Atomtheorie [2., völlig umgearb. und verm. Aufl. Reprint 2019] 9783111462974, 9783111095943


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German Pages 266 [280] Year 1929

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Table of contents :
Aus dem Vorwort zur ersten Auflage
Vorwort zur zweiten Auflage
Inhaltsverzeichnis
Druckfehlerberichtigung
Vorbemerkung
I. Kapitel. Elektronen, Atome und Lichtquanten
II. Kapitel. Die Grundlagen der Atommechanik
III. Kapitel. Die Spektren der Atome
IV. Kapitel. Die Röntgenstrahlen
V. Kapitel. Die Atomkerne
VI. Kapitel. Die Molekeln
VII. Kapitel. Die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie
Anhang. Zusammenfassung des Inhalts
Namenverzeichnis
Sachverzeichnis
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Atomtheorie [2., völlig umgearb. und verm. Aufl. Reprint 2019]
 9783111462974, 9783111095943

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ATOMTHEORIE VON

A R T H U R HAAS DR. P H I L .

P R O F E S S O R FÜR P H Y S I K AN D E R U N I V E R S I T Ä T IN W I E N

MIT 64 FIGUREN IM T E X T UND A U F VIER T A F E L N

ZWEITE VÖLLIG UMGEARBEITETE UND W E S E N T L I C H V E R M E H R T E A U F L A G E

BERLIN UND LEIPZIG WALTER

DE

G R U Y T E R & C O .

VORMALS G. J. GÖSCHEN'SCHE VERLAGSHANDLUNG - 3. GUTTENTAG, VERLAGSBUCHHANDLUNG - GEORG REIMER - KARL J. TRÜBNER - VEIT & COMP. 1 9

2

9

Copyright by

W A L T E R DE GKDYTER

& Co., Berlin und Leipzig

1929

Alle Kechte, einschließlich deä Übersetziingsrechta, vorbehalten

D r u c k von Metzger & Wittig in Leipzig

FREDERICK GEORGE DONNAN C. Ii. E., 1. II. S. Professor der anorganischen und der physikalischen Chemie an d e r U n i v e r s i t ä t in L o n d o n

in D a n k b a r k e i i gewidmet

Aus dem Vorwort zur ersten Auflage. Das vorliegende Buch ist aus Vorlesungen entstanden, die ich an der Wiener Universität gehalten habe. Ihr Ziel war, die Grundideen und die wichtigsten Ergebnisse der modernen Atomtheorie übersichtlich in einer elementaren Weise darzustellen, die eine Benutzung höherer Mathematik vermeidet. Da auch in physikalischer Hinsicht in diesem Buche nicht mehr Kenntnisse vorausgesetzt werden, als etwa im Gymnasium vermittelt werden, so hoffe ich, daß dieses Buch nicht bloß von Physikern wird benutzt werden können, sondern auch von Chemikern und vielleicht auch von Laien, die sich etwas eingehender mit der Atomtheorie zu beschäftigen wünschen. Wien, im Juni 1924. Arthur Haas.

Vorwort zur zweiten Auflage. Die großartigen Fortschritte, die die Atomtheorie in den viereinhalb Jahren seit dem Erscheinen der ersten Auflage verzeichnen konnte, haben eine fast völlige Verschiedenheit der beiden Auflagen herbeigeführt. Etwa zwei Drittel der Abschnitte der zweiten Auflage sind vollkommen neu, und auch in dem übrigen Drittel wurden wesentliche Änderungen vorgenommen. Zum Zwecke der Raumersparnis wurden nicht nur solche Abschnitte der ersten Auflage, die heute überholt erscheinen, sondern auch solche, denen heute nur mehr eine geringere Wichtigkeit zukommt, gestrichen. Die neue Auflage schildert die Atomphysik nach dem Stande der Forschung am Ende des Jahres 1928; die Fortschritte dieses Jahres sind noch eingehend berücksichtigt worden. Auch in der zweiten Auflage war ich bemüht, den elementaren Charakter des Buches zu wahren; bei der Besprechung der neuesten Theorien ließ sich allerdings die Benutzung höherer Mathematik nicht mehr völlig vermeiden.

VI

Vorwort zur zweiten

Auflage.

Für viele wertvolle Ratschläge bei der Abfassung dieses Buches bin ich Herrn Dr. GUIDO B E C K (derzeit in Leipzig) zu großem Danke verpflichtet. Herzlichst danke ich den Herren Dr. E U G E N G U T H , AUGUST KORNFELD,

D r . KUDOLF L I N K S

ungemein wertvolle bogen zuteil werden V E R S C H O Y L E für die er mir anläßlich zukommen ließ.

und

D r . FRANZ U R B A C H

für die

mir

Hilfe, die sie mir bei der Durchsicht der Korrekturließen. Endlich möchte ich auch Herrn Dr. T E R E N C E zahlreiche Yerbesserungsvorschläge bestens danken, der von ihm besorgten Übersetzung in das Englische

W i e n , im Dezember 1928. Arthur Haas.

Inhaltsverzeichnis. Vorbemerkung

1

I. Kapitel. § 1. § 2. § 3. § 4. § 5. § 6. § 7. § 8. § 9. § 10.

§11. § 12. § 13.

§ § § § §

14. 15. 16. 17. 18.

Elektronen, Atome und Lichtquanten.

Das elektrische Elementarquantum Die Elektrolyse und die Masse des Wasserstoffatoms Die negative Strahlung und das Elektron Die positive Strahlung Das elementare Wirkungsquantum Lichtkorpuskeln und Materiewellen Das Keraatom Die charakteristischen Potentiale und die Spektralterme Die Grundstoffreihe Die chemische Periodizität Die Die Die Die Der Die Die Das

Seite

II. Kapitel. Die Grundlagen der Atommechanik. Theorie von D E B R O G L I E Theorie von S C H R Ö D I N G B R Quantenmechanik von H E I S E N B E R G statistische Deutung der Materiewellen Drehimpuls der Elektronen und Atome Multiplizität der Spektralterme Aufspaltung der Spektralterme im Magnetfeld P A U L I sehe Prinzip

III. Kapitel. Die Spektren der Atome. § 19. Das Spektrum des Wasserstoffs § 20. Das Spektrum des ionisierten Heliums § 21. Sie Spektren der Atome mit einem Valenzelektron § 22. Sie Spektren der Atome mit zwei Valenzelektronen § 23. Die Spektralterme äquivalenter Elektronensysteme § 24. Die Spektren der Achterreihen § 25. Die Spektren der Achtzehnerperioden § 26. Die Röntgenspektren § 27. Das periodische System

2 8 10 14 19 20 24 26 30 34

37 42 47

52 53 58 60 64 6(S 72 77 82 87 90 93 98 108

§ 28.

Der

ZEEMAN-Effekt

114

§ 29.

Der

STARK-Effekt

122

§ 30. Die Intensitäten der Spektrallinien § 31. Das Magneton § 32. Die angeregten Zustände der Atome § 33. Die Raumgitter § 34. Die Netzebenen

IV. Kapitel.

Die Röntgenstrahlen.

125 127 132 140 145

Inhaltsverzeichnis.

VIII § 35. § 36.

Die Interferenz der Röntgenstrahlen in den Kristallen Die Verwandtschaft zwischen Elektronenstrahlen und Röntgenstrahlen .

V. Kapitel. Die Atomkerne. §37. Die Isotopie § 38. Der Packungseffekt § 39. Kernzerfall und Grundstoffverwandlung § 40. Das radioaktive Gleichgewicht § 41. Die Umwandlungsreihen § 42. Die materielle Strahlung der Radioelemente § 43. Gamma-Strahlung und Kernniveaus § 44. Die kosmischen Strahlen § 45. Die Zertrümmerung der Grundstoffe § 46. Die Struktur der Atomkerne und die HARKINS sehen Regeln VI. Kapitel.

Seite

151 157 100 166 108 171 176 183 188 101 193 196

Die Molekeln.

§ 47. § 48. § 49. § 50. § 51. § 52. § 53. § 54.

Die Rotationsschwingungsspektren Die Bandenspektren Kernabstand und Dissoziationsenergie Die chemischen Bindungen Die Atomgitter Die Elektrolyte Die Polarität der Molekeln Die Metalle

§ 55. § 56. § 57.

Die Dispersion Der lichtelektrische Effekt Die Umwandlung von Elektronenstrahlung in Lichtquanten

224 226 227

§ 58.

D e r COMPTON-Effekt

229

VII. Kapitel.

§ 59. § 60.

199 202 209 212 217 219 220 221

Die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie.

Die DIRAO sehen Gleichungen Die Verwandlung von Materie in Licht

Anhang. Zusammenfassung des Inhalts Übersicht über die häufigsten Bezeichnungen Die universellen Konstanten der Atomphysik Literatur Namenverzeichnis Sachverzeichnis

Druckfehlerberichtigung. Auf Seite 222, Zeile 20 soll es richtig heißen: (n + 1) (n + 2)/2.

233 236 240 251 252 252 253 256

Vorbemerkung. Die in der Atomphysik vorkommenden Größen werden sowohl in a b s o l u t e n als auch in p r a k t i s c h e n E i n h e i t e n angegeben. Die Grundeinheiten des absoluten Maßsystems sind g, cm und sec. Aus ihnen wird als Einheit der K r a f t die Dyne abgeleitet, die der Masseneinheit von 1 g in 1 sec einen Geschwindigkeitszuwachs von 1 cm pro sec erteilt; eine Dyne ist gleich dem Gewicht von 1,0198 mg (unter 45° Breite). Die Arbeit, die eine K r a f t von einer Dyne auf dem Wege von 1 cm verrichtet, wird als E r g bezeichnet und stellt die Energieeinheit dar. 4,186-IO 7 Erg sind gleichbedeutend mit der Wärmeeinheit, der Grammkalorie, die 1 g Wasser von 15° auf 16° zu erwärmen vermag. Die e l e k t r o s t a t i s c h e E i n h e i t ist diejenige Elektrizitätsmenge, die auf eine gleich große in der Entfernung von 1 cm gemäß dem CouLOMBschen Gesetz eine K r a f t von 1 Dyne ausübt. Die Kraft, die an einer beliebigen Stelle eines elektrischen Feldes eine beliebige Elektrizitätsmenge erfährt, ergibt, durch die Elektrizitätsmenge dividiert, die e l e k t r i s c h e F e l d s t ä r k e an der betreffenden Stelle. In analoger Weise wie die elektrostatische Einheit und die elektrische Feldstärke werden die Einheit der Magnetismusmenge und die m a g n e t i s c h e F e l d s t ä r k e definiert. Die absolute Einheit des e l e k t r i s c h e n P o t e n t i a l s ist (im sogenannten elektrostatischen Maß) durch den Potentialunterschied gegeben, bei dessen Zurücklegung seitens einer elektrostatischen Einheit eine Arbeit von 1 Erg verrichtet wird. Der dreihundertste Teil dieser absoluten Potentialeinheit stellt die praktische Einheit der elektrischen Spannung, das sogenannte V o l t , dar. Die absolute Einheit der Stromstärke ist (im elektrostatischen Maß) durch einen Strom gegeben, dessen Querschnitt in der Sekunde von einer elektrostatischen Einheit passiert wird. Eine 3-10® mal so große Stromstärke stellt die praktische Einheit, das sogenannte Ampère, dar. Als Längeneinheit werden in der Spektroskopie das Mikron, die ÄNGSTRÖMEinheit und die X-Einheit benutzt; es ist 1 ¡x gleich 10~*cm, 1 À gleich 10~8 cm und 1 X gleich 10~11 cm.

HAAS, Atomtheorie. 2. Aufl.

1

I. K a p i t e l .

Elektronen, Atome und Lichtquanten. § 1. Das elektrische Elementarquantum. So alt wie alle theoretische Physik ist auch der Gedanke, daß die M a t e r i e eine i n d i v i d u e l l e Z u s a m m e n s e t z u n g besitze, daß sie aus winzig kleinen, unsichtbaren, e i n z e l n e n T e i l c h e n bestehe. Dieser Gedanke ist schon im Altertum von dem griechischen Philosophen D E M O K B I T begründet worden, der die unsichtbaren kleinsten Teilchen, in die er die Materie auflöste, als A t o m e bezeichnete. Dieser Ausdruck wird auch von der modernen Naturwissenschaft für die k l e i n s t e n T e i l c h e n der c h e m i s c h e n G r u n d s t o f f e beibehalten; auf die Zusammenfügung der Atome zu sogenannten Molekeln führt ja die neuere, von D A L T O N begründete Chemie die Mannigfaltigkeit der chemischen Verbindungen zurück. Eine Fülle physikalischer Erscheinungen offenbart es aber nun, daß die A t o m e jedenfalls e l e k t r i s c h e L a d u n g e n e n t h a l t e n müssen. Vor allem zeigt die Tatsache der E l e k t r o l y s e , daß die Atome durch elektrische Kräfte beeinflußt werden. Auch das altbekannte Phänomen der durch die Materie bewirkten D i s p e r s i o n des L i c h t e s konnte seit dem Bestehen der elektromagnetischen Lichttheorie nicht anders gedeutet werden als durch die Annahme einer Wechselwirkung zwischen elektromagnetischen Wellen und elektrischen Ladungen, die in den Atomen der Materie enthalten sind. Die Vorstellung einer atomistischen Struktur der Materie führte so mit Notwendigkeit zu der Vorstellung eines A t o m i s m u s der E l e k t r i z i t ä t , also zu dem Begriff eines E l e m e n t a r q u a n t u m s der E l e k t r i z i t ä t s m e n g e . Doch nicht allein theoretische Erwägungen leiteten zu dieser für die moderne Atomtheorie fundamentalen Annahme; sie findet eine u n m i t t e l b a r e e m p i r i s c h e B e s t ä t i g u n g in V e r s u c h e n v o n M I L L I K A N , die auch eine direkte, sehr genaue Bestimmung des elektrischen Elementarquantums ermöglichten. M I L L I K A N S Versuche beziehen sich auf e i n z e l n e k l e i n e M a t e r i e t e i l c h e n , die s c h w a c h e e l e k t r i s c h e L a d u n g e n tragen und deren Bewegungen unter dem zweifachen Einfluß der eigenen Schwere und eines vertikal nach aufwärts gerichteten Feldes mittels eines Mikroskopes untersucht werden. Diese Methode der sogenannten „ I n d i v i d u a l -

§ 1. Das elektrische Elementar quantum.

3

b e o b a c h t u n g " 1 wurde im Jahre 1 9 0 9 von E H R E N H A F T und etwas später auch von M I L L I K A N ersonnen und in den folgenden Jahren weiter ausgebildet und verwertet. 2 M I L L I K A N experimentierte mit Ö l t r ö p f e h e n , die einen Durchmesser von ungefähr 10~4 cm hatten; gegenüber Teilchen aus anderem Material haben die Öltröpfehen den Vorzug, daß sie nicht durch Verdunstung ihre Größe ändern. Mittels eines Zerstäubers wird ein feiner Sprühregen von Öl in eine Kammer geblasen, aus der durch eine kleine, im Boden angebrachte Öffnung bisweilen ein Tröpfchen in einen unterhalb der Kammer befindlichen Kondensator eintritt, der von zwei parallelen, horizontalen Platten gebildet wird. Infolge der bei dem Zerstäuben eintretenden Reibung ist ein solches Tröpfchen fast immer elektrisch geladen. Durch einen Umschalter können die Platten des Kondensators an eine Akkumulatorenbatterie von etwa 10000 Volt Spannung angeschlossen werden. Das im Kondensator befindliche Teilchen wird durch starke Lichtquellen von der Seite her beleuchtet und zugleich durch ein in dem Kondensator angebrachtes Fenster mittels eines Mikroskopes betrachtet; es erscheint dann, ohne daß seine wahre Gestalt kenntlich würde, als heller Punkt auf schwarzem Hintergrund. Ist das elektrische Feld nicht eingeschaltet, so sinkt ein solches Tröpfchen infolge seiner Schwere und der starken Reibung mit konstanter Geschwindigkeit langsam zu Boden; wird hingegen durch Umschaltung die. Spannung der Batterie angelegt, so bewegt sich das Teilchen, und zwar ebenfalls mit konstanter Geschwindigkeit, langsam nach aufwärts, woferne die elektrische Kraft nicht allzusehr über die Schwere überwiegt. (Bei der angegebenen Tropfengröße und der angegebenen Spannung besteht gerade das richtige Verhältnis.) Indem man immer im richtigen Augenblick umschaltet, kann man derart ein Tröpfchen beliebig oft zwischen den beiden Kondensatorplatten hin und her wandern lassen. Infolge der starken Reibung ist sowohl bei der Abwärts- als auch bei der Aufwärtsbewegung die G e s c h w i n d i g k e i t d e r e i n w i r k e n d e n K r a f t p r o p o r t i o n a l , wie dies sowohl aus mechanischen Beziehungen folgt als auch durch die Versuche unmittelbar bestätigt wird. Bezeichnen wir also die Geschwindigkeit der Abwärtsbewegung mit v 1 und die der Aufwärtsbewegung mit v2, bezeichnen wir ferner die Masse des Tröpfchens mit m und seine Ladung mit Q, die Beschleunigung der Erdschwere mit g 1 Das wesentlich Neue an dieser Methode war eben, daß sie sich auf e i n z e l n e Teilchen bezog, während frühere Methoden sich immer nur auf die M i t t e l w e r t e der Ladungen einer g r o ß e n Z a h l von Teilchen bezogen hatten. 2 MELLIKAN hat über seine Forschungen zusammenhängend in seinem Buche berichtet „The Electron, its Isolation and Measurement", Chicago 1917; deutsch von K. STOCKET,, Braunschweig 1922 (Sammlung „Die Wissenschaft", Verlag VIEWEG, Band 69). •— MILLIKANS erste Mitteilung erfolgte im August 1909 (in den Berichten der britischen Naturforscherversammlung zu Winnipeg), EHRENHAFTS erste Mitteilung im März 1909 (im Anzeiger der Wiener Akademie).

1*

4

Elektronen,

Atome und

Lichtquanten.

und die elektrische Feldstärke (also den Quotienten aus Spannung und Plattenabstand) mit E, so muß daher die Beziehung bestehen Vi

m * '

vy

=

QE — m 9 mg

Die Geschwindigkeit wird nun einfach bestimmt, indem man die Zeit mißt, die das Teilchen braucht, um die Strecke zwischen zwei Querfäden im Beobachtungsfernrohr zurückzulegen. Tab. I gibt in Sekunden die Werte wieder, die MILLIKAN bei einem Versuche für die Zeit ^ der Abwärts- und die Zeit f 2 der Aufwärtsbewegung zwischen den Querfäden erhielt; dem Abstand der Querfäden entsprach dabei eine wirkliche Fallstrecke von 0,5222 cm. T a b e l l e I.

13,6 13,8 13,4 13.4 13,6 13.6 13.7 13.5 13,5

12,5

34,6

12.4

34,8

21,8

16,0 34.8

34,8

34,6

84.5

21.9

85,5

Mittelwert: 13,595

Wie die Tabelle zeigt, erfolgt die Abwärtsbewegung des Teilchens bei der gegebenen Batteriespannung immer mit derselben Geschwindigkeit; hingegen nimmt die Größe t2 (und somit auch die Größe v2) abwechselnd verschiedene Werte an, wobei im Verlaufe der Hin- und Herbewegung frühere Werte später wiederkehren. Die sprunghaften Änderungen des Wertes von f 2 müssen offenbar darauf zurückgeführt werden, daß das positiv elektrische Öltröpfchen L u f t i o n e n e i n f ä n g t und daß sich dadurch die Ladung des bewegten Teilchens ändert. Die Anlagerung eines negativen Ions hat eine Verzögerung der Aufwärtsbewegung, also eine Vergrößerung des Wertes von t2 zur Folge, während eine Verminderung des Wertes von f 2 in der Anlagerung eines positiven Ions oder in der Abstoßung eines negativen ihre Ursache hat. Bezeichnen wir nun die Ladung des Ions mit Q' und die Geschwindigkeit der Aufwärtsbewegung nach Anlagerung des Ions mit v2', so muß nach Gl. 1 die Beziehung gelten /2)

V

=

QE + Q' E

-mg

* t>x mg Subtrahieren wir die Gl. 1 von der Gl. 2, so finden wir somit ,a\

— v2 _Q' E

§ 1. Das elektrische

Elementarquantum.

5

In Tab. II sind nun in der ersten Vertikalrubrik die Werte eingetragen, die sich für die Geschwindigkeit der Aufwärtsbewegung ergeben, wenn die Fallstrecke von 0,5222 cm durch die der Tab. I entnommenen Werte von f 2 dividiert wird. 3 Die zweite Yertikalrubrik verzeichnet zunächst die Differenzen zwischen den in der ersten Yertikalrubrik aufeinander folgenden Zahlen. T a b e l l e II. Geschwindigkeit der Aufwäitsfcewegung 0,5222 = 0,041 { 12,45 0,5222 2i;8"

= 0,02390

Unterschied

0,01806 - =0,00903 2 0,00885

1 ' S ? 0,5222 = 0,00614 85,0 0,5222 = 0,01505 34,7 0,5222 = 0,03264 16,0 0,5222 = 0,01505 34,7

0,00891

Í

0,00891

1

= 0,00885 = 0,00891 = 0,00891

0,01759 = 0,00880 2 0,01759 = 0,00880 2 0,00891

0,5222 = 0,02396 ~2l,85

= 0,00891

Wie die Tab. I I zeigt, ergibt diese Differenz aber nun stets denselben Wert oder gerade den doppelten Betrag (oder auch bei anderen Versuchen den dreifachen oder vierfachen). Da für ein gegebenes Tröpfchen bei gegebener Spannung die Größen m, vlt E und g als Konstante anzusehen sind, so folgt also hieraus gemäß Gl. 8, daß die L a d u n g der L u f t i o n e n stets ein g a n z z a h l i g e s V i e l f a c h e s einer e l e m e n t a r e n L a d u n g darstellen muß. Die Daten der Tab. II bilden so einen u n m i t t e l b a r e n e x p e r i m e n t e l l e n Beweis f ü r die a t o m i s t i s c h e S t r u k t u r der E l e k t r i z i t ä t . Auch die eigentliche Tröpfchenladung Q läßt sich ohne weiteres mit der Ionenladung Q' und somit mit dem Elementarquantum vergleichen. Wir brauchen hierzu nur von der Gl. 1 auszugehen, aus der die Beziehung folgt (4)

QE mg

3 Wenn in der Tab. I zwei nahezu gleiche Werte von t2 aufeinander folgen, wurde in Tab. II der Mittelwert benutzt.

Elektronen, Atome und Lichtquanten.

6

oder in Verbindung mit Gl. 8 v

ik\ W

* + "» _ Q vt'-vt~W' Da die Geschwindigkeiten t'1; v2 und v2' gemessen werden können, kann somit die Ladung Q mit der kleinsten Ladung verglichen werden, als deren ganzzahlige Vielfache sich die Ionenladungen offenbaren. M I L L I K A N fand, daß sich auch die T r ö p f c h e n l a d u n g stets als ein g e n a u ganzz a h l i g e s V i e l f a c h e s j e n e r E l e m e n t a r l a d u n g erweist. Alle ganzzahligen Vielfachen der Elementarladung bis etwa fünfzig konnte M I L L I KAN mit größter Genauigkeit nachweisen und bis etwa 150 immerhin noch die Elementarquanten zählen, die einem Öltröpfchen anhaften. Mit zunehmender Vervielfachungszahl nimmt natürlich die Genauigkeit der Zählung ab, weil die Fehlergrenze bei dieser Methode etwa ein halbes Prozent beträgt und somit bei einer Ladung von mehr als 200 Elementarquanten bereits mehr als ein Elementarquantum ausmacht. Es ist nun klar, daß gemäß der Gl. 1 auch die absolute Größe des e l e k t r i s c h e n E l e m e n t a r q u a n t u m s ermittelt werden kann, wofern man das G e w i c h t eines T r ö p f c h e n s kennt. Dieses läßt sich aber wiederum auf Grund der Beziehung bestimmen, die die konstante Fallgeschwindigkeit mit dem Halbmesser des Teilchens verknüpft. Wie schon S T O K E S im Jahre 1845 gefunden hatte, ist die Fallgeschwindigkeit einer Kugel vom Halbmesser a und der Dichte o in einem Mitlei von der Dichte q' und dem inneren Reibungskoeffizienten 7] durch die Formel gegeben (6)

« = -l

ga2

' e ' »'> •

M I L L I K A N und seine Mitarbeiter richteten nun die Versuche, die der Bestimmung des Tropfengewichtes dienten, so ein, daß dabei nach Möglichkeit auf das exakteste die Voraussetzungen erfüllt waren., an die die Gültigkeit des S T O K E S s c h e n Gesetzes geknüpft ist.4 Soweit diese Voraussetzungen aber nicht vollkommen erfüllt werden konnten, untersuchten M I L L I K A N und seine Mitarbeiter wieder genau die durch die Unvollkommenheiten bewirkten Abweichungen. Mittels des von ihnen derart modifizierten Fallgesetzes5 vermochten sie den Halbmesser der Tröpfchen mit größter Genauigkeit zu ermitteln, und damit war bei der bekannten Dichte auch deren genaues Gewicht gegeben. Jahrelange Messungen an vielen Tausenden von Tropfen ermöglichten es derart M I L L I K A N , den Wert des heute allgemein mit e bezeichneten e l e k t r i s c h e n E l e m e n t a r q u a n t u m s mit einer G e n a u i g k e i t von ein P r o m i l l e zu bestimmen; als Mittel der Messungsergebnisse fand M I L L I K A N (7) e = 4,774-10" 10 elektrostat. Einh. ( ± 0,005 • 10- 10 ). 4

Von besonderer Wichtigkeit war es, daß die Öltröpfchen vollkommene Kugelgestalt hatten, was durch besondere Kunstgriffe erreicht wurde. 5 Näheres hierüber in dem erwähnten Buche von MILLIKAN.

7 E i n näheres E i n g e h e n auf die MiLLiKANschen M e s s u n g s m e t h o d e n ers c h e i n t hier deshalb überflüssig, weil in späteren A b s c h n i t t e n n o c h verschiedene andere M e t h o d e n b e h a n d e l t werden, die ganz u n a b h ä n g i g v o n M I L L I K A N S F o r s c h u n g e n auf indirekten W e g e n z u ganz d e m s e l b e n W e r t e v o n e führen. 6 I n historischer H i n s i c h t sei n o c h bemerkt, d a ß die ersten direkten B e s t i m m u n g e n des elektrischen E l e m e n t a r q u a n t u m s i n den Jahren 1897 u n d 1898 v o n T O W N S E N D u n d J. J. T H O M S O N durchgeführt wurden. Diese U n t e r s u c h u n g e n , die für e e i n e n Wert v o n e t w a 3 • 10~ 1 0 elektrostat. E i n h . ergaben, bezogen sich aber n i c h t auf einzelne Materieteilchen, sondern auf l a n g s a m fallende N e b e l w o l k e n , i n d e n e n die K o n d e n sationskerne der Wassertropfen v o n L u f t i o n e n gebildet werden. A u s der F a l l g e s c h w i n d i g k e i t der N e b e l w o l k e k o n n t e auf Grund des S T O K E S s c h e n Fallgesetzes der R a d i u s der Wassertropfen u n d s o m i t bei festg e s t e l l t e m Gewicht der W o l k e die Zahl der T r o p f e n e r m i t t e l t werden. D a andererseits auch die g e s a m t e elektrische L a d u n g der W o l k e gem e s s e n w e r d e n k o n n t e , k o n n t e so die L a d u n g eines einzelnen Ions berechnet werden. 7 I n d e m diese L a d u n g willkürlich e i n e m E l e m e n t a r q u a n t u m gleichgesetzt wurde, ergab sich für dieses ein in der Größeno r d n u n g richtiger Wert.

6 Daraus folgt auch, daß Einwände, die gegen die MiLLiXAtrache Methode erhoben wurden, keinesfalls die Existenz eines elektrischen Elementarquantums in Frage zu stellen vermögen, die durch zahlreiche andere Methoden sicher erwiesen erscheint. — Einwände wurden gegen MILLÍKANS Arbeiten von EHRENHAFT und seinen Schülern erhoben, die mit kugelförmigen Teilchen aus verschiedenem Material (Quecksilber, Silber, Gold, ö l u. a.) in verschiedenen chemisch inerten Gasen (Stickstoff, Argon) experimentierten; die Teilchen hatten Radien von etwa 5-10~ 6 cm bis hinab zu etwa 5 - 1 0 - G c m (der Grenze der Beobachtbarkeit). Aus diesen Versuchen, die zum Teil schon vor MILLIKANS erster Veröffentlichung publiziert worden waren, schloß EHRENHAFT, daß mit abnehmendem Radius (also mit abnehmender elektrostatischer Kapazität) auch die Ladung der Teilchen derart abnehme, daß das Elementarquantum dabei wesentlich unterschritten werde. — Überdies fand EHRENHAFT später, daß die Teilchen, wenn sie einen Gehalt an r a d i o a k t i v e r Substanz hatten, die Geschwindigkeit ihrer Vertikalbewegungen trotz der Konstanz des elektrischen Feldes k o n t i n u i e r l i c h änderten. Darin erblickt EHBENHAFT einen weiteren Beweis gegen die Annahme einer ausnahmslos sprunghaften Änderung einer Ladung von der Größenordnung des Elemcntarquantums. — Von anderer Seite wurden die von EHRENHAFT entdeckten Unterschreitungen des elektrischen Elementarquantums auf vermutliche D i c h t e ä n d e r u n g e n zurückgeführt, die ihre Ursache in einer schwammigen oder flockigen Struktur besonders kleiner Teilchen (von geringerer Größe als die MTT.T.TKANschen Öltröpfchen) oder in einer Gasadsorption haben könnten. Vgl. die zusammenfassenden Arbeiten von EHRENHAFT in den Annalen der Physik 56, 1918, S. 1; 63, 1920, S. 773 und Zeitschrift f. Physik 45, 1927, S. 557; ferner TH. SEXL, Zeitschrift f. Physik, 16, 1923, S. 34. Bezüglich des gegnerischen Standpunktes vgl. die in der Zeitschrift „Die Naturwissenschaften" erschienenen zusammenfassenden Berichte von R. BÄR (10, 1922, S. 322 u. 344) und E. REQENER (11, 1 9 2 3 , S . 17). 7

Näheres hierüber z. B. im III. Kapitel des MimKANschen Buches.

8

Elektronen, Atome und IAehtquanten. § 2. Sie Elektrolyse und die Hasse des Wasserstoffatoms.

Schon lange, bevor den Physikern die absoluten Werte der Atommassen bekannt waren, waren die Chemiker in der Lage, die r e l a t i v e n G e w i c h t e d e r A t o m e , d. h. die V e r h ä l t n i s s e zwischen ihren Massen zu ermitteln, und zwar auf Grund des von D a l t o n im J ä h r e 1805 entdeckten Gesetzes der sogenannten m u l t i p l e n P r o p o r t i o n e n . Wie D a l t o n fand und in diesem bekannten Gesetze lehrte, läßt sich jedem Grundstoff eine bestimmte, für ihn charakteristische Z a h l derart zuordnen, daß die in einer chemischen Verbindung enthaltenen Mengen der Grundstoffe sich untereinander so verhalten wie g a n z z a h l i g e V i e l f a c h e der für die betreffenden Elemente charakteristischen Zahlen. Indem man die für S a u e r s t o f f charakteristische Zahl in konventioneller Weise g e n a u gleich 16 setzt, ergeben sich derart die sogenannten A t o m g e w i c h t e d e r G r u n d s t o f f e . Das kleinste hat Wasserstoff mit 1,008 (genauer 1,0077), das größte U r a n mit 288,2. Auf die bekannten Methoden, mittels deren die Chemie die Atomgewichte ermittelt, braucht hier wohl nicht näher eingegangen zu werden. . Die Zahl nun, durch die man die Atomgewichtszahlen dividieren muß, um die absoluten Massen der Atome in Grammen zu erhalten, wird heute allgemein als die LoscHMiDTsdie Z a h l bezeichnet. Sie heißt so zu Ehren des Physikers, der zuerst (im J a h r e 1865) mittels einer (hier nicht näher zu erörternden) gastheoretischen Methode die absolute Größe der Atome ungefähr ermittelte. Bezeichnen wir die in Grammen gemessene Masse des Wasserstoffatoms mit m H und die LoscHMiDTsche Zahl mit L, so ist also /1\ (1)

m H = 1,0077 Gramm. L

I n analoger Weise erhalten wir die Masse jedes beliebigen Atoms, indem wir das Atomgewicht des betreffenden Grundstoffs durch die LoscHMiDTsche Zahl dividieren. Die Masse eines Stoffes von soviel Gramm, wie das Atom- oder Molekulargewicht des Stoffes beträgt, wird entweder als ein G r a m m a t o m oder als ein M o l (eine Gramm-Molekel) des betreffenden Stoffes bezeichnet. Es ist also z. B. ein Grammatom Sauerstoff 16 g, ein Mol Wasser rund 18 g und so fort. Die LoscHMiDTsche Zahl gibt demnach für jeden beliebigen Stoff die Zahl der Atome im Grammatom oder der Molekeln im Mol an. Ist n u n erst einmal das elektrische Elementarquantum bekannt, so können wir daraus auch die LoscHMiDTsche Zahl sehr genau auf Grund elektrochemischer M e s s u n g s e r g e b n i s s e berechnen. Schon im Jahre 1833 h a t t e nämlich F a r a d a y aus seinen Beobachtungen über die E l e k t r o l y s e das G r u n d g e s e t z d e r E l e k t r o c h e m i e abgeleitet. Danach ist die in einer bestimmten Zeit elektrolytisch a u s g e s c h i e d e n e M e n g e eines bestimmten Stoffes vollkommen

§ 2. Die Elektrolyse

und die Masse des Wasser stojjatoms.

9

durch die S t r o m s t ä r k e bestimmt und ihr direkt p r o p o r t i o n a l . Andererseits sind die Mengen, die von einem Strome von bestimmter Stärke aus verschiedenen Elektrolyten abgeschieden werden, „ c h e m i s c h ä q u i v a l e n t " , d. h. sie verhalten sich wie die Quotienten aus Atomgewicht und chemischer Wertigkeit. Ein Strom, der in der Zeiteinheit 1,008 g des einwertigen Wasserstoffs absondert, scheidet daher in der Zeiteinheit 8 g des zweiwertigen Sauerstoffs vom Atomgewicht 16 ab, und so fort. Das elektrochemische Grundgesetz findet nun eine sehr einfache Erklärung, wenn man annimmt, daß in einem Elektrolyten die Molekeln ganz oder zum Teile in entgegengesetzt elektrisch geladene Bestandteile, in sogenannte I o n e n , gespalten oder d i s s o z i i e r t sind und daß der Leitungsstrom im Elektrolyten auf einem T r a n s p o r t solcher Ionen beruht. Die positiven Ionen würden dann in der Richtung des Stromes zu dessen Austrittsstelle, zur sogenannten K a t h o d e , die negativen in der entgegengesetzten Richtung zur Eintrittsstelle, der sogenannten A n o d e , wandern. Das FARADAYSche Gesetz ergibt sich derart mittels der Hypothese, daß die Ladung bei allen einwertigen Ionen ein elektrisches Elementarquantum betrage, bei den zweiwertigen Ionen zwei, bei den dreiwertigen Ionen drei Elementarquanten, und so fort. Bezeichnen wir nämlich die Zahl der Atome, die in der Zeiteinheit etwa an der Kathode abgeschieden werden, mit N und die Wertigkeit mit z, so ist die Stromstärke als die in der Zeiteinheit die Kathode passierende Elektrizitätsmenge (2)

J = Nze.

Andererseits ist, wenn wir das Atomgewicht mit A bezeichnen, die Masse des einzelnen Atoms gegeben durch den Quotienten aus Atomgewicht und LoscuMiDTscher Zahl, also durch die Größe A/L. Die in der Zeiteinheit abgeschiedene Menge des betreffenden Stoffes ist demnach durch die Beziehung bestimmt (3) Hierfür können wir nach Gl. 2 auch schreiben

Diese Gleichung drückt aber in der Tat das elektrochemische Grundgesetz aus. Da L und e universelle Konstanten sind, folgt nämlich aus dieser Gleichung einerseits, daß bei gegebenem Stoffe, also bei gegebenen Werten von A und z, die in der Zeiteinheit abgeschiedene Masse M der Stromstärke J proportional ist; andererseits folgt aus der Gl. 4, daß bei gegebenem Strom die Größe M dem Quotienten aus Atomgewicht und Wertigkeit proportional ist.

10

Elektronen, Atome und Lichtqitanten.

Da nach dem früher Gesagten die Größe M/A die Zahl der Grammatome bedeutet, so erkennen wir auch aus der Gl. 4, daß das P r o d u k t aus der LoscHMiDTschen Zahl und dem e l e k t r i s c h e n Eleni e n t a r q u a n t u m nichts anderes darstellt als die in elektrostatischem Maß gemessene S t r o m s t ä r k e , bei der in der Zeiteinheit e i n G r a m m a t o m e i n e s e i n w e r t i g e n G r u n d s t o f f e s a u s g e s c h i e d e n wird. Sehr genaue Messungen, die man vor allem an Silber angestellt hat, haben nun ergeben, daß ein Grammatom eines einwertigen Stoffes in der Zeiteinheit bei einer Stromstärke von 96494 Ampère ausgeschieden würde. Um diese Stromstärke in elektrostatischem Maß auszudrücken, müssen wir noch mit dem zehnten Teil der Lichtgeschwindigkeit multiplizieren. Da die Lichtgeschwindigkeit gleich ist 2,998-10 10 cm sec -1 , so finden wir derart (5)

Le = 2,893-IO 14 elektrostat. Einh.

Hieraus folgt bei Benutzung des schon früher angegebenen Wertes des elektrischen Elementarquantums für die LoscHMiDTsche Zahl (6)

L = 6,060-10 23 ,

wobei der mögliche Fehler kaum mehr als ein Promille betragen dürfte. Nach Gl. 1 ergibt sich somit die M a s s e d e s W a s s e r s t o f f a t o m s zu (7)

m B = 1,662-IO -84 g .

Für das Verhältnis zwischen Ladung und Masse, also für die sogenannte s p e z i f i s c h e L a d u n g des i o n i s i e r t e n W a s s e r s t o f f a t o m s finden wir nach Gl. 1 yIM

' oder nach Gl. 5 v (9) '

e

mB

- — e 1,0077

14 — mji = 2,871 -10 abs. Einh.

§ 3. Sie negative Strahlung und das Elektron. Im Jahre 1869 hat H I T T O R F merkwürdige Strahlen entdeckt, die in stark evakuierten GEissLERsdien Röhren von der Kathode ausgehen und die deshalb allgemein als K a t h o d e n s t r a h l e n bezeichnet werden; ihre Eigenschaften sind namentlich von C B O O K E S (1879) näher untersucht worden, der die überraschende Feststellung machte, daß die im allgemeinen sich g e r a d l i n i g ausbreitenden Strahlen durch einen M a g n e t e n sehr leicht a b g e l e n k t werden. Überdies wies G O L D S T E I N (1876) nach, daß die Kathodenstrahlen auch in einem e l e k t r i s c h e n F e l d e eine Abl e n k u n g erfahren. 1 1 Wesentlich gefördert wurde das Studium der Kathodenstrahlen durch einen Kunstgriff LENARDS, der durch eine dünne, in die Röhrenwand eingefügte Metallfolie die Kathodenstrahlen aus der Röhre austreten ließ.

§ 3. Die negative Strahlung und das Elektron.

11

Alle diese Eigenschaften der Kathodenstrahlen lassen sich nun, wie zuerst J . J . T H O M S O N und K A U F M A N N ( 1 8 9 7 ) erkannten, leicht erklären, wenn man annimmt, daß die Kathodenstrahlen aus rasch bewegten, e l e k t r i s c h g e l a d e n e n T e i l c h e n bestehen, die zugleich eine t r ä g e M a s s e besitzen. Aus ihrer Trägheit folgt ihre geradlinige Ausbreitung, aus ihrer elektrischen Ladung ergeben sich mit Notwendigkeit die beobachteten Ablenkungen sowohl im magnetischen als auch im elektrischen Felde; der Sinn der Ablenkung zeigt in beiden Fällen, daß die L a d u n g n e g a t i v sein muß. Die Kathodenstrahlen stellen also nicht wie die Licht- oder Wärmestrahlen elektromagnetische Wellenstrahlen dar, sondern eine m a t e r i e l l e S t r a h l u n g , die aus einem Strom träger Massenteilchen besteht. Nun folgt aus der Elektrizitätstheorie ohne Zuhilfenahme irgendwelcher atomistischer Vorstellungen, daß eine bewegte, elektrisch geladene Masse in einem t r a n s v e r s a l e n , h o m o g e n e n M a g n e t f e l d mit konstanter Geschwindigkeit eine k r e i s f ö r m i g e B a h n beschreiben muß, und zwar in einer zu den magnetischen Kraftlinien senkrechten Ebene; für den Radius der Kreisbahn gilt dabei die einfache Beziehung cv

/i\

wenn H der Betrag der magnetischen Feldstärke ist, y die spezifische Ladung der bewegten Masse und v ihre Geschwindigkeit. Ebenso folgt aus der Elektrizitätstheorie (ohne Zuhilfenahme irgendwelcher atomistischer Anschauungen), daß in einem transversalen, h o m o g e n e n e l e k t r i s c h e n F e l d e ein bewegter geladener Körper eine P a r a b e l beschreibt, deren Krümmung außer von der elektrischen Feldstärke nur von der spezifischen Ladung und der Geschwindigkeit abhängt. Wählen wir nämlich die ursprüngliche Bahnrichtung als x-Achse und die Richtung der elektrischen Kraft als z-Achse und wählen wir den Koordinatenursprung so, daß sich zur Zeit t = 0 der bewegte Körper in dem Ursprung befindet, so gilt die Beziehung x(2)

4x2

=

2 v2 wenn E der Betrag der elektrischen Feldstärke ist. 2 Die Kathodenstrahlteilchen bewegen sich nun in der Tat, wie die Beobachtung zeigt, im transversalen Magnetfeld in einer kreisförmigen, im transversalen elektrischen Feld in einer parabolischen Bahn. In den beiden Gleichungen können wir also, indem wir sie auf die Kathodenstrahlteilchen anwenden, y und v als Unbekannte ansehen und aus den durch Messungen bekannten Werten der magnetischen und der elektrischen Feldstärke derart die Geschwindigkeit und die spezifische Ladung der Kathodenstrahlteilchen ermitteln. 2 Die exakte Ableitung der Gl. 1 und 2 findet der Leser z. B. in des Verfassers „Einführung in die theoretische Physik", 3. u. 4. Aufl., Bd. I, § 71.

12 Für die G e s c h w i n d i g k e i t ergeben sich außerordentlich große Werte, nahezu von der G r ö ß e n o r d n u n g d e r L i c h t g e s c h w i n d i g k e i t . Im übrigen hängt die Geschwindigkeit natürlich von der Spannung der Kathodenröhre ab (nämlich von dem Potentialunterschied, den die Teilchen durchlaufen). Ist die Röhrenspannung V und die Ladung eines Kathodenstrahlteilchens Q, so muß ja das Produkt Q V der kinetischen Energie gleich sein, die das Kathodenstrahlteilchen bei dem Verlassen Daraus folgt der Eöhre besitzt, also gleich sein \mv2. (3)

v = Y2yV

.

Es ist somit die Geschwindigkeit proportional der Quadratwurzel aus der Röhrenspannung. Für die s p e z i f i s c h e L a d u n g ergibt sich aus den Messungen gemäß Gl. 1 und 2 der Wert y = 5,3 • 10 17 elektrostat. Einh./Gramm.

(4)

Vergleichen wir diesen Wert mit demjenigen, der für die spezifische Ladung des ionisierten Wasserstoffatoms gilt, so sehen wir, daß er ungefähr 1800mal größer ist. Machen wir die sehr naheliegende Annahme, daß die L a d u n g e i n e s K a t h o d e n s t r a h l t e i l c h e n s e i n e l e k t r i s c h e s E l e m e n t a r q u a n t u m betrage, so müssen wir somit den Kathodenstrahlteilchen eine M a s s e zuschreiben, die 1800 m a l k l e i n e r ist als die des Wasserstoffatoms. Eine solche Annahme erschien, als sie zuerst geäußert wurde, den Physikern zunächst sehr überraschend, da bis gegen das Ende des 19. Jahrhunderts die Masse des Wasserstoffatoms als die kleinste überhaupt mögliche Masse gegolten hatte. Indessen führte zu derselben Annahme auch der im Jahre 1896 entdeckte (später näher zu besprechende) ZEEMAN-Effekt (die Zerlegung von Spektrallinien in einem Magnetfeld), und durch die späteren Fortschritte der theoretischen Physik schienen auch alle Folgerungen durchaus bestätigt, die sich aus der Annahme kleinster Teilchen ergeben, deren Masse noch etwa 1800 mal kleiner ist als die des Wasserstoffatoms. Solche Teilchen mit der negativen Ladung eines elektrischen Elementarquantums werden heute allgemein als E l e k t r o n e n bezeichnet. 3 Für ihre M a s s e folgt aus der Gl. 4 und dem bekannten Werte des elektrischen Elementarquantums m =9,0-10-28g.

(5)

Außer den künstlich hervorgerufenen negativen Strahlen kennt die Physik auch spontan auftretende, die ebenfalls aus Elektronen zusammengesetzt sind, jedoch eine im allgemeinen viel größere Geschwindigkeit besitzen; diese Strahlen sind in der Strahlung enthalten, die von den sogenannten r a d i o a k t i v e n S u b s t a n z e n ausgeht. Im Jahre 1896 machte B E C Q U E R E L die überraschende Entdeckung, daß U r a n e r z e 3

D e r N a m e E l e k t r o n s t a m m t v o n STONEY (1881).

§ 3. Die negative Strahlung

und das

Elektron.

13

ohne jede äußere Einwirkung ständig Strahlen aussenden, die imstande sind, eine photographische Platte durch eine undurchsichtige Hülle hindurch zu schwärzen sowie die Luft zu ionisieren und dadurch leitend zu machen, so daß ein in der Nähe aufgestelltes Elektroskop seine Ladung verliert. Zwei Jahre später, im Jahre 1898, fanden P i e r r e und Marya C u r i e , daß die sogenannten Becquerel-Strahlen, wie man sie ursprünglich nannte, in der Tat vor allem von Salzen eines in der Pechblende enthaltenen, damals noch unbekannten Metalls ausgehen, das sie nach mühevollen Untersuchungen aus der Pechblende isolierten und als R a d i u m bezeichneten.4 Die nähere Untersuchung der von dem Radium und anderen Substanzen ausgehenden „radioaktiven Strahlung" zeigte nun, daß sie in der Tat aus d r e i ganz verschiedenen Strahlenarten besteht, die man als A l p h a - , B e t a - und G a m m a s t r a h l e n unterscheidet; die Trennung der drei Strahlenarten wird durch ihr v e r s c h i e d e n e s V e r h a l t e n im M a g n e t f e l d möglich. Während nämlich die y-Strahlen überhaupt nicht abgelenkt werden und somit als elektromagnetische Wellenstrahlen anzusehen sind, erweisen sich die bezeichnen, 9 y = 0 9v

(7)

sein. N u n gilt aber in b e k a n n t e r Weise 4 f ü r die P h a s e die Beziehung (8)

n> = 2 » v ( t -

+ e,

w e n n t die Zeit b e d e u t e t , e die s o g e n a n n t e P h a s e n k o n s t a n t e u n d s die v o n irgendeiner Nullstelle a n gerechnete L ä n g e des Strahls. E s ist daher dv dv — 2nt - •-

(9)

d » —

-

2ns«

u)

de + dv '

u n d somit ergibt sich aus Gl. 7 die Beziehung

s =

(10)

' ( T

\ l ^ 271

dv

dv)

D a die Größe s v o n der Zeit a b h ä n g t , m u ß also das E n e r g i e z e n t r u m selbst f o r t w a n d e r n , u n d zwar mit einer Geschwindigkeit

9 =

dv

Diese Größe g stellt die Geschwindigkeit dar, mit der sich die Energiez e n t r e n fortbewegen, m i t der sich also die Energie der Wellen a u s b r e i t e t . Sie wird n a c h L o r d E A Y I E I G H als die G r u p p e n g e s c h w i n d i g k e i t bezeichnet, die daher wohl von der Wellengeschwindigkeit zu u n t e r s c h e i d e n ist, woferne n i c h t i m besonderen letztere v o n der F r e q u e n z u n a b h ä n g i g ist. 5 4 Vgl. z. B. des Verfassers ,,Einführung in die theoretische Physik", 3. und 4. Auflage (Berlin, de Gruyter, 1923), Bd. I, Gl. 10 des § 4 2 ; die Gl. 8 kann, wenn man die zu der Frequenz reziproke Periode t und die Wellenlänge ). einführt (v = l r) auch in der anderen bekannten Form gesehrieben werden

v 6

=

2 „ ( ± -

Wenn in Gl. 11 die Differentiation ausgeführt wird, ergibt sich die Gleichung

1 g

1 u

v u2

du dv

Hieraus folgt in der Tat, daß bei dem Fehlen von Dispersion (nämlich dann/ wenn u von v unabhängig ist) die Gruppengeschwindigkeit mit der Wellengeschwindigkeit übereinstimmt.

§ 11. Die Theorie von de Broglie.

41

Nach Gl. 6 wird nun für die Materiewellen V vv (12) u cu n d somit /1Q\

J W

1

v^

ll

_ JL 4. Z .

" dv '

c

2

^

JL.

dv

c-

Andererseits setzten Avir aber m c(14) v = h Berücksichtigen wir die Abhängigkeit der Masse von der Ruhemasse m0 und von v gemäß Gl. 6 des § S, so finden wir somit (15) Hieraus folgt (16)

dv dv

, /,

mnv v2

vv C" — v2

Betzen wir dies in Gl. 18 ein, so finden wir (17)

4 - ) \uj elv

v

c2

T



c1-v

c-v



1 :

Ein Vergleich mit Gl. 11 liefert das wichtige Ergebnis (18)

g =

v.

Die m e c h a n i s c h e n G e s c h w i n d i g k e i t e n d e r M a t e r i e t e i l c h e n erweisen sich also als g l e i c h b e d e u t e n d m i t d e n G r u p p e n g e s c h w i n d i g keiten der Materiewellen. Umgekehrt kann man, wie der Verfasser dieses Buches gezeigt hat 6 , von der Hypothese ausgehen, daß die mechanischen Geschwindigkeiten Gruppengeschwindigkeiten von Wellen irgendwelcher Art darstellen, deren Energie aus Energieelementen h v zusammengesetzt ist, und sodann aus der k l a s s i s c h e n M e c h a n i k die f u n d a m e n t a l e n G e s e t z e d e r R e l a t i v i t ä t s t h e o r i e 7 ableiten. Hierüber und wegen mancher ? Physikal. Zeitsehr. 28, 1927, S. 632—634. Einzelheiten der ÜROGLiEschen Theorie vgl. auch des Verfassers Buch „Materiewellen und Quantenmechanik", Leipzig (Akademische Verlagsgesellschaft) 1928. ' Es sind dies die Formeln für die Abhängigkeit der Masse von der Geschwindigkeit, die Formeln für die longitudinale und die transversale Masse, der Satz von der trägen Masse der Energie und die sogenannte LoRENTZ-Transformation der Zeit.

42

Die Grundlagen

der

Atommechanik.

§ 12. Die Theorie von

SCHRÖDINGEE.

Die Vorstellung der Materiewellen legt den Gedanken nahe, als Grundlage der Atommechanik eine Differentialgleichung von jener Art zu wählen, die ganz allgemein die Ausbreitung von irgendwelchen Wellen beschreibt. Dieser Vorgang findet, wie aus der elementaren mathematischen Physik bekamit ist 1 , seine einfachste Darstellung durch eine W e l l e n g l e i c h u n g von der Form (1)

=

wobei S die schwingende Größe bedeutet und 1 die Wellenlänge (A S, die sogenannte LAPLACESche Ableitung von S, ist die Summe der zweiten partiellen Differentialquotienten nach den drei Koordinaten). Wenn wir diese Gleichung auf die M a t e r i e w e l l e n eines e i n z e l n e n T e i l c h e n s anwenden und dabei die Bedeutung des „Feldskalars" S zunächst noch unbestimmt lassen, wird nach Gl. 12 des § 6

2).

§ 12. Die Theorie von Schrödinger.

43

Aus der T h e o r i e d e r D i f f e r e n t i a l g l e i c h u n g e n war es nun schon lange bekannt, daß die Möglichkeit, für eine Differentialgleichung eine eindeutige, endliche und stetige Lösung zu finden, nur bei bestimmten Werten der in der Gleichung vorkommenden P a r a m e t e r besteht; diese Werte werden als die E i g e n w e r t e der Differentialgleichung bezeichnet. In der S C H R Ö D I N G E R sehen Gleichung stellt die Gesamtenergie E einen solchen konstanten Parameter dar, während die potentielle Energie von den Koordinaten abhängt. Durch die Eigenwerte, die die S C H R Ö D I N G E R sehe Gleichung in irgendeinem speziellen Falle besitzt, erscheinen somit ganz bestimmte, d i s k r e t e W e r t e d e r E n e r g i e festgelegt. So wurde durch SCHRÖDINGER das physikalische Problem der Q u a n t i s i e r u n g d e r E n e r g i e auf e i n r e i n m a t h e m a t i s c h e s P r o b l e m z u r ü c k g e f ü h r t , nämlich auf das für alle wichtigeren Fälle längst gelöste Eigenwertproblem aus der Theorie der Differentialgleichungen. Betrachten wir beispielsweise die Differentialgleichung (5)

S

+ ( *)

B

& »») •

Man erkennt leicht, daß auf Grund dieser Definition im allgemeinen das Produkt BA von dem Produkte AB verschieden sein muß, daß also im allgemeinen die M a t r i z e n m u l t i p l i k a t i o n n i c h t k o m m u t a t i v sein kann. HEISENBEHG faßte nun Koordinaten und Impulse als derartige Eechengrößen auf und gründete seine neue Quantenmechanik auf die Annahme, daß für die Multiplikation einer Impulskomponente eines Elek1 Schon im Beginne des 19. Jahrhunderts" hatte F O U R I E R durch sein bekanntes Theorem gezeigt, daß sich eine ganz willkürliche periodische Veränderlichkeit stets durch eine Gesamtheit von Partialschwingungen ersetzen läßt, die ihrerseits rein sinusförmig sind. An dieses FouRiERsche Theorem knüpfte H E I S E N B E R G an, wobei er aber natürlich an die Stelle der einfachen FouRiERsehen eine zweifache Mannigfaltigkeit treten lassen mußte.

m

§ 13. Die Quantenmechanik von Heisenberg.

trons mit der zugehörigen Koordinate die sogenannte V e r t a u s c h u n g s r e l a t i o n gelte: (2)

V I - ' I V - -¿i

e•

Dabei bedeuten h das elementare Wirkungsquantum und i die imaginäre Einheit, e aber eine sogenannte E i n h e i t s m a t r i x von der Form

1 0 0

0

0

0 1 0

0

0

0 0

0

1 0

1 usw.

Xacli der (iL *2 wäre der Fehler, den man dadurch begeht, daß man in der sonst üblichen Weise Impuls und Koordinate als bei der Multiplikation vertauschbare Größen ansieht, von der absoluten Größenordnung 10~27, also vollkommen bedeutungslos für die Makromechanik. B O R N und J O R D A N , denen die Ausgestaltung der H E I S E N B E R G schen Ideen zu einer systematischen M a t r i z e n m e c h a n i k zu verdanken ist 2 , vermochten nun zu zeigen, daß in der Tat die Anwendung der Yertauschungsrelation auf die aus den spektralen Größen gebildeten Matrizen sowohl den S a t z v o n der E r h a l t u n g der E n e r g i e als auch das L i c h t q u a n t e n p r i n z i p als notwendige Folgen ergibt. 3 In der Anwendung auf den Oszillator und Rotator stimmen die Ergebnisse der Matrizenmechanik mit denen der Eigenwertmechanik überein, ebenso hinsichtlich der vielfachen anderweitigen Anwendungen, von denen noch in späteren Abschnitten die Eede sein wird. Daß nun trotz der völligen Verschiedenheit der Auffassungen die H E I S E N B E R G - B O R N - J O R D A N sehe Quantenmechanik mit der S C H R Ö D I N G E R schen Eigenwertmechanik m a t h e m a t i s c h ä q u i v a l e n t ist, hat zuerst 4 ¡SCHRÖDINGER selbst nachzuweisen vermocht. Um den Grundgedanken seiner Beweisführung zu verstehen, gehen wir von dem Begriff des m a t h e m a t i s c h e n O p e r a t o r s aus. In bekannter Weise können wir die Differentiation einer Funktion y nach einem Argument x symbolisch als Multiplikation von y mit einem Operator d/dx auffassen. In analoger Weise kann der zweite partielle Differentialquotient von y nach x als Multiplikation von y mit einem Operator 32/p2ds

—n2h

.

Die Integrale sind dabei über einen Umlauf zu erstrecken, während nx und n2 zwei verschiedene g a n z e Q u a n t e n z a h l e n bedeuten. Benutzen wir zu der Beschreibung einer ebenen periodischen Bewegung in naheliegender Weise e b e n e P o l a r k o o r d i n a t e n (r und cp), so ist bekanntlich4 die lebendige Kraft .(2)

L ~

(*» +

r*

(r und (f bedeuten die zeitlichen Differentialquotienten von r und



h







h

dargestellt, so verhalten sich die (s — 1) Intervalle dieses s-fachen Termes untereinander wie (1)

h

h

• h

• • • •

j,-

Betrachten wir beispielsweise in Tab. Y das Septett 1 — 8 , r = 8, so ergeben sich für die sechs Intervalle die Verhältnisse 1 : 2 : 3 : 4 : 5 : 6; hingegen sind die Verhältnisse für die Intervalle des Septetts 1 = -5, r = -l- die folgenden: 8 : 5 : 7 : 9 : 11 : 18. Für die sogenannte LANDBSche I n t e r v a l l r e g e l , die A v proportional j' setzt, erhält man, wie L A N D E zeigte 1 , eine theoretische Begründung, wenn man in naheliegender Weise annimmt, daß der Wechselwirkung zwischen l und r eine potentielle Energie entspricht, die dem K o s i n u s zwischen den Vektoren I und r proportional ist. l)a die Vektoren j, i und r ein Dreieck bilden, wobei j die Resultierende aus I und r ist, ist j ,2 =

(2)

i ;2 +

r | 2 - 2 I; r | cos (I, r)

oder auf Grund der 61. 25 des § 12 (3)

cos (i. t) = ' H , wobei die universelle Konstante C0

^

~

inßc

ist. Durch die Präzessionsbewegung erfährt, wie sich auf Grund der klassischen Physik zeigen läßt 4 , die E n e r g i e des Systems eine E r h ö h u n g um den Betrag (9)

E'

=

U' w ,

wenn U' die Komponente des Drehimpulses des Systems in bezug auf die Feldrichtung ist. WTenden wir dieses Ergebnis auf das Atom an, so wird nach Gl. 2 (weil U' und Uz dasselbe bedeuten) E'=mhwH.

(10)

Nach dieser Formel wäre zu erwarten, daß ein Term, dem die Frequenz r entspricht, in einem Magnetfeld gemäß der Formel v' =v

+ m a> H

aufgespalten wird. Tatsächlich erfolgt aber, wofern das Feld verhältnismäßig schwach ist, die Aufspaltung nach der Formel (11)

v' =v 3

+ g m (o H ,

Ebenda, Gl. 2 des § 14. Wegen des verhältnismäßig einfachen Beweises vgl. z. B. den Abschnitt über den normalen ZEEMAN-Effekt bei SOMMERFELD, Atombau und Spektrallinien. Die durch das Magnetfeld hervorgerufene Präzession wird nach dem Forscher, der diesen Vorgang zuerst untersuchte, häufig als LARMOR-Präzession bezeichnet. 4

§ 17. Die Aufspaltung

der Spektralterme

im Magnetfeld.

63

wobei, wie LANDE 1923 ermittelte, der sogenannte A u f s p a l t u n g s f a k t o r g folgenden Wert hat:

(U>

9 ~

1

+

+

Die LANDE sehe Aufspaltungsformel läßt sich sehr leicht aus dem Prinzip der vektoriellen Zusammensetzung der Quantenzahlen gewinnen, wenn man dieses Prinzip durch eine Hypothese ergänzt, deren exakte Begründung heute allerdings noch nicht möglich erscheint. Man muß nämlich annehmen, daß für die magnetische Zusatzenergie der Drehimpuls der E i g e n r o t a t i o n e n der Elektronen d o p p e l t in Rechnung zu ziehen ist. Es wäre also U' nicht gleich ni h/In, sondern (18)

U' = ~

+ U" ;

dabei würde U" den Drehimpuls der Eigenrotationen bedeuten, und zwar zunächst auf die Richtung des Vektors j und dann nochmals auf die Feldrichtung projiziert. 5 Gehen wir also zu den Quantenzahlen über und ersetzen wir im Sinne der neueren Quantenmechanik j, r, l durch j*, r*, l*, wobei (14)

j* = V J O > 1)

ist usw. (vgl. Gl. 3 des § 16), so tritt an die Stelle von m eine Zahl m' gemäß der Beziehung m' = m + r* cos (r, j) cos (j, §) .

(15) Nun ist einerseits (16)

cos (j, §) =

.

Andererseits ist, weil der Vektor j die geometrische Summe der Vektoren r und i ist, (17) l*2 = r*2 + j*2 — 2r* j* cos (r, j) . Es wird daher + l) (18) m' = m 1 + ß i ± l ) + rir+l)-Hl 2j(} + 1) Setzen wir also (19)

m'

—gm,

so ergibt sich in der Tat die Gleichung 12. Die LANDEKche Aufspaltungsformel erweist sich nur für s c h w a c h e M a g n e t f e l d e r als gültig, genauer gesagt für solche Felder, bei denen die durch sie hervorgebrachten Frequenzänderungen klein sind gegen die Frequenzintervalle der Multipletts bei dem Fehlen eines Feldes. Durch stärkere Magnetfelder werden die Vektoren t und I a u s e i n a n d e r 5

Der durch die Quantenzahl r repräsentierte Drehimpuls der Eigenrotation ist insofern doppelt wirksam, als ja die den gesamten Drehimpuls (mit der Komponente U') darstellende Quantenzahl j bereits die R e s u l t i e r e n d e aus l und r ist.

64

Die Grundlagen

der

Atommechanik.

g e z e r r t , so daß sie schließlich v o n e i n a n d e r u n a b h ä n g i g werden. Jeder der beiden Vektoren erfährt dann für sich eine Richtungsquantelung, indem er eine g e q u a n t e l t e K o m p o n e n t e in der F e l d r i c h t u n g aufweist. Die beiden Komponenten mögen mit m r und ml bezeichnet werden. Wenn wir wiederum annehmen, daß für die Berechnung der magnetischen Zusatzenergie die Eigenrotation der Elektronen d o p p e l t in Eechnung zu stellen ist, ergibt sich für die Zusatzenergie der Wert (20)

E' = h co (ml 4- 2 mr) H .

Nun ist l ganzzahlig und daher auch m t ] und da jedenfalls 2r ganzzahlig ist, gilt dasselbe auch für 2 mr. Die für einen Spektralterm charakteristische Frequenz v verwandelt sich also in einem s t a r k e n Magnetfeld in (21)

v' = v + m o) H ,

wobei m eine g a n z e Z a h l ist. § 18. Das PAULI sehe Prinzip. Auf die Methode der vierfachen Quantisierung der Atomzustände gründete im Jahre 1925 P A U L I ein Prinzip, das sich nicht nur als ungemein fruchtbar in der Theorie der Spektren erwies, sondern auch den Schlüssel zu dem Verständnis des periodischen Systems der Grundstoffe lieferte. Das PAULische P r i n z i p besagt, daß es in einem Atom n i e zwei E l e k t r o n e n geben könne, die in a l l e n v i e r Q u a n t e n z a h l e n ü b e r e i n stimmen. Wir wollen uns die Elektronen, die das Planetensystem eines Atoms bilden, nach dem Werte der H a u p t q u a n t e n z a h l in G r u p p e n und jede Gruppe wieder nach dem Werte der N e b e n q u a n t e n z a h l in U n t e r g r u p p e n zerlegt denken. Elektronen, die innerhalb einer Gruppe zu derselben Untergruppe gehören, die also in den Werten der Hauptquantenzahl und der Nebenquantenzahl übereinstimmen, wollen wir als ä q u i v a l e n t e E l e k t r o n e n bezeichnen. Nach dem P A U L I sehen Prinzip ist deren Zahl durch das Verbot beschränkt, daß unter ihnen niemals irgendwelche in den beiden anderen Quantenzahlen übereinstimmen dürfen, die zu der vierfachen Quantisierung noch erforderlich sind. Als diese beiden anderen Quantenzahlen wählen wir zweckmäßig diejenigen, die sich auf die Komponenten von Ii und li in der Richtung eines starken Magnetfeldes beziehen. 1 Wegen der Äquivalenz muß natürlich l t für alle Elektronen denselben Wert haben, der kurz mit l bezeichnet werde. Die Quantenzahlen der Komponenten mögen mit vit (l) und m* (r) bezeichnet werden. Dabei ist zu beachten, daß sich die rotierenden Elektronen als Elementarmagnete parallel oder antiparallel in die Feldrichtung einstellen müssen, so daß 1 Zu ganz denselben Ergebnissen gelangt man aber auch, wenn man als die beiden anderen Quantenzahlen j und m wählt.

§

18.

Das

P a u l i s c h e

65

P r i n z i p .

für vit (r) nur die Werte + | und — möglich erscheinen. Hingegen kann mf (l) alle ganzzahligen Werte von — l bis + l annehmen. Für m{ (l) sind demnach (21 + 1) verschiedene Werte möglich, deren jeder entweder mit dem Werte + -J oder — \ für mi: (r) kombiniert werden kann. Für einen gegebenen Wert der Nebenquantenzahl l ergibt sich daher die M a x i m a l z a h l ä q u i v a l e n t e r E l e k t r o n e n zu (1)

Zmax(0=4Z + 2. Da bei v o l l e r B e s e t z u n g (?) s ä m t l i c h e ganzzahligen Werte von — l bis + l und zwar jeden zweimal annimmt, so muß (2)

2 »»

RB

sein, woraus sich ohne weiteres die V i o l e t t v e r s c h i e b u n g der H e l i u m l i n i e n erklärt. Genaue Messungen haben (wie zum Teil schon in § 19 angegeben wurde) für die beiden Größen RB und RHE die Werte ergeben (21)

i ß * = 1'09 677,70

(±0,04)

t ß f f e = 109 722.14

(±0,04).

Andererseits sind die A t o m g e w i c h t e von Wasserstoff und Helium (22)

A B = 1,0077;

^

= 4,00.

Wir können daher setzen (23)

^

= 3,97 .

wobei bei einer genaueren Rechnung allerdings noch der Beitrag berücksichtigt werden müßte, den zu dem gesainten Atomgewicht das den Kern umkreisende Elektron liefert. Wir setzen zur Abkürzung (24)

^

-

s .

Dann wird nach Gl. 19 (25) Hieraus folgt

BH i'ile

+

l llue - Uli

76

Die Spektren der Atome.

Somit wird (27)'

1x =

m =

1

° 9 6 7 144,41 ~ 1 2 7 6 3 8 = 1846 .

Die BoHKsche Theorie ermöglicht es so, a u s d e r V i o l e t t v e r s c h i e b u n g d e r H e l i u m l i n i e n mit großer Genauigkeit das V e r h ä l t n i s z w i s c h e n d e n M a s s e n d e s P r o t o n s u n d d e s E l e k t r o n s zu berechnen. Wir können die Gl. 27 auch in der Form schreiben (28)

1846 = (e/W() : (e/M B ) .

Nun ist aber der Quotient e/MH aus den elektrolytischen Messungen bekannt (nach § 2), und es läßt sich somit a u s d e r V i o l e t t v e r s c h i e b u n g der H e l i u m l i n i e n a u c h die spezifische L a d u n g der Elektronen berechnen. Der Wert, der sich so ergibt (5,30-10 17 elektrostat. Einh./Gramm), stimmt vollkommen mit dem Werte überein, der durch direkte Messungen der elektrischen und magnetischen Ablenkung von Kathodenstrahlen gewonnen wurde. Setzen wir den Wert aus der Gl. 27 in die erste der Gl. 19 ein, so finden wir (29)

Boo =

' 1,000542 = 109737,1 ,

und es ist somit (nach Gl. 18 des § 19) (30)

109737,1 • c =

2712 e 4 m 3

h

Den Gl. 28 und 30 kann man einen noch höheren Grad von Genauigkeit geben, wenn man auch den Beitrag berücksichtigt, den zu der Atommasse das kreisende Elektron liefert. Wird auch dieser Einfluß berücksichtigt, so treten an die Stelle der Gl. 26 und 28 kompliziertere Formeln. Man kann nun die Werte von e und von M E als mit sehr großer Genauigkeit gegeben ansehen (nach §§ 1 und 2) auf Grund der Messungen von M I L L I K A N und der elektrolytischen Messungen. Indem man die zu größerer Genauigkeit vervollkommneten Gl. 28 und 30 dann nach m und h als Unbekannten auflöst, erhält man auch für diese beiden Größen genauere Werte, als dies durch Messungen an Kathodenstrahlen oder durch Messungen des lichtelektrischen Effektes möglich wäre. Man findet dann, wie F L A M M gezeigt hat 3 , h = 6,545-10- 2 7 ergsec ( ± 0,012 -10" 27 )

(31) und

= 5,304 • 10 17 elektrostat. Einh./Gramm (±0,009 • 1017)

(32) und endlich

m = 9,00-10- 2 8 g ( ± 0,02-10- 28 ) .

(33) 3

Physikal. Zeitschr. 18, 1917, S. 515.

§ 21. Die Spektren der Atome mit einem, Valenzelektron.

77

Hinsichtlich der F e i n s t r u k t u r sind bei dem Spektrum des ionisierten Heliums natürlich analoge Gesetzmäßigkeiten wie bei dem Wasserstoffspektrum zu erwarten. Sowohl die SOMMERFELD sehe Theorie, die sich auf die relativistische Massenformel gründet, als auch die Vorstellung rotierender Elektronen führt zu der Folgerung, daß die A u f s p a l t u n g d e r v i e r t e n P o t e n z d e r K e r n l a d u n g s z a h l p r o p o r t i o n a l sei und daher bei Helium s e c h z e h n m a l g r ö ß e r a l s b e i W a s s e r s t o f f sein müsse. Das Spektrum des ionisierten Heliums bietet so eine Möglichkeit, die Feinstruktur des Wasserstoffspektrums indirekt viel genauer zu studieren, als dies durch direkte Beobachtung möglich ist. In der Tat haben die Ausmessungen des Heliumspektrums für die Schwingungsdifferenz des Wasserstoffdubletts den theoretisch abgeleiteten Wert (61.27 des § 19) ergeben und auch sonst zu keinen Widersprüchen mit der in dem vorhergehenden Abschnitt besprochenen SLATERsehen Auffassung geführt. § 21. Die Spektren der Atome mit einem Talenzelektron. Wenige Jahre, nachdem BALMER die fundamentale Gesetzmäßigkeit des AVasserstoffspektrums entdeckt hatte, gelang es K A Y S E R und B Ü N G E , auch in den S p e k t r e n d e r A l k a l i m e t a l l e einfache S e r i e n z u s a m m e n h ä n g e aufzufinden. R Y D B E R G vermochte diese Zusammenhänge quantitativ durch Formeln zu beschreiben, die eine weitgehende Ähnlichkeit mit der BALMERSclien Formel aufwiesen und in denen eben die aus dem Wasserstoffspektrum bekannte, heute als RYDBERGsche K o n s t a n t e bezeichnete Größe eine fundamentale Rolle spielt. Ähnliche Serienzusammenhänge wie bei den Alkalimetallen wurden bald darauf auch bei den Elementen der zweiten und dritten Vertikalreihe des periodischen Systems nachgewiesen. Das gemeinsame Merkmal aller optischen S e r i e n ist, wie schon erwähnt wnirde, die mit a b n e h m e n d e r W e l l e n l ä n g e , a b n e h m e n d e r I n t e n s i t ä t und auch abnehmender Schärfe verbundene K o n v e r g e n z d e r L i n i e n gegen eine G r e n z e , die bei der Emission dem Endniveau des Übergangs entspricht. Bei den Grundstoffen, bei denen eine Einordnung der optischen Spektrallinien in Serien möglich war, hat man nun bald als wichtigste Serien drei erkannt, die als H a u p t - oder P r i n z i p a l s e r i e , als e r s t e oder d i f f u s e N e b e n s e r i e und als z w e i t e oder s c h a r f e N e b e n s e r i e bezeichnet wurden. Die beiden Nebenserien, die sich deutlich durch die verschiedene Schärfe ihrer Linien unterscheiden, haben, wie man fand, eine g e m e i n s a m e G r e n z e , die bei den Elementen der ersten zwei Vertikalreihen des periodischen Systems immer längerwellig ist als die Grenze der Hauptserie. Zu den drei genannten Serien kam später noch eine vierte, verhältnismäßig langwellige hinzu, die mit einem schlecht gewählten Ausdruck als F u n d a m e n t a l s e r i e oder auch nach einem ihrer Erforscher als BERGMANN-Serie bezeichnet wird. 1 1

Der eigentliche Entdecker der sogenannten BERGMANN-Serie war

SAUNDERS.

78

Die Spektren der Atome.

Wie spätere Betrachtungen erkennen ließen, lassen sich die Wellenzahlen der -wichtigsten Linien der genannten Serien als Differenzen zwischen den Gliedern von v i e r T e r m f o l g e n darstellen, die man nach den Anfangsbuchstaben der Worte „scharf", „prinzipal", „diffus" und „fundamental" als s-, p-, d- und /-Terme unterscheidet. Die vier erwähnten Serien entstehen nun bei der Emission durch die in dem folgenden Schema dargestellten Übergänge: Hauptserie I. (diffuse) Nebenserie . . . . II. (scharfe) Nebenserie . . . Fundamentalserie

(1)

p d s /

—>• s —v p —>• p — d

, , , .

Da sich die s-Terme stets als einfache erweisen, müssen wir ihnen nach dem in einem früheren Abschnitt (§ 16) Gesagten offenbar die Nebenquantenzahl l = 0 zuweisen. Da sich andererseits bei Quantensprüngen, wie auch schon erwähnt, l um Eins ändern muß und die s-Terme normalerweise nur mit p-Termen kombinieren, muß den p-Termen der Wert l = 1 zugeordnet werden. Die p-Terme kombinieren wiederum außer mit s-Termen auch mit (Z-Termen und diese außer mit p-Termen auch mit /-Termen. Demnach ergeben sich für die optischen Spektralternie die folgenden Werte der N e b e n q u a n t e n z a h l : l l l l

(2)

—0 = 1 = 2 —3

für für für für

einen einen einen einen

s-Term, p-Term, e7-Term, /-Term.

Die Terme, für die l = 4 und 5 zu setzen ist, werden als g- und /t-Ternie bezeichnet, und so fort. 2 Je n i e d r i g e r bei der Emission die N e b e n z a h l d e s A n f a n g s z u s t a n d e s ist, desto s c h ä r f e r ist, wie die Beobachtung zeigt, die entstehende Spektrallinie. Daher weist die zweite Nebenserie die größte Linienschärfe auf, eine geringere bereits die Hauptserie; bei der ersten, der diffusen Nebenserie, sind, wie schon der Name sagt, die Linien recht unscharf, und die geringste Schärfe zeigt die Fundamentalserie. Die einzelnen Terme der Alkalimetalle sind, wie die Erfahrung zeigt, in der folgenden Form darstellbar: T

=

[?t + a (/) + a (i)/»T

=

"rä*5"'

wobei für einen gegebenen Grundstoff die Konstanten a und a n u r von der Nebenquantenzahl abhängen, also für alle .s-Terme d i e s e l b e n W e r t e haben, und ebenso dieselben Werte für alle p-Terme, und so fort. R bedeutet wie stets die R Y D B E R G s c h e Konstante, n die H a u p t 2

Häufig werden auch die Bezeichnungen /'-, /"-Terme usw. gebraucht.

§ 21. Die Spektren der Atome mit einem Valenzelektron.

79

quantenzabl. Das erste Korrektionsglied a wird als die B Y D B E R G K o r r e k t i o n bezeichnet, das zweite a als die E I T Z - K o r r e k t i o n ; die Zahl n* wird die e f f e k t i v e Q u a n t e n z a h l genannt. F ü r eine erste Näherung genügt die KYDBERG-Korrektion. Sie ist, wie die Erfahrung zeigt, stets n e g a t i v , während sich die E n z Korrektion immer als p o s i t i v erweist. Theoretische, recht umständliche Überlegungen, auf die hier nicht eingegangen werden möge 3 , liefern hierfür eine Begründung; sie ergeben auch für die Größe der Korrektionsglieder Formeln, die durch die Erfahrung verhältnismäßig gut bestätigt werden. Diese Formeln erklären es auch, warum mit zunehmendem l die Korrektionsglieder sehr rasch abnehmen. 4 I n der Tat sind für die /-Terme die Korrektionsglieder ganz belanglos, so daß die /-Terme v o l l k o m m e n e „ W a s s e r s t o f f ä h n l i c h k e i t " zeigen; klein sind die Abweichungen für die (?-Terme, dagegen beträchtlich größer für die p-Terme und im allgemeinen sehr groß für die S-Terme. S C H R Ö D I N G E R 5 suchte dies durch die Annahme zu begründen, daß solche Terme sogenannten T a u c h b a h n e n entsprechen, bei denen der Umlauf des Elektrons teilweise i n n e r h a l b d e s A t o m r u m p f e s erfolgt, der von dem Atom nach Abtrennung des Valenzelektrons übrig bliebe. Dadurch erklärt es sich auch, daß die Korrektionsglieder mit zunehmender chemischer Ordnungszahl wachsen. Da die effektiven Quantenzahlen empirisch bekannt sind und die Korrektionen wenigstens näherungsweise theoretisch berechnet werden können, konnten für die Terme auch die w a h r e n Q u a n t e n z a h l e n , also die Werte von n, ermittelt werden. So erweisen sich für das die zweite Periode des Grundstoffsystems eröffnende Lithium der tiefste s- und der tiefste p Term als zweiquantig; für Natrium sind der tiefste s- und der tiefste p-Term dreiquantig, für Kalium vier-, für Rubidium fünf-, für Cäsium sechsquantig. Hingegen erweisen sich für a l l e Alkalimetalle der tiefste d-Term als dreiquantig und der tiefste /-Term als vierquantig. I n Tabelle VI sind für die Alkalimetalle die effektiven und daneben in Klammern die wahren Quantenzahlen für die tiefsten Terme zusammengestellt. Aus dieser Tabelle ist es ersichtlich, daß der allertiefste Term, also der G r u n d t e r m , für sämtliche Alkalimetalle ein s-Term ist. Dies •wird auch durch die Erfahrungstatsache bestätigt, daß in den A b s o r p t i o n s s p e k t r e n , die von k a l t e n D ä m p f e n dieser Metalle oder ihrer Verbindungen herrühren (also von ihren vorher nicht angeregten Atomen geliefert werden), n u r d i e H a u p t s e r i e a u f t r i t t ; denn sie ist die einzige Serie, für die bei der Emission ein s-Term das Endniveau darstellt. 3

Vgl. hierzu BORN, Vorlesungen über Atommechanik, I, § 28 (Berlin, Springer. 1925). Nach diesen Formeln, in denen die Polarisierbarkeit des Atomrumpfes eine wesentliche Rolle spielt, ist dio RYDBERG-Korrektion der fünften, und die Rrrz-Korrektion der dritten Potenz der Nebenquantenzahl umgekehrt proportional. 3 E. SCHRÖDINGER, Zeitschr. f. Physik 4, 1921, S. 347. 4

80

Die Sfektren

¿1er Atome.

T a b e l l e YI. E f f e k t i v e und w a h r e Q u a n t e n z a h l e n der t i e f s t e n der A l k a l i m e t a l l e . Alkalimetall Lithium . Natrium . Kalium . Rubidium Cäsium .

. . . . .

| . , . . . .

Spektralterme

Tiefster i-Term

Tiefster p-Term

Tiefster d-Term

Tiefster /-Term

1,59 1,63 1,77 1,80 1,87

1,96 2,12 2,23 2,28' 2,33

3,00 2,99 2,85 2,77 2,55

4,00 4,00 3,99 3,99 3,98

(2) (3) (4) (5) (6)

(2) (3) (4) (5) (6)

(3) (3) (3) (3) (3)

(4) (4) (4) (4) (4)

Mit Ausnahme der s-Terme müssen nach dem in einem früheren Abschnitt (§ 16) Gesagten sämtliche Terme der Alkalimetalle D u b l e t t t e r m e sein. Die Erfahrung zeigt und die Theorie vermag es zu begründen, daß die D u b l e t t a u f s p a l t u n g mit wachsender chemischer Ordnungszahl stark zunimmt, andererseits aber mit zunehmender Nebenquantenzahl und mit zunehmender effektiver Quantenzahl immer kleiner wird. 6 Da die H a u p t s e r i e durch Kombination des tiefsten s-Termes mit den verschiedenen zweifachen p-Termen entsteht, bei diesen aber die Aufspaltung mit zunehmender Hauptquantenzahl immer kleiner wird, so müssen die L i n i e n d e r H a u p t s e r i e i m m e r e n g e r w e r d e n d e D u b l e t t s darstellen. Die Seriengrenze, die durch den einfachen s-Term gegeben ist, ist für beide Komponenten der Liniendubletts dieselbe. Da hingegen die s c h a r f e N e b e n s e r i e durch Kombination zwischen s-Termen und dem tiefsten, seinerseits ein Dublett darstellenden p-Term entsteht, müssen die Linien der scharfen Nebenserie Dubletts mit k o n s t a n t e r S c h w i n g u n g s d i f f e r e n z sein, so daß die scharfe Nebenserie auch eine z w e i f a c h e S e r i e n g r e n z e besitzt. Die d i f f u s e N e b e n s e r i e entsteht durch Kombination von doppelten p-Termen mit doppelten rf-Termen, also durch Kombination zwischen Termen von der Nebenquantenzahl Eins und solchen von der Nebenquantenzahl Zwei. Die zugehörigen j-Werte sind daher \ und -f bzw. | und I". Da sich die innere Quantenzahl j nur um 1 oder 0 ändern kann, so ist von den vier denkbaren Kombinationen diejenige zwischen den s Für die Dublettaufspaltung der Alkalimetalle hat L A N D E die folgende Formel angegeben: Z *Z 2 Av = R a2 . 3 n* l(l+ 1)

Dabei bedeutet a die durch Gl. 20 des § 19 zur Erklärung der Feinstruktur des Wasserstoffspektrums eingeführte Konstante, Za ist für neutrale Atome gleich Eins zu setzen, für einfach ionisierte gleich Zwei, und Zi endlich bedeutet die mittlere, effektive Kernladung für die inneren Teile der Bahn. Vgl. E. BACK und A. L A N D E , ZEEMAN-Effekt und Multiplett-Struktur, Berlin (Springer) 1925.

81

§ 21. Die Spektren der Atome mit einem Valenzelektron.

j-Werten J und £ ausgeschlossen. Die Linien der diffusen Nebenserie sind demnach T r i p l e t t s , und dasselbe gilt natürlich auch von den Linien der Fundamentalserie, die ebenfalls durch Kombinationen zwischen je zwei Dublettermen entsteht. Die beiden Komponenten des tiefsten p-Niveaus haben die Eigentümlichkeit, daß aus ihnen im Falle der Lichtemission l e d i g l i c h die R ü c k k e h r in den G r u n d z u s t a n d m ö g l i c h ist. Ein Atom, das Licht von einer dieser beiden Wellenlängen a b s o r b i e r t und dadurch angeregt wird, kann daher bei seiner Rückkehr in den Grundzustand nur Licht von d e r s e l b e n Wellenlänge e m i t t i e r e n . Darum wird die doppelte Linie, die der Kombination des tiefsten p-Terms mit dem Grundterm entspricht, auch als die R e s o n a n z l i n i e der Alkalimetalle bezeichnet. Bei Natrium ist es die bekannte gelbe, sogenannte D-Linie; sie ist die erste Linie der Hauptserie, von der nicht weniger als 57 Linien exakt gemessen werden konnten. In jedem Spektrum gibt es übrigens nicht bloß eine einzige Hauptserie und eine einzige diffuse und eine einzige scharfe Nebenserie, sondern es gibt eine Mannigfaltigkeit solcher Serien, weil ja beispielsweise das Endniveau einer emittierten Hauptserie ein beliebiger s-Term sein kann und nicht bloß der Grundterm. Als Hauptund Nebenserien im engeren Sinne des Wortes werden aber stets die Serien bezeichnet, die bei der Emission das tiefste s-Niveau bzw. das tiefste f-Dublettniveau zum Endniveau haben. Mit großer Genauigkeit genügt bei den Alkalimetallen die erste Linie der Hauptserie der schon in einem früheren Abschnitt (Gl. 3 des § 8) abgeleiteten Beziehung XV = 1,234 104 ,

(4)

wenn V die in Volt gemessene A n r e g u n g s s p a n n u n g bedeutet undA in Ä angegeben wird. Ebenso zeigt sich diese Gleichung erfüllt, wenn fürA der reziproke Wert des Grundterms und für V die I o n i s i e r u n g s s p a n n u n g eingesetzt werden. In Tabelle VII sind die gut übereinstimmenden Werte einander gegenübergestellt, die für die Anregungsund Ionisierungsspannung der Alkalimetalle direkt b e o b a c h t e t und auf Grund der spektroskopischen Daten b e r e c h n e t wurden. T a b e l l e VII. A n r e g u n g s - u n d I o n i s i e r u n g s s p a n n u n g e n der A l k a l i m e t a l l e (in Volt).

Anregungsspannung *»

lonisierungsspannung »

Li

Na

K

Rb

Cs

ber. beob.

1,84

2,09 2,12

1,61 1,55

1,6 1,6

1,4 1,48

ber. beob.

5,37

5,12 5,13

4,32 4,1

4,16 4,1

3,88 3,9

HAAS, Atomtheorie. 2. Aufl.





6

Die Spektren der Atome.

82

Die sogenannten F u n k e n s p e k t r e n d e r E r d a l k a l i e n , nämlich die von den i o n i s i e r t e n Atomen dieser Grundstoffe herrührenden Spektren, weisen eine weitgehende Ähnlichkeit mit den neutralen „ B o g e n s p e k t r e n " der Alkalimetalle auf. 7 Dabei erscheinen im Funkenspektrum die Bogenterme v e r v i e r f a c h t , da für das Bogenspektrum der Alkalimetalle ein Atomrumpf von der Ladung + e wirksam ist, hingegen für das Funkenspektrum der Erdalkalien ein Atomrumpf von der Ladung + 2 e. Es ist ein ähnliches Verhältnis wie zwischen dem schon früher besprochenen Spektrum des ionisierten Heliums und dem des Wasserstoffs. Stellt man somit die Funkenterme der Erdalkalien in der Form 4 R/n*2 dar, so zeigt sich eine ziemliche Übereinstimmung zwischen den so erhaltenen effektiven Quantenzahlen der Erdalkali-Ionen und denen der neutralen Alkaliatome. Den Alkalispektren sind auch die h ö h e r e n F u n k e n s p e k t r e n ähnlich, die von m e h r f a c h i o n i s i e r t e n Atomen herrühren, denen alle Valenzelektronen bis auf eines entrissen sind. Ein derartiges Spektrum wurde zuerst von P A S C H E N 8 im Jahre 1923 bei dem zweifach ionisierten A l u m i n i u m und etwas später von F O W L E R 9 bei dem zweifach und dreifach ionisierten S i l i z i u m entdeckt. Diese Spektren zeigen gegenüber den Alkalispektren verneunfachte bzw. versechzehnfachte Terme. Mittels der Methode des explodierenden Vakuumfunkens erhielten schließlich in den Jahren 1924 bis 1926 M I L L I K A N und B O W E N 1 0 die Spektren der Atome mit einem Valenzelektron (der sogenannten „stripped atoms' 1 ) in der zweiten Periode des Grundstoffsystems bis zu dem S a u e r s t o f f und in der dritten Periode bis zum C h l o r . 1 1 Auch hier ergab sich Analogie mit den Spektren der Alkahmetalle. Eine ziemliche Ähnlichkeit mit den Alkalispektren weisen übrigens auch Termsysteme in den Bogenspektren der Elemente Kupfer, Silber und Gold auf, die ja in ihrem chemischen Verhalten vielfach mit den Alkalimetallen übereinstimmen und gleich ihnen der ersten Vertikalreihe des periodischen Systems angehören. § 22. Die Spektren der Atome mit zwei Valenzelektronen. Enthält ein Atom mehrere Valenzelektronen, so müssen im allgemeinen ebenso viele N e b e n q u a n t e n z a h l e n l t unterschieden werden, ' Die Spektren der ionisierten Atome setzen höhere Temperaturen oder stärkere elektrische Felder voraus als die Spektren der neutralen Atome. Während die Spektren der neutralen Atome außer in Entladungsröhren vor allem im elektrischen Lichtbogen erzeugt werden, ruft man die Spektren der ionisierten Atome am besten durch elektrische Funkenentladung hervor. Darum unterscheidet man nach der Erzeugungsart die Spektren der neutralen und der ionisierten Atome gewöhnlich als Bogen- und Funkenspektren. 8

F . PASCHEN, A n n . d. P h y s i k 71, 1923, S. 142.

» A. FOWLER, Proc. Roy. Soc. London 103 (A), 1923, S. 413. 10 Verschiedene Abhandlungen in Phvsical Review 1924—1926. 11 Es handelt sich also hierbei z. B. um fünffach ionisierten Sauerstoff, der mit Ovi bezeichnet wird, indem die Zählung bei dem neutralen Atom (Oi) beginnt, und um sechsfach ionisiertes Chlor (Civil)-

§ 22. Die Spektren der Atome mit zxcei Valenzelektronen.

88

als Valenzelektronen vorhanden sind, und überdies eine weitere Nebenquantenzahl, die der R e s u l t i e r e n d e n aus den einzelnen Vektoren l, entspricht und die mit L bezeichnet werde. Die verschiedenen Werte von L (L = 0, 1, 2, 8 usw.) ergeben Terme, die mit großen Buchstaben bezeichnet werden mögen, also S-, P-, D-, F-Terme und so fort. Es kann beispielsweise ein P-Term (L = 1) durch zwei (i-Elektronen (Zj = 2, /2 = 2) bedingt sein. Jedem Valenzelektron ist ferner eine Quantenzahl r ( = ^ zuzuordnen, die seiner E i g e n r o t a t i o n entspricht. Die Zusammensetzung aller gleich oder entgegengesetzt gerichteten Vektoren r { führt zu einer Resultierenden, der die Quantenzahl r entspreche; diese ist bei zwei Valenzelektronen also entweder Null oder Eins. Die Zusammenfügung der beiden Vektoren von den Quantenzahlen L und r ergibt endlich den gesamten Drehimpuls des Atoms und damit die i n n e r e Q u a n t e n z a h l j, durch deren Werte die Multiplizität der Terme bestimmt ist. Betrachten wir Atome mit zwei V a l e n z e l e k t r o n e n , so erhalten wir somit ein S i n g u l e t t s y s t e m für den Fall r = 0, hingegen ein T r i p l e t t s y s t e m für den Fall r = 1, entsprechend den drei möglichen j-Werten L + 1, L und L — 1. In dem Singulettsystem wären sämtliche Terme einfach, in dem Triplettsystem hingegen alle dreifach mit alleiniger Ausnahme der S'-Terme. In der Tat zeigen die Elemente der zweiten Vertikalreihe des periodischen Systems, also die E r d a l k a l i e n sowie die Elemente C a d m i u m , Z i n k und Q u e c k s i l b e r , ein derartiges Termschema. Die am längsten bekannten Spektralterme dieser Grundstoffe entsprechen durchwegs dem besonders einfachen Fall, daß eines der beiden Valenzelektronen ein s-Elektron ist, so daß also lx = 0 gesetzt werden kann und daher die Quantenzahl L mit l2 übereinstimmt. Das sich derart ergebende Termschema kann dann im engeren Sinne als das Termsystem des betreffenden Grundstoffs angesehen werden. Es zerfällt nach dem eben Gesagten in ein Singulett- und ein Triplettsystem. Wir unterscheiden beide, indem wir dem großen Buchstaben, der einen Term bezeichnet, noch die hochgestellte Ziffer 1 oder 3 vorsetzen, also folgendermaßen schreiben: 1S, 1P, W . . . 3S, 3 P, 3 D usw. 1 Die innere Quantenzahl fügt man als unteren Index hinzu, schreibt also beispielsweise 3 P 2 . Es ergibt sich derart folgendes Termschema: X

PX

3

P0 jD1 3 F2 3

*D2 3 Sx 3 PX 3 D22 33 PF3S

.. 3

P2 Ds 3 Fi usw. 3

1 Für den dem Triplettsystem (r = 1) angehörenden S-Term wird also das Symbol S gebraucht, obwohl dieser Term einfach ist. Nur derart ist die Unterscheidung zwischen den S-Termen der beiden Systeme möglich. 3

6*

Die Spektren der Atome.

84

Wo es erforderlich ist (was sich aber meist erübrigt), kann vor das Symbol die Hauptquantenzahl gesetzt werden; bei einfachen Termen und wenn es nicht notwendig ist, kann natürlich der j-Index wegbleiben. Die Ordnung der Terme erfolgt auf Grund der beiden schon erwähnten Regeln, daß nur solche Kombinationen möglich sind, für die (1)

A L = ± 1

,

A j = ± l

oder 0

ist. Die Erfahrung zeigt, daß außer den Linien, die diesen beiden Regeln widersprechen, auch solche Linien fehlen, die einem Übergange j = 0 —>- j = 0

(2)

entsprechen; es kommt also die Linie 3 P 0 —>- 1 S 0 im Spektrum nicht vor. Kombinationen zwischen den Termen der beiden Systeme, sogenannte I n t e r k o m b i n a t i o n e n (also Singulett-Triplett-Kombinationen), erweisen 3

0., 12750 12185 1281S 12m

i i

i

'

Ji

/

1l

Ii

21831

J

1V

/

Ii

30 TIS vom

r

W169 V6536

\

\

1 1

\

f

8*181\1 '

Fig. 4.

Schema des Bogenspektrums von Hg.

sich als s c h w ä c h e r als Kombinationen zwischen zwei Termen —>- 2S) , Z)2 = 5889,96 A ( 2 P V ] — >- *S) . Beachten wir die Kombinationsregel, nach der J m = ± 1 oder 0 sein muß, so erhalten wir für die Linienabweichungen, die die D i f f e r e n z e n der Termabweichungen darstellen, das folgende Schema, wobei die unterstrichenen Werte dem Fall A m = 0 entsprechen: 2 D 1 -Linie — 54 Tf TI 27 + i (7) 1 D 2 -Linie — f T

{

Die Dj-Linie wird also v i e r f a c h , die Z)2-Linie s e c h s f a c h aufgespalten, so daß im schwachen Magnetfeld an die Stelle des ursprünglichen Liniendubletts ein Multiplett von z e h n L i n i e n tritt. Im Falle A m = 0 erfolgen nach dem früher Ge_L sagten die Lichtschwingungen in der Feldrichtung, so daß bei dem Longitudinaleffekt die in dem Schema unterstrichenen Komponenten unsichtbar Fig. 16. Aufspaltung bleiben (vgl. Fig. 16, in der, ebenso wie in Fig. 17, der Z>-Linie des Na. die Länge der Striche die Intensität der Linien andeutet und solche Linien beim Longitudinaleffekt unsichtbar bleiben, deren Striche nach oben gerichtet sind). Als ein weiteres Beispiel möge die anomale Aufspaltung des wichtigsten L i n i e n t r i p l e t t s der Elemente der zweiten Yertikalreihe betrachtet werden, das den folgenden Übergängen entspricht: 3 Die Bezeichnung dieser Linie als Z)-Linie rührt schon von F r a u n h o f e r her und hat natürlich nichts mit den Z)-Termen zu tun.

§ 28. Der

3S

^ 3PQ

;

3S

119

Zeeman-Effekt. V

»Pj ,

3

S —V 3P2

(vgl. die frühere Fig. 4). Bei Q u e c k s i l b e r sind die Wellenlängen der Komponenten dieses Linientripletts 4047, 4359 und 5461 A. Bei dem 3 iS-Term ist nach Tabelle XYI der Aufspaltungsfaktor 2, während (wegen j = 1) die möglichen m-Werte — 1, 0, + 1 sind. Bei dem 3 P 0 -Term ist der Aufspaltungsfaktor unbestimmt, als m-Wert ist (wegen j — 0) nur 0 möglich. Bei dem 3 P 1 -Term und ebenso bei dem 3 P 2 -Term ist nach Tabelle XVI der Aufspaltungsfaktor 3/2; die möglichen m-Werte sind im ersten Fall — 1, 0, + 1, im zweiten Fall — 2, — 1, 0, + 1, + 2. Für die Abweichungen der Terme ergibt sich daher das Schema der Tabelle XVIII. T a b e l l e XVIII. T e r m a b w e i c h u n g e n bei e i n e m E l e m e n t der z w e i t e n V e r t i k a l r e i h e .

- 2

=

- 1 - 2

3

S

3

Po

*Pi

- 3

3

P2

+1

0

_ 12 _ 3

+ 2

+ 2

© o o ®

m

+ *! +

+ 3

Wir beachten nun die Kombinationsregel, daß A m gleich ± 1 oder 0 sein muß und nehmen überdies an (was sich atommechanisch exakt begründen läßt), daß die Linienintensität verschwindet, wenn bei einem Qiuantensprung sowohl A m als auch A j gleich Null ist. Wir erhalteiQ dann die folgenden L i n i e n a b w e i c h u n g e n für das betrachtete Tripletfc, wobei wieder die bei dem Longitudinaleffekt unsichtbaren Komponemten unterstrichen sind: i 3 wiedergegeben. Die Abbildung a der Fig. 18 i i t zeigt (im oberen Teil) die anomale Aufspaltung des Natriumdubletts, dessen feldfreie Photo' • I I 1 1 graphie die untere Hälfte bildet, Fig. 17. Schema der anomalen Bei der allmählichen Verstärkung eines ZEEMAN-Aufspaltung eines „schwachen" Magnetfeldes muß nach der Linientripletts.

Die Spektren der Atome.

120

Theorie eine allmähliche U m w a n d l u n g d e s a n o m a l e n in d e n n o r m a l e n Z E E M A N - E f f e k t eintreten. In der Tat haben im Jahre 1 9 1 2 P A S C H E N und B A C K die merkwürdige Entdeckung gemacht, daß bei allmählicher Verstärkung eines zunächst „schwachen" Feldes die Komponenten des Aufspaltungsbildes einander in eigentümlicher Weise zu beeinflussen beginnen, so, als ob zwischen ihnen anziehende und abstoßende Kräfte wirksam würden. Die PuESTONsche Eegel verliert ihre Gültigkeit, die Symmetrie des Aufspaltungsbildes geht verloren; deutlich zeigt dies die Abbildung e in Fig. 18 (auf Tafel I), die den sogenannten PASCHEN-BACK-Effekt für ein Linientriplett des Chroms wiedergibt (der obere Teil zeigt die Komponenten, die senkrecht, der untere diejenigen, die parallel zu der Feldrichtung schwingen). Bei fortschreitender Verstärkung des Feldes geht schließlich der PASCHEN-BACK-Effekt in den n o r m a l e n Z E E M A N - E f f e k t über, bei dem, wie die Photographie

Fig. 19.

Normaler ZEEMAN-Effekt (nach

ZEEMAN).

in Fig. 19 zeigt, die einzelnen Linien in äquidistante Tripletts aufgelöst sind. Die zu der Erzeugung des normalen Effektes erforderliche Feldstärke ist natürlich für verschiedene Linien verschieden. Bei dem Natriumdublett würde sie 180000 Gauss betragen, eine Feldstärke, die bisher dauernd noch nicht hervorgerufen werden konnte. 4 Die ersten Anzeichen des PASCHEN-BACK-Effektes sind bei dem Natriumdublett jedoch bereits bei etwa 30000 Gauss nachweisbar. Besonders deutlich konnte der allmähliche Übergang von dem anomalen zu dem normalen Effekt bei der roten L i t h i u m l i n i e (6708 A) untersucht werden, da deren Komponenten nur um 0,13 A voneinander abstehen. In einem s t a r k e n M a g n e t f e l d ist, auf die normale Aufspaltung als Einheit bezogen, die Termabweichung (nach Gl. 20 des § 17) durch die Formel beschrieben (9)

m* = m l + 2 m r .

Dabei bedeuten m f und mT die Komponenten der Vektoren l und r, und zwar kann, wie schon früher erwähnt, m l alle um Eins voneinander ab4

Felder von einigen hunderttausend GAUSS konnte allerdings in letzter Zeit hervorrufen, jedoch nur für Intervalle von ungefähr Vioo Sekunde.

KAPITZA

Haas, Atomtheorie,

Tafel 1.

2. Aufl.

Fig. 18. Anomaler ZEEMAN-Effekt (a bei Natrium-Dublett, b — d bei Zink-Triplett, e PASCHEN-BACK-Effekt eines Chrom-Tripletts). Aus E. BACK und A . LANDE, ZEEMANE f f e k t und Multiplettstruktur der Spektrallinien.

Berlin, Springer, 1025.

Fig. 2lj. Aufspaltung eines Silberstrahls im Magnetfeld (nach GF.KI.ACH und STERN).

Fig. 40. Beugung von Kathodenstrahlen bei dem Durchgang durch eine Goldfolie (links) und eine Celluloidfolie (rechts).

Nach G. P . THOMSON.

Walter de Gruyter & Co., Berlin und Leipzig

§ 28.

121

Der Zeeman-Effekt.

stehenden Werte von — Z bis + l annehmen und mT alle um Eins voneinander abstehenden Werte von — r bis + r. Die magnetische Quantenzahl im starken Felde, die mit m* bezeichnet wurde, ist also verschieden von der magnetischen Quantenzahl im schwachen Felde, für die wir die einfache Bezeichnung m beibehalten wollen. Denn da m alle Werte von — j bis + j annimmt, und j der Resultierenden aus den durch die Quantenzahlen l und r dargestellten Vektoren entspricht, so ist (im Gegensatze zu Gl. 9) (10)

m = m, + m r .

Betrachten wir Alkaliterme, so kann m r nur + i oder — -J sein. Für einen Alkali-S-Term ist 1 = 0, r = somit wird m = — oder + j u n d m* = — 1 oder + 1. Bei einem 2 P - T e r m kann (wegen 1 = 1 ) TO;=— 1, 0 oder + 1 sein und m r wieder — | oder + es ergeben sich somit bei dem 2 P - T e r m die folgenden Möglichkeiten: mtmr

(11) { TO (schwaches Feld) m* (starkes Feld)

—f — 2

—J — 1

+ 1, - i + J 0

-

1, + i — $ 0

0, + i + J + 1

Ordnen wir andererseits die m*-Werte nach den zugehörigen so erhalten wir die folgende Zusammenstellung: /*i Q\ W

TO= * =

m

•§• —2

- 1 , 0

i 0 , + 1.

+ 1, + ; + A + 2

m-Werten,

+"§•> + 2 .

E s entsteht nun die Frage, wie die Terme im starken Magnetfeld den Termen im schwachen Feld z u z u o r d n e n sind. Im schwachen Feld tritt j a bei dem 2 P - T e r m eine sechsfache Aufspaltung ein; der tieferen Komponente des Dubletts (j = entsprechen die m-Werte — \ und + der höheren Dublettkomponente (j = f ) die m-Werte — — + + 2-• Werte m = — f und m = + f jedenfalls nur bei dem j-Werte f möglich sind, so ist es unzweifelhaft, daß die Terme TO* = — 2 und m* = + 2 der höheren Dublettkomponente (j = f ) zuzuordnen sind. Bezüglich der vier anderen TO*-Werte (von denen zwei als Nullwerte zusammenfallen), muß, wie S O M M E R F E L D erkannte und später P A U L I 5 eingehender begründete, die leicht verallgemeinerungsfähige Annahme gemacht werden, daß dort, wo zu einem m-Werte zwei TO*-Werte gehören, der tiefere m*-Wert zu der tieferen Komponente des Dubletts gehört. Wir erhalten so die durch das folgende Schema wiedergegebene Zuordnung der Terme im schwachen und starken Feld 6 : W . PAULI, Zeitschr. f. Phys. 20, 1923, S. 371. Bemerkenswert ist, daß bei dieser Zuordnung und auch bei ihrer Verallgemeinerung Terme mit gleichem m-Werte einander nicht schneiden. 5

6

122

Die Spektren der Atome.

m-Werte (sehwaches Feld) + +

\ \

m*-Werte (starkes Feld) —+ + 2,

+

+ 1,

Da bei dem normalen ZEEMAN-Effekt die Aufspaltung der L i n i e n (im Gegensatze zur Termaufspaltung) stets nur ein T r i p l e t t ergibt, so muß im allgemeinen bei dem normalen ZEEMAN-Effekt eine und dieselbe Linienkomponente durch m e h r e r e , v e r s c h i e d e n e Ü b e r g ä n g e hervorgerufen werden. Die V e r z e r r u n g der L i n i e n a u f s p a l t u n g in m i t t e l s t a r k e n F e l d e r n erklärt sich daraus, daß der kritische Wert der Feldstärke, bei dem die Umwandlung der anomalen in die normale Termaufspaltung eintritt, im allgemeinen für die beiden Terme, durch deren Kombination die betreffende Linie entsteht, v e r s c h i e d e n ist. 7 §29. Der SrißK-Effekt. Die A u f s p a l t u n g der S p e k t r a l l i n i e n im e l e k t r i s c h e n F e l d e wurde im Jahre 1918 von S T A R K entdeckt und wird darum gewöhnlich als STARK-Effekt bezeichnet 1 (Fig. 20). Die T h e o r i e des Effektes haben aus dem Q u a n t e n p r i n z i p im Jahre 1916 S C H W A R Z S C H I L D und E P S T E I N entwickelt. Zwischen den Ergebnissen der Theorie und dem experimentellen Befunde ergab sich eine so ausgezeichnete Übereinstimmung, daß der STARK-Effekt als eine der glänzendsten empirischen Bestätigungen des Quantenprinzips angesehen werden muß. Die Quantentheorie des STARK-Effektes ist allerdings zu schwierig, um hier eingehend 7 Wegen aller Einzelheiten vgl. vor allem E. BACK und A. LANDE, ZEEMANEffekt und Multiplettstruktur der Spektrallinien, Berlin (Springer) 1925. 1 Die Entdeckung des STABK-Effektes gelang nur durch die geschickte Überwindung großer experimenteller Schwierigkeiten. Die Beobachtung der Linienaufspaltung ist nämlich nur in starken Feldern möglich, die aber in einer Entladungsrohre nicht hergestellt werden können, weil diese die Elektrizität verhältnismäßig zu gut leitet. STABK ließ darum die aufzuspaltenden Spektrallinien von Kanalstrahlenteilchen emittieren; zugleich brachte er in unmittelbarer Nachbarschaft der die Kanalstrahlen aussendenden Kathode eine Gegenelektrode an und rief dadurch auf der kurzen Strecke von wenigen Millimetern eine sehr große Potentialdifferenz hervor. In einem Felde von 30000 Volt pro Zentimeter erstreckt sich die Aufspaltung der Linie H„ über 13 A.

§ 29. Der

Stark-Effekt.

123

wiedergegeben zu werden; es möge darum nur das Ergebnis, zu dem die Theorie führte, angegeben und diskutiert werden. Danach ist die Fre-

Fig. 20.

STARK-Effekt der Wasserstofflinien Hj, Hj, und H

quenz v einer Wasserstofflinie in einem elektrischen Felde von der Feldstärke E durch den Ausdruck gegeben (1)

v = v0 ± zE

a ,

wenn v0 die Frequenz der Linie bei dem Fehlen eines äußeren Feldes ist; a ist eine universelle Konstante von der Form v (2) '

O = andern ä—5 , wobei h das elementare Wirkungsquantuni bedeutet, e und m Ladung und Masse des Elektrons sind. Die stets g a n z e Zahl z aber, die „ O r d n u n g s z a h l " , hängt von den Hauptquantenzahlen n und s ab, die bei der Emission der Spektrallinie den Anfangs- und den Endzustand charakterisieren; es ist nämlich W (d)

zz -- n n nn ' +± ss ss '

|i

n

' = 0 °> , 1 , 22 . ' . " . " ( im zweiten Falle hingegen gleich (2 + n'). Die p-Komponenten, für die k gerade sein muß, hätten also für ungerades n' die Ordnungszahlen 5 n' und für gerades n' die Ordnungszahlen (5 n' ± 2). Die p-Komponenten der Linie H hätten demnach die Ordnungszahlen 2, 5, 8, 12, 15, 18, 22. Hingegen hätten die ^-Komponenten, für die k ungerade sein muß, für gerades n' die Ordnungszahlen 5 n' und für ungerades n' die Ordnungszahlen (5 n' + 2). Die q-Komponenten der Linie H^ hätten also die Ordnungszahlen 0, 3, 7, 10, 13, 17, 20. Die vollkommene Ü b e r e i n s t i m m u n g zwischen den Ergebnissen der Theorie und der experimentellen Forschung ist aus Fig. 21 ersichtlich, die die Beobachtungsresultate von S T A B E wiedergibt, wobei die Länge der Striche die von STABK nach der Schwärzung der photographischen I i l l I i i Platte geschätzte Intensität der be23 10 15 13 8 5 2 3 6 8 12 15 18 23 treffenden Komponente andeuten soll. Die Linie H s entsteht als vierte q q Linie der BALMEB-Serie durch Übersechs quantigen in •I•17 11 10I 7 3 0„ 3 I, 7,„10,,13 i 17I 20 gang . aus einem . H,

einen zweiquantigen Zustand. Für diese Linie ist also zu setzen n = 6 und s = 2; es kann also n' = 0, 1, 2, 3, 4, 5 sein, hingegen s' wieder nur 0 oder 1. Es wird daher die Ordnungszahl z entweder gleich 6 n' oder gleich (6 n' ^ 2). Im ersten Falle wird die Zahl k gleich (4 + »'), im zweiten Falle aber gleich (3 + n'). Die p-Komponenten, für die k gerade sein muß, hätten also für gerades n' die Ordnungszahl 6 n' und für ungerades n' die Ordnungszahl (6 n' ^ 2). Die p-Komponenten der Linie Hg hätten demnach die Ordnungszahlen 0, 4, 8, 12, 16, 20, 24, 28, 32. F i g . 21.

STABK-Effekt der H r - L i n i e .

§ 30.

Die

Intensitäten

der

Spektrallinien.

125

Hingegen hätten die ^-Komponenten, für die l ungerade sein muß, die Ordnungszahl 6 n' für ungerades n' und (6 n' 2) für gerades n'. Die q-Komponenten der Linie Hs hätten also die Ord- p nungszahlen , 2,6,10,14,18,22,26,30.

® s« « ™ A I

> 1

i

1 l

ie 20 24 28 32

Auch bei der Linie Hg , . , , I I i ? q 1 1 1 1 1 zeist sich, wie aus Fig. 22 ' ' ' ' ' ' i I I I i i i i C i g u m u i i , I V W O U D O - I g . a a 2 18 14 10 6 2 3 6 10 14 18 22 26 30 ersichtlich ist, beste UberH^ einstimmung zwischen Fig. 22. STABK-Effekt der H^-Linie. dem theoretischen Ergebnis und dem der Theorie vorangegangenen experimentellen Befund. 2 Für den im Vorhergehenden betrachteten einfachsten Fall des SIARK-Effektes, in dem der Effekt „ l i n e a r " , d . h . der Feldstärke angenähert proportional ist, ergibt die Quantenmechanik dieselben Resultate wie die ältere Quantentheorie. Hingegen liefert sie eine bessere Übereinstimmung mit der Erfahrung für den nicht-linearen Effekt, wie er bei den Alkalispektren beobachtet wird. 3 Q

2 6

2

§ 30. Die Intensitäten der Spektrallinien. Im Jahre 1924 haben O R N S T E I N und seine Mitarbeiter die wichtige Entdeckung gemacht, daß die I n t e n s i t ä t e n d e r K o m p o n e n t e n e i n e s L i n i e n m u l t i p l e t t s durch sehr e i n f a c h e r a t i o n a l e Z a h l e n v e r h ä l t n i s s e verknüpft sind. Mit großer Genauigkeit erweist sich eine seitdem als S u m m e n r e g e l v o n O R N S T E I N , B U R G E R und D O E 1 GELO bezeichnete Beziehung erfüllt , wonach die Summe der Intensitäten der Linien, die zu einem bestimmten Term als g e m e i n s a m e m A n f a n g s oder E n d n i v e a u gehören, dem „ G e w i c h t e " dieses Terms proportional ist. Das Gewicht eines Terms erscheint dabei durch die Zahl der m-Werte, die für diesen Term möglich sind, definiert, also durch die Zahl (2 j + 1), wenn j die innere Quantenzahl des Terms ist. Zur Bestimmung der Linienintensitäten reicht die ORNSTEIN-BURGERDoRGELOsche Summenregel allerdings nur bei Linientripletts, allgemein also bei D u b l e t t e r m e n aus. Betrachten wir zwei Dubletterme von den Nebenquantenzahlen l + 1 und l, so sind die zugehörigen j-Werte l + J-, zweimal l + \ und einmal l — Da die j- Werte f und — | nicht kombinieren können, so ergibt sich (wie schon in § 21 gezeigt wurde) ein Triplett, das in dem besonderen Falle, daß l = 0 ist, zu einem Dublett wird. Bezeichnen wir die Intensitäten der drei Linien gemäß Fig. 23 2 Die Komponenten mit den höchsten Ordnungszahlen sind allerdings im experimentellen Befund fraglich gewesen, während die Linie von der Ordnungszahl Null ganz fehlt, möglicherweise wegen zu geringer Intensität. 1 Vgl. die Aufsätze von DORGELO, ORNSTEIN und BÜRGER in der Zeitschr. f. Physik 13, 1923, S. 206; 22, 1924, S. 170; 23, 1924, S. 258; 28, 1924, S. 241.

Die Spektren der Atome.

126

mit a, b und c, so m u ß nach der Summenregel einerseits die Proportion gelten: (1)

a:(b + c) = (l + 2):(l+i)

,

andererseits aber auch (2)

(o + c): b = (l + 1): l . B e t r a c h t e n wir im besonderen die d i f f u s e N e b e n s e r i e (Übergang von d- zu p-Term), so ist 1=1 zu setzen, und wir finden somit a:(b + c) = 3:2 , (a + c): b = 2 : 1 . Hieraus folgt 2 (3)

a:b:c

=

9:5:1.

I n der T a t haben die Messungen, die von O R N S T E I N und seinen Mitarbeitern 3 durchgeführt wurden, gezeigt, daß dieses Intensitätsverhältnis bei den Tripletts der diffusen Nebenserie der Alkalimetalle sehr genau erfüllt ist. i = l + * i =l+ i i - i

7= i

i - i - i

Fig. 23.

Fig. 24.

Fig. 25.

Da, wie schon früher (§ 21) erwähnt wurde, bei dem d-Term die Dublettaufspaltung geringer als bei dem p-Term ist, so muß die in Fig. 28 mit b bezeichnete Linie die größte Frequenz, also die geringste Wellenlänge haben, während die Linie c die längstwellige ist. Von den Tripletts der diffusen Nebenserie ist daher stets die m i t t l e r e L i n i e d i e s t ä r k s t e und die längstwellige die schwächste. Im Falle der H a u p t s e r i e verhalten sich nach der Summenregel (vgl. Fig. 24) die beiden Komponenten eines Liniendubletts einfach wie (2 j' -f 1): (2 j" + 1), wobei j' = \ und j" = f zu setzen ist. F ü r das Intensitätsverhältnis folgt daraus 1 : 2; die k ü r z e r w e l l i g e K o m p o n e n t e ist d o p p e l t so s t a r k wie die andere. Umgekehrt ist es i m Falle der s c h a r f e n N e b e n s e r i e (Fig. 25). Auch hier gilt natürlich das einfache 2

Allgemeiner gilt für das Intensitätsverhältiiis des Linientripletts das Verhältnis (2 l + l — 1): (2 l2 — l — 1): 1, wenn l die größere der beiden Nebenquantenzahlen ist. 3 Die experimentellen Methoden, die den im Utrechter Laboratorium in größtem Umfang ausgeführten Intensitätsmessungen zugrunde liegen, wurden von MOLL und O R N S T E I N ausgearbeitet. 2

§ 31.

Das

Magneton.

127

Verhältnis 1 : 2 ; doch ist hier die l ä n g e r w e l l i g e K o m p o n e n t e die stärkere. In Fällen von mehr als drei Komponenten reicht die Summenregel zur Intensitätsbestimmung nicht aus und muß dann noch durch weitere Überlegungen ergänzt werden, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann. 4 Wie schon früher S O M M E R F E L D gefunden hatte, zeigen sich ganz allgemein zwei Regeln erfüllt, die sich auch als sehr nützlich für die Termanalyse der Spektren erwiesen haben. Die Komponenten, bei denen sich die innere Quantenzahl in d e m s e l b e n S i n n e wie die Nebenquantenzahl ändert, sind stets i n t e n s i v e r als diejenigen Linien, bei denen die Änderung im entgegengesetzten Sinne erfolgt. Ferner sind die zu größerem j-Wert gehörigen Komponenten stets intensiver als diejenigen, die einem kleineren j-Werte entsprechen. Die Summenregel gilt übrigens in der angegebenen Form nur a n g e n ä h e r t , nämlich nur unter der Voraussetzung, daß die Abhängigkeit der Intensität von dem Frequenzwerte außer acht bleiben kann. Dies trifft nur bei kleiner Multiplettaufspaltung zu, während sonst komplizierte Korrekturen notwendig sind. Nach deren Vornahme erwies sich allerdings in der Mehrzahl der beobachteten Fälle die Summenregel empirisch bestätigt. 5 Verhältnismäßig einfache Intensitätsverhältnisse sind auch für die K o m p o n e n t e n des Z E E M A N - u n d d e s S T A R K - E f f e k t e s zu erwarten. Beide Probleme sind bereits vor der Aufstellung der neuen Quantenmechanik näherungsweise behandelt, aber erst durch diese exakt gelöst worden. 6 § 31. Das Magneton. Für die grundlegenden Annahmen der modernen Atomtheorie bedeutet es eine wesentliche Stütze, daß sie auch, unabhängig von allen spektroskopischen Erfahrungstatsachen, durch Beobachtungen auf rein elektrischem, auf rein chemischem und auf rein magnetischem Gebiete bestätigt werden konnten. Von den elektrischen Beobachtungen ist schon früher im Zusammenhang mit dem Phänomen der Elektronenstöße die Rede gewesen, von den chemischen öfter gelegentlich der Erörterung des periodischen Systems (so z. B. bei dem Parallelismus zwischen der chemischen und der spektroskopischen Zweideutigkeit des Kupfers). Die rein m a g n e t i s c h e n B e o b a c h t u n g e n , die eine ungemein eindrucksvolle Bestätigung der atomtheoretischen Grundlagen darstellen, glückten im Jahre 1922 G E R L A C H und S T E R N an den sogenannten Atomstrahlen. 4

Vgl. H. HÖNL, Annalen d. Physik 79, 1926, S. 273. Vgl. den zusammenfassenden Bericht von OKNSTEIN in der Physikal. Zeitschr. 28, 1927, S. 688. 6 Vgl. hierzu M. BORN, Probleme der Atomdynamik, Berlin (Springer) 1926, I. Teil, Vöries. 16; sowie E. SCHRÖDINGER, Abhandlungen zur Wellenmechanik, Leipzig (Barth) 1927. 5

128

Die Sféktren der Atome.

Diese beiden Forscher ließen Atome, die bei geeigneter Versuchsanordnung 1 von v e r d a m p f e n d e n M e t a l l e n in Form von Strahlen fortfliegen, durch ein i n h o m o g e n e s M a g n e t f e l d hindurchgehen und bewirkten dadurch eine A b l e n k u n g d e r S t r a h l e n . 2 Diese muß gemäß der klassischen Theorie p r o p o r t i o n a l d e r K o m p o n e n t e sein, die das m a g n e t i s c h e M o m e n t des einzelnen A t o m s in der E i c h t u n g d e s G r a d i e n t e n der Feldstärke besitzt. Aus der Quantentheorie folgt nun, wie schon in einem früheren Abschnitt (§ 17) dargelegt wurde, daß sich in einem Magnetfeld ein Atom nicht beliebig, sondern nur in bestimmten „ q u a n t i s i e r t e n E i c h t u n g e n " einstellen kann; die Zahl dieser Eichtungen ist, wie schon gezeigt worden war, gleich (2 j + 1), wenn j die für den Grundzustand des Atoms charakteristische i n n e r e Q u a n t e n z a h l ist. Die ersten Versuche von G E R L A C H und S T E R N betrafen S i l b e r s t r a h l e n . Da der Grundterm des Silbers ein Dublett-S-Term, also ein Term von dem j- Wert \ ist, erscheinen für das Silber nach der Theorie z w e i v e r s c h i e d e n e O r i e n t i e r u n g e n möglich. In der Tat fanden G E R L A C H und S T E R N bei ihrem Experiment, daß der Silberstrahl, dessen Querschnitt einige hundertste! Millimeter betrug, durch das inhomogene Magnetfeld i n z w e i d i s k r e t e S t r a h l e n a u f g e s p a l t e n wurde, wodurch der unmittelbare e x p e r i m e n t e l l e N a c h w e i s d e r E i c h t u n g s q u a n t e l u n g erbracht war (siehe Fig. 26 auf Tafel I). Aus der Größe der Ablenkung konnte auch die Größe der K o m p o n e n t e d e s m a g n e t i s c h e n M o m e n t s e r r e c h n e t werden, das einem e i n z e l n e n S i l b e r a t o m zukommt. Als Betrag hierfür ergab sich in absoluten Einheiten 9 • 10~21. Ganz allgemein können wir nun einen einfachen Z u s a m m e n h a n g zwischen dem mechanischen Drehimpuls und dem magnet i s c h e n M o m e n t ableiten, das einem beliebigen umlaufenden Körper zukommt, wofern er elektrisch geladen ist. Ist die Ladung Q und die Umlaufszahl co, so ist die Stromstärke in elektrostatischem Maß durch das Produkt Q CD und in elektromagnetischem Maß durch den Ausdruck Q co/c gegeben. Nach einer bekannten Beziehung muß daher das magnetische Moment (1)

c

sein, wenn F die Bahnfläche, also die sogenannte Stromfläche, bedeutet. 1 Vgl. hierzu und zu dem folgenden den zusammenfassenden Bericht von W. GERLACH über Atomstrahlen in den „Ergebnissen der exakten Naturwissenschaften" 3, 1924, S. 182 (Berlin, Verlag Springer). Der Entdecker der Atomätrahlen war DUSOYBR. 2 Ein. homogenes Magnetfeld kann deshalb keine Ablenkung hervorrufen, weil es den positiven Pol eines Magneten mit ebenso großer Kraft nach der einen Ssite wie den negativen Pol nach der entgegengesetzten Seite zieht. Der Gradient der magnetischen Feldstärke (also ihr „Gefälle") beträgt bei den Atomstrahlversuchen einige Hunderttausend Gauss pro Zentimeter.

§ 31. Das

129

Magneton.

Andererseits ist im Falle eines kreisenden Umlaufs der mechanisohe Drehimpuls bei einem Radius a durch die Beziehung gegeben (2)

U = mav

= ma-27taw

=

'ümcoF.

Daher wird (3) ^>

M = U ß— 2 mc •

Wenn wir nun als M a g n e t o n (JJ,0) den Wert definieren, den das magnetische Moment bei einem mechanischen Drehimpuls von der Größe und für die Ladung und Masse eines E l e k t r o n s annimmt, so finden wir eJl — Po-4nmc

t±\ w

oder fi0 = 9,21 • 10- 21 abs. Einh.

(5)

Aus den Versuchen von GERLACH und S T E R N folgt somit, daß sich ein S i l b e r a t o m in einem Magnetfeld so einstellt, daß die Komponente seines magnetischen Moments g e r a d e ein M a g n e t o n beträgt. Auf Grund der Quantentheorie müssen wir im allgemeinen wohl erwarten, daß bei einem beliebigen Grundstoff die Abweichungen des abgelenkten Atomstrahls den Produkten g m entsprechen, wenn g den LANDEschen A u f s p a l t u n g s f a k t o r bedeutet und m die möglichen Werte der magnetischen Quantenzahl sind. Bei S i l b e r , bei dem der Grundterm ein 2 £ Vi -Term ist, ist (nach Tabelle XVI) g = 2, und da j = \ ist, sind die möglichen Werte der magnetischen Quantenzahl -(- und — Der Atomstrahlversuch muß daher bei Silber in der Tat die Aufspaltungen + 1 und — 1, auf ein Magneton als Einheit bezogen, ergeben. Zu demselben Resultat führten begreiflicherweise auch Versuche mit Kupferund Goldstrahlen, da diese beiden Elemente einen Grundterm von derselben Art wie Silber haben. Da Terme von der inneren Quantenzahl Null nicht aufgespalten werden, so ist zu erwarten, daß Atomstrahlen derjenigen Grundstoffe überhaupt n i c h t a b g e l e n k t werden, die einen Term mit j = 0 als Grundterm haben. Dies ist bei den Elementen der zweiten Vertikalreihe der Fall (1.?0-Term) und bei den Grundstoffen der vierten Reihe ( 3 P 0 -Term). In der Tat zeigten Versuche von GERLACH, S T E R N und ihren Mitarbeitern das Unterbleiben einer Ablenkung bei den der zweiten Vertikalreihe angehörenden Metallen Zink, Cadmium und Quecksilber sowie bei den Grundstoffen Zinn und Blei der vierten Vertikalreihe. Bei T h a l l i u m , einem Element der dritten Reihe, ist der Grundterm ein 2 P. -Term; der Aufspaltungsfaktor beträgt f. Daher sind die möglichen m (/-Werte -f £ ur,d — und in der Tat ergaben sich bei dem Experiment nach beiden Seiten Ablenkungen, die einem Drittel Magneton entsprechen. Da die innere Quantenzahl j den gesamten Drehimpuls des Atoms bestimmt, so können Atome solcher Elemente, für die ein Term mit j = 0 HAAS, Atomtheorie. 2. Aull.

9

130

Die Spektren der Atome.

Grundterm ist, auch kein eigenes magnetisches Moment besitzen; solche Grundstoffe müssen sich also d i a m a g n e t i s c h verhalten. P a r a m a g n e t i s m u s ist nur dann möglich, wenn i m Grundzustand j v o n Null verschieden ist. I n einem Magnetfeld zeigen natürlich die Atome eines paramagnetischen Stoffes das Bestreben, sich p a r a l l e l zu stellen; doch wirken diesem Bestreben die durch die innere Wärmebewegung verursachten unaufhörlichen m o l e k u l a r e n Z u s a m m e n s t ö ß e entgegen, die das Zustandekommen einer „magnetischen Sättigung" vereiteln. Die Folge ist die Ausbildung einer Art statistischen Gleichgewichtes, das sich in einer T e m p e r a t u r a b h ä n g i g k e i t d e s P a r a m a g n e t i s m u s kundgibt. Die Erfahrung zeigt, daß für jeden paramagnetischen Körper die m a g n e t i s c h e S u s z e p t i b i l i t ä t ( d . h . das bei einer Feldstärke v o n 1 Gauss erlangte magnetische Moment) d e r a b s o l u t e n T e m p e r a t u r u m g e k e h r t p r o p o r t i o n a l ist. Das Produkt aus der Suszeptibilität, die i m folgenden auf ein Gramm-Atom bezogen werde, und der absoluten Temperatur stellt also für jeden Stoff eine charakteristische Konstante dar, die als seine C ü B i E s c h e K o n s t a n t e bezeichnet wird. 3 Unter der damals selbstverständlich erschienenen Voraussetzung, daß a l l e O r i e n t i e r u n g e n der Atome i m Magnetfelde g l e i c h m ö g l i c h seien, deduzierte im Jahre 1905 LANGEVIN für die CuRiEsche Konstante die Beziehung (6)

C =

l

U2 T?

Dabei bedeuten L die LoscHMiDTSche Zahl, R die absolute Gaskonstante (8,313-10 7 Erg/grad) und ¡x das magnetische Moment des einzelnen Atoms (bzw. der einzelnen Molekel, wenn die Suszeptibilität auf ein Mol bei zogen wird). Wird im Sinne der neueren Theorie die R i c h t u n g s q u a n t e l u n g berücksichtigt, so tritt an die Stelle des Zahlenfaktors | der Mittelwert von m 2 / j 2 , wenn m die magnetische Quantenzahl ist, die alle u m Eins voneinander abstehenden Werte von — j bis + j annehmen kann. Wir finden also at\ (7)

~f™Y

(T)

1

1

2

Aus der Algebra folgt nun die bekannte Beziehung l 2 + 22 + 32 +

. • •

=

x(x + 1) (2 z + 1)

f

und dieselbe Beziehung gilt, wovon man sich leicht überzeugen kann, auch für die Summe ( i ) 2 + ( f ) 2 + • • • x*> wenn x ein ungerades Vielfaches von \ ist. Wir finden daher % m2 = —i

(8) 3

ÜLti)(2_i±il .

Die Bezeichnung erfolgt nach Pierre CURIE, der die umgekehrte Proportionalität

zwischen Suszeptibilität und Temperatur entdeckte.

§ 31. Das

131

Magneton.

Dies ergibt, in Gl. 7 eingesetzt, »

W

R

-

^

-

In Gl. 6 haben wir schließlich im Sinne der neuen Theorie (10)

l* = g jpo

zu setzen, wobei /x0 wieder das Magneton bedeutet. Ersetzen wir also in Gl. 6 den Faktor ^ durch den Faktor der Gl. 9, so finden wir (11)

C =

+

Wenn wir für die universellen Konstanten fi0, L und R die entsprechenden Werte einführen, erhalten wir derart die wichtige Formel (12)

g i j (j + 1) = 2,83 1 f C ~ .

Diese Beziehung hat sich bei den paramagnetischen Grundstoffen als recht gut erfüllt erwiesen.4 Aus der Gl. 10 ist es ersichtlich, daß die festen magnetischen Momente eines einzelnen Atoms zwar rationale, aber im allgemeinen k e i n e s w e g s g a n z z a h l i g e V i e l f a c h e eines Magnetons sein müssen. Dadurch entfällt auch eine Schwierigkeit, die in früheren Jahren von den theoretischen Physikern sehr störend empfunden worden war. Bereits im Jahre 1911, also noch vor der Begründung der BoHRschen Atomtheorie, glaubte nämlich P I E R R E W E I S S gefunden zu haben, daß im Zustande magnetischer Sättigung (also bei genügend tiefen Temperaturen) die magnetischen Momente der einzelnen Molekeln ganzzahlige Vielfache einer Größe seien, die er zuerst als Magneton bezeichnete, für die er aber auf Grund der empirischen Daten einen f ü n f m a l k l e i n e r e n W e r t ermittelte, als ihn später auf Grund theoretischer Überlegungen B O H R für die Größe ¿t0 errechnete. 6 Dieser scheinbare Widerspruch fand eben durch die vorhin 4 Besonders bemerkenswert ist in dieser Hinsicht der Versuch von HUND, auf Grund naheliegender spektroskopischer Annahmen für die d r e i f a c h e n I o n e n der s e l t e n e n E r d e n (die vermutlich außer der Xenon-Konfiguration nur ein bis vierzehn /-Elektronen enthalten) die CiraiEache Konstante nach Gl. 12 zu deduzieren. Außer in zwei Fällen (62 Samarium und 63 Europium) erhielt H U N D eine vorzügliche Übereinstimmung mit den ihm vorliegenden empirischen Werten. Vgl. HUND, Linienspektren und periodisches System. 6 W E I S S glaubte zu finden, daß die auf ein Mol bezogenen magnetischen Momente im Zustand der Sättigung ganzzahlige Vielfache von 1123 absoluten Einheiten seien. Division durch die LoscHMiDTsche Zahl führt zu dem Werte 1,85 -lO - 2 1 ; diese Größe wurde früher als WEisssches Magneton bezeichnet im Gegensatze zu dem Bomtschen Magneton, das 4,97 mal größer ist. — In diesem Zusammenhange sei noch erwähnt, daß bei den f e r r o m a g n e t i s c h e n Körpern, die einen permanenten Magnetismus aufweisen, die Theorie das Hinzukommen von Kräften annimmt, die zwischen den Molekeln wirken, die aber oberhalb einer bestimmten Temperatur, die als CURIE-Punkt bezeichnet wird und bei der zugleich eine sprunghafte Änderung der spezifischen Wärme erkennbar ist, unwirksam werden. Der CuniE-Punkt liegt z. B. für Eisen bei 750°, für Nickel bei 375°. Vgl. auch § 50.

9*

Die Spektren der Atome.

182

angegebenen Überlegungen, die im wesentlichen von P A U L I herrühren, seine Lösung. Die der modernen Theorie des Magnetismus zugrunde liegende Vorstellung eines m a g n e t o - m e c h a n i s c h e n P a r a l l e l i s m u s erhielt eine unmittelbare Bestätigung in zwei Versuchen, deren einer auf E I N S T B I N und D E H A A S , deren anderer auf B A R N E T T zurückgeht. E I N S T E I N und DE H A A S gelang es im Jahre 1915, einen Stab aus weichem Eisen durch rasches U m m a g n e t i s i e r e n in D r e h u n g zu versetzen, und umgekehrt ist es im Jahre 1 9 1 7 B A K N E T T gelungen, einen Stab aus w e i c h e m E i s e n d u r c h r a s c h e R o t a t i o n zu m a g n e t i s i e r e n . In quantitativer Hinsicht zeigte sich bei beiden Effekten vollkommene Übereinstimmung zwischen den beobachteten und errechenbaren Ergebnissen, bis auf das Hinzukommen eines Faktors der aber später seine Erklärung durch den Elektronen-Spin fand. § 32. Die angeregten Zustände der Atome. Der Zustand der A n r e g u n g stellt für die Atome einen abnormalen, rasch vorübergehenden Zustand dar, in' den die Atome durch Absorption von Lichtquanten übergeführt werden können. Viel häufiger als durch Absorption erfolgt indessen die Anregung der Atome derart, daß die dazu erforderliche Energie dem W ä r m e v o r r a t des betreffenden Körpers entnommen wird. In einem Gase erfolgen ja nach der grundlegenden Vorstellung der kinetischen Wärmetheorie unaufhörlich Z u s a m m e n s t ö ß e zwischen den rasch bewegten Molekeln. Hierbei kann natürlich T r a n s l a t i o n s e n e r g i e i n i n n e r a t o m a r e E n e r g i e v e r w a n d e l t werden, was allerdings, wofern sich das gestoßene Atom vorher im Grundzustand befand, nur möglich ist, wenn die relative kinetische Energie zumindest ebenso groß ist wie die Anregungsenergie. (Bei den vor allem untersuchten einatomigen Dämpfen der Metalle der ersten zwei Vertikalreihen sowie bei den Edelgasen decken sich die Begriffe des Atoms und der Molekel.) Wenn nun derart durch Zusammenstöße angeregte Atome unter Emission von Lichtquanten in den Grundzustand zurückkehren, so tritt die allgemein bekannte Erscheinung des T e m p e r a t u r l e u c h t e n s ein. Außer durch genügende Erhitzung können übrigens die Atome von Gasen auch durch Stöße rasch bewegter Ionen in e l e k t r i s c h e n F e l d e r n angeregt werden, wie das L e u c h t e n v e r d ü n n t e r Gase in E n t l a d u n g s r ö h r e n beweist. Die m i t t l e r e E n e r g i e , die eine einatomige G a s m o l e k e l infolge ihrer T r a n s l a t i o n bei einer absoluten Temperatur T hat, ist nun, wie aus der kinetischen Gastheorie folgt, gleich 3 / 2 k T, wobei k, die sogenannte BoLTZMANNsche Konstante, gleich 1,372 • 10" 16 erg/grad ist. 1 3

Für zweiatomige Gasmolekeln tritt an die Stelle des Faktors 3/2 der Faktor 5/2. Die BoLTZMANNsche Konstante ist der Quotient aus der Gaskonstante und der LoscHMlDTschen Zahl.

§ 32. Die angeregten Zustände der Atome.

133

Bei Zimmertemperatur, für die T rund 300 beträgt, ist somit der Mittelwert der Translationsenergie einer einatomigen Molekel etwa 6-lO - 1 4 Erg. Andererseits ist ganz allgemein nach einer fundamentalen Beziehung der Molekularstatistik der B r u c h t e i l oc der Molekeln, dessen Translationsenergie größer als das z-fache des Durchschnittswertes ist, gleich e~". Betrachten wir beispielsweise Cäsium, das unter allen Alkalimetallen die kleinste Anregungsenergie, nämlich 2-10 - 1 2 Erg, hat, so ist bei Zimmertemperatur der Bruchteil « der Atome, deren Translationsenergie die Anregungsenergie übertrifft, (weil x ungefähr gleich 30 zu setzen ist) etwa gleich 10~13. Bei einer Temperatur von 1200° ( = 1500° abs.) wird x etwa gleich 6 und somit a ungefähr gleich 1/400. Während also bei Zimmertemperatur nur ein völlig bedeutungsloser Bruchteil der Atome über eine kinetische Energie verfügt, die durch ihre Übertragung auf ein anderes Atom dieses anzuregen vermag 2 , ist bei 1200° dieser Bruchteil groß genug, um ein merkliches Leuchten des Dampfes hervorzurufen. Nach der Theorie müssen wir erwarten, daß bei dem Einsetzen des Temperaturleuchtens in jedem Dampf zuerst diejenige Spektrallinie auftritt, die dem "Übergang aus dem niedrigsten angeregten Zustand in den Grundzustand entspricht. Je längerwellig diese Linie, je kleiner also die Anregungsenergie ist, bei um so tieferer Temperatur muß die Strahlungsemission einsetzen. Bei fortgesetztem Überschreiten dieser Temperatur müssen wir wieder erwarten, daß die übertragene Translationsenergie immer häufiger auch zu höheren Anregungen ausreicht und infolgedessen ständig neue Spektrallinien zu der ursprünglichen hinzukommen. In der Tat zeigen sich alle diese Folgerungen aus der Theorie durch das Experiment bestätigt. Die I o n i s i e r u n g s e n e r g i e erweist sich im allgemeinen als ungefähr zwei- bis dreimal so groß wie die Anregungsenergie. Beziehen wir den Bruchteil a, statt wie früher auf die Anregung, nunmehr auf die Ionisierung, so werden wir daher denselben Wert von x bei einer zwei- bis dreimal so hohen Absoluttemperatur erwarten müssen. Indessen läßt sich die Ionisierung bereits bei einem viel kleineren Werte von a feststellen als die Anregung. Bringt man nämlich Salze eines Metalls in eine Flamme, so macht sich eine noch so geringe Ionisierung sofort durch eine merkliche e l e k t r i s c h e L e i t f ä h i g k e i t der F l a m m e bemerkbar, für deren Nachweis wir in dem Galvanometer ein außerordentlich empfindliches Instrument besitzen. Wie es die Theorie erwarten läßt, zeigt sich bei gegebener Temperatur die Flammenleitung um so intensiver, je kleiner der optische Grundterm des betreffenden Metalls ist. Ionisierte Atome können natürlich in ganz ähnlicher Weise wie neutrale Atome angeregt werden, indem ein übrig gebliebenes Valenz2 Eigentlich kommt es nicht auf die mittlere Translationsenergie an sich an, sondern auf den Mittelwert der Relativenergie bei dem Zusammenstoß. Beide Größen sind aber, wie aus der kinetischen Gastheorie folgt, nur durch einen unwesentlichen Faktor voneinander verschieden.

Die Spektren der Atome.

134

elektron in einen höherquantigen Zustand übergeht. Am leichtesten, schon durch eine Temperaturerhöhung bis zu etwa 2 0 0 0 ° C , sind die Funkenspektren der zweiten Vertikalreihe erregbar, deren einfache Ionen ja noch ein übrig gebliebenes, locker gebundenes Valenzelektron enthalten. So treten bei den Elementen der zweiten Vertikalreihe oft Bogen- und Funkenlinien miteinander vermischt auf. Hingegen sind die Funkenspektren der Alkalimetalle sehr schwer erregbar, da ihre Atome schon vorher im neutralen Zustand nur ein einziges Valenzelektron hatten. Durch diese Folgerungen aus der Atomtheorie erklären sich auch, wie zuerst im Jahre 1 9 2 0 der indische Physiker S A H A gezeigt hat, manche scheinbar paradoxe Ergebnisse der S o n n e n s p e k t r o s k o p i e . 3 Es war früher ganz unverständlich gewesen, warum in dem Sonnenspektrum zwar das Natrium sehr stark, das Kalium hingegen nur schwach vertreten ist und das Eubidium und Cäsium völlig fehlen. Nach der treffenden Erklärung, die S A H A gab, sind die Alkalimetalle auf der Sonne ebenso vorhanden wie auf der Erde; aber sie bleiben z u m T e i l u n e r k e n n b a r , weil sie infolge der hohen Temperatur fast durchweg i o n i s i e r t sind und sich ihre Funkenspektren, deren Linien im Ultraviolett liegen, der spektroskopischen Wahrnehmung entziehen. Daß aber durch die Bogenlinien im Sonnenspektrum Na stark vertreten ist, K nur schwach und Rb und Cs überhaupt nicht, erklärt sich wieder daraus, daß Rb und Cs die geringste Ionisierungsenergie haben, die von K etwas und die von Na wesentlich größer ist. 4 Im Gegensatz zu den Alkalimetallen sind die alkalischen Erden in dem sichtbaren Teile des Sonnenspektrums auch durch die Linien ihrer ionisierten Atome vertreten; so gehören beispielsweise die beiden starken FRAUNHOFERSchen Linien H und K dem Funkenspektrum des Calciums an. 5 Auch für die merkwürdige Tatsache, daß das Sonnenspektrum das schwere Calcium in viel größeren Höhen der Sonnenatmosphäre anzeigt als den viel leichteren Wasserstoff, fand S A H A eine einfache Deutung. Die im sichtbaren Wellenlängenbereich gelegenen Calciumlinien erfordern nämlich eine geringere Anregungsenergie als die ebenfalls im sichtbaren Bereich gelegenen Linien des Wasserstoffs, dessen l e i c h t erregbare Linien dem Ultraviolett angehören. 6 In den höheren Regionen der Sonnenatmosphäre, in denen die Temperatur niedriger als in den unteren Regionen ist, reicht daher die bei den molekularen Zusammenstößen übertragene Energie zwar noch zu der Erregung der sichtbaren Calciumlinien, nicht mehr aber zu der Erregung der sichtbaren Wasserstofflinien aus. 3

Phil. Mag. 40, 1920, S. 472 und 809, sowie 41, 1921, S. 267. Vgl. auch den Bericht von KOHLSCHÜTTER in den „Naturwissenschaften" 9, 1921, S. 863. 4 Vgl. Tabelle VII. Außer der Verschiedenheit der Ionisierungsenergie spielt allerdings auch die verschiedene Häufigkeit eine Rolle. 6 Die frühere Anschauung, daß Calcium das häufigste Element in der Sonnenatmosphäre sei, ist durch die Forschungen SAHAS natürlich hinfällig geworden. • Die der Anregungsenergie im engeren Sinne dieses Wortes entsprechende Wasserstofflinie ist die erste Linie der LYMAN-Serie von 1216 A.

§ 32. Die angeregten Zustände der Atome.

135

Die Energie, die erforderlich ist, um einem Atom eines seiner i n n e r e n P l a n e t e n e l e k t r o n e n zu entreißen, ist, wie aus der Betrachtung der R o n t g e n t e r m e folgt, bei den höchsten Elementen einige hundertbis rund 20000 mal größer als etwa die Ionisierungsenergie des Natriums. Betrachten wir beispielsweise U r a n , so folgen aus den Röntgenspektren für das Verhältnis seines /¿-Terms und seiner numerisch größten L- und M-Terme zu dem RYDBERG-Term die Werte 8477, 1603 und 409, während bei N a t r i u m das Verhältnis des die Ionisierungsenergie messenden Grundterms zu dem RYDBERG-Term 0,378 beträgt. Die Ionisierungsenergie des Wasserstoffatoms ist einfach dem Produkt aus R Y D B E R G Term, Lichtgeschwindigkeit und elementarem Wirkungsquantum gleich und beträgt somit 2,15 1 0 - 1 1 Erg. Berechnen wir, indem wir diese Energie gleich T setzen, die ä q u i v a l e n t e T e m p e r a t u r , so finden wir etwa 104000°. Bei Natrium ist die äquivalente Temperatur (wie wir durch Multiplikation mit 0,378 ermitteln) etwa 39000°. Bei den drei betrachteten Urantermen wären die äquivalenten Temperaturen rund 880,170 und 40 Millionen Grad; bei mittleren Elementen wären, entsprechend dem MOSELEYschen Gesetz, die Temperaturen etwa ein viertelmal so hoch wie bei Uran anzunehmen. Die Astronomen sind nun auf Grund verschiedener Überlegungen übereinstimmend zu der Erkenntnis gelangt, daß die T e m p e r a t u r i m I n n e r e n e i n e s F i x s t e r n e s mit ungefähr v i e r z i g M i l l i o n e n G r a d anzusetzen sei. 7 Nach dem eben Gesagten ergibt sich hieraus notwendigerweise die Folgerung, daß im I n n e r e n d e r S t e r n e die A t o m e i h r e r P l a n e t e n e l e k t r o n e n g r o ß e n t e i l s b e r a u b t sind. Diese Folgerung liefert eine sehr einfache Erklärung für eine zunächst höchst paradox erschienene Erkenntnis, zu der die Astronomen durch das Studium des S i r i u s b e g l e i t e r s geführt wurden. Sie fanden, daß die Oberfläche dieses Sternes stärker glüht als die der Sonne, daß aber gleichwohl die emittierte Gesamtstrahlung nur den 360sten Teil der Sonnenstrahlung ausmacht. Daraus folgt, daß die Oberfläche des Siriusbegleiters wenigstens 360 mal kleiner sein muß als die Sonnenfläche. Andererseits konnten die Astronomen aber auch unmöglich an dem sicheren Ergebnis himmelsmechanischer Beobachtungen zweifeln, wonach die Masse des Siriusbegleiters vier Fünftel der Sonnenmasse beträgt. Sind aber beide Erkenntnisse richtig, dann muß, wie zuerst E D D I N G T O N darlegte, die D i c h t e des Siriusbegleiters etwa 60000mal größer als die des Wassers sein, also mehr als 2000 mal größer als die des PlatinB. Diese zunächst so merkwürdige Folgerung fand ihre vollkommene Bestätigung, als (wie schon in § 6 erwähnt wurde) A D A M S bei dem Siriusbegleiter in der Tat als „EINSTEIN-Effekt" die außerordentlich g r o ß e L i n i e n v e r s c h i e b u n g feststellen konnte, die den angenommenen Werten des 7 Vgl. A. S. EDDINGTON, Der innere Aufbau der Sterne (Deutsche Ausgabe, Berlin, Springer, 1928) oder auch seine ausgezeichnete populäre Schrift „Sterne und Atome" (Deutsche Ausgabe, Berlin, Springer, 1928).

136

Die Spektren der Atome.

Radius und der Masse entspricht. Das Rätsel einer so u n g e h e u e r e n S t e r n d i c h t e findet eben, wie E D D I N G T O N zeigte, seine Lösung durch die Erkenntnis, daß im Inneren der Sterne den Atomen die Planetenelektronen nahezu vollständig fehlen, so daß die derart verstümmelten Atome ein weit g e r i n g e r e s V o l u m e n als die vollständigen irdischen Atome beanspruchen. Wie die Anregung der Atome durch Strahlung und durch Zufuhr mechanischer Energie erfolgen kann, so kann sich auch die R ü c k k e h r e i n e s a n g e r e g t e n A t o m s in d e n G r u n d z u s t a n d entweder strahlend oder strahlungslos vollziehen. Wenn im besonderen die Anregung durch Einstrahlung und die Rückkehr durch Ausstrahlung erfolgt, 60 entsteht das bekannte Phänomen der F l u o r e s z e n z . In dem besonderen Falle, in dem die sekundäre Strahlung mit der primären in der Wellenlänge übereinstimmt, spricht man von einer R e s o n a n z s t r a h l u n g . Eine solche ist nach dem in einem früheren Abschnitt Gesagten dann zu erwarten, wenn ein Dampf bei genügend tiefer Temperatur, bei der es noch keine angeregten Atome gibt, mit Licht von der Wellenlänge einer R e s o n a n z l i n i e bestrahlt wird. Die Erscheinung der Resonanzstrahlung wurde schon lange vor der Begründung der Atomtheorie festgestellt und untersucht, vor allem von E. W I E D E M A N N und W O O D an N a t r i u m d a m p f und von W O O D an Q u e c k s i l b e r d a m p f . Bei geringem Druck stimmt in der Tat die gesamte Energie des reemittierten Lichtes mit der aus der primären Strahlung absorbierten Energie überein. Erst bei Zunahme des Druckes wird ein Teil der absorbierten primären Strahlung in molekulare Translationsenergie verwandelt, was sich in einer Erwärmung des fluoreszierenden Dampfes äußert. Wird ein Gas mit Licht von einer Frequenz bestrahlt, die g r ö ß e r a l s die R e s o n a n z f r e q u e n z ist und die dem Energieunterschied zwischen dem Grundzustand und einem h ö h e r e n angeregten Zustand entspricht, dann kann sich die R ü c k k e h r des Atoms aus dem in höherem Grade angeregten Zustand in den Grundzustand auch s t u f e n w e i s e vollziehen. In der Fluoreszenzstrahlung können daher dann auch Linien von Wellenlängen auftreten, die größer sind als die des erregenden Lichtes. Jedenfalls kann aber ein vor der Erregung normales Atom keine Fluoreszenzstrahlung emittieren, die kürzerwellig wäre als die primäre Strahlung, wodurch sich die bereits in einem früheren Abschnitt (§ 6) erwähnte F l u o r e s z e n z r e g e l v o n S T O K E S erklärt. Nur dann, wenn das bestrahlte Atom bereits vorher angeregt war, kann ausnahmsweise (etwa bei der Rückkehr in den Grundzustand) auch der Fall eintreten, daß die Fluoreszenzstrahlung eine kürzere Wellenlänge als die erregende Strahlung aufweist. Von den angeregten Atomen eines fluoreszierenden Gases kehrt im allgemeinen nur ein Bruchteil strahlend in den Grundzustand zurück; bei den übrigen vollzieht sich die Rückkehr infolge von Z u s a m m e n -

§ 32. Die angeregten Zustände

der

Atome.

187

s t o ß e n mit anderen Atomen strahlungslos. In solchen Fällen müßte die überschüssige atomare Energie sich in Translationsenergie umwandeln und dadurch die vorhandene Wärmeenergie vermehren. Das Verhältnis zwischen beiden Bruchteilen hängt offenbar von dem Verhältnis ab, das zwischen der gastheoretisch berechenbaren m i t t l e r e n Zeit z w i s c h e n zwei Z u s a m m e n s t ö ß e n u n d der d u r c h s c h n i t t l i c h e n V e r w e i l z e i t des a n g e r e g t e n Z u s t a n d e s besteht. Solange die erste Zeitgröße wesentlich über die zweite überwiegt, müßte die gesamte Energie der Fluoreszenzstrahlung nahezu ebenso groß sein wie die gesamte Energie, die das fluoreszierende Gas aus der primären Strahlung absorbiert. Wird hingegen die mittlere Zeit zwischen zwei Zusammenstößen v e r k ü r z t , indem durch B e i m i s c h u n g eines Z u s a t z g a s e s der D r u c k e r h ö h t wird, so müßte die F l u o r e s z e n z allmählich a u s g e l ö s c h t werden, wenn die mittlere Zeit zwischen zwei Stößen von derselben Größenordnung wie die durchschnittliche Verweilzeit wird. Die Auslöschung der Fluoreszenz hat in der Tat W O O D beobachtet, als er fluoreszierendem Quecksilberdampf Luft beimischte. 8 Aus seinen sowie aus späteren Beobachtungen anderer Forscher 9 ergibt sich die m i t t l e r e V e r w e i l z e i t des a n g e r e g t e n A t o m z u s t a n d e s bei Quecksilber zu ungefähr 10 - 8 sec. Etwa zehnmal so klein ist, wie nur nebenbei erwähnt sei, die Zeit, die W I E N für das A b k l i n g e n des L e u c h t e n s von angeregten K a n a l s t r a h l t e i l c h e n ermittelte. 10 Auch eine Ü b e r t r a g u n g v o n A n r e g u n g s e n e r g i e von Atomen eines Stoffes auf A t o m e eines a n d e r e n S t o f f e s konnte experimentell nachgewiesen werden, wobei die Übertragung offenbar durch Zusammenstöße bewerkstelligt wird. Diese Erscheinung, bei der also Licht von Atomen einer Art absorbiert und von den Atomen der anderen Art reemittiert wird, wird als s e n s i b i l i s i e r t e F l u o r e s z e n z bezeichnet. Sie wurde zuerst (1922) von F R A N C K und C A R I O 1 1 bei einem G e m i s c h v o n Q u e c k s i l b e r d a m p f u n d T h a l l i u m d a m p f beobachtet. Ein solches Gemisch wurde bei geeignetem Druck und niedriger Temperatur mit ultraviolettem Quecksilberlicht von der Resonanzwellenlänge von 2537 Ä bestrahlt. Diese Strahlen werden natürlich von den Quecksilberatomen absorbiert, nicht aber von den Atomen des Thalliums, dessen Spektrum in dem Gebiete um 2500 A keine Linien aufweist, die bei der Absorption den Grundzustand als Anfangszustand haben. Trotzdem traten in dem Spektrum der Fluoreszenzstrahlung alle Linien des Thalliums auf, deren Anregungsenergie geringer ist als ein Lichtquant von der Wellenlänge von 2537 Ä. 8 Phil. Mag. 21, 1911, S. 309. » Vgl. G. CAMO, Zeitschr. f. Physik 10, 1922, S. 185. 10 W. WIEN, Ann. d. Phys. 60, 1919, S. 597 und 66, 1921, S. 229. 11 Vgl. den zusammenfassenden Bericht von J. FRANCK in „Ergebnisse der exakten Naturwissenschaften", Band II, Berlin (Springer) 1923.

188 Die Zeit, in der ein Atom in einem angeregten Zustande v e r w e i l t , hängt natürlich von der W a h r s c h e i n l i c h k e i t des Ü b e r g a n g e s aus diesem Zustand in einen anderen Zustand ab. Verhältnismäßig lange V e r w e i l z e i t e n sind daher dann zu erwarten, wenn ein Atom, etwa durch Zusammenstoß, in einen abnormalen Zustand versetzt wird, aus dem nach den spektroskopischen, jedoch nicht ausnahmslos gültigen Kombinationsregeln nur ein „ v e r b o t e n e r " Ü b e r g a n g in den Grundzustand zurückführt. Ein derartiger Zustand wird als m e t a s t a b i l bezeichnet. Er wird natürlich in der Eegel durch Zusammenstöße mit anderen Atomen längst zerstört, bevor es zu der Emission der verbotenen Linie kommt. In der Tat konnten metastabile Zustände bei den Edelgasen, bei Quecksilber und auch bei anderen Stoffen festgestellt und ihre Lebensdauern gemessen werden-. So fand beispielsweise M E I S S N E R 1 2 bei einem metastabilen Zustand des Neons für die durchschnittliche Lebensdauer bis zu der Emission zweier von diesem Zustand ausgehender verbotener Linien 0,0036 und 0,0042 sec, D O R G E L O 1 3 bei A r g o n ungefähr sec. Die metastabilen Zustände haben also in diesen Fällen eine ungefähr hunderttausendmal größere Lebensdauer als die gewöhnlichen angeregten Zustände. Besonders bemerkenswert ist die M e t a s t a b i l i t ä t des H e l i u m s . F RAN CK ist es gelungen, durch E l e k t r o n e n s t ö ß e Heliumatome aus dem Paragrundzustand in den niedrigsten Orthogrundzustand (vgl. § 22) überzuführen, wozu eine sogenannte U m w a n d l u n g s s p a n n u n g von 19,8 Volt erforderlich ist. Daß der derart hergestellte zweiquantige Orthozustand aber nun in der Tat metastabil ist, geht aus der Tatsache hervor, daß dieser Zustand eine eigene B e s o n a n z l i n i e aufweist, die dem Übergange von einem Ortho-P-Term zu dem Ortho-S-Grundterm entspricht. Sie hat eine Wellenlänge von 10830 A oder ungefähr 1 Wird Helium, in dem durch Elektronenstöße eine genügende Zahl metastabiler Atome erzeugt wurde, mit ultrarotem Licht von etwa 1 /1 bestrahlt, so tritt vollkommene Resonanz ein. Dem metastabilen Zustand entspricht natürlich eine g e r i n g e r e I o n i s i e r u n g s e n e r g i e als dem Normalzustand. Der Unterschied der Ionisierungsspannungen des normalen und des metastabilen Atoms muß der Umwandlungsspannung gleich sein. Da die Ionisierungsspannung des normalen Heliums 24,5 Volt beträgt und die Umwandlungsspannung 19,8 Volt, so ergibt sich die Ionisierungsspannung des metastabilen Heliums zu etwa 4,7 Volt. Das metastabile Heliumatom müßte daher 12 K. W. M E I S S N E R , Ann. d. Phys. 76, 1925, S. 124. Im wesentlichen bestand das Prinzip der MEissNERschen Versuche darin, daß Wechselstrom durch zwei Entladungsrohren gesandt wurde, die mit dem zu untersuchenden Gas gefüllt waren, und von denen eine der Emission, die andere der Absorption der Linien diente. 13 Vgl. H . B. DORGELO und T . P. K . WASHINGTON, Proc. Amsterdam Acad. 30, 1927, S. 33. Vgl. auch den zusammenfassenden Bericht über die Leuchtdauer der Atome von K E R S C H B A U M , Ann. d. Phys. 83, 1927, S. 287.

189

ein Elektron leichter abgeben als Lithium und Natrium 14 , es mußte also noch e l e k t r o p o s i t i v e r sein als diese Alkalimetalle und im Gegensatz zu den Edelgasen eine ziemliche c h e m i s c h e A k t i v i t ä t aufweisen. In der Tat vermochte M A N L E Y 1 5 die Bildung von V e r b i n d u n g e n z w i s c h e n H e l i u m u n d Q u e c k s i l b e r (vermutlich HgHe a und HgHe10) nachzuweisen; auch das Auftreten eines Bandenspektrums des Heliums bei genügend hoher Dichte dürfte auf Molekelbildung durch metastabile Atome zuruckzufuhren sein. Die durch die spektroskopischen Prinzipe verbotenen Linien können m der Regel schon deshalb nicht beobachtet werden, weil auch bei der größten herstellbaren Verdünnung ein Atom nicht länger als einen Bruchteil einer Sekunde ungestört bleiben kann. Anders ist es aber m den ungeheuer dünnen k o s m i s c h e n N e b e l n , m denen, wie astronomische Überlegungen zeigen, ein Atom vielleicht ein Jahr lang sich völlig ungestört fortbewegen kann. So erscheint es möglich, daß m kosmischen Nebeln Atome verbotene Übergänge vollziehen, zu denen sich unter irdischen Verhältnissen wegen der unaufhörlichen Störungen keine Gelegenheit bietet. In der Tat ist es den Astrophysikern schon frühe aufgefallen, daß in den Spektren der Nebel sonst nicht beobachtbare Linien auftreten, die ursprunglich einem auf der Erde unbekannten Element, dem sogenannten Ne b u h um 16 , zugeschrieben wurden. Im Jahre 1927 vermochte indessen B O W E S 1 ' das mysteriöse Nebulium mit L u f t zu identifizieren. Die wichtigsten Nebuliumlinien entsprechen, wie B O W E N zeigen konnte, verbotenen Übergängen aus metastabilen Zuständen des z w e i f a c h i o n i s i e r t e n S a u e r s t o f f - und des i o n i s i e r t e n S t i c k s t o f f a t o m s . Unter der plausibeln Voraussetzung, daß ein Nebel Sauerstoff in einer Gesamtmasse enthält, die der Sonnenmasse gleichkommt, würde es, wie E D D I N G T O N zeigte18, genügen, wenn jedes Sauerstoffatom einmal m einem Jahrhundert einen solchen verbotenen Übergang vollzieht, um eine Gesamtstrahlung des Nebels hervorzurufen, die die gesamte Strahlung der Sonne hundertfach überragt. Auch die rätselhafte g r ü n e N o r d l i c h t l i n i e , die zu den mannigfachsten Spekulationen Anlaß gab, weil sie früher mit keiner anderen bekannten Linie identifiziert werden konnte, ist von M A C L E N N A N I 9 als eine verbotene Linie des S a u e r s t o f f s erkannt worden. 11

Vgl. Tabelle VII in §21.

15

Vgl. J . J . MANLEY, P h i l . M a g . (7)

16

. 1927, S. 699.

Diese Hypothese schien zunächst auf Grund des Umstandes gerechtfertigt, daß Helium zuerst auf der Sonne festgestellt und erst spater auf der Erde tatsächlich aufgefunden wurde. Seit der Auffindung der natürlichen Grundstoffreihe wurde diese Hypothese selbstverständlich hinfällig. 17

18

J . S. BOWEN, N a t u r e 120,

1927, S. 4 7 3 .

Vgl. den Anhang zur deutschen Ausgabe von „Sterne und Atome", Berlin, Springer, 1928. « J . C. MAO LESTNAN, Proc. Roy. Soc. London (A) 108, 1925, S. 501; 120, 1928 S. 327.

IV. K a p i t e l .

Die Röntgenstrahlen. § 33. Die Baumgitter. Schon bald nach der im Jahre 1895 erfolgten Entdeckung der R ö n t g e n s t r a h l e n gelangten die Physiker zu der Überzeugung, daß die neuen Strahlen b e s o n d e r s k u r z w e l l i g e e l e k t r o m a g n e t i s c h e W e l l e n darstellen müssen. Verschiedene Überlegungen führten schon früh dazu, die Größenordnung der Wellenlänge richtig mit etwa 10~9 cm anzunehmen 1 , wodurch es sich auch erklärte, daß alle Versuche, an den Röntgenstrahlen I n t e r f e r e n z - oder B e u g u n g s e r s c h e i n u n g e n mittels der in der Optik gebräuchlichen Mittel nachzuweisen, zunächst ziemlich erfolglos blieben. Die sonst üblichen Beugungsgitter konnten nicht verwendet werden; denn wie aus der Theorie der Gitter folgt (und wie im folgenden eingehender gezeigt werden soll), darf der Abstand zweier Gitterstriche nicht wesentlich größer sein als die Wellenlänge des zu untersuchenden Lichtes. Zur Untersuchung der Röntgenstrahlen wären daher Gitter nötig, bei denen Millionen von Strichen auf einen Millimeter kommen m ü ß t e n ; die technische Unmöglichkeit, so feine Gitter herzustellen, schien den Physikern fast jede Aussicht zu nehmen, je die Wellenlängen von Röntgenstrahlen exakt zu bestimmen als im Jahre 1912 L a u e auf den genialen Gedanken verfiel,statt künstlicher Gitter zur Beugung der Röntgenstrahlen einfach Kristalle zu verwenden. L a u e stützte sich dabei auf eine schon um 1850 von dem Mineralogen B r a v a i s ausgebildete Theorie, nach der die regelmäßigß Form der Kristalle ihre Ursache in einer r e g e l m ä ß i g e n Anordnung d e r A t o m e i m K r i s t a l l haben soll. Aus den bekannten Dichten der Kristalle konnte auf Grund des bekannten Wertes der Loschmidtschen Zahl auch geschlossen werden, daß die wechselsei igen Abstände der Atome in den Kristallen von der Größenordnung von 10~8cm sein müßten. Wofern sich die einzelnen Atome wie Beugungszentren halten, war also in der Tat eine G i t t e r wirkung der Kristalle g e g e n ü b e r d e n R ö n t g e n s t r a h l e n zu erwarten. 1 Zu dieser Folgerung führte z. B. die Annahme, daß die Bremsung eines Elektrons, das zu der Entstehung von Röntgenstrahlen beiträgt, im Inneren eines Atoms erfolgt.

§ 33. Die Baumgitter.

141

Um das Verhalten der Kristalle gegenüber den Röntgenstrahlen zu verstehen, wollen wir als einfachstes aller Gitter zunächst ein l i n e a r e s G i t t e r , ein sogenanntes S t r i c h g i t t e r , betrachten, bei dem längs einer Geraden in gleichen Abständen die Gitterpunkte angeordnet sind; der konstante Abstand zweier benachbarter Gitterpunkte wird als die G i t t e r k o n s t a n t e bezeichnet. Wir nehmen nun an, daß auf das Gitter eine W e l l e falle und daß die Strahlrichtung mit der Gitterrichtung einen Winkel einschließe, dessen Kosinus a 0 sei. 2 Die einzelnen Gitterpunkte mögen Beugungszentren sein, indem jeder von ihnen als Erregungsstelle neuer Wellen aufgefaßt werden kann. Diese Wellen gehen nach allen Eichtungen; es ist aber ohne weiteres klar, daß die A b b e u g u n g m i t b e s o n d e r e r I n t e n s i t ä t i n s o l c h e n E i c h t u n g e n erfolgen wird, für die der G a n g u n t e r s c h i e d zwischen den von zwei benachbarten Gitterpunkten kommenden Strahlen ein g a n z z a h l i g e s V i e l f a c h e s e i n e r W e l l e n l ä n g e beträgt. In der Tat zeigen genauere theoretische Überlegungen (auf die hier nicht näher eingegangen werden möge), daß, infolge der wechselseitigen I n t e r f e r e n z zwischen den abgebeugten Strahlen, eine m e r k l i c h e Abbeugung des Lichtes überhaupt nur in den angegebenen Eichtungen erfolgt. Wir wollen nun mit oc den Kosinus des Winkels bezeichnen, den ein derart abgebeugter Strahl mit der Gitterrichtung einschließt. Dann ist, wenn a die Gitterkonstante ist, der Gangunterschied der von zwei benachbarten Gitterpunkten in dieser Richtung abgebeugten Strahlen a (a — a 0 ), wie ohne weiteres aus Fig. 27 ersichtlich ist. (Sind die beiden Gitterpunkte 0 und 0 ' , und ist O P das Lot auf den einfallenden und 0' P' das Lot auf den abgebeugten Strahl, jijg 27. so ist der Gangunterschied gleich der Differenz der Strecken O P ' und O'P). Strahlen von gegebener Wellenlänge X werden also nur nach solchen Eichtungen abgebeugt, für deren Kosinus oc die Beziehung (1)

a (a — a 0 ) = ml

für g a n z z a h l i g e Werte der sogenannten O r d n u n g s z a h l n erfüllt ist. Umgekehrt wird die einfallende Strahlung, wenn sie Strahlen aller Wellenlängen enthält, durch die Abbeugung s p e k t r a l z e r l e g t , wobei jeder Ordnungszahl n ein anderes Beugungsspektrum entspricht. (Es sei nur nebenbei bemerkt, daß man, wenn man in Fig. 27 die abgebeugten Strahlen um die Gitterrichtung umklappt, die Eichtungen des abgebeugten reflektierten Lichtes erhält; dabei handelt es sich aber natürlich nicht um eine Eeflexion im eigentlichen Sinne dieses Wortes.) 2

Es ist also a 0 der Sinus des Einfallswinkels.

Die Röntgenstrahlen.

142

Aus Gl. 1 folgt, daß eine Beugung überhaupt nur dann zustande kommen kann, wenn a >X

(2)

ist. Es darf aber auch nicht a v i e l größer als A sein, weil sonst für die Spektren niedriger Ordnung, die vor allem in Betracht kommen, die Differenz (a — a 0 ) zu gering und die spektrale Auflösung somit ungenügend würde. 3 Von dem eindimensionalen Strichgitter gehen wir nun zu dem zweidimensionalen F l ä c h e n g i t t e r über, indem wir uns ein ebenes Koordinatensystem und in der Ebene die Punkte mit den Koordinaten (3)

x = k1a

,

y =

kzb

konstruiert denken, wobei a und b zwei Gitterkonstanten seien und k l und fc2 die Reihe der ganzen Zahlen sowohl mit positivem als auch mit negativem Vorzeichen durchlaufen mögen. Dabei kann das Koordinatensystem auch schiefwinklig sein; . . . doch wollen wir nur den speziellen Fall betrachten, daß das Koordinatensystem rechtwinklig und überdies die * * * zweite Gitterkonstante der ersten gleich sei (Fig. 28). Wir nehmen an, daß auf ein solches FlächenFig. 28. gitter Strahlen auftreffen mögen, die mit der x- und der y-Achse Winkel einschließen, deren Kosinus a 0 und ß0 seien. Die Gl. 1 erweitert sich dann zu einem System von zwei Gleichungen, nämlich | l

a a

(lt cp2,

io

00 Uran X 2 90, IVa 91, Va 23,8 d 1,17 m

Uran II 92, Via 1106a

I

230

Ionium 90, I V a 7,6-Wa

226

Radium 88, II a 1580 a ; Ra-Emanation 86, VIII b 3,825 d

222

I

218

Ra A 84, VI b 3,05 m

214

Ra B -> Ra C Ra C 82, IV b 83, V b 84, VI b 26,8 m 19,7 m 1,5-10-" s

210

Ra C" -> ßa D Ea E -> Ra F 81, III b 82, IV b 83, V b 84, VI b 1,32 m 16 a 4,98 d 136,5 d

206

Ra*G 82, IV b stabil

1

Dabei sind die stabilen Endprodukte der Umwandlungen nicht mitgezählt.

§ 41. Die Umwandlungsreihen.

177

schwache ß- Strahlung nachgewiesen wurde, so verteilen sich die übrigen Radioelemente auf die letzten zwölf Stellen des periodischen Systems mit den Ordnungszahlen 81 bis 92, jedoch mit Auslassung der 85. und der 87. Stelle. Wie nun die genaue Erforschung der Eadioelemente gezeigt hat, lassen sie sich (von Kalium und Rubidium abgesehen) derart in d r e i U m w a n d l u n g s r e i h e n einordnen, daß jedes Element einer solchen Reihe aus dem ihm in der Reihe vorangehenden entweder durch eine a- oder eine /5-Umwandlung hervorgeht. Die drei Reihen werden als die Uran-Radiumreihe, die Aktiniumreihe und die Thoriumreihe unterschieden, wobei jedoch die zweite offenbar nur eine Abzweigung der ersten ist. Die U r a n - R a d i u m r e i h e ist durch die Tabelle X X I I I dargestellt, aus der ohne weiteres die Atomgewichte ersichtlich sind, die bei einer durch einen vertikalen Pfeil angedeuteten a-Umwandlung um vier abnehmen, während sie bei einer durch einen horizontalen Pfeil ausgedrückten /9-Umwandlung ungeändert bleiben. Unter den Namen der Radioelemente sind die Ordnungszahl, die Gruppe des periodischen Systems und die Halbwertszeit eingetragen. (Dabei bedeuten in dieser und den beiden folgenden Tabellen die Symbole a, d, h, m, s Jahre, Tage, Stunden, Minuten, Sekunden.) Wie aus der Tabelle XXIII ersichtlich ist, besteht das U r a n als M i s c h e l e m e n t aus zwei I s o t o p e n , von denen das leichtere aus dem schwereren durch eine a- und zwei /?-Umwandlungen hervorgeht. Doch kommen im Oleichgewicht auf ein Gramm Uran I nur 0,25 mg Uran I I und gar nur 1,5 • 10 - 1 1 g Uran X j und 4,9 • 10~16 g Uran X 2 . Vom praktischchemischen Standpunkte aus kann somit das Mischelement als reines Uran I angesehen werden. Uran II kann wegen der Isotopie vom Uran I nicht getrennt werden; dagegen können Uran Xl und Uran X 2 als Isotope des Thoriums und Protaktiniums durch geeignete Fällungsmethoden abgeschieden werden. Von dem Uran II führt eine a-Umwandlung zu der langlebigen Muttersubstanz des Radiums, dem I o n i u m . Da dieses ein Thoriumisotop ist, konnte es nicht rein dargestellt, sondern nur in Thoriumpräparaten angereichert werden, und zwar bis zu 30°/0.2 Aus dem Radium entsteht wiederum durch eine a-Umwandlung die R a d i u m e m a n a t i o n . 3 Aus der Radiumemanation bildet sich der sogenannte k u r z l e b i g e a k t i v e N i e d e r s c h l a g des R a d i u m s ; er besteht aus fünf Stoffen: Ra A, Ra B, Ra C, Ra C' und Ra C", deren genetische Zusammenhänge aus Tabelle X X I I I ersichtlich sind. Diese Stoffe sind durchwegs fest und unmittelbar nach ihrer Entstehung meist positiv geladen, weshalb sie leicht auf negativ geladenen Platten abgeschieden werden können. Die 2 Während reines Thorium ein Atomgewicht von 232,1 hat, weist das an Ionium reichste Thoriumpräparat ein Mischgewicht von 231,5 auf. 3 Da sie als Edelgas nicht chemisch gebunden, sondern in dem Radiumsalz nur okkludiert ist, kann sie durch Erhitzen leicht befreit werden.

HAAS, Atomtheorie. 2. Aufl.

12

178

Die

Atomkerne.

fünf Elemente sind so kurzlebig, daß sie nur in Mischungen beobachtet werden können, wobei aber das Mischungsverhältnis beliebig variiert werden kann. Die Analyse der Kurven, die den Abfall der Aktivität solcher Gemische darstellen, ermöglichte die Bestimmung der Halbwertszeiten der einzelnen Bestandteile des kurzlebigen Niederschlages; besonders geringe Halbwertszeiten wurden indirekt ermittelt, auf Grund des in dem nächsten Abschnitt zu besprechenden Zusammenhanges zwischen der Lebensdauer und der Reichweite der emittierten a-Strahlen. Bei dem Eadium C zeigt die Umwandlungsreihe eine V e r z w e i g u n g , indem von dem Ba C eine /3-Umwandlung zu dem äußerst kurzlebigen Ba C', hingegen eine a-Umwandlung zu dem Ba C" führt. Die a-Umwandlung tritt jedoch viel seltener ein als die /^-Umwandlung; von 10000 Ba C-Atomen erfahren nur 4 die a-Umwandlung in Ba C". Wenn eine genügend große Menge Badiumemanation (etwa ein halber Kubikmillimeter) in einem geschlossenen Glasgefäß zerfällt, so bildet sich an den Gefäßwänden ein feiner Niederschlag, der die Eigenschaften einer als B a d i u m D bezeichneten B l e i a r t zeigt. Wie das Umwandlungsgesetz erkennen läßt, muß das Badium D durch eine a-Umwandlung aus dem a-strahlenden Ba C' hervorgehen (und überdies durch eine /5-Umwandlung aus dem Ba C"). Badium D hat die verhältnismäßig recht große Halbwertszeit von 16 Jahren; es wandelt sich unter schwacher Strahlung in ein als Badium E bezeichnetes Wismut-Isotop um, aus dem sich abermals unter ß-Strahlung das als P o l o n i u m bezeichnete B a i ' bildet. Das Polonium ist ein a-Strahler; da nach dem Abklingen seiner a-Strahlung keine weiteren neuen Strahlen mehr auftreten, so muß angenommen werden, daß der durch a-Umwandlung aus dem Polonium hervorgehende und als Ba G bezeichnete Grundstoff, der nach dem Umwandlungsgesetz eine B l e i a r t , das sogenannte U r a n b l e i ist, das E n d p r o d u k t d e r U r a n - B a d i u m - R e i h e bildet. Eine vielfache Analogie mit der Badiumreihe weist die durch die Tabelle XXIV dargestellte A k t i n i u m r e i h e auf. Sie läßt sich mit Sicherheit von dem Protaktinium bis zu ihrem vermutlichen Endprodukt, dem Bleiisotop Aktinium D, verfolgen. Das P r o t a k t i n i u m , dessen Beindarstellung im Jahre 1927 G R O S S E 4 gelang, ist ein sehr langlebiges Element mit einer Halbwertszeit von 20000 Jahren; seine durch a-Umwandlung entstehende Tochtersubstanz ist das A k t i n i u m , dessen weit geringere Halbwertszeit nur 20 Jahre beträgt. Von dem Aktinium führen eine ß- und zwei a-Umwandlungen zu der A k t i n i u m e m a n a t i o n , deren Lebensdauer jedoch nur nach Sekunden zählt. Aus der Aktiniumemanation bildet sich der a k t i v e N i e d e r s c h l a g des Aktiniums. Die Reihenfolge der Umwandlungen dieses Niederschlages weist eine ziemliche Ähnlichkeit mit den Umwandlungen des Badiumniederschlages auf. Doch ist im Gegensatze zu dem wenn auch nur schwach aktiven Ba D das Ac D 1

A. y. GROSSE, Chem. Ber. 61, 1928, S. 233; auch Xatuiwies. 15, 1927, S. 766.

§ 41. Die Umwandlungsreihen.

179

T a b e l l e XXIV. Die Aktiniumreihe. Atomgewicht 230

226

222

218

214

210

206

Uran Y 90, IV a 24,6 h

Protaktinium 91, V a 2 • 104 a

I

Aktinium -> Radio Ac 89, III a 90, IV a 20 a 18,9 d

\

Ac X 88, II a 11,2 d 4 Ac Em 86, VIII b 3,92 s Ac A 84, VI b l,510~3s 4 Ac B 82, IV b 36,0 m

AcC —>• Ac C' 84, VI b 83, V b 2,16 m ca. 5 • 10~3 s

+

Ac C" >• Ac D 81, III b 82, IV b 4,76 m stabil

bereits stabil, und während von den E a C-Atomen fast alle eine ^-Umwandlung erfahren, ist es bei den Atomen des Ac C gerade umgekehrt. Von 10000 Ac C-Atomen gehen 9968 unter a-Strahlung in Ac C" über und nur 32 unter /9-Strahlung in Ac C'. Daß die A k t i n i u m r e i h e eine A b z w e i g u n g d e r U r a n r e i h e darstellt, wird durch die Erfahrungstatsache wahrscheinlich gemacht, daß sich die Glieder der Aktiniumreihe in allen Uranmineralien mit demselben dreiprozentigen Anteil an der gesamten Aktivität vorfinden. Dies spricht dafür, daß in der Uranreihe eine Verzweigung derart erfolgt, daß von je hundert Atomen 97 die Umwandlung zum Kadium und 3 die Umwandlung zum Aktinium erfahren. An welcher Stelle die Verzweigung stattfindet, ist jedoch noch ungewiß. Wahrscheinlich ist nur auf Grund des Umwandlungsgesetzes, daß die Muttersubstanz des Protaktiniums das /^-strahlende Thoriumisotop U r a n Y ist, das sich im Uran findet, zu dessen Aktivität drei Prozent beiträgt, aber nur in einer Menge von etwa 2-10- 14 g auf ein Gramm Uran kommt. Möglich ist ferner, daß das Uran Y (gleich dem Ionium) durch eine a-Umwandlung aus dem Uran I I 12*

Die Atomkerne.

180

hervorgeht, so daß die Verzweigung bei diesem Radioelement mittels zweier a-Umwandlungen eintreten würde. Die Atomgewichte der Aktiniumreihe sind zurzeit noch hypothetisch. Durch eine Abzweigung von der Uranreihe entsteht auch das Uran Z, indem sich von 10000 Uran X^Atomen 35 unter /?-Strahlung in Uran-Z-Atome verwandeln, die sodann unter /?-Strahlung in Uran IiAtome übergehen. Uran Z ist ein Isotop des Protaktiniums, hat eine Halbwertszeit von 6,7 Stunden und trägt zur Aktivität des Urans, in dem es sich stets findet, etwa 3,5 Promille bei, während sein Mengenanteil nur 6'10~ 1 6 g auf ein Gramm Uran beträgt. Daß die Thoriumreihe u n a b h ä n g i g von der Uranreihe sein dürfte, kann daraus geschlossen werden, daß man sowohl von Thorium fast freie Uranmineralien als auch von Uran fast freie Thoriummineralien kennt. Die Thoriumreihe ist durch die Tabelle XXV dargestellt. Von der Ausgangssubstanz der Thoriumreihe, dem Thorium, führt eine a-Umwandlung zu dem verhältnismäßig langlebigen Mesothor 1. Da seine Halbwertszeit 6,7 Jahre beträgt und in allen Thormineralien auf Tabelle XXV. Die Thoriumreihe. Atomgewicht 232 Thorium 90, IV a 1,65-1010 a 228

I

Mesothor 1 ->• Mesothor 2 88, II a 89, III a 6,7 a 6,13 h

Radiothor 90, IV a 1,90 a

224

Thorium X 88, I I a 3,64 d

220

Th Em 86, VIII b 54,5"s +

216

Th A 84, VI b 0,14 s

212

Th B — T h C 83, V b 82, IV b 10,6 h 60,8 m

208

I

I

> Th C' 84, VI b ca. 10~" s

I

Th C" Th D 81, III b -> 82, IV b 3,20 m stabil

§ 41. Die Umwandlungsreihen.

181

1 g Thorium 4,0-10^ 1 0 g Mesothor 1 kommen, so ergibt sich nach dem Gesetze des radioaktiven Gleichgewichtes die Halbwertszeit des Thoriums zu 1,65 -10 1 0 Jahren. Mesothor 1 kann aus Mineralien nicht rein gewonnen werden, da es ein Isotop des Eadiums ist und alle Thormineralien stets auch etwas Uran und somit auch Eadium enthalten5; nur in minimalen Mengen kann reines Mesothor durch Bildung aus Thoriumsalzen gewonnen werden, die vorher von Uran und dessen Umwandlungsprodukten gereinigt wurden. Von dem Mesothor 1 führen über das kurzlebige Mesothor 2 zwei aufeinanderfolgende /3-Umwandlungen zu dem E a d i o t h o r , das ein um vier Einheiten leichteres Isotop des Thoriums darstellt und eine Halbwertszeit von fast zwei Jahren hat. Aus Eadiothor entsteht durch zwei a-Umwandiungen die kurzlebige Thoriumemanation, aus der sich wiederum der a k t i v e Niederschlag des Thoriums bildet. Dieser weist eine ziemliche Analogie mit den Niederschlägen des Eadiums und Aktiniums auf und endet in seiner Entwicklung bei dem Bleiisotop Thorium D. Yon dem Thorium C zerfallen etwa 65% unter /^-Umwandlung und 85% unter a-Umwandlung. Ungefähr der zehntausendste Teil der Atome des Th C zerfällt unter Aussendung von a-Strahlen von abnorm großer Eeichweite (11,8 cm), so daß bei dem Th C eine wenigstens dreifache Verzweigung der Thoriumreihe angenommen werden muß. Das E n d p r o d u k t aller drei Umwandlungsreihen stellt in verschiedenen Isotopen das Blei dar. Infolgedessen müssen sich sowohl in Uran- als auch in Thoriummineralien im Laufe sehr langer Zeiten merkliche Mengen Blei bilden, so daß die Feststellung des Bleigehaltes eine Altersbestimmung der Mineralien und damit auch der geologischen Schichten ermöglicht, in denen die Mineralien gefunden werden. Da von n Uranatomen im Laufe eines Jahres n X 1,5 - 1 0 - 1 0 zerfallen, andererseits aber das Atomgewicht des Bleis sich zu dem des UranB wie 206 : 288 verhält, so erzeugt ein Gramm Uran jährlich l , 8 - 1 0 - 1 0 g Uranblei. Das ungefähre Alter eines Minerals ergibt sich also in Jahren, wenn man die zu 1 g Uran gehörige Menge von Uranblei mit dem reziproken Werte von 1,3 -10- 1 0 , also mit rund 8000 Millionen multipliziert.6 Einem zehnprozent.igen Gehalt an Uranblei entspricht somit ein Alter von ungefähr 800 Millionen Jahren. Den Altersbestimmungen darf aber stets nur der Gehalt an Uranblei ,(Ea G) zugrunde gelegt werden, von dem eine meist vorhandene Verunreinigung durch gewöhnliches Blei unterschieden werden muß. Da indessen die Atom8 Da zu 1 g Thorium 4 - 1 0 ~ 1 0 g Mesothor, hingegen zu 1 g Uran 3 , 4 - 1 0 ~ ' g Radium gehören, so kommt selbst dann, wenn das Thormineral nur zu ein Promille durch Uran verunreinigt ist, auf das im Mineral enthaltene Mesothor eine ungefähr gleich große Menge Radium. 8 Bei einer genauen Berechnung muß allerdings berücksichtigt werden, daß auch die Menge des Urans im Laufe der Zeit bereits abgenommen hat; die danach verbesserte Berechnung führt zu einem etwas kleineren Alter der Mineralien.

Die Atomkerne.

182

gewichte des Uranbleis und des gewöhnlichen Bleis verschieden sind (206,0 und 207,2), so ermöglicht eine Atomgewichtsbestimmung des Gemisches von Ra G und gewöhnlichem Blei ohne weiteres die Feststellung des Anteiles beider.7 Das A l t e r der Uranmineralien ergab sich derart zu ungefähr 800 Millionen bis zu 2 Milliarden Jahren. 8 Ob die Uran- und die Thoriumreihe, die vermutlich beide mit dem Blei enden, mit Elementen von noch höherem Atomgewicht als dem des Urans oder Thoriums beginnen, ist eine offene Frage. Doch ist es unwahrscheinlich, daß solche höhere Elemente aufgefunden werden können; denn entweder sind sie kürzerlebig als Uran oder Thor, dann wären sie nach dem vorhin über das Alter der Mineralien Gesagten bereits längst zerfallen, da seit der Erstarrung der Erde wohl kaum eine Neubildung von Elementen stattgefunden hat; oder aber müßten sie sich, falls sie eine genügend lange Lebensdauer haben, infolge des radioaktiven Gleichgewichtes in den Uran- oder Thormineralien in erkennbarer Menge vorfinden, und sie hätten dann ihrer Entdeckung bisher wohl kaum entgehen können. Dagegen erscheint es nicht ausgeschlossen, daß Elemente mit höherem Atomgewicht als dem des Urans nicht den drei besprochenen, sondern anderen Umwandlungsreihen angehören, die nur wegen der Seltenheit ihrer Glieder bisher noch nicht aufgefunden wurden. Als Glieder solcher noch nicht bekannter Umwandlungsreihen sind vielleicht auch diejenigen Isotopen von K a l i u m und R u b i d i u m anzusehen, die die Ursache der bei diesen beiden Metallen von C A M P B E L L im Jahre 1907 entdeckten ß-Aktivität sind. Es ist allerdings sowohl bei dem Kalium als auch bei dem Rubidium noch eine offene Frage, ob eines der beiden bekannten Isotope radioaktiv ist oder aber die Aktivität durch ein drittes, noch unbekanntes Isotop verursacht wird. Ist ersteres der Fall, so ergeben sich aus der Härte der ausgesandten ß- Strahlen schätzungsweise die Halbwertszeiten des Rubidiums und Kaliums zu ungefähr 1011 bis 1012 Jahren. 9 Unter den Radioelementen sind die allermeisten erst nach der im Jahre 1896 erfolgten Entdeckung der Radioaktivität aufgefunden worden; früher waren eigentlich, wenn man von dem Kalium und Rubidium absieht, nur das Uran und das Thorium bekannt gewesen. Unter den erst später entdeckten Radioelementen stellen fünf in dem Sinne neu entdeckte 7 Während z. B. das in Ostafrika aufgefundene Morogoroerz das Atomgewicht 206,05 aufweist und demnach nur Uranblei enthalten dürfte, folgt bei dem nordkarolinischen Uraninit aus dem für sein Blei festgestellten Atomgewicht von 206,4, daß 70°/o des Bleis sich aus dem Uran gebildet haben und 30°/0 von einer Verunreinigung herrühren. 8 Thormineralien sind häufig sekundären Ursprungs, so daß aus dem für sie berechneten Alter nicht immer auf das Alter der geologischen Schicht geschlossen werden darf, in der sie gefunden wurden. Das für die Thormineralien berechnete Alter beträgt zwischen 10 Millionen und 600 Millionen Jahren.

• Vgl.

hierzu

die

Untersuchungen

Phil. Mag. (7) 2, 1926, S. 1218.

von

A.HOLMES

und

R. W . LAWSOK

in

§ 42. Die materielle Strahlung

der

Radioelemente.

188

Grundstoffe dar, daß sie Hauptrepräsentanten von Stellen des periodischen Systems sind, die bis dahin leer gewesen waren. Es sind dies die im Jahre 1 8 9 8 von dem Ehepaar C U H I E entdeckten Elemente R a d i u m und P o l o n i u m , das im Jahre 1 8 9 9 von D E B I E R N E und G I E S E L entdeckte A k t i n i u m , die im Jahre 1 9 0 0 von R U T H E R F O R D und D O R N aufgefundene E m a n a t i o n und endlich das im Jahre 1 9 1 8 von H A H N und 10 M E H N E R entdeckte P r o t a k t i n i u m . Die genetischen Zusammenhänge zwischen den Radioelementen wurden klar, als im Jahre 1 9 1 8 S O D D Y und F A J A N S (noch vor der Entdeckung der natürlichen Reihe der Grundstoffe) das Gesetz der a- und der ^-Umwandlung auffanden. § 42. Die materielle Strahlung der Badioelemente. Die auffälligste Folgeerscheinung des Kernzerfalls, durch die die Physiker überhaupt erst auf die Tatsache der Kernzersetzung aufmerksam wurden, ist die von den zerfallenden Atomen ausgehende r a d i o a k t i v e S t r a h l u n g , die teils von m a t e r i e l l e r Natur, teils von e l e k t r o m a g n e t i s c h e r W e l l e n n a t u r ist. Die radioaktiven Strahlen stammen entweder als sogenannte p r i m ä r e S t r a h l e n aus dem A t o m k e r n , oder aber werden sie als s e k u n d ä r e S t r a h l e n in den den Kern umgebenden E l e k t r o n e n g r u p p e n hervorgerufen. Zu den primären Strahlen gehören zunächst die aus dem Atomkern bei dessen Zerfall fortgeschleuderten a- und /?-Teilchen. Die Anf a n g s g e s c h w i n d i g k e i t e n der a - T e i l c h e n stellen K o n s t a n t e n dar, die für die a-strahlenden Radioelemente charakteristisch sind. In cm/sec ausgedrückt, liegen die Anfangsgeschwindigkeiten zwischen 1,40 10® bei Uran I und 2,06-109 bei Thorium C'; die abnorm raschen a-Strahlen, die von dem etwa zehntausendsten Teil der zerfallenden Thorium-C-Atome ausgesendet werden, haben eine Geschwindigkeit von 2,3 -109. Die R e i c h w e i t e der a-Strahlen ist in einer gegebenen Substanz, wie schon in einem früheren Abschnitte (§ 4) erwähnt wurde, der d r i t t e n P o t e n z der A n f a n g s g e s c h w i n d i g k e i t p r o p o r t i o n a l ; dieselbe Beziehung besteht auch zwischen der jeweils noch zurücklegbaren Strecke und der während des Fluges ständig abnehmenden jeweiligen Geschwindigkeit. Die Reichweiten in Luft bei Atmosphärendruck und 0° stellen ebenfalls für die a-strahlenden Radioelemente charakteristische Konstanten dar; sie liegen zwischen 2,58 cm bei Uran I und 8,17 cm bei Thorium C. Die besonders raschen a-Strahlen, die der zehntausendste Teil der zerfallenden Th-C-Atome emittiert, haben eine Reichweite von 11,3 cm. Im übrigen ist die Reichweite direkt proportional der absoluten Temperatur des Gases und umgekehrt proportional seinem Druck, weshalb die a-Strahlen im Vakuum eine sehr große Reichweite aufweisen. Auf 10

Vor dem Protaktinium war allerdings bereits sein kurzlebiges Isotop Uran X, (damals auch „Brevium" genannt) entdeckt worden.

Die Atomkerne.

184

E a C' bezogen, hängt die Reichweite in Luft bei 0° und Atmosphärendruck mit der Anfangsgeschwindigkeit durch die Beziehung zusammen 1,076-1087 i?0 ,

(1) bzw. (2)

v = 1,025-10»

Die Reichweite kann auch unmittelbar auf photographischem Wege nach der schon öfter erwähnten WiLSONschen Nebelstreifenmethode bestimmt werden. Fig. 43 zeigt (nach LISE MEITNER) eine, derartige Aufnahme, die von dem radioaktiven Niederschlag des Thoriums herrührt. Eine geeignete Blendenvorrichtung bewirkte, daß alle photographierten Bahnen in derselben Ebene verliefen. Das Bild läßt neben oc-Strahlen von 4,8 cm auch solche von 8,6 cm Reichweite erkennen, überdies aber auch noch zwei vereinzelte Bahnen von 9,5 und 11,3 cm. Wird statt Luft ein anderes Gas verwendet, so ergeben sich zwar vier andere Werte der Reichweite, doch besteht zwischen Fig. 43. a-Strahlen des radioaktiven Nieder- ihnen trotzdem dasselbe Verschlags des Thoriums (aus MEITNEK, Atom- hältnis wie bei den Versuchen vorgänge und ihre Sichtbarmachung, Stuttgart, in Luft. Durch Anfertigung von Enke, 1926). vielen Hunderten solcher Photographien wurde auch erkannt, daß ein Strahl von 11,3 cm Reichweite auf rund 5000, ein solcher von 9,5 cm aber erst auf rund 15000 Strahlen von 8,6 cm Reichweite entfällt. Auch diese Verhältnisse sind in anderen Gasen dieselben wie in Luft. Eine einfache Gesetzmäßigkeit verknüpft die Reichweite der a-Strahler mit ihrer L e b e n s d a u e r . Wie G E I G E R und N U T T A L L im Jahre 1 9 1 1 fanden, sind nämlich innerhalb jeder Umwandlungsreihe die L o g a r i t h m e n d e r Z e r f a l l s k o n s t a n t e n l i n e a r e F u n k t i o n e n der L o g a r i t h m e n d e r R e i c h w e i t e . Es besteht die Beziehung (3)

log

= A -f- B log R0 ,

wobei B eine universelle Konstante ist, A hingegen für jede der drei Umwandlungsreihen einen bestimmten Wert hat (vgl. Fig. 44). Wenn BRIGGS sehe Logarithmen benutzt werden, ist B gleich 6 0 und für die Uran-Radiumreihe A gleich — 41,5 zu setzen. Mittels der Gl. 3 konnte

§ 42. Die materielle Strahlung der Radioelemente.

185

für sehr kurzlebige Radioelemente die Halbwertszeit ermittelt werden. Daß indessen die Gl. 3 nicht allgemein gilt, beweist der aus Fig. 44 ersichtliche Fall des Ac X, dessen Reichweite der Thorium-, nicht aber der Aktiniumreihe entspricht. 1 Wie für die a-strahlenden Radioelemente die Reichweite, so wird für die /3-strahlenden als charakteristische Konstante gewöhnlich der A b sorptionskoeffizient i n A l u m i n i u m angegeben. Manche Radioelemente weisen m e h r e r e , auseinander liegende Werte des Absorpt i o n s k o e f f i z i e n t e n auf, •woraus hervorgeht, daß die von ihnen emittierte /?-Strahlung sich aus Strahlen von verschiedener Geschwindigkeit zusammensetzt. Noch deutlicher beweisen dies die vor allem von K O V A R I K erforschten m a g n e t i s c h e n S p e k t r e n , die auf der Tatsache beruhen, daß in einem Magnetfeld Strahlen von verschiedener Geschwindigkeit verschieden stark abgelenkt werden. Wenn man daher die durch einen Magneten abOfi Oß Ol 0,8 gelenkte ß- Strahlung auf Fig. 44. Zusammenhang zwischen Reichweite und eine photographische Zerfallskonstante. Platte fallen läßt, die (Aus Zeitschr. f. Physik, Bd. VTII, Springer, Berlin.) durch sie geschwärzt wird, so treten bei geeigneter Yersuchsanordnung auf der Platte scharfe schwarze Linien auf, deren jede einer bestimmten, leicht ermittelbaren Anfangsgeschwindigkeit entspricht 2 (Fig. 45); allerdings rührt ein Teil der Linien von den (später zu besprechenden) sekundären /J-Strahlen her, und nur die Linien größerer Geschwindigkeiten sind primären Ur=> sprungs. Die Anfangsgeschwindigkeiten der ^-Strahlen hegen zwischen 1 Wie die Fig. 4 4 zeigt, gilt die Gleichung von GEIGER und NUTTALL überhaupt für die Thorium- und die Aktiniumreihe bei weitem nicht so genau wie für die Uran-Radiumreihe. 2

Vgl. Gl. 1 des § 3.

186

Die

Atomkerne.

9,9 -109 und 2,994-10 10 cm/sec; sie betragen zwischen 38 und 99,8 °/0 der Lichtgeschwindigkeit. Die raschesten /3-Strahlen wurden im magnetischen Spektrum des Radium C festgestellt. Größeren Werten der Anfangsgeschwindigkeit entsprechen im allgemeinen kleinere Halbwertszeiten. Indem man die Aufladung mißt, die ein von ß-Strahlen getroffenes Elektroskop erfährt, läßt sich die Z a h l der von einem /J-Strahler in d e r S e k u n d e e m i t t i e r t e n /3-Teilchen berechnen. Die Zählungen ergeben, daß diese Zahl immer g l e i c h ist der Zahl der in der Sekunde unter ^-Umwandlung z e r f a l l e n d e n A t o m e . So wurde beispielsweise festgestellt, daß die mit einem Gramm Radium im Gleichgewicht befindliche Menge der ß- strahlenden Elemente Ra B und Ra C zusammen in einer Sekunde 7 • 10 10 /3-Teilchen aussendet. Die Hälfte hiervon stimmt aber wiederum überein mit der Zahl der von einem Gramm Radium (ohne Umwandlungsprodukte) emittierten a-Teilchen, welche Zahl sich wie schon erwähnt, zu 3,72-10 10 ergibt. (Die Übereinstimmung ist nicht vollkommen, weil zu den primären /3-Teilchen auch noch sekundäre hinzukommen.) Ebenso wie die a-Strahlen rufen auch die /J-Strahlen eine beträchtliche I o n i s i e r u n g der Luft hervor. Ein /3-Teilchen erzeugt ungefähr 10000 Ionenpaare, ein a-Teilchen je nach seiner Reichweite etwa 100000 bis 250000. Während, wie schon öfter erwähnt (vgl. die früheren Figg. 3 und 4), die a-Teilchen in übersättigtem Dampf g e r a d l i n i g e Nebelstreifen erzeugen, sind die durch die /3-Teilchen hervorgerufenen ganz Fig. 45. u n r e g e l m ä ß i g geformt, weil das viel leichtere Magnetische /3-Teilchen (im Gegensatz zu den schwereren a-Teilß- Strahlspektren. chen) bei jedem Zusammenstoß mit einem Luftatom aus seiner Bahn geworfen wird. Da überdies auch die Zahl der erzeugten Luftionen bei einem /3-Teilchen wesentlich geringer ist, erscheint in entsprechender Vergrößerung die B a h n e i n e s /3-Teilchens in einzelne Nebeltröpfchen a u f g e l ö s t (Fig. 46). Außer den primären ß- Strahlen senden die Radioelemente auch s e k u n d ä r e ^-Strahlen aus. Sie sind die Folge eines l i c h t e l e k t r i s c h e n E f f e k t e s , der in den den Kern umgebenden Elektronengruppen durch die aus dem Kerne dringenden primären y-Strahlen hervorgerufen wird. Sekundäre ß-Strahlen können außer bei solchen Radioelementen, die eine /9-Umwandlung erfahren, natürlich auch bei solchen beobachtet werden, die eine a-Umwandlung durchmachen; in der Tat zeigt sich eine schwache ß- Strahlung sekundären Ursprungs bei den a-Strahlern Radium, Radioaktinium und Radiothor. Die s e k u n d ä r e n y-Strahlen, die durch primäre ß- oder auch durch primäre a-Strahlen erzeugt werden,

§ 42. Die materielle Strahlung der Radioelemente.

187

sind nichts anderes als c h a r a k t e r i s t i s c h e R ö n t g e n s t r a h l e n der betreffenden Grundstoffe, die auch in deren Röntgenspektren auftreten. Zu den von radioaktiven Substanzen ausgehenden materiellen Strahlen gehören auch die sogenannten R ü c k s t o ß s t r a h l e n . Jedes Atom, das ein a- oder ^-Teilchen abstößt, muß nach dem Satze von der Erhaltung der Bewegungsgröße einen Rückstoß mit einer Geschwindigkeit erfahren, die sich zu der des fortgeschleuderten «- oder /3-Teilchena so verhält wie dessen Masse zu der Masse des Atomrestes. Wenn daher beispielsweise ein Radium-A-Atom von dem Atomgewicht 218 ein a-Teilchen von der Masse 4 mit einer Geschwindigkeit von 1,69-10® cm/sec ausstößt, so muß das durch die Umwandlung entstandene Radium-B-Atom mit einer Geschwindigkeit fortgestoßen werden, die gleich ist der vorhin

Fig. 46. Bahn eines /9-Teilchens. (Aus MEHNER, Atomvorgänge und ihre Sichtbarmachung, Stuttgart, Enke, 1926.)

angegebenen Geschwindigkeit des a-Teilchens, multipliziert mit 4/214. Dies ergibt eine Geschwindigkeit von etwa 3-10 7 cm/sec; und diese Geschwindigkeit ist immerhin groß genug, um die Rückstoßstrahlen erkennbar zu machen. Die W ä r m e , die ein in einem Gefäße eingeschlossenes aktives Präparat ständig entwickelt, rührt von der kinetischen Energie der an den Gefäßwänden aufgehaltenen a- und ß-Strahlen sowie der Rückstoßstrahlen und von der absorbierten elektromagnetischen Energie der y- Strahlen her. Aus den charakteristischen Konstanten der Strahlen und aus den Zerfallskonstanten der Radiumreihe läßt sich die Wärme, die ein Gramm Radium samt seinen kurzlebigen Umwandlungsprodukten in einer Stunde produzieren muß, zu 137 Kalorien berechnen, von welcher Wärmemenge 90,1% durch die a-Strahlen, 3,4°/0 durch die /3-Strahlen, 4,7°/0 durch die y-Strahlen und 1,8% durch die Rückstoßstrahlen erzeugt werden. Die experimentelle Messung ergibt in guter Übereinstimmung mit dem Rechnungsergebnis für die stündliche Wärme-

188

Die Atomkerne.

entwicklung 136 Kalorien. 3 Die gesamte Wärmemenge, die ein Gramm Radium bei seinem völligen Zerfall zu erzeugen vermag, beträgt 3,7 • 109 Kalorien. Diese Wärmemenge i s t , wie zum Vergleich angeführt sei, ungefähr eine Million mal so groß wie die Wärmemenge, die ein Gramm Knallgas bei seiner Umwandlung in Wasser erzeugt, obwohl diese chemische Reaktion mit einer ungewöhnlich hohen Wärmetönung verbunden ist. § 43. Gamma-Strahlung and Kernniveans. I m Gegensatz zu der a- und ß- Strahlung, die aus materiellen Teilchen zusammengesetzt ist, stellt, wie schon öfter erwähnt wurde, die von den Radioelementen ausgehende y-Strahlung eine L i c h t q u a n t e n S t r a h l u n g von besonders h o h e r F r e q u e n z dar. Die y-Strahlen sind nichts anderes als b e s o n d e r s h a r t e R ö n t g e n s t r a h l e n . Bis zu ungefähr 3 0 X ( 0 , 0 3 A ) hinab konnten die Wellenlängen durch R U T H E R F O R D , A N D R A D E , K O V A R I K , T H I B A U D und andere Forscher mittels der I n t e r f e r e n z e r s c h e i n u n g e n gemessen werden. Noch kleinere Wellenlängen konnten mittels indirekter Methoden ermittelt werden; unter diesen ist besonders eine von E L L I S 1 und von L I S E M E I T N E R 2 ersonnene Methode bemerkenswert, die die m a g n e t i s c h e n ^ - S p e k t r e n benutzt. Aus dem magnetischen Spektrum eines Radioelementes können nämlich die Wellenlängen seiner y-Strahlen berechnet werden, woferne aus röntgenspektroskopischen Messungen die E n e r g i e n i v e a u s eines mit dem Radioelement i s o t o p e n Grundstoffs bekannt sind. Nach der schon in einem früheren Abschnitt (§ 5) abgeleiteten fundamentalen Beziehung m u ß ja für die kinetische Energie eines s e k u n d ä r e n /^-Teilchens die Gleichung gelten (1)

L — hv — W ,

wenn v die Frequenz der primären y-Strahlen ist und W die Arbeit, die erforderlich ist, u m das Teilehen aus seiner gewöhnlichen Bahn „bis in das Unendliche" zu entfernen. Wir wollen n u n annehmen, daß in dem magnetischen Strahlspektrum eines Radioelementes zwei Linien auftreten, die den Geschwindigkeiten v' und v" entsprechen mögen. Die Verschiedenheit der Werte erklärt sich offenbar daraus, daß in den beiden Fällen das sekundäre /3-Teilchen a u s v e r s c h i e d e n e n N i v e a u s a u s g e l ö s t wird. Erfolgt aber in beiden Fällen die Auslösung durch y-Strahlen von d e r s e l b e n 3 Auch bei Polonium, Thorium und Uran konnte die ständige Wärmeentwicklung nachgewiesen werden. 1 g Uran erzeugt im Gleichgewicht mit seinen Zerfallsprodukten in der Stunde ungefähr den zehntausendsten Teil einer Kalorie. 1 C. D. ELLIS, Proc. Roy. Soc. London (A) 99, 1921, S. 261. 2 L. MEITNER, Zeitschr. f. Phys. 9, 1922, S. 131 und 145.

§ 43. Gammastrahlung und Kernniveaus.

189

F r e q u e n z , so finden wir, indem wir die Gl. 1 auf beide Fälle anwenden und subtrahieren, (2)

L' - L" = W" -

W' ;

dabei muß bei der Berechnung der kinetischen Energie auch die Abhängigkeit der Masse von der Geschwindigkeit (gemäß Gl. 6 des § 3) berücksichtigt werden. Wenn nun tatsächlich beide sekundären ß- Strahlen durch primäre y-Strahlen von derselben Frequenz hervorgerufen werden, so erkennen wir dies daraus, daß dann der durch h dividierte Energieunterschied W" — W' die Frequenz einer bekannten E ö n t g e n l i n i e des isotopen Grundstoffs ergibt. Ist dies aber der Fall, und sind uns die Energieniveaus des isotopen Grundstoffs bekannt, so können wir es ohne weiteres angeben, aus welchen Niveaus in den beiden Fällen das sekundäre /3-Teilchen ausgelöst wird. In der Gl. 1 ist dann für W einfach der mit h c multiplizierte betreffende Spektralterm einzusetzen; da die kinetische Energie des sekundären /?-Teilchens bekannt ist, kann somit aus der Gl. 1 die Frequenz des primären /-Strahls berechnet werden. Die Wellenlängenbestimmungen der y-Strahlen führen nun zu wesentlich kleineren Werten, als sie bei den härtesten Röntgenstrahlen festgestellt wurden, y-Strahlen, die kürzerwellig als die K-Strahlung der schwersten Elemente sind, können aber unmöglich durch Vorgänge in den Planetensystemen der Atome hervorgerufen werden; sie müssen vielmehr als eine K e r n s t r a h l u n g angesehen werden. Die kürzeste, bei y- Strahlen gemessene Wellenlänge 3 beträgt 6 X, ist also ungefähr 20 mal kleiner als die kleinste Röntgenwellenlänge; ihr entspricht eine Spannung von ungefähr 2000000 Volt. Im Jahre 1921 glückte E L L I S 4 die wichtige Entdeckung, daß auch für die y-Linien ganz ähnliche K o m b i n a t i o n s b e z i e h u n g e n wie für optische und Röntgenlinien erfüllt sind. Für sechs harte y-Strahlen des Radium B fand E L L I S die folgenden Werte, unterhalb deren die noch mit 10 5 zu multiplizierenden entsprechenden Energie werte in Volt angegeben sind: fA(inX): l E (in 105 Volt):

51,9 48,8 42,3 35,4 33,9 30,8 2,385 2,529 2,918 3,492 3,639 4,000

Die Energiewerte lassen sich nun in d r e i P a a r e mit k o n s t a n t e r D i f f e r e n z einteilen; nämlich: 4,000 -

2,918 = 1,082;

3,639 -

2,529 = 1,110;

3,492 -

2,385 = 1,107.

3 Vgl. den Artikel von L. MEITNER über Zusammenhang zwischen ß- und y-Strahlung in den „Ergebnissen der exakten Naturwissenschaften" (Berlin, Springer) 3, 1924, S. 161. 4 C . D. ELLIS, Proc. Roy. Soc. London (A) 101, 1922, S. 1; auch C. D. ELLIS und H. W. B. SKINNER, Proc. Roy. Soc. London (A) 105, 1925, S. 60, 165, 185.

Die

190

Atomkerne.

Hieraus leitete E L L I S das in Fig. 4 7 wiedergegebene Schema der Energieniveaus und der entsprechenden Übergänge f ü r den Radium-B-Kern ab. Indem E L L I S die Niveaus nach der Größe der Energiewerte mit 1, 2, 3, 4,. 5 bezeichnete, fand er, daß die vorhin angegebenen Linien den Übergängen von dem dritten, vierten und f ü n f t e n zu dem ersten und zweiten Niveau entsprechen. E r berechnete nun die Wellenlängen, die den anderen Über0/8*/O r -+3,629

4 3

• + u o

K g . 47. Schema der Energieniveaus des Radium-B-Kerns (nach ELLIS).

gangen entsprechen würden, und wie Tabelle X X V I zeigt, stimmen die so errechneten Wellenlängen in der Tat mit den Werten überein, die von R U T H E R F O R D und A N D R A D E gemessen wurden. T a b e l l e XXVI. V e r g l e i c h der aus d e m N i v e a u s c h e m a des R a d i u m - B - K e r n s u n d der b e o b a c h t e t e n y-Wellenlängen. Niveau Kombination

Energie in 105 Volt

X (in X) berechnet

5—3 4—3

0,389 0,533 0,144 1,10

318 231 857 112

2—1

errechneten

À (in X) auf Grund der Messungen

I

324 229 853 115

Außer den Kern Wellenlängen treten in der y- Strahlung auch solche Wellenlängen a u f , die mit anderweitig bekannten R ö n t g e n wellenlängen übereinstimmen. Sie entsprechen sekundären y- S t r a h l e n , die durch primäre Kernvorgänge in dem Planetensystem, also in der Hülle des betreffenden Atoms, hervorgerufen werden. L I S E

§ 44.

Die kosmischen

191

Strahlen.

vermochte nachzuweisen, daß hei dem /3-Zerfall eines Atoms von der Kernladungszahl N Röntgenlinien auftreten, die für das Element (AT + 1), hingegen bei einem a-Zerfall Eöntgenlinien, die für das Element (N — 2) charakteristisch sind. Damit erscheint es erwiesen, daß die Emission eines sekundären y-Lichtquants erst erfolgt, wenn ihr die A u s s c h l e u d e r u n g eines K e r n b e s t a n d t e i l s zeitlich vorausg e g a n g e n ist. Bei dem Auftreffen auf beliebiges Material lösen die y-Strahlen s e k u n d ä r e E l e k t r o n e n aus 6 ; da hierbei je ein Elektron durch je ein Lichtquant ausgelöst wird, gelang es H E S S und L A W S O N 7 , die von einem radioaktiven Präparate ausgehenden y-Lichtquanten zu z ä h l e n . K O V A R I K 8 vervollkommnete diese Methode so, daß er die ursprünglich nur relativen Zählungen von H E S S und L A W S O N durch a b s o l u t e zu ersetzen vermochte. Er konnte derart nachweisen, daß die Z a h l d e r e m i t t i e r t e n y - L i c h t q u a n t e n stets mit der Z a h l d e r z e r f a l l e n d e n A t o m e ü b e r e i n s t i m m t . Als K O V A R I K zwei gleich beschaffene Zählapparate in verschiedenen Eichtungen, jedoch in gleicher Entfernung von einer y-Strahlenquelle aufstellte, fand er, daß n i e m a l s beide Apparate g l e i c h z e i t i g registrierten. Diese bemerkenswerte Feststellung K O V A R I K S kann als ein unmittelbarer experimenteller Beweis für die q u a n t e n h a f t e Natur der y-Strahlen angesehen werden. MEHNER

5

§ 44. Die kosmischen Strahlen. Obwohl die y-Strahlen Spannungen bis zu 2000000 Volt äquivalent sind, stellen sie doch nicht die kürzestwelligen Strahlen dar, die den Physikern bekannt sind. Denn noch um mehrere Oktaven höher sind Strahlen, die vermutlich aus dem Weltraum zur Erde kommen und die darum als k o s m i s c h e S t r a h l e n bezeichnet werden. 1 Den Ausgang ihrer Entdeckung bildete die Beobachtung, daß bei einem Aufstieg mit einem Luftballon die in einem geschlossenen Gefäß gemessene e l e k t r i s c h e L e i t f ä h i g k e i t d e r L u f t in der H ö h e v o n e i n i g e n K i l o m e t e r n s t a r k z u n i m m t . Dies wurde zuerst von H E S S im Jahre 1912 und später auch von K O L H Ö R S T E R festgestellt. H E S S fand auch, daß die Leitfähigkeit in der Nacht ebenso stark ist wie bei Tage, so daß eine von der Sonne ausgehende Strahlung als Ursache wohl nicht in Betracht 5

Vgl. den Artikel „Kernstruktur" von L. MEITNER im Handbuch der Physik (Berlin, Springer) Bd. XXIII, 1926. 6 Es handelt sich hierbei natürlich um den bekannten Photoeffekt. 7

V . F . HESS u n d R . W . LAWSON, S i t z . - B e r . d. W i e n e r A k a d . ,

Abt. IIa,

125,

1916, S. 285, 585. 8

A . F . KOVARIK, P h y s . R e v . 6, 1915, S. 4 2 6 ; 8, 1916, S. 5 7 4 ; 13, 1919, S. 2 7 2 ;

14, 1919, S. 1 7 9 ; 23, 1924, S. 228, 559. 1 Auch die Bezeichnung als Ultragammastrahlen wird gebraucht und von jenen bevorzugt, die den kosmischen Ursprung der Strahlen nur als hypothetisch ansehen.

192

Die

Atomkerne.

kommt. Da auch gewöhnliche radioaktive Substanzen nicht die Leitfähigkeit hervorrufen können (denn sonst müßte ja die Wirkung an der Erdoberfläche stärker als in der Höhe sein), so nahm bereits H E S S zur Erklärung der merkwürdigen Erscheinung eine neue, bis dahin unbekannte Strahlung an. Die Erforschung der Natur der Hßssschen Strahlung ist schließlich M I L L I K A N und C A M E R O N 2 gelungen. Sie machten die überraschende Entdeckung, daß die Höhenstrahlen in Hochgebirgsseen bis zu einer Tiefe von 70 m wirksam sind. Da hinsichtlich der Absorption die Atmosphäre über dem Hochgebirgssee einer Wasserschicht von etwa 7 m entspricht, vermögen somit die Höhenstrahlen etwa 80 m Wasser zu durchdringen. Die äquivalente Strecke in Blei wäre ungefähr 10 m, während die härtesten Röntgenstrahlen nur etwas über ein Zentimeter Blei zu durchdringen vermögen. Genauere Messungen führten M I L L I K A N und C A M E K O N schließlich im Jahre 1 9 2 8 zu der wichtigen Erkenntnis, daß auch die kosmische Strahlung d i s k o n t i n u i e r l i c h sein, also eine Art Linienspektrum darstellen müsse. 3 M I L L I K A N fand nämlich, daß sich nach Durchsetzen einer bestimmten Wasserschicht der Abs o r p t i o n s k o e f f i z i e n t s p r u n g h a f t ä n d e r t , woraus M I L L I K A N schloß, daß die Strahlung aus A n t e i l e n v o n v e r s c h i e d e n e m D u r c h d r i n g u n g s v e r m ö g e n zusammengesetzt ist. Aus seinen Messungen leitete M I L L I K A N ab, daß die kosmische Strahlung vorwiegend aus drei Banden gebildet wird, die, auf Wasser und 1 m bezogen4, die A b s o r p t i o n s k o e f f i z i e n t e n 0,35; 0,08 und 0,04 haben. Da zwischen dem Absorptionskoeffizienten und der Wellenlänge ein bekannter Zusammenhang besteht, konnte M I L L I K A N auch die zugehörigen Wellenlängen berechnen. Der Bande von stärkstem Durchdringungsvermögen entspricht die k ü r z e s t e überhaupt bekannte W e l l e n l ä n g e von nur 0,057 X und somit (nach Gl. 3 des § 8) eine äquivalente Spannung von 216 Millionen Volt. Andererseits stellt die Energie, die bei der S y n t h e s e eines H e l i u m k e r n s aus vier Protonen und zwei Elektronen frei wird (vgl. § 38), ein Lichtquant von einer Wellenlänge von 0,43 X dar; ihr entspricht in Wasser nach M I L L I K A N ein Absorptionskoeffizient von 0,30 pro m. M I L L I K A N schließt hieraus, daß in der kosmischen Strahlung die längstwellige Bande, auf die etwa 80% der Strahlen entfallen, auf die Bildung von Helium zurückzuführen ist. Kosmische Strahlen von größerer Wellenlänge, also kleinerem Durchdringungsvermögen, treten nur mit geringerer Intensität auf, solche mit kleinerer Wellenlänge aber erst in einem A b s t a n d von drei O k t a v e n von 0,43 X. M I L L I K A N und 2 3

R . A . MILLIKAN u n d G . H . CAMERON, P h y s . R e v . 28, R . A . MILLIKAN u n d G . H . CAMERON, P h y s . R e v . 31,

1 9 2 6 , S. 8 5 . 1928, S. 921.

4 Wird der Absorptionskoeffizient mit /t bezeichnet, so sinkt die Intensität der Strahlung nach Durchlaufen von »Metern auf den Betrag I = / 0 e-M®.

193

§ 45. Die Zertrümmerung der Grundstoffe.

CAMEBON nehmen deshalb an, daß die kosmischen Strahlen der kürzerwelligen Banden durch eine u n m i t t e l b a r e , p l ö t z l i c h e B i l d u n g h ö h e r e r A t o m k e r n e a u s P r o t o n e n u n d E l e k t r o n e n hervorgerufen werden. Aus der Übereinstimmung zwischen den von ihnen errechneten und beobachteten Absorptionskoeffizienten glauben M I L L I K A N und CAMERON schließen zu dürfen, daß es sich hierbei um die Bildung der häufigsten Elemente, nämlich S a u e r s t o f f , S i l i c i u m , M a g n e s i u m und möglicherweise auch E i s e n , handelt. Sehr interessant ist auch M I L L I K A N S Peststellung, daß die gesamte Energie, die in der Form kosmischer Strahlung zur Erde gelangt, ungefähr den zehnten Teil derjenigen Energiemenge ausmacht, welche die Erde als Sternenlicht, erreicht.

§ 45. Die Zertrümmerung der Grundstoffe. Bei den radioaktiven Vorgängen stellt der Kernzerfall einen spontan verlaufenden und in keiner Weise beeinflußbaren Vorgang dar. Es bedeutete daher eine Entdeckung von der größten Tragweite, als im Jahre 1 9 1 9 R U T H E R F O R D zum ersten Male die auf k ü n s t l i c h e m Wege bewirkte Z e r l e g u n g e i n e s G r u n d s t o f f s nachwies, und noch dazu eines Grundstoffs von niedriger Ordnungszahl. Die Grundlage der E u T H E R F O R D S c h e n Entdeckung bildeten Beobachtungen über die Entstehung der bereits in einem früheren Abschnitt (§4) besprochenen H - S t r a h l e n . Bald nach deren Auffindung machte M A R S D E N in Gemeinschaft mit L A N T S B E R R Y die überraschende Wahrnehmung, daß ein mit Radium C überzogenes Nickelblech auch d u r c h g e w ö h n l i c h e L u f t hindurch S z i n t i l l a t i o n e n in einer Entfernung erregte, die weit größer war, als die Reichweite der von dem Nickelblech emittierten a-Strahlen in Luft beträgt. Denn während die Reichweite dieser (eigentlich von dem Zerfallsprodukt Ra C herrührenden) a-Strahlen nur 7 cm beträgt, konnten Szintillationen noch in einer Entfernung von 40 cm wahrgenommen werden, was um so mehr überraschen mußte, als selbst die aus Wasserstoff gewonnenen H-Strahlen in Luft nur eine Reichweite von 29 cm aufweisen. Als R U T H E R F O R D diese zunächst rätselhafte Erscheinung weiter verfolgte, machte er nun die wichtige Entdeckung, daß die Zahl der Szintillationen von der Substanz abhing, die den Raum zwischen dem Nickelblech und dem Leuchtschirm erfüllte. Die Szintillationen blieben aus, wenn der Zwischenraum leer oder anstatt mit Luft mit Kohlensäure oder mit Sauerstoff gefüllt war; dagegen stieg die Zahl der Szintillationen, als R U T H E R F O R D die Luft durch reinen Stickstoff ersetzte. Zugleich bewiesen Versuche über elektrische und magnetische Ablenkung, daß die weitreichenden Strahlen in der Tat H-Strahlen waren, also aus Wasserstoffkernen bestanden. Diese Tatsachen führten R U T H E R F O R D ZU der bedeutungsvollen Erkenntnis, daß d u r c h die a - T e i l c h e n e i n e Z e r t r ü m m e r u n g v o n HAAS, Atomtheorie. 2. Aufl.

13

194

Die

Atomkerne.

S t i c k s t o f f k e r n e n herbeigeführt wird, wobei aus den zertrümmerten Kernen W a s s e r s t o f f k e r n e f o r t g e s c h l e u d e r t werden. Wie die Berechnungen auf Grund der Szintillationszählungen ergaben, kommt im Durchschnitt nur ein einziger freigemachter Wasserstoffkern auf einige Hunderttausend emittierte a-Teilchen. Da eineMenge Ra C', die sich im radioaktiven Gleichgewicht mit einem Gramm Radium befindet, in der Sekunde 8,72-10 10 a-Teilchen aussendet, so werden somit durch ein Präparat von 1 g Radium (von dem für die Stickstoffzertrümmerung nach 12 R Ü T H E R F O R D nur das Ra C' in Betracht kommt) in einem Jahre ungefähr 10 Wasserstoffkerne freigemacht; die nach erfolgter Neutralisierung entstandenen Wasserstoffatome würden somit nach einem Jahre erst ein Volumen von dem ungefähr tausendsten Teile eines Kubikmillimeters ergeben. Durch Anwendung der WiLSONSchen Methode ist es im Jahre 1925 B L A C K E T T 1 gelungen, auch die Z e r t r ü m m e r u n g v o n S t i c k s t o f f k e r n e n zu p h o t o g r a p h i e r e n . Figg. 48 und 49 (beide auf Tafel IV) zeigen zunächst nach B L A C K E T T den Durchgang von a-Teilchen durch Luft und Wasserstoff. Sie veranschaulichen einerseits die bei einem Zus a m m e n s t o ß zwischen a-Teilchen und Atomkern eintretende Abl e n k u n g des a-Teilchens, andererseits den R ü c k s t o ß , den der getroffene Atomkern erfährt und der ihn um so weiter schleudert, je leichter er ist. (Darum sind in Fig. 49 die Rückstoßbahnen länger als in Fig. 48; die kurzen Knicke stellen stets die Bahn des a-Teilchens dar). Die tatsächliche Zertrümmerung ist aus Fig. 50 (ebenfalls auf Tafel IV) ersichtlich. Wegen der Seltenheit des Prozesses waren Aufnahmen der Bahnen von etwa 400000 a-Teilchen erforderlich, um acht Fälle einer tatsächlichen Atomzertrümmerung in den Bildern zu erhalten; zwei hiervon sind in Fig. 50 wiedergegeben. Der lange dünne Zweig stellt die weitreichende Bahn des aus dem zertrümmerten Kerne fortgeschleuderten P r o t o n s dar; der kürzere Zweig die Bahn des zurückgestoßenen, des Protons beraubten S t i c k s t o f f k e r n e s . Das Fehlen eines weiteren Zweiges läßt erkennen, daß das a-Teilchen, durch welches das Proton aus dem Stickstoffkerne freigemacht wird, selbst in dem Stickstoffkerne stecken bleiben dürfte. Da bei diesem Vorgang der ursprüngliche Stickstoffkern ein a-Teilchen gegen ein Proton eintauscht, so müßte nach erfolgter Neutralisation das Ergebnis ein sonst unbekanntes S a u e r s t o f f - I s o t o p vom Atomgewicht 17 sein; offenbar ist aber ein solches Atom nicht stabil. R U T H E R F O R D und C H A D W I C K 2 ist es gelungen, durch die a-Teilchen des Ra C' Wasserstoffkerne aus den folgenden Elementen frei zu machen: 5B, 7N, 9F, 10Ne, 11 Na, 12Mg, 18AI, 14Si, 15P, 16S, 17C1, 18Ar, 19K. Bei einer großen Zahl sonstiger, von ihnen untersuchter Grundstoffe (so namentlich bei C und 0 ) erhielten R U T H E R F O R D und CHADWICK n e g a t i v e Resultate. Im Widerspruch zu ihnen fanden auf Grund andersartiger 1 2

P . M. S. BLACKETT, Proo. R o y . Soc. L o n d o n (A) 101, 1 9 2 5 , S. 349. E . RUTHERFORD und J. CHADWICK, Phil. Mag. 48, 1924, S . 509; J. CHADWICK,

Phil. Mag. (7) 2, 1926, S. 1056.

Haas, Atomthcorie,

2. Aufl.

Fig. 48. Durchgang von a-Teilchen durch Luft (nach B L A C K K T T ) .

Tafel IV.

Fig. 49. Durchgang von or-Teilchen durch Wasserstoff (nach B L A C K E T T ) .

Fig. 50. Zertrümmerung von Stickstoffkernen durch «-Teilchen (nach

Walter de Gruyter A Co., Berlin und L e i p z i g

BLACKETT).

195 Untersuchungsmethoden K I R S C H und P E T T E R S S O N , daß mit Ausnahme von Helium selbst sämtliche Leichtelemente und außerdem zumindest zehn schwerere Elemente (darunter z. B. Kupfer und Eisen) zertrümmerbar seien. 3 Besonders bedeutungsvoll ist der Gegensatz der Ergebnisse im Falle von K o h l e n s t o f f und S a u e r s t o f f . Denn es ist eine für die Kernphysik fundamentale Frage, ob auch Atome von gerader Ordnungszahl und einer d u r c h v i e r t e i l b a r e n M a s s e n z a h l zertrümmerbar sind, also Atome, bei denen ein r e i n e r A u f b a u a u s a - T e i l c h e n möglich erscheint. Da bei Kohlenstoff und Sauerstoff Isotopie nicht feststellbar ist, so müßten, falls diese beiden Grundstoffe tatsächlich zerlegbar sind, von der Zertrümmerung jedenfalls derartige Atome betroffen werden. 4 Auch hinsichtlich einiger anderer Fragen herrscht zurzeit noch wesentliche Meinungsverschiedenheit zwischen den Instituten in Cambridge (BUTHERFORD und seinen Mitarbeitern) und in Wien (KIRSCH, PETTERSSON und deren Mitarbeitern). Die Ausbeute an Atomtrümmern wird von den beiden Instituten wesentlich verschieden angegeben. Während RUTHERFORD glaubt, daß A-Strahlen nur dann zertrümmernd wirken können, wenn ihre Beichweite oberhalb von 4 , 9 cm liegt, haben KIRSCH und PETTERSSON gefunden, daß, woferne überhaupt eine solche Minimalreichweite existiert, sie unterhalb eines Zentimeters liegen muß. Auch steht das Cambridger Ergebnis, daß die Atomtrümmer selbst eine minimale Bestreichweite aufweisen müssen, in Widerspruch zu Wiener Beobachtungen, wonach mit abnehmender Beichweite die Zahl der Atomtrümmer ständig wächst. Zurzeit erscheint eine Entscheidung zwischen den entgegengesetzten Auffassungen wohl noch unmöglich, zumal die Abweichungen mit der Verschiedenheit der experimentellen Methode zusammenhängen. 5 Die Tatsache der Atomzertrümmerung selbst kann aber jedenfalls bei vielen Elementen als einwandfrei erwiesen gelten, und sie stellt so einen sicheren experimentellen Beweis für die grundlegende Annahme der Atomtheorie dar, daß neben den Elektronen die Atomkerne des Wasserstoffs die einheitlichen Bausteine aller Elemente bilden. 6 3 H. PETTERSSON und 6 . KIRSCH, „Atomzertrümmerung", Leipzig (Akad. Verlagsges.) 1925. 4 Bei Schwefel, der auch von RUTHERFORD als zertrümmerbar erkannt wurde, kann die Zerlegung natürlich bei den Isotopen vom Gewicht 33 oder 34 erfolgen, während die am häufigsten vorkommenden Atome von der Masse 32 von der Zertrümmerung nicht betroffen würden. 5 Der wesentliche Unterschied ist der, daß PETTERSSON und seine Mitarbeiter zur sogenannten retrograden Methode übergingen, bei der Sekundärteilchen beobachtet werden, die unter ungefähr 150° gegen die primäre a-Strahlung emittiert werden. Vgl. den zusammenfassenden Bericht von G. STETTER, Phys. Zeitschr. 28, 1927, S. 712. 8 Schon im Jahre 1 8 1 5 hatte P R O U T die Hypothese aufgestellt, daß die Atom© aller chemischen Elemente aus Wasserstoffatomen aufgebaut seien. Diese, seinerzeit viel beachtete Idee geriet indessen wieder in Vergessenheit, als die Abweichungen der Atomgewichte von der Ganzzahligkeit bekannt wurden.

13*

196

Die

Atomkerne.

§ 46. Die Struktur der Atomkerne und die HARKINS sehen Regeln.

Da die Atomkerne aus Protonen und Elektronen zusammengesetzt sind, so erscheint wohl die Hoffnung berechtigt, daß es der theoretischen Physik gelingen werde, auch die S t r u k t u r d e r A t o m k e r n e nach ähnlichen Prinzipen zu erklären wie den Aufbau der atomaren Planetensysteme, daß es also möglich sein werde, der Quantentheorie des periodischen Systems eine Q u a n t e n t h e o r i e d e r A t o m a r t e n zur Seite zu stellen. Daß sich diese Hoffnung bisher (bis 1928) noch nicht erfüllt hat, daß sich also einer Theorie der Kerneo struktur größere Schwierigkeiten % entgegenstellen, erscheint vor 50 allem dadurch begründet, daß, im Gegensatze zu den PlanetenW 20 systemen, welche nur aus Elektronen bestehen, die Atomkerne dreierlei Bausteine aufweisen, nämlich Protonen, Elektronen und die vermutlich eine 10 gewisse Selbständigkeit besitzenden «-Teilchen. 1 Wenn auch zur 6 Iß Zeit eine Theorie des Kernaufbaues fehlt, so ist es immerhin gelungen, eineBeihe bedeutungsvoller, die Kernstruktur betreffender Gesetzmäßigkeiten NL festzustellen; ihre Auffindung ist & vor allem das Verdienst von e s 12 n 16 20 22 2f 26 2S H A R K I N S (seit 1 9 1 5 ) . 2 Ordnungszahlen

Zu diesen Gesetzmäßigkeiten gehört zunächst die Beziehung, daß in der Grundstoffreihe ein Element mit g e r a d e r O r d n u n g s z a h l stets h ä u f i g e r ist als seine beiden N a c h b a r n v o n u n g e r a d e r O r d n u n g s z a h l . Besonders deutlich offenbart sich diese H A R K I N S sehe Regel in dem Diagramm der Fig. 51, die für S t e i n m e t e o r i t e n die A t o m p r o z e n t e 3 der Elemente von den Ordnungszahlen 5 bis 29 wiedergibt. Bemerkenswert ist es, daß sich die H A R K I N S sehe Regel auch bei den s e l t e n e n E r d e n erfüllt zeigt, die untereinander in dem chemischen Verhalten übereinstimmen Fig. 51. Atomprozente in Steinmeteoriten in ihrer Abhängigkeit von der Ordnungszahl. (Nach HARKINS ; aus Zeitschrift für Physik, Verlag Springer, Berlin, Band 50).

1

Hierzu kommt noch, daß innerhalb der Kerne die Abweichungen von dem Gesetz viel größer als innerhalb der Planetensysteme sein dürften. 2 W. D. HARKINS, Zeitschr. f. Phys. SO, 1928, S. 97. Die erste Publikation der HARKENS sehen Regeln erfolgte in Proc. Nat. Acad. Washington 1, 1915, S. 276. 3 Von Atomprozenten wird im Gegensatz zu Gewichtsprozenten gesprochen. Die Atomprozente geben unmittelbar die Häufigkeit der Atomarten an. COULOMB sehen

§ 46. Die Struktur der Atomherne und die Harbins sehen Regeln.

197

und daher schwer entmischbar sind. Mg. 52 gibt nach H A R K I N S für ein bestimmtes Mineral die Atomprozente der verschiedenen seltenenErden wieder. Die f ü n f h ä u f i g s t e n E l e m e n t e , nämlich S a u e r stoff, Silicium, Magnesium, Eisenund Schwefel, haben durchwegs g e r a d e O r d n u n g s z a h l e n , und es ist sicherlich kein Zufall, daß sowohl die beiden noch unbekannten Elemente Nr. 85 und Nr. 87 als auch die drei zuletzt entdeckten Grundstoffe (Nr. 48, 61 und 75) von ungerader Ordnungszahl sind. Abgesehen von der größeren 57 SS SS 60 61 62 63 61 65 66 67 61 63 70 71 Häufigkeit, weisen auch, wie La, Ce Pr Nd Sm Ea ßi Tb Dy Ho Er Tu. Yb Cp schon früher erwähnt wurde, , , ^ n , ,,, , . Fig. 52. Atomprozente der seltenen Erden in die . geraden Elemente eine einem • , ,, T , „ r Mineral. (Nach HARKINS ; aus Zeitschrift

größere

Isotopenzahl

als

für

dieungeradenGrundstoffeauf. Die Z a h l der K e r n e l e k t r o n e n 4 ist, wie eine weitere von H A R K I N S aufgestellte Eegel besagt, f ü r die ü b e r w i e g e n d e Zahl von A t o m a r t e n gerade. Die wenigen Atomarten, für die diese Eegel nicht gilt, sind überdies verhältnismäßig selten, so daß nach H A R K I N S 9 7 7 2 % d e r Atomkerne in der Erdkruste und 9 7 % der Atomkerne in Steinmeteoriten eine gerade Zahl von Kernelektronen enthalten. Fig. 53 stellt, wiederum nach HARKINS, für Steinmeteorite die Atomprozente in ihrer Abhängigkeit von der Zahl der Kernelektronen dar (die Indizes bei den chemischen Symbolen geben

die im folgenden zu be-

sprechende Ziffer a n ) .

sogenannte Isotopen-

P h y s i k >

V e r l a g

Springer, Berlin, Band 50.)

1,0

0,51

0,22

0,06t

Fig. 53.

12 1t 16 1& 20 22 2t 26 2S 30 32 3t Elektronenzahl Atomprozente Steinmeteoriten in

ihrer Abhängigk

e i t von der Zahl der Kern-

elektronen (nach HARKINS; aus Zeitschrift für Physik, Verlag Springer, Berlin, Band 50).

4 Unter den Kernelektronen versteht man, wie schon früher erwähnt, die im Kerne enthaltenen Elektronen im Gegensatze zu den Planetenelektronen des Atoms; die Zahl der Kernelektronen ist gleich dem Unterschied zwischen Atomgewicht und Ordnungszahl.

198

Die

Atomkerne.

Hinsichtlich der P r o t o n e n z a h l gilt, wie schon früh auffiel, die Regel, daß sich Elemente mit einem d u r c h v i e r t e i l b a r e n Atomg e w i c h t , also mit einer durch vier teilbaren Protonenzahl, durch besondere H ä u f i g k e i t auszeichnen. Nach H A R K I N S weisen ungefähr 90% aller Atome der Steinmeteore und 85% der Atome der Erdkruste ein durch vier teilbares Atomgewicht auf. Bei insgesamt zwölf A t o m a r t e n , unter denen Helium am niedrigsten und das Calcium-Isotop mit der Atommasse 40 am höchsten ist, ist das Atomgewicht genau doppelt so groß wie die chemische Ordnungszahl, bei allen übrigen Atomarten hingegen, wenn man von dem Wasserstoff als einziger Ausnahme absieht, größer. Die Differenz zwischen der Zahl der Kernelektronen und der chemischen Ordnungszahl wird von H A R K I N S als I s o t o p e n z i f f e r bezeichnet.5 Sie ist für die zwölf vorhin erwähnten Atomarten null, sonst (wenn von Wasserstoff abgesehen wird) s t e t s p o s i t i v , wobei sie im allgemeinen mit der Ordnungszahl wächst. Für Uran beträgt die Isotopenziffer nicht weniger als 54 (bei einem Atomgewicht von 238, einer Ordnungszahl von 92 und somit bei 146 Kernelektronen). Wie H A R K I N S feststellte, weist die I s o t o p e n z i f f e r sowohl hinsichtlich der Häufigkeit als auch der Anzahl der Atomarten eine P e r i o d i z i t ä t v o n v i e r und daneben eine weitere v o n zwei auf. Es ist auch bemerkenswert, daß sich die i n a k t i v e n Atomarten inR e i h e n einordnen lassen, die denen des r a d i o a k t i v e n Z e r f a l l s durchaus analog sind.6 Ähnliche Gesetzmäßigkeiten wie H A R K I N S hat später B E C K 7 an der Hand einer von ihm konstruierten Isotopentabelle abgeleitet. B E C K wies insbesondere darauf hin, daß sich der fortschreitende Aufbau der Kerne so vollzieht, daß nach Hinzufügung einer bestimmten Anzahl von a-Teilchen p l ö t z l i c h zwei E l e k t r o n e n als A n l a g e r u n g s e l e k t r o n e n , wie sie B E C K nennt, in den Kernverband aufgenommen werden. Umgekehrt zeigen die Erscheinungen des radioaktiven Zerfalls, daß bei dem Unstabil werden der Bahn eines Anlagerungselektrons nicht bloß ein, sondern fast gleichzeitig8 zwei/J-Teilchen fortgeschleudert werden. Inder Tatsache, daß Anlagerungselektronen p a a r w e i s e eingefügt und aus dem Kernverband bei abnehmender Protonenzahl paarweise ausgeschieden werden, sieht B E C K ein Anzeichen dafür, daß das Phänomen des E l e k t r o n e n s p i n gemeinsam mit dem PAULischen P r i n z i p nicht nur die Gesetzmäßigkeiten des Atombaus, sondern auch die der Kernstruktur zu deuten vermag. 6 Ist P die Protonenzahl, N die Zahl der Kernelektronen und Z die chemische Ordnungszahl, so gilt für die Isotopenziffer J die Beziehung

denn es ist ja

J = N-Z

= 2N - P = P-2Z; Z=P—N. Siehe die vorhin zitierte Abhandlung von HABKINS in der Zeitschr. f. Phys. 7 G. BECK, Zeitschr. f. Phys. 47, 1928, S. 407; SO, 1928, S. 548. 8 In den Fällen, in denen ein Radioelement, das selbst das Produkt eines a-Abbaus ist, unter ^-Strahlung zerfällt, ist das neue Umwandlungsprodukt stets ein äußerst kurzlebiges und wiederum /9-strahlendes Element. Vgl. die früheren Tabellen XXIII—XXV. 6

VI. K a p i t e l .

Die Molekeln. § 47. Die Rotationsschwingungsspektren. Obwohl die S p e k t r e n d e r M o l e k e l n 1 viel komplizierter als die der Atome sind, so ist es doch möglich gewesen, die wesentlichen Gesetzmäßigkeiten der Molekularspektren auf Grund der Annahme zu deuten, d a ß sich die m o l e k u l a r e E n e r g i e aus d r e i B e s t a n d t e i l e n zusammensetzt, deren jeder nur d i s k r e t e r , a b g e s t u f t e r Werte fähig ist. Als erster Bestandteil ist die R o t a t i o n s e n e r g i e der Molekel anzusehen, als zweiter die E n e r g i e d e r K e r n s c h w i n g u n g e n , als dritter Bestandteil endlich derjenige, der von den Umlaufsbewegungen der Elektronen herrührt, also die E l e k t r o n e n e n e r g i e . Wie von vorneherein zu erwarten ist, erweisen sich die Stufen der Rotationsenergie als klein, verglichen mit denen der Schwingungsenergie, und diese wieder als klein im Vergleiche mit den Stufen der Elektronenenergie. Betrachten wir zunächst die R o t a t i o n s e n e r g i e ET, so ist nach einer elementaren Beziehung der Mechanik 2 (D zu setzen, wenn U den Drehimpuls bedeutet und J das Trägheitsmoment um die Rotationsachse (die wir bei einer zweiatomigen Molekel senkrecht zu der Verbindungslinie der Atomkerne anzunehmen haben). Dabei ist nach der Definition des Trägheitsmomentes bei einer zweiatomigen Molekel (2) J = m1 rf + m 2 r 2 2 , wenn r x und r 2 die Abstände der beiden Atome (mit den Massen mL und m 2 ) von dem Schwerpunkte bedeuten; es ist also (3) J = -m-1-1 r2 , ^ ' m1 + m2 ' wenn r der wechselseitige Abstand der beiden Atomkerne ist. 3 1 Unter Molekeln sind im folgenden natürlich nur solche zu verstehen, die mehr als ein einziges Atom enthalten. 2 Vgl. z. B. des Verfassers „Einführung in die theoretische Physik", 3. und 4. Auflage, Bd. I, Gl. 14 des § 28 und Gl. 1 des § 29. 3 Denn es ist bekanntlich

r, —

m2 r m1 + m2

usw.

Die Molekeln.

200

Für den Drehimpuls haben wir nun im Sinne der neuen Quantenmechanik (nach 61. 25 des § 12) zu setzen (4)

u

.*-yr{l+T)",

=

wobei l eine Quantenzahl ist. Es wird somit (5)

E r

=

1

g

T

l { l + 1).

Da die Quantenzahl l den Drehimpuls bestimmt, betrachten wir (gemiiß Gl. 7 des § 15) zunächst nur solche Übergänge, bei denen sich l um ± 1 ändert. Machen wir die vereinfachende Annahme, daß bei der Änderung der Eotationsenergie das T r ä g h e i t s m o m e n t selbst u n g e ä n d e r t bleibt, so finden wir für die Frequenz, die einem Q u a n t e n s p r u n g e d e r E o t a t i o n s e n e r g i e entspricht: Vr=±

g^j-W

+ 1) (l + 2) -

l( l + 1)]

oder (6)

vr = ± ^

(i + 1) •

Unter den Änderungen der molekularen Energie bilden nun einen einfachen Sonderfall diejenigen, bei denen die E l e k t r o n e n e n e r g i e ihrerseits k o n s t a n t bleibt. Die Gesamtheit der Linien, die solchen Änderungen entsprechen, stellt das R o t a t i o n s s c h w i n g u n g s s p e k t r u m der betreffenden Molekel dar. Es setzt sich aus einzelnen B a n d e n zusammen, deren jede sich um einen bestimmten Wert einer Kernschwingungsfrequenz (vs) gruppiert, gemäß der Formel: (7)

f = v ±

¿ ^ - ( 2 = 1 , 2 , 3 usw.).

Die einzelnen Banden müssen demnach F o l g e n ä q u i d i s t a n t e r L i n i e n 4 darstellen, wobei aber die Mitte, die sogenannte N u l l i n i e , a u s f a l l e n m u ß ; denn da 2 gleich l -+- 1 ist, erscheint der Wert z = 0, also v = vs nicht möglich. 5 Folgen von A b s o r p t i o n s l i n i e n , die diesem Schema entsprechen, sind in der Tat bei vielen Substanzen im näheren Ultrarot (bei Wellenlängen von einigen //) festgestellt und untersucht worden, so vor allem bei den Wasserstoffverbindungen der Halogene (HCl, HF, HBr). Fig. 54 gibt nach einer Aufnahme von IM ES® eine A b s o r p t i o n s b a n d e wieder, die dem Chlorwasserstoff angehört und zwischen 3 und (30000 und 4 Die Äquidistanz erscheint in den Fi gg. 54 und 55 deshalb nur angenähert, weil der Linienabstand nicht unmittelbar von dem Frequenzunterschied, sondern von dem Unterschied eines Ablenkungswinkels abhängt. 5 Während das Ausfallen der Nullinie in der früheren Quantentheorie nur durch gekünstelte spezielle Hypothesen erklärt werden konnte, erübrigen sich solche in der neuen Quantentheorie. 8 E. S. IMES, Astrophys. Journ. SO, 1919, S. 251.

201 40000 A) liegt. Als Ordinate ist dabei die in Prozenten angegebene Absorption eingetragen, als Abszisse ein Ablenkungswinkel, der bei der Aufnahme, die mittels eines Eeflexionsgitters erfolgte, gemessen wurde. Die Maxima der Kurve stellen die Absorptionslinien dar; die entsprechenden Wellenlängen sind (in ¡j) oberhalb der Kurvengipfel angegeben. Aus der Figur ist deutlich das Fehlen der Nullinie erkennbar. Proz.

3,8

3,7

3,6

3,5

3,4

3,3 /i

Fig. 54. Absorptionsbande von HCl (nach IMES).

Der Wert von vs hängt natürlich von der M a s s e des oszillierenden Atomkerns ab, und es ist daher das Auftreten eines I s o t o p i e - E f f e k t e s in den Botationsschwingungsspektren zu erwarten. In der Tat sind solche, durch die Isotopie des C h l o r s hervorgerufene D ü b l e tt-s deutlich in der K g . 55 erkennbar, die nach I M E S eine Absorptionsbande von HCl bei 1,76 /x wiedergibt. 7 Die Kurve zeigt in der Nachbarschaft der Hauptmaxima, die von den Cl35-Atomen herrühren, schwächere Nebenmaxima von geringerer Frequenz, die durch die Cl37-Atome verursacht werden.8 Proz.

1,825

1,800

1,775

1,760

1,725

Fig. 55. Isotopieeffekt im Rotationsschwingungsspektrum von HCl (nach IMES).

Es erscheinen natürlich auch Quantensprünge möglich, bei denen die Änderung der molekularen Energie auf die Rotationsenergie beschränkt ist. In solchen Fällen ist ein sogenanntes r e i n e s R o t a t i o n s s p e k t r u m zu erwarten, das nach Gl. 7 durch die Formel dargestellt ist: (8)

v =

. ^

r { z

=

1 , 2 , 8 usw.).

7 Diese Bande entspricht einer „Oberschwingung"; denn die Grundfrequenz ist in Fig. 55 doppelt so groß wie in Fig. 54. 8 Für den Frequenzunterschied der beiden Linien eines Isotopiedubletts von C1 ergibt die Theorie den Wert

"~

[

- 1 1 _ M ^ 2 [ 35 ~~ 37 j '

Daraus folgt für die in Fig. 55 wiedergegebene Bande ein Wellenlängenunterschied des Dubletts von 13 Ä.

202

Die

Molekeln.

Spektren solcher Art sind in der Tat im fernen Ultrarot, vor allem bei W a s s e r d a m p f , festgestellt und untersucht worden. 9 § 48. Die Bandenspektren.

Ebenso wie sich das reine Rotationsspektrum über eine Ivernschwingungsfrequenz überlagern kann, so kann sich auch das gesamte Rotationsschwingungsspektrum über eine optische Frequenz superponieren, die durch einen Elektronenübergang hervorgerufen wird. Es entsteht dadurch ein sogenanntes B a n d e n s y s t e m , das zu dem betreffenden Elektronenübergang gehört. Die Gesamtheit aller Bandensysteme, die mit den Elektronensprüngen einer Molekel verbunden sind, stellt das B a n d e n s p e k t r u m der betreffenden Molekel dar. Im optischen Gebiet erscheint allerdings das Rotationsschwingungsspektrum nur v e r z e r r t w i e d e r h o l t ; es erklärt sich dies dadurch, daß eine Änderung der Elektronenkonfiguration zugleich auch den Kernabstand und damit das T r ä g h e i t s m o m e n t der Molekel v e r ä n d e r t . Für die Frequenzen des Bandenspektrums gilt somit, wenn wir mit v* die Frequenz des Elektronensprunges, mit J und J ' das Trägheitsmoment vor und nach dem Sprung und mit m und m' die Rotationsquantenzahl vor und nach dem Sprung bezeichnen, die folgende Formel: (1)

v = v* + v, +

m(m + 1) J

vi' (m' + 1) J'

Den drei Übergängen vi — 1

(2)

m'. =

m

w + 1 entsprechen innerhalb einer Bande d r e i sogenannte B a n d e n z w e i g e ; man unterscheidet sie als p o s i t i v e n , N u l l - und n e g a t i v e n Zweig. Der Nullzweig fehlt in vielen Banden. Jeder der drei Zweige muß nun, wie aus der Gl. 1 erkennbar ist, in der Form darstellbar sein (8)

v = A + Bm

+

Cm*,

wobei A, B und C Konstanten sind, die für alle Linien eines Bandenzweiges denselben Wert haben. Ersetzen wir in Gl. 1 m(m -f- 1) durch m 2 und ebenso natürlich m'(m' + 1) durch m' 2 , so vollziehen wir damit den Übergang von der neueren genaueren Quantenmechanik zu der früheren, minder exakten Quantentheorie, die im Anschluß an ältere empirische Erkenntnisse von D e s l a n d b e s (1887) vor allem v o h H e u r l i n g e r , K r a t z e r undLENZ (1919) entwickelt worden war. Man erkennt leicht, daß bei dieser weniger genauen Darstellung für die drei Zweige einer Bande die Konstanten^ und C 9

Vgl. den zusammenfassenden Bericht über Ultrarotforschung von Gebda. Laski in den „Ergebnissen der exakten Naturwissenschaften", Bd. III, Berlin (Springer) 1924.

§ 48. Die

203

Bandenspektren.

übereinstimmen, während die Konstante B für den positiven und negativen Zweig entgegengesetzt gleich ist und für den Nullzweig verschwindet. Wie zuerst P O E T R A T 1 erkannte, kann man die Gl. 3 zu einer einfachen g r a p h i s c h e n D a r s t e l l u n g der Banden benutzen. Man trägt m. 17 16 15 14

Negai. Zweig

^ ^ ^

13 12 11

/ i

10

0 3 7

/ ! '• ! : i

i 1 I

i I

;

:

\

^ •

6

\

3

i

4 3

j Posit. 1weig_ •: 1 ;

2

1 ! !

1

I !

i : i i u •

j! i

7'8'9' 10' 11'

65 4

X ;

12'

,7

r i ^

! ; : : i i n; i !: ? 13'

-^

;

;

t

15'

14'

0

; !

*

16'

17

1

Fig. 56. FoRTRAT-Diagramm einer Bande (nach SOMMERFELD).

in einem solchen F o K T R A T - D i a g r a m m (Fig. 56) als Abszisse v auf, während man als Ordinate den Wert von m wählt. Die Werte von v, die den g a n z z a h l i g e n O r d i n a t e n entsprechen, liegen dann natürlich nach Gl. 3 für jeden Bandenzweig auf je einer P a r a b e l . Durch Lotung der Punkte erhält man eine Abbildung der Bande, aus der man auch ersieht, daß sich die Linien der Bande gegen die Projektion des Parabel1

R. FORTRAT, Thèse (Paris) 1914, S. 109.

Die Molekeln.

204

scheiteis häufen; dessen Projektion ergibt die B a n d k a n t e oder den B a n d e n k o p f , der also keineswegs mit der N u l l s t e l l e der Parabel (wi = 0) zusammenfällt. Die Nullstelle ist einerseits durch das Ausfallen einer Linie (vgl. den vorhergehenden Abschnitt), andererseits durch die besondere Intensität der Linien mit kleinem m-Werte erkennbar. Von großer Wichtigkeit ist nun die Frage, wie innerhalb eines Bandensystems die verschiedenen Werte der die Nullstellen festlegenden Konstanten A (der Gl. 3) zusammenhängen. Mit großer Genauigkeit erweist sich in dieser Hinsicht eine Beziehung erfüllt, die gewöhnlich als das B a n d k a n t e n g e s e t z bezeichnet wird und dessen Erkenntnis im wesentlichen bereits auf D e s l a n d r e s (um 1900) zurückgeht. Das Gesetz gilt für die N u l l s t e l l e n vollkommen exakt, mit großer Annäherung aber auch für die Bandkanten, auf die es zuerst angewendet wurde; danach sind die innerhalb eines Bandensystems möglichen Werte der Größe A in der Form darstellbar A = A0+ (an — b n2) — (a' n' — V n'2) ,

(4)

wobei die vier Größen a, b, a', b' für das Bandensystem charakteristische Konstanten bedeuten. Die für die K e r n s c h w i n g u n g s f r e q u e n z e n maßgebenden Konstanten A lassen sich also ähnlich wie die spektralen Frequenzen eines Atoms auf ein Termschema zurückführen, nur daß hier zwei verschiedene Termfolgen unterschieden werden müssen, deren eine dein A n f a n g s z u s t a n d und deren andere dem E n d z u s t a n d bei jenem Elektronensprung entspricht, zu dem das Bandensystem gehört. Im übrigen ergibt sich die Gl. 4 ohne weiteres, wenn man annimmt, daß die Energie der Kernschwingung nach Potenzen einer Quantenzahl entwickelbar ist, und wenn man höhere als quadratische Glieder vernachlässigt. Auf Grund des Bandkantengesetzes lassen sich die möglichen A-Werte in ein q u a d r a t i s c h e s S c h e m a einteilen, in dem etwa die horizontalen Beihen aufeinanderfolgenden «-Werten, die Vertikalreihen aufeinander folgenden »'-Werten entsprechen. Die Differenzen zwischen den Gliedern zweier benachbarter horizontaler oder vertikaler Reihen müssen dann natürlich, wie ohne weiteres aus Gl. 4 folgt, untereinander denselben Wert haben. Tabelle X X V I I gibt als Beispiel eines Kantenschemas das der sogenannten T a b e l l e XXVII. Beispiel eines Kantenschemas V

0 0 i 2

25797,8 (2123,5) 27921,3

1 (2042,4) (2042,3)

23755,4 (2015,9) (2123,6) 25879,0 (2016,0) (2083,7) 27962,7 (2017,2)

(Stickstoffmolekel). •2 21739,5 (2123,5) 23863,0 (1989,6) (2082,5) 25945,5 (1989,0)

3

21873,4 (2083,1) 23956,5

§ 48.

Die

205

Bandenspektren.

C y a n b a n d e n wieder, die in Wirklichkeit von der S t i c k s t o f f m o l e k e l (N2) herrühren. In Klammern sind zwischen den Eeihen die Differenzen eingetragen, deren Konstanz aus der Tabelle deutlich ersichtlich ist. Alle Werte bedeuten Wellenzahlen (Frequenz, dividiert durch Lichtgeschwindigkeit). Gemäß Gl. 4 ergibt sich für die Wellenzahlen der betrachteten Cyanbanden die Darstellung: (5) A = 25797,83 + (2143,88 n — 20,25 n2) — (2055,64 n' — 13,25 w'2) . Wie genau diese Formel erfüllt ist, zeigt Tabelle XXVIII, die nach T a b e l l e XXVIII. E r f ü l l u n g des B a n d k a n t e n g e s e t z e s bei B a n d e n v o n N 2 ( n a c h KRATZER)-. N' =

0

\ |

1

1

4

3

(3884)

(4216)

(4606)

23755,44

21739,54

25797,83

23755,44

21739,55



(3590)

(3872)

(4197)

(4578)

27921,3

25879,0

23863,0

21873,4

25878,99

23863,10

21873,71

T 27921,38 —

1

6

5

















(3586)

(3862)

(4181)

27962,7

25945,5

23956,5

27962,04

25946,15

23956,76

21993,87

(3584)

(3855)

(4168)

(4532)

27989,70

26000,31

24037,42

22101,03

(3850)

(4153)

(4515)

26040,47

24104,08

22194,19

1 2

3

2

25797,83

I N=

0

(4553) —

1

1

4 I 1 4600 1

4400 I

i

4200

.

4000 1

3800 i

i

3600 i

x

4606 4553 4515 4678 4532 y

Ja

=

>

— 2

4216 41814153 4197 4168 ^

y

4 o =

'

- 1

3884 3862 3850 3871 3855

< .? n = 0

Ja

= +1

Fig. 57. Anordnung von Bandkanten im Spektrum von N 2 (nach SOMMERFELD, Atombau und Spektrallinien).

in der ersten Zeile eingeklammert die Wellenlängen der Kanten angibt, in der zweiten Zeile die empirisch und in der dritten die formelmäßig errechneten Wellenzahlen der Nullinien. Fig. 57 zeigt die KRÄTZER

2

2

A. KRATZER, Physik. Zeitschr. 22,1921, S. 552; Ann. d. Phys. (4) 67,1922, S. 127.

206

Anordnung der 18 in der Tabelle XXVIII enthaltenen Bandkaiuten (unter Angabe der Wellenlänge). Es lassen sich vier Gruppen unterscheiden, die den Quantensprüngen A n gleich —-2, — 1, 0 und + 1 entsprechen. Die Gruppe A n = 0 ist photographisch in Fig. 58 wiedergegeben, in der die fünf Kanten dieser Gruppe deutlich erkennbar sind. Aus dem Prinzip der Termdarstellbarkeit folgt natürlich, d.aß, "wie es auch in vielen Fällen empirisch festgestellt wurde, die Konstanten a und b (bzw.a'undZ/) für verschiedeneBandensysteme einerMolekel dieselben sein können; denn dieselben Beträge der molekularen Oszillatiionsenergie können mit verschiedenen Energiestufen der Elektronen verknüpft sein.

3881

3872

3862 :

3865 3850

Fig. 58. Sog. Cyanbanden des Stickstoffspektrums.

Viel später erst als die Banden selbst und die Bandkanten sind die für die Molekeln charakteristischen E l e k t r o n e n t e r m e Gegenstand der experimentellen und der theoretischen Forschung geworden. Im Jahre 1925 ist M U L L I K E N 3 die wichtige Entdeckung geglückt, daß hinsichtlich der Elektronenterme eine weitgehende Analogie zwischen molekularen S p e k t r e n und A t o m s p e k t r e n besteht. Man muß hierzu nach M U L L I K E N von der bereits durch L E W I S 4 begründeten Vorstellung ausgehen, daß sich die nicht in abgeschlossenen Elektronengriuppen vereinigten, also gewissermaßen überzähligen Elektronen der Atome z;u g em e i ns a m e n A c h t e r - G r u p p e n zusammenschließen und daß die dann noch überzähligen Elektronen dieBollevonLeuchtelektronenderMolelkelspielen. Betrachten wir beispielsweise zweiatomige Molekeln mit dreizehn E l e k t r o n e n , so hätten wir einerseits in jedem der beiden Atome eine abgeschlossene K-Gruppe von zwei Elektronen, überdies aber noch eine gemeinsame L-Gruppe von acht Elektronen anzunehmen, so daß das dreizehnte Elektron als Leuchtelektron übrig bliebe. Die Spektren der Molekeln mit 13 Elektronen müßten danach den A l k a l i s p e k t r e n analog sein. Daß dies in der Tat der Fall ist, konnten M U L L I K E N , B I R G E 5 , M E C K E 6 und andere Forscher feststellen, so beispielsweise bei 3

R. S. MULIJKEN, Phys. Rev. 26, 1925, S. 561; vgl. auch zahlreiche Abhandlungen in Phys. Rev. seit 1925. 4 G. N. LEWIS, Trans. Faraday Soc. 19, 1923, S. 452. s R. T. BIEGE, Zahlreiche Abhandlungen in Phys. Rev. seit 1925; auclh Nature 116, 1925, S. 7 8 3 ; 117, 1926, S . 300. 6 R. MECKE, Zeitschr. f. Phys. 36, 1926, S. 795; 42, 1927, S. 390.

§ 48. Die Bandenspektren.

207

BeF, BO, CN; aber auch die Spektren zweiatomiger Molekeln mit 21 Elektronen erwiesen sich als den Alkalispektren verwandt, so z. B. die Spektren von MgF, AlO, SiN. In ähnlicher Weise konnten wiederum die Molekularspektren von CO und C + 0 in Beziehung zu dem Bogen- und Funkenspektrum des Magnesiums gebracht werden, und so fort. Die Analogie zwischen den Molekular- und den Atomspektren äußert sich vor allem hinsichtlich der M u l t i p l i z i t ä t d e r B a n d e n s p e k t r e n . M E C K E 7 hat zuerst gezeigt, daß der sogenannte W e c h s e l s a t z auch für Molekularspektren gilt, so daß bei gerader Elektronenzahl der Molekel die Multiplizität der Tenne ungerade ist und umgekehrt. Auf Grund der Multiplizität vermochten MULLIEEN und BIRGE für die Elektronenterme der Molekeln ganz ähnliche Bezeichnungen wie bei den Atomspektren einzuführen, so daß nunmehr auch bei den Bandenspektren z. B. von 2S- oder 3 P-Termen gesprochen werden kann. Die Regeln für eine Systematik der molekularen Elektronenterme wurden vor allem durch H U N D 8 entwickelt. Es ist jedoch wichtig zu bemerken, daß beobachtbare Multiplizität der Bandenspektren sich in vielen Fällen auch als I s o t o p i e - E f f e k t erweist. 9 Ebenso wie die Atome können auch die Molekeln als solche die Träger von F l u o r e s z e n z e r s c h e i n u n g e n sein. Besonders eingehend ist dieses Phänomen durch WOOD10 bei der J o d m o l e k e l untersucht worden. WOOD bestrahlte bei niedrigem Druck Joddampf mit Quecksilberlicht von 5461 Ä. Es zeigte sich, daß Lichtquanten von dieser Wellenlänge von der Jodmolekel absorbiert werden, so daß die Molekel in einen angeregten, energiereicheren Zustand übergeht und aus diesem dann unter g l e i c h z e i t i g e r Änderung der Kernschwingungs- und der Elektronenenergie in den Grundzustand zurückkehrt. Entsprechend dem Umstände, daß sich die Botationsquantenzahl (m) um eins erniedrigt oder erhöht, zeigt sich in dem Fluoreszenzspektrum des Jods das Auftreten von zahlreichen D u b l e t t s , von denen WOOD gegen zwanzig beobachten konnte. Nur bei Steigerung des Drucks oder bei Hinzumischung eines Zusatzgases vervollständigen sich die Dubletts zu eigentlichen Banden. Eine besondere Bedeutung kommt unter den Bandenspektren denjenigen zu, die von zweiatomigen G r u n d s t o f f m o l e k e l n geliefert werden, und eine eigenartige Stellung nimmt hierunter wieder das M o l e k u l a r s p e k t r u m d e s W a s s e r s t o f f s ein. Bei der Wasserstoffmolekel ist nämlich (wie eingehender im nächsten Abschnitt gezeigt werden wird) das T r ä g h e i t s m o m e n t außerordentlich k l e i n im Vergleich mit anderen Molekeln. Infolgedessen ist, wie Gl. 1 erkennen läßt, der Abstand zweier 7

Die erste Mitteilung von R . MECKE erschien in der Zeitschr. f. Phys. 28, 1924,

S. 261. 8 F. HUND, Zeitschr. f. Phys. 36, 1926, S. 657; auch Physik. Zeitschr. 28, 1927, S. 779. " Vgl. z. B. die Untersuchungen von R. RITSCHL über die Banden Spektren der Kupferhalogenide; Zeitschr. f. Phys. 42, 1927, S. 172. 10 R. W. WOOD, Phil. Mag. 35, 1918, S. 236; vgl. hierzu auch die Interpretation von W. LENZ in Physik. Zeitschr. 21, 1920, S. 691.

208

Die

Molekeln.

benachbarter Linien innerhalb einer Bande verhältnismäßig groß, so daß das Molekularspektrum des Wasserstoffs nicht das sonst gewohnte Aussehen eines Bandenspektrums hat, sondern als „ V i e l l i n i e n s p e k t r u m " erscheint, das sich von dem Ultrarot bis zu dem kurzwelligen Ultraviolett erstreckt. Die Darstellung der Elektronenterme dieses Spektrums in der Form von RYDBERG-Termen ist bisher allerdings erst in einigen Fällen gelungen 11 ; in größerer Zahl ist dies im Viellinienspektrum des H e l i u m s 1 2 möglich gewesen, das in vorübergehenden Bindungen zwischen m e t a s t a b i l e n H e l i u m a t o m e n seinen Ursprung haben dürfte. 13 Eine Eigentümlichkeit der von G r u n d s t o f f e n herrührenden Bandenspektren ist ein I n t e n s i t ä t s w e c h s e l der Linien. Bei Molekeln, die aus zwei g l e i c h e n A t o m e n bestehen, fällt nämlich in den Banden entweder j e d e z w e i t e L i n i e völlig aus, oder aber sind die Linien abwechselnd stark und schwach. H E I S E N B E R G 1 4 deutete diesen Intensitätswechsel richtig als ein q u a n t e n m e c h a n i s c h e s R e s o n a n z p h ä n o m e n , wobei er an seine Theorie des H e l i u m b o g e n s p e k t r u m s anknüpfen konnte. Die Eigentümlichkeiten dieses Atomspektrums hatte ja H E I S E N B E R G (S. § 2 2 ) derart erklärt, daß infolge der Resonanz zwischen den beiden Planetenelektronen das Energiestufensystem in zwei Teils y s t e m e zerfällt, zwischen denen n u r s c h w a c h e I n t e r k o m b i n a t i o n e n möglich sind; diese erscheinen als Folge des Elektronen-Spins und müßten, wenn dieser nicht vorhanden wäre, völlig entfallen. Ein ganz ähnliches Resonanzphänomen liegt nun nach H E I S E N B E R G auch bei einer Molekel vor, die zwei gleich b e s c h a f f e n e A t o m k e r n e enthält. Auch das Termsystem einer solchen Molekel zerfällt in zwei getrennte Teilsysteme, zwischen denen Interkombinationen nur möglich erscheinen, wenn jedem der beiden Kerne ein r e s u l t i e r e n d e r S p i n zukommt. Die Linien einer Bande sind aber, wie H E I S E N B E R G ZU zeigen vermochte, abwechselnd solche, die durch Kombination i n n e r h a l b eines und desselben Termsystems, und solche, die durch I n t e r k o m b i n a t i o n e n entstehen. Fallen also alle zweiten Linien v ö l l i g aus, so muß angenommen werden, daß die Atomkerne k e i n e n resultierenden Spin haben, während ein solcher offenbar vorhanden ist, wenn alle Bandenlinien, wenn auch mit wechselnder Intensität, auftreten. Ersteres ist bei H e l i u m und S a u e r s t o f f , letzteres bei W a s s e r s t o f f und S t i c k s t o f f der Fall. In der Tat ist ja bei Helium und Sauerstoff die Zahl der Kernelektronen und der Protonen gerade; hingegen ist im Stickstoffkern die Elektronenzahl u n g e r a d e und der Wasserstoffkern mit einem Proton identisch. 11 So fand J. S A N D E M A N N (Proc. Roy. Soc. London (A) 110, 1926, Terme von folgender Form: 18567,47 — Rj(n + 0.15988) 2 . 12

Vgl. W. E.

CURTIS

und R.

G . LONG,

Proc. Roy. Soc. London

S. 513. 13

Vgl. § 32.

14

W . HEISENBERG, Z e i t s c h r . f . P h y s . 41,

1927, S. 239.

S.

(A)

326) z. B.

108, 1925,

§ 49. Kernabstand

und Dissoziationsenergie.

209

§ 49. Kernabstand und Dissoziationsenergie. Aus den Bandenspektren einer zweiatomigen Molekel lassen sieh zwei Größen ermitteln, die vor allem für den Aufbau der Molekel maßgebend sind, nämlich der K e r n a b s t a n d und die D i s s o z i a t i o n s eiiergie. Zunächst kann nämlich aus der Struktur der Banden (nach Gl. 1 des § 48) leicht das molekulare T r ä g h e i t s m o m e n t berechnet werden, und für dieses gilt (nach Gl. 3 des § 47) die Beziehung (1)

J=nr*,

wenn r der wechselseitige Abstand der beiden Atomkerne ist und /j, die sogenannte r e d u z i e r t e Masse, nämlich « Infolgedessen ist bei bekannter chemischer Formel mit dem Trägheitsmoment auch der Kernabstand gegeben. Das k l e i n s t e T r ä g h e i t s m o m e n t wurde bei der W a s s e r s t o f f m o l e k e l (H2) festgestellt, nämlich im Grundzustande 4,67-10 41 absolute Einheiten. Besonders groß ist das Trägheitsmoment bei der J o d m o l e k e l , bei der zwei ungefähr 1500 und 2500mal so große Werte gefunden wurden. Daß ganz allgemein die H y d r i d e (Wasserstoffverbindungen) ein besonders kleines Trägheitsmoment haben müssen, geht aus der Formel für die reduzierte Masse hervor; diese ist (inAtomgewichten gemessen) bei Hydriden stets kleiner als Eins, während sie sich bei Nitriden (Stickstoffverbindungen) nicht viel kleiner als 14 und bei Oxyden nicht viel kleiner als 16 (gemäß Gl. 2) ergibt. Der kleinste Wert des K e r n a b s t a n d e s wurde ebenfalls bei der Wasserstoffmolekel festgestellt, nämlich im Grundzustand 0,75 Ä; einem zweiten Werte des Trägheitsmomentes entspricht bei H 2 ein Kernabstand von 1,06 A. Bei der Jodmolekel sind die beiden Werte der Kerndistanz 2,66 und 3,4 A . Zum Vergleich sei daran erinnert, daß sich in der B O H R schen Theorie der Elektronenbahnradius im Grundzustand zu 0,53 Ä ergibt. Für chemisch verwandte Verbindungen besteht, wie M E C K E 1 zeigte, ein enger Z u s a m m e n h a n g z w i s c h e n K e r n a b s t a n d u n d chem i s c h e r P e r i o d i z i t ä t . Besonders deutlich tritt dies in Fig. 59 zutage, die nach M E C K E für die H y d r i d e den Kernabstand (in A) als F u n k t i o n der O r d n u n g s z a h l des mit dem Wasserstoff verbundenen Grundstoffs darstellt. Die Figur zeigt deutlich D i s k o n t i n u i t ä t e n bei dem Übergang von einer zu der nächsten Periode und einen m o n o t o n e n K u r v e n a b f a l l innerhalb der einzelnen Perioden. Offenbar ist der Anstieg bei dem Beginn einer neuen Periode auf das Hinzukommen einer weiteren Elektronengruppe und die dadurch bewirkte Vermehrung des Atomvolumens zurückzuführen, hingegen der Kurvenabfall auf die Zunahme der Kernladung und die dadurch bedingte Zusammenziehung 1

R . MECKE,

Zeitschr. f. Phys. 42, 1927, S. 390; auch Naturwiss. 16,1928, S. 5 2 1 .

HAAS, Atomtheorie. 2. Aull.

14

210

Die

Molekeln.

des atomaren Planetensystems. Bei den N i t r i d e n , O x y d e n und E l e m e n t m o l e k e l n 2 zeigen sich in der entsprechenden graphischen Darstellung ebenfalls scharfe Diskontinuitäten an der Stelle der Edelgase, doch fallen innerhalb der Perioden die Kurven nicht monoton ab, sondern sie weisen ein Minimum in der Mitte der Periode auf. Auch die K e r n s c h w i n g u n g s f r e q u e n z e n offenbaren bei verwandten Verbindungen deutlich den Zusammenhang mit der chemischen Periodizität. Die Kernfrequenzen sind besonders g r o ß bei den H y d r i d e n , und zwar auch bei den Wasserstoffverbindungen hoher Grundstoffe. Verhältnismäßig kleine Kernfrequenzen treten bei den zweiatomigen Molekeln von Jod, Kalium und Natrium 3 auf. Im allgemeinen entsprechen die Kernschwingungsfrequenzen u l t r a r o t e n Wellenlängen von einer Größenordnung zwischen 10~4 und 1 0 - 2 cm. Auf Grund der besprochenen Zusammenhänge kann man für jede Molekel Kernschwingungsfrequenz und Kernabstand ungefähr vorhersagen und daher umgekehrt aus den empirischen Daten eines beobachteten Ban' d e n s p e k t r u m s auf dessen Träger schließen, wofern dieser nicht von vorneherein bekannt ist. In vielen Banden> fc ist, die also Absorptionsprozessen entsprechen. 5 Aus der neuen Dispersionsformel ergibt sich, wie K R A M E R S und H E I S E N B E R G 6 zeigten, die wichtige Folgerung, daß in der sekundären Strahlung auch Licht von einer K o m b i n a t i o n s f r e q u e n z auftreten könne, nämlich von einer Schwingungszahl, die der S u m m e o d e r D i f f e r e n z aus der primären Schwingungszahl und einer E i g e n f requen-z des dispergierenden Atoms oder der dispergierenden Molekel gleich ist. Diese Folgerung der Theorie scheint durch den im Jahre 1928 entdeckten RAMAN-Effekt eine experimentelle Bestätigung erfahren zu haben. BAMAN 7 fand, als er monochromatisches Licht durch verschiedene Flüssigkeiten sandte, in dem S p e k t r u m d e r S t r e u s t r a h l u n g scharfe Linien, deren Frequenzen sowohl größer als auch kleiner als die primäre 3

R. LADENBUBG, Zeitschr. f. Phys. 4, 1921, S. 451. H. A. KBAMEBS, Nature 113, 1924, S. 673. 5 Wenn die primäre Frequenz mit einer spektralen Frequenz des Atoms übereinstimmt, so tritt R e s o n a n z ein. In scheinbarem Gegensatz zu der Dispersionsformel (Gl. 1) wird jedoch die Resonanzenergie nicht unendlich, weil Vernachlässigungen, die bei der nur angenähert gültigen Dispersionsformel gemacht wurden, im Falle vollkommener Resonanz unzulässig werden. 6 H. A. KBAMEBS und W. HEISENBERG, Zeitschr. f. Phys. 31, 1925, S. 681; vgl. auch eine frühere Arbeit von A. SMEKAL, Naturwiss. 11, 1923, S. 873. 7 C. V. RAMAN und H. P. KBISHNAN, Nature 121, 1928, S. 501; Indian Journal of Physics 2, 1928, S. 1 und 309. 4

HAAS, A t o m t h e o r i e . 2. A u f l .

15

226

Die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie.

Frequenz waren. Der F r e q u e n z u n t e r s c h i e d erwies sich aber hierbei als u n a b h ä n g i g v o n d e r p r i m ä r e n F r e q u e n z , und in dem Falle des B e n z o l s konnte RAMAN auch feststellen, daß eine der Frequenzdifferenzen mit einer anderweitig bekannten u l t r a r o t e n E i g e n f r e q u e n z d e r B e n z o l - M o l e k e l übereinstimmt. So erscheint die Hoffnung vielleicht berechtigt, daß es einst gelingen werde, mittels eines einzigen RAMAN-Photogramms die Gesamtheit der für eine Molekel charakteristischen ultraroten Frequenzen zu erhalten, die auf anderem Wege viel schwerer erforschbar sind. § 56. Der lichtelektrische Effekt. Aus der Theorie der Differentialgleichungen folgt, daß im allgemeinen der B i g e n w e r t b e r e i c h eines atommechanischen Problems in einen d i s k o n t i n u i e r l i c h e n und einen k o n t i n u i e r l i c h e n T e i l b e r e i c h zerfällt. In dem besonders einfachen Falle des W a s s e r s t o f f a t o m s bedeutet der diskontinuierliche Bereich n e g a t i v e E n e r g i e und ges c h l o s s e n e , p e r i o d i s c h e B e w e g u n g (nämlich Ellipsenbahnen), der kontinuierliche Bereich hingegen p o s i t i v e E n e r g i e und a p e r i o d i s c h e B e w e g u n g (nämlich Hyperbelbahnen). Die Grenze zwischen den beiden Bereichen wird durch den Term dargestellt, der der I o n i s i e r u n g s e n e r g i e des Wasserstoffatoms entspricht. Ähnlich, wenn auch komplizierter, sind die Verhältnisse bei anderen Atomen. 1 Wenn nun ein Elektron eines Atoms unter einer äußeren Einwirkung auf ein höheres Niveau gehoben wird, das dem kontinuierlichen Eigenwertbereich angehört, so verwandelt sich seine früher periodische Bewegung in eine a p e r i o d i s c h e ; d. h. das Elektron v e r l ä ß t das Atom. Erfolgt die Loslösung aus dem Atom unter der Einwirkung eines Lichtquants, so tritt der bekannte l i c h t e l e k t r i s c h e oder P h o t o - E f f e k t ein. Wie W E N T Z E L 2 und B E C K 3 erkannten, läßt sich derart der lichtelektrische Effekt auf die wellenmechanische Dispersionstheorie zurückführen. Falls der „gestörte" Eigenwert in den kontinuierlichen Bereich fällt, wird eben durch die S C H R Ö D I N G E R sehe D i s p e r s i o n s g l e i c h u n g die Ausbreitung einer von dem getroffenen Atom ausgehenden M a t e r i e w e l l e beschrieben, und diese bestimmt im Sinne der schon besprochenen s t a t i s t i s c h e n I n t e r p r e t a t i o n B O R N S 4 die W a h r s c h e i n l i c h k e i t d e r E m i s s i o n e i n e s P h o t o - E l e k t r o n s sowie die Abhängigkeit dieser Wahrscheinlichkeit von der Richtung. Die theoretischen Deduktionen führen zu dem durch das Experiment bestätigten Ergebnis, daß die Elektronenemission in einer bestimmten Richtung proportional zu cos2 # ist, wenn der Winkel ist, den die 1 I m allgemeinen können sich diskontinuierlicher und kontinuierlicher Bereich natürlich überdecken. 2 G. WENTZEL, Zeitschr. f. Phys. 40, 1926, S. 574; 41, 1927, S. 828. 3 G. BECK, Zeitschr. f. Phys. 41, 1927, S. 443. 4 Siehe § 14.

§. 57. Die Umwandlung von Elektronenstrdhlung in Lichtquanten.

227

Richtung mit der des e l e k t r i s c h e n L i c h t v e k t o r s einschließt; in die Richtung dieses Vektors fällt also das M a x i m u m der Intensität. In Übereinstimmung mit der Erfahrung ergibt die wellenmechanische Dispersionstheorie auch die A u s b e u t e des Photo-Effektes, nämlich die Zahl der in der Zeiteinheit ausgelösten Elektronen. Die Theorie zeigt auch, daß die Ausbeute außer von der Frequenz und der chemischen Ordnungszahl noch von der Nebenquantenzahl der Elektronen-Untergruppe abhängt, aus der die Loslösung erfolgt. Als eine besondere Art des lichtelektrischen Effektes ist der im Jahre 1925 entdeckte sogenannte A u G E R - E f f e k t 5 anzusehen. Er kommt zustande, wenn durch die Einwirkung von Röntgenstrahlen einem Atom des bestrahlten Stoffes ein inneres Elektron entrissen wird und die dadurch frei gewordene Stelle nun durch ein Elektron einer höherquantigen Gruppe eingenommen wird. Die hierbei frei werdende Energie kann sich nun entweder in ein Lichtquant verwandeln, in welchem Falle Röntgenstrahlung als s e k u n d ä r e oder F l u o r e s z e n z s t r a h l u n g emittiert wird, oder aber kann sie unter Umständen auch dazu dienen, um ein weiteres Elektron des Atoms als sogenanntes AuGER-Elektron auszulösen. Dieses verläßt dann das Atom mit einer kinetischen Energie, die der Differenz zwischen der frei gewordenen Energie und seiner Bindungsenergie gleich ist. W E N T Z E L 6 und F U E S 7 haben den AuGER-Effekt vom w e l l e n m e c h a n i s c h e n Standpunkte aus behandelt, indem sie die Materiewelle untersuchten, die von einem Atom ausgeht, dem ein inneres Elektron entrissen wurde. Durch diese statistisch zu interpretierende Materiewelle erscheint die Wahrscheinlichkeit für die Emission eines AuGER-Elektrons festgelegt. Andererseits ist aber auch die Wahrscheinlichkeit bekannt, die für die Aussendung eines Lichtquants als Folge des im Atom eintretenden Quantensprungs besteht. 8 Derart kann das Verhältnis zwischen s t r a h l u n g s l o s e n und s t r a h l e n d e n Q u a n t e n s p r ü n g e n , mit anderen Worten also die F l u o r e s z e n z a u s b e u t e der absorbierten Röntgenstrahlen berechnet werden. Das theoretische Ergebnis stimmt mit dem experimentellen Befund A U G E R S gut überein. § 57. Die Umwandlung von Elektronenstrahlung in Lichtquanten.

Da bei dem lichtelektrischen Effekt Atome unter der Einwirkung von Lichtwellen Elektronen emittieren, so kann als eine Umkehrung des Photo-Effekts die E m i s s i o n v o n L i c h t q u a n t e n d u r c h A t o m e u n t e r 5 6

7

P . AUGER, J o u r n . d e P h y s . 6, 1925, S . 2 5 ; 6, 1926, S. 183. G. WENTZEL, Zeitschr. f . P h y s . 43, 1927, S . 5 2 4 .

E. FUES, Zeitschr. f. Phya. 43, 1927, S. 726. • Unter dem Quantensprung ist natürlich der Übergang dea Elektrons aus der höherquantigen Bahn in die entatandene Lücke von niedrigerer Quantenzahl verstanden. 15*

228

Die Wechselwirkung zwischen Licht und Materie.

d e r E i n w i r k u n g v o n M a t e r i e w e l l e n angesehen werden. Auf einem derartigen Vorgang beruht die in den R ö n t g e n r ö h r e n vor sich gehende Umwandlung gebremster Kathodenstrahlen in Röntgenstrahlen. Auch bei diesem Phänomen zeigt sich auf das genaueste die L i c h t q u a n t e n b e z i e h u n g erfüllt. Die größte Lichtfrequenz, die hervorgerufen werden kann, ist diejenige, die, mit dem elementaren Wirkungsquantum multipliziert, dem Produkt aus der Elektronenladung und der Röhrenspannung gleich ist. Die k o n t i n u i e r l i c h e R ö n t g e n s t r a h l u n g , die in einer Röhre erzeugt wird, muß somit nach der k u r z w e l l i g e n S e i t e hin eine s c h a r f e G r e n z e aufweisen, die sich mit zunehmender Röhrenspannung in der Richtung abnehmender Wellenlängen v e r s c h i e b t , und zwar gemäß der universellen Beziehung zwischen Wellenlänge und Spannung (Gl. 3 des § 8). Daß in der Tat diese Beziehung auf das genaueste erfüllt ist, haben Messungen von D U A N E und H U N T 1 gezeigt, die sich über einen Bereich von einigen tausend bis zu rund 200 000 Volt erstreckten. Ja die Genauigkeit ist so groß, daß auf Grund dieses Verschiebungsgesetzes D U A N E und B L A K E 2 das elementareWirkungs quantum exakt bestimmen konnten. Die Formeln, die die W i n k e l Fig. 63. Intensitätsverteilung a b h ä n g i g k e i t der S t r a h l u n g s der durch Kathodenstrahlen erzeugten i n t e n s i t ä t beschreiben und die in Röntgenstrahlung (nach SOMMERFELD). exakterWeise zuerst vonSoMMEBFELD3 abgeleitet wurden, sind recht kompliziert. Fig. 68 gibt nach S O M M E R F E L D die theoretisch deduzierte Intensitätsverteilung für die Kathodenstrahlgeschwindigkeiten c/10, c/5 und c/3 wieder. Die Kurven zeigen eine mit zunehmender Geschwindigkeit wachsende D i s s y m m e t r i e . Mit den Vorgängen in den Röntgenröhren stimmt im Wesen das A u f l e u c h t e n o p t i s c h e r S p e k t r a l l i n i e n überein, das bei den Experimenten über E l e k t r o n e n s t ö ß e wahrgenommen werden kann. Vom w e l l e n m e c h a n i s c h e n Standpunkte aus ist das Phänomen des Elektronenstoßes von B O E N 4 behandelt worden. Die Lösung, zu der er gelangte, beschreibt nicht nur die elastischen und unelastischen Reflexionen 1

W . D U A N E u n d F . H U N T , P h y s . R e v . 6,

2

W . D U A N E u n d F . C . B L A K E , P h y s . R e v . 10,

3

V g l . A . SOMMERFELD, A t o m b a u u n d

4

M. BORN, Zeitschr. f. Phys. 37, 1926, S. 863 und 38, 1926, S. 803.

1915,

S. 166. 1917,

S. 93 u n d

624.

Spektrallinien.

229 (s. § 8), sowie die Ionisierung durch Elektronenstoß richtig, sondern gestattet auch die Berechnung der A u s b e u t e der elastischen und unelastischen Stöße. § 58. Der COMPTON-Effekt.

Wenn ein L i c h t q u a n t mit einem M a t e r i e t e i l c h e n z u s a m m e n s t ö ß t , so hat wegen der korpuskularen Natur des Lichtes ein solcher Zusammenstoß im allgemeinen nicht nur eine R i c h t u n g s ä n d e r u n g , sondern auch eine F r e q u e n z ä n d e r u n g des Lichtquants zur Folge. Wir wollen mit m 0 die Ruhemasse des Materieteilchens bezeichnen, mit ti den Vektor seiner Geschwindigkeit, mit v die Frequenz und mit f einen in die Strahlrichtung fallenden Einheitsvektor. Wir setzen ferner zur Abkürzung (1)

ß =

l A - i und charakterisieren die Größen n a c h dem Zusammenstoß durch Striche. Nach den Sätzen von der E r h a l t u n g der E n e r g i e und von der E r h a l t u n g des I m p u l s e s müssen dann die beiden Beziehungen erfüllt sein: (2)

hv +

ßvi0t2=hv'+ß'vi0t*

und (3)

h c v

i + ß m j > =

r+ß'™0V.

Diese beiden Gleichungen reichen natürlich n i c h t aus, um bei gegebenen Größen v, f und t) auch die Größen v', f und t>' zu berechnen; wohl aber gestatten sie bei vorgegebenem Streu—— w i n k e l , also bei vorgegebener Richtungsänderung des Lichtquants, die Ermittlung der ^gFrequenzänderung. Im folgenden möge der besonders einfache Fall betrachtet werden, daß das Materieteilchen vor dem Zusammenstoß r u h e , daß also v = 0 und ß = 1 sei; der Stoß kann in diesem Fall jedenfalls als e b e n angesehen werden. Es sei

sei der Winkel, den die Bewegungsrichtung des Teilchens nach dem Stoß mit der primären Strahlrichtung bildet, wobei yj in entgegengesetztem Sinne wie (p gezählt? werde (Fig. 64). Die Energiegleichung (2) nimmt dann die folgende Form an: (4)

hv

-f- m0 l2— h v,Jr

ß' m0 t 2 .

230 Die vektorielle Impulsgleichung reduziert sich hingegen auf die folgenden zwei Gleichungen : (5)

—c =

und (6)

c

0 =

cos

2 —

Vi + # 3 V3) iE

2Vz+

E

S Vi) = 0 •

Ähnliche Gleichungen gelten auch für die anderen ^ ' F u n k t i o n e n . Der Ausdruck in der eckigen Klammer, den wir mit G bezeichnen wollen, entspricht n u n vollkommen dem Operator, der früher g genannt wurde, n u r daß an die Stelle der Operatoren p nunmehr die Operatoren P getreten sind. I n der Tat haben bereits früher SCIIRÖDINGER und GORDON die wellenmechanische Grundgleichung i m e l e k t r o m a g n e t i s c h e n F e l d in der Form (17)

GS=0

aufgestellt. DIRAC erhält für das Verhalten eines materiellen Uiteilchens (Elektron oder Proton) im elektromagnetischen Felde im wesentlichen, wie Gl. 16 zeigt, dieselbe Formel, jedoch mit z w e i Z u s a t z g l i e d e r n . Aus diesen vermögen wir schon bei flüchtiger Betrachtung zu ersehen, daß sich das E l e k t r o n im magnetischen Felde wie ein k l e i n e r M a g n e t verhält, so daß die DIRAC sehen Gleichungen den E l e k t r o n e n - S p i n a u s s i c h h e r a u s ergeben, ohne daß dieses Phänomen Gegenstand einer selbständigen Hypothese bilden müßte. E s sei übrigens darauf hingewiesen, daß die DIRAC sehen Gleichungen auch ein i m a g i n ä r e s e l e k t r i s c h e s M o m e n t ergeben 1 0 ; es muß zunächst noch dahin gestellt bleiben, ob diesem nicht reellenMoment auch einephysikalischeBedeutungzukommt. F ü r die DIRAC sehe Theorie bedeutete es einen großen Erfolg, daß aus ihr D A R W I N 1 1 und G O R D O N 1 2 in vollkommen exakter Weise die SoMMERFELDSchen Formeln für die F e i n s t r u k t u r d e s W a s s e r s t o f f s p e k t r u m s (vgl. §19) zu deduzieren vermochten, während die früheren Ansätze auf Grund der UHLENBECK-GOUDSMIT sehen Hypothese die 13 SOMMERFELD sehen Formeln stets nur in erster Näherung ergeben hatten. § 60. Die Verwandlung von Materie in Licht. Die Lichtemission durch die Atome zeigt, daß sich von M a t e r i e getragene Energie in e l e k t r o m a g n e t i s c h e W e l l e n e n e r g i e umwandeln kann. Die Relativitätstheorie h a t nun, wie schon wiederholt erwähnt wurde, zu der wichtigen Erkenntnis geführt, daß aller Materie als solcher 10 Dieses Moment ergibt sich in demselben Betrage wie das magnetische; beide sind gleich ehl(inm0c), also gleich einem Magneten (vgl. § 31). 11 Siehe die vorhin zitierte Abhandlung. 12 W. GORDON, Zeitschr. f. Phya. 48, 1928, S. 11. 13 Von Wichtigkeit ist es, daß die DIRAC sehen Gleichungen (im Gegensatze zu der skalaren SCHRÖDINGER sehen Gleichung) nur auf materielle Urteilchen, also nur auf Elektronen und Protonen anwendbar sind, nicht aber auf zusammengesetzte Materieteilchen, wie es z. B. das a-Teilchen ist, das (vgl. § 48) keinen resultierenden Spin besitzt.

§ 60. Die Verwandlung

von Materie in

Licht.

237

eine sogenannte E i g e n e n e r g i e in einem Betrage zukommt, der durch das enorme Produkt aus der Masse und dem Q u a d r a t e der L i c h t g e s c h w i n d i g k e i t bestimmt ist. In jedem Milligramm der Materie schlummert der ungeheure Energiebetrag von 22,5 Millionen KilogrammKalorien. Es entsteht somit die bedeutungsvolle Frage, ob nicht bloß die intra-atomare Energie, sondern auch die Eigenenergie als solche in Licht, (im weitesten Sinne dieses Begriffes) umgesetzt werden kann, ob also, mit anderen Worten, eine V e r n i c h t u n g von Materie bei gleichzeitiger Erzeugung von elektromagnetischer Wellenstrahlung möglich ist. Astronomische Überlegungen haben in der Tat zu einer Bejahung dieser Frage und zu der Erkenntnis geführt, daß die A u f l ö s u n g der M a t e r i e i n L i c h t sozusagen das k o s m i s c h e U r p h ä n o m e n darstellt. Auf Grund von Strahlungsmessungen wissen wir, daß die Sonne in jeder Sekunde 4,0 -10 33 Erg emittiert. 1 Da die Masse der Sonne 2,0 -10 33 g ist, so beträgt die auf das G r a m m der S o n n e n m a t e r i e bezogene E n e r g i e a b g a b e ungefähr zwei E r g p r o S e k u n d e oder 6,3-10 7 Erg im Jahre. Aus astrophysikalischen Beobachtungen ist ferner bekannt, daß die Energieabgabe der Sterne im Anfangsstadium ihrer Entwicklung viel stürmischer ist und bis zu 700 Erg pro Gramm und Sekunde beträgt, während für Sterne, die noch älter sind als unsere bereits im Greisenalter stehende Sonne, die Energieabgabe geringer als bei der Sonne ist; so strahlt beispielsweise der Stern Krüger 60 nur mehr 0,08 Erg pro Gramm und Sekunde aus. Nun erzeugt ein Gramm bester Kohle, wenn es verbrennt, etwa 8000 Kalorien oder 3,3-10 1 : l Erg. Ein Gramm W a s s e r s t o f f würde bei seiner Umwandlung in H e l i u m (nach §38) 6,8-10 18 Erg produzieren. Hingegen würden bei der Auflösung von 1 g Materie, also bei der Umwandlung dieses Gramms in Strahlung 9-10 20 Erg frei werden. Bei einem Aufwand von 2 Erg pro Gramm und Sekunde würde also die Energieproduktion der Kohlenverbrennung für rund 5000 Jahre ausreichen, die der Heliumsynthese für 110 Milliarden Jahre, die der Materieauflösung aber für rund 15 Billionen Jahre. Andererseits ist es nun nach drei verschiedenen astronomischen Methoden möglich, das A l t e r der S o n n e bzw. der Sterne unseres Fixsternsystems mit ziemlicher Genauigkeit zu bestimmen 2 ; die Berechnungen ergeben nach den drei Methoden ü b e r e i n s t i m m e n d ein A l t e r z w i s c h e n f ü n f u n d z e h n B i l l i o n e n J a h r e n . Die erste Methode gründet sich, wie nur nebenbei bemerkt sei, auf die Tatsache, daß die ursprünglich kreisförmige B a h n v o n D o p p e l s t e r n e n durch die fort1

Die Entfernung der Erde von der Sonne beträgt etwa l,5-10 1 3 em; eine mit diesem Radius um die Sonne beschriebene Kugel hat eine Oberfläche von 2,83 -1027 cm2. Ein Quadratzentimeter der Erdoberfläche empfängt durch die direkte Sonnenstrahlung in einer Minute 2,0 Kalorien, in einer Sekunde also den sechzigsten Teil hiervon. 2 Vgl. hierzu und teilweise auch zu dem Folgenden J. H. JEANS, Nature 121, 1928, S. 462 und 122, 1928, S. 689.

288 währenden Störungen vorbeigelangender Sterne eine fortschreitende Def o r m a t i o n erfahren muß. Die zweite Methode geht davon aus, daß in einem S c h w ä r m v o n S t e r n e n durch die Einwirkung äußerer Kräfte die l e i c h t e r e n Sterne eine fortschreitende V e r s c h i e b u n g gegenüber den schwereren erleiden. Die dritte Methode endlich benutzt die Tatsache, daß sich das Sternsystem wie ein Gas einem Zustand der „Aquip a r t i t i o n " immer mehr nähern muß, indem sich die kinetischen Energien der schwereren und leichteren Sterne immer mehr angleichen. 3 Aus den gegenwärtig feststellbaren Deformationen der Doppelsternbahnen, den derzeit beobachtbaren Abweichungen innerhalb der Sternschwärme (z. B. innerhalb des zu dem großen Bären gehörenden Schwarms) und der gegenwärtig erreichten Annäherung an die Äquipartition kann das Alter der Sterne mit dem vorhin angegebenen Ergebnis berechnet werden. Selbst wenn wir davon absehen, daß in früheren Zeiten die auf das Gramm bezogene Sonnenstrahlung intensiver gewesen sein muß als heute, so erweist sich in Anbetracht des ermittelten Sonnenalters die H e l i u m s y n t h e s e als eine völlig u n z u r e i c h e n d e , als eine zumindest 50mal zu schwache Energiequelle. Andererseits ist aber außer der Auflösung der Materie schwer eine andere Energiequelle denkbar, die ergiebiger als die Heliumsynthese wäre. Denn aus den Betrachtungen über den Packeffekt (§ 38) geht deutlich hervor, daß die auf ein Gramm bezogene Energieproduktion, die mit einer Synthese höherer Atomkerne aus Heliumkernen verbunden wäre, verhältnismäßig klein ist im Vergleich mit der Energieerzeugung der Heliumsynthese selbst. Zu alldem kommt noch, daß infolge der eigenartigen S o n d e r s t e l l u n g des W a s s e r s t o f f s 4 aus der E D D I N G T O N sehen Theorie des Aufbaus der Sterne5 geschlossen werden muß, daß die Sonne ursprünglich nicht mehr als zehn Prozent Wasserstoff enthalten konnte, wodurch die Ergiebigkeit einer etwaigen Heliumsynthese auf zwei Promille des wirklichen Bedarfes der Sonne herabgedrückt würde. Sehen wir hingegen als Quelle der der S o n n e n m a t e r i e 6 an, so reicht diese von 2 Erg pro Gramm und Sekunde, wie Jahre aus, also für eine zwei- bis dreimal

Sonnenenergie die A u f l ö s u n g Quelle bei der j e t z i g e n Abgabe schon erwähnt, für 15 Billionen so große Zeit, als das Alter der

3 Der Ausgleich erfolgt so, daß die kleineren Sterne in ihrer Bewegung rascher, die größeren langsamer werden. 4 Während f ü r alle anderen Grundstoffe die Kernladungszahl halb so groß wie das Atomgewicht oder noch kleiner ist, sind f ü r Wasserstoff beide Zahlen gleich. Hinsichtlich der Sonderstellung des Wasserstoffs vgl. die Diskussion in dem Aufsatz von E . FREUNDLICH, Die Energiequellen der Sterne in den „Ergebnissen der exakten Naturwissenschaften" Bd. VI, Berlin (Springer), 1927. 5 Vgl. A. S. EDDINGTON, Der innere Aufbau der Sterne, deutsche Übersetzung Berlin, Springer, 1927. 6 Der Gedanke einer Vernichtung der Materie ist zuerst wohl von J E A N S und eingehender später von E D D I N G T O N erörtert worden. Die Vernichtung muß man sich offenbar so denken, daß ein einzelnes Proton und ein einzelnes Elektron ver-

§ 60. Die Verwandlung von Materie in Licht.

239

Sonne beträgt. Es erscheint somit auch dem Umstand Rechnung getragen, daß in früheren Zeiten die Sonnenstrahlung pro Gramm intensiver war. Die Annahme einer fortschreitenden V e r n i c h t u n g d e r S t e r n m a t e r i e 7 findet eine Stütze auch in der Tatsache, daß etwa 90 Prozent der j u n g e n S t e r n e eine Masse zwischen dem 2 1 / 2 fachen und 5V2fachen der Sonnenmasse haben, während die d u r c h s c h n i t t l i c h e Masse a l l e r Sterne sicherlich k l e i n e r als die Sonnenmasse ist. Es erscheint somit zweifellos, daß die Sterne im Laufe ihrer Entwicklung den größeren Teil ihrer Masse einbüßen. Wie nach der allgemeinen Relativitätstheorie das Universum einen endlichen Raum erfüllen dürfte, der keine größeren Distanzen als etwa eine Milliarde Lichtjahre zuläßt, bei einer Gesamtzahl von ungefähr 1024 Sternen und einer Gesamtmasse von rund 1057 Gramm8, so dürfte vielleicht auch das Weltgeschehen als solches auf eine Zeit beschränkt sein, die die vorhin angegebene Zeit von zehn Billionen Jahren höchstens um einige Größenordnungen übertrifft und innerhalb deren sich unaufhaltsam die A u f l ö s u n g des W e l t a l l s vollzieht. schmelzen und dadurch wechselseitig ihre Ladungen und somit auch ihre Massen zerstören. Die umgekehrte Möglichkeit einer R e k o n s t r u k t i o n von Materie aus S t e r n e n l i c h t infolge fortgesetzter Frequenzerhöhungen von L i c h t q u a n t e n durch Zusammenstöße mit sehr rasch bewegten Materieteilchen ist von dem Verfasser dieses Buches diskutiert worden; vgl. A. HAAS, Sitz.-Ber. d. Akad. Wiss. Wien, math.-naturw. Kl., Abt. IIa, Bd. 135, 1926, S. 647; auch Scientific Monthly, 26, 1928, S. 140. 7 Im Falle einer vollständigen Auflösung der Materie würde sich, wie die astronomischen Berechnungen zeigen (vgl. JEANS, 1. c.), die Temperatur des Universums dadurch um etwa zehn Grad über den absoluten Nullpunkt erhöhen. 8 Diese Zahlen beruhen auf Grund der EINSTEINsehen Theorie auf Schätzungen des amerikanischen Astronomen H U B B L E . Vgl. E . HUBBLE, Astrophys. Journ. 64. 1926, S. 369.

Anhang.

Zusammenfassung des Inhalts. I. Kapitel. Elektronen, Atome und Lichtquanten.

§ 1. Aus den Bewegungen, die kleine, schwach elektrisch geladene Teilchen unter dem zweifachen Einfluß der eigenen Schwere und eines vertikal nach aufwärts gerichteten elektrischen Feldes ausführen, folgt, daß die Ladungen solcher Teilchen genau ganzzahlige Vielfache eines elektrischen Elementarquantums (e) sind, für das die Beobachtungen einen Wert von 4,77 -lO - 1 0 elektrostat. Einh. ergeben. § 2. Die Zahl, durch die man die Atomgewichtszahlen dividieren muß, um die absoluten Massen der Atome zu erhalten, wird als die Lo S C H M I D T sehe Zahl (L) bezeichnet. Aus den elektrolytischen Messungsergebnissen ist auf Grund der FAHADAYsehen Grundgesetze das Produkt L-e bekannt, und hieraus folgt für L der Wert von 6,06-10 23 ; danach ist die Masse des Wasserstoffatoms l,66-10 _ a 4 g. § 3. Die spezifische Ladung von Kathodenstrahlteilchen erweist sich auf Grund ihrer elektrischen und magnetischen Ablenkung als ungefähr 1800mal größer als die des ionisierten Wasserstoffatoms. Unter der Annahme, daß die Ladung der Strahlteilchen je ein Elementarquantum beträgt, die Kathodenstrahlen also aus Elektronen bestehen, ergibt sich für deren Masse (m) ein Wert von 9,0 -10- 28 g. Die von radioaktiven Substanzen ausgesandten /J-Strahlen bestehen ebenfalls aus Elektronen und haben Geschwindigkeiten von 30 bis zu 99,8% der Lichtgeschwindigkeit; bei ihnen konnte die von der Relativitätstheorie geforderte Zunahme der Masse mit der Geschwindigkeit experimentell nachgewiesen werden. § 4. Kanal- und Anodenstrahlen bestehen aus positiven Ionen, deren Masse sich durch die Strahlenanalyse als stets nahezu ganzzahliges Vielfaches der Wasserstoffatommasse erweist. Die von radioaktiven Substanzen ausgehenden positiven a-Strahlen haben Anfangsgeschwindigkeiten von 5—7% der Lichtgeschwindigkeit. Die Szintillationsmethode ermöglicht eine Zählung der von einem Präparat in einer bestimmten Zeit fortgeschleuderten a-Teilchen. Dadurch konnte die Ladung eines einzelnen a-Teilchens ermittelt werden und somit auch seine Masse, da die spezifische Ladung aus Ablenkungsversuchen bekannt ist. Derart fand man, daß ein a-Teilchen eine viermal so große Masse wie ein Wasser-

Zusamvienfassung

des

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Inhalts.

stoffatom bei einer positiven Ladung von zwei Elementarquanten hat. I n Wasserstoff erzeugen die a-Strahlen weitreichende H-Strahlen. § 5. Die nähere Untersuchung des lichtelektrischen Effekts zeigt, daß die äquivalente Spannung der ausgelösten Elektronen eine lineare Funktion der Frequenz der auslösenden Strahlung ist. Daraus folgt die Existenz einer universellen Konstanten von der Dimension einer Wirkung, also eines elementaren Wirkungsquantums (h), für das die Messungen einen Wert von 6,55-10"27 erg. sec ergeben. § 6. Die Vorstellung individueller Lichtquanten (hv) erklärt die fundamentalen Gesetzmäßigkeiten, die bei der wechselseitigen Umwandlung zwischen Wellenstrahlung und materieller Strahlung beobachtet werden. Der CoMPuoN-Effekt beweist, daß den Lichtquanten ein Impuls von der Größe h v¡c zugeschrieben werden muß, während die Rotverschiebung zeigt, daß die Lichtquanten auch gravitieren. Als Ergänzung zu der korpuskularen Auffassung des Lichtes begründete Louis D E B R O G L I E die Theorie der Materiewellen, die jedem bewegten Materieteilchen eine charakteristische Wellenlänge von der Größe h/mv zuordnet. § 7. Beobachtungen über den Durchgang von a-Strahlen durch Materie lassen es erkennen, daß ein a-Teilchen viele Tausende von Atomen durchqueren kann, ohne eine merkliche Änderung seiner Richtung zu erfahren, während bisweilen durch ein einziges Atom eine sehr große Ablenkung des a-Teilchens hervorgerufen wird. Die Ablenkung muß daher auf einen Atomkern zurückgeführt werden, der nur einen sehr geringen Teil des gesamten Volumens einnimmt und in dem nahezu die ganze Masse des Atoms vereinigt ist. Um den positiv anzunehmenden Kern müssen sich nach der grundlegenden Vorstellung R U T H E R F O R D S Elektronen bewegen, bei denen die elektrische Anziehung durch die Zentrifugalkraft kompensiert wird. § 8. Die Methode der Elektronenstöße offenbart die Existenz einer Anregungsenergie der Atome und gestattet für viele Grundstoffe die experimentelle Ermittlung charakteristischer Potentiale. In Verbindung mit der Vorstellung der Lichtquanten liefert die Tatsache der Energiestufung der Atome eine Erklärung für das Auftreten charakteristischer Linienspektren der Atome, ferner für die Übereinstimmung zwischen Emissions- und Absorptionslinien und für die Termdarstellbarkeit der Spektren. Mit den experimentell bestimmten charakteristischen Potentialen decken sich die Werte, die indirekt auf Grund spektroskopischer Daten errechnet werden. § 9 . Wie M O S E L E Y entdeckte, lassen sich die Grundstoffe mit fortlaufender Numerierung derart in eine Reihe ordnen, daß die Quadratwurzel aus der Frequenz einer bestimmten Röntgenlinie linear mit der Nummer (der Ordnungszahl) des Grundstoffs wächst. Die sich so ergebende „natürliche R e i h e d e r Grundstoffe, die mit Wasserstoff beginnt und mit Uran endet, umfaßt 92 Plätze, von denen nur zwei HAAS, Atomtheorie. 2. Aufl.

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Lücken darstellen. Die Ordnungszahl erweist sich als identisch mit der Kernladungszahl. § 10. Durch die chemisch passiven Edelgase zerfällt die natürliche Reihe in sieben Perioden; die erste enthält 2 Elemente, die zweite und dritte je 8, die vierte und f ü n f t e je 18, die sechste 32; die siebente Periode bricht a n sechster Stelle mit dem Uran ab. Nach der Ähnlichkeit der Grundstoffe lassen sich im periodischen System acht „Vertikalreihen" mit je zwei Untergruppen unterscheiden. n . Kapitel. Die Grundlagen der Atommechanik. § 11. Die Vorstellung der Materiewellen f ü h r t in der Anwendung auf gleichförmige Bewegungen in geschlossenen Bahnen zu der Folgerung, d a ß n u r solche Bahnen möglich seien, für die die Bahnlänge ein ganzzahliges Vielfaches der Wellenlänge und somit der Drehimpuls ein ganzzahliges Vielfaches von hfln ist. Die Geschwindigkeit der Materiewellen erweist sich als umgekehrt proportional zu der zugehörigen mechanischen Geschwindigkeit, wodurch sich das mechanische Prinzip von MAUPEBTUIS als eine notwendige Folge des FERMAT sehen Wellenprinzips ergibt. Die mechanische Geschwindigkeit eines Teilchens stellt die Gruppengeschwindigkeit der mit ihm verknüpften Materiewellen dar. § 12. I n Anknüpfung an die Ideen DE BROGLIES schuf SCHRÖDINGER eine Verallgemeinerung der Mechanik, die dem Übergang von dem FERMATschen zum H U Y G E N S sehen Prinzip, also von der geometrischen Strahlenoptik zu der physikalischen Wellenoptik analog sein soll. Die Anwendung auf ein einzelnes Teilchen führt zu der fundamentalen Differentialgleichung AS+

%m

(E-V),S

=

0,

wobei S den sogenannten Feldskalar bedeutet, E die totale und V die potentielle Energie. Durch diese Beziehung erscheint das physikalische Problem der Quantisierung der Energie auf das rein mathematische Problem der Bestimmung von Eigenwerten von Differentialgleichungen zurückgeführt. Als Beispiele werden der lineare, harmonische Oszillator und der Botator mit freier Achse behandelt. I m Gegensatz zu der früheren Theorie ergibt sich die Energie des Oszillators gleich einem ungeraden Vielfachen eines halben Energieelementes, wodurch auch die Hypothese einer Nullpunktsenergie verständlich wird. F ü r den Drehimpuls eines B o t a t o r s findet man den Wert

^

] / n (n + 1 ) .

§ 13. HEISENBERG ersetzte jede periodisch veränderliche Elektronenkoordinate durch ein quadratisches Schema vonPartialschwingungen, deren Frequenzen mit den Schwingungszahlen der Spektrallinien übereinstimmen und deren Amplituden für die Linienintensitäten maßgebend sind. F ü r ein solches Schwingungsschema gab H E I S E N B E R G eine De-

Z u s m n m e n j a s s u n g des I n h a l t s .

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finition der Multiplikation, wodurch diese Rechenoperation nicht-kommutativ wird. Die Differenz, die sich in dem Produkte aus einer Koordinate und dem zugehörigen Impuls hei einer Vertauschung der Paktoren ergibt, wird durch die HEISENBERG sehe Yertauschungsrelation gleich h / ( 2 7 i i ) gesetzt. BORN und JORDAN haben die exakte Durchführung des H E I S E N BERG sehen Programms durch die Schaffung der Matrizenmechanik ermöglicht, mittels deren sie zeigen konnten, daß aus der HEISENBERG sehen Yertauschungsrelation der Satz von der Erhaltung der Energie und das Lichtquantenprinzip als notwendige Folgen resultieren. Unter Verwendung des Begriffs des mathematischen Operators läßt sich die Äquivalenz der Theorien von SCHRÖDINGER und HEISENBERG nachweisen. § 14. Durch BORN wurde der SCHRÖDINGER sehe Feldskalar als die Wahrscheinlichkeit gedeutet, die für das Eintreffen eines materiellen Teilchens an einem gegebenen Orte besteht. Nur derartige statistische Wahrscheinlichkeiten erscheinen nach der Quantenmechanik determiniert, nicht aber die elementaren Prozesse der Physik. § 15. Atommechanische Betrachtungen führen zu der Unterscheidung zwischen der Hauptquantenzahl (n), die für ein Atom mit einem Elektron näherungsweise die Energie festlegt, und der Nebenquantenzahl (Z), die den Drehimpuls der periodischen Umlaufsbewegung des Elektrons bestimmt und die Werte 0, 1, 2 . . . ( « • — 1) annehmen kann. Überdies muß den Elektronen eine Eigenrotation, ein sogenannter Spin zugeschrieben werden, dem die Quantenzahl i 1 / 2 zugeordnet wird. Die Zusammenfügung der Vektoren, die für die einzelnen Elektronen eines Atoms Drehimpuls und Spin bestimmen, muß nach der grundlegenden Annahme von RUSSELL und SAUNDERS wiederum eine quantisierte Resultierende ergeben. § 16. Die Resultierende aus den Drehimpuls- und Spinvektoren der einzelnen Elektronen bestimmt die innere Quantenzahl (?) des Atoms. Die Zahl der Werte, die sie annehmen kann, ergibt die Multiplizität der Spektralterme. Für / = 0 sind nur Singulett-Terme möglich. Für die Frequenzintervalle innerhalb eines Multipletts gelten einfache Zahlenverhältnisse, die durch die L A N D E sehe Regel festgelegt sind. § 17. In einem Magnetfeld tritt eine (2j -f l)-fache Richtungsquantelung eines Atoms ein, indem die magnetische Quantenzahl (m) sämtliche um Eins voneinander abstehende Werte von (— j ) bis ( + ]) annehmen kann. In einem schwachen Felde wird die Verschiebung eines Terms g m o> H , wobei H die magnetische Feldstärke, a> eine universelle Konstante und g der L A N D E sehe Aufspaltungsfaktor ist. In einem starken Magnetfeld ist hingegen die Verschiebung stets ein ganzzahliges Vielfaches von toH. § 18. Das P A U L I sehe Prinzip, nach dem in einem Atom niemals zwei Elektronen in sämtlichen vier Quantenzahlen übereinstimmen können, ergibt die maximalen Besetzungszahlen der ein-, zwei-, dreiund vierquantigen Elektronengruppe zu 2, 8, 18 und 82. 16*

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i n . Kapitel. Die Spektren der Atome. § 19. Die Wellenzahlen der bekannten Wasserstoffserien lassen sich, wie im wesentlichen bereits BALMER erkannte, als Differenzen zweier Terme darstellen, die den Quotienten aus der universellen RYDB BEG sehen Konstanten (R) und dem Quadrate einer ganzen Zahl gleich sind. Die atomtheoretische Deutung dieser Gesetzmäßigkeit ergab für die 2 l 3 RYDBERG sehe Konstante den Wert 27t e m/h . Die Feinstruktur des Wasserstoffspektrums wurde zuerst von SOMMERFELD durch Einführung einer relativistischen Korrektion, später durch den Elektronenspin erklärt. § 20. Wird in der Formel des Wasserstoffspektrums die Frequenz mit vier multipliziert, so müßte die so abgeänderte Formel das Spektrum des ionisierten Heliums ergeben. In der Tat sind diese Serien, die ursprünglich fälschlich dem Wasserstoff zugeschrieben wurden, durch spätere Experimente als dem Helium zugehörig nachgewiesen worden. Die Yiolettverschiebung der Heliumlinien gegenüber den Wasserstofflinien erklärt sich, wie BOHR erkannte, durch die Mitbewegung des Atomkerns, so daß durch die Ausmessung der Verschiebung .eine genaue Bestimmung der spezifischen Ladung des Elektrons möglich wurde. § 21. Die wichtigsten Linien der Alkalispektren lassen sich auf vier Termfolgen zurückführen, die als s-, p-, d- und /-Terme mit den Nebenquantenzahlen 0, 1, 2 und 3 unterschieden werden. Die Hauptserie, die diffuse Nebenserie, die scharfe Nebenserie und die Fundamentalserie entstehen bei der Emission durch die Übergänge p —>- s, d >- p, s >- p und / >- d. Die Alkaliterme, die mit Ausnahme der stets einfachen s-Terme doppelt sind, sind in der Form darstellbar R/(n + a +