BAND 61 Komposition und Argumentstruktur komplexer Verben: Eine lexikalische Analyse von Verb-Verb-Komposita und Serialverbkonstruktionen 9783050084718, 9783050041438

Japanische Verb-Verb-Komposita, die aus zwei unabhängigen Verben gebildet werden, werfen die interessante Frage auf, wie

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German Pages 258 [260] Year 2005

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Table of contents :
1. Einleitung
2. Der theoretische Rahmen
2.1 Argumenthierarchie und TS-Aufbau
2.2 Komposition
2.3 Argumentlinking
2.4 OT-LDG
3. Subklassifikation und Argumentstruktur j apanischer Verb-Verb-Komposita der Klasse II
3.1 Einleitung: Zwei Klassen japanischer Verb-Verb-Komposita
3.2 Semantische Typen und Argumentstruktur
3.3 Zusammenfassung
4. Ansätze zu Kombinatorik und Argumentstruktur der Klasse II-VVKs des Japanischen
4.1 Kageyama (1993, 1999)
4.2 Matsumoto (1996a, 1998)
4.3 Hasselberg (1996a,b)
4.4 Li (1993)
4.5 Nishiyama (1998)
4.6 Hasegawa (1998)
4.7 Zusammenfassung
5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs
5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aufbau
5.2 TS-Derivation
5.3 TS-Derivation nicht-resultativer VVKs
5.4 TS-Derivation resultativer WKs
5.5 VVKs mit desemantisiertem/reanalysiertemTeilverb
5.6 Zusammenfassung
6. Japanische Verb-Verb-Komposita der Klasse I
6.1 Charakteristika der Klasse I-VVKs
6.2 Shibatani (1973) und Kuno (1983, 1987): Raising- versus Kontrollverb-V2
6.3 Matsumoto (1996a): drei Typen von V2
6.4 Kritik
7. Ereignistransparenz und Lokalitätsbedingung bei japanischen Klasse I-VVKs
7.1 Passiv
7.2 Subjekthonorifikation
7.3 Zusammenfassung
8. SVKs versus VVKs
8.1 Allgemeine Phänomenologie der SVK
8.2 Vergleich zu den VVKs des Japanischen
8.3 Die Arbeitsteilung zwischen SVKs und VVKs
8.4 Zusammenfassung
9. Ein Abriß der Forschung zu SVKs und SVKs/VVKs
9.1 Frühe generative Ansätze in den 60er und 70er Jahren
9.2 Sebba (1987) & Baker (1989, 1991)
9.3 Die Entwicklung seit den 90er Jahren
9.4 Ansätze zu einer gemeinsamen Analyse von SVKs und VVKs
9.5 Zusammenfassung
10. Eine constraintbasierte Analyse von SVKs/VVKs
10.1 Kohärenzprinzip und SF-Aufbau in SVK-Sprachen
10.2 TS-Derivation der SVK-Typen
10.3 Argumentprojektion in der SVK
10.4 Die Arbeitsteilung von SVKs und VVKs
10.5 Zusammenfassung
11. Resümee
Literatur
Anhang
Glossar
Verzeichnis der mit Beispielsatz aufgeführten japanischen Verb-Verb-Komposita
Sprachindex
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BAND 61 Komposition und Argumentstruktur komplexer Verben: Eine lexikalische Analyse von Verb-Verb-Komposita und Serialverbkonstruktionen
 9783050084718, 9783050041438

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Thomas Gamerschlag Komposition und Argumentstruktur komplexer Verben

studia grammatica Herausgegeben von Manfred Bierwisch unter Mitwirkung von Hubert Haider, Stuttgart Paul Kiparsky, Stanford Angelika Kratzer, Amherst Jürgen Kunze, Berlin David Pesetsky, Cambridge (Massachusetts) Dieter Wunderlich, Düsseldorf

studia grammatica 61

Thomas Gamerschlag

K0mp0Siti0ll Ulld Argumentstruktur komplexer Verben Eine lexikalische Analyse von Verb-Verb-Komposita und Serialverbkonstruktionen

Akademie Verlag

D 61

ISBN 3-05-004143-9 ISSN 0081-6469 © Akademie Verlag GmbH, Berlin 2005 Das eingesetzte Papier ist alterungsbeständig nach DIN/ISO 9706. Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil des Buches darf ohne Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form - durch Photokopie, Mikroverfilmung oder irgendein anderes Verfahren - reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into another languages). No part of this book may be reproduced in any form - by photoprinting, microfilm, or any other means - nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publishers. Druck und Bindung: MB Medienhaus Berlin Printed in the Federal Republic of Germany

Vorwort

Diese Arbeit ist aus dem Projekt 'Verbstrukturen' des Sonderforschungsbereichs 282 'Theorie des Lexikons' an der Heinrich-Heine-Universität hervorgegangen. Sie ist Ergebnis einer langjährigen Auseinandersetzung mit der Theorie lexikalischer Repräsentationen, die in diesem Projekt entwickelt wurde. Viel profitiert habe ich daher von zahlreichen Vorträgen, Diskussionen und Projektsitzungen mit meinen Kolleginnen Sandra Joppen, Ingrid Kaufmann, Silke Lambert, Anja Latrouite und Yi-chun Yang. Besondere Anleitung und Unterstützung habe ich auch seit Beginn meines Studiums immer wieder von Barbara Stiebeis erfahren. Mein Dank gilt außerdem Ralf Naumann, dessen kritische Perspektive und formaler Anspruch mir zu einem besseren Verständnis theoretischer Aspekte meiner Arbeit verholfen haben. Dieter Wunderlich gebührt besonderer Dank. Geduld, Unterstützung und Motivation hat er mir immer im Übermaß entgegengebracht. Auch hat mich sein liebevoller und origineller Umgang mit der Sprache manchmal davor bewahrt, mein eigenes Interesse zwischen funktionalen Projektionen und leeren Kategorien zu verlieren. Am meisten gelernt habe ich aber sicher durch seine theoretische Herangehensweise, die strukturelle und semantische Aspekte des Phänomens Sprache gleichermaßen berücksichtigt. Weiterhin haben mich Mamiko Ikenaga, Hiroyuki Miyashita, Yukiko Morimoto und Kazuko Tsugane immer sehr kreativ mit Beispielsätzen und ihren eigenen Gedanken zum Japanischen versorgt. Auch mit Professor Hiromu Sakai und Adrian Ivana von der Universität Hiroshima habe ich mich über die japanischen Verbkomposita ausgetauscht. Danken möchte ich auch meiner Familie, die mir stets zur Seite gestanden hat und mich in manchen schwierigen Phasen ertragen mußte. Schließlich danke ich Manfred Bierwisch und dem Akademie Verlag für die Veröffentlichung meiner Dissertation in der Reihe Studia grammatica. Viele waren hilfreich bei der Entstehung dieser Arbeit. Alle Fehler gehen einzig auf mein Konto.

Inhalt

1.

Einleitung

11

2.

Der 2.1 2.2 2.3 2.4

17 19 21 22 24

3.

Subklassifikation und Argumentstruktur japanischer Verb-Verb-Komposita der Klasse II 3.1 Einleitung: Zwei Klassen japanischer Verb-Verb-Komposita 3.2 Semantische Typen und Argumentstruktur 3.2.1 Nicht-resultative VVKs 3.2.2 Resultative W K s 3.2.3 Zusammenfassung der Argumentstrukturmuster 3.2.4 VVKs mit desemantisiertem/reanalysiertem Teilverb 3.3 Zusammenfassung

26 26 35 39 44 49 53 61

Ansätze zu Kombinatorik und Argumentstruktur der Klasse II-VVKs des Japanischen 4.1 Kageyama (1993, 1999) 4.2 Matsumoto (1996a, 1998) 4.3 Hasselberg (1996a,b) 4.4 Li (1993) 4.5 Nishiyama (1998) 4.6 Hasegawa (1998) 4.7 Zusammenfassung

63 64 65 69 71 74 77 78

4.

5.

theoretische Rahmen Argumenthierarchie und TS-Aufbau Komposition Argumentlinking OT-LDG

Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs 5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aufbau 5.1.1 Nicht-resultative Komposita 5.1.2 Resultative Komposita 5.2 TS-Derivation 5.3 TS-Derivation nicht-resultativer VVKs 5.4 TS-Derivation resultativer W K s

80 81 84 86 88 93 102

8

Inhaltsverzeichnis 5.5 VVKs mit desemantisiertem/reanalysiertem Teilverb 5.6 Zusammenfassung

111 114

Japanische Verb-Verb-Komposita der Klasse I 6.1 Charakteristika der Klasse I-YVKs 6.2 Shibatani (1973) und Kuno (1983, 1987): Raising- versus Kontrollverb-V2 6.3 Matsumoto (1996a): drei Typen von V2 6.4 Kritik

116 116 120 124 132

Ereignistransparenz und Lokalitätsbedingung bei japanischen Klasse I-VVKs 7.1 Passiv 7.1.1 Sugiru, kaesu und nareru 7.1.2 Owaruloeru und hazimeru 7.1.3 Wasureru 7.2 Subjekthonorifikation 7.3 Zusammenfassung

134 134 135 141 145 146 150

8.

SVKs versus VVKs 8.1 Allgemeine Phänomenologie der SVK 8.2 Vergleich zu den VVKs des Japanischen 8.3 Die Arbeitsteilung zwischen SVKs und W K s 8.3.1 Igbo 8.3.2 Chinesisch 8.3.3 Vietnamesisch 8.4 Zusammenfassung

152 152 167 169 170 172 179 182

9.

Ein 9.1 9.2 9.3

184 184 187 190 192 194 197 198 199 201 203 203

6.

7.

Abriß der Forschung zu SVKs und SVKs/VVKs Frühe generative Ansätze in den 60er und 70er Jahren Sebba (1987) & Baker (1989, 1991) Die Entwicklung seit den 90er Jahren 9.3.1 Stewart (2001) 9.3.2 Baker & Stewart (1999, 2002) 9.3.3 Carstens (2002) 9.4 Ansätze zu einer gemeinsamen Analyse von SVKs und VVKs 9.4.1 Dechaine (1993a,b, 1997) 9.4.2 Collins (2002) 9.4.3 Chang (2001) 9.5 Zusammenfassung

10. Eine constraintbasierte Analyse von SVKs/VVKs 10.1 Kohärenzprinzip und SF-Aufbau in SVK-Sprachen 10.2 TS-Derivation der SVK-Typen

205 205 208

Inhaltsverzeichnis 10.3 Argumentprojektion in der SVK 10.3.1 Kopfinitiale SVK 10.3.2 Kopffinale SVK 10.4 Die Arbeitsteilung von SVKs und VVKs 10.5 Zusammenfassung

9 222 222 230 235 239

11. Resümee

241

Literatur

246

Anhang

254

Glossar Verzeichnis der mit Beispielsatz aufgeführten japanischen Verb-Verb-Komposita Sprachindex

254 255 258

1. Einleitung

Komplexe Verben können als komplexe Prädikate mit einem Kopf der Kategorie V und einem Nicht-Kopf einer beliebigen lexikalischen Kategorie X definiert werden. Abhängig von der lexikalischen Kategorie des Nicht-Kopf-Prädikats ergeben sich bestimmte Subtypen komplexer Verben, wie z.B. für das Deutsche die Resultativkonstruktion in ( l a ) oder die Depiktivkonstruktion in (lb), wenn X = A oder P ist. Dagegen entsteht die Option einer light verö-Konstruktion wie in dem Beispiel aus dem Persischen in (2), wenn X = N ist. (1)

a. Sie weinte das Taschentuch naß. b. Ich aß die Pizza im Stehen.

(2)

Persisch, Karimi (1997:217) Kimea in otägh ro extesäs be mehmän däd. K. diesen Raum rä Zuteilung an Gast gab 'Kimea teilte diesen Raum den Gästen zu.1

Im Mittelpunkt dieser Arbeit stehen komplexe Verben, bei denen auch der Nicht-Kopf ein Verb ist, also Kombinationen aus zwei Verben (im folgenden VI und V2 entsprechend der linearen Abfolge). Zwei prominente Typen solcher V-V-Sequenzen sind Verbkomposita und Serialverbkonstruktionen. Beide Typen zeichnen sich dadurch aus, daß die Verben, die in solchen Sequenzen figurieren, in der Regel auch unabhängig vorkommen können. Sie unterscheiden sich jedoch durch ihren morphologischen Status. (3a) zeigt ein Beispiel mit dem japanischen Verbkompositum kami-kiru (beißtrennen) 'durchbeißen'. Verbkomposita sind dadurch definiert, daß die V-V-Sequenz ein morphologisches Wort bildet. In der Serialverbkonstruktion dagegen bleiben die beiden Verben syntaktisch frei und werden häufig durch eine zwischen ihnen stehende NP getrennt. Einen solchen Fall illustriert die Serialverbkonstruktion aus der nigerianischen Sprache Edo in (3b), in der zwischen die Verben khü 'jagen' und lädiän 'sich herausbewegen' das geteilte NP-Argument ähiänmwen 'Vogel' tritt. (3)

a. Japanisch Inu ga roopu o kami-kit-ta. Hund NOM Seil AKK beiß-trenn-PAST 'Der Hund biß das Seil durch.'

12

1. Einleitung b. Edo, Baker & Stewart (1999:17) Ekitä khü ähiänmwen lädiän. Hund jagen Vogel s.herausbewegen 'Der Hund jagte den Vogel weg.'

Auf der Komplexitätsskala komplexer Prädikate markieren Verbkomposita und Serialverbkonstruktionen den Endpunkt: Zwei Elemente mit elaborierter Argument- und Ereignisstruktur werden fusioniert. Vor dem Hintergrund dieser Komplexität fokussiert die Darstellung auf die semantische Komposition und die Argumentstruktur komplexer Verben. Die folgenden Fragen werden dabei relevant sein. 1. Komposition: Wie werden die beiden Verben zu einem neuen komplexen Verb kombiniert? Serialverbkonstruktionen zeichnen sich dadurch aus, daß keines der beiden Verben das andere selegiert. So fordert in (3b) weder VI 'jagen' noch V2 'sich herausbewegen' das jeweils andere Verb als Ergänzung. Dies gilt ebenso für das japanische V-V-Kompositum kami-kiru (beiß-trennen) 'durchbeißen' in (3a). Die Gesamtheit der japanischen Verbkomposita kann dagegen nicht durch die Abwesenheit einer Kopf-Komplement-Relation charakterisiert werden, da sich eine produktive Klasse von Komposita gerade dadurch definiert, daß eine beschränkte Menge von aspektuellen und Experiencer-Verben ein weiteres Verb selegiert, um ein Kompositum zu bilden. Dies illustriert das Beispiel in (4). Hier verlangt das Kopfverb kaesu 'VI wieder tun' eine von VI yomi- 'lesen' beigesteuerte Ergänzung. (4)

Japanisch Taroo wa ronbun o yomi-kaesi-ta. T. TOP Aufsatz AKK les-wieder-PAST 'Taro las den Aufsatz wieder/noch einmal.'

Während wir die semantische Relation zwischen den Verben in (4) als FunktorArgument-Beziehung verstehen können, ist bei den Sequenzen in (3) nicht klar, wie die Bedeutungsbeiträge der beiden Verben zusammengebracht werden. Diese Unsicherheit wird u.a. auch durch die Vielfalt der Strukturannahmen in den syntaktischen Analysen reflektiert, die in den folgenden Kapiteln noch vorgestellt werden. Ein Charakteristikum der Komposition zweier Verben ist auch, daß die einzelnen Verben bereits komplex sind. Dies wird deutlich, wenn man z.B. die Resultativkonstruktion in den europäischen Sprachen mit den resultativen Verbkomposita des Japanischen vergleicht. So referiert beispielsweise eine Resultativkonstruktion wie 'Sie weinte das Taschentuch naß.' auf einen durch das Weinen bewirkten Zustandswechsel 'naß werden'. Das Adjektiv 'naß' denotiert aber nur einen Zustand, keinen Zustandswechsel. Eine adäquate semantische Repräsentation, die den von 'naß weinen' denotierten Zustandswechsel abbildet, enthält folglich zusätzliches, nicht von den Elementen der Resultativkonstruktion eingebrachtes Material. Kaufmann & Wunderlich (1998) nehmen daher an, daß in einer Resultativkonstruktion wie 'naß weinen' das vom Adjektiv 'naß' beigesteuerte Prädikat Argument eines BECOME-Operators ist.

13

1. Einleitung

Dagegen ist der Kopf des entsprechenden japanischen Verbkompositums naki-nurasu (wein-naß.machen) 'naß weinen' bereits ein Accomplishment, das neben einer unspezifischen Kausation den Zustandswechsel 'naß werden' denotiert. Das erste Verb naku 'weinen' expliziert hier lediglich die in nurasu 'naß machen' enthaltene Verursachung. Hier stellt sich also im Gegensatz zur obigen Resultativkonstruktion nicht die Frage, wie die semantische Repräsentation ergänzt werden muß, sondern vielmehr wie die explizite und die implizite Verursachung in der Komposition des komplexen Verbs zusammengebracht werden. Für die Fälle, in denen keines der Verben als geborener Funktor charakterisiert werden kann, werde ich im folgenden eine Verberweiterung im Sinne von Wunderlich (1997b) annehmen. Hierbei wird die Frage zu klären sein, welches der beiden Verben erweitert wird. Man kann davon ausgehen, daß die Erweiterung des Kopfs der Erweiterung des Nicht-Kopfs vorgezogen wird, da der Kopf eine semantische Basis vorgibt, die durch den Nicht-Kopf weiter spezifiziert wird. Wie sich im folgenden zeigen wird, führt die Erweiterung des Kopfs aber durch die Interaktion zwischen semantischen Wohlgeformtheitsbedingungen und der ikonisch bestimmten Linearisierung der Verben in der Syntax/Morphologie in kopffinalen Sprachen wie dem Japanischen nicht immer zu einer wohlgeformten Abbildung. Daher muß in einigen Fällen auch eine Erweiterung des Nicht-Kopfs angenommen werden, um eine semantisch lizensierte Repräsentation zu erzielen. 2. Argumentstruktur: Wie kann die Argumentstruktur des komplexen Verbs auf der Basis der Argumentstrukturen der beiden Teilverben hergeleitet werden? Dabei steht die Frage nach der Herleitung der Argumentstruktur in einem engen Zusammenhang mit der Frage nach dem Kopf des komplexen Verbs. Kopfinitiale Sprachen weisen z.B. typischerweise resultative V-V-Sequenzen auf, in denen wie in der Serialisierung aus dem Edo in (5a) ein transitives VI mit einem intransitiven Zustandswechselverb kombiniert wird. Hier wird das einzige Argument des intransitiven V2 de 'fallen' mit dem Objektargument des transitiven VI suä 'schubsen' identifiziert. Dagegen zeigen kopffinale Sprachen wie das Japanische in solchen kausal interpretierten Sequenzen in der Regel Transitivitätsparität: Zwei Verben gleicher Stelligkeit werden kombiniert. So wird bei dem Kompositum in (5b) das transitive osu 'stoßen, drücken' mit dem ebenfalls transitiven taosu 'umstürzen' kombiniert. (5)

a. Edo, Baker & Ozö suä O. schubsen 'Ozo schubste

Stewart (1999:17) Uyi de. U. fallen Uyi um.'

b. Japanisch Rikisi ga aite o zimen ni osi-taosi-ta. Sumoringer NOM Gegner AKK Boden auf stoß-umstürz-PAST 'Der Sumoringer stieß seinen Gegner zu Boden.'

14

1. Einleitung

Wird im kopffinalen Japanisch stattdessen analog zu dem Muster in (5a) ein transitives VI wie niru 'etwas kochen' mit einem intransitiven V2 wie tumaru 'eindicken' zusammengebracht, wird das Subjektargument von VI blockiert, so daß sich ein intransitives Kompositum wie in (6) ergibt, bei dem das Agens von VI nicht einmal mehr oblique realisiert werden kann. (6)

Japanisch Suupu ga (*Taroo niyotte) ni-tumat-ta. Suppe NOM Täro von koch(tr.)-eindick(intr.)-PAST 'Die Suppe wurde (*von Taro) eingekocht.'

Das Japanische erlaubt aber auch Transitiv-Intransitiv-Sequenzen ohne Argumentblokkierung wie uri-aruku (verkauf-laufen) 'etwas verkaufend herumlaufen' in (7). Hier werden die Subjektargumente der beiden Teilverben identifiziert, und das Objektargument des transitiven VI uru 'verkaufen' wird ohne Identifikation mit einem V2-Argument an das komplexe Verb vererbt. (7)

Japanisch Gakusei wa kaizyoo de bentoo o uri-arui-ta. Student TOP Versammlungspl. auf Lunchpaket AKK verkauf-lauf-PAST 'Die Studenten liefen, Lunch-Pakete verkaufend, auf dem Versammlungsplatz herum.'

Der Kontrast zwischen (6) und (7) geht mit der An- bzw. Abwesenheit einer kausalen Interpretation einher. Während das VI niru 'kochen' in (6) eine Ursache für das von V2 tumaru denotierte Eindicken darstellt, liegt eine solche kausale Relation bei dem Kompositum uri-aruku (verkauf-laufen) 'etwas verkaufend herumlaufen' in (7) nicht vor. Dies zeigt, daß neben der Position des Kopfs auch die jeweils vorliegende semantische Relation berücksichtigt werden muß. Insbesondere die Anwesenheit einer kausalen Relation wird im folgenden als wichtige Eigenschaft in der Bestimmung der Argumentstruktur betrachtet. Ich werde in diesem Zusammenhang abhängig vom Vorliegen oder der Abwesenheit einer Kausalrelation resultative von nicht-resultativen V-V-Sequenzen unterscheiden. Die Bedeutung der semantischen Relation wird auch in Sprachen deutlich, die sowohl über Verbkomposita bzw. eine verbadjazente Konstruktion als auch über die Serialverbkonstruktion verfügen. So zeigen etwa die Kwa-Sprache Igbo und das Chinesische bei der Wahl zwischen einem V-V-Kompositum oder einer Serialverbkonstruktion eine Sensitivität für das Vorliegen einer kausalen Interpretation. Beide Sprachen wählen für den resultativen Typ V-V-Komposita, während andere semantische Typen durch die Serialverbkonstruktion erfaßt werden. Diese Distribution illustrieren die beiden Beispiele aus dem Igbo in (8). Während der nicht-resultative Typ in (8a) durch eine Serialverbkonstruktion abgebildet wird, wird der resultative Typ obligatorisch durch ein Verbkompositum wie in (8b) kodiert.

15

1. Einleitung (8)

Igbo, Déchaîne (1993b:809 u. 812) a. O wè-re ite byâ. 3SG nehm-ASP Topf komm. ASP 'Er/sie kam mit einem Topf.' b. Ogit ku-wa-ra O.

éfere tri.

schlag-zerbrech-ASP Teller lSG.GEN

'Ogu zerschlug meinen Teller.' Im Vietnamesischen hingegen kann bei Vorliegen einer kausalen Lesart zwischen zwei Varianten gewählt werden. In der Serialverbkonstruktion in (9a) werden die beiden Verben durch ein geteiltes NP-Argument getrennt. In (9b) dagegen folgen die beiden Verben direkt aufeinander und das geteilte Argument steht hinter dem Komplex aus VI und V2. (9)

Vietnamesisch, Kuhn (1990:279f.) a. Giâp ôung câi to: bë: G. stoßen NKL Schüssel zerbrechen 'Giap stößt an die Schüssel und die zerbricht (davon).' b. Giâp ôung bë: câi tö. G. stoßen zerbrechen NKL Schüssel 'Giap stößt an die Schüssel und die zerbricht (davon).'

Weder die Bedeutung der semantischen Relation noch der Einfluß des Kopfparameters findet in der Literatur eine einheitliche Behandlung. Auch wird die Frage nach der Köpfigkeit von V-V-Sequenzen in einer spezifischen Sprache nicht eindeutig beantwortet. Dies ist u.a. darauf zurückzuführen, daß bei der Entscheidung, welches Element in einer V-V-Sequenz Kopfstatus hat, uns - anders als bei anderen Typen komplexer Verben - nicht schon die Vererbung der lexikalischen Kategorie einen Hinweis gibt: Beide Elemente haben dieselbe Kategorie V. Besonders Analysen der Serialverbkonstruktion beziehen in der Frage der Köpfigkeit sehr unterschiedliche Positionen: Für die Kwa-Sprache Yoruba präsentiert beispielsweise Lawal (1993) eine Analyse, in der alle Serialverbkonstruktionen als linksköpfige Adjunktionsstrukturen repräsentiert werden. Déchaine (1993a,b, 1997) nimmt iür Yoruba zwar ebenfalls eine Adjunktionsstruktur an, schlägt aber vor, daß abhängig von der jeweiligen semantischen Relation entweder VI oder V2 als Kopf fungiert. Die dritte denkbare Position wird durch Bakers (1989, 1991) und Bakers & Stewarts (1999) Doppelkopfanalyse der Serialverben vertreten, in der beide Verben als Köpfe fungieren. Ich werde in meiner Analyse von einer asymmetrischen Köpfigkeit ausgehen, die innerhalb einer Sprache nicht variiert. Die Köpfigkeit wird sowohl beim Aufbau der Semantischen Form als auch bei der Herleitung des Theta-Rasters berücksichtigt. Dabei wird die Köpfigkeit als Konflikt zwischen den beiden Teilverben durch ein Ranking von kopfbezogenen und nicht-kopfbezogenen Constraints transparent.

16

1. Einleitung

Die Arbeit gliedert sich wie folgt: Im nächsten Kapitel wird die Lexikalische Dekompositionsgrammatik als theoretischer Rahmen vorgestellt. Die anschließenden fünf Kapitel beschäftigen sich mit den Verbkomposita des Japanischen, auf denen der Schwerpunkt dieser Arbeit liegt. In Kapitel 3 erfolgt zunächst eine Subklassifikation japanischer V-V-Komposita. Besondere Aufmerksamkeit gilt der Argumentstruktur der jeweiligen Klassen dieser Komposita. Ich werde dafür argumentieren, daß Klasse Iund Klasse Ii-Komposita nach der An- bzw. Abwesenheit einer Kopf-KomplementRelation unterschieden werden sollten. Für die Klasse II, die durch die Abwesenheit einer Komplementrelation definiert ist, werde ich zudem annehmen, daß das Vorliegen einer kausalen Relation entscheidend für den Aufbau der Semantischen Form und des Theta-Rasters ist. Um diese Annahme zu motivieren, erfolgt in Kapitel 3 eine Präsentation der verschiedenen Argumentstrukturmuster der Komposita dieser Klasse. Kapitel 4 liefert einen Überblick über den Forschungsstand zu den Klasse Ii-Komposita. In Kapitel 5 folgt eine eigene Analyse der Klasse Ii-Komposita, welche die in Kapitel 3 präsentierten Argumentmuster aufgreift. Kapitel 6 führt in die Phänomenologie der Klasse I-Komposita des Japanischen ein und schildert Ansätze zu dieser Klasse, bevor ich in Kapitel 7 meine Analyse dieser Klasse vorschlagen werde. In den folgenden Kapiteln wird diskutiert, inwiefern sich die an den japanischen Verbkomposita entwikkelte Vorgehensweise auf die Serialverbkonstruktion übertragen läßt. Dazu erfolgt im Kapitel 8 zunächst eine Darstellung der Argumentstruktur und semantischen Typen der Serialverbkonstruktion. Das semantische Spektrum dieser Konstruktion wird darüberhinaus mit den japanischen Verbkomposita verglichen. Zudem erfolgt eine Skizze der Arbeitsteilung zwischen Serialverben und Verbkomposita in Sprachen mit beiden Konstruktionen. Hieran schließt sich in Kapitel 9 ein Abriß der Forschung zur Serialverbkonstruktion und zur Arbeitsteilung zwischen Serialverbkonstruktion und Verbkomposita an. In Kapitel 10 schließlich stelle ich eine constraintbasierte Analyse der Serialverbkonstruktion vor. Hier erfolgt auch ein Vorschlag zur Behandlung der Distribution von Serialverben und Verbkomposita.

2. Der theoretische Rahmen

Der theoretische Rahmen für meine Analyse komplexer Verben ist die Lexikalische Dekompositionsgrammatik (LDG, Joppen und Wunderlich 1995, Wunderlich 1997a,b, 2000, Kaufmann 1995a,b, Kaufmann und Wunderlich 1998, Stiebeis 1996, 2002a). Die LDG ist eine Theorie, welche es ermöglicht, die morpho-syntaktische Realisierung von Argumenten (=Argumentlinking) aus strukturierten lexikalischen Repräsentationen herzuleiten. Zentrale Ebene des Modells ist die Semantische Form (SF). Die SF ist eine minimale Repräsentation, die sich aus einer Dekomposition in semantische Primitive ergibt. Sie ist beschränkt auf Bedeutungsaspekte, die grammatisch relevant sind. Darüber hinausgehende semantische Information kann im Sinne der von Bierwisch (1983) und Bierwisch & Lang (1987) entwickelten Zwei-Stufen-Semantik auf der Ebene der Konzeptuellen Struktur (CS) repräsentiert werden. Neben der Spezifikation von thematischen und ereignisstrukturellen Rollen umfaßt diese Information auch implizite Argumente sowie temporale und kausale Relationen. Aus der Prädikat-Argument-Struktur der SF wird mittels sukzessiver ^-Abstraktion die 0-Struktur (TS) hergeleitet. Die TS ist eine Sequenz gebundener Argument-Variablen, die vorgibt, wie die Argumente auf der Ebene der morphosyntaktischen Struktur (MS) realisiert werden. In der MS werden die für die Argumentrealisierung relevanten morphosyntaktischen Merkmale (z.B. Kasus für das Japanische) spezifiziert. Die vier Ebenen des Modells werden in (1) durch die Repräsentation des ditransitiven japanischen Verbs osieru 'jdm. etwas beibringen' illustriert. (1) LDG - vier Ebenen am Beispiel von osieru 'beibringen'

Die Interaktion zwischen CS und SF wird durch die Constraints in (2) bis (4) beschränkt (Kaufmann 1995a,b, Kaufmann & Wunderlich 1998, Wunderlich 1997a).

2. Der theoretische Rahmen

18

(2)

POSSIBLE VERBS. In der dekomponierten SF-Repräsentation eines Verbs muß jedes tiefer eingebettete Prädikat das höhere Prädikat oder von diesem aktivierte sortale Eigenschaften näher spezifizieren.

(3)

Teilereignisse, die von den Prädikaten einer dekomponierten SF ausgedrückt werden, müssen entweder simultan stattfinden oder kausal verknüpft sein.

(4)

CONNEXION.

COHERENCE.

In einer dekomponierten SF muß jedes Prädikat entweder explizit oder implizit ein Argument mit einem anderen Prädikat teilen.

und COHERENCE bestimmen die in der SF zulässigen Prädikate und deren Abfolge. Die beiden Constraints sind nicht nur bei Simplexverben, sondern auch bei den durch Erweiterungen erzeugten komplexen Prädikaten relevant, indem sie zulässige und nicht zulässige Erweiterungen bestimmen, COHERENCE verlangt eine durch eine simultane oder kausale Interpretation hergestellte Kohärenzrelation zwischen den Elementen der Dekompositionsstruktur. Insbesondere bei komplexen Prädikaten wird hierdurch sichergestellt, daß beliebige Interpretationen ausgeschlossen sind und die Einheit der denotierten Situation gewährleistet ist. Da COHERENCE als generelle Kohärenzstrategie gilt, wird die Relation zwischen den von den Prädikaten bezeichneten Teilereignissen auf der Ebene der minimalen SF nicht abgebildet, sondern als erschließbar betrachtet. So wird für das obige Verb osieru 'beibringen, lehren' die kausale Relation zwischen den von ACT(x) und BEC(KNOW(y,z)) denotierten Teilereignissen nicht expliziert. Ebenso bleibt auch die von ACT(x) erfaßte agentive Komponente des Ereignisses unterspezifiziert. Aus dem von BEC(KNOW(y,z)) bezeichneten Zustandswechsel kann aber geschlossen werden, daß es sich hierbei um eine wie auch immer geartete Lehrstrategie handeln muß. POSSIBLE VERBS

Das zweite CS-SF-Constraint POSSIBLE VERBS legt eine eindeutige Abfolge der Verben in der SF fest. Da BEC(KNOW(y,z)) das Ergebnis der verursachenden Handlung ACT(x) ist, kann es in der SF nur darauf folgen. CONNEXION schließlich fordert, daß jedes SF-Prädikat wenigstens ein Argument mit einem anderen Prädikat teilt. Die Identifikation der Argumente kann, angezeigt durch Koindizierung oder identischen Variablennamen, direkt auf der SF erfolgen. Sie kann aber auch erschlossen werden. Dies ist z.B. die Strategie bei starken Resultativen (Kaufmann & Wunderlich 1998). Ebenso kann in der SF ACT(x) & BEC(KNOW(y,z)) das Argument y als in die von ACT(x) denotierte Lehrstrategie involviert verstanden werden. Die SF von osieru 'beibringen' erfüllt daher CONNEXION durch ein implizit geteiltes Argument.

2.1 Argumenthierarchie

und TS-Aufl>au

19

2.1 Argumenthierarchie und TS-Aufbau Aus der durch POSSIBLE VERBS festgelegten Reihenfolge der Dekompositionsprädikate folgt eine eindeutige Argumenthierarchie. Die Abfolge der Dekompositionsprädikate in der SF wird in eine binäre Hierarchie von Prädikaten und dazugehörigen Argumenten übersetzt. Dies ermöglicht die asymmetrische Interpretation der Konjunktion '&': In einer Konjunktion [A&B] gilt das rechte Konjunkt B als tiefer eingebettet als das linke Konjunkt A, so daß [A&B] in eine binäre Struktur [A[& B]] übertragen wird. Diese Struktur kann durch einen Baum wie in (5) sichtbar gemacht werden. (5)

lexikalischer Baum für osieru 'beibringen'

ACT

«e,t>, x > y > z. Hieraus resultiert die von HIERARCHY lizensierte TS-Sequenz 'XzXyXxXs' mit der umgekehrten Abfolge der Argumentvariablen. Mit Ausnahme des Situationsarguments s, welches das referentielle Argument des Verbs ist und durch die funktionalen Kategorien Tempus, Modus, Aspekt gebunden wird, werden alle Argumente in der TS in die Syntax projiziert. Die Projektion der Argumente und ihr Linking wird über strukturelle Linkermerkmale vermittelt, die den Argumenten in der TS annotiert werden (s.u.). Alle Argumente, deren Realisierung diesem strukturellen Linking unterliegt, werden daher als strukturelle Argumente bezeichnet. Damit ein SF-Argument als strukturell qualifiziert, muß es

20

2. Der theoretische

Rahmen

aber die Bedingung STRUCTURAL ARGUMENT (Wunderlich 1997a) in (7) erfüllen. STRUCTURAL ARGUMENT baut auf der Dominanzrelation L-Kommando auf, die in (8) aufgeführt ist. (7)

STRUCTURAL ARGUMENT. Ein Argument ist nur strukturell, wenn es entweder das tiefste Argument ist oder alle seine Vorkommen in SF das tiefste Argument L-kommandieren.

(8)

L-Kommando: a L-kommandiert einen Knoten ß, falls der Knoten y, der a entweder direkt oder über eine Kette typidentischer Knoten dominiert, auch ß dominiert.

Nach der obigen Definition ist das zweite Argument eines zweistelligen SF-Prädikats nur dann strukturell, wenn es das unterste Argument der gesamten SF ist. In einer SF-Abfolge P(u,v)&Q(w,x)&R(y,z) werden beispielsweise nur u, w, y und z als strukturell identifiziert, während v und x nicht strukturell sind. Alle drei Argumente in dem lexikalischen Baum in (5) sind nach STRUCTURAL ARGUMENT strukturell: z ist das unterste Argument und damit strukturell, y L-kommandiert z über den y direkt dominierenden Knoten t; x L-kommandiert z über eine Kette von zwei Knoten des identischen Typs . STRUCTURAL ARGUMENT ist relevant für das Phänomen der Argumentblockierung bei der TS-Herleitung komplexer Prädikate. Es wird daher für die folgenden Analysen komplexer Verben wichtig sein. Die Beschränkung ist darüberhinaus besonders zur Vorhersage der Argumentblockierung in starken Resultativen mit transitivem Basisverb herangezogen worden (Kaufmann & Wunderlich 1998). So wird durch STRUCTURAL ARGUMENT die Blockierung des direkten Objekts von trinken in Konstruktionen wie den Kühlschrank/*das Bier leer trinken vorhergesagt, da das Objektargument von trinken das durch leer neu eingeführte unterste Argument nicht L-kommandiert. Dies wird durch den unten stehenden lexikalischen Baum für die Konstruktion verdeutlicht: (9)

lexikalischer Baum für leer trinken: DRlNK(x,y) & BEC(EMPTY(z))

«e,t>,' ACTOR ACTED - UPON

INTENSITY [REL' harshly'] Für die anderen semantischen Typen werden generalisierte s-Strukturen vorgeschlagen, in denen die identifizierten Argumente durch Bögen verbunden sind. Für cause Compounds wie uti-agaru (schlag-steigen) 'hochgeschlagen werden', also resultative Sequenzen mit intransitivem V2, wird beispielsweise die Repräsentation in (5) angenommen, in der VI eingebettet ist. Da abhängig von dem jeweiligen Kompositum entweder das Subjektargument oder das Objektargument von VI mit dem einzigen Argument von V2 identifiziert wird, wird diese Variation durch die gestrichelten Linien erfaßt. (5) cause Compounds mit unergativem/transitivem VI (Matsumoto 1996a:232) REL

' GO < FIGURE, PATH >' V2

FIGURE PATH... " R E L ' ACT < ACTOR, (ACTED - UPON) >' CAUSE

ACTOR (ACTED - UPON)-

VI

Als weiteres Beispiel für die von Matsumoto angenommen Abbildungen sind die s-Strukturen für manner Compounds in (6) aufgeführt. Manner Compounds zeichnen sich im allgemeinen durch die Identifikation der Subjektargumente aus. Dies gilt z.B. für das Transitiv-Intransitiv-VVK sagasi-mawaru (such-s.umherbewegen) 'etwas suchend herumlaufen 1 . Matsumoto schlägt hier die allgemeine Struktur in (6a) vor, muß aber für Intransitiv-Transitiv-Sequenzen wie mai-ageru (wirbel-heben) 'etwas hochwirbeln' zudem die Matrix in (6b) annehmen, da hier das einzige Argument des intransitiven VI mit dem Objektargument von V2 identisch ist.

68

4. Ansätze zu Kombinatorik und

Argumentstruktur

(6) a. manner compounds (allgemein) (Matsumoto 1996a:233) REL

'... < ACTOR/FIGURE,... >' V2

ACTOR/FIGURE

REL "... < ACTOR/FIGURE,... MANNER

ACTOR/FIGURE

VI

b. manner compounds (unakkusativ-transitiv) (Matsumoto 1996a:234) REL

' ACT < ACTOR, ACTED - UPON >'

ACTOR ACTED - UPON REL

' GO < FIGURE, PATH >'

FIGURE RESULT

PATH ... "REL MANNER

'GO < FIGURE,... >'

FIGURE.

Die Identifizierungen werden typspezifisch festgelegt: Es wird konstatiert, welche Argumente bei einem bestimmten Typ geteilt werden. Der Einsatz der gestrichelten Bögen zeigt schon, daß trotz der typspezifischen Identifizierungen ein gewisses Maß an Unbestimmtheit bezüglich der Identifikationsmuster bleibt. Diese Unbestimmtheit kann auch nicht durch einige weitere allgemeine Prinzipien beseitigt werden. So nimmt Matsumoto (1996a) als ein allgemein notwendiges Constraint die SHARED PARTICIPANT CONDITION in (7) an. Danach wird wenigstens eines der Argumente von VI und V2 geteilt. (7)

SHARED PARTICIPANT CONDITION 2 ( M a t s u m o t o 1 9 9 6 a : 2 3 0 )

Jedes der Verben, die zu einem Kompositum zusammengefugt werden, muß wenigstens ein Argument mit dem jeweils anderen Verb teilen. 2

Dieses Constraint ist ähnlich zu dem in der LDG angenommenen

CONNEXION (S.

Kapitel 2).

4.3 Hasselberg

(1996a,b)

69

Die Beschränkung in (7) legt nicht fest, welche und wieviel Argumente geteilt werden. Matsumoto (1998) verwendet das stärkere PRINCIPLE OF SUBJECT SHARING von Yumoto (1996), nach dem die Subjektargumente der beiden Verben geteilt werden müssen. (8)

(Matsumoto 1998:72, nach Yumoto 1996) Bei der Kombination zweier Verben müssen die beiden prominentesten Partizipanten in der semantischen Struktur der beiden Verben referenzidentisch sein.

PRINCIPLE OF SUBJECT SHARING

Auch dieses Prinzip ist nur eine notwendige Bedingung. Es sagt z.B. nichts über die Identifikation der Objektargumente in resultativen Transitiv-Transitiv-Sequenzen aus. Zudem werden auch die Subjektargumente nicht immer identifiziert. Bei TransitivIntransitiv-Komposita wie uti-agaru (schlag-steigen) 'hochgeschlagen werden' muß Matsumoto (1998) auf die oben geschilderte Annahme Kageyamas (1993) zurückgreifen, nach der solche Kombinationen in bezug auf morphologisch korrespondierende Transitiv-Transitiv-Paare gebildet werden, die das PRINCIPLE OF SUBJECT SHARING erfüllen. Ich werde das Prinzip in meiner eigenen Analyse im nächsten Kapitel in Form eines Rankings zweier verletzbarer Constraints wieder aufnehmen.

4.3 Hasselberg (1996a,b) Hasselberg (1996a,b) präsentiert eine korpusbasierte Studie japanischer VVKs. Als Datenbasis dient eine vom Staatlichen Institut für Japanische Sprache erhobene Liste mit 7432 Komposita. Aus dieser Liste werden 3946 Komposita ausgewählt und zu einem Lexikon japanischer Verbalkomposita zusammengestellt. Die Auswahl ergibt sich dadurch, daß eines der beiden Teilverben einem Produktivitätskriterium entsprechen muß. Als produktiv gilt ein Teilverb, wenn es in mindestens 20 Komposita vorkommt und zudem die Gesamtbedeutung charakteristisch beeinflußt. Die nach diesem Kriterium ermittelten 77 Teilverben strukturieren das Lexikon, indem jeweils die mit einem spezifischen produktiven Teilverb gebildeten Komposita zu einer Liste zusammengefaßt werden. Bei der semantischen Beschreibung wird grundsätzlich unterschieden, ob V2 VI selegiert oder nicht. Liegt keine Kopf-Komplement-Beziehung vor, wird die semantische Relation mittels sogenannter 'abstrakter Prädikatoren' beschrieben. Dies sind zweistellige Relationen, welche die beiden Verben zueinander in Beziehung setzen. Die Übersicht in (9) zeigt Hassselbergs Subklassifikation und die entsprechenden Relationen.

70

4. Ansätze zu Kombinatorik und

Argumentstruktur

(9) Hasselbergs (1996a) VVK-Subklassifikation VVK (V1)V2 VI Komplement von V2

Präd (V1,V2) VI und V2 Komplemente eines abstrakten Prädikators

Temporale Prädikatoren ohne Modifikation

Prädikatoren mit uniPrädikatoren mit bidirekdirektionaler Modifikation tionaler Modifikation

Syn(Vl,V2) Seq(Vl,V2)

Vec(Vl,*V2) Rez(Vl,*V2) Dur(Vl,*V2) Suc(Vl,*V2)

Mod(Vl,*V2)/ Mod(*Vl,V2) Ins(Vl,«V2)/ Ins(*Vl,V2)

Die Relationen Syn(Vl,V2) und Seq(Vl,V2) sind rein temporal und erfassen die Gleichzeitigkeit bzw. Abfolge der von den Teilverben denotierten Ereignisse. Als Beispiele für diese beiden Relationen fuhrt Hasselberg naki-sakebu (wein-schreien) 'heulen' bzw. kumi-kuru (einschütt-kommen) 'einschütten und dann kommen' an. Bei allen anderen Relationen wird eines der Verben als Modifikator interpretiert. Zudem wird unterschieden, ob das modifizierende Verb auf die V2-Position fixiert ist (Prädikatoren mit unidirektionaler Modifikation) oder in beiden Positionen vorkommen kann (Prädikatoren mit bidirektionaler Modifikation). Das modifizierende Verb wird durch das Symbol '•' markiert. In Komposita mit der Relation Vec(Vl,*V2) wird VI ein durch V2 eingeführter (räumlicher) Vektor zugeordnet. VVKs, die diese Relation aufweisen, sind z.B. Sequenzen mit dem V2 komu wie nagare-komu (fließ-sich.füllen) 'hineinfließen'. Die Relation Rez(Vl,*V2) liegt vor, wenn das Merkmal 'Reziprozität' auf VI übertragen wird (z.B. atae-au (geb-passen) 'einander geben'). Dur(Vl ,*V2) ordnet VI eine durch V2 bestimmte Dauer zu (z.B. katari-yuku (erzähl-gehen) 'weitererzählen'). Bei der Relation Suc(Vl,*V2) wird durch V2 der 'Grad der Durchführung' determiniert (z.B. iiateru (sag-treffen) 'erraten'). Die Relationen Mod(Vl,V2) und Ins(Vl,V2) erlauben sowohl VI als auch V2 als modifizierendes Verb. Dabei wird Mod(Vl,V2) so interpretiert, daß dem modifizierten Verb eine durch das andere Teilverb denotierte 'Verlaufsweise' zugeordnet wird. Ein Beispiel für Mod(*Vl,V2) ist uti-korosu (schlag/schießtöten) 'erschlagen, erschießen', während kikoe-wataru (hörbar.sein-überqueren) 'überall hörbar sein' durch Mod(Vl,»V2) erfaßt wird. Ins(Vl,*V2)/Ins(*Vl,V2) schließlich trifft auf Komposita zu, in denen eines der Verben eine intensivierende Funktion hat. So hat bei tori-kimeru (nehm-entscheiden) 'endgültig entscheiden' VI einen intensivierenden Effekt, während bei omoi-ireru (denk-hineintun) 'lange/intensiv nachdenken' V2 solch eine Funktion aufweist. Die von Hasselberg vorgeschlagenen Relationen ermöglichen eine Charakterisierung der semantischen Relationen in Form einer einfachen Metasprache. Durch die

4.4 Li (1993)

71

Aufnahme der Vektor-Relation findet sich in der Beschreibungssprache auch ein Reflex der Reanalyse von V2 zu einer Richtungsspezifikation, der in Matsumotos Darstellung fehlt. Einige Punkte sind allerdings anzumerken: Obwohl in dem von Hasselberg zusammengestellten Lexikon idiosynkratische Sequenzen separat aufgeführt werden, sind die Relationen nicht sensitiv dafür, wieviel von der Bedeutung des modifizierenden Teilverbs in die Gesamtbedeutung eingeht. Die Relationen werden daher sowohl für vollkompositionale als auch für semitransparente Kombinationen herangezogen. Im allgemeinen ist die Rede davon, daß das modifizierende Verb ein bestimmtes durch den Prädikator festgelegtes Merkmal auf das andere Teilverb überträgt. So wird die Relation Mod(*Vl, V2) dadurch definiert, daß ein von VI bereitgestelltes Merkmal "Verlaufsweise" auf V2 übertragen wird. Es ist aber nicht ganz klar, inwiefern ein spezifisches VI in dieser Relation unabhängig ein Merkmal "Verlaufsweise" trägt. Dennoch stellt gerade die Abstraktion von der konkreten Komposition eines spezifischen VVKs eine einfache, auch lexikographisch verwendbare Beschreibungssprache zur Verfügung. Es stellt sich auch die Frage, ob nicht einige der produktiven Teilverben besser als Suffix repräsentiert werden sollten. So ist das produktivste Verb in der Reziprozitätsrelation Rez(Vl, *V2) das V2 au 'passen', das als symmetrisch charakterisiert wird. Es bleibt aber unklar, wie das Merkmal "Reziprozität" in einem Kompositum wie atae-au (geb-passen) 'einander geben' übertragen wird. Zwar ist es kognitiv sehr naheliegend, daß ein symmetrisches Verb eine Reanalyse als Reziprokmarkierung erfahrt, dies kann aber in einem separaten Eintrag für ein reziprokes Suffix -au erfaßt werden. Für die insgesamt vier Verben, die nach Hasselberg als V2 in die Relation Rez(Vl, *V2) eingehen, eine spezifische Relation anzunehmen, erscheint weniger angemessen. Dieselbe Problematik zeigt sich bei dem V2 komu. Komu wird u.a. als Vektorverb charakterisiert, das eine von außen nach innen verlaufende Bewegung expliziert. Das V2 fungiert aber, wie oben bereits erläutert, unabhängig als Zustandswechselverb mit der Bedeutung 'voll werden'. Das mit dem frei vorkommenden Verb assoziierte Konzept enthält daher bereits eine Bewegung in eine Innenregion. Abstrakt bleibt aber, wie hieraus ein Vektor ermittelt wird, der auf das V1 übertragen wird. Auch hier scheint es naheliegend, für komu als V2 in Komposita einen separaten Eintrag anzusetzen.

4.4 Li (1993) Li (1993) schlägt einen Ansatz vor, der auf den Theta-Rastern der Teilverben basiert und sich an seiner Analyse der chinesischen Resultativkomposita orientiert (Li 1990). Anders als im Japanischen können im Chinesischen zwei intransitive Verben zu einem transitiven VVK ohne Argumentidentifikation kombiniert werden. Dies illustriert das folgende Beispielpaar.

72

4. Ansätze zu Kombinatorik und (10)

Argumentstruktur

Chinesisch, (Li 1993:480) a. Táotao tiao-fán-le. T. jump-bored-ASP 'Taotao sprang und als Ergebnis wurde er gelangweilt.' b. Táotao tiao-fán-le Yóuyou le. T. jump-bored-ASP Y. le 'Taotao sprang und als Ergebnis wurde Youyou gelangweilt.'

In (10) sind zwei Optionen verfugbar: Entweder werden die einzigen Argumente von tiäo 'springen' und fán 'gelangweilt sein' identifiziert wie in (10a), oder das Argument von VI wird als Subjekt und das Argument von V2 als Objekt realisiert, so daß das transitive VVK in (10b) resultiert. Die beiden Varianten sind in (11) schematisiert: (11)

a. V1 (x¡) + V2(y¡) = VVK(x) b. Vl(x) +V2(y) = VVK(x,y)

Wie in Kapitel 3 dargestellt, kann die Kombination zweier intransitiver Verben im Japanischen nie in einem transitiven VVK resultieren; hier ist nur das Muster in (IIa) möglich. Li erklärt diesen Kontrast mit der Interaktion zwischen dem morphologischen Kopf und dem sogenannten 'aspektuellen' Kopf. Der aspektuelle Kopf wird von ihm als derjenige Teil eines komplexen Ereignisses definiert, der konzeptuell prominenter ist. In Accomplishments, die als Sequenzen aus einer Aktivität und einem Zustandswechsel verstanden werden können, ist die Aktivitätskomponente prominenter und resultiert daher als aspektueller Kopf. Darüberhinaus nimmt Li an, daß sowohl der morphologische als auch der aspektuelle Kopf ihre Argumenthierarchie (= thematic prominence hierarchy) erhalten, d.h., daß das höchste Argument das höchste bleibt, das zweithöchste das zweithöchste etc. Dies wird durch das folgende Prinzip gewährleistet: (12)

Kopfprinzip (Li 1993:491, vereinfacht) Die Schlüsselinformation des aspektuellen und des morphologischen Kopfs muß erhalten bleiben. Die Schlüsselinformation des Kopfs umfaßt wenigstens die kategorialen Merkmale und die thematische Prominenzrelation seiner Theta-Rollen.

Aufgrund der Interaktion mit der Ikonizitätsbedingung in (13) koinzidieren im Chinesischen der aspektuelle und der morphologische Kopf in VI, während im Japanischen VI als aspektueller und V2 als morphologischer Kopf resultiert. Dies zeigt die Abbildung in (14). (13)

TEMPORAL ICONICITY CONDITION = T I C (Li 1993:499, vereinfacht)

Die lineare Ordnung der Verben reflektiert die temporale Ordnung der Ereignisse, die sie denotieren.

73

4.4 Li (1993) (14)

Abbildung von morphologischem und aspektuellem Kopf a.

Chinesisch VI morphologischer Kopf aspektueller Kopf

b.

V2

Japanisch VI aspektueller Kopf

V2 morphologischer Kopf

Als Folge ergibt sich für das Chinesische, daß nur die Prominenzhierarchie von VI im VVK erhalten bleiben muß, während im Japanischen aufgrund der fehlenden Übereinstimmung von konzeptuellem und morphologischem Kopf die Hierachie von VI und V2 erhalten werden muß. Bei der Verknüpfung zweier intransitiver Verben ergibt sich aus dieser Bedingung automatisch die Identifikation der beiden einzigen Argumente, wie Li anhand des folgenden Beispiels diskutiert. In dem VVK odori-akiru (tanzgelangweilt.werden) 'vom Tanzen gelangweilt werden' bezeichnet odoru 'tanzen' die Aktivität und ist daher nach Lis Definition der aspektuelle Kopf. Das V2 akiru 'gelangweilt werden' ist dagegen der morphologische Kopf. Um die Argumentstruktur beider Köpfe zu erhalten, müssen die Subjektargumente wie in (15a) identifiziert werden. Die separate Realisierung der Argumente wie in (15b) verletzt die Argumenthierarchie eines der beiden Teilverben (hier V2) und ist daher ungrammatisch. (15)

a. John ga J.

odori-aki-ta.

NOM tanz-gelangweilt.werd-PAST

'John tanzte, und als Ergebnis wurde er gelangweilt.' b. *John ga Mary o odori-aki-ta. J. NOM M. AKK tanz-gelangweilt.werd-PAST 'John tanzte so lange, daß Mary gelangweilt wurde.' (Li 1993:481) Lis Analyse scheitert aber, wenn man andere Muster japanischer VVKs in Erwägung zieht. Es zeigt sich, daß Muster, die existieren, ausgeschlossen werden, während Muster zugelassen werden, die nicht existieren. So ist z.B. das resultative TransitivIntransitiv VVK ni-tumaru (koch-eindicken) 'einkochen', wiederholt in (16), durch Lis Analyse ausgeschlossen: (16)

Suupu ga (* Taroo ni yotte) ni-tumat-ta. Suppe NOM Taro von koch(tr.)-eindick(intr.)-PAST 'Die Suppe wurde (*von Taro) eingekocht.'

Die Blockierung des höchsten Arguments von VI und die Realisierung des untersten Arguments von VI als höchstes Argument des VVKs verletzt die Prominenzhierarchie

74

4. Ansätze zu Kombinatorik und

Argumentstruktur

von VI augenscheinlich. Dennoch existiert dieses Muster entgegen der Vorhersage von Li. Bei VVKs wie nomi-tubureru (trink-kollabieren) 'bis zur Besinnungslosigkeit trinken', wiederholt in (17), ist Lis Analyse dagegen zu schwach: Hier wird das direkte Objekt von VI blockiert. Die Realisierung des Vl-Objekts würde keine der beiden Prominenzhierarchien verletzen, ist aber dennoch für das Kompositum ausgeschlossen. (17)

Kinoo Yumiko ga {*wain o/ waindej nomi-tubure-ta. gestern Y. NOM Wein AKK/ Wein mit trink-kollabier-PAST 'Gestern betrank sich Yumiko (mit Wein) bis zur Besinnungslosigkeit.'

Schließlich ist auch nicht motiviert, warum die Aktivitätskomponente als aspektueller Kopf klassifiziert. Die Charakterisierung wird auch problematisch, wenn man den produktivsten Typ der resultativen VVKs im Japanischen betrachtet, der sich aus einem transitiven Aktivitätsverb als VI und einem lexikalischen Kausativ als V2 zusammensetzt. Hier umfaßt V2 sowohl eine nicht weiter spezifizierte Aktivität als auch den Effekt, während VI nur die Aktivität expliziert. V2 qualifiziert als morphologischer Kopf, während unklar ist, ob VI oder V2 oder beide Teilverben als aspektueller Kopf charakterisiert werden können, da beide eine Aktivität involvieren.

4.5 Nishiyama (1998) Nishiyama (1998) und Hasegawa (1998) bieten alternative syntaktische Analysen der Klasse Ii-Komposita. Nishiyama basiert seine Analyse auf Kratzers (1996) Theorie der Voice-Phrasen, in der das externe Argument einem Verb erst durch eine entsprechende Voice-Phrase hinzugefügt wird, die allerdings nur bei transitiven und unergativen Verben lizensiert ist. Für japanische VVKs nimmt Nishiyama an, daß das externe Argument dem Komplex aus VI und V2 hinzugefügt wird. Damit umgeht er das Problem der Identifizierung der externen Argumente, die aus der Standardannahme resultiert, daß transitive und unergative Verben ein externes Argument in ihrem lexikalischen Eintrag haben. In Nishiyamas Analyse werden unergative und transitive Verben dagegen durch den Kopf einer Transitivity Phrase (TrP) selegiert, die abhängig von dem Transitivitätsmerkmal [±tr] ein externes Argument in [Spec, TrP] einführt. Aktive Tr-Köpfe selegieren [+tr] VPs, die von transitiven oder unergativen Verben projiziert werden, und weisen der NP in [Spec, TrP] eine 0-Rolle zu. Nicht-aktive Tr-Köpfe selegieren [-tr] VPs, die von unakkusativen Verben projiziert werden, und weisen keine 0-Rolle zu. Das Merkmal aktiv/nicht-aktiv korreliert mit der Fähigkeit des Verbs, seinem internen Argument Kasus zuzuweisen: Nur [+tr]-Verben, die unmittelbar unter einem aktiven Tr eingebettet sind, können dem internen Argument Kasus zuweisen. Dieser Mechanismus ist in (18) für das Transitiv-Transitiv-VVK osi-taosu (stoß-umstürzen) 'umstoßen' dargestellt (der Pfeil zeigt Inkorporation von VI an).

4.5 Nishiyama

75

(1998) TrP

(18)

Tr'

NP Sumo

V'

NP Gegner ¡

Tr (active)

VP

V2

VP1

NP

VI

PRO¡

stoß

umstürzen

'KJ

In dem obigen Baum sind beide Verben transitiv (= [+tr]), und VP1 ist ein Komplement von V2. Da nur die Projektion des Kopfs V2 von einem aktiven Tr selegiert wird, kann auch nur V2 seinem internen Argument Kasus zuweisen, während V1 dies nicht kann und folglich nur ein PRO in seiner Objektposition erlaubt. Die Identifikation der Objektargumente ist daher strukturell determiniert: das PRO in der Objektposition von VI ist koreferent mit dem internen Argument von V2, das es aus einer c-KommandoPosition heraus kontrolliert. In dieser Analyse ist die Identifikation der Agens-Argumente nicht nötig, da das Agens dem gesamten aus VI und V2 gebildeten Verbkomplex zugefugt wird. Dabei wird es als Agens des komplexen Ereignisses (d.h. des aus 'schubsen' und 'umstürzen' fusionierten Ereignisses) interpretiert. Diese Ereignisfusion kommt durch einen Prozeß der 'Ereignisidentifikation' (event identificatiori) zustande, der die beiden durch die Teilverben beigesteuerten Ereignisse identifiziert. Die obige Analyse kann auf alle Muster ausgedehnt werden, in denen das interne Argument von V2 mit dem internen Argument von VI identifiziert wird, also Transitiv-Unakkusativ-Sequenzen wie ni-tumaru (koch(tr.)-eindicken) 'einkochen', Unakkusativ-Unakkusativ-Sequenzen wie yake-sinu (brenn-sterben) 'verbrennen' und auch auf Unakkusativ-Transitiv-Komposita wie mai-ageru (wirbel-heben) 'hochwirbeln'. Nishiyamas Analyse teilt wesentliche Grundannahmen mit der von Collin (1997) vorgeschlagenen Behandlung der SVK, da Nishiyama davon ausgeht, daß ein Verbkompositum aus einer zugrunde liegenden SVK hergeleitet wird. Die Verbbewegung von VI zu V2 führt er dabei auf die affixale Form von VI zurück. Nishiyamas Analyse kann somit als einer der wenigen Versuche charakterisiert werden, Verbkomposita und Serialverbkonstruktionen in einen systematischen Zusammenhang zu stellen. Folgende Schwachpunkte der Analyse sind allerdings anzumerken, wenn man das gesamte Spektrum an Mustern und semantischen Relationen betrachtet: Zunächst ist unklar, wie die Kopf-Komplement-Beziehung zwischen V2 und VI zustande kommt, obwohl V2 VI nicht als Argument fordert. Nishiyama nimmt hier eine Art von Konstruktionsbedeutung an, in der die Kopf-Komplement-Relation Träger

76

4. Ansätze zu Kombinatorik und

Argumentstruktur

der kausalen Interpretation ist. Diese Sichtweise ist aber schon allein empirisch problematisch, da zahlreiche VVKs keine kausale Relation aufweisen. Nishiyama analysiert aber auch solche ganz offensichtlich nicht kausal interpretierten VVKs wie motisaru (hab-verlassen) 'etwas haltend verlassen, weggehen mit' mittels der Kopf-Komplement-Relation. Komposita wie moti-saru stellen in der Analyse aber auch strukturell ein Problem dar. Nishiyama nimmt an, daß saru unakkusativ ist und motu ein nicht-geteiltes Objekt an das Kompositum vererbt. Um die Realisierbarkeit des Vl-Objekts zu erklären, obwohl es kein kontrollierendes Objekt von V2 gibt, muß Nishiyama daher annehmen, daß V2 in VVKs dieses Typs TrP anstelle von VP selegiert. Der Kopf dieser TrP erlaubt dann die Realisierung des internen Argumentes der unmittelbar darunter eingebetteten VP1. Die von Nishiyama (1998:192) für das VVK moti-saru angenommene Struktur ist in (19) aufgeführt. (19)

Da alle V2, die eine TrP selegieren, Bewegungsverben wie saru 'verlassen, weggehen' sind, nimmt Nishiyama an, daß alle Bewegungsverben lexikalisch dafür spezifiziert werden, daß sie TrP anstelle von VP c-selegieren. Hierbei handelt es sich allerdings um eine nicht näher motivierte ad-hoc-Annahme. Darüberhinaus löst die Zusatzannahme aber die Probleme, die bei anderen Mustern auftreten, nicht. So ist z.B. unklar, wie die Analyse mit Transitiv-Unakkusativ-VVKs mit Blockierung des Vl-Objekts umgeht. In VVKs dieses Typs, die durch die Sequenz nomi-tubureru (trink-kollabieren) 'bis zur Besinnungslosigkeit trinken' belegt sind, wird das VI-Agens mit dem V2-Thema identifiziert und das direkte Objekt von VI blockiert. Beide Strukturen, die Nishiyama für Transitiv-Intransitiv-Sequenzen vorschlägt, sind inadäquat: Wenn nomi-tubureru dieselbe Struktur zugrunde liegt wie nitumaru (koch-eindicken) 'einkochen', erhält man den Baum in (20a). Hier ist das interne Argument von nomu 'trinken' mit dem einzigen Argument von tubureru 'kollabieren' koindiziert, was zu der absurden Interpretation führt, daß die getrunkene Flüssigkeit

77

4.6 Hasegawa (1998)

kollabiert. Die richtige Koindizierung der Argumente erhält man nur, wenn man annimmt, daß V2 tubureru 'kollabieren' ein Bewegungsverb im weiteren Sinne ist und sich parallel zu V2 in moti-saru in (19) verhält. Die resultierende Struktur ist in (20b) aufgeführt. Hier würden wir dann aber erwarten, daß das direkte Objekt von VI nomu 'trinken' realisiert werden kann. (20)

a.

TrP VP NP Hanako,

b.

TrP

Tr (inac.) V'

VP

NP

VI

PRA

trinken

VP NP

V2

Hanakoi

kollab.

NP PRA

Tr (inac.) V'

TrP

V2 Tr'

VP

kollab. Tr

NP

VI

Wein

trinken

4.6 Hasegawa (1998) Hasegawa (1998) skizziert eine syntaktische Analyse, in der das V2 resultativer VVKs als Kopf einer unter VI eingebetteten Resultatsphrase (ResP) fungiert. Für das Transitiv-Transitiv-Kompositum tataki-nobasu (schlag-ausbreiten) 'breit schlagen' in (21) nimmt Hasegawa (1998:16) die syntaktische Struktur in (22) auf der folgenden Seite an. (21)

Hanako ga kinzoku o taira ni tataki-nobasi-ta. schlag-ausbreiten-PAST H. NOM Metall AKK platt 'Hanako klopfte das Metall platt.' Hasegawa (1998:16)

Da in dem Baum in (22) die Position Res ein verbales Merkmal [:V] hat, das von V gecheckt werden muß, wird V2 aus seiner tieferen Position zu V hochbewegt. Problematisch ist hier sicher die Stipulation einer Resultatsphrase in der Syntax. Hinzu kommt, daß nur die resultativen VVKs mit Hilfe der Resultatsphrase abgebildet werden können. Nicht-resultative VVKs würden in Analogie einen anderen Kopf fordern. Interessant an der Struktur ist aber, daß das Kopfprädikat aufgrund seiner Eigenschaft, das Resultat einzuführen, unterhalb von VI eingebettet werden muß. Meine eigene

78

4. Ansätze zu Kombinatorik und

Argumentstruktur

Analyse im folgenden Kapitel spiegelt die von Hasegawa angenommene Struktur auf der Ebene der Semantischen Form. (22)

4.7 Zusammenfassung Die diskutierten Ansätze liefern Analysen zu den semantischen Typen und der Argumentstruktur von VVKs. Dabei erfaßt Kageyamas (1993) Transitivity Harmony Principle (THP) den Trend in der Kombinatorik, schließt aber existierende weniger frequente Muster aus. Für diese Muster nimmt Kageyama an, daß sie qua Rückbildung aus THP-konformen Komposita hergeleitet werden. Matsumoto (1996a, 1998) und Hasselberg (1996a,b) präsentieren Subklassifikationen, die sich nach der jeweils zwischen den Teilverben bestehenden semantischen Relation richten. Matsumoto nimmt zusätzlich die SHARED PARTICIPANT CONDITION u n d d a s PRINCIPLE OF SUBJECT SHARING a n , d i e d i e A r g u m e n t s t r u k t u r d e r K o m p o s i t a

einschränken. Da es sich hierbei aber nicht um hinreichende, sondern nur um notwendige Beschränkungen handelt, werden die Identifikationen jeweils abhängig vom semantischen Typ in einer generalisierten semantischen Repräsentation festgelegt. Lis (1993) lexikalische Analyse berücksichtigt besonders die unterschiedliche Position des Kopfs in chinesischen und japanischen VVKs. Unter der Annahme, daß in Cause-Effect-Ereignissen die Kausation als aspektueller (oder konzeptueller) Kopf charakterisiert werden kann, ergibt sich, erzwungen durch die ikonische Abfolge der Verben, für das Japanische VI als aspektueller und V2 als morphologischer Kopf, während im Chinesischen aspektueller und morphologischer Kopf in VI zusammenfallen. Die rigidere Argumentstruktur der japanischen VVKs resultiert dabei aus der Annahme, daß der Kopf seine Argumentstruktur erhält und sowohl VI als auch V2 Köpfe sind. Im Chinesischen hat V2 keinen Kopfstatus, weshalb seine Argumentstruktur nicht erhalten bleiben muß.

4.7

Zusammenfassung

79

Nishiyama (1998) und Hasegawa (1998) präsentieren syntaktische Analysen der Klasse II-VVKs. Nishiyama geht in seiner Analyse davon aus, daß das Agens dem Komplex aus den beiden Verben durch eine Transitivity-Phrase hinzugefugt wird, während sich die Identifikation der internen Argumente aus einer Kontrollstruktur ergibt. Hasegawa diskutiert ausschließlich resultative Komposita, für die sie eine syntaktische Analyse annimmt. Ihre Analyse erfordert die Annahme einer Resultatsphrase, die unterhalb von VI eingebettet wird. Die Kopfposition dieser Resultatsphrase wird von V2 besetzt, das von dort zu VI bewegt wird.

5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs

In der Lexikalischen Dekompositionsgrammatik (LDG, Joppen & Wunderlich 1995, Wunderlich 1997a,b, 2000, Kaufmann 1995a,b, Kaufmann & Wunderlich 1998, Stiebeis 1996, 2002a) wird die Theta-Struktur mit Hilfe des Hierarchieprinzips aus der Einbettungstiefe der Argumente in der SF abgeleitet. Für die syntaktische Realisierung eines Arguments ist der Aufbau der SF damit entscheidend. Da die SF als Schnittstelle zwischen der Grammatik und der konzeptuellen Struktur dient, wird ihr Aufbau durch SF-CS-Constraints geregelt, die die Projektion konzeptueller Information auf die diskreten Einheiten in einer minimalen SF bestimmen. Die Untersuchung der Resultativkonstruktion (Kaufmann & Wunderlich 1998, Wunderlich 2000) und anderer Verbkomplexe wie Präfix/Partikelverben (Stiebeis 1996) oder der Possessor-Erweiterung (Wunderlich 1996b, 2000) hat gezeigt, daß die SF komplexer Prädikate als Konjunktion der durch die Teile beigesteuerten Prädikate betrachtet werden kann. Dabei wird die minimale SF in einigen Fällen um zusätzliche Prädikate wie den BECOME-Operator oder die POSS-Relation ergänzt, um eine adäquate Interpretation zu erzielen. Im Gegensatz dazu stellen die Verbkomposita des Japanischen in einigen Fällen eher das Ineinanderschieben zweier Strukturen dar: Jeder Teil ist von der Kategorie Verb und denotiert eine Situation mit einer Anzahl von Partizipanten. Dies wird in der Abbildung durch eine elaborierte SF und TS reflektiert und bedingt sowohl für den Aufbau der SF als auch der TS des komplexen Verbs, daß diese nicht durch eine bloße "Addition" von Strukturen erzeugt werden können: Die durch Funktionskomposition erzielte SF kann redundantes Material enthalten; die aus Funktionskomposition und Anwendung des Hierarchieprinzips resultierende TS stimmt im Japanischen nicht mit der tatsächlichen TS von Klasse II-VVKs überein. Wir können aber davon ausgehen, daß die durch Prädikatserweiterung und anschließende Funktionskomposition erzielte SF-TS eine Art maximaler Repräsentation darstellt, aus der sich durch Koindizierung/Identifikation von Argumenten eine beschränkte Menge von SF-TS-Paaren ergibt. Ich werde im folgenden diskutieren, inwiefern durch ein Ranking von Constraints aus dieser Menge von Paaren die optimale SF-TSKombination ermittelt werden kann. Eine besondere Bedeutung bei der Evaluation der Kandidaten kommt der Identifikation von Argumenten in der SF zu: Sie muß konzeptuell lizensiert sein, wird also auf der CS gecheckt. Andererseits findet sie auf der SF statt und bestimmt damit die Anzahl der Argumente in der TS und deren Projektion in die Syntax. Aus einer semantischen Perspektive betrachtet ist es naheliegend, daß die Identifikation von Argumenten besonders durch konzeptuelle Prinzipien gesteuert wird, die sich aus Annahmen zu den von Verben denotierbaren Situationen ergeben.

5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aufbau

81

Geht man wie Kaufmann (1995a,b) und Wunderlich (1997a, 2000) davon aus, daß solche Situationen auf Cause-Effect-Relationen und sehr enge temporale Relationen wie die Gleichzeitigkeit beschränkt sind, können daraus Bedingungen für die Identifikation von Argumenten abgeleitet werden. Für das Japanische etwa ist bekannt, daß lexikalische Kausative im Gegensatz zu analytischen Kausativen mit dem Suffix -(s)ase nur direkte Kausation mit unmittelbarer physikalischer Manipulation denotieren können (u.a. Miyagawa 1989, Shibatani 1990, Matsumoto 2000). Hieraus läßt sich für kausal interpretierte Transitiv-Transitiv-Komposita wie osi-taosu (stoß-umstürzen) 'umstoßen' direkt folgern, daß die Agens-Argumente identifiziert werden müssen, da nur eine solche Identifikation mit einer direkten Kausation kompatibel ist. Ebenso kann als Bedingung für eine Gleichzeitigkeitsinterpretation angenommen werden, daß die zwei höchsten Argumente in einem Kompositum wie sagasi-mawaru (such-s.umherbewegen) 'suchend herumlaufen' identifiziert werden müssen, da sie beide die Dauer der Teilereignisse kontrollieren und eine gleichzeitige Interpretation nur durch Identifikation dieser Argumente sichergestellt ist. Ich werde aber im folgenden analog zu Li (1990, 1993) davon ausgehen, daß die Argumentidentifikation strukturell getriggert ist. Dies hat im wesentlichen zwei Gründe: Erstens stehen strukturelle Generalisierungen in keinem Widerspruch zu konzeptuellen Erklärungen, sondern bieten Zugang zu einer abstrakteren Analyseebene. Zweitens läßt sich die Blockierung des Subjektarguments bei resultativen Transitiv-Intransitiv-VVKs wie uti-agaru (schieß-steigen) 'hochgeschossen werden' oder hari-tuku (kleb-haften.an) 'angeklebt werden' nicht ohne Hinzunahme struktureller Eigenschaften erklären. In das Ranking der Constraints werden daher auch strukturelle Eigenschaften wie die Position des Kopfes integriert. Die Unterscheidung von Kopf und Nicht-Kopf etabliert eine grundlegende Asymmetrie zwischen den Teilverben, die in der Constrainthierarchie dadurch reflektiert wird, daß Constraints, die sich auf den Kopf V2 beziehen, oberhalb von Constraints angesiedelt werden, die sich auf den Nicht-Kopf VI beziehen. Das Zusammenspiel struktureller und konzeptueller Constraints kann nur in einer globalen Evaluation verstanden werden. Den Input für die Generierung von Kandidaten bilden dabei MS und SF-TS der beiden Teilverben jeweils in Form eines Paars . Hieraus wird eine Menge komplexer Verben gebildet, die sich durch die Abfolge der Teilverben in der Morphologie und der Prädikate in der SF sowie die Argumentidentifikation in der SF und die damit einhergehende TS unterscheiden. Die Constraints, auf deren Basis diese Kandidaten bewertet werden, beschränken dabei die Interaktion zwischen den vier Ebenen CS, SF, TS und MS. Als optimale eines VVKs ergibt sich derjenige Kandidat, der diese Constraints optimal erfüllt.

5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aufbau Die SF eines komplexen Verbs kann als Konjunktion der durch die Teilverben beigesteuerten Prädikate aufgefaßt werden. Da die SF als unterspezifiziertes, minimales Interface zwischen Konzeptueller Struktur und Syntax/Morphologie fungiert, wird die

82

5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II- VVKs

interne Ereignisstruktur nicht in der SF abgebildet: Weder die durch die einzelnen Verben beigesteuerten Teilereignisse noch die Relationen zwischen ihnen werden expliziert. Als Folge ergibt sich, daß auch die Unterscheidung verschiedener semantischer Typen (resultativ versus nicht-resultativ) nicht direkt in der SF abgebildet wird. Sie schlägt sich aber indirekt durch eine andere Abfolge der von den Teilverben beigesteuerten Prädikate nieder. Für die generalisierte SF-TS in (1) ergibt sich durch die Eigenschaften der spezifischen Prädikate und das Prinzip COHERENCE in (2) eine kohärente Interpretation. COHERENCE verlangt, daß die von den Teilverben beigesteuerten Situationen durch eine simultane, eine kausale oder konsequentielle Relation miteinander verbunden werden. Die bisher von COHERENCE nicht vorgesehene Option einer konsequentiellen Relation ist dabei notwendig, um auch Verbkomposita wie das im vorletzten Kapitel angeführte VVK nugi-suteru (auszieh-wegwerfen) 'ausziehen und wegwerfen' zu erfassen, das auf zwei aufeinanderfolgende Ereignisse referiert. Ich werde auf die Erweiterung von COHERENCE in meiner Analyse der Serialverbkonstruktion in Kapitel 10 noch weiter eingehen. (1)

generalisierte Repräsentation der Klasse II-VVKs [{P(x,,...) & QC.-.x.OKs)1]

(2)

COHERENCE.

Teilereignisse, die von den Prädikaten einer dekomponierten SF ausgedrückt werden, müssen entweder simultan stattfinden oder kausal/konsequentiell miteinander verknüpft sein.

Da in Klasse II-VVKs keines der beiden Verben das andere selegiert, müssen die beiden Teilverben mit Hilfe einer allgemeinen Adjunktionsregel zusammengefügt werden. Wunderlich (1997b) hat zwei Varianten der Regel vorgeschlagen: Argumenterweiterung des Kopfs/Modifikandums (ARG) und Argumenterweiterung des Nicht-Kopfs/ Modifíkators (MOD). Dabei wird dem zu erweiternden Element eine Prädikats variable hinzugefügt, in die das andere Element mittels funktionaler Komposition integriert wird. (3) zeigt die Anwendung der beiden Varianten der Argumenterweiterung auf VI und V2. Die Prädikatsvariable steht immer in der tiefsten Position. Weiterhin wird als Restriktion angenommen, daß das neu eingeführte prädikative Argument immer vom Typ ist. Dies hat zur Folge, daß nur das Situationsargument des erweiterten Verbs mit dem Situationsargument des integrierten Verbs geteilt wird. Alle weiteren Argumente des integrierten Verbs, also alle Partizipantenargumente, werden mittels funktionaler Komposition an die TS des komplexen Verbs vererbt. (3)

1

SF-Erweiterung a. ARG:

...Xs V2(...)(s)

XP-Xs [V2(...)(s) & P(s)]

b. MOD:

..As Vl(...)(s) -> XP..As [Vl(...)(s) & P(s)]

Die Klammerung in (1) betont die Situationsvariable 's' als geteiltes Argument beider Verben. '{P & Q}(s)' kann als 'P(s)&Q(s)' umgeschrieben werden.

5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aujbau

83

Die Morphologie gibt uns keinen Hinweis darauf, welches der beiden Teilverben erweitert wird. Ich gehe im folgenden davon aus, daß die Erweiterung in (3a), nach der die Kopf-SF in der ersten Position der SF des komplexen Verbs steht, der Erweiterung des Nicht-Kopfs in (3b) vorgezogen wird. Diese Annahme entspricht der gewünschten Isomorphie, nach welcher der morphologische oder syntaktische Kopf der Funktor ist. Nur wenn die so gewonnene SF nicht in Einklang mit den Wohlgeformtheitskriterien für den Aufbau der SF steht, wird die alternative Erweiterung des Nicht-Kopfs in (3b) gewählt. Man kann nun durch ein Ranking von Constraints erreichen, daß eine komplexe SF, in der die Kopf-SF in höchster Position steht, gegenüber einer komplexen SF bevorzugt wird, in der die Nicht-Kopf-SF in höchster Position steht. Dazu nehme ich die beiden Constraints RFIRST ('Right verb first!') und LFIRST ('Left verb first!') in (4) und (5) an. Diese fordern, daß die SF des rechten bzw. linken Verbs in der höchsten (= ersten) Position der komplexen SF steht. (4)

RFIRST (Right verb first!). Die durch das rechte Teilverb beigesteuerte SF steht an erster (=höchster) Position in der SF des komplexen Verbs.

(5)

LFIRST (Left verb first!). Die durch das linke Teilverb beigesteuerte SF steht an erster (=höchster) Position in der SF des komplexen Verbs.

Der Kopf eines VVKs ist das rechte der beiden Verben. Aus dem Ranking in (6) folgt, daß die SF des Kopfs in der höchsten Position steht. (6)

Ranking der Constraints für den SF-Aufbau RFIRST »

LFIRST

und LFIRST sind SF-MS Constraints: Sie regeln die Interaktion zwischen morphologischer Struktur und SF. Eine komplexe SF mit der von V2 beigesteuerten SF in der höchsten Position muß aber in Einklang mit der in (7) gegebenen Linearisierungsbedingung ICONICITY stehen. Diese fordert beim Vorliegen einer kausalen oder konsequentiellen Relation, daß die Abfolge der Prädikate in der SF und der Verben in der Morphologie der zeitlichen Ordnung der Teilereignisse entspricht. Sequenzen, deren Teilverben/Teilprädikate nicht dieser zeitlichen Ordnung entsprechen, sind folglich ausgeschlossen. RFIRST

(7)

Die Abfolge der Verben in der Morphologie und der Prädikate in der SF entspricht der temporalen Abfolge der von ihnen denotierten Situationen. (—» *effect + cause', *consequence + instigation) ICON(ICITY).

Für Komposita, die wie kake-agaru (renn-steigen) 'hochrennen' oder hai-dasu (kriechherauskommen) 'herauskriechen' auf zwei simultan verlaufende Ereignisse referieren, legt ICONICITY keine eindeutige Abfolge der Verben und Prädikate fest. Da solche Komposita aber komplexe Bewegungsereignisse denotieren, weisen sie ein Pfadverb auf, das als V2 realisiert wird. Diese Generalisierung wird durch PATH in (8) erfaßt, das

84

5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs

die MS-Abfolge der Verben bei den nicht-resultativen Komposita regelt. PATH regelt ausschließlich die Abfolge der Verben in der MS, während die Abfolge der Prädikate in der SF beliebig ist. (8)

PATH. In V-V-Sequenzen, die komplexe Bewegungsereignisse denotieren, steht das Verb, das Eigenschaften des Pfads kodiert, an zweiter Stelle. (—> *path + manner)

Die durch PATH bedingte Übereinstimmung von Pfadverb und Kopf V2 kann dabei aus der Tatsache motiviert werden, daß das Japanische eine Sprache ist, die bei der Kodierung von Bewegungsereignissen besonders Eigenschaften des Pfads berücksichtigt (Matsumoto 1996a,b; Wienold 1995). Wenn man davon ausgeht, daß der Kopf die Hauptinformation trägt, ist es naheliegend, daß das Pfadverb in Kopfposition steht, während das Verb mit Informationen über einen begleitenden Bewegungsmodus als Nicht-Kopf realisiert wird. Die bisher eingeführten Constraints sind in (9) aufgeführt. ICON(ICITY), PATH und COHERENCE in (9a) werden als unverletzbar betrachtet und stehen daher in keiner Dominanzbeziehung zueinander. RFIRST und LFIRST sind verletzbar und lassen sich in das Ranking in (9b) bringen. (9)

Constraints für den SF-Aufbau a.

ICON(ICITY), PATH, COHERENCE

b. RFIRST »

LFIRST 2

Da OT speziell von verletzbaren Beschränkungen ausgeht, sollte man annehmen, daß ICONICITY, PATH und COHERENCE schon bei der Kandidatengenerierung wirksam sind und nicht mehr in die folgenden Evaluationen eingehen. Ich nehme ICONICITY und PATH dennoch in die Bewertungen mit auf, damit das Zusammenspiel von verletzbaren und unverletzbaren Beschränkungen deutlicher wird. Da alle Kandidaten dagegen durch eine entsprechende Wahl der Teilverben COHERENCE erfüllen, werde ich diese Beschränkung in den folgenden Evaluationen nicht aufführen.

5.1.1 Nicht-resultative Komposita Die beiden Teilverben bilden nun den Input, aus denen eine Menge von Kandidaten generiert wird, der auf der Basis des obigen Rankings evaluiert wird. Dieser Input wird 2

Alternativ zu RFIRST und LFIRST kann man auch das von Stiebeis (2002b) vorgeschlagene Constraint A L I G N F U N C T O R - H E A D annehmen, das Isomorphie von Funktor und Kopf fordert. Dieses würde dann anstelle von RFIRST » LFIRST in das Ranking eingehen. Allerdings wird dann nicht die unterschiedliche Instantiierung des Kopfparameters in kopffmalen und kopfinitialen Sprachen deutlich. Dagegen kann der Unterschied zwischen rechtsköpfigen Sprachen wie dem Japanischen und linksköpfigen Sprachen durch ein unterschiedliches Ranking von RFIRST und LFIRST als Konflikt zwischen den beiden Teilverben transparent gemacht werden.

85

5.1 Abfolge der Verben in der MS und SF-Aujbau

für ein nicht-resultatives Intransitiv-Intransitiv-VVK wie mai-otiru (wirbel-fall) 'herunterwirbeln' in Form der zwei Paare und dargestellt. Hieraus lassen sich unter Vernachlässigung möglicher Argumentidentifikationen und der daraus resultierenden T S vier verschiedene Kandidaten bilden, die sich durch die Abfolge der Verben in der M S und der Prädikate in der S F unterscheiden. Diese Kandidaten werden in dem Tableau in (10) bewertet. Da es sich um ein nicht-resultatives V V K handelt, ist I C O N I C I T Y nicht relevant und wird nicht betrachtet. Desweiteren lasse ich in den folgenden Tableaus das geteilte Situationsargument s weg. (10) Input: ,

PATH RFIRST LFIRST

a. c®- mai-otiru (wirbel-fallen):

*

FALL(x)&WHIRL(u)

b. mai-otiru (wirbel-fallen):

*!

WHIRL(u)&FALL(x)

c. oti-mau (fall-wirbeln): FALL(x)&WHIRL(u)

d. oti-mau (fall-wirbeln): WHIRL(U)&FALL(X)

*! *!

*! *

Alle vier Kandidaten sind in Hinsicht auf COHERENCE wohlgeformt. Die beiden Prädikate denotieren zwei einander ergänzende Aspekte eines komplexen Bewegungsereignisses, die in einem simultanen Verhältnis zueinander stehen: FALL(x) referiert auf eine Bewegung entlang der Vertikalen, WHlRL(x) bezeichnet einen begleitenden Bewegungsmodus. Die zwei Kandidaten in (10c) und (d) scheiden aber durch ihre M S aus, in der das Pfadverb otiru 'fallen' an erster Stelle steht und folglich PATH verletzt. Unter den verbleibenden zwei Kandidaten ergibt sich (10a) als optimal, da (10b) eine S F hat, in der das vom Nicht-Kopf beigesteuerte Prädikat an erster Stelle steht. Hieraus resultiert eine Verletzung von RFIRST, die (10b) gegenüber (10a) als suboptimal charakterisiert. PATH steht in der obigen Evaluation in keiner Dominanzhierarchie zu den beiden Constraints für den SF-Aufbau, was durch die dicke Linie angezeigt wird. Vielmehr erweist sich derjenige Kandidat als optimal, der sowohl die optimale MS-Abfolge als auch die optimale SF-Abfolge besitzt. Durch das Ranking in (9) läßt sich für alle nicht-resultativen V V K s eine optimale < M S , S F - T S > annehmen, bei denen das Pfadverb als V 2 realisiert wird und das höchste Prädikat in der S F beisteuert.

86

5. Eine OT-Analyse japanischer

Klasse II- VVKs

5.1.2 Resultative Komposita Bei resultativen VVKs wie ni-tumaru (koch-eindicken (intr.)) 'einkochen' zeigt sich dagegen, daß nur die SF in ( I I b ) lizensiert ist, die mit einer Verletzung von RFIRST einhergeht. (11) Input: , ICON RFIRST LFIRST

a. ni-tumaru (koch-eindicken):

*

*!

BEC.PACKED(x) & BOIL(u,v)

b. «3" ni-tumaru (koch-eindicken):

*

BOIL(u,v) & BEC. PACKED(x)

c. tumari-niru (eindick-kochen): BOIL(u,v) & BEC.PACKED(x)

d. tumari-niru (eindick-kochen):

*

*! *!*

*

BEC.PACKED(x) & BOIL(u,v)

Die komplexe SF in (1 la) zeigt die partielle SF des Kopfverbs in höchster Position. Sie verstößt nicht gegen RFIRST und wäre damit der SF mit der umgekehrten Abfolge der Prädikate vorzuziehen. Allerdings verletzt die SF in (1 la) das höherrangige ICONICITY, das die SF-Abfolge Effect-Cause ausschließt. Die korrekte SF-Abfolge kann ohne Verletzung von RFIRST nur erzielt werden, wenn die Reihenfolge der Verben in der Morphologie wie in (1 lc) tumari-niru (eindick-kochen) ist. Diese Abfolge der Verben fuhrt aber wiederum zu einer Verletzung von ICONICITY, weshalb auch (11c) ausgeschlossen ist. (1 ld) schließlich weist sowohl in der MS als auch in der SF die falsche Reihenfolge der Verben bzw. Prädikate auf. Den Unterschied im SF-Aufbau nicht-resultativer und resultativer Komposita zeigt die Darstellung in (12) und (13): Bei nicht-resultativen Komposita wie in (12) wird die Abfolge der Verben in der MS durch PATH geregelt. Die SF des komplexen Verbs mit der SF des Kopfverbs in der höchsten Position steht dabei in Einklang mit RFIRST. (12) SF-Aufbau und MS-Abfolge nicht-resultativer Komposita

MS:

mai

-

Kopf otiru

SF:

FALL(x)

&

WHIRL(x)

path

manner

Dagegen wird bei resultativen Komposita die Abfolge in der SF und MS durch ICONICITY determiniert. Als Folge kann die SF des Kopfverbs wie in (13) unter Verletzung von RFIRST nur in der tiefsten Position der SF des komplexen Verbs erscheinen.

5.1 Abfolge der Verben in der MS und

87

SF-Aufbau

(13) SF-Aufbau und MS-Abfolge resultativer Komposita

MS:

ni

-

Kopf tumaru

SF:

BOIL(x,y)

&

BEC.PACKED(y)

cause

effect

Da sämtliche resultativen VVKs Cause-Effect-Ereignisse denotieren, folgt daraus, daß für diese Klasse immer nur eine komplexe SF möglich ist, in der die SF des Kopfs in der niedrigsten Position steht, und nicht in der höchsten, wie von RFIRST gefordert. Wie sich in den nächsten Abschnitten zeigen wird, hat dies Auswirkungen auf die Herleitung der TS. Die SF des Kopfs kann nur in die höchste Position gebracht werden, wenn die Reihenfolge der Verben in der Morphologie vertauscht wird. Dies involviert aber eine Verletzung von ICONICITY und ist daher ausgeschlossen. Betrachtet man den SF-Aufbau bei einem resultativen VVK, dessen Kopf ein lexikalischer Kausativ ist (= Matsumotos means Compounds), ergeben die beiden Varianten der Argumenterweiterung für ein Verb wie tataki-nobasu (klopf.auf-ausbreiten) 'breit/ platt klopfen' die beiden SF-Sequenzen in (14). (Ich betrachte nur die Kandidaten mit der korrekten MS-Abfolge der Teilverben). (14) Input: ,

ICON RFIRST LFIRST

a. tataki-nobasu

(klopf.auf-ausbreiten):

{ACT(x)&BEC. STRETCHED(y) } & POUND(u,v)

b. tataki-nobasu

(klopf.auf-ausbreiten):

*

*! *

•®°POUND(u,v) & {ACT(x)&BEC.STRETCHED(y)}

(14a) ist durch ICONICITY ausgeschlossen, da das Effektprädikat BEC.STRETCHED(y) vor dem Kausationsprädikat POUND(u,v) steht. Dagegen verstößt die Prädikatssequenz in (14b) nicht gegen ICONICITY: Die beiden Prädikate, die sich auf die Kausation beziehen, gehen dem Prädikat, das den Effekt beschreibt, voraus. Bezüglich der Abbildung von Cause-Effect-Ereignissen ist die SF in (14b) also iCONlClTY-konform. Allerdings enthält die Abfolge 'POUND(u,v)&ACT(x)' redundantes Material, da POUND(u,v) die Spezifikation von ACT(x) ist. ACT(x) bezeichnet den allgemeinsten Fall einer Verursachung/Manipulation, POUND(u,v) spezifiziert diese Verursachung genauer. Eine komplexe SF 'POUND(u,v) & BEC.STRETCHED(y)' ohne ACT(x) ist daher wünschenswert. Hasegawa (1998:5) nähert sich dieser Redundanzproblematik, indem sie für tatakinobasu die folgende Repräsentation annimmt. (15)

tataki-nobasu:

[[ x

ACTy]

CAUSE [BECOME [y BE stretched]]]

88

5. Eine OT-Analyse japanischer

Klasse II- VVKs

Hier wird der Beitrag von VI in der Repräsentation an das Prädikat ACT(x,y) annotiert, um zu zeigen, daß POUND(x,y) eine speziellere Version von ACT(x,y) ist. Allerdings stellt sich auch für Hasegawa das Problem, daß die Repräsentation in (15) nicht durch eine normale template composition erreicht werden kann. Einen ähnlichen Vorschlag wie Hasegawa habe ich in Gamerschlag (1998) gemacht, wo ich angenommen habe, daß das ACT-Prädikat in VVKs des obigen Typs in eine Prädikatsvariable über Aktivitätsverben uminterpretiert wird. Sowohl diese als auch Hasegawas Vorgehensweise erfordern aber zusätzliche Annahmen bzw. Kompositionsmechanismen, die über die durch die Erweiterung in (3) bewirkte Konkatenation von Prädikaten hinausgehen. Will man diese nicht annehmen, dann ergibt sich, daß die Repräsentation in (14b) gewählt werden muß. Ebenso wie bei einem resultativen VVK ist bei einem konsequentiell interpretierten Kompositum wie nugi-suteru (auszieh-wegwerfen) 'ausziehen und wegwerfen' im Einklang mit ICONICITY nur eine SF möglich, in der die durch den Kopf beigesteuerte partielle SF an zweiter Stelle in der SF des komplexen Verbs steht. Dies zeigt die Evaluation in (16). (16)

Input: ICON RFIRST LFIRST

a. nugi-suteru (auszieh-wegwerfen): THROW.AWAY(x,y) & TAKE.OFF(u,v) b. nugi-suteru (auszieh-wegwerfen): TAKE.OFF(u,v) & THROW.AWAY(x,y)

*

*! *

Die bisherige Evaluation bezieht sich auf die Abfolge der Verben in der MS und der Prädikate in der SF. Sie macht keine Aussage über die Identifikation von Argumenten und die Herleitung der TS. Die korrekte Argumentidentifikation ist in den oben diskutierten Fällen der Einfachheit halber unberücksichtigt geblieben, de facto identifizieren diese Constraints aber nicht einen einzigen optimalen Kandidaten, sondern eine Menge, deren Elemente die korrekte SF- und MS-Abfolge gemeinsam haben, sich aber durch die Argumentmuster und die daraus resultierende TS unterscheiden. Die bisherige Evaluation zum Aufbau der SF und der Abfolge der Verben in der Morphologie ist daher nur partiell und muß durch weitere Constraints ergänzt werden, um die korrekte Identifikation der Argumente in der SF und die daraus resultierende optimale TS herzuleiten.

5.2 TS-Derivation Die in (3) eingeführte Erweiterung von VI oder V2 sieht immer ein prädikatives Argument vom Typ vor. Mittels Funktionskomposition (FK) wird die SF-TS des

5.2

TS-Derivation

89

nicht-erweiterten Verbs mit dem erweiterten Verb zusammengebracht. Dabei werden nur die Situationsargumente, aber nicht die Partizipantenargumente der beiden Verben identifiziert. Betrachtet man nun die TS, die sich aus Argumenterweiterung von VI und anschließender Funktionskomposition bei einem resultativen Transitiv-TransitivVVK wie tataki-nobasu 'breit/platt schlagen' in (17) ergibt, zeigt sich, daß die resultierende TS in (17c) vier Argumente statt der gewünschten zwei in (17d) enthält. (17) tataki-nobasu 'breit klopfen': Erweiterung und funktionale Komposition a. b. c. d.

ARG v. V I : V2: FK: Arg.-Ident.:

A,vA,uA.s' [POUND(u,v)(s')] -> XPXvXviks' [POUND(U,V)(S') & P(s')] XyXxXs [{ACT(x) & BEC.STRETCHED(y)}(s)] A.y?ix?ivA,u^s'[POUND(u,v)(s') & {ACT(x) & BEC.STRETCHED(y)}(s')] ?,yXx/.s'[POUND(x,y)(s') & {ACT(X) & BEC.STRETCHED(y)}(s1)]

Da in den VVKs des Japanischen im allgemeinen wenigstens ein Partizipantenargument geteilt wird, sind sämtliche über die obige Vorgehensweise derivierten Repräsentationen inadäquat. Wir können aber davon ausgehen, daß die Repräsentation in (17c) eine Art maximale Form ist, die neben der gewünschten Repräsentation in (17d) eine von mehreren SF-TS-Kombinationen ist, die sich durch Argumentidentifikation/Koindizierung ergeben. Ich werde im folgenden annehmen, daß alle aus einer SF wie in (18) durch Argumentidentifikation resultierenden Repräsentationen eine Menge von Kandidaten darstellen, aus der ein optimaler Kandidat ausgewählt wird. (18)

..As [POUND(

,

)(s) & {ACT(

) & BEC.STRETCHED(

)}(s)]

Für ein Transitiv-Transitiv-VVK wie tataki-nobasu ergeben sich dann durch Argumentidentifikation die sieben verschiedenen SF-Muster in (19). (19)

3

mögliche Argument-Muster bei einem Transitiv-Transitiv-VVK 3 a. kein Arg. geteilt - » 1 Muster Vl(u,v) & V2(x,y) b. 1 Arg. geteilt - > 4 Muster Vl(u t ,v) & V2(x i5 y) Vl(u„v)&V2(x,yi) Vl(u,Vj) & V2(x;,y) Vl(u,Vj) & V2(x,y0 c. 2 Arg. geteilt 2 Muster Vl(Uj,v k ) & V2(xj,y k ) Vl( U i ,v k ) & V2(x k , y i ) - » insg. 7 Muster bei 0 bis 2 geteilten Argumenten

Die Anzahl der Muster läßt sich auch allgemein nach der folgenden Formel berechnen: Anzahl Muster =

m X

m! n! k!(m - k)!(n - k)!

ben, wobei m < n.

, mit m, n = Anzahl der Argumente der beiden Teilver-

90

5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs

Als generelle Beschränkungen für die Herleitung der TS aus der SF werden in der LDG die beiden Constraints HIERARCHY und STRUCTURAL ARGUMENT angenommen, die in (20) und (21) wiederholt sind. (20)

HIERARCHY. Die Liste der ^.-gebundenen Variablen in der TS entspricht der Einbettungstiefe der Argumente in der SF: In der TS-Sequenz A,xnX.xn.]..Ai ist xn das tiefste und xi das höchste Argument in der SF. Wenn zwei strukturelle Argumente in der SF identifiziert werden, ist für die Position in der TS das höhere SF-Argument entscheidend.

(21)

Ein Argument ist nur strukturell, wenn es entweder das tiefste Argument ist oder alle seine Vorkommen in SF das tiefste Argument L-kommandieren.

(22)

L-Kommando: a L-kommandiert einen Knoten ß, falls der Knoten y, der a entweder direkt oder über eine Kette typidentischer Knoten dominiert, auch ß dominiert.

STRUCTURAL ARGUMENT.

Aus STRUCTURAL ARGUMENT folgt, daß in einer SF der Form {P(u,v) & Q(x,y)} nur u, x und y strukturell sind und damit der ^-Abstraktion unterliegen. In Kombination mit HIERARCHY läßt sich jedem der sieben SF-Muster in (23) eine eindeutige TS zuordnen. Wenn das nicht-strukturelle v nicht mit einem strukturellen Argument identifiziert ist, kann es nur noch oblique realisiert oder existentiell gebunden werden (in (23) angezeigt durch '3/obl v'). (23)

mögliche SF-TS-Kombinationen bei einem Transitiv-Transitiv-VVK A,yA,x>.u 3/obl v [Vl(u,v)&V2(x,y)] [Vl(uj,v) & V2(xj,y)] XyÄ.u 3/obl v [Vl(uj,v) & V2(x,y,)] A,xA,u 3/obl v [Vl(u,vO & V2(xj,y)] Ay/vXÄu [Vl(u,v¡) & V2(x,y¡)] [Vl(u¡,v k ) & V2( Xi ,y k )] /.yÄu [Vl(u¡,v k ) & V2(xk,y¡)] g- ^.xXu

a. b. c. d. e. f.

In allen Fällen ist v nicht-strukturell und darf daher nicht durch einen /.-Abstraktor gebunden werden. Die TS kann folglich nur maximal drei Argumente aufweisen, v kann aber wie in (23d)-(g) über Koindizierung mit einem strukturellen Argument realisiert werden. Werden zwei strukturelle Argumente koindiziert, bestimmt das höhere

5.2 TS-Derivation

91

Vorkommen in der SF die Position in der TS.4 So sind z.B. in (23b) und (c) u und x bzw. u und y strukturell, es wird aber jeweils über das höhere Argument u abstrahiert. Ich werde im folgenden nur mit HIERARCHY konforme Kandidaten betrachten. HIERARCHY wird daher nicht mehr aufgeführt. Des weiteren gehe ich davon aus, daß jedes der Argumente in der SF implizit bleiben kann und durch existentielle Bindung aus der Liste der strukturellen Argumente herausgenommen werden kann. Ebenso ist die oblique Realisierung eines Arguments mittels einer Postposition eine Option. Durch solche Operationen auf der TS generierte Kandidaten werden aber nur dann in die Bewertung aufgenommen, wenn ihre Betrachtung relevant ist. Grundsätzlich verstoßen sie gegen ein allgemeines Gebot, Argumente strukturell zu realisieren (s.u.), und sind überhaupt nur dann betrachtenswert, wenn die strukturelle Realisierung eines Arguments z.B. bedingt durch STRUCTURAL ARGUMENT ausgeschlossen ist. So ist z.B. bei den ersten drei Kandidaten in (23) v existentiell gebunden bzw. oblique markiert, da das Argument nicht strukturell realisiert werden kann. Als generelle Beschränkung für die SF-TS nehme ich an, daß jedes SF-Argument strukturell realisiert wird, also im Japanischen durch einen strukturellen Kasus wie Nominativ oder Akkusativ. Um dies zu ermöglichen, muß das entsprechende Argument in der TS durch einen X-Operator gebunden werden. Dieses strukturelle Linking wird einer Realisierung mittels einer obliquen Markierung vorgezogen. Dies kann nach Wunderlich & Lakämper (2001) z.B. dadurch motiviert werden, daß ein strukturell markiertes Argument für strukturelle Prozesse wie die Passivierung oder andere Diathesen zur Verfugung steht, während ein oblique realisiertes Argument davon in der Regel ausgenommen ist. Ebenso muß eine strukturelle Realisierung der NichtRealisierung eines Arguments vorgezogen werden, da sonst die Expressivität eines Verbs eingeschränkt wird. Die Bevorzugung der strukturellen Realisierung ergibt sich indirekt aus dem folgenden Constraint, das eine oblique Realisierung oder NichtRealisierung (bzw. existentielle Bindung) verbietet. (24)

*3/OBL. Vermeide die existentielle Bindung eines Arguments. Vermeide die Auszeichnung eines Arguments als oblique.

Weiterhin ist die unverletzbare konzeptuelle Beschränkung SCMP (= semantic compatibility) in (25) erforderlich. SCMP läßt die Identifikation zweier Argumente nur bei semantischer Kompatibilität zu. Als eine minimale Kompatibilitätsbedingung gilt, daß das geteilte Argument die sortalen Restriktionen beider Verben erfüllen muß. Zudem fordert SCMP, daß die Argumentidentifikation kompatibel mit dem semantischen Typ des Kompositums ist. So kann in kausal interpretierten Komposita das Argument, über 4

Diese Formulierung des Hierarchieprinzips steht auch im Einklang mit der folgenden in Naumann & Gamerschlag (2002c, 2003) vertretenen Annahme: Jedem Argument entspricht eine Menge von Resultaten, die von einem Ereignis des betreffenden Typs in bezug auf das Argument hervorgebracht werden. Aus der zeitlichen Ordnung der Resultate kann die Ordnung der Argumente in der TS hergeleitet werden: Ein Argument x n steht tiefer in der TS als ein Argument x m , wenn es ein Resultat gibt, das in bezug auf x m früher hervorgebracht wird als alle Resultate, die in bezug auf x n hervorgebracht werden.

92

5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs

welches das Resultat prädiziert wird, nur mit dem Argument identifiziert werden, bei dem durch die verursachende Handlung Effekte aufgebaut werden. (25)

(Semantic Compatibility). Die Identifikation von Argumenten muß die sortalen Restriktionen beider Teilverben erfüllen und kompatibel mit dem semantischen Typ des Kompositums sein.

SCMP

SCMP ist das einzige semantische Constraint, das in der Bestimmung des optimalen SFTS-Kandidaten angenommen wird. Es handelt sich um eine Kompatibilitätsbedingung und nicht um die Forderung von Argumentidentifikation. Werden zwei Argumente nicht identifiziert, kann SCMP daher auch nicht verletzt werden. Dies bedeutet, daß der Aufbau der TS im wesentlichen strukturell formuliert ist und es auf der semantischen Seite nur eine Kompatibilitätsrestriktion gibt. Weiterhin gehe ich wie Matsumoto (1998) und Yumoto (1996) davon aus, daß die Identifikation der Subjekte eine wichtige Forderung darstellt. Dabei wird das von Yumoto eingeführte PRINCIPLE OF SUBJECT SHARING (S. Kap. 4.2) in Form eines Rankings der Constraints RSUBJ und LSUBJ erfaßt, die in (26a) und (b) eingeführt sind.

(26)

a.

RSUBJ

(Right verb subject!). Das höchste Argument (=Subjekt) des rechten Verbs ist das höchste Argument des komplexen Verbs.

b.

LSUBJ

(Left verb subject!). Das höchste Argument (=Subjekt) des linken Verbs ist das höchste Argument des komplexen Verbs.

Werden beide Constraints befolgt, resultiert daraus die Identifikation der Subjekte. Ist diese aus unabhängigen Gründen nicht möglich, bestimmt das partielle Ranking in (27), daß das Subjektargument des Kopfs V2 (= rechtes Verb) Vorrang gegenüber dem Subjektargument des Nicht-Kopfs VI (= linkes Verb) hat. Dieses Ranking wird bei der Diskussion der folgenden Muster noch motiviert. (27)

RSUBJ »

LSUBJ

In Gamerschlag (2000, 2002) und in Naumann & Gamerschlag (2003) wird angenommen, daß es nur das auf den Kopf bezogene SUBJECT-HEAD CONSTRAINT gibt, das in (28) aufgeführt ist: (28)

SUBJECT-HEAD CONSTRAINT. Das höchste Argument des Kopfverbs wird als höchstes Argument (=Subjekt) des komplexen Verbs realisiert.

Dieses Constraint entspricht in seiner Funktion RSUBJ, berücksichtigt aber auch den Kopfparameter. Dagegen ergibt sich der besondere Status des rechten Verbs gegenüber dem linken nicht aus RSUBJ, sondern aus dem Ranking RSUBJ » LSUBJ. Dieses Ranking hat gegenüber dem universal angenommenen Constraint in (28) den Vorteil, daß

53 TS-Derivation

nicht-resultativer

VVKs

93

die Instantiierung des Kopfparameters in einem unterschiedlichen Ranking von RSUBJ und LSUBJ transparent wird. Für die Constraints zur Herleitung der TS nehme ich das Ranking in (29) an. Wie sich zeigen wird, kann ein Argument zugunsten von RSUBJ blockiert oder oblique realisiert werden. *3/obl ist daher zusammen mit LSUBJ unterhalb on RSUBJ angesiedelt. (29)

RSUBJ »

LSUBJ, * 3 / o b l

Im nächsten Abschnitt werde ich zunächst die Auswirkungen der Constraints auf die TS-Herleitung der nicht-resultativen VVKs diskutieren. Dabei werde ich neben den Constraints in (29) auch die oben eingeführten, unverletzbaren Beschränkungen SEMANTIC COMPATIBILITY (SCMP) u n d STRUCTURAL ARGUMENT (STRUC) in d i e B e w e r -

tung mit aufnehmen, um das Zusammenspiel von unverletzbaren und verletzbaren Beschränkungen zu explizieren. Insbesondere STRUCTURAL ARGUMENT kommt eine wichtige Bedeutung in der Erklärung der Objektidentifikation zu. Die Analyse greift dabei die Argumentmuster und die dazugehörigen Beispiele in der Reihenfolge wieder auf, in der sie in Kapitel 3.2 eingeführt wurden. Zur Übersicht über die im folgenden zu analysierenden Muster sei auch auf die Zusammenfassung der Muster in 3.2.3 verwiesen.

5.3 TS-Derivation nicht-resultativer VVKs Nicht-resultative Komposita zeichnen sich durch die Abwesenheit einer kausalen Relation zwischen den Teilverben aus. Neben einer Handvoll Paarkomposita referieren nahezu alle nicht-resultativen VVKs auf komplexe Bewegungsereignisse (Matsumotos manner Compounds). Intransitiv-Intransitiv-Komposita Die Kombination zweier intransitiver Verben zu einem nicht-resultativen VVK fuhrt immer zu einem intransitiven Kompositum. Das Muster und zwei Beispiele für die beiden Subtypen nicht-resultativer VVKs sind in (30) und (31) aufgeführt. (30)

VI (uj) + V2(xj) = VVK(x)

(31)

a. Hos i ga hikari-kagayai-te i-ta. Stern NOM schein-glitzer-KONT-PAST 'Die Sterne funkelten.' b. Yuki ga mai-oti-ta. Schnee NOM wirbel-fall-PAST 'Der Schnee wirbelte herunter.'

94

5. Eine OT-Analyse japanischer

Klasse II- VVKs

Im folgenden wird das Beispiel-VVK mai-otiru (wirbel-fallen) 'herunterwirbeln' in (31b) behandelt. Die der Teilverben wird als Input betrachtet. Zunächst wird die Reihenfolge der Verben in der MS und der Prädikate in der SF ermittelt. Wie die Evaluation in (32) zeigt, fuhrt die Erweiterung des Kopfes zu einer komplexen SF, die einer durch Erweiterung von VI erzeugten SF vorgezogen wird. (32) SF-Aufbau mai-otiru (wirbel-fallen) 'herunterwirbeln' I n p u t : ,

PATH RFIRST LFIRST

a. ra* mai-otiru (wirbel-fallen):

*

X u l x [FALL(x) & WHIRL(u)]

b. US' mai-otiru (wirbel-fallen):

*

Xx [FALL(Xj) & WHIRL(Uj)]

c. mai-otiru (wirbel-fallen):

*!

Xx?iU [WHIRL(u) & FALL(x)]

d. mai-otiru (wirbel-fallen):

*!

Xu [WHIRL(ui) & FALL(x;)]

e. oti-mau (fall-wirbeln): Ä.XÄ.U [WHIRL(u) & FALL(x)]

f. oti-mau (fall-wirbeln): Ä.U [WHIRL(Uj) & FALL(Xj)]

g. oti-mau (fall-wirbeln): ?iuXx [FALL(x) & WHIRL(u)]

h. oti-mau (fall-wirbeln): Xx [FALL(Xi) & WHIRL(Uj)]

*!

*

*!

*

*!

*!

*!

*!

Die Kandidaten in (32e) bis (h) verletzen PATH, da das Pfadverb otiru an zweiter Stelle in der MS stehen muß. Man kann diese bereits ausgeschlossenen Kandidaten noch weiter dahingehend betrachten, ob der Kopf V2 (e und f) oder der Nicht-Kopf VI (g und h) erweitert wird. Dies hat aber keinen Einfluß mehr. Die ersten vier Kandidaten zeigen die korrekte Abfolge in der Morphologie; (a) und (b) sind optimal, da sie eine SF haben, in der die vom Kopf beigesteuerte SF an höchster Stelle steht. Die Evaluation in (32) ist nur partiell, da sie keinen eindeutigen Kandidaten, sondern eine Menge von Kandidaten bestimmt. Die Constrainthierarchie in (32) steht außerdem kaum in einer Dominanzbeziehung zur Hierarchie der SF-TS-Constraints. Die optimalen Kandidaten in (32) müssen sich aber auch als optimale Kandidaten bei der in (33) vorgenommenen Bewertung durch die SF-TS-Constraints erweisen.

5.3 TS-Derivation nicht-resultativer

95

VVKs

(33) mai-otiru 'herunterwirbeln': Evaluation der SF-TS-Kombinationen SCMP;RSUBJ LSUBJ; * 3 / o b l a. A,uA.x [FALL(X) & WHIRL(U)1 b. 1®- kx [FALL(Xi) & WHIRL(Ui)!

; :

*!

;

Der Kandidat in (33a) verletzt LSUBJ und scheidet daher im Vergleich mit der SF-TS in (b) aus. Da der optimale Kandidat Argumentidentifizierung zeigt, muß die Verträglichkeit dieser Identifikation für die Semantik durch SCMP geprüft werden. Diese ist aber gegeben, da die beiden intransitiven Verben zwei simultane Aspekte eines Bewegungsereignisses denotieren, in das ein einziger Partizipant involviert ist. Der korrekte Kandidat würde sich auch unter Verzicht von RSUBJ und LSUBJ durch die in der LDG allgemein angenommene Beschränkung CONNEXION ergeben, die wenigstens ein geteiltes Argument fordert (s. Kap. 2). Da beide Teilverben intransitiv sind, können nur die einzigen Argumente identifiziert werden, so daß wiederum ein intransitives Kompositum resultiert. Diese alternative Annahme erweist sich aber bei den im folgenden diskutierten komplexeren Mustern als nicht ausreichend. Transitiv-Intransitiv-Komposita Das nächste Muster nicht-resultativer VVKs ist die Kombination eines transitiven VI mit einem intransitiven V2, wobei das Objektargument von VI ohne Identifikation mit einem V2-Argument an das komplexe Verb vererbt wird. In (34) sind das Muster und der dazugehörige Beispielsatz mit dem VVK sagasi-mawaru (such-s.umherbewegen) 'suchend herumlaufen' wiederholt. (34)

a. Vl(u i ,v) + V2(xi)+ag = VVK(x,v) b. Watasi wa tegami o nizikan sagasi-mawat-ta. ich TOP Brief AKK zwei.Stunden.lang such-s.umherbeweg-PAST 'Ich lief, den Brief suchend, zwei Stunden lang herum.'

Auch hier liefert die Erweiterung des Kopfs die wohlgeformte SF 'MOVE.AROUND(x) & SEARCH(u,v)' mit dem durch V2 beigesteuerten Prädikat in der höchsten Position. Da keine kausale Interpretation vorliegt, ist auch die umgekehrte Reihenfolge der SFPrädikate 'SEARCH(u,v) & MOVE.AROUND(x)' mit dem Kopf-Prädikat in der tieferen Position zulässig. Diese Abfolge verstößt allerdings gegen das höher gerankte RFIRST und scheidet damit aus. Auch die Abfolge der Verben in der MS ist eindeutig durch PATH bestimmt: Da mawaru eine Bewegung in Kreisbahnen expliziert, muß es als Pfadverb in der linearen Abfolge an zweiter Stelle stehen. Die Evaluation in (35) liefert ohne weitere Annahmen die korrekte SF-TS-Kombination in (35b).

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5. Eine OT-Analyse japanischer Klasse II-VVKs (35) sagasi-mawaru 'suchend herumlaufen': Evaluation der SF-TS-Kombinationen Input: ,

SCMPIRSUBJ LSUBJ a.

b. IST XvXx C.

!

[MOVE.AROUND(XJ) & SEARCH(Ui,v)

À u t a i ("MOVE.AROUND(Xi) & SEARCH(u,Vj)]

*3/obl

*!

À,VA,UXX [MOVE .AROUND(X) & SEARCH(U,V)1 *