Bericht über die Arbeiten an den Denkmälern deutscher Kunst: 1 [Reprint 2017 ed.] 9783111433219, 9783111067698


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German Pages 80 [84] Year 1911

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VORWORT
SEKTION I: ARCHITEKTUR
SEKTION II: SKULPTUR
SEKTION III: MALEREI
SEKTION IV: KUNSTGEWERBE
NACHTRAG ZUM BERICHT ÜBER DIE KAROLINGISCHEN MINIATUREN
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Bericht über die Arbeiten an den Denkmälern deutscher Kunst: 1 [Reprint 2017 ed.]
 9783111433219, 9783111067698

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DEUTSCHER VEREIN FÜR KUNSTWISSENSCHAFT =

E I N G E T R A G E N E R VEREIN

ERSTER BERICHT

ÜBER DIE ARBEITEN AN DEN

DENKMÄLERN DEUTSCHER KUNST

B E R L I N J91I IN KOMMISSIONSVERLAG BEI GEORG REIMER

=

VORWORT

U •

·

ber die bisher geleistete Arbeit an den »Denkmälern deutscher Kunst« hat der zweite Jahresbericht des »Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft« einige

Mitteilungen gebracht. Es wurde alsbald der Wunsch laut, daß sie künftig noch weiter ausgedehnt und wegen ihrer Bedeutung für die Forschung auch denen durch den Buchhandel zugänglich gemacht werden möchten, die dem Verein nicht angehören.

Obwohl der im Verhältnis zu den Leistungen des Vereins gering bemessene

Mindestbeitrag von zwanzig Mark für das Jahr es jedem ermöglichen sollte, ihm beizutreten, der an der Geschichte der deutschen Kunst und ihrer Erforschung Anteil nimmt, hat die mit der Leitung der Arbeiten betraute Kommission geglaubt, sich der Erfüllung dieser Wünsche nicht entziehen zu dürfen. Sie beabsichtigt, in zwangloser Folge Berichte herauszugeben, und schließt in dem ersten, der hiermit der Öffentlichkeit vorgelegt wird, alles zusammen, was bisher zu sagen war, so daß also auch diejenigen, die nicht im Besitz des zweiten Jahresberichtes sind, eine Übersicht über die Arbeiten von ihrem Anfang an bekommen werden.

Die Kommission zur Bearbeitung der Denkmäler deutscher Kunst.

SEKTION I: ARCHITEKTUR. 6. A B T E I L U N G :

KIRCHENBAU DES 17. UND 18. JAHRHUNDERTS. BERICHT, ERSTATTET VON DEM

ABTEILUNGSLEITER DIREKTOR DR. G U S T A V V O N

N

BEZOLD.

ach dem Dreißigjährigen Kriege beginnt in allen deutschen Landen eine lebhafte Tätigkeit im Kirchenbau, die sich im Laufe des 18. Jahrhunderts ins

Unabsehbare steigert.

Es ist im voraus klar, daß die Aufnahme all dieser Kirchen

in die »Denkmäler der deutschen Kunst« unmöglich ist. Sie ist auch nicht notwendig, denn neben den großen Kirchen, welche teilweise an freier und reicher Raumgestaltung zum Höchsten gehören, was die deutsche Baukunst hervorgebracht hat, und neben reizvollen kleinen Bauten, stehen einfache Typen, welche mit geringen Abänderungen unendlich oft wiederholt werden.

Auch zahlreiche mittelalterliche Kirchen sind

durch Umbau oder Umhüllung mit moderner Dekoration dem Stil der Zeit angeeignet worden.

Wenn sich viele dieser Umgestaltungen auf das Dekorative beschrän-

ken und selbst darin oft unzulänglich bleiben, so greifen andere kräftig in den architektonischen Rhythmus der Räume ein und haben selbständige künstlerische Bedeutung. So zwingen äußere und innere Gründe zu einer Auswahl der aufzunehmenden Denkmäler, zu einer Beschränkung auf das künstlerisch und historisch Bedeutende. Meine Tätigkeit war zunächst darauf gerichtet, Klarheit über die historische Entwicklung zu gewinnen.

Das erfordert einen Überblick über das gesamte Material.

E s wurde ein Zettelkatalog angelegt.

Für denselben sind die Kunstinventare Deutsch-

lands, Österreichs und Böhmens sowie die Literatur allgemeinen Inhalts durchgearbeitet; Zeitschriften und Monographien müssen noch ausgezogen werden.

Bei

der Bearbeitung dieses Katalogs ist das ganz Unbedeutende schon ausgeschieden worden.

Das Material, welches ausgewählt ist, wird nach seinen historischen Zu-

sammenhängen gruppiert.

Es ist so reichhaltig, daß bei der speziellen Bearbeitung

der einzelnen Gruppen noch Ausscheidungen vorgenommen werden können, wie überhaupt die endgültige Auswahl der aufzunehmenden Denkmäler erst in diesem Stadium der Bearbeitung getroffen werden kann. Die Publikation ist als eine reine Quellenpublikation gedacht, welche einer zusammenfassenden historischen Arbeit das Material nach der archivalischen wie Kunstwissenschaft.

χ

v. Bezold, Die Barockkirchen.

2

nach der künstlerischen Seite wohl vorbereitet darbieten soll.

In ersterer Richtung

ist zu sammeln und kritisch zu prüfen, was sich über die Geschichte der Denkmäler und über die Biographie der Meister und über ihr gegenseitiges Verhältnis (Schul zusammenhänge) ermitteln läßt.

Allgemeinere baugeschichtliche Erörterungen sind

nur soweit zu geben, daß die Stellung der einzelnen Gruppen im Entwicklungsgang der Baugeschichte fixiert und die Gründe für ihre Abgrenzung dargelegt werden. Ferner werden Baubeschreibungen gegeben. Die Denkmäler werden geometrisch und photographisch aufgenommen.

Die

geometrische Aufnahme hat in erster Linie die Dimensionen und Proportionen der Gebäude zu veranschaulichen und weiterhin die im engeren Sinne architektonische Gliederung.

Nun drängt sich bei den Kirchen des 17. und noch mehr bei denen des

18. Jahrhunderts die Dekorative oft sehr ungestüm vor.

Soll sie die Hauptziele der

geometrischen Aufnahme nicht verdunkeln, so muß die Darstellung vereinfachen und das, was die Übersichtlichkeit stört, zurücktreten lassen oder ganz unterdrücken. D a s architektonische Gerüst wird im Grundriß wie in den Höhen genau vermessen und nach diesen Messungen im Maßstabe von I : 50 oder 1 : 75 aufgetragen. zeichnerischen Ausführung werden Photograapien zu Hilfe genommen.

Zur

Von den

Ausstattungsstücken, Altären, Kanzeln usw. werden nur einige Hauptmaße genommen und das Einzelne nach Photographien eingezeichnet.

Hier wie bei der

Stuckdekoration der Wände und Gewölbe muß die vereinfachende Darstellung angewandt werden.

Die Zeichnungen werden in kräftigen Linien ohne Angabe von

Schatten ausgeführt.

Die Art der Darstellung gestattet die für die Publikation

nötige Verkleinerung der Zeichnungen. werden durch Photographien ergänzt.

Die zeichnerischen geometrischen Aufnahmen Die Photographien müssen das Raumbild

des Inneren im ganzen und in einzelnen Teilen, den Zusammenklang von Architektur und Ausstattung, das dekorative Detail und die Gruppierung des Äußeren veranschaulichen. Die Vermessung und Aufzeichnung der Kirchen ist eine langwierige Arbeit, und die Bearbeitung der ganzen Abteilung der Kirchen des 17. und 18. Jahrhunderts wird Dezennien in Anspruch nehmen.

Deshalb wurde sofort mit den Aufnahmen

begonnen und die Publikation der Kirchen des Münchener Baumeisters Michael F i s c h e r

in Angriff genommen.

Johann

E s zeigte sich aber bald, daß das Pro-

gramm dahin zu erweitern ist, daß außer den Kirchen Fischers auch die der anderen gleichzeitigen Münchener und bayerischen Architekten in die erste Publikation aufgenommen werden. Der Ubergang von dem italisierenden Barock zum Rokoko beginnt in München unter Josef E f f n e r ,

der, in Paris gebildet, 1 7 1 5 Hofbaumeister des Kurfürsten

Max Emanuel wurde und als Kunstintendant eine einflußreiche Stellung einnahm. Zu vollem Durchbruch gelangt aber das Rokoko erst durch F r a n ç o i s

Cuvilliés.

Auch Cuvilliés war in Paris gebildet und hatte von da ein sicheres, geschultes Können

3 in der Architektur und besonders in der architektonischen Dekoration mitgebracht. Neben

Effner

und

Cuvilliés

M i c h a e l F i s c h e r tätig.

sind

Josef

Gunezrhainer

und

wahren die Wessobrunner J o h a n n S c h m u z e r und D o m i n i k u s eine

achtenswerte

Fischer bung

und

Selbständigkeit.

Im Kirchenbau

Dominikus Zimmermann

der beiden

ist

Fischer

Klarheit

gestört wird. möglich

ist,

und

Ruhe,

die

Seine Neigung weiß er

auch

durch gehört

bei

hat

Tätigkeit. ein seltenes

Reichtum

der

frei gestalteten

Langbauten durch

vornehme

Gestaltung

des

Die

Bega-

Gefühl

Ausstattung Zentralbau;

Querschiff

zentrales Element einzuführen und zur Geltung zu bringen. ist auf

Michael für

In seinen Raumgestaltungen waltet

allen dem

Zimmermann

entfalten Johann

die umfassendste

grundverschieden.

innere Größe und Schönheit des Raumes. eine

Johann

Unter den außerhalb Münchens lebenden Baumeistern

wo

und Vierung

es ein

Aber seine Begabung

Innenraumes beschränkt,

Bauten erhebt sich selten über ein gutes Mittelmaß.

nicht

das

Äußere

seiner

W e n n Fischers Walten von

einer immanenten Gesetzmäßigkeit beherrscht ist, ergeht sich Dominikus Zimmermann in genialer, an Willkür streifender Freiheit. etwas Berauschendes.

Die Werke seiner reifen Zeit haben

Die H a u p t w e r k e dieser großen bayerischen Baumeister zählen

zum Bedeutendsten, was der Kirchenbau des 18. Jahrhunderts geleistet hat; sie gehen an großer und freier R a u m g e s t a l t u n g weit über das hinaus, was in Italien und Frankreich erreicht worden ist, und nehmen selbst im Kirchenbau aller Zeiten eine sehr hohe Stelle ein. Fischer soll zweiunddreißig Kirchen gebaut haben.

E r war indes nicht nur

Architekt, sondern auch Bauunternehmer, der die E n t w ü r f e anderer ausführte.

So

wird erst die archivalische Arbeit, welche im Sommer 1911 beginnen wird, über den U m f a n g seines Werkes A u f s c h l u ß bringen. Als sichere Arbeiten Fischers kann ich bis jetzt II Kirchenbauten bezeichnen, St. A n n a in München 1 7 2 7 — 1 7 3 7 , Diessen 1729—1739

Berg am L a i m

Benediktbeuren,

1737—1781,

1750—1758,

Bichl um

Zwiefalten

1738—1765, St. Anastasia in

1750, Ottobeuren,

1753—1766,

Sigmers-

hausen 1755, R o t t am Inn 1 7 5 9 — 1 7 6 3 , Altomünster 1 7 6 3 — 1 7 7 3 und den Regularchor in Niederaltaich;

als zweifelhaft, aber wahrscheinlich

Ingolstadt 1739, Dietramszell 1729—1744, Reinstetten

die Franziskanerkirche

in

in Württemberg 1740

als

möglich, aber nicht wahrscheinlich Schönbrunn bei D a c h a u 1 7 2 3 — 1 7 2 4 von Effner) und Unering 1731.

(vielleicht

Endlich ist nicht ausgeschlossen, daß er auch auf die

Gestaltung des Langhauses v o n Schäftlarn Einfluß gehabt hat.

Ob er schon in seiner

Heimat Burglengenfeld in der Oberpfalz selbständig gebaut hat, ist zu untersuchen. F ü r die zeichnerischen A u f n a h m e n ist der Regierungsbaumeister Wilhelm K ä b in München, ein Schüler und ehemaliger Assistent v o n Professor Friedrich Thiersch, gewonnen worden. im Jahre 1910 fortgesetzt.

von

Die Arbeiten begannen im Herbst 1909 und wurden Bis jetzt sind aufgenommen die Kirchen in Berg am

L a i m (5 Blätter), Diessen (5 Blätter), Zwiefalten (5 Blätter), St. Anastasia in BeneI*

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

4

diktbeuren (2 Blätter), Ottobeuren (4 Blätter), Sigmershausen (3 Blätter), Reinstetten (3 Blätter) und Schönbrunn (3 Blätter). Auf einer Studienreise durch das südliche Württemberg und Bayern habe ich etwa fünfzig photographische Aufnahmen gemacht, welche zunächst für Studienzwecke bestimmt sind, von welchen aber ein Teil auch für die Publikation verwendet werden kann.

7. A B T E I L U N G :

DIE MITTELALTERLICHEN PROFANBAUTEN. DIE KAISERPFALZEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM A B T E I L U N G S L E I T E R PROFESSOR D R . P A U L

CLEMEN.

A l s erste große Veröffentlichung aus dem Gebiete der deutschen Profanbauten r \

war die Publikation der mittelalterlichen Kaiserpfalzen in Aussicht genommen

worden.

Während für andere Gebiete des Profanbaus in den letzten beiden Jahr-

zehnten das Material in größerem Umfange zusammengetragen und gesichtet worden ist, für die Burgen durch durch S t i e h l

Piper.

Ebhardt

und L e h m g r ü b n e r ,

werk des Deutschen Architekten

und andere, für die Rathäuser

für das Bauernhaus durch das Sammel-

und Ingenieurvereins, während für das städtische

Wohnhaus durch denselben Verein auf Anregung des Tages für Denkmalpflege eine große systematische Sammlung vorbereitet wird, fehlte es für die historisch wie kunstgeschichtlich gleich wichtige Gruppe der Pfalzen an einer einheitlichen Bearbeitung und mehr noch an eingehenden Einzeluntersuchungen und genauen Aufnahmen, so oft auch in wissenschaftlichen wie populären Werken Abbildungen gegeben waren. Die von dem Deutschen Verein für Kunstwissenschaft unternommene Veröffentlichung der Kaiserpfalzen konnte nur dann eine Berechtigung haben, wenn in diesem Quellenwerk mustergültige Aufnahmen geboten wurden.

Es mußten

darum alle hier in Betracht kommenden Denkmäler völlig neu aufgenommen werden und die Hauptpartien mit einer Genauigkeit, wie sie bisher nur antiken Denkmälern gegenüber üblich gewesen war, mit Einmessung und Einzeichnung eines jeden Quaders.

In Aussicht genommen ist so zunächst die Aufnahme der großen früh-

mittelalterlichen Pfalzen, von Aachen, Ingelheim, Nymwegen, Goslar, Gelnhausen, Eger, Kaiserswerth, Wimpfen, Seligenstadt vor allem.

Uber die Abgrenzung des

Stoffes, das Hineinbeziehen verwandter romanischer Profananlagen, über die Behandlung der kleineren Pfalzen soll später berichtet werden.

Für die größeren

Pfalzen ist eine monographische Bearbeitung durch verschiedene Gelehrte in Aus-

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

5

sieht genommen. Die Feststellung all der zerstreuten, verschwundenen und zum Teil untergeordneten Pfalzen und Königshöfe der frühmittelalterlichen Zeit, die C o n r a d P l a t h schon vor zwei Jahrzehnten zusammengestellt hatte, kann aber nicht die Aufgabe unserer Quellenpublikation sein. Als unentbehrliche Vorbedingung erschien nun aber, zumal bei den frühesten Pfalzen, zur Herstellung genauer Aufnahmen und zur Feststellung des ursprünglichen Umfangs das Einsetzen des Spatens. Ohne Ausgrabungen würden die Aufnahmen in den meisten Fällen notwendig unvollständig bleiben müssen. Bei einzelnen Pfalzen wird es sich um systematische Ausgrabungen handeln, bei andern wird man sich mit Versuchsgrabungen und Ergänzungsgrabungen zur Feststellung früherer Untersuchungen begnügen müssen. Man darf aber vor dem Umfang und auch vor den Kosten dieser Arbeiten nicht zurückschrecken. Was bei dem kleinsten und unbedeutendsten Grenzkastell des römischen Limes als selbstverständlich angesehen worden ist, das dürfte auch bei der Untersuchung dieser wichtigsten deutschen Profandenkmäler des Mittelalters, die die monumentalen Urkunden unserer deutschen Kaisergescliichte darstellen, als billige Forderung erscheinen. Die Untersuchung durch den Spaten schien vor allem notwendig für die Feststellung des Umfanges der karolingischen Kaiserpfalzen. Als die wichtigste tritt hier A a c h e n als Hauptresidenz Karls des Großen und das eigentliche politische Zentrum des karolingischen Weltreiches auf. Eine systematische Untersuchung des Aachener Kaiserpalastes ist niemals vorgenommen worden; nur eine Reihe von Beobachtungen innerhalb eines Zeitraumes von fast einem halben Jahrhundert haben ein vorläufiges Bild von dem Umfange gegeben können. Dann hat in verschiedenen Jahren, zuletzt im Jahre 1896, die städtische Verwaltung auf dem Katschhofe, nördlich von dem Münster, Grabungen veranstaltet, die sehr wichtige und bedeutsame Resultate ergeben haben. Die Untersuchung mußte aber wegen Mangel an Mitteln vorzeitig abgebrochen werden und die Veröffentlichung des Befundes unterbleiben. Die Beschreibung, die J . H. K e s s e l und C. R h o e η von der karolingischen Pfalz zu Aachen gegeben haben, schließt sich noch zu eng an den eigentlichen Kaisersaal, die Aula regia, das heutige Rathaus, an, erst R h 0 e η gab dann acht Jahre später einen Plan von der ganzen Anlage zwischen Münster und Rathaus, in dem er die in verschiedenen Zeitabschnitten beobachteten Mauerzüge zum Teil willkürlich miteinander verband. Auf seinem Plane beruht dann der von Franz v o n R e b e r gebrachte Grundriß des karolingischen Palastes zu Aachen 1 ). Das Rathaus zu Aachen hatte unterdessen im letzten Jahrzehnt des 19. Jahr' ) J . H. K e s s e l zu A a c h e n :

und

Karl

Rhoen,

Beschreibung und Geschichte der karolingischen Pfalz

Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins I I I , 1 8 8 1 , S. 1. — K a r l

lingische Pfalz zu Aachen,

Aachen 1889. — F r a n z

von

Reber,

Rhoen,

Die karo-

Der karolingische Palastbau

II,

der Palast zu Aachen: Abhandlungen der Kgl. bairischen Akademie der Wissenschaften I I I . K l . Bd. X X I I , I, München 1892.

6

' Clemen, Die Kaiserpfalzen.

hunderts einen vollständigen Umbau und Ausbau erfahren, bei dem auch die ältesten Reste erneut beobachtet werden konnten, und die Ausschmückungsarbeiten und Instandsetzungsarbeiten am Münster hatten ebenfalls die Möglichkeit der Beobachtung einer Reihe von wichtigen Tatsachen gegeben.

E s erschien aber eine umfäng-

liche generelle Untersuchung notwendig, um diese Untersuchungen zu ergänzen und miteinander in Verbindung zu bringen.

Die Gelegenheit hierzu bot die bevorstehende

Anbringung eines neuen kostbaren Fußbodens in opus alexandrinum im karolingischen Oktogon des Münsters.

Wenn dieser Boden einmal verlegt war, würde das

Innere des Münsters voraussichtlich auf unabsehbare Zeiten der Beobachtung ganz entzogen sein.

E s mußte also darnach gestrebt werden, vor dem Beginn dieser

Arbeit die nötigen Untersuchungen durchzuführen.

In Verbindung damit ergab

sich dann auch die Möglichkeit, im weiteren Umfange des Münsters und zunächst an den frühmittelalterlichen Teilen zu graben.

Die rheinische Provinzialverwaltung

bewilligte hierfür im J a h r e 1910, auf den Antrag des Unterzeichneten hin, zunächst 12 OOO M. und im März 1 9 1 1 noch einmal 3400 M.

Die Untersuchungen sind unter

der wissenschaftlichen Oberleitung des unterzeichneten Provinzialkonservators durch den Karlsverein durchgeführt worden, der seinerseits wieder eine Kommission eingesetzt hat, bestehend aus dem Herrn Regierungs- und Geheimen Baurat Κ o s b a b als dem obersten Leiter der Bauarbeiten am Münster, Herrn Geheimen Frentzen, kremer,

Herrn Geheimrat Prof. Dr. M a x

Herrn Museumsdirektor

meister E r i c h

Schmidt.

Schmid,

Schweitzer

Herrn Prof.

Baurat Buch-

und Herrn Regierungsbau-

Der letztere hat als örtlicher Leiter die Ausgrabun-

gen in umsichtiger Weise beaufsichtigt und die Beobachtungen festgehalten.

Über

den Erfolg dieser Ausgrabungen wird in einer der nächsten Nummern dieser Berichte Nachricht gegeben werden.

Hier sei nur. erwähnt, daß die Ausgrabungen im Münster

schon zu sehr wichtigen Resultaten geführt haben. Zwei große römische Anlagen aus verschiedenen Zeiten ziehen sich unter dem Boden desOktogons hin, die dann nördlich des Münsters auf dem Katschhofe die Fortsetzung

finden.

F ü r die Art der Funda-

mentierung des ganzen Unterbaus, die Anschlüsse, die ursprüngliche Form des karolingischen quadratischen Chores, die ehemalige Lage des Hauptaltars, haben sich wichtige Resultate ergeben. fortgesetzt werden.

Die Ausgrabungen werden in diesem Sommer noch

Ein offizieller Bericht wird dann in dem 16. Jahresbericht der

rheinischen Provinzialkommission für die Denkmalpflege erscheinen; das gesamte sehr umfangreiche Fundmaterial soll später in der Zeitschrift des Aachener Geschichtsvereins vorgelegt werden. Als zweite Arbeit erschien die Untersuchung der karolingischen Kaiserpfalz zu Nymwegen H um a ηη

und

notwendig. Ρ 1 a t h r)

Nach

den deutschen

Arbeiten

von

Hermann,

hat die Stadtverwaltung von Nymwegen im letzten

*) H e r m a n n , Der Palast Kaiser Karls des Großen in Nymwegen : Jahrbücher des Vereins der Altertumsfreunde im Rheinlande L X X V I I , 1884, S. 88. G. H u m a n n , Der Zentralbau auf dem Valkhofe

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

Jahrzehnt dieses Jahrhunderts

7

die Untersuchung erneut in Angriff

damals unter Beteiligung von C o n r a d bloßgelegt und beobachtet hatte.

Plath,

genommen,

der insbesondere die Pfalzkapelle

Die Arbeit ist dann durch den Stadtbaurat von

Nymwegen, Herrn W e ν e , der seit H/j Jahrzehnten diesem wichtigen Denkmale seine ganze Aufmerksamkeit geschenkt hat, in unablässiger Arbeit weitergeführt worden.

Mustergültige, mit höchster Akribie hergestellte Aufnahmen aller Teile

und aller Details liegen von ihm vor.

Auch hier erschien es aber notwendig, den

Spaten einzusetzen, um den Umfang der ursprünglichen Anlage und die Verbindung der jetzt aufstehenden Mauerteile festzustellen.

Eine Einigung mit Herrn W e ν e

ist im Laufe des vorigen Jahres herbeigeführt worden, nach der die erfreuliche Aussicht besteht, daß dieser hervorragende Kenner den Nymwegen betreffenden Abschnitt in dem Pfalzenwerk publizieren wird. Weitere Ausgrabungen sind dann in diesem Frühjahr erfolgt, zunächst im Anschluß an die sogenannte Apsis Friedrich Barbarossas, die bereits im vorigen Frühjahre bis auf ihren ursprünglichen Boden ausgegraben und freigelegt worden war.

Die jetzigen Ausgrabungen hatten den

Zweck, den Umfang des großen, sich quer vor die Apsis legenden Saalbaus festzustellen. E s ergab sich dabei, daß nach der Schleifung der Veste und der Pfalz im J a h r e 1796, bei den Abbruchsarbeiten, um das kostbare Tuffmaterial für die Bereitung von Trass zu gewinnen, der Boden so gründlich umgewühlt worden war, daß nichts mehr als die Gruben zu verfolgen sind, die aber doch den Zug der Mauern erkennen lassen. Selbst von dem voraussichtlich doch am tiefsten fundamentierten rechteckigen Riesenturme sind nur die Fundamentgruben noch gefunden worden.

Auch über diese

Arbeit wird später noch zu berichten sein. Endlich war eine systematische Untersuchung von vornherein notwendig in I n g e l h e i m , wo man ohne eine solche unmöglich zu festen Anschauungen kommen konnte.

Die letzte, vor schon 20 J a h r e n in der Westdeutschen Zeitschrift für Ge-

schichte und Kunst publizierte Abhandlung des unterzeichneten Abteilungsleiters hatte bereits die Notwendigkeit gezeigt, den Spaten einzusetzen *). Der Deutsche Verein für Kunstwissenschaft hat sich deshalb an die großherzoglich hessische Regierung gewandt und mit dieser gemeinsam die Untersuchung eingeleitet. Die hessische Regierung hat diesem Plane das weitgehendste Interesse entgegengebracht.

Dank den persönlichen Bemühungen des Chefs der großherzoglichen B a u -

abteilung, des Geheimen Rats

Freiherrn

bei Nymwegen : Zeitsch. f. christliche Kunst 1892, te Nymegen en de nieuwste opgravingen,

von

Biegeleben,

wurde f ü r

S. 2 8 1 ; 1896, S. 55. — K o n r a d P l a t h , Het Valkhof

Amsterdam

1898. —

Ders. i. d. Deutschen Rundschau

XXI,

1895, S. 1 1 7 . — Bibliographie in dem Repertorium Noviomagense, Nijmegen 1906, S. 1 2 . *) P. C l e m e n ,

Der karolingische Kaiserpalast in Ingelheim:

schichte und Kunst I X , 1890, S. 5 4 — 1 4 8 .

Vorher C o h a u s e n ,

bildungen von Mainzer Denkmälern V , Mainz 1 8 5 2 . — P h i l i p p

Westdeutsche Zeitschrift für Ge-

Der Palast Karls des Großen in A b Strigler

im Korrespondenzblatt

des Gesamtvereins der deutschen Geschichts-und Altertumsvereine X X X I , 1883, S. 73 und in der Deutschen Bauzeitung X X I ,

1887, S. 36.

8

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

die örtliche Leitung der Arbeiten Dr. C h r i s t i a n R a u c h — der mit den In· ventarisationsarbeiten im Kreise Bingen beschäftigt war — delegiert, für die zeichnerischen Aufnahmen Regierungsbaumeister H i e r o n y m i . Die Arbeiten erfreuten sich der Unterstützung durch den Leiter des hessischen Denkmälerwerkes, Prof. Dr. R u d o l f K a u t z s c h , und der dauernden Förderung durch das großherzogliche Kreisamt, die Stadtgemeinde Ingelheim, den Geschichtsverein und die evangelische Gemeinde zu Ingelheim. An der ersten Kampagne im Herbst 1909 beteiligte sich freiwillig in dankenswerter Weise Dr. C o n r a d P l a t h ; außerdem war für diese Zeit zur geschäftlichen Leitung und zur Herstellung der Aufnahmen durch den Unterzeichneten der Architekt J u l i u s M ü l l e r delegiert. Die Ausgrabungen erfolgten unter der Oberleitung des unterzeichneten Abteilungsleiters als des Beauftragten des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft, der die gesamten Kosten übernahm. Die örtliche Leitung der eigentlichen Grabungen lag in den Händen des Dr. C h r i s t i a n R a u c h , dem auch die Bearbeitung des Abschnittes über Ingelheim in dem künftigen Pfalzenwerk übertragen wurde. Durch den Regierungsbaumeister H i e r o n y m i , unterstützt durch den Architekten M ü l l e r , sind mustergültige zeichnerische Aufnahmen aller architektonischen Reste hergestellt worden; außerdem sind die bloßgelegten Partien in den verschiedensten Stadien der Ausgrabung photo graphisch festgehalten worden. Die Ausgrabungen selbst erfolgten in zwei Abschnitten, vom 1. Oktober bis 15. November 1909 und vom 21. März bis 21. April 1910, und vom 5. Oktober bis 18. November 1910. Das vorläufige Resultat wird durch den beigegebenen Plan klar gemacht, in dem bei der Kleinheit des Maßstabes die verschiedenen Mauerzüge (ohne Unterscheidung ihres zeitlichen Ursprungs) alle tiefschwarz angegeben sind. Die heute aufstehenden Mauerreste zeigt die Abbildung 2 I ). Der bislang vor allem bekannte Teil der Kaiserpfalz war der sogenannte Saal, die Basilika, die an der Westseite des hochgelegenen Terrains der ehemaligen Pfalz nach der Rheinseite zu gelegen war. Hier stand ein Teil der Ostmauer und ein Teil der Apsis (Grundriß 1) noch in aufgehendem Mauerwerk da. Diese Basilika, die zur Hälfte von einem aufgegebenen Judenkirchhof eingenommen war, zur andern Hälfte sich in Privatbesitz befand, wurde zunächst in Angriff genommen. Es wurde festgestellt, daß die nördlichen inneren Endpunkte der Apsis durch eine Quermauer verbunden sind, die die eigentliche Concha abschließt. In der Apsis selbst wurden die Reste der alten Fußbodenunterlage und der alte Wandputz entdeckt. Die Fußbodenunterlage bestand aus einem unmittelbar auf den aufgeschütteten Erdboden aufgebrachten Kalkestrich von durchschnittlich 25 cm Stärke. Weiterhin ward *) E i n erster Bericht von R a u c h und von

Clemen

im Römisch-germanischen Korrespondenzblatt I I I , 1 9 1 0 , S. 6 5

im I. Bericht über die Tätigkeit des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft in den

J a h r e n 1909 und 1 9 1 0 , S. 8. — E i n französischer Bericht von demselben erscheint gleichzeitig in der R e v u e de l'art chrétien.

1911.

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

9

IO

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

auch die westliche Längsmauer der Basilika (3) nach dem Rhein zu unter der A u f schüttung und der darauf gesetzten Futtermauer aufgedeckt.

Als ihr äußerer süd-

licher Eckquader war das Sandsteinwerkstück einer großen römischen Ara aus dem ersten Jahrhundert n. Chr. verwandt worden.

In der Achse des schon länger be-

kannten Portals der gegenüberliegenden Ostmauer (5) fand sich eine Öffnung von den gleichen Abmessungen (6) von 2,20 m im Lichten, von Quadraten eingefaßt, die zum Teil die frühere Verwendung zeigen.

Den alten Zustand dieses Portals zeigt

die Abbildung, die S c h ö ρ f 1 i η im J a h r e 1776 gegeben hat 5).

Diese beiden Por-

tale liegen genau in der Mittelachse der heute noch östlich von dem Saale gelegenen Remigiuskirche. plexes an.

Sie geben so die Längsrichtungslinie des ganzen Gebäudekom-

E s ist wohl anzunehmen, daß noch westlich vor der Basilika weitere

Bauten lagen, zu denen das genannte Portal (6) hinführte.

Im Inneren der Basilika

wurden dann die Mauerfundamente 7 und 8 in der halbkreisförmigen Apsis aufgedeckt, sowie die Anlage der Stufen, die zu dem Hochsitze in der Tribuna führten. E s ist wohl anzunehmen, daß jene Fundamente 7 und 8 Stützen getragen haben, die das Haupt- und Nebenschiff scheiden.

In einer Tiefe von 1 , 1 9 m ward in der

Apsis eine Brandschicht von etwa 6 cm Stärke entdeckt.

Durch eine 15 cm hohe

Schuttschicht getrennt, lag darüber eine etwa 8 cm starke Schicht zerbrochener Schieferplatten, über diesen wieder eine 40 cm starke Schuttschicht.

Nach dem

Vorkommen von Schiefer scheint aber das hier verbrannte Dach einer späteren Konstruktion anzugehören.

Von der inneren Ausstattung sind sonst nur ganz dürftige

Reste gefunden, ein Gesimsstück aus feinem Kalkstein, zwei kleine Fragmente einer im angetragenen Stuck geschnittenen Verzierung und endlich Reste von kleingeschlagenen Stücken des Wandputzes mit Spuren von Wandmalerei in R o t und Schwarz. Ermoldus Nigellus, der uns aus der Zeit Ludwigs des Frommen eine eingehende, leider nur allzu poetische Schilderung des Palastes hinterlassen hat, gibt einen ungefähren Begriff von der Gesimtdisposition: zwischen der Basilika, dem Königssaale, der Aula regia und der Pfalzkapelle befand sich nach ihm ein großes Atrium. Atrium, das schon

Cohausen

Dieses

vermutet und das ich seinerzeit rekonstruiert

hatte, ist nun bei der Ausgrabung festgestellt worden (10, 1 1 , 12), es hatte die Form eines großen Quadrats. In der Ostecke wurde ein quadratischer R a u m (13) aufgefunden mit einer Apsis, die durch den Schlitz eines Wasserlaufes durchbrochen war.

Eine

stärkere äußere und eine schwächere innere Umfassungsmauer umgaben den Kreuzgang.

Aus ihm dürften vor allem die in Mainz und anderswo befindlichen Säulen

und Kapitäle stammen.

Anhaltspunkte für die Interkolumnien sind nicht gefunden

worden. 5) Io.

Dan.

Schoepflinus,

Dissertatio de Caesareo Ingelheiraensi Palatio:

mentationes acad. Theodoro Palatinae I, 1766, p. 300.

Historia et Com-

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

¡ ]

Nach Osten schließt sich nun die große Bautengruppe an, die um die jetzige evangelische Kirche gelegen ist. Die heutige Kirche ist in ihrem aufgehenden Mauer werk zumeist ein Bau des 12. Jahrhunderts, dessen Langhaus im Jahre 1707 zudem

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

12

noch verkürzt worden ist (in dem Grundriß Abb. 2 in der heutigen Form erkennbar). Der Bau hat aber wahrscheinlich eine karolingische Anlage ersetzt.

Der Grundriß

von Querschiff und Apsis (ohne Chorhaus) ist noch ganz archaisch, im Sinne der altchristlichen und karolingischen Anlagen gehalten. laufen ganz regelmäßige Mauerzüge.

Den Langhausmauern parallel

Ein System von rechteckig aufeinanderstoßen-

den Mauern schließt die Kirche ein.

So ergibt sich das Bild einer großen, drei-

schiffigen Basilika, von dem Typus der altchristlichen Anlagen.

Rauch

hat mit

Recht auf die Ähnlichkeit der Grundrißproportionen mit der kaloringischen Einhardsbasilika bei Steinbach im Odenwald aufmerksam gemacht.

Vielleicht sind an den

Außenmauern der Seitenschiffe schmale Gänge in der Art von schmalen weiteren äußeren Seitenschiffen anzunehmen.

Im übrigen ist dieser Komplex am stärksten

von späteren Mauern durchzogen und vielfach später geändert worden.

Auch die

große Apsis der Basilika ist von rechteckigen Räumen (18, 19) mit verschiedenen Kammern umgeben.

Ein mehrfach abgetrepptes, auffällig starkes Fundament zeigte

sich an den äußersten Ecken der Apsis. eines älteren, schwächeren Concha.

Es bildet möglicherweise die Verstärkung

Nordwestlich von der Apsis sind dann die Spuren

einer selbständigen Anlage mit merkwürdigen kleinen Räumen gefunden worden. Die Fundamente (18) liegen hier noch beträchtlich tiefer als bei den übrigen Baulichkeiten, so daß hier vielleicht die früheste Anlage vorliegt.

Durch die Anlage zweier

moderner Wasserleitungen ist im übrigen dieser ganze Komplex sehr stark durchbrochen. In der zweiten Kampagne, vom 21. März bis 21. April, konnte, dank dem weitgehenden Entgegenkommen der evangelischen Gemeinde, im Innern der Kirche gegraben werden.

Die westlichen Vierungspfeiler waren durch eine Mauer verbunden,

die vielleicht einen Lettner getragen hat, worauf die Spuren eines Aufbaus weisen. Die attischen Basen der Vierungspfeiler, die besonders gut und sorgfältig profiliert waren, wurden 40 cm unter dem jetzigen Fußboden, zugleich mit dem älteren romanischen Fußboden, aufgefunden. Der Verbindungsbau, der sich von dem nördlichen Querschiff weiter nach Norden hinzog (20, 25), wurde erst in dieser zweiten Kampagne weiter verfolgt. Saalplatze wurde hier durch Dr. R a u c h

ein zweiter Palastbezirk

Auf dem bloßgelegt

(23, 27, 28), der wieder aus verschiedenen rechteckig aneinanderstoßenden Mauern bestand.

Zwei Räume waren mit Apsiden abgeschlossen; die zweite (27) ist in einen

schweren geschlossenen Anbau eingebettet, der vielleicht einen massiven turmartigen Aufbau getragen hat.

Der merkwürdigste Fund ist aber hier die Aufdeckung eines

vollständigen karolingischen Bades (28). Es ist an seiner Sohle von aufrechtstehenden Kalksteinquadern umgeben, die zum Teil für das Tonrohr des Zuflusses und des Abflusses durchbohrt sind.

Für den Überlauf auf der Nordseite ist ein älterer römischer,

schon profilierter Quader verwandt. platten im Wechsel belegt.

Der Boden ist mit roten und weißen Sandstein-

Stufen führten hinunter, von denen zwei erhalten waren.

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

13

Unter diesen Stufen fanden sich frühkarolingische Scherben. Der Raum selbst war ursprünglich mit einer Tonne eingewölbt, die für das Gewölbe zugeschnittenen Tuffsteine fanden sich in dem Schutt des gewaltsam zerstörten Bades. Über der Zerstörungsschicht lagen Scherben von spätmittelalterlichen Gefäßen. Dieser einzigartige Raum ist erhalten geblieben. Die Gemeinde Ingelheim hat ihn neu eingewölbt und durch eine Einsteigtreppe für das archäologische Studium zugänglich gemacht. In der dritten Kampagne, im Herbst des vergangenen Jahres, ist endlich die Nordwestecke des ganzen Palastviertels untersucht worden. Die Untersuchungen waren hier ganz besonders schwierig, da auf dieser Stelle neue, erst seit einem Vierteljahrhundert errichtete Wohnhäuser standen und da sehr komplizierte Verhandlungen mit den Besitzern notwendig waren. An der Nordwestecke ist hier im aufgehenden Mauerwerk noch fast vollständig erhalten und in ein modernes Gebäude umgebaut das Kelterhaus, das immer schon als frühromanisch angesehen ward. Die nähere Untersuchung ergab, daß dieser Bau der ursprünglichen Anlage angehörte, die Fensteröffnungen stimmen in der Art ihrer Einrahmung durchaus mit den sonst in Ingelheim befindlichen überein. Im Anschluß daran finden sich dann fünf annähernd gleichgroße saalartige Räume, die nebeneinander nach Norden gelegen waren, denen wieder nach der Südseite ein schmälerer Gang vorgelagert war. Dieser ganze Trakt schloß an der Nordwestseite sich an die Verlängerung der Ostmauer der sogenannten Basilika an, so daß hier unzweifelhaft eine geschlossene einheitliche Anlage vorliegt. Auf der Karlstraße selbst sind an dieser Stelle vor dem ursprünglichen Vorbau der Basilika gewaltige und sehr komplizierte Fundamente aufgedeckt worden, die noch nicht völlig erklärt sind. Der Vorbau der Basilika, der vor einem Jahre durch den Architekten P h i l i p p S t r i g l e r aufgedeckt und zum Glück sorgfältig aufgenommen worden ist, ist leider heute ganz verschwunden und durch moderne Wohnhäuser ersetzt. Die Ausgrabungen haben ein ganz außerordentliches Resultat ergeben. Die ganze Anlage zeigt eine erstaunliche Regelmäßigkeit. Das Auffallende sind die vielfachen Parallelen zu römischen Villenanlagen, ohne daß doch ein unmittelbarer Anschluß vorliegt. Das starke Fortleben der römischen Bautradition am Rheine, noch bis in die karolingische Zeit hinein und darüber hinaus, das uns die Geschichte der älteren Bautätigkeit in Trier, Köln und Metz vor Augen führt, wird dadurch erneut bestätigt. Daneben zeigt sich auch in der Disposition eine ganz allgemeine Verwandtschaft mit byzantinischen bzw. orientalischen Palastanlagen. Von erhaltenem römischen Mauerwerk selbst ist dabei nichts nachzuweisen, nur architektonische Bruchstücke von römischen Bauten sind wieder verwandt worden. Die frühesten Scherbenfunde im Mauerwerk und im Mauerbereich weisen auf karolingische Zeit. Das Verhältnis der ganzen Anlage zu dem Umbau oder dem Wiederherstellungsbau Friedrich Barbarossas und den sonstigen Veränderungen in mittel-

C l e m e n , D i e Kaiserpfalzen.

14

alterlicher und spätmittelalterlicher Zeit wird im einzelnen noch durch die Weiterbearbeitung des ganzen Materials festzustellen sein. Nur in Kürze soll hier zum Schluß noch berichtet werden über die Vorarbeiten für die Untersuchung und Aufnahme der späteren Kaiserpfalzen.

Es handelt sich

hier, abgesehen von den kleineren Bauten, vor allem um Goslar, Kaiserswerth, Gelnhausen, Eger, Wimpfen, Seligenstadt.

In sehr erfreulicher Weise werden auch hier

die Arbeiten des deutschen Vereins und seine Pläne gefördert durch das weitgehende Entgegenkommen der betreffenden Landesregierungen oder Provinzialverwaltungen. Für Goslar liegt als letzte Bearbeitung jetzt die Darstellung in dem I. Bande der hannoverschen Denkmälerstatistik von H. v o n B e h r wiederhergestellte Kaisersaal,

vor.

Das Bild, das der

zumal mit den auf seiner Rückseite geschaffenen

künstlichen Ruinen bildet, ist aber ein vielfach unklares, so daß hier weitere Untersuchungen unbedingt notwendig sind.

Vor allem muß auch die Baugruppe, die an

der Südseite des Platzes zwischen dem Kaisersaal und dem ehemaligen Dom gelegen ist, und die in bezug auf ihr Alter keineswegs festgestellt worden, noch näher wieder angeschnitten und erneut untersucht werden.

Durch Nachgrabungen dürfte dann

das ganze Plateau zwischen dem alten Dom und dem Kaiserpalast noch einmal zu durchschneiden sein, um festzustellen, ob hier nicht doch eine verbindende Anlage vorhanden war.

Die Provinzialverwaltung von Hannover hat in dankenswerter

Weise sich bereit erklärt, diese Ausgrabungen ihrerseits zu übernehmen und im Einvernehmen mit dem deutschen Verein durchführen zu lassen und hat ebenso sich geneigt gezeigt, die Aufnahmen herzustellen und zu diesem Zwecke das noch im Besitze des Herrn v o n

B e h r befindliche wertvolle Material an Originalzeichnun-

gen zu erwerben. Für Wimpfen und Seligenstadt hat die großherzoglich hessische Regierung ihre gütige Unterstützung durch die hessische Bauverwaltung zugesagt.

Es ist in Aussicht

genommen, daß die Bearbeitung dieser beiden Pfalzen auch durch Kräfte des Landes erfolgen soll.

In Kaiserswerth sind schon im Jahre 1900 auf Kosten der preußischen

Regierung und der rheinischen Provinzialverwaltung Ausgrabungen unternommen worden, die den ursprünglichen Zustand klargestellt haben 1 ). — Die großen damals hergestellten mustergültigen Aufnahmen werden von der rheinischen Provinzialverwaltung für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt. Für Eger endlich hat seit Jahren ein Privatarchitekt, Herr J u l i u s Jonas

aus Hannover, ein mustergültiges Aufnahmematerial gesammelt.

Ernst Er hat

die aufstehenden Ruinen und Bauten in allen Details im größten Maßstab in mehr als 80 großen Blättern aufgenommen und diese wie seine reichen Pläne und Photographien dem Deutschen Verein für seine Publikation zur Verfügung gestellt.

Auch

hier sind Nachgrabungen unbedingt erforderlich, um die Verbindung der hohenl)

Bericht

darüber

in dem V . Jahresbericht

Denkmalpflege in der R h e i n p r o v i n z , 1900, S. 30.

über

die T ä t i g k e i t

der I'rovinzialkommission für die

Clemen, Die Kaiserpfalzen.

15

staufischen Teile untereinander klarzulegen und vor allem, um den heute unter einer großen aufgeschütteten Bastion liegenden verschwundenen Teile der Pfalz festzustellen.

Die Κ . K . Zentralkommission zur Erforschung der Kunst- und histori-

schen Denkmale in Österreich-Ungarn hat auf die Befürwortung des Herrn Prof. Dr. D v o r á k

hin, in der entgegenkommendsten Weise sich bereit erklärt, diese

Ausgrabungen

als

eine

Ehrenpflicht

der

österreichischen

Monarchie

zu über-

nehmen, die Mittel hierfür aufzubringen und die ganze Aktion in die Wege zu leiten. Mit den Untersuchungen ist schon Anfang Mai begonnen werden, die örtliche Leitung liegt in den Händen des Herrn Architekten Das K . K .

Jonas.

österreichische Unterrichtsministerium

hat auf

Zentralkommission hin den Betrag von 5000 Kronen bewilligt

den Antrag der Die Summe von

1200 Kronen hat die Stadtverwaltung von Eger zur Verfügung gestellt,

die als

Eigentümerin der Burg zugleich mit dem weitesten Entgegenkommen in liberalster Weise die Förderung der Ausgrabungen zugesagt hat.

SEKTION II: SKULPTUR. 4.

ABTEILUNG:

DIE KAROLINGISCHEN, OTTONISCHEN UND ROMANISCHEN ELFENBEINE. BERICHT, ERSTATTET VON DEM ABTEILUNGSLEITER PROF. DR. A D O L F

GOLDSCHMIDT.

I. DIE A R B E I T E N IM JAHRE 1909.

D

ie Vorbereitungen zur Veröffentlichung des Corpus der frühmittelalterlichen Elfenbeinskulpturen sind bedeutend gefördert worden. Die Hauptarbeit ist zunächst darauf gerichtet gewesen, das Verzeichnis der existierenden Stücke möglichst vollständig aufzustellen. Dazu ist ein Zettelkatalog angelegt worden, der bereits so weit gediehen ist, daß sein Abschluß in kurzem bevorsteht. Dieser Katalog ist zusammengestellt aus den seit vielen Jahren gesammelten Notizen und Aufzeichnungen des Herausgebers, zu denen dann die Angaben hinzugefügt wurden über Stücke, die man durch Auszüge der bisherigen Publikationen über mittelalterliche Elfenbeinskulpturen herausfand, soweit sie nicht eben schon in den gesammelten Notizen vorhanden waren. Es ergaben sich dabei im ganzen etwa 1600 Stücke, die über alle europäischen Länder zerstreut sind. Diese Zahl umfaßt allerdings sämtliche Reliefs seit der altchristlichen Zeit (mit Ausschluß der profanen spätantiken) bis zum Ende der romanischen Epoche in der Mitte des 13. Jahrhunderts, und zwar nicht nur die deutschen, sondern auch die der anderen europäischen Länder und selbst die byzantinischen. Es bedeutet dies gegenüber der Sammlung von W e s t w o o d , Descriptive Catalogue usw., die zum Teil aus genau beschriebenen, zum Teil aus summarisch aufgezählten Stücken besteht und eine Anzahl von ungefähr 700 aufführt, mehr als eine Verdoppelung. Dieses Material geht allerdings über die zunächst geplante Veröffentlichung der deutschen und der mit diesen eng zusammenhängenden Stücke hinaus, aber da bisher die stilistische Zuweisung der einzelnen Objekte vielfach eine ganz unsichere ist, da ferner die zeitliche Festlegung und das Verhältnis Deutschlands zu den übrigen Ländern überhaupt erst ergründet werden sollte, so war es unbedingt nötig, das Material zunächst einmal in vollem Umfange zusammenzutragen.

Goldschmidt, Die Elfenbeine.

17

Die zweite Aufgabe betraf die Sammlung des Abbildungsmaterials.

Da es sich

bei der Publikation des Vereins nicht darum handelt, in beliebiger Reihenfolge oder nach jetzigen Aufbewahrungsorten die einzelnen Objekte zu veröffentlichen, sondern nach stilistisch und zeitlich geordneten Gruppen, so kann die Publikation erst beginnen, wenn das ganze Material durchgesehen und wenigstens so weit durchgearbeitet ist, daß man sich über die Zusammengehörigkeit und zeitliche Verteilung klar ist, zum mindesten so weit, daß man die Verteilung auf die einzelnen Bände festlegen kann. Die eigentlich kunstgeschichtliche Arbeit muß also der Hauptsache nach vor dem Beginn der Veröffentlichung abgeschlossen sein, und hierzu bedurfte es vor allem einer möglichst schnellen Komplettierung einer Abbildungssammlung, wenn auch nur provisorischer Natur. Auch dafür ist durch den Herausgeber schon seit Jahren gesammelt worden, und es handelt sich nun um Ausfüllung der Lücken, wozu auch die später zu erwähnenden Reisen mit ausgenutzt wurden. Auch hier ist das Material im Laufe des Jahres stark angewachsen, so daß eine Disposition im Großen gemacht werden konnte, die wohl kaum wieder geändert zu werden braucht. Danach ergab sich, daß die Veröffentlichung der karolingisch-ottonischen Reliefs, also vom 8. bis etwa zur Mitte des II. Jahrhunderts, zum mindesten zwei Bände umfassen würde, und daß am besten diese zuerst zur Herausgabe gelangen und voraussichtlich im Jahre 1911 erscheinen können. Es war nun weiter nötig, den nicht in der Literatur noch durch bisherige Reisen festgestellten Stücken nachzugehen, ferner möglichst viele durch Autopsie genau zu untersuchen, die Größenmaße wie die Art des Materials festzustellen usw.

Es

wurden zu dem Zwecke im Jahre 1909 Reisen nach London und Paris gemacht, um endgültig das sehr reiche Material der großen Sammlungen, ferner aber auch möglichst graphieren.

das in Privatsammlungen befindliche zu verzeichnen und zu

photo-

Auch was den Kunsthandel passierte, wurde nach Möglichkeit

fixiert,

bevor es wieder in einer Privatsammlung verschwindet.

Ferner wurde eine Reise

nach Rußland unternommen, um vor allem die Petersburger Sammlungen auszubeuten.

Hier war das Resultat kein sehr günstiges, da viele der in öffentlichen und

privaten Sammlungen befindlichen Stücke sich als ältere, vor Jahrzehnten dorthin verkaufte Fälschungen erwiesen, und von den übrigen bei weitem die Mehrzahl byzantinischen Ursprungs ist, also erst bedingt in den Rahmen des Corpus

fielen.

Nur

die Sammlung der Eremitage ergab eine Anzahl nennenswerter Stücke von abendländischer Herkunft, einiges auch das Stieglitz-Museum. Die größte Schwierigkeit macht die Beschaffung guter Photographien in Originalgröße, besonders in kleineren und abgelegeneren Sammlungen. Die Kommission des Deutschen Vereins für Kunstwissenschaft hatte beschlossen, daß die Veröffentlichung in der natürlichen Größe der Objekte geschehen solle; es liegt in einer solchen Wiedergabe ein großer Gewinn für das Studium, da der Stil bei diesen immerhin kleinen Figuren erst in der natürlichen Größe richtig zur Geltung kommt, und auch das Verhältnis der einzelnen Stücke und Gruppen zueinander in Form, Größe und Kunstwissenschaft.

ι8

Goldschmidt, Die Elfenbeine.

Zweck klar zur Erscheinung gelangt. Natürlich bildet diese sehr berechtigte Forderung für die Veröffentlichung eine große Erschwerung, denn die von vielen Stücken schon auf Studienreisen hergestellten oder von Berufsphotographen angefertigten und daher leicht zu beschaffenden photographischen Aufnahmen zeigen fast durchweg eine Verkleinerung; es werden also in all diesen Fällen neue Aufnahmen notwendig. Auch davon ist im abgelaufenen Jahre bereits eine beträchtliche Anzahl hergestellt, in den Pariser Sammlungen, in Petersburg und in verschiedenen kleinen Museen, wo sich nur vereinzelte Stücke finden. J e mehr das Material zusammenfließt, um so deutlicher sieht man, daß die systematische Publikation, wie sie der Verein verfolgt, eine ganz andere Bedeutung hat als die bloß inventarisierende von Sammlungen; es zeigt sich immer mehr, wie die zufällige Erscheinung des einzelnen Stückes zurücktritt gegenüber großen festgeschlossenen stilistischen Gruppen, die den Charakter der Kunst einer bestimmten Epoche und einer bestimmten Gegend zum Ausdruck bringen und damit feste Stützen für den Aufbau der älteren Kunstgeschichte liefern können. Daß dies Gebäude mit der Publikation zugleich nicht fertig dastehen wird, ist leicht ersichtlich; denn es läßt sich das Material wohl zu stilistischen Gruppen zusammenordnen, aber häufig schwimmt eine solche Gruppe noch unverankert im Fahrwasser, da bei keinem Stück derselben der Ort und die Zeit der Entstehung durch äußere Indizien festzulegen ist, und man nur durch Kombination aus dem Verhältnis zu anderen Gruppen Wahrscheinlichkeitsresultate gewinnen kann. Aber gerade dadurch, daß diese Fragen durch die Zusammenstellung des Materials für die Wissenschaft zur Diskussion gestellt und alle Objekte deutlich zur Anschauung gebracht werden, wird die Möglichkeit gegeben, daß bei der einen oder anderen Gelegenheit ein glücklicher Fund oder eine glückliche Kombination geschieht, die zur weiteren Befestigung dient.

II. D I E A R B E I T E N IM J A H R E 1910. Nachdem im Jahre 1909 das Verzeichnis der vorhandenen Stücke möglichst vollständig aufgestellt worden war, wurde im Sommer 1910 unter Mitwirkung von Herrn Dr. Gustav Hübner die literarische Durcharbeitung des Materials in Angriff genommen. Es wurden etwa 800 Kataloge von Privatsammlungen und Ausstellungen durchgesehen und exzerpiert, wobei sich eine Anzahl von bisher unbekannten Stücken und eine große Anzahl von Provenienznotizen fanden, die sich allerdings als verhältnismäßig wenig wertvoll für die Feststellung der ursprünglichen Herkunft erwiesen. Bei dieser Gelegenheit wurde der gesamte Zettelkatalog auf Provenienznotizen hin ausgezogen und ein weiteres kleines Verzeichnis angelegt, das diese Angaben nach Orten und Sammlungen geordnet enthält; es ist dies ein unentbehrliches Hilfsmittel bei der Identifizierung von Stücken, die in verschiedenen Sammlungen erwähnt werden. Im Herbst wurde die Durchforschung der Literatur

Goldschmidt, Die Elfenbeine.

19

fortgesetzt mit spezieller Rücksicht auf die etwa X70 Stück, welche im ersten Bande Aufnahme finden sollten. Da das Wichtigste an dieser Arbeit schon geleistet war, so war jetzt die Aufgabe über Herkunft und Geschichte der Stücke, die vielleicht Anhaltspunkte für die Lokalisierung abgeben, zu vervollständigen.

Dazu gehörten

auch die Nachforschungen auf dem Gebiete der christlich-archäologischen Literatur früherer Jahrhunderte, aus der ebenfalls manche Aufschlüsse zu erhoffen waren. Bis zum Ende des Jahres sind die Arbeiten so weit gediehen, da'ß die MaterialSammlung für den T e x t des ersten Bandes in

wenigen Monaten

abgeschlossen

werden kann. In bezug auf das Studium der Objekte selbst wurden die skandinavischen Museen in Schweden, Norwegen und Dänemark auf ihren Besitz an Elfenbein- und Knochenschnitzereien durchgesehen, doch war die Ausbeute nicht groß, besonders nicht in Stücken aus der früheren Periode, und von Bedeutung nur für die Bestimmung der reichen Kästen mit Knochenplatten und Bronzebeschlägen in München (Kasten der Kunigunde) und in der Kirche von Cammin.

Einer besonderen Revision wurden

die Stücke der Münchener Sammlungen unterzogen, von denen eine ganze Anzahl für die ersten Bände in Betracht kommt.

Photographiert wurden die Elfenbeine

in Berlin, Braunschweig, Brüssel, Coburg, Dresden, Frankfurt, Hannover, Kopenhagen, London, München, Paris, St. Paul in Kärnthen,

Pest,

Petersburg, Rom,

Weimar, Wien, Würzburg. Ein Nachteil bei den photographischen Aufnahmen ist es, daß man in den großen und kleinen Orten der verschiedenen Länder Photographen sehr verschiedener Geschicklichkeit und sehr verschiedenen Verständnisses ausgeliefert ist, die trotz aller'genauen Vorschriften in bezug auf die Art der Beleuchtung, der Schärfe der Einstellung usw. doch nach eigenem Gutdünken verfahren.

Davon ist zunächst der

Lichtdrucker abhängig, dessen Drucke dementsprechend auch verschieden gut ausfallen müssen; es ist aber ferner auch die Wirkung der einzelnen Stücke sehr verschieden.

Der gleichmäßige Druck der Tafel wird beeinträchtigt, wenn das eine

Stück mit harten Licht- und Schattengegensätzen, das andere mit voller Durcharbeitung der Zwischentöne aufgenommen ist, und das für den Forscher betrübendste Resultat ist, daß der stilistische Eindruck ein so verschiedener wird, je nach der Aufnahme.

Zwei Reliefs, die zweifellos von derselben Hand gearbeitet sind, können

bei verschiedenartiger Aufnahme so verschieden aussehen, daß man die Gleichartigkeit heftig bestreiten wird.

Dem wäre nur abzuhelfen, wenn ein und derselbe Photo-

graph mit einem großen Apparate die verschiedenen Länder und Sammlungen abreiste und seine Aufnahmen unter gleichen Bedingungen ausführte (die auch dann nicht immer möglich sind).

Es wurde mit der Zusammenstellung der Tafeln be-

gonnen und eine Anzahl von Probedrucken angefertigt, wozu die Firma G e b r . P l e t t n e r in Halle herangezogen wurde.

Den Verlag übernahm die Firma B r u n o

C a s s i r e r in Berlin. 3*

Goldschmidt, Die Elfenbeine.

20

So ist denn auch die eigentliche Herstellung der Publikation kräftig in Angriff genommen und läßt die Vollendung des ersten Bandes im Laufe des Jahres 1911 erwarten.

Schon im Bericht über 1909 ist darauf hingewiesen, daß die beiden

ersten Bände die karolingisch-ottonischen Stücke enthalten sollen, also vom Ende des 8. bis zum Anfang des 11. Jahrhunderts; es können nun aber die beiden Bände unter sich nicht etwa so geschieden werden, daß der erste die karolingischen, der zweite die ottonischen enthält, denn abgesehen davon, daß die zweite Gruppe die bei weitem umfangreichere ist, läßt sich häufig eine scharfe zeitliche Grenze überhaupt nicht ziehen.

Eine Anzahl von stilistisch greifbaren Schulen setzt sich vom

9. Jahrhundert durch das 10. hindurch fort, und man würde den Zusammenhang verlieren, wenn die späteren abgeleiteten Stücke von den Anfangsgliedern getrennt würden.

Es sind demgemäß für den ersten Band diese vom 9. zum 10. Jahrhundert

durchgehenden Schulen bestimmt, ferner diejenigen, die wie die St. Gallener um die Wende vom 9. zum 10. entstanden sind, und endlich die einzelnen Stücke, die am meisten Grund zu einer frühen Datierung bieten, wozu natürlich auch die wenigen zu rechnen sind, die noch in die Merowingerzeit zurückgehen.

So ist also auch im

ersten Bande schon das 10. Jahrhundert und der Anfang des I I . reichlich vertreten. Für den zweiten Band dagegen sind diejenigen Gruppen des 10. Jahrhunderts vorgesehen, die sich erst in dieser Zeit neu bilden und bestimmte Strömungen der ottonischen Zeit, vor allem dem erneuten byzantinischen Einfluß ihre Entstehung verdanken, ferner die übrigen einzelnen sicher nicht vor dem IO. Jahrhundert zu datierenden Reliefs. Daß die Gruppierungen bei weiterem Studium noch verbessert werden können, liegt in der Art des Materials, das in sich selbst nicht die Möglichkeit einer völlig gesicherten Aufteilung und Aufreihung enthält, sondern andere Gebiete wie vor allem die Miniaturmalerei zur Ergänzung und Bestimmung nötig hat, denn in der Buchmalerei, die eine Parallele bietet und offenbar vielfach auch die unmittelbare Vorlage für die Schnitzereien war, ist erstens das Material viel umfangreicher und zweitens sind die Anhaltspunkte zur Datierung und Lokalisierung zahlreicher.

Die Schrift -

züge, der Text, die Orthographie, die Eintragungen können abgesehen von den Bildern Aufschlüsse geben, während die losgelöste Elfenbeinplatte, die ohne weit zurückgehende Provenienzkenntnis in irgendeiner Sammlung ruht, einfach in der L u f t schwebt. Die Publikation wird in ihrem T e x t keineswegs alle Fragen lösen, sondern im Gegenteil neue aufwerfen.

Doch entspricht es ja auch gerade der Absicht des Deut-

schen Vereins für Kunstwissenschaft, die Kunstwerke als Quellenmaterial, allerdings bereits möglichst kritisch geordnet, den Forschern zur weiteren Bearbeitung zu unterbreiten.

Dabei kam die Frage auf: sollen Fälschungen, die als echte Werke

in öffentlichen oder privaten Sammlungen gelten oder einmal gegolten haben, mit publiziert werden?

Es hätte dies manchen Nutzen: denjenigen der Warnung, den

21

der Erkenntnis zur eventuellen Feststellung noch anderer Fälschungen, zuweilen auch den einer Provenienzbestimmung der zum Vorbild genommenen echten Stücke. Doch sprechen wieder Mißlichkeiten auf praktischem Gebiet und die Möglichkeit der Venvirrung echter und falscher Stücke dagegen. Sie sind daher fortgelassen. Jedoch erschien es angemessen, diejenigen Stücke, deren Echtheit dem Herausgeber nicht überzeugend ist, aber doch von Kennern verfochten wird, zu publizieren, und zwar mit dem nötigen Fragezeichen, damit sie der Diskussion anheimgestellt werden können. Da die Anordnung der Tafeln und der einzelnen Stücke auf den Tafeln vom stilistischen Standpunkt aus diktiert wird, so ist damit eine Gruppierung nach dem Format der einzelnen Platten nur in sehr bedingtem Maße möglich, und eine ästhetisch ganz befriedigende Zusammenstellung verschiedenartiger Stücke auf derselben Tafel gelingt nicht immer. Das Augenmerk soll vor allem darauf gerichtet sein, daß die Abbildungen möglichst klar und zum Studium geeignet sind, danach ist das Papier und danach auch die Farbe der Lichtdrucke gewählt. Es liegt nahe, die letztere, wie dies häufig geschieht, hell bräunlich zu wählen, um dem Eindruck des Elfenbeins möglichst nahe zu kommen, doch schien es ratsamer, davon abzusehen, da die Wirkung leicht flau wird und die Mitteltöne verschwinden, in Wirklichkeit die Faksimilierung der Farbe auch nur imaginär ist, da die einzelnen Stücke in Natur doch sehr verschieden vom blendenden Weiß bis zum holzartigen Braun nüanciert sind, und ferner manche Fassungen, Beschläge und Einlagen aus anderem Material im Druck ebenfalls die Elfenbeinfarbe erhalten, wenn man nicht mit mehreren Platten drucken will. Der Publikation zugute gekommen ist eine Anzahl von Negativen, die aus dem Nachlasse Hans Graevens stammen und der Arbeit freundlichst zur Verfügung gestellt sind. Graeven hat es verstanden, die Beleuchtung bei seinen Aufnahmen so günstig wie nur möglich einzurichten, die Schatten so weit aufzuhellen, daß alle Formen sichtbar werden und der Charakter des Reliefs doch gewahrt bleibt. Sie sind auch so scharf eingestellt, daß sie in den meisten Fällen eine Vergrößerung zulassen, ohne verschwommen zu werden. Denn es ist bei der Veröffentlichung darauf gesehen, daß alle Stücke in Originalgröße wiedergegeben werden, so daß man sofort den Eindruck des Verhältnisses der einzelnen Objekte zueinander gewinnt. Nur in ganz wenigen Fällen ist davon Abstand genommen, wo die Schwierigkeiten, eine Aufnahme in natürlicher Größe zu beschaffen, nicht im Verhältnis standen zu der Wichtigkeit des Einhaltens der Maße. Auf absolute Vollständigkeit des Materials kann man bei solchen Publikationen ja nie rechnen, es hat auch keinen Sinn, zu warten, bis alle Chancen, noch neue Stücke zu finden, erschöpft sind. Am leichtesten werden gerade durch eine derartige Veröffentlichung auch die verborgenen Objekte an die Oberfläche gelockt, sie können leicht später in einem Supplement Platz finden.

22

Goldschmidt, Die Elfenbeine.

Der erste Band wird zwischen 80 und 90 Tafeln enthalten, auf denen im Durchschnitt ungefähr drei Abbildungen Platz finden. Der Text soll sich möglichst auf die Form eines kritischen Kataloges beschränken. Nur da, wo sich etwas Zusammenfassendes über bestimmte Gruppen sagen läßt, ist eine Einleitung beabsichtigt. Dem Fernerstehenden mag es zunächst auffällig erscheinen, daß man sich gerade der Sammlung eines Corpus der Elfenbeinkunst widmet, er wird sich fragen, warum gerade diesem vielfach als unkünstlerisch und spielerisch angesehenen Material solche Aufmerksamkeit geschenkt wird. Die Antwort darauf würde lauten, daß dies Interesse nicht dem Material gilt, mit dem Material an sich gar nichts zu tun hat, daß es auch nicht daran liegt, daß in jenen frühen Jahrhunderten das Elfenbein mit überwiegender Vorliebe bearbeitet wurde, wenn es auch verhältnismäßig beliebt war, sondern der Grund liegt darin, daß es das b e s t e r h a l t e n e Material ist. Arbeiten in Gold und Silber und auch in unedlerem Metall sind im Laufe der Jahrhunderte eingeschmolzen worden, sie bildeten bei allen Eroberungen und Beraubungen das zuerst gesuchte Gut. So haben sie nicht viele Gefahren überstanden, und auch im Frieden kam es oft genug vor, daß man sie zu Geld machte. Holzskulpturen sind verwittert, verbrannter Ton und Gips ist zerbrochen, Monumentalskulptur in Stein war wenig vorhanden und ist durch Neubauten zugrunde gegangen. Nur das Elfenbein hält diesen verschiedenen Schicksalen stand. Als Material zu verwerten war es nicht, man ließ es unbehelligt, wenn die Goldbeschläge der Einbände abgerissen wurden. Besonders zerbrechlich ist es auch nicht, und der Verwitterung, dem Verbrennen, dem Schaden durch Feuchtigkeit ist es verhältnismäßig wenig zugänglich. So kommt es, daß aus den frühen Jahrhunderten des Mittelalters, aus denen sich wenig plastische Arbeiten sonst zu uns hinübergerettet haben, Elfenbeinstücke noch in beträchtlicher Anzahl erhalten blieben, die oft als einzige Zeugen bestimmter Schulen bildnerischer Tätigkeit zu uns sprechen und eben als solche eine besondere Beachtung verdienen. Die Sammlung des Vorhandenen gibt zweifellos neue Aufklärungen über die Fäden der Kunstentwicklung in karolingischer und ottonischer Zeit. Der Gegensatz mehr zeichnerischer und mehr malerischer Richtungen in der frühen Periode und ihr Zusammenhang mit älteren orientalischen und abendländischen Vorbildern wird deutlicher werden. Eine größere Vereinfachung und Glättung macht sich im Laufe des 10. Jahrhunderts geltend neben neuen Aufnahmen aus dem Byzantinischen. Manche Schulen legen den Schwerpunkt auf das Figürliche, andere auf das Ornamentale, und sicherlich sind gerade diese Objekte der Kleinkunst Träger der künstlerischen Bildung nach neuen Kulturzentren geworden. Auch die ikonographischen Zusammenhänge werden mehrfach eine Klärung erfahren, das Bildermaterial der Handschriften wird besonders für die karolingische Zeit ergänzt, und man wird in einzelnen Fällen leichter die vorbildlichen altchristlichen Bilderzyklen rekonstruieren können.

Habich, Die Medaillen.

23

7. A B T E I L U N G :

DIE KLEINPLASTIK DER RENAISSANCE. DIE MEDAILLEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM BEARBEITER

G

DIREKTOR

DR. H A B I C H .

emäß dem 1908 vorgelegten Arbeitsplan wurde zunächst die Herstellung eines Zettelkataloges auf Grund der vorhandenen Medaillenliteratur in Angriff ge-

nommen.

Nach jetzt dreimonatiger Arbeit ist dieser Katalog auf 2100 Stück gediehen.

Es steht zu hoffen, daß die Aufarbeitung des gesamten literarisch verzeichneten Materials, das durch die Heranziehung der Verkaufs- und Auktionskataloge der Münzhändler einen bedeutenden Umfang angenommen hat, noch vor Ablauf des Sommers 1911 vollendet sein wird. Jeder Zettel enthält eine diplomatisch genaue, aber kurzgefaßte Beschreibung der Medaille nach Bild und Schrift, sowie Angaben über Metall und Durchmesser, ferner die nötigsten Hinweise auf etwa vorhandene Literatur.

Um die Identifi-

zierung des einzelnen Stückes zu erleichtern, sind teils nach den Originalen oder Gipsabgüssen hergestellte Photographien, teils durch Zerschneiden von Katalogen, Broschüren, Zeitschriften usw. gewonnene Abbildungen den einzelnen Katalogblättern aufgeklebt.

Auch ein Exemplar des neuen Werkes von Domanig, Die deutsche Me-

daille, ist zu diesem Behufe der Schere zum Opfer gefallen. Mit der Einordnung der Zettel nach Meistern und Schulen wurde begonnen. Innerhalb der einzelnen Cahiers wurde vorerst von einer chronologischen Ordnung abgesehen und einstweilen der rascheren Auffindbarkeit zuliebe die alphabetische Folge nach den Namen der Dargestellten gewählt.

Eine große Menge, ja weitaus

die überwiegende Masse von Medaillen kann jedoch vorerst weder nach· Meistern, noch auch nach Entstehungsorten klassifiziert werden.

Es wird noch viel Kleinarbeit

geleistet und das Material noch sehr viel weiter vervollständigt werden müssen, bevor das stilistisch oder lokal Zusammengehörige ausgesondert und gruppiert werden kann. Der kunstgeschichtlich nicht näher bestimmbare Rest wird aber voraussichtlich immer noch recht umfangreich bleiben.

Hier wird über eine alphabetische Katalogi-

sierung kaum hinauszukommen sein, wie dies ja auch in der italienischen Medaillenliteratur bei dem Werke von Armand der Fall ist. Der auf

solche Weise hergestellte Zettelkatalog

wird ergänzt und ausge-

arbeitet mit Hilfe von zahlreichen Notizen, Gipsabgüssen und Photographien, die der Herausgeber seit Jahren auf Reisen in öffentlichen und privaten Sammlungen von Deutschland, Österreich, den Niederlanden, England, Frankreich und Italien gesammelt hat.

24

Habich, Die Medaillen.

Ein Apparat von etwa 750 Gipsabgüssen, vorwiegend stilistisch wichtige Stücke enthaltend, sowie eine ziemlich umfangreiche Photographiensammlung, die außer Medaillen besonders die Stein- und Buchsmodelle, ferner auch verwandte Klein plastiken enthält, konnte sogleich in den Dienst der Korpusarbeiten gestellt werden. Weiter ist ein Monogrammenverzeichnis, das die Signaturen der in den landläufigen Lexiken stark vernachlässigten Meister der Kleinplastik umfassen soll, in Vorbereitung. Nach vorläufiger Fertigstellung dieser Vorarbeiten gedenkt der Herausgeber im Sommer dieses Jahres mit der Bereisung der Sammlungen, zunächst der großen deutschen Münzkabinette und Privatsammlungen zu beginnen, die ihm von früheren orientierenden Besuchen fast sämtlich bekannt sind. Angesichts der Originale soll hier nach und nach womöglich jeder Zettel des Kataloges kollationiert und ergänzt, vor allem die für die Frage der Originalität und Echtheit so wichtigen Maßangaben revidiert werden. An Hand des Zettelkataloges hofft der Herausgeber die äußerst zeitraubende Arbeit der Beschreibung der einzelnen Stücke und ihrer zahlreichen Varianten, Redaktionen und Reduktionen wesentlich beschleunigen zu können. Die fast unabsehbare Menge des Unpublizierten bleibt daneben Stück für Stück genau aufzunehmen. Hand in Hand mit der Beschreibung wird die Herstellung des Abbildungsmaterials gehen. Von jedem Stück soll Vor- und Rückseite, wenn irgend tunlich, nach dem Original photographiert werden. Hier liegt eine große Schwierigkeit, da bei der den Fachleuten nur allzu bekannten Sprödigkeit der kleinen Metallstücke gegen die photographische Aufnahme nur sehr leistungsfähige Firmen mit der Anfertigung betraut werden können. Auch ist die Abneigung vieler Privatsammler, ihre meist eifersüchtig gehüteten Schätze aus der Hand zu geben, und die nicht minder ängstliche Zurückhaltung mancher Kustoden kleinerer Ortsmuseen nicht immer leicht zu überwinden. Indes wurde auch hiermit ein Anfang gemacht, indem der Herausgeber einen vierwöchigen Urlaub im Herbst d. J . dazu benutzte, das Pariser Cabinet des Médailles, die Kleinplastikenabteilung des Louvre, die Collection Wasset auf der Bibliothek der École des Beaux Arts, sowie die Sammlung des Herrn Gustave Dreyfus in Paris genau zu verzeichnen und durch die Firma A. Giraudon photographisch aufnehmen zu lassen. Dreißig wohlgelungene große Aufnahmen sind das Resultat, das ich in erster Linie der Geduld und dem Entgegenkommen der Pariser Kollegen, insbesondere der H e r r e n B a b e l o n , d e l à T o u r , M i g e o n u n d D r e y f u s zu verdanken habe. Im Louvre wurde mir sogar die nicht eben leicht zu erfüllende Bitte gewährt, die kostbaren Holz- und Steinmodelle, die in Rahmen fest eingeleimt waren, zum Zwecke der Aufnahmen aus ihrem Gehäuse herausnehmen zu lassen, wobei einige auf den Rückseiten angebrachte Meistersignaturen und Aufschriften zum Vorschein kamen.

Habich, Die Medaillen.

25

So wenig wie seinerzeit bei der Aufstellung des Arbeitsprogramms bin ich heute in der Lage, über Umfang und Dauer der Arbeit etwas Bestimmtes vorauszusagen. Der Gedanke liegt ja nahe und er wurde mir auch nahe gelegt, mit der Herausgabe des Werkes alsbald, etwa in chronologischer Folge der Meister, in Lieferungsform zu beginnen. Das Material für die Hauptmeister, für D ü r e r , H a n s S c h w a r z und F r . H a g e n a u e r , so glaubte man annehmen zu dürfen, werde der Herausgeber vollständig überblicken, nachdem er die genannten Drei zum Gegenstand einer einläßlichen Spezialuntersuchung gemacht hatte. Allein der Nachzügler, die sich nachträglich einstellten, war ein solcher Troß, und darunter so viel stilistisch und historisch wichtige Stücke — neben minderwertigen Kopien auch treffliche Originale —, daß an einen Abschluß der Arbeit mit gutem Gewissen nicht zu denken war, bevor wenigstens alle wichtigeren Staats- und Privatsammlungen systematisch durchforscht sind. Ein paar Beispiele mögen dies illustrieren. In der erwähnten Monographie (Jahrbuch der k. Preußischen Kunstsammlungen 1906) konnte ich das von Erman zusammengestellte Werk des H a n s S c h w a r z um 50 Stück vermehren, so daß die Gesamtzahl seiner bekannten Arbeiten 105 betrug. Seitdem kamen noch folgende echt Schwarzsche Medaillen zutage : P h i l i p p G r a f v o n S a v o y e n (Bronze in Sammlung Dreyfus in Paris vgl. auch Kat. Gutekunst, München bei Hirsch 19x0 Nr. 198), P h i l i p p G r a f v o n S o l m s (Bronze im Pariser Münzkabinett vgl. Frankfurter Münzzeitung 1910 Nr. 109 Taf. 74. i ) ; J a n G r a f ν ο η E g m ο η t (Blei im Brüsseler Münzkabinett), Erzherzog Ferdinand von 1522 (Kopie ebenda), männliches bärtiges Brustbild mit Barett ohne Umschrift (Bronze im Pariser Kabinett). Wo und wann der Augsburger Meister Gelegenheit fand, die beiden ausländischen Herren, Philipp von Savoyen und den Grafen Egmont zu porträtieren, bleibt noch zu ergründen. Vermutlich befanden sich beide im Gefolge Karls V. oder König Ferdinands zeitweise in Deutschland. Eine kleinere und etwas verfeinerte Replik der schönen Schaumünze des J o b s t v o n E l z (Jahrbuch d. Pr. Ks. 1907 Taf. Α. 8) findet sich in Bronze gleichfalls im Parsier Kabinett. Ein hübsches Novum brachte der Medaillenkatalog der S a m m l u n g L a n n a in Gestalt der M a r g a r e t h a H a n o l d t (Samml. Lanna Abt. I I I Taf. 42 Nr. 913). Dieselbe Sammlung enthielt ein bisher unbekanntes ausgezeichnetes figúrales Holzmedaillon mit der Signatur des Meisters, jetzt im Bayrischen Nationalmuseum (Abt. I I Taf. I i Nr. 73); auch ein Brettstein mit weiblichem Brustbild (Lukrezia? Taf. 9 Nr. 86), das ebendahin gelangte, steht Schwarz nahe. Dagegen ist das Buchsmodell des U l r i c h S t a r c k (Taf. lo, 75) mindestens stark überschnitten, während der den Schwarzschen Stil affektierende Kelheimer Stein des Christoph von Schulen· bürg (Taf. 6, 54) zweifellos ein Machwerk des bekannten Frankfurter Stilimitators S o m m e r darstellt. Eine gewisse A r g u l a v o n G r u n b a c h , »ein geborene von Staufen«, die mir bisher nur aus einem schriftlosen Blei (Jahrbuch 1907 S. 55 Kunstwissenschaft.

4

26

Habich, Die Medaillen.

Abb. 56) bekannt war, lehrt ein Gipsabguß im Albertinum in Dresden (Original wo ? ) mit Namen kennen. Zwei neue Medaillen-Zeichnungen von Hans Schwarz brachte endlich der Auktionskatalog Cornille d'Orville (Stuttgart Gutekunst, 15. Mai 1911). Noch reicher war die nachträgliche Ausbeute für Hagenauer.

Nicht weniger

als rund 180 Arbeiten waren mir bei der oben erwähnten Vorarbeit (Jahrbuch d. K . Pr. Kunstsamml. 1907 S. 181) bekannt.

Dazu kommen nunmehr noch folgende

teils durch das Monogramm, teils durch den Stil gesicherte Stücke.

Vor allem zu

nennen einige Original-Buchsmodelle des Meisters, die ich auf Grund der stillosen Abbildungen im Trésor Numismatique nicht als hagenauerisch anzusprechen wagte, was ich aber jetzt nach Autopsie mit um so größerer Sicherheit tue:

Unbekannter

Jüngling mit umgeworfenem Mantel im Cabinet des Médailles in Paris, ein Kabinettstück hagenauerischer Finesse (Trésor Pl. X I I I , 11), ferner die beiden als Gegenstücke gearbeiteten bärtigen (Landsknechts ? ) Porträts im Louvre (Trésor X L V I , 4 u. 5), die auf meine Bitte Herr Konservator Migeon aus ihrem Gehäuse herauslösen ließ, und die beide auf der Rückseite das wohlbekannte aus F, H und C (Friedrich

Hagenauer,

Conterfetter)

zusammengesetzte

Monogramm

aufwiesen.

Das

Stück Tresor Pl. X L V I I I , 3 zeigt ebenfalls eine freilich fast völlig verwischte Tintenaufschrift in der Art von Hagenauers Signaturen auf Buchsmodellen: den Namen des Dargestellten, darunter modern die Jahreszahl 1518 und das Monogramm Dürers, dieses, sowie die Zahl vermutlich aus einer ähnlichen Jahreszahl (1528?) und der Signatur Hagenauers umgeändert. Ein, so viel ich sehe, grundlos als » Α η η a ν ο η C l e v e « bezeichnetes, höchst delikates Profilbildnis (Trésor X L V I I I , 10) ist ein unbezweifelbares Original Hagenauers. Brustbild, das in S t i f t

Melk

Dasselbe gilt von einem kleinen weiblichen

(Niederösterreich) aufbewahrt wird und dessen

Kenntnis ich Herrn Dr. Diez in Wien verdanke. frau G e r t r u d

B u c k e r s darzustellen.

Es scheint die Kölner Patriziers-

Wohl noch der Augsburger Zeit gehört

das Buchsstück aus der früheren Sammlung G. Salting in London an, einen jungen Mann in geschlitztem Wams mit breitem Schlapphut darstellend (Abb. im Katalog der Burlington-Club-Ausstellung 1906, Pl. L, 23). Was die Buchsmodelle der Sammlung Lanna betrifft, so ist zu dem trefflich gearbeiteten Katalog

folgendes

ist keine Arbeit Hagenauers,

zu

bemerken : Nr. 76 L i e n h a r d

sondern

eines

andern

gleichzeitigen

Meisters, von dem auch sonst Medaillen nachweisbar sind. vornehmen Mannes ist eine Sommersche Imitation Johann,

Administrator

Münchener Kabinett.

von

Regensburg

Schregl Augsburger

Nr. 152 Brustbild eines

eines den

darstellenden

Pfalzgrafen Buchsmodells

im

Das herrliche Stück Nr. 77/78 stellt den bekannten Augs-

burger M a t t h ä u s S c h w a r z dar, wie die dazu gehörige Medaille, Jahrbuch 1907 Abb. 82 erweist.

Ein echter Hagenauer ist auch das Humanistenbildnis im Louvre:

Trésor Pl. X L V I I I , Nr. 2, aber die rückseitige Inschrift, die das recht feine Buchs-

27

Habich, Die Medaillen.

stückals » M a r t i n L u t h e r « bezeichnet, ist modern und um so weniger glaubhaft, als wir höchst wahrscheinlich eine Luther-Medaille von Hagenauers Hand besitzen. Sie befindet sich bei Herrn Max Rosenheim in London (ein modernisierter Ableger davon s. Ebner, Ausstellung deutscher Renaissance-Medaillen in Stuttgart Nr. 126) und stellt den Reformator 1542 im 58. Lebensjahr dar. Das Stück reiht sich also vortrefflich der Reformatorenserie aus der Kölner Zeit des Meisters an. Weiter kommen folgende M e d a i l l e n hinzu : L u k a s W a g e n r i e d e r von 1526, ein Münchener Domherr, wichtig, weil aus der Frühzeit des Meisters stammend (Blei; im Besitz des Bildhauers F. Vermeylen in Löwen), A b t j o h a n n G u t b r o t von 1534 (Bronze, London British Museum), zwei neue, in der Größe und Aufmachung verschiedene Repliken der Medaille auf den Kölner Domherrn T h o m a s v o n R h y n e c k (in Blei bei Herrn Dreyfus in Paris und im Universitäts-Museum zu Würzburg), ferner » F r a t e r J o h a n n M u l i c u m de Novimagio « von 1540, also ebenfalls der Kölner Zeit des Meisters angehörend, ebenso ein unbekanntes Humanistenbildnis von 1539 mit vier Zeilen Schrift auf der Rückseite (Blei, British Museum). G e r t r u d B u c k e r s , die Gemahlin des Kaspar Müllem (vgl. Jahrbuch Abb. 103) wurde bereits genannt (Blei, Sammlung Dreyfus in Paris). B a r t h . S c h o b i n g e r aus St. Gallen ist aus dem » Schweizerischen Münz- und Medaillenkabinett« von H a l l e r (Bern 1780) I, Nr. 269 nachzutragen. Zwei männliche Porträts ohne Schrift besitzen die Kollektionen W a s s e t in Paris (Bibliothek der Ecole des Beaux Arts) und Val ton (als Legat im Cabinet des Médailles in Paris). Das Porträt des Augsburgers C a s p a r V o g t , merkwürdig durch die antikisierende Auffassung der nackten Büste, aber durch das Monogramm gesichert, ist nur in einem ganz verdorbenen Bleistück in der auch sonst bemerkenswerten alten Sammlung der D e u t s c h e n G e s e l l s c h a f t in Leipzig erhalten. Ein neues vornehm aufgefaßtes Porträt des Deutschherrnordensmeisters W a l t e r v o n K r o n b e r g fand sich zu den drei bereits bekannten in einem schönen signierten Silberexemplar im Dresdener Kabinett. Sicher hagenauerisch und zwar ein alter Abguß von einem schriftlosen Holzmodell ist das Humanistenporträt Katalog Lanna III Nr. 1 2 1 1 , von dem es in England zwei Repliken gibt. Ein besonderes, wohl physiognomisch bedingtes Wohlgefallen fand Hagenauer bekanntlich an dem Volk der Hofnarren und Spaßmacher (s. Jahrbuch S. 17 des Sep.-Abd.). Hierher gehört im Nachtrag Meister G ö t z , genannt J ä c k 1 e (Blei, Städt. Museum in Wiesbaden), ferner ein unbekannter, durch die Tracht als solcher bezeichneter Narr mit grimassierendem Gesicht, der sich in Bronze im SouthKensington-Museum findet (Nachguß auch in Kollektion Val ton), und endlich tauchte eine solche komische Figur, mit der Rechten die Narrenkeule schulternd, in Form eines Bleistückes in einer Wiener Auktion bei Egger (Januar 1909) auf. Als eine lustige Person dieses Schlags hatte ich unvorsichtigerweise auch den dicken Mann 4*

Habich, Die Medaillen.

28

(Jahrbuch Taf. L, 12) angesprochen.

Wie indes eine fein eingeritzte alte Inschrift

auf dem Münchener Bleiexemplar lehrt, stellt die Medaille den Kanonikus Valentin »Pfaff« dar. Nur aus der Literatur bekannt, sind mir zwei Holzmodelle auf den Musiker Kaiser

Maximilians

Schiesser,

I. J o h a n n e s

Steudel

(signiert) und auf Κ o η r a d

die sich beide früher in Fürstlich von der Leyenschen Besitz be-

fanden (s. Wartburg Jahrg. 1875 S. 53). Für Nachweis dieser verschollenen Stücke wäre ich dankbar. Von der Überfülle an Material, das obendrein in der entlegensten Lokalliteratur verzettelt ist und sich mehr als irgend ein anderes Objekt der kunstgeschichtlichen Forschung im Privatbesitz, in verborgenen und vergessenen Vereinssammlungen und kleinen Bibliotheken versteckt und so der Kenntnis entzieht, macht sich der Nichtfachmann eben nur schwer eine Vorstellung, aber auch der Numismatiker vom Fach wird sich erst der erdrückenden Masse bewußt, wenn er darangeht, sie systematisch zu ordnen und zu sichten.

Erst wenn das Material in seiner Gesamtheit überblickt

werden kann, wird man vielleicht an eine gewisse Beschränkung nach Maßgabe der für die Herausgabe verfügbaren Mittel denken, wird ζ. B. die Frage zu erwägen sein, ob und wieweit die Schau- und Denkmünzen der großen regierenden Häuser, von denen bereits, allerdings nur nach genealogisch-dynastischen Gesichtspunkten

angelegte

Medaillen- und Münzwerke vorhanden sind, aus einem Korpus der deutschen Medaille ausgeschaltet werden dürfen, ob hier nicht vielleicht eine Begrenzung des Stoffes in der Art am Platze sein möchte, daß nur die kunstgeschichtlich wichtigen, mit Meisternamen verknüpften oder künstlerisch hervorragenden Stücke unter Ausscheidung des Minderwertigen und mit Hinweis auf die betreffenden Spezialwerke Aufnahme fänden.

Doch dies sind Curae posteriores, die sich später nach Maßgabe der vor-

handenen Arbeitskräfte und der verfügbaren Mittel von selbst erledigen dürften.

SEKTION III: MALEREI. I. A B T E I L U N G :

DIE VORKAROLINGISCHEN MINIATUREN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM BEARBEITER DR. E. H E I N R I C H ZIMMERMANN.

D

ie von Dr. W. Köhler skizzierten Grundlinien (s. den ersten Teil des nächsten Berichts)

zur Bearbeitung der karolingischen Miniaturen behalten

im all-

gemeinen auch für die Abteilung der vorkarolingischen Miniaturen ihre Geltung. Allerdings bedingt die Verschiedenartigkeit

des Materials gewisse Veränderungen

in der Methode. In karolingischer Zeit ist die Auswahl der illustrierten Bücher eine beschränkte; es sind vorwiegend liturgische Bücher, Evangeliare, Sakramentare usw., die man künstlerisch ausstattet.

Die Hauptmasse der uns erhaltenen illustrierten Codices

der vorkarolingischen Zeit sind dagegen Handschriften der Kirchenväter sowie Konzils akten, deren in chronologischer Folge gereihte Texte weder für Lokalisierungs- noch Datierungsfragen irgendwie nennenswerte Resultate liefern.

Die in der Beilage auf-

geführten Evangeliare sind in der Mehrzahl charakterlose Produkte einer späten Zeit, über deren Aufnahme in das Corpus erst später entschieden werden kann.

Die

ältesten Evangeliare sind vielfach ganz ohne Schmuck, und das Hineinspielen uns nicht bekannter älterer Texte führt gerade für vorkarolingische Evangeliare leicht zu verfehlten Schlüssen.

(Vgl. ζ. B. über die vermeintliche

Beeinflussung fran-

zösischer Texte durch insulare und spanische Vorlagen die Kritik Corssens über Bergers Histoire de la Vulgata.

Gött. Gel. Anz. 1894, S. 862.)

bereitet um so größere Schwierigkeiten,

Ihre Lokalisierung

als kein älteres französisches Evangeliar

durch eine Eintragung festgelegt oder mit einem Perikopenverzeichnis ist.

versehen

Und die in den letzten 20 Jahren geführten scharfsinnigen Untersuchungen

über die vorkarolingischen

Sakramentare blieben für die Datierung und nähere

Lokalisierung so gut wie ganz ergebnislos.

Auch die Psalterien sind textlich nicht

für Datierungs- und Lokalisierungsfragen nutzbar zu machen. Wie gefährlich es ist, aus einer oberflächlichen textlichen

Übereinstimmung

auf das gleiche Zentrum zu schließen, beweisen die von dem vorsichtigen Corssen

30

Zimmermann, Die vorkarolingischen Miniaturen.

geäußerte Ansicht, Autun 3 und 4 könnten an einem Orte entstanden sein, sowie die auf Grund textkritischer Vergleichung entstandenen Phantasien Chrousts über das Evangelium Burchardi in Würzburg — Ansichten, die durch die kunsthistorische Untersuchung sogleich ad absurdum geführt werden. Abzuwarten bleibt immerhin, ob für die insularen Handschriften sich nicht textliche Gruppierungen ergeben, und als Vorarbeiten für die karolingische Abteilung werden die Textuntersuchungen auch an den vorkarolingischen Handschriften vorgenommen werden. Eine ungleich wesentlichere Förderung erwächst aus der paläographischen Untersuchung der Handschriften. Hier wird man weit eher zu festen Gruppenbildungen, zu Datierungen und Lokalisierungen der Codices gelangen. Jedoch beginnen die Paläographen erst jetzt sich mit diesen dankbaren Fragen zu beschäftigen, und die dem Bearbeiter für die Fertigstellung der Arbeit vorgeschriebene Frist würde vielleicht gerade ausreichen, das Schriftwesen eines der zu bearbeitenden Länder in vorkarolingischer Zeit vollständig klarzulegen. Es versteht sich daher von selbst, daß im Rahmen der begonnenen Arbeit nur das Hauptsächlichste geboten werden kann, aus dem sich sichere Schlüsse für die Datierung und Lokalisierung der Handschriften ziehen lassen. Gegenüber den rein paläographischen Publikationen hat die Bearbeitung der Miniaturhandschriften der vorkarolingischen Zeit vor allem jedoch den Vorteil, daß sie die Handschriften in Unziale, Halbunziale, Kursive und ungereinigter Minuskel, die von den zünftigen Paläographen stets reinlich geschieden werden, wieder in den Gruppen vereinigt und so ein reicheres Bild der einzelnen Schulen schafft. Auch müssen zu vage Angaben (z. B. saec VI1/VIII), wie sie in paläographischen Publikationen noch vielfach begegnen, vermieden und die Zeit genauer fixiert werden, um einen möglichst klaren Überblick über die Entwicklung zu geben. Der Schwierigkeit der Datierung und Lokalisierung der Handschriften ist sich der Bearbeiter wohl bewußt, und es ist klar, daß nicht alles auf einmal erreicht werden kann. Kommt man doch selbst bei längst bekannten und viel durchforschten Gebieten der Kunstgeschichte oftmals nicht über allgemeine (und nicht einmal widerspruchslose) Schulbestimmungen hinaus. Immerhin ist eine regionale Gruppierung der Handschriften anzustreben, das Zentrum einer solchen Gruppe nach Möglichkeit herauszuarbeiten und die Entwicklung innerhalb derselben, die Frage nach der Herkunft des Stiles und der Beeinflussung durch andere Kunstzentren klarzulegen. Unerläßlich ist ferner eine Orientierung über die Illustration der spätantiken und griechischen Handschriften, sowie über das Kunstgewerbe und die skulpturalen Überreste der Völkerwanderungszeit. Denn nur so kann man hoffen, über die derzeit noch problematische Frage nach der Entstehung der mittelalterlichen Kunst des Abendlandes einige Aufklärung zu erhalten.

Zimmermann, D i e vorkarolingischen Miniaturen.

31

Nach dem Gesagten wird sich die Publikation in zwei Teile gliedern. Der erste wird die Tafelbände mit den in Gruppen geordneten hauptsächlichsten Denkmälern der Miniaturen der vorkarolingischen Periode umfassen und von einem kritischen Kataloge der Handschriften begleitet sein, der kurz über die Beschaffenheit der einzelnen Codices sowie über Datierungs- und Lokalisierungsfragen unterrichtet.

Im

zweiten Teile wird der Versuch zu unternehmen sein, den Verlauf der Kunstentwicklung von der ausgehenden Antike bis zum Beginn der karolingischen Epoche zu skizzieren. Da die Arbeiten über die karolingischen Miniaturen bereits Ι'/ί Jahr im Gange waren, schien es ratsam, auch für die vorkarolingischen Miniaturen mit der Bearbeitung der französischen Handschriften zu beginnen.

Der Monat April und Mai

sowie der größte Teil des Juni war dem Exzerpieren der französischen Bibliothekskataloge, der Durchsicht der paläographischen Publikationen und der Literatur (einschließlich des Kunstgewerbes) gewidmet.

Jedoch hätten diese Arbeiten ohne

die von Dr. Köhler bereits im vergangenen Jahre inventarisierten französischen Bibliotheksbestände nicht in so kurzer Zeit beendet werden können. In der letzten Juniwoche war es dem Bearbeiter —

dank der gütigen Er-

laubnis der Zentraldirektion der Mon. Germ. hist. — möglich, den photographischen Nachlaß

Ludwig Traubes in München

durchzusehen

sowie

im Handschriften-

zimmer der dortigen Bibliothek die in Wien nicht erreichbaren Publikationen zu benutzen. Uber die mit kurzen Stationen in Deutschland unternommene Bereisung der Bibliotheken von Brüssel, Nordfrankreich, Paris, Südfrankreich — mit Ausnahme / von Montpellier und Epinal •— und der Schweiz gibt die anliegende Liste der untersuchten Handschriften genügende Auskunft.

Soweit keine genauen Angaben über

die Schmucklosigkeit einer Handschrift existierten, sind alle Codices bis 800 eingesehen.

In das Verzeichnis sind jedoch nur solche Handschriften aufgenommen,

die je nach der Bedeutung ihres Schmuckes oder ihrer Schrift mehr oder weniger genau untersucht wurden. Der Rest des Novembers und Dezembers wurde in Wien zur Verarbeitung des gewonnenen Materials benutzt. Wenn dies einerseits durch das verspätete Eintreffen der Pariser Photographien erheblich gestört wurde, so hat die zeitweilige Überlassung des Bastard von Seiten der Zentraldirektion der Mon. Germ. hist, an das Institut für österreichische Geschichtsforschung die willkommensten Dienste geleistet. Daneben gingen die Vorarbeiten für die nächstjährige Reise einher, die voraussichtlich nach Petersburg 1 ) (zur Komplettierung der französischen Handschriften) sowie nach Skandinavien und England führen wird. ' ) Da mich die Korrekturen dieses Berichtes in St. Petersburg erreichten, so sind, um die Gruppen zu vervollständigen, die Petersburger Codices noch in diesen Bericht mit aufgenommen.

32

Zimmermann, Die vorkarolingischen Miniaturen.

Die folgende Skizzierung einiger Handschriftengruppen und allgemeiner Prinzipien, soweit sie sich aus dem bisher durchforschten Material ergaben, will keinen Anspruch auf absolute Gültigkeit erheben — zumal, da es an Vorarbeiten auf diesem Gebiete bislang durchaus fehlt —, sondern nur das Stadium anzeigen, in dem sich die Fragen derzeit befinden. Ich beginne mit einer Gruppe von Handschriften, die sich bislang zwar noch nicht fest lokalisieren läßt, aber nach der Lagerung der Handschriften und gewissen paläographischen Beziehungen zur Gruppe von Corbie in das nordöstliche Frankenreich gehört. Sie ist besonders dadurch interessant, daß wir in ihr eine fast ununterbrochene Entwicklung der Fisch- und Vogelornamentik vom 7. bis 9. Jahrhundert verfolgen können. Die früheste Handschrift dieser Gruppe ist der in alter Halbun'ziale geschriebene Augustinus lat. 2706. Die Fische und Vögel zeigen organische (profilmäßige) Musterung, starke Farben in breitem Flächenauftrage. Der gleiche Typ kehrt teilweise wieder in der darauf folgenden Hs. lat. 2 1 1 0 . Die überwiegende Mehrzahl der Fisch und Vogelinitialen ist jedoch mit ausgiebiger Schuppenangabe versehen, während die farbige Haltung der Initialen die gleiche bleibt. Neu ist die starke Rezeption orientalischer Flächenmotive, so besonders das große, kreisrunde Ornament, das wohl auf eine Einwirkung sassanidischer Stoffe zurückzuführen ist; auch die Formen der Palmetten, Lanzettblätter usw. weisen auf diese Quelle hin. Ins Grandiose gesteigert tritt uns dieser Stil dann in Reg. lat. 3 1 6 entgegen, vielleicht dem eindrucksvollsten Denkmale der merovingischen Miniaturmalerei. Wenig später dürfte die Oxforder Handschrift entstanden sein, deren Fischund Vogelornamentik mit dem römischen Kodex durchaus übereingeht, während sie in den mit Flechtwerk und vegetabilischen Formen gefüllten Initialen sich als eine Weiterbildung zu erkennen gibt. Hierher gehört auch lat. 12 241, den Bastard fälschlich unter die »lombardischen« Handschriften einreihte. Eine Verbindung zwischen der Römischen und Oxforder Handschrift stellt ein in sogenannter Corbier-Schrift verfaßter Kodex in Autun dar, dessen Initialschmuck auf der ersten Seite bereits dem Verlöschen nahe ist. Den erwachenden plastischen Geist der karolingischen Epoche zeigt eine zweite Oxforder Handschrift, die eine folgerichtige Weiterentwicklung des Stils der soeben genannten Handschrift ebendort bedeutet — eventuell unter einem erneuten byzantinischen Einflüsse. Damit ist der Umkreis der Schule jedoch noch nicht umschrieben. Bei vier — auch paläographisch eng zusammengehörigen — Handschriften (zwei in Laon, je eine in Paris und London) ist es zweifelhaft, ob sie der Hauptschule oder einem verwandten Zentrum entstammen. Die Tiere mit ihren charakteristischen Bewegungen und kreisförmigen Sprenkelung, die Form der Palmetten usw. weisen auch hier mit aller Entschiedenheit auf orientalischen Ursprung hin. Die Pariser

33 Handschrift verarbeitet

zudem, wenn auch in freier Weise, bereits insulare Vor-

bilder Dagegen dürfte der unziale Gregor, der in wenigen Initialen einen Zusammenhang mit lat. 2706 bekundet, einem andern Kreise entstammen. flamboyierende

Hierfür spricht die

Musterung der Vögel, die kleineren, vielfach sich ineinander schieben-

den Farbflächen und vor allem die Vorliebe für spitzige Formen, die der Handschrift eignet.

V e r w a n d t ist dem Gregor die Gothaer Handschrift I 75 in Halb-

unziale, deren Vögel auch die charakteristischen Flügelschnörkel auf dem R ü c k e n besitzen, sowie vielleicht London A d d . 29 972. Die Handschrift des Essener Domschatzes ist zwar im A u f b a u der Initialen denen der soeben zusammengestellten Gruppe verwandt, doch sind die Formen, die schon einen viel engeren Anschluß an die insulare K u n s t verraten, so verschiedenartige, daß nur eventuell ein loser Zusammenhang angenommen werden kann.

Viel-

leicht liegt uns hier eine frühe westdeutsche Handschrift vor. Einige Codices mit besonders auffallender merovingischer Buchschrift pflegte man nach Mabillons Vorgange unter dem Namen »écriture lombardique« zusammenzufassen. Die mit diesem N a m e n verbundenen irrigen Ansichten h a t Traube endgültig beseitigt und die Bezeichnung »ältere Corbier-Schrift« vorgeschlagen. Als eines der ältesten Beispiele der entwickelten Art dieser Schriftgattung



bald nach 700 entstanden, wofür auch das feine Pergament und die grünliche Tinte spricht —

möchte ich den Cod. 214 in St. Gallen ansehen.

Die einzige in dieser

Handschrift erhaltene Initiale geht einerseits durchaus mit dem 2. (halbunzialen) Teile des Cambraier Gregor zusammen, ermöglicht aber anderseits auch eine A n k n ü p f u n g an die spätere Pariser-Hs. lat. 3836.

Beweisend ist die Formation der

Initiale,

konturierten Palmetten und das

die A r t der Füllung mit den doppelt

charakteristische Ausziehen der Endigungen. stilistisch nahe v e r w a n d t zu sein. 627,

Ii 681,

12 135,

Mit lat. 3836 scheint Turin D . V . 3

Die weitere Entwicklung sehen wir in lat. II

12 155 und in den kunsthistorisch

schriften in Cambrai 693

(633)

unbedeutenden

und St. Petersburg L a t . F. v . X I V .

Hand-

Nr. 1 und

L a t . Q. v . I. Nr. 17. V o r der St. Galler und Cambraier Handschrift liegt der kursive Gregor und — hiermit zusammengehend — ein Teil von lat. 12 097 sowie St. Petersburg L a t . F. v. I, Nr. 2. und L a t . Q. v . I, Nr. 13. Paris n. a. 1. 1740 bildet in der Initialformation ein Verbindungsglied zwischen den beiden genannten Gruppen, die durch einen vollständigen Wechsel in der Farbe und in der linearen Begrenzung der Flächen von einander getrennt sind.

F ü r lat. 3836 lernen wir ferner in einem Einzelblatte in

St. Petersburg L a t . F. v . I, Nr. 11 eine Vorstufe kennen. ' ) D e n gleichen Stil repräsentieren

unter den gleichzeitigen kunstgewerblichen G e g e n s t ä n d e n

Greifenfibeln, die ebenfalls im nordöstlichen F r a n k r e i c h , sind.

speziell

in

der

Gegend

von A r r a s ,

Zwei besonders schöne E x e m p l a r e befinden sich im Berliner Museum für Völkerkunde.

Kunstwissenschaft.

r

die

gefunden

34

Zimmermann, Die vorkarolingischen Miniaturen.

Daß eine Handschrift in sogenannter Corbier-Schrift die Ornamentik der nordfranzösischen Schule zeigt, wurde bereits oben erwähnt. Eine eigenartige Mittelstellung zwischen diesen beiden Schulen bildet die aus St. Vaast stammende Handschrift der Bibliothek in Boulogne Nr. 42 (47), die in farbiger und ornamentaler Beziehung auf der Stilstufe von lat. 3836 steht. Sollte etwa in St. Vaast eine Kreuzung dieser beiden Gruppen stattgefunden haben? Von größerer Bedeutung ist jedenfalls der Umstand, daß die Ornamentik der gesamten Schweizer Handschriften des 8. und des beginnenden 9. Jahrhunderts von Corbie abhängig ist. Auch die 1870 verbrannte Straßburger Kanones-Sammlung von 787, deren Initialen durch Bastards Lithographien erhalten sind, gehört in den frühen Kreis dieser Gruppe. Ein Teil der Initialen des Züricher Psalters zeigt die größten Analogien zur Ornamentik des genannten Straßburger Codex. Charakteristisch wird für die Gruppe besonders die Form des »Q«, wo zwei von einem Kreise umschlossene Fische einen so bewegten inneren Kontur erhalten, daß es zweifelhaft erscheint, ob die so entstehende Form des Grundes oder die Fischgestalt das formbildende Element ausmacht (Parallelerscheinungen finden wir vielfach an kunstgewerblichen Gegenständen der Völkerwanderungszeit). An und für sich bedeutet diese Gruppe, der zahlreiche Codices in Zürich, Einsiedeln, St. Gallen, Karlsruhe und Stuttgart angehören, nur ein provinziales Weiterleben, das spurlos erlischt, als neue Einflüsse von außen eindringen. Eine hiervon sehr verschiedene Handschriftenfamilie scheint nach Burgund zu gehören, als deren Hauptskriptorium wir wohl Luxeuil anzunehmen haben. In den Initialen und in der Schrift entwickelt sich hier — wie in der Corbier-Schule •— ein ganz festes System, daß diese Codices allen andern merovingischen Handschriften gegenüber als festgeschlossene Gruppe erscheinen läßt. Der älteste Kodex liegt uns in der nur mit einer Initiale verzierten unzialen Troussure-Handschrift vom Jahre 669 vor, (jetzt im Besitz eines amerikanischen Händlers?). Das berühmteste Beispiel bildet das Lektionar von Luxeuil. Daran schließt sich der Arkadenbogen der Handschrift in Valenciennes, die einen nahen Verwandten in der Petersburger Handschrift Lat. Q. v. I, Nr. 14 besitzt. Später ist der interessante Wolfenbüttler Kodex und die in Farbenauftrag und Zeichnung rohe Fuldaer Handschrift. Den Stil des Fuldaer Kodex repräsentiert noch ein Einzelblatt der Wiener Hofbibliothek. 1 ) Zu dieser Gruppe sind auch die ersten Blätter des kursiven Gregor in Paris zu rechnen. Die farbige Wirkung ist kleinflächig, unruhig; an gewisse spätrömische Emails erinnernd (Pinguente-Flasche). Auch die Initialformationen und Blattformen sind der Schule eigentümlich; für letztere finden wir besonders auf spätantiken kunstgewerblichen Objekten Analogien und Vorstufen. ' ) Ich verdanke den Hinweis in Wien.

auf

dieses B l a t t der

Liebenswürdigkeit

des Herrn Dr. Herrman

35 Nicht sicher zu lokalisieren ist bisher der Augustinus lat. ι X 641, dessen kümmerliches Initialkreuz auf einem der Papyrusblätter in alle Publikationen herübergenommen ist, der aber auf den Pergamentseiten mehrere (bereits von Bastard abgebildete) wichtige Initialen besitzt (eine weitere birgt der in Genf liegende Teil), die den K o d e x mit Handschriften in Verona und Ivrea auf das engste verwandt erscheinen lassen. Ob London Add. 279 92 auch in diesen Kreis oder zum unzialen Gregor gehört, ist nach der Reproduktion

nicht

zu

entscheiden.

Jedenfalls stehen

diese

Hand-

schriften der burgundischen Gruppe am nächsten. Nach Fleury scheint eine andere Handschriftengruppe zu gehören.

Zunächst

der bekannte Berner Unzialkodex des ausgehenden 7. Jahrhunderts; ferner Chartres 40 (ol. 2) sowie Paris n. a. 1. 1598, 99 + Orléans 154 (131).

Diese Handschrift legt

es nahe, auch den vielumstrittenen Kod. Autun 3, der 754 in Vosevio geschrieben sein soll, in die Fleuryer Gruppe aufzunehmen.

Die Handschrift ist kunsthistorisch

von eminenter Bedeutung, da sie vier blattgroße Evangelistenbilder und eine Majestas Domini besitzt.

Eine zweite Berner Handschrift zeigt bereits das Ausklingen dieses

Stiles; wogegen sich in einem K o d e x in Cambrai

(Nr. 937

(836) Elemente der

Fleuryer Schule mit solchen aus Corbie mischen. Daß die zufällige Erhaltung des Materials eine lückenlose Rekonstruktion der merovingischen Schulen nicht aufkommen läßt, liegt auf der Hand.

Verwunderlich

ist es immerhin, daß bisher zu einer so markanten Handschrift wie dem Brüsseler Caesarius, der noch dazu datiert und lokalisiert ist, keine verwandte Handschrift gefunden wurde und daß ein Werk von einem so überquellenden Formenreichtum wie das Sakramentar von Gellone ganz vereinzelt dasteht.

Hoffentlich werden

weitere Funde diese Lücken noch ausfüllen. Verfrüht wäre es, auf Fragen nach der Herkunft der merovingischen Buchillustration schon jetzt eine Antwort geben zu wollen, bevor das gesamte Material — vor allem die italienischen Handschriften — durchforscht sind.

Immerhin verdienen

einige Beobachtungen vielleicht hier erwähnt zu werden. Die Fische sind von Anbeginn mit Ornamenten gemustert, also rein ornamental gedacht.

Auch die Vogelleiber sind unnatürlich gesprenkelt und geschuppt.

Selbst in den späteren Handschriften zeigen die Tiere und Pflanzen eine auffallende Leblosigkeit im Detail. berechnet.

Man hat oft den Eindruck, als seien sie auf Fernsicht

Falls eine Modellierung in Licht und Schatten gegeben wird — wie

im Sakramentar von Gellone —, so ist es gerade nur so viel, als zur Modellierung unerläßlich ist. In den ältesten Handschriften sind die Fische und Vögel nebeneinander, ohne sich zu verbeißen.

Erst nach der Mitte des 8. Jahrhunderts beginnen die Tiere sich

zu verschlingen; anscheinend durch insulare Vorbilder beeinflußt. Diese Tatsachen sind von Wichtigkeit für die später zu behandelnden Fragen nach der Herkunft der Fisch- und Vogelornamentik.

Daß einige Tiere ihre orien5*

Zimmermann, Die vorkarolingischen Miniaturen.

talische Abstammung klar zu erkennen geben, wurde schon oben erwähnt.

Auch

die affrontierten und adossierten Tiere weisen darauf hin, sowie die deutliche Musterung.

(Stammt die profilmäßige Musterung auch dorther?)

Vogeltypen

auf

abendländischen

kunstgewerblichen

Anderseits scheinen

Gegenständen

der

Völker-

wanderungszeit (so ζ. B. Vogelgravierungen in Namur, Brüssel, Trier und mit dem zweiten Nydamer Funde verwandte Stücke), ferner spätrömische Emails Vorstufen zu repräsentieren.

Das Fehlen jeglicher Initialen in den frühesten griechischen

Handschriften erschwert diese Fragen ganz ungemein, und es ist fraglich, ob sie in nächster Zeit eine allgemein befriedigende Lösung finden werden. Das einfache eckig gebrochene Flechtband kommt schon in den frühesten Codices vor.

Die reichen Brechungen treten erst später auf.

Die gruppenweise

Zusammenfassung der Bandverschlingungen beginnt im 8. Jahrhundert, jedoch läuft daneben immer noch das einfache Flechtband einher (Parallele: tauschierte Schnallen, zumeist ebenfalls 8. Jahrhundert). Auffallend ist die farbige Behandlung der Initialen. Der Auftrag geschieht gerade bei den frühesten Manuskripten (ζ. B. dem Augustinus-Papyrus) bisweilen so wenig präzis, daß die Form empfindlich darunter leidet.

J a die Farben werden oft so

gewählt und zusammengestellt, daß der Zusammenhang des Ganzen verschleiert wird.

Hierher gehört auch bei der »a«-Gruppe das Auflegen der Buchstaben auf

farbigen, mosaizierten Grund.

Dadurch entsteht eine Buntheit, die dem Zusammen-

fassen eines Wortes entgegenwirkt. koloristische

Auffassung zugrunde

Alledem liegt — wie der Fernsicht — eine (Parallele:

Granateneinlage

in Gold).

Doch

treten etwa von der Wende des Jahrhunderts an die rein linearen Elemente immer mehr in den Vordergrund. Wo dagegen in den früheren Handschriften die Vorzeichnung stehen geblieben ist,

da sieht man das genaue Umreißen der Formen.

Gegensatz gegenüber den östlichen Arbeiten.

Dies bildet gerade einen

Der Orientale dieser Epoche sieht in

einem Muster nur das Nebeneinander von Licht und Schatten, aus dem die Form hervorwächst.

Wenn wir die Bordüre im syrischen Evangeliar von 634 in Wolfen-

büttel ansehen, erkennen wir, wie er mit dem Pinsel die Schattenpartien hingemalt hat, ohne vorher die Konturen zu ziehen. Schematische, akkurat Abgezirkelte. ein italienischer

Kopist

E s fehlt bei diesen Ornamenten jedes

Das Gleiche sehen wir bei den Tieren, die

nach einer griechischen Vorlage

auf

den Schrank des

Evangelistenbildes im Codex Amiatinus gemalt hat (Parallele: langobardische und byzantinische Steinornamente). E t w a s Definitives über diese Fragen wird sich hoffentlich nach Verarbeitung des gesamten Materials aussagen lassen.

Doch erhellt schon aus dem Obigen die

Notwendigkeit, die Objekte der übrigen Kunstgebiete zur Erklärung der allgemeinen Entwicklung mit ip die Betrachtung hineinzuziehen.

Zimmermann, D i e vorkarolingischen Miniaturen.

Deutschland.

München.

^7

(9 Photos). — M s . 693 (633).

Lat. 27 270.

Evangeliar

rium (3 Photos). — Ms. 937 (836). Isidor (7 Photos).

(8 Photos). Wolfenbüttel.

99.

Weißenburg.

Würzburg.

Mp.

theol. fol. 64 a.

Augustinus (3 Photos). •—• Mp. theol. fol. 68. Evangeliar (6 + 2 Photos). — Mp. theol. fol. 69.

Chartres.

Ms. 40. Gregorii Moralia

in Job.

Patres ecclesiae (34 Photos).

Epistolae Loc.

L a on.

Ms. 137.

— Ms. 244. Lyon.

Orosius (7 Photos).

Isidor (4 Photos).

Ms. 443

(372).

Origines

Ms. 131 (154).

Orléans.

P a r i s . Lat.256. Evangeliar. Belgien.

— Lat. 281 ( + 298). 521Q—31

(4

Photos). — Ms. 604 (521). Augustinus (2 Photos).

Pauli (3 Photos).

Brüssel.

Glossa-

(2495)

Pseudo-

Cyprian. (5Photos)

Evangelien des

Math., Mark., Luk. (2 Photos).



Isidorius usw. (2 Photos). — 8780—93

Lat. 335. Pauli Epistolae.—Lat. 1820.

(2493) Collectio Canonum (4 Photos).

Hieronymus. — Lat. 1625.

—• 9850—52

(18

— Lat. 1732. Ambrosius. — L a t . 2110.

14 650—9 (3236) Vitae

Eugyppius. (13 Photos). — Lat. 2706.

Photos). —

(1221)

Caesarius

Augustinus. (4 Photos). — Lat. 2769.

Sanctorum (2 Photos). Tongern.

Origines.

Kirchenschatz.

Evangeliar

Patres ecclesiae. (1 Photo).—Lat.3836. Collectio

(4 Photos).

canonum. (5 Photos).

Lat. 4404.



Leges Barbarorum.



Lat. 7530. Marius Servius Honoratus. Holland.

— Lat. 8921. Collectio Canonum. —

M a e s e y c k . Kirchenschatz. Evangeliar.

Lat. 9332.

Dioscorides. (2 Photos).

— Lat.9389. Evangeliar. (ioPhotos). — Lat. 9427. Lektionar. (20 Photos).

Frankreich.

— Lat. 9565.

A u t u n. Ms. 3. Evangeliar (16 Photos). — Ms. 4. Evangeliar (11 Photos). — Ms. 20. Ms. 23.

Gregorius

(2 Photos).



Isidor und Gregor (1 Phot.).

Besançon. Boulogne.

Ms. 184.

in Matth. (6 Photos). —

Ms. 8 (9).

Evangeliar (5 Photos). Cambrai.

Basilius. —

11627.

Fredegar.

Lat.

Hieronymus. (6 Photos).



Lat. 11641. Augustinus. — Lat. 11681. (1 Photo).



Lat.

12048.

Missale. (20 Photos). — Lat. 12097. Cánones. (3 Photos). — Lat. 12 135. Ambrosius. (3 Photos). — Lat.12 155.

Ms. 300 (282). Augustinus

(3 Photos). — Ms. 679 (619).

Anthologia. — Lat. 10593. •— Lat. 10 910.

Beda.

Isidor.

Ms. 42 (47). Hieronymus

Orosius. — Lat. 10318.

Hieronymus. (8 Photos). — Lat. 12 168.

Liber

Augustinus. (5 Photos). — Lat.12 190.

canonum Alberici (2 Photos). — Ms.

Augustinus. (2 Photos). — Lat. 12239

684 (624). Gregorii Hist. Francorum

bis 41.

Cassiodor. (1 Photo) — Lat.

38

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

Schweiz. Collectio Canonum. — Lat. Vitae sanctorum. — Lat. B e r n . 118. Iosephi antiquitates (2 1 3 0 2 8 . Isidor. — Lat. 1 3 0 4 8 . ForPhotos). — 207. Grammatica. — tunat. — Lat. 13 159. Psalter. — 219.. Hierronymus (1 Phot.). Lat. 14 086. Variorum Patrum mis- E i n s i e d e l n . 191. Cánones (3 Photos). cellanea. — Lat. 1 7 2 2 5 . Evangeliar. — 199. Dicta Priminii (I Phot.). — Lat. 17 226. Evangeliar. — Lat. — 281. Ascetica varia (2 Photos). 17 654 u. 17 655. Gregor v. Tours. — 347. Rufinus hist. eccl. (2 Photos). (10 + I i Photos)· — Nouv. acq. lat. G e n f . 6. Evangeliar (6 Photos). — 1366. Apokalypse. — N. a. 1. 1587. 16. Augustinus. — 21. Beda. Evangeliar. (5 Photos). — Ν. a. 1. S t. G a 11 e η. 6o. Evangelium Johannis. 1592 u. 93. Hilarius. — Ν. a. 1. — 51. Evangeliar (12 Phot.). — 70. 1594· Augustinus. — Ν. a. 1. 1597. Pauli Epistolae. — 124. Sammelhs. (5 Gregorius. (3 Photos). — N. a. 1. 1598 Photos).—188. Augustinus, Ambrosius u. 99. Homelia. ( 5 + 2 Photos)· — usw. — 194. Caesarius. — 214. Gregorii N. a. I. 1619. Orobasus, Synopsis. — dialogi (1 Phot.). — 225. Sammelhs.— N. a. 1.1740. Bibelfragment. ( 1 Photo). 227. Horn. Augustini. — 348. Sakra— N. a. 1. 2176. Lektionar. — N. a. 1. mental ·— 350. Sakramentarfragment. 2178. Vitae sanctorum. — Ν. a. 1. — 730. Leges Barbarorum (2 Photos). 2179. Vitae sanctorum. — Grec. 277. — 731. Leges Barbarorum (3 Photos). Evangeliar. — 904. Priscian. — 912. Sammelhs. S t . O m e r . Ms. 15. Brev. Hieronimi — 1394. Sammelhs. — 1395- Samund Psalterium (4 Photos). melhs. (3 Photos). Τ r 0 y e s. Ms. 657. Cassiodorus. Z ü r i c h , Kantonsbibl. Ms. 30. SaValenciennes. Ms. 623 (455). kramentar (5 Photos). — Ms. 34. Chronicon Eusebii et Hieronimi (3 Psalterium. (8 Photos). — Ms. 140. Photos). Hieronymus, Augustinus usw. 12 444. 12 598.

2. A B T E I L U N G :

DIE KAROLINGISCHEN MINIATUREN. BERICHT, E R S T A T T E T V O N DEM

BEARBEITER D R . W I L H E L M

D

I.

BERICHT ÜBER

DAS

KÖHLER. JAHR

1909.

ie dringendste Aufgabe beim Beginn der Arbeiten war die, eine von der bisherigen kunsthistorischen Literatur unabhängige Vorstellung von der Masse des erhaltenen Materials zu gewinnen. Zu diesem Zwecke wurden während der ganzen

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

39

ersten Hälfte des Jahres Handschriften-Kataloge exzerpiert, und zwar wurde der Anfang mit Frankreich gemacht, das durch den Stand der Handschriften-Katalogisierung, die einheitliche Art derselben und den Reichtum an Handschriften des 9. und 10. Jahrhunderts ebenso, wie aus inneren Gründen dafür am geeignetsten war. Weil in den Katalogen oft auch notdürftige Angaben über künstlerische Ausstattung fehlen, mußten für manche Bibliotheken alle lateinischen Handschriften bis zum 10. Jahrhundert inkl. in das Verzeichnis aufgenommen werden, wenn nicht aus älteren Einzelkatalogen ergänzende Angaben herangezogen werden konnten.

Je

nach der Natur und Zuverlässigkeit der Kataloge wurden für manche Bibliotheken auch die Handschriften des II. Jahrhunderts vermerkt.

Wo besondere, aus der

Beschreibung oder Inhaltsangabe zu entnehmende Indizien bei jüngeren Handschriften auf deutschen Ursprung zu weisen schienen, wurden diese berücksichtigt. In dieser Weise wurden bisher die Kataloge der Bibliotheken des mittleren und nördlichen Frankreichs, Belgiens, Hollands und Westdeutschlande exzerpiert. Ein nicht systematisches Inventar liegt für die Bibliotheken, Archive und Kirchenschätze des übrigen Europas vor, in dem die in der kunsthistorischen und liturgischen Literatur behandelten Handschriften gesammelt wurden. Nebenher gingen die Arbeiten an einem Zettelkatalog, der die Grundlage für die Bearbeitung des zusammengetragenen Materials zu bilden bestimmt ist. Ende Juli waren diese Vorarbeiten so weit gefördert, daß es zweckmäßig, erschien, eine gewisse Masse des Materials im Original zu untersuchen und in die Vorarbeiten einzubeziehen. Dafür war der natürliche Ausgangspunkt die Pariser Nationalbibliothek.

Freilich ist die Katalogisierung gerade dieser Bibliothek für den Kunst-

historiker wenig günstig. Die alten Bestände, d· h. die bis zum Jahre 1744 erworbenen Handschriften, sind in M e 11 0 t s Katalog zwar ihrer textlichen Zusammensetzung nach mit achtungswerter Zuverlässigkeit verzeichnet; aber Bemerkungen über die Ausstattung der einzelnen Handschriften sind in ihm selten und ganz zufällig aufgenommen.

Das zwingt dazu, überhaupt alle älteren Handschriften einzusehen,

soweit sie nicht anderweitig in der Literatur so besprochen sind, daß man Gewißheit erhält über das Nichtvorhandensein von Miniatur- und Initialschmuck, Manche Irrtümer in der Datierung lassen es rätlich erscheinen, auch die Handschriften des 11. Jahrhunderts teilweise hier einzubeziehen. Die bis zum Jahre 1891 hinzugekommenen Handschriften sind von D e 1 i s 1 e katalogisiert.

Soweit er aber die Handschriften nicht anderweitig behandelt, ist man

über die kunsthistorische Verwendbarkeit der Handschriften ebenso im Unklaren wie bei M e 11 o t , weil er im Katalog nur die Haupthandschriften durch einen Zusatz als Miniaturhandschriften charakterisiert.

Dasselbe gilt von 0 m ο η t s Inven-

taren der neu erworbenen Handschriften. Trotz dieser Schwierigkeiten eignete sich die Bibl. nat. zum Beginn der Arbeiten wie keine andere Bibliothek, weil ganz äußerlich keine andere eine solche Fülle von

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

Prachthandschriften der karolingischen Zeit besitzt, und alle einzelnen, bisher aufgestellten Gruppen in ihr vertreten sind. A m 5. August kam ich nach direkter Fahrt von Wien in Paris an und konnte am 7. August mit den Arbeiten in der Bibliothek beginnen, die ich mit Ausnahme des Feiertages am 16. August ununterbrochen fortsetzen konnte bis zum I I . Oktober. In Abwesenheit 0 m ο η t s hat mir der Conservateur adjoint des Département des manuscrits, Mr. C o u d e r c , auf eigene Verantwortung einige der wichtigsten Handschriften in liebenswürdigster Weise anvertraut; mit der gleichen Freundlichkeit begegnete mir Mr. O m ο η t nach der Rückkehr von seinem Urlaub.

E s ist mir ein

Bedürfnis, ihnen wie den übrigen beim Département angestellten Herren den herzlichsten Dank für ihr Entgegenkommen auszusprechen.

Am 12. Oktober mußte

ich die Arbeiten in Paris abbrechen, um direkt nach Wien zurückzukehren.

Außer

den übrigen Bibliotheken in Paris bleibt in der Nationalbibliothek noch zu erledigen eine kleine Anzahl von schon in die kunstgeschichtliche Literatur eingeführten Handschriften und die Durchsicht der großen Masse von Handschriften, über deren Ausstattung keine Angaben vorliegen. In Wien wurde die Durcharbeitung des gesammelten Materials vorgenommen, besonders nach der liturgischen und literargeschichtlichen Seite, als Vorbereitung für die Reisen des nächsten Jahres, die der eigentlichen Suche nach neuem Material gewidmet sein werden.

Ferner wurden die älteren Handschriften der Hofbibliothek,

besonders der wichtige Dagulfpsalter, untersucht.

E i n kurzer Aufenthalt in Inns-

bruck ermöglichte die Beschreibung des Evangeliars Nr. 484 der Universitätsbibliothek.

Die wichtigste Aufgabe war aber die Bearbeitung des Evangeliars der k. k.

Schatzkammer.

Durch das besondere Entgegenkommen des Oberhofmeisteramtes,

das auch die Herstellung der sehr schwierigen Aufnahmen im Atelier des Photographen F r a n k e n s t e i n

bewilligte, und des Regierungsrates H.

Zimmer-

m a η η konnte dieselbe im kunsthistorischen Hof museum vorgenommen werden. Die Aufgabe, die dem Berichterstatter für die Reise nach Paris gestellt war, war eine ganz bestimmte, beschränkte.

E s handelte sich um ein in der Hauptsache

längst bekanntes Material; es galt, die Kenntnis der Originaldokumente zu erwerben, auf der die früheren Bearbeiter ihre Darstellungen aufgebaut hatten, ihre Einzel beobachtungen zu kontrollieren und die von ihnen gegebenen Bemerkungen so weit zu vervollständigen, daß für jede Handschrift eine Beschreibung vorlag, wie sie die Einreihung in ein Corpus verlangt — ein Gesichtspunkt, der jenen früheren ganz fern gelegen hatte.

Nun fügten es die Verhältnisse, daß von dieser Beschränkung

gelegentlich abgewichen werden mußte. läßt, erlebt man Überraschungen.

Wo man aber das bearbeitete Gebiet ver-

Die früher aufgestellten und fest umrissenen

Gruppen verlieren die Starrheit des leicht erkennbaren Schemas; man sieht ein stetes Sichkreuzen wechselnder Einflüsse, Entwicklungen, Stilwandlungen, von denen man sich nach dem bekannten Material nur eine unvollkommene Vorstellung machen

Köhler, Die karolingischen

Miniaturen.

41

kann. Um die Zentralschulen gruppieren sich Provinzskriptorien, in denen sich Stilphasen jener widerspiegeln; man erkennt, daß von einer geographischen Verbreitung der einzelnen Stilgruppen gesprochen werden muß. Der mehr zufällige Charakter dieser Schürfungen auf unbekanntem Boden bringt es mit sich, daß hier von neuen, wirklich feststehenden wissenschaftlichen Ergebnissen, die bei dem Stand der Forschung erst die Grundlage für die Publikation eines kritisch geordneten Materials bilden würden, nur hin und wieder die Rede sein kann. Was bisher von nicht beachtetem oder nicht gewertetem Material untersucht wurde, brachte nfeue Fragen, auch Hinweise für die weitere Forschung; wirkliche Antworten können erst von einer planmäßigen Vermehrung des Materials erwartet werden. Und diese ungewissen Richtlinien, die der Materialzuwachs gewiß noch korrigieren wird, bieiben am besten unausgesprochen. Wohl aber ist darüber Rechenschaft abzulegen, wie das bisher untersuchte Material behandelt wurde, weil die Präparierung des Materials die nächstliegende Obliegenheit und d i e Seite der ganzen Arbeit ist, die nach prinzipiell zu fixierenden Normen geschehen muß. Die Beschreibung der Einzelhandschrift gliedert sich in einzelne Abschnitte, die zusammen ein von der kunsthistorischen Betrachtung unabhängiges, selbständiges Resultat bilden, das die kunsthistorische Betrachtung für Urteil und Einreihung in die Entwicklung als Grundlage zu nehmen hat. Die Grundsätze für die allgemeine Handschriftenbeschreibung konnten nicht zweifelhaft sein. F ü r Paris liegen, wie gesagt, nur für kleine Bestände und einzelne Handschriften genauere Katalogangaben vor. Es mußte also alles Nötige über Einband, Umfang, Pergament, Maße, Signaturen, Lagenzählung, Zusammensetzung, Ausstattung der Handschriften notiert werden Besondere Rücksicht wurde bei der Untersuchung der Handschriften auf die Paläographie genommen. Bei jeder Handschrift wurde ein charakteristisches Blatt oder Blattstück aufgenommen, auf die Vertretung aller in einer Handschrift verwendeten Schriftarten in den Aufnahmen, z. B.von Initialen, Gewicht gelegt; die Aufnahmen wurden nach Möglichkeit vervollständigt durch Notierung der vorkommenden Kürzungen, der Interpunktion, der Form der Lagenzählung usw. Wie D e 1 i s 1 e s Beobachtungen paläographischer N a t u r die Grundlage für die Konstruierung von mittel- und nordfranzösischen Gruppen gebildet haben, so ergibt sich für andere karolingische Schulen, daß sie durch ganz bestimmte Schrifteigentümlichkeiten charakterisiert werden, die f ü r die kunstgeschichtliche Einordnung von Einzelmonumenten ebenso wichtig sind, wie sie nach der anderen Seite, gestützt und erweitert durch das Resultat der kunstgeschichtlichen Untersuchung, dem Historiker zur Bestimmung anderer, nicht in unseren Kreis gehörender Handschriften bedeutungsvoll werden können. Sobald aber eine Gruppierung des Materials nach desem Gesichtspunkt erreicht ist, wird man auch die Hauptetappen der Schriftentwicklung innerhalb der Gruppen nach den direkt oder indirekt datierten HandKunstwissenschaft.

6

42

Schriften feststellen können und damit in der Lage sein, die bisher so problematische Verwendung der Paläographie für die genauere Datierung mit ganz anderem Erfolg ins Werk zu setzen. Bei den wenigen bisher untersuchten nichtkirchlichen Handschriften schien eine kurze Bezeichnung des Inhaltes zu genügen. Die meisten von ihnen sind längst nach ihrem Inhalt untersucht und publiziert. Was nach dieser Seite hin für die kunstgeschichtliche Untersuchung wichtig sein konnte, ist aus der Fachliteratur und den Editionen zu entnehmen. Wenn irgend möglich, wird aber bei den dort nicht verwerteten Handschriften der Versuch gemacht werden, durch die Notierung charakteristischer Lesarten die Stellung der Einzelhandschrift in der Überlieferungsgeschichte des Werkes den übrigen Handschriften gegenüber festzustellen. Die Aufstellung solcher Textfamilien kann für die Lokalisierung früher nichtkirchlicher Handschriften das wichtigste Hilfsmittel werden. Noch anders steht es mit den beiden Hauptgruppen der kirchlichen Handschriften des frühen Mittelalters, den Bibeln und Evangeliaren und den Sakramentaren (andere liturgische Bücher sind bisher nicht untersucht). P e t e r C o r ß e n hat in der Publikation der Trierer Adahandschrift die von J a n i t s c h e k nach ihrer Ausstattung behandelten Evangelienhandschriften textlich untersucht und zu diesem Zweck ihre Lesarten in ausgewählten Abschnitten gesammelt und in einer Tabelle zusammengestellt. Das Resultat seiner Untersuchungen war die Aufstellung in sich geschlossener Textgruppen, die sich mit den durch stilistische Beobachtungen gewonnenen deckten. J a n i t s c h e k war wiederholt genötigt, auf diese textlichen Ergebnisse zu verweisen, um Zusammenhänge konstatieren zu können, wo die strikte Beweisführung mit stilistischen Mitteln nicht möglich war, weil die vermittelnden Glieder fehlten. Durch C o r ß e η s Tabelle ist schon ein so großer Teil der Arbeit erledigt worden, daß die einfache Vervollständigung derselben für neu hinzutretendes Material das praktischste war und gleichzeitig zu genügen schien. Auch die Bibelhandschriften können keiner anderen Behandlung unterworfen werden. Aus C o r ß e η s Textvergleichung schienen sich drei sehr deutlich voneinander verschiedene Gruppen zu ergeben, die touronische (A), die Gruppe der Adahandschrift (B) und die nordfranzösische (C). Nun liegt das Verhältnis, wenn man neues Material hinzunimmt, nicht so einfach. Wie ältere touronische Handschriften, wie ζ. B. das Adalbaldevangeliar, die auffallendsten Beziehungen zu den ältesten Texten der sog. Adagruppe, vor allem dem Text von x 1 , aufweisen, so zeigt eine Reihe von Handschriften, die in die Klasse C gehören, eine Kreuzung der Lesarten von Klasse Β und Klasse C, die deutlich eine Brücke von der einen zu der anderen bildet; in derselben Richtung verläuft eine Bewegung in der Uberlieferung des Textes der Gruppe A. Das legt eine Vermutung nahe, die man schon an einigen Stellen von Β e r g e r s Histoire de la Vulgate ahnungsweise angedeutet finden kann: daß es sich bei diesen

Köhler, Die karolingischeii Miniaturen.

Varianten der Vulgatahandschriften

nicht um

geschlossene,

voneinander scharf

geschiedene und unabhängige Textklassen handeln kann, daß diese Ansicht höchstens für eine gewisse Zeit in der Aufstellung einer südlichen und einer nordfranzösischen Klasse Geltung haben kann, daß aber sonst die Varianten kein geographisches Neben-, sondern ein zeitliches Nacheinander bedeuten.

Man muß vermuten, daß neue Re-

zensionen des Textes weit schneller, als es nach C o r ß e η s Tabelle scheint, sich ausbreiten und weit umfassendere lokale Geltung gewinnen.

Das steht vollkommen

mit dem in Einklang, was aus allgemein historischen Nachrichten über das literarische Leben des 9. Jahrhunderts und insbesondere über die Art der Bibelreproduktion in dieser Zeit zu entnehmen ist. Damit geben wir ein scheinbar sehr zuverlässiges K r i terium für den Schulzusammenhang der einzelnen Handschriften preis, gewinnen aber dafür ein Mittel zur relativen Zeitbestimmung der Handschriften und hierin eine nicht zu unterschätzende Stütze für die paläographische Untersuchung, die andererseits, wie gesagt wurde, bis zu einem gewissen Grade die Rolle wird übernehmen können, die der Untersuchung der Texte zugewiesen wurde. Nun reicht freilich das bisher zusammengetragene Material an Textbeobachtungen für eine Reihung der Handschriften nicht aus; bei den regen Wechselbeziehungen ist es auch die Frage, ob wir auf diesem Wege zu einer entschiedenen Reihung der Handschriften innerhalb der einzelnen Gruppen gelangen werden; das wird die E r fahrung lehren müssen.

Aber es gibt bei fast allen Evangelienhandschriften ein

Textstück, das diesen fortwährenden Änderungen nicht in dem Maße unterliegt wie der eigentliche Evangelientext selber: das ist das in allen älteren Handschriften rückwärts angehängte Perikopenverzeichnis.

Nach Einteilung und System des Fest-

kreises ergeben sich hier deutliche Gruppen von Handschriften, die weit eher als nach der verwirrenden Fülle sich gegenseitig oft widersprechender Textlesarten nach diesen

Indizien lokal zusammengehörig angesehen werden dürfen.

Ferner geht

aus einer Nebeneinanderstellung hervor, daß der Ausschluß wie die Aufnahme bestimmter Heiliger und bestimmter Feste weit früher einsetzt innerhalb der Gruppen, als man gewöhnlich annimmt. Dadurch können, wie sofort einleuchtet, die wichtigsten Hinweise nicht nur f ü r eine lokale Trennung, sondern auch für eine lokale Fixierung gegeben werden.

Sobald feststeht, daß auch dieser Textteil in stetem, wenn auch

langsamem Fluß begriffen ist, darf man ferner hoffen, in ihm ein wichtiges Hilfsmittel für die absolute Datierung der Handschriften zu gewinnen dadurch, daß man die Angaben der alten kirchen-, besonders der reichen konzilgeschichtlichen Literatur auf die Perikopensysteme anwendet. Das Gesagte gilt in der gleichen Weise von den Sakramentaren und E v a n gelistaren; nur sind hier die angeführten Grundsätze im ganzen schon anerkannt und angewendet.

Das Ziel ist die Klarstellung der Geschichte des römischen Sakramen-

tars, das K a r l d. Gr. im Frankenreich einführte, des Kampfes mit den älteren Formen und der Änderungen, denen es im Verlauf des 9. Jahrhunderts im Norden unterzogen 6*

44 wurde. Das ist der einzige Weg, um über Entstehung und Ausbildung der künstlerischen Ausstattung der Sakramentare ins reine zu kommen. Um die Berechtigung der Hereinziehung aller dieser, scheinbar für die kunsthistorische Forschung gänzlich belanglosen Untersuchungen an einem Beispiel zu erweisen, sei mir der Hinweis gestattet, daß die Einreihung eines der wichtigsten Denkmäler der karolingischen Kunst, des Evangeliars der Wiener Schatzkammer, in den historischen Verlauf einzig und allein durch Beobachtungen dieser Art ermöglicht wird, weil seine Miniaturen vollkommen aus dem uns bekannten übrigen Material herausfallen, und alle anderen Quellen fehlen. Nachzuweisen, welche Bedeutung diese Erscheinung an dem so f ü r sie ermittelten Platz für den historischen Verlauf gehabt hat, ist dann die Aufgabe der rein kunsthistorischen, stilistischen Untersuchung. Diese muß damit rechnen, daß der größte Teil des von ihr behandelten figürlichen und ornamentalen Handschriftenschmuckes zu publizieren sein wird. Die namentlich für das Ornamentale bei dem überwältigenden Reichtum gerade der ältesten Handschriften durchaus notwendige Beschränkung bringt zwei Forderungen für den Bearbeiter mit sich. Erstens ist für die Aufnahme das Wesentliche herauszusuchen, eine sehr schwere Forderung. Als wesentlich hat ohne Zweifel das zu gelten, was für die betr. Handschrift charakteristisch, vielleicht ihr eigentümlich, und was für die Entwicklung ihrer Gruppe und des Motivenschatzes derselben von Bedeutung ist. Da deren Verlauf aber im besten Fall nur in den ganz allgemeinen Zügen bekannt ist, meist aber völlig im Dunkeln liegt, ist einem Fehlgreifen in der Wahl der aufzunehmenden Handschriftenteile nur durch reichliche Bemessung der Aufnahmen zu begegnen. Erst das Endresultat kann hierfür die Probe und Korrektur sein. Die zweite Forderung ist die, daß von dem nicht aufgenommenen Teil einer Handschrift eine ausreichende Beschreibung gegeben werden muß. Auch unter dieser Masse ist eine Auswahl getroffen worden, weil die eingehende Beschreibung jeder Initiale einen großen Zeitverlust bedeutet, der in keinem Verhältnis zu dem fraglichen Gewinn steht. Meist läßt sich die Gesamtheit der ornamentalen Randleisten und der Initialen auf bestimmte Typen reduzieren, von denen besonders charakteristische Vertreter ausgesucht und besprochen werden, soweit sie nicht überhaupt aufgenommen sind. Bei dieser Beschreibung bildet ein Hauptaugenmerk die Ausbildung eines brauchbaren Systems von Termini zur Bezeichnung der Motive auf Grund der für andere Zeiten der historischen Formenentwicklung üblichen Terminologie. Bei alleii Handschriften wird von den in Aufnahmen vorliegenden Blättern eine Farbenbeschreibung gegeben, die je für ein charakteristisches Blatt, nötigenfalls auch mehrere, besonders eingehend ist. Bei dieser Gelegenheit kommen von selber alle technischen Eigentümlichkeiten einer Handschrift zur Sprache. Als Grund-

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

45

läge f ü r die Farbenbezeichnung wurde der Wasserfarben-Katalog der Firma Dr. S c h o e n f e l d & Co. in Düsseldorf benutzt, der durch einfache Bezeichnung der Seiten, Kolumnen und Reihen durch römische, arabische Zahlen und Buchstaben mit Leichtigkeit so eingerichtet werden kann, daß man für die einzelne Farbe eine sehr kurze und praktische Signatur als Zitat erhält. Gewiß ist auch mit diesem Mittel nur näherungsweise eine objektive Farbenbestimmung möglich; aber es ist doch ein Fortschritt gegenüber den ganz unbenutzbaren Bezeichnungen: hellblau, dunkelblau, violett usw. Nach diesen Grundsätzen sind die bisher in Paris und Wien untersuchten Handschriften beschrieben worden.

D a am Ende der für den kommenden Sommer

in Aussicht genommenen Reise hoffentlich das in Frankreich erhaltene Material in seiner Gesamtheit untersucht sein wird, wird der Reisebericht für das J a h r

1910

ein ausführliches Verzeichnis der bearbeiteten Handschriften bringen.

II.

BERICHT Ü B E R DAS J A H R

1910.

Auf der Sommerreise des zweiten Arbeitsjahres der Abteilung sollte in erster Linie das in der französischen Provinz liegende Material gesammelt werden.

Der

Anfang wurde im Norden gemacht; auf dem Wege dorthin wurden einige wichtige Einzelhss. in Frankfurt, Aachen, Tongern, Maaseyck, Lüttich und Brüssel untersucht. Die übrigen Brüsseler Hss. und die andern belgischen Bibliotheken mußten dem kommenden Jahre vorbehalten bleiben, um wenigstens den größten Teil der französischen Bibliotheken

erledigen zu können,

die fast ausnahmslos, aber zu ver-

schiedenen Zeiten in den Sommermonaten geschlossen werden. Trotzdem ist es mir nicht möglich gewesen, die Bestände der Bibliotheken von Douai, St. Omer und Abbeville und die Hss. des Kirchenschatzes von Troyes durchzusehen; am Besuche von Chartres hat mich der Eisenbahnerstreik verhindert, und in Arras und Reims konnten die Arbeiten nicht zum völligen Abschluß gebracht werden, weil der Ferienbeginn sie unterbrach.

Die

Bibliotheken

in Verdun, Nancy

und Epinal

waren in die

Reiseroute nicht aufgenommen worden, weil sie, abseits liegend, am besten beim Besuche der westlichen deutschen Bibliotheken zu erledigen sind. Nach Abzug der genannten mußten in Frankreich noch etwa 40 durch alle Provinzen bis in den äußersten Süden verstreute Bibliotheken in 37 Orten aufgesucht werden.

Ich habe bis Mitte November dieses Pensum erledigen und in vier-

einhalb Monaten über 500 Hss. untersuchen, zum Teil aufnehmen und beschreiben können. Dieses Resultat wäre nicht möglich gewesen, wenn ich nicht ausnahmslos in der französischen Provinz das allergrößte Entgegenkommen bei den Bibliothekaren und Bibliotheksbehörden gefunden hätte.

Ich habe fast in allen Bibliotheken, wo

46

K ö h l e r , D i e karolingischen

Miniaturen.

umfangreiche Bestände älterer Hss. es nötig machten, vom Morgen bis zum Anbruch der Dunkelheit arbeiten können; es ist mir eine angenehme Pflicht, mich an dieser Stelle ganz besonders bei den Herren Michel und Romain (Amiens), Joubin (Angers), Bourgeois (Autun), Capelle (Cambrai), Oursei (Dijon), Poulain (Epernay), Lambert (Evreux), Millot (Le Havre), Libois (Lons-le-Saunier), Ginot (Poitiers), Collon (Tours), Lecat (Valenciennes) für freundliche Förderung bei meinen Arbeiten zu bedanken. Weiter habe ich der Liebenswürdigkeit H. Martins in Paris zu gedenken; die ihm unterstehende Bibliothèque de l'Arsenal wurde für die karolingische Abteilung ebenfalls erledigt. Auch beim Photographieren habe ich in staatlichen oder städtischen Anstalten niemals Schwierigkeiten gehabt. Auf diese Weise hat das photographische Arbeitsmaterial der Abteilung in diesem Jahre auf etwa 1400 Aufnahmen gebracht werden können. Bei den Aufnahmen habe ich in weitgehendem Maße abgehen müssen von dem Grundsatze, daß die für die Publikation bestimmten Objekte in Originalgröße zu reproduzieren seien. Das Format 1 8 x 2 4 des Apparates, den ich ständig bei mir hatte, erforderte bei vielen Miniaturen eine Reduzierung; aber ein größerer Apparat würde die Kosten ganz außerordentlich steigern, abgesehen von der Schwierigkeit des Transportes, der Plattenbeschaffung, des Entwickeins usw. Photographen, die auf größere Aufnahmen eingerichtet sind, findet man nur ganz ausnahmsweise in den französischen Provinzstädten; aber allen fehlt Übung in der Aufnahme von Hss. durchaus. Schriftseiten und Ornamentales sind oft auch stark verkleinert worden. Das untersuchte Material ist in der Überzeugung, daß bei der Bedeutung des Einzelmonumentes in dieser Zeit und dem unzweifelhaft sehr hohen Prozentsatz verlorener Denkmäler der Malerei eine Publikation alles heranzuziehen hat, was die großen Materiallücken zu ergänzen im Stande ist, durchaus nach den Gesichtspunkten und Grundsätzen behandelt worden, die ich im vorjährigen Bericht dargelegt und begründet, habe. Die ungemein schwierige und zeitraubende Verarbeitung der Resultate aus den textkritischen Untersuchungen der kirchlichen Hss. hat bisher nur zum Teil durchgeführt werden können. Bestimmtere Ergebnisse liegen für die vergleichende Betrachtung der Perikopensysteme in den Evangeliaren vor, die Stephan Beissels Forschungen weiterzuführen bestrebt ist; sie lassen die Erwartungen berechtigt erscheinen, die im vorigen Bericht an sie geknüpft wurden. Ebenso wurden die Sakramentare wie bisher auf Inhalt, Zusammensetzung und System hin untersucht. Ganz besonderes Gewicht ist indes auf die paläographis^hen Untersuchungen gelegt worden. Es erweist sich immer mehr, daß die Paläographie das weitaus wertvollste Hilfsmittel für die Zusammenstellung von Schulgruppen ist, durch das auch Berührungen zwischen den Gruppen und Entwicklungen der einen aus der andern erst wirklich nachgewiesen und begründet werden können. Vor allem aber führt sie über die hypothetischen Lokalisierungen nach zufälligen Merkmalen hinaus, die

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

47

ein klares Bild von der Entwicklung der künstlerischen Formen in karolingischer Zeit nicht entstehen lassen. Die Untersuchung der alten, nicht aufgelösten Bestände beweist durchaus, daß in den nicht zahlreichen großen Abteien, die für ausgedehnte wissenschaftliche und künstlerische Tätigkeit in Frage kommen, fest umschriebene und eigenartige Schriftgewohnheiten in Schreibstil, Buchstabenform und -Verbindung und Kürzungssystemen festgestellt werden können, die sich in einer ständigen langsamen Weiterbildung befinden, aber, von auswärtigen Einflüssen nur wenig berührt, lange einen bestimmten lokalen Charakter bewahren. Die Bedeutung dieser Feststellung für die Miniaturhss. ist einleuchtend. Ich gebe diesem Berichte eine Liste derjenigen Hss. bei, die ich in den französischen Provinzbibliotheken selbst für die Zwecke der Publikation durchgesehen habe; sie wird in den folgenden Jahren ergänzt und auf die übrigen bereisten Länder ausgedehnt werden. Die Absicht war dabei zunächst, der Forschung eine Kontrolle darüber zu ermöglichen, auf welchen Fundamenten die Publikation aufgebaut wird. Weiter kann eine Reihe von Hss. durch die Erwähnung an dieser Stelle ihre Erledigung finden, da die Geringfügigkeit ihres Schmuckes eine Reproduktion untunlich erscheinen läßt. Wenn eine Hs. von mir aufgenommen wurde, so sind die photographierten Blätter angegeben. Da ein Teil der Aufnahmen nur den Zwecken der Verarbeitung dient, aber nicht reproduziert werden wird, so bildet die Liste das Inventar für einen Teil des Aufnahmenarchivs, das nach den Bestimmungen des Vereins in Berlin vereinigt werden soll. Über diesen engeren Rahmen bin ich aber gelegentlich hinausgegangen; ich habe in manchen Bibliotheken nahezu alle älteren Hss. bis zum II. Jh. systematisch durchsehen müssen und habe dort, wo die Umstände es erlaubten, auch Hss. des 12. Jh., wenn die Kataloge Miniaturschmuck erwähnten, wenn auch flüchtig eingesehen und kurze Notizen über ihre kunstgeschichtliche Bedeutung gemacht. Ich hoffe, daß dadurch dem, der die französische Provinz bereist, um ihre Denkmäler der frühmittelalterlichen Miniaturmalerei zu studieren, viel Zeit und Mühe erspart wird, weil die Charakteristik der Kataloge oft ein recht falsches Bild von der künstlerischen Bedeutung einer Hs. gibt. Mit den Ergänzungen, die der nächste Bericht bringen soll, wird diese Liste eine einigermaßen zuverlässige Vorstellung davon geben, welche Bedeutung die wichtigeren Bibliotheken für die frühmittelalterliche Kunstgeschichte haben. Berücksichtigt wurden, wie der Zweck der Reise es erforderte, nur die Bibliotheken, in denen nach den Katalogen ein für die Publikation in Betracht kommendes Material zu erwarten war. Um die Liste nicht unnötig anschwellen zu lassen, wird die Benutzung des Catalogue général des manuscrits des bibliothèques publiques des départements immer vorausgesetzt, bei den Hss., zu denen eine Bemerkung zu machen war, nur eine kurze Inhaltsbezeichnung, zuweilen eines Stückes, aus dieser Quelle zur vorläufigen Orientierung gegeben, die gänzlich schmucklosen Hss.

48 ohne weiteren Zusatz einfach mit ihrer Bibliothekssignatur und zwar immer der des Catalogue général zitiert. Von Literaturangaben mußte selbstverständlich werden.

abgesehen

Hss. ohne Datierung gehören dem Q. J h . an ; Abweichungen vom Catalogue

général in der Datierung sind nicht immer hervorgehoben.

Bei den für die Publi-

kation wichtigen Hss. wurden nur die Aufnahmen vermerkt. Aix.

no. 36. Kalendarund A c t a

no. 7 (1042—R. 365).

Evangeliar

von Saint-Sauveur in Aix.

Aquis

concilii

g r a n e n s i s a . 8 1 5 . s. I X .

Die Hs. ist seit längerer Zeit ver-

Nicht, wie Cat. gén. hat, s. X , sondern s. X I I in.; mit großen Initialen, schönen Evangelistenbildern und K a -

loren. no. 37. Fragmente einer c o l i , num

s.

cano-

IX.

nontafeln, von denen die erste abge-

Rohe Initialen unter westgotischem

bildet in: Abbé E. Marbot, L a Litur-

Einfluß, wie auch eine der Schrift-

gie Aixoise.

Étude bibliographique et

historique.

Aix 1899.

hände. no. 38. 38 bis. no. 39.

Albi. no. 2. C o l l e c t i o bis X .

Doctrina ecclesiastica sec. Ν i -

c a e n u m c o n c i l i u m s. V i l i — I X . canonum

s. I X

Kleine, rohe Initialen, no. 5. S a k r a m e n t a r , geschrieben für Albi s. X I I in. Der Schmuck ist sehr geringfügig, no. 6. S a k r a m e n t a r , geschrieben für Albi s. X I I in. Ausstattung ohne Bedeutung, no. 29. Varia, darunter Chronica S. I s i d o r i , Indiculus quod maria vel venti sunt, u. a. s. V i l i ex.

Sehr roher, großer, braun gezeichneter Initial fol. la.

Derbe, provin-

zielle Schrift, no. 40.

Quaestiones

S. A u g u s -

t i η i s. I X — Χ . Einige rohe Initialen mit Flechtwerk. no. 41. 42. 43. 44. 98. 99. Alençon. no. 12. Β o e t i i o ρ u s c u 1 a et V i t a e S S. s. X und X I I .

Facs. der Weltkarte im Cat. gén. Kleine, gezeichnete Initialen mit Flechtbändern, Fischen und Blattwerk, no. 30. 3 1 .

stalten) ist s. X ex. Kleine braune,

no. 34. P o n t i f i c a l e s. I X — Χ .

deutung.

Litanei in Bögen mit Flechtbändern, Halbpalmetten und Tierköpfen. Derbe Kolorierung in Rot und Gelb.

Die Zeichnung fol. 58b (Darstellung der Windrose aus fünf geflügelten Gezum Teil rot kolorierte Initialen mit Tieren

oder

Blattwerk;

ohne

Be-

(Die Hss. no. 14 und 15 s. X I I mit Miniaturen und Zeichnungen habe ich nicht gesehen.) no. 84. Ε ν a η g e 1 i a r s. I X .

49 Cánones, Evangelistenbilder, Initialen. Aufnahmen von fol. ib. 2a. 3b. 4a. 5b. 6a. 1 4 b . 1 5 a . 42b. 4 5 a . 66b. IOIb. I 0 2 a

Amiens. no. 6. P e n t a t e u c h s. I X in. Schöne Initialen. Aufnahmen von fol. 74a. 123a. 157a. 207b.

234a.

no. 7. J o s u a , R u t h . s. I X in. Initialen. Aufnahmen von fol. Hb. 6oa. no. 8. E ζ e c h i e 1 s. I X in. Initialen, zum Teil nur braun gezeichnet. Aufnahme von fol. la. no. 9. D a n i e l , M a 1 e a c h i s. I X in. Initial. Aufnahme von fol. 7a. no. lo. E s r a s. I X in. Ohne Schmuck, aber paläographisch von Interesse. Aufnahmen von fol. 48a. 54a. 79a. no. I i . M a k k a b ä e r s . V I I I ex. Initialen. Aufnahmen von fol. 3b. 29a. 69b. no. 12. S p r ü c h e , P r e d i g e r S a l o m o η i s s. I X in. Initialen. Aufnahmen von fol. 5a. 85a. 115a. no. 18. P s a l t e r s . I X in. Reicher Initialschmuck. Aufnahmen von fol. Ib. 2a. 2b. 3b. 5b. 6a. 7a. 9b. IOa. I I a .

I2a. 13a.

14a.

I6b. 1 7 b . l 8 b . 20b. 22b. 23b. 24b.

27b.

28b. 3 1 b . 33b. 35b. 3 7 b . 38a. 40a. 43b 45a. 46a. 46b. 52a. 66a. 82a. 1 3 7 a .

137b.

138b. und die Anfangsinitialen von Psalm 76. 85. 99. Kunstwissenschaft.

no. 19. P s a l t e r s. X I I . Sehr wichtige Miniaturen. 110. 2 4 . Ε ν a η g e 1 i a r s. X I . Evangelistenbilder, s. Haseloff in Michel, Histoire de l'art I, 2 p. 748. no. 25. E v a n g e l i a r s. Χ . Rohe Kolorierung der braunen Umrißzeichnung in Grün und Rot. Initialen mit intermittierendem Geschlinge an Endungen. Bilder der stehenden Evangelisten, no. 2 6 . Ε ν a η g e 1 i a r s. I X . Ohne Schmuck, no. 40. G r e g o r , M o r a l i a i n J o b . s. X I I . Nach Cat. gén. mit peintures; aber nur kleine farbige Initialen, no. 44. 69 (s. Χ — X I ) . no. 70. E v a n g e l i a r s. X I I I . Mit figürlichen Initialen in Zeichnung, ohne großen Wert, no. 79. V a r i a s . X I I ex. Großer sorgfältiger Initial im Anfang. no. 87. A m b r o s i u s , Kommentar zu Paulsbriefen s. I X . Ohne Schmuck, aber paläographisch interessant. Aufnahmen von fol. 14a. 91a. no. 88. T h e o d . d e M o p s u e s t i a , Kommentar zu Paulsbriefen s. IX. Ohne Schmuck, no. 172. E v a n g e l i s t a r s. I X in. Schlichte goldene Initialen; durch Schrift und altertümliches Perikopensystem wichtig.. no. 220. P a t e r i u s , Liber testimoni orum veteris Testamenti s. V I I I ex. Ein unbedeutender, gezeichneter Ini tial, aber schriftgeschichtlich wichtig. 7

50 Aufnahmen von fol. 2b. loa. 20a. 29a. 80a. II8a. no. 222.

Beda,

no. 5—6 (3). B i b e l ; dern s. XI.

nicht s. IX, son-

De temporis ratione

Schlichte, aber sorgfältige Initialen, no. 18 (14). P s a l t e r s. IX.

Rohe Zeichnungen der Sternbilder,

Aufnahmen von foL 12b. 13a. 13b. 14a. 18a. 49b. 55b. 70a. 86t. 127a. no. 19 (15). Ρ s a 11 e r s. X (nicht s. IX).

s. IX. fast verlöscht und großenteils durch Beschneidung zerstört, no. 223.

R ab aη ,

Liber de laudibus

sanctae crucis s. IX. Aufnahmen von fol. 2b. 3b. 6b. 9b. 20b. 33b. 45a.

no. 404. F r a g m e η t e von Hss. s. IX bis X I I I . Ohne Schmuck, no. 425. Ρ r i s c i a η , Grammatik s. IX Zwei größere Initialen. Schrif

IX.

Schmucklos,

aber

paläographisch

Aufnahmen von fol. 4b. 18a. 24a. Fonds Lescalopier no. 2 (12). P s a l t e r s. X I . Reiche Hs., wohl nordfranzösisch. Fonds Lescalopier no. 5 (15).

Evan-

g e l i a r , nicht s. IX, wie Cat. gen. hat, sondern frühestens s. X e x . Initialen und eigentümliche Miniatur der Kreuzigung. Angers. B i b e l s. IX.

Initialen. Aufnahmen von fol. 2 Ib. 73b. 114a. 120b. 153a.

no. 3—4 (2).

s. IX. s. IX.

5a.

5b.

6a. 7b. 8a. 9a. 40a. 4 1 a .

41b.

42a. 62a. 96b. 97a.

interessant.

no. I—2 (1).

Schöne Ornamentik, no. 23 (19). E v a n g e l i a r

Aufnahmen von fol. la. ib. 2a. 3a.

Aufnahme von fol. Ib. tens.

Schöne Ornamentik, no. 22 (18). E v a n g e l i a r s. X I (nicht s. IX).

Ohne Schmuck, no. 24 (20). E v a n g e l i a r

bis Χ .

no. 426. G r a m m a t i s c h e

Initialen. no. 21 (17). E v a n g e l i a r , nicht s. IX, sondern s. XI.

198a.

Bibel;

nicht s. IX, son-

dern s. X I . Schöne Miniaturen.

no. 55 (48). 63 (56). no. 65—66 (58). E x p o s , S. P a u l i s. X I .

in

epist.

Federzeichnungen, nicht schlecht, no. 80 (72). L i b e r b e n e d i c t i o n a 1 i s. Nicht s. IX, sondern s. XI. Ohne Schmuck, no. 82 (74). R i t u a l f r a g m e n t , nicht s. IX oder X, sondern s. X I . Schmucklos, no. 91 (83). S a k r a m e n t a r s .

IX.

Zwei flüchtig gezeichnete Initialen mit Kolorierung in Rot und Grün auf fol. 25b und 26a. no. 102 (94). S a k r a m e n t a r s. X bis X I . Kleine, braun gezeichnete Initialen ; das Te igitur mit roher Kreuzigungsdarstellung, mit Gelb und Rot koloriert.

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

no. 147 (139).

no. 814 (730). P a s s i o

Η o m i 1 i a r s. Χ — X I .

Mit derben, zum Teil weggeschnitte163 (155).

165 (157).

166

no. 169 (161). E x p o s , p s a l m , s. X I . Expos,

Schöne Initialen in der Art

der

s. X .

fol. ib. 3a und 4 b · Für Lokalisierung der Gruppe wichtig.

' no. 815 (731)·

Rohe kleine Tierinitialen, no. 175 (167).

et

beiden Evangeliare no. 21 und 22 auf ;

(158).

S. S e r g i i

B a c c h i

nen Zeichnungen, no. 1 6 1 (153).

SI

sup.

Joh.;

no. 8 1 7 (733). V i t a

nicht s. I X , sondern s. X I .

B e n e d i c t i s. Χ.

Schöne Initialen in der Art der

In Schrift und Schmuck wie die

Evangeliare no. 21 und 22 auf fol. 2b.

Evangeliare no. 21 und 22.

46a. 70a.

no. 179 ( 1 7 1 ) . no. 182

(174).

Gregor,

Arras.

Moralia in

no. 48 (12). J o b . , P s a l t e r ,

Job. s. I X . Frühe Hs., ohne Schmuck,

usw. s. X.

no. 192 (184).

Wohl s. X I .

no. 195 (187). I s i d o r ,

Historia sacrae

ranken

legis, nicht s. I X oder X, sondern s. X I . Mit rohen, kleinen Tierinitialen,

braunem

Kontur

ohne

und braunrotem Grund, no. 233 (1045). E v a n g e l i a r

no. 2 6 1 (252). C a s s i a n , De decern col- j I

lationibus patrum s. X .

in

Initialen mit Blatt-

weitere Innenzeichnung auf grünem

no. 233 (224). 234 (225). 235 (226).

aber sorgfältig gezeichnete Initialen,

s. IX.

Aufnahmen von fol. ib. 8a. 13a. 16a. 19a. 29a. 34a. no. 627 (699).

Fol.2a und 4a zwei unbedeutende,

A m a 1 a r i u s , De of-

ficiis ecclesiae s. IX.

no. 276 (267). 277 (268). no. 290 (281).

Judith

Großer, derb mit Grün und Rot

Cantica

cantico-

kolorierter Initial.

r u m , nicht s. IX, sondern s. Χ — X I . I no. 672 (728). Β e d a e Ε χ ρ o s i t i o in Einige kleine, derb kolorierte Ini- I

Actus Apostolorum s. X .

tialen. no. 301

Ein größerer, aber unbedeutender

(292).

Raban,

De institu- I

Initial auf fol. 3b.

! no. 846 (292).

tione clericorum, s. X I .

Fol. Ia ein roher Initial mit Geflecht ! und Tierkopfenden. umzogener Grund.

Blauer,

weiß

Ohne Belang,

no. 396 (383). 476 (460).

s. X.

Fächerform, braun gezeichnet, ausgespart oder mit Blau und Rot kolo-

GlosAutun.

B e d a , Denatumrerurau. a.

(Die wichtigsten Hss. sind in Vi-

s. I X . Sehr

Martini

riert.

110. 477 (461). G r i e c h . - l a t . sar;

Vita

Große Initialen mit Blattwerk in

derbe Arkaden

in brauner

Zeichnung auf fol. 22a—27b.

trinen ausgestellt.) no. 2. 7*

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

52

no. 5. E v a n g e l i a r s. IX. Aufnahmen von fol. 19b. 20b. 2la. 22a. 25a. 26a. 27b. 32a. 94b. 95a.

103a.

no. 6. 13. 15 (rohe kleine Initialen). 16. 17. I7 a (kleine Initialen). 19. 19*· no. I9bis. S a k r a m e n t a r s. IX. Aufnahmen von fol. ib. 2a. 5a. 5b. 6b. 7a. 7b. 8a. 8b. 9a. 9b. IOa. IOb. IIa. IIb. I2a.

l 6 a . 92a. 93a. 94a. 94b. 95a.

95b. 96a. 96b. 97a. 97b. 98a. 1 4 2 a . 1 7 3 b .

no. 2 2 . 28. 2 9 . no. 3 1 · 33· 34· 36. 3 8 . 39· no. 40. Ρ r i s c i a η i grammatici opera s. IX. In schöner, reiner touronischer Halbunciale; zwei schlichte braune große Initialen, no. 40 a · G r e g o r , Hist. Francorum s. XI. Mit großem, aber wertlosem Anfangsinitial. Avignon. no.

Ε ν a η g e 1 i a r s. IX ex. Aufnahmen von fol. 25b. 26b. 28a.

22.

32a.

no.

175.

Besançon. (Eine Reihe von Miniaturhss. ist ausgestellt.) no. 14. E v a n g e l i a r , nicht s. IX, sondern s. X I in. Englische Hs. mit gerahmten Zierseiten, der ganzseitigen Zeichnung eines Evangelisten und Kanontafeln mit Brustbildern in Medaillons, no. 184. I s i d o r i liber de Natura rerum s. V I I I ex. Derbe Initialornamentik.

no. 186. B e d a e opera s. IX. Bedas Gedicht über die Miracula S. Cudbercti episcopi (fol. I—24), in großer, sorgfältiger Hand, wohl vom Ende des 9. Jhs. Das übrige viel flüchtiger, mit blasser Tinte, eher s. X. no. 594. M a r c i a n i C a p e l l a e Satyricon s. IX. Sorgfältige, aber schmucklose Hs. mit zahlreichen gleichzeitigen Glossen, vielleicht von Texthand ; die Ränder zum Teil für sie ausgespart. Unzweifelhaft Mannonhs. und der Hs. in Troyes sehr verwandt, Boulogne s. M. no. 8 (9). E v a n g e l i a r s . IX. Rohe Zeichnungen der Evangelistensymbole. Aufnahmen von fol. 42a. 43a. 62b. 95b.

no. 9 (10). E v a n g e l i a r s. XI. Wichtige Miniaturen, no. I i (13). E v a n g e l i a r s. XI. Miniaturen, englisch, wichtig, no. 12 (14). E v a n g e l i a r , unvollendet, s. IX. Aufnahmen von fol. 4a. 8a. ioa. 50a. 54a· 56a· no. 14 (16, 17). E v a n g e l i a r s. XII. Wichtige Miniaturen (Evangelisten). no. 20 (24). P s a l t e r s. XI. Wichtige Miniaturen, no. 25 (29). S m a r a g d i commentarius in evangelia et epístolas s. X. Initialen. Aufnahme von fol. 3a. no. 27 (32). D y o n i s i i A r e o p a g i • t a e opera s. X I I ex. Rohe Miniatur im Anfangsinitial.

Köhler, Die karolingisclien Miniaturen.

no

· 35 (4°)· A m b r o s i i expositio in evangelium sec. Lucam s. IX. Initialen. Aufnahmen von fol. 3a. 36a. no. 4 0 ( 4 5 ) .

no.

Kolorierte Zeichnung fol. ib. no. 48 (52). A u g u s t i η i lib. Enchiridion u. a. s. IX. Kleiner Initial in brauner, grün kolorierter Zeichnung auf fol. 4a. ^ no 1 · 5 (55)· A u g u s t i η i liber de Trinitate. s. IX. |

Aratea Phaenom e η a s. X I . Die bekannten Miniaturen der Sternbilder. 188

(360).

Cambrai.

no

· 43 (3°)· S m a r a g d i comment a r i u s in epístolas s. Χ. Initialen. Aufnahme von fol. la. no. 44 (48). A u g u s t i η i Retractationes s. I X in. Initialen in brauner Zeichnung mit Flechtbändern und Palmetten, no. 46 (50). A u g u s t i η i Confessiones s. X I I in.

53

(Einige Hss. sind ausgestellt.) no. 1 6 2 — 1 6 3 ( 1 5 8 ) . Sakramentar s. IX. Aufnahme von fol. Ib. (159). S a k r a m e n t a r s. IX in. Aufnahme von fol. 3 5 b · no. 1 8 6 ( 1 8 1 ) . M i s s a l e s. X I I . Figürlicher Anfangsinitial, no.

164

no. 204

no.

(199).

215—220(210).

Gregorii

Moralia

s. XI. Wichtige Zeichnung in vol. I u. III. no. 278—279 no. 280

(269).

(268). Β i b e 1 s.

XI.

Sorgfältige Ornamentik, Kleine goldene, zuweilen dunkel- ' no. 2 9 5 ( 2 7 7 ) . B e d a , Expositio rot gerandete Initialen mit Verzie- | Lucam s. I X in. rungen in roten Punkten. Paläographisch wichtig. no · 53 (57)· A u g u s t i n u s , De civiAufnahme von fol. 2a. tate Dei. s. X I I . no. 296 (278). 299 (281). Zwei große, figürliche, etwas derbe Initialen fol. la und 73 a · no. 82 (86). A m a l a r i u s de ord. ecj clesiae Romanae s. X.

no. 307

(289).

Η o m i 1 i a r s.

in

IX.

Auf fol. la ein unbedeutender Initial in Braun und Grün; Flechtwerk, Hundekopf, Mehrere kleine Initialen, insular. ' no. 3 2 7 ( 3 0 9 ) . E v a n g e l i a r s. IX. no. 106. V i t a e SS. s. X u. X I . Derbe Aufnahmen von fol. 7a. loa. 12a. Zeichnungen, 1 3 a . 14a. 16b. 1 7 a . 18a. 67b. 99b. 1 5 6 b . no. 1 0 7 ( 1 0 0 ) . V i t a S. B e r t i n i no. 350 (331)· 352 (333)· 365 (346). n 0 s. X I . · 3 8 5 ( 3 6 3 ) . O m e l i a e b. J o h a n n i s Schöne Zierseiten und Miniaturen, no. 115 (143). C o l l e c t i o canon u m s. X I I . Die Miniaturen wenig interessant.

in evangelium sec. Mattaeum s. IX. Initialen. no.

Aufnahme von fol. la. (364). A p o k a l y p s e

386

s. IX.

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

54

A u f n a h m e n von fol. 2b. 3b. 4b. 5b. 6b. 7b. 8b .9b. IOb. I I b .

I2b.

13a.

14a. 22a.

l6a.

17a.

23a.

24a.

25a.

29a.

30a.

3 1 a . 32a. 33a. 34a. 35a. 36a.

37a.

38a.

39a. 40a. 4 1 a . 42a. 43a. 44a.

45a. 45b.

l8a.

19a. 20a. 21a.

15a.

26a.

27a.

27 b i s a .

n o . 807

n o . 828 ( 7 3 3 ) . V i t a S. M a r t i η i u. a.

s. I X . Nicht

28a.

(409). 461 Schöne,

(766).

Ohne IX.

nordfranzösische

wie

Cat.

Ε ν a η g e 1 i a r s. X

ex.

(nicht s. I X ) .

(373)· 4 2 6 (401). 4 3 6

E v a n g e l i a r s .

Hs.,

A u f n a h m e v o n fol. 68b. n o . 862

(432).

no. 462 (433).

touronische

gén. will.

46a.

no. 3 9 4 ( 3 7 2 ) · 395

(715).

Hand;

Bedeutung,

n o . 865

(768).

943

(842).

925

(824).

965

928

(827).

(863).

alle E v a n g e l i e n a n f ä n g e fehlen, no. 464 (435). 468

(439).

471

(44ibis).

no. 473 (444), A u g u s t i n , trina christ, s. I X od. Zwei

unbedeutende

Flechtbändern,

rot,

De

Carpentras.

doc-

no. 34 (L i l ) .

Χ. Initialen

grün

und

Griech.

E v a n g e l i a r

s. I X .

mit

Viele kleine Initialen in roter Zeich-

gelb

nung m i t blauer, grüner und gelber

koloriert. no. 485 (453).

528

(487)

s.

XII.

Füllung, R a n k e n und

mit

Blattwerk.

Lib. b e n e d i c t i o rohen, z u r ü c k g e b l i e b e n e n Miniaturen. ! no. 65 (L 74). n u m pontificalium s. X I (nicht I X ) . 535 (494)· Initialen aus geflochtenen B ä n d e r n n 0 · 553 ( 5 1 1 ) · L e c t i o n a r s. X . mit P a l m e t t e n b i l d u n g e n in roter ZeichG a n z in goldner Minuskel auf nung auf b l a ß g r ü n e m u n d blaßlila P u r p u r , als einziger S c h m u c k große, Grund. aber einfache goldne K a p i t a l e n , no. 567 (525). 572 (530). 583 (541). 625 (576). 678

no. 679

(619).

η u m s.

Cherbourg.

(618).

Collectio

c a n o - i no. 51.

VIII—IX.

: A u f n a h m e der Schriftseite fol. 75a. ! no. 685 (625). C a s s i o d o r , Historia ! s. I X .

I

s.

J o s e ρ h u s , D e bello j u d a i c o

ix. Nach

liebenswürdiger

des B i b l i o t h e k a r s m i t fügigen kleinen

Mitteilung

ganz

gering-

Initialen.

V o r n u n b e d e u t e n d e r Initial in roter Zeichnung, no. 689 (629). E u s e b i u s ,

Hist, eccle-

I

no. 145 ( 1 3 3 — A .

siast. s. X I . Etwas no. 803 ( 7 1 1 ) . und

Clermont-Ferrand.

flüchtige

Initialen,

M a x i m u s ,

Gesta

reg.

s.

IX

Gregorii IX—Χ.

E h e r s. X I , m i t interessanten, ζ. T .

Hist. eccl.

Franc,

il).

Turón, opuscula, s. 1

und X , k o n n t e nicht g e f u n d e n werden. ,

figürlichen

Initialen, m i t Lila, Gelb,

Rot, G r ü n dünn koloriert.

55 Dijon.

!

(Die wichtigen Miniaturhss. sind aus- j gestellt. ) no. 46

(28).

55

(36').

j

touronisch. gesehen.

Ich habe die Hs. nicht

Le Havre.

Ρ o η t i f i c a 1 e s. XI in. no. 332 (Α. 34)· Majus C h r o n i c o n F o n t a n e l l e n s e ; nicht s. IX, Ohne Schmuck, nur ein flüchtig ' wie Cat. gén. hat, oder s. X, sondern gezeichneter Initial mit Blattwerk s. X I I in., wie außer der Schrift die auf fol. 62 a ; wertlos. Miniaturen und Initialen deutlich no. 4 4 8 ( 2 6 9 ) . Recueil de t r a i t é s beweisen. d ' a s t r o n o m i e s. X und XII. Eine Aufnahme von fol. 78a verAufnahmen von fol. 64a und 69a. ; danke ich dem Bibliothekar, Mr. no. 651 (391). Millot. Archives de la Côte-d'Or. Laon. Inv.-No. 494. Evangeliarfragno. 38. H i e r ο η y m i expos, in proment s. IX. phetas s. IX. med. Aufnahme von fol. la. Kleine gezeichnete, zum Teil mit Epernay. Rot kolorierte Initialen aus Flechtwerk mit Palmetten und Tierköpfen, no. ι. E ν a η g e 1 i a r s. IX. Aufnahmen von fol. loa. lia. 12a. no. 6 3 . Ε ν a η g e 1 i a r s. IX. Aufnahmen von fol. ib. i8a. 19a. 1 3 a . 1 4 a . 1 5 a . 1 5 b . 1 8 b . 60b. 90b. 1 3 4 b 1 9 b . 26a. 26b. 2 7 a . 29a. 83a. 87a. 87b. und Schriftseite. no.

122

(89).

1

I2Ia. 126a. 126b. 177a.

Évreux. no. 43. S e d u 1 i i carmen paschale s. IX. Ohne Schmuck. Gannat. Presbytère de l'église de Sainte-Croix. E v a n g e l i a r s. IX. Nicht paginiert; Aufnahmen einer Schriftseite, eines Kanonbogens, einer Zierseite und der drei erhaltenen Evangelistendarstellungen. Grenoble. no. ι und 2 0 9 0 . Fragmente eines E v a n g e l i a r s s. IX. Nach dem Katalog nur Stücke mitten aus dem Text;

I

177b.

no. 87. A u g u s t i n u s in epist. Joh. s. X. Fol. i b roter Initial in rundblättrigem Rankenwerk, aus zwei Drachen bestehend; roter Grund, no. 107. A m b r o s i u s in epist. S. Pauli s. IX. Großer Initial fol. 2b. Aufnahmen von fol. 2b und 4b. no. 199. C o l l e c t i o c a n o n u m s. IX. Großer Initial. Aufnahme von fol. 4a. no. 220. Lib. A m a l a r i i deofficiisecclesiasticis s. IX. Initialen. Aufnahmen von fol. 2a. 39b.

56 no. 239·

Lyon.

G r a d u a l e s. IX.

fol. la großer, aber unwichtiger Initial in blaßbrauner schmalem Band.

Zeichnung

no. 401 (327).

aus

Lectionar

Paläographisch wichtig, Vorstufe zu den Leidrathss.

s. I X — X .

Aufnahme von fol. 36a.

Großer Initial auf fol. la.

no. 431 (357). E v a n g e l i a r

Aufnahme von fol. la. no.

no. 463 (392). H i e r o n y m u s

Aufnahmen von fol. 5b. 6b. 26b. 27a.

Die Schrift erinnert an die Mannonhss.

Ethymologiae, s. X

no. 597 (511). R a b a n i

(nicht IX). Auf fol. 96a zu lib. I X cap. X X X I

Aufnahmen von fol. Ib. 2a. Hb und 24b.

durch die beiden sorgfältigen Halb-

no·

Initialen in brauner Zeich-

ner Zeichnung mit Fischen, Flecht-

Lons-le-Saunier.

werk und Palmetten,

(Archives départementales du Jura.) Bedas

no.

Kommentare zu

bois, archiviste du Jura, verdanke ich ¡ mehrere Facsimilia aus der durch ihre j Datierung wichtigen Hs. no. 1, die ¡ Fischen, j

Flechtbändern und Palmetten hat.

Louviers.

¡

liber Re-

kolorierte

Initialen

auf

sonst kleine, braun gezeichnete mit Herzblättern, no. 614 (531).

Gregor,

Lib. regulae

pastoralis s. IX. Kleine braune Initialen mit Flechtbändern und Palmetten,

¡ no. 619 (536). Akten des K o n z i l s

Eine Anfrage, ob Hs. no. 3 ( D e f e η - ; s o r i s , Locociagensis monachi) Sein- j tillarum liber s. I X , Schmuck habe,

Au gust ini

fol. la und 3b, aber ohne Bedeutung;

Der Liebenswürdigkeit von Mr. Li-

mit

(528).

Größere,

s. I X in.

Initialen

612

tractationum s. IX.

den Evangelien des Lukas und Markus

gezeichnete

Nazianz,

Leidraths.; kleine Initialen in brau-

550.

no. I und 2.

599 (5*5)· G r e g o r v. Lib. apologet. s. IX.

nung mit Palmettenendigungen. no.

liber de laudi-

bus sanetae crucis s. IX.

die schematische Zeichnung, gekrönt figuren.

in Isai-

am s. IX.

27b. 28a. 28b. 29a. 2 9 b . 30a. 30b.

Isidor,

IX.

I2a. 14a. 72a. II6a. 184a.

I s i d o r i tractatus de natura

u. a. s. IX.

no. 447.

s.

Aufnahmen von fol. 8a. 9a. ioa. ila.

328.

no. 422.

s.

VIII—IX.

Im Innern leicht

mit Grün, Rosa und Gelb koloriert, no. 252.

B i b e l f r a g m e n t

1

wurde dahin beantwortet, daß no. 3 |

Aachen

a. 817.

zu

s. IX.

Kleine rot, gelb und grün kolorierte Initialen.

Auf fol.

Randzeichnung

128b

eines

die

der h.

rohe drei

eine übrigens schmucklose Hs. des ¡

Könige, der auf einen Stern weist;

X. Jhs. mit ganz anderem Titel sei. •

wertlos.

57 Die Bibliothek der Faculté catholique hat nach Mitteilung des Bibliothekars keine älteren Hss. Le Mans. no. 76. E v a n g e l i a r s. IX. Ohne Schmuck. Aufnahme von fol. 17b. no. 77· S a k r a m e n t a r s. IX. Aufnahmen von fol. 8a. 9a. 9b und eine Schriftseite, no. 126. H i e r ο η y m i opuscula s. IX. Ganz ohne Schmuck, no. 2 1 3 . no. 240. H i e r o n y m i in Michaeam, Joel etc. commentarla s. Χ. Anfangsinitialen in brauner Zeichnung mit etwas dunklem Karmin. Aufnahme von fol. 70a. no. 260. A u g u s t i n i in evang. Johannis tractatus s. IX. Aufnahmen der Fisch- und Vogelinitialen fol. 62b. 75b. 128a. Montpellier. Bibliothèque de la ville, no. 3. E v a n g e l i a r s. VIII. Ziemlich derbe Kanontafeln, spärliche Ornamentik, mit Rot, Gelb, Grün koloriert, no. 4. I s i d o r i expositio in Pentateuchum s. IX. Rohe Titel, mit Gelb, Rot und Lila derb koloriert; die Schrift den Hss. von Albi sehr ähnlich. Initialen von ca. 5 cm Höhe in brauner Zeichnung mit Menschen- und Vogelköpfen, Palmetten und Flechtbändern, no. 5. C o m m e n t a t i o in libros Psal- : morum s. IX. ! Kunstwissenschaft.

Älter als no. 4, viel sorgfältigere Hs. in starker, schöner Schrift, mit zahlreichen Ligaturen, die an die Leidrathss. erinnert; kaum lokales Produkt. Einige unbedeutende Initialen in brauner Zeichnung mit roter Füllung. Bibliothèque de l'école de médecine, no. I. 2. 3. 14. no. 16. R a b a n , Lib. de laudibus sanctae crucis s. XII. Immer noch sehr treue Kopie der karolingischen Vorlagen, nur in die Rahmen haben sich Ornamente des X I I . Jhs. eingeschlichen, no. 22. 30. 32. 42. no. 48. V i t a e S S. s. XI. Auf fol. 31b große, aber nicht sehr sorgfältige Miniatur, in Gesten und Typen schon unter byzantinischem Einfluß; stark beschädigt, no. 53. 54. no. 55. P a s s i o n e s s. VIII—IX. Große, sehr kräftige Schrift im Charakter der Leidrathss. mit großen, langen Keulenoberlängen. Gezeichnete Initialen mit viel Fisch- und Vogelwerk, Bandgeflecht und Palmetten. 110. 57. 58. 59.

no. 61. H o m i l i a r G r e g o r s s. I X i n . Fol. ia großer Titel in braunen, verzierten Kapitalen, sonst nur kleine, bedeutungslose Initialen, no. 62. G r e g o r , Elocutio quadripartita s. IX. Schöne, alte Hs., geringfügige, braun gezeichnete Initialen. no. 64. 65. 66. 67. 68. no. 74. H o m i l i a r G r e g o r s s. IX.

5« Zuweilen in den Anfangszeilen halbunciale Formen, aber ohne Konsequenz.

Einige große

Band-

und

Initialen aus

Blattwerk,

auch

Tier-

köpfe, Fächer- und Treppenmuster, mit Grün, Gelb und Rot koloriert,

no. 240. H 0 m i 1 i a r s. I X — Χ . Große, gezeichnete, aber rückständige Initialen, no. 2 9 6 . 3 0 1 . 3 0 5 . no. 306. V a r i a

s. I X — X I .

Aufnahmen von fol. 6b. 7a. 9a. 43a.

no. 82. 83. 84. 8 5 . 86. 1 1 7 . 1 2 1 . 1 2 5 . 1 2 6 .

no. 307. 308. 3 1 4 . 334. 360. 362. 404. 4 0 6 .

no. 136.

no. 409. P s a l t e r s. V I I I ex.

L e x R o m a n a u. a. s. IX.

Altere

Hs.

mit

einigen

derben

kleinen Initialen,

Aufnahmen von fol. Ib. 2b. 3a. 17a. 33ia.

no. 141. A l c u i n i o p u s c u l a

u. a. s.

I X in.

no. 412.

338a.

A ug ustiηi

enchiridion de

fide, spe, charitate etc. s. IX.

Gehört zur Schriftschule von no. 84, vielleicht ein wenig jünger;

kleine

Sowohl die Minuskel (aber noch mit häufigem offenem a), wie die reine

schmucklose, mit Braun gezeichnete

Halbunciale in der Praefatio und in

und Rot kolorierte Initialen.

der Mehrzahl der Anfangszeilen der

zelne

Blätter

sind

Ein-

reskribiert;

die

untere Schrift eine nicht viel frühere Minuskel, no. 153.

s. IX.

no. 4 1 6 , 4 2 7 . 4 8 4 .

Einige rohe Initialen mit

derber

Kolorierung in Gelb und Rot. In denselben Farben die ganz schmucklosen rohen Kanontafeln.

Die Hs. endet

mit dem Kapitelverzeichnis zu Lukas,

Nîmes. no. 4 (13 700). A n t i p h o n a r s. X I . Großer Initial auf fol. 6ib mit ausgesparter, grün geäderter Ranke und byzantinischer

157.

no. 158. Chronik des F r e d e g a r

u.a.

dreiblättriger

Blüte

auf blauem Grund in schmalem gelbem Rahmen,

s. IX. Fol. ib ein großer Initial mit menschlichem Kopf,

no. 14 (13 710). L e c t i o n a r mes, d a t .

no. 2 1 1 .

Die

no. 225bis E v a n g e l i a r

s. I X — X .

Der derbe Schmuck in ganz archaischen Formen; ohne Interesse,

sagend,

für Nî-

Ii70.

Initialen leider ganz nichtsaber in

nordfranzösischem

Charakter. no. 36 (13 732). K o m m e n t a r zu Paulsbriefen s. X I I .

no. 2 2 7 . 2 2 9 . no. 233. C o l l e c t i o c a n o n u m s. IX. Kleine

touronischen

Großer Initial auf

fol. 3b.

Evangeliar

no. 1 5 4 . 1 5 6 .

Kapitel beweisen den Ursprung der Hs.

Initialen

in den

Formen

derer im Psalter no. 409, aber in Zeichnung und Färbung derber, no. 2 3 7 . 2 3 8 . 2 3 9 .

Drei

figürliche

Initialen in sorg-

fältiger Zeichnung, auch sonst reiches Blatt- und Rankenwerk, no. 42 (393). L i b e r m a n u a l i s W i l e l m i s. X I .

59 Ganz unbedeutende,

rote

kleine

Initialen.

no. 73 (70). 88 (85). 91 (88). 127

(94).

(105).

no. 145 (122). R a b a n ,

Liber de laudi-

bus sanctae crucis s. Χ .

Noyon. Evangeliar

der

Kathedrale

s. IX. 9 Aufnahmen (der Kodex ist nicht paginiert)

von

Kanonbögen,

einer

Schriftseite, den vier Evangelisten und vier Zierseiten.

no. 17 (14).

34b. 60a. 8 l a . no. 148 ( 1 2 5 ) .

155

(132).

no. 161 (138).

Augustinus,

Orne-

liae in evang. Joh. s. X . Rohe, kleine Initialen in brauner stehend aus Mensch und

Drachen,

aus dessen Maul eine Ranke im Stil Große und kleine

pheten

Aufnahmen von fol. Ib. 7b. 13b.

Zeichnung; p. 482 ein größerer, be-

Orléans. Pro-

s. V I I I — I X .

des ausgehenden Jahrhunderts heraus wächst, und p. I ein J aus steiler

A u f n a h m e n v o n fol. 6a. 7a. 284a. !

Ranke, an der ein Hund aufgerichtet steht.

444a.

no. 18(15). J e s a i a s u n d

Ezechiel

s. IX.

no. 1 7 3

no. 175

Fol. 133a ein kleiner, gezeichneter Initial,

Ohne Wert,

(150).

(152).

Gregor,

Homilien

über Ezechiel s. X ex. p. 149 eine angelsächsische Feder-

no. 42 (39). no. 44 (41).

zeichnung, Cassiodor,

Psalmen-

kommentar s. X ex. Fol. I großer, ziemlich derber Ini-

Bibelkommentar s. Χ.

Kontur- und

und

Schatten-

Rohe Initialen in Braun, FlechtDie Zeichnung in no. 46

Flechtwerkinitialen in Braun mit no. 1 9 6

(173):

no. 221 (193). C o l l e c t i o

canonum

s. IX.

Teil

Englische Hs., nur fol. 1 ist kon-

koloriert, wohl schon mit byzantini-

tinentale Ergänzung, wohl noch s. IX.

schen Zügen,

Hier der einzige Schmuck: Initial E

no. 58 (55).

nur zum

183(160).

S e r m o n e s s. Χ .

etwas Rot.

werk mit roter Ader, viel Tierwerk, uninteressant,

blaßbraunen

no. 1 7 9 ( 1 5 6 . 1 5 7 . 158).

no. 194 (171).

no. 45. 46. 47 (42. 43. 44). A u g u s t i η ,

ohne Wert.

blaßblauen

in

strichen.

tial mit Flechtwerk,

nicht

116

Hieronymus,

Kom-

mentar zu Jesaias s. X . Die im Katalog vermerkten Zeich-

in 9 cm Höhe mit blaßrosa Randband und Blattumschlägen.

Das Geflecht

im Innern ausgespart mit blaßroten

nungen auf dem letzten Blatt sind

und gelbbraunen Adern,

rohe, zusammenhanglose Kritzeleien

no. 302 (255). S e d u 1 i u s und

von Figuren in Braun.

s. I X u. X I . 8*

Beda

6o

Köhler, Die karolingischen Miniaturen.

Die

Der Sedulius (s. I X ) in insularer Schrift,

Herstellung von Aufnahmen

war mir nicht möglich.

no. 263 ( 2 1 9 ) .

267

no. 295 (248b). Sedulius,

(223).

Priscian,

Reims.

Cato,

A r a t o r u . a . s. X .

j

(Einige Miniaturhss. sind ausgestellt.) Sehr große farbige, aber rohe Ini- ¡ no I. 2 (A. i). H i n k m a r b i b e l s . I X . Aufnahmen von no. 2 fol. 8a. 1 1 ja. tialen. ! , 7 (A. 26). E v a n g e l i a r s. IX. no. 3 2 2 ( 2 7 3 ) . j no Aufnahmen von fol. 14b. 18a. 21b. no. 3 3 1 (280). V i t a e S S . s. X . p. 218 gut gezeichnete, tanzende ! Figur als Initial. 110.337 ( 2 85)·

Miracula

p h a n i et S e r m o n e s

S.

Ste-

S.

Ful-

g e η t i i s. I X . Kleine Flechtwerkinitialen. Aufnahmen von p. I und 114. no. 3 3 8

(286).

341

(289).

Poitiers. no. 17 (65). E v a n g e l i a r s. V i l i ex.

24a.

no • 9 (C. 153)· Ε ν a η g e 1 i a r s. Χ . Schöne Evangelistenbilder. no . io (C. 143). E v a n g e l i a r s . X . Aufnahmen von fol. 7a. 1 ib. no i l (C. 145). E v a n g e l i a r s. IX. Aufnahmen von fol. 119a. 153a. no . 2 1 3 (E. 3 2 0 ) . S a k r a m e η t a r s. I X . Aufnahmen von fol. 12a. 13b. no . 214 (F. 418). S a k r a m e n t a r s. X ex.

Aufnahmen von fol. 15b. i8a. 20a. Rouen.

2 l a . 22a. 23a. 25a. 3 la. 73a.

no. 250 (136). V i t a

S.

Radegun-

d i s s. X L

(Die wichtigen Hss. sind in Vitrinen ausgestellt.)

Mit zahlreichen wichtigen

Minia-

turen, die Mr. Doucet in Paris hat aufnehmen lassen, um eine vollstän-

no, 24. Ρ s a 1 1 e r

aus

Saint-Evroul s.

X—XI. Insulare Schrift.

Fein gezeichnete

dige Publikation der Hs. herauszu-

Initialen von ca. 3 cm Höhe als geo-

geben.

metrisches Geschlinge eines braunen Bandes (durch ausgesparte Streifen

Le Puy.

gegliedert), das in Tierköpfen endet;

Bibliothèque municipale. no. 2 (8074).

Evangeliar

bei den Knickungen des Bandes oft s. Χ .

Kanontafeln, Evangelistenbilder u. große Initialen.

Derb

gezeichnete,

zum Teil flüchtig kolorierte Kopien einer Reimser Vorlage.

an den Kontur angesetzte Kreise. Eine Teilung ist nicht merkbar im Text. no, 25. Β i b e 1 1 e i l s. I X — X . Braune, roh kolorierte Initialen, deren größter fol. 22b mit Halbpalmetten.

Kathedralschatz. Τ h e o d u 1 f b i b e 1 s. IX.

Ohne Wert.

Eher s. X .

! no, 26. L i b r i IV S a p i e n t i a l e s , i · varia d e C o m p u t o u. a. s. I X .

Köhler, D i e karolingischen

Zeichnungen

zu Hygin

und

von

fol.

193b.

Grund.

Ohne Wert,

no. 524.

198b. 199b.

no. 527.

Sakramentar

für

Saint-

Beda,

Frühe

Hs.,

Fol. 36a Präfationszeichen in brau-

uninteressant,

ner Zeichnung mit leichter Kolorie-

no. 1377. V i t a e

rung in Grün, Rot,

werk.

roter, schematischer Kolorierung, die

no. 1475.

Gewand -

stücke nicht Rechnung trägt.

S S . s. I X .

Viele Ligaturen, Fragmente

Zahlreiche neumierte Stücke s. X I u. X I I .

bleibt ein schmalerStreifen ausgespart,

Initial, s. X I I in.

Sakramentar

von

Die bekannte Miniaturhs. Sakramentarteil

s. I X

bis X I . Zu Delisle's Beschreibung ist zu bemerken, ersten,

daß

auch

älteren

die Schrift des

Teiles

(fol.

Ein Fragment mit größerem

Ju-

mièges, zwischen 1044 und 1051. no. 275.

von Hss. s.

IX—XVIII.

Am

K o n t u r und bei aller Faltenzeichnung no. 274.

nicht

derb, mit Tierendigungen und B l a t t -

brauner Zeichnung und blauer und der

paläographisch

Kleine Initialen von ca. 3 cm Höhe;

Blau.

Fol. 36b Kreuzigungsdarstellung in

Zusammenhang

expositio in Marcum

s. I X .

E v r o u l s. X I ex.

dem

mit

ausgesparter Blattranke auf braunem

194b.

no. 33. 147. 260. no. 273.

Initial in brauner Zeichnung

ein

Cruzifixus ε. X — - X I auf fol. 48a. Aufnahmen

61

Miniaturen.

I—8)

durchaus nordfranzösischen Charakter :I

Semur. no.i.

Vie

Réomé

de

saint

Jean

de

et mélanges sur l'histoire

de Moutier-Saint-Jean s. I X ou X in. Nach Cat. gén. : belles initiales ornées. Die Hs. wird im Cabinet historique II, II, p. 5 (1856) s. X . datiert; ich habe sie nicht gesehen.

hat; dieser ist schmucklos, im zweiten ' ein roher Initial aus braunem Flecht- • werk, derb mit Grün koloriert, no. 368.

Pontificale

tense

Lanala - j

s. Χ — X I .

Fol. ib Zeichnung eines Priesters und ' eines Diakons; fol. 2b Weihung einer ! Kirche. no. 369.

Englisch,

Angelsächsisches

Benedik-

t i o n a r s. X I .

(Archives départementales.) no. ι.

Ε ν a η g e 1 i a r s. X ex. (nicht

s. I X ) . Schöne Angelsächsische Hs., durch Wasser fast völlig zerstört. Toulouse. no. 364 (I. 63).

Miniaturen,

Collectio

cano-

η u m s. V I I .

no. 465. no. 496.

Saint-Lo.

Gregor,

IX—X.

Moralia in Job. s.

Einige kleine, gezeichnete Initialen mit

Schuppenmusterung,

Endungen

62

in Dreiblättern Traube.

oder

Tours. (Die wichtigen Hss. sind ausgestellt.) no. ίο. Β i b e 1 t e i 1 s. IX in. Ganz geringfügige kleine Initialen in brauner Zeichnung, aber paläographisch wichtig. Aufnahme von fol. 9a. 222a. 254a. 270a.

no.

Ε ν a η g e 1 i a r s. IX. Aufnahmen von fol. 8a. 9a. 12a.

22.

15b.

17a. 95a.

147a.

i8oa.

223a.

no. 23. E v a n g e l i a r s. IX. Aufnahmen von fol. 6a. 7a. 8a. 9a. IOa. I2a. 28a. no. 90. 9 1 . 106. no. 184. S a k r a m e n t a r s. Χ. Aufnahmen von fol. Ib. 2a. 2b. 6b. 7a. no. 196. 252. 2 5 3 . 2 6 1 . 2 6 2 . 264. 2 6 5 . 266. 2 6 7 . 268. 27 t. 2 7 2 . 2 7 3 . 2 7 4 . 2 7 9 . 2 8 1 . 283. 284. 286. 287. 290. 309.

no.

Valenciennes.

dreibeeriger

Gregor, Moralia in Job. s. XII. Mit figürlichen Initialen und farbigen Zeichnungen, bes. in no. 320. no. 334· 556. 887. no. 924. Τ e r e η ζ , Komödien s. XII. Interessante Zeichnungen. Von Bethe nicht berücksichtigt. 318—320.

Troyes. no. 96. no. 960. E v a n g e l i a r a. 909. Rohe Darstellungen der Kreuzigung und der Evangelistensymbole, derbe Kanontafeln und Initialen, no. 1 1 7 1 . 1330.

no. 47 (40). 51 (44)· no. 59 (52). H i e r o n y m u s , De studio scripturarum a. 806. Aufnahmen von fol. ib. 87b. no. 6 1 ( 5 4 ) . no. 69 (62). E v a n g e l i a r s. IX. Aufnahmen von fol. 15b. 50a. 138b. no. 7 2 ( 6 5 ) . no. 76 (69). B e d a , Kommentar zu Markus s. IX. Größere Initialen auf fol. 5b. 6b und 7b in brauner Zeichnung, an einigen Stellen derb mit Rot koloriert. Im Innern unregelmäßiges, breites Flechtband, an den Endungen braune Verschlingungen, no. 81 (74). A l k u i n , Kommentar zu Johannes s. IX. Aufnahme von fol. 5a. no. 92 (85). 95 (88). no. 99 (92). A p o k a l y p s e s. IX. Aufnahmen von fol. 3a. 4a. 5a. 6a. 7a. 8a. 9a. IOa. IIa. I2a. I2b. 14a. 15a. l6a. 17a. l8a. 19a. 20a. 21a. 22a. 23a. 24a. 25a. 26a. 27a. 28a. 29a. 30a.

33a· 34a· 35a· 36a· 37a· 38a. und Schriftseite, n o . 100 (93).

no.

147

31a.

39a. 40a

(140).

L a c t a n t i u s , De opificio Dei u. a. s. IX. Aufnahmen von fol. ib. 37a. 148 ( 1 4 1 ) .

n o . 150 (143)

160 ( 1 5 2 ) . 1 6 1 (155).

166

(153). (158).

162

(154).

163

(159).

170

(162).

172

(164).

173

(165).

174

(166).

176

(168).

195

337 (325)· Traktate über g i k u n d R h e t o r i k s. X.

167

( 1 8 7 ) . 293 (283).

no.

4 0 6 (388).

Lo

63 Zwei große Initialen ohne Bedeu-

no. 412 (393 bis). P r u d e n t i u s ,

tung auf fol. 2a, der eine mit schmalem,

goldenem,

hellrot

chomachia s. X — X I .

gekantetem

Aufnahmen von fol. ib. 2a. 2b. 3a. 4b.

Randband mit dichten Verflechtungen

6a. IIa. 13a. 24b. 25a. 35b. 36a. 40b. 43a. no. 413 (394). no. 518 (472). S u l p . S e v e r u s , Vita

an den Enden, aus denen Hundeköpfe hervorwachsen; ausgespartes

im

Stamm

Geflecht auf

feines,

braunem

S. Martini s. IX.

Grunde; der andere derb in Braun no.

Psy

Schöne touronische Hs. ; die ein-

gezeichnet.

leitenden Briefe, Anfänge, Schlüsse und

407 (389).

Inhaltsangaben in reiner Halbunciale.

8.

ABTEILUNG:

DEUTSCHE HANDZEICHNUNGEN BIS ZUR MITTE DES 16. JAHRHUNDERTS. DIE HANDZEICHNUNGEN HANS HOLBEINS D. J. BERICHT, ERSTATTET VON DEM B E A R B E I T E R PROFESSOR D R . P A U L

D

GANZ.

ie erste Vorarbeit für die Herausgabe des Corpus der Handzeichnungen von Hans Holbein d. J. bestand in einer Zusammenstellung der heute bekannten

Zeichnungen mit Angabe von Größe, Darstellung, Technik und Aufbewahrungsort. Sie sollte nicht nur über den Umfang des geplanten Werkes Aufschluß geben,

sondern auch als Grundlage für die Kostenberechnung dienen.

Diesem ersten Zettel-

kataloge liegt das Verzeichnis über Holbeins Arbeiten zugrunde, das W o l t m a n n im zweiten Bande seines Werkes »Holbein und seine Zeit« 1876 herausgegeben hat. Die für die englischen Sammlungen fehlenden Angaben über Größe und Technik sind aus den beiden Publikationen von H i s „Dessins d'ornements" 1886 und H o l mes

„Bildnisse von berühmten Persönlichkeiten der englischen Geschichte in der

Bibliothek zu Windsor" ergänzt worden.

Einen starken Zuwachs erhielt das Ver-

zeichnis durch die seit Woltmann neu aufgefundenen Holbeinzeichnungen, deren Publikation größtenteils in den Jahrbüchern der preußischen

Kunstsammlungen,

im Burlington Magazine, in den Mitteilungen der schweizerischen Gesellschaft zur Erhaltung historischer Kunstdenkmäler und in den Handzeichnungen schweizerischer Meister des 15. bis 18. Jahrhunderts erfolgt ist. Die aus der Literatur gewonnenen Auszüge wurden mit dem seit Jahren gesammelten Abbildungsmaterial der öffentlichen Kunstsammlung in Basel und mit den photographischen Musterkollektionen der Firma Braun & Co. in Dornach verglichen.

Dadurch konnte eine beträchtliche

64

Ganz, Die Handzeichnungen Hans Holbeins d. J .

Zahl von Zeichnungen ausgeschieden werden, die fälschlich unter Holbeins Namen gehen,

und bereits vorhandene Angaben

Ergänzungen.

erfuhren mehrfache

Korrekturen

Dieser provisorische Katalog umfaßte in alphabetischer

und

Ordnung

nach Standorten 563 Zeichnungen ohne die Randzeichnungen im Basler Exemplare des Lobes der Narrheit.

E r gelangte im J u l i 1909 an den Verlag von Julius Bard, wo-

durch es möglich wurde, die Herausgabe des Werkes bereits im September zu beschließen und die Firma Julius Bard in Berlin damit zu betrauen. Obwohl die Absicht bestand, das Holbeinwerk als erste große Publikation des Vereins so rasch wie immer möglich herauszugeben, mußte genügend Zeit gewonnen werden,

um

das

zu

Händen

des

Verlegers

zusammengestellte

einem kritischen Kataloge der Handzeichnungen auszuarbeiten.

Material

zu

Die Feststellung

des seit Woltmanns Verzeichnis eingetretenen Besitzwechsels einzelner Blätter ergab sich aus den seit Jahren gemachten Aufzeichnungen des Herausgebers, der fast alle bei Woltmann angeführten Blätter im Original gesehen hat. der

Sammlungen

W e i g e 1 - Leipzig,

Nur die Zeichnungen

M i t c h e l l - London

und

Firmin·

D i d o t - Paris sind heute noch verschollen; sie sollen sich aber in Pariser Privatbesitz befinden, wohin sie teilweise durch den englischen Kunsthandel gelangt sind. In einer umfassenden Bearbeitung der englischen Sammlungen, die noch ausstand, sah der Herausgeber die wichtigste Aufgabe.

E r begab sich im Frühjahr 1 9 1 0

nach London, um von dort aus das gesamte Material des öffentlichen und privaten Besitzes durchzuarbeiten.

Als Vorstudien dienten die im J a h r e 1906 gemachten Er-

hebungen für die Statistik

schweizerischer Handzeichnungen und Glasgemälde im

Auslande.

Das außerordentlich

Co1ν iη

in London und Hon.

freundliche Entgegenkommen von Sir John

möglichte einen vorläufigen Abschluß

Fortescue

dieser Aufgabe.

Sidney

in Windsor-Castle erJ e d e Zeichnung

wurde

nochmals auf ihre Zugehörigkeit zu Holbeins Werk geprüft und genau untersucht, wobei sich herausstellte, daß eine Anzahl von Goldschmiedentwürfen nicht eigenhändig sind und daß des Meisters Autorschaft oft nur für die erste flüchtige Vorzeichnung oder f ü r die Teilvorlage eines Entwurfes in Anschlag gebracht werden darf. Der von Colvin verfaßte Katalog der Handzeichnungen des britischen Museums von 1900 gibt eine kurze Beschreibung mit Angabe der Maße und der Herkunft in der Reihenfolge, in der die Zeichnungen auf Kartons montiert sind; er verzichtet dagegen auf die Gruppierung zusammengehöriger Entwürfe und auf die Datierung der einzelnen Blätter.

Auch His, der die schönsten Zeichnungen abgebildet hat,

macht keinen Versuch in dieser Richtung, so daß die Arbeit von Grund aus neu aufzubauen war. Die in zwei Exemplaren vorhandenen Bildnisstudien des John Fischer und der Herzogin

von Suffolk

konnten

miteinander

verglichen

werden,

da

Herr

Fortescue die Zeichnungen aus Windsor Castle nach London brachte und damit einen Entscheid über die Echtheit der Windsorblätter ermöglichte.

Eine dritte

65 Zeichnung, die Studie zum Bildnis des Charles Winkfield aus der Sammlung von Sir John Leslie, von der sich ein zweites Exemplar in Windsor befindet, gehört stilistisch und technisch zu der Gruppe der Porträtstudien des Britischen Museums. Während die Holbeinschen Originalzeichnungen, trotz nachträglicher Überarbeitung, des Meisters streng gebundene Präzision besitzen, wirken die Duplikate freier und malerischer; sie zeigen, daß der mit Holbeins Zeichnenmanier eng vertraute Kopist einer jüngeren Künstlergeneration angehört hat. Die Londoner Blätter und das Blatt der Sammlung Leslie sind mit einem kleinen Stern bestempelt, der als Sammlerzeichen des Grafen Arundel angesehen wird. Im Katalog der Walpole-Sammlung findet sich eine Serie von Kopien nach den Windsorzeichnungen vor, die einst im Auftrage des Grafen Arundel angefertigt worden sein sollen. Laut einer gütigen Mitteilung von Herrn Lionel Cust läßt sich durch Dokumente erweisen, daß Arundel alle Holbeinschen Arbeiten, die er nicht erwerben konnte, kopieren ließ; demgemäß auch die heute in Windsor Castle aufbewahrte Porträtstudiensammlung. Die Vermutung liegt sehr nahe, die Duplikate der Windsorzeichnungen als Stücke der Arundel-Serie anzusprechen; der Beweis dafür muß aber noch erbracht werden. Den Zusammenhang der übrigen in Pariser und Londoner Privatbesitz vorhandenen Porträtstudien mit diesen Blättern habe ich noch nicht festgestellt. In Windsor Castle traf der Herausgeber dasselbe Entgegenkommen wie in London, wodurch es möglich war, die Zeichnungen gründlich zu untersuchen und untereinander zu vergleichen. Es handelte sich auch hier vor allem darum, die Originalwerke Holbeins von den Arbeiten der Nachahmer zu scheiden und den Umfang der späteren Überarbeitungen bei jeder Zeichnung festzustellen. Die meisten Zeichnungen sind im Laufe der Zeit stark beschädigt worden; eine größere Anzahl der mit schwarzer und farbiger Kreide ausgeführten Blätter hat so schwer gelitten, daß die ursprüngliche Zeichnung kaum mehr erkennbar ist. Zur Fixierung der Gesichter sind die Umrisse und die Hauptlinien von Augen, Nase und Mund mit Feder und Tusche oder mit dem Pinsel später nachgezogen, und zwar in gleicher Weise, wie Holbein selbst die wichtigsten Linien in einer Porträtstudie herauszuholen pflegte. Diese Ähnlichkeit in der Ausführung mag Schuld daran tragen, daß sich niemand an die Ausscheidung der von fremder Hand übergangenen Zeichnungen gewagt hat. Leichter waren die Werke der englischen Zeitgenossen und Nachahmer des Meisters herauszulesen, die aus historischen und stilistischen Gründen nicht von Holbein herrühren können. Sie bilden eine Gruppe mit den zahlreichen englischen Bildnissen aus der Mitte und der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts und gelten als sprechende Zeugen für den großen Einfluß Holbeinscher Porträtkunst auf die Weiterentwicklung der englischen Malerei. Von den 85 Porträtstudien in Windsor gehören 13 Stück der englischen Schule an; 10 Blätter sind so stark überarbeitet, daß die Wirkung der ursprünglichen Zeichnung fast ganz erloschen ist. Die letztgenannte Gruppe ist aber vorläufig im Oeuvre beibehalten worden. Kunstwissenschaft.

ο

66

Ganz, Die Handzeichnungen Hans Holbeins d. J.

In Windsor Castle bot sich auch die bequemste Gelegenheit, Holbeins Technik und das Material, dessen er sich bediente, zu untersuchen.

Es stellte sich heraus, daß

Holbein vorzugsweise schwarze und farbige Kreide verwendet hat, ein weiches, italienisches Fabrikat, das leicht angab und durch Verreiben zur Grundierung des Papieres oder der kolorierten Teile der Zeichnung diente.

Der Effekt kommt der Grundierung

mit Wasserfarbe so nahe, daß nur ein Versuch mit demselben Material, den Roger F r y ausführte, den überzeugenden Beweis erbringen konnte.

Für den ersten Ent-

wurf läßt sich die Verwendung von Kohle nachweisen, besonders an den auf weißes Papier gezeichneten Arbeiten aus der Zeit des ersten englischen Aufenthaltes.

Die

Zeichnungen der zweiten englischen Periode sind alle auf getöntem Papier, mit Kreide ausgeführt und mit Feder oder Pinsel in wenigen Strichen, aber äußerst prägnant übergangen.

Eben diese Linien zeigen eine Sicherheit im Strich und eine Über-

legenheit im Erfassen der Form, die nur Holbein selbst besessen hat.

Der aufge-

strichene Grundton vereinfachte die Angabe der Farben für das auszuführende Gemälde.

Er besteht aus einer Mischung von hellem Zinnober mit Deckweiß und erfährt

mit der zunehmenden Routine des Zeichners eine unangenehme Steigerung von der anfänglich diskreten Färbung zu einem kupfrigen Fleisch ton.

Auf Grund der in

Windsor Castle gemachten Feststellungen müssen alle übrigen Zeichnungen Holbeins in Bezug auf die Technik revidiert werden. Die Zeichnungen aus der Sammlung des H e r z o g s

von

Devonshire

in Chatsworth und die neu gefundene Porträtstudie von Lord Abergavany aus dem Besitze des E a r l

of P e m b r o k e

in Wiltonhouse konnten in London für den

Katalog'aufgenommen und bearbeitet werden, ebenso die Blätter der Sammlungen Fairfaix pont

Murray,

Morgan

und

J. P. H e s e l t i n e , Georges

Salting.

Sir

John

Leslie,

Pier-

Aller Voraussicht nach werden

im Verlaufe der Herausgabe des Werkes noch weitere Zeichnungen aus dem englischen Privatbesitz auftauchen, denn in der älteren englischen Literatur sind vereinzelte Zeichnungen beschrieben, die heute nicht mehr nachgewiesen werden können. völlig

unbekannte

Blätter

sind wahrscheinlich

Auch

in den englischen Sammlungen

vergraben; das beweisen die Zeichnung beim Earl of Pembroke und ein im letzten Herbst vom Herausgeber für Herrn Dr. Geigy-Merian erworbenes

Selbstporträt

Holbeins, das den Meister in der Zeit um 1538 darstellt. Auf der Rückkehr aus England wurde der Katalog der Zeichnungen im Kupferstichkabinett des Louvre und in der Bibliotheque Nationale revidiert; die Zeit reichte aber nicht aus, um dieselbe Nachprüfung für die Zeichnungen vorzunehmen, die sich in Pariser Privatbesitz befinden. Die Bestände der deutschen Sammlungen, sowie die Sammlungen von Belgien, Dänemark, Holland und Schweden hat der Herausgeber innerhalb der letzten acht Jahre durchgearbeitet und größtenteils photographiert.

Zur Bearbeitung verbleiben

demgemäß die Sammlungen in Wien und Pest und die in den Museen Italiens aufbe-

6;

wahrten Handzeichnungsbestände, sowie die von W o l t m a n n und in der englischen Literatur erwähnten,

aber heute noch verschollenen

Blätter.

Der revidierte K a t a l o g enthält nun 494 Zeichnungen für die E r g ä n z u n g des Oeuvres wichtigen Kopien, Lobe der Narrheit.

mit Beibehaltung der

ohne die Randzeichnungen zum

Es sind 118 Bildnisstudien, 160 E n t w ü r f e und Stadien zu figür-

lichen Kompositionen und 256 Vorzeichnungen für das Kunstgewerbe, die sich auf folgende Standorte verteilen: Augsburg I, Basel 167, Berlin 10, Bern I,

Braun-

schweig 2, Budapest 3, Chatsworth 8, Dessau 4, Dresden 3, Erlangen 1, Florenz 1, Frankfurt a. M. I, Leipzig I (3), London 196, München 2, O x f o r d I, Paris XI, Stockholm 3, Wien 2, Wilton-House 1, Windsor 72; zusammen 494 Stücke. Die Herausgabe des Corpus war in Form einer streng gehaltenen Bildquellenpublikation vorgesehen, deren Charakter auch im T e x t festgehalten werden sollte. Als Größe hatte der Vorstand des Vereins das F o r m a t des Lippmannschen Dürerwerkes gewählt.

Bei der Ausgestaltung des Werkes gaben die vom Verein ausge-

sprochenen Wünsche die Direktive und führten zu einer möglichst übersichtlichen und bequem benutzbaren

Gruppierung der Zeichnungen.

Die Ordnung in fünf

Gruppen ergibt sich aus dem künstlerischen Werdegang des Meisters und entspricht den fünf Hauptabschnitten seines Lebens: I. Lehr- und Wanderjahre; Basel, Luzern, italienische Reise bis zur Etablierung als Meister. Aufenthalt.

1519—26.

Basler Aufenthalt.

1515—19.

III. Erster englischer Aufenthalt.

1529—31.

II. Zweiter Basler

1527—28.

V . Zweiter englischer Aufenthalt.

IV. Dritter

1532—43.

In diesen historischen Hauptabteilungen gruppieren sich die Zeichnungen nach Inhalt und Zweck ihrer B e s t i m m u n g in drei Unterabteilungen, in Bildnisstudien, E n t würfe und Studien zu figürlichen Kompositionen und in Vorzeichnungen für das K u n s t gewerbe. Erst in den sachlich zusammenhängendenGruppen geschieht die chronologische Einordnung der einzelnen Zeichnung

nach ihrer Entstehungszeit.

Allerdings wird

die chronologische Darstellung der künstlerischen E n t w i c k l u n g auseinandergerissen; doch bleibt sie in größeren Zusammenhängen bestehen, als bei der Ordnung nach Standorten.

Die getroffene Anordnung ist mit Rücksicht auf die Übersichtlichkeit

des in große Gruppen aufgeteilten Materials bevorzugt worden.

Um die Benutzung

des Quellenwerkes auch in der oben angedeuteten Richtung zu erleichtern, sind ein alphabetischer Standortskatalog und ein chronologisches Verzeichnis aller Zeichnungen vorgesehen. Die A r t der Herausgabe b o t insofern Schwierigkeiten, als sich die gewählte Einteilung des Werkes nicht zu der v o m Verleger vorgeschlagenen Veröffentlichung in Lieferungen eignete.

Deshalb wurde vereinbart,

die Zeichnungen vorerst ohne

Rücksicht auf die endgültige Gruppierung in ungebundener Folge möglichst

ab-

wechslungsreich zu publizieren und den begleitenden T e x t auf den Innenseiten des Umschlages der Lieferungen provisorisch beizudrucken.

D e r T e x t enthält nur die 9*

68

Ganz, Die Handzeichnungen Hans Holbeins d. J.

notwendigsten Angaben über Größe der Zeichnung in Millimetern, Art des Papiers und Wasserzeichens, über Darstellung, Zweck und technische Ausführung. Die Literaturangaben bleiben vorläufig auf die bereits zitierten Werke von Woltmann, His und Holmes beschränkt, sowie auf solche Publikationen, in denen neues Material für die im provisorischen Texte gemachten Angaben beigebracht wird. Eine vollständige Zusammenstellung der einschlägigen Literatur kann erst in Verbindung mit dem ausführlichen Texte erfolgen, der erst mit der letzten Lieferung des ganzen Werkes auskommt. Der Textband

enthält

den

ausführlichen

Katalog

der

veröffentlichten

Zeichnungen in ihrer endgültigen chronologisch-historischen Ordnung und als Einleitung dazu eine zusammenfassende Darstellung über Holbeins Zeichenkunst.

Er

bringt außer der Wiederholung des provisorischen Textes die begründete Datierung für jede einzelne Zeichnung und eine erweiterte kunstgeschichtliche des Materials.

Bearbeitung

Die Nummer der Zeichnung im Katalog gilt als Ordnungsnummer

der zugehörigen Tafel und kann mittelst beigedruckter Kontrollnummern an der auf der Tafel bestimmten Stelle eingeschrieben werden. Durch diese Lösung wurde es möglich, mit der Herausgabe des Tafelwerkes zu beginnen, bevor die Bearbeitung des ganzen Materials abgeschlossen ist. Bei den Verhandlungen über die Größe und über die Ausstattung der Publikation ergab sich, daß das Format des Dürerwerkes von Lippmann für die Holbeinausgabe nicht ausreichte.

Nur die Wahl eines größeren Formates ließ die Wiedergabe

der meisten Blätter in Originalgröße zu und beschränkte die verkleinerte Reproduktion auf wenige große Zeichnungen.

Das Format wurde auf 0,53 + 0,40 cm

festgestellt und es wurde beschlossen, die Publikation in fünf Bänden von je 10 Lieferungen mit 12—15 Zeichnungen auf 10 Tafeln herauszugeben. duktionen in farbigem Lichtdruckverfahren auf Tonkarton aufgezogen werden. und der· Lieferung versehen,

Die Faksimilerepro-

sollen ausgeschnitten und ohne Rand

Die Unterlage ist mit den Nummern des Blattes

die auf den Begleittext im Umschlage verweisen und

zugleich als Kontrollnummern zur Einordnung des endgültigen Textes dienen. Die Beschaffung der Reproduktionserlaubnis erforderte besonders für die Zeichnungen in der kgl. Bibliothek zu Windsor Castle langwierige mündliche und schriftliche Verhandlungen.

Die Bibliotheksleitung

gab das Reproduktionsrecht nicht

mehr aus der Hand und hatte die Absicht, die besten Handzeichnungen in Faksimilereproduktion als Einzelblätter selbst in den Handel zu bringen.

Erst vor einigen

Monaten konnte ein Abkommen getroffen werden, laut welchem der Verlagsfirma von den durch die Bibliotheksleitung bestellten Reproduktionen die nötige Zahl von Tafeln für unsere Publikation zum Selbstkostenpreise abgetreten wird und alle HolbeinZeichnungen vor Abschluß unserer Publikation reproduziert werden sollen.

Das

Bestimmungsrecht über die Reihenfolge der zu reproduzierenden Originale steht dem Bibliothekar von Windsor Castle zu, der auch die Bestellungen nach seinem Gut-

Weizsäcker, Elsheimer.

69

dünken aufgibt. Unser Verleger ist also lediglich Abnehmer einer größeren Auflage von. Tafeln, welche die Bibliothek als Einzelblätter, allerdings erst nach ihrem Erscheinen in unserem Werke, in den Handel bringt. Diese Vereinbarung bietet aber die Gewähr, daß alle Windsorzeichnungen im Rahmen unseres Holbeinwerkes veröffentlicht werden. Da die gerahmten Originalzeichnungen der öffentlichen Kunstsammlung in Basel nicht ausgeliehen werden dürfen, sind die Reproduktionen, wie in Paris und London, an Ort und Stelle anzufertigen. Ihr Erscheinen ist dadurch verzögert, was jedoch auf den Beginn der Publikation keinen Einfluß hat. Meinen Bericht über die bis heute gemachten Vorarbeiten glaube ich mit der Versicherung schließen zu dürfen, daß ein regelmäßiges Erscheinen der Lieferungen gesichert ist und mit ihrer Herausgabe begonnen werden kann.

10. A B T E I L U N G :

DIE DEUTSCHE MALEREI VON DER MITTE DES 16. BIS ZUM 19. JAHRHUNDERT. ELSHEIMER. BERICHT, ERSTATTET VON DEM ABTEILUNGSLEITER PROF. DR.

WEIZSÄCKER.

ur Veröffentlichung der Werke des A d a m E l s h e i m e r sind Vorarbeiten von dem Herausgeber schon in früherer Zeit in Angriff genommen worden, dagegen konnte erst im Jahre 1910 mit einem planmäßig geordneten Arbeitsgange begonnen werden. Hand in Hand mit der Verzeichnung und Nachbildung der Gemälde ist eine Bearbeitung der Handzeichnungen des Künstlers in Aussicht genommen. Es lag ferner nahe, wenn einmal das Lebenswerk des Meisters in Form einer einheitlich gefaßten Publikation zur Darstellung kommen sollte, auch die zur Kenntnis seines äußeren Lebensganges dienenden Unterlagen nicht zu vernachlässigen, die sich etwa noch im Wege archivalischer Nachforschungen in Ergänzung der schon bekannten Daten gewinnen ließen. Eine erste diesen verschiedenen Zwecken dienende Studienreise, zu welcher ein Gönner des Vereins, der nicht genannt sein möchte, in dankenswertester Weise die Mittel zur Verfügung stellte, wurde von dem Berichterstatter in den Monaten September bis November v. J . nach Italien unternommen. Dabei wurden an Sammlungen oder Bibliotheken, die für Elsheimer von Interesse sind, die in Venedig, Mailand, Bergamo, Turin, Florenz, Rom und Neapel berührt. Ein

70 mehrwöchentlicher Aufenthalt in Rom, wo Elsheimer die letzten zehn Jahre seines Lebens zugebracht hat (1600 bis 1610), wurde vorzugsweise zu Archivstudien benutzt. Diese letzten sind noch nicht völlig zu ihrem Abschluß gelangt, es kann daher erst später über sie im Zusammenhange berichtet werden.

Vorgreifend möge indessen

schon an dieser Stelle ein interessanter Quellenfund Erwähnung finden, den jene Bemühungen zutage förderten, der zwar keine unmittelbare Erweiterung unseres biographischen Wissens in Zahlen und Daten enthält, dagegen doch zum ersten Mal einen Einblick in die geistige und gesellschaftliche Mitte eröffnet, die den Schauplatz von Elsheimers Tätigkeit in Rom gebildet hat. Schon seit mehreren Jahren kannte man zwei von Rubens' Hand geschriebene Briefe aus den Jahren 1609 und 1611, von Antwerpen an einen in Rom ansässigen deutschen Arzt Dr. Johann Faber gerichtet, dem Rubens selbst seine Genesung von schwerer Krankheit verdankte. Der erste dieser beiden Briefe gedenkt Elsheimers flüchtig

in Form eines Grußes, der dem Empfänger an ihn aufgetragen wird, der

zweite dagegen befaßt sich eingehend mit der Person des von Rubens überaus wertgehaltenen Meisters, und zwar unmittelbar nachdem er von Faber die Nachricht von dessen am II. Dezember 1610 erfolgtem Ableben erhalten hatte.

Beide Briefe

wurden zuerst durch Fabrizio Cortesi in der römischen Monatsschrift »Rassegna Contemporanea« (Jahrg. I, 1908) und darnach zum zweiten Mal im sechsten Bande des Codex Diplomaticus Rubenianus veröffentlicht.

Sie hatten sich in Rom in der Re-

gistratur eines Waisenhauses gefunden, wo sie mit andern aus dem Nachlasse Fabers herrührenden Briefschaften zusammen aufbewahrt werden.

Eine genaue Durchsicht

dieser Briefsammlung, die sich der Berichterstatter angelegen sein ließ, ergab zwar keine weiteren persönlichen Mitteilungen über Elsheimer, wohl aber fand sich, den Korrespondenzen angeschlossen, ein anderes, in mancher Hinsicht lehrreiches Dokument.

Es ist dies ein nach Dr. Fabers Tode (1629) im Interesse der Erben aufge-

stelltes Inventar seines Nachlasses, das unter andern Gegenständen eine Sammlung von mehr als hundert Gemälden vor Augen führt, deren Besitzer Faber gewesen ist. Man wußte bereits, daß dieser zwei Bilder von Rubens sein eigen nannte, deren eines, »Der Hahn und die Perle« (jetzt im Aachener Museum), ihm von dem Künstler zum Danke für seine ärztlichen Bemühungen gewidmet worden war.

Das Inventar, das

keine Namen von Künstlern nennt, zeigt ihn außerdem im Besitze von Gemälden, die man teils nach den Beschreibungen, teils nach sonstigen nebenher laufenden Bemerkungen für Werke bald italienischer, bald niederländischer Meister zu halten berechtigt ist, weiterhin aber fesselt unter ihnen die Aufmerksamkeit eine Reihe von Bildern kleinen und kleinsten Formates, in denen nach Gegenstand und Maßen zu schließen nur Werke von Elsheimer erkannt werden können.

Mit großer Wahr-

scheinlichkeit ist das der Fall bei einem kostbar gerahmten heiligen Hieronymus in Querformat —

ein ausgezeichnetes, von Morelli einst im römischen Kunsthandel

erworbenes Bildchen dieses Heiligen befindet sich heute in der Galerie von Bergamo.

71

Ein Martyrium Johannis des Täufers, ein Gemälde kleinsten Formates, das in einem Rahmen von Ebenholz eingeschlossen war und von dem Besitzer nach Art einer Miniaturmalerei in einem besonderen Kästchen aufbewahrt wurde, dürfte das inzwischen verschollene Original des bekannten Stiches von Hendrik Goudt (A. 4) gewesen sein — es wird hier noch ein Gegenstück dazu in gleicher Ausführung und Fassung, ein »Christus in Emmaus«, erwähnt. An eine der Goudtschen Reproduktionen (A. 2) erinnert auch ein Bild, »ungefähr einen Palm (20 bis 25 cm) groß«, das die Geschichte des Tobias darstellte. Vermutlich sind ebenso noch einige andere Stücke auf Elsheimer zurückzuführen, so eine Predigt Johannis des Täufers, ein Gegenstand, den er noch vor seiner Ausreise nach Italien behandelt hat (Pinakothek, München), den er aber auch später wieder aufgenommen zu haben scheint, und ebenso neben verschiedenen nicht näher charakterisierten Landschaften, die nach deutschniederländischer Weise in schwarze Holzleisten gerahmt waren, eine, von der ein beigefügtes Verzeichnis der in der Nachlaßversteigerung erzielten Preise eine leidlich genaue Beschreibung der Staffagefiguren gibt: Frauen, die an einem Wasser mit Waschen beschäftigt sind, ziemlich genau übereinstimmend mit der kompositionellen Anordnung der in der Sammlung des Prager Rudolphinums aufbewahrten prächtigen Landschaft aus der Reifezeit des Künstlers, in deren Hintergrunde der Sibyllentempel von Tibur sichtbar ist. Vielleicht dürfen endlich auch fünf zusammengehörige kleine Gemälde einzelner Heiligen, die dasselbe Verzeichnis nennt und die in der Versteigerung den verhältnismäßig hohen Preis von 7 scudi 82 % bajocchi erzielten, auf Elsheimer zurückzuführen sein, wenigstens legt eine Serie von zehn solchen Bildchen unseres Künstlers im Besitze des Earl of Leconfìeld in Petworth den Gedanken nahe, daß man es auch hier mit etwas dem Ähnlichen zu tun habe. Es sind das nicht die einzigen Bilder Elsheimers, die sich noch bei seinen Lebzeiten oder wenig später in italienischem Privatbesitz nachweisen lassen, vielmehr wissen wir von solchen auch durch einige schon früher bekannte Nachrichten. So machte Karl Justi auf eine Notiz in dem Malerbuche des Jusepe Martinez (Bode, Studien zur Geschichte der holländischen Malerei, S. 245) aufmerksam, wo von einer »Glorie mit einer Unzahl von Figuren« die Rede ist, die dem Verfasser in einem römischen Palast als ein Werk von Elsheimer gezeigt wurde. Von Gemälden des Künstlers in römischem Besitz weiß auch die handschriftliche Biographie des Giulio Mancini, die älteste, die wir von Elsheimerbesitzen, zu berichten (Bode a. a. O. S. 248), wenn schon nur in allgemeinen Andeutungen: man bekomme, sagt Mancini, nur wenig von der Hand des Meisters zu sehen und diese wenigen Sachen nur im Besitz von Fürsten oder Privatpersonen, die sie geheimhielten, damit sie ihnen nicht entwendet würden. Vielleicht darf auch eine »istoria di Lotto, di monsù Adam«, die ein venezianischer Auktionskatalog des 17. Jahrhunderts nennt, auf Elsheimer bezogen werden, der ja von den Italienern mit Vorliebe bei seinem Vornamen genannt wurde (Campori, Raccolta di cataloghi etc. S. 435).

Weizsäcker, Elslieimer.

Es kann nach diesen und andern Zeugnissen kein Zweifel an der hohen Schätzung sein, deren sich Elsheimers Kunst in den Kreisen der italienischen Liebhaber erfreue. Als ein Beweis des Verständnisses, das ihm auch im Kreise seiner deutschen Landsleute in Rom entgegengebracht wurde, ist nunmehr der Gemäldekatalog des Faberschen Nachlasses daneben doppelt willkommen. Nicht minder wertvoll ist uns jedoch die Aufklärung, die wir, von der Person des Dr. Faber ausgehend, auch weiter hinsichtlich der gesellschaftlichen Position erhalten, die Elsheimer wenigstens in seinen letzten Lebensjahren zu Rom augenscheinlich eingenommen hat, eben damals, als auch Rubens ihn dort kennen lernte. Gegenüber dem Bilde des im Elend verkommenen genialen Sonderlings, das uns unter den ältesten Biographen namentlich Sandrart entwirft, sehen wir ihn nun im Verkehr mit Leuten, die zu den vornehmsten Mitgliedern der deutsch-niederländischen Kolonie in Rom gehörten und die ihn als ihresgleichen achteten.

Johannes Faber

hat als Pharmazeut des päpstlichen Hauses und als Lektor an der Universität das höchste Ansehen, auch unter den Einheimischen genossen, und keine geringere Geltung scheint er im engeren Kreise der Deutschen im Rom besessen zu haben; unter anderem läßt darauf seine Stellung an der Spitze der geistlichen Bruderschaft schließen, die den Kern der deutschen Gemeinde bei der Kirche von S. Maria dell' Anima bildete und deren Provisor oder erster Vorstand er zu verschiedenen Malen gewesen ist. Die nahen persönlichen Beziehungen, in denen sich Elsheimer

zu ihm befand, treten

namentlich bei zwei Anlässen hervor, über die wir seit kurzem durch Friedrich Noacks verdienstvolle Forschungen zur Geschichte der Deutschen in Rom unterrichtet sind. (Kunstchrònik Ν. F. X X I Sp. 513 ff.).

Bei der Vermählung des Künstlers im Jahre

1606 erscheint neben zwei befreundeten Malern auch Johannes Faber als Trauzeuge und bei der Taufe eines Sohnes, der diesem Ehebunde entstammte, wird er aufs neue im Jahre 1608 als Pate genannt.

In engster freundschaftlicher Verbindung hat

nun aber Faber seinerseits mit einer zweiten Persönlichkeit gestanden, die in Rubens' Briefen ebenfalls im Zusammenhange mit Elsheimer genannt wird.

Es ist dies

Gaspar Scioppius, ein Mann, der in jenen Tagen als diplomatischer Agent wie als tedergewandter Pamphletist in den politischen Transaktionen der Kurie eine nicht unbedeutende Rolle gespielt hat.

Als Vertrauensmann des Erzherzogs Ferdinand

von Österreich, des bekannten glaubenseifrigen Vorfechters der Gegenreformation in Deutschland, hat auch er nach Kräften für die Ausbreitung des katholischen Prinzips gewirkt, und zwar nicht nur mit der Feder, sondern auch durch unmittelbare Gewinnung von Proselyten, die er der römischen Kirche, zuzuführen suchte. nennt ihn scherzend in einem seiner Briefe Elsheimers freund

oder Gevattersmann.

zugrundeliegt,

mag

Ob hier

dahingestellt

dem

bleiben.

»compare«, also

Rubens Haus-

Scherze irgendein ernsterer Anlaß

Zu denken

gibt

es aber

jedenfalls,

daß wir den Künstler in Beziehung gerade zu dieser Persönlichkeit erblicken, da es, wie andere Anzeichen vermuten lassen, mehr als wahrscheinlich ist, daß er in Rom

Weizsäcker, Elsheimer.

73

von dem evangelischen Bekenntnis, in dem er erzogen war, zum katholischen übergetreten ist. Die Tatsache dieses Konfessionswechsels könnte nebensächlich erscheinen, sie gewinnt aber eine eigene Bedeutung im Hinblick auf die künstlerische Tätigkeit des Meisters und die Interessensphäre, in der sich diese jeweilig bewegt. Er hat in seiner römischen Zeit eine Reihe von religiösen Sujets behandelt, die den Gesichtskreis protestantischer Künstler kaum je berührt haben: Einzelfiguren von Heiligen, wie Anna mit Maria, Laurentius, Dominicus, dann die Marter des hl. Laurentius u. a. m., eine Neigung der Phantasie, die auch bei ihm auf den ersten Anblick befremdlich sein könnte, die aber auf Grund der erwähnten Tatsachen ohne weiteres verständlich wird. Wir hoffen auf diese und andere Dinge, die mit der Geschichte des römischen Elsheimer zusammenhängen, in dem nächsten Jahresberichte ausführlicher zurückzukommen.

Kunstwissenschaft.

IO

SEKTION IV: KUNSTGEWERBE. 4. A B T E I L U N G :

KUNSTGEWERBE DER NEUEREN ZEIT. DIE DEUTSCHEN BILDWIRKEREIEN. BERICHT, ERSTATTET VON DEM

BEARBEITER DR. A L B R E C H T K U R Z W E L L Y . nter den Denkmälern deutscher Kunst, die unter den Begriff Kunstgewerbe fallen, nehmen die Bildwirkereien in mehr als einer Beziehung eine Sonderstellung ein, schon insofern, als sie mehr als irgend eine andere Denkmälergruppe zwischen hoher Kunst und Handwerkskunst vermitteln. Die lange, bis ins frühe Mittelalter zurückführende Entwickelung, die sie durchgemacht haben, ihre vielfach sehr erheblichen, in den Zeiten des romanischen Stils und der Gotik sogar hervorragenden künstlerischen und technischen Qualitäten und nicht zuletzt der Reichtum und die Mannigfaltigkeit des Bilderkreises, den sie überliefern, das alles muß ihnen in den Augen des Kunsthistorikers wie des Germanisten und des Kulturhistorikers eine ungemein starke Anziehungskraft verleihen.

Gleichwohl haben die deutschen

Bildteppiche, in Schatten gestellt durch die Pracht flandrischer und französischer Teppichkunst, bis in die jüngste Zeit, abgesehen von den romanischen und frühgotischen Erzeugnissen, die ja schon seit längerem in ihrem Wert erkannt sind, nicht die Beobachtung gefunden, die ihnen zukommt. So gehört es zu den wichtigsten und dankbarsten Aufgaben des Denkmälerwerks des Deutschen Vereins

für

Kunstwissenschaft, über die reiche Entwick-

lung, die die Teppichwirkerei auf deutschem Boden durchgemacht hat, einen umfassenden Überblick zu schaffen und diesen bisher stiefmütterlich behandelten Zweig deutscher Kunst ins rechte Licht zu setzen. Obgleich die Vorarbeiten

für ein

Inventar der deutschen

Bildwirkereien

schon seit einigen Jahren im Gange sind, konnten sie doch infolge langer Krankheit des Berichterstatters erst in letzter Zeit mit Nachdruck und wirklich planmäßig und zielbewußt gefördert werden. Anfangs nur in dem engen Kreis der Renaissanceteppiche heimisch, für die ihn die Auffindung gänzlich unbekannter Arbeiten des Leipziger Tapissiers Seger Bombeck Interesse gewinnen ließ, hat der Unterzeichnete bereits

75 seit längerem seine Aufmerksamkeit allen Phasen der Entwicklung der deutschen Teppichwirkerei zugewandt. Der vorläufig kaum übersehbare Umfang und die Vielgestaltigkeit des Arbeitsgebiets, die Verstreutheit der Denkmäler und nicht zuletzt der Mangel an Vorarbeiten ließ es dem Berichterstatter geraten erscheinen, einen Mitarbeiter zu suchen. der Person des Herrn D r . F r i e d r i c h

In

H. H o f m a n n , Konservators des Bayer -

schen Nationalmuseums in München, fand sich ein arbeitsfreudiger Helfer, der sich bereits eingehend mit deutschen Bildteppichen befaßt hat.

Seit zwei Jahren ist

Dr. Hofmann bemüht, Material für eine allgemeine Geschichte der Bildwirkerei in Deutschland zu sammeln, gleichzeitig aber einen Katalog der im Bayerschen NationalMuseum befindlichen Gobelins vorzubereiten.

Ende September 1 9 1 0 erklärte er sich

bereit, sich mit dem Berichterstatter zu gemeinsamer Arbeit zu vereinigen.

Es

wurden bezüglich des Arbeitsprogramms und der Arbeitsteilung folgende Verabredungen zwischen dem Berichterstatter und Dr. Hofmann getroffen. Das Werk über die deutschen Bildteppiche soll in Lieferungen herausgegeben werden,

die in zwangloser

Folge erscheinen

in die richtige Reihenfolge gebracht werden.

und nachträglich

ein rasches Erscheinen der ersten Lieferungen zu ermöglichen. der Herausgabe

der

ältesten,

der

durch

Obertitel

Dieser Modus wurde gewählt, um Wollte man mit

frühmittelalterlichen Teppiche

beginnen, so

würden unter Umständen noch J a h r e über der Vorbereitung der ersten Lieferungen vergehen. Über die Einteilung des Stoffes

kann kein Zweifel bestehen.

E s muß mit

allen Mitteln versucht werden, die erhaltenen Denkmäler nach Meistern bez. Werkstätten zu gruppieren.

Dies wird zum mindesten für die Frühzeit, die romanische

und die ältere gotische Epoche nicht immer leicht, j a hier und da sein.

unmöglich

Soweit dies der Fall ist, muß nach geographischen und stilkritischen bzw.

technischen,

vereinzelt

vielleicht

auch

nach

ikonographischen

Gesichtspunkten

gruppiert werden. Jede Lieferung soll lediglich eine Werkstatt bzw. eine Gruppe von geographisch zusammengehörigen Werkstätten behandeln.

Ist das Oeuvre einer Werkstatt sehr

groß, so muß es unter Umständen über mehrere Lieferungen verteilt werden, damit im Umfang der Lieferungen eine gewisse Einheitlichkeit erzielt wird.

In anderen

Lieferungen werden wieder mehrere kleinere Werkstätten, von denen nur wenig Arbeiten Kunde geben, zusammenzufassen sein. Den Abbildungstafeln hat eine ausführliche Beschreibung der abgebildeten Stücke und ein einleitendes Kapitel über die Entwicklung und die technischen und künstlerischen Qualitäten der betr. Werkstatt sowie über die mit ihr verknüpften Tapissiers und entwerfenden Künstler voranzugehen.

Die Tafeln müssen möglichst

groß gehalten werden, und die wichtigsten Teppiche sind womöglich farbig zu reproduzieren.

10*

76

Kurzwelly, Die deutschen Bildwirkereien.

Bezüglich der Arbeitsteilung wurde folgendes vereinbart.

Dr. Hofmann über-

nimmt die Bearbeitung der romanischen und der älteren gotischen Epoche, ferner die Herausgabe der süddeutschen und österreichischen Erzeugnisse der Renaissance und der neueren Zeit. bisherigen

Neigungen

Renaissanceteppiche

Der Berichterstatter beschränkt sich, im Rahmen seiner und

Spezialstudien

bleibend,

im wesentlichen

auf

die

(mit Ausnahme von Bayern und Österreich) und die mittel-

und norddeutschen Gobelins der neueren Zeit und behält sich vorläufig außerdem die Bearbeitung der spätgotischen Kirchenteppiche von etwa 1450 bis um 1520 vor. In den ersten beiden Lieferungen sollen die Renaissanceteppiche Sachsens und Thüringens (insonderheit die Arbeiten des Leipziger Wirkers Bombeck) sowie die Erzeugnisse der Manufaktur Otto Heinrichs von der Pfalz behandelt werden, und zwar in erster Linie deshalb, weil die Bearbeitung dieser Denkmälergruppen am weitesten gediehen ist.

Die Bearbeitung der Teppiche Otto Heinrichs hat Dr. Hof-

mann übernommen, die der sächsischen Renaissanceteppiche liegt in den Händen des Unterzeichneten. Innerhalb der letzteren Gruppe spielen die Arbeiten Bombecks die Hauptrolle. Ja es ist wohl nicht zu viel gesagt, wenn man behauptet, daß sie mit das Beste und Beachtenswerteste darstellen, was Deutschland in der Zeit der Hochrenaissance an Bildteppichen hervorgebracht hat.

Handelt es sich doch hier nicht um ein Nach-

empfinden fremden Kunstgeistes, wie so oft bei den deutschen Renaissanceteppichen, vielmehr um eine echt deutsche Kunst, insofern hier die Feinheit niederländischer Technik mit bodenständiger Erfindung und durchaus deutschem Formenempfinden zu voller Harmonie verschmolzen erscheint. Der Bedeutung Bombecks, welche drei neuaufgefundene Schöpfungen seiner Hand in ganz neuem Lichte erscheinen lassen, muß durch eine besonders eingehende Behandlung und Wiedergabe seiner Werke Rechnung getragen werden.

Die Wieder-

gabe der 8 Teppiche, die sich ihm derzeit zuschreiben lassen, wird ungefähr 15 Tafeln erfordern.

Die bereits von Wustmann publizierte späteste bekannte Arbeit Bom-

becks, der schöne Teppich mit dem Urteil Salomonis im alten Rathause zu Leipzig, den der Meister 1557 von Weimar aus lieferte,

sowie

die

neu

aufgefundenen

Gobelins im Besitz des Herzogs von Sachsen-Altenburg (eine merkwürdige Allegorie auf die Reformationskämpfe und ein schon wegen seines ornamentalen Beiwerks beachtenswerter Fries mit der Halbfigur Christi) werden infolge ihres großen Formats und ihres Figurenreichtums auch in Teilansichten veranschaulicht werden müssen. Den Werken Bombecks wird sich zunächst die Arbeit eines andern Leipziger Meisters mit Namen Egidius Wagner anreihen, ein farbenprächtiger Behang mit dem kursächsischen Wappen von 1559 im Rathaus zu Delitzsch, interessant schon dadurch, daß er sich gleich beim ersten Blick als eine freie Nachahmung von Bombecks Wappenteppich

im

Leipziger

Kunstgewerbe-Museum

offenbart.

Weitere

Tafeln werden einige in Thüringen befindliche Teppiche aus der zweiten Hälfte des

Kurzwelly, Die deutschen Bildwirkereien.

77

l6. Jahrhunderts veranschaulichen, von denen hier nur ein äußerst sorgfältig und geschmackvoll gezeichneter Blumenteppich von 1590 mit dem Wappen Herzog Johann Wilhelms von Sachsen-Weimar (f 1573) und seiner 1592 verstorbenen Gemahlin Dorothea Susanna von Pfalzbayern (in der Wartburg), ein friesförmiger Behang mit der Ausgießung des heiligen Geistes (im Herzoglichen Museum zu Gotha) und ein epitaphartiger Behang mit der Auferstehung Christi (in der Johanniskirche zu Saalfeld) genannt sein mögen. Endlich müssen die jüngeren der in der Rotunde der Dresdner Galerie neben den Raphaelteppichen ausgestellten Passionsteppiche in diesen Zusammenhang eingeordnet werden, da die Archivforschungen des Dresdner Stadtbibliothekars Dr. Otto Richter, keinen Zweifel mehr lassen, daß diese prächtigen Stücke trotz ihres völlig vlämischen Charakters von dem Tappissier des Kurfürsten Moritz, Heinrich von der Hohemühl, um 1550 in Dresden für die dortige Schloß kapelle gewirkt worden sind, von demselben Meister, der ebenda 1553 Moritz' Türkenzug in nicht weniger als 13 Teppichen verherrlichte. Im ganzen wird die Vorführung der sächsisch-thüringischen Gruppe etwa 30 Tafeln erfordern. Bei den Erläuterungen wird stellenweise eine sehr eingehende Darstellung nicht vermieden werden können, namentlich bei den bisher unveröffentlichten Arbeiten Bombecks, in erster Linie aber bei seiner Allegorie auf die Reformation, die in ihren wesentlichen Zügen auf Hans Sachs Sang von der Wittenbergischen Nachtigall zurückgeht. Die allgemeinen kunstgeschichtlichen Erörterungen werden zunächst der Bedeutung Bombecks gerecht werden und der Herkunft seiner Persönlichkeit und seiner Kunst nachgehen müssen. Uber seine Lebensschicksale wird sich nicht viel mehr sagen lassen, als was Wustmann über ihn ermittelt hat. Neues wird sich dagegen bei der Erörterung der Frage ergeben, wer ihm seine stark cranachisch anmutenden Kartons geliefert hat. Hierfür kommen mehrere Cranachnachfolger in Betracht, u. a. der Fürstenmaler Hans Krell. Neben dem Atelier Bombecks und dem des bereits genannten Egidius Wagner wird noch eine dritte Leipziger Werkstatt zu berücksichtigen sein, auf die Wustmann hingewiesen hat: die des Meisters Reinhart Düren, der seit 1562 in Leipzig ansässig war und für den Chor der dortigen Nikolaikirche 4 große Gobelins arbeitete, die leider zu Grunde gegangen sind. Die Untersuchungen über die Gobelinmanufaktur, die Kurfürst Moritz von Sachsen zu Beginn der 50 er Jahre in Dresden einrichtete, werden einen ziemlich breiten Raum einnehmen, obschon sich von ihren zahlreichen Schöpfungen, von den schon erwähnten Passionsteppichen abgesehen, anscheinend nichts erhalten hat. Aus den alten Teppichin ventaren des Dresdner Schlosses und anderen archivalischen Quellen wie auch aus der literarischen Überlieferung läßt sich eine ziemlich klare Vorstellung von der Tätigkeit dieser wichtigen Fabrikationsstätte gewinnen.

78

Kurzwelly,

Die deutschen

Bildwirkereien.

Der Gedanke, der Publikation über die sächsischen Renaissanceteppiche die Bearbeitung der Erzeugnisse der Manufaktur Otto Heinrichs von der Pfalz an die Seite zu stellen und beides gleichzeitig in Angriff zu nehmen, empfahl sich schon deshalb, weil die letzteren mit den kunstreichen Arbeiten Bombecks und anderer sächsischer Tapissiers die Eigentümlichkeit gemeinsam haben, in der Formensprache spezifisch deutschen Charakter aufzuweisen und auf die Erfindung einheimischer Künstler zurückzugehen, trotzdem sie im Technischen die Abstammung von der flandrischen

Teppichkunst nicht verleugnen können.

Die Forschungen des Herrn

Dr. Hofmann über die pfalzbayrischen Renaissanceteppiche sind noch nicht so weit gefördert, als daß sich jetzt schon genauere Angaben über Umfang und Anlage seiner Publikation machen ließen *).

Die gegebene Aufgabe ist keine leichte,

da die bisherigen Bearbeiter nicht einmal darüber volle Klarheit geschaffen haben, wo sich die Gobelinmanufaktur Otto Heinrichs befunden hat, und ebensowenig die Namen der an ihr beteiligten Tapissiers und Maler ermittelt haben.

Die Tradition,

daß der Lauinger Maler Gerung alle Kartons dafür lieferte, bedarf gründlicher Nachprüfung, ebenso die Überlieferung, daß Lauingen der Sitz der Manufaktur war. E s wird aber vor allem darauf ankommen, festzustellen, wer die Verfertiger jener zahlreichen Teppiche waren, die Otto Heinrich in den langen Jahren seiner selbständigen Regierung von 1 5 2 1 bis 1559 für Neuburg a. D. und später Heidelberg herstellen ließ, und woher diese geschickten Meister kamen.

Ein weiteres

kompliziertes Problem erwächst mit der Frage nach dem Verbleib der verschollenen Arbeiten der Otto-Heinrich-Mginufaktur.

Glücklicherweise ist es bereits gelungen,

einen der verloren geglaubten Otto-Heinrich-Teppiche, die Schlacht bei Lauffen, wieder aufzufinden. Dr. Hofmann wird das Stück demnächst im Münchner Jahrbuch der bildenden Kunst publizieren.

Schließlich wird es sich nötig machen, zu unter-

suchen, ob Otto Heinrich etwa an mehreren Orten Teppichmanufakturen unterhielt bzw. inwieweit überhaupt in den Ländern der Pfalzgrafen in den Zeiten der Renaissance Gobelins hergestellt wurden.

Mit Sicherheit hat dies Dr. Hofmann bereits

für Heidelberg feststellen können. Uber der Beschäftigung mit den sächischen und pfalzbayrischen Renaissanceteppichen soll das Studium der übrigen Erzeugnisse der deutschen Teppichkunst nicht vernachlässigt werden. Die nächstliegende und wichtigste Aufgabe ist hier die Beschaffung eines reichhaltigen Photographienapparates und die Herstellung eines vollständigen Zettelkataloges sämtlicher derzeit nachweisbaren Stücke. fänge hierfür sind vorhanden.

Gute A n -

Beide Bearbeiter haben sich seit Jahren Notizen über

deutsche Teppiche gemacht, Dr. Hofmann auch im Ausland, in Brüssel, Zürich, Paris, London, Wien, Kopenhagen, Stockholm, Christiania und anderwärts. sind bei der Arbeit, auf Grund ihrer Notizen einen Zettelkatalog herzustellen. J)

D i e n a c h f o l g e n d e n D a r l e g u n g e n s t ü t z e n s i c h a u f Mitteilungen des H e r r n D r .

Hofmann.

Beide

79 Diesen bis zu einem gewissen Abschluß zu bringen, wird noch längere Zeit in Anspruch nehmen, da aller Wahrscheinlichkeit nach zahlreiche wertvolle Stücke in Privatbesitz verborgen sind. Unermüdliches Suchen und Aufpassen auf Auktionen, auf Reisen, in den Archiven wird nötig sein, um ein deutliches Bild von dem Umfang des vorhandenen Denkmälerbestandes und der Entwicklung der deutschen Teppich kunst zu gewinnen. Der Berichterstatter hat im letzten Jahre infolge seiner Erkrankung seine Reisenotizen nur wenig vermehren können. Immerhin war es ihm möglich, den wichtigen Gobelinschatz Lüneburgs aus eigener Anschauung kennen zu lernen und auf die von Masner vermutete Verwandtschaft mit gewissen deutschen Teppichen im Schlesischen Museum zu Breslau zu prüfen. Bei dieser Gelegenheit fand er einen prächtigen bisher unbekannten Lüneburger Teppich im Besitz des Klosters Lüne, und im Herbst konnte er in Hildesheim im Chor des Domes zwei sehr bemerkenswerte deutsche Spätrenaissanceteppiche konstatieren und ebenda im Römer-Museum einen etwas älteren Wappenteppich, außerdem den reichen Gobelinbesitz des Bayerischen National-Museums in München genauer prüfen. Im laufenden Jahre wird er in erster Linie auf die Xantener und die Nürnberger Teppiche achten, während Dr. Hofmann demnächst den Teppichbesitz in Sigmaringen, Donaueschingen, Eichstädt usw. in Augenschein nehmen wird. Dem Photographienapparat wurde die reiche Kollektion von guten Aufnahmen deutscher Teppiche einverleibt, die das Leipziger Kunstgewerbe-Museum 1907 anläßlich der von ihm veranstalteten Sonderausstellung deutscher Bildwirkereien des 16. Jahrhunderts anfertigen ließ. Die Heranziehung dieser Sammlung erschien dringend geboten, da sie Aufnahmen von zum Teil schwer erreichbaren Stücken enthält, so von dem gesamten Werk Seger Bombecks, ferner von dem reichen Teppichbesitz des Breslauer Museums, von einem sehr beachtenswerten Ahnenteppich im Schloß ,zu Mespelbrunn im Spessart u. a. m. Dr. Hofmann wird in nächster Zeit bereits auf die Vermehrung des Photographienbestands besondere Sorgfalt verwenden. Zunächst hat er die Absicht, von allen in Büchern, Versteigerungskatalogen usw. verstreuten Abbildungen deutscher Teppiche brauchbare Photos herstellen zu lassen. So ist zu hoffen, daß mit Ende des laufenden Jahres bereits ein sehr stattlicher Photographienapparat zur Verfügung steht. Bei dem großen Umfang des Arbeitsgebiets, bei der Verstreutheit der Denkmäler und dem bedauerlichen Mangel an Vorarbeiten ist anzunehmen, daß sich die Herbeischaffung, Sichtung und Aufarbeitung des Materials über eine längere Reihe von Jahren hinziehen und nur mit sehr erheblichem Kostenaufwand bewerkstelligen lassen wird. Um so mehr glaubten die Bearbeiter ihre Arbeit so organisieren zu sollen, daß die ersten Früchte derselben möglichst bald in die Hände der Mitglieder des Vereins gegeben werden können.

Nachtrag.

NACHTRAG ZUM BERICHT ÜBER DIE KAROLINGISCHEN MINIATUREN. Ich schließe meinem Bericht eine Ergänzung an, die von großer Bedeutung für die Feststellung der in der karolingischen Renaissancebewegung wirksamen Kräfte ist.

Die Literatur über das im Jahre 1909 untersuchte Schatzkammerevangeliar in

Wien reiht dieses in die sog. Palast- oder in die Reimser Schule ein.

Es kann

aber kein Zweifel sein, daß die drei ersten Evangelistenbilder der Hs. nicht auf eine Stufe mit den Produkten jener Zentren gestellt werden können.

In Formengebung,

Farbenwahl und Farbenauftrag, in Stil und Qualität steht das Werk einzig da, so einzig, daß es leicht ist, die gleiche Hand in einem unvollendeten Evangelistenbild nachzuweisen, das auf einem purpurnen Einzelblatt in das Xantener Evangeliar der Brüsseler Bibliothek eingebunden ist. Zur Erklärung des ganz exzeptionellen Charakters dieser Bilder kann nun eine Eintragung im Wiener Evangeliar dienen, die den wenigen, die die wertvolle Hs. einsehen konnten, entgangen ist.

Auf der Seite, mit der das Lukasevangelium

beginnt, steht am Rande in goldner Kapitalis-Rustica: D E M E T R I V S P R E S B Y T E R . Der griechische Name ist im Okzident in karolingischer Zeit sehr selten.

Im Ver-

brüderungsbuch von St. Gallen erscheint ein einziger Demetrius, beachtenswerter Weise unter den italienischen Mönchen.

Da der Stil der Bilder in die gleiche

Richtung weist, wird man unbedenklich den Namen mit ihnen in Verbindung bringen dürfen.

Er ist ein direkter Beleg dafür, daß auch die Quellen dieser

von der Wiener Hs. in den karolingischen Kunstkreis eingeführten Bildtypen im Osten zu suchen sind.

W. Köhler.