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German Pages 104 Year 1967
Berliner Juristische Abhandlungen Band 13
Über den Ursprung der Wechselstrenge Eine historisch-dogmatische Untersuchung der Lehre vom rigor cambialis
Von
Lutz Sedatis
Duncker & Humblot · Berlin
Berliner
Juristische
Abhandlungen
M i t der vorliegenden Reihe haben sich Herausgeber u n d Verlag zur Aufgabe gemacht, einen Beitrag zur Förderung des juristischen Einzelschrifttums zu leisten. Ohne die Bedeutung der Kommentar- und Zeitschriftenliteratur schmälern zu wollen, glauben sie, daß die ein bestimmtes Rechtsgebiet besonders eingehend untersuchende Monographie für den wissenschaftlichen Fortschritt unentbehrlich ist und es daher der Gefahr zu begegnen gilt, die durch die Schwierigkeiten der Veröffentlichung solcher Schriften der Wissenschaft droht. I m Rahmen dieser Aufgabe liegt es dem Herausgeber besonders am Herzen, eine breitere juristische Öffentlichkeit auch m i t den Schriften jüngerer Autoren bekanntzumachen, deren Namen der Fachwelt noch nicht vertraut sind. Es versteht sich von selbst, daß diese Schriften für die Veröffentlichung besonders überarbeitet worden sind und es nach Ansicht des Herausgebers w o h l verdienen, einem größeren Leserkreis zugänglich zu werden als dem, auf den sich erfahrungsgemäß die Verbreitung von Dissertationen und Habilitationsschriften beschränkt. Die Arbeiten werden i n zwangloser Folge erscheinen und können sich auf alle Gebiete des Rechts beziehen. Dogmatisches und Historisches soll i n gleicher Weise berücksichtigt werden. Über die Aufnahme der eingehenden Beiträge, die nicht i n B e r l i n entstanden zu sein brauchen, entscheidet der Herausgeber.
Duncker & Humblot, Berlin
Ulrich von Lübtow
LUTZ
SEDATIS
Über den Ursprung der Wechselstrenge
Berliner
Juristische
Abhandlungen
unter Mitwirkung von
Walter G. Becker, K a r l August Bettermann, Hermann Blei, A r w e d B l o meyer, Gustav Boehmer, M a r t i n Drath, Erich Genzmer, Ernst Heinitz, Heinrich Herrfahrdt, Ernst E. Hirsch, Götz Hueck, Hermann Jahrreiß, Wolfgang K u n k e l , Bichard Lange, Peter Lerche, Walter Meder, Dietrich Oehler, Werner Ogris, L u d w i g Schnorr von Carolsfeld, E r w i n Seidl, K a r l Sieg, Klaus Stern, W i l h e l m Wengler, F r i t z Werner, Franz Wieacker, Herbert Wiedemann, Hans Julius Wolff (Freiburg i. Br.)
herausgegeben von
Ulrich von Lübtow
Band 13
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Uber den Ursprung der Wechselstrenge Eine historisch-dogmatische Untersuchung der Lehre vom rigor cambialis
Von Dr. iur. L u t z S e d a t i s
D U N C K E R
&
H U M B L O T
/
B E R L I N
Gedruckt m i t Unterstützung der Stiftung Volkswagenwerk
Alle Rechte vorbehalten © 1967 Duncker & Humblot, Berlin 41 Gedruckt 1967 bei Alb. Sayffaerth, Berlin 61 Printed in Germany
Geleitwort Der Ausdruck „Wechselstrenge" begegnet zwar allenthalben i m Schrifttum zum deutschen Wechselrecht, ja sogar noch in den heute selten gewordenen höchstrichterlichen Entscheidungen der letzten Jahre. Welche Bewandtnis es aber mit der Wechselstrenge, dieser zum Wechsel und zum Wechselrecht angeblich begriffsnotwendigen Eigenschaft hat, darüber besteht eine solche Vielfalt der Meinungen, daß eine wissenschaftlich vertretbare und sachlich brauchbare Klassifizierung und Systematisierung kaum möglich erscheint. U m so erstaunlicher ist es, daß dieser Begriff i m außerdeutschen Wechselrechtsbereich — abgesehen von dem Grundsatz der Formenstrenge — keine nennenswerte Rolle spielt, ja häufig sogar unbekannt ist. Nun kann sich trotz einheitlichem Wechselgesetz ein einheitliches Wechselrecht nicht bilden, wenn die Doktrin der einzelnen Länder und ihr folgend die nationale Rechtsprechung an ihr eigentümlichen überkommenen Begriffen festhalten, die ihren früheren Sinn verloren haben und heute zu den verschiedenartigsten Deutungen und Auslegungen Anlaß geben. Aus diesen Erwägungen ist die Anregung zu der vorliegenden Arbeit entstanden, die sich ursprünglich allein auf das geltende Recht beziehen sollte. Dies aber war, wie sich während der Vorbereitung herausstellte, ohne Zurückgehen auf die historischen Grundlagen und Entwicklungswege nicht möglich. Herr Dr. Sedatis kommt auf der Grundlage reichhaltigen historischen Quellenmaterials, dessen schwer zugängliche Fundstellen in bisher nicht erreichter Vollständigkeit am Schlüsse der Arbeit chronologisch zusammengestellt sind, zu folgenden Ergebnissen: Die moderne Lehre von der Wechselstrenge geht zurück auf das durch den berühmten Hallenser Rechtslehrer Heineccius begründete Dogma vom rigor cambialis (Mitte des 18. Jahrhunderts). Nach diesem auf Deutschland beschränkten Lehrsatz war der Wechsel begrifflich durch die Eigenschaft gekennzeichnet, den säumigen Schuldner in Personalarrest setzen zu lassen. Hieran knüpfte die deutsche Begriffsjurisprudenz i m 19. Jahrhundert i m Wege eines Zirkelschlusses an, als die dogmatische Einordnung des seit Einert von der Ordrequalität her begriffenen Wechsels zu Schwierigkeiten führte: Da es sich bei den Eigenschaften des Ordrewechsels um Erscheinungen handelte, die diesem Institut eigentümlich waren, faßte man sie kurzerhand unter dem Begriff „rigor cambialis" zusammen, weil dieser
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Geleitwort
schon i n der Vergangenheit die Eigentümlichkeit des Wechsels bezeichnet hatte. Damit war die weitere Möglichkeit eröffnet, alle tatsächlichen und vermeintlichen Besonderheiten des Ordrewechsels einem scheinbar einheitlichen Begriff zuzuordnen, indem man „die" Wechselstrenge nach dem jeweils überwiegenden Element als „materielle", „formelle" oder „prozessuale" apostrophierte. Historisch aufschlußreich ist daneben vor allem auch der vom Verfasser aufgezeigte Bezug der Rigor-Lehre zur Ausbildung des Wechselprozesses, dessen Anfänge bisher wissenschaftlich nicht geklärt waren. Die Untersuchung ist nicht nur eine dogmengeschichtliche Studie von hoher Qualität; sie zeugt auch von großem Verständnis für die Faktoren, welche für den Wandel von Rechtseinrichtungen und Rechtsformen einerseits und für die wechselnden Versuche begrifflicher Erfassung und dogmatischer Einordnung in das wissenschaftliche Rechtssystem andererseits bedeutsam sind. Sie ist ein gutes Beispiel dafür, wie Rechtsgeschichte, Rechtsvergleichung und Rechtssoziologie erst i n ihrer gegenseitigen Durchdringung die Möglichkeit bieten, alt überkommene Rechtsformen und Rechtsbegriffe, die oft nur noch schablonenhaft gebraucht werden, auf ihre tatsächliche und rechtliche Bedeutung für die aktuelle Rechtsordnung und das sie widerspiegelnde wissenschaftliche Rechtssystem mit Gewinn zu untersuchen. Unter diesem Gesichtswinkel betrachtet sollte die Arbeit, obgleich als rechtshistorische Studie angelegt, auch die aktuelle deutsche Lehre und Rechtsprechung veranlassen, ihre bisherigen Positionen zum Begriff der Wechselstrenge einer Nachprüfung zu unterziehen, um unter Berichtigung unhaltbar gewordener Vorstellungen einen wesentlichen Schritt zur Vereinheitlichung des Wechselrechts zu tun. 1 Berlin 33 (Dahlem), im Dezember 1966 Prof. D r . i u r . Ernst E. Hirsch
Inhaltsverzeichnis Einleitung § 1 Problemstellung
9 J. Kapitel
Die Lehre vom rigor cambialis als Kriterium des Wechsels §2 Dogmengeschichtliche Darstellung
14
§3 Die Theorien über die historische Entstehung u n d die dogmatische Begründung des rigor cambialis
16
I. Die germanistische Theorie
16
I I . Die Valutatheorie (Büsch)
18
I I I . Die Meßtheorie (v. Martens)
19
2. Kapitel Kritik der Lehre § 4 Die historischen Grundlagen
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I. Die ausländische Entwicklung der Erscheinungsformen des rigor cambialis 1. Der Wechsel i m Verhältnis zum italienischen Exekutivprozeß 2. Der rigor n u n d i n a r u m 3. Die „contrainte par corps" i m französischen Recht I I . Die E n t w i c k l u n g i n Deutschland 1. Die Regelung der parata executio u n d der Personalhaft durch § 107 des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 2. Die Personalhaft nach den Partikularrechten § 5 Der wechselrechtlich spezifische Charakter des rigor cambialis I. Einheitlichkeit der Anwendbarkeit I I . Gleichförmigkeit der Anwendung I I I . Spezialität der Geltung
22 22 25 29 36 37 42 52 52 55 56
3. Kapitel Auswirkungen der Lehre § 6 Wechselklausel u n d Eigenwechsel I. Die Wechselklausel I I . Der Eigenwechsel
59 59 67
8
Abkürzungen
§ 7 Der Wechselprozeß
68
I. Die Behandlung des Ursprungs i n der L i t e r a t u r I I . Entstehung u n d Ausbildung i n Deutschland § 8 Die Rigor-Lehre i m Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik I. Der Einfluß auf die Verbindung von Forderung u n d U r k u n d e (Skripturcharakter) I I . Der Bedeutungswandel der Wechselstrenge 1. Die materielle Wechselstrenge
68 72 78 78 82 85
2. Die prozessuale Wechselstrenge
86
3. Die formelle (förmliche) Wechselstrenge
86
Literatur und Quellennachweise A. Literatur
89
B. Gesetzessammlungen
97
C. Gesetze
97
Abkürzungen ADHGB
Allgemeines Deutsches Handelsgesetzbuch v o n 1861
A D WO
Allgemeine Deutsche Wechselordnung von 1848
BGHZ
Entscheidungungen des Bundesgerichtshofs i n Zivilsachen
IRA
Jüngster Reichsabschied von 1654
JW
Juristische Wochenschrift
NJW
Neue Juristische Wochenschrift
OAG
Oberappellationsgericht
OLG
Oberlandesgericht
RGZ
Entscheidungen des Reichsgerichts i n Zivilsachen
ROHG
Reichsoberhandelsgericht
VO
Verordnung
WG
Wechselgesetz v o m 21. J u n i 1933 (RGBl. I S. 399)
WO
Wechselordnung
ZHR
Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht (ab Bd. 60. 1907): u n d Konkursrecht
Sub iudice adhuc Iis est de genuino fundamento rigoris cambialis N. H. Petzoldt (1795)
Einleitung § 1 Problemstellung Wohl kaum i n irgendeinem anderen Zweig der Rechtswissenschaft ist ein Begriff i n derart umfassender Weise zum Inbegriff einer gesamten Rechtsmaterie geworden wie die Wechselstrenge i m Bereich des Wechselrechts i n Deutschland. Beginnend m i t den frühen historischen Spuren des Wechsels i m Mittelalter hat man die Wechselstrenge i n fast allen Stadien der geschichtlichen Entwicklung bis zur Gegenwart als eine Eigenschaft angesehen, die begriffsnotwendig zum Wechselrecht und seinem Gegenstande, dem Wechsel, gehöre. U m so mehr muß die Tatsache überraschen, daß am Ende dieser langen Entwicklung über Ursprung, Inhalt und Bedeutung der Wechselstrenge Uneinigkeit besteht. Die Richtigkeit dieser Feststellung erweist sich schon an der Aussichtslosigkeit des Versuchs, die neuesten und neueren Lehrmeinungen i n einem auch nur geringen wissenschaftlichen Anforderungen gerecht werdenden System zu erfassen und zu ordnen. Zwar findet sich überwiegend die Unterteilung i n materielle und formelle Wechselstrenge; aber weder w i r d diese Unterteilung von allen Autoren einheitlich durchgeführt, noch bedeutet sie — soweit sie vertreten w i r d — auch sachlich eine Übereinstimmung. Der Inhalt, der diesen Erscheinungsformen der Wechselstrenge beigelegt wird, ist durchaus verschieden. Die materielle Wechselstrenge — mitunter auch als „sachliche" bezeichnet 1 — w i r d vor allem i n der Beschränkung der Einwendungen gegenüber dem gutgläubigen Erwerber gesehen2. Aber schon hier w i r d 1 z.B. von Baumbach-Hefermehl, Wechselgesetz u n d Scheckgesetz m i t Nebengesetzen, 8. Aufl., München u n d B e r l i n 1965, Einl. WG, Anm. 13; Peter, Wechsel- u n d Scheckrecht, Herne — B e r l i n 1960, S. 65; B u r k h a r d t , Das Wechsel- u n d Scheckrecht, Flensburg 1958, S. 4. 2 Grünhut, Wechselrecht, Bd. I, Leipzig 1897, S. 2; Schumann, Handelsrecht, Bd. I I , B e r l i n 1954; §33 (S. 326); Baumbach-Hefermehl, a.a.O.; Stranz, M., Wechselgesetz, 14. Aufl., Wiesbaden 1952, Einl. A n m . 18 (vgl. auch A r t . 16 A n m . 15); Herrmann, E., Das Wechselrecht, Wolfenbüttel 1949, S. 14; v. Schwerin, Wechsel- u n d Scheckrecht einschließlich der Grundbegriffe des Wertpapierrechts, 2. Aufl. des Rechts der Wertpapiere, B e r l i n u n d Leipzig 1934, S. 58;
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Einleitung
zur Begründung einerseits die Abstraktheit der Wechselverbindlichkeit angeführt 3 , während andererseits auf deren Skripturcharakter verwiesen wird, der dazu führe, daß sich die Wechselverbindlichkeit nach der Wechselurkunde bestimme 4 . Mitunter werden auch Abstraktheit und Skripturcharakter nebeneinander gestellt 5 . Fast einhellig w i r d dagegen die gesamtschuldnerische Haftung der Wechselverpflichteten hervorgehoben 6 , während wiederum nur vereinzelt i n diesem Zusammenhang die Unabhängigkeit der einzelnen Wechselerklärungen 7 und die Zulässigkeit des Sprungrückgriffs angeführt werden 7 . Zur formellen Wechselstrenge zählt man vornehmlich die strengen Formerfordernisse, deren Nichtbeachtung oder Verletzung regelmäßig die Nichtigkeit des Wechsels zur Folge hat 8 sowie die Rechtshandlungen, von deren Einhaltung die Zulässigkeit des Rückgriffs abhängt 9 . Das beschleunigte gerichtliche Verfahren, der Wechselprozeß, hingegen w i r d teilweise daneben 10 , teilweise ausschließlich 11 zur formellen Wechselstrenge gerechnet. Andererseits bestehen sachliche Übereinstimmungen, obwohl abweichende Bezeichnungen verwendet werden, so etwa wenn die Formgebundenheit und das beschleunigte Verfahren gemeinsam unter dem Begriff der „förmlichen" Wechselstrenge erfaßt werStanzl, Wechsel-, Scheck- u n d sonstiges Wertpapierrecht, Graz — K ö l n 1957, § 6 I I I (S. 15); Grünberg, Grundzüge des neuen Wechsel- u n d Scheckrechtes einschließlich der Gesetzestexte, 4. Aufl., Wien 1933, § 5 (S. 10). 8 Stranz, a.a.O., Einl. A n m . 18; v. Canstein, Lehrbuch des Wechselrechts, B e r l i n 1890, S. 133; Lehmann, H. O., Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, §40 (S. 136); Thöl, Das Handelsrecht, I I . Band, Das Wechselrecht, 4. Aufl., Leipzig 1878, § 17 (S. 88) hat nicht die Abstraktheit der Verpflichtung, sondern die Gültigkeit der abstrakten Verpflichtung als materielle Wechselstrenge bezeichnet. 4
Baumbach-Hefermehl, a.a.O.; B u r k h a r d t , a.a.O.; Peter, a.a.O. Schumann, a.a.O.; Stanzl, a.a.O. 6 Vgl. statt aller v. Canstein, a.a.O., S. 132 Anm. 40, der sie als wichtigste Garantie der Wechselhaftung bezeichnet. 7 Stranz, M., a.a.O., Einl. A n m . 18. 8 Locher, Das Recht der Wertpapiere, Tübingen 1947, S. 80; Rehfeldt, W e r t papierrecht, 8. Aufl., München u n d B e r l i n 1966, S. 49; Schumann, a.a.O., § 33 (S. 326); Stranz, M., a.a.O., Einl. Anm. 20; v. Schwerin, a.a.O., S. 58; Hueck, A., Recht der Wertpapiere, 9. Aufl., B e r l i n u n d F r a n k f u r t a. M. 1963, § 8 I I I 1 (S. 40); Stanzl, a.a.O. S. 16, bezeichnet sie i m Gegensatz zur formellen Strenge als „Formstrenge". 5
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Vgl. außer den i n A n m . 8 Genannten: B u r k h a r d t , a.a.O.; Peter, a.a.O. Schumann, a.a.O.; Stranz (a.a.O. A n m . 19) bezeichnet den Wechselprozeß als Verschärfung der materiellen Wechselstrenge. 11 Jacobi, Wechsel- u n d Scheckrecht unter Berücksichtigung des ausländischen Rechts, Unveränderter Nachdruck, B e r l i n 1956, S. 2; Stanzl, a.a.O., S. 15; Grünberg, a.a.O., § 5 (S. 10) (die letzteren unter Hinweis auf die sicherstellungsweise Execution nach österreichischem Wechselrecht); vor allem aber die ältere Lehre, vgl. Grünhut, a.a.O., S. 2. 10
§1 Problemstellung
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den 1 2 ; uneingeschränkt g i l t allerdings auch das nicht 1 3 . Einige Autoren begnügen sich damit, lediglich eine Erscheinungsform, also entweder die materielle 1 4 oder die formelle 1 5 Wechselstrenge zu erläutern. Andere wieder verzichten auf jegliche Unterteilung, indem sie die Erläuterung auf einen allgemeinen Begriff der Wechselstrenge erstrecken 16 . M i t unter w i r d offenbar die Brauchbarkeit des Begriffs selbst i n Frage gestellt, wenn v o n einem „sogenannten" Grundsatz der Wechselstrenge gesprochen w i r d 1 7 . U n d schließlich finden sich auch Kommentare u n d Lehrbücher, i n denen die Wechselstrenge überhaupt nicht erwähnt wird18. Parallel der jeweils vertretenen Auffassung über den Begriff der Wechselstrenge gehen die Ansichten auch bei der Erörterung der Frage auseinander, zu wessen Gunsten bzw. Ungunsten sich die Wechselstrenge auswirke. Stranz 19 v e r t r i t t hierzu entsprechend der Zweiteilung der Wechselstrenge die Auffassung, daß die materielle Wechselstrenge dem Schutz des Gläubigers, die formelle Wechselstrenge dagegen den Interessen des Schuldners diene. Soweit der materiellen Wechselstrenge h i e r m i t eine Schutzfunktion für den Gläubiger zugesprochen w i r d , kann die Ansicht v o n Stranz als Ausdruck der herrschenden Meinung angesehen werden 2 0 ; dagegen ist die Richtung der — zweifellos gegen den Gläubiger wirkenden — formellen Wechselstrenge zwar nicht u m stritten, w i r d aber fast gänzlich übergangen oder auf die Diligenzpflicht beschränkt. So spricht etwa Schumann 21 i n diesem Zusammenhang lediglich davon, daß sich die Formen und Fristen, soweit sie der Erhaltung des Wechselanspruchs dienen, gegen den Gläubiger aus12 Burkhardt, a.a.O., S. 4; Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Einl. W G Anm. 12; die ältere Lehre rechnete die Formgebundenheit noch nicht zur Wechselstrenge und verstand daher unter „formeller" Wechselstrenge allein die Verfahrensstrenge, vgl. unten § 8 I I 2. 13 Vgl. Peter (a.a.O. S. 65), der zwar auch von förmlicher Wechselstrenge spricht, ohne indessen das gerichtliche Verfahren hierher zu zählen. 14 So Herrmann, E., a.a.O., S. 14. 15 So Jacobi, a.a.O., S. 2; Rehfeldt, a.a.O., S. 49. 16 Oder „beschränken", wie man w i l l . Vgl. Gareis-Riezler, Wechselgesetz, 17. Aufl., München u n d Berlin 1934, S. 3; Cosack, Lehrbuch des Handelsrechts, 12. Aufl., Stuttgart 1930, § 83 (S. 282 ff.); v. Gierke, J., Das Recht der W e r t papiere, K ö l n — B e r l i n 1954, § 6 (S. 36 f.). 17 Jacobi, a.a.O., S. 2; Lehmann, K., Lehrbuch des Handelsrechts, 2. Aufl., Leipzig 1912, § 128 (S. 590 f.); Klausing, Wechsel- u n d Scheckrecht, Berlin und Wien 1930, S. 22; v. Schwerin, a.a.O., S. 58. 18 Knur-Hammerschlag, Kommentar zum Wechselgesetz, Bonn 1949; Michaelis, Wechselrecht, B e r l i n und Leipzig 1932. 19 a.a.O., Einl. Anm. 20. 20 Baumbach-Hefermehl, a.a.O., Einl. W G Anm. 13 (mittelbar). 21 a.a.O., § 33 (S. 326); ähnlich auch Jacobi, a.a.O., S. 2.
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Einleitung
wirken, während er die übrigen Formvorschriften unerörtert läßt 2 2 . I n allgemeinem Gegensatz zu diesen Ansichten vertritt Cosack?* die Auffassung, daß die Wechselstrenge ohne jede Einschränkung gegen den Schuldner gerichtet sei. Diese Uneinigkeit der wissenschaftlichen Lehrmeinungen über Einteilung, Inhalt und Schutzwirkung der Wechselstrenge steht i n eigenartigem Widerspruch zu der häufig wie selbstverständlich anmutenden Rechtspraxis, m i t der deutsche Gerichte von jeher bei der Entscheidung praktischer Fragen des Wechselrechts auf die Wechselstrenge zurückgegriffen haben. Seit den frühesten Entscheidungen 24 hat die höchstrichterliche Rechtsprechung 25 ihren Erkenntnissen die Wechselstrenge immer wieder i n einem Ausmaß zugrunde gelegt, die ihr praktisch die Bedeutung eines tragenden Entscheidungsgrundes zukommen ließ. Ob Streitigkeiten u m die Identität von Bezogenem und Akzeptanten anhängig wurden, ob es sich um die Wirkung einer nach Klageerhebung vorgenommenen Streichung eines Indossaments des befriedigten Nachmannes oder um Fragen des Protestrechts handelte — wo immer, mit anderen Worten, die Formalnatur des Wechsels berührt wurde, bestimmte sich das Ergebnis dieser Urteile oftmals durch den unvermeidlich scheinenden Rückgriff auf die Wechselstrenge oder die „Formstrenge des Wechselrechts". So führte denn auch James Breit 26 diese begriffsjuristische Rechtsprechung auf das „Phantom der Wechselstrenge" zurück, bei dessen bloßem Zitat der Jurist zu zittern beginne, und Ernst Fuchs diagnostizierte sie bündig als „Wechselstrengekoller und Klageänderungsfimmel" 2 7 . Obgleich die Gerichte unter derart massiver K r i t i k nach und nach von der einseitig formalen Begründung ihrer Entscheidungen abrückten, blieb der ausdrücklich oder stillschweigend aus der Wechselstrenge 22 Vgl. auch Müller-Erzbach, Deutsches Handelsrecht, 2. u n d 3. Aufl., T ü b i n gen 1928, S. 437. 23 Lehrbuch des Handelsrechts, 12. Aufl., Stuttgart 1930, § 83 (S. 282 f.); so aus der älteren Lehre vor allem Lehmann, H. O., Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 40 (S. 134), der deshalb ausdrücklich die Vorschriften über die Wechselform ausschließt, hingegen die zum Nachteil des Schuldners wirkenden Wechselprozeßnormen hervorhebt (S. 135). 24 Das R O H G stützte seine Urteile noch weitgehend darauf, daß der Wechsel ein „ F o r m a l a k t " sei, vgl. R O H G 14, 201 (202); 21, 27 (29). 25 So RGZ 1, 32; R G J W 1926, S. 2683 ff.; RGZ 14, 17 (18); 71, 273 (274). 26 Schattenkultus u n d Gespensterfurcht i n Wechselprotest Judikatur u n d Wechselprotestwissenschaft, i n : Zentralblatt f ü r Handelsrecht, 1928, S. 288 (294). 27 Wechselstrengekoller u n d Klageänderungsflmmel, i n : Die Justiz, 1926/27, S. 125 ff., 288ff.; vgl. auch: Fuchs, Der Formformalismus u n d die Reichsgerichtsentscheidung v o m 20. Dezember 1924, i n : Die Justiz 1925/1926, S. 568; Hirsch, Ernst E., Die Macht der Gewohnheit i m Wechselrecht, i n : Beiträge zum Wirtschaftsrecht, I I . Band, M a r b u r g i n Hessen 1931, S. 1066 ff.
§ 1 Problemstellung
13
abgeleitete Rigorismus auch Bestandteil neuer Entscheidungen 28 . Als Beispiel mag die sich selbst ad absurdum führende Formulierung des Oberlandesgerichts Celle dienen, daß die Unabhängigkeit von Wechselund Grundforderung „ i m Interesse der Wechselstrenge" geschaffen worden sei 28 . Dieser Tatsache kommt unter der Geltung des sogenannten einheitlichen Genfer Wechselgesetzes besondere Bedeutung zu; denn die angesichts der eigenständigen Rechtstradition der Vertragsstaaten entscheidende, von Ernst E. Hirsch gestellte Frage: „Einheitliches Wechselgesetz oder einheitliches Wechselrecht 20 ?" muß solange zumindest offen bleiben, wie die Rechtsanschauungen der einzelnen Staaten tatsächlich oder vermeintlich — infolge mangelnder Kenntnis der fremden Rechte — i n grundsätzlichen Fragen divergieren. U m nichts anderes aber handelt es sich, wenn einerseits nach dem jedenfalls i n der deutschen Rechtspraxis führenden Kommentar von Baumbach-Hefermehl 30 die Wechselstrenge dem Wechsel noch heute „sein rechtliches Gepräge" gibt, während andererseits Hamel, Doyen der französischen Handelsrechtler, eben i m Hinblick auf die formale und abstrakte deutsch-rechtliche Konzeption warnt: „Ecartons tout argument tiré des décisions allemandes ou autrichiennes 31 !" Der grundsätzliche und erste Schritt, das tatsächliche Ausmaß dieser Divergenz und ihre Ursachen zu zeigen, kann angesichts der jahrhundertealten nationalen Rechtstradition beider Länder wie auch i m Hinblick auf die inhaltliche Unbestimmtheit und Uneinheitlichkeit der Erscheinungsformen der Wechselstrenge i m geltenden deutschen Recht nur darin bestehen, Begriff und Lehre der Wechselstrenge i n ihrem Ursprung zu erforschen.
28 O L G Celle, U r t e i l v o m 12. Oktober 1961, i n N J W 1962, S.745; vgl. auch die ähnliche Formulierung des Bundesgerichtshofs (Urteil v o m 15. November 1956, i n B G H Z 22, 148 (152 f.) = N J W 1957, S.340): „ W e n n auch aus Gründen der Wechselstrenge grundsätzlich verneint werden muß, daß derartige außerhalb der Wechselurkunde liegende Umstände geeignet s i n d , . . ; ferner O L G Nürnberg, U r t e i l v o m 10. Januar 1961, i n N J W 1961, S. 1777. 29 Hirsch, Einheitliches Wechselgesetz oder einheitliches Wechselrecht? i n : N J W 1961, S. 1089. 30 Baumbach-Hefermehl, a.a.O., A n m . 14. 31 Vgl. i m einzelnen Hirsch, a.a.O.
1. K a p i t e l
Die Lehre vom rigor cambialis als Kriterium des Wechsels § 2 Dogmengeschichtliche Darstellung Der historische Ansatzpunkt des Dogmas, das die Wechselstrenge über Jahrhunderte bis i n die Gegenwart zu einem mehr oder minder begriffswesentlichen K r i t e r i u m emporgehoben hat, läßt sich exakt festlegen: I m Jahre 1742 definierte Heineccius i n seinem berühmten Werk „Elementa juris cambialis", das teilweise als subsidiäre Gesetzesquelle galt 1 , den Wechsel als „negotium ex variis contractibus conflatum quo intercedentibus litteris cambialibus summa Titio uno loco numerata a Mevio alio loco recipitur, arctissimo paratae exequutionis et arresti vinculo adstrictum" 2 . Diese Begriffsbestimmung war nicht allein vom wissenschaftlichen Ansehen ihres Autors her geeignet, auf zeitgenössische und nachfolgende Autoren vorbildlich zu wirken; sie bezog ihre sachliche Bedeutung auch aus den zunehmenden Schwierigkeiten, die sich der Dogmat i k jener Zeit infolge der Entwicklung des Wechsels von einem auf eine bestimmte Personenzahl beschränkten, nicht übertragbaren Institut zu einem negoziablen Umlaufspapier entgegenstellten 3 . Freilich gingen die späteren Autoren 4 einen ganz entscheidenden Schritt weiter, indem sie den ersten Teil der Definition des Heineccius ohne jede andere materielle Qualifikation beiseite ließen und die schleunige und strenge Rechtsfolge der parata executio m i t Personalarrest als allein kennzeichnendes Merkmal herausstellten. A m prägnantesten kleidete 1 Polnische Wechselordnung von 1775 § 8, abgedruckt bei von Zimmerl, V o l l ständige Sammlung der Wechselgesetze aller Länder u n d Handelsplätze i n Europa, I I . Band, 2. Abt., Wien 1813, S. 181 (189). 2 Heineccius, J. G., Elementa iuris cambialis commoda auditoribus methodo adornata, Amsterdam 1742, Cap. I § I X (S. 3). Nach Kuntze (Die Definition des heutigen Wechsels, der rigor cambialis u n d die sogen, vis attractiva, i n : Archiv f ü r deutsches Wechselrecht u n d Handelsrecht, Bd. 14 (1865), S. 337 (342)) gab Heineccius durch seine Definition die „unverschuldete Veranlassung" f ü r andere Autoren, den rigor cambialis theoretisch i n den Vordergrund zu stellen. 3 Über diesen Aspekt der Rigor-Lehre vgl. Näheres unten § 8. 4 Soweit sie Heineccius folgen, anders zunächst vor allem noch: Siegel, E i n leitung zum Wechselrecht, 3. Aufl. 1773, 2. Teil, 1. Cap., § 4 (S. 92), zitiert nach Kuntze, a.a.O., S. 342.
§ 2 Dogmengeschichtliche Darstellung
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Wenzel 5 die neue Auffassung i n die Formel „promptissimam sane executionem sive i n ipsam debitoris personam sive bona arbitror ipsius cambii essentiam". Ähnlich definierte Scher er i n seinem Handbuch des Wechselrechts 18016: „das Wesentliche eines Wechselcontracts besteht . . . i n der Verbindlichkeit, eine bestimmte Summe Gelds bey Vermeidung des Personalarrests, oder wenigstens schleunigster Execution nach der Uebereinkunft zu bezahlen." Und von Weisseneck, der als einer der vorzüglichsten Wechselrechtsgelehrten jener Zeit galt, stellte i n seiner „Theorie eines allgemeinen Wechselrechts" 7 als obersten Grundsatz des Wechselrechts den Satz auf: „Jeder, welcher sich einer Wechselverbindlichkeit unterzieht, ist gehalten, die i h m obliegenden Verpflichtungen mit der größtmöglichen Genauigkeit und Pünktlichkeit zu erfüllen, widrigenfalls muß gegen ihn schleunigste Execution eintreten." Die Lehre vom rigor cambialis als dem Charakteristikum 8 dominierte während jener Zeit so unangefochten, daß sie auf ihre Richtigkeit kaum noch überprüft wurde. Folgerichtig erstreckten die Autoren, die den Wechsel erstmals einer näheren historischen Betrachtung unterzogen, wie vor allem von Martens 9, ihre Untersuchungen auch nicht auf den Wechsel insgesamt m i t allen rechtlichen Elementen, sondern beschränkten sich auf die Erforschung der Wurzeln des rigor cambialis, i n dem sich für sie das Wechselrecht schlechthin erschöpfte. Die dogmatischen Konsequenzen dieser Auffassung i n ihrer radikalsten Form deuten sich an bei Püttmann 10, der dem Wechsel jede andere Eigenschaft als der 6 De protestatione contra acceptationem conditionatam l i t e r a r u m cambialium, Leipzig 1764, § 1, abgedruckt bei Beseke, Thesaurus j u r i s cambialis, Ber o l i n i 1783, S. 594 (wie alle dort wiedergegebenen Dissertationen unter dem Namen des Doktorvaters); zur Identität vgl. das Zitat bei Lehmann, H. O., Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 43 (S. 150), A n m . 34. 8 3. Teil, F r a n k f u r t am Main, S. 330; sachlich ebenso Musäus, Anfangsgründe des Wechselrechts, K i e l u n d H a m b u r g 1777, § 7 (S. 6); vgl. auch Moshammer, Einleitung i n das Gemeine u n d Baierische Wechselrecht, Regensburg 1784, S. 4; Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, Göttingen 1791, §224 (S. 151); Goede, Jus Germanicum Privatum, Goettingae 1806, §116 (S. 150); v. Zimmerl, A n l e i t u n g zur Kenntnis des Wechselrechts, Wien 1821, §13 (S. 14); Hezel, Grundsätze des Wechsel- u n d Handlungsrechts, Schw. H a l l 1838, § 7 (S. 10); Phillips, Grundsätze des gemeinen Deutschen Privatrechts m i t E i n schluß des Lehnrechts, 3. Aufl., I I . Band, B e r l i n 1846, § 289 (S. 630 f.). 7 Weissegger von Weisseneck, Theorie eines allgemeinen Wechselrechts zum Behufe Academischer Vorlesungen, I. Theil, Freiburg i m Breisgau 1818, §35; vgl. Wagner, Kritisches Handbuch des i n den österreichisch-deutschen Staaten geltenden Wechselrechts, I . B a n d , Wien 1823, §27 (S.48); ferner Treitschke, Handbuch des Wechselrechts, Leipzig 1824, § 12 (S. 5). 8 v. Martens, Versuch einer historischen Entwicklung des wahren Ursprungs des Wechselrechts, Göttingen 1797, S. 12. 9 s. A n m . 8; m i t Einschränkungen auch Büsch, Abhandlung von dem wahren Grunde des Wechselrechts samt einem Beytrage zur Geschichte desselben, s. 1. 1770. 10 Grundsätze des Wechselrechts, 3. Aufl. (bearbeitet durch v. Martens), Leipzig 1805, §§ 1,10, 65.
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1. Kap.: Die Lehre vom rigor cambialis als Kriterium des Wechsels
einer adiectitia qualitas absprach und dementsprechend das entscheidende Merkmal des Wechsels i n die Wechselklausel, die Bezeichnung eines Vertrages als „Wechsel" legte. Auch nach der vehementen K r i t i k von Einert 11 vertrat Heise, wie aus seinem 1858 posthum erschienenen Handelsrecht 12 ersichtlich ist, das Dogma vom rigor cambialis m i t aller Entschiedenheit: „Der Wechsel ist ein Schuldschein oder eine Anweisung, welche sich Wechsel nennt, und wobei deshalb i m Nichterfüllungsfalle der Verbindlichkeit die strengste und schleunigste Execution eintritt 1 3 ." Wenig später, i m Jahre 1868, wurde die Personalhaft i n Wechselsachen aufgehoben 14 .
§ 3 Die Theorien über die historische Entstehung und die dogmatische Begründung des rigor cambialis I. Die germanistische Theorie Das Dogma von der spezifischen Bedeutung des rigor cambialis mußte sich — wie bereits angedeutet — auch auf die historische Wechselrechtsforschung auswirken, indem die i n dieser Ansicht befangenen Autoren ihr Augenmerk allein auf die Erscheinungsformen des rigor cambialis lenkten. Die Theorie, die am konsequentesten nach dieser Methode vorging, führte zugleich zu dem merkwürdigsten Ergebnis, das überhaupt vertreten worden ist. Ihre Verfechter 1 suchten das Wechselrecht aus dem alten germanischen Institut des „Einlagers" („Einreitens", „obstagium") herzuleiten, das i n dem Versprechen des Schuldners oder seines Bürgen 2 bestanden hatte, i m Fall der Säumnis auf 11 Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts i m 19. J a h r hundert, Leipzig 1839, S. 14—24. 12 S. 113 f., zitiert nach Kuntze, Archiv f ü r deutsches Wechselrecht u n d H a n delsrecht, Bd. 14 (1865), S. 337 (343); vgl. auch Noback, Über Wechsel u n d Wechselrecht, B e r l i n 1845, S. 8 f. 18 Hervorhebung von m i r . 14 § 1 des Bundesgesetzes v o m 29. M a i 1868, dessen Bestimmung i n § 1 des Einführungsgesetzes zur Wechselordnung u n d zum H G B v o m 5. J u n i 1869 ausdrücklich aufrecht erhalten wurde, vgl. Lehmann, H. O., Lehrbuch des Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 40, S. 134 f. 1 Fischer, Fr. Chr. J., Geschichte des teutschen Handels, I. Theil, Hannover 1785, S. 297; Runde, Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, Göttingen 1791, § 231 (S. 158), allerdings n u r hilfsweise; Eichhorn, Einleitung i n das deutsche Privatrecht, 5. Ausgabe, Göttingen 1845, § 125 (S. 338 f.); Maurenbrecher, Lehrbuch des heutigen gemeinen deutschen Rechts, 2. Abt., Bonn 1834, § 405 a (S. 505 f.), der sich auch auf die Meßtheorie von v. Martens beruft; dazu vgl. § 3 I I I . 2 Vgl. hierzu eingehend Ogris, Die persönlichen Sicherheiten i m Spätmittelalter, i n : Zeitschrift der Savigny-Stiftung f ü r Rechtsgeschichte, Germanistische Abteilung, 82. Band (1965), S. 140 ff.
§ 3 Die Theorien über die historische Entstehung
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Mahnung des Gläubigers an einem bestimmten Ort „einzureiten" und sich i n freiwillige Personalhaft zu begeben 8 . A u f diesem Wege gelangte Leisewitz 4 zu der Annahme, daß der Ursprung des Wechselrechts i n Deutschland liege und von dort nach Italien übertragen worden sei. So wenig die Existenz und die Übereinstimmung der äußeren Erscheinungsformen jener Institute historisch i n Frage zu stellen ist, so wenig kann auf der anderen Seite ein Zweifel an der Unrichtigkeit einer Theorie bestehen, die beide Institute systematisch i n Verbindung bringen w i l l . Denn auch wenn man die später zu erörternde Kernfrage, ob überhaupt die Prämisse der Gleichsetzung von rigor cambialis und ius cambiale für jene Zeit zutraf, außer Acht läßt, stehen der germanistischen Theorie zwei entscheidende Fakten entgegen: Die Entwicklung des Wechsels, einschließlich der Personalhaft, ging nicht von Deutschland, sondern gerade umgekehrt von Italien aus; von dort breitete sich der Wechsel teils unmittelbar, teils über die französischen Messen i n Deutschland nicht vor dem 16. Jahrhundert aus 5 ; die frühesten Gesetze und die ältesten wissenschaftlichen Abhandlungen datieren gar erst aus dem 17. Jahrhundert 6 . Bereits i m Jahre 1577 aber wurde das partikularrechtlich teilweise schon vorher untersagte 7 pactum obstagii auch durch die Reichspolizeiordnung verboten 8 . Damit hatte das Einlager seine Bedeutung zu einer Zeit verloren, i n der das Wechselgeschäft erst allmählich auf die deutschen Handelsplätze überzugreifen begann. N u r folgerichtig sucht man daher i n den ältesten deutschen Werken über das Wechselrecht vergeblich nach einer Verbindung zum Einlager 9 ; 3 Schröder-v. Künßberg, Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl., B e r l i n u n d Leipzig 1932, § 61 (S. 801); Hübner, Grundzüge des deutschen Privatrechts, 5. Aufl., Leipzig 1930, § 69 (S. 515); Gierke, O., Schuld u n d H a f tung i m älteren deutschen Recht (Gierkes Untersuchungen 100. Heft), Breslau 1910, S. 251. 4 Über den Ursprung des Wechselrechts, i n : von Selchows Juristische B i bliothek, T e i l 5, S. 730; ders., Sämtliche Schriften, Braunschweig 1838, S. 121, jeweils zitiert nach Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 3,6. 5 Das k a n n heute nicht mehr bezweifelt werden, vgl. statt aller Dabin, Fondements, S. 7,11 f. 6 Vgl. die Gesamtübersicht i m Quellenregister; als der erste deutsche Wechselrechtsautor gilt Bode, Dissertatio juridica de cambiis, M a r b u r g 1646. 7 Stobbe, Z u r Geschichte des deutschen Vertragsrechts, Leipzig 1855, S. 191 f.; Gierke, a.a.O., S. 251 A n m . 61. 8 Stobbe, a.a.O.; Gierke, a.a.O.; gesetzlich w a r es länger zulässig i n Schlesw i g u n d Holstein; vgl. näher Paulsen, Lehrbuch des Privatrechts der Herzogt ü m e r Schleswig u n d Holstein, 2. Aufl., K i e l 1842, § 121 (S. 209). Ausnahmsweise überdauerte es auch die gesetzlichen Verbote, aber allenfalls bis zur Wende des 16./17. Jahrhunderts, vgl. Stobbe, a.a.O., S. 192. 9 Neben Bode (s. A n m . 6) vgl. v o r allem Vogt, Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670; Heydiger, K u r t z e A n l e y t u n g zu gründlichem Verstand des Wechsel-Rechts, F r a n k f u r t am M a y n 1676.
2 Sedatis
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1. Kap.: Die Lehre vom rigor cambialis als Kriterium des Wechsels
nichts anderes aber gilt auch für diejenigen Autoren, die ausschließlich das Institut des Einlagers untersuchten, also unbeeinflußt durch die i m wechselrechtlichen Bereich wurzelnde Rigor-Lehre waren: Von ihnen rechnete niemand den Wechsel unter die Verträge, die i m Vollstrekkungsverfahren durch das Einlager als privilegiert galten 1 0 , geschweige denn daß sie den Wechsel als einziges, derart begünstigtes Geschäft angesehen hätten 1 1 . W i l l man angesichts dieser Tatsachen der deutschrechtlichen Einlagerverpflichtung i m Zusammenhang m i t der Lehre vom rigor cambialis noch eine Bedeutung beimessen, so mag allenfalls das gelten, was Briegleb vor über hundert Jahren über das entsprechende Verhältnis zum Exekutiv-Prozess gesagt hat: „Nicht als Quellen, sondern nur als zufällige Anknüpfungspunkte für die Doktrin können dergleichen Erscheinungen aus den einheimischen deutschen Rechten noch einige Rücksicht verdienen, insofern nehmlich an dieselben von deutschen Juristen schon vor Alters nicht selten die ganze moderne Lehre von der Wirksamkeit guarentigiierter Urkunden wohl oder übel angeknüpft und dadurch allerdings zur Verbreitung und Befestigung des Instituts wesentlich beigetragen worden ist 1 2 ." II. Die Valutatheorie
(Büsch)
Mehr auf kaufmännischer Anschauung als auf rechtshistorischen Untersuchungen gegründet war die Theorie, die der Handelswissenschaftler Johann Georg Büsch 13 i m Jahre 1770 aufstellte. Büsch sah den Grund der Wechselstrenge i n der baren Zahlung der Valuta für den Wechsel. Die Wechselhingabe gegen Entrichtung und mit Quittierung der gezahlten Valuta bedeutete für i h n den Kauf einer Schuld 14 , die dem Gläubiger i m Falle der Nichterfüllung das Recht geben sollte, umgehend i m Wege der schleunigsten Rechtshilfe das Geld zurückzufordern. Ebenso qualifizierte Büsch die Übertragung des Wechsels durch 10 Z u m vereinzelt bezeugten Übergang des Einlagers i n ein gesetzliches Zwangsmittel vgl. Rintelen, Schuldhaft u n d Einlager i m Vollstreckungsverfahren des altniederländischen u n d sächsischen Rechts, Leipzig 1908, S. 115 ff., 145 ff. u n d zur A r t der begünstigten Forderungen S. 180 ff. 11 A l l e i n das aber ist hier entscheidend, w e i l den Gegenstand der U n t e r suchung lediglich der historische Ansatzpunkt der von der Rigor-Lehre behaupteten spezifischen Privilegierung des Wechsels bildet; er hat m i t dem Einlager nichts zu tun. 12 Briegleb, Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, Erster Theil, Geschichte des Executivprozesses, 2. Aufl., Stuttgart 1845, S. 216. 13 Abhandlung v o n dem wahren Grunde des Wechselrechts samt einem Beytrage zur Geschichte desselben, s. 1. 1770; vgl. auch: Büsch, Zusätze zu seiner theoretisch-praktischen Darstellung der Handlung i n ihren mannigfaltigen Geschäften, I. Band, H a m b u r g u n d Lübeck, 1800, S. 78 ff. 14 Richtig wäre wohl, w i e Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 7 A n m . 1 bemerkt: K a u f einer Forderung.
§ 3 Die Theorien über die historische Entstehung
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Indossament als Verkauf der i m Wechsel begründeten Forderung. Da die Zahlung einer Valuta vom Remittenten an den Trassanten oder vom Indossatar an den Indossanten unabdingbare Grundlage dieser Theorie bildete, sprach Büsch folgerichtig dem Eigenwechsel, dem Wechsel an eigene Order und dem trassiert eigenen Wechsel jeden dogmatischen Grund für die Privilegierung durch die Wechselstrenge ab 1 5 . Dieser von Büsch selbst eingestandene Mangel 1 6 ließe sich dogmatisch durchaus rechtfertigen, wenn die Valutatheorie i m übrigen bei der von Büsch als eigentliches Wechselgeschäft bezeichneten Tratte geeignet wäre, das strenge Wechselrecht zu begründen. Allein die Theorie versagt nicht nur i m Hinblick auf die Hauptverbindlichkeit der Tratte, also die Haftung des Akzeptanten 1 7 , sie vermag auch keine Begründung der strengen Verbindlichkeit bei Kreditierung der Valuta zu geben. Schließlich hat man kritisiert, daß sie keine Erklärung dafür abgeben könne, warum bei Wechseln, nicht aber bei bar bezahltem Preis eines gewöhnlichen Kaufvertrages ein der Wechselstrenge entsprechendes Recht gelte 18 . I I I . Die Meßtheorie (von Martens) Aus der Unzulänglichkeit dieser dogmatischen Begründung suchte von Martens 19 den Ursprung des Wechselrechts historisch zu ergründen. Die Beschränkung seiner Untersuchung auf den rigor cambialis als das Charakteristikum 2 0 des Wechsels kam i n der von i h m eingangs gestellten Frage trotz der verklausulierten Formulierung deutlich zum Ausdruck: „Da jetzt fast allgemein, selbst dann wenn aus klaren Briefen und Siegel geklagt wird, dem Schuldner, wenn er nur der Flucht nicht verdächtig ist, eine Zahlungsfrist von mehreren Tagen gesetzt, und der Regel nach die Execution zuerst gegen dessen Güter und nur zuletzt gegen seine Person verfügt wird, . . . warum, wo und wann ist es zuerst eingeführt worden, daß wenn aus einer Handschrift die für einen 15
a.a.O., Druckbogen B Spalte 1 u n d 6. Auch die übrigen Mängel dieser Theorie liegen so offen zutage, daß sich ein näheres Eingehen erübrigte, w e n n nicht Büsch durch seine scharfe T r e n nung von Tratte u n d Eigenwechsel zur A b k e h r von der Rigor-Lehre beigetragen hätte. Spätere, f ü r die Reform des Wechselrechts bedeutende Schriftsteller w i e etwa Einert haben i m m e r wieder auf Büsch zurückgegriffen. 17 V o m Wechselbürgen ganz zu schweigen. 18 Vgl. die Zusammenfassung der K r i t i k an Büsch bei Wagner, Kritisches Handbuch des i n den österreichisch-deutschen Staaten geltenden Wechselrechtes, 1. Band, W i e n 1823, § 32 (S. 54 ff.). 19 Versuch einer historischen Entwicklung des wahren Ursprungs des Wechselrechts, Göttingen 1797; vgl. zu seiner K r i t i k der Valutatheorie S. 33 ff., die er i m übrigen anerkannte. 20 a.a.O., S. 12. 19
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1. Kap.: Die Lehre vom rigor cambialis als Kriterium des Wechsels
Wechsel erkläret worden, gegen den Aussteller, Akzeptanten oder I n dossanten geklagt wird, dieser m i t Verwerfung aller, wenigstens der nicht auf der Stelle erweislichen, Einreden sofort zahlen, oder ins Gefängnis gehen müsse, wie dies noch jetzt da wo wahres strenges Wechselrecht gilt beobachtet wird 21" Den historischen Grund des rigor cambialis sah von Martens 22 i n der strengen Exekution, die auf Meßwechsel verfügt werden konnte. A l l e i n von den Messen sollte nach seiner A n sicht das schnelle und strenge Verfahren auf den Außermeßwechsel i m Wege der Nachahmung übertragen worden sein. Dabei sollte der Umstand eine wichtige Rolle gespielt haben, daß die strenge Rechtsfolge des Wechselgeschäfts auf den Messen, das allein von den Campsoren ausgeübt worden sei, sich i n der allgemeinen Vorstellung auf den als „cambium" bezeichneten Wechsel übertragen habe 28 . Ohne Ergebnisse der eigenen Untersuchungen vorwegzunehmen, mag hier nur angedeutet werden, daß von Martens seine Ausführungen weder zeitlich noch örtlich begrenzt hat. Daher entging i h m nicht nur die Uneinheitlichkeit der Erscheinungsformen des rigor cambialis, sondern vor allem die Uneinheitlichkeit der Wertung dieser Erscheinungsformen, oder umgekehrt: die nationale Begrenztheit der Wertung des rigor cambialis als Wesensmerkmal des Wechsels. N u r so konnte er auch zu der unrichtigen Annahme gelangen, daß die Meßwechsel älteren Ursprungs als die Außermeßwechsel seien. Diesem offenbar von i h m selbst erkannten Mangel suchte von Martens durch die These abzuhelfen, daß für die erweislich älteren Außermeßwechsel das strenge Recht erst später eingeführt worden sei 24 . Damit stellte er freilich seine eigene Ausgangsposition, die sich entsprechend den Anschauungen seiner Zeit auf die begriffliche Identität von Wechsel und parata executio m i t Personalhaft gründete, selbst i n Frage.
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a.a.O., S. 11. Hervorhebung v o n mir. a.a.O., S. 34. 23 a.a.O., S. 48 ff., 56 ff. F ü r die Verpflichtung des Trassanten führte er zusätzlich die Valutatheorie v o n Büsch an. 24 a.a.O., S. 49 f. A n m . o; vorher (S. 34) hatte er sogar die Behauptung v o n Raphael de T u r r i , daß die Außermeßwechsel älter seien, überhaupt bestritten. 22
2. K a p i t e l Kritik der Lehre § 4 Die historischen Grundlagen I. Die ausländische Entwicklung der Erscheinungsformen des rigor cambialis Das Dogma vom rigor cambialis als dem Wesensmerkmal des Wechsels enthielt implicite zwei unabdingbare Prämissen: daß von einem Wechsel i m rechtstechnischen Sinn nur — und historisch betrachtet erst — gesprochen werden konnte, soweit ein Geschäft m i t den strengen Rechtsfolgen des rigor cambialis ausgestattet war; und — umgekehrt — daß sich der rigor cambialis ausschließlich auf den Wechsel beschränkt habe. Eine kritische Betrachtung dieser Lehre muß daher von der doppelten Fragestellung ausgehen, wie sich der Wechsel i m Verhältnis zur parata executio beziehungsweise der Personalkaptur historisch entwickelt hat und ob diese Rechtsfolgen Ausdruck einer spezifisch wechselrechtlichen Funktion gewesen sind. 1. Der Wechsel i m Verhältnis zum italienischen Exekutivprozeß Die erste Verbindung des Wechsels m i t der parata executio geht bis i n die Anfänge seiner historischen Entwicklung i n Italien zurück; doch hatte sie keinen eigentümlich wechselrechtlichen Charakter. Man kann vielmehr genau verfolgen, wie sich der Handelsstand, insbesondere die Campsoren, die das Wechselgeschäft vornehmlich betrieben 1 , ein Institut zunutze zu machen wußten, das dem Wechsel exekutive K r a f t verlieh: die instrumenta guarentigiata 2 . Das Privileg dieser Urkunden bestand darin, daß sie den i n ihnen verbrieften Rechtsgeschäften ohne förmliches Prozeßverfahren die K r a f t zur sofortigen Exekution verliehen, m i t h i n der Wirkung eines rechtskräftigen Erkenntnisses gleich1 Was später vielfach zu der unrichtigen Annahme geführt hat, es habe eine rechtliche Beschränkung der Wechselfähigkeit i n jener Zeit bestanden. 2 Z u den verschiedenen Bezeichnungsarten vgl. Briegleb, Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, Erster Theil, Geschichte des Executiv-Prozesses, 2. Auflage, Stuttgart 1845, S. 35.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
kamen: instrumenta guarentigiata paratam executionem habent, prout sententiae quae i n rem judicatam transierunt 8 . Ausgehend von der Vorstufe der instrumenta confessionata, deren exekutive K r a f t auf der Simulierung eines wirklichen Rechtsstreits beruhte (12. Jahrhundert), entwickelten sich i m 13. Jahrhundert die instrumenta guarentigiata i m eigentlichen Sinne durch statutarrechtliche Substitution des Notariats anstelle des ordentlichen Richters 4 . I m Laufe des folgenden Jahrhunderts verband sich die Vorstellung von der exekutiven Eigenschaft der vor den Notaren errichteten und damit öffentlichen Charakter erhaltenden Urkunden so unlösbar, daß man jede öffentliche Urkunde als instrumentum guarentigiatum ansah. Neben der schon zu dieser Zeit teilweise geübten Praxis, sich vertragsmäßig der clausula guarentigiae zu unterwerfen, wurde schließlich i m 15. Jahrhundert auch statutarrechtlich die parata executio auf Privaturkunden ausgedehnt 5 . Ganz i n Übereinstimmung m i t dieser Entwicklung wurden die Wechsel ursprünglich vor einem Notar errichtet 6 und ihnen damit exekutive K r a f t beigelegt. Dieselbe Wirkung wußten die Kaufleute und Campsoren offenbar schon während dieser frühen Epoche zu erzielen, indem sie ihre Bucheinträge über die Wechsel durch einen Notar beglaubigen 3
Briegleb, a.a.O. Briegleb, a.a.O., S. 46 ff., 67 ff.; vgl. auch zum folgenden S. 74 ff.; w i e Briegleb: Bayer, Theorie der summarischen Processe nach den Grundsätzen des gemeinen deutschen Rechts, 7. Aufl., München 1859, S. 89 ff.; Baumgart, Die Entwicklung der Schuldhaft i m italienischen Recht des Mittelalters, Basel 1914, S. 21 ff.; vgl. auch Gett, Der Executiv-Process i n der Ausbildung durch deutsche Particular-Gesetzgebungen u n d Gerichtsgebrauch, Nürnberg 1841, S. 4 ff. 6 Briegleb, a.a.O., S. 78 ff.; nach Lattes ( I l d i r i t t o commerciale nella legislazione statutaria délia città italiane, Milano 1884, S. 296 f.) schon i m 14. J a h r hundert; vgl. auch Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 174 (Anm. 108) u n d Briegleb selbst, a.a.O., S. 80 (Anm. 5). 6 Jedenfalls die — nach moderner Terminologie so bezeichneten — d o m i zilierten Eigenwechsel; aber auch die i n Anweisungsform ausgestellten Wechsel (Tratten) waren entgegen Jacobi (Wechsel- u n d Scheckrecht unter Berücksichtigung des ausländischen Rechts, Unveränderter Nachdruck, B e r l i n 1956, § 2, S. 7) nicht notwendig notariatsfrei: Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 419 (Anm. 93), 434; vgl. ferner v. Canstein, Lehrbuch des Wechselrechts, B e r l i n 1890, S. 5 f. (Belege i n A n m . 9,18—21, 26); Schaube, Die Anfänge der Tratte, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. 43 (1895), S. 1 (13 f., 24 ff.); ders.: Studien zur Geschichte u n d N a t u r des ältesten Cambium, i n : Jahrbücher f ü r Nationalökonomie u n d Statistik, Bd. 65 (1895), S. 153 ff., 511 ff.; de Roover, L ' E v o l u t i o n de la Lettre de Change, Paris 1953, S. 18, 30 f.; vgl. auch: Ulmer, Das Recht der Wertpapiere, S t u t t g a r t - B e r l i n 1938, § 16 (S. 164); Dabin, Fondements du droit cambiaire allemand, Liège 1959, S. 8; der weitere Streit u m Begriff, Terminologie u n d Erscheinungsformen des „Wechsels", der abhängigen oder eigenständigen Entwicklung von Eigenwechsel u n d Tratte i n jener Epoche, überschreitet den Rahmen der Arbeit. 4
§ 4 Die historischen Grundlagen
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ließen 7 ; denn schon i m 14. Jahrhundert wurde den Bucheinträgen, die den Wechselkontrakt durch Briefausstellung ersetzen konnten 8 , die Eigenschaft von öffentlichen Urkunden zuerkannt 9 . Der Grund lag zunächst darin, daß die Campsoren, i n ihrer faktischen Monopolstellung kaufmännische Großmächte i m Handels- und Wechselverkehr, als personae quasi publicae 1 0 galten, deren Bucheinträge und schließlich auch die von ihnen ausgestellten Wechsel selbst als instrumenta publica zur schnellen und strengen Eintreibung i m Exekutivprozeß geeignet waren 1 1 . Aber diese Wirkung galt nicht ausschließlich für Wechsel und sie blieb auch nicht auf die Campsoren beschränkt, sondern erfaßte bald sämtliche „litterae et scripta mercatorum" 1 2 . Von hier aus begann sich schließlich i m 15. Jahrhundert die den Verkehrsanschauungen angemessenere Auffassung durchzusetzen, daß die Wechsel auch als Privaturkunden allgemein exekutive K r a f t besäßen 15 . I n der Endstufe dieser Entwicklung war der Wechsel bis zum 16./17. Jahrhundert nach alledem zu einem Instrument geworden, das seinem Inhaber i m Wege des Exekutivprozesses die schleunigste Vollstreckung seines wechselrechtlichen Anspruches garantierte. Dieser Vorzug war jedoch weder am Anfang noch am Ausgang jener Epoche eine Eigentümlichkeit des Wechsels; vielmehr geht aus der parallel verlaufenden Entwicklung von Wechsel und Exekutivprozeß hervor, wie 7 Diese Zwischenstufe w i r d allerdings nicht ausdrücklich e r w ä h n t ; m a n stützt sich regelmäßig auf den weiter i m T e x t angegebenen Grund. 8 Was allerdings nicht zur Gültigkeit des Wechsels, sondern n u r zur Eignung f ü r den Exekutivprozeß erforderlich war. 9 Endemann, Studien i n der romanisch-kanonistischen Wirtschafts- u n d Rechtslehre bis gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts, I. Bd., B e r l i n 1874, S. 334, unter Berufung auf Scaccia, Tractatus de commerciis et cambio, § 7 gl. 3 n. 8; Lehmann, H. O., Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 5 (S.32); V.Martens, a.a.O., Anhang S. 18f. (Statut von Piacenza von 1391); Goldschmidt, a.a.O., S. 174,248 spricht von der vereinzelt begegnenden E x e k u t i v k r a f t von Handelsbucheinträgen. 10 Kuntze, Die Definition des heutigen Wechsels, der rigor cambialis u n d die sogenannte vis attractiva, i n : A r c h i v f ü r deutsches Wechselrecht u n d H a n delsrecht, 14. Band (1865), S. 337 (353); vgl. auch de Roover, a.a.O. S. 41: „ . . . les signatures des agents des sociétés bancaires q u i avaient d u crédit sur toutes les places, valaient bien celle d'un notaire." 11 v.Canstein, a.a.O., S. 17 f.; v.Martens, a.a.O., S. 23; Lehmann, a.a.O., §12 (S. 54). 12 v. Martens, a.a.O., Anhang S. 56 ff.; vgl. auch Kohler, Wechsel u n d V a l u t a klausel, i n : Archiv f ü r Bürgerliches Recht, Bd. 41 (1915), S. 413 (430f.); Biener, Historische Erörterungen, S. 142 f. 13 Vgl. Briegleb, a.a.O., S. 80 f.; Biener, a.a.O., S. 142; Endemann, a.a.O., S. 328: „(Es ist) gewiß, daß u n s t r e i t i g . . . die U r k u n d e n des Handels- u n d Wechselverkehrs sogar den Haupteinfluß auf die Ausbildung der Executivkraft bloßer P r i v a t u r k u n d e n ausgeübt haben."; ders., Beiträge zur Kenntnis des H a n delsrecht i m Mittelalter, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. 5 (1862), S. 333 (398); ebenso Lattes, a.a.O., S. 296 f., der allerdings den Beginn dieser Entwicklung i n das 14. Jahrhundert datiert (vgl. oben A n m . 5).
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2. Kap.: Kritik der Lehre
das den wirtschaftlichen Bedürfnissen eines schnellen und reibungslosen Handelsverkehrs zweifellos entsprechende allgemeine Institut der parata executio für den Wechsel nutzbar gemacht wurde. So war der Wechsel jener Zeit nach den italienischen Statuten nur eine i n der Reihe aller übrigen Privathandelsurkunden, auf die der Exekutivprozeß Anwendung fand 1 4 . Nicht anders verhielt es sich m i t der Exekutionsart, die wie bei anderen (Handels-)Schulden teils i n Real- und Personalexekution bestand, teils aber auf die Realexekution beschränkt blieb 1 5 . Von Martens selbst hat hier die besten Beispiele geliefert, aus denen das Vorkommen der Personalkaptur bei Warenschulden und anderen Verbindlichkeiten zur Genüge erhellt 1 6 . Schon i n den statutii iudicum petitionum von 1244 war ausgesprochen, daß der Richter, sofern er die Schuld für richtig befand, den Schuldner festsetzen 17 und nicht vor der Befriedigung der Gläubiger aus dem Gefängnis entlassen sollte. Ebenso bestimmten die statuta civilia domus mercatorum Veronae 18 aus dem Jahre 1319, daß der Schuldner bei mangelnder Zahlung i n Personalhaft zu nehmen sei. Und die Statuten von Bergamo von 145719 enthielten die Regelung: „Si quis fuerit debitor, vel fideiussor alicuius occasione Mercantiae... et de quo debito constet per c a r t a m . . . vel alio m o d o . . . teneantur et debeant dicti Consules... cogere i l l u m debitorem etiam per captionem personae 20 ." 14 Lattes, a.a.O., S. 185: „ T u t t a v i a questa qualitä d i t i t u l o esecutivo e l'estensione della sua efficacia anche all'arresto personale del debitore non sono affatto p r i v i l e g i speciali delle cambiali, ma effetti comuni a t u t t e le scritture private, i n cui taluno riconosca e confessi u n debito liquido e s c a d u t o . . . " ; ebenso: Briegleb, a.a.O., S. 78 ff.; Lastig, Beiträge zur Geschichte des Handelsrechts, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. 23 (1878), S. 138 (156 ff.); Schaube, Einige Betrachtungen zur Entstehungsgeschichte der Tratte, i n : Zeitschrift der Savigny-Stiftung f ü r Rechtsgeschichte, Germanische A b t e i lung, Bd. 14 (1893), S. 111 (144), zitiert nach Grünhut, Wechselrecht, I. Bd. L e i p zig 1897, S. 27 f.; vgl. auch Wach, Der italienische Arrestprocess, Leipzig 1868, S. 180 ff. 15 Vgl. die eingehenden Untersuchungen von Baumgart, Die E n t w i c k l u n g der Schuldhaft i m italienischen Recht des Mittelalters, Basel 1914, bes. S. 21 ff., 234 ff. (247 ff., 256 ff., 260 ff.); ferner: Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 175 (besonders A n m . 112), S. 460. 16 v. Martens, a.a.O., S. 58. 17 v. Martens, a.a.O., Anhang S. 20: „ . . . debitore . . . p i g l i a r et retegnire et i beni suoi m o b i l i et i m m o b i l ! intrometter, et conservare per far la satisfaction de d i t t i beni a i creditori salvando la rason d i ogni persona". 18 a.a.O., A n h a n g S. 24, L i b . I I Cap. I I : „et si idem emptor non solvent i n continenti personaliter eum faciam detineri, et non p e r m i t t a m eum relaxari, nisi prius solverit d i c t u m mercatum". 19 a.a.O., Anhang S. 27, die v. Martens a.a.O. S. 58 ebenfalls anführt, die allerdings der Sache nach mehr unter die Meßvorschriften des folgenden A b schnitts zu rechnen sind. 20 Vgl. weiter: Lattes, I I d i r i t t o commerciale nella legislazione statutaria
§ 4 Die historischen Grundlagen
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A u f dieser Grundlage erscheint es selbstverständlich, daß die italienische Dogmatik jener Zeit weder der parata executio noch der Personalkaptur eine besondere Bedeutung für den Wechsel beimaß. Scacciä 21 beschränkte sich anläßlich der Erörterung des Genueser Statuts von 158922 auf die Bemerkung: „De consuetudine generali cambia habent executionem paratam, maxime cambia nundinaria", und Raphael de Turri 28 faßte diesen Satz etwas allgemeiner, aber der Sache nach unverändert: „De communi consuetudine totius Italiae (litterae cambiales) habent paratam executionem." Eine Beziehung etwa zum Begriff des Wechsels findet sich bei ihnen überhaupt nicht 2 4 . 2. Der rigor nundinarum Folgt man der Meßtheorie, so zeigt sich zunächst auch hier, daß der Wechsel i n der Form des Meßwechsels m i t Eigenschaften ausgestattet war, die i n ihrer äußeren Erscheinung dem rigor cambialis entsprachen. Schon die Privilegien, die den Champagnermessen als den ersten bedeutenden Handelsplätzen i m 13. und 14. Jahrhundert nach Herkommen oder durch ausdrückliche Verordnungen zustanden 25 und die auf die i m 15. Jahrhundert errichteten Messen i n Lyon übertragen w u r den 2 *, begünstigten den Gläubiger durch ein schnelles Verfahren mit strenger Exekution gegen den Schuldner vor einem besonderen Meßgericht. I m einzelnen bestand das summarische Verfahren bei Nichtzahlung durch den Meßschuldner darin, daß der Gläubiger ohne Beachtung der i m gewöhnlichen Verfahren einzuhaltenden Formen und Fridella città italiane, Milano 1884, S. 185, 299f.; ders., I I d i r i t t o consuetudinario delle città lombarde, Milano 1899, S. 119 f.; Grünhut, Wechselrecht, I. Bd., L e i p zig 1897, S. 27 f. (Anm. 14), 74 f. (Anm.29); Briegleb, a.a.O., S. 112 (Anm. 9 i n cidenter) ; Biener, Historische Erörterungen, S. 141 ; Ulmer, a.a.O., § 16 I (S. 166). 21 Tractatus de commerciis et cambio, 1618, § 7 Gloss. 5. n. 4 (S. 462), so die älteste Ausgabe, hier zitiert nach Hartmann, Das Deutsche Wechselrecht, B e r l i n 1869, § 38 (S. 120 A n m . 7); sachlich ebenso die Ausgabe von 1650 (Venedig), a.a.O., S. 475. 22
Abgedruckt bei v. Martens, a.a.O., Anhang S. 40 ff. Tractatus de cambiis, Francofurti, 1645, Disp. 2qu. 7 n. 23 (S. 131). 24 Ähnlichkeiten i m geltenden italienischen R e d i t zur deutschen Lehre von der Wechselstrenge u n d zum Wechselprozeß bleiben unberücksichtigt, w e i l der Ursprung der Entwicklung von Deutschland ausging u n d die Untersuchung vornehmlich auf den Gegensatz zum französischen Wechselrechtsbereich abstellt. 25 Es gibt zwei Quellen: a) les privilèges et les coustumes des foires (Mitte des 13. Jahrhunderts), b) les coustumes, stille et usaige de la court et chancellerie (Mitte des 15. Jahrhunderts), abgedruckt bei Bourquelot, Etudes sur les foires de Champagne, Paris 1865, Tôme I I , S. 321—324, 325—337; vgl. Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 228; Biener, Wechselrechtliche A b handlungen, S. 37 ff. 28
M
Goldschmidt, a.a.O., S. 235.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
sten zu seinem Recht gelangen konnte 2 7 . Die prompte Realisierung der aus einem Meßkontrakt herrührenden Ansprüche wurde durch ein Exekutionsmandat (mandement de foire, mandamentum) 28 gesichert, das dem Gläubiger ohne Zulassung anderer als peremtorischer Exceptionen 2 9 die Eintreibung seiner Forderungen unverzüglich ermöglichte. Außerdem wurde das Verfahren dadurch beträchtlich abgekürzt, daß etwaige Appellationen des Schuldners gegen eine Verurteilung keine suspensive Wirkung hatten 3 0 . War der Schuldner i n diesem Schnellverfahren verurteilt, so bestand die Vollstreckung entweder i n der gleichzeitig zulässigen Real- und Personalexekution oder auch i n der primären Personalhaft 31 . Die ganze Strenge der Meßgerichtsbarkeit zeigt sich auch darin, daß exekutive Maßregeln selbst durch mittelbaren Zwang außerhalb des Meßplatzes vollzogen werden konnten. Hatte sich nämlich ein Schuldner dem Exekutionsverfahren auf der Messe entzogen (fugitivs, fuitifs de foire), so ersuchte der Meßvorstand die Heimatbehörde des Schuldners u m die Ausführung der Exekution unter A n drohung des Meßbannes (défense des foires). Blieb ein solches Ersuchen trotz dreimaliger Aufforderung ohne Erfolg, wurde sämtlichen Kaufleuten der betreffenden Stadt oder des betreffenden Landes der Z u t r i t t zu der Messe künftig verboten (großer Meßbann) 32 . 27 „sans long procès et figures de plaids", Goldschmidt, a.a.O., S. 236; „de piano, ac sine figura et longo strepitu iudicii", Huvelin, Essai historique sur le droit des marchés et des foires, Paris 1897, S. 418. Nach den privilèges et coustumes A r t . 15 der Champagnermessen fand dreimal täglich Gerichtssitzung statt. 28 Bassermann, Die Champagnermessen, Leipzig 1911, S. 42; Boset, Der Wechselkontrakt nach seiner historischen, teleologischen u n d philosophischen Ansicht, Prag 1812, S. 19ff.; v. Martens, Versuch einer historischen E n t w i c k lung des wahren Ursprungs des Wechselrechts, Göttingen 1797, S. 19; Goldschmidt, a.a.O., S. 228, 231. 29 Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 39; Huvelin, a.a.O., S. 418 (421). Über die Ausnahmen i n der Praxis vgl. Laurent, D r o i t des foires et droit u r b a i n aux X l l l e et X I V e siècles, i n : Revue historique de droit français et étranger, quatrième série, Bd. 11 (1932), S. 660 (683,693). 80 Ausdrücklich erst i n A r t . 37 der Meßordnung von Besançon (Siegel I S. 545 f.) geregelt, aber auch schon vorher anerkannt, vgl. Biener, a.a.O.; H u v e lin, a.a.O., S. 425 f. 31 Toubeau, Les institutes d u droit consulaire, ou les elements de la j u r i s prudence des marchands, seconde édition, Tome I, Bourges/Paris 1700, S. 514 f.; Biener, Historische Erörterungen, S. 144 f.; ders., Wechselrechtliche A b h a n d lungen, S. 39,77; Goldschmidt, a.a.O., S. 230; Huvelin, a.a.O., S. 426 f., 475; L a u rent, a.a.O., S. 672. 32 Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 40 m i t Beispielen; Goldschmidt, a.a.O., S. 231 ff., besonders A n m . 162,164. Allerdings w a r die p r a k tische Anwendung des Meßbannes gegenüber wichtigen Handelspartnern, vor allem den Italienern, aus naheliegenden Erwägungen gering; daher erlangten die Meßprivilegien i m Distanzgeschäft auch k a u m Bedeutung. Diese Tatsache hat schon Bassermann (a.a.O., S. 47 f.) veranlaßt, einen Zusammenhang z w i schen Meßrecht u n d strengem Wechselrecht zu verneinen. Z u den auch sonst mannigfach auftretenden Schwierigkeiten der A n w e n d u n g des Meßbannes vgl. Laurent, a.a.O., S. 673 ff.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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Institutionell garantiert wurden die Privilegien, m i t denen die aus Meßkontrakten entstandenen Forderungen verbunden waren, durch besondere Meßbehörden. Sie waren m i t Jurisdiktionsgewalt ausgestattet und fungierten unter uneinheitlichen Bezeichnungen 33 ; ihre Mitglieder wurden von den Landesbehörden des Meßplatzes bestellt 3 4 . Die gegen Ende des 16. Jahrhunderts i n allgemeine Handelsgerichte umgewandelten Meßbehörden 35 wurden aber nicht nur tätig bei der Streitentscheidung und Exekution, sondern daneben auch bei einer A r t öffentlicher Beurkundung der Meßkontrakte. Vielfach traten nämlich die Privilegien nur für solche Meßgeschäfte ein, die „sous scel (oder sceau) de foire" 3 6 geschlossen waren, die also bei den Meßbehörden vorher gesiegelt worden waren. Die Meßkontrakte bekamen durch das Siegel, dessen Anwendung schon die Ordonnanzen von 1326 und 134437 vorschrieben, den Charakter öffentlicher Urkunden 3 8 , eine offenkundige Parallele zu der Entwicklung der Außermeßwechsel 39 . W i l l man die Bedeutung dieser Privilegien ins rechte Verhältnis zum Meßwechsel setzen, so ist es erforderlich, sich die Tatsache vor Augen zu halten, daß die Messen nach ihrer ursprünglichen Anlage ganz allgemein dem Handel dienten, m i t h i n i n keiner Weise auf das Wechselgeschäft beschränkt waren. Die „foires de Champagne" als die ältesten unter den bedeutenden Messen des Mittelalters waren als Warenmessen ausgestaltet, auf denen sich der Handel ganz Westeuropas während der viermal i m Jahr abgehaltenen Meßzeit konzentrierte 40 . Ebenso trugen die nach dem Wegfall der Champagnermessen i m 15. Jahrhundert sich entwickelnden Messen zu Lyon den Charakter von Warenmessen mit gleichzeitig zulässigem barem Abrechnungsmodus und Zahlung durch Wechsel. Erst die 1537 auf Veranlassung Kaiser Karls V. von den Ge88 Conservatores nundinarum, custodes nundinarum, magistri de nundinis, maîtres des foires, gardes des foires oder conservateurs des foires; Boset, a.a.O., S. 19; Hartmann, Das deutsche Wechselrecht, B e r l i n 1869, S. 119; L y o n Caen et Renault, Traité de droit commercial, 5. Aufl., Paris 1921, Bd. I, S. 407 f. 84 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 229, 233 f.; Schaube, Anfänge der Tratte, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. 43 (1894), S. 1 (23). 85 Goldschmidt, a.a.O., S. 222, 236 f. 8 * v. Martens, a.a.O., S. 19, 59; Boset, a.a.O., S. 49; Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 38. 87 v. Martens, a.a.O., S. 19; Bassermannn, Die Champagnermessen, Leipzig 1911, S. 36; auch schon vor 1326 w u r d e n die wichtigeren Meßgeschäfte m i t dem Siegel versehen, vgl. ausführlich Huvelin, a.a.O., S. 474 ff. (bes. 476, 478). 88 Vgl. Goldschmidt, a.a.O., S. 231 A n m . 160 m i t weiteren Belegen. 89 Wie sich die Trennung überhaupt i n p r a x i zwangsläufig schon f r ü h verwischen mußte; systematisch aber ist sie wichtig. 40 Bassermann, a.a.O., S. 1 ff., 19 ff.; vgl. auch zum folgenden, Goldschmidt, a.a.O., S. 224 ff.; ders.: Die Geschäftsoperationen auf den Messen der Champagne, i n : Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. 40 (1892), S. 1; Biener, a.a.O., S. 36 ff.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
nuesern i n Besançon errichtete Messe, die 1597 nach Piacenza und 1648 nach Novi verlegt wurde, kann als Wechselmesse ohne Warenhandel gelten 41 . Barzahlung blieb zwar auch hier möglich, doch war der Gläubiger nicht verpflichtet, sich darauf einzulassen 42 ; er konnte vielmehr auf Wechselhingabe, die für i h n einen Kursgewinn ermöglichte, bestehen. Relevant an dieser Entwicklung des Meßhandels ist die Tatsache, daß der „rigor nundinarum" 4 8 — gleichsam der Komplementärbegriff zu den Meßprivilegien 4 4 — jedenfalls ursprünglich keine besondere Beziehung zum Wechsel aufwies; er galt für alle Schulden, die aus einem Meßgeschäft entstanden waren 45 » 4 *. Der Grund für das summarische Verfahren mit der strengen Exekution lag allein i n der A r t , wie der Meßhandel betrieben wurde. Da die Kaufleute jeweils nur für die kurze Dauer der Meßzeit 47 aufeinandertrafen, konnte das gewöhnliche gerichtliche Verfahren m i t all den Besonderheiten, die sich aus der unterschiedlichen Nationalität der Meßbesucher ergaben, und mit den gewöhnlich zulässigen Einreden, die das Verfahren über die Meßzeit hinausgezögert hätten, nicht durchgeführt werden. Der Meßhandel mußte daher von vornherein auf einen schnell und reibungslos ablaufenden Güter- und Geldumschlag angelegt sein und sich von Anfang an ungeachtet aller i n der A r t der einzelnen Kontrakte oder der beteiligten Personen liegenden Besonderheiten durch eine weitgehende Gleichförmigkeit i n der Abwicklung der Meßgeschäfte auszeichnen. Daraus folgt auf der einen Seite, daß der Wechsel, soweit er Meßwechsel war, m i t all den Vorzügen einer schnellen und sicheren Ein41 Endemann, Studien i n der romanisch-kanonistischen Wirtschafts- u n d Rechtslehre bis gegen Ende des siebzehnten Jahrhunderts, I . Band, B e r l i n 1874, S. 148 ff.; Hausherr, Wirtschaftsgeschichte der Neuzeit v o m Ende des 14. bis zur Höhe des 19. Jahrhunderts, 3. Aufl., K ö l n - G r a z 1960, S. 98 f. 41 A r t . 12 der Meßordnung von Besançon, bei Siegel I S. 524. 48 Endemann, a.a.O., S. 113; Briegleb, Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, Zweiter Theil, Chrestomathie v o n Belegstellen zur Geschichte des Executiv-Prozesses, 2. Aufl., Stuttgart 1845, S. 322: „ r i g o r n u n d i n a r u m briae et campaniae"; vgl. auch: Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 235; Huvelin, a.a.O., S. 472, 486, 498. 44 „Vires ac privilégia nundinarum", v. Martens, Versuch einer historischen Entwicklung des wahren Ursprungs des Wechselrechts, Göttingen 1797, S. 52 Anm. a. 45 Z u m Begriff des „Meßkontraktes" s. Huvelin, a.a.O., S. 472 f. 48 Die Meßkontrakte hatten, von wenigen Ausnahmen abgesehen, Vorrang vor allen anderen K o n t r a k t e n u n d waren untereinander gleichrangig; Huvelin, a.a.O., S. 481—483, 489f.; Goldschmidt, a.a.O., S. 229 (Anm. 156). 47 Die sich i m Laufe der Entwicklung ständig verkürzte, Champagnermessen: 6 Wochen (im einzelnen allerdings schwankend, vgl. Bassermann, a.a.O., S. 13 ff.); L y o n : von einem Monat bis auf 15 Tage; Besançon: 8 Tage; vgl. Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 46, 48; Goldschmidt, a.a.O., S. 235; Siegel I S. 524 (Art. 13 der Meßordnung von Besançon).
§ 4 Die historischen Grundlagen
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treibbarkeit ausgestattet war, die einen Meßkontrakt von gewöhnlichen Kontrakten abhoben. Insbesondere führte also der Meßwechsel unter Übergehung aller Verfahrensförmlichkeiten und unter Ausschluß anderer als peremtorischer Einreden zur strengen Personal- und (oder) Realexekution, die durch die Meßbehörde gesichert war. A u f der anderen Seite ergibt sich daraus ebenso zwingend, daß der Meßwechsel nicht über das Maß der übrigen Meßgeschäfte hinaus privilegiert war. Lediglich insofern das Meßgeschäft i m Laufe der Entwicklung zunehmend den Charakter von Wechselmessen annahm, beschränkte sich auch faktisch der Gegenstand des rigor nundinarum auf den Wechsel. I n der Endstufe dieser Entwicklung könnte man daher zwar, wollte man der Rigor-Dogmatik sozusagen postum einen neuen Begriff zuführen, die Meßstrenge als „rigor nundinarum cambialis" bezeichnen. A l l e i n gerade auf den reinen Wechselmessen war zumindest die praktische Bedeutung des rigor überaus gering, wenn das schleunige und strenge Verfahren der Warenmessen überhaupt anwendbar blieb. Die Besangoner Meßordnung enthielt nämlich über Voraussetzung und A r t der Exekution trotz der 39 ausführlich gehaltenen A r t i k e l keinerlei Regelung, sondern führte die Exekution lediglich beiläufig i n einzelnen A r t i k e l n 4 8 ohne Bestimmung ihres Inhalts an. Könnte immerhin die wiederholte Erwähnung der Exekution den Schluß zulassen, daß die näheren Umstände ihrer Anwendung und M i t t e l nach dem Vorbild früherer Messen als feststehend vorausgesetzt wurden 4®, so stand einer praktischen Bedeutung auf jeden Fall die A r t der Abwicklung von Wechselmessen selbst entgegen. Denn anders als bei Warenmessen war das gesamte Verfahren hier nicht auf einen effektiven Leistungsaustausch von Münze (Wechsel) gegen Ware, sondern auf einen mehr buchmäßigen Ausgleich i m Wege der Bilanzierung und Skontration angelegt. Wer bei diesem Verfahren i m Debet blieb, setzte sich administrativen Maßnahmen, vor allem der Beschlagnahme seiner „Effekten" 5 0 , durch die Meßbehörde aus; eine gewöhnliche Meßexekution gegen i h n fand nicht statt 5 1 . 3. Die „contrainte par corps" i m französischen Recht I m Ergebnis nicht anders, wenn auch i m Laufe der Entwicklung unterschiedlich intensiv, gestaltete sich das Verhältnis des Außermeß48
A r t . 17, 18, 31, 37. Auch dagegen spricht, daß das Prozeßverfahren i n A r t i k e l 37 nach A r t des auch vordem üblichen abgekürzten u n d schnellen Verfahrens ausdrücklich geregelt war. 50 A r t . 37, w o h l i m Sinne von „Reiseeffekten"; v o n Siegel ( I S. 544 f.) m i t „ G ü t e r " , von Biener (Wechselrechtliche Abhandlungen S. 79) unzutreffend m i t „Forderungen" übersetzt. 51 Vgl. i m einzelnen Endemann, a.a.O., S. 330 f. 40
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2. Kap. : Kritik der Lehre
wechseis 52 zu den Erscheinungsformen des rigor cambialis i n Frankreich. Seit Beginn dieser Entwicklung unterlag der Wechsel denselben verfahrensrechtlichen Regelungen wie andere Handelsschulden auch und führte i n dieser Eigenschaft bei Nichtzahlung zur Personalexekution. Schon das Pariser Edikt vom November 156353, das erste umfassende Statut außerhalb des Meßwesens, legte die Zuständigkeit der Konsular- (Handels-) Gerichte i n dem Rahmen fest, der i m wesentlichen auch für den weiteren Verlauf maßgebend bleiben sollte: „Connaîtront lesdits juges et consuls des marchands de tous procès et différends qui seront ci-après mus entre marchands, pour faits de marchandise seulement, leurs veuves marchandes publiques, leurs facteurs, serviteurs et commettants, tous marchands, soit que lesdits différends procèdent d'obligations, cédules, récépissés, lettres de change ou crédits, réponses, assurances, transports de dettes et novations d'incelles, calculs ou erreurs en iceux, compagnies, sociétés ou associations déjà faites ou qui se feront ci-après 54 ." Nach dem Pariser Vorbild wurden i n den übrigen bedeutenderen Handelsstädten Frankreichs i n der Folgezeit insgesamt 86 Gerichte unter der Bezeichnung „juges et consuls des marchands" errichtet 5 5 , zu deren Kompetenz neben anderen handelsrechtlichen Streitigkeiten auch solche wechselrechtlicher A r t gehörten 56 . Entsprechend der einheitlichen prozessualen Behandlung von Handelsund Wechselschulden verordnete das Edikt von 1563 ohne Unterscheidung nach der A r t des Klageanspruchs, begrenzt lediglich durch die Höhe der Klagsumme, die contrainte par corps i n A r t 10: „Les condamnez à garnir par provision ou définitivement, seront contraints par corps à payer les sommes liquidées par les Sentences et Jugements, qui 52 A u f die unterschiedliche Bedeutung von systematischer u n d praktischer Unterscheidung zwischen Meß- u n d Außermeßwechsel ist bereits hingewiesen worden, vgl. oben § 4 I 2 passim. Entsprechend dem lange nebeneinander ablaufenden Meß- u n d Außermeßhandel überhaupt w u r d e n auch die M e ß p r i v i legien durch Gesetze, die an sich nicht das Meßwesen betrafen, ausdrücklich aufrechterhalten, vgl. etwa die Ordonnance de procédure v o m A p r i l 1667 T i t . 34 A r t . 5. 53 Nicht hierher zählen die von L é v y - B r u h l (Histoire de la lettre de change en France, Paris 1933, S. 291) aufgeführten Edikte aus den Jahren 1462 u n d 1549, w e i l sie noch die Grundlage f ü r nichtständige, systematisch der Meßj u r i s d i k t i o n zuzurechnende Einrichtungen abgaben, vgl. schon Lyon-Caen et Renault, Traité de droit commercial, 5. Aufl., 1921, Bd. I , S. 408 A n m . 1; Biener, Historische Erörterungen, S. 145. 54 A r t . 3, abgedruckt bei Nouguier, Des lettres de change et des effets de commerce en général, 2. Aufl. Brüssel 1840, L i v r e V I , Législation ancienne par ordre chronologique, S. 204. 55 Léfas, De l'origine des juridictions consulaires des marchands de France, i n : Revue historique de droit français et étranger, 1924, S. 83 f. 56 L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 291 f.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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n ' e x c e d e r o n t c i n q cent l i v r e s t o u r n o i s 5 7 . " W e n i g später f r e i l i c h , i m J a h r e 1566, h o b d i e „ O r d o n n a n c e de M o u l i n s " d e n a u f H a n d e l s s c h u l d e n festg e l e g t e n A n w e n d u n g s b e r e i c h d e r c o n t r a i n t e p a r corps auf, i n d e m sie j e d e n G l ä u b i g e r e i n e r b e s t i m m t e n u n d l i q u i d e n G e l d f o r d e r u n g berecht i g t e , d e n auch 4 M o n a t e nach E r l a ß des r e c h t s k r ä f t i g e n U r t e i l s noch säumigen Schuldner i n Verhaft zu nehmen58. D i e m i t dieser A u s d e h n u n g d e r P e r s o n a l h a f t a u f a l l e z i v i l e n G e l d schulden z u g l e i c h v e r b u n d e n e E i n s c h r ä n k u n g i h r e r A n w e n d b a r k e i t a u f H a n d e l s s c h u l d e n d u r c h d i e E i n f ü h r u n g d e r 4 - M o n a t s f r i s t e r w i e s sich a l l e r d i n g s f ü r Wechselklagen, d i e eine p r o m p t e A b w i c k l u n g e r f o r d e r ten, schon b a l d als k o n t i n u i e r l i c h e s H e m m n i s ; d e n n i n d e r Folgezeit e r k a n n t e n d i e Gerichte, w i e m e h r e r e v o n Bornier a n g e f ü h r t e Entscheid u n g e n aus d e n J a h r e n 1584, 1615 u n d 1653 ergeben, gegen Wechsels c h u l d n e r a u f P e r s o n a l e x e k u t i o n ohne z e i t l i c h e n A u f s c h u b 5 9 . Diese Rechtsprechung w u r d e gesetzlich s a n k t i o n i e r t d u r c h d i e „ O r d o n n a n c e s u r l a p r o c é d u r e " v o m A p r i l 1667, d i e das Recht d e r c o n t r a i n t e p a r corps i m w e s e n t l i c h e n a u f d i e G r u n d l a g e des E d i c t s v o m N o v e m b e r 1563 z u r ü c k f ü h r t e 6 0 , d a b e i aber i m e i n z e l n e n abweichende, auch f ü r d i e weitere E n t w i c k l u n g wichtige Regelungen traf 61. 57 Abgedruckt bei Savary, L e parfait Négociant ou Instruction generale pour ce q u i regarde le commerce de toute sorte de Marchandise, tant de France, que des Pays Etrangers, Genf 1676, Bd. I, S. 366; Toubeau, Les Institutes d u droit consulaire ou les Elements de la jurisprudence des Marchands, 2. Aufl., Bd. I, Bourges/Paris 1700, S. 510. 58 A r t . 48, abgedruckt bei Nouguier, a.a.O., S. 131; Pothier, Traité de la procédure civile (hier w i e auch i m weiteren zitiert nach der Ausgabe von Bugnet, Oeuvres de Pothier, annotées et mises en corrélation avec le code c i v i l et la législation actuelle, Bd. 1—10, Paris 1845—1848), Bd. 10, S. 312 (Nr. 689) : „ . . . celui q u i avait obtenu u n jugement de condamnation d'une somme pécuniaire, certaine et liquide, pouvait, lorsque ce jugement était en dernier ressort, ou q u ' i l n'était suspendu par aucun appel, contraindre par corps au jugement la partie condamnée, quatre mois après la signification d u jugement." 59 Bornier, Ordonnance de Louis X I V sur le commerce, Paris 1677, S. 387: „C'est u n des privilèges de la banque ou d u négoce des lettres de change, que ceux q u i les ont signées et acceptées peuvent etre contraints par corps après la condamnation sans attendre les quatre mois de l'ordonnance (de Moulins) comme i l fut jugé par arrêt d u 20 janvier 1584 recueilli des mémoires de feu M. de Montholon de Pérouseau, conseiller au Parlement de Paris, et par sentence des juges et consuls au profit de Nicolas Camille contre Jean Rolland d u 29 novembre 1652, confirmée par arrêt d u Parlement d u 8 février 1653 remarqué dans le Recueil des édits et arrêts touchant la j u r i d i c t i o n consulaire, et par u n autre arrêt d u 17 décembre 1615 rapporté par J O L Y l i v r e premier, chap. 16, i l fut jugé qu'une lettre de remise protestée était exécutoire par provision par corps contre celui q u i l'avait souscrite comme principal débiteur quoique le protêt ne l u i eût été signifié que six mois après l'avoir fait.", zitiert nach L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 299 A n m . 2.
T i t . 34 A r t . 1: „Abrogeons l'usage des contraintes par corps après les quatres mois, établie par l'art. 48 de l'ordonnance de Moulins, pour dettes purement civiles; deffendons à nos cours et tous autres juges, de les
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2. Kap.: Kritik der Lehre
Sie bestimmte i n Tit. 34 A r t . 4: „Def fendons à nos Cours et autres Juges, de condamner aucuns de nos subjets par corps en matière civile, sinon en cas de réintegrande 62 , pour délaisser u n héritage en execution des Jugements, pour stellionat, pour depost nécessaire, consignation faite par Ordonnance de Justice, ou entre les mains des personnes publiques, représentation de biens par les séquestres, commissaires ou gardiens, lettres de change, quand i l y aura remise de place en place, dettes entre Marchands pour fait de marchandise dont ils se meslent 63 ." Daraus ging zwar, von den enumerierten Ausnahmen abgesehen, die erneute Beschränkung der contrainte par corps auf Handelsschulden einschließlich derjenigen aus Wechseln, nicht aber die Aufhebung der 4-Monatsfrist ausdrücklich hervor; indessen ließ die Tatsache, daß die Ordonnance i n A r t . 2 und 3 desselben Titels für andere, dort einzeln aufgezählte Fälle 6 4 die 4-Monatsfrist i m Gegensatz zu A r t . 4 expressis verbis vorschrieb, nur den Schluß zu, daß eine Verurteilung aus einem der i n Art. 4 genannten Geschäfte die contrainte par corps unverzüglich nach sich zöge 65 . Umgekehrt ergab die Auslegung dieses Artikels, dessen Verbot der Personalexekution sich lediglich auf die Untertanen des französischen Königs bezog 66 , daß die „Ordonnance de Moulins" von 1566 für Ausländer i n ihrem gesamten Umfang, also nicht nur hinsichtlich des Haftaufschubs, weitergalt 6 7 . Ungeachtet ihrer detaillierten Gebote und Verbote für die Anwendung der contrainte par corps führte die Ordonnance von 1667 zu einschneidenden Störungen des Wirtschaftslebens 68 , w e i l sie dieses Exeordonner, à peine de nullité, et à tous les huissiers et sergents de les exécuter, à peine de dépens, dommages et intérêts."; bei Nouguier, a.a.O., S. 131. 61 Nach Biener (Historische Erörterungen, S. 100) ging die grundsätzliche Einschränkung auf L u d w i g X I V zurück, der die ursprünglich weitere Fassung ändern ließ. 92 Bei Savary heißt es „rente grande". M Abgedruckt bei Savary, a.a.O., S. 362; Nouguier, a.a.O., S. 132. 94 Condamnations de dépens, de restitutions de fruits, de dommages et intérêts, i m einzelnen bei Pothier, a.a.O., S. 312 ff. (Nr. 690—692). w Pothier, a.a.O.; vgl. auch Toubeau, a.a.O., S. 519: „ . . . cette contrainte n'a été bien et universellement établie que par l ' E d i t de Création des Juges et Consuls d u mois de Novembre 1563. Et Sa Majesté l'a v o u l u confirmer par l ' A r t i c l e 4. d u 34. T i t r e de son Ordonnance d u mois d ' A v r i l 1667 . . . 65 „Deffendons . . . de condamner aucuns de nos subjets ..." (Hervorhebung von mir). 87 Pothier, a.a.O., S. 321. Diese Auslegung w u r d e später bestätigt durch das Gesetz v o m 17. A p r i l 1832, A r t . 14 (abgedruckt von Bugnet, bei Pothier, a.a.O., A n m . 2): „ T o u t jugement q u i interviendra au profit d ' u n Francais contre u n étranger non domicilié en France, emportera la contrainte par corps, à moins que la somme principale de la condamnation ne soit inférieure à cent c i n quante francs, sans distinction entre les dettes civiles et les dettes commerciales." 68 Savary, a.a.O., S. 362: „ L a disposition de cet A r t i c l e (4 T i t . 34) avoit extre-
§ 4 Die historischen Grundlagen
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kutionsmittel auf Wechsel und Warenschulden unter Kaufleuten beschränkte, hingegen bei den i m Geschäftsleben üblich gewordenen „billets de change" und „billets payer à ordre" oder „au porteur" 6 9 nicht zuließ. Da infolgedessen niemand Geld außerhalb der nach der Ordonnance der Personalexekution unterliegenden Geschäfte vorzuschießen bereit war, dekretierte bereits ein „ A r r ê t du conseil d'état" von 166970, was durch die berühmte „Ordonnance de mois de mars 1673 concernant le commerce" i n Tit. V I I A r t . 1 förmlich legalisiert wurde: „Ceux qui auront signé des lettres ou billets de change, pourront être contraints par corps; ensemble ceux qui y auront mis leur aval, qui auront promis d'en fournir, avec remise de place en place, qui auront faits des promesses pour lettres de change à eux fournies, ou qui le devront être, entre tous négociant ou marchands qui auront signé des billets pour la valeur reçue comptant, ou en marchandise, soit qu'ils doivent être aquittés à un particulier y nommé, ou à son ordre, ou au porteur 7 1 ." Auch diese, neben A r t . 2 des V I I . Titels 7 2 einzige Vorschrift der Ordonnance von 1673, die sich unmittelbar auf die contrainte par corps bezog, gab freilich Anlaß zu neuen Unklarheiten. Zunächst legte die Formulierung „pourront être contraints" anstelle von „seront être contraints" die Frage nahe, ob der Gesetzgeber damit den Ausspruch der Personalhaft generell i n das Ermessen des Richters gestellt habe. Eine solche, sich allein am Wortlaut orientierende Auslegung ist i n neuerer Zeit von Mariage 72 vertreten worden; sie entspricht jedoch i n dieser undifferenzierten Allgemeinheit weder der historischen Entwicklung der contrainte par corps noch den Vorstellungen der führenden Kommentatoren jener Zeit. mement troublé le commerce parce que personne ne vouloit donner son argent, puisqu'il n'y avoit plus de contraintes par corps en matiere de billets payables à ordre, ou au porteur, q u i protoient seulement valeur receue, c'est à dire en deniers comptans ou autres effets, hors pour le fait de la marchandise." 69 „Lorsque celui qui, par le contrat de change, s'est obligé de me faire toucher une somme dans u n certain lieu, n'a pas une lettre de change prête, i l me donne, en attendant, u n b i l l e t par lequel i l s'engage de me fournir une lettre de change sur le l i e u où i l s'est obligé de me faire toucher la somme; on appelle cet espèce de billet u n billet de change. O n appelle aussi billet de change le billet par lequel celui à q u i on a f o u r n i une lettre de change dont i l n'a pas payé la valeur, s'oblige de la payer" (Pothier, a.a.O., Bd. 4, S. 474 (Nr. 4)), hinsichtlich der übrigen „billets" s. Savary i n A n m . 68. 70 Vgl. Toubeau, a.a.O., S. 521; Biener, Historische Erörterungen, S. 100. 71 Abgedruckt bei Siegel, Corpus j u r i s cambialis, Leipzig 1742, T h e i l I , S. 446 (460f.); Nouguier, a.a.O., S. 207 ff. 72 A r t . 2 verordnete die Personalexecution bei Seehandelsgeschäften. 78 Evolution historique de la législation commerciale. De l'Ordonnance de Colbert à nos jours, 1673—1949, Paris 1951, S. 37 f. Mariage f ü h r t keinerlei Belege f ü r seine Ansicht an. 3 Sedatis
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2. Kap.: Kritik der Lehre
Obgleich nämlich die Personalexekution nach den Bedürfnissen des Verkehrslebens auf Schuldscheine unter Kaufleuten ausgedehnt worden war, entsprach es ältester französischer Tradition, daß die strikte und sofortige Anwendung dieses persönlichen Exekutionsmittels den Wechsel- und Warenschulden vorbehalten blieb. Schon das Edict von 1563 hatte die Einschränkung „pour faits de marchandise seulement" enthalten, die i n Tit. 34 Art. 4 der Ordonnance von 1667 wiederholt wurde; die zeitlich dazwischen liegende Ausdehnung auf Geldschulden jeder A r t bedeutete nicht mehr als eine Unterbrechung, aber keinen Bruch mit dieser Tradition. Jedenfalls knüpfte sowohl die Ordonnance von 1667 als auch die i m Jahre 1673 erlassene an das ursprüngliche Edict über die Handelsgerichtsbarkeit von 1563 an: erstere mittelbar, indem sie A r t . 48 der Ordonnance de Moulins von 1566 aufhob 74 ; letztere unmittelbar, indem sie die allgemeine Geltung des Edicts von 1563 positiv vorschrieb 76 . Daher bezog auch die Lehre jener Zeit die dispositive Formulierung der Ordonnance von 1673 „pourront" auf die traditionelle Unterscheidung zwischen Wechsel- und Warenschulden einerseits sowie den reinen, i n kaufmännischen „billets" verbrieften Geldschulden andererseits. Allen voran hat Savary, trotz der häufigen Bezeichnung der Ordonnance von 1673 als der „Ordonnance de Colbert" deren eigentlicher geistiger Urheber und überdies als Kaufmann m i t der Praxis bestens vertraut, diese Auslegung mit Nachdruck verfochten 76 ; sie ist aber auch von anderen, etwa Bornier, übernommen worden 7 7 . Danach war der Richter also bei Verurteilungen aus Wechselklagen verpflichtet, gegen den Schuldner die contrainte par corps anzuordnen; i m übrigen hing der Ausspruch von den Umständen des Einzelfalles ab. Das Gesetz vom „15 germinal an V I " setzte jeder Unsicherheit ein Ende, indem es die Anwendung der Personalexekution strikt und einheitlich vorschrieb 78 . A u f dem Hintergrund dieser Zusammenhänge entscheidet sich auch die Frage, ob unter der Geltung der Ordonnance von 1673 kaufmännische Warenschulden ebenfalls der Personalexekution unterlagen. Die Frage konnte sich stellen, w e i l die Ordonnance i m V I I . Titel über die contrainte par corps i n A r t . 1 und 2 lediglich Wechselschulden und 74
T i t . 34 A r t . 1. Tit. 12 A r t . 1. 78 Savary, a.a.O., S. 362 ff. 11 Bornier, Ordonnance de Louis X I V sur le commerce, 1749, S. 388: „Dans la prononciation de la contrainte par corps les juges doivent user de quelque différence, car pour ce q u i est des lettres de change, les condamnations par corps s'ordonnent purement et simplement", zitiert nach L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 301 . 78 A r t . 1: „ l a contrainte par corps aura lieu", bei Nouguier, a.a.O., S. 132; vgl. auch L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 300 f. (Anm. 1). 75
§ 4 Die historischen Grundlagen
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Schulden aus Seehandelsgeschäften aufführte. Diese Tatsache hat immerhin Lévy-Bruhl i n seiner „Histoire de la lettre de change aux X V I I e et X V I I I e siècles", der einzigen geschlossenen Darstellung über das französische Wechselrecht jener Epoche 79 , zu der Feststellung veranlaßt: „ . . . cette mesure d'exécution a été presque exclusivement attachée aut matières de change.. . 8 0 ." Eine ähnliche Ansicht vertrat auch Garsonnet 81, der aber offenbar von dem Werke Einerts beeinflußt w a r 8 2 , ohne zu erkennen, daß sich dessen K r i t i k an der Rigor-Dogmatik 8 3 auf eine spezifisch deutsche Erscheinung bezog. Unabhängig hiervon steht diese Auffassung, vertreten von Autoren neuerer Zeit, i m Widerspruch zu den Intentionen und Interpretationen der Ordonnance i n jener Zeit. Auch die Frage nach der A r t der zur contrainte par corps geeigneten Geschäfte kann nämlich nicht allein aus dem Wortlaut der Ordonnance von 1673 beantwortet werden; vielmehr ist hier ebenso wie bei den bereits behandelten Problemen ein Rückgriff auf die historisch und systematisch i n Zusammenhang stehenden Statuten von 1563, 1566 und 1667 geboten. Dieser Zusammenhang aber, von Lévy-Bruhl und Garsonnet nur ungenügend beachtet, führt zu dem Ergebnis, daß auch kaufmännische Warenschulden die Personalexekution nach sich zogen: Das Edict von 1563 wie auch die Ordonnance von 1667 hatten ausdrücklich eine entsprechende Regelung enthalten 84 . Indem die Ordonnance von 1673 das Edict bestätigte und die vorangegangene Ordonnance als weitergeltendes Prozeßgesetz anerkannte 85 , erübrigte sich die Wiederholung der unmißverständlichen Anordnung der Personalexekution bei Warenschulden unter Kaufleuten 8 8 . 79 Das neuere W e r k von de Roover (L'Evolution de la L e t t r e de Change, X l V e - X V I I I e siècles, Paris 1953) ist allgemeinerer N a t u r ; überdies behandelt de Roover als vornehmlich wirtschaftlich ausgerichteter Historiker Fragen der Execution überhaupt nicht. 80 L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 298. 81 De l'influence de l'abolition de la contrainte par corps sur la législation commerciale, première partie: De la lettre de change, i n : Revue critique de législation et de jurisprudence, 1. Serie, 32. Bd. (1868); S. 454 ff., 531 ff.; 33. Bd. (1868), S. 39 ff., 169 ff. 82 Vgl. Garsonnet, a.a.O., Bd. 32, S. 455. 83 Einert, Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts i m neunzehnten Jahrhundert, Leipzig 1839, S. 14 ff. 84 Vgl. oben bei A n m . 54 u n d 63. 85 Vgl. oben bei A n m . 75 u n d Tit. X I I A r t . 12 der Ord. 1673. 86 Die freilich naheliegende Frage, w a r u m die Ordonnance von 1673 dann die Wechselschulden noch einmal aufgeführt hat, ist bislang nicht gestellt worden, auch nicht von den Autoren, die die i m T e x t vertretene Ansicht teilen. Die A n t w o r t k a n n n u r vermutet werden: Da die Ordonnance von 1673 die m i t den „lettres de change" i n unmittelbarem Zusammenhang stehenden „billets de change" u n d „billets payer à ordre" oder „ a u porteur" neu aufgenommen hatte, mußte deren Verhältnis untereinander abgegrenzt werden, vgl. auch den weiteren Text.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
N u r so ist verständlich, daß die Kommentatoren der Ordonnance von 1673 diese Auffassung nicht allein vertreten, sondern teilweise sogar als selbstverständlich von der Weitergeltung der contrainte par corps für Handelsschulden ausgehen konnten 8 7 . Nur so erklärt sich aber auch, wie das Gesetz vom „15 germinal an V I " i n A r t . 1 Nr. 2 unter fast wörtlicher Wiederholung von Tit. 34 A r t . 4 der Ordonnance von 1667 vorschrieb: „(La contrainte aura lieu) de marchand à marchand pour fait de marchandises, dont ils se mêlent respectivement 88 ." Das Gesetz vom 17. A p r i l 1832 schließlich faßte den Grundsatz, der mehr oder weniger präzise formuliert die gesamte Entwicklung des Rechts der contrainte par corps beherrscht hat, i n einem einzigen Satz zusammen:,, L a contrainte par corps sera prononcée, sauf les exceptions et les modifications ci-après contre toute personne condamnée pour dette commercial au payment d'une somme principale de deux cents francs et au-dessus 89 ." Die contrainte par corps war nach dem Geist der Gesetze jener Zeit, wie Montesquieu 90 schon 1748 gesagt hatte, eine Notwendigkeit des allgemeinen Handelsverkehrs; auch nur unter dieser Voraussetzung war sie als rechtliche Sanktion aus Wechselschulden zugelassen. Daher setzte sie auch kein französischer Wechselrechtsdogmatiker jener Epoche i n Verbindung zum Begriff des Wechsels 91 . I I . Die Entwicklung
in Deutschland
Die Erscheinungsformen des rigor cambialis standen, das hat die Betrachtung der historischen Entwicklung erwiesen, ursprünglich i n keinem spezifischen Verhältnis zum Wechsel selbst. Wohl waren die Wechsel einheitlich — gleichgültig ob innerhalb oder außerhalb der Messen — zur paraten Exekution 9 2 geeignet; gleiches galt aber nicht für die 87 So v o r allem Pothier, a.a.O., S. 317 f. (Nr. 692 Ziff. 5); i m Ergebnis gleich, n u r m i t der Einschränkung der 4-Monatsfrist, Savary, a.a.O., S. 362 ff. (368); vgl. auch Nouguier, a.a.O., S. 132: „L'ordonnance de 1673, comme le précédent édit, ne porta atteinte à la liberté que dans le but de rendre plus certaine l a bonne et prompte solution des opérations commerciales." 88 Derselbe A r t i k e l enthielt auch die entsprechende Regelung f ü r Wechselschulden, abgedruckt bei Nouguier, a.a.O., S. 132. 89 A r t . 1, abgedruckt v o n Bugnet bei Pothier, a.a.O., Bd. 10, S. 317 A n m . 3; bei Nouguier, a.a.O., S. 132 f.; Hervorhebung v o n m i r . Die Ausnahmen betrafen Frauen, M i n d e r j ä h r i g e usw. Durch Gesetz v o m 22. J u l i 1867 w u r d e die contrainte par corps i n Frankreich allgemein aufgehoben, L é v y - B r u h l , a.a.O., S. 299. 90 V o m Geist der Gesetze (eingeleitet, ausgewählt u n d übersetzt v o n K u r t Wiegand), Stuttgart 1965, S. 330. 91 Vgl. unten § 8. 92 I n Frankreich seit dem E d i k t v o m November 1563 z u m Handelsgerichtsprozeß, vgl. oben § 4 I 3.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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Personalkaptur, und keine der beiden Erscheinungsformen war auf den Wechsel beschränkt. Folgerichtig werteten weder die italienischen noch die französischen Dogmatiker den rigor als eine besondere Erscheinung oder gar als Begriffsmerkmal des cambium. Die Untersuchung konzentriert sich damit auf die Entwicklung i n Deutschland. Das erste deutsche „Wechselgesetz", „der Stadt Hamburg statuta und Gerichtsordnung" (lib. II. tit. V I I : „von Wechsel und Wechselbrieffen") von 160593 enthielt allerdings überhaupt keine Regelung über die parata executio oder Personalhaft. Diese zunächst überraschende Tatsache erklärt sich indessen aus der historischen Grundlage des Hamburger Statuts. Anders als die später erlassenen deutschen Wechselund Meßordnungen, die überwiegend i m Zuge des aufblühenden Handels m i t den italienischen Städten oder französischen Messen entstanden 9 4 , beruhte das Hamburger Gesetz auf den „Wechselrechten und -gewohnheiten von Antwerpen" aus dem Jahre 157895. Dieses niederländische Wechselstatut enthielt aber ebensowenig wie die Amsterdamer Wechselordnung von 160196 verfahrensrechtliche oder exekutive Vorschriften nach A r t der Erscheinungsformen des rigor cambialis. 1. Die Regelung der parata executio und der Personalhaft durch § 107 des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 Das Hamburger Gesetz von 160597 sollte, bezogen auf das Fehlen jeder exekutiven Regelung, i n der Entwicklung des deutschen Wechselrechts ohne Nachahmung bleiben; denn schon i n § 107 des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 wurde die parata executio i n Wechselsachen 93
Bei Vogt, Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670, S. 231; v. Z i m merl, Vollständige Sammlung der Wechselgesetze aller Länder u n d Handelsplätze i n Europa, I I . Band, 1. Abteilung, W i e n 1813, S. 101; vgl. auch Grünhut, Wechselrecht, 1. Band, Leipzig 1897, S. 47 A n m . 15, der die häufig falsche Datierung i n das Jahr 1603 berichtigt. 94 Vgl. oben § 3 I (bei A n m . 5). 95 „Rechten en costumen van Antwerpen, v a n Wisselen", abgedruckt bei v. Z i m m e r l 1/1, S. 129; Siegel, Corpus iuris cambialis, Leipzig 1742, T h e i l I , S. 407; zu den historischen Grundlagen vgl. Dedekind, Vergangenheit u n d Gegenwart des Deutschen Wechselrechts, Braunschweig 1844, S. 9 f. Den V e r such von Neumann (Geschichte des Wechsels i m Hansagebiete bis zum 17. J a h r hundert, Erlangen 1863, Beilageheft der Zeitschrift f ü r das gesamte Handelsrecht, Bd. V I I ) , f ü r die Hanse eine eigenständige E n t w i c k l u n g nachzuweisen, hat schon Lehmann, H. O., Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 13 (S. 59 A n m . 1) als mißglückt bezeichnet; vgl. auch Dabin, Fondements d u droit cambiaire allemand, Liège 1959, S. 12. 98 „Willekeuren der Stadt Amsterdam, v a n Wisselen", bei v. Z i m m e r l 1/1, S. 26: Siegel I S. 481; erst die Amsterdamer Neuregelungen von 1656, 1664, 1679 (bei v. Z i m m e r l 1/1 S. 30, 37, 40) brachten h i e r i n eine Änderung, die jedoch f ü r die weitere E n t w i c k l u n g i n Deutschland ohne Einfluß blieb. 97 Die „revidierte u n d verbesserte Wechselordnung" v o m Jahre 1711 führte unmittelbare Executionen gegen Personen u n d Güter ein, vgl. A r t . 3, 29, 30, 37, 39, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 103; Siegel I S. 415.
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2. Kap. : Kritik der Lehre
für alle Handelsstädte statuiert und von dort i n die einzelnen Partikularrechte übernommen. Von jeher wertete die historische Lehre 9 8 den Reichsabschied, das erste und bis zur Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848 einzige von der Reichsgewalt erlassene „Wechselgesetz" 99 , trotz der wörtlichen Beschränkung auf die parata executio als gesetzliches Fundament des rigor cambialis schlechthin, also unter Einschluß der Personalhaft. Schon Einert 100 hatte darin den unmittelbaren Anlaß für die Entwicklung der Lehre vom rigor cambialis gesehen, und noch Dabin i n seinem 1959 erschienenen Werk über die Grundlagen des deutschen Wechselrechts, das i m deutschsprachigen Bereich seinesgleichen sucht, erstreckte die Geltung ausdrücklich auf die „contrainte par corps" 1 0 1 . Diese Auffassung hält einer kritischen Prüfung nicht stand. §107 des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 lautete: „Als auch bey den Handelsstädten i n Wechselsachen zu Meßzeiten und sonsten casus vorfallen, da nicht allein nach Kaufmannsgebrauch, sondern nach aller Rechtsgelehrten Meynung die parata executio straks Plaz haben solle, und innerhalb 24 Stunden oder etlich wenig Tagen zu geschehen pflegt, so lassen w i r es auch, damit die creditores nicht öfters aus blosser W i dersäzlichkeit der Schuldiger nicht allein u m die Schuld selbsten, sondern auch u m allen Credit, Ehr und Nahrung gebracht werden, dabey dergestalt verbleiben, daß i n solchen Wechselfällen dem Richter erster Instanz unbenommen seyn solle, ohngehindert einiger Appellation oder Provocation nach der Sachen Befindung und Ermäßigung, entweder m i t oder ohne caution der Gläubiger, die Execution zu vollziehen, und die debitores zur Schuldigkeit anzuhalten 1 0 2 ." Der Wortlaut ergibt eindeutig, daß der Reichsabschied allein die parata executio i n Wechselsachen verordnete; die Personalhaft wurde m i t keinem Wort erwähnt. Folglich könnte sich eine entgegengesetzte Interpretation allein aus der Erwägung rechtfertigen lassen, daß die parata executio begrifflich neben dem beschleunigten Verfahren auch 98 Natürlich nur, soweit sie anders als von Martens u n d dessen Anhänger den rigor cambialis überhaupt auf das deutsche Wechselrecht beschränkte. 99 Siegel I S. 148: „Des Heiligen Römischen Reiches Wechselordnung". Es bestand aus einem einzigen verfahrensrechtlichen Satz. 100 Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts i m neunzehnten Jahrhundert, Leipzig 1839, S. 14, der sonst der historischen Methode jeden Wert absprach (a.a.O., S. 3 ff.); w e i t e r h i n Renaud, Lehrbuch des A l l g e meinen Deutschen Wechselrechts, 3. Aufl., Gießen 1868, S. 84 Anm. 4. 101 Fondements d u droit cambiaire allemand, Liège 1959, S. 24. 102 Abgedruckt bei Gerstlacher, Handbuch der teutschen Reichsgeseze, 10. Theil, Stuttgart 1791, S. 2149 f.; Siegel I S. 148; v. Z i m m e r l 1/2 S. 282; Treitschke, Alphabetische Encyclopädie der Wechselrechte u n d Wechselgesetze, I I . Band, Leipzig 1831, S. 236; Meißner, Codex der europäischen Wechselrechte, Erster Band, S. 1 f.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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die Personalhaft erfaßt habe. I n der Tat begründet Dabin seine A u f fassung mit den Worten: „ O n remarquera que le Reichsabschied n'entendait pas seulement par parafa executio une procédure d'exécution expéditive mais aussi l'emploi de la contrainte par c o r p s . . . 1 0 3 " ; immerhin fügt er einschränkend unter Hinweis auf Biener 104 und Eichhorn 105 hinzu, daß der Text i n früherer Zeit jedenfalls so verstanden worden sei. Begrifflich bedeutete parata executio, wie schon der Sprachsinn nahelegt und wie der Rückblick auf die historische Entwicklung der instrumenta guarentigiata, als deren Kennzeichen die parata executio galt, bestätigt 1 0 6 , nichts anderes als die unmittelbare Beitreibung einer Forderung unter Ausschluß oder zumindest Aufschub aller exceptiones altioris indaginis 1 0 7 . Die parata executio, ebenso wie das eigentümliche Verfahren, i n dem die zur parata executio geeigneten Urkunden behandelt wurden, der Exekutivprozeß, bezogen sich m i t h i n nur auf die Beschleunigung der Exekution; die Frage, ob sich die Vollstreckung gegen die Güter oder die Person des Schuldners richtete, präjudizierten sie begrifflich nicht. I n diesem Sinne aber wurde die parata executio auch i n der Folgezeit des Jüngsten Reichsabschieds von der Dogmatik und der Gesetzgebung verstanden — abgesehen von einer gesetzlichen Ausnahme und den beiden bei Dabin aufgeführten Autoren, die aber deshalb für die Wertung der Rigor-Lehre ohne Bedeutung sind, w e i l sie allenfalls als deren Ausläufer bezeichnet werden können. Die gesetzliche Ausnahme betraf die „Lübeckische Wechsel-Ordnung" von 1662 108 , eines der ersten Partikulargesetze, das nach dem Jüngsten Reichsabschied erlassen wurde 1 0 9 . Darin wurde wörtlich auf § 107 des Jüngsten Reichsabschieds Bezug genommen und hinzugefügt: „die Debitores (sollen) nach wechseis Gebrauch derogestalt zur Schuldigkeit angehalten werden, daß sie entweder zahlen oder selbst Bürge werden müssen". Diese Formulierung, die i n die „Revidierte und verbesserte 105
a.a.O., S. 24; Hervorhebung von m i r . Abhandlungen aus dem Gebiete der Rechtsgeschichte, II., Historische Erörterungen über den Ursprung u n d den Begriff des Wechsels, Leipzig 1846, S. 148. 105 Einleitung i n das deutsche Privatrecht, 5. Aufl., Göttingen 1845, S. 346. Vgl. § 4 I 1. 107 Vgl. Briegleb, Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, Erster Theil, Geschichte des Executiv-Prozesses, Stuttgart 1845, S. 35, 88, 104; die Frage der Endgültigkeit spielt i n diesem Zusammenhang keine Rolle. 108 „Oder Decret wegen schleuniger Execution derer Wechsel", bei v. Z i m m e r l I I / l S. 274; Vogt, Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670, S. 230. loa Vorher n u r das Churfürstlich Sächsische M a r k t r e s k r i p t von 1660 (bei v. Z i m m e r l I I / l S. 171; Siegel I S. 62), das aber i n anderem Zusammenhang Bedeutung hatte, vgl. unten § 4 I I 2a. 104
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2. Kap.: Kritik der Lehre
Wechsel-Ordnung" von 1669 übernommen wurde 1 1 0 , bedeutete allerdings, daß sich der Schuldner bei Zahlungssäumigkeit zum Personalarrest zu stellen hatte. Das ergibt sich aus einem Vergleich m i t der entsprechenden Umschreibung für die personale Haftung etwa i n A r t . 25 der Schwedischen Wechselordnung von 1671 111 ; die Formulierung wurde auch von Siegel, w o h l einem der besten Kenner der seinerzeit gängigen Terminologie, i n diesem Sinne interpretiert 1 1 2 . Daß indessen der Begriff der parata executio i m übrigen nicht mit der Personalhaft verbunden wurde, läßt sich an mehreren Gesetzen und deren Interpretation i n jener Epoche nachweisen. So enthielten die Kölner Wechselordnungen von 1675 113 und 1691 114 (jeweils i n A r t . IV) ebenfalls einen ausdrücklichen Hinweis auf § 107 des Jüngsten Reichsabschieds von 1654, ohne daß sie zu den Gesetzen m i t „eigentlichem Wechselrecht", also unter Androhung der Personalhaft gezählt worden wären 1 1 5 . Könnte man hier noch die Auffassung vertreten, das Kölner Gesetz sei schon damals falsch interpretiert worden, weil sich bei begrifflicher Identität von parata executio und Personalhaft eine besondere Erwähnung der letzteren durch den Hinweis auf den Jüngsten Reichsabschied erübrigt habe, so müßte selbst eine solche Deutung gegenüber der Braunschweiger Wechselordnung von 1715 versagen. Dort bestimmte A r t . V I 1 1 6 i m Hinblick auf einige für beschränkt wechselfähig erklärte Personengruppen (Geistliche, Lehrer etc.), daß „zwar executive wider sie zu verfahren, nach strengem Wechselrecht aber . . . m i t Personalarrest sie keineswegs belegt werden sollen". Damit setzte die Braunschweiger Wechselordnung unmißverständlich beide Termini i n begrifflichen Gegensatz zueinander 117 . Nicht weniger deutlich trat 110
Bei v. Z i m m e r l I I / l S. 275. Bei v. Z i m m e r l I I I S. 78; Siegel I S. 591. 112 Einleitung zum Wechselrecht überhaupt, Leipzig 1742, S. 446. 113 Bei Koenigke, Der K a u f - u n d Handelsstadt Leipzig Wechselordnung, Leipzig 1717, S. 460; Herbach, Verbesserte u n d vielvermehrte Wechselhandlung, 2. Ausgabe, Nürnberg 1726, S. 379. 114 Bei v. Zimmerl, 1/2 S. 246; Siegel I S. 387. 115 Vgl. v. Zimmerl, a.a.O., S. 245, der hier ausnahmsweise ein Gesetz seiner Sammlung kommentierte: „ . . . i n Ansehung der Execution aber findet . . . weder ein geschärftes noch gemildertes Wechselrecht statt, sondern ist bloß das executivische Recht, das jeden Schuldverschreibungen, die die Eigenschaften eines instrumenti guarentigiati an sich haben, zusteht, angenommen." 118 Bei Wolffram, Vollständige Sammlung der Herzogl. BraunschweigLueneburgschen Wechsel-Verordnungen u n d deren Landesherrlichen Declarationen m i t erläuternden Anmerkungen, Braunschweig 1793, S. 28. 117 Vgl. ferner die Declaration v. 28. A p r i l 1727 u n d die Resolution v. 16. A p r i l 1751 (bei Wolffram, a.a.O., S. 176 u n d 210), i n denen die Trennung i n gleicher Deutlichkeit ausgesprochen war. Die Declaration von 1727 w u r d e auch v o n der F r a n k f u r t e r Juristenfakultät i n einem Responsum v. 7. März 1744 i n diesem Sinne interpretiert (Uhl, Franckfurtische Wechsel-Responsa, I I . Sammlung, Franckfurt an der Oder 1750, Nr. 145 (S. 220 f.). 111
§ 4 Die historischen Grundlgen
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der alternative Charakter i n der Frankfurter Wechselordnung hervor, deren erste, i m unmittelbaren zeitlichen Anschluß an den Jüngsten Reichsabschied ergangene Fassung von 1666 i n § 15 lediglich „parate Zahlung" 1 1 8 vorschrieb und deren erneuerte und vermehrte Ausgabe von 1739 i n § 27 1 1 9 bestimmte, daß dem Inhaber „. . . auf des Ausgebers oder Giranten Renitenz ohnverzüglich executive verholfen, oder gegen diese, wann sie . . . caution nicht leisten wollten, oder könnten . . . m i t Personalarrest verfahren werden soll". Überdies wurde der Terminus „executive" i n A r t . 35 ausdrücklich auf den Reichsabschied von 1654 bezogen, wenn es hieß: „Soviel (die Appellationen etc.) i n klaren Wechselsachen . . . betrifft, so soll denenselben . . . nach Maßgebung des jüngeren Reichs-Abschieds de Ao. 1654 . . . der condemnierte WechselSchuldner zur Zahlung oder Deposition der Wechsel-Schuld, m i t oder ohne Caution des Gläubigers, nach der Sachen Befind oder Ermäßigung executive angehalten w e r d e n " 1 2 0 ' 1 2 1 . Ganz i n diesem restriktiven Sinne verstand auch die Lehre früherer Zeit den Jüngsten Reichsabschied von 1654 lediglich als die Regelung eines besonders beschleunigten, einredebeschränkten Verfahrens; die Einbeziehung der Personalhaft i n den Begriff der parata executio hingegen lehnte sie ausdrücklich ab 1 2 2 . Selbst Siegel, der den Reichsab118
Bei Vogt, a.a.O., S. 261; v. Z i m m e r l I I / l S. 2; Siegel I S. 380. Bei v. Z i m m e r l a.a.O., S. 14. 120 Bei v. Z i m m e r l a.a.O.; Treitschke, Encyclopädie, I I . Band, Prozeß § 4 (S. 237). 121 Zumindest erwähnenswert i n diesem Zusammenhang ist auch die T a t sache, daß andere, schon bald nach dem Jüngsten Reichsabschied v o n 1654 erlassene Wechselordnungen, w i e die Augsburger von 1665 ("unverzügliche Bezahlung" ( A r t 5), „ohne einige Exception" ( A r t 6), bei Koenigke, Der K a u f u n d Handelsstadt Leipzig Wechsel-Ordnung, Leipzig 1717, S. 313) u n d die Breslauer von 1672 (bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 188) nicht einmal den Begriff der parata executio f ü r das i n ihnen gleichwohl dekretierte executive Verfahren enthielten. 122 Gerstlacher, Handbuch der teutschen Reichsgeseze, 10. Theil, Stuttgart 1791, S. 2156 f.; Danz, Handbuch des heutigen deutschen Privatrechts, I I . Band, Stuttgart 1797, § 225 (S. 379); Scherer, Handbuch des Wechselrechts, 3. Theil, F r a n k f u r t am M a i n 1801, S. 466; Püttmann, Grundsätze des Wechselrechts, 3. A u f l . (besorgt durch v. Martens), Leipzig 1805, § 58 (S. 63 A n m . a); v. Z i m m e r l 1/2 S. 282; Daniels, Grundsätze des Wechselrechts, K ö l n 1827, S. 24; Dedekind, Vergangenheit u n d Gegenwart des Deutschen Wechselrechts, B r a u n schweig 1844, S. 133; Mittermaier, Grundsätze des gemeinen deutschen P r i v a t rechts m i t Einschluß des Handels-, Wechsel- u n d Seerechts, I I . Bd., 7. Aufl., Regensburg 1847, § 320 (S. 146). Eine eigenartige Mittelstellung n i m m t Hoffmann (Dissertatio de differentiis j u r i s cambialis inter leges i m p e r i i R. G. easque ordinum i m p e r i i quae rigorem cambialem continent ac statuta Bremensia, M a r b u r g 1767, i n : Beseke, Thesaurus juris cambialis, Berolini 1783, Sectio I I , Jus cambiale particulare, S. 1188 (1194, § V)) ein, der — ohne nähere Begründung oder Belege — aus dem Jüngsten Reichsabschied eine subsidiäre Zulässigkeit der Personalhaft herleiten w i l l . 119
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2. Kap.: Kritik der Lehre
schied als „Des Heiligen Römischen Reiches Wechselordnung" gepriesen hatte, machte hierin keine Ausnahme 1 2 8 . Wenn dessenungeachtet spätere Autoren wie Einert, Biener, Eichhorn oder Dabin die Interpretation erweiterten oder den vermeintlichen Nachweis einer ursprünglich erweiterten Interpretation zu führen suchten, so hatte ihre Einstellung, mag der einzelne als Kritiker, später Vertreter der Rigor-Lehre oder Historiker gelten, eines gemein: sie alle waren offenbar i n der Vorstellung befangen, daß ein einheitlicher gesetzlicher Ansatzpunkt als Grundlage für die Ausbildung der Lehre vom rigor cambialis bestanden haben müsse. Die parata executio konnte das bestimmende Merkmal nicht abgeben, weil sie von den Wurzeln der historischen Entwicklung bei den instrumenta guarentigiata bis i n die Ausbildung des Exekutivprozesses hinein auch i m deutschen Recht keine Eigentümlichkeit des Wechsels bildete 1 2 4 . Infolgedessen verlagerte sich das entscheidende Gewicht i n der rückblickenden Betrachtung, wie schon vordem zunehmend i n der Lehre vom rigor cambialis geschehen, i n das Moment der Personalhaft. Da aber die Personalhaft durch den Jüngsten Reichsabschied von 1654 nicht auf Wechselsachen verordnet wurde, konnte von einem solchen gesetzlichen Ansatzpunkt, der von der Reichsgewalt erlassen war, keine Rede sein 125 . 2. Die Personalhaft nach den Partikularrechten a) Partikularrechtlich war die Personalhaft i n Wechselsachen schon Jahrzehnte vor Erlaß des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 i n dem Land eingeführt worden, das i n der Entwicklung des deutschen Wech123 Siegel, Corpus j u r i s cambialis, T h e i l I I Einleitung zum Wechselrecht, Leipzig 1742, S. 445. 124 A u f den besonderen Nachweis, daß der Executivprozeß auch i m deutschen Recht nicht auf den Wechsel beschränkt war, soll verzichtet werden. Über das Verhältnis von Executivprozeß u n d Wechselprozeß siehe unten § 7 I I . 125 Die Reichsgewalt wurde auf dem Gebiet des Wechselrechts wie i m P r i v a t recht überhaupt n u r spärlich tätig. Neben dem Jüngsten Reichsabschied v o n 1654 bezog sich auf das Wechselrecht allein der Reichsschluß von 1671 (abgedruckt bei Treitschke, Encyclopädie, Band I I , S. 236; Meißner, Codex der europäischen Wechselrechte, 1. Band, S. 2 f.), der die parata executio auf H a n delsschulden allgemein ausdehnen wollte, jedoch unveröffentlicht blieb. Aus der Nichtveröffentlichung w i l l Dabin (a.a.O., S. 25) i m Anschluß an Biener u n d Renaud herleiten, daß sich wegen dieser Tatsache die Vorstellung von der eigentümlichen Beschränkung der Personalhaft auf Wechsel allgemein verbreitet habe. Hiergegen spricht die i m Text angeführte K r i t i k ; ganz abgesehen davon, daß die Nichtveröffentlichung keinen auf die parata executio beschränkten rechtspolitischen G r u n d hatte, sondern der Reichsschluß nicht publiziert wurde, w e i l der Reichsabschied, i n den er aufgenommen werden sollte, nicht vollendet w u r d e (vgl. Mittermaier, Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts m i t Einschluß des Handels- Wechsel- u n d Seerechts, I. Abteilung, 4. Aufl., Landshut 1830, § 227 (S. 526); Treitschke, a.a.O., i n der Anmerkung).
§ 4 Die historischen Grundlagen
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selrechts bis zu dessen Vereinheitlichung i n der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848 eine führende Rolle übernehmen sollte. Das i m Jahre 1621 ergangene Leipziger Markt-Rescript 1 2 6 bestimmte, „daß . . . unter Kauf- und Handelsleuten i n bekaenntlichen, oder i n continenti erweislichen und überführten Schulden, der Debitor ohne Verstattung einiger bürgerlichen oder Sächsischen Frist, auf Ansuchen des Gläubigers, baare Zahlung leisten, oder annehmliche Versicherung und Gestalt machen; i m Fall aber er deren keines vermag, alsobald i n Gehorsam gehen, und so lange verbleiben müsse, bis er sich mit seinen Creditoren abgefunden habe". Diese Androhung der Personalhaft bei liquiden Schulden überhaupt, beschränkt lediglich auf Kauf- und Handelsleute, galt auch für Wechselobligationen, wie sich aus der Einleitung des Rescripts und dem weiteren Text ergibt. Das erneuerte MarktRescript von 1660 127 ließ die gegenständlich unbeschränkte Geltung der schleunigen und strengen Exekution für alle liquiden Schulden zwischen Handelsleuten bestehen, hob aber für Wechselobligationen die subjektive Beschränkung m i t dem erklärten Ziel der Förderung von „Handel und Wandel" auf. Zweifellos wurde i n dieser Erweiterung die ständig wachsende w i r t schaftliche Bedeutung des Wechselgeschäfts sichtbar; zugleich aber enthielt die Regelung die Grundlage für eine Auffassung, die das Verhältnis des Wechsels zu den strengen Sanktionen des Marktrechts als eigentümlich ansehen konnte. Indem nämlich die Beschränkung, die vorher allein i m subjektiven Bereich 1 2 8 gelegen hatte, für Wechsel aufgehoben wurde, bot sich die Folgerung geradezu an, für Wechselsachen sei die schleunige und strenge Execution des Rescripts i m Gegenstand des Wechsels selbst begründet. Hatte sich vordem die Unterwerfung unter die Marktstrenge aus der Tatsache abgeleitet, daß ein Kontrakt unter Kauf- oder Handelsleuten geschlossen worden war, so mußte nach der Ausdehnung des rigor auf jeden, der eine Wechselobligation einging, der Grund hierfür i n der A r t eben jener Obligation, dem Wechselgeschäft, liegen. Bereits 1669 deutete sich der gesetzliche Niederschlag einer solchen Auffassung i n dem Churfürstl. Sächs. Decisiv-Befehl an, der das Rescript aus dem Jahre 1660 ausdrücklich bestätigte und zugleich bestimmte, daß i n Wechselsachen „der Schärfe nach" zu ver129 Churfürstlich Sächsisch Leipzigisch Markt-Rescript v o m 25. J u l i 1621, bei: Püttmann, Die Leipziger Wechselordnung m i t Anmerkungen u n d Beilagen, Leipzig 1787, S. 87; Siegel I S. 60; v. Z i m m e r l I I / l S. 169. 127 Bei Püttmann, a.a.O., S. 90; Siegel I S. 62; v. Z i m m e r l I I / l S. 171. 128 Die Frage, wieweit sich die Eigenschaft als K a u f - oder Handelsmann o b j e k t i v nach der A r t der betriebenen Geschäfte bestimmte, steht hier nicht zur Debatte. Z w a r erwähnte auch das Rescript den Begriff Handelsschulden, die ganze Regelung w a r aber wegen des rigor subjektiv gefaßt.
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2. Kap.: K r i t i k der Lehre
f a h r e n s e i 1 2 9 . Diese F o r m u l i e r u n g k o n n t e i n f o l g e d e r B e z u g n a h m e auf das R e s c r i p t v o n 1660, das seinerseits a u f d i e R e g e l u n g v o n 1621 v e r wies, n u r d i e wechselmäßige V e r b i n d u n g m i t d e r p r o m p t e n P e r s o n a l execution bedeuten130. Das zeigte sich m i t a l l e r D e u t l i c h k e i t i n der K o d i f i k a t i o n , d i e r i c h t u n g w e i s e n d ü b e r d e n sächsischen B e r e i c h h i n a u s w e r d e n sollte, der L e i p z i g e r W e c h s e l o r d n u n g v o n 1682 1 3 1 . Sie n a h m i n § 1 a u s d r ü c k l i c h a u f d i e v o r a n g e g a n g e n e n R e g e l u n g e n v o n 1621, 1660 u n d 1669 Bezug, b e s c h r ä n k t e sich i m ü b r i g e n aber n e b e n d e r A n d r o h u n g „ s c h l e u n i g e r E x e c u t i o n " a u f d i e w i e d e r h o l t gebrauchte F o r m u l i e r u n g 1 3 2 , daß „ n a c h Wechselrecht" z u v e r f a h r e n sei. Z w a r w a r d e r T e r m i n u s i n h a l t l i c h noch n i c h t a u f das e x e k u t i v e E l e m e n t d e r P e r s o n a l h a f t begrenzt, s o n d e r n u m f a ß t e auch d i e A b k ü r z u n g des V e r f a h r e n s , w i e sich aus der s y n o n y m e n V e r w e n d u n g t e i l s des einen, t e i l s des a n d e r e n A u s d r u c k s e r g i b t 1 3 3 . E i n d e u t i g aber, das zeigt e i n V e r g l e i c h z u d e r ebenfalls i m J a h r e 1682 erlassenen L e i p z i g e r H a n d e l s g e r i c h t s - O r d n u n g 1 3 4 , s t a n d d i e W e n d u n g „ n a c h Wechselrecht" i n b e g r i f f l i c h e m Gegensatz z u d e r E x e c u t i o n i n die G ü t e r des Schuldners. D a m i t w a r d i e — i n e i n e m 1708 e r g a n g e n e n P a 129 „ . . . Was anbelanget die Wechselbriefe u n d deren Beobachtung, da lassen w i r es bey Unserer am 21. J u l i 1660 hierunter gethanen Declaration u n d deren deutlichen Buchstaben nochmals bewenden; u n d allerdings darinnen k l a r genug enthalten, daß über Wechselbriefen v o n einem jeglichen, der sie von sich gestellet, u n d mögen betreffen, w e n sie wollen, ohne Unterschied derer Person, steif u n d fest zu halten. Also werdet i h r darauf acht zu geben wissen, daß sie beydes sowohl von dem, der sie v o n sich gestellet, als dem, welcher dieselben produzieret, respektieret, u n d nicht minder gegen diejenigen, welche der Handlung nicht zugethan, dieselben seyen A d e l oder Unadel, Gelehrte oder Ungelehrte, sitzen i n öffentlichen Ehrenämtern oder nicht, als die Handelsleute selbst, der Schärfe nach verfahren werde", bei Siegel I S. 64; v. Z i m m e r l I I / l S. 173. 130 Die i n den Erlassen von 1660 u n d 1669 nicht ausdrücklich entschiedene Frage, ob die Strenge i n Wechselsachen auch für „Doctores" u n d „Weiber" gelten sollte, w u r d e i n positivem Sinne durch die Mandate v o m 20. September 1671, 8. A p r i l 1674 u n d 2. November 1675 (abgedruckt bei Siegel I S. 76 f., 65 f.) geregelt. 131
Der Stadt Leipzig Wechselordnung v o m 2. Oktober 1682; bei Püttmann, a.a.O., S. 1 ff.; Siegel I S. 1 ff.; v. Z i m m e r l I I / l S. 152 ff. 132 §§ 4, 25, 26, 33. 133 § 1 sprach n u r von „schleuniger Execution", der Hinweis auf die M a r k t Rescripte schließt aber jeden Zweifel aus, daß darunter etwas anderes als die Personalexecution verstanden w u r d e ; umgekehrt §33; präziser aber bereits § 25, der die alternative Formulierung „nach Wechselrecht oder durch schleunige Execution" enthielt. Die Kommentare von P ü t t m a n n u n d Siegel gehen auf die Frage nicht ein. 134 § 21: „ W e n n aber die Klage auf persönlichen Ansprüchen bestanden, soll w i d e r den B e k l a g t e n . . . nach Wechselrecht verfahren werden, doch daß dem Kläger freistehe, sich zugleich i n das verschriebene Unterpfand, oder sonst zu des Debitoris Vermögen verhelfen zu lassen"; bei Püttmann, a.a.O., S. 101; v. Z i m m e r l I I / l S. 179.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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t e n t 1 3 5 schließlich expressis verbis formulierte — Gleichsetzung von Wechselrecht und (prompter) Personalexekution i n Sachsen gesetzlich sanktioniert. b) Gleichzeitig m i t dem Beginn der Kodifizierung des Wechselrechts i n Sachsen, dem Markt-Rescript von 1621, erließ die freie Reichs- und Handelsstadt Nürnberg ihre erste Wechselordnung 136 , die durch die Banko- und Wechselordnung von 1654 137 ersetzt und schließlich i m Jahre 1722 völlig neu gefaßt wurde 1 3 8 . Keine der drei Ausgaben enthielt eine ausdrückliche Regelung der Personalexekution, während durchgehend exekutives oder summarisches Verfahren Anwendung finden sollte 1 3 0 . Mittelbar allerdings könnte aus der erstmals i n der Wechselordnung von 1722 enthaltenen Wendung „nach Wechselrecht" 140 auf die Anwendbarkeit der Personalexekution geschlossen werden. Eine derartige Auslegung läge angesichts der ermittelten Bedeutung der gleichlautenden Klausel i m sächsischen Bereich nahe; sie würde auch dem Standpunkt der Rigor-Lehre entsprechen, die nach ihrer Prämisse von der Identität zwischen Personalexekution und Wechselrecht jede andere Deutung ausschloß. A l l e i n damit würde man den auslegungsbedürftigen Begriff gerade m i t Hilfe der erst zu prüfenden Voraussetzung, der allgemeinen Gleichsetzung von Wechselrecht und persönlicher Haft, interpretieren, m i t h i n einer petitio principii verfallen. Es bliebe auch der für die deutsche Rechtsentwicklung charakteristische Umstand unberücksichtigt, daß sich das Wechselrecht wie das Privatrecht überhaupt i n partikularrechtlich eigenständigen Formen ausbildete; ein Umstand, der auch für das Wechselrecht ungeachtet der interpartikularen Bedeutung des Wechselgeschäfts Beachtung verdient. 135 Patent v o m 6. Oktober 1708: „ . . . nach Wechselrecht m i t A r r e s t . . . " ; bei Püttmann, a.a.O., S. 132; v. Z i m m e r l I I / l S. 195 f.; vgl. auch den bereits a m 3. A p r i l 1683 erlassenen „Befehl v o m Valor der Handelsbücher", bei v. Z i m merl, a.a.O., S. 192 f. 136 „Ordentliche Beschreibung w i e es m i t der zu Nürnberg neu aufgerichteten Banco 1621 i n einem u n d anderen soll gehalten werden", v o m 16. J u l i 1621; bei Herbach, Verbesserte u n d vielvermehrte Wechselhandlung, 2. A u s gabe, Nürnberg 1726, S. 432. 137 Bei Herbach, a.a.O., S. 434; diese w u r d e i n zwei hier nicht relevanten Punkten 1700 geändert, bei Herbach S. 441. 138 Bei Herbach, a.a.O., S. 453; Siegel I S. 350; v. Z i m m e r l I I / 2 S. 72. 139 W O 1722 Cap. I § 2; Cap. V § 4; Cap. X §§ 1,2. Das Statut v o n 1621, obwohl etwa v o n G r ü n h u t (Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897, S. 105) als „Wechselordnung" bezeichnet, bezog sich n u r teilweise auf Wechsel u n d bestimmte i n Ziff. 15 lediglich, daß der Gläubiger nach A b l a u f des Uso „den verfallenen Wechsel v o n seinen Debitoren gleich zu erfordern habe". Die Banco- u n d Wechselordnung von 1654 nahm diese Formulierung wieder auf u n d verordnete weiter i n A r t . 6, daß der Schuldner bei Fälligkeit „ohne einige Exceptionen" an den Gläubiger zu zahlen habe. Cap. I §§ 5,7.
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2. Kap. : Kritik der Lehre
Tatsächlich galt der rigor cambialis, hier i m engeren Sinne auf die Wechselhaft bezogen, keineswegs einheitlich nach allen deutschen Wechselordnungen. So ließ die Augsburger Wechselordnung, die bedeutendste i m süddeutschen Raum, die später als subsidiäre Gesetzesquelle i n ganz Bayern galt 1 4 1 , die Personalexekution i n den ersten Fassungen von 1665, 1707 und 1716 überhaupt nicht und i n der revidierten Form von 1778 nur gegen Fremde zu 1 4 2 , und Frankfurt, nicht weniger bedeutend i m Wechsel- und Meßhandel für den westlichen Bereich jener Zeit 1 4 3 , führte die persönliche Haft erst 1739 ein 1 4 4 . Zu eben dieser Gruppe von Handelsplätzen, deren Aufschwung i m Wechselverkehr gemeinsam von Avignon ausgegangen war, aber gehörte Nürnberg 1 4 5 . Daher legt der Vergleich zu diesen i m Zusammenhang zu betrachtenden Wechselordnungen eine Interpretation der Klausel „nach Wechselrecht" nahe, die der entsprechenden Auslegung der Leipziger Wechselordnung entgegensteht; zumindest aber w i r d dadurch das Argument der einheitlichen Verbindung von Wechselrecht und Personalhaft ausgeräumt. Beschränkt man daraufhin die Interpretation auf die Quellen des Nürnberger Wechselrechts, so sprechen zunächst die 1621 und 1654 erlassenen Wechselordnungen für die hier vertretene Auffassung, indem sie m i t Sicherheit die Personalhaft nicht zuließen. Vor allem aber geht aus der Wechselordnung von 1722 selbst hervor, daß die Wendungen „nach Wechselrecht" und „executive" synonym zu verstehen waren; denn nicht i n einem einzigen der zahlreichen Paragraphen, die Regelungen vollstreckungsrechtlicher A r t enthielten 1 4 6 , wurden die bezeichneten Termini i n alternativem Sinne gebraucht. Überdies bestimmte die letztgenannte Vorschrift, die die Zuständigkeit der wechselrechtlichen Vollstreckung festlegte, daß „bey dem Bürgermeister-Amt der Ordnung nach, executive verfahren, oder da der Beklagte je noch einige ziemliche Scheingründe zu seinem Behuf anführen würde, derselbe doch wenigstens, gestalten Umständen nach, zur hinlänglichen Interims-Caution, oder i n deren Ermangelung, zur Deposition des Geldes i n Banco, angehalten" werden solle. Von einer Inhaftnahme des Schuldners, wie sie i n solchen Fällen die Wechselordnungen mit strengem Wechselrecht vorschreiben, findet sich nichts. 141
Grünhut, Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897, S. 110. Vgl. unten c). 143 I m 16. Jahrhundert w a r F r a n k f u r t / M . der berühmteste Meßhandelsplatz i n Deutschland, aber auch danach behauptete es seine Bedeutung neben L e i p zig, vor allem i m Wechselverkehr, vgl. Ehrenberg, R., Das Zeitalter der Fugger. Geldkapital u n d Credit verkehr i m 16. Jahrhundert, I I . Band, Die W e l t börsen u n d Finanzkrisen des 16. Jahrhunderts, Jena 1896, S. 242 f.; Huvelin, Essai historique sur le droit des marchés et des foires, Paris 1897, S. 299, 320. 144 Vgl. unten d). 145 Vgl. Dabin, Fondements d u droit cambiaire allemand, Liège 1959, S. 11 f. 148 Cap. I §§ 2,5,7; Cap. V § 4; Cap. X §§ 1,2. 142
§ 4 Die historischen Grundlagen
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Nach alledem kann auch Beck nicht gefolgt werden, wenn er allein aus dieser Vorschrift, ohne auf die Klausel „nach Wechselrecht" oder die sie enthaltenden Bestimmungen einzugehen, die gleichzeitige Zulässigkeit von Real- und Personalexekution herleiten w i l l 1 4 7 . Denn daß dem Terminus „executive" nach ganz überwiegender Auffassung jener Zeit nur die Bedeutung eines besonders beschleunigten, einredebeschränkten Verfahrens zukam, hat sich anhand der Auslegung des Jüngsten Reichsabschieds von 1654 und einiger Partikulargesetzte ermitteln lassen 148 ; daß aber selbst die Wendung „nach Wechselrecht", abgesehen von den Nürnberger Quellen und den bereits zitierten Wechselordnungen ohne Personalexekution, auch anderswo allein auf die Straffheit des Verfahrens beschränkt sein konnte, zeigt schließlich der Vergleich zur Churpfälzischen Wechselordnung von 1726: Sie gestattete zwar gegen Fremde den Personalarrest sofort, gegen Landesuntertanen jedoch nur hilfsweise und bestimmte i n diesem Zusammenhang: „. . . gegen unsere Unterthanen aber (soll der Personalarrest solange hintangehalten werden), als sie annoch bekanntlich Vermögen haben zu bezahlen, auf welches Vermögen auch m i t wechselrechtsmäßiger Execution zu verfahren i s t " 1 4 9 . c) Die Stadt Augsburg, von Grünhut 150 als wichtigster Wechselplatz für den Handel zwischen Deutschland und Italien gekennzeichnet, erließ bis zur ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, dem Beginn der Entwicklung der Rigor-Lehre, drei Wechselordnungen 151 , von denen keine die Personalexekution anordnete. Die i n den ersten Wechselordnungen enthaltenen Formulierungen, daß bei Säumigkeit des Schuldners „gleich exequirt" 1 5 2 werden solle, wurden durch einen Zusatz zur Wechselordnung von 1716 153 i n einer Weise präzisiert, die jeden Zweifel an der Nichtanwendbarkeit persönlicher Haft ausschloß: Die „Amts-Bürgermeister (sind) angewiesen, i n allen und jeden Wechselsachen keine Provocation anzunehmen, noch andere Instanzien zu weisen, sondern darin 147 Beck, Tractatus novus v o m Wechselrecht, Nürnberg 1729, Cap. X I V (S. 409 f.); die §§ 5,7 Cap. I, die die Klausel „nach Wechselrecht" enthalten, werden von i h m nicht zitiert. 148 Vgl. oben § 4 I I 1. 149 A r t . 5, bei v. Z i m m e r l II/2 S. 167; Hervorhebung v o n m i r . 150 a.a.O., S. 113; vgl. auch Dedekind, Vergangenheit u n d Gegenwart des Deutschen Wechselrechts, Braunschweig 1844, S. 59. 151 1665, 1707, 1716; bei Herbach, Wechsel-Handlung, S.291 (Wo 1665); bei v. Z i m m e r l 1/1 S. 136,142 (Wechselordnungen von 1707, 1716); schon a m 16. u n d 24. J u l i 1624 w a r ein wechselrechtliches Decret ergangen, das aber n u r die Usofristen betraf; aufgeführt i n A r t . 3 der W O von 1665. 152 § 8 W O 1707; Cap. V I § 1 W O 1716; i n der W O von 1665 hieß es „ u n v e r zügliche Bezahlung" (Art. 5). 153 Fernere E r k l ä r u n g u n d Vermehrung der Wechselordnung de A n n o 1716 v o m 9. December 1721 Ziff. 7, v. Z i m m e r l 1/1 S. 153.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
summariter, decisive und executive, nach Inhalt der Wechselordnung und Stylo mercantili zu verfahren, m i t h i n eben so wenig i n WechselZahlungen die Deposition des Geldes noch Caution Statt haben, sondern ohne anders dem Creditori die baare Zahlung noch selbigen Tag verschafft werden solle". A n dieser Regelung hielt auch die Wechselordnung von 1778 i n straffer Formulierung mit ausdrücklichem Hinweis auf die allein zulässige Vermögensexekution fest: „Wenn nach erkannter Zahlung der Schuldner alsofort nicht zahlt, oder seinen Gläubiger befriediget, soll die Execution i n sein bereitestes Vermögen, m i t Pfänden, Sequestration, Immission, Taxation, Adjudication und Subhastation ohne weitere Frist vorgenommen werden" 1 5 4 . Sie ließ aber erstmals gegen Fremde und Juden die Personalhaft unter Hinweis auf eine bestehende Fluchtgefahr zu 1 5 5 . d) Ähnlich waren die ältesten Wechselordnungen der Stadt Frankfurt abgefaßt, deren erste Ausgabe aus dem Jahre 1666 „parate Zahl u n g " 1 5 6 verordnete, während die erneuerte Wechselordnung von 1676 stattdessen „parate execution" vorschrieb 157 . Eine sachliche Änderung brachte erst die i m Jahre 1739 ergangene Wechselordnung durch die Bestimmung, daß gegen den renitenten Schuldner „executive" oder, sofern er keine Kaution leiste, bis zur Bezahlung „ m i t Personalarrest" zu verfahren sei 1 5 8 . Damit war deutlich ausgesprochen, was unter der i n anderen Paragraphen 1 5 9 gebrauchten Klausel „nach Wechselrecht", die zudem teilweise durch die Zusätze „streng" oder „schärfste Execution" konkretisiert w a r 1 6 0 , i m Geltungsbereich der Frankfurter Wechselordnung ab 1739 verstanden werden sollte. e) Für die Stadt Breslau, i n jener Zeit Handelszentrum des Herzogtums Schlesien, galten i m Laufe der Entwicklung insgesamt vier Wechselordnungen. Die älteste aus dem Jahre 1672 161 statuierte bereits eine 154 C a p . X § 7; vgl. Cap. I I § 1 (strake Execution); C a p . X § 1 (unverzügliche Execution); C a p . X I I §7 (sub paratissima executione), bei v . Z i m m e r l 1/1 S. 155. 155 Cap. I X § 3. 156 § 15, bei Vogt, Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670, S.261; Siegel I S. 380; v. Z i m m e r l I I / l S. 2. 157 § 2, bei Siegel I S. 385; v. Z i m m e r l I I / l S. 6. 158 § 27, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 8; der Neufassung lag die inzwischen ergangene Churpfälzische Wechselordnung v o n 1726 zugrunde (vgl. Dedekind, a.a.O., S. 17), die i n A r t . 62 den Personalarrest gegen Fremde unverzüglich u n d gegen Landesuntertanen hilfsweise zuließ (vgl. auch A r t t . 5,15,17, 30,31), bei v. Z i m m e r l I I / 2 S. 167. 169 §§8,29. 160 §§ 23,28. 181 Der Kayser u n d Königlichen Stadt Breslau aufgerichtete Wechselordnung, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 188.
§ 4 Die historischen Grundlagen
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strenge Zahlungsverpflichtung m i t weitgehendem Einredeausschluß; die Anordnung einer Exekution gegen die Person des Schuldners aber wurde erst durch die 1716 auf die Empfehlung der Breslauer Kaufmannschaft erlassene Wechselordnung 182 eingeführt. Zwar beschränkte sich auch die Breslauer Wechselordnung von 1716 auf den Hinweis, daß „nach Wechselrecht" zu verfahren sei 1 6 3 ; gleichwohl muß hier aus der Empfehlung der Kaufleute, die darin gerade die Weitläufigkeit des Verfahrens bemängelt hatten, und aus der Tatsache, daß die Leipziger Wechselordnung die Grundlage für die neue Fassung abgab 184 , ein i m Vergleich zu der entsprechenden Nürnberger Regelung entgegengesetzter Schluß gezogen werden. Diese Intention des Gesetzes verdeutlichte sich i n der Wechselordnung von 1738, die — der Sache nach kaum verändert, aber klarer gefaßt 1 8 5 — die entsprechenden Wendungen durch die Zusätze „nach der Strenge" oder „nach der Schärfe" des Wechselrechtes präzisierte 188 . Die Wechselordnung von 1742 schließlich, die durch den inzwischen vollzogenen politischen Umschwung preußischem Einfluß unterlag 1 8 7 , traf i n § 12 die ausdrückliche Regelung, daß der Schuldner bei Fluchtverdacht „auf Ansuchen und Caution des Klägers, ohne vorhergehende Citation, i n Arrest oder Verhaft" zu nehmen sei 1 8 8 . f) Bereits die erste Wechselordnung der Stadt Braunschweig von 1686 189 ließ den Personalarrest bei Fluchtgefahr sofort (§ 8), i m übrigen bei mangelnder Zahlung oder Kaution des Schuldners zu, beschränkte aber weder hier noch dort die Regelung auf Wechsel. „Wer u m baares Geld etwas gekauft, oder sonst u m bekanntliche oder überführte i n continenti erweisliche Wechsel- oder andere Kaufmannschuld 182
Vgl. die Einleitung dazu, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 194; Siegel I S. 281. §§ 13,32,38. 164 Vgl. Grünhut, Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897, S. 106 f. 185 Vgl. die Vorrede Kaiser K a r l V I zu der Wechselordnung, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 207 f. Die Wechselordnung von 1738 dehnte die bis dahin auf Breslau beschränkte Geltung auf ganz Schlesien aus. 188 A r t . 2 § 1; A r t . 44 §§ 2,3,4; anders A r t . 13; 29 § 6. 187 Sr. königl. Majestät i n Preussen Breslauischer Meß- u n d Handeis-Gerichts-Ordnung, sammt Declaration der Breslauischen Wechsel-Ordnung, zum Behuf der dasigen beyden großen Jahr-Messen, v. 22. Dezember 1742, w o r i n A r t . 36 allerdings die carolinische Wechselordnung von 1738 bestätigte, soweit sie nicht abgeändert wurde, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 229. 188 Vgl. auch §29: Nach Rechtskraft des Urteils solle w i d e r den Beklagten „nach Wechselrecht verfahren werden: doch daß dem Kläger frey steht, sich zugleich i n das verschriebene Unterpfand, oder sonst zu des Debitoris V e r mögen verhelfen zu lassen". 189 Marktgerichts- u n d Wechselordnung, zu behuef der beyden Kayserl. freyen u n d privilegierten großen M ä r k t e dero Stadt Braunschweig, bei W o l f f ram, Vollständige Sammlung der Herzogl. Braunschweig-Lüneburgschen Wechsel-Verordnungen, Braunschweig 1793, S. 131; v. Z i m m e r l 1/2 S. 132. 163
4 Sedatis
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2. Kap.: Kritik der Lehre
besprochen wird, der soll alsofort auf Ansuchen des Creditoris demselben baare Bezahlung oder annehmliche Versicherung verschaffen, oder da er deren keines vermöchte, soll er i n Gehorsam gehen" (§ 31). I n der Wechselordnung von 1715 170 wurde diese Regelung teils durch die ausdrückliche Androhung von Personalhaft, teils durch die Wendung „nach strengem Wechselrecht" aufrechterhalten 171 . g) Die Danziger Wechselordnung aus dem Jahre 1701 172 wie auch die Bremer Wechselordnung von 1712 178 , beide nach dem Vorbild der Leipziger Wechselordnung abgefaßt 174 , schrieben die Anwendung der Personalhaft gleichermaßen v o r 1 7 5 . h) I n Österreich verordneten schon die Bozener M a r k t Privilegien aus dem Jahre 1635 176 i n A r t . 12 1 7 7 den Personalarrest; sie waren aber reine Marktstatuten, die den Wechsel nur i n dieser Eigenschaft i m Zusammenhang m i t anderen Marktgeschäften regelten. Immerhin scheint sich das Wechselgeschäft auch außerhalb der Marktgerichtsbarkeit i n der Folgezeit durch eine besondere Schärfe ausgezeichnet zu haben, wie sich aus dem Eingang zur ersten österreichischen Wechselordnung, dem Wechsel-Patent von 1771 178 ' 1 7 9 entnehmen läßt: Darin wurde auf die 170
bei Siegel I S. 247; v. Z i m m e r l 1/2 S. 117; Wolffram, a.a.O., S. 1. §§ 2,6,52; ohne den Zusatz „streng" n u r A r t . 42. 172 bei Siegel I S. 370; v. Z i m m e r l 1/2 S. 268. 178 bei Krasemann, Das Bremische Wechselrecht, Göttingen 1960, S. 104; Siegel I S. 265; v. Z i m m e r l 1/2 S. 177. 174 Grünhut, a.a.O., S. 106 f.; nach Krasemann, a.a.O., S. 7 w u r d e bei der Bremer Wechselordnung auch das Hamburger Wechselrecht berücksichtigt; dort w a r durch die Wechselordnung v o n 1711 ebenfalls die Personalhaft eingeführt worden, vgl. oben S. 37 Anm. 97. 176 Danziger W O A r t . 1,5,37,42 (teilweise durch die Formulierung „nach Wechselrecht"); Bremer W O A r t . 2,19, 51. 176 Sie w u r d e n i n den folgenden Jahrzehnten vielfach vermehrt u n d bestätigt, bis sie ihre letzte Fassung als „Satzungen u n d Freiheiten f ü r die freien M ä r k t e der Stadt Bozen" v o m 23. März 1792 erhielten; vgl. i m einzelnen: K a lessa, Handbuch des österreichischen Wechselrechts m i t Berücksichtigung des Codice d i Commercio, der Botzener Marktstatuten u n d der i n Salzburg geltenden Wechselgesetze, W i e n 1841, §10 (S.7f.); Blaschke, Das österreichische Wechselrecht i n vergleichender Darstellung m i t dem ausländischen u n d den früheren österreichischen Gesetzen, 4. Aufl., Wien 1861, § 5 (S. 7). 177 Vgl. auch A r t . 8, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 3. 178 Dieses meist als Wiener Wechselordnung bezeichnete Patent (abgedruckt bei Siegel I S. 148, v. Z i m m e r l I I / 2 S. 102) galt für das Erzherzogtum Österreich, namentlich f ü r Niederösterreich u n d Wien. A m 20. M a i 1722 w u r d e es (geändert n u r i n A r t . 39, der hier unerheblich ist) auch i n Steyer, Kärnten, K r a i n , Görz, Gradiska, Triest u n d Fiume u n d den übrigen innerösterreichischen Meer-Porten eingeführt; vgl. Blaschke, a.a.O., S. 8. Bezüglich der Breslauer Wechselordnungen v o n 1672, 1716 u n d 1738 vgl. oben unter l i t . e). 179 Z u den Wechselgebräuchen vor der Wechselordnung von 1717 vgl. Wagner, Kritisches Handbuch des i n den österreichisch-deutschen Staaten geltenden Wechselrechtes, I. Band, W i e n 1823, § 14 (S. 28 ff.). 171
§ 4 Die historischen Grundlagen
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i n der Praxis zunehmende Tendenz von nichtberuflichen Wechslern hingewiesen, i m Klagefalle die Wechselverbindlichkeit abzuleugnen und statt dessen lediglich eine Verpflichtung aus einem gewöhnlichen Schuldschein anzuerkennen. Daher bestimmte das Patent ausdrücklich i n Art. 6, daß alle „Ausgeber der Wechselbriefe, sie seyen gleich männlich = als weiblichen Geschlechts, geist= oder weltlichen, hoch= oder niedern Standes, C i v i l = oder Militär=Personen, oder was Condition, Würde und von was Bedienung sie immer seyn mögen, sollen ebenso fest als die Handelsleute an die Wechsel-Ordnung, ohne Unterschied und Exception verbunden seyn, also, daß i n Entstehung richtiger Zahlung nach Strenge des Wechselrechts . . . verfahren" werde. A n dieser Regelung hielt das erneuerte Wechsel-Patent aus dem Jahre 1763 180 , abgesehen von einigen Ausnahmeregelungen für bestimmte Personengruppen, unverändert fest 1 8 1 . i) I n Preußen enthielt bereits die älteste Wechselordnung aus dem Jahre 1684 die Bestimmung, daß der Gläubiger vom Schuldner „Bezahlung m i t parater Execution auf Person und Güter" erwirken könne 1 8 2 . Die Wechselordnung vom 29. Januar 1724 nahm dieselbe Formulierung i n A r t . 7 wieder auf, bestimmte aber überdies i n A r t . 4, daß der säumige Wechselschuldner „nach der Strenge des Wechselrechts . . . m i t Personalarrest belegt werden solle" 1 8 3 . Diese Regelungen wurden i n der bereits am 25. September 1724 publizierten neuen und erweiterten Wechselordnung, die das preußische Wechselrecht auf die außerhalb des Königreichs Preußen gelegenen preußischen Gebiete ausdehnte 184 , der Sache nach beibehalten (Art. 4, 18). Die i m Jahre 1751 erlassene Neufassung 185 endlich enthielt geradezu eine Legaldefinition des Verhältnisses von Wechsel und Personalarrest: „Der Effekt dieser Wechselbriefe ist, daß derjenige, welcher aus einem Wechsel condemnieret wird, sofort m i t Personalarrest beleget werden könne und müsse" (Art. 10) 186 . 180 Abgedruckt bei v. Z i m m e r l II/2 S. 122. Es galt f ü r Österreich ob u n d unter der Enns, Steiermark, K ä r n t e n u n d K r a i n , sowie f ü r Böhmen, Mähren u n d Schlesien, vgl. Blaschke, a.a.O., S. 8. 181 A r t . 6,7. 182 A r t . 1; vgl. auch A r t t . 7,28,29; bei Herbach, Wechselhandlung, S.463; Koenigke, Der K a u f - u n d Handelsstadt Leipzig Wechselordnung, 2. Ausgabe, Leipzig 1717, S. 204. 183 Bei Siegel I S. 111; v. Z i m m e r l II/2 S. 202; ebenso die C h u r - u n d M a r c k Brandenburgische revidierte Wechselordnung v o n 1709 i n A r t t . 4,40; bei H e r bach, a.a.O., S. 324; Koenigke, a.a.O., S. 181; w i e auch die Magdeburger Wechselordnung von 1703 i n A r t . 4, bei v. Z i m m e r l I I / 2 S. 2. 184
Vgl. Grünhut, a.a.O., S. 107; abgedruckt n u r bei Siegel I S. 119. v. Z i m m e r l I I / 2 S. 209. 188 Über die Einzelheiten vgl. A r t . 11; der Personalarrest w u r d e erneut v o r geschrieben i m Corpus j u r i s Frideric. part. I I t i t . 3 § 33. 185
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2. Kap.: Kritik der Lehre
Deutete sich schon i n dieser nur wenige Jahre nach der Erstauflage der „Elementa juris cambialis" des Heineccius von 1742 redigierten Fassung ein Einfluß der Doktrin an, so zeigte sich der gesetzliche Niederschlag der inzwischen herrschend gewordenen Rigor-Lehre m i t aller Deutlichkeit i n der entsprechenden Regelung des allgemeinen Landrechts von 1794 187 : „Die nach einer bestimmten gesetzlichen Form abgefaßten Verschreibungen, wodurch jemand verpflichtet wird, eine Summe Geldes bey Vermeidung des sogleich erfolgenden persönlichen A r rests zu bezahlen, werden Wechsel genannt".
§ 5 Der wechselrechtlich spezifische Charakter des rigor cambialis A u f der Grundlage der behandelten Partikularrechte ist die i n § 4 formulierte Fragestellung dahin zu präzisieren, ob die Personalhaft überhaupt generell als wechselrechtliche Sanktion anerkannt war (Einheitlichkeit der Anwendbarkeit), ob weiterhin — soweit sie anwendbar war — eine Übereinstimmung der Anwendungsformen bestand (Gleichförmigkeit der Anwendung) und schließlich, ob die Geltung auf den Wechsel beschränkt war (Spezialität der Geltung). I. Einheitlichkeit
der
Anwendbarkeit
Wäre dem rigor cambialis die Bedeutung zugekommen, die i h m durch die Wechselrechtsdogmatik seit Heineccius beigelegt wurde, so hätte er schlechterdings i n jedem Wechselgesetz als Sanktion der Säumigkeit des Wechselschuldners anerkannt sein müssen. Das war, soviel hat die Darstellung der partikularrechtlichen Entwicklung gezeigt, anfangs nur begrenzt und später keineswegs einheitlich der Fall. Zieht man einen horizontalen Querschnitt zur Zeit der ältesten deutschen Wechselgesetze, so ergibt sich, daß die ganz überwiegende Anzahl — vom Hamburger Statut aus dem Jahre 1605 über die Regelungen i n Nürnberg (1621, 1654), Augsburg (1665), Frankfurt (1666), Breslau (1672) bis zu den Kölner Wechselordnungen von 1675 und 1691 — die Personalexekution nicht zuließ. Daneben dient als Beleg dafür, daß die Personalhaft zu jener Zeit kein allgemein übliches Vollstreckungsmittel aus Wechselschulden bildete, der Jüngste Reichsabschied von 1654, der auf den Kaufmannsgebrauch ausdrücklich verwies 1 , ohne die Personalexekution vorzuschrei187
I I . Th., Tit. 8 § 713, v. Z i m m e r l II/2 S. 262. Vgl. auch die „Fernere E r k l ä r u n g u n d Vermehrung der (Ausburger) Wechselordnung de Anno 1716 v o m 9. December 1721", Ziff. 7, siehe oben § 4 I I 2 c. 1
§ 5 Der wechselrechtlich spezifische Charakter des rigor cambialis
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ben. Ausnahmen bildeten die Lübecker Wechselordnung aus dem Jahre 1662, die auf einer irrigen Auslegung des Reichsabschieds beruhte, sowie die Preußische Wechselordnung von 1684 und die Braunschweiger Markt-Gerichts- und Wechselordnung von 1686. Das Wechselrecht war damit i n Deutschland am Anfang seiner Entwicklung sogar weniger r i goristisch als i n den Ursprungsländern Italien und Frankreich. Die Wurzeln der entgegengesetzten Entwicklung lagen i m sächsischen Recht, das schon i n der ersten Regelung, dem Churfürstl. M a r k t Rescript von 1621, die Exekution durch Personalhaft vorgeschrieben hatte. Den eigentlichen Umschwung freilich brachte erst die Leipziger Wechselordnung von 1682, die aus mehreren Gründen auf das Wechselrecht überhaupt, besonders aber auf die zunehmend gewichtigere Bewertung der Verbindung von Wechsel und Personalhaft wegweisend wirkte. A l l e i n die wirtschaftliche Vormachtstellung, die Leipzig zu jener Zeit 2 i n Deutschland besaß, hätte für andere Handelsplätze Grund genug abgeben können, das Leipziger Wechselrecht zu übernehmen oder sich seinen wichtigeren Regelungen anzuschließen. U m so intensiver mußte sich der Einfluß des sächsischen Rechts geltend machen, als die Leipziger Wechselordnung von 1682 durch die Vollständigkeit der Regelung und durch die klare Systematik, gemessen an vergleichbaren Statuten jener Zeit, auch von der gesetzlichen Konzeption her vorbildlich wirkte 3 . Nur so ist es zu erklären, daß das Leipziger Gesetz nicht allein i n den an Kursachsen angrenzenden Gebieten rezipiert 4 , sondern auch sonst vielfach zum subsidiär geltenden Recht erklärt wurde 5 oder jedenfalls inhaltlich als Grundlage anderer Wechselordnungen diente 6 . 2
Hasse, Geschichte der Leipziger Messen, Unveränderter Nachdruck der Originalausgabe 1885, Leipzig 1963, S. 123 ff., 242 ff. (mit Einschränkungen i m reinen Wechselhandel gegenüber F r a n k f u r t am M a i n u n d Augsburg, a.a.O., S. 277); Huvelin, Essai historique sur le droit des marchés et des foires, Paris 1897, S. 299 f., 319 f.; vgl. auch Sombart, Der moderne Kapitalismus, 6. Aufl., I I . Band, 1. Halbband, München u n d Leipzig 1924, S. 472 f. (neben F r a n k f u r t am M a i n u n d Frankfurt/O.). 3 Z u r Bedeutung vgl. näher Treitschke, Alphabetische Encyclopädie der Wechselrechte u n d Wechselgesetze, I. Band, Leipzig 1831, S. 594; Grünhut, Wechselrecht, I . B a n d , Leipzig 1897, S. 113; Dedekind, Vergangenheit u n d Gegenwart des Deutschen Wechselrechts, Braunschweig 1844, S. 1 9 1 ; Dabin, Fondements d u droit cambiaire allemand, Liège 1959, S. 20 m i t weiteren Nachweisen. 4 I n E r f u r t u n d Sachsen-Meiningen 1707, Oberlausitz 1711, Sachsen-Hildburghausen 1714, nach Grünhut, a.a.O., S. 106f.; vgl. auch Dedekind, a.a.O., S. 80. 5 Reuß, Wechselordnung von 1717, Treitschke, a.a.O., I I . B a n d S. 114; W ü r t temberger Wechselordnung v o n 1759, durch Beschluß i m Anhang, abgedruckt bei v. Z i m m e r l I I I S. 167 f. 6 Neben den wichtigsten i m T e x t behandelten Wechselordnungen von Breslau, Danzig u n d Bremen v o r allem: Altenburg, Elbing, Gotha, Henneberg, A n h a l t - K ö t h e n , nach Grünhut, a.a.O.
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2. Kap.: K r i t i k der Lehre
M i t d e r a l l g e m e i n e n A u f n a h m e des sächsischen Wechselrechts aber f a n d auch d i e P e r s o n a l e x e k u t i o n i n andere P a r t i k u l a r r e c h t e u n m i t t e l b a r oder m i t t e l b a r i m W e g e d e r N a c h a h m u n g E i n g a n g . D a d i e L a n d e s gesetze h i e r b e i v i e l f a c h d i e u m s c h r e i b e n d e W e n d u n g „ n a c h Wechselr e c h t " i m S i n n e des L e i p z i g e r Rechts ü b e r n a h m e n 7 , w u r d e d i e A u f f a s s u n g ü b e r d i e b e s t i m m e n d e F u n k t i o n d e r P e r s o n a l h a f t a u f eine b r e i t e r e G r u n d l a g e gestellt. H i e r z u t r u g auch d e r U m s t a n d bei, daß d i e K a u f m a n n s c h a f t selbst d o r t , w o d i e p r o m p t e u n d strenge E x e k u t i o n ü b e r h a u p t n i c h t oder n i c h t f ü r a l l e W e c h s e l a r t e n g a l t , d u r c h eine besondere K l a u s e l a u f d e m Wechsel d i e U n t e r w e r f u n g u n t e r das L e i p z i g e r W e c h selrecht v e r t r a g l i c h h e r b e i f ü h r t e 8 . A n d e r e r s e i t s zeigt gerade d i e N o t w e n d i g k e i t , sich d e r P e r s o n a l e x e k u t i o n nach d e m sächsischen V o r b i l d u n t e r w e r f e n z u müssen, daß die I n h a f t n a h m e des Schuldners auch nach E r l a ß d e r L e i p z i g e r Wechselordn u n g n i c h t e i n h e i t l i c h als wechselrechtliches E x e k u t i o n s m i t t e l s t a t u i e r t w a r . So b i e t e t sich f ü r d i e E n t s t e h u n g s z e i t der R i g o r - L e h r e das B i l d , daß d i e P e r s o n a l h a f t z w a r i n d e r M e h r z a h l der P a r t i k u l a r r e c h t e a n e r k a n n t w a r , daß aber a b w e i c h e n d e R e g e l u n g e n w i e i n N ü r n b e r g , A u g s b u r g oder K ö l n k e i n e E i n z e l f ä l l e d a r s t e l l t e n 9 .
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Wie etwa i n Breslau, Danzig, Bremen. Vgl. Slevogt, J. G., Casus forenses selectos, specimen I casus 7: „Processus cambialis valet etiam i n loco, u b i introductus non est, si debitor se subjecit der Strenge des Leipziger Wechselrechts", zitiert nach Beseke, Thesaurus j u r i s cambialis, Berolini 1783, S. 1295; verbreitet w a r auch die Übung, andere Verträge durch Einfügen dieser Klausel m i t „Wechselkraft" auszustatten, vgl. etwa das Gutachten der Juristenfakultät zu Vitemberg v o m September 1723: „ . . . Daß Bekl. w e i l n er Innhalts des recognoscierten Pachtbriefs die Bezahlung des Pachtgeldes nach Leipziger Wechselrecht versprochen...", zitiert nach Rivinus, J. Fl., Diss. de clausula cambiali, Leipzig 1725, § I X , abgedruckt bei Beseke, a.a.O., S. 279. Freilich w a r die Zulässigkeit dieser kaufmännischen P r a k t i k e n i m H i n b l i c k auf das durch die Reichspolizeiordnung aus dem Jahre 1577 erlassene Verbot der Verpachtung zum Einlager (siehe oben § 3 I bei A n m . 8) sehr umstritten, vgl. Claproth, Einleitung i n sämtliche summarische Processe, 3. Aufl., G ö t t i n gen 1793, §54 (S. 107 f.); Ludovici, Einleitung zum Wechselprocess, 10. Aufl., Halle 1753 (mit Zusätzen von Schütte), S. 44 f. 8
9 Ferner etwa Würzburg (vgl. Schmidt i n : Thesaurus j u r i s franconici, A b schnitt I, Heft X X , S. 3742, zitiert nach v. Z i m m e r l I I I S. 140); Hessen-Cassel (§§ 26,27 Proc. Ordnung von 1745, Verordnung von 1751; nach Bender, G r u n d sätze des deutschen Handlungs-Rechts, I I . Band, Grundsätze des deutschen Wechselrechts, 2. Abteilung, Darmstadt 1828, §447 (S. 318 f., A n m . 1); HessenDarmstadt (Tit. V I I I § 11 Proc. Ordnung von 1724; nach Bender, a.a.O.); vgl. auch Scherer, Handbuch des Wechselrechts, 3. Theil, F r a n k f u r t am M a i n 1801, S. 469 f. m i t weiteren Beispielen; ferner Danz, Handbuch des heutigen deutschen Privatrechts, I I . Band, Stuttgart 1797, § 224 (S. 369): „ A b e r die eigentliche Wechselstrenge ist doch bei weitem nicht aller Orten eingeführt, u n d eben deswegen k a n n auch derselben i n dem Begriff von Wechseln nicht gedacht werden".
§ 5 Der wechselrechtlich spezifische Charakter des rigor cambialis II. Gleichförmigkeit
55
der Anwendung
Selbst die Wechselordnungen aber, die die grundsätzliche Anwendbarkeit der Personalhaft anerkannten, divergierten ganz erheblich i n den Bedingungen und Voraussetzungen, unter denen die Exekution gegen die Person betrieben werden konnte 1 0 . Nach dem Sächsischen Recht als dem „strengsten Wechselrecht" wurde der Schuldner bei Verweigerung der Zahlung sofort ohne gerichtliches Verfahren i n Haft genommen und darin bis zur Zahlung oder Kautionsleistung belassen 11 . Dieselbe Regelung traf die Preußische Wechselordnung vom 29. Januar 172412, die aber bereits durch die am 25. September 1724 erlassene Wechselordnung dahingehend geändert wurde, daß der Personalexekution ein — summarisches — Verfahren vorausgehen mußte 1 3 . Daran hielt die erneuerte Wechselordnung von 1751 fest, gestattete jedoch bei Fluchtverdacht des Schuldners dessen Inhaftnahme schon vor Erlaß des Urteils; i m übrigen konnte der Gläubiger zwar auch die Vermögensexekution betreiben, der Schuldner mußte dann aber vom Gericht aus der Haft entlassen werden 1 4 . Hingegen ließ das Danziger Recht, das den behaupteten Fluchtverdacht ebenfalls als unverzüglichen Haftgrund ansah, die Exekution — weitergehend — sowohl i n die Person als auch die Güter des Schuldners zu 1 5 . Die Bremer Wechselordnung wiederum, die wohl i n der Anordnung der kumulativ zulässigen Exekution m i t der Danziger Regelung übereinstimmte, erforderte nach dem Vorbild des Leipziger Rechts nicht einmal ein summarisches Verfahren 1 6 , während 10 Die Wechselordnungen waren auch i n sich nicht einheitlich i n der Strenge gegen die einzelnen an einem Wechselgeschäft beteiligten Personen. Die B r e mer Wechselordnung von 1712 etwa ließ gegen den Remittenten die E x e k u t i o n i n Person u n d Güter ohne gerichtliches Verfahren zu (Art. 2); gegen den A k zeptanten durfte erst nach Anerkenntnis der Unterschrift i n das bewegliche Vermögen u n d erst soweit dieses nicht hinreichte — jetzt allerdings ohne Rücksicht auf vorhandene I m m o b i l i e n — gegen die Person vollstreckt werden (Art. 19); noch m i l d e r w a r das Recht gegen Trassant u n d Indossant (vgl. Krasemann, Das Bremische Wechselrecht, Göttingen 1960, S. 91). Diese unterschiedlich strenge Regelung b e t r i f f t die Frage, welche der m i t einer Wechselausstellung oder -begebung wirtschaftlich zusammenhängenden Geschäfte v o m Wechselrecht zu erfassen u n d welche Personen dementsprechend überhaupt u n d i n welcher Rangordnung als Wechselschuldner anzusehen sind. Sie ist f ü r den Zweck der Untersuchung ohne Bedeutung; es w i r d i m folgenden von der jeweils strengsten Regelung einer Wechselordnung ausgegangen. 11 So ausdrücklich i n der Erläuterten Prozeßordnung von 1724, Anhang § 12; vgl. vorher Rescript 1621; W O 1682 §§ 1,4; Handelsgerichtsordnung 1682 §§ 10, 13 (bei v. Z i m m e r l I I / l S. 214,169 f., 152,179). 12 A r t . 4; k u m u l a t i v gegen Person u n d Güter f ü r Klage auf Zahlung der Valuta nach A r t . 7, bei v. Z i m m e r l I I / 2 S. 202. 13 A r t . 18,20; bei Siegel I S. 119. 14 A r t . 10,11; bei v. Z i m m e r l I I / 2 S. 209. 15 W O 1701 A r t . 1,42; bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 268. 16 Vgl. A n m . 10.
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2. Kap.: Kritik der Lehre
andererseits die Hamburger Wechselordnung, die sich i n der Unverzüglichkeit der Exekution m i t der Bremer und Leipziger Regelung deckte, davon abweichend, parallel indes dem späteren Preußischen Recht, die Vollstreckung lediglich alternativ i n die Person oder die Güter des Schuldners erlaubte 1 7 . Diese mannigfachen Abstufungen, die i n den Formen der Anwendung der Personalhaft bestanden, machen es für jene Zeit unmöglich, von einem feststehenden Begriff des rigor cambialis zu sprechen. Daran kann auch nichts der Versuch ändern, die inhaltliche Divergenz durch eine Unterteilung i n einen rigor severior und einen rigor m i t i o r 1 8 oder durch noch weitergehende Unterteilungen aufzufangen 19 . Z u verworren und zu vielfältig variierend waren die einzelnen Anwendungsformen ausgestaltet, als daß man ohne W i l l k ü r einen inhaltlich umgrenzten Begriff daraus entnehmen könnte. Der vermeintlich eindeutige „rigor cambialis" hatte nahezu nach jeder partikularrechtlichen Wechselordnung einen anderen Inhalt. III. Spezialität der Geltung Schließlich aber war seine wesentliche Erscheinungsform, die Personalexekution, selbst nach den Partikularrechten, die sie grundsätzlich und — einzeln betrachtet — i n bestimmter Form anerkannten, nicht durchgehend auf den Wechsel beschränkt 20 . I n Braunschweig schrieb die 17
Wechselordnung 1711 A r t . 3,29,30,37,39; anders das Statut v o n 1605, das keinerlei exekutive Regelung enthielt; bei v. Z i m m e r l I I / l S. 103,101; vgl. auch A r t . 62 der Churpfälzischen W O von 1726, wonach der Personalarrest gegen Fremde primär, gegen Landesuntertanen hingegen n u r hilfsweise zugelassen war, bei v. Z i m m e r l II/2 S. 178. 18 Wie es H a r t m a n n (Das Deutsche Wechselrecht, B e r l i n 1869, § 38 (S. 119)) getan hat, der allerdings unter der milderen F o r m sogar n u r die Vermögensexekution verstand, die streng genommen überhaupt nicht zum rigor cambialis zu rechnen ist; ähnlich hatten schon früher unterschieden: Scherer, Handbuch des Wechselrechts, 3. Theil, F r a n k f u r t am M a i n 1801, S. 443; Schiebe, Die Lehre der Wechselbriefe, F r a n k f u r t am M a i n 1818, §§ 22,23 (S. 15). 19 P ü t t m a n n (Grundsätze des Wechselrechts, 3. Aufl. (besorgt durch v. M a r tens) Leipzig 1805, § 58 (S. 63 f.)) hat drei W i r k u n g e n der Wechselobligation unterschieden; vgl. auch von Weisseneck, Theorie eines allgemeinen Wechselrechts zum Behufe Academischer Vorlesungen, I. Theil, Freiburg i m Breisgau 1818, §§26ff.; andererseits Treitschke (Handbuch des Wechselrechts, Leipzig 1824, § 92 (S. 54)): „ D i e gewöhnliche dreifache Einteilung i n mildes, strengeres und strengstes Wechselrecht erschöpft keineswegs alle diese Grade, die m a n n u r aus den sehr verschiedenen Wechselgerichtsordnungen der einzelnen Staaten kennen lernen kann." 20 Einert (Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts i m 19. Jahrhundert, Leipzig 1839, S. 17 ff.) hat i n diesem Zusammenhang vor allem auf die allgemeine Geltung der Personalexekution i m französischen u n d englischen Recht verwiesen. Dieser Vergleich k a n n f ü r das deutsche Recht, sobald m a n die Rigor-Lehre als eine auf Deutschland beschränkte Erscheinung identifiziert, nichts hergeben.
§ 5 Der wechselrechtlich spezifische Charakter des rigor cambialis
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Marktgerichts- und Wechselordnung die Personalhaft für jede „ i n continenti erweisliche Wechsel- oder andere Kaufmannschuld" vor 2 1 , während die Wechselordnung von 1715 diese ganz allgemeine Fassung zwar einschränkte, aber immer noch Obligationen für auf Zeit gekaufte Waren und klare Schuldverschreibungen von Kaufleuten den Wechseln gleichstellte 22 . Ganz entsprechend traf die Breslauer Wechselordnung von 1742 die Anordnung, daß allgemein „ganz richtige Schuldverschreibungen und Bekenntnisse" verfahrensrechtlich wie Wechsel behandelt werden sollten, daß bei Fluchtverdacht jeder Schuldner i n Verhaft genommen und daß nach Urteilserlaß aus Forderungen die Personalexekution neben der Vollstreckung i n das Vermögen zulässig sein sollte 23 . Diese Gleichstellung mit anderen Kaufmannschulden, Obligationen und Schuldverschreibungen 24 aber bestand vor allem auch von Anfang an i m sächsischen Bereich; i m Vergleich zu anderen Partikularrechten sogar i n erweitertem Ausmaß. Abgesehen vom Rescript aus dem Jahre 1621, das als reine Markt-Ordnung die Personalexekution auf sämtliche liquiden Schulden unter Kaufleuten für anwendbar erklärte 2 5 , enthielt auch die zugleich m i t der Wechselordnung von 1682 erlassene Leipziger Handelsgerichts-Ordnung für unterschriebene Buchauszüge, Obligationen oder andere Schuldbekenntnisse eine entsprechende Regelung i n § 13 26 . Damit bestand eine wechselrechtliche Spezialität der Personalexekution noch nicht einmal i n dem Rechtsbereich, der sich als Ausgangspunkt der Entwicklung zu einem „strengen Wechselrecht" i n Deutschland erwiesen hat. Faßt man die Entwicklung der Partikularrechte bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts, dem Beginn der Ausbildung der Rigor-Lehre, zusammen, so ergibt sich folgendes Bild: Die Personalhaft war nicht einheitlich als wechselrechtliches Exekutionsmittel anerkannt; soweit sie zugelassen war, stimmten weder die Anwendungsformen überein, noch war die Geltung durchgehend auf den Wechsel beschränkt.
11
§§ 8,31, siehe oben § 4 I I 2 f. A r t . 52, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 117 (129). 25 Vgl. §§ 8,11,12,19, 29; bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 229. 24 Vgl. auch die Danziger Wechselordnung 1701 A r t . 40; bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 268. 25 Siehe oben § 4 I I 2 a. 29 Vgl. auch §§10,21: Nach Urteilserlaß bei allen dinglichen Klagen n u r Vermögensexekution, bei Forderungen Personalarrest m i t gleichzeitig zulässiger Vollstreckung i n das Vermögen; bei v. Z i m m e r l I I / l S. 179; vgl. auch f ü r Anweisungen das Mandat v o m 16. November 1776, bei v. Zimmerl, a.a.O., S. 255. Z u r Auslegung vgl. auch Rößig, Kurze systematische Darstellung des Leipziger Handelsrechts, Neue Ausgabe, Leipzig 1818, S. 233 ff. 22
3. K a p i t e l
Auswirkungen der Lehre Ungeachtet der mangelnden Spezialität, der Uneinheitlichkeit und Ungleichförmigkeit der Geltung, ungeachtet aber auch der ersichtlich äußeren Natur des prompten Personalarrestes haben sich i m Zusammenhang m i t der Aufwertung des rigor cambialis durch die deutsche Dogmatik Eigenschaften des Wechsels ausgebildet, deren Geltung bis i n die Gegenwart reicht, die aber ausländischen Rechten noch i n jüngster Vergangenheit fremd waren. So erkennen die Staaten des französischen Rechtskreises die Wechselklausel, die aus der Entwicklung des deutschen Wechselrechts nicht weggedacht werden kann, erst seit der Übernahme des sogenannten einheitlichen Genfer Wechselgesetzes als Erfordernis an. Noch auf den Haager Konferenzen hatten sich diese Staaten die Ersetzbarkeit der Wechselklausel durch die Orderklausel generell vorbehalten; davon rückten sie zwar bei den Genfer Verhandlungen hinsichtlich der Tratte ab, hielten den Vorbehalt jedoch für den Eigenwechsel weiterhin aufrecht 1 . Schon daraus geht hervor, daß offenbar auch das Verhältnis von Tratte und Eigenwechsel nach der Konzeption der Vertragsstaaten nicht einheitlich war. Und schließlich ist den ausländischen Rechten bis heute ein Institut unbekannt geblieben, das i n Deutschland jahrhundertelang mit der Entwicklung des Wechsels i n engstem Zusammenhang stand und das gemeinsam m i t der Wechselklausel den unmittelbarsten Bezug zur Rigor-Lehre aufweist: der Wechselprozeß. 2
1 A r t . 19 der Anlage I I des Abkommens über das Einheitliche Wechselgesetz vom 7. J u n i 1930 (RGBl. I I S. 377); vgl. auch A r t . 21. Frankreich hat v o n dem Vorbehalt i n A r t . 180 Code de commerce Gebrauch gemacht. Z u den Verhandlungen vgl. Hupka, Das einheitliche Wechselrecht der Genfer Verträge, Wien 1934, S. 11 f., 224f.; A r m i n j o n et Carry, L a Lettre de Change et le B i l l e t ä Ordre, Lausanne 1938, S. 401 ff., 419 f. 2 Eine Ausnahme innerhalb des sog. deutschen Rechtsbereichs bildet etwa das österreichische Recht, das ebenfalls einen besonderen Wechselprozeß kennt, allerdings m i t einigen Abweichungen gegenüber dem deutschen Recht, vgl. Stanzl, Wechsel-, Scheck- u n d sonstiges Wertpapierrecht, G r a z - K ö l n 1957, § 6 (S. 15); zum italienischen Recht vgl. oben § 4 Anm. 24 (S. 25).
§ 6 Wechselklausel und Eigenwechsel
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§ 6 Wechselklausel und Eigenwechsel I. Die Wechselklausel Die Wechselklausel datiert freilich nicht erst aus der Zeit des Heineccius: Schon i n der frühesten Epoche des Wechsels, Jahrhunderte vor Ausbildung der Lehre vom rigor cambialis, wurden Urkunden mit der Klausel „ex causa cambii" 8 versehen; sie waren nach moderner Terminologie „domizilierte Eigenwechsel", nach damals üblicher Bezeichnung „instrumenta ex causa cambii" 4 . Die zersplitterten Münzverhältnisse des Mittelalters 5 hatten für das Wechselgeschäft, das infolge der kirchlichen Zinsverbote Ortsverschiedenheit voraussetzte 6 , ganz regelmäßig auch Münzverschiedenheit zur Folge. Daher enthielten die Urkunden, i n denen sich der Schuldner verpflichtete, das an einem Ort i n bestimmter Münzsorte empfangene Geld an einem anderen Ort i n dort gültiger Valuta zu zahlen, meistenteils die Wendung „ex causa cambii". Notwendig 7 aber war das schon deshalb nicht, weil das Wechselgeschäft bis i n das 17. Jahrhundert überhaupt keiner Form bedurfte. „Scriptura non est de essentia cambii", lehrte Scaccia 1618, „requisitur solum ad probationem et celerem contractus executionem i n foro exteriori" 8 . Das Geschäft konnte also auch mündlich wirksam geschlossen werden; wählten die Parteien gleichwohl aus prozessualen Gründen die Schriftform 9 , so war ihnen die Abfassung der Urkunde immer noch weitgehend freigestellt: I n den Wechselbrief mußten lediglich die be8 Auch „ex causa permutacionis seu cambii" w e i l „ c a m b i u m " ursprünglich jedes Tauschgeschäft, später i m m e r h i n noch Geldhandel u n d Bankgeschäft allgemein bezeichnete; vgl. Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 318 f. (Anm. 83), 403 (Anm. 51), 425; Lehmann, Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 5 (Anm. 10, S. 31); Freundt, Das Wechselrecht der Postglossatoren, Erster Teil, Leipzig 1899, S. 1 ff. 4 Einerseits Goldschmidt, a.a.O., S. 417 ff.; andererseits de Hoover, L ' E v o l u t i o n de la Lettre de Change, X l V e — X V I I l e siècles, Paris 1953, S. 12 f., 30 f. 5 Vgl. Sombart, Der moderne Kapitalismus, 6. Aufl. 1924, I. Band 1. Hälfte, S. 404 ff.; Endemann, Studien, S. 102. • Vgl. näher, auch zum Folgenden, unten § 8 I. 7 Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 428f.: „Üblich, aber nicht sakramental . . . " . 8 Scaccia, Tractatus de commerciis et cambio (hier zitiert nach der Ausgabe von Venedig 1650), § 1 qu. V. n. 10 (S. 116); ebenso de T u r r i , Tractatus de cambiis, F r a n k f u r t 1645, Disp. 1 qu. X I . n. 14 (S. 34), Disp. 2 qu. I n. 8 (S. 106, 107): „ D a n t u r litterae i n probationem et executionem contractus cambii". 9 Der Exekutivprozeß erforderte Schriftform; Briegleb, Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, 1. Teil, Geschichte des Executiv-Prozesses, 2. Aufl., Stuttgart 1845, S. 89. Daher bildete sie auch i n der Praxis die Regel; Scaccia, a.a.O.
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3. Kap. : A u s w i r k u n g e n der Lehre
g r i f f s n o t w e n d i g e n Eigenschaften des Wechsels a u f g e n o m m e n w e r d e n 1 0 . H i e r z u aber rechnete d i e c l a u s u l a ex causa c a m b i i n i c h t , w e i l die M ü n z v e r s c h i e d e n h e i t l e d i g l i c h r e g e l m ä ß i g e F o l g e d e r d u r c h die theologische D o k t r i n vorgeschriebenen O r t s v e r s c h i e d e n h e i t u n d d e r tatsächlichen V e r h ä l t n i s s e , n i c h t aber K r i t e r i u m des Wechselgeschäftes w a r 1 1 . N o c h A n f a n g des 18. J a h r h u n d e r t s v e r n e i n t e Casaregis sogar ganz a l l g e m e i n die N o t w e n d i g k e i t e i n e r B r i e f a u s s t e l l u n g : „ L i t t e r a e n o n s u n t de essentia c a m b i i , sed i n s e r v i u n t t a n t u m p r o i l l i u s e x e c u t i o n e " 1 2 . A n dieser A u f f a s s u n g ä n d e r t e sich zunächst i n D e u t s c h l a n d 1 3 nichts. D i e f r ü h e s t e n A u t o r e n e r k a n n t e n ganz i m S i n n e d e r i t a l i e n i s c h e n L e h r e , a u f d i e sie sich v i e l f a c h a u s d r ü c k l i c h beriefen, d i e F o r m f r e i h e i t des Wechsels i m a l l g e m e i n e n w i e auch d i e U n g e b u n d e n h e i t d e r P a r t e i e n i n d e r W a h l u n d F o r m u l i e r u n g e i n e r „ W e c h s e l k l a u s e l " an. Z w a r b i l d e t e n d i e B r i e f a u s s t e l l u n g u n d die c l a u s u l a ex causa c a m b i i auch h i e r i n der P r a x i s d i e R e g e l 1 4 ; n o t w e n d i g f ü r d i e G ü l t i g k e i t des W e c h s e l k o n t r a k t e s aber w a r w e d e r das eine noch das andere. Heydiger brachte die 10 de T u r r i , a.a.O., Disp. 2. qu. I I I . n. 10 ff. (S. 115), Disp. 1 q u . X I . (S. 32 ff.) ; Scaccia (a.a.O., § 1. qu. V. n. 11 (S. 116)) sagt sogar: „Scriptura cambii non habet certam praescriptam formam, ideoque potest diversis modis concipi." 11 Entscheidend w a r die distantia loci, w e i l die i n dem Geldtransport liegende Arbeitsleistung die an sich nach dem kirchlichen Zinsverbot nicht erlaubte Differenz zwischen E i n - u n d Auszahlungssumme rechtfertigte (vgl. auch unten § 8 I S. 78 A n m . 3); vgl. Raphael de T u r r i (a.a.O., Disp. 2 qu. I I I , I V , S. 114 ff.), Disp. 2 qu. X X I V , Nr. 1 f. (S. 231 f.) unter Hinweis auf ein bereits durch Baldus erteiltes Gutachten, daß Münzgleichheit bei Ortsverschiedenheit unschädlich sei; de Roover (a.a.O., S. 45): „Tandisque la diversité des lieux était une règle absolue, celle des espèces admettait des exceptions, lorsque la même monnaie avait cours sur deux places q u i traitaient l'une avec l'autre."; ebenso Biener, Wechselrechtliche Abhandlungen, S. 80 f. ; Goldschmidt, a.a.O., S. 403 ff. Autoren m i t abweichender Ansicht (wie v. Canstein, Lehrbuch des Wechselrechts, B e r l i n 1890, S. 9; Wieland, Cambium u n d Wechselbrief, i n : Festgabe Heusler, Basel 1904, S. 2 ff., 13,18 ff.) verkennen die terminologische u n d begriffliche Bedeutung. 12 Casaregis, Discursus legales de commercio, Bd. I I , Florenz 1719, Disc. 52 Nr. 4 (S. 8), vgl. auch Disc. 59 Nr. 10,19 (S. 54 f.). 13 I n Frankreich u n d England w a r die Wechselklausel v o n Anfang an ohne Bedeutung; vgl. Biener, Historische Erörterungen, S. 71; Cohn, Beiträge zur Lehre v o m einheitlichen Wechselrecht, Heidelberg 1880, S. 57 ff.; Ulmer, Geschichtliche u n d rechtsvergleichende Studien zum englischen Wechselrecht, i n : A c P Bd. 133 (1931), S. 178 (179). Dagegen w a r sie i n anderen, von der deutschen Theorie beeinflußten Ländern zumindest vorübergehend als Erfordernis anerkannt, vgl. Cohn, a.a.O. 14 V o n der Briefausstellung h i n g auch hier die Zulässigkeit der E x e k u t i v klage ab; vgl. Carpzov, Dissertatio de cambiis, Leipzig 1677, §43, i n : Beseke, Thesaurus j u r i s cambialis, B e r o l i n i 1783, S. 108 (122); Beck, Tractatus novus v o m Wechsel-Recht, Nürnberg 1729, Cap. I I . § 2 n. 61 (S. 60) ; vgl. auch den nicht publizierten Reichsschluß von 1671, der zwar zur „ V e r h ü t u n g vieler I r rung u n d weitläufiger Processe" Schriftform f ü r die Acceptation vorschrieb, nach dem es „jedoch . . . nichtsdestoweniger wegen der mündlich akceptierten Wechselbriefe... bei den Rechten u n d der Observanz sein Bewenden" haben sollte, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 283.
§ 6 Wechselklausel und Eigenwechsel
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Anschauung jener Zeit umfassend i n der „Anleitung zum gründlichen Verstand des Wechselsrechts" von 1676 zum Ausdruck: „. . . so w i r d auch i n denen Wechseln dieselbe (causa) nicht vergessen, sondern steckt insgemein i n dem Wort: diesen meinen Wechselbrief. Damit dann angezeigt wird, daß die Schuld ex causa cambii, und also aus der Ursach, weil i h m Geld gegeben worden, welches er an einem andern Ort wiedergeben solle, entstehe . . . und könnten auch ad causam referieret werden die Worte: Umb den Werth vergnügt. Doch, wann w i r gleich sagen möchten, es werde i m Wechsel-Brieff keine absonderliche Ursach exprimiret, so hindert doch solches nichts, sondern bringt doch der Wechsel-Brieff eine Obligation, ohne dass das gemeine Hecht ein anders erfordern w ü r d e " 1 5 . Obwohl auch Autoren des beginnenden 18. Jahrhunderts an der Formfreiheit des Wechsels festhielten 16 , zeichnete sich unverkennbar ein Wandel der seit Jahrhunderten gültigen Doktrin ab. Schon Stryk hatte 1698 die Aufnahme der Wechselklausel i n die Urkunde als „sicherer" 1 7 bezeichnet; diese immer noch aus allein praktischen Erwägungen gegebene Empfehlung erhob Franck i m Jahre 1721 zu einem unabdingbaren Erfordernis des Wechsels, dessen Fehlen dem Gläubiger zwar nicht die Exekutivklage, w o h l aber die Möglichkeit zur Personalexekution gegen den Schuldner nehmen sollte 1 8 . Immerhin beschränkte Franck die Fassung der Wechselklausel noch nicht auf die allein mögliche Bezeichnung 15 Heydiger, Kurtze A n l e y t u n g zu gründlichem Verstand des WechselRechts, F r a n k f u r t am M a y n 1676, C a p . V I I (S.63f.), vgl. auch C a p . I I (S.8): „ . . . solcher Wechsel-Brief (wird) allein des Beweises wegen g e g e b e n . . . " ; i m Ergebnis ebenso: Marquard, Tractatus politico-juridicus de j u r e mercatorum et commerciorum singulari, F r a n k f u r t 1662, L i b . I I . Cap. X I I . Nr. 29 ff. (S. 319); Carpzov, a.a.O., §18 (S. 113); Stryk, Dissertatio de cambialium l i t e r a r u m acceptatione, Halle 1698, Cap. I I I . § I X , i n : Beseke, a.a.O., S. 340 (351): „ . . . praesertim quia nec literae ipsae et scriptura sunt de essentia h ujus contractus nec praecise et simpliciter necessariae..."; a. A . Bode, Dissertatio juridica de cambiis, M a r b u r g 1646, Thesis 6 l i t . H (S. 28), der freilich Raphael de T u r r i (a.a.O. Disp. 2. qu. I. n. 9 (S. 107)) mißversteht, indem er dessen Aufzählung der möglichen Skripturbestandteile als rechtliche Erfordernisse wertet. 16 Beck, a.a.O., Cap. I I . § 1 Nr. 60 (S. 59 f.); Ludovici, Einleitung zum Wechselprocess, Halle 1712 (hier nach der 10. Aufl. 1753), C a p . I I . § V I I (S.561): „ A n anderen Orten (als Leipzig) w i r d m a n auf diese Subtilität so genau nicht s e h e n . . . " ; ebenso Wegelin, österreichisches Wechselrecht oder Wienerische Wechsel-Ordnung, W i e n 1719, A n m . 1 zu A r t . 2 (S. 13 f.). 17 „ . . . veritatique theoreticae conveniunt, t u t i o r tarnen et cautior erit i n p r a x i h u jus vocabuli adjectio, praeprimis ad evitanda m u l t a inconvenientia, et ad indicandum, quod istud debitum ex causa cambii p r o f i c i s c a t u r . . . " , Stryk, a.a.O., § I X (S. 351). 18 Franck, Institutiones j u r i s cambialis, Halle/Magdeburg 1721, L i b . I . Sectio I. T i t . V I . § V I I f (S. 75 ff.); sachlich ebenso Raumburger, Justitia selecta Gent i u m Europaearum i n cambiis aliisque causis mercantilibus tarn terrestris quam navalibus novissima et harmonica, F r a n k f u r t am M a i n 1723, Cap. 15 § V I (S. 322).
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
als „Wechsel" (oder „Wechselbrief"), sondern ließ jeden gleichwertigen Ausdruck genügen 19 . Strikt auf den Tenor der Wechselklausel i m modernen Sinn fixiert und mit deutlichem Bezug zu den Vorrechten der aus einem „Wechsel" herrührenden Forderung formulierte erst Siegel die neue Doktrin: „Hierauf ist nöthig, daß i n dem Wechsel folgende Stücke anzutreffen: Das Wort Wechsel, immassen hierdurch dem Documente die i n dem Wechselrechte fundierte Privilegia zugeeignet werden, und selbige i m Gegentheil, wenn das Wort Wechsel fehlet, cessiren." 20 Dieser Abkehr von der überkommenen Lehre lag ein Umschwung der Gesetzgebung und Rechtsprechung verschiedener Partikularrechte zugrunde, der sich auch hier unter Führung Sachsens seit dem Ausgang des 17. Jahrhunderts angebahnt hatte. Zwar enthielt die Leipziger Wechselordnung von 1682 überhaupt keine Anordnungen für bestimmte Formerfordernisse, sondern verwies ganz allgemein auf die unter Handelsleuten „genugsam bekannte Form und A r t der Wechselbriefe" 21 ; welche Bedeutung aber der Wechselklausel nach dem Kaufmannsgebrauch zukam, hatte schon das Leipziger Stadtgericht i n einem Urteil vom 20. März 1676 entschieden: Es verurteilte den Beklagten, der den bis auf die Wechselklausel korrekt ausgestellten „Wechselbrief" grundsätzlich anerkannte, i m übrigen aber einwandte: „Von Wechselbriefen weiß ich nichts", lediglich i m Wege der Exekutivklage und wies den Antrag des Gläubigers auf Verurteilung zur Personalexekution zurück 22 . Nach dem Vorbild dieser Entscheidung entwickelte sich i n der Folgezeit i n Sachsen eine ständige Rechtsprechung, wie weitere Urteile des Leipziger Stadtgerichts und Parere der Kaufmannschaft aus den Jahren 1703, 1710 und 1718 zeigen 28 ; sie entsprach auch der Auffassung der sächsischen Rechtslehre 24 . 19 „Neque tarnen ipsam vocem cambii requiro, sed verba etiam aequipollentia admitto", a.a.O., S. 76. 20 Siegel, Fürsichtiger Wechselgläubiger, Andere Aufl., Leipzig 1739, Cap. 3 § V (S. 60); ders., Einleitung zum Wechsel-Recht überhaupt, i n : Corpus j u r i s cambialis, Leipzig 1742, T h e i l I I , S. 378,396. 21 „Soviel n u n I I I . die F o r m u n d A r t der Wechselbriefe betrifft, dieweil selbige unter Handelsleuten genugsam bekannt, u n d eingeführet; so hat es damit auch f o r t h i n sein Bewenden, u n d sollen dieselben, es mag der empfangenen Valuta, w i e zwar an i h m selbst b i l l i g wäre, darinnen gedacht seyn oder nicht, einen Weg w i e den anderen k r ä f t i g u n d gültig seyen", A r t 3, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 152. 22 Wiedergegeben bei Zipfel, Dissertatio de tesseris collybisticis, E r f u r t 1676, Sectio V I I § X X I X , i n : Beseke, a.a.O., S. 131 (183). 23 Wiedergegeben bei: Koenigke, Der K a u f f - u n d Handels-Stadt Leipzig Wechsel-Ordnung, 2. Ausgabe, Leipzig 1717, A n m . 1 zu A r t . 3 (S. 6); Siegel I I , S. 83 f., 125. 24 Zipfel, a.a.O., Sectio V I I § X X I X (S. 183); Koenigke, a.a.O.
§ 6 Wechselklausel und Eigenwechsel
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Der unmittelbare Anlaß dieser Entwicklung lag klar auf der Hand; er war zunächst kein anderer als allgemein bei der Einführung von Formvorschriften für Geschäfte mit außergewöhnlich einschneidenden Wirkungen: „Ob nun wohl anfänglich denen Handels-Verständigen, was ein Wechsel-Brief sey, und welcher Gestalt solcher einzurichten, sattsam bekannt ist, so bezeuget jedoch die bisherige tägliche Erfahrung, daß viele sich finden, welche m i t Wechseln nicht umgehen, noch davon Wissenschaft haben, und dennoch Wechsel-Briefe ausgeben, hernach aber, wenn die Sache zur Klage gedeihet, excipiren: daß ihre Intention nicht gewesen, einen Wechsel-Brief, sondern einen blossen Schein auszustellen, und sie von Stellung eines Wechsel-Briefes keine Information gehabt haben; Weßhalb w i r dann verordnen, daß ein Wechsel-Brief nachfolgende nöthige Requisita haben solle . . ." 2 5 . Der Gläubiger sollte also i n seinen Rechten gesichert, der Schuldner vor der Gefahr des Personalarrestes gewarnt werden. 2 6 Indessen machte es einen ganz entscheidenden Unterschied, ob die Sicherung des Schuldners, wie nach der zitierten Brandenburgischen Wechselordnung, durch allgemeine Formerfordernisse 27 erreicht werden sollte, oder ob der Hinweis auf die mögliche Sanktion durch Personalhaft, wie i n Sachsen, i n die zusätzlich aufgenommene Form der Wechselklausel gekleidet wurde. Denn mochte darin später vielfach eine Frage lediglich rechtstechnischer oder terminologischer A r t gesehen werden 2 8 , i n der Zeit der Ausbildung der Wechselklausel betraf sie zuallererst das Verhältnis von Wechsel und Personalhaft, damit i n A n sätzen aber auch schon den Begriff des Wechsels selbst. Indem das Leipziger Stadtgericht die Zulässigkeit der Personalexekution von der i n die Urkunde aufgenommenen Wechselklausel abhängig machte, erkannte es zunächst die als ausschließlich angesehene Verbindung von Wechsel und Personalarrest an; nur soweit der Personalarrest als typische prozessuale Rechtsfolge des Wechsels gelten konnte, ließ sich die unbedingte Abhängigkeit von der Wechselklausel rechtfertigen. Schon darin lag ein Bruch mit der überlieferten Tradition, die der Personalhaft keinerlei eigentümliche Bedeutung für den Wechsel beigemessen hatte. 25 A r t . 1 der Chur- u n d Marck-Brandenburgischen revidierten WechselOrdnung von 1709, bei Herbach, Wechselhandlung, S. 324. 26 Vgl. schon Dabin, Fondements, S. 23, 25. 27 Natürlich einschließlich der bis dahin als wesentlich f ü r den Wechselk o n t r a k t angesehenen Bestandteile der Ortsverschiedenheit u n d (oder) V a lutaklausel. 28 Vgl. v o r allem Cohn, Beiträge zur Lehre v o m einheitlichen Wechselrecht, S. 57 ff.
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
Zugleich aber schuf bereits die erste Entscheidung, die den Antrag des Gläubigers auf Verurteilung zur Personalexekution wegen der fehlenden Wechselklausel zurückwies, die Voraussetzung einer völlig neuen Konzeption des Wechsels. Denn nicht zum Institut des Wechsels, wie es bis dahin als vertragsmäßige Geldrimesse m i t Ortsverschiedenheit 20 begriffen wurde, setzte das Gericht die Personalexekution i n Bezug, sondern allein zu dem Bestandteil der Wechselklausel. Damit legte es die entgegengesetzte Vorstellung nahe, der Klausel, von der die als spezifisch angesehene Rechtsfolge der Personalexekution abhing, komme mehr als nur warnende Bedeutung für den Schuldner zu; es schien, m i t anderen Worten, nur konsequent, der Wechselklausel als dem Korrelat dieser eigentümlichen Rechtsfolge eine bestimmende Funktion für den Wechsel beizumessen. Mochte eine Urkunde alle bis dahin als notwendig erachteten Bestandteile aufweisen, als Wechsel galt sie nach sächsischem Recht solange nicht, wie ihr die Wechselklausel fehlte; die als besonders deutliches Warnzeichen gedachte Klausel wurde auf diese Weise zum Wesensmerkmal des Wechsels selbst: Wechsel sollte künftig nur die Urkunde sein, die die Wechselklausel enthielt. Das galt zu Anfang freilich keineswegs einheitlich nach allen Partikularrechten. Geht man von einem ausdrücklich formulierten gesetzlichen Gebot aus, so war der Anwendungsbereich sogar bis i n das 18. Jahrhundert hinein auf Sachsen beschränkt; denn vor dem i m Jahre 1724 erlassenen „Königl.-Preußischen und Churfürstl.-Brandenburgischen Wechsel-Recht" 30 schrieb kein Statut i n Deutschland die Wechselklausel expressis verbis vor 3 1 . Allerdings zeigt gerade das sächsische Beispiel, daß die Aufnahme der Klausel auch ohnedem partikularrechtlich durch die Rechtsprechung als Erfordernis anerkannt sein konnte. Unrichtig wäre es indes, vom Standort einer erst später einheitlich vertretenen Lehre, etwa nach 29 So die klassische Definition von Goldschmidt, Universalgeschichte, S. 403; i m einzelnen vgl. unten § 8 I. 30 V o m 29. Januar, A r t . 1: „daß das W o r t Wechsel-Brief d a r i n n exprimiret sey"; ebenso: Preußische W O v o m 25. September 1724, A r t . 1; Chur-Pfälzische WO 1726, A r t . 6 (nach A r t . 12 w a r aber auch noch mündlicher Wechselschluß zulässig), sämtlich bei Siegel I S. 111,119,392; Preußische W O 1751, A r t . 1 Nr. 6, bei v. Z i m m e r l I I / 2 S. 209. 31 Die Wechselordnungen des 17. Jahrhunderts enthielten an Formvorschriften allenfalls solche über die Fassung des Akzepts: Nürnberg 1654, A r t . 2; Augsburg 1665, A r t . 1, bei Herbach S. 434,291; F r a n k f u r t 1666, § 7 ; Breslau 1672, § 2, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 2, 1/2 S. 188; Preußen 1684, A r t . 8, bei Herbach S. 463; Cölln 1691, A r t . 3, bei Siegel I S.387. Das galt teilweise (vgl. A n m . 35) auch noch f ü r Wechselordnungen des 18. Jahrhunderts: Danzig 1701, A r t . 10; Breslau 1716, § 4; Augsburg 1716, Cap. I § 9, Schlesien 1738, A r t . 4, sämtlich bei Siegel I S. 370,281,318,299; F r a n k f u r t 1739, § 12, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 8.
§ 6 Wechselklausel und Eigenwechsel
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dem Vorbild Scherers 32, rückblickend die Parallele zum sächsischen Recht als zwingend anzusehen. Sie mochte zutreffen, soweit eine Wechselordnung entsprechend der Leipziger Regelung die Form eines Wechselbriefes als bekannt voraussetzte oder sich m i t einer allgemeingehaltenen Formvorschrift begnügte 38 ; sie ging aber jedenfalls dort fehl, wo eine Wechselordnung die Formerfordernisse i n enumerativer Weise aufführte, ohne die Wechselklausel i n den Katalog einzubeziehen. So hat auch die Gerichtspraxis die entsprechende Fassung der Bremer Wechselordnung von 171234, m i t der die Regelungen von Magdeburg (1703), Chur- und Marek-Brandenburg (1709), Braunschweig (1715), Wien (1717) und Nürnberg (1722) übereinstimmten 3 5 , i n ständiger Rechtsprechung i n diesem Sinne interpretiert: Ging aus einer den sonstigen Erfordernissen genügenden Urkunde die Absicht hervor, einen Wechsel auszustellen, so war das Fehlen einer gleichlautenden Bezeichnung unschädlich 36 . Diese uneinheitliche Bewertung der Wechselklausel, die teilweise bis i n das 19. Jahrhundert hinein den deutschen Rechtspartikularismus kennzeichnete 37 , wurde gesetzlich endgültig erst durch die Allgemeine Deutsche Wechselordnung von 1848 überwunden 3 8 . Die Grundlage hierfür aber bildete die Rigor-Lehre, unter deren Herrschaft die Wechselklausel dogmatisch schon vorher zu uneingeschränkter Anerkennung gelangt war; und zwar nicht allein als Formerfordernis, sondern als schlechthin bestimmendes Merkmal des Wechsels: „ M a n versteht heute82 Handbuch des Wechselrechts, 3. Theil, F r a n k f u r t am M a i n 1801, S. 271 ff. Das verkennt auch Krasemann (Das Bremische Wechselrecht, Diss. Göttingen 1960, S. 21 bei A n m . 3), w e n n er f ü r seine gegenteilige Ansicht n u r A u t o r e n einer späteren Zeit anführt (abgesehen von Siegel, dazu vgl. A n m . 40). 83 So die Augsburger W O von 1778, bei v. Z i m m e r l 1/1 S. 155. Die w e i t e r gehende Feststellung, w i e w e i t das Erfordernis der Wechselklausel auch ohne ausdrückliche Regelung galt, wäre jedoch f ü r das Ergebnis der Untersuchung ohne Bedeutung; es w i r d daher darauf verzichtet. 84 A r t . 1, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 177. 35 Magdeburg A r t . 1, Brandenburg A r t . 1, bei Herbach S. 423,324; B r a u n schweig A r t . 1, bei Siegel I S. 248; Wien A r t . 2, bei Siegel I S. 195 (zur entsprechenden Auslegung vgl. Wegelin, österreichisches Wechsel-Recht oder Wienerische Wechsel-Ordnung, Wien 1719, Anm. 1 zu A r t . 2 (S. 13 f.); Nürnberg Cap. I § 1, bei Siegel I S. 350 (zur entsprechenden Auslegung vgl. Beck, Tractatus novus v o m Wechsel-Recht, Nürnberg 1729, Cap. I I . § 1 Nr. 60 (S. 59 f.)). 36 Z u r Gerichtspraxis vgl. die Nachweise bei Albers, Die Wechselordnung der freien Hansestadt Bremen, Bremen 1844, A n m . 3 zu A r t . 3 der W O von 1843 (S. 2); Krasemann, a.a.O., S. 21 f. 37 Albers, a.a.O., f ü h r t noch entsprechende Entscheidungen aus den Jahren 1818,1821 u n d 1823 an. Erst A r t . 3 der Bremer WO von 1843 n a h m die Wechselklausel als Erfordernis auf. Z u m Vergleich ferner Pohls, Darstellung des gemeinen Deutschen u n d des Hamburgischen Handelsrechts, I I . Band, Wechselrecht, Erster Theil, H a m b u r g 1829, § 236 (S. 107), § 238 (S. 110 ff.). 38 A r t . 4: „Die wesentlichen Erfordernisse eines gezogenen Wechsels sind: 1) die i n den Wechsel selbst aufzunehmende Bezeichnung als W e c h s e l . . . " , bei Borchardt I S. 86.
5 Sedatis
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3. Kap.: A u s w i r k u n g e n der Lehre
z u Tage u n t e r d e m A u s d r u c k e : Wechsel eine solche U r k u n d e , i n w e l c h e r d e r A u s s t e l l e r sich d e m w e c h s e l m ä ß i g b e r e c h t i g t e n I n h a b e r v e r p f l i c h t e t z u b e s t i m m t e r Z e i t u n d z u b e s t i m m t e m O r t e eine S u m m e z u z a h l e n oder z a h l e n z u lassen. Diese U r k u n d e i s t d a h e r b a l d eine S c h u l d v e r schreibung, b a l d eine A n w e i s u n g , d i e sich jedoch v o n e i n e r g e w ö h n l i chen U r k u n d e d e r A r t d a d u r c h unterscheidet, daß i h r e A u s z a h l u n g m i t d e r Wechselstrenge g e f o r d e r t w e r d e n k a n n , s o m i t also gegen d e n säum i g e n Wechselschuldner sogleich P e r s o n a l a r r e s t oder doch schleunige E x e c u t i o n v e r h ä n g t w i r d . . . Diese besondere Eigenschaft e i n e r solchen S c h u l d v e r s c h r e i b u n g oder A n w e i s u n g w i r d i n d e r R e g e l d u r c h das W o r t „ W e c h s e l " , das a u f d e r U r k u n d e sich befindet, angegeben (Wechselklausel), u n d d a h e r l ä ß t sich d e r B e g r i f f des Wechsels k u r z d a h i n s t e l l e n : daß er eine Schuldverschreibung oder Anweisung unter der Wechselklausel sey"80»40. A l l e i n i n diesem B e z u g z u r p r o m p t e n P e r s o n a l h a f t l a g d i e u r s p r ü n g liche B e d e u t u n g d e r W e c h s e l k l a u s e l i m m o d e r n e n S i n n ; sie v e r b a n d sich aber u n t e r d e m E i n f l u ß d e r D o g m a t i k j e n e r Z e i t so u n l ö s b a r m i t d e m I n s t i t u t des Wechsels, daß sie n i c h t n u r dessen F u n k t i o n s - u n d B e g r i f f s w a n d e l i n sich a u f n a h m 4 1 , s o n d e r n auch gegen d i e j a h r h u n d e r t e 39 Phillips, Grundsätze des gemeinen Deutschen Privatrechts m i t Einschluß des Lehnrechts, 3. Aufl., I I . Band, B e r l i n 1846, § 289 (S. 630 f.), Hervorhebung von m i r ; vgl. auch: Heineccius, Elementa j u r i s cambialis, Amsterdam 1742, Cap. I I I § 9 (S. 21); Musäus, Anfangsgründe des Wechselrechts, K i e l u n d H a m burg 1777, §44 (S. 24), §89 (S.42); Scherer, a.a.O., S. 267 ff.; Goede, Jus Germanicum Privatum, Göttingen 1806, § 118 (S. 155). 40 V o m Standpunkt der Rigor-Lehre aus w a r dieses Ergebnis folgerichtig, w e i l die Anerkennung der Wechselklausel als Begriffsmerkmal streng genommen voraussetzte, daß die Personalexekution nicht n u r als typische Rechtsfolge, sondern als K r i t e r i u m des Wechsels aufgefaßt w u r d e ; das aber w a r erst seit Heineccius der Fall. Dem steht n u r scheinbar entgegen, daß Siegel, der kein Vertreter der Rigor-Lehre war, die Wechselklausel schon v o r dem entsprechend bewertet hatte (vgl. oben Anm. 20); denn tatsächlich sah auch Siegel i n der Personalhaft eine den Wechsel kennzeichnende Eigenschaft, scheute indessen die dogmatische Konsequenz der Rigor-Lehre. Das ergibt sich etwa aus seinen Ausführungen zum Eigenwechsel, vgl. die „Einleitung zum Wechselrecht überhaupt", Vorbericht § 11 (S. 374). 41 Die Leipziger Konferenz zur Ausarbeitung der A D W O von 1848 behandelte infolge der inzwischen als kennzeichnend angesehenen Indossierbarkeit des Wechsels vor allem die Fragen, ob ein Wechsel neben der Wechsel- die Orderklausel enthalten sollte u n d ob andererseits jedes auf Ordre gestellte Papier auch ohne Wechselklausel als „Wechsel" anerkannt werden sollte (Protocolle der Leipziger Wechsel-Conferenz, herausgegeben von Thöl, Göttingen 1866, Nr. 50—52, 63—72, 96—99, 1144 ff., 1209). Die Konferenz verneinte diese Fragen u n d erkannte damit die weite Bedeutung der Wechselklausel an (Protokolle Nr. 99, 1176, 1177). Neben der Orderklausel lehnte die Konferenz auch die A u f nahme der Valutaklausel i n den Wechsel ab (Protokolle Nr. 43,45); i n F r a n k reich galt die Valutaklausel bis zum 8. Februar 1922 als Erfordernis ( A r m i n j o n et Carry, a.a.O., S. 16). Z u r Bedeutung u n d K r i t i k i n jener Zeit vgl. Biener, Vertheidigung des Valutabekenntnisses u n d der Stellung auf Ordre i n Wechseln, i n : Archiv f. dt. Wechselrecht, 5. Band (1857), S. 241 ff.; Stern, Die Bedeu-
§ 6 Wechselklausel u n d Eigenwechsel
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a l t e T r a d i t i o n des französischen Rechtskreises i n das e i n h e i t l i c h e G e n f e r Wechselgesetz a u f g e n o m m e n w u r d e . IL Der
Eigenwechsel
A u s d e r D e f i n i t i o n , d i e d i e R i g o r - L e h r e f ü r d i e T r a t t e aufstellte, e r gab sich auch j e n e des Eigenwechsels u n d das V e r h ä l t n i s b e i d e r I n s t i t u t e z u e i n a n d e r : W u r d e d e r Wechsel b e g r i f f e n als j e d e u n t e r der W e c h s e l k l a u s e l ausgestellte Z a h l u n g s u r k u n d e , so f o l g t e daraus z w i n g e n d die K o n z e p t i o n e i n e r genetischen E i n h e i t v o n T r a t t e u n d E i g e n w e c h s e l 4 2 . H i s t o r i s c h l a g d a r i n z w a r n i c h t d i e erste A n e r k e n n u n g des E i g e n w e c h sels i n D e u t s c h l a n d 4 8 ; aber d e r U n t e r s c h i e d z w i s c h e n eigener Z a h l u n g s v e r p f l i c h t u n g u n d Z a h l u n g s a n w e i s u n g t r a t , o b w o h l seit j e h e r A u s d r u c k auch d i v e r g i e r e n d e r w i r t s c h a f t l i c h e r Z w e c k b e s t i m m u n g , h i n t e r das D o g m a z u r ü c k , d i e W e c h s e l q u a l i t ä t b e i d e r O b l i g a t i o n s a r t e n sei d u r c h d i e E i n f ü h r u n g d e r W e c h s e l k l a u s e l b e d i n g t 4 4 . D a d i e W e c h s e l q u a l i t ä t nichts t u n g des Wortes „Wechsel", das Valutabekenntnis u n d die Stellung des Wechsels auf Ordre, i n : Arch., a.a.O., 14. Band (1865), S. 13 ff. (26 ff.); Cohn, a.a.O., S. 60 ff. 42 Musäus, a.a.O., §85 (S. 40 f.); v. Zimmerl, A n l e i t u n g zur Kenntnis des Wechselrechts, Wien 1821, § 15 f. (S. 15 f.). Schon vor der Rigor-Lehre hatte Siegel (Einleitung, a.a.O., Vorbericht §§ V I I I , I X (S. 373) die Einheitlichkeit v o n Tratte u n d Eigenwechsel aus der Wechselklausel abgeleitet: „Wechsel-Briefe seynd eine kurtze, das W o r t : Wechsel i n sich tragende Schrift, worinnen der Ausgeber selbst zur B e z a h l u n g . . . sich anheischig machet, oder einem andern . . . zu bezahlen durch Beyfügung seines Namens aufträgt. Hieraus ergiebet sich, daß zwei A r t e n derer Wechsel-Briefe zu statuieren, nemlich eigene u n d trassierte" (vgl. auch oben A n m . 40). 43 Den ersten Anstoß hatte die durch die Reformation ausgelöste Aufhebung der Zins verböte (seit dem Reichsabschied von 1600 § 79, vgl. Grünhut, Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897, S. 231 A n m . 1) gegeben. Die Vorläufer der Eigenwechsel, die cambia sicca, waren unter der theologischen D o k t r i n schon M i t t e des 16. Jahrhunderts verboten worden, w e i l sie keine distantia loci aufwiesen (vgl. Siegel, § X I (S. 374); de Roover, L'Evolution, S. 20,72). Daher stellte auch die französische Ordonnance sur le commerce von 1673 die „billets ä Ordre" den „lettres de change" nicht gleich (Dabin, Fondements, S. 22 f.). I n Frankreich wurde das Erfordernis der distantia loci erst durch Gesetz v. 7. J u n i 1894 aufgehoben ( A r m i n j o n et Carry, a.a.O., S. 15, der allerdings i m Gegensatz zu de Roover u n d Dabin die distantia loci nicht auf das Zinsverbot zurückführt), i n Deutschland partikularrechtlich schon durch ein zur Lübecker WO von 1669 ergangenes Zusatzdekret v. 15. Januar 1706 (bei v. Z i m m e r l I I / l S. 275). Die A D WO von 1848 forderte distantia loci nach A r t . 6 n u r noch f ü r den trassiert eigenen Wechsel. Eine Mittelstellung n a h m bezeichnenderweise das österreichische Recht ein (Art. 3, 54 Wechsel-Patent 1717, A r t . 2, 53 Erneuertes Wechsel-Patent 1763, bei v. Z i m m e r l II/2 S. 102,122. Z u r Auslegung vgl. Wegelin, a.a.O., A n m . d zu A r t . 54; Wagner, Kritisches Handbuch des i n den österreichisch-deutschen Staaten geltenden Wechselrechts, I. Band, Wien 1823, § 39 (S. 94 ff.)). 44 I n der Praxis freilich zeigten sich die Unterschiede deutlich. Während etwa bei einer Tratte die Wechselklausel genügte, u m i m Wechselprozeß klagen zu können, mußte der Eigenwechsel die Valutaklausel enthalten; Claproth, Einleitung i n sämtliche summarische Prozesse, 3. Aufl., Göttingen 5*
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
anderes als die Eignung zur prompten Personalexekution bedeutete, m i t h i n der Wechsel i n folgerichtiger Weiterführung jener Auffassung lediglich als „adiectitia qualitas" verstanden wurde 4 5 , konnte sogar die Ansicht vertreten werden, der Eigenwechsel bilde die „eigentliche" Wechselart 46 . Freilich mußte diese Auffassung angesichts der schon i n der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konstatierten wirtschaftlichen Bedeutungslosigkeit des Eigenwechsels 47 , an der sich bis heute nichts geändert hat, eine Ausnahme bleiben. Trotzdem hat sich die jedenfalls auch auf die Rigor-Lehre zurückzuführende uneingeschränkte rechtliche Gleichstellung von Tratte und Eigenwechsel bis i n das geltende Recht erhalten können.
§ 7 Der Wechselprozeß I. Die Behandlung des Ursprungs in der Literatur Es liegt auf der Hand, daß eine Lehre, die i n ihrem Kern ausgeprägt prozessuale Züge trug, i n engstem Zusammenhang mit der Ausbildung entsprechender verfahrensrechtlicher Institute stehen konnte. Wurde der Wechsel ursprünglich von der als spezifisch angesehenen Rechtsfolge der prompten Personalexekution her begriffen, so bot sich die Folgerung geradezu an, alle Vorschriften, die die Durchführung dieser Exekution regelten, seien dem Verfahren i n Wechselsachen eigentümlich. Je feiner und differenzierter m i t fortschreitender Entwicklung Voraussetzungen und Modalitäten des Verfahrensablaufs durch besondere Wechselordnungen ausgestaltet wurden, desto eher konnte sich die Vorstellung eines eigenständigen prozessualen Instituts durchsetzen. Die Möglichkeit, diese Konzeption auf eine feste Grundlage zu stellen, ergab schließlich auch die Ausbildung der Wechselklausel zu einem Merkmal, das die Abgrenzung der Urkunden, die als „Wechsel" galten und damit zur prompten Personalexekution geeignet waren, eindeutig bestimmte. 1793, S. 116; Schmidt, E. G., Theorie der summarischen Prozesse, Leipzig 1791, S. 48; vgl. auch das A L R von 1794, das i n I I 8 §§ 713, 714 praktisch die Konzept i o n der genetischen Einheit legalisierte, dann aber i n §§ 1183 ff. f ü r den Eigenwechsel abweichende Sondervorschriften aufstellte. 45 Püttmann, Grundsätze des Wechselrechts, 3. A u f l . (bearbeitet durch v. Martens), Leipzig 1805, §§ 1, 10, 65; vgl. auch Phillips, a.a.O., §294 (S. 641); Musäus, a.a.O., § 89 (S. 42). 4 ® Von Selchow, Grundsätze des Wechselrechts, Göttingen 1758, § 26 (S. 34), zitiert nach Dabin, a.a.O., S. 34 A n m . 50. 47 Einert, Das Wechselrecht nach dem Bedürfnis des Wechselgeschäfts i m 19. Jahrhundert, Leipzig 1839, S. 494 ff.
§ 7 Der Wechselprozeß
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Gedankliche Ansätze dieser A r t , so naheliegend sie bei Kenntnis von Entstehungsbedingungen und unmittelbaren Zusammenhängen der Rigor-Lehre erscheinen, finden sich freilich i n der Literatur nicht. Weder die Standardwerke jener Epoche, der die Lehre vom rigor cambialis angehörte, noch die neueren und neuesten, historisch ausgerichteten Untersuchungen befassen sich m i t dem Ursprung des Wechselprozesses. I n Ludovicis „Einleitung zum Wechselprozeß" aus dem Jahre 1712, dem ersten und fast ein Jahrhundert hindurch als klassisch angesehenen Werk der Materie 1 , sucht man ebenso vergeblich nach entsprechenden Ausführungen wie i n Claproths „Einleitung i n sämmtliche summarische Processe" von 1793, dem zweiten großen, thematisch umfassenderen Werk des 18. Jahrhunderts 2 ; und zu keinem anderen Ergebnis führt das Studium der einzigen Monographie aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor Ausarbeitung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung von 1848, dem Werke Philipp Carl Scherers: „Der Wechselproceß m i t Rücksicht auf die meisten bekannten Wechselgesetze3." Immerhin gehörten diese Autoren 4 einer rechtswissenschaftlichen Epoche an, die zwar zu einem gut Teil überkommener Theorientradition verhaftet blieb, der aber eine rechtshistorische Betrachtungsweise vom Prinzip her fremd war 5 . U m so mehr erstaunt es, daß auch jene Autoren den Wechselprozeß stillschweigend ausklammerten, die i m Zuge der allgemeinen Aufwertung rechtsgeschichtlicher Forschungen seit dem beginnenden 19. Jahrhundert das Wechselrecht einerseits und 1 Ludovici, J. Fr., Einleitung zum Wechselprocess, Halle 1712 (hier geprüft anhand der 3. u n d 10. Aufl., letztere m i t Zusätzen von Schütte 1753). Auch die übrigen A u t o r e n jener frühen Epoche, die den Wechselprozeß i m Rahmen allgemeiner wechselrechtlicher Darstellungen behandelten, übergingen seinen Ursprung; so Franck, Institutiones j u r i s cambialis, Halle/Magdeburg 1721, Lib. I I Sect. V I I , S. 206 ff.; Beck, Tractatus novus v o m Wechsel-Recht, N ü r n berg 1729, Cap. X I I I (S. 389 ff.); Heineccius, Elementa j u r i s cambialis, A m s t e r dam 1742, Cap. V I I (S. 45 ff.). 2 Ferner nicht: Schmidt, E. G., Theorie der summarischen Prozesse, Leipzig 1791, S. 40 ff.; Danz, Grundsätze der summarischen Prozesse, Stuttgart 1792, S. 66 ff. 3 Erlangen 1802. 4 Soweit sie nicht, w i e sich erweisen w i r d , i n die Zeit der Ausbildung des Wechselprozesses selbst fallen. 5 v. Martens (Versuch einer historischen E n t w i c k l u n g des wahren U r sprungs des Wechselrechts, Göttingen 1797) n a h m w o h l i n die Fragestellung seiner Untersuchung (vgl. oben §3 I I I ) das schleunige Verfahren auf; t a t sächlich aber hat er fast ausschließlich die Verbindung v o n Wechsel u n d Personalhaft historisch verfolgt. I m übrigen w a r i h m offenbar die Beschränkung des Wechselprocesses auf Deutschland nicht bewußt, so daß insoweit die oben (§ 3 I I I ) angedeutete, durch die Darstellung der Erscheinungsformen des rigor cambialis i n den ausländischen Rechten (§ 4 I) belegte K r i t i k auch hier gilt. Das gleiche g i l t auch f ü r Boset (Der Wechselcontract nach seiner historischen, teleologischen u n d philosophischen Ansicht, Prag 1812), dessen W e r k i n h a l t lich, teilweise wörtlich m i t dem von v. Martens identisch ist.
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
das Recht der sogenannten summarischen Prozesse* andererseits i n U r sprung und historischer Entwicklung verfolgten. Rechtshistoriker, die die Aufgabe als Handels- und Wechselrechtler angingen — wie Biener 7, Goldschmidt 8 und Grünhut 9* 10 —, behandelten i m wesentlichen nur das nicht-prozessuale Wechselrecht und beschränkten sich auf gelegentliche Hinweise prozessualer A r t 1 1 ; i n gleicher Weise aber, mutatis mutandis, verfuhren auch jene Autoren, die — wie Briegleb 12, Bayer 13 und Stein 14 — die „beschleunigten" Prozesse • Z u m Begriff vgl. Blomeyer, Zivilprozeßrecht, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1963, § 116 (S. 644 ff.). 7 Abhandlungen aus dem Gebiet der Rechtsgeschichte, II., Historische E r ö r terungen über den Ursprung u n d den Begriff des Wechsels, Leipzig 1846, S. 59—159; Wechselrechtliche Abhandlungen, Leipzig 1859; Abhandlung I : Übersicht der Geschichte des Wechsels, S. 1—302. Vgl. aber unten A n m . 38. 8 Universalgeschichte, S. 403 ff. Allerdings behandelt Goldschmidt i m wesentlichen n u r die früheste, w i e sich zeigen w i r d , vor der Ausbildung des Wechselprozesses liegende Zeit. Dasselbe g i l t f ü r Schaube (vgl. die Übersicht über seine zahlreichen wechselrechtlichen Abhandlungen bei de Roover, L'Evolution, S. 165 f.) u n d Freundt (Das Wechselrecht der Postglossatoren, 2 Teile. Leipzig 1899/1909). 9 Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897. Nach seiner Ansicht w a r der Exekutivprozeß zwar nicht ursprünglich, w o h l aber i m 17. Jahrhundert auf den Wechsel beschränkt (S. 27—29, 74 f.). Z u r K r i t i k vgl. unten A n m . 33. 10 Trotz sonst eingehender wechselrechtlich-historischer Erörterungen enthalten zu den Anfängen des Wechselprozesses wenig oder gar nichts: Kuntze, Deutsches Wechselrecht auf Grundlage der allgemeinen Deutschen Wechselordnung u n d der Nürnberger Novellen, Leipzig 1862, I. E x k u r s : Ursprung u n d Entwicklung des Wechsels, S. 123—210; Renaud, Lehrbuch des Allgemeinen Deutschen Wechselrechts, 3. Aufl. Gießen 1868, §82 (S. 264 ff.); Hartmann, Das deutsche Wechselrecht, historisch u n d dogmatisch dargestellt, B e r l i n 1869; Thöl, Das Handelsrecht, I I . Band, Das Wechselrecht, 4. Aufl., Leipzig 1878, S. 802 ff., 817 ff.; v. Canstein, Lehrbuch des Wechselrechts, B e r l i n 1890, S. 1—77, 403 ff. Borchardt u n d Jacobi (Wechsel u n d Wechselrecht, i n : Rechtslexikon, Bd. 14, Leipzig 1860, S. 202 ff.) behandeln zwar auch den Wechselprozeß historisch, setzen aber n u r unwesentlich vor der A D W O von 1848 an (S. 450 ff.). 11 So neben G r ü n h u t (vgl. A n m . 9) etwa Goldschmidt (a.a.O., S. 460), der trotz der Betonung einiger Besonderheiten f ü r den Exekutivprozeß aus Wechseln i n der frühen Epoche daraus m i t Recht keine eigenständige Prozeßart ableitet. 12 Über executorische U r k u n d e n u n d Executiv-Prozeß, Erster Theil, Geschichte des Executiv-Prozesses, 2. Aufl., Stuttgart 1845, S. 31 A n m . 6, 240 f.; ders., Einleitung i n die Theorie der summarischen Prozesse, Leipzig 1859. 13 Theorie der summarischen Processe nach den Grundsätzen des gemeinen deutschen Rechts, 7. Aufl., München 1859. Bayer hat die summarischen Prozesse m i t ausgezeichneten historischen Einführungen dargestellt, den Wechselprozeß aber ganz ausgelassen. Vgl. ferner: K o r i , Über den Executivproceß u n d die Wiederklage nach gemeinem u n d Sächsischem Recht, Dresden 1813; ders., Theorie der sächsischen summarischen bürgerlichen Processe, Jena 1823, §§85 ff. (S. 136 ff.); Gett, Der Executiv-Process i n der Ausbildung durch deutsche Partikular-Gesetzgebungen u n d Gerichtsgebrauch, Nürnberg 1841; Kletke, Encyclopädie des gesamten europäischen Wechselrechts i n alphabetischer Ordnung, I I . Band, Anhang: Darstellung des deutschen Wechselprozesses m i t Einschluß des Kaiserreichs Österreich, Leipzig 1862; Engelmann
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schlechthin oder i n einzelnen Erscheinungsformen behandelten, zu denen auch nach ihrer Auffassung der Wechselprozeß gehörte. A n dieser wie selbstverständlich vollzogenen zweitrangigen Behandlung der Anfänge des Wechselprozesses hat sich bis heute nichts geändert; auch Dabin i n seinem gleichermaßen exakt und gründlich angelegten Werk über die Grundlagen des deutschen Wechselrechts läßt es trotz richtiger Ansätze bei vereinzelten Bemerkungen bewenden 15 . Der Ursprung des Wechselprozesses, wenngleich von der Materie her i n doppelter Weise zur Darstellung prädestiniert, bedeutet nach alledem für die historische Wechselrechtswissenschaft ebenso wie für die geschichtliche Prozeßrechtswissenschaft eine kleine, aber veritable Lücke. Nur scheinbare Ausnahmen enthalten die „Studien i n der romanischkanonistischen Wirtschafts- und Rechtslehre" von Wilhelm Endemann 18 und das „Lehrbuch des Deutschen Wechselrechts" von H. O. Lehmann17. Obwohl i n beiden Darstellungen der historischen Betrachtung des Wechselprozesses ein besonderer Abschnitt gewidmet ist, w i r d der Sache nach jeweils nur die Anwendung des Exekutivprozesses auf den Wechsel i n dessen frühestem Entwicklungsstadium behandelt. Darin aber lag, wie die Ausführungen über das Verhältnis des Wechsels zum italienischen Exekutivprozeß erwiesen haben 18 , keine Eigentümlichkeit des Wechsels. Das erkennt auch Endemann an, indem er i m Anschluß an die Erörterungen der Genueser Statuten von 1588 durch Scaccia ausführt, „daß unter diesem summarischen Verfahren (in Wechselsachen) nichts (Der Civilprozeß, Geschichte u n d System. I I . Band 3. Heft, Breslau 1895, S. 168 ff., 172 ff.) behandelt m i t Ausnahme des Wechselprozesses sämtliche summarischen Prozesse historisch. 14 Der U r k u n d e n - u n d Wechselprozeß, Leipzig 1887. Stein behandelt trotz eingehender historischer Ausführungen (S. 2 ff. u n d passim) den Ursprung des Wechselprozesses gar nicht. 15 Fondements d u droit cambiaire allemand, Liège 1959. D a b i n erkennt zunächst die allgemeine Geltung der parata executio f ü r Handelsurkunden i n der ältesten Zeit an (S. 10 f.), schreibt dann aber (S. 13): „ A v a n t le X V I l e siècle, la procédure expéditive est inconnue en Allemagne, alors qu'elle était admise en Italie. Le fait est d'autant plus remarquable que cette Executivprocess sera considérée dans la suite comme u n élément spécifique d u change." Vgl. i m übrigen unten A n m . 38. Überhaupt keine Erörterungen prozessualer A r t enthält de Roover, L'Evolution. Blomeyer (a.a.O., § 117 (S. 648) ) bescheinigt zwar dem Urkundenprozeß der ZPO praktische Bedeutung allein i n der F o r m des Wechsel- u n d Scheckprozesses, schließt aber den Wechselprozeß aus der wenngleich knappen, so doch sehr genauen u n d bis i n die Anfänge zurückgehenden Darstellung über die „ E n t w i c k l u n g der Grundsätze" der summarischen Prozesse aus (§ 116 (S. 644 ff.) ). 16 I. Band, B e r l i n 1874, S. 328 ff. 17 Stuttgart 1886, § 12 (S. 57 ff.). 18 Vgl. oben § 4 I 1.
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
anderes gemeint war als die schleunige executivische Beitreibung, welche das Wesen des Executivprozesses ausmachte" 19 . Wenn er dessenungeachtet das Verfahren unter dem Titel „Wechselprozeß" abhandelt und wenn auch Lehmann trotz der als allgemein anerkannten Geltung des Exekutivprozesses ausführt, es habe schon damals „besondere Normen über den Wechselprozeß" gegeben 20 , so kann darin nur der Ausdruck einer i n deutscher Wechselrechtstradition befangenen Terminologie vermutet werden. Denn ebensowenig wie die italienischen Statuten normierten die französischen Ordonnancen und Gesetze ein besonderes Verfahren i n Wechselsachen: wie nach italienischem Recht mit dem Exekutivprozeß, so war es nach französischem Recht m i t dem allgemeinen Verfahren i n Handelssachen, dem Handelsgerichtsprozeß, identisch 21 . IL Entstehung und Ausbildung
in Deutschland
Ein eigentümlicher Wechselprozeß war aber auch der deutschen Reichs- und Partikulargesetzgebung anfangs unbekannt. Nur verband sich das Verfahren i n Wechselsachen hier anders als i n Frankreich nicht m i t einem eigenständig ausgebildeten Institut; vielmehr setzte sich die aus dem italienischen Recht hervorgegangene Verbindung m i t dem Exekutivprozeß fort. Das geht schon aus dem Wortlaut der verfahrensrechtlichen Vorschriften i n den ältesten deutschen Wechselordnungen hervor, deren Terminologie m i t jener des Exekutivprozesses i n seinen damals charakteristischen Erscheinungsformen identisch war. Da die instrumenta guarentigiata nach den italienischen Territorialrechten rechtskräftigen 19 a.a.O., S. 329, 332 ff. Eine Besonderheit lag allenfalls i n der unbeschränkten Zulässigkeit peremptorischer Einreden (S. 338). Diese Erweiterung gegenüber dem gewöhnlichen Exekutivprozeß stand jedoch i m Gegensatz zu anderen Territorialrechten i n Italien (vgl. die Beispiele bei Stanzl, Böser Glaube i m Wechselrecht, Graz 1950, § 3 (S. 9)) zu jener Zeit w i e auch zu deutschen Partikularrechten späterer Zeit (vgl. unten A n m . 30). Weder die eine noch die andere Abweichung w u r d e zur Grundlage eines eigenständigen Wechselprozesses gemacht. 20 a.a.O., S. 59. Auch L e h m a n n r ä u m t ein, daß das n u r vereinzelt der F a l l gewesen sei. 21 Edict v o m November 1563 (vgl. oben § 4 I 3, S. 30 f.); Ordonnance sur la procédure v o m A p r i l 1667, T i t r e X V I ; Ordonnance sur le commerce des négociants et marchands v o m März 1673, T i t r e X I I ; Code de commerce, A r t . 631—638. Hinsichtlich der Besonderheiten der „Provisionsklage" vgl. Hirsch, Der Rechtsbegriff provision i m französischen u n d internationalen Wechselrecht, M a r b u r g i n Hessen 1930, §26 (S. 85 f.). Einzige Besonderheit heute: „ l a procédure d'injonction de payer pour le recouvrement des petites créances" ist ohne Summenbegrenzung anwendbar, vgl. Ripert-Durand-Roblot, Traité élémentaire de droit commercial, 4. Aufl., Paris 1959, Nr. 121 (S. 66).
§ 7 Der Wechselprozeß
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Erkenntnissen gleichgestellt waren 2 2 , bestand auch der Exekutivprozeß jedenfalls ursprünglich allein i n dem auf die schleunige exekutive Beitreibung (parata executio) gerichteten Verfahren 2 3 . Daher beschränkten sich dessen gesetzliche Regelungen neben der Anordnung parater Exekution häufig auf die Bestimmung, daß aus guarentigiierten Urkunden „summarie" oder „sine strepitu et figura judicii" zu verfahren sei, indem zu ergänzen war: m i t der Exekution 2 4 . I n eben diesen und abgeleiteten Wendungen aber erschöpften sich nahezu die prozessualen Vorschriften der deutschen Wechselordnungen des 17. Jahrhunderts. So schrieben die Statuten von Lübeck, Frankfurt, K ö l n und Preußen 25 i m Anschluß an § 107 des Jüngsten Reichsabschieds von 165428 lediglich „parate Execution (Zahlung)" vor; die Braunschweiger Wechselordnung bestimmte i n gleichem Sinne, daß gegen den Wechselschuldner „executive" zu verfahren sei 2 7 ; die älteste Wechselordnung der Stadt Augsburg dekretierte bei Säumigkeit „unverzügliche Bezahlung" 2 8 , und die Botzener Marktprivilegien faßten die Vorschrift i n die Formel, das Verfahren sei „summariter" und „sine figura et strepitu judicii" durchzuführen 29 . Zwar enthielten die Wechselordnungen daneben auch Regelungen einzelner Verfahrensfragen, vor allem über Einreden 3 0 und Appellatio22
Vgl. oben § 4 I 1, S. 21 f. Das Verfahren w a r insoweit n u r ein Exekutionsverfahren, dessen Gegenstand allein die Beitreibung bildete. Dieses von Briegleb (Geschichte des Executivprozesses, S. 35, 83 f., 236 ff.; Einleitung i n die Theorie, S. 5, 344 f., 505 f., 512 f.) allgemein f ü r den Executivprozeß als kennzeichnend angesehene M e r k m a l t r a f jedenfalls f ü r jene Zeit zu; vgl. Stein, a.a.O., S. 33 f., 52 f.; Bayer, a.a.O., S. 92. 24 Auch „simpliciter et de piano", Briegleb, Geschichte des Executivprozesses, S. 87 f. 25 W O Lübeck 1662, 1669, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 274 f.; W O F r a n k f u r t 1666 § 15, 1676 §2, bei v. Z i m m e r l I I / l S. 2, 6; W O Cölln 1675, 1691 jeweils A r t . 4, bei Herbach S. 379, 380; WO Preußen 1684, A r t . 1, 7, 28, 35, bei Herbach S. 463. 29 s. oben § 4 I I 1, S. 37 ff. 27 W O 1686 A r t . 7, 8, 29, 31, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 132. 28 WO 1665 A r t . 5, bei Herbach S. 291. A r t . 8 stellte dem Gläubiger frei, die Zahlung „ m i t u n d ohne Recht" zu suchen; dieselbe Wendung hatte schon die Nürnberger W O 1654 i n A r t . 8 (bei Herbach S. 434) enthalten. Sie bildete den gewöhnlichen W o r t l a u t einer Executivklausel, vgl. Bayer, a.a.O., § 42 A n m . 10 (S. 95). 29 Privilegien 1635 A r t . 8, bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 3. Vgl. ferner: W O Breslau 1672 § 25 („per processum summarium"), bei v. Z i m m e r l 1/2 S. 188; W O Augsburg 1707 § 8 („gleich exequiert") u n d den Zusatz 1716 Cap. V I § 1 („summariter, decisive u n d executive"), bei v. Z i m m e r l 1/1 S. 136, 153. 30 Vgl. neben den zahlreichen bei Schaps (Zur Geschichte des Wechselindossaments, Stuttgart 1892, § 37 (S. 168 ff.)) u n d Stanzl (a.a.O., S. 9 f.) aufgeführten Beispielen §11 der Leipziger Handelsgerichts-Ordnung von 1682 (bei v. Z i m m e r l I I / l S. 179). D a r i n wurde abweichend von gewöhnlichen instrumenta guarentigiata die „exceptio non numeratae pecuniae" f ü r Wechsel ausgeschlossen. Vgl. ferner W O Nürnberg 1654 A r t . 6, W O Augsburg 1665 A r t . 7, 1684 A r t . 7 („sonder einige Exception"), s. Anm. 25, 28. 23
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
n e n 3 1 . Insgesamt aber b e s c h r ä n k t e n sie sich a u f d i e Ü b e r n a h m e der T e r m i n i , d i e das p a r t i k u l a r r e c h t l i c h v i e l f a c h besonders a u s g e b i l d e t e 8 2 u n d a u f Handelsschulden a l l g e m e i n a n w e n d b a r e 3 3 I n s t i t u t der p a r a t a e x e c u t i o kennzeichneten. D i e w e i t e r g e h e n d e n , d e t a i l l i e r t e r e n V o r s c h r i f t e n b i l d e t e n d i e A u s n a h m e ; sie g a b e n überdies, w a s w e s e n t l i c h e r ist, k e i n e n sachlichen G r u n d ab, d e n E x e k u t i v p r o z e ß aus W e c h s e l u r k u n d e n z u e i n e m e i g e n s t ä n d i g e n Wechselprozeß z u q u a l i f i z i e r e n 3 4 . D e s h a l b setzten n i c h t a l l e i n d i e A u t o r e n des 17. J a h r h u n d e r t s 3 5 , sond e r n selbst noch solche des 19. J a h r h u n d e r t s 3 6 d i e V e r f a h r e n s f o r m e n i n 31 Sie w a r vereinzelt ganz ausgeschlossen, Heydiger, a.a.O., Cap. X I I (S.119); nach der W O Brandenburg 1709 A r t . 45 (bei Herbach S. 324) n u r gegen Caution. Meist w a r sie zulässig, dann aber — wie nach dem I R A 1654 § 107 — ohne Suspensiveffekt; Claproth, a.a.O., §80 (S. 143); Dedekind, Vergangenheit u n d Gegenwart des deutschen Wechselrechts, Braunschweig 1844, S. 133 f. D a r i n bestand dann freilich Ubereinstimmung m i t dem Exekutivprozeß, vgl. Briegleb, a.a.O., S. 123. 32 So i n Sachsen, Thüringen, Bayern, Bremen, M a r k Brandenburg, Böhmen; vgl. Marquard, a.a.O., Lib. I I I . Cap. X I . Nr. 30 f. (S. 461 f.); Fischer, Geschichte des teutschen Handels, Erster Theil, Hannover 1785, S. 310 f.; Gett, a.a.O., S. 7 f. 33 Marquard, a.a.O., Nr. 26, 30 ff. (S. 461 f.); Heydiger, a.a.O., Cap. X I I . (S. 116 f.). Die parata executio w a r also nicht, w i e G r ü n h u t (vgl. A n m . 9) aus § 107 I R A 1654 herleiten w i l l , auf Wechsel beschränkt. Abgesehen von M a r quard u n d Heydiger, die als Autoren jener Zeit eine andere Auffassung v e r traten, steht der Ansicht von G r ü n h u t auch der I R A 1654 selbst entgegen, der i n § 174 f ü r bestimmte, nichtwechselrechtliche Zinsansprüche die parata executio vorschrieb (bei Fischer, a.a.O., S. 311, A n m . 9). 34 Die ältesten Wechselordnungen i n Deutschland bezogen sich neben den i n A n m . 25 ff. zitierten Regelungen i m wesentlichen auf Fragen des Gerichtswesens (Besetzung etc.), der Stellvertretung der Wechselbeteiligten (das Wechselgeschäft w a r vielfach Distanzgeschäft!), der Zulässigkeit bestimmter M ü n z sorten, sowie der Akzeptations-, Zahlungs-, Uso- u n d Protestfristen; so vor allem die Nürnberger u n d Augsburger Statuten von 1621, 1654, 1665. Spätere Gesetze brachten m i t u n t e r die Tendenz zur Straffung des Verfahrens i n besonderer F o r m zum Ausdruck: „sub paratissima executione", vgl. W O Augsburg 1778 Cap. X I I § 7 (bei v. Z i m m e r l 1/1 S. 155), Augsburg Zusatz 1716 (s. A n m . 29). 35 Marquard (a.a.O., Lib. I I I Cap. X I (S. 459 ff.) kannte noch keinen „Wechselprozeß"; er behandelte das Verfahren i n Wechselsachen unter der Execution u n d setzte es m i t der parata executio gleich. Die einzige Besonderheit sah er i m völligen Einredeausschluß (Nr. 48 (S. 464)). Heydiger (a.a.O., Cap. X I I (S. 116 ff.)) hob zwar den strengen Charakter der Wechselobligation hervor, stellte die Wechsel dann aber m i t den instrumenta guarentigiata gleich (S. 117). I m übrigen (S. 113 ff.) behandelte er i n diesem Zusammenhang eingehend Fragen des Gerichtswesens w i e vor i h m schon Bode (Tractatus de cambiis, M a r b u r g 1646, Th. 10 lit. B (S. 46 f.) Th. 11 l i t . B (S. 49 ff.)) u n d Vogt (Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670, Th. I X (S. 221 ff.)). 38 So vor allem Scherer, a.a.O., § 18 (S. 49): „Der Wechselprozeß ist also ein summarischer Prozeß, w o alles prompt u n d summarisch zugeht; sodann auch ein executivischer Prozeß, aus einer vollgültigen klaren Urkunde, dem Wechselbriefe; daher auch da, wo der Wechselprozeß nicht anschlägt, oder eingef ü h r t ist, aus dem Wechselbriefe, als einer vollgültigen klaren Urkunde executivisch geklaget werden kann. Beide kommen einander am nädisten; die
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Wechselsachen m i t d e m E x e k u t i v p r o z e ß gleich. W e n n d i e l e t z t e r e n dennoch d e n Wechselprozeß als eigene Spezies auffaßten, so f o l g t e n sie d a m i t n u r der K o n z e p t i o n , d i e sich z u B e g i n n des 18. J a h r h u n d e r t s durchgesetzt h a t t e : S e i t Ludovici g a l t d i e P e r s o n a l e x e k u t i o n als K r i t e r i u m des W e c h s e l p r o z e s s e s 8 7 ' 8 8 . D a m i t w a r a l l e r d i n g s eine d o p p e l t e K o n s e q u e n z v e r b u n d e n : e i n e r seits ließ sich d e r Wechselprozeß a u f d e r G r u n d l a g e d e r P e r s o n a l h a f t anscheinend sicher v o m E x e k u t i v p r o z e ß a b g r e n z e n 3 9 ; andererseits f ü h r t e aber gerade dieses M e r k m a l , j e d e n f a l l s seit Heineccius 40, z u der e i g e n a r t i g e n E r s c h e i n u n g e i n e r „ I d e n t i t ä t " v o n Wechsel u n d Wechselprozeß. Sie k o n n t e , s t r e n g g e n o m m e n , n u r solange z u t r e f f e n , w i e d e r Wechsel d e m S c h u l d n e r e t w a i g e E i n r e d e n n i c h t n u r i n diesem V e r f a h ren, s o n d e r n e n d g ü l t i g a b s c h n i t t u n d d a m i t der W i r k u n g einer E x e k u Wechselbriefe sowohl als übrige documenta guarentigiata haben bis auf einige der erstem, ganz einerlei Rechtserfordernisse zu ihrer Substanz. Beide nehmen i n den gerichtlichen Verhandlungen beinahe einerlei Gang, u n d der h a u p t sächlichste Unterschied ist die Wechselstrenge gegen die Person des Wechselschuldners, die jedoch i n vielen Landen sehr gemildert ist." Vgl. auch Gett, a.a.O., S. 22. U n k l a r u n d teilweise widersprüchlich Treitschke, Encyclopädie, Bd. I I , S. 204. 37 Auch L u d o v i c i stellte noch keine Theorie auf, die den Wechselprozeß systematisch k l a r v o m Executivprozeß abgegrenzt hätte; seine Auffassung k a m aber deutlich zum Ausdruck, w e n n er etwa schrieb, daß unter bestimmten Voraussetzungen „nicht nach der Schärfe des Wechsel-Rechts, daß Beklagter i n Gehorsam gehen u n d verbleiben solle, sondern n u r nach A r t des Processus executivi" verfahren werden solle (a.a.O., I I . Cap. § V I I I (S. 56 f.)). Auch das war, wenigstens f ü r das sächsische Recht, nicht neu (vgl. schon Zipfel, a.a.O., Sectio V I I § X X I X (S. 183)), doch behandelte L u d o v i c i die Materie als erster unter dem T i t e l „Wechselprozeß". Vgl. ferner Beck, a.a.O., Cap. X I I I (S. 403): Die Personalexecution sei der „eigentliche modus procedendi i n Wechselsachen". 38 Biener (Erörterungen, S. 148 f.) u n d i m Anschluß an i h n Dabin (a.a.O., S. 23 ff.) haben also recht, soweit sie den Wechselprozeß auf die eigentümliche Bewertung der Personalexekution zurückführen, jedoch Unrecht, soweit sie den I R A 1654 § 107 als Grundlage ansehen (vgl. i m einzelnen oben § 4 I I 1, S. 37 ff. 39 Tatsächlich gelten aber auch hierfür nicht n u r die Ausführungen über die historischen Grundlagen der Entwicklung (vgl. oben § 4 I I 2, S. 42 ff.), sondern vor allem auch jene über die K r i t i k (§ 5, S. 52 ff.). Als Vervollständigung mag hier ein Z i t a t von v. Martens genügen: „ . . . sehen w i r doch jetzt eine so auffallende Verschiedenheit i n dem Wechselprozeß der einzelnen Orte besonders i n Teutschland, daß w e r das Wechselrecht allein i n den augenblicklichen Personalarrest setzt, verführet werden könnte zu sagen: w i e es ehemals an manchen Orten ein Wechselrecht u n d keine Wechselordnung gab, so hat jetzt mancher Ort eine Wechselordnung, aber kein Wechselrecht" (a.a.O., S. 61). Aus dieser Feststellung von v. Martens, der selbst Vertreter der Rigor-Lehre war, bestätigt sich die K r i t i k hinsichtlich der historischen Grundlagen; außerdem erhellt daraus die weiter i m Text beschriebene Gleichsetzung von Wechsel- u n d Wechselprozeßrecht. 40 Der damit also n u r das schon prozessual als kennzeichnend angesehene Element der Personalexekution i n die Begriffsbestimmung des Wechsels selbst aufnahm.
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
tionsurkunde gleichkam 41 . Aber i n folgerichtiger Ableitung aus demselben K r i t e r i u m war der Wechsel tatsächlich das zur Personalexekution führende instrumentum guarentigiatum, der Wechselprozeß der zur Personalexekution führende Exekutivprozeß. Das zeigte sich einmal i n der systematischen Behandlung der Materie, indem die wechselrechtlichen Darstellungen, gleichviel ob unter den Titel „Wechselprozeß" oder „Wechselrecht" gestellt, i m wesentlichen dieselben Probleme zum Gegenstand hatten 4 2 . Dabei kam der Einfluß der Rigor-Lehre besonders deutlich dann zum Ausdruck, wenn der Wechselprozeß begrifflich unmittelbar nicht aus der Personalhaft, sondern aus der Wechselstrenge abgeleitet wurde: „Wechselprozeß ist diejenige Verfahrensart, wo der Implorant seine Imploration m i t einem Wechselbriefe belegt, und der Richter dem Imploranten aufgiebt, über diesen sich sogleich zu erklären, auch i n der Folge, wenn die übernommene Wechselverbindlichkeit mit stichhaltigen Gründen nicht aus dem Wege geräumt werden kann, nach Wechselstrenge verfährt. Wechselstrenge aber besteht darin, daß der Wechselschuldner... dem persönlichen Arrest bis zu der wirklich geleisteten Zahlung sich unterwerfen muß 4 8 ." Zum anderen trat die prozessuale Konzeption des Wechsels und seine Abgrenzung gegenüber dem instrumentum guarentigiatum auch auf der Ebene praktischer Rechtsfragen hervor, vor allem bei der Verjährung: War ein Wechsel präjudiziert, so wurde die rechtliche Sanktion teils i m Ausschluß des Wechselprozesses 44, teils i m Verlust der Wechselqualität 4 5 selbst gesehen; tatsächlich bestand sie allein i n der Unzu41 Das w a r zwar anfangs der F a l l (Marquard, a.a.O., L i b . I I I Cap. X I Nr. 42 (S. 463): v i m et effectum sententiae ac r e i judicatae . . . " ) ; aber d a r i n lag eine Veränderung des Inhalts der zugrundeliegenden Obligation, die dem materiellen Recht angehörte (vgl. zum entsprechenden Verhältnis v o n instrum e n t u m guarentigiatum u n d Executivprozeß: Stein, a.a.O., S. 10 A n m . 5, dessen Hinweis auf A r t . 82 A D W O allerdings n u r teilweise z u t r i f f t ; f ü r die Anfänge richtig auch Briegleb, a.a.O., S. 83 f.). I m übrigen gaben die deutschen Wechselordnungen schon frühzeitig die Möglichkeit des Verweises nicht liquider Einreden „ a d reconventionem" oder „ a d separatum" (vgl. Beck, a.a.O., S. 404; Stanzl, a.a.O., S. 10 bei A n m . 13). 42 Erst i n späteren prozessualen Darstellungen w u r d e n tatsächlich auch n u r Verfahrensfragen erörtert, die dann allerdings — von der Personalexekution abgesehen — m i t jenen des Exekutivprozesses fast identisch waren; s. etwa Scherer oben i n A n m . 36. 43 Danz, a.a.O., §38 (S. 66 f.); Scherer, a.a.O., §18 (S. 49). 44 Scherer, a.a.O., § 13 (S. 33 ff.); Claproth, a.a.O., §60 (S. 119). 45 Siegel, Einleitung zum Wechselrecht überhaupt, S. 448. § V I ; noch Treitschke (Alphabetische Encyclopädie der Wechselrechte u n d Wechselgesetze, I I . Band, Leipzig 1831, S. 572 f.) stellte zu einer Zeit, als die rein prozessuale Auffassung des Wechsels überwunden war, der „ V e r j ä h r u n g der Wechselverbindlichkeit" die „ V e r j ä h r u n g der Wechselstrenge" gegenüber.
§ 7 Der Wechselprozeß
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lässigkeit der Personalexekution gegen den Schuldner; der Gläubiger konnte auch weiterhin aus der Urkunde i m Exekutivprozeß klagen 46 , Zu demselben Ergebnis führte die mangelnde „Wechselfähigkeit", die damit i n Wahrheit eine „Wechselvollstreckungsfähigkeit" war 4 7 , wie schließlich auch die fehlende Wechselklausel 48 . Diese einheitliche Bestimmung von Wechsel und Wechselprozeß aus dem K r i t e r i u m der Personalexekution endete erst m i t dem durch Einert, Liebe und Thöl dogmatisch erfaßten Wandel von Funktion und Begriff des Wechsels, dessen Charakteristikum von da an i n der I n dossierbarkeit und ihren Auswirkungen gesehen wurde. Damit hätte die Personalhaft als allein kennzeichnendes Merkmal des Wechselprozesses weitergelten können; tatsächlich aber w i r k t e sich die auf die Rigor-Lehre zurückgehende Bindung an den Wechsel i n entgegengesetztem Sinne aus: Nach überwiegender Auffassung wurde die Personalhaft jetzt unabhängig von der gewählten Verfahrensart als Rechtsfolge der Wechselforderung selbst aufgefaßt 49 . Das hatte zur Folge, daß die Grundlage des Wechselprozesses als eigenständiger Prozeßart gegenüber dem Exekutivprozeß schon vor der gesetzlichen A u f hebung der Personalhaft i m Jahre 1868 entzogen war 5 0 » 6 1 .
46
s. die Belege i n A n m . 44, 45. Erst später unterschied m a n zwischen beiden Formen, so i n §§ 1, 2 A D W O 1848; vgl. schon Liebe, Die Allgemeine Deutsche Wechselordnung m i t E i n leitung u n d Erläuterungen, Leipzig 1848, Einl. S. X X X I V f.; Thöl, a.a.O., §26 Note 1 (S. 126 f.), § 204 (S. 820 f.). 48 Vgl. oben § 6 I (S. 62 ff.). 49 Liebe, a.a.O.; Renaud, Lehrbuch des Allgemeinen Deutschen Wechselrechts, 3. Aufl., Gießen 1868, § 82 (S. 266), § 22 bei A n m . 4 (S. 86 f.); Thöl, a.a.O., § 204 (S. 817 f.); vgl. auch die „Protocolle der Leipziger Wechsel-Conferenz", herausgegeben von Thöl, Göttingen 1866, Nr. 30 f.; a.A. O A G Dresden v o m 14. Januar 1860, i n Arch. f. Dt. Wechselrecht u. Handelsrecht, Bd. 10, S. 103. 60 Vgl. oben § 2 A n m . 14 (S. 16). 51 Neben den seit jeher bestehenden Sonderregelungen i n Details (Gerichtsstand, Einlassungsfristen, Eidesdelation etc.) ergab sich allerdings aus dem Begriffswandel des Wechsels eine echte Abweichung zum Exekutivprozeß: Die m i t der Rigor-Lehre begonnene u n d m i t der Anerkennung der Indossierbarkeit vollendete E n t w i c k l u n g zum Skripturcharakter des Wechsels (vgl. unten § 8 I, S. 80 ff.) erhob die Urkunde von einem reinen Beweismittel zu einem Erfordernis des anspruchserzeugenden materiell-rechtlichen Tatbestands; das hatte entscheidende A u s w i r k u n g e n auf die Prozeßgestaltung gegenüber dem Exekutivprozeß, vor allem bei der Klageabweisung (vgl. näher Stein, a.a.O., § 17 (S. 121 ff., 124, 125 f.)). Jedoch t r a f diese Besonderheit f ü r alle „Wertpapiere" (Stein, a.a.O., S. 123, sagt noch: „echte Skripturobligationen") zu, so daß auch darin allenfalls eine vorübergehende Eigentümlichkeit des Wechsels u n d damit des Prozesses gesehen werden konnte. 47
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre § 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik I. Der Einfluß auf die Verbindung von Forderung und Urkunde (Skripturcharakter)
Von kompetenter Seite 1 hat man die Rigor-Lehre zu einer Zeit, die der Erscheinung selbst u m immerhin 100 Jahre näher stand, als „dogmengeschichtliche Episode" abgetan. Aus dieser Einschätzung mag sich die Tatsache erklären, daß die Bedeutung der Lehre bis i n die Gegenwart kaum gewürdigt worden ist 2 , obwohl an sich zumindest die unmittelbare Nachwirkung i n Form des noch heute als zentral anerkannten Begriffes „Wechselstrenge" nur schwer zu übersehen war. Schon die Zusammenhänge, die sich aus den Ausführungen über die Wechselklausel, den Eigenwechsel und den Wechselprozeß ergeben haben, widerlegen den Episodencharakter der Rigor-Lehre. Sie deuten überdies, da es sich u m Erscheinungen handelt, die teils bis zum Genfer Wechselgesetz, teils bis heute anderen Kontinentalrechten fremd geblieben sind, auf eine ganz bestimmte dogmengeschichtliche Stellung der Rigor-Lehre innerhalb der Entwicklung der kontinentalen Wechselrechte hin: I n der Tat trat das auf Deutschland beschränkte Dogma vom rigor cambialis an die Stelle einer Konzeption, die sich zu jener Zeit in nichts von der überlieferten italienisch-französischen Auffassung des Wechsels unterschied. Seit den Anfängen einer dogmatischen Behandlung des Wechsels überhaupt 8 , hatte die Lehre streng zwischen Wechselkontrakt und Wechselbrief getrennt. Entstehungsgrund der Wechselforderung des Gläubigers war allein der Konsensualvertrag; er wurde verbindlich, sobald sich die Kontrahenten über den Inhalt von Leistung und Gegenleistung, die Wechselsumme, sowie über bestimmte Leistungsmodalitäten, vor allem deren Ort und Zeit, geeinigt hatten. Der Wechselbrief war zwar regelmäßiges, weil prozessual begünstigendes M i t t e l für Be1 Kuntze, Die Definition des heutigen Wechsels, der rigor cambialis u n d die sogenannte vis attractiva, i n : Arch. f. Dt. Wechselrecht u n d Handelsrecht, Bd. 14 (1865), S. 337 (343). 2 Grünhut (Wechselrecht, I. Band, Leipzig 1897, S. 237 ff.) etwa erwähnt sie i n seiner dogmengeschichtlichen Darstellung überhaupt nicht. Eine Ausnahme bildet Dabin, Fondements, S. 33 f. u. passim. 3 Sie ging von der Kirche aus, w e i l das Wechselgeschäft einerseits geeignet war, das kanonische Zinsverbot zu verletzen, andererseits aber die K u r i e selbst ein Interesse an seinem Bestand hatte. Die Lösung brachte die E i n führung des Erfordernisses der distantia loci: die i m Geldtransport v o m E i n zum Auszahlungsort liegende Arbeitsleistung rechfertigte die Differenz beider Summen. Vgl. zu den i m einzelnen sehr komplexen Entwicklungslinien u n d der A u s w i r k u n g auf die spätere Dogmatik de Roover, L'Evolution, S. 19 ff., 28, 37, 43 ff., 52, 55, 58, 68, 69, 71 ff., 122 f., 130 ff.
§ 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik
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weis und Erfüllung (Ausführung) des Vertrages, aber niemals Voraussetzung für Entstehung oder Bestand der Wechselforderung; konnte der Gläubiger den wirksamen Abschluß des Wechselkontraktes i n anderer Form nachweisen, so war der Wechselschuldner zur Zahlung verpflichtet. Die Forderung gründete sich auf den Wechselvertrag, nicht auf den Wechselbrief 4 . Unter welche A r t der Vertragstypen des römischen Rechts der Wechselkontrakt einzuordnen war, hatte schon die theologische Dogmatik entschieden: „est contractus emtionis venditionis per quandam analogiam ad cambia pertinentem 5 ." Das Verhältnis zum Wechselbrief stand spätestens seit Scaccia fest: „Scriptura non est de essentia cambii, sed requisitur solum ad probationem et celerem contractus executionem i n foro exteriori 6 ." Diese Qualifikation des Wechselkontraktes und sein Verhältnis zum Wechselbrief wurde bestimmend für die gesamte Entwicklung der französischen Dogmatik: „On a écrit", schrieb Fréméry 1833, „particulièrement depuis le quinzième siècle, une énorme quantité de gros volumes sur le contrat de change. I l semble cependant qu'il est impossible, malgré les plus soigneuses recherches, d'y découvrir autre chose de solide et de réel que cette idée simple et unique d'une vente d'argent 7 ." Und noch Thaller /Percer ou beklagten 1931, daß die von Pothier formulierte Bedeutung des Wechselbriefes bis i n ihre Zeit keinen Ersatz gefunden habe 8 . „La lettre de change appartient à l'exécution du contrat de change", hatte Pothier 1763 i m Anschluß an Scaccia gelehrt, „elle est le moyen par lequel ce contrat s'exécute; elle le suppose et l'établit, mais elle n'est pas le contrat même 9 ." 4
Vgl. Grünhut, a.a.O., S. 237 ff. Thomas de Vio (Kardinal Cajetan), Tractatus de cambiis, M a i l a n d 1499; zitiert nach Biener, Historische Erörterungen, S. 95; vgl. auch Kuntze, Deutsches Wechselrecht, Leipzig 1862, S. 163. Daneben wurde das cambium auch als permutatio, locatio u n d Innominatcontract aufgefaßt, n u r eines durfte es wegen der kirchlichen Lehre nicht sein: m u t u u m ; vgl. de Roover, a.a.O., S. 20. Als contractus sui generis w u r d e er von Raphael de T u r r i (Tractatus de cambiis, F r a n k f u r t 1645, Disp. I. qu. X I . Nr. 1 (S. 33) ) angesehen. 6 s. oben § 6 I bei A n m . 8 (S. 59), 12 (S. 60). 7 Etudes de droit commercial, Paris 1833, Chap. X V , S. 88; vgl. auch Bédarride (Droit commercial. Commentaire du Code de Commerce, 2. Aufl., Paris et A i x 1877, Bd. I, S. 31): „ L e contrat de change est donc sous l'empire d u Code ce q u ' i l a toujours été, rien autre chose que la vente et l'achat d'un argent livrable dans u n lieu autre que celui où le contrat est souscrit." 8 Traité élémentaire de droit commercial, 8. Aufl., Paris 1931, Nr. 1284 (S. 806); vgl. auch Capitant (De la cause des obligations, Paris 1923, Nr. 185 (S. 404) ): „ L a Doctrine française presque toute entière considère ces titres comme de simples écrits, dans lesquels vient s'incorporer la créance antérieure, mais q u i n'ont aucun effet créateur." 9 Traité d u contrat de change (hier zitiert nach der Ausgabe von Bugnet, Oeuvres de P o t h i e r . . . ) , Bd. 4, Nr. 3 (S. 473 f.). 5
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
Nichts anderes aber galt für die frühe deutsche Dogmatik. Von der ältesten Darstellung, dem von Bode 1646 verfaßten „Tractatus de cambiis" 1 0 , bis h i n zu dem ersten bedeutenden Werk des 18. Jahrhunderts, den „Institutiones juris cambialis" von Franck aus dem Jahre 172111, wurde die i n Italien begründete Auffassung fortgeführt 1 2 . Diese Konzeption von Wechselvertrag und Wechselbrief, für die französische wie die deutsche Lehre jener Zeit gleichermaßen kennzeichnend, mußte sich unter dem Einfluß der Rigor-Lehre entscheidend wandeln: Schon nach italienischem Recht war der Wechselbrief Voraussetzung für die Zulässigkeit der Klage i m Exekutivprozeß gewesen 18 ; auch nach deutschem Recht konnte der Kläger seine Wechselforderung zunächst nur dann i m Wege parater Exekution und m i t Personalarrest eintreiben, wenn er den Wechselbrief vorlegte 1 4 . Dieses immer noch prozessuale Erfordernis nahm aber i n dem Augenblick eine andere Bedeutung an, als es m i t dem Begriff des Wechsels i n Verbindung gebracht wurde; bedingte die prompte Personalexekution Schriftlichkeit, so implizierte die begriffliche Ableitung des Wechsels aus diesem Merkmal die Schriftlichkeit der Wechselforderung selbst. Das war nicht länger eine Frage kaufmännischer Übung oder prozessualer Zulässigkeit, sondern der Wechselbrief verkörperte von da an die Wechselforderung schlechthin: er hatte sich zu einem Erfordernis ex definitione des Wechsels entwickelt. Nicht zufällig setzte sich die Literalkontraktstheorie, deren Anwendung auf den Wechsel man bisher allein als entscheidenden Wendepunkt für die Ausbildung des wechselrechtlichen Skripturcharakters angesehen hat 1 5 , erst seit Heineccius durch, und nicht zufällig waren 10 Th. I (S. 5): „ C a m b i u m est contractus consensualis dandi et reddendi tantundem pecuniae, i n diversis locis, ad commodiorem usum negotiationis noviter introductus." 11 Lib. I Sect. I. Tit. 3. §13; Tit. 4 §19: der Brief galt i h m lediglich als Akzidens, die Wechselverpflichtung entstand „mero consensu", vgl. Kuntze, a.a.O., S. 206 f. 12 Heydiger, K u r t z e A n l e y t u n g zu gründlichem Verstand des WechselRechts, F r a n k f u r t am M a y n 1676, Cap. I I (S. 8): „ A l l d i e w e i l aber der Wechsel nicht durch den Brief sein Wesen erlangt, sondern solcher Wechsel-Brief allein des Beweises wegen gegeben w i r d . . . " ; Cap. I I (S. 13): „ . . . causa u n d effectus . . . " . Vgl. ferner Marquard, Tractatus politico-juridicus, F r a n k f u r t 1662, Lib. I I , Cap. X I I (S. 315 ff.); Beck, Tractatus novus v o m Wechsel-Recht, Nürnberg 1729, Cap. I I § 2, Nr. 1 ff. (S. 45 ff.), Nr. 60 f. (S. 59 f.); vgl. auch oben § 6 1 Anm. 15 (S. 61). 13 s. oben § 6 I A n m . 9 (S. 59). 14 s. oben § 6 I A n m . 14 (S. 60). 15 Kuntze, a.a.O., S. 208 f.; ders., Über den Verkehr m i t negociablen Creditpapieren, insbesondere über den Charakter der Creation, des Acceptes u n d des Indossamentes als einseitiger Literalacte, i n : Arch. f. Dt. Wechselrecht u. Handelsrecht, Bd. 8. (1859), S. 345 (353 ff.); Lehmann, H.O., Lehrbuch des
§ 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik
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die Vertreter dieser wie jener Lehre nahezu identisch 16 . A l l e i n die Vereinigung von Forderung und Urkunde — unmittelbarer Gegenstand der Literalkontraktstheorie, mittelbare Folge der Rigor-Lehre — war geeignet, die Schwierigkeiten zu lösen, die die Ausbildung des Indossaments der Dogmatik jener Zeit stellte. „ A u fond", schreibt de Roover treffend, „l'endossement apparaît comme u n perfectionnement du paiment par écritures 17 ." Obwohl damit die Versachlichung der Wechselforderung einen entscheidenden Schnittpunkt beider Lehren bildete, waren Anlaß und Ausw i r k u n g verschieden. Was Heineccius bewogen hatte, den Personalarrest i n den Begriff des Wechsels aufzunehmen, geht aus seiner Definition selbst hervor: Da er den Wechsel als ein aus verschiedenartigen Verträgen zusammengesetztes Geschäft verstand 18 , bot der Rückgriff auf die Personalhaft die scheinbar ideale Möglichkeit einer einheitlichen Kennzeichnung. Das lag u m so näher, als i m Zuge der partikularrechtlichen, von Sachsen ausgehenden Entwicklung der Wechselprozeß schon vordem aus der Personalexekution abgeleitet worden w a r 1 9 . Lediglich soweit die Ausbildung des Indossaments die Schwierigkeiten einer einheitlichen Qualifikation der Vertragsbeziehungen unter den einzelnen Wechselbeteiligten erhöht hatte, bestand auch i n den Entstehungsvoraussetzungen eine Parallelität zur Literalkontraktstheorie. Grundlegend aber sollte sich der Unterschied auswirken, daß die Rigor-Lehre die erste dogmatische Bewegung war, die den Wechsel ohne Rückgriff auf das überkommene Lehrgebäude der römisch-rechtlichen Vertragstypen zu bestimmen suchte. Der aus ganz anderen Voraussetzungen entstandene Literalkontrakt konnte den Anforderungen, Deutschen Wechselrechts, Stuttgart 1886, § 43 (S. 148 ff.). D a b i n (a.a.O., S. 33 f.) erwähnt i n diesem Zusammenhang zwar die Rigor-Lehre, geht aber nicht auf die Konsequenz der Schriftlichkeit ein. 16 Kuntze, Arch. a.a.O., hat zwar einige Autoren angeführt, die v o r Heineccius den Wechselvertrag als L i t e r a l k o n t r a k t aufgefaßt haben; deren Ausführungen dienen aber, soweit Kuntze sie nicht selbst als „zweideutig" oder „zögernd" bezeichnet (S. 356 f., vgl. auch Dabin, a.a.O., S. 34 A n m . 52), bei näherem Hinsehen gerade als Beleg f ü r die hier vertretene Auffassung v o m prozessualen Bezug. So sagt der von Kuntze selbst zitierte H o m m e l (1739): „ C a m b i u m quoque contractus, u t credo, literalis est, ad sui substantiam enim scripturam desiderat et sine ea ne concipi quidem potest, cambialiter enim agi nequit, nisi producatur ad recognoscendum scriptura, qua cambialiter debitor se obligavit". Ebenso Leyser (1717, bei Dabin, a.a.O., S. 35), Strecker (1734, i n Beseke, Thesaurus j u r i s cambialis, Berolini 1783, S. 642), R i t t e r (1738, i n Beseke, a.a.O., S. 310 f.) u n d auch Heineccius (Elementa j u r i s cambialis, Amsterdam 1742, Cap. I I I § 7 (S. 12)): „ . . . dari etiam actionem, at non cambialem." 17 a.a.O., S. 115. 18 „Negotium ex variis contractibus conflatum . . . , arctissimo paratae exequutionis et arresti vinculo adstrictum." Vgl. oben § 2 bei A n m . 2 (S. 14). 19 s. oben § 7 I I (S. 74 ff.). 6 Sedatis
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
die der zu einem negoziablen Umlaufspapier entwickelte Wechsel an das juristische Konstruktionsvermögen stellte, nicht ohne Zwang gerecht werden. So hatte schon Heineccius lediglich einen dem römischen Literalvertrag ähnlichen Vertrag angenommen 20 , und Musäus bezeichnete i h n noch deutlicher als „deutschen contractus litteralis" 2 1 . Mittermaier 22 und andere folgten dieser Auffassung, die durch die gedankliche Verbindung zum germanischen Institut des Einlagers noch gefördert wurde 2 8 . Runde schließlich definierte i h n als „Contractus stricti juris germanici" und lehnte jede Analogie zu einer der Vertragsarten des römischen Rechts ab 2 4 . Die Rigor-Lehre hatte damit den ersten Anstoß zu einer schriftlichen, als deutschrechtlich verstandenen Konzeption des Wechsels i n Form einer abgewandelten „Literalvertragstheorie" gegeben. Von hier aus war der Weg geebnet für die Ausbildung der mittlerweile bis zur Erschöpfung erörterten „Wechselrechtstheorien", deren Zahl zwar kaum noch übersehbar ist, die aber durch eine Gemeinsamkeit verbunden sind: eben jene erstmals i n der Rigor-Lehre begründete, nicht römischrechtliche Konzeption der Schriftlichkeit des Wechsels 26 . I I . Der Bedeutungswandel
der Wechselstrenge
Hiervon abgesehen aber hätte der rigor cambialis seine Bedeutung als kennzeichnendes Merkmal des Wechsels einbüßen müssen, sobald der Wechsel nicht mehr von der prompten Personalexekution, sondern von der Ordrequalität her begriffen wurde; spätestens jedenfalls seit der Aufhebung der Personalhaft i m Jahre 186826 war i h m der historische K e r n und damit die letzte Grundlage entzogen. Tatsächlich hat die dogmengeschichtliche Entwicklung, wie allein aus dem noch heute gängigen Lehrsatz folgt, der „Wechsel erhalte durch die Wechselstrenge sein rechtliches Gepräge" 27 , zu dem entgegengesetzten Ergebnis ge20 a.a.O., Cap. I I I § 6 (S. 12): „ . . . proxime accedere ad naturam contractus literalis." 21 Musäus, Anfangsgründe des Wechselrechts, K i e l u n d H a m b u n g 1777, § 43 (S. 23 f.). 22 Grundsätze des gemeinen deutschen Privatrechts m i t Einschluß des Handels-Wechsels- u n d Seerechts, I I . Band, 7. Aufl., Regensburg 1847, §325 (S. 168 f.); ferner etwa Phillips, Grundsätze des gemeinen Deutschen P r i v a t rechts m i t Einschluß des Lehnrechts, 3. Aufl., I I . Bd., B e r l i n 1846, § 294 (S. 640). 23 s. oben § 3 I (S. 16 ff.). 24 Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, Göttingen 1791, §§ 224, 233 (S. 151, 160). 25 Z u den weiteren A u s w i r k u n g e n auf die Ausbildung einer „abstrakten" Auffassung des Wechsels vgl. Dabin, a.a.O., S. 36 f. 26 s. oben § 2 A n m . 14 (S. 16). 27 s. oben § 1 A n m . 30 (S. 13).
§ 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik
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führt. Sie hat darüberhinaus, wie die Aufspaltung des Begriffs i n materielle, formelle und prozessuale Wechselstrenge zeigt, einen radikalen Begriffswandel m i t sich gebracht, der den Bezug zum rigor cambialis nur noch i n der Bezeichnung, allenfalls i n Form der prozessualen Wechselstrenge erkennen läßt. Nach dem ursprünglichen Dogma bedeutete der rigor cambialis allein die gegen den Schuldner i m Wege parater Exekution verhängte Personalhaft. Der Wechsel gab dem Gläubiger einen vollstreckbaren Titel, der i h m bei Säumigkeit des Schuldners die unverzügliche Eintreibung seiner Forderung m i t dem Zugriffsrecht auf die Person des Schuldners garantierte. Das war der einzige Sinn der Wechselstrenge, wie i h n die Rigor-Lehre verstand. U m zu begreifen, wie sich aus dieser engbegrenzten, historischen Bedeutung der vieldeutige Begriff der geltenden Theorie entwickeln konnte, muß man sich zunächst die Tatsache vor Augen halten, daß die Rigor-Lehre die gesamte deutsche Dogmatik annähernd ein Jahrhundert lang beherrscht hat. Wie tief das seit den „Elementa juris cambialis" des Heineccius von 1742 geltende Dogma i n der deutschen Rechtstheorie und -praxis verwurzelt war, läßt sich unabhängig von der dargestellten dogmengeschichtlichen Entwicklung etwa aus den Materialien zum Preußischen Entwurf von 1845 zur Allgemeinen Deutschen Wechselordnung belegen. Darin wurde der rigor cambialis, obwohl kurz zuvor von Einert einer vernichtenden K r i t i k unterzogen und nur zwei Dezennien später seiner historischen Grundlage enthoben, als das Merkmal bezeichnet, das das gesamte Wechselrecht zusammenhalte 2 8 . Es galt noch zu Anfang des 19. Jahrhunderts der i m deutschen Wechselrecht scheinbar unumstößliche Lehrsatz: Die Wechselstrenge ist das Charakteristikum des Wechsels 20 . A n diesen Satz knüpfte die Lehre an, als m i t der zunehmenden Bedeutung der Umlaufsfunktion des Wechsels Eigenschaften hervortraten, deren einheitliche Kennzeichnung Schwierigkeiten bereitete. Die unterschiedlich strengen Formerfordernisse bei erster und weiterer Begründung einer Wechselverbindlichkeit, die Gesamthaftung der Wechselschuldner und das jus variandi des Gläubigers beim Rückgriff, der Ausschluß von Einreden aus der Person jedes nicht unmittelbaren Vormannes und der Forderungserwerb auf Grund gutgläubigen Erwerbs 88 Protokolle den E n t w u r f einer Wechsel-Ordnung betreffend, B e r l i n 1845, S. 8: „ . . . erklärten jedoch viele Stimmen u n d bemerkte namentlich der Referent, daß die Bestimmung der persönlichen H a f t das ganze Wechselrecht zusammenhalte u n d daher auch die Bestimmung über die Wechselstrenge i n die Wechsel-Ordnung ausdrücklich aufgenommen werden müsse." 29 Protokolle, a.a.O., S. 9: „ . . . die Wechselstrenge, das eigentlich charakteristische Merkmal."
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
des Wechselbriefes etwa waren Erscheinungen, deren theoretische A b leitung aus einem einheitlichen Prinzip zunächst unlösbare Aufgaben stellen mußte. Denn vergleichbare Institute, deren Prinzipien man hätte zugrundelegen können, gab es nicht, und die Kategorien des römischen Rechts versagten ebenfalls, weil der Wechsel i n seiner modernen Ausgestaltung kein historisches Vorbild hatte. Hier bot der Rückgriff auf die Wechselstrenge einen naheliegenden Ausweg: Da es sich um Erscheinungen handelte, die dem indossablen Wechsel eigentümlich waren, faßte man sie kurzerhand unter dem Begriff zusammen, der auch in der Vergangenheit die Eigentümlichkeit des Wechsels bezeichnet hatte, dem rigor cambialis. Dieser so einfach scheinende gedankliche Schritt wurde zwar nirgendwo ausdrücklich formuliert 3 0 ; er stellte gleichwohl den Ausgangspunkt der Entwicklung vom historischen rigor cambialis zur modernen Wechselstrenge dar. Durch i h n wurde nämlich der Begriff „Wechselstrenge" von seinem historischen Gegenstand, der Personalexekution, abstrahiert und seine Bedeutung als generell kennzeichnendes Merkmal des Wechsels als allein wesentlich anerkannt. Damit aber war die weitere Möglichkeit eröffnet, alle tatsächlichen und vermeintlichen Besonderheiten des Wechsels unter einen scheinbar einheitlichen Begriff zu subsumieren. Das wiederum mußte i n der Folge, da schon wechselrechtliche Erscheinungen wie die Förmlichkeit und die Einredebeschränkung i n A r t und Wirkungsrichtung grundsätzlich auseinandergingen, zu einer Aufspaltung des Begriffs selbst führen, dessen Bedeutung damit zu einer Sammelbezeichnung aller darunter erfaßter, heterogener Phänomene sank: Nach dem jeweils überwiegenden Element war „die" Wechselstrenge eine „materielle", „formelle" oder „prozessuale". Zweifellos wurde diese Entwicklung ganz entscheidend durch den Umstand gefördert, daß auch die neuen Eigentümlichkeiten als besonders „streng" erschienen. Der Wechsel, gleichsam der Pionier unter den modernen Wertpapieren, vereinigte Eigenschaften i n sich, die anfänglich jedenfalls i n dieser Kombination bei anderen Instituten nicht auf80 Als typisch k a n n aber etwa folgender Gedankengang von H a r t m a n n (Das Deutsche Wechselrecht historisch u n d dogmatisch dargestellt, B e r l i n 1869, S. 120) gelten: „ M a n sah i n dieser Strenge gegen den Wechselschuldner sogar lange Zeit hindurch . . . das charakteristische Wesen des Wechsels. . . . Heut dagegen sucht m a n die charakteristische Eigentümlichkeit des Wechsels weniger i n den prozessualischen Formen . . . als i n der rechtlichen N a t u r der Wechselobligation, i n den materiellen Rechtsfolgen, welche durch den Wechsel f ü r die Wechsel-Interessenten begründet werden. Da aber, wenigstens i n Deutschland, u n d nach Bestimmung der Allgemeinen Deutschen Wechselordnung, die Wechselstrenge vorzugsweise m i t i n der Verpflichtung zur Wechselhaft, obligatio ad carcerem, besteht, so t e i l t m a n gegenwärtig die Wechselstrenge m i t Recht i n die materielle u n d formelle ein."
§ 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik
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traten. Dennoch lag es nicht allein an diesem äußeren Anknüpfungspunkt, daß der Schluß von der wechselrechtlichen Eigentümlichkeit zur Wechselstrenge nicht als Diallele erkannt wurde. 1. Die materielle Wechselstrenge Das zeigt sich deutlich bei der früher problematischsten Erscheinung des Wechsels, der Einredebeschränkung, die heute einhellig zur materiellen Wechselstrenge gezählt w i r d 3 1 . Sie entstammte historisch der parata executio, die begrifflich alle „exceptiones altioris indaginis" ausschloß 32 ; i n dem Maße, wie die parata executio i m Zusammenhang m i t der Personalhaft als Besonderheit des wechselrechtlichen Verfahrens angesehen wurde, leitete man auch die Einredebeschränkung aus dem Wechselprozeß ab 3 3 . Dieser war aber anfangs nichts anderes als der rigor cambialis. Obwohl der Bereich des Wechselprozesses verlassen war, seitdem Einreden aus einem Wechsel i m ordentlichen Verfahren geltend gemacht werden konnten, auch wenn sie i m Spezialverfahren wegen I l l i quidität unzulässig waren, standen noch i m Preußischen Entwurf von 1847 sämtliche Einredevorschriften i m Abschnitt über den Wechselprozeß 34 . Erst die Leipziger Konferenz, die sich an einer einheitlichen Regelung des Wechselprozesses gehindert sah 35 , nahm die Einredebeschränkung wegen der Dringlichkeit der Problematik i n die auf „materielle" 3 6 Normen beschränkte ADWO von 1848 auf 3 7 . Es w i r k t e also, sieht man von dem mehr zufälligen Moment der mangelnden „Kompetenz" der Leipziger Konferenz ab, vor allem die i n der Tradition begründete prozessuale Auffassung des Wechsels nach; 81
s. oben § 1 (S. 9). s. oben § 4 I I 1 (S. 37 ff.). 38 s. oben § 7 I I (S. 72 ff.) u n d Dabin, a.a.O., S. 30 f. 34 §§ 93—96. 35 Vgl. die „Protocolle der Leipziger Wechsel-Conferenz" herausgegeben v o n Thöl, Göttingen 1866, Nr. 847 ff. 38 Der Ausdruck bedarf einer Erläuterung, u m die Aufgliederung i n „materielle", „formelle" u n d „prozessuale" Wechselstrenge rein terminologisch von der damals herrschenden Auffassung verständlich zu machen: Versteht m a n den Gegensatz „ m a t e r i e l l " — „ f o r m e l l " i m Sinne des Verhältnisses von Z i v i l - u n d Wechselrecht —, so regelte die A D W O n u r das „formelle" Wechselrecht (vgl. Hirsch, Provision, S. 2 f.); begreift m a n hingegen das Wechselrecht als geschlossene Materie, so k a n n m a n auch innerhalb dieses Bereichs zwischen „formellen ( = prozessualen)" u n d „materiellen" Normen unterscheiden; der „materielle ( = nichtprozessuale)" Bereich läßt sich dann weiter i n „förmliche ( = auf die Wechselform bezogene)" u n d „materielle ( = nicht auf die F o r m bezogene)" aufteilen. I n diesem letzten Sinne ist die Dreiteilung des Begriffs „Wechselstrenge" zu verstehen. 87 A r t . 82. Dennoch suchte m a n auch danach die wechselrechtlichen Einreden aus dem Wechselprozeß abzuleiten; vgl. Wolff, Die Einreden i m Wechselverfahren, i n : Arch. f. Dt. Wechselrecht u. Handelsrecht, Bd. 15 (1866), S. 113 ff. 82
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
sie war durch diejenige Richtung der Rigor-Lehre, die den Wechsel lediglich als „pactum adiectitium" auffaßte, am konsequentesten gefördert worden. Hinzu aber trat ein weiteres Moment, dessen Tragweite zwar kaum abzuschätzen und gar nicht zu belegen ist, dessen Einflußlosigkeit gleichwohl paradox anmuten müßte. Die Entstehung der neuen Formen der „Wechselstrenge" fiel nämlich i n eine Zeit, deren deduktive Denkweise notwendig zur Begriffsbildung führte. Es dürfte daher kein Zufall sein, daß der aus der Rechtspraxis hervorgegangene Einert den Ausdruck „Wechselstrenge" ganz vermied, während der i n der begriffsjuristischen Dogmatik geschulte Thöl das Prinzip der materiellen Wechselstrenge als einer der ersten zur Geltung brachte: „Das Charakteristische des Wechsels ist die Wechselstrenge. . . . A m bedeutendsten ist die materielle Wechselstrenge. Sie besteht i n der Gültigkeit des Wechselversprechens. Das Wechselversprechen ist ein Summenversprechen. Es giebt gar kein anderes Wechselversprechen als ein Summenversprechen. Das Recht aus dem Summenversprechen ist unabhängig von allen demselben unterliegenden Verhältnissen, und daher t r i t t für den Wechsel ein eigentümliches Recht der Einreden heraus 38 ." 2. Die prozessuale Wechselstrenge M i t der Akzentverlagerung der wechselrechtlichen Betrachtungsweise, die zur Aufstellung des Begriffs „materielle Wechselstrenge" führte, ergab sich von selbst die Kennzeichnung des verfahrensrechtlichen Bereichs durch den Ausdruck „prozessuale Wechselstrenge" 39 . Damit knüpfte man zwar an die ursprüngliche Bedeutung der Wechselstrenge an; da jedoch die Zivilprozeßordnung von 1879 den Wechselprozeß, abgesehen von nebensächlichen Sonderregelungen 40 , dem U r kundenprozeß gleichstellte, schöpfte dieser Begriff seinen Bestand allein aus der K r a f t der Tradition. 3. Die formelle (förmliche) Wechselstrenge Immerhin waren sowohl die „materielle" wie die „prozessuale" Wechselstrenge noch durch eine Gemeinsamkeit gekennzeichnet, die 38 Thöl, Das Handelsrecht, I I . Band, Das Wechselrecht, 4. Aufl., Leipzig 1878, § 17 (S. 88 f.); vgl. ferner: Braun, Die Lehre v o m Wechsel nach der allgemeinen deutschen Wechselordnung, Leipzig 1868, § 19 (S. 68); Wächter, Das Wechselrecht des norddeutschen Bundes, Leipzig 1869, S. 55 f. V o n hier aus schließt sich der Kreis zu den oben i n § 1 (S. 9 f.) genannten Autoren. 89 Sie w u r d e damals (wie teilweise noch heute, vgl. oben § 1 (S. 10)) als „formelle" Wechselstrenge bezeichnet; vgl. hierzu Lehmann, H.O., a.a.O., § 40 (S. 135 A n m . 4). 40 Sie betrafen w i e i m geltenden Recht die Einlassungsfristen u n d den Gerichtsstand, §§ 603, 604 ZPO.
§ 8 Die Rigor-Lehre im Rahmen der allgemeinen Wechselrechtsdogmatik
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Anlaß zur Ausbildung des rigor cambialis überhaupt gewesen war und die seit jeher als selbstverständlicher Bestandteil des Begriffs gegolten hatte: die allein gegen den Schuldner gerichtete Wirkung. Diese wechselrechtliche Grundfunktion der Sicherung des Gläubigers, die auch durch die Einführung der materiellen Wechselstrenge unangetastet blieb, wurde geradezu in ihr Gegenteil verkehrt, als man die Wechselstrenge auch auf die Formvorschriften ausdehnte. Den ersten gedanklichen Ansatz hierzu, typisch für den gesamten später vollzogenen Begriffswandel 41 , hatte schon Bender i m Jahre 1828 i m Anschluß an die Ablehnung der Einlagertheorie geliefert: „Diese M e i n u n g . . . verdient durchaus gar keine Beachtung, denn was davon i n jenen Schriften vorgebracht wird, erklärt lediglich diese Institute selbst, aber durchaus nicht die Wechselkraft für sich allein, u m so weniger, da offenbar der Glaube zugrundeliegt, das Wesen der Wechselkraft sei ausschließlich der Personalarrest. Dieser Glaube ist aber grundfalsch, w e i l er nicht erklärt, warum die ganze Reihe von Wechselpersonen . . . aufs Genaueste gegenseitig verbunden ist, warum Alles von der Beobachtung einer bestimmten Form abhängt, die um so mehr das wahre Wesen der Wechselstrenge ist, als ja bei ihrer Nichtbeachtung gar kein Wechselverfahren, mithin gar kein Personalarrest, eintreten kann 42/' M i t diesem radikalen Begriffswandel brachte die Dogmatik eine das deutsche Wechselrecht kennzeichnende Entwicklung zum Abschluß, die Jahrhunderte zuvor begonnen hatte. Ausgehend vom Bereich des sächsischen Rechts war die prompte Personalexekution i m Gegensatz zur italienischen und französischen Doktrin zunehmend als typische prozessuale Rechtsfolge des Wechsels angesehen worden, bis sie Heineccius i n den Begriff des Wechsels selbst aufnahm. Unmittelbarer Ausdruck jenes rigor, der als charakteristisch für den Wechsel galt, war die Ausbildung des dem französischen Recht bis heute fremden Wechselprozesses und die Wechselklausel. Der zum Begriffsmerkmal erhobene rigor cambialis verlieh dem Wechsel einen ausgeprägt prozessualen Einschlag, der den ersten Anstoß zu einer schriftlichen, als deutschrechtlich verstandenen Konzeption des Wechsels gab. Trotz der zunehmenden Betonung der Umlaufsfunktion, zu der Einert durch seine kaufmännisch ausgerichtete Anschauung entscheidend beitrug, behielt er 41 Noch Lehmann, a.a.O., S. 134 hatte sich deutlich dagegen gewandt; vgl. aber schon v. Canstein (Lehrbuch des Wechselrechts, B e r l i n 1890, § 10 (S. 129)): „Charakteristische Merkmale des Wechsels sind: 1. Die strenge Wechselform 42 Bender, Grundsätze des deutschen Handlungsrechts, I I . Band, Grundsätze des deutschen Wechselrechts, Darmstadt 1828, §220 (S. 22). Hervorhebung von m i r .
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3. Kap.: Auswirkungen der Lehre
seine Bedeutung als wechselrechtliches K r i t e r i u m selbst nach A u f hebung der Personalhaft. Unsicher i n der dogmatischen Bestimmung des indossablen Wechsels und beeinflußt durch die herrschende Begriffsjurisprudenz, hielt die Lehre am rigor cambialis i m Wege eines Zirkelschlusses als Begriffsmerkmal fest. Sie hob i h n damit, überspitzt formuliert, aus dem Prokrustesbett der prozessualen Auffassung heraus und geradewegs i n den juristischen Begriffshimmel hinein; der Zeitgeist schlug die Brücke. Daran hat sich bis heute nichts geändert; wohl ist der begriffsjuristische Zeitgeist überwunden, nicht aber der Begriff der Wechselstrenge: Die „Macht der Gewohnheit i m Wechselrecht" 43 erwies sich auch hier als stärker.
48 Vgl. Hirsch, Die Macht der Gewohnheit i m Wechselrecht, i n : Beiträge zum Wirtschaftsrecht, Bd. I I , M a r b u r g i n Hessen 1931.
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Rivinus, J. Fl. : Dissertatio de clausula cambiali, Leipzig 1725. Rößig, K . G. : Kurze systematische Darstellung des Leipziger Handelsrechts, nach Maßgabe der Leipziger Handelsgerichtsordnung, der auf sie bezug habenden Gesetze u n d des Gerichtsgebrauchs, Neue Ausgabe, Leipzig 1818. Roover, R. de: L ' E v o l u t i o n de la L e t t r e de Change. X I V e — X V I I I e siècles. Paris 1953 (L'Evolution). Runde, J. Fr.: Grundsätze des allgemeinen deutschen Privatrechts, G ö t t i n gen 1791. Savary, J.: Le Parfait Négociant, ou Instruction générale pour ce q u i regarde le Commerce de toute sorte de Marchandise, tant de France, que des Pays Estrangers, 2 Bände, Genf 1676. Scaccia, S.: Tractatus de commerciis et cambio, Venedig 1650. Schaps, G.: Z u r Geschichte des Wechselindossaments, Stuttgart 1892. Schaube, A . : Studien zur Geschichte u n d N a t u r des ältesten Cambium, i n : Jahrbücher für Nationalökonomie u n d Statistik, Bd. 65 (1895), S. 153 ff., 511 ff. — Anfänge der Tratte, i n : Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht, Bd. 43 (1895), S. 1 ff. Scherer, Ph. K . : Handbuch am M a i n 1801.
des
Wechselrechts,
Dritter
Teil,
Frankfurt
— Der Wechselprozeß m i t Rücksicht auf die meisten bekannten Wechselgesetze, Erlangen 1802. Schiebe, A . : Die Lehre der Wechselbriefe, F r a n k f u r t am M a i n 1818. Schmidt,
E. G. : Theorie der summarischen Prozesse, Leipzig 1791.
Schröder (R.) — v. Künßberg (E.): Lehrbuch der deutschen Rechtsgeschichte, 7. Aufl., Berlin-Leipzig 1932. Schumann, H. : Handelsrecht, Bd. I I , Wiesbaden 1954. Schwerin, Cl. Freiher von: Wechsel- u n d Scheckrecht einschließlich der G r u n d begriffe des Wertpapierrechts, 2. Aufl. des Rechts der Wertpapiere, B e r l i n u n d Leipzig 1934. Siegel, J. G. : Fürsichtiger Wechsel-Gläubiger, das ist Gründlicher Unterricht, was diejenigen, so i h r Geld auf Wechsel sicher zu verleihen begehren, sowol vor als auch bey u n d nach Schließung des Wechsels zu beobachten haben, Andere Aufl., Leipzig 1739. — Einleitung zum Wechselrecht überhaupt (in der Ausgabe des corpus j u r i s cambialis, Zweiter Theil, S. 369 ff.), Leipzig 1742 (Siegel II). Sombart, W.: Der moderne Kapitalismus, 6. Aufl., I. Band 1. Hälfte, I I . Band, 1. Halbband, München u n d Leipzig 1924. Stanzl, G.: Böser Glaube i m Wechselrecht, Graz 1950. — Wechsel-, Scheck- u n d sonstiges Wertpapierrecht, Graz — K ö l n 1957. Stein, Fr.: Der U r k u n d e n - u n d Wechselprozeß, Leipzig 1887.
96
Literatur und Quellennachweise
Stern: Die Bedeutung des Wortes „Wechsel", das Valutabekenntnis u n d die Stellung des Wechsels auf Ordre, i n : A r c h i v f ü r deutsches Wechselrecht u n d Handelsrecht, Bd. 14. (1865), S. 13 ff. Stobbe, O.: Z u r Geschichte des deutschen Vertragsrechts, Leipzig 1855. Stranz, M.: Wechselgesetz. Kommentar ursprünglich bearbeitet v o n J. u n d M. Stranz. 14. A u f l . erläutert von M a r t i n Stranz, B e r l i n 1952. Strecker, C. W. : Dissertatio de iis q u i a n e x u cambiorum v e l iuris cambialis rigore sunt exemti, Erford 1734. Stryk,
S.: Dissertatio de cambialium l i t e r a r u m acceptatione, Halle 1698.
Thaller -Percerou:
Traité élémentaire de droit commercial, 8. Aufl., Paris 1931.
Thöl, H.: Das Handelsrecht, I I . Band, Das Wechselrecht, 4. Aufl., Leipzig 1878. Toubeau, J.: Les Institutes d u droit consulaire, ou les elements de la j u r i s prudence des marchands, Bd. I, 2. Auflage, Bourges/Paris 1700. Treitschke, G. K . : Handbuch des Wechselrechts, Leipzig 1824. — Alphabetische Encyclopädie der Wechselrechte u n d Wechselgesetze, 2 Bände, Leipzig 1831. Turri,
R. de: Tractatus de cambiis, Francofurti 1645.
Uhl: Franckfurtische Wechsel-Responsa, I I Sammlungen, Franckfurt an der Oder 1750. Ulmer, E.: Geschichtliche u n d rechtsvergleichende Studien zum englischen Wechselrecht, i n : Archiv f ü r die civilistische Praxis, Bd. 133 (1931), S. 178 ff. — Das Recht der Wertpapiere, Stuttgart/Berlin 1938. Vogt, M.: Tractatus analyticus de cambiis, Breslau 1670. Wach, A.: Der italienische Arrestprocess, Leipzig 1868. Wächter, O.: Das Wechselrecht des norddeutschen Bundes, Leipzig 1869. Wagner, V. A. : Kritisches Handbuch des i n den österreichisch-deutschen Staaten geltenden Wechselrechts, Bd. 1, W i e n 1823. Wegelin, J. R. : österreichisches Wechselrecht, oder Wienerische Wechselordnung, allenthalben m i t dienlichen u n d nöthigen Anmerkungen versehen, Wien 1719. Weissegger v. Weisseneck: Theorie eines allgemeinen Wechselrechts zum Behufe Academischer Vorlesungen, I. Theil, Freiburg i m Breisgau 1818. Wenzel: De protestatione contra cambialium, Leipzig 1764.
acceptationem conditionatam
literarum
Wieland, C.: Cambium u n d Wechselbrief, i n : Festgabe der Juristischen F a k u l tät der Universität Basel zum 70. Geburtstag v o n Andreas Heusler, Basel 1904, S. 1 ff. Wolff: Die Einreden i m Wechsel verfahren, i n : Archiv f ü r deutsches Wechselrecht u n d Handelsrecht, Bd. 15. (1866), S. 113 ff. Wolffram, K.J.G.: Vollständige Sammlung der Herzogl. Braunschweig-Lüneburgschen Wechsel-Verordnungen u n d deren Landesherrlichen Declarationen m i t erläuternden Anmerkungen, Braunschweig 1793. Zimmerl, J.M.E. von: A n l e i t u n g zur Kenntnis des Wechselrechts. M i t besonderer Rücksicht auf Österreich u n d den Abweichungen der fremden Länder u n d Handelsplätze, W i e n 1821. Zipfel, H. : Dissertatio de tesseris collybisticis, Erford 1676.
Literatur und Quellennachweise B. Gesetzessammlungen* Borchardt, S.: Vollständige Sammlung der geltenden Wechsel- u n d Handelsgesetze aller Länder, 1. A b t . Bd. 1, Die Wechselgesetze, B e r l i n 1871 (Borchardt I). Meißner, J. K . : Codex der europäischen Wechselrechte, 2 Bde., Nürnberg 1836 (Meißner I, II). Recueil chronologique des Ordonnances, Edits et Arrêts de Règlements cités dans les nouveaux Commentaires sur les Ordonnances d u mois d ' A v r i l 1667. A o û t 1669. A o û t 1670 et Mars 1673, Tome Premier. Depuis 1453 jusqu'en 1686, Paris 1757. Siegel, J. G.: Corpus j u r i s cambialis, Das ist: Vollständige Sammlung derer auf den vornehmsten Handelsplätzen auch anderer Orten i n Europa ü b lichen allerneuesten Wechsel-Ordnungen, T h e i l I, Leipzig 1742 (Siegel I). Zimmerl, J.M.E. von: Vollständige Sammlung der Wechselgesetze aller Länder u n d Handelsplätze i n Europa, 3 Bde., W i e n 1809—1813 (I. Bd. 1. A b t . = v. Z i m m e r l 1/1). C. Gesetze (Statuten, Ordonnancen, Verordnungen, Décrété, Patente, Mandate, Edicté etc.)** I.
Deutschland
Der Stadt Hamburg statuta u n d Gerichtsordnung, lib. I I . tit. V I I : von Wechsel u n d Wechselbriefen, 1605
Herbach* Koenigke* v. Z i m m e r l I I / l Vogt*
111 376 101 231
Ordentliche Beschreibung w i e es m i t der zu Nürnberg neuaufgerichteten Banco 1621 i n einem u n d andern soll gehalten werden, 16. J u l i 1621
Herbach
432
Churfürstlich Sächsisch Leipzigisch Marckt-Rescript, 25. J u l i 1621
Koenigke Meißner I Püttmann* Siegel v. Z i m m e r l I I / l
111 268 87 60 169
Decret der Stadt Augsburg betr. die Uso-Fristen, 16., 24. J u l i 1624
Herbach Koenigke
291 313
Jüngster Reichsabschied (§ 107), 1654
Herbach Koenigke Meißner I Siegel Treitschke* I I v. Z i m m e r l 1/2
528 180 1 148 236 282
* Hier werden n u r die reinen Gesetzessammlungen angegeben; Werke, die sowohl Abdrucke von Gesetzen als auch Kommentierungen enthalten, sind i m Literaturverzeichnis aufgeführt. ** Die Fundstellen beziehen sich auf reine u n d gemischte Quellensammlungen w i e auch auf auszugsweise Abdrucke v o n schwer zugänglichen Gesetzen. Die m i t einem * versehenen Werke stehen i m Literaturverzeichnis, die restlichen unter den Gesetzessammlungen. 7 Sedatis
98
Literatur und Quellennachweise
Der Stadt Nürnberg verneuerte u n d erläuterte Banco- u n d Wechsel-Ordnung, 8. September 1654
Herbach Koenigke
434 340
Churfürstlich-Sächsisches erneuertes u n d erweitertes Marckt-Rescript, 21. J u l i 1660
Koenigke Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
116 272 90 62 171
Lübeckische Wechselordnung oder Decret wegen schleuniger Execution derer Wechsel, 26. A p r i l 1662
Koenigke Siegel Vogt v. Z i m m e r l I I / l
395 364 230 274
Der Stadt Augsburg alte WechselOrdnung, 1665
Herbach Koenigke
291 313
Der Stadt Franckfurt am M a y n erneuerte Wechsel-Ordnung, 18. September 1666
Herbach Koenigke Siegel Vogt v. Z i m m e r l I I / l
391 361 381 261 2
Churfürstlich-Sächsischer gnädigster Decisiv-Befehl wegen derer WechselBrieffe u n d Commissions-Waaren, 1669
Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
274 92 64 173
Revidierte u n d Verbesserte WechselOrdnung, wonach i n der Stadt L ü beck i n Ober- u n d Unter-Gerichten verfahren werden soll, 14. November 1669
Meißner I Siegel v. Z i m m e r l I I / l
923 364 275
Reichsschluß wegen A b k ü r z u n g der Processe i n Handelssachen u n d besonders i n Wechselsachen, 17. Februar 1671
Meißner I v. Z i m m e r l 1/2
2 283
Churfürstliche Sächsische Extension des Wechsel-Rescripts auf alle u n d jede Universitäts-Verwandte zu Leipzig, 20. September 1671
Koenigke Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
149 276 94 76 174
Der Kayser u n d Königlichen Stadt Breslau aufgerichtete Wechsel-Ordnung, 28. November 1672
Herbach Koenigke v. Z i m m e r l 1/2
360 418 188
Extension des Churfürstlich-Sächsischen Marckt-Rescripts auf die Weibes-Personen, 8. A p r i l 1674, 2. November 1675
Koenigke Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
123 276 94 65 174
Der Stadt Cölln am Rhein WechselOrdnung, 1675
Herbach Koenigke
379 460
Literatur und Quellennachweise
99
Anderweitige Bestätigung u n d Uenovation, w i e auch A d d i m e n t u m u n d Verbesserung der F r a n k f u r t e r Wechsel-Ordnung von 1676, 8. Februar 1676
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l I I / l
394 373 386 6
Der Stadt Leipzig Wechsel-Ordnung, 2. Oktober 1682
Herbach Koenigke Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
407 1 280 1 1 152
Neue Leipziger Handelsgerichts-Ordnung, 21. Dezember 1682
Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
301 101 98 179
Churfürstlich-Sächsischer Gnädigster Befehl, v o m Valor derer Handelsbücher; ingleichen, dassbey S r . C h u r Fürstl. Durchl. Stadt Leipzig h i n führo über die, auf Credit ausgenommenen Waaren ein b i l l e t oder kurtze Handelsobligation gegeben, auch w i e darauf verholfen werden solle, 3. A p r i l 1683
Koenigke Meißner I Püttmann Siegel v. Z i m m e r l I I / l
132 318 118 69 192
Preußische Wechsel-Ordnung Welche Sr. Churfürstliche Durchlaucht zu Brandenburg i n Dero Herzogthum Preußen observieret wissen wollen, 12. September 1684
Herbach Koenigke L'Estocqs*
463 204 282
Marktgerichtsu n d Wechsel-Ordnung zu behuef der beyden Kayserl. freyen u n d privilegierten großen M ä r k t e der Stadt Braunschweg, 1. Dezember 1686
Herbach Koenigke v. Z i m m e r l 1/2 Wolf fr am*
333 249 132 131
Cöllnische renovierte u n d i n dem 8ten Punct vermehrte Wechsel-Ordnung, 14. März 1691
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l 1/2
380 463 387 245
Eines Hoch-Edlen Hochweisen Rates der Stadt Nürnberg i n zweyen P u n k ten veränderte Wechsel-Ordnung, 10. März 1700
Herbach Koenigke
441 358
Der Stadt Danzig Wechsel-Ordnung, 8. März 1701
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l 1/2
384 396 370 268
Magdeburgische Wechsel-Ordnung, 25. A p r i l 1703
Herbach Koenigke v. Z i m m e r l II/2
423 219 2
7«
100
Literatur und Quellennachweise
Eines W o h l Edlen u n d Hochweisen Raths der Stadt Augspurg revidiertu n d erneuerte Wechsel-Ordnung, 27. Oktober 1707
Herbach Koenigke v. Z i m m e r l 1/1
295 324 136
Patent, dass die Protektoria das V e r fahren nach Wechselrecht nicht h i n dern sollen, 6. Oktober 1708
Püttmann v. Z i m m e r l I I / l
132 195
Chur- u n d Marck-Brandenburgische reviderte Wechsel-Ordnung, 18. März 1709
Herbach Koenigke
324 181
Der Stadt Hamburg revidierte verbesserte Wechsel-Ordnung, 2. März 1711
und
Herbach Koenigke Meißner I Siegel v. Z i m m e r l I I / l
399 380 910 415 103
Der Stadt Bremen Wechsel-Ordnung, 22. März 1712
Krasemann* Meißner I Siegel v. Z i m m e r l 1/2
104 892 265 177
Neue Braunschweiger nung, 1. August 1715
Wechsel-Ord-
Herbach Meißner I Siegel Wolffram v. Z i m m e r l 1/2
345 575 247 28 117
Der Stadt Breßlau Kayser- u n d Königliche confirmierte neue Wechsel-Ordnung, 30. Januar 1716
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l 1/2
365 430 281 194
Der Stadt Augspurg verbesserte u n d erneuerte Wechsel-Ordnung, 30. J u n i 1716
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l 1/1
301 576 318 142
Verordnung, w i e es i n denen Gräfl. Reuß-Plauischen Landen, Jüngerer Linie, i n Z u k u n f t i n Wechsel-SchuldSachen, gehalten u n d darinn verfahren werden soll, 6. Februar 1717
Siegel
195
Fernere E r k l ä r u n g u n d Vermehrung der (Augsburger) Wechsel-Ordnung de Anno 1716, 9. Dezember 1721
Siegel v. Z i m m e r l 1/1
327 152
Eines Hoch-Edlen u n d Hochweisen Raths der Heil. Rom. Reichs-Stadt Nürnberg verneuerte u n d erläuterte Wechsel-Ordnung, 16. Februar 1722
Herbach Siegel v. Z i m m e r l II/2
453 350 72
Königl. Preußisches u n d Churfürstl.Brandenburgisches Wechsel-Recht, 29. Januar 1724
L'Estocqs Siegel v. Z i m m e r l II/2
294 111 202
Literatur und Quellennachweise
101
Königlich-Preußisches verbessertes u n d allgemeines Wechsel-Hecht, wonach i n den Chur- u n d allen ü b r i gen i m Reich belegenen Landen gegangen werden soll, 25. September 1724
Siegel
119
Chur-Pfälzische Wechsel-Ordnung, 14. Februar 1726
Siegel
392 167
Verneuerte General-WechselOrdnung Ihro Rom. K a y s e r l i c h e n . . . Majestät i n Dero Erb-Herzogthum Schlesien, 21. August 1738
v. Z i m m e r l II/2 Siegel v. Z i m m e r l 1/2
299 207
Der Stadt F r a n k f u r t am M a i n erneuerte u n d vermehrte Wechselordnung, 18. J u n i 1739
Meißner I v. Z i m m e r l I I / l
854 8
Sr. Königlichen Majestät i n Preußen Breslauische Meß- u n d Handels-Gerichts-Ordnung, sammt Declaration der Breslauischen Wechsel-Ordnung zum Behuf der dasigen beyden großen Jahr-Messen, 22. Dezember 1742
v. Z i m m e r l 1/2
229
Erneuerte Wechsel-Ordnung, w o r nach i n dem Königreich Preußen, denen Chur- u n d allen übrigen i m Reich belegenen Landen verfahren werden soll, 30. Januar 1751
L'Estocqs v. Z i m m e r l II/2
304 209
Wechselordnung f ü r die W ü r t t e m bergischen Länder, 24. März 1759
v. Z i m m e r l I I I
140
Erneuerte u n d vermehrte WechselOrdnung der des Heil. Rom. Reichs freyen Stadt Augsburg, 1. Dezember 1778
v. Z i m m e r l 1/1
155
Edit de création des juges et consuls, November 1563
Nouguier*
204
Ordonnance de Moulins, 1566
Nouguier
131
Ordonnance sur la procédure, A p r i l 1667
Nouguier Savary*
131 362
Ordonnance de Louis X I V sur le Commerce des Négociants et M a r chands, März 1673
Herbach Koenigke Nouguier Siegel
395 567 207 446
Gesetz v o m 15. Germinal an V I Gesetz v o m 17. A p r i l 1832
Nouguier Bugnet* Bd. 10
132 321
I I . Frankreich
102
Literatur und Quellennachweise
III. Österreich Marckts-Privilegien der Stadt Bozen, 15. September 1635
Herbach Koenigke v. Z i m m e r l 1/2
311 466 3
Wechsel-Patent v. 10. Sept. 1717 (häufig als „Wiener Wechselordnung" bezeichnet; w u r d e a m 20. M a i 1722 — m i t Ausnahme v o n A r t 39 — i n Steyer, Kärnten, K r a i n , Görz, Gradiska, Triest, Fiume u n d den übrigen innerösterreichischen Meer-Porten eingeführt)
Herbach Siegel Wegelin* v. Z i m m e r l II/2
504 150 1 102
Erneuertes Wechsel-Patent, die Wechsel-Ordnung für die königlich Böhmischen, Nieder- u n d Innerösterreichischen Erbländer i n sich begreifend, 1. Oktober 1763
Meißner I v. Z i m m e r l II/2
4 122
Rechten en Costumen van Antwerpen, v a n Wisselen, 1578
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l 1/1
285 546 407 129
Willekeuren der Stadt van Wisselen, 1601
Siegel v. Z i m m e r l 1/1
481 26
Schwedische Wechselordnung, 10. März 1671
Herbach Koenigke Siegel v. Z i m m e r l I I I
470 595 591 78
Polnische Wechselordnung, 13. A p r i l 1775
v. Z i m m e r l I I / 2
181
I V . Sonstige
Länder
Amsterdam,