom Nationalmuseum in Kopenhagen seit Jahrzehnten die Wandmalereien des Landes systematisch aufgesucht und freigelegt werden, wobei sie leider auch restauriert, d. h. übermalt werden. Zunächst wurde das reiche Denkmalarchiv des Nationalmuseums auf romanische Wandmalereien hin durchgearbeitet und ein Verzeichnis des hier vorhandenen Abbildungsmaterials angelegt. Dann wurden einige wichtige Denkmäler sowohl auf dem Festland (Granback, Hvorslev, Jellinge, Velleu) als auch auf den Inseln (Fjenneslev, Roskilde, Slaglille) besichtigt und zum Teil photographiert. Bis auf geringe Fragmente, die sich in mehreren Kirchen über den später eingezogenen Gewölben erhalten haben, ist so gut wie alles durch die moderne Ubermalung verdorben. Immerhin ist es von Vorteil, daß die Wandmalereien, die in den letzten Jahren freigelegt wurden, vor der Restaurierung photographiert worden sind. In zuvorkommender Weise hat es der Direktor des Nationalmuseums, Herr Dr. M. Mackeprang, gestattet, nach diesen Aufnahmen Abzüge zum Zwecke dieser Arbeit herstellen zu lassen. Auch an dieser Stelle muß ihm für die Förderung dieser Vorarbeiten in Dänemark durch seine liebenswürdigen Ratschläge gedankt werden. Gelegentlich eines Abstechers von Kopenhagen konnten einige Monumente auf schwedischem Boden in Lund und Umgebung besichtigt und zum Teil photographiert werden. Die Restaurierung scheint hier nicht so grausam wie in Dänemark mit den Dingen umzugehen, so daß hier, besonders in Schonen, eine reiche Ausbeute für diese Arbeit zu erhoffen ist. Stilistisch schließen sich die
88
Deutsche Wand- und Glasmalereien.
meisten der Monumente in Schweden, Dänemark und auch in Schleswig zu einer Gruppe zusammen. Es sind meist Arbeiten von der Wende des 12. und aus dem 13. Jahrhundert. Für das in Deutschland befindliche romanische und vorromanische Material war ein Zettelkatalog auf Grund der Inventare und des Handbuches der deutschen Kunstdenkmäler angelegt worden. Es wurden nun die für diese Arbeit in Betracht kommenden Denkmalarchive bereist, einerseits um den Katalog der Denkmäler für jene Gegenden, die noch nicht inventarisiert sind, zu vervollständigen, anderseits um das in ihnen gesammelte Abbildungsmaterial an Photographien, Aquarellen, Zeichnungen und Pausen zu verzeichnen, soweit es für diese Arbeit belangreich ist. Von den entsprechenden photographischen Aufnahmen wurden, soweit die Platten dazu vorhanden waren, Abzüge hergestellt. Zu diesem Zwecke wurden besucht die Denkmalarchive in S c h w e r i n , P r e e t z , B o o n , H a n nover, Münster, Halle, Dresden, Karlsruhe, Stuttgart, S t r a ß b u r g , M ü n c h e n , endlich das Kunstgewerbemuseum in B e r l i n , welches wertvolle Pausen romanischer Wandmalereien besitzt. Der Vorstände all dieser Archive, die diese Arbeiten nicht nur gestatteten, sondern auch durch Rat und Tat unterstützten, besonders des Herrn Geh. Rates Professor Paul Ciernen, dessen Bearbeitung des rheinländischen Materials ohnedies zur Grundlage der Bearbeitung dieses Gebietes dienen muß, und auch des Herrn Generalkonservators Georg Hager, der in zuvorkommender Weise ein Verzeichnis der romanischen Wandmalereien Bayerns zum Zwecke dieser Arbeit durch das k. Generalkonservatorium in München herstellen ließ, sei hier in Dankbarkeit gedacht. Der Rest der Zeit wurde dazu verwandt, die wichtigsten Monumente in Deutschland auf ihren Erhaltungszustand und auf die Möglichkeiten ihrer Bearbeitung und Wiedergabe zu untersuchen. Zum Teil wurden auch Photographien von ihnen zu Studienzwecken hergestellt. Die Resultate der Vorarbeiten in Deutschland waren nicht so erfreulich wie die in Österreich angestellten. Über die Hälfte der Denkmäler ist der restaurierenden Übermalung zum Opfer gefallen^ und von den anderen ist das meiste seit schon so langer Zeit freigelegt, daß sich die Malerei oft nur mehr in den geringen und verblaßten Fragmenten der Untermalung erhalten hat. Territorial konnte das Material hier in mehrere Gruppen eingeteilt werden, eine dänisch-schwedische Gruppe, die auch die Denkmäler Schleswigs umfaßt, eine westfälische, eine rheinische, eine thüringisch-sächsische, eine württembergische Gruppe, die Gruppe der ottonischen und frühromanischen Wandmalereien am Bodensee und endlich die bayrische Gruppe mit Regensburg als Mittelpunkt. Auf die wissenschaftlichen Ergebnisse dieser Vorarbeiten soll an dieser Stelle nicht eher eingegangen werden, als das Material im Einzelnen vollständig bearbeitet vorliegt. Vorläufig mag nur eine ziemlich wichtige Feststellung mitgeteilt werden, die an den Wandmalereien der Mittelschiffspfeiler der Kirche zu Prüfening gemacht werden konnte. Es handelt sich um vier langrecht-
8.9
Deutsche Wand- und Glasmalereien.
eckige Bilder; auf jedem sind drei Figuren in Arkaden dargestellt. Stilistisch gehören die Gemälde dem 12. Jahrhundert an. Sie sind nicht übermalt worden, wohl aber so stark abgerieben, daß an vielen Stellen ihre Untermalung zutage tritt. Diese Untermalung zeigt nun eine merkwürdige Vorzeichnung der Umrisse jeder dieser Gruppen durch ein geordnetes Netz von Kreis- und Dreieckskonstruktionen. Dadurch wird das, was Buberl für die Nonnberger Malereien in Salzburg hypothetisch annahm 1 ), nicht nur für einzelne Figuren, sondern für ganze Figurengruppen durch das Original erwiesen. Nachdem durch diese Vorarbeiten nicht nur eine Übersicht über den größten Teil des Materials ermöglicht ist, sondern auch viele der Gemälde in zu Studien zwecken geeigneten Photographien vorliegen, kann an die eigentliche Bearbeitung des Stoffes geschritten werden. Diese bringt eine ganze Reihe von Schwierigkeiten mit sich. Schon die Vollständigkeit des Materials ist schwer zu erreichen, da einzelne Gebiete von den Inventaren noch unberührt sind, in anderen bereits inventarisierten Gegenden können seit der Entstehung der Inventare Wandmalereien gefunden worden sein. Es wird daher zunächst nötig sein, für solche Gegenden lokale Periodica und Werke durchzuarbeiten und sonst auch Umschau zu halten, um das Material zu komplettieren. Ferner wird es nötig sein, die Baugeschichte eines jeden Bauwerkes, dessen Malereien für diese Arbeit in Betracht kommen, zu bearbeiten, da ja auf diese Weise in vielen Fällen eine Datierung oder wenigstens ein terminus post oder ante wird gefunden werden können. Die architektonischen Aufnahmen dieser Bauten werden durchwegs auf ihre Richtigkeit geprüft, oft überhaupt neu gemacht werden müssen. Die größte Schwierigkeit besteht in der Aufnahme der Malereien selbst zum Zwecke ihrer Publikation. Sie wird durch den Erhaltungszustand oft sehr erschwert. J e nach diesem ergeben sich für die Aufnahme drei Möglichkeiten. Der günstigste Fall ist es, wenn die Malereien in gutem Zustand erhalten, nicht übermalt, womöglich auch nie übertüncht oder durch die Freilegung doch nicht unkenntlich gemacht worden sind. In dem Falle werden sie auf photographischem Wege genügend abbildbar sein. Die zweite Möglichkeit ist die, daß die Gemälde nur fragmentarisch erhalten, die Farben verblaßt oder nur die Konturen der Untermalung kenntlich sind, so daß eine photographische Aufnahme zu ihrer Wiedergabe nicht genügt. In diesem Falle wird es nötig sein, alle kenntlichen Details separat photographisch aufzunehmen sowie in eine photographische Gesamtaufnahme des ganzen Gemäldes, die am Original sichtbaren Konturen, die in der Photographie verloren gehen, in Form von Umrißzeichnungen einzutragen. Die letzte Möglichkeit endlich ist die, daß die Wandmalereien modern übermalt sind. Soweit Pausen von ihrem Zustand vor der Übermalung bestehen, werden diese anstatt der übermalten
' ) Paul B u b e r l : der Zentralkommission. Kunstwissenschaft III.
D i e romanischen Wandmalereien im Kloster N o n n b e r g in Salzburg, im Jahrbuch Wien
1910. 12
9°
Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
Originale zu verwenden sein; wenn keine solchen vorhanden sind, wird mit Hilfe von vor der Restaurierung erfolgten Nachzeichnungen und der literarischen Tradition der ursprüngliche Zustand der Gemälde nach Möglichkeit zu erforschen und die nach dem vorhandenen Original hergestellte Photographie (die eventuell auch nach den Vorlagekartons der Übermalung, soweit dies praktischer scheint und diese sich erhalten haben, hergestellt sein kann) in diesem Sinne zu korrigieren sein. Für die Forschung hat diese letzte Gruppe immer nur mehr geringeren Wert, da ihre feineren stilistischen Merkmale verloren oder verfälscht sind und nur das kompositionelle und ikonographische Gesamtbild seine Ursprünglichkeit bewahrt hat. Deswegen ist es auch plausibel, wenn man von der Bearbeitung des gut erhaltenen Materials, wie es die Alpenländer bieten, ausgeht, um erst dann an die Bearbeitung der Gebiete zu gehen, die vorwiegend modern übermalte Gemälde enthalten. Es wird daher der Winter zur Komplettierung des Katalogs und zur Verarbeitung der baugeschichtlichen und historischen Literatur für die romanischen und älteren Wandmalereien der alpenländischen Gebiete verwendet werden, um im Frühjahr mit deren Bereisung zum Zwecke der endgültigen Bearbeitung beginnen zu können. K. M. S w 0 b o d a.
8. A B T E I L U N G :
DEUTSCHE HANDZEICHNUNGEN BIS ZUR MITTE DES 16. JAHRHUNDERTS. DIE HANDZEICHNUNGEN HANS HOLBEINS DES JÜNGEREN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM BEARBEITER KONSERVATOR PROF. DR. GANZ.
ährend der Jahre 1 9 1 1 und 1912 sind sieben Lieferungen des Werkes mit 70 Tafeln erschienen. Die Herausgabe konnte, trotz aller Anstrengungen des Herausgebers und des Verlegers in kein rascheres Tempo gebracht werden. Zu diesem Resultate haben verschiedene Umstände beigetragen, die auch heute noch bestehen und sich nicht ohne weiteres aus dem Wege räumen lassen. Die Handzeichnungen Holbeins sind die erste große Veröffentlichung des deutschen Vereins; ihre Herausgabe wurde begonnen, bevor die wissenschaftlichen Vorarbeiten beendigt waren, und genügende Erfahrungen über die Leistungsfähigkeit der zur Mitarbeit in Aussicht genommenen Reproduktionsfirmen vorlagen. Außer der Firma Frisch in Berlin sind drei Geschäfte in England und eine Lichtdruckanstalt in Paris für das Werk in Anspruch genommen, kleinere Betriebe, die
Die Hand Zeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
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keine großen Installationen haben, aber in künstlerischer Hinsicht ausgezeichnete Resultate liefern. Von diesen Geschäften konnte nur eine beschränkte Anzahl von Reproduktionen geliefert werden. Zudem erforderte die Beschaffung der zur Reproduktion bestimmten Originale viel mehr Schreibereien und Zeit, als zu Beginn der Publikation angenommen worden war; nur die Bestände der Kupferstichkabinette von Basel und Berlin standen programmgemäß zur Verfügung. Die Folge davon war, daß die vom Herausgeber geplante Zusammenstellung der Abbildungen für Lieferung I—X, die der Verlag schon im März 1 9 1 1 gutgeheißen hatte, nicht beibehalten werden konnte. Keine einzige Lieferung ist mit dem ursprünglich vorgesehenen Inhalte erschienen und 25 Blätter, meist Reproduktionen nach englischemBesitz sind überhaupt nicht herausgekommen. Im November 1 9 1 2 nahm der Verlag die Zusammenstellung der Tafeln für Lieferung X I — X X an, nachdem er die dafür nötigen technischen Vorarbeiten für genügend fortgeschritten erachtet hatte. Aber auch diesmal stellten sich die schon genannten Hindernisse wieder ein; einzelne Firmen waren außerstande, die gewünschte Anzahl von Reproduktionen zu liefern, und anderseits konnte das Material nicht zur Verfügung der Reproduktionsfirmen beschafft werden. In Basel wurden die Vorarbeiten beendigt. Kunstmaler Niethammer fertigte 31 farbige Kopien nach den gerahmten und in der Gallerie ausgestellten Zeichnungen an, die laut Vorschrift der Basler Kunstsammlung nicht an das Berliner Kupferstichkabinett ausgeliehen werden konnten. Der Künstler hat sich seiner Aufgabe mit großem Geschick und feinem Verständnis unterzogen und dadurch wesentlich zum Gelingen dieser wichtigen Reproduktionen beigetragen. In England bestanden von Anfang an große Schwierigkeiten, sowohl im Verkehr mit den Besitzern, die sich das Copyright ausbedingten, als auch mit den Lichtdruckfirmen. Der Bibliothekar von Windsor hat sich das Recht vorbehalten, die Reproduktion der Holbeinzeichnungen von Windsor Castle selbst zu leiten und unabhängig vom Herausgeber in Auftrag zu geben; deshalb ist eine geordnete Inangriffnahme der nötigen Vorarbeiten ausgeschlossen. Zudem haben die Versuche mit einzelnen Firmen schlechte Resultate ergeben; eine Anzahl von Reproduktionen mußte mehrmals gemacht werden; besonders schwierig war die Wiedergabe des Kartons für das Wandbild des Schlosses Whitehall, das sich heute im Schlosse Chatsworth, im Besitze des Herzogs von Devonshire befindet. Unsere Arbeiten wurden durch Herrn Campbell Dodgson ausgezeichnet gefördert; ihm allein ist die eingetretene Beschleunigung zu danken; er hat auch in bereitwilligster Weise den Vergleich der Illustrationsproben mit den Originalen in London vorgenommen. Die kunstgewerblichen Entwürfe Holbeins, die sich in den Sammlungen von Basel und London befinden, wurden in verkleinertem Maßstabe photographiert. Es sind 254 größere und kleinere Zeichnungen, die nach der Art des Gegenstandes und ihrer Entstehungszeit auf Tafeln gruppiert publiziert werden sollen. 12*
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Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
Die Basler Blätter werden in Berlin, die Londoner Blätter bei Macbeth in London reproduziert. Die ganze Gruppe soll gleichzeitig in Arbeit gegeben werden. Zum Schlüsse der Mitteilungen über die technische Seite des Unternehmens möchte ich auch an dieser Stelle allen denjenigen danken, die sich um die Korrekturen der Reproduktionen bemüht haben, insbesondere den Herren Direktor Max Friedländer und Prof. Jaro Springer in Berlin und Herrn Demont in Paris. Die wissenschaftliche Bearbeitung der zur Reproduktion gelangten Zeichnungen wurde so weit als zulässig gleichmäßig vorgenommen, die Technik und das zur Verwendung gelangte Material mikroskopisch und chemisch untersucht, die Wasserzeichen des Papiers der aufgeklebten Zeichnungen mittelst Durchleuchtung bewerkstelligt. Dadurch konnten neue Feststellungen über Holbeins Technik gemacht werden; es ergaben sich ganz bestimmte Merkmale für die Zeichnungen aus den verschiedenen Perioden seines Lebens, Anhaltspunkte für die Datierung durch den Nachweis der Verwendung des gleichen Materials und desselben Papiers. Der schlechte Zustand, in dem sich die meisten Porträtzeichnungen Holbeins heute befinden, erklärt sich, weil der von ihm gebrauchte Farbstift ein weicher, leicht auf der Oberfläche des Papiers haftender Kreidestift war, der mit dem Finger verrieben wurde und scheinbar nicht fixiert werden konnte. Der größere Teil der Porträtzeichnungen ist in den wichtigen Gesichtspartien von Holbein selbst überarbeitet worden; später sind je nach dem Zustande der betreffenden Zeichnungen weitere Überarbeitungen erfolgt, denn dem Abfallen der Kreidestriche konnte nicht gesteuert werden. Die Sammlung der Bibliothek in Windsor-Castle enthält Zeichnungen in den verschiedensten Erhaltungszuständen, auch eine Gruppe von Blättern, auf denen die ursprüngliche Farbstiftzeichnung erst auf eine gewisse Entfernung hin, wie durch einen Schleier hindurch, zu erkennen ist. Da der ursprüngliche Katalog der Holbeinschen Zeichnungen alles enthielt, was dem Meister in der Literatur mit einiger Berechtigung zugewiesen wird, mußten weitgehende Untersuchungen über die Echtheit einzelner Zeichnungen gemacht werden. Von den drei Blättern des Kupferstichkabinetts in Budapest, die aus der Sammlung Esterhazy stammen, darf nur das schlecht erhaltene Bildnis eines jungen Mannes als Holbeins Arbeit gelten; die Zeichnung ist zudem stark überarbeitet. Die Sammlung der Albertina in Wien besitzt dagegen, neben einer Anzahl unechter Holbeinblätter, eine außergewöhnlich wichtige Zeichnung, ein großes Blatt mit der Darstellung einer Landsknechtschlacht, das nur die Vorlage für einen Holzschnitt sein kann. Zum Mittelstück, auf der die Hauptgruppe dargestellt ist, existiert eine mit dem Pinsel ausgeführte Vorstudie in Basel, ohne Angabe des Details. Die Ausführung der Zeichnung der Albertina ist viel sorgfältiger durchgearbeitet und die Strichführung so klar und peinlich sauber, daß sie sich durch einen Vergleich mit dem Holzschnitte »Erasmus im Gehäuse« als Vorzeichnung für den Holzschnitt in Holbeins Oeuvre einreihen läßt. An eine Kopie oder an eine Fälschung aus späterer
Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
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Zeit ist nicht zu denken; denn dafür sind die Anlage und die persönliche Strich führung zu gut. Von den als Kopien ausgeschiedenen Blättern sollen die wichtigsten als Anhang in den Rahmen der Publikation einbezogen werden; sie bilden eine stattliche Gruppe und enthalten manche Komposition, •— es sei nur auf die Entwürfe zu den Basler Rathausbildern hingewiesen, -— durch deren Veröffentlichung Holbeins schöpferische Tätigkeit umfassender belegt werden kann, als durch die erhalten gebliebenen Originale allein. Prof. P a u l
Ganz.
Im Berichtsjahre 1 9 1 3 sind acht Lieferungen des Werkes erschienen, die Nummern V I I I — X V mit zusammen 80 Tafeln. Die Vorarbeiten wurden auf breiterer Basis als früher vorgenommen und haben endlich zu dem längst erwünschten Resultate geführt, daß heute dem Verlage ein kleiner Vorrat von fertiggedruckten Tafeln zur Verfügung steht, der eine Reserve zu den programmäßig hergestellten Tafeln bildet. Daraus können entstehende Lücken ohne weiteren Zeitverlust ausgefüllt werden. Die Zahl von acht Lieferungen ließ sich trotz verschiedener unvorhergesehener Hindernisse erreichen; sie darf deshalb auch als Jahrespensum für die nächsten Jahre in Aussicht genommen werden, um so mehr, als heute der schwierigere Teil der Vorbereitungen beendigt oder doch in vollem Gange ist. Durch die Feststellung der Ausgabe von acht Lieferungen pro Jahr wird die Publikationsdauer verlängert; es ist jedoch in Betracht zu ziehen, daß das Werk ungefähr 50 Tafeln weniger enthalten wird, als vorgesehen war, wenn nicht der Anhang bedeutend erweitert wird. Über den Fortgang der Arbeiten geben die nachfolgenden Zahlen Aufschluß. Von den 474 Nummern des ersten Kataloges sind 68 als nicht von Holbeins Hand ausgeschieden worden, 208 Nummern sind erledigt und 224 unerledigt. Noch nicht in Angriff genommen wurden die Illustrationen des »Lobes der Narrheit«. Neu dazugekommen sind 26 Zeichnungen, bisher unbekannte Originalwerke und wichtige Kopien. Schon im letzten Berichte wurde von der Absicht gesprochen, die wichtigen Kopien und Zeichnungen Holbeins, in einem Anhange zusammenzufassen, wobei die Frage zu erwägen ist, ob für diese Abteilung nur einfache Lichtdruckreproduktionen und keine Faksimiledrucke zu wählen sind. Einen weiteren Zuwachs erwartet der Herausgeber aus einer Gruppe von 18 Zeichnungen, deren Existenz aus alten Ausstellungs- und Auktionskatalogen nachzuweisen ist. Diese Blätter müssen sich in englischem Privatbesitz befinden, mit Ausnahme der an der Auktion Mitchell verkauften Holbeinzeichnungen. Die Nachforschungen des Herausgebers haben diesmal weder in England noch in Paris, wohin einige Blätter der Sammlung Mitchell gelangt sind, zu einem positiven Re-
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Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
sultate geführt; wahrscheinlich können sie nur durch eine Umfrage beim alten englischen Kunstbesitz wieder entdeckt werden. Die Bearbeitung des Materials ist in den einzelnen Sammlungen sehr ungleichmäßig vorwärts geschritten. In B a s e l sind von den 154 Nummern des ersten Katalogs bereits 131 publiziert, die übrigen 22 und ein Zuwachs von 15 neuen Nummern in Arbeit gegeben, so daß die Einzelblätter des Basler Kupferstichkabinetts erledigt sind. Für das »Lob der Narrheit«, dessen Herausgabe in der Weise geplant ist, daß nicht nur die einzelnen Federzeichnungen, sondern die ganze mit Zeichnungen geschmückte Buchseite abgebildet wird, sind Verhandlungen mit der Firma Braun in Dornach zur Übernahme der Arbeit im Gange. Das wertvolle Buch darf nicht ausgeliehen werden, und Braun ist der nächste, der diese Arbeit erfolgreich durchführen könnte. Aus den Basler Zeichnungen sind nur ein paar kleine Ornamententwürfe ausgeschieden worden, die sich im sogenannten englischen Skizzenbuch Holbeins befanden; sie wurden bei genauer Untersuchung als Probedrucke von Holzschnitten erkannt. In L o n d o n sind die Arbeiten nur langsam vorgeschritten. Von den 148 Katalognummern mit 216 Zeichnungen sind heute erst 20 erschienen, obwohl die Zusammenstellung der meist kunstgewerblichen Entwürfe schon im Sommer 1 9 1 2 abgeschlossen war und die Bestellung an die englische Reproduktionsfirma schon im November 1 9 1 2 erfolgt ist. Die englischen Geschäfte sind nur auf Kleinbetrieb eingerichtet und arbeiten dementsprechend langsam; ich hatte Gelegenheit, die ganze Geschäftsführung einzusehen und mit dem Lichtdrucker zusammen eine größere Anzahl von Illustrationsproben mit den Originalen des Britischen Museums zu vergleichen. Die Arbeiten sind vorzüglich; dagegen ist keine wesentliche Beschleunigung in bezug auf die Lieferung der fertigen Tafeln zu erwarten, es sei denn, daß sich der Verleger entschließen würde, die Arbeit auf andere Firmen, über deren Leistungsfähigkeit noch keine Proben vorliegen, zu verteilen. Ähnlich gestalten sich die Verhältnisse bei den Zeichnungen der Kgl. Bibliothek in Windsor-Castle. Von den 89 Katalognummern sind 13 als Werke englischer Holbeinschüler ausgeschieden worden. Durch die Forschungen von Lionel Cust gewinnt diese Schule so sehr an Bedeutung, daß ihr ohne weiteres Kunstleistungen zugewiesen werden dürfen, die früher nur für Holbeins Können gut genug erschienen. Zu einzelnen dieser nach Holbeinschem Schema und in seiner Technik entworfenen Vorzeichnungen sind die ausgeführten Bildnisse bekannt geworden. Diese Gruppe von Zeichnungen fällt aus dem Rahmen unserer Publikation heraus und wird nicht abgebildet. Von den übrigbleibenden 76 Zeichnungen sind 28 erschienen oder fertig gedruckt, 48 noch nicht in Arbeit genommen. Emery Walker, der diese Reproduktionen macht, erklärte mir, daß er nur ein Blatt pro Monat fertigstellen könne; die Reproduktion ist aber so ausgezeichnet, daß wir auf diese Mitarbeit nicht verzichten können, sondern den Gang der Publikation danach richten müssen.
Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
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Ganz erledigt ist das Material der Sammlungen von A u g s b u r g , B e r n , Braunschweig, Erlangen, Florenz, Frankfurt, Hardwickh a l l , M a i l a n d , R e i m s , R i c h m o n d und W e i m a r , indem 1 1 Blätter bereits erschienen sind und 10 Stücke aus dem Werke Holbeins endgültig ausgeschieden wurden. In P a r i s sind die Arbeiten zur Hälfte beendigt; von den 15 Nummern des Katalogs fallen 6 als unbedeutende Kopien und Entwürfe anderer Künstler aus, 5 Blätter sind erschienen und 4 in Arbeit. Für den Anhang sollen noch 2 Zeichnungen in B e r 1 i n reproduziert werden, 6 Nummern fallen weg, und 4 sind bereits veröffentlicht worden. In S t o c k h o l m , C h a t s w o r t h und O x f o r d soll für den Anhang noch je eine Zeichnung einbezogen werden, die übrigen sind schon erschienen. Noch nicht in Angriff genommen wurden die Zeichnungen der Sammlungen von B u d a p e s t , D e s s a u , D r e s d e n , L e i p z i g , M ü n c h e n , W i e n . Ihre Bearbeitung ist aber für das Jahr 1914 vorgesehen. So ist denn die Aussicht vorhanden, daß die technischen Vorarbeiten im Verlaufe des nächsten Jahres zu Ende geführt werden können, was die wichtigste Vorbedingung für das regelmäßige Erscheinen des Werkes ist. Die wissenschaftliche Bearbeitung des Materials hat für Holbeins Arbeitsweise, für die verschiedenen Techniken, deren er sich bediente, neue Aufschlüsse und Einblicke gebracht und manche früher schon geäußerte Ansicht bestätigt. Holbeins Zeichnungen sind in zwei durch die Qualität stark voneinander verschiedene Gruppen zu scheiden, in die rein künstlerischen Entwürfe, zu denen auch die Vorzeichnungen für seine Bildnisse zählen, und in die Vorzeichnungen für Handwerker. Diese zweite Gruppe, bestehend aus Scheibenrissen und Goldschmiedentwürfen, ist oft so flüchtig und sorglos hingeworfen, so daß sehr starke Fehler mitunterliefen und manches Blatt, das ihm mit Sicherheit zugewiesen werden kann, früher als Werkstattarbeit gegolten hat. Holbein vereinfachte sich die Arbeit, so gut es ging; bei symmetrischer Anordnung architektonischer Umrahmungen, wie sie auf den Scheibenrissen häufig erscheinen, zeichnete er nur die eine Seite aus und ließ die andere leer. Mehrere Zeichnungen sind dann von Gesellenhand ergänzt worden. Bei den Goldschmiedentwürfen, besonders während des zweiten englischen Aufenthaltes, bediente er sich eines noch einfacheren Verfahrens; so zeichnete er für die mit Ornamenten verzierten Rundmedaillons, die sich in Basel und London befinden, nur ein Viertel oder die eine Hälfte, je nach der Komposition. Der Goldschmied vervielfältigte die Zeichnung durch Umdruck, bis das Kreisrund voll ausgezeichnet war und überarbeitete dann das Ganze mit seiner Hand. Die Entwicklung von Holbeins Technik läßt sich gut nachweisen und verfolgen, obwohl er immer und immer wieder auf alte Probleme und frühere Versuche zurückgriff. So hat er den Metallstift, mit dem die frühesten Zeichnungen entworfen sind,
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Die Handzeichnungen Hans Holbeins des Jüngeren.
noch im Jahre 1520, allerdings feiner und künstlerisch reifer, für die Zeichnung eines jungen Mannes mit Barett im Louvre in Paris verwendet, die unter dem Datum auch das Monogramm H. H. erkennen läßt.
Die Federzeichnung erlernte er erst in
Basel, denn die eigenartige Schärfe und Klarheit des Strichs muß das Resultat seiner Arbeiten für den
Holzschnitt
gewesen sein.
An dieser merkwürdigen Schärfe
lassen sich auch seine Zeichnungen im »Lobe der Narrheit« von den Arbeiten des Bruders und der übrigen Illustratoren ausscheiden.
Später benutzte Holbein mit
Vorliebe Pinsel und Feder durcheinander; Feder für die wichtigen Entwürfe, Pinsel und Tusche besonders für die handwerklichen Vorzeichnungen.
Auf manchen Blät-
tern ist eine leichte, flüchtige Vorzeichnung in Kohle stehen geblieben, aus der ersichtlich ist, wie rasch er die Komposition entwarf, und wie er die Durchbildung erst bei der Ausführung mit Pinsel und Tusche im Detail vorgenommen hat.
Die
Technik, mit Tusche zu lavieren und mit Deckweiß auf farbig grundiertem Papier zu arbeiten, verwendete er in gleicher Weise wie die zeitgenössischen Basler Künstler. Die Anwendung des Farbstiftes dagegen ist nicht vor dem Jahre 1523 festzustellen ; sie fällt zeitlich mit dem Nachweise einer Reise nach Frankreich zusammen und wird von da an rasch zu der Vollendung ausgebildet, welche die Vorzeichnungen für das Darmstädter Madonnenbild zeigen.
In der Praxis als Porträtmaler hat sich
Holbein ein kombiniertes Verfahren herausgebildet,
das ihm erlaubte,
möglichst
schnell nach dem Leben zu zeichnen und die farbige Wirkung mit wenigen Angaben festzuhalten.
Er arbeitete mit Kohle, mit Farbstift, Pinsel und Feder und erreichte
dabei die außerordentlich präzise Angabe für das Bildnis, die er als Unterlage nötig hatte.
Gerade im Hinblick auf Holbeins Technik gestaltet sich die Chronologie
seiner Zeichnungen besonders schwierig; sie läßt sich deshalb nur im großen Zusammenhange so überzeugend nachweisen, daß auch bei ihm eine natürliche Entwicklung zutage tritt, in der allerdings die Einflüsse von außen eine große Rolle spielen. Ich will mit diesen kurzen Angaben der endgültigen Bearbeitung des gesamten Materials nicht vorgreifen; sie soll programmgemäß erst nach Beendigung der Tafelpublikation veröffentlicht werden. Paul
Ganz.
Die Holzschnitte Hans Holbeins des Jüngeren.
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9. A B T E I L U N G :
BESCHREIBENDES VERZEICHNIS ALLER BUCH ILLUSTRATIONEN. DIE HOLZSCHNITTE HANS HOLBEINS DES JÜNGEREN. BERICHT, E R S T A T T E T VON DEM ABTEILUNGSLEITER PROFESSOR DR. RUDOLF KAUTZSCH.
err Hans Koegler in Basel hat in langjähriger Sammeltätigkeit das Gesamtwerk der Holzschnitte Hans Holbeins des Jüngeren bearbeitet und dem Verein eine im wesentlichen fertige Arbeit darbieten können.
Es handelte sich für diesen
also zunächst nur darum, den Plan der Veröffentlichung mit Herrn Koegler festzustellen und mit ihm zu erwägen, welche Reproduktionsverfahren zu wählen seien. Nach mannigfachen Versuchen erwies sich, daß einfache Strichätzungen der Firma Angerer und Göschel in Wien auch schwierigen Originalen so gut gerecht werden, daß der weitaus überwiegende Teil der Holzschnitte dadurch einwandfrei wiedergegeben werden kann.
In einigen wenigen Fällen wird man vielleicht zum Licht-
druck greifen müssen. Die Tätigkeit des Bearbeiters richtet sich nunmehr vor allem darauf, geeignete Vorlagen für die Nachbildung zu beschaffen.
Für jedes einzelne Stück einen mög-
lichst guten Druck ausfindig zu machen, ist bei der Unzahl von kleinen Schnitten (Alphabetel) und bei der Zerstreutheit der in Betracht kommenden Bücher begreiflicherweise eine ebenso umständliche wie zeitraubende Arbeit.
Trotzdem dürfte
bereits in diesem J a h r e mit dem Drucke der Tafeln begonnen und im nächsten Bericht ausführliche Mitteilung von der Anlage der Arbeit gemacht werden können. Kautzsch.
Kunstwissenschaft III.
13
IV. SEKTION.
KUNSTGEWERBE.
13*
3. UND 4. A B T E I L U N G :
KUNSTGEWERBE DES MITTELALTERS UND DER NEUEREN ZEIT. DIE DEUTSCHEN BILDWIRKEREIEN. BERICHTE, ERSTATTET VON DEN BEARBEITERN
D
KONSERVATOR DR. FRIEDRICH H. HOFMANN, DR. BETTY MUSEUMSDIREKTOR PROF. DR. ALBRECHT KURZWELLY.
as tiefere Eindringen
KURTH
UND
in den umfangreichen und schwer übersehbaren Ar-
beitsstoff, der sich in den deutschen Bildteppichen darbietet, festigte in den
bisherigen Bearbeitern in den beiden Berichtsjahren immer mehr die Uberzeugung, daß ein schnelleres Tempo in der Durchführung der übernommenen Aufgabe nur
durch die Gewinnung weiterer Mitarbeiter bzw. durch weitere Arbeitsteilung zu erzielen sein würde.
So konnte es nur willkommen sein, daß sich Frau Dr. Kurth
in Wien, eine Schülerin Professor Dvoraks, erbot, sich an der Bearbeitung der mittelalterlichen Teppiche zu beteiligen und damit einen besonders wichtigen Teil der Arbeit auf sich zu nehmen, um so mehr, als sowohl der Unterzeichnete als auch Herr Hofmann sich in letzter Zeit durch eine vielseitige amtliche und ehrenamtliche Tätigkeit verhindert sahen, ihre Kräfte so nachdrücklich in den Dienst der übernommenen Aufgabe zu stellen, wie es im Interesse der Sache lag und ihnen selbst erwünscht sein mußte.
Der Unterzeichnete konnte es auch schon deshalb
mit Dank begrüßen, sich entlastet zu sehen, weil er sich durch ein chronisches Leiden schon seit längerem genötigt sieht, den Umfang seiner wissenschaftlichen Tätigkeit einzuschränken.
Die Verhandlungen mit Frau Dr. Kurth haben dazu geführt, daß
diese die Bearbeitung des gesamten Mittelalters übernommen hat.
Damit ist ein
erheblicher Vorteil gewonnen, insofern nunmehr unser Teppichwerk von vornherein auf chronologischer Grundlage aufgebaut werden kann.
Uber den Fortschritt ihrer
Arbeit berichtet Frau Kurth im folgenden selbst. Die bisherigen Bearbeiter sehen sich nun für die Zukunft auf die Klarstellung der neueren Entwicklung der deutschen Teppichkunst seit dem Ausgang des Mittelalters beschränkt.
Eine schärfere Abgrenzung der Arbeitsteilung ist noch nicht
erfolgt, wird aber in nächster Zeit herbeigeführt werden. Das Gebiet, das den bisherigen Bearbeitern verbleibt, ist groß genug, daß auch innerhalb dieses Sondergebiets eine weitere Arbeitsteilung angestrebt werden
l02
D i e deutschen
Bildwirkereien.
muß, wenn ein gesunder Fortgang der Forschung erreicht werden soll. lungen zur Gewinnung neuer Mitarbeiter sind im Gange.
Verhand-
Die weitere Aufteilung
des Arbeitsstoffes, den die deutschen Teppiche der Renaissance und des 17. und 18. Jahrhunderts darstellen, soll nach geographischen Gesichtspunkten erfolgen.
Herr
Hofmann wird zunächst wie bisher hauptsächlich die süddeutschen, österreichischen und Schweizer Teppiche des 16. Jahrhunderts im Auge behalten. Der Unterzeichnete behält sich fürs erste nur Mitteldeutschland vor, im besonderen Sachsen und Thüringen.
Weitere sehr beachtenswerte Denkmälergruppen bieten sich in den rheini-
schen und den nord« und ostdeutschen Teppichen des 16. und 17. Jahrhunderts dar. Eine besondere
Gruppe
bilden
wieder
die
deutschen
Teppicherzeugnisse
des
18. Jahrhunderts. Der Unterzeichnete sah sich infolge andauernder Krankheit und schwer zu bewältigender amtlicher Tätigkeit zu seinem Bedauern außerstande, seine Studien über die sächsisch-thüringischen Renaissanceteppiche seit dem letzten Bericht so zu fördern, daß er für die nächste Zeit schon auf den Abschluß und die Drucklegung seiner Arbeit hoffen könnte. Ein umfassender Überblick über den Denkmälerbestand ist zwar gewonnen.
Die Bearbeitung der archivalischen und literarischen Quellen
harrt aber noch der letzten Abrundung und Vertiefung. Nach dieser Seite hin bietet die Bearbeitung der deutschen Teppiche überhaupt besondere
Schwierigkeiten.
Und doch wäre es verfehlt, hier sein Ziel nicht bis zum letzten Ende zu verfolgen und alle denkbaren Möglichkeiten auszuschöpfen.
Nur auf der Grundlage einer
intensiven Archivforschung können ja doch die schwerwiegenden Fragen nach der Herkunft, dem Wohnsitz und der Art des Betriebs der deutschen Teppichweber ihrer Abhängigkeit von der großen Kunst, von der Malerei, und nach der Lokalisierung der Denkmäler befriedigend gelöst werden.
Bei der Bearbeitung der älteren
mittelalterlichen Teppichkunst spielen diese Fragen gewiß eine weniger bedeutsame Rolle, insofern ihre Lösung hier vielfach von vornherein infolge Quellenmangels ausgeschlossen ist, eine um so größere indessen für die Erzeugnisse der deutschen Teppichweber der Renaissance und der neueren Zeit.
Die versteckten Quellen aus-
findig zu machen, macht nun aber große Mühe und führt nicht selten nur zu einem halben Erfolg.
In verschiedenen Fällen bringt die Archivforschung die Erkenntnis,
daß ihrer ganzen Formengebung nach deutsch anmutende Teppiche, für deutsche Fürsten und unter Umständen
auch auf deutschem Boden gefertigt, von einge-
wanderten flandrischen Webern oder gar in Flandern selbst ausgeführt worden sind. Der Unterzeichnete steht auf dem Standpunkt, daß solche Stücke nur dann aus dem Korpus der deutschen Bildteppiche ausgeschlossen werden dürfen, wenn sie weder ihrer technischen noch ihrer künstlerischen Art nach mit deutschem Wesen etwas zu tun haben, mit anderen Worten, daß selbst im Ausland gefertigte Teppiche als Denkmäler deutscher Kunst behandelt werden müssen, wenn ihnen nur nachweislich Kartons deutscher Künstler zugrunde liegen.
Die deutschen Bildwirkereien.
103
Nach wie vor hat sich der Unterzeichnete in seiner Arbeit von der Erkenntnis leiten lassen, daß über der Beschränkung auf eine engbegrenzte lokale Denkmälergruppe der Uberblick über die gesamten zeitgenössischen deutschen Erzeugnisse nicht verloren werden darf, wenn man einseitiger Auffassung vorbeugen will. Demzufolge suchte er wie bisher (s. den zweiten Bericht S. 108) auf Reisen seinen Uberblick über die Denkmäler der deutschen Teppichkunst nach Möglichkeit zu erweitern und zu vertiefen. Dabei ging er auch an mittelalterlichen Erzeugnissen nicht achtlos vorüber und faßte namentlich die großfigurigen spätgotischen Teppiche schärfer ins Auge, weil sie die stilistische Basis für die monumentalen historischen Teppiche der Renaissance bilden. Eingehendere Studien wurden in den Berichtsjahren in Dresden, Regensburg, München, Innsbruck und Berlin gemacht, nicht ohne daß, wo sich Gelegenheit bot, der Photographienapparat ergänzt wurde. Der Bearbeiter Süddeutschlands, Herr Hof mann-München, sah sich im letztverflossenen Jahr ähnlichen Hemmungen gegenübergestellt, wie der Unterzeichnete. Zu einer starken Überbürdung mit amtlichen Geschäften kam bei ihm noch eine dringliche ältere literarische Verpflichtung hinzu, um ihn am Ausbau seiner Teppichforschung zu hindern. Immerhin konnte er auf größeren und kleineren Studienreisen nach Mainz, Sigmaringen, Wien und Schwerin seine Denkmälerkenntnis wesentlich erweitern und für die Vermehrung seines Photographienapparates Sorge tragen. Den wichtigsten Zuwachs erhielt dieser in einer Reihe ausgezeichneter Aufnahmen der sämtlichen deutschen Teppiche in Maihingen und Wallerstein und in der Domschatzkammer zu Mainz. Auch für die Anfertigung von Neuaufnahmen bereits veröffentlichter Stücke und von Photographien nach Abbildungen in Auktionskatalogen wurde von ihm gesorgt. A. K u r z w e l l y.
Die erste und wichtigste Aufgabe bei der Bearbeitung der deutschen Bildwirkereien des Mittelalters war der Versuch, eine umfassende und sorgfältige MaterialSammlung anzulegen, die der künftigen Publikation als unentbehrliche Grundlage zu dienen bestimmt ist. Zu diesem Behufe wurden zunächst die Kataloge und Führer der deutschen, sowie zahlreicher ausländischer Kunstgewerbesammlungen, soweit sie mir erreichbar waren, einer gründlichen Durchsicht unterzogen. Wo Kataloge nicht vorhanden waren, wurde mit Hilfe brieflicher Anfragen das Nötige zu eruieren versucht. Es wurden ebenso die in den Wiener Bibliotheken erhältlichen Kataloge der retrospektiven Kunstgewerbe- und Gobelin-Ausstellungen der letzten 50 Jahre geprüft und exzerpiert sowie eine Reihe zum Teil mit Abbildungen versehener deutscher, französischer, englischer, niederländischer und italienischer Versteigerungskataloge, von denen mir durch das liebenswürdige Entgegenkommen des Herrn Dr. Albert Figdor, der mir seine reichhaltige Bibliothek zur Verfügung stellte, eine große Zahl zur Einsicht vorlag. Gleichzeitig wurde eine systematische Durcharbeitung
104
Die deutschen Bildwirkereien.
der deutschen, österreichischen und ausländischen Denkmälerinventare in Angriff genommen. An der Hand der hierbei vorgefundenen, zumeist auf einzelne dürftige und unverläßliche Notizen beschränkten Angaben wurde ein Zettelkatalog angelegt, der sämtliche erhaltenen romanischen und gothischen Bildwirkereien deutscher Herkunft umfassen soll. Den angedeuteten Informationsquellen entspricht nun auch die Verteilung des vorhandenen Materials. Es setzt sich zusammen erstens aus Arbeiten, die in Museen und öffentlichen Sammlungen sich befinden, zweitens aus Werken in Kirchenschätzen und Privatbesitz und drittens aus Stücken unbekannten Aufenthalts, die im Antiquitätenhandel auftauchten und verschwanden. Die Schwierigkeit, allen in Provinzmuseen, in Privatbesitz und bei Kunsthändlern befindlichen Stücken unmittelbar auf die Spur zu kommen sowie die nicht auszuschaltende Zufälligkeit derartiger Entdeckungen bringt es mit sich, daß mein Zettelkatalog noch nicht abgeschlossen- ist, sondern auf Grund neuer Funde konstant vergrößert wird. Immerhin ist schon heute ein Fundament für die monographische Bearbeitung gewonnen. Gleichzeitig mit der Anlage des Zettelkataloges setzte die nicht minder wichtige Sammlung des photographischen Materials ein. Hier scheint mir die möglichst schnelle Herbeischaffung von brauchbaren Reproduktionen sämtlicher erhaltener Bildwirkereien in eventuell nur provisorischen Aufnahmen von nicht zu unterschätzender Bedeutung. Denn einerseits bietet der sichere Uberblick über die Art und Gruppierung des Materials den Untersuchungen an den Originalen eine wichtige Unterstützung, andererseits ist es unerläßlich, daß zerstreute Fragmente zerschnittener Teppiche oder unmittelbar zusammengehörige Exemplare bei den endgültigen Publikationsaufnahmen in genau dem gleichen Maßstab reproduziert werden, eine Forderung, die, da j a Teppiche nicht in Originalgröße photographiert werden können, erst nach Abschluß der entsprechenden Vorstudien erfüllbar ist. Ich habe mich bemüht, Abzüge der meisten bereits vorhandenen Aufnahmen zu beschaffen. Doch wurden auch einzelne Neuaufnahmen für mich angefertigt, teils durch das freundliche Entgegenkommen von Kunsthändlern und Sammlern, teils ließ ich mir Stücke provisorisch aufnehmen, die für den Fortgang meiner Arbeit von unmittelbarer Bedeutung waren. Schließlich habe ich selbst nach Reproduktionen in Ausstellungs- und Auktionskatalogen sowie in einschlägigen Werken eine ganze Reihe von Aufnahmen hergestellt, so daß bereits ein Material von beiläufig 300 Abbildungen romanischer und gothischer Teppiche meinen stilistischen Untersuchungen und Gruppierungsversuchen zur Verfügung steht. Während der Zettelkatalog in alphabetisch-topographischer Reihenfolge angeordnet ist, was seine praktische Benutzbarkeit wesentlich erhöht, wurde der Versuch gemacht, die Photographien auf Grund stilistischer Zusammenhänge in einzelne kleine Gruppen zu ordnen, und diese wiederum mit Hilfe von historischen Indizien
Die deutschen Bildwirkereien.
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und Herkunftsangaben nach Entstehungszentren zu sondern. Es wäre verfrüht, über die Resultate dieser Gruppierungsversuche heute schon ausführlich zu berichten. Der mit Sicherheit zu erwartende bedeutende Materialzuwachs, die aus Quellen nachrichten geschöpften Argumente und die unentbehrliche Heranziehung der allgemeinen Entwicklungsgeschichte der deutschen Kunst des Mittelalters werden noch viel Dunkles hier zu klären haben und manche der noch lockeren Hypothesen im Verlaufe der Arbeit stützen oder stürzen. Vorläufig läßt sich unter den auf Grund von Quellennachrichten, Wappen Studien und stilistischen Kriterien mit Sicherheit lokalisierbaren Gruppen eine der wichtigsten für N ü r n b e r g in Anspruch nehmen, wo im späten Mittelalter ein reger Betrieb der Bildwirkerei bestanden hat. Vom Ende des X I V . bis zum Anfang des X V I . Jahrhunderts läßt sich hier eine kontinuierliche und konsequente Entwicklung nachweisen, deren Verfolgung und Klarlegung für die Entwicklungsgeschichte der Malerei jener Epoche eine wichtige Ergänzung bedeutet. Vereinzelt ist es gelungen, das Material hier in kleine stilverwandte Gruppen zu gliedern. So konnte einem der frühesten mit Bestimmtheit der Nürnberger Schule zuzuweisendem Werke, dem Teppich im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien mit den Wappen der Nürnberger Familien Geuder, Pfinzig und Ortlieb, der sich überdies auf Grund genealogischer Notizen ziemlich genau datieren läßt, ein anderer völlig stilähnlicher und ohne Zweifel derselben Werkstatt entstammender Teppich in Maihingen an die Seite gestellt werden, der ebenfalls Nürnberger Stifterwappen trägt. Die Wappen dieses letzteren Teppichs sind die nämlichen wie die auf den dem Meister Berthold zugeschriebenen Nürnberger Altartafeln im Kaiser-FriedrichMuseum zu Berlin *). Da Teppich und Altar beiläufig aus derselben Zeit stammen, dürften auch die Stifter der beiden Werke identisch sein. Eine zweite wichtige Gruppe innerhalb der Nürnberger Wirkkunst entstammt den ersten Dezennien des X V . Jahrhunderts. Dazu gehört der Teppich mit der Legende des heiligen Sebald in der Sebalduskirche zu Nürnberg, dessen Bestimmung und Provenienz uns gleichfalls auf eine Entstehung in Nürnberg zu schließen berechtigt. Diesem unmittelbar nahe steht ein Teppich mit einer noch unerklärten Darstellung, von welchem Herr Julius Böhler in München, der gegenwärtige Besitzer, mir freundlichst eine Photographie zur Verfügung stellte. Der letztere Teppich trägt zwei Wappen, die ich als die Wappen der Nürnberger Familien Stark und Tracht identifizieren konnte. Mit Hilfe genealogischer Daten läßt sich auch der Entstehungstermin dieses Werkes ziemlich genau umgrenzen. Aus rein stilistischen Ubereinstimmungen konnte ich schließlich diesen Arbeiten unter anderem den eigenartigen Streifen mit Gesellschaftsspielen im Kunstgewerbemuseum zu Berlin sowie die interessanten Bildwirkereien im Rathaus zu Regensburg, den Teppich mit der ') V g l . Hans Posse: Die Gemäldegalerie des Kaiser-Friedrich-Museums. manischen Länder.'
Berlin 1 9 1 1 , p. i o , N.
Kunstwissenschaft IIL
2. Abteilung.
1207—1210. 14,
Die Ger-
io6
Die deutschen Bildwirkereien.
»Thronenden Minne«, wie ihn Friedrich von der Leyen nennt 1 ), und den Teppich mit dem Kampf der Tugenden und Laster unmittelbar angliedern. Noch mehrere andere Nürnberger Stilgruppen haben sich aussondern und teilweise mit der Tafelmalerei in Beziehung setzen lassen, doch empfiehlt es sich nicht, an dieser Stelle auf eine weder endgültige noch vollständige Zusammenstellung der zahlreichen Nürnberger Teppiche näher einzugehen.
Vereinzelte Beispiele mögen
genügen, um einen Einblick in den Gang und die Methode der begonnenen stilistischen Untersuchungen zu gewähren. Eine zweite nicht minder umfangreiche Gruppe läßt sich — ebenfalls mit Heranziehung von Provenienznachrichten, Wappen und quellengeschichtlichen Notizen — auf die S c h w e i z
lokalisieren.
So dürfen wir wohl annehmen, daß eine Reihe von
zusammengehörigen Teppichfragmenten aus dem Anfang des X V .
Jahrhunderts
mit Jünglingen, Jungfrauen und Fabeltieren — auch ein Streifen mit einem Liebespaar befindet sich darunter — aus dem Kloster Gries bei Muri stammend, von denen sich weitere Bruchstücke, die ebenfalls in Schweizer Sammlungen auftauchten, im Museum in Basel befinden, auch tatsächlich in der Schweiz entstanden sind.
Doch
kann erst eine Erweiterung des Materials und ein stilistischer Vergleich mit der zeitgenössischen Schweizer Malerei (hier sind insbesondere Miniatur- und Glasmalerei heranzuziehen) dieser Hypothese die nötige Unterstützung verleihen.
Ein anderes
Beispiel bietet der Teppich im Museum zu Sigmaringen mit wilden Leuten und Spruchbändern, von dem sich das Fragment einer Replik im Kunstgewerbemuseum zu Frankfurt a. M. befindet und dem noch weitere Werke stilistisch nahe stehen. Es ist mir gelungen, einen mit diesen zwei Teppichen i m einstimmenden
Stil
völlig
über-
und in der Literatur noch ganz unbekannten Wandbehang
in Württembergischen Privatbesitz zu entdecken, der als wertvolles Indizium zwei Stifterallianzwappen trägt, die ich als die Wappen der Schweizer Familien von BreidenLandenberg und von Flachsland identifiziert zu haben glaube. Ein Umstand, durch den zwar die Datierungs-, wenn auch nicht die Lokalisierungsfrage endgültig gelöst erscheint, der aber den weiteren Nachforschungen immerhin eine wichtige Stütze bietet 2 ).
Dies um so mehr, als auch mehrfach andere Teppiche Schweizer Stifter-
wappen aufweisen. Ich erwähne hier nur als Beispiel fünf Teppiche im Museum zu Basel, die auf Grund der Wappen schon lange als Schweizer Arbeiten gelten, sowie ein Antependium im Schweizerischen Landesmuseum zu Zürich.
Schließlich glaube
ich unter anderem auch auf einem Teppich im Besitz des Herrn Professor Pringsheim in München sowie auf einem Teppich in Besançon Schweizer Stifterwappen nachweisen zu können. ') Friedrich von der L e y e n und Dr. Adolf Spamer: Die altdeutschen Wandteppiche im Regensburger Rathaus. 2)
Sonderdruck aus dem Werke „Das Rathaus zu Regensburg 1910".
Es muß hier betont werden, daß auch die Inschriften charakteristische Eigentümlichkeiten der
Schweizer Mundart zeigen.
Die deutschen Bildwirkereien.
107
Drittens endlich möchte ich noch eine Gruppe von Wirkereien erwähnen, für deren Entstehung im E l s a ß
eine ganze Reihe historischer und stilkritischer In-
dizien sprechen und von denen einige Spezimina mit den Legenden von Lokalheiligen und mit elsässer Stifterwappen im Lande selbst, in Straßburg und Neuweiler erhalten sind. Leider ist das untersuchte Material, in dem sich noch vielfach Stilverwandtes zusammenstellen ließ, noch zu unvollständig, um für die übrigen Entstehungszentren und Stilgruppen heute schon spruchreife Resultate zu liefern. Dagegen bot die bereits umfangreiche Abbildungssammlung schon jetzt die Möglichkeit, mehrere in verschiedenem Besitz zerstreute Fragmente zusammen zu finden.
zerschnittener
Teppiche wieder
So entdeckte ich das Bruchstück eines im Museum zu Frei-
burg i. Br. befindlichen Teppichs mit Vogelpaaren und Fabeltieren im Besitze des Herrn Dr. Albert Figdor in Wien, ein Bruchstück des Teppichs im Schloß zu Donaueschingen im Besitz des Herrn Wilhelm Clemens in München usw.
Auch fand sich
die Hälfte eines Teppichs des Kölner Kunstgewerbemuseums mit einer noch unerklärten Legende im South-Kensington-Museum zu London *).
Auf die Fragmente
in Gries und Basel habe ich bereits verwiesen. Am interessantesten jedoch erscheint mir die gelungene
Zusammensetzung
eines aus der zweiten Hälfte des X V . Jahrhunderts stammenden mehrfach zerschnittenen Teppichs mit der bisher unrichtig gedeuteten Darstellung eines Ritterromans. Hier gelang es mir nicht nur den Teppich durch Auffindung von vier Fragmenten beinahe vollständig zu rekonstruieren, sondern es war auch möglich, diejenige deutsche Dichtung festzustellen, die er zu illustrieren bestimmt ist.
Der
Beginn der Erzählung (sechs Szenen) befindet sich im South-Kensington-Museum zu London, ein unmittelbar anschließendes Fragment, das zwei Szenen wiedergibt, bei Herrn Wilhelm Clemens in München, zwei weitere Darstellungen sind im Besitze des Herrn Dr. Albert Figdor in Wien und der Schluß der Dichtung in fünf Szenen ist in den Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums zu Nürnberg.
Zwischen
dem Fragment der Sammlung Figdor und dem Bruchstück in Nürnberg fehlt ein längerer Streifen, den ich noch aufzuspüren hoffe. Die von Spruchbändern begleiteten stilistisch wie ikonographisch höchst interessanten Darstellungen decken sich vollständig mit dem Inhalt des deutschen Gedichts »Der Busant«, das eine freie Bearbeitung
der
französischen,
»L'escoufle«, darstellt.
im
XIII.
Jahrhundert
entstandenen
Dichtung
Der auch künstlerisch interessante und wertvolle Teppich
stimmt im Stil mit einer ganzen Reihe anderer Stücke überein, die ich aus historischen und stilistischen Gründen der oben erwähnten e l s ä s s i s c h e n Gruppe zuschreiben möchte.
Ich gedenke die vier Fragmente mit ausführlichen auch literarhistorischen
Belegen demnächst an anderer Stelle zu publizieren.
') V g l . Max Creutz im X I X . Jahres-Bericht des Kunstgewerbemuseums der Stadt Cöln 1909. p. 13.
14*
io8
D i e deutschen Bildwirkereien.
Im Anschluß an diese Rekonstruktionen wären nun noch jene Teppiche anzuführen, die — gewöhnlich mit Veränderung der Farben — nach denselben Kartons gearbeitet wurden.
Nebst den bereits angeführten Teppichen in Sigmaringen und
Frankfurt ist hier ein Teppich im Österreichischen Museum für Kunst und Industrie in Wien zu nennen, der darstellt, wie eine Burg von wilden Leuten belagert und verteidigt wird. Von diesem Werk gibt es drei Repliken, zwei in der Wartburg, eine im Germanischen Museum zu Nürnberg.
Die Replik eines Teppichs im Historischen Mu-
seum zu Basel mit vier Fabeltieren und Spruchbändern fand ich in Elsässischem Privatbesitz, die Kopie einer Wirkerei in Paris in Dr. Forrers Museum elsässischer Altertümer in Straßburg; mehrere gleiche Stücke, einige mit fortlaufender Wiederholung der nämlichen Szene besitzt der Dom zu Mainz.
Die Wiederholung einer Madonna
mit Kind in der Sammlung Figdor findet sich auf einem anderen größeren Teppich, wo sie von Heiligen umgeben ist. Schließlich ist auch der Teppich mit wilden Leuten und Fabeltieren bei Dr. Figdor nach derselben Vorzeichnung kopiert, wie der analoge Teppich im Schweizerischen Landesmuseum zu Zürich, nur daß hier nebst den Farben auch die landschaftliche Szenerie und der Hintergrund völlig verändert wurde I ). Während die Wahrscheinlichkeit, daß die vier Teppiche mit der Erstürmung der Burg früher ein Ganzes gebildet haben und später zerschnitten wurden, durch den Befund der Originale wächst, erscheint eine solche Annahme bei den letztgenannten Repliken nicht gerechtfertigt.
Im übrigen ist diese Frage auch von sekundärer Bedeutung
gegenüber der Wichtigkeit, den der Nachweis derartiger Kopien für die Beurteilung der Art
des technischen
Betriebes, der
mittelalterlichen
Bildwirkerei
bedeutet.
Denn dieses wiederholte Kopieren derselben Vorlagen deutet wohl eher auf einen größeren fabriksmäßigen Betrieb, denn auf Privatfleiß und häusliche Arbeit. Um dieser Frage sowie den zahlreichen ähnlichen Problemen, die sich im Verlaufe der Arbeit aufdrängen, näher zu kommen, erwies es sich als notwendig, neben den Arbeiten am Zettelkatalog und der Zusammenstellung des photographischen Materials, auch eine gründliche Sammlung sämtlicher Quellen über mittelalterliche Bildwirkerei anzulegen.
Diese Sammlung soll nicht allein Exzerpte aus Kirchen-
büchern, Urkunden, Rechnungen, Kirchen- und Nachlaßinventaren, alten historischen Quellenwerken und Reiseführern umfassen, sondern sie soll auch alle Stellen aus mittelalterlichen Dichtungen und literarischen Werken heranziehen, die über die Übung der Bildwirkerei und über die praktische Verwendung der textilen Erzeugnisse Aufschluß zu geben vermögen. Gleichzeitig sind auch die auf den mittelalterlichen Teppichen vorkommenden ') In
diesem
Germeau abgebildeter
Zusammenhang
dem mit g e r i n g e n Veränderungen 1480 datierten
sei hier
noch
ein im Versteigerungskatalog
ins Jahr 1 5 6 3 datierter T e p p i c h mit der D a r s t e l l u n g im Renaissancegeschmack
T e p p i c h mit der nämlichen
Darstellung
im
der
Sammlung Louis
des hortus clusus angefahrt,
dasselbe V o r b i l d
zugrunde
liegt w i e
Schweizerischen Landesmuseum
Ein verwandtes W e r k von 1 5 5 4 befindet sich im K l o s t e r zu Sarnen b e i Luzern.
dem
zu Zürich.
Die deutschen Bildwirkereien.
ikonographischen und typologischen Motive zu registrieren und literarisch zu belegen sowie mit Hilfe philologischer Untersuchungen die Mundarten der Inschriften festzustellen.
Alle diese Arbeiten wurden bereits in Angriff genommen.
Was das Studium der Originale anbelangt, so habe ich im verflossenen Jahre die Teppiche nachfolgender Sammlungen eingehend besichtigt : S a l z b u r g
Dom-
schatz, Kloster Nonnberg, M ü n c h e n Bayerisches Nationalmuseum, Sammlungen der Herren Wilhelm Clemens, Julius Böhler, A. S. Drey, Julius Drey. S i g m a r i n g e n Fürstl. Hohenzollernsches Museum, V i 11 i n g e n Städtische Altertümersammlung, b ü r g i. Br. Münster,
Münsterschatz, Städtische Altertümersammlung,
Schongauer Museum, B e s a n ç o n Museum, B a s e l Historisches Museum, Historisches Museum, L u z e r n Museum, Z ü r i c h
Frei-
Colmar Bern
Schweizerisches Landesmuse-
um, S t . G a l l e n und R o r s c h a c h Sammlung des Herrn Leopold Iklé, W i e n Österreichisches Museum für Kunst und Industrie, Kunsthistorisches Hofmuseum, Sammlungen der Herren Gustav von Benda, Dr. Albert Figdor, Exzellenz Baron von Tucher.
Es ist mir ein Bedürfnis, an dieser Stelle den Herren, die mir die Be-
sichtigung ihrer Sammlungen gestatteten, sowie den Direktoren und Kustoden in den Museen für ihr freundliches Entgegenkommen meinen besonderen Dank auszusprechen.
Insbesondere muß ich der Liebenswürdigkeit des Herrn Dr. Figdor
gedenken, der meine Arbeit vielfach mit R a t und Tat förderte. Auf Grund der durch Autopsie gewonnenen Erfahrungen wurde der Zettelkatalog durch eine Reihe von Notizen ergänzt.
Und zwar waren nachfolgende von
mir aufgestellte Rubriken bei der von den allgemeinen Forschungsresultaten unabhängigen Einzelbearbeitung der Teppiche auszufüllen.
I. Maße.
2. Erhaltungs-
zustand. 3. Technik. Hier schien mir unter anderem eine Angabe der Kettfadenzahl mit Hilfe eines entsprechend gewählten Fadenzählers (1 qcm) eine ganz verläßliche Vorstellung von der jeweiligen größeren oder geringeren Feinheit der Wirkerei zu bieten. Überdies ist durch diese Fadenzählung auch ein Kriterium für die Zusammengehörigkeit einzelner Fragmente desselben Teppichs gewonnen. 4. Farbenbeschreibung. Der Farbenbeschreibung wurde der »Code des Couleurs « von Klincksieck und Valette zugrunde gelegt, ein Werk, das einen kurzen Auszug aus den Farbenskalen der Manufacture des Gobelins zu Paris darstellt. waren.
5. Provenienznotizen, soweit sie zu erlangen
6. Genaue Lesung und Abschrift der Inschriften.
Nach den hier dargelegten Gesichtspunkten wurden die bisher besichtigten Teppiche untersucht und beschrieben. Je mehr das Material wächst, je zahlreicher die Fragen und Probleme werden, die sich dem Bearbeiter aufdrängen, desto deutlicher erkennt man trotz aller noch zu überwindender Schwierigkeiten die eminente Bedeutung, die die systematische Publikation der deutschen Bildwirkereien für die Entwicklungsgeschichte der deutschen Kunst, für die Kenntnis der deutschen Kultur des Mittelalters zu gewinnen verspricht.
lio
Die deutschen Bildwirkereien.
Die Vorarbeiten für die Publikation der deutschen Bildwirkereien des Mittelalters sind im Jahre 1 9 1 3 sowohl in bezug auf den Umfang des Materials, als auch in bezug auf dessen lokale und chronologische Gruppierung wesentlich gefördert worden. Mein Zettelkatalog umfaßt gegenwärtig ca. 320 Stücke ausschließlich deutscher Herkunft, die ihrer Aufbewahrung nach fast auf sämtliche Länder Europas verteilt sind, und von denen mehr als zwei Drittel bereits im Original untersucht werden konnten. Unter den in diesem Jahre neu aufgenommenen Arbeiten befindet sich eine größere Anzahl gänzlich unbekannter und noch nie publizierter Werke, die teils im Antiquitätenhandel auftauchten, teils mit Hilfe brieflicher Umfragen in Provinzmuseen und Privatsammlungen aufgespürt wurden. Es sind darunter wichtige und interessante Stücke. Nichtsdestoweniger ist deutlich zu beobachten, wie trotz kontinuierlicher auf die Vermehrung des Arbeitsstoffes gerichteter Bestrebungen im Tempo des Materialzuwachses eine von Monat zu Monat fortschreitende Verlangsamung eingetreten ist, ein Umstand, der beweist, daß der größte Teil der vorhandenen Werke bereits registriert wurde. Diese Erkenntnis sowie das Bewußtsein, daß die Erreichung einer absoluten Vollständigkeit des erhaltenen Materials, wenn sie auch als »ideale Forderung« anzustreben ist, doch ein unerfüllbares Desiderátum bleiben muß, veranlaßten mich, mit der literarischen und stilkritischen Einzelbearbeitung zu beginnen. Die Chronologie der spärlich erhaltenen Werke aus dem frühen Mittelalter ergibt sich ohne Schwierigkeiten. Als ältestes im Abendlande entstandenes Stück ist ein aus S t . G e r e o n in Köln stammender Wirkteppich zu betrachten, dessen Fragmente gegenwärtig in den Museen von Berlin, Nürnberg, London und Lyon verstreut sind, und der als einziges erhaltenes Werk seiner Art eine eingehende monographische Bearbeitung beansprucht. An ihn schließt sich die Gruppe der bedeutsamen spätromanischen Teppiche in H a l b e r s t a d t und Q u e d l i n b u r g , für deren Untersuchung durch eine Reihe von Vorarbeiten, insbesondere durch die sorgfältige Publikation von MaxCreutz (in Julius Lessings »Wandteppiche und Decken des Mittelalters in Deutschland«) die Wege geebnet erscheinen. Obzwar aus Gründen der Arbeitsökonomie grundsätzlich nur in Wirktechnik ausgeführte Stücke in unser Korpus aufgenommen werden sollen, empfiehlt es sich doch in betreff des Quedlinburger Teppichs, der in Knüpfarbeit hergestellt ist, von diesem Prinzip Abstand zu nehmen. Einerseits weil die Seltenheit der Wirkereien aus so früher Zeit eine derartige Ergänzung durch ein Werk der in Deutschland singulären Knüpftechnik willkommen erscheinen läßt, andererseits weil dessen stilistische Beziehungen zu den Halberstädter Teppichen die Einordnung in eine gemeinsame Entwicklungsreihe möglich macht. Zwischen den Werken der romanischen und gotischen Zeit, zwischen dem Anfang des 13. und dem Ende des 14. Jahrhunderts klafft eine breite Lücke in der
Die deutschen Bildwirkereien.
verfolgbaren Entwicklung der deutschen Bildwirkerei.
III
Sind uns Werke aus diesem
Zeitraum nicht erhalten, oder ist die Technik der Bildwirkerei damals in Vergessenheit geraten?
Literarische und historische Quellen helfen uns diesen Zweifel in
ersterem Sinne zu lösen.
Überdies ist es mir gelungen, ein Fragment aus früh-
gotischer Zeit zu finden, das den schwebenden Hypothesen als Stützpfeiler zu dienen bestimmt ist.
Leider ist das in einer Privatsammlung befindliche reizvolle Stück
in sehr schlechtem Erhaltungszustand und zudem als einzige frühgotische Wirkarbeit nur schwer auf einen bestimmten Herstellungsort zu lokalisieren.
Schließlich
wurde als letzter Versuch, über den Zeitraum eine entwicklungsgeschichtliche Brücke zu schlagen, im verflossenen Jahre die Untersuchung der gestickten Wandteppiche und Antependien, insbesondere der zahlreich erhaltenen frühen niedersächsischen Klosterarbeiten in den Arbeitsplan aufgenommen.
Vielleicht können wir von ihnen
Aufschlüsse über den Ausfall an frühgotischen Wirkarbeiten erwarten. Was die Werke der gotischen Zeit betrifft, die vom Ende des 14. Jahrhunderts bis zum Ausklingen der Gotik eine kontinuierliche Entwicklung erkennen lassen, so scheiden sich die bereits im vorigen Bericht angedeuteten Gruppen, die wesentlich vermehrt wurden, immer deutlicher voneinander. wichtigsten
Ich nenne hier nur als eine der
neu hinzugefügten die Gruppe der r h e i n l ä n d i s c h - h e s s i s c h e n
Teppiche, die einen wertvollen Beitrag zur Geschichte der mittelrheinischen Kunst im ausgehenden Mittelalter zu bieten versprechen. Innerhalb der Gruppen treten immer klarer die Entwicklungslinien hervor, und vielfach
ergibt sich die stilistische
Kongruenz mit den parallel laufenden
Entwicklungsreihen der anderen Bildkünste. dabei
der Buchmalerei
Für die wichtige Funktion, welche
als Vermittlerin von Kompositionen zufiel,
wurde
ein
interessanter Nachweis erbracht, indem die völlige Abhängigkeit eines in Regensburg aufbewahrten Teppichs vom Anfang des 15. Jahrhunderts mit einer um wenig älteren Miniatur festgestellt werden konnte. Auch die chronologischen Grenzen des Stoffes werden durch die fortschreitende Bearbeitung immer deutlicher umschrieben.
Danach erhellt mit Notwendigkeit,
daß ein fixer Zeitpunkt als Endziel unserer Untersuchung nicht anzunehmen ist, sondern daß das frühere oder spätere Eindringen der Renaissanceformen in die gotische Kunst der einzelnen deutschen Kulturzentren als elastische Grenzlinie zu gelten hat. Eine bedeutende Schwierigkeit erwächst der Bearbeitung durch die große Unsicherheit bei Lokalisierung singulärer Stücke, die von allen bisher statuierten Gruppen im Stile abweichen und historische oder technische Bestimmungskriterien vermissen lassen.
Auch Provenienzangaben erscheinen vielfach unzuverlässig, da
viele Werke von ihrem Entstehungszentrum weit verschleppt wurden.
Es handelt
sich hier oft um Stücke minderer Qualität, Produkte des Privatfleißes oder vereinzelte Klosterarbeiten.
Aber häufig sind auch künstlerisch hervorragende Werke
lediglich mit Hilfe von Stilmerkmalen nur schwer einem bestimmten Entstehungsort
112
Die deutschen Bildwirkereien.
zuzuweisen. Einerseits ist unsere Kenntnis der deutschen Lokalschulen des 14. und 15. Jahrhunderts noch eine lückenhafte, andererseits scheitert der Versuch, Wand-, Miniatur- und Glasmalerei, die bestimmtere Lokalisierungsmöglichkeiten bieten, zu Vergleichszwecken heranzuziehen, vielfach an der Zufälligkeit und Zusammenhanglosigkeit einschlägiger Publikationen. Schließlich wird die Stilbeurteilung durch den Umstand getrübt und verwirrt, daß seit der Mitte des 15. Jahrhunderts durch die Verbreitung von Kupferstichen und Holzschnitten Kompositionen und Stileigentümlichkeiten von einem Kunstzentrum in das andere übertragen werden, so daß wir in vielen Bestimmungsfragen auf Kombinationen und hypothetische Vorschläge angewiesen sind. Ein einzelnes Beispiel mag dies illustrieren: Im Domschatz zu Bamberg befindet sich ein höchst interessanter und künstlerisch wertvoller Wirkteppich, der neun Szenen aus der Passion des Herrn darstellt. Von diesen Darstellungen sind sechs nach Stichen Israhels van Meckenem mit kleinen Veränderungen, insbesondere des Hintergrundes, kopiert, und zwar: I. Fußwaschung, Abendmahl und Gebet am Ölberg im Gegensinne nach B. 10. G. 55 1 ). 2. Gefangennahme Christi im gleichen Sinne nach B. I I . G. 62. 3. Christus vor Hannas im Gegensinne nach B. 12. G. 64. 4. Die Geißelung im Gegensinn nach B. 13. G. 73. 5. Die Dornenkrönung im Gegensinn nach B. 14. G. 76. 6. Ecce Homo im Gegensinn nach B. 16. G. 78. Die Darstellung der »Grablegung« erweist sich als eine ziemlich getreue Kopie nach dem schönen, mehrfach als Vorlage benützten Stich Martin Schongauers B. 18 (auch hier ist der Hintergrund verändert), während in dem Bild der »Kreuztragung« nur einzelne Figuren von einem Stich desselben Künstlers (B. 21) beeinflußt erscheinen. In Anbetracht dieser Ubereinstimmungen wäre man leicht versucht, den Bamberger Teppich in ein westliches Kunstzentrum zu lokalisieren. Demgegenüber sprechen eine Reihe von Indizien, vor allem Zusammenhänge mit anderen Wirkereien, für eine Entstehung in Nürnberg oder doch jedenfalls im östlichen Süddeutschland. Das angeführte Beispiel bietet einen neuen Beweis für die wichtige Funktion, die den graphischen Künsten bei der Stilbildung der deutschen Lokalschulen in der Spätgotik zugefallen ist. Neben den geschilderten Schwierigkeiten in betreff der Lokalisierungsfragen erfordert die notwendige Durchsicht der wichtigsten deutschen Lokalzeitschriften, mit der nach der Durcharbeitung der Denkmälerinventare in diesem Jahre begonnen wurde, und die die Zusammenstellung einer möglichst vollständigen Bibliographie der Vorarbeiten zum Zwecke hat, einen großen Aufwand an Zeit und Mühe. Ebenso die Exzerpierung der wichtigsten publizierten historischen und literarischen Quellenwerke. Durch die Lektüre der letzteren konnten auch die ikonographischen Studien gefördert werden. So gelang es z. B. der Deutung des Teppichs mit Illustrationen zum »Busant« die literarische Vorlage eines anderen Teppichs im ') Max Geisberg, Verzeichnis der Kupferstiche Israhels van Meckenem.
Straßburg 1905.
Die deutschen Bildwirkereien.
"3
Germanischen Museum zu Nürnberg an die Seite zu stellen, der die mehrfach überlieferte Geschichte von der »Königin von Frankreich und dem ungetreuen Marschall« zum Gegenstande hat.
Ich habe die beiden Deutungen, begleitet von dem
Versuch, die besprochenen Bildwirkereien mit Hilfe historischer Kriterien zu lokalisieren, in einer eben erschienenen Arbeit: »Mittelhochdeutsche Dichtungen auf Wirkteppichen
des
15. Jahrhunderts« im
Jahrbuch der
Kunstsammlungen
des
Allerhöchsten Kaiserhauses, Bd. 32, publiziert. Ganz besonderes Gewicht wurde schließlich auf die mundartlichen und heraldischen Untersuchungen gelegt, da es immer klarer wird, daß sie wichtige Hilfsmittel bei der Zusammensetzung der lokalen Gruppen bedeuten.
Mit ihrer Unterstützung
gelang es auch in diesem Jahre, eine Reihe von Teppichen, deren Lokalisierung bisher schwankend war oder nie versucht wurde, auf bestimmte Entstehungsorte zu gruppieren. Was endlich das Studium der Objekte selbst betrifft, so wurden auf zwei kürzeren und einer längeren Reise neben den deutschen mittelalterlichen Bildteppichen mit Rücksicht auf entwicklungsgeschichtliche
Beziehungen noch romanische und
gotische Stickereien, französische und niederländische Wirkereien sowie deutsche Renaissance-Gobelins in nachfolgenden Sammlungen im Original untersucht: Regensburg, Sebald, St. Lorenz.
Rathaus.
Nürnberg,
Kalchreuth,
tingen-Wallersteinsche
Sammlung.
Kirche.
Germanisches
Museum,
St.
M a i h i n g e n , Fürstlich Oet-
Wallerstein,
Schloß.
Augsburg,
Fugger-Museum, Maximilians-Museum. M ü n c h e n , Bayerisches National-Museum, Sammlung
Julius Drey,
Sammlung
Bernheimer.
Dresden,
Kunstgewerbe-
Berlin,
Kunstgewerbe -
Museum, Museum des Sächsischen Altertumsvereins. Museum, Sammlung James Simon. N a u m b u r g , liches Kunstgewerbe-Museum. Thüringer Museum, Wartburg.
Erfurt,
G o t h a , Herzogliches Museum.
Michaeliskirche, Dom, Kunstgewerbe-Museum. kapelle.
Halberstadt,
gerode,
Dom.
Fürst-Otto-Museum.
Städtisches Museum.
Dom. W e i m a r ,
Dom, Dom-Museum. Goslar,
Quedlinburg, Braunschweig,
Kloster M a r i e n b e r g
Großherzog-
E isen a ch, Hildesheim,
Kaiserhaus, St. AnnenStiftskirche. Herzogliches
bei Helmstedt.
Brandenburg, Museum.
Gotthardkirche,
Leipzig,
Kunstgewerbe-Museum.
Dom.
Hamburg,
Lüne-
Kunstgewerbe-Museum.
Magdeburg,
Kunstgewerbe-Museum, Wien,
Museum,
Hannover,
Kestner-Museum, Provinzial-Museum. Kloster W i e n h a u s e n bei Celle. b u r g , Museum, Rathaus, Kloster L ü n e .
Werni-
Kaiser-Friedrich-
Städtisches Museum.
Sammlung Exzellenz Graf Wilczek,
Prag, Sammlung
Weinberger. Den Museumsvorständen und Sammlern, die in diesem Jahre meine Studien durch gütiges Entgegenkommen förderten, und erleichterten, sage ich an dieser Stelle meinen besonderen Dank. Ebenso dem Herrn Burghauptmann v. Cranach in Eisenach, Kunstwissenschaft HL
15
114
Die deutschen Bildwirkereien.
Wartburg, dem Herrn Domprediger Lange in Halberstadt, den Damen in den Klöstern Marienberg und Lüne sowie der hochwürdigen Frau Äbtissin in Wienhausen, die mit großer Mühe und Aufopferung meine Untersuchungen unterstützten. Dankbar muß ich auch jener gedenken, die mir Photographien ihrer Objekte zur Verfügung stellten oder mir die Anfertigung von Neuaufnahmen gestatteten. Durch vielseitige Unterstützung ist mein photographisches Arbeitsmaterial in diesem Jahre auf beiläufig 450 Aufnahmen angewachsen. In das Arbeitsprogramm für das kommende Jahr wurde neben dem weiteren Verfolg der angedeuteten Ziele die Untersuchung der früh-französischen und niederländischen Erzeugnisse — womöglich im Lande selbst — aufgenommen, einerseits um die noch wenig geklärten nordwest- und niederdeutschen Gruppen gegenüber jenen endgültig abgrenzen zu lernen, andererseits um auch auf dem Gebiete der Bildwirkerei die Zusammenhänge der deutschen Kunst mit den für die Kunstentwicklung Europas in gotischer Zeit so maßgebenden westlichen Kulturzentren zu verfolgen und klarzulegen. Betty
Kurth.
B. DIE NICHT ZUM DENKMÄLERWERK GEHÖRIGEN VEREINSARBEITEN.
15*
DIE NICHT ZUM DENKMÄLERWERK GEHÖRIGEN VEREINSARBEITEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM SCHRIFTFÜHRER DES VEREINS, MÜSEUMSDIREKTOR PROF. DR. KARL KOETSCHAU.
D
ie Förderung des Denkmälerwerkes beschäftigt den Verein nicht allein.
Wenn
er auch nicht gleichzeitig allen in den Satzungen sich selbst gestellten Aufgaben
gerecht werden kann, so versäumt er doch nicht, wo er nur irgend kann, helfend einzugreifen. Ein alter Wunsch der Kunstgeschichte ist, daß die allseitig geschätzte » I n t e r n a t i o n a l e B i b l i o g r a p h i e d e r K u n s t w i s s e n s c h a f t « , deren Fortbestehen eine Weile gefährdet schien, sich kräftig weiter entwickeln und den Leistungen der Forscher rascher folgen möge als bisher. opferwilligen Behrschen Verlag ausgiebig unterstützt.
Der Verein hat deshalb den Wenn auch der Übergang der
Arbeit auf einen neuen Herausgeber, Dr. Ignaz Beth, eine kleine Verzögerung im Erscheinen der Bände zunächst noch zur Folge haben mußte, so ist doch begründete Hoffnung, daß spätestens 1915 die in früheren Jahren eingetretene Verzögerung ausgeglichen sein und regelmäßig über die Neuerscheinungen des letztverflossenen Jahres berichtet werden wird. schien Ende 1913.
Der das Jahr 1910 behandelnde neunte Band er-
Der zehnte und elfte Band dürfte 1914 fertiggestellt werden,
und mit dem zwölften und dreizehnten im Jahre 1915 würde dann die Biographie den Anschluß an die Gegenwart völlig erreicht haben. Ähnliche wägungen,
deutschen Georg
Gesichtspunkte
als
Dehio
die
Frage
der
wie
bei
Kunstdenkmäler bearbeitete,
bei
der
Bibliographie
Unterstützung dem
des
leiteten
an den Verein herantrat. Aufsuchen
die
Handbuches
der Denkmäler
Erder
Dieses von
unentbehrliche
Werk wird zu einem billigeren Preis als bisher, trotzdem sein Umfang erweitert worden
ist
und
in
seiner
Einrichtung
einige
neue
Mittel
besserungen vorgenommen worden sind, den Forschern und
erfordernde
Ver-
Kunstfreunden zu-
gänglich gemacht werden können: alle fünf Bände kosten 20 Mk., für Vereinsmitglieder sogar nur 15 Mk. Der erste Band ist Anfang 1914 erschienen.
Dem T a g für
Denkmalpflege, der das Handbuch begründete und es nun der Pflege des Vereins anvertraut hat, möge an dieser Stelle für seine bisherige Fürsorge ebenso gedankt
118
Vereinsarbeiten.
werden wie dem Verlag Ernst Wasmuth, der auf die Vorschläge des Vereins bereitwilligst einging, und wie vor allem dem Herausgeber Georg Dehio, der die Erweiterung der ohnehin schon entsagungsreichen Arbeit willig auf sich genommen hat. Wenn der Verein in den beiden angeführten Fällen Unternehmungen unterstützte, die nicht von ihm ausgingen, so ist er sich bewußt, daß er eine Ausnahme von der Regel machte.
Denn seine Mittel sind nicht reich genug, um ein derartiges Mäzen-
natentum auch sonst zu pflegen; er ist durchaus genötigt, sie in strenger Ökonomie für die eigene Arbeit auszunutzen. Bei der Bearbeitung der Denkmäler erwies es sich als nötig, immer wieder die in Zeitschriften von Geschichtsvereinen und verwandten Organisationen niedergelegte Literatur heranzuziehen.
Diese Zeitschriften können nur gelegentlich der
Kunst dienen, aber oft bieten gerade sie wertvolle Nachrichten. Es wurde nun unter Leitung des Berichterstatters die langwierige Arbeit des Exzerpierens begonnen, um zu einer k u n s t g e s c h i c h t l i c h e n s c h r i f t e n l i t e r a t u r zu kommen. außerhalb
dieses
Rahmens,
Bibliographie
der
Zeit-
Zunächst wurden selbstverständlich auch,
die eigentlich
kunstwissenschaftlichen
Zeitschriften
durchgearbeitet, vorläufig bis zum Jahre 1910, dann aber in den Bibliotheken die lokalgeschichtlichen Periodica durchgenommen.
Die Herren H. Baumgärtel, Dr. J.
Beth, E. von Gagern, Dr. F. Goldschmidt arbeiteten einen großen Teil der süddeutschen Zeitschriften und Dr. W. Dammann, seinem derzeitigen Wohnsitz entsprechend, die hamburgischen durch.
Es geschieht in der Weise, daß nicht nur der
bibliographische Vermerk gemacht, sondern auch ganz knapp der Inhalt angegeben wird, unter Umständen also auch, daß ein Aufsatz für den kunsthistorischen Forscher belanglos ist, denn es ist natürlich, daß in Zeitschriften dieser Art auch solche vorkommen.
Die Zettel werden, damit ein Stammexemplar im Archiv des Vereins
bleiben, ein zweites und drittes an Forscher leihweise abgegeben werden kann, je dreimal mit der Maschine abgeschrieben.
Bisher war das, da erst ein größeres Mate-
rial vorliegen sollte, allerdings nur bei einem Teil möglich, aber von 1915 ab wird denen, die Auskunft wünschen, diese unschwer erteilt werden können, soweit eben der Fortgang der Arbeit dies zuläßt.
Ob es sich für später ermöglichen läßt, die
Bibliographie in Druck zu geben, wird von den dazu nötigen Mitteln abhängig gemacht werden müssen. Ein Hilfsmittel verwandter Art wird für den Forscher der K a t a l o g Museumskataloge nommen hat.
der
werden, dessen Bearbeitung Dr. Valentin Scherer über-
Darüber soll im nächsten Jahre, wenn die eben begonnene Arbeit
weiter gefördert sein wird, berichtet werden. Eine Ergänzung zu dem Denkmälerwerk bilden in gewissem Sinne die J a h r e s gaben.
Bisher wurden den Mitgliedern des Vereins unter Betonung einer guten,
auch den
Bibliophilen
befriedigenden Ausstattung Veröffentlichungen über
das
Skizzenbüchlein des Nikolaus Manuel Deutsch (von Paul Ganz), das Goslarer Rathaus-
Vereinsarbeiten.
H9
Evangeliar (von Adolf Goldschmidt), die Genreplastik am Sebaldusgrab Peter Vischers (von Mayer), das Hausbuch (von Bossert und Storck) und den Schmuck der Kaiserin Gisela (von 0 . von Falke) dargeboten. Für 1914 kommt mit diesem Bericht die Monographie über Schloß Benrath (von Edmund Renard) zur Versendung. Diese Jahresgaben haben sich größter Beliebtheit zu erfreuen gehabt; auf ihre sorgfältige Vorbereitung und Bearbeitung wird auch künftig großes Gewicht gelegt werden. Denn der Verein ist sich bewußt, daß er damit wenigstens einen Teil seiner Dankesschuld bei seinen Mitgliedern abtragen kann. Koetschau.
c. AUFSÄTZE, DIE IM ZUSAMMENHANG MIT DEN ARBEITEN AM DENKMÄLERWERK STEHEN.
Kunstwissenschaft HI.
16
EINE ROMANISCHE MADONNA IM MUSEUM DES KGL. SÄCHSISCHEN ALTERTUMSVEREINS ZU DRESDEN. VON
H. GIESAU. Mit 4 Textabbildungen und i Tafel (Nr. 23).
A
us der Frühzeit des 12. Jahrhunderts sind uns in Sachsen nur wenige Skulpturen erhalten, und man muß deshalb jeden neuen Zuwachs mit Freuden begrüßen,
der geeignet ist, unsere Kenntnis dieser Zeit wesentlich zu bereichern.
Es handelt
sich um die Holzfigur einer tronenden Maria mit Kind, die vor einigen Jahren aus Otzdorf bei Döbeln in die Sammlung des Sächsischen Altertumsvereins in Dresden kam und noch nicht die Aufmerksamkeit gefunden hat, die sie wegen ihres künstlerischen Reizes und ihrer Bedeutung für die Stilentwicklung verdient (vgl.Taf.23). Das ästhetische Interesse, das sie erweckt,
liegt
nicht so sehr in einer gegenüber der gleichzeitigen Skulptur besonders hervortretenden formalen
Eigenart
Gestaltung
ihrer
oder etwa
dem psychologischen Reiz, wie er durch die Art des Verhältnisses zwischen Mutter und Kind zum Ausdruck gebracht wäre.
In all
diesem
nichts
bietet
Auffälliges.
die
Figur
Die starre
symme-
trische Haltung Mariä, die sich in der geradlinigen seitlichen Begrenzung und der parallelen Stellung der Beine äußert, der streng Abb. 1.
geregelte
gleichförmige
Verlauf
Abb. 2. 16*
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
124
Abb. 3.
schaft mit Werken einer freie-
Abb. 4.
ren, lebendiger gearteten Kunst in das starre Schema romanischer Bildung eingedrungen.
Denn fast ausnahmslos
zeigen die Darstellungen von thronenden Madonnen im 12. Jahrhundert für Mutter und Kind eine so streng frontale Auffassung, wie sie selbst die Madonnen der älteren byzantinischen Kunst nicht haben.
Für den Widerspruch zwischen der Gesamt-
haltung und den im Sinne lebendigerer Vorbilder gehaltenen Abweichungen ist der Vergleich mit der Stuckmadonna (Abb. 3) im Erfurter Dom lehrreich, die ganz der Auffassung des 12. Jahrhunderts entspricht und die trotz des sehr viel fortgeschritteneren Stiles, der in der größeren Vereinfachung und tieferen Unterschneidung der Falten wie in dem Streben, die einzelnen Teile der Figur plastisch selbständig zu machen, liegt, in mancher Hinsicht der Otzdorfer Maria ähnlich ist und sicher in einem gemeinsamen künstlerischen Nährboden wurzelt.
Hier ist das
Kind ganz von vorn gesehen und auch die Symmetrie ist mehr gewahrt, was besonders deutlich ist in der Verteilung der Falten auf dem Obergewand, wo sich der Künstler der Otzdorfer Figur in einigen Abweichungen gefällt, die bei der im übrigen herrschenden Regelmäßigkeit erst recht auffallend sind; so die Art, wie die vom linken Knie schräg nach unten laufende Falte plötzlich abbiegt und in Form einer flach gedrückten Tüte ausläuft.
Es ist kein Zufall, daß man bei diesem sehr be-
zeichnenden Motiv, das sich an dem Kleide des Kindes noch zweimal, ausgeprägter, wiederholt, an byzantinische Bildungen denken muß.
Zeigt sich so in dem schrägen
Sitzen des Kindes, das nachher bei Gelegenheit der Datierung noch ausführlich erörtert werden muß, und den erwähnten naturalistischen Faltenmotiven noch ein wenn auch sicher nur mittelbarer Zusammenhang mit bestimmten Vorbildern, so muß andrerseits gerade der selbständige, individuelle Ausdruck romanischer Empfindung hervorgehoben werden, der die Figur beseelt.
Sie gehört in der Sicherheit
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
125
und Sauberkeit der Arbeit zu dem Besten, was uns aus dem 12. Jahrhundert in Sachsen erhalten ist. Wie sorgfältig ist die Behandlung der engen Fältelung an den Ärmeln und dem zwischen den Füßen liegenden Teil des Untergewandes, wie reizvoll das radiale Ausstrahlen der zart geschnittenen Falten von derMantelknotung vor der Brust. Diese Sorgsamkeit in der Behandlung der Falten und der Säume, in denen das der Zeit eigene ornamentale Gefühl zum Ausdruck kommt, steht im Zusammenhang mit dem Bemühen des Künstlers, die einzelnen Gewänder deutlich voneinander zu unterscheiden. Ganz klar und bestimmt sind über dem linken Arm die geriefelte Fältelung von Untergewand und Kleid, das Mantelende zwischen Thron und linkem Knie, der weite, lang herunterfallende Ärmel des Obergewandes und dieses selbst voneinander gesondert. Sehr bemerkenswert ist aueh, wie die Stoff liehen Unterschiede der einzelnen Gewänder charakterisiert sind: die dichte Fältelung des dünnen Untergewandes; im Gegensatz dazu der breit gelegte Saum des glatten, weichen Obergewandes und der dicke Stoff des Mantels, der nur wenige in weiten Abständen aufeinander folgende flach gearbeitete große Falten aufweist. Das sind Vorzüge, die im Rahmen der romanischen Kunst hervorgehoben werden müssen, da bei der Einförmigkeit der formalen und gegenständlichen Motive und dem Mangel einer im heutigen oder wenigstens im gotischen Sinne erfolgten seelischen Belebung der Grad der aufgewendeten Sorgfalt das zuverlässigste Kriterium für die Beurteilung der künstlerischen Qualität bildet. In dieser intensiven Hingabe an die saubere Ausführung aller Einzelheiten liegt sicher mit ein Grund für den ästhetischen Reiz und die zarte Lebendigkeit der Figur. Dazu kommt dann noch die charaktervolle Ausprägung der allgemeinen Merkmale des Stiles: die kubische Geschlossenheit des Ganzen, der einfache architektonisch strenge Kontur, die in der Zusammen pressung der Figur zum Ausdruck kommende Gebundenheit, die keine freie Bewegung einzelner Glieder zuläßt; als Folge davon eine gewisse Gehaltenheit des seelischen Ausdrucks und die um so stärkere Wirkung jeder kleinsten Bewegung, wie z. B. der kaum bemerkbaren Neigung des Kopfes Mariä. Dann die mit dem Aneinanderkleben aller Teile und dem Vermeiden von Überschneidungen im Zusammenhang stehende Flächenhaftigkeit, die die Möglichkeit einer ornamentalen Ausgestaltung der Zeichnung bietet. Mit diesem Bestreben ist aber eine bestimmte Absicht auf rundliche Modellierung der Formen verbunden, die allerdings mehr den Eindruck des von innen Hervorgetriebenen als des von außen Geformten machen. Die Vorstellung von Goldschmiedearbeit stellt sich unwillkürlich ein, besonders bei dem außerordentlich plastisch gearbeiteten Kopf Mariä, der übrigens im Verhältnis zur Figur auffallend groß ist und dadurch wie durch die großflächige wenn auch ausdrucksvolle Bildung der Gesichtsteile seltsam klotzig wirkt. Die rundliche Unterlippe, das vorgebaute Kinn, die vorgewölbten Wangen und die mandelkernförmig vorquellenden Augen erinnern so auffällig an Treibarbeit, daß man eine Beeinflussung durch diese Technik wohl annehmen mag, ohne den Gedanken zu erwägen,
126
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
ob unsere Figur vielleicht für eine Umkleidung mit Goldblech bestimmt gewesen sei. Das verbietet außer einigen alten Farbspuren das Raffinement, mit dem dem weichen Lindenholz stoffliche Wirkungen abgewonnen sind. Überdies wären Anklänge an den Stil von Metallarbeiten nicht auffallend, da in der Frühzeit des romanischen Stiles die Metallplastik, wie man annehmen kann, die führende Stellung eingenommen hat. Nun zur Frage der zeitlichen Entstehung der Figur. Bei der außerordentlichen Dürftigkeit des erhaltenen Materiales ist eine genaue Festlegung nicht leicht. Wir wissen, daß das I I . Jahrhundert im allgemeinen noch in den Traditionen der karolingisch-ottonischen Epoche lebt, die sich in der Skulptur bei aller allmählichen Erstarrung in der Fortdauer einer weichen malerischen Behandlungsweise äußern. Charakteristische Beispiele für diese letzte Periode sind die feingegliederten und lebendig bewegten Gestalten der Reliefs von St. Mauriz in Münster (ca. 1060), das Grabmal Rudolfs von Schwaben in Merseburg (kurz nach 1080) und auch noch die Bronzefigur des »Wolfram« in Erfurt sowie die ältesten Grabsteine von Äbtissinnen in Quedlinburg. In die Zeit um n o o fallen dann die Anfänge des romanischen Stiles, bei dem das Neue gegenüber der Tradition in einer bewußten Umsetzung aller malerisch-naturalistischen Motive in eine zeichnerische, ornamentierende Gestaltung liegt. Während am Anfang des 12. Jahrhunderts diese Umsetzung einfach aus den älteren erstarrten Formen heraus geschieht, wird die Umbildung zu einem die ganze Figur erfassenden ornamentalen Schema im Laufe des 12. Jahrhunderts immer ausgeprägter und bereitet so den am Ende des Jahrhunderts unter Einfluß der byzantinischen Kunst sich bildenden bewegten Stil vor. Neben dieser Richtung und zum Teil aus ihr heraus, erwächst in der zweiten Hälfte des 12. Jahrhunderts mit teilweiser Überwindung des zeichnerischen Elementes ein bereits von monumentaler Gesinnung erfüllter Stil, der in den Stuckskulpturen der Orgelempore in Groningen seinen Höhepunkt erreicht und dem auch die Stuckmadonna in Erfurt angehört. Gegenüber diesen Ansätzen zu einem plastischen Stile erscheint der dekorative Stil der Halberstädter und Hildesheimer Chorschranken als ein Rückschlag. Erst das Hinzukommen französischer Einflüsse führt dann später wieder zum Monumentalen. Nach dieser kurzen Übersicht kann es nicht zweifelhaft sein, daß unsere Figur in die erste Zeit der Ausbildung des romanischen Stiles gehört. Hierauf weist der Faltenwurf, der mit Vermeidung jeglicher Überschneidung nur »durch eingeschnittene Linien oder durch schematisch übereinandergeschichtete flache Falten mit Zickzackkontur ausgedrückt« ist. Dabei ist aber zu beachten, daß das ornamentale Schema durchaus erst in der Bildung begriffen ist und daß noch einzelne in der allgemeinen Flächenhaftigkeit so auffallende Dinge wie die beiden Falten rechts am Kleide des Kindes und auf dem linken Bein Mariä auf Zusammenhang mit der älteren Kunst deuten. Darauf könnte man auch die erwähnte Art, wie das Kind sitzt, beziehen. Es erinnert in seiner Schrägstellung sehr an den jüngeren byzantinischen Typus,
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
127
und doch möchte man an keinen unmittelbaren Zusammenhang mit solchen byzantinischen Vorbildern glauben, denn der für sie so bezeichnende Kontrapost in der Beinstellung des Kindes -— indem das rechte Bein in seiner ganzen Länge von der Seite, das linke angezogen und stark verkürzt von vorn gesehen ist — ist nur sehr abgeschwächt zum Ausdruck gekommen; außerdem sitzt das Kind viel zu tief und gleicht darin dem geläufigen romanischen Madonnentypus. Gerade das hohe Sitzen des Kindes und das von der Hand der Mutter Getragenwerden in Verbindung mit dem Heraustreten aus dem Kontur der Mutter fehlt aber bei dem jüngeren byzantinischen Madonnentypus nie. In einer Zeit, wo man so unter dem beherrschenden Einfluß der byzantinischen Kunst stand, wie am Ende des 12. Jahrhunderts, haben die Künstler denn auch gerade diese Motive übernommen, wie es die Madonnen in Halber Stadt (Abb. 2) und Hildesheim zeigen, und man müßte schon deshalb die Entstehung der Otzdorfer Madonna in dieser Zeit ablehnen. Die Kompromißhaltung des Kindes läßt sich durch Nachwirken einer älteren Tradition viel leichter erklären. Sieht man sich innerhalb der sächsichen Skulptur nach verwandten Werken um, so bieten die Marmorfiguren von weiblichen Seligpreisungen im Remter des Magdeburger Domes gewisse Vergleichspunkte dar. Sie liegen einmal in Gemeinsamkeiten der Tracht, wie den lang herunterhängenden, flach aufeinandergepreßten Ärmeln und der engen geriefelten Fältelung des Untergewandes am Handgelenk. Jedoch ist beides nicht vereinzelt und findet sich auch bereits Ende des I I . Jahrhunderts. Eine andere Ähnlichkeit mit den Magdeburger Figuren ist die Art der Fältelung zwischen den Füßen und der Charakter des Zickzackkonturs der flach aufeinanderliegenden Säume des Kleides. Trotz alledem sind die Unterschiede groß: sie liegen in der stärkeren Plastik der Gewandung und in ihrer geringeren Differenzierung, andrerseits in einem viel entwickelteren ornamentalen Gefühl in ihrer Anordnung. Ein Vergleich der Köpfe, der viel Aufschluß geben würde, ist wegen ihres Fehlens bei den Magdeburger Figuren nicht möglich. Sie sind durch ihre Verwandtschaft mit dem Grabstein des Hermann von Plotho in Altenplathow auf die Zeit um II70 datiert. Näher steht die Otzdorfer Figur dagegen der Grabplatte des Erzbischofs Friedrich von Wettin (f 1 1 5 2 ) in Magdeburg. Hier ist z. B . in der Gesichtsbildung eine gewisse Ähnlichkeit vorhanden: in der hervorgetriebenen Bildung der mandelkernförmigen Augen und der Wangen, in den von den Nasenflügeln schräg herablaufenden Einsenkungen, die die Wölbung der Wangen um so markanter hervortreten lassen, in der Form der kleinen Einsenkung in der Mitte der Oberlippe und dem stark vortretenden Kinn. Es ist aber alles schlaffer und verschwommener, trotzdem die*Zeichnung im einzelnen härter und schärfer geworden ist. Wenn man sich dazu vor Augen hält, daß die angeführten Übereinstimmungen zum Teil allgemeiner Natur sind und das erhaltene Material aus dieser Zeit besonders lückenhaft ist, so ist klar, daß man die Verwandtschaft nicht überschätzen darf. Für die Art der Gewandbehandlung sehen wir uns vergeblich nach ähnlichen Werken in Sachsen
128
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
um. Die wenigen erhaltenen Skulpturen aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts sind überdies zeitlich nicht sicher anzusetzen, wie die drei ältesten Äbtissinnengrabsteine in Quedlinburg, deren Anfertigung Goldschmidt mit der Kirchweihe von 1 1 2 9 in Verbindung gebracht hat, womit sich ihr altertümlicher Stil gut vertragen würde. Er ist jedoch von dem der Madonna so wesentlich verschieden, daß es nicht möglich scheint, über das zeitliche Verhältnis beider zueinander irgend etwas auszusagen.. Das gleiche gilt von den beiden im zweiten Viertel des 12. Jahrhunderts entstandenen Hildesheimer Sarkophagen des Godehard und Epiphanias, die stilistisch der älteren Magdeburger Bronzeplatte sehr verwandt sind. Nach dem Bisherigen scheint es demnach, als käme für die Otzdorfer Figur die Zeit um die Mitte des 12. Jahrhunderts in Frage. Das wird durch die Betrachtung einiger Eigentümlichkeiten der Tracht bestätigt. Bemerkenswert sind die lang über die Schultern herabfallenden Zöpfe. Allgemein bei Mariendarstellungen verbreitet waren sie, wie es scheint, nur in Sachsen, wo fast alle vor 1200 entstandenen Marien Zöpfe haben, so in Erfurt, Halberstadt und Hildesheim. Außerhalb Sachsens sind mir nur wenige bekannt geworden: eine sitzende Madonna in Buschhoven, die bekannte stehende Maria aus St Gangolph in Metz (Mitte 12. Jahrh.) und die Maria sowie zwei weibliche Heilige auf einem Tympanon der Geinhäuser Marienkirche (ca. 1230). Die bekanntesten Beispiele für das Vorkommen der langen Zöpfe sind die Skulpturen der Westfassade der Kathedrale in Chartres und einige der zu Chartres in direkter Beziehung stehenden Werke. Hier bedecken aber die Zöpfe die Ohren fast ganz, während diese bei unserer Figur ganz freigelassen werden. Die Ohrenbildung selbst ist aber von Chartres sehr verschieden und erinnert sehr an die des Rudolf von Schwaben und des Friedrich v. Wettin. Zu beachten ist die Knotung der Mantelenden vor der Brust, sie werden sonst meist durch Agraffen oder Spangen zusammengehalten. Sehr merkwürdig in kostümlicher Hinsicht ist die enge Riefelung der Falten des weiten Obergewandärmels, da sie im Widerspruch steht zu der sonstigen Behandlung des Gewandes. Die Form der Ärmel ist ja für das ganze I I . und 12. Jahrhundert sehr charakteristisch, immer aber sind sie in Übereinstimmung mit dem zugehörigen Gewand behandelt. Die Abweichung hiervon muß bei der Genauigkeit, mit der der Künstler das Kostümliche behandelt, stutzig machen. Da man sich nicht denken kann, er sei sich nicht klar gewesen, zu welchem Gewände der Ärmel gehöre, so könnte man vermuten, daß ihm diese Ärmelriefelung bei andern Werken gefallen und er sie ohne Rücksicht auf das Übrige übernommen habe. Sucht man nach Vorbildern, so fällt der Blick auf Nordfrankreich, wo z. B. eine weibliche Figur im Museum zu Bourges (Abb. Bull. mon. 1913, p. 142) und vor allem mehrer'e Figuren an der Westfassade in Chartres genau solche Ärmel haben, die aber hier zu einem gleichartigen Gewand gehören. Trotz der großen Seltenheit dieser Bildung — sie kommt meines Wissens außer in Chartres nur noch bei einigen wenigen in Beziehung dazu stehenden Skulpturen vor — kann man, glaube ich, keinen direkten Zusammenhang
129
Giesau, Romanische Madonna in Dresden.
unserer Figur mit Chartres annehmen, schon darum nicht, weil für die Zeit, um die es sich handelt, sonst keine französischen Einflüsse in Sachsen festzustellen sind und weil die Übereinstimmungen für die Begründung einer Herübernahme doch nicht ausreichen.
Oder sollte man auch das eigentümlich Blockartige, Zusammen-
gepreßte, die geradlinige seitliche Begrenzung der Figur, das Unfreie der Bewegung aus der geistigen Nähe von Chartres erklären ? Dies alles tritt ja mit der Otzdorfer Madonna zuerst in Sachsen auf. Interessante Parallelen hierfür bietet übrigens der Niederrhein. W. Vöge
hat auf eine schöne Holzfigur einer sitzenden Madonna in Kloster
Hoven aufmerksam gemacht, bei der er aus ähnlichen allgemeinen Gründen die Möglichkeit eines Zusammenhanges mit Chartres erwägt.
Wenn auch die Ähnlich-
keit dieser Figur mit Chartres, besonders in den scharfen, strahlenförmig ausgezogenen Falten und in der Form der Gewandung, wirklich nicht unbeträchtlich ist, so möchte man doch ebensowenig an einen unmittelbaren Zusammenhang denken wie bei unserer Figur, die in ihrer allgemeinen Stilerscheinung auffallend der Madonna in Kloster Hoven ähnelt, ohne daß eine spezielle Verwandtschaft vorhanden wäre. Immerhin können alle diese Werke zeitlich nicht weit voneinander getrennt werden. Die Westfassade von Chartres ist um die Mitte des Jahrhunderts anzusetzen.
Das
würde gut zu dem Ergebnisse der Stilvergleichung passen. Bei der Frage, wie der fehlende Arm Mariä zu ergänzen ist, kann nur gesagt werden, daß er frei erhoben war; was sie in der Hand hielt, ob ein Zepter, eine Blume oder einen Apfel — all das käme in Frage — , muß unentschieden bleiben. Bemerkenswert ist, daß der Arm Mariä und der Kopf des Kindes, das wohl ge» radeaus sah, für sich gearbeitet waren, vermutlich, um die sorgfältige Arbeit an den dahinterliegenden Teilen zu ermöglichen.
In der quadratischen Aussparung
für den Kopf des Kindes ist noch ein Teil des Holzdübels erhalten.
Von der
auffallend einfachen, der Erfurter Stuckmadonna ähnlich geformten Krone sind die vier Zacken abgebrochen. Für die Form des Thronsessels, aus dessen Seitenwangen Arkaden, in der unteren Reihe eine, in der oberen zwei, ausgepart sind, habe ich keine Parallelen gefunden.
Es ist bemerkenswert, daß die Art, wie Maria
sitzt, im Widerspruch steht dazu, daß Ärmel und Mantelenden so angeordnet sind, als befände sich das Sitzbrett ungefähr in halber Höhe der oberen Arkatur, wie das auch der Form des Sessels entsprechen würde.
In Wahrheit sitzt Maria so hoch,
daß man die beiden seitlichen Lehnen für das Sitzkissen halten könnte. ein Mißverständnis von Vorbildern vor?
Liegt hier
Von der auf einem dünnen Kreidegrund
hergestellten Bemalung sind nur wenige Reste erhalten, die kein zusammenhängendes Bild ergeben, weil ein großer Teil davon einer späteren Übermalung angehört, die mit der ersten mehrfach in Widerspruch tritt.
Die Maße der Figur sind: Höhe
55,5 cm, Breite 19 cm, Tiefe 15 cm. •) Monatshefte für Kunstwissenschaft 1908, pg. 1 1 1 3 — 1 5 . K u n s t w i s s e n s c h a f t UI.
.
17
Noack, Mittelrheinische Lettner.
130
MITTELRHEINISCHE LETTNER DES XIII. JAHRHUNDERTS. VON
WERNER NOACK. Mit 22 Tafeln (Nr. 1—22).
L
ettner des 13. Jahrhunderts in Deutschland sind nur in ganz wenigen Exemplaren auf uns gekommen; bei den beiden bekanntesten, dem Naumburger West-
lettner und den Resten des Straßburger Lettners handelt es sich um Kunstwerke von ganz hervorragender Qualität, die vermuten lassen, daß der Verlust der übrigen für die Beurteilung der Skulptur dieser Zeit sehr bedauerlich ist.
Es ist daher von
großer Wichtigkeit, daß sich im Mittelrheingebiet sechs Lettner des 13. Jahrhunderts zusammenstellen lassen, die untereinander in engem Zusammenhang stehen.
Im
wesentlichen unberührt hat sich davon nur der Geinhäuser Lettner erhalten.
Von
den beiden Lettnern des Mainzer Domes sind noch mehr oder weniger umfangreiche Reste vorhanden, der Schottener ist aus Zeichnungen des vorigen
Jahrhunderts
bekannt, der Seligenstädter läßt sich aus geringen Resten und einem Grundriß rekonstruieren, und der Friedberger ist zum Teil noch in einem spätgotischen Umbau enthalten.
Die wichtigsten, an künstlerischer Qualität ganz hervorragend, sind
die zwei Mainzer.
Beide setzen eine ausgedehnte Kenntnis französischer, besonders
Reimser Werke voraus, der Westlettner ist außerdem eng verwandt mit dem Naumburger Westlettner. Architektonisch beeinflußt der Ostlettner die ganze mittelrheinische Gruppe, vom Westlettner sind die Skulpturen des Geinhäuser Lettners abhängig. Ich möchte an dieser Stelle vor allem die A r c h i t e k t u r der Lettner kurz besprechen und einen Vorschlag zur Rekonstruktion des Mainzer Ostlettners aus den vorhandenen Resten zur Diskussion stellen; die Skulpturen will ich dabei nur in zweiter Linie heranziehen *). Der Mainzer Ostlettner mußte schon in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts dem Pfeilereinbau weichen, mit dem man den westlichen Vierungsbogen stützte *). Dieser Einbau wurde 1874 gelegentlich der Erneuerung des östlichen Vierungsturmes Bei meinen Untersuchungen hat mich vor allem Herr Professor Dr. Rudolf Kautzsch in Breslau in liebenswürdigster und überaus dankenswerter Weise mit Rat und Tat unterstützt. Er hat mir auch die sorgfältigen und exakten Zeichnungen zur Verfügung gestellt, die Herr Architekt Groß in Mainz für das Großh. Denkmalarchiv in Darmstadt angefertigt hat. Herrn Professor Neeb in Mainz danke ich für die Anfertigung und Überlassung von Photographien, z. T. auch aus dem Großh. Denkmalarchiv, Herrn Professor Meißner in Darmstadt für Unterstützung bei den Rekonstruktionsversuchen des Mainzer Ostlettners und Herrn Dr. Giesau in Berlin für die Photographie aus dem Naumburger Westlettner. Sehr verpflichtet bin ich dem hohen Domkapitel in Mainz für die Erlaubnis, die Architektur- und Skulpturreste im Obergeschoß des Kreuzganges studieren zu dürfen. l)
Friedrich Schneider: Der Dom zu Mainz.
Berlin 1886.
Kleine Ausgabe S. 113. 128. 175.
N o a c k , Mittelrheinische Lettner.
beseitigt *).
131
Dabei fanden sich auf den Seiten an ihrer alten Stelle am Fuße der
Vierungspfeiler die beiden Stützen, die jetzt im Domkreuzgang aufbewahrt werden; auf der Südseite stand die tragende Figur, auf der Nordseite die Säule (Abb. I, 2). Aus ihrer Stellung geht hervor, daß jedenfalls zur Zeit der Errichtung des Lettners die Krypta nicht mehr bestand; Schneider 2 ) nimmt an, sie sei damals zerstört worden. Die Stützen dienten dazu, die unteren Teile der Gurtvorlagen — unter dem auf die Krypta berechneten Sockel bis fast zum Niveau des Domfußbodens herab — abzufangen.
Der oberste Quader dieser unteren Vorlagen blieb stehen, darunter wurden
alle anderen entfernt und durch die Stützen ersetzt, »deren weitausladende Kämpfer die ganze Last des sich darüber hoch auftürmenden Chorpfeilers aufzufangen scheinen« 3).
Der Zweck dieser Einfügung war wohl nur ein ästhetischer: die leichte
Architektur des Lettners sollte nicht durch die dicht davor aufsteigenden schweren und ungegliederten Vorlagen beeinträchtigt werden.
Jedenfalls ist bis jetzt nicht
einzusehen, welcher Aufgabe die Stützen im Organismus des Lettners selbst gedient haben sollten; irgendwelche Stellen, aus denen auf einen festen Anschluß an die Architektur geschlossen werden könnte, sind nicht zu finden.
Schneider 4) stellt
fest, daß der Steinschnitt der Kämpfer eine Fortsetzung in Stein nicht zuläßt, und vermutet eine Fortsetzung in Holz oder Eisen. Die übrigen Reste, die als Füllmauerwerk bei dem Pfeilereinbau verwendet waren und so erhalten geblieben sind, zeigen aber, daß tatsächlich eine breite, in Stein ausgeführte Bühne mit Kreuzrippengewölben vorhanden war. Auch Schneider hatte sie gesehen: er berichtet von Bruchstücken des Mittelbaues an Stelle des Ciboriums, profilierten Rippen, und weist 5) auf den Friedberger Lettner mit seinem quadratischen Vorsprung in der Mitte als Analogon hin.
Zwei Gewölbeanfänger-
stücke liegen jetzt im Domkreuzgang neben den Stützen (Abb. 3). Das eine ist auf der besser erhaltenen Seite deutlich als Zusammenstoß von zwei Gurten und einer Diagonalrippe eines etwas gestreckten Gewölbejoches kenntlich.
Besonders wichtig
aber ist, daß auf der anderen Seite genügend Anhaltspunkte vorhanden sind, um mit Sicherheit symmetrisch dasselbe Gurtprofil zu rekonstruieren, denn daraus geht hervor, daß das Stück an der Vorderseite des Lettners über einem Pfeiler zwischen zwei Kreuzrippengewölben gesessen hat.
An der oberen Fläche haben sich die Teile
so weit auseinandergelöst, daß man an der Rippe dasselbe Profil erkennen kann, wie an einem einzelnen Rippenstück bei den Resten im Dommuseum.
Das zweite
Stück zeigt wieder das Gurtprofil der Vorderseite des Lettners; daneben aber steigt ' ) Schneider: Vom Mainzer Dom. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsund Altertumsvereine. Darmstadt 22 (1874), S. 27. — Ders., Anzeiger des Germ. Museums 1870, Sp. 195 ff. — Ders., Gräberfunde. Nachtrag S. 65 ff. Archiv für hessische Geschichts- und Altertumskunde. ' ) Korrespondenzblatt. 3) Schneider a. a. O. 4) A. a. 0 . 5) A. a. 0 . 17*
Noack, Mittelrheinische Lettner.
i,3 2
senkrecht ein anderes Profil auf, das wahrscheinlich als Umrahmung, vielleicht mit Spitzbogenfries, die ganze Lettnerfront umzogen hat.
Das Stück hat demnach an
der rechten vorderen Ecke des Lettners gesessen; nach rückwärts schlössen sich Diagonalrippe und Schildbogen daran an. Durch einen glücklichen Zufall fand sich im Dommuseum im Obergeschoß des Kreuzganges zwischen einer Menge der verschiedenartigsten Architekturstücke und Funde aus dem Dom noch eine Anzahl Kapitelle, die nach Ausweis des Blattwerkes, des Materials und der Größe zu dem Lettner gehörten; dabei war auch das oben erwähnte Stück einer Rippe. Diese Reste sind wohl auch beim Abbruch des Pfeiler einbaues gefunden worden; reichliche Mörtelspuren zeigen, daß sie als Füllmauerwerk verwendet waren.
Auf diese Weise haben die prachtvollen Kapitelle z. T.
noch die alte Bemalung behalten: hellgrüne Blätter auf blauem Grund, goldene Kämpfer und Ringe; ein Knollenkapitell hat Purpurbemalung. neun Kapitelle oder Stücke von solchen (Abb. 4).
Es sind im ganzen
Zwei davon lassen sich mit ihren
Bruchstellen aneinanderfügen (Abb. 4: I. 5; Abb. 5); sie gehörten zu einer Gruppe von drei rechtwinkelig aneinanderstoßenden Kapitellen. kapitells ist 21: 17,2 cm groß.
Der Kämpfer des Mittel-
Dieselben Maße hat ein ebenfalls als Mittelkapitell
einer Gruppe kenntliches Knollenkapitell (Abb. 4 : 2).
Ein weiteres Kapitell mit
akanthusartigem Blattwerk (Abb. 4: 7) gehört wohl mit einem Fragment zu einer Gruppe, das denselben Kämpfer und dasselbe Blattwerk hat; sein Kämpfer mißt 2 1 : 2 1 cm.
Zwei Fragmente von Knollenkapitellen haben verschiedene Kämpfer
(Abb. 4 : 3), können also nicht zusammengehören; auch zu dem oben erwähnten Knollenkapitell (Abb. 4: 2) passen sie nicht. Ein Kapitell mit Weinlaub (Abb. 4: 6) sitzt zwischen zwei gleichartigen Profilen mit Nuten, war also Mittelkapitell zwischen zwei Türen; seine Deckplatte ist 21: 13,6 cm groß.
Dieselben Kämpfermaße hat ein
Kapitell mit akanthusartigem Blattwerk (Abb. 4: 4), an dem auch noch Reste des Wandansehlusses zu erkennen sind; es wird also wohl auch zwischen zwei Türen gesessen haben.
Die Höhe der Kapitelle beträgt, soweit sie sich feststellen läßt,
gleichmäßig 29 cm, der Säulendurchmesser 10 cm.
Außer den Kapitellen fand sich
noch das Fragment einer Konsole (Abb. 4; Höhe 21 cm, Deckplatte ca. 50: 16 cm) und der Rest eines kleinen Baldachins mit Sitzfigur (Abb. 4). Aus diesen Resten lassen sich folgende Schlüsse auf die Gestaltung des Lettners ziehen: eine Bühne aus drei Kreuzrippengewölben, das mittlere Joch etwas gestreckt (vgl. das Anfängerstück Abb. 3) und breiter als die wohl quadratischen Seitenjoche. Vorn in der Mitte die beiden Säulengruppen, deren Mittelkämpfer 21: 17,2 cm groß ist; an dem Akanthuskapitell ist noch das Dübelloch der Zugstange zu erkennen, die nur an dieser Stelle Sinn hat, da an allen anderen Stellen der Gewölbeschub von Mauern aufgefangen wird.
Die Säulengruppen mit größerem Kämpfer vorn an
beiden Seiten (Abb. 3). Ob an der Rückwand Einzelsäulen oder auch Gruppen von je dreien standen, geht aus den Resten nicht mehr hervor.
Ebenso ist die Ge-
Noack, Mittelrheinische Lettner.
133
staltung der mittleren Pfeiler vorn nicht mehr klar zu erkennen; in der Rekonstruktion ist der Versuch gemacht, die Gruppe der drei Säulchen an einen schmalen Pfeilerkern anzulehnen, an dem vorn eine Konsole sitzt (Abb. 3). Wie das Mittelfeld der Rückwand aussah, bleibt unbestimmt; vielleicht war es ähnlich wie beim Geinhäuser Lettner über dem Laienaltar von einer Rose durchbrochen. In beiden Seitenfeldern befanden sich wohl die doppelten Türen, deren äußeres Gewändeprofil in der Mitte nicht bis unten herabgeführt, sondern von einer Mittelsäule abgefangen wurde. Die Rekonstruktion des Aufrisses bleibt insoweit hypothetisch (Abb. 7), als in den Resten nur ganz geringe Anhaltspunkte für die Höhenausdehnung gegeben sind; maßgebend war ein annehmbares Verhältnis zur Breitenausdehnung. Der stilistischen Verwandtschaft wegen möchte ich mit dem Lettner noch zwei Köpfe in Verbindung bringen, die ebenfalls jetzt im Dommuseum aufbewahrt werden (Abb. 8): ein »Teufelskopf« und ein jugendlicher männlicher Kopf mit Binde im Haar. Ein Vergleich mit der Figur der südlichen Stütze (Abb. 2) zeigt, daß die Haarbehandlung, die Bildung von Augen, Nase, Mund und Kinn besonders bei den beiden jugendlichen Köpfen sehr ähnlich ist. Auch das Material ist dasselbe. Wo die Figuren angebracht waren, ist allerdings nicht mehr festzustellen; vielleicht befanden sich vorn in den Zwickeln zwischen den Bogen Figuren oder Reliefs, mit denen dann wohl auch der Baldachinrest in Verbindung zu bringen ist. Die Reste lassen erkennen, daß der Lettner von ganz hervorragender Schönheit gewesen ist, und seine Zerstörung für die Kenntnis der deutschen Skulptur der frühen Gotik einen großen Verlust bedeutet. Um so bedauerlicher ist es, daß auch der Westlettner, ebenfalls ein »hochherrliches Kunstwerk« 1 ), nur in Fragmenten auf uns gekommen ist. Auf ihn will ich hier nur ganz kurz eingehen. Diesem Westlettner teilt man neuerdings 2 ) die beiden falsch zusammengesetzten Reliefs mit Darstellungen aus dem Jüngsten Gericht im Domkreuzgang und den Christus als Weltenrichter zwischen Maria und Johannes, am Tympanon des Südportals des Domes zu. Daß es sich um ein Jüngstes Gericht handelt, hat schon Schneider richtig erkannt 3), Stix 4) und vor ihm Voege 5) bringen die Stücke mit einem Lettner in Verbindung. Vöge denkt an einen Lettner etwa in der Art des Geinhäuser (vgl. Abb. 14) mit einer Säulenstellung, Stix dagegen weist richtig auf Naumburg als Analogon hin: er erklärt, in der Mitte im Türfeld müsse sich die Deesis befunden haben, an die sich rechts und links auf der Brüstung die Reliefs ' ) Dehio: Handbuch IV, S. 229. ») Dehio a. a. O., S. 229. — Mitteilung des Herrn Prof. Dr. Kautzsch. 3) Schneider: Zur Kreuzeskunde. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichtsund Altertumsvereine.
Darmstadt 23 (1875), S. 45.
4) Alfred Stix: Die Plastik der frühgotischen Periode in Mainz. K. K . Zentralkommission.
5) Wilhelm Voege: Die deutsche Plastik des 13. Jahrhunderts. lichen Gesellschaft.
Kunstgeschichtliches Jahrbuch der
I I I (1909), S. 99.
Berlin V (1905), S. 29.
Sitzungsberichte der Kunstgeschicht-
Noack, Mittelrheinische Lettner.
134
anschlössen, von denen nur noch die Seligen und Verdammten erhalten sind (Abb. 9); der Neigungswinkel der Deesis stimmt genau zur Abschrägung der Reliefs, die überdies ebenso wie in Naumburg ist. Auch die Maße stimmen: Deesis br. 130, h. 91 cm; Reliefs je br. oben ca. IOO cm (98; n o ) , unten cä. 50 (45; 50) cm, hoch 90 cm. Die Skulpturen des abhängigen Geinhäuser Lettners zeigen, daß mindestens die Darstellungen der Hölle und der Auferstehung verloren gegangen sind; auch die Himmelsburg ist dort angedeutet. Aus der Inschrift aus den 30er Jahren des 19. Jahrhunderts, die sich unter den Reliefs befindet, geht hervor, daß sie aus St. Alban in den Garten des Kapuziner klosters kamen und von da in den Domkreuzgang gelangten x ). aber ganz unsicher; die Reliefs stammen gar nicht aus St. Alban
Diese Tradition ist 2 ).
Dazu kommt die
Existenz der Deesis am Südostportal, die sicher nicht ursprünglich dorthin bestimmt war, deren gemalter Nimbus aber auch wohl kaum dem 19. Jahrhundert angehört 3); vor allem aber sprechen dagegen die gotischen Stiegentüren, die in den 1682 errichteten Barockschranken des Westchores wieder verwendet wurden und die doch mit großer Wahrscheinlichkeit vom alten Westlettner stammen (Abb. 10): sie sind den Treppentürmen des Naumburger Westlettners außerordentlich ähnlich.
Die Türme
sind bei der barocken Versetzung etwas verändert worden: es läßt sich innen noch erkennen, daß man zwei Arkaden zugemauert hat (Abb. I i ) , so daß sie früher in einem Halbkreis geöffneter Arkaden auf beiden Seiten des Durchganges vor die Flucht der Lettnerrückwand vorsprangen, wie in Naumburg.
Auch die Proportionen und
Maße sind ähnlich wie in Naumburg; die gesamte Breite (zwischen den östlichen Pfeilern der Vierung) beträgt in beiden Fällen 10—11 m. Die Verwandtschaft mit Naumburg beschränkt sich aber nicht auf die Architektur des Lettners: Vöge und vor allem Stix stellen durch eingehende stilistische Vergleichung fest, daß sich die Skulpturen außerordentlich 4) nahestehen.
Stix
kommt dabei zu dem Schluß, daß die Mainzer Arbeiten von einem Schüler des großen Naumburgers herrühren. Mainzer Stücke.
Das Urteil wird sehr erschwert durch die Erhaltung der
Auf einer alten Zeichnung der Szenen aus dem Jüngsten Gericht
von Lindenschmitt vom August 1805 in der Mainzer Stadtbibliothek 5) sind die Ergänzungen noch nicht vorhanden; eine genaue Untersuchung der Originale bestätigt, daß diese Teile in Gips angesetzt sind.
Außerdem ist aber das Relief so
dick überschmiert und mit Ölfarbe überstrichen, daß auch von den gut erhaltenen Teilen schwer ein richtiger Eindruck zu gewinnen ist. Etwas besser steht es um die Deesis, ' ) Vgl. Stix a. a. O. S. 115, Anm. 17. Mitteilung des Herrn Professor Dr. Kautzsch, der in den »Kunstdenkmälern der Stadt Mainz« den Nachweis führen wird. 3) Stix a. a. 0. S. 123. 4) Voege a. a. 0. S. 31; Stix a. a. 0. S. 119 fi. 5) Mappe III, Nr. 232. Stix a. a. O. S. 117.
Noack, Mittelrheinische Lettner.
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die aber unter der Witterung zu leiden hat. Bei ihr ist Stix bei der Angabe der E r gänzungen durch einen Stich von Moller 1 ) zu einem Irrtum verleitet worden: Christus ist hier ohne Kopf abgebildet. Eine Untersuchung des Originals zeigt, daß der Kopf tatsächlich heruntergebrochen war; sie zeigt aber auch, daß er zweifellos alt ist, daß man ihn wohl nach einiger Zeit wieder aufgesetzt hat. Es ist außerordentlich lehrreich, gerade ihn mit dem Naumburger Christus aus dem Abendmahl zu vergleichen (Abb. 10). Wenn man versucht, in Mainz von allen Ergänzungen und Nebenerscheinungen zu abstrahieren, gewinnt man den Eindruck, daß die Mainzer Arbeiten den Naumburgern an Qualität durchaus gewachsen sind. Ich möchte sie für Werke desselben Meisters ansprechen. Wenn in Mainz besonders die Komposition hier und da etwas schwerfälliger oder unbeholfener ist, so kann man das damit motivieren, daß der Künstler noch erheblich jugendlicher war. Denn daß der Mainzer Lettner früher ist, als der Naumburger, dafür spricht auch Form und Detail der Stiegentüren, die nach den sehr viel entwickelteren Naumburgern und abhängig von ihnen nicht möglich wären. Dazu kommt, wie später noch zu zeigen sein wird, daß die von Mainz abhängigen Werke — Gelnhausen, Seligenstadt — eine Datierung der beiden Mainzer Lettner auf 1239, das J a h r der großen Domweihe, wahrscheinlich machen 2 ). Daß beide Mainzer Lettner von derselben Hand herrühren, wie Dehio 3) vermutet, erscheint bei näherer Vergleichung als gänzlich ausgeschlossen. Der Lettner der Marienkirche in Gelnhausen 4) hängt architektonisch mit dem Mainzer Ostlettner zusammen. Vor die Rückwand (Abb. 12, 13, 14), die nach dem Chor zu nur an der Brüstung durch Lisenen mit Spitzbogenfries gegliedert ist, legt sich die Bühne in drei Seiten des Sechsecks vor, mit einem quadratischen Rippen» gewölbe in der Mitte und zwei dreieckigen an den Seiten; der Gewölbeschub wird durch zwei Zugstangen abgefangen. Seitwärts führen zwei Kleebogentüren in den Chor, das Mittelfeld ist über der Altarmensa von einem sechsteiligen Rundfenster durchbrochen. Die Türgewände und vorderen Bogen sind reich profiliert. Die Kapitelle der Stützen — vorn dreiteilige, hinten einfache und doppelte Säulchen — sind mit reichem, naturalistischem Laubwerk von ausgezeichneter Arbeit verziert, ebenso die Zwickel über den Kapitellen und die Schlußsteine der Seitenjoche. Das Laubwerk der Kapitelle ist noch einreihig. In den Zwickeln der Bogen sind vier Reliefs angebracht: links die Auferstehung, dann die Seligen, die Verdammten, rechts die Hölle. Die Hölle ist ganz erneuert; das Relief wird ursprünglich, wie die andern, ') Taf. 6. J ) 3) 4) hausen.
Stix a. a. 0. S. 123. — Moller: Denkmäler der deutschen Baukunst.
Darmstadt 1821.
Tom. I,
Auch Dehio, a. a. O. S. 230, weist die frühe Datierung nicht ganz von der Hand. Dehio a. a. O. S. 229. Ludwig Bickell: Die Bau- und Kunstdenkmäler im Regierungsbezirke Kassel. Band I: Krs. GelnMarburg 1901. S. 39 ff., 70.
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Noack, Mittelrheinische Lettner.
nicht vor die Fläche vorgesprungen sein, so daß auf der als prachtvolle gotische Blattmaske ausgebildeten Konsole in Kapitellhöhe darunter eine Figur stehen konnte. Am oberen Rand der Auferstehung befindet sich eine Wolkenkonsole, aus der eine Hand mit Schriftband hervorragt; auf ihr stand, wie die Maße und Dübelreste beweisen, die Figur eines segnenden Christus, die jetzt in der Sakristei aufbewahrt wird Die gemalten Heiligenfiguren in den spitzen Blenden der Brüstung sind nach spätgotischen Resten modern restauriert. Die Treppenanlage an der Rückseite des Lettners ist nicht ursprünglich; die Bühne war anfänglich nur durch eine eiserne Leiter zugänglich, von der sich noch die Eisen'dübel auf der Mitte der Brüstung der Rückwand finden. Als Architekten des Lettners wird man denselben tüchtigen, in Burgund geschulten Meister anzusehen haben, der die Ostteile der Kirche erbaut bzw. umgebaut hat *): die Profile der Lettnerbogen und Türumrahmungen stimmen mit den Profilen der Chorarkaden und Portale überein. Den Mainzer Grundriß mußte er für die besonderen Verhältnisse in Gelnhausen reduzieren. Da er nicht genügend Raum hatte, um die Bühne in ihrer vollen Breite in den Chor einzuschieben, spannte er die Rückwand zwischen die östlichen Vierungspfeiler ein und behielt nur das quadratische Mittelfeld bei, das nun weit in die Vierung vorragt; seitwärts aber führte er durch die dreieckigen Joche die vorderen Lettnerbogen auf das Niveau der Chorpfeiler und der Lettnerrückwand zurück. Der Lettner ist in seinen Abmessungen sehr geschickt auf den Kirchenraum bemessen und in ihn eingefügt: der Gesamteindruck wird nicht durch ihn gestört, und der Chor für sich erhält durch die Abgrenzung eine wunderbare Geschlossenheit. Der Bildhauer des Lettners war ebenfalls beim Bau der Kirche selbst beschäftigt, aber erst am Schluß der frühgotischen Periode. Von ihm rühren der Schlußstein des Chores mit Efeublättern, der große Schlußstein der Vierung mit Köpfen von Winden und einige Kapitelle und Konsolen am nördlichen Querschiffportal her, darunter die Figur mit der Inschrift HEINRICH VINGERHVT 3). Die Köpfe des Mannes sind dick und rund, die Nasen bald scharf und gebogen, bald breit und flach, die Lippen wulstig, das Kinn ziemlich kräftig; die Wangenknochen treten stark hervor, die Öffnung des Auges zwischen den breiten rahmenartigen Lidern wird sehr klein; die Haare sind als dicke wattige Masse gebildet, manchmal durch parallele Riefelung belebt. Einige Gesichter zeigen das bekannte frühgotische »Grinsen« der Seligen. Das Gewand ist dick und weich, wie aus dickem Leder. Es ist ein deutliches Nachwirken der älteren Geinhäuser Tradition fühlbar 4). Im Gegensatz zu ') Auf das Vorhandensein der Figur hat mich Herr Professor Dr. Kautzsch freundlichst aufmerksam gemacht. — Konsole 3 0 : 3 2 cm; Grundfläche der Figur, sehr bestoßen, ca. 30:30; Höhe von Figur und Lettnerbrüstung 123 cm; Dübelrest am Scheitel der Figur und auf der Brüstung. *) Vgl. meine Hallische Dissertation: Die Kirchen von Gelnhausen. 3) Vgl. meine Dissertation S. 55. 4) Voege a. a. 0 . S. 30.
Halle a. S. 1912.
Noack, Mittelrheinische Lettner.
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der mäßigen figürlichen Skulptur ist das Ornament ganz ausgezeichnt, so daß man an die Tätigkeit von zwei Bildhauern denken könnte.
An der Blattmaske rechts
finden sich aber die ungeschickte Gesichtsbehandlung und die sichere und exakte Ausführung des Blattwerks an demselben Stück nebeneinander. Auch ein Vergleich mancher Einzelheiten, wie der ganzen ornamentalen Auffassung und Behandlung der Figuren mit den Ornamenten führt zu der Annahme nur eines Bildhauers.
Es
ist sehr wahrscheinlich, daß dieser Bildauer den Mainzer Westlettner gekannt hat; seine Seligen und Verdammten zeigen in der Komposition einige Verwandtschaft mit den Mainzer Reliefs. Von den Verdammten hält die erste Figur links ihr Gewand so wie der Mainzer König; die nächste Figur ist die mondäne Dame, die mit der Mainzer in Tracht, Kopfhaltung, Beinstellung und der Geste der gerungenen Hände zu vergleichen ist.
Die drei folgenden Figuren: Mönch, König, Mann mit kegelförmiger
Kopfbedeckung scheinen in ihrer Folge aus den Mainzer Seligen entnommen zu sein; an Stelle des Papstes tritt in Gelnhausen ein nicht weiter charakterisierter Mann, dessen Kopfbedeckung aber noch an die kegelförmige Tiara in Mainz erinnert; auch der Judenhut des Mannes rechts hinter dem König könnte eine Reminiszenz an die Mitra des Mainzer Bischofs sein.
Es ist anzunehmen, daß die Geinhäuser Kompo-
sitionen einige Anhaltspunkte für die verlorenen Mainzer Reliefs abgeben können; so ist in Mainz sicher die Auferstehung und die Hölle dargestellt gewesen, vielleicht auch die Himmelsburg.
Alle französischen Elemente in Gelnhausen, im Blattwerk
der Kapitelle, in der Komposition der Auferstehung mit dem Aufstehen aus den Särgen usw., können so vielleicht als Beeinflussung von Mainz erklärt werden, so daß eine direkte Berührung mit französischen Werken nicht nötig ist. Das Relief ist in Gelnhausen einfacher geworden, wie in Mainz; nur an einzelnen Stellen findet sich eine zweite Reihe angedeutet. Künstlerisch ist der Meister dem Mainzer unendlich unterlegen. Die reduzierte Form der Bühne aus drei Seiten des Sechsecks von Gelnhausen die Lettner in Seligenstadt und Schotten. erhalten.
übernehmen
Beide sind nicht mehr
In Seligenstadt wurde 1868 bei der Erneuerung der Abteikirche die am
Schluß des 17. Jahrhunderts errichtete Orgelempore am Westende des Langhauses abgebrochen I ).
Aus den Plänen der Kirche ist der Grundriß dieses Emporenunter -
baus noch ersichtlich:
er stimmte im wesentlichen mit dem Geinhäuser Lettner
überein (Abb. 17): Vorbau aus drei Seiten des Sechsecks mit einem quadratischen Joch in der Mitte und zwei Dreiecken an den Seiten. Die Stützen der Empore haben sich erhalten, sie sind beim Neubau der Westfassade in der Tauf kapeile im Erdgeschoß des Nordturmes verwendet worden, ebenso wie ein frühgotischer Schlußstein; es sind zwei einfache und vier dreiteilige Säulen, die Kapitelle mit naturalistischem Laubwerk geschmückt (Abb. 19).
Es liegt also sehr nahe zu vermuten, daß man
als Emporenunterbau im 17. Jahrhundert den alten Lettner verwendete. ' ) Georg Schäfer: Kunstdenkmäler im Kreis Offenbach. Darmstadt 1885. Kunstwissenschaft III.
S. 179. 18
Es kommt
138
Noack, Mittelrheinische Lettner.
noch dazu, daß die Ostteile der Abteikirche auch architektonisch in engstem Schul Zusammenhang mit der Marienkirche in Gelnhausen stehen l ). Links an der Rückwand, deren Gestaltung etwas unklar bleibt, ist auf dem Grundriß ein Treppenturm angegeben; die Mauerreste rechts werden zu einem zweiten' zu ergänzen sein. Diese Anordnung läßt sich nur durch die Kenntnis des Mainzer Westlettners erklären. Leider haben sich außer den Teilen in der Tauf kapeile scheinbar keine Reste erhalten; auch von den Reliefs, die doch jedenfalls vorhanden waren, keine Spur. Das meiste wird schon bei dem Umbau zur Westempore zerstört worden sein. Ursprünglich wird der Lettner zwischen den westlichen Vierungspfeilern gesessen haben, an Stelle des Chorgitters aus dem 18. Jahrhundert; vor den östlichen Vierungspfeilern, wie in Gelnhausen, wäre der Raum etwas zu schmal gewesen. — Die Rekonstruktion des Aufrisses (Abb. 18) ist von Kämpferhöhe an willkürlich. Der Lettner der Liebfrauenkirche in Schotten (Oberhessen) ist nur aus Grundriß- und Aufrißzeichnungen (Abb. 20, 21) dieser Kirche von Bayrer aus dem Jahr 1859 bekannt *). Soweit man danach urteilen kann, scheint kaum ein Zweifel möglich, daß es sich hier um ein Werk unserer Gruppe handelt. Die Skulpturen (Kruzifixus usw.), die nach den Zeichnungen am Lettner angebracht waren, sind nicht zugehörig: sie befinden sich noch in der Kirche; es sind spätgotische Holzbildwerke. Vor den spätgotischen Lettner der Stadtkirche U. L. F. in Friedberg (Oberhessen) ist in der Mitte ein quadratisches frühgotisches Ciborium mit Kreuzrippengewölbe vorgebaut. Die Profile sind mehr oder weniger verwandt oder übereinstimmend mit den Geinhäusern; die Kapitelle und Konsolen stehen der Dekoration des Mainzer Ostlettners nahe, ohne auch nur annähernd deren Qualität zu erreichen. Ob wir es hier mit einer weiteren Reduktion des Mainzer Grundrisses zu tun haben oder mit dem Rest einer umfangreicheren Anlage, bleibt unentschieden. Zum Schluß soll noch ganz kurz auf einige Datierungsfragen eingegangen werden. Der Neubau der Seligenstädter Abteikirche ist 1253 geweiht 3). Er ist abhängig von den Ostteilen der Marienkirche in Gelnhausen, die also vorher anzusetzen sind; auch aus anderen Gründen ist es bei diesen wahrscheinlich, daß sie, und mit ihnen der Lettner ^s. o.), Mitte oder Ende der 40er Jahre vollendet waren. Man kann demnach wohl auch den Seligenstädter Lettner 1253 als vollendet annehmen. Das ergibt für die beiden Mainzer Lettner eine Datierung auf rund 1240, wahrscheinlich also 1239, das Jahr der großen Domweihe. Bei der Unsicherheit der Reimser Chronologie ist von dort her schwer ein Anhalt zu gewinnen. Mit dem Naumburger Lettner, der nach der üblichen späten Datierung um 1280 angesetzt wird, •) Vgl. meine Dissertation S. 61 ff. l ) Auf diese Zeichnungen machte mich Herr Professor Dr. Christian Rauch in Gießen aufmerksam, wofür ich ihm auch an dieser Stelle danke. Für die Überlassung von Lichtpausen bin ich Herrn Geh. Baurat Professor Walbe in Darmstadt zu Dank verpflichtet. 3) Friedrich Schneider: Die Engelsglocke in Seligenstadt. Correspondenzblatt des Gesamtvereins der deutschen Geschichts- und Altertumsvereine. 22: 1874, S. 9 f.
Cohn-Wiener, Oberelsässische Madonnen.
kann man vielleicht bis gegen die Jahrhundertmitte heraufrücken.
139 Bei einer Unter-
suchung der S k u l p t u r e n der mittelrheinischen Lettner müssen daher diese beiden Punkte besonders berücksichtigt werden: das Verhältnis zu Frankreich einerseits und zu Naumburg andererseits.
ZWEI OBERELSÄSSISCHE MADONNENSTATUEN. VON
E R N S T COHN-WIENER. Mit 4 Abbildungen.
U
nter den bisher unbekannten Skulpturwerken, deren Auffindung im Oberelsaß gelang, waren mit die wichtigsten zwei Steinmadonnen; nicht nur weil ihre
künstlerische Qualität sehr hoch ist, sondern weil sie zugleich sehr geeignet sind,
Abb. 1.
Madonna im Rufacher Stadtarchiv, 18*
Cohn-Wiener, Oberelsässische Madonnen.
Abb. 3.
Madonna in Gebweiler.
Abb. 4.
K l u g e Jungfrauen vom südlichen Westportal des Straßburger Münsters.
die oft beklagte Lücke, daß dem Elsaß monumentale Madonnenstatuen des 13. und 14. Jahrhunderts gänzlich fehlen, wenigstens teilweise auszufüllen. Im Archivraum des Rufacher Rathauses wird eine sitzende Madonna aus grauem Sandstein aufbewahrt, die, gekrönt und in Schleier und Mantel gehüllt, dem Kinde einenApfel reicht (Abb. 1). Die feine seelische Belebtheit des Kopfes gibt dem genrehaften Motiv seine innerliche Motivierung, auch die Gewandung ist äußerst differenziert durchgearbeitet. Das Stück ist, trotzdem der Kopf des Kindes fehlt, von allererstem Rang. Vergleicht man es mit der sitzenden Madonna im Relief der Anbetung der drei Könige über der Sakristeitür des Freiburger Münsters (Abb. 2), so ergibt sich eine vollkommene Stilidentität (Abb. 2). Die Falten fallen in denselben breiten Lappen von den Knien über die Schenkel herab, um kurz über den Füßen mit messerscharfem Vertikalschnitt nach vorn umzubrechen. Zwischen den Knien bleibt ein Stoffdreieck scharf umgrenzt, in dem die Falten tütenartig zugespitzt hinabhängen. Beide Gesichter haben dieselbe Form, ebenso wie die Kronen über ihnen. Allerdings
Cohn-Wiener, Oberelsässische Madonnen.
141
ist die Rufacher Madonna die bessere Arbeit, Da das Freiburger Relief etwas älter als die Hauptmasse der dortigen Skulpturen ist, wird auch die Rufacher Madonna noch dem Ende des 13. Jahrhunderts angehören. Das zweite Werk ist eine lebensgroße, stehende, gekrönte Madonna mit dem Kind aus grauem Sandstein (Abb. 3), die in der Südostecke des Dominikanerkreuzganges in Gebweiler steht, wohin sie aus einem Wirtshaus derselben Stadt verbracht w7orden sein soll. Ihr Stil ist nahezu identisch mit dem der Klugen Jungfrauen am südlichen der drei Westportale des Straßburger Münsters (Abb. 4). Gesichtstypus wie Faltenwurf sind dieselben, der Schleier ist als breiter Tuchlappen in langen, schmal ausgezogenen Falten über den Oberkörper hinweggeführt, darunter fällt das Gewand in ebenso lang ausgezogenen, gelegentlich eingeknüllten Röhrenfalten auf die Füße. Der eine Fuß, der abgebrochen war, ist leider sehr plump als auf Rand gearbeiteter Stiefel ergänzt worden. Auch dieses Stück wird also um die Wende des 13. Jahrhunderts entstanden sein. Es ist charakteristisch, daß sich in zwei oberelsässischen Orten, die weniger als zwei Meilen voneinander entfernt sind, die Bildhauerschulen der beiden großen benachbarten Kathedralen so energisch gegeneinander abgrenzen lassen. Im 14. Jahrhundert ist das Land künstlerisch sehr viel selbständiger geworden.
III. DENKMÄLERBERICHT
Taf. I
III. DKNKMÄLERHERICHT
Taf. II
III. DENKMÄLERBERICHT
Taf. III
i n . 1) KX K MÄI,ERBERICHT
Taf. IV
IIL DENKMÄLERBERICHT
Taf. V
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III. DENKMÄLERBERICHT
Taf. VII
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Taf. VIII
IH. DENKMÄLERBERICHT
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III. DENKMÄLERBERICHT
Taf. X
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III. I)KNKMÄT,ERBERICHT
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III. DENKMÄLERBERICHT
Taf. XVII
III. DENKMÄLERBERICHT
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Taf. XXIIí