Über den Zusammenhang der Mischna: Teil 2 Vom Streite der Bet Schammai and Bet Hillel bis zu Rabbi Akiba [Reprint 2021 ed.] 9783112463963, 9783112463956


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German Pages 89 [96] Year 1893

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Über den Zusammenhang der Mischna: Teil 2 Vom Streite der Bet Schammai and Bet Hillel bis zu Rabbi Akiba [Reprint 2021 ed.]
 9783112463963, 9783112463956

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Über den

Zusammenhang der Mischna. Ein Beitrag zu ihrer Entstehungsgeschichte

von

Dr. Ludwig A. Eosenthai, Rabbiner in Rogasen.

Zweiter Theil: Vom Streite der Bet Schammai und Bet Hillel bis zu Rabbi Akiba.

Strassburg. V e r l a g von K a r l J. T r ü b n e r . 1892.

Dem Andenken der Professoren

Dr. F r a n z D e l i t z s c h und

L u d w i g Noire, den dahingeschiedenen Anregern und Förderern meiner geistigen Thätigkeit, in steter Dankbarkeit

gewidmet.

V o rre d a Vorliegende Schrift soll zur Begründung des vor Jahresfrist erschienenen ersten Theils dienen; insofern ist sie eine Fortsetzung desselben. Aber der dort begonnene Plan wird hier viel weiter geführt, weshalb dieser zweite Theil, so seiner die Bekanntschaft mit dem ersten voraussetzt , auch als selbständiges Werk auftreten kann. Mir sind die notwendigen Schwächen eines mit diesem Gegenstande sich befassenden Werkes zu genau bekannt, als dass ich meine Auffassungen mit unfehlbarer Sicherheit darbieten sollte. Mit der Ueberzeugung von der Unantastbarkeit der eigenen Meinung müsste ich dann nämlich noch eine andere Eigenschaft in mir ausbilden : Misstrauen gegen jede sonstige Auffassung und gegen jedes fremde, besonders jedes a b s p r e c h e n d e Urtheil. Letzteres würde ich mir, wenn es nach eingehender Prüfung des Ganzen ausgesprochen und begründet würde, weit lieber gefallen lassen, als ein vornehmes Hinweggehen darüber; nur muss man sicher sein, dass der Kenner sich die Mühe genommen hat, jede Einzelheit zu prüfen, Nichts zu übergehen. Wie kann nun ein ganzes Werk widerlegt werden? Die Gepflogenheit, einen Hauptgedanken anzugreifen, auf dem alles Andere beruhen und mit welchem alles Andere vernichtet sein soll, überhebt den Beurtheiler scheinbar der Pflicht, sich auf die trockenen Einzelheiten einzulassen, aus denen das Ganze besteht. G e n a u g e n o m m e n , s i n d a b e r a l l e Gedanken eines Werkes wichtig, und das Einzelne kann w e g e n s e i n e r g r ö s s e r e n B e s t i m m t h e i t o f t noch m e h r



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A n s p r u c h auf Z u s t i m m u n g e r h e b e n , als d e r aus s o l c h e n Beweisen s i c h herleitende sogenannte H a u p t g e danke. Sollten also meine geschichtlichen Darlegungen auf Widerspruch stossen, so ist damit noch Nichts gegen die einzelnen Ergebnisse bezüglich des Zusammenhangs der Mischna gesagt; sollten d i e s e wiederum im Einzelnen angezweifelt werden, so können die geschichtlichen Aufstellungen d o c h darum begründet sein. Trotz dieser Erkenntniss habe ich die Verknüpfung dieser Bestandteile mit nicht geringerer Sorgfalt erstrebt, als mir vielmehr gerade eine grössere Vorsicht dadurch zur Pflicht werden musste. I c h s c h i e d a l l e s a u s , w a s m i r n i c h t s i c h e r s c h i e n , und h a b e hin und w i e d e r l i e b e r von e i n e r b l o s s e n V e r m u t h u n g , a l s von u n b e d i n g t s i c h e r e n Aufstellungen gesprochen. Der Werth wissenschaftl i c h e r D a r l e g u n g e n l i e g t d u r c h a u s n i c h t in dem S e l b s t b e w u s s t s e i n , m i t dem sie v o r g e t r a g e n w e r d e n , s o n d e r n in i h r e r g r ö s s e r e n o d e r g e r i n g e r e n W a h r s c h e i n l i c h k e i t . Ich habe mich auch selten mit e i n e m e i n z i g e n Belege begnügt, sondern mich lieber durch viele Einzelheiten durchgewunden, ehe ich einen allgemeinen Satz ausgesprochen habe. Beurtheile der aufmerksame Leser, dem ich den gleichen Weg nicht ersparen kann, selbst, ob i c h in d e r B e g r ü n d u n g f r ü h e r e r , in d e r A u f s t e l l u n g n e u e r S ä t z e ü b e r a u s k ü h n g e w e s e n bin. Da bei der beständigen tanaitischen Thätigkeit auf allen Gebieten sich allerorten spätere Einschiebsel finden, spätere Tanaiten in den ältesten Theilen sich äussern, so i s t e i n E i n z e l s a t z d e r M i s c h n a o d e r der N a m e eines T a n a i t e n w e d e r zur A u f s t e l l u n g , n o c h zur Widerleg u n g e i n e s G e d a n k e n s g e n ü g e n d . N u r im G a n z e n k a n n dies geschehen. Meinem Zwecke gemäss konnte ich die Mischna meist nur in ihrem W o r t l a u t e , seltener ihrem w i r k l i c h e n halac h i s c h e n I n h a l t e gemäss anführen, da es sich hier hauptsächlich um die R e i h e n f o l g e dreht. Ein aussenliegendes zeitgenössisches Schnftthuni konnte dazu um so weniger her-



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angezogen werden, als dasselbe mit derartigen inneren Fragen sich gar nicht befassen konnte. Die B e w e i s e , w e l c h e die Mischna s e l b s t so k l a r und s p r e c h e n d über ihr Ents t e h e n b i e t e t , die B e s t ä t i g u n g , w e l c h e T o s s e f t a und h a l a c h i s c h e M i d r a s c h i m in so r e i c h e m Maasse d a f ü r b i e t e n , k ö n n e n d a b e i e i n z i g und allein in F r a g e kommen. Ausserdem muss das Auge des Forschers so unverwandt auf das Ganze dieses ungeheuren Schriftthums gerichtet sein, dass jeder Blick auf a n d e r e Gebiete nur v e r w i r r e n d wirken könnte. Ich habe deshalb einige Auseinandersetzungen, die ich für diesen Theil geplant und am Schlüsse der vorjährigen Schrift angekündigt habe, auf später verschoben. Zu den talmudischen Nachrichten über Entstehung der Mischna haben meine Darlegungen so recht die Bestätigung geboten, wenn ich auch über Jahreszahlen nicht streiten mag. Auch die Länge der Anfangs-, wie die Kürze der Schlusstraktate findet im Ganzen ihre Erklärung. I c h bin z u f r i e d e n , wenn man mit mir eine Mischnas a m m l u n g b e r e i t s vor Hillel und S c h a m m a i zur Z u r ü c k d r ä n g a n g des S a d d u z ä i s m u s a n n i m m t und w o m ö g l i c h die R e i h e n f o l g e a n e r k e n n t , in der n a c h m e i n e r Mein u n g die h a l a c h i s ö h e n G e b i e t e in die Mischna eing e r ü c k t sind. Es f ä l l t d a d u r c h ein k l a r e s L i c h t zug l e i c h auf das G e i s t e s l e b e n , auf die H o f f n u n g e n der d a m a l i g e n Z e i t , wie auf die g e s c h i c h t l i c h e N o t w e n d i g k e i t , die den t a n a i t i s c h e n Geist j e w e i l i g b e w e g t e . So möge dieser zweite Theil ebenfalls dazu wirken, Vorurtheile gegen den Inhalt und die Abfassungsart des Talmuds zu zerstreuen und Manchen für das heilige Erbgut wiederzugewinnen. Vielleicht gelingt das um so eher, je weniger es den ausgesprochenen Zweck des Buches ausmacht. Auf Grund der hier aufgedekten Gesetze sollen spätere Arbeiten den Geist und die Lehrweise, wie den Zusammenhang der Schemaathetha, der Gemara, in gleichem Sinne behandeln. An dieser Stelle — last, not least — spreche ich meinen innigsten Dank dem Curatorium der Zunzstiftung in Berlin

aus, welches meine Schrift der Unterstützung würdig befunden nnd eine namhafte Summe zu diesem Zwecke bewilligt hat. Ich hoffe, durch die sorgfältige Durchsicht, welche ich der Handschrift nochmals habe angedeihen lassen, und durch die etwaigen wohlthätigen Wirkungen meines Buches einen Theil des Dankes gegen die Vertreter jener Stiftung mittelbar abtragen zu können. R o g a s e n , im Januar 1892.

Dr. Ludwig A. Rosenthal, Rabbiner.

I.

Hillel und seine unmittelbaren Vorgänger. Die von uns im ersten Theile aufgestellte Behauptung, dass schon vor H i l l e l eine Mischna bestanden habe, würde sich nur d a d u r c h aufrecht erhalten, dass d i e Bestandteile, welche nachweislich durch Bet Hillel und Bet Schammai zugekommen sind, jünger erscheinen würden, als die beiden vorh e r behandelten mischnischen Entwicklungsschichten. Und es sind auch sichere Zeichen dafür vorhanden. In den ältesten Stücken und noch bei Beginn der späteren mehr begründenden Richtung stehen wir auf dem Boden eines kräftigen Staatslebens, uns umweht der Hauch der Oeffentlichkeit, König, Priester und Synedrium stehen in ihrem Glänze d a , die Halle des Gerichtes ist geöffnet, und die Lehre umfasst das ganze Leben. Je wissenschaftlicher dagegen die Halachareihen werden, desto mehr fühlen wir uns in die Stille des Lehrhauses versetzt, und es scheint eine weite Kluft den Gesetzeslehrer von der Öffentlichkeit zu trennen. Aber nicht nur in den Gegenständen s e l b s t , auch in der ä u s s e r e n G e s t a l t u n g , in d e r A n e i n a n d e r r e i h u n g m u s s die s p ä t e r e A b f a s s u n g s i c h e r k e n n e n l a s s e n . War die Reihenfolge der Schrift oder die Einwirkung auf das Gedächtniss bisher Hauptsache gewesen, hatte sich hin und wieder aber auch das Bestreben kundgethan, die Stoffe nach ihrer inneren Zusammengehörigkeit zu ordnen, so muss d i e j ü n g e r e M i s c h n a , gleichviel von wem sie herrühren mag, immer m e h r sich den Z w e c k e n der ü b e r s i c h t l i c h e n , w o h l g e o r d n e t e n G e s e t z e s s a m m l u n g n ä h e r n . Sie wird die sonderbaren Zusammenstellungen immer mehr vermeiden, weil nach den e i n m a l g e w o n n e n e n V o r t h e i l e n der k l a -



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r e r e n Ordnung, bei dem s t e t e n F o r t a r b e i t e n der T a n a i t e n g e s c h l e e h t e r ein s o l c h e r R ü c k s c h r i t t u n d e n k b a r wäre. Welch eine Umwandlung ist nicht seit Simon ben Schetacli bis zu den Lehrern Hillels vor sich gegangen! Die neunjährige Regierung der friedlichen Salome, der Bruderkanipf /wischen Hyrkan und Aristobulus, der Einfluss, den die Römer gewinnen, bis Gabinius eine Fttnftheilung des heiligen Landes vornahm — diese Ereignisse zeigen uns zuerst das Synedrium im Besitze der höchsten Macht, bis es durch Entstellung von fünf Mittelpunkten seines Einflusses beraubt wird. So traurig diese Umstände an sich selbst waren, so förderlich wirkten sie auf den Weiterausbau des Gesetzes ein. Das Ringen der Sadduzäer mit den Vorkämpfern der Ueberlieferung verlor an Reiz, weil keine irdische Macht dabei zu gewinnen war, und sie H e s s e n den P h a r i s ä e r n w i l l i g d a s L e h r h a u s und die H e r r s c h a f t ü b e r das g e s e t z l i c h e L e b e n . Wenn auch Abtalion noch im Eingange von Abot vor Irrlehren warnt, die Lehrer ermahnt, in ihren Entscheidungen vorsichtig zu sein und nicht eine zweite babylonische Gefangenschaft über das Volk zu bringen, nicht die Jünger zu falschen und giftigen Quellen zu leiten, so kann er vielleicht dabei an sadduzäische Satzungen gedacht, vielleicht auch von Verweltlichung überhaupt abgemahnt haben. Im Satze des Schemaja ist der Aussenwelt deutlich der Abschiedsbrief geschrieben: „Liebe die Arbeit," lehrt er, „strebe nicht nach hohen Aemtern und hüte dich vor Befreundung mit den Herrschern" (eigentlich mit der Regierung der Willkür mim). Der Sadduzäerkampf verlor sich mit der Zeit, bei Rabban Jochanan ben Sakkai ist er zum blossen Wortgefecht herabgesunken. Jenes r'raip am Ende von Jadaim ist nur noch eine ohnmächtige Neckerei von Seiten derjenigen, welche der gesetzlichen Erörterung gleichgültig gegenüber standen, und Menachot 65 b stellt sich das Sadduzäerthum geistig sehr gesunken dar. Das Wochenfest muss auf den T a g nach dem Sabbat fallen, sagt dort der Sadduzäer, denn „Moses liebte Israel und wollte, dass es zwei Ruhetage neben einander feiern sollte."

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Darauf entgegnet Rabban Jochanan, „dass Moses die Israeliten in elf Tagen nach dem heiligen Lande hätte führen können und doch nicht blind in sie verliebt gewesen sein müsse, da er sie ihrer Fehler wegen vierzig Jahre in der Wüste gehalten habe." „Mit dieser Antwort schickst Du mich fort'?" fragt Jener, worauf ben S a k k a i : „Unser leichtes Gespräch ist noch mehr werth, als Eure falsche Lehre." Eine ähnliche Stelle findet sich Bababathra 115 b. Die Sadduzäer wollen dort, dass das Erbe nicht unbedingt den Töchtern des verstorbenen männlichen Leibeserben zufalle, sondern dass in diesem Falle der Tochter des Erblassers auch ein Theil zugesprochen werde. Die Ueberlieferung erlaubt das dagegen nur d a n n , wenn weder männliche Leibeserben, noch deren Nachkommen vorhanden sind. Auch h i e r weist Rabban Jochanan ben Sakkai den e i n z i g e n sadduzäischen Gelehrten, der überhaupt eine Erörterung führen kann, zunächst mit einem S e h e in gründe ab, um ihm erst später eine ernste Antwort zu geben. Wohl bezieht der Talmud darauf den Freudentag des 24. Tebet (Meg. Taanit 24. Ab), den man wegen dieses Sieges über die Sadduzäer eingesetzt hätte; dann hätte diese Partei in den Augen der Gegner noch eine gewisse Geltung gehabt. Aber gerade an d i e s e r Stelle führt die Taanitrolle den Sieg der rabbinischen Meinung auf die hasmonäische Zeit, j a , in unverständlicher Weise auf die Zeit der griechischen Bedrückung zurück. D a s ist jedenfalls sicher, dass nur noch s e h r vere i n z e l t solche sadduzäische Fragen behandelt werden, währ e n d w i r d i e im e r s t e n T l h e i l b e h a n d e l t e U r m i s c h n a g a n z von i h n e n e r f ü l l t s e h e n . Von ihrem u n b e d i n g t e n Verschwinden kann j a schon d e s h a l b nicht die Rede sein, weil jede geschichtliche Erscheinung sich nur l a n g s a m verliert. Als P a r t e i waren sie gewiss noch in den letzten Tagen des jüdischen Staatslebens vorhanden, a b e r n i c h t m e h r m i t d e r K r a f t zu h a l a c h i s c h e n A u s e i n a n d e r s e t z u n g e n o d e r a u c h nur m i t dem E i f e r d a f ü r a u s g e r ü s t e t . Genug, dass talmudische Zeugnisse, wie die Tossefta in Joma, beweisen , dass die vollkommen verweltlichten Gegner der mündlichen Lehre sich trotzdem völlig nach den pharisäischen Ent-



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Scheidungen richteten — ein Zeichen der Unfähigkeit, wie der Gleichgültigkeit gegen die heilige Wissenschaft. J e d e r g e i s t i g e K a m p f d a u e r t n u r so l a n g e , w i e d e r G e g e n d r u c k s e i n e K r a f t b e w a h r t , er n i m m t in d e m s e l b e n M a a s s e a b , w i e d e r E i f e r d e s G e g n e r s erk a l t e t , und w e n d e t sich n e u e n G e g e n s t ä n d e n zu. Somit hatten die mischnischen gegensadduzäischen Bestrebungen bald einen geringeren, endlich einen blos geschichtlichen Werth. Die Ueberlieferung als göttliches Wort wird inmitten der Lehrhäuser nicht mehr angezweifelt, und die Frage nach ihrem Werthe oder Unwerthe scheidet fast ganz aus den tanaitischen Erörterungen aus. D e r b e t r a c h t e n d e Geist w e n d e t sich a b e r dem h e i l i g e n B e s i t z t h u m s e l b s t zu, s u c h t d i e m ü n d l i c h e L e h r e zu e r f o r s c h e n , und w i e d e r w i r d g r a d e der K a m p f zum G e s t a l t e r d e s m i s c h n i s c h e n Lehrganges. Nach dem Tode Schemajas und Abtalions scheint ein Stillstand eingetreten zu sein. Man war, wie Pes. 66 beweist, nicht im Stande, zu entscheiden, ob die Bereitung des Pesachopfers auch am Sabbat gestattet ist. Hillel der Babylonier macht nun seinen Zeitgenossen den Vorwurf, dass sie Schemaja und Abtalion nicht beachtet hätten — ein Beweis, dass die Vornehmen trotz der finsteren Zeit den Weg ins Lehrhaus nocli nicht gefunden hatten. Lehrreich genug ist es, dass sie ihn fragen, wie es denn sei, wenn der Opfernde sein Messer vergessen habe, ob er auch in diesen N e b e n d i n g e n das Sabbatgebot ausser Acht lassen dürfe. Hillel will die bezügliche Entscheidung zwar einst von seinen Lehrern gehört, sie aber nachher vergessen haben — g e s c h r i e b e n ist noch nichts Mischnisches: Was kann nun geschehen? Der Brauch des Volkes wird beobachtet, und da Hillel sieht, wie sie der Gewohnheit gemäss die fraglichen Gegenstände herbeibringen, erinnert er sich auch der vergessenen Satzung. E s f e h l t e also n a c h dem T o d e der b e i d e n g r o s s e n L e h r e r S c h e m a j a und A b t a l i o n den U e b e r l e b e n d e n sow o h l an F o l g e r u n g s k r a f t , als a u c h an G e d ä c h t n i s s f ü r den g e s e t z l i c h e n S t o f f . Hillel war der geeignete Mann dazu, hier belebend zu wirken. Am Anfang von Abot mahnt

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er dazu, „dem Aron nachzuahmen, den Frieden zu lieben und zu erstreben, die Menschen zu lieben und sie der Thora näher zu bringen." Seine Friedensliebe war also keine Folge eines die Gemächlichkeit liebenden Sinnes, sondern es sollte die fehlende Eintracht thatkräftig erstrebt werden, um die dem Gesetze entfremdeten Menschen wieder zur Beschäftigung mit der Thora zurückzuführen. Daher warnt er noch vor Vereinsamung und mahnt zum Zusammenschlüsse Aller. „Wenn i c h nicht für mich bin, wer ist d a n n für mich? Und wenn ich nur für mich a l l e i n bin, was bin ich dann ?" so lautet der Spruch, der sowohl zu kräftiger Werkthätigkeit, wie zu gemeinsamem Wirken auffordert. Man solle nicht mehr nach hohen Aemtern streben, sondern in der Thora den Lebensquell, in deren Vernachlässigung den Verfall Israels sehen. „Wer seinen Namen erhöhen will, dess Name seh windet, wer nicht zunimmt, nimmt ab, wer nicht lernt, verdient den Tod, und wer sich der (Thora als) Krone bedient, vergeht." Neben ihm stand in der ersten Zeit Menahem, nach dessen Austritt Schammai. Da haben wir die Männer vor uns, welche den nächsten Zeitaltern den Namen gegeben. Sie waren weit mehr als ihre Vorgänger in der Lage, das Geistesleben anzuregen; lenkte doch im Zeitalter des Herodes der Blick der Besserdenkenden sich immer mehr von den Weltbegebenheiten ab, so dass die mischnischen Bemühungen fast ausschliesslich die Geister beschäftigten. Wir sehen aber weniger den Gegensatz zwischen den L e h r e r n s e l b s t , als zwischen ihren S c h ü l e r n , den Bet Schammai und Bet Hillel hervortreten, und wie später bei Rabban Jochanan ben Sakkai, so sind auch h i e r mehr die S c h ü l e r die Träger der überkommenen Lehren, hinter deren Worten wir uns die Lehrer stehend denken müssen. Die halachischen Meinungsverschiedenheiten riefen, da doch nur e i n e richtige Ueberlieferung möglich sein kann, schon zu den Zeiten der Tanaiten selbst Staunen und Bedauern hervor. Der Sifri II Piska 152 und die Tossifta Sanhedrin VII 1 zeigen uns ganz klar, dass der oberste Gerichtshof in der Quaderhalle des Tempels bei allen zweifelhaften Fragen

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das letzte Wort gehabt hat. Woher nun der Zwiespalt, wenn das Synedrion unbedingt maassgebend sein soll? Die genannten Quellen schreiben den Schülern Schammais und Hilleis die Schuld zu, als wenn sie zu wenig der Ueberlieferung und zu viel ihrer eigenen Meinung gefolgt wären. Damit ist durchaus nicht gesagt, wie einige Forscher meinen, dass früher gar keine Meinungsverschiedenheiten möglich gewesen wären. Wird der Streit um die Semicha in Chagiga nicht in Jose ben Joesers Zeit verlegt und soll man wirklich annehmen, dass dieses der e i n z i g e streitige Gegenstand gewesen wäre? Weist uns das Bet Diu der Priester, weisen uns die Namen Chanan und Admon nicht in eine sehr frühe Zeit zurück , so dass Jochanan ben Sakkai zu ihnen wie zu Lehrern der V e r g a n g e n h e i t zurückblickt? Oder soll die Macht des obersten Gerichtshofes, den Saken Mamreh zur Rechenschaft zu ziehen, jedem Zwiespalte vorgebeugt haben? Erst nachdem den Juden (40 Jahre vor dem Falle des Tempels) die Gerichtsbarkeit über Leben und Tod genommen worden, sollen die Jünger den Muth zu eigenen Ansichten gehabt haben ? Es ist eine Verkennung der talmudischen Synhedrialbestimmungen, in jedem, der die Meinung des Sanhedrin bestreitet, einen Saken Mamreh und Todeswürdigen zu sehen. Derselbe müsste (Sanh. 87 a, Maim. Mamrim III 1 f.) bereits zur Richterwürde geeignet sein, ein schriftmässig feststehendes Gesetz bestreiten, zum mindesten nicht ein solches, das blos Halacba le Mosche missinai ohne scliriftgemässe Begründung ist, es soll entweder Ausrottung oder ein Sündopfer nach sich ziehen, gleich den Tephillin die Möglichkeit einer Hinzufügung zu den Bestimmungen der mündlichen Lehre oifen lassen, — d a n n erst kann die Todesstrafe eintreten. N u r in s o l c h e n , g a n z b e s o n d e r e n F ä l l e n w ü r d e es e i n e n Unt e r s c h i e d a u s m a c h e n , ob der W i d e r s t a n d des Gelehrten noch z u r Z e i t d e r v o l l k o m m e n e n S y n h e d r i a l g e w a l t oder n a c h h e r b e m e r k t w o r d e n w ä r e . Welch eine Fülle von Meinungsverschiedenheiten unter anderen Verhältnissen ist da nicht möglich! Und selbst wenn alle Bedingungen zum Saken Mamreh sich vereinigen, so ist noch immer die Meinungs-

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Äusserung, auf deren Möglichkeit es doch hauptsächlich ankommt, also die mischnische Fassung eines solchen Gedankens vollkommen gestattet, so lange der Betreffende nicht Andere dazu bringen will, seiner Ansicht thatsächlich Folge zu geben. Nun hat der Gerichtshof für Alle, die nicht als Saken Mamreh gelten, wohl noch a n d e r e Strafmittel — aber gerade d i e s e sind dem Synedrium j a auch s p ä t e r verblieben, so dass also nie eine Meinungsverschiedenheit hätte entstehen können, wenn die Männer der Quaderhalle oder auch nur der Chanujot hierauf einen Einfluss hätten ausüben können. Derartige Erwägungen müssen ganz fortfallen, wenn es sich um die Geschichte eines G e d a n k e n s handelt, wie bei unserem Gegenstande. Kein Gerichtshof, mit welchen Mitteln auch immer ausgerüstet, ist im Stande, unzählige Gelehrte, denen die Erforschung des Gesetzes als höchste Pflicht obliegt, an der Aufstellung selbständiger Auffassungen zu hindern. Jeder Kenner wird zugeben, dass in jene Mischna der Schulen schon überlieferte Halachot aufgenommen worden seien. Halachot sind doch Mischnas, unterscheiden sich in der Gestaltung wesentlich von dem Midraschim. Selbst die alten Quellen sprechen es aus, dass bis zur Zeit der Bne Bathyra, der unmittelbaren Vorgänger Hilleis, 600 Mischnaordnungen bestanden haben und die Zusammenziehung in 6 Sedarim den beiden Lehrern oder ihren Schulen zuzuschreiben seien. So heisst es im Seder Tanaim w'Amoraim bei Luzzatto: Von Hillel an und weiter ward der Olam und die Gelehrtenwelt schwach und die Ehre der Tliora schwand, und es waren von Hillel und Schammai nur sechs Ordnungen, und sie sind die Männer der Mischna (vielleicht richtiger: und es w a r e n noch M ä n n e r der M i s c h n a ) von Hillel bis zu Rabbi und Rabbi Nathan, und das war (und sie waren) das Ende der Mischna. Das Eingeklammerte gibt die Fassung des Machsor Vitry. Letzteres scheint gar nicht zu besagen, dass von Hillel an erst die Männer der Mischna b e g o n n e n hätten, sondern dass von da an bis zu Rabbi Jehuda Hannassi das letzte Geschlecht der ganzen tannaitischen Entwicklung gelebt habe. Nun werden in Wirklichkeit doch kurz vorher die eigentlichen Tanaiten



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180 Jahre vor der Tempelzerstörung, nach dem Vitry 196 Jahre vorher gesetzt. Das würde uns, wenn wir die Zahlen genau erwägen wollen, in die ersten Zeiten Alexander Jannais, j a , in die letzten Jahre des Johann Hyrkan zurückleiten, und Josua ben Perachja und Nitaj aus Arbela wären die leitenden Namen aus dieser Zeit. Wenn wir überhaupt diese wenigen uns räthselhaften Stellen benutzen wollen, w i e es s o n s t so s t a r k g e s c h i e h t , warum sollen uns diese Zahlen, mit denen doch unsere Annahmen völlig übereinstimmen, so unwichtig scheinen? Beachtenswerther sind allerdings d i e Beweise, die aus dem Innern der Mischna s e l b s t geschöpft werden. W e n n w i r nun z u g e b e n w o l l e n , d a s s m i t dem A u g e n b l i c k , wo e i n a b g r e n z e n d e s s o n d e r n d e s S t r e b e n als S e l b s t z w e c k h e r v o r t r i t t , d i e e i g e n t l i c h e M i s c h n a b e g i n n t , so mögen wir immerhin blos die Männer von Hillel an A n s e h e M i s c h n a nennen, aber doch nie aus den Augen verlieren, d a s s von der f r ü h e r e n O r d n u n g b e i N e u g e staltungen auch weiterhin Alles b e i b e h a l t e n wird, was von dem a l t e n G e f ü g e s i e h a l s b r a u c h b a r h e r a u s s t e l l t , und d a s s d i e n e u e r e n T h e i l e a l s s e l b s t ä n d i g e E i n f ü g u n g e n s i c h e r k e n n e n l a s s e n , wie im ersten Theil bewiesen ist. E r s c h e i n e n nun d i e M i s c h n a s der b e i d e n S c h u l e n in i h r e r A u f e i n a n d e r f o l g e , in dem i h n e n a n g e w i e s e n e n O r t e und in i h r e m I n h a l t e g e n a u a l s ein b e s o n d e r e s G a n z e , das z u g l e i c h den s c h o n b e s t e h e n d e n T h e i l e n die F o r m e i n e r S e c h s t h e i l u n g a u f d r ä n g t ? Vielleicht kommen wir auch weiter dazu, gerade aus der Form der Mischna jenen alten und spärlichen Nachrichten eine Bestätigung zu geben, die aus dem betrachteten Gegenstände selbst fliesst und keiner aussenliegenden Beweise bedarf.

II.

Die ordnende Thätigkeit der Hilleliten und Schammaiten. Während in alter Zeit, wie unser erster Theil darthut, die Schriftordnung Grundlage des Ganzen gewesen war, und



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180 Jahre vor der Tempelzerstörung, nach dem Vitry 196 Jahre vorher gesetzt. Das würde uns, wenn wir die Zahlen genau erwägen wollen, in die ersten Zeiten Alexander Jannais, j a , in die letzten Jahre des Johann Hyrkan zurückleiten, und Josua ben Perachja und Nitaj aus Arbela wären die leitenden Namen aus dieser Zeit. Wenn wir überhaupt diese wenigen uns räthselhaften Stellen benutzen wollen, w i e es s o n s t so s t a r k g e s c h i e h t , warum sollen uns diese Zahlen, mit denen doch unsere Annahmen völlig übereinstimmen, so unwichtig scheinen? Beachtenswerther sind allerdings d i e Beweise, die aus dem Innern der Mischna s e l b s t geschöpft werden. W e n n w i r nun z u g e b e n w o l l e n , d a s s m i t dem A u g e n b l i c k , wo e i n a b g r e n z e n d e s s o n d e r n d e s S t r e b e n als S e l b s t z w e c k h e r v o r t r i t t , d i e e i g e n t l i c h e M i s c h n a b e g i n n t , so mögen wir immerhin blos die Männer von Hillel an A n s e h e M i s c h n a nennen, aber doch nie aus den Augen verlieren, d a s s von der f r ü h e r e n O r d n u n g b e i N e u g e staltungen auch weiterhin Alles b e i b e h a l t e n wird, was von dem a l t e n G e f ü g e s i e h a l s b r a u c h b a r h e r a u s s t e l l t , und d a s s d i e n e u e r e n T h e i l e a l s s e l b s t ä n d i g e E i n f ü g u n g e n s i c h e r k e n n e n l a s s e n , wie im ersten Theil bewiesen ist. E r s c h e i n e n nun d i e M i s c h n a s der b e i d e n S c h u l e n in i h r e r A u f e i n a n d e r f o l g e , in dem i h n e n a n g e w i e s e n e n O r t e und in i h r e m I n h a l t e g e n a u a l s ein b e s o n d e r e s G a n z e , das z u g l e i c h den s c h o n b e s t e h e n d e n T h e i l e n die F o r m e i n e r S e c h s t h e i l u n g a u f d r ä n g t ? Vielleicht kommen wir auch weiter dazu, gerade aus der Form der Mischna jenen alten und spärlichen Nachrichten eine Bestätigung zu geben, die aus dem betrachteten Gegenstände selbst fliesst und keiner aussenliegenden Beweise bedarf.

II.

Die ordnende Thätigkeit der Hilleliten und Schammaiten. Während in alter Zeit, wie unser erster Theil darthut, die Schriftordnung Grundlage des Ganzen gewesen war, und

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nur s c h ü c h t e r n die Verschiebungen der leichteren Lehrweise zuliebe nach der Gleichheit der Gegenstände vor sich gingen, s e h e n wir an all den S t e l l e n , wo d i e b e i d e n S c h u l e n a u f t r e t e n , die G e g e n s t ä n d e n a c h i h r e n i n n e r e n E i g e n s c h a f t e n g e o r d n e t . Wenn auch, wie wir im ersten Theile gezeigt haben, schon früher die Rücksicht auf das Gedächtniss dazu gebracht hatte, gewisse gemeinsame Eigenschaften der Dinge hervorzukehren, so war doch immer die Aneinanderreihung Hauptsache gewesen. Mag sein, dass der auf das Innere der Dinge blickende Forschergeist an solchen Anfangen sich geübt und entwickelt hatte, mit z i e l b e w u s s t e r K r a f t t r i t t er e r s t bei Hillel, S c h a m m a i und bei i h r e n Schülern hervor. D i e s e O r d n u n g k a n n n i c h t n a c h dem F a l l e d e s T e m p e l s e n t s t a n d e n s e i n , denn bereits in Edujot finden wir die Schulmischnas (wie wir in der Kürze die Sätze der Bet Schammai und Bet Hillel nennen wollen), selbst wo sie flüchtig angeführt sind, in der jetzigen Ordnung vor. N i r g e n d , wo w i r i h r e N a m e n s e h e n , ist d i e ä u s s e r l i c h e Ordnung, e t w a blos n a c h d e r R e i h e n f o l g e d e r S c h r i f t oder n a c h Z a h l e n zu f i n d e n , ob wir die h a d e r n d e n Weisen in der A l i j a t h betli C h a n a n j a f i n d e n oder sie „bo b a j o m " , an „ j enem T a g e " b e l a u s c h e n . Wenn wir dies ohne Zwang belegen können, so ist damit auch für die älteren Stücke der Wahrheitsbeweis geführt, der nur durch Entkräftung seiner E i n z e l h e i t e n genügend widerlegt werden kann. Wie haben sie nun ihre Sätze in den etwa schon vorhandenen Bestand eingefügt? Beginnen wir mit den Seraim, die ohne Berücksichtigung der schriftgemässen Ordnung an den Anfang der Mischna- gekommen sind; sie kommen hauptsächlich im Leviticus vor, . und demnach müssten sie hinter dem Seder Moed stehen, der schon dem Exodus angehört. Wenn die Seraim erst verhältnissmässig spät zusammengestellt worden sind, so konnten sie nicht gut in Theile eingeschoben werden, die schon geordnet waren; dazu war es ein zu umfangreicher Gegenstand. Da die Schulen dort andere 2

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Ansätze zu machen und das Gegebene damit zu bereichern hatten, so war es nicht anders möglich, als dass der Seder Allem vorangestellt wurde. Es lässt sich nicht feststellen, ob dies geschehen, nachdem die Schulen ihre Arbeiten auf dem Gebiete der älteren Mischna v o l l e n d e t hatten, ob Seraim also der A b s c h l u s s oder der B e g i n n ihres Werkes gewesen. Das vornan Stehende ist jünger, als das nachher Kommende. Es ist wahr, die Schriftordnung bietet dafür keine Anhaltspunkte, aber die Ausnahmestellung des ganzen Gebietes unter den Halachas und ihre späte Einordnung bietet auf unserm geschichtlichen Wege uns die beste Erklärung dafür. Die alten Mischnas in Berachot, welche wir als Einleitung zur gegensadduzäischen Mischna betrachten, mochten die Schulen nicht von ihrer Stelle rücken, um ihre neuen Ansätze schon an etwas Bekanntes anzuknüpfen. Da schoben sie sofort nach den ersten beiden Satzungen über das Schemagebet des Abends und des Morgens die Bestimmung über die Art des Betens ein; die Schammaiten verlangen Abends ein Verneigen, Morgens schreiben sie die gerade Haltung vor; die Schüler Hillels dagegen sehen von diesen Unterschieden ganz ab. Wie die folgende Mischna von jeher den S a d d u z ä e r n gegenüber das Recht der Weisen bei Fassung der Berachot wehrt, so benutzten die beiden Schulen die gleiche Stelle, um den Sieg i h r e r Meinungen zu verkünden. Man war dort von jeher Aeusserungen dieser Art gewöhnt, daher die spätere Erzählung von der Gefahr, in der sich R. Tarfon bei Missachtung der liillelitischen Worte befunden. Im Jer. Sanh. Schlussabschnitt Mischna 'w •pa-an zeigt sichs, dass die Worte Rabbi Tarfons dort den gleichen Zweck haben, wie einstmals die gegensadduzäische Halacha. Die Mischna I 3 ist also jünger als I 4 , indem die Berachot des Schema schon Tamid V 1 angedeutet sind, also in der Urmischna; und dann, weil hier die Morgenberacha z u e r s t genannt ist, so dass in der vorangehenden Mischna zuletzt des Anschlusses wegen vom Morgen gesprochen worden sein muss. Der klare Zusammenhang wäre ohne dies Einschiebsel also: ••rva"is bu> ra© n» •pnp -»nJrMö m m u biz? in"« 71-np VWN» und dann nach der Art und Weise,

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die gleichen Gegenstände verschränkt aneinander zu reihen und mit dem Anfangsgliede zu schliessen '13 rr:sb 3 "pa^ - i n m Die Glieder wären: n-ais n-nnia -in 10 3-1» Wäre Ber. I, 3 gleich alt, so mlisste die Mischna mit -iniB3 beginnen mit 3153 schliessen und bei Erwähnung der Segenssprüche müsste dann der Regel der Verschränkung gemäss 3-1» dem - 9 3 vorausgehen. Es scheint, als wenn die Schulen nur d i e Lehrsätze in die Mischna eingeordnet hätten, durch welche sie in zwei Lager getheilt wurden, wogegen d a s , worüber sie einig waren, noch im Midraschgewande stehen geblieben ist, soweit es nicht unter ihren Vorgängern schon sich der Halachareihe hatte fügen müssen. Das zeigt uns die nächste Stelle, welche in Berachot von ihnen herrührt, und wo in Rede und Widerrede die Sätze sich also ordnen: (Ber. VIII 1) „Folgende Dinge sind streitig zwischen den Schulen Schammais und Hillels bezüglich der Mahlzeit: Bet Schammai sagt: Erst kommt der Segen über den Festtag und dann der Segen über den Wein, und Bet Hillel sagt: Erst kommt der Segen über den Wein und dann der Segen über den Festtag; die Schule Schammais sagt: Erst wäscht man sich die Hände und dann mischt man den Wein, und die Schule Hillels sagt: Erst mischt man den Wein und dann wäscht man sich die Hände." In dieser Weise folgen sich mit geringen Einschiebseln die Streitfragen, die uns zeigen, in wie geschlossener Ordnung die erste Sammlung beider Schulen die zweifelhaften Halachot aneinander reihte. Man könnte diesen Sprung vom ersten bis zum vorletzten Abschnitt von Berachot für gewagt ansehen, wenn nicht die Toss. Ber. schon am A n f a n g e uns den Zusammenhang des Schemälesens mit der M a h l z e i t und mit dem S a b b a t und seinen Tischgebräuchen hergestellt hätte. Ausser dem Hinweis auf die Priester, die am Abende zur Zeit des

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Schema rein geworden, wird dort die Gebetszeit bestimmt, „wenn die Leute am Vorabende des Sabbaths hineingehen, ihre Mahlzeit zu essen", j a , Ber. Babli 2 b kommt sogar der A r m e des Anfangs von Sabbat (und Pes. X 1) vor. Und die zweite Mischna des Sabbattraktats handelt merkwürdiger Weise von Dingen, die vor dem Gebete (nicht nur des S a b b a t h s , sondern auch der W o c h e n t a g e ) nicht geschehen dürfen, und wobei das Schema die nothwendige Unterbrechung ausmacht. Kann man den Zusammenhang dieser Dinge leugnen ? Ausserdem ist in jenem tr-m—lb^-abschnitte wiederum der Anschluss an den Schlussabschnitt von Pess. beabsichtigt, wie die gleiche Mischna 2 daselbst beweist, und die Rücksicht auf das einst nachfolgende Passahgesetz mag die Aneinanderreihe in Q"nan Vitt bestimmt haben. Wie liesse es sich sonst erklären , dass die Bestimmungen bezüglich der Mahlzeit nicht den Werktag berücksichtigen , sondern sich vorzugsweise mit Kiddusch und Hawdala befassen? Dass sich in den v o r a n g e h e n d e n Abschnitten von Berachot auf die Mahlzeit bezügliche Bestimmungen finden, spricht nicht dagegen, und da auch sie ( V I I 5) auf Chawurot, Tischgesellschaften, hinweisen, da auch s i e ( V I 5), Parperot, Nebenspeisen erwähnen, da auch h i e r ( V I 6) vom A n l e h n e n oder L i e g e n bei der Tafel im Gegensatze zum blossen S i t z e n die Rede ist; so ist leicht eine Ueberleitung zu Pesachim V I I 13, X 3, 1, 2 zu finden. Aber das ergibt sich erst dann, wenn die Ordner von Ber. V I und V I I schon den deutlichen Hinweis auf das Fest in der Reihe der Schulmischnas vor sich gehabt haben. Hier bestätigt sich sowohl unsere im ersten Theil gegebene Auffassung von dem einstigen Zusammenhange zwischen Berachot und Pesachim, wie wir auch erkennen, dass die Schulen ihre Mischnas mit steter Rücksicht auf den bisherigen Anschluss der Theile in dieselben einschoben oder, wenn es nothwendig war, denselben vorananstellten. W i r haben auch A n h a l t s p u n k t e d a f ü r , dass d i e S e r a i m o r d n u n g als n e u e r G e g e n s t a n d sich in schon vorhandene mischnische Bestandtlieile einordnete. Waren wir vorher bei B"n:n und suchen wir uns die nächste

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so beginnende Misclina auf — und gleichlautende Anfänge sind, wie das früher berührte D^pis -laiizn, nicht zu unterschätzende Wegweiser, — so kommen wir zur ersten Mischna der eigentlichen Seraim : (II) „Folgende Dinge haben kein festes Maass: Die Peah (Feldecke für die Armen), die Biccurim, das Wallfahrtsopfer (Rajon), die Wohlthätigkeit und die Beschäftigung mit der Tliora; folgende Dinge lassen den Menschen ihre Früchte in dieser Welt gemessen, und der Hauptbetrag bleibt bestehen für die zukünftige Welt: Ehrfurcht vor Vater und Mutter, Wohlthätigkeit, Frieden stiften zwischen Mensch und Mensch; und die Beschäftigung mit der Thora ist so viel, wie alle." Diese Worte scheinen, so sonderbar dies aussieht, dazu bestimmt, das Gedäclitniss beim Festhalten des neuen Seder zu unterstützen. Der Jeruschalmi fragt, warum nicht Therumot mit zu den „Dingen ohne festes Maass" gerechnet wird? Wir würden ausser dem dort angegebenen Grunde noch andere Ursachen für diese Aufzählung finden: Die P e a h b i l d e t den A n f a n g , die B i k k u r i m sind der E n d p u n k t der neuen Ordnung; die alte Bikkurimhandlung ist nämlich von dem Schlüsse der Sifrihalachot auch an ein Ende, und zwar an das der Seraim gerückt worden, wie es auch im Deutoronomion ziemlich das Ende der gesetzlichen Bestimmungen ausmacht. Aber es ist ein m e r k w ü r d i g e r Z u f a l l , dass auch das Wallf a h r t s o p f e r , Rajon, ein E n d p u n k t ist, nämlich für die Moedordnung; es kommt später in Chagiga vor (das. 1,1,2). Bei Gemilut Chassadim und Talmud Thora werden unsere Augen auch auf einen Schluss gelenkt. Es kann wohl sein, dass die Wohlthätigkeit wegen Peah selbst liier angeführt ist, und T a l m u d Thora uns m e r k w ü r d i g e r Weise wieder an einen E n d p u n k t f ü h r t , uns auf Kiduschin weist, wo wahrscheinlich von Alters her der S t r e i t behandelt wurde, ob das H a n d w e r k , oder die T h o r a allein die Grundlage des Lebens bilden könne: (Kid. XIV) „Rabbi Nehorai spricht: Ich lasse alle Handwerke in der Welt fahren und lehre meinen Sohn nur die Thora, deren Lohn der Mensch in dieser Welt g e n i e s s t , und der Hauptb e t r a g bleibt bestehen für die z u k ü n f t i g e Welt." So



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gesucht man diese Zusammenfügung weit auseinander liegender Mischnas finden könnte, so willkürlich sie aussieht, so tief begründet ist sie in Wirklichkeit, denn a u c h am A n f a n g e von Peah stehen hinter j e n e r ersten Aufzählung gleich die D i n g e , „ d e r e n F r ü c h t e man in d i e s e r W e l t gen i e s s t und d e r e n H a u p t b e t r a g f ü r die z u k ü n f t i g e Welt b e s t e h e n bleibt." Schon früher zeigten wir die merkwürdige Verknüpfung zwischen Schekalim I und zwischen Megilla und Moed Katan; u n d so h a b e n wir a u c h h i e r s i c h e r eine M i s c h n a vor u n s , d i e uns b e s a g t : Die S e r a i m , mit a-nai ibst b e g i n n e n d , s c h l i e s s e n s i c h an B e r a c h o t , dessen H i l l e l - S c h a m m a i s a t z u n g e n a u c h o'nm Vre* an d e r S p i t z e s t e h e n h a b e n ; d i e S e r a i m , so b e l e h r t d e r Tan a i t s e i n e S c h ü l e r und s u c h t es i h r e m G e d ä c h t n i s s e e i n z u p r ä g e n , b e g i n n e n mit P e a h u n d s c h l i e s s e n mit B i c c u r i m ; die M o e d o r d n u n g soll mit dem R a j o n , die F r a u e n o r d n u n g mit der P f l i c h t d e s T h o r a l e r n e n s s c h l i e s s e n , und z w a r mit j e n e m S a t z e , w e l c h e r d e n H i n w e i s auf d i e s e und die z u k ü n f t i g e W e l t e n t h ä l t . Es wäre aber unbillig, wenn wir auf dieses eine Beispiel hin, so eigenthümlich es ist und so wenig man es als Gemeinplatz hinstellen kann, schon volle Zustimmung verlangen wollten. Bei der Eigenart dieses Schriftthums, bei seiner Reichhaltigkeit kann wirklich einmal der Forscher von einem glücklichen Zufall begünstigt werden, der ihm in einigen Schlagworten Grosses für seine vorgefassten Ziele zu bieten scheint. Wird sich aber auch w e i t e r dieser ordnende Geist erkennen lassen? Wäre es, wenn Seraim zwischen Berachot und Sabbat erst eingeschoben worden, nun nicht billig, dass auch im M o e d s e d e r , vielleicht in Sabbat selbst, sich ein Hinweis auf die hinter uns liegende neue Mischnaordnung finde, der uns besagt, wo dieselbe endet? S u c h e n wir d o r t die n ä c h s t e R e i h e d e r H i l l e l - S c h a m m a i s a t z u n g e n , so ist n a c h der A n f a n g s m i s c h n a der g a n z e e r s t e A b s c h n i t t d a v o n erf ü l l t (auch wo clie S c h u l e n n i c h t g e n a n n t sind, b e w e i s t es die Toss.), und wenn wir die mit rros beginnenden Abschnitte als spätere Zusätze aussondern, so f o l g t d a r a u f der



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d r i t t e A b s c h n i t t r r v s . Und unmittelbar vor demselben heisst es (Toss. Sabb. Abschn. 2 Ende): „ R a b b a n Simon benGamaliel sagt: Hekdesch, Therumoth undMaasser o t h sind H a u p t b e s t i m m u n g e n d e r T h o r a und sind a u c h den Arne H a a r e z a n v e r t r a u t . " Da h a b e n w i r den v e r l a n g t e n H i n w e i s auf S e r a i m , und z w a r auf s o l c h e T h e i l e , die am A n f a n g von P e a h n i c h t g e n a n n t w a r e n . Wir brauchen aber auch d i e s e n S t e l l e n nicht zu glauben, greifen vielmehr, nachdem dort das Ende des Seraimseders bestimmt ist, zum Ende des Seder Moed , nach Chagiga; wir wollen der sichtenden Thätigkeit folgen, die sich weiter Bahn bricht. Und wir täuschen uns zu unserm Erstaunen nicht. Kurz vorher haben wir vielleicht die frühesten Streitfragen beider Schulen, wie kurz nachher den ersten halachischen Streit überhaupt vor uns. Da heisst es mit einem Male: (Chagiga I 8): „Die Auflösung der Gelübde schwebt in der Luft und hat sich auf Nichts zu stützen; die Bestimmungen des Sabbaths, die Chagigot und Me'ilot gleichen den Bergen, die an einem Haare hängen, denn sie haben wenig Schriftverse und viele Halachot; die Dinim (Rechtssatzungen von Sanhedrin), die Gesetze des Tempeldienstes, die Reinheits- und Unreinheitssatzungen und die verbotenen Verwandtschaftsgrade haben etwas, woraui sie sich stützen, und sie sind w e s e n t l i c h e T h e i l e der H a l a c h o t ; (II 1) man deutet nicht die verbotenen Verwandtschaftsgrade vor drei Hörern etc." Nachdem noch einige Festessatzungen angeführt worden sind, geht es von II 5 bis zum Schlüsse mit Reinheitsgesetzen weiter, die während der Festeszeiten und kurz nach denselben zur Anwendung kommen, und damit schliesst der Seder Moed. Diese Mischna, zu deren innerer Verknüpfung mit dem Chagigagegenstande spätere Geschlechter das Ihrige gethan haben, verliert für uns ganz das Unbegreifliche, wenn wir bedenken, d a s s h i e r die o r d n e n d e n S c h u l e n H i l l e l s und S c h a m m a i s M e r k z e i c h e n f ü r die w e i t e r e O r d n u n g den S c h ü l e r n g e b e n und a u c h auf d a s F r ü h e r e z u r ü c k w e i sen. Die „Auflösung der Gelübde" deutet auf den Traktat Nedarim, der dem folgenden Seder, der Frauenordnung ange-

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hört, und zwar, wie unser erster Theil zeigt, seinen Ort vor Nasir und Sotah, den ältesten Traktaten desselben, erhalten hat, weil er sich auch schriftgemäss am besten dort einordnet. A b e r auch die e r w ä h n t e n S a b b a t u n d C h a g i g a sind merkwürd i g e r w e i s e A n f a n g und E n d e des M o e d s e d e r s , n e u e Z u s ä t z e der b e i d e n S c h u l e n zu d e m s e l b e n , w i e s i c h s p ä t e r zeigen wird. D i e D i n i m weisen sodann a u f S a n h e d r i n hin, das m i t D i n e m a m m o n o t , D i n e n e f a s c h o t , mit dem H e c h t e des Mein und D e i n und v o r z u g s w e i s e mit der H a l s g e r i c h t s o r d n u n g zu thun h a t , so dass die gedächtnissmässige Anreihung des Nesikinseder an Naschim vollzogen ist. Und ist es ein Zufall, dass dannach A w o d o t , der T e m p e l d i e n s t , d a s s s o d a n n T o h a r o t we T u m o t , R e i n h e i t s und U n r e i n h e i t s g e s e t z e a u f g e z ä h l t w e r d e n , w o r i n s i c h die h i n t e r N e s i k i n f o l g e n d e n b e i d e n O r d n u n g e n Kodos c h i m und T o h a r o t a n g e d e u t e t f i n d e n ? Dass zuletzt die Arajot, die verbotenen Verwandtschaftsgrade genannt sind, braucht auch nicht einmal ein Zusatz aus späterer Zeit zu sein, sondern k n ü p f t w i e d e r u m die V e r b i n d u n g m i t H e t e r N e d a r i m , mit dem A n f a n g d i e s e r o r d n e n d e n M i s c h n a an; und wie Nedarim an die alten Bestandtheile vor Naschim sich reiht, so bietet Arajot deren Anfang; denn was i s t J e w a m o t w e i t e r , als, w i e (Jewamot I 2, 3) der A n f a n g des T r a k t a t s und der i n n e r e B e g r i f f b e s a g t , d i e V e r b i n dung der A r a j o t mit den v e r s c h i e d e n e n F ä l l e n der S c h w a g e r e h e ? Ist doch diese selbst ein Ausnahmefall, in der ein verbotener Verwandtschaftsgrad gestattet, j a geboten wird, dass die Wittwe den Bruder des kinderlos verstorbenen Mannes heirathe. Der Nesikinseder hörte einst mit Abot auf. Horijot trat entweder s p ä t e r an die Schlussstelle oder konnte bei den unsicheren Grenzen der Traktate und Ordnungen schon zu den Kodoschim gerechnet werden. Sowohl dem Leviticus, wie dem Sifra gemäss gehört es zu Sewachim. In dem Schlusstraktat Abot (III Ende) heisst es nun: „Rabbi Elieser ben Chisma spricht: Kinin (die Bestimmungen über Vogelopfer) und Pitche Nidda sind wesentliche llalachot." Wir können im Voraus

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überzeugt sein, dass diese beiden Traktate im weiteren Gange der Mischna zum Festhalten des Zusammenhanges wichtig sind, und der Augenschein kann es uns lehren, dass Kinin den Schluss der Kodoschim, also der unmittelbar darauf folgenden Ordnung bildet, und dass sich Nidda mit dem vorangehenden verwandten Mikwaot-traktat an die ursprünglichen Bestandt e i l e der Toharotordnung anschliesst, Wenn angesichts so vieler, so eigenartiger und übereinstimmender Zeugnisse, die, meist mit d e r S c h u l m i s c h na v e r b u n d e n , am A n f a n g o d e r am E n d e von S e d a r i m s t e h e n d , auf Anfangs- o d e r E n d p u n k t e g e w i s s e r Entw i c k l u n g e n h i n g e w i e s e n , wir getrost aussprechen dürfen, dass in ihnen die Arbeit des sichtenden Tanaitengeistes sich kundthut, — so kann man annehmen , dass gerade von den beiden Schulen diese Bemühungen ausgegangen sind. Den Umstand, dass spätere Tanaiten, wie R. Elieser ben Chisma, dabei genannt worden, wird der Kenner des mischnischen Schriftthums nicht gegen uns benutzen. B e k a n n t l i c h sind oft j ü n g e r e Namen die T r ä g e r ä l t e r e r Meinungen, auch k a n n e i n e M i s c h n a an i h r e r u r s p r ü n g l i c h e n S t e l l e und i h r e m Z w e c k e g e t r e u g e b l i e b e n sein und d o c h eine g e d a n k l i c h e U m w a n d l u n g e r f a h r e n h a b e n , die nur w e n i g am A u s d r u c k ä n d e r t e . Die erste Fassung kann immerhin den älteren Schülern Hilleis und Schammais angehören. Welche aussenliegende Quelle kann uns diese aus der ^lischna selbst mit so erstaunlicher Sicherheit für eine sichtende Richtung sich ergebenden Beweise ersetzen, und von wo anders können sie hergeholt werden, als aus ihr selbst? Und g e r a d e d a s T a d e l n s w e r t h e wird so zu e i n e r T u g e n d , und das s c h e i n b a r Z u s a m m e n h a n g s l o s e zu einem W e r k z e u g e s t r e n g s t e r Z u s a m m e n f ü g u n g . Es lässt sich bei der Eigenart dieses Schriftthums denken, dass sie nicht mit der äussersten Peinlichkeit die Gebiete abgrenzen durften, vielmehr in kluger Benutzung des bisherigen Geisteseigenthums an den O r t e n k e i n e n S t e i n von der S t e l l e b e w e g t e n , wo es n i c h t u n b e d i n g t n o t h w e n d i g w a r und wo d a s B e s s e r e

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im w a h r e n S i n n e des W o r t e s der F e i n d des G u t e n gewesen w ä r e . Bei alledem könnte man jedoch bezweifeln, dass die beiden Schulen schon ältere Bestandteile vor sich gehabt hätten. W e r s a g t uns, d a s s die Stellen, in die sie n a c h unserer Meinung angeblich ihre Satzungen eingeschoben, n i c h t j ü n g e r e A n s ä t z e s i n d ? Jeder wird zugeben, dass die Stücke sonderbarsten Gefiiges, deren Ordnung wir geschichtlich im ersten Theile darzulegen uns bemüht haben, dass jene grossen erzählenden Darstellungen das Zeichen eines jugendlichen, von streng wissenschaftlichen Erwägungen noch weit entfernten Zeitalters an sich tragen. D i e s ä n d e r t sich a b e r g e r a d e d a , wo die beiden S c h u l e n d a s Ganze g e s t a l t e n , und g a n z besond e r s im S e d e r S e r a i m . Hier ist der ganze Bau geradlinig, ohne eine Abweichung von der streng halachischen Ordnung. In den Seraim, wie überall, wo die beiden Schulen erst die halachische Grundlage geboten haben, finden wir nur sehr selten jene merkwürdigen Verschlingungen und Verschränkungen; meistenteils v e r e i n t h i e r eine i n n e r e N o t w e n d i g k e i t die G e g e n s t ä n d e . Sollte es nun ein blosser Zufall sein, dass wir ihre Namen g e r a d e in den T h e i l e n n i c h t f i n d e n , die sich uns u n z w e i f e l h a f t als u r a l t g e k e n n z e i c h n e t h a b e n ? So z. B. in Biccurim, dem Schlusstheile der Seraim, wo wir den d r i t t e n A b s c h n i t t , als zur ä l t e s t e n Mischna g e h ö r i g , g a n z aus d i e s e m g e s c h i c h t l i c h e n K r e i s e h e r a u s r ü c k e n müssen. Aber der vorausgehende Perek muss auch der zweiten mischnischen Entwickelungsschicht angehören; g e r a d e da s p i e l e n a n d e r e G e g e n s t ä n d e u m s t ä n d l i c h in d i e H a u p t s a c h e hinein. Die Vergleiche zwischen Teruma, Biccurim, Maasser , den Blut- und Thierarten, die in der Tossefta sich noch viel weiter erstrecken, zeigen eine grosse Aehnlichkeit mit dem dritten und vierten Abschnitte von Erachin, wo sich an die f n r n s ebenfalls nachher Vergleiche zwischen verschiedenen halachischen Gebieten finden. Im ersten Theile zeigten wir, dass wir hier Satzungen

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vor uns haben , die einst im alten Mischnagefüge zwischen Theilen des Moedseders standen; es ist dies eine Mischnareihe, die dem gleichen Zeitalter angehört, d. h. die geschichtliche Lücke zwischen Simon ben Schetach und dem ersten Auftreten Hillels füllt. Noch ein merkwürdiger Umstand darf nicht übersehen werden: Wie die Erachinhalachot das Ende des Leviticus ausmachen, so die Biccurim das Ende der deutoronomischen Gesetzeswiederholung. An beiden Orten wirft der alte Mischnaordner Rückblicke auf schon dagewesene Gegenstände. Und der Anfang von Biccurim, die Aufzählung mit der darauf folgenden Darlegung zeigt genau die Verwandtschaft mit den von uns als zweiten Ansatz zur ersten Mischna erkannten Bestandtheilen, wie z. B. die ersten Abschnitte von Sanhedrin, der Theil Lulab waarawa (Succa IV) sich erklären lassen. An d i e s e n und ä h n l i c h e n S t e l l e n f i n d e n sich die Bet Hillel und Bet S c h a m m a i also nicht, d i e Nenn u n g i h r e r N a m e n w ü r d e f ü r den K e n n e r des S c h r i f t thums das uralte Gepräge dieser vorzeitlichen Halachag e f ü g e v o l l k o m m e n v e r w i s c h e n . Gewisse Mischnagebiete, die wir noch bezeichnen werden, enthalten d e s w e g e n wenig oder Nichts von ihnen, weil es j ü n g e r e Massechtot sind; d a n n a b e r l ä s s t s i c h in s o l c h e n T r a k t a t e n ein eben s o l c h e r F o r t s c h r i t t d e n H i l l e l i t e n und S c h a m m a i t e n g e g e n ü b e r n a c h w e i s e n , wie d i e s e ü b e r die L e h r w e i s e der ä l t e r e n Z e i t w e i t h i n a u s sind. Betrachten wir einmal die auseinanderliegenden Mischnas beider Schulen, ob sich aus ihnen ein zusammenhängendes Ganze bilden lässt. Pea III 1 heisst es: Die viereckigen Beete zwischen den Oelbäumen verpflichten nach Bet Schammai zu einer Pea von j e d e m e i n z e l n e n , nach Bet Hillel nur zu einer Peah von a l l e n z u s a m m e n . Doch geben sie (die Schammaiten den Hilleliten) zu, dass, wenn die Anfangsreihen in einander übergreifen, nur e i n e Peah von allen gegeben wird." Die nächste ihnen angehörige Mischna findet sich VI 1, wo es heisst: Die Schule Schammais sagt, das Freigut für die Armen hat alle Bestimmungen des Hcfker; die Schule Hillels



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sagt, es ist kein Hefker, wenn es nicht auch als Freigut für die R e i c h e n erklärt wird. Alle Garben des Feldes von je einem Kab, wie auch eine Garbe von vier Kabin , die man zurückgelassen, die Schule Schammais sagt, Es ist k e i n e Schickcha, die Schule Hilleis sagt, Es ist Schickcha. Die Garbe, die nahe ist der Steinumhegung, der Tenne etc. und man hat sie vergessen — die Schule Schammais sagt, Es ist k e i n e Schickcha, die Schule Hilleis sagt, Es i s t Schickcha. Die ersten Reihen der gegenüberliegenden Garbe entscheiden; die Garbe , mit welcher sie sich beschäftigen, sie nach der Stadt zu bringen, und sie vergessen sie, da geben sie (die Hilleliten den Schammaiten) zu, dass es keine Schickcha sei." So weit d i e s e S ä t z e von e i n a n d e r e n t f e r n t sind, so l e i c h t e r k e n n t man i h r e Z u s a m m e n g e h ö r i g k e i t . Sie bestimmen die n o t h w e n d i g s t e n s t r e i t i g e n B e g r i f f e von P e a h und den d a m i t verbundenen G e b i e t e n , w ä h r e n d die d a z w i s c h e n l i e g e n d e n und die v o r a n g e h e n d e n Mischn a s sich mehr auf die E i n z e l h e i t e n e i n l a s s e n . Inheiden Fällen sind die nniJJ ^iwn die Veranlassung einer Einigung. Daran schliesst sich als drittes Glied (VI 5) eine Begrenzung des Schickehabegriffes, d e r e n F a s s u n g g e r a d e z u nur die U n t e r s c h e i d u n g d e r b e i d e r s e i t i g e n S t a n d p u n k t e bez w e c k t . Darauf bauen nun die späteren Tanaiten weiter, wie die steten Entscheidungen, „Es ist Schickcha, Es ist k e i n e Schickcha" beweisen. Wo der Begriff des Kerein Rewai bestimmt wird (die Pflicht, im vierten Jahre nach der Pflanzung die Früchte oder den Erlös nach Jerusalem zu bringen), da finden wir wiederum (VII 6) die beiden Schulen, und die weitere Halacha, ob auch Peret und Oleloth damit verbunden sind, beweist uns, d a s s die v o r a n g e h e n d e n M i s c h n a s „was ist P e r e t V (VII 3) W a s sind Olelothy w (VII 4) von i h n e n a b h ä n g i g sind. Wer hierin willkürliche Verschiebungen unsererseits sehen wollte, als Hesse sich mit solchen Weglassungen Alles erzielen und Alles in Allem zusammenbringen, der b l i c k e in E d u j o t h i n e i n , und es muss ihm sich von s e l b s t e r g e b e n , d a s s man in d i e s e r Weise d a s D a z w i s c h e n l i e g e n d e h e r a u s z u h e b e n und die Mischnas,



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w e l c h e die N a m e n der S c h u l e n an sich t r a g e n , zus a m m e n z u s t e l l e n hat. Die Fassungen von Edujot sind allerdings kürzer und deuten oft eine Mischnareihe nur an. W i e k o m m t es nun, dass a u c h hier (Es. IV 3) auf ~ipan i p a n Q-n:;>b (als Andeutung dieser Halachareihe) mit Wegl a s s u n g a l l e s D a z w i s c h e n l i e g e n d e n w i r k l i c h (5) D~o -yai f o l g t ? Wem dies eine Beispiel nicht genügt, den verweisen wir auf Ed. I 8, 9, 10, wo in g a n z g l e i c h e r Weise Mischnas mit e i n a n d e r v e r b u n d e n w e r d e n ( g l e i c h f a l l s in v e r k ü r z t e r , a n d e u t e n d e r F a s s u n g ) , die in Maasser scheni II 4 etc. durch andere Zwischenmischnas von einander getrennt sind. So h a t t e der O r d n e r von E d u j o t h , w e l c h e r T r a k t a t k u r z e Z e i t n a c h der Z e r s t ö r u n g J e r u s a l e m s entstanden ist, b e r e i t s ein f e s t e s G e f ü g e der Schammai-HillelM i s c h n a vor sich, auf d e r e n f e s t g e o r d n e t e m Gebiet sich der d a m a l i g e h a l a c h i s c h e S t r e i t v o r z u g s w e i s e b e w e g t hat. Man könnte zweifeln, ob in Demai ihnen eine so maassgebende Stellung zu Theil geworden ist, da doch die Verordnung des Demai, das Verbot, vom Landvolke Getreide ohne nochmalige Verzehntung zu kaufen, schon von Johann Hyrkan herstammt. Doch f i n d e n wir nach der Einleitungsinisclina s o f o r t (Demai I 2) die B e s t i m m u n g , d a s s bei d e r a r t i g e m G e t r e i d e k e i n Chomesch und kein Biur e i n t r i t t , g e n a u w i e Pea VII 6. D i e s e M i s c h n a s standen d e m n a c h e i n s t n e b e n e i n a n d e r zu g e g e n s e i t i g e r E r g ä n z u n g , und hier w u r d e als d r i t t e H a l a c h a d a s D e m a i g e b r a c h t , worin sie e i n s t i m m i g w a r e n . Wollten wir nun fragen, ob auch ohne Nennung beider Schulen ihre Streitpunkte erwähnt werden können, so blicken wir auf III 1, wo es heisst: „Man speist die Armen und das Gefolge des Königs mit Demai." Hier ist nach dem Zeugnisse des Reb Huna Berachot Babli 47 a das Verbot der Schule Schammais zu ergänzen — ein BeAveis, d a s s wir h i e r , w i e d e r an m a s s g e b e n d e r Stelle, eine l i i l l e l i t i s c h e H a l a c h a sehen. Und gleich darauf bringt dieselbe Mischna auch weitere Erörterungen beider Schulen. So lässt sich der Faden durch die Seraimordnung verfolgen; wo die Schulen nicht genannt

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sind, haben wir sie vielleicht zu ergänzen. Wie bei der uralten Biccurimhandlung, so treten sie auch vor der Darstellung der Verzehntungen zurück, und da befinden wir uns immer vor der Urmischna. Soll nun die Seraimordnung ein Werk beider Schulen sein, so musste sie als jüngster Ansatz die erste Stelle einnehmen. Nun erst waren sechs Ordnungen vorhanden, d. h. jeder Seder hatte nun seine Urbestandtheile, wenn auch gewisse Halaehat noch gar nicht behandelt waren. Gehen wir nun zur Moedordnung über und beobachten wir die Schulen, w i e sie in e i n e n s c h o n v o r h a n d e n e n G r u n d s t o c k e i n g r e i f e n . So wenig Maimonides und seine Nachfolger für den Vorzug der Seraimordnung die schriftgemässe Anlehnung fanden, so wenig gelang ihnen das Gleiche für die Voranstellung des Traktat Sabbat: D e r O r d n u n g d e r T h o r a g e m ä s s h ä t t e z u e r s t P e s a c h i m u n d d a n n Sabb a t s e i n e S t e l l e f i n d e n müssen. Es gibt für Beides nur eine Antwort: So w i e die S e r a i m , so ist a u c h S a b b a t s p ä t e r e n t s t a n d e n , a l s j e n e a l t e n B e s t a n d t h e i l e der g e g e n s a d d u z ä i s c h e n und d e r d a r a u f f o l g e n d e n vorhillelitischen Mischna. Nach den uralten Einleitungsworten ¡rnia mian märs"1 »ans» f n o , die wir schon am Anfang von Schewuot gesehen haben und deren weitere Ausgestaltung auch einer späteren Zeit angehört, — auch die Tossafot wundern sich darüber, dass h i e r Satzungen behandelt werden, die nach p-mn zu versetzen sind — beginnt der Schulstreit, in welchem freilich die Hilleliten und Schammaiten nicht genannt werden, doch der Toss. gemäss zu erkennen sind, mit den Worten : (Sabb. I 2) „Niemand sitze vor dem Scheerer kurz vor dem Mincbagebete, bis er gebetet; es gehe Niemand ins Bad, nicht in die Gerberei, nicht zur Mahlzeit, noch zum Gerichte, und wenn man begonnen hat, braucht man sich nicht zu unterbrechen. Man unterbricht sich zum Lesen des Schema, aber nicht zum Gebete." Nachdem noch einige Halachot angeführt sind, welche der voraufgehende Tosseftasatz von der Nidda dem T'iaurn gemäss als hillelitisch kund gibt, heisst es dann mit einem

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Male: rrobiin -a vielleicht gleich den crnai "'-N in Ber. VIII, w o b e i man S e r a i m sich noch als n i c h t vorhanden v o r s t e l l e n muss. „Und folgende sind die Halachot, die sie in der Alija des Chananja ben Gorion festgesetzt, als sie hingingen, ihn zu besuchen. Da wurden sie gezählt und es waren dort mehr Schammaiten, als Hilleliten. Und achtzehn Dinge setzten sie an jenem Tage fest." Diese Reihe scheint in die ältere Schulmischna sich als jüngere einzuschieben. Nachdem noch (I 9) eine Ansicht angeführt wird, in der sie ü b e r e i n s t i m m e n , scheint der Tanaite bei ("'bis sich von ihnen abzuwenden. Die Tossefta beweist jedoch, d a s s auch h i e r eine g e m e i n s a m e H a l a c h a a n g e f ü h r t w i r d . U n b e d i n g t s c h l i e s s t s i c h h i e r a n der A n f a n g des A b s c h n i t t s r m a , der e b e n f a l l s von H e r d und Heizung s p r i c h t und b e i d e n S c h u l e n a n g e h ö r t . Und nun gilt es über viele Abschnitte hinweg bis XXI 3 zu blicken, wo die S c h u l e n , w e l c h e b e r e i t s in B e r a c h o t die Bes t i m m u n g e n d e r M a h l z e i t g e b r a c h t h a b e n , von dem A b r ä u m e n der T a f e l s p r e c h e n . Gewiss begegnen uns hier berechtigte Zweifel, ob wir nicht das Maass des Erlaubten weit überschritten haben, wenn wir die Halachareiche der Alija so weit über grosse Abschnitte hinweg zu einem Ganzen machen wollen. Aber die Toss. bemerkt dort, durch die Bescheidenheit des R. Sacharja ben Abkulas (der sich XXI 3 nach k e i n e r Schule richtete) ist der Tempel zerstört worden; und so werden wir mit einem Male in die hadernden Schulen versetzt, während der Feind vor den Mauern steht. Sogar der Anfang des letzten Abschnittes gehört, ohne dass die Schulen genannt sind, jenem Tage an (vgl. Gemara das.). Und dass wir vorne uns f p ^ r i » naa fortdenken müssen, um die Schulmischnas zusammenzustellen, liegt darin, dass die mit rras beginnenden Perakim, also auch nuw noa, rraa •pwrj rraa, rrcna spätere Einschiebsel sind. Am Ende des zweiten Abschnittes wird durch die Worte , p»nn nx praiBi geradezu über n-po und die Schulmischna hinweg die Verbindung mit •pwm rraa erstrebt, i n : r r s und i r m a j ' n sind

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besondere Theile von Sabbat, von denen der erstere auch (XIII 7), wie wir früher bei Succa gesehen, mit einem Gleichniss, wenn auch halachischer Art, sehliesst. Und bei alledem bleibt die Ordnung der Bet-Schammaiund Bet-Hillelsätze unverkennbar bestehen. Eine andere zusammenhängende Reihe solcher Satzungen findet sich in Beza, w e l c h e n T r a k t a t wir a u c h in d e r U r m i s c h n a u n s f o r t d e n k e n m u s s t e n , um z w i s c h e n S n c c a h u n d R o s c h h a s c h a n a h r e c h t e V e r b i n d u n g zu f i n d e n . Da beginnt es sofort mit der Rede und Gegenrede, die sich durch zwei Abschnitte fast zusammenhängend fortsetzt. Wie es in Sabbat sich um Sabbatverbot handelt, so in Beza um das Arbeitsverbot des Festtags, so d a s s d e r T r a k t a t eigentlich Jomtow heisst. Sabbat undBezah s i n d d e m n a c h von d e n S c h ü l e r n H i l l e i s und Scliamniais e r s t g e s c h a f f e n w o r d e n . Ausserdem ist noch Chagiga zu erwähnen, wo sich mehrere aufeinander folgende Sätze dieser Art finden. D i e s e n e u e r e n T h e i l e sind a l l e d u r c h b e d e u t s a m e M e r k z e i c h e n g e d ä c h t n i s s m ä s s i g mit eina n d e r v e r b u n d e n . Die a - - m in B e r a c h o t b e h a n deln die E i n s e g n u n g d e s S a b b a t s u n d den A b s c h i e d von demselben so e n t s c h i e d e n , d a s s man u n b e d i n g t an S a b b a t und die A b e n d f e i e r d e s P e s a c h d e n k e n niuss. Am S c h l ü s s e von S a b b a t I i s t v o n d e r B e r e i t u n g d e s P e s a c h o p f e r s d i e R e d e ( I I I ) , so d a s s d e r S c h ü l c r g e r a d e z u zum n ä c h s t e n T r a k t a t g e f ü h r t w i r d , und z w a r zum ä l t e s t e n B e s t a n d t h e i l e d e s s e l b e n , u n a : -ran anias noo, an d e n d i e S c h u l e n a n k n ü p f e n m ü s s e n . Nun könnte man von uns verlangen, dass demgeinäss in Bezah Hinweise auf Chagigah sich finden, um die Hillelitischen völlig neuen Traktate von Moed mit einander zu verbinden. U n d m e r k w ü r d i g g e n u g ! W i r k ö n n e n dem V e r l a n g e n n a c h k o m m e n , so a b e n t e u e r l i c h d e r G e d a n k e s c h e i n t ! In d e r T h a t f i n d e t s i c h d a s e l b s t II 4 g e n a u d i e s e l b e M i s c h n a , m i t w e l c h e r in C h a g i g a der ä l t e s t e T a n a i t e n s t r e i t Uber d i e S e m i c h a von b e i d e n S c h u l e n a u s g e s t a l t e t w i r d (Chagiga II 3).

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Aber nicht nur die g r o s s e n Ansätze treten mit unleugbarer Gewissheit hervor, auch d i e s c h e i n b a r z e r s t r e u t stehenden Hillel - Schammaisätze der F e s t o r d n u n g s c h i e s s e n b a l d zu k l e i n e r e n , a b e r b e d e u t s a m e n Ganzen z u s a m m e n , w e l c h e das G e r ü s t zu den d a z w i s c h e n l i e g e n d e n S a t z u n g e n b i l d e n . Dass die späteren Tanaiten in diesen Schulmischnas die Voraussetzungen ihrer eigenen Erörterungen sahen, beweist uns d i e h e r v o r r a g e n d e S t e l l e , d i e d i e s e n S ä t z e n g e w ö h n l i c h am A n f a n g n e u e r E r w ä g u n g e n v e r g ö n n t o d e r v i e l m e h r b e l a s s e n w o r d e n ist, so dass man ihre Worte den späteren mischnischen Gestaltungen zu Grunde gelegt hat. In Erubin ist ihnen nach den notwendigsten Einleitungsworten der erste Platz verliehen. Die beiden Haupthalachot im ersten Theile von Pesachim, der vor der alten Schilderung des Pesachopfers steht, werden auch von ihnen getragen: Die B e d i k a , das S u c h e n n a c h dem G e s ä u e r t e n , wo ihnen gleich nach Beginn des Traktats das Wort gegeben wird, ob im Weinkeller bloss eine R e i h e oder eine ganze Wandfläche von Fässern untersucht werden rnuss, und das A r b e i t s v e r b o t d e s P a s s a h r ü s t t a g e s , das im 4. Abschnitte vorkommt, muss nach W e g l a s s u n g a l l e r Einschiebsel durch eine B e s t i m m u n g b e i d e r Schulen verv o l l s t ä n d i g t w e r d e n . Im Schlussabschnitte von Pesachim stehen sie an zweiter Stelle, mit dem Bestreben, auf t m r n in Berachot hinzuweisen. Berufen wir uns nun auf Stellen, die wir im ersten Theile als uralt erkannt haben, so dürfen die Beth Hillel und Beth Schammai darin nicht zu oft vorkommen. Und, als ob der O r d n e r s i c h s v o r g e s e t z t h ä t t e , unsere Ans i c h t von e i n e r v o r h i l l e l i t i s c h e n Mischna zu bestätig e n , kommen die Schulen in dem wunderlich geordneten gegensadduzäischeu Schekalim nur ein einziges Mal gelegentlich vor; in Joma, einem Hauptbestandtheil der Urmischna, fehlen sie g a n z , eben so in den zwei Schlussabschnitten von Sukka, die unseren früheren Darlegungen gemäss das gleiche Alter haben, theilweise der zweiten vorhillelitischen Schichte angehören, wogegen die drei e r s t e n Perakim von ihnen getragen werden. Ihnen gehört selbstverständlich eine Anfangsmischna von Succa 3

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an, die nach den Einleitungsworten die Frage behandelt, ob e i n e a l t e S u k k a b e n u t z t w e r d e n d a r f o d e r ob sie zum F e s t e b e s o n d e r s g e b a u t w e r d e n muss. Damit hängt die spätere Helacha zusammen, d i e S p a r r e n d e s D a c h e s , w e n n ein s o l c h e s zur S u k k a b e n u t z t w i r d , a u s z u h e b e n o d e r zu l i c h t e n . Von ihnen wird d e r notliw e n d i g e U m f a n g d e r S u k k a bestimmt, so dass damit die erste Hauptpfiicht des Festes behandelt ist. Wo es s i c h um d i e B e n u t z u n g d e s L u l a w h a n d e l t , t r e t e n sie w i e d e r um ein. Nur wenige Halachot sind es, a b e r sie b i l d e n d e n A n s a t z d e r b e i d e n S c h u l e n an d i e ä l t e s t e M i s c h n a u n d k o n n t e n von e i n e m s p ä t e r e n G e s c h l e c h t e n u r genauer a u s g e f ü h r t werden. Uebrigens bietet Sukka am Anfange ebenso ein Spiegelbild von Erubin, wie das nachfolgende Beza dem Sabbattraktat ähnlich ist. Es lassen sich die Spuren dieser Thätigkeit auch im Naschimseder verfolgen. So, um die Nachweise nicht ins Endlose zu dehnen, gleich nach den beiden Zahleninischnas von Jebamot (ganz wie am Anfange von Sabbat, auch mit erkennbaren späteren Ausgestaltungen), mit dem Schlusssatze (I 4): „Und wenn auch die Einen verbieten und die Anderen erlauben, die Einen für untauglich , die Anderen für tauglich erklären, Hessen sie sich nicht an gegenseitigen Verehelichungen hindern," desgleichen die Bemerkung, die Toharot betreffend. Und diese dem Arajothkreise angehörige Aeusserung schliesst sich genau an jene Chagigahsatzung an, die den Zusammenhang von Moed und Naschim herstellen, aber auch Maasslosigkeit und Unfrieden verhindern will. Die Namen der Schulen verlieren sich bis auf wenige Fälle in den Nesikin und treten erst in Kodoschim und Toharot wiederum hervor. In diesen Hillel-Schammaisatzungen ist d e r s c h r i f t g e m ä s s e Zusammenhang zwar nicht ausser Acht gelassen, w i r d a u c h n o c h a u f d a s G e d ä c h t n i s s e i n g e w i r k t •— a b e r d a s i s t n i c h t m e h r die H a u p t s a c h e ; w i e von i h n e n d a s b e r e i t s V o r h a n d e n e in e i n e f e s t e ü b e r s i c h t l i c h e O r d n u n g g e b r a c h t w o r d e n i s t , so t r u g e n sie S o r g e , i h r e e i g e n e n M i s c h n a s n a c h dem i n n e r e n Zu-

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sammenhange, nicht nach i r g e n d einem äusserlichen G e s i c h t s p u n k t e zu o r d n e n . Freilich, wie bei den Pharisäern und Sadduzäern, war auch bei i h n e n der Kampf das Gestaltungsmittel. Auch s i e brachten, wie einst die Urmischna, nur die Dinge zur Sprache, die zwischen ihnen streitig geblieben waren. Aber mit nur e i n e r unrühmlichen und vielgetadelten Ausnahme war es ein friedlicher Geisteskampf, der hier zum Austrag gebracht wurde, und neben dem S t r e i t p u n k t e wird auch d a s mit Vorliebe erwähnt, worin sie ü b e r e i n s t i m m t e n . Als der Blick nach aussen gerichtet war und mit den Sadduzäern gerungen wurde, da konnte man noch nicht mit gleicher Liebe das Einzelne betrachten, wie später, als in Folge der äusseren Wirren das Lehrhaus die ganze Welt wurde. J e t z t k a m e n a u c h j e n e H a l a c h o t z u r G e l t u n g , d i e f r ü h e r z w a r i m L e b e n hochg e h a l t e n , a b e r zur w i s s e n s c h a f t l i c h e n B e h a n d l u n g d o c h f ü r zu s e l b s t v e r s t ä n d l i c h a n g e s e h e n w o r d e n w a r e n . Man v e r g l e i c h e d i e z w e i t e H ä l f t e von P e s a c h i m m i t d e r e r s t e n , d i e b e i d e n S c h l u s s a b s c h n i t t e von S u k k a m i t den d r e i e r s t e n P e r a k i m , um d e n U n t e r s c h i e d zu e r k e n n e n . W ä h r e n d in d e n ä l t e r e n T h e i l e n m e h r d a s ö f f e n t l i c h e L e b e n des S t a a t e s oder die g o t t e s d i e n s t lichen H a n d l u n g e n des T e m p e l s Alles b e h e r r s c h e n , r i c h t e t s i c h d a s A u g e h i e r m e h r auf d a s h ä u s l i c h e L e b e n , auf den G o t t e s d i e n s t auch des E i n z e l n e n ; d i e s e G e g e n s t ä n d e w e r d e n e b e n f a l l s zu S t r e i t p u n k t e n e r h o b e n , u n d der G e s e t z e s f o r s c h e r b l i c k t b e r e i t s hinw e g von dem T e m p e l u n d d e n U e b e r r e s t e n d e s S t a a t s l e b e n s . Diese mehr innerliche Richtung hilft den Bestand des Judenthums auch o h n e Tempel und Staat sichern, und je mehr Handhaben man dem Geiste bietet, den unendlichen Gesetzesstoff mit voller Ehrfurcht vor dem Herkommen schöpferisch täglich neu zu gestalten, desto umfangreicher wird das geistige Gebiet, das zu erobern und zu beherrschen den Ehrgeiz der Betheiligten mehr anregte, als alle Aussichten auf irdische Grösse. Anfang und Endpunkt ihrer Einwirkungen zu bestimmen, wird unmöglich sein, weil sich sehr schwer

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sagen lässt, wie lange es Hilleliten und Schamtnaiteil gegeben und wann der Letzte von ihnen gelebt hat. Nur das E i n e scheint sicher zu sein, dass sie die Dine Mammonot, also Babakama, Babamezia und Bababathra nicht mehr beeintlusst haben. Genug, wenn wir mit allen möglichen Beweismitteln nur darzuthun im Stande sind, d a s s d i e H i l l e l i t e n u n d S c h a m m a i t e n der U r m i s c h n a unseres ersten Theiles g e g e n ü b e r u n b e d i n g t die j ü n g e r e n sein müssen, dass d u r c h die S t e l l e , die wir ihnen g e s c h i c h t l i c h a n z u w e i s e n g e z w u n g e n sind, u n s e r e f r ü h e r e n Darlegungen bestätigt werden. Wer aber A l l e s beweisen will, wem auch das U n m ö g l i c h e gelingt, gegen dessen Ergebnisse wird sich billig das Misstrauen melden. Fern sei es also von uns, festzustellen, zu welchen Zeiten sie d i e s e s , zu welchen Zeiten sie ein a n d e r e s Gebiet behandelt haben, wo die Spuren der ä l t e r e n Bet Hillel und Bet Schammai, wo die Wirkungen der S p ä t e r e n uns entgegen treten. Ahnen können wir nur, an welcher Stelle sie begonnen haben. Vielleicht regte sie der alte Semichastreit an, wofür sich Spuren finden lassen. Cliag. II 4 greift die Mischna noch in den Sadduzäerkampf ein. Diese Zwiespältigkeiten auf halachiscliem Gebiete wurden durchaus nicht mit frohem Blicke angesehen, es scheint sich daraus für alle tanaitischen Zeitalter vielmehr der Brauch ergeben zu haben, gerade liier (II 1) W a r n u n g e n vor zu w e i t g e h e n d e n G r ü b e l e i e n auszus p r e c h e n und die s t e t e R ü c k s i c h t auf die E h r e des S c h ö p f e r s zu e m p f e h l e n . In späterer Zeit wurde gerade hier, wie uns die Tossefta und die Talmude beweisen, Elischa ben Abuja, der Grübler und Leugner, zur Warnung genannt — es war also herkömmlich, in Chagiga derartige Abmahnungen anzubringen, wie w i r schon f r ü h e r s o l c h e feststehende Ablagerungsplätze für gewisse Aeusserungen gefunden haben. Wir brauchen demnach nicht mehr d a r ü b e r e r s t a u n t zu sein, d a s s d i e s e l b e n g e r a d e vor dem S e m i c h a s t r e i t e i h r e S t e l l e g e f u n d e n haben. Rabban Jochanan ben Sakkai, der die geistige Erbschaft Hillels antrat (Succa 27 a), starb kurz nach dem Falle des

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Staates; 78 Jahre vorher hat er selbständig gelehrt, und er scheint etwa 48 vor unserer Zeitrechnung geboren zu sein. Stammen die Alijahsätze (Sabbat I) aus den letzten Zeiten des Staatsbestandes, und h a t t e n sie b e r e i t s d a m a l s eine a l t e S c h u l m i s c h n a vor sich, so müssen wir bei dem langsamen Werden solcher auswendig zu bewahrenden Halachareihen und bei deren mühsamer Einfügung in alte Bestandtheile zeitlich g e w i s s w e i t z u r ü c k g r e i f e n . Im Zeitalter des Rabban Jochanan ben Sakkai, besonders in seinen letzten Lebensjahren, aus denen seine in Rosch Haschana und Sotah angegebenen Verordnungen stammen, h ö r t man von e i g e n t l i c h e n Hillel i t e n und S c h a m m a i t e n n i c h t mehr, n u r von G e l e h r t e n , d i e sich m e h r d i e s e r o d e r j e n e r A n s i c h t z u n e i g t e n . Rabbi Tarfon am Anfange von Berachot, Rabbi Ismael und Rabbi Eleasar ben Asarja in der Tossefta daselbst streiten nicht als H i l l e l i t e n und S c h a m m a i t e n , u n d es w e r d e n k e i n e „Sikne b e t h H i l l e l " oder „ S i k n e b e t h Schamm a i " g e n a n n t , w i e in f r ü h e r e r Zeit. Selbst R. Elieser, der Schamuti, rühmt an sich selbst Eigenschaften, welche seinem Lehrer Rabban Jochanan ben Sakkai und Hillel zugeschrieben werden. R. J o s u a , g e w i s s k e i n S c h a m m a i t e , s t r ä u b t sich g e g e n d i e A n e r k e n n u n g des B a t h k o l , d a s d i e E n t s c h e i d u n g e n der H i l l e l s c h u l e a n e r k e n n t . J a , d e r g a n z e S t r e i t des s o g e n a n n t e n bo b a j o m d r e h t sich g e r a d e z u um die N o t h w e n d i g k e i t , n i c h t u n b e d i n g t n a c h e i n e r S c h u l e zu v e r f a h r e n u n d die L e h r f r e i h e i t zu b e h a l t e n .

III.

Die Halachot von bo bajom. Wir sind immer nur im Stande, die A u s g a n g s p u n k t e einer Richtung annähernd zeitlieh zu bestimmen; dagegen lässt sich s c h w e r behaupten, zu dieser oder jener bestimmten Zeit

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Staates; 78 Jahre vorher hat er selbständig gelehrt, und er scheint etwa 48 vor unserer Zeitrechnung geboren zu sein. Stammen die Alijahsätze (Sabbat I) aus den letzten Zeiten des Staatsbestandes, und h a t t e n sie b e r e i t s d a m a l s eine a l t e S c h u l m i s c h n a vor sich, so müssen wir bei dem langsamen Werden solcher auswendig zu bewahrenden Halachareihen und bei deren mühsamer Einfügung in alte Bestandtheile zeitlich g e w i s s w e i t z u r ü c k g r e i f e n . Im Zeitalter des Rabban Jochanan ben Sakkai, besonders in seinen letzten Lebensjahren, aus denen seine in Rosch Haschana und Sotah angegebenen Verordnungen stammen, h ö r t man von e i g e n t l i c h e n Hillel i t e n und S c h a m m a i t e n n i c h t mehr, n u r von G e l e h r t e n , d i e sich m e h r d i e s e r o d e r j e n e r A n s i c h t z u n e i g t e n . Rabbi Tarfon am Anfange von Berachot, Rabbi Ismael und Rabbi Eleasar ben Asarja in der Tossefta daselbst streiten nicht als H i l l e l i t e n und S c h a m m a i t e n , u n d es w e r d e n k e i n e „Sikne b e t h H i l l e l " oder „ S i k n e b e t h Schamm a i " g e n a n n t , w i e in f r ü h e r e r Zeit. Selbst R. Elieser, der Schamuti, rühmt an sich selbst Eigenschaften, welche seinem Lehrer Rabban Jochanan ben Sakkai und Hillel zugeschrieben werden. R. J o s u a , g e w i s s k e i n S c h a m m a i t e , s t r ä u b t sich g e g e n d i e A n e r k e n n u n g des B a t h k o l , d a s d i e E n t s c h e i d u n g e n der H i l l e l s c h u l e a n e r k e n n t . J a , d e r g a n z e S t r e i t des s o g e n a n n t e n bo b a j o m d r e h t sich g e r a d e z u um die N o t h w e n d i g k e i t , n i c h t u n b e d i n g t n a c h e i n e r S c h u l e zu v e r f a h r e n u n d die L e h r f r e i h e i t zu b e h a l t e n .

III.

Die Halachot von bo bajom. Wir sind immer nur im Stande, die A u s g a n g s p u n k t e einer Richtung annähernd zeitlieh zu bestimmen; dagegen lässt sich s c h w e r behaupten, zu dieser oder jener bestimmten Zeit

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sei ein Gebiet abgeschlossen oder auch nur in seinen Grundzügen ganz gegeben worden. Während an einer Stelle etwas Neues sich regt, ruht die Thätigkeit auf den früher schon behandelten Gebieten nicht; entweder verlangen die Midraschim selbst eine Einverleibung, oder es treten geschichtliche Verhältnisse ein, die den Blick mehr als je auf einen Punkt wenden und es den Gestaltern des Stoffes zur Pflicht machen, sich mit Dingen, die längere Zeit oder von jeher unbeachtet geblieben, zu beschäftigen. Nicht gerade die als geschichtliche Quellen betrachteten Nachrichten, oft nur aus N a m e n und Z a h l e n b e s t e h e n d , können sicheren Aufschluss über die Zeit der Entstehung irgend eines Seder geben. Es gibt aber Stellen, d i e d u r c h a u s kein g e s c h i c h t l i c h e s Bild e n t w e r f e n w o l l e n , und g e r a d e d a d u r c h uns sowohl ü b e r die in i r g e n d e i n e r Zeit beh a n d e l t e n G e g e n s t ä n d e , als a u c h ü b e r das u n t e r r i c h ten, w a s in j e n e n T a g e n g e r a d e n i c h t b e t r i e b e n worden ist. Da sind solche Gegenstände am meisten zu beachten, die nicht zu jeder Zeit an der Tagesordnung sein können und doch irgend ein Zeitalter besonders beherrscht haben. J e weiter wir von Rabban Joehanan ben Sakkai uns entfernen, mit desto grösserer Bestimmtheit treten einzelne Ereignisse hervor, einzelne wichtige Augenblicke aus dem Leben der Tanaiten haben sich unverwischbar dem Gedächtnisse eingeprägt und sind in ihren Nebenzügen völlig erkennbar geblieben. Gewöhnlich wird dann auch der Lehrgegenstand mitgetheilt, der gerade die Weisen beschäftigt hat. Wenn an den v e r s c h i e d e n s t e n S t e l l e n im g e s ä u m t e n t a n a i t i s c h e n S c h r i f t t h u m e ein g a n z b e s t i m m t e s Gebiet sich in einem e r k e n n b a r e n Z e i t a l t e r abhebt, dann w i r d es zur G e w i s s h e i t , d a s s die b e t r e f f e n d e Hal a c h a o r d n u n g damals die a l l g e m e i n e A u f m e r k s a m k e i t a u f sich g e z o g e n hat. Ist das hier der F a l l ? Im ersten Sifri Satz 124 wird im Kerem von Jabne vor 38 Aeltesten über die rothe Kuh verhandelt, die vom Reinigungswasser getrunken. Dabei tritt Rabbi Jose entschieden gegen Rabbi Tarfon auf, selbst die Widerlegung des Rabbi

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Akiba kann ihn nicht zur' Seite treiben. Rabbi Tarfon aber beginnt in Bildern aus dem Daniel buche zu reden und die Kühnheit R. Joses über die Kraft R. Akibas zu setzen. Damit hängt geschichtlich Sifri I 118 zusammen, wo Rabbi Jose, schon wissensreich, in das Lehrhaus des Rabbi Tarfon tritt, um im Umgange mit den Weisen zu lernen. Gerade sind Opfergesetze an der Tagesordnung, der Jüngling bringt den greisen Lehrer zum Schweigen, und Rabbi Akiba muss zu seiner Ehrenrettung auftreten. Ein anderer Augenblick von hoher Wichtigkeit ist jener berühmte Streit Babamezia 59, der die Ausschliessung des Rabbi Elieser aus der Lehrversammlung zur Folge hatte. Da handelt es sich um den sogenannten Achnaiofen, den Rabbi Elieser für rein und Andere für unrein erklärten. Am Sterbelager des R. Elieser stehen die Weisen, die noch so viele Halachot wie möglich von ihm annehmen wollen. Das letzte Wort des sterbenden Tanaiten lautet: Tahor. Deutet das nicht auf eine besonders eingehende Beschäftigung mit Tempel- und Reinheitssatzungen hin? Aber wir können die Beweise dafür, dass diese Sedarim, schon aus früheren Theilen bestehend, jetzt ihre letzte mischnische Ausbildung erhalten haben, bis zur Unwiderleglichkeit häufen. Hatten wir hier schon mit dem Lehr hause Rabban Gamaliels II. zu thun, dessen Zeitgenossen die vorher Genannten sind, so kommen wir zu jenem berühmten bo b a j o m genannten Tage, an dem wir um so weniger mit Stillschweigen vorübergehen dürfen, als man von uns verlangen kann, doch einmal an etwas geschichtlich Greifbarem unsere Auffassung zu erproben. Bekannt ist j a die Ursache des Streites zwischen Rabban Gamaliel und Rabbi Josua, der die vorläufige Amtsentsetzung des ersteren und die Ernennung des Rabbi Eleasar ben Asarjah an seiner Stelle zur Folge hatte. Nach Berachot 28 b scheint die] Frage wegen der unbedingten Verpflichtung des Abendgebetes die Geister aneinandergetrieben zu haben. Aber sowohl d i e s e r Gegenstand, wie der Ende Roschhaschana II. angeführte Streit wegen der Monatsheiligung und die Bechorotfrage sind blos die äusseren

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Veranlassungen zum Hervortreten des Gegensatzes gewesen, sie waren nicht alleinherrschend im Lehrhause. Es gibt andere Stellen, die uns einstimmig darüber belehren, wovon das Bethamidrasch erfüllt war. Suchen wir wiederum einen herkömmlichen Ablagerungsplatz für derartige Streithalachas wo mehrere Zeitalter ihres Kampfsstoffes sich entledigt haben, so finden wir einen solchen in Jadaim am einstigen Schlüsse der gegensadduzäischen Mischna; und in der That finden sich vorgelagert die mischnischen Gebilde des Tages, der stets mit bo b a j o m bezeichnet wird. Jadaim III 5 berichtet Ben Asai, dass damals das Hohe Lied und das Predigerbuch der Sammlung der heiligen Bücher zugesprochen worden seien. Rabbi Akiba gibt nicht zu, dass Jemand die Heiligkeit des Hohen Liedes geleugnet habe, und beschränkt den Streit auf das Predigerbuch. W i r b e f i n d e n uns demn a c h in T o h a r o t s a t z u n g e n , d e n n h e i l i g e S c h r i f t e n „ v e r u n r e i n i g e n d i e H ä n d e . " Wir finden nachher Jad. IV 2 eine Opferhalacha, und der a u s S e w a c h i m I uns bek a n n t e S t r e i t Uber die Opfer, welche nicht in rechter Absicht dargebracht werden, v e r s e t z t uns an d e n A n f a n g eines j e n e r grossen, wohlgeordneten T r a k t a t e , die d i e S p i t z e von S e d a r i m b i l d e n . Nach dem über die Erlassjahr- und Zehntenpflichten der Heiden gehandelt worden ist, kommt der ammonitische Ger mit der Frage, ob er „in die Gemeinde eintreten", d. h. eine Ehe mit einer Jüdin eingehen dürfe. Rabbau Gamaliel will es versagen, wogegen es Rabbi Josua erlaubt. Ehegesetze hängen aber, wie wir sicher zeigen können, mit dem Reinheitsbegriffe zusammen. W i e w i r h i e r u n s mit R e i n h e i t s - u n d T e m p e l g e s e t z e n v o r z u g s w e i s e b e f a s s e n und a n d e r e G e b i e t e n u r s t r e i f e n , ebenso ist es in Sota ( V I ) der Fall, wo eine Reihe von Bo-bajom-aussprüchen sich findet. „Wie das Wasser s i e (die angeklagte Frau) prüfen soll, so prüft es ihn (den Ankläger, den betrogenen Mann), denn zweimal h e i s s t es: Und die Wasser werden kommen (in ihr Inneres); wie sie dem Manne versagt ist, so auch dem Verführer (zur Heirath), d e n n z w e i m a l h e i s s t es, S i e w i r d u n r e i n . " So wie dies Wort u n r e i n gefallen

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ist, trotzdem doch Ehegesetze hier vorliegen, befinden wir uns im Halachakreise „jenes Tages" bo bajom. Und Rabbi Akiba beginnt auch mit einer Taharothalacha, in der er nach Rabbi Josua selbst Rabban Jochanan ben Sakkai weit hinter sich gelassen hat. (Der Zusammenhang soll hier bildlich andeuten, wie weit bei der Sota die verunreinigende Kraft der Unsittlichkeit geht). Noch drei andere Sätze mit dem Schlagworte „bo bajom" sehen wir dort, von denen der dritte darthut, dass von Alters her sich VII ff. an die Sotasatzungen schloss (vgl. die Erwähnung von Gebetstücken an beiden Orten) und dass man sich um diese Zeit (vgl. auch Chagiga 3 das gleichzeitige Gespräch) mit Mechiltasätzen stark beschäftigt hat; der Schlusssatz von der Frömmigkeit Hiobs, dem auch Edujot II 10 entspricht, g e h ö r t den E r ö r t e r u n g e n ü b e r d e n U m f a n g der Bibel und d a m i t den T o h a r o t f r a g e n an, „welche Bücher die Hände verunreinigen." Jetzt bleibt uns noch der E d u j o t t r a k t a t , der nach allen Zeugnissen an diesem Tage entstanden ist und nach manchen Forschern den Anfang der Mischna bildet, als w ä r e dies die e r s t e a l l e r H a l a c h a s a m m l u n g e n g e w e s e n . Oppenheim in der schon angeführten Schrift Toldot Hamischne S. 13 schliesst sich ganz offen dieser Ansicht an: „Der T a g , an welchem man den Rabbi Eleasar ben Asarja zum Nassi machte, war der Geburtstag der Mischna", was nur darauf Bezug haben kann, dass er Edujot für den ältesten Traktat des ganzen tanaitischen Schriftthums ansieht. So auch Grätz (4. Band, S. 38): „Die Sammlung der Zeugnisse von diesem Tage führt den Namen ,Adojot' (Zeugenaussagen), auch ,Bechirta' (Auswahl) und war ohne Zweifel die allerälteste Halachasammlung. Man erkennt in ihrem Inhalte noch die alte, kunstlose Form der Ueberlieferung; die Lehrsätze sind da noch ganz ungeordnet, ohne Zusammenhang unter einander gestellt, und nur durch den Namen des Ueberlieferers zusammengefügt." Durch eine derartige Annahme wäre unsere ganze Aufstellung beseitigt, wenn sich nicht viel dagegen erinnern liesse. Nehme man nur den Anfang der Tossefta von Edujot, so wird

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man e r s e h e n , d a s s es s i c h h i e r um e i n e n o c h m a l i g e U n t e r s u c h u n g s c h o n v o r h a n d e n e r H a l a c h a g e f ü g e handelt, u n d , w i e j e n e S t e l l e B e r a c h o t 28 b e w e i s t , d i e s c h w e b e n d e n H a l a c h o t d a m a l s s c h n e l l d u r c h Zeugn i s s e von T a n a i t e n f e s t g e s e t z t w e r d e n mussten. W a s W u n d e r , d a s s g e r a d e d i e N a m e n der B e z e u g e n d e n d a s B i n d e m i t t e l b i l d e n , d a s s ein E i n z e l n e r m e h r e r e halac h i s c h e G e b i e t e zu b e r ü h r e n h a t und d e s h a l b unmöglich ein G e g e n s t a n d d a s G a n z e e r f ü l l e n k o n n t e . A l l e s , w a s einer N o t h w e n d i g k e i t d e s A u g e n b l i c k s e n t s t a m m t , s e i e n es V e r o r d n u n g e n d e s S y n e d r i u m s , oder, wie hier, a u g e n b l i c k l i c h nöthige E n t s c h e i d u n g e n , t r ä g t die Z e i c h e n d e s s c h n e l l e n E n t s t e h e n s an s i c h und k a n n nicht l a n g e a u s g e r e i f t sein. Besonders aber hat man übersehen, dass, wie wir schon oben gezeigt, dieser Traktat die jetzt noch erkennbare Ordnung der hillelitischen und schammaitischen Mischna voraussetzt und trotz der Schnelligkeit jener Verhandlungen diese Aneinanderreihung eine so gebräuchliche war, dass sie sich auch „an jenem T a g e " nicht verwischen liess. D a m i t ist wohl d a s f r ü h e r e V o r h a n d e n s e i n e i n e r M i s c h n a unbedingt bewiesen. Zwar hat Edujot seinen Platz im Nesikinseder; aber der G e g e n s t a n d ist es nicht, der den Traktat hier fesselt, denn g e r a d e d i e s e M i s c h n a o r d n u n g ist d a r i n mehr a l s ärmlich b e d a c h t . D a s w ä r e a b e r u n e r k l ä r l i c h , wenn zu d i e s e r Z e i t die drei ersten T r a k t a t e v o n N e s i k i n schon vorhanden g e w e s e n w ä r e n . A b e r a u c h d i e z w e i S c h i c h t e n der e r s t e n M i s c h n a s i n d in E d u j o t und den von bo b a j o m handelnden Stellen nicht berücksichtigt. D a s ist aber k e i n Z u f a l l , s o n d e r n e i n e u n g e s u c h t e B e s t ä t i g u n g uns e r e r A n s i c h t von einer v o r h i l l e l i t i s c h e n M i s c h n a und w i e d e r u m von T r a k t a t e n , an denen d i e b e i d e n Schulen noch nicht m i t a r b e i t e n konnten. So gewiss Edujot „an jenem T a g e " „bo bajom" entstanden ist, so s i c h e r w e r d e n wir a u c h hier S ä t z e a u s dem

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Toharot. v o r h e r r s c h e n s e h e n . So schon in den Anfangssätzen , wo Schammai die Pflicht der Frauen, sich bezüglich des Blutflusses zu untersuchen, leichter nimmt, als Hillel; die Weisen weichen von beiden Ansichten ab. Die Challasatzung hängt, wie Pes. III 3 beweist, mit der Möglichkeit der Verunreinigung zusammen. Dann kommt Edujot I 3 die Frage, durch wieviel geschöpftes Wasser das Reinigungsbad unbrauchbar wird. I 7, 8, 11, 14, II 1, 2 (vgl. auch Pes. I Ende), II 5, 7, III 1, 2,4, 5, 7, 8, 9, IV 6, 8,12, V 1, 3, 4, 6, VI 2, 3 bis Schluss, VII 2 / 5 , 7, 8, VIII 1, 3, 4, 7 (Schluss des Traktats) enthalten ebenfalls Toharptsatzungen. Die meisten hier sich äussernden Tanaiten sprechen derartige Sätze aus und schliessen daran erst andere an. Selbst d i e s e hängen meist mit Toharot zusammen. Finden wir hierSeraim undMoed vertreten, so erinnern wir daran, d a s s n a c h u n s e r n o b i g e n D a r l e g u n g e n der e r s t e r e S e d e r f a s t g a n z und vom a n d e r e n ein T h e i l dem H i l l e l i t e n und S c h a m m a i t e n s t r e i t e ihr E n t s t e h e n v e r d a n k e n u n d es s i n d v o r z u g s w e i s e d i e B e s t a n d t h e i l e h i e r zu f i n d e n , w e l c h e wir i h n e n z u g e s c h r i e b e n h a b e n . So I 8 (wo Seraim und Toharot zusammentreffen), 9,10; II 1 , 2 hängt mit den hillelitischen Eingangsabschnitten von Pesachim zusammen. Ebenso folgen ihnen auch Moedsatzungen, b e s o n d e r s s o w e i t die b e i d e n S c h u l e n solche in S a b b a t und Beza zum a l t e n B e s t ä n d e d e r T r a k t a t e h i n z u g e f ü g t h a b e n (III 10, 11, 12, IV 1, 2 etc.), w ä h r e n d wir 3, 4, 5 die von uns oben schon g e k e n n z e i c h n e t e n U r h a l a c h a s b e i d e r S c h u l e n zum S e r a i m s e d e r vor uns sehen. Es ist also kein Wunder, wenn bei einer Untersuchung der beiderseitigen Halachot auch s o l c h e Bestandtheile sich finden; a b e r sie v e r s c h w i n d e n an Z a h l und B e d e u t u n g den S t ü c k e n a u s dem R e i n h e i t s g e s e t z e g e g e n ü b e r . Sie h a b e n f ü r uns den W e r t h , d a s s sie u n s e r e oben g e ä u s s e r t e Ans i c h t ü b e r die W i r k s a m k e i t beider S c h u l e n b e s t ä t i g e n h e l f e n und uns z u g l e i c h e i n e n B e g r i f f d a v o n geben, wie s p ä t e r e G e s c h l e c h t e r den B e s t a n d w i e d e r u m vermehrt haben. Wenn auch das Ehegesetz hier vertreten ist, so müssen

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w i r im V o r a u s d a r a n e r i n n e r n , dass S e l b i g e s seinen A u s g a n g s p u n k t von dem B e g r i f f e der H e i l i g k e i t und R e i n h e i t einnimmt. Das besagt schon das Schriftwort. Im Sotaabschnitte der Thora (Num. V 11 fF.) kommt 13, 14, 19 etc. für E h e b r u c h der Begriff der V e r u n r e i n i g u n g vor, und in der damit verwandten Gittinstelle (Deut. XXIV ff.) heisst es: „Der erste Mann darf sie (die geschiedene Frau) nicht zurücknehmen, nachdem sie (durch die zweite Verehelichung) veru n r e i n i g t " , d. h. ihm v e r s a g t ist. Demgemäss heisst es in der Mischna von der erkannten Ehebrecherin (Sota V 1): „Wie für den G a t t e n , so ist sie auch für den Verführer unr e i n (d. h. ihm versagt)". Wenn in Edujot, also Jibbumsatzungen vorkommen, wie I 12, IV 8, 9, V 4 , wenn ausserdem die Ehescheidung berührt wird, wie IV 7, oder ein Gelöbniss, wie „Versagung des Ehebettes" (IV 11), wenn die Sota erwähnt wird (V 6), so befinden wir uns doch in demselben engbegrenzten Halachakreise des Reinheitsbegriffes. Da erwiesener Maassen Edujot nur eine geringe Auswahl der damals verhandelten Gegenstände bietet, so können wir daraus nur ersehen, welche Gebiete noch zur Verhandlung gekommen sind: Dazu g e h ö r t d a s ä l t e s t e E h e g e s e t z , wie es n a c h m a l s d u r c h b e i d e S c h u l e n e r w e i t e r t w o r d e n ist und noch k e i n e S p u r e n der s p ä t e r e n g r o s s a r t i g e n r e c h t s b e g r i f f l i c h e n G e s t a l t u n g zeigt. R e i n , unrein, v e r s a g t , g e s t a t t e t — das sind die durchgehenden Begriffe. Finden wir nun noch VII 9, VIII 2, 3 Bestimmungen über die etwaigen Rechte der Frau an den Priestergaben, so rundet sich der Kreis mehr und mehr, der von der Reinerhaltung des priesterlichen Stammes, wie auch des Volkskörpers ausgeht. W o l l t e n wir noch die g e r i n g s t e n Z w e i f e l d a r ü b e r h e g e n , d a s s wir uns v o r z u g s w e i s e auf dem B o d e n d e r T o h a r o t b e f i n d e n und d a s s T e m p e l s a t z u n g e n u n d R ü c k s i c h t e n auf d a s H e i l i g t h u m d a b e i m a s s g e b e n d sind, so sagt uns dies der Schlusssatz des Traktats: „Rabbi Josua sagte: Ich habe es von Rabban Jochanan ben Sakkai überliefert erhalten, der es von Lehrer zu Lehrer vernommen, es sei eine Halacha des Mose vom Sinai: Elia wird nicht

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k o m m e n zu v e r u n r e i n i g e n o d e r zu r e i n i g e n , zu entfern e n ' o d e r n ä h e r zu b r i n g e n , s o n d e r n die g e w a l t s a m N a h e g e b r a c h t e n zu s c h e u c h e n und d i e g e w a l t s a m Entf e r n t e n n ä h e r zu b r i n g e n . . . . Rabbi Simon sagt (er wird kommen), den S t r e i t a u s z u g l e i c h e n . " prnb Kaub nnab m p b das zeigt uns, abgesehen von der tiefen zeitgeschichtlichen Absicht des Tanaiten, die damalige Zeit mit dem R e i n h e i t s g e s e t z e und m i t den B e s t i m m u n g e n der p r i e s t e r l i c h e n R e i n h e i t , der T a u g l i c h k e i t zur p r i e s t e r l i c h e n E h e , zum T e m p e l d i e n s t e und zum G e n ü s s e der O p f e r g a b e n beschäftigt. Fanden wir durchgehends die Reinheitssatzungen in den Verhandlungen und Streitigkeiten dieses ganzen Zeitalters von der Tempelzerstörung bis zu „jenem Tage", da Rabban Gamaliel abgesetzt wurde, so k ö n n t e man d a r a u f k o m m e n , d a s s die g r o s s a r t i g e G e s t a l t u n g der T o h a r o t und der A n f a n g s t r a k t a t e von K o d o s c h i m in d i e s e Z e i t f a l l e n mag. Man dürfte aber fragen, ob n i c h t g e r a d e d i e s e T a n a i t e n g e s c h l e c h t e r , d e n e n der T e m p e l g e s u n k e n war, mit a n d e r e n D i n g e n s i c h zu b e f a s s e n h a t t e n ? Wundern wir uns nicht, im Sehlussworte von Edujot die Ankunft des Propheten E l i a , Vorläufers des Messias, so bedeutsam behandelt zu sehen V E r soll der Welt den Frieden, er soll dem durch Tagesstreitigkeiten zerrissenen Lehrhausc Einigkeit wiedergeben. Gerade j e n e Tanaiten erwarteten die Ankunft des Propheten jeden Tag, und es handelt sich darum, ob er auch alle Zweifel lösen würde, die das Teinpelgesetz hervorgerufen, ob er die Priesterfamilien bezeichnen werde, welche ihre alten Rechte ausüben dürfen. Um sich darauf vorzubereiten und selbständig entscheiden zu können, verlangt gerade Rabbi Josua, der sich auch auf Himmelsstimmen (Baba Meaia 59) nicht verlassen m a g , ein genaues Durchgehen der Halaclia. In den Reinheitssatzungen des Rabbi Akiba lebt, agadisch ausgedrückt, die Hoffnung der Zeit. Die Forschungen nach dem Werden der Mischna bringen uns überhaupt dazu, den G e i s t und d i e D e n k a r t der d a r a n a r b e i t e n d e n Zeita l t e r aus Z ü g e n zu e r k e n n e n , d i e man l e i c h t über-

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Sehen k ö n n t e , die a b e r in i h r e r A b s i c h t s l o s i g k e i t d e n g e t r e u e s t e n A b d r u c k der j e w e i l i g e n Z e i t s t i m m u n g bieten. Edujot II, 8 bringt R. Akiba einige Toharothalachas, und im Anschlüsse daran sagt er (II 9, 10): „Der Vater verkürzt dem Sohne die Leidenszeit (S. Bertinoro zu n n n n -isoaai) . . . obschon es hiess: Sie werden den Egyptern dienen vierh u n d e r t J a h r e " und ausserdem: „Erst das v i e r t e Geschlecht wird (aus der egyptischen Sklaverei) hierher zurückkehren." Erkennen wir hier den Geist der Mechilta (Mass. d. Pisscha Abschn. 14 bei aiüiEn), so ist der Gedankenkreis dieses Midrasch bei folgender Mischna noch klarer zu bemerken: (10) „Er (Rabbi Akiba) nannte auch fünf Dinge, die zwölf Monde dauern: Das Gericht an dem Geschlechte der Sündfluth, das Gericht an Hiob, das Gericht an den Egyptern, das Gericht an Gog und Magog, das Gericht an den Bösewichtern in der Hölle dauert je zwölf Monde." Vergleiche man damit Mechilta Massechta de Schiratha Abschnitt 2 HNJ , so findet man daselbst in weiterer Ausführung die V e r s ü n d i g u n g des s ü n d f l u t h l i c h e n Z e i t a l t e r s , d a s G e r i c h t an den E g y p tern, und d i e Z u k u n f t d a r g e s t e l l t ; vergleiche man damit Toss. Sota III I V , und man wird sich nicht mehr wundern, dass es im Anschluss an die Toharotsatzungen von bo bajom gerade in S o t a V heisst: „An jenem Tage erklärte Rabbi Akiba den Schriftvers: „Damals sangen Moses und die Kinder Israels dieses Lied" etc., nämlich nachdem die Egypter ins Meer gesunken waren. (5.) Auch hier ist die Mechilta Schirata Abschn. 1 -raNb n a « 1 ! zu vergleichen, wie auch das bezeichnende Gespräch Chagiga 3 b diesem Midrasch angehört, der mit bo b a j o m , w a h r s c h e i n l i c h w e g e n s e i n e s e r m u t h i g e n den I n h a l t s , i n n i g v e r k n ü p f t s c h e i n t . „An jenem Tage erklärte Rabbi Josua ben Hyrkanus, Hiob hat Gott nur aus Liebe gedient, denn er spricht: Wenn er mich auch tödtet, hoffe ich auf ihn." Auch Akiba weist oben auf Hiobs Leidenszeit hin. Die Tanaiten jener Zeit sahen sich genöthigt, die Hoffnung stark auszudrücken, a u c h i h n e n w ü r d e , wie den Vät e r n in E g y p t e n , die L e i d e n s z e i t a b g e k ü r z t , die zwölf J a h r e s m o n d e i h r e s E l e n d s w ü r d e n a u c h e n d l i c h enden,

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a u c h s i e w ü r d e n d u r c h s M e e r g e f ü h r t w e r d e n und, G o t t im L e i d e in L i e b e d i e n e n d , e n d l i c h das E n d e ihrer Hiobszeit erreichen. So finden auch folgende Baraithat ihre Erklärung: (Sifri I I 41, Kidduschin 40): „Einst sassen Rabbi Tarphon, Rabbi Jose Haglili und Rabbi Akiba in Bet Arod; da ward gefragt: Ist das L e r n e n wichtiger oder die T h a t (das Ausüben der Gebote) ? Da antworteten Alle: Das Lernen ist wichtiger, denn es f ü h r t zur That. Rabbi Jose Haglili sprach: Wichtig ist das Lernen, denn es ging der Challapflicht 40, der Zehntenpflicht 4 5 , dem Erlassjahre 6 1 , dem Jobel 103 Jahre voraus. — Die Vernachlässigung der Thora wurde am herbsten bestraft, ihre Erforschung ain höchstan belohnt, wie es heisst: Ihr sollt sie Eure Kinder lehren, auf d a s s s i c h m e h r e n E u r e T a g e und d i e T a g e E u r e r K i n d e r in dem L a n d e . " Nach Grätz (Bd. IV, S. 464) wäre hier die Frage verhandelt worden, ob man für das L e r n e n der T h o r a ebenso sein L e b e n l a s s e n müsse, wie für den G o t t e s g l a u b e n , die K e u s c h h e i t oder beim Z w a n g e zum M o r d e ; und das wäre von Allen bejaht worden. Aber HUWJ, die That selbst, legte nur in den a n g e f ü h r t e n d r e i S o n d e r f ä l l e n dem Juden die Pflicht a u f , lieber zu sterben, als die Sünde zu tliun; wie käme dann der Gegensatz von rtias»» und nnbn heraus? Der Nachsatz des Rabbi Jose spricht von den 40 Jahren der Wüsten Wanderung. D i e I s r a e l i t e n des ä l t e r e n Ges c h l e c h t s w u s s t e n , d a s s s i e n i c h t n a c h P a l ä s t i n a kommen würden, und s i e m u s s t e n d e n n o c h d i e das h e i l i g e L a n d b e t r e f f e n d e n P f l i c h t e n v i e l e J a h r e v o r h e r lernen, zum Theil ihrer Kinder willen, welche einst in Palästina djese Mizwot würden ausüben müssen; zum Theil aber, w e i l der T a l m u d , a b g e s e h e n von j e d e m N u t z e n , S e l b s t z w e c k sei. Dass es sich an dieser Stelle nur darum drehen konnte, besagt der Zusammenhang im Sifri I I 41 Anf. m m : „ I c h k ö n n t e v i e l l e i c h t g l a u b e n , d a s s s i e (die I s r a e l i t e n in d e r W ü s t e ) e r s t d a m a l s zum L e r n e n d i e s e r S a t z u n g e n v e r p f l i c h t e t g e w e s e n , a l s s i e zur A u s f ü h r u n g Gel e g e n h e i t g e h a b t (im heiligen Lande)? Vielmehr

w a r e n sie s o f o r t zum L e r n e n v e r p f l i c h t e t . " Auf diese und ähnliche Stellen folgt das obige Gespräch des Rabbi Tarphon mit den Weisen. Diese Mahnungen an das verzagte Zeitalter ziehen sich dort weiter, und die U n e n t b e h r l i c h k e i t der T h o r a f ü r d a s g e s u n k e n e I s r a e l s p i e l t in den v e r s c h i e d e n s t e n T o n a r t e n in die V e r h a n d l u n g hinein. Dort fehlt auch (Pis. 43 Ende) nicht das Wort: „ O b g l e i c h ich E u c h aus dem h e i l i g e n L a n d e w e i s e , sollt I h r doch a u s g e z e i c h n e t b l e i b e n d u r c h die M i z w o t , d a m i t sie E u c h bei d e r R ü c k k e h r ins h e i l i g e L a n d n i c h t neu seien; Jirmija sagt: S t e l l e Dir Z e i c h e n auf (a^ars), das sind die Mizwot, welche Israel dauernd auszeichnen. B e w a h r e Dir T r a u e r m e r k m a l e , das ist die Zerstörung des Tempels, und so heisst es auch: W e n n ich D e i n v e r g e s s e , J e r u s a l e m , v e r g i s s m e i n e r R e c h t e n . Bald darauf schliesst R. Jehuda zur Deutung des Satzes: I h r k ö n n t e t s c h w i n d e n aus dem g u t e n L a n d e : Das ist die T h o r a , und so sagt er auch: E i n e g u t e L e h r e h a b e ich E u c h v e r l i e h e n , verl a s s e t meine L e h r e nicht, die der Herr Euch auch im Auslande lässt." Dass diese Midraschtheile aber dem" auf Rabban Jochanan ben Sakkai folgenden Zeitalter angehören, wird sich uns von selbst ergeben. Selbst R. Jehudas Schlusssatz ist im Geiste des R. Akiba (Abot III 14) gehalten. Der Sinn dieser Sifristellen ist nicht zu verkennen. Demnach hat es sich hier um die B e s t i m m u n g e n g e h a n d e l t , w e l c h e in R. T a r f o r s Zeit n i c h t g e ü b t w e r d e n k o n n t e n , um Tempelb e s t i m m u n g e n und G e s e t z e , die an d a s W ü s t e n l a g e r I s r a e l s und an d a s L a n d g e k n ü p f t sind. Einstimmig wurde die Notwendigkeit ausgesprochen, a u c h ohne Möglichkeit augenblicklicher Ausführung diese Satzungen n i c h t zu v e r n a c h l ä s s i g e n . Mussten selbst j e n e Wüstenw a n d e r e r , die d a s L a n d n i c h t sehen sollten, d a s Alles g e i s t i g u m f a s s e n , um w i e v i e l m e h r die T a n a i t e n n a c h der T e m p e l z e r s t ö r u n g , die a u s z u s p r e c h e n h a t t e n , d a s s die A n k u n f t des E r l ö s e r s sich zwar um J a h r t a u s e n d e v e r z ö g e r n k ö n n t e , d a s s man ihm t r o t z d e m j e d e n Morgen e r w a r t u n g s v o l l e n t g e g e n b l i c k e n m ü s s t e .

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Das lässt tief ins Leben jener Zeit hineinblicken. Wenn R. E l e a s a r ben A s a r j a in einer B o - b a j o m - s a t z u n g am Schlüsse von B e r a c h o t I auch A b e n d s die E r i n n e r u n g an den Auszug aus E g y p t e n g e w a h r t wissen will, wenn R a b b i J o s e B e r a c h o t 4 a d u r c h den P r o p h e t e n E l i a s g e m a h n t w i r d , n i c h t auf den T e m p e l t r ü m m e r n , sondern am W e g e zu b e t e n , so folgen sie dem Zuge des Z e i t a l t e r s , die S c h w a c h e n zu t r ö s t e n und sie zu G u n s t e n der G e s e t z e s f o r s c h u n g ganz über den Schmerz zu e r h e b e n . Rabbi Akiba am Ende von EchaRabbati, auch Babli Makkot Ende (übrigens dein gleichen Sifri Pi. 43 angehörig, der im A b s c h n i t t e noia DN rpm alle T r ö s t u n g e n der Zeit zu e n t h a l t e n scheint), freut sich über den Lärm und das grosse Leben der Welthauptstadt Rom, wie über die Verödung des Tempelberges, auf welchem die Schakale hausen; sind die schlimmen P r o p h e t e n w o r t e w a h r geworden, so w e r d e n sich auch die V e r h e i s s u n g e n e r f ü l l e n . Nun wird es für uns nicht mehr räthselhaft sein, warum die grossen Kodoschim- und Toharottraktate gerade dieser Zeit angehören. „Heil Dir, Traktat Kelim, der Du mit Unreinheit beginnst, mit Reinheit schliessest," so sagt Rabbi Jose am Schlüsse genannter Massechta. Sollte das aus dem Leben geschwundene Tempel- und Reinheitsgesetz durch den Eifer der Thorafreunde eine Auferstehung feiern, so inusste die O r d n u n g der Teinpelh a n d l u n g g e n a u g e w a h r t w e r d e n , da j a die g e r i n g s t e V e r s c h i e b u n g der in i h r e r R e i h e n f o l g e w e s e n t l i c h bestimmten B e s t a n d t h e i l e das b e t r e f f e n d e Opfer o d e r die R e i n i g u n g s h a n d l u n g u n g ü l t i g machte. Daher heisst es an gleicher Stelle Pi. 41 des zweiten Sifri: „Ihm zu dienen, das heisst L e r n e n ; oder wäre das der Tempeldienst'? Wenn es heisst: Und Gott der Herr nahm den Adam und setzte ihn in den G a r t e n Eden, ihm zu dienen ( m a « ) und ihn zu bewahren, was war damals für ein Gottesdienst (eigentlich Weihrauchopfer), was für eine Bewahrung möglich ? Der Dienst war das Lernen, und das B e w a h r e n die Mizwa (das Verbot, von dem Baume zu essen); gleich dem 4

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Tempeldienste wird also das L e r n e n Aboda genannt." Um besonders die sicli weit verzweigende Toharotordnung vor Vernichtung zu bewahren, niussten die Tanaiten unermüdlichen Fleiss, peinlichste Vorsicht, verbunden mit durchdringendem Scharfsinn, entfalten. D a s i s t d i e h a u p t s ä c h l i c h e U r s a c h e , w e s h a l b von d e r T e m p e l z e r s t ö r u n g an bis zu „ j e n e m T a g e " d i e T e m p e l s a t z u n g e n e i n e so h e r r s c h e n d e S t e l l e e i n n e h men. Und zwar ist es ein anderer Geist, als der sich in den Darstellungen der ersten Mischna kundgibt — nicht die Herrlichkeit des Staates und Tempels, nicht das Geräusch gegensadduzäischer Kundgebungen kommt, darin zum Ausdruck, sondern der ernste Lehrbegriff, der den Scharfsinn herausfordert. Wir dürfen wohl sagen, dass die Frage, ob das Abendgebet unbedingte Pflicht oder Sache des freien Willens sei, den Gegensatz zwischen Rabban Gamaliel und Rabbi Josua nur habe h e r v o r t r e t e n lassen, während T e i n p e l s a t z u n g e n das Lehrhaus vorzugsweise erfüllten. D o c h m ü s s e n w i r zug e b e n , d a s s d i e s e Z e i t von F r a g e n d e s G o t t e s d i e n s t e s a u c h b e w e g t w o r d e n ist. Vielleicht hat die oben bemerkte Vertiefung in die Mechilta und ihren hoffnungsfreudigen Inhalt auf die Ordnung der Gebete geführt, die sich der Reihenfolge nach Mass. de Pisscha Abschn. 16 dargelegt findet und auch in jene Sotamischnas hineinspielt. Es scheint eine GemeindeOrdnung hergestellt wordeil zu sein, die Würde des Gotteshauses und des Gesetzbuches wurde befestigt, und unverträgliche Bestandtheile hielt man der Gemeinde und dem gottesdienstlichen Leben fern. Muss d o c h d u r c h d i e S y n a g o g e , d a s „ k l e i n e H e i l i g t h u m " , d e r g e s u n k e n e T e m p e l ers e t z t w e r d e n , d e r e n g e G e m e i n d e v e r b a n d s o l l t e im K l e i n e n d i e s e l b e K r a f t zur E r h a l t u n g des J u d e n t h u m s z e i g e n , w i e e i n s t d a s s t a a t l i c h e L e b e n . Die oben angeführten Sifristellen erklären selbst einen zum täglichen Gottesdienst gehörigen Abschnitt, nämlich rra-a dx rri-n, die zweite Parascha des Schema. An derselben Stelle, die den Talmud Aboda, T e m p e l d i e n s t nennt, lieisst es sofort darauf Auf.

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n w r i I h m zu d i e n e n , das ist das G e b e t ; oder meinst Du den T e m p e l g o t t e s d i e n s t ? Was bedeutet dann wohl und ihm zu d i e n e n mit E u r e m g a n z e n H e r z e n ? Gibt es wohl einen Tempelgottesdienst im H e r z e n ? Das bedeutet die T e f i l l a . " Als Beispiele führt der Sifri nun eine Stimme aus der Zeit der höchsten Blüthe Israels an, ein Wort des Königs David, und ein B e i s p i e l aus der Zeit e i n e r g l e i c h e n T r ü b s a l , wie sie sie e m p f a n d e n , wie D a n i e l im O b e r s t o c k e sein e s H a u s e s F e n s t e r , n a c h J e r u s a l e m g e r i c h t e t , h a t und d r e i m a l t ä g l i c h sein G e b e t v e r r i c h t e t . Gleich darauf spricht R. Eleasar ben Asarja, der Gegner so weitgehender Deutungen, und d a s f ü h r t u n s e r e A u g e n g e r a d e z u zu „jenem T a g e " z u r ü c k . Rabbi Elieser und Rabbi Josua sind die Träger des uralten Haskarastreites am Anfange von Taanit, Rabbi Akiba und Rabbi Joclianan ben Nuri bestimmen in Roschhaschana IV 5 die uralte Bevachotordnung, und letzterer spricht bei der nothwendigen Anzahl der dazu üblichen Schriftverse mit (6). Rabban Gamaliel spricht der Gemeinde am Schlüsse des Traktates die Pflicht des öffentlichen Gebetes zu Gunsten des Vorbeters ab. Simon Hapekuli ordnet Megilla 17 b vor Rabban Gamaliel das Gebet nach alten Ueberlieferungen. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass die Bestimmungen, wer nicht im bunten Gewände das Gebet verrichten wolle, dürfe es überhaupt vor dem Betpulte nicht; wer aus Furcht vor Angeberei die Tefillinform ändere, sei tadelnswerth ; wer sie auf die Stirne oder auf die Hand selbst knüpfe, sei ein Epikuräer; man solle den zum Schweigen bringen, der die G u t e n a l l e i n auffordert, Gott zu preisen, der seine Gnade gegen das Vogelnest preist; nur um des Guten willen seines Namens Erwähnung tliut; der das Dankeswort Modim doppelt spricht; im Targum willkürliche Aenderungen zur Verflüchtigung und bildlichen Deutung des Thorawortes anbringt — dass das Alles d e r Z e i t anzugehören scheint, die auf allen Gebieten sich gegen das mit dem Judenthum Unvereinbare abschloss. Es ist höchst bedeutsam, dass der Maftir, der den Prophetenabschnitt vorliest, durchaus eine Handlung vollziehen muss, in der sich das unverfälschte Judenthum kundthut (Megilla IV

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5—10), wahrscheinlich, damit er an die Prophetenworte nur jüdisch-inessianisehe Hoffnungen knüpfe. So s i n d H a l a c h o t , w e l c h e v o n A l t e r s h e r im Gem e i n d e b r a u c h e f e s t g e s t a n d e n und s t i l l s c h w e i g e n d ihre K r a f t g e h a b t , d u r c h g e s c h i c h t l i c h e V e r h ä l t n i s s e in die E r ö r t e r u n g e n des B e t h a m i d r a s c h hineingezogen w o r d e n ; und es entspricht ganz dem Geiste jener Tanaiten, d a s s d i e s e B e s t i m m u n g e n i m m e r im Z u s a m m e n h a n g mit grossen ö f f e n t l i c h e n H a n d l u n g e n , wie d a s Posaunenblasen und das Vorlesen der Megilla, erscheinen. Das öffentliche Bewusstsein sollte dadurch gestärkt und vor jedem schwächlichen Nachgeben gewahrt werden. War man doch von jeher gewöhnt, s i c h d i e s e T r a k t a t e im Z u s a m m e n h a n g e mit den g e g e n s a d d u z ä i s c h e n Bestrebungen zu d e n k e n , wie wir im ersten Theile dargethan haben; ihr Grundstock diente dem gleichen Zwecke, wie etwa Schekalim undTaanit; so w a r m a n a u c h j e t z t b e r e i t , d i e h e r k ö m m liche Stelle für solche S c h u t z s a l a c h a s beizubehalten, w i e w i r ä h n l i c h e A b l a g e r u n g s p l ä t z e in Chag-iga u n d J a d a i m gefunden haben. An die alte Satzung über das Vorlesen der Schckalimstelle (III 4) schliesst sich das Gesetz über Thoravorlesung an, das in Megillasatzungen schon vorher sein Spiegelbild sehen konnte. So bringt gerade das Gesetz über S y n a g o g e u n d G e m e i n d e l e b e n den Gebetbestimmungen die mischnische Gestalt, wogegen derjenige Traktat, dein es zuerst zugekommen wäre, nämlich B e r a c h o t , dabei f a s t ü b e r g a n g e n w o r d e n ist. Es muss den Ordnern wohl vorgekommen sein, als wenn in Megilla und Roschhaschana der geeignetere Ort für solche Satzungen w ä r e , da sie nur wenig davon in Berachot aufgenommen haben. (Vgl. Ber. V 3.) Und man scheint dort schon auf ältere Halachagefüge sich zu beziehen , da V 2 der Anfangsgegenstand von Taanit, die Erwähnung der Regengüsse und das Gebet um dieselben, und V 3 und 4 Bestimmungen, die mit Megilla, dem auf Taanit folgenden Traktat verwandt s i n d , Aufnahme gefunden haben. Damit finden die sonderbaren Mischnareihen von Megilla und

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Roschhaschanah, deren scheinbare Regellosigkeit wir im ersten Theile gekennzeichnet haben, ihre Erklärung. E i n Gebiet scheint bisher nicht behandelt worden zu sein, die eigentlichen Dine Mammonot, die drei Nesikintraktate. Auf u n s e r e m b i s h e r i g e n W e g e h a b e n w i r k e i n e S p u r v o n i h n e n g e f u n d e n , u n d um d o r t h i n zu g e l a n g e n , w e r d e n w i r z u e r s t d e n S e d e r N a s c h i m zu b e t r a c h t e n haben, aus dem die Mammonot h e r v o r g e g a n g e n sind.

IV.

Der Seder Naschim und sein Yerhältniss zu Nesikin. Schon im Eingange war es uns merkwürdig erschienen, dass das Ehegesetz mit der Schwagerehe beginnt, wobei der Tod des ersten Gatten vorausgesetzt wird, und dass gerade mit Kidduschin, den Bestimmungen über die e r s t e Verehelichung, der Seder Naschim schliesst. Es wird uns jedoch bei genauerem Einblicke in die Massechta Jebamot klar werden, dass die Schwagerehe nicht die a l l e i n i g e Veranlassung derselben gewesen, wenn der Traktat auch den Namen davon hat. Wenn in demselben auch nur von Chaliza und Jibbum die Rede ist — in Wirklichkeit haben wir hier die Aufzählung der Arajot, der verbotenen Verwandtschaftsgrade, vor uns. Deshalb hat j a auch der vorangehende Traktat Chagiga auf Arajot hingewiesen. Der Grundstock von Jebamot, der andernfalls am Anfang stehen mlisste, die eigentliche Chalizahandlung, findet sich erst im zwölften Abschnitte, und wir erkennen dort bald, dass wir uns im Halachotkreise des zweiten Ansatzes zur Urmischna befinden. „Wie steht es mit der Pflicht der Chaliza?" Auf diese von uns dem Tone der ersten Mischna gemäss erwartete Frage, die freilich nicht mehr an der Stelle vorhanden ist, gibt die Anfangsmischna von Jebamot XII die Antwort: „Die Chalizahandlung geht im Beisein von drei Richtern

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Roschhaschanah, deren scheinbare Regellosigkeit wir im ersten Theile gekennzeichnet haben, ihre Erklärung. E i n Gebiet scheint bisher nicht behandelt worden zu sein, die eigentlichen Dine Mammonot, die drei Nesikintraktate. Auf u n s e r e m b i s h e r i g e n W e g e h a b e n w i r k e i n e S p u r v o n i h n e n g e f u n d e n , u n d um d o r t h i n zu g e l a n g e n , w e r d e n w i r z u e r s t d e n S e d e r N a s c h i m zu b e t r a c h t e n haben, aus dem die Mammonot h e r v o r g e g a n g e n sind.

IV.

Der Seder Naschim und sein Yerhältniss zu Nesikin. Schon im Eingange war es uns merkwürdig erschienen, dass das Ehegesetz mit der Schwagerehe beginnt, wobei der Tod des ersten Gatten vorausgesetzt wird, und dass gerade mit Kidduschin, den Bestimmungen über die e r s t e Verehelichung, der Seder Naschim schliesst. Es wird uns jedoch bei genauerem Einblicke in die Massechta Jebamot klar werden, dass die Schwagerehe nicht die a l l e i n i g e Veranlassung derselben gewesen, wenn der Traktat auch den Namen davon hat. Wenn in demselben auch nur von Chaliza und Jibbum die Rede ist — in Wirklichkeit haben wir hier die Aufzählung der Arajot, der verbotenen Verwandtschaftsgrade, vor uns. Deshalb hat j a auch der vorangehende Traktat Chagiga auf Arajot hingewiesen. Der Grundstock von Jebamot, der andernfalls am Anfang stehen mlisste, die eigentliche Chalizahandlung, findet sich erst im zwölften Abschnitte, und wir erkennen dort bald, dass wir uns im Halachotkreise des zweiten Ansatzes zur Urmischna befinden. „Wie steht es mit der Pflicht der Chaliza?" Auf diese von uns dem Tone der ersten Mischna gemäss erwartete Frage, die freilich nicht mehr an der Stelle vorhanden ist, gibt die Anfangsmischna von Jebamot XII die Antwort: „Die Chalizahandlung geht im Beisein von drei Richtern

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vor sich." Nach verschiedenen Einschiebseln späterer Zeit geht es X I I 6 weiter: „Er kommt mit seiner Schwägerin zum Gerichtshofe und sie ertheilen ihm den richtigen Rath." Da erinnern wir uns an die Eingangsmischnas von Sanhedrin , an die drei letzten Abschnitte von Sota, und wir sagen uns, hier befände man sich, wie in den genannten Traktaten, auf dem Boden des Sifri. Deut. X X V 5 ist die Quelle für die Chalizah. Die angegebene Darstellung der Mischna mag einst in Sota gestanden haben, wie der Eingang das. VII 1 T i a c « tba beweist, wie wir auch h i e r '•noiN v n p"~ba finden und d o r t die Gebets- und Amtssprache das einigende Band zwischen den einzelnen einander sonst sehr fremden Bestandtheilen ist. Erst später wird der ordnende Geist der Hilleliten diese Stelle an den Anfang des Naschimseders, zu den Arajot hingebracht haben. Gleich dahinter, am Anfang von Jeb. X I I I knüpfen dann auch die Schulen ihre Bestimmungen über Miun, die Eheverweigerung von Seiten des Mädchens, das als m a p von Mutter und Bruder verlobt worden, in einer kurzen Halachareihe an, die uns zeigt, dass sie hier ihre Worte in das schon Bestehende, d. h. die Darstellung der Chalizahandlung, eingeschoben haben. Hier würde unsere Auffassung von der ordnenden Thätig-keit der beiden Schulen ungesucht ihre Bestätigung finden. Zum mindesten widerspricht es unserer Behauptung nicht, dass beim Fortlassen aller späteren Bestandtheile die Schulmischnas die Chalizahandlung umrahmen. Und selbst die späteren Ordner werden, wo es der Gegenstand gestattet, den Schriftvers, hier den Sifri von Nän zu Grunde gelegt haben, wenn sich nicht ältere Halachagefüge hier finden. Dass dabei die Ordnung des Schriftverses massgebend gewesen ist, d a s s n i c h t die S c h w a g e r e h e , s o n d e r n a l l e mögl i c h e n E h e v e r h ä l t n i s s e den e r s t e n O r d n e r n des T r a k t a t s die W e g e v o r g e z e i c h n e t h a b e n , das beweist z. B. 1 1 9 , wo sich die Anfangsmischna von Gittin findet, w i e j a der A b s c h n i t t von der S c h e i d u n g n a h e b e i m J i b b u m s e i n e S t e l l e in der T h o r a h a t (Deut. X X I V ) : so kommt IV 13 die Bestimmung über den Mamser, V I I I 2 über den Entmannten, VIII 3 über den Ammoniter und Moabiter vor,

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was sich in den Sätzen Deut. X X I I I 2 — 5 ausgesprochen findet. So wird auch der Verführer erwähnt, oder der den Frauen Gewalt anthut, was auf Deut. X X I I 25 bis zum Schlüsse Bezug hat. Mit dem darauf folgenden Kethubot entfernen wir uns durchaus nicht von den in Jebamot angeregten Gegenständen , vielmehr ist der gleiche Midrasch Nsn -o, die sog. ö ^ m a n:3>u die Grundlage des ersten Abschnittes. Wenigstens scheint die Mischna I 6 auch auf Deut. X X I I 1 3 — 1 9 zurückzugehen , wie der Anfang des Traktats ebenfalls auf np-1 ">d hibn irrN zurückzuführen ist. III 1—6 ff. ist geradezu die weitere Ausführung von Dingen, die in Jebamot angeregt sind, und es wird III 5 die Schriftstelle Deut. XXII 29 auch genannt, mit der wir uns schon oben beschäftigt haben. Es ist ganz klar, dass wir hier weit mehr finden, als die Namen Kethubot und Jebamot andeuten, dass wir den ersten Entwurf eines eingehenden Ehegesetzes vor uns sehen. Weshalb mit den Arajot gerade Jebamot, die Schwagerehe verbunden werden musste? „Eines hat Gott gesprochen, Zwiefaches hab' ich gehört das ist das Verbot und Gebot der Schwagerehe." Der Gegenstand hängt als Ausnahmefall mit Arajot innig zusammen, das hat ihm die Ehre verschafft, im Frauenseder vornan zu stehen. Dass wir uns hierin nicht täuschen, zeigt uns der Sifra Kedoschim , der Perek 11 von den Arajot handelt und die Verbindung zwischen Arajot und Jebamot in ihren wichtigsten Satzungen herstellt. Da heisst es f n v m s n n m s dum -¡"a n a « '¡soa und bald darauf f«ao nana n n r a n r r m ? IÜUJ not«. Damit schwindet auch von selbst die Frage, weshalb Jebamot an der Spitze der Frauenordnung steht? Ist es doch vorzugsweise der M i d r a s c h , der bei den Einordnungen das mischnische Gewand angezogen, und nur durch Vermittelung des Midrasch bestätigt sich uns die. Annahme, dass auch d a , wo wir es am wenigsten ahnen, Mechilta, Sifra und Sifri der Mischna zu Grunde gelegt worden sind. Es werden in Jebamot und in Kethubot schon die Voraussetzungen zu Gittin und Kiduschin geboten. Doch f e h l t , s o w e i t die b e i d e n S c h u l e n im N a s c h i m s e d e r m i t a r b e i t e n , d e m s e l b e n noch die t i e f g e h e n d e Bezie-

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Illing a u f d i e D i n e M a m m o n o t . N i c h t die V e r m ö g e n s v e r h ä l t n i s s e und i h r e R e g e l u n g , s o n d e r n die F r a g e n n a c h dem E r l a u b t e n und V e r b o t e n e n b e g e g n e n uns in d i e s e r Z e i t , und s e l b s t d i e E r w e r b u n g d e r F r a u h a t nur den Z w e c k , d a s s m a n sie g e s e t z l i c h s i c h zu e i g e n zu m a c h e . Das wäre ein Beweis dafür, d a s s die drei T h e i l e d e s e i g e n t l i c h e n N e s i k i n t r a k t a t e s s p ä t e r e n t s t a n d e n sind, a l s d e r S e d e r N a s c h i i n , und d a s s die H i l l e l i t e n und S c h a m m a i t e n an d i e m i s c h n i s c h e B e h a n d l u n g d i e s e r T h e i l e nur s e h r w e n i g H a n d g e l e g t h a b e n . Im ersten Abschnitte von Ketubot handelte es sich (Mischna 6) um den an üia i r i n n , der seine Frau in bösen Leumund bringen will, wie auch in den vorangehenden Mischnas Dijwa nasü den Hintergrund bildet, j a , der ganze Begriff der Kethuba auf den an Dia N->2Zio in a s n -d (Sifri II 238) zurückzuführen ist. Die Fortsetzung finden wir aber erst im dritten Abschnitt, der die Strafgelder für Nothzucht und Verführung behandelt. Was dazwischen liegt, muss einer späteren Zeit angehören und daselbst eingeschoben sein. Der zweite Abschnitt bringt nämlich im Anschluss an die vorangehenden Reinigungsbeweise der angeschuldigten Frau einen Streit, in dem es sich nicht mehr um Fragen der Sittlichkeit handelt, sondern um die Höhe der Abfindungssumme, j e nachdem sie als Mädchen oder als Wittwe genommen worden ist. Dagegen scheint die ältere Halachareihe I I 5 weiterzugehen, wo es sich wieder um Ehebruch oder um gewaltsame Verunreinigung der Frauen in der Gefangenschaft handelt, wie I I 9. Dass 7 lind 8 dabei auch über den Ausweis priesterlicher Herkunft handeln, liegt in dem ersten Entwürfe des Ehegesetzes, das n i c h t • die R e g e l u n g b ü r g e r l i c h e r V e r h ä l t n i s s e , s o n d e r n d i e R e i n h e i t der A b s t a m m u n g f e s t s e t z e n und e r h a l t e n w o l l t e . H i e r s e t z e n s i c h an g e e i g n e t e n S t e l l e n B e s t i m m u n g e n aus den D i n e M a m m o n o t a n , u n d d i e s e b e z i e h e n s i c h , w i e B e r t i n o r o das. I I 2 a n g i b t , a u f I 6 z u r ü c k . Da heisst es: „Doch gibt Rabbi Josua zu, dass, wenn Jemand zum Andern sagt, d i e s e s F e l d h a t D e i n e m V a t e r

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g e h ö r t und ich h a b e es von ihm g e k a u f t , er Glauben verdient, denn sein eigener Ausspruch klagt ihn an und spricht ihn frei; sind aber Zeugen vorhanden, dass es dem Vater der Andern gehört hat, so verdient er keinen Glauben. (II 3) Zeugen sagten: Das ist unsere Handschrift, aber wir waren gezwungen, zu unterschreiben, wir waren noch Kinder, wir waren untauglich zu einem Zeugniss", so glaubt man ihnen. Wird aber ihre Handschrift von Zeugen erkannt oder ergibt sie sich aus einem andern Schriftstücke, so glaubt man ihnen nicht. (II 4) Dieser sagt: D a s ist meine H a n d s c h r i f t u n d d a s ist die m e i n e s G e n o s s e n , und ebenso sagt der Andere, so glaubt man ihnen; bezeugt aber Jeder nur die e i g e n e Handschrift, so muss noch ein a n d e r e r Zeuge dazu kommen, so sagt Rabbi; die anderen Weisen halten dies für uunöthig." Und als weiterer Zusatz, zugleich zur Anknüpfung an II 1, wie auch zum Abschlüsse dieser ganzen Einfügung, heisst es II 10: „Und Folgende sind im Alter berechtigt, auszusagen, was sie in ihrer Jugend gesehen haben: Dies ist meines Vaters, dies meines Lehrers, dies meines Bruders Handschrift (soweit deutet es auf II 3), Jene ist mit dem Brautschmucke und mit entblösstem Haare zur Hochzeit gegangen (zu II 1), Jener ist als Priester aus der Schule zum Tauchbade gegangen, um die Hebe zu gemessen", was wieder auf die Priesterabkunft (II 7—8) sich zurückbezieht. Durch dieses Einschiebsel scheint der Hauptgegenstand erläutert werden zu sollen, der Begriff von IJPÜ soll geklärt werden. Und doch hätte ein Beispiel dazu ausgereicht. Da die Mammonot aber noch nicht bestehen, werden gelegentlich an dieser Stelle Gegenstände angeführt, die augenblicklich daselbst ihren besten Platz finden. Wir wollen sehen, ob ein solcher Zusammenhang bei Anführung von Mammonot im Seder Naschim überall bemerkt wird. Eine andere sonderbare Einlage in Kethubot ist der Abschnitt „Dajane Geserot", in welchem sich eine Halachotreihe an die Namen Admon und Chanan ben Abischalom knüpft; im Namen des ersten werden z w e i , im Namen des andern

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sieben Entscheidungen überliefert. Auch h i e r t r i t t das Schuld- und E r b r e c h t n i c h t s e l b s t ä n d i g a u f , s o n d e r n mit dem E h e g e s e t z e v e r q u i c k t . Chanan sagte: Jemand ist verschollen, die Frau verlangt von den Kindern ihre Nahrung, so braucht sie (nach Maimonides) erst nach Rückkehr des Mannes auf dessen Verlangen zu beschwören, dass er ihr keine Mittel zurückgelassen hat. Hat in seiner Abwesenheit ein Anderer für ihren Unterhalt gesorgt, so braucht der Gatte nach seiner Rückkehr es nicht zu ersetzen. Die priesterlichen Richter waren in beiden Fragen strenger; Rabbi Dossa ben Horkinas entschied wie sie, Rabban Jochanan ben Sakkai wie C h a n a n . Admon sagt: Jemand stirbt und hinterlässt Söhne und Töchter, so müssen, gleichviel ob die Erbschaft gross oder gering ist, die Söhne erben; Rabban Gamaliel stimmte ihm zu, und der ungenannte Tanait bleibt im Unrechte. Jemand fordert von Andern die Bezahlung für Krüge Oel, der Schuldner gesteht ihm aber nur die K r ü g e zu, so muss er schwören, denn sein Zugeständniss entspricht der Forderung (er hat somit einen Theil derselben zugegeben). Weigert sich Jemand, die Mitgift dem Schwiegersohne auszuzahlen, so kann die Tochter auf Verehelichung oder Scheidung drängen; auch in diesen Fällen stimmt Rabban Gamaliel ihm bei. Jemand ist als Zeuge auf einem Kaufbrief unterschrieben und klagt dann, dass der Verkäufer ihm das Feld geraubt habe, so kann er sagen: Ich habe deshalb meinen Namen hierunter gesetzt, weil ich dem Käufer eher beikommen zu können glaubte, als dem Verkäufer, der es mir geraubt hat. Jemand kehrt aus der Ferne heim und findet den Fussweg zu seinem Felde nicht mehr, so kann er sich den kürzesten Weg dahin bahnen. Jemand macht einen Schuldschein bei Gericht geltend, und der Schuldner zeigt einen später ausgestellten Kaufbrief vor, in welchem der Gläubiger ihm dasselbe Feld, welches er ihm nehmen will, verkauft hat, so kann die Forderung abgewiesen werden, denn der Gläubiger hätte früher seine Schuld einziehen müssen. Es kommen Gegenforderungen vor Gericht, so kann aus ähnlichen Gründen eine von ihnen zurückgewiesen werden".

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Die Quellen besagen, dass auch hier, wie bei allen dargestellten Neugestaltungen, nur die s t r e i t i g e n Entscheidungen, in denen die andern Weisen den Admon und Chanan nicht zugestimmt haben, angeführt werden. Grade das ist uns ein Beweis, dass die D i n e Mammonot noch n i c h t Selbstz w e c k sind, s o n d e r n nur an d a s E h e g e s e t z , d a s viele Ausläufer dorthin gestattet, gelegentlich angeknüpft w e r d e n . Auch das Zeitalter kann hier annähernd angegeben werden. S o w o h l von R. G a m a l i e l dem A e l t e r e n , als auch von R. J o c h a n a n b e n S a k k a i w e r d e n C h a n a n u n d Admon als A e l t e r e b e h a n d e l t . H i e r h a b e n wir viell e i c h t d i e e r s t e auf N o t w e n d i g k e i t und H e r k o m m e n b e r u h e n d e , an zwei N a m e n g e k n ü p f t e , d a s Mein und D e i n b e h a n d e l n d e H a l a c h a r e i h e vor uns, w ä h r e n d man die a l l g e m e i n a n e r k a n n t e n S ä t z e in M i d r a s c h f o r m beliess. Rabban Gamaliel finden wir aber Peah II 6 mit Rabbi Simon aus Mizpa, dem Ordner von Joma, wie sie in der Quaderhalle eine Halacha erfragen; aus dieser entfernte sich das Synedrium schon 40 Jahre vor dem Falle des Tempels; auch die D^brtt B^rra ->33 deuten auf eine frühe Zeit. Wir können daraus ersehen, wie damals das Schuld- und Erbrecht sich, was mischnische Anordnung betrifft, noch im Urzustände befand. Lassen wir jetzt Nedarim, Nasir und Sota, die in ihren Urbestandtheilen den älteren Seder Naschim bilden, aus dem Auge, so kommen wir zu Gittin, das einst mit Jebamot und Ketubot verbunden war. Wiederum beruht diese scheinbar abenteuerliche Eintheilung nicht auf vorgefassten Meinungen, sondern es bietet sich uns dafür wieder eine beabsichtigte mischnische Verbindung dar: Den rpsiii am Schlüsse von Kethubot, die zuletzt auf ' u n m nis: hinauslaufen, entspricht nämlich ganz genau der Anfang von Gittin, wo in Anlehnung an Jebamot II 9 der Scheidebrief, der vom Auslande gebracht wird, besondere Gültigkeitsbeweise erfordert, was bei den im Inlande ausgestellten Schriftstücken nicht nöthig ist. (Uebrigens eine willkommene Bestätigung unserer im ersten Theil ausgesprochenen Auffassung von dem Grundstocke des Naschimseders.) Hier wird der Scheidebrief der Frauen einerseits

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mit dem Freibriefe der Sklaven, andererseits mit Schuldscheinen und ähnlichen Bescheinigungen verglichen. Hier kehren die Beglaubigungen durch Zeugen wieder, die wir in Ketubot als blosses Einschiebsel bemerkt haben; hier finden sich (III 4) aus verschiedenen Gebieten auch den Dine Mamonot angehürige Sätze darüber, wie weit man stillschweigend die bestehenden Verhältnisse ohne Gegenbeweise für noch vorhanden ansehen kann. Die stete Beziehung auf Priesterrecht und Seraimgaben liegt darin, dass Naschim ursprünglich durchaus nicht Besitzverhältnisse, sondern priesterliche Geschlechtsreinheit zu bewahren hatte. Im vierten Abschnitte beginnt gelegentlich der Ungültigkeitserklärung eines Scheidebriefes ein grosses Einschiebsel, an Ausdehnung fast einem Traktate ähnlich, worin sich verschiedene Anordnungen wegen des Weltbestandes ( p p n •bis) und zur Erhaltung des Friedens (cibia • o n ) finden. Den Kern bilden hier die Verordnungen Hillels und seiner Schule: „Im Erlassjahre haben die Gläubiger den Prosbul zu vollziehen, das heisst, die der Schrift gemäss ungültigen Schuldbriefe zu späterer Bezahlung dem Gerichtshofe zu übergeben (IV 3); der Halbfreie muss von seinem Herrn g a n z freigegeben werden. Daran schliessen sich spätere gleichartige Bestimmungen a n , die auf Rabban Simon ben Gamaliel zurückgeführt werden. Um die Verbindung zwischen der Mischna IV 1 und den alten Anordnungen der Schulen herzustellen, wird von Rabban Gamaliel dem Aelteren die Tekana gebracht, dass der Scheidebrief nur am Orte, wo er ausgestellt worden, für ungültig erklärt werden könne; dass zur Verhütung von Verwechselungen die beiderseitigen Namen mit allen Nebenbezeichnungen angegeben werden müssen. Der Wittwe soll von den Erben nicht der E i d , sondern blos das G e l ü b d e aufgelegt werden, dass ihr zu ihrem Unterhalte Nichts vom Manne hinterlassen worden sei. Die Zeugen müssen den Scheidebrief mit unterzeichnen. Man darf Gefangene nicht für zu hohes Lösegeld freikaufen, dieselben nicht heimlich befreien. Die heiligen Bücher, die Tefillin und Mesusot, dürfen ebenfalls nicht um zu hohen Preis aus der feindlichen Kriegsbeute zurückerworben werden. In einem einzelnen Falle hat man dem Manne, der

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in Folge eines Gelübdes, scheinbar zwangsweise, seine Frau entlassen, gestattet, dieselbe zurückzunehmen. Auch vom Nichtjuden inuss man die Erstlingsfrüchte des ihm verkauften Ackers erwerben, um sie darzubringen. „Beschädigungen werden am besten,Schuldforderungen am m i t t e l g u t e n , die Kethuba der Frau am s c h l e c h t e s t e n Acker bezahlt gemacht. Wo der Schuldner selbst noch Güter besitzt, darf man die von ihm bereits verkauften Landstücke nicht angreifen; von der Hinterlassenschaft sind nur die schlechtesten Landstücke haftbar. Es folgt eine Halacha über die Ersatzpflicht bei der Wiedererwerbung geraubter Landstücke, die unterdessen anderweitig verkauft waren, über die Leistungen an Frau und Töchter. Wer einen Gegenstand findet und wiedergiebt, braucht nicht dazu noch einen Reinigungseid zu leisten. Der Vormund muss den Zehnten für die Mündel geben und braucht, wenn ihn das G e r i c h t eingesetzt hat, keinen Rechenschaftseid zu leisten. Wer heilige Gegenstände absichtsvoll verdirbt, oder durch Vermischung das Gewöhnliche heiligt, ist schuldig; so auch die Priester, die sich absichtsvoll des Piggul schuldig gemacht haben. U. A. kommt noch die Erleichterung für den Räuber v o r , dass er statt des schon zum Baue verwandten Balkens s e l b s t nur den G e l d w e r t Ii zu erstatten brauche. Von Wichtigkeit für die Zeitbestimmung ist das nach dem „Vespasianischen Kriege" gegebene Sikkaricrgesetz; dann kommt noch das Recht der Taubstummen lind der Kinder, etwas zu verkaufen. — Die Darke-Schalom-reihe gibt dem Priester bei der Thoravorlesung den Vorzug, und gebietet, stets in demselben Hause den Verbindungserub des Hofes niederzulegen. Die Grube, die dem Wasserbehälter zunächst sich befindet, muss zuerst gefüllt werden. Auch aus Wild- und Fischernetzen können Gegenstände als g e r a u b t angesehen werden-, das Gleiche trifft bei Dingen zu , die der Wahnsinnige , der Taubstumme und das Kind gefunden hat und die von Andern fortgenommen werden. Nichtjüdische Arme haben an Leket, Schickcha und Peah Theil. Die Schlussbestimmung erlaubt zwar, dass die in Bezug auf Ackergaben und Erlassjahr gewissenhaftere Frau einer anderen gewisse Gegenstände, wie

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Schwinge, Sieb, Mühlsteine und Ofen leihe; doch darf maü nur dem N i c h t j u d e n freundlich begegnen, aber nicht die j ü d i s c h e n Uebertreter unterstützen." Eine sonderbare Halachareihe! würden wir sagen, wenn wir nicht schon gewöhnt wären, die geschichtliche N o t w e n digkeit als das Zusammenhaltende anzusehen. Es liesse sich vielleicht sogar der frühere Ort dieser Verordnungen erkunden. Die älteste derselben, der Prosbul des Hillel, weist uns in die Seraimordnung, zum Traktat Schewiit, und es wird sich uns, unserer Hauptaufgabe gemäss, daraus die sonderbare Verknüpfung dieser Halachot erklären. Dort handelt der Schlussabschnitt von dieser Hillel'schen Tekana. Es wäre allerdings zu gewagt, daraufhin schon jenen Seraimtraktat als die ursprüngliche Stelle für diese Verordnungen anzusehen. Aber noch a n d e r e Umstände unterstützen unsere Annahme und lenken unsere Blicke unbedingt nach Schewiit. Wie wäre es, wenn wir in diesem Traktate Mischnas mit dem Zeichen der " a n dir in und des ab-)» " p n fänden? Würde bei der Seltenheit dieser Bezeichnungen an eine Beziehung zwischen diesem Seraimtheil und dein fernab im Naschimseder liegenden Gittin nicht zu denken sein? Nun, die Prosbulbestimmung Schew. X 3 dürfte wohl als Vertreterin der Tikkun-olanireihe gelten. Wie wunderbar aber, dass wir noch zwei andere Bestandteile von Gittin V 9 hier finden! Schewiit IV 3 heisst es: „Man wünscht den heidnischen Feldarbeitern Kraft, ob auch der Israelite nicht mitarbeitet, und man wünscht ihnen Frieden im Namen Gottes, ob der Darke schalom willen." Und V 9 wiederholt sich die Schlusshalacha von Hannisakin völlig und schliesst mit den eben angeführten Worten ab. Man müsste sich die Augen verschliessen, wollte man hierin einen blossen Zufall sehen. Vielmehr sind in Schewiit noch einige Reste der Tekanotreihe stehen geblieben, um den herkömmlichen Zusammenhang für die eingeschobenen Mischnas zu bewahren; der ganze bezügliche Abschnitt ist von hier nach Gittin erst vers e t z t worden. Jetzt erklären sich auch eher die Beziehungen zu dem Seraimtheil Peah (V 8), wie zu den Biccurim (IV 9); selbst die Loskaufung der Sklaven und das Verkaufsrecht ist

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in solchem Zusammenhange begreiflich. I n S c h e w i i t , wo P r o s b u l a l s ä l t e s t e T e k a n a e r w ä h n t w e r d e n musste, w a r der h e r k ö m m l i c h e Ort f ü r V e r o r d n u n g e n , d i e aus a u g e n b l i c k l i c h e r N o t w e n d i g k e i t entsprungen sind. Auch das Sklavenrecht kann dort so weit behandelt worden sein, als einst Schewiit und Jobel, der Schriftordnung gemäss, neben einander standen, also Erachin hierhergedacbt werden muss. Als l e t z t e r e r T r a k t a t von dem ordnenden G e i s t e der S c h u l e n n a c h K o d o s c h i m versetzt w u r d e , k a m e n die T e k a n o t in d a s E h e - und S k l a v e n r e c h t h i n e i n — mit dem J o b e l h ä n g t doch die B e f r e i ung von G e f a n g e n e n und mit P r o s b u l der S c h u l d b r i e f , g e d ä c h t n i s s m ä s s i g a u c h der S c h e i d e b r i c f z u s a m m e n . A u c h d a s S i k k a r i e r r e c h t g e h ö r t zu E r a c h i n , da s i c h d a s J o b e l a u f V e r k a u f ' von L a n d g ü t e r n und d e r e n R ü c k e r w e r b u n g b e z i e h t . Die Verordnungen Rabban Ganialiels des Aelteren mögen sich den früheren Tekanot angeschlossen haben, als sie ihren Platz bereits in Gittin gefunden hatten. Wenn das Sikkariergesetz in noch späterer Zeit dort sich anfügte, so ist das ein Beweis für die lange Zeitdauer einer Entwicklung, welche zur Aneinanderreihung einer so beschränkten Halachareihe nöthig war. Hier bestätigt sich unser Gedanke, dass, um in der Mischna überhaupt hierherzugelangen, eine viel längere Zeitdauer nöthig ist, als sonst zumeist angenommen wurde. Es muss für das gedächtnissmässige Umfassen so wichtiger Verordnungen gewisse Ablagerungsorte geben, wo sie untergebracht werden und wo man sie sofort findet. Wird man sich nicht darüber wundern, dass in einer Zeit, die nach unserer Auffassung durch die Thätig-keit der beiden Schulen schon so genau geordnete Mischnatheile hatte, eine so bunte Zusammenstellung möglich gewesen? Wollte man nun annehmen, dass in dieser Zeit bloss solche formlose Zusammenstellungen vorhanden gewesen seien — das würde unsere ganze Darlegung umstossen — , so wäre es immer eine offene Frage, woher Edujot bereits eine so wohlgeordnete Sammlung von Schulmischnas vor sich gehabt haben mag? Aber man vergisst vielleicht, dass Baba Kama, Mezia und Batlira noch fehlte,

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Und d i e F r a u e n o r d n u n g a u c h w e n i g e r in i h r e n a u f s W e l t l i c h e g e r i c h t e t e n Z i e l e n a u s g e b i l d e t zu sein s c h e i n t , als sie den V o l k s k ö r p e r u n d d i e P r i e s t e r s c h a f t r e i n h a l t e n und die B e r e c h t i g u n g zum G e n ü s s e d e r Z e h n t e n u n d d e r H e b e r e g e l n will. R i c h t e r l i c h e E n t s c h e i d u n g e n ü b e r Mein u n d D e i n w e r d e n n o c h , d a s z e i g t d i e C h a n a n - A d m o n s a m m l u n g , an b e r ü h m t e N a m e n n a c h Z a h l e n g e k n ü p f t und g e l t e n als ein t h e u e r zu b e w a h r e n d e s V e r m ä c h t n i s s e O d e r sie treten in d e r G e s t a l t von T e k a n o t , V e r o r d n u n g e n , auf, und w e r d e n n u r d e s h a l b in d i e M i s c h n a g e b r a c h t , weil sie als n e u e E i n r i c h t u n g e n doch n i c h t s e l b s t v e r s t ä n d lich e r s c h e i n e n . D a noch k e i n e T r a k t a t e v o r h a n d e n s i n d , die über B e s c h ä d i g u n g e n , ü b e r Kauf und Verkauf, ü b e r G l ä u b i g e r u n d S c h u l d n e r b e s o n d e r s handeln, so muss d i e T e k a n o t r e i h e in i h r e r u r s p r ü n g l i c h e n G e s t a l t ä n g s t l i c h b e w a h r t w e r d e n , wie vers c h i e d e n a r t i g a u c h die Z e i t a l t e r i h r e r E n t s t e h u n g und d i e von i h n e n b e h a n d e l t e n G e b i e t e s i n d ; sie müssen so in e i n a n d e r v e r s c h r ä n k t w e r d e n , d a s s sie mit dem H a u p t g e g e n s t a n d e des T r a k t a t s zu einem Ganzen v e r w a c h s e n , d a m i t d u r c h d a s E i n e d a s A n d e r e in's Gedächtniss zurückgerufen werde. Die Fragen nach der unbegreiflichen Reihenfolge des Seder Naschim sind unter diesen Betrachtungen von selbst geschwunden. Kidduschin als Schlusstraktat trägt ein so uraltes Gepräge , dass wir hier vielleicht, wie schon früher in Horijot und Chagiga, nur die Absicht der Ordner erkennen, auf den nachfolgenden Seder Nesikin hinzuweisen, zumal er den Gegenständen des Mischpatimabschnittes im Exodus, also vielfach der Massechta di Nesikin in der Mechilta entspricht. Auch h i e r ist Kidduschin nur der N a m e , den die spätere iriischnisclie Entwickelung dem Traktat gegeben hat. Man könnte ihn eben so gut K i n j an nennen: „Die Frau wird auf drei Wegen erworben und erwirbt sich selbst auf drei Arten; der hebräische Knecht wird auf folgende, der kanaanitische Knecht

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auf folgende Weise erworben." Ist hier nicht der eheliche Gedanke gänzlich zurückgetreten vor der Auffassung, dass von einer Besitzergreifung der verschiedensten Dinge die Rede ist, von der Art und Weise, wie sie in meinen Bereich übergehen? Vom zweiten Abschnitte an beginnt eine Darlegung der verschiedenen Wege, wie man sich die Frau s e l b s t erwirbt oder wie man sich dabei v e r t r e t e n lässt. Es ist das eine spätere Ausführung der Anfangsmischna, während die a n d e r e n Glieder des ersten Abschnittes nicht mit behandelt sind. Auch die Abstufungen höherer oder geringerer Abstammung p n r m w s , ein gewiss uralter Bestandteil des Frauenseders, der die Reinhaltung dieser Verhältnisse erstrebt, sind erst später hierhergekommen. Aehnlich verhält es sich mit Jewamot I X , welcher Abschnitt wie eine Wiederholung schon dagewesener Ehehalachot aussieht. Es kann aber gerade ein früherer Theil sein, der in seinem Tone den Abschnitten f b m : ur und -nsa ur in Eingang und Ausführung ähnlich ist. Jedenfalls beweist die Stelle die vorwiegend heiligende Absicht des Ehegesetzes. Dagegen lassen sich zwei Mischnareihen von Kidduschin als ursprünglich erkennen, und gerade diese wollen sich dem Ganzen nicht recht anreihen. I 7 heisst es nach Aufzählung verschiedener Gegenstände, welche auf diese oder jene Art in unseren Besitz übergehen können, in unvermutheter Wendung: „Zu allen elterlichen Pflichten gegen die Söhne sind Männer verpflichtet, und Frauen davon frei, und zu allen Kindespflichten gegen den Vater sind Männer und Frauen verpflichtet. Zu allen von Zeit und Stunde abhängigen Pflichten sind Männer verpflichtet, und die Frauen davon f r e i , zu den davon unabhängigen Pflichten sind a l l e verpflichtet; so auch zu allen Verboten, mit drei Ausnahmen. Eine Anzahl Opferhandlungen ist nur Pflicht der Männer und nicht der Frauen, ausser dem Opfer der Sotah und des weiblichen Nasir. Gesetze, die nicht mit dem Boden des heiligen Landes in Verbindung stehen, sind auch im Auslande üblich, und von Ackerbaugesetzen Orlah und Kilaim. Wer eine Mizwa ü b t , dem wird Gutes erwiesen und das Leben verlängert, und wer es nicht thut, der erbt auch nicht das heilige L a n d ; wer Bibel, Mischna und 5

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irdische Beschäftigungen übt, wird nicht leicht sündigen; wer sie n i c h t übt, gehört nicht zur menschlichen Gesellschaft." Hier brechen die Agadas ab, und ein neuer halachischer Theil beginnt. Aber der hier aus der Hand gelassene Faden wird wieder, was Thora und Derech Erez betrifft, am Schlüsse von Kidduschin aufgenommen, und zwar mit den Worten des Rabbi Mei'r: „Stets lehre der Vater seinen Sohn ein einfaches und ehrenhaftes Handwerk und bete zu Ihm, dem Reichthum und Güter gehören. Denn kein Beruf ist vorhanden ohne Reichthum und Armuth; das hängt nicht von der Wahl des Handwerkes, sondern von dem Verdienste des Menschen ab." Es folgen weitere Hinweise auf die verschiedenen Berufsarten und ihre Vortheile oder Schattenseiten. Wir haben hier das Schlusswort des alten Frauenseders vor uns, nur ist es durch spätere Ausgestaltung der Kidduschin im zweiten und dritten Abschnitte auseinander gerissen worden. D i e s e a g a d i s c h e n M a h n u n g e n h a b e n noch mit dem S e d e r N e s i k i n N i c h t s zu t h u n , sie g e h e n n u r auf d a s V e r h ä l t n i s s d e r Ges c h l e c h t e r zu d e n G l a u b e n s p f l i c h t e n ein, m a h n e n zum t h ä t i g e n L e b e n , z u g l e i c h zur H e g u n g des g e s e t z l i c h e n G e i s t e s s c h a t z e s , und b i e t e n d a r i n , w i e in d e n R e g e l n über r e c h t e E r z i e h u n g , die r a b b i n i s c h e n A n s c h a u u n g e n über die v e r e d e l n d e n Z w e c k e des E h e l e b e n s . DieKinjausätze des ersten Abschnittes setzen dagegen schon einige Bestandtheile des Seder Nesikin voraus, und zwar das Kaufund Verkaufsrecht, wahrscheinlich die bezüglichen Halachot von Bababathra. Wie wir gleich sehen werden, ist das kein Beweis gegen die späte Entstehung des Seder Nesikin, sondern eine Bestätigung unserer Ansicht über die erste Mischna und die späteren Ansätze. W e n n wir n ä m l i c h d i e E i n f ü g u n g e n der F r a u e n o r d n u n g , d i e d a s Mein u n d D e i n bet r e f f e n , r e c h t i n s Auge f a s s e n , so w e r d e n wir die Spieg e l b i l d e r d e r C h a n a n - A d m o n s a t z u n g e n , w i e der auf S c h u l d b r i e f u n d Z e u g e n u n t e r s c h r i f t , also auf Abfass u n g g e r i c h t l i c h e r B e s c h e i n i g u n g e n g e r i c h t e t e n Hal a c h o t von K e t h u b o t und Gittin, wie e n d l i c h der K i n j a n r e i h e von K i d d u s c h i n g r a d e in B a b a b a t h r a f i n d e n .

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Nehmen wir den Schlussabschnitt dieses Traktats üios tii, so merken wir, obschon wir durchaus nicht im Frauenseder stehen, eine ebenso i n n i g e V e r b i n d u n g von G e s e t z e n über Schuld- und K a u f b r i e f e einer- und e h e l i c h e Bes c h e i n i g u n g e n a n d e r e r s e i t s , w i e wir sie in N a s c h i m g e f u n d e n haben. Das vorangehende Erbrecht Bababathra VIII 9, ist ein uralter Bestandteil von Nesikin, enthält VIII 1 eine an Bechorot VIII 1 erinnernde Misclina, 2 und 3 alte Sifrisätze über die Töchter Zelophchads und das Erbrecht der Töchter überhaupt, und IX 1 steht geradezu eine Admonsatzung aus Kethubot. Endlich geht diesen Theilen das Ktiufrecht voraus, das schon Bababathra III mit Satzungen über feste Besitzergreifung beginnt, die wie eine Fortsetzung von Kidduschini aussieht; es f o l g t , w i e d o r t , so a u c h h i e r in weiter Verzweigung das Verkaufsrecht der unbewegl i c h e n und d e r b e w e g l i c h e n G ü t e r , so d a s s m e r k w ü r d i g e r W e i s e Uber B a b a k a m a und B a b a m e z i a h i n w e g die V e r b i n d u n g s l i n i e von K i d d u s c h i n nach B a b a b a t h r a geht. Aber die z w e i v o r l e t z t e n A b s c h n i t t e von B a b a b a t h r a h ä n g e n auch w e n i g e r mit den d u r c h d i e N o t wendigkeit des Zeitalters hervorgerufenen Rechtsf r a g e n zusammen, haben, w i e d e r S e d e r N a s c h i m , vielm e h r a u c h einen r e l i g i ö s e n Z w e c k . Sie g e h e n von d e r B e s i t z e r g r e i f u n g des h e i l i g e n L a n d e s und dem d a r a u s sich h e r s c h r e i b e n d e n E r b r e c h t e a u s und g e l a n g e n erst so zu den F r a g e n des Mein u n d Dein. Alle diese Nachweise werden uns wohl zu der Ueberzeugung bringen können, dass die drei Nesikintraktate jünger sind, als die Frauenordnung. Es zeigt sich uns hier die merkwürdige Erscheinung, wie von zwei Seiten die mischnische Bewegung beginnt, nach dem Ende des Naschim- und zum Anfange des Nesikinseders hin, und wie endlich als letzte Glieder Babakama und Babamezia eingeordnet worden. Dabei stehen wir ganz auf dem Boden der Schriftordnung: Das Erbrecht findet sich Num. XXVI 52, und die Töchter Zelophchads treten das. XXVII 1 auf, und so wie in Bababathra, findet

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sich der Gegenstand im Sifri Anfang1 Pinehas behandelt. Wie der zweite Sifri oder das Deut, dem Sanhedrinkreise entspricht, so passen diese vorangehenden Stücke der Num. und des ersten Sifri zu Bahabathra, dem vorhergehenden Traktate. Dass wir uns darin nicht täuschen, davon überzeugen uns einige Sätze aus dem spätereil Zusätze zu Kiduschin, worin noch entschiedener die Ueberbrückungsversuche nach Bababathra zu bemerken sind. III 3 „Mit der Bedingung, dass ich ein Bet kor Erde besitze" erinnert in diesem Ausdrucke an Babab. VII 1 ff., u n d d a s W o r t d e s R a b b i Mei'r ü b e r d i e dopp e l t a u s g e s p r o c h e n e , den S t ä m m e n Gad, R e u b e n und H a l b m a n a s s e gestellte B e d i n g u n g zeigt uns g e r a d e z u d i e S i f r i s a t z u n g d e r Num., m i t d e r w i r a u c h in B a b a b . zu tliun h a b e n . Endlich finden wir hier eine auch in Kethubot vorkommende Satzung beider Schulen, die an den j ü n g e r e n Nesikintlieilen nicht mitgearbeitet haben. Wollen wir uns wieder einmal über die Einzelheiten erheben, so gilt es, f ü r d i e I n a n g r i f f n a h m e d e s S e d e r Nes i k i n , w e n i g s t e n s d e r z w e i e r s t e n T r a k t a t e u n d zum T h e i l e a u c h d e s d r i t t e n , d e n u n g e f ä h r e i l Z e i t p u n k t zu f i n d e n . Haben wir doch nun annähernd erkannt, dass vor ihnen einzelne grosse T r a k t a t e , welche die Anfänge der Sedarim bilden, ihre Zusammenstellung gefunden haben. Je weiter zum Seder Nesikin hin, desto mehr erreicht der ordnende Geist der Tanaiten seinen Höhepunkt, die Massechtot sind immer mehr von dem Ernste ihrer Gegenstände beherrscht. Wenn sich in Sabbat und Jebamot nämlich fremde Einschiebsel finden , so kommen sie doch in geringerem Maassstabe vor und gehören dann noch unbehandelten Gebieten an. G e r a d e d i e d r e i A n f a n g s t r a k t a t e von N e s i k i n s i n d am f r e i e s t e n von f r e m d e n G e g e n s t ä n d e n . I n w e l c h e Z e i t ist n u n i h r E n t s t e h e n zu l e g e n ? Mit der Beantwortung dieser Frage sind wir an der Grenze der uns gestellten Aufgabe angelangt. D i e s e b e s t a n d n u r d a r i n , d i e s o n d e r b a r e n Gef ü g e der Mischna als g e s e t z m ä s s i g und n i c h t z u f ä l l i g zu e r k l ä r e n u n d s i e s e l b s t zu W e r k z e u g e n g e s c h i c h t l i c h e r F o r s c h u n g e n zu e r h e b e n .

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V.

Yermuthnngen über die Entstehung der Nesikin. So lange ein besonderes gesetzliches Gebiet noch blos von augenblicklich n o t w e n d i g e n Erlassen eines Ministers abhängt, wie z. B. in Preussen die 8chu 1 angelegen 11eiten, wird die Reihenfolge der E n t s t e h u n g - für die Ordnung derselben maassgebend bleiben, während andere Theile der Gesetzgebung schon längst nach der Aehnlichkeit der Gegenstände ihre ausgebildete Gestalt erhalten haben. Wenn sich nun auch in Edujot eine das Schuldrecht betreffende Halacha vorfindet, welche von dem alten Chanina Segan Hakohanini bezeugt wird: (II 3) „In einem kleinen Flecken bei Jerusalem lebte ein Gelehrter (Saken), der allen Leuten des Ortes Darlehen g a b ; mit eigener Hand schrieb er die Schuldscheine und Andere unterschrieben sie (als Zeugen)"; so steht einmal diese Satzung ganz vereinzelt da, und dann, a l s w e n n h i e r e i n e B e s t ä t i g u n g f ü r u n s e r e A n s i c h t von d e r d a m a l i g e n Verq u i c k u n g d e s L e i h r e c h t e s mit dem E h e g e s e t z gebot e n w e r d e n s o l l t e , geht es gleich weiter: „Und nach Deiner Art lernst Du hieraus, dass die Frau ihren Scheidebrief und der Mann die Empfangsbescheinigung (der Abfindungssumme bei der Scheidung) selbst schreiben dürfen." Selbständig treten die Dine Mamonot auch h i e r nicht auf. Die Frage, w a n n d i e d r e i N e s i k i n t r a k t a t e e n t s t a n d e n s i n d , lässt sich um so weniger genau beantworten, a l s s i c h g e r a d e in d e n M a m m o n o t , a l s o i n K a m a , M e z i a u n d z. Th. in B a t h r a , d i e s o n d e r b a r e n u n d v e r s c h l u n g e n e n M i s c h n a g e f ü g e , die u n v e r m u t h e t e n E i n s c h i e b s e l nicht f i n d e n , d i e w i r u n s zu e r k l ä r e n ü b e r h a u p t v o r g e n o m m e n . Ueber dies Gebiet hinaus führt unser Weg eigentlich nicht, und nur sehr schwer lässt sich fernerhin unsere Erklärungsweise anwenden, denn gerade die Unregelmässigkeiten des mischnischen Baues sind uns bisher die besten Hülfsmittel der Forschung gewesen.

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Es muss aber doch gewisse Aeusserungen geben, welche uns über die Personen und zum Theil auch über die Zeit, in welcher dieses gesetzliche Gebiet im Lehrhause mischnisch verarbeitet wurde, zum Mindesten eine V e r m u t h u n g bieten. Greifen wir zu diesem Zwecke in den Exodus hinein, so finden wir daselbst XXI die hauptsächliche Thoraquelle für die Mammonot, und wenn wir in die bezügliche Mechilta schauen, so lautet die Ueberschrift M a s s e c h t a d i N e s i k i n . Schon dieser blosse N a m e scheint uns für unsere Zwecke etwas zu versprechen, d e n n N e s i k i n ist der G e s a m m t n a m e n i c h t nur für die v i e r t e Ordnung derMischna, sondern auch für die e r s t e n drei T r a k t a t e d e r s e l b e n , B a b a K a m a , Mezia und B a t h r a . Stehen nun die Bestrebungen des bo bajom, wie wir gezeigt haben, vielfach mit der Mechilta in Verbindung, so sind es meistens die e r s t e n Theile dieses Midrasch, die darin verarbeitet sind. Sie führen uns merkwürdigerweise gerade bis zur Massechta di Nesikin hin. Bei selbständigen Midraschtheilen findet sich stets eine Einleitung, die uns über die Denkweise der Zeit bezüglich des zu behandelnden Gegenstandes Aufschluss gibt. Dem ersten Theile der Mechilta ist z. B. ein Abschnitt vorangestellt, der geradezu Nnnvra „Eröffnung" heisst; so hat der Sifra vorne eine Auseinandersetzung, die von der besten Art des Unterrichts handelt und uns besagt, dass mit diesem Buche die Kinder begonnen haben. Wenn wir im ersten Sifri solch einen Eingang vermissen, so kann er doch nach den ersten Worten in •'TPxn i s etc. bis inbiin gesucht werden. Der Anfang des zweiten Sifri zeigt uns ganz deutlich, dass hier Mahnungen erbaulicher Art folgen sollen, weshalb der Eingang von der besten Art des Predigens und von dem Verhalten des Redners den Zuhörern gegenüber spricht. Was s a g t uns nun die E i n l e i t u n g zur M a s s e c h t a di N e s i k i n ? „Und d a s sind d i e R e c h t e , die Du i h n e n v o r l e g e n sollst (Exod. XXI). Rabbi Ismael sagt: Diese wurden zu den obigen (den zehn Geboten) hinzugefügt; wie j e n e vom Sinai, so stammen auch d i e s e vom Sinai. Rabbi Jehuda

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spricht: In M a r a h wurden sie geoffenbart, denn dort heisst es (Exod. XV): E r l e g t e ihm G e s e t z u n d R e c h t vor. Rabbi Akiba sagt: Und d a s s i n d die S a t z u n g e n u. s. \v. Weshalb steht dieser Schriftvers da'? Weil er (Gott) spricht (Lev. I): R e d e zu den K i n d e r n I s r a e l s und s a g e zu i h n e n (darum muss es h i e r heissen) trage es zwei-, drei-, viermal vor, bis sie es lernen, wie es heisst Und l e h r e es d i e K i n d e r I s r a e l s (Deut. XXXI); vielleicht nur l e r n e n und nicht wied e r h o l e n ? Darum heisst es doch (ibid.): L e g e es in i h r e n Mund; vielleicht w i e d e r h o l e n und nicht v e r s t e h e n ? Darum heisst es Und dies sind die R e c h t e etc. ordne es vor ihnen, wie auf einem gedeckten Tische, wie es heisst: (Deut. IV) Dir ist gezeigt worden, auf dass Du wissest etc." Es muss eine grosse Nothwendigkeit sein, welche Rabbi Ismael dazu treibt, den hier behandelten Rechtssätzen denselben Ursprung zuzusprechen, wie den zehn Worten des Sinai. Wer würde dies denn bezweifeln? In der Thora spricht Nichts dagegen. Der Mischpatimabschnitt schliesst sich ja sofort an die Sinaioffenbarung an. H i e r k a n n also nur von den Bes t i m m u n g e n d i e R e d e s e i n , w e l c h e im T h o r a w o r t e k a u m a n g e d e u t e t sind u n d in dem n'iNi i h r e E r w ä h n u n g g e f u n d e n h a b e n sollen. Dies Wort kann sich, dem vorangehenden w e „und" gemäss nur auf etwas schon Offenbartes beziehen. Den B e w e i s , d a s s es sich h i e r um ungeschriebene Satzungen handelt, bietet Rabbi Jehuda, der durch eine nw n-pn, durch einen Schluss aus der Gleichheit des Ausdrucks, diese Gesetze aus Marah herleitet. Er nimmt die Möglichkeit mündlich überlieferter Nesikinsätze lieber aus einer anderen Stelle, die es geradezu ausspricht, dass ausser den geschriebenen Satzungen sich noch viele mündlich überlieferte finden. Dem usica von Marah entspricht der Ausdruck d^UBiiran in unserem Abschnitte, der durch das ¡ibin: „Und diese sind" als neuer Ansatz an etwas Früheres erscheint. Eine andere Nothwendigkeit findet R a b b i A k i b a für den einleitenden Mischpatimsatz. Gegen Ende des Leviticus findet er die Mahnung, die Gesetze des Erlassjahres dem Volke beizubringen; für andere Satzungen, wie sie das fünfte Buch

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Mosis enthielt, war auch die Aufforderung d a , „es in ihren Mund zu legen." D i e s e s m ü n d l i c h e L e h r e n , in d e n M u n d l e g e n , / d i e A u s d r ü c k e Drpsa rwiö, nnie e n t s p r e c h e n g a n z d e m M i s c h n a b e g r i f f e , der j a , wie wir im ersten Theile gezeigt h a b e n , aus der Nothwendigkeit, den Sadduzäern gegenüber das ungeschriebene Gesetz zu betonen, seinen Ursprung herleitet. So nimmt es auch Friedmann in seiner Mechiltaausgabe (Wien, 1870 , Selbstverlag S. 74 b, Anni. 3) an; er weist daselbst auf Sifri II Pi. 34 hin, wo es heisst Bnaaiöi „Du s o l l s t s i e D e i n e n S ö h n e n e i n s c h ä r f e n , dass sie in Deinem Munde geordnet seien; wenn Dich Jemand (um eine gesetzliche Entscheidung) befragt, dann grüble nicht darüber, sondern sage es ihm sofort." Im M u n d e g e o r d n e t kann aber nur d a s Schriftthum genannt werden, d a s d u r c h seine M ü n d l i c h k e i t und seine s t r e n g e r e Anordnung d e n N a m e n M i s c h n a v e r d i e n t . Nun fand Rabbi Akiba hier noch einen Anhaltspunkt für dies Vpsa n a 1 in, dass nämlich a u c h d i e S a t z u n g e n ü b e r M e i n u n d D e i n , ü b e r G l ä u b i g e r und S c h u l d n e r , ü b e r S c h a d e n und E r s a t z der i n i s c h n i s c h e n Ordnung- b e d ü r f e n , d a s s a u c h d i e Einz e l h e i t e n d e r dine M a m m o n o t wie auf einem T i s c h e g e o r d n e t dem R i c h t e r sich d a r b i e t e n müssen. Eine solche F o r d e r u n g w ü r d e a b e r keinen Sinn haben, wenn d a s b e t r e f f e n d e G e b i e t s c h o n s e i n e E i n o r d n u n g in d a s m i s c h n i s c h e S c h r i f t t h u m g e f u n d e n h a b e n s o l l t e . Vielleicht weisen die Sätze, welche in den Midraschim auf p r u i dringen oder die irgend einen Gesetzestheil reinrechtlicher Art auch vom Sinai herleiten, gerade auf die Zeit hin, in welcher die Nesikinordnung entstehen sollte. In der eben angeführten Baraitha des Sifri lautet einer der zur Beleuchtung des ünaaiai angefügten Schriftverse s o : „Heil dem, der mit ihnen seinen Köcher füllt! Sie werden nicht beschämt werden, sondern mit den Feinden am Thore r e d e n oder s t r e i t e n . " D e r P l a t z am T h o r e i s t a b e r d e r O r t d e s G e r i c h t e s , u n d d a j a n e d i b a b a , T h o r r i c h t e r , i s t e i n in B a b e l w e i t s p ä t e r übl i c h g e b l i e b e n e r N a m e , d e r s i c h n o c h im G e b e t e •jp-no öip-> f i n d e t .



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R a b b i I s m a e l s u c h t e also im E i n l e i t u n g s s a t z e d e s M i s c h p a t i m a b s c h n i t t e s A n h a l t s p u n k t e f ü r d i e Verz w e i g u n g e n d e r R e c h t s v e r h ä l t n i s s e ; sie teind halacha le Mosche missinai. Rabbi Akiba bedurfte derselben nicht. Er fand nach Menachot 29 b an jedem Striche der Thora Haufen von Halachot hängen. In s e i n e r Mischna konnte die Fassung jener berühmtenMerkmischna derHillel-Schammaischulen lauten: D i e D i n i n (d. h. Rechtssatzungen) s i n d H a u p t b e s t a n d t h e i l e d e r T h o r a u n d h a b e n e t w a s , w o r a u f sie sicli s t ü t z e n , d. h. ihnen liegen Schriftverse zu Grunde. D e r selt e n e A u s d r u c k isiectu} rra by Dnb izp f i n d e t s i c h g e r a d e im S a t z e d e s R a b b i A k i b a , A b o t i l l , w a s u n s b e w e i s t , d a s s ihm d e r s e l b e f ü r alle V e r h ä l t n i s s e g e l ä u f i g war. Dieser Tanaite beschränkte den Raum für nimb n s ^ n , die eigentliche mündliche L e h r e , für die in der Schrift gar kein Anhaltspunkt gesucht zu werden brauchte, soviel wie möglich; er fand das Meiste im Schriftverse. Das Gleiche suchte er auch für die gesammte Nesikinordnung zu begründen. Wir setzen zu diesem Zwecke eine vielumstrittene Sif'rastelle (Anfang Behar) hierher, dieselbe Stelle, auf welche Rabbi Akiba hinweist und aus welcher er die Pflicht herleitet, Schemittabestimmungen in Mischnaform zu bringen: „ U n d d e r H e r r r e d e t e zu M o s e s a u f d e m B e r g e S i n a i F o l g e n d e s u. s. vv. Was hat das Schemittajahr mit dem Berge Sinai zu thun? Sind denn nicht a l l e Mizwot auf dem Sinai offenbart worden? Sowie beim Schemittajahre nicht nur das A l l g e m e i n e , sondern auch jede gesetzliche E i n z e l h e i t dem Sinai entstammt, so ist bei Allen das A l l g e m e i n e mit den E i n z e l h e i t e n auf dem Sinai offenbart worden." Nach der dem Rawed (R. Abraham ben David aus Posquieres, dem Zeitgenossen und Gegner des Maimonides), zugeschriebenen Erklärung will der Sifra allen Einzelheiten des Mischpatimabschnittes die gleiche Auffassung sichern, wie denen des Schemittaabschnittes, dass sie nämlich halacha le Mosche seien. Dies entspräche der Ansicht Rabbi Ismaels. A u c h im M i d r a s c h k r e i s e d e s S i f r a b e s t r e i t e t d i e s R a b b i A k i b a . Da heisst es Bechukothai, am Schlüsse von

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Perek VIII: „(Das sind) die T h o r o t , zum Beweise, dass Israel zwei Thoras erhalten, eine schriftliche und eine mündliche. R a b b i A k i b a s p r a c h : H a t d e n n I s r a e l n u r zwei T h o r a s , h a t I s r a e l n i c h t viele T h o r a s e r h a l t e n ? D a s ist d i e T h o r a d e s G r e n z o p f e r s , das ist die T h o r a des Speiseo p f e r s etc." Und zum Beweise, dass wir uns hier auf dem gleichen Gebiete bewegen, wie Anfang Behar, schliesst die Stelle im Sinne des Rabbi Ismael: „Auf dem B e r g e S i n a i d u r c h Mosis Hand, das lehrt, dass die Thora in ihren Halachot, in ihren E i n z e l h e i t e n und ihren E r k l ä r u n g e n auf dem S i n a i d u r c h Moses g e g e b e n w o r d e n ist." Man wird wohl nicht annehmen wollen, dass hier von Rabbi Akibas Seite das Vorhandensein der mündlichen Lehre angezweifelt worden ist. Nur möchte er nicht den schroffen Gegensatz festhalten, dass ein sehr grosser Theil des Gesetzes vollkommen losgelöst vom Schriftausdruck gedacht werden soll. Die eigentliche Thora schebaalpeh würde demgemäss Bestimmungen enthalten, die, wenn im Worte der Thora angedeutet, schon Thora schebiktaw wäre. Durch die Halacha le Mosche wird dagegen der Raum für Schriftdeutungen begrenzt; sie bedarf keiner Schriftbeweise, da sie dem geschriebenen Thoraworte gleichberechtigt ist. Anders Rabbi Akiba. Gewiss hält auch er an dem Begriffe der mündlichen Lehre fest, aber es ist ihm unmöglich, alle die Einzelheiten des Gesetzes von dem Schriftworte zu trennen. Es darf nur eine Lehre geben, Alles hängt an Allem, in den Wendungen der Thora, in überflüssigen Worten und Silben ist die Satzung angedeutet, die nicht geradezu in der Thora erwähnt ist. Nimmst Du z w e i Lehren an, so nimm lieber viele an, so oft das Wort Thora ausgesprochen wird; willst Du das aber nicht, so muss Alles eine Lehre sein. Darum konnten dieselben Thorasätze, welche nach R a b b i I s m a e l die h a l a c h a le Mosche f ü r den Nesikint h e i l a n d e u t e n , n a c h R a b b i A k i b a die F o r d e r u n g auss p r e c h e n , d a s s die d i n e m a m m o n o t eine g e o r d n e t e m i s c h n i s c h e F a s s u n g e r h a l t e n sollten. Man könnte dem entgegenhalten, dass es einer derartigen



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Aufforderung von Seiten rlerSchrift nicht bedurft hätte; denn wozu diese N o t w e n d i g k e i t bei den N e s i k i n b e g r ü n den, wenn eine f r ü h e r e M i s c h n a f ü r a l l e a n d e r e n ges e t z l i c h e n G e b i e t e schon v o r h a n d e n g e w e s e n sein soll? Stand es nicht stillschweigend fest, dass auch die Nesikin in die gleiche Form zu bringen sind? Sollte vielleicht ein Gegensatz zwischen gottesdienstlichem und bürgerlichem Rechte im Bewusstsein der Zeit bestanden haben, als wenn das weltliche Geldgesetz den heiligen Satzungen u n t e r g e o r d n e t w ä r e , und es hätte die Gleichberechtigung aller Gebiete bewiesen werden sollen? Wenn sich in den berührten Midraschim Spuren einer solchen Gebietstheilung finden Hessen, so würde unsere frühere dargethane Auffassung, dass die Mammonot erst in d i e s e r Zeit aus dem Midrasch in die Mischna selbständig eingetreten sind, eine starke Bestätigung erfahren. Wir werden sehen. In Bechukothai Perek VIII sagt der Sifra: „Weil sie meine M i s c h p a t i m v e r s c h m ä h t h a b e n , das sind die Dinim, und meine C h u k k o t i h r e S e e l e v e r a c h t e t e , das sind die Midraschim." Dann später: „Das sind die C h u k k i m , nämlich die M i d r a s c h i m ; und die M i s c h p a t i m , das sind die D i n i m ; und die L e h r e n , zwei Lehren, mündliche und schriftliche u. s. w." Und am Anfange von Bechukothai heisst es daselbst: „Wenn ihr in m e i n e n C h u k k o t w a n d e l t , meinst Du, das wären die Mizwot? Da es weiter heisst Und m e i n e Mizwot b e w a h r e t und sie a u s ü b e t , so sind die Mizwot schon h i e r genannt; was heisst nun Wenn i h r in m e i n e n C h u k k o t w a n d e l t ? Der Schöpfer will, dass sich Israel mit der Thora beschäftige. Und ebenso heisst es Wenn i h r n i c h t auf mich höret, wären das die Mizwot? Da es weiter heisst Und ihr a l l e d i e s e Mizwot n i c h t a u s ü b t , so sind die Mizwot schon h i e r genannt! Was heisst nun Wenn ihr n i c h t auf mich h ö r t ? Euch mit der Thora zu bemühen." Wenn Grätz im vierten Bande S. 421 sich gegen die zu weitgehenden Deutungen solcher Talmud- und Midraschstellen



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erklärte, in welchen viele halachische und agadische Wissenszweige neben einander genannt werden, um einen grossen Eindruck zu erzielen, so theilen wir diesen Standpunkt ganz. Nichts kann mehr irreführen, als wenn man über jeden Ausdruck derartiger Zusammenstellungen grübeln und daraus -geschichtliche Folgerungen ziehen wollte. Anders ist es aber in den eben angeführten Midraschsätzen. Da fühlt sich der Sifra verpflichtet, im Thoravvorte die Berechtigung verschiedener gesetzlicher Gebiete neben einander zwingend festzustellen, und zwar stimmen, wie wir sehen, mehrere Baraithat in den Begriffsbestimmungen genau überein. Chukkot sind nicht mizwot, sondern niidraschim, mischpatim sind dinim, in d e n C h u k k o t w a n d e l n u n d a u f m i c h h ö r e n heisst s i c h in d e r T h o r a b e m ü h e n . Besonders liegt dem Midrasch daran, die Mizvvot als ein von den anderen gesondertes Gebiet darzustellen. Haben wir es hier mit allgemeinen L e h r f o r m e n zu thun, die auf j e d e Halacha angewandt werden können, oder werden uns b e s t i m m t e g e s e t z l i c h e G e b i e t e hier als besondere Gegenstände angegeben ? Der unter Chukka verstandene Midrasch ist ohne Zweifel eine L e h r f o r m , die der ältesten Gestaltung der Halacha entspricht. M i z w a d a g e g e n m u s s d i e B e n e n n u n g f ü r ein b e s o n d e r s g e s e t z l i c h e s G e b i e t s e i n , w e l c h e s a l s zweif e l l o s b e r e c h t i g t a u s d e r E r ö r t e r u n g um so e h e r a u s g e s c h l o s s e n w e r d e n d u r f t e , a l s s c h o n in d e r S c h r i f t selbst der Ausdruck Mizwa d a f ü r g e b r a u c h t und darum j e d e D e u t u n g unnöthig wird. Was sind aber D i n i m ? Nin ]-h «bm ist eine in den Midraschim, besonders im Sifra an unzähligen Stellen vorkommende Einleitungsformel, die soviel besagt, wie l a i m bp „Hier wäre ein Schluss vom Leichteren aufs Schwerere vernunftgemäss möglich, sonach die Thora dies oder jenes nicht hätte zu erwähnen brauchen." Soll aber hier DTT soviel heissen, wie V e r n u n f t s c h l ü s s e ? Dann wäre es eine Herleitungs-, also Lehrform, und würde kein besonderes halachisches Gebiet bezeichnen. W i r f i n d e n a b e r d e n A u s d r u c k D i n i m in j e n e r b e k a n n t e n C h a g i g a s a t z u n g am S c h l ü s s e d e s

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z w e i t e n A b s c h n i t t e s a l s B e n e n n u n g des S e d e r N e s i k i n , der d a m a l s nur S a n h e d r i n und die d a m i t v e r w a n d t e n T r a k t a t e enthielt. D e m n a c h w ü r d e a u c h h i e r der Ausdruck schwerlich etwas Anderes bedeuten, als das b ü r g e r l i c h e R e c h t und d a s S t r a f g e s e t z b u c h . Dafür spricht noch ausserdem der Umstand, dass der Schriftausdruck Mischpatim soviel heisst, wie Dinim, und da bezieht sich doch B e i d e s s i c h e r auf die r i c h t e r l i c h e Thätigkeit. Haben wir das E i n e gefunden, so w i r d s i c h uns der B e g r i f f M i z w o t g a n z von s e l b s t a l s d i e G e s a m m t h e i t aller g o t t e s d i e n s t l i c h e n B e s t i m m u n g e n , aller Reinh e i t s - und E n t h a l t s a m k e i t s g e s e t z e e n t h ü l l e n . Nun wird in der Strafandrohung (Sifra Bechukothai Perek VIII) ein besonderer Nachdruck darauf gelegt , dass nicht nur die Vernachlässigung der M i d r a s c h i m , die sich ganz nach der Ordnung des Schriftverses richten, sondern die der M i s c h n a s e l b s t , d e s W a n d e i n s in den S a t z u n g e n , das staatliche Unglück herbeiführe, und nicht etwa blos die Vernachlässigung der M i z w o t , d. h. des eigentlichen R e l i g i o n s g e s e t z e s , sondern auch der M i s c h p a t i m - D i n i i n , der dem w e l t l i c h e n R i c h t e r u n t e r w o r f e n e n G e b i e t e des M i s c h p a t i m - A b s c h n i t t e s im E x o d u s , Schlimmes über das Volk gebracht habe. D e m n a c h muss e i n s t das e i g e n t liche G e l d g e s e t z , das b ü r g e r l i c h e R e c h t , besonders s o w e i t es n i c h t g e r a d e z u in d e r T h o r a a n g e d e u t e t war, s i c h n i c h t der g l e i c h e n S c h ä t z u n g im G e s a m m t b e w u s s t s e i n e r f r e u t h a b e n , wie a l l e a n d e r e n G e b i e t e der Hal a c l i a . Unterstützt wurde diese Anschauung noch durch die Satzung, dass von M a m m o n o t (den Geldgesetzen) k e i n e F o l g e r u n g e n a u f I s s u r (die eigentlichen Religionssatzungen) g e z o g e n w e r d e n k ö n n e n (Berachot Babli 19 b), indem man in Z w e i f e l f ä l l e n für den V e r k l a g t e n g ü n s t i g e n t s c h e i d e n d ü r f e . Zeigt sich doch zu allen Zeiten ein Streben, das Gebiet des H e i l i g e n gegen das sogenannte W e l t l i c h e abzugrenzen, und da liegt die Auffassung nahe, d a s s die t ä g l i c h e n F r a g e n des Mein und D e i n mit i h r e m w e r k t ä g i g e n ,

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n ü c h t e r n e n G e p r ä g e n i c h t dem B e g r i f f e d e s G ö t t l i c h e n e n t s p r ä c h e n . E s g e h ö r t erst ein w e i t e r e r B l i c k dazu, zur E i n h e i t b e i d e r G e b i e t e d u r c h z u d r i n g e n . Dass zwischen Midrasch, einer alle Gebiete umfassenden Lehrform, und dem unter Dinim verstandenen Halachatheile ein Gegensatz gefunden werden konnte, lag nur d a r a n , dass Chukka, das von Gott besonders e i n g e g r a b e n e (chakuk) ges c h r i e b e n e Wort, sich eher mit a n d e r e n gesetzlichen Kreisen, als mit dem Din mammonot verbinden liess. Mit Recht wird deshalb Chukka dem Mi d r a s c h begriffe gleichgesetzt, denn - - r n n npin heisst (vgl. Bemidbar Rabbah, Anf. Chukkat) das von der Thora unabänderlich Gegebene, das sich in seinen letzten Gründen unserer Erklärung entzieht. G r a d e die dine m a m m o n o t , mit den V e r h ä l t n i s s e n des t ä g l i c h e n Lebens sich b e f a s s e n d , g e h e n den n ü c h t e r n e n V e r s t a n d am m e i s t e n an, und k ö n n e n n u r in w e n i g P u n k t e n chukkot genannt werden. Aber es liegt auch in diesem Midraschkreise das Streben, •pea rmuj nvnb ein m ü n d l i c h e s L e r n e n zu empfehlen, wozu hauptsächlich die Misch na Veranlassung bietet. Einmal heisst •obn vnpirra act soviel wie m i r a d^baj» rrnnb, und die gleiche Erklärung gibt der Sifra für woian ttb DNt, um sowohl die Verheissung, als auch die Strafandrohung auf Bemühung in der Thora oder deren Vernachlässigung zu gründen. In den Chukkot w a n d e l n muss aber heissen die Mi d r a s c h im fortb i l d e n d v e r w e r t h e n ; d a s g e s c h i e h t nur in d e r M i s c h n a . Wollten wir noch daran zweifeln, so gibt uns an der gleichen Stelle der Midrasch (Sifra Anf. Bechukothai) weitere Beispiele von einem Ueberfluss an Schriftausdrücken, die gedeutet werden müssen: „Und so sagt E r : G e d e n k e des S a b b a t t a g e s , ihn zu h e i l i g e n ; glaubst Du vielleicht, dass in Deinem I n n e r n (seiner zu gedenken genüge)? Wenn Er sagt B e w a h r e (den Sabbat), so ist das Bewahren iin Herzen schon ausgesprochen. Wie kann ich nun TOT erklären? D a s s Du es m ü n d l i e h l e r n e s t . " Und so geht es weiter, das TOT an bezüglichen Stellen auf das mündliche Lernen von Negaim und Megilla zu beziehen, wie a u c h R a w e d e r k l ä r t .

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Dass gerade diese Beispiele hier angeführt werden, bringt uns darauf, dass unter dem vorstehenden Wandeln in den Chukkot-Midraschim auch das mischnische Arbeiten gemeint ist. Da aber Verheissung und Strafandrohung daran g e k n ü p f t ist, es sich ausserdem um ein mischnisch vernachlässigtes Gebiet handelt, so kann hier bloss von den Mischpatim-Dinim die R e d e sein. Das bestätigt auch Abot V 8 „Das Schwert kommt Uber die Welt wegen der Unterdrückung des Rechtes (Diu) und wegen der Verdrehung des Rechtes und wegen deren, die nicht nach der Halacha in der Thora entscheiden." Das bezieht sich geradezu auf das rrna öp: nzpv 2-in der Strafandrohung (Sifra Bechukothai Perek VI). Würde man uns nun auch in der Deutung dieser Midraschim Recht geben, so träte nun die schwer zu lösende Frage an uns heran, welchem tanaitischen Z e i t a l t e r es vorbehalten g e w e s e n , die eigentlichen Rcchtssätze des Seder N e s i k i n so zur Geltung zu bringen, ihre Gleichberechtigung mit der übrigen Thora als halacha le Mosche missirai zu betonen oder ihre mischnische Behandlung zu e m p f e h l e n ? Hier sind wir auf blosse Vermuthungen angewiesen, weil den Traktaten Kamma, Mezia und zum Theil Bathra die ausgesprochene geschichtliche Färbung fehlt. Wir fanden jedoch in der Mechilta die Namen Rabbi Ismael und Rabbi Akiba, und im Sifra, wo Rabbi Akiba auch vorkommt, fast eine Fortsetzung j e n e r im Misch patim-Abschnitte a n g e r e g t e n Erörterung. Rabbi Ismael ist derjenige, der am Ende von Bababathra es empfiehlt, sich mit Dine Mammonot zu beschäftigen. Diese Mahnung galt doch wohl einem weniger ausgebildeten und beachteten Halachagebiete. Wie in der Mechilta überhaupt, besonders in ihren streng gesetzlichen Theilen, so steht Rabbi Ismael auch in der Massechta di N e s i k i n stets als der erste der redenden Tanaiten da. Man könnte nun sagen, dass die ganze Mechilta den Stempel Rabbi Ismaels so sehr an sich trage, dass dies kein Beweis sei; aber auch im S i f r i I P i s k a 2 , wo eine Rechtshalacha v e r h a n d e l t wird,

finden wir s o f o r t R a b b i Ismael mit seinem Schülerk r e i s e . (Vgl. Dr. Hofmann „Einl. in b

ergänzen einander völlig mit Bezug auf die Bestimmung des nnwrt nbi.

Ich erfasse diesen in Ber. aufgestellten Begriff am

klarsten durch jene Zwillingsmischna in Pes. (Zu S. 21.)

Die Tossefta

am Anfang von Peah

noch weit mehr, als die Mischna, neuer Seder begönne.

den Eindruck,

macht

als ob ein

Die Verbindung mit den Begriffen von

Kidduschin (d. h. von dem dort befindlichen Schlussworte des



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alten Seder Naschim), selbst mit Sanhedrin, dem Beginne des ältesten Nesikin- oder vielmehr Dinimseder tritt da noch klarer hervor. (Zu S. 23.) Gelegentlich dieser Chagigastelle führt die Toss. (Ed. Zuckermandel S. 234 Zeile 3), jene Sifristelle, über die Befugnisse des Synedriums und die Entstehung der ersten Streitigkeiten an — ein Beweis, dass man diesen Streit der beiden Schulen, der vielleicht hier begonnen, lebhaft bedauert hat. (Zu S. 24.) Die Toss. Chag. führt hier (S. 233 § 9) noch Erachin und Charamin an, die, wie wir im ersten Theile nachgewiesen, dem Schlüsse des Sifra entsprechen sollen; auch Ende Erubin, d. h. Ende des ganzen Sabbattraktates steht ausserdem in der Toss. diese Chagigastelle, also wiederum an merkbarem Orte, wodurch die Erwähnung von Sabbat noch erklärbarer wird und sich völlig mit unseren Vermuthungen deckt. (Zu S. 34.) Die wenigen Hillel-Sehammai,Satzungen von Gittin zeigen uns, so weit sie von einander entfernt sind, den strengen Zusammenhang, den die Mischna beider Schulen bewahrt. VIII 4 gestatten die Schainmaiten eine Erleichterung beim Sclieidebriefe, während die Hilleliten in diesem Falle einen neuen „Get" verlangen. Es ist k l a r , dass dieser Streit mit jenem andern VIII 9 zusammenhängt, ja, geradezu darauf ber u h t , dass aber b e i d e Mischnas ihre Erklärung durch die dritte am Schlüsse IX 10 finden, wo die Hilleliten die Scheidung an sich selbst erleichtern, die Schainmaiten erschweren, beide dem Tlioraworte gemäss. Um nun die Scheidung nicht, da sie an sich so leicht ist, zum blossen Spiele zu machen, erschweren die Hilleliten an j e n e r Stelle. (Zu S. 62.) Wie sehr der Begriff abw fip-ri mit rr^niD zusammenhängt, beweist die Mechilta (Friedniann, Selbstverlag S. 100 b) Anfang rpyaiom efc. bis B3i» ppvi ">3sa.

I n h a l t . Seit«

Vorrede I. Hillel und seine unmittelbaren V o r g ä n g e r II. III. IV. V.

Die ordnende Thätigkeit der Hilleliten und Schaininaiten Die Halacliot von bo bajom Der Seder Naschim u n d wein Verhältniss zu Nesikin Vormuthungen über die Entstehung der Nesikin

VI. B e m e r k u n g e n : (Zu S. 7). Die L ä n g e der Anfangs-, die Kürze der Schlusstraktate. (Zu Seite 11.) Grätz über Aufhören des Streites zwischen Sadduziiern und Pharisäern etc. (Zu S. 20, 21, 23, 24, 34, G2) Ueber Einzelheiten

Universi täts-Buchdruckerei von Carl Georgi in Bonn.

5 9 IG 37 53 (W

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Im gleichen Verlage erschien:

Dr. Ii. A . Romenthal,

Der Zusammenhang der Mischna, ein Beitrag zu ihrer Entstehungsgeschichte. Erster Theil: Die Sadduzäerkämpfe und die Mischnasammlungen vor dem Auftreten Hilleis. 8°. 95 S. 1890. M. 2.50. Vom Verfasser vorliegenden Werkes erschienen:

Bei Scheible in Stuttgart:

Lazarus Geiger. Seine Ansicht über Entstehung der Sprache und Vernunft und sein Leben. Bei Willi. Friedrich (Hofbuehhandlung) in Leipzig:

Die monistische Philosophie. 2. A u f l a g e . (Ein kritischer Versuch.) Bei Jonas Alexander's Wittwe in Rogasen:

Miro's Techinna. Vollkommen umgearbeitet. Bei J. Kauffmann, Frankfurt a. Main:

Ein jüdischer

Egidy.

(Entgegnung.) Univcrsitäts-Buclidruckerci von Carl Georgi in Bonn.