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German Pages [124] Year 2012
Reiner Sörries
»… auf festem Felsengrund« Evangelischer Kirchenbau in Südwestafrika
2012 BÖHLAU VERLAG KÖLN WEIMAR WIEN
Gedruckt mit Unterstützung durch die Evangelische Lutherische Kirche in Bayern, die Dorothea und Dr. Richard Zantner-Busch-Stiftung, den Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst und die Stadt Kassel
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
Umschlagabbildung: Windhoek, Christuskirche (Foto: Verfasser)
© 2012 by Böhlau Verlag GmbH & Cie, Köln Weimar Wien Ursulaplatz 1, D-50668 Köln, www.boehlau-verlag.com Alle Rechte vorbehalten. Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist unzulässig. Druck und Bindung: BALTO print, Vilnius, Litauen Gedruckt auf chlor- und säurefreiem Papier ISBN 978-3-412-20421-1
Vorwort
Evangelischer Kirchenbau und Südwestafrika scheinen nicht recht zusammen zu passen – zu weit liegen das Kernland der Reformation und das Land zwischen den Flüssen Oranje und Kunene auseinander. Doch drei Jahrzehnte deutscher Schutzund Kolonialherrschaft zwischen 1884 und 1915 haben ausgereicht, um deutsche Kultur am Rande der Namibwüste zu implantieren. Preußische Kirchenstrukturen bildeten einen wesentlichen Eckpfeiler dieser jungen Kolonie, und im Kirchenbau fanden sie ihren sichtbaren Ausdruck. Es war ein historischer Moment, als die deutsche Ministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Heidemarie Wieczorek-Zeul anlässlich des 100. Jahrestages der Schlacht am Waterberg am 14. August 2004 erstmals öffentlich die Schuld Deutschlands gegenüber den Völkern Namibias eingestand: „Vor hundert Jahren wurden die Unterdrücker – verblendet von kolonialem Wahn – in deutschem Namen zu Sendboten von Gewalt, Diskriminierung, Rassismus und Vernichtung. Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute als Völkermord bezeichnet würde – für den ein General von Trotha heutzutage vor Gericht gebracht und verurteilt würde. Wir Deutschen bekennen uns zu unserer historisch-politischen, moralischethischen Verantwortung und zu der Schuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben.“ Missionare, Pastoren und Christen hatten daran ihren Anteil. Für ihre „Mitschuld“ fand deshalb der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber, Worte des Bedauerns. Er sah die Schuld der Kirche in der Zusammenarbeit mit den Kolonialbehörden, doch ist die Frage zu stellen, ob die Kirche nicht sogar eine Hauptlast dieser Schuld zu tragen hat. Ihre Missionare waren früher im Land und haben der Kolonisation den Boden bereitet. Und mit ihren Kirchenbauten brachte die Kirche ihre kulturelle und ethnische Überlegenheit über die „Eingeborenen“ zum Ausdruck. Heute zählen diese Kirchen zu den Nationaldenkmalen des jungen Staates Namibia, und wenn sie als solche etwas zur Identität Namibias beitragen sollen, dann nur, wenn man sie als Mahn male dieses dunklen Kapitels deutsch-namibischer Geschichte begreift. Das Manuskript zu diesem Buch wurde im Frühjahr 2009 abgeschlossen und konnte aus verschiedenen Gründen erst zum Jahresende 2011 zum Druck gebracht
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werden. Dies bedeutet, dass die Feierlichkeiten zum 100jährigen Jubiläum der Christuskirche in Windhoek (1910–2010) und die in diesem Kontext entstandenen Publikationen keine Berücksichtigung mehr finden konnten. Selbstverständlich war es für Windhoek und die Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia (ELKIN – DELK), die gleichzeitig ihr 50jähriges Bestehen feierte, ein herausragendes Ereignis. Die Allgemeine Zeitung, die älteste Tageszeitung Namibias, widmete ihm zwischen dem 23.04. und dem 27.10.2010 zahlreiche Artikel. Ebenso waren die „Perspektiven – Aktuelle Beiträge zu Kirche, Gesellschaft und Zeitgeschehen“ 2010 dem Doppeljubiläum im Sinne einer Festschrift gewidmet. Seit diesem Jahr firmiert der traditionsreiche, seit 1930 bestehende „Afrikanische Heimatkalender“ unter diesem Namen und wird weiterhin vom Informationsausschuss der Ev.-Luth. Kirche in Namibia herausgegeben. Der interessierten Leserin und dem interessierten Leser wird also die Lektüre der genannten Publikationen ebenfalls empfohlen. Ebenfalls verwiesen sei auf den Beitrag „Die EKD im Schatten des Kolonialismus“ von Markus Braun, erschienen im Deutschen Pfarrerblatt Heft 8, 2011. Das Jubiläum machte es deutlich: Das Feiern muss das Bedenken von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft einschließen, und so darf sich der Autor dem Tenor der Berichterstattung in der Allgemeinen Zeitung anschließen, die Christuskirche in Windhoek solle ein Zeichen des Friedens sein. Kassel, im Dezember 2011
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Reiner Sörries
Inhalt
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Ziele(e) der Arbeit
13 Einleitung 17
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Historische Voraussetzungen – vom Missionsland zur deutschen Kolonie 18
Missionare im südwestlichen Afrika
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Kaufleute, Schutztruppen und Kolonisten
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Vom Schutzgebiet zum deutschen Siedlungsraum
Die evangelisch-lutherischen Kirchen in Südwestafrika – Ein bisher nicht beachtetes Kapitel in der Geschichte des protestantischen Kirchenbaus 27
Die evangelische Kirche in Swakopmund – ein Stück Heimat im fremden Land
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Die Felsenkirche in Lüderitzbucht – ein Wahrzeichen evangelischen Glaubens
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Der Höhepunkt der Kirchenbaukunst in Südwestafrika – die Christuskirche in Windhoek
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Die Kirchen der lutherischen Missionen in Südwestafrika – Dominanz oder Integration 45
Die Kirchen der Rheinischen Mission – wie in Barmen, so in Großbarmen
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Die Kirchen der Finnischen Mission – Verandakirchen im Ovamboland
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Die Pauluskirche von Rehoboth – Wetteifern um die schönste Kirche
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Die Christuskirche in Karibib – wenn schon gemeinsam, dann europäisch
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Kirchenbaustil und nationale Identität – ein wesentlicher Aspekt zum Verständnis von Architektur
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Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
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Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
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Literatur in chronologischer Ordnung
89 Abbildungsnachweis 91 Farbtafeln
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Ziel(e) der Arbeit
In diesem Buch geht es um Kirchenbau. Im Focus stehen die evangelischen Kirchen in der ehemaligen deutschen Kolonie Südwestafrika. Dies ist aus dem Untertitel unschwer zu erkennen. Architektur- und kunstgeschichtlich sind diese Kirchen vergleichsweise unbedeutend, weshalb ihnen bisher kaum Aufmerksamkeit gewidmet wurde. Auch für mich sind sie eher ein Randphänomen des evangelischen Kirchenbaus, mit dem ich mich seit dem Studium mehrfach auseinander gesetzt habe. Dennoch kann man den Südwester-Kirchen eine kurze Monographie widmen, wie es hier geschieht. Neben diesem vordergründigen Ziel verfolge ich mit dieser Arbeit jedoch noch eine andere Absicht. Bei meiner intensiven Beschäftigung mit allen Facetten der Bestattungs- und Friedhofskultur glaube ich, eine wichtige Motivation des sepulkralen Handelns in der Sicherung der Identität der Verstorbenen (und der Hinterbliebenen) konstatieren zu können. Dies ist ein durchgehend zu beobachtendes Phänomen zu unterschiedlichen Zeiten und auch in der Gegenwart. Doch nicht erst seit heute leidet die Identitätsarbeit an den Folgen einer zunehmend pluralisierten und fragmentierten sozialen Welt und kann erst dann gelingen, wenn das Subjekt ein ihm eigenes Maß an Kohärenz, Authentizität, Anerkennung und Handlungsfähigkeit erlangt hat. Dies gilt im Leben wie im Sterben und über den Tod hinaus. In der gegenwärtigen Bestattungskultur sind Maßnahmen zur Identitätssicherung zunächst besonders an gesellschaftlichen Randgruppen und ethnischen Minderheiten festzumachen. Stellvertretend genannt seien die an AIDS erkrankten Menschen, deren Gemeinschaftsgrabstätten seit Beginn der 1990er Jahre eine identitätssichernde Wirkung besitzen. Ähnliches gilt für die muslimischen Migranten, die auf eigenen Friedhöfen bestehen. Ihnen sind zwischenzeitlich Buddhisten und Atheisten sowie andere religiöse und weltanschaulich geprägte Gruppen gefolgt. Ihre gemeinschaftlichen Grabstätten und Friedhöfe sichern ihre Identität über den Tod hinaus. Geht man also von der Prämisse aus, dass solche Phänomene der Identitätssicherung besonders an spezifischen gesellschaftlichen Minderheiten zu beobachten sind, dann sollte dies auch zu Lebzeiten gelten. Hier liefert die Analyse des konfessi-
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Ziel(e) der Arbeit
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onellen Kirchenbaus eine Parallele. Konfessionstypische Kirchenbauten sind somit eher in der Diaspora zu finden als in den konfessionellen Kernländern. Deshalb habe ich mich ausführlich mit den evangelischen Kirchenbauten im ehemaligen (katholischen) Habsburger Reich befasst, an denen ich unter den Bedingungen einer lediglich geduldeten Toleranz eine besondere protestantische Identität festmachen zu können versuchte. Die Sicherung der eigenen Identität spielt eine umso größere Rolle, je mehr die Authentizität der eigenen Person oder Gruppe durch die äußeren Gegebenheiten gefährdet erscheint. In dieser Situation befanden sich auch die deutschen Siedler und Kolonisten im fernen Afrika, die fürchten mussten, als Minderheit in der fremden Umgebung ihre Identität zu verlieren. Dass sie ihre Kirchen deshalb gebaut haben wie in der Heimat zählte neben dem Festhalten an der deutschen Sprache oder am gewohnten Brauchtum zu den notwendigen Maßnahmen. Hier soll nicht die These vom Kulturimperialismus in Abrede gestellt werden, aber es ging auch darum, sich selbst in der Fremde nicht zu verlieren. Somit erzeugte man also Identität in der Fremde, indem man sie zur Heimat umgestaltete und entsprechend rezipierte. Während die koloniale Architektur als Träger von Heimat bisher eher weniger Interesse fand, wurde ihre mediale Aneignung über die Fotografie von Jens Jäger exemplarisch untersucht. Ihm zufolge entwarfen die Fotografen ein typisch deutsches Bild der Fremde und operierten mit einer heimatlichen Ikonographie. Jäger bescheinigt diesen Bildern einen wesentlichen Anteil an der Konstruktion von nationalen und imperialen Identitäten, kulturellen Differenzen und sozialen Vorstellungen. Identität entstand, indem man in den Kolonien die heimische Kultur nicht nur imitierte, sondern geradezu in idealtypischer Weise perfektionierte. Jägers Untersuchungsmaterial bilden fotografische Wiedergaben aus den Kolonien, welche diese als Heimat inszenierten. Und dabei verweist er besonders auf die Bilder mit Kirchen, etwa in Lome/Togo (Abb. 20) oder in Dar es-Salaam (Abb. 1). In den Aufnahmen, schreibt Jäger, wurden „…möglichst Motive präsentiert, die einen Wiedererkennungseffekt zu erzeugen vermochten: Kirchen, Straßenpartien, Institutionen staatlicher Herrschaft oder der zivilen Gesellschaft. Auf der einen Seite also eine bekannte Form der Inszenierung, auf der anderen Seite bekannte Sujets. Beides erlaubte den deutschen Betrachtern die kolonialen Bilder in den alltäglichen Bilderreigen einzuordnen und minimierte so den Fremdheitseffekt.“ Die Stadtansicht von Dar es-Salaam (Abb. 1) beschreibt Jäger mit folgenden Worten: „Die Aufnahme zeigt eine stille Bucht mit busch- und palmengesäumten Strand. Auf einer Anhöhe hinter dem Ufer erheben sich zwei Kirchen, sowie
Ziel(e) der Arbeit
1 Dar es-Salaam, Ein Blick auf die Stadt, nach Robert Lohmeyer aus der Publikation: Scheel, Deutschlands Kolonien …, S. 100, 1909/10
links und rechts davon weitere propere, weiße Gebäude. Im Kontrast dazu steht der bewölkte Himmel, wodurch das Bild eine gewisse Dramatik erhält; gleichzeitig aber auch Assoziationen zu tropischer Hitze verringert. Dies ist umso plausibler, als die Erfahrung tropischer Temperaturen unter der Leserschaft von ,Deutschlands Kolonien‘ wenig verbreitet gewesen sein dürfte. Ausschließlich die Palmen verraten, dass es sich wahrscheinlich nicht um einen Ort in Deutschland handelt. Die Aufnahme entspricht zeitgenössischen Bildpostkarten, die sich mit Repräsentationen von Orten in Deutschland vergleichen lassen, wie z.B. mit einer Bildpostkarte von Ratzeburg in Schleswig-Holstein.“ In beiden Fällen seien Kirchen die zentralen Bauten. „Kirchen“, so Jäger weiter, „waren in einem deutschen/europäischen Ort eine ebenso normale wie zentrale architektonische Erscheinung. Sie bildeten wichtige Fixpunkte des geistlichen wie gesellschaftlichen Lebens und gehörten zu den wichtigsten Merkmalen eines Ortes. In der europäischen Postkartenproduktion spielten Abbildungen von Kirchen eine tragende Rolle. Entsprechend waren auch in den Kolonien Kirchen gern reproduzierte Objekte.“ Die historische Postkarte der Kirche der Norddeutschen Mission in Lome/Togo (Abb. 20) beschreibt Jäger folgendermaßen: „Das Bild zeigt eine Menschenmenge
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Ziel(e) der Arbeit
vor einer Kirche im romanischen Stil. Zum einen ist hier gut zu sehen, wie ein nationaler Bezug durch die Beschriftung hergestellt worden ist. Der Vordergrund wird durch eine sandige Fläche, die durch Pflanzenbüschel begrenzt ist, gefüllt. Im Mittelgrund dominieren die Menschenmenge vor dem geschmückten Portal und das Gebäude selbst das Bild, so dass – ohne Text – nur noch wenige Elemente einen nicht-europäischen Standort vermuten ließen. Was sich links der Kirche befindet, ist schwer auszumachen und nur eine starke Vergrößerung lässt eine Art Sonnendach aus Zweigen vermuten. Rechts der Kirche ist weitere Vegetation und ein Gebäude zu erkennen. Beides jedoch bis auf die Palmenzweige unspezifisch.“ Untersucht Jäger die Wirkung solcher heimatlicher Inszenierungen der kolonialen Fremde auf die Bevölkerung in der Heimat, um festzustellen, dass sich die Menschen auf diese Weise die Fremde zu eigen machten, wie viel stärker müssen die Kirchenbauten selbst auf die Siedler und Kolonisten gewirkt, das Bild von Heimat erzeugt und ihnen Identität geschenkt haben. Kirchen sind auf den Fotografien die zentralen Bauten – erst recht waren sie es in der fremden Heimat selbst. Eine Kirche symbolisierte Gemeinschaft, Christentum, abendländische Kultur und Moral, eben eine europäische, eine deutsche Ordnung. In diesem Sinne verstehe ich die vorliegende Arbeit als weiteren Baustein in meinem Bestreben, die Bedeutung der Identität für das kulturelle Schaffen generell zu belegen. Freilich ist diese Erkenntnis nicht völlig neu, aber sie hat heute an Brisanz gewonnen, seitdem das Streben nach einer kulturellen Identität in Misskredit gerät, weil es in einen Kampf der Kulturen zu münden droht.
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Einleitung
Hoch über dem brandenden, ewig wogenden Meer auf festem Felsengrund erhebt sich unser Gotteshaus, freundlichen Willkommengruß dem Seefahrer bietend, der hier den schützen den Hafen sucht, wie allen, die in diesem Lande eine neue Heimstätte zu finden hoffen. Solche Worte fand Pastor Alexander Metzner in seiner Festpredigt anlässlich der Einweihung der Evangelischen Kirche in Lüderitzbucht am 4. August 1912. Seiner Predigt zugrunde gelegt hatte Pastor Metzner einen Vers aus Psalm 87: „Sie ist fest gegründet auf den heiligen Bergen. Herrliche Dinge werden in dir gepredigt, du Stadt Gottes.“ Der Namibia-Tourist, der auf seinem Rundgang durch das eher beschauliche Lüderitz zunächst von nostalgischen Gefühlen beschlichen durch die Bismarckstraße flaniert, um dann den steilen Kirchweg zur Felsenkirche zu erklimmen, träumt allenfalls von Kaisers Zeiten, die in der Heimat kaum so nachzuempfinden sind, wie hier in Namibia, dem ehemaligen Deutsch-Südwestafrika. Von der eigentlichen Tragik dieser einst deutschen Kolonie lässt er sich kaum einholen, zumal er mit seinen Gedanken vielleicht schon in der Namibwüste weilt, die tags darauf auf dem Reiseplan steht. Und den Besuch der Felsenkirche auf dem Diamantberg wird er abhaken unter Curiosa, entspricht sie doch so sehr dem Bild von Kirche, dass sie aus einem Baukasten für Modelleisenbahner stammen könnte (Farbabb. 1). Die 1912 eingeweihte Felsenkirche folgt treu dem neugotischen Stil, wie er zu Beginn des 20. Jahrhunderts gerade in evangelischen Diasporagemeinden bevorzugt wurde. Und so wäre über diese Kirche nichts besonderes zu sagen, stünde sie nicht auf der südlichen Erdhalbkugel, 9000 Kilometer von der Heimat entfernt. Dies kann allerdings die Verfasser von Kunst- und Architekturgeschichten nicht beeindrucken, weshalb sich die Kirche in Lüderitz weder in einer kunsthistorischen Erörterung noch in einer Geschichte des protestantischen Kirchenbaues findet. Umso wichtiger waren die Existenz und der Baustil der Felsenkirche für die deutschen Kolonisten, die vor fast 100 Jahren an fernen Gestaden eine neue Heimat und einen Rückhalt ihrer Identität suchten. Auch im Inneren der Kirche blendeten die frommen Buntglasfenster alles aus, was fremd, herausfordernd oder gar bedrohlich wirkte.
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Einleitung
Nur wenige Jahre lag die blutige Niederschlagung des Aufstandes der Herero und Nama zurück, und die Boten der drohenden Kriegsgefahr in Europa waren gewiss auch nach Südwest gedrungen, aber dem konnte man sich anscheinend in der Gemeinschaft der in der Felsenkirche um Wort und Sakrament versammelten Gemeinde entziehen. Die Zeitläufte der Weltgeschichte konnten indes dadurch nicht aufgehalten werden, und drei Jahre nach der feierlichen Einweihung besetzten die Truppen Südafrikas, das dem Deutschen Reich den Krieg erklärt hatte, Südwestafrika und beendeten das koloniale Abenteuer der Deutschen. Die Deutschen jedoch blieben, und lange Jahrzehnte veränderte sich nichts. Auch die Felsenkirche in Lüderitz hatte Bestand. Und wenn auch die deutsche Gemeinde in Lüderitz heute so klein geworden ist, dass sie nun pastoral von Swakopmund aus versorgt werden muss, und die Felsenkirche mehr Kulturdenkmal denn Mittelpunkt einer aktiven Gemeinde ist, so erzählt sie immer noch von Geschichte und Gegenwart. Die Kirche wird Bestand haben, wurde sie doch am 21. September 1978 zum nationalen Kulturdenkmal erklärt, die Gemeinde dagegen blickt einer ungewissen Zukunft entgegen. Nach der 1990 erlangten Unabhängigkeit befindet sich Namibia im Aufbruch, aber fast 20 Jahre danach bleibt noch ungewiss wohin. Zu klären wird sein, wie sich das Verhältnis der Weißen und der Schwarzen zueinander gestaltet. Zu klären wird sein, welchen Einfluss die deutsche Kultur künftig haben wird. In der Hauptstadt Windhoek weisen derzeit die Hinweisschilder den Weg zur „Christuskirche“ und anderen Sehenswürdigkeiten noch auf Deutsch (Abb. 8), aber seit einigen Jahren schon steht die Kirche in der neu benannten Robert Mugabe Avenue. Afrikanische Helden behaupten nun ihren Platz auf dem Stadtplan. Die deutsch-evangelischen Kirchen waren seit ihrer Gründung kein Zeichen des Ausgleichs zwischen Kolonisten und Einheimischen, und sie sind es heute immer noch nicht. Weiß und schwarz sind Gegensätze, die nicht überwunden sind. Die Architektur der deutsch-evangelischen Kirchen in Namibia ist Ausdruck dieser Verschiedenheit, denn ihre an historistischen Stilen orientierte Gestalt steht in krassem Gegensatz zu den schlichten Zweckbauten der Missionskirchen. Weiße und Schwarze gehen nicht nur getrennt zum Gottesdienst, sondern besitzen auch getrennte Kirchenorganisationen. Ökumene bedeutet in Namibia weniger den Versuch zur Verständigung zwischen Evangelischen und Katholiken, als vielmehr den beschwerlichen Weg zu einer Glaubensgemeinschaft zwischen evangelischen Christen weißer und schwarzer Hautfarbe. 14
Einleitung
Historisch betrachtet bieten die deutsch-evangelischen Kirchen des Landes jedoch einmaliges Anschauungsmaterial zum Zusammenspiel von Architektur und Identität. Den deutschen Kirchen der Kolonialzeit, die in einem schmalen Zeitfenster zwischen dem Herero-Nama-Aufstand 1904/5 und dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914 in Windhoek, Swakopmund und Lüderitzbucht entstanden sind, gilt diese kirchen- und architekturgeschichtliche Untersuchung.
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Historische Voraussetzungen – vom Missionsland zur deutschen Kolonie
Als erste Europäer setzten die Seefahrer Diogo Cão und Bartolomeo Dias ihren Fuß auf den Boden des südwestlichen Afrika. Cão war im Auftrag des portugiesischen Königs Johann II. 1485 mit zwei Karavellen zu seiner zweiten Seereise nach Afrika aufgebrochen, um den Seeweg nach Indien zu erkunden. Begleitet wurde er
2 Lüderitz, Ort mit Felsenkirche von der Bucht aus gesehen
von dem Nürnberger Martin Behaim, der den ersten Erdglobus angefertigt hatte. Anfang des Jahres 1486 erreichte er ein kleines Kap, wo er nach seiner Sitte ein mitgebrachtes Kreuz, ein sog. Padrao, aufstellte. Den Ort nannte er Cabo do Padrao, Kreuzkap. Ein Jahr später landete am Heiligabend 1487 Bartolomeo Dias in einer
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Vom Missionsland zur deutschen Kolonie
kleinen Bucht des südwestlichen Afrika, die er Angra des Voltas, Bucht der Wiederkehr, nannte und ebenfalls ein Padrao aufrichtete. Mitte des 18. Jahrhunderts nannte man diese Bucht Angra Pequena, enge Bucht, ehe sie 1886 nach dem Tod von Adolf Lüderitz Lüderitzbucht getauft wurde. Lüderitz hatte 1883 die Bucht käuflich erworben (Abb. 2). Die Küsten des südwestlichen Afrika waren den Seeleuten seit den beiden Auflandungen der Portugiesen Cão und Dias somit bekannt, aber sie waren gefürchtet und blieben gemieden. Die Meeresströmungen galten als gefährlich, die Stürme als unberechenbar, und die Küste besaß keine Wasservorkommen, so dass dort Gestrandete elend verdursten mussten. So drangen vereinzelt seit dem 18. Jahrhundert die ersten Europäer auf dem Landweg ins südwestliche Afrika vor. Es waren Jagdund Forschungsreisende. Systematischer gingen seit Beginn des 19. Jahrhunderts die Missionare der englischen Missionsgesellschaft vor. Zu ihnen gehörten auch Deutsche in ihrem Dienst.
Missionare im südwestlichen Afrika
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„Erst ein Missionar, dann ein Konsul, und dann kommt die Armee.“ Diese bittere Erkenntnis wird dem Zulu-Kapitän Ceteswayo um 1870 zugeschrieben. Und sie galt auch für das südwestliche Afrika. Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich in London eine missionarische Begeisterung, die für das riesige Betätigungsfeld Afrika gar nicht über genügend ausgebildete Missionare in den eigenen Reihen verfügte. Die Londoner Missionarische Gesellschaft und die Missionsgesellschaft der Wesleyaner warben deshalb auch Missionare aus den Niederlanden und Deutschland an. In Diensten der London Missionary Society war der Deutsche Johann Heinrich Schmelen der erste, der 1814 die Missionstätigkeit über den Oranje-Fluss hinaus nach Norden ausweitete und die Missionstation in Bethanien in Groß-Namaland gründete. Schon bei der Mission ging es um die Abgrenzung von Interessen und Einflussgebieten, und so engagierte sich seit 1842 auch die im deutschen Barmen beheimatete Rheinische Missionsgesellschaft in Sdwestafrika. Außerdem war seit den 1870er Jahren die finnische Missionsgesellschaft im nördlichen Südwestafrika tätig. Alle Missionare arbeiteten in diesem unerschlossenen Gebiet mit wechselndem Erfolg, gründeten Missionsstationen und gaben sie wieder auf, waren teils willkommen, teils wurden sie wieder vertrieben. In dieser Phase der Unsicherheit suchten die Missionare den Schutz der Kolonialmächte. Solange Deutschland am
Vom Missionsland zur deutschen Kolonie
kolonialen Wettlauf nicht beteiligt war, spielte es für die Missionare der Rheinischen Mission keine Rolle, wer diese Schutzfunktion ausübte, weshalb sie sich zunächst an die Engländer wanden. Erst mit der Gründung des Deutschen Reiches 1871 änderte sich dieser Blickwinkel, und die deutschen Missionare wandten sich an das Auswärtige Amt in Berlin mit der Bitte um Schutz. Sie stießen dort aber auf große Zurückhaltung, solange die Reichsregierung einem kolonialen Abenteuer mit Skepsis begegnete. Den ersten Schutzbrief sollte erst der deutsche Kaufmann Adolf Lüderitz 1884 erhalten. Gleichwohl blieb die Missionstätigkeit nicht ohne Erfolg. Das Christentum begann sich unter den einheimischen Herero und Nama zu verbreiten, die allerdings nicht nur an der Predigt des Evangeliums, sondern auch an der Vermittlung europäischer Errungenschaften interessiert waren. Inwieweit sie christliche Gedanken verinnerlichten, ist schwer zu sagen, aber allmählich wuchs die Zahl der Missionsstationen und der Missionskirchen. Zu den ältesten Missionskirchen zählt die 1865 bis 1867 errichtete Kirche in Otjimbingwe (Farbabb. 29) zwischen Swakopmund und Windhoek gelegen. Sie wurde 1974 zum Nationaldenkmal erklärt. Es folgten weitere Kirchenbauten, z.B. in Okahandja 1876 (Abb. 9 – Farbabb. 20) oder in Keetmanshoop 1866 bzw. 1895 (Farbabb. 30 – Abb. 10), die alle lange Jahre vor den deutsch-lutherischen Kirchen entstanden. Auch die programmatisch als Friedenskirche 1903 errichtete Missionskirche in Windhoek entstand noch vorher (Farbabb. 2). Doch wurden die Missionskirchen nicht als Werkzeug der Versöhnung genutzt, wo sich Schwarze und Weiße hätten unter einem Dach versammeln können, vielmehr verlangten die Weißen danach, nun endlich auch eine eigene Kirche zu erhalten. Die Missionskirchen waren eher ein Stachel im Fleisch der deutschen Lutheraner, die einer eigenen Kirche noch entbehrten. Diesen Wunsch konnten sich die Kolonisten jedoch erst zwischen 1910 und 1912 zumindest in Windhoek, Swakopmund und Lüderitzbucht erfüllen. Das Streben der Weißen nach eigenen Kirchen erlosch auch nicht nach dem Verlust kolonialer Selbständigkeit, sondern hielt in den folgenden Jahrzehnten an. So entschloss sich beispielsweise 1952 die Gemeinde der Deutschen Evangelischen Lutherischen Kirche in Okahandja, aus der ursprünglich gemeinsam mit den Einheimischen genutzten Kirche der Rheinischen Mission in der Stadt auszuziehen und direkt gegenüber eine eigene Kirche zu bauen. Angesichts dieses Aktes der Aus- und Abgrenzung entbehrte es nicht einer gewollt-ungewollten Ironie, die neue Kirche Friedenskirche zu nennen (Farbabb. 3). Die 1876 errichtete Missionskirche steht heute leer (Abb. 9 – Farbabb. 20).
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Vom Missionsland zur deutschen Kolonie
Kaufleute, Schutztruppen und Kolonisten
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Die deutsche Kolonialgeschichte Südwestafrikas begann, als Adolf Lüderitz 1883 für 100 Pfund Sterling und 200 Gewehre die Bucht von Angra Pequena, später Lüderitzbucht genannt, samt Hinterland erwarb. Nach langjährigem Amerikaaufenthalt hatte der Bremer Kaufmann das väterliche Geschäft nach dem Tod seines Vaters 1878 übernommen, und schon vier Jahre später besaß er eine Handelsniederlassung in Lagos, wo er in die Fußstapfen des ebenfalls hanseatischen Kaufmanns Adolph Woermann zu treten trachtete. Das Handelshaus Woermann verfügte bereits über ein Netz von Niederlassungen und Faktoreien zwischen Liberia und Gabun und betrieb die Ostafrika-Schifffahrtslinie. Nach Afrika wurden vor allem Alkohol und Gewehre exportiert, wertvolle Rohstoffe importiert. Aber Lüderitz strebte nach einem eigenem Standbein, und so schloss sein Bevollmächtigter Heinrich Vogelsang den historischen Vertrag über den Erwerb besagter Bucht mit dem Nama-Kapitän Joseph Frederiks. Auf dem Papier war der Vertrag korrekt, doch hatte Vogelsang zur Absteckung des Gebietes die deutsche geographische Meile (ca. 7,4 km) zugrunde gelegt, während dem Afrikaner nur die englische Meile (1,6 km) bekannt war. Ein Streit um diesen Betrug schien sich aber angesichts der unwirtlichen Küste und eines Hinterlandes, das nur aus Wüste bestand, nicht zu lohnen. Vielmehr wurde kurz darauf der Landerwerb in einem weiteren Vertrag – wieder gegen Bares und gegen Waffen – noch erweitert, so dass sich der Lüderitz’sche Besitz nun vom Kunene-Fluss im Norden, die heutige Grenze zu Angola, wo die portugiesische Einflusssphäre begann, bis zum Oranje-Fluss im Süden, der britischen Kapkolonie, heute Südafrika, erstreckte. Ins Landesinnere sollte der Besitz 20 Meilen reichen, also gut 140 km, legt man die deutsche geographische Meile zugrunde. Es war auch in anderen europäischen Ländern durchaus gängige Praxis, für derartig privat erworbene Gebiete angesichts möglicher Übergriffe durch die einheimische Bevölkerung den Schutz der Heimatnation zu beantragen, und auch Lüderitz erbat einen Reichsschutz für ein nahezu menschenleeres und wirtschaftlich bedeutungsloses Gebiet, das größer war als Deutschland. Der Reichskanzler Bismarck stand ursprünglich allen kolonialen Abenteuern äußerst skeptisch gegenüber, sah sich jedoch angesichts von Wahlen bei einer stetig wachsenden Kolonialeuphorie in Deutschland bald genötigt, diesem Wunsch zu entsprechen. Allerdings bestand die erste 1884 entsandte Schutztruppe aus kaum mehr als zwei Dutzend Mann. Lüderitz selbst, der bald die wirtschaftliche Erfolglosigkeit seines Unterfanges erkannte, verkaufte sein Land dann auch rasch an die Deutsche Kolonialgesellschaft.
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1886 kam er unter ungeklärten Umständen bei einer Erkundung auf dem Oranje oder im Küstengewässer ums Leben. Das deutsche Streben nach eigenen Kolonien war indes nicht mehr aufzuhalten, und möglicherweise erlag Bismarck schließlich der Versuchung, im Konzert der Kolonialstaaten ein Wort mitzureden. Im Winter des Jahres 1884/85 war er Gastgeber der berüchtigten Berliner Kongo-Konferenz, auf der es im Stile eines Wettlaufes um Afrikas um die Festlegung der Einflusssphären ging. Durch Gebiete, die noch kein Weißer betreten hatte, wurden Grenzen mit dem Lineal gezogen, ungeachtet der Frage, ob hier einheimische Territorien und Ethnien willkürlich zerschnitten wurden. So entstand auch die schnurgerade verlaufende Grenzziehung zwischen dem deutschen Südwestafika und dem britischen Betschuanaland, dem heutigen Botswana. Damit waren die Grenzen der deutschen Kolonie Südwestafrika gezogen; erst unter Bismarcks Nachfolger Leo Graf von Caprivi erfolgte noch im deutsch-britischen Kolonialausgleich, dem sog. Helgoland-Sansibar-Vertrag, die Gebietserweiterung um den nordöstlichen Gebietsstreifen, dem bis heute sog. Caprivi-Streifen, der sich fast bis zu den Victoria-Fällen erstreckt. Er hätte als Landbrücke zum Zambezi und damit als Verbindung zur deutschen Kolonie Ostafrika dienen sollen, doch war in Unkenntnis der örtlichen Gegebenheiten die Schiffbarkeit des Flusses vollkommen falsch eingeschätzt worden. Niemand dachte z.B. an die Unüberwindbarkeit der berühmten Wasserfälle. Die Zustimmung der bisherigen Kolonialmächte und insbesondere Englands zu einer deutschen Kolonie Südwestafrika beruhte allein auf der Tatsache, dass dieses Land in strategischer und wirtschaftlicher Hinsicht als vollkommen bedeutungslos eingeschätzt wurde, zumal sich die Briten den einzig schiffbaren Hafen der ganzen Küste längst gesichert hatten: Über dem Hafen von Walfisbay wehte schon die britische Fahne. Das Land bestand ja sonst je zur Hälfte aus Wüste und Halbwüste. So blieb den Deutschen zunächst nur die Aufgabe, dieses Gebiet zu verwalten, und 1891 zählte man in diesem riesigen Land lediglich 539 Weiße, meist Beamte und Angehörige der Schutztruppe. Die einzige Erwerbsquelle bot die Viehzucht, wobei bei der Kargheit des Bodens die Farmen ungeheure Ausmaße annehmen mussten. Immerhin wuchs die Zahl der Kolonisten bis 1904 auf 4.682. Und hinzu kam die inzwischen staatliche Anzahl von 3.700 Schutztrupplern. Als Zentren der jungen Kolonie hatten sich bis dahin Windhoek, Swakopmund und Lüderitzbucht herausgebildet, und hier entstand unter den deutschen evangelischen Kolonisten dann auch der Wunsch nach einer seelsorgerlichen Betreuung und nach der Gründung einer eigenen Gemeinde mit dem erklärten Ziel, ein eige-
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nes Gotteshaus zu besitzen. Für die Deutschen in der Fremde südlich des Äquators war dieses Verlangen nicht nur ein religiöses Bedürfnis, sondern es diente auch der Sicherung der eigenen, der deutschen Identität. Für eine kulturell auf schwachen Füßen stehende junge Kolonie war die Kirche dazu ausersehen, den Eckpfeiler ihres Deutschtums zu bilden. Ab der zweiten Hälfte der 1890er Jahre begannen die Gemeindegründungen, so in Windhoek 1896. Zu den vorrangigen Zielen gehörte die Festanstellung eines Pfarrers, für den auch ein Pfarrhaus gebaut werden musste; mit der Betreuung durch einen Missionar wollte man sich nicht zufrieden geben. Aber in Vorbereitung eines Kirchenbaues begannen ebenfalls die Spendensammlungen, wobei die Kollektentätigkeit vor allem auf die deutsche Heimat ausgerichtet war. Der Kirchgang in eine der schon bestehenden Missionskirchen für die Einheimischen schien nicht akzeptabel, weshalb man sich zunächst mit Provisorien in den Veranstaltungssälen der Hotels oder ähnlicher Räumlichkeiten begnügte. Den zügigen Fortgang der Kirchbaupläne verhinderte der koloniale Kampf gegen die aufständischen Herero und Nama in den Jahren zwischen 1904 und 1907. Erst nach dem die mit einem hohen Blutzoll unter den Einheimischen verbundene Niederwerfung der Herero und Nama, die einem gezielten Völkermord gleichkam, gelungen war, konnte mit dem Kirchbau begonnen werden. Von geschätzten 60 bis 80.000 Herero lebten nach der Volkszählung von 1911 nur noch 15.130 in Südwest. Manchen mag die Flucht über die Grenzen gelungen sein, aber Tausende waren umgekommen. Die Zahl von ursprünglich 20.000 Nama hatte sich nach dem Krieg auf die Hälfte reduziert. Auslöser für den Vernichtungskrieg im südwestlichen Afrika war der Schießbefehl vom 2. Oktober 1904, den Generalleutnant Lothar von Trotta, der sich schon in Ostafrika und beim Boxeraufstand in China bewährt hatte, erlassen hatte. Der Schießbefehl enthielt die Weigerung, Gefangene zu machen, und stellte die praktische Umsetzung des Zieles dar, die Herero zu vernichten. Trotta hatte die Befehlsgewalt von dem gemäßigteren Gouverneur Theodor Leutwein, der auf Verhandlungen setzte, übernommen. Von den deutschen Schutztruppen mit einem Kontingent von 14.000 Mann waren 1.500 ums Leben gekommen. Ihre Gräber sind im ganzen Land noch in großer Zahl erhalten. Teil der strategischen Erschließung war der Bau von Eisenbahnen, die nicht nur der Versorgung des Landes, sondern auch dem schnellen Truppentransport dienten. Das Rückgrat bildete dabei die Eisenbahnlinie von Swakopmund nach Windhoek. Kaum weniger bedeutsam war die Strecke von Lüderitzbucht nach Aus. Einem Zufall kam es allerdings gleich, dass der einheimische Streckengeher Zacharias
Vom Missionsland zur deutschen Kolonie
Lewela 1908 in der Nähe von Kolmannskuppe glitzernde Steine im Sand fand. Sein Vorgesetzter, der Bahnmeister August Stauch, ließ sie vom Regierungsgeologen Paul Range prüfen, der amtlich bestätigte: Diamanten. Der dadurch ausgelöste wirtschaftliche Boom lockte weitere Kolonisten ins Land. Zwischen 1908 und 1913 kam ein Fünftel des weltweiten Diamantenhandels aus der Wüste Namib. Die vollkommene Unterwerfung der Einheimischen und der Diamantenhandel bildeten die Grundlage für eine nun endlich attraktive Kolonie, der allerdings nur wenige Jahre bis zum Einmarsch der Südafrikaner 1915 beschieden waren. Im ersten Weltkrieg zerplatzte der deutsche Traum von den Kolonien. Leider muss die Geschichte des evangelischen Kirchenbaues in Südwestafrika vor dem Hintergrund dieses dunklen Kapitels deutscher Kolonialgeschichte gesehen werden. In dieser Zeit zwischen 1910 und 1912 waren die drei Kirchen der deutschen Lutheraner in Windhoek, Swakopmund und Lüderitzbucht entstanden.
Vom Schutzgebiet zum deutschen Siedlungsraum Die deutsche Kolonie im Süden Afrikas war lange Zeit ein wirtschaftliches Sorgenkind geblieben, und für die deutschen Siedler war es ein Kampf ums Überleben. Die hochfliegenden Träume hatten sich für die meisten nicht erfüllt, stattdessen stellte sich bei vielen herbe Enttäuschung ein. Erst die Diamantenfunde von 1908 sollten diese Situation grundlegend ändern, und sie verhießen der Kolonie eine bessere, vielleicht sogar eine gute Zukunft. Die Zahl derer, die ihr Glück in Afrika suchen wollten, stieg erheblich an. Zählte man 1903 lediglich 3701 weiße Personen, so waren es 1913 bereits 14840. Man ging daran, die Infrastruktur des Landes zu verbessern, baute Eisenbahnlinien quer durchs Land ebenso die notwendigen Verwaltungsgebäude, aber auch Wohnhäuser und Villen, wo es sich gut leben ließ. Im selben Maß stieg das Selbstbewusstsein der deutschen Bevölkerung, und das Gefühl ihrer Überlegenheit über die einheimische Bevölkerung. Südwest sollte nun endlich deutsch werden, und letzten Endes gehörte dazu auch der Bau entsprechender Kirchen. Mit ihrer Ausführung begann man ab 1907 und damit nur wenige Jahre nach der blutigen Niederschlagung des Herero-Aufstandes. Diese Phase bedeutete aber keineswegs eine Normalisierung der sozialen und menschlichen Beziehungen zwischen Deutschen und Afrikanern, sondern für die Einheimischen zog eine schwere Leidenszeit herauf, wie Guido Jura in seiner Dissertation konstatierte. Gesetze schränkten die Rechte der Schwarzen ein, die als abhängige Lohnarbeiter bei den weißen Farmern, in den Minen oder beim Dia-
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mantabbau schwere Arbeit verrichteten. Im selben Maße wie die Kolonie prosperierte, mehrten sich die extremen Auswüchse weißer Überheblichkeit gegenüber den Afrikanern. Mit dem Wohlstand der weißen Kolonisten kam auch das Selbstbewusstsein, das sich im fernen Land sein Stück Heimaterde zu schaffen suchte. Es entstand ein regelrechter Kampf der Kulturen, bei dem der Sieger von vornherein feststand. Eine Möglichkeit, die Dominanz des Kulturvolkes gegenüber dem Naturvolk optisch auszudrücken, war die Architektur, die sich vom Bahnhof bis zur Villa preußischer gab als in der Heimat selbst. Gleichzeitig war man sich bewusst, in der Minderzahl zu sein, und dies erforderte Maßnahmen, um in der Minderheit die deutsche Identität zu bewahren. Neben der Architektur und dem daraus resultierenden Stadtbild halfen zu dieser Identität die Sprache und die Religion. Der Gottesdienst in deutscher Sprache mit einer protestantischen Predigt in einem Kirchenraum, der sich an den heimatlichen Stilepochen orientierte, bildete einen zentralen Punkt kolonialer Kulturarbeit. Falls sich die deutschen Missionare und Pastoren in einer Zwickmühle zwischen ihrer Fürsorgepflicht für die schwarze Bevölkerung und ihrer pastoral-kulturellen Verpflichtung gegenüber den weißen Landsleuten befunden haben sollten, so konnten sie doch die Haut ihres eigenen Deutschtums nicht abstreifen. Selbst wenn man ihnen eine bewusste Diskriminierung der Einheimischen gar nicht unterstellen will, so sahen sie doch den Sinn ihrer Arbeit darin, den Schwarzen etwas von der überlegenen eigenen Kultur zu bringen. Dabei hielten sie organisatorisch und seelsorgerlich an einer Trennung zwischen einer Kirche für die Weißen und einer für die Schwarzen fest. Diese Unterscheidung hatte sich auch in getrennten Kirchenbauten ausgedrückt. Als Missionskirchen genügten einfache Zweckbauten, die architektonisch lediglich wie Kirchen auszusehen hatten. Die deutschen Kirchen hingegen unterschieden sich von ihnen durch die bewusste Wahl eines Stils aus einer der europäischen Kulturepochen. Vor diesem Hintergrund sind die Kirchen der deutschen Lutheraner in Südwest zu sehen. Sie mussten als deutsch erkennbar sein, um einerseits den Deutschen das notwendige Heimatgefühl zu geben und andererseits die Überlegenheit der eigenen über die fremde Kultur auszudrücken.
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Die evangelisch-lutherischen Kirchen in Südwestafrika – Ein bisher nicht beachtetes Kapitel in der Geschichte des protestantischen Kirchenbaus Bis heute haben die evangelischen Kirchen in Südwestafrika, dem heutigen Namibia weder das Interesse der Kunstgeschichte noch der Theologie bzw. Kirchengeschichte gefunden. Das mag aus mehreren Gründen verständlich sein. Zum einen liegt es an der großen Entfernung. Um sie zu studieren, nimmt man den weiten Weg nicht auf sich, zumal sie kaum Besonderes erwarten lassen. Es liegt aber auch an einer kunstgeschichtlichen Sichtweise, die den Epigonen des historistischen Kirchenbaues zu Beginn des 20. Jahrhunderts nur wenig abgewinnen mag. Dann sind es schließlich zahlenmäßig nur die drei Kirchen in Windhoek, in Swakopmund und in Lüderitz, die überhaupt ein Interesse rechtfertigen könnten. Manche mögen bezweifeln, dass diese Zahl eine Basis für eine fundierte Beschäftigung bietet, und befürchten, nur Zufälligkeiten eruieren zu können. Wenn aber schon kein kunsthistorisches Interesse gerechtfertigt erscheint, so könnte immerhin die Frage nach ihrer Stellung in der Geschichte des protestantischen Kirchenbaues relevant sein. Doch ist diesbezüglich festzuhalten, dass die Erforschung des evangelischen Kirchenbaues derzeit so viele Lücken aufweist, dass man sich noch nicht mangels anderweitiger Forschungsaufgaben nach Namibia wenden müsste. Und innerhalb dieser Fachdisziplin zählt der Historismus ebenfalls nicht zu den bevorzugten Interessensgebieten. Die Theologie schließlich meidet dieses Terrain aus nachvollziehbaren Gründen, denn die Aufsplitterung der lutherischen Kirche in Namibia in drei eigenständige Kirchen zählt zu den dunkelsten Kapiteln deutscher Kirchen- und Kolonialgeschichte. In diesem letzten Sinne allerdings trägt die Beschäftigung mit den Kirchen im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika doch erhellende Einsichten bei. Die zwischen 1910 und 1912 errichteten Kirchen der deutschen Lutheraner bildeten von Anfang an die Eckpfeiler getrennter Glaubensgemeinschaften und Kulturen. Während aber die Ursachen und Folgen der deutschen Kolonialgeschichte inzwischen zu einem breiten Forschungsanliegen geworden sind, blieb der Kirchenbau als ein wichtiger Teil dieser Geschichte unberücksichtigt. Überhaupt ist die Architektur dieser ehemals deutschen Kolonie bisher kaum ein Thema gewesen. Fern der Heimat erlebt
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der Tourist die Kolonialbauten als pittoreske Tupfer und staunt über den Charakter deutscher Kleinstadtarchitektur in der Wüste. Kunstgeschichtlich hat sich bislang nur Walter Peters mit der Baukunst in Südwestafrika in seiner Monographie, erschienen Windhoek 1981, befasst. Seine sehr sachliche Darstellung, der wir auch selbst viel Materialkenntnis verdanken, verfolgt letztendlich ein denkmalpflegerisches Ziel, um eine größere Wertschätzung dieses Kulturerbes zu erwecken und dadurch einen Beitrag zu einer umfassenden Erhaltungspolitik zu liefern. Betrachtet man die Erfolge der ehemaligen Denkmalskommission in Südwestafrika und des heutigen National Mouments Council of Namibia, dann sind seine Bemühungen gewiss auf fruchtbaren Boden gefallen. Peters hat allerdings die Frage, inwieweit die deutsche Kolonialarchitektur ihren Beitrag zur Identität der Kolonisten beigesteuert hat, weitgehend vernachlässigt und erst recht nicht das Problem angesprochen, dass wir es hier in eklatanter Weise mit Machtarchitektur zu tun haben. Rückbindung an das deutsche Herkommen und Ausdruck der Dominanz der eigenen (und eigentlich fremden) Kultur über die heimische sind die beiden Seiten der Medaille deutscher Kolonialpolitik. Der evangelische Kirchenbau bildet nur eine Facette aus diesem Spektrum, aber in der Konzentration auf diese Bauaufgabe kann deutlich werden, welchen Beitrag die Kirchengebäude zur Identität der Kolonisten leisteten. Das Hauptaugenmerk dieser Studie gilt dabei den historischen deutschen Kirchen in Swakopmund, Lüderitz und Windhoek und zwar in dieser Reihenfolge, obwohl die Windhoeker Christuskirche die früheste von diesen ist, aber sie bildet in architektonischer Hinsicht auch den Höhepunkt. Denn es soll gar nicht in Abrede gestellt werden, dass die Architekten im Dienste deutsch-evangelischer Gemeinden durchaus Beachtliches zu leisten imstande waren. Vielleicht liefert diese Arbeit auch die Anregung, sich mit dem Kirchenbau der deutschen Kolonialzeit insgesamt zu befassen, denn hier herrscht ebenfalls weitgehende Unkenntnis. Wie in Windhoek sind etwa zeitgleich Christuskirchen in den deutschen Kolonien in Lomé (Togo), in Dar-es-Salaam (Tansania) und in Tsingtau (China) entstanden. Ist es nicht offenkundig, dass die Evangelische Kirche beteiligt war an der Errichtung eines weltumspannenden Kulturnetzes nach deutschem Muster? Auch außerhalb der Kolonien war die Errichtung deutsch-evangelischer Kirchen im Ausland seit der Regierungszeit Wilhelms II. zu einem Anliegen geworden von Rom über Kairo bis Tokyo. Es ist das Verdienst von Jürgen Krüger, auf dieses Kapitel des protestantischen Kirchenbaues aufmerksam gemacht zu haben, ohne es allerdings – von Rom abgesehen – weiter zu vertiefen. Hier liegt noch ein
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wahrhaft globales Forschungsdesiderat vor uns. Im Ausblick am Ende des Buches soll das noch kurz angedeutet werden. Zur Abrundung einer Darstellung des protestantisch-kolonialen Kirchenbaues dient eine Betrachtung der Missionskirchen, mit deren Bau schon ein halbes Jahrhundert früher begonnen wurde. Dabei sind die Unterschiede evident, die sich an den Kirchen der Rheinischen und der Finnischen Mission ablesen lassen. Während sich die deutschen Missionare als Kulturbringer verstanden, sahen es die finnischen Missionare als ihre vorrangige Aufgabe, die christliche Botschaft mit der einheimischen Kultur in Einklang zu bringen. Somit ist der protestantische Kirchenbau in Südwestafrika vielleicht keine kunstgeschichtliche Herausforderung, aber er trägt zum besseren Verständnis einer politischen und kirchenpolitischen Situation bei, die bis heute an Brisanz nichts verloren hat, und deren Lösung noch aussteht.
Die evangelische Kirche in Swakopmund – ein Stück Heimat im fremden Land Der Stadt an der Mündung des Swakop zwischen Wüste und Atlantik war Großes beschieden. Da der einzige natürliche Hafen der ganzen Region in Walfisbay, etwa 30 km südlich, von den Briten beansprucht wurde, kam Swakopmund die Rolle des deutschen Überseehafens zu. Zwar waren die natürlichen Bedingungen an der ungegliederten Küste dafür äußerst ungeeignet, aber man musste sich damit abfinden. Weit ins Meer hinaus ragte die Landungsbrücke, der sog. Jetty (Farbabb. 4), und erfüllte ihre Aufgabe mal besser, mal schlechter. Swakopmund entwickelte sich aber neben Windhoek zur bedeutendsten Stadt in Südwestafrika und damit auch zu einem Zentrum der deutschen Kolonisten. In den ersten Jahren, etwa seit 1895, wurden die evangelischen Einwohner der Stadt seelsorgerlich von Walfisbay aus betreut. Für den damals etwa 60jährigen Missionar Böhm bedeutete dies immer eine zweitägige Reise. Er reiste schon am Vortag mit einem Pferdegespann an, um am Morgen des nächsten Tages den Gottesdienst zunächst für die Weißen im Saal Keets und nachmittags für die Schwarzen im Regierungslagerhaus zu halten, ehe er sich auf den Rückweg begab. Schon um 1900 besaß Swakopmund mehr Einwohner als Walfisbay, und schließlich kam 1905 Missionar Heinrich Vedder als fester Pfarrer in die Stadt, der aber zunächst ohne anständige Unterkunft auskommen und im Saal des Bezirksamtes mit fast leeren Gottesdiensten leben musste. Die weißen Einwohner fühlten sich der
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Missionskirche nicht verbunden, und erst als die Angehörigen der Schutztruppe zur Teilnahme am Gottesdienst, der nun auf dem Kasernenhof stattfand, zwangsverpflichtet wurden, fand Vedder nun auch Kirchgänger vor. Für die Evangelischen schwarzer Hautfarbe wurde schließlich 1906 eine eigene Kirche eingeweiht, die in Fertigteilen samt Pfarrhaus für Vedder aus Hamburg geliefert wurde (Abb. 16). Im selben Jahr hatte sich, immer noch unter dem Vorsitz des Missionars Vedder, eine eigene deutsch-evangelische Gemeinde konstituiert, deren Angehörige bereits seit einigen Jahren Geld für eine eigene Kirche sammelten. In Abgrenzung zur Missionsgemeinde beantragten sie die Aufnahme in die „Evangelische Landeskirche der älteren Provinzen Preußens“, die schon am 29. Januar 1906 gewährt wurde. Nun zählte die Errichtung einer eigenen und formal eigenständigen Kirche zu den vorrangigen Zielen der jungen Gemeinde; dabei sollte auch ein Pfarrhaus gebaut werden, um den Anspruch auf einen eigenen Pfarrer zu untermauern. Im Januar 1907 erwarb die Gemeinde ein 5000 Quadratmeter großes Grundstück von der Deutschen Kolonialgesellschaft, die auf einen Teil des Kaufpreises verzichtete. Die Realisierungsphase der Kirche begann 1909 mit der Beauftragung des Architekten Otto Ertl, der als Regierungsbaumeister in Diensten des kaiserlichen Hafenbauamtes stand und während seiner relativ kurzen Wirksamkeit von 1906 bis 1909 das Stadtbild mit geprägt hat. Unter anderem entwarf er die Pläne für das schmucke Gefängnis, das Antoniushospital und das Alte Amtsgericht (Farbabb. 5), wobei er mit Fachwerk, Erkeranbauten und Jugendstilelementen kokettierte. Die Wahl Ertls als Architekt war indes auch vorentscheidend für die Gestalt, die die Kirche annehmen sollte. Denn der aus Bayern stammende Baumeister orientierte sich hier am barocken Stil, den er aus seiner Heimat kannte. Unzweifelhaft setzte er damit einen herausragenden städtebaulichen Akzent in der zweitwichtigsten Stadt der Südwester, der auch dem Bestreben der weißen Lutheraner Rechnung trug, sich vom Zweckbau der rheinischen Missionskirche deutlich abzusetzen (Farbabb. 6). So wird auch die leichte Abweichung der Kirche von den sich rechtwinklig kreuzenden Straßenachsen damit begründet, dass sie schon von weitem, vom Meer aus für die ankommenden Schiffe mit ihren Seeleuten und Passagieren sichtbar sein sollte. Ertl verließ zwar nach seiner dreijährigen Verpflichtungszeit beim Hafenbauamt Swakopmund wieder, doch führte Ing. Friedrich Kramer den Bau in seinem Sinne zu Ende, wobei die Ausführung in den Händen der Fa. F. H. Schmidt aus (Hamburg-) Altona lag. Am 4. Advent des Jahres 1910 erfolgte die feierliche Grundsteinlegung. Nach 13monatiger Bauzeit konnte die Kirche in Anwesenheit des Gouver-
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neurs Seitz und des Missionars Vedder sowie weiterer zahlreicher weltlicher und kirchlicher Honoratioren am 7. Januar 1912 eingeweiht werden. Trotz der äußeren neobarocken Gestalt war die Kirche nicht altmodisch, vielmehr orientierte sich ihre Innenraumgestaltung an den liturgischen Erfordernissen, wie sie im sog. Wiesbadener Programm 1891 von Pfarrer Veesenmayer im Hinblick auf einen Kirchenneubau in Wiesbaden formuliert worden waren (Farbabb. 7). Darin setzte er sich entschieden von einem sakralen mittelalterlichen Bauprogramm ab, das auf der Konferenz für christliche Kunst 1861 in Eisenach propagiert worden war. Dieses als Eisenacher Regulativ bekannt gewordene Kirchbauprogramm hatte in Deutschland zu einem Siegeszug der Neogotik geführt. Und hierin war auch die klare Trennung von Kirchenschiff und Chorraum gefordert, um Predigt und Sakrament räumlich zu differenzieren. Im Unterschied dazu verzichtete man ganz im Sinne des Wiesbadener Programms in Swakopmund auf diese Trennung, und so entstand ein einheitlicher Raum, in dem sich die Gemeinde als hörende und feiernde versammelte, während die Kirchen in Windhoek und ganz besonders in Lüderitz dem Eisenacher Regulativ folgten. Im Wiesbadener Programm war ein eigenständiger protestantischer Kirchenbau gefordert worden, weshalb die als katholisch empfundene Trennung in Predigt- und Sakralraum abgelehnt wurde. Statt dessen sollte einem Kirchenraum der Vorzug gegeben werden, in dem die Einheit der Gemeinde auf der Grundlage des allgemeinen Priestertums aller Gläubigen durch die Einheitlichkeit des Raumes zum Ausdruck kommt. Diesem Grundsatz folgte die Swakopmunder Kirche, die keinen gesonderten Chor- und Altarbereich besitzt. Einem weiteren Punkt des Wiesbadener Programms, in dem die gleichberechtigte Stellung von Altar und Kanzel gefordert wurde, entsprach man in Swakopmund durch den Rückgriff auf den schon im 17. Jahrhundert entwickelten Kanzelaltar. Im Kanzelaltar werden Altar und Kanzel zu einer architektonischen Einheit zusammengefasst, indem der Kanzelkorb über dem Altartisch angebracht wird. War diese Lösung des Kanzelaltares im evangelischen Kirchenbau nie unumstritten, weil der Prediger gewissermaßen „auf dem Altar“ steht, so wurde er auch in Swakopmund bei einer durchgreifenden Umgestaltung des Innenraumes aufgegeben. Altar und Kanzel sind seitdem nebeneinander positioniert. Ebenso trennte man das streng wirkende blockhafte Gestühl mit seinen durchgehenden Bankreihen durch einen Mittelgang. Unverändert blieben die prächtigen Buntglasfenster, die dem Raum mit ihrer starken Farbigkeit und ihrer schnörkellosen, biblischen Bildsprache einen ganz be-
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sonderen Charakter verleihen. Im Zusammenspiel mit der heimatlichen Architektur unterstreichen sie in besonderer Weise den deutschen Charakter dieser Kirche. Die Fenster waren seinerzeit von der renommierten königlichen Glasmanufaktur Wilhelm Franke in Naumburg an der Saale in Thüringen geliefert worden. Dieselbe Werkstatt hatte auch die Fenster in Lüderitz hergestellt. Die drei Fenster zeigen von links nach rechts das Gespräch Jesu mit den Schwestern Maria und Martha (Lk. 10, 38–42), den auferstanden Christus im Zentrum (Farbabb. 8) sowie die Segnung der Kinder (Lk. 18, 15–17, Farbabb. 9). Alle drei Bilder waren großherzige Stiftungen des Senats und verschiedener Persönlichkeiten der Hansestadt Bremen, wodurch zusätzlich die Verbundenheit mit der deutschen Heimat unterstrichen wurde. Es sind brave, fromme Bilder, wie sie damals beliebt waren, und die in der Motivwahl auch in Lüderitz wiederkehren (Farbabb. 13). Ein viertes Fenster mit dem protestantischen Bekenntnisbild Martin Luthers auf dem Reichstag zu Worms liegt auf dem Meeresgrund, denn es wurde 1915 beim Transport unter Kriegseinfluss mit dem Schiff, das es nach Swakopmund bringen sollte, versenkt. Bildnisse des Reformators gehörten auch sonst zum regelmäßigen Inventar einer evangelischen Kirche, ist Martin Luther doch die identitätsstiftende Figur der Protestanten schlechthin. Er begründete nicht nur die lutherische Konfession, sondern stiftete mit seiner Bibelübersetzung in die Volkssprache gewissermaßen auch die deutsche Sprache. Für die Kolonisten war beides von derselben Bedeutung und gehörte zusammen: evangelisch sein und deutsche Sprache. Und für manchen Südwester mag auch Luthers berühmter Ausspruch auf dem Wormser Reichstag vor dem Kaiser noch in einem ganz anderen Sinn interpretiert worden sein: „Ich stehe hier und kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen.“ Die Ausstattung mit Buntglasfenstern verlieh allen drei Südwester Kirchen ihren besonderen Charakter und besaß an sich schon einen deutschen Charakter, seit der preußische König Friedrich Wilhelm IV. 1843 das Königliche Institut für Glasmalerei Berlin-Charlottenburg ins Leben gerufen hatte. Viele Kirchen in Preußen und darüber hinaus wurden mit diesem besonderen Schmuck ausgezeichnet. Unverzichtbar für eine evangelische Kirche sind außerdem die Orgel, die den Gemeindegesang begleitet, und die Glocken. Die Orgel für Swakopmund mit ihren 832 Pfeifen entstand in der Orgelbauwerkstatt Walcker in Ludwigsburg und wurde von der Fa. Richard Müller aus Kapstadt eingebaut. Und letztendlich stammen die drei Glocken im 23 Meter hohen Glockenturm aus der thüringischen Glockengießerei Frank Schilling in Apolda. Sie tragen die Aufschriften „Dein Name werde 30
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geheiligt“, „Dein Reich komme“ und „Dein Wille geschehe auf Erden wie im Himmel“ und zitieren damit wichtige Passagen auf dem Vater Unser-Gebet. Kirchenbau und Ausstattung bedeuteten für die damals immer noch kleine Gemeinde einen finanziellen Kraftakt, der ohne die zahlreichen Spenden und Stiftungen nicht geglückt wäre. Dabei spielten Sammlungen in der deutschen Heimat eine wichtige Rolle. Geworben wurde mit der Bitte, die Erhaltung des Glaubens in der neuen Kolonie zu sichern und zu helfen „deutsche Art und Sitte der Brüder draußen“ zu gewährleisten. Von zumindest symbolischer Bedeutung war gewiss, dass selbst die deutsche Kaiserin durch die Stiftung der Altargeräte und der Altarbibel Vorbild gebend ihren Beitrag leistete. In beachtlicher Weise engagierten sich neben Bremen auch die Stadt Hamburg und die Otavi Minen- und Eisenbahngesellschaft. Entstanden war ein Kirchenraum nach deutscher Art, der mehreren hundert Menschen Platz bieten konnte. Er war damit mehr als ausreichend, fast überdimen-
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sioniert für eine Gemeinde, die um 1908 geradeeinmal 144 zahlende Gemeindeglieder besaß mit einem Gottesdienstbesuch von durchschnittlich 26 Kirchgängern an normalen Sonntagen und zwischen 60 und 70 an Fest- und Feiertagen. Aber man war ja auf Zuwachs ausgerichtet, und zum Zeitpunkt der Kirchweihe hatte sich die Zahl der Gemeindeglieder auf 332 mehr als verdoppelt. Zwar ist die Gemeinde heute wieder klein, aber ihre Kirche präsentiert sich nach einer durchgreifenden Restaurierung 2001, wobei sie u.a. innen und außen einen neuen Anstrich erhielt, als architektonisches Kleinod, das im Verbund mit manchen anderen Baudenkmalen an die deutsche Vergangenheit der Stadt erinnert. Keine andere Stadt hat ihr Gepräge aus der Kolonialzeit eindrucksvoller und präsenter bewahrt wie Swakopmund. Strahlend weiß steht die Kirche an der Daniel Tjongarero Avenue, die einstmals Poststraße hieß, in farblichem Kontrast zu den grünen Palmen, die sie wirken lassen wie eine Fata Morgana, eben ein Stück Heimat im fremden Land (Abb. 3).
Die Felsenkirche in Lüderitzbucht – ein Wahrzeichen evangelischen Glaubens
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Ihre Majestät Kaiserin Auguste Victoria zeigte ihre Verbundenheit mit der jungen und aufstrebenden Gemeinde in Lüderitzbucht und stiftete die wertvolle Altarbibel mit einer handschriftlichen Widmung. Ihr Gemahl, Seine Majestät Kaiser Wilhelm II., tat es ihr gleich und steuerte das zentrale Altarfenster bei. Unter einer Darstellung der Stillung des Sturmes nach Matthäus 8, 26 prunkt das kaiserliche Wappen mit der Stiftungsinschrift „Gestiftet von Seiner Majestät Kaiser Wilhelm II. 1912“. Mehr als der finanzielle Wert der kaiserlichen Geschenke bedeuteten diese allerhöchsten Gunsterweise eine willkommene ideelle Unterstützung für die Kolonisten bei ihrer Mission, die ihnen schwierig genug erschien. Und bewusst hatte Pastor Alexander Metzner in seiner Einweihungspredigt am 4. August 1912 die kaiserliche Widmung aus der Altarbibel zitiert: „Rufe mich an in der Not, so will ich dich erretten, so sollst du mich preisen.“ Immerhin konnte man hinter diesen göttlichen Worten auch eine kaiserliche Garantieerklärung vermuten, die junge Kolonie zu jeder Zeit zu unterstützen. Drei Jahre später allerdings war diese Zusicherung nicht mehr das Papier wert, auf dem sie stand, als südafrikanische Truppen nach vorhergegangener Kriegserklärung an das Deutsche Reich in Südwestafrika einmarschierten, und das Kaiserreich im Ersten Weltkrieg seine Götterdämmerung erlebte. Die Kolonie ging 1915 für alle Zeit verloren.
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Kaum länger war der Weg von der Gemeindegründung bis zur eigenen Kirche gewesen. Am 24. November 1907 hatte eine erste Versammlung in Kapps Hotel stattgefunden, um die Strategie für eine Gemeindebildung zu entwickeln. Danach hielt erst einmal ein Missionar der Rheinischen Missionsgesellschaft Gottesdienste in provisorischen Räumen. Doch schon eineinhalb Jahre später kam es am 10. Mai 1909 zur formellen Gründung einer Gemeinde, die zwar zunächst nur 42 zahlende Mitglieder zählte, aber noch im selben Jahr mit Pastor Metzner den ersten eigenen Pfarrer erhielt. Die evangelischen Kolonisten setzten alles daran, neben der Missionsgemeinde der Einheimischen ihren eigenen Weg zu gehen und nahmen deshalb Beziehungen zum Evangelischen Oberkirchenrat in Berlin auf. Unter der tatkräftigen Führung von Pastor Metzner ging man zunächst an die Errichtung eines standesgemäßen Pfarrhauses, das schon 1910 fertig gestellt war, und am 19. November 1911 legte man den Grundstein für eine eigene Kirche, die auf eine Kapazität von etwa 140 Sitzplätzen ausgelegt war. Als Bauplatz für die Kirche hatte man die nackte Kuppe des Diamantberges ausersehen. Von dort oben blickte man auf die ehemals Angra Pequena genannte Bucht, die dann den Namen von Alfred Lüderitz annahm, der mit ihrem Erwerb die deutsche Kolonialgeschichte Südwestafrikas eingeleitet hatte. Erst drei Jahre zuvor waren die ersten Diamanten in der Wüste, nicht weit von Lüderitzbucht entfernt, entdeckt worden, doch sie versprachen eine wahrhaft glänzende wirtschaftliche Zukunft. Hoffnungsfroh beteiligte sich die deutsche Kolonialgesellschaft am kulturellen Aufbau von Lüderitzbucht und stellte das Grundstück für die Kirche kostenlos zur Verfügung. Der Baumeister Albert Bause, der mit seinen drei Brüdern aus Kapstadt nach Südwestafrika eingewandert war, hatte schon das Pfarrhaus gebaut und entwarf nun auch den Bauplan für die Felsenkirche. Bause war eher Handwerker als Architekt, und so schuf er gewiss kein architektonischer Meisterwerk, aber nach seinen Plänen entstand eine Kirche, die aussah wie eine Kirche. Sie ist gewiss die traditionellste der Südwester Kirchen und ganz im Stil der Neugotik gehalten. Von allen Seiten nähert man sich ihr von unten, weshalb ihre spitzen Giebel noch höher und steiler erscheinen, als sie es in Wirklichkeit sind. Und gleiches gilt für den seitlich aufgeführten Turm mit seiner spitz zulaufenden Haube. Standort und Architektur trugen gemeinsam dazu bei, die Felsenkirche zu einem wahrhaft monumentalen Denkmal inmitten einer unwirtlichen Landschaft werden zu lassen (Farbabb. 10). Am 4. April 1912 erfolgte die feierliche Einweihung. Man hatte einen schlichten neogotischen Stil gewählt, der einer Hallenkirche mit angedeutetem spitzgiebeligen Querhaus die äußere Form verlieh. Die drei Fensterachsen wirken dabei etwas
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gedrungen. Aber es sind klare, einfache Formen, die den deutschen-gotischen Stil verkörpern (Farbabb. 11). In den Ansprachen und in der Predigt nahmen die Festredner alle Bezug auf die besondere Lage der Kirche auf dem Diamantberg, die ihr den Namen Felsenkirche eingetragen hat. Unüberhörbar schwingt aber auch der Name des Apostelfürsten Petrus mit, der ja wörtlich Fels bedeutet, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen, verhieß Jesus seinem Jünger. Deshalb kann die Felsenkirche in Lüderitzbucht auch als Petruskirche verstanden werden. Und damit bildet die Felsen-Petrus-Kirche in Lüderitz neben der Christuskirche in Windhoek den zweiten Eckpfeiler deutschevangelischen Luthertums in Südwestafrika. Das von seiner Majestät Kaiser Wilhelm II. höchstpersönlich gestiftete Fenster im Altarraum mit der Stillung des Sturmes unterstreicht dabei in besonderer Weise die Christus-Petrus-Beziehung, aber ebenso durch die kaiserliche Geste die Verbundenheit mit der Heimat. Und ein weiteres Buntfenster mit der Darstellung vom Meerwandel Christi und dem sinkenden Petrus nach Matth. 14, 22–23 nimmt unmissverständlich darauf Bezug. Es wurde von Frl. Julie Kumbruch aus Bad Kösen gestiftet, wie auch alle anderen Fenster Stiftungen von Privatpersonen oder Institutionen sind. Der Abteilung Lüderitzbucht des Frauenbundes der deutschen Kolonialgesellschaft verdankt die Kirche das Fenster mit der Darstellung von der Begegnung Jesu mit den Schwestern Maria und Martha nach Lk. 10, 38–42. Wählten die Damen des Frauenbundes bewusst ein Frauenthema, so entschlossen sich die Männer des Lüderitzbuchter Bürgervereins zur Stiftung des Fensters mit der Szene vom Barmherzigen Samariter nach Lk. 10, 25–37. Die Wahl der Themen erfolgte demnach ganz bewusst. So wie die deutschen Kolonisten ihrem Verständnis von Frömmigkeit und deutscher Wesensart in der Gestalt der Kirche Ausdruck verliehen, so wählten die Stifter biblische Inhalte, die zu ihnen passten. Weitere Buntfenster, die dem Kirchenraum seine weiche und warme Atmosphäre verleihen, zeigen die Darstellung der Begegnung Christi mit der Samariterin am Brunnen (Joh. 4, 4–26; Farbabb. 12) sowie ähnlich Swakopmund die Kindersegnung durch Jesus (Mk. 10, 13–16; Farbabb. 13). Jedesmal erscheint Jesus als der sanfte Heiland, der mahnt und segnet. Dankbar durfte Pastor Alexander Metzner in seiner Einweihungspredigt am 4. August 1912 sogar darauf hinweisen, dass die neue Kirche insgesamt der Spenden- und Opferbereitschaft vieler zu danken ist: „Reiche Mittel sind uns von Gesellschaften und Privatpersonen dargereicht worden, Männer und Frauen haben opferfreudig beigesteuert zu diesem Wahrzeichen evangelischen Glaubens. Wie
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reich ist unser Gotteshaus in seinem Inneren ausgestattet; wohin das Auge blickt, sieht es Geschenke, um die wir nicht umsonst gebeten haben; jedes einzelne Stück der Kirchenausstattung ist ein Zeichen erfahrener Bruder- und Schwesternliebe, von den kostbaren Stiftungen deutscher Fürsten und mildtätiger begüterter Freunde und Freundinnen bis zu den Gaben, die in kleinen Beträgen zusammengeflossen sind.“ Die Felsenkirche von Lüderitzbucht muss in dieser Weise als Gesamtkunstwerk verstanden werden, als gesetztes Zeichen, dass evangelisches Christentum und deutsche Wesensart eine untrennbare Einheit bilden. Diese Thematik bildete den roten Faden der Einweihungspredigt von Pastor Metzner: „Und das Evangelium Jesu Christi wird zu uns reden in unserer deutschen Sprache. Deutsch werden unsere Lieder zu Gottes Ehre erklingen, wie wir es gewohnt von früher Jugend auf und wie es bleiben soll auf Kind und Kindeskind. Deutsch-evangelisches Christentum, die herrlichste Verbindung christlichen Geistes und deutscher Gemütsinnigkeit, es soll allezeit eine treue Pflegestätte haben in dieser Kirche, in der das Bild des größten deutschen christlichen Mannes grüßt, unseres Doktor Luther.“, sagte der Festprediger, dem der faschistische Geist seiner Worte vielleicht gar nicht bewusst war (Farbabb. 14). Dabei hatte er bei seiner Festpredigt das Konterfei des deutschen Reformators ständig vor Augen, dessen gestrenger Blick mehr Unduldsamkeit als Standhaftigkeit verrät. Auch dieses Fenster war eine Stiftung. Als edler Spender gibt sich auf dem Fenster Johann Albrecht Herzog von Mecklenburg zu erkennen (Farbabb. 15), der 1895 zum Präsidenten der Deutschen Kolonialgesellschaft gewählt worden war und zu den einflussreichsten deutschen Kolonialpolitikern zählte.
Der Höhepunkt der Kirchenbaukunst in Südwestafrika – die Christuskirche in Windhoek Als die Einweihung der Christuskirche mit vielen Festreden und dem obligatorischen Kaiserhoch vollzogen und die Festlichkeiten beendet waren, trat ihr Architekt und Baumeister Gottlieb Redecker einen Heimaturlaub an, denn nach eigenen Worten brauchte er jetzt einen längeren Erholungsurlaub. Nach drei Jahren Bauzeit war das Werk vollendet in einer Zeit, die als Blüte und Aufschwung in der städtebaulichen Entwicklung Windhoeks gelten darf. Und für die hatte Regierungsbaumeister Redecker die Verantwortung getragen. Er hat das Bild der kolonialen Stadt geprägt, das heute allerdings nur noch rudimentär erhalten ist. Anders als Swakopmund hat
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Windhoek in den 1970er und 1980er Jahren tiefgreifende Veränderungen erlebt und seinen deutschen Charakter im Blick auf die Architektur verloren. Die dominierende Lage der Christuskirche lässt sich auf historischen Fotos noch besser erkennen als im heutigen Stadtbild (Abb. 4). Zu den markantesten Punkten im Stadtbild von Windhoek zählt aber immer noch die evangelische Christuskirche in erhöhter Lage unweit der Alten Feste. Sie besticht nicht nur durch ihre herausgehobene Position, sondern auch durch ihre bemerkenswerte Architektur (Farbabb. 16). Obwohl sie die älteste der deutschlutherischen Kirchen ist, ist sie zugleich die modernste, denn in ihr verschmelzen die neuromanischen Grundformen bereits mit Elementen des Jugendstils, doch sind in den geschweiften Giebeln auch noch kapholländische Einflüsse zu erkennen. Besonders wird das Äußere durch die starken farblichen Akzentuierungen geprägt. Der je nach Tageslicht zwischen Grau- und Rottönen changierende örtliche Quarzitsandstein kontrastiert mit den rein weißen Einfassungen der einzelnen Architekturglieder, wobei für das ganz im romanischen Stil gehaltene giebelbekrönte Stufenportal edler Carrara-Marmor verwendet wurde (Farbabb. 17). Am 16. Oktober 1910 fand in Anwesenheit des Gouverneurs Lindequist, der offiziell den deutschen Kaiser vertrat, die feierliche Einweihung statt. Alles, was Rang und Namen hatte, war herbei geeilt, und die Stadt hatte sich aus diesem Anlass unter voller Beflaggung festlich geschmückt. Am Abend fand im Hotel „Stadt Windhoek“ das größte Bankett statt, das Südwestafrika bis dahin je erlebt hatte. Die Christuskirche mit ihrem 42 Meter hohen Kirchturm und den drei Glocken aus der thüringischen Gießerei Schilling war dazu ausersehen, den Eckpfeiler deutscher Kultur in der jungen Kolonie zu bilden. Die 1896 gegründete deutsch-evangelische Gemeinde hatte sich schon wenige Jahre später um die Jahrhundertwende entschlossen, eine Kirche zu bauen, und bereits die ersten Planungen hatte man dem Regierungsbaumeister Gottlieb W. E. Redecker übertragen, der für die meisten öffentlichen und repräsentativen Bauten der Hauptstadt verantwortlich zeichnete. Als Sohn des Ehepaares Johann Wilhelm Redecker und Karoline Redecker, geb. Gronemeyer, wurde Gottlieb Redecker am 30. April 1871 in Otjimbingue geboren. Er studierte in Deutschland und erlernte das Baumeisterhandwerk während seiner Ausbildung und Mitarbeit bei zwei Duisburger Unternehmen, die sich in der Eisenindustrie und beim Brückenbau betätigten. Bereits 1901 erhielt Redecker im Amt für Bauwesen der Stadt Windhoek die höchste Zuständigkeit. Unter seiner Leitung entstand auch das Verwaltungsgebäude für die Kolonialregierung, das später als Tintenpalast bekannt wurde (Farbabb. 18).
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Die ersten schon um 1904 gefertigten Pläne fanden indes nicht die Zustimmung der Gemeinde, denn sie scheinen sich zuwenig von der Rheinischen Missionskirche und der damals im Bau befindlichen katholischen Kirche abgesetzt zu haben. Deshalb kann vermutet werden, dass sich die ersten Entwürfe Redeckers noch an einem ganz schlichten neugotischen Stil orientierten. In den Folgejahren kam es durch den Krieg gegen die Herero dann zu einem Stillstand aller Maßnahmen, die erst 1907 wieder ergriffen wurden. Ein neuer Plan Redeckers wurde angenommen, und die Grundsteinlegung erfolgte am 11. August 1907. Nun wurde die Kirche in dem bereits genannten neuromanischen Stil mit Jugendstilelementen aufgeführt. Das markante Erscheinungsbild wird geprägt durch einen geschweiften Bogenstaffelgiebel an der Westfassade der geosteten Kirche, der sich zwischen den Strebepfeilern auf beiden Seiten des Langhauses wiederholt. Hier finden sich deutliche Anklänge an die 1903 errichtete Kirche in Essen-Kray. In die Fassade integriert ist ein giebelbekröntes romanisches Stufenportal mit darüber liegender Fensterrose. Links an die Fassade angelehnt erhebt sich der 42 Meter hohe Turm mit gotischem Spitzhelm. Bei einer neuromanischen Grunddisposition herrscht also eine Vermischung mit anderen Stilen vor, doch ist es der Genialität Redeckers zu verdanken, dass dennoch ein Bauwerk aus einem Guss entstanden ist. Sein Sinn für das Praktische fand seinen Niederschlag in der etwas ungewöhnlichen Dachkonstruktion, die seiner Erfahrung aus der Eisenindustrie zuzuschreiben ist. Das verzinkte Wellblechdach ruht nämlich nicht auf einem hölzernen Dachstuhl, sondern auf einer Eisenkonstruktion, die er komplett von der Fa. Eggers aus Hamburg bezog. Als am Schluss die veranschlagten Baukosten auf das Doppelte gestiegen waren, hatte auch die Schifffahrtslinie des Hauses Woermann trotz großzügiger Frachttarife kräftig mit verdient. Im Innenraum setzen sich die ungewöhnlichen Lösungen fort. Auffallend, aber keineswegs störend ist die asymmetrische Disposition des Kirchenraumes, der nur ein linkes Seitenschiff besitzt. Entsprechend wurde auch die Empore nur über dem linken Kirchenschiff und an der Eingangsseite für Orgel und Chor angebracht. Entsprechend dem 1861 proklamierten Eisenacher Regulativ, das als Grundlage für den zeitgemäßen evangelischen Kirchenbau angesehen wurde, wird der Predigtraum durch einen Chorraum abgeschlossen. Am Übergang von Predigtraum zu Abendmahlsraum befindet sich die Kanzel am rechten Chorpfeiler, also gut sichtbar gegenüber der linken Empore. Beiderseits des Chores sind rechteckige Räume angebaut, die als Sakristei bzw. als Treppenhaus dienen. 38
Die evangelisch-lutherischen Kirchen in Südwestafrika 5 Windhoek, Christuskirche, ehem. Altarbild
6 Windhoek, Christuskirche, Innenraum nach einer historischen Aufnahme
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Die erste der südwestafrikanischen deutsch-evangelischen Kirchen darf somit für sich beanspruchen, in stilistischer Hinsicht die modernste zu sein. Redecker war zwar bestrebt, historistisch zu bauen, aber er band sich keineswegs sklavisch an eine der denkbaren Stilreproduktion und ließ sich von zeitgemäßen Strömungen inspirieren. Ob er sich dabei eher an Beispielen aus Deutschland orientierte, die er aus seinem langjährigen Aufenthalt dort kannte, oder solchen aus Amerika ausrichtete, ist schwer zu entscheiden. Letztere Möglichkeit mochte Walter Peters in seiner umfassenden Monographie zur Baukunst in Südwestafrika zumindest nicht ausschließen. Mit dem Hinweis auf das 1897 erschienene Buch von Karl Hinckeldeyn über „Neubauten in Amerika“ betonte Peters, dass die Arbeiten des großen amerikanischen Architekten und Kirchenbauers Henry Hudson Richardson auch die deutsche Kirchenbaukunst beeinflussten. Gewiss waren aber mögliche stilistische Anleihen Redeckers bei Richardson nicht ausschlaggebend für die Entscheidung der Windhoeker Gemeinde, diesem Bauplan zuzustimmen. Für sie war eher ausschlaggebend, dass sich ihre Kirche nun deutlich von der Missionskirche der Einheimischen abhob und auch keine Verwechslung mit der katholischen Kirche erlaubte. Die Innenausstattung ist wieder konventionell, aber durchaus ambitioniert. Für das Altarbild beauftragte man die Berliner Malerin Clara Berkowski mit der Kopie der „Auferweckung des Lazarus“ nach einem Gemälde des flämischen Meisters Peter Paul Rubens (Abb. 5). Das Rubens’sche Originalgemälde verbrannte 1945 unter Kriegseinfluss in Berlin und blieb so nur in dieser Nachahmung erhalten. Bei der jüngsten Kirchenrenovierung in den Jahren 1967 bis 1972 wurde das Altarbild auf die Seitenempore versetzt. Dabei erneuerte man auch Kanzel und Altar und versah die Apsis mit einer Holzverschalung, so dass der ursprüngliche Charakter heute teilweise verändert ist. Den ursprünglichen Zustand des strengen Kirchenraumes lässt eine alte Fotografie noch erahnen (Abb. 6). Unverändert dagegen ist ähnlich Lüderitz und Swakopmund die Strahlkraft der wilhelminischen Buntfenster. Jene in der Apsis sind Stiftungen des deutschen Kaisers. Eines dieser Fenster mit dem segnend-einladenden Christus ziert neben einer Seitensicht der Kirche einen Ersttagsbrief, der anlässlich des 70jährgen Jubiläums der Christuskirche als philatelistische Sonderausgabe aufgelegt worden war (Abb. 7). Die 5cent Briefmarke zeigt eine Oryx-Gazelle. Ohne den Einfluss der berühmten Christusstatue von Berthel Thorvaldsen, die in einer Nachahmung auch die Fassade der Felsenkirche in Lüderitz ziert, kann dieses Buntfenster nicht verstanden werden.
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7 Sonderbrief anlässlich des 70jährigen Jubiläums der Christuskirche in Windhoek
Es war nicht unüblich, den Kirchen der wilhelminischen Zeit eine Heile-WeltAttitüde zu verleihen, und deshalb tragen auch die Glocken die Inschriften Ehre sei Gott in der Höhe, Den Menschen ein Wohlgefallen und Friede auf Erden. Vor dem Hintergrund des wenige Jahre zuvor beendeten Vernichtungskrieges gegen die Herero gewinnt dieses Streben aber aktuelle Bedeutung. Man hoffte sehr, dass die Auseinandersetzungen nun beendet seien und verstand die Windhoeker Kirche gar als Friedenskirche. Freilich war es ein einseitiger Friede, und an der Ideologie von der Dominanz der weißen Rasse sollte nicht gerüttelt werden. Und die deutschevangelische Kirche war in diesem System ein Eckpfeiler, wie in den anderen Kolonien auch. In bewusster Absicht verlieh man der Windhoeker Kirche den Namen Christuskirche, den auch die Schwesterkirchen in Dar es-Salaam, in Lomé (Abb. 19 u. 20) und in Tsingtau trugen. Noch in der Zeit des südafrikanischen Mandates wurde die Windhoeker Christuskirche am 29. November 1974 zum Nationaldenkmal erklärt. Bei der nicht allzu großen Zahl von historischen Sehenswürdigkeiten in Windhoek bildet die Christuskirche neben dem Reiterdenkmal und der Alten Feste einen touristischen Hauptanziehungspunkt (Abb. 8). Dass sie auch ein unverrückbares Zeichen der Trennung der namibischen lutherischen Kirchen darstellt, wird den meisten Touristen freilich nicht bewusst. Aber eine über hundertjährige Geschichte lässt sich nicht einfach
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abschütteln, wie ein Blick auf die schon früher geltende Konkurrenzsituation in der Hauptstadt der Südwester zeigt. Als sich Ende des 19. Jahrhunderts immer mehr Weiße in Windhoek ansiedelten, drängte Landeshauptmann Leutwein die Rheinische Mission, die Stadt wieder mit einem Missionar zu besetzen, der sich auch um die seelsorgerliche Betreuung der Weißen kümmern sollte. Pastor Heinrich Siebe wurde 1895 nach Windhoek gesandt, um diesen Doppeldienst an den Einheimischen und der weißen Gemeinde zu versehen. Doch musste Siebe nach kurzer Zeit erkennen, dass er dieser zweifachen Aufgabe nicht gerecht werden konnte. Er verließ Südwestafrika am 1. November 1899 und nahm eine Berufung der deutschen Gemeinde in Wynberg im Kapland an. Das Experiment mit dem 8 Windhoek, Wegweiser zu Sehenswürdig keiten Doppelamt, das den schwarzen und den weißen Gemeindeteil zumindest in der Person des Seelsorgers geeint hätte, war fehl geschlagen. Daraufhin entsandte 1900 der preußische Oberkirchenrat in Berlin Pastor Lic. Anz zur deutschen Gemeinde in Windhoek, und die Rheinische Missionsgesellschaft beauftragte ihren Missionar Wandres mit der Betreuung der Eingeborenen in derselben Stadt. Wobei nicht nur Schwarz und Weiß in Konkurrenz zueinander standen, sondern auch die Preußische Kirche mit der Rheinischen Mission wetteiferte. Und beide Pastoren betrachteten es als ihre vornehmste Aufgabe, je ihre eigene Kirche zu bauen. Erfolgreicher war der Missionar, der die Missionskirche schon 1903 einweihen konnte (Farbabb. 2). Sie in architektonischer Qualität zu übertreffen, musste für die deutsche Gemeinde zu einem unabdingbaren Ziel werden. Dies hat sie mit der Christuskirche ohne Zweifel erreicht.
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Die Kirchen der lutherischen Missionen in Südwestafrika – Dominanz oder Integration
Noch heute gibt es in Namibia neben der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche (DELK) zwei lutherische Kirchen der einheimischen Bevölkerung. Die Evangelical Lutheran Church in the Republic of Namibia (ELCRN) mit etwa 250.000 Mitglieder in 49 Gemeinden ist wesentlich in der Mitte und im Süden des Landes vertreten und geht auf die Rheinische Mission zurück. Im Norden dominiert die Evangelical Lutheran Church in Namibia (ELCIN) mit ca. 450.000 Mitgliedern in 95 Gemeinden, die ihren Ursprung in der Finnischen Mission hat. An ihren historischen Kirchenbauten aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert lässt sich die unterschiedliche Geisteshaltung dieser drei selbständigen Kirchen deutlich ablesen, die bis heute nicht zu einer Einheit gefunden haben. Betrachtet man die Kirchen der Rheinischen Mission, dann unterscheiden sie sich von den deutsch-lutherischen Kirchen, die wir ausführlich gewürdigt haben, durch eine grundsätzlich einfachere Bauweise. Im Sinne einer kulturellen Hierarchie stehen sie deutlich unterhalb der deutschen Kirchen für die weiße Bevölkerung. Allerdings verzichten auch die Rheinischen Missionskirchen nicht auf Stilanleihen bei der europäischen Kirchenarchitektur. Schon bei manchen frühen Missionskirchen orientierten sich die deutschen Missionare an dem, was ihnen aus ihrem Entsendeland vertraut war. So ahmt etwa die 1859 begonnene Missionskirche in Bethanien ein doppeltürmiges Westwerk in romanischer Tradition nach, wenngleich in Maßstab und Ausführung deutlich reduziert (Farbabb. 28). Wahrscheinlich bildete sogar die Kirche in Barmen selbst das Vorbild. Und die kurz nach der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert errichteten Missionskirchen in Windhoek (Farbabb. 2) und Lüderitz (Farbabb. 19) besitzen gestelzte Langhausfenster, die einmal gotisch spitz und einmal romanisch rund geschlossen sind. Die rheinischen Missionare errichteten Kirchen, die sich in aller Einfachheit an der europäischen Kultur ausrichteten. Inmitten der landestypischen Hütten der Nama- und Hererodörfer waren sie in der Anfangszeit oft die einzigen aus Stein errichteten massiven Gebäude. Die Missionare brachten das Christentum in Gestalt von Kirchen, die 43
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fremd und der heimischen Kultur überlegen waren bzw. sein sollten. Manche Missionskirchen wurden sogar in Fertigteilen aus Deutschland importiert (Farbabb. 21). Freilich standen am Anfang der Missionstätigkeit in der Mitte des 19. Jahrhunderts noch eher Zweckbauten unterschiedlichen Aussehens. Die meisten Kirchen der sog. ersten Generation blieben nicht erhalten oder wurden durch Neubauten ersetzt. Doch gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte sich so etwas wie ein Normaltyp der Rheinischen Missionskirche herausgebildet. Er besaß ein längsrechteckiges Kirchengebäude von ca. 30 bis 40 Metern Länge und einen an der Eingangsseite errichteten Turm über quadratischem Grundriss. Die strengen Fensterachsen an den Langseiten waren schmal und konnten gerade, spitz- oder rundbogig geschlossen sein. Als Baumaterial wurde meist ein Konglomerat aus Feld- und Bruchsteinen verwendet. Vereinfacht gesagt hatten diese Kirchen ein Aussehen wie das ,Piktogramm‘ einer Kirche oder eine Kinderzeichnung, wenn sie eine Kirche darstellen soll: Langhaus mit Fenstern und ein Turm. Von einem ,Stil‘ zu sprechen, wäre übertrieben, und dennoch dokumentierten selbst diese schlichten Kirchen das, was man an Kultur der einheimischen Unkultur entgegensetzen wollte. Neben den bereits genannten Missionskirchen in Windhoek und Lüderitz entsprechen etwa auch die Kirchen in Keetmanshoop (Farbabb. 30 und 10) oder Warmbad (Farbabb. 36) diesem Typ. Ganz anders gingen die finnischen Missionare an ihre Aufgabe heran. Sie errichteten ihre Kirchen aus landestypischen Materialien, bevorzugten getrocknete Lehmziegel statt gemauerter Wände und deckten ihre Kirchen mit abgewalmten Reetdächern ein. Zwischen der Mauerkrone und dem Walmdach ließen sie einen Zwischenraum zur besseren Luftzirkulation. Ihre Kirchen, die auch eine typische Veranda besaßen, fügten sich trefflich in die Umgebung ein und vermieden alles, was auf eine europäische Architektur hindeuten konnte. Ein anschauliches Beispiel bietet die 1992 zum Nationaldenkmal erklärte sog. Nakambale Church in Olukonda (Farbabb. 31 und 11). Sie fügt sich so harmonisch in die Landschaft und Umgebung ein, dass man sie nach ihrem Äußeren nicht für eine Kirche halten würde. Die finnischen Missionare brachten das Christentum in Gestalt von Kirchen, die der Kultur der Einheimischen entlehnt war. Daraus wird deutlich, dass sich die deutschen Missionare von Anfang an als Kulturbringer verstanden und später ohne Bruch Teil der deutschen Kolonialbestrebungen werden konnten, während die finnischen Missionare die im Land herrschende Kultur respektierten. Da Finnland zu keiner Zeit koloniale Ambitionen hegte, standen sie auch nie in der Gefahr, zum Instrument nationaler Interessen zu werden.
Die Kirchen der lutherischen Missionen in Südwestafrika
Die Kirchen der weißen Kolonisten, der rheinischen Missionare und der finnischen Missionare sind in ihrer je eigenen Architektur Ausdruck des Selbstverständnisses ihrer Gemeinden, die bis heute nicht zusammen gefunden haben.
Die Kirchen der Rheinischen Mission – wie in Barmen, so in Großbarmen Um die Eigenart der deutsch-lutherischen Kirchen in Südwestafrika zu verstehen, muss also ein Blick auf die Missionskirchen geworfen werden, die praktisch ausschließlich dem Gottesdienst der schwarzen, einheimischen Bevölkerung dienten. Sie sind im Zuge der Errichtung von Missionsstationen teilweise schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts entstanden, häufig später erneuert oder umgebaut worden. Manche Missionskirchen wurden auch erst in der zweiten Hälfte des 19. oder zu Beginn des 20. Jahrhunderts errichtet. Alle sind sie jedoch im Vergleich zu den deutsch-lutherischen Kirchen wesentlich schlichter gehalten und besitzen vor allem keinen ähnlich ausgeprägten Baustil. Mit ihrem dezidierten Rückgriff auf historische Stile setzen sich also die deutschen Kirchen ganz entschieden von den Missionskirchen ab. Ihr Stil ist demnach Ausdruck der kulturellen Überlegenheit der Kolonisten. Dies zeigt am ehesten ein Vergleich mit den nur wenig vorher entstandenen Kirchen der Rheinischen Mission in Windhoek (Farbabb. 2) und Lüderitz (Farbabb. 19). Die im Mai 1903 eingeweihte Rheinische Missionskirche in Windhoek ist wohl eine stattliche Kirche, aber in einfachsten Formen erbaut. Sie besitzt ein Langhaus mit achsial angeordnetem Turm an der Eingangsfront. Je vier Fenster an den Längsseiten sowie das Portal und die Turmöffnungen sind spitzbogik und könnten als gotisch angesprochen werden, aber die Gesamtgestalt der Kirche wirkt so schlicht, dass man sie nicht als gotisch oder neugotisch ansprechen würde. Alles ist auf Zweckmäßigkeit angelegt. Entworfen wurde die Kirche von Jakob Diehl, der–1878 in Schwalbach (Lahn-Dill-Kreis) geboren–1901 als Bautechniker im Auftrag der Rheinischen Mission nach Südwestafrika auswanderte. Für die in der Regel schlicht gehaltenen Missionskirchen suchte man eher praxisorientierte Techniker als ausgewiesene Architekten. Vergleichbar ist die etwa zeitgleich erbaute Missionskirche in Lüderitzbucht, die aus demselben Baukasten wie jene in Windhoek zu stammen scheint. Lediglich die gestelzten, spitz geschlossenen Fenster in Windhoek sind durch solche mit runden Bögen ersetzt. Beide Kirchen, die jeweils vor den deutsch-lutherischen errichtet wurden, waren für die deutschen Kolonisten insofern noch eine Anfechtung, da sie
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selbst noch einer eigenen Kirche entbehrten. So wurde denn auch in der Einweihungspredigt der Windhoeker Missionskirche die Frage ausgesprochen, wie lange die Weißen ohne Kirche sich von den Eingeborenen noch beschämen lassen wollen?, die sowohl finanziell wie tatkräftig den Bau ihrer Kirche gefördert hatten. So ist überliefert, wie Hunderte von schwarzen Schulkindern Wasser in Bierflaschen und Frauen die Steine zum Bauplatz auf einer Anhöhe oberhalb der Talstraße trugen. Allerdings stehen die Missionskirchen in Windhoek und Lüderitz schon am Ende einer langen Entwicklung, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit der Errichtung von bescheidenen Missionsstationen begonnen hat. Zunächst war es vorrangig, für den Missionar ein festes Dach über dem Kopf zu errichten. So gilt denn auch das Schmelen House in Bethanien als das älteste erhaltene Steingebäude in ganz Namibia, das schon 1952 unter Denkmalschutz gestellt wurde (Farbabb. 27). Johann Heinrich Schmelen (1777–1848) war als Missionar der London Missionary Society 1814 nach Bethanien gekommen, wo er kurz nach seiner Ankunft ein Haus aus Steinen mit nur einem Raum errichtete. Hier lebte und wirkte der Missionar bis 1834. Danach brannte das Haus ab und wurde auf den Grundmauern von seinem Nachfolger Hans Christian Knudson (1818–1863) wieder aufgebaut. Seine Maße betragen neun mal dreieinhalb Meter bei einer Höhe von 3,75 Meter. Kaum anders dürfen wir uns das älteste Steingebäude Namibias vorstellen, das die Männer der englischen Wesley Mission 1806 in Warmbad errichtet hatten und das schon wenige Jahre später von Jager Afrikaner wieder zerstört wurde. Eine Kirche kam in Bethanien erst Jahrzehnte später während der Wirksamkeit von Hermann Henrich Kreft (1823–1878) hinzu. Er führte 1859 einen Kirchbau auf, wobei er sich bei aller Schlichtheit des Kirchleins vom Bild einer Kirche mit einem doppeltürmigen Westwerk leiten ließ (Farbabb. 28). Vielleicht lieferte sogar die Kirche in Unterbarmen, dem Sitz der Rheinischen Mission, die Anregung. Als 1899 eine neue Kirche gebaut worden war, nutzte man das alte Gebäude zunächst als Schule und später als Lagerraum. Die Westfassade mit ihren Türmen war abgebrochen worden. Heute erstrahlt die Kirche nach durchgreifenden Restaurierungen im Jahre 1998 wieder im alten Glanz. Bereits 1978 waren das alte Schmelen Haus, die Kirche und der kleine Friedhof als Ensemble zum Nationaldenkmal proklamiert worden. Andere Kirchen aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren durchweg einfacher und verzichteten teilweise sogar auf einen Turm. Nur aus einem rechteckigen Saal mit steilem Sattelbach bestand die Kirche in Otjimbingwe aus dem Jahre 1867, die erst 1899 ihren Turm erhielt (Farbabb. 29). In Otjikango, auch in An-
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lehnung an den Sitz der Rheinischen Mission in Barmen als Groß-Barmen bekannt, versah man die turmlose Saalkirche am Mauerabschluss über den gestelzten Rundbogenfenstern mit dem schmückenden Element eines Zahnschnittgesims. Ein an den kapholländischen Stil angelehnter Blendgiebel sollte den Eindruck einer Kirche unterstreichen. Das flache Dach wird im Inneren von zwei Stützenreihen getragen. Ihr im Erscheinungsbild mit flachem Dach und Blendgiebel nicht unähnlich war die 1876 eingeweihte Missionskirche in Okahandja, die jedoch – und das ist in Südwestafrika singulär – über kreuzförmigem Grundriss errichtet wurde (Abb. 9). Ursprünglich saß auf der Mauerkrone der Kirche ein Zinnenkranz, der ihr ein regelrecht wehrhaftes Aussehen verlieh, doch verschwand diese Eigenart bei
9 Okahandja, Missionskirche
späteren Umbaumaßnahmen, als ein leicht geneigtes Satteldach aufgesetzt wurde. Nach dem Zuzug deutscher Kolonisten feierten diese lange Jahrzehnte ihren Gottesdienst ebenfalls in dieser Missionskirche, bis sie 1952 eine eigene Kirche in unmittelbarer Nachbarschaft errichteten, die sie Friedenskirche nannten. Heute steht die Missionskirche ungenutzt inmitten eines alten Friedhofes mit zivilen und militärischen Grabstätten (Farbabb. 20). In unmittelbarer Nähe befinden sich auch
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die Gräber verschiedener Freiheitskämpfer der Herero, an denen jährlich am letzten Sonntag im August das traditionelle Hererofest gefeiert wird. Der ursprüngliche Zustand der meisten frühen Missionskirchen ist uns lediglich aus einem Bericht des Spezialkommissars W.C. Pelgrave bekannt, der 1876 vom Kapparlament nach Südwestafrika entsandt worden war, um britische Herrschaftsansprüche über diese Region zu prüfen. Besonders wertvoll ist das erhaltene Bilderalbum mit vielen frühen Fotografien. Hier findet sich auch eine Aufnahme des Innenraums der bescheidenen Missionskirche in Berseba, die um 1870 errichtet worden war (Farbabb. 33). Der einfache, flach gedeckte Saal wird von zwei durch einen Mittelgang geteilten Gestühlsblöcken geprägt, die auf einen Kanzelaltar ausgerichtet sind, der vor der ansonsten schmucklosen Stirnwand steht. Vergleichbar ist der Innenraum der Kirche von Keetmanshoop, wo allerdings die Stirnwand mit wenigen Bibelzitaten versehen ist. Aber auch hier prägen der Kanzelaltar und das streng angeordnete Gestühl den Charakter dieses Betraumes. Nach einer Phase des Experimentierens mit teilweisen ungewöhnlichen Lösungen begann mit der Missionskirche von Keetmanshoop das, was man den rheinischen Missionskirchen-Normaltyp nennen könnte (Farbabb. 30). An ein gestrecktes Langhaus mit vier Fensterachsen und Satteldach wird achsial ein hoher und beherrschender Turm angefügt. Im Äußeren blieb das (Bruchstein-) Mauerwerk sichtbar. Der Turm der 1895 fertiggestellten Missionskirche in Keetmanshoop entbehrt nicht einer gewissen Raffinesse, da er über quadratischem Grundriss errichtet sich nach oben hin zu einem achteckigen Turmaufsatz und -helm verjüngt. Dies war allerdings nicht die erste Kirche von Keetmanshoop. Eine erste Kirche war schon 1866 durch das persönliche Engagement von Johann Keetman, dem Chef der Rheinischen Mission in Deutschland, gebaut worden, und er verlieh der ursprünglich Swartmodder genannten Missionsstation und späteren Siedlung seinen Namen. Doch hatte man die Kirche in das trockene Bett des selten Wasser führenden Flusses Aub gebaut, und als er 1890 nach heftigem Regen wieder einmal abging, spülte er die Kirche fort. Zur Bauzeit hatte sich keiner daran erinnert, dass hier einmal Wasser geflossen war. Das Baumaterial der neuen Kirche, die aus festem Stein errichtet werden sollte, brachte man mühsam auf Ochsenkarren von Lüderitz, das damals noch Angra Pequena hieß, hierher. Als Vorbild für die Kirche soll dem Missionar Tobias Fenchel die Kirche seines Heimatdorfes Gambach in der Wetterau gedient haben. Bis 1930 diente sie den weißen und den einheimischen Gläubigen gleichermaßen, ehe eine eigene Kirche für die Europäer gebaut wurde. Seit 1978 dient die Missionskirche als Museum und erfuhr 1985 eine durchgreifende Restaurierung (Abb. 10).
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10 Sonderbrief anlässlich der Eröffnung der ehem. Missionskirche von Keetmanshoop als Museum
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In ganz ähnlicher Weise errichtete man nach der Jahrhundertwende die Missionskirchen in Windhoek (Farbabb. 2) und Lüderitzbucht (Farbabb. 19). Auch bei ihnen handelt es sich um gestreckte Langhauskirchen mit achsial angeordnetem Eingangsturm. Bei der wachsenden Zahl von zu erbauenden Missionskirchen waren die Missionare der Rheinischen Mission allerdings schon im 19. Jahrhundert dazu übergegangen, einfache Kirchen in Fertigbauteilen aus Deutschland zu beziehen. Eine Kirche in Walfisbay beschrieb 1891 der deutsche Premierleutnant F.W. von Bülow mit folgenden Worten: „Die Kirche ist von Holz und klein, ungefähr 6 Schritt breit und 12 Schritt lang, und hellblau in Ölfarbe gestrichen. Altar und Kanzel sind einfach, aber würdig und hübscher ausgestattet, als in manchen heimatlichen Dorfkirchen.“ Diese Kirche war in Hamburg vorgefertigt und mit dem Schiff nach Walfisbay gebracht worden. 1880 wurde sie aufgestellt und eingeweiht, 1891 erweitert und 1918 an ihren heutigen Standort verbracht (Farbabb. 21). Das war mit Fertigteilkirchen leicht machbar. War sie ursprünglich in der Hafengegend aufgestellt worden, so stand sie dem aufstrebenden Wachstum dort bald im Wege, was ihre Versetzung notwendig machte. Der letzte Gottesdienst fand in ihr 1966 statt, und nur dem engagierten Eingreifen des örtlichen Lionsclub ist ihre Erhaltung zu verdanken. Immerhin handelt es sich bei diesem Kirchlein um das älteste erhaltene Bauwerk von Walfisbay. Zum Nationaldenkmal erklärte man sie am 24. November 1978. In aller Schlichtheit trägt auch diese Kirche mit ihren spitzen Fenstern ein gotisches Aussehen zur Schau. Selbst in dieser vereinfachten Form fand europäischer Stil seinen Weg ins südliche Afrika. So unterschiedlich die Kirchen der Rheinischen Mission auch sein mögen, sie traten alle an mit einem Kulturanspruch, der sich an der Heimat der Missionare orientierte. Für die deutschen Missionare war nur ein Christentum denkbar, das sich mit europäischem Wesen verband. Es ist hier nicht der Ort, über die Kirchenordnungen und –zucht zu philosophieren, die die Missionare ihren Schützlingen überstülpten und sie ihnen gegenüber sogar strenger auslegten als gegenüber ihren weißen Mitbrüdern und –schwestern, aber ihre geistige Haltung gegenüber den unterentwickelten Eingeborenen drückt sich darin ebenso aus wie in ihren Kirchenbauten. Die deutschen Missionare waren gewollt oder ungewollt Vorbereiter einer Dominanz ausstrahlenden Kolonialisierung. Die deutschen Missionare brachten den Einheimischen das, was sie für richtig erachteten. Dass es auch ganz anders ging, bewiesen die Missionare der finnischen Mission. 50
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Die Kirchen der Finnischen Mission – Verandakirchen im Ovamboland Ganz anders verfuhren die finnischen Missionare mit der Aufgabe, Kirchen für die einheimische Bevölkerung zu bauen. 1869 begannen sieben Missionare und drei Missionskolonisten ihre Arbeit im Norden des Landes, im Ovamboland. Ihre Kirchen unterscheiden sich auf den ersten Blick und unverwechselbar von den rheinischen Missionskirchen. Denn sie erscheinen in der Landschaft in keiner Weise als Fremdkörper, sondern wirken autochthon. Den finnischen Missionaren war es zunächst in architektonischer Sicht daran gelegen, die klimatischen Bedingungen der Savanne zu berücksichtigen. Deshalb boten sich Baulichkeiten mit großen Walmdächern an, die mit einem breiten Überhang eine Veranda bildeten. Dadurch waren die Lehmziegelmauern sowohl vor Regen, als auch vor der starken Sonneneinstrahlung geschützt. Eine durchlaufende Öffnung zwischen Dach und Mauerkrone sorgte für eine stetige Luftzirkulation und wirkte fast wie eine Klimaanlage. Aus bauphysikalischen Gesichtspunkten gilt das Verandahaus in dieser Klimazone als ideal und ist gleichzeitig eine Referenz an die heimische Baukultur. Außerdem ist die Bauweise landschaftsbezogen, denn optisch tritt hauptsächlich das große, reetgedeckte Walmdach in Erscheinung, dessen die Veranda bildender Überhang von Holzstützen getragen wird. Einzig ein schlichtes Kreuz auf dem Dachfirst macht auf den sakralen Zweck des Verandahauses aufmerksam. Im Kirchenbau machten die deutschen Missionare vom Typ des Verandahauses keinen Gebrauch, wiewohl den Kolonisten die Vorteile dieser Bauweise durchaus bewusst waren. In Lüderitzbucht sind viele Kolonialhäuser mit verglaster Veranda noch erhalten, und selbst das große Verwaltungsgebäude in Windhoek, der Tintenpalast, besitzt eine doppelstöckige Veranda. Die Baugesinnung der finnischen Missionare lässt sich am eindrucksvollsten an ihrer Missionskirche in Olukunda (Farbabb. 31 und 11 und 12) in der Nähe von Ondangwa, also nördlich der Etoshapfanne studieren. Die Nakambale Church genannte finnische Missionskirche in Olukonda wurde 1889 errichtet und ist das älteste kirchliche Bauwerk im nördlichen Namibia. Hier wirkte seit 1870 der finnische Missionar Rev. Martti Rautanen, der die Bibel in die Ndonga-Sprache übersetzt hatte. Ihm hatte die einheimische Bevölkerung den Spitznamen Nakambale verliehen, was so viel heißt, wie der Mann mit dem Hut. Rautanen interessierte sich zudem für die Fauna und Flora des Landes, wofür er die Ehrendoktorwürde er51
Die Kirchen der lutherischen Missionen in Südwestafrika
11 Olukonda, Kirche der Finnischen Mission, historisches Foto
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12 Marti Rautanen und seine Gemeinde vor der Kirche von Olukonda, historisches Foto
hielt. Er darf hier stellvertretend für ein missionarisches Interesse genannt werden, das sich mit dem Studium der heimischen Sitten und Gebräuche verband. Zum Nakambale Komplex gehören noch ein Missionshaus in derselben Bauweise, wobei die alte Strohdeckung heute durch ein Blechdach ersetzt ist, und ein alter Friedhof. Das gesamte Ensemble erklärte man 1992 zum Nationaldenkmal. Und es ist auch für die Entwicklung Namibias bezeichnend, dass dieses Baudenkmal erst nach der Unabhängigkeit des Landes in seiner Bedeutung erkannt wurde. Hundert Jahre bis 1970 blieb die Nakambale Church in Gebrauch, ehe sie in diesem Jahr ein Neubau ersetzte. Daraufhin drohte die alte Kirche zu verfallen, konnte jedoch dank des Engagements der ELCIN erhalten werden. In ganz ähnlicher Weise, jedoch mit einer doppelstöckigen Veranda war die finnische Missionskirche in Ombandja errichtet worden. So bescheinigte Walter Peters in seiner Baukunst in Südwestafrika den finnischen Missionskirchen eine der Umgebung angemessene Bauweise und den Missionsansiedlungen insgesamt ein ruhi ges und in sich geschlossenes Bild. Ein solches bietet etwa der historische Blick auf die finnische Missionsstation in Oniipa (Abb. 13). Diese vollkommen andere Bauauffassung besitzt auch einen politischen Hintergrund, denn Finnland waren alle kolonialen Bestrebungen fremd. Die Missionare Finnlands sahen sich nie genötigt, als Wegbereiter einer Kolonisation missbraucht zu werden. Völlig unbeeinflusst von solchen strategischen Überlegungen konnten sie danach fragen, wie sich die Botschaft des Evangeliums in die heimische Kultur und Lebenssitte integrieren lässt. Hierin unterschieden sich deutsche und finnische Außenpolitik, und deshalb entwickelten die Missionen dieser Länder auch unterschiedliche Strategien.
Die Kirchen der lutherischen Missionen in Südwestafrika
13 Oniipa, Missionsstation der Finnischen Mission, historisches Foto
Möglicherweise haben jedoch auch die deutschen Missionare der ersten Generation noch Kirchen in diesem Stil gebaut. Zumindest für Omaruru ist belegt, dass Daniel Cloete, Evangelist der Rheinischen Mission, an diesem Ort 1868 eine Lehmkirche mit einem Rieddach errichtet hat. Sie kann leider mit den finnischen Missionskirchen nicht mehr verglichen werden, da sie wenige Jahre später von seinem Nachfolger Gottlieb Viehe durch eine ,richtige‘ Kirche ersetzt wurde. Hier wäre möglicherweise ein Ansatzpunkt, um einen Wendepunkt im kolonialen Denken der rheinischen Missionare festzumachen. 1870 hatte Daniel Cloete auch eine Missionsstation in Okombahe in der Erongo-Region gegründet, doch ist von einer Kirche nichts bekannt.
Die Pauluskirche von Rehoboth – Wetteifern um die schönste Kirche Für viele Touristen, die ihre Namibiareise von Windhoek ausgehend mit einer Fahrt in den Süden des Landes beginnen, ist Rehoboth der erste signifikante Punkt an der gut ausgebauten Straße B 1, die zunächst landschaftlich abwechslungsreich
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durch die Berge südlich der Hauptstadt führt, dann jedoch immer geradliniger und eintöniger verläuft. Man gewinnt einen ersten Eindruck von der Weite des Landes und ist 80 km südlich von Windhoek dankbar für die kurze Abwechslung einer menschlichen Ansiedlung. Die wenigsten werden jedoch anhalten, nicht einmal das Angebot zahlreicher Tankstellen nutzen, denn der Tank ist ja fast noch voll. Wer jedoch die an Rehoboth vorbeiführende B 1 verlässt, um dem Städtchen einen Besuch abzustatten, wird ein eigentliches Zentrum vermissen, sich aber über die Vielzahl der kleinen und größeren Bethäuser und Kirchen wundern. 40 an der Zahl sollen es sein. Die größte unter ihnen ist die Pauluskirche. Ihr Name und das Jahr ihrer Errichtung 1908 sind in Inschriften über den Eingangsportalen festgehalten, die sich zu beiden Seiten des hohen Fassadenturmes befinden (Farbabb. 22). Formell zählt die Rehobother Pauluskirche zu den Missionskirchen, aber sie nimmt unter ihnen einen besonderen Platz ein. Sie wurde von Jakob Diehl errichtet, den wir oben schon als den Architekten der fünf Jahre vorher 1903 erbauten Missionskirche in Windhoek kennengelernt haben. Während jedoch die Windhoeker Friedenskirche dem Schema einer rheinischen Missionskirche folgt, weicht die Kirche in Rehoboth ganz entschieden von dem für Missionskirchen typischen Formenkanon ab. Sie überrascht also nicht nur durch ihre stattliche Größe, die durch den mächtigen Turm unterstrichen wird, sondern auch durch ihre ausgeprägt neugotische Architektur, die den sonstigen Missionskirchen allenfalls rudimentär zugrunde liegt. Somit steht die Pauluskirche in Rehoboth den deutsch-evangelischen Kirchen Südwestafrikas deutlich näher als den Missionskirchen. Dabei ist die Rehobother Pauluskirche nicht nur die größte aller Missionskirchen, sondern sie übertrifft an Größe und Monumentalität selbst die deutsch-lutherischen Kirchen (Farbabb. 23). Immerhin bietet sie 800 Sitzplätze. Diese Eigenart erklärt sich aus der besonderen ethnischen Herkunft der Rehobother Basters. Das Volk oder nach eigener Auffassung sogar die Nation der Baster oder Bastards entstand aus der Mischung zwischen weißen Europäern und farbigen, einheimischen Frauen. Während der Kolonisation an der Westküste Südafrikas im 17. und 18. Jahrhundert hatten die Farmer zunehmend weiße Europäer als Verwalter und Wirtschafter beschäftigt, die häufig farbige und dunkelhäutige Frauen heirateten und sich auch selbständig machten. Im Zuge ihrer Verselbständigung wichen diese dann nach Norden aus, zunächst bis zum Oranjefluss und dann darüber hinaus. Dabei behielten sie ihre europäische Kultur und machten das Kapholländische oder Afrikaans zu ihrer Volkssprache. Aus dieser europäischafrikanischen Mischung entstand schließlich das Volk der Basters. Seit 1870 zogen
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sie über den Oranje nach Norden und ließen sich unter ihrem Kapitän Hermanus van Wyk (gest 1905) in Rehoboth nieder. Unter Berufung auf ihre europäische Herkunft sahen sich die Basters kulturell über den schwarzafrikanischen Eingeborenen stehend, und diesem Selbstverständnis verliehen sie mit dem Bau einer europäischen Kirche entsprechend Ausdruck. Andererseits gehörten sie zu den Missionsgemeinden, und vierzig Jahre wirkte Missionar Heidmann bei den Basters. Am Ende seiner Wirksamkeit entstand die Pauluskirche. Nur hier in Rehoboth konnte nun Missionsbaumeister Diehl sein ganzes Können entfalten, denn die Basters wollten sich durch ihre Kirche von den anderen Missionsgemeinden abheben. Für ganz Südwestafrika stellt die Pauluskirche den ersten Kirchenbau dar, der sich in seiner neugotischen Bauweise an einem der großen europäischen Architekturstile orientiert; immerhin entstand die Pauluskirche zwei Jahre vor der Christuskirche in Windhoek. So sollte diese Kirche dazu beitragen, die besondere Identität der Basters zu unterstreichen. Dass sie in ihrer Umgebung wie ein Fremdkörper wirkt, ist die Folge dieser Sonderentwicklung. So entstand eine Kirche wie aus der Musterkollektion eines historistischen Architekten. Diehls Musterkirche besitzt dabei eine einfache Grundgestalt mit einem satteldachgedeckten Langhaus mit Apsis und einem Turm an der Eingangsseite. Die eigentliche Akzentuierung bilden rote, gebrannte Ziegel, welche sämtliche Ecken, Achsen und Fensteröffnungen betonen. Im Kontrast zu den rauhen Putzflächen des Baukörpers bilden sie die optische Eigenart dieser Kirche.
Die Christuskirche in Karibib – Wenn schon gemeinsam, dann europäisch Das Städtchen Karibib verdankt seine Existenz dem Eisenbahnbau zwischen Swakopmund und Windhoek. Er war forciert worden, als mit Ausbruch der Rinderpest 1897 der Transport mit Ochsengespannen durch die Eisenbahn ersetzt werden sollte. Da aus technischen Gründen die Bahn bei ihrer Zweitagesreise nur tagsüber fahren konnte, bot sich Karibib als Zwischenstation für die Übernachtung an. Zunächst entstanden Hotels und schließlich eine kleine Siedlung. Sie wuchs, als Gold und Edelsteine gefunden und die Marmorbrüche der Umgebung erschlossen wurden. Und sie blieb bestehen, als der Eisenbahnknotenpunkt nach Usakos verlegt worden war. Nach dem Krieg gegen die Herero und Nama hatte sich eine deutschevangelische Gemeinde gegründet.
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1909 fand die Grundsteinlegung der Kirche von Karibib statt, und für die Baupläne hatte man den Windhoeker Regierungsbaumeister Gottlieb Redecker gewonnen. Als Christuskirche war sie am 27. November 1910 von Pfarrer Heyse, der die deutsche Gemeinde betreute, eingeweiht werden, also im selben Jahr wie die namensgleiche Schwesterkirche in Windhoek. Allerdings sollte hier, und das ist für Südwestafrika eine seltene Erscheinung, eine gemeinsame Kirche für Weiße und Einheimische entstehen. Diesem Umstand verdankt die Kirche in Karibib ihre Baugestalt, die sich mehr an den deutschen-lutherischen Kirchen orientiert als an den Missionskirchen (Farbabb. 32). Die in strengen, an der Neugotik orientierten Formen errichtete, faszinierend strenge Kirche besitzt ein satteldachgedeckte Langhaus und achsial an der Eingangsseite einen hochaufragenden, 28 Meter hohen Turm mit spitzem Helm. Auch hier dominieren die Hell-Dunkel-Kontraste am Außenbau, und man fühlt sich an die Pauluskirche in Rehoboth erinnert.
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Kirchenbaustil und nationale Identität – Ein wesentlicher Aspekt zum Verständnis von Architektur
Die drei evangelisch-lutherischen Kirchen, die während der deutschen Kolonialzeit in Windhoek, Swakopmund und Lüderitzbucht errichtet wurden, müssen auf den heutigen Namibia-Touristen wie Requisiten aus dem Kuriositätenkabinett anmuten. Stil und Ambiente scheinen sich gegenseitig auszuschließen. Ob in Windhoek die neoromanische Architektur der Christuskirche von Palmen und Jakarandabäumen flankiert wird, ob man die von Palmen gerahmte neobarocke Kirche in Swakopmund betrachtet (Farbabb. 24) oder ob sich die neogotische Kirche in Lüderitz auf unwirtlich nacktem Felsen über dem Meer erhebt, der unvoreingenommene Betrachter fühlt sich irritiert. Die Verunsicherung wächst noch in Anbetracht der Bauzeit dieser Kirchen in den Jahren zwischen 1910 und 1912, also in einer Zeit, als der Historismus schon überwunden schien – in Europa. Für die deutschen Kolonisten, die aus welchen Gründen auch immer zeitlich befristet oder dauerhaft in Südwestafrika ihre neue Heimat fanden, bedeutete der heimatliche Charakter dieser Kirchbaustile einen Ankerplatz für ihre Identität. Die Wahl der historistischen Baustile diente dem erwünschten Wiedererkennungswert. Denn schließlich war die Zugehörigkeit zur evangelischen Gemeinde nicht nur ein geistliches Verlangen, sondern „die Kirche“ in ihrer doppelten Bedeutung als Gemeinde wie als Gebäude bot einen der wenigen kulturellen Fixpunkte im fremden Land. Die Architektur sollte Vertrautheit schaffen, wo alles unvertraut war. Aus demselben Grund errichtete man Bahnhöfe (Farbabb. 25), Gerichtsgebäude (Farbabb. 5) oder Handelshäuser in derselben Weise, die man von zu Hause gewohnt war. Und wer es sich leisten konnte oder aus Repräsentationsgründen leisten musste, wählte auch für seine Privatvilla den Stil, den er von zu Hause gewohnt war, verfuhr dabei vielleicht sogar noch traditioneller, als er es in heimischer Umgebung getan hätte. So entstanden in den deutschen Städtchen der Südwester Ortsbilder wie sie deutscher nicht hätten sein können. Den Kirchen kam die Aufgabe zu, darin die Fixpunkte zu bilden, die bewusst sogar auf Fernsicht angelegt waren. In Lüderitzbucht und Swakopmund sollten sie schon weit vom Meer aus sichtbar
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Kirchenbaustil und nationale Identität
sein, und die Christuskirche in Windhoek steht ebenfalls in beherrschender Lage auf einem Hügel. Umgekehrt vermitteln die Kirchenräume im Innern das Gefühl heimatlicher Verbundenheit. Nicht ohne Grund beruht ihre Wirkung auf den eindrucksvollen Buntfenstern, die eine Innenwelt der Geborgenheit vermitteln. Ihre farbenprächtige Bildsprache ist eindeutig und besitzt einen hohen Wiedererkennungswert. Es fiel nicht schwer, die biblischen Geschichten in ihnen oder sogar den Reformator der Deutschen, Martin Luther zu erkennen wie in Swakopmund und in Lüderitz (Farbabb. 14). Selbst der deutsche Kaiser, der um die Identität stiftende Wirkung der Glasfenster wusste, reihte sich unter die Stifter ein. Gewählt wurden verheißungsvolle Bilder, um den Menschen in der jungen Kolonie Vertrauen, Kraft und die Gewissheit des himmlischen Beistands für die schwierige Aufgabe zu vermitteln. Darin erschöpfte sich freilich die Aufgabe der Kirchenbauten nicht. Sie sollten dank ihrer europäischen Architektur auch ihre kulturelle Überlegenheit über die Kirche der Mission, über die Eingeborenen zum Ausdruck bringen. Immerhin waren die Missionskirchen, wie gezeigt werden konnte, reine Zweckbauten ohne jeden künstlerischen oder kulturellen Wert. Ein Gemeindesaal mit Turm erfüllte seinen Zweck für jene, die erst Lesen und Schreiben lernen mussten. Ihnen gegenüber sollten die deutschen Kirchen den Anspruch auf die geistige Führerschaft der Südwester dokumentieren. Das war aus der Sicht der damaligen Siedler und ihrer geistigen und geistlichen Führer wahrscheinlich gar nicht rassistisch gemeint, sondern entsprang ihrem politischen, kulturellen und missionarischen Sendungsbewusstein. Sie handelten nach dem Motto: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen. Missionarischer Eifer und Überheblichkeit entpuppten sich als Geschwister. Sollte es ein Zufall, dass die Kirchen in Windhoek, Lüderitz und Swakopmund den drei großen europäischen Kirchbaustilen folgen? Es bleibt zwar eine Vermutung, aber dass hier zwischen den drei Kirchengemeinden eine Absprache getroffen wurde, ihre Kirche jeweils in einem anderen Stil zu errichten, legt sich einfach nahe. In ähnlicher Weise gingen die Rehobother Basters an ihre Kirchbaupläne heran. Mit ihrer Pauluskirche (Farbabb. 22–23) schufen sie ein Gotteshaus, das den deutschen Kirchen kaum nachsteht. Auch ihnen ging es um den Ausdruck ihrer Identität. Sie sahen sich kulturell regelrecht als Europäer und unterließen keine Anstrengung, sich mit ihrem Kirchenbau von den üblichen Missionskirchen abzusetzen. 58
Kirchenbaustil und nationale Identität
Die Kirchenzugehörigkeit und der Kirchenbaustil boten in den deutschen Kolonien Möglichkeiten zur Identifikation, zumal andere Formen der Selbstbehauptung kaum gegeben waren. Im wilhelminischen Zeitalter herrschte noch eine weitgehende Übereinstimmung zwischen Gesellschaft und Kirche, und erst recht sah man in den Kolonien darin die Möglichkeit, sich von einer unzivilisierten Eingeborenenkultur abzusetzen. Solche koloniale Überheblichkeit hat sich im Kirchenbau niedergeschlagen, zumal wenn man ihn im Kontext der Architektur der Missionskirchen betrachtet. Allein die finnischen Missionare waren sich nicht zu schade, die bodenständige Kultur zur Grundlage ihrer Missionstätigkeit zu machen. Das haben die Menschen im Lande auch so empfunden. Als 1946 ein Großteil der einheimischen Nama-Bevölkerung die Zusammenarbeit mit der Rheinischen Missionsgesellschaft beendete, war die Diskriminierung durch die Missionare das Hauptargument. Beklagt wurde, dass es nicht das Bestreben der Rheinischen Mission war, aufbauende und standhaltende Arbeit unter uns zu verrichten, wie die finnische Mission unter den Ovambo. Die Trennung von der Rheinischen Mission und der Anschluss an die African Methodist Episcopal Church hatte ausschließlich soziale und politische Gründe. Die schwarzen Christen in Südwestafrika begannen sich zu emanzipieren und bilden im heutigen Namibia eigenständige lutherische Kirchen. Die größte der lutherischen Kirchen in Namibia ist heute The Evangelical Lutheran Church in Namibia (ELCIN). Der aus der finnischen Mission hervorgegangenen Kirche gehören heute etwa 650.000 Menschen an, und sie hat ihren Bischofssitz in Ondangwa in Nordnamibia. Etwa 300.000 Mitglieder hat die Evangelical Lutheran Church in the Republic of Nambia (ELCRN) mit Sitz in Windhoek, deren Ursprünge auf die Rheinische Missionsgesellschaft zurückgehen. Nur 6.500 Gemeindeglieder hat die offiziell Evangelisch-Lutherische Kirche in Namibia (ELKIN) genante Kirche der deutschen Namibier, die aber bis heute meist als Deutsch-Evangelisch Lutherische Kirche (DELK) firmiert. Auch sie hat ihren Sitz in Windhoek. Die Kräfteverhältnisse haben sich verschoben. Im Widerstand gegen das südafrikanische Apartheid-Regime und im Kampf um die Unabhängigkeit Namibias hat die nordnamibische ELCIN die Hauptlast getragen, während die deutschen Lutheraner den Status unter südafrikanischem Mandat am liebsten beibehalten hätten. Wann und auf welche Weise die alten und daraus neu entstandenen Spannungen zwischen den ethnisch getrennten Kirchen überwunden sein werden, ist heute, 2009, eine offene Frage. 59
Kirchenbaustil und nationale Identität
Für die Deutschen in Namibia hat sich die Lage gegenüber vor hundert Jahren nicht geändert. Ihre Deutsch-Evangelische Lutherische Kirche bleibt für sie ein Eckpfeiler ihres Deutschtums und damit ein Teil ihrer Identität. Und ihre Kirchen sind ihr sichtbarer Ausdruck (Farbabb. 26).
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Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
Aufgelistet sind die wichtigsten evangelischen Kirchen in der ehemaligen deutschen Kolonie Deutsch-Südwestafrika bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges. In Teilen kann sich der Katalog auf die Arbeiten von Andreas Vogt im Afrikanischen Heimatkalender 2007 und 2008 stützen. Soweit die Kirchen zu Nationaldenkmalen erklärt wurden, sind sie ebenfalls bei Vogt, National Monuments in Namibia (2004) berücksichtigt. Spezielle Literatur findet sich im Einzelfall bei den Beschreibungen. Während der Missionsgeschichte der einzelnen Orte inzwischen eine ganze Reihe regionaler Betrachtungen gewidmet sind, fanden die Kirchen bisher an sich praktisch keine Aufmerksamkeit. Im Wesentlichen zu unterscheiden sind die Kirchen der Rheinischen Mission, der Finnischen Mission und der deutschen Lutheraner. Sie folgen sehr unterschiedlichen Auffassungen vom Kirchenbau. Sie sind nicht ausschließlich nach architektonischen Kriterien zu beurteilen, sondern auch nach ihrer ,Anmutung‘, ihrer Funktion und ihrer Identität stiftenden Bedeutung. Am prägnantesten sind die drei deutsch-lutherischen Kirchen in Windhoek, Swakopmund und Lüderitz mit ihren ausgesprochen historistischen Architekturen, die das deutsche Kulturerbe und seine Überlegenheit zum Ausdruck bringen sollten. Sie entstanden in dem schmalen Zeitfenster zwischen der Niederschlagung des Hereroaufstandes 1904 und dem Beginn des Ersten Weltkrieges und datieren aus den Jahren 1910 bis 1912. Die Kirchen der Rheinischen Mission entwickelten sich in mehreren Phasen. Bereits in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden die Missionshäuser gegründet. Sie dienten den Missionaren als Wohn- und Funktionsgebäude. Ab der Mitte des 19. Jahrhunderts folgten die ersten Kirchenbauten, von denen sich nur wenige erhalten haben. Sie waren in erster Linie zweckmäßig, wurden jedoch oft schon kurze Zeit später durch größere Kirchengebäude ersetzt. Bis zur Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert kristallisierte sich der Normaltyp einer rheinischen Missionskirche heraus, wie er prototypisch in den Friedenskirchen von Windhoek und Lüderitz erhalten ist. Diese Kirchen sind aus Stein errichtete Langhaus-Saalkirchen
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Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
mit neoromanischen und neogotischen Elementen und einem Turm. Ebenfalls um die Jahrhundertwende entstanden auch ganz einfache Zweckbauten, die aus Holzfertigteilen errichtet wurden. Von den rheinischen Missionskirchen unterscheiden sich die der finnischen Mission, die sich ausschließlich an der regionalen Bauweise orientieren. Als sog. Verandakirchen berücksichtigen sie die klimatischen Bedingungen und fügen sich in die ortsübliche ,Architektur‘ ein. Sie sind in Lehmbauweise errichtet und besitzen ein Reetdach. Als Sonderformen müssen die Kirchen in Rehoboth, Karibib und Gibeon betrachtet werden, die zwischen dem Typ der rheinischen Missionskirche und den deutsch-lutherischen historistischen Kirchen anzusiedeln sind. Beerseba, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 33) 1857 Erbaut wurde die Kirche unter Missionar Friedrich Wilhelm Weber in Anlehnung an den neogotischen Stil. Die Fassade besitzt einen schmückenden, abgetreppten Giebel. Der mächtige Kirchturm wurde später hinzugefügt. Die innen flach gedeckte Kirche besitzt einen Kanzelaltar. Bethanien, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 28) 1846, 1859, 1899 Die nach dem biblischen Bethanien benannte Missionsstation zählt zu den ältesten in Namibia. Sie wurde bereits 1814 vom Missionar Heinrich Schmelen gegründet. Das von ihm gebaute Missionshaus zählt zu den ersten festen Bauwerken im Land und ist als ,Schmelenhaus‘ in die Liste der nationalen Denkmäler eingetragen. 1846 wurde von Missionar Knudsen eine Kirche errichtet, die jedoch bereits 1858/59 durch einen bemerkenswerten Neubau ersetzt wurde. Die einfache Saalkirche erhielt eine doppeltürmige Fassade. Sie ist einzigartig im ganzen Land und als Reverenz an die Heimatkirche der Missionare in Unterbarmen zu verstehen. Als diese Kirche zu klein geworden war, folgte 1899 ein weiterer Kirchenbau, der als sog. Klip-Kerk bezeichnet wird. Die ältere Kirche wurde fortan als Schule weiter genutzt und 1998/99 umfassend restauriert. Gibeon, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 34) 1866 (?), 1876, 1913 62
Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
Eine erste Kirche der Missionsstation in Gibeon dürfte bereits um 1866 errichtet worden sein. Sie wurde bereits zehn Jahre später durch einen Neubau ersetzt. Während des Witboi-Aufstands 1904 ließ die deutsche Schutztruppe diese Kirche aus strategischen Gründen sprengen. Die heute noch bestehende Kirche stammt aus den Jahren 1913/14. Mit ihrem mächtigen Eingangsturm weicht sie ein wenig von den herkömmlichen Missionskirchen ab und ist eher mit den Kirchen in Rehoboth oder Karibib zu vergleichen, denn sie strebt formal einer ,richtigen‘ Kirche zu. Unter einem Walmdach erhebt sich ein verhältnismäßig hoher Kirchenraum mit rundbogik geschlossenen Fenstern. Hoachanas, Missionskirche der Rheinischen Mission 1857/1862 Mit dem Kirchenbau in Hoachanas wurde 1857 begonnen, und die Einweihung erfolgte 1862. Er zählt zu den Missionskirchen der ersten Generation und ist heute noch erhalten. Die Kirche besteht aus einem einfachen, langgestreckten und schmalen Saal. Das einzige Schmuckelement bilden die gotisierenden Fenster. Karibib, Christuskirche, Simultankirche der deutschen Lutheraner und der Rheinischen Mission (Farbabb. 32) 1910 Bei der von Gottlieb Redecker entworfenen Kirche handelt es sich um einen repräsentativen Großbau im freigotischen Stil. Aufgeführt wurde der Bau aus Ziegelsteinen und anschließend verputzt. Der Turm über dem Eingang der Kirche ist auf die Mittelachse bezogen. Verschiedene Ausstattungen wie Altar oder Taufstein sind aus Marmor, der von der Kolonial-Afrika-Gesellschaft gestiftet wurde. Die Kirche wurde von Anfang an von der Missionsgemeinde und der deutschen Gemeinde gemeinsam genutzt. Keetmanshoop, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 30 und 10) 1868/1895 Die erste, bereits 1868 errichtete Kirche wurde 1890 durch eine Wasserflut zerstört. Den Wiederaufbau leitete Missionar Tobias Fenchel; als Vorbild wählte er die Kirche in seinem Heimatort Gambach in der Wetterau. Die lang gestreckte Saalkirche mit vier Fensterachsen wurde aus Bruchsteinen errichtet. Der im-
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merhin 30 Meter hohe Turm erhebt sich über einem quadratischen Grundriss und verjüngt sich nach oben zu einem Achteck, das von einem spitzen Turmhelm bekrönt wird. Allein die leicht spitzbogig geschlossenen Fenster erinnern vage an einen neogotischen Baustil. Im Inneren besitzt die Kirche Emporen an beiden Seiten. Sie besitzt einen Kanzelaltar. Die Einweihung fand 1895 statt. Die Kirche dient heute als Museum. Lüderitz, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 19) 1905 Die Missionskirche in Lüderitz wurde 1905 eingeweiht. Mit ihrer langestreckten Bauweise, dem Eingangsturm und ihren angedeuteten romanischen Stilelementen ähnelt sie der Friedenskirche in Windhoek und zählt zum Normaltyp der Rheinischen Missionskirche um die Jahrhundertwende. Lüderitz, Felsenkirche, Kirche der deutschen Lutheraner (Farbabb. 10–15 und 26) 1912 Die Felsenkirche in Lüderitz zählt neben Swakopmund und Windhoek zu den drei bedeutenden Kirchen der deutschen, protestantischen Kolonisten. Sie wurde 1912 nach Plänen von Albert Bause im neogotischen Stil errichtet und besitzt eine reiche Ausstattung, wobei vor allem die Buntfenster den Raumeindruck prägen. Sie ist Nationaldenkmal seit dem 21.09.1978. Felsenkirche 1912 – Lüderitzbucht. Festschrift zum 80 jährigen Jubiläum, besorgt von M. Schroeder, Lüderitz 2002 Okahandja, Missionskirche der Rheinischen Mission (Abb. 9 und Farbabb. 20) 1843, 1876 Mit ihrem kreuzförmigen Grundriss, einer polygonal geschlossenen Apsis und einem niedrigen freistehenden Glockenturm zählt die 1875 oder 1876 eingeweihte Stephanuskirche zu den ungewöhnlichsten Bauten innerhalb der rheinischen Missionskirchen. Sie folgt in dieser Weise auch keinem der typisch europäischen Kulturstile, sondern besitzt einen gänzlich eigenen Charakter. In gewisser Hinsicht erinnert die Kirche mit ihrer geschlossenen Bauweise an fortifikatorische Bauwerke. Gründe für diesen von der Norm abweichenden Charakter sind nicht bekannt. Die Kirche ersetzte eine 1843 erbaute Kirche, die kein Dach besessen haben soll. 64
Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
Okombahe, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 35) 1908 Die langgestreckte Kirche besitzt einen Eingangsturm und entspricht dem Normaltyp der Rheinischen Missionskirche an der Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert. Olukonda, Missionskirche der Finnischen Mission (Farbabb. 31, Abb. 11 und 12) 1889 Olukonda im Norden Namibias wurde 1870 von der Finnischen Missionsgesellschaft als eine ihrer ersten Missionsstationen durch Martti Rautanen gegründet. Zunächst errichtete Rautanen das Missionshaus, 1889 auch eine Kirche. Beide folgen in ihrer Bauweise dem lokalen Verandastil unter Verwendung landestypischer Baumaterialien. Die Kirche ist heute nationales Kulturdenkmal Namibias und beherbergt das sog. Nakambale Museum. Das historische Foto (Abb. 11) zeigt Missionshaus und Kirche nebeneinander. Omaruru, ehem. Okozondje (Abb. 14), Missionskirche der Rheinischen Mission 1868, 1873 Bereits 1868 hatte der im Dienst der Rheinischen Mission stehende Missionar Daniel Cloete in dem damals noch Okozondje genannten Ort ein Missionshaus und eine Kirche erbaut. Bemerkenswerterweise handelte es sich um eine aus Lehm errichtete Kirche mit einem Rieddach, vielleicht ähnlich den Verandakirchen, wie sie die finnischen Missionare im Ovamboland bevorzugten. Doch als der Missionar Gottlieb Viehe die Station übernahm und in Omaruru umgetauft hatte („bittere Milch“), ließ er nicht nur ein neues Missionshaus errichten, sondern auch die bestehende Kirche durch einen Neubau ersetzen, der 1873 eingeweiht wurde. Altar, Kanzel, Türen und Fenster schreinerte der Missionar selbst. Bei der Kirche handelte es sich um einen zweckmäßigen Rechteckbau mit Satteldach. Ein stilbildendes Merkmal waren einzig die in gotischen Formen ausgeführten Fenster. Missionshaus und Kirche stehen heute noch. Das Missionshaus wurde in die Liste der Nationalen Denkmale aufgenommen. Antje Otto-Reiner und Ingeborg Schomacher, Die Geschichte des Alten Missionshauses in Omaruru, Windhoek 1991
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14 Omaruru, Missionshaus, historisches Foto
Ombandja, Missionskirche der Finnischen Mission ca. 1872 Die finnische Missionskirche folgt in ihrer Bauweise der von Rautanen errichteten Kirche in Olukonda, doch besitzt sie eine zweigeschossige Veranda. Oniipa, Missionskirche der Finnischen Mission (Abb. 13) 1870er Ähnlich dem bekannten Olukonda war Oniipa im Ovamboland eine Station der Finnischen Mission. In ähnlicher Weise waren hier Missionshaus und Missionskirche im regionalen Verandastil errichtet worden.
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Otjikango (Groß-Barmen), Missionskirche der Rheinischen Mission (Abb. 15) 1871 Das 15 x 10 Meter messende Kirchengebäude wurde von Missionar Peter Heinrich Brinckner errichtet und am 25. Juni 1871 eingeweiht. Es handelt sich um
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15 Otjikango (Groß-Barmen), Missionskirche, historisches Foto
eine rechteckige Saalkirche. Im Inneren tragen zwei Stützenreihen das flache Dach. An den Langseiten befinden sich gestelzte Rundbogenfenster. Nicolai Mossolow, Otjikango oder Gross-Barmen. Ortsgeschichte der ersten Rheinischen Herero-Missionsstation in Südwestafrika 1844–1904, Windhoek 1966, 19864 Otjimbingwe, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 29) 1850, 1867, 1899 Ein reiner Zweckbau als Kirche wurde bereits um 1850 erbaut; er soll keine Fenster besessen haben. Nach ihrer Zerstörung schon 1854 erfolgte 1867 der
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16 Swakopmund, Evangelische Missionskirche, historisches Foto
Bau der heute noch bestehenden Kirche, die jedoch durch den Anbau eines Turmes 1899 in ihrem Charakter völlig verändert wurde. In ihrer letzten Phase entsprach sie dem Normaltyp der Rheinischen Missionskirche. Rehoboth, Pauluskirche der Rehobother Baster (Farbabb. 22–23) 1908 Die Pauluskirche der Rehobother Baster, die 1908 eingeweiht wurde, ist die größte Kirche in Südwestafrika und übertrifft an Größe auch die Christuskirche in Windhoek. In ihrer neogotischen Bauweise orientiert sie sich an einem der deutsch-nationalen Baustile. Es hat den Anschein, als wollten die Baster mit ihrem eigenen ethnischen Selbstverständnis sogar die Kirchenbauten der Kolonisten übertreffen. 68
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17 Swakopmund, Evangelische Kirche, historisches Foto
Swakopmund, Missionskirche der Rheinischen Mission (Abb. 16) 1906 Neben der großen Kirche der deutschen Lutheraner hat sich in Swakopmund auch die wenige Jahre zuvor errichtete kleine Missionskirche erhalten, deren Bau auf eine Initiative des Missionars Heinrich Vedder zurückgeht. Sie wurde ähnlich der Kirche in Walfisbay aus Holzfertigteilen errichtet. Swakopmund, Kirche der deutschen Lutheraner (Farbabb. 6–9 und 24, Abb. 3 und 17) 1912 Die in neobarocken Formen errichtete Kirche in Swakopmund zählt neben Windhoek und Lüderitz zu den drei Hauptkirchen der deutsch-lutherischen Kolonisten in Südwestafrika. Sie wurde nach Plänen des Architekten Otto Ertl zwischen 1909 und 1912 errichtet. In der Innenausstattung dominieren die
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Buntglasfenster mit ihren biblischen Motiven. Ehedem besaß die Kirche einen Kanzelaltar Walfisbay, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 21) 1881 Die kleine Missionskirche in Walfisbay wurde 1881 aus Fertigbauteilen errichtet, die per Schiff von Hamburg aus importiert worden waren. Sie steht nicht mehr am ursprünglichen Ort, sondern wurde an die Ecke 5. Straße und Hage Geingob Straße versetzt. Warmbad, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 36) 1805, 1877 Ganz im Süden des Landes liegt in Warmbad die älteste Missionsstation des Landes. Sie wurde bereits 1805 von englischen Missionaren gegründet, die dort auch eine Kirche errichteten, die jedoch im sog. Orlam Aufstand von 1811 schon wieder unterging. Die Missionstätigkeit konnte erst 1834, diesmal von den Männern der Wesleyanischen Missionsgesellschaft wieder aufgenommen werden. 1867 erfolgte die Übernahme der Missionsstation durch die Rheinische Mission, die 1877 eine Kirche errichtete. Der Kirchenbau vom Typ der Rheinischen Normalkirche ist eine längsrechteckige, aus Natursteinen errichtete Saalkirche von etwa 25 x zwölf Metern mit einem am Südgiebel angesetzten Turm. Die Kirche konnte 1990 umfassend restauriert werden. (Klein-) Windhoek Eine bereits um 1840 von Jonker Afrikaner errichtete Kirche in Klein-Windhoek wurde wenige Jahre später wieder zerstört. Sie soll bereits aus Steinen gemauert gewesen und in Form einer Fluchtburg angelegt worden sein. Ihr Standort ist nicht mehr bekannt.
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Windhoek, Friedenskirche, Missionskirche der Rheinischen Mission (Farbabb. 2 und Abb. 18) 1903 Die 1903 von Architekt Jacob Diehl errichtete Friedenskirche ist durchaus als prototypisch für den Typ der Missionskirche um die Jahrhundertwende anzusehen. Der einfache, langgestreckte Kirchenraum ist insgesamt sehr schlicht, aber so mit gotisierenden Elementen ausgestattet, dass er dem Bild einer richtigen
Katalog der evangelischen Kirchen in Deutsch-Südwestafrika
18 Windhoek, Friedenskirche, historische Postkarte
Kirche entspricht. Dazu besitzt die Kirche einen quadratischen Eingangsturm. Architektonisch sehr ähnlich ist die Friedenskirche in Lüderitz. Windhoek, Christuskirche, Kirche der deutschen Lutheraner (Abb. 4–7, Farbabb. 16–17) 1910 Die 1910 eingeweihte Christuskirche ist das architektonisch bedeutsamste kirchliche Bauwerk in Südwestafrika. Die Kirche wurde nach Plänen von Gottlieb Redecker zwischen 1907 und 1910 errichtet und besitzt romanische und kapholländische Stilmerkmale, die sich mit Elementen des Jugendstils mischen. Im Äußeren auffällig ist der Wechsel von örtlichem Quarzsandstein und hellweißem Carraramarmor. Der Kirchturm erreicht eine Höhe von 42 Metern. Die Kirche ist bis heute eines der Wahrzeichen von Windhoek und wurde bereits während der südafrikanischen Mandatszeit 1978 zum Nationaldenkmal erhoben. Festschrift zum 100 jährigen Jubiläum der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Windhoek 20. Januar 1996, herausgegeben vom Festausschuß der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Windhoek, Windhoek 1996
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Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
„Wenn man in sich einen Kulturträger erblickt, welcher die Aufgabe hat, europäische Kultur an die Stelle von afrikanischer oder melanesischer Barbarei zu setzen, so ist es klar, daß man selbst im Rahmen dieser Kultur bleiben muß…Wir sollten stets bemüht sein, unseren Bildungsgrad zur Richtschnur unseres Handelns zu ma-
19 Lome, Christuskirche der Norddeutschen Mission, historische Postkarte
chen und nicht den tieferen der Eingeboren.“, heißt es in Kohlstocks Ratgeber für die Tropen, einem Handbuch für Auswanderer, Ansiedler, Reisende, Kaufleute und Missionare …, das 1910 bereits in der dritten Auflage erschienen war, also im
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Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
20 Lome, Christuskirche der Norddeutschen Mission, historische Postkarte
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selben Jahr, als in Windhoek die Christuskirche fertig gestellt war. Doch dieser Ratgeber war, wie schon aus dem Untertitel hervorgeht, nicht allein für Südwestafrika bestimmt, sondern sollte generell und allgemein Gültigkeit besitzen, in Afrika, in Asien, in Ozeanien. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Beobachtungen zum Kirchenbau in Deutsch-Südwest auch an anderer Stelle zu machen sind. Doch sowenig der Kirchenbau in Südwestafrika bisher Berücksichtigung fand, so fehlt gleichfalls eine Untersuchung in den anderen deutschen Kolonien. Es gibt nicht einmal eine Bestandsaufnahme. Freilich gab es diese Kirchen, sie standen oder stehen in Togo, Tansania oder Tsingtau und überall dort, wo das Deutsche Reich seine kolonialen Träume träumte. Als Träger deutscher Kultur engagierte sich nicht nur die evangelische, sondern auch die katholische Kirche. Und sie haben sich scheinbar in ihrer Kulturdemonstration gegenseitig ergänzt und unterstützt. Bemerkenswert sind hier die Kirchen der beiden Konfessionen im ehemaligen Togoland. In der Hauptstadt Lome erhebt
Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
21 Lome, Katholische Kirche. Historische Postkarte
sich die evangelische Kirche in romanischen, fast frühchristlichen Formen (Abb. 19). Sie ist dreischiffig basilikal und besitzt einen seitlich angebauten hohen Glockenturm. Die Fassade mit ihrer großen Rosette wirkt fast lombardisch (Abb. 20). Die Kirche war 1907 eingeweiht worden, während ein Jahr zuvor der Grundstein für die Missionskirche gelegt worden war. Auch in Togoland achtete man streng auf die Trennung der deutschen und der schwarzen Gemeinde. Zieht man die katholische Kathedrale von Lome (Abb. 21) in die Betrachtungsweise mit ein, so überrascht es kaum, dass sie in neogotischen Formen errichtet wurde und damit neben der romanischen Kirche der Evangelischen die zweite große europäische Stilepoche in der Stadt vertritt. Schon bei den drei SüdwesterKirchen war der Verdacht aufgekommen, dass die in ihnen zum Ausdruck kommenden Stilepochen der Romanik in Windhoek, der Gotik in Lüderitz und des Barock in Swakopmund nicht zufällig gewählt wurden. 75
Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
22 Dar es-Salaam, Evangelische Christuskirche, historisches Foto
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Ähnlich stellen sich die Verhältnis im ehemaligen Deutsch-Ostafrika dar. In einem Weblog auf WordPress.com schrieb ,der Mescheder‘ am 29. Mai 2008 folgende Zeilen: „Als ich die Kathedrale von Dar es-Salaam vor 14 Jahren zum ersten Mal gesehen habe, war ich erschrocken: Sie sieht aus wie der ,Sauerländer Dom‘ in Neheim oder die Kirche von Bonn-Endenich. Der Stil nennt sich ,Neugotik‘, weil er ein billiger Abklatsch von gotischen Kirchen ist. Sie ist von deutschen Benediktinern, also von ,unseren Leuten‘ nach deutschen Plänen und zum Teil mit deutschen Materialien gebaut worden. Man könnte das als Zeichen dafür sehen, dass die Missionare überhaupt keinen Respekt vor der einheimischen Kultur hatten, sondern einfach den ,Eingeborenen‘ hier ihre deutsche Kultur übergestülpt haben.“ (Farbabb. 37). Dieses beklemmende Gefühl beschleicht einen, wo auch immer man in der weiten Welt deutsche Kirchen der Kolonialzeit betritt. Und das ist im ehem.
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23 Dar es-Salaam, Inneres der evangelischen Christuskirche
Deutsch-Ostafrika nicht anders als in Togoland oder Deutsch-Südwestafrika. Und katholische Deutsche standen ihren protestantischen Landsleuten in nichts nach. Diese wiederum hatten in Dar es-Salaam für ,ihre‘ Kirche den damals ebenfalls beliebten Heimatstil verwendet. Gerade diese dem Späthistorismus zuzurechnende Bauauffassung war dazu ausersehen, das Erbe treu zu bewahren und gegen fremde Einflüsse zu schützen. Eine gewisse rustikale Bauweise mit verspielten Elementen, Dächern und Türmchen prägt die evangelische Kirche in Dar es-Salaam (Abb. 22). Vergleicht man das Innere der evangelischen Kirche in Dar (Abb. 23) mit dem Innenraum einer Missionskirche in Ostafrika, dann tun sich zwei Welten auf, die nichts miteinander zu tun haben. Wohl geordnet reihen sich die Bänke im Kirchenschiff des evangelischen Gotteshauses in Dar aneinander, während der Mittelgang zielstrebig auf das Altargemälde in seinem neogotischen Retabel zustrebt. Fern der
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24 Bumbuli (Ostafrika), Inneres der evangelischen Missionskirche, historisches Foto
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Heimat befinden sich die Menschen in einer richtigen Kirche, und auch die Kanzel erhebt sich an der gewohnten Stelle. In der Missionskirche von Bumbuli hingegen erinnert mit Ausnahme des Altars nichts an einen Kirchenraum (Abb. 24). Allenfalls hat man die Assoziation von einem Klassenzimmer, in dem die Schüler sich auf den lehnenlosen, gezimmerten Bänken von ihrem Lehrer belehren lassen. Lediglich das sanfte Christusbild der Nazarener über dem Altar der Missionskirche spricht dieselbe Sprache wie das Altarbild in Dar, die Sprache einer spätromantischen Frömmigkeit, die sich mit den Gedanken einer heilen Welt betrügt. Kurz vor dem Ende dieser ,heilen Welt‘, die mit Beginn des Ersten Weltkrieges endgültig und sichtbar zerbrach, hatten die deutschen evangelischen Kolonisten ihre Christuskirche auch in Tsingtau errichtet und damit der Hauptstadt des Deutschen Schutzgebiets Kiautschou in China, das von 1897 bis 1914 unter deutscher
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25 Tsingtau, Panorama der Stadt mit Christuskirche, historisches Foto
Herrschaft stand, ihren Stempel aufgedrückt. Wenn auch die gesamte kulturelle Orientierung in Tsingtau in einer Rückbesinnung auf die europäische, auf die deutsche Herkunft bestand und die Stadt in zeitgenössischen Quellen regelrecht als deutsches Kulturmuseum bezeichnet werden konnte, so nahm doch die Kirche eine besondere Stellung ein. Die Christuskirche war am 23. Oktober 1910 feierlich eingeweiht worden, exakt eine Woche später als die Christuskirche in Windhoek. Und ähnlich dieser hatte man für die Kirche im fernen Osten einen städtebaulich herausragenden Platz gewählt (Abb. 25). In leicht erhöhter Lage steht die Kirche auf einem freien Platz, um den sich die Häuser der Stadt scharen. Betrachtet man noch den langen Landungssteg, der im Hintergrund ins Meer hinausführt, dann weckt dies zusätzlich Assoziationen zur topographischen Lage der Kirche in Swakopmund, und Tsingtau erscheint einem wie ein Verschmelzen der beiden Orte in
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Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
26 Tsingtau, Evangelische Christuskirche, historisches Foto
Ein Ausblick nach Togo, Tansania und Tsingtau
27 Tsingtau, Evangelische Christuskirche, historisches Foto
Afrika. Es ist alles perfekt geplant und organisiert, und daraus entstand nicht nur eine heile, sondern auch eine ideale Welt. Wo sonst als in den Kolonien hatte man die Gelegenheit, Deutschland so zu entwerfen, wie es sein sollte? Im Februar 1907 erfolgte eine Ausschreibung zum Bau der Kirche, deren Finanzierung der Evangelische Kirchenausschuss in Berlin zu übernehmen bereit war. Den ersten Preis erhielt der in China tätige deutsche Architekt Curt Rothkegel (1876–1946), dessen Entwurf mit gewissen Abwandlungen ausgeführt wurde. Auf dem Signalhügel schuf er einen gedrungenen, gelben Baukörper mit wuchtigen Granitverblendungen, den man dem im Historismus neu aufgeblühten Rustika-Stil zuschreiben möchte (Abb. 26 und 27). Wiederum ähnlich in Windhoek verbinden sich diese historistischen Anleihen mit Anleihen des Jugendstils, wie es in der wilhelminischen Ära beliebt gewesen ist. Derselben Bauweise wie die Christuskirche folgte die Residenz des deutschen Gouverneurs von Tsingtau, woran sich einmal mehr die damals geltende Verbindung von Thron und Altar ablesen lässt. 81
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Die Christuskirche in Tsingtau war niemals als Missionskirche gedacht, sondern ausschließlich für die deutschen Kolonisten vorgesehen. Die Predigt von Pastor Winter anlässlich der Grundsteinlegung am Osterfest des Jahres 1908 liest sich wie eine Zusammenfassung der Gedanken, die deutsche Kolonisten angesichts ihrer Kirchen hegten. Zugrunde lag der Predigttext aus 1. Kor. 3, 11: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist in Jesus Christus.“ Im übertragenen Sinn wurde daraus der Grundstein der Christuskirche in Tsingtau: „Ein Sinnbild dieses Glaubens wird dieser Grundstein…Ein Abbild solchen Glaubens, der auf Fels gegründet selbst zum Fels geworden, soll die Christuskirche sein. Massig und schwer wie ein Fels aus dem Felsen gewachsen, soll sie auf diesem felsigen Hügel stehen, ein Zeichen dafür, dass Christus ihr Felsengrund ist, dass der Glaube in ihr zum Felsen erstarken soll….Eine rechte Christuskirche soll’s werden, die im Fernen Osten Zeugnis dafür ablegt, dass der Glaube an Christus der Sieg ist, der die Welt überwindet, der Wege, Lauf und Bahn findet zu allen Völkern. Eine rechte Christuskirche soll’s werden, die allen Besuchern und Neuankömmlingen in Erinnerung bringt, dass wir Deutschen auch unter Andersgläubigen und Andersdenkenden festhalten am Glauben der Unsern, dass wir Deutsche nie vergessen, was uns Christus war.“ Hier wird ein Glaube bekannt, der gleichzeitig Bekenntnis zur deutschen Identität ist. Und Pastor Winter wurde noch deutlicher, wenn er die Christuskirche als ein festes Band zur deutschen Heimat bezeichnet. Und als Tugenden der deutschen Heimat nennt er: „Gottesfurcht und deutsches Gemüt, Redlichkeit und deutsche Treue, Kindesliebe und deutschen Familiensinn will die Christuskirche wahren und pflegen.“ Wo Glaube und Deutschtum eine Einheit bilden, da wird der Kirchenbau zum sichtbaren Unterpfand und „…zur Pflegestätte christlicher Gottesfurcht, deutscher Treue und wahrer Nächstenliebe im fernen Land“. Und Winter sieht in der Kirche „ein Band mit der irdischen und himmlischen Heimat“. Diesen Gedanken griff auch der Gouverneur Oskar von Truppel mit folgenden Worten auf: „Christuskirche am Tsingtau-Strand, sei mit der deutschen Heimat ein Band.“ In diesen Worten schwingt derselbe Geist mit, der auch die Predigt bei der Einweihung der Felsenkirche von Lüderitz 1912 durchzieht, aus der wir in der Einleitung zitiert haben. Die deutschen Kolonisten hatten in Südwestafrika wie in Tsingtau mit derselben Problematik zu kämpfen, ihre deutsche Herkunft im undeutschen Land zu behaupten. Und nochmals sei auch in Tsingtau ein Blick auf die katholische Kirche erlaubt, die sich mit einer neuromanischen Zweiturmfassade in der Stadt erhebt (Abb. 28),
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28 Tsingtau, Katholische St. Michaeliskirche , historisches Foto
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und hier scheint ebenfalls ein Vergleich mit Windhoek nicht unangebracht, wo sich die katholische Kirche desselben Stilmittels bedient. Obwohl inzwischen die deutsche Kolonial- und Missionsgeschichte ein wichtiges Forschungsgebiet geworden ist, fanden weder die Architekturgeschichte im Allgemeinen noch der Kirchenbau im Besonderen eine entsprechende Beachtung. Er stellt aber eine ebenso wichtige und auskunftsfähige Quelle dar wie die schriftlichen Zeugnisse, die bislang ausschließlich herangezogen wurden. Eine Ausnahme bildet die Monographie von Torsten Warner zur kolonialen Architektur in der deutschen Kolonie Tsingtau, die mit dem Begriff des Architekturtransfers operiert. Das ist auch eine denkbare Umschreibung für die Etablierung europäischer Stile in der Kolonialbauweise, die sich besonders im Kirchenbau ausdrückt. Dieses Buch will nicht mehr, als etwas vom Charakter dieser materiellen Quelle aufscheinen lassen, die vom Selbstverständnis der deutschen Kolonisten erzählt. Der Kirchenbau in Deutsch-Südwestafrika findet hier beileibe keine abschließende Behandlung, er müsste nun in der Folge mit dem Material aus den namibischen Archiven in Beziehung gesetzt werden, denen sich der Verfasser nicht widmen konnte. Doch zeigt auch der abschließende Blick in die anderen Kolonien, dass es hier noch reiches Material zu fördern gäbe.
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Literatur in chronologischer Ordnung (Berücksichtigt wurde nur Literatur, die nach dem Ersten Weltkrieg erschienen ist.) Das vergleichsweise umfangreiche Literaturverzeichnis verspricht einerseits zu viel und hält andererseits zu wenig. Es verspricht zu viel, wenn man von der angegebenen Literatur noch ausführliche und weiterführende Informationen zum Kirchenbau in Südwestafrika erwartet, der praktisch unbearbeitet ist. Die einzige Arbeit zur Architekturgeschichte in Südwest stammt von Walter Peters, Baukunst in Südwestafrika. Fakten zu den evangelischen Kirchen liefern die Publikationen von Andreas Vogt. Die Literatur dient eher der Erweiterung des Wissens um die politischen und sozial-, kirchen- und missionsgeschichtlichen Hintergründe dieser Epoche. In diesem Fall hält es aber zu wenig, denn dazu ist eine Fülle von Literatur erschienen, die hier nur in Auswahl angeführt ist. Deutsches-Koloniallexikon, 3 Bde., Leipzig 1920 Hans Zache, Hrsg., Die Deutschen Kolonien in Wort und Bild (Nachdruck von: Das deutsche Kolonialbuch, Berlin-Leipzig 19262), Wiesbaden 2004 Alfred Bonn, Ein Jahrhundert Rheinische Mission, Barmen 1928 Heinrich Driessler, Die Rheinische Mission in Südwestafrika, Gütersloh 1932 Karl C. von Loesch, Deutsche Züge im Antlitz der Erde. Deutsches Siedeln, deutsche Leistung, München 1935 Katesa Schlosser, Eingeborenenkirchen in Süd- und Südwestafrika. Ihre Geschichte und Sozialstruktur, Kiel 1958 Heinrich Loth, Die christliche Mission in Südwestafrika, Berlin 1963 Julius Baumann, Mission und Ökumene in Südwestafrika. Dargestellt am Lebenswerk von Hermann Heinrich Vedder, Leiden-Köln 1965 Horst Drechsler, Südwestafrika unter deutscher Kolonialherrschaft. Der Kampf der Herero und Nama gegen den deutschen Imperialismus 1884–1915, Stuttgart 1966 Helmut Bley, Kolonialherrschaft und Sozialstruktur in Deutsch-Südwestafrika 1894–1914, Hamburg 1968 Theo Sundermeier, Wir aber suchten Gemeinschaft. Kirchwerdung und Kirchentrennung in Südwestafrika, Erlangen 1973
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Literatur
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Lothar Engel, Kolonialismus und Nationalismus im deutschen Protestantismus in Namibia 1907 bis 1943. Beiträge zur Geschichte der deutschen evangelischen Mission und Kirche im ehemaligen Kolonial- und Mandatsgebiet Südwestafrika, Frankfurt am Main 1976 Gustav Menzel, Die Rheinische Mission. Aus 150 Jahren Missionsgeschichte, Wuppertal 1978 Walter Peters, Baukunst in Südwestafrika. Die Rezeption deutscher Architektur in der Zeit von 1884 bis 1914 im ehemaligen Deutsch-Südwestafrika (Namibia), Windhoek 1981 Horst Gründer, Christliche Mission und deutscher Imperialismus. Eine politische Geschichte ihrer Beziehungen während der deutschen Kolonialzeit (1884–1914) unter besonderer Berücksichtigung Afrikas und Chinas, Paderborn 1982 Felsenkirche 1912 – Lüderitzbucht, herausgegeben vom Gemeindekirchenrat (DELK) Lüderitzbucht, Text von Gisela Kauffenstein (1982), neu bearbeitet von Manfred Schröder, Lüderitz 1982, 2002 (4. Aufl.) Wolfgang Krüger, Schwarze Christen – Weiße Christen. Lutheraner in Namibia und ihre Auseinandersetzung um den christlichen Auftrag in der Gesellschaft, Erlangen 1985 Wolfgang Mayer, Franz Metzger und Jürgen Wilhelmi, Schwarz-Weiss-Rot in Afrika. Die deutschen Kolonien 1883–1918, Puchheim 1985 Tido Spranger, Der Weg Namibias in die Unabhängigkeit, Mag.-Arb. Bonn 1993 Wolfgang Lauber, Deutsche Architektur in Togo, 1894–1914, Stuttgart 1993 Jürgen Krüger, Deutsche evangelische Kirchen im Ausland – vom einfachen Kapellenbau zur nationalen Selbstdarstellung, in: Klaus Raschzok und Reiner Sörries, Hrsg., Geschichte des protestantischen Kirchenbaues. Festschrift für Peter Poscharsky zum 60. Geburtstag, Erlangen 1994, S. 93–100 Torsten Warner, Deutsche Architektur in China – Architekturtransfer, Berlin 1994 Walter G. Wentenschuh, Namibia und seine Deutschen. Geschichte und Gegenwart der deutsche Sprachgruppe im Südwesten Afrikas, Göttingen 1995 Festschrift zum 100 jährigen Jubiläum der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Windhoek 20. Januar 1996, herausgegeben vom Festausschuß der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Gemeinde Windhoek, Windhoek 1996 Ulrich van der Heyden und Heike Liebau, Hrsg., Missionsgeschichte, Kirchengeschichte, Weltgeschichte. Christliche Missionen im Kontext nationaler Entwicklungen in Afrika, Asien und Ozeanien (= Missionsgeschichtliches Archiv, Band 1), Stuttgart 1996
Literatur
Carl – J. Hellberg, Mission, Colonialism and Liberation. The Lutheran Church in Namibia 1840–1966, Windhoek 1997 Jürgen Becher, Dar es Salaam, Tanga und Tabora. Stadtentwicklung in Tansania unter deutscher Kolonialherrschaft (1885–1914), Stuttgart 1997 Horst Gründer, Hrsg., …da und dort ein junges Deutschland gründen…, Rassismus, Kolonien und kolonialer Gedanke vom 16. bis zum 20. Jahrhundert, München 1999 Nils Ole Oermann, Mission, Church and State Relations in South West Africa under German Rule 1884–1915 (= Missionsgeschichtliches Archiv, Band 5), Stuttgart 1999 Ulrich van der Heyden und Jürgen Becher, Hrsg., Mission und Gewalt. Der Umgang christlicher Missionen und die Ausbreitung des Christentums in Afrika und Asien in der Zeit von 1792 bis 1918/19, Stuttgart 2000 Wilhelm R. Schmidt, Deutsch-Südwest-Afrika. Fotos aus der Kolonialzeit 1884–1918, Erfurt 2001 Werner Haupt, Die deutsche Schutztruppe: Auftrag und Geschichte, Eggolsheim 2001 Udo Kaulich, Die Geschichte der ehemaligen Kolonie Deutsch-Südwestafrika (1884–1914), Frankfurt am Main 2001, 20032 Klaus A. Hess und Klaus J. Becker, Vom Schutzgebiet bis Namibia 2000, GöttingenWindhoek 2002 Matti Peltola, Nakambale. The Life of Dr. Marti Rautanen, Helsinki 2002 Meredith McKittrick, To Dwell Secure: Generation, Christinaity and Colonialism in Ovamboland, Oxford 2002 Guido Jura, Deutsche Spuren in der Kirchen- und Gesellschaftsgeschichte Namibias. Eine Analyse unter besonderer Berücksichtigung einer ehemals kolonialen Missionskirche zu einer eigenständigen Partnerkirche im heutigen Namibia sowie der Interessenwahrnehmung der deutschsprachigen Minderheit in einer eigenen lutherischen Kirchengemeinschaft, Diss. Bonn 2002 Teuvo Raiskio, Guided by the Bushmen to the Finnish Namibia Myth, Diss. Oulu 2002 Gerhard L. Buys und Shekutaamba V.V. Nambala, History of Christianity in Namibia. 1805–1990, an Introduction, Windhoek 2003 Birthe Kundrus, Moderne Imperialisten. Das Kaiserreich im Spiegel seiner Kolo nien, Köln-Weimar-Wien 2003 87
Literatur
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Britta Wellnitz, Deutsche evangelische Gemeinden im Ausland. Ihre Entstehungsgeschichte und die Entwicklung ihrer Rechtsbeziehungen zur Evangelischen Kirche in Deutschland, Tübingen 2003 Chun-Shik Kim, Deutscher Kulturimperialismus in China. Deutsches Kolonialschulwesen in Kiautschou (China) 1898–1914 (= Missionsgeschichtliches Archiv, Band 8), Stuttgart 2004 Andreas Vogt, National Monuments in Namibia. An inventory of proclaimed national monuments in the Republic of Namibia, Windhoek 2004 (Deutsche Überarbeitung und Übersetzung 2006) Brenda Bravenboer, Windhoek. Capital of Namibia, Windhoek 2004 Namibia – Deutschland. Eine geteilte Geschichte. Widerstand – Gewalt – Erinnerung. Publikation zur gleichnamigen Ausstellung im Rautenstrauch-Joest-Museum der Stadt Köln und im Deutschen Historischen Museum in Berlin, hrsg. von Larissa Förster, Dag Henrichsen und Michael Bollig, Köln-Wolfratshausen 2004 Kurt Kirschnereit, Kirchlich vereint – Gesellschaftlich getrennt. Zum Bedeutungswandel eines Begriffes (hrsg. von Wilhelm A. Steffan = Befunde und Berichte zur Deutschen Kolonialgeschichte, Band 7), Windhoek – Gelnhausen 2004 Horst Gründer, Geschichte der deutschen Kolonien, Stuttgart 2004 Winfried Speitkamp, Deutsche Kolonialgeschichte, Ditzingen 2005 Richard Pierard, The Rhenish Mission and the Colonial War in German Southwest Africa, in: Ulrich van der Heyden und Holger Stoecker, Hrsg., Mission und Macht im Wandel politischer Orientierungen. Europäische Missionsgesellschaften in politischen Spannungsfeldern in Afrika und Asien zwischen 1800 und 1945, Wiesbaden 2005, S. 389–401 Gisela Graichen und Horst Gründer, Deutsche Kolonien, Traum und Trauma, Berlin 2005 Bernd G. Langin (und Michael Schindler), Die deutschen Kolonien: Schauplätze und Schicksale 1888–1918, Hamburg 2005 Andreas Vogt, Die ältesten Kirchen in Namibia (1. Teil), in: Afrikanischer Heimatkalender, Windhoek 2007 Andreas Vogt, Die ältesten Kirchen in Namibia (2. Teil), in: Afrikanischer Heimatkalender, Windhoek 2008 Jens Jaeger, „Heimat“ in Afrika. Oder: die mediale Aneignung der Kolonien um 1900, in: zeitenblicke 7, Nr. 2, [01.10.2008], URL: http://www.zeitenblicke. de/2008/2/jaeger/index_html, URN: urn:nbn:de:0009–9–15447 (15.03.09).
Abbildungsnachweis
Rudolf Hinz, 100 Jahre Christuskirche in Windhoek – Kirchbau in Kolonialer Zeit (Arbeitstitel), in: Afrikanischer Heimat-Kalender 2010 (im Druck)
Abbildungsnachweis Autor: Titelbild und Rückseite, Abb. 1–17, 19–21, 24, 28, 29, 32, 35, 36, 38, 40; Bildarchiv des Autors: 23, 31, 49; 50, 50a, 51; Bildarchiv ,Kleine Zeitung‘, Windhoek: Abb. 18; Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft in der Stadt- und Universitätsbibliothek Frankfurt am Main, Abb. 47; Bundesarchiv Bilddatenbank: 46, 53a, 54, 55, 56, 57, 57a, 59; Finnische Missionsgesellschaft: Abb. 33b, 34; Klaus Dierks: 25–27, 30, 33, 37, 41, 42, 43, 48; Dietrich Köster: 58; Völkerkundemuseum Zürich (Projekt Afrikanische Sammlungen in Zürich – ASZ) : 33a, 44, 45; Wikipedia Commons gemeinfrei: 23a, 39; flickr. Fotostream von aj82 (Alexander Johmann): Abb. 53; unbekannt: 22, 22a; 52; zitiert nach zeitenblicke 7 (2008), Nr. 2, Abb. 53a.
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Farbtafeln
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1 Lüderitz, Felsenkirche
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2 Windhoek, Friedenskirche
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3 Okahandja, Friedenskirche
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4 Swakopmund, Jetty
5 Swakopmund, Altes Amtsgericht
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6 Swakopmund, Evangelische Kirche
7 Swakopmund, Evangelische Kirche, Inneres
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8 Swakopmund, Evangelische Kirche, Buntfenster: Auferstandener Christus
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9 Swakopmund, Evangelische Kirche, Buntfenster: Christus segnet die Kinder
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10 Lüderitz, Felsenkriche
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11 Lüderitz, Felsenkriche
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Farbtafeln
12 Lüderitz, Felsenkriche, Buntfenster: Christus und die Samariterin am Brunnen
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13 Lüderitz, Felsenkriche, Buntfenster: Christus segnet die Kinder
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14 Lüderitz, Felsenkriche, Buntfenster: Lutherfenster
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15 Lüderitz, Felsenkriche, Buntfenster: Lutherfenster, Detail
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Farbtafeln
16 Windhoek, Christuskirche
Farbtafeln
17 Windhoek, Christuskirche, Hauptportal
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18 Windhoek, Tintenpalast
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19 Lüderitz, Missionskirche
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Okahandja, Missionskirche mit Friedhof
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Walfisbay, Missionskirche
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Rebohoth, Pauluskirche, Eingangstür
Farbtafeln
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Rehoboth, Pauluskirche
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Farbtafeln
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Swakopmund, Evangelische Kirche
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Swakopmund, ehem. Bahnhof
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Farbtafeln
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Lüderitz, Felsenkirche, Buntfenster über dem Eingang
Farbtafeln
27 Bethanien, Schmelenhaus
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Otjimbingwe, Missionskirche
28 Bethanien, Missionskirche
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Keetmanshoop, Missionskirche
31 Olukonda, Kirche der Finnischen Mission 32 Karibib, Evangelische Kirche
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Farbtafeln
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Beerseba, Missionskirche
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Gibeon, Missionskirche
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Okombahe, Missionskirche
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Warmbad, Missionskirche
Farbtafeln
37 Dar es-Salaam, Katholische Kirche
38 Dar es-Salaam, Evangelische Christuskirche
39 Tsingtau, Ehem. Residenz des deutschen Gouverneurs
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Windhoek, Christuskirche
ReineR SöRRieS
Von K aiSeRS Gnaden PRoteStantiSche KiRchenbauten im habSbuRGeR Reich
Seit der Reformation sind die Konfessionen auf der Suche nach einer Kirchenarchitektur, die ihrem Glauben und ihrer Liturgie entspricht. Da das protestantische Bekenntnis im Habsburger Imperium zur Bedeutungslosigkeit verurteilt war, ließe sich vermuten, dass es einen evangelischen Kirchenbau unter der Regie der streng katholischen Habsburger nicht gegeben haben kann. Das Gegenteil ist der Fall. In den Ländern des ehemaligen Habsburger Reiches drückt ihr Kirchenbau mehr von der protestantischen Identität aus als in den Kernländern der Reformation. Das spezifisch Protestantische lässt sich an den schlesischen Friedenskirchen, den ungarischen Artikelkirchen oder den josephinischen Toleranzbethäusern ablesen. Im Zuge der allmählichen Gleichberechtigung der evangelischen Konfession verlieren ihre Kirchen die protestantische Eigenart. Die bisher wenig beachteten evangelischen Kirchen in Mittelosteuropa von Breslau bis Lemberg eignen sich zur Veranschaulichung dessen, was das Besondere des evangelischen Kirchenbaus ausmacht. Ihre Vielfalt und Einzigartigkeit in den Ländern der Habsburger Monarchie vor, während und nach der Gegenreformation wahrzunehmen und wieder zu entdecken, dazu lädt dieser informative und reich bebilderte Band ein. 2008. 225 S. Mit 111 S/w-Abb. und 16 fArb. Abb. Auf 16 tAf. Gb. 170 x 240 MM. iSbn 978-3-412-20154-8
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ReineR SöRRieS
Spätantike und fRühchRiStliche kunSt eine einfühRung in die chRiStliche aRchäologie (utB füR WiSSenSchaft M 3521)
Christliche Archäologie ist die traditionelle Bezeichnung für die wissenschaft liche Erforschung der materiellen Hinterlassenschaft des Frühen Christen tums. Im Fächerkanon ist sie zwischen der Klassischen Archäologie und der abendländischen bzw. byzantinischen Kunstgeschichte angesiedelt. Sie behan delt die auch als Spätantike bezeichnete Epoche von den Anfängen des Chris tentums bis zum Beginn des Frühmittelalters. Diese Einführung ist als Orientierungshilfe für die Studierenden gedacht und folgt einem chronologischen Aufbau. Verständlich und umfassend führt sie in Gegenstandsbereiche und Fragestellungen der Christlichen Archäologie ein, stellt alle relevanten Werke vor und nennt die wichtigsten Hilfsmittel für die weitere Beschäftigung mit dieser faszinierenden Epoche. Darüber hinaus zeigt sie, wie diese frühe Phase der Kirche geistesgeschichtlich einzuordnen ist. 2012. Ca. 320 S. Mit Ca. 70 S/w-abb. br. 150 x 215 MM. iSbN 978-3-8252-3521-5
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AthinA Lexutt
Die RefoRmAtion ein eReignis mAcht epoche
Mit Martin Luther nahm im frühen 16. Jahrhundert eine theologische Be wegung ihren Anfang, die schließlich die christliche Kirche in ihren Grund festen erschüttern sollte und das geistige und gesellschaftspolitische Gefüge Europas grundlegend veränderte. In diese Zeit des Umbruchs, die gekenn zeichnet ist durch zahlreiche Spannungen auf mehreren Ebenen – politische Kämpfe, theologische Debatten, wirtschaftliche Probleme, existenzielle Unsicherheiten, ins Wanken geratende Weltbilder – führt uns Athina Lexutt in ihrem Buch. Die Autorin legt ein besonderes Augenmerk auf die Verquickung von theologischen und politischen Momenten, um von dort aus begreifbar zu machen, was die Reformation gleich in einem doppelten Sinne zu einer Epo che macht. 2009. 226 S. Mit einigen S/w-Abb. gb. Mit SU. 155 x 230 MM. iSbn 978-3-412-20304-7
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