Über die Einteilung der Natur 1: Redaktion: Noack, Ludwig / Übersetzer: Noack, Ludwig 9783787333080

In seinem Hauptwerk De divisione naturae entwirft Eri(u)gena, der nach Augustinus und Anselm von Canterbury bedeutendste

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German Pages 416 [421] Year 2022

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Über die Einteilung der Natur 1: Redaktion: Noack, Ludwig / Übersetzer: Noack, Ludwig
 9783787333080

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JOHANNES SCOTUS ERIUGENA

Über die Einteilung der Natur

Übersetzt von Ludwig Noack

FE LI X M EI NE R VE R LAG H AMB U RG

P HI LO S OPHISC HE BI BL IO THE K BAN D 8 7

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet abrufbar über ‹http://portal.dnb.de›. ISBN eBook: ----

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INHALT

Johannes Scotus Eriugena Über die Einteilung der Natur* Zweites Abteilung: Der Fall und das Heil des Menschen und die zukünftige Welt ........................ .

3 1- 27) ......... ......... ... Fünftes Buch (Kapitel 1-40) .... .. . ... .. .......... 171

V iertes Buch (Kapitel

*

Die am Rande des Textes gegebenen, durch eine eckige Klam­

mer abgetrennten Ziffern bezeichnen die Kapitel nach der lateini­ schen Ausgabe von H.J. Floss (PL

122).

Die halbfett gesetzten, durch

eine runde Klammer abgehobenen Hinweisziffern verweisen auf die Abschnitte der

1876

gesondert veröffentlichen Erläuterungen: »Jo­

hannes Scotus Erigena. Sein Leben und seine Schriften, die Wissen­ schaft und Bildung seiner Zeit, die Voraussetzungen seines Denkens

und Wissens und der Gehalt seiner Weltanschauung« (PhB 88) von Ludwig Noack.

Zweite Abtheilung des Werkes

über die Eintheilung der Natur.

Viertes und fünftes Buch.

Der Fall und das Heil des Menschen und die zukünftige Welt.

Viertes Buch.

L e h r e r. Die nächste .Absicht und der Hauptinhalt unserer Wis senschaft von der Natur war dies , d ass die tiberwesentliche Natur die von Keinem geschaffene schöpfe­ rische Ursache alles Daseienden und Nichtdaseienden ist und als der Eine Uranfang und die Eine allgemeine Quelle aller Dinge von Keinem ausßiesst , während da­ gegen von ihr selb er Alles ausßiesst , und dass diese Uberwes entliche Natur als gleichwesentliche Dreiheit in drei Bestandheiten anfanglos der Anfang und d as Ende, Eine Glite und Ein Gott, gleichwes entlich und liberwesent­ lich ist In diesem Sinne sagt der heilige E p i p h a n i u s , Bischof von Constantia auf Cypern, in seinem "Ancoratus" oder der Rede vom Glauben : "Drei Heilige und drei Mitheilige , drei Handelnde und drei Mithandelnde, drei Gestaltende und drei Mitgestaltende , drei Wirkende und drei Mitwirkende, drei Bestehende un d drei Mitbestehende, mit einander D aseiende , diese werden die heilige Drei­ heit genannt , und als drei Daseiende und mit einander Zusammenstimmende sind sie die eine Gott n eit von gleicher Wesenheit, gleicher Kraft und gleichem Bestande und wirken Aehnliches in ähnlicher Weise, nämlich die gleiche Gnade des Vaters , des Sohnes und des heiligen Geistes . Wie sie aber sind , dies bl eibt ihnen selber zu lehren überlassen ; denn Niemand kennt den Vater , ausser der S ohn, noch den S ohn, ausser der Vater, und wem es der S ohn offenbart wissen will; er offenbart es aber durch den heiligen Geist. Nicht also werden die drei Daseien­ den von irgend Jemanden aus ihm selber oder durch ihn

1]

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Viert.es Buch.

Kap. 1.

selber oder für ihn selber so gedacht , wie Licht , Feuer und Luft sie selber offenbal"en." Dies ist, wie gesagt, von Epiphanius überliefert worden , damit Jeder auf die Frage, was für Drei und welches Eine man in der heiligen Dreiheit glauben müsse, mit gesunder Ueberzeugung z u antworten vermag oder damit, wer erst zum Glauben her­ antritt, in diesem Sinn unterwiesen werde. Mir scheint jedoch Epiphanius „ Luft" statt „ Wärme " gesetzt und gleichnissweise „Licht, Feuer und Wärme gesagt zu haben. Dass er aber das Licht zuerst nannte , ist nicht zu ver­ wundern. Denn Licht , Feuer und Wärme gelten eben­ sowohl dem Vater, als dem Sohn und dem h. Geist. Der Vater l e u c h t e t , nicht minder aber der Sohn und der h. Geist , sofern von ihnel). jede Wissenschaft und Weis­ heit gespendet wird. Der Vater b r e n n t, nicht minder aber der Sohn und der h. Geist , sofern sie alle unsere Vergehen aufzehren und uns gleich einem Brandopfer durch Vergottung in ihre Einheit verwandeln. Der Vater w ä r m t , nicht minder aber der Sohn und der h. Geist, so­ fern sie mit einer und derselben Gluth ihrer Liebe uns hegen und pflegen und gewissermassen aus dem, seit dem Falle des ersten Menschen eingetretenen Schwächezustand unserer Unvollkommenheit zu einem vollkommenen Manne in der Fülle Christi uns heranziehen. Der vollkommene Mann nämlich ist Christus , weil in ihm Alles vollendet und seines Alters Fülle die Vollendung des Heils der ganzen Kirche ist , welche die Engel und die Menschen umfasst. In unserm z w e i t e n Buche haben wir sodann von der geschaffenen und zugleich schöpferischen Natur gehandelt, deren Bestand wir in den Gründen der Dinge , d. h . in den uranfänglichen Ursachen nachwiesen. Sie ist nämlich von der Einen All-Ursache oder der höchsten Güte ge­ schaffen, deren Eigenschaft es ist, mit ihrer unaussprech­ lichen Kraft Alles aus dem Nichtsein ins Dasein z u führen, und sie lässt nicht ab, durch Theilhabung an ihr alles U ebrige, was weiter folgt, hervorzubringen. Das d r i tte Buch handelt von der Natur , welche geschaffen ist, ohne zu schaffen, nämlich von denjenigen letzten Wirkungen der uranfänglichen Ursachen, welche

Rückblick auf das Bisherige.

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den untersten Rang in der Erscheinungswelt einnehmen. Denn in ihnen hört die fortschreitende Bewegung im Welt­ all auf, da sie in den Körpern beschlossen und weiter­ zuschreiten ausser Stand ist. In demselben Buche haben wir zugleich Vieles über die uranfänglichen Ursachen er­ wogen , ebenso über Gott und tiber dessen Abbild in der Vernunft und in den Sinnen. Wir haben zugleich untersucht, aus welcher Art von Nichts Alles gemacht ist, und wie das eingeborne Wort Gottes ebensowohl Alles macht, als in Allem wird. Endlich haben wir dabei Einiges über die intelligible erste Woche bis zum letz2] ten Tage abgehandelt. Indem wir von den Werken der sechsten prophetischen Betrachtung tiber die Schöpfung des Alls beginnen, mag nun das v i e r t e B u c h die Be­ trachtung mit der Rückkehr der Dinge in diejenige Natur beschliessen , welche weder schafft noch geschaffen wird. Die Schwierigkeit dieses Gegenstandes, wobei verschiedene Möglichkeiten des Verständnisses mit einander ringen, jagt mir einen solchen Schrecken ein, dass mir die frühem Bücher wie eine glatte Meeresfläche vorkommen , welche bei heiterem Himmel ohne jede Gefahr des Schiffbruchs ist, so dass dieselben für die Leser einen sichern Hafen darboten, während dagegen das vorliegende Buch durch die gewundenen Pfade der sich durchkreuzenden Ansichten schwierig und . durch die Sandbänke neuer Lehren und schwieriger Gedanken gefährlich erscheint, welche wie Klippen verborgen sind, an denen die Schiffe unversehens zerschellen. So wird dieses Buch , das durch seine Dunkelheit einem Schiffbruch nahe liegt , zugleich durch seine Weitläufigkeit sich nothgedrungen zu einem fünften Buche ausdehnen. Indessen werden wir unter der Führung und Leitung der göttlichen Gnade , wenn ein günstiger Fahrwind des heiligen Geistes durch die Segel des Schiffes streicht, sicher und richtig unseren Weg zum erwünschten Hafen zurücklegen und auf ruhiger Fahrt frei und un­ verletzt zum Ziele gelangen. S c h ü l e r. Man muss unter Segel gehen und schiffen ; denn, dieses Meeres kundig, säumt die Vernunft nicht und fürchtet weder das Dräuen der Wogen, noch Strudel oder Syrten und Klippen, da es ihr weit erwünschter ist,

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Viertes Buch .

Kap. 2 und 3.

im verborgenen Meeresbusen des göttlichen Oceans ihre Kräfte zu üben, als in offener Weite müssig zu ruhen, ohne ihre Kraft offenbaren zu können. Ist ihr ja doch geboten, im Schweisse ihres Angesichts ihr Brot, d. h. das Wor� Gottes, zu essen und nach der h. Schrift die Erde zu bebauen, die da Dornen und Diste ln, d. h. dichte und magere göttliche Gedanken, hervorbringt. Sie soll be­ trachtend den für die Verächter des Weisheitsstrebens un­ wegsamen Boden mit eifrigen Schritten durchwandeln , bis sie unter der beständigen Führung, Hülfe und Mitwirkung des Studiums der göttlichen Wissenschaften durch gött­ liche Gnade wiederum zur Betrachtung der durch den Fall des ersten Menschen verlorenen Wahrheit gelange, um die glücklich erreichte zu lieben und liebend bei ihr auszuharren und auszuruhen. 3] L. Gott sprach ferner : „ Die Erde bringe hervor beseelte W esen , ein Jegliches nach seiner Art , Vieh und Gewürm und Thiere auf Erden, ein Jegliches nach seinel· Art. " Eigentlich sprach er : „Es bringe die Erde lebendige Seele hervor," als habe er geradezu sagen wollen : es bringe die Erde lebendige Wesen hervor ! - Denn jene Wendung des Ausdrucks , welche das Mitverstehen oder Vertauschen der Worte heisst , ist eine in den göttlichen Reden sehr häufig vorkommende Redeweise, wonach das Ganze vom Theil und der Theil vom Ganzen verstanden wird , so dass also die h. Schrift unter der Bezeichnung „ Seele " das ganze lebendige Wesen zu verstehen pflegt. So heisst es in der Apostelgeschichte : „ Wir waren unsrer auf dem Schiffe 270 Seelen ", w.ährend doch natürlich die Seelen nicht ohne die Körper waren. Ebenso heisst es im ersten Buche Mosis : „Alle Selen des Hauses Jacob, die nach Aegypten kamen, waren 70." Und im Evange­ lium wird mit „Fleisch" der ganze Mensch bezeichnet, wenn es heisst : „ das Wort ward Fleisch", d. h. das Wort ist vollständig Mensch geworden, der aus Fleisch , Seele und Geist besteht. Und anderswo : „Der Geist ist willig, das Fleisch ist schwach", wo der Schreiber mit dem „ Fleisch" seine ganze Menschheit , mit dem „ Geist" aber den h. Geist bezeichnet , der da willig ist und sich zur Erlösung des menschlichen Geschlechts für schweres

Fortsetzung der Schöpfungsbetrachtung.

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Leiden stärkt. Und eben diesen Geist empfahl der an den Galgen des Kreuzes Geheftete ·dem Vater mit den Worten· : „ Vater, in deine Hände befehle ich meinen Geist," als hätte er sagen wollen : den von mir und von dir aus­ gehenden Geist befehle ich in deine Hände, weil er leidenlos ist, solang ich allein im Fleische leide, der ich allein das Fleisch angenommen habe und Fleisch geworden bin. Nicht als ob er selbst nach Seiten seiner Gottheit leidend wäre, sondern weil auf ihn die Leidensfähigkeit und das Leiden und der Tod der Menschheit, die er allein ange­ nommen hatte , bezogen wird und er mit der Menschheit, die er in der Einheit seines Wesens aufgenommen hatte, auch zugleich gelitten hat. Und weil er mit Recht als mitleidend gilt, wird er auch mit Wahrheit selber als leidend bezeichnet. Denn im Leiden ist die Eine Be­ standheit des göttlichen Wortes und des Menschen nicht getrennt. Damit du dies aber zugleich durch eine Ge­ währschaft sicher bestätigt findest, so höre, was der vor­ hergenannte E p i p h a n i o s in der Rede vom Glauben sagt : „Einmal ist er für uns gestorben , indem er es er­ trug, für unsere Leiden zu leiden.. Einmal kostete er den Tod, ja den Tod bis zum Kreuz , indem das göttliche Wort für uns in den Tod ging, um den Tod zu ver­ tilgen. Das Wort ward Fleisch , indem es nicht nach seiner Gottheit litt, sondern mit der Menschheit in seiner Leidenslosigkeit mitlitt. Das Leiden wurde ihm über­ wiesen, während er selbst in seiner Leidenslosigkeit blieb ; er überkam den Tod, während er selbst in der Unsterb­ lichkeit verblieb. Sprach er doch selber : „ Ich bin das Leben " ; das Leben aber stirbt nimmer; vielmehr über­ nahm er , indem er zu beleben kam, für uns den Tod . Denn nicht durch einen Menschen ist uns das Leben ge­ kommen , noch die Hoffnung durch das Fleisch. Denn verflucht ist, sprach er , wer auf einen Menschen traut, und wer seine Hoffnung auf einen Menschen setzt , wird sein wie ein Strauch des Feldes ! Was sollen wir also s agen ? Ist nicht in dem, was vorhin erwähnt worden, Christus als Mensch gedacht ? Dies ist Jedem klar, weil wir ohne jede Zweideutigkeit bekennen 1 dass der Herr Gott als das Wort Mensch geworden ist , nicht in

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Drittes Buch.

Kap. 3.

blosser Vor