Atlas moderner Stahlbau: Stahlbau im 21. Jahrhundert 9783955530044, 9783920034522

Ästhekik in Stahl in der Architektur- und Ingenieurbaukunst Der Konstruktionsatlas Stahl zeigt die verschiedenen Facette

360 122 45MB

German Pages 280 [274] Year 2012

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Table of contents :
Impressum
Vorwort
Teil A Einführung
1 Stahl - zwischen Identität und Materialität
Teil B Grundlagen I
1 Konzipierung von Stahltragwerken
2 Materialität
3 Stahl - Herstellung und Produkte
4 Bauteile aus kaltgeformtem Stahl
5 Tragverhalten und Ausbildung von
Teil C Grundlagen II
1 Stahl und Nachhaltigkeit
2 Stahl und Wirtschaft(lichkeit)
3 Stahl in der Sanierung
Teil D Gebaute Beispiele im Detail
Projektbeispiele 1 bis 27
Teil E Anhang
Verordnungen, Richtlinien, Normen
Verbände
Links
Literatur
Abbildungsnachweis
Autoren
Sachwortregister
Personenregister
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Atlas moderner Stahlbau: Stahlbau im 21. Jahrhundert
 9783955530044, 9783920034522

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Atlas Moderner Stahlbau

Edition ∂

MATERIAL TRAGWERKSENTWURF NACHHALTIGKEIT

BOLLINGER GROHMANN FELDMANN

GIEBELER PFANNER ZEUMER

Atlas Moderner Stahlbau MATERIAL TRAGWERKSENTWURF NACHHALTIGKEIT

BOLLINGER GROHMANN FELDMANN

GIEBELER PFANNER ZEUMER

Institut für internationale Architektur-Dokumentation · München

Autoren

Fachbeiträge:

Klaus Bollinger, Prof. Dr.-Ing. Professur für Tragkonstruktionen, Institut für Architektur, Universität für angewandte Kunst Wien

Francisco Cardoso, Prof. Eng. J. Michael Davies, Prof. Dr. Dr. FREng. Gerard O’Sullivan, FRICS, FICS, FIArb Francis Rambert, Direktor Institut Français d’Architecture (IFA) Philip A. Reed, IEng AMIStructE ASE Alexander Reichel, Prof. Dipl.-Ing. Architekt Christiane Sauer, Dipl.-Ing. Architektin Gerald Schnell, Dipl.-Ing. Llewellyn van Wyk, B. Arch., Architekt

Manfred Grohmann, Prof. Dipl.-Ing. Professur für Tragwerkslehre, Fachbereich Architektur, Universität Gesamthochschule Kassel Markus Feldmann, Prof. Dr.-Ing. Institut und Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau, RWTH Aachen Georg Giebeler, Prof. Dipl.-Ing. Architekt Fachgebiet Baukonstruktion, Hochschule Wismar Daniel Pfanner, Dr.-Ing. Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt/M. Martin Zeumer, Dipl.-Ing. Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt

Fachliche Beratung: Christoph Radermacher, Dipl.-Ing./MBA, ArcelorMittal Koautoren: Tomà Berlanda, Ph. D.; Andrea Bruno, Architekt; Pierre Engel, Prof. Dr. Eng.; Arne Hofmann, Dipl.-Ing. Architekt; Federico M. Mazzolani, Prof. Dr. Eng.; Clemens Preisinger, Dipl.-Ing. Dr. techn.; Christoph Radermacher, Dipl.-Ing./MBA; Oliver Tessmann, Dr.-Ing. Architekt; Agnes Weilandt, Prof. Dr.-Ing.

Redaktion Redaktion und Lektorat: Steffi Lenzen, Dipl.-Ing. Architektin; Cornelia Hellstern, Dipl.-Ing.; Melanie Weber, Dipl.-Ing. Architektin; Redaktionelle Mitarbeit: Johanna Billhardt, Dipl.-Ing.; Carola Jacob-Ritz, M. A.; Sandra Leitte, Dipl.-Ing.; Roland Pawlitschko, Dipl.-Ing. Architekt; Eva Schönbrunner, Dipl.-Ing. Zeichnungen: Ralph Donhauser, Dipl.-Ing.; Martin Hämmel, Dipl.-Ing.; Simon Kramer, Dipl.-Ing.; Elisabeth Krammer, Dipl.-Ing; Dejanira Ornelas, Dipl.-Ing.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Die dadurch begründeten Rechte, insbesondere die der Übersetzung, des Nachdrucks, des Vortrags, der Entnahme von Abbildungen und Tabellen, der Funksendung, der Mikroverfilmung oder der Vervielfältigung auf anderen Wegen und der Speicherung in Datenverarbeitungsanlagen, bleiben, auch bei nur auszugsweiser Verwertung, vorbehalten. Eine Vervielfältigung dieses Werkes ist auch im Einzelfall nur in den Grenzen der gesetzlichen Bestimmungen des Urheberrechtsgesetzes in der jeweils geltenden Fassung zulässig. Sie ist grundsätzlich vergütungspflichtig. Zuwiderhandlungen unterliegen den Strafbestimmungen des Urheberrechts.

Herstellung /DTP: Simone Soesters Repro: Repro Ludwig Prepress & Multimedia GmbH, Zell am See (A) Druck und Bindung: Firmengruppe APPL, aprinta druck, Wemding

Die vorliegende Publikation basiert in Teilen auf der Übersetzung des Titels »featuring steel – resources, architecture, reflections«, der in Kooperation mit ArcelorMittal entstanden und 2009 in englischer Sprache beim Institut für internationale Architektur-Dokumentation erschienen ist.

Herausgeber: Institut für internationale Architektur-Dokumentation GmbH & Co. KG, München www.detail.de © 2011, erste Auflage

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ArcelorMittal S.A., 19, avenue de la Liberté, 2930 Luxembourg www.arcelormittal.com; www.constructalia.com

Inhalt

Impressum Vorwort

4 6

Teil A Einführung 1 Stahl – zwischen Identität und Materialität Francis Rambert

Teil B 1

2 3 4 5

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Grundlagen I

Konzipierung von Stahltragwerken Klaus Bollinger, Manfred Grohmann, Daniel Pfanner Materialität Christiane Sauer Stahl – Herstellung und Produkte Alexander Reichel, Gerald Schnell Bauteile aus kaltgeformtem Stahl Philip A. Reed, J. Michael Davies Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik Markus Feldmann

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62 66 92 102

Teil C Grundlagen II 1

Stahl und Nachhaltigkeit Martin Zeumer, Llewellyn van Wyk, Francisco Cardoso 2 Stahl und Wirtschaft(lichkeit) Gerard O’Sullivan 3 Stahl in der Sanierung Georg Giebeler

Teil D

140 154

Gebaute Beispiele im Detail

Projektbeispiele 1 bis 27 Teil E

126

165

Anhang

Verordnungen, Richtlinien, Normen Verbände Links Literatur Abbildungsnachweis Autoren Sachwortregister Personenregister

264 265 265 266 267 268 269 272

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Vorwort

Eisen und Stahl haben die Architektur der vergangenen zwei Jahrhunderte geprägt wie kaum ein anderer Baustoff. Was wäre diese ohne den Londoner Kristallpalast, die großen Bahnhofshallen des 19. Jahrhunderts oder die frühen Hochhäuser und Wolkenkratzer in Amerika? Bis heute ist das Material nahezu unverzichtbar, wenn es darum geht, große Spannweiten zu überbrücken oder geometrisch komplexe Formen und Tragwerke zu realisieren. Doch auch beim alltäglichen Bauen gewinnt Stahl an Einfluss – und das nicht zuletzt aus Gründen der Ressourcenschonung, denn Stahl besteht heute bereits zu einem großen Prozentsatz aus recyceltem Material. Gleichzeitig eignet sich der Baustoff in besonderem Maß für vorgefertigte Konstruktionen, die am Ende ihrer Nutzung demontiert und andernorts komplett oder in Teilen wiederverwendet werden können. In der Reihe der Konstruktionsatlanten der Edition DETAIL nimmt deshalb auch der »Stahlbau Atlas« von Schulitz, Sobek, Habermann einen festen Platz ein. Neben einer ausführlichen geschichtlichen Einführung und einem umfassenden Grundlagenteil steht dort vor allem die Einheit von Entwurf und Konstruktion im klassischen Sinn im Mittelpunkt. Der vorliegende »Atlas Moderner Stahlbau« baut darauf auf und behandelt ganz bewusst jedoch auch Tragwerke mit freien Formen, wie sie heute immer häufiger anzutreffen sind, und bietet Einblicke in moderne Entwurfsmethodiken für Stahltragwerke. Die Publikation diskutiert ergänzend zum existierenden »Stahlbau Atlas« auch Themen wie Stahl und Nachhaltigkeit oder Wirtschaftlichkeit, das Material in Zusammenhang mit Bestand und Sanierung oder die ästhetischen Qualitäten seiner Oberflächen. Selbstverständlich werden auch im vorliegenden Band zunächst ausführlich die Grundlagen dargelegt, beginnend bei den Herstellungsprozessen über die Verarbeitung, präzise Materialbeschreibungen zu Halbzeugen, Optik und Haptik bis hin zur praxisbezogenen Anwendung.

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Der ausführliche Projektbeispielteil ist geprägt von der Vielfalt an Bauaufgaben rund um den Globus, die vom kleinen Wohnhaus zum Stadion oder vom Ausstellungspavillon bis zum Hochhaus reicht – aber ganz bewusst auch von unterschiedlichen architektonischen und konstruktiven Haltungen. Der »Atlas Moderner Stahlbau« baut in Teilen auf dem Werk »Featuring Steel – Resources, Architecture, Reflections« auf, das die Edition DETAIL 2009 in Kooperation mit ArcelorMittal in englischer Sprache realisiert hat. Ebenso wie die anderen Bände aus der Reihe der Konstruktionsatlanten erhebt auch der vorliegende Atlas den Anspruch, ein umfassendes Lehrbuch und Nachschlagewerk für den aktuellen Stahlhochbau zu sein. Es wendet sich gleichfalls an den praktizierenden Architekten oder Ingenieur wie an den Studierenden und zeigt neben den Grundlagen und vertiefendem Wissen zu einzelnen Aspekten herausragende aktuelle Lösungen. Der besondere Dank von Redaktion und Verlag gilt allen, die zur Entstehung dieses Werks beigetragen haben, den Autoren, den Lektoren und nicht zuletzt auch den Herren Pierre Bourrier, Patrick Le Pense, Pierre Engel und Christoph Radermacher von ArcelorMittal, ohne deren Initiative und fachliche Begleitung das Werk nicht zustande gekommen wäre. Verlag und Redaktion im Juli 2011

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Teil A

Einführung

Stahl – zwischen Identität und Materialität Großmaßstäbliche Projekte und Schaffung neuer »Territorien« Architektur als Skulptur Stadt als Landschaft Gebäudehüllen – offener Dialog zwischen innen und außen Architektur als Landmarke Neue Verbindungen Umgang mit der Vergangenheit Wolkeneffekt – mehr als nur Ästhetik

Abb. A

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Appartementgebäude Passeig de Gràcia, Barcelona (E) 2009, Toyo Ito & Associates

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Stahl – zwischen Identität und Materialität Francis Rambert

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Guggenheim-Museum, Bilbao (E) 1997, Frank O. Gehry Mercedes-Benz Museum, Stuttgart (D) 2006, UNStudio Gas Natural Bürogebäude, Barcelona (E) 2008, Miralle/Tagliabue – EMBT Centre Pompidou, Paris (F) 1977, Studio Piano & Rogers Architects Terminal 3, Beijing Capital International Airport, Peking (CN) 2008, Foster + Partners Turning Torso, Malmö (S) 2005, Santiago Calatrava Hearst Tower, New York (USA) 2006, Foster + Partners Freitag Flagship Store, Zürich (CH) 2006, spillmann echsle

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»L’image n’est pas tout« – Das Bild ist nicht alles, sagte der französische Philosoph Roland Barthes, und dennoch hat die Bildhaftigkeit einen festen Platz in unserer Welt erobert – und damit auch in der Architektur. Von Shanghai bis Dubai, in London oder Barcelona – »bildhafte Architektur« und »Architektur als Skulptur« finden sich inzwischen an vielen Orten. Das 1997 eröffnete Guggenheim-Museum in Bilbao prägte den Begriff der ikonischen Architektur (Abb. A 1). Das Bauwerk von Frank O. Gehry im Baskenland gilt als ein Meilenstein der Architektur der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts, ebenso wie das Centre Pompidou in Paris (Abb. A 4). Richard Rogers und Renzo Piano erdachten ein »Anti-Monument«, eine kulturelle Anlage, die seit 1977 durch Flexibilität besticht, während sich Frank O. Gehry weiterhin der Erkundung freier Formen widmet. Unter der Außenhaut aus Titan – der ersten weltweit – stellt das Stahltragwerk des Museums in Bilbao das Ergebnis eines weiteren Experiments dar: Bei der Gestaltung des Gebäudes wurde die ursprünglich für den Flugzeugbau entwickelte Software CATIA erstmals genutzt. Seit dieser Zeit ist die Vielzahl der Möglichkeiten, die der Einsatz von Computern mit den Optionen des »Morphing« und »Lofting« bietet, enorm gestiegen – Falten, Verdrehen, Spannen und die Realisierung von Verwindungen und Verzerrungen sind jetzt durchführbar. Das zeigen heute viele Hochhäuser durch ihre gewundenen Formen. Der Turning Torso, das von Santiago Calatrava entworfene Wohngebäude und Wahrzeichen der Stadt Malmö (Abb. A 6), oder die sich noch im Bau befindlichen Türme von Daniel Libeskind und Zaha Hadid in Mailand sind Beispiele für diesen Trend. Stahl hat Eisen als bevorzugten Baustoff bei vertikalen Herausforderungen abgelöst. Durch seine mechanischen Eigenschaften eignet sich das Material bestens für den Hochhausbau, auch weil mit dem Streben nach einer möglichst stromlinienförmigen Gestaltung die Suche nach immer schlankeren Designs einhergeht. Um den aktuellen Anforderungen an Nachhaltigkeit zu entsprechen, müssen Hochhäuser heute eine größere Grundfläche besit-

zen. Während in New York der Hearst Tower von Norman Foster den Umgang mit dem Bestand im großen Maßstab demonstriert (Abb. A 7), berücksichtigt der New York Times Tower von Renzo Piano (siehe S. 226ff.) sowohl die klimatischen Bedingungen als auch den städtischen Kontext. Das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts zeichnet sich durch die Suche nach neuen Formen der Urbanisation und die Omnipräsenz architektonischer Ikonen aus, bei denen Stahl zum Teil sichtbar, zum Teil verborgen eingesetzt wird. Der Werkstoff bietet viele konstruktive Möglichkeiten: große Spannweiten, Höhen und Kragarme, Hängedächer, organische Formen und außenliegende Tragstrukturen. Das Zeitalter der Hightech-Architektur wie es das HSBC Hochhaus von Norman Foster in Hongkong und der gleichzeitig fertiggestellte Hauptsitz von Lloyd’s in London von Richard Rogers symbolisieren, erscheint heute vielleicht überholt. Jedoch ist der Ausdruck einer Unternehmenskultur durch expressive Architektur auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts weiterhin typisch. Besonders die Markendarstellung, das sogenannte Branding, gewinnt an Bedeutung. Das zeigen Projekte z. B. von Herzog & de Meuron (Prada Epicenter in Tokio, Abb. A 19, S. 16), Foster + Partners (30 St Mary Axe in London, siehe S. 218ff.), Massimiliano Fuksas (Ferrari Forschungs- und Entwicklungszentrum in Maranello), UNStudio (Mercedes-Benz Museum in Stuttgart, Abb. A 2), Miralle/Tagliabue – EMBT (Gas Natural Bürogebäude in Barcelona, Abb. A 3), Coop Himmelb(l)au (BMW Welt in München, siehe S. 214ff.), OMA (CCTV in Peking, Abb. A 17, S. 15), Frank O. Gehry (Ciudad del Vino in Elciego) und schließlich der Flagship Store der Marke Freitag in Zürich – einem von spillmann echsle entworfenen Turm aus Containern, der den Recycling-Gedanken vollständig transportiert (Abb. A 8). Im öffentlichen Sektor wird ebenfalls deutlich, dass der Übertragung des Markenimages einer Stadt in eine sinnbildliche Architektur eine große Kraft innewohnt. Besonders überzeugend stellt Peking dieses »City Branding« mit dem Stadion von Herzog & de Meuron – dem »Vogelnest« mit beeindruckender Gitterstruktur

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aus sich kreuzenden Stahlelementen (Abb. A 9 und A 10, S. 12) – unter Beweis. Das National Grand Theatre of China von Paul Andreu mit einem Stahltragwerk und der Außenhaut aus Titan ist ein weiteres Beispiel. In Europa soll diese Tendenz ihren Ausdruck zukünftig z. B. in der von Jean Nouvel entworfenen Philharmonie de Paris, im Projekt »Cloud« von Massimiliano Fuksas in Rom, im freitragenden »Musée des Confluences« in Lyon von Coop Himmelb(l)au oder im monumentalen Ring des Science Centre in Hamburg von UNStudio finden. All diese Projekte mit bildhaftem Charakter – bei denen Stahl eine wichtige Rolle spielt – führen zur Abkehr von Louis Henri Sullivans bekannter These »form follows function«. Heute folgt die Form eher der Ambition des Projekts. Abgesehen von der technischen Leistungsfähigkeit des Werkstoffs geht es beim Einsatz von Stahl um Stadtplanung und die Gestaltung einer modernen Stadtlandschaft.

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Der Crystal Palace, dessen Länge von 1851 Fuß auf das Veranstaltungsjahr der ersten Weltausstellung in London verweist, war das erste große Gebäude aus Stahl. Heute dienen Bauwerke mit großen Abmessungen als Orte der Zusammenkunft der modernen Welt, wie z. B. Stadien, Drehkreuze des intermodalen Verkehrs und Handelszentren. Bahnhöfe und Flughäfen erfüllen komplexe Raumprogramme, die das Ende der Monofunktionalität zur Folge haben, zudem sind sie zu Einkaufszentren geworden. Auch bei Kulturstätten ist diese Art des Wandels festzustellen. Architekten greifen bei diesen großmaßstäblichen Bauaufgaben weiterhin auf Stahl zurück. Neben dem konstruktiven Grundgedanken ist dabei vor allem das Streben nach einem hohen Maß an Präzi-

sion ausschlaggebend, das erforderlich ist, um geometrische Vorgaben, die sich aus neuen Qualitätsprüfungen ergeben, zu erfüllen. Die Geometrie ist das allgegenwärtige Element in den Bauten von Dominique Perrault. In Berlin schafft der olympische Komplex seine eigene Geografie durch den riesigen begrünten Betonsockel mit der eingebetteten Schwimm- und Radsporthalle. Bei diesem Entwurf, der interessante räumliche Aspekte aufweist und minimalistische Züge trägt, setzt Perrault Stahl im Sinne eines ganzheitlichen Konzepts ein, in dem zwischen Tragwerk und Außenhaut eine vollständige Kohärenz herrscht. Bereits in seinen ersten Arbeiten (z. B. dem Unisor-Sacilor Konferenzzentrum in Saint Germain en Laye, Paris) nutzte Perrault Stahl für seine Konstruktionen. Seine jüngsten Projekte zeigen, wie sich große Abmessungen durch das Experimentieren mit den konstruktiven

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Großmaßstäbliche Projekte und Schaffung neuer »Territorien«

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Eigenschaften von Stahl meistern lassen. Bei der Erweiterung des europäischen Gerichtshofs in Luxemburg hat er die bestehende Bausubstanz in einen großen Komplex integriert, der den nachhaltigen Ansatz moderner Architektur widerspiegelt. Das neue ringförmige Gebäude, das den Bestand umschließt, ist eine Verbundkonstruktion. Seine schlanken Stahlstützen rhythmisierten den neu entstandenen Platz. Bei der Ewha Womans University in Seoul lag der Fokus nicht auf der Erweiterung des Universitätsgebäudes, sondern vielmehr auf der stadtplanerischen Gestaltung eines weitläufigen Areals innerhalb der Stadt. Eine breite Schneise zwischen den beiden unter den Grünanlagen verborgenen langgestreckten Gebäuden bildet die zentrale Achse dieses raumplanerischen Projekts, das in Verbindung mit dem vorhandenen Hügel eine neue Topografie entstehen lässt. Auch hier spielt Dominique Perrault mit der Wiederholung nur weniger Elemente und mit nur zwei sichtbaren Materialien: Stahl und Glas. Der lange »Einschnitt« in die Landschaft macht sowohl die Beschäftigung mit urbanen Elementen als auch mit Land Art deutlich (Abb. A 12). Chinas Architektur ist geprägt vom großen Maßstab. Das Olympiastadion als Symbol des neuen Pekings vertraut ganz auf den Baustoff Stahl und setzt ihn auf ornamentale Weise in Szene (Abb. A 9 und 10). Das sogenannte Vogelnest ist das Ergebnis der Zusammenarbeit zwischen den Architekten Herzog & de Meuron und dem chinesischen Künstler Ai Weiwei. Die Sportarena ist von einer riesigen Gitterstruktur umhüllt, die an einigen Stellen konstruktive, an anderen nur dekorative Aufgaben erfüllt. So bringt die Außenhaut des Gebäudes die Ambiguität zwischen Tragwerk und Ornament zum Ausdruck und mutet aufgrund des sich kreuzenden Materials wie ein Schmuckstück an. Ebenfalls in Peking und in unmittelbarer Nähe des »Vogelnests« steht der sogenannte Watercube (Abb. A 9). Der blaue Quader, Veranstaltungsort für die olympischen Schwimmwettkämpfe, wurde von den australischen Architekten PTW entworfen. Seine Leichtbaukonstruktion ist aus der geometrischen Struktur von

Schaum abgeleitet. Die zweischalige, dreidimensionale Konstruktion besteht aus mehrlagigen ETFE-Folienkissen und einem Tragwerk aus 22 000 Stahlrohren. Die Bewältigung großer Abmessungen bedeutet auch, große Verkehrsströme zu meistern. Flughäfen sind perfekte Beispiele für Orte mit großem Personenaufkommen. Der 1994 eröffnete Kansai International Airport Terminal wurde von Renzo Piano als einer der ersten dieser neuen Generation von Flughäfen auf einer künstlichen Insel in der Bucht von Osaka gebaut. Bei dem 1,7 km langen, sich in seiner Zierlichkeit an ein Segelflugzeug anlehnenden Terminal spielt Stahl eine große Rolle. Zusätz lich zum Tragwerk wurden 82 400 Stahlplatten verbaut, die die Verkleidung des Flughafens bilden und attraktive silberne Reflexionen erzeugen.

Der deutlich expressiver gestaltete Terminal 4 des Flughafens Madrid-Barajas von Richard Rogers ist für eine Abfertigung von 35 Millionen Passagieren pro Jahr ausgelegt und spielt mit Farbe und Formen (siehe S. 238ff.). In gestalterischer Hinsicht bildet der kilometerlange Terminal mithilfe von vorgefertigten Elementen, deren Farbe ihre Funktion angezeigt, eine rhythmische Wellenbewegung nach. Im Innenraum gliedern sich baumartig verzweigende Pylone das Gebäude und öffnen den Raum hin zu großen runden Verglasungen im gewölbten Dach, die das Tageslicht durch Lichtgräben ins Gebäudeinnere leiten. Diese nach oben offen gestalteten sogenannten Canyons werden von Gehwegen überquert, sodass visuelle Wegkreuzungen entstehen. Zwei große Bauprojekte zeigen, dass China auch bei der Entwicklung neuer Verkehrsein-

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Watercube, Peking (CN) 2003, PTW Architects und Nationalstadion (»Vogelnest«) in Peking (CN) 2008, Herzog & de Meuron mit Ai Weiwei A 10 Nationalstadion in Peking (CN) 2008, Herzog & de Meuron mit Ai Weiwei A 11 Yokohama International Port Terminal, Yokohama (J) 2002, Foreign Office Architects A 12 Ewha Womans University, Seoul (ROK) 2008, Dominique Perrault A 11

richtungen eine führende Rolle spielt: Pekings dritter Flughafenterminal mit seiner 900 m langen, von Norman Foster entworfenen Halle (Abb. A 5, S. 11) und der von Massimiliano Fuksas gestaltete, sich noch im Bau befindende Flughafen Shenzhen im Süden des Landes. Dieser verfügt über einen Teminal von 1,2 km Länge aus einem Stahltragwerk und einer hochwertigen Edelstahl-Außenhaut. In Shanghai integrieren AREP und ECADI den Südbahnhof als einen Knotenpunkt für den intermodalen Verkehr vollständig in das Straßennetz, während er gleichzeitig chinesische Traditionen respektiert. Die zitierte Form des Kreises ist im Reich der Mitte von enormer symbolischer Bedeutung. Bei dem Gebäude handelt es sich um ein riesiges Rad von 260 m Durchmesser. Es erreicht seine beträchtlichen Ausmaße mithilfe eines durch einen Ring definierten Stahltragwerks mit Spannweiten von 20 m. Diese Ringform ermöglicht die Kanalisierung großer Personenströme. Das Gebäude wurde unter Hinzuziehung erfahrener Kupferschmiede mit Techniken aus dem Schiffsbau erstellt. Im maritimen Bereich entwarfen Foreign Office Architects das »Landschaftsgebäude« des Yokohama International Port Terminal (Abb. A 11) und Odile Decq den Hafen in Tanger als neues Tor nach Afrika. Die Stahlgebäude der Plattform für intermodalen Verkehr sind mit einer dünnen Außenhaut aus Beton versehen, um eine größere Widerstandsfähigkeit gegen Salzwasser zu bieten und die Anbringung eines Kalkanstrichs zu ermöglichen. Die verschiedenen, Körperformen nachempfundenen Gebäude haben einen organischen Charakter. Das größte Gebäude mit einer Länge von 360 m (und Spannweiten von 40 bis 50 m) sieht beinahe aus wie ein weißer Wal. Ein weiterer Ort großer Menschenansammlungen ist die Fiera Milano von Massimiliano Fuksas und Doriana Mandrelli. Die großen Messehallen werden über eine 1,7 km lange »Straße« erschlossen, die das Messegelände am nordwestlichen Stadtrand an das Metronetz anschließt und einen Bezug zum Zentrum von Mailand und zu der berühmten Galleria Vittorio Emmanuele herstellt – eine Verbindung zwischen dem Eisen des 19. Jahrhun-

derts und dem Stahl des 21. Jahrhunderts. Am neuen Messestandort haben die Architekten mit einem Relief, das zahlreiche geografische und klimatische Metaphern birgt, eine Landschaft entworfen. »La Vela« – das Segel –, eine filigrane Struktur aus Stahl und Glas, schützt die zentrale Verbindungsachse vor der Witterung. Zweifellos kam Stahl unter anderem deshalb zum Einsatz, weil er sich so schnell verbauen lässt. Auf diese Weise konnte die riesige Baustelle mit einer Fläche von 1 Million m2 in nur 26 Monaten fertiggestellt werden. Licht und Transparenz sind die zentralen Aspekte der meisten von Massimiliano Fuksas realisierten Projekte. Dabei nutzt er häufig die technischen Eigenschaften von Stahl. Das Universitätsprojekt von Nicolas Michelin in Nancy weist die gleichen Charakteristika – Linearität, Winkel, große Dimensionen – auf wie die Fiera Milano, jedoch in einem kleineren Maßstab. Die zukünftige »Wissensbasis« Artem, die tatsächlich nicht wie ein konventioneller Campus gestaltet wurde, unterstreicht ihren urbanen Charakter ebenfalls durch eine »Straße« von 400 m Länge. Diese öffentlich zugängliche Galerie aus Metall und Glas bildet auch eine gliedernde Achse für die Anordnung der Gebäude und stellt eine Schnittstelle zwischen Universität und Stadt dar. Eine neue Kategorie von Orten der Zusammenkunft bilden seit einigen Jahren die sogenannten Auslieferungszentren für Autos und Flugzeuge. In diesen Zentren wird die Inbesitznahme der neuen Fahrzeuge zu einem Ritual, versinnbildlicht durch eine spektakuläre Architektur. Ein monumentaler Doppelkegel bestimmt die Form der BMW Welt von Coop Himmelb(l)au in München. Er bildet eine Einheit aus Stahl und Glas und dient mit einer schraubenförmigen Rampe im Inneren als eine Mischung aus Ausstellungs- und Veranstaltungs- sowie öffentlichem Bereich. Die BMW Welt ergänzt den berühmten BMW Hauptsitz in Form eines Vierzylinders, eine technische Ikone aus den 1970er-Jahren. Die Bildsprache der BMW Welt bezieht sich nicht mehr auf die Kraft der Motoren, sondern eröffnet einen viel weiteren und immateriellen Horizont: den Himmel. Über den großzügigen öffentlichen Bereich spannt sich ein riesiges Dach. Es ist mit dem

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Kegel gekoppelt und unterstreicht die Metapher des Tornados, der für die Form des Gebäudes Pate stand und durch seine pure Energie die Unternehmenskultur widerspiegeln soll (siehe S. 214ff.).

Architektur als Skulptur Anlässlich der Expo 58 in Brüssel entwarf der Ingenieur André Waterkeyn das Atomium, das sich als Wahrzeichen der Stadt etabliert hat und 2006 saniert wurde. Der französische Pavillon des Architekten Guillaume Gillet und des Ingenieurs René Sarger demonstrierte ebenfalls die kühne Nutzung von Stahl: Seine Höhe betrug 65 m, und es kam eine neuartige Anordnung dreier Metallträger mit einer Länge von 80 m zum Einsatz. Auf die Herausforderung der Schwerkraft reagiert Architektur heute mit spektakulären Auskragungen, wie z. B. der Skywalk von MRJ Architects – ein Besucherweg aus Stahl und Glas, der in Form eines Hufeisens 22 m über den Rand des Grand Canyon hinausragt. Dank seiner Eigenschaften – insbesondere der mechanischen – ermöglicht es Stahl den Architekten, filigrane Gebäude zu errichten und Verformungen genau zu kontrollieren. Jean Nouvels Architektur bietet interessante Beispiele raumgreifender Kragarme. Seit dem Kultur- und Kongresszentrum im schweizerischen Luzern mit seinem sehr dünnen Dach, das stützenlos über den Vierwaldstättersee ragt, hat Jean Nouvel mit Stahl in verschiedenen Umgebungen experimentiert. Die Erweiterung des Reina Sofia Museums in Madrid schafft dank des übergroßen roten Dachs einen neuen öffentlichen Raum. In Paris verdeutlichen beim Musée du Quai Branly eine Reihe farbiger Boxen, die aus dem »Brückengebäude« herausragen den Kragarm-Effekt (Abb. A 13, S. 14). Auf der Suche nach einer umfassenden Leichtigkeit sitzen die Stahlkästen auf den auskragenden Stahlböden. Kragarme und andere Auskragungen sind jedoch nicht allein öffentlichen Gebäuden vorbehalten, sondern auch bei Wohngebäuden zu finden. Nach dem berühmten WoZoCo in Amsterdam – einem von MVRDV gestalteten

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Stahl – zwischen Identität und Materialität

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Musée du Quai Branly, Paris (F) 2006, Atelier Jean Nouvel Rucksackhaus, Leipzig (D) 2004, Stefan Eberstadt Seniorenwohnanlage WoZoCo, Amsterdam (NL) 1997, MVRDV Porsche Museum, Stuttgart (D) 2008, Delugan Meissl China Central Television (CCTV) Hauptsitz, Peking (CN) 2002, OMA

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Apartmentgebäude für betreutes Wohnen (Abb. A 15) – erschließen auch andere Projekte auskragenden Wohnraum. Am östlichen Ende der Halbinsel Borneo in Amsterdam beispielsweise entwarfen MVRDV vorspringende Glaskästen, die den Bewohnern der schmalen Reihenhäuser weiteren Raum bieten und als Blickfang in der Fassade wirken. Bereits 2006 haben Dosmasuno Arquitectos in Carabanchel, einem neuen Wohngebiet am Stadtrand von Madrid Fassaden gestaltet, die durch mehrere Zimmer umfassende »Auswüchse« aufgebrochen sind. Der zusätzliche Raum, der durch das Aufsetzen einer Stahlstruktur auf einen Betonkern entsteht, rechtfertigt bei diesem Gebäudekomplex mit 102 Sozialwohnungen das gestalterische Spiel mit den konstruktiven Möglichkeiten. Im städtischen Umfeld wird mit solchen einzigartigen Objekten versucht, die Skyline der Stadt neu zu definieren. In der von OMA gestalteten Bibliothek in Seattle ist ein Konzept von drei schwebenden Boxen verwirklicht. Es erinnert an den Betonkubus, der gleichsam über dem Wohnhaus in Floirac schwebt, das Rem Koolhaas bereits 1998 in Frankreich realisierte. Bei der Bibliothek umschließt eine Gitterkonstruktion die verschiedenen Räume, um den Eindruck von »schwebenden Boxen« entstehen zu lassen. Hier wurde für die erdbebensicheren Boxen und die Gitterstruktur das konstruktive Potenzial des Materials genutzt, um dem Gebäude durch die dynamische Formalisierung des Werkstoffs die Anziehungskraft zu verleihen, die diese kulturelle Stätte birgt und die durch die Interaktion mit den Türmen in der näheren Umgebung noch verstärkt wird. Die systematisierte Idee der versetzten Volumen hat SANAA im Museum of Contemporary Art in der Lower East Side von Manhattan wieder aufgegriffen (siehe S. 182ff.). Diese urbane Skulptur mit einer Höhe von 53 m besitzt ein Stahltragwerk und eine Außenhaut aus grauem Aluminium. In Downtown Los Angeles, nahe der Stahlskulptur der Disney Concert Hall von Frank O. Gehry, ragt einem Monolithen gleich ein Stahlmonument auf. Der von Morphosis entworfene Hauptsitz der Caltrans District 7 (California Department of Transportation) hinterlässt sowohl durch seine Hausnummer 100, die als gigantische Skulptur erscheint, als auch durch seine Auskragung einen unverkennbaren Eindruck. In Deutschland führt die große Bedeutung des Autos zur Errichtung von Gebäuden in vergleichbarer Größenordnung. Hier liegt es im Trend, die Corporate Identity durch kraftvolle architektonische Bilder zu unterstreichen. Das von UNStudio entworfene Mercedes-Benz Museum in Stuttgart wurde als DNA-Doppelhelix gestaltet, mit zwei spiralförmigen Rampen als Hauptrundgängen (Abb. A 2, S. 10). Bei dieser spektakulären Demonstration des Raums sind Stahl und Beton entsprechend der Dynamik des Verlaufs des Rundgangs kombiniert. In derselben Stadt befindet sich auch das

Porsche Museum, das vom österreichischen Architekturbüro Delugan Meissl als gleichsam schwebender Stahlmonolith gestaltet wurde (Abb. A 16). In Rotterdam, wo Ben van Berkel mit der Erasmus-Brücke bereits ein zeitgenössisches, symbolhaftes Bauwerk errichtet hat, ist das Shipping and Transport College ein Gebäude von vergleichbar kraftvollem Bildcharakter. Bei diesem Projekt des Architekturbüros Neutelings Riedijk steht das Spiel mit Formen und grafischem Design im Vordergrund. Während der Kopf des Gebäudes eine Kommunikation mit der Stadt herzustellen sucht, fällt die Außenhaut durch ihr Schachbrettmuster auf. Die Dezentrierung der kühnen Auskragung erzeugt eine dynamische Energie. Das Auge des Gebäudes, eine große Fensteröffnung im Auditorium, blickt auf die Flusslandschaft. Seit den Entwürfen für die nicht realisierten »Wolkenbügel« von El Lissitzky (1924) erscheinen Auskragungen als horizontale Elemente kompatibel mit der Typologie eines Turms. Der von EMBT gestaltete Hauptsitz von Gas Natural in Barcelona weist eine Auskragung von 30 m auf. Der Komplex besteht aus drei asymmetrischen Elementen, die den öffentlichen Bereich definieren (Abb. A 3, S. 11). In Peking ist das dominierende Wahrzeichen des Central Business District der Hauptsitz von China Central Television (CCTV). Rem Koolhaas und Ole Scheren haben die Typologie des Wolkenkratzers neu definiert und eine verdrehte Schleife in gigantischer Größe geschaffen (Abb. A 17). Mit seiner winkelförmigen Auskragung scheint das Bauwerk mit einer Höhe von bis zu 234 m die Schwerkraft zu überwinden. Riesige Querversteifungen, die durch das Glas hindurch sichtbar sind, zeigen das für die Realisierung des Gebäudes erforderliche Stahltragwerk mit dem 14-fachen Gewicht des Eiffelturms. Der Turm des Kongresszentrums vervollständigt den Komplex. Eher von einer Boje denn von einer Möbiusschleife inspiriert, ist das ebenfalls vom Architekturbüro OMA entworfene Science Center in Hamburg. In der HafenCity, einem neuen Stadtviertel für architektonische Experimente, soll ein monumentales Gebäude mit 23 000 m2 Geschossfläche entstehen, das mit der Größe der neuesten Kreuzfahrtschiffe konkurrieren kann. Stahlkonstruktionen ermöglichen diese außergewöhnliche Typologie von Ringgebäuden. Jedoch auch im Bereich des Weinbaus, einer eher traditionell anmutenden Bauaufgabe mit großem Bewusstsein für regionale Wurzeln, drücken einzigartige Objekte aus Metall architektonische Werte aus. Im spanischen Weinbaugbiet Rioja versucht Frank O. Gehry nicht, das Gebäude nahtlos in die Umgebung einzufügen, wie es bei der berühmten, aus Gabionen erbauten Weinkellerei von Herzog & de Meuron im kalifornischen Napa Valley der Fall ist. Mit dem Hotel und der Bodega Marqués de Riscal hat der Architekt vielmehr ein Gebäude als außergewöhnliche Skulptur entworfen. Rot und Gold bestimmen als Farben des Weins diese

Stahl – zwischen Identität und Materialität

»Ciudad del Vino« in Elciego, ein Komplex aus unterschiedlichen Volumen, der mit den Effekten der Gebäudehülle aus gebogenen Metallbändern auf einem Steinfundament spielt. Der Weintourismus in Italien besitzt mit dem Nardini Center in Bassano del Grappa ein weiteres Beispiel für Branding durch Architektur. Massimiliano Fuksas hat zwei große transparente Blasen gestaltet, die in der Luft schweben und an einen Destillierkolben erinnern. Diese beiden aufgeständerten elliptischen Formen bilden einen Kontrapunkt zum darunter in den Erdboden eingegrabenen Teil des Gebäudes. Die Glasflächen enthüllen die Gitterstruktur der Stahlbögen, die für die dynamische Formgebung sorgen. In Abu Dhabi gab die Möglichkeit, eine Zweigstelle des Louvre zu eröffnen, den Anstoß zur Errichtung eines neuen Kulturbezirks am Wasser. Eine große perforierte Stahlkuppel mit einem Durchmesser von 180 m überspannt verschiedene Gebäudevolumen. Das Licht fällt wie durch ein Blätterdach in das Innere. Das Projekt von Jean Nouvel am Persischen Golf nimmt vor Ort den Vergleich mit anderen architektonischen Großprojekten auf, denn in Abu Dhabi, dem neuen kulturellen Hotspot, entstehen weitere monumentale Museen von Architekten wie Frank O. Gehry, Zaha Hadid und Tadao Ando. Im Zeitalter der Verbundwerkstoffe arbeitet Massimiliano Fuksas bei der Errichtung der Archives Nationales am Standort Pierrefitte-surSeine, einem Pariser Vorort, mit Gegensätzen. Sein Projekt kombiniert eine lange, mit Aluminium verkleidete Betonbox und eine komplexere Geometrie mit Stahltragwerk. Gegen die Blockbildung hin zu aufgelösten Strukturen wendet sich auch das Bildungsund Forschungszentrum für Umweltschutz und Energieeffizienz, das Mario Cucinella auf dem Campus der Tsinghua Universität in Peking errichtet hat. Senkung der CO2-Emissionen ohne Beschneidung der architektonischen Ambitionen – das war die Herausforderung dieses 40 m hohen Gebäudes mit seinen nach Süden weit auskragenden Gartenterrassen (Abb. C 1.27, S. 135). Auch das junge spanische Team Ecosistema Urbano Arquitectos verfolgt mit dem Eco Bou-

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levard in Madrid das Ziel, eine neue Landschaft in der Vorstadt zu erschaffen. Der öffentliche Bereich wird hier durch drei röhrenförmige, leichte Metallinstallationen, die mit Pflanzen bestückt sind, akzentuiert. Diese »Air Trees« beeinflussen das Klima in ihrer unmittelbaren Umgebung und sorgen für Temperatursenkungen von bis zu 8 °C. Wie man das Bauerbe aus den 1960er-Jahren in Paris der heutigen Zeit anpassen kann, haben Lacaton & Vassal gezeigt. Um die Wohnungen zu vergrößern und den Heizaufwand zu minimieren, haben sie das in die Jahre gekommene Betonhochhaus Bois le Prêtre mit einer neuartigen Stahlkonstruktion umhüllt. Das Rucksackhaus des Künstlers Stefan Eberstadt wurde als temporäres Kunstobjekt an die Fassade einer Baumwollspinnerei in Leipzig gehängt (Abb. A 14). Der mit Stahlseilen an der Fassade befestigte Körper mit einem Tragwerk aus Stahlrohren erzeugt eine unerwartete Innen-Außen-Wirkung.

radikal geänderte Infrastruktur behandelt, ist der von OTH gestaltete Bürokomplex Kraanspoor in Amsterdam (siehe S. 200ff.). Das aufgeständerte Gebäude vermittelt durch die Umnutzung einer Kranführungsbahn über die Gesamtlänge von 270 m zwischen Geschäftswelt und Industrieanlage. Das jüngste Beispiel für die »Überbrückung« von Raum ist das Musée du Quai Branly in Paris, ein von Jean Nouvel entworfenes HybridGebäude, dessen Hauptgalerie gleich einer Brücke einen neu angelegten Park am linken Seineufer überspannt und so die kulturelle Stätte in ein echtes »Landschaftsgebäude« am Fuß des Eiffelturms verwandelt (Abb. A 13). Im Entwurf des Architekturbüros X-Tu erscheint das prähistorische Museum im südkoreanischen Jeongok wie eine echte Brücke zwischen zwei Hügeln, als körperhafte, in die Topografie der Umgebung eingebettete Linie. Tatsächlich erstreckt sich das organisch gestaltete, von einer Amöbenform inspirierte Bauwerk über 100 m Länge und überspannt dabei einen Freiraum von 30 m. Das sich durch die Landschaft schlängelnde Gebäude, das mit glänzendem Edelstahl verkleidet ist, konnte durch gitternetzartig angeordnete Träger, die im Inneren verborgen liegen, realisiert werden. Für das Paul Klee Zentrum in Bern hat Renzo Piano drei Wellen aus Metall in die Landschaft eingebettet (Abb. A 18, S. 16). Beton stellt das verbindende Element dar, um eine bessere Verankerung im Hügel zu gewährleisten. Noch präsenter ist die Wellenform im Bereich von Sportbauten und dort besonders bei Wassersportlandschaften in urbanen Umgebungen. Die Wellenform bedeutet in der metaphorischen Bezugnahme auf die Funktion des Elements eine geradezu greifbare Versinnbildlichung des Fließens. Der Welleneffekt ist auch das gemeinsame Merkmal zweier Hallenbadprojekte. Am Stadtrand von Madrid errichtete Alberto Nicolau das Schwimmbad von Valdesanchuela mit einer vollständig aus Metall bestehenden Badelandschaft im Inneren. Das von dem französischen Architekturbüro Search entworfene Schwimm- und Badezentrum, eine Stunde von Paris entfernt an den Ufern der Seine in Mantes-la-Jolie gelegen, versucht eine Verbindung zwischen der Stadt und den umge-

Stadt als Landschaft Vielleicht liegt die Antwort auf die zunehmende Bebauungsdichte in der Überbauung oder »Überbrückung« städtischer Räume. Eines der mystischen Bauwerke des modernen Zeitalters, das Lingotto-Gebäude in Turin zeigt sich als Betonkoloss, der perfekt auf die Nutzung als Automobilfertigungswerk zugeschnitten ist. In ihm hat Renzo Piano die Pinacoteca Agnelli installiert. Der Kubus aus Metall mit seinem weit auskragenden Dach, der letzte Schritt bei der Umnutzung des ehemaligen Fiat-Werks, ist eine Art »Schrein«, der über der alten Rennstrecke zu schweben scheint und schon aus der Entfernung auszumachen ist. Er birgt die Kunstsammlung des ehemaligen Fiat-Chefs. In Rotterdam überspannt das Bürogebäude De Brug ein historisches Fabrikgebäude. Das Konzept basiert auf dem Kontext des Stadthafens. JHK Architecten haben das Brückengebäude mit einer Länge von 132 m als transparente Stahl-Glas-Konstruktion errichtet. Ein weiteres Beispiel aus den Niederlanden, das die Einbindung eines bestehenden Bauwerks in eine

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Zentrum Paul Klee, Bern (CH) 2005, Renzo Piano Building Workshop Prada Epicenter, Tokio (J) 2003, Herzog & de Meuron »C 42« Citroën Showroom, Paris (F) 2007, Manuelle Gautrand Casa Rural, Vall de Bianya (E) 2007, RCR Arquitectes De Young Museum, San Francisco (USA) 2005, Herzog & de Meuron Wohnhaus, Glenburn (AUS) 2008, Sean Godsell Dokumentationszentrum, Hinzert (D) 2006, Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

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benden Hügeln des Vexin zu schaffen. Um diesen Dialog herzustellen, haben die Architekten eine Metallkonstruktion mit Grasdächern kombiniert. Entstanden ist ein Gebäude als Landschaft. Als Mittler zwischen Stadt und Landschaft – in diesem Fall dem Meer – tritt auch die Nationaloper in Oslo von Snøhetta auf. Das eisbergartige Bauwerk ist mehr als eine Kulturstätte, es ist vor allem ein öffentlicher Stadtraum. Die 20 000 m2 große, strahlend weiße Dachlandschaft ist frei zugänglich, während das von schrägen Stützen gefasste Foyer mit seiner Glasfassade das Verbindungsglied zwischen Meer und Stadt darstellt. Der 54 m hoch aufragende Fly Tower ist mit von norwegischen Künstlern bearbeitetem Aluminium verkleidet.

Gebäudehüllen – offener Dialog zwischen innen und außen Auch wenn die Gebäudehülle zu den beliebtesten Forschungsthemen von Architekten gehört, besteht gerade auf dem Gebiet der tragenden Außenhaut noch Entwicklungsbedarf. Als netzartiges System, häufig aus Stahl, beginnt sie, sich einen Platz im Vokabular der Architekten zu erorbern. Seit dem John Hancock Center in Chicago (Skidmore, Owings & Merrill, 1970), das seine Auskreuzungen des Stahlskeletts offen zur Schau stellt, scheut man sich bei emblematischen Gebäuden nicht

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mehr, das Tragwerk sichtbar auszuführen. Ein modernes Beispiel hierfür ist die Mediathek in Sendai von Toyo Ito. Bei diesem Bauwerk versucht der Architekt, durch die Kombination von baumartigen Strukturen und Transparenz Technologie zu visualisieren und ihr eine bauliche Form zu geben. Dabei durchdringen 13 Röhren die Geschossdecken bis zum Dach und erzeugen eine flexible Struktur, die das Konzept des Energieflusses versinnbildlicht. Ebenfalls in Japan offenbart das von Herzog & de Meuron entworfene Prada Epicenter am Ende der Modemeile in Tokio (wo sich ein Luxuslabel an das andere reiht) eine hybride Gestalt, die zwischen der eines kleinen Hochhauses und eines großen Wohnhauses liegt. Die Fassade, deren rautenförmigen Glaseinsätze konkav und konvex geformt sind, ist untrennbar mit der Konstruktion verbunden. Das netzförmige System aus Stahl sorgt für die Geometrie sowie die erdbebensicheren Eigenschaften (Abb. A 19). In London steht das Bürohochhaus 30 St Mary Axe (Foster + Partners, siehe S. 218ff.), ein Wahrzeichen der Stadt, im Dialog mit dem Lloyd’s Building. In seiner bogenförmigen Gestalt, die dem Gebäude den Spitznamen »Gurke« einbrachte, drückt sich zudem eine Drehbewegung aus. In der Nähe des ähnlich geformten Torre Agbar von Jean Nouvel in Barcelona wurde an der Avenida Diagonal der von Carlos Ferrater entworfene bronzefarbene Torre Mediapro errich-

tet. Er zeigt eine perfekt konzipierte Geometrie, bei der alle Glasflächen identisch sind. Eine außenliegende Metallstruktur erlaubt einen stützenfreien Innenraum. Auf den Champs Elysées in Paris nutzt das Gebäude »C 42«, der Showroom von Citroën, die gesamte Tiefe einer schmalen Baulücke. Als Antwort auf die enge Platzvorgabe und als Ausdruck der Markenidentität hat Manuelle Gautrand ein netzartiges Fischgrätmuster als tragende Struktur entworfen, die das Gebäude von der Straßenfassade über das Dach bis hin zur rückwärtigen Fassade kontinuierlich umhüllt (Abb. A 20). »Better life, better city« – das war der Slogan der Weltausstellung 2010 in Shanghai. Der französische Pavillon, den Jacques Ferrier zum Thema »Die sinnliche Stadt« entworfen hat, basiert auf der Idee einer besonderen konstruktiven Mehrdeutigkeit: Während das Tragwerk vollständig aus Stahl besteht, erhält die Gitterstruktur der Hülle eine helle Betonbeschichtung. Diese soll die Farbe von Paris sowie die der Loire-Schlösser widerspiegeln. Ganz im Gegensatz hierzu hat der japanische Architekt Shigeru Ban die Stahlstruktur des Centre Pompidou-Metz mit Holz verkleidet. Es wird von einem 800 m2 großen Dach, eine Holzkonstruktion mit Membraneindeckung, überspannt. Im Zuge aktueller Forderungen nach nachhaltigen Städten werden neue Gebäudetypologien entstehen. Das Umweltbundesamt in Dessau,

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ein von Sauerbruch Hutton errichteter Komplex, stellt durch seine kompakte Bauweise mit hoher Energieeffizienz vielleicht eine Art Sinnbild für zukünftige Ansätze dar. Dieses sichelförmige Beispiel für nachhaltiges Bauen beherbergt ein überdachtes Atrium, das einen großzügigen, für den Publikumsverkehr zugänglichen Raum bietet. Die Außenhaut ist ein Medium des Austausches, eine Oberfläche als Schnittstelle. Sie ermöglicht den Kontakt zur Umwelt. Ohne die Architekturikone anzutasten, haben Jakob + MacFarlane mit dem Restaurant Georges im Centre Pompidou eine neue raumplastische Kreation geschaffen und gleichzeitig die Formensprache des Metalls beibehalten. Die Strategie bestand darin, den Fußboden zu verformen und in den Raum übergehen zu lassen. Dank der fließenden Linien, die dadurch entstehen, ist es den Architekten gelungen, ihr Projekt mit der Arbeit von Renzo Piano und Richard Rogers zu verschmelzen, wobei sie auf Technologien aus dem Bootsbau zurückgriffen. Eine einzigartige Gebäudehülle, die ihre eigene Vielfalt entwickelt, bietet das Glenburn House in Australien (Abb. A 23). Das von Sean Godsell entworfene Wohnhaus basiert auf Recyclingmaterialien. So stützt eine Stahlstruktur zahlreiche voroxidierte Stahlelemente über eine Fassadenlänge von 30 m. Die Zénith-Konzerthalle von Philippe Chaix und Jean-Paul Morel, seit den 1980er-Jahren ein

populärer Veranstaltungsort in Frankreich, reagiert auf ihren suburbanen Kontext. In der Folge wurde dieses Konzept in vielen architektonischen Variationen umgesetzt. Der Gedanke, eine für die unterschiedlichsten Veranstaltungen modulierbare Halle zu entwerfen, hat offenbar bezüglich der Gebäudehülle dazu geführt, dass die Architekten zwischen dem Foyer und dem Veranstaltungsbereich differenzieren. In der Konzert- und Ausstellungshalle Rouen hat Bernard Tschumi beispielsweise für den Bau des Auditoriums Beton gewählt, für das Tragwerk und die Außenhaut Stahl. Eine entsprechende Zweiteilung ist auch bei der Straßburger Konzerthalle von Massimiliano Fuksas zu finden, die in ihrer Formgebung eine Art monumentales Zirkuszelt zitiert. Das ovale Gebäude am Stadtrand wirkt in der Nacht tatsächlich wie ein Magnet. Durch die leuchtende orangefarbene Textilmembran scheint die Stahlkonstruktion, die den Betonkern umgibt, und die gefaltete Fassade trägt, hindurch. Hinter der Hülle ist das mächtige Stahlgerüst nicht verborgen, es ist vielmehr Teil der Show.

Aussichtsturm »Landmarke Lausitzer Seenland« als Skulptur in der Landschaft. Dieser Monolith aus unbehandeltem Stahl, entworfen von den Architekten Stefan Giers und Susanne Gabriel, ragt bis in 30 m Höhe auf. Die auffälligen Treppenläufe sind grafisch spielerisch angeordnet und präsentieren die Materialität (siehe S. 166ff.). Die katalanischen Architekten RCR haben voroxidierte Stahlplatten wie Lamellen in den Boden gesteckt, um in den Hügeln oberhalb von Palámos die Weinkellerei Bell-Lloc zu kreieren. Vor den Toren ihrer Heimatstadt Olot, in Vall de Bianya entwarfen sie die Casa Rural als eine Hommage an Donald Judd. Teilweise gruppiert, wachsen elf leichte, riesige Metallquader aus dem Hügel. Sie sind Teil eines in den Hügel eingegrabenen Baukörpers aus Stahl, der das verbindende Rückgrat darstellt (Abb. A 21). Mit einer glatten Außenhaut ohne Poren hat Dominique Perrault das Aplix-Werk als nach außen hin vollständig fensterloses Gebäude entworfen und trägt damit auch der wachsenden Gefahr von Industriespionage Rechnung (Abb C 2.15, S. 147). Eingebettet in die Landschaft in der Nähe von Nantes erstreckt sich eine Gebäudehülle aus Edelstahl gleich einem Spiegel über eine Länge von 300 m. Licht wird über Innenhöfe in das Gebäude geführt. Das Projekt überzeugt wirtschaftlich und auch ästhetisch, es wird vom Grün der Umgebung genährt und verschwindet als industrielle Präsenz nahezu in der Landschaft.

Architektur als Landmarke Weite Landschaften haben ein gänzlich anderes Verhältnis zur Architektur, da sie weniger bestimmend wirken. Der Umgang mit ihnen muss jedoch ebenso sensibel erfolgen. Vor den Toren von Senftenberg fungiert der

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Passerelle Simone de Beauvoir, Paris (F) 2006, Dietmar Feichtinger Blur Building, Expo 2002, Yverdon-les-Bains (CH) 2002, Diller + Scofidio Fenghua-Brücke, Tianjin (CN) 2007, Marc Mimram

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Basierend auf der gleichen Grundidee eines introvertierten Gebäudes, besticht das Dokumentationszentrum Hinzert in Rheinland-Pfalz durch seine geschlossene Außenhaut aus Metall (Abb. A 24, S. 17). Die Architekten Wandel Hoefer Lorch + Hirsch haben sich für voroxidierten Stahl entschieden, um einen Monolithen mit über 3000 unterschiedlichen, dreieckigen Facetten zu errichten. Inmitten einem der größten Stadtparks der Welt – im Golden Gate Park in San Francisco – hat das De Young Museum ein Comeback erlebt (Abb. A 22, S. 17). Der Neubau von Herzog & de Meuron gründet, getragen von einer Metallkonstruktion, auf der Idee der vollkommenen Interaktion – zum einen zwischen den verschiedenen Epochen, die in den Sammlungen vorgestellt werden, zum anderen zwischen dem Museum und seiner Umgebung. Dieser Bau, bei dem die Einbindung in die Landschaft im Vordergrund steht, zeigt zugleich ein Spiel mit den Werkstoffen. Während der versetzte Turm und die Auskragung sich durch ihr feines Kupfergitter quasi zu dematerialisieren scheinen, wird der Gebäudekomplex selbst durch die sich verändernde Oberfläche einer aus 7200 perforierten Kupfertafeln bestehenden Hülle bestimmt.

Neue Verbindungen Die Komplexität unserer modernen Städte macht Verbindungen unerlässlich: virtuelle über das Internet und weitere Kommunikationskanäle sowie über Autobahnen und andere Verkehrsströme oder Fußgängerbrücken verschiedener Art und Form. Ein Beispiel dafür ist der Wohnkomplex von Steven Holl in Peking, bei dem acht Gebäudetürme entlang einer Schnellstraße über Fußgängerbrücken aus Metall miteinander verbunden sind. Um den Status der Stadt als europäische Kulturhauptstadt 2003 zu feiern, wurden im österreichischen Graz verschiedene architektonische Projekte präsentiert. Der kontroverseste Entwurf zum auch »Friendly Alien« genannten Kunsthaus stammt von Peter Cook und Colin Fournier. Unweit dieser organischen Architektur, die aus einem Metallskelett mit einer Au-

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ßenhaut aus Kunststoff besteht, wurde eine ebenso informelle Arbeit im Flussbett der Mur platziert. Die vom Künstler Vito Acconci erdachte Mur-Insel ist ein urbaner Ort mit Café, Kinderspielplatz und Freilufttheater. Sie verbindet über Stege die beiden Flussufer auf unkonventionelle Weise miteinander. Der Anblick der zickzackförmigen Fußgängerbrücke Malvarosa von Miguel Arruda im portugiesischen Alverca lässt Zweifel am kürzesten Weg zwischen zwei Punkten aufkommen. Die Brücke liefert den Beweis, dass ein Kunstwerk nur eine Frage der Technik ist – das Ziel besteht darin, einen Weg zu erschaffen. In diesem Fall misst er 150 m und besteht aus zwei ungleichen Brückenabschnitten mit 60 bzw. 90 m Länge, die in einem spitzen Winkel zusammenlaufen. Dieses Konzept der indirekten Wege verfolgen auch die Architekten AllesWirdGut bei der Neustrukturierung des Festspielgeländes im geschichtsträchtigen Römersteinbruch St. Margarethen. Ein spielerischer Umgang sowohl mit der Topografie als auch mit Materialien bestimmt das Projekt in Form mehrerer Rampen und einem im Fels eingebetteten Block aus voroxidiertem Stahl. In den Kew Gardens in London, die für ihre Gewächshäuser aus dem 19. Jahrhundert berühmt sind, hat Marks Barfield einen Treetop Walkway gestaltet. Das Netzwerk von Brücken in den Baumwipfeln ist für 3000 Besucher pro Tag ausgelegt. Auch hier kommt voroxidierter Stahl zum Einsatz, um eine bessere Verschmelzung mit der umgebenden Natur zu erreichen. Der Laufgang beschreibt in einer Höhe von 18 m eine unregelmäßige Schleife, die alle 12 m von einer runden Plattform unterbrochen abknickt. Die Simone-de-Beauvoir-Fußgängerbrücke von Dietmar Feichtinger kommt ohne Umwege aus und überspannt die Seine stützenfrei auf einer Länge von 304 m (Abb. A 25). Die Passerelle verbindet die Esplanade der Bibliothèque Nationale de France mit dem Parc de Bercy und bietet eine interessante Linienführung, vor allem durch ihre linsenförmige Mitte. Ein Schiff brachte die in Deutschland vorgefertigte Brücke an ihren endgültigen Standort (Abb. B 3.64, S. 91).

Bei seiner Bengbu-Brücke in der chinesischen Stadt Tianjin hat sich Marc Mimram des Möbiuseffekts bedient und Metallbleche zu großen Bändern gedreht. Die Gerüste sind nicht als isolierte Elemente angelegt, sondern bilden selbst die Oberfläche. In Tianjin ist noch ein weiteres Kunstwerk von ihm zu finden: die Fenghua-Brücke aus Blütenblättern, ein Experiment im großen Stil mit einem Tragwerk aus Glasfaser und Metall (Abb. A 27). In beiden Fällen wurde mit im Werk vorgefertigten Teilen gearbeitet. Der Brückenpavillon von Zaha Hadid, ein Highlight der Expo 2008 in Saragossa, ist ein wahres Stahlmonument. Das Hybrid-Bauwerk mit einer Länge von 270 m überspannt den Ebro und besteht aus vier gewölbten, sich durchdringenden Baukörpern. Diese »pods« (Kapseln) von unterschiedlicher Länge sorgen für den dynamischen Fluss, den die Architektin ihren Gebäuden gern verleiht.

Umgang mit der Vergangenheit Ohne eine Umgestaltung als moderne Auffrischung eines Bauwerks oder eines Viertels kann das Erbe der Vergangenheit häufig nicht überdauern. 1988 riss Coop Himmelb(l)au das Dach eines Wiener Wohnhauses auf, um mehr Raum zu schaffen. In der Falkestraße eröffnet Stahl nun neue Perspektiven und eine Vielzahl von Möglichkeiten. Ein ähnliches Projekt ist in Barcelona zu finden, der Mercat Santa Caterina von EMBT. Von der alten Markthalle sind nur noch die Fassaden geblieben. Eine skulpturale Konstruktion trägt das bunte, wellenförmige Dach, das als Mosaik aus farbigen Keramikplättchen gestaltet ist und an verpixelte Bilder von Obst und Gemüse erinnert. Eingebunden in einen urbanen Gesamtkontext ist auch das neue CaixaForum in Madrid entstanden (siehe S. 178ff.). Umwandlung statt moderner Kunst, so lautete die Herausforderung an Herzog & de Meuron bei der Umgestaltung eines ehemaligen Elektrizitätswerks in ein Kulturforum. Formgebung und Materialwahl passen sich dem Stadtviertel im Herzen Madrids an; voroxidierte Gusseisenplatten ergän-

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zen das Backsteinmauerwerk, eine überwucherte Brandwand begrenzt den Vorplatz. Während Zaha Hadid das Museum MAXXI in Rom mit dynamischen Betonwänden gestaltet, nutzt Odile Decq Stahl für den Erweiterungsneubau des MACRO-Museums, ein weiterer Standort für moderne Kunst in Rom. Ein »fliegendes Dach« als Stahlkonstruktion mit Betoneindeckung dient als Terrasse. Die Docks de Paris, eine Projekt von Jakob + MacFarlane, sind vom Konzept des Überstülpens inspiriert. Das Gebäude aus dem Jahre 1907 war ursprünglich eine Lagerhalle aus Stahlbeton. Beim Umbau nutzten die Architekten das regelmäßige Raster, verformten es und wiesen ihm eine neue Funktion bei weiterentwickelter Struktur zu. Das so entstandene Volumen als neue Außenhaut scheint aus dem Bestehenden herauszuwachsen. Die Gebäudehülle aus Glas verbindet sich mit dem Stahltragwerk und wertet so den Bestand aus Beton auf. Mit dieser hybriden Gestaltung erschließt das Gebäude zusätzliche Fläche durch Auskragungen über der Seine in Form schwingender, wurmförmiger grüner Treppenaufgänge – dem Centre Pompidou nachempfunden – und über das Dach. Die »fünfte Fassade« wird zu einem urbanen Raum, der als eigenständiger Bereich zugänglich ist (siehe S. 185ff.).

die Installation der New Yorker Architekten wurde auch Jean Nouvels gigantischer Metallkubus errichtet, der auf dem nahegelegenen Murtensee zu schwimmen scheint und einen interessanten Kontrast erzeugte. Zwei Projekte, die das Wolkenmotiv aufgreifen, befinden sich noch im Bau: Das Kongresszentrum in Rom von Massimiliano Fuksas verkörpert eine Wolke, die in einem Glaskäfig schwebt. In Paris soll sich im Bois de Boulogne eine Glaswolke niederlassen. Frank O. Gehry gestaltet den zukünftigen Sitz der Louis Vuitton Stiftung als eine Erscheinung über den Bäumen. Das Bauwerk, dessen Glaselemente von Stahl gestützt werden, soll die für Gebäude in

Paris maximal zulässige Höhe von 37 m überschreiten. Auch wenn das äußere Erscheinungsbild eines Gebäudes sehr konventionell ist, kann der Innenraum überraschen, beispielsweise durch den hinter der Glasoberfläche der DZ Bank in Berlin integrierten Fremdling aus Metall von Frank O. Gehry, den von Ron Arad kreierten »Pilz« im Hauptsitz von Notify in Mailand oder durch den von Massimiliano Fuksas und Doriana Mandrelli für Armani in New York erzeugten Effekt aufsteigender Rauchschwaden. Wie bei den Großbauten gilt es auch hier, nur eben im kleinen Maßstab, Materialität mit Identität zu verbinden – ein Grundgedanke, der heute mehr den je in den Blickpunkt rückt.

Wolkeneffekt – mehr als nur Ästhetik Im letzten Band seiner »Sphären«-Triologie beschwört der Philosoph Peter Sloterdijk die »Foam City«, die Schaumstadt als realisierbares Wolkengebilde. So stellen beispielsweise alle Projekte von Coop Himme(l)blau seit 1968 einen Bezug zu einem solchen imaginären Dunst her. Anlässlich der Expo Swiss 2002 entstand das Blur Building im Neuenburger See. Diese flüchtige Arbeit von Diller + Scofidio basiert auf dem Effekt der Nebelbildung und repräsentiert eine mit der Umwelt interagierende Architektur, die sich in permanenter Bewegung befindet. Die künstliche Wolke wurde mithilfe eines mit Düsen ausgestatteten Stahlgestänges erzeugt, das im Wassernebel nur noch schemenhaft zu erkennen war (Abb. A 26). Zur selben Zeit wie A 27

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Teil B

Grundlagen I

1

Konzipierung von Stahltragwerken Entwurfsrahmen Entwurfsprozess Tragwerkssysteme und -typologien Funktionen der Bauteile im Gebäude Computer in der Tragwerksplanung

22 22 29 36 45 54

2

Materialität Oberfläche Transparenz Formbarkeit

62 62 63 64

3 Stahl – Herstellung und Produkte Rohstahlproduktion Rohstahlverarbeitung – Umformen und Walzen Bandbeschichtungen – Korrosionsschutz vor der Verarbeitung Halbzeuge aus Flacherzeugnissen Halbzeuge – Warmwalzprofile Gewebe und Geflechte Verzinken, Anstriche und Lacke – Korrosionsschutz nach der Bearbeitung Spezialbeschichtungen und Oberflächenbehandlungen Bearbeiten und Fügen Bausysteme Stahllieferkette

66 66 71 74 75 78 81 82 84 86 89 90

4 Bauteile aus kaltgeformtem Stahl 92 Eigenschaften kaltgefomter Profile 92 Pfetten und Riegel 93 Tragwerkssysteme für niedrige Gebäude 95 Verkleidungssysteme 99 Verbindungen im Stahlleichtbau 100 5

Abb. B

Nationalstadion in Peking (CN) 2008, Herzog & de Meuron mit Ai Weiwei

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik Grundlagen Werkstoffeigenschaften Elastisches und plastisches Verhalten von Profilen aus Stahl Stabilität Anschlüsse und Verbindungen Stahlverbundbau Schwingungen Stahlbauten unter Erdbebenbelastung Explosionseinwirkung Brandschutz im Stahlbau Korrosionsschutz Wärmeschutz Bauakustik und Schallschutz

102 102 103 105 107 108 113 114 115 116 118 119 121 122

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Konzipierung von Stahltragwerken Klaus Bollinger, Manfred Grohmann, Daniel Pfanner

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B 1.1 B 1.2

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Rohbauzustand Dachtragwerk BMW Welt, München (D) 2007, Coop Himmelb(l)au Kunsthaus Graz (A) 2003, Peter Cook a Einpassen der Tageslichtöffnungen b Montage des Stahltragwerks Schema Planungsumgebung Kunsthaus Graz

Bei einem Planungsprozess von der Geburt der Idee bis hin zu ihrer Realisierung ist es ungefähr so, als würde man das endgültige Projekt durch ein Kameraobjektiv betrachten und dann immer weiter heranzoomen. Aus der Ferne sind die Umrisse sichtbar, die den ersten Konzepten entsprechen. Je weiter der Planungsprozess voranschreitet, desto detaillierter erscheint das Bauwerk, bis es real ist und schließlich errichtet wird. Die Planung von Stahltragwerken und Tragwerken im Allgemeinen findet in einer abstrakten Umgebung statt, in der die Anliegen unterschiedlicher Beteiligter Berücksichtigung finden müssen. Dieses Planungsumfeld führt keineswegs zwangsläufig zu einer einzigen Lösung für die jeweilige Planungsaufgabe, sondern vielmehr zu einer Reihe von möglichen Alternativen. Welche Wahl aus diesem Spektrum an Möglichkeiten getroffen wird, hängt von zahlreichen Faktoren ab. Von zentraler Bedeutung für ein optimales Ergebnis ist dabei die Einheit aus Gestaltung und Konstruktion im Planungsprozess. Insbesondere im Stahlbau scheinen sich die Grenzen der Machbarkeit immer mehr aufzulösen, sodass man leicht der Versuchung erliegen kann, Formen zu entwerfen, ohne materialgerechte Konstruktionsprinzipen zu berücksichtigen. Die Ergebnisse sind dann oftmals in vielerlei Hinsicht unbefriedigend. Die nachfolgenden Kapitel beschreiben, welche Schritte in der Tragwerksplanung von Stahlbauten nötig sind, um zu angemessenen und ausgewogenen Tragwerkslösungen zu kommen. Zuvorderst gehört hierzu das Verständnis für die unterschiedlichen Projektrandbedingungen und die Belange aller an der Planung Beteiligten. Über seine statischen und strukturmechanischen Kenntnisse hinaus benötigt der Tragwerksplaner aber auch ein umfassendes Wissen über den Werkstoff und eine gewisse Erfahrung im materialgerechten Konstruieren. Stahl als Baustoff zeichnet sich zum einen durch seine herausragenden mechanischen Eigenschaften aus, mit deren Hilfe große Spannweiten und Höhen sowie leichte Tragwerke möglich werden. Darüber hinaus besticht der Werkstoff durch die große Vielzahl an

Möglichkeiten in Bezug auf seine Formgebung und Fügetechnik. Mit diesem Wissen kann der Tragwerksplaner zu Beginn des Planungsprozesses für die spezifischen Randbedingungen und Anforderungen geeignete Tragwerkstypologien festlegen und gegebenenfalls miteinander kombinieren. Im unmittelbaren Anschluss wird bereits die Konstruktionsart festgelegt und dafür das Tragwerk in seine Elemente und Einzelteile zerlegt. Die computergestützte Arbeit ist aus der heutigen Tragwerksplanung nicht mehr wegzudenken und ermöglicht die Bewältigung komplexer Geometrien ebenso wie Vereinfachungen in der Bemessung von Bauteilen oder die Optimierung des Materialverbrauchs. Das Verständnis und die Erfahrung des entwerfenden Ingenieurs im Konstruieren mit dem Werkstoff Stahl können Computer jedoch bis heute nicht ersetzen.

Entwurfsrahmen Die Tragwerksplanung mit Stahl als Baustoff findet innerhalb einer abstrakten Planungsumgebung statt, die durch eine Vielzahl von Randbedingungen begrenzt wird. Einige dieser Randbedingungen, wie etwa die Gesetze der Physik, sind allgemeiner Natur. Andere wiederum sind spezifischer und bilden eine Art äußeren Rahmen für die Tragwerksplanung. Beispielhaft hierfür stehen etwa die Geografie, das Klima, aber auch landestypische Regelungen und der Projektstandort mit seinem direkten Umfeld. Weitere Randbedingungen wiederum sind hochgradig projektspezifisch und werden durch die konkrete Entwurfsaufgabe sowie das architektonische Konzept vorgegeben. Die Vielzahl der unterschiedlichen Randbedingungen kann mithilfe eines vereinfachenden Schemas verdeutlicht werden (Abb. B 1.3). Die Qualität des Planungsprozesses hängt keineswegs nur davon ab, welche der gezeigten Bereiche das endgültige Projekt am stärksten beeinflussen. Vielmehr kommt es ganz wesentlich auch darauf an, wie gut die Kommunikation und Interaktion der einzelnen Bereiche untereinander funktioniert.

Konzipierung von Stahltragwerken

Die Tragwerksplaner müssen innerhalb dieser Planungsumgebung nicht nur das ästhetische Konzept der Architekten verstehen und unterstützen, sondern auch sämtlichen übrigen Erfordernissen Rechnung tragen. Beispielhaft seien hier bauphysikalische Anforderungen an Schall-, Wärme- und Feuchteschutz genannt, aus denen sich Konsequenzen für die Struktur der Gebäudehülle ergeben, oder gebäudetechnische Aspekte, die einen unmittelbaren Einfluss auf die Lage, die Form und die Dimensionen der tragenden Bauteile ausüben können. Alle am Projekt beteiligten Gewerke oder Fachdisziplinen haben somit nicht nur ihren ganz spezifischen Einfluss auf den Projekterfolg im Allgemeinen, sondern können darüber hinaus entscheidende Auswirkungen auf die Art des Tragwerks haben. Architekturprojekt

Der Architekt nimmt im Planungsprozess eine zentrale Rolle ein. Seine Arbeit bildet die Ideen und Wünsche des Auftraggebers ab, aber auch die Anforderungen an sämtliche Fachdisziplinen. Außerdem hat das daraus resultierende Architekturprojekt oftmals ganz verschiedene Signifikanzebenen – in Abhängigkeit etwa vom Gebäudestandort, seiner globalen oder lokalen Bedeutung sowie von funktionalen, ästhetischen und symbolischen Aspekten. Eine Komponente dieses komplexen architektonischen Planungsprozesses ist das Trag-

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b

werk. Seine Eigenschaften üben einen unmittelbaren Einfluss auf die gestalterischen Möglichkeiten des Architekten aus und sind somit im hohen Maß formal mitbestimmend. Kommt der Baustoff Stahl immer dann in die engere Wahl, wenn das architektonische Konzept nach einer hohen Transparenz und Filigranität verlangt, so schätzt ihn der Ingenieur in der Regel auch in weniger exponierten Bauteilen, in denen sich hohe Lasten konzentrieren. Erst im partnerschaftlichen und offenen Dialog zwischen Architekten und Tragwerksplanern erwächst auf beiden Seiten das Verständnis für diese projektspezifischen Besonderheiten und somit die Grundlage für den optimalen Planungserfolg.

einem mehrstufigen Wettbewerbsverfahren mit detaillierten programmatischen Projektanforderungen.

Projektidee und Entwurfsaufgabe Die Projektideen der Eigentümer oder Investoren stehen am Anfang eines jeden Entwurfsprozesses. Bereits in dieser frühen Phase werden eine Vielzahl der im Folgenden beschriebenen Projektrandbedingungen festgelegt. Neben dem jeweils definierten Projektzweck und der gewünschten Nutzungen sind dies beispielsweise der Projektstandort sowie eine erste Festlegung des zur Verfügung stehenden Projektbudgets. Die Beauftragung eines Architekten stellt in den meisten Fällen den nächsten logischen Schritt dar und kann auf ganz unterschiedliche Arten erfolgen – von der Direktbeauftragung mit lediglich vage formulierten Kriterien bis hin zu

B 1.2

Architektonischer Entwurf In stark vereinfachter Form lässt sich ein architektonischer Entwurf zunächst als das Schaffen von Räumen interpretieren. Diese Räume bestehen im Wesentlichen aus horizontal und / oder vertikal angeordneten Funktionsflächen, die durch eine Gebäudehülle vor der Umwelt geschützt werden und eingebettet sind in die vorliegende Bebauungs- und Erschließungssituation. Selbstverständlich spielt hierbei zudem eine Vielzahl von Einflussfaktoren eine Rolle, die jeder Architekt individuell in seine Planung einbezieht, sodass für ein Projekt völlig unterschiedliche Entwürfe entstehen können. Es ist deshalb auch eine wichtige Aufgabe des Tragwerksplaners, das Konzept und die Architektur des jeweiligen Entwurfs zu antizipieren und mit dem Tragwerksentwurf zu stärken und zu unterstützen. Insbesondere der Baustoff Stahl ist aufgrund seiner flexiblen Formen und Fügetechniken geradezu prädestiniert für die Erarbeitung individueller Lösungen (Abb. B 1.2 und B 1.4). Zu dieser Interaktion gehört immer auch die Zusammenarbeit mit den anderen Fachplanungen wie etwa für die Haustechnik, gegebenenfalls die Gebäudehülle, den Innenausbau, die Lichtplanung und die Bauphysik. Erst wenn

Architekturprojekt

Strukturmechanik

Stahlprodukte Planung im Stahlbau

Montage

Logistik

B 1.3

B 1.4

23

Konzipierung von Stahltragwerken

tatsächlich all diese Disziplinen am Entwurfsprozess beteiligt sind, wird ein zufriedenstellendes Endergebnis erzielt werden. Physik

Die physikalischen Gesetze von der Statik des starren Körpers über die Kinematik bis hin zur Dynamik und zur Elastizität fester Körper sind unumstößliche Randbedingungen eines jeden Projekts. Die Kunst des Ingenieurs liegt jedoch nicht in der bloßen Kenntnis dieser Gesetzmäßigkeiten, sondern in Ihrer kreativen und innovativen Anwendung. Strukturmechanik Die Strukturmechanik zählt zum festen Handwerkszeug des Tragwerksplaners. Sie befasst sich mit der Berechnung von Verformungen, Kräften sowie von inneren Spannungen in Festkörpern. Allerdings wird sie nicht selten auf die reine Theorie und ihre Anwendung reduziert, ohne das innerhalb von vielen Jahrhunderten akkumulierte Wissen von Baumeistern und Bauingenieuren sowie deren gesammelte Erfahrungen in die Betrachtungen einzubeziehen. Die reine Kenntnis der analytischen Gesetzmäßigkeiten ohne diese spezifischen Erfahrungen – beispielsweise in Hinsicht auf Materialwahl, Konstruktionsdetails und Bauweisen – ist für die Arbeit des entwerfenden Ingenieurs allerdings nutzlos. Erst die Anwendung strukturmechanischer Prinzipien im Rahmen dieses Erfahrungskontexts führt den Ingenieur zu immer wieder neuen und innovativen Tragwerken. Material Was macht den Baustoff Stahl für die am Entwurf beteiligten Planer so interessant? Hervorzuheben sind zunächst seine außergewöhnlichen mechanischen Eigenschaften. Im Vergleich zu vielen anderen Werkstoffen zeichnen ihn insbesondere seine hohe Festigkeit, Steifigkeit und Zähigkeit aus. Diese ermöglichen schlanke Querschnitte und filigrane Bauteile selbst bei höchsten Beanspruchungen (siehe Stahl – Herstellung und Produkte, S. 66ff.). Darüber hinaus erlauben die heute zur Verfügung stehenden Herstellungsverfahren die Einstellung spezifischer, für den jeweiligen Verwendungszweck benötigter Eigenschaften des Stahlprodukts. Neben der Festigkeit sind für Tragwerksplaner nicht zuletzt folgende von Interesse: • Schweißbarkeit bei tragenden Schweißverbindungen • Ermüdungsfestigkeit bei Dauerschwingbeanspruchungen • chemische und Temperaturbeständigkeit bei extremen Umgebungsbedingungen Bereits die Auswahl des am besten geeigneten Stahlprodukts verlangt also die Kenntnis der im Stahlbau zur Verfügung stehenden Produkte. Hierbei kann der Planer auf Klassifizierungen zurückgreifen, die die Stähle nach unterschied-

24

lichen Kriterien kategorisieren. Beispielhaft seien hier die folgenden Unterscheidungskriterien genannt: • chemische Zusammensetzung (unlegierte und legierte Stähle) • Herstellungs- und Formgebungsverfahren (Erschmelzungsverfahren, Gießverfahren, Kalt- oder Warmverformung sowie Nachbehandlungs- und Vergütungsverfahren) • Gebrauchsanforderungen • vielfältige Formen und Abmessungen (Profilerzeugnisse, Flacherzeugnisse, kaltprofilierte Erzeugnisse etc.) Die Implikationen, die die unterschiedlichen Stahlerzeugnisse mit sich bringen, sind vom Tragwerksplaner bereits bei der Auswahl im Planungsprozess zu berücksichtigen. Folgende Beispiele sollen dies verdeutlichen: • Ein hochfester Feinkornbaustahl eignet sich nur bedingt für den Einsatz in ermüdungsbeanspruchten Schweißkonstruktionen, wenn die Schweißanschlüsse nicht spezielle Nachbehandlungen erfahren. • Walzprodukte verlieren durch den Walzprozess die Isotropie des Materials, sodass ihr Einsatz in Schweißkonstruktionen grundsätzlich äußerste Sensibilität in der Planung erfordert. • Standardisierte Profilerzeugnisse wirken sich direkt auf das Erscheinungsbild des Tragwerks aus und können erhebliche Einschränkungen für den Entwurf mit sich bringen. Zeigen diese Beispiele, dass bereits die mechanischen Eigenschaften des Baustoffs Stahl dem entwerfenden Ingenieur eine vertiefte Fachkenntnis abverlangen, so liegt die eigentliche Herausforderung jedoch in der Formgebung und in den Fügetechniken, die für dieses Material zur Verfügung stehen und nur mit entsprechender Erfahrung zu optimalen Tragwerken führen. Den guten mechanischen Eigenschaften und der Vielzahl der Formen von Stahl stehen Eigenschaften gegenüber, die mitunter einschneidende Konsequenzen für die Konstruktion mit sich bringen können und aus diesem Grund bereits in den Tragwerksentwurf einzubeziehen sind. So müssen bei Außenbauteilen in der Regel Maßnahmen zum Korrosionsschutz ergriffen werden, da sich normaler Baustahl äußerst empfindlich gegenüber korrosiven Medien verhält. Heute zum Einsatz kommende Überzugs- und Beschichtungssysteme beeinflussen jedoch das äußere Erscheinungsbild der Konstruktion und müssen darüber hinaus regelmäßig gewartet und gegebenenfalls auch erneuert werden. Verzinkungsverfahren können Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften des verzinkten Bauteils haben. Des Weiteren reagiert Stahl mit einem Festigkeitsabfall auf hohe Temperaturen, sodass sein Einsatz in Bereichen mit Brandschutzanforderungen weitere Maßnahmen erfordert, die sich mitunter erheblich auf den Gebäudeentwurf auswirken.

Die unterschiedlichen Möglichkeiten des baulichen Brandschutzes müssen bereits in der frühen Entwurfsphase gemeinsam mit den Architekten und den übrigen Planungsbeteiligten abgestimmt werden. Schließlich kann es einen ganz beträchtlichen Einfluss auf Kosten, Ästhetik und die übrigen Gewerke haben, ob dämmschichtbildende Anstriche, Brandschutzummantelungen oder Verbundkonstruktionen durch die Kombination mit Stahlbeton zum Einsatz kommen sollen. Eine weitere charakteristische Eigenschaft des Baustoffs Stahl kann insbesondere bei Konstruktionen in der Gebäudehülle unangenehme Folgewirkungen haben: seine hohe Wärmeleitfähigkeit. Diese führt bei Bauteilen, die die Außenhaut aus konstruktiven Gründen durchdringen müssen, möglicherweise zur Ausbildung von Kältebrücken und somit zu Energieverlusten und der Gefahr von Kondenswasserbildung. Einwirkungen

Einwirkungen sind die Ursache für Beanspruchungen des Tragwerks. Oftmals werden Einwirkungen mit äußeren Lasten gleichgesetzt, wie z. B. Eigengewicht, Nutzlasten, Schnee und Wind. Zu ihnen gehören aber auch Temperatur- und Zwangsbeanspruchungen sowie Auflagerverschiebungen. Es ist die Aufgabe der Tragwerksplanung, alle für das jeweilige Projekt möglichen Einwirkungen bereits in einer sehr frühen Planungsphase zu erkennen und zu berücksichtigen und mögliche Tragwerksvarianten auf ihre diesbezügliche Eignung zu untersuchen. Da das zeitliche Auftreten sowie die Intensität der Einwirkungen nicht immer genau prognostizierbar sind, werden in der Regel Lastmodelle angewendet, die auf der präzisen statistischen Auswertung und Aufbereitung historischer Daten und Untersuchungen beruhen. Die Wahrscheinlichkeit des gleichzeitigen Auftretens mehrerer verschiedener Einwirkungen auf eine Struktur wird mittels Lastkombinationen abgeschätzt, die wiederum auf stochastischen Methoden basieren. An dieser Stelle greift der Tragwerksplaner üblicherweise auf Normen sowie lokale Vorschriften und Regelungen zurück. Die aus den Einwirkungen resultierenden Beanspruchungen werden den Beanspruchbarkeiten gegenübergestellt. Diese lassen sich bei Bauteilen als Kraftgrößen (Normalund Schubkräfte, Momente), in Bezug auf den Werkstoff Stahl als Spannungsgrößen (Streckgrenze, Zugfestigkeit) oder als Verzerrungsgrößen (Fließdehnung) beschreiben. Eigengewicht Das Eigengewicht jeder Stahlkonstruktion ergibt sich aus der Schwerkraft des verbauten Materials. Stahl wiegt ca. 7,85 t/m3 und ist damit rund dreimal so schwer wie Stahlbeton. In der Regel stellt die Bestimmung des Konstruktionseigengewichts für den Tragwerks-

Konzipierung von Stahltragwerken

planer – insbesondere beim Einsatz von Softwareprogrammen in der statischen Berechnung – kein Problem dar. Trotzdem lohnt sich ein genauerer Blick auf automatisch erstellte Gewichtsermittlungen. Zum einen erfassen Stabwerksberechnungen nicht die zusätzlichen Gewichte, die sich in Knotenkonstruktionen beispielsweise durch zusätzliche Blechverstärkungen und -versteifungen, Gussteile sowie deren Verbindungsmittel ergeben können. Zum anderen berücksichtigen diese Programme das Eigengewicht von Profilen jeweils über die vollständige Länge der Stabachse. Die tatsächlich eingesetzten Profile sind jedoch eventuell kürzer, wie etwa beim gelenkigen Trägeranschluss. Oftmals heben sich die beiden Effekte auf. Bei komplizierten Knotenkonstruktionen ist es jedoch ratsam, das Eigengewicht der Konstruktion mit einem prozentualen Zuschlag in den Berechnungen zu berücksichtigen. Projektspezifische Einwirkungen Sämtliche Einwirkungen mit Ausnahme der Schwerkraft sind projektspezifisch und müssen somit vom Tragwerksplaner für jedes Projekt neu ermittelt und zusammengestellt werden. Die nachfolgende Auflistung soll lediglich einen kurzen Überblick über die verschiedenen Arten von Einwirkungen geben. Nutzlasten Unter Nutzlasten versteht man die veränderlichen oder beweglichen Gewichtskräfte, die auf ein Bauwerk einwirken. Zu ihnen gehören somit sämtliche Menschen- und Einrichtungslasten sowie Lasten aus technischen Einbauten, Maschinen, Lagerstoffen oder Fahrzeugen. Ihre Höhe wird für die unterschiedlichen allgemeinen Nutzungskategorien durch Normen festgelegt. Trotzdem zählt es zu den Aufgaben des Tragwerksplaners, eventuelle Abweichungen und auch Sonderlasten für das jeweilige Projekt abzuklären und in der weiteren Planung entsprechend zu berücksichtigen. Verkehrslasten Als Verkehrslasten werden zeitlich und /oder örtlich veränderliche Beanspruchungen bezeichnet. Dies können Lasten aus Fahrzeugen und Personenverkehr, aber auch aus Maschinen sein. Treten die Lasten in bestimmten zeitlichen Abfolgen oder Frequenzen auf, muss der Tragwerksentwurf gewährleisten, dass es zu keinen die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit beeinträchtigenden Schwingungen des Tragwerks kommt. Insbesondere Stahlbauten sind aufgrund ihres relativ geringen Gewichts und ihrer geringen Eigendämpfung als schwingungsempfindlich einzustufen. Ein klassisches Beispiel für Schwingungsprobleme im Stahlhochbau sind Deckenträger in Verbundbauweise. Weisen diese Träger für sich betrachtet auch eine geringe Eigenfrequenz auf, ist bei Anregung durch Personenverkehr auf jeden Fall eine detaillierte

Untersuchung des Schwingungsverhaltens erforderlich. Eine solche Analyse muss darüber Aufschluss geben, inwiefern mögliche Schwingungen eine Einschränkung des Nutzerkomforts mit sich bringen, die gegebenenfalls eine Optimierung der Massen- und Steifigkeitsverteilung des Trägers erfordert. Während solche Komforteinschränkungen bei Decken als reines Gebrauchstauglichkeitsproblem angesehen werden, können Schwingungen hochfrequent beanspruchter Tragwerke (z. B. Brücken unter Verkehrseinwirkungen oder Antennen bei Windeinwirkung) auch zu Ermüdungserscheinungen und damit in der Folge zu Tragsicherheitsproblemen führen. Dies gilt im besonderen Maß für geschweißte Konstruktionen. Wind Bei Windlasten handelt es sich um klimatisch bedingte und sich permanent verändernde Einwirkungen, wobei die Windintensität einen stochastischen Charakter hat. Einerseits unterliegt sie sehr ausgeprägten zeitlichen und räumlichen Schwankungen, andererseits gilt Wind als turbulente Strömung (Abb. B 1.6). Aspekte wie diese werden durch quasistatische Ersatzlasten in zahlreichen Normenwerken und Vorschriften erfasst. Die Höhe dieser Lasten ist in der Regel abhängig vom lokalen Windklima des Projektstandorts und von der Geländetopografie, in der sich das Baugrundstück befindet. Weitere Einflussfaktoren sind die Gebäudehöhe und die Gebäudegeometrie (Abb. B 1.5). Darüber hinaus müssen aber auch die WindBauwerk-Interaktionen Berücksichtigung finden: Wenn die Erregerfrequenz des Winds und die Eigenfrequenz des Gebäudes in einem ähnlichen Bereich liegen, kann durch die turbulenten Veränderungen der Windgeschwindigkeiten eine Schwingungsanregung des Gebäudes provoziert werden. Diese sogenannten Böenreaktionen lassen sich durch entsprechende Beiwerte in der quasistatischen Windlast berücksichtigen. Für schlanke Gebäude sind Windlasten in vielen Fällen die für die Bemessung horizontal aussteifender Bauteile ausschlaggebenden Einwirkungen. Für gewisse Gebäude empfiehlt sich deren Ermittlung daher in einer Windkanaluntersuchung, um bezüglich der insgesamt anzusetzenden Windlasten auf der sicheren Seite zu sein und gleichzeitig auch lokal auftretende Spitzenwerte richtig einschätzen zu können. Insbesondere für Gebäude mit einer Gesamthöhe von mehr als 80 m (bzw. von mehr als 40 m innerhalb von Starksturmgebieten) sowie bei Bauwerken mit besonders unregelmäßigen Außenformen sind Windkanalversuche empfehlenswert. In diesen Fällen ist das Planungsteam gut beraten, im Planungsprozess möglichst frühzeitig auf die Notwendigkeit dieser Untersuchungen hinzuweisen, um unliebsame Überraschungen im weiteren Projektverlauf zu vermeiden.

B 1.5 B 1.6

Stromfäden bei der Umströmung einer Gebäudegruppe Windstärkenskala nach Beaufort

120 80 40 0 120

0

120

240 B 1.5

Windstärke

Geschwindigkeit m/s

Auswirkungen

0

Windstille bis 0,2

1

0,3 bis 1,5

nur am Rauch erkennbar

2

1,6 bis 3,3

Blätter bewegen sich

3

3,4 bis 5,4

dünne Zweige bewegen sich

4

5,5 bis 7,9

dünne Äste bewegen sich

5

8,0 bis 10,7

kleine Bäume bewegen sich, Staub

6

10,8 bis 13,8

Pfeifen an Drähten

7

13,9 bis 17,1

Hemmung beim Gehen

8

17,2 bis 20,7

Zweige brechen, stürmisch

9

20,8 bis 24,4

kleine Schäden an Dächern

10

24,5 bis 28,4

entwurzelte Bäume, mittlere Schäden

11

28,5 bis 32,6

schwere Sturmschäden

12

32,7 bis 36,9

an Land äußerst selten, schwerste Schäden

13 14 15 16 17

37,0 bis 41,0 41,1 bis 46,0 46,1 bis 50,9 51,0 bis 56,0 über 56,0

nur auf dem Meer und an den Küsten, zerstört Städte



B 1.6

25

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.7

Schnee Auch Schneelasten gehören zu den klimatisch bedingten veränderlichen Einwirkungen, deren Größe vom lokalen Klima am Projektstandort, aber auch von der Höhe des Grundstücks über dem Meeresspiegel abhängt (Abb. B 1.8 und B 1.9). Und auch hier liefern die jeweiligen Normen Rechenwerte für die Regelschneelasten sowie vereinfachte Regeln, wie mit unterschiedlichen Dachneigungen und -geometrien umzugehen ist. So darf die Schneelast für Dächer ab einer gewissen Neigung abgemindert werden, während bei Dachgeometrien, die eine Schneeansammlung grundsätzlich eher begünstigen, gegebenenfalls ein Vielfaches der Regelschneelast angesetzt werden muss. Trotzdem ist vor allem bei großen oder unregelmäßig geformten Dachflächen die besondere Aufmerksamkeit des Tragwerksplaners gefordert (Abb. B 1.7). Eine genauere Betrachtung als in den meisten Normen vorgesehen, bedürfen sehr gering geneigte Dächer. Für diese ist nachzuweisen, dass Tauwasser auch noch unter der vollen Schneelast (und den damit verbundenen

Durchbiegungen) problemfrei abfließen kann und somit eine Wassersackbildung auszuschließen ist. Weiterhin sind bei starken Dachneigungen eventuell konstruktive Maßnahmen erforderlich, die das ungehinderte Abrutschen großer Schneemengen über die Dachkante hinaus verhindern. Erdbeben Erdbeben äußern sich durch zeitlich begrenzte Bewegungen des Baugrunds und sind in ihrer Intensität von der Erdbebenzone des Projektstandorts abhängig. Hohe Erdbebenlasten durch große Bodenbeschleunigungen können Horizontalbeanspruchungen des Gebäudes bewirken, die die Windlasten übersteigen und somit bemessungsrelevant sind. Dies gilt insbesondere für unsymmetrische Gebäudegrundrisse mit stark unterschiedlichen Seitenlängen. In Erdbebengebieten haben Tragwerksentwürfe gewisse Grundprinzipen zu befolgen. So muss gewährleistet sein, dass der Massenschwerpunkt des Gebäudes nicht zu weit vom

Schubmittelpunkt der horizontal aussteifenden Bauteile (Steifigkeitszentrum) abweicht. Außerdem ist schon beim Entwurf auf annähernd symmetrisch angeordnete Aussteifungselemente und eine regelmäßige Grundrissgeometrie zu achten. Die Grundrissgeometrien der einzelnen Geschosse sollten dabei nicht zu stark voneinander abweichen und Steifigkeitssprünge der Tragstruktur über die Gebäudehöhe verhindert werden. Insbesondere ist ein möglichst kontinuierlicher vertikaler Lastabtrag zu gewährleisten. Abfangungen etwa über großen Foyerbereichen im Erdgeschoss sollte man vermeiden. Prinzipiell bietet die Planung von Stahlbauten in Erdbebengebieten aber auch gewisse Spielräume. So kann die Duktilität des Werkstoffs (also seine hohe Verformbarkeit) dazu genutzt werden, im Erdbebenfall plastische Zonen im Tragwerk auszubilden, in denen ein Teil der Erdbebenenergie dissipiert werden kann. In solchen plastischen Zonen ergeben sich dann große Verformungen des Tragwerks, die bei einer ordnungsgemäßen Auslegung zwar nicht zum Verlust der Tragfähigkeit führen, aber

Regelschneelast s0 [kN/m2] 1) Schneelastzone nach B 1.8

Geländehöhe 2) des Bauwerkorts über NN [m]

≤ 200

300

400

500

600

700

800

900

1000

I

0,75

0,75

0,75

0,75

0,85

1,05

1,25

II

0,75

0,75

0,75

0,90

1,15

1,50

1,85

2,30

III

0,75

0,75

1,00

1,25

1,60

2,00

2,55

3,10

3,80

IV

1,00

1,15

1,55

2,10

2,60

3,25

3,90

4,65

5,50

> 1000 3)

1)

Für Bauwerkstandorte auf der Grenzlinie zweier Schneelastzonen darf als s0 das arithmetische Mittel aus den beiden Schneelastzonen angenommen werden. Wird dieser Mittelwert nicht gebildet, so ist der höhere s0-Wert anzusetzen. In Berlin beträgt die Regelschneelast s0 = 0,75 kN/m2. 2) Für Geländehöhen, die zwischen den angegebenen Geländehöhen liegen, darf der s0-Wert geradlinig interpoliert werden. Wird nicht interpoliert, so ist der s0-Wert der nächsthöheren Geländehöhe anzusetzen. 3) Wird im Einzelfall festgelegt durch die zuständige Baubehörde im Einvernehmen mit dem Zentralamt des Deutschen Wetterdienstes in Offenbach.

B 1.8

26

B 1.9

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.7

Berücksichtigung hoher Schneelastansammlungen, Bergstation Nordkettenbahn, Innsbruck (A) 2007, Zaha Hadid B 1.8 Schneelastzonen, Einteilung für Deutschland B 1.9 Regelschneelasten B 1.10 Berücksichtigung der Auswirkungen von Sandstürmen und extremen Temperaturbeanspruchungen, King Fahad National Library, Riad (KSA) 2012, Gerber Architekten B 1.10

Schädigungen in den Ausbaugewerken wie beispielsweise bei Wandbekleidungen und bei leichten Trennwänden nach sich ziehen. Diese Maßnahmen sind hinsichtlich ihrer Folgen bereits früh im Planungsprozess abzuwägen und mit allen Planungsbeteiligten zu besprechen. Temperaturänderungen Die meisten Temperaturänderungen in Bauteilen lassen sich auf folgende Ursachen zurückführen: • klimatisch bedingte Temperaturschwankungen zwischen Sommer und Winter oder zwischen Tag und Nacht. Schwankungen wie diese sind insbesondere für außen liegende und zudem ungedämmte Bauteile zu berücksichtigen. • Unterschiede der Temperatur von Innenbauteilen, hervorgerufen durch Heizen und Kühlen • Erwärmung bzw. Abkühlung durch Sonneneinstrahlung oder Verschattung. Auch hier sind hauptsächlich Außenbauteile oder Tragglieder von transparenten Fassaden betroffen, die einen gewissen Eintrag solarer Strahlungsenergie zulassen. • Temperaturunterschiede, die sich aus dem Bauablauf ergeben. Wird beispielsweise ein Stahlskelettbau, dessen Haupttragelemente im Endzustand thermisch innen liegen, im Winter errichtet, so ist die entstehende Temperaturdifferenz zumindest in der Ausführungs- und Montageplanung zu berücksichtigen. Stahl verfügt über einen Temperaturausdehnungskoeffizient von 1,2 ≈ 10-5. Das bedeutet, dass sich ein Stahlbauteil bezogen auf 10 m Länge und 10 K Erwärmung um bis zu 1,2 mm ausdehnen kann. Das einfache Beispiel eines 100 m langen Hallentragwerks, auf dessen Dach außenliegend umlaufende Stahltraversen für Installationsleitungen angeordnet sind, soll dazu dienen, sich die potenziell möglichen, zum Teil erheblichen Längenänderungen von Stahlbauteilen bewusst zu machen. Geht man von einer winterlichen Tiefsttemperatur von -15 °C und einer sommerlichen Höchsttemperatur unter voller

Sonneneinstrahlung von +50 °C aus, dann ergibt sich daraus eine Temperaturdifferenz von 65 K. Das heißt, dass eine maximale Längendifferenz der Traverse von bis zu 78 mm auftreten kann. Entscheidend für den Tragwerksentwurf ist die Festlegung der Strategie, mit diesen Längenänderungen umzugehen. Entweder gewährleistet man durch eine bestimmte Konstruktionsart, dass sich die Längenänderung frei einstellt – was prinzipiell immer anzustreben ist. Ist dies aufgrund weiterer Randbedingungen nicht möglich, können diese Temperaturbeanspruchungen im betreffenden Bauteil sowie bei sämtlichen Anschlüssen und Auflagern zu bemessungsrelevanten Zwängungen führen, die planerisch entsprechend zu berücksichtigen sind. Bei großen Strukturen sind Temperaturunterschiede zwischen verschiedenen Tragwerksteilen kaum zu vermeiden. Als klassisches Beispiel sei die im Tagesverlauf zeitversetzte Sonneneinstrahlung auf unterschiedliche Gebäudeseiten aufgeführt. Sobald sich beispielsweise die südliche Gebäudeseite unter der Einwirkung der Sonne erwärmt, während die Westseite noch im eher kühlen Schatten liegt, muss – zumindest im Eckbereich des Fassadensystems – auf die unterschiedlichen Längenausdehnungen reagiert werden. Prinzipiell liegt eine simple konstruktive Lösung zunächst immer im Interesse der Planer. Bei zu großen Differenzen können aber auch andere Strategien zum Erfolg führen, wie etwa die künstliche Kühlung von Tragelementen bei zu starker Erwärmung.

gleichförmig über die gesamte Grundfläche verlaufen und ein zuvor gemeinsam mit dem Geotechniker festzulegendes Maximalmaß nicht überschreiten. Sind ungleichmäßige Setzungen aufgrund eines heterogenen Schichtenaufbaus des Bodens oder einer asymmetrischen Verteilung der Gründungslasten nicht zu verhindern, muss die Konstruktion auf die Differenzsetzungen entsprechend reagieren. In der Regel erfolgt dies über die Ausbildung eines steifen Kellerkastens. Im Tragwerksentwurf werden häufig jene Differenzverformungen unterschätzt, die sich in unterschiedlichen Tragwerksteilen aufgrund von Steifigkeitsunterschieden einstellen können. Beispielhaft sei hier der Fall einer Dachkonstruktion in Stahlbauweise erwähnt, die auf verschiedenen vertikalen Bauteilen aufgelagert wird. Während man im Rahmen der Vordimensionierung des Stahldachs noch von starren Auflagern ausgeht, sollten die wahre Steifigkeit der daran angrenzenden Bauteile sowie ihre Verformungen in der weiteren Planung so bald wie möglich Berücksichtigung finden, um die daraus resultierenden Zwangsbeanspruchungen in der Stahlkonstruktion richtig abzuschätzen. Liegt die eine Seite des Dachs auf einer Stahlbetonwand auf, der gegenüberliegende Rand jedoch auf verschieblichen Stahlstützen, können sich in Abhängigkeit des Lastfalls erhebliche vertikale und horizontale Verschiebungsdifferenzen ergeben, auf die dann gegebenenfalls in den Anschlussdetails reagiert werden muss. Standort

Auflagerverschiebungen Im Stahlbau können sich durch die Verformung angrenzender Bauteile, aber auch aufgrund von Gründungssetzungen Auflagerverschiebungen ergeben. Gründungssetzungen sind für den Tragwerksplaner – unter der Voraussetzung eines korrekten Bodengutachtens – durchaus beherrschbar und müssen sorgfältig geplant werden. Sie resultieren aus Verformungen des Baugrunds unter mechanischer Beanspruchung oder unter Änderungen des Feuchtegehalts des Bodens. Prinzipiell sind sie immer dann als unkritisch anzusehen, wenn sie

Der Standort bringt für jedes Tragwerkskonzept ganz unmittelbare Konsequenzen mit sich. Eine Vielzahl der regionalen und lokalen Implikationen für Projekte sind bereits im Abschnitt »Einwirkungen« (S. 24ff.) behandelt worden. Demnach unterscheiden sich die bemessungsrelevanten Lastkombinationen für eine weit spannende Dachkonstruktion in einer heißen Wüstenregion (Abb. B 1.10) sicherlich erheblich von denen eines Dachs in einer exponierten Höhenlage der Alpen (Abb. B 1.7). Muss erstere die extremen Temperaturunterschiede zwischen innen und außen sowie Tag und

27

Konzipierung von Stahltragwerken

Nacht kompensieren und aus diesem Grund gegebenenfalls auf deutlich wahrnehmbare horizontale Verformungen reagieren, wird letzteres eher auf die Lastabtragung sehr hoher Regelschneelasten ausgelegt werden. Nach demselben Prinzip erfährt ein Gebäude in einem dicht bebauten Innenstadtbereich im Landesinneren eine wesentlich geringere Windbeanspruchung als das gleiche Gebäude in einer flachen Küstenregion. Örtliche Bauweisen und Fertigungsmöglichkeiten Der Standort bringt aber noch zahlreiche weitere Anforderungen mit sich, die bereits in der frühen Konzeptphase des Tragwerksentwurfs Berücksichtigung finden müssen – beispielsweise die für die am Projektstandort geltenden Normen und Vorschriften, die der Tragwerksplaner für die Dimensionierung zu beachten hat. Darüber hinaus gilt es, landestypische Bauweisen und spezifische Konstruktionsarten ausfindig zu machen. Dies kann durchaus zur Folge haben, dass einige für die betreffende Region eher untypische Konstruktionen auszuschließen sind. Ein berühmtes Beispiel für eine solche Vorgehensweise ist die Hooghly-Brücke in Kalkutta in Indien (Abb. B 1.11), die bei ihrer Fertigstellung im Jahr 1992 mit 457 m Spannweite die längste Schrägseilbrücke Asiens war. Die Tragwerksplaner des Stuttgarter Büros Schlaich Bergermann und Partner ließen sich in dem mehr als 20 Jahre andauernden Entstehungsprozess auf die Herausforderung ein, das Brückenprojekt ausschließlich durch örtliche Baufirmen mit einheimischen Arbeitskräften und unter Verwendung lokaler Werkstoffe und Bauweisen zu verwirklichen. Da zu dieser Zeit in Indien kein schweißbarer Stahl zur Verfügung stand und die damals übliche orthotrope Platte (also eine mit Längsund Querrippen versteifte Platte aus Stahlblech) somit für den Fahrbahnträger nicht infrage kam, wurde ein Stahlträgerrost mit einer Stahlbetonplatte im Verbund entwickelt. Diese Konstruktionsmethode ermöglichte die abschnittsweise Montage des Fahrbahnträgers im Freivorbau mit genieteten Baustellenstößen – einer Technik, die damals in der westlichen Welt bereits als überaltert galt. Dieselbe Tech-

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28

nik kam auch für die Stahlpylone zur Anwendung, deren einzelne Bleche mit Millionen von Nieten zusammengefügt wurden. Speziell entwickelte, vor Ort umsetzbare Lösungen kamen auch für die Schrägseile und ihre Verankerungen zum Einsatz. Grundsätzlich sind im weiteren Verlauf des Planungsprozesses für Stahlkonstruktionen die regionalen Verfügbarkeiten von Stahlprodukten abzuklären. Das betrifft die jeweils üblichen Stahl-Festigkeitsklassen oder die nationalen Kataloge für Normprofile und Verbindungsmittel ebenso wie die vor Ort tatsächlich erhältlichen Blechdicken für Schweißprofile. Darüberhinaus ist bereits im Vorfeld zu überprüfen, ob die für spezielle Anwendungen benötigten Bauteile wie z. B. bestimmte Arten von Seilen und Zugstangen verfügbar sind. Räumliche Bedingungen vor Ort Möglichst frühzeitig im Tragwerksentwurf sollte auch die Konstruktionsweise auf die Bedingungen vor Ort abgestimmt werden. So sind hier vor allem die räumlichen Gegebenheiten auf der Baustelle selbst zu berücksichtigen. Erlauben das Grundstück, seine Nachbarbebauung und die zur Verfügung stehenden Zufahrtswege die Vorfertigung und Anlieferung ganzer Tragwerksteile wie beispielsweise große räumliche Fachwerkbinder? Eine Vormontage solcher Bauteile im Werk der Stahlbaufirma ist in aller Regel kostengünstiger als auf der Baustelle. Aus diesem Grund sollte die Größe der vorzufertigenden Elemente so ausgelegt sein, dass sie logistisch gerade noch bewältigt werden können. Im Innenstadtbereich mit oftmals sehr eng stehenden Gebäuden und engen Straßen fällt eine solche Konstruktionsweise eventuell aus. Stattdessen führt hier eine kleinteiligere Konstruktion wahrscheinlich eher zu einem effizienten Bauprozess. Dieselben Überlegungen gelten für die Transportwege vom Betrieb der Stahlvorfertigung zur Baustelle. Insbesondere für die Anlieferung auf Baustellen im unwegsamen Hinterland können sich Engpässe ergeben, die die Vorfertigung größerer Bauteile unmöglich machen (Brückenunterquerungen, Kurvenradien und Steigungen im Gebirge etc.).

b

Die Herausforderung für den Tragwerksplaner besteht in solchen Fällen darin, ein großes Tragwerk in zahlreiche kleinere Elemente aufzuteilen, die dann mit relativ überschaubarem Aufwand gefertigt, geliefert und auch montiert werden können, ohne dass die Tragsicherheit und die Gebrauchstauglichkeit der Konstruktion hiervon negativ beeinträchtigt werden. Besonderes Augenmerk muss hierbei den Verbindungen der Elemente untereinander sowie den hierfür vorzusehenden Toleranzen gewidmet werden. Weitere potenzielle Einschränkungen für die Vorfertigung ergeben sich aus den zur Verfügung stehenden Kapazitäten des stahlverarbeitenden Betriebs (werksinterne Transportmöglichkeiten, Aufladen auf Transportmittel), der Transportart (Lastwagen und Schwerlasttransporte, Güterbahnverkehr, Schiff oder Flugzeug) sowie den tatsächlich auf der Baustelle vorhandenen Hebezeugen. Sonstige Projektrandbedingungen

Die Konstruktionsweise eines Stahltragwerks hängt grundsätzlich mit dem zur Verfügung stehenden Kostenrahmen und mit der beabsichtigten Lebensdauer des Gebäudes zusammen. Bei temporären Konstruktionen wie etwa Messebauten oder Ausstellungspavillons wird naturgemäß stärker auf eine relativ unkomplizierte Demontage geachtet, die im Idealfall eine unmittelbare Weiterverwendung der Elemente der Stahlstruktur erlaubt. Gleichzeitig sind solche Bauwerke aber auch möglichst kosteneffizient herzustellen, sodass in der Regel auf die Anfertigung von Sonderelementen wie beispielsweise Gussbauteilen verzichtet wird. Die Anwendung solcher Konstruktionsarten auch für dauerhafte Tragwerke mit einer beabsichtigten Nutzungsdauer von bis zu 50 Jahren ist vor dem aktuellen Hintergrund der Ressourcen- und Energieeinsparungen sicherlich einen Gedanken wert. Dies gilt im ganz besonderen Maß für den Bereich des industriellen Bauens, bei dem eine höhere Standardisierung von Konstruktionselementen ohnehin einen wesentlich größeren Stellenwert im Entwurfsprozess einnimmt. Daniel Pfanner

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B 1.11

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.12

Entwurfsprozess Stahltragwerke lassen sich erst im jeweiligen historischen, kulturellen und lokalen Kontext richtig lesen und verstehen. Neben dem Architekten haben das Umfeld und der soziokulturelle Hintergrund des Ingenieurs dabei einen entscheidenden Einfluss auf das Werk. Wissen und Kreativität im Tragwerksentwurf

Ein häufiges Missverständnis ist die Vorstellung, dass es sich bei der Tragwerksplanung um eine geschlossene Aufgabenstellung handelt, die daraus besteht, ein statisches System für klar definierte Bau(werks-)teile festzulegen und den hierfür vorgesehenen statischen Nachweis zu führen. Meist ist aber weder das Bauteil als solches klar definiert, noch existiert ein alternativloses statisches System, noch ist die Art des statischen Nachweises eindeutig. Vielmehr sind all diese Festlegungen im Kontext der im Kapitel »Entwurfsrahmen« (S. 22ff.) beschriebenen Randbedingungen und Planungsbeteiligten, des technischen und kulturellen Hintergrunds sowie der Erfahrung des entwerfenden Ingenieurs zu treffen. Kreativität in der Anwendung des theoretischen Wissens des Tragwerksplaners entsteht immer erst durch die Synthese aus rationaler Analyse und erfahrungsgesteuerter Intuition. Historische Entwicklung der Tragwerksplanung Bis ins 12. Jahrhundert nutzten die Baumeis-

B 1.11

B 1.12 B 1.13

ter vor allem Entwurfsprinzipien, die sich auf qualitative Aspekte wie Geometrie und Proportion konzentrierten. Erst mit der Gotik entwickelte sich die Effizienz als ein zusätzliches Entwurfskriterium, die es ermöglichte, mit immer weniger Material immer größere Räume zu überspannen. Voraussetzung hierfür war ein sehr ausgeprägtes Verständnis für Lastpfade und Steifigkeiten, was sich unter anderem in der Auflösung der Gewölbe in Rippenstrukturen und der Entwicklung der Strebepfeiler zur Aufnahme des Gewölbeschubs erkennen lässt. Geometrische Verfahren zur Bestimmung des Verhältnisses zwischen Stichhöhe und Spannweite von Spitzbögen erlaubten erstmals eine vereinheitlichte Dimensionierung ihrer Tragelemente. Solche geometrischen Verfahren wurden in den folgenden Jahrhunderten weiterentwickelt, konnten allerdings den Makel der fehlenden Allgemeingültigkeit nie ablegen. Die zeitgleiche Strömung des Rationalismus ab dem 16. bis ins 18. Jahrhundert und ihre Protagonisten wie z. B. Isaac Newton, Galileo Galilei und Gottfried Wilhelm Leibniz legten zwar die Fundamente der Ingenieurwissenschaften, die direkte Anwendung ihrer Regeln und Erkenntnisse in der Planung von Bauwerken ließ allerdings noch auf sich warten. Der Übergang vom traditionellen Ansatz des Baumeisters zu einem wissenschaftlich basierten technischen Ansatz vollzog sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts durch eine Untersu-

chung, die zur Sanierung der Risse in der Kuppel der Peterskirche in Rom durchgeführt werden musste. Erstmals setzten die Gutachter bei der Bewertung der Schäden mathematische Methoden ein, indem sie mithilfe von Berechnungen zeigen konnten, dass der auftretende Gewölbeschub der Kuppel nur durch zusätzliche Zugringe aufnehmbar war. Zunächst wurde der Gebrauch der Mathematik zur Lösung eines physikalischen Problems von vielen klassischen Baumeistern als Missbrauch der Wissenschaft interpretiert. Nichtsdestotrotz war die Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse in der Planung und Dimensionierung von Bauwerken nicht mehr aufzuhalten. Die vermehrte Verwendung von Guss- und Schmiedeeisen als Baustoff ist ein direktes Ergebnis dieses rationalen, wissenschaftlichen Ansatzes. Im Brückenbau kam Gusseisen schon in den frühen Entwicklungsstadien des Materials zum Einsatz. So wurden komplette Brückentragwerke aus Gusseisen bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts hergestellt (Abb. B 1.13). Im Hallen- und Hochbau orientierte man sich an diesen bemerkenswert filigranen Ergebnissen, sodass hier zunächst Adaptionen und leichte Abwandlungen der Brückentragwerke Anwendung fanden. Daher haftete Gusseisen und Stahl lange Zeit der Makel der mangelnden Eignung für ästhetisch anspruchsvolle Aufgaben an, obwohl Veröffentlichungen schon im 19. Jahrhundert immer wieder auf die besonde-

Hooghly-Brücke, Kalkutta (IND) 1992, Schlaich Bergermann und Partner a Baustelle über dem Hooghly-Fluss b Glühen der Nieten im Holzkohlegrill c Nieten am Trägerrost der Fahrbahn filigrane Eisenkuppel, Halle au Blé (Getreidehalle), Paris (F) 1811 erste gusseiserne Brücke, Coalbrookdale (GB) 1779 B 1.13

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Konzipierung von Stahltragwerken

ren Möglichkeiten des Baustoffs hinwiesen. Die Entwicklung gipfelte in außergewöhnlichen Ingenieurleistungen wie dem Kristallpalast im Londoner Hyde Park für die Weltausstellung von 1851 oder – bereits 1811 – der gusseisernen Kuppel der »Halle au Blé« (Getreidehalle) in Paris (Abb. B 1.12, S. 29). Weil es für diese Konstruktionen damals nur indirekte Vorbilder gab, war der Einsatz rationaler und abstrakter Methoden bei ihrer Konzeption unerlässlich. Diese Methoden wurden in der Folgezeit stetig weiterentwickelt, bis hin zu Bemessungsregeln, die sich aus verschiedenen, teilweise aufeinander aufbauenden Arbeiten ergaben. Stellvertretend für die Vielzahl der in der Mitte des 19. Jahrhunderts verfassten Arbeiten seien hier die unabhängig voneinander entstandenen Fachwerktheorien von Johann Wilhelm Schwedler, Squire Whipple, Dimitrii J. Jourawski und Karl Culmann erwähnt sowie in der Folge die grafischen Verfahren zur Schnittgrößenermittlung von August Ritter, Luigi Cremona und wiederum Karl Culmann (Abb. B 1.14). Die zunehmende Anwendung der neuen Berechnungs- und Bemessungsmethoden führte interessanterweise zu einer signifikanten Reduktion in der Vielfalt der Formensprache – die Geometrie der entwickelten Tragwerke entsprach immer öfter den ihnen zugrunde liegenden Modellen [1]. Erst im 20. Jahrhundert kam es zu einer Wiederbelebung der Formenvielfalt, zum einen durch neue empirische und analytische Formfindungsmethoden von Protagonisten wie etwa Frei Otto, Heinz Isler und Felix Candela, zum anderen durch digitale Entwurdsmethoden, die einen großen Schritt in Richtung Abstraktion in der Tragwerksplanung darstellen. So ermöglicht der Einsatz von Computern die geometrische Findung neuer Formen, aber auch deren

Berechnung ausschließlich auf Grundlage der Gesetze der Strukturmechanik. Dieser rationale Ansatz und die analytischen Verfahren wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts in digitalen Prozessen fortgeführt. Dadurch eröffneten sich weitere Möglichkeiten für die Schaffung neuer Tragwerke – sowohl was die Bewältigung komplexer Geometrien und die Vereinfachung der Bauteilbemessung als auch die Optimierung des Materialverbrauchs angeht. Allerdings bergen diese digitalen Prozesse auch die Gefahr eines Abstraktionsgrads, der sich vom realen Bauwerk, der Konstruktion, den Montagemöglichkeiten und den übrigen Projektrandbedingungen zu weit entfernt hat. Ein Computerprogramm ist folglich immer nur als Hilfsmittel des entwerfenden Ingenieurs zu verstehen. Dieser trägt auch im Computerzeitalter die Verantwortung dafür, dass in seinem Entwurf die spezifischen Rahmenbedingungen, eine geeignete Materialwahl, materialgerechtes Konstruieren sowie der aktuelle Stand der Technik Berücksichtigung finden. Andernfalls entstehen Tragwerke, die im günstigsten Fall nicht schön, im schlechteren Fall unwirtschaftlich, und im schlimmsten Fall unsicher sind. Kultureller und technischer Hintergrund Die jeweilige Epoche bringt nicht nur unterschiedliche Interpretationen des Tragwerksentwurfs hervor. Oftmals bestimmt auch das kulturelle und lokale Umfeld maßgeblich die Arbeits- und Denkweise der entwerfenden Ingenieure. Während beispielsweise die Architektur der Chicagoer Schule den Stahlskelettbau als die dominierende Bauweise im Nordamerika des 20. Jahrhunderts etablierte, übernahm in Europa der hier entwickelte Stahlbeton als Baumaterial rasch eine entscheidende Rolle. Diese Tendenzen spiegeln sich natürlich auch in den Architektur- und Ingenieurschulen

der beiden Kontinente und somit in der Arbeit der Architekten und Tragwerksplaner wider, sodass ähnliche Entwurfsaufgaben zu grundlegend unterschiedlichen Tragwerken führen konnten. Umgekehrt wird dadurch aber auch deutlich, wie stark die jeweiligen Ingenieursdisziplinen die Architektur einer ganzen Epoche geprägt haben. Als weiteres Beispiel für den Einfluss kultureller Phänomene auf die Entwicklung von Stahltragwerken dient die Strömung der Hightecharchitektur ab den späten 1960er-Jahren (Abb. B 1.17). Erst deren sichtbare Betonung konstruktiver Details führte zu einer veränderten Wahrnehmung des Baustoffs Stahl – und in der Folge auch zur Weiterentwicklung der Bauweise. Eine bedeutende Komponente waren sichtbare Tragwerksteile, für die die wachsende Verfügbarkeit von Stahl-Hohlprofilen zunächst ein Katalysator war. Umgekehrt ist in dieser Epoche ein Großteil des Ingenieurwissens zur Verwendung von Hohlprofilen entwickelt und akkumuliert worden. Auf dieses Wissen greift die heutige Ingenieursgeneration noch immer ganz selbstverständlich zurück. Entwurfsziel Es wird häufig fälschlicherweise davon ausgegangen, dass es für den Tragwerksentwurf – je nach Projekttyp, Auftraggeber, architektonischem Entwurf etc. – unterschiedliche Zielsetzungen geben kann. Oftmals führt dies neben den Nachweisen der Standsicherheit zur Fokussierung auf lediglich ein isoliertes Ziel, etwa dass die exponierte Glasfassade höchsten ästhetischen Ansprüchen genügen muss, während die verdeckte Dachkonstruktion eines Kaufhauses vor allem möglichst kostengünstig zu sein hat. Das Entwurfsziel in der Tragwerksplanung sollte stattdessen jedoch stets ein ebenso

B 1.14 B 1.15 B 1.16 B 1.17

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grafische Statik für einen Brückenfachwerkträger, Karl Culmann, 1866 Vertikallastabtrag, Schema Stahlhalle Horizontallastabtrag, Schema Stahlhalle Bauteile des horizontalen Lastabtrags (Aussteifungsdiagonalen) als entwurfsprägende Elemente, John Hancock Center, Chicago (USA) 1969, Skidmore Owings & Merrill

Konzipierung von Stahltragwerken

angemessenes wie ausgewogenes Konzept sein – unabhängig von der konkreten Aufgabenstellung. Tragsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Wirtschaftlichkeit, Montierbarkeit und ästhetische Ansprüche sind demnach nicht als gesonderte Entwurfsziele zu verstehen, sondern stellen das schlüssige Ergebnis eines verantwortungsvollen Tragwerksentwurfs dar. Der Tragwerksentwurf als Prozess

Der Tragwerksentwurf lässt sich als Prozess logischer, aufeinanderfolgender Schritte beschreiben. Es liegt auf der Hand, dass die eingangs verwendete Metapher von einem mit dem Teleobjektiv einer Kamera immer weiter herangezoomten Projekt in besonderem Maß auch für den Tragwerksentwurf gilt. Ausgehend von einer ersten Idee zur Anordnung der zu entwerfenden Flächen und Räume wird ein Gesamtsystem aus Bauteilen unterschiedlicher Funktionen entwickelt: Bauteile, die Räume überspannen und zur Außenwelt abgrenzen, Bauteile die die vertikal geschachtelten Funktionsflächen tragen sowie Bauteile, die stützen und aussteifen. Diesen Teilsystemen werden lastabtragende Funktionen zugewiesen, um anschließend für die konkrete Geometrie und die später auftretenden Beanspruchungen geeignete statische Gesamtsysteme und Tragwerkstypologien festzulegen oder zu entwickeln. Diese werden anschließend für die Umsetzung der maßgebenden Entwurfskriterien dimensioniert und bemessen. Einzelne Schritte bauen zwar aufeinander auf, meistens jedoch müssen sie mehr oder weniger parallel ablaufen. Schließlich lässt sich die Qualität eines angedachten Lastabtrags ohne die Kenntnis der zur Verfügung stehenden statischen Systeme und konstruktiven Möglichkeiten schwerlich beurteilen. Um z. B. die technische Machbarkeit eines weit spannenden, unterstützungsfreien Dachtragwerks richtig einzuschätzen, müssen Ingenieure die generellen Typologien solcher Strukturen beherrschen und in kurzer Zeit entscheiden, ob unter Berücksichtigung sämtlicher Rahmenbedingungen ein Fachwerkträgersystem, ein unterspanntes System oder ein Raumfachwerk am besten für die Entwurfsaufgabe geeignet sind. Im Zweifel ist es notwendig, sich mithilfe von Vordimensionierungen und überschlägigen Berechnungen bereits bei diesen sehr frühen Entscheidungen sein Urteil zu bilden. Die Herausforderung besteht also darin, die chronologischen Planungsschritte mitunter zur selben Zeit für unterschiedliche Tragwerksvarianten durchzuführen. Dies ist insofern von Belang, da dieses Vorgehen auch in den gängigen internationalen Planungsmodellen und -phasen verankert ist. Das Leistungsbild der klassischen Planungsphasen vom Vorentwurf über den Entwurf bis zur Genehmigungs- und Ausführungsplanung beschreibt in der Tragwerksplanung ziemlich genau die erwähnten Schritte vom Entwurf der Lastpfade über die Wahl statischer Systeme und Tragwerkstypen hin zur Dimensionierung und schließlich zur

Bemessung mit allen Detailnachweisen. Dass die Realität der Projektarbeit häufig mit diesen Modellen nicht allzu viel zu tun hat, ist insbesondere bei anspruchsvollen Projekten der beschriebenen Komplexität des Planungsprozesses geschuldet. Oftmals sind es aber auch banale Gründe der Terminplanung und Projektsteuerung – etwa wenn Planungsphasen übersprungen oder zusammengefasst, wiederholt und beschleunigt, geteilt und vorgezogen werden. Solche Abweichungen vom chronologischen Planungsprozess werden zwar bisweilen bereits als »Normalzustand« akzeptiert, trotzdem sollten bei all diesen individuellen und in aller Regel nicht planbaren Abweichungen vom Idealmodell zumindest die Inhalte der einzelnen Planungsschritte nicht aus dem Blickfeld des entwerfenden Ingenieurs und der übrigen Planungsbeteiligten geraten. Ist die beschriebene Synchronisation der einzelnen Schritte des Tragwerksentwurfs oftmals notwendig, so ist sie in Bezug auf die Interaktion mit den übrigen Planungsbeteiligten ein absolutes Muss. Hier sollte die parallele Planungsarbeit der einzelnen Fachplaner kontinuierlich und so vernetzt wie möglich gestaltet werden, was in der Realität leider nicht selbstverständlich ist. Natürlich ist der Tragwerksentwurf insbesondere vom architektonischen Konzept abhängig – die einzelnen Planungsschritte müssen der Formensprache und den Funktionen der entstehenden Flächen und Räume Rechnung tragen. Umgekehrt hat der Tragwerksentwurf aber auch eine direkte Rückwirkung auf die architektonische Aussage und kann diese im besten Fall verstärken. Ob das dabei entstehende Tragwerk im fertigen Bauwerk letztlich eine visuelle oder gar ästhetische Rolle einnimmt oder völlig unsichtbar ist, sollte auf die Qualität des Tragwerksentwurfs keinen Einfluss haben – auch ein verborgenes Tragwerk muss höchsten Ansprüchen genügen, um effizient sein zu können.

vertikaler Lastabtrag: Dachfläche ∫ Dachträger ∫ Stütze ∫ Fundament ∫ Baugrund B 1.15

horizontaler Lastabtrag: Fassadenfläche ∫ Dachverband ∫ Wandverband ∫ Stütze ∫ Fundamente ∫ Baugrund B 1.16

Entwurf von Lastpfaden Der Entwurf der Lastabtragungswege in einem Tragwerk legt fest, wie die auf ein Bauwerk einwirkenden Lasten in den Baugrund abzuleiten sind. Die Lastpfade legt der Tragwerksplaner fest, hier findet ein Großteil der kreativen Arbeit des Ingenieurs statt. Bei dieser frühen Planungsentscheidung muss er bereits sämtliche folgenden Schritte des Planungsprozesses antizipieren, d. h. mögliche Tragwerkstypen und deren Dimensionierung für die jeweiligen Entwurfskriterien auf Grundlage seiner Erfahrung gegeneinander abwägen. Beim Entwurf der Lastpfade gehen Ingenieure methodisch vor: In einem ersten Schritt definieren sie die primären Wege der Lastabtragung. In der Regel werden vertikale und horizontale Lasten zunächst getrennt voneinander betrachtet. Für das Beispiel eines einfachen Hallentragwerks lässt sich der vertikale bzw. horizontale Lastabtrag (beispielsweise der Gewichtseigenlasten bzw. der Windlasten) wie in Abb. B 1.15 und B 1.16 darstellen. Mit dieser B 1.17

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Akron Art Museum, Ohio (USA) 2007, Coop Himmelb(l)au Rendering der Tragstruktur mit ineinandergeschobenen Baukörpern Akron Art Museum, Verschnitte in den Fassaden der Übergangsbereiche zwischen den Baukörpern Schemagrundrisstypen für Hochhäuser a Traditioneller Kern innerhalb eines Skelettbaus: Außenstützen tragen nur V-Lasten b Tube: Innenstützen tragen nur V-Lasten c Tube in Tube d Bundled Tube Verformungsverhalten eines Rahmentragwerks und einer Scheibe, Steifigkeitsgewinn durch Kopplung beider Systeme Outrigger System, Funktionsweise der Verstärkung von Hochhausaussteifungen mittels Auslegerträgern

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Festlegung sind die primären Bauteile des Tragsystems bereits definiert. Über den Typ und die Konstruktionsart der Bauteile machen die Lastpfade allerdings noch keine Aussage, sie liefern lediglich das übergeordnete statische System. Dieses übergeordnete System muss in der weiteren Planung in Teilsystemen oder Sekundärtragwerken detailliert werden. Die Detaillierung ergibt sich aus den sonstigen Besonderheiten und Eigenschaften des Projekts, die zusammen mit den Architekten und anderen Fachplanern zu erarbeiten sind. Für das Beispiel einer einfachen Halle heißt dies für den vertikalen Lastabtrag, dass zunächst die Dachfläche genauer betrachtet werden muss: Wie ist die Dachhaut beschaffen? Wie gelangen Eigenlasten und Schneelasten in den Dachträger? Jeder einzelne Schritt im Lastabtrag muss genau nachvollzogen werden, um schließlich die primäre Abfolge –

Dachfläche ∫ Dachträger – unterteilen zu können. Für das Beispiel einer Dachverglasung ließe sich der Lastabtrag wie folgt aufgliedern: Isolierglasscheibe ∫ Isolierglasprofil ∫ Glasträger ∫ Pfette ∫ Fachwerkbinder. Der Unterschied der beiden Betrachtungsebenen liegt nicht allein im Detaillierungsgrad der Konstruktion. Vielmehr zeichnet sich auch eine klare Hierarchie der Tragelemente ab: Der Bruch einer Glasscheibe führt zum Austausch einer Scheibe, das Versagen des Dachbinders hingegen im schlimmsten Fall zum Teileinsturz der Halle. Die konsequente hierarchische Einteilung aller Einzelelemente eines Tragwerks ist letztlich der Schlüssel zur Effizienz im Tragwerksentwurf. Das Beispiel der gewöhnlichen Halle ist in seiner Anschaulichkeit leider nicht repräsentativ. Zum einen lassen sich in den seltensten Fällen vertikale und horizontale Lastabträge strikt trennen (Stützen beteiligen sich selbst in

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einfachen Konstruktionen an beidem). Zum anderen sind die meisten Projekte geometrisch und funktional wesentlich komplexer. Was passiert z. B., wenn sich Dachflächen und Fassadenflächen geometrisch gar nicht mehr klar trennen lassen, weil das Gebäude aus verschiedenen ineinandergeschobenen Volumen besteht (Abb. B 1.18 und B 1.19)? Wie verhält sich eine solche Geometrie unter den unterschiedlichen Lasten? Und wohin wandern die Lasten? Auch wenn die Lastpfade oft nicht mehr auf den ersten Blick klar ersichtlich sind, der Ingenieur muss den Lastabtrag kontrollieren und steuern und sich hierfür gegebenenfalls leistungsfähiger Hilfsmittel bedienen. Grundsätzlich liegt es in seiner Verantwortung, über den Lastabtrag zum Verständnis der Form zu finden und sich nicht etwa von der Form die Lastpfade blind vorgeben zu lassen. Systemwahl und Tragwerkstypologien Wie bereits erläutert, gehen die einzelnen Schritte des Tragwerksentwurfs fließend ineinander über. Die Definition von Lastpfaden ist dabei ohne die unmittelbare Reflexion möglicher Tragwerkstypen und -systeme sinnlos. Im Stahlbau sollte in dieser Phase zusätzlich auch schon die Konstruktionsweise in die Überlegungen einbezogen werden. Darüber hinaus beeinflussen sich die Planungsaufgaben gegenseitig, denn eine Änderung des Primärtragwerks hat in der Regel auch signifikante Auswirkungen auf den Lastabtrag. Um bei der Entwicklung des Tragsystems die richtigen Entscheidungen zu treffen, muss der entwerfende Ingenieur die Standardtypologien nicht nur kennen, sondern auch ihre Herkunft, ihre Funktionsweise und ihre Machbarkeit bewerten können. Beim Entwurf eines Stahltragwerks gilt dies im besonderen Maß, da System und Konstruktion eine unmittelbare Einheit bilden. Erst mit dieser Kenntnis gelingt es, über standardisierte Typologien hinauszudenken und Kombinationen sowie Adaptionen der klassischen Tragsysteme zu entwickeln, unabhän-

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Rahmen

Fachwerk

Rahmen und Fachwerk

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gig von der konkreten Aufgabe, der Komplexität der Geometrie und den Zwängen, die sich aus dem architektonischen Entwurf und den Anforderungen der übrigen Fachplaner ergeben: In der Entwicklung von Stahltragwerken werden Ingenieure immer wieder auf Standardtypologien zurückgreifen: Einzelstäbe, die auf Druck-, Zug- oder Biegebeanspruchungen ausgelegt sind, sowie Bleche, die als platten-, scheiben- oder schalenartiges Flächenbauteil funktionieren. Eine tiefergehende Beschreibung liefert das Kapitel »Tragwerkssysteme und -typologien« (S. 36ff). Auch beim Zusammenfügen dieser elementaren Bauteile ist vorauszusetzen, dass dem Tragwerksplaner die gängigen Standardtypologien von zwei- bzw. dreidimensionalen Stabwerken bis hin zu Gitternetzschalen und Kuppeln bekannt sind. Hierbei handelt es sich um fundamentale Tragprinzipen der Strukturmechanik wie z. B. den Membranspannungszustand in geometrisch ideal an die Beanspruchung angepassten Schalentragwerken. Der Kraftfluss in Tragsystemen, die sich in eine der Standardklassifikationen einteilen lassen, ist eindeutig und lässt sich genau vorhersagen. Für Tragwerksplaner sind sie aber nicht nur deshalb so interessant, sondern auch wegen der standardisierten Bemessungsverfahren. Ein Fachwerkträger – egal ob zwei-, drei- oder viergurtig – ließ sich schon vor 100 Jahren mittels solcher Verfahren berechnen und bemessen. Heute ist es möglich, den gleichen Träger mehr oder weniger automatisiert innerhalb kurzer Zeit zu entwickeln. All diese Gründe machen Standardtypologien nicht nur in der Planung interessant, sondern auch für Fertigungs- und Montageabläufe. Anspruchsvoller wird es, wenn Ingenieure über die klassischen Typologien hinausdenken. Hierfür sind im Entwurfsprozess mehrere Anlässe denkbar. So kann es interessant sein, verschiedene Standardtypologien zu kombinieren. Solche Lösungen werden dann entwickelt,

wenn es darum geht, die Vorteile unterschiedlicher Systeme miteinander zu kombinieren, um ihre eventuellen Nachteile zu kompensieren (Abb. B 1.21). Diese Kombinationen sind quasi in unendlicher Zahl vorhanden und führen zu hybriden Tragsystemen. Ausgewählte Beispiele werden im Kapitel »Funktionen der Bauteile im Gebäude« beschrieben (S. 45ff.). Im Folgenden soll die Vorgehensweise anhand der möglichen Primärtragsysteme für ein Hochhaus erläutert werden. Hochhäuser sind in der Regel als Prototypen zu verstehen, deren Tragwerk den konkreten Architektenentwurf unterstützen und daneben auch noch sämtlichen sonstigen Projektrandbedingungen gerecht werden muss. Für hohe Gebäude fast schon archetypisch ist die Aussteifungsvariante, bei der die Abtragung der horizontalen Lasten über zentrale Erschließungskerne erfolgt. Als steifer Gesamtquerschnitt leiten Röhren aus Wandscheiben oder Stahlfachwerken dabei die Horizontallasten über die gesamte Gebäudehöhe in den Gründungskörper ab. Es kann mehrere Gründe geben, warum diese Standardtypologie des Fachwerkträgers mittels weiterer Tragwerkskomponenten ertüchtigt werden muss. Zum einen werden seine Abmessungen ab einer gewissen Gebäudehöhe so groß, dass der Anteil der nutzbaren Geschossfläche an der Bruttogeschossfläche zu klein und damit unwirtschaftlich wird. Zum anderen kann sich aus der Geschossgeometrie und dem architektonischen Entwurf eine Schlankheit des Kerns ergeben, die eine alleinige Aussteifung des Gebäudes mit seiner Hilfe unmöglich macht. Weiterhin kommt es oft vor, dass die Vielzahl der erforderlichen Wandöffnungen für Durchgänge, Türen und Installationen den zur Verfügung stehenden Querschnitt zu weich werden lässt. Es sollte daher immer das Ziel des Planungsteams sein, die Abmessungen der Kernröhre einzig aus den funktionalen Anforderungen zu entwickeln. Ein Vergrößern des

Kernquerschnitts allein aus statischen Gründen widerspricht den Grundsätzen einer effizienten und integrierten Gesamtplanung. Folglich müssen weitere steifigkeitserhöhende Maßnahmen im Primärtragwerk integriert werden. Aus der Vielzahl der Möglichkeiten sollen zwei für den Stahlbau in Hochhäusern typische Varianten der Verdeutlichung dienen. Ein im 20. Jahrhundert in den USA häufig umgesetztes System ist das Tube-in-TubeSystem. Dabei wird die innere Fachwerkröhre mit einer Rahmenröhre in der Fassade gekoppelt (Abb. B 1.20 und B 1.21). Letztere besteht aus Stockwerkrahmen, die die Hochhausstützen und Deckenrandriegel ausbilden. Prinzipiell akkumuliert die Rahmenröhre über die Gebäudehöhe hauptsächlich Schubverformungen im unteren Bereich. Die innenliegende Fachwerkröhre weist dagegen Biegeverformungen auf, die am Gebäudekopf am größten sind. Durch dieses unterschiedliche Verformungsverhalten stützen sich die beiden Systeme regelrecht gegeneinander ab – die Kombination zweier Typologien führt somit zu einer wesentlich höheren Effizienz als die Summe der Einzelsysteme. Mit dem weltweit verstärkten Aufkommen von Ganzglasfassaden bei Hochhäusern geriet dieses System etwas aus dem Blickfeld, da die Ausbildung des Stockwerkrahmens in der Fassade nur mit Querschnitten möglich ist, die den Öffnungsanteil in der Fassade reduzieren. Vor dem Hintergrund der aktuellen Tendenzen des nachhaltigen und energieeffizienten Bauens könnte diese Variante aber wieder mehr in den Fokus für die Aussteifung sehr hoher Gebäude rücken. Ein weiteres kombiniertes System lässt sich mit sogenannten Auslegerträgern (Outrigger) realisieren. Hierbei handelt es sich üblicherweise um Fachwerkträger, die die Kernröhre am Gebäudekopf (bei sehr hohen Wolkenkratzern zusätzlich auch in weiteren Zwischengeschossen) mit den Fassadenstützen koppeln (Abb. B 1.22). Auf diese Weise wird bei

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Konzipierung von Stahltragwerken

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horizontaler Beanspruchung durch die Verdrehung der inneren Fachwerkröhre die Dehnsteifigkeit der Außenstützen aktiviert. Diese beteiligen sich dadurch am horizontalen Lastabtrag und verhindern die großen Biegeverformungen des Kerns am Gebäudekopf. Gehören diese beiden, aus Einzeltypologien zusammengesetzten hybriden Systeme schon lange zum internationalen Kanon der Hochhaustypologien, so ermöglichen neue Methoden der Geometriemodellierung und der Tragwerkssimulation heute völlig neue Entwurfsansätze. Diese Ansätze haben das Ziel, sich über die Restriktionen der anschaulichen Standardtypologien hinwegzusetzen. Wie bereits im Abschnitt »Historische Entwicklung der Tragwerksplanung« (S. 29f.) angedeutet, resultieren zahlreiche dieser Standardtypologien aus strukturmechanischen Rationalisierungsprozessen, mit denen die Berechnung und Bemessung von Tragwerken überhaupt erst möglich wurde. Waren für diesen rationalen Erkenntnisgewinn zum damaligen Zeitpunkt relativ einfache Modelle notwendig, so sind mit den heutigen Rechenkapazitäten moderner Computer der Rationalisierung kaum noch Grenzen gesetzt. Die modernen Methoden erstrecken sich von der Formfindung über die Parametrisierung der Tragwerksmodelle bis hin zum adaptiven Entwurfsprozess – Möglichkeiten, die im Kapitel »Computer in der Tragwerksplanung« (S. 54ff.) detailliert beschrieben werden. Es ist von ganz entscheidender Bedeutung, dass es mit dem Einsatz dieser Computermethoden keineswegs darum gehen soll, jede beliebige geometrische Form mit Strukturelementen zu belegen. Vielmehr dienen diese Methoden dazu, die auf den ersten Blick von jeglicher Tragwerkstypologie abweichenden Geometrien konsequent zu durchdringen und zu erforschen, bis am Ende eine strukturmechanisch und konstruktiv effiziente Lösung entsteht. Dieser digitale und iterative Erkenntnis-

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b

prozess lässt sich auch als Beobachtung eines geschlossenen Systems interpretieren, dessen Verhalten man in Bezug auf fokussierte Entwurfskriterien und unter Variation ausgewählter Systemparameter studiert. Damit ergibt sich eine gewisse Analogie dieser Verfahren zu den empirischen Formfindungsmethoden des Bauingenieurs Heinz Isler, der in der Mitte des 20. Jahrhunderts über bloße Beobachtungen, Variationen und überaus genaue Analysen annähernd idealtypische Schalentragwerke schuf, die zum damaligen Zeitpunkt der allgemeinen Auffassung mathematisch-rational hergeleiteter Schalentypologien widersprachen. Mögliche Ergebnisse der neuen computerbasierten Methoden sind unter anderem Formoptimierungen, Anpassungen der Strukturrandbedingungen (etwa in Bezug auf die Ausbildung von Auflagern), geometrische Vereinheitlichungen für die angestrebte Konstruktionsweise (z. B. die Reduktion der Anzahl prinzipiell möglicher Knotengeometrien) sowie die systematische und konstruktive Berücksichtigung von Fehlstellen in der Struktur, die sich aus Gebäudefunktionen ergeben können. All dies wäre bei der Anwendung von Standardtypologien nur mit sehr großem manuellen Aufwand zu erreichen. Es liegt in der Natur der Sache, dass diese äußerst komplexen Methoden auch Gefahren bergen und nur mit der Erfahrung, der Umsicht und dem Verantwortungsbewusstsein des entwerfenden Ingenieurs zum Ziel führen. Insbesondere adaptive Methoden, die vor allem auf Beanspruchungszustände durch die Veränderung von Systemsteifigkeiten reagieren, wirken sich unmittelbar auf die Lastabtragungswege aus. Das Einfügen stärkerer oder schwächerer Profile in ein hochgradig statisch unbestimmtes Tragwerk kann ebenso wie das Lösen oder Blockieren von Freiheitsgraden (Verschiebungs- und Verdrehungsmöglichkeiten von

Tragelementen zueinander) zur Umkehr des Tragverhaltens führen und muss daher präzise kontrolliert und gesteuert werden. Manche der auf diese Weise entworfenen Tragwerke scheinen meistens nur auf den ersten Blick jenseits jeglicher bekannter und akzeptierter Typologien zu stehen. Beim zweiten Hinsehen erkennt man – insbesondere bei Stahltragwerken – die klassischen eindimensionalen Zug-, Druck- oder Biegestäbe, aber auch hybride Bereiche, die höherwertigen Typologien wie beispielsweise Druckbögen, Gitternetzschalen oder Hängestrukturen entsprechen (Abb. B 1.23). Entwurfskriterien Die originäre Aufgabe der Tragwerksplanung ist die Sicherstellung der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken. Die Standsicherheit schließt das Versagen eines Tragwerks aus, während mit der Gebrauchstauglichkeit eine funktionsgemäße Nutzung des Bauwerks sichergestellt wird. Standsicherheitskriterien beschreiben die für das jeweilige Bauteil infrage kommenden Grenzzustände der Tragfähigkeit. Sie werden, ebenso wie die Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit, im folgenden Abschnitt näher betrachtet. Die Berücksichtigung der in diesem Kapitel erläuterten Kriterien in der Tragwerksplanung ist eine Selbstverständlichkeit und wird von den übrigen Projektbeteiligten nicht näher hinterfragt. Durch die Vorgaben von Bauherr und Architekt können darüber hinaus weitere Entwurfskriterien – Wirtschaftlichkeit, Ästhetik, spezifische Transport- oder Montagebedingungen – eine dominierende Rolle in der Entwurfsarbeit spielen. Es liegt auf der Hand, dass die Erfüllung dieser Kriterien direkten Einfluss auf den Projekterfolg hat. Niemals darf die Erfüllung solcher Anforderungen jedoch zu Lasten der Standsicherheit oder der Gebrauchstauglichkeit gehen. Gerade

Konzipierung von Stahltragwerken

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im Stahlbau kann ein Entwurf nur dann als hochwertig bezeichnet werden, wenn ein ausgewogenes Verhältnis in der Erfüllung aller Kriterien erreicht wird. Bemessung und Dimensionierung Die Berücksichtigung der jeweils bestimmenden Entwurfskriterien bildet die Grundlage der Bemessung und damit auch der Dimensionierung der Bauteile und Verbindungsmittel eines Tragwerks. Maßgeblich hierfür sind die Nachweise der Standsicherheit und der Gebrauchstauglichkeit. Standsicherheit Standsicherheitsnachweise gewährleisten, dass das Tragwerk oder einzelne Teile des Tragwerks einen ausreichend großen Sicherheitsabstand gegenüber dem Grenzzustand der Tragfähigkeit aufweisen. Dieser Grenzzustand ist überschritten, wenn das Bauteil unter ruhenden, nicht ruhenden oder dynamischen Lasten versagt. Neben der Lastart, unter der das Versagen auftritt, wird außerdem unterschieden in die verschiedenen Versagensarten. Vom Versagen auf Querschnittsebene spricht man im Stahlbau beim Überschreiten der elastischen oder plastischen Tragfähigkeit des betrachteten Profils. Diese wird in der Regel anhand von Festigkeitswerten des Materials und der zum Einsatz kommenden Verbindungen definiert, bei Stahl z. B. anhand der Streckgrenze des Materials. Stabilitätsversagen tritt auf Bauteilebene durch verschiedene Phänomene auf, beispielhaft seien hier die folgenden Versagensmechanismen genannt: • Knicken bei druckbeanspruchten Stäben • Biegedrillknicken bei biegebeanspruchten Trägern mit offenem Profil (beispielsweise bei I-Profilen) • Biegeknicken bei kombinierter Beanspruchung aus Drucknormalkräften und Biegung

Busan Cinema Center, Busan (ROK) 2011, Coop Himmelb(l)au a hybrides Tragwerksmodell b Tragwerkskomponenten Doppelkegel, Zugund Druckring als digitales Modell c gebaute Realität

B 1.23

• Plattenbeulen bei tragenden Blechen unter Drucknormalspannungen. Dieser Versagensmechanismus ist im Stahlbau hauptsächlich für aus Einzelblechen zusammengesetzte Querschnitte zu untersuchen. Die häufigste Versagensart unter nicht ruhenden Beanspruchungen im Stahlbau ist das Ermüdungsversagen eines Bauteils unter häufig wiederkehrenden Lasten wie z. B. bei Verkehrsbauwerken mit hohen Lastspielzahlen. Für diese Bauteile ist eine Dauerfestigkeitsberechnung durchzuführen, da Stahlbauteile unter Dauerlasten niedrigere Festigkeiten aufweisen als unter statischen Lasten. Spezielles Augenmerk sollte man bei solchen Konstruktionen auf die sogenannten Kerbfälle richten, die spezielle Bauteilgeometrien und Anschlussarten beschreiben und für die die auftretenden Spannungen nicht mit gängigen Methoden der Schnittgrößenermittlung berechnet werden können. Gebrauchstauglichkeit Werden Gebrauchstauglichkeitsnachweise nicht eingehalten, so ist zwar in der Regel die Standsicherheit eines Bauwerks oder Bauteils nicht gefährdet. Vielmehr ist ihr ordnungs- oder bestimmungsgemäßer Gebrauch nicht mehr möglich, was zwar nicht zur unmittelbaren Gefährdung von Leib und Leben führt, aber massive Nutzungseinschränkungen mit sich bringen kann. Das geläufigste Gebrauchstauglichkeitskriterium im Stahlbau ist die Verformungsbegrenzung. Verformungen führen – entgegen der weitverbreiteten Meinung – nicht nur zu ästhetischen Einschränkungen bei visuell wahrnehmbar deformierten Bauteilen, sie können auch massive Schädigungen der Sekundärkonstruktion und der Ausbaugewerke mit sich bringen. Typische Beispiele im Stahlbau sind zu große vertikale Durchbiegungen von Deckenträgern, die Risse in den leichten Trennwänden des

betroffenen Geschosses oder Schädigungen von Isolierglaseinheiten verursachen, wenn unter Windbeanspruchungen zu große horizontale Verformungen der Fassadenunterkonstruktion auftreten. Weiterhin ist bei der Konstruktion von Stahlbauteilen das Augenmerk auf den Nutzerkomfort in Hinsicht auf auftretende Schwingungen zu legen. Dies gilt beispielsweise für maschinen-, menschen- und windinduzierte Schwingungen. Deren Wahrnehmung ist zum einen hochgradig individuell verschieden. Zum anderen ist die Akzeptanz wahrgenommener Schwingungen aber auch stark von der Nutzung des jeweiligen Bauwerks abhängig. Im Stahlbau sind aufgrund der Schlankheit der Einzeltragglieder, der vergleichsweise geringen Tragwerksmasse sowie der materialinhärenten niedrigen Dämpfung sehr oft menscheninduzierte Schwingungen zu bewerten, z. B. von Deckenträgern, Treppenkonstruktionen und anderen Fußgängerbauwerken. Die zulässigen Schwingungsmaße, in der Regel ausgedrückt als Geschwindigkeits- oder Beschleunigungswerte – sind in Abhängigkeit vom Bauteiltyp sehr unterschiedlich. Während die Toleranz gegenüber Schwingungen eines Deckenträgers im Wohnungsbau eher gering ausfällt, ist sie bei einer Aussichtsplattform ungleich größer. Die Berechnung von Bauteilschwingungen gestaltet sich äußerst komplex und wird meistens auf das reine Tragsystem des betrachteten Bauteils reduziert. Dies stellt allerdings oftmals eine eher unrealistische Vereinfachung des Problems dar, weil in den meisten schwingungsgefährdeten Bauteilen auch die Ausführungsart (je nach Verbindungstypen im Stahlbau, z. B. Schweiß- oder Schraubverbindungen) sowie der Ausbau (Bauteilverkleidungen, Beläge, Trennwände) einen ganz wesentlichen Einfluss auf das Schwingungsverhalten ausüben. Daniel Pfanner

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Konzipierung von Stahltragwerken

Tragwerkssysteme und -typologien Tragsysteme setzen sich immer aus einer Reihe von Elementen und Systemen zusammen. Diese können aufgrund ihrer Geometrie und der daraus resultierenden idealen Wirkungsweise klassifiziert werden. Der Architekt, Ingenieur und Autor Heino Engel gliedert Tragsysteme in einer Genealogie, die anhand der unterschiedlichen Lastabtragungsmechanismen schnitt-, vektor-, form-, flächen- und höhenaktive Tragwerke unterscheidet [2]. Die folgende Beschreibung der Bauteiltypen greift diese Gliederung auf, indem sie Geometrie, Topologie (die Beziehungen der Elemente zueinander), Materialeigenschaften und Mechanik berücksichtigt. Mit steigendem Komplexitätsgrad der Systeme vermischen sich auch ihre Wirkungsweisen, wodurch Übergänge fließend werden.

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Schnittaktive Tragsysteme

Lineare oder flächige, steife Tragelemente, die äußere Kräfte über innere Schnittkräfte umlenken, gehören zu der Kategorie der schnittaktiven Tragsysteme (Abb. B 1.24). Kräfte werden dabei nicht nur entlang, sondern auch rechtwinklig zur Bauteilachse über Querschnittskräfte abgeleitet. Der Träger auf zwei Stützen ist das prototypische schnittaktive System. Dessen Durchbiegung erzeugt Druckund Zugkräfte, die die Anforderungen an die Masseverteilung im Querschnitt definieren. Viele doppelsymmetrische Stahlprofile (Doppel-T- Profile) spiegeln den Kraftfluss durch massive, weit von der mittigen neutralen Achse entfernte Flansche und schlanke Stege in der Mitte wider.

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Träger/Balken Träger wie auch Balken spannen üblicherweise horizontal und sind auf vertikalen Tragelementen wie etwa Wänden oder Stützen aufgelagert (Abb. B 1.24 a). Für den Umlenkprozess der senkrecht zur Systemachse einwirkenden Kräfte wird grundsätzlich eine den auftretenden Kräften angepasste Querschnittshöhe benötigt. Die Lasteinwirkungen führen dabei zur Krümmung der Mittelachse und zur Biegung der Träger. Letztlich resultiert die Tragwirkung aus Druckund Zugkräften im Trägerquerschnitt sowie Scherkräften, die einen Biegewiderstand erzeugen. Die Durchbiegung lässt dabei ein Drehmoment im Querschnitt entstehen, das dem äußeren Drehmoment entgegenwirkt. Für das innere Drehmoment ist die Verteilung der Massen von entscheidender Bedeutung – je größer der beidseitige vertikale Abstand zur neutralen Achse, umso größer ist auch das innere Drehmoment. Anders als die Last in Achsrichtung ist die Biegebeanspruchung ungleich über den Träger verteilt. Dadurch ist es einerseits möglich, Trägerquerschnitte lokal je nach unterschiedlichen Lasten zu differenzieren – wodurch der Kraftfluß zum gestalterischen Thema wird und

d

e B 1.24

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sich große Mengen des vergleichsweise teuren Materials einsparen lassen. Andererseits kann aber auch die Masseverteilung innerhalb eines konstanten Querschnitts an die lokalen Lasten angepasst werden. Die größten Spannungen treten in den Bereichen mit dem größten vertikalen Abstand zur neutralen Stabachse auf. Aus diesem Grund befinden sich hier auch die massiven Flansche doppelt symmetrischer Stahlträger, während die Masse in Richtung der Stabachse reduziert werden kann. Der Fachwerkträger ist in diesem Zusammenhang als optimierter Biegeträger zu betrachten, der letztlich durch eine radikale Reduzierung der Masse zu einem druck- und zugbeanspruchten, also vektoraktiven System weiterentwickelt wurde. Bei biegebeanspruchten Bauteilen ergeben sich bei größerer Bauteilhöhe in der Regel Stabilitätsprobleme. Ist ein Träger seitlich nicht gehalten, kann der Druckgurt zur Seite hin ausweichen und sich sein Querschnitt um die Längsachse verdrehen. Das als »Kippen« bezeichnete Phänomen stellt sich insbesondere bei großen Konstruktionshöhen ein und führt zu einer Verminderung der statisch wirksamen Höhe des Trägers. Für unterschiedliche Anforderungen sind im Stahlbau eine Reihe von Standardquerschnitten entwickelt worden, die ihrer Querschnittsform entsprechend als I-, H-, T-, U- oder Kastentäger bezeichnet werden. Die Standardisierung vereinfacht nicht nur die Produktion, sondern auch den Tragwerksentwurf, da jede Profilfamilie über bestimmte Eigenschaften verfügt und sich jeweils für bestimmte Einbausituationen besonders gut eignet. Tabellenwerke geben Auskunft über die statischen Eigenschaften der Profile. Erfüllen Standardprofile nicht die gewünschten Anforderungen, lassen sich Spezialquerschnitte aus Blechen zusammenschweißen – etwa für den Brückenbau oder andere weit spannende Konstruktionen. In diesem Fall wird die Geometrie der Bauteile den spezifischen Bedürfnissen präzise angepasst. Platten Ganz ähnlich wie der Träger erfährt auch die biegebeanspruchte Platte eine sehr inhomogene Beanspruchung (Abb. B 1.24 d). Im Sinne eines möglichst effektiven Materialeinsatzes resultiert daraus im Stahlbau eine lokale Differenzierung ihres Querschnitts. Materialkonzentrationen erfolgen dabei möglichst weit entfernt von der mittig gelagerten neutralen Ebene der Platte. Stahlträgerroste, Wabenstrukturen, gefaltete Bleche oder Kunststoffkerne können den mittigen, weniger beanspruchten Teil füllen und zusammen mit außenliegenden Stahlblechbeplankungen eine leichte und effiziente Sandwichkonstruktion ausbilden. Einachsig biegebeanspruchte Konstruktionen lassen sich z. B. mit Trapezblechen umsetzen, was jedoch die horizontal aussteifende Wirkung solcher flächigen Bauteile schwächt.

Konzipierung von Stahltragwerken

Roste Bei Rosten handelt es sich um zweiachsig gespannte horizontale Trägerraster aus linearen Bauteilen, bei denen beide Spannrichtungen steif miteinander verbunden sind (Abb. B 1.24 c). Lasten werden durch einen Biegemechanismus zweiachsig abgetragen. Um den zweiachsigen Lastabtrag zu gewährleisten sollte das Spannweitenverhältnis der beiden Richtungen nicht größer als 1:1,5 sein. Im Unterschied zu unabhängig nebeneinander verlaufenden Trägern wirken punktuelle Lasten nicht auf ein einzelnes Bauteil. Vielmehr werden sie auf das gesamte Rastersystem verteilt, sodass ein mehrachsiger Lastabtrag stattfindet. Durchbiegung in einer Richtung erzeugt Verdrehung und Krümmung – und damit zusätzliche Tragwirkung – in der senkrecht dazu verlaufenden Richtung. Einzelne Träger innerhalb des Rasters verhalten sich ähnlich wie Durchlaufträger mit nachgiebigen Stützen. Im Stahlbau können Querschnitte und Wandungsdicken innerhalb eines Rosts an die lokalen Anforderungen angepasst werden. Vektoraktive Tragsysteme

Systeme aus linearen Tragelementen, die aufgrund ihres – im Verhältnis zur Länge – geringen Querschnitts nur Kräfte in Achsrichtung übertragen können, bezeichnet man als vektoraktive Tragsysteme. Da Biegebeanspruchungen nur zu einem geringen Maß aufgenommen werden, müssen vektoraktive Systeme aus gelenkigen Dreiecksverbänden bestehen, die äußere Kräfte aufspalten und auf mehrere Stäbe mit unterschiedlichen Orientierungen verteilen. Die Stäbe sollten dabei in einem günstigen Winkel von 45° bis 60° zur einwirkenden Kraft ausgerichtet sein. Sowohl Druck- als auch Zugkräfte nutzen den vollen Bauteilquerschnitt effizient aus, sodass vektoraktive Tragsysteme aus Stahl sehr filigran ausgebildet werden können. Bei druckbeanspruchten linearen Tragelementen muss die Wirkungslinie der äußeren Kraft entlang der Längsachse des Elements verlaufen. Biegebeanspruchung entsteht aus dem Eigengewicht durch nicht senkrechte Positionierung des Bauteils. Zwar wird Stahl im gleichen Maß durch Druckkräfte gestaucht wie es durch Zugkräfte gedehnt wird, trotzdem ist die Stabilität das ausschlaggebende Kriterium für den Querschnitt und die Auflager. Die Auswirkungen von unterschiedlichen Lagerbedingungen auf das Knickverhalten von Stäben beschrieb der Mathematiker Leonhard Euler bereits im 18. Jahrhundert. Die vier »Eulerfälle« decken auch heute noch einen Großteil der in der Praxis auftretenden Fragestellungen bezüglich der Knickproblematik ab. Die Form des Querschnitts ist ein weiteres wichtiges Kriterium für das Knickverhalten von Stäben. Ist das Material möglichst weit von der Systemachse entfernt und gleichmäßig verteilt, widersteht der Stab etwaigem Knicken am besten. Hohlquerschnitte wie Rohre und Kästen gelten als leistungsfähige Querschnitte, da sie Knicken in alle Ebenen verhindern. Ihre

B 1.24

B 1.25

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schnittaktive Tragsysteme a Balken b Rahmen c Rost d Platte e mehrgeschossiges Rahmentragwerk Kopfpunkt mit Einbauteil zur Lastverteilung in der Geschossplatte, Zollverein School of Management and Design, Essen (D) 2006, SANAA Kazuyo Sejima & Ryue Nishizawa Verbundstütze mit stahlummanteltem Betonkern, Zollverein School of Management and Design. Die große Länge der Stützen macht den Einsatz von Stahl notwendig. Betonstützen hätten aufgrund der Knickgefährdung deutlich größere Querschnitte erfordert. B 1.25

Verwendung erfordert jedoch in der Regel aufwendige Knotendetails. Grundsätzlich kann mit veränderlichen Querschnitten auf lokal unterschiedlich auftretende Kräfte reagiert werden. Im Vergleich zu zugbeanspruchten Konstruktionen erfordert die Vermeidung von Stabilitätsproblemen in diesem Fall dennoch stets einen erhöhten Materialaufwand. Für materialeffizientes Bauen sollten Druckstäbe daher nur für kurze Kraftweiterleitungen verwendet werden. Stützen Stützen sind druck- und biegebeanspruchte lineare Tragelemente, die den vertikalen Lastabtrag in einem Gebäude ermöglichen

(Abb. B 1.26). Vertikale Lasten entstehen aus dem Eigengewicht der Tragstruktur und aus Verkehrslasten. Exzentrische Vertikallasten, Horizontallasten etwa aus Wind oder Biegemomente aus anderen Bauteilen erzeugen eine Biegebeanspruchung. Auch bei der Stütze muss die Stabilitätsproblematik in Relation zu Querschnitt und Lagerung beachtet werden. Stützen können am unteren und oberen Ende gelenkig oder eingespannt gelagert werden (Abb. B 1.25). Im Stahlbau lassen sich diese unterschiedlichen Systeme gestalterisch klar abbilden. Eine Kopfplatte mit Steifen und Bolzen verkörpert eine Einspannung, während ein Gelenk die Freiheitsgrade des Stützenfußes bzw. -kopfes zeigt.

B 1.26

37

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.27

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Vielfach sorgen einheitliche Raster für die gleichmäßige Verteilung von Stützen in einem Grundriss, wobei sich die Rasterweiten je nach Nutzung und Raumprogramm unterscheiden. Größere Raster und damit große Spannweiten erfordern zwar einen zusätzlichen Materialeinsatz, erhöhen jedoch zugleich die Nutzungsflexibilität in einem Gebäude.

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Zugbeanspruchte Tragelemente und Seile Für zugbeanspruchte Tragelemente ist eine gleichmäßige Querschnittsfläche und eine gerade Systemachse entscheidend. Die Spannung in einem solchen Element errechnet sich aus der Normalkraft, die durch die Fläche des Querschnitts geteilt wird. Für die Dimensionierung ist also der geringste auftretende Querschnitt maßgebend. Zugbeanspruchte Tragelemente können Kräfte über lange Strecken weiterleiten, da sie keinen Stabilitätsproblemen ausgesetzt sind. Die Ausprägung ihres Querschnitts ist zweitrangig, so findet man Doppel-T-Querschnitte ebenso wie Zugstäbe oder Seile. Nicht senkrecht verbaute zugbeanspruchte Tragelemente erfahren aus ihrem Eigengewicht eine abweichend von der Systemachse verlaufende Krafteinwirkung, die zu Durchbiegung führt. Seile illustrieren dieses Phänomen für den Betrachter am deutlichsten, indem sie häufig diesem Lastfall entsprechende Formen annehmen. Neben der rein linearen Tragwirkung des vektoraktiven Systems können Seile auch formaktive Tragwirkung erlangen. Dabei stellt sich zwischen festen Auflagern eine Hängeform ein, die freien Raum überspannt und äußere Kräfte über Zugkräfte umlenkt (Abb. B 1.27). An den Auflagern entstehen dabei stets horizontale Kräfte, die beim Entwurf berücksichtigt werden müssen, da die leicht wirkenden Seile in massive Auflagerpunkte münden. Seile werden aus Drahtlitzen gefertigt, in denen einzelne Drähte umeinandergelegt (geschlagen) sind. Mehrere dieser Litzen werden dann zu einem Seil verarbeitet, wobei ihre Anordnung zueinander auf die jeweilige Einsatzart des Seils abzustimmen ist. Im Vergleich zu Zugstäben besitzen Seile höhere Festigkeiten, ihr E-Modul liegt mit 155 000 –165 000 N/mm² jedoch wesentlich unter dem von Stäben.

Konzipierung von Stahltragwerken

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B 1. 27 Ein gefräster Stahlknoten dient der Lastumlenkung zwischen zugbeanspruchten Seilen mit verschiedenen Wirkungsrichtungen. BMW Luftraumobjekt, Flughafen München (D) 2003, Franken Architekten B 1. 28 Fachwerkträger mit geknickten oder gekrümmten Gurten a geknickter Obergurt mit fallenden Diagonalen b parabolförmiger Obergurt c Fischbauchträger (parabolförmiger Untergurt) d Pauli-Träger e Sichelträger f Schwedler-Träger B 1. 29 typische Fachwerke für Satteldächer a einfaches Dreieckdach b Deutscher Binder c Belgischer Binder d –f Polonceau-Träger

B 1. 30 Fachwerkträger, parallelgurtig a mit zur Mitte hin fallenden Diagonalen b mit zur Mitte hin steigenden Diagonalen c innerlich statisch unbestimmtes Fachwerk d Rautenfachwerk ohne Pfosten e Rautenfachwerk, das nur durch den mittleren Pfostens standsicher ist f Netzfachwerk g K-Fachwerk h Fachwerk ohne Pfosten B 1. 31 Vierendeelträger a Geometrie und Belastung b Normalkraftverlauf c Momentenverlauf d dem Kraftverlauf angepasste Profilgrößen B 1. 32 räumliches vektoraktives Stahlragwerk, BMW Welt, München (D) 2007, Coop Himmelb(l)au. Das Mischsystem wirkt partiell als Trägerrost und weist in stark gekrümmten Bereichen Schalentragwirkung auf.

bezeichnet. Anders als Fachwerkträger entfalten sie ihre Tragwirkung nicht nur über Druck- und Zugkräfte. Vielmehr treten Biegebeanspruchungen auf, die über steif ausgebildete Rahmenecken aufgenommen und weitergegeben werden (Abb. B 1.31). Der Vierendeelträger erfordert größere Profildimensionen als der Fachwerkträger, seine quadratischen Öffnungen sind jedoch oftmals aus funktionalen Gründen wie Tür- oder Haustechniköffnungen erforderlich. Die Grenzen zwischen den unterschiedlichen Tragwerkstypologien verlaufen fließend. Masseoptimierte Träger können zu Lochsteg-, Fachwerk- und Vierendeelträgern werden, während zweiachsig gespannte Träger mit

biegesteifen Verbindungen als Roste wirken und bei zunehmender Verdichtung ein flächiges Tragverhalten aufweisen.

B 1.31

Außerdem sind sie flexibler und können daher einfacher montiert werden. Die meisten Konstruktionen erfordern zum Entfalten der vollen Tragwirkung ein Vorspannen der Seile. Fachwerkträger Fachwerkträger sind Tragelemente am Übergang zwischen vektorieller und flächiger Tragwirkung. Einerseits können sie als aufgelöste Träger betrachtet werden, deren Stabverteilung stets dem Kraftfluss folgt. Andererseits geht es bei Fachwerkträgern um eine vollkommen veränderte Tragwirkung, die Biegebeanspruchungen ausschließlich in Druck- und Zugkräfte umsetzt. Mit Fachwerkträgern lassen sich höhere Spannweiten auf eine wirtschaftlichere Weise erzielen als mit Balkenträgern, da sie ein deutlich geringeres Eigengewicht in Relation zur Spannweite besitzen. Sie erfordern allerdings größere statische Konstruktionshöhen, um ihre Tragwirkung zu entfalten. Dabei wird die Masse von Ober- und Untergurt möglichst weit von der neutralen Achse verschoben und der Bereich dazwischen durch filigrane Druck- und Zugstäbe ausgebildet. Alle linearen Elemente innerhalb eines Fachwerkträgers sind idealerweise ausschließlich Druck- und Zugkräften ausgesetzt, sodass ihre Querschnitte effizient ausgenutzt werden. Gelenkige Verbindungen leiten Kräfte um und verhindern die Entstehung von Biegemomenten innerhalb des Systems. Zwischen Ober- und Untergurt werden vertikale Druckpfosten und diagonale Stäbe anhand der Spannungsverteilung so angeordnet, dass die charakteristischen N-, V- und X-Formen entstehen (Abb. B 1.28 – B 1.30). All diese Typologien erzeugen Dreiecksverbände, die ein geometrisch stabiles und geschlossenes Gefüge ausbilden. Die Kraftumlenkung erfolgt durch die Aufspaltung äußerer Kräfte und die Verteilung auf zwei oder mehrere Stäbe mit unterschiedlicher Orientierung. Dabei sollte ein Winkel zwischen 45° und 60° zur Kraftrichtung gewählt werden, um eine wirksame Kraftumlenkung und relativ geringe interne Kräfte zu erzeugen.

Raumfachwerke Die Vorteile des ebenen Fachwerkträgers mit seinem günstigen Verhältnis von Spannweite zu Materialeinsatz und Gewicht können auch auf die dritte Dimension ausgeweitet werden (Abb. B 1.32). Analog zum Trägerrost beteiligen sich bei Fachwerkträgern die beiden Spannrichtungen gemeinsam am Lastabtrag und stabilisieren sich gegenseitig gegen Kippen. Ein ebenes räumliches Fachwerk mit parallel verlaufenden Ober- und Untergurtebenen kann

Vierendeelträger Träger ohne Diagonalen mit ausschließlich vertikalen Pfosten werden als Vierendeelträger B 1.32

39

Konzipierung von Stahltragwerken

man sich geometrisch als zwei Scharen ebener Fachwerkträger vorstellen. Möchte man jedoch räumlich komplexere Strukturen erzeugen, so ist es hilfreich, diese auf Basis kleinerer geometrischer Grundmodule herzustellen. Ebenso wie ein Fußball auf fünf- und sechseckigen Flächen basiert, lassen sich dreidimensionale Stabmodule zu einer Großform kombinieren oder packen. In einem Packsystem werden verschiedene Polyeder miteinander kombiniert und ermöglichen unregelmäßige Ränder oder die Änderung der statischen Höhe eines Raumfachwerks durch zusätzlich Module. Solche Raumfachwerke mit serieller Wiederholung identischer Module sind aus den 1970er-Jahren bekannt, gewinnen dank neuer digitaler Technologien jedoch wieder zunehmend an Bedeutung. Die immer enger verknüpfte Prozesskette von Entwurf, Tragwerksplanung und Fertigung erlaubt die parametrische Differenzierung einzelner Module. Nicht mehr die exakten geometrischen Dimensionen sind entscheidend, sondern eine stets wiederkehrende Anordnung von Stäben innerhalb des Moduls bei unterschiedlichen Winkeln und Stablängen. Der Einsatz von Software zum Modellieren von Freiformflächen in der Architektur hat in den vergangenen Jahren vermehrt zu flächenbasierten Entwürfen geführt. Für die Tragwerksplanung und die Umsetzung solcher mitunter sehr komplex gekrümmten Formen dienen zweidimensionale Flächen ohne Materialdicken jedoch lediglich als Referenzflächen [3]. Ihnen folgt das Achssystem des Tragrasters, um die Großform möglichst genau abzubilden. Durch Raumfachwerke und Trägerroste können diese Freiformen konstruktiv umgesetzt werden. Ober- und Untergurtlagen folgen dabei der Krümmung der Fläche, während Diagonalen und Pfosten dazwischen so angeordnet werden, dass ein günstiger Lastabtrag erfolgen kann und fertigungstechnisch vorteilhafte Knotenverbindungen entstehen.

a

b

Formaktive Tragsysteme

Formaktive Tragsysteme folgen mit ihrer Form dem Kräfteverlauf, sodass ausschließlich Normalkräfte im System wirken. Beim Entwerfen solcher Tragwerke gilt es, die beste Form zu finden anstatt sie zu gestalten (Abb. B 1.33). Frei Otto, Heinz Isler, Antoni Gaudi und viele andere haben eine Vielzahl von Beispielen für diesen Entwurfsansatz geliefert. Ein flexibles, nicht steifes Materialsystem wird dabei an definierten Punkten (Auflagern) fixiert und anschließend der Schwerkraft oder anderen maßgeblichen Lastfällen ausgesetzt. Aus diesem Prozess resultiert eine Form, die innere und äußere Kräfte ins Gleichgewicht bringt und den Kraftverlauf ablesbar macht. Hängeseile, Membrankonstruktionen und pneumatische Systeme gehören zu den zugbeanspruchten formaktiven Tragsystemen (Abb. B 1.33 a, b), Schalen und Bögen – als Umkehrung von Hängemodellen – sind druckbeanspruchte Tragsysteme (Abb. B 1.33 c, d). Formaktive

c

d

40

B 1.33

Tragsysteme erzeugen stets horizontale Kräfte im Auflager und reagieren sensibel auf veränderte Lastfälle und punktuelle Belastungen. Aufgrund ihres minimierten Materialeinsatzes sind sie vergleichsweise ressourcenschonend, ein Vorteil, der allerdings mit einem stark eingeschränkten Formenrepertoire bezahlt wird, was wiederum oft im Widerspruch zu gestalterischen und funktionalen Anforderungen steht. Druckbögen Erzeugt die Kettenlinie in einem Seil reine Zugkräfte, so entstehen bei ihrer Umkehrung in einen stehenden Bogen ausschließlich Druckkräfte. Wie bei linearen druckbeanspruchten Tragelementen tritt auch im Druckbogen ein Stabilitätsproblem auf, sodass die Gefahr des Beulens oder Knickens untersucht werden muss. Wirken neben dem Eigengewicht weitere Lasten auf den Bogen ein, so eignen sich unterschiedliche Bogenformen für verschiedene Lastfälle. Druckbögen, die einer gleichmäßigen horizontalen Gleichstreckenlast ausgesetzt sind, erreichen die größte Tragwirkung, wenn ihre Form eine Parabel beschreibt. Unter Eigengewicht ist hingegen die Kettenlinie am wirkungsvollsten. Ein Tragwerk kann jedoch nicht ausschließlich für einen Lastfall ausgelegt sein. Wirken Kräfte auf einen Bogen ein, die die Stützlinie der Kraft verändern, ändert sich entweder die Geometrie des Druckbogens oder der Querschnitt muss entsprechend vergrößert werden, um Biegekräfte aufnehmen zu können. In der baulichen Umsetzung von Bögen ergeben sich immer Abweichungen von der idealen Form. Beispielsweise wird ein Polygonzug aus linearen Elementen genutzt, um näherungsweise die Form eines Bogens zu beschreiben. Diese Abweichungen sowie Imperfektionen in der Umsetzung müssen bei der Dimensionierung des Querschnitts berücksichtigt werden. Druckbögen erzeugen stets horizontale Schubkräfte in den Auflagern. Je ungünstiger das Verhältnis zwischen Bogenstich und Spannweite ist, umso höher werden die Kräfte. Auch die Stabilitätsproblematik nimmt damit zu. Gitterschalen Eine räumliche Krümmung zu einer Schale oder einem Bogen führt zu einem verbesserten Tragverhalten. Neben der vektor- und flächenbasierten Tragwirkung tritt dann die geometrische Form der Struktur in den Vordergrund. Einsinnig gekrümmte Tonnen oder zweisinnig gekrümmte Schalen können in Gitterschalen aufgelöst und mit dem Baustoff Stahl aus linearen Bauelementen realisiert werden. Netzkuppeln sind vorstellbar als zunächst ebene Roste, die über eine Kugel- oder Tonnenoberfläche gelegt werden. Diese einlagigen, druckbeanspruchten Systeme sind an ihren Knotenpunkten verschraubt oder verschweißt. Biegebeanspruchung lässt sich nur vermeiden, wenn bestimmte symmetrische Bogen- oder Schalengeometrien realisiert werden. Zur Erlangung einer höheren

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1. 33

formaktive Tragwerke a Membran-/Seilsystem b pneumatisches System c Gewölbe d Gitternetzschale B 1. 34 doppelt gekrümmte Gitternetzschale aus Vierecksmaschen, Glasdach Schlüterhof, Deutsches Historisches Museum, Berlin (D) 2003, Schlaich Bergermann und Partner B 1. 35 Das Diagramm der Trajektorien in Balken, Wandträger und Scheibe zeigt den graduell wechselnden Spannungsverlauf in den verschiedenen Systemen. B 1.34

Schubsteifigkeit, die nicht durch die Biegesteifigkeit der Knotenverbindungen zu gewährleisten ist, können Scharen von zugbeanspruchten und diagonal verspannten Seilen beitragen. Deren schlanker Querschnitt lässt die Viereckmaschen visuell in den Vordergrund treten (Abb. B 1.34). Geodätische Kuppeln Geodätische Kuppeln basieren auf einer Kugelgeometrie, die sich mit linearen Stabelementen abbilden lässt. Das Stabwerk entsteht durch geometrische Transformationen von Polyedern wie etwa dem Dodekaeder oder dem Ikosaeder, wobei alle Stabknoten auf der Kugeloberfläche liegen sollten. Anders als die Netzkuppel besteht die geodätische Kuppel aus dreieckigen Maschen. Beide Systeme zeichnen sich durch ein günstiges Verhältnis von Spannweite/Volumen zu Materialeinsatz aus. Vollflächige Stahlschalen findet man in der Praxis nur selten. Das sphärische Krümmen von Blechen ist sehr aufwendig und erfordert projektspezifische Umformungswerkzeuge, wie man sie aus der Automobilindustrie und dem Schiffsbau kennt. Da es sich bei Bauwerken jedoch meist um prototypisch einmalige Projekte handelt, stehen die Kosten für den Werkzeugbau in einem ungünstigen Verhältnis zum umgesetzten Produkt. Dünnwandige Schalen neigen außerdem zum Beulen und müssten wiederum über Steifen verstärkt werden. Die computergestütze Planung und Fertigung hat den Formenkanon für Gitterschalen seit Mitte der 1990er-Jahre stark erweitert. Gleichzeitig tritt die Anforderung nach einem möglichst großen Wiederholungsfaktor von geometrisch identischen Knoten und gleichen Stablängen durch die Digitalisierung des Bauens in den Hintergrund. Statt einer Serienproduktion immer gleicher Elemente bietet die computer-numerisch gesteuerte (CNC) Produktion die Möglichkeit einer Individualisierung innerhalb der Serie, und zwar ohne die wirtschaftlichen Nachteile einer prototypischen Individualisierung. Knotenwinkel und Stablängen können an die lokale Geometrie einer Freiform angepasst werden. Der digitalen Innovation in der Fertigung ging die Entwicklung neuer analytischer Rechenver-

fahren vorraus, die auch das Tragverhalten komplexerer Geometrien abbildbar machten. Dynamische Relaxation und die Finite-ElementMethode übersetzen die »Materialcomputer« von Frei Otto, Heinz Isler und anderen Planern in digitale Prozesse. In der Folge der Computerisierung entstanden eine Reihe von Gitterschalen, die stärker auf ihren baulich geometrischen Kontext reagieren oder mit ihrer architektonisch motivierten Form von den formal eingeschränkten Standardlösungen abweichen. Die Tragwirkung dieser freien Formen basiert auf Mischsystemen, die viele der oben beschriebenen Tragprinzipien und Bauelemente in sich vereinen. Eine Form wird nicht mehr gefunden und damit auf ein limitiertes Formenrepertoire von Minimalflächen

reduziert. Stattdessen werden die unterschiedlichen Wirkungsweisen und Qualitäten innerhalb einer freien Form »aufgespürt« und verstärkt sowie Profilquerschnitte bzw. Maschenweiten von Netzen den lokalen Anforderungen angepasst. Flächenaktive Tragelemente

Als flächenaktive Tragelemente bezeichnet man Bauteile, die in zwei Richtungen deutlich größer dimensioniert sind als in die dritte. Flächentragwirkung kann beispielsweise über eine Verdichtung von linearen Tragelementen – z. B. Stahlbleche oder Sandwichkonstruktionen – entstehen. Verläuft die Wirkungslinie der äußeren Kraft parallel und in gleicher Ebene wie das flächige Bauteil, handelt es sich um eine

0,167 H 0,666 H Balken 0,167 H

0,172 H

0,674 H

Wandträger H=1/2 H 0,154 H

0,382 H

0,525 H Scheibe 0,093 H B 1.35

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Konzipierung von Stahltragwerken

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B 1.41 B 1.42 B 1.43

Faltwerk als weit gespannte Decke, Yokohama International Port Terminal, Yokohama (J) 2002, Foreign Office Architects flächenaktive Tragsysteme a Einfeldscheiben b einachsiges Faltwerk c einfach gekrümmte Schalen d hyperbolisches Paraboloid MyZeil, Frankfurt /M. (D) 2010, Massimiliano Fuksas, Schweißknoten, bestehend aus dicken Blechen, die mit Rechteckrohren verschweißt werden Expohalle, Hannover (D) 1997, Ackermann und Partner, Gussknoten mit angeschweißten Rundrohren Westfield, London (GB) 2008, Buchan Group International, Knoten mit verdeckter Schraubverbindung im Innern des Hohlprofils MyZeil, Frankfurt /M. (D), Isometrie des Schweißknotens Expohalle, Hannover (D), Isometrie des Gussknotens Westfield, London (GB), Isometrie des Schraubknotens

B 1.36

Scheibentragwirkung. Wirkt die Kraft senkrecht zur Fläche spricht man von einer Platte mit Biegetragwirkung. Die Platte ist ein schnittaktives Tragsystem, das zum horizontalen Überspannen von Räumen genutzt wird (Abb. B 1.37). Scheiben Eine auf Zug belastete Scheibe kann Kräfte in einer oder zwei Achsrichtungen aufnehmen. Dabei entstehen ungleichmäßige Spannungsverteilungen innerhalb des Bauteils. Zugbeanspruchte Bleche finden sich in Kastenträgern oder als Stegbleche von Trägern. Häufiger eingesetzt wird jedoch die auch auf Druck belastete Scheibe, die mit Tragbalken verglichen werden kann. Allerdings liegen die Resultierende der Zugkräfte wie auch Nulllinie deutlich tiefer als beim Balken. Dabei nimmt der obere Teil der Scheibe in der Regel keine Druckkräfte auf, außerdem zeigt die Spannungsverteilung nicht mehr nur bogenförmige Linien, sondern auch einen beinahe vertikalen Kraftfluss zu den Auflagern. Wie bei linearen druckbeanspruchten Tragelementen gibt es auch bei druckbeanspruchten Scheiben Stabilitätsprobleme, da bei Überschreiten der kritischen Spannungen Beulversagen auftreten kann. Im Stahlbau wäre die Vergrößerung der Bauteildicke jedoch eine unwirtschaftliche Antwort auf dieses Problem. Stattdessen leisten netz- oder rippenförmig angeordnete aufgeschweißte Streifen den gewünschten statischen Effekt einer Erhöhung der Beulsteifigkeit. Ein interessanter Ansatz zur Erlangung zusätzlicher Stabilität, der gestalterische und tragwerksrelevante Aspekte vereint, ist das gezielte Falten von Blechen parallel zur Druckbeanspruchung. Diese in unterschiedlichsten Maßstäben verwendbare Technik vergrößert die statische Höhe eines Bauteils und kann den Widerspruch von Ornament und Funktion auflösen (Abb B 1.36). Well- oder Trapezbleche erfüllen die Stabilitätsanforderung auf vergleichbar profane Weise, jedoch nur in eine Richtung.

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Rahmentragwerke Platten und Scheiben sind typische Bauteile aus dem Massivbau und erfahren im Stahlbau d

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B 1.37

stets eine Auflösung in lokal differenzierte Bauteile, die den Materialverbrauch reduzieren und der Leistungsfähigkeit des Baustoffs Rechnung tragen. Der zweidimensionale Rahmen als Einheit von lastabtragenden Stützen und horizontal spannendem Träger erfüllt eine Vielzahl von Tragwerksfunktionen, die sich in Scheiben, Stützen und Trägern wiederfinden. Im Stahlbau werden Rahmen häufig für eingeschossige Hallen, aber auch für mehrgeschossige Konstruktionen verwendet. Der Tragwerksentwurf muss dabei den Rahmen und sein Verhalten als Gesamtsystem genauso behandeln wie das seiner einzelnen Elemente. Rahmen können mit einem, zwei oder drei Gelenken ausgeführt werden. Je mehr Gelenke ein Rahmen besitzt, umso größer ist die Möglichkeit der Verformung unter dem Einfluss der äußeren Kräfte. Gelenke können am Anschluss zwischen Stütze und Träger und /oder an den Fußpunkten der Stützen angeordnet werden. Jedes Gelenk verhindert die Weiterleitung von Momenten in das angeschlossene Bauteil. So befindet sich das maximale Moment des gelenkig angeschlossenen Trägers in der Mitte der überspannten Distanz. Gegebenenfalls für die horizontale Stabilität benötigte zugbeanspruchte Auskreuzungen innerhalb der Rahmenebene führen dann zu einem System, das jenem der Scheibe ähnelt. Diese Auskreuzungen behindern mitunter die Nutzung des eingeschlossenen Raums, der nun in Achsrichtung der Rahmen unterteilt ist. Die biegesteife Verbindung zwischen Stütze und Träger ermöglicht die Aufnahme horizontaler Lasten durch das Rahmensystem sowie eine Reduzierung der Trägerhöhe. Ein solcher Portalrahmen dient nicht nur dem vertikalen Lastabtrag, sondern auch der Aussteifung eines Gesamtsystems. Die dabei auftretenden Biegebeanspruchungen führen allerdings zu großen Stützenquerschnitten. Biegesteife Rahmen sind weniger tolerant gegenüber konstruktiven Ungenauigkeiten und thermischen Verformungen als gelenkige Systeme. Faltwerke Faltwerke kombinieren die Tragwirkung von Platte und Scheibe. Eine einfach gefaltete Platte stellt bereits eine Mischform von verschiedenen

Konzipierung von Stahltragwerken

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Tragmechanismen dar (Abb. B 1.37 b). Im Schnitt entsteht ein Fachwerk, wobei die Faltungen mit den Diagonalen in einem Fachwerkträger vergleichbar sind. Die obere Faltkante bildet ein neues Auflager, das die Spannweite der Platte verringert – die Platte spannt nun diagonal vom unteren Auflager zur oberen Faltung und erzielt durch diese Orientierung zur einwirkenden Kraft gleichzeitig eine Scheibentragwirkung. Einerseits führt die Faltung zu einer signifikanten Vergrößerung der Konstruktionshöhe, andererseits entstehen an den Auflagerpunkten aber auch Horizontalkräfte. Flächige Faltwerke werden im Stahlbau aus linearen Bauteilen – also vektoraktiven Systemen – zusammengesetzt. Blechbeplankungen tragen zur Scheibenwirkung bei und bilden eine durchgängig geschlossene Oberfläche (Abb. B 1.36) [4].

gewünschten Freiheitsgrade in einem Knoten bestimmt seine konstruktive Ausbildung. Ein gelenkiger Knoten erlaubt das Verdrehen um eine bestimmte Achse, sodass Biegebeanspruchungen nicht auftreten können. Ein horizontal verschiebliches Auflager kann thermische Verformungen aufnehmen und damit Zwängungen im System vermeiden. Solche statischen Anforderungen, aber auch fertigungstechnische Rahmenbedingungen haben einen großen Einfluss auf die Gestaltung eines Knotens. Natürlich hat auch ein als linear bezeichnetes Bauelement drei Dimensionen. An einem Knotenpunkt treffen also Profile aus verschiedenen Richtungen aufeinander, um dort miteinander verbunden zu werden. Rundrohrquerschnitte ermöglichen eine vergleichsweise einfache Fügung, komplexere Querschnitte hingegen erfordern häufig die Verwendung eines separaten Knotenbauteils. Der Knoten wird damit gestalterisch und technisch zu einem wichtigen Entwurfsthema. Knotenverbindungen treten an verschiedenen Punkten eines Tragwerks auf und werden je nach Materialeigenschaften, Gestaltungsanspruch und Lasten unterschiedlich gestaltet.

Knotenverbindungen

Alle dreidimensionalen, vektoraktiven Tragwerke erfordern das Verbinden von mehr als zwei Stabelementen, die aus drei Richtungen an einem Punkt aufeinandertreffen (Abb. B 1.38 – B 1.43). Aus tragwerksplanerischer Sicht besitzt das Ende eines linearen Elements sechs Freiheitsgrade: Drei Translationsfreiheitsgrade ermöglichen eine Positionsänderung in X-, Y- und Z-Richtung bei Lasteinwirkung. Hinzu kommen drei Rotationsfreiheitsgrade um die Achsen des kartesischen Koordinatensystems. Die Anzahl der

B 1.41

Auflager Auflagerpunkte lassen sich steif, gelenkig oder verschieblich ausbilden. Häufig erfolgt am Auflager auch ein Materialwechsel, z. B. trifft hier eine Stahlstütze auf eine Stahlbetonplatte. Zur Verteilung der punktuell eingeleiteten Last

B 1.42

B 1.40

kommen – parallel zum lastaufnehmenden Bauteil – Kopfplatten zum Einsatz, die über Verankerungspunkte gelenkig oder starr ausgebildet sind. In Abhängigkeit von ihrer Dicke und der Intensität der Auflagerreaktion kann die Kopfplatte durch zusätzliche Knotenbleche verstärkt werden. Ein gelenkiger Anschluss lässt sich auch oberhalb der Kopfplatte konstruktiv gestalten, um damit die Wirkungsweise des Tragwerks zu visualisieren. Stützenstoß Die Verbindung von zwei in einer Achse verlaufenden Stützen bezeichnet man als Stoß. Dieser lässt sich als Schweiß- oder Schraubverbindung ausführen. Großflächig aufeinanderliegende Stoßflächen können verschweißt werden (Kontaktstoß). Um die Stoßfugen zu überbrücken, kommen – alternativ oder zusätzlich – aber auch geschraubte Stahllaschen zum Einsatz. Eine weitere Möglichkeit ist das Verbinden zweier Stützen durch am Stützenende angeschweißte und miteinander verschraubte Stirnplatten. Ein Stützenstoß muss die durchgängige Lastabtragung sowie eine Formänderung ermöglichen und sollte am Ende der Stützenknicklänge positioniert werden. Ist dies nicht möglich oder treten neben Druck- auch Biegebeanspruchungen auf, ist ein Vollstoß auszuführen. Dieser Stoß ist konstruktiv in der Lage, alle in Steg und Flanschen auftretenden Kräfte vollständig zu übertragen.

B 1.43

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Konzipierung von Stahltragwerken

Anschluss Stütze – Träger Die Verbindung von Stütze und Träger erfolgt über Konsolen, Anschlussbleche, Stirnplatten oder Winkelpaare und kann biegesteif oder gelenkig realisiert werden. Beim gelenkigen Anschluss übergibt der Träger ausschließlich Querkräfte an die Stütze, unerwünschte Momente werden durch eine mittig in Stabachse eingebrachte Belastung vermieden. Die konstruktive Umsetzung eines gelenkigen Knotens mit Anschluss- oder Stirnplatten erzeugt zunächst scheinbar kein Gelenk. Verwirrend ist überdies, dass biegesteife Anschlüsse mit ähnlichen Konstruktionen realisiert werden. Die Gelenkigkeit der Verbindung wird jedoch über zwei Parameter gesteuert: die Stärke der Platten und die Lage der verbindenden Elemente. Je dünner beispielsweise eine Stirnplatte ausgebildet ist, umso stärker verformt sie sich aufgrund der nicht vermeidbaren, aber minimalen Durchbiegung jedes Trägers. Die Verformung der Stirnplatte oder ihrer Schraubverbindung erzeugt die Gelenkwirkung des Anschlusses. Bei biegesteifen Anschlüssen hingegen sind alle am Anschluss beteiligten Elemente so dimensioniert, dass keine Verformungen auftreten, sondern die Biegebeanspruchung direkt in die Stütze abgegeben wird. Anschluss Träger – Träger Bei diesem Anschluss gelten dieselben Prinzipien wie für die Verbindung Stütze – Träger. Anschlussbleche, Stirnplatten, Winkelpaare und Laschen werden genutzt, um gelenkige oder biegesteife Anschlüsse zu erzeugen. Neben dem Stoß zweier Träger in einer Achse erfordern Trägerroste, Unterzüge und Sekundärträgerlagen häufig auch einen Anschluss zweier rechtwinklig aufeinandertreffender Träger. Beim Einsatz von Doppel-T- Profilen eignen sich Winkelpaare oder Laschen, die ein- oder beidseitig mit den Stegen der Träger verschraubt sind. Schweißverbindungen bleiben dagegen aus Kostengründen meist auf ein Minimum beschränkt. Bei gelenkigen Anschlüssen werden Trägerflansche oft ausgeklinkt, um den Knoten möglichst nahe an die Schwerachsen zu führen und damit den Hebelarm für auftretende Momente zu reduzieren. Rechtwinklig anschließende Träger verursachen je nach Lage ihres Angriffspunkts Torsionsmomente im lastaufnehmenden Träger, der dementsprechend torsionssteif ausgebildet sein muss. Fachwerk Im Fachwerk treffen die Systemachsen von Gurten, Diagonalen und Pfosten in einem Punkt aufeinander und werden dabei als gelenkig angeschlossen betrachtet. Bei der tatsächlich gebräuchlichen konstruktiven Umsetzung mittels geschweißter oder geschraubter Knotenbleche stellt sich die Gelenkwirkung jedoch in Wahrheit über verformbare Bleche und das Spiel in der Schraubverbindung ein. Sind die Knotenbleche aus konstruktiven oder geometrischen Zwängen sehr groß und massiv auszubilden, besteht keine gelenkige Verbindung

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mehr. In diesem Fall müssen die Fachwerkstäbe auf ihre Biegebeanspruchung hin geprüft und entsprechend ausgebildet werden. Treffen viele Profile eines räumlichen Fachwerks oder einer Netzkuppel in einem Systemknoten zusammen, sind konstruktiv und geometrisch komplexe Knoten erforderlich, eine Ausführung mit einfachen Knotenblechen oder abgelängten Profilen ist in diesem Fall nicht mehr ausreichend. Knoten sind dann als eigenständige Bauteile zu fertigen. Folgt ein Raumfachwerk einer freien Form, kommt es zu einer kontinuierlichen Veränderung der Winkel zwischen den Stäben. Die computergestützte Fertigung ermöglicht eine Herstellung von individuellen Knoten. Ein solcher Fall erfordert eine konstruktive Lösung, die trotz unterschiedlicher Topologie (Stabanzahl und -verteilung) oder Geometrie (Stabwinkel) funktioniert und eine gestalterisch einheitliche Lösung bietet. Stahleinbauteil Eine wichtige Kategorie unter den Knotentypen bilden jene Verbindungen, mit deren Hilfe die Kräfte aus Stahlbauteilen in massive Bauteile (in der Regel in Stahlbeton) eingeleitet werden. Sie sind also dort zu planen, wo die beiden Materialien aufeinandertreffen. Prinzipiell ist dies immer dann der Fall, wenn der Materialwechsel aus Sicht der beteiligten Planer sinnvoll erscheint. Klassische Beispiele im Hochbau stellen etwa Auflagersituationen von leichten Stahltragwerken auf Stahlbetonstützen, -trägern oder -wänden dar, bei denen unterschiedliche Anforderungen hinsichtlich Ästhetik und/oder Brandschutz an das Stahltragwerk sowie die stützenden Bauteile bestehen. Darüber hinaus sind sie auch dann von Vorteil, wenn in solchen Übergangsbereichen hohe Lastkonzentrationen auftreten. Wichtig bei der Planung dieser Bereiche ist die klare Definition der statischen Randbedingungen und damit der zu übertragenden Kräfte und Momente. Zunächst heißt das, dass die Verformungen im Übergang kontrolliert werden müssen: Welche Verschiebungen und Verdrehungen zwischen Stahl- und Massivbauteil sind zulässig? Welche dieser Freiheitsgrade sollen ganz oder teilweise blockiert werden? Häufiges Ziel ist eine zumindest teilweise gelenkige Verbindung, sodass sich Relativverdrehungen zwischen den Bauteilen einstellen können. Diese müssen konstruktiv Berücksichtigung finden, um beispielsweise Abplatzungen der Betonkanten zu verhindern. In der Weiterführung im Inneren des Massivbauteils sind ausreichende Abmessungen sowie Randabstände der einbetonierten Bleche und Stahlelemente vorzusehen und mögliche Kollisionen mit der Bewehrung des Massivbauteils zu betrachten. Dabei ist es zuweilen erforderlich, Zusatzbewehrungen zur Einleitung der Beanspruchungen in den Beton einzuplanen. Bereits in der Modellbildung sollte der Tragwerksplaner die wahre Steifigkeit des Massivbauteils berücksichtigen, um das Tragverhalten des Übergangsbereichs nicht zu über- oder unterschätzen. Für die Ausbildung von Stahl-

einbauteilen in Beton existieren die unterschiedlichsten Möglichkeiten – von einfachen Stahlblechen und angeschweißten Knaggen über großformatige Fahnenbleche mit in Reihen angeordneten, aufgeschweißten Kopfbolzendübeln bis hin zu einbetonierten Stahlprofilen und Verbundkonstruktionen. Verbindungen

Elemente können über eine Vielzahl unterschiedlicher Verbindungsarten miteinander verbunden werden, wobei im Stahlbau die gebräuchlichsten Verbindungen nach wie vor Schraub- und Schweißverbindungen sind. Die Entscheidung über die Verbindungsart sollte möglichst früh vom entwerfenden Ingenieur getroffen werden. Im Laufe des Planungsprozesses wird der konkrete Anschluss stetig weiterentwickelt und in Hinsicht auf architektonische und ausführungstechnische Besonderheiten überprüft und angepasst. Schraubverbindungen Standard-Schraubverbindungen bestehen aus Schrauben mit Sechskantkopf, die durch zwei oder mehrere Elemente geführt, mit aufgesetzten Unterlegscheiben versehen und über Muttern gesichert werden. Schraubverbindungen sind für die Montage im Werk ebenso geeignet wie für die Verwendung auf der Baustelle. Sie werden sehr häufig eingesetzt, nicht zuletzt, weil sie eine schnelle und effiziente Bauabfolge ermöglichen. Allerdings sind Tragwerke mit Schraubverbindungen aber auch um ca. 10 % schwerer als vergleichbare Alternativen mit geschweißten Verbindungen. Schraubverbindungen können je nach Anzahl und Lage der Schrauben gelenkig oder biegesteif ausgebildet sein. Grundsätzlich ist zu berücksichtigen, dass sie in der Praxis immer in einem Zustand zwischen biegesteif und gelenkig liegen. Schweißverbindungen Geschweißte Elemente sind dauerhaft miteinander verbunden und werden häufig im Werk vorgefertigt. Schweißarbeiten sind auf der Baustelle von einem Schweißfachmann zu überwachen und erfordern zudem qualifizierte Schweißer, was häufig zu höheren Kosten und mehr Planungsaufwand führt. Dafür können Schweißverbindungen höhere Lasten tragen als Schraubverbindungen. Außerdem bieten sie eine fast vollständige Kontinuität zwischen den verbundenen Elementen ohne Spannungskonzentrationen, die beispielsweise auftreten, wenn große Kräfte über den kleinen Querschnitt einer Schraube von einem Bauteil ins nächste übergeben werden müssen. In diesem Sinne handelt es sich bei ihnen immer um momentübertragende, biegesteife Verbindungen – allerdings ohne die Freiheitsgrade, die eine Schraubverbindung ermöglicht. Im Allgemeinen stellen sie die einzige Möglichkeit zur effektiven Verbindung von Rohrelementen oder Blechen dar, die andernfalls über komplizierte Verbindungselemente erfolgen müsste. Oliver Tessmann, Daniel Pfanner

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fließender Übergang von Dach zu Fassade, keine Trennung der Funktionen der Gebäudehülle, Red Bull Hangar-7 und -8, Salzburg (A) 2003, Atelier Volkmar Burgstaller Hauptragwerk aus Fachwerkbindern mit zusätzlichen äußeren Abspannungen, Europahalle, Messe Hannover (D) 1992, Bertram und Bünemann Partner B 1.44

Funktionen der Bauteile im Gebäude Auf Grundlage der im vorangehenden Kapitel beschriebenen elementaren Tragwerkselemente und Tragsystemtypologien geht es im Folgenden um deren beispielhafte Anwendung in Tragwerksentwürfen. Der Fokus liegt dabei nicht auf der bloßen Demonstration von exemplarischen Projektbeispielen. Vielmehr soll der Blick geschärft werden, wie Tragwerksplaner sich grundlegende Eigenschaften der Stahlbau-Tragelemente zunutze machen und neu zusammensetzen, um auf sämtliche Projektrandbedingungen der Architektur, der Nutzung, des Standorts und der übrigen beteiligten Fachplanungen adäquat einzugehen. So entstehen Tragwerke, die den klassischen Typologien scheinbar nicht mehr zuzuordnen sind und erst bei genauerer Untersuchung ihre hocheffizienten Lastpfade offenbaren. Gebäudehülle

Die Gebäudehülle prägt das äußere Erscheinungsbild eines Bauwerks maßgeblich. Entsprechend sind die ästhetischen Ansprüche an die Hülle und somit auch an das zugrunde liegende Tragwerk häufig sehr hoch. Verschmelzung von Dach und Fassade Wurde früher in der Regel zwischen Dachkonstruktion und vertikaler Fassade unterschieden, so gibt es heute immer mehr Beispiele mit ließenden Übergängen, sodass die gewählte Konstruktion den Anforderungen aus beiden Bereichen genügen muss. Ein typisches Beispiel hierfür sind die Red Bull Hangars-7 und -8 am Salzburger Flughafen (Abb. B 1.44). Die filigrane Leichtigkeit der beiden ellipsoiden Netzwerkschalen wird durch zwei verschiedene Stahlstrukturen ermöglicht, die auf die unterschiedlichen Anforderungen aus der Geometrie und Größe der Hangars reagieren. Hangar-8 erscheint als leichtes Gitterschalentragwerk mit einem sehr geringen Flächengewicht. Seine Grundform basiert dabei auf einem Ellipsoid und weist eine Breite von 63 m und eine Länge von 58 m auf. Die Gitternetzschale besteht aus parallelen Hauptspanten mit tropfenförmigem Querschnitt (Breite/ Höhe = 82,5/ 240 mm), überlagert von

Rundrohren (Ø 82,5 mm) in dreiecksförmiger Netzteilung – identische Profilbreiten ergaben sich aus der Forderung nach einem möglichst einfachen räumlichen Schweißvorgang am Verbindungsknoten. Der fließende Übergang von Wand zu Dach ergibt sich dabei direkt aus der Geometrie und wird mit einem einzigen Anschlussdetail gelöst. Die Füllpaneele aus zweisinnig gekrümmten Isolierglasscheiben (meist transluzent beschichtet, bereichsweise aber auch transparent) sind direkt mit Glasleisten auf die Rundrohre geklebt. Lediglich die gläserne orwand, die die ellipsoide Grundform abrupt abschneidet, wurde in der Konstruktion anders behandelt. Grundsätzlich gibt es sehr vielfältige Möglichkeiten zur Ausbildung von Gebäudehüllen. Unterschieden werden muss zunächst zwischen den Materialien der Füllelemente und denen der Fassadentragstruktur. Während bei tragenden Hüllen im Massivbau (Beton- oder Mauerwerkswände mit einem geringen Öffnungsanteil) beide Funktionen zusammenfallen, ist die Vielfalt der verwendeten Materialien im Skelettbau wesentlich höher. Stahl kommt hier sowohl als Hüllelement – etwa inform von Trapezblechen, Verkleidungen etc. – wie auch als Element der Tragstruktur zum Einsatz. Insbesondere wenn eine große Transparenz, schnelle Montage sowie leichte bzw. weit spannende Konstruktionen erforderlich sind, ist Stahl aufgrund seiner großen Festigkeit und

der guten Verbindungsmöglichkeiten sehr gut geeignet. Einfluss verschiedener Fachdisziplinen Bei weit spannenden Strukturen wie z. B. der von Stefan Polónyi entwickelten Dachkonstruktion für die Europahalle der Messe Hannover (Abb. B 1.45) werden häufig verschiedene Typologien von Bauelementen – Bögen, Fachwerke oder Hängewerke – gemischt, um den Anforderungen aus allen Fachdisziplinen bestmöglich zu genügen. Eine Besonderheit in diesem Fall war, dass die Halle aus städtebaulichen Gründen über die längere, 120 m breite Gebäudeseite spannt. Die gewählte Haupttragstruktur aus dreigurtigen Fachwerkbindern erhielt von außen zusätzliche Abspannungen, sodass letztlich eine Mischkonstruktion aus Fachwerk, Bogen und Hängetragwerk entstand. Durch die sorgfältige Abstimmung der Steifigkeiten der einzelnen Bauelemente wurden ihre verschiedenen Tragwirkungen und damit auch ihre Dimensionen in Einklang gebracht. Die großen Lüftungsquerschnitte erforderten es außerdem, die Diagonalen der 24 m weit spannenden Fachwerknebenträger auseinanderzuschieben, sodass diese nun auch eine vierendeelartige Tragwirkung aufweisen. An den Hallenenden wurde das Dachtragwerk auf die Tragstruktur der Glasfassaden aufgelegt, um eine Hauptträgerachse einsparen zu können. Dieses Beispiel macht deutlich, dass die

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Tragstruktur der Gebäudehüllen immer auch die Schnittstelle für verschiedene Fachdisziplinen (Architektur, Bauphysik, Haustechnik, Tragwerksplanung) bildet. So bestimmt sie nicht nur das äußere Erscheinungsbild, sondern stellt auch den bauphysikalischen Abschluss eines Gebäudes dar. Letzterem Aspekt wurde bei den Fassaden der klassischen Moderne häufig nur eine geringe Bedeutung beigemessen. Zwar dienen sie bis heute als Vorbild für die Transparenz und Filigranität ihrer Bauteile. Gleichzeitig sind sie jedoch aufgrund der erhöhten bauphysikalischen Anforderungen bzw. den gestiegenen Komfortansprüchen der Nutzer in dieser Form heute nicht mehr ausführbar. Häufig reicht es nicht mehr aus, die bisher bekannten Details beispielsweise durch ein einfaches Hinzufügen zusätzlicher Dämmschichten oder die Verwendung leistungsfähigerer Materialien zu ertüchtigen. Die Herausforderung an die Architekten, Tragwerks- und

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Fassadenplaner von heute liegt vielmehr darin, offensiv und kreativ mit diesen veränderten Anforderungen umzugehen und daraus neue Systeme zu entwickeln, die neuen ästhetischen Ansprüchen genügen. Entsprechend wurden in den letzten Jahren Doppelfassadensysteme und Kastenfenster immer weiter entwickelt und auch die Tragstrukturen der Fassaden immer stärker aufgelöst, um ein möglichst hohes Maß an Transparenz zu erreichen. Standardisierung Die Tendenz zu mehr Transparenz und der damit verbundene Einsatz von Stahl in Gebäudehüllen ist direkt mit dem Aufkommen der sogenannten Hightech-Architektur in den 1980er-Jahren verbunden, bei der das Erscheinungsbild nicht zuletzt auf dem Zurschaustellen bzw. Inszenieren von Stahlkonstruktionen basiert. Allgemein bekannte Beispiele wie etwa die Waterloo Station in London (Abb. B 1.46) spielen zum einen mit den technischen Mög-

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lichkeiten und reagieren dadurch zum anderen intelligent auf örtliche Gegebenheiten. So bildeten die Planer die verglasten Bögen dieser Bahnhofshalle aufgrund des engen Baufelds und des in unmittelbarer Nähe entlang eines Auflagers verlaufenden Gleises als asymmetrische Dreigelenkbögen aus. Die Wahl eines statisch bestimmten Grundsystems ermöglichte hierbei die Aufnahme von unterschiedlichen Lagersetzungen, ohne dass zusätzliche Spannungen in das System induziert werden. Durch die Unterspannung bzw. nach außen gelegte Überspannung ließen sich die Bögen so aufspreizen, dass mit einer minimalen Elementgröße eine große Transparenz erzielt werden konnte. Aufgrund der im Grundriss bogenförmigen Überdachung, die zudem in ihrer Spannweite zwischen 33 und 50 m variiert, ergaben sich für die im Prinzip einfachen Bögen komplizierte dreidimensionale Geometrien. Ein intelligenter Skalierungsprozess, bei dem bestimmte Dimensionen konstant gehalten wurden (z. B. der Abstand der Auflagergelenke), führte – trotz unterschiedlicher Bogengeometrien – zu einem bemerkenswert hohen Standardisierungsgrad in den Verbindungen und zu fließenden Übergängen. Eine solche Standardisierung ist vor allem bei einem Einsatz von Gusselementen anzustreben, um die Anzahl der erforderlichen Gussformen zu reduzieren. Gussformen sind immer dann von Vorteil, wenn Elemente vielfach benötigt werden. Alternativ können Knotenpunkte aber auch aus gefrästen Elementen gefertigt werden, wie dies etwa bei der Atriumüberdachung des British Museum in London geschehen ist. Der Einsatz von computergesteuerten Maschinen (CNC-Maschinen) ermöglicht hierbei eine effiziente und exakte Herstellung der Knotenpunkte unabhängig von der Anzahl der verschiedenen Elemente. Die Dimension der Bauteile ist jedoch beschränkt, da meist aus Vollmaterial herausgeschnitten wird und der Verschnitt überdies eher gering gehalten werden soll. Reduktion und Transparenz Ähnlich wie im Bereich der verglasten Dachkonstruktionen werden die klassischen

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Waterloo Station, London (GB) 1993, Nicolas Grimshaw a Querschnittskizze b ausgeführte Bögen in ein flach gespanntes Seilnetz aufgelöste Fassadenkonstruktion, Airport Hotel Kempinsky, München (D) 1993, Murphy/Jahn Eingangshalle Universität Bremen (D) 2000, Jan Störmer a Seilfassade mit nur vertikal spannenden Seilen b Detailschnitt Seilvorspannung

Pfosten-Riegel-Strukturen auch bei den vertikalen Fassaden immer stärker aufgelöst, um eine höhere Transparenz zu erreichen. Hierfür gibt es zwei grundsätzlich unterschiedliche Lösungsansätze: Ein Ansatz versucht, dies durch eine Verstärkung sehr schlanker Tragelemente mit Glasschwertern oder Hinterspannungen zu lösen. Eine andere Möglichkeit ist die Reduzierung der Tragstruktur auf reine Zugelemente, meist Seile. Bei der Atriumfassade des Kempinski Hotels am Flughafen München wurde eine solche Tragstruktur mit horizontal und vertikal spannenden Seilen zum ersten Mal eingesetzt (Abb. B 1.47). Eine weitere Reduktion der Tragstruktur ergibt sich, wenn – wie beispielsweise bei der Fassadenkonstruktion der Eingangshalle der Universität Bremen (Abb. B 1.48) – ausschließlich vertikale Seile gespannt werden. Die Halle besteht aus einem verglasten Trägerrost, der auf insgesamt sechs v-förmigen Stützen und sechs im hinteren Bereich der Halle angeordneten Pendelstützen aufgelagert ist. An diesem Trägerrost sind die vertikalen, vorgespannten Seile der 15 m hohen Glasfassade aufgehängt. Das Tragverhalten solcher Fassaden wird im Wesentlichen durch die Höhe der Seilvorspannung bestimmt. Um die Vorspannung in diesem Fall auch bei veränderlichen Temperaturen möglichst konstant zu halten, wurden an den Fußpunkten jeweils große Federpakete angebracht. Aufgrund ihrer Konstruktionsart weisen die seilverspannten Fassaden große Verformungen unter Horizontalbelastungen auf, die sich absolut nur durch eine Erhöhung der Vorspannung bzw. eine Versteifung der anschließenden Bauteile reduzieren lassen. In Abhängigkeit von den zulässigen Verformungen und Verwindungen der Gläser können dabei sehr hohe Vorspannkräfte erforderlich sein, die dann von entsprechend stärker ausgebildeten Dachkonstruktionen abzutragen sind. Bei der Eingangshalle der Universität Bremen wurde zugunsten einer höheren Seilvorspannung und einer massiveren Dachkonstruktion an den Gebäudeecken eine Fuge vorgesehen, sodass die Verwindung der Gläser unter horizontalen Beanspruchungen letztlich relativ klein bleibt.

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Bauteilfugen Wie bei den beispielhaft vorgestellten vertikalen Seilfassaden oder bei der Europahalle in Hannover sind viele Fassadenkonstruktionen direkt mit der Tragstruktur des Dachs gekoppelt. Werden die Träger bzw. Stützen der Stahlkonstruktion hierbei ohne eine weitere Unterkonstruktion für eine Verglasung verwendet, so ist einerseits eine genaue Planung der Schnittstellen zwischen Stahlbau und Fassadenkonstruktion erforderlich, um eine Einhaltung erhöhter Toleranzen für den Fassadenbau zu ermöglichen. Anderseits kann in diesem Fall auf eine aufwendige und optisch häufig unerwünschte Ausbildung einer Bewegungsfuge zwischen Dachtragwerk und Fassade verzichtet werden. Solche Fugen stellen eine bauphysikalische Schwachstelle dar, sind insbesondere bei weit spannenden Dachkonstruktionen mit großen absoluten Verformungen aber ansonsten unerlässlich. Einen alternativen Lösungsansatz zur Ausbildung herkömmlicher Bewegungsfugen bot das Konzept einer flexiblen Fassadenkonstruktion für die BMW Welt in München. Das als Raumfachwerk ausgebildete Dachtragwerk mit variabler Höhe wird dabei umlaufend durch eine bis zu 24 m hohe modifizierte Pfosten-Riegel-Fassade geschlossen. Die Pfosten sind rund 10° zur Vertikalen geneigt und auf einer Höhe von ca. 7,50 m geknickt. Dieser Knick ermöglicht einerseits ein flexibles Nachgeben der Fassade, sodass die vertikalen Verformungen der Dachtragstruktur ohne eine zusätzliche Belastung der Fassadenkonstruktion aufgenommen werden können. Andererseits lassen sich die Pfosten auf diese Weise und unter Ausnutzung der Sprengtragwirkung schlanker ausbilden. Im Rahmen eines Sondervorschlags für das Dachtragwerk wurde letztendlich allerdings auf die Realisierung dieses innovativen Ansatzes zugunsten getrennter Systeme verzichtet und eine Bewegungsfuge am Anschlusspunkt zum Dach ausgebildet.

vertikale Bauteile wie etwa Stützen und Wände. Darüber hinaus haben Geschossdecken aber noch weitere Funktionen im Bauwerk, denen das gewählte statische System gerecht werden muss. Zum einen sollen sie die unterschiedlichen Geschosse voneinander abschirmen – beispielsweise in Hinsicht auf den Schallund Brandschutz, was zu Mindestdicken der Deckenplatten führen kann. Zum anderen muss die Deckenkonstruktion auf das gewählte System der Haustechnikunterverteilung reagieren. So sollten Träger- und Leitungsführungen aufeinander abgestimmt werden. Möglichst früh ist aber auch auf eine koordinierte Planung der konstruktiven Deckenhöhen, der zu verlegenden Leitungen und der Ausbaumaßnahmen (z. B. abgehängte Decken und/ oder Doppelfußböden) zu achten.

Decken als lastweiterleitende Bauteile

In der Regel erfolgt die Weiterleitung der Eigengewichts- und Nutzlasten eines Gebäudes über biegebeanspruchte, horizontale Bauteile (z. B. Plattenelemente und Vollwandträger) auf

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Decken in Verbundbauweise Für die Realisierung dieser Anforderungen an das Geschossdeckensystem bietet die Kombination der Baustoffe Stahl und Beton hervorragende Möglichkeiten. Das Ergebnis sind Verbunddecken. Sie bestehen in der Regel aus einachsig spannenden Stahlträgern, Stahlprofiltafeln oder Stahlbetonfertigteilplatten, Zusatzbewehrungen und bauseits aufgebrachtem Ortbeton. Tragwirkung Im Sinne des vertikalen Lastabtrags handelt es sich bei der Verbundbauweise um ein kombiniertes System aus einer Stahlbetonplatte und einem Stahlträger, die gemeinsam eine Verbundtragwirkung entfalten. Dabei wird der Betonquerschnitt der Decke in Spannrichtung der Träger als Teil des Verbundquerschnitts aktiviert. Hierdurch wirkt jeder einzelne Deckenträger als Plattenbalken, dessen Zugzone im Stahlträger liegt, während der Druckgurt vom Betonquerschnitt gebildet wird. Die Scherkräfte, die in der Verbundfuge zwischen Stahlträger und Betonplatte entstehen, werden in der Regel durch Kopfbolzendübel oder aufgeschweißte Bleche übertragen. Im Vergleich zu Massivdecken erlauben Verbundtragdecken durch ihre kombinierte Tragwirkung relativ große Spannweiten bei relativ geringem Gewicht.

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Bauprozess Ein weiterer Vorteil der Verbundbauweise liegt im Bauprozess. Nach der Vorfertigung im Werk – einschließlich aller Durchbrüche, Aussteifungsrippen und Anschlussbleche – erfolgt zunächst der zeitsparende Einbau der Stahlträger auf der Baustelle. Anschließend werden Profilbleche (z. B. Trapezbleche oder sogenannte Schwalbenschwanzbleche) bzw. Stahlbetonplatten (zwischen 6 und 8 cm dicke gitterträgerverstärkte Halbfertigteilplatten) als verlorene und möglichst frei tragende Schalung über den Stahlträgern montiert. Auf diesen Elementen wird schließlich die Plattenbewehrung verlegt und die Platte in Ortbetonbauweise betoniert.

Welche Profilbleche oder Fertigteilplatten dabei zum Einsatz kommen, hängt beispielsweise von folgenden Faktoren ab: • Scheibentragwirkung der Deckenplatte: Geschossdeckenplatten wird meistens eine Scheibentragwirkung zur Weiterleitung horizontaler Lasten aus den Fassaden in die aussteifenden Bauteile zugewiesen. Dies erfordert die Gestaltung geeigneter Verbindungen zwischen den Plattenelementen und den Stahlträgern. Bei SchwalbenschwanzProfilblechen entsteht der Flächenverbund durch die hinterschnittene Profilform und in das Blech eingeprägte Nocken. • Bauzustände: Das Frischbetoneigengewicht muss im Bauzustand von den Einzelkomponenten des Deckensystems abgetragen werden, bereits bevor die Verbundwirkung einsetzt. Lassen sich Stahlträger für einen gewissen Teil der Beanspruchungen überhöhen, so ist dies für die verlorenen Schalungselemente nicht anzuraten. Deren vorzusehende Steifigkeit richtet sich nach den Spannweiten im Bauzustand. Um frei zwischen den Stahlträgern spannen zu können, benötigt man steifere Bleche, während bei Zwischenunterstützungen in der Bauphase auch schwächere Bleche ausreichen.

Frequenzen und Massen von schwingungserregenden Menschenansammlungen genannt sowie das stark vom Innenausbau und von eventuellen Verkleidungen abhängige Dämpfungsmaß des Systems.

Gebrauchstauglichkeit Bemessungsbestimmend sind bei Verbunddecken in der Regel die Gebrauchstauglichkeitskriterien der Verbundträger, nämlich Durchbiegungs- und Schwingungsbegrenzungen. Die Durchbiegungen von Verbundträgern können relativ genau berechnet und größtenteils durch Überhöhungen der Stahlträger (z. B. für die Verformungen unter Eigengewichtslasten) kompensiert werden. Vorhersagen von menscheninduzierten Schwingungen sind bei Verbundträgern hingegen wesentlich schwieriger zu treffen und greifen üblicherweise auf Erfahrungswerte zurück. Die genauere Bestimmung der durch menscheninduzierte Anregungen auftretenden Beschleunigungen erfordert die Berücksichtigung vieler Parameter, die sich in der Regel nicht mit hundertprozentiger Sicherheit voraussagen lassen. Als Beispiel seien hier die B 1.50

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Brandschutz Ein weiteres entscheidendes Kriterium beim Einsatz von Stahlträgern in Verbunddecken stellt der Brandschutz dar. Im Hochbau ist je nach Normung im jeweiligen Land eine Feuerwiderstandsdauer von 90 bis 180 Minuten für die tragende Deckenkonstruktion gefordert – für die Stahlträger bedeutet dies in der Regel Verkleidungen inform von Brandschutzputzen oder -platten. Weil daraus nicht selten ein erheblicher Einfluss auf das optische Erscheinungsbild resultiert, werden Verbunddecken in der Regel mit abgehängten Decken verkleidet. Darüber hinaus ist bei der Planung von Verbunddecken die Koordination mit der Gebäudetechnikplanung unerlässlich, die sich unmittelbar auf Trägerspannrichtungen, Auflagergestaltungen, Trägerabstände und die vorzusehenden Stegöffnungen für Leitungsdurchführungen auswirkt. Slim-Floor-Systeme Eine Variante der klassischen Verbundträgerdecke sind sogenannte Slim-Floor-Systeme, die mit unter der Decke verlaufenden Stahlträgern unterschiedlichste Lösungsmöglichkeiten bieten. Allen Ausführungsvarianten gemeinsam ist der in die Decke eingelassene Stahlträger, der idealerweise einen deckengleichen Abschluss nach unten bildet. Im besten Fall erfüllen die Zulassungen dieser Systeme den geforderten Brandschutz auch noch bei direkter Beflammung des Unterflanschs, indem sein Ausfall kompensiert werden kann. Für die Heißbemessung im Brandfall sind geringere Sicherheitsbeiwerte anzusetzen, sodass der Tragsicherheitsnachweis nicht für das Ausgangs-I-Profil, sondern lediglich für den verbleibenden T-Querschnitt geführt werden muss. Die extremen entstehenden Verformungen sind im Brandfall nicht zu untersuchen und werden somit akzeptiert. Der wirtschaftliche Einsatzbereich dieser Systeme endet meistens bei ca. 10 m Trägerspannweite. Bei

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One Times Square Building, New York (USA) 1905, Eidlitz & McKenzie a zentrischer Fachwerkrahmen b außen liegender Stockwerksrahmen c exzentrischer Fachwerkrahmen One Times Square Building schlanke Dachstützen, Bürogebäude Braun AG, Kronberg (D) 1999, Schneider + Schumacher außen liegende Aussteifungsverbände, New York Times Building, New York (USA) 2007, Renzo Piano Building Workshop B 1.51

größeren Abständen werden die Deckenplatten zu dick, und der Vorteil der Gewichtsersparnis geht verloren. Stützende und aussteifende Bauteile

Bei stützenden und aussteifenden Elementen im Bauwerk handelt es sich in der Regel um vertikal durchlaufende Bauteile, die den vertikalen und horizontalen Lastabtrag in die Gründung und schließlich den Baugrund gewährleisten. Der Übergang zwischen Stützen (Abtrag vertikaler Lasten aus Dach- und Deckenkonstruktionen) und Aussteifen (Abtrag horizontaler Lasten aus Wind und Erdbeben) lässt sich nicht immer klar trennen. Keinerlei Horizontallasten weisen Tragwerksplaner üblicherweise lediglich klassischen Einzelstützen im Hochbau zu. Gegen Stabilitätsversagen werden sie voll unter der auftretenden vertikalen Normalkraftbeanspruchung ausgelegt (Abb. B 1.51). In vielen Fällen sind Stahl- oder Verbundstützen jedoch Bestandteile übergeordneter Tragsysteme, z. B. bei Rahmen oder Fachwerkträgern. Hier erfahren sie nicht nur Normalkräfte aus dem vertikalen Lastabtrag, sondern als Druck- oder Zuggurt eines Fachwerkträgers zusätzliche Normalkräfte oder als Rahmenstiel auch noch Biegemomente. Der Einsatz solcher Systeme soll am Beispiel ausgewählter Hochhaustragsysteme deutlich gemacht werden.

angepasst werden konnte. Um die Fensterflächen der Außenfassade nicht mit Tragwerkskomponenten zu durchdringen, bildet der biegesteife Rahmen ein horizontal aussteifendes Element, dessen Knoten durch Aufweitung der Riegelquerschnitte verstärkt wurden. In den Aufzugswänden mussten große Türöffnungen freigehalten werden, sodass K-Verbände zum Einsatz kamen. In den geschlossenen Wänden zwischen den Aufzügen störten diagonale Tragelemente dagegen nicht, hier entschieden sich die Planer für Auskreuzungen. Dass solche Tragsysteme nicht nur effizient, sondern auch in der Lage sind, die horizontale Aussteifung sehr hoher Gebäude sicherzustellen, zeigen aktuelle Beispiele. So verfügt das

neue New York Times Building über außen liegende Aussteifungsverbände, die die Gebäudebewegungen bei extremen Windereignissen beschränken und somit den Nutzerkomfort gewährleisten. Die Auskreuzungen aus jeweils doppelten Zugstäben erscheinen äußerst filigran und unterstützen nicht nur die Architektursprache, sondern ermöglichten auch einen geringen Materialverbrauch (Abb. B 1.52, siehe auch S. 224ff.). Kombination von Rahmen und Fachwerken Auch heute bedienen sich die Aussteifungssysteme hoher Gebäude oft miteinander vergleichbarer aussteifender Bauteile in Stahlbauweise und kombinieren diese in sehr effizienter

Rahmen und Fachwerke Im One Times Square Building von 1905, einem Meilenstein des Stahlbaus in der Hochhausarchitektur, kamen gleich drei verschiedene aussteifende Stahlrahmen und -verbände zum Einsatz: Ein außen liegender Stockwerkrahmen, Fachwerkverbände mit exzentrisch angeschlossenen Diagonalen in den Aufzugskernwänden sowie zentrische Fachwerke zwischen den Aufzügen (Abb. B 1.49 und B 1.50). Auch wenn sich die Ausführungsart der Details für diese drei Tragsysteme im Wandel der Zeit durch Optimierungen verändert hat – insbesondere was die Stützen-Riegel-Anschlüsse anbelangt –, so zeigen sie doch sehr anschaulich, wie ein auf die Abtragung von Tornado-Windlasten ausgelegtes Aussteifungssystem an die funktionalen und architektonischen Bedürfnisse B 1.52

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Bürohochhaus Commerzbank, Frankfurt /M. (D) 1997, Sir Norman Foster a Axonometrie der Stahlkonstruktion b Ansicht Megastütze und Verbindungsrahmen, M 1:150 c Schnitt Megastütze mit Anschluss des Verbindungsrahmens und der gekrümmten Fassade (Kern), M 1:75. Bürohochhaus Commerzbank Einteilung aktiver Strukturen nach Art der Nutzung bewegliche Tore, Sturmflutwehr Maeslant (NL) 1997 Riesenrad, London (GB) 2000, David Marks und Julia Barfield öffenbares Dach, Hauptverwaltung eines Pharmakonzerns, Genf (CH) 2006, Murphy/Jahn

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Vierendeelträger 475/1100 mm, geschweißt Betonkante Megastütze Stahlprofil Å 475/1100 mm, geschweißt Stahlprofil Å 300/900 mm, geschweißt Stahlprofil Å 300/1146 mm, geschweißt Stahlprofil Å 300/1100 mm, geschweißt Stahlprofil Å 300/300 mm Stahlprofil Å 300/500 mm, geschweißt Laschenstoß, geschraubt Verbindungsrahmen-Stütze 300/1000 mm, geschweißt 11 Verbindungsrahmen-Riegel 300/1100 mm, geschweißt 12 Stahlbeton B65

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B 1.54

Konzipierung von Stahltragwerken

Form. Ein besonders eindrucksvolles Beispiel hierfür ist das Bürohochhaus der Commerzbank in Frankfurt am Main (Abb. B 1.53 und B 1.54). Dieses verbindet einbetonierte, mit diagonalen I-Trägern ausgesteifte und über Stockwerksrahmen gekoppelte Fachwerkstützen (sogenannte Megastützen) mit mehrgeschossigen Vierendeelträgern in der Außenfassade. Durch diese Kombination entsteht eine rahmenartige, außen liegende Röhre, die zum einen das Gesamtgebäude stabilisiert und sämtliche horizontale Aussteifungslasten, aber auch die Vertikallasten aus den aufliegenden Verbunddecken in den Kellerkasten bzw. in die Gründungskonstruktion einleitet. Die Megastützen bestehen aus einbetonierten Fachwerkkonstruktionen, die aus Stahlsorten unterschiedlich hoher Festigkeiten zusammengesetzt sind. Höherfeste Stähle wurden dabei insbesondere im Anschlussbereich zu den Rahmenbauteilen verwendet. An diesen Stellen weisen die geschweißten Stiele des Fachwerks Flanschdicken von bis zu 100 mm auf. Die besondere Leistungsfähigkeit der Konstruktion ergibt sich auch in diesem Fall durch die hohe Tragwirkung, die aus dem Verbund der Fachwerke mit dem sie umgebenden Stahlbetonquerschnitt entsteht: Der überwiegende Großteil der immensen Normalkräfte aus vertikaler und horizontaler Beanspruchung wird im Endzustand vom Betonquerschnitt aufgenommen. Die einbetonierte Fachwerkstütze ist für eine klar definierte Lasteinleitung der Vierendeelrahmen in die Megastützen unerlässlich und steift die Gesamtkonstruktion im Bauzustand aus. Beispiele wie diese zeigen die Vielfältigkeit der Einsatz- und Kombinationsmöglichkeiten aussteifender Stahlfachwerke und Rahmenkonstruktionen. Sowohl das New York Times Building wie auch das Bürohochhaus der Commerzbank in Frankfurt haben Eigenschaften, die sich in überaus effizienter Weise ergänzen, sodass ein pauschales Urteil zugunsten einer der beiden Bauweisen kaum mehr zu treffen ist. Vor allem bei den einzuhaltenden Feuerwiderstandsklassen im Hochbau ist der Einsatz der erwähnten Tragprinzipien im Verbund mit Stahlbeton von großem Interesse – diese Kombination erhöht Tragfähigkeiten und vermindert aufwendige sekundäre Brandschutzmaßnahmen. Besonderes Augenmerk ist bei solchen Verbundkonstruktionen auf die unterschiedlichen Langzeitverformungen von Stahl und Beton zu richten: Beton weist im Gegensatz zu Stahl unter Druckspannungen ein ausgeprägtes Kriechverhalten auf, sodass die Entstehung von Zwängungen infolge differenzieller Stauchungen durch geeignete konstruktive Maßnahmen zu unterbinden ist. Bewegliche Bauteile

Bewegungen in Strukturen und veränderliche Bauten oder Bauteile stellen im Bauwesen eine Sonderform dar, gerade weil sie auf den ersten Blick dem Grundgedanken eines statischen

und damit unveränderlichen Tragwerks zu widersprechen scheinen. Letztendlich erfährt aber jedes statische System infolge seiner Einwirkungen Verformungen, die abhängig von den vorhandenen Steifigkeiten mehr oder weniger groß ausfallen. Das Besondere an den sogenannten beweglichen Strukturen ist also nicht unbedingt ihre Beweglichkeit. Außergewöhnlich ist vielmehr, dass die Verformungen bzw. Verschiebungen einzelner Tragwerkselemente aktiv eingebracht werden, um einen bestimmten Nutzen – Öffnen eines Dachs, Transport einer Last – zu erfüllen. Sie sollten also eigentlich als aktive Strukturen bezeichnet werden. Dabei ist die Bandbreite der aktiven Strukturen relativ groß (Abb. B 1.56 – B 1.58). Eine Gruppierung der Systeme nach Kriterien der Nutzung lässt allerdings zwei übergeordnete Kategorien zu: Auf der einen Seite liegen die Beförderungsanlagen, bei denen die Bewegung dazu dient, Personen, Fahrzeuge oder Güter über ganz unterschiedlich weite Strecken zu transportieren. Auf der anderen Seite gibt es wandelbare Strukturen, die ihre Geometrie zwischen zwei oder mehreren Zuständen verändern (Abb. B 1.55) [5]. Antriebssysteme Bei klappbaren Brücken oder öffenbaren Dächern wird lediglich zwischen zwei Zuständen – auf und zu – unterschieden. Dagegen müssen bewegliche Sonnenkollektoren in beliebig vielen geometrischen Zuständen gehalten werden können. Entsprechend sind die Verfahrmechanismen und die Fixierung der gewünschten geometrischen Zustände zu wählen. Während bei den öffenbaren Dächern häufig zusätzliche Schließmechanismen z. B. mit aktiven Bolzenverbindungen zur Fixierung eingesetzt werden, bewegen sich Sonnenkollektoren häufig auf Zahnkränzen, um ohne großen Energieaufwand beliebige Positionen einnehmen zu können. Eine mögliche Alternative zu den komplizierten Fixierungsmechanismen stellt die Verwendung hydraulischer Antriebssysteme dar, wie sie auch bei einem der größten öffenbaren Glasdächer, dem Atriumdach am Hauptverwaltungsstandort eines Pharmakonzerns in Genf, zur Verwendung kamen (Abb. B 1.58). Hydraulische Antriebssysteme bieten neben hohen Stellkräften vor allem den Vorteil, ohne großen Energieaufwand in allen beliebigen Positionen gehalten werden zu können. Das Dach in Genf kommt darüber hinaus auch ganz ohne zusätzliche Verriegelungsmechanismen im geschlossenen Zustand aus. Weitere, das Design der aktiven Strukturen prägende Merkmale sind die erforderlichen Geschwindigkeiten der Bewegung, die Schwere der zu transportierenden Lasten bzw.der Strukturen selbst, die Bewegungsmechanismen und die verschiedenen Zustände des Systems und deren Beanspruchungen in Kombination mit einem geeigneten Sicherheitskonzept.

Beförderungsanlagen

Personen: Aufzüge Achterbahn

Lasten: Aufzüge Kräne

wandelbare Strukturen

Öffnungen: Dächer Schleusen Brücken

Sonnenschutz: Kollektoren

Fahrzeuge: Schiffshebewerke B 1.55

B 1.56

B 1.57

B 1.58

51

Konzipierung von Stahltragwerken

a

b

Einwirkungen In Abhängigkeit von der Anzahl der Lastwechsel und den zugehörigen dynamischen Beanspruchungen können die Schwingungen und die daraus resultierenden Beanspruchungen maßgebend für die Dimensionierung und das Design der Konstruktion werden. Dies ist in der Architektur maßgeblich bei den Beförderungselementen der Fall. Bei einer Achterbahn mit hochgradig dynamisch beanspruchten Tragelementen sind andere Randbedingungen bestimmend als z. B. bei einer aufklappbaren Brücke, deren Verfahrzeiten so einstellbar sind, dass negative Einflüsse aus Schwingungen im Prinzip vollständig ausgeschlossen werden können. Dafür ergeben sich bei den wandelbaren Strukturen jedoch häufig verschiedene statische Systeme innerhalb der möglichen Verschiebungszustände. So kann die klappbare Brücke im geschlossenen Zustand ein Einfeldträger sein, während sie beim Öffnungsprozess einem horizontalem Kragträger und im voll geöffneten Zustand einem vertikalen Kragträger entspricht. Jedem dieser Zustände lassen sich verschiedene Lasten zuordnen. Ein Sicherheitskonzept kann eventuell sensible Zustände, wie beispielsweise das Öffnem einer Brücke bei ungünstigen Witterungsbedingungen ausschließen, um auf diese Weise einer Überdimensionierung der Strukturen wirksam entgegenzuwirken.

Nach demselben Prinzip sollte auch bei empfindlichen Sonnenschutzsystemen wie z. B. Sonnenschutzlamellen verfahren werden. Diese sind entweder aus ausreichend festen Elementen zu fertigen oder in einem schützenden Fassadenzwischenraum unterzubringen, damit es nicht an sonnigen Tagen bereits bei geringen Windgeschwindigkeiten eingefahren werden muss. Machen es wirtschaftliche oder sicherheitsrelevante Gründe erforderlich, dass ein bewegliches System jederzeit einsetzbar sein muss, so ist im Sicherheitskonzept auch die Verfügbarkeit der einzubringenden Energie bzw. die Konsequenz eines eventuellen Ausfalls zu berücksichtigen.

Verfügbarkeit Neben der Dauerhaftigkeit einer Struktur, die auch bei einem statischen System diskutiert wird, rücken somit bei den aktiven Strukturen auch die Anforderungen an die Verfügbarkeit bereits in den frühen Phasen des Entwurfs in den Vordergrund. So haben Tragwerksplaner bereits zu Beginn des Entwurfs festzulegen, ob etwa Brücken oder Atriumdächer bei jeder Witterung öffenbar sein müssen oder ob sie z. B. ab einer bestimmten Windgeschwindigkeit immer geschlossen bleiben können. Auf diese Weise lassen sich ungünstige hohe Lasten, deren Aufnahme ein zusätzliches, nur temporär eingesetztes System bedingen würde, ausschließen und die Bauteildimensionen gering halten.

52

B 1.59

Bewegungsmechanismen Aus den möglichen Translations- und Rotationsfreiheitsgraden eines Systems können mögliche Bewegungsmechanismen abgeleitet werden. In Schienen geführte Schiebeelemente stellen in diesem Zusammenhang die einfachste Form der Translation in eine Richtung dar, während Scharniere für die einfache einachsige Rotation stehen. Abhängig von der Anzahl der Freiheitsgrade und der Anordnung innerhalb einer wandelbaren Struktur ergibt sich eine große Vielzahl von möglichen Klapp-, Falt- oder Schiebemechanismen. Eine realistische Kenntnis der erforderlichen Bauteildimensionen ist bei der Entwicklung dieser Bewegungsmechanismen von großer Bedeutung. So werden mögliche Faltungswinkel z. B. durch die Lage von Scharnieren begrenzt (Abb. B 1.59). Ebenso können sich zunächst dimensionslos betrachtete reizvolle Bewegungsmechanismen bei der Berücksichtigung der wahren Bauteilgeometrien und Bewegungsachsen in der Realität als unrealisierbar herausstellen. Toleranzanforderungen Abhängig vom gewählten Bewegungsmechanismus sind bei den aktiven Strukturen meist erhöhte Anforderungen an die Toleranz zu respektieren. Damit Zahnräder richtig ineinandergreifen und nicht aufgrund von Fehlbelastungen vorzeitig verschleißen, müssen die üblichen Rohbautoleranzen häufig deutlich

verschärft werden. Aus diesem Grund sind an der Schnittstelle zwischen der statischen und der wandelbaren Konstruktion besondere Verfahren zu entwickeln oder Bauabläufe zu definieren. Um beispielsweise die präzise Ausrichtung einbetonierter Zahnstangen im Schleusenbau sicherzustellen, werden diese nicht – wie sonst bei Einbauteilen üblich – an der Schalung befestigt, sondern an bereits in früheren Betonierabschnitten eingegossenen Stahlelementen. Ästhetik Wandelbare bzw. aktive Strukturen erhalten heute eine immer größere Bandbreite an Funktionalitäten. So gibt es inzwischen Sonnenschutzsysteme, die sich in ihrer Geometrie automatisch dem Sonnenstand anpassen, um eine bestmögliche Verschattung der Fassaden zu erreichen. Diese neu entwickelten Strukturen sind nicht nur technisch eindrucksvoll, mit ihrer stetigen Veränderbarkeit weisen sie oft auch eine einzigartige Ästhetik auf. Die Bewegung entspricht in diesen Fällen häufig nicht mehr einem Optimum der Funktion, sondern ist Teil einer bewussten Inszenierung (Abb. B 1.60). Smart Structures – adaptive Systeme Aufgrund der zunehmenden Funktionalität und der wachsenden Autonomie solcher Strukturen ergibt sich ein fließender Übergang von den wandelbaren Strukturen wie etwa verschiebbaren Sonnensegeln hin zu den adaptiven Systemen, die aktiv auf ihre äußere Umgebung reagieren können. Adaptive Systeme verfügen stets über einen geschlossenen Regelkreislauf, der zumindest die Komponenten Sensoren, Controller und Aktuatoren enthält. Die Sensoren erfassen dabei die äußeren Einwirkungen aus der unmittelbaren Umgebung und übermitteln die dadurch gewonnenen Informationen an den Controller, der sie identifiziert und auswertet, um die erforderlichen Anpassungen zu bestimmen und an die Aktuatoren weiterzugeben. Diese übersetzen die elektronischen Signale in mechanische Bewegung und bewirken dadurch eine Effizienzsteigerung des Systems. Die Auswirkungen des Systems auf die sich verändernden Eigenschaften der Aktuatoren

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.59

B 1.60

Dreifeld-Klappbrücke, Kiel (D) 1997, von Gerkan, Marg und Partner a Brücke im zusammengeklappten Zustand b Brücke während des Klappvorgangs bewegliche Sonnenschutzlamellen, Bürogebäude, Essen (D) 2010, Chaix & Morel et Associés

werden in der Folge wiederum von den Sensoren erfasst und überwacht, sodass ein geschlossener Kreislauf entsteht. Adaptive Tragwerke Es gibt eine nahezu unendliche Variationsvielfalt von adaptiven Systemen. Neben Systemen zur Veränderung der Geometrie können insbesondere adaptive Tragwerke eine wichtige Rolle spielen. Tragwerke werden heute so geplant, dass sie für maximal mögliche Beanspruchungen während des ganzen Lebenszyklus ausgelegt sind. In der Regel treten diese Beanspruchungen im Tragwerk aber gleichzeitig auf, sodass sie bzw. ihre einzelnen Bauteile für die meisten Beanspruchungen überdimensioniert sind. Fährt ein Zug über eine Brücke, so ist jeweils nur jener Bereich maximal beansprucht, in dem sich der Zug gerade befindet, wohingegen die anderen Brückenbauteile im selben Moment nur wenig beansprucht werden. Verfügen solche Tragwerke aber über aktive Elemente, die auf veränderte äußere Beanspruchungen reagieren, so lassen sich Spitzenbeanspruchungen einzelner Bauteile durch eine Umverteilung der Kräfte innerhalb des Tragwerkes reduzieren. Letztlich werden in adaptiven Systemen Materialien bzw. Materialeigenschaften, die nicht in allen Beanspruchungssituationen erforderlich sind, durch induzierte Energie ersetzt. Adaptive Systeme lassen sich im Prinzip so auslegen, dass an bestimmten Tragwerkselementen gar keine Verformungen auftreten. Mit der eingesetzten Energie kann eine unendliche Steifigkeit des Systems simuliert werden, die in einem nicht aktiven System nicht realisierbar wäre. Gerade bei Leichtbaustrukturen (siehe Bauteile aus kaltgeformtem Stahl, S. 92ff.), bei denen Verformungsbegrenzungen häufig maßgebend für die Dimensionierung der Bauteile sind, ist der Einsatz aktiver Elemente sinnvoll. Sie können auf diese Weise noch effizienter und entsprechend leichter gestaltet werden und gleichzeitg dazu beitragen, dass die heutigen Grenzen des Machbaren (in Bezug etwa auf Bauhöhen, Spannweiten usw.) ihre Gültigkeit verlieren [6]. Agnes Weilandt, Daniel Pfanner B 1.60

53

Konzipierung von Stahltragwerken

Computer in der Tragwerksplanung

B 1.61

B 1.62

Dachkonstruktion der Station Alpenzoo, Hungerburgbahn, Innsbruck (A) 2007, Zaha Hadid a Stabwerksmodell b aus Flächen zusammengesetztes 3-D-Modell für die Fertigung c fertig montierte Stahlstruktur Dach der Martin-Luther-Kirche, Hainburg (A) 2011, Coop Himmelb(l)au a Berechnungsmodell b 3-D-Modell als Grundlage der Fertigung c fertiges Dach während des Einhebens

b

54

3-D-Modellierung von Stahltragwerken

In der Planung von Bauwerken wird die klassische zeichnerische Darstellung in Grundrissen, Ansichten, Schnitten, Details etc. nach und nach von dreidimensionalen Computermodellen abgelöst, aus denen sich bedarfsweise zweidimensionale Darstellungen ableiten oder auch Fertigungsprozesse starten lassen. Je nach Bearbeitungsstand und Verwendungszweck sind diese Modelle von unterschiedlichen Detailierungsschärfen und Aufbauten geprägt. Modellierung von Stabtragwerken Stahltragwerke sind üblicherweise aus einzelnen Profilstählen zusammengesetzte Stabwerke, für die man im Wesentlichen zwischen drei Arten der dreidimensionalen Darstellung unterscheidet: Achs-, Flächen- und Volumenmodelle. In Achsmodellen ist die Tragwerksgeometrie durch Punkte und verbindende Linien sowie den Linien zugeordnete Profilumrisse definiert. Ein Knoten ist dabei immer nur ein Punkt im Raum, alle anschließenden Stäbe enden hier, durchdringen sich und werden nicht miteinander verschnitten. Diese vereinfachte und geometrisch inexakte Darstellung ist in den frühen Planungsphasen und für die meisten globalen Berechnungsmodelle ausreichend. Der große Vorteil von Achsmodellen ist, dass sie durch Verschiebung der Knotenpunkte leicht veränderbar sind, weil die Profile mit dem Knoten einfach mitziehen. Für die genaue Konstruktion eines Knotenpunkts und auch für Nachweise in den späteren Planungsphasen ist die Modellierung von Stäben als Flächen oder Volumen notwendig. Diese können – dem realen Knoten entsprechend – miteinander verschnitten werden, um etwa Knotenbleche etc. zu modellieren. Die Modellierung oder auch die Berechnung eines realitätsnah dargestellten Knotens verursacht

a

c

Computer nehmen sowohl im Entwurf als auch im Planungs- und Bauprozess einen zunehmend höheren Stellenwert ein. Inzwischen ist ihr Einsatz auch in den frühen Projektphasen längst alltäglich. In der Regel werden die ersten Entwürfe dreidimensional in digitalen Modellen gezeichnet. Und auch alle weiteren Planungsphasen bis zur Umsetzung des Gebäudes sind heutzutage ohne Computer nicht mehr denkbar. In der Tragwerksplanung dienen Computer vor allem zur Planung, Berechnung und Optimierung von Stahltragwerken. Immer seltener geht es dabei nur um die Bewältigung einzelner Aufgabenbereiche mit verschiedenen Modellen und Datensätzen als vielmehr um die Zusammenfassung aufeinanderfolgender Planungsphasen und verschiedener Fachrichtungen zu einem digitalen Prozess. Daraus resultierende 3-D-Modelle beinhalten eine immer höhere Dichte an baurelevanten Informationen.

B 1.61

einen hohen Aufwand. Gleichzeitig geht aber auch die Möglichkeit verloren, in dieses Modell nachträglich verändernd einzugreifen, da sich alle einzelnen Teile eines Knotens in Abhängigkeit zueinander befinden. Solche Modelle dienen meist als Grundlage für die Werkstattplanung und werden direkt für die Fertigung genutzt. Modellierung von Tragwerken aus Blechen Auch für die Modellierung von Tragwerken aus Blechen ist für die Berechnung die Vereinfachung in eindimensionale Stabelemente möglich. Erst wenn Bleche verformt werden, die Tragwirkung also räumlich wird, muss die Geometrie für Berechnung und Planung exakt abgebildet werden. Spanten Spantenkonstruktionen, also Tragwerke aus (relativ) dünnen vertikalen Blechen, werden aus ebenen Flächen zusammengesetzt. Auch hier sind für die Berechnung vereinfachte Stabmodelle oft ausreichend und zielführender als flächige Modelle. Neben der weniger aufwendigen Modellierung und Berechnung lassen sich die Ergebnisse auch leichter lesen und interpretieren (Abb. B 1.61). Grundlage zur Fertigung der Stationsdächer der Innsbrucker Hungerburgbahn bildete ein Modell, das die Bleche als Flächen erzeugte. Die Umrisslinien der einzelnen Spanten konnten dabei direkt in die CNC-Steuerung der Schneidemaschinen eingelesen werden; außerdem waren alle für die Montage wesentlichen Informationen im 3-D-Modell als einfache Kreise gezeichnet. In der CNC-Maschine wurden diese Kreise dann als Bewegungspfade interpretiert und automatisch in die Spanten eingebrannt. Die so enstandenen Löcher dienten bei der Montage der Konstruktion als Referenzpunkte für alle anschließenden Bauteile. Somit waren keinerlei Stahlbauzeichnungen auf Papier notwendig, die Übergabe aller relevanten Information erfolgte stattdessen über Datensätze [7]. Verformte Bleche Stahlbleche zeichnen sich durch ihre gute Verformbarkeit aus. Das Stanzen mit Formen ist allerdings erst ab einer sehr hohen Stückzahl effizient und kommt daher vor allem im Automobil- oder im Fassadenbau zur Anwendung. Aus dem Schiffsbau übernommene Techniken ermöglichen die Herstellung von zweisinnig gekrümmten, nicht abwickelbaren Blechen. Nicht abwickelbar bedeutet, dass die flache Ausgangsform nicht in die gewünschte Form gebracht werden kann, ohne das Material zu dehnen oder zu stauchen bzw. dünner oder dicker zu machen. Im Verlauf des Herstellungsprozesses werden Bleche mit hydraulischen Pressen punktuell kaltverformt, wobei sich durch Verschieben der Werkstücke unter der Presse, Variation der Presskraft und mithilfe verschiedener Pressstempel unterschiedlichste Formen erzielen

Konzipierung von Stahltragwerken

lassen. Während der Fertigungsprozess größtenteils manuell und mit einem hohen Grad an handwerklicher Fähigkeit und Erfahrung erfolgt, entstehen im Vorfeld Computersimulationen zum Materialverhalten beim Verformungsprozess, um den genauen Zuschnitt bestimmen zu können. Beim Dach der Martin-Luther-Kirche in Hainburg wurde auf diese Weise die aus Freiformen aufgebaute tragende Außenschale des Stahldachs hergestellt. Dessen Tragsystem besteht aus einer zweisinnig gekrümmten Tragschale, aufgeschweißt auf einem Raster von Sekundärund Primärspanten. Letztere verbinden die Tragschale mit den tiefer liegenden Trägern zu einer statischen Einheit. Für die ebenso frei geformte Untersicht wurde analog ein Raster aus Spanten abgehängt, die als tragende Unterkonstruktion und formgebendes Element für die darauf aufgebrachte Stuckdecke dienen (Abb. B 1.62). Produktionstechnisch war die Tragschale in einzelne Blechfelder zu unterteilen (Tiling), um die verfahrensbedingt begrenzten Krümmungsradien einzuhalten. In der Folge wurden die Bleche mit der Unterkonstruktion verschweißt, dann untereinander dicht geschweißt und die Oberflächen anschließend verschliffen. Die Spanten der Unterkonstruktion gingen aus konturgeschnittenen ebenen Blechen hervor, während die untere Tragwerksebene aus Walzprofilen besteht. Dieser Aufbau findet sich auch in der statischen Modellierung wieder. Die Darstellung der äußeren Tragschale zeigte zweisinnig gekrümmte Flächenelemente mit entsprechend angepasstem Finite-Elemente-Netz aus Dreiund Vierecken. Die Spanten wurden mit daran angeschlossenen 2-D-Flächenelementen und die Träger mit 1-D-Stabelementen modelliert. Modellierung von Volumen Mit Volumenmodellen lassen sich die tatsächlichen Dimensionen von Stahlstrukturen abbilden. Dabei handelt es sich um die exakteste Darstellungsweise, die in den meisten Fällen aber zugleich auch viel zu aufwendig ist. Einerseits sind große Mengen digitaler Daten zu erzeugen, andererseits ist das massive Modell nur eingeschränkt bearbeitbar. Volumenmodelle eignen sich vor allem zum Modellieren geometrisch aufwendiger Knoten, deren komplexe Gestalt zweidimensional nicht ausreichend geklärt werden kann und die nicht aus zusammengesetzten Stäben oder Blechen bestehen, sondern aus einem einzigen Gussstück.

a

b

Parametrische Modellierung Spezielle Stahlbauprogramme, BIM-Modelle (Building Information Modeling) oder individuell programmierte Skripten ermöglichen das parametrische Modellieren von Stahlkonstruktionen. Verbindungsknoten oder Anschlüsse anderer Bauteile lassen sich unabhängig von ihrer tatsächlichen Geometrie durch Erzeugungsregeln definieren – die Stahlstruktur entsteht dabei in c

B 1.62

55

Konzipierung von Stahltragwerken

100

21

a

b

Abhängigkeit zur Gebäudegeometrie. Der große Vorteil ist, dass Änderungen in der Ausgangsgeometrie (also der Parameter) direkt auch das detaillierte Modell mitverändern. Beispielsweise sind die Stahlspanten der Hungerburgbahnstationen durch Offsets von 100 mm zur Hüllfläche in einem Abstand von 1,25 m definiert. Hinzu kommen die äußeren Kanten der auf die Spanten aufgesetzten Glasauflagerprofile (PE) mit einem Abstand von 21 mm zur Glaskante (Abb. B 1.63). Die PE-Profile wurden in einer 5-Achs-CNC-Fräse geschnitten, mit einem direkt aus dem 3-D-Modell automatisiert erstellten Steuerungscode. Solche einfachen generischen Definitionen konnten auf alle Stationsdächer angewendet werden. Die Möglichkeit zur automatisierten Erzeugung besteht nicht nur bei den Codes für den Zuschnitt aller Bauelemente, sondern auch hinsichtlich der zugehörigen Bohrungen für die Montage in den Stahlspanten und PE-Profilen. Das Museum für zeitgenössische Kunst und Architekturausstellung (MOCAPE) von Coop Himmelb(l)au ist ein weiteres Beispiel für die parametrische Modellierung des Stahltragwerks wie auch des gesamten Gebäudes in

einem integralen Modell, auf das Architekten, Tragwerksplaner und andere Fachplaner zugreifen können. Massivbau und Stahltragwerk wurden hier in einem BIM-Modell abgebildet und für die Tragwerksanalyse in Berechnungsprogramme exportiert. In einem iterativen Prozess flossen die Analyseergebnisse immer wieder in das BIM-Modell zurück, wobei die parametrische Beschreibung der Geometrie das Überprüfen verschiedener Entwurfsvarianten hinsichtlich gestalterischer und tragwerksrelevanter Aspekte ermöglichte (Abb. B 1.64).

Station Hungerburg, Hungerburgbahn, Innsbruck (A) 2007, Zaha Hadid a Systematik für die Definition der Glasauflager b Dach mit aufgesetzten PE-Profilen und teilweise montierten Gläsern B 1.64 BIM-Modell mit integrierter Stahlstruktur, MOCAPE – Museum für zeitgenössische Kunst und Architekturausstellung, Shenzhen (CN) 2013, Coop Himmelb(l)au B 1.65 Schnittgrößen und Verschiebungen an einem Stabelement a Einwirkungen an den Stabenden: Die Pfeile U1 und U2 symbolisieren Kräfte, die in Richtung der Stabachse wirken; die Pfeile V1 und V2 stellen Kräfte quer zum Stab dar. Die Biegemomente am Stabanfang und -ende werden durch Mz1 und Mz2 angegeben: Sie bewirken dort eine Verdrehung der Endtangente des Stabs. b Darstellung der den Kräften zugeordneten Verschiebungen v1, v2, u1 und u2 längs und quer zur Achse bzw. die Endverdrehungen κ1 und κ2.

Numerische Modellierung

Bauwerke unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Produktion von anderen Gütern des täglichen Bedarfs in einem wichtigen Punkt: Sie stellen meist Unikate dar. Anders als etwa im Maschinenbau stehen keine vorab gefertigten Prototypen zur Verfügung, aus deren Verhalten sich Rückschlüsse für Verbesserungen oder auf mögliche Probleme während der Nutzungsdauer ziehen ließen. Die Planung von Tragwerken erfolgt daher auf Basis mathematischer Modelle. Die Herausforderung bei der Modellbildung im Bauingenieurwesen besteht darin,

B 1.63

alle wesentlichen statischen Effekte zu erfassen und zugleich die Komplexität des Modells in einem beherrschbaren Rahmen zu halten. Je gröber ein Modell, desto unpräziser sind die möglichen Voraussagen und desto größer die erforderlichen Sicherheitsaufschläge bei der Bemessung der Tragwerksteile. Dies erklärt den hohen Stellenwert von Computern für die Tragwerksberechnung und im Tragwerksentwurf: wirklichkeitsnähere Modelle erlauben wirtschaftlicher dimensionierte Bauwerke. Statische Berechnungsprogramme Die Komplexität der eingesetzten Rechenmodelle wächst im gleichen Tempo wie die zur Verfügung stehende Rechenkapazität. Dabei besteht die Gefahr, dass Berechnungsprogramme ohne tiefergehendes Verständnis für die zugrunde liegenden Zusammenhänge genutzt werden. Doch auch die leistungsfähigsten Simulationswerkzeuge basieren auf Annahmen und Bedingungen. Sind diese nicht erfüllt, ergeben sich unbrauchbare Resultate. Deshalb müssen Ergebnisse komplexer Simulationen immer durch vereinfachte Berechnungsansätze – letztlich also mit dem

B 1.63

56

B 1.64

Konzipierung von Stahltragwerken

u1 y

v1

MZ1

1

e

v2 MZ2

v1

2

EA, Elz

Moderne baustatische Berechnungsprogramme ermöglichen eine realitätsnahe Simulation des tatsächlichen Tragverhaltens. Die Wahl eines numerischen Modells hängt davon ab, welche physikalischen Effekte erfasst werden sollen. Im Bereich des Tragwerksentwurfs liegt das Hauptaugenmerk auf der Berechnung des statischen Strukturverhaltens: Welche Kräfte herrschen in welchen Tragwerksteilen? Wie groß sind die in den Untergrund abzuleitenden Lasten? Diese Informationen dienen der Berechnung der erforderlichen Bauteildimensionen. Stab-, Flächen- und Volumenelemente Nach den Hauptabmessungen der zu untersuchenden Tragwerkselemente unterscheidet man stabförmige, flächige und Volumenelemente. Diese drei Kategorien von Elementen variieren in den Annahmen, die ihrer Berechnung zugrunde liegen. Volumenelemente weisen theoretisch das breiteste Anwendungsspektrum auf: Jeder Körper lässt sich als Volumen berechnen. Der Grund, warum Volumenbetrachtungen im Bauingenieurwesen nur sehr selten zur Anwendung kommen, liegt im hohen Aufwand für Berechnung und Interpretation der Ergebnisse. Dieser wächst mit jeder zusätzlich zu berücksichtigenden Raumdimension erheblich. Daher wird versucht, die zu lösenden Problemstellungen mittels vereinfachender Annahmen auf zwei- und eindimensionale Betrachtungsebenen zu reduzieren. Die Tragwirkung flächiger Bauelemente resultiert z. B. vor allem aus Kräften, die parallel zur Mittelfläche wirken – bei Stäben sind es Kräfte in axialer Richtung. In beiden Fällen kann von der Annahme ausgegangen werden, dass Punkte, die anfangs auf einer Geraden senkrecht zur unverformten Mittelfläche bzw. Stabachse liegen, sich auch im verformten Zustand auf einer Linie befinden. Die Schwierigkeit bei der Wahl einer Vereinfachung liegt darin, ihren Gültigkeitsbereich

v2 u2

κ2

l

x

a

Ingenieurverstand – auf Plausibilität überprüft werden. Das Zerlegen komplexer Zusammenhänge in leicht zu überblickende Näherungen fördert außerdem das Verständnis für die zugrunde liegende Tragwirkung.

κ1

u2

l z

u1

richtig einzuschätzen. Treffen sich etwa mehrere Stahlprofile in einem Knoten, so sind die Grundannahmen der Stabtheorie im Nahbereich der Verbindungsstelle nicht mehr erfüllt. Gleiches gilt für Stellen, an denen Kräfte senkrecht zur Stabachse eingeleitet werden. Für die Detailausbildung solcher Zonen werden meist vereinfachende, auf der sicheren Seite liegende Annahmen getroffen. Nur in Einzelfällen greift man hier auf die Modellierung mittels flächiger Elemente zurück. Volumenmodelle werden im Stahlbau hauptsächlich für geometrisch komplexe Gussknoten eingesetzt. Finite-Elemente-Methode (FEM) Die Grundlage für die mathematische Beschreibung des Verhaltens von Werkstoffen bilden partielle Differenzialgleichungen. Zur wirklichkeitsnahen Simulation von Tragwerken ist es erforderlich, diese Gleichungen zu lösen. Dabei spielen drei Arten von Beziehungen eine Rolle: Kräftegleichgewicht, Dehnungszustand und Materialverhalten. Die Schwierigkeit bei der Lösung der resultierenden Gleichungen liegt in der Berücksichtigung der vorhandenen Randbedingungen, d. h. der einwirkenden Kräfte und Auflagerbedingungen. Der Grundgedanke der FEM besteht nun darin, den Lösungsbereich bzw. das Bauwerk in eine Vielzahl kleiner Bereiche – auch finite Elemente (FE) genannt – zu unterteilen, um sich dadurch dem sich kontinuierlich ändernden Tragverhalten anzunähern. Das Verhalten von Stäben lässt sich dabei exakt ermitteln. Bei flächigen oder Volumenelementen führt die punktweise Erfüllung der mechanischen Gleichungen im Vergleich zum wirklichen Verhalten zu Fehlern. Diese Fehler können allerdings verringert werden, indem die Anzahl der Punkte vergrößert wird und die Größe der finiten Elemente entsprechend abnimmt. Die prinzipielle Vorgehensweise lässt sich am Beispiel eines einfachen Stabtragwerks, bestehend aus einem Stab der Länge L, erläutern (Abb. B 1.65). Dieser Stab zeichnet sich in mechanischer Hinsicht im Wesentlichen durch zwei Eigenschaften aus: Kräfte an den Enden verursachen Längenänderungen, während Momente zu Krümmungsänderungen führen.

b

B 1.65

Das mechanische Verhalten eines Stabs ist geklärt, wenn eine mathematische Beziehung zwischen den in Abb. B 1.65 dargestellten Verschiebungen und Kräften angegeben werden kann. Dies lässt sich für einen Stab mit relativ einfachen baustatischen Methoden erreichen. In abgekürzter Schreibweise lautet diese Beziehung: ∫



fe = Ke ∙ ue ~

Der Vektor fe fasst die an den Stabenden angreifenden Kräfte zusammen, der Vektor ue die zugehörigen Verschiebungen. Ke ist die Steifigkeitsmatrix des Stabelements. »Vektor« und »Matrix« sind Begriffe aus dem Bereich der linearen Algebra: Vektoren bestehen formal aus einer Kolonne beliebig vieler, untereinander angeordneter Zahlen. Im Fall von drei Einträgen lässt sich ein Vektor als Richtungsangabe im dreidimensionalen Raum deuten. Die Schnittgrößen an einem beliebigen Punkt eines Biegebalkens setzen sich aus drei Normalkräften und drei Biegemomenten zusammen und bilden so einen Kraftvektor mit sechs Einträgen. Die Schnittgrößen an den Endpunkten eines Stabelements bilden einen Gesamtvektor mit zwölf Einträgen. Werden mehrere Vektoren zu einer Einheit zusammengefasst, ergibt dies eine Matrix. Im Fall einer Steifigkeitsmatrix entspricht eine beliebige Spalte n jener Kraft, die sich ergibt, wenn die n-te Verschiebung den Wert eins, alle anderen Freiheitsgrade den Wert null aufweisen (Abb. B 1.67, S. 58). Die Steifigkeit eines Stabs resultiert aus dem Querschnitt (Hohlkasten, Rundrohr, Doppel-T-Träger etc.) und aus dem verwendeten Material (beispielsweise Stahl, Holz, Aluminium etc.). Die Vektoren beziehen sich auf das lokale Koordinatensystem des Stabs (x-Achse = Stabachse). Bei Stabtragwerken, die aus vielen unterschiedlich orientierten Stäben bestehen, müssen die auf das lokale Stabkoordinatensystem bezogenen Verschiebungen und Knotenkräfte auf ein globales, für sämtliche Elemente gleich orientiertes Koordinatensystem transformiert werden. Erst dann lassen sich Knotenkräfte unterschiedlicher Elemente zu einer resultierenden Knotenkraft aufaddieren.

57

Konzipierung von Stahltragwerken

f3

f1

c

B 1.66

innere und äußere Kräfte am Beispiel eines Rahmenecks: Ein Teil einer Struktur ist herausgeschnitten. Um das Verhalten des Tragwerks trotzdem nicht zu verändern, sind die zuvor inneren Kräfte an den jeweiligen Seiten der Schnitte als äußere Kräfte anzusetzen. Die Vektoren f1 und f2 fassen die Schnittgrößen an den Stäben c und b zusammen. In den Vektor f3 gehen alle äußeren Einwirkungen ein.

f1

b B 1.66

Berechnung einfacher Kragarme Abb. B 1.67 zeigt das statische System eines Hängestabs. Der Einfachheit halber werden im Weiteren nur Verschiebungen und Käfte in vertikaler Richtung berücksichtigt. Das System besteht aus den Knotenpunkten K1, K2 und K3 sowie den zwei Stabelementen a und b, deren Positionen über die Knoten definiert sind. Das Auflagersymbol am Knoten K1 bedeutet, dass dieser unverschieblich gehalten wird. Als äußere Last wirkt am Knoten K3 eine Kraft P. Der Verformungszustand des Gesamtsystems resultiert aus den Verschiebungen an den Knoten. Aus der Forderung nach Verschiebungskontinuität ergibt sich am Knoten K2 die Bedingung, dass die Elemente a und b dort identische Verformungen aufweisen. Eine weitere Voraussetzung ist, dass sich in jedem Punkt der Struktur die inneren und äußeren Kräfte aufheben (Abb. B 1.66). Wäre dies nicht der Fall, dann befände sich die Struktur nicht im Gleichgewicht und würde sich bewegen. Für das vorliegende Beispiel eines Hängestabs vereinfacht sich dieser Zusammenhang auf die verformt K1

f1 = 0

f Element a Ea, Aa

la

f2 = 0

u

·

EaAa

f1

f3

-

EaAa

-

la EaAa

EaAa

la

la

0

-

0

la +

EbAb lb

-

EbAb lb

EbAb

EbAb

lb

lb

Systemsteifigkeitsmatrix – statisches System eines Hängestabs a Stab in verformter und unverformter Lage, Knotenverformungen u1, u2 und u3 an den Knoten K1, K2 und K3 infolge der äußeren Last P b Beziehung zwischen dem Vektor der äußeren Kräfte f [f als Vektor setzen] und den Knotenverformungen u [u als Vektor setzen]. In der Steifigkeitsmatrix K [K als Matrix setzen] stehen Ea, Eb für den E-Modul der Stababschnitte a und b, Aa und Ab für die jeweiligen Querschnittsflächen. B 1.68 Stabwerksmodell der Stahlstruktur, BMW Welt, München (D) 2007, Coop Himmelb(l)au. Für die Modellierung des Gesamtmodells waren insgesamt 9000 Knoten und 22 000 Stäbe nötig. B 1.69 unterschiedlich bemessene Elemente der Stahlstruktur, Nationales Schwimmzentrum (Watercube), Peking (CN) 2007, PTW Architects B 1.70 optimiertes Tragwerk bestehend aus den gevouteten Spanten des Dachschirms und der ebenfalls aus Stahlblech bestehenden äußeren Hülle, Studie Sea Life Center, Wien (A) 2007, Coop Himmelb(l)au

u1

·

u2

u3

u3 K3

P

58

Beispiel: Stabtragwerk der BMW Welt Die im vorangehenden Abschnitt an einem verhältnismäßig einfachen Beispiel gezeigte Vorgehensweise lässt sich auf beliebig große Stabwerke übertragen, wobei die benötigten Rechenoperationen mit Computern sehr schnell erfolgen können. Die Handhabung solcher Modelle erfordert allerdings die Fachkenntnis des Planers. Sehr anschaulich sind die Ergebnisse dieser großen Berechnungsmodelle, wenn sie zur Ermittlung der auftretenden Beanspruchungen in den Einzelstäben unter Zugrundelegung rein elastischen Materialverhaltens dienen. Bemessungsaufgaben, die darüber hinaus gehen, beispielsweise Stabilitätsuntersuchungen von schlanken Einzelstäben und Teilsystemen, werden oftmals an einem herausgeschnittenen Teilsystem untersucht. Ist für eine Gesamt-

B 1.67

f2 = Element b Eb, Ab

lb

K ~

=

f3 = P

a

die Verschiebung hier rechnerisch null. Mit diesen Informationen lassen sich alle benötigten Gleichungen einfach lösen, und das Stabtragwerk ist berechnet [8].

unverformt

u1 = 0

K2

alleinige Berücksichtigung des Kräftegleichgewichts in vertikaler Richtung. Die Aufstellung von Gleichgewichtsbedingungen erfolgt für alle Knoten des statischen Systems. Durch Einsetzen der Beziehungen zwischen den Elementverformungen und Kräf∫ ∫ ∙ u lassen ten anhand der Gleichung fe = K e e ~ sich alle zur Berechnung der Knotenverschiebungen benötigten Gleichungen aufstellen und in einer das Verhalten des Gesamtsystems beschreibenden Systemsteifigkeitsmatrix zusammenfassen. Die einzelnen Zeilen der Systemsteifigkeitsmatrix (Abb. B 1.67) entsprechen den Gleichgewichtsbedingungen an den Knoten. Die erste Spalte zeigt jene Kräfte, die an den Systemknoten angreifen, wenn der Verschiebungsgrad U1 den Wert 1 aufweist und alle anderen Verschiebungen null sind. Um das Gleichungssystem auflösen zu können und damit die Verschiebungen an allen Punkten zu erhalten, sind die Auflagerbedingungen in die Gleichungen einzubauen. Dies geschieht durch einen Trick: Die Steifigkeit an den Auflagerknoten wird extrem erhöht, dadurch wird

b

B 1.67

Konzipierung von Stahltragwerken

B 1.68

struktur ein vielschichtiges räumliches Stabilitätsververhalten maßgebend, sind komplexe und sehr zeitintensive Berechnungen am Gesamtsystem unerlässlich, und zwar unter Berücksichtigung sämtlicher geometrischer und physikalisch nicht linearer Effekte. Das Stahltragwerk der BMW Welt (Abb. B 1.68) setzt sich aus vielen Teilsystemen zusammen. Da hier die Interaktionen der einzelnen Tragwerksteile (Dachstruktur, Fassade, Doppelkegel, Fußgängerbauwerke) äußerst komplex sind, wurde parallel zu den Untersuchungen der Teilsysteme immer auch die Berechnung am Gesamtsystem nachgefahren. Die zugrunde liegende Steifigkeitsmatrix der Stahlstruktur dieses globalen Modells sieht nicht anders aus als das einfache Berechnungsbeispiel. Automatisierte Optimierungs- und Generierungsverfahren im Stahlbau

Die Optimierung und Generierung von Tragwerken ist ein Forschungsthema an vielen Universitäten und hält verstärkt Einzug in die

B 1.69

Ingenieurspraxis. Mit der durch immer leistungsfähigere Hard- und Softwares ermöglichten Verkürzung der Berechnungszeit selbst komplexer Stahlstrukturen wachsen die qualitativen Möglichkeiten, nicht nur effizientere Tragwerke zu bauen, sondern auch Optimierungstools für die Generierung von Stahltragwerken ebenfalls als Gestaltungswerkzeug zu nutzen. Optimierung von Stabelementen Die einfachste Form der computergestützten Optimierung von Stabtragwerken stellt die Dimensionierung der Profile dar. Dabei bleiben die Geometrien der Strukturen unverändert, während die Querschnitte der einzelnen Stabelemente an ihre Belastung angepasst werden. Um die spätere Umsetzung zu erleichtern, erfolgt meist die Vorgabe von Profilreihen (I-Träger, Kastenträger, Rundrohre etc.), innerhalb derer die Profilabmessungen variabel sind. Für die Ermittlung der Belastung jedes Stabs werden aus allen angreifenden Kräften (Biegung, Torsion, Normalkraft etc.) die im Stab wirkenden Spannungen errechnet. Im Verhält-

nis zur stahlspezifisch zulässigen Spannung lässt sich dann die prozentuale Aus- oder Überlastung ermitteln. Davon ausgehend werden allen über- oder unterdimensionierten Stäben entsprechend kleinere oder größere Profile zugeordnet. In vielen Fällen ist es allerdings nicht ausreichend, die Dimensionierung nur einmal auszuführen. Kräfte verteilen sich nach der gleichzeitig stattfindenden Dimensionierung aller Stäbe anders im System; das Tragverhalten ändert sich. Jeder Stab ist dadurch anderen Kräften ausgesetzt und hat eine andere Auslastung als in der ursprünglichen Berechnung. Daher werden Dimensionierungen iterativ meist so lange wiederholt, bis keine Veränderungen mehr auftreten. Bei komplexen räumlichen Systemen ist das Ergebnis der Dimensionierung nicht eindeutig bestimmbar und abhängig von den zu Prozessbeginn gewählten Profilgrößen. Grundsätzlich können sich hier unterschiedliche Haupttragelemente herausbilden (Abb. B 1.69). Im Stahlbau lassen sich für Rund-, Quadratoder Rechteckrohre neben den äußeren

B 1.70

59

Konzipierung von Stahltragwerken

a B 1.72 B 1.71 b

c

d

Forschungsprojekt zur Optimierung von Tragwerken, Universität für Angewandte Kunst, Wien a regelmäßiger Fachwerkträger b generierter Träger mit um über 15 % reduziertem Eigengewicht, dünne Linien stellen die Bandbreite alternativer Konstruktionsmöglichkeiten dar. c regelmäßiger Fachwerkträger mit einer ausgewechselten Öffnung auf der linken Seite d generierter Träger mit der gleichen Öffnung, auf die das Tragwerk reagiert. Auch hier ist das Gewicht deutlich niedriger.

B 1.73

Kunstpavillon »White Noise«, Salzburg (A) 2011, soma a drei Individuen des Generierungsprozesses eines Segments des Kunstpavillons, rot: die Verformungsfigur der einzelnen Strukturen, von oben nach unten: Minimierung der Verformung, unten: die tatsächlich ausgewählte Struktur mit der niedrigsten Verformung b realisiertes Projekt Studie Infobox, Wien (A) 2008, Michael Wallraff a alle Individuen einer Generation, rot markiert die Variante mit dem geringsten Eigengewicht und einer geringen Verformung b Rendering der optimierten Variante

B 1.71

Abmessungen auch die Wandstärken verändern, damit Stahltragwerke nach außen hin ein einheitliches Erscheinungsbild aufweisen. Außerdem ist es durch die Variation der Querschnitte auch möglich, reliefartige Eindrücke zu erzielen, die eine Tragstruktur mit einem weiteren Layer überziehen (Abb. B 1.70). (B)ESO – Volumenoptimierung Für massive Stahlteile, zumeist Gussknoten, besteht die Möglichkeit, das benötigte Material mithilfe der »(Bi-Directional) Evolutionary Structural Optimization Method« (ESO oder BESO Method) zu reduzieren. Ein das Element umschreibendes Volumen wird dabei in eine beliebige Anzahl kleinerer Elemente unterteilt und unter Last berechnet. Ziel ist es, einige der Subelemente mit der geringsten Spannungsausnutzung zu löschen, um diesen Prozess anschließend mit den neu gewonnenen reduzierten Volumen solange fortzusetzen, bis ein bestimmter Anteil entfernt ist oder bis die Struktur erste Anzeichen von Instabilität aufweist. Da es

a

60

sich hierbei um einen linearen Prozess handelt, bei dem anfangs gelöschte Elemente im späteren Prozessverlauf wieder benötigt werden könnten, lassen sich mit der (B)ESO-Methode zufällig gewählte, zuvor gelöschte Subelemente »wiederbeleben«. Da die (B)ESO-Methode immer von massiven und homogenen Bauteilen ausgeht, ist sie nur in relativ kleinen Dimensionen anwend- und umsetzbar. Prinzipiell eignet sie sich auch für Stab- oder Flächentragwerke. Ausgangspunkt ist dann eine Struktur, aus der einzelne Stäbe oder Flächen gelöscht werden können.

sich auf die gesamte Struktur anwenden. Da die FE-Berechnung das Materialverhalten nur linear berücksichtigt, muss dieser Vorgang für ein realitätsnahes Ergebnis in vielen kleineren Schritten erfolgen. Anders als bei den Relaxationsverfahren, die die Krümmungen und damit auch die materialunabhängigen Spannungen in einer Fläche minimieren, werden bei Anwendung der FEMethode die tatsächlich genutzten Profile berücksichtigt. Grundlage bildet stets das physikalische Verhalten der Struktur und nicht nur die Geometrie für den Optimierungsprozess.

Formoptimierung von Gitterschalen Finite-Elemente-Berechnungen ermöglichen durch die Einwirkung äußerer Kräfte die Verformung von Strukturen. So können etwa Gitterschalen – analog zu physikalischen Hängemodellen aus ebenen Strukturen – durch vertikale Kräfte entgegengesetzt zur Gravitation berechnet werden. Die sich aus den Verformungen aller Knoten ergebende Verformungsfigur lässt

Typologieoptimierung Die Möglichkeiten der FE-Simulation und der parametrischen Definition von Stahltragwerken eröffnet zusammen mit den an natürliche Prozesse angelehnten Optimierungsmethoden einen neuen Zugang für den Entwurf von Tragwerken. Der klassische Tragwerksentwurf geht von der Systematisierung der Tragwirkungen (Zug, Druck, Biegung, Torsion etc.) aus. Damit

b

B 1.72

Konzipierung von Stahltragwerken

a

b

entstehen effiziente und regelmäßige Tragwerke, in denen der Lastabtrag a priori definiert ist. Mit dieser »Top-Down-Methode« bleibt der tatsächliche und im Zusammenwirken der Elemente komplexe Kräfteverlauf aber unberücksichtigt. Da die realitätsnahe Simulation komplexer räumlicher Strukturen mit heutigen Mitteln relativ einfach möglich ist, kann eine große Anzahl verschiedener Strukturen innerhalb kurzer Zeit generiert, berechnet und bewertet werden. Aus dieser Lösungsmenge können sich durch Wahl geeigneter Optimierungsziele effiziente Strukturen herauskristallisieren. Die Universität für Angewandte Kunst in Wien initiierte zu diesem Thema ein Forschungsprojekt und entwickelte eine Software, die die generische Definition verschiedener Tragwerke und deren Optimierung ermöglicht. Die anfangs zufällig erstellten »Individuen« werden durch Selektion, Rekombination und Mutation, also durch evolutionsähnliche Prinzipien, in einem sich stetig wiederholenden Prozess so lange verbessert, bis eine effektive Struktur entsteht. Die Ergebnisse weisen meistens einen hohen Grad an Irregularität auf; die Tragwirkung wird komplex und nicht mehr ohne Weiteres erklärbar (Abb. B 1.71 a und B 1.71 b). Für den prinzipiellen Nachweis der Funktionsfähigkeit führte die Hochschule eine Testreihe mit einem Einfeldträger durch und verglich die Ergebnisse mit einem Referenzfachwerk. Beide Systeme mit einer definierten Anzahl von Stäben in Ober- und Untergurt spannten 50 m weit und wurden unter gleich- und ungleichmäßiger Last berechnet und dimensioniert. Bezugsmarken für die Leistungsfähigkeit und Effizienz waren das Eigengewicht und die maximale Verformung. Während die Verformung in diesem Fall maximal 1/ 300 der Spannweite betragen durfte, sollte das Eigengewicht möglichst gering ausfallen. Die Ergebnisse dieser Optimierung sind typologisch unregelmäßige Fachwerkträger, die bei etwa gleicher Verformung ein um über 15 % reduziertes Eigengewicht gegenüber dem Referenzfachwerk aufweisen.

besteht der Vorteil generierter Tragwerke darin, sich unterschiedlichsten und unregelmäßigen Randbedingungen anpassen zu können. Hierfür generierten die Forscher der Universität für Angewandte Kunst den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen Träger nochmals, diesmal aber unter einer zusätzlichen Bedingung: So wurde ein Bereich definiert, in dem keine Diagonale platziert sein durfte, um an dieser Stelle beispielsweise Haustechnikleitungen durchzuführen. Die daraufhin entwickelte Lösung zeigt sehr deutlich die Überlagerung von Biegung und Normalkraftbeanspruchung, während das Ergebnis des systematischen Verfahrens einen Rahmen um die Haustechniköffnung vorsieht und damit die Tragwirkungen voneinander trennt (Abb. B 1.71c und d). Auch hier sind die generierten Varianten um über 15 % leichter und damit deutlich effektiver.

Adaptierung Im Gegensatz zu regulären Fachwerkstypologien, die nicht auf Anomalien und Störungen wie etwa Auswechslungen reagieren können,

Generatives Design Tragwerksoptimierungen lassen sich in parametrische Designprozesse integrieren. Ist es möglich, aus einem Entwurfskonzept viele unterschiedliche Varianten herauszubilden, so kann die entsprechende Tragstruktur jeder dieser Varianten automatisiert analysiert werden. Die Regeln zur Generierung dieses Tragwerks müssen dabei nicht nach tragwerksplanerischen Gesichtspunkten aufgestellt werden. Grundsätzlich bieten evolutionäre Methoden die Möglichkeit, innerhalb dieses Spektrums optimale Lösungen zu finden. Die Struktur des Salzburg Kunstpavillon von soma ist aus ca. 1500 gleichen, 2 m langen Aluminium-Stabelementen zusammengesetzt (Abb. B 1.72). Die Stäbe formulieren die architektonische Grundidee des »white noise«: Regel und Abweichung. Gleichzeitig bilden sie ein funktionierendes Tragwerk, das nicht in einem klassischen Tragwerksprozess von »außen« definiert werden konnte. Stattdessen erfolgte die Entwicklung eines parametrischen Modells mit variabler Ausrichtung der einzelnen Stäbe. Diese befinden sich in parallelen Ebenen, ohne sich dort jedoch zu überschneiden. Zwischen zwei Ebenen werden sie an ihren projektierten Schnittpunkten mithilfe von Rundrohren miteinander verbunden. Eine Reihe von Zahlenwerten steuert die Winkel der einzel-

B 1.73

nen Elemente. Aus einer sehr großen Menge verschiedener Varianten dieses Modells wurde dann iterativ eine die Gestaltungs- und Tragwerkskriterien erfüllende Struktur gefunden. In einer Studie wurde die Infobox für den Neubau des Hauptbahnhofs in Wien 22 m über das Bodenniveau angehoben (Abb. B 1.73). Die Möglichkeiten, Lasten in den Boden abzuleiten, sind durch Kanäle im Boden, einen Parkplatz und einen Busbahnhof begrenzt. Die Stahlkonstruktion der Box ist zwar als regelmäßiger Stahlrost geplant, die wenigen für eine Fundamentierung geeigneten Flächen machen die regelmäßige Anordnung von Stützen jedoch unmöglich. Außerdem sind mehrere, mit Treppen verbundene Ebenen geplant, die nicht von Strukturelementen durchdrungen werden sollten. Angesichts dieser Randbedingungen wurde in einem generativen Prozess eine räumlich komplexe Struktur entwickelt, die nicht nur statisch effektiv, sondern auch architektonisch prägend ist. Mit diesen Beispielen konnte gezeigt werden, dass es keine klare Trennlinie mehr zwischen Tragwerk und Architektur gibt. Möglich wird dies durch gemeinsam von Architekten und Tragwerksplanern initiierte Generierungsprozesse, in denen die integrale Definition sowohl architektonischer als auch tragwerksplanerischer Randbedingungen und Entwurfsparameter erfolgt. Arne Hofmann, Clemens Preisinger Anmerkungen: [1] Rinke, Mario; Schwartz, Joseph: Before Steel: The introduction of structural iron and its consequences. Sulgen 2010 [2] Engel, Heino: Tragsysteme. Ostfildern-Ruit 1997 [3] Kilian, Axel: Design exploration through bidirectional modeling of constraints. Cambridge 2006 [4] Sakamoto, Tomoko: The Yokohama project. Barcelona 2002 [5] Schumacher, Michael; Schaeffer, Oliver; Vogt, Michael-Marcus: Move – Architektur in Bewegung. Dynamische Komponenten und Bauteile. Basel 2010 [6] Weilandt, Agnes; Lemaitre, Christine; Sobek, Werner: Adaptive Systeme. In: Deutsche Bauzeitung 02/2006, S. 66-67 [7] Hofmann, A., Bollinger, K., Grohmann, M.: Standseilbahn-Stationen in Innsbruck. In: DETAIL 12/2007, S. 1458-1463 [8] Dankert, Jürgen: Numerische Methoden der Mechanik. Wien, 1977

61

Materialität Christiane Sauer

B 2.1

Dank seiner Festigkeit, Präzision und industriellen Fertigungsmöglichkeiten avancierte Stahl Mitte des 19. Jahrhunderts zur Materialikone des Zeitalters der Industrialisierung. Als Baumaterial erlebte die hochwertige Eisen-Kohlenstoff-Legierung Anfang des 20. Jahrhunderts ihren Durchbruch. Architekten wie Mies van der Rohe und Jean Prouvé entwickelten eine dem Material entsprechende moderne Formensprache, die seine Eigenschaften und Verarbeitungsmöglichkeiten gestalterisch nutzt und zur Geltung bringt. Wie definiert sich Stahlästhetik heute? Welche neuen Technologien stehen zur Verfügung und prägen das Gestaltungsvokabular? Das Spektrum an Möglichkeiten zur Bearbeitung von Stahl – von der Strukturierung bis hin zur Farbgebung – ist enorm. Traditionelle Halbzeuge wie gewalzte Profile, Bleche, Bänder und Tafeln herrschen zwar noch immer vor, doch neue Materialformen wie Gewebe aus Stahldraht, dreidimensional verformte Bleche, Echtmetallfliesen oder hochfeste und zugleich leichte Metallschäume sowie Mikrosandwichplatten, wie sie im Automobilbau entwickelt werden, eröffnen neue architektonische Gestaltungsmöglichkeiten mit dem »traditionellen« Werkstoff.

Oberfläche

B 2.1

rostfreier Edelstahl mit spiegelpolierter Oberfläche, mit Fluidtechnik tiefgezogen B 2.2 wetterfester Baustahl während des Korrosionsprozesses, Kirche Santa Mónica, RivasVaciamadrid (E) 2009, VICENS+RAMOS B 2.3 mikrogelochte Oberfläche, tiefgezogen und weiß lackiert B 2.4 Echtmetallbeschichtung auf Holzuntergrund B 2.5 Möbeloberfläche aus gebeiztem und geöltem Stahl. Design: Face Design + Fabrication

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Metalloberflächen zeichnen sich vor allem dadurch aus, dass sie hochwertig, langlebig und widerstandsfähig sind. Für große zusammenhängende Flächen im Außen- oder Innenbereich bieten sich Blechbahnen, Blechtafeln oder Paneelverkleidungen an. Hierbei beeinflusst die Größe der Elemente sowie die Art der Unterkonstruktion und Befestigung das Fugenbild. Paneele ergeben ein gerastertes Fugenbild, während Blechbahnen an den Längsseiten mit Falzen verbunden werden und so eine streifenartige Optik erzeugen. Im Innenraum lassen sich homogene Metallflächen auch durch Metallfliesen erzeugen. Von großen Abmessungen für Wand und Boden bis hin zu kleinformatigen Mosaikfliesen, die sich auch frei geformten Untergründen optimal anpassen, sind hier unterschiedlichste Produkte auf dem Markt, die eine edle Atmosphäre mit industrieller Anmu-

tung kombinieren und wie herkömmliche Keramik- oder Glasfliesen zu verlegen sind. Doch Stahl kann auch als flüssiger Werkstoff aufgetragen werden. Besonders zur Beschichtung komplexer, kleinteiliger oder gerundeter Untergründe aus Holz, Keramik oder Kunststoff eignen sich Echtmetallpartikel (Abb. B 2.4). Diese werden mit einer geringen Menge Bindemittel gemischt, durch einen Sprühvorgang aufgebracht und lassen sich anschließend zu unterschiedlichen Glanzgraden polieren oder schleifen. Da es sich um echte Metallpigmente handelt, bildet die Oberfläche mit der Zeit auch eine entsprechende Patina. Diese Art der Beschichtung eignet sich jedoch nur für Möbelobjekte oder Wandflächen im Innenraum. Für stärkere Beanspruchung stehen begeh- und befahrbare metallische Beschichtungen aus Kunstharz mit eingestreuten Edelstahlpartikeln zur Verfügung. Das Material ist dauerhaft abriebfest und auch für Außenanwendungen geeignet, die Oberflächenrauheit lässt sich auf den Einsatzbereich abstimmen. Die technischen Eigenschaften des Werkstoffs Stahl werden bereits bei der Herstellung festgelegt. Durch unterschiedliche Legierungen entstehen über tausend verschiedene Stahlsorten (siehe Legierungselemente, S. 68f.). Edelstahl beispielsweise wird mit Chrom versetzt und bildet dadurch an der Oberfläche eine chromreiche Oxidschicht, die sogenannte Passivschicht, die sich bei mechanischen Beschädigungen unter dem Einfluss von Sauerstoff spontan neu bildet und das Metall dauerhaft vor Korrosion schützt (siehe Nicht rostender Stahl, S. 69f.). Edelstahl eignet sich daher besonders für Anwendungen im Außenbereich, etwa als Fassadenverkleidung oder für Bereiche, die dauerhaft Feuchtigkeit ausgesetzt sind, beispielsweise Bäder. Selbst Schwimmbecken können als wasserdichte Konstruktion bei gleichzeitig haltbarer und hochwertiger Fertigoberfläche komplett aus Edelstahl geschweißt werden. Edelstahl ist gut zu reinigen und sehr widerstandsfähig. Korrosionsschutz ist bei Stahloberflächen stets ein zentrales Thema. Neben Edelstahl als korrosionsbeständiger Legierung bietet wetterfester Baustahl mit seiner intensiven rostroten

Materialität

Farbigkeit eine gestalterisch interessante Alternative vor allem für frei bewitterte Fassaden (siehe Legierungsbildung von wetterfesten Stählen, S. 69). Das Rohmaterial bildet im eingebauten Zustand eine fest haftende Rostschicht aus, die als Sperrschicht gegen weitere Korrosion fungiert und das Material langfristig witterungsbeständig macht (Abb. B 2.2). Zum Schutz angrenzender Bauteile gegen Verfärbungen sollte die ausgebildete Rostschicht mit einem transparenten Schutzlack versehen werden. Eine kostengünstige Alternative mit industriellem Charakter stellt das Verzinken der Oberfläche dar. Zink ist ein sehr witterungsbeständiges Metall. Gebräuchliche Verfahren sind das Feuerverzinken oder das galvanische Verzinken (siehe Metallische Bandbeschichtungen, S. 74f. und Feuerverzinken von Bauteilen, S. 83f.). Beim Feuerverzinken entsteht eine Schutzschicht mit der typischen stark kristallinen Optik (Abb. B 3.42, S. 83), bei der galvanischen Verzinkung ist die kristalline Struktur wesentlich feiner. Auch mit Säuren oder Laugen lässt sich Stahl korrosionsbeständig behandeln. Bei Verfahren wie dem Brünieren oder Beizen reagiert das Material chemisch und bildet eine korrosionsbeständige, leicht changierende schwarzbraune Patina an der Oberfläche. Die ursprüngliche Materialstruktur wird nicht abgedeckt, sondern behält ihre lebendige, natürlich wirkende Optik und sollte für einen dauerhaften Korrosionsschutz zusätzlich geölt oder gewachst werden (Abb. B 2.5). Stahloberflächen lassen sich – dem jeweiligen Einsatzzweck entsprechend – durch mechanische Verfahren auf vielfältige Weise optisch veredeln. Eine solche Veredelung beeinflusst neben dem Reflexionsgrad des Metalls auch seine Anfälligkeit für Verschmutzung und damit den Pflegebedarf sowie die Instandhaltungskosten. Spezielle optische oder haptische Strukturierungen sind durch abtragende Verfahren wie Schleifen, Bürsten, Strahlen oder Ätzen möglich. Bei geschliffenen Oberflächen hängt das Schleifbild von der verwendeten Korngröße und der Bewegungsrichtung ab. Durch zunehmend feinere Schleifmittel wird die Oberfläche poliert, und es entsteht eine homogene, hochglänzende Fläche. Mithilfe spezieller Textilien und Polituren lässt sich Edelstahl sogar spiegelnd polieren, sodass die Oberfläche ihre Umgebung reflektiert (Abb. B 2.1). Das Material kann in durch Vandalismus gefährdeten Bereichen als splitterfreier Ersatz für Spiegelglas Verwendung finden. Für eine fein mattierte, sehr edel anmutende Oberfläche eignet sich das Strahlen, bei dem ein Strahlmittel mit Druckluft auf die Oberfläche geblasen wird und die oberste Materialschicht gleichmäßig abträgt. Als Strahlmittel kommen verschiedene Materialien wie z. B. Edelstahloder Aluminiumgranulat, Keramik- oder Glasperlen zum Einsatz, die jeweils unterschiedliche Effekte erzielen. Auch chemisches Ätzen

trägt eine dünne Schicht des Materials ab und lässt eine mattierte Oberfläche entstehen. Durch partielles Abdecken ist es möglich, selektiv zu strahlen oder im Siebdruckverfahren partiell zu ätzen und so Bildmotive oder Grafiken auf die Oberflächen zu übertragen. Eine kaum reflektierende Oberfläche, die unempfindlich gegen sichtbare Kratzer, Flecken und Fingerabdrücke ist, entsteht durch sogenanntes Dessinieren. Hierbei strukturieren Musterwalzen ein Blech einseitig mit einer feinen Struktur. Durch Walzen von beiden Seiten wird die Struktur durchgeprägt, was zugleich versteifend wirkt und eine Reduzierung der eingesetzten Materialstärke ermöglicht. Zur farbigen Gestaltung von Metalloberflächen stehen verschiedene Verfahren wie das Nasslackieren oder das Pulverbeschichten zur Auswahl (Abb. B 2.3). Lackierungen sind mit verschiedenen Glanzgraden von stumpf bis hochglänzend möglich, ihre Aufbringung geschieht meist im Spritzverfahren. Beim Pulverbeschichten werden winzige farbige Kunststoffpartikel durch elektrostatische Aufladung mit der Stahloberfläche dauerhaft verbunden (siehe Pulverbeschichtungen, S. 85). Mittels Druckverfahren wie dem Digitaltransferdruck lassen sich individuelle Motive und Grafiken auf Stahl übertragen. Bedruckte Fassadentafeln sind derzeit in einer Länge von bis zu 6 m realisierbar. Eine intensive Farbigkeit kombiniert mit sehr guter mechanischer Resistenz entsteht durch Emaillierung (siehe Emaillierung, S. 85). Dabei wird das Metall mit einem glasartigen Überzug versehen, der sich bei hohen Temperaturen dauerhaft in die Oberfläche einbrennt. Eine Emaillierung ist extrem kratzfest, beständig gegenüber Säuren und Laugen und wirkt elektrisch isolierend. Die elektrolytische Färbung, die bei Edelstahl möglich ist, nutzt die Chromoxidoberflächenschicht des Materials zur Farbgebung. Dabei treten an dieser farblosen Schicht Interferenzeffekte auf, die je nach Dicke der Passivschicht als unterschiedliche Farbtöne wahrgenommen werden. Der große Vorteil hierbei ist die Beständigkeit der Färbung, die unter UV-Einfluss nicht ausbleichen kann, da sie keine Farbstoffe oder Pigmente enthält. Auch eine nachträgliche Umformung des Materials ist möglich, ohne dass die Farboberfläche dadurch beeinträchtigt wird. Der ursprüngliche Edelstahlcharakter und die Struktur der Oberfläche bleiben bei diesem Verfahren erhalten – von spiegelnd bis mattiert. Auf Edelstahl lassen sich durch die Beschichtung mit Titannitrid zudem golden getönte Oberflächen von hoher mechanischer Abriebfestigkeit herstellen.

B 2.2

B 2.3

B 2.4

Transparenz Stahl steht im Allgemeinen für Festigkeit und Präzision. Eine faszinierende neue Ambivalenz bekommt das Material durch semitransparente Oberflächen, die als Gewebe, Lochblech oder B 2.5

63

Materialität

B 2.6

B 2.7

B 2.8

Streckmetall Einzug in die Architektur gehalten haben. In den letzten Jahren wurde auch für Fassaden immer mehr mit diesen Materialien experimentiert. Hinterleuchtet wirkt die durchscheinende Oberfläche am Abend transparent, während sie tagsüber das Licht und die Farbigkeit der Umgebung reflektiert. Werden mehrere semitransparente Flächen hintereinandergelegt, entsteht ein changierender Moiré-Effekt, der nicht nur optische Tiefe, sondern auch Bewegung suggeriert. Technisch kann eine semitransparente Fassade vor starker Sonneneinstrahlung schützen. Gleichzeitig ist sie licht- und luftdurchlässig, was zu einem angenehmen klimatischen Effekt bei offenen Bautypen wie Parkhäusern oder bei außenliegenden Treppen führt. Lochbleche, Gewebe oder Streckmetall können durch die Hinterlegung mit Mineralwolle auch akustisch wirksam und zu schallabsorbierenden Elementen werden (Abb. B 2.12). Als sprinklergeeignete, wasserdurchlässige Deckenverkleidungen sind die halb offenen Materialien darüber hinaus kompatibel mit den meisten Brandschutzauflagen. Die Mehrzahl dieser Halbzeuge ist ursprünglich in der Industrie als rein funktionale Produkte entstanden. Lochblech z. B. wurde für Siebflächen oder Lüftungsgitter hergestellt, bis die Hightech-Architekten der 1980er-Jahre seine industrielle Ästhetik in einen neuen gestalterischen Kontext setzten. Heute ist Lochblech als Gestaltungselement im Innenausbau und für Fassaden nicht mehr wegzudenken. Streifenpressen oder CNC-gesteuerte Stanzmaschinen können mittlerweile nahezu jedes gewünschte Lochmuster kreieren (siehe Strukturierte Bleche und Lochbleche, S. 77). Als stabile, meist begeh- oder befahrbare Elemente mit Gitter- oder Lochöffnungen eignen sich Stahlroste (siehe Gitterroste, S. 82). Sie dienen als Bodenabdeckungen, Abdeckungen für Luftauslässe, aber auch als vertikale Verkleidungen (Abb. B 2.8). Orthogonal geschweißte Gitterroste werden aus übereinanderliegenden Profil- und Stützblechen hergestellt und lassen sich in Transparenz, Tragfähigkeit und Materialqualität exakt den gewünschten Anforderungen anpassen. Profilroste mit dreidimensionaler, meist geprägter und gelochter Oberflächenstruktur kommen oft als Bodenmaterial oder Treppenstufen zum Einsatz, wenn erhöhte Rutschhemmung erforderlich ist. Die Profilierung sorgt zugleich für einen Dränageeffekt, der auch bei Nässe einen sicheren Auftritt ermöglicht. Wie ein leichtes Maschengewebe wirkt das aus Blech gefertigte Streckmetall (siehe Streckmetall, S. 77f.). Im Herstellungsprozess wird das Material in Querrichtung eingeschnitten und zugleich in Längsrichtung gestreckt, sodass die Schnitte sich zu Öffnungen vergrößern. Bei diesem Prozess fällt kein Abfallmaterial an wie beispielsweise bei einer Lochung. Die Maschenweite reicht von wenigen Millime-

B 2.9

64

tern bis zu mehreren Zentimetern. Je nach Blechstärke und Öffnungsgröße wird Streckmetall als optische Verkleidung oder auch belastbares Element z. B. für offene Stufen verwendet. Stahldrähte oder Seile lassen sich zu flexiblen Metallgeweben verarbeiten (Abb. B 2.6). Auch diese wurden ursprünglich für die Industrie als Filtrationselemente oder Transportbänder entwickelt. Metallgewebe faszinieren durch die Kombination der metallischen Oberfläche mit einer fließenden, textilen Struktur. Sie bestehen in der Regel aus Edelstahl oder verzinktem Stahl. Um im eingebauten Zustand eine straffe Oberfläche zu erzielen, müssen sie gespannt werden, was über Federn an der Aufhängung erfolgen kann (Abb. B 2.9). Auch freie Formen und Rundungen lassen sich durch Konfektionierung des Materials herstellen. Der Einsatz für funktionale und zugleich ästhetisch anspruchsvolle Sicht- und Zutrittsbarrieren wie Vorhänge, Rollos oder Rolltore nutzt die Flexibilität von Metallgeweben. Die Gewebe gibt es in unzähligen Varianten. Dichtes Edelstahlgewebe kann beispielsweise einen hochwertigen, puristischen und zugleich dauerhaften Bodenbelag bilden, der auch in Außenbereichen, z. B. auf Balkonen, verlegbar ist. Webbreiten von bis zu 8 m sind möglich, die Länge ist frei wählbar. Das Herstellverfahren erlaubt es, auch andere Materialien oder Elemente wie LED-Technik in das Material zu integrieren (Abb. B 2.7). Eingebundene wetterfeste Röhren können z. B. mit computergesteuerten LEDs bestückt werden und das Gewebe so zur semitransparenten Medienmembran machen, die Bilder und sogar ganze Filmsequenzen abbilden kann. Aufgrund der Offenmaschigkeit des Gewebes bleibt die Durchsicht aus dem Inneren des Gebäudes nach außen erhalten, während die Fassade aus der Distanz als homogene Projektionsfläche wahrgenommen wird.

Formbarkeit Stahlblech, das aufgrund seiner geringen Stärke in sich tendenziell instabil ist, lässt sich durch Riefen, Sicken oder Aufbördelungen dauerhaft versteifen oder als dreidimensionale Fläche durch Verformung stabilisieren. Dadurch erreichen Bleche die notwendige Steifigkeit z. B. als Wand- oder Fassadenverkleidung mit geringerer Materialstärke. Zugleich liegt in der Verformung der Oberfläche ein großes Gestaltungspotenzial. Im Gegensatz zu den spanenden Bearbeitungsverfahren wie Fräsen oder Schleifen wird das Material nicht abgetragen, sondern dauerhaft in eine neue Form gebracht. Bei großflächigen Verkleidungen, die eine optische Ebenmäßigkeit über die ganze Fläche aufweisen sollen, hilft eine Strukturierung, kleine Unebenheiten oder Beschädigungen zu kaschieren. Hierfür eignen sich neben dem bereits erwähnten Dessinieren auch dreidimen-

Materialität

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sionale Prägungen, die ähnlich wie Lochbleche durch Blechpressen hergestellt werden, jedoch ohne das Material zu durchtrennen. Muster aus Rauten, Noppen oder Quadraten sind Standard, aber auch andere Formen sind möglich. Aufgrund der unebenen Oberfläche eignen sich geprägte Bleche auch gut als rutschfester Bodenbelag (siehe Strukturierte Bleche und Lochbleche, S. 77).

10 m Länge und Blechstärken bis zu 60 mm verformbar. Wabenartige Strukturen in der Oberfläche entstehen durch das bionische Prinzip der Wölbstrukturierung. Diese Technologie macht sich die selbsttätige geometrische Materialverformung unter dem Einfluss von hohem Außendruck zunutze. Das während des Umformprozesses partiell auf Stützstrukturen aufgelagerte Blech springt bei einem bestimmten Druckpegel von selbst in dreidimensionale Wabenstrukturen, die der Fläche eine hohe Formsteifigkeit verleihen, sodass sich die Blechstärke minimieren lässt. Auch die Bearbeitung bereits lackierter Bleche ist möglich, da kein Werkzeug das Material an der Oberfläche berührt und zerkratzt. Strukturierte Metalldächer minimieren den Dröhneffekt bei Regen und die thermische Verformung bei Temperaturwechseln bleibt gering. Die Brechung der Reflexionswinkel schwächt auch die optische Blendung, die Metallflächen hervorrufen, ab (Abb. B 2.11). Ebenfalls mit Druck und ohne Umformwerkzeuge arbeitet die sogenannte freie Innendruck-Umformung (FIDU), die dünne Bleche in stabile dreidimensionale Strukturen verwandelt (Abb. B 2.14). Dazu werden zwei aufeinandergelegte Metallbleche zunächst entlang der Ränder verschweißt und anschließend von innen mit einer Flüssigkeit unter Druck zu dreidimensionalen Blechkissen »aufgeblasen«. Die finale Form ergibt sich allein aus der Konturierung der Bleche und dem verwendeten Innen-

druck. Durch die Wölbungen und Faltungen, die spontan während des Umformungsprozesses entstehen, nimmt das Material eine dauerhaft stabile Form an. Mit dieser Technologie lassen sich sogar tragende Strukturen oder stabile Möbelobjekte fertigen. Es entsteht eine ungewöhnliche und völlig neue Materialästhetik des Werkstoffs Stahlblech, das feste Material nimmt eine weiche, fast textile Form an. Die Stabilisierung durch die strukturell effiziente Formgebung macht das Arbeiten mit geringen Materialstärken möglich. Ebenfalls eine textile Anmutung erreicht das Material durch verschiedene neue computergenerierte Bearbeitungsverfahren. Starres Blech kann durch eine spezielle Technologie zu kontinuierlich verformbaren Metalloberflächen mutieren. Dabei bestimmt die geometrische Verteilung von Einschnitten im Material den Grad der Verformbarkeit. Die Schnittmuster werden durch ein Computerprogramm berechnet und mittels CNC-Laser- oder Wasserstrahlschneider umgesetzt (Abb. B 2.13).

B 2.13

B 2.14

Ein gebräuchliches Verfahren zur dreidimensionalen Umformung von Blechen ist das Tiefziehen. Hierbei drückt ein Stempel das Material in eine vorgefertigte Form, die Matrize. Der zur Formung notwendige Druck kann entweder durch ein Werkzeug, aber auch durch Flüssigkeit aufgebracht werden. Beim sogenannten hydromechanischen Umformverfahren (Fluidverfahren) verformt ein flüssiges Medium das Blech und presst es in die Matrize. Die Oberflächenqualität ist bei diesem Verfahren sehr hochwertig, da kein mechanisches Werkzeug die Blechoberfläche berührt. Mit dieser Technik sind großflächige dreidimensionale Verformungen nach freien Motiven möglich (Abb. B 2.10). Um extrem starke oder große Bleche zu verformen, wird sogar der Druck von Explosionen kontrolliert eingesetzt. Diese Umformung erfolgt zur Gänze unter Wasser, wobei der Explosionsdruck das Material in die Matrize presst. Da das Verfahren nicht an eine Maschine gebunden ist und der Sprengstoff individuell verteilt werden kann, sind derzeit Formate von bis zu B 2.6 B 2.7 B 2.8 B 2.9 B 2.10 B 2.11

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Die Wandelbarkeit von Stahl, der hoch belastbar und präzise zu bearbeiten ist und zugleich eine weiche, sehr sinnliche Optik und Haptik haben kann, macht den Werkstoff zu einem zeitgemäßen Material, das sich unterschiedlichsten Anforderungen optimal anpassen lässt und im gesamten Spektrum der Gebäudetypologien – vom Parkhaus bis zur Edelboutique – seinen Platz gefunden hat.

Edelstahlgewebe transparente Metallhaut mit eingewebten LEDProfilen feuerverzinkter Profilrost als Fassade, Pavillon, Zürich (CH) 2008, phalt architekten Federn spannen die Metallgewebebahnen, Rathaus, Innsbruck (A) 2002, Dominique Perrault rostfreier Edelstahl, mit Fluidtechnik tiefgezogen, geschliffene Oberfläche wölbstrukturierte Oberfläche, die sich ohne mechanische Werkzeuge unter Luftdruck in eine gleichmäßige Wabenstruktur formt akustisch wirksame Deckenverkleidung aus Edelstahllochblech mit 3 mm Lochung, Museum of Islamic Art, Doha (Q) 2008, I. M. Pei Durch CNC-Verfahren gefertigte Einschnitte machen Blech formbar wie Textil. Design: Haresh Lalvani mit der FIDU-Technologie hergestellter Hocker »Plopp«. Design: Oskar Zieta

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Stahl – Herstellung und Produkte Alexander Reichel, Gerald Schnell

B 3.1

Der Markt bietet eine Fülle von Stahlprodukten an, von denen im Bauwesen nur ein Teil zum Einsatz kommt. Um sich ein Bild über die zahllosen Nuancen der Stahleigenschaften, die Möglichkeiten des Werkstoffs, seine Grenzen sowie die Verfügbarkeit am Markt machen zu können, sind Kenntnisse der Stahlherstellung sowie der Herstellung von Stahlprodukten unabdingbar. Ausgangspunkt ist die Produktion von Roheisen und seine Weiterverarbeitung zu nutzbarem Eisen und Stahl. Dabei werden aus dem Rohmaterial entsprechende Halbzeuge bis hin zu Systemlösungen vorgestellt und deren Fügungen und Eigenschaften beschrieben. Die modularen und seriellen Normprodukte des Stahls werden heute durch digital erzeugte, individuelle Formen ergänzt. So können durch die Nutzung von CNC-Technologien maßgeschneiderte Lösungen realisiert werden, die sowohl individuell als auch kostengünstig sind.

Rohstahlproduktion Eisen ist eines der am häufigsten in der Erdkruste vorkommenden Elemente. Als unedles Metall liegt es allerdings nicht in Reinform vor, sondern üblicherweise als Eisenoxid, Eisencarbonat und Eisensulfid. Gesteine, die eine wirtschaftliche Gewinnung von Eisen erlauben, werden Eisenerz genannt. Sie weisen einen Eisengehalt von mehr als 20 % auf. Die meisten genutzten Eisenerze haben einen Eisengehalt zwischen 30 und 65 %. Der übrige Gesteinsanteil wird Gangart genannt. Der Hochofenprozess, Roheisen und Gusseisen

Im Hochofen (Abb. B 3.2) wird Eisenoxid mit aus Kohlenstoff gewonnenem Kohlenmonoxid zu Eisen reduziert. Bei dieser Reaktion oxidieren Kohlenstoff und Kohlenmonoxid teilweise zu Kohlendioxid (CO2). Der Hochofen wird oben mit einem Gemisch aus Erz und Koks, dem Möller, beschickt, während unten über Ringleitungen heiße Luft, der »Wind«, zugeführt wird. Koks ist Kohle, der durch Erhitzung unter Luftabschluss Bestandteile wie Teer, Benzol, Schwefel und Ammoniak entzogen wurden. Um die Luftzufuhr zum Erz zu gewährleisten,

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werden Koks und Erz auf eine gleichmäßige Stückgröße zerkleinert und mit Kalk gesintert, d. h. zu einem Konglomerat »zusammengebacken«. Durch die richtige Vorbereitung des Möllers lässt sich der Reduktionsmittelverbrauch und damit auch der CO2-Ausstoß verringern. Alternativ zum Sintern kann das Erz in Form von Pellets, einem Granulat aus kleinen Kugeln mit ca. 10 –15 mm Durchmesser, geliefert werden. Der Kohlenstoff reagiert im unteren Bereich des Hochofens mit dem im Wind enthaltenen Sauerstoff und erzeugt heiße Gase mit Temperaturen von über 2000 °C, die zum Großteil aus Kohlenmonoxid und Stickstoff bestehen. Dieses heiße Gas, das über ein großes Reduktionspotenzial verfügt, steigt durch den Möller nach oben, heizt die von oben eingebrachten Feststoffe bis zur Schmelztemperatur auf und reduziert das Eisenoxid zu metallischem Eisen. Das während der Reduktion des Eisenoxids entstehende Kohlendioxid wird im unteren Bereich des Hochofens teilweise regeneriert, d. h. es reagiert mit dem molekularen Kohlenstoff zu Kohlenmonoxid. Diese Reaktion wird als Boudouard-Reaktion bezeichnet. Der Prozess lässt sich wie folgt ausdrücken: 1. C + 0,5 O2 ∫ CO stark exotherme Reaktion von Kohlenstoff und Wind 2.1 3 Fe2O3 + CO ∫ 2 Fe3O4 + CO2 Reduktion von Hämatit zu Magnetit 2.2 x Fe3O4 + CO ∫ 3 FexO + (2x - 1) CO2 Reduktion von Magnetit zu Wüstit 2.3 FexO + CO ∫ x Fe + CO2 Reduktion von Wüstit zu metallischem Eisen 3. CO2 + C ∫ 2 CO Regeneration von Kohlenstoffdioxid (Boudouard-Reaktion) Die ersten beiden Schritte der Reduktion von Eisenerz (2.1, 2.2) finden vor allem im oberen Bereich des Ofens statt, während der letzte Schritt (2.3) im Wesentlichen im unteren Bereich des Hochofens erfolgt (Abb. B 3.3). Beide Kohlenstoffoxide treten am oberen Teil des Hochofenschachts als sogenanntes Gichtgas aus. Kohlenmonoxid ist brennbar und wird zum Vorwärmen in den Winderhitzern genutzt.

Stahl – Herstellung und Produkte

Beschickung Gichtgas

200°

Vorwärmzone indirekte Reduktion

400°

MöllerKoks-Säule

900°

Wasserkühlung Ringleitung Roheisenabstich

1400° Rast 1600° 2000° 1600° 1400°

Reduktionszone direkte Reduktion

Kohlungszone Schmelzzone

B 3.2

B 3.3

Das Roheisen kann alle zwei bis vier Stunden im unteren Bereich des Hochofens abgestochen werden (Abb. B 3.5). Der dabei anfallende, als Schlacke bezeichnete Sekundärstoff entsteht aus dem Kalk des Möllers, der Gangart des Erzes und den anderen im Koks enthaltenen Elementen, hauptsächlich Kalziumund Siliziumoxide. Aufgrund ihres geringeren Gewichts schwimmt die Schlacke auf dem flüssigen Roheisen. Sie wird an einem höher liegenden Punkt abgestochen und dient vielen Industriezweigen als wertvolles Ausgangsmaterial, wie z. B. für die Zementherstellung (CEM III, sogenannte Hüttensandzemente) oder für den Straßenbau. In der Eisenherstellung hat die Schlacke die Aufgabe, einen Teil des durch den Koks eingebrachten und höchst unerwünschten Schwefels zu binden. Bezogen auf das Gewicht des erzeugten Roheisens fällt etwa ein Drittel Schlacke an. Ein Hochofen erreicht eine durchschnittliche Betriebsdauer von zehn bis fünfzehn Jahren, bevor die Ausmauerung aus Schamottsteinen erneuert werden muss. Ein moderner Hochofen produziert bis zu 20 000 t Roheisen pro Tag. Entsprechend große Mengen an Ausgangsstoffen und Reduktionsmittel sind täglich nötig. Aufgrund der anderen im Erz auftretenden Oxide ist das im Hochofen erzeugte Roheisen kein reines Eisen. Neben großen Mengen Kohlenstoff enthält es noch weitere unerwünschte Begleitelemente wie beispielsweise Silizium, Mangan, Phosphor und Schwefel. Der Kohlenstoffgehalt liegt bei ca. 3,5 – 4,7 %, weshalb Roheisen spröde ist, eine geringe Zugfestigkeit aufweist und bei ungleichmäßiger Erwärmung zur Rissbildung neigt. Es ist weder warm noch kalt verformbar.

sich bei frühen Gusseisenkonstruktionen zunutze machte. Typisch für diese Konstruktionen sind daher druckbeanspruchte Formen wie etwa Bögen. Für Biege- oder Zugbelastungen ist dieses Material jedoch nur sehr eingeschränkt geeignet. Gusseisen ist als Eisenlegierung mit einem Gehalt von mehr als 2 % Kohlenstoff als Hauptlegierungselement definiert und wird durch Umschmelzen von Roheisen unter Zugabe von Stahl- und Gussschrott erzeugt. Ein höherer Stahlanteil führt dabei zu einem geringeren Kohlenstoffgehalt. Der Schmelzpunkt des Gusseisens ist durch den höheren Kohlenstoffanteil niedrig, wodurch es gut vergießbar ist. Aufgrund seiner Sprödigkeit kann es jedoch nicht plastisch, z. B. durch Walzen, verformt werden – möglich sind ausschließlich Bearbeitungen durch spanende Verfahren. Die Eigenschaften von Gusseisen werden maßgeblich von der Form der Grafit-Einschlüsse bestimmt. Man unterscheidet grundsätzlich drei Arten von Gusseisen: Gusseisen mit Lamellengrafit (GJL), mit Kugelgrafit (GJS) sowie Temperguss (GJM). Gusseisen mit Lamellengrafit hat eingelagerte Grafitlamellen und entspricht dem historischen Gusseisen. Seine Vorteile sind eine durch die Gusshaut bedingte hohe Korrosionsbeständigkeit und niedrigere Kosten. Typisch für diesen Werkstoff ist seine geringe Zugfestigkeit. Temperguss hingegen kann durch seine flocken- bzw. kugelförmigen Grafiteinschlüsse Eigenschaften aufweisen, die mit jenen von Stahl vergleichbar sind. Zur Herstellung von Temperguss wird Grafit durch Wärmebehandlung (tempern) ausgeschieden. Einige Tempergussarten sind schweißgeeignet.

Verfahren zur Eisenherstellung gibt es seit der Antike. Eisen in größeren Mengen zu produzieren wurde jedoch erst möglich, nachdem Steinkohle im 18. Jahrhundert die vorher zur Verhüttung verwendete Holzkohle ablöste. Allerdings war das so entstandene Roheisen durch den Kohlenstoffgehalt nicht schmiedbar. Kohlenstoff wurde daher in Frischfeuern ausoxidiert, um schmiedbaren Stahl zu erzeugen. Die Druckfestigkeit von Roheisen ist sehr hoch – etwa 100-mal größer als bei Stein –, was man

Neben dem Hochofenprozess erlangt auch das Direktreduktionsverfahren bei der Eisenherstellung immer größere Bedeutung. Die gängigen Direktreduktionsverfahren, bei denen Erz im festen Zustand zu Roheisen reduziert wird, verwenden als Reduktionsmittel Wasserstoff und Kohlenmonoxid, die meist aus Erdgas gewonnen werden. Als Produkt erhält man »Eisenschwamm« (Direct Reduced Iron – DRI), der im Elektrolichtbogenofen zu Stahl weiterverarbeitet werden kann (Abb. B 3.4).

B 3.1

Eisenerzlager in Rotterdam. Eisenerze unterschiedlicher Herkunft weisen verschiedene Färbungen auf. B 3.2 Hochofen in einem Stahlwerk B 3.3 der Hochofenprozess B 3.4 Eisenschwamm (DRI – direct reduced iron): Die Reduktion von Eisenerz durch die Gase Kohlenstoffmonoxid und Wasserstoff ergibt ein schwammartiges Produkt mit großem Porenvolumen. Eisenschwamm wird im Elektrolichtbogenofen weiterverarbeitet. Da das Erz im festen Zustand reduziert wird, behält es die ursprüngliche Form (hier Pellets) bei. B 3.5 Abstich des Roheisens B 3.6 Schmelzen von Schrott im Elektrolichtbogenofen

B 3.4

B 3.5

B 3.6

67

Stahl – Herstellung und Produkte

Blow-lance or Tuyere Slag-binder Oxygen Hydrocarbons

Compressed air Nitrogen and/or Aragon

Diese Verfahren liefern geringere Mengen an Roheisen als die Hochofenmethode. Auch wird qualitativ hochwertigeres Erz als Ausgangsmaterial benötigt. Vorteile sind die Verwendung günstigerer Reduktionsmittel sowie geringere Investitionskosten, da keine Kokerei erforderlich ist. Heute werden in integrierten Stahlwerken alle anfallenden Prozessgase entweder im Stahlwerk direkt weiterverwendet oder zur Erzeugung von elektrischem Strom an Kraftwerke weitergeleitet. Eine Neuentwicklung ist die Gichtgasrückführung, bei der das Kohlenmonoxid als Reduktionsmittel wieder in den Hochofen zurückgeleitet wird, was allerdings eine aufwendige Gastrennung bedingt. Eine weitere Entwicklungsperspektive in der Eisenherstellung ist die direkte Umwandlung des Erzes zu Stahl, ohne den Umweg über das Roheisen zu nehmen.

B 3.7

B 3.8

Entphosphorisierungung zu erreichen. Je nach gewünschter Stahlgüte kann es erforderlich sein, die Schmelze zuerst zu entschwefeln, da der Konverter keine effiziente Entschwefelung erlaubt. Die im Prozess freiwerdende Wärme entsteht durch die verschiedenen Oxidationsreaktionen einschließlich Entkohlung, Entsilizierung und Entphosphorisierung. Diese Energie reicht aus, um die Temperatur der Schmelze von Werten von üblicherweise 1250 bis 1350 °C auf die gewünschte Temperatur von 1600 bis 1700 °C zu steigern und festen Schrott zum Schmelzen zu bringen, von dem pro Tonne flüssigem Stahl ca. 300 kg zugegeben werden. Der durch das Frischen in die Schmelze gelangte Sauerstoff desoxidiert beim Abstich in der Pfanne durch Zugabe von Aluminium, Mangan und Silizium.

Die übliche Befüllung des Elektrolichtbogenofens erfolgt als Mischung unterschiedlicher Schrottsorten, um die Einschmelzung zu beschleunigen und den Gehalt an metallischen Elementen zu kontrollieren. Der Lichtbogen zwischen den Grafitelektroden und dem Schrott erzeugt ein sehr heißes Hochtemperaturplasma, wobei die Temperaturverteilung zwischen 10 000 bis 15 000 °C in den heißesten Bereichen bis zu einer lokalen Umgebungstemperatur in den Randbereichen von ca. 2000 °C reicht. Auf diese Weise lassen sich selbst hochlegierte Stähle einschmelzen. Andere Metallelemente außer Eisen werden ganz ähnlich wie bei flüssigem Stahl, der über alternative Verfahren gewonnen wird, während des abschließenden Arbeitsprozesses als Schlacke abgeschöpft. Das Hinzufügen der Legierungselemente zum Flüssigstahl erfolgt häufig im Verlauf einer nachfolgenden Behandlung in einem Pfannenofen. Vor dem Gießen können die im Stahl gelösten Gase (Wasserstoff und Stickstoff) in einem Vakuumofen reduziert werden. Trotz des hohen Energiebedarfs, der sich durch Vorwärmen des Schrotts vor dem Einschmelzen reduzieren lässt, wird bei der Elektrostahlherstellung nur etwa halb so viel Energie verbraucht wie im Hochofenverfahren. Letzteres wird jedoch weiterhin notwendig sein, da der Stahlbedarf die verfügbaren Mengen an recyceltem Stahl übersteigt. Der heute in der Bauwirtschaft eingesetzte Stahl stellt, unter der Voraussetzung seiner Rückführung nach Ablauf der Gebäudenutzung, eine stille Stahlreserve dar.

Elektrolichtbogenofen Konverterprozess und Eigenschaften von Stahl

Bei der Produktion der meisten Stahlgüten aus flüssigem Metall muss ein Kohlenstoffgehalt von ca. 0,02 bis 0,03 % erreicht werden. Diesen Vorgang nennt man Frischen. Beim Frischen wird reiner Sauerstoff in einen Konverter geleitet, der normalerweise 150 – 350 t Flüssigstahl enthält. Beim Sauerstoffblasverfahren kann der Sauerstoff entweder von oben über eine Lanze auf die Metallschmelze aufgeblasen oder vom Boden des Konverters aus über Spülsteine oder Blasdüsen eingeblasen werden. Der kombinierte Prozess nutzt die Vorteile beider Verfahren: Die Kontrolle der Blasbedingungen, die Energiezuführung durch lokale Nachverbrennung des Kohlenstoffmonoxids aus der Entkohlung sowie eine gute Durchmischung der Schmelze (Abb. B 3.7 und B 3.8). Neben dem Kohlenstoff werden im Konverter auch noch andere Elemente wie etwa Silizium, Mangan und Phosphor oxidiert. Die dabei entstehenden oxidierten Verbindungen bilden die Schlacke bzw. werden mit den Prozessabgaben aus dem Ofen abgeführt. Die Kontrolle der Schlackenbildung und -eigenschaften ist für die Metallurgie und die Prozessstabilität von entscheidender Bedeutung: So wird beispielsweise Kalk zugegeben, um eine ausreichende Fließfähigkeit der Schlacke sowie eine gute

68

Im Elektrolichtbogenofen wird Rohstahl aus Roheisen und Eisenschwamm, hauptsächlich aber aus Stahlschrott erzeugt (Abb. B 3.6, S. 67). Dieses Verfahren, das in erster Linie elektrische Energie nutzt, kommt bei ungefähr 40 % der heutigen weltweiten Stahlproduktion zum Einsatz. Für den Schmelzprozess werden ca. 70 % des gesamten Energiebedarfs benötigt. Schrott kann mit relativ einfachen Mitteln magnetisch getrennt und vor dem nächsten Schritt geschreddert werden. Als wertvoller Rohstoff wird er untersucht, klassifiziert und je nach Abfallgehalt, verbleibenden Metallelementen und Schadstoffen sortiert. Abfälle können zu einer Reduzierung der erforderlichen elektrischen Leitfähigkeit führen. Kritisch sind Verunreinigungen mit Metallelementen wie Kupfer, Zinn, Molybdän, Chrom oder Nickel, da sie während des Prozesses nicht entfernt werden können. Aus Sicherheitsgründen muss der Schrott im Elektrolichtbogenofen auch frei von brennbaren oder explosiven Stoffen sowie geschlossenen Behältern oder Gefäßen sein. Am Eingang eines jeden Stahlwerks wird außerdem eine Kontrolle auf radioaktive Verunreinigungen durchgeführt, um kontaminierte Materialchargen bereits am Werkstor abweisen zu können.

Legierungselemente

Die Stahleigenschaften verändern sich durch den Zusatz von Legierungselementen oder durch Wärme- und Druckbehandlung – beide Verfahren nehmen Einfluss auf die Kristallgitterstruktur. Kohlenstoff ist das wichtigste Legierungselement von Stahl, der gemäß seinem Kohlenstoffgehalt folgendermaßen definiert wird: • unlegierter Stahl, C < 0,2 % und Gesamtgehalt der Legierungselemente < 5 % • niedriglegierter Stahl, C > 0,2 % und Gesamtgehalt der Legierungselemente < 5 %

Stahl – Herstellung und Produkte

B 3.7

Schnitt durch einen Konverter mit kombiniertem Blasprozess B 3.8 Befüllen eines Konverters mit flüssigem Roheisen B 3.9 übliche Bezeichnungen für Baustähle nach EN 10 027-1: 2005, EN 10 025-2: 2004, EN10 025-4: 2004. Beispiel: EN 10 025-2: 2004 S 355 J2 + Z35 +M B 3.10 Festivalgelände im römischen Steinbruch St. Margarethen (A) 2008, AllesWirdGut Material: Blech, voroxidiert

S

355

J2

Stahlgruppe

mechanische Eigenschaften

mechanische Eigenschaften – Gruppe 1 (Kerbschlagarbeit)

+

S= Stähle für den allgemeinen Stahlbau

XXX = Mindeststreckgrenze [N/mm2]

mind. 27J. JR J0 J2

mind. 40J. KR K0 K2

Temp. °C 20 0 -20

Z35

+M

besondere Anforderungen

Behandlungszustand

Z 15 = mind. 15 % Brucheinschnürung Z 25 = mind. 25 % Brucheinschnürung Z 35 = mind. 35 % Brucheinschnürung

M

= thermomechanisch umgeformt N = normalisierend umgeformt AR = wie gewalzt

B 3.9

• hochlegierter Stahl, C > 0,2 % und Gesamtgehalt der Legierungselemente > 5 % Die chemische Zusammensetzung von Stahl lässt sich präzise einstellen (Abb. B 3.9). Maßgeblich bestimmt werden die Stahleigenschaften durch den Kohlenstoffanteil, der selbst bei geringfügigen Änderungen die Werkstoffeigenschaften beeinflusst. Ein hoher Kohlenstoffanteil fördert die Härte und Zugfestigkeit des Stahls – bei gleichzeitig zunehmender Versprödung und abnehmender Verformbarkeit und Schweißbarkeit. Normaler Kohlenstoffstahl wie z. B. S 355 verfügt über einen höheren Kohlenstoffgehalt (ca. 0,20 – 0,24 %) als S 235 (ca. 0,17– 0,20 %). Die Erhöhung der Streckgrenze und damit der Zugfestigkeit kann alternativ auch durch besondere Warmwalzverfahren erreicht werden. Die Schweißbarkeit von Stahl ist umgekehrt proportional zu seiner Härtbarkeit. Die Härtbarkeit von Stahl – also die Neigung zur Bildung von Martensit während der Wärmebehandlung – ist abhängig von seiner chemischen Zusammensetzung: Ein höherer Gehalt an Kohlenstoff und anderen Legierungselementen führt zu einer besseren Härtbarkeit und in der Folge daher auch zu einer schlechteren Schweißbarkeit. Um Legierungen, die aus vielen unterschiedlichen Stoffen zusammengesetzt sind, verlässlich beurteilen zu können, wird das sogenannte Kohlenstoffäquivalent genutzt. Mit diesem Maß lassen sich die relativen Schweißeignungen verschiedener Legierungen vergleichen, indem ihre Eigenschaften zu denen von normalem Kohlenstoffstahl in Bezug gesetzt werden. Die für den Stahlhochbau wichtigsten Stahlarten sind die allgemeinen Baustähle in Form von besonders schweißgeeigneten Feinkornstählen sowie die Edelstähle, zu denen auch die wetterfesten Stähle gezählt werden. Neben der Korrosionsbeständigkeit können die Legierungselemente auch zahlreiche andere Stahleigenschaften verbessern, wie z. B. die Härte oder sogar das Aussehen einer verzinkten Stahloberfläche. Der Siliziumgehalt beispielsweise beeinflusst das Aussehen der Oberfläche ebenso wie die Dicke von Zinkbeschichtungen.

Legierungsbildung von wetterfesten Stählen

Wetterfeste Stähle bilden eine dicke und dichte Patina aus, die die weitere Oxidation der darunterliegenden Schichten extrem verlangsamt. Das Erscheinungsbild der rotbraunen Schicht entspricht damit paradoxerweise genau dem eigentlich zu vermeidenden Oxidationsprozess (Abb. B 3.10). Dauerfeuchtigkeit macht den Schutz allerdings unwirksam, weshalb ihr Einsatz nicht in allen Regionen sinnvoll ist. Der Anteil an Legierungselementen – hauptsächlich Kupfer, Chrom und Phosphor – liegt bei wetterfesten Stählen unter 1 %. In Abhängigkeit von den jeweiligen Umgebungsbedingungen und der geplanten Nutzungsdauer sind die Stähle stärker zu dimensionieren. Bei der Nutzung für Fassaden müssen Abrostzuschläge von teilweise bis zu 2 mm eingerechnet werden. Beim Einsatz von wetterfestem Stahl ist Kontaktkorrosion zu vermeiden, insbesondere an

Verbindungen und Befestigungen, z. B. bei Bolzenverbindungen. Bei der Kombination von wetterfestem Stahl mit anderen Materialien sollte immer bedacht werden, dass es auf diesen durch Regen zu Verfärbungen oder Verwaschungen kommen kann. Wetterfeste Stähle sind gut schweißbar, wobei das Schweißgut ebenfalls aus wetterfestem Material bestehen sollte. Die Schweißnähte können nachträglich speziell behandelt werden, um die Patinabildung zu beschleunigen und ein einheitliches Erscheinungsbild zu fördern. Obwohl wetterfeste Stähle etwas teurer sind als herkömmlicher Kohlenstoffstahl, lassen sie sich wirtschaftlich einsetzen, da weitere Korrosionsschutzmaßnahmen entfallen können. Nicht rostender Stahl

Stahl mit einem Chromgehalt von 10,5 % und weniger als 1,2 % Kohlenstoff (neben anderen Legierungselementen) wird als nicht rostender

B 3.10

69

Stahl – Herstellung und Produkte

Stahl bezeichnet. Solche Stähle sind allerdings nur unter bestimmten Umgebungsbedingungen nicht rostend. Stahl mit einem Chromgehalt von über 17 % weist eine hohe Korrosionsbeständigkeit unter den im Bau auftretenden Bedingungen auf. Auf der Oberfläche des Stahls bildet sich eine chromoxidreiche Passivschicht, die die darunterliegenden Schichten vor Korrosion schützt. Diese Passivschicht ist selbstheilend. Eine Erhöhung des Chromgehalts auf Werte über 17 % oder Zusätze von Nickel, Molybdän und anderen Legierungselementen (Ti, Nb, Mn, N, Cu, Si, Al, V) verbessern unter bestimmten Bedingungen ebenfalls die Korrosionsbeständigkeit und andere physikalische Eigenschaften. Beispielsweise ist bei Stahl für Salzwasseranwendungen ein höherer Chrom- (> 18 %), Molybdän- (> 2,5 %) und vorzugsweise Stickstoffgehalt notwendig, um die erforderliche Korrosionsbeständigkeit zu errei-

B 3.11

B 3.12

chen. Dank der großen Auswahl möglicher Edelstahllegierungen kann bei der Auslegung immer die Legierung gewählt werden, die perfekt für die Einsatzbedingungen geeignet ist. Die zahlreichen Edelstahlgüten können gemäß ihrer präzisen metallurgischen Strukturen nach EN 10 088 in fünf Hauptgruppen unterteilt werden (Abb. B 3.13). Bei ferritischen Stählen werden üblicherweise Titan, Niob oder Zirkonium genutzt, um die ferritische Korngröße zu stabilisieren, den Restkohlenstoffgehalt zu binden und das Korrosions- und Schweißverhalten zu verbessern. Die meisten ferritischen Stähle sind für Innenräume geeignet. Neue Entwicklungen erlauben jedoch auch ihren Einsatz in der Gebäudehülle und für Tragwerksprodukte, z. B. gibt es einige Güten mit einem Chromgehalt von 12 %, die für Anwendungen im Außenbereich vorgesehen sind.

Martensitische Edelstähle werden hauptsächlich für Werkzeuge, Schneidwerkzeuge und Federn verwendet. Ihr Einsatz im Bausektor beschränkt sich auf Drähte und Stabstahl. Austenitische Edelstähle machen 70 % der weltweiten Edelstahlproduktion aus. Nickel verbessert in einigen Anwendungen die Korrosionsbeständigkeit, dient jedoch in erster Linie zur Stabilisierung des kompakteren Mikrogefüges. Dadurch wird bei allen Temperaturen eine hohe Duktilität garantiert, selbst bei Tieftemperaturanwendungen. Durch die Zugabe von Molybdän wird die Korrosionsbeständigkeit in sehr aggressiven Umgebungen wie z. B. Salzwasser verbessert. Da das ausgesprochen kompakte Mikrogefüge von austenitischen Edelstählen die Diffusion einzelner Atome bei erhöhten Temperaturen begrenzt, weisen diese Stähle oberhalb von ungefähr 550 °C eine höhere Festigkeit und Steifigkeit auf als Kohlenstoffstahl. Austenitische Stähle mit Mangan und geringem Nickelgehalt sind Chrom-Mangan-Stähle mit einem Nickelgehalt von 1 bis 5 %. Die meisten weisen die Duktilität der austenitischen NickelChrom-Qualitäten auf, bieten jedoch eine verringerte Korrosionsbeständigkeit. Ferritisch-austenitische Edelstähle (DuplexEdelstähle), weisen eine Mischung aus austenitischem und ferritischem Gefüge auf. Dank des niedrigen Nickelgehalts, des hohen Chromund möglichen Molybdängehalts sind Duplexwerkstoffe weniger von den starken Preisschwankungen des Legierungselements Nickel abhängig. Sie bieten für Anwendungen, in denen große Festigkeit und Korrosionsbeständigkeit gefordert werden, eine hohe Qualität. Jede dieser Familien weist spezifische physikalische und mechanische Eigenschaften auf: Härte, Streckgrenze, Bruchfestigkeit, Dehnung usw. So liegt beispielsweise der Ausdehnungskoeffizient bei austenitischen Edelstählen höher als bei anderen Stahlsorten. Andererseits weisen sie eine geringere Wärmeleitfähigkeit auf. Neben den produktbezogenen, aber sehr gebräuchlichen Bezeichnungen legt die EN 10 088 fünfstellige Zahlencodes zur Kennzeichnung der Edelstahlsorten fest, während die amerikanischen Bezeichnungen dreistellige Zahlencodes verwenden. Nach dem

europäische Norm EN 10 088

amerikanische Norm ASTM

ferritische Stähle Kohlenstoff: 0,02– 0,06 % Chrom: 10,5 –29 % Molybdän: 0 –4 %

1.4003 1.4016 1.4510 1.4526 1.4520 1.4509 1.4521

410S 430 430Ti 436 439 441 444

martensitische Edelstähle Kohlenstoff: unter 0,1 % Chrom: 10,5 –17 %

1.4034 1.4057 1.4542

420 431 630

austenitische Edelstähle • Austenit: Kohlenstoff: 0,015 – 0,10 % Chrom: 16 –21 % Molybdän, Kupfer, Aluminium: 0 – 4 % • hochhitzebeständiges Austenit, Zusammensetzungsbeispiel: Kohlenstoff: max. 0,20 % Chrom: 20 –25 % Nickel: 10 –20 %

1.4618 1.4310 1.4318 1.4372 1.4301 1.4307 1.4401 1.4404 1.4571

17-4Mn 301 301L /NL 301 304 304L 316 316L 316Ti

1.4618

201L

1.4362

2304

1.4462

2205

• Austenit mit niedrigem Nickelgehalt Nickel: unter 5 % ferritisch-austenitische Edelstähle (Duplex-Edelstähle) oder ferritisch-austenitische Edelstähle Kohlenstoff: 0,02 % Nickel: 4 – 5,5 % Chrom: 22/25 % mögliche Molybdänzusätze bis 3,5 %

Serie 400

Serie 300

Serie 200

B 3.13

70

Stahl – Herstellung und Produkte

B 3.11 B 3.12

B 3.13 B 3.14 B 3.15 B 3.16 B 3.17

Edelstahlfassade, Verwaltungsgebäude, Reutlingen (D) 2002, Allmann Sattler Wappner Gerberträger, gefertigt aus normalerweise kalziniertem und gehärtetem Stahlguss, Centre Pompidou, Paris (F) 1977, Renzo Piano + Richard Rogers Materialnummern verschiedener Edelstahlsorten nach europäischer und amerikanischer Norm Bramme am Ofenausgang vor dem Warmwalzen Entzundern der Bramme Stranggießen von Beam Blanks in sechs parallelen Strängen Vorderseite eines Beam-Blank-Strangs nach dem Schneiden B 3.14

amerikanischen AISI-Standard wird mit dem Buchstaben L ein geringer Kohlenstoffgehalt angegeben, der auf eine noch bessere Korrosionsbeständigkeit hinweist. So entspricht die Stahlsorte Nr. 1.4301 (bzw. ASTM 304) einem austenitischen Edelstahl mit 18 % Chrom und 10 % Nickel, der auch als 18/10 bekannt ist. Die Bezeichnung nach der europäischen Norm gibt des Weiteren detaillierte Hinweise zur Zusammensetzung, beispielsweise X5CrNi18-10 für 1.4301. Die wichtigsten im Bauwesen genutzten Sorten sind ferritischaustenitische bzw. Duplex-Edelstähle. Stahlguss – Blockguss – Strangguss

Rohstahl wird in Brammen, Vorblöcke, Rohblöcke oder Blöcke gegossen, entweder im Standgussverfahren in Kokillen (einzelne Formen) oder, wie heute üblich, im kontinuierlichen Stranggussverfahren. Der Prozess, dem flüssigen Stahl seine erste Form zu geben, wird als Urformen bezeichnet. Ihm folgen gewöhnlich mehrere Umformungen zu Halbzeugen und Fertigprodukten. Ein relativ neues Urformungsverfahren neben dem Gießen ist das Sintern, das »Verbacken« von Stahlpulver zu komplexen Formen. Dieses Verfahren befindet sich zwar noch in der Entwicklung, kann aber in Zukunft interessante Alternativen bieten. Das ältere Blockgussverfahren wird vor allem für sehr große Metallteile genutzt. Die Gussformen nehmen den Flüssigstahl auf und geben die vorläufige Gestalt des Gussstahls in Blöcken, Brammen oder anderen Formen vor (Abb. B 3.14 und B 3.15). Als Stahlguss lässt sich Stahl mit Sand- oder Keramikformen direkt in die gewünschte Endform gießen – etwa zur wirtschaftlichen Fertigung räumlich komplexer Verbindungsknoten (Abb. B 3.12). Dabei ist Stahlguss schweißbar und im Vergleich zu Roheisen zäher. Wegen des höheren Schmelzpunkts ist er allerdings schlechter zu gießen, wodurch sich größere Mindestquerschnitte und höhere Fertigungskosten ergeben. Industrielle Einrichtungen werden meist kontinuierlich betrieben. Beim Gießen von Stahl fließt der Flüssigstahl aus der Pfanne in einen Zwischenbehälter, der als Verteiler für die parallelen Gussformen und als Pufferspeicher beim Wechsel der Pfannen dient. Er läuft an

einem Schiebeverschluss vorbei und erhält in der unten offenen Gießform, seine Form. Außen am Stahl bildet sich um den noch geschmolzenen Kern eine dünne Schicht erstarrten Stahls. Dies wird als Strang bezeichnet. In der nachfolgenden Kühlzone wird der Strang von Rollen gestützt und in eine horizontale Ausrichtung überführt, um ein kontinuierliches Gießen und Weiterverarbeiten zu ermöglichen. Stranggießanlagen benötigen einen Radius von 8 bis 12 m für den Übergang vom flüssigen vertikalen Fluss zum erstarrten horizontalen Strang (Abb. B 3.16 und B 3.17). Gebräuchliche Stahlgussformen für lineare Produkte sind quadratische Knüppel, rechteckige Vorblöcke oder Trägerrohlinge mit grob I-förmigem Profil. Das Grundmaterial für flache Produkte sind in erster Linie Brammen unterschiedlicher Abmessungen. In »Mini-Mills«, also sehr kompakten Stahlwerken, in denen Elektrolichtbogenöfen genutzt werden, erleichtern fortschrittliche Dünnbrammen-Stranggießanlagen die weitere Verarbeitung. Bei jüngsten Entwicklungen im Bereich der Bandgießanlagen wird versucht, die Bramme direkt in der geforderten Dicke zu gießen und ein anschließendes Warmwalzen unnötig zu machen. Nach dem Gießen wird der Strang durch Brennschneiden abgeschnitten und das Zwischenprodukt gelagert, gehandelt oder direkt zu anderen Formen weiterverarbeitet.

Rohstahlverarbeitung – Umformen und Walzen

B 3.15

B 3.16

Wie die Benennungen es bereits andeuten, findet Warm- und Kaltwalzen von Stahl bei unterschiedlichen Temperaturen statt. Bei Überschreiten der von der Legierungszusammensetzung abhängigen Rekristallisationstemperatur findet eine Verschiebung der Moleküle statt, durch die sich das kristalline Gefüge des Stahls und damit seine Eigenschaften verändern. Eine Bearbeitung von Stahl oberhalb dieser Temperatur nennt man Warmverformung. Wärmebehandlung – Warmformen und Warmwalzen

Neben der chemischen Zusammensetzung hat auch die Geschwindigkeit des Abkühlens und B 3.17

71

Stahl – Herstellung und Produkte

0.286 nm

0.359 nm B 3.18

B 3.19

B 3.18 Kristallgitter: kubisch raumzentriertes γ-Eisen, Austenit, Kohlenstoffgehalt unter 2 %, entsteht im Bereich höherer Temperatur B 3.19 Kristallgitter: kubisch flächenzentriertes α-Eisen, Ferrit, Kohlenstoffgehalt unter 0,02 %, entsteht im Bereich niedriger Temperaturen B 3.20 Eisen-Kohlenstoff-Diagramm: Phasenzusammensetzung von Stahl und Eisen in Abhängigkeit vom Kohlenstoffgehalt und der Temperatur

A 1500

Delta-mixed crystals + Austenite

Melt + Delta mixed crystals

1536 C

Delta-mixed crystals

1493 C

B

I

Melt

N

1400

1300

Zementit Fe3C D

Melt + Austenite

1392 C

Melt + primary cementite F 6.67%

1200 E

Austenite

1147

C

2.06%

4.3%

1100

1000 911 C

G

900

0.02%

Austenite + Ferrite 800 Ferrite

Perlite

Temperature [°C]

723 C

S 0.8%

P

700

Austenite + secondary cementite

Secondary cementite + Ferrite + Perlite Perlite

600

Primary cementite + Iedeburite

Austenite + secondary cementite + ledeburite

K Primary cementite + ledeburite

Secondary cementite + perlite + ledeburite

500 0

1

2

3

4

5

6

7

Carbon content [% by mass]B 3.20

72

die nachfolgende Wärmebehandlung einen bedeutenden Einfluss auf die Gefügestruktur von Stahl. Diese Prozesse werden als Glühen, Härten und Anlassen bezeichnet. Sie können dazu dienen, ein feinkörnigeres Gefüge zu erzeugen und die Materialspannungen zu reduzieren, um die gewünschte Zähigkeit zu erhalten. Das Eisen-Kohlenstoff-Diagramm (Abb. B 3.20) bezieht sich auf die verschiedenen Gefügestrukturen von Stahl bei unterschiedlichen Kohlenstoffgehalten und Temperaturen. Dargestellt ist der Unterschied zwischen austenitischen γ-Stählen mit kubisch flächenzentriertem Kristallgitter und ferritischen α-Stählen mit kubisch raumzentriertem Kristallgitter (Abb. B 3.18 und B 3.19). Aus dem Diagramm geht hervor, dass bei reinem Eisen zwischen 911 und 1392 °C ein flächenzentriertes Kristallgefüge (austenitischer Bereich) vorliegt, darüber und darunter ein raumzentriertes Kristallgefüge (ferritischer Bereich). Im Stahl im austenitischen Bereich kann mehr Kohlenstoff eingelagert werden (bis zu 2 %), wodurch austenitische Stähle eine höhere Zähigkeit aufweisen. Die Abkühlgeschwindigkeit entscheidet darüber, in welcher Kristallform das Endprodukt vorliegt. Durch rasche Abkühlung (Abschrecken) aus dem austenitischen Bereich heraus können Stähle gehärtet werden: Die Kohlenstoffatome haben nicht die Zeit zur Diffusion aus dem Gefüge, wodurch Kohlenstoff im Kristallgitter bleibt und der sehr viel härtere Martensit entsteht. Dabei kommt es jedoch zu Gefügeverzerrungen, die den Stahl spröder machen. Es entstehen innere Spannungen, die durch anschließendes Anlassen (Erwärmen im ferritischen Bereich) teilweise abgebaut werden. Ein Teil der Kohlenstoffatome kann dabei aus dem sehr harten Martensitgefüge ausdiffundieren. Abgeschreckt wird je nach Legierungsform in Wasser, Öl oder an der Luft. Vergüteter Stahl, d. h. Stahl der gehärtet und angelassen wurde, weist eine hohe Zähigkeit und hohe Zugfestigkeit auf. Normalglühen Beim Normalglühen wird Stahl bis auf Temperaturen oberhalb der Linie GS im Eisen-Kohlenstoff-Diagramm, also oberhalb des ferritischen Bereichs, erhitzt und eine Zeit dort gehalten. Während des anschließenden langsamen und kontrollierten Abkühlens an der Luft ordnen sich die Atome zu einem normalen Gefüge an. Beim Grobkornglühen muss noch langsamer in einem Ofen abgekühlt werden. Bei beiden Verfahren werden zuvor vorhandene Gefügeunregelmäßigkeiten und produktionsbedingte Materialspannungen abgebaut und es entsteht ein homogenisiertes, feinkörniges Gefüge. Bei anderen Glühformen wie dem Weichglühen und dem Spannungsarmglühen wird in niedrigeren Temperaturbereichen geglüht, so auch zum Abbau von Materialspannungen nach Kaltumformungen oder nach Schweißarbeiten. In der Regel erfolgt eine Wärmebehandlung im Anschluss an die der Formgebung des Stahls.

Stahl – Herstellung und Produkte

Ebensogut kann sie jedoch auch beim Warmwalzen durchgeführt werden. Man spricht dann von einer thermomechanischen Behandlung. Mit bestimmten Legierungen können eigentlich gegensätzliche Eigenschaften wie beispielsweise große Härte und gute Schweißbarkeit miteinander kombiniert werden. Durch Wärmebehandlung im QST-Verfahren (Quenching and Self-Tempering – Abschrecken bei 850 °C und anschließendes Selbstanlassen auf 600 °C) lässt sich die Streckgrenze der auf diese Weise thermomechanisch behandelten Stähle gegenüber herkömmlichen Baustählen zusätzlich über die gesamte Materialstärke verbessern. Gleichzeitig bieten diese hochfesten Feinkornbaustähle dank ihres geringeren Kohlenstoffgehalts, der das Kohlenstoffäquivalent als Parameter für die Schweißbarkeit maßgeblich beeinflusst, eine sehr gute Schweißeignung. Hochfester, einer thermomechanischen Behandlung unterzogener Stahl S 355 hat einen Kohlenstoffgehalt von ca. 0,12 %, während normaler S 355 Stahl für die gleiche Streckgrenze einen Kohlenstoffanteil von ca. 0,2 bis 0,24 % aufweist. Warmwalzen Das Warmwalzen erfolgt in einem Temperaturbereich zwischen 800 und 1200 °C durch Walzzylinder in Form des zu walzenden Profils. Einerseits soll beim Warmwalzen die Form des Stahls verändert oder zumindest bei Flachstählen die Dicke verringert werden. Andererseits geht es darum, mit dem Warmwalzen auch bestimmte metallurgische Wirkungen zu erzielen. Es gibt drei Haupt-Walztechniken, die in verschiedenen Bereichen des Eisen-Kohlenstoff-Diagramms Anwendung finden: • herkömmliches Walzen (CR): Die Stahltemperatur nach dem letzten Durchgang beträgt ungefähr 900 bis 1100 °C. • normalisierendes Walzen (N): Die Temperatur beim abschließenden Walzvorgang ist niedriger als beim herkömmlichen Walzen, was zu einem starken Mikrogefüge führt. • thermomechanisches Walzen (TM): Hier werden spezifische Reduzierungen bei bestimmten Temperaturen während verschiedener Walzphasen durchgeführt, um ein stärkeres Mikrogefüge zu erhalten. Die bei der Warmumformung auftretende Verdichtung des Kristallgefüges hat eine Verbesserung der Stahleigenschaften zur Folge, während eine Verfestigung wie beim Kaltwalzen nicht eintritt. Bei der sogenannten thermomechanischen Umformung werden Veränderungen in der Gefügestruktur genau kontrolliert. Insbesondere bei komplexeren Formen wie H-Profilen kann die selektive Kühlung bestimmter Teile des Stahlprofils die endgültige Kristallisation beeinflussen, ebenso wie das QSTVerfahren. Warmgewalzt werden Profile und Stabstahl sowie nahtlose Rohre, Draht, Bewehrungsstahl, Eisenbahnschienen, Grobbleche und Bleche (sogenannte warmgewalzte Coils) bis zu einer

minimalen Dicke von ca. 1,5 mm. Die jeweilige Breite der späteren Coils wird beim Warmwalzen bestimmt. Schmieden Beim Schmieden, der wahrscheinlich ältesten Bearbeitungsmethode zum Umformen von Stahl, wird das Material unter Erwärmen im glühenden Zustand mit unmittelbar ausgeübtem Druck durch Hämmern und Pressen bis zum gewünschten Fertigzustand umgeformt. Auch heute noch ist dieses Verfahren perfekt geeignet zur Herstellung von komplexen und sperrigen Formen. Geschmiedet werden kann aus Rohblöcken von bis zu 500 t Gewicht. Dieses Verfahren wird unter anderem für die Herstellung der Endbeschläge für Seilkonstruktionen genutzt. Strangpressen Profile, die sich aufgrund ihrer Geometrie nicht walzen lassen, werden häufig stranggepresst. Hierbei wird ein erhitzter Block durch eine Matrize gepresst. Trotz gewisser technischer Grenzen, beispielsweise Spannungskonzentrationen an Ausrundungsradien, erlaubt dieses Verfahren die Herstellung von Profilen und Hohlprofilen wie z. B. Fassadenprofilen. Kaltumformung

Beim Kaltverformen kommt es nicht zu einer Neuanordnung der Kristalle, weshalb die Verformung starke Auswirkungen auf die Eigenschaften des Stahls hat. Durch die Deformation der Kristallgitter beim plastischen Verformen (Fließen) nimmt die Festigkeit bei gleichzeitiger Verminderung der Verformbarkeit zu. Eine Kombination aus Kaltverformung und nachfolgender Wärmebehandlung erlaubt ein genaues Einstellen der Werkstoffeigenschaften. Kaltwalzen Wie das Warmwalzen erfolgt das Kaltwalzen mithilfe zylindrischer Rollen. Hierbei wird eine Dickenabnahme durch die Kombination von Druck- und Zugkräften erreicht. Außerdem kann durch das Kaltwalzen eine bessere Oberflächengüte erzielt werden, da diese durch das Verfahren noch stärker geglättet wird. Die Maßgenauigkeit beim Kaltwalzen ist sehr hoch, die Blechdicke kann auf Hundertstel Millimeter genau eingestellt werden. Haupteinsatzgebiet ist das Herstellen von Flacherzeugnissen, hauptsächlich von Blechen und Blechbauteilen, sowie ihre Profilierung nach dem Beschichten. Kaltgeformte Profile haben aufgrund unterschiedlicher Eigenspannungen geringere Verformungsreserven und weisen generell größere Kantenrundungen auf. Abkanten Ein weiteres Kaltumformungsverfahren ist das Abkanten von Blechen, etwa zur Herstellung von Profilblechen, Paneelen, Fassadenelementen, Abdeckungen und anderen individuellen Formen auf der Grundlage von flachgewalzten Stahlerzeugnissen.

Tiefziehen Das Tiefziehen bezeichnet eine Methode zur Verformung von Blechen mithilfe eines Stempels, eines Niederhalters und einer Matrize. Hierdurch werden auf einer Seite offene Hohlkörper erzeugt, beispielsweise Wannen, bei denen die für die Kaltumformung typischen Verhärtungen auftreten. Beim Hydroforming, einer hydromechanischen Variante des Tiefziehens, kommt ebenfalls eine Matrize zum Einsatz, wobei der erforderliche Gegendruck durch eine Flüssigkeit erzeugt wird. Dies senkt die Kosten bei kleinen Stückzahlen. Es sind vielfältige Formgebungen und höhere Oberflächenqualitäten als beim Tiefziehen möglich. Eine weitere Form des Tiefziehens ist das »explosive forming«. Hierbei wird ein Blech auf eine Matrize gedrückt. Der notwendige Druck entsteht durch eine Explosion, meist unter Wasser. Zwischen Blech und Matrize wird zuvor ein Vakuum hergestellt, sodass dem ausgeübten Druck keinerlei Widerstand entgegenwirkt. Bei dieser Methode sind sehr komplexe Formen selbst bei großen Materialstärken (bis ca. 60 mm) und geringer Stückzahl möglich. Auch Prägungen können mit diesem Verfahren ausgeführt werden. Prägen Beim Prägen, dem Pressen einer betimmten Form auf das Werkstück, entsteht deren Abdruck im Blech. Dabei können individuelle Prägemuster erzeugt werden. Leichte Prägungen sind ebenfalls bei bestimmten organischen Beschichtungen möglich, wenn diese über geeignete Eigenschaften und eine ausreichende Dicke verfügen. Ziehen

Warmgewalzter Walzdraht wird durch eine oder auch mehrere profilierte oder einfache, runde, konisch zulaufende Öffnungen (Ziehhol) gezogen, um die gewünschten Formen und Durchmesser zu erreichen. Neben verschiedenen Stangen- und Rohrprofilen werden auf diese Weise vor allem Drähte hergestellt, da sich beim Warmwalzen keine Durchmesser unter 5 mm erzielen lassen. Die 5 bis 55 mm dicken Walzdrähten werden in mehreren Arbeitsschritten gezogen, wodurch sich der Durchmesser des Drahts jeweils verringert. Daraus entstehen Drähte mit Dicken zwischen 0,1 und 53 mm. Durch die Querschnittsverringerung und die Kaltverformung kommt es zu einer deutlichen Erhöhung der Festigkeit. Wenn eine zu starke Verringerung des Querschnitts erfolgt, müssen die Drähte in einigen Fällen zwischen den einzelnen Arbeitsschritten einer Wärmebehandlung unterzogen werden, um ein Brechen durch Kaltverfestigung zu vermeiden. Draht ist das Ausgangsmaterial für die Fertigung von Seilen, Litzen und Geweben sowie Schrauben, Muttern und Nieten. Außerdem wird er in der Produktion von Stahlfasern eingesetzt.

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Stahl – Herstellung und Produkte

B 3.21

Bandbeschichtungen – Korrosionsschutz vor der Verarbeitung Beschichtungen dienen zum Schutz des Stahls vor Korrosion. Sie ermöglichen aber auch individuelle Farb- und Oberflächengestaltungen und übernehmen Brandschutzaufgaben (siehe S. 85). Kriterien zur Auswahl einer Beschichtung im Bauwesen sind neben dem erforderlichen Korrosionsschutz auch die Abrieb- und Kratzfestigkeit und die Umformungsbeständigkeit. Hinzu kommen die Beständigkeit gegen UVStrahlung und Witterung gegen Chemikalien und Reinigungsmittel. In jüngsten Entwicklungen wird auch eine photovoltaische Funktion für Beschichtungen erwogen. Selbstreinigende Beschichtungen sind bereits auf dem Markt erhältlich. Man unterscheidet organische, metallische und nicht metallisch-anorganische Beschichtungen sowie Spezialbeschichtungen wie beispielsweise Plasma-Vakuumbeschichtungen. In Abhängigkeit zur geforderten Korrosionsbeständigkeit hat der Planer die Möglichkeit, eine erste metallische Beschichtung mit einer später aufgebrachten organischen zu kombinieren. Dies ist der übliche Ansatz bei der Bandbeschichtung. Bandbeschichten

Im Gegensatz zum herkömmlichen Lackieren handelt es sich beim Bandbeschichten (Coil Coating) um einen überaus genauen, optimierten, kontinuierlichen und vollintegrierten industriellen Prozess, um Bleche oder Drähte noch vor der Formgebung durch Profilieren, Biegen oder andere Formgebungsverfahren vor Korrosion zu schützen. Die einzelnen Schritte – Beizen, Kaltwalzen, Glühen, elektrolytisches Beschichten, Feuerverzinken und organisches Beschichten – erfolgen jeweils in unabhängigen und eigenständigen Verfahren. Bei Produkten aus Flachstahl für das Bauwesen sind die wichtigsten Materialien kaltgewalzte Coils und, in geringerem Umfang, warmgewalzte Coils (Abb. B 3.21). In einem ersten Schritt werden die Coils zur Herstellung eines Endlosbands, miteinander verbunden, das als Basis für die nachfolgenden Prozesse dient.

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B 3.22

Um von den oben erwähnten diskontinuierlichen, unabhängigen zu einem kontinuierlichen Prozess zu gelangen, sind zur temporären Entkopplung der verschiedenen Vorgänge innerhalb der Produktionslinie Zwischenspeicher, sogenannte Bandspeicher, installiert. Bandspeicher sind Gerüste mit mehreren Walzen, über die das Band geführt wird. Durch unterschiedliche Abstände der Walzen oder schließlich durch die Schlaufengröße lässt sich die Gesamtlänge des Bands einstellen. So kann, selbst wenn sich das eine Ende des Bands im Stillstand im Speicher befindet, das andere Ende für einen gewissen Zeitraum weiterlaufen. Je nach Einstellung der Pufferspeicher reicht die Prozessgeschwindigkeit von 100 m/Min. für organische Standardbeschichtungen bis zu 150 m/Min. beispielsweise für metallische Beschichtungen. In der ersten Oberflächenbehandlung innerhalb des kontinuierlichen Prozesses wird das Band gereinigt. Im darauf folgenden Beizprozess läuft das Band durch ein erhitztes Säurebad – im Normalfall handelt es sich hierbei um Salzsäure. Anschließend wird das Band sorgfältig gespült und getrocknet. Mithilfe der Prozesslinie für kontinuierliches Glühen (CAPL) können durch vorhergehende Prozesse und andere mechanische Bearbeitungen ausgelöste Eigenspannungen gemindert und gewünschte mechanische Eigenschaften eingestellt werden. Beim Glühen wird der Stahl auf eine Temperatur von ca. 700 bis 800 °C gebracht und anschließend bei Bedarf noch getempert. Dieser kontinuierliche Glühprozess nimmt lediglich wenige Minuten in Anspruch, erzielt jedoch hervorragende Ergebnisse. Alternativ hierzu kann auch das herkömmliche Chargenglühverfahren verwendet werden, bei dem gleichzeitig ein Stapel mehrerer Coils einer Wärmebehandlung unterzogen wird. Anschließend läuft das Band durch ein Justiergerüst, wo es die gewünschte Länge, Oberflächentextur und Glätte erhält. Spaltanlagen schneiden das Band dann auf die geforderte Breite, bevor die automatische Inspektion und die abschließende Sichtprüfung durchgeführt werden. Diese Inspektionen ergänzen die zwischengeschalteten Maßnahmen zur Qualitäts-

kontrolle, die nach jedem wesentlichen Vorgang innerhalb der kontinuierlichen Bandbeschichtung durchgeführt werden. Metallische Bandbeschichtungen

Grundsätzlich lassen sich zwei wesentliche Metallbeschichtungsverfahren unterscheiden. Beim Galvanisieren von Stahl nutzt man die elektrostatische Anziehung zwischen dem Stahl und dem Beschichtungsmaterial, in der Regel ist dies Zink oder eine Zinklegierung. Das Band wird durch mehrere elektrochemische Abscheider mit unlöslichen Anoden geführt, um eine fest mit dem Stahl verbundene Beschichtung in der gewünschten Dicke zu erhalten. Im Gegensatz zum heißen Galvanisieren, dem Feuerverzinken, ist die überaus widerstandsfähige Eisen-Zink-Verbindung zwischen der Beschichtung und dem Stahl weniger gut ausgebildet, was größtenteils in der geringeren Temperatur dieses Prozesses begründet liegt. Elektro-galvanisierter Stahl weist eine hervorragende Oberflächenqualität auf. Er lässt sich aber auch gut weiterverarbeiten und verformen, ohne dass dabei die Beschichtung beschädigt wird. Das Feuerverzinken kommt hauptsächlich bei kaltgewalzten Coils zur Anwendung; erst in jüngerer Zeit werden auch warmgewaltzt Coils häufiger feuerverzinkt. Im Rahmen des Verarbeitungsvorgangs kommt das vorgewärmte Band üblicherweise direkt von der Prozesslinie für kontinuierliches Glühen und wird dann durch das Zinkbad geführt. Über eine Rolle am Boden des Bads wird das Band umgelenkt, sodass es das Bad in vertikaler Richtung verlässt und nach oben in den Kühlturm läuft. Mit hoher Geschwindigkeit aus Düsen austretende Luft bläst die geschmolzene Beschichtung ab, nachdem der Stahl das Bad verlassen hat. Über diese schräg zur Stahlbandoberfläche ausgerichten Winkel (sogenannte Air Knives), lässt sich die Dicke der verbleibenden Beschichtung exakt einstellen. Anschließend wird das beschichtete Band abgekühlt und zur Inspektion und weiteren Oberflächenbehandlung weitergeleitet. Das Aussehen der so erzeugten Oberfläche hängt von der Ausgangstemperatur, der Kühlgeschwindigkeit, der genauen chemischen Zusammensetzung des

Stahl – Herstellung und Produkte

flachgewalzte Erzeugnisse (Platten, Bleche, Bänder) Art Grobblech

Dicke [mm]

Eigenschaften

> 4,75 mm Bodenplatten, 3 –20 mm

B 3.21 B 3.22

B 3.23

feuerverzinktes Stahlblech auf Coils Bandbeschichtungsanlage mit Beschichtung auf Vorder- und Rückseite in unterschiedlicher Farbe und mit Bandspeicher vorne Lieferformen von Flacherzeugnissen für den Einsatz in Stahlkonstruktionen

Mittelblech

3,00 – 4,75 mm

Dünnblech

0,35 – 3,00 mm

unbehandelt = Schwarzblech mit verbesserter Oberfläche = bandbeschichtet (z. B. Aluminisierung, Feuerverzinken, Feuerverzinken + Kunststoffbeschichtung)

kaltgeformte Profile

Profile aus flachgewalztem Stahl mit nahezu identischer Dicke, durch Walzen (0,4 – 8,0 mm Dicke) und Falten (bis 20 mm Dicke) hergestellt, DIN EN 10 162, DASt-Richtlinie 016, viele verschiedene Formen und Abmessungen

Profilbleche

Wellen- und Trapezprofile, aus walzprofiliertem Dünnblech mit hoher Tragfähigkeit, 500 –1050 mm breit, 10 – 200 mm tief, 0,65 –1,50 mm Materialdicke, Blechlängen von bis zu 22 m (siehe: StahlbauArbeitshilfe 44 & 44.2, DIN 18 807 Teil 1– 3, Juni 1987). B 3.23

Bads und schließlich vom Silizium- und Phosphorgehalt des Stahls ab. Reines Zink (Z), Zink-Aluminium (ZA) mit einem Gehalt von ca. 5 % Aluminium und schließlich Aluminium-Zink (AZ) mit 55 % Aluminium und ca. 1,6 % Silizium sind die im Bauwesen am weitesten verbreiteten metallischen Beschichtungen. Inzwischen gibt es aber auch ZinkAluminium-Magnesium-Beschichtungen (ZAM), die mit sehr geringen Schichtdicken eine sehr hohe Beschichtungsqualität erreichen. In Europa geben Zahlen hinter der Abkürzung der Beschichtung deren Gewicht in g/m2 an. Zink bietet durch Passivschichten aus Zinkoxid und Zinkcarbonat, die sich an der Oberfläche bilden, und der kathodischen Schutzwirkung, die es im Zusammenhang mit Stahl entwickelt, einen hervorragenden Korrosionsschutz. Die kathodische Schutzwirkung erstreckt sich auch auf geschnittene Kanten und kleine Kratzer in der Beschichtung, ohne dass hier eine weitere Behandlung erforderlich wäre. Der Schutz der geschnittenen Kanten ist jedoch nur bis zu einer bestimmten Dicke des Stahlblechs gegeben und wird in erster Linie durch die Dicke der aufgebrachten Beschichtung bestimmt. Dennoch vereinfacht diese Wirkung in jedem Fall die Handhabung und den bauseitigen Zuschnitt von Baukomponenten deutlich. Aluminium schützt das Stahl-Trägermaterial, indem es eine Schutzschicht zwischen dem Stahl und der umgebenden Atmosphäre bildet. Diese Barriere ist ausgesprochen stabil, da die oberflächliche Aluminiumoxidschicht in den meisten Umgebungen unlösbar ist und daher einen lang anhaltenden Korrosionsschutz gewährleistet. Einen bemerkenswert effektiven Korrosionsschutz ermöglicht die kombinierte Wirkung von Aluminium und Zink. Das Zink bietet dabei die gleiche kathodische Schutzwirkung wie beim Verzinken, während das Aluminium eine Art Skelett bildet, das eine erhöhte Abrieb- und Witterungsbeständigkeit garantiert. Zudem verschließen Zinksalze die Poren des Aluminium-Skeletts und bilden so eine noch stabilere Barriereschicht zwischen der Umgebung und dem Stahlkern.

Organische Bandbeschichtungen

Organische Beschichtungen können auf unbeschichtetem oder metallbeschichtetem Stahl aufgebracht werden. Nachdem der Stahl durch Reinigen, Entfetten und andere Oberflächenbehandlungen vorbereitet wurde, wird die Beschichtung über Rollen auf das Band aufgetragen. Drei Rollen dienen zum Auftrag des flüssigen Lacks. Die rotierende Aufnahmerolle taucht zum Teil in ein Bad aus flüssigem Lack ein. Danach kommt sie in Kontakt mit einer kleineren Rolle, über die die aufgenommene Lackmenge reguliert werden kann. Die Aufnahmerolle überträgt dann den Lack auf die Auftragsrolle, die die Farbe schließlich auf das Band aufbringt. Dieser Prozess findet unabhängig für beide Seiten des Bands statt, sodass diese mit unterschiedlichen Beschichtungen und Farben versehen werden können (Abb. B 3.22). Die wichtigsten Beschichtungen im Bauwesen basieren auf gesättigtem Polyesterharz (SP), Polyurethan (PUR), Polyvinylfluorid (PVF) und Polyvinylchlorid (PVC). Übliche Schichtdicken für Außenanwendungen reichen von 25 bis 60 μm, einschließlich einer Grundierung mit ca. 5 μm. Nur Plastisol-Beschichtungen (PVC) lassen Schichtdicken von bis zu 200 μm und sogar ein leicht geprägtes bzw. lederartiges Erscheinungsbild der Oberfläche zu. Alle Beschichtungen ermöglichen eine weitere Bearbeitung wie Profilieren und bieten im Allgemeinen eine gute Witterungs- und insbesondere UV-Beständigkeit. Zu weiteren wichtigen Eigenschaften zählen die Widerstandsfähigkeit gegen mechanischen Abrieb, die Härte der Beschichtung, ihre Haftung am Untergrund sowie die Korrosionsbeständigkeit in unterschiedlichen Umgebungen. Das richtige Korrosionsschutzsystem ist meist eine Kombination aus metallischen bzw. organischen Beschichtungen und sollte stets speziell für die jeweiligen Einsatzbedingungen und die erforderliche Lebensdauer ausgelegt sein. Stahl mit organischer Beschichtung bzw. vorlackierter Stahl wird im Bauwesen im Außenbereich wie z. B. bei Fassaden, Überdachungen oder Platten eingesetzt. Produkte aus Stahl mit organischen Beschichtungen finden allerdings auch im Innenbereich Anwendung, beispielsweise für abgehängte Decken, Leuchten,

Metallmöbel, Klimaanlagen, Displays und Heizkörper. Mit diesem Verfahren können Oberflächen mit vielen unterschiedlichen Farben und Oberflächentexturen versehen werden (glatt, genarbt, granuliert, texturiert oder geprägt), die in verschiedenen Endbeschichtungen (gesättigt, metallic, perlmuttartig) und Glanzgraden (von matt bis hochglänzend) herstellbar sind.

Halbzeuge aus Flacherzeugnissen Flacherzeugnisse werden für die Herstellung von Halbzeugen genutzt. Dabei unterscheidet man je nach Dicke Grob-, Mittel- und Dünnbleche (Abb. B 3.23). Die Bleche werden von warmgewalzten Coils (HCR) oder kaltgewalzten Coils (CRC) in entsprechender Länge heruntergeschnitten. Feuerverzinkte (HDG) und organisch beschichtete Bleche sind als Halbzeuge erhältlich. Zu den Flacherzeugnissen zählen auch Kaltprofile aus Blech oder durch Kaltumformung hergestellte Flachstähle. Grob- und Mittelbleche

Von Grobblechen spricht man ab einer Dicke von 4,75 mm. Grobbleche werden normalerweise in reversierenden Quartogerüsten warmgewalzt und daher gelegentlich auch als Quartobleche bezeichnet, was sich auf die vier für diesen Arbeitsprozess erforderlichen Walzen bezieht. Aufgrund ihrer begrenzten Dicke von 3,00 bis 4,75 mm können Mittelbleche auf eindimensionalen Walzgerüsten gewalzt werden. Generell sind nahtlose Bleche bis zu einer Breite von 5100 mm möglich. Die genaue Breite wird durch Walzen in drei Phasen erreicht, wobei das Blech zwischen den einzelnen Walzvorgängen gedreht wird. Grobbleche dienen als Ausgangsmaterial zur Herstellung beliebiger Formen durch Kalt- und Warmumformen oder durch Schweißen. So werden Schweißträger im Brücken- und Stahlhochbau, z. B. Kastenträger, aus Blechen gefertigt. Bleche und Profilbleche

Warmgewalzte Coils können mit einer Mindestdicke von ca. 1,5 mm hergestellt werden, während kaltgewalzte Coils in Dicken von 0,35 bis

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Stahl – Herstellung und Produkte

B 3.24

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3 mm produzierbar sind. Die üblichen Dicken für Anwendungen in der Gebäudehülle liegen zwischen 0,6 und 1,25 mm. Coils werden mit einer Maximalbreite von ca. 1800 mm geliefert. Flachbleche neigen zum Knicken. Durch Falten in Trapez- oder Wellenformen erhält das Blech jedoch Stabilität längs zur Faltrichtung. Das Grundmaterial für profilierte Bleche sind meist bandbeschichtete Stahl-Coils oder auch Edelstahl-Coils. Das heißt, dass die Formgebung nach der Beschichtung erfolgt und nicht davor – wie etwa bei manuellen Lackiersystemen. Eine Vielzahl von Profilformen ist auf dem Markt verfügbar, z. B. Trapez-, Well-, Zickzack- oder Kassettenprofile für doppelschalige Fassaden. Für anspruchsvollere Anwendungen werden durch Profilieren, Falten oder Biegen sogenannte Siding Panels aus Stahl, Wellblechen oder Kassetten hergestellt. Individuelle Formgebungen sind auf Anfrage möglich, jedoch im Vergleich zu Standardprofilen sehr teuer. Das Profilieren erfolgt durch Kaltwalzen in mehreren einstellbaren Walzgerüsten (Abb. B 3.24

und B 3.25). Für lange Bleche mit einfachen Formen gibt es auch mobile Walzeinrichtungen auf Lkws oder Anhängern, um die Bleche vor Ort umformen zu können. Bei der Planung ist zu berücksichtigen, dass die Bleche nach dem Profilieren nur gestapelt werden können und dass ihre Länge transportbedingt auf üblicherweise 18 bis 22 m begrenzt ist. Profilbleche sind in der Regel nur einachsig belastbar. In Spannrichtung der Bleche ist die Tragfähigkeit abhängig von Rippenabstand, Profilhöhe und Blechstärke. Bei gewalzten Blechen mit großer Profilhöhe, z. B. bei Tragschalen für Dachkonstruktionen, begrenzt das Beulverhalten der hohen Stegflächen die Tragfähigkeit. Daher werden einzelne oder mehrere Versteifungssicken in den Steg gewalzt. Deckenbleche für Verbund-Betondecken haben senkrechte Rippen mit Prägungen, um die Verbundwirkung zwischen Beton und Stahlblech zu verbessern. Die Bleche verfügen dabei häufig über Löcher, die auf die als Obergurt genutzen Kopfbolzen der unterstützenden

Blechprofile a flach b in Bahnen liniert c mit Nuten d Mikroprofilierung e Trapezprofil f Wellenprofil Kaltformwalzen – Profilierung eines beschichteten Stahlblechs mittels entsprechend geformter Walzen Das Tragwerk wird vor allem durch die 3,2 mm dicken Profilbleche gebildet, es wurden weder Stützen noch Träger eingesetzt. Steel House, Tokio (J) 2007, Kengo Kuma Lochblech mit dreidimensionaler Prägung aus poliertem, nicht rostendem Stahl Streckmetall mit hoher Transparenz Streckmetall mit geringer Transparenz Fassade aus Streckmetall, Theater in Nijar, Almeria (E) 2006, MGM Arquitectos

Stahlträger abgestimmt sind. In diesem Fall müssen die Abstände der Profilversteifungen groß genug gewählt werden, um eine korrekte Funktion der Kopfbolzen zu gewährleisten. Bei anderen Verfahren wird die Durchschweißtechnik eingesetzt, sodass die Kopfbolzen auf der Baustelle durch das Blech oder an direkt angebrachte mechanische Befestigungen geschweißt werden (siehe S. 87f.). Der Querschnitt des Verbunddeckenblechs kann bei der Auslegung berücksichtigt werden und zur Reduzierung der notwendigen Bewehrungsmenge führen. Der kritische Lastfall ist normalerweise das Gewicht des frischen Betons. Während des Betoneinbaus können daher zusätzliche temporäre Abstützungen erforderlich sein. Stahlbleche in Standardfarben sind in der Regel innerhalb weniger Tage lieferbar. Speziellere Produkte müssen je nach Farbe, Profil und Coilmaterial einige Wochen im Voraus bestellt werden. Insbesondere für Dacheindeckungen oder auch Außenfassaden können Stahlbleche gebogen werden – entweder durch reines Biegen oder mittels zusätzlicher Einkerbungen in regelmäßigen Abständen. Mindestradien sind in beiden Fällen einzuhalten. Sandwichpaneele

Sandwichpaneele werden in einem kontinuierlichen Prozess aus zwei profilierten Stahlblechen gefertigt, zwischen die eine Dämmung eingeschäumt bzw. eingeklebt wird, sodass ein Kompositmaterial entsteht. Mit standardisierten Sandwichelementen lassen sich sowohl Wände als auch Dächer äußerst wirtschaftlich herstellen. Sandwichelemente in Standardbreiten von bis zu 1,2 m bilden dabei zugleich gedämmte Außenwände wie auch fertige Oberflächen. Je nach Brandschutzanforderungen kann die Dämmung aus PU oder Mineralwolle bestehen, wobei die Dämmstoffdicke (und damit die Gesamtpaneelstärke) gemäß der erforderlichen U-Werte und der Qualität der Dämmung variiert. Die Paneele werden in den geforderten Tragweiten und Lasten auf eine tragende Unterkonstruktion oder direkt auf das Tragwerk montiert und sind durch Nut-und Federanschlüsse fugendicht (winddicht). In der Anwendung als Dach könB 3.26

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Stahl – Herstellung und Produkte

B 3.27

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nen sie bei einer Mindestneigung von 7° direkt beregnet werden, eine zusätzliche Abdichtung kann, ausgenommen an Querfugen, entfallen. Oberflächen sind mit unterschiedlichen Beschichtungen erhältlich, die Profilierung kann neben der Standardausführung auch als Mikroprofilierung erfolgen. Sandwichpaneele werden normalerweise auftragsbezogen gefertigt, da die Auswahl an außen- und innenseitigen Blechen (Farbe, Beschichtung, Profil) und Dämmungen sehr groß ist. Präzises Zuschneiden auf Länge ist von entscheidender Bedeutung, um eine gute Passung zu erzielen. Standard- und Normalprodukte auf der Grundlage der üblichen Länge von 16 m verfügen im Allgemeinen über technische Zertifikate und sind kurzfristig lieferbar.

die Lochung von Kassetten oder des Stegs von Trapezprofilen des Deckensystems die Schallabsorption verbessern.

Strukturierte Bleche und Lochbleche

Strukturierte Bleche verfügen über in die Oberfläche eingewalzte Muster und Prägungen, z. B. Tränen-, Riffel- und Schlitzblech. Sie kommen vor allem als rutschhemmende Oberflächen zum Einsatz. Lochungen in Blechen werden durch Stanzen, Perforieren oder Bohren hergestellt. Lochbleche sind bis zu Dicken von 30 mm erhältlich und werden in Platten oder als Coils geliefert (Abb. B 3.27– B 3.29). Grundsätzlich können alle Stahlsorten gelocht werden. Platten sind mit und ohne gelochten Rand verfügbar, Randbreiten müssen bei der Bestellung angegeben werden. Bei Lochblech vom Band geht der Schnitt durch die Lochung, wobei an den Längsseiten ein kleiner, ungelochter Rand bleibt. Neben runden und rechteckigen Lochungen sind viele weitere Lochformen, z. B. dreieckig oder kreuzförmig, oder auch Kombinationen verschiedener Lochungen erhältlich. Individuelle Muster können ebenfalls gefertigt werden. Eine sehr feine Lochung ( 50 mm

Edelstahlschraube  5,5 mm mit Dichtscheibe

Edelstahlschraube  6,5 mm mit Dichtscheibe

verzinkte Schraube  6,5 mm mit Dichtscheibe B 4.26

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Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik Markus Feldmann

B 5.1

Bei Entwurf und Bemessung moderner Bauwerke aus Stahl ist technischen Aspekten und Anforderungen Beachtung zu schenken, die unterschiedlich stark in verschiedene ingenieur- und naturwissenschaftliche Bereiche hineinreichen.

Grundlagen Die in der Planung angesprochenen Disziplinen erstrecken sich von den Bereichen Statik, Material und Fertigung über Fragen der Gebrauchstauglichkeit, Bauphysik, Komfort und Behaglichkeit bis hin zu Sondergebieten wie z. B. die Auslegung gegen Erdbeben oder Explosionen. Die besonderen Eigenschaften von Baustahl wie Festigkeit, Zähigkeit, Robustheit oder auch seine Möglichkeiten der Gestaltfindung erlauben es, für viele Bauaufgaben architektonischtechnisch optimierte und eigenständige Stahlbaulösungen zu finden. B 5.1 B 5.2

B 5.3

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Skulptur »Orbit«, London (GB) im Bau, Anish Kapoor, Cecil Balmond Sicherheitsbeiwerte γ und Kombinationsbeiwerte ψ für verschiedene permanente und veränderliche Einwirkungen sowie für Tragfähigkeiten (Widerstände) von Querschnitten, Bauteilen und Anschlüssen Verlauf des Biegemoments M, der Querkraft V und der Normalkraft N in einem abgewinkelten, eingespannten Balken unter vertikaler Gleichlast pv und horizontaler Einzellast PH. Zu erkennen sind auch die inneren Kräfte und Momente (Schnittgrößen) nach (gedanklichem) Aufschneiden an der Einspannstelle sowie die Auflagerreaktionen MA, HA und NA Stockwerkrahmen als Rahmensystem mit zugehörigen Biege- und Momentenlinien (links) sowie als ausgesteifte Träger-Stützen-Konstruktion mit Durchlaufträgern (rechts) mit Auswahl an Normalkraft-, Biege- und Verformungsverläufen w Windlast s Schneelast g Eigengewicht v Verkehrslast δ Verformung M Moment N Normalkraft ebenes Fachwerk mit dazwischen auflagernden Nebenträgern (links) sowie räumliches Fachwerk mit gleicher Haupttragwirkung sowohl in x- als auch in y-Richtung (rechts)

Grundlagen der Bemessung

Belastungen wie Eigengewicht, Wind- und Schnee- oder Verkehrslasten erzeugen in den einzelnen Elementen von Bauwerken Beanspruchungen (E) in Form von inneren Kräften und Momenten, den sogenannten Schnittgrößen (Abb. B 5.3). Alle Kräfte und Momente, die an einem Baukörper angreifen (Belastungen und Auflagerreaktionen), müssen im Gleichgewicht stehen (äußeres Gleichgewicht). Gleiches gilt für die inneren Schnittgrößen und die Belastungen der am Schnitt getrennten Teilsysteme (inneres Gleichgewicht). Das Gleichgewicht wird erreicht, wenn alle anzutragenden Kräfte und Momente in der Summe null ergeben, z. B. für ebene Systeme (Gleichgewichtsbedingungen):

kein inneres Gleichgewicht, das Bauteil versagt. Es ist somit die Grundanforderung zu erheben, dass die Beanspruchungen (Einwirkungen) kleiner sein müssen als die Beanspruchbarkeiten (Widerstände), jeweils für Biegung, Normalkraft und Querkraft: E ≤1 R Grundprinzip jeder Bemessung ist also, die Einwirkungen E infolge der verschiedenen Belastungen und die Widerstände R aufgrund der Bauteil-, Querschnitts- und Baustoffwahl abzuschätzen und miteinander zu vergleichen. Hierzu müssen charakteristische Größen der Einwirkung Ek und des Widerstands Rk zur Berücksichtigung von Unwägbarkeiten um einen Teilsicherheitsbeiwert entweder erhöht (γE für die Einwirkungen) oder erniedrigt werden (γM für die Widerstände). Damit definiert sich das Bemessungsniveau (Abb. B 5.2) für Einwirkung und Widerstand: Ed γ E = E k ≤1 Rd Rk

γM Es sind so verschiedene Belastungsszenarien auf ein Bauwerk zu untersuchen, bei denen das Eigengewicht ständig, die veränderlichen Belastungen jedoch entweder einzeln oder kombiniert auftreten können (Abb. B 5.4). Sind mehrere veränderliche Belastungen gleichzeitig zu berücksichtigen, können die Sicherheitsbeiwerte wegen geringerer Auftretenswahrscheinlichkeit durch Kombinationsbeiwerte ψ mit ψ  0,5 sind schwieriger zu schweißen. Deshalb müssen moderne Baustähle auch bei hohen Festigkeiten mager legiert sein, denn höhere Anteile an Kohlenstoff (C) und Mangan (Mn), mit denen bei älteren Stahltypen Festigkeit erzeugt wurde, beeinträchtigen stark die Schweißbarkeit. Festigkeits- und Duktilitätseigenschaften moderner Baustähle werden vielmehr durch metallurgische und walztechnische Maßnahmen wie Kornfeinung, Normalisieren, thermomechanisches Walzen, Mikrolegierung und den Reinheitsgrad erreicht, die gleichzeitig auch den Zähigkeitseigenschaften zugutekommen.

Elastisches und plastisches Verhalten von Profilen aus Stahl In Tragstrukturen rufen die äußeren Belastungen innere Momente M, Querkräfte V und Normalkräfte (Axialkräfte) N hervor (siehe Grund-

Querschnitt

Ausbildung verschiedener biegesteifer oder gelenkiger Träger-Stützenanschlüsse oder Fußpunkte B 5.7 Spannungs-Dehnungs-Linien verschiedener Baustähle im einachsigen Zugversuch (Erwartungswerte) B 5.8 –5.9 Kerbschlagbiegekurven, Beispiele für AV-T-Kurven B 5.10 Prüfhammer des Kerbschlagbiegeversuchs B 5.11 Vergleich plastischer zu elastischer Biegetragfähigkeit für verschiedene Querschnitte bei Biegung um die starke Achse

Mn Cr + Mo +V Ni + Cu + + [%] 6 5 15

Bezeichnung

lagen der Bemessung, S. 102). Dabei erzeugen Biegemomente und Axialkräfte Normalspannungen σ, d. h. Spannungen, die senkrecht auf den Querschnitt wirken. Querkräfte und auch Torsionsmomente verursachen parallel zum Querschnitt wirkende Schubspannungen τ. Momente, Querkräfte und Normakräfte werden als Schnittgrößen bezeichnet. Man bestimmt sie, indem man die Struktur an der jeweiligen Stelle gedanklich aufschneidet, sie dort als Unbekannte ansetzt und über die Gleichgewichtsbedingungen (Summe aller Kräfte und Summe aller Momente gleich null) ermittelt. Dies gelingt in der Regel nur dann, wenn die Struktur statisch bestimmt ist, d. h. so beschaffen ist, dass sich die inneren und äußeren Kräfte allein aus Gleichgewichtsbedingungen der unverformten Struktur ermitteln lassen. Statisch unbestimmt sind hingegen Strukturen, bei denen der innere Kräftezustand (bezüglich der Schnittgrößen) oder der äußere (hinsichtlich der Auflagerkräfte) sich nicht allein über die Gleichgewichtsbedingungen berechnen lässt. Die überzähligen Schnitt- oder Kraftgrößen sind in diesem Fall über gedankliches Aufschneiden der Struktur, das Ansetzen als Unbekannte und über die Formulierung der Verformungskompatibilität an den Schnittufern zu ermitteln. Bei dieser Vorgehensweise wird ein elastisches Werkstoffverhalten vorausgesetzt. Damit werden nicht nur die Schnittgrößenverteilung über das System und die Spannungsverteilung über den Querschnitt bestimmt, sondern auch die Traglast des Systems definiert: Die elastische Tragfähigkeit Mel ist dann erreicht, wenn die Spannung an einer Querschnittsfaser an einem Punkt des Systems den Wert der Streckgrenze fy annimmt. Diese konventionelle Vorgehensweise unterschätzt jedoch die wirklichen Tragfähigkeiten von Träger- und Rahmensystemen aus Stahl und führt aufgrund der Vernachlässigung

Erhöhung αpl der plastischen Biegetragfähigkeit gegenüber der elastischen Biegetragfähigkeit

Zweipunktquerschnitt (Fachwerk, Sandwich)

1,00

I-Querschnitt

1,12 bis 1,25

Rundhohlprofil, Rohr

1,27

Rechteckquerschnitt

1,50

Rundprofil

1,70

Dreiecksprofil

2,37

B 5.6

B 5.11

105

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Momententragfähigkeit

M w

P

Mpl II:

φ

t

I:

h

Mel III:

b

Mel, red IV:

φy ← Rotationskapazität → φrot

Rotation φ B 5.12

Querschnittsklasse

I

II

III

IV

System- bzw. Querschnittstragfähigkeit

w

b* t

h*

b* t·ε

≤ 9

≤ 10

≤ 14

> 14

h* w·ε

≤ 72

≤ 83

≤ 124

> 124

fy

fy

fy

Spannungsverteilung über den (hier symmetrischen) Querschnitt

fy MomentenRotationskurve P φ

fy

plastisch

M

Mpl

φy

M

φrot

R

elastisch reduziert M

Mel

φ

Mel, red φ

φel

P

δ 2. FG

elastisch

M

Mpl

φy

P Momentenverteilung über das System

fy

plastisch

φ

P δ

P δ

δ

Mpl

Mel, red 1. FG

Lastverformungsentwicklung des Systems

Mpl

Mpl

plastisch

elastisch

Mel elastisch

P

P

δ

elastisch

P

δ

P

δ

δ B 5.13

106

folgender Aspekte häufig zu größeren Querschnittsabmessungen als erforderlich: • plastische Querschnittsreserven Durch das sehr ausgeprägte plastische Verhalten des Werkstoffs werden nach Überschreiten der Elastizitätsgrenze an den äußeren Fasern des Querschnitts auch sukzessive an tiefer liegenden Fasern Spannungen bis zur Streckgrenze erreicht. Daraus folgt eine wesentliche Erhöhung der Biegetragfähigkeit. Ist ein Querschnitt infolge Biegung vollständig durchplastiziert, so ist erst dann die wirkliche Biegetragfähigkeit ausgebildet. Dieses plastische Moment Mpl ist z. B. bei Rechteckquerschnitten um 50 % höher als die konventionelle elastische Tragfähigkeit Mel (Abb. B 5.11, S. 105). Mpl beschreibt die Tragfähigkeit zum Zeitpunkt des Erreichens der Streckgrenze einer Querschnittsfaser unter Ansatz einer linearen (elastischen) Spannungsverteilung. Anschließend lässt sich keine weitere Tragfähigkeitssteigerung des Querschnitts mehr erzielen, die Stelle kann sich jedoch unter Aufrechterhaltung von Mpl weiter verformen, d. h. die angrenzenden Schnittufer können sich gegenseitig weiter verdrehen. Die Stelle, an der ein plastisches Moment auftritt, nennt man demzufolge »plastisches Gelenk«, das »rotieren« kann. • Systemreserven bei statisch unbestimmten Systemen infolge der Rotation in plastischen Gelenken Bei statisch unbestimmten Systemen ist ein plastisches Gelenk in der Lage, durch von Rotationen (Verdrehungen im Gelenk) die weiteren bei Erhöhung der äußeren Lasten erzeugten inneren Beanspruchungen in Bereiche der Struktur umzulagern, die bisher noch nicht voll ausgenutzt waren (Fließgelenkverfahren). Bei entsprechenden Struktu-

B 5.12 Klassifizierung von Profilquerschnitten anhand der im Biegeversuch erreichten Momenten- und Rotationskapazitäten, die je nach Querschnittsschlankheit unterschiedlich sind Mpl plastisches Moment Mel elastisches Moment B 5.13 Systematische Darstellung der Querschnittsklassifizierung sowie der Auswirkungen auf elastisch-plastische Spannungs- und Momentenverteilungen fy Streckgrenze P Einzellast φ Rotation δ Verformung FG Fließgelenk B 5.14 Verzweigungspfade für perfekte Struktur (durchgezogene Linie) und imperfekte Struktur (gestrichelte Linie) am Beispiel des Knickstabs B 5.15 querschnittsabhängige Knickspannungslinien Npl Stauchlast (vollplastische Normalkraft) NKi Verzweigungslast (ideale Knicklast) B 5.16 Eulerfälle beim Knicken I eingespannt/frei II gelenkig/gelenkig verschieblich III eingespannt/gelenkig verschieblich IV eingespannt/eingespannt β Knicklängenbeiwert; Verhältnis der Knicklänge zur Stablänge

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

P

Die mangelnde Aussteifung oder Stabilisierung von Gebäuden bzw. Gebäudeteilen kann sich z. B. durch Umkippen, Ausbilden von Gelenkketten etc. äußern. Die Aussteifung bzw. das Aussteifungskonzept wird bereits in der Entwurfsphase festgelegt. Das Aussteifen von Gebäuden orientiert sich an den Freiheitsgraden eines Körpers im Raum.

PKi

System- und Bauteilstabilität

Bedingt durch die hohe statische Belastbarkeit des Baustoffs sind im Stahlbau sehr schlanke Bauteile und Konstruktionen möglich. Werden schlanke Bauteile durch Druckspannungen belastet, müssen diese gegen Stabilitätsverlust abgesichert werden. Dabei unterscheidet man grundsätzlich zwischen folgenden Stabilitätsfällen: • Biegeknicken (Knicken) Bauteile wie Stützen, Druckstäbe etc. oder Systeme wie beispielsweise Rahmen, Fachwerkgurte neigen durch Druckkräfte, zum Teil auch kombiniert mit Biegemomenten, zum plötzlichen seitlichen Ausweichen. • Biegedrillknicken (Kippen) Unter Druckspannungen stehende Querschnittsteile von Biegeträgern verdrehen sich und weichen seitlich aus. • Beulen Schlanke Blechfelder können unter Scheibenspannungen infolge Axiallasten, Biegemomenten oder Schubkräften zum Beulen neigen. Die Stabilitätsfälle werden entsprechend DIN EN 1993 rechnerisch nachgewiesen. Eingangsparameter der Nachweise sind neben den aus dem Bauwerk gegebenen Belastungen die Lagerungsarten der Bauteile, nach denen sich die Knicklängen einstellen (Abb. B 5.16). Werden diese sogenannten Randbedingungen konstruktiv nicht wie in der Statik angenommen umgesetzt (z. B. durch eine verschiebliche anstelle einer festen Lagerung), kann es unter Umständen zu einer erheblichen Überschätzung der tatsächlichen Sicherheit der Stabilität kommen.

w-

w+ e0 e0

PKi

Verzweigungspfade: perfekte Struktur

e0

imperfekte, reale Struktur verformte Struktur

l

e0 Augangsimperfektion PKi kritische Knicklast w

w Verformung

B 5.14

Abminderung χ

1,0 0,8

0,6 Euler-Hyperbel

1 2 λ

0,4 Knickkurven

0,2

0 0

0,4

0,8

1,2

1,6

2,0

2,4

2,8 3,2 Npl Nki

bezogener Schlankheitsgrad λ = Örtliche Stabilität

B 5.15 P

P

P

sk = 0,5 L

P

sk = 0,7 L

In Bezug auf örtliche Stabilität sind vornehmlich örtliche Beulerscheinungen an den Stellen zu betrachten, an denen Lasten punktartig eingeleitet werden oder wo Beanspruchungsspitzen Querschnittsteile örtlich ausbeulen lassen. Diesem Phänomen wird meistens durch konstruktive Lösungen wie Lasteinleitungssteifen oder entsprechende Blechdicken bzw. -verstärkungen begegnet.

sk = L

Die Effekte können jedoch nur dann in Anspruch genommen werden, wenn eine ausreichende Verformungsfähigkeit unter Aufrechterhaltung des (plastischen) Biegewiderstands gegeben ist. Diese Verformungsfähigkeit nennt man Rotationsfähigkeit, die durch den abfallenden Ast der Momenten-Rotations-Kurve begrenzt wird. Eine ausreichende Rotationsfähigkeit erfüllen in der Regel nur kompakte Querschnitte, d. h. Querschnitte, die nicht durch große Flanschoder Stegschlankheiten gekennzeichnet sind. Schlanke Profile können keine Rotationen bei Biegung auf Mpl-Niveau durchführen, weil sie zum Beulen neigen. Sehr schlanke Profile beulen sogar bereits aus, bevor sie Mpl erreichen. Abb. B 5.12 zeigt entsprechende Last-Verformungs-Linien, die aus statisch bestimmten Biegeversuchen zur Charakterisierung des Momenten-Rotations-Verhaltens von Stahlprofilen ermittelt werden. In Abhängigkeit von der Profilschlankheit (b/t bzw. h/w) werden die Profile entsprechend ihres Momenten- und Rotationsvermögens in Klassen I–IV gemäß DIN EN 1993-1-1 eingeteilt (Abb. B 5.13): I: Querschnitte der Klasse I erreichen die plastische Momentenbeanspruchbarkeit unter Durchführung ausreichend großer Rotationen auf mindestens Mpl-Niveau. So kann mit diesen kompakten Querschnitten das Fließgelenkverfahren mit plastischer Momentenverteilung über das System und plastischer Spannungsverteilung über den Querschnitt angewendet werden. II: Diese Querschnitte erzielen ebenfalls MplNiveau, jedoch weisen sie keine ausgeprägte Rotationsfähigkeit auf, sodass zwar plastische Spannungsverteilungen, aber keine durch plastische Rotationen bedingte Momentenumverteilungen in Ansatz gebracht werden dürfen. III: Querschnitte der Klasse III erreichen aufgrund ihrer Profilschlankheiten nicht mehr Mpl-Niveau, ihre Tragfähigkeit ist auf das elastische Moment Mel begrenzt. Bei dem Versuch der Aktivierung weiterer Momententragfähigkeit beulen Querschnittsteile aus. IV: Elastisches Beulen begrenzt die Tragfähigkeiten von Querschnitten der Klasse IV, und zwar noch vor Erreichen von MelNiveau.

Globale Stabilität

sk = 2 L

ren kann dieser Umlagerungseffekt noch einmal eine erhebliche Steigerung der beanspruchbaren Systemtragfähigkeit zur Folge haben (Abb. B 5.13).

Stabilität Neben den statischen Nachweisen der Querschnitts- und Anschlusstragfähigkeit sind Nachweise bezüglich ausreichender Stabilität zu führen. Dabei ist zu beachten, dass der Verlust an Stabilität auf verschiedenen Ebenen auftreten kann.

Durch Axiallasten oder Axialspannungen beanspruchte Bauteile weisen sowohl einen vollplastischen Querschnittswiderstand (Npl = plastische Normalkraft) auf als auch eine ideal elastische Knicklast (NKi = PKi = kritische Knicklast), die unter Annahme ideal elastischen Verhaltens dann erreicht wird, wenn sich indifferentes

β = 2,0

β = 1,0

I

II

β = 0,7 III

β = 0,5 IV

B 5.16

107

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Gleichgewicht, also Gleichgewicht zu verschiedenen seitlichen Verformungen, einstellen kann. Ist das Bauteil nicht sonderlich schlank, wird Npl maßgebend, bei sehr großen Schlankheiten NKi. Weitere Reduktionen des Knickwiderstands sind darauf zurückzuführen, dass Bauteile niemals eine perfekte Geometrie (d. h. ideal gerade, ideal symmetrisch etc.) oder ein perfektes Werkstoffverhalten (d. h. ohne Eigenspannungen, ideales elastisches Verhalten etc.) aufweisen, sondern in Wirklichkeit »imperfekt« sind. Das führt dazu, dass das Bauteil nur so lange gerade bleibt und in der geraden Form Gleichgewicht findet, wie die Imperfektionen dieses Gleichgewicht nicht stören (Abb. B 5.14, S. 107). Allen Stabilitätsfällen ist ein schlagartiger Tragfähigkeitsverlust gemeinsam. In der Praxis gibt es zur Erfassung der Stabilität folgende Möglichkeiten: • Nachweise am Gesamtsystem, indem die Imperfektionen im Vorhinein (explizit) in der statischen Berechnung berücksichtigt werden (nichtlineare Berechnung nach Theorie II. Ordnung) • Zerlegung des Gesamtsystems in Ersatzstäbe (Abb. B 5.16, S. 107) und anschließenden Standardnachweisen nach Norm (DIN EN 1993-1) über die schlankheitsabhängigen Knickkurven, die den Einfluss der Imperfektionen im Nachhinein (implizit) berücksichtigen (Abb. B 5.15, S. 107).

∼ 0,7d

1 γM1

Dabei ist die Wahl der Knickkurve von der Art des Querschnitts abhängig.

3 – 5 mm

Gewinde d0

d

Kopf

Anschlussausrundung

Unterlegscheibe

Mutter Klemmlänge B 5.17

FT /2 nicht vorgespannt

Schraube auf Abscheren zweischnittige Verbindung

Schraube auf Abscheren einschnittige Verbindung

Schraube auf Zug

FT /2

δV

Kontaktfläche: Lochleibung

δH

FT /2

FT /2

FT /2

FT /2

Kontaktfläche: Lochleibung

δH

FS /2

FS FS

FS FS /2

Vorspannfugen

Vorspannfuge

vorgespannt

Über die auf die Materialstreckgrenze bezogene Schlankheit λ mit λ = √Npl /NKi kann die Knickreduktion χ mit sogenannten Knickkurven ermittelt werden (Abb B 5.15, S. 107). Der Bemessungswert der Knickbeanspruchbarkeit lautet dann: NRd = χ ∙ Npl ∙

∼ 0,8d

Länge Schaft

Vorspannfuge übernimmt FT /2 äußere Last

FT Lastverformungsdiagramm

FP

FS /2

FS

FP

FP

FP FS

FS

FS /2

FT /2

vorgespannt nicht FG = FP · μ vorgespannt FT,U FP = Vorspannkraft

FS

FS,U

Gleitlast FG

μ = Reibzahl der Vorspannfuge δV

Anschlüsse und Verbindungen

δH Schlupf ≈ Lochspiel

Die Übertragung von Kräften und Momenten von einem Bauteil in das andere erfordert die Ausbildung von Anschlüssen. Dabei setzt sich ein Anschluss in der Regel aus der Kombination mehrerer Verbindungsmittel zusammen. Man unterscheidet zwischen lösbaren Verbindungsmitteln, z. B. Schrauben, Bolzen und Steckverbindungen, und nicht lösbaren Verbindungen wie Schweißen, Nieten, Clinchen, Kleben oder Setzbolzen. Lösbare Verbindungen erfolgen im Allgemeinen punktförmig, während die nicht lösbaren innere Kräfte linienförmig (Schweißen) oder flächig (Kleben) übertragen.

Zugbruch im Schaft oder Gewinde Versagensformen in Schraube und Blech

FT,U

108

FS,U /2

Scherbruch im Schaft oder Gewinde

FS,U FS,U /2

Abstreifen der Mutter vom Gewinde FT,U

Die Technologien der Verbindungsmittel sind einer kontinuierlichen Weiterentwicklung unterworfen. Während bis Mitte der 1950er-Jahre das Nieten praktisch die einzige Verbindungsmöglichkeit im Stahlbau war, setzten sich ab

FS,U

Scherbruch im Schaft oder Gewinde

δH

Blechversagen Fs,ú

NettoquerBruch des/der schnitts

δH

σH

δH

σH

σH

Fs,ú

Fs,ú

Lochleibung, randnah

Lochleibung im Blechinneren B 5.18

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Schraubenart

Streckgrenze fy, b [N/mm2]

Festigkeitsklasse

normalfeste Schraube

hochfeste Schraube

Zugfestigkeit fu, b [N/mm2]

4.6 5.6

240 300

400 500

8.8 10.9

640 900

800 1000 B 5.19

M12

M16

M20

M24

M27

Schaftdurchmesser d [mm]

12

16

20

24

27

Lochdurchmesser d0 [mm]

14

18

22

26

30

113

201

314

452

573

84

157

245

353

459

2

Schaftquerschnitt A [mm ] 2

Spannungsquerschnitt [mm ]

B 5.20

diesem Zeitpunkt die Schweißtechnik mit der Entwicklung der Stähle und Schweißverfahren und die Schraubtechnik immer weiter durch. Sie sind heute die wichtigsten Verbindungsmethoden. Große Fortschritte sind in den letzten Jahren ebenfalls auf dem Gebiet der Klebetechnik erzielt worden. Somit ist zu erwarten, dass sie auch im Stahlbau zukünftig eine stärkere Rolle einnehmen wird. Schrauben und Schraubverbindungen

Unter einer Schraubverbindung versteht man das Arrangement (Gebinde) aus Schraube, Unterlegscheibe und Mutter (Abb. B 5.17 und B 5.21). Stahlbauschrauben weisen je nach Einsatzzweck und Ausnutzungsgrad unterschiedliche Festigkeiten auf. (Abb. B 5.19). Sie werden mit unterschiedlichen Schaftdurchmessern geliefert, nach denen sich die Bohrlochgrößen richten (Abb. B 5.20). Schrauben können auf Abscheren, axial auf Zug oder gleichzeitig auf Abscheren und Zug belastet werden. Bei den sogenannten ScherLochleibungsverbindungen (SL-Verbindungen) erfolgt die Kraftübertragung über den Kontakt des Schraubenschafts mit der Lochleibung des Blechs und anschließend über den Scherwiderstand des Schraubenschafts. Zum Toleranzausgleich werden die Bohrungen im Hochbau mit einem Übermaß (Lochspiel) ausgeführt. Bei Vermeidung dieses Lochspiels erhält man sogenannte Passschrauben. Passschraubver-

bindungen sind zusätzlich mit dem Kürzel »P« gekennzeichnet. Hochfeste Schrauben, d. h. Schrauben der Materialgüte 8.8 und 10.9, lassen sich vorspannen, indem sie unter Zug gesetzt werden. Die Schraube klemmt damit das Blechpaket ein und bringt so die Kontaktflächen der Bleche unter Druck. Greifen jetzt aus äußeren Lasten Scher- oder Zugkräfte an, rutscht oder öffnet sich die Fuge nicht. Die Verbindung verhält sich dann monolithisch. Man nennt sie gleitfest vorgespannte Verbindung (GV-Verbindung). Aufgrund der durch die Vorspannung erzeugten Art der direkten Lastübertragung ist sie wesentlich steifer. Wird die Gleitlast (Last, bei der die Verbindung beginnt durchzurutschen) überschritten, trägt die Verbindung wieder wie eine SL- bzw. SLP-Verbindung (Abb. B 5.18). Ein Versagen kann in der Schraube (Abscheren bzw. Zugversagen des Schafts oder Gewindes) oder im Blech (Versagen der Lochleibung oder Bruch des Nettoquerschnitts) auftreten (Abb. B 5.18). In die Bemessungsfunktionen für das Blech gehen die Randabstände e1 und e2 sowie Lochabstände p1 und p2 ein, für die nach DIN EN 1993-1 Minimal- und Maximalwerte zu beachten sind (Abb. B 5.23). Die Vorspannung von hochfesten Schrauben ist auch bei Zugverbindungen sinnvoll, da sie eine Kompression in der Fuge erzeugt, die eine äußere Zugbelastung bis zur Dekompression übernimmt und dadurch die Schraubenbe-

B 5.21

B 5.17

B 5.18

B 5.19 B 5.20 B 5.21 B 5.22

B 5.23

e1

n

Fs

FR, ges = βL · ∑ FR,i

Fs 1,00 ca. elastisch

Kraftverteilung

teilplastisch

Bezeichnungen an einem Schraubengebinde d Schaftdurchmesser d0 Lochdurchmesser Scher-Lochleibungsverbindung (SL), gleitfest vorgespannte Verbindung (GV) und Lastverformungsverhalten der verschiedenen Verbindungen sowie verschiedene Versagensformen in Schraube und Blech FT Zugkraft FS Scherkraft FG Gleitlast FP Vorspannkraft δv/δH Verformung vertikal/horizontal σH Normalspannung im Blech U Index für den Grenzzustand der Tragfähigkeit mechanische Eigenschaften von Schraubenstählen Kennwerte von Schrauben mit Lochspiel (keine Passschrauben) Sechskantschraube (links) und Edelstahlschraube mit Innensechskant (rechts) Reduktion der Tragfähigkeit bei langen Schraubverbindungen aufgrund begrenzter Verformungsfähigkeit der äußeren Schrauben Lj Gesamtlänge des Anschlusses FS Scherkraft d Schaftdurchmesser FR, ges Gesamtkraft βL Faktor n Anzahl Schrauben Schraubenbild mit Rand- (e1, e2) und Lochabständen (p1, p2) parallel und senkrecht zur Kraftrichtung mit Lochdurchmesser d0

p1

i=1

βL

vollplast.

teilplastisch

ca. elastisch

e2

d0

1,00

vollplastisch p2

0,75 Einzelverformungen

ca. elastisch teilplastisch vollplastisch 15d

65d

Lj B 5.22

B 5.23

109

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

B 5.24

Beispiel für Kraftverteilung bei einem auf Moment, Querkraft und Normalkraft beanspruchten Laschenstoß B 5.25 Klassifizierung von Anschlüssen nach der Tragfähigkeit und der Steifigkeit Mpl plastisches Moment S Steifigkeit des Anschlusses EJ Biegesteifigkeit φ Rotation B 5.26 Metall-Schutzgasschweißverfahren B 5.27 schematische Darstellung des Metall-Schutzgas-

schweißens Werkstoffübergang bei der elektrischen Lichtbogenschweißung schematische Darstellung des Temperaturverlaufs beim Schweißen; im Bereich der Wärmeeinflusszone sind Gefügebeeinträchtigungen möglich Kraftübertragung einer zweiseitigen Kehlnaht und Nahtquerschnitt (Schweißnahtmaß a, Nahtlänge l) Ausführungsformen verschiedener Schweißnähte

B 5.28 B 5.29

B 5.30

B 5.31

Moment M

lastung aus äußerer Zugkraft klein hält (Abb. B 5.18). Damit werden die Anschlüsse steifer und insbesondere bei Ermüdung dauerhafter.

Querkraft V

Normalkraft N

Geschraubte Anschlüsse

Das ausgeprägte plastische Last-VerformungsVermögen von SL-beanspruchten Schraubverbindungen macht es möglich, die Bemessung von Schraubengruppen, die mit verschiedenen Schnittgrößen belastet werden, durchzuführen. In Laschenanschlüssen etwa, wie sie häufig in Trägerstößen vorkommen, geschieht dies auf Grundlage einfacher elastischer oder plastischer Lastverteilungsmodelle. Laschenanschlüsse mit SL-Schraubverbindungen Abb. B 5.24 zeigt beispielhaft einen Laschenstoß, bei dem sich die Belastung in Moment, Querkraft und Normalkraft aufteilen und weiter auf die einzelnen Schrauben verteilen lässt. Dabei kann der Momentenanteil elastisch oder plastisch zerlegt werden. Bei Normalkraftanschlüssen mit vielen hintereinanderliegenden Schrauben stellt sich zunächst bei noch vollelastischen Verhältnissen eine ungleichförmige Lastverteilung ein (Abb. B 5.22, S. 109). Erst durch das plastische Last-Verformungs-Verhalten der äußeren Schrauben auf Traglastniveau der Einzelschraubverbindungen, z. B. durch Lochaufweitung, erfolgt eine Kraftumverteilung hin zu den inneren Schrauben. Die Duktilität der äußeren Schraubverbindungen ermöglicht die weitere Aktivierung der inneren Schrauben, wodurch sich dann die Gesamttraglast der Anschlüsse als Summe der Einzeltragfähigkeiten der Schrauben einstellt. Überschreitet jedoch die Gesamtlänge des Anschlusses den 15-fachen Wert des Schaftdurchmessers d, so kommt es zu einer Überforderung der Verformungsfähigkeiten (Duktilitäten) der äußeren Schraubverbindungen bei der Lastumverteilung und die Gesamttraglast muss gemäß DIN EN 1993-1 um einen Faktor β reduziert werden (Abb. B 5.22, S. 109). Kopfplattenanschlüsse Kopfplattenanschlüsse dienen häufig der Momentenübertragung zwischen Trägern und

=

+

+

+

+

F e αi

Aufteilung auf n Einzelschrauben

α

=

α4 α3

α1 α 2

α1 = α2 = αi = const. (im Fall der elastischen Kräftezerlegung) elastisch

M

M

Fi =

∑r

j=1

plastisch

M

Fi =

V

n

2 j

Fi =

· ri

M

V

Fi =

n

∑ rj

N

N n

N

N n

V n

Fi =

V n

Fi =

j=1

gesamt

Fi ges =

M

V

2

Fi ⊥ + Fi

M

N 2

Fi II + Fi

+

B 5.24

gelenkig, nicht momententragfähig

verformbar, teiltragfähig

steif, volltragfähig

Mpl

M Mpl

Mpl

M

φ

φ

S1

M Mpl

Mpl

M

φ

S1

M Mpl

S2

S1

S2 0,25Mpl

0,25Mpl

Steifigkeitsgrenze

S2

0,25Mpl

φ

φ verschiebliches System

M

φ nicht verschiebliches System

S1 : starr-verformbar

S1 ≥ 8,0

EJTräger L Träger

S1 ≥ 2,5

E JTräger L Träger

S2 : verformbar-gelenkig

S2 ≤ 0,5

EJTräger L Träger

S2 ≤ 0,5

E JTräger L Träger B 5.25

110

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

12 11

6

8

9

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

7 5

6

4

3

10 1

2

B 5.26

Grundwerkstoff Schweißgut Tropfenübergang ins Schmelzbad Lichtbogen Schutzgasatmosphäre Elektrode (Metalldraht) Schutzgasdüse Schutzgasschlauch Schutzgasflasche Stromkreislauf Schweißgerät mit Transformator Netzanschluss

B 5.27 T [°C] ~1,500 °C

Umhüllung der Elektrode

~1,400 °C

Elektrodenkern Lichtbogen

~1,100 °C

Gase ~900 °C ~700 °C

Schweißnaht

Tropfen mit Schlackenmaterial Schmelzbad mit Einbrand

Wärmeeinflusszone B 5.28

B 5.29

a

a

s l

l

Stützen oder bei Trägerstößen. Auch hier lässt sich die Kraftverteilung entweder elastisch oder plastisch ansetzen. Je nachdem wie stark die Schrauben, Kopfplatten oder Steifen ausgebildet sind, kann die Momententragfähigkeit größer, gleich oder kleiner der des angeschlossenen Profils sein. Die Träger-Stützen-Anschlüsse gelten dann als volltragfähig, teiltragfähig oder nicht momententragfähig. Die Ausbildung der Anschlusskomponenten wirkt sich auch auf die Steifigkeit der Anschlüsse aus, hier wird unterschieden zwischen starr, verformbar oder gelenkig. Abb. B 5.25 verdeutlicht die einzelnen Tragfähigkeitsniveaus sowie die Steifigkeitsoptionen in den Momenten-RotationsDiagrammen verschieden ausgebildeter Anschlüsse. Der wirklichkeitsnahe Ansatz des MomentenRotations-Verhaltens von Träger-StützenAnschlüssen ermöglicht den Einsatz von verformbaren, teiltragfähigen Anschlusstypen. Dies führt nicht nur zu erheblich billigeren, steifenlosen Anschlüssen, sondern auch zu einer wesentlich ausgewogeneren Momentenverteilung in der Gesamtstruktur, d. h. zu einer optimierten Ausnutzung der angeschlossenen Träger und Stützen.

F Schweißverbindungen

B 5.30

Verbindung

Schweißnaht durchgeschweißte Naht

nicht durchgeschweißte Naht

Kehlnaht

Stumpfstoß

T-Stoß

Überlappungsstoß

Im Stahlbau ist die wichtigste nicht lösbare Verbindungstechnik das Schweißen. Hierbei werden die Bauteile durch Aufschmelzen und Fusion an den Fügestellen stoffschlüssig verbunden. Dies geschieht im Stahlbau hauptsächlich durch die Schweißverfahren, bei denen ein elektrischer Lichtbogen zwischen den Fügestellen und einer sogenannten Schweißelektrode erzeugt wird. Die Schweißbarkeit von Stahl hängt von seiner Verarbeitbarkeit (siehe Verarbeitbarkeit, S. 105) und dem Gehalt verschiedener Legierungselemente ab. Das Kohlenstoffäquivalent (CEV) dient der diesbezüglichen Bewertung. Bei entsprechender Nahtgröße werden die Schweißnähte lagenweise durch Schweißraupen, beginnend mit der sogenannten Wurzellage, hergestellt. Um das Schmelzbad vor schädlichen Einflüssen aus der Luftatmosphäre zu schützen, ist bei modernen Schweißverfahren die Verwen-

B 5.31

111

eingeschriebenes Dreieck der Höhe a

a

a

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

s

a

s

aeg ≈ a+2 mm

s

s

1

a

eg

a

a mit Tiefeinbrand

a/2 a/2

s

s2

s

b nicht durchgeschweißte Nähte

B 5.32

B 5.32

Definition der rechnerischen Nahtdicke a (Schweißnahtmaß) bei Kehlnähten und nicht durchgeschweißten Nähten B 5.33 Beispiele durchgeschweißter Nähte und ihre symbolische Darstellung B 5.34 typisches Verbunddeckensystem mit Kopfbolzendübeln, aufgeschweißt auf dem Oberflansch, Stahlprofilblech und bewehrtem Ortbeton; Abhängungen für Installationen in den Blechsicken (ohne Bohren etc.) B 5.35 Wirkungsweise der Verdübelung a Spannungsverteilung jeweils im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei A ohne Verbund B teilweiser Verbund C voller Verbund b Teilverbunddiagramm (Biegetragfähigkeiten bezogen auf die erreichbare Biegetragfähigkeit bei voller Verdübelung Mpl,Rd, aufgetragen über dem Verdübelungsgrad) ε Dehnung σ Spannung MRd Momentenwiderstand des Verbundträgers Ma Momentenwiderstand des reinen Stahlträgers Ncf Normalkraftkapazität des Betongurts B 5.36 Beispiele zur Anordnung von Stahlprofilen in Stahl-Stahlbeton-Verbundstützen

Wichtig bei der Herstellung von Schweißnähten ist die Kontrolle der infolge des Temperaturabflusses veränderten Gefügestrukturen am Übergang von der Schweißnaht zum Grundmaterial, damit es nicht zu einer nachteiligen Beeinträchtigung der Festigkeiten und Zähigkeiten an diesen Stellen kommt (Abb. B 5.29, S. 111). Grundsätzlich gilt für geprüfte, durchgeschweißte Nähte (Abb. B 5.33) und für Stahlsorten S 235 – S 460, dass die Beanspruchbarkeit der Nähte genauso groß ist wie die der angeschlossenen Blechquerschnitte, sofern der Schweißzusatzwerkstoff – wie im Stahlbau üblich – eine gleich große oder größere Streckgrenze aufweist als der Grundwerkstoff. Damit entfallen alle besonderen Tragsicherheitsnachweise für durchgeschweißte Nähte außer für Ermüdung. Für die statischen Nachweise wird bei Kehlnähten und anderen nicht durchgeschweißten Nähten (Abb. B 5.31, S. 111) von einer wirksamen Nahtdicke bzw. einem Schweißnahtmaß a ausgegangen, das sich als Höhe des einbeschriebenen, aus den Konturen der Naht resultierenden Dreiecks ergibt (Abb. B 5.32). Die rechnerische Nahtfestigkeit (d. h. die übertragbare Kraft einer Schweißnaht) bezieht sich auf den durch das Schweißnahtmaß a und die Nahtlänge l aufgespannten Querschnitt (Abb. B 5.30, S. 111) [1].

dung von Schutzgasen oder Schutzumhüllungen notwendig. Die wichtigsten Lichtbogenschweißverfahren im Stahlbau sind: • das Elektro-Handschweißverfahren (E) mit umhüllter Stabelektrode für kleinere Schweißaufgaben (Abb. B 5.28, S. 111) • die Metall-Schutzgasschweißverfahren (MAG/MIG; Abb. B 5.26 und B 5.27, S. 111), bei denen ein automatisch vorschiebender Schweißdraht die Elektrode darstellt. Gleichzeitig mit dem Drahtvorschub tritt ein Schutzgas aus, das entweder aus einem Gemisch aus CO2 und Edelgasen (Aktivgas bei MAG) oder nur aus Edelgasen (Inertgas bei MIG) besteht. Die Metall-Schutzgasschweißverfahren sind die häufigsten und universell einsetzbaren Techniken im Stahlbau. • das Unterpulverschweißverfahren (UP), das als teilautomatisiertes Verfahren für den Brückenbau wichtig ist. Ein Schweißautomat fährt die Naht ab und verschweißt sie unter Zufuhr eines Schutzpulvers. • das Wolfram-Inertgasschweißen (WIG), das häufig für die empfindliche erste Schweißnahtlage (Wurzellage) zum Einsatz kommt. Die besondere Wolfram-Elektrode schmilzt selbst nicht. Der Schweißnahtzusatzwerkstoff wird hier mit der Hand extra zugeführt. Das Schutzgas ist wie beim MIG-Verfahren ein Edelgasgemisch.

Stumpfstoß (hier jeweils überschliffen) 40° – 60°

T-Stoß 35°– 60°

3 – 15 mm V-Naht

2–3

8

HV-Naht mit Gegennaht

U-Naht (Tulpennaht) 35° – 60°

35° – 60°

Halbe-(H)U-Naht

40° – 60°

5 – 40 mm

> 10 mm

3 – 15 mm Halbe-(H)V-Naht

5 – 40 mm

> 30 mm

HV-Naht

35° – 60° 10 mm

12 – 50 mm Doppel-(D)V-Naht

DHV-Naht (K-Naht) B 5.33

112

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

B 5.34

Stahlverbundbau Die Stahlverbundbauweise kombiniert die Vorzüge von Stahl und Beton, indem in den druckbeanspruchten Bereichen des Querschnitts Beton und in den zugbeanspruchten Bereichen Stahl angeordnet ist. So wird der Beton an der Abtragung der Biegemomente vom Träger bzw. der Druckbeanspruchung von Stützen beteiligt (Abb. B 5.35 und B 5.36). Zur Aktivierung der Verbundwirkung muss eine ausreichende Schubübertragung zwischen den Stahlbauteilen (geschweißtes oder gewalztes Profil) und dem Beton sichergestellt werden. Ohne Verbundwirkung liegt eine rein additive Tragwirkung vor, d. h. die Tragfähigkeit des Systems bestimmt sich lediglich aus der Summe der Tragfähigkeit der einzelnen Bauteile. Durch die Verbundwirkung entsteht ein neuer Bauteilquerschnitt mit einer überproportionalen Zunahme der Tragfähigkeit und Steifigkeit. Der sogenannte Schubverbund zwischen Stahlbauteil und Beton wird bei Verbundträgern meist über aufgeschweißte Kopfbolzendübel gewährleistet, kann aber auch durch andere Maßnahmen erfolgen (z. B. über Blechausschnitte). Bei Verbundblechen, die zur Herstellung von Verbunddecken auch als Schalung eingesetzt werden, wird die Verbindung zum Beton durch eine entsprechende Profilierung, Rippen- oder

A

ε

einfachen Reibverbund sichergestellt (Abb. B 5.34). Auch eine Verankerung am Ende der Bleche mithilfe von Dübeln ist möglich. Im Brandfall sind Verbundquerschnitte ebenfalls von Vorteil; der umgebende Beton kühlt selbst frei liegende Querschnittsteile aus Stahl und zögert die Temperaturerhöhung sowie damit einhergehend die Festigkeitsminderung deutlich hinaus (siehe Brandschutz im Stahlbau, S. 118). Im Rahmen der Bemessung werden die Schubkräfte zwischen den Stahl- und Betonbauteilen bestimmt. Hieraus ergeben sich Anzahl und Anordnung der Verbundmittel, wie z. B. Anzahl und Abstand der Kopfbolzendübel auf dem Oberflansch des Profils. Entsprechend der Querkraftverteilung, beispielsweise der eines Einfeldträgers, nimmt die Schubkraft am Ende des Trägers zu, was bei der Anordnung der Verbundmittel berücksichtigt werden sollte. Aus Fertigungsgründen wird aber in der Regel eine gleichmäßige Dübelverteilung angestrebt. Wie im reinen Stahlbau gilt auch im Verbundbau das Bestreben, die Strukturen möglichst optimal, d. h. plastisch auszunutzen. Hierzu muss das Verbindungsmittel über eine ausreichende Duktilität verfügen, was bei Kopfbolzendübeln beispielsweise ein Verhältnis von Höhe zu Durchmesser ≥ 4 häufig erforderlich macht. Eine entsprechende Duktilität wird besonders bei einem Teilverbund vorausge-

σ

MRd Mpl,Rd

B

MRd Mpl,a Mpl,Rd

Ma

A

Ncf Npl,a

a

B

Nc Na

C

C 1,0

MRd,tell Mpl,Rd

Mpl,a,Rd

setzt. Im Gegensatz zum vollständigen Verbund, bei dem die Verbundmittel alle zum Erreichen des vollen Verbundbiegewiderstands notwendigen Schubkräfte übertragen, lässt der Teilverbund noch gegenseitige Verschiebungen des Betons und der Stahlbauteile zu und der volle Verbundbiegewiderstand wird nicht ganz erreicht, hat jedoch wirtschaftliche Vorteile (Abb. B 5.35). Die Steifigkeiten des Verbundträgers während des Bauens bzw. Betonierens und im Endzustand unterscheiden sich aufgrund der erst im erhärteten Zustand eintretenden Tragfähigkeit des Betons. Unterstützungen im Bauzustand wirken sich deshalb auch auf die Endverformung bzw. finale Durchbiegung des Trägers aus. Solche Einflüsse lassen sich mit Ersatzlastverfahren hinreichend abschätzen. Idealerweise ist der Betongurt auch gleichzeitig Geschossdecke, sodass aus der Kombination integrierte, weit gespannte Konstruktionen mit niedriger Bauhöhe, geringem Gewicht und hoher Dauerhaftigkeit entstehen. So erlauben Stahlverbundquerschnitte gegenüber herkömmlichen Stahl- und Betonbauweisen wesentlich größere Spannweiten von 10 bis 15 m bei ansonsten gleichbleibenden Trägerhöhen und Trägerabständen. Stahlverbundträger sind damit sehr wirtschaftlich, verfügen über eine hohe Steifigkeit und ermöglichen offene, stützenfreie Grundrisse.

1,0

Mpl,Rd η= b

Nc Ncf B 5.35

B 5.36

113

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Ml (Masse pro Länge) l

Schwingungen

δstatisch

μ=

t

a

δstatisch

δ+

δdynamisch

F

δt δ+

1. Eigenform

1. Eigenform

T1

l b δ-

M = 1 Ml (modale Masse) 2 C = F (Feder) δstatisch

t δ+

T1 f1 =

c

1 1 = T1 2π

C M

B 5.37

δAi Masse

A i+1 t

Dämpfer

Feder

δ+

Δ = ln

Ai A i+1

logarithmisches Dekrement der Dämpfung B 5.38

Fm

m

t δ me t

M

a

c δt

Fm = F0 sin Ω0 t

d

normierte Fußkraft

b

t

B 5.39

Schrittfrequenz fs:

1,5

fs = 1.5 Hz fs = 2.2 Hz

1,0

0,5

0,0

0,15

0,30

0,45

0,60

0,75

0,90 10.5 Zeit [s] B 5.40

114

Wirken dynamische Kräfte, wie z. B. schwingende oder stoßartige Belastungen, auf Bauwerke ein, können Verformungen entstehen, die man als Schwingungen, Vibrationen oder Erschütterungen wahrnimmt. Für das Schwingungsverhalten von Bauwerken oder Bauteilen spielen neben der elastischen Steifigkeit auch die Größe und Verteilung der trägen Massen und die Fähigkeit des Baustoffs zur inneren Dämpfung eine Rolle, da bei Schwingungen zusätzliche Kräfte zur Beschleunigung oder Verzögerung der Bauteilmassen auftreten. Werden Bauteile oder Bauwerke zum Schwingen angeregt, können sie theoretisch eine Vielzahl von Schwingformen (Moden) annehmen, die sich in unterschiedlichen Verformungsfiguren und Frequenzen ausdrücken (Abb. B 5.37). Diese Verformungsfiguren mit ihren zugehörigen Frequenzen sind charakteristische Eigenschaften der jeweiligen individuellen Struktur. Man nennt sie deswegen auch Eigenformen bzw. Eigenfrequenzen. In der Regel genügt es, nur die Eigenform mit der einfachsten Verformungsfigur und der niedrigsten Eigenfrequenz zu untersuchen (Abb. B 5.37 b). So lässt sich das multimodale Schwingverhalten von komplexen Bauteilen oder Bauwerken auf ein einfaches Feder-Masse-Modell übertragen. Die Feder besitzt dabei die gleiche elastische Steifigkeit wie das Bauteil (d. h. die Stauchung der Feder im Modell ist genauso groß wie die Durchbiegung des untersuchten Trägers in Feldmitte) und die auf der Feder sitzende Punktmasse eine dem Träger vergleichbare Masse. Damit kann die im Bauwesen wichtigste Größe zur Beurteilung des Schwingverhaltens, die Eigenfrequenz, einfach bestimmt werden (Abb. B 5.37 c). Schwingungen sind in der Realität durch Baustoffeigenschaften (Viskosität, Reibung) gedämpft, deswegen klingen die Schwingamplituden mehr oder weniger schnell ab (Abb. B 5.38). Strukturen schwingen frei, wenn sie schlagartig be- oder entlastet (angeregt) werden (Abb. B 5.37 b). Wirken hingegen während der Schwingphase weitere dynamische Belastungen auf sie ein, spricht man von zwangserregB 5.37 Einfeldträger unter statischer Durchbiegung: a infolge der Kraft F b nach plötzlichem Entfernen von F schwingend c Einmassenschwinger als Ersatzsystem mit gleichen Schwingeigenschaften der 1. Eigenmode f Frequenz t Zeit δ Auslenkung T Eigenperiode C Feder (Dämpfung) M Masse B 5.38 Einmassenschwinger mit Dämpfer: Abklingen der Schwingamplituden Ai über die Zeit t B 5.39 Einfeldträger unter Zwangserregung a rotierende Unwucht b Abbildung im Einmassenschwinger-Ersatzsystem, harmonische Zwangserregung

Beschleunigung [m/s2]

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Epizentraldistanz

Epizentrum

2

1

Bodenschicht Hypozentraldistanz -1 Hypozentrum -2 0

2

4

6

8

10

12

14

16

18

B 5.41

ten Schwingungen. Stimmt die Eigenfrequenz der Struktur mit der Frequenz der Zwangserregung überein, kann es schnell zu einem Effekt des Aufschaukelns kommen. Das System nimmt in diesem Fall immer mehr Energie auf, die Schwingamplituden vergrößern sich stetig und es entsteht die sogenannte Resonanzkatastrophe (Abb. B 5.39). Dieses Aufschaukeln (Resonanz) ist in der Baupraxis bekannt, z. B. bei Windböen oder Wirbelablösungen an Türmen und Hochhäusern oder bei rhythmischer Anregung von Brücken sowie Geschossdecken. Vermeidung von personeninduzierten Schwingungen

Die Begrenzung der Durchbiegungen und die Unanfälligkeit gegenüber Schwingungen sind die wesentlichen Gebrauchstauglichkeitsmerkmale von Geschossdecken. Die beiden Eigenschaften stehen mechanisch über die Steifigkeit in Verbindung. Als Anregung zu Schwingungen kommt überwiegend Gehen oder Hüpfen von Einzelpersonen oder Gruppen infrage (Abb. B 5.40). Dadurch kann bei Geschossdecken oder Trägerkonstruktionen ein Resonanzeffekt auftreten, der als unangenehme Deckenschwingung empfunden wird. Diese Deckenschwingung gilt es zu begrenzen durch: • eine einfache Frequenzbetrachtung. In Abhängigkeit von der Gebäudefunktion sollten Mindesteigenfrequenzen der Decken von 3 Hz im Geschossbau mit Wohn- und Büro-

B 5.40 B 5.41 B 5.42 B 5.43

c Zeitverläufe der Unwucht und des Eigenschwingverhaltens des Trägers d Resultat der Zwangserregung am Träger: Resonanz Beispiel für den Zeitverlauf der Fußkraft für zwei Schrittfrequenzen Lage eines Erdbebenherds zum Bauwerk zeitlicher Verlauf der Bodenbeschleunigung eines Erdbebens (schematisch) statische Belastung infolge der dynamischen Einwirkung hervorgerufen durch Erdbeben (vollelastisch) ai Fußpunktanregung statische Ersatzkraft am Geschoss i Fi Mi Masse am Geschoss i δi Auslenkung i Te Eigenperiode des Systems Se(Te) Spektralwert von Te g Erdbeschleunigung

nutzung oder 5 Hz bei Geschossbauten mit höheren Anforderungen nicht unterschritten werden. • genauere Verfahren, die weitere Größen wie die Schrittcharakteristik (Abb. B 5.40), die Schwingbeschleunigungen, die menschliche Wahrnehmung und Bewertung von Schwingungen usw. berücksichtigen

Stahlbauten unter Erdbebenbelastung Erdbeben entstehen, wenn Platten des Erdmantels Relativbewegungen ausführen, und es anschließend zum Spannungsabbau und zu Verschiebungen an den Plattengrenzen kommt. Die Verschiebungen erfolgen ruckartig, sodass die dabei freigesetzte Energie heftige, bis hin zu Katastrophen erzeugende Erschütterungen (Erdbeben) auslösen kann. Amplitudenaufzeichnungen der horizontalen Erdbewegungen in der Umgebung des Epizentrums geben die Stärke eines Bebens an (Abb. B 5.41). Häufig erfolgt die Eintragung in der sogenannten Richterskala, in der die Energie des Bebens im Hypozentrum mit der Magnitude (Skalenwert der Richterskala) logarithmisch korreliert wird. Das heißt, eine Einheit auf der Skala bedeutet eine 10-fach höhere Amplitude im Seismogramm und eine 32-fach höhere Energiefreisetzung. Ab einem Wert von 3,0 auf der Richterskala ist ein Erdbeben spürbar. Beben mittlerer Stärke mit ca. 5,0 auf der Richterskala können

20 Zeit [s] B 5.42

bereits erste ernste Schäden an Gebäuden verursachen. Ab einem Wert von 6,0 bis 7,0 sind Erdbeben stark, oftmals mit gefährlicher Wirkung für Bauwerke. Die angesprochenen Messungen geben Auskunft über die Dauer des Bebens, die maximalen Beschleunigungen und die inhärenten Frequenzen, mit denen die Impulse auftreten (Abb. B 5.42). Um die Auswirkungen solcher Beschleunigungszeitverläufe auf Bauwerke zu erfassen, werden diese zunächst als elastische Systeme aufgefasst, deren Massen zum Schwingen angeregt werden (Abb. B 5.43). Die horizontalen Beschleunigungen greifen am Fußpunkt eines Bauwerks an, wodurch es zwangsläufig in Bewegung gerät. Die Bewegungen können in Abhängigkeit von der Masse- und Steifigkeitsverteilung sehr unterschiedlich ausfallen. Um dies zu verdeutlichen, lässt sich ein Bauwerk reduzieren auf eine sehr einfache mechanische Struktur, eine Einzelmasse, die die Gesamtmasse des Bauwerks repräsentiert, und eine (Blatt-)Feder, die die Horizontalsteifigkeit des Bauwerks darstellt (Abb. B 5.45, S. 116). Diese Struktur nennt man Einmassenschwinger. Sie besitzt näherungsweise ein vergleichbares Schwingverhalten wie das Bauwerk, das vor allem die erste Eigenfrequenz fe des Bauwerks charakterisiert (siehe Schwingungen, S. 114). Weist der Einmassenschwinger eine hohe Steifigkeit und geringe Masse auf, so liegt seine Eigenfrequenz hoch und er verhält sich bei

1 Mode 2

Mode 1

Mode 3 Mi

δi in Mode 1

Fi = Se(Te ) · Mi · δi

∑ Mj ∑ δj · Mj

t Ersatzsystem ai

B 5.43

115

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

t t t

a4(t)

t

Einzelmasse

a3(t) a2(t)

t fe= = a0(t)

1 2π

T3

T2

C M

(1)

1 Te

t

(2)

a0(t)

B 5.44

B 5.45

Erdbeben wie ein Starrkörper. Er wird nicht zum Schwingen angeregt, und die Beschleunigungen der Kopfmasse entsprechen der Fußpunktanregung (Abb. B 5.46, Fall 1). Besitzt der Einmassenschwinger jedoch eine niedrigere Steifigkeit und höhere Massen,die zu Eigenfrequenzen führen, die mit Frequenzen des Erdbeben übereinstimmen, so kann dies in der Struktur zu Resonanzeffekten kommen, was große Beschleunigungen und Kräfte an der Kopfmasse zur Folge hat (Abb. B 5.46, Fall 2 und besonders Fall 3). Liegt die Eigenfrequenz deutlich unter den Frequenzen des am Fußpunkt angreifenden Erdbebens, so ist die Struktur schwingungsisoliert, d. h. die träge Kopfmasse bleibt relativ ruhig und die Bewegungen werden von der weichen Unterstruktur geschluckt (Abb. B 5.46, Fall 4). Die resultierende Kopfbeschleunigung (bzw. deren zeitlicher Verlauf) wird als Systemantwort bezeichnet. Diese Systemantworten können in Abhängigkeit von ihren Eigenschwingzeiten in sogenannten Antwortspektren zusammengetragen und geordnet werden (Abb. B 5.48). Aus dem Antwortspektrum lässt sich erkennen, in welchen Frequenzbereichen es zu einer resonanzartigen Vergrößerung der Bodenbeschleunigungen kommen kann. Andere Gebäude bleiben wiederum nahezu unbeeinflusst. Die Reaktion von Bauwerken auf die Erregerfrequenzen des Erdbebens hängt stark von den verschiedenen Bodenschichten zwischen dem Hypozentrum in der felsigen Tiefe und der Oberfläche am Standort des Gebäudes ab (Abb. B 5.41, S. 115 und Abb. B 5.48). Je nach Eigenschaft der Schichten werden einige Frequenzen überhöht, andere unterdrückt. Durch verfeinerte Methoden ist es möglich, die Kräfte zu bestimmen, die an jeder Masse eines Gebäudes (zumeist Geschossdecken) bei Erdbeben wirken (Abb. B 5.43, S. 115). Sind die Kräfte bekannt, die während eines Erdbebens im Bauwerk auftreten, kann daraufhin die Bemessung und konstruktive Ausbildung erfolgen. Hierbei sind folgende Prinzipien zu beachten: • Bauteile sollen untereinander möglichst zugund druckfest verbunden sein, d. h. statisch

unbestimmte Strukturen erzeugen, sodass bei Erdbeben das Bauwerk als Ganzes schwingt und keine Einzelbauteile herunterfallen (Deckenplatten) oder umkippen (Wände) können. • Bei Geschossbauten unter Erdbebenbelastung ist darauf zu achten, dass im Vergleich zu rein statischer Belastung stärkere Stützenquerschnitte zum Einsatz kommen, sodass die durch die seismische Anregung erzeugten Horizontalverformungen nicht zum Stabilitätsversagen der Stützen führen. • Anschlüsse und Bauteile sollen so ausbildet sein, dass sie bei durch Erdbeben erzeugter zyklischer Momentenbelastung möglichst viel Energie verzehren, d. h. plastische Eigenschaften der Konstruktion aktivieren (siehe Elastisches und plastisches Verhalten von Profilen aus Stahl, S. 105).

(3)

t

a0(t)

(4)

t

t

a0(t)

a0(t)

B 5.46

mobilbau vergleichen: Auch hier werden die Insassen bei einem Crash durch die Energieverzehrung speziell dafür vorgesehener Konstruktionsteile vor zu groß werdenden Kräften bewahrt. Dies verdeutlicht, dass die Energieverzehrung gerade im Zusammenhang mit Erdbeben eine wichtige Rolle spielt. Mit Stahl kann man durch sein ausgeprägtes duktiles Werkstoffverhalten (siehe Duktilität, S. 104) sehr erfolgreich erdbebensicher bauen. Abb. B 5.44 und B 5.47 zeigen typische Detaillösungen, die ein hohes energieverzehrendes Bauwerksverhalten aufweisen.

Explosionseinwirkung Neben den außergewöhnlichen Lastfällen durch Erdbeben und Brand ist in jüngster Zeit auch die Explosionseinwirkung insbesondere für öffentliche Bauwerke zu berücksichtigen. Durch die Eigenschaften des Werkstoffs und durch die konstruktive Variabilität widerstehen Bauwerke aus Stahl Explosionseinwirkungen besonders gut. Im Fall von Explosionen können sowohl Detonations- als auch Deflagrationsbelastungen auftreten. Grob gesagt, ist die Detonation die unmittelbare Folge der Sprengstoffzündung, eine stoßartig erfolgende, extrem schnelle chemische Reaktion von brisanten Sprengstoffen mit starker Gasentwicklung oder von explosi-

M

Se (Te ) [

m ] s2

Insbesondere bei der zuletzt genannten Maßnahme kommen die besonderen Stärken der Stahlbauweise zum Tragen. Denn aktiviert man bei Erdbeben den plastischen Bauteilwiderstand (insbesondere für Biegemomente), so bilden sich Fließgelenke mit großen Rotationswinkeln aus. Durch diese Fließgelenkbildung mit großen Verdrehungen wird die aus dem Erdbeben eingetragene Energie verzehrt, die auf das Bauwerk wirkenden Kräfte reduziert und ein Einsturz verhindert. Dieses sogenannte energieverzehrende Verhalten lässt sich mit einem Knautschzonenverhalten aus dem Auto-

M

2 Boden 1 Boden 2 1

Boden 3

a

1 b

116

T1

Blattfeder

T4

a1(t)

B 5.47

2

3

Te [s] B 5.48

Druck

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

günstig günstig

Überdruck der freien Explosionswelle ungünstig

ungünstig

(un)günstig F

F Zeit TDruck

günstig

TSog t

Sog

t B 5.49

B 5.50

ven Gas- bzw. Dampfgemischen. Die Folge einer Detonation ist die Ausbildung einer Druck-Sog-Welle, wobei sich die Detonationsstoßwelle mit mehr als Schallgeschwindigkeit ausbreitet. Bei der Deflagration (z. B. Staubexplosionen) hingegen bewegt sich die Druckwelle langsamer als der Schall fort. Insbesondere der Druckanteil der Druck-Sog-Welle kann dafür sorgen, dass (kurzzeitig) hohe Kräfte auf ein Bauteil treffen. Diese können um ein Vielfaches höher sein als z. B. die Bemessungswindlast (Abb. B 5.49). Die Einwirkungen beim Auftreten einer Explosionswelle auf ein Bauteil in Verbindung mit der Entstehung entsprechender Kräfte sind relativ komplex. Hier sind insbesondere der Wellencharakter und die Kompressibilität der Luft zu beachten. Durch den Wellencharakter kann es je nach Geometrie der getroffenen Körper zu Reflektionen, Brechungen oder auch Überlagerungen der Druckwellen kommen, die die effektive Drucklast abmindern oder erhöhen können (Abb. B 5.50) [2]. Durch die Kompressibilität der Luft ist das komprimierte Volumen der Druckwelle sozusagen als gespannte Feder aufzufassen, deren volle Kraft sich entlädt, wenn sie auf einen harten Widerstand trifft, jedoch beim Auftreffen auf einen nachgiebigen, elastischen Körper einen Großteil ihrer Kraft verliert (Abb. B 5.51). Ferner spielen auch die Größe des getroffenen Körpers und sein Abstand zum Explosionsursprung eine Rolle.

Entwurf und Bemessung von explosionssicheren Bauwerken erfolgen auf verschiedene Arten, die auch kombiniert zum Einsatz kommen: • Organisatorische und bauliche Maßnahmen dienen zur Verhinderung von Sprengstoffanlieferungen bzw. Sprengstoffdeponierungen. • Entlastungsvolumen oder -ventile können bewirken, dass Druckwellen sozusagen ins Leere laufen. Ein Beispiel hierfür ist eine Doppelhautfassade mit definierten Sollbruchstellen in der äußeren Haut, die beim Auftreffen der Explosionswelle versagen. Die Druckwelle entspannt sich im Fassadenzwischenraum, das Gebäude wird geschützt. • Durch Ausbildung von robusten Bauwerken lässt sich bei Ausfall eines Bauteils der Einsturz des Gesamtbauwerks vermeiden, indem Hintergrundsysteme oder alternative Lastpfade aktiviert werden. Beispielhaft ist hier die Ausbildung von Trägersystemen zu nennen, die in der Lage sind (unter reduzierten Sicherheiten und Inkaufnahme großer Verformungen), den durch Sprengung erzeugten Ausfall einer Stütze ohne Bauwerkseinsturz abzufangen (Abb. B 5.52). Häufig können auch Horizontalriegel umlaufend zu einem Ringanker ausgebildet werden, der den Explosionsinnendruck aufnimmt. • Verstärkung von Bauteilen, z. B. ergänzen von Stahlstützen mit Beton zu Stahlverbundstützen

a B 5.44 B 5.45

B 5.46

B 5.47

B 5.48

B 5.49 B 5.50 B 5.51

B 5.52

B 5.53

b

B 5.51

erdbebensicherer Trägeranschluss mit sogenannten Dog-Bone-Ausschnitten Reduzierung des Schwingverhaltens von wirklichen Bauwerken auf den Einmassenschwinger fe Eigenfrequenz t Zeit a0(t) Fußpunktanregung C Federsteifigkeit M Masse Te Eigenperiode Einmassenschwinger mit verschieden großer Eigenschwingzeit Te und ihre Systemantwort (schematisch) bei gleicher Fußpunktanregung a0(t) Ausbildung von Erdbebenanschlüssen unter zyklischer Momentenbelastung a Querschnittsverjüngung im Bereich möglicher plastischer Gelenke (Ansicht) b Dog-Bone-Ausschnitte in den Flanschen legen Sollstellen der Energiedissipation fest (Aufsicht) Antwortspektren eines Einmassenschwingers für unterschiedliche Bodenverhältnisse nach DIN EN 1998 (Eurocode 8) Se(Te) Spektralwert von Te Ti Eigenperiode des Systems zeitabhängige Druck-Sog-Entwicklung in der Nähe einer Explosion/Detonation günstige und ungünstige Gestaltung von Grundund Aufriss Kraftentwicklung F in der Zeit t bei Auftreten einer Explosionsdruckwelle a auf eine starre Wand b auf eine federelastisch gelagerte Fläche Ausbildung von robusten, statisch unbestimmten Tragwerken, die z. B. bei Stützenausfall tragfähig bleiben Ausbildung von plastischen Zonen zur Aufnahme der Explosionsenergie. Standsicherheit und Stabilität müssen jedoch auch nach der Explosion noch gegeben sein.

plastisches Gelenk

B 5.52

B 5.53

117

Temperatur T [°C]

fy (T) [%]

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

100

80

60

1400 B 5.54

1200 ISO - Normbrandkurve 1000

B 5.55 B 5.56

800 Beispiel für eine wirkliche Naturbrandkurve

600

40

B 5.57

400 20

B 5.58

200

B 5.59 0

0 200

400

600

800 1000 1200 Temperatur T [°C] B 5.54

• Durch Modifikation der Elastizität von Bauteilen können Druckwellenspitzen wirksam abgefangen werden, z. B. durch Ausbildung von federelastisch gelagerten Vorhangfassaden. • Energiedissipierende Bauteile, Verbindungen und Anschlüsse sind in der Lage, durch große Verformungsfähigkeiten die Explosionsenergie ohne Spannungsspitzen abzubauen, Stahl ist hierfür ein geeigneter Werkstoff (Abb. B 5.53, S. 117). Bei explosionssicheren Bauwerken gilt es nicht nur den Nachweis der Standsicherheit während, sondern auch nach der Explosionswirkung bei den gegebenenfalls erheblich veränderten/verformten Strukturen zu erbringen. Die Bemessung von Bauwerken, die Explosionsbelastungen standhalten, ist eine noch relativ junge Disziplin im konstruktiven Ingenieurbau. Verschiedene Körperschaften und Organisationen haben bereits Standards definiert, die jedoch in puncto Definition, Methode, Maßnahmen, Schutzziel etc. beispielsweise bei zivilen öffentlichen oder militärischen Einrichtungen erheblich voneinander abweichen. DIN EN 1991-1-7 »Einwirkungen auf Tragwerke« bietet zur Information einen in sich abgestimmten Kanon von Größen und Arten verschiedener Explosionsbelastungen an.

Brandschutz im Stahlbau Stahl brennt nicht und setzt unter Brandeinwirkung keine giftigen Gase frei. Somit trägt er nicht zur Brandentwicklung und zur Brandbelastung bei. Jedoch reduzieren sich seine Streckgrenze und Festigkeit bei zunehmender Temperatur. Bei 500 °C stehen im Allgemeinen nur noch ca. gut zwei Drittel der Festigkeit bei Raumtemperatur zur Verfügung; bei ca. 800 °C sind es nur noch ca. 15 % (Abb. B 5.54). Der temperaturbedingte Festigkeitsabfall ist von der Stahlsorte abhängig. Daher muss das Verhalten von Stahlkonstruktionen im Brandfall, wie bei anderen Bauarten auch, in der Planung Berücksichtigung finden. Generelles Schutzziel ist jedoch nicht die Vermeidung hoher Temperaturen in den Stahlbau-

118

20

40

60

80 Zeit t [min] B 5.55

teilen, sondern die Erzielung einer ausreichenden Tragsicherheit des Gesamtbauwerks. Durch entsprechende redundante Tragkonstruktionen und Schutzmaßnahmen ist dieses Schutzziel im Allgemeinen sehr gut zu erreichen. Mit Blick auf das Gesamtverhalten eines Bauwerks wird so die Wirkung einer Festigkeitsabnahme des Werkstoffs relativiert. Prinzipiell lassen sich verschiedene Arten von Brandschutzmaßnahmen unterscheiden [3]: • Baulicher Brandschutz hat die Aufgabe, sichere Entfluchtungs- und Rettungswege zu schaffen sowie die Ausbreitung von Bränden durch Brandabschnitte (Abschottungen, Brandwände, Mindestmaße zur Verhinderung des Brandüberschlags) und durch Wahl nicht brennbarer oder schwer entflammbarer Baustoffe zu verhindern (Abb. B 5.56). Die Standsicherheit von Bauwerken muss im Brandfall über eine definierte Zeit, abhängig vom Gebäude- und Bauteiltyp, gewährleistet sein (Abb. B 5.57). • Anlagentechnischer Brandschutz soll durch Brandmelder etc. frühzeitig auf den Brand aufmerksam machen. Andere technische Einrichtungen (z. B. Sprinkleranlagen) greifen frühzeitig in den Brandverlauf ein und vermeiden damit die Ausbreitung des Feuers (auch Teil des abwehrenden Brandschutzes). • Abwehrender Brandschutz umfasst die direkten Maßnahmen zum Löschen oder Eindämmen eines entstandenen Brands. Wichtige Voraussetzung hierfür ist ein wirksamer baulicher Brandschutz. • Organisatorischer und betrieblicher Brandschutz verfolgt das Ziel, sowohl durch Präventivmaßnahmen die Gefahr einer Brandentstehung zu verringern (z. B. durch Organisation und Überwachung einer Brandschutzverordnung) als auch durch Information und Schulung der Nutzer eine schnelle Flucht und/oder frühe Brandbekämpfung vorzubereiten. Ein erfolgreiches Brandschutzkonzept beinhaltet stets ein Gesamtpaket aller Arten von Brandschutzmaßnahmen. Ziel des baulichen Brandschutzes ist es, die kritische Bauteilerwärmung zu verhindern oder zu verlangsamen. Feuerwiderstandsklassen

Abfall der Streckgrenze von Baustahl bei zunehmender Temperatur (schematisch) ISO-Normbrandkurve sowie Beispiel für eine Naturbrandkurve (schematisch) Unterteilung von Baustoffen nach der Brennbarbzw. Entflammbarkeit Feuerwiderstandsklassen und Bezeichnung R: Résistance (Tragfähigkeit) E: Etanchéité (Dichtigkeit, Raumabschluss) I: Isolation (Wärmedämmung bei Brand) M: Mechanical (Stoßbeanspruchbarkeit bei Brandwänden) beispielhafte passive Brandschutzmaßnahmen im Stahlbau mit Feuerwiderstandsdauern passive Brandschutzmaßnahmen im Stahlbau; Brandschutzwirkung abhängig von Art und Bauteil sowie vom U/A-Wert (Umfang/Querschnittsfläche)

geben dabei den Zeitraum an, in dem Bauteile unter der ISO-Einheitstemperaturerwärmung ihre mechanischen Beanspruchbarkeiten im Wesentlichen aufrecht erhalten müssen (Abb. B 5.55 und B 5.57). Die Anforderungen sind in Abhängigkeit von Bauwerkstyp, -höhe, -grundfläche etc. sowie Funktion und Position des Bauteils unterschiedlich hoch. Wegen der großen Wärmeleitfähigkeit und der Festigkeitsreduktionen bei hohen Temperaturen werden frei liegende, tragende Stahlbauteile mittels Verkleidungen, Brandschutzanstrichen oder Betonummantelungen geschützt (Abb. B 5.58 und B 5.59), wobei diese dämmenden, abschirmenden oder wärmeabführenden Schutzmaßnahmen passiv wirken. Diese passiven Brandschutzmaßnahmen lassen sich umgehen oder reduzieren durch: • begründete Reduktion der Feuerwiderstandsklasse, z. B. bei Gebäuden mit wenigen Geschossen, für ausgewählte Bereiche ohne Schadenskonsequenzen bei schneller Brandbekämpfung etc. • aktive Brandschutzmaßnahmen wie Brandlöschanlagen (z. B. Sprinkler) • realistische Berechnung des Einwirkungsund Widerstandszeitverlaufs beim Brandgeschehen unter Abbildung der Struktur gemäß DIN EN 1993-1-2. Dieser Nachweis erfolgt in Form einer statischen Berechnung, bei der die Erwärmung der geschützten oder ungeschützten Stahlbauteile numerisch ermittelt wird unter Ansatz einer Naturbrandkurve, die die wirklich vorhandene Brandlast repräsentiert (Abb. B 5.55). Anschließend ist der Zeitpunkt zu berechnen, bei dem infolge der fortschreitenden Festigkeitsreduktionen der Stahlbauteile die Standsicherheit des Tragwerkssystems nicht mehr gegeben ist. Dabei werden die gleichen Widerstandsdauern gefordert wie bei der konventionellen Klassifizierung der passiven Schutzmaßnahmen. Häufig bringt der Nachweis über eine Berechnung nach DIN EN 1991-1-2 und DIN EN 1993-1-2 erhebliche Vorteile, z. B. in Form von Verzicht auf passive Brandschutzmaßnahmen, da bei dieser Methode die wirklichen Erwärmungsverzögerungen und die tatsächlichen Querschnitts- und Systemreserven angesetzt werden.

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Korrosionsschutz

bauaufsichtliche Bezeichnung

Baustoffklasse nach DIN 4102-1

Klasse nach DIN EN 13 501-1

Korrosion ist die Reaktion eines metallischen Werkstoffs mit der Umgebung, die zu einem elektrochemischen Abtrag an seiner Oberfläche durch ein korrosives Mediums führt (Abb. B 5.61, S. 120). Auch als Rost bezeichnet, kann Korrosion neben optischen Einbußen durch Materialabtrag Tragfähigkeitsverluste verursachen und Folgeschäden an anderen (benachbarten) Bauteilen erzeugen. Baustahl neigt zur Korrosion bei neutraler Atmosphäre ab ca. 50 – 60 % Luftfeuchtigkeit. Korrosionsschutzmaßnahmen behindern oder verlangsamen diese Prozesse deutlich.

nicht brennbar

A1

(ohne brennbare Bestandteile, z. B. Stahl, Beton)

A1

A2

(nicht brennbare Bestandteile, z. B. Gipskartonplatten)

A2



s1d01)

B1

(z. B. Eichenparkett auf Zementestrich)

B, C



s1d0

B, C



s3d0

B, C



s1d2

B, C



s3d2

D



s3d0

D



s3d2

E



d2

schwer entflammbar

normal entflammbar

leicht entflammbar 1)

B2

B3

(z. B. Holz und Holzwerkstoffe)

(z. B. Kokosfaserplatte)

F

S1 bis S3 gibt die Stärke der Rauchentwicklung an; d0 bis d2 gibt die Stärke brennenden Abtropfens an B 5.56

Einflussfaktoren der Korrosionsbelastung

Die maßgebenden Einflussfaktoren der Korrosion sind: • Art der Umgebungsatmosphäre wie Luft oder Wasser (Medium) • Aggressivität des Mediums (Feuchte-, Salzund Stickoxidgehalt der Luft bzw. Salz- und Chloridgehalt des Wassers) • Temperatur • Belüftungsverhältnisse • Einwirkungsdauer • Werkstoffart und Beschaffenheit der Oberfläche • konstruktive Ausbildung Besondere Bedingungen wie z. B. Schmutzansammlungen, Kondenswasseranfall, Spalte etc. erhöhen die Korrosionsbelastung und reduzieren die Funktionsdauer des Korrosionsschutzsystems. DIN EN ISO 12 944-2 beschreibt die atmosphärischen Umgebungsbedingungen und kategorisiert sie entsprechend der flächenbezogenen Dickenverluste der Beschichtung (Abb. B 5.63, S. 120).

Feuerwiderstandsklasse nach DIN 41021)

bauaufsichtliche Bezeichnung

Feuerwiderstandsdauer unter ISONormbrand

F 30 – B

feuerhemmend

≥ 30 min.

F 30 – A

feuerhemmend, aus nicht brennbaren Baustoffen

≥ 30 min.

F 60 – AB 2)

hochfeuerhemmend

≥ 60 min.

F 60 – A

hochfeuerhemmend, aus nicht brennbaren Baustoffen

≥ 60 min.

F 90 – AB

feuerbeständig

≥ 90 min.

F 90 – A

feuerbeständig, aus nicht brennbaren Baustoffen

≥ 90 min.

(F120)

(hochfeuerbeständig)

(≥ 120 min.)

(F180)

(höchstfeuerbeständig)

(≥ 180 min.)

Brandwand



Feuerwiderstandsklasse nach DIN EN 13 501-2 für Bauteile mit Raumabschluss

ohne Raumabschluss

tragend

nicht tragend

tragend

REI 30

EI 30

R 30

REI 60

EI 60

R 60

REI 90

EI 90

R 90

REI – M 90

EI – M 90

1)

nach DIN 4102-2 für Wände, Stützen, Decken, Träger und Treppen 2) AB: in den wesentlichen Teilen aus nicht brennbaren Stoffen

B 5.57

Korrosionsschutzmaßnahmen

Ein optimaler Korrosionsschutz lässt sich durch die Kombination von sogenannten aktiven und passiven Maßnahmen erzielen. Zu den aktiven Maßnahmen zählen: • korrosionsschutzgerechtes Konstruieren, z. B. Ermöglichung von Wasserablauf und Vermeidung von Kondensat, Schmutzansammlungen, Spalten und Kontakten der Baustähle zu edleren Metallen • Werkstoffwahl, beispielsweise Einsatz von nicht rostenden Stählen, wetterfesten Baustählen etc. • Minderung der Korrosionsbelastung, z. B. durch konstruktive Maßnahmen (Ablaufmöglichkeiten, Wetterschutz etc.) Passive Maßnahmen sind: • Beschichtungen und Überzüge, die ihre Korrosionsschutzwirkung hauptsächlich durch das Fernhalten der korrosiven Medien vom Baustahl erreichen • Metallüberzüge, die direkt oder indirekt in die korrosionschemischen Reaktionen eingreifen können, wie das Feuerverzinken • die Kombination beider Wirkungsweisen

Brandschutzmaßnahme

Feuerwiderstandsdauer [min]

Ausfüllen der Flansche mit feuerbeständigen Blöcken

bis zu 30

Verfüllen hohler Stahlprofile mit Beton

bis zu 120

Beschichtung des Stahls mit Brandschutzanstrichen

bis zu 120

Ummantelung mit Feuerschutzplatten

bis zu 240 B 5.58

Überdimensionierung oder Dimensionierung im Warmzustand

S235

S460

Verkleidung mit Brandschutz oder Gipskartonplatten

Spritzputz auf der Basis von Vermiculit und Zement

dämmschichtbildende Anstriche

Stahlverbundkonstruktionen (Ein- /Ausbetonierung)

B 5.59

119

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Stahl Elektronen positive Ionen Korrosionsprodukt FeO (Rost) Medium

5

Schutzdauer [a]

1 2 3 4 5

3

40

C1

30

C2

20

C3

C4

10 4

C5

0

2

0

50

100

1 B 5.60

B 5.61

Alle Verfahren erfordern eine entsprechende Oberflächenvorbereitung. Im Stahlbau kommen folgende, meist werkseitig aufgebrachte Korrosionsschutzmaßnahmen zur Anwendung (siehe Verzinken, Anstriche und Lacke – Korrosionsschutz nach der Bearbeitung, S. 82ff.): • organische Beschichtungssysteme aus Flüssig- oder Pulverbeschichtungsstoffen wie Bandbeschichtung, Pulverbeschichtung, Spritzlackierung und Streichlackierung • metallische Überzüge durch Schmelztauch-, Schmelzzieh- oder Spritzverfahren • Kombinationen metallischer und organischer Überzüge, sogenannte Duplex-Systeme

mit Feinbeize-Wirkung und dient hauptsächlich zur Reduzierung der Oberflächenspannung des flüssigen Zinks auf dem Stahl, sodass die chemische Reaktion beginnen kann. Überzugsdicke und Erscheinungsbild hängen von der chemischen Zusammensetzung des Stahls (Silizium- und Phosphorgehalt), der Tauchdauer und Oberflächenbeschaffenheit ab. Das Verzinken ist ein sehr wirksames und wirtschaftliches Verfahren, dessen Zuverlässigkeit und Prozesssicherheit durch aktuelle Normen und Richtlinien (DASt-Richtlinie 022: »Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen«) gewährleistet wird.

Verzinken Feuerverzinken (Stückverzinken) als industrieller Korrosionsschutz erfolgt im Werk (siehe Feuerverzinken von Bauteilen, S. 83). Während das Bauteil in flüssige Zinkschmelze von ca. 450 °C eintaucht, bildet sich infolge einer EisenZink-Reaktion eine feste und unlösbare Schicht auf der Oberfläche aus (eisenlegierter Zinküberzug). Der Zinküberzug entfaltet seine Schutzwirkung nicht nur über Fernhalten des korrosiven Mediums von der Stahloberfläche, sondern auch über seine kathodische Wirkung. Denn bei Korrosionsangriff entsteht ein galvanisches Element, bei dem das unedlere Zink anstelle des Eisens korrodiert (Opferkathode), es opfert sich sozusagen bei Korrosionsangriff auf. Der Korrosionsschutz des Zinküberzugs bleibt auch bei kleineren Beschädigungen oder unbeschichteten Schnittkanten bestehen, da dieser kathodische Schutz auch eine gewisse Fernwirkung besitzt. Darüber hinaus unterscheidet man beim Feuerverzinken zwischen dem erwähnten Stückverzinken für Stahlbauteile mit Schichtdicken zwischen 70 und 180 μm (Abb. B 5.60) und dem Bandverzinken als kontinuierliches Verfahren für dünne Bleche und Drähte mit Zinkschichtdicken von 5 bis 40 μm. Vor dem Stückverzinken eines Stahlbauteils wird es in der Regel zunächst gestrahlt (mit Korund, Stahlkugeln oder Ähnlichem), im Entfettungsbad von verbleibenden Walzfetten befreit, anschließend in ca. 8 %iger Salzsäure gebeizt und danach im Flussmittelbad gefluxt. Das Flussmittel ist in der Regel ein Doppelsalz

Beschichten Beschichtungssysteme für Stahlkonstruktionen setzen sich aus mehreren Einzelschichten (Grund-, Zwischen- und Deckschicht) zusammen. Beschichtungsstoffe bestehen aus Bindemittel, Pigment und Füllstoffen, speziellen Hilfsstoffen sowie dem Lösungsmittel (siehe Spezialbeschichtungen und Oberflächenbehandlungen, S. 84ff.). Technische Datenblätter der Hersteller enthalten alle Einzelheiten, die für eine sachgemäße Anwendung nötig sind. In der Realität kann die Schichtdicke unterschiedlich ausfallen. Es muss jedoch gewährleistet sein, dass die Trockenschichtdicke mindestens 80 % des vorgeschriebenen Sollwerts erreicht. Aufgrund der Oberflächenspannung einer noch flüssigen, nicht abgebundenen Schicht kann es gegebenenfalls zu einem sogenannten Kanten-

150 200 Schichtdicke [μm] B 5.62

fluchteffekt kommen. Dabei treten geringere Schichtdicken im Bereich von Kanten auf. Dies kann eine zusätzliche Kantenschutzbeschichtung ausgleichen. Auswahlkriterien

Neben der Wirtschaftlichkeit und der Kenntnis über die Aggressivität der Umgebung ist bei der Auswahl des Korrosionsschutzsystems die angestrebte Schutzdauer eine wichtige Größe. Sie ist im Allgemeinen als die erwartete Standzeit des Beschichtungssystems bis zur ersten Wartung/Instandhaltungsmaßnahme definiert (DIN EN ISO 12 944-1 und DIN EN ISO 14 713). Die Schutzdauer ergibt sich durch charakteristische Eigenschaften des Korrosionsschutzsystems wie z. B. der Dicke des Zinküberzugs (Abb. B 5.62). Weitere Auswahlkriterien für Korrosionsschutzsysteme sind die Widerstandsfähigkeit gegen mechanische Beanspruchungen oder ästhetische Aspekte. Bei der Wahl des Farbtons sind die Bewitterungs- und vor allem die UVBeständigkeit zu berücksichtigen. Glanzerhaltung, Kreidungsresistenz (Bindemittel in der Beschichtung verhindert, dass die Farbpigmente sich kreideartig herauslösen) und Wärmebeständigkeit sind weitere Kriterien, die besonders bei flächigen Bauteilen von Bedeutung sein können. Insgesamt sollte das gewählte Korrosionsschutzsystem an die Gegebenheiten, die Nutzung und die Nutzungsdauer angepasst werden.

Korrosivitätskategorie DIN EN ISO 12 944-2

Beispiele für typische Umgebungen außen

innen

C1



unbedenklich



gedämmte Gebäude

C2



gering

gering verunreinigte Luft, trockenes Klima, ländliche Bereiche

ungedämmte Gebäude mit zeitweiliger Kondenswasserbildung (Lager- oder Sporthallen)

C3



mäßig

Stadt- und Industriegebiete mit mäßiger Luftbelastung (SO2) oder gemäßigtes Küstenklima

Räume mit relativ hoher Luftfeuchte und mäßiger Luftverunreinigung (Gewerbebetriebe, Brauereien, Molkereien, Wäschereien)

C4



stark

Industrie- und Küstengebiete mit mäßiger Salzbelastung

Räume mit hoher Luftfeuchte und beispielsweise Chloridbelastung (Schwimmbäder, Chemieanlagen)

sehr stark

Industriegebiete mit hoher relativer Luftfeuchte und aggressiver Luftbelastung

Gebäude oder Bereiche mit quasi ständiger Kondensation und starker Luftverunreinigung und Belastung

C5 I –

C5 II –

sehr stark

Küstengebiete und Offshore mit hoher Salzbelastung B 5.63

120

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Temperatur [°C]

extremer Sommer

Madrid

London

Berlin

Helsinki

34 32 30 28 Anforderung 26 24 0

B 5.64

Wärmeschutz Als Grundanforderung der europäischen Bauproduktenrichtlinie ist Energieeinsparung (und somit CO2-Vermeidung) von hoher Bedeutung bei der Planung und Ausführung von Gebäuden. Dies wirkt sich spürbar auf die Wärmedämmanforderungen und zulässigen Energieverbräuche aus. So haben sich beispielsweise in Deutschland die Wärmeschutzbestimmungen in den vergangenen zehn Jahren grundlegend verändert. Heute reicht ein Nachweis der Wärmedurchgangswerte einzelner Bauteile allein nicht mehr aus. Stattdessen ist über den Wärmeverlustnachweis des Gebäudes hinaus eine energetische Gesamtbilanzierung des Gebäudes unter Einbeziehung aller energetischen Verluste (z. B. durch Elektrogeräte etc.) sowie aller energetischen Gewinne (z. B. durch Sonneneinstrahlung, Wärmeabgabe der Nutzer etc.) durchzuführen. Nur so lassen sich in Zukunft die ebenfalls im Licht einer Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden formulierten Anforderungen erfüllen [4]. Ähnliche Entwicklungen zeichnen sich in außereuropäischen Ländern ab. Aus diesen Gründen werden mittlerweile Energieeinspareffekte sowohl aus bauphysikalischen (passiven) Maßnahmen als auch aus anlagentechnischen (aktiven) Maßnahmen in ihrer Gesamtheit betrachtet und gegenseitig verrechnet. Auch die Frage nach besonderen energetischen Gewinnen beispielsweise aus B 5.60 B 5.61 B 5.62

B 5.63

B 5.64 B 5.65

Stahlbauteile werden aus der flüssigen Zinkschmelze gehoben Darstellung des Korrosionsprozesses Schutzdauer in Abhängigkeit von der Schichtdicke und Korrosivitätsklasse bei Feuerverzinkung gemäß DIN EN ISO 14 713 Korrosivitätskategorien gemäß DIN EN ISO 12 944-2. Sonderbelastungen und lokale mikroklimatische Bedingungen wie Schornsteine, Brücken, Durchstoßpunkte etc. müssen gesondert betrachtet werden, erfordern unter Umständen speziellere Maßnahmen und unterliegen häufig weiteren technischen Regeln. Simulationsbeispiel Temperaturverteilung in einer Wandecke mit Metall-Sandwichelementen Auswertung einer Jahressimulation in verschiedenen Städten (Büroraum mit Verbunddecke, passive Kühlung) und Vergleich mit den Anforderungswerten der DIN 4108-2

der von der Gebäudeausrichtung abhängigen Sonneneinstrahlung im Winter, Nutzerverhalten etc. ist in diesem Zusammenhang von großer Bedeutung. Vor diesem Hintergrund ist ebenfalls zwischen winterlichem und sommerlichem Wärmeschutz zu unterscheiden. Ziel ist die Energieeinsparung beim Heizen und Kühlen eines Gebäudes zu optimieren. Winterlicher Wärmeschutz

Der moderne winterliche Wärmeschutz soll bei niedrigen Außentemperaturen einen Wärmeverlust des beheizten Innenraums nach außen möglichst minimieren (Begrenzung des Transmissionswärmetransfers HT der Gebäudehülle). Dies betrifft alle Bauteile im Übergang von beheizten zu unbeheizten Bereichen oder zum Außenraum, d. h. Boden, Wand und Dach inklusive ihrer Details. Der Transmissionswärmetransfer berechnet sich folgendermaßen: HT = ∑i Ui ∙ Ai + HWB [W/K] Ui Ai HWB

Wärmedurchgangskoeffizient des Bauteils i [W/m2K] Wärmeübertragende Fläche des Bauteils i [m2] Wärmebrückenzuschlag [W/K]

Die Bestimmung der U-Werte erfolgt in der Regel nach der europäischen Norm DIN EN ISO 6946, ausgenommen sind transparente und von einer metallischen Schicht durchdrungene Baustoffe. Des Weiteren beeinflusst die Luftdichtheit der Gebäudeteile und ihrer Fugen den Wärmetransfer. Ferner muss an jeder Stelle der Innenoberfläche sichergestellt sein, dass bei ausreichender Beheizung und Lüftung bei üblicher Nutzung ein hygienisches Raumklima herrscht, damit ein Auftreten von Tauwasser und Schimmelpilzen auszuschließen ist. Stoßstellen, Trägerkonstruktionen etc. unterbrechen oder stören regelmäßige Querschnitte, sodass die analytische Bestimmung des Wärmedurchgangskoeffizienten nicht mehr anwendbar wird bzw. der Durchschnittswert sich verändert. Die Ermittlung der Werte dieser Bereiche kann entweder experimentell oder mithilfe numerischer Methoden gemäß DIN EN ISO 8990 erfolgen. Hierbei ist besonders Kon-

50

100 150 200 250 300 Temperaturüberschreitungsdauer [h/a] B 5.65

denswasserausfall zu verhindern, was über Taupunktuntersuchungen in den Dämmschichten und an den Stahloberflächen erfolgt. Wärmeschutztechnisch wichtige Punkte sind des Weiteren Eck- oder Durchstoßbereiche von Stahlelementen, an denen mit einem erhöhten Wärmedurchlass zu rechnen ist (Abb. B 5.64). Abhilfe schaffen hier thermische Trennungen, die gleichzeitig statische und wärmetechnische Anforderungen erfüllen. Oft sind diese Stellen auch nicht luftdicht. Besondere Sorgfalt beim Konstruieren der Details ist also auch in Hinsicht auf die Luftdichtheit gefordert, was z. B. durch eine explizite Definition von Dichtheitsebenen in den Bauteilen erfolgt. Sommerlicher Wärmeschutz

Bei erhöhten Außentemperaturen muss ein moderner sommerlicher Wärmeschutz für ein behagliches Klima im Inneren des Gebäudes sorgen, möglichst ohne Einsatz von Energie. Gemäß DIN 4108-2 kann ein Innenklima als »behaglich« eingestuft werden, wenn eine Temperatur von 26 °C während maximal 10 % der Nutzungszeit überschritten wird (Anforderung für gemäßigte Zone Deutschland, Abb. B 5.65) [5]. Daneben gilt inzwischen DIN EN 15 251, bei der ein oberer Sollwert abhängig von der Außentemperatur eingeführt ist (Abb. B 5.66, S. 122). Bauliche Maßnahmen, Kühlkonzepte und der Einsatz moderner Baustoffe dienen dazu, diese Anforderung zu erfüllen. Neben baulichen Sonnenschutz- bzw. Verschattungsmaßnahmen können Fenster- und Glasfassadenflächen als Sonnenschutzverglasungen ausgeführt werden, die infolge entsprechender Metallaufdampfungen oder Bedruckungen den Strahlungsdurchgang und damit einhergehend eine unerwünschte Raumaufheizung vermindern. In Kombination mit einer Naturzugbelüftung lässt sich so bereits ein sehr effektiver sommerlicher Wärmeschutz erreichen. Große Bedeutung kommt den Geschossdecken als Kältespeicher zu, da sie mehr oder weniger das einzig verbliebene massive Bauteil in modernen Gebäuden sind. Durch die Anordnung von Speichermasse im Überkopfbereich

121

Resonanzfrequenz des Feder-Masse-Systems

30

Schalldämmung

Raumtemperatur operativ [°C]

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

28 26 •

24 22

Toperator Kat 1 Kat 2 Kat 3

fR

fg 2 Schalen

1 Schale

20

dämmtechnisch wirksamer Bereich der Doppelschale

18 16 -10

-5

0

Frequenz

5 25 10 15 20 Außentemperatur gleitendes Mittel [°C]

fR B 5.66

kann nächtliche Kälte aufgenommen werden, die sich phasenverzögert gegenüber der äußeren sommerlichen Tagestemperaturentwicklung entlädt und so für eine Naturkühlung sorgt. Hierzu sind bereits 10 cm Betonstärke ausreichend. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass keine untergehängten Decken den Effekt stören oder zunichtemachen. Die Wirkung solcher Kältespeicher ist jedoch durch den geringen Temperaturunterschied zwischen Raumluft und Bauteiloberfläche begrenzt. Eine Profilierung der Deckenunterseite, idealerweise durch profilierte Verbundecken, kann die Kälteeinbringung verbessern (Kühlrippeneffekt). Als Ersatz für die schwere Speichermasse (üblicherweise Beton) können z. B. bei Leichtbauweise sogenannten Phase Change Materials (PCM) verwendet werden. Diese erreichen eine passiv wirkende Energiespeicherung, indem sie die Energieabsorption beim Übergang des Aggregatzustands von fest in flüssig gerade in Bereichen der kritischen Temperaturen von z. B. 22 bis 26 °C ausnutzen. Aktive Kühlmaßnahmen mit Wasser oder Luft bewirken eine weitere Verstärkung des Kühleffekts.

Bauakustik und Schallschutz Der umgebende Geräuschpegel beeinflusst erheblich das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen. Dabei ist der Grad der Lärmbelästigung subjektiv von der Situation (Schlafen/Wohnen/Arbeiten), Art, Stärke und Anzahl der Lärmereignisse abhängig. Deswegen hängen Qualität und Komfort von Gebäuden stark von ihrem Schalldämmverhalten ab. Bei der Planung muss den Schallquellen innerhalb oder außerhalb der Gebäude, den Schallübertragungswegen und den Nutzungsanforderungen Rechnung getragen werden. Grundlagen

Der physikalische Bezugswert für die Geräuschstärke im Luftraum ist der Schalldruckpegel Lp (nach Alexander Graham Bell): Lp = 10 log

122

Grenzfrequenz (Spuranpassungsfrequenz)

p² p = 20 log [dB] p0 p0²

B 5.67

Der Bezugsschalldruck p0 ist dabei der kleinste wahrnehmbare Schalldruck von 20 μPa (0 dB) bei einem Sinuston der Frequenz 2000 Hz (Abb. B 5.68). Durch die Einführung des Schalldruckpegels lässt sich der Schalldruck in einem Bereich von sechs Zehnerpotenzen, in dem das Ohr den Schall verarbeiten kann, mit Zahlen zwischen 0 dB (Hörschwelle) und 130 dB (Schmerzgrenze) beschreiben; Schalldruckpegeländerungen von ca. 1 dB sind gerade wahrnehmbare Größenordnungen. Mehrere Schallquellen der Anzahl n mit verschiedenen Einzelschalldruckpegeln Li erzeugen einen Gesamtschalldruckpegel Lges, der sich wie folgt berechnet: n

Lges = 10 log ∑10 L /10 i

i=1

Zwei Fahrzeuge mit z. B. jeweils 70 dB erzeugen somit nicht einen Gesamtschalldruck von 140 dB sondern: Lges = 10 log (1070/10 + 1070/10) = 73 [dB] Die Empfindlichkeit des menschlichen Gehörs ist frequenzabhängig (Abb. B 5.68). Bei gleichen Schalldruckpegeln nimmt der Mensch tiefe und hohe Töne leiser wahr als Töne mit mittleren Frequenzen um 1000 Hz. Diese Gehöreigenschaft wird bei der Messung durch eine Frequenzbewertung berücksichtigt. In der Normung sind verschiedene Bewertungskurven mit den Bezeichnungen A, B, C und D festgelegt, wobei die A-Bewertung die Gehörempfindlichkeit bei niedrigen und mittleren Pegeln vereinfacht nachbildet und so international für die Geräuschbeurteilung bevorzugt verwendet wird. Für die akustische Beschreibung von Schallquellen ist die Angabe eines der Quelle zuzuordnenden Schalldruckpegels nur dann möglich, wenn auch der Abstand der Schalldruckpegelmessung bzw. -beurteilung bekannt ist. Für die Kennzeichnung von Schallquellen wird deswegen alternativ die abgestrahlte Schallleistung W bzw. der Schallleistungspegel Lw herangezogen (Abb. B 5.69): Lw = 10 log

fg

W [dB], W0 = 1pW W0

Bauakustik

In der Bauakustik unterscheidet man zwischen folgenden Übertragungsmöglichkeiten: • Luftschallübertragung, bei der zuerst die Luftteilchen in Schallschwingungen versetzt und anschließend durch Luft und Baukörper übertragen werden (Airborne Noise) • Trittschallübertragung, bei der zunächst im Baukörper Schallwellen angeregt werden, die dann an die Luft übertragen werden und sich dort ausbreiten (Structural Noise) Beide Arten der Schallübertragung gilt es durch konstruktive Maßnahmen und Querschnittsausbildungen zu reduzieren, sodass entstandener Schall nicht als störend empfunden wird. Dabei wird jede Schalldämmmaßnahme oder jeder Schalldämmeffekt mit einem Schalldämmmaß R [dB] ausgedrückt. Luftschalldämmung Die umgrenzenden Wände eines Raums bestimmen über ihren Querschnittsaufbau maßgeblich die Luftschallübertragung. Besonders im Hinblick auf nicht tragende Wände ist zwischen einschaligen und doppelschaligen (bzw. mehrschaligen) Bauteilen zu unterscheiden. Einschalige Bauteile Bei einschaligen Bauwerksteilen wirkt sich die flächenbezogene Masse M/A bzw. die Bauteildicke d auf die Größe des Schalldämmmaßes R zur betrachteten Frequenz f aus. Dabei kommt es in einem bestimmten Frequenzbereich zu einem Abfall des Schalldämmmaßes R, und zwar in einem Bereich, in dem die frequenzabhängige Biegewellengeschwindigkeit mit der Schallgeschwindigkeit der Luft übereinstimmt. Der Effekt wird als Spuranpassung bezeichnet, die zugehörige Frequenz als Grenzfrequenz fg. Liegt die Grenzfrequenz unterhalb von ca. 200 Hz, so spricht man von ausreichend biegesteifen Bauteilen, liegt sie oberhalb von ca. 2000 Hz, so ist das Bauteil ausreichend biegeweich. Es ergeben sich somit zwei Optionen der schalltechnischen Auslegung von einschaligen Bauteilen hin zu möglichst »weich« oder möglichst »steif«. Es zeigt sich, dass einschalige Bauteile ihre

Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik

Schalldruckpegel bezogen auf po = 20 μPa [dB]

Lautstärkepegel [phon] 110 100

100 90

90

80

80

70

70

60

60

50

50

40

40

30

30

20

20 Hörschwelle

10

10

0 0

15

63

125

500

250

1000

2000

4000

8000 16000 Frequenz [Hz] B 5.68

Schalldämmeigenschaften im Wesentlichen nur aus der Masse bzw. Dicke und der damit verbundenen Steifigkeit schöpfen. Doppelschalige und mehrschalige Bauteile Im Allgemeinen wird eine deutliche Verbesserung der akustischen Eigenschaften von plattenförmigen Bauteilen durch das Konzept der Doppelschalen erreicht. Unter der Voraussetzung, dass zwischen den zwei Schalen kein Kontakt herrscht (d. h. es ist auf einen durchgehenden Luftspalt zu achten), ist die Geräuschweiterleitung effektiv behindert. Daher sind Sandwichaufbauten, doppelte oder dreifache Gipskartonaufbauten mit Trennung der Schalen, untergehängte Decken etc. geeignete Maßnahmen, nicht nur um Normengrenzwerte zu erfüllen, sondern auch um einen angenehmen akustischen Komfort zu erreichen. Gleichwohl sollte jede Geräuschbarriere mit einer gewissen Masse versehen sein. Das grundsätzliche Schallübertragungsverhalten von doppelschaligen Bauteilen lässt sich näherungsweise durch ein idealisiertes ZweiMassen-Feder-Modell darstellen, wobei sich eine deutliche Verbesserung des Schalldämmwerts R zwischen der Resonanzfrequenz fR des Feder-Masse-Systems und der Grenzfrequenz fg (Spuranpassungsfrequenz) der Schalen einstellt. Daraus ergeben sich folgende Schlussfolgerungen für die Ausbildung von schalltechnisch gut dämmenden, mehrschaligen Leichtbauwänden (Stahlleichtbauwände):

Schallquelle

• geringst mögliche Steifigkeit der federelastischen Zwischenschicht • Vermeidung von Schallbrücken • möglichst biegeweiche Schalen • möglichst großes Flächengewicht

Ähnlich wie bei Luftschallübertragung oder Trittschalldämmung mit schwimmendem Estrich muss auch bei Bauwerksteilen mit besonderen Trittschallanforderungen wie z. B. Treppenhäuser auf eine durchgehende Trennung der Bauteile geachtet werden.

Die beiden letzteren Ziele lassen sich gemeinsam erreichen, wenn man auf der Innenseite der Schalen einen anderen Baustoff anordnet, der das Flächengewicht ausreichend erhöht ohne die Biegesteifigkeit zu verstärken. Trittschalldämmung Der Trittschallschutz von Stahlverbunddecken verbessert sich wie bei Massivdecken vor allem durch geeignete Deckenauflagen, beispielsweise durch weichfedernde Beläge oder schwimmende Estriche. Ihre Dämmwirkung wird frequenzabhängig durch die Differenz des Normtrittschallpegels ohne und mit Belag ermittelt:

Anmerkungen: [1] Hirt, Manfred A.; Bez, Rolf; Nussbaumer, Alain: Stahlbau – Grundbegriffe und Bemessungsverfahren. Lausanne 2007 [2] Mangerig, Ingbert; Zapfe, Oliver: Einflüsse von Terrorgefahren auf die Tragwerksplanung im Stahl- und Stahlverbundbau, 16. DASt-Kolloquium Stahlbau, November 2006 [3] Heinemeyer, Christoph: Brandsicherheit durch Konstruktion und Stahlsortenwahl. Diss., Schriftenreihe Stahlbau – RWTH Aachen, Heft 49, 2004 [4] Richtlinie 2002/91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L1, S. 65 [5] Döring, Bernd: Einfluss von Deckensystemen auf Raumtemperatur und Energieeffizienz im Stahlgeschossbau. Diss., Schriftenreihe Stahlbau – RWTH Aachen, Heft 64, 2008

ΔL = Ln, ohne - Ln, mit Gute Beläge erreichen Verbesserungsmaße von bis zu ΔL = 25 dB, schwimmende Estriche bis zu ΔL = 35 dB. Grundsätzlich ist ein Trittschallschutznachweis über die Verbesserung des Normtrittschallpegels L’nw durch Trittschallschutzmaße ΔL zu erbringen:

B 5.66

B 5.67 B 5.68 B 5.69

L’nw = 63 - ΔL

Schallleistung W [W]

Messwerte in einem modernen Stahlgebäude verglichen mit Grenzwerten der Komfortkategorien (Kat 1, Kat 2 und Kat 3) nach DIN EN 15 251 in Abhängigkeit von der Außentemperatur grundsätzlicher Verlauf der Schalldämmung R einer zweischaligen Wand Kurven gleicher (subjektiver) Lautstärke und Hörschwelle für Sinustöne (schematisch) Schallleistungen und Schallleistungspegel verschiedener Schallquellen

Schallleistungspegel Lw [dB]

Kühlschrank

10-7

50

Unterhaltungssprache, Schreibmaschine

10-5

70

laute Sprache, lebhafte Schulklasse

10-3

90

-1

110

Flügel, Klavier

10

Presslufthammer

1

120

Großdiesel

102

140

Strahltriebwerk

104

160 B 5.69

123

Teil C

1

Abb. C

Grundlagen II

Stahl und Nachhaltigkeit Entwicklung einer materialbezogenen Nachhaltigkeitsbetrachtung Beeinflussung der Nachhaltigkeit im Lebenszyklus von Metallen

126 127 131

2

Stahl und Wirtschaft(lichkeit) 140 Entwicklung der wirtschaftlichen 140 Bedeutung des Baustoffs Stahl Die globale Betrachtung – Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs – LCC) 141 Lebenszykluskosten – Kostenzuweisung einschließlich Kostenplanung 143 Lebenszykluskosten – Stahlskelette und Stahlprodukte 146 Wirtschaftlichkeit von Stahl als Baumaterial 151

3

Stahl in der Sanierung Sanierung von historischen Eisen- und Stahlkonstruktionen Sanierungen mit Stahl

154 154 161

Dokumentationszentrum in Hinzert (D) 2005, Wandel Hoefer Lorch + Hirsch

125

Stahl und Nachhaltigkeit Martin Zeumer, Llewellyn van Wyk, Francisco Cardoso

C 1.1

Nachhaltige Entwicklung ist als wichtiges gesellschaftliches Ziel mittlerweile anerkannt. Und gerade das Bauwesen nimmt in diesem Zusammenhang eine bedeutende Rolle ein, wie die vielfältigen Möglichkeiten der Effizienzsteigerung sowohl im Bau als auch im Betrieb sowie die Reduzierung von Emissionen und Ressourcenverbrauch für Gebäude zeigen. Derzeit ist der Baubereich für erhebliche Umweltwirkungen verantwortlich [1]: • 50 % der globalen Ressourcennutzung • 45 % des globalen Verbrauchs der erzeugten Energie für die Beheizung, Beleuchtung und Belüftung von Gebäuden sowie 5 % für die Errichtung von Gebäuden • 40 % des globalen Wasserverbrauchs • 60 % des Verlusts von Ackerland • Nutzung von 70 % des globalen Holzertrags

C 1.1

C 1.2 C 1.3

126

IBA Dock, CO2-neutrales, schwimmendes Containerhaus aus Stahl, Hamburg (D) 2010, Slawik Architekten schematische Darstellung von beispielhaften Wertschöpfungsketten bei Stahl ausgewählte Ereignisse bezüglich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit, die das weltweite Bewusstsein weckten, und ihr Bezug zur Bauindustrie

Diese Zahlen belegen, dass gerade das Bauwesen Strategien zum Klimaschutz und zur Anpassung an den Klimawandel benötigt. Dabei steht besonders die Reduktion der Energiebedarfe und CO2-Emissionen von Gebäuden im Fokus. Deutschland strebt z. B. bis 2020 eine Reduzierung des Wärmebedarfs um 20 % und bis 2050 eine Minderung des Primärenergiebedarfs von ca. 80 % an. Damit soll im Jahr 2050 der deutsche Gebäudebestand nahezu klimaneutral sein [2]. Wie in Europa werden sich in fast allen Nationen die Anforderungen an Energieeffizienz und Nachhaltigkeit weiter verschärfen. Entsprechend der Zielsetzung der »European Energy Performance of Buildings Directive« (EPBD) ist für die Zukunft anzunehmen, dass Neubauten über eine Zeitspanne von 50 Jahren in Mitteleuropa etwa soviel Energie im Betrieb wie in der Herstellung verbrauchen werden. Neubauten in wachsenden Gesellschaften weisen zurzeit aber noch einen Energiebedarf für einen 60-jährigen Betrieb auf, der in der Regel um den Faktor 4 –10 über dem ihrer Herstellung liegt (Abb. C 1.4, S. 128). Auf Materialebene werden bei Stahl spezifische Zusammenhänge deutlich, die bei der Bewältigung des Klimawandels entstehen. Denn Stahl ist ein Werkstoff, der sowohl für hochindustrialisierte Gesellschaften als auch für aufkommende Schwellenländer einen wichtigen Baustein in der Entwicklung darstellt. Durch den

globalen Stahlhandel – von Rohstoffen bis zu Fertigprodukten – stehen gesellschaftliche Entwicklungen weltweit im direkten Zusammenhang. Als Bilanz aus Import und Export waren z. B. im Jahr 2007 China (54 Mio. t), die GUSStaaten (50 Mio. t) und Japan (31 Mio. t) weltweit die größten Nettoexporteure. Die EU, die nordamerikanische NAFTA sowie der Nahe und Mittlere Osten zählten mit je 20 – 30 Mio. t hingegen zu den Nettoimporteuren. Hier verzeichnet insbesondere die EU einen Anstieg der Importe und damit einer internationalen Abhängigkeit [3]. In der deutschen Außenhandelsbilanz lag 2009 hingegen die Ausfuhr von Stahlerzeugnissen 8 % höher als die Einfuhr [4]. Entlang der sich global entwickelnden Wertschöpfungskette erzwingt Stahl neben einem ressourcenschonenden Umgang vor Ort auch eine Berücksichtigung der dadurch möglicherweise in anderen Ländern entstehenden Einflüsse (Abb. C 1.2). Damit sich auch in weniger entwickelten Ländern in Zukunft das Verhältnis von Herstellungs- und Betriebsenergie in Richtung der Herstellungsenergie verschieben kann, dürfen gerade die breitgefächerten und vielschichtig greifenden Aspekte der Nachhaltigkeit nicht außer Acht gelassen, sondern müssen durch Planer und Industrie schon heute für eine langfristige Nutzung angelegt werden. Der erste Teil des Beitrags versucht hierzu, die Anforderungen auf Materialebene unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten darzustellen. Metalle zeigen dabei beispielhaft wie ein Materiallebenszyklus gestaltet werden kann. Die Industrie, in der sie entstehen, ist zwar energieintensiv, Effizienzsteigerungen in der Produktion sind jedoch an vielen Stellen erfolgt. Stahl bietet vielfältige Möglichkeiten, effiziente Konstruktionen zu bauen und wirtschaftlich zu betreiben. Nach seiner Nutzung lässt er sich umfassend recyceln, was z. B. dazu führt, dass im Gegensatz zur Energiewirtschaft oder der Kunststoffindustrie in der Metall verarbeitenden Industrie von Materialgebrauch und nicht von Verbrauch gesprochen wird. Die lebenszyklusorientierte Cradle-to-Cradle-Betrachtung bietet eine zentrale Grundlage für einen nachhaltigen Materialumgang. Der zweite Teil des Beitrags stellt entsprechende Optimierungsstrategien im Lebenszyklus dar.

Stahl und Nachhaltigkeit

Entwicklung einer materialbezogenen Nachhaltigkeitsbetrachtung Nachhaltigkeit ist kein Konzept , das aus einer Fachgruppe entstanden ist, sondern basiert auf der Integration vielfältiger Betrachtungswinkel. Ideen einer Vielzahl gesellschaftlicher Strömungen tragen das heutige Nachhaltigkeitsverständnis (Abb. C 1.3). Federführend war zunächst die Politik. So entstammt die erste zeitgenössische Beschreibung der Nachhaltigkeit dem BrundtlandBericht der Weltkommission für Umwelt und Entwicklung (WCED) aus dem Jahr 1987: Er prägte den Ausdruck der »nachhaltigen Entwicklung« und seine Definition als die »einer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung, die den Bedürfnissen der heutigen Generation entspricht, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen und ihren Lebensstil zu wählen« [5]. Auf den Bericht folgt die Einberufung des Weltgipfels in Rio de Janeiro im Jahr 1992. Die auf dem Gipfel beschlossene »Agenda 21« beschreibt einen Fahrplan für nachhaltige Entwicklung und stellt damit erstmals eine systematisierte Verbindungen zwischen dem globalen Konzept und seiner lokalen Lösung her [6]. 1996 unternimmt die zweite UN-Konferenz über menschliche Siedlungen (HABITAT II) in Istanbul den Versuch, Ziele der nachhaltigen Entwicklung auf einen urbanen Maßstab zu übertragen. Auch bezogen auf die Materialebene definiert die Konferenz wichtige Ziele: Verhinderung der Umweltzerstörung, Umgang mit begrenzten Ressourcen und Schutz im Hinblick auf die erhöhte Anfälligkeit für Naturkatastrophen, aber auch die notwendige Abkehr von undifferenzierten Planungsmethoden [7]. Der »Stern-Report« erläutert 2006 erstmals die Zusammenhänge von Ökonomie und Klimawandel [8]. Er folgert, dass die Vorteile eines entschiedenen und frühzeitigen Handelns die Kosten eines Nichthandelns aus volkswirtschaftlicher Sicht bei Weitem übersteigen. Der Bericht fokussiert dabei Energieeffizienz als wichtigen Bestandteil der Nachhaltigkeit und leitet hin zu weiteren maßgeblichen internationalen Veröffentlichungen. Diese empfehlen z. B. die Aufstellung von weltweiten Vergleichsmaßstäben für energieeffiziente Gebäude [9] oder stellen fest, dass es mithilfe von heute verfügbaren Technologien und Kenntnissen möglich wie auch nötig ist, Energiebedarf und CO2-Emissionen unverzüglich signifikant zu reduzieren [10]. Innerhalb der EU entsteht als eine Antwort auf diese globalen Zieldefinitionen 2010 die Novelle der »European Energy Performance of Buildings Directive« (EPBD). Sie definiert die zukünftige energetische Qualität von Neubauten in der EU: Ab dem Stichtag 31. Dezember 2020 müssen alle Neubauten das Prädikat Nahezu-Nullenergiehaus einhalten [11]. Zwar ist noch nicht national definiert, was unter solchen Gebäuden im Detail zu verstehen ist, jedoch verschiebt sich mit Sicherheit der

Produktentwicklung

Produktion

Nutzung

Fertigung, Montage: Reinigen, Schleifen, Fräsen, Schneiden, Schweißen, Kleben

produktbegleitende Dienstleistung, Instandhaltung: Verbessern, Zustand überwachen, Inspizieren, Qualifizieren, Warten

Verwertung, Entsorgung

Kreislaufführung Demontage, Modifikation: Reinigen, Zerlegen, Funktion ändern

C 1.2 Ereignisse im Zusammenhang mit dem Bauwesen

allgemeine Ereignisse 1962 Publikation »Silent Spring« von Rachel Carson

1970 1972 erste Ölkrise 1972 Publikation »The Limits of Growth« von Dennis L. Meadows

1979 zweite Ölkrise

1980

1984 Giftgaskatastrophe in Bhopal, Indien 1986 Atomunfall in Tschernobyl, Ukraine (damals UdSSR) »Unsere gemeinsame Zukunft«, Brundtland-Bericht 1987 Definition der Nachhaltigkeit

BREEAM-Zertifizierung in Großbritannien 1990 Transfer der Nachhaltigkeitsbetrachtung auf Gebäude, Integration des Lebenszyklusgedankens z. B. über Recycling als Materialthema erstes Passivhaus in Deutschland 1991 Minergie-Label in der Schweiz 1991

1990

Weltgipfel Rio de Janeiro, Agenda 21 1992 Kommission der UN für Nachhaltige Entwicklung 1992 Gründung des United States Green Building Council 1993 LEED Einführung in den USA Einführung des MIPS-Konzepts Stoffstromanalyse zur Bewertung von Materialnutzung Gründung der HQE-Association in Frankreich HABITAT II in Istanbul Transfer der Nachhaltigkeit auf die Stadt

1994 1994

Einführung der Ökobilanz Démarche HQE, Einführung in Frankreich Gründung von CASBEE in Japan Gründung des Runden Tischs Nachhaltiges Bauen in Deutschland Green Building Council in Australien

2000 2001 2001 2001 2002

FDES in Frankreich gesetzliche Einführung von TYP III Umwelterklärungen DGNB in Deutschland Ökobilanzierung auf Gebäudeebene als Instrument der Nachhaltigkeitsbewertung Code for Sustainable Homes in Großbritannien Transfer der Nachhaltigkeit auf einen nationalen Gebäudebestand Einführung der Environmental Product Declaration (EPD) Novelle der European Energy Performance of Buildings Directive Energiekonzept der deutschen Bundesregierung Projektion von Themen der Nachhaltigkeit in gesamtgesellschaftliche Entwicklungen

2006

1996 1996 1997 Beschluss des Kyoto-Protokolls 1997 El Niño und die Südliche Oszillation

2000

2000 Milleniums-Erklärung der UN

2002 Weltgipfel in Johannesburg 2005 Hurrikan Katrina 2006 Veröffentlichung des Stern-Reports über die Zusammenhänge von Ökonomie und Klimawandel 2007 Nobelpreis für Al Gore

2007

2007 2007 2010 2010

2010

2011

2011 Atomunfall in Fukushima, Japan

C 1.3

127

C 1.4

Nachhaltigkeitsbetrachtung auf Materialebene

Ein weiterer Ansatz auf dem Weg zum heutigen Nachhaltigkeitsverständnis ist die Analyse des Materiallebenszyklus. Die Stadien der Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung über Transport, Nutzung, Nachnutzung und Entsorgung ergeben dabei ein Betrachtungssystem, das die Optimierung vieler Prozesse bei der Materialverwendung ermöglicht. Ein erster Durchbruch erfolgt durch das »Material-Input-pro-Serviceeinheit-Konzept« (MIPS) im Jahr 1994 [12]. Es summiert den Materialaufwand, der zur Herstellung und Nutzung eines Bauteils nötig ist in Form von »Materialintensitäten« (Abb. C 1.7). Erstmals sind nun die erforderlichen Prozesse, unterteilt nach den Quellen abiotische Ressourcen [kg], biotische Ressourcen [kg], Boden [kg], Wasser [l] und Luft [m3] offensichtlich. Der GesamtmaterialInput, auch »ökologischer Rucksack« genannt, ergibt sich aus dem Eigengewicht des Produkts und dessen Materialintensitäten. Das Konzept, das die Stoffströme abbildet, definierte damit als erstes den Betrachtungsrahmen, in dem materialbezogene Optimierung sinnvoll und möglich ist. Es verfügte allerdings nur begrenzt über Möglichkeiten, nachteilige Umweltwirkungen einzelner Prozesse auszuweisen, da es besonders auf die Materialmasse abhebt. In der Folge entwickelte sich vor allem die Kommunikation über Umwelteigenschaften eines Produkts weiter. Definiert in der Normenreihe DIN EN ISO 14 020, erfolgt sie über drei Typen von Umweltkennzeichnungen. Diejenigen des Typ I wie das Gütesiegel »Blauer Engel« sind in der Stahlindustrie jedoch nicht geläufig. Und auch Umweltkennzeichnungen Typ II – eigenverantwortliche, herstellerseitige Beschreibungen der Umwelteigenschaften eines Produkts – kamen bisher kaum in Umlauf. Trotzdem lässt sich in der Stahlindustrie die umwelttechnische Optimierung der Produktion nachweisen. So konnte sie ihre CO2-Emissionen in den westlichen Nationen im Verlauf der letzten 30 Jahre um 50 % senken. Die wirkenden Aspekte sind z. B. für die kanadische

40

35

2006

2002

1998

1994

30 1990

Verminderungsziel 1990 – 2012

45

1986

1990

1962 1982 2002

1942 1982

1922

1902

1882

1842 1862

60

Stahlfertigerzeugung = warmgewalzte Lang-, Flacherzeugnisse, nahtlose Stahlrohre und Schmiedefertigerzeugnisse

50

1982

1)

USA

Energieverbrauch zunehmend vom Betrieb der Gebäude auf deren Herstellung, Instandhaltung und Rückbau.

ΔCO2 = -22 %

-11,3 %

70

Verhältnis Schrotteinsatz/ Rohstahlerzeugung [%]

ehemalige UdSSR 5 000

80

C 1.6

C 1.5

Stahlindustrie umfassend beschrieben [13]: • Reduzierung der Kohlendioxidemissionen (CO2) seit 1990 um mehr als 20 % • Reduzierung der Schwefeldioxidemissionen (SO2) seit 1990 um 77 % • Reduzierung der Stickoxidemissionen (NOX) seit 1990 um 24 % • Reduzierung der Emissionen von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (PAH) seit 1993 um 74 % • Steigerung der Energieeffizienz der Stahlproduktion zwischen 1990 und 2001 um 25,4 % • Reduzierung der deponierten Abfälle zwischen 1994 und 2002 um 52 % Die deutsche Stahlindustrie beteiligt sich durch freiwillige Selbstverpflichtung seit 1990 an der nationalen Klimavorsorgepolitik zur Reduktion der CO2-Emissionen. Ein entsprechendes Dokument von 2001 besagt, dass der spezifische rohstoff- und energiebedingte CO2-Ausstoß (Referenzjahr 1990) bis 2012 um 22 % gemindert werden soll (Abb. C 1.5 und C 1.6) [14]. Ökobilanzierung Die in den Jahren 1997–2000 in DIN EN ISO 14 040 –14 044 eingeführte Methodik der Ökobilanzierung »Life Cycle Assessment« (LCA) legte dann den Grundstein für die heutige Bewertung der Umweltwirkungen von Produkten. Eine Ökobilanz analysiert dabei wie das MIPS-Konzept den Lebensweg eines Produkts über die Stadien Rohstoffgewinnung, Herstellung, Verarbeitung und Transport, sowie gegebenenfalls Gebrauch, Nachnutzung und Entsorgung. Sie definiert weitergehend auf Basis der notwendigen Materialströme die Berechnung der umweltbezogenen Auswirkungen (z. B. Emissionen) und liefert eine Grundlage zur Beschreibung der auftretenden Effekte. Eine Ökobilanz umfasst dazu vier Teile: Festlegung von Ziel und Untersuchungsrahmen, Sachbilanz, Wirkungsbilanz und Auswertung. Die Grenzen des Untersuchungsrahmens einer Bilanz – sogenannte Abschneidekriterien – werden in der Regel bei maximal 1 % der untersuchten Stoffmasse, des Primärenergieinhalts und der Umweltrelevanz gesetzt [15], wobei die Gesamtsumme der vernachlässigten Stoffmas-

sen maximal 5 % der untersuchten Gesamtmasse betragen darf [16]. Auf jeden Fall sind ökologisch bedenkliche Stoffe (z. B. Schwermetalle) zu berücksichtigen. Alle Stoffströme der Bilanz werden dann mittels festgelegter Faktoren in spezifische Wirkungskategorien umgerechnet und zusammengefasst. So lassen sich Hunderte Emissionen mit wenigen Stoffäquivalenten beschreiben. Im Gebäudebereich werden üblicherweise folgende Wirkungskategorien betrachtet: • Treibhauspotenzial (GWP) 100 [kg CO2-Äquivalent] • Ozonabbaupotenzial in der Stratosphäre (ODP) [kg R11-Äquivalent] • Versauerungspotenzial (AP) [kg SO2-Äquivalent] • photochemisches Oxidantienbildungspotenzial (POCP) [kg C2H4-Äquivalent] • Eutrophierungspotenzial (EP) [kg PO43--Äquivalent] • Primärenergieinhalt (PEI) [MJ]

1 : 0,65 10 Mrd. t Sand und Kies

1 : 1,2

1:6

Natursteine

Steinkohle

1000 Mio. t

1 : 0,1 Erdöl

1 : 11

BraunZement kohle

1:2 1:14

1 : 0,3 Phosphat 1:34 Bauxit

1 : 10

Eisen Steinsalz

Gips

Tonsteine, Lehme

100 Mio. t

1 : 0,9 Schwefel Kalisalze

Produktion [t] im Jahr 1983

China

bezogen auf Stahlfertigerzeugung1)

2015

10 000

90

-20 %

EU

2010

15 000

100

2005

Kanada Indien Japan

2000

20 000

bezogen auf Rohstahlerzeugung

1995

25 000

Index der spez. primärenergiebedingten CO2-Emission [%]

CO2-Emission [Mio. t]

Stahl und Nachhaltigkeit

Manganerz Kaolin 1 : 420

10 Mio. t Chromit Zink Bentonit Asbest

Magnesit Kupfer Baryt

Talk, Pyrophyllit

Blei 1:19

Fluorit Titandioxid

Feldspat

1 Mio. t

Silber Gold Platin

1 : 7500

Rohstoffe Rucksäcke 1 : 350 000

C 1.7

128

Stahl und Nachhaltigkeit

C 1.4 CO2-Emissionen nach Ländern, vom Beginn der Industriellen Revolution bis heute C 1.5 Klimavorsorge der Stahlindustrie in Deutschland, freiwillige Selbstverpflichtung im Rahmen der Vereinbarung der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft vom 09.11.2000 C 1.6 Schrottanteil an der Gesamtrohstahlerzeugung in Deutschland C 1.7 »ökologische Rucksäcke« (durch Material erzeugte Stoffströme) verschiedener Materialien C 1.8 Ökobilanzdaten verschiedener Metalle und Metallbeschichtungen für Deutschland; Bilanzrahmen »Cradle-to-Gate« zuzüglich Recyclingpotenziale von Materialien

Aus den Ergebnissen werden Schlussfolgerungen und Empfehlungen für die Produktnutzung abgeleitet und in einem Bericht zusammengefasst. Er dokumentiert – durch unabhängige Firmen in der Regel im Auftrag von Herstellern erstellt – alle Umweltwirkungen eines Produkts, ohne eine Bewertung vorzunehmen. Environmental Product Declaration (EPD) Eine Möglichkeit für Hersteller, die Umwelteigenschaften ihrer Produkte Planern zu vermitteln, basiert auf ISO 21 930. Wird ein Bericht und die zugrunde liegende Ökobilanz einer Gruppe unabhängiger Experten zur Prüfung vorgelegt, so entsteht eine Umweltproduktdeklaration (Environmental Product Declaration – EPD) und damit eine Umweltkennzeichnung des Typ III. Die Prüfer untersuchen dabei nicht das einzelne Messergebnis, sondern ob für das Produkt die Regeln der auf Produktgruppen bezogenen, gleichwertigen Beschreibung nach prEN 15 804 (Product Category Rules – PCR) eingehalten sind. Unterschieden wird dabei unter anderem zwischen sogenannten Cradle-to-Grave-Betrach-

tungen, die den gesamten Lebenszyklus eines Produkts untersuchen, und Cradle-to-GateBetrachtungen, bei denen nur die Herstellung des Produkts (bis zum Werkstor) Gegenstand der Untersuchung ist. Mittlerweile sind bei der Mehrzahl der EPDs sowohl die Cradle-to-GateBetrachtung, das Lebensende (End of Life) und eine Gesamtsumme über beide Faktoren zusammengeführt. Obwohl die Bilanzierung und der Nachweis dauerhaft getrennt nach Phasen erfolgen wird, ist gerade bei Metallen als Materialgruppe, bei der schon heute ein umfassendes Recyclingsystem praktiziert wird, die aggregierte Bewertung beider Daten durchaus sinnvoll. In Zukunft ermöglicht das Modul D der pr EN15 804 (supplementary information beyond the building life cycle) die Berücksichtigung von Effekten, die durch speziell auf Wiederverwendung, Recycling und Rückgewinnung optimierte Produkte entstehen. Die Datensätze stehen Planern in verschiedenen öffentlichen Datenbanken zur Verfügung. Die Erstellung und Ausweisung von Umweltproduktdeklarationen vom Typ III koordinieren in Deutschland das Institut Bauen und Umwelt (IBU) sowie das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS). Das IBU betreut dabei die Erarbeitung von PCRs für einzelne Produktgruppen und weist diese aus. Das BMVBS stellt über die Ökobau.dat Datensätze zur Verfügung, die speziell für die Bilanzierung im Gebäudesektor ausgelegt sind. Die Datenbank basiert, soweit vorhanden, auf konkreten Produktökobilanzdaten einzelner Hersteller oder auf Durchschnittsdatensätzen für bestimmte Produktgruppen. Bisher ist sie auf etwa 800 Datensätze angelegt und damit eine sehr umfassende frei zugängliche Datenbank. Die Kooperation mit dem IBU garantiert ständige Aktualisierungen. Auch die EU veröffentlicht über die »European Platform on Life Cycle Assessment« (ELCD) PEI Primärenergie n. e. [MJ]

PEI GWP 100 Primärenergie Klimagase e. [MJ] [kg CO2 eq]

Datensätze und Hintergrundinformationen zu Produktökobilanzen. Bei der Verwendung ist zu beachten, dass die Informationen teilweise über zehn Jahre alt sind und unterschiedliche regionale Bezugsgrößen (z. B. Deutschland, Europa) haben. Dies kann deutliche Unterschiede der Ergebnisse nach sich ziehen. Auch diese Datenbank wird laufend ergänzt. Vergleich von EPD-Daten Unterschiedliche physikalische Eigenschaften lassen einen Vergleich von Baustoffen auf Basis von Masse oder Volumen in der Regel nicht zu. Erst über technisch und bauphysikalisch gleichwertige Konstruktionen entstehen vergleichbare Bilanzen, die als Grundlage einer nachhaltigen Planung dienen können. Eine Gegenüberstellung muss analog zur Ökobilanzmethodik auf einer gleichwertigen funktionellen Einheit basieren. Dies ist z. B. 1 m2 Fassadenbekleidung oder das Tragsystem eines Gebäudes. Aufgrund der Vielfältigkeit möglicher Stahlanwendungen sind Rohdaten für solche Bilanzen in Abb. C 1.8 dargestellt, die über Massen- oder Flächenermittlungen eigene Bilanzen funktioneller Einheiten ermöglichen. Dabei sollten planungsbegleitende Vergleiche auf EPDs beruhen, die auf einem Branchenmittel basieren. Später kann die Produktauswahl über herstellerspezifische EPDs erfolgen. Nachhaltigkeitsbetrachtung auf Gebäudeebene

Ebenso wie sich aus dem Materiallebenszyklus eine konsistente Sicht auf den Materialumgang ergibt, entsteht eine solche auch, wenn man gesamte Gebäude unter Lebenszyklusgesichtspunkten analysiert. Hierzu erarbeiteten Teams in vielen Ländern Kataloge von Anforderungen, Indikatoren und Kriterien für die Beurteilung des Umwelteinflusses eines Gebäudes und damit letztlich für die nachhaltige Gestaltung eines Projekts. Zu ihnen zählen z. B.:

ODP Ozonabbau

AP Versauerung

EP Überdüngung

POCP Sommersmog

[kg R11 eq]

[kg SO2 eq]

[kg PO4 eq]

[kg C2H4 eq]

Material

Bezugseinheit

Bewehrungsstahl Stahl, warmgewalzte Profile (I/U/T/H/L) Stahl, warmgewalzte Bleche (2 – 20 mm) wetterfester Stahl WT St 37-2 (Kaltband 2 mm) Stahl, Feinblech (0,3 – 3,0 mm) Stahl, Feinblech (20 μm bandverzinkt) Grauguss Bauteil Gusseisen Guss GLJ (GG20; sekundär) Stahl, Schmiedebauteil Edelstahl X5CrNi 18-10 (V2A) Edelstahlblech Edelstahlrohr

1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg

12,4 23,2 25,9 26,2 26,9 32,4 20,3 10,1 30,9 53,8 66,7 67,9

0,985 0,963 0,858 0,560 0,905 1,320 0,864 0,490 1,260 6,290 8,390 8,460

0,874 1,710 1,920 1,980 2,025 2,360 2,067 0,970 2,220 4,840 4,980 5,062

7,85E-8 3,87E-8 7,36E-9 8,30E-8 1,33E-8 5,11E-8 9,91E-8 4,26E-8 9,31E-8 4,41E-7 4,14E-7 4,27E-7

0,00164 0,00482 0,00529 0,005693 0,00551 0,00669 0,00292 0,001309 0,00601 0,037115 0,028 0,0282

0,000139 0,000457 0,000501 0,000457 0,000517 0,000583 0,000271 0,000113 0,000535 0,012225 0,0131 0,0131

0,000274 0,000738 0,000839 0,000877 0,000871 0,000956 0,00033 0,000175 0,000886 0,002611 0,00166 0,00167

Applikation Metallbeschichtung (LM-basiert) Applikation Metallbeschichtung (H2O-basiert) Metall-Pulverbeschichtung Feuerverzinken (Stückgut)

1 m2 1 m2 1 m2 1 m2

24,3 19,6 69,7 40,2

0,411 0,420 1,750 2,960

1,320 1,210 4,082 2,250

8,3E-8 8,43E-8 3,57E-7 4,12E-7

0,00527 0,00608 0,0206 0,00916

0,000208 0,000195 0,00112 0,000598

0,029 0,00241 0,001 0,000574

Recyclingpotenzial Stahlblech, Warmband Recyclingpot. Stahlprofil, warmgewalzt Recyclingpot. Stahl Feinblech, verzinkt Recyclingpot. Stahl Feinblech Recyclingpot. wetterfester Stahl WT St 37-2 Recyclingpot. Edelstahl X5CrNi 18-10 (25 % prim.) Recyclingpot. Edelstahlblech

1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg 1 kg

-11,70 -7,92 -12,70 -11,90 -12.89 -13,09 -2,27

-0,0548 0,284 -0,0592 -0,0554 -0,250 -1,160 -0,147

-0,874 -0,567 -0,946 -0,885 -0,770 -0,990 -0,235

2,81E-8 2,78E-8 3,036E-8 2,84E-8 1,60E-8 4,30E-8 9,81E-9

-0,003 -0,00201 -0,00325 -0,00304 -0,003384 -0,020626 0,000101

-0,000277 -0,000193 -0,0003 -0,00028 -0,000251 -0,007143 -0,00146

-0,000463 -0,000331 -0,000501 -0,000468 -0,000525 -0,001154 -3,53E-5 C 1.8

129

Stahl und Nachhaltigkeit

Aspekt nach LEED

Wertung (max. 110 Punkte)

Stahlbezug

Energie und Atmosphäre optimierte Energie Performance

1 –19 Punkte

Reine Stahlkonstruktionen benötigen für einen effizienten Betrieb gegebenenfalls einen technischen Ausgleich für die geringe Speicherkapazität. Der Nachweis erfolgt jedoch in der Regel durch eine in Bezug auf Überhitzungseffekte wenig aussagekräftige statische Simulation.

Materialien und Ressourcen Gebäudewiederverwendung: • Erhaltung von Wänden • Erhaltung von Decken und Dach

≥ 55 % ≥ 75 % ≥ 95 %

1 Punkt 2 Punkte 3 Punkte

Modularisierte Stahlkonstruktionen erleichtern die Umnutzung von Bauten und erhöhen die Flexibilität. Um hohe Erhaltungsquoten zu erreichen, bedarf es weiterhin einer klaren Trennung von Konstruktion und Ausbau.

Gebäudewiederverwendung: Erhaltung nicht tragender Bauteile/Elemente

≥ 50 %

1 Punkt

Ist der leichte Ausbau z. B. durch Ständerwände aus Stahl reversibel gestaltet, können auch nicht tragende Bauteile wiederverwendet werden. Nutzungsneutrale Raumstrukturen bedürfen gegebenenfalls keinem Umbau in Teilen der Struktur.

Abfallmanagement auf der Baustelle

≥ 50 % ≥ 75 %

1 Punkt 2 Punkt

Das entweder masse- oder volumenbezogene Abfallmanagement fördet die gezielte Rückführung von Abfällen in den Recyclingkreislauf. Sowohl Stahl als auch Stahlbeton verfügen in Deutschland über den notwendigen, umfassenden Recyclingablauf.

wiederverwendete Materialien

≥ 5% ≥ 10 %

1 Punkte 2 Punkte

Die Nutzung ausgebauter Produkte ist besonders bei seriell gefertigten, dauerhaften Produkten wie Stahlträgern oder -profilen möglich.

Recyclinganteil der Baustoffe

≥ 10 % ≥ 20 %

1 Punkt 2 Punkte

Der Recyclinganteil wird auf die Masse bezogen bewertet. Baustahl verfügt in der Regel über einen hohen Recyclinganteil und wirkt wegen seiner hohen Masse maßgeblich in der Bewertung. Der Nachweis nach ISO 14021 (Umweltproduktdeklaration Typ II) erschwert jedoch mitunter die Datenverfügbarkeit.

regionale Materialien

≥ 10 % ≥ 20 %

1 Punkt 2 Punkte

Dass das eingesetzte Material im Umkreis von 500 Meilen abgebaut, rückgewonnen und gefertigt wurde, ist bei Stahl unüblich.

Innenraumluftqualitätsmanagementplan: • im Bau • vor Bezug

1 Punkt 1 Punkt

niedrigemmissive Materialien: • Kleber und Dichtungen • Lacke und Beschichtungen • Bodenbeläge • Holz- und Biokomposite

1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt 1 Punkt

Schutz vor Chemikalien und Verschmutzungsquellen

Die Verwendung von Stahl führt zu geringen Staubbelastungen während des Baus. Im Betrieb sind nicht beschichtete Stahlbauteile schadstofffrei. Beschichtete Bauteile sollten geringe Emissionen in den Raum abgeben. Der entsprechende Nachweis kann über Herstellernachweise erfolgen. Der Nachweis ist jedoch komplex und sollte daher so früh wie möglich auch an die entsprechenden Hersteller kommuniziert werden.

1 Punkt

Als Schutz kann Stahl z. B. bei Abflüssen in Gebäuden oder auch als Sauberlaufzone zum Einsatz kommen.

Innovation in Design

bis zu 5 Punkte

Ist ein Bauteil oder eine Konstruktion signifikant anders gestaltet als nach dem Stand der Technik üblich, so kann nach LEED pro Kategorie ein weiterer Punkt vergeben werden.

exemplarische Leistung

bis zu 3 Punkte

Ist die Leistung in einer Kategorie doppelt so gut wie die höchste Anforderung nach LEED, kann pro Kategorie ein weiterer Punkt vergeben werden.

bis zu 4 Punkte

Für einzelne Standorte sind durch regionale Gruppen lokal besonders relevante Themen vordefiniert. Hierbei kann es sich auch um Materialthemen handeln.

Innovation in Design

regionale Priorität regionale Priorität

200 150 100 50

Glas

Metalle

Beton und Betonsteine

Natursteine

0 Holz und Holzwerkstoffe

Kriterien für die Materialbewertung nach LEED 2009 New Construction and Major Renovations v 3.0 mit besonderem Bezug zur Stahlbauweise. Für andere Baustoffe sind teilweise weitere Kriterien zu berücksichtigen. C 1.10 Primärenergieinhalte von Baustoffen nach Gewicht im Vergleich C 1.11 Kriterien für die Materialbewertung nach DGNB Bürogebäude mit besonderem Bezug zur Stahlbauweise. Für andere Baustoffe sind teilweise weitere der insgesamt rund 60 Kriterien zu berücksichtigen.

250

Kunststoffe

C 1.9

Primärenergieinhalt (PEI) [MJ/kg]

C 1.9

C 1.10

130

• BREEAM – Building Research Establishment Environmental Assessment Method (GB) • LEED – Leadership in Energy and Environmental Design (USA) • NF Bâtiments Tertiaires – Démarche (F) • HQE – Haute Qualité Environnementale (F) • DGNB – Deutsches Gütesiegel Nachhaltiges Bauen (D) • BNB – Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bundesgebäude (D) • Minergie-Eco (CH) • CASBEE – Comprehensive Assessment System for Building Environmental Efficiency (J) • Green Star – Green Building Council of Australia und Green Building Challenge Assessment Method (internationales Netzwerk) Die meisten der Verfahren basieren auf länderspezifischen Schwerpunkten der Nachhaltigkeit, einer gebäudebezogenen Bewertung und einer Zertifizierung. Der britische Standard BREEAM entstand schon 1990 und wirkte sich deutlich auf die nachfolgenden Nachhaltigkeitsbewertungssysteme der ersten Generation (z. B. LEED) aus. Heute gehören BREEAM und LEED zu den meist verbreiteten Systemen. Großbritannien definiert mit dem »Code for Sustainable Homes« im Jahr 2006 auch als erstes Land eine Nachhaltigkeitsbewertung als nationale Umsetzung der europäischen, auf Energie bezogenen »Energy Performance of Buildings Directive«. Die Zertifizierungssysteme der ersten Generation stellen den Materialbezug in der Regel durch Rückbau- und Wiederverwendungsanforderungen, Vorschriften zu Herkunft und Recyclinganteil verwendeter Materialien sowie Förderung von Nutzoberflächen mit geringer Emission im Innenraum her (Abb. C 1.9). Dabei liegt der durch die Materialwahl beeinflussbare Teil an der Gesamtbewertung bei bis zu 30 % [17]. Die Entwicklung eines deutschen Bewertungsverfahrens, dem Deutschen Gütesiegel Nachhaltiges Bauen, begann im Jahr 2007. Es schreibt als erstes System der zweiten Generation die Betrachtung des gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes unter anderem über eine Gebäudeökobilanz vor. Dem Planer bietet sich damit ein neutrales Werkzeug zur Beurteilung des Lebenszyklus von der Herstellung über den Betrieb und die Instandhaltung bis zur Entsorgung des Gebäudes auf Basis genereller oder spezifischer EPDs. Dies ermöglicht erstmalig, Themen wie Materialminimierung und Effizienzsteigerung in der Nutzung nachweisen zu können (Abb. C 1.11). Mittlerweile steht mit ISO/TS 21 931 »Sustainability in building construction – Framework for methods of assessment of the environmental performance of construction works – Part 1: Buildings« eine international anerkannte Themenliste zur Beschreibung gebäudebezogener Nachhaltigkeit bereit. Auch sie definiert die Kennwerte der Ökobilanzierung als zentrale Nachweisbasis. Es ist davon auszugehen, dass die Bilanzierung über EPDs mittelfristig als globaler Standard gelten wird.

Stahl und Nachhaltigkeit

Beeinflussung der Nachhaltigkeit im Lebenszyklus von Metallen

Aspekt nach DGNB-System

Gewichtung

Stahlbezug

Der Einsatz von Stahl beeinflusst die Nachhaltigkeit von Gebäuden in vielfältiger Art und Weise. Stahl besitzt einerseits eine hohe physikalische Leistungsfähigkeit, andererseits ist seine Herstellung energieintensiv. Einsparungen sind dabei z. B. durch einen effizienten Materialumgang sowie die hohe Dauerhaftigkeit, gute Rückbaubarkeit und leichte Recyclingfähigkeit des Werkstoffs möglich. Das Verhältnis dieser Faktoren tritt jedoch erst im Materiallebenszyklus zutage. Dieser umfasst die Bereiche Herstellung, Konstruktion, Nutzung, Umnutzung und Nachnutzung. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass sich weltweit unterschiedliche Bautraditionen entwickelt haben. Wird z. B. in Nordamerika der Stahlbau als Basis für einen Vergleich angesehen, so ist in Europa der Stahlbetonbau deutlich weiter verbreitet. Es ist daher notwendig, die übliche lokale Lösung als Maßstab heranzuziehen oder bei Studien den entsprechenden Bilanzrahmen und Vergleichsmaßstab zu prüfen.

Treibhauspotenzial (GWP 100) Ozonschichtabbaupotenzial (ODP) Ozonbildungspotenzial (POCP) Versauerungspotenzial (AP) Überdüngungspotenzial (EP) Primärenergie n. e. (PEI n. e.) Gesamtprimärenergie (PEI) und Anteil erneuerbarer Energie

3,38 % 1,13 % 1,13 % 1,13 % 1,13 % 3,38 % 2,25 %

Die Kennwerte der Ökobilanzierung setzen sich aus konstruktions- und nutzungsbezogenen Werten zusammen. Sie beinhalten den Herstellungsaufwand sowie den Aufwand für Betrieb und Instandhaltung über 50 Jahre. Die Kennwerte bilden alle verwendeten Materialien ab. In der Instandhaltung bedürfen Stahlbaustoffe in der Regel keinen Austausch. Einzig Elemente der Gebäudetechnik aus Stahl sind wahrscheinlich auszutauschen.

Risiken für die lokale Umwelt

3,38 %

Stahl ist grundsätzlich emissionsfrei. Besonders Beschichtungen können jedoch Schadstoffe enthalten.

Lebenszykluskosten

13,50 %

Die Lebenszykluskosten berücksichtigen wie die Ökobilanz Herstellungs-, Betriebs- und Instandhaltungskosten. Dabei können sie z. B. auch einen schnellen Bauprozess mit früherem Nutzungsbeginn abbilden. Betriebskosten durch Stahleinsatz entstehen besonders durch Reinigung von Nutzoberflächen und Fassaden.

Drittverwertungsfähigkeit

9,00 %

Flächeneffizienz, Umnutzungsfähigkeit und Umrüstbarkeit der Wasserver- und -entsorgung kann der Stahlbau besonderes durch nutzungsflexible Konstruktionen sowie gute Technikzugänglichkeit unterstützen.

thermischer Komfort Winter

1,61 %

Der Einfluss von Stahl auf die winterliche Behaglichkeit ist gering. Bei Stahl besonders zu beachten ist wärmebrückenfreies Konstruieren.

thermischer Komfort Sommer

2,41 %

Durch Leichtbauweisen verfügen Stahlgebäude häufig über eine geringe thermische Speicherkapazität. Dies können Sonnenschutz, passive und aktive Kühlsysteme kompensieren. Die Kälteübergabe ist dafür bei Stahl aufgrund der guten Absorption besonders effizient.

Innenraumhygiene

2,41 %

Stahl ist grundsätzlich emissionsfrei. Insbesondere Beschichtungen, die in den Innenraum ausgasen, können negative Wirkungen haben.

akustischer Komfort

0,80 %

Stahl als schallhartes Material bedingt zunächst keinen akustischen Komfort. Über spezifische, schalltechnisch optimierte Produkte kann Stahl jedoch auch schallschluckend wirken.

visueller Komfort

2,41 %

Stahl kann durch Reflexion Blendeffekte hervorrufen. Formgebung und Oberflächengestaltung können dies verhindern.

Sicherheit und Störfallrisiken

0,80 %

Modularisierte Konstruktionen begünstigen in der Regel eine klare Wegeführung im Rettungsfall.

Flächeneffizienz

0,80 %

Die Flächeneffizienz kann Stahl durch große Spannweiten unterstützen. Hochfeste Stahlkonstruktionen reduzieren ferner den konstruktiv benötigen Raum und ermöglichen so mehr nutzbare Fläche.

Umnutzungsfähigkeit

1,61 %

Stahlkonstruktionen können zur Umnutzungsfähigkeit besonders durch modularisierte Strukturen, die Trennung von Tragwerk und Ausbau und vorgehaltene Technikflächen beitragen.

Brandschutz

4,50 %

Stahlbetonbauten sind im Brandfall robust. Für reine Stahlkonstruktionen stehen Beschichtungen und Verkleidungen zur Verfügung. Nach Brandschutzkonzept lassen sich jedoch auch Stahlbauten oft ohne zusätzliche passive Brandschutzmaßnahmen ausführen.

Schallschutz

4,50 %

Zum Schallschutz trägt Stahl besonders durch akustisch getrennten leichten Innenausbau bei.

Reinigungs- und Instandsetzungsfreundlichkeit

4,50 %

Reinigungsbedarf tritt besonders bei Bodenbelägen und Fassaden auf. Gerade Fassadenreinigung ist dabei aufwendig. Konstruktionen, die über Strukturierung oder materialimmanente Alterung verfügen, bieten den Vorteil, dass Schmutz die Gebäudewirkung weniger signifikant beeinträchtigt. In der Instandhaltung schafft die typische Revisionierund Demontierbarkeit von Stahlbauten technische Vorteile.

Rückbaubarkeit, Recyclingund Demontagefreundlichkeit

4,50 %

Revisionier- und Demontierbarkeit von Stahlbauten bergen Vorteile. Das umfassende Recyclingsystem kann der Planer durch verbesserte Dokumentation des Materialeinsatzes unterstützen.

integrale Planung

1,30 %

Erst über die Zusammenarbeit von Planer, Tragwerksplaner und gegebenenfalls Gebäudetechniker lässt sich die Materialleistung von Stahl (z. B. in Bezug auf die graue Energie) umfassend nutzen.

Optimierung der Komplexität der Herangehensweise in der Planung

1,30 %

Produkthersteller können Planungsteams besonders bei Vergleichsstudien zu Nutzung, Umnutzung und Rückbau unterstützen, um die spezifische Materialleistung in vollem Umfang erschließen zu können.

Baustelle / Bauprozess

0,87 %

Vorgefertigte Stahlkonstruktionen bieten typischerweise eine sichere, saubere und lärmarme Baustelle bei hoher Baugeschwindigkeit.

Qualität der ausführenden Firmen / 0,87 % Präqualifikation

Um die vielfältigen Chancen nachhaltigen Bauens zu erschließen, ist es vorteilhaft, wenn die Zusammenhänge nachhaltigen Bauens bei Baufirmen bekannt sind.

Qualitätssicherung / Bauausführung

Stahlbau unterliegt strengen Qualitätskontrollen und ist in der Regel gut dokumentiert. Besonderes Augenmerk ist auf die Detailqualität z. B. bei Fugen und Oberflächenbehandlung zu legen.

Herstellung

Stahl entsteht – wie alle Metalle – durch energieintensive Herstellung (siehe auch Stahl – Herstellung und Produkte, S. 66ff.). Bezogen auf das Gewicht induziert sie gegenüber anderen Baustoffen hohe Umweltwirkungen (Abb. C 1.10). Pro Tonne Stahl aus Eisenerz werden z. B. bei der Herstellung in Europa sowie Nord-, Mittel- und Südamerika heute durchschnittlich 1,4 –2,0 t CO2 freigesetzt [18]. Diese Werte sind jedoch erst auf eine funktionelle Einheit bezogen vergleichbar. Hier reduziert sich die zunächst hohe Differenz zu anderen Baustoffen oder kehrt sich partiell sogar um (Abb. C 1.12, S. 132). Halbzeugherstellung In der Herstellung unterscheidet man zwischen Primär- und Sekundärstahl. Primärstahl entsteht aus Eisenerz unter Zugabe von Legierungselementen, kalkhaltigen Zuschlägen und fossilen Energieträgern in Hochöfen. Das Eisen wird in der Folge in Stahlkonvertern zu Rohstahl weiterverarbeitet. Sekundärstahl, sogenannter Elektrostahl, basiert auf dem Einschmelzen von Schrott. Da die Produktion von Sekundärstahl rund 47 % weniger Energie benötigt und 58 % weniger CO2-Emissionen induziert als der Hochofenprozess, ist Sekundärstahl fester Bestandteil heutiger Stahlerzeugung [19]. Weltweit wird dabei von einem Verhältnis von ca. 55 % Primärstahl und ca. 45 % Sekundärstahl ausgegangen [20]; diese Werte können jedoch regional und produktspezifisch variieren (siehe Stahl – Herstellung und Produkte, S. 66ff.). Der Umfang des Recyclings unterscheidet sich ebenso nach Produkten: In den Jahren 2004/05 wurden ca. 97,5 % der Baustahlträger und -platten recycelt, während diese Rate für Bewehrungsstäbe ungefähr 65 % betrug (Abb. C 1.37, S. 138). Der Recyclinganteil bei

1,30 %

C 1.11

131

Stahl und Nachhaltigkeit

Werkstoff

PEI [MJ/m3]

PEI / Druck [J/kNm] [%]

PEI / Zug [J/kNm] [%]

PEI / E-Modul [J/kNm] [%]

Beton C 35 /40 Beton Stahlbeton (2 % Stahlanteil)

1764 4098

50 60

83 % 100 %

551 551

100 % 100 %

0,05 0,07

76 % 100 %

Ziegel, Werksteine Kalksandstein Mauerziegel

2030 1663

169 139

280 % 229 %

– –

– –

– –

– –

Holz Konstruktionsholz, Kiefer Brettschichtholz

609 3578

72 358

118 % 592 %

87 421

16 % 76 %

0,06 0,33

80 % 469 %

188 400 204 100 411 840 753 380

554 454 824 1838

916 % 750 % 1362 % 3038 %

554 498 824 1838

101 % 90 % 149 % 333 %

0,89 0,96 1,96 10,76

1281 % 1388 % 2827 % 15 513 %

35 000

50

83 %

1167

212 %

0,50

721 %

Metalle Stahl (FE 360 B) wetterfester Stahl (WT St 27-2) Edelstahl (V2A) Aluminium (EN AW-7022) Floatglas

C 1.12

Bewehrungsstahl liegt heute durchschnittlich bei ca. 95 %, Flachstahl enthält aufgrund von Fertigungsprozessen nur ca. 30 % wiederverwertetes Material. Der Planer kann somit theoretisch allein durch die Wahl von Stahl mit hohem Sekundäranteil die materialbezogenen Umweltwirkungen verringern und damit die Gebäudeökobilanz verbessern. Bei einem entsprechenden Nachweis bewerten auch Nachhaltigkeitszertifizierungssysteme der ersten Generation den Einsatz von Recyclingmaterial positiv. Die Erzeugung von Sekundärstahl bedarf jedoch weitgehend elektrischer Energie, was aus Nachhaltigkeitssicht je nach Energiequelle durchaus auch negativ beurteilt werden kann. Daher können Länder mit einem hohen Anteil regenerativer Energiequellen an der Stromversorgung (z. B. Norwegen) im Verhältnis mit Ökobilanzen von Sekundärstahl besonders geringe Umweltwirkungen ausweisen. Neben der Herstellung des Stahls zeichnet sich auch der Korrosionsschutz in den Umweltwirkungen ab. Die Möglichkeiten für die Ausbildung eines solchen Schutzes reichen von Beschichtungen aus Kunststoff oder Metallen bis zur Nutzung einer eigenen Oxidschicht (wetterfester Stahl). Am Beispiel eines IPE 160 Trägers lässt sich für den Primärenergieinhalt nachweisen, dass eine wasserbasierte Beschichtung (379,3 MJ/m) die geringsten Umweltwirkungen zeigt. Eine lösungsmittelbasierte Kunststoffbeschichtung steigert den Primärenergieinhalt im Vergleich um 1 % (382,4 MJ/m),

eine Feuerverzinkung um 4 % (392,7 MJ/m), wobei letztere jedoch üblicherweise auch einen längeren Lebenszyklus hat. Wetterfester Stahl liegt 9 % über diesem Richtwert (414,0 MJ/m); sein Einsatz kann im Gebäudebetrieb Verringerungen der Umweltwirkungen ermöglichen. Der Energieinhalt von Edelstahl übersteigt den Vergleichswert der Legierung X5CrNi18-10 (V2A) um ca. 124 % (Abb. C 1.8, S. 129) und von X2CrNiMo17-12-2 (V4A) um 178 %. Da Edelstahl zudem geringere konstruktive Leistungen bietet, kommt er vorrangig zum Einsatz, wenn entweder wartungsfreie Konstruktionen nötig sind oder auf weitere bauphysikalische Eigenschaften des Materials, z. B. die antiseptisch wirkende Oberfläche oder auf den wesentlich höheren Brandwiderstand, abgezielt wird. Transport Der Transport von Materialien und Arbeitskräften im Baugewerbe macht 10 % aller Fahrzeugbewegungen in der EU aus. Auf ihn entfallen etwa 40 % der während der Errichtungsphase verbrauchten Energie [21]. Die klassischen Themen des Stahlbaus – Leichtbau, Vorfertigung und umfassende Vorplanung des Baustellenablaufs – reduzieren den Herstellungsaufwand, das Transportaufkommen und den Abfall auf der Baustelle. Sie tragen so mehrfach zur Verringerung der Umweltwirkungen dieser Phase bei. Allerdings ist der Transport im Gesamtkontext der Umweltwirkungen eines Gebäudes als niedrig einzuschätzen [22].

Parkhausdeckenträger Stahlsorte Profil Streckgrenze

Variante 1

Variante 2

S 235 JR+M gem. DIN EN 10 025 IPE 600 225 N/mm2 (tflansch = 19 mm)

S 460 M gem. DIN EN 10 025 IPE 500 460 N/mm2 (tflansch < 82 mm)

360 – 510 N/mm2 600 mm 2,12 t 100 % 100 %

540 – 720 N/mm2 500 mm 1,61 t 76 % 83 %

Zugfestigkeit Bauhöhe Bauteilgewicht1)

Kosten1) Gesamttonnage 530 t 403 t Deckenträger 1) Kosten- und Gewichtsangaben für einen einbaufertigen 16 m langen Parkhausdeckenträger einschl. Überhöhung, Knaggen, Kopfbolzendübeln, ganzen Kopfplatten und Feuerverzinkung, geliefert frei Baustelle Raum NRW, inkl. Schrottkostenzuschlag, Stand August 2008 C 1.13 Konstruktion

Stahl ist neben Werksteinen, Holz und Beton eines der wichtigsten Konstruktionsmaterialien im Bauwesen. Basierend auf globalen Untersuchungen zum Thema Ökobilanzierung lässt sich zunächst unabhängig von der eigentlichen Konstruktionsart als oberstes Ziel zur Reduzierung der Umwelteinflüsse in der Planung die Materialminimierung anführen [23]. Dabei zeigt der Vergleich eines Gebäudes in unterschiedlichen Konstruktionsarten, inwieweit sich einerseits der hohe Energieaufwand für die Stahlkonstruktion und andererseits die konstruktive Effizienz durch Leichtbau in den Umweltwirkungen abzeichnen. Natürlich enthalten solche Bilanzen über getroffene Annahmen durchaus Unschärfen, was sie nur bis zu einem gewissen Punkt aussagekräftig macht. Sie zeigen jedoch, dass sich Stahlgebäude ähnlich wie Massivbauten verhalten [24]. Und in den Leitkriterien zur Ökobilanzierung nach DGNB, CO2-Äquivalent und Primärenergieinhalt (nicht erneuerbar – n. e./erneuerbar – e.), erreicht die Stahlkonstruktion sogar bessere Werte als der Massivbau (Abb. C 1.14). Auch im Vergleich eines Stahl- und Stahlbetonskeletts für ein Wohnhaus weist das Stahlskelett unabhängig von End-of-Life-Szenarien zum Betonbau aufgrund der geringeren verwendeten Massen eine etwas bessere Ökobilanz auf [25]. Klar ist dabei jedoch auch, dass Konstruktionsarten nicht 1:1 vergleichbar sind, sondern jeweils eigene Vor- und Nachteile besitzen.

Gebäudevergleich [Gebäude] Darstellung angelehnt an die Kriteriengewichtung der DGNB: Herstellung, Transport, Nutzung und Rückbau (ohne Betriebsenergie)

PEI Primärenergie n. e. [MJ]

PEI Primärenergie e. [MJ]

GWP Klimagase [kg CO2 eq]

ODP Ozonabbau [kg R11 eq]

AP Versauerung [kg SO2 eq]

EP Überdüngung [kg PO4 eq]

POCP Sommersmog [kg C2H4 eq]

a Stahlhaus

330 000

110 000

31 000

0,00135

63

8,8

7,8

b Holzhaus

220 000

260 000

25 000

0,00075

60

8,7

9,9

c Ziegel-Massivhaus

320 000

140 000

33 000

0,00080

70

9,1

7,7

C 1.14

132

Stahl und Nachhaltigkeit

schnittaktiv

Balken

Rost

Platte

Koppelbogen

Gitterschale

Fachwerkträger

Raumfachwerk

Biegung -+ C 1.12 Primärenergieinhalt verschiendener Konstruktionswerkstoffe in Abhängigkeit unterschiedlicher Lastfälle C 1.13 vergleichende Dimensionierung einer Parkhaustragkonstruktion in unterschiedlichen Stahlsorten C 1.14 vergleichende Darstellung von Wohngebäuden in unterschiedlichen Konstruktionsarten a Einfamilienhaus, Berlin (D) 2005, Schaudt Architekten b Passivhhaus, Harburg (D) 2006, Architektengruppe Voß c Wohnhaus nach KfW-60-Standard, (D) 2004 C 1.15 exemplarische, effiziente Tragwerkstypen nach Lastabtragung und Kraftfluss

So verfügt z. B. der Stahlbetonbau in Vergleich zum Stahlbau über eine höhere thermische Speicherkapazität und ein anderes Brand- oder Schwingungsverhalten. Da jedoch sowohl im Stahlbau als auch im Stahlbetonbau der Stahlanteil die Zugkräfte überträgt, könnte man die Betonüberdeckung des Stahls im Stahlbetonbau auch als Schutzschicht verstehen. Zwar ist dies eine grenzwertige Vereinfachung, sie ergäbe jedoch z. B. für das Beispiel des IPE 160 Trägers bei 2 cm Betonüberdeckung (DIN 1045-1, trocken) einen Wert von nur 9 % (400,56 MJ/m) über dem Richtwert des Primärenergieinhalts eines Trägers ohne Beschichtung. Der Unterschied zwischen Stahl- und Stahlbetonbau ist bei zielorientierter Planung also eher gering. Eine effiziente Umsetzung lässt sich durch Materialleistungserhöhung, beispielsweise hochfeste Stähle, konstruktive Effizienz oder mehrfache Funktionserfüllung erreichen. Materialleistungserhöhung Der Einsatz hochfester Stahlsorten steigert die Tragfähigkeit eines Bauwerks und senkt sein Gewicht im Vergleich zur Ausführung mit klassischen Stahlsorten. Bei der Öresundbrücke zwischen Dänemark und Schweden (Georg Rotne, 2000) reduzierte z. B. der Einsatz von 82 000 t hochfestem Stahl mit erhöhter Bruchund Zugfestigkeit die Stahlmenge um 15 000 t [26]. Da es sich um mikrolegierte Stähle (Stahl mit sehr geringen Mengen an Fremdmaterial; siehe Stahl – Herstellung und Produkte, S.  66ff.) handelt, ist kein wesentlich erhöhter Energie- und Ressourceneinsatz anzunehmen. Die eingesparten Ressourcen entsprechen in etwa einer Materialeinsparung von 15 % [27]. Beim Vergleich eines Tragwerks in den Stahlsorten S235 JR+M und S460 M lassen sich sogar Gewichtseinsparungen von 24 % erreichen (Abb. C 1.13) [28]. Konstruktive Effizienz Führt man die funktionale, technische und statische Betrachtung mit der spezifischen Materialleistung zusammen, können materialeffiziente Lösungen entstehen. Hierbei treten z. B. Aspekte wie das Tragsystem und sein Material oder Lasten, durch Eigengewicht, Wind oder

biegeaktiv

Sandwichplatte

vektoraktiv Druck Zug Faltwerk

flächenaktiv

Schale

Zug Schub Druck formaktiv

Stüzbogen

Stabwerkschale

Schale

Seil

Seilnetz

Membrantragwerk

Druck

Zug

C 1.15

Schnee, in den Vordergrund. Dabei stehen verschiedene Optimierungsstrategien zur Verfügung, die sich besonders mit der konstruktiven Höhe auseinandersetzen (Abb C 1.15): • Profilierung von Flächen Diese sehr gut für Serienfertigung geeignete Technik ermöglicht die einachsige Versteifung insbesondere für funktionale Schichten in Bauwerken. Über die schwache Achse lässt sich das Produkt einer Biegung anpassen. Die Stahlindustrie bietet eine Vielfalt solcher konstruktiv optimierter Produkte in Form von Profilen oder Blechen an. • Rippenkonstruktionen Rippen und Stege sind einachsig leicht zu konstruieren, lassen sich jedoch auch zweiachsig umsetzen. Sie bieten besonders als Teil der Tragkonstruktion eine hohe Gewichtseinsparung und ermöglichen durch Verstärkungen entsprechend den auftretenden Lasten eine genaue Abstimmung mit den jeweiligen Konstruktionsbedarfen. • Stabtragwerke Um den Materialeinsatz zu reduzieren, lassen sich Tragwerke auch gemäß der auftretenden Kräfte in Zug- und Druckstäbe zerlegen. Gelingt die Trennung der konstruktiven Höhe des Tragelements von der Aufbauhöhe der funktionalen Schicht (z. B. als eingezogene Decke in einem Raumtragwerk, Abb. C 1.21, S. 135), so kann die Materialeffizienz deutlich erhöht werden. Auch Lochstegträger basieren als fertiges Halbzeug auf diesem Effekt.

• Sandwichkonstruktionen Wie die Rippenbauweise erlaubt die Sandwichbauweise eine zweiachsige Verstärkung einer Fläche. Dabei sind Metall-Sandwichkonstruktionen insbesondere im Fassadenbau als Verkleidungselemente bekannt. Verdoppelt man dabei den Abstand der beiden tragenden Flächen, so steigen die Steifigkeit des Produkts auf das 7-fache und die Tragfähigkeit auf das 3,5-fache [29]. • Gekrümmte Flächen Dreidimensional gebogene Flächen erhalten ihre Steifigkeit durch innere Spannungen und sind damit Zugkonstruktionen. Mit Stahlseilen ist ein solches Tragwerk insbesondere bei Überdachungen gebräuchlich. Da im Hinblick auf die Ökobilanz Standardprodukte wie Profilbleche in der Regel überdimensioniert werden, kann ein Planer insbesondere durch eigene, materialsparende Tragsysteme zu einer Reduzierung der Umweltwirkungen beitragen. Bei einer Belastung auf Zug stellt Stahl bezogen auf die Umweltwirkung eines der besten Konstruktionsmaterialien dar (Abb. C 1.12). Deshalb bietet sich z. B. die Vergrößerung der statischen Höhe, die besondere Nutzung von Stahl in Zugzonen, das Vorspannen der Konstruktion und das Konzept des Kurzschlusses der Kräfte an (Abb. C 1.20 und C 1.21, S. 135). Ein einfaches Beispiel hierfür sind Decken des in Europa gängigen Stahlbetonbaus. Stahl überträgt in

133

Stahl und Nachhaltigkeit

a

b

c

d C 1.16

C 1.17

solchen Konstruktionen die Zug-, Beton den größten Teil der Druckkräfte, womit sich die statische Höhe und die Zuordnung von Stahl zur Zug- und Beton zur Druckzone als konstruktives Optimierungsziel ergeben. Von Unterzügen über Plattenbalkendecken bis hin zu vorgespannten Beton-Stahl-Verbunddecken (siehe Deckensysteme, S. 90 und Stahlverbundbau, S. 113) sind vielfältige technische Lösungen möglich, die ausgehend von üblichen Flachdecken allesamt zu einer Verringerung der Umweltwirkungen beitragen (Abb. C 1.16). Dabei ist gerade bei dreidimensional wirkenden Zugkonstruktionen zu berücksichtigen, dass Zuglasten zu ihrer Abtragung eines zusätzlichen Materialaufwands bedürfen. Die funktionelle Einheit zum Vergleich von Konstruktionen muss also auch Verstärkungen, Fundamente etc. beinhalten.

Nutzoberfläche dar (Abb. C 1.17). Solche Möglichkeiten ergeben sich besonders bei Fassaden. Stahl kann hier mit seiner hohen Absorption und Wärmeleitfähigkeit direkt auf die Energieflüsse in der Betriebsphase einwirken. Ihm kommt dabei zugute, dass vielfältige Beschichtungen zur Beeinflussung physikalischer Effekte (z. B. thermische Abstrahlung, Anti-Graffiti, selbstreinigend) zur Verfügung stehen. Einsatzfeld ist dabei insbesondere die Nutzung regenerativer Energie z. B. als solarthermische Wärmeerzeugung auf Luft- oder Wasserbasis (Abb. C 1.22 und C 1.23). Es erfolgt dann die Verschmelzung von Gebäudehülle und Gebäudetechnik. Auch können individuell oder seriell hergestellte Sonnenschutzelemente aus Stahl als Teil der Gebäudehülle zum effizienten Gebäudebetrieb beitragen, indem sie ein zu starkes Aufheizen des Gebäudes verhindern und so seinen Kühlenergiebedarf senken (Abb. C 1.26 – C 1.29). Neben der Energieregulierung und -aufnahme an Fassaden eignen sich Stahlkonstruktionen durch die Vorfertigung und das typische, konstruktiv bedingte Platzangebot auch zur Energieabgabe über Heiz- und Kühlflächen. Aufgrund der hohen Abstrahlung ist Stahl in der Lage, große thermische Leistung bei geringem Flächenbedarf zu emittieren. Leichte, thermisch aktivierte Stahlgebäude können sich dabei durch die zusätzliche Speicherkapazität des Wassersystems und durch intelligente Steuerung einem Betongebäude thermisch ähnlich

verhalten [30]. Bekannt sind wassergebundene Systeme z. B. für die Übergabe von Wärme und Kälte durch aktivierte Stützen, durch tragende oder aussteifende Wellblech- und Kassettenkonstruktionen, Hohlraumböden oder abgehängte Decken. Insgesamt sind viele Systeme für flächige Heizung und Kühlung sowie des thermisch aktivierten Betonbaus bei schneller Regelbarkeit durch hohe Abstrahlung in Stahl umsetzbar (Abb. C 1.25). Eine modulare Bauweise kann dann gleichzeitig eine gute Zugänglichkeit der Technik ermöglichen. Dabei ist jedoch für den Kühlfall durch Simulation nachzuweisen, dass es nicht zu einem Tauwasserausfall und damit zu Korrosionsgefahr an Stahlbauteilen kommen kann. Die Verknüpfung von Behaglichkeit und energetischen Effekten führt zur integralen Nutzung eines Bauteils. Die bauteilbezogenen Leistungen müssen dabei immer im Gebäudekontext beurteilt werden, damit sich für das Bauwerk das systembedingte Optimum finden lässt. Für solche integralen Produkte bestehen jedoch keine Regeln zum Nachweis (z. B. über EPDs), was es Herstellern wie Planern erschwert, deren mögliche Leistungen gerade für eine Gebäudezertifizierung der ersten Generation zu beschreiben. Die energetischen Effekte zeichnen sich jedoch in einer Gesamtprimärenergiebilanz eines Gebäudes bei Gebäudezertifizierung der zweiten Generation ab. Und da die Betriebsphase aktuell noch einen Anteil von etwa 75 % (Betrachtungszeitraum 50 Jahre)

Mehrfache Funktionserfüllung Können durch einmaligen Materialaufwand gleichzeitig mehrere Leistungen erfüllt werden (z. B. eine Gebäudehülle, die auch zur Lastabtragung oder Aussteifung beiträgt; siehe Café und Restaurant, S. 169ff.), reduziert dies die Umweltwirkungen. Klassisches Beispiel für eine solche Konstruktion sind Fassaden aus Stahlkassetten, wie sie im Industriebau üblich sind (siehe Fassadensysteme, S. 89). Die Kassette stellt dann als Verschmelzung von Konstruktion und Gebäudehülle gleichzeitig die thermische Trennung, untergeordnete Lastabtragung und Ständerwände [1 m2 Wand] Darstellung angelehnt an die Kriteriengewichtung der DGNB Herstellung und Instandhaltung

PEI Primärenergie n. e. [MJ]

PEI Primärenergie e. [MJ]

GWP Klimagase [kg CO2 eq]

ODP Ozonabbau [kg R11 eq]

AP Versauerung [kg SO2 eq]

EP Überdüngung [kg PO4 eq]

POCP Sommersmog [kg C2H4 eq]

Holzständerwand Gipsplatte, Typ A, 12,5 mm Holzständer, 80 ≈ 40 mm Mineralwolle, 40 mm Gipsplatte, Typ A, 12,5 mm

182

179

-5,9

0

0,064

0,0076

0,013

Metallständerwand F 90, 50 dB Gipsplatte, Typ A, 12,5 mm Stahlkonstruktionsprofil, 75 mm Mineralwolle, 60 mm Gipsplatte, Typ A, 12,5 mm

307

19

18,5

0

0,102

0,0113

0,018

C 1.18

134

Stahl und Nachhaltigkeit

9% 3% 10% 10%

57%

11%

Industrie- und Gewerberaum Infrastukturbauten Geschäfts- und Bürobauten

diverse Bauten öffentliche Bauten Wohnungsbau C 1.19

in der Ökobilanz eines Gebäudes in Deutschland ausmacht [31], sind zusätzliche energieeinsparende oder energiegewinnende Eigenschaften zur Reduzierung der Umweltwirkungen dauerhaft von hoher Bedeutung. Mehrfache Funktionserfüllung zielt häufig auf die Integration von Technik in Bauteilen ab. Ein geringer gebäudebezogener Technisierungsgrad reduziert dabei jedoch Umweltwirkungen und Betriebskosten [32]. Stahl als dauerhafter, technisch vielseitig nutzbarer Werkstoff sollte hier vor allem an der Grenze zwischen Highund Lowtech eingesetzt werden. Er ergänzt sich oft mit den Leistungen anderer hochtechnischer Produkte zum Lowtech-Einsatz, wie z. B. Phase Change Material (PCM; siehe Sommerlicher Wärmeschutz, S. 121f.). Modularisierung und Systembau Abb. C 1.19 zeigt, dass der Stahlbau insbesondere in Industrie und Gewerbe geschätzt wird. Je konstanter und berechenbarer die Nutzung (insbesondere im Wohnungsbau), desto geringer prozentual sein Einsatz. Dies deutet an, dass im Sinn der Nachhaltigkeit die Vorteile von Stahlkonstruktionen vor allem in nur unscharf erfassbaren Aspekten wie schneller Errichtung, guter Revisionierbarkeit, einfacher Umnutzung oder Rückbaubarkeit liegen. Gerade bei Industriebauten sind diese materialbedingten Vorteile über Bausysteme leicht erschließbar und schon lange Bestandteil der Bautradition, wie z. B. die Arbeiten von Fritz

C 1.24

C 1.25

C 1.20

C 1.21

Haller zum Thema Modularisierung zeigen. Neben seinem hochflexiblen erweiter- und umbaubaren Stahlrohrmöbel entwickelte er drei auf Gebäudeklassen bezogene Baukästen: die Systeme Mini für Wohnbauten und Büros, Midi für hochinstallierte Gebäude und Maxi für den Industriebau. Meist steigt die Ressourceneffizienz einer Konstruktion mit dem Vorfertigungsgrad. Die Produktion im Werk ermöglicht geringere Bautoleranzen, schlankere Bauteildimensionierung, größere Mängelfreiheit und höhere Bauwerksqualität, da sie sorgfältigere Planung voraussetzt und bessere Qualitätskontrolle bietet. Die genaue Dokumentation der verbauten Produkte durch Planer und Hersteller erleichtert die Instandhaltung und den Rückbau des Gebäudes. Ein Vergleich einer modularen Stahlbauweise mit einer Konstruktion aus Betonfertigteilen zeigt, dass all dies auf Gebäudemaßstab die Umweltwirkungen reduzieren kann [33]. Die modulare Leichtbauweise hat einen ca. 25 % geringeren Primärenergieinhalt in der Baustoffherstellung. Auf der Baustelle fällt durch Vorfertigung und standardisierte Prozesse beim Stahleinsatz z. B. nur ca. 2 % materialbedingter Abfall an. Die Produktion im Werk bietet gleichzeitig die Möglichkeit, den Anteil recycelten Materials zu erhöhen und die Rückführung von Abfall in den Materialkreislauf zu optimieren. Neben der Steigerung der Ressourceneffizienz kann großserielle Produktion bei intelligenter Planung auch das Ineinandergreifen von Funk-

C 1.26

C 1.27

C 1.22

C 1.23

C 1.16 beispielhafte Betondeckenkonstruktionen mit Angabe typischer Spannweiten a Kassettendecke, 6 –12 m b Profilblechverbunddecke, 4,80 –7,20 m d Verbundflachdecke, 6 –9 m d Unterzugdecke, bis 16 m C 1.17 Montagehalle aus Stahl-Sandwichelementen mit Mineralfaser, REpower Systems AG, Bremerhaven (D) 2010 C 1.18 vergleichende Darstellung von leichten Trennwänden in unterschiedlichen Konstruktionsarten C 1.19 Anwendungsbereiche von Stahl im Bauwesen in der Schweiz C 1.20 Ausschnitt aus der Tragkonstruktion der Gleisüberdachung, Lehrter Bahnhof, Berlin (D) 2006, von Gerkan, Marg und Partner C 1.21 mehrgeschossige Fachwerkverbände als Tragkonstruktion (teilweise mit abgehängten Zwischenebenen), Schulanlage Leutschenbach, Zürich (CH) 2009, Christian Kerez in Zusammenarbeit mit BGS & Partner Architekten AG C 1.22 solarthermischer Kollektor als Dachdeckung C 1.23 Luftkollektor aus Stahl als Fassade C 1.24 Fassade aus wetterfestem Stahl, Dachtechnik Briel, Bad Laasphe (D) 2010, m. schneider a. hillebrandt architektur C 1.25 Stahlbetondeckenkonstruktion mit Stahlblech als verlorene Schalung und thermischer Aktivierung C 1.26 Edelstahlgewebe als Fassade und Sonnenschutz, Nueva Sede de la Diputación de Málaga, Málaga (E) 2007, Luis Machuca y Asociados Arquitectos C 1.27 feststehender, horizontaler Sonnenschutz, SIEEB, Peking (RC) 2006, Mario Cucinella Architects C 1.28 variabler Sonnenschutz (Stahl), Südwestmetall, Reutlingen (D) 2002, Allmann Sattler Wappner C 1.29 verschiebbarer Sonnenschutz (Edelstahl), LumenHaus, Blacksburg (USA) 2009, Virginia Tech

C 1.28

C 1.29

135

Stahl und Nachhaltigkeit

Unterdecken [1 m2 Decke] Darstellung angelehnt an die Kriteriengewichtung der DGNB Herstellung und Instandhaltung

PEI Primärenergie n. e. [MJ]

PEI Primärenergie e. [MJ]

GWP Klimagase [kg CO2 eq]

ODP Ozonabbau [kg R11 eq]

AP Versauerung [kg SO2 eq]

EP Überdüngung [kg PO4 eq]

POCP Sommersmog [kg C2H4 eq]

Holzwolleplatte Holzwolleplatte, mineralisch gebunden, 25 mm Unterkonstruktion Holzlattung, 24 mm

110

381

-28

0

0,034

0,0029

0,0080

Flachpressplatte Flachpressplatte, Eiche furniert, 19 mm Unterkonstruktion U-Profile, Stahl, verzinkt, 40 mm Mineralfaservlies, 40 mm

136

109

-5,8

0

0,052

0,0044

0,0050

Gipsfaserplatte Gipsfaserplatte, 12,5 mm Unterkonstruktion Holzlattung, 24 mm

97

50

1,2

0

0,030

0,0034

0,0060

Paneeldecke, Stahl Stahlträger, U-Profil, Bandraster 840 mm, 7,5 mm Mineralfaserplatte, 40 mm, kaschierte PE-Folie

375

14

22

0

0,12

0,0080

0,013

C 1.30

tionen fördern. Ein Beispiel sind Dachsysteme aus Stahl, die mit Bauteilen zur Erzeugung von erneuerbaren Energien kompatibel sind. Sie bieten einfache Anschlusspunkte für eine flexible Installation von Photovoltaik und Solarthermie (Abb. C 1.33). Zukünftigen Entwicklungen in der Energieeffizienz vorgreifend, sollten Planer solche Produkte, die die Vernetzung fördern, verstärkt einsetzen. Heutige Produktionsverfahren ermöglichen sowohl Großserien als auch eine individualisierte Herstellung von Baukomponenten (»Customised Production«). Diese können auf Rahmenbedingungen der Planung wie z. B. Wirkungen des Mikroklimas, Geometrie von Bestandsbauten oder andere Anforderungen reagieren. Die Möglichkeiten der Materialbearbeitung, z. B. die Fertigung von komplexen, individuellen Bauteilen auf Basis von CAD-Daten oder der Finite-Elemente-Methode (FEM), eröffnet für Planer auch gestalterische Chancen (siehe Finite-Elemente-Methode, S. 57ff.). Es können komplexe, materialminimierte und skulptural wirkende Stahltragsysteme mithilfe von spezifischen Profilen in ungewöhnlichen Winkeln konzipiert und gefertigt werden (siehe Neue Olympia-Skisprungschanze, S. 256ff.). Aber

auch individuelle Plattenschnittmuster, die z. B. den Energiefluss an der Fassade regulieren, bieten Gestaltungspotenzial (Abb. C 1.28, S. 135). Die Modularisierung im Systembau bedarf immer der Trennung von Bauteilen in Konstruktion und Ausbau. Hier zeigt sich z. B. über die nicht tragenden Wandsysteme, dass Stahl auch im Gebäudeausbau zur Reduktion von Umweltwirkungen beitragen kann. Konstruktiv durch Holz oder Stahl realisierbar, zeigt eine Cradle-to-Gate-Energiebilanz für beide Konstruktionsarten, dass Stahlkonstruktionen über einen geringeren Gesamtprimärenergieinhalt (n. e. /e.) verfügen als vergleichbare Holzkonstruktionen (Abb. C 1.18, S. 134). Stahlsysteme sind dabei in der Regel verklebungsfrei, wartungsfreundlich und reversibel. Sie ermöglichen den leichten und zerstörungsfreien Austausch von Einzelbauteilen ohne andere, noch funktionelle Schichten zu beschädigen und eine Demontage des Gebäudes am Ende des Lebenszyklus. Grundsätzlich bieten diese Eigenschaften für den reinen Stahlbau ein hohes Maß an Flexibilität bei der späteren Nutzung und Veränderung eines Bauwerks. Dass dabei im Sinn der Nachhaltigkeit jedoch auch gegenläufige Aspekte auftreten, deutet

das Beispiel einer verlorenen Schalung aus hinterschnittenen Stahlblechen im Betonbau an. Einerseits bietet die Konstruktionsart in der Herstellung hohe Präzision und eine saubere Baustelle, andererseits bedingt die kurzfristig selbsttragende Situation im Einbau, dass solche Konstruktionen teilweise durch Planer in Spannweiten umgesetzt werden, die die Möglichkeiten für eine spätere Umnutzung reduzieren. Nutzung

Aus den Nutzungsanforderungen leiten sich für Baustoffe komplexe Leistungsprofile ab, die konstruktive, funktionale und gestalterische Dimensionen berühren. Gebäudebezogene Nachhaltigkeitsbetrachtungen berücksichtigen dies, indem sie die Nutzung, den darüber entstehenden spezifischen Betriebsaufwand und damit die Betriebs- und Instandhaltungskosten eines Gebäudes analysieren. Besonders hoch sind dabei die Lebenszykluskosten der Gebäudetechnik, der Nutzoberflächen inklusive Türen und der Fassade eines Gebäudes [34]. Schadstoffe Die Nutzung eines Gebäudes muss gesundheitlich unbedenklich sein. Nachhaltigkeitszerti-

Außenwandbekleidungen [1 m2 Fassade] Darstellung angelehnt an die Kriteriengewichtung der DGNB Herstellung und Instandhaltung

PEI Primärenergie n. e. [MJ]

PEI Primärenergie e. [MJ]

GWP Klimagase [kg CO2 eq]

ODP Ozonabbau [kg R11 eq]

AP Versauerung [kg SO2 eq]

EP Überdüngung [kg PO4 eq]

POCP Sommersmog [kg C2H4 eq]

Dauerhaftigkeit [a]

Faserzementplatten Faserzementplatten, 8 mm Holzunterkonstruktion, 30 mm

88

38

3,4

0

0,030

0,0017

0,0020

40 – 60

Kalksandstein, hinterlüftet Kalksandstein KS Vb 20/1,8, Mörtel MG II, 115 mm Maueranker, Stahl, 80 mm

320

10

33

0

0,082

0,0086

0,018

60 – 80

Keramikplatten, hinterlüftet vorgehängte Keramikplatten, 30 mm Aluminiumprofile, 60 mm

285

50

21

0

0,11

0,0053

0,0080

≥ 80

Stahltrapezblech, beschichtet Stahltrapezblech, beschichtet, 0,75 mm Unterkonstruktion, Stahl, verzinkt, 30 mm

452

9,6

24

0

0,11

0,0075

0,010

60 – 80

Titanzinkblech Titanzinkblech, Winkelstehfalz, 0,7 mm Flachpressplatte, 22 mm

416

43

25

0,000014

0,15

0,0075

0,010

70 –100

Edelstahlblech Edelstahlblech, Winkelstehfalz, 0,5 mm Flachpressplatte, 22 mm

319

33

19

0,000011

0,12

0,0057

0,008

80 –100

C 1.31

136

Stahl und Nachhaltigkeit

Bauteil

Leistungswert [m2/h]

Aufwand [h/m2]

Kosten [€/m2]

Anzahl pro Jahr

Aufwand [h/m2a]

Kosten [€/m2a]

Außenwandbekleidung (außen) [m2] Naturstein weich Aluminium, Edelstahl Kupferblech, Stahl, korrosionsgeschützt Glas variabel Keramik, Kunststein/Werkstein, Naturstein, hart Sonnenschutz Innentüren und -fenster

1,15

0,8696

13,04

0,25

0,22

3,26

3

0,3333

5,00

0,25

0,08

1,25

20

0,0500

0,75

0,25

0,01

0,19

6

0,1667

2,50

0,25

0,04

0,63

3

0,333

5,00

0,25

0,08

1,25

250

0,004

0,06

4,00

0,02

0,24

fizierungen fordern hierzu üblicherweise einen Nachweis der Verwendung von Produkten mit geringer Schadstoffkonzentration oder Raumluftmessungen. Besonders von Raumoberflächen gehen solche Gesundheitsrisiken aus, da Schadstoffe durch Ausgasungen in die Raumluft gelangen können. Stahl ist zunächst schadstofffrei. Dies ändert sich, sobald z. B. Kunststoffbeschichtungen als Korrosions- oder Brandschutz Verwendung finden. Ein großes Problem stellen dann Volatile Organic Compounds (VOC) dar (siehe Organische Bandbeschichtungen, S. 75). Die chemische Stoffgruppe beschreibt flüchtige organische Verbindungen, die über einen langen Zeitraum aus Beschichtungen ausgasen können. Sicherheit für den Planer ergibt sich über spezifische Tests, bei denen je nach Produktgruppe schon Typ I Umweltproduktdeklarationen wie der »Blauen Engel« oder produktbezogene Typ III Umweltproduktdeklarationen hinterlegt sein können. Dabei werden Stahlbauteile in der Regel im Werk unter kontrollierten Bedingungen lackiert, wobei auch Lacke und Beschichtungen mit niedrigen Emissionswerten verfügbar sind. Die jeweilige Produktwahl der Hersteller ist jedoch für Planer oft nur schwer nachzuvollziehen. Darüber hinaus ist ein Nachweis mit hohem Aufwand verbunden, weshalb Planungen manchmal solche Aspekte einer Zertifizierung bewusst nicht thematisieren [35]. Daher ist besonders von Herstellern eine verbesserte Informationsweitergabe zu fordern. Letztlich können Stahlbauteile auch im Rohzustand zum Einsatz kommen. Ein Lackieren oder Polieren ist häufig nicht erforderlich, sodass sich die Schadstoffbelastung einfach und wirtschaftlich verringern lässt. Stahl als Nutzoberfläche An und in größeren Gebäuden findet Stahl besonders als Deckenbekleidung oder Bodenbelag Verwendung, seltener als Wandoberfläche. Wirkungsvoll zur Reduktion der Umweltwirkungen in der Nutzung ist dabei vor allem der Bodenbereich. Einfache Gitterroste sind z. B. neben Erschließungswegen gleichzeitig effiziente Sauberlaufzonen, die den Schmutzeintrag in Gebäude reduzieren. Nach DGNB erhalten Bürogebäude z. B. ab einer Lauflänge

C 1.32

C 1.33

von 4 m bei Haupteingängen und 2,4 m bei Nebeneingängen die volle Punktzahl für den Aspekt »Reinigungs- und Instandsetzungsfreundlichkeit« (Abb. C 1.11, S. 131). Beim Einsatz als abgehängte Decke im Bürobau hingegen fallen die Umweltwirkungen anderer Varianten deutlich geringer aus. Eine Konstruktion aus Gipsfaserplatten bindet z. B. nur etwa 25 % des Primärenergieinhalts und erzeugt nur 5 % des Treibhauspotenzials einer Stahlpaneeldecke (Abb. C 1.30) [36]. Auch Edelstahl kann, als Nutzoberfläche eingesetzt, die Umweltwirkungen reduzieren, wobei es jedoch einer speziellen Pflege bedarf. Dabei erfüllt die antisepisch wirkende Oberfläche des Materials, die gleichzeitig auch eine selbstheilende, passive Schutzschicht des Werkstoffs darstellt, erhöhte Hygieneanforderungen. Edelstahl eignet sich so z. B. für Krankenhäuser, Kindergärten oder Küchen und kann dort neben Einbauten auch für den leichten Ausbau (Türen etc.) Anwendung finden. Der Effekt wirkt ebenso positiv beim Einsatz als Türklinke in hochfrequentierten Gebäuden. Edelstahl ist dabei sehr dauerhaft. Planer sollten dies einerseits durch eine zeitlose Gestaltung und gegebenenfalls auch durch eine zerstörungsfreie Ausbaumöglichkeit zur Wiederverwendung berücksichtigen.

rung durchläuft. Obwohl beispielsweise Edelstahl nur geringe Alterungseffekte (z. B. Verstumpfen) zeigt, wird seine materialimmanente Alterung häufig trotzdem als »würdevoll« wahrgenommen. Edelstahlfassaden können dabei aufgrund der häufig geringeren Materialstärken ökologisch sogar besser abschneiden als Fassaden aus Stahltrapezblech (Abb. C 1.31). In ihren Umweltwirkungen sind sie mit vorgehängten Fassaden aus Kalksandstein vergleichbar, haben jedoch eine längere Dauerhaftigkeit. Dadurch steigt allerdings die Gefahr, dass der Defekt einer untergeordneten funktionalen Schicht (z. B. einer Dämmschicht) den Austausch einer noch intakten Oberschicht erfordert. Stahlkonstruktionen sollten daher auf eine gute Revisionierbarkeit ausgelegt sein, um die energetische Investition entsprechend zu nutzen. Im Gebäudebetrieb selbst sind bei Fassaden Reinigungsprozesse die am häufigsten auftretende Quelle für Umweltwirkungen. Metallfassaden bedingen hier schon allein durch ihre Wertigkeit verhältnismäßig hohe Reinigungsaufwendungen (Abb. C 1.32). So besteht die im Betrieb »effizienteste« Stahlfassade aus wetterfestem Stahl (Abb. C 1.24, S. 135), da sie keiner Reinigung bedarf.

Fassaden Stahlfassaden können mit einer Dauerhaftigkeit von 60 bis 80 Jahren (80 bis 100 Jahren für Edelstahl) sehr lange das Erscheinungsbild eines Gebäudes prägen. Je höher dabei die tatsächliche Ausnutzung dieser mittleren Lebensdauer ist, desto geringer sind die resultierenden Umweltwirkungen (Abb. C 1.31). Dabei ist neben funktionalen Aspekten auch die Materialalterung maßgeblich. Da z. B. beschichtete Stahlfassaden keine eigene, typische Alterung zeigen, werden solche Stahlgebäude gerade bei modernem Erscheinungsbild mithilfe von anderen architektonischen Elementen oder sogar neuen Fassaden »aktualisiert«. So besteht die Gefahr, dass sich die Dauerhaftigkeit des Materials nicht voll ausnutzen lässt. Es lohnt sich, bei einer solchen Konstruktion darüber nachzudenken, ob das Gebäude modern oder eher zeitlos wirken soll. Dies ändert sich, sobald ein Material eine eigene, natürliche Alte-

Umnutzung

Produktionstechnik und Arbeitsabläufe ändern sich mit hoher Geschwindigkeit. Spezifische Flächenbedarfe in Gebäuden wachsen oder schrumpfen daher schnell. Wenn sich ein Gebäude nicht an die jeweiligen neuen Anforderungen anpassen lässt, kommen auf die Eigentümer hohe Kosten für Abriss und Neubau zu. Wirtschaftlicher und nachhaltiger kann dann gegebenenfalls eine Umnutzung sein, bei der oft wertvolle Bausubstanz oder Bauteile erhalten bleiben und die durch planerische C 1.30 vergleichende Darstellung von Ökobilanzdaten verschiedener Unterdecken C 1.31 vergleichende Darstellung von Ökobilanzdaten verschiedener Außenwandbekleidungen C 1.32 Reinigungsaufwand und Kostenkennwerte für Außenwandbekleidungen und weitere Fassadenelemente für Deutschland C 1.33 Montagesystem für PV-Anlagen basierend auf Sandwichelementen auf Stahlschienen

137

Stahl und Nachhaltigkeit

350000

Primärenergieinhalt [MJ] CO2-Emissionen [kg]

300000 250000 200000

C 1.34

C 1.35

Leistung eventuell einen weiteren Nutzungszyklus ermöglicht. Dabei bestehen besonders bei Aufstockungen im Bestand häufig so enge konstruktive Vorgaben, dass Maßnahmen zwingend eine leichte Bauweise erfordern (Abb. C 1.34). Der kreative Umgang mit dem Bestand reduziert hier in aller Regel die graue Energie und schafft für das Bauen eine erhöhte Umweltverträglichkeit. Das DGNB-System verwendet als Kenngröße die Umnutzungsfähigkeit (Abb. C 1.11, S. 131). Sie beschreibt auf Basis der Themenblöcke Modularität des Gebäudes, räumliche Struktur, Elektro- und Medienversorgung sowie Gebäudetechnik inwieweit die Räume für eine spezifische Nutzung ausgelegt sind. Eine klare Trennung zwischen langlebiger Konstruktion, kurzlebigem Ausbau und nachrüstbarer Technik unterstützt die dazu notwendigen Lösungen. Weiterhin fördert die leichte Austauschbarkeit von Bauteilen und die Trennung von Gebäudeelementen unterschiedlicher Lebensdauer und Funktion Veränderungen. Modularisierung trägt außerdem dazu bei, Regeldetails durch Austausch oder Verstärkung leichter zu optimieren oder Platz für neue technische Lösungen zu schaffen.

immanente Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in der Regel eine Umnutzung. Nach DGNB sollte jedoch eine Umnutzung mit baulichen Konsequenzen zunächst durch Nutzungsneutralität vermieden werden. Sie definiert sich für den Bürobau über nutzungsvariable Teilflächen unter 400 m2. Weiterhin sollen mindestens 80 % der Innenwände nicht tragend ausgebildet sein und ihre Konstruktion einen zerstörungsfreien Um- und Rückbau gewährleisten.

Konstruktive Umnutzungsfähigkeit Da gebäudebezogen das Tragwerk meist den höchsten Primärenergieinhalt aufweist, sind Möglichkeiten zur Umnutzung hier schon im Bau fest anzulegen. Nutzlastreserven tragen z. B. zu flexiblen Nutzungsmöglichkeiten bei. Reine Stahltragwerke erlauben dabei als einzige Konstruktionsart auch nach der Fertigstellung eine wirtschaftlich vertretbare Erhöhung der Tragfähigkeit – typischerweise indem Verstärkungen an das Tragwerk angeschweißt werden. Weiterhin ist die freie Flächenbelegung in Form von Nutzungs-, Grundriss- und Größenänderungen notwendig. Dies kann gerade für Produktionsgebäude bedeuten, dass ein Raum stützenfrei ausgebildet werden muss. Gerade in diesen Fällen ermöglicht Stahl für Neubauten durch sein Tragfähigkeits/ Gewichts-Verhältnis bei typischen Rahmenkonstruktionen die größeren Spannweiten als andere Materialinen [37]. Gebäude in modularer Stahlbauweise erleichtern durch system-

138

Technische Umnutzungsfähigkeit Die deutsche Nachhaltigkeitsbewertung für Büro- und Verwaltungsbauten überträgt die Forderung der kleinteiligen Nutzbarkeit auch auf die Gebäudetechnik. Technikschächte und Kanäle sollen nutzungsvariable Teilflächen unter 400 m2 bedienen können. Die Versorgung durch Heizungs- und Lüftungstechnik hat diesem Bedarf ebenso Rechnung zu tragen und ist entsprechend auszulegen. Neben Grundrissänderungen können auch andere Versorgungsleistungen notwendig werden. Schächte und Kanäle sollen daher mit Reserven (20 % freie Querschnittsfläche) für eine spätere Installation von Technik ausgestattet sein. Besteht zusätzlich der Wunsch, die erforderlichen Maßnahmen während des Gebäudebetriebs durchzuführen, darf keine signifikante Störung der vor Ort Beschäftigten entstehen. Dabei reichen die Maßnahmen von eng gesetzten Revisionsöffnungen über öffenbare Kanäle bis hin zu offener Leitungsführung. Nachnutzung

Sind alle Möglichkeiten für die weitere Nutzung eines Gebäudes ausgeschöpft, wird ein Rückbau notwendig. Machbar, wenn auch unüblich, ist die Demontage kompletter Bauten und deren Wiederaufbau an einem anderen Standort. Ist tatsächlich keine Nutzung des Gebäudes mehr als Ganzes möglich, sollten die Werkstoffe getrennt in den Materialkreislauf zurückgeführt werden. Eine Mindestanforderung besteht in der Trennung von Materialschichten, die für unterschiedliche Verwertungsarten vorgesehen sind. Stahlkonstruktionen können bis zum Ende ihres Lebenszyklus die Umweltwirkungen auf dem Baufeld reduzieren, da ihr geringeres Gewicht im Allgemeinen kleiner dimensionierte Grün-

Stahl wiederverwendet

Holzfassade neu

23 698

319 579

11 617

38 104

Holz wiederverwendet

3521

0

223

50 000

8650

100000

2712

150000

Stahlkonstruktion neu C 1.36

dungen bedingt. Weiterhin lassen sich Stahlfundamente, wie Stahlsäulen oder -röhren, aus dem Boden entfernen, um den Standort in seinen ursprünglichen Zustand zurückzuversetzen. Wiederverwendung Die Wiederverwendung ist materialbezogen der einfachste Weg der Ressourcenschonung. Zwar ist die direkte Wiederverwendung von Bauteilen mit 11 % [38] verglichen mit der Abfallmenge, die werkstofflich recycelt wird, von untergeordneter Bedeutung, in Bezug auf die Reduzierung von Umweltwirkungen stellt diese Lösung aber die beste dar. Ein typisches Bauprodukt aus Stahl, das schon heute mehrfach wiederverwendet wird, sind Stahlspundwände, die beispielsweise nach einer temporären Baugrubenumschließung wieder aus dem Baugrund gezogen und in anderen Projekten erneut eingesetzt werden. Für einen Planer ist es dabei zunächst vorteilhaft, wenn das wiederzuverwendende Material in einer signifikanten Menge vorhanden ist. Stahl bietet hierbei schon seit Langem bekannte Standardträger und -profile, sodass aus Um- und Rückbau in der Regel Material verfügbar ist. Aber auch aus anderen Produktionssparten werden häufig interessante Produkte übernommen, wie z. B. Bauten aus Seecontainern zeigen. Gerade bei ehemaligen Bauprodukten liegen jedoch häufig keine genauen technischen Kennwerte vor, wobei insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung für das Produkt Zwänge entstehen. Ist nämlich im eigentlichen Sinn kein Hersteller vorhanden, so muss das Planungsteam den Nachweis über die entsprechende Produktleistung selbst liefern. Der notwendige, kostenintensive produktbezogene Leistungsnachweis verhindert dabei häufig eine praktische Umsetzung. Um den Nachweis zu vermeiden, kann jedoch auf Basis früherer Normierungen eine Dimensionierung mit der schlechtestmöglichen zeitgenössischen Bemessungsgrundlage erfolgen. Zwar sind Bauteile dann in der Regel technisch leicht überdimensioniert, es können jedoch hochindividuelle, ökologisch wie wirtschaftlich interessante Lösungen entstehen (Abb. C 1.35 und C 1.36).

Stahl und Nachhaltigkeit

Recyclingrate [%]

Baustahl

Bewehrung

100 90 80 70 60 50 40 30 20 10 0 1997 1999

2001

2003

2005

2007

2009 C 1.37

Werkstoffliches Recycling Das Einschmelzen von Altmetall zur Fertigung von neuen Metallprodukten zählt zum werkstofflichen Recycling. Einerseits bedürfen alle Metalle großer Mengen Energie zu ihrer Herstellung, wodurch sie einen Ressourcenspeicher darstellen. Andererseits ist die Materialqualität über den Aufbereitungsprozess typischerweise gleichbleibend oder steigt sogar. Somit ist das werkstoffliche Recycling die klassische Art, Metalle einer erneuten Nutzung zuzuführen. Die Materialgruppe der Metalle verfügt dabei über ein umfassendes Recyclingsystem und verzeichnet hohe Recyclingraten. Vergleichbare Anteile sind bisher nur bei Glas und Papier zu finden. Unter Umständen sind auch organische Stoffe, meist Kunststoffe, mit Metallen verklebt. Hier erfolgt das Recycling, z. B. bei metallischen Sandwichpaneelen, üblicherweise inklusive verklebtem Material, wobei der Kunststoff die nötige Energie zum Einschmelzen des Metalls reduziert. Dies führt jedoch gleichzeitig zu einem unwiederbringlichen Verlust der nicht erneuerbaren Ressourcen des Kunststoffs. Daher sollte bei Sandwichprodukten zukünftig verstärkt die Nutzung nachwachsender Rohstoffe (z. B. Holz- oder Holzfaserkaschierungen) Berücksichtigung finden. Die Recyclingrate bei Metallen allgemein liegt in Deutschland bei etwa 60 %; die von Stahl bei etwa 80 %. Die Recyclingrate bei Stahlbauteilen im Bauwesen lag in Nordamerika 2009 bei 98 %; in Deutschland aktuell bei 99 % [39]; Bewehrungsstahl wurde in Nordamerika 2009 zu 70% recycelt (Abb. C 1.37). Edelstahl ist einer der am häufigsten recycelten Baustoffe. Über 90 % des Edelstahls wird am Ende seiner Nutzungsdauer gesammelt, was partiell für einen nahezu geschlossenen Recyclingkreislauf sorgt. Mittlerweile werden in Deutschland etwa 45 % aller Metalle aus Metallschrott gewonnen. Derzeit bestimmen nur Verfügbarkeit und Preis von Stahlschrott, nicht aber die Verarbeitungskapazitäten das Stahlrecycling [40]. Optimierungspotenzial im Recycling bietet die Wertigkeit des Schrotts, also die durch Trennung und Sortierung erzielbare Metallqualität. Dabei steigt aktuell die Verwendung von hochwertigen Legierungen und wird so in Zukunft

vermutlich zur Notwendigkeit der Sortenreinheit legierter Schrotte führen. Je genauer sich mit geringem Aufwand die Materialzusammensetzung eines Metallteils klassifizieren lässt, desto höher ist die Chance einer optimal auf die Ressourcen abgestimmten Nutzung. Planer können hierbei besonders durch die materialbezogene Kennzeichnung von Bauteilen einen Beitrag zur Verbesserung zukünftiger Recyclingprozesse leisten. Ebenso ist die Vielfalt der verwendeten Legierungen langfristig zu hinterfragen. Materialkreislauf Stahl hat sich in Deutschland wie in anderen Nationen noch nicht ausreichend in der Technosphäre – der menschlich hervorgebrachten technischen Umgebung – angesammelt. Es ist jedoch anzunehmen, dass in ferner Zukunft nahezu 100 % des Stahls aus Sekundärmaterial hergestellt wird. Eine Ausnahme bilden nur dissipative Verluste, z. B. durch Korrosion, die in Deutschland heute ca. 2 % des Stahleinsatzes ausmachen. Erst wenn die 100 % erreicht sind, kann von einem geschlossenen, antropogenen Materialkreislauf die Rede sein. Bisher ist Stahl somit als Vorbild für einen materiallebenszyklusgerechten Umgang unter dem Cradle-toGrave-Gedanken zu verstehen. Der Cradle-toCradle-Gedanke ist jedoch schon angelegt. Anmerkungen: [1] Edwards, Brian: Rough Guide to Sustainability. London 2005 [2] Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie – (BMWi); Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU): Energiekonzept – für eine umweltschonende, zuverlässige und bezahlbare Energieversorgung. Berlin 28. September 2010 [3] Ameling, Dieter: Stahl – Innovationsmotor zur Ressourcenschonung. Vortrag im Rahmen des Projekts »Zukunftsdialog Rohstoffproduktivität und Ressourcenschonung«. Bundespresseamt Berlin 24. Januar 2008 [4] Statistisches Bundesamt; Wirtschaftsvereinigung Stahl [5] World Commission on Environment and Development (WCED; Hrsg.): Our common future. Oxford 1987 [6] International Council for Research and Innovation in Building and Construction (CIB; Hrsg.): Agenda 21 on Sustainable Construction. Rotterdam 1999 [7] United Nations Human Settlements Programme (UNCHS): Istanbul Declaration on Human Settlements. 1996 [8] Stern, Nicolas: The Economics of Climate Change. Ein Bericht im Auftrag des britischen Schatzkanzlers. Cambridge 2006 [9] United Nations Environment Programme (UNEP; Hrsg.): Buidlings and Climate Change: Status, Challenges and Opportunities. Paris 2007 [10] World Business Council for Sustainable Development (WBCSD; Hrsg.): Overview. Genf 2006 [11] Directive 2010/31/EU of the European Parliament and of the Council on the Energy Performance of Buildings. Brüssel 19. Mai 2010 [12] Schmidt-Bleek, Friedrich; Bierter, Willy: Das MIPS Konzept. Weniger Naturverbrauch, mehr Lebensqualität durch Faktor 10. München 2000 [13] Gorgolewski, Mark: Canadian Sheet Steel Building Institute (CSSBI; Hrsg.): LEEDing with STEEL. Toronto o. J. [14] Freiwillige Selbstverpflichtung der Stahlindustrie im Rahmen der Vereinbarung der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft, 9. November 2000 [15] Köpfler, Walter; Grahl, Brigitte: Ökobilanzierung. Ein Leitfaden für Ausbildung und Beruf. Weinheim 2009, S. 30

[16] Institut Bauen und Umwelt (IBU): Leitfaden für die Formulierung der Anforderungen an die Produktkategorien der AUB Deklarationen (Typ III), 2006 [17] Hoinka, Thomas: Transparenz für Bauprodukte im LEED und DGNB-System. In: greenbuilding 1–2/2011. Berlin 2011 [18] Stahlinstitut VDEh (Hrsg.): 9. CO2-MonitoringFortschrittsbericht der Stahlindustrie in Deutschland. Berichtsjahr 2009. Düsseldorf 2010 [19] Davis Langdon Managment Consulting (Hrsg.): World Construction Review – Outlook 2004/05. London 2004 [20] International Labour Organization (ILO; Hrsg.): The Construction Industry in the Twenty-First Century: its Image, Employment Prospects and Skill Requirements. Genf 2001 [21] Steel Construction Institute (Hrsg.): Sustainability of Steel in Housing and Residential Buildings: A European Perspective. Berkshire 2007 [22] Glücklich, Detlef (Hrsg.): Ökologisches Bauen. Von Grundlagen zu Gesamtkonzepten. München 2005 [23] Preisig, Hansruedi: Massiv- oder Leichtbauweise? Zürich 2002 [24] Mensinger, Martin u a.: Nachhaltiges Bauen mit Stahl: Ökologie. München 2009 [25] Gervásio, Helena: Life Cycle Comparison of a Lightweight Steel House vs. a Concrete House. Porto 2007 [26] Bleck, Wolfgang: Ressourcenschonung mit neuen Stählen/Technologien/Methoden. Vortrag im Rahmen des Projekts »Verbesserung von Rohstoffproduktivität und Ressourcenschonung«. Düsseldorf April 2007 [27] Lemken, Thomas u. a: Stahl – ein Werkstoff mit Innovationspotenzial. Hrsg. vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH. Wuppertal 2008 [28] Blum, Marc; Satzger, Falk; Arcelor Mittal (Hrsg.): Nachhaltig Bauen dank hochfester Stähle, 2009 [29] Knippers, Jan u. a.: Atlas Kunststoffe und Membranen, München 2010 [30] Döring, Bernd; Feldmann, Markus; Kuhnhenne, Markus: An Innovative Thermally Activated Lightweight Steel Deck System – Numerical Investigations and Practical Tests. Helsinki 2007 [31] DGNB: www.dgnb.de; 20. August 2010 [32] Sigg, René; Kälin, Werner; Plattner, Hugo: LUKRETIA – Lebenszyklus – Ressourcen – Technisierung. Zürich, 2006 [33] Widman, J.: Sustainability of Modular Construction. Hrsg. vom Swedish Institute of Steel Construction. SBI Report 229-2. Stockholm 2004 [34] wie Anm. 31 [35] wie Anm. 16 [36] Hegger, Manfred; Fuchs, Matthias; Zeumer, Martin: Integration vergleichender Nachhaltigkeitskennwerte von Baumaterialien und Bauteilschichten. Darmstadt 2005 [37] The British Constructed Steelwork Association limited (Hrsg.): Steel Buildings. London 2003 [38] Hauke, Bernhard: Warum ist Stahl regenerativ? Wiederverwendung + Recycling. Hrsg. vom bauforumstahl e.V., Düsseldorf 2011 [39] Fischer, Diana: Ressourceneffizientes Bauen mit Stahl. Hrsg. vom IBB, Universität Duisburg Essen. München 2011 [40] von Gleich, Arnim u. a.: Nachhaltige Metallwirtschaft Hamburg. Erkenntnisse – Erfahrungen – praktische Erfolge. Hamburg 2004

C 1.34 Aufstockung in Stahl-Leichtbauweise, Case Study House 5, Berlin (D) 2002, Hoyer Schindele Hirschmüller Architekten C 1.35 Wohnhaus mit einem Anteil wiederverwendeter Bauteile von 60 % im Tragwerk und 90 % im Innenausbau, Villa Welpeloo, Enschede (NL) 2009, 2012Architecten C 1.36 Vergleich zwischen der Errichtung der Villa Welpeloo als Neubau und aus recycelten Materialien hinsichtlich Primärenergieinhalt und CO2Emissionen C 1.37 Entwicklung der Recyclingraten von Trägern, Platten und Baustahl (nach American Recycling Institute)

139

Stahl und Wirtschaft(lichkeit) Gerard O’Sullivan

C 2.1

Beim Entwurf einer Konstruktion spielt die Materialwahl eine signifikante Rolle, hat sie doch einen entscheidenden Einfluss auf die Verwirklichung der architektonischen Vorstellungen des Planers. In der Vergangenheit bestimmten lokale Gegebenheiten wie Tektonik und Bodenbeschaffenheit sowie die Verfügbarkeit des Materials, seine physikalischen Eigenschaften und die Produktions- und Installationskosten maßgeblich den Entwurf. Die vor Ort gewonnenen Rohstoffe oder erzeugten Materialien spiegelten sich häufig im Charakter der Gebäude in einer bestimmten Gegend wider. Das hatte wiederum einen direkten Einfluss auf die lokal verfügbaren Handwerkerleistungen zur Bearbeitung eines Materials. Die Kosten stiegen, je weiter die Wege zur Beschaffung des Materials und qualifizierter Arbeitskräfte waren. Mit dem Beginn der Industrialisierung führten andere Faktoren wie optimierte Prozesse und bessere Montageverfahren dazu, dass ein vielfältigeres Angebot und eine größere Menge von Baustoffen verfügbar war. Die Massenproduktion hatte eine erhöhte Nachfrage nach Rohstoffen zur Folge und führte zu insgesamt niedrigeren Produktionskosten. Die daraus resultierenden Gewinne wurden wieder investiert, um ein noch größeres Angebot an Produkten mit verschiedenen Leistungsmerkmalen herzustellen, zugeschnitten auf die Anforderungen und das Budget der Kunden. Mit den verbesserten technischen Verfahren ging die Entwicklung einer Reihe von Materialien einher, die im Vergleich zu den damals herkömmlichen Baustoffen größere Festigkeiten und Haltbarkeiten aufwiesen. Diese waren oft kompakter oder formbarer und ermöglichten so eine größere Vielfalt an konstruktiven Formen. Beispielhaft lässt sich dies an Skelettsystemen zeigen, für die lange ausschließlich Holz zum Einsatz kam. Mit der Industrialisierung jedoch wurde es aus praktischen und wirtschaftlichen Gründen häufig durch Stahl und Stahlbeton ersetzt.

C 2.1 Montage einer Stahlkonstruktion C 2.2 Lebenszyklusvollkosten (Whole Life Costs – WLC) nach ISO 15 686-5 C 2.3 Berücksichtigung der Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs – LCC) im Planungsprozess

140

Entwicklung der wirtschaftlichen Bedeutung des Baustoffs Stahl Stahl als Baustoff spielt in der Geschichte des Bauens erst seit relativ kurzer Zeit eine Rolle.

In seinem Rohzustand als Eisenerz ist es das zweithäufigste Metall auf unserem Planeten, doch sein Einsatz in Gebäuden war lange »auf die Herstellung von Nägeln, Scharnieren, Stangen, Toren, Bolzen für Befestigungen und solcherlei Arbeiten« beschränkt [1]. Das änderte sich erst zum Ende des 18. Jahrhunderts, als die Industrialisierung der Eisenproduktion in England die Qualität des Eisens drastisch steigerte und die Produktionskosten senkte. Es eröffneten sich neue Märkte in der Bau- und Maschinenbauindustrie. Die industrielle Revolution trieb den Bedarf durch die Konstruktion von Brücken und Werkshallen aus diesem neuen Material voran. Das erste Gebäude mit einem Metallskelett war 1797 eine Flachsspinnerei in Shrewsbury in England, die heute noch existiert. Im 19. Jahrhundert machte die Entwicklung von Eisen und Stahl spektakuläre Fortschritte. Der Londoner Kristallpalast von Joseph Paxton war ein deutlicher Beleg für die Geschwindigkeit und Effizienz, mit der sich ein Gebäude aus fachgerecht vorgefertigten Gusseisenkomponenten errichten ließ. Er wurde als Veranstaltungsort für die Londoner Weltausstellung von 1851 mit einer Fläche von 6,4 ha im Hyde Park erbaut. Dank der Glas- und Metallrahmenbauweise, die schon für das große Gewächshaus von Chatsworth House in Derbyshire Verwendung fand, wurde die Halle in nur fünf Monaten errichtet. Eine Bauzeit, die damals mit keinem anderen Material erreicht worden wäre. Das Projekt gilt damit als wichtiger Ausgangspunkt zur Entwicklung von Stahl- und Glasarchitektur, baulicher Vorfertigung und hoher Baugeschwindigkeit im heutigen Stahlbau. Allerdings zeigten technologische Forschungen auch die Grenzen des Einsatzes von Gusseisen für Tragwerke auf (siehe Gusseisen, S. 155). Und nach dem Versagen einiger Brücken sahen Ingenieure in Stahl die geeignete Alternative. Die hohen Herstellungskosten beschränkten dessen Nutzung jedoch bis zur Einführung des Bessemer-Verfahrens, gefolgt vom Siemens-Martin-Verfahren in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Sie bildeten die Grundlage für die heutigen Stahlerzeugungsprozesse. Mit der Weiterentwicklung der technischen Prozesse stiegen auch die Langlebigkeit und

Lebenszyklusvollkosten (Whole Life Costs, WLC)

externe Kosten (Externalities)

Bau (Construction)

keine direkten Baukosten (Nonconstruction Costs)

Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs, LCC)

Betrieb (Operation)

Wartung (Maintenance)

Ertrag (Income)

Lebensende (End of Life)

umweltbezogene Kosten (Environment Costs) C 2.2

Festigkeit des neuen Materials, während gleichzeitig das erhöhte Produktionsvolumen, mit dem der wachsende Bedarf gedeckt werden sollte, zu einer Senkung der Stückkosten führte. Die Entwicklung von Breitflansch- und DoppelT-Profilen für Metallrahmenteile, die standardmäßig in modernen Stahltragwerken Verwendung finden, rationalisierte gleichzeitig die Produktion (siehe auch Halbzeuge – Warmwalzprofile, S. 78ff.). Das älteste mehrgeschossige Gebäude in Metallskelettbauweise von 1860, das vierstöckige Sheerness Boat House, zeigt erstmalig eine Bauweise, die noch heute bei modernen Bürogebäuden gebräuchlich ist. In Nordamerika, wo große Eisenerzvorkommen zu finden sind, entwickelt sich Stahl zum wichtigsten Material für den Bau der Wolkenkratzer und Fabriken. Albert Kahn lässt in den 1920erund 1930er-Jahren eingeschossige Fabrikgebäude aus im Werk geschweißten und vor Ort verbolzten Stahlrahmen bauen; ein Konzept, das selbst heute noch für viele Industriegebäude angewendet wird. Hierbei wurden Gebäudeabschnitte auf Basis eines wirtschaftlichen Rasters von 12 ≈ 18 m geschaffen. Eine größere Bauhöhe ermöglicht die Unterbringung von Verwaltungsräumen in der oberen Ebene und hält große Flächen für die Produktionsabläufe frei. Stahl hat einen entscheidenden Beitrag zur Geschichte der Skelettbauweise geleistet. Ingenieure und Architekten haben seine Eigenschaften als festes und verhältnismäßig einfach zu bearbeitendes Material genutzt, um anspruchsvolle Architekturkonzepte umzusetzen. Verbesserungen in der Stahlbautechnik konnten nachteilige Eigenschaften von Stahl mindern, wie beispielsweise sein Korrosionsverhalten und – auch wenn Stahl selbst nicht brennbar ist – seine Festigkeitseinbußen im Brandfall. So ließen sich mit der Zeit immer bessere und wirtschaftlichere Lösungen erzielen (siehe Verzinken, Anstriche und Lacke – Korrosionsschutz nach der Bearbeitung, S. 82ff. sowie Brandschutzbeschichtungen, S. 85). Darüber hinaus bietet Stahl im Bauwesen viele Optionen, was trotz der zusätzlich entstehenden Kosten für zum Teil notwendige Maßnahmen wie Korrosionsschutz nicht außer Acht gelassen werden darf.

potenzielle Verringerung der Lebenszykluskosten

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

Ergebnis

Aufwand

Ergebnis Aufwand Konzipierung → Planung → Errichtung → Inbetriebnahme → Betrieb Zeit und Aufwand C 2.3

Aufgrund der fortlaufenden Optimierungen von Stahl und Stahlprodukten kommt das Material nicht mehr nur bei Großbauten und Tragwerken zum Einsatz, sondern wird heute unter anderem auch im Innenausbau sowie für Verkleidungen und Bedachungen genutzt.

Die globale Betrachtung – Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs – LCC) Wenn es um die Auswahl von Materialien und Konstruktionsmöglichkeiten für ein Gebäude geht, sind die Kosten nur ein Faktor, obwohl gerade dieser für den Bauherrn sehr wichtig ist. Seine Vorstellung davon, was er benötigt, und die Interpretation dieser Bedürfnisse durch den Architekten sind für die Umsetzung des Bauvorhabens entscheidend. Dabei müssen folgende Punkte berücksichtigt werden: • lokale Umgebung, Klima • Funktionen des Gebäudes, Raumprogramm • notwendige Nutzungsflexibilität • gestalterische Aspekte • konstruktive Anforderungen • Zeitplanung • Energieeffizienz • Ver- und Entsorgung, Erschließung • Ortsgegebenheiten (z. B. Bodenbeschaffenheit), Himmelsrichtungen • Regulierungen (z. B. im Bereich Gesundheit und Sicherheit) • Erfahrungen der zur Verfügung stehenden Bauleistungserbringer, Ausführungsqualität • möglicher Mehrwert der Immobilie durch Materialwahl und Ausstattung • Kostenrahmen Die Zeitplanung ist besonders dann von Bedeutung, wenn beispielsweise in der Industrie das Gebäude ein wichtiger Teil eines Geschäftsplans des Bauherrn ist, z. B. als Bestandteil einer Produktionsausweitung, der komplett neuen Produktionslinie eines Unternehmens oder wenn öffentliche Einrichtungen untergebracht werden sollen. In solchen Fällen kann die Auswahl des Materials darüber mitentscheiden, ob dem Bauherrn die Fertigstellung innerhalb eines gegebenen Zeitrahmens gelingt und er so z. B. eine zeitlich terminierte Geschäfts-

gelegenheit ausnutzen kann. Die Vorteile, die sich dann aus der Einhaltung des Zeitplans ergeben, gleichen eventuelle zusätzliche Investitionskosten aus. Im Bereich der Verfahrenstechnik sind Bauherren eher bereit, einen Aufschlag für das Einhalten der Zieldaten zu zahlen, als einen verspäteten Start der Herstellung eines neuen Produkts hinzunehmen. Wenn der Bauherr ausschließlich baut, um die Immobilie zu vermieten oder zu verkaufen, lassen sich mit der richtigen Zeitplanung Vorleistungen und Darlehen reduzieren. Gleichzeitig sollte das Gebäude den Markt dann erreichen, wenn die Möglichkeit besteht, den Miet- oder Verkaufspreis zur Deckung der Investitionskosten zu maximieren. Ein sich daraus ergebender größerer Investitionsaufwand für eine Bauweise, die Ziele eines zeitkritischen Projekts einzuhalten vermag, können sich für diesen Bauherrn bezahlt machen und ihm höhere Gewinne einbringen. Das Konzept, alle Aspekte zu betrachten, die das Projekt mit sich bringt, stimmt mit dem Ziel des Gesamtergebnisses überein, das das Unternehmen erzielt, das dieses Gebäude nutzt [2]. Ein ähnlicher Ansatz kann auch für öffentliche Gebäude von Nutzen sein. Ansatz der Lebenszykluskosten

Der allgemeine Trend im Bau bestand lange Zeit darin, sich auf die Erstkosten bzw. die Investitionskosten zu konzentrieren, ohne die Kosten zu berücksichtigen, die sich über die Lebensdauer eines Gebäudes ergeben. Mit der zunehmenden Nutzung von Beschaffungsvereinbarungen wie der öffentlich-privaten Partnerschaft (ÖPP oder Public Private Partnership – PPP), der Private Finance Initiative (PFI) und der zunehmenden Relevanz von Ökobilanzen (siehe Ökobilanzierung, S. 128ff.) sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor sind die Lebenszykluskosten stärker in den Mittelpunkt des Interesses gerückt. Darüber hinaus ziehen es die anspruchsvolleren Investoren im Immobilienbereich vor, in Gebäude zu investieren oder solche zu mieten, die niedrigere Betriebs- und Instandhaltungskosten nachweisen und über einen langen Zeitraum mit einem ansprechenden ästhetischen Erscheinungsbild aufwarten können oder über spezifische Quali-

141

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

Lebenszyklusvollkosten (Whole Life Costs – WLC) 1. sonstige, nicht direkt gebäudebezogene Kosten (Non-construction Costs) • Kosten für Grund und Boden sowie Herrichtung des Grundstücks • Finanzierungskosten • Kosten für strategisches Immobilienmanagement • Nutzungsgebühren • Verwaltungskosten • Steuern • sonstige Kosten 2. Einnahmen und Erträge (Income) • Einnahmen und Erträge aus Verkäufen

täten und Zertifizierungen eine dauerhafte Auslastung versprechen. Dies kann entweder über individuelle Verfahren oder über Nachhaltigkeitsbewertungen z. B. der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB), LEED oder BREEAM erfolgen (siehe Nachhaltigkeitsbetrachtung auf Gebäudeebene, S. 129f.). Ende der 1990er-Jahre beschäftigte sich eine Studie mit den langfristigen Kosten, die im Zusammenhang mit Eigentum und Nutzung von Bürogebäuden entstehen [3]. Diese auf einem Bürogebäude in London basierende Untersuchung stellte für die Kosten, die über einen Zeitraum von 20 Jahren anfallen, das Verhältnis C 1 : F 5 : S 200 auf:

Gebäudeart

jährliche Baufolgekosten in % der Herstellkosten

Jahre

Verwaltungsgebäude

8,5 %

11–12

Produktionsgebäude

10 %

10

Wohnungsbau

0,5 – 2 %

20 – 50

Schulen und Kindergärten

31 %

3–4

Krankenhäuser

26 %

4

Hallenbäder

21 %

4–5

Sporthallen

17 %

5–6

Freibäder

15 %

6 –7

Verkehrsanlagen

10 %

10

C

Die Europäische Kommission hat den Einsatz von Tools und Kriterien zur Betrachtung der Lebenszykluskosten in allen Schlüsselphasen des Bauprozesses als eine der wichtigsten Möglichkeiten zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit im Bausektor erkannt [6]. Bauherren und insbesondere die Planer können auf dieser Basis unter Berücksichtigung nicht nur der Erstinvestitionskosten, sondern auch der Folgekosten die verschiedenen Möglichkeiten zur Erfüllung ihrer Anforderungen fundiert bewerten und dabei gleichzeitig Überlegungen hinsichtlich der Umweltverträglichkeit einfließen lassen. Die Lebenszykluskostenbetrachtung ist definiert als eine »wirtschaftliche Bewertungsmethode, bei der alle relevanten Kosten über einen festgelegten Zeitraum (Untersuchungszeitraum) betrachtet werden, einschließlich der Anpassung des Zeitwerts des Geldes«[7]. Die Definition gilt auch für die Lebenszyklusvollkostenbetrachtung (Whole Life Costs – WLC), nach der sich gemäß der Kostenaufschlüsselung in ISO 15 686 »Hochbau und Bauwerke – Planung der Lebensdauer – Teil 5: Kostenberechnung für die Gesamtlebensdauer« die Kosten für ein Gebäude unterteilen lassen (Abb. C 2.4). Auch die umweltbezogenen Kosten sollten im Rahmen des WLC- oder LCC-Konzepts betrachtet werden. Sie hängen von den nationalen behördlichen und gesetzlichen Anforderungen ab sowie der Planung und der Umweltstrategie des Bauherrn (Abb. C 2.2, S. 141). Allen Lebenszykluskosten liegen umweltbezogene und soziale Kosten, einschließlich die der nachhaltigen Entwicklung, zugrunde. Die volkswirtschaftlichen Kosten, die gesellschaftlichen Änderungen und die unvermeidbaren Auswirkungen auf die Umwelt befinden sich bei einer optimalen nachhaltigen Entwicklung im Gleichgewicht – ein Grundgedanke, der sich in aktuellen Planungsansätze noch nicht wiederfindet. Derzeit berücksichtigt wird hingegen die graue Energie in Bauprodukten. Die bestehenden Bewertungsverfahren bieten schon jetzt gute Planungsgrundlagen, bedürfen jedoch weiterer Optimierung. Hierzu zählt die Einführung von

C 2.5

• Bezüge von Dritten während des Betriebs • Steuern auf Einnahmen und Erträge • Verluste durch Betriebsstörung • andere Einnahmen und Erträge 3. Kosten im Zusammenhang mit externen Effekten (Externalities) 4. Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs – LCC) a Baukosten (Construction) • Kosten für Planung und Beratung • Kosten für das Grundstück • Baukosten • Kosten für Erstanpassung oder Renovierung • Steuern • sonstige Kosten b Betriebskosten (Operation) • Miete • Versicherungen • Kosten für externe Überwachung • Ver- und Entsorgung • Steuern • sonstige Kosten c Kosten für Reinigung, Pflege und Instandhaltung (Maintenance) • Kosten für Pflege- und Instandhaltungsmanagement • Kosten für Anpassung oder Renovierung im Betrieb • Kosten für Reparatur und Erneuerung von kleineren Komponenten und Teilsystemen • Kosten für Systemerneuerung und Austausch von größeren Komponenten • Kosten für Gebäudereinigung • Kosten für Pflege und Instandhaltung von Außenanlagen • Kosten für Umgestaltung der Raumausstattung • Steuern • sonstige Kosten d Kosten am Ende der Nutzungsdauer (End of Life) • Kosten für Begutachtung • Kosten für Abriss und Entsorgung • Kosten für Wiederherstellung des vertraglich vereinbarten Zustands • Steuern • sonstige Kosten C 2.4

142

Investitionskosten (Capital Cost, ausgenommen Grundstückskauf) F Facility Management oder Betriebskosten S Kosten für die Bereitstellung von endgültigen Dienstleistungen bei der Nutzung des Gebäudes (Personal – Staffing) Eine aktuellere Analyse zweifelte die Ergebnisse der Untersuchung an [4]. Sie kam zu einem Verhältnis von nur C 1 : F 3 : S 5. Trotz der Unterschiede zeigen beide Ergebnisse, dass die Betriebskosten über die gesamte Lebensdauer eines Gebäudes von Bedeutung sind (Abb. C 2.5, C 2.13 und C 2.14, S. 146) und die in der Planungs- und Bauphase getroffenen Entscheidungen in hohem Maß beeinflussen (Abb. C 2.3, S. 141). Geeignete Produkte mit entsprechenden Spezifikationen können die Wartungskosten minimieren und den Betriebskostenaufwand über die Lebensdauer des Gebäudes verbessern, insbesondere im Hinblick auf den Energieverbrauch. Der Mehrwert des »besseren Gebäudes« lässt sich durch niedrigere Mitarbeiterkosten oder das höhere Bruttoergebnis (weniger Kosten für Einstellung und Bindung von Mitarbeitern, weniger Ausfallzeiten oder höhere Produktivität) nachweisen [5]. Es ist mittlerweile allgemein anerkannt, dass eine Methode zur Lebenszykluskostenbetrachtung eine der Grundlagen für die Bewertung der Nachhaltigkeit von Bauvorhaben darstellen muss. Verschiedene Methoden für die Messung von Nachhaltigkeitsindikatoren wie BREEAM (GB), BEES (USA), LEED (USA), DGNB (D) und HQE (F) wurden entwickelt und viele anderen befinden sich noch in der Entstehungsphase. Allerdings sind sie im Vergleich miteinander nicht immer sehr kohärent. Die Bedeutung dieser Gütesiegel für das Marketing und die Vermarktung von Gebäuden, Büroräumen und Häusern steigt. Auch der gute Ruf, der mit der Zertifizierung einhergeht, spielt in diesem Zusammenhang eine immer größere Rolle. Lebenszykluskostenbetrachtungen und wirtschaftliche Aspekte als wesentliche Bestandteile der Nachhaltigkeit gewinnen daher für die Bewertung von Gebäuden zunehmend Bedeutung (siehe Stahl und Nachhaltigkeit, S. 126ff.).

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

C 2.4 Lebenszyklusvollkosten einer Immobilie in Anlehnung an ISO 15 686-5 C 2.5 Verhältnis der jährlichen Baufolgekosten zu den Herstellkosten sowie Zeiträume, nach denen die Baufolgekosten mit den Herstellkosten gleichziehen bei verschiedenen Gebäudearten C 2.6 Auditorium, Forum Barcelona (E) 2004, Herzog & de Meuron C 2.7 benötigte Größen für eine Lebenszykluskostenberechnung

C 2.6 benötigte bzw. festzulegende Größen für eine Lebenszykluskostenberechnung Gebäude- und Nutzungsart, funktionale Äquivalente, Service Level Standortbedingungen und Besonderheiten Betrachtungszeitraum in Jahren Hinweise zu Art und Umfang berücksichtigter Kostenarten der • Baukosten • Nutzungskosten Festlegungen zur Art des Umgangs mit • Kosten für Rückbau und Beseitigung • einem Restwert (Ende Betrachtungszeitraum) • Einnahmen und Erlösen • Förderungen Vorgaben bzw. Angaben zum Detaillierungsgrad der Kostenermittlung Bezugsgröße Diskontierungszinssatz [%] Preisstand der Baukosten Preisstand der Nutzungskosten Angaben zur Art des Umgangs mit der Mehrwertsteuer Grundlagen und Annahmen zur Ermittlung von • Baukosten • Energiekosten • Kosten für Wasser und Abwasser • Reinigungskosten inkl. Flächen • Kosten für die Bedienung • Kosten für Wartung und Inspektion • Instandsetzungskosten • Kosten für Rückbau und Beseitigung

Prozessen, wie die europäische Umweltproduktdeklaration (siehe Environmental Product Declaration (EPD), S. 129) für die Bewertung dieses Aspekts sowie die Entwicklung verschiedener Datenbanken, die heute in erster Linie auf nationaler Ebene funktionieren. Aussagen, dass nachhaltiges Bauen die Lebenszyklusvollkosten um 10 –15 % steigere, stellen eine grobe Vereinfachung dar. Unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten gilt die Empfehlung, nur überprüfbare Fakten aus zuverlässigen Quellen in die Berechnung des realen Bauvorhabens aufzunehmen. Die Herausforderung besteht jedoch darin, die anfänglich gegebenenfalls höheren Baukosten für nachhaltigere Gebäude den Vorteilen gegenüberzustellen, die sich aus der Investition in günstigere Betriebs-, Unterhaltungs- und Nachnutzungskosten des Gebäudes ergeben. Eine nachhaltige Ausführung erhöht unter Umständen die Errichtungskosten, langfristig ist sie aber in Bezug auf die Lebenszyklusvollkosten oder die Lebenszykluskosten günstiger. Die Stahlindustrie bietet hierzu bereits heute verschiedene Komponenten und Konstruktionssysteme an, die zu wettbewerbsfähigen Preisen eine deutliche Energieeinsparung möglich machen.

Lebenszykluskosten – Kostenzuweisung einschließlich Kostenplanung

Quellen für rechnerische Nutzungsdauer der Bauteile, ggf. inklusive Zu- und Abschläge Stundenverrechnungssätze für ausgewählte Dienstleistungen (z. B. Reinigung) [€/h] Preise bzw. Tarife für • Energieversorgung • Wasserversorgung • Abwasserentsorgung jährliche Preissteigerung, ggf. getrennt für unterschiedliche Kostenarten [%] für • Heizenergie • Elektroenergie • Wasser und Abwasser • Stundenverrechnungssätze (Reinigung) • Betriebsführung • Inspektions- und Wartungsarbeiten • Instandsetzungsarbeiten

Nicht alle Kosten sind für jede Lebenszykluskostenberechnung relevant. Einige können vernachlässigt werden, während andere die Entscheidung nicht beeinflussen, da diese Kosten bereits festgelegt sind oder sie keine Auswirkungen auf die Lebenszykluskosten haben. Dies hängt in erster Linie von der Gewichtung und der Bedeutung der verschiedenen Aspekte in einem Bauprojektprogramm oder von den Anforderungen und Prioritäten des Investors ab. Die beiden wichtigsten Gründe für die Durchführung einer Lebenszyklusanalyse sind: • Vorhersage eines Cashflow über einen festgelegten Zeitraum zu Budget-, Kostenplanungs-, Kostenabstimmungs- und Auditzwecken

• Vergleich der Kostenbewertungen der Ausführungsoptionen (Wertanalyse) oder Bewertung von Ausschreibungsangeboten In allen Fällen gilt: Je früher diese Betrachtung für das Projekt erfolgt, vorzugsweise in einer frühen Planungs- oder Entwicklungsphase, desto größer sind die potenziellen Vorteile (Abb. C 2.3, S. 141). Im Zusammenhang mit einer Lebenszykluskostenbetrachtung müssen fünf wichtige Kriterien definiert werden: • Lebens- bzw. Nutzungsdauer • Zinssatz für die Abzinsung und zukünftiger Inflationswert • Wert der zukünftigen Kosten und Einnahmen (Nominalkosten) • aktuelle Kosten (reale Kosten) • Rest- und Endwerte Reale Kosten sind die laufenden Kosten zum Bezugsdatum, bei dem es sich um den Zeitpunkt handelt, an dem der Investitionsaufwand abgeschlossen ist und der erfolgswirksame Aufwand beginnt. Nominalkosten sind die zukünftig anfallenden Kosten, die zur Abbildung ihres Werts zum Bezugsdatum diskontiert werden (Abb. C 2.7). Der Bewertungszeitraum hängt von der Zielsetzung der Betrachtung ab. Bei Beschaffungsverfahren über PPP oder PFI benötigt der Gebäudenutzer einen längeren Bewertungszeitraum, der nicht nur den Bauprozess berücksichtigt, der z. B. für ein typisches Raumprogramm für öffentliche Schulen in Großbritannien zwischen 9 und 18 Monaten liegt, mit einer Bauzeit von 18 Monaten, sondern es muss außerdem die gesamte wirtschaftliche Nutzungsdauer (ca. 60 Jahre für eine Schule) betrachtet werden, auch wenn der Konzessionszeitraum kürzer sein kann (ca. 25 Jahre). Der Bauherr muss sicherstellen, dass der PPP-Anbieter beide Zeitspannen berücksichtigt, andernfalls kann es sein, dass sich das Gebäude nach Ablauf des PPP-Vertrags nicht mehr für den beabsichtigten Zweck eignet. Deshalb ist es wichtig, die erwartete Lebensdauer verschiedener Gebäudebestandteile grob zu definieren: • Tiefbau/oberirdische Tragkonstruktion (ca. 50 −90 Jahre)

C 2.7

143

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

• Komponenten (30 −35 Jahre) • Oberflächen (5−20 Jahre, abhängig von der Ausführung, z. B. Lacke, Beschichtungen) • Haustechnik (1−20 Jahre, abhängig von der Einbausituation) • Einrichtungen im Außenbereich und erwartete Lebensdauer der Komponenten Außerdem lassen sich die folgenden Zeiträume definieren [8]: • wirtschaftliche Nutzungsdauer: Nutzungszeitraum, der zur Erfüllung eines geforderten funktionalen Ziels die geringsten Kosten verursacht • technische Lebensdauer: Dieser Zeitraum endet, wenn das Gebäude in technischer Hinsicht alternativen Möglichkeiten nicht mehr überlegen ist. • funktionale Lebensdauer/Dauerhaftigkeit: Nach Ablauf dieses Zeitraums kann das Gebäude nicht mehr die Funktion, für die es gebaut wurde, erfüllen. • physische Lebensdauer: Nach Überschreitung der physischen Lebensdauer ist der Einsturz möglich. • rechtliche Lebensdauer: Nach Ablauf dieses Zeitraums erfüllt das Gebäude die rechtlichen oder gesetzlichen Anforderungen nicht mehr. • soziale Lebensdauer: Das Ende dieses Zeitraums ist erreicht, wenn aus Gründen, die nicht auf wirtschaftlichen Erwägungen beruhen, ein Ersatz gewünscht wird. In der Praxis werden häufig kürzere Zeiträume betrachtet. Für viele gewerbliche Immobilien bestimmt der Zeitpunkt, in dem sich die Investition amortisiert bzw. in die Gewinnzone eintritt, die untersuchte Dauer. Bei öffentlichen Gebäuden legt der Staat den Zeitraum fest; die Zinsraten der britischen Regierung basieren beispielsweise auf einer Dauer von 30 Jahren. Bei Vorhersagen über längere Zeiträume steigt die Anzahl und Varianz unkontrollierbarer Variablen, die sich umso stärker auf das Ergebnis auswirken, je länger die Zeiträume bemessen sind. Dabei können zwei Abzinsungsverfahren zum Einsatz kommen: die Annuitäten- und die Kapitalwertmethode. Letztere wird für Immobilienwerte bevorzugt verwendet. Bei diesem Verfahren findet ein Vergleich des Geldwerts zum heutigen Zeitpunkt mit dem Wert in der Zukunft statt. Dahinter steht die Theorie, dass der Euro zukünftig infolge von Inflation an Wert verliert und die Kaufkraft des Geldes geringer ist. Hingegen können die heute zur Verfügung stehenden Mittel investiert werden und dadurch wachsen. Dies drückt die folgende Formel aus: KW = ΣTt = 0 C/(1 + r)t KW T r C

Kapitalwert untersuchter Zeitraum Abzinsungszinssatz abzuzinsende Summe

Barwertfaktoren – Modified Uniform Present Value (UPV) Factors (Abzinsungsrate r = 8 %) Jahr 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15

3%

4%

Eskalationsraten 5% 6% 7%

0%

1%

2%

0,926 1,783 2,577 3,312 3,993 4,623 5,206 5,747 6,247 6,710 7,139 7,536 7,904 8,244 8,559

0,935 1,810 2,628 3,393 4,108 4,777 5,402 5,987 6,534 7,046 7,525 7,972 8,391 8,782 9,148

0,944 0,954 0,963 0,972 0,981 1,836 1,863 1,890 1,917 1,945 2,679 2,731 2,783 2,836 2,890 3,474 3,558 3,643 3,730 3,818 4,226 4,347 4,471 4,598 4,729 4,936 5,099 5,268 5,443 5,623 5,606 5,817 6,036 6,264 6,500 6,239 6,501 6,776 7,062 7,361 6,837 7,154 7,488 7,838 8,207 7,401 7,777 8,173 8,593 9,036 7,935 8,370 8,834 9,326 9,850 8,438 8,937 9,469 10,040 10,650 8,914 9,476 10,080 10,730 11,430 9,363 9,991 10,670 11,410 12,200 9,787 10,480 11,240 12,060 12,960

0,991 1,972 2,945 3,908 4,863 5,809 6,745 7,674 8,593 9,505 10,410 11,300 12,190 13,070 13,940

8% 1,000 2,000 3,000 4,000 5,000 6,000 7,000 8,000 9,000 10,000 11,000 12,000 13,000 14,000 15,000

9% 1,009 2,028 3,056 4,093 5,141 6,197 7,264 8,341 9,427 10,520 11,630 12,750 13,870 15,010 16,160

10 %

11 %

12 %

1,019 2,056 3,112 4,189 5,285 6,401 7,538 8,696 9,876 11,080 12,300 13,550 14,820 16,110 17,430

1,028 2,084 3,170 4,286 5,432 6,611 7,823 9,068 10,350 11,660 13,010 14,400 15,830 17,300 18,810

1,037 2,112 3,228 4,384 5,584 6,828 8,118 9,455 10,840 12,280 13,770 15,320 16,920 18,590 20,310 C 2.8

Der gewählte Zinssatz ist der Prozentsatz, der dazu dient, den Kapitalwert zu ermitteln. Er spiegelt den Zeitwert des Geldes unter Berücksichtigung der vorherrschenden Inflationsrate und des Zeitraums wider. Als Alternative zur Berechnung mit der obigen Formel stehen auch Tabellen bereit, in denen die verschiedenen Zinssätze und Zeiträume aufgeführt sind (Abb. C 2.8). Beispielsweise betrug im Januar 2009 der von der britischen Regierung festgelegte Zinssatz für Projekte im öffentlichen Sektor 3,5 %, und er war für alle Kostenuntersuchungszeiträume von bis zu 30 Jahren geeignet. Die DGNB rechnet hingegen immer mit Zeiträumen von 50 Jahren einheitlich mit einem Diskontierungszinssatz von 5,5 % pro Jahr und mit einer generellen Preissteigerung von 2 % sowie einer Energiesteigerung von 4 %. Bei privaten Kunden gilt für jeden Kunden ein eigener Zinssatz. Dabei stellt sich die Frage, welchen Gewinn ein Euro generieren würde, wenn er in eine unternehmerische Aktivität statt in das Gebäude flösse. Die Optionen im privaten Sektor sollten ebenso daraufhin geprüft werden, wie stark sich variierende Zinssätze auf das Ergebnis auswirken.

Am Ende eines Bewertungszeitraums können Elemente und Komponenten vorhanden sein, die während des Zeitraums ausgetauscht wurden und somit einen Recycling- oder Schrottwert haben, sozusagen einen Endwert, der als Guthaben in die LCC-Berechnung einfließt. Diejenigen, die sich am Ende des Zeitraums noch weiter nutzen lassen, sollten mit diesem Wert dem Restwert gutgeschrieben werden. Die Genauigkeit der Kalkulation hängt letztendlich immer von der Zuverlässigkeit der Daten ab, anhand derer die zukünftige Leistung des Gebäudes, der Elemente oder der Baustoffe vorhergesagt wird. Die Grundlage bilden Daten aus der Vergangenheit und die aktuellen Berechnungen sowie Vorhersagen für die Zukunft: • Über frühere Daten können die Aufzeichnungen der Gebäude- und Facility-ManagementBerater Auskunft geben. Auch Baubetriebe und Planungsberater mit langjähriger Erfahrung verfügen möglicherweise über nützliche Angaben. Unabhängige und veröffentlichte Daten sind allerdings nur in begrenztem Umfang vorhanden und in einigen Ländern ausführlicher als in anderen. In Deutschland

Rahmenbedingungen

Stahlverkleidung A

Stahlverkleidung B

Investitionskosten

40 000 €

55 000 €

Häufigkeit der Neubeschichtung

10 Jahre

20 Jahre

Kosten für Neubeschichtung

10 000 €

20 000 €

Lebensdauer des Gebäudes

40 Jahre

40 Jahre

Diskontierungszinssatz

3%

3%

Lebensdauer des Materials

20 Jahre

40 Jahre

Es wird angenommen, dass die jährlichen Wartungs- und Reinigungskosten und der Restwert identisch sind. Lebenszykluskostenanalyse (Barwerte)

Stahlverkleidung A

Stahlverkleidung B

Investitionskosten

40 000 €

55 000 € –

Neubeschichtung A Jahr 10

10 000 € ≈ 0,744 Zeitwert

7440 €

Austausch Material A Jahr 20

40 000 € ≈ 0,554 Zeitwert

22 160 €

Neubeschichtung B Jahr 20

20 000 € ≈ 0,554 Zeitwert

Neubeschichtung A Jahr 30

10 000 € ≈ 0,412 Zeitwert

Gesamt

11 080 € 4120 €



73 720 €

66 080 €

Verkleidung B ist 11,56 % günstiger, obwohl der ursprüngliche Kapitalaufwand 37,5 % höher liegt. C 2.9

144

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

z. B. gibt der Baukostenindex (BKI) die Entwicklung der Preise der jeweiligen Gebäudeart gegenüber einem Bezugsjahr an. Das statistische Bundesamt ermittelt den BKI alle drei Monate. Wichtig ist vor allem, dass die Daten für die Umgebung und die beabsichtigte Nutzung des im Rahmen einer Lebenszykluskostenbetrachtung untersuchten Objekts relevant sind. Zur Verdeutlichung beschäftigt sich das folgende Beispiel mit zwei identischen Gebäuden: Das eine Gebäude befindet sich an der irischen Atlantikküste und ist ständig Wind vom Meer und Regen ausgesetzt, das andere liegt mitten in Spanien, wo Sommer mit trockener Hitze und kühlere Winter vorherrschen. Das Korrosionspotenzial an den beiden Standorten ist überaus unterschiedlich, und wenn das Korrosionsschutzsystem nicht an die lokale Umgebung angepasst wird, sind die Daten dieser Projekte aufgrund ihrer unterschiedlichen Bedingungen in diesem Punkt nicht miteinander vergleichbar. Die Daten müssen also einen lokalen Bezug haben. Der Korrosionsschutz kann somit an bestimmten Standorten auch einen wirtschaftlichen Aspekt darstellen, da das System eine definierte Lebensdauer besitzt. • Aktuelle Daten können ebenfalls von Gebäude- oder Facility-Managern, Bauunternehmern, Herstellern und Lieferanten eingeholt werden. Beispielsweise geben Hersteller für einige farbbeschichtete Stahlverkleidungen eine Lebensdauer von bis zu 40 Jahren je nach Umwelteinwirkung an. Der angebotene Garantiezeitraum für das Produkt sollte mindestens die erwartete Lebensdauer betragen. Von den meisten Produkten oder Komponenten jedoch wird erwartet, dass sie ihre Funktionstüchtigkeit weit über die Garantiezeiträume hinaus behalten. • In die Zukunft gerichtete Kalkulationen wie z. B. zum Energieverbrauch können Energie-

berater mithilfe von Simulationssoftware durchführen. Die Einführung von Stahl als Baustoff beruhte damals vor allem auf vorhersagenden Berechnungen, die Ingenieure zu seinem Verhalten unter Beanspruchung durchgeführt hatten. Solche Daten müssen natürlich durch weitere projektbezogene Berechnungen eines Ingenieurs eingehender bearbeitet werden, um die geeignetste Lösung zu finden. Die dem Bauherrn vorzulegende Lebenszykluskostenbetrachtung muss individuell auf das geplante Gebäude abgestimmt sein. Wenn beispielsweise nicht der Bauherr oder Käufer der Immobilie selbst für Wartungs- und Betriebskosten verantwortlich sein wird und er für die reduzierten Lebenszykluskosten des Gebäudes keine höhere Miete ansetzen kann, dann können niedrigere Investitionskosten der ausschlaggebende Faktor sein. Eine Betrachtung der Lebenszykluskosten schon zu Beginn der Planungsphase durchzuführen, um die Konzeptionierung des Projekts zu optimieren, erfordert einen ganzheitlichen Ansatz. Eine gute Zusammenarbeit aller Planungsbeteiligter, bei der jeder nicht nur nach dem eigenen Nutzen entscheidet, und eine klare Zuweisung der potenziellen Vorteile sind wesentlich für den Erfolg. Die Definition der Vorteile für den Investor sind Teil der Lebenszykluskostenbetrachtung, und im Hinblick auf die erzielbaren Mieten sind Betriebs- und Wartungskosten zu berücksichtigen, selbst wenn er diese nicht direkt trägt. So können niedrigere Lebenszykluskosten den erzielbaren Gewinn für den Bauträger gewerblicher Projekte steigern und die Vorteile eines »besseren Gebäudes« lassen sich in einen Mehrwert umwandeln. Tatsache ist jedoch, dass die Qualität oder die Nachhaltigkeit eines Gebäudes im Sinn des Lebenszykluskostenmodells nicht zwangsläufig die Schlüsselfaktoren sein müssen, die den Wert

C 2.10

einer Immobilie beeinflussen. Andere Aspekte wie der Standort und baurechtliche Anforderungen haben ebenfalls einen bedeutenden Einfluss auf den Wert und führen zu unterschiedlichen Nachhaltigkeitsverständnissen. Eine Betrachtung der Lebenszykluskosten sollte dennoch im Rahmen der Erarbeitung des übergeordneten Entwicklungsbudgets erfolgen, da sie zur Bestimmung der Vorteile, die durch die Investition in das Projekt überhaupt erst möglich sind, beiträgt. Eine solche Betrachtung wäre sinnlos, wenn sich dadurch nicht Vorteile für die Beteiligten des Projekts ergäben. Ein besseres Verständnis der Lebenszykluskosten und der Nachhaltigkeitsfaktoren im Zusammenhang mit der Immobilienbewertung wird dafür sorgen, dass diese

C 2.8

Beziehung zwischen Ergebnissen/Zeitplanung in einer Lebenszyklusbetrachtung C 2.9 Beispiel für einen Lebenszykluskostenvergleich zwischen zwei Stahlverkleidungsoptionen C 2.10 Umwandlung eines U-Boot-Bunkers in ein Kulturzentrum, Alvéole 14, Saint-Nazaire (F) 2007, LIN Finn Geipel + Giulia Andi C 2.11 Dachaufsicht, Alvéole 14

C 2.11

145

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

C 2.12 nachhaltiges Bürogebäude, Kraanspoor, Amsterdam (NL) 2007, OTH Ontwerpgroep Trude Hooykaas C 2.13 Betriebskosten je m2 Mietfläche bei einem Verwaltungsgebäude nach der Studie OSCAR 2008 C 2.14 Lebenszyklus- und Investitionskosten pro Jahr nach Bauteilen (CH) C 2.15 spiegelnde Edelstahlfassade, Fabrikgebäude Aplix, Nantes (F) 2000, Dominique Perrault C 2.12

Aspekte mittel- und langfristig die Mieten und den Wert der Immobilie stärker beeinflussen. Aufbauend auf den Erläuterungen zur Notwendigkeit der Betrachtung der Lebenszyklusvollkosten und der Lebenszykluskosten wird im Folgenden dargestellt, wie sich dies auf Stahl als Baustoff anwenden lässt.

Lebenszykluskosten – Stahlskelette und Stahlprodukte Im Hinblick auf das Tragwerk ist der wichtigste zu berücksichtigende Aspekt normalerweise die potenzielle physische Lebensdauer eines Gebäudes. Stahlkonstruktionen

Im Vergleich der beiden Bauweisen in Stahl und Stahlbeton – entweder als Fertigteile oder als Ortbeton –, besitzt Stahl unabhängig von

Kostenart

Kennwert OSCAR 2008 bezogen auf Mietfläche (Euro/m2a)

infrastrukturelle Dienstleistung Unterhaltsreinigung und Pflege

0,25

Schutz und Sicherheitsdienst

0,31

technische Dienstleistung Bedienung

0,29

Inspektion und Wartung

0,42

Verbrauchsmedien, kommunale Abgaben Wärme

0,46

Elektrizität

0,33

Wasser und Abwasser inkl. Niederschlag

0,12

Entsorgungsaufwendungen

0,09

sonstige Betriebskosten Objektverwaltung (Personal)

0,25

Grundsteuer, Abgaben

0,48

Versicherung

0,14

Summe

3,14

Tragsysteme Planer ziehen die Stahlskelettbauweise für die Errichtung von Gebäuden üblicherweise als eine wirtschaftliche Option in Erwägung, wenn sie durch größere Spannweiten große Freiflächen erzeugen möchten, z. B. in Industriegebäuden, für große Verkaufsflächen oder Großraumbüros (Abb. C 1.19, S. 135). Normalerweise führt dies dazu, dass die Außenwände nicht tragend sind, was wiederum ausgedehnte Flächen aus Glas oder große, zusammenhängende Fassadenflächen ermöglicht. Bei mehrgeschossigen Bauten bietet die Stahlskelettbauweise eine wirtschaftliche Lösung, da die schlanken und äußert tragfähigen Stahlstützen in hohen Gebäuden nicht viel Platz einnehmen und dadurch wirtschaftliche und flexible Grundrisskonzepte ermöglichen. Beleuchtungskörper Stützen Gebäudegestaltung Beschilderung Gebäudeautomation Außenwände UG Kanalisation nutzungsspezif. Möbel Innenwände (Rohbau) Decken, Treppen Küchen Fundamente Sicherheitsanlagen Transportanlagen Grünflächen Deckenbekleidungen Außenwände EG, OG Dächer Einbauten Heizungsanlagen lufttechnische Anlagen Wandbekleidungen Trennwände, Innentüren Starkstromanlagen Bodenbeläge Fenster, Außentüren (Ab)Wasseranlagen

Investitionskosten Lebenszykluskosten

0 C 2.13

146

der für die Immobilie geforderten Lebensdauer das Potenzial für einen größeren Restwert.

300000 600000 900000 Kosten [CHF/a] C 2.14

Selbst bei Geschossbauten mit ein bis vier Etagen, bei denen allgemein angenommen wird, dass eine traditionelle Massivbauweise wirtschaftlicher sei als eine Skelettbauweise, können zusätzliche Investitionskosten für ein solches Tragwerk berechtigt sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn es dem Gebäude eine größere Flexibilität während seiner Lebensdauer verleiht und wenn sich letztlich die Wartungs- und Betriebskosten verringern lassen. So bieten tragende Innenwände z. B. in Laborbauten keine großen Vorteile, da davon auszugehen ist, dass sich die Raumaufteilung solcher Gebäude häufig ändert. Wenn sich der Schallschutz anders als über die Masse der Wände bewältigen lässt, ermöglicht gerade die Stahlskelettbauweise ein höheres Maß an Flexibilität in Bezug auf die Raumaufteilung, da Trennwände in Leichtbauweise kostengünstig wieder zu entfernen sind. Die Betrachtung der Lebenszykluskosten zeigt hier, dass zusätzliche Erstinvestitionskosten dem Bauherrn in Zukunft größeren funktionalen Gestaltungsspielraum bieten. Diese Optionen müssen insbesondere bei öffentlichen Gebäuden wie Bildungseinrichtungen oder Gesundheitsinstitutionen in Erwägung gezogen werden, deren Lebensdauer 50 Jahre oder mehr betragen soll und bei denen die Möglichkeit zukünftiger Anforderungsänderungen zu berücksichtigen ist. Gebäude, die ein Menschenleben lang halten sollen, ändern häufig mehrmals in diesem Zeitraum ihre Funktion. Je länger die anfänglich veranschlagte Lebensdauer eines Gebäudes ist, umso wichtiger ist es, in diesem Punkt Fehler zu vermeiden. Bei der Planung von Krankenhäusern beispielsweise kommt es oft bereits zwischen der Konzipierungsphase und dem endgültigen Bau zu bedeutenden Änderungen. Weitere Anpassungen ergeben sich während der Lebensdauer des Gebäudes infolge laufender Fortschritte im Bereich der Untersuchung und Behandlung, medizinischer Geräte und funktionaler Abläufe. So bestünde z. B. die Möglichkeit, durch die Stahlrahmenbauweise große, offene Bereiche für die Unterbringung der OP-Räume zu schaffen. Diese wiederum können aus speziellen Standard-Trennwand-Systemen für Reinräume mit effizienten Verbindungsfluren innerhalb und

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

außerhalb des Reinraumbereichs erstellt werden und die großen Raumkapazitäten bieten, die zur technischen Versorgung der OPs aus dem Deckenbereich erforderlich sind. Auch bei den Pflegestationen ermöglicht eine klare Stahlskelettbauweise die schnelle Einbringung ganzer Raummodule. So bieten z. B. vorgefertigte Nasszellen größte Dichtigkeit, eine schnelle Installation und minimale Bautoleranzen. Besonders in der Sanierung bedeutet dies geringe Baustellenaktivitäten und eine kurze Zeitspanne des Verdienstausfalls, was die höheren Investitionskosten unter Umständen rechtfertigen kann. Die Stahlskelettbauweise wird allgemein als die Bauweise angesehen, die die größte Flexibilität bietet, da hier interne Grundrissveränderungen mit nur minimalen Auswirkungen auf zukünftige Kosten möglich sind. Viele Probleme, die gemeinhin mit der vorhandenen Bausubstanz besonders im Bürobau auftreten, resultieren aus mangelnder Flexibilität. Als Folge entstehen zahlreiche isolierte Erweiterungen, während sich funktionale und umweltbezogene Änderungen nur durch radikale und teure Modernisierungen erreichen ließen. Angesichts der hohen Anfangsinvestitionen für Grundstückskauf und Realisierung eines Tragwerks sowie der Forderungen des nachhaltigen Bauens sollte die Alternative einer Stahlkonstruktion bei der frühen Betrachtung der Lebenszykluskosten berücksichtigt werden. Wenn die Stahlskelettbauweise in Erwägung gezogen wird, muss sie sich im Allgemeinen einem Vergleich mit den verfügbaren Alternativen stellen. Dies sind häufig Stahlbeton (Ortbeton oder vorgefertigte Betonteile) und – seltener – Holz. Den Ausschlag für eine endgültige Entscheidung geben schließlich neben den Investitionskosten besonders die Lebenszykluskosten und gerade in diesem Zusammenhang sollte die Stahllösung im Hinblick auf Brandsicherheit und Wetterfestigkeit zusammen mit den ästhetischen Anforderungen an das Gebäude als eine Option betrachtet werden. In eine vergleichende Analyse der Lebenszykluskosten muss die Lebensdauer des Gebäudes zusammen mit den Zeitspannen zusätzlicher Instandhaltungsmaßnahmen einfließen sowie der Restwert des Stahlskeletts im Vergleich zum Stahlbetonskelett. Im Allgemeinen kann man die Kosten für die Entsorgung und das Recycling reiner Stahlkonstruktionen mit null ansetzen (was eine grobe Vereinfachung darstellt), wohingegen für alle anderen Materialgruppen wie auch für ganze Betongebäude der recycelbare Anteil und die Entsorgungskosten detaillierter ermittelt werden müssen. Durch die konstruktionsimmanente Flexibilität kann jedoch bei Skelettbauten häufig anstelle der Entsorgung ein Nutzungswandel vollzogen werden, wie er heute bei der Umwandlung von Lagerhäusern in Innenstadtlagen z. B. in Wohnungen, Büros oder Hotels üblich ist. Wenn im Rahmen der Anforderungen des Bauherrn auch Optionen für alternative Nutzungen zu untersuchen sind, erfordert ein sachlicher

Vergleich auch eine Gegenüberstellung des Maßes an Flexibilität, das die jeweiligen Konstruktionsweisen bieten. Besteht ein solcher Bedarf an Flexibilität der Gestaltung, kann sich eine Stahlskelettbauweise als eine sehr anpassungsfähige Option erweisen. Stahlgüten und Profilformen Bei Stahl S 235 gemäß DIN EN 10 025 (entspricht A 36 nach der US-amerikanischen Norm ASTM) handelt es sich um den früher üblicherweise im Bauwesen eingesetzten mikrolegierten Stahl. Er wurde größtenteils durch die zugfestere Baustahlsorte S 355 gemäß DIN EN 10 025 (entspricht A 992) ersetzt, die für gewalzte Breitflanschträger zum Einsatz kommt ebenso wie dort, wo Einwirkungen aus seismischer Aktivität in der Planung berücksichtigt werden müssen. Dieser festere Stahl kann das Gesamtgewicht um 10 –15 % verringern und bietet eine bessere Schweißbarkeit. Dies senkt Kosten für Material, Transport und Schweißarbeiten auf der Baustelle. Für Hochhäuser in Skelettbauweise, bei denen die Gewichtsreduzierung ein entscheidender Faktor ist, wurde die Stahlgüte S 460 nach DIN EN 10 225 (entspricht A 913-07 gemäß ASTM) mit hoher Streckgrenze und geringem Anteil von Legierungselementen entwickelt, die je nach Gebäudegestaltung zwischen 25 und 50 % Gewicht einsparen kann. Auch hier ist mit geringeren Erstellungskosten zu rechnen. Bei nur leicht erhöhten Kosten stehen mit verschiedenen Hohlprofilen optisch ansprechende Alternativen zu den üblichen Doppel-T- und Breitflanschprofilen zur Verfügung, wenngleich diese Optionen Einschränkungen durch die verfügbaren Größen und Tragfähigkeiten unterworfen sind. Die Lebenszykluskosten sind bezogen auf die ursprünglichen Ansprüche des Bauherrn zu berechnen, wobei dieser gemeinsam mit dem Planer entscheiden muss, welche architektonische Wirkung er mit seinem Gebäude erzielen möchte – dies beinhaltet auch jeden zusätzlichen ästhetischen Wert, der der Repräsentation des Unternehmensimages dient oder dem Bauherrn für die Darstellung des Unternehmens besonders wichtig ist (Abb. C 2.15). Lösungen, die anfangs kostspieliger erscheinen, können am Ende einen größeren Mehrwert für die Investition bringen. So wurde beispielsweise bei einer Sanierung der ältesten Entbindungsklinik in Europa, der Rotunda in Dublin, vor der Fassade eines Anbaus aus dem Jahr 1980 ein Vordach aus Edelstahl angebracht. Die Entscheidung zugunsten dieser Ausführung, die das Vierfache einer vergleichbaren Konstruktion aus gewöhnlichem Stahl kostete, fiel aufgrund des höheren ästhetischen Werts und der zukünftigen Wartungsfreiheit, die am Eingang des Krankenhauses zu starken Störungen hätte führen können. Konstruktionsrohre gemäß DIN EN 10 210 S 275 (entspricht ASTM A 501) aus warmgeformtem

C 2.15

Stahl mit Eigenschaften, die der Güte S 235 entsprechen, kommen heutzutage häufig dort zum Einsatz, wo Verwindungssteifigkeit gefordert ist und ein glattes, geschlossenes Profil ästhetisch gewünscht wird. Dieses Material kann die wirtschaftlichste Wahl für druckbeanspruchte Bauteile sein, die leichte bis mäßige Lasten aufnehmen müssen. Stahlleichtbau und dünne Geschossdecken Stahlkonstruktionen sind heute nicht mehr nur auf schwere Rahmenkonstruktionen beschränkt. Leichte Stahlrahmen aus verzinkten und kaltgewalzten Profilen werden auch für Wohngebäude geplant und gefertigt. Zwei- bis dreigeschossige Hotels mit dieser Konstruktion können vom wirtschaftlichen Standpunkt her mit der Holzrahmenbauweise und konventionellen Bauweisen konkurrieren (Tragwerksysteme für niedrige Gebäude, S. 95). Stahlkonstruktionen lassen sich mit wenig Gewicht ausgelegen, um Problemen im Gründungsbereich zu begegnen oder um Bestandsgebäude mit zusätzlichen Geschossen aufzustocken. Eine solche Möglichkeit wurde beim Kraanspoor-Projekt im Hafen von Amsterdam gewählt (Abb. C 2.12 sowie Bürogebäude, S. 200ff.). Auf einer ehemaligen Schiffskrananlage im Betonskelettbau sollte ein dreigeschossiges Bürogebäude entstehen. Aufgrund der begrenzten Tragfähigkeit der bestehenden Konstruktion war diese Ausführung mit einer dritten aufgestockten Ebene nur durch eine Stahlkonstruktion und ein speziell gestaltetes Geschossdeckensystem umzusetzen. Das dritte Geschoss erhöht die vermietbare Fläche um 30 % und machte das Projekt so für den Investor rentabel. Gerade bei schlechten Bodenbedingungen können leichte Stahlkonstruktionen eine geeignete Möglichkeit darstellen, die auf das Fundament wirkenden Lasten zu reduzieren. Traditionell bestehen Geschossdecken aus Ortbeton oder aus Betonfertigteilen. Entwicklungen in der Stahlherstellung haben zu neuen Geschossdeckensystemen geführt, die die konventionelle Schalung ersetzen und die Gestaltung dünnerer Betondecken ermöglichen (Abb. C 2.18, S. 148). Die geringere Stärke der Geschossdecken ergibt eine geringere

147

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

C 2.16

C 2.17

C 2.16 C 2.17

C 2.18

emaillierte Stahlblechfassade, Dexia Bill, Esch Belval (L) 2007, Claude Vasconi Fassadensystem aus gefaltetem, geprägtem und gewalztem Stahl, Hôpital Civil, Straßburg (F) 2009, Claude Vasconi Verbunddeckensystem

Gesamthöhe der Fassade und folglich eine kleinere zu verkleidende Fläche. Asymmetrische Träger in neuen Geschossdeckenkonzepten fördern die Entwicklung kostengünstiger Flachdeckensysteme für Stahlkonstruktionen. Die IFB-Träger (Integrated Floor Beam; siehe Integrated Floor Beam (IFB), S. 80), häufig als SFB-Träger (Slim Floor Beam) bezeichnet, erleichtern die Einbindung der Haustechnik ohne eine zusätzliche Installationszone unter den Trägern, die immer auch zu einer größeren Höhe des Geschosses, der Fassade und Stützen führt. Eine weitere Lösung mit minimaler Geschossdeckenhöhe für mehrgeschossige Gebäude in Rahmenbauweise sind Lochstegträger mit großen Öffnungen in den Stegen (Abb. C 2.20, S. 151). Die Öffnungen nehmen hierbei haustechnische Installationen innerhalb der Trägerhöhe auf. Diese Optionen können neben integrierter Haustechnik auch geeignete Deckenuntersichten bieten sowie eine frühzeitige, schnelle Installation. Stahlskelettbau Um die Lebenszykluskosten einer Stahlskelettkonstruktion zu optimieren und zugleich die Investitionskosten zu minimieren, sollte auf folgende Punkte geachtet werden [9]: • Verwendung einzelner, handelsüblicher Profile, die niedrigste Kosten verursachen • Auswahl handelsüblicher Profile mit dem geringsten Gewicht und dem geringsten Gesamtumfang • Begrenzung auf möglichst wenige unterschiedliche Arten handelsüblicher Profile Die Eigenschaften von Stahl können – unter optimalen Bedingungen eingesetzt – sowohl nachhaltigkeitsbezogen wie wirtschaftlich Vorteile bieten: • zu 100 % recycelbar – vorteilhafter Wert am Ende der Lebensdauer • minimales Materialvolumen • saubere, staubfreie Bauprozesse mit geringem Abfallaufkommen auf der Baustelle • Fertigung außerhalb der Baustelle in kontrollierter Umgebung • anpassungsfähig und flexibel, um die sich über die Lebensdauer ändernden Anforderungen erfüllen zu können Verkleidungen/Dächer

Verkleidungen aus Stahl waren früher nur für landwirtschaftliche Gebäude, industrielle Lagerhäuser und Speicher gebräuchlich. Mit der Einführung gedämmter Konstruktionen aus Verbundsandwichpaneelen oder in zweischaliger Bauweise sowie mit hochwertigen Oberflächen stiegen die Möglichkeiten, Stahl auch für nichttragende Außenwände und Bedachungen zu nutzen (Abb. C 2.16 und C 2.17). Stahl kann dabei mit den traditionellen Baustoffen im Hinblick auf die technische Leistungsfähigkeit konkurrieren und bietet zusätzliche gestalterische Optionen für Planer, die ihren Gebäuden ein modernes, betont technisches Aussehen verleihen wollen. C 2.18

148

Stahl bietet, was die Auswahl der Gebäudehülle angeht, ebenso Vorteile gegenüber herkömmlichen Materialien. Bleche lassen sich einfach und schnell an einer Stahlunterkonstruktion befestigen. Hierbei sind auch Kombinationen mit anderen Materialien wie Stein und Holz möglich. Das Angebot an Verkleidungsprodukten reicht von den für Industriegebäude genutzten Profilblechen bis hin zu moderneren Optionen, wobei aus ästhetischen Gründen die Entscheidung häufig zugunsten von farbigen, flachen Paneelen fällt (siehe Halbzeuge aus Flacherzeugnissen, S. 75ff.). Es gibt zahlreiche Belege für die hohe Lebensdauer von Bedachungen aus verzinktem Blech. Als im Jahr 2000 das 140 Jahre alte Pumpenhaus in Tenbury Wells im englischen Worcestershire saniert wurde, waren 90 % der ursprünglichen Dachbleche aus verzinktem Stahl noch in so gutem Zustand, dass sie nur neu verzinkt bzw. pulverbeschichtet und wieder eingesetzt werden konnten [10]. Die Tatsache, dass sie nach dieser langen Zeit weiterhin verwendbar waren, belegt, dass die Kombination von Stahl und Verzinken eine sehr gute Lösung im Hinblick auf erneute Nutzung und Recyclingfähigkeit darstellt. Dieses Beispiel zeigt, dass die Schutzbeschichtung auf Stahl unter optimalen Konditionen weit über die erwartete Funktionsdauer hinaus ihre Aufgabe erfüllen kann. Es ist jedoch wichtig, die Bedingungen vor Ort mit Angaben des Herstellers abzugleichen. Die korrosive Atmosphäre, die mögliche Änderung der Gegebenheiten während der geplanten Lebensdauer sowie die Genauigkeit dieser Voraussagen sind wichtige Einflussfaktoren für die Dauerhaftigkeit. Je präziser die Voraussagen sind, desto besser lässt sich das Preis-Leistungs-Verhältnis des Beschichtungssystems optimieren (Abb. C 2.9, S. 144). Angesichts der steigenden Energiekosten in den letzten Jahren und neuer gesetzlicher Vorgaben gewinnt das wärmetechnische Verhalten bestehender Gebäude und ihrer Gebäudehüllen an Bedeutung. Eine thermisch wirksame Nachrüstung durch eine zusätzliche Überdämmung oder den Austausch der alten Verkleidung steht aus ökologischer Sicht außer Frage, kann aber auch unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll sein, wenn man die Wärme- und somit die Energieverluste berücksichtigt. Entscheidend ist hier die konstruktive Anbringung der gedämmten Verkleidung ohne Wärmebrücken. Der Markt hält zahlreiche Schutzbeschichtungen mit unterschiedlichen Lebensdauern bereit. Zudem werden Kombinationen angeboten, die andere energieeffiziente Optionen beinhalten, wie z. B. Photovoltaikzellen oder die Nutzung von wetterfestem Stahl oder Edelstahl für die Verkleidung. Stahlverkleidungen im Vergleich mit anderen Produkten Im Jahr 2003 in Großbritannien veröffentlichte Modelle zu den Lebenszykluskosten verglei-

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

chen Verkleidungen aus Stahl mit üblichen alternativen Materialien [11]. Obwohl es sich eher um eine allgemeine Untersuchung handelt, die sich nicht speziell auf ein bestimmtes Gebäude bezieht, liefert sie einige Anhaltspunkte über das Abschneiden von Stahl im Vergleich zu anderen Verkleidungsmaterialien. Das Ziel besteht darin, ein funktionierendes Modell der Lebenszykluskosten zu erstellen, das den Vergleich metallbasierter Verkleidungen mit konventionellen Baustoffen ermöglicht. Es soll zudem die Kostenunterschiede zwischen den verschiedenen Beschichtungen, die für die Außenbleche aus Stahl verfügbar sind, über die gesamte Lebensdauer sichtbar machen. Diesen Lebenszykluskostenmodellen liegen eine Reihe von Annahmen zugrunde: • Die Investitionskosten für das Verkleidungssystem enthalten die Unterkonstruktion wie tragende Stahlschienen oder -pfetten. • Die Routinewartung beinhaltet jährliche Inspektion und Reparaturen. • Die Wartungskosten umfassen eine Reinigung alle fünf Jahre, Abdichten des Dachs und Nachlackierung auf Industriestandard. • Die außergewöhnlichen Wartungskosten beinhalten die Neubeschichtung der Verkleidung nach 20 Jahren. • Die Entscheidung über den Zeitraum bis zum erneuten Lackieren (Period to Repaint Decision – PRD) beruht auf den Angaben des Herstellers. • Der Wert stahlbasierter Systeme am Ende der Nutzungsdauer ist vernachlässigbar, da der Schrottwert die Abrisskosten ausgleicht. Für Mauerwerk (ein alternatives Fassadenmaterial) fallen hingegen Abriss- und Entsorgungskosten an. • Nicht in den Kosten enthalten ist der Energieverbrauch während der Nutzungsdauer des Gebäudes. Ein weiteres Modell vergleicht Optionen für ein Schuldach (1000 m2) über einen Bewertungszeitraum von 60 Jahren. Das Dach aus Stahlprofilen mit einer PRD von 30 Jahren wurde mit einem Dach mit Eindeckung aus Betonziegeln und einem einlagigen Polymersystem auf verzinkter Bedachung (Flachdach) verglichen. Die Lebenszykluskosten für das Polymer waren trotz der niedrigsten Investitionskosten höher, da das Material alle 25 Jahre ausgetauscht werden muss. Die Betonziegeleindeckung wies die niedrigsten Lebenszykluskosten auf. Ausschlaggebend war, dass der Restwert des Dachs mit null angesetzt wurde (es also das natürliche Ende seiner Lebensdauer erreicht hat), der Botondachstein recycelt werden kann und die Investitionskosten deutlich geringer sind als bei Stahl. Allerdings blieben ästhetische Faktoren, die Installationsdauer und die Auswirkungen von Lasten auf das Dach unberücksichtigt. Das Kostenmodell zeigt jedoch, dass die Lösung aus beschichtetem Stahl im Vergleich zu den anderen Materialien, deren Lebensdauer bei 25 Jahren oder darunter liegt, verhältnismäßig gut abschneidet.

Einsatz von Stahl – Bauprozess

Für Planer und Bauherrn ist nicht nur die Angebotssumme für ein Stahltragwerk entscheidend, sondern auch die Lebenszykluskosten, die sie mit dieser Materialwahl erreichen können. Bauunternehmer und Bauherren, die ja letztlich für die Umsetzung des Projekts verantwortlich sind, achten hingegen hauptsächlich auf die Baukosten und die Kostenvorteile, die Stahl ihnen bieten kann. Die Planungs- und Baukultur – unter Umständen auch die Bauindustrie – einiger Länder kann bewirken, dass eine bestimmte Bauform den Markt dominiert. So herrschen beispielsweise auf dem europäischen Festland Stahlbetonskelettbauten vor, während sich in Amerika, Australien und Großbritannien vornehmlich Stahlskelettbauten finden. Kosten, Zeit und Risiko Ein Vorteil von Stahl in Bezug auf den Bauprozess liegt in der Fertigung außerhalb der Baustelle unter kontrollierten Werksbedingungen, die eine computergestützte Produktion mit hoher Materialausnutzung und großer Präzision erlaubt. Der Bauunternehmer kann die Fundamente schon früh in der Bauphase für die Aufnahme der Aufbauten vorbereiten, da keine schweren Maschinen oder arbeitsintensiven Bauschritte wie Schalungsbau oder Bewehrungseinbau erforderlich sind. Die geringe Menge an Maschinen, Einrichtungen und Mitarbeitern für die Baustelle lässt ihn insgesamt schneller und flexibler agieren. Beschleunigte Auftragsvergabe und Planungsfreigabe Durch eine rechtzeitige Auftragsvergabe kann der Planer die Firmenzeichnung bereits früh im Projektverlauf erhalten, prüfen und genehmigen. Eine sorgfältige Werkplanung und präzise Detaillierung minimieren zusätzlich Risiken, sodass Gebäude schneller fertiggestellt werden können. Fertigung und Auslieferung erfolgen mit minimalen Stillstandszeiten zwischen der Erstellung des Fundaments und dem Bau der Stahlkonstruktion. Die Montagezeit auf der Baustelle verringert sich, was geringere Wetterabhängigkeiten bei schnellem Baufortschritt zur Folge hat. Die Errichtung eines Stahlskelettgebäudes kann, da es sich um eine trockene Bauweise handelt, im Allgemeinen mithilfe eines Krans sauber und zügig erfolgen und die Projektdauer verkürzen. Das schnelle Herstellen einer wetterfesten Gebäudehülle ermöglicht eine frühe Ausführung der verbleibenden – und häufig kostspieligen – Ausbauarbeiten. Dank der kurzen Bauzeit und der hochwertigen Vorfertigung trägt der Stahlbau zudem zur Minderung externer Risiken bei. Dies sind beispielsweise Verzögerungen durch und für andere Gewerke. So ist eine präzise Bauzeiten- und somit Kostenplanung für das Projekt möglich. Ein integrierter Planungsansatz, der die Einbindung von Haustechnik, Unterkonstruktionen

usw. bereits in der Fertigung im Werk vorsieht, kann weitere Arbeiten auf der Baustelle bereits vorwegnehmen. So besteht z. B. die Möglichkeit, dass Brandschutzanstriche schon im Werk aufgebracht werden, was sich in einigen Fällen als die wirtschaftlichere Alternative erweist. Außerdem kann eine gute brandtechnische Bauwerksgestaltung das Maß der erforderlichen brandhemmenden Ausrüstung optimieren. Eventuell lässt sich sogar belegen, dass der erforderliche Brandschutzgrad ohne zusätzliche Schutzmaßnahmen zu erreichen ist. Je nach Anforderungen der Brandsicherheit für den Stahl kann ebenso eine weitere feuerschützende Hülle erstellt oder in Trockenbauweise ergänzt werden. Nicht nur in diesem Zusammenhang sollten Synergien und gegenseitige Abhängigkeiten verschiedener Gewerke unter technischen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten Berücksichtigung finden. Die Vorteile der Fertigung im Werk können auch für die Vorfertigung kombinierter Elemente des Skeletts und der Gebäudehülle genutzt werden. Bei entsprechender Nachfrage nach einem bestimmten Gebäudetyp, z. B. nach Apartment- oder Hotelhochhäusern, kann sogar das gesamte Gebäude außerhalb der Baustelle vorgefertigt werden. Vor Ort müssen nur die Fundamente sowie die Anbindung an die Infrastruktur vorbereitet werden. Anbieter von Stahlprodukten entwickeln laufend neue Konstruktionssysteme, die noch kürzere Aufstellungszeiten, geringere Kosten und höhere Energieeffizienz implizieren. Zu den Faktoren, die bei der Entscheidung für oder gegen ein Material eine Rolle spielen, zählen neben den Erfahrungen und Vorlieben des Architekten und des Bauherrn, die örtlichen Gegebenheiten, die Beschaffungsverfahren, die Einflüsse durch lokale und nationale Vorschriften und Kontrollen, Bau- und Brandschutzbestimmungen sowie die Forderungen der lokalen Genehmigungsbehörde, einschließlich der für das Gebiet geltenden Raumplanungsbeschränkungen. Die Baukosten beeinflussende Faktoren Neben den grundlegenden, bereits erläuterten Rahmenbedingungen, die Auswirkungen auf die Lebenszykluskosten haben (siehe Die globale Betrachtung – Lebenszykluskosten (Life Cycle Costs – LCC), S. 141f.), entscheiden ganz konkrete gebäudebezogene Faktoren über die Kosten: • Entwurf • Flächenbedarf • Gebäudeform und Fassadenflächen • Gebäudehöhe • Gebäudevolumen • Positionierung und Ausrichtung auf dem Grundstück • im Inneren geforderte Umgebungsbedingungen (Ausstattungsstandard) • Art der Außenumgebung • Funktionalität • Verarbeitungsqualität • geplante Lebensdauer

149

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

C 2.19 Transport der James Joyce Bridge, Dublin (IRL) 2009, Santiago Calatrava C 2.20 relative Kosten pro Quadratmeter für verschiedene Geschossdeckensysteme mit angenommenen Fassadenkosten von 500 €/m² C 2.19

• auf dem lokalen Markt verfügbare Baumethoden/Konstruktion/Tragwerk • Materialwahl Zudem kann es sein, dass die veranschlagten Kosten nicht den tatsächlichen Kosten entsprechen, die dem Bauherrn oder dem Bauträger, der einen Unterauftragnehmer beschäftigt, entstehen, da Angebot und Nachfrage auf dem lokalen bzw. nationalen Markt einen Faktor darstellen, der Lohn-, Management- und Nebenkosten sowie Gewinn wesentlich beeinflusst. Wie bei jedem Projekt sind die frühzeitige Ausarbeitung einer realistischen Kostenplanung sowie frühzeitige Kostenanalysen ratsam. In der Phase der Machbarkeitsprüfung und der Anfangsplanung sollten dabei nur Bauelemente berücksichtigt werden, die einen bedeutenden Teil der Gebäudekosten ausmachen. Hierzu zählen das Fundament, nicht tragende Gebäudehüllen in Form von Verkleidungen und Bedachungen sowie Kombinationen von tragenden oder nicht tragenden Gebäudehüllen mit tragenden Geschossdecken. Letztgenannte Option wirkt sich dabei auf die Entscheidung für oder wider die Skelettbauweise aus, die für sich genommen wiederum einen entscheidenden Kostenfaktor darstellt. Dabei sind Konstruktionen aus Stahlrahmen für größere freie Spannweiten oder Gebäude mit mehr als drei oder vier Geschossen von großer Bedeutung. Die Frage, ob nun Stahl oder Stahlbeton die bessere – kostengünstigere – Wahl darstelle, lässt sich nicht pauschal beantworten, denn »wenn entweder Stahl oder Stahlbeton alle Kostenvorteile auf seiner Seite hätte, wäre die andere Option längst verschwunden.« [12] Vergleichende Untersuchungen aus Großbritannien haben jedoch gezeigt, dass sich der Abstand zwischen Stahl- und Stahlbetonkonstruktionen im Hinblick auf die Kosten seit 1995 immer weiter vergrößert, wobei Stahl sich als die schnellere und kostengünstigere Variante für mehrgeschossige Gewerbebauten erweist. Für die verschiedenen Konstruktionssysteme gibt es bezüglich der Lasten und Spannweiten jeweils optimale Bedingungen, unter denen sie

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am kostengünstigsten sind. Wie bereits erwähnt, haben die Hersteller Stahlgüten mit höheren Festigkeitswerten entwickelt, die größere Spannweiten mit leichteren, kleineren Querschnitten erreichen, wodurch sich die Konkurrenzfähigkeit des Materials deutlich verbessert hat (Abb. C 1.13, S. 132; siehe Werkstoffeigenschaften, S. 103ff.). Dabei sind jedoch auch die Bauphysik, Schallund Wärmedämmung sowie die Brandsicherheit zu berücksichtigen (siehe Brandschutz im Stahlbau, S. 118; Wärmeschutz, S. 121f.; Bauakustik und Schallschutz, S. 122f.). Bei der Analyse der Kosten von Stahlrahmen kommt der Gestaltung der Verbindungen zwischen den Rahmenteilen besondere Bedeutung zu: Je größer die zu übertragenden Kräfte sind, umso komplexer und kostenaufwendiger ist die Fertigung. In jeder modernen Fertigungsumgebung ist die Nutzung computergestützter Konstruktionstools die Regel und trägt zu wirtschaftlichem und präzisem Zuschneiden und Fertigen bei (siehe Computer in der Tragwerksplanung, S. 54ff.). Selbst unter Berücksichtigung der Kosten für Transport, Abladen, Nachbesserungen vor Ort und Aufstellung ist die Fertigung von Stahlelementen außerhalb der Baustelle im Allgemeinen billiger. Der Planer sollte schon frühzeitig entscheiden, ob er einfache gewalzte Profile oder vorgefertigte komplexe Komponenten benötigt. Auch muss er sich auf eine Stahlsorte festlegen. Die Wahl zwischen geschweißten oder geschraubten Verbindungen wirkt sich ebenfalls auf die Kosten aus. So sind beispielsweise beim Schweißen qualifizierte Arbeiter und die richtige Arbeitsumgebung wichtig. Vereinfacht lässt sich sagen, dass in der Werkstatt eher geschweißt und auf der Baustelle der einfachere Weg des Verschraubens gewählt wird. Die Kostenaufschlüsselung für eine Stahlkonstruktion mittlerer Größe mit einem Gewicht zwischen 500 und 1000 t in einem Industrieland sieht wie folgt aus: • Rohstoffe 30 −35 % • Konstruktionsplanung 5 % • Fertigung 25−35 % • Schutzgrundierung 8 % • Transport und Lieferung 2 % • Aufstellung 20 −25 %

Die oben genannten Zahlen enthalten keine Kosten für Krane (dauerhaft vor Ort verfügbar oder Mietkrane). Die frühzeitige Einbindung von Tragwerksplanern und Herstellern ist die effektivste Möglichkeit, ein Tragwerk zu planen. So könnten beispielsweise durch den Einsatz stärkerer Stahlstützen weniger Versteifungen erforderlich sein, was wiederum zu einer Verringerung der Lohnkosten führen würde. Hierbei empfiehlt es sich jedoch, die Materialkosten gegen die Lohnkosten abzuwägen, die lokal unterschiedlich sein können; in Westeuropa z. B. liegen sie hoch, in China hingegen sind sie niedrig. Bei all diesen Betrachtungen haben die lokalen Lohnkosten einen großen Einfluss auf das Ergebnis der Kostenanalyse. Für die richtige Auslegung eines Tragwerks, seiner Spannweiten und Materialstärken müssen Architekt und Ingenieur Eigen- und Nutzlasten berücksichtigen (siehe Konzipierung von Stahltragwerken, S. 22ff. und Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, S. 102ff.). Es kann jedoch auch sein, dass Bauherren höhere Verkehrslasten fordern. Die Planer sollten dabei bedenken, dass der Unterschied im Hinblick auf das Stahlgewicht für Nutzlasten von 3,5 bis 5 kN/m2 vernachlässigbar ist. Somit kann der Planer hier bei gleichem Material und gleichem Kostenaufwand eine größere Flexibilität für mögliche Nutzungen bereitstellen. Für Bauten mit großen Spannweiten wie Brücken oder auch Hallen kann das Verhältnis zwischen Eigen- und Nutzlast als Indikator für die Leistungsfähigkeit einer Konstruktion dienen. Windlasten – sowohl seitliche als gelegentlich auch vertikale – sind ebenfalls ein wichtiger Planungsfaktor. Dieser Faktor gewinnt zukünftig wegen wahrscheinlich steigender Windlastannahmen an Gewicht. Ein starrer Kern oder die Rahmenecken selbst (biegesteifer Rahmen) können Widerstandsfähigkeit gegen horizontale Lasten erreichen, wobei jedoch Dreiecksverbände im Normalfall billiger sind als steife Bauteile oder starre Verbindungen. Allerdings kann in Fällen, in denen die Optik im Vordergrund steht, der Einsatz von Verstrebungen unerwünscht sein. Für die Beurteilung der optimalen wirtschaftlichen Auslegung von Stahl-

relative Kosten [%]

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

110 %

Träger und Geschossdecke ohne Verbund

105 %

100 %

Verbunddecke mit Vollwandträger

95 %

90 % Verbunddecke mit Lochstegträger

85 % 3

5

7

9

rahmen gibt es eine Reihe von allgemeingültigen Regeln: • Bei einer Verdoppelung der Spannweite von Trägern von 7,50 auf 15,00 m steigt das Durchschnittsgewicht einer Stütze um 50 %, der Prozentsatz lässt sich jedoch senken, wenn für die Stützen Stahl mit höherer Festigkeit zum Einsatz kommt. • Primärträger aus Breitflanschprofilen bzw. UC-Profilen (universal column) sind ungefähr doppelt so schwer wie solche aus Doppel-T-Profilen bzw. UB-Profilen (universal beam), können aber die Bautiefe um bis zu 150 mm verringern, was ab einer bestimmten Anzahl von Geschosshöhen entscheidend sein kann. • Die Ausführung größerer Spannweiten bedingt höhere Materialkosten, die aus dem zusätzlichen Stahlgewicht resultieren. Ein geringerer Tonnenpreis, die reduzierte Anzahl erforderlicher Stützen und niedrigere Baustellen-Lohnkosten gleichen dies eventuell vollständig aus. Die entstandenen stützenfreien Räume können dem Projekt einen zusätzlichen Mehrwert verschaffen, da die interne Gestaltung flexibler möglich ist. • Durch die Nutzung schwererer Sekundärträger lässt sich die maximal zulässige Spannweite erhöhen. Auch hier können Spannweiten zwischen 6 und 9 m eine Steigerung der Stahlmenge um bis zu 100 % ausmachen, bei Spannweiten bis 12 m sogar 200 %. Die Gesamttiefe ließe sich um 150 –300 mm verringern. Dies könnte wiederum bei mehreren Geschossen insgesamt Einsparungen bei den Baukosten nach sich ziehen. • Soweit erforderlich, muss beim Vergleich mehrerer Alternativen auch der Brandschutz Berücksichtigung finden (Abb. B 2.58; siehe auch Brandschutz im Stahlbau, S.118). Die Anzahl der brandschutztechnisch behandelten Bauteile pro Tonne beeinflusst den Preis, wobei eine geringere Menge an Teilen die Kosten senkt. • Komplexe Konstruktionen erfordern komplexere Bauteile mit bis zu 25 % höheren Kosten pro Tonne des Bauteils. Daher ist bei der Planung solcher Stahlbauteile eine Rationalisierung der Profilgrößen sowie des Gewichts ratsam.

11

13

15

17 B [m] C 2.20

Zu den baulichen Faktoren, die die Kosten von Stahlskelettbauten beeinflussen, zählen: • ein sicherer Zugang zur Baustelle, der es ermöglicht, dass die Stahlkomponenten bis nah an das Gebäude geliefert werden können. Verglichen mit anderen Bauweisen ist die Erstellung einer Stahlkonstruktion relativ einfach. Leichte, modulare Stahlelemente bieten den Vorteil, dass sie je nach den zulässigen Grenzen für Gewichte oder Abmessungen größer oder kleiner gestaltet werden können. • Kapazität und Reichweite des Krans • eine feste, ebene Fläche im Montagebereich, die frei von Hindernissen ist. Außerdem ist dafür Sorge zu tragen, dass angemessene Flächen für die temporäre Lagerung bereitstehen. Der Untergrund muss die während der Aufstellung auftretenden Lasten sicher aufnehmen können. Durch das geringe Gewicht von Stahlkonstruktionen sinken in der Regel jedoch die Kosten für die Gründung, selbst bei schlechten Bodenverhältnissen. Aus diesem Grund ermöglicht es der Stahlbau wie auch andere Leichtbauweisen, neue Gebiete in der Nähe von Flüssen oder Küsten sowie in Flussdeltaregionen, in denen sich wichtige Ballungszentren befinden, für die Bebauung zu erschließen. • ausreichend große Flächen, um die Stahlkonstruktion in einem kontinuierlichen Ablauf zu errichten, ohne Unterbrechung durch andere Gewerke. Zusätzliche Einsätze auf der Baustelle verursachen zusätzliche Kosten. Bezugswege Eine in Großbritannien im Jahr 2004 durchgeführte Umfrage ergab, dass für Stahltragwerke folgende Bezugswege genutzt werden [13]: • firmeneigenes Projektmanagement (Construction Management), das die Vergabe der Gewerke koordiniert, jedoch keine eigene Bauleistung erbringt 45 % • Untervergabe durch Generalunternehmer 33 % • sonstige 22 % Insbesondere bei komplexeren Problemstellungen ist die Einbindung eines Stahlherstellers, sowohl vonseiten der Architekten und Ingenieure

als auch der Baukostenkalkulatoren der Planungsteams ratsam, um das Optionspotenzial für Planung und Ausführung zu sondieren. Die Hersteller sind häufig bereit, frühzeitige Beratung hinsichtlich der Kosten durchzuführen und erhalten dafür schon früh Informationen über ein potenzielles Projekt. Auch kann es bei großen Projekten, in denen das Skelett einen wichtigen Faktor darstellt, von wesentlicher Bedeutung sein, den Hersteller rechtzeitig in die Planung einzubinden, um sicherzustellen, dass die veranschlagte Zeit für die Bestellung und Fertigung des benötigten Stahls ausreicht. Dies gilt besonders bei engen Zeitrahmen. Britische und französische Bauherren erteilen Bauaufträge in der Regel einem Generalunternehmer, der seinerseits einzelne Arbeiten an Unterauftragnehmer vergibt. In Ländern, die von der deutschen Baukultur beeinflusst sind, werden Projekte von Generalunternehmern oder von Projektmanagern, Architekten oder Ingenieuren durchgeführt, die im direkten Kontakt zu den Auftragnehmern der einzelnen Gewerke stehen. Man könnte nun anführen, dass das britische bzw. französische System mit Unterauftragnehmern zusätzliche Nebenkosten verursacht, doch vergleichbare Kosten ergeben sich ebenfalls, um das Managementrisiko in den alternativen Systemen abzudecken. Auch die Vertragskonditionen wie z. B. die Zahlungsbedingungen können sich auf die Kosten auswirken. Die relativ schwache finanzielle Position der Unterauftragnehmer im Vergleich zum Generalunternehmer kann ein erhebliches Risiko von Zahlungsverzügen oder Nichtzahlungen bei diesem System mit sich bringen. Die Vorlaufzeiten, die von der Bestellung bis zur Lieferung und Aufstellung vergehen, hängen von der Größe und der Komplexität des Projekts ab. Typische Vorlaufzeiten für ein 500- bis 1000-Tonnen-Skelett liegen bei 14 bis 16 Wochen, wovon vier Wochen für die Konstruktionszeichnungen, vier Wochen für die Genehmigung und drei Wochen für die Fertigung zu veranschlagen sind. Bei vorausschauender Planung lassen sich diese Zeiten jedoch unterschreiten.

Wirtschaftlichkeit von Stahl als Baumaterial Um die Auswirkungen des reinen Stahlpreises auf den Preis, den der Endkunde zahlt, zu verstehen, sind zunächst die wichtigsten Kostenelemente zu betrachten. Der wirtschaftliche Kontext für Stahl als Baumaterial

Die Kosten für das Stahlskelett lassen sich wie bei den meisten Baukomponenten aufschlüsseln in: • Material • Fertigung • Transport • Lohn • Geräte und Maschinen • Management

151

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

• Planung • Nebenkosten und Gewinn

C 2.21

C 2.22

C 2.21 C 2.22 C 2.23 C 2.24

Stahlbänder bei einem kontinuierlichen Beschichtungsprozess versandfertig verpackte Stahlspulen Stahldraht Seattle Library, Seattle (USA) 2004, Rem Koolhaas

Bei Gebäuden aus Stahl fallen normalerweise Kosten an sowohl auf als auch außerhalb der Baustelle. Letztere hängen normalerweise von der Komplexität des Gebäudes und dem Gewicht der zu errichtenden Stahlkomponenten ab. Je komplexer und schwerer sie sind, umso höher sind die Lohn- und Maschinenkosten, da die schwerste Komponente die Größe und die Ausladung des Krans sowie die für die Lagerung und das Heben der Komponenten erforderlichen Flächen bestimmt. Auf der Baustelle spiegeln im Allgemeinen die Lohnund Mietkosten für Geräte und Maschinen die lokale Baubranche wider, sofern in diesem Bereich weder Arbeiter noch Anlagen knapp sind. Die Transportkosten sind im Vergleich zu den Gesamtkosten normalerweise niedrig, sofern keine übergroßen Bauteile anzuliefern sind. In extremen Fällen, beispielsweise bei Brücken, kann ein Frachter den Brückenbaukörper auf dem Wasserweg vom Stahlhersteller in einem Land zum Standort in einem anderen Land transportieren (Abb. C 2.19, S. 150). In vielen Ländern, in denen lokale Hersteller nur über begrenzte Kapazitäten verfügen, lassen sich große Projekte durch Zusammenschlüsse umsetzen. Durch die Vorgabe, große Bauvorhaben international auszuschreiben, kann es zudem sein, dass sich auch größere Hersteller am Wettbewerb beteiligen. Eine präzise, detaillierte Ausschreibung ist hier besonders wichtig, damit keine Kostennachteile aufgrund großer räumlicher Distanzen entstehen. Die Fertigungskosten hängen im Allgemeinen von der Komplexität der Gestaltung und der Nutzung spezieller Stahlgüten oder -komponenten ab. Auch hier spiegeln die Lohnkosten das Niveau des lokalen Bau- und Konstruktionsmarkts wider. Außerdem fallen Kosten für die Bereitstellung offener oder geschlossener Fertigungseinrichtungen an. Generell lässt sich sagen, dass die Kosten für die Tragstruktur nicht den größten Teil der Gesamtbaukosten ausmachen. Allerdings wirken sich ihre Auswahl und Gestaltung entscheiden auf die zukünftige Nutzung des Gebäudes aus. Bei mehrgeschossigen Gebäuden belaufen sich die Gesamtkosten des Stahlskeletts ohne Geschossdecken in der Regel auf 8 –12 % der Baukosten. Für ein Einfamilienhaus liegt dieser Wert etwa bei 10 %. Wenn die Materialkosten durchschnittlich ein Drittel dieses Betrags ausmachen, bedeutet dies, dass die Kosten für die Stahlprodukte weniger als 3 % der Gesamtbaukosten betragen. Stahlpreis

Als ein Material, das weltweit von allen Industriezweigen einschließlich der Baubranche genutzt wird, ist Stahl ein entscheidender Werkstoff für die wirtschaftliche und nachhaltige Entwicklung einer Gesellschaft. Daher C 2.23

152

unterliegt der Stahlpreis schon immer Schwankungen, die Ereignisse in der Weltwirtschaft, ihre Entwicklung und Wachstumsrate widerspiegeln. Die Nutzung in der globalen Bauindustrie macht ungefähr 45 % des gesamten Stahlverbrauchs aus. Der Prozentsatz liegt in Schwellenländern höher, da hier ein größerer Bedarf an neuen Gebäuden und Infrastruktur besteht, während er in Industrieländern etwas niedriger ist. Der Stahlmarkt ist ein globalisierter Markt. Bis 2008 hat der Stahlbedarf kontinuierlich zugenommen. Die Stahlpreise hängen vom endgültigen Bedarf, aber auch vom Rohstoff- und Energieangebot ab. 2008 ist der Stahlpreis infolge des bis dahin unerreichten Preisanstiegs für Öl, Gas und Rohstoffe wie Eisenerz, Kokskohle und Altmetall rapide gestiegen. Hierauf folgte ein starker Preisverfall als Folge der weltweiten Finanzkrise. Diese Schwankungen der Rohstoffpreise spiegelten sich auch in den Preisen für Bauprojekte wider. So war in Großbritannien ein Anstieg und Absinken der Preise für Stahlskelette um 12 % und ein noch deutlicherer Preisanstieg bei Bewehrungsstahl von bis zu 68 % im gleichen Zeitraum zu verzeichnen. Angesichts der Tatsache, dass Bewehrungen 20 −25 % der Kosten eines Stahlbetonskeletts ausmachen können, beliefe sich der Anstieg der Kosten eines Stahlbetonskeletts auf 10 –15 %, während dieser Wert für ein reines Stahlskelett 12 % betragen würde. Dabei ist in diesen Zahlen der Anstieg der Zementpreise für diesen Zeitraum noch nicht berücksichtigt. Vergleichende Preissteigerungen von Stahlbeton (Stb) und Stahl (S) in Deutschland liegen auf der Basis von 2005 im ersten Quartal 2011 für Bürobauten bei 11,4 % (Stb) und 13 % (S) und für Industriegebäude bei 11,1 % (Stb) und 12,4 % (S) [14]. Wenn man einen Mittelwert der verschiedenen Konstruktionsmöglichkeiten auf der Grundlage verschiedener Baumaterialien annimmt, so gab es keine nennenswerten Unterschiede, da alle Materialen abhängig von den Rohstoffpreisen sind. Eine 2009 durchgeführte Untersuchung analysiert die Wettbewerbsfähigkeit von Stahllösungen für mehrgeschossige öffentliche Parkhäuser im Zeitraum von 2004 bis 2008, der allgemein als »Hochpreisperiode« gilt. Unter Berücksichtigung der erstellten nutzbaren Parkfläche zeigen die Ergebnisse, dass der Wettbewerbsvorteil der Stahllösung durchgehend mindestens 13 % pro Parkplatz betrug [15]. Daher sollten die Schwankungen des Stahlpreises auf keinen Fall eine entscheidende Rolle für die Auswahl einer Gestaltungslösung spielen. Beim Vergleich verschiedener Tragwerksoptionen in Stahl oder Stahlbeton ist die Gesamtkostensteigerung für die Menge des verbauten Rohstoffs Stahl annähernd gleich. Andere mit dem Werkstoff in Verbindung stehende Material- und Lohnkosten

Stahl und Wirtschaft(lichkeit)

wurden allerdings nicht berücksichtigt. Bei mehrgeschossigen Wohngebäuden auf dem europäischen Festland lagen laut einer Untersuchung die Kosten für das Stahlskelett im Allgemeinen unter jenen für die Innenwände. Dabei wirkte sich die Steigerung der Gipskartonpreise stärker aus als die höheren Stahlpreise [16]. Eine Betrachtung der zunehmenden Nutzung von Stahl im Bausektor zeigt, dass höhere Preise nicht zu nachlassender Nachfrage führen. Andere Faktoren tragen in wesentlich größerem Umfang zur Wettbewerbsfähigkeit der Lösung bei. Wettbewerbsfähigkeit von Stahl

Die Wettbewerbsfähigkeit eines Materials hängt nicht ausschließlich von seinem Rohstoffpreis ab, auch die Leistungsfähigkeit spielt eine große Rolle. Letztlich zählt das Preis-Leistungs-Verhältnis. Denn eine Baulösung, die dem Bauherrn eine schwache Leistung bietet, wird auf einem von Wettbewerb geprägten Markt nicht auf Dauer lebensfähig sein. Verzinktes Stahlwellblech kam z. B. in den Industrieländern über Jahrzehnte hinweg als Bedachungsmaterial für einfache Gebäude wie Hangars oder Garagen zum Einsatz. Es stellte ein günstiges Bedachungsmaterial dar, ist aber mittlerweile fast völlig von farbigen Profilblechen verdrängt worden, die zwar teurer sind, aber eine deutlich bessere Dauerhaftigkeit und höhere technische Leistungsfähigkeit aufweisen – beides für den Bauherrn relevante Faktoren. Daher muss die Preisfrage auch im Zusammenhang mit dem »Nutzenversprechen«, gegenüber dem Endnutzer bzw. zukünftigen Besitzer des Gebäudes betrachtet werden. Bezüglich der Bauindustrie kann die Tatsache nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich Stahl unabhängig vom herrschenden Wirtschaftsklima hier einen Marktanteil erobert hat. Als Beispiel lässt sich der Markt für mehrgeschossige Gebäude in Großbritannien anführen. 1980 lag der Marktanteil von Stahlkonstruktionen hier allgemein unter 20 %. 2005 betrug der Anteil von Stahlgebäuden bei Hochhäusern 70 % und erreichte bei Wohnhochhäusern 43 %. Diese Tendenz ist im Bereich der Bürohochhäuser auch in aufstrebenden, sich entwickelnden Ländern wie Rumänien, China und Russland zu beobachten. Die Wettbewerbsfähigkeit von Stahllösungen ist in Ländern, die in erdbebengefährdeten Gebieten liegen, sogar noch ausgeprägter. Vergleichbare Tendenzen sind in anderen Ländern und Bausegmenten zu beobachten. So steigt die Stahlrahmennutzung in mehrgeschossigen Parkhäusern in Deutschland und mittlerweile auch in Frankreich, Italien, Japan und Australien. Des Weiteren sind Stahlskelette auch in Wohngebäuden in Skandinavien, den Niederlanden sowie in Australien, Südafrika und Japan gebräuchlich. Außerdem ist Stahl weltweit ein häufig genutztes Material für Bedachungen – und zwar nicht

nur für Industriebauten, sondern auch für Wohngebäude in Mittel- und Osteuropa, Südostasien und Indien. Diese Entwicklungen stellen das Ergebnis einer umfassenden Analyse der Wertschöpfungskette vom Stahlhersteller bis zum Endnutzer oder Eigentümer dar. Bei dieser Analyse erweist sich Stahl als ein Baustoff mit attraktivem Nutzenversprechen für den Bauherrn – im Allgemeinen gestützt durch starke Marketingpläne, in die Planer, Bauunternehmer und Hersteller eingebunden sind. Der Rohstoffpreis ist nur einer von mehreren Parametern und macht im Normalfall nur einen kleinen Anteil an den Gesamtkosten aus. Andere wichtige Faktoren stehen eindeutig im Vordergrund, von denen zunächst die Verfügbarkeit der Lösung auf dem potenziellen Markt zu nennen ist. Das heißt, dass mit Ausnahme wirklich großer Bauprojekte es sich beim Bauen um eine lokale Aktivität handelt. Um die Lieferung des Produkts innerhalb einer akzeptablen Lieferfrist garantieren zu können, bedarf es aber nicht nur seiner Verfügbarkeit, sondern auch eines funktionsfähigen Netzwerks von Planern und Bauunternehmern, die über die Kenntnisse und Mittel verfügen, die Lösung zu planen, herzustellen und vor Ort zu installieren. Zweitens spielen Standards, Bestimmungen und spezifische lokale Anforderungen eine wichtige Rolle für die Wettbewerbsfähigkeit einer Lösung. Die Einführung der Eurocodes auf den europäischen Märkten in den letzten Jahren sorgt für eine bessere Vergleichbarkeit der Entwicklung in Europa. Die Eurocodes stellen für Planer von Stahl- und Verbundbauwerken Tools zur Produktanwendung bereit, die von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit von Stahllösungen für mehrgeschossige Gebäude sind. Abhängig von lokalen Bestimmungen kann die Planung von Stahlkonstruktionen unter Nutzung von Stahlgüten mit sehr hohen Festigkeiten zu Kosteneinsparungen von mehr als 20 % für die Konstruktion führen. Das Gleiche gilt für Brandschutzlösungen für Verkleidungen oder Raumabtrennungen, für die die Planer normalerweise besondere Genehmigungen von den zuständigen Behörden einholen müssen. In diesem Bereich ist der Einfluss der möglichen Lösung auf die endgültigen Kosten des Gebäudes wesentlich größer als der eigentliche Stahlpreis. Und schließlich wirkt sich ein breites Produktund Serviceangebot der Stahlhersteller auf die endgültige Entscheidung für oder wider die Verwendung von Stahl aus. In diesem Zusammenhang tragen inzwischen auch spezielle Websites für die Baubranche zur Vermittlung von Best Practices beim Einsatz von Stahl bei. Sie sind besonders dann effizient, wenn sie den Usern in ihrer jeweiligen Sprache zur Verfügung stehen. All diese Faktoren hängen eng zusammen und tragen gemeinsam zur Konkurrenzfähigkeit von Stahllösungen bei.

C 2.24

Anmerkungen: [1] Ware, Isaac: The First Book of Andrea Palladio’s Architecture. London 1783 [2] Ive, Graham: Re-examining the costs and value ratios of owning and occupying buildings. In: Building for Research & information, Bd. 34, 03/2006, S. 230 –245 [3] ebd. [4] Davis Langdon Management Consulting: Life Cycle Costing (LCC) as a Contribution to Sustainable Construction: A Common Methodology. Final Report. Mai 2007. http://ec.europa.eu/enterprise/ sectors/construction/competitiveness/life-cyclecosting/index_en.htm [5] wie Anm. 2 [6] wie Anm. 4 [7] wie Anm. 4 [8] Royal Institution of Chartered Surveyors Quantity Surveying Division Report 1986 [9] Sarma, Kamal C.; Adeli, Hojjat: Life-Cycle Cost Optimization of Steel Structures. In: International Journal for Numerical Methods in Engineering, Bd. 55 12/2002, S. 1451–1462 [10] Tordoff, Derek: Comment. In: New Steel Construction. Bd. 8, 09 –10/2000 [11] Oxford Brookes University Dept. of Architecture with the assistance of Sworn King & Partners: Insite™ on Life Cycle Costs. London 2003 [12] Ferry, Douglas: Cost Planning of Buildings. London 1999 [13] Gardiner & Theobold, Quantity Surveyors: Annual Report 2005 [14] https://www-genesis.destatis.de/genesis/online; jsessionid=AE28A0EF49ACD6E43837EEC200 A64608.tomcat_GO_1_1?operation=abruftabelle Abrufen&selectionname=61261-0002&levelindex= 1&levelid=1307470842976&index=2 [15] ArcelorMittal (Hrsg.): Car Parks in Steel. http://www.constructalia.com/ en/02102415ENLACE_PDF.pdf [16] http://www.acierconstruction.com

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Stahl in der Sanierung Georg Giebeler

C 3.1

Seit einigen Jahrzehnten spielen Sanierung und Umbau bestehender Gebäude eine immer wichtigere Rolle. Der Baustoff Stahl ist dabei in zweierlei Hinsicht von Bedeutung: einerseits als zu sanierendes Bauteil, andererseits als hochtragfähiges neues Bauteil zur Lastabtragung bei strukturellen Eingriffen in Massivbauten oder zur Verstärkung von Holzbauteilen. Das Verhältnis von Baumaßnahmen am Bestand zu Neubauten wird sich in Zukunft noch weiter zugunsten der Sanierung verschieben, denn nach Angaben des statistischen Bundesamts sind gerade einmal 11 % des deutschen Wohnungsbestands jünger als 20 Jahre. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass 89 % älter und unter Umständen sanierungsbedürftig oder bereits saniert sind. Bei diesen Gebäuden fällt das Alter kaum ins Gewicht, denn letzlich lohnt sich ein Abbruch zugunsten eines Neubaus nur bei grundlegend verbrauchter Bausubstanz. Grundsätzlich kann man davon ausgehen, dass ein Umbau einem Neubau vorgezogen wird, wenn folgende drei Faktoren gegeben sind: • Die Rohbaustrukturen sind intakt. Dies bezieht sich sowohl auf die Fundamentierung, die Tragfähigkeit und den Zustand der vertikalen und horizontalen Tragglieder als auch auf eine der neuen Nutzung konforme Struktur des Gebäudes. • Eine Nutzungsintensivierung ist am jeweiligen Standort z. B. aufgrund baugesetzlicher Restriktionen nicht möglich. • Ein Neubau ist trotz einer deutlichen Nutzungsverbesserung wirtschaftlich nicht angeraten.

C 3.1

C 3.2 C 3.3

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in den Altbau eingestellte neue Stahlkonstruktion, Besucherzentrum, Criewen (D) 2000, Anderhalten Architekten Kohlenstoffgehalt historischer Eisenprodukte, um 1900 Entwicklungslinien der Herstellung von Eisen und Stahl

Hinsichtlich des ersten der drei Punkte sind bei historischen Stahlbauten einige Dinge besonders zu beachten. Kritisch sind vor allem fehlende oder asbesthaltige Brandschutzmaßnahmen, insbesondere bei denkmalgeschützten Objekten. Die Überprüfung von Schweißverbindungen kann kostentreibend sein, ebenso die Entfernung alter Beschichtungen. Rost, also Eisenkorrosion, tritt in substanzgefährdender Weise selten auf und stellt bezüglich der Tragfähigkeit weniger ein Problem dar. Auch die Tragfähigkeit selbst – bezogen auf bleibende Lasten – ist meist gegeben. Allerdings bringen

Nutzungsänderungen oder -intensivierungen fast immer schall- und brandschutztechnische Sanierungen mit sich, die mit Lasterhöhungen verbunden sind. Da die Tragfähigkeit vieler Tragglieder von skelettierten Stahlbauten jedoch ausgelastet ist, müssen sie verstärkt werden. Im Grunde ist das unkritisch, lassen sich bestehende Tragwerke doch theoretisch einfach durch weitere Bleche oder Profile ergänzen. Scheitern kann dies jedoch am Fehlen einer geeigneten Verbindungstechnik: Historische Stähle lassen sich aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung kaum oder überhaupt nicht verschweißen, insbesondere nicht zusammen mit Stählen aus heutiger Produktion. Stahlbauwerke aus Baujahren vor 1980 sollten also schon zu Beginn der Planung auf derartige Probleme hin untersucht werden. Ist die Sanierung des Stahlbaus technisch und ökonomisch möglich, sind ausreichende Kenntnisse über historische Eisenerzeugnisse sowie deren Konstruktion, Verwendung und Eigenschaften wichtig.

Sanierung von historischen Eisen- und Stahlkonstruktionen Schon im ersten deutschsprachigen Standardwerk zur Baukonstruktion, einer vierbändigen, von Gustav A. Breymann herausgegebenen Reihe, stellt der Autor des Stahlbaubands, Otto Königer, klar, dass die Verwendung von Eisen im Bauwesen entscheidend von seiner Herstellung und den daraus resultierenden Eigenschaften abhängt. Dies gilt im gleichen Maß für die Sanierung, weshalb sich der Planer mit diesem Thema eingehend beschäftigen muss. »Von den […] Eisengattungen kommt für die Hochbauausführungen zurzeit fast ausschließlich das graue Gusseisen und das Schmiedeeisen in Betracht. Stahl eignet sich vermöge seiner großen Härte und schwierigen Verarbeitung nur zu solchen Konstruktionsteilen, welche einer bedeutenden Abnutzung unterworfen sind, wie Maschinenteile, Räder, Schienen usw. Bei den ruhenden Konstruktionen verdient das Schmiedeeisen den Vorzug; auch hat die Erfahrung gelehrt, dass Stahl eine geringere Widerstandsfähigkeit gegen Erschütterungen,

Stahl in der Sanierung

Kupolofen

Gusseisen

Puddelofen

Schweißstahl

Eisenerz Hochofen Roheisen

Stöße und Frost besitzt. Stahl kommt hiernach bei den Hochbaukonstruktionen nur als untergeordnetes Nebenmaterial zu Bolzen, Keilen und Lagerrollen usw. in Anwendung.« [1] Historische Stahlkonstruktionen unterscheiden sich in ihrer grundsätzlichen Struktur kaum von heutigen: zum Skelett verbundene Walzprofile, aufgelöste Träger (z. B. Fachwerkträger) sowie Verbundkonstruktionen mit Stahlbeton. Es ist also nicht die Konstruktion an sich, die bei einer Sanierung Probleme bereiten kann, sondern die Andersartigkeit der vorhandenen Baustoffe und deren Verbindungen sowie die neu aufzubringenden Beschichtungen gegen Korrosion oder Brandbelastung. Somit gilt es, folgende Fragen zu klären, bevor ein Sanierungskonzept erarbeitet werden kann: • Um welche Stahlsorte handelt es sich? Historische Stahlerzeugnisse weisen teilweise andere Festigkeitswerte auf, lassen sich nicht oder kaum schweißen und neigen zum Sprödbruch. Diese Aspekte sind zur Bewertung der Standsicherheit wichtig. • Gibt es Schwachstellen bei Verbindungen? Niete, das bevorzugte Verbindungsmittel bis in die Nachkriegszeit, müssen auf festen Sitz überprüft werden. Verschweißungen können schlecht ausgeführt oder, z. B. durch Bewegungen, beschädigt sein. • Woraus besteht die Beschichtung? Frühere Beschichtungssysteme enthalten häufig Bestandteile wie Blei oder Asbest. Problematisch wird dies vorrangig beim Entfernen der Beschichtung, denn der anfallende Staub ist hoch toxisch. Das vorliegende Kapitel soll bei der Beurteilung alter Stahlbauwerke eine Hilfestellung geben. Deren Ertüchtigung erstreckt sich vorrangig auf die folgenden Bereiche: • Tragfähigkeit: Lasterhöhungen, z. B. durch erhöhte Eigenlasten aus sekundären Sanierungsmaßnahmen zum verbesserten Wärmeund Schallschutz, müssen im alten Tragwerk nachgewiesen werden. Ausgetauschte Tragglieder bzw. deren Verstärkung sind mit der alten Konstruktion zu verbinden. • Korrosion: Vorhandene Korrosion muss entfernt werden, eventuell einschließlich der alten Schutzanstriche. Neue Beschichtungen

Konverter

Windfrischstahl

SiemensMartin-Ofen

SiemensMartin-Stahl

Elektroofen

Elektrostahl

Walzstahl Stahlguss Schmiedestahl

C 3.2

C 3.3

sind auf Verträglichkeit mit dem alten System zu untersuchen. • Brandschutz: Die deutlich verschärften Bauvorschriften – Stahl galt früher noch als brandsicher – bedingen die nachträgliche Verkleidung oder Beschichtung der Stahlbauteile. Das hierfür bis in die 1980er-Jahre bevorzugt eingesetzte Asbest muss entfernt werden.

• Die Wandstärke der Hohlkörper soll zwischen 1 und 8 cm liegen. • Die Wandstärke soll möglichst gleichmäßig sein. • Der Hohlkörper, meist aus Holz, muss nach dem Gießen leicht aus dem Bauteil zu entfernen sein. • Scharfe Innenecken sind zu vermeiden, Außenecken sind abzurunden. • Die Länge soll 5 m nicht überschreiten. [2]

Historische Eisenerzeugnisse

Die Eigenschaften historischer Eisenerzeugnisse stehen in direktem Zusammenhang mit ihrer Herstellung. Wichtig ist es, diese zu kennen, denn jedes Material bedarf einer eigenen Sanierungsstrategie (Abb. C 3.4, S. 156). Gusseisen Bei Gusseisen handelt es sich im Grunde um Roheisen, das zur Jahrhundertwende auch als solches bezeichnet wird. Dem im Bauwesen verwendeten »grauen Gusseisen« wurde im Gegensatz zum »weißen Gusseisen« im Herstellungsprozess Kohlenstoff zugesetzt, der das Material elastischer machte. Heute findet Gusseisen im Bauwesen kaum noch Verwendung. Lediglich große und besonders gestaltete Formteile wie beispielsweise jene des Centre Pompidou in Paris werden in Ausnahmefällen noch aus Gusseisen hergestellt. Ein Nachteil von Gusseisen ist die kaum vorhandene Zugfestigkeit, weshalb es ausschließlich bei Stützen zum Einsatz kam, die zudem nur mittig beansprucht werden durften. Dies gilt es im Umbau beizubehalten. Außerdem ließ sich Gusseisen nicht ohne Fehler wie Hohlräume (sogenannte Lunker) und Schlackeeinschlüsse herstellen. Dieser Inhomogenität wurde auch schon in der Gründerzeit durch höhere Sicherheiten, z. B. größere Wandstärken der Hohlprofile Rechnung getragen. Für die Verwendung von Gusseisen sprach im 19. Jahrhundert vor allem die Möglichkeit, auch verwinkelte bzw. stark verzierte Formteile herstellen zu können. Schmiedbar war historisches Gusseisen jedoch nicht, denn dafür hätte sein Kohlenstoffgehalt unter 2 % liegen müssen. Der gebräuchlichste Einsatz von Gusseisen waren sichtbare, druckbelastete Säulen geringer Höhe. Nach historischen Quellen galten folgende Fertigungsregeln:

Gusseisenstützen wurden meist liegend und nur selten in einem Stück gegossen. In Schaft, Fuß und Kopf geteilt, erfolgte das Ineinanderstecken erst bei der Montage. Die Wandstärken eingeschossiger Säulen betrugen in der Regel 20 – 40 mm. Aufwendige Verzierungen aus Gusseisen oder Bronze wurden häufig als gesonderte Bauteile mittels Stiftschrauben an der rohen Säule unsichtbar befestigt. Neben frei stehenden, verzierten Säulen kamen noch sogenannte gusseiserne Wände, bestehend aus zwei Rechteckrohren mit einem meist unterbrochenen Verbindungssteg, zur Ausführung. Sie dienten in tragenden Außenwänden als Stützen, beispielsweise für die erdgeschossigen Schaufenster von Geschäftshäusern. Schmiedeeisen und historischer Stahl Schmiedeeisen hat einen Kohlenstoffgehalt von 0,03 bis 0,4 %. Es ist nicht härtbar, jedoch leicht schmied- und schweißbar. Unterschieden wird es in Schweißeisen (hergestellt im sogenannten Puddelverfahren) und Flusseisen (hergestellt in den sogenannten Windfrischverfahren). Historischer Stahl hat einen Kohlenstoffgehalt von 0,4 bis 2 % (Abb. C 3.2). Er war zwar härtbar, jedoch weniger gut schmied- und kaum schweißbar. Auch hier unterscheidet man je nach Verfahren in Schweißstahl und Flussstahl. Das 1784 vom Engländer Henry Cort entwickelte Puddelverfahren stellte einen Durchbruch in der Stahlherstellung dar. Die Trennung von Brennkammer und Schmelztiegel sowie das Zuführen von sauerstoffhaltiger, heißer Luft reduzierten den Kohlenstoffgehalt soweit, dass schmied- und schweißbarer Stahl gewonnen werden konnte. Die Zuführung von Luft geschah durch manuelles Umrühren der Schmelze. Die Qualität des Stahls hing also

155

Stahl in der Sanierung

wesentlich von der Fertigkeit der Arbeiter ab. Hohlräume, Schlackeeinschlüsse und ähnliche Inhomogenitäten erforderten bei der Berechnung von Bauteilen aus Puddelstahl höhere Sicherheiten. Die in Deutschland gebräuchliche alte Bezeichnung Schmiedeeisen wurde 1876 durch die Begriffe Schweißeisen und Schweißstahl ersetzt. Betrug der Anteil des im Puddelverfahren hergestellten Stahls um 1890 noch annährend 50 %, war er 20 Jahre später vollständig vom Markt verschwunden [3]. Phosphorhaltige Eisenerze, insbesondere aus Deutschland, ergaben im Puddelverfahren einen Stahl mit hohem Phosphorgehalt, der als sehr korrosionsbeständig galt, aus dem gleichen Grund aber zu Sprödbruch neigte. Erst durch Weiterentwicklungen des Puddelverfahrens im 19. Jahrhundert gelang es, den Phosphorgehalt geringfügig zu reduzieren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden kurz hintereinander die sogenannten Windfrischverfahren erfunden, zu denen das Bessemer-, das Thomas- und das SiemensMartin-Verfahren zählen. Die neuen Hochöfen waren um das 30-fache produktiver als die Puddelöfen. Da die Schmelze im flüssigen Zustand abgestochen wurde, nannte man die so erzeugten Stähle je nach Kohlenstoffgehalt Flusseisen oder Flussstahl. Thomasund insbesondere Siemens-Martin-Öfen waren in Westeuropa bis Mitte der 1980er-Jahre in Betrieb und wurden dann durch die bis heute

gängigen Methoden der Zuführung von reinem Sauerstoff verdrängt. Bei allen Windfrischverfahren führt das Durchblasen des flüssigen Eisens mit Luft zur Reduktion des Kohlenstoffgehalts sowie, im Gegensatz zum Puddelstahl, zu schlackefreien und somit homogenen Stählen. Deren Eigenschaften sind daher untereinander ähnlich, wenn man von folgenden Ausnahmen absieht: Mit dem Bessemer-Verfahren gelang es noch nicht, den Phosphorgehalt zu reduzieren. Der so hergestellte Stahl ist also, ähnlich wie Puddelstahl, korrosionsbeständiger als heutiger Stahl, neigt aber zu Sprödbruch. Bei der Produktion von Thomasstählen konnte der Phosphorgehalt erstmals deutlich reduziert werden, jedoch war der Stickstoffgehalt immer noch sehr hoch. Umstritten ist, ob Thomasstähle aus diesem Grund zu Sprödbruch neigen. 2005 versagten im Münsterland Strommasten aus Thomasstahl unter hoher Eislast. Die Bundesanstalt für Materialprüfung führt dies nicht ausschließlich auf Überlastung, sondern auch auf Neigung zu Sprödbruch zurück. Siemens-Martin-Stahl war ein auch aus heutiger Sicht hochwertiger Stahl. Lediglich aus wirtschaftlichen Gründen wurde er durch Konverter- und Elektrostahl ersetzt (Abb. C 3.3, S. 155). Stahl, der im Puddel- oder Windfrischverfahren hergestellt wurde, ließ sich schmieden, schweißen und kalt verformen. Es war also sowohl die Herstellung von Walzprofilen als auch von geschweißten Hohlprofilen möglich. Diese

Stahlprofile wurden mit dem vermehrten Einsatz im Bauwesen vereinheitlicht. 1880 vereinbarten Ingenieure und Hersteller die Maße der sogenannten deutschen Normalprofile. Auf dieser Grundlage entstand 1926 die erste DIN 1025. Die gängigen Profile führt DIN EN 10 024 beispielsweise als schmale Doppel-T-Träger mit geneigten inneren Flanschflächen bis heute weiter. Geometrische Werte wie Querschnitt und Widerstandsmoment können demnach aktuellen Tabellenwerken entnommen werden. Historische Verbindungsmittel

Neben den historischen Stahlsorten muss man bei der Sanierung von Stahlbauten auch die Besonderheiten und typischen Schwächen der zur jeweiligen Zeit üblichen Verbindungsmittel beachten. Problematisch sind insbesondere lose Niete, korrodierte Schraubverbindungen sowie fehlerhaft ausgeführte Schweißnähte. Steckverbindungen Aufgrund des hohen Kohlenstoffanteils ist Gusseisen nicht schweißbar. Auch Nietverbindungen waren gesetzlich nicht zulässig. Daher wurden Gusseisenteile bei mehrteiligen Stützen entweder lose gesteckt oder miteinander verschraubt. Nietverbindungen Zu Beginn des Stahlbaus war die Vernietung die gebräuchlichste Art von unlösbaren Verbindungen (Abb. C 3.5, C 3.6, S. 158 und C 3.14,

C 3.4

156

Stahl in der Sanierung

S. 161). Sie kam bis Mitte des 20. Jahrhunderts zum Einsatz und wurde dann vollständig durch das Verschweißen verdrängt. Man unterschied zwischen Warm- und Kaltvernietung, wobei sogenannte Vollniete mit einem Durchmesser ab 6 mm immer warm, d. h. rotglühend, eingesetzt und dann vernietet wurden. Durch das Zusammenziehen des Niets beim Abkühlen wurden die zu verbindenden Teile zusammengepresst. Es entstand eine zugfeste Verbindung auf Grundlage der Reibung (Kraftschluss). Das notwenige Loch wurde gebohrt oder bei kleinen Durchmessern (10 mm) und Blechstärken gestanzt (punzen). Das Stanzen führt zwar zu Verformungen des Profils und zu Veränderungen des Gefüges, war jedoch preiswerter. Bei der Werkstattfertigung der einzelnen Bauteile ersetzten schon um 1900 Nietmaschinen die Handnietung, für die drei Arbeiter benötigt worden wären. Nietverbindungen hatten vielfache Vorteile: • Sie reagieren nicht nachteilig auf Schwingungen oder andere dynamische Belastungen. • Die Verbindung ist wasserdicht, d. h. eine nicht sichtbare Korrosion im Inneren der Konstruktion ist bei intakten Nieten so gut wie ausgeschlossen. • Niete sind sehr leicht auf losen Sitz zu überprüfen: »Bei gut sitzenden Nieten muss der Hammer zurückprallen, wie von einem Amboß; gibt der Schlag jedoch einen flappernden Ton, […] muss das Niet durch ein neues ersetzt werden«. [4] Ein loser Sitz gilt als einziger Sanierungsfall bei Nieten, da hierdurch die Kraftschlüssigkeit der Verbindung aufgehoben und das Niet unzulässigerweise auf Abscheren belastet wird. Zudem ist die Verbindung nicht mehr dicht und damit korrosionsgefährdet. Neben dem Abklopfen ist eine Sichtanalyse auf Abrisse in der Farbbeschichtung durchzuführen, die ein deutliches Zeichen loser Niete sind, da weder vernietete Verbindungen noch das Niet an sich beweglich sind. Um diese Kontrollfunktion nicht zu verlieren, sollten für Neuanstriche möglichst unelastische Systeme gewählt werden. Wenn keine denkmalpflegerischen Gründe dagegensprechen, lassen sich lose Niete durch vorgespannte Schraubverbindungen ersetzen, die ebenfalls kraftschlüssig sind. Dazu wird in der Regel ein Nietkopf abgefräst und das Niet herausgeschlagen. Ist dies nicht möglich, wird das Niet ausgebohrt. In jedem Fall sollte vor dem Einsetzen eines neuen Niets oder einer Verschraubung das Loch auf die nächste Nietgröße aufgebohrt werden, um kleinere Risse und Beschädigungen zu entfernen. Schrauben Im 19. Jahrhundert fanden Schraubverbindungen vor allem bei Bauteilen aus Grauguss Verwendung, der nicht genietet werden darf. Konstruktionen aus Schmiedeeisen und Flussstahl wurden nur dann verschraubt, wenn es sich um bewegliche, nachstellbare oder lösbare Verbindungen handelte oder eine Beanspruchung

C 3.5

C 3.4 Bezeichnung und Eigenschaften historischer Eisenprodukte um 1900 C 3.5 Bogenträger eines Hallendachs

157

Stahl in der Sanierung

des Verbindungsmittels auf Abscheren bestand. Beides kommt im Bauwesen jedoch nur in Ausnahmefällen vor. Erst mit dem Umstellen der Werkstattfertigung von Nieten auf Schweißen, also ab Mitte des 20. Jahrhunderts, kamen vermehrt Verschraubungen zum Einsatz. Sie dienten vorrangig der Baustellenmontage und wirkten statisch zumeist als formschlüssige, also scherbeanspruchte Verbindungen. Wesentlicher Nachteil von Schraubverbindungen ist der undichte Abschluss des Bohrlochs, sodass es zu nicht sichtbaren Korrosionsschäden kommen kann. Es ist daher ratsam, sie stichprobenartig zu öffnen, um Verbindung und Schraube auf Korrosion zu überprüfen. Loser Sitz ist lediglich

bei den seltener verwendeten kraftschlüssigen Verschraubungen statisch unzulässig. Solche Schrauben erkennt man am Prägestempelabdruck auf den Schraubköpfen, der mit den letzten beiden Stellen die Zugfestigkeit angibt (z. B. M 10 ≈ 60 – 8.8). Für vorgespannte Verbindungen wurden vornehmlich die Festigkeitsklassen 10.9 und 12.9 eingesetzt. Schweißen Vorteile des Schweißens sind die Gewichtsersparnis durch den Wegfall der Überlappungen und Knotenbleche. Zudem besteht keine Schwächung des Materials durch Niet- oder Schraubenlöcher. Da die Konstruktionen jedoch durch höheren Arbeitsaufwand nicht

preiswerter waren und erfahrene Schweißer fehlten, setzten sich geschweißte Konstruktionen erst langsam durch. DIN 4100 aus den 1920er-Jahren legte in Deutschland den Grundstein für geschweißte Stahlbauten. Da sich Schweißnähte nach der Herstellung nur mit großem Aufwand auf fachgerechte Durchführung prüfen ließen, war es wichtig, dass sie von fachkundigen Arbeitern ausgeführt wurden. Die Aufnahme einer staatlich kontrollierten Eignungsprüfung von Schweißern in die DIN stellte dies von 1934 an sicher. Die Kontrolle der Schweißnähte ist auch das Hauptproblem bei der Sanierung. In einem ersten, zerstörungsfreien Schritt können Schweißnähte durch visuelle Kontrolle auf mögliche Schwachpunkte hin überprüft werden. Folgende Unregelmäßigkeiten weisen auf eine nicht fachgerechte Ausführung hin: • Risse in oder neben der Naht • nicht aufgefüllte Endkrater • Einbrandkerben • ungenügende Durchschweißung der Wurzel • übermäßig eingefallene Stellen in der Schweißnaht • überhöhte, durchhängende oder eingezogene Wurzel Bestehen nach der visuellen Kontrolle Zweifel an der Qualität der Schweißnähte, kommen folgende weitere Prüfverfahren infrage: • Magnetpulverprüfung (Magna-Flux-Verfahren): Auf die örtlich magnetisierte Prüfstelle wird ein fluoreszierender Farbstoff aufgebracht, der Metallpulver enthält. Unter UV-Licht treten dann Risse als Anhäufungen des Metallpulvers sichtbar hervor, die mit bloßem Auge sonst nicht erkennbar wären. Bei der Magnetpulverprüfung handelt es sich um eine Oberflächenanalyse. Sie wird daher meist mit der aufwendigeren Ultraschallprüfung kombiniert. • Ultraschallprüfung: Wellen im Ultraschallbereich werden in das Werkstück geleitet. An Luft-Metall-Schnittstellen wird dieser Schall nahezu vollständig reflektiert, was am Display des Messgeräts zu einem Ausschlag führt. Treten Ausschläge zwischen dem Eingangs- und Rückwandecho auf, handelt es sich um Hohlräume oder Risse im Werkstück. Die Position der Ausschläge lässt somit auch Rückschlüsse auf die Lage der Fehlstellen innerhalb des Werkstücks zu. Beide Verfahren sind mit einem Zeitaufwand von ca. 0,5 bis 1,0 Stunden je Laufmeter relativ zeit- und damit kostenintensiv. Statik historischer Stahlsorten

Der statische Nachweis von Konstruktionen aus alten Stahlsorten stellt ein wesentliches Problem bei der Sanierung dar, da sich die Kennwerte von den heutigen zum Teil wesentlich unterscheiden. Bei der Sanierung ist also auf alte Materialkennwerte zurückzugreifen (Abb. C 3.7). C 3.6

158

Stahl in der Sanierung

Vorschrift /Richtlinie

Material

Streckgrenze ReH/fy, k [N/mm2]

Zugfestigkeit Rm/fu,k [N/mm2]

Bruchdehnung A10 [%]

SBB

Schweißeisen 1850 –1900

220

320 – 380

12

SBB

alte Baustähle 1890 –1940

220

320 – 380

20

DB /805

Schweißeisen 1850 –1900, Flusseisen vor 1900 Flusseisen, Flussstahl 1900 –1940

220

320

k. A.

235

360

k. A.

DB /805

Baustahl St 48

312

480

k. A.

RiLi Bundesministerium für Verkehr (BMV) 1992

Stähle vor 1962

220

320 –380

k. A.

C 3.6 verschiedene historische Verbindungsarten C 3.7 Materialkennwerte historischer Stahlsorten; Grundlage für Berechungen der Schweizerischen Bundesbahn (SBB), Deutschen Bahn (DB) und des Bundesamt für Materialforschung und -prüfung (BAM) an historischen Eisenbahnbrücken C 3.8 Unterscheidungsmerkmale zwischen Schweißeisen und frühem Flussstahl; nach BAM-Analysen C 3.7

Graues Gusseisen Die statischen Werte für Gusseisen sind aufgrund der regional sehr unterschiedlichen Werkstoffgüte nicht einheitlich abschätzbar. Im Sanierungsfall sollten Lasterhöhungen möglichst vermieden werden, denn ein neuerlicher Nachweis ist entsprechend schwierig. Stahl Die Zugfestigkeit von historischem Fluss- oder Schmiedeeisen liegt mit 37– 44 kg/mm2 (in Längsrichtung) im Bereich der heutigen Stahlgüte S 235 JR+AR. Die um 1900 verwendeten, zulässigen Spannungen wurden für Druck, Zug und Biegung mit 900 kg/cm2 angegeben [5], also knapp 90 N/mm² und damit ca. 60 % unter den heutigen Rechenwerten (Abb. C 3.9, S. 160). Liegen keine Kennwerte und Materialangaben aus alten Bauunterlagen vor, ist eine Nachberechnung schwierig. Das Beiblatt 2 der DIN 17 100 (1948 eingeführt als Beiblatt 2 der DIN 1050) »Altstahl im Hochbau«, das bis 1966 als Grundlage zur Berechnung herangezogen werden konnte, wurde ersatzlos zurückgenommen. Trotzdem kann es heute noch als Anhaltspunkt dienen. Das gilt auch für die 2001 von der Deutschen Bahn (DB) und der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) veröffentlichten Kennwerte (Abb. C 3.7).

Sind die Stahlgüten nicht sicher zuzuordnen, bleibt als letzte Möglichkeit, Materialproben aus der Konstruktion zu überprüfen. Die Entnahme von Probekörpern für eine Zugprobe nach DIN 50 125 erfolgt über Kernbohrungen mit mindestens 60 mm Durchmesser. DIN EN 10 025 legt fest, wo welche Proben zu entnehmen sind. Für die Zuordnung der mechanischen und chemischen Probenuntersuchung kann Abb. C 3.8 Anhaltspunkte geben. Bestandsschutz der Statik Da sich die heute anzusetzenden Nutz- oder Verkehrslasten gegenüber den Werten von 1890 nur bei wenigen Bauten erhöht haben (Abb. C 3.11, S. 160), können Stahlkonstruktionen ohne Veränderung der Eigenlasten und in ausreichend gutem Zustand im Bestandsschutz oftmals als weiterhin tragfähig eingestuft werden. Lasterhöhungen, beispielsweise durch nachträglich aufgebrachte Fußböden, Abhängungen, Brand- oder Wärmeschutzmaßnahmen, lassen sich jedoch nur auf Grundlage der damals zulässigen maximalen Spannungen unter Berücksichtigung der Alterung und statistischer Abweichungen bewerten. Dazu schreibt Rosemarie Helmerich in ihrem Forschungsbericht zu Versuchen an Brückenbauteilen aus dem Jahr 2005: »Die Untersu-

chungen der alten Stähle, Bauteile und Bauweisen haben gezeigt, dass die alten Stähle besser sind als ihr Ruf. Werden die Besonderheiten der alten Stähle hinsichtlich ihrer eingeschränkten Schweißbarkeit und des anisotropen Verhaltens berücksichtigt, so kann häufig durch Dehnungsmessungen unter Verkehr nachgewiesen werden, dass die Konstruktionen dank ihrer hohen Sicherheitsreserven bei ihrer Errichtung durchaus noch in Zukunft betrieben werden können.«[6] Im Gegensatz zu Verkehrsbauwerken muss jedoch im Bauwesen davon ausgegangen werden, dass Stahlkonstruktionen rechnerisch ausgelastet waren und eine Erhöhung der Lasten nicht infrage kommt. Zu berücksichtigen ist ferner, dass bis zur DIN 1050 von 1952 bei der Berechnung der Tragwerke die Durchbiegung keiner Beschränkung unterlag. Insbesondere bei weitgespannten Dachtragwerken wurden die Fachwerke so schlank dimensioniert, dass sich nach heutigen Maßstäben eine teilweise Verstärkung der Profile als notwendig erweist. Da bei allen Tragwerken aus Schmiede- oder Flusseisen kein Verschweißen mit ergänzenden Stahlprofilen möglich ist, bleibt das Verschrauben die einzige Verbindungsvariante. Dabei muss im Rahmen der Planung unbedingt untersucht werden, ob aufgrund der räumlichen

Schweißeisen

Flussstahl (hier bis ca. 1910)

Zugfestigkeit, Dehnung (Zugversuch)

St 33 – St 37, nur in Walzrichtung: anisotropes Verhalten charakteristische Werte: fy > 203 N/mm2; fm > 267 N/mm2 ausreichende Gleichmaßdehnung, keine Einschränkung nach Erreichen der Bruchlast E < 200 000 N/mm2

gute Festigkeit = St 33 – St 37, günstigeres Dehnungsverhalten charakteristische Werte: fy > 230 N/mm2; fm > 313 N/mm2 lokales Plastizieren (Einschüren) zum Spannungsabbau an Beanspruchungsspitzen möglich E > 200 000 N/mm2

Gefüge • Baumannabdruck • Bruchfläche duktiler Bruch

lamellenartige Zeiligkeit; Schlacke/Ferrite: Kompositstruktur; grobes Korn große Waben mit nicht metallischen Einschlüssen

starke Seigerungszonen, Wabenbruch

Schmelzpunkt

1500 –1600 °C

1300 – 1400 °C

0,0032– 0,15 0,003 – 0,42 0,0034 – 0,018 0,011– 0,39 0,0037– 0,040 0,054 – 0,11

0,026 – 0,200 0,001– 0,013 0,063 – 0,176 0,009 – 0,136 0,110 – 0,022 0,036 – 0,520

schnellerer Rissfortschritt als bei modernem Stahl, aber hohe Schwellenwerte, spröde Schlackenanteile, zähe ferritische Matrix

langsameres Risswachstum als bei Schweißeisen, spröder Seigerungskern (Unterschiede Speckschicht/Seigerung sind nicht untersucht) C 3.8

chemische Zusammensetzung

Rissfortschritt, Schwellenwert

C Si S P N Mn

kleinere Waben als bei Schweißeisen

159

Stahl in der Sanierung

Flusseisen (Windfrischverfahren) [kg/cm2]

Hochbau zul. σ [kg/cm2]

Flussstahl (Windfrischverfahren) [kg/cm2]

Brückenbau zul. σ [kg/cm2]

St 37 Streckgrenze σs

2400

3800

Lastfall Hauptlasten σzul

1400

Lastfall Haupt- und Zusatzlasten σzul

1600

Scherspannung τzul

Biegung und Zug

1200

1000

2200

Schub

1560

1120

2500

St 48 Biegung und Zug

1400

1820

Schub

1300

1456

0,8 σs C 3.9

Enge an den Anschluss- und Knotenpunkten das Bohren der Bestandskonstruktion überhaupt durchführbar ist. Brandschutz

Ähnlich wie heute erstreckte sich der Brandschutz um 1900 auf die tragende Struktur aus Wänden, Stützen und Geschossdecken. Dabei unterschied man bei Vorkriegsbauten zwischen feuerhemmend, was in etwa F 15 A entspricht, und feuerbeständig ohne genaue Festlegung der Brandwiderstandsdauer. Die geringere Anforderung feuerhemmend galt in Berlin 1929 beispielsweise für Kleinhäuser und Treppenläufe. An Dächer wurden, ausgenommen der Eindeckung, keine Anforderungen gestellt. Das erklärt die ungeschützten Tragwerke von erdgeschossigen Hallen. DIN 4102 aus dem Jahr 1940 stellte erstmals Anforderungen an Stahlbauteile, die mit den heutigen vergleichbar sind. Dies gilt jedoch nicht unbedingt für Industriebauwerke, für die aufgrund kompensatorsicher Maßnahmen, wie den verpflichtenden Stockwerkshydranten, regelmäßig Ausnahmen genehmigt wurden. Graues Gusseisen Gusseiserne Säulen galten bis Mitte des 19. Jahrhunderts im Vergleich zu Holzbauteilen als brandsicher. Zum Ende des 19. Jahrhunderts wurden aufgrund vorhergegangener Brände, die das Gegenteil bewiesen, die Baugesetze verschärft und entsprechende Schutzmaßnahmen vorgeschrieben. Ein Beispiel hierfür war das Aufbringen einer Putzschicht aus Kalk- oder Zementputz auf einem Drahtgewebe, wobei zwischen der Gusseisensäule und dem Drahtgewebe eine dünne Luftschicht verblieb [7]. Nach heutigen Maßstäben gelten unverkleidete Gusseisenstützen allenfalls als brandhemmend (F 30 A). Dies ist vorrangig der großen Wandstärke geschuldet, die sich während des Löschens jedoch auch negativ auswirken kann: Gusseisenstützen können schlagartig bersten. Dies gilt insbesondere auch für den Sanierungsversuch des Ausbetonierens von Hohlstützen, da sich das im Beton gebundene Wasser im Brandfall ausdehnen kann und die Stütze von innen sprengt.

160

Jahr 1890 1)

Einheit Jahr ca. [kg/m2] [kN/m2] 2006 2)

Einheit [kN/m2]

Decken von 250 2,5 Wohnräume 1,5/2,0 Wohngebäuden Geschäfts400 4,0 Verkaufs2,0/5,0 bauten räume Versammlungs400 4,0 Versamm- 4,0/5,0 stätten lungsräume Treppen, 400 4,0 Treppen 3,0/5,0 Treppenpodeste 1) Quelle: Belastungsannahmen des Preußischen Ministeriums der öffentlichen Arbeiten von 1890, Königer, Anhang, S. 10, Tabelle 5 d 2) DIN 1025-3

C 3.10

C 3.11

Stahl Schmiedeeisen der Jahrhundertwende verhält sich im Brandfall nicht wesentlich anders als heutiger Stahl. Der Schmelzpunkt liegt zwar knapp oberhalb heutiger Stahlsorten, jedoch noch weit unter den Temperaturen im Brandfall, woraus sich also keine höhere Brandsicherheit ergibt. Bis in die Nachkriegszeit schützte häufig eine Zementschicht die Stahlprofile, entweder durch Verputz (mit und ohne Putzträger), Einbetonieren von offenen Profilen oder Ausbetonieren von Hohlprofilen. Stützen wurden auch vollständig eingemauert oder mit speziellen Formsteinen ummantelt. Feuerbeständige Beschichtungen auf Asbestbasis waren in den 1920er-Jahren zwar noch selten, kamen aber durchaus schon zum Einsatz. Stand der Technik – und demnach auch bei verkleideten Stützen zu vermuten – sind Asbestverkleidungen in Gebäuden aus Baujahren zwischen 1940 und 1980.

Bei der Sanierung denkmalgeschützer Stahlbauwerke mit Bauteilen, die sichtbar bleiben sollen, eignet sich jedoch je nach Brandwiderstandsanforderung weder die erste, noch die zweite Methode. So sind die aufschäumenden Beschichtungen bei Brandschutzklassen über F 30 so dick aufzutragen und schwierig zu verarbeiten, dass sie die denkmalpflegerisch entscheidenden Details, beispielsweise von Gusseisenkonstruktionen, verdecken würden. Auch bei nicht denkmalgeschützten Bauteilen ist eine Verbesserung des Brandschutzes durch Beschichtungen technisch schwierig und häufig unwirtschaftlich, da die Altanstriche vorher vollständig entfernt werden müssen. Wenn auch eine Verkleidung aus formalen Gründen ausgeschlossen ist, verbleiben nur noch baubehördliche Verhandlungen mit dem Ziel einer Ausnahmegenehmigung. Dabei ist der Einbau von Kompensationsmaßnahmen wie Rauchabzug und Frühwarnanlagen oder sogar selbsttätige Löschanlagen (Sprinkler) in die Überlegungen einzubeziehen.

Brandschutztechnische Sanierung Die im Laufe der Jahrzehnte immer wieder erhöhten Anforderungen an den Brandschutz stellen ein ernsthaftes Problem bei der Sanierung dar, denn früher zulässige, ungeschützte Bauteile müssen heute einen Brandwiderstand von F 30 oder sogar F 90 erreichen. Hier muss der Planer umdenken: Bei Sanierungen von Massivbauten lassen sich die Holzbalkendecken meist relativ leicht nachrüsten. Mauerwerk und – eingeschränkt – auch Stahlbetonbauteile können meist unverändert übernommen werden. Dies gilt jedoch nicht bei der Sanierung historischer Stahlbauwerke. Diese sind schon zu Beginn der Planung auf Widersprüchlichkeiten zur heutigen Bauordnung bzw. Industriebaurichtlinie zu untersuchen, da die notwendigen Brandschutzmaßnahmen einen hohen Einfluss auf die ökonomische Sanierungsfähigkeit des gesamten Gebäudes haben. Mögliche Verbesserungen des Brandschutzes lassen sich auf zweierlei Weise realisieren (Abb. B 5.58 und B 5.59, S. 119): • durch nachträgliche Ummantelung mit Feuerschutzplatten oder Beton • durch neu aufgebrachte, profilfolgende, im Brandfall aufschäumende Beschichtungen

Korrosion

Die Korrosion nicht bewitterter Stahlbauteile stellt im Sanierungsfall meist kein großes Problem dar. Während Gusseisen einen hohen natürlichen Korrosionsschutz aufweist, wurden Stahlbauteile seit dem 20. Jahrhundert durch Beschichtungen geschützt. Besonders zu untersuchen sind Stahlbauteile in Kellern (Kappendecken) und bewitterte Bauteile. Probleme drohen zudem bei alten, häufig giftigen Beschichtungssystemen. Graues Gusseisen Gusseiserne Stützen kamen bevorzugt bei offenen Hallen, z. B. Markthallen, oder Überdachungen zum Einsatz, da der Korrosionsschutz von Gusseisenstützen ohne weitere Behandlung hervorragend ist. Die Gusshaut enthält hohe Bestandteile von Grafit und Korrosionsprodukten, weshalb sie das Bauteil vor weiterer Korrosion schützt, solange sie unverletzt bleibt. Das Entfernen der Gusshaut, beispielsweise durch Sandstrahlen, ist daher sowohl aus denkmalpflegerischen als auch unter technischen Aspekten nicht zu empfehlen.

Stahl in der Sanierung

Die großen Wandstärken der Gussstützen lassen außerdem vermuten, dass die Standfestigkeit bei lediglich oberflächlich oder lokal korrodierten Stützen nicht gefährdet ist. Historische Beschichtungen Rostschutz spielte zu Beginn der Anwendung von Eisen im Bauwesen eine untergeordnete Rolle, da die Bauteile im Gegensatz zu Verkehrsbauwerken nicht der Witterung ausgesetzt waren. Stahl im Hochbau wurde daher im 19. Jahrhundert meist gar nicht oder nur mit eher einfachen Behandlungen geschützt: • Teeranstrich: Beschichtungen mit Steinkohleteer waren nicht mit Ölfarben überstreichbar, fanden also nur bei nicht sichtbaren Bauteilen Verwendung. • Brünieren: Einreiben mit einem Teil Brüniersalz und drei Teilen Olivenöl • Schwarzbrennen: Einreiben mit Leinöl und anschließendes Erwärmen Spätestens seit den 1920er-Jahren war ein zwei- bis dreilagiger Schutzanstrich der gebräuchlichste Korrosionsschutz bei Schmiedeund Flussstahl. Den Rostschutz bildeten dann entweder Eisenoxid im Eisenglimmer oder Bleioxid in der Bleimennige. Als Bindemittel diente anfangs meist Leinölfirnis, später auch Kunstharz. Das Entfernen der bleihaltigen, auch Bleiweiß genannten, Beschichtungen ist nicht zu empfehlen, da das hierfür nötige Sandstrahlen giftiges Blei freisetzt, das im gebundenen Zustand keine Gefahr darstellt und daher noch als unkritisch gilt. Aus diesem Grund werden gut haftende Beschichtungen meist durch weitere Anstriche ergänzt. Dabei sind die Verarbeitungsrichtlinien der Neubeschichtung unbedingt auf die Verträglichkeit mit den damals üblichen bleihaltigen Ölfarben zu untersuchen. Unverträglichkeit kann zu dauerhafter Klebrigkeit der Oberfläche oder zum Ablösen der Altbeschichtung führen. Steinkohleteerbeschichtungen sind auch im abgebundenen Zustand gefährlich, denn sie können bei Kontakt mit Wasser möglicherweise krebserregende polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (PAK) freisetzen. Solche Beschichtungen müssen in jedem Fall entfernt werden. Sind Stahlbauten bereits sehr stark korrodiert, ist mit großer Wahrscheinlichkeit die Tragfähigkeit zumindest eingeschränkt, oft jedoch gar nicht mehr gegeben. Da das einzusetzende Material im konstruktiven Stahlbau schon immer nach Gewicht kalkuliert wurde, ist jedes Bauteil meist rechnerisch ausgelastet, also in den Dimensionen so weit wie möglich minimiert. Eine Schwächung durch großflächige und fortgeschrittene Korrosion bedeutet daher, dass die Konstruktion insgesamt oder in Teilen nicht sanierbar ist und ausgetauscht werden muss. Im Fall des Ersatzes einzelner Tragglieder ist zu prüfen, ob die Stahlsorten sich untereinander verschweißen lassen. Ausgeschlossen ist dies in jedem Fall bei Konstruktionen aus Puddel- oder Bessemerstahl, die auch im

Sanierungsfall genietet werden müssen. Die Schweißbarkeit anderer Stahlsorten ist insbesondere bei Konstruktionen der Vorkriegszeit im Zweifel durch Probenentnahme und Laboruntersuchung zu klären.

Sanierungen mit Stahl Der Baustoff Stahl ist aus vielen Gründen ideal für Sanierungs- und Umbauaufgaben geeignet: • Stahlprofile sind verhältnismäßig leicht. Sie können daher im Inneren von Gebäuden von Hand oder mit leichten Hebewerkzeugen eingebracht und verbaut werden. • Stahlbauteile lassen sich biegesteif verbinden. Sie erlauben also die Trennung in handliche Einzelteile und späteres, kraftschlüssiges Zusammenfügen am Einbauort. Auch Rahmenecken, beispielsweise als Konsolträger, sind im Umbau nur in Stahl realisierbar. • Stahlbau ist Trockenbau und verändert den Feuchtigkeitshaushalt des Bestands nicht. • Geschraubte Stahlverbindungen lassen sich wieder demontieren. Gerade in denkmalgeschützten Gebäuden spielt die Rückbaufähigkeit von Einbauten eine wesentliche Rolle. Stahl ist hierfür ideal geeignet, auch weil er sich hervorragend weiterverwenden (Direktrecycling) oder wiederverwerten (Recycling) lässt. Diesen Vorteilen stehen nur wenige Nachteile gegenüber. Stahlbauteile müssen vor Brand geschützt werden, als sichtbare Träger scheiden sie daher häufig aus. Sie sind zudem hoch wärmeleitend und dementsprechend für Durchdringungen der Außenhaut, z. B. für Auskragungen, nicht geeignet.

C 3.9 1922 in Deutschland festgelegte Berechnungswerte C 3.10 erste Ausgabe der DIN 1612 von 1925 (neue Bezeichnungen, neue Kennwerte) C 3.11 Vergleich zwischen anzunehmenden Verkehrslasten um 1890 und 2006 C 3.12 neue Galerie als Ergänzung, eingeschoben in historische Stahlkonstruktion (Farbton Kölner Grün), Büro einer Agentur, Köln (D) 2006, 4000architekten C 3.13 neu ergänzter Träger für Galerie und zugehörige Treppe, Büro einer Agentur C 3.14 Einzelbüro mit historischer Stütze, Büro einer Agentur

C 3.12

Statische Veränderungen im Massivbau

Aus dem Umbau von Massivbauten sind Stahlbauteile heute nicht mehr wegzudenken. Abfangungen tragender Wände und nachträgliche Verstärkungen und Sanierungen von Holzbalkendecken oder Dachstühlen sind oftmals nur durch Stahlbauteile möglich, verfügen diese doch über eine hohe Tragfähigkeit und lassen sich auch im Inneren von Gebäuden relativ leicht transportieren. Im Gegensatz zu Stahlbeton bringen sie keine Feuchtigkeit in das Gebäude und sind – wichtig im Sinne des Denkmalschutzes – wieder demontierbar.

C 3.13

Neue Durchbrüche im Mauerwerk Um Ausbrucharbeiten an tragenden Bauteilen durchführen zu können, müssen zuerst die vorhandenen Lasten abgefangen werden. Bei mehr als 100 cm breiten Wanddurchbrüchen sind zwei Lasten von Interesse: die Deckenlasten und das Gewicht des Mauerwerks oberhalb der geplanten Öffnung. Bei Durchbrüchen unterhalb dieses Maßes ist durch die natürliche Bogenwirkung des Mauerwerks während des Ausbruchs meist eine ausreichende Tragfähigkeit gegeben, sodass auf Abfangungen verC 3.14

161

Stahl in der Sanierung

C 3.15

C 3.16

zichtet werden kann. Um einen angemessenen Arbeitsraum zu gewährleisten, werden die Deckenlasten ca. 1 m vor dem Auflager mittels Betonschalungstechnik (Stützen und Balken) abgefangen. Dabei ist darauf zu achten, dass keine unnötigen Lasten wie Baumaterial auf der Decke liegen und die Weiterleitung bis auf tragenden Grund gewährleistet ist. Die Abfangung der Wandlasten kann auf zwei Arten erfolgen. Im Abstand von ca. 40 – 50 cm werden kleine Durchbrüche oberhalb des geplanten Sturzes gestemmt. Hindurchgesteckte, kraftschlüssig verkeilte und auf Schalungsstützen ruhende Balken erlauben nun den Ausbruch der Öffnung. Diese sehr einfache Methode scheitert dann, wenn es sich um Fassadenausbrüche in Obergeschossen handelt oder aus anderen Gründen keine beidseitige Abstützung erfolgen kann. Zudem erlaubt sie keine neuen gesetzten Stürze direkt unterhalb der Decke. Für solche Anwendungen muss man die neuen Stürze abschnittsweise einbauen (Abb. C 3.15 und C 3.16). Ohne weitere Lastabfangung wird ein horizontaler Schlitz gestemmt, dessen Tiefe keinesfalls mehr als die Hälfte der Mauerstärke betragen darf. In diesem Schlitz wird der erste Sturz – meist ein Doppel-T-Profil – versetzt und kraftschlüssig ausgemörtelt. Nach dem Abbinden kann der zweite Sturz analog versetzt und die Öffnung darunter ausgebrochen werden. Beide Maßnahmen bedürfen eines statischen Nachweises und sollten während der Ausführung gut überwacht werden. Zu untersuchen sind auch immer die Auflagerpunkte, da beispielsweise Leichtmauerwerk zur Aufnahme der hohen Punktlasten häufig die nötige Druckfestigkeit fehlt. Die meist 15 – 20 cm tiefen Auflagerbereiche müssen dann mit Mauerwerk hoher Druckfestigkeit ergänzt werden. Bei sehr großen Lasten können auch bis zur Fundamentierung gemauerte Pfeiler oder Stahlstützen nötig sein. Um Setzungen zu verhindern, werden alle Arbeiten, insbesondere oberhalb der Stürze und der Auflager, mit schwindfreiem Quellmörtel ausgeführt. Kommen Stahlträger zum Einsatz, ist je nach Anwendungsfall auch ausreichend Platz für Brandschutzverkleidungen oder Putzträger einzuplanen (Abb. C 3.15 und C 3.16).

Neue Durchbrüche in Ortbetondecken Für Abfangungen bei Deckendurchbrüchen ist zunächst die Decke zu entlasten und während der Ausführung zu unterstützen. Neue Durchbrüche in Ortbetondecken lassen sich anchließend auf zwei Arten im Randbereich verstärken. Die vorhandenen Bewehrungseisen werden während des Abbrechens (Stemmen) nicht durchtrennt und können mittels Randkorb in einen neu zu betonierenden Randbalken eingebunden werden. Diese Methode ist im Ergebnis statisch und konstruktiv mängelfrei, da es sich nach dem Abbinden um ein homogenes Deckenfeld handelt. Nachteilig sind hingegen die Erschütterungen des Bestands durch das Stemmen, was diese Methode eventuell ausschließt. Ist dies der Fall, kann der neue Durchbruch mittels Stahlbetonsägen erschütterungsfrei hergestellt werden. Die Übertragung der Kräfte aus dem hierdurch getrennten Feld auf die Randfelder erfolgt dann über einen allseits auf- oder untergesetzten Stahlrahmen. Dieser wird mit der Stahlbetondecke mittels Reaktionsanker verdübelt. Der Nachteil besteht darin, dass sich im Bereich der Ecken auch nach Abschluss der Baumaßnahme Risse bilden können.

162

Teilverstärkungen im Skelettbau

Insbesondere in der Sanierung von auf Biegung beanspruchten Holzbauteilen wie Holzbalkendecken oder Dachstühlen wird regelmäßig auf den Baustoff Stahl zurückgegriffen. Verstärkung von Holz-Biegeträgern Der Grund für den Einsatz von Stahl- statt Holzträgern liegt vor allem in der gerade im Umbau wichtigen Platzersparnis. Zur Anschauung dient als willkürliches Rechenbeispiel der Vergleich zwischen zwei Einfeldträgern gleicher Spannweite aus Brettschichtholz (BSH) bzw. Stahl: Der einem Stahlprofil rechnerisch gleichwertige BSH-Träger benötigte ein 10-mal höheres Widerstandsmoment [cm3] und ein 20-fach höheres Trägheitsmoment [cm4]. Dem U-Profil mit den Außenmaßen 60 ≈ 140 mm entspräche somit ein BSH-Träger mit den Außenmaßen 60 ≈ 300 mm. Der Holzträger wäre also bei gleicher Breite mehr als doppelt so hoch.

Dabei ist der BSH-Träger mit 9 kg/lfm deutlich leichter als der Stahlträger mit 16 kg/lfm. Aber auch ein 5 m langes U140-Profil mit einem Eigengewicht von 80 kg ist von zwei Handwerkern trag- und versetzbar. Obwohl der im Beispiel beschriebene U-Träger im Vergleich zu Doppel-T-Trägern ein schlechteres Tragfähigkeits-/Gewichtsverhältnis hat, kommt er aus folgenden Gründen in der Sanierung sehr häufig zum Einsatz: • Mittels Holzdübel und Bolzen kann ein sehr guter Kraftfluss hergestellt werden. So lassen sich auch partielle Reparaturen, z. B. an Balkenköpfen, durchführen. • U-Profile werden wenn möglich symmetrisch, also rechts und links, eines bestehenden Holzträgers eingesetzt. Die symmetrische Anordnung verhindert ein Verdrehen (Torsion) des Holzträgers. • U-Profile können seitlich an das Holzbauteil angeschlossen werden. Eine Verstärkung von unten ist bei Mittelpfetten im Dachstuhl oder im Inneren von Holzbalkendecken aus Platzgründen meist ausgeschlossen. Sanierung verfaulter Holzbalkenköpfe Ein häufiges Schadensbild von Holzbalkendecken stellen verfaulte Auflager dar. Dabei ist die Fäule oft bereits schon bis zu 0,50 m von der Wand entfernt fortgeschritten. Als Ursachen kommen die Änderung des Feuchtehaushalts (veränderte Dichtigkeit, Wärmedämmung, neue Nutzung, geändertes Nutzerverhalten) oder Wasserschäden (defekte Regenwasser-, Abwasser- oder Brauchwasserleitungen, Spritzwasser, unzureichende Schlagregendichte) in Betracht. Nach Ermittlung der Ursache und deren Beseitigung kann der Austausch der defekten Bauteile beginnen. Zur Sanierung werden die Balken unterstützt, wobei auf die Druckverteilung im darunterliegenden Geschoss zu achten ist. Die Auflagerbereiche werden dann bis zum gesunden Holz großzügig entfernt und durch Holz mit gleichem Querschnitt ersetzt. Die Verbindung geschieht am einfachsten durch seitliche Holzlaschen, die mittels Einpressdübel und Stabanker mit altem und neuem Balken verbunden werden. Reicht dies nach heutigen statischen Berechnungen nicht aus, kann man auf U-Profile zurückgreifen (Abb. C 3.17). Kontrovers diskutiert wird darüber, wie man mit den Balkenköpfen im Mauerwerk umzugehen hat. Dabei stehen sich zwei Meinungen gegenüber: • Die Balkenköpfe sind durch Einmauern oder ähnliche Maßnahmen luftdicht abzuschließen. Dies verhindert, dass feuchte Innenraumluft in die Mauermitte gelangt und dann an den Balkenköpfen kondensiert. • Die Balkenköpfe bleiben luftumspült, indem zwischen Holz und Mauerwerk ein Luftspalt belassen wird. Hierdurch kann eventuell auftretende Feuchtigkeit wieder austrocknen. Diese Bauart wurde bis zum Ende der Erstellung von Holzbalkendecken in der Nachkriegszeit in allen Publikationen vorgeschrieben.

Stahl in der Sanierung

Bei beiden Auflagerarten wird die Balkeneinbindung durch Dachpappen zusätzlich vor dem Eindringen von Feuchtigkeit geschützt.

schossig genutzten Dachstühlen sind die Profile jedoch mindestens auf F 30 zu ertüchtigen.

Verstärkungen von Holzbalkendecken Die Tragfähigkeiten von späten Holzbalkendecken, die ab 1900 gebaut wurden, liegen zwar häufig in ähnlichen Bereichen wie heute, jedoch wurden sie ohne Durchbiegungsbeschränkung berechnet. Die Dimensionierung von Holzbalkendecken vor 1900, insbesondere im bäuerlichen Selbstbau, geschah über Erfahrungswerte. Im Sanierungsfall belasten Brand- oder Schallschutzmaßnahmen die alten Decken zusätzlich. Dies kann in jedem Fall entsprechend den heutigen Berechnungsvorschriften eine Verstärkung der Holzbalkendecken erforderlich machen. Um an den Einbauort zu gelangen, werden die Decken von unten durch Entfernen des Deckenputzes einschließlich des Putzträgergewebes, Abbruch des Blindbodens mit evtentuell seitlich genagelter Tragleisten sowie Abbruch der Schüttung freigelegt. Diese Maßnahme entlastet gleichzeitig die Decken, was die Durchbiegung unter Umständen schon beseitigt. Andernfalls müssen die Holzbalken zusätzlich gerichtet werden. Die Stahlträger werden an beiden Seiten des Holzbalkens mittels Holzdübel und Bolzen schubfest verbunden. Zu wählen sind hierbei geringfügig niedrigere Stahlträger als der zu verstärkende Holzbalken, der einerseits durchhängen, andererseits auch verzogen sein kann. Meist genügt bei Einfeldträgern die Verstärkung über zwei Drittel der Länge; ein Durchführen bis zum Auflager ist nicht nötig. Der Brandschutz ergibt sich bei Holzbalkendecken ohnehin durch den Einbau von untergehängten Decken, die zudem der Verbesserung des Luftschalldämmwerts dienen. Eine brandschutztechnische Ertüchtigung der einzelnen Träger kann somit entfallen.

Verstärkungen von Stahlskeletten Ob eine nachträgliche, statische Ertüchtigung von Stahlskeletten überhaupt möglich ist, hängt entscheidend von der ursprünglich verbauten Stahlsorte ab. Dabei ist insbesondere die Möglichkeit des Verschweißens heutiger mit historischen Stählen zu untersuchen. Ist ein Verschweißen möglich, können Bestandsbauteile nach gründlicher Reinigung und Entrostung z. B. mittels weiterer Bleche nachträglich verstärkt werden. Da die Bleche über größere Längen mit dem Bestand verschweißt werden, ist darauf zu achten, sie möglichst symmetrisch zum Bestandsprofil zu ergänzen. Unsymmetrisches Verschweißen führt zu thermischen Formänderungen – der Träger verzieht sich – oder unerwünschten inneren Spannungen, wenn der Träger nicht ausweichen kann. Doppel-T-Stützen können also sowohl parallel zum Steg als auch auf den Flanschen verstärkt werden, Biegeträger oft nur beidseitig parallel zum Steg. Ist ein Verschweißen nicht möglich, muss auf Schraubverbindungen zurückgegriffen werden. Hierbei ist sowohl die Möglichkeit des Anschlusses an den Bestandsträger als auch der Platzbedarf für Durchbohren und Einbringen der Bolzen genau zu untersuchen. Alternativ zur Verstärkung der Bestandsträger kann untersucht werden, ob sich nicht einzelne Bauteile gegen neue, stärker dimensionierte austauschen lassen. Wichtig für den Planer ist, dass eine statische Verstärkung immer den Bestandsschutz der Konstruktion aufhebt. Dies betrifft damit auch den Brandschutz, der in historischen Stahlbauten kaum oder gar nicht gegeben ist, dann aber an heutige Maßstäbe angepasst werden muss.

Verstärkungen von Dachstühlen Bei Dachgeschossausbauten erhöhen nachträglich aufgebrachte Dämmung und neue Untersichten immer auch die Lasten. Die hierdurch notwendige Verstärkung der Sparren geschieht oft allein durch die zwangsläufige Sparrenerhöhung zum Einbringen der notwendigen Wärmedämmung. Auch die Pfetten benötigen häufig eine Verstärkung. Hier werden meist U-Profile verwendet, die jedoch aufgrund der Dachgeometrie nur auf der Pfetteninnenseite eingebaut werden können. Die daraus eigentlich resultierende Verdrehung der Pfette um ihre Längsachse (Außermittigkeit) wird durch ein seitliches Anlaschen eines identischen U-Profils auf den Pfettenstützen verhindert. Aus diesem Grund muss eine einseitige Verstärkung auch mittels eines neuen Auflagers bis in das tragende Mauerwerk, beispielsweise die Brandwand, durchgeführt werden. Wenn oberhalb der Mittelpfette keine Aufenthaltsräume geplant sind, entfällt in den meisten Landesbauordnungen auch eine Anforderung an den Brandschutz. Bei zweige-

Anmerkungen: [1] Breymann, Gustav Adolf; Königer, Otto: Allgemeine Baukonstruktionslehre. Die Konstruktionen in Eisen. Band 3. Leipzig 1902 [2] ebd. [3] Helmerich, Rosemarie: Alte Stähle und Stahlkonstruktionen – Materialuntersuchungen, Ermüdungsversuche an originalen Brückenträgern und Messungen von 1990 bis 2003; Forschungsbericht 271. Berlin 2005 [4] wie Anm. 1, S. 6 [5] wie Anm. 1 [6] wie Anm. 3, S. 79 [7] wie Anm. 1, S. 57

C 3.17

C 3.15, 16 schrittweise Abfangung einer tragenden Außenwand C 3.17 Sanierung verfaulter Holzbinder durch Stahlkonstruktion, Büro einer Agentur, Köln 2004, 4000architekten C 3.18 Dachstuhl in genieteter Stahlkonstruktion, Gut Maarhausen, Köln (D) um 1925, Ludwig Paffendorf

C 3.18

163

Teil D

Abb. D

Neue Olympia-Skisprungschanze, GarmischPartenkirchen (D) 2009, terrain: loenhart&mayr architekten und landschaftsarchitekten

Gebaute Beispiele im Detail

01

Architektur & Landschaft, Aussichtsturm in Senftenberg (D)

166

02

Heatherwick Studio, Café und Restaurant in Littlehampton (GB)

169

03

BIG – Bjarke Ingels Group, Dänischer Pavillon auf der EXPO 2010 in Shanghai (CN)

172

04

Herzog & de Meuron, CaixaForum in Madrid (E)

178

05

SANAA/Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa, New Museum of Contemporary Art in New York (USA)

182

06

Jakob + MacFarlane Architekten, Kulturzentrum in Paris (F)

185

07

Nieto Sobejano Arquitectos, Umbau und Erweiterung Kunstmuseum Moritzburg in Halle (D)

188

08

Sou Fujimoto Architects, Wohnhaus in Utsunomiya (J)

193

09

Berranger & Vincent * architectes, Einfamilienhaus in Montbert (F)

196

10

Studio Paralelo, Wochenendhaus in São Francisco de Paula (BR)

198

11

OTH Ontwerpgroep Trude Hooykaas, Bürogebäude Kraanspoor in Amsterdam (NL)

200

12

Richard Rogers Partnership, Justizgebäude in Antwerpen (B)

204

13

METRA & Associés, Büro- und Produktionsgebäude in Besançon (F)

208

14

Ackermann und Partner, Produktionsgebäude in Bietigheim-Bissingen (D)

210

15

COOP HIMMELB(L)AU, BMW Welt in München (D)

214

16

Foster + Partners, Bürohochhaus in London (GB)

218

17

Kohn Pedersen Fox Associates, Multifunktionales Hochhaus in Shanghai (CN)

221

18

ENKA Structural and Architectural Design Group, Bürohochhaus in Moskau (RUS)

224

19

Renzo Piano Building Workshop, Bürohochhaus in New York (USA)

226

20

Mecanoo architecten, Wohnhochhaus und Bürogebäude in Rotterdam (NL)

230

21

SNCF/DAAB; Jean-Marie Duthilleul & François Bonnefille, Bahnhof in Straßburg (F)

234

22

Richard Rogers Partnership, Flughafenterminal in Madrid (E)

238

23

Santiago Calatrava LLC, Bahnhof in Lüttich (B)

242

24

Heinisch.Lembach.Huber Architekten, Sporthalle in Hardthausen am Kocher (D)

249

25

gmp – von Gerkan, Marg und Partner, Fußballstadion in Kapstadt (ZA)

252

26

terrain: loenhart&mayr architekten und landschaftsarchitekten, Neue Olympia-Skisprungschanze in Garmisch-Partenkirchen (D)

256

von Gerkan, Marg und Partner, Olympiastadion in Berlin (D)

261

27

165

Beispiel 01

a

Aussichtsturm Senftenberg, D 2008 Architekten: Architektur & Landschaft Stefan Giers, Susanne Gabriel, München Tragwerksplaner: Seeberger, Friedl und Partner, München

a Ebene 1

Im Zuge der internationalen Bauausstellung Fürst-Pückler-Land entsteht in der Lausitz die größte künstliche Seenlandschaft Europas, indem Tagebaurestlöcher, Relikte aus der Zeit der Braunkohlegewinnung, geflutet wurden. Eine Landmarke symbolisiert diesen Wandel der Region – von einer Bergbau- zu einer Seenlandschaft. Der 30 m hohe Aussichtsturm mit dreieckigem Grundriss befindet sich an der Mündung des Sornoer Kanals in den Sedlitzer See. Der verwendete unbehandelte Stahl nimmt mit der Zeit durch die Witterung eine immer ausgeprägtere rotbraune Patina an. Inmitten einer Landschaft aus Seen mit grünen Ufern erinnert die Landmarke so an die Industriegeschichte der Region. Zur Wasserseite zeigt sie sich als einfache Stele mit geschlossenen Flächen, deren unterschiedlicher Oxidationsgrad lebendige, rostrote Strukturen erzeugt; zur Landseite hingegen öffnet sich der Turm und lässt seine skulpturalen Treppenläufe erkennen. Der Aufstieg auf die Aussichtsplattform über neun versetzt angeordnete Treppenläufe und acht Podeste unterschiedlicher Geometrie wird als Erlebnis inszeniert. Verschiedene Raumsituationen reihen sich aneinander: Mal wirkt der Raum umschließend, mal öffnet er sich. Alle Konstruktionselemente sind statisch wirksam; sie wurden in Teilen im Werk vorgefertigt und anschließend in größtmöglichen Elementen per Lkw angeliefert. Aufwendige Schweißarbeiten vor Ort konnten somit auf ein Minimum reduziert werden. Die zwei geschlossenen, im rechten Winkel angeordneten Wände bestehen aus übereinander geschweißten Hohlkörpern, die durch innenliegende Querträger und im Zickzack gebogene Flachstahlbänder ausgesteift sind. Die Regenleitungen sind in den Hohlkörpern verborgen. Gekantetes Stahlblech mit nur 6 mm Stärke formt Brüstungen und angeschweißte Treppenläufe. So schwingen die Stufen leicht beim Hinauf- und Hinabsteigen. Jeder Schritt wird akustisch erlebbar durch den Klang, den der Hohlkörper verstärkt. Trotz der 111 t verbautem Stahl wirkt die Skulptur sehr filigran. • 111 t unbehandelter Stahl mit erkennbaren Spuren von Werkstoff und Montagearbeit • alle Bauteile statisch wirksam

166

Ebene 2

Aussichtsturm

Ebene 9

Grundrisse Maßstab 1:250 Vertikalschnitt Maßstab 1:20

2 1

2

3 4 5

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

17 18 19

Stahlblech unbehandelt gekantet 6 mm Flachstahl v-förmig gekantet als vertikale Verstärkung Stahlblech unbehandelt mit 2 % Gefälle 6 mm auf Traggerippe alle 1000 mm aus Stahlprofil ∑ 174/62/6 mm Regenablauf Ø 50 mm Stahlrohr Ø 70 mm Stahlblech unbehandelt 6 mm Stahlprofil ∑ 45/6 mm, Aussteifung Flachstahl ¡ 40/10 mm gebogen Stahlprofil ∑ 45/6 mm Stahlblech unbehandelt 6 mm Brüstung Stahlblech unbehandelt gekantet 6 mm Handlauf Stahlrohr gestrichen Ø 25 mm Flachstahl v-förmig gekantet 6 mm Stufen Stahlblech unbehandelt gekantet 6 mm an Brüstungsblech geschweißt Flachstahl ¡ 45/6 mm Stahlprofil fi 202/45/6 mm Stahlprofil fi 180 mm Stahlprofil ∑ 45/40/6 mm Revisionsklappe mit Dichtungsband Stahlblech unbehandelt ¡ 200/300/6 mm Notablauf Kondenswasser Stahlrohr Ø 20 mm Split-Sand-Gemisch korngestuft 0/22 60 mm Split-Sand-Gemisch korngestuft verdichtet 0/32 150 mm Drainmatte 20 mm Stahlbeton oberseitig mit 2 % Gefälle 800 mm Stahlblech unbehandelt gekantet 6 mm Stahlprofil ∑ 50/180 mm Stahlprofil ∑ 50/50/6 mm

3

7

6

4

5

8

12 10 11

13

9 10

14

5

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18

17

16

19

aa

167

Beispiel 01

168

Café und Restaurant

Café und Restaurant Littlehampton, GB 2007 Architekten: Heatherwick Studio, London Tragwerksplanung: Adams Kara Taylor, London

Günstige Flüge ans Mittelmeer lassen die englischen Küstenorte an Bedeutung verlieren. Als der Kiosk in Littlehampton am Ufer des Ärmelkanals durch einen Neubau ersetzt werden sollte, entstand trotz geringem Budget der Wunsch nach einer besonderen Architektur, insbesondere um Touristen anzuziehen. Neben der Funktion als Kiosk dient das schmale, lange Gebäude, das die Form seiner Umgebung – Wellen, Felsen, Muscheln – aufnimmt, tagsüber als Café und abends als Restaurant. Eine Glasfront mit Fenstern und Schiebetüren gibt den Blick frei auf Strand und Meer. Nachts bieten in die Traufe integrierte Rollläden Schutz vor Wind, Wetter und Vandalismus. Auf der Rückseite zeigt sich das Gebäude geschlossen, wobei anstelle großer glatter Fassadenflächen die gewellte Stahlhaut abgetreppt ist. Sie bildet gleichzeitig Hülle und Tragstruktur. Diese Schalenkonstruktion ließ sich in drei Teilen im Werk vorfertigen und vor Ort verschweißen. Zuerst wurden die aussteifenden stufenförmigen Stahlrippen aufgestellt, danach das maschinell gebogene Blech von Hand angebracht und punktuell verschweißt. Eine anschließend über die gesamte Kantenlänge geführte Schweißnaht schafft eine gleichmäßige, dichte Verbindung. Die Form der Hülle wurde in einem 3-D-Programm entwickelt und die nötige Steifigkeit des Stahlblechs dann mit der Finite-Elemente-Methode berechnet. Auf Basis der 3-D-Daten ließen sich die vertikalen Stahlbleche mit Wasserstrahl schneiden. Im Bereich der Glasfront ruhen Stahlrippen und Hülle auf u-förmigen Stützen, die aus Flachstählen zusammengesetzt sind. Sie beinhalten die Regenleitungen und die Führungsschiene des Rollladens und bieten Anschluss für die Fensterrahmen. Die Stahlhaut durfte eine rostige Patina entwickeln, wobei ein regelmäßiger Anstrich auf Ölbasis ein Weiterrosten unterbindet und zugleich das einfache Entfernen von Vogelkot oder Graffiti erlaubt. Im Innenraum zeichnet die direkt aufgesprühte PUR-Dämmung die äußere Form mit weicheren Kanten nach.

aa

cc

bb

2

Schnitte Grundriss Maßstab 1:400

c

1 a b

4

3

1 2

5 6 ab c

3 4 5 6

Kiosk Personaleingang Küche Kühlraum Servicetheke Restaurant

• Außenhaut als Hülle und Tragkonstruktion • voroxidierter Stahl mit Anstrich auf Ölbasis • auf Stahlhaut aufgesprühte PUR-Dämmung

169

Beispiel 02

1

2

5

3 4

6

cc

170

Café und Restaurant

Vertikalschnitt Maßstab 1:20

3

1

4

2

Wandaufbau: tragende Außenhaut voroxidiertes Stahlblech 8 mm außen Anstrich auf Ölbasis, innen mit Zwei-Komponenten-Epoxidanstrich Unterkonstruktion Stahlrippen Flachstahl ¡ 150/12 mm dazwischen Wärmedämmung PUR-Schaum, aufgesprüht Dichte 40 kg/m3 ca. 200 mm robuste Oberfläche zum Schutz vor Vandalismus, bis 2 m Höhe Gipsputz matt weiß gestrichen 13 mm oberhalb Beschichtung Polyurethan ungeschäumt matt weiß gestrichen Randträger Stahlrohr ¡ 200/100/10 mm

5

6

Stütze Stahlprofil fi 180/90/5 mm mit integrierter Führungsschiene Rollladen Aluminiumfenster mit Isolierverglasung selbstreinigend mit Wärmeschutzbeschichtung ESG 6 mm + SZR 14 mm + ESG 4 mm umlaufendes Stirnbrett zur unsichtbaren Führung von Installationen Sperrholz stahlblau gestrichen 5 mm Fußbodenaufbau: Beschichtung Quarzharz Estrich 75 mm Fußbodenheizung Hartschaumdämmung 125 mm Abdichtung Balkendecke mit Zwischenbauteilen Betonfertigteile 215/100 mm mit Aufbeton 75 mm

171

Beispiel 03

Dänischer Pavillon auf der EXPO 2010 Shanghai, CN 2010 Architekten: BIG – Bjarke Ingels Group, Kopenhagen Bjarke Ingels, Finn Norkjaer Mitarbeiter: Tobias Hjortdahl, Jan Magasanik, Claus Tversted, Henrick Poulsen Tragwerksplanung: 2+1, Kopenhagen Arup AGU, London Arup Shanghai, Shanghai Tongji Design Institute, Tongji

Im Zeichen eines kontinuierlichen Bewegungsflusses zeigt sich der dänische Pavillon auf der Weltausstellung 2010 in Shanghai als Doppelspirale. Die Ausstellung im Inneren des Pavillons ist fließend mit dem Außenraum auf der Dachterrasse verbunden. Das Land präsentiert sich mit seiner »Kleinen Meerjungfrau« – extra eingeflogen aus Kopenhagen – im Zentrum eines Wasserbeckens und 1500 Stadtfahrrädern, die dazu einladen, auf den speziell angelegten Fahrradwegen und Rampen die Schleife zu erkunden. Ein Aufzugskern verbindet als einziges starres, vertikales Bauglied den tiefsten und höchsten Punkt der Schleife. Nach einer 90° Kurve erhebt sich die Konstruktion vom Boden und kragt frei aus, bis sie den Kern auf einer Höhe von 7,50 m erneut erreicht und dann in einem kleineren Radius wieder nach unten führt. Genau gegenüber dem Kern befinden sich innerer und äußerer Ring auf einer Höhe, und ihre Primärstruktur aus radial angebrachten Rahmen verschmilzt zur Stabilisierung. Eine weitere Verbindung besteht an den beiden Stellen, an denen die obere Trägerlage eines Rings mit der unteren des anderen auf einer Höhe liegt. Ab hier ist die mit Stahlblech verkleidete Fachwerkstruktur auf den Boden abgeführt und unterstützt so die große Auskragung. In diesem Bereich kann eine maximale Bewegung der Konstruktion um 158,30 mm auftreten. Die radialen Rahmen sind durch Träger zu einer Röhre verbunden, die in Form einer Endlosschleife die Struktur bildet. Diagonalen kreuzen die entstehenden Felder aus. Lediglich die Rampen, die Innen- und Außenraum verbinden, durchbrechen die Struktur. Die äußere Fassade ist aus steifem, 8 mm starkem Stahlblech gebogen, die innere hat eine Stärke von 4 mm. Für die gewünschten Blickbeziehungen und eine natürliche Belüftung ist das Blech der Außenfassade perforiert. Die insgesamt 3641 Löcher variieren von 106 bis 266 mm je nach Beanspruchung der Stahlkonstruktion. Stark belastete Bereiche bleiben geschlossen. • radiale Stahlrahmen verbinden sich mit Trägern und Fassade zur steifen Röhre • Perforation im Stahlblech zeigt Belastung der Konstruktion

172

lineare Ausstellung

rotierende Ausstellung

fortlaufende Ausstellung

Dachterrasse, Fahrradstellplätze und Empfangsbereich

verbundene Schleifen bilden Zusammenhang zwischen innen und außen

Pavillon als Brücke über dem Boden und aufgeständerter Spazierweg

Dänischer Pavillon auf der EXPO 2010

aa

bb

b 5 c

d

12

11

11 c 11 1

d e a

e

7

8

a

6

8

11 11

5 6

EG

Dachaufsicht

b

7

10

8

7

6

1

4

2

9

3

UG

OG

Schnitte • Grundrisse Maßstab 1:800 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12

Wasserbecken mit der »Kleinen Meerjungfrau« Konferenzraum Küche Technik Zugang Bar/Empfang Ausstellungsbereich Fahrradrampe Verkaufsfläche Projektionsraum Fahrradstellplätze Springbrunnen

173

Beispiel 03

A

2

1

3

4

3

4

5 1 cc

2

1

3

5

6 1

3

dd

2

1

5

174

4

6 1

ee

3

Dänischer Pavillon auf der EXPO 2010

C

B

Axonometrien Stahlkonstruktion Schnitte Stahlkonstruktion Maßstab 1:200 A

Primärtragwerk: radial angeordnete Rahmen

B C

Primärtragwerk: umlaufende Randträger Sekundärtragwerk: Träger Fußboden und Dach, Vertikal- und Horizontalaussteifung, aussteifende Fasade

1 2 3 4 5 6

Sekundärträger Stahlprofil Å 220/110 mm Randträger Stahlprofil Å 350 mm Stahlprofil HEB 550 Auskreuzung Stahlrohr Ø 250 mm Außenfassade Stahlblech 8 mm Innenfassade Stahlblech 4 mm

175

Beispiel 03

4 3

2

1

5

f

6

7

8

cc

176

f

9

Dänischer Pavillon auf der EXPO 2010

4 3

8

Vertikalschnitte • Horizontalschnitt Maßstab 1:20 1

1

13

ff

10

2 3 4

11

5

12

6 7 8 9

gg

g

g

10

11 12 13

Dachaufbau: Paneel aus: Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 3 mm, Stahlblech 4 mm, Gitterrost Stahlrohr | 50/50/2,5 mm, dazwischen Dämmung 50 mm auf T-Profil zum Ausgleich Sekundärträger Stahlprofil Å 220/110 mm Stahlprofil HEB 550 Abhängung Winkel aus Flachstahl 8 mm Gitterrost Stahlrohr ¡ 100/30/2,5 mm Gipskarton 13 mm Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 3 mm Randträger Stahlprofil Å 350 mm Regenrinne Stahlblech gekantet Geländer Acrylglas 25 mm geklemmt zwischen Neopren 2≈ 5 mm und Flachstahl 8+10 mm Außenwandaufbau: Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 2– 3 mm Stahlblech gebogen 8 mm mit Aussteifung Flachstahl 150/8 mm ausgleichender Hohlraum 20 mm Gipskarton 8 mm + 13 mm Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 3 mm Fassadenbeleuchtung Fassadenöffnung Röhre Polycarbonat 3 mm Stahlprofil IPE 550 Bodenaufbau: Paneel aus: Epoxidbeschichtung, Stahlblech 4 mm, Gitterrost Stahlrohr | 50/50/2,5 mm, dazwischen Dämmung 50 mm auf T-Profil zum Ausgleich Sekundärträger Stahlprofil Å 220/110 mm Stahlprofil HEB 550 Abhängung Winkel aus Flachstahl 8 mm Gitterrost Stahlrohr ¡ 80/40/2,5 mm Stahlblech 4 mm Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 3 mm Wandaufbau: Beschichtung 2-Komponenten Polyharnstoff 3 mm Gipskarton 2≈ 13 mm SKB-Profile 30/40 mm dazwischen Dämmung 50 mm Ständer fi 75 mm Stütze Stahlprofil HEB 550 Auskreuzung Stahlrohr Ø 250 mm Stahlblech 12 mm

177

Beispiel 04

CaixaForum Madrid, E 2008 Architekten: Herzog & de Meuron, Basel Jacques Herzog, Pierre de Meuron, Harry Gugger Mitarbeiter: Peter Ferretto, Carlos Gerhard, Stefan Marbach, Benito Blanco Tragwerksplanung: WGG Schnetzer Puskas Ingenieure, Basel NB35, Madrid

Ein ehemaliges Elektrizitätswerk im Herzen von Madrid ist nach dem Umbau zum Kulturzentrum der neue Anziehungspunkt für Ausstellungen zeitgenössischer Kunst. Der Zukauf des Geländes einer ehemaligen Tankstelle erlaubte es, das CaixaForum zum Paseo del Prado zu öffnen und einen Platz zu schaffen, der Passanten anzieht und das Forum mit der Museumsmeile verbindet. Die komplette Umgestaltung des ursprünglichen Backsteinbaus sah vor, alle Fenster mit dem gleichen Ziegelmauerwerk zu schließen, das Dach über dem Doppelgiebel abzureißen und das Innere zu entkernen. Der Granitsockel unter den Außenmauern musste einer Betonkonstruktion weichen, die das ganze Gebäude stabilisiert und die bröckelnde Backsteinschale festigt. Drei Erschließungskerne tragen als Auflager den mächtigen viergeschossigen Aufbau. Darunter entstand ein freier, von mehreren Seiten zugänglicher Raum als Fortsetzung des Vorplatzes in das Innere des Gebäudes. Eine reliefartige Struktur aus Dreiecksflächen prägt sowohl die Gebäudeuntersicht als auch die Plaza. Über den Eingangsbereich erschließen sich das Foyer, die Vortragssäle sowie die großflächigen Ausstellungs- und Veranstaltungsräume. Die turmartige Aufstockung setzt sich kantig vom Bestand ab und springt in Teilen vor und zurück. Voroxidierte gusseiserne Platten als Verkleidung verleihen dem Gebäude sein besonderes Gesicht. Im Bereich des Dachgeschosses sind die Stahlplatten mit einem Muster perforiert, das an Mikrostrukturen von Rost angelehnt ist und als Schablone ein magisches Spiel von Licht und Schatten im Inneren bewirkt. Dahinter verbergen sich ein Café und Verwaltungsräume. Nischen und Schrägen beleben die Flächen und ahmen die umgebende Dachlandschaft nach. Ein vertikaler Garten begleitet mit seiner farbigen Vielfalt an einer Seite des Vorplatzes das spannungsreiche Gefüge des farblich strengen Ensembles. Er überzieht die Brandmauer eines Nachbargebäudes und stellt eine Verbindung zum nahe gelegenen Botanischen Garten her. • schwere Stahlprofile (HEM 700) • perforierte voroxidierte Stahlverkleidung

178

A

B

C

CaixaForum

Gesamtkonzept A Bestandsgebäude Elektrizitätswerk B Plaza anstelle des Erdgeschosses C neuer Dachaufbau als Stahlkonstruktion

8

Schnitte • Grundrisse Maßstab 1:1500 1 2 3 4 5 6 7 8 9

oberes Foyer Auditorium Haupttreppe Mehrzwecksaal unteres Foyer Haupteingang Plaza Verwaltung Café und Restaurant

aa

bb

9 3

4. OG

b

6

7 a

a 3

b EG

4

5

1

4 3

2

UG

179

Beispiel 04

1 2

3 5

4

7

cc

180

6

CaixaForum

Horizontalschnitt Vertikalschnitt Fassade und Dach Maßstab 1:10 1

2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Verkleidung Gusseisenplatten perforiert, voroxidiert 1000/1000/9 –11 mm Hinterlüftung Stahlblech gefalzt schwarz 0,8 mm Abdichtung Wärmedämmung Mineralwolle 40 mm Akustikpaneel Stahlblech mit Dämmung, Mineralwolle 80 mm Rahmen Stahlrohr | 30/30 mm Gipskarton 15 mm Stahlprofil ∑ 30/60 mm Unterkonstruktion Stahlprofil fi 130/55 mm Stahlrohr | 40/40 mm Stahlprofil ∑ 50/60 mm Punkthalter Aluminiumprofil Stütze Stahlprofil Å 300 mm Träger Stahlprofil Å 300 mm Träger Stahlrohr ¡ 160/80/6 mm Flachstahl 160/50/40 mm Regenrinne Stahlblech Verbindungsplatte und Auflager Flachstahl 8 mm mit Versteifung 12 mm Stahlrohr ¡ 100/60/5 mm

3

5

4

1

6

10 8

11

9

3

13 2 12 c

c

7

1 5 6

181

Beispiel 05

New Museum of Contemporary Art New York, USA 2007 Lageplan Maßstab 1:5000 Grundrisse • Schnitt Maßstab 1:750

Architekten: SANAA /Kazuyo Sejima + Ryue Nishizawa, Tokio Mitarbeiter: Florian Idenburg, Toshihiro Oki, Jonas Elding, Koji Yoshida, Hiroaki Katagiri, Javier Haddad, Erika Hidaka Partnerarchitekt: Gensler, New York Tragwerksplanung: Guy Nordenson and Associates, New York SAPS – Sasaki and Partners, Tokio

In der Bowery im südlichen Manhattan macht das New Museum bereits von Weitem auf sich aufmerksam. Auf einem nur 20 m breiten Grundstück überragt der 53 m hohe Turm aus gegeneinander versetzten Kuben die Nachbargebäude. Bedingt durch die schmale Parzelle ist das umfangreiche Raumprogramm vertikal auf neun Ebenen verteilt. Die Anordnung der sechs übereinandergestapelten Boxen gliedert das Bauvolumen und lässt es kleinteiliger erscheinen. Der introvertierte Baukörper öffnet sich nur an wenigen Stellen nach außen: Die raumhohe Verglasung im Erdgeschoss vermittelt zwischen dem Geschehen in der Bowery und dem Museum; im Veranstaltungsraum in der sechsten Etage bietet die Glasfront einen Panoramablick über die Dachlandschaft Manhattens. In den drei Galerieebenen entstehen durch die versetzte Anordnung der Boxen Oberlichter, die jeweils in eine andere Himmelsrichtung orientiert sind. Ungewöhnlich gestaltet sind auch die Büroräume durch das sichtbar belassene Stahltragwerk mit aufgespritzter Brandschutzbeschichtung und Trennwände aus transluzenten Polycarbonatplatten. Die versetzt angeordneten Boxen bilden das Primärtragwerk des Gebäudes. Der Wunsch nach Flexibilität im Ausstellungsbereich ließ keine durchlaufenden Stützen zu, und die außermittige Lage des Kerns erlaubte es nicht, die Kuben auskragen zu lassen. Die opaken Außenwände verbergen im Inneren geschosshohe Fachwerkträger, die die einzelnen Kuben umschließen. Diese Fachwerke übertragen alle Lasten der zurückgesetzten Fassaden und sorgen für die seitliche Stabilität des Gebäudes. Einige Träger spannen frei neben Oberlichtern, während andere offene Randbereiche erzeugen. So werden die akkumulierten Vertikallasten um die Kanten des Bauwerks geleitet und nicht direkt vertikal in das Fundament. Eine Aluminumhülle aus insgesamt 988 Streckmetallpaneelen überzieht homogen den Baukörper. Edelstahlklammern halten sie in einem Abstand von 76 mm zur eigentlichen Fassade. • fassadenintegriertes Stahltragwerk • stützenfreie Räume • Stahlbetonverbunddecken

182

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Eingangslobby Museumsshop Café Ausstellungsfläche Bürofläche Mehrzweckraum Dachterrasse Technik Education Center

6 4 7

1. OG

6. OG

b

a

3

4

a

5

1 5 2 EG

5. OG

b

8

C

8 6 5 9

4 4

B

4 A

aa

1

3

4

New Museum of Contemporary Art

Vertikalschitt Maßstab 1:20

C

10

11 12

13

B 14

16

15

18

17

12

19 20

22

21

A 23

16

24

10 Bitumenbahn zweilagig 5,6 mm mit weißer Kunststoffeinstreuung Verbundplatte auf Gipsbasis wasserdicht 13 mm Gefälledämmung 140 –100 mm Abdichtung 2,3 mm Stahlbetonverbunddecke 159 mm in Trapezblech 76 mm 11 Stahlprofil Å 300 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz 12 Streckmetall Aluminium eloxiert 3 mm, Elementgröße 2133,6/2895,6/38 mm, Befestigung mit Edelstahlklammern Aluminiumblech stranggepresst gerippt 13 mm Hinterlüftung 24 mm diffusionsoffene Windbremse F 90-Gipskarton 16 mm Unterkonstruktion Metallständer mit Wärmedämmung Mineralwolle 140 mm Dampfsperre, F 90-Gipskarton 16 mm 13 Wartungsgang Gitterrost 50 mm 14 Stahlrohr ¡ 150/250 mm 15 Verglasung Oberlicht mit Punktbedruckung 20 % ESG 6 mm + SZR 16 mm + VSG 2≈ 5 mm 16 Beton poliert 51 mm Stahlbetonverbunddecke 159 mm in Trapezblech 76 mm 17 Stahlprofil Å 450 mm 18 Sprinkleranlage 19 Polycarbonatplatte 16 mm 20 Stahlrohr ¡ 300/200 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz 21 Stahlprofil Å 600 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz 22 Stahlprofil Å 450 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz 23 Verglasung Weißglas VSG 19 mm in Pfosten Aluminium eloxiert 24 abgehängte Decke: Metallgewebe Aluminium auf Unterkonstruktion Stahlrahmen

183

Beispiel 05

1 2 3 4 5 6

7

VSG Weißglas 3≈ ESG 15 mm Aluminiumfenster mit Isolierverglasung Weißglas 6 mm + SZR 13 mm + 6 mm Sonnenschutz: textiles Rollo Vorhang Stoffbahn Aluminiumblech 2 mm Beton im Gefälle, versiegelt Filtergewebe Wärmedämmung XPS 76 mm Abdichtung EPDM Ausgleichsschicht Abdeckgitter Aluminium

8 9

10 11 12 13 14 15 16 17

Konvektor Epoxydharz gegossen 20 mm Stahlbetonverbunddecke 159 mm in Trapezblech 76 mm Sprinkler Fensterbank Aluminiumblech 3 mm Technik Mehrzweckraum Dachterrasse Büro Education Center Ausstellungsfläche

Vertikalschnitt Fenster, Dachterrasse Maßstab 1:20 Schnitt Maßstab 1:750

1

2

3

4 12 12

D 5

13 6

7

8

15 16

17 17 17

bb

10

2

11

184

14 D

9

Kulturzentrum

Kulturzentrum Paris, F 2008 Architekten: Jakob + MacFarlane Architekten, Paris Dominique Jakob, Brendan MacFarlane, Mitarbeiter: Patrice Gardera, Atticus Manchego, Trevor Ablott, Elodie Villadier Tragwerksplanung: ICADE Arcoba, Paris RFR Engineering Consultants, Paris C&E Ingénierie, Paris

Die »Docks de Paris«, eine Stahlbetonstruktur von 1907, begrenzen weithin sichtbar das aufstrebende Quartier um den Quai d’Austerlitz zur Seine hin. Im 2004 ausgelobten Wettbewerb für ein neues Kulturzentrum mit Modeschule, Ausstellungsflächen, Cafés und Läden fiel die Entscheidung, das Gebäude nicht abzureißen, sondern die geforderten Funktionen in den stringenten Rasterbau zu integrieren. Der 2008 fertiggestellte Komplex besteht aus acht identischen, dreigeschossigen Modulen, von denen die beiden östlichsten unberührt blieben. Durch den Rückbau von zwei Stockwerken beim dritten Modul entstand eine »Piazza« auf der Höhe des oberen Quais. Der Rest wurde entkernt und strukturell verstärkt, die Stahlbetonkonstruktion aber bewahrt. Ihr heutiges Gesicht erhielten die Docks durch eine neue Gebäudehülle, eine dem Betonskelett übergestülpte Struktur aus hellgrünen Stahlrohren und Glas. Entlang des Flusses wölbt und wellt sie sich als vorgehängte Erschließungszone, die den öffentlichen Weg vom Straßenniveau auf die Dachterrasse darstellt. Mit ihrer architektonischen Gestalt assoziiert man einen pflanzlich anmutenden Organismus. Hierzu trägt besonders auch die grüne Farbe bei, in der sämtliche Stahlrohre gestrichen sind und die auf die über 600 verschieden geformten Glasscheiben gedruckt ist. Die langgestreckte Geometrie leitet sich aus dem Raster der alten Halle ab, das mit digitalen Mitteln verzerrt wurde. Jeweils vier der verglasten Öffnungen mit einem Achsmaß von 2,5 m sind zu einem Vierendeel-Träger verbunden. Das Verschweißen mit Querstreben zu starren Rahmenecken sichert die Längssteifigkeit gegen Windlast und bei thermischer Ausdehnung des Bestands. In Querrichtung setzen sich die Rahmen aus einem konvex gekrümmten Rohr an der Außenseite und einem vertikalen Rohr als Zugglied zusammen, das den Druck des Bogens aufnimmt. Die Wandstärke der Rundrohre mit 168 mm Durchmesser variiert zwischen 6 und 12,5 mm. • digital verzerrtes Grundraster des Bestands • Stahlrohre als Vierendeel-Träger • Rahmen aus aufgestelltem Bogen und Zugglied

aa

3

5

DG

4 3

1. OG b

2

3

a

a b

EG

Schnitt • Grundrisse Maßstab 1:1500

1

1 2 3 4 5

Hauptzugang Läden Modeschule Designmuseum Café Dachterrasse

185

Beispiel 06

bb

186

Kulturzentrum

1

2 Lageplan Maßstab 1:10 000 Schnitt Maßstab 1:400 Vertikalschnitt Erschließung Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10 11

VSG aus TVG 10 mm + ESG 8 mm mit Siebbedruckung Flachstahl ¡ 80/10 mm Querstrebe Stahlrohr Ø 110 mm vertikaler Druckbogen geschweißt aus Stahlrohr Ø 168 mm Stahlrohr Ø 60 mm Stahlprofil fi 200/80 mm Flachstahl ¡ 200/15 mm Bodendielen Eiche 120/22 mm Stahlrahmen HEA 60 Geländerpfosten Flachstahl ¡ 60/15 mm Geländerstäbe Rundstahl Ø 20 mm Handlauf Stahlrohr ¡ 80/30 mm Stahlbeton (Bestand)

3

4

10

9

8

7

6

11

5

187

Beispiel 07

Umbau und Erweiterung Kunstmuseum Moritzburg Halle, D 2008 Architekten: Nieto Sobejano Arquitectos, Madrid Mitarbeiter: Udo Brunner, Susann Euen, Dirk Landt, Vanesa Manrique, Nina Nolting, Sebastian Sasse (Projektleiter), Olaf Syrbe, Miguel Ubarrechena Tragwerksplanung: GSE Ingenieurgesellschaft mbH Saar, Enseleit und Partner, Berlin

Die Moritzburg in Halle ist eine der eindrucksvollsten spätmittelalterlichen Burganlagen Mitteldeutschlands. Errichtet als prachtvoller Sitz der Magdeburger Erzbischöfe, zerstört im Dreißigjährigen Krieg, hat sie über die Epochen hinweg unterschiedliche Nutzungen und Baustile erfahren. Seit 1904 ist das Städtische Museum für Kunst und Kunstgewerbe im Südund Ostflügel untergebracht und seit der Wende alleiniger Nutzer. Zur Erweiterung der dringend benötigten Ausstellungsfläche sollte die Ruine im Nord- und Westteil der Anlage wieder überdacht und nutzbar gemacht werden. Aus der historischen Bausubstanz wächst ein mit Aluminium gedeckter, plastisch geformter Dachkörper empor, der sich unregelmäßig mit Oberlichtern hebt und senkt und damit auf die vorhandene uneinheitliche Bebauung antwortet. Eine umlaufende Fuge aus raumhohen Fenstern lässt das Dach über den alten Mauern schweben. Die Formensprache von Dach, neuem Erschließungsturm anstelle der zerstörten Südwestbastion und Windfang soll an den Malstil Lyonel Feiningers erinnern, dessen Bilder einen besonderen Bestandteil der Sammlung darstellen. Im ersten Obergeschoss des West- und Nordflügels sind die einstigen Repräsentations- und Wohnräume der Erzbischöfe zu einem großen Raum zusammengefasst, der größtmögliche Flexibilität bietet. Die Ausstellungsräume im zweiten Obergeschoss sind als weiße Boxen von der Dachkonstruktion abgehängt und über umlaufende Galerien zu erreichen. Da sie nicht den ganzen Raum ausfüllen, ergibt sich ein ständiges Wechselspiel zwischen offen und geschlossen, alt und neu. Das komplexe räumliche Tragwerk besteht aus unterschiedlichen Stahlträgern. 14 cm starke Verbunddecken auf Verbundträgern reduzieren dabei das Gewicht der abgehängten Ausstellungsräume. Ihre Wände sind aus verkleidetem Stahlfachwerk. Walzprofile stützen die auskragende Galerie, und auch das alte Gewölbe ist mit Stahlträgern und Stahlbetonbalken gesichert. • komplexes räumliches Stahltragwerk als Aufstockung im Bestand • abgehängte Ausstellungsboxen aus Verbunddecken auf Verbundträgern

188

Umbau und Erweiterung Kunstmuseum Moritzburg

A

bb

aa

14 7

18

Lageplan Maßstab 1:5000 Schnitte • Grundrisse Maßstab 1:1500

14 13

19 19 19

1 2 3

7 18

Windfang Foyer Kasse

4 5 6 7 8 9 10 11

Garderobe Cafeteria Museumsshop Luftraum Müllraum Umkleide Ausstellung Besprechung

12 13 14 15 16 17 18 19

Sonderausstellung Vorraum Dauerausstellung Vestibül Festzimmer Gerichtszimmer Galerie Depot

12

19 19 19 19

19

2. OG

14 14

14

13

15 10

16

10

17 12

10 13 10

10

10 10

1. OG a

b

7 7 10 2 2 11 11

9

a

7

8

9 8 1

2

3

6

4 5 b

EG – Hofniveau

189

Beispiel 07

10

9

11 12

6 8 13

Vertikalschnitt Maßstab 1:20

5

14

7

4

6

17 15 3

2

14 16 18

1 19 20

A

190

Umbau und Erweiterung Kunstmuseum Moritzburg

1

2

3 4 5

6 7 8 9 10

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21

22 23 24

Naturstein mit Dichtschlämme Perimeterdämmung, Abdichtung Stahlbetonbalken, Bestand Mauerwerk Paneel mit RWA-Funktion aus Stahlblech verzinkt, beschichtet 2,5 mm Mineralwolle WLG 035 50 mm Stahlblech verzinkt, beschichtet 2,5 mm Lüftungsgitter Stahl verzinkt, beschichtet Leit- und Tropfblech 0,8 mm Aluminiumblech korrosionsbeständig (Schiffsaluminium) geschliffen K 40 8 mm Stahlrohr verzinkt | 60/60/3,6 mm Stahlrohr verzinkt ¡ 100/60/6,3 mm Abdichtung EPDM Wärmedämmung druckfest 160 mm Dampfsperre, Trapezblech 40 mm Stahlprofil F 60 HEB 180 Stahlprofil F 60 HEA 100 Stahlprofil verzinkt mit Folienmanschette Stahlzarge verzinkt 370/450/10 mm Isolierverglasung, U = 1,1 W/m2K, ESG 10 mm + SZR 16 mm + VSG 16 mm Verdunkelung/Blendschutz Lichtdecke mit Leuchtstoffröhren Folienspanndecke lichtstreuend Brandschutzverkleidung F 30 Gipskarton 2≈ 12,5 mm Dämmung WLG 040 40 mm Brandschutzverkleidung F 30 Gipskarton 2≈ 20 mm Gipskarton 2≈ 12,5 mm 17 Lüftungsrohr gedämmt  80 mm Stahlprofil fi 250 mm geschweißt aus Flachstahl 10 mm Lüftungskanal Stahlblech verzinkt 2 mm Zementestrich geschliffen mit Fußbodenheizung 80 mm Trennlage, Dämmung 70 mm Stahlbetonverbunddecke 140 mm Akustikpaneel verputzt 17 mm Stahlrohr ¡ 100/60/4,5 mm 18 Stahlbeton 250 mm

5

7

24

16

16

23

21

22

191

Beispiel 07

192

Wohnhaus

Wohnhaus Utsunomiya, J 2008 Architekten: Sou Fujimoto Architects, Tokio Mitarbeiter: Yasushi Yamanoi Tragwerksplanung: Jun Sato Structural Engineers, Tokio

Das »House before House« steht in einem Wohngebiet in Utsunomiya, 100 km nördlich von Tokio. Bei diesem experimentellen Projekt begreift der Architekt Wohnen nicht als begrenzten Raum, sondern entwickelt es im Rahmen einer dörflichen Struktur mit einzelnen »Gebäuden«, Plätzen und Treppenwegen. Innen und außen, Haus und Garten bilden ein räumliches Kontinuum. Diese sowohl zeitlose als auch futuristisch anmutende Interpretation verbindet sich mit traditionellen japanischen Wohnvorstellungen, die nach Harmonie von Natur und dem vom Menschen Geschaffenen streben. Das Haus ist für zwei bis vier Personen konzipiert. Zehn weiße Kuben sind auf einem Grundstück von nur 163 m2 scheinbar willkürlich verteilt und übereinandergestapelt. Dadurch entstehen sowohl offene als auch geschützte Freiräume. Treppen und Leitern erschließen und verbinden die einzelnen Würfel miteinander. Dort, wo sie am dichtesten stehen, umschließen sie eine als Wohnraum genutzte Fläche, die von Küche, Bad und Schlafzimmer flankiert ist. Weitere Nebenräume sind separat zugänglich. Den Eindruck einer natürlich gewachsenen Siedlung verstärken Bäume in kompakten, integrierten Pflanztrögen auf den Dächern, Terrassen, die sich kaskadenartig ausbreiten, und höhlenartige Außenräume, die sich zwischen den Boxen und Treppen bilden. Die Klarheit der Baukörper entspricht der Einfachheit der vorgefertigten Konstruktion. Als äußere Hülle sind Stahlplatten mit PolyurethanBeschichtung auf einen Stahlrahmen aus Winkelprofilen und Flachstählen geschweißt. Auf der Baustelle wurden die Boxen mit einem Kran platziert und miteinander verschweißt. Innenseitig verkleiden Gipskartonplatten das auf die Stahlhaut aufgesprühte Dämmmaterial. Großflächig verglast, öffnen sich die Kuben nach außen. Dort führen leichte, filigrane Stahltreppen zwischen den Bäumen zu den oberen Ebenen. Ihre Wangen bestehen aus Stahlblech mit 230 ≈ 25 mm, die Stufen aus Stahlblech mit 280 ≈ 19 mm, quadratische Stahlrohre bilden Geländer und Pfosten. • gestapelte verschweißte Stahlkuben • Stahlrahmen mit Stahlplattenverkleidung • schlichte Stahltreppen

Lageplan Maßstab 1:1000 Schnitt • Grundrisse Maßstab 1:200 10 4

6

7

4

3

2

aa

8

8

10 8

2. OG /DG

7 8 4 9

8

7 8 1 1. OG b

4

5

1

1 2

4

a

6 3

2

4 EG

b

a

3 4 5 6 7 8 9 10

Schlafzimmer Ess-/Wohnzimmer Küche Freisitz Gästezimmer Abstellraum Galerie Terrasse Luftraum Arbeitszimmer

193

Beispiel 08

Vertikalschnitt Maßstab 1:20

3

1

4 5

2

Isolierverglasung ESG 5 + SZR 15 + ESG 5 mm in Holzrahmen PU-Beschichtung Stahlblech 3,2 mm geschweißt auf Flachstahl ¡ 5/50 mm dazwischen Hartschaumdämmung 30 mm Lattung 45/12 mm punktuell mit Stahlprofil ∑ 50/50/6 mm befestigt Gipskarton 12,5 mm

6

Trittstufe Stahlblech mit PU-Beschichtung 4,5 mm Stahlprofil ∑ 100/100/7 mm PU-Beschichtung Stahlblech 3,2 mm geschweißt auf Flachstahl ¡ 75/5 mm dazwischen Hartschaumdämmung 30 mm Lattung 45/15 mm punktuell mit Stahlprofil ∑ 50/50/6 mm befestigt Gipskarton 9,5 mm Verglasung ESG 5 mm

7

8 9

Parkett Fichte gewachst 12 mm Sperrholz 12 mm Lattung 45/45 mm punktuell mit Stahlprofil ∑ 50/50/6 mm befestigt dazwischen Dämmung 45 mm Flachstahl ¡ 75/5 mm dazwischen Hartschaumdämmung 50 mm Stahlblech 3,2 mm geschweißt Geländer Stahlprofil | 22/22 mm Pflanztrog: Kiesschüttung 50 mm

10 11

Leichtgranulat, Wurzelschutzfolie Drainschicht Granulat 100 mm Abdichtung, PU-Beschichtung Stahlblech 3,2 mm geschweißt Ablauf Stahlblech 150/50/2,3 mm geschweißt mit PU-Beschichtung Parkett Fichte gewachst 12 mm Sperrholzplatte 12 mm Lattung 45/45 mm dazwischen Dämmung 45 mm Stahlbeton 210 mm

5 4

3

2

1

bb

194

Wohnhaus

5

6

8

7 2 8

9

10

7

4

2

11

195

Beispiel 09

Einfamilienhaus Montbert, F 2003 Architekten: Berranger & Vincent * architectes, Nantes Jérome Berranger, Stéphanie Vincent Tragwerksplanung: ProfilDuFutur – Usinor, Horbourg-Wihr

Gut 20 km südlich von Nantes steht inmitten von Feldern und Wiesen ein zweigeschossiges, mit Wellblech bekleidetes Gebäude – das Wohnhaus eines jungen Landwirts und seiner Familie. Die Gestaltung basiert auf der Idee einer »bewohnten Scheune« und soll Einfachheit und Verbundenheit mit der ländlichen Umgebung ausdrücken. Das Gebäude bedient sich mit der Verkleidung aus verzinktem Wellblech einer zeitgemäßen Architektursprache in landwirtschaftlich geprägter Umgebung. Zudem beruft sich der Entwurf auf das historische Vorbild der »Longère« – ein langgezogenes, niedriges Bauern- oder Fischerhaus mit einem gering geneigten Dach, einer klaren Grundrissstruktur und wenigen Öffnungen in der Fassade. Letzteres wurde allerdings nur auf der Straßenseite umgesetzt, um auch den Wunsch des Bauherrn nach zeitgemäßem Wohnen mit fließenden Übergängen von innen nach außen zu erfüllen. Da sowohl der zeitliche als auch der finanzielle Rahmen zur Umsetzung des Projekts eng gesteckt waren, entschieden sich die Architekten, auf eine Konstruktion in Stahlleichtbauweise zurückzugreifen. Die bis zu 6 mm dünnen, kaltgewalzten Stahlprofile weisen viele Vorteile auf: Sie besitzen ein hervorragendes Verhältnis von Eigengewicht zu Tragfähigkeit und sind sowohl im Werk als auch auf der Baustelle schnell montierbar. Vorgefertigte Rahmenelemente mit zwischengestellten Ständern und Aussparungen für die Öffnungen wurden vor Ort auf der Stahlbetongrundplatte errichtet. In Kombination mit einem kostenbewussten Innenausbau reichte das geringe Budget aus, um auf zwei Etagen 189 m2 ansprechende Wohnfläche zu schaffen. • Stahlleichtbauweise • bis zu 6 mm dünne, kaltgewalzte Stahlprofile • Vorfertigung und schnelle, kostengünstige Montage

196

aa

10

7

7

11

b 5 a

a 1

2

3

4

b

6

7

8

9

Einfamilienhaus

12 13 14

21

19

Schnitt Grundrisse Maßstab 1:200 15

1 2 3 4

Terrasse Wohnzimmer Esszimmer Küche

16 18 14 17

5 6 7 8 9 10 11

Eingang Diele Schlafzimmer Hauswirtschaftsraum Garage Galerie Abstellraum

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 12 Wellblech verzinkt 20 mm Hinterlüftung Sparren Stahl-Leichtprofil 170/56/1,6 mm dazwischen Wärmedämmung Glaswolle, beidseitig folienkaschiert 100 mm Wärmedämmung Glaswolle 200 mm Dampfsperre Gipskarton 13 mm 13 Pfette Stahl-Leichtprofil 140/56/1,5 mm 14 Kopf-/Fußblech Stahl-Leichtprofil 146/70/1,5 mm 15 Stütze Stahl-Leichtprofil 140/56/1,5 mm 16 Wellblech verzinkt 20 mm Wärmedämmung Glaswolle, beidseitig folienkaschiert 80 mm Sperrholz 13 mm Wärmedämmung Glaswolle, beidseitig folienkaschiert 140 mm Gipskarton 13 mm 17 Randträger Stahl-Leichtprofil 2≈ 200/70/1,7 mm 18 Holzdreischichtplatte 22 mm Holzfaserdämmplatte bituminiert 8,5 mm Querträger Stahl-Leichtprofil 170/56/1,6 mm Längsträger Stahl-Leichtprofil 2≈ 200/56/1,6 mm Gipskarton abgehängt 13 mm 19 Geländer Flachstahl ¡ 50/8,5 mm 20 Zementestrich gespachelt 60 mm Dämmplatte mit Fussbodenheizung 70 mm Abdichtung Stahlbeton 150 mm 21 Sturz aus Stahl-Leichtbauprofilen 2≈ 146/70/1,5 mm und 4≈ 200/56/1,6 mm

20

bb

197

Beispiel 10

Wochenendhaus São Francisco de Paula, BR 2007 Architekten: Studio Paralelo, Porto Alegre Mitarbeiter: Luciano Andrades Tragwerksplanung: Formac Chile, Santiago

Dieses kleine Wochenendhaus befindet sich in São Francisco de Paula, einer Stadt in einer Bergregion des Bundesstaats Rio Grande do Sul im Süden Brasiliens. Es wurde für einen Journalisten entworfen und liegt mitten im Tropenwald. Die Grundfläche des Gebäudes beträgt nur 82 m2. Es ist sanft in das 1600 m2 große Grundstück mit altem Waldbestand eingebettet. Zwei ineinander verschachtelte Kuben mit unterschiedlicher Textur ruhen auf einer Stahlbetonplatte, die aufgeständert wurde, um sie vor dem feuchten Boden zu schützen. Der größere Kubus ist mit Stahlwellblech verkleidet. An den beiden Enden befinden sich jeweils ein Schlafzimmer mit angeschlossenem Bad. Der kleinere Kubus mit Holzfassade ist in den Metallkubus eingeschoben und ragt beidseitig etwas über ihn hinaus. Er beherbergt die Wohn- und Nutzbereiche. Eine nach Norden ausgerichtete Fensterfront im großzügigen Essund Wohnzimmer lässt Tageslicht ins Hausinnere. Im rückwärtigen Teil des Holzkubus liegen eine Waschküche, eine zum Wohnbereich offene Küche und ein Abstellraum. Ein langgestreckter, offener Raum mit Holzfußboden verbindet nicht nur die Zimmer, sondern schiebt sich als Eingangsbereich und Terrasse zu beiden Seiten aus dem Gebäude in die Vegetation. Über eine parallel zum Gebäude verlaufende Rampe betritt man hier das Wochenendhaus. Das Leichtbau-Stahlrahmensystem basiert auf Modulen mit einer Größe von 1,20 ≈ 1,20 m. Die Stahlrahmenausführung und die Vorfertigung ermöglichten durch den beschleunigten Montageprozess eine kurze Bauzeit und eine optimale Kontrolle über den Bauablauf. Die Werkstatt, in der die Vorfertigung erfolgte, befindet sich ebenso wie das Architekturbüro im 100 km entfernten Porto Alegre. So konnte das gesamte Gebäude in acht Wochen errichtet werden. Ziel des Projekts war es, dieses Refugium sorgsam in die charakteristische Landschaft zu integrieren, statt es mit ihr in Konkurrenz treten zu lassen. • Leichtbau-Stahlrahmensystem • Wellblechverkleidung • hoher Vorfertigungsgrad

198

aa

Schnitte • Grundriss Maßstab 1:200 1 2 3 4 5 6

bb

Schlafzimmer Waschküche Küche Abstellraum Ess-/Wohnzimmer Terrasse

b

2

a

3

1

5

b

4

6

1

a

Wochenendhaus

14

13 7

7 12

8

8

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 9

7

8 10

9

10 11

12 13

14

Wellblech Stahl 0,5 mm, Höhe 17 mm OSB-Platte 20 mm Diffusionsbahn winddicht regensicher Stahlprofil fi 90/0,9 mm dazwischen Wärmedämmung 90 mm OSB-Platte 20 mm Stahlblech Gefälledämmung EPS OSB-Platte 20 mm Diffusionsbahn winddicht regensicher Stahlprofil fi 90/0,9 mm dazwischen Wärmedämmung Steinwolle 90 mm Gipskarton 10 mm Verkleidung Pinienholz wärmebehandelt 90/18 mm Diffusionsbahn winddicht regensicher OSB-Platte 20 mm Stahlprofil fi 90/0,9 mm dazwischen Wärmedämmung Steinwolle 90 mm Verkleidung Pinienholz wärmebehandelt 90/18 mm Aluminiumfenster mit Isolierverglasung Bodenbelag Pinienholz 20 mm Lagerhölzer 25 mm Stahlbeton 150 mm Stahlrinne im Gefälle Metallbedachung 40 mm trapezförmiges Stahlprofil 40/25 mm Stahl-Fachwerkbinder im Gefälle 450 mm Wärmedämmung 90 mm Gipskarton 10 mm Attikabdeckung Stahlblech

9

10

11

bb

199

Beispiel 11

Bürogebäude Kraanspoor Amsterdam, NL 2007 Architekten: OTH Ontwerpgroep Trude Hooykaas, Amsterdam Mitarbeiter: Trude Hooykaas, Julian Wolse, Steven Reisinger, Gerald Lindner Tragwerksplanung: Aronsohn raadgevende ingenieurs, Amsterdam

Aus der Entfernung scheint das neue Bürogebäude auf einer ausgedienten Schiffskrananlage im ehemaligen Amsterdamer Hafen zu schweben. Durch die Erhaltung und Umnutzung des Bestands ist ein ungewöhnliches Gebäude entstanden – »Kraanspoor«, auf deutsch Kranspur, ein aufgeständerter Büroriegel aus Stahl und Glas. Die massive Brückenkonstruktion mit den stattlichen Maßen von 270 m Länge, einer Höhe von 13 m über der Wasseroberfläche und einer Breite von 8,50 m sollte über die gesamte Fläche bebaut werden. Der dreigeschossige 13,50 m breite Bürokomplex reagiert auf die statischen Gegebenheiten des Bestands und ist daher asymmetrisch auf Stahlstützen mit 3 m Abstand zur alten Betonfahrbahn platziert. Alt und Neu gehen hier gleichberechtigt eine Verbindung ein. So sind auch die vier Treppenhäuser mit ihren Aufzügen zwischen die Betonstützen der alten Portale gesetzt. Mit einem extrem dünnen Flachdeckensystem auf Basis von IPE 270 ermöglicht die aus Gewichtsgründen gewählte Stahlskelettbauweise die vollständige Überbauung mit drei Geschossen. Die Deckenhohlräume bieten Raum für die Installationen. Konsequent setzt sich die Leichtigkeit der Konstruktion in der zweischaligen, gläsernen Klimafassade fort. Elektrisch betriebene, sensorgesteuerte Glaslamellen mit Siebdruckmuster mindern die direkte Sonneneinstrahlung und Blendeffekte durch die Wasseroberfläche. Im geschlossenen Zustand schützen die Lamellen vor Wind und Regen und ermöglichen eine natürliche Belüftung der Räume. Der Fassadenzwischenraum wirkt als Klimapuffer. Eine Betonkernaktivierung, die das Hafenwasser nutzt, verhindert zu große Temperaturschwankungen im Inneren. Offenbar hat »Kraanspoor« den Nerv der Zeit getroffen. Anstatt bestehende Abbruchpläne der Stadt zu verwirklichen, wird das Areal saniert. Aus einer brachliegenden Industrielandschaft wird ein Stadtviertel mit Zukunft und eigenem Charakter. • • • •

Stahlskelettbauweise Flachdeckensystem mit IPE 270 Klimafassade und Betonkernaktivierung asymmetrische Aufständerung

200

aa

A

cc

bb

Bürogebäude Kraanspoor

Lageplan Maßstab 1:15 000 Schnitte • Grundrisse Maßstab 1:750 1 2 3 4

Eingang Technik Empfang Büroflächen

Schema Heizen und Kühlen: Die Doppelfassade erlaubt eine natürliche Belüftung der Büroräume und wirkt als Klimapuffer gegen die Sommerhitze und Kälte im Winter. Bodenkonvektoren verhindern Kaltluftabfall und -abstrahlung an den Fenstern. Unter Verwendung des Hafenwassers wirkt eine zusätzliche Betonkernaktivierung großen Temperaturschwankungen im Inneren entgegen.

a

b

c

c 4

4

4 3

3

4.– 6. OG

4

b

a

2

2

3. OG

EG

1

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201

Beispiel 11

1

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5 6

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4 11

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15

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19 17

21

20 22

A

202

Bürogebäude Kraanspoor

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9

10

11 12

13 14 15 16 17 18 19

20 21

22

VSG beschichtet 20 mm ESG beschichtet 12 mm Glaslamellen ESG mit Siebdruckmuster 12 mm Glashalter Aluminium Unterkonstruktion Aluminium Stahlprofil verzinkt beschichtet fi 200/75/8,5 mm Stahlprofil verzinkt beschichtet HEA 200 Fassadenverkleidung Aluminium, einbrennlackiert 3 mm Folie wasserabweisend diffusionsoffen Wärmedämmung Mineralwolle 120 mm Stahlprofil verzinkt ∑ 80/80 mm, mit Langloch und Kunststoffring als Gleitlager Stahlprofil verzinkt fi 280/95/10 mm Abdichtung Kunststofffolie Gefälledämmung, Dampfsperre Trapezblech 40 mm Stahlprofil IPE 270 Dämmung 50 mm Stahlbetondecke mit Betonkernaktivierung 70 mm Isolierverglasung ESG 12 mm + SZR 12 mm + VSG 8 mm Gitterrost 24 mm Deckleiste Holz Fensterrahmen Schichtholz verleimt Motorantrieb für Glaslamellen Konvektor mit Gitterrostabdeckung Stahlbetondecke 70 mm mit Betonkernaktivierung Stahlprofil verzinkt IPE 270 Stahlprofil verzinkt HEB 270 Teppich Tragschicht Multiplexplatte 30 mm Auflager Gummigranulatmatte 15 mm Vlies Schalldämmung Mineralfaser 25 mm Stahlbetondecke 70 mm Wärmedämmung Mineralwolle 130 mm Holzfaserplatte abgehängt gestrichen 14 mm

203

Beispiel 12

Justizgebäude Antwerpen, B 2005 Architekten: Richard Rogers Partnership, London VK Studio, Roeselare Tragwerksplanung: Ove Arup & Partners, London VK Engineering, Roeselare

Antwerpen ist um ein Wahrzeichen reicher. Eine Reihe schimmernder, spitz aufragender Segel in einem Meer von Wellen hat den Ausblick aus dem Stadtzentrum drastisch verändert. Das Justizgebäude soll einen Fixpunkt für die urbane Entwicklung im sogenannten neuen Süden der Stadt darstellen und zugleich die Verbindung zum alten Stadtzentrum halten. Transparenz, Flexibilität und Technologie stehen im Vordergrund des Projekts, bei dem auch Umweltaspekte wie eine effiziente Energienutzung eine große Rolle spielten. Eine großzügige Treppe lädt die Einwohner von Antwerpen ein, die große, transparente Eingangshalle zu betreten. Von dort gehen sechs Gebäudeflügel ab. Gekrönt wird der Komplex von einer kristallin anmutenden Dachkonstruktion aus hyperbolischen Paraboloiden unterschiedlicher Größe. Die höchsten Dächer erheben sich 41 m über den Boden. Das Tragwerkskonzept, die gewählten Materialien sowie das Herstellverfahren der Dächer sind das Ergebnis umfassender Analysen und Untersuchungen. So wurden beispielsweise mittels Windkanaltests die Windlasten ermittelt und Auswirkungen auf die Umgebung analysiert. In der endgültigen Festlegung erwies sich eine Konstruktion aus hyperbolischen Paraboloiden als die beste Option. Diese Form bietet den großen Vorteil, dass sie aus linearen Elementen erstellt werden kann, die sich auf einfache Weise verkleiden lassen. Jedes Einzeldach ist aus vier zusammenhängenden Flächen aufgebaut, von denen jede ein hyperbolisches Paraboloid auf quadratischer Grundfläche ist. Durch dieses Verfahren konnten die Dächer außerhalb der Baustelle vorgefertigt und in kürzester Zeit installiert werden, ohne die Notwendigkeit eines Gerüsts. Die Stahlkonstruktion ist mit Holz ausgefacht, das vom Innenraum sichtbar bleibt und gleichzeitig die Unterkonstruktion der äußeren Verkleidung mit Edelstahlblechen bildet. Die Schalendächer fungieren als Membran – das bedeutet, dass alle Lasten durch Normalkräfte an die darunterliegende Konstruktion übertragen werden. • Form hyperbolischer Paraboloide • Dachkonstruktion aus Stahlrohren • Dachverkleidung mit Edelstahlblech

204

Justizgebäude

Schnitt • Grundrisse Maßstab 1:1500 1 2 3

Eingangshalle Gerichtssaal Büros Richter

aa

2

2

2

2

2

1

2

2

3. OG

3

3 a

a

EG

205

Beispiel 12

1 2

Vertikalschnitt Dach »Hypershell« Maßstab 1:50 Axonometrie eines Knotens

3

4

5

5

6 1 2 3

4

5 6 7 8 9 10 11

kreuzförmige Verbindung Flachstahl lackiert Ø 230 mm Primärträger Stahlrohr lackiert Ø 295 mm Schürze aus Edelstahl: Edelstahlblech 0,9 mm Dämmplatten 69 mm Flachstahl 12 mm Wartungs- und Zugangsleiter: Gitterrost Stahl verzinkt zwischen Flachelementen aus Stahl verzinkt Isolierverglasung Float 6 mm + SZR 20 mm + VG 2≈ 9 mm Primärträger Stahlrohr lackiert Ø 273 mm Muffenverbindung Stahlrohr Ø 120 mm Strebe Stahlrohr Ø 194 mm kreuzförmige Verbindung Flachstahl lackiert Strebe Stahlrohr lackiert Ø 140 mm geschweißte Edelstahlbleche 0,5 mm Dämmung 120 mm

7

8 9

6 10 5

11

206

Justizgebäude

8 9 10

6

207

Beispiel 13

Büro- und Produktionsgebäude Besançon, F 2007 Architekten: METRA & Associés, Paris Mitarbeiter: Olivier Foucher, Gaelle Lenouenne Tragwerksplanung: Frachon-Soder, Dole RFR, Paris

In dem neuen Fertigungszentrum im französischem Besançon, ca. 160 km nördlich von Genf, produziert das Unternehmen Sophysa neurologische Implantate für die Medizinbranche. Das zwei-, in Teilen dreigeschossige Gebäude misst 75 ≈ 27 m und ist an einen leicht nach Südwest abfallenden Hang gebaut. Man betritt es über die Eingangshalle auf dem unteren Geländeniveau. Hier befinden sich Sitzungssäle und Büroräume, während im Obergeschoss neben Produktionsbereichen im hinteren Gebäudeteil der 400 m2 große Reinraum mit umlaufender Galerie das Zentrum bildet. Über dem untersten Geschoss aus Stahlbeton erhebt sich das Stahltragwerk als Träger-Stützenkonstruktion. Die Stützenreihen verlaufen entlang der Fassade und in der Gebäudemitte. Hierauf liegt ein IPE 550 Längsträger zur Stabilisierung. Die übrigen Träger fallen als IPE 360 und IPE 400 kleiner aus. Aufgrund der Empfindlichkeit der Implantate herrscht in den Innenräumen eine kühle, reine Atmosphäre, die durch die verwendeten glatten, beständigen Materialien wie Edelstahl und Glas unterstrichen wird. Die Gebäudehülle ist ebenfalls von diesen Eigenschaften geprägt. Umlaufende Fassadenbänder in Edelstahl mit einer Aluminium-Zink-Beschichtung verleihen dem Gebäude mit seiner klaren, geradlinigen Silhouette eine besondere Identität. Die Bänder liegen im Dachbereich flach am Gebäude an und sind komplett geschlossen. Im unteren Fassadenbereich stehen die Lamellen in verschiedenen Winkeln zur Fassade und sind teilweise gelocht. Ihre Neigung richtet sich nach der Funktion der dahinterliegenden Räume, um eine angemessene Belichtung, Ausblicke und einen ausreichenden Schutz zu gewährleisten. Eine Unterkonstruktion aus verzinkten Stahlrohren trägt die Sonnenschutzlamellen in einem Raster von 90 cm. Da die Bänder das komplette Gebäude umhüllen, entsteht ein Spiel mit wechselnden Ausblicken und Reflexionen und einer besonderen Beziehung zwischen Innen- und Außenraum. • Edelstahlbänder als Sonnenschutzlamellen • bewegte Fassade durch unterschiedliche Neigung der Lamellen • Stahlstützen und -träger auf Stahlbetonsockel

208

A

aa

5

7

6

8

a

9 a

5

7

3

5

1

2

Schnitt Grundrisse Maßstab 1:750

9

4

1 2 3 4 5 6 7 8 9

Eingangshalle Restaurant Besprechungsraum Umkleiden Büroräume Reinraum Produktionsbereich Lager Technik

Büro- und Produktionsgebäude

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 10 11 11 12 10

13 14

Dachaufbau: Abdichtung Kunststoffbahn 2 mm Wärmedämmung 70 mm Dampfsperre, Trapezblech 40 mm Stahlblech gebogen grau pulverbeschichtet 1 mm Fassadenaufbau: Edelstahlblech gekantet mit AluminiumZink-Beschichtung 240/5400/1 mm Hinterlüftung 20 mm Unterkonstruktion Z-Profile Aluminium Feuchtigkeitssperre Wärmedämmung zweilagig 110 mm Verkleidung Stahlblech gekantet 450/5400 mm Stahlprofil HEA 100 Stütze Stahlprofil IPE 400 Aussteifung Stahlrohr

15 16 17 18 19 20

21 22 23

| 100/100/5 mm Träger Stahlprofil IPE 360 Queraussteifung Stahlrohr ¡ 150/100/5 mm Fassadenschwert Stahlblech 70/10/2680 mm Isolierverglasung Stahlblech zweilagig verzinkt 195/20/3 mm Verschattungslamellen Edelstahlblech mit Aluminum-Zink-Beschichtung 240/5400/1 mm Unterkonstruktion Stahlrohr verzinkt ¡ 50/30 mm Verblendung Wellblech 76/18/0,75 mm Bodenaufbau: Bodenbelag Linoleum Estrich 80 mm, Trennlage Hohldecke Stahlbeton 200 mm

12 13

15

14

14

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23

20

21

22

A

209

Beispiel 14

Produktionsgebäude Bietigheim-Bissingen, D 2003 1

Architekten: Ackermann und Partner, München Mitarbeiterin: Katrin Kratzenberg Tragwerksplanung: Christoph Ackermann, München G. Lachenmann, Vaihingen an der Enz

Der Autozulieferer Valeo stellt Scheibenwischersysteme her. Der Standort für den deutschen Markt liegt in Bietigheim-Bissingen bei Stuttgart, in der Nähe mehrerer Automobilhersteller. Für die langfristige Umstrukturierung eines Werks und den Neubau zweier Hallen wurde ein Gutachterverfahren durchgeführt. Das vorgelegte Konzept des Architekturbüros Ackermann und Partner überzeugte in der Umsetzung der Firmenphilosophie und der Flexibilität seiner modularen Grundstruktur. Dabei sollte die Produktion im Vordergrund stehen und die Umstrukturierung des Werksgeländes in mehreren Ausbaustufen durchführbar sein. Die Festlegung des Rastermaßes von 24,50 ≈ 24,50 m erfolgte aus den Anforderungen des Bauablaufs im Zusammenhang mit der Grundstücksgröße. An die durch ein weitgespanntes Stützenraster flexibel nutzbare Produktionshalle schließt sich eine zweigeschossige Bürospange an. Die Dachebene wurde durch vorgespannte Verbände aus Rundstäben zu einer Scheibe ausgebildet, die die knickgefährdeten Obergurte der Fachwerkträger stabilisiert und die Windlasten zu den Betonkernen bzw. Vertikalverbänden hinleitet. Die Medienversorgung und Infrastruktur erfolgt ausnahmslos über die Decken. Das stellt eine maximale Flexibilität im Produktionsbereich sicher und funktioniert nach dem gleichen Prinzip für die Büroarbeitsplätze. Bewegliche, abgehängte Kabelführungen verbinden die ELT- und IT-Medien von der Decke mit dem Schreibtisch. In der Tiefe des Raums erfolgt die Belichtung der Arbeitsplätze über Oberlichter im Raster 7 x 7 m. Über der Produktionshalle sind die Seiten dieser Laternen mit transluzenten Scheiben verglast, die für ein diffuses, blendungsfreies Licht sorgen. Die einheitliche architektonische Gestalt verlangte nach einer Fassadenkonzeption, die vielfältige Anforderungen erfüllt. Ausgangspunkt war die raumhohe Glasfassade. Sie gewährt einen transparenten Raumeindruck und vermittelt eine Gleichstellung von Produktion und Büroarbeit. • Fachwerkträger auf einem Raster von 24,50 ≈ 24,50 m • Medienversorgung sichtbar zwischen der Konstruktion

210

2

3

Lageplan Maßstab 1:5000 1 2 3 4

Entwicklung + Verwaltung

Motorenwerk Parkplatz Wischerwerk Logistikhof

Vorentwurf: Funktionsschema und Materialströme als Vorgaben des Bauherrn

4

Wischermotoren Wischarm Wareneingang Logistik Versand Wischblatt

Rohgummi

Wischgummi

Wischhebel geplant

Lackiererei geplant

Produktionsgebäude

aa

bb

a

5

c

6 7

8

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c

10

11

11

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b

20 b

a Schnitte • Grundriss Maßstab 1:1000 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20

Besuchereingang Personaleingang im UG Eingangshalle Büros Verwaltung Büros Entwicklung Anlieferung Labor und Technikzentrale im UG dezentrale Büroeinheiten Oberlichter verglaste Pausenräume Hauptträger Schleuse zum Bestandsgebäude, Wareneingang Versand zentrale Gebäudeleittechnik Extrusion Wischergummi Brombad Wischergummi Luftraum, zukünftige Lackiererei

211

Beispiel 14

1

2

3

4

3 5

6

7 12

8 11

9

10

5

13

cc

212

Produktionsgebäude

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 Isometrie Trag- und Versorgungsstruktur: Die Lüftungskanäle durchdringen die Hauptträger durch v-förmige Aussparungen über den Stützen. 1

Abdichtung Kunststoffbahn Fluor-Polyolefin Wärmedämmung Mineralwolle 120 mm Dampfsperre

2 3 4

5

Akustik-Trapezblech perforiert 100/275/1 mm Obergurt Fachwerkträger HEB 200 Primärkonstruktion Stahlstütze HEB 220 Teppich 5 mm Trockenestrichelement 20 mm Trittschalldämmung 20 mm, Trennlage Brettstapeldecke 260 mm Konsole Fluchtbalkon Flachstahl ¡ 250/25 mm

6 7 8 9 10 11 12 13

Aufsatzprofil Aluminiumfassade Pfosten Stahlprofil T 70 mechanisch gereckt Riegel IPE 140 mechanisch gereckt Gleitprofil Aluminium horizontal verschieblich Gewindebolzen Edelstahl Sekundärkonstruktion Stahlrohr Ø 216/30 mm Sekundärkonstruktion Träger HEB 300 Konvektor

213

Beispiel 15

BMW Welt München, D 2007 Architekten: COOP HIMMELB(L)AU, Wien Wolf D. Prix / W. Dreibholz & Partner Mitarbeiter: Paul Kath (Projektpartner) Tragwerksplanung: B+G Ingenieure, Bollinger und Grohmann GmbH, Frankfurt/M.

Die BMW Welt ist als Erlebnis- und Auslieferungszentrum konzipiert. Sie liegt im Münchner Norden in unmittelbarer Nachbarschaft zum Produktionswerk, dem BMW Museum und Architekturikonen wie dem »Vierzylinder« der Konzernzentrale und dem Zeltdach des Olympiastadions von 1972. Der gewünschte Eindruck von Leichtigkeit war nur mit Stahl als Hauptkonstruktionsmaterial zu bewältigen. Das wolkenähnliche Dach scheint einem Tornado zu entspringen, dem Doppelkegel aus Stahl und Glas. Er ist zugleich eine spezielle Hauptstütze der 16 000 m2 großen Dachkonstruktion, die mit einer Photovoltaikanlage von rund 6300 m2 Fläche auch der Energiegewinnung dient. Nur von dem Doppelkegel, dem Gastronomie- und Forumkern sowie elf Pendelstützen gehalten, scheint diese »Dachwolke« mit einem Gewicht von ca. 4000 t förmlich zu schweben. Die Kalottenlager erlauben eine freie Verdrehung der Pendelstützen im Auflager und verhindern so Zwängungen in der Dachkonstruktion. Eine statische Höhe des Dachs von ca. 8 m ermöglicht eine maximale Spannweite von ca. 60 m. Die Haupttragkonstruktion besteht aus einer oberen und einer unteren Trägerrostlage mit einem Grundraster von 5 ≈ 5 m. Trotz der Komplexität der Konstruktion ist das Fachwerk aus handelsüblichen Walzprofilen gefertigt. Anschlüsse sind meist als Schraubverbindungen mit hochfesten Schrauben ausgeführt und werkseitig vorgefertigt, sodass lediglich große Elemente auf der Baustelle montiert wurden. Der Doppelkegel der BMW Welt mündet in einen Ringträger, der als aufgelöster Dreigurtbinder aus runden Hohlprofilen zur Aussteifung der Konstruktion dient. Der Ringträger verteilt die Lasten aus dem Dachtragwerk gleichmäßig. Die Vertikallasten werden über die modifizierte Pfosten-Riegel-Konstruktion des Doppelkegels in den Boden abgeleitet. Aufgrund der dynamischen Verdrehung und ihrer ovalen Grundfläche besteht die Konstruktion aus einzeln angefertigten Rechteckrohren. • Doppelkegel, 11 Pendelstützen, 2 Kerne tragen 4000 t schweres Dach • Spannweite 60 m bei 8 m statischer Höhe • Dach mit 2 Trägerrostlagen im 5 ≈ 5 m Raster

214

4

2 Lageplan Maßstab 1:10 000 Schnitt • Grundriss Maßstab 1:1250

5 6 7 8

1 2 3 4

9

BMW Welt BMW Museum BMW Konzernzentrale BMW Produktionswerk

10 11

Eingang Doppelkegel Halle Autoausstellung Abholbereich Neuwagen exklusiver Abholbereich Restaurant Auditorium

1

3

BMW Welt

A

b

b

aa

7 5

8

5 a

10

11

a

6 9

215

Beispiel 15

1

3 4

2

5

6 7

8

9 10

11

12

bb

216

BMW Welt

15 14 13

17

16

18 A Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:50 Vertikalschnitt Dachrand Doppelkegel Maßstab 1:20 1

2 3 4

5 6 7 8 9

10

11 12 13 14 15 16 17

18

Dachaufbau: Photovoltaikmodule 1000/1650 mm Dachabdichtung Wärmedämmung 2≈ 90 mm Dampfsperre Stahlblech Trapezblech gedämmt 160 mm Stahlprofil IPE 140 für technische Installationen oberer Träger Stahlprofil IPE 300 Fassadenaufbau: Lochblech Edelstahl 3 mm über Winkeleisen verbunden mit Flachstahl und Befestigungsprofil Dach Raumfachwerk IPE 300 Traverse Stahlrohr Ø 260 mm Anbindung Dachtragwerk an Fassade vertikal verschieblich Lochblech Edelstahl 2 mm Pfosten ¡ 320/120 geknickt, geschweißt aus Stahlblech 15 mm, beheizt/gekühlt Riegel 200/80 mm, geschweißt aus Stahlblech 10 mm, beheizt/gekühlt Verglasung VSG aus Float 2≈ 8 mm + SZR 16 mm + ESG 10 mm Stahlrohr Heizkreislauf mit Verschlussmutter Randträger Stahlrohr Ø 356 mm Flanschblech Elementstoß 30 mm Träger Dachtragwerk IPE 360 Randprofil Fassade Doppelkegel Stahlrohr | 200/200 mm Fassade Doppelkegel Stahlrohr ¡ 300/100 mm zum Teil mit integrierter Heizung/Kühlung, Sprinkleranlage, Elektroverrohrung Weißglas TVG 2≈ 6 mm + SZR 16 mm + ESG 8 mm

217

Beispiel 16

Bürohochhaus London, GB 2003 Architekten: Foster + Partners, London Tragwerksplanung: Arup, London

Mitten im Finanzzentrum steht Londons erstes nachhaltiges Hochhaus, das 30 St Mary Axe. Die ungewöhnliche Formgebung des Bürohauses trägt dem eng begrenzten Grundstück Rechnung und lässt das Gebäude bei gleicher Nutzfläche weniger schwerfällig erscheinen als konventionelle Hochhäuser ähnlicher Höhe. Der Turm erhebt sich mit seinen 41 Geschossen 180 m über einem öffentlichen Platz. Er ist in 33 Büroetagen sowie Sondernutzflächen im Sockelgeschoss und in der Spitze gegliedert. Sein Durchmesser nimmt bis zum 17. Geschoss leicht zu, um sich dann zur abgerundeten Spitze hin wieder zu verringern. Dort bietet ein Restaurant mit Bar einen einmaligen Panoramablick über die Stadt. In der zweigeschossigen Eingangshalle befinden sich der Empfangsbereich und Einzelhandelsgeschäfte. Die aerodynamische Gebäudeform soll die Windlasten auf Tragwerk und Fassade reduzieren und ermöglichen, dass entstehende Druckunterschiede entlang der Außenhaut die natürliche Belüftung des Gebäudes unterstützen. Der kreisförmige Grundriss weist zwei konzentrische Stützenreihen auf – eine für Röhrentragwerke typische Anordnung. Bei diesem statischen System werden die Horizontallasten von der außenliegenden Rohrkonstruktion aufgenommen, die hier in ein diagonales Fachwerkgitter, den sogenannten Diagrid, aufgelöst ist. Zweigeschossige A-förmige Rahmen bilden das komplexe Stahlfachwerk. Diese bestehen aus zwei diagonalen Druckpfosten aus Stahlrohr mit 508 mm Durchmesser, einem Stahlrohr von 250 ≈ 250 mm als Zugband und einem Stahlknoten. Die Verbindung zwischen Rahmen und Kern geschieht über radiale Unterzüge aus Walzstahl und Verbunddecken, die das Fachwerk horizontal aussteifen. Die Geometrie der diagonalen Fachwerkkonstruktion übernimmt die Fassadengestaltung mit geschosshohen Verglasungen, die in dreieckige und rautenförmige Elemente unterteilt sind. Auf einfache Weise werden so die Unterschiede im Gebäudeumfang zwischen den Geschossdecken aufgenommen. • diagonales Fachwerkgitter »Diagrid« • radiale Unterzüge aus Walzstahl und Verbunddecken

218

6

40. OG

3

3

3 4

5 2

2

2

21. OG

1

EG

Bürohochhaus

8 7 9

8

13 12

14

10

11

15 16

Axonometrie Fassadenknoten Vertikalschnitt Maßstab 1:20

Schemaschnitt Grundrisse Maßstab 1:1000

17 1 2 3 4 5 6

7

Eingang Besprechungsräume Büroflächen Bibliothek Empfang Bar

8 9 10 11 12 13 14

diagonaler Druckstab Stahlrohr Ø 273–508/32– 40 mm Auflager für Verglasung Stahlblech 60 mm Zugstab Stahlrohr | 250 mm bzw. 300 mm je nach Geschoss Nebenträger Fußboden Stahlprofil Å 540 mm Träger Fußboden mit Gleitlager Stahlprofil Å 540 mm Gewindestab zur Begrenzung der Ausdehnung M36 Knoten Stahlblech 50 mm Stahlblech zur tangentialen Verbindung 65 mm

15

18 19 20 21 22 23 24 25

Schiebeflügel VSG 2≈ 5 mm Verglasung ESG 10 mm + SZR 16 mm + VSG 2≈ 5 mm Abluft Büro über Hohlraumboden Verbunddecke 160 mm Zuluft/Abluft Frischlufteinlass (in jedem Geschoss) Befestigung Fassade Stahlrohr | 150 mm Entwässerung Kondenswasser Zuluft Büro über abgehängte Decke Abluft Zwischenraum Doppelfassade Verkleidung Stütze Aluminiumblech 3 mm

16 17

18 19 20

21

22

25 23

24

219

Beispiel 16

220

Multifunktionales Hochhaus

Multifunktionales Hochhaus Shanghai, CN 2008 Architekten: Kohn Pedersen Fox Associates, New York Mitarbeiter: Eugene Kohn, William Pedersen, Paul Katz Tragwerksplanung: Leslie E. Robertson Associates, New York

Schnitt Maßstab 1:2000 Grundrisse Maßstab 1:1500

Das Shanghai World Financial Centre (SWFC) befindet sich in der Finanz- und Handelszone im neu errichteten Stadtviertel Pudong in Shanghai. Mit seinen 101 Stockwerken erhebt sich dieses Wahrzeichen bis in 492 m Höhe und dominiert die Skyline der Stadt. In der Gestaltung sind ein quadratisches Prisma und zwei sanft geschwungene Bögen kombiniert – Formen, in denen die traditionellen chinesischen Symbole für Erde und Himmel wiederaufgenommen sind. Das SWFC beherbergt Büro- und Ladenflächen sowie ein Hotel, das sich über die Geschosse 79 bis 93 erstreckt. Darüber bietet die »Sky Arena« Besuchern einen atemberaubenden Ausblick über Shanghai und die sanften Windungen des Huangpu-Flusses. Zusätzlich gibt es im 100. Stockwerk die Aussichtsplattform »Sky Walk«. Während der Finanzkrise in Asien Ende der 1990er-Jahre geriet das bereits 1993 geplante Projekt ins Stocken. In der späteren Neuplanung wurde die ursprünglich beabsichtigte Höhe um 32 m erweitert. Das neue Gebäude muss somit nicht nur leichter sein, sondern auch höheren Windlasten widerstehen. Dennoch bilden die vor dem temporären Baustopp fertiggestellten Fundamenten die Basis. Um das Gewicht zu verringern, besteht das Haupttragwerk aus hochfestem Stahl. Es gibt drei parallele und miteinander interagierende Tragsysteme: Die Megastruktur, die aus Hauptstützen, Diagonalen und Fachwerkträgern besteht, die Betonwände des Kerns sowie die Aussteifungen, die eine Interaktion zwischen den Betonwänden und den Stützen hervorrufen. Die Diagonalen der Megastruktur bestehen aus geschweißten Stahlkastenprofilen, die zur Verstärkung mit Beton verfüllt wurden, um nicht lineare und dämpfende Struktureigenschaften zu erzeugen. Auch die Hauptstützen der Megastruktur sind Verbundgebilde aus Baustahl und Stahlbeton. Ihre Anzahl richtet sich nach den vorhandenen Gebäudeecken; die quadratische Basis besitzt vier, die oberen Geschosse sechs dieser Säulen.

94. OG »Sky Arena«

a

83. OG Hotel

aa

7. OG Bürofläche a

• hochfeste Stahlprofile mit hohen Streckgrenzen • Megastruktur

100. OG »Sky Walk«

221

Beispiel 17

Vertikalschnitt »Sky Walk« Horizontalschnitt • Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7

8

Mehrscheibenverglasung aus ESG 2≈ 5 mm mit Edelstahlbeschichtung der inneren Oberfläche Pfosten Aluminium-Strangpressprofil 212/120 mm Aluminium-Strangpressprofil glanzeloxiert, elektrolytisch poliert 3 mm Isolierverglasung VSG 2≈ 6 mm + SZR 12 mm + ESG 6 mm verspiegelte Aluminiumplatte 3 mm verklebt mit Gipskarton 12,5 mm Pfosten Aluminium-Strangpressprofil 120/285 mm VSG aus ESG 2≈ 19 mm mit rutschhemmender

9 10 11 12 13 14 15 16 17

Beschichtung VSG aus ESG 2≈ 12 mm mit rutschhemmender Beschichtung Längsträger Stahlprofil Å 610 mm Querträger Stahlprofil Å 529 mm Doppelboden 150 mm Stahlbeton 150 mm Randträger Stahlprofil Å 608 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz Verkleidung Deckenstirn steifes Aluminiumblech lackiert 3 mm, Dämmung 75 mm Akustik-Elementdecke abgehängt Blendschutz innenliegend Stahlplatte verzinkt 15 mm Verbundstütze

1 2

3

5 4

6

7

8

9

222

10

Multifunktionales Hochhaus

17

13

11

13

12

15

14

16

223

Beispiel 18

Bürohochhaus Moskau, RUS 2007 3

Architekten / Tragwerksplanung: ENKA Structural and Architectural Design Group, Istanbul

a

2 1

a

1 3

25. OG

Als Teil des Moskauer Internationalen Handelszentrums (Moskau City) erhebt sich der Naberezhnaya Tower am linken Moskwa-Ufer. Die drei unterschiedlich hohen Türme, die über fünf gemeinsame Tiefgeschosse miteinander verbunden sind, erreichen eine Maximalhöhe von 268 m. Im Erdgeschoss und dem Mezzanin befinden sich Eingangs- und Empfangsbereiche sowie Verwaltungsräume. Zudem gibt es Geschäfte und ein Restaurant. Vom 2. bis zum 58. Geschoss sind Großraumbüros untergebracht, wobei im 26. Stock die Haustechnik angeordnet ist. Das Gebäude hat einen zentralen Kern aus Ortbeton mit außenliegenden Stahlstützen und Verbunddecken. Die gewählte Konstruktion begrenzt die maximale seitliche Auslenkung an der Spitze des Gebäudes auf 1/500stel der Höhe. Die Stahlstützen entlang der Fassade leiten laterale Lasten nicht direkt ab. Sie nehmen nur vertikale Lasten auf. Im 26. und 59. Stockwerk verbinden auskragende Fachwerke (Ausleger) den Kern und die äußeren Stützen, um eine horizontale Verschiebung unter Windlast zu begrenzen. Zusätzlich sind zwischen den äußeren Stützen biegesteife Fachwerkgürtel installiert, die die von den Auslegern übertragenen vertikalen Lasten verteilen. Für die Vorhangfassaden wurden Aluminium und getöntes Glas verwendet. Das Hochhaus ist das erste Projekt, bei dem spezieller hochfester Stahl zum Einsatz kam. In besonderen Tests wurde das Verhalten des Werkstoffs unter den in Russland herrschenden Witterungsbedingungen untersucht. Temperaturen von bis zu -20 °C wirken sich besonders auf die Zähigkeit des Stahls aus. Die Oberfläche der Stahlkonstruktion, die ein Gesamtgewicht von 13 500 t hat, wurde mit zertifizierten, feuerfesten Materialien mit hoher Leistungsfähigkeit versehen. Eine Betonummantelung stellt den Brandschutz für die Stahlstützen sicher. So besteht eine Feuerwiderstandsdauer der Stahlkonstruktion von mindestens vier Stunden. • hochfeste Stahlprofile mit hohen Streckgrenzen • Verbunddecken • Feuerwiderstandsdauer mind. vier Stunden

224

A

aa

Bürohochhaus

4

5 7

9

6

8

Axonometrie Konstruktionsprizip Grundriss • Schnitt Maßstab 1:1500

10

1 2 3

Büroflächen Technikraum Aufzugshalle

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 4 5

6 7 8

9

11 10

11

Leichtbeton 364 mm Aluminiumpaneel 30 mm Rahmen Stahlrohr | 35/35 mm Stahlblech verzinkt Wärmedämmung 53 mm Stahlrohr ¡ 118/85 mm Stahlprofil fi 200/75 mm Feuerschutzplatte Gipskarton 2≈ 12,5 mm Glaspaneel 29 mm Paneel aus: Stahlblech verzinkt Wärmedämmung Mineralwolle 120 mm Stahlblech verzinkt Anstrich Gipsputz 5 mm Gipskarton 2≈ 12,5 mm Rahmen Stahlrohr ¡ 20/35 mm elektrischer Heizlüfter Filzteppich 5 mm Verbunddecke 190 mm Stahlprofil IPE 450 Feuerschutzverkleidung 50 mm abgehängte Decke Gipskarton Stütze Stahlprofil Å mit Betonummantelung

A

225

Beispiel 19

Bürohochhaus New York, USA 2007 Architekten: Renzo Piano Building Workshop, Paris Bernard Plattner (Partner) mit FXFowle Architects, P.C., New York Tragwerksplanung: Thornton Tomassetti, New York Ove Arup & Partners

Die New York Times verließ ihr seit 1913 genutztes Verlagshaus an der 43. Straße und zog in einen modernen Wolkenkratzer. Im Gegensatz zu vielen Bürotürmen, die mit extravaganten Gesten um Aufmerksamkeit ringen, tritt der Times Tower eher klassisch zurückhaltend auf. Dafür überzeugt das Gebäude durch seine Offenheit und Leichtigkeit. Die Primärstruktur besteht aus einem ausgesteiften Stahlkern mit zwei geschosshohen Auskragungen bis hin zur Außenfassade in den beiden Technikebenen und an der Spitze des Turms. Mit deren Stahlfachwerk gelingt es, die gesamte Gebäudetiefe zur Abtragung horizontaler Windlasten heranzuziehen. Ein besonderer Aspekt ist die außenliegende Stahlstruktur auf der Nord- und Südfassade. Einerseits ist diese integraler Bestandteil der architektonischen Gestaltung, andererseits spielt sie aber auch eine wesentliche Rolle im Tragsystem des Hochhauses. Die Stützen in den vier zurückspringenden Gebäudeecken stehen außerhalb der Gebäudehülle. Die Auskreuzungen sind zur vertikalen Lastabtragung nicht zwingend notwendig, sondern dienen vor allem der Minimierung von Gebäudebewegungen. Vorgespannte Zugstäbe aus hochfestem Stahl können durch Wind entstehende Druckkräfte kompensieren und sind dennoch schlank und elegant. Die außenliegende Tragstruktur ist maßgefertigt. So konnten die Knoten klar ausformuliert und die Proportionen der konstruktiven Bauteile optimiert werden, wodurch das Gebäude mit zunehmender Höhe leichter wirkt. Aufwendige Beleuchtungsstudien, Blockheizkraftwerk und Unterflurkühlsystem demonstrieren ebenso ein Bemühen um Nachhaltigkeit wie die der Glasfassade vorgehängten Keramikscreens, die jedoch vor allem auch als architektonisches Mittel zur Verschlankung der Proportionen konzipiert sind und mit einer Mischung aus Reflexion und Transparenz wechselnde Licht- und Wetterstimmungen sanft in der Fassade abbilden. • vor der Fassade liegendes Tragwerk • große Stahlprofile, schlanke vorgespannte Zugstäbe • ausgesteifter Stahlkern mit geschosshohen Auskragungen als Stahlfachwerk

226

1

Bürohochhaus

Lageplan Maßstab 1:10 000 Schnitt Grundrisse Maßstab 1:1500

4

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11

11

New York Times Building Lobby Aufzüge New York Times Aufzüge Mieter Laden Garten Auditorium Ladezone Newsroom Cafeteria Technikgeschoss

4

11

3

10

A

9

2

6

8

7

aa

5 4

5 3

a 2

a

7 6

4 5

8

3 5

b EG

b

227

Beispiel 19

Vertikalschnitt Horizontalschnitt außenliegende Konstruktion Maßstab 1:100

6 7 8

Vertikalschnitt Fassade Maßstab 1:20 1 2 3 4 5

Deckenträger Stahlprofil Å 600 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz Trapezblech mit Aufbeton 150 mm Deckenträger Stahlprofil Å 400 mm mit Brandschutzbekleidung Spritzputz Blendschutz innenliegend automatisch Doppelboden: Teppich auf Faserplatten 45 mm

A

228

9 10 11 12 13 14

Auslass Zuluft gewärmt /gekühlt Isolierverglasung Float 6 mm + SZR 13,2 mm + TVG (untere Geschosse VSG) 6 mm Keramikrohr (Aluminiumsilikat) glasiert Ø 38 mm auf Aluminiumprofil extrudiert, Abstände unterhalb der Decke enger (Sonnenschutz) als im Brüstungsbereich Kammprofil Aluminium lackiert 2≈ 125 mm Strebe Aluminium gefräst lackiert 51/9,5 mm Befestigungsprofil Aluminium gefräst lackiert Verbindungsplatte Aluminium lackiert Abspannung Rundrohr justierbar lackiert Ø 9,5 mm Verkleidung Deckenstirn: steifes Aluminiumblech lackiert (Glas bedruckt in Fassadenecken ohne vorgehängte Keramikrohre)

bb

Bürohochhaus

2 3 1

4

8

7

9 5

11

10

6

12 13

2 3

14

1

4

229

Beispiel 20

Wohnhochhaus und Bürogebäude Rotterdam, NL 2005 Architekten: Mecanoo architecten, Delft Mitarbeiterin: Francine Houben Tragwerksplanung: ABT, Delft

Nachdem der Rotterdamer Stadthafen durch Verlagerung des Betriebs an die Maasmündung an Bedeutung verloren hatte, konnte sich auf den frei gewordenen Flächen das neue Stadtviertel Kop van Zuid mit Wohnungen und Büros entwickeln, das nach dem Bau der Erasmusbrücke einen direkten Anschluss an Rotterdams Zentrum erhielt. Die Architekten bekamen den Auftrag, ein Konzept für ein Wohnhochhaus an der Südseite des Wilhelmina-Piers zu erstellen, an dessen Nordseite bereits Hochhäuser aufragen. An der Pierspitze, wo einst die Ozeandampfer der HollandAmerika-Linie in Richtung New York ablegten, befindet sich nun das mit 152 m höchste Wohnhaus der Niederlande, dessen Name »Montevideo« auf eines der Lagerhäuser zurückgeht, die an dieser Stelle standen. Das Gebäude ist als Komposition aus gestapelten, sich überschneidenden Volumina angelegt und bezieht sich auf die klassischen New Yorker Hochhäuser der 1920er- und 1930erJahre mit Mauerwerksfassaden, Dachterrassen und Loggien. Die untersten beiden Geschosse sind als Stahlkonstruktion ausgebildet und tragen den Turm sowie den niedrigeren, 15 m zum Wasser auskragenden Baukörper. Die folgenden 27 Geschosse wurden in Stahlbeton-Kletterschalungstechnik errichtet; ab dem 28. Geschoss ist wiederum ein Stahltragwerk eingesetzt. Dies ermöglicht eine freie Unterteilung und damit vielfältige räumliche Strukturen im Inneren: 192 Wohnungen verteilen sich auf insgesamt 54 verschiedene Typen mit unterschiedlichen Geschosshöhen. Außerdem sind im Gebäude Büros und Gemeinschaftseinrichtungen untergebracht, und die Bewohner können eine Vielzahl hausinterner Serviceeinrichtungen nutzen wie Schwimmbad, Fitnesscenter, Restaurants oder Reinigung. In den Untergeschossen befindet sich eine zweigeschossige Tiefgarage. Fenster, Balkone, und Loggien verteilen sich rhythmisch über die Gebäudeoberfläche, deren Materialität zwischen verschiedenfarbigem Mauerwerk und Aluminiumbekleidung wechselt. • Kombination Stahlbeton- und Stahlbauweise • Verbundstützen, Doppel-T-Profile • Flachdeckensystem

230

b

4

3

1

2

5

a 6

A b

EG

a

Wohnhochhaus und Bürogebäude

10

6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18

Lageplan Maßstab 1:7500 Schnitte Grundrisse Maßstab 1:1000

9

1 2

12

3 4 5

Zugang Wohnungen Turm Zugang »Water«-Wohnungen Zugang Bürofläche Zufahrt Tiefgarage Fahrradabstellraum

vermietbare Fläche »City«-Wohnungen »Water«-Wohnungen »Sky«-Wohnungen Penthouse »Loft«-Wohnungen Technikebene Bürofläche Hotelzimmer Lager Fitnesscenter Schwimmbad Tiefgarage

7

13

13 8 11

13

13 14 15

16

17

17 15 13

13 1

4

5

2

6

18 18

aa

7

7

7

bb

8

8

8 9 7

10

7

8 11. OG

6 18 18

8 35. OG

42. OG

231

Beispiel 20

1 2

4 5

3

1

Vertikalschnitt »Water«-Wohnungen Maßstab 1:10 1 2

6

3

4 5

7

8

9 6

7

8 9 A

232

Bewehrungsstäbe mit Stahlschwert an Å-Profil geschweißt Å-Profil aus Stahlblöcken geschweißt 2≈ 100/300/2900 mm dazwischen 740/100/2900 mm Bodenaufbau: Anhydridestrich 65 mm Dämmung 35 mm Stahlbeton 300 mm Fassadenanker Wandaufbau: Sichtmauerwerk 100 mm Hinterlüftung 30 mm Wärmedämmung 100 mm Stahlbeton 300 mm Aufbau Vordach: Gitterrost 40 mm Auflager 20 mm Dachbekleidung Stahlblech, verzinkt 5 mm Abdichtung Multiplex 20 mm Stahlprofil HEB 450, an Verbindungsplatte geschweißt Aluminiumpaneele auf Unterkonstruktion Stahlplatte 25 mm an Träger und Verbindungsplatte geschweißt Verbindungsplatte Stahl 25 mm Verbundstütze 600/600/40 mm mit Feuerschutzanstrich

Wohnhochhaus und Bürogebäude

d

10 10 11

11

10

11

12

12

12

10

12 10

10

10 13

13

13

13

10

c 14

14

10

10

c

14 d

15

15

15

15

15

15

15

10 15

15

15

14

15 10

Stahlstruktur Teilansichten und Grundriss »Sky«-Wohnungen und Penthouse Maßstab 1:500 10 11 12 13 14 15

cc

HEB 200 HEA 300 HEB 280 HEM 260 HEB 300 HEM 280

dd

233

Beispiel 21

Bahnhof Straßburg, F 2007 Architekten: SNCF/DAAB, Paris Jean-Marie Duthilleul & François Bonnefille (AREP), Paris Tragwerksplanung: RFR, Paris

Der Anschluss an das Netz des TGV verkürzt die Fahrzeit von Straßburg nach Paris auf weniger als zweieinhalb Stunden und sorgt damit für steigende Fahrgastzahlen. Um den historischen Straßburger Bahnhof an seine neue Bedeutung und Funktion anzupassen, ließ der Bauherr (SNCF) ihn unter Einbezug des Bahnhofsvorplatzes neu gestalten. Die 120 m lange und 25 m hohe Vorhalle besteht aus gebogenen Stahl- und Glaselementen. Der neue Erschließungsraum mit transparenter Außenhaut und filigranem Stahltragwerk schafft eine überdachte Verbindung zu den öffentlichen Verkehrsmitteln und zur Tiefgarage. Die Herausforderung lag darin, den Bestand nicht zu verdecken und aus Gründen des Denkmalschutzes auf eine konstruktive Verbindung zwischen Alt- und Neubau zu verzichten. Die verglaste Fläche ruht auf einer Primärstruktur aus 16 Hauptbögen mit einem Abstand von 9 m. Diese sind mit Edelstahlseilen unterspannt, auf das Gebäude ausgerichtet und im Hochpunkt auf Pendelstützen gelagert. Zwischen den Bögen tragen unterspannte Stabilisierungselemente als Sekundärstruktur alle 4,50 m die ebenfalls gebogene Tertiärstruktur. Primär- und Sekundärtragwerk sind durch ein übergreifendes System aus Zugstäben miteinander verbunden. Diese dienen der horizontalen Aussteifung und stabilisieren das gesamte Tragwerk. Die tragende Hülle besteht aus gebogenen, kaltverformt laminierten Glaselementen. Dieses neue Verfahren führt zu besseren Ergebnissen bei Optik und Statik. Dabei werden Schichten aus ebenem Glas sowie Zwischenlagen zu einem Verbundsicherheitsglas zusammengesetzt, an einem Biegerahmen fixiert und mechanisch in die gewünschte Form gebracht. Anschließend wird die gebogene Verbundeinheit fixiert. Ein Zweifarben-Siebdruck im oberen Gebäudeteil mit weißer Außen- und schwarzer Innenwirkung gewährleistet den Sonnenschutz. Zusätzlich enthält das Laminat eine leistungsfähige Infrarotfolie. • räumlich gebogenes Stahltragwerk • Unterspannung mit Zugstäben • Hauptbögen am Hochpunkt auf Pendelstützen

234

Bahnhof

Lageplan Maßstab 1:10 000 Schnitte • Grundriss Maßstab 1:1000 1 2 3 4 5 6 7 8

A

Haupteingang Wartehalle Läden Büroflächen Lobby Mehrzweckflächen Fahrkartenverkauf SNCF Zugang zu den öffentlichen Verkehrsmitteln aa

bb

a

4

3

2

6

5

7

1 b EG

8

b a

235

Beispiel 21

11 12 1

9 10 2

3

4

4

5

4

Vertikalschnitt Maßstab 1:100 1

6 4

2 3 4 4 5 6

7 8

7

8

A

236

9 10 11 12 13 14 15

13

7

14

15

Glaselemente kaltverformt laminiert aus VSG 2≈ 6 mm mit Zwischenschicht PVB-Folie 1,5 mm und Infrarotfolie Sekundärstruktur Stahlrohr Ø 139,7/20 mm Primärstruktur Hauptbogen 2≈ Stahlrohr Ø 168,3/12,5 mm verschweißt mit Stahlblech 2≈ 8 mm Zugseil Edelstahl vorgespannt Ø 24 mm Zugseil Edelstahl vorgespannt Ø 28 mm Seilverbinder: Formblech Edelstahl gefräst 25 mm Fräs- und Drehteile Zugseil Edelstahl vorgespannt Ø 32 mm Fußpunkt Gleitlager: Grundplatte Stahlblech 40 mm Anschlussblech Stahl 40 mm Stahlrohr Ø 101,6/12,5 mm Stahlrohr | 200 mm Entwässerung Stahlrohr Ø 104/2 mm Verbundsicherheitsglas 2≈ 8 mm Pendelstütze Stahl Ø 273/25 mm Fußbodenheizung und -kühlung Stützenfuß Stahlblech 15 mm

Bahnhof

isometrische Details: Tertiärstruktur mit Glashaltevorrichtung Entwässerungsschema

237

Beispiel 22

Flughafenterminal Lageplan Maßstab 1:100 000 Grundrisse Maßstab 1:7500 Schnitt Satellit Schnitte Terminal Maßstab 1:2000

Madrid, E 2005 Architekten: Richard Rogers Partnership, London Estudio Lamela, Madrid Tragwerksplanung: Anthony Hunt Associates, London TPS, Croydon mit OTEP / HCA, Madrid

2

1

Mit der Erweiterung des Flughafens MadridBarajas erhöht sich die Kapazität auf bis zu 70 Mio. Passagiere pro Jahr. Neben Terminalund Satellitengebäude umfasst die Anlage wichtige ergänzende Einrichtungen mit einer Nutzfläche von über 1 Mio. m2. Angesichts der Ausmaße des Gebäudes mit mehr als 1 km Länge verlangte der Entwurf eine modulare Struktur, die das lineare Konzept auf elegante Weise akzentuiert. Für die Hauptgebäude wurde eine beliebig erweiterbare, repetitive Struktur aus großmaßstäblichen Modulen auf einem Konstruktionsraster von 18 ≈ 9 m gewählt. Reihen schmaler, wellenförmiger Dachelemente überdecken, getragen von zentralen Stützenbäumen, das Hauptterminal und das Satellitengebäude. Sie prägen die linear gerichtete Anlage mit ihrer klaren Raumfolge. Dem Belastungsverlauf des Dachs folgend, besteht das Flügelprofil aus Hauptträgern im Abstand von 9 m. Diese gekrümmten Stahlträger mit 1,50 m Höhe über dem zentralen Bereich jeder Halle verjüngen sich über den »Lichtgräben« auf 1,10 m bzw. über den externen Stützen auf 0,75 m. Zwischen den Hauptträgern liegen ebenfalls gekrümmte Nebenträger im Abstand von ca. 3,50 m, die Pfetten und Dachdeckung tragen. Die aus einzelnen Komponenten gefügte Ausführung der Stahlrahmen vereinfacht die Herstellung und Konstruktion. Die konischen, v-förmige Hauptstützen des Dachs sind paarweise im Abstand von 18 m entlang der Längsachse jedes Gebäudes angeordnet. Geneigte Stahlstützen, die jeweils aus zwei ovalen Hohlprofilen bestehen und sich nach oben hin y-förmig verzweigen, tragen die Außenkante des Dachs. Die klar linear gerichtete Anlage des Gebäudes verlangte nach einer Tragstruktur ohne nennenswerte vertikale Elemente für die Glasfassade. Eine Reihe von Seilträgern, die sich zwischen den Dachhauptträgern und der Bodenplatte spannen, sind daher die einzigen vertikalen Strukturelemente. • gekrümmte, dem Belastungsverlauf des Dachs folgende Haupt- und Nebenträger • konische v-förmige Hauptstützen • geneigte Randstützen mit ovalen Hohlprofilen • Glasfassade mit vertikalem Seiltragwerk

238

3

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

ältere Terminals neues Terminal Satellitengebäude Parkhaus Flughafenservice automatische Gepäckabfertigung Läden Flugbereich / Boarding öffentlicher Nahverkehr Abfertigung

Flughafenterminal

c

4

5

5

5

5 7

7

8

5 6

5 6

6

7

b

8

1. OG Terminal

b

8

c

a

8

8

8

8 5 5

2. OG Satellit

5 a

A

8

C 7

7 B

aa

bb C 4

9

6 6

10

7 7

7 8

9 9 cc

239

Beispiel 22

10 17

dd

1

3 4

5

2

6

7

6

8

d

d

9 10 11

12

13

6

15

15

e 14 14

A

ee e

240

16

Flughafenterminal

2

23

20 21 20

1

24

22

18 19 2

B

C Schnitt Seilträger Maßstab 1:100 Horizontalschnitt • Vertikalschnitte Maßstab 1:20 1 2

3 4 5 6 7 8

9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19

20 21 22 23 24

innere Dachverkleidung Bambusleisten 100/5 mm Hauptträger Stahlprofil geschweißt: Flansche 500/30 mm Steg 690–1440/15 mm Edelstahlprofil Befestigungslasche Stahlblech 45 mm Gabelkopf Edelstahl Edelstahlseil Ø 38 mm Aluminiumprofil eloxiert Sonnenschutzverglasung ESG 12 mm + SZR 12 mm + VSG 12 mm Kreuzungsmuffe Edelstahl poliert Sicherungsscheibe Edelstahlblech poliert Druckstab Edelstahlgussteil poliert Polyurethanschaumfüllung Stahlprofil aus Stahlrohr Ø 76 mm und Flachstahl Bolzen Edelstahl Ø 80 mm Abdeckung Aluminiumprofil naturfarben eloxiert Abdeckung Quellluftkanal Aluminium naturfarben eloxiert EPDM-Profil Stahlrohr ¡ 60/40/2 mm Unterkonstruktion Holzverkleidung Stahl-Hutprofil verzinkt 12/20/20/1 mm Nebenträger Stahlprofil IPE 500 Stahlprofil fi 100/50 mm Stahlrohr | 60/60/4 mm Aluminiumblech gekantet 0,9 mm Randträger Stahlprofil Å 520/260 mm

241

Beispiel 23

Bahnhof Lüttich, B 2009 Architekten/Tragwerksplanung: Santiago Calatrava LLC, Zürich

Als wichtiger Knotenpunkt im europäischen Schienenverkehr besitzt die belgische Stadt Lüttich seit 2009 einen angemessenen Bahnhof, der mit seiner ungewöhnlichen Stahl-GlasKonstruktion die Tradition der großen Bahnhofshallen Europas neu definiert. Die Züge können nun vollständig in die riesige Halle einfahren, nur überlange Fernzüge reichen bis auf die Bahnsteige mit ihren Perrondächern. Zudem verbindet der insgesamt fast 490 m lange Bahnhof zwei seit Langem durch die Bahngleise voneinander getrennte Stadtviertel mit seiner großen Halle wieder stärker. Deren etwa 160 m weit gespannte Tragwerksbögen erstrecken sich anders als bei Bahnhöfen üblich parallel zu den Gleisen. Dadurch öffnet sich das gewölbte Dach mit seinen weit auskragenden Vordächern zu den angrenzenden Stadtteilen und prägt das Gesamtbild des Bahnhofs. 39 Stahlbögen im Abstand von etwa 1,90 m sind biegesteif mit den Pfetten verschweißt, wodurch das gesamte Dach ein Schalentragwerk bildet. Die Stahlhohlprofile der linear angeordneten Bögen verjüngen sich zum Scheitelpunkt auf lediglich 1,20 m. Diese für die große Spannweite äußerst geringe Querschnittshöhe sorgt für die von Klarheit und Transparenz bestimmte Wirkung der Halle. In Richtung der Auflagerpunkte teilen sich die Bogenquerschnitte in Ober- und Untergurt. Erst an den weit über die Auflager auskragenden Enden sind diese zum Dachrand hin wieder zusammengeführt. Hierdurch entsteht an jedem Hallenende ein Zwischenraum, in dem jeweils eine 14 m breite Fußgängerbrücke oberhalb der Bahnsteigebene die Gleise überquert. Ihre Stahlkonstruktionen fassen die Lasten aus den einzelnen Bögen zusammen und leiten sie in fünf Auflagerpunkte je Hallenseite ein. Diese bestehen aus stählernen, mit der Fundamentierung verbundenen und in Bogenlängsrichtung gelenkigen Fußpunkten, die sich in je vier Stahlhohlprofile verzweigen. Eingedeckt ist das insgesamt 33 000 m2 große Glasdach mit 23 mm dicken VSG-Scheiben. • Schalentragwerk • 39 Stahlbögen mit 160 m Spannweite • Hohlprofile biegesteif mit Pfetten verschweißt

242

Lageplan Maßstab 1:10 000 Grundrisse Maßstab 1:2500 Schnitt Maßstab 1:1500 1 2 3 4

Vorplatz Eingang Fahrkartenverkauf Personal

5 6 7 8 9 10 11 12 13 14

Gastronomie Ladenpassage Aufzug /Treppen zum Bahnsteig Laden Parkhaus Büros SNCB Bahnsteigzugang Aufgang zur Galerie/Passerelle Bahnsteig Schließfächer

aa

Bahnhof

d 1

13

a

a

12 b

b

12

13

14

14

9 d

1 2

5

3 4

6 8 7

8

11

8

10

10

9

243

Beispiel 23

1

2

3 D

4

6 A

bb

Schnitt Stahlbau Hallendach Maßstab 1:250 Schnitte Auflager Maßstab 1:100 1 2

Glaseindeckung VSG 22,8 mm Obergurt Stahlhohlprofil 267/1134 –1284 mm geschweißt aus Stahlrohr Ø 267/25 mm und

3

4 5 6

5

Stahlblech 15 – 30 mm Untergurt Stahlhohlprofil 267/888 –2092 mm geschweißt aus Stahlrohr Ø 267/20–50 mm und Stahlblech 25 – 40 mm Fußgängerbrücke Stahlkonstruktion geschweißt aus Stahlblech 20 – 40 mm Auflager Stahlguss Rolltreppe zum Bahnsteig

7 8 9 10 11

4

Belag Naturstein 40 mm im Mörtelbett Stützen geschweißt aus Stahlblech 50 mm Gelenkbolzen in Gleitlager Edelstahl Ø 460 mm Stahlgussteil mit 6 Schraubankern Ø 40 mm im Fundament verankert Einbauleuchte

7

8

9 cc

244

10

Bahnhof

4

7

c

11 9

10

A

c

245

Beispiel 23

Schnitt Maßstab 1:1500 Schnitt Stahlbau Vordach Maßstab 1:250 Vertikalschnitte Maßstab 1:20

C

B

dd

5

4

6

ee

f

2 2

3 f

4 7 1 8

e e

B

246

4

9 ff

Bahnhof

10

2

13

11

14

12

16

15

17

C

18

19

20

21 22

23

25 24

1 2 26 3

D

4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Stahlrohr Ø 660 mm Aluminium-Profilsystem mit Verglasung VSG 22,8 mm Stahlrohr Ø 324 mm verschweißt mit 2≈ Flachstahl 16 mm Stahlrohr Ø 457 mm Stahlblech 10 –25 mm Stahlrohr Ø 159/5,6 –14,2 mm Stahlblech 10 mm Stahlblech 5 –10 mm Stahlrohr Ø 159/5,6 mm Pressleiste mit Abdeckprofil Aluminium weiß beschichtet Abdeckung Aluminiumblech weiß beschichtet 3 mm Pfette Stahlprofil ¡ 120/80/4 –12 mm biegesteifer Anschluss Pfette

14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26

Stahlblech verschweißt 15 mm Stahlblech 25 mm Sonderprofil Randträger für Vordachanschluss Stahlblech 15 mm Aussteifung Randträger Stahlrohr Ø 82,5/10,6 mm Träger Vordach Stahlhohlprofil verschweißt Stahlrohr Ø 267/25 mm Deckleiste Verglasung Aluminiumprofil Einlaufblech Aluminium 3 mm Abdeckrost Epoxidharzbeschichtung Entwässerung Dachrandprofil Stahlblech weiß beschichtet 4/6 mm Hauptträger Hallendach Stahlhohlprofil geschweißt aus Stahlrohr Ø 267/20 – 50 mm und Stahlblech 15 –40 mm

247

Beispiel 23

248

Sporthalle

Sporthalle Hardthausen am Kocher, D 2005 Architekten: Heinisch.Lembach.Huber Architekten, Stuttgart Wallie Heinisch, Marcus Lembach, Marcus Huber Mitarbeiter: Dirk Steenfatt Tragwerksplanung: Mayr + Ludescher Beratende Ingenieure, Stuttgart

Die neue Sporthalle am Kreuzungspunkt dreier Ortsteile bildet den Auftakt der Sportanlagen entlang der Kocherauen am Fuß eines Hangs. Wie ein Blatt legt sich das Dach über das Gebäude, dessen Volumen zu einem Drittel im Hang verschwindet. Die Kontur des hangseitigen Dachrands folgt dabei dem Verlauf des angrenzenden Wegs. Parallel zum ansteigenden Gelände ist sie nach oben geknickt und erlaubt durch die raumhoch verglasten Fassaden Ein- und Ausblicke. Zum Tal hin geht die Dachfläche in die Südfassade über und löst sich in Form gelochter Sonnenschutzlamellen auf, die die Landschaft durchscheinen lassen. Die Stehfalze des Dachs setzen sich hier optisch über stabilisierende Rundrohre fort. Das Tragwerk besteht aus zwölf Halbrahmen mit Kragarm und einer Stützweite von 27,50 m im Rastermaß von 4,40 m. Die Abspannung am Ende der Auskragung optimiert die Durchlaufwirkung der Träger. Die Kastenquerschnitte der Stützen, Träger und Abspannungen verändern sich nur in ihrer statisch notwendigen Höhe, während die Breite von 20 cm überall gleich bleibt. Ein Stahltrapezblech dient als horizontale Aussteifung mit tragender Funktion, sodass keine Nebenträger nötig sind und die Deckenuntersicht überall frei bleibt. Um das gesamte Tragwerk, bestehend aus Stützen, Trägern und Abspannungen, so homogen wie möglich erscheinen zu lassen, war eine Fügung der einzelnen Bestandteile ohne deutlich sichtbar abgesetzte Knotenpunkte erforderlich. Daher sind die Verbindungen geschweißt oder als Montagestoß verdeckt geschraubt und wirken dadurch wie aus einem homogenen Material ausgestanzt. Auch die scharfkantige Ausführung der Schweißnähte zwischen den Seitenblechen und den Gurt- bzw. Flanschblechen unterstützt diese Wirkung. Die Dachunterseite und die Lamellen nehmen farblich Verbindung zum umgebenden Naturraum auf, die silbergrau gefassten Stahlträger liegen wie Blattadern in der grünen Deckenfläche. • Tragwerk aus zwölf Halbrahmen mit Kragarm • Stahltrapezblech als horizontale Aussteifung mit tragender Funktion • gelochte Sonnenschutzlamellen

aa

bb

15 11

12

11 14

13

a

3

2

4

5 5

6

7

10 4

4 7

8

b

1

a

5 5

4

9

7

b

Schnitte Grundrisse Maßstab 1:750 1 Sporthalle 2 Treppe Zuschauer 3 Eingang Sportler 4 Umkleide 5 Dusche 6 Tischtennis 7 Sportgeräte 8 Lehrer/Regie 9 Fitness 10 Technik/ Heizung 11 Eingang Zuschauer 12 Foyer 13 Tribüne 14 Gastronomie 15 Terrasse

249

Beispiel 24

1

2

3

4

7

6 Vertikalschnitt Südfassade Maßstab 1:20 1

2 3 4 5 6 7

8 9

10

250

Profilfalzdeckung Aluminium 65/400 mm Aluminiumhalter auf Stahlprofil Z 1,5 mm Wärmedämmung Mineralwolle 2≈ 80 mm Dampfsperre aluminiumkaschiert Trapezblech mit Akustiklochung pulverbeschichtet Filtervliesfüllung 100/825 mm Stahlprofil geschweißt sandgestrahlt, gestrichen ¡ 200/300 – 900 mm Dachrand Stahlprofil HEA 240 Stütze Stahlprofil lackiert HEM 140 Stahlrohr lackiert ¡ 120/60 mm Verglasung ESG 10 mm + SZR 14 mm + ESG 6 mm Stütze Stahlrohr aus 2≈ fi 200/150 mm Sonnenschutzlamellen Aluminiumprofil Z gelocht farbbeschichtet 3 mm Stahlrohr horizontal ¡ 100/50 mm Vertikalverbund Aluminiumrohr Ø 23 mm Linoleum 4 mm Lastverteilung: Furniersperrholz Birke 12 mm Trennlage Blindboden Sperrholzstreifen 15/75 mm Schwinglager Sperrholzstreifen Birke längs und quer 2≈ 19/95 mm Auflager Sperrholz 100/120 mm auf Gummigranulat-Pads 14 mm dazwischen Fußbodenheizung auf Wärmedämmung Mineralwolle aluminiumkaschiert 80 mm Abdichtung Schweißbahn Stahlbetonplatte 200 mm Aluminiumblech 3 mm Wärmedämmung Steinwolle 130 mm, Aluminiumblech 2 mm Wärmedämmung Steinwolle 20 mm Dampfsperre Stahlblech verzinkt 3 mm

8

5

9 10

Sporthalle

Axonometrie Tragwerk mit Montagefugen

251

Beispiel 25

B

Fußballstadion

A

Kapstadt, ZA 2009 10

Architekten: gmp – von Gerkan, Marg und Partner, Berlin/Kapstadt Louis Karol; Point Architects and Urban Designers, beide Kapstadt Tragwerksplanung: Dach: Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart Stadionrund: BKS (pty) ltd; engineering and management; Iliso Consulting; Henry Fagan & Partners; KFD Wilkinson consulting engineers; Arcus Gibb consulting engineers, alle Kapstadt Kapstadt war der südlichste Veranstaltungsort der Fußballweltmeisterschaft 2010. Die Bedingungen für die Spiele galten nicht als ideal, da in der südafrikanischen Provinz Westkap im Winter niedrige Temperaturen, starker Wind und kräftige Regenfälle herrschen. Das Green Point Stadium befindet sich am Meer, sodass Bedachung und Fassade, die die Besucher vor dem Wetter schützen, sehr hohen Windgeschwindigkeiten ausgesetzt sind. Das Fußballund Rugbystadion verfügt über drei Ränge und bietet Sitzplätze für ca. 68 000 Zuschauer. Die Dachkonstruktion ist eine Kombination aus einem Hängedach und radialen Bindersystemen. Das ovale Dach besteht aus einem äußeren Druckring, auf Radialseilen stehenden Stahl-Fachwerkträgern und einem inneren Zugring. Auf der primären Dachkonstruktion befindet sich eine Sekundärkonstruktion, die die Form der oberen Dachhaut bestimmt. Radialbinder ragen leicht ansteigend mit einer Auskragung über den inneren Ring hinaus nach innen, sodass die Neigung der oberen Dachfläche immer nach außen und zum niedrigsten Punkt des Druckrings verläuft. Dies stellt eine effiziente Wasserableitung sicher. Die höheren Endpunkte der Auskragungen bilden die innere Dachkante. Die Außenfassade wird von ringförmig umlaufenden Profilen gehalten. Diese sind an vertikalen Fassadenträgern befestigt, die zugleich die Fachwerkträger versteifen. Die Primärkonstruktion wird durch das Gewicht des Aufbaus stabilisiert, der die obere Dachhaut und die Glasverkleidung trägt. Die Unterseite des Dachs ist als durchscheinende Membran ausgeführt. Im Raum zwischen der Glaseindeckung und der Membran befinden sich technische Einrichtungen und Kanäle für die Beschallungs- und die Flutlichtanlage. Nachts verwandelt sich das Dach in ein spektakuläres Lichtobjekt. Die äußere Hülle des Stadions besteht aus einer leichten Gittermembran aus PTFE. Das Material erzeugt eine glatte, transluzente Fassade, die optische Verbindungen zwischen innen und außen erlaubt und vor Wind und Regen schützt.

1

5 1

11 13

12

aa

6 5

5

7 8

9

5. OG

2

1

1 3

a

4

4

1

1 4

• Hängedach mit radialen Bindersystemen • Stahlfachwerk • äußerer Druck- und innerer Zugring

252

2. OG

a

Fußballstadion

Schnitt • Grundrisse Maßstab 1:2500 Schematische Darstellung der Dachkonstruktion 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13

Zugang VIP-Foyer VIP-Sitzplätze Kiosk VIP-Lounge Küche Verwaltung Reporterkabinen Medienzentrum Treppenaufgang zum oberen Rang Treppenaufgang zum mittleren und unteren Rang Spielereingang Tiefgarage

transparente Verglasung

transluzente Verglasung Beleuchtung

Auskragungen

Primärträger

Druckring

Zugring

primäre Dachkonstruktion

diaphane Membran

Primärstützen

253

Beispiel 25

8

9

c

10

1

2

4

3 b

4

b

c 5

7 6

11

12

Radialschnitt innere /äußere Dachkante Maßstab 1:50 Detailschnitte Druckring Maßstab 1:20

A 1 2 3 4 5 6 7 8

9 10 11 12 13 14

254

Obergurt Stahlträger 120/300/6 mm Untergurt Stahlträger 120/300/6 mm vertikaler Fassadenträger Stahlprofile geschweißt ¡ 255/205 mm Fassadenverkleidung Gittermembran PTFE/Glasfasergewebe beschichtet Kederschiene Membran Aluminium stranggepresst Befestigung Stahlrohr ¡ 90/180 mm Diagonale Stahlrohr Ø 127/10 mm Druckring Kastenträger 2200/1200 mm aus oberem und unterem Flansch Stahlblech 25+22 mm verschweißt mit Stegblechen Stahl 25 mm Verankerung der Absturzsicherung Aussteifung Stahlblech gekantet 6 mm Stütze Stahl-/Stahlbeton-Verbund 3000/800 mm innenliegendes Abflussrohr Planarverglasung teilvorgespannt mit weiß emaillierter Unterseite VSG 2≈ 8 mm Planarverglasung teilvorgespannt mit transparenter

15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 26 27 28 29 30 31

Unterseite VSG 2≈ 8 mm Radialträger Stahlrohr IPE 200 Tangentialträger Stahlprofil Å 260/150/20 bzw. 14 mm Stahlträger 300/220/8 mm Flutlicht Stahlträger 220/220 mm Zuggurt als Seilhalterung für Stahlseile 8≈ Ø 98 mm vertikaler Binder Stahlträger 300/220/18 bzw. 12 mm Technik-Laufsteg Beschallungssystem indirekte Beleuchtung Ränge Halterung für unteres Seil Membran PVC beschichtet PES-Gittergewebe Aussteifung Stahlblech durchgehend 100/20 mm Anschlussplatte Stahl 80 mm Schrauben M36 Schrauben 12≈ M24 Grundplatte Stahl 50 mm

Fußballstadion

13

11

14

16

31 17

15

bb

26

8

18 10

27

22 19

23

28 21

26 8

24

29 30

26 31 25 B

20 cc

255

Beispiel 26

Neue Olympia-Skisprungschanze 1

Garmisch-Partenkirchen, D 2009 Architekten: terrain: loenhart&mayr architekten und landschaftsarchitekten, München (Skisprungschanze, Aufsprungbauwerk, Außenanlagen) Mitarbeiter: Florian Sattler, Björn Rhode, Dana Steins, Swen Neubauer, Wibke Dehnert, Monika Schüller Sieber + Renn, Sonthofen (Sprungrichtergebäude, Schanzentechnik) Tragwerksplanung: Mayr Ludescher Partner, München Aufgrund sich wandelnder Sprungtechniken entsprach das Profil der Großen Olympiaschanze am Gudiberg nicht mehr den Anforderungen des Internationalen Skiverbands FIS. Der aus der Dynamik des Skispringens abgeleitete Entwurf der neuen Schanze setzt nicht nur eine augenfällige Landmarke im GarmischPartenkirchener Talkessel, er zeichnet auch die Topografie der sanft auslaufenden Bergkette nach und erscheint als eine Art gebautes Segment der Landschaft. Daher sollte keine Vertikale unterhalb des Schanzenkopfs die weit auskragende Gesamtform stören. Das Aufsprungbauwerk – eine Stahlbrücke, die die Kurve des Aufsprunghangs nach oben verlängert – verzahnt die Schanze zusätzlich mit dem Hang. Darunter eingeschoben ist ein Flachbau mit Athleten- und Nebenräumen. Da diese Funktionen am Boden verbleiben, konnte das eigentliche Schanzenbauwerk schlanker dimensioniert werden. Ein Schrägaufzug entlang einer »Himmelsleiter« durch das Anlaufbauwerk sichert ein rasches Erreichen des Schanzenkopfs. Die Tragstruktur des Schanzenkörpers besteht aus einem viergurtigen Fachwerk mit 400 mm großen Doppel-T-Profilen; Querrahmen steifen den trapezförmigen, sich kontinuierlich wandelnden Querschnitt aus. Transluzente Polycarbonat-Stegplatten bekleiden die Flanken der Stahlkonstruktion und binden sie so zu einer dynamischen Gesamtform zusammen. Nach oben hin nimmt ihre Transparenz kaum merklich kontinuierlich ab, sodass man im unteren Bereich die Stahlstruktur erahnen kann, der Schanzenkopf mit Räumen für Springer und Besucher jedoch körperhaft geschlossen wirkt. Je nach Tageszeit und Belichtungssituation verändert sich der Charakter des Baukörpers: Tagsüber und vor allem bei geschlossener Schneedecke erscheint die weißgraue Hülle sanft in die Landschaft eingebettet, nachts löst sich die von innen erleuchtete Schanze als Lichtskulptur aus den umgebenden Hängen. • viergurtiges trapezförmiges Fachwerk • weite Auskragung ohne Vertikale • transluzente Polycarbonat-Stegplatten lassen Stahlstruktur durchscheinen

256

2 5

4 3

6

7

aa

Neue Olympia-Skisprungschanze

9

8 2 a

a

7 1

6

Schnitt • Lageplan Maßstab 1:2500 1 2 3 4 5 6

A

Anlaufbauwerk Trainerpodest Infrastrukturgebäude /Athleten- und Nebenräume Aufsprungbauwerk Flugkurve Sprungrichtergebäude

7 8 9

Aufsprunghang Zuschauertribünen Übungsschanzen

B C

Schema Montageablauf A

B

Montage der Anlaufkonstruktion inklusive Ausbau und Verkleidung in Bodennähe

Herunterspannen des Schanzentischs zum Lagerpunkt und Fixieren der Gesamtkonstruktion Der Fachwerkkörper lagert »gelenkig« auf den beiden Drucklagern an den Fußpunkten der Untergurte auf und wird am Schanzentisch mit einem zugfesten Lager im Gleichgewicht gehalten; die darunterliegenden Gebäude werden als Ballast genutzt.

C

257

Beispiel 26

c

b

10 7

11

c

9

8 b 13

12

aa

14 15 6

14

16 1

8 8

8

cc

258

dd

ee

Neue Olympia-Skisprungschanze

1 e

2

3 5

4 6 e

d

d

Schnitt Maßstab 1:500 Schemaschnitt Stahlkonstruktion Anlaufbauwerk Maßstab 1:500 Schnitte Maßstab 1:200 1 2 3 4 5 6

Abstellposition Spurfräse Terrasse Ebene Besucher Ausstieg Aufzug Aufenthalt Springer Startstufen

7 8 9 10 11 12 13 14 15 16

Treppe Schrägaufzug Drucklager Schanzentisch Brücke /Aufsprungbauwerk Zugang Treppe /Schrägaufzug Athleten-/Nebenräume Anlaufspuren (getrennt für Sommerund Winternutzung) Begrenzung Anlaufspur Makrolon Stufen Medienvertreter

bb

259

Beispiel 26

1 2 3

4

5

6

2 8 7

Vertikalschnitt Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6

9

7 6 8 9 10

dd

260

10

11

11

oberer Abschluss Aluminiumblech gekantet Stahlprofil umlaufend fi 160 Spurbeleuchtung Handlauf Stahlrohr Ø 42,2/4 mm Trittstufe Profilrost Polycarbonatstegplatte 40 mm in Randprofilen Aluminium Obergurt Stahlprofil Å 400 mm (Flansche 40 mm; Steg 25 mm) Verkleidung Streckmetall Fassadenriegel Stahlrohr ¡ 160/80 mm Untergurt Stahlprofil Å 400 mm (Flansche je nach Postion 40 oder 60 mm; Steg 25 mm; Felder in Nähe des Fußpunkts Å 500 mm) Abschlussprofil Aluminium

Olympiastadion

Olympiastadion Berlin, D 2004 Architekten: von Gerkan, Marg und Partner, Berlin Mitarbeiter: Jochen Köhn, Martin Glass, Ivanka Perkovic, Katja Bernert, Dagmar Weber, Ralf Sieber Tragwerksplanung: Krebs und Kiefer, Darmstadt /Berlin Schlaich Bergermann und Partner, Stuttgart

2

3

1 aa

1 2 3 4

Schnitt Maßstab 1:2000 Tangentialschnitt Dachkonstruktion Maßstab 1:200

Für die Olympischen Spiele 1936 erbaut, ist das Stadion in Berlin bis heute Schauplatz zahlreicher Veranstaltungen und Fußballspiele. Entscheidendes Element der mehrjährigen Sanierung ist das neue Membrandach. Es grenzt sich bewusst vom massiven Erscheinungsbild des Bestands ab, nimmt mit der Öffnung zum Glockenturm, dem Marathontor, aber Bezug auf die historische Blickachse der Gesamtanlage. Um diese Unterbrechung im Dach realisieren zu können, wurde es nicht mit einem umlaufenden Ring, sondern als leichte Kragarmkonstruktion mit 76 radial zur Tribüne verlaufenden Fachwerkträgern ausgeführt. Das Tragwerk ruht auf 20 massiven Baumstützen mit 30 – 40 m Achsabstand im unteren Bereich des Oberrangs. Ihr »Stamm« aus hochfestem Schmiedestahl hat eine Länge von ca. 8,50 m und verzweigt sich in vier als hochfeste Stahlgussteile gefertigte »Äste«. Da die so erzielten Festigkeiten etwa doppelt so hoch wie bei S 355 (St 52) liegen, ließen sich diese Bauteile sehr schlank realisieren, um die Sichtbehinderungen für die Zuschauer so gering wie möglich zu halten. Die zweigurtigen Fachwerkträger bestehen aus einem geradlinig verlaufenden Obergurt und einem im Bereich der Baumstützen ausgerundeten Untergurt. Zusammen mit den Baumund Außenstützen bilden die Radialbinder ein Rahmentragwerk, das die radial wirkenden Windkräfte zu den Auflagerpunkten des Dachtragwerks abträgt. Zum inneren Rand hin sind sie vierendeelförmig ausgebildet. Die vordersten Binderspitzen bestehen hier aus Stahlguss. Über den Baumstützen ist ein tangential verlaufender Dreigurtbinder als Durchlaufträger angeordnet. Für die in ihrer geometrischen Ausformung komplizierten Knotenpunkte (Durchdringung Radial-/Tangentialträger) wurden dem Kraftfluss angepasste Gussformteile verwendet. Mit Ausnahme des inneren und äußeren Dachrands wird die gesamte Dachfläche von einem PTFE-beschichteten Glasfasergewebe als obere und untere Dachhaut überspannt.

VIP-Halle Marathontor VIP-Vorfahrt obere Membranlage

5 6

über Stahlrohrbögen gespannt Tangentialbinder Radialbinder

7 8 9 10

Wartungsgang Leuchtstoffröhren untere Membranlage Baumstütze

4

6

5

8

7

6

10

5

9

10

• Rahmentragwerk aus Radialbindern sowie Baum- und Außenstützen • hochfester Stahl sorgt für schlanke Bauteile

261

Beispiel 27

1 2 3 3 4 5 7

5 6

5

8

9

Schnitt Ehrentribüne Maßstab 1:750 Tangentialschnitt Radialschnitt Dachrand innen Maßstab 1:20 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

»Skybox« mit Lounge und Logen sowie Stadionregie, Ordnungsdienst und Befehlsstellenverbund Pressetribüne äußerer Umgang Ehrentribüne Loge Halle mit umgebenden Loungebereichen Küche Spielfeldzugang Sportler Wartezone Sportler Besprechung Schiedsrichter

11

10

12 14

13

15

16

11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23

24 25 26 27

262

Verglasung VSG aus 2≈ 10 mm TVG, Punkthalterung Edelstahl auf Kunststofflager, gelenkig Klemmleiste Edelstahlprofil fi 100/50/4 mm mit angeschweißtem Stegblech 60/60/7,5 mm Haltestab Edelstahl Ø 10 mm Formteil Fugendichtungsprofil Silikon lichtgrau Gusselement Edelstahl einteilig Tangentialträger Stahlrohr Ø 177,8 mm Klemmprofil Edelstahl mit Tropfkante Entwässerungsrinne Edelstahl auf Neoprenlager Verankerung Absturzsicherung Nebenmembran als Randabschluss verschweißt Membran Glasfasergewebe PTFE-beschichtet Obergurt Stahlrohr Ø 323,9 mm Milchglas VSG aus 2≈ 5mm TVG, Stahlblech 2 mm weiß gestrichen, Lichtreflexionswert > 80 % Flutlicht (in alternierenden Feldern: Spielfeldbeschallung) Stahlgussknoten gelenkiges Auflager Membranbogen Kederschiene Membran Aluminium in Edelstahlprofil, an Bogen geschweißt

Olympiastadion

21 27 26

22

25

21

17

19

18 21 20

22

23

24

20

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Verordnungen, Richtlinien, Normen

Verordnungen, Richtlinien, Normen Die EU hat für eine Anzahl von Produkten Richtlinien erlassen, um insbesondere Sicherheit und Gesundheit der Anwender zu gewährleisten. Diese Richtlinien müssen in den Mitgliedsstaaten in verbindliche Gesetze und Verordnungen umgesetzt werden. Die Richtlinien selbst enthalten keine technischen Details, sondern nur verbindliche grundlegende Anforderungen. Die technischen Werte dafür sind in zugeordneten technischen Regeln und in Form von europaweit harmonisierten Normen (EN-Normen) festgelegt. Allgemein stellen technische Regeln Arbeitshinweise und Hilfsmittel für den Arbeitsalltag dar. Sie sind keine Rechtsvorschriften, sondern geben Entscheidungshilfen, bilden eine Richtschnur für einwandfreies technisches Vorgehen und /oder konkretisieren Inhalte von Verordnungen. Grundsätzlich steht die Anwendung der technischen Regeln jedermann frei. Erst wenn diese in Gesetzen, Verordnungen oder Vorschriften vorgesehen sind, werden sie rechtsverbindlich (z. B. im Baurecht) – oder wenn vertraglich die Verbindlichkeit einzelner Normen zwischen den Vertragspartnern festgelegt wird. Zu den technischen Regeln gehören u. a. DIN-Normen, VDI-Richtlinien und die als Regeln der Technik bezeichneten Werke (z. B. Technische Regeln für Gefahrstoffe TRGS). Die Normen unterscheiden sich in Produkt-, Anwendungs- und Prüfnormen. Oftmals beziehen sie sich nur auf eine spezifische Material- oder Produktgruppe. Diesen Normen liegen entsprechende Prüf- und Rechenmethoden für die jeweiligen Materialien zugrunde. Grundsätzlich gilt immer die neueste Version einer Norm, die dem Stand der Technik entsprechen soll. Eine neue oder überarbeitete Norm wird in Form eines Normentwurfs öffentlich zur Diskussion gestellt, um später als Norm verabschiedet zu werden. Welchen Ursprung und Einflussbereich eine Norm hat, lässt sich aus ihrer Bezeichnung ersehen: DIN plus Zählnummer (z. B. DIN 4108) besitzt überwiegend nationale Bedeutung (Entwürfe werden mit »E« und Vornormen mit »V« gekennzeichnet). Bei DIN EN plus Zählnummer (z. B. DIN EN 335) handelt es sich um die deutsche Ausgabe einer europäischen Norm, die unverändert von der europäischen Normungsorganisation CEN übernommen wurde. Bei DIN EN ISO (z. B. DIN EN ISO 13 786) spiegelt sich der nationale, europäische und weltweite Einflussbereich wider. Auf Grundlage einer Norm der internationalen Normungsorganisation ISO wurde eine europäische Norm erarbeitet, die als DIN-Norm übernommen wurde. Bei DIN ISO (z. B. DIN ISO 2424) handelt es sich um eine unveränderte Übernahme einer Norm der ISO als nationale Norm. Die nachfolgende Zusammenstellung ist eine Auswahl von Verordnungen, Richtlinien und Normen, die den Stand der Technik wiedergibt (Juni 2011).

DASt Richtlinie 010 Anwendung hochfester Schrauben im Stahlbau. 1978-11 DASt-Richtlinie 016 Bemessung und konstruktive Gestaltung von Tragwerken aus dünnwandigen kaltgeformten Bauteilen. 1992-02 DASt Richtlinie 019 Brandsicherheit von Stahl- und Verbundbauteilen in Büro- und Verwaltungsgebäuden. 2001-11 DASt Richtline 022 Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen. 2009-12 DASt Richtlinie 103 Richtlinie zur Anwendung von DIN V ENV 1993-1-1 – Eurocode 3. 1993-11 DASt Richtlinie 104 Richtlinie zur Anwendung von DIN V ENV 1994-1-1 – Eurocode 4. 1994-02 DIN 1055 Einwirkungen auf Tragwerke. 2010-11 DIN 4102 Brandverhalten von Baustoffen und Bauteilen Teil 1: Baustoffe; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen. 1998-05 DIN 4108 Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden. 2003-07 DIN 4109 Schallschutz im Hochbau. 2006-10

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DIN 18 203 Toleranzen im Hochbau Teil 2 Vorgefertigte Teile aus Stahl. 2006-08 DIN 18 230 Baulicher Brandschutz im Industriebau. 2010-09 DIN 18 335 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Stahlbauarbeiten. 2010-04 DIN 18 338 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Dachdeckungsund Dachabdichtungsarbeiten. 2010-04 DIN 18 339 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Klempnerarbeiten. 2010-04 DIN 18 360 VOB Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen – Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen (ATV) – Metallbauarbeiten. 2010-04 DIN 18 800 Stahlbauten. 2008-11 DIN 18 807 Trapezprofile im Hochbau; Stahltrapezprofile Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Ermittlung der Tragfähigkeitswerte durch Berechnung. 1987-06 Teil 2: Durchführung und Auswertung von Tragfähigkeitsversuchen. 1987-06 Teil 3: Festigkeitsnachweis und konstruktive Ausbildung. 1987-06 DIN 50 961 Galvanische Überzüge – Zinküberzüge auf Eisenwerkstoffen – Begriffe, Korrosionsprüfung und Korrosionsbeständigkeit. 2010-06 DIN 55 634 Beschichtungsstoffe und Überzüge – Korrosionsschutz von tragenden dünnwandigen Bauteilen aus Stahl. 2010-04 DIN 59 200 Flacherzeugnisse aus Stahl – Warmgewalzter Breitflachstahl – Maße, Masse, Grenzabmaße, Formtoleranzen und Grenzabweichungen der Masse. 2001-05 DIN 55 928 Vorbereitung von Stahloberflächen vor dem Auftragen von Beschichtungsstoffen – Visuelle Beurteilung der Oberflächenreinheit. 1994-12 DIN EN 502 Dachdeckungsprodukte aus Metallblech – Festlegungen für vollflächig unterstützte Bedachungselemente aus nichtrostendem Stahlblech. 2000-01 DIN EN 508 Dachdeckungsprodukte aus Metallblech – Festlegungen für selbsttragende Bedachungselemente aus Stahlblech, Aluminiumblech oder nichtrostendem Stahlblech Teil 1: Stahl. 2009-07 DIN EN 1011 Schweißen – Empfehlungen zum Schweißen metallischer Werkstoffe DIN EN 1991, Eurocode 1 Einwirkungen auf Tragwerke Teil 1-3: Allgemeine Einwirkungen, Schneelasten. 2010-12 Teil 1-7: Allgemeine Einwirkungen – Außergewöhnliche Einwirkungen. 2010-12 DIN EN 1993, Eurocode 3 Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau. 2010-12 Teil 1-3: Allgemeine Regeln – Ergänzende Regeln für kaltgeformte Bauteile und Bleche. 2010-12 DIN EN 1998, Eurocode 8 Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben Teil 1: Grundlagen, Erdbebeneinwirkungen und Regeln für Hochbauten. 2010-12 DIN EN 10 020 Begriffsbestimmungen für die Einteilung der Stähle. 2000-07 DIN EN 10 024 I-Profile mit geneigten inneren Flanschflächen – Grenzabmaße und Formtoleranzen. 1995-05 DIN EN 10 025 Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen. 2011-04 DIN EN 10 029 Warmgewalztes Stahlblech von 3 mm Dicke an – Grenzabmaße und Formtoleranzen. 2011-02 DIN EN 10 079 Begriffsbestimmungen für Stahlerzeugnisse. 2007-06 DIN EN 10 088 Nichtrostende Stähle. 2005-09 DIN EN 10 147 Kontinuierlich feuerverzinktes Blech und

Band aus Baustählen – Technische Lieferbedingungen. 2000-07 DIN EN 10 152 Elektrolytisch verzinkte kaltgewalzte Flacherzeugnisse aus Stahl zum Kaltumformen – Technische Lieferbedingungen. 2009-07 DIN EN 10 162 Kaltprofile aus Stahl – Technische Lieferbedingungen – Grenzabmaße und Formtoleranzen. 2003-12 DIN EN 10 210 Warmgefertigte Hohlprofile für den Stahlbau aus unlegierten Baustählen und aus Feinkornbaustählen. 2006-07 DIN EN 10 225 Schweißgeeignete Baustähle für feststehende Offshore-Konstruktionen – Technische Lieferbedingungen. 2009-10 DIN EN 13 501 Klassifizierung von Bauprodukten und Bauarten zu ihrem Brandverhalten Teil 1: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Prüfungen zum Brandverhalten von Bauprodukten. 2010-01 Teil 2: Klassifizierung mit den Ergebnissen aus den Feuerwiderstandsprüfungen, mit Ausnahme von Lüftungsanlagen. 2010-02 DIN EN 14 509 Selbsttragende Sandwich-Elemente mit beidseitigen Metalldeckschichten – Werkmäßig hergestellte Produkte – Spezifikationen. 2007-02 DIN EN 15 251 Produktabbildung – Eingangsparameter für das Raumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden – Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik. 2007-08 DIN EN 15 804 Nachhaltigkeit von Bauwerken – Umweltdeklarationen für Produkte – Grundregeln für die Produktkategorie Bauprodukte. 2011-05 DIN EN ISO 1461 Durch Feuerverzinken auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge (Stückverzinken) – Anforderungen und Prüfungen. 2009-10 DIN EN ISO 6946 Bauteile – Wärmedurchlasswiderstand und Wärmedurchgangskoeffizient – Berechnungsverfahren. 2008-04 DIN EN ISO 8990 Wärmeschutz – Bestimmung der Wärmedurchgangseigenschaften im stationären Zustand – Verfahren mit dem kalibrierten und dem geregelten Heizkasten. 1996-09 DIN EN ISO 12 944 Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme Teil 1: Allgemeine Einleitung. 1998-07 Teil 2: Einteilung der Umgebungsbedingungen. 1998-07 Teil 8: Erarbeiten von Spezifikationen für Erstschutz und Instandsetzung. 1998-08 DIN EN ISO 14 020 Umweltkennzeichnungen und -deklarationen – Allgemeine Grundsätze. 2002-02 DIN EN ISO 14 040 Umweltmanagement – Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingungen. 2009-11 DIN EN ISO 14 044 Umweltmanagement – Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen. 2006-10 DIN EN ISO 14 713 Zinküberzüge – Leitfäden und Empfehlungen zum Schutz von Eisen- und Stahlkonstruktionen vor Korrosion. 2010-05 DIN EN ISO 16 276 Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme – Beurteilung der Adhäsion/Kohäsion (Haftfestigkeit) einer Beschichtung und Kriterien für deren Annahme. 2007-08 ISO 21 930 Hochbau – Nachhaltiges Bauen – Umweltdeklaration von Bauprodukten. 2007-10 ISO 21 931 Sustainability in building construction – Framework for methods of assessment of the environmental performance of construction works Teil 1: Buildings. 2010-06 ISO 15 686 Hochbau und Bauwerke – Planung der Lebensdauer Teil 5: Kostenberechnung für die Gesamtlebensdauer. 2008-06 DIN V VDE V 0185-600 Blitzschutz – Teil 600: Prüfung der Eignung von beschichteten Metalldächern als natürlicher Bestandteil des Blitzschutzsystems. 2008-01 Stahlbau-Arbeitshilfe 44 Außenwände für Hallen. 1999-04 Stahlbau-Arbeitshilfe 44.2 Hallenwände aus Stahltrapezprofilen. 1999-04

Verbände und Links

Verbände

Links

Bauen mit Stahl e. V. Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 67078-28 Fax: +49 211 67078-29 [email protected] www.bauen-mit-stahl.de

European Quality Assurance Association for Panels and Profiles EPAQ Max-Planck-Straße 4 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 6989411 Fax: +49 211 672034 www.epaq.eu

Bundesverband Deutscher Stahlhandel e. V. Max-Plank-Str. 1 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 86497-0 Fax: +49 211 86497-22 [email protected] www.stahlhandel.com

Galileo – Kreatives Bauen mit Sandwich Postfach 1164 94451 Deggendorf [email protected] www.sandwichbau.de

Bundesverband Korrosionsschutz e. V. Kalscheurer Weg 12 50969 Köln Tel.: +49 221 248912 Fax: +49 221 249375 [email protected] www.bundesverband-korrosionsschutz.de Deutscher Ausschuss für Stahlbau DASt Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 67078-00 Fax: +49 211 67078-20 [email protected] www.stahlbau-verband.de Deutsches Institut für Bautechnik DIBt Kolonnenstraße 30 B 10829 Berlin Tel.: +49 30 787730-0 [email protected] www.dibt.de DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Burggrafenstraße 6 10787 Berlin Tel.: +49 30 2601-0 Fax: +49 30 2601-1231 www.din.de DSV Deutscher Schraubenverband e. V. Goldene Pforte 1 58093 Hagen Tel.: +49 2331 958816 Fax: +49 2331 51044 [email protected] www.schraubenverband.de Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen e. V. DGNB Kronprinzstraße 11 70173 Stuttgart Tel.: +49 711 722322-0 Fax: +49 711 722322-99 [email protected] www.dgnb.de Deutscher Stahlbau-Verband DSTV Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 67078-00 Fax: +49 211 67078-20 [email protected] www.deutscherstahlbau.de Euro Inox 21st Centruy Building 19, rue de Bitbourg L–1273 Luxemburg Tel.: +352 26 10 30 50 Fax: +352 26 10 30 51 [email protected]

Gütegemeinschaft Konstruktiver Stahlbau e. V. [email protected] www.ggs-stahlbau.de IFBS Industrieverband für Bausysteme im Metalllleichtbau e. V. Max-Planck-Straße 4 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 91427-0 Fax: +49 211 91427-27 www.ifbs.de Institut Feuerverzinken GmbH Sohnstraße 66 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 690765-0 Fax: +49 211 689599 www.feuerverzinken.com Informationsstelle Edelstahl Rostfrei Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 221 6707-835 Fax: +49 221 7607-344 [email protected] www.edelstahl-rostfrei.de Stahlbau Zentrum Schweiz Seefeldstraße 25 CH – 8008 Zürich Tel.: +41 44 2618980 Fax: +41 44 2620962 [email protected] www.szs.ch Stahl-Informations-Zentrum Sohnstraße 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 6707-989 [email protected] www.stahl-info.de Verband der deutschen Lackindustrie e. V. (VdL) Mainzer Landstraße 55 60329 Frankfurt am Main Tel.: +49 69 2556-1411 [email protected] www.lackindustrie.de

Weltweit www.worldsteel.org www.worldstainless.org www.livingsteel.org www.constructalia.com Europa www.access-steel.com www.easy-steel.com www.iposteelnetwork.org www.steelconstruct.com Belgien www.infosteel.be Brasilien www.cbca-ibs.org.br Frankreich www.assohqe.org www.cerqual.fr www.construiracier.fr Großbritannien www.breeam.org www.steel-sci.org Italien www.promozioneacciaio.it Kroatien www.grad.hr Niederlande www.bouwenmetstaal.nl Norwegen www.stalforbund.com Rumänien www.apcmr.ro Schweden www.sbi.se Slowenien www.gzs.si Südafrika www.saisc.co.za www.sasfa.co.za Türkei www.tucsa.org USA www.aisc.org www.steel.org www.usgbc.org/LEED

Stahlinstitut VDEh Sohnstr. 65 40237 Düsseldorf Tel.: +49 211 6707-0 Fax: +49 211 6707-310 www.vdeh.de Österreichischer Stahlbauverband (ÖSTV) Wiedner Hauptstraße 63 A –1045 Wien Tel.: +43 1 5039474 Fax: +43 1 5039474-227 [email protected] www.stahlbauverband.at

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Literatur

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bis 2003; Forschungsbericht 271. Berlin 2005 Hirt, Manfred A.; Bez, Rolf; Nussbaumer, Alain: Stahlbau – Grundbegriffe und Bemessungsverfahren. Lausanne 2007 Hofmann, Arne; Bollinger, Klaus; Grohmann, Manfred: Standseilbahn-Stationen in Innsbruck. In: Detail 12/2007, S. 1458–1463 Hoinka, Thomas: Transparenz für Bauprodukte im LEED und DGNB-System. In: greenbuilding 1–2/2011, S. 12–19 Institut Bauen und Umwelt (IBU): Leitfaden für die Formulierung der Anforderungen an die Produktkategorien der AUB Deklarationen (Typ III). Königswinter 2006 International Council for Research and Innovation in Building and Construction (CIB; Hrsg.): Agenda 21 on Sustainable Construction. Rotterdam 1999 International Labour Organization (ILO; Hrsg.): The Construction Industry in the Twenty-First Century: Its Image, Employment Prospects and Skill Requirements. Genf 2001 Ive, Graham: Re-examining the Costs and Value Ratios of Owning and Occupying Buildings. In: Building for Research & information 03/2006, S. 230 –245 Kilian, Axel: Design Exploration Through Bidirectional Modeling of Constraints. PhD Thesis, Massachusetts Institute of Technology. Cambridge 2006 Knippers, Jan u. a.: Atlas Kunststoffe und Membranen, München 2010 Knippers, Jan; Helbig, Thorsten: Vom Entwurfs zur Ausführung frei geformter Netzschalen – eine Prozesskette. Stahlbau Spezial März 2008 – Konstruktiver Glasbau, Berlin 2008 Kohler, Niklaus u. a.: Lebenszyklusanalyse in der Gebäudeplanung. München 2009 Köpfler, Walter; Grahl, Brigitte: Ökobilanzierung. Ein Leitfaden für Ausbildung und Beruf. Weinheim 2009, S. 30 Lemken, Thomas u. a: Stahl – ein Werkstoff mit Innovationspotenzial. Hrsg. vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie GmbH. Wuppertal 2008 Mangerig, Ingbert; Zapfe, Oliver: Einflüsse von Terrorgefahren auf die Tragwerksplanung im Stahl- und Stahlverbundbau, 16. DASt-Kolloquium Stahlbau, November 2006 Mensinger, Martin u. a.: Nachhaltiges Bauen mit Stahl: Ökologie. München 2009 Oxford Brookes University Dept. of Architecture with the assistance of Sworn King & Partners: Insite™ on Life Cycle Costs. London 2003 Petersen, Christian: Stahlbau. Grundlagen der Berechnung und baulichen Ausbildung von Stahlbauten. Wiesbaden 2006 Preisig, Hansruedi: Massiv- oder Leichtbauweise? Zürich 2002 Reichel, Alexander u. a.: Bauen mit Stahl. München 2006 Richtlinie 2002 /91/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L1, S. 65 Rinke, Mario; Schwartz, Joseph: Before Steel. The Introduction of Structural Iron and Its Consequences. Sulgen 2010 Royal Institution of Chartered Surveyors Quantity Surveying Division Report 1986 Sakamoto, Tomoko: The Yokohama Project: Foreign Office Architects. Barcelona 2002 Sarma, Kamal C.; Adeli, Hojjat: Life-Cycle Cost Optimization of Steel Structures. In: International Journal for Numerical Methods in Engineering 12/2002, S. 1451–1462 Schmidt-Bleek, Friedrich; Bierter, Willy: Das MIPS Konzept. Weniger Naturverbrauch, mehr Lebensqualität durch Faktor 10. München 2000 Schmidt, Herbert: Ausführung von Stahlbauten. Erläuterungen zu DIN 18 800-7. Berlin 2005 Schneider-Bürger, Martha: Stahlbau-Profile. Düsseldorf 2004 Schulitz, Helmut C. u. a.: Stahlbau Atlas. München /Basel 1999

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Abbildungsnachweis

Abbildungsnachweis Allen, die durch Überlassung ihrer Bildvorlagen, durch Erteilung von Reproduktionserlaubnis und durch Auskünfte am Zustandekommen des Buches mitgewirkt haben, sagen die Autoren und der Verlag aufrichtigen Dank. Sämtliche Zeichnungen in diesem Werk sind eigens angefertigt. Fotos, zu denen kein Fotograf genannt ist, sind Autoren- bzw. Architektenaufnahmen, Werkfotos oder stammen aus dem Archiv der Zeitschrift DETAIL. Trotz intensiven Bemühens konnten wir einige Urheber der Abbildungen nicht ermitteln, die Urheberrechte sind jedoch gewahrt. Wir bitten in diesen Fällen um entsprechende Nachricht. Die Zahlen beziehen sich auf die Abbildungsnummern.

Teil A A

Einführung

Christian Schittich, München

Stahl – zwischen Identität und Materialität A1 Christian Schittich, München A2 Margita Jocham, München A3 Christian Schittich, München A4 Frank Kaltenbach, München A5 Christian Schittich, München A6 Pierre Mens/HSB, Malmö A7 Chuck Choi, New York A8 Roland Tännler, Zürich A9 Christian Schittich, München A10 Margita Jocham, München A11 Hisao Suzuki, Barcelona A12 D. Yvette Wohn, Seoul A13 Robert Mehl, Aachen A14 Claus Bach, Weimar A15 Christian Richters, Münster A16 Brigida González, Stuttgart A17 Ben McMillan, Peking A18 Alexander Gempeler, Bern A19 Christian Schittich, München A20 Christian Schittich, München A21 Hisao Suzuki, Barcelona A22 Duccio Malagamba, Barcelona A23 Earl Carter, St. Kilda (AUS) A24 Norbert Miguletz, Frankfurt /M. A25 David Boreau, Paris A26 André Yves, Saint-Aubin A27 Wei Gang

Teil B B

Grundlagen I

Frank Kaltenbach, München

Konzipierung von Stahltragwerken B 1.2 a –b Harry Schiffer, Graz B 1.4 Frank Kaltenbach, München B 1.7 Benjamin Antony Monn/arturimages B 1.10 Rendering: Gerber Architekten, Dortmund B 1.12 Photothéque des Musees de la Ville de Paris, Cliché: Ladet B 1.13 Elisabeth Herrad, Taubenheim B 1.14 ETH-Bibliothek Zürich, Alte Drucke B 1.19 Roland Halbe/arturimages B 1.23c Michael Volk/COOP Himmelb(l)au B 1.24 Engel, Heino: Tragsysteme/Structure Systems. Ostfildern-Ruit 1997 B 1.26 thomasmayerarchive.de B 1.32 Marcus Buck, München B 1.33 siehe B 1.24 B 1.34 Werner Huthmacher/arturimages B 1.35 siehe B 1.24 B 1.36 Satoru Mishima, Tokio B 1.37 siehe B 1.24 B 1.38 Christian Schittich, München B 1.39 Waltraud Krase, Frankfurt/M. B 1.40 – 41 Jan Knippers, Stuttgart B 1.43 Jan Knippers, Stuttgart B 1.44 Helge Kirchberger/ The Flying Bulls B 1.45 Bertram und Bünemann Architekten

B 1.46 b B 1.47 B 1.48 a –b B 1.50 B 1.51 B 1.52 B 1.53 B 1.54 B 1.56 B 1.57 B 1.58 B 1.59 a –b B 1.60 B 1.62c B 1.69 B 1.72 b B 1.73 b

Jo Reid & John Peck, Newport schlaich bergermann und partner, Stuttgart Andreas Keller, Kirchentellinsfurt Bettmann/Corbis Jörg Hempel, Aachen Piano Frankreich Stahl-Informations-Zentrum Ralph Richter/archenova epa Cor Mulder, picture-alliance/dpa Christian Schittich, München Rainer Viertlböck, Gauting Klaus Frahm /arturimages Jörg Hempel, Aachen COOP Himmelb(l)au/Markus Pillhöfer Frank Kaltenbach, München Florian Hafele, Wien Michael Wallraff Architekten, Wien/ isocrom.com

Materialität B 2.1 Fielitz GmbH, Ingolstadt B 2.2 Pablo Vicens, Madrid B 2.3 Fielitz GmbH, Ingolstadt B 2.4 Christiane Sauer, Berlin B 2.5 Face Design + Fabrication, New York B 2.6 Christiane Sauer, Berlin B 2.7 © GKD/ag4, Aachen B 2.8 Dominique Marc Wehrli, Regensdorf (CH) B 2.9 Roland Halbe/arturimages B 2.10 Fielitz GmbH, Ingolstadt B 2.11 Christiane Sauer, Berlin B 2.12 Moradelli GmbH, Kirchheim B 2.13 Haresh Lalvani, New York B 2.14 Oskar Zieta/Dawin Meckel, Zürich Stahl – Herstellung und Produkte B 3.1 Stahlinstitut VDEh, Düsseldorf B 3.2 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.4 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.5 Jeroen Op de Beeck, ArcelorMittal, Gent B 3.6 SHS Siemag, Düsseldorf B 3.8 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.10 Hertha Hurnaus, Wien B 3.11 Florian Holzherr, München B 3.14 –17 Jeroen Op de Beeck, ArcelorMittal, Gent B 3.21– 22 Jeroen Op de Beeck, ArcelorMittal, Gent B 3.25 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.26 Fujitsuka, Mitsumasa, Tokio B 3.27 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.28 –29 Heike Werner, München B 3.30 Jesús Granada, Sevilla B 3.31 Jens Weber, München B 3.32 ArcelorMittal, Luxembourg B 3.35 Eckhart Matthäus, Augsburg B 3.37 Frank Kaltenbach, München B 3.38 –39 Christian Schittich, München B 3.41 www.mineralienatlas.de/Peter Seroka, L’Escala B 3.42 Siegener Verzinkerei Holding, Groß-Rohrheim B 3.44 Heide Wessely, München B 3.45 Phillipe Ruault, Nantes B 3.46 Roland Halbe/arturimages B 3.47 Michael Heinrich, München B 3.48 Frank Kaltenbach, München B 3.49 Stefan Müller, Berlin B 3.50 Michael Heinrich, München B 3.51 Kjellberg Finsterwalde, Finsterwalde B 3.52 Firma Trumpf GmbH + Co., Ditzingen B 3.54 SLV, München B 3.58 Edmund Sumner/arturimages B 3.60 ThyssenKrupp Nirosta GmbH, Krefeld B 3.61– 62 ArcelorMittal, Luxemburg B 3.64 Construir Acier, Puteaux Bauteile aus kaltgeformtem Stahl B 4.1– 2 ArcelorMittal Construction/Eric Bonnefond B 4.6 ArcelorMittal, Luxemburg B 4.15 David S. McAdam, Palm Springs, CA

B 4.16 B 4.23

Japan Iron Steel Federation ArcelorMittal Construction Espagna / ACXT-IDOM B 4.24 a –b David S. McAdam, Palm Springs, CA Tragverhalten und Ausbildung von Stahlbauten, Aspekte der Bauphysik B 5.1 Cornelia Hellstern, München B 5.21 Tobias Richter, Gröbenzell B 5.26 Rene Müller Photographie/seele holding GmbH & Co. KG, Gersthofen B 5.50 nach: Mangerig, Ingbert; Zapfe, Oliver: Einflüsse von Terrorgefahren auf die Tragwerksplanung im Stahl- und Stahlverbundbau, 16. DASt-Kolloquium Stahlbau, November 2006 B 5.65 nach: Döring, Bernd: Einfluss von Deckensystemen auf Raumtemperatur und Energieeffizienz im Stahlgeschossbau. Diss., Schriftenreihe Stahlbau – RWTH Aachen, Heft 64, 2008

Teil C C

Grundlagen II

Norbert Miguletz, Frankfurt am Main

Stahl und Nachhaltigkeit C 1.4 nach: http://www.epa.gov/climatechange/ emissions/globalghg.html C 1.10 nach: Ökobau.dat C 1.12 nach: Hegger, Manfred; Fuchs, Matthias; Zeumer, Martin: Integration vergleichender Nachhaltigkeitskennwerte von Baumaterialien und Bauteilschichten. Darmstadt 2005 C 1.13 nach: Blum, Marc; Satzger, Falk: Nachhaltiges Bauen dank hochfester Stähle. Hrsg. von ArcelorMittal. 2009 C 1.14 nach: Mensinger, Martin u. a.: Nachhaltiges Bauen mit Stahl: Ökologie. München 2009 C 1.14 a Marcel Hoefsloot, Berlin C 1.14 b Architektengruppe Voß, Tostadt C 1.17 Stahl-Informations-Zentrum/ Franzen Holding GmbH & Co. KG, Kottenheim C 1.18 siehe C 1.12 C 1.20 Frank Kaltenbach, München C 1.21 Dario Pfamatter/Christian Kerez, Zürich C 1.23 http://www.poultryventilation.com/featured/ pictures/solar-wall-preheat-incoming-airduring-cold-weather C 1.24 ms ah architektur, Köln C 1.25 Uponor C 1.26 GKD – Gebr. Kufferath AG C 1.27 MCA/Daniele Domenicali, Imola/Italien C 1.28 Florian Holzherr, München C 1.29 Dept. of Energy/Solar Decathlon C 1.30 siehe C 1.12 C 1.31 siehe C 1.12 C 1.32 nach: Bewertungssystem nachhaltiges Bauen (BnB) Neubau Büro- und Verwaltungsgebäude 2.1.1, Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (Hrsg.), Version 2011_1 C 1.33 ArcelorMittal Construction Deutschland C 1.34 Ebba Dangschat, Berlin C 1.35 Allard van der Hoek, Amsterdam Stahl und Wirtschaft(lichkeit) C 2.5 Preuß, Norbert; Schöne, Lars B.: Real Estate und Facility Management. Berlin 2010, S. 464 C 2.6 Hisao Suzuki, Barcelona C 2.12 Rob Hoekstra, Kalmhout (B) C 2.13 Jones Lang LaSalle: OSCAR 2008. Büronebenkostenanalyse. Düsseldorf/Hamburg 2008 C 2.14 nach Daten von: Sigg, René; Kälin, Werner; Plattner, Hugo: LUKRETIA – Lebenszyklus – Ressourcen – Technisierung. Zürich 2006 C 2.19 James Kelly, Ballymore-Eustace

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Abbildungsnachweis /Autoren

Autoren Stahl in der Sanierung C 3.1 Werner Huthmacher/arturimages C 3.2 Breymann, Gustav Adolf; Königer, Otto: Allgemeine Baukonstruktionslehre. Die Konstruktionen in Eisen. Band 3. Leipzig 1902, S. 3 C 3.3 Werner, Frank; Seidel, Joachim: Der Eisenbau. Vom Werdegang einer Bauweise, Berlin 1992, S. 41 C 3.4 siehe C 3.2, S. 4 C 3.5 siehe C 3.2, Tafel 28 C 3.6 Gottgetreu, Rudolf: Lehrbuch der Hochbaukonstruktionen, 3. Teil Eisenkonstruktionen. Berlin 1885, Tafel I C 3.7 Helmerich, Rosemarie: Alte Stähle und Stahlkonstruktionen – Materialuntersuchungen, Ermüdungsversuche an originalen Brückenträgern und Messungen von 1990 bis 2003; Forschungsbericht 271. Berlin 2005, S. 24 C 3.8 siehe C 3.7, S. 42 C 3.12–14 Paul Ott, Graz C 3.15 –16 Georg Giebeler, Köln C 3.18 Georg Giebeler, Köln

Teil D D

Gebaute Beispiele im Detail

© archive_terrain.de

S. 166 Udo Meinel, Berlin S. 167 Stefan Giers, München S. 168 Janine Mahler/IBA, Chemnitz S. 169, 170 unten, 171 Andy Stagg, London S. 170 Mitte oben William Murray S 172 –173 Iwan Baan, Amsterdam S 175 Hanne Hvattun S 176 –177 Leif Orkelbog-Andresen, Aarhus S 178 –181 Duccio Malagamba, Barcelona S 182, 184 unten Iwan Baan, Amsterdam S 183 unten, 184 oben Christian Richters, Münster S 185 –187 Nicolas Borel, Paris S 188 –192 Roland Halbe, Stuttgart S 193 –195 Daici Ano, Tokio S 196 –197 Stéphane Chalmeau, Nantes S 198 Eduardo Aigner, Porto Alegre S 200 –201 Christiaan de Bruijne, Koog aan de Zaan S 202 oben Fedde de Weert, St. Maartensbrug S 204, 206 oben Christian Richters, Münster S 207 Katsuhisa Kida, Tokio S 208–209 Phillipe Ruault, Nantes S 210, 213 Dietmar Strauß, Besigheim S 211 Jens Weber, München S 214 –215, 217 unten BMW AG München, München S 216 Christian Schittich, München S 217 oben, Mitte Frank Kaltenbach, München S 218, 219 unten, 220 Nigel Young, London S 221–222 Mori Building Co. Ltd., Tokio S 223 Leslie E. Robertson Associates, New York S 226, 227 oben, 228 Thomas Madlener, München S 229 Michel Denancé/RPBW S 230 –231, 232 unten, 233 Christian Richters, Münster S 234 Michel Denancé, Paris S 235, 237 seele holding GmbH & Co. KG, Gersthofen S 236 AREP, Paris S 238 Katsuhisa Kida, Tokio S 239, 241 Roland Halbe, Stuttgart S 240 Estudio Lamela, Madrid S 242 Andreas Secci/archenova S 243 –248 Palladium, Köln S 249 –251 Zooey Braun, Stuttgart S 253 oben Design: gmp – von Gerkan, Marg und Partner, Berlin/Visualisation: MACINA, Hannover S 253 unten, 254 –255 Bruce Sutherland, Kapstadt S 256 –257, 259 ©terrain/Hubertus Hamm, München S 258, 260 ©archive_terrain.de S 261 Friedrich Busam, Berlin S 262 Martin Schuppenhauer, Berlin

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Klaus Bollinger Jahrgang 1952 Studium Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Darmstadt 1983 Gründung Ingenieurbüro Bollinger + Grohmann in Frankfurt /M. 1984 Promotion an der Universität Dortmund 1984 –1994 Lehraufträge an der Universität Dortmund und der Städelschule, Frankfurt /M. seit 1994 Professur für Tragkonstruktionen am Institut für Architektur, Universität für angewandte Kunst Wien 1999 –2003 Vorstand des Instituts für Architektur der Universität für Angewandte Kunst Wien seit 2000 Gastprofessur an der Städelschule, Frankfurt /M. 2003 Gründung Bollinger Grohmann Schneider in Wien 2006 Gründung B + G Ingénierie in Paris 2010 Gründung BG + F in Melbourne Mitglied der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste Manfred Grohmann Jahrgang 1953 Studium Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Darmstadt 1981–1982 wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Grundbau und Bodenmechanik, Technische Hochschule Darmstadt seit 1995 Lehrauftrag im Fachbereich Architektur, Technische Hochschule Darmstadt seit 1996 Professur für Tragwerkslehre, Fachbereich Architektur, Universität Gesamthochschule Kassel seit 2000 Gastprofessur an der Städelschule, Frankfurt /M. seit 2007 Gastprofessur an der ESA – École Spéciale d’Architecture, Paris Mitglied der International Association for Shell and Spatial Structures (IASS) Markus Feldmann Jahrgang 1966 Studium Bauingenieurwesen an der Rheinische-Westfälischen Technischen Hochschule (RWTH) Aachen 1994 Promotion an der RWTH Aachen 1994 –2001 Tätigkeit in Forschung und Industrie 2001–2004 Professur für Stahlbau an der TU Kaiserslautern seit 2004 Professur für Stahlbau und Leichtmetallbau, RWTH Aachen University Partner im Ingenieurbüro Feldmann & Weynand GmbH Prüfingenieur für Baustatik (Metallbau) Mitglied in nationalen und internationalen Ausschüssen und Gremien Georg Giebeler Jahrgang 1963 Architekturstudium an der Technischen Universität Graz und der Städelschule, Frankfurt /M. 1992–1994 Mitarbeit bei Prof. Volker Giencke, Graz 1995 –1999 Assistent am Lehrstuhl Baukonstruktion und Entwerfen, Prof. Wolfgang Döring, RWTH Aachen seit 1995 Architekturbüro 4000architekten in Köln seit 2004 Professur für Baukonstruktion an der Hochschule Wismar seit 2007 Dekan der Fakultät Gestaltung an der Hochschule Wismar Arbeits- und Forschungsschwerpunkte: Bauen im Bestand, Nachlass von Ulrich Müther Daniel Pfanner Jahrgang 1972 Studium Bauingenieurwesen an der Technischen Universität Darmstadt 2002 Promotion an der Ruhr-Universität Bochum 1997–1999 Mitarbeiter der Philipp Holzmann AG 2008 –2010 Mitarbeiter bei Bilfinger Berger 2003 –2008 und seit 2010 Projektleiter bei Bollinger + Grohmann Ingenieure, Frankfurt /M.

Martin Zeumer Jahrgang 1977 Architekturstudium an der Technischen Universität Darmstadt 2005 –2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen, TU Darmstadt, Prof. Manfred Hegger 2010 Lehrbeauftragter für Baukonstruktion/Nachhaltiges Bauen/Bauen im Bestand an der Hochschule Bochum seit 2010 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Entwerfen und Energieeffizientes Bauen sowie Entwerfen und Baugestaltung, TU Darmstadt, Prof. Johann Eisele

Sachwortregister

Sachwortregister 3-D-Modellierung ∫ 54ff., 169 A Abbrennstumpfschweißen ∫ 87 Abkanten ∫ 73 Abriebbeständigkeit ∫ 62f., 75, 85 Abschneidekriterien ∫ 128 abwehrender Brandschutz ∫ 118 Abzinsungssatz ∫ 144 abzuzinsende Summe ∫ 144 Achsmodelle ∫ 54 Acryllack ∫ 84 Adaptierung ∫ 61 adaptive Systeme ∫ 52 adaptive Tragwerke ∫ 53 Agenda 21 ∫ 127 aktive Strukturen ∫ 51 aktivierte Stützen ∫ 134 Alterung ∫ 137 Aluminium ∫ 75 anlagentechnischer Brandschutz ∫ 118 Anschluss ∫ 108 geschraubt ∫ 110 Stütze – Träger ∫ 44 Träger – Träger ∫ 44 Anstrich ∫ 82, 84 Antriebssysteme ∫ 51 Ätzen ∫ 63 Aufbördelungen ∫ 64 Auflager ∫ 43 Auflagerverschiebung ∫ 27 aufschäumende Brandschutzbeschichtung ∫ 160 Aufstockung ∫ 138 Auftragsvergabe ∫ 149 Auskragung ∫ 226ff. Auslegerträger ∫ 33 außen liegende Stahlstruktur ∫ 226ff. äußeres Gleichgewicht ∫ 102 aussteifende Bauteile ∫ 49 Aussteifungssystem ∫ 96 austenitische Edelstähle ∫ 70 Axialkräfte ∫ 105 B Balken ∫ 36 Balloon-Frame-Bauweise ∫ 95f. Bandbeschichtungen ∫ 74 Bandstahl ∫ 92 Bauakustik ∫ 122 Baukosten ∫ 149, 152 baulicher Brandschutz ∫ 118 Baumstützen ∫ 261ff. Bauphysik ∫ 102 Baustoffklasse ∫ 119 Bausubstanz ∫ 137 Bausysteme ∫ 89 Bauteilfuge ∫ 47 Bauteilstabilität ∫ 107 Bautoleranzen ∫ 135 Bautradition ∫ 131 Befestigungsmittel ∫ 100f. Beförderungsanlagen ∫ 51 Beizen ∫ 63 Belastungsszenarien ∫ 102 Bemessung ∫ 35, 102 Bemessungsgrundlagen ∫ 102 Bemessungsniveau ∫ 102 Bemessungstabellen ∫ 94 Berechnungsprogramme ∫ 56 Beschaffungsvereinbarungen ∫ 141 beschichtete Stahlfassade ∫ 137 Beschichtung ∫ 62, 120, 132, 137 Bandbeschichtung ∫ 74 Brandschutzbeschichtung ∫ 85, 182ff. feuerbeständig ∫ 160 historisch ∫ 161 Plasma-Vakuum-beschichtung ∫ 85 Spezialbeschichtung ∫ 84 Beschichtungssysteme ∫ 84, 120

Bestand ∫ 138 Bestandsschutz ∫ 159 Beton-Stahl-Verbunddecke ∫ 134 Betonbewehrung ∫ 81 betrieblicher Brandschutz ∫ 118 Betriebs- und Instandhaltungskosten ∫ 136 Betriebskosten ∫ 142 Beuleffekt ∫ 92 Beulen ∫ 92ff., 107 bewegliche Bauteile ∫ 51 Bewegungsmechanismen ∫ 52 Bewertungszeitraum ∫ 143 Bezugswege ∫ 151 Biegedrillknicken ∫ 35, 93f. Biegeknicken ∫ 35 Biegemomente ∫ 105 Biegemomentendiagramm ∫ 94 Biegung ∫ 102 Blech ∫ 54, 64, 75 Edelstahl ∫ 204 gefaltet ∫ 36 Lochblech ∫ 64, 77 Trapezblech ∫ 36, 249 strukturiert ∫ 77 Verbundblech ∫ 90 Blechbahnen ∫ 62 Blechtafeln ∫ 62 Blindniet ∫ 100 Blockguss ∫ 71 Bodenbelag ∫ 137 Bolzenschubtechnik ∫ 87 Boudouard-Reaktion ∫ 66 Brammen ∫ 71 Brandschutz ∫ 48, 63, 118, 155, 160, 224f. Brandschutzbeschichtungen ∫ 85, 182ff. Brandschutzmaßnahmen ∫ 118f. Brandschutzorganisatorischer ∫ 118 brandschutztechnische Sanierung ∫ 160 Brandsicherheit ∫ 149 BREEAM ∫ 130 Breitflanschträger ∫ 78f. Brennschneiden ∫ 86 Brundtland-Bericht ∫ 127 Brünieren ∫ 63, 161 Building Information Modell (BIM) ∫ 55f. Bürsten ∫ 86 C C-Profil ∫ 93f., 97, 196f. chemisch-physikalische Schneideverfahren ∫ 86 chemische Analyse ∫ 103 Clinchen ∫ 101 CNC ∫ 41, 46, 54, 64f., 86 Code for Sustainable Homes ∫ 130 Coils ∫ 81 cold-frame ∫ 96 Computer ∫ 30, 34, 41, 54f. Cradle-to-Gate ∫ 129 Cradle-to-Grave ∫ 129 Customized Production ∫ 136 D Dachsysteme ∫ 89, 99 Dachverkleidung ∫ 204ff. Dauerhaftigkeit ∫ 137 Decke ∫ 47f. in Verbundbauweise ∫ 47 Stahlpaneeldecke ∫ 137 Verbunddecke ∫ 47f., 76, 112, 182ff., 188ff., 218ff., 224f. Deckenbekleidung ∫ 137 Deckensysteme ∫ 90, 103 Demontage ∫ 138 Dessinieren ∫ 63

Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ∫ 130f., 138 Differenzverformungen ∫ 27 Digitalisierung ∫ 41 Digitaltransferdruck ∫ 63 Dimensionierung ∫ 35 Direct Reduced Iron (DRI) ∫ 67 Direktmontage ∫ 87 Direktreduktionsverfahren ∫ 67 Doppelfassadensystem ∫ 46 doppelschalige Bauteile ∫ 123 Draht ∫ 70, 73 Drahtseil ∫ 83 Druck-Sog-Entwicklung ∫ 117 Druckbogen ∫ 40 Duktilität ∫ 104f., 116 Duplex-Edelstähle ∫ 70 Duplexsysteme ∫ 83f. Durchbiegeverhalten ∫ 94 Durchbrüche ∫ 161f. Durchschweißen ∫ 76, 100 Durchsetzfügen ∫ 89, 101 dynamische Relaxation ∫ 41 E ebene Systeme ∫ 103 Echtmetallpartikel ∫ 62 Edelstahl ∫ 62f., 70, 86, 132, 137, 139 Edelstahlblech ∫ 204 Edelstahlgewebe ∫ 64 Edelstahlschrauben ∫ 101 Edelstahlsorten ∫ 71 Edelstahlverkleidung ∫ 208f. effektive Schlankheit ∫ 94 effektive Spannung ∫ 92 Eigenfrequenz ∫ 114 Eigengewicht ∫ 24, 102 Einmassenschwinger ∫ 114f., 117 einschaliges Bauteil ∫ 122 Einschmelzen ∫ 138 Einwirkungen ∫ 24 Eisen-Kohlenstoff-Diagramm ∫ 72 Eisenschwamm ∫ 67 elastisches Verhalten ∫ 105 Elastizität ∫ 104 Elastizitätsgrenze ∫ 106 Elastizitätsmodul (E-Modul) ∫ 104 Elektro-Handschweißverfahren ∫ 112 Elektrolichtbogenofen ∫ 68 elektrolytische Färbung ∫ 63 Elektrostahlherstellung ∫ 68 Emaillierung ∫ 63, 85 Emissionen ∫ 128 Energieabgabe ∫ 134 Energieeffizienz ∫ 126, 127, 136 Entsorgungskosten ∫ 147 Entwurfsaufgabe ∫ 23 Entwurfskriterien ∫ 34 Entwurfsprozess ∫ 29 Entwurfsrahmen ∫ 22 Entwurfsziel ∫ 30 Environmental Product Declaration (EPD) ∫ 129, 130 Epoxidlack ∫ 84 Erdbeben ∫ 26, 115 Erhöhung der Tragfähigkeit ∫ 138 Erscheinungsbild ∫ 137 Ertüchtigung ∫ 155 Eulerfälle ∫ 106 European Energy Performance of Buildings Directive (EPBD) ∫ 127f. Eutrophierungspotential ∫ 128 Explosionswirkung ∫ 116 Export ∫ 126 F Fachwerk ∫ 38f., 44, 49, 102, 224f., 252ff., 256ff. Fachwerkgitter ∫ 218 Fachwerktheorien ∫ 30

Fachwerkträger ∫ 33, 39, 210ff., 221ff. Facility Management ∫ 142 Faltung ∫ 65 Faltwerk ∫ 42f. Faltwerkdach ∫ 99 Farbe ∫ 76 Fassade ∫ 134 Stahlfassaden ∫ 137 vorgehängt ∫ 137 Fassadensysteme ∫ 89, 99 Fassadenverkleidung ∫ 62, 77 Feder-Masse-Modell ∫ 114 ferritische Stähle ∫ 70 Fertigteilplatten ∫ 48 Festigkeit ∫ 104 Feuerbeständigkeit ∫ 100 Feuerschutzplatten ∫ 160 Feuerverzinken ∫ 63, 74, 83, 120 Feuerwiderstand ∫ 51 Feuerwiderstandsklasse ∫ 119 feuerbeständige Beschichtungen ∫ 160 Finite-Elemente-Methode (FEM) ∫ 41, 57, 136, 169 Flachdeckensystem ∫ 200ff., 230ff. flächenaktive Tragelemente ∫ 41 Flächenelemente ∫ 57 Flacherzeugnisse ∫ 75 Flachstahlbänder ∫ 166 Flexibilität ∫ 146f., 210ff. Fluidverfahren ∫ 65 Flusseisen ∫ 155ff., 159 formaktive Tragsysteme ∫ 40f. Formbarkeit ∫ 64f. Formsteifigkeit ∫ 65 Formwerkzeug ∫ 92 freie Innendruck-Umformung (FIDU) ∫ 65 Freiformen ∫ 40 Freiheitsgrad ∫ 34 Fuge ∫ 99 Fugenbild ∫ 62 funktionelle Einheit ∫ 129 G galvanische Verzinkung ∫ 63 Galvanisieren ∫ 74, 85 Gebäudehülle ∫ 45 Gebäudetechnik ∫ 134, 138 Gebäudezertifizierung ∫ 134 Gebrauchstauglichkeit ∫ 34f., 48, 97 gefaltetes Blech ∫ 36 Geflechte ∫ 81 gekrümmte Flächen ∫ 133 generatives Design ∫ 61 Generierungsverfahren ∫ 59 geodätische Kuppeln ∫ 41 geometrische Verfahren ∫ 29 Gesamtprimärenergiebilanz ∫ 134 Geschossdeckensysteme ∫ 97, 147 geschraubte Anschlüsse ∫ 110 Gewebe ∫ 64, 81 Gichtgasrückführung ∫ 68 Gitterrost ∫ 64, 82, 137 Gitterschalen ∫ 40f., 60 Gitterschalentragwerk ∫ 45 Gleichgewichtsbedingungen ∫ 58, 102, 105 globale Stabilität ∫ 107 grafische Verfahren ∫ 30 Grafit ∫ 67 graues Gusseisen ∫ 159f. Grobbleche ∫ 75 Gusseisen ∫ 29, 66f., 155 H Halbrahmen ∫ 249 Halbzeuge ∫ 75, 78 Halbzeugherstellung ∫ 131f. Hebekapazität ∫ 91 Herstellung ∫ 131

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Sachwortregister

Hightecharchitektur ∫ 46 historische Beschichtungen ∫ 161 historische Eisenkonstruktionen ∫ 154 historische Stahlkonstruktionen ∫ 88, 154f. historische Verbindungsmittel ∫ 156 historischer Stahl ∫ 155 Hochdruckwasserstahlen ∫ 86 hochfeste Stahlprofile ∫ 221ff., 224f. hochfeste Stahlsorten ∫ 133 hochfester Stahl ∫ 73, 87, 261 Hochhaus ∫ 33, 49, 218 Hochofenprozess ∫ 66 Hochregalsystem ∫ 93 Hohlkörper ∫ 166 Hohlprofil ∫ 80, 156, 238ff., 242ff. hydromechanisches Umformverfahren ∫ 65 Hygieneanforderungen ∫ 137 hyperbolisches Paraboloid ∫ 204ff. I Import ∫ 126 Innenausbau ∫ 64, 141 innere Kräfte ∫ 102 innere Momente ∫ 105 inneres Gleichgewicht ∫ 102 Instandhaltung ∫ 135 Integrated Floor Beam (IFB) ∫ 90 integriertes Stahltragwerk ∫ 182ff. Interferenzeffekt ∫ 63 Investitionskosten ∫ 142 K Kältespeicher ∫ 122 kaltgeformtes Profil ∫ 77, 92 kaltgewalztes Profil ∫ 92, 196f. Kaltverformung ∫ 54, 73, 92 Kaltvernietung ∫ 157 Kaltwalzen ∫ 71, 73 Kanäle ∫ 138 Kassetten mit Dämmung ∫ 97 Kassettenprofil ∫ 93, 96f. Kassettenwandsystem ∫ 96, 98 Kastenfenster ∫ 46 kathodische Schutzwirkung ∫ 75 Kehlnähte ∫ 87, 112 Kennzeichnung ∫ 139 Kerbschlagbiegeversuch ∫ 103 Kernmaterial ∫ 100 Kippen ∫ 36, 93f. Kleben ∫ 88, 108 Knicken ∫ 35, 37, 92 Knickbeanspruchbarkeit ∫ 108 Knickspannungslinien ∫ 106 Knickverhalten ∫ 37 Knickwiderstand ∫ 108 Knotenverbindung ∫ 43 Kohlenstoff ∫ 66f. Kohlenstoffäquivalent (CEV) ∫ 87 Kohlenstoffgehalt ∫ 68, 103 Konstruktionsarten ∫ 132 konstruktive Effizienz ∫ 132, 133 Konverterprozess ∫ 68 Konzessionszeitraum ∫ 143 Kopfplattenanschlüsse ∫ 110 Korrosion ∫ 62f., 139, 155, 160 Korrosionsbelastung ∫ 119 Korrosionsbeständigkeit ∫ 70 Korrosionsschaden ∫ 158 Korrosionsschutz ∫ 62f., 75, 119, 132 Korrosionsschutz nach der Verarbeitung ∫ 82 Korrosionsschutz vor der Verarbeitung ∫ 74 Korrosionsschutzsysteme 82, 120 Korrosivitätskategorie ∫ 120 Kostenanalyse ∫ 150 Kostenbewertung ∫ 143 Kostenplanung ∫ 143, 150

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Kraftschlüssigkeit ∫ 157 Kragarm ∫ 58, 249 Kratzfestigkeit ∫ 63, 85 Kreuzverstrebung ∫ 96 Kristallgitter ∫ 72 kritische Beulspannung ∫ 94 Krümmungsverhalten ∫ 94 Kugelstrahlen ∫ 86 kultureller Hintergrund ∫ 30 L Lacke ∫ 82, 84 Lackierung ∫ 63 Lagesicherung ∫ 99 Laschenanschlüsse ∫ 110 Laserschneiden ∫ 86 Lastabtragung ∫ 32, 103 Lastabtragungswege ∫ 31 Lastpfade ∫ 31f. Lasttabellen ∫ 94 Lastwechsel ∫ 52 Lebenszyklus ∫ 129, 131ff. Lebenszykluskosten ∫ 141ff. Lebenszyklusvollkosten ∫ 142 LEED ∫ 130 Legierung ∫ 62, 67 Legierungselemente ∫ 68, 103, 111 Leichtbau ∫ 132, 198 Leichtbaustrukturen ∫ 53 Leistungsfähigkeit ∫ 153 Lichtbogenschneiden ∫ 86 Lichtbogenschweißen ∫ 87, 111 Life Cycle Costs (LCC) ∫ 141f. lippenverstärktes C-Profil ∫ 93 Lochblech ∫ 64, 77 Lochstegträger ∫ 78 Lohnkosten ∫ 150f. lokales Beulen ∫ 92f. lösbare Verbindungen ∫ 108 Luftschalldämmung ∫ 122 Luftundichtigkeit ∫ 99 M Magnetpulverprüfung ∫ 158 Mängelfreiheit ∫ 135 martensitiche Edelstähle ∫ 70 Massivbau ∫ 132 Material-Input-pro-Serviceeinheit-Konzept (MIPS) ∫ 128 Material ∫ 24, 62ff. Materialintensitäten ∫ 128 Materialkennwerte ∫ 158f. Materialkreislauf ∫ 139 Materiallebenszyklus ∫ 128 Materialleistungserhöhung ∫ 133 Materialminimierung ∫ 132 Materialstärke ∫ 92 mechanische Bearbeitungsverfahren ∫ 86 mechanische Eigenschaften ∫ 70 mechanische Schneideverfahren ∫ 86 Megastruktur ∫ 221ff. mehrschalige Bauteile ∫ 123 Membran ∫ 96 Membranbauweise ∫ 99 Membraneffekt ∫ 98f. Membrankonstruktion ∫ 40 Membranwirkung ∫ 96, 98 Metall-Schutzgasschweißverfahren ∫ 112 Metallbeschichtungsverfahren ∫ 74f. Metallfliesen ∫ 62 Metallgewebe ∫ 64 Metallpigmente ∫ 62 Metallschrott ∫ 139 Metallverbundelement ∫ 99f. metallische Bandbeschichtungen ∫ 74f. mikrolegierte Stähle ∫ 133 Mittelbleche ∫ 75 Modellierung ∫ 54

modulare Bauweise ∫ 134, 138 Modularisierung ∫ 135f. Modularität ∫ 138 Modulbauweise ∫ 95 Momenten-Rotations-Diagramm ∫ 111 Momenten-Rotations-Kurve ∫ 107 Momentenbeanspruchbarkeit ∫ 107 Momentenrotationsverhalten ∫ 94 Montagezeit ∫ 149 Muster ∫ 65, 178ff. N Nachhaltigkeit ∫ 127ff. Nachhaltigkeitsbewertung ∫ 130 Nachnutzung ∫ 138f. Nasslackieren ∫ 63 nicht lösbare Verbindungen ∫ 108 nicht rostender Stahl ∫ 69 Niete ∫ 88, 101 Nietverbindungen ∫ 156f. Normalglühen ∫ 72 Normalkraft ∫ 102, 105 Normalprofil ∫ 78f. Normalspannung ∫ 105 numerische Modellierung ∫ 56 Nutzerkomfort ∫ 35, 49 Nutzlasten ∫ 25 Nutzlastreserven ∫ 138 Nutzoberfläche ∫ 136, 137 Nutzungsneutralität ∫ 138 O Oberfläche ∫ 62f. Oberflächenbehandlung ∫ 84 öffenbare Kanäle ∫ 138 offene Leitungsführung ∫ 138 offene Profile ∫ 78 Ökobau.dat ∫ 129 Ökobilanz ∫ 129 Ökobilanzierung ∫ 128f., 130 ökologischer Rucksack ∫ 128 Optimierungsverfahren ∫ 59 organisatorischer Brandschutz ∫ 118 organische Bandbeschichtungen ∫ 75 örtliche Bauweisen ∫ 28, 140 örtliche Fertigungsmöglichkeiten ∫ 28, 140 örtliche Stabilität ∫ 107 Outrigger ∫ 33 Ozonabbaupotenzial ∫ 128 P Paneelverkleidung ∫ 62 parametrische Modellierung ∫ 55 Passivschicht ∫ 62f. Patina ∫ 166, 169 Pendelstütze ∫ 214ff., 234ff. Perforation ∫ 172, 178 Pfetten ∫ 93, 98 Pfettenkopf ∫ 94 Pfettenschuh ∫ 94 Pfettensystem ∫ 94 Pfosten-Riegel-Konstruktion ∫ 47, 214ff. Phase Change Material( PCM) ∫ 122, 135 photochemisches Oxidantienbildungspotenzial ∫ 128 Photovoltaik ∫ 136 physikalische Eigenschaften ∫ 70 Physik ∫ 24 Planungsfreigabe ∫ 149 Plasma-Vakuumbeschichtung ∫ 85 Plasmaschneiden ∫ 86f. plastisches Verhalten ∫ 105 Platform-Frame-Bauweise ∫ 95f. Platten ∫ 36 Plattenbalkendecke ∫ 134 Plattenbeulen ∫ 35 Plattierung ∫ 85 Polyurethanlack ∫ 84

Prägen ∫ 65, 73, 93 Pressrost ∫ 82 Primärenergieinhalt ∫ 128 Primärstahl ∫ 131 Private Finance Initiative (PFI) ∫ 141, 143 Profil C-Profil ∫ 93f., 97, 196f. IPE-Profil ∫ 78 HL-Profil ∫ 78 hochfest ∫ 221ff., 224f. Hohlprofil ∫ 80, 156, 238ff., 242ff. HP-Profil ∫ 78 kaltgeformt ∫ 77, 92 kaltgewalzt ∫ 92, 196f. Kassettenprofil ∫ 93, 96f. lippenverstärktes C-Profil ∫ 93 Normalprofil ∫ 78 offen ∫ 78 Stahlprofil ∫ 78f., 105 Stahlkastenprofil ∫ 221ff. Standard-Stahlprofil ∫ 78f. Trapezprofil ∫ 97f. U-Profil ∫ 78, 162f. UPE-Profil ∫ 78 Walzprofil ∫ 156, 218 Warmwalzprofil ∫ 78 Z-Profil ∫ 93f., 97 Profilblech ∫ 48, 75, 98 Profilformen ∫ 76 Profilreihen ∫ 78f. Profilrost ∫ 64 Profiltabelle ∫ 78 Profiltypen ∫ 93 Profilierung ∫ 93, 100 Profilierung von Flächen ∫ 133 Projektrandbedingungen ∫ 28 Prozesskette ∫ 40 Prozesslinie ∫ 74 Public Private Partnership (PPP) ∫ 141, 143 Puddelverfahren ∫ 155f. Pulverbeschichten ∫ 63, 85, 120 Q Querkraft ∫ 102, 105 Querschnittreserven ∫ 106 R Radialbinder ∫ 261ff. radiale Stahlrahmen ∫ 172ff. radiales Bindersystem ∫ 252ff. Rahmen ∫ 42, 49 Rahmenbausystem ∫ 95 Rahmenelemente ∫ 196f. rahmenlose Bauweise ∫ 99 Rahmensystem ∫ 102f. Rahmentragkwerk ∫ 42, 261ff. Rain-Screen-System ∫ 99 Rationalisierung ∫ 34 Raumfachwerke ∫ 39 räumlich gebogenes Stahltragwerk ∫ 234ff. räumliche Struktur ∫ 103 räumliches Stahltragwerk ∫ 188ff. recycelter Stahl ∫ 68 Recycling ∫ 131, 132, 139, 147 Recyclinganteil ∫ 130ff. Recyclingkreislauf ∫ 139 Recyclingrate ∫ 139 Reduktion ∫ 46f. Reduktionsmittel ∫ 67 Regelkreislauf ∫ 52 Regenschutzverkleidung ∫ 99 Reinigung ∫ 137 Reinigungs- und Instandsetzungsfreundlichkeit ∫ 137 Resonanzeffekt ∫ 115 Revisionsöffnungen ∫ 138 Riefen ∫ 64 Riegel ∫ 93

Sachwortregister

Rippenkonstruktionen ∫ 133 Rohbautoleranzen ∫ 52 Roheisen ∫ 66f. Röhrentragwerk ∫ 218ff. Rohstahlproduktion ∫ 66 Rohstahlverarbeitung ∫ 71 Rollform ∫ 92 Roste ∫ 37 Rostschutz ∫ 161 Rotation ∫ 52 Rotationsfähigkeit ∫ 107 Rückbau ∫ 135, 138 Runddraht ∫ 82 Rundlitzenseile ∫ 82 Rutschhemmung ∫ 64, 77 S Sachbilanz ∫ 128 Sandstrahlen ∫ 86 Sandwichkonstruktionen ∫ 36, 133 Sandwichpaneel ∫ 76, 89, 99f., 139 Sanierung ∫ 154ff. Holzbalkenköpfe ∫ 162 Sanierungskonzept ∫ 155 Sauberlaufzone ∫ 137 Schadstoffe ∫ 136f. Schalen ∫ 40 Schalenbauweise ∫ 96, 98 Schalenkonstruktion ∫ 169 Schalentragwerk ∫ 242ff. Schalldämmeigenschaften ∫ 122 Schalldruckpegel ∫ 122 Schallschutz ∫ 122 Schallübertragung ∫ 123 Scheibe ∫ 42, 96 Schleifbild ∫ 63 Schmiedeeisen ∫ 155, 157, 159 Schmieden ∫ 73 Schneelasten ∫ 26, 102 Schneidetechniken ∫ 86 schnittaktive Tragsysteme ∫ 36 Schnittgrößen ∫ 102, 105 Schrauben ∫ 87, 109 Edelstahlschrauben ∫ 101 selbstbohrend ∫ 100 selbstschneidend ∫ 100 verzinkt ∫ 101 Schraubenbezeichnung ∫ 87 Schraubverbindung ∫ 44, 87, 100, 109, 157f. Schubspannung ∫ 105 Schutzanstrich ∫ 161 Schutzgasschweißen ∫ 87 Schwarzbrennen ∫ 161 Schweißbarkeit ∫ 69, 155ff. Schweißdraht ∫ 87 Schweißeisen ∫ 155f. Schweißnaht ∫ 87, 112, 158 Schweißverbindung ∫ 44, 100, 111 Schweißen ∫ 87, 95, 158, 163 Schweißpressroste ∫ 82 Schwingungen ∫ 35, 48, 114 Schwingverhalten ∫ 114f. Seecontainer ∫ 138 Seil ∫ 38, 64, 82 Seiltragwerk ∫ 238 Seilvorspannung ∫ 47 Sekundärstahl ∫ 131 Sicherheitskonzept ∫ 52 Sichtanalyse ∫ 157 Sicke ∫ 64, 92f. Simulation ∫ 56f. Skelettbau ∫ 162 Slim Floor Beam (SFB) ∫ 80, 90 Slim-Floor-System ∫ 48 Solarthermie ∫ 136 sommerlicher Wärmeschutz ∫ 121 Sonnenschutz ∫ 121 Sonnenschutzelemente ∫ 134

Sortenreinheit ∫ 139 Sortierung ∫ 139 Spannungs-Dehnungs-Diagramm ∫ 104 Spanten ∫ 54 Spezialbeschichtungen ∫ 84 Spezialquerschnitte ∫ 36 Spiralseile ∫ 82 Sprödbruch ∫ 156 Stabelemente ∫ 57ff. Stabilitätsfälle ∫ 107 Stabstahl ∫ 70, 80f. Stabtragwerke ∫ 54, 57f., 133 Stahl hochfest ∫ 73, 87, 261 mikrolegiert ∫ 133 nicht rostend ∫ 69 Primärstahl ∫ 131 recycelt ∫ 68 Sekundärstahl ∫ 131 Stabstahl ∫ 70, 80f. unbehandelt ∫ 166 voroxidiert ∫ 169ff., 178ff. wetterfest ∫ 62f., 69, 137 Stahlarten ∫ 69 Stahlbetonbau ∫ 133f. Stahlblech ∫ 65, 166ff., 172ff. Stahlblechbeplankung ∫ 36 Stahldraht ∫ 64 Stahleigenschaften ∫ 68f. Stahleinbauteil ∫ 44 Stahlfachwerk ∫ 226ff. Stahlfassade ∫ 137 Stahlfundament ∫ 138 Stahlgewebe ∫ 81 Stahlguss ∫ 71 Stahlgüte ∫ 147, 159 Stahlherstellung ∫ 66 Stahlkassetten ∫ 134 Stahlkastenprofile ∫ 221ff. Stahlkonstruktionen ∫ 146 Stahlleichtbau ∫ 92, 95, 97, 147, 196f. Stahllieferkette ∫ 90 Stahloberfläche ∫ 83 Stahlpaneeldecke ∫ 137 Stahlplattenverkleidung ∫ 193ff. Stahlpreis ∫ 152 Stahlprodukte ∫ 66 Stahlprofil ∫ 78f., 105 Stahlrahmen ∫ 150, 193ff., 238ff. Stahlrahmenbauweise ∫ 95, 198 Stahlrippen ∫ 169ff. Stahlrohr ∫ 185ff., 204ff. Stahlrost ∫ 64 Stahlschale ∫ 41 Stahlschrott ∫ 68 Stahlskelett ∫ 145 Stahlskelettbau ∫ 148, 200ff. Stahlspundwände ∫ 138 Stahlträgerrost ∫ 36 Stahltrapezblech ∫ 137 Stahltreppe ∫ 166ff., 193ff. Stahlverbundbauweise ∫ 113 Stahlverbundträger ∫ 113 standardisierte Sandwichelemente ∫ 76 Standardisierung ∫ 46 Standardprofile ∫ 78f. Standgussverfahren ∫ 71 Standort ∫ 27 Standsicherheit ∫ 34f. statisch unbestimmtes Tragwerk ∫ 34 statische Höhe ∫ 134 statischer Nachweis ∫ 158 Steckverbindungen ∫ 156 Steifigkeit ∫ 64 Steifigkeitsmatrix ∫ 57 Steifigkeitsunterschiede ∫ 27 Stockwerkrahmen ∫ 33

Stoffströme ∫ 128 Stoßlaschen ∫ 94 Strahlen ∫ 63 Strangguss ∫ 71 Strangpressen ∫ 73 Strategien zum Klimaschutz ∫ 126 Streckgrenze ∫ 69, 104 Streckmetall ∫ 64, 77 strukturierte Bleche ∫ 77 Strukturierung ∫ 63f. Strukturmechanik ∫ 24 Stückverzinken ∫ 120 Stumpfnähte ∫ 87 Stütze ∫ 37, 49 aktiviert ∫ 134 Baumstütze ∫ 261 Pendelstütze ∫ 214ff., 234ff. Verbundstütze ∫ 49, 221ff., 230ff. Stützensysteme ∫ 103 Stützenstoß ∫ 43 System adaptiv ∫ 52 Antriebssystem ∫ 51 Aussteifungssystem ∫ 96 Dachsystem ∫ 89, 99 Duplexsystem ∫ 83 Flachdeckensystem ∫ 200ff., 230ff. Geschossdeckensystem ∫ 97, 147 Hochregalsystem ∫ 93 Kassettenwandsystem ∫ 96, 98 Pfettensystem ∫ 94 radiales Bindersystem ∫ 252 Rain-Screen-System ∫ 99 Tube-in-Tube-System ∫ 33 überlappendes Pfettensystem ∫ 94 zweischalig ∫ 89 Systembau ∫ 135f. Systemebene ∫ 103 Systemreserven ∫ 106 Systemstabilität ∫ 107 T Technikschächte ∫ 138 Teeranstrich ∫ 161 Teilverstärkungen ∫ 162 Temperaturänderungen ∫ 27 Temperaturausdehnung ∫ 27 textile Struktur ∫ 64 thermische Speicherkapazität ∫ 133 Tiefziehen ∫ 65, 73 Toleranzanforderungen ∫ 52 Torsionsmomente ∫ 105. Träger ∫ 36 Auslegerträger ∫ 33 Breitflanschträger ∫ 78f. Lochstegträger ∫ 78 Verbundträger ∫ 90, 188ff. Vierendeelträger ∫ 39, 185ff. Trägerrost ∫ 214ff. Träger-Stützen-Konstruktion ∫ 208f. Trägersysteme ∫ 102 Tragfähigkeit ∫ 155 Tragsicherheit ∫ 118 Tragsystem ∫ 33, 146 formaktiv ∫ 40f. vektoraktiv ∫ 37ff. schnittaktiv ∫ 36 Tragwerk adaptiv ∫ 53 integriertes Stahltragwerk ∫ 182ff. Rahmentragwerk ∫ 42, 261 Röhrentragwerk ∫ 218ff. Schalentragwerk ∫ 242ff. Seiltragwerk ∫ 238 Stabtragwerk ∫ 54, 57f., 133 statisch unbestimmt ∫ 34 Tragwerksentwurf ∫ 31, 102 Tragwerksmodell ∫ 34 Tragwerksoptimierung ∫ 61

Tragwerksplanung ∫ 29 Tragwerksystem ∫ 36ff., 95 Tragwerktypologie ∫ 31f., 36ff. Transmissionswärmetransfer ∫ 121 Transparenz ∫ 46f., 64 Transport ∫ 28, 132 Trapezblech ∫ 36, 249 Trapezprofil ∫ 97f. Treibhauspotenzial ∫ 128 Trittschalldämmung ∫ 123 Tube-in-Tube-System ∫ 33 Typologieoptimierung ∫ 60 U U-Profil ∫ 78, 162f. U/A-Verhältnis ∫ 78, 80 U/A-Wert ∫ 78 überlappende Pfettensysteme ∫ 94 Überlappungsstoß ∫ 94 Ultraschallprüfung ∫ 158 Umbau ∫ 154 Umformung ∫ 65 Umnutzung ∫ 137f. Umweltkennzeichnung ∫ 128, 129 Umweltnutzungsfähigkeit ∫ 138 Umweltproduktdeklaration ∫ 137 Umweltwirkungen ∫ 126, 132 unbehandelter Stahl ∫ 166 Unterpulverschweißverfahren ∫ 112 UPE-Profil ∫ 78 UV-Beständigkeit ∫ 75, 85 V vektoraktive Tragsysteme ∫ 37ff. Verankerungskräfte ∫ 98 Verarbeitbarkeit ∫ 105 Verbindung ∫ 44, 108 nicht lösbar ∫ 108 Nietverbindung ∫ 156f. Steckverbindung ∫ 156 vorgespannte Schraubverbindung ∫ 157 Verbindungsart ∫ 100f. Verbindungsmittel ∫ 108 Verbund-Betondecken ∫ 76 Verbundbauweise ∫ 48 Verbundblech ∫ 90 Verbunddecke ∫ 47f., 76, 112, 182ff., 188ff., 218ff., 224f. Verbundstütze ∫ 49, 221ff., 230ff. Verbundträger ∫ 90, 188ff. Verbundwerkstoff ∫ 100 Veredelung ∫ 63 Verformung ∫ 55, 64 Differenzverformung ∫ 27 Verformungsbegrenzung ∫ 35 Verkehrslasten ∫ 25, 102 Verkleidung ∫ 64, 148 Dachverkleidung ∫ 204ff. Edelstahlverkleidung ∫ 208f. Regenschutzverkleidung ∫ 99 Stahlplattenverkleidung ∫ 193ff. Wellblechverkleidung ∫ 198 Verkleidungssystem ∫ 99 verlorene Schalung ∫ 48, 136 Versagen ∫ 35 Versatz ∫ 92f. Versauerungspotenzial ∫ 128 Verschiebungsdifferenzen ∫ 27 Verstärkung Dachstuhl ∫ 163 Holz-Biegeträger ∫ 162 Holzbalkendecken ∫ 163 Stahlskelett ∫ 163 Verzinken ∫ 63, 82, 84, 120 Feuerverzinken ∫ 63, 74, 83, 120 galvanisch ∫ 63 verzinkte Schraube ∫ 101 Vibrationskontrolle ∫ 97 Vierendeelträger ∫ 39, 185ff.

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Personenregister

Personenregister Volatile Organic Compounds (VOC) ∫ 137 Volumen ∫ 55 Volumenelemente ∫ 57 Volumenoptimierung (B)ESO ∫ 60 Vorfertigung ∫ 28, 95, 135, 196f., 198f. Vorfertigungsgrad ∫ 95 vorgehängte Fassade ∫ 137 vorgespannte Schraubverbindung ∫ 157 voroxidierter Stahl ∫ 169ff., 178ff. W Wabenstruktur ∫ 65 Walzdraht ∫ 73 Walzen ∫ 73 Walzprofil ∫ 156, 218 wandelbare Strukturen ∫ 51 Wandstärke ∫ 92 warm-frame ∫ 96 Wärmebehandlung ∫ 71 Wärmedämmung ∫ 100 Wärmeschutz ∫ 121 Warmverformung ∫ 71 Warmvernietung ∫ 157 Warmwalzen ∫ 71, 73 Warmwalzprofile ∫ 78 Wasserstrahlschneiden ∫ 86 Wellblechverkleidung ∫ 198 Werkstoffeigenschaften ∫ 69, 103 werkstoffliches Recycling ∫ 139 Wertschöpfungskette ∫ 126 Wettbewerbsfähigkeit ∫ 153 wetterfester Stahl ∫ 62f., 69, 137 Whole Life Costs (WLC) ∫ 141f. Wiederverwendung ∫ 138 Windfrischverfahren ∫ 155f. Windlasten ∫ 25, 95f., 102 winterlicher Wärmeschutz ∫ 121 wirksame Breite ∫ 92 wirksamer Querschnitt ∫ 92 Wirkungsbilanz ∫ 128 Wirtschaftlichkeit ∫ 151ff. Witterungsbeständigkeit ∫ 63, 75, 85 Wölbstrukturierung ∫ 65 Wolfram-Inertgasschweißen ∫ 87, 112 Wurzel ∫ 111f., 138 Z Z-Profil ∫ 93f., 97 Zähigkeit ∫ 72, 105, 224f. Zeitplanung ∫ 141 Zeitrahmen ∫ 141 Zertifizierung ∫ 130 Ziehen ∫ 73 Zinkpulver ∫ 84 zugbeanspruchte Tragelemente ∫ 38 Zugfestigkeit ∫ 69, 72, 159 Zugkonstruktionen ∫ 134 Zugprobe ∫ 159 Zugring ∫ 252 Zugversuch ∫ 103 Zwangsbeanspruchung ∫ 27 Zwei-Massen-Feder-Modell ∫ 123 zweischalige Bauweise ∫ 99 zweischalige Konstruktion ∫ 93 zweischalige Systeme ∫ 89

2012Architecten ∫ 139 4000architekten ∫ 161, 163 A Acconi, Vito ∫ 18 Ackermann und Partner ∫ 42, 210ff. AllesWirdGut ∫ 18, 69 Allmann Sattler Wappner ∫ 71, 135 Andi, Giulia ∫ 145 Ando, Tadao ∫ 15 Andreu, Paul ∫ 11 Arad, Ron ∫ 19 Architektengruppe Voß ∫ 133 Architektur & Landschaft ∫ 166ff. AREP ∫ 13 Arruda, Miguel ∫ 18 Atelier Volkmar Burgstaller ∫ 45 B Balmon, Cecil ∫ 102 Ban, Shigeru ∫ 16 Barfield, Julia ∫ 50 Barkow Leibinger ∫ 87 Barthes, Roland ∫ 10 Berkel, Ben van ∫ 14 Berranger & Vincent * architectes ∫ 196f. Bertram und Bünemann ∫ 45 BGS & Partner Architekten ∫ 135 BIG – Bjarke Ingels Group ∫ 172ff. Breymann, Gustav A. ∫ 154 Buchan Group International ∫ 42 C Calatrava, Santiago ∫ 10, 150 Candela, Felix ∫ 30 Chaix & Morel et Associés ∫ 53 Chaix, Philippe ∫ 17 Cook, Peter ∫ 18, 22 Coop Himmelb(l)au ∫ 10f., 13, 18f., 22, 32, 35, 39, 54, 56, 58, 214ff. Cremona, Luigi ∫ 30 Cucinella, Mario ∫ 15, 135 Culmann, Karl ∫ 30 D Decq, Odile ∫ 13, 19 Delugan Meissl ∫ 14 Diller + Scofidio ∫ 18f. Dosmasuno Arquitectos ∫ 14 E Eberstadt- Stefan ∫ 14f. ECADI ∫ 13 Ecosistema Urbano Arquitectos ∫ 15 Eidlitz & McKenzie ∫ 49 EMBT ∫ 10, 14, 18 ENKA Structural and Architectural Design ∫ 224f. F Face Design + Fabrication ∫ 62 Feichtinger, Dietmar ∫ 18 Ferrater, Carlos ∫ 16 Ferrier, Jacqus ∫ 16 Foreign Office Architects ∫ 13, 42, 89 Foster + Partners ∫ 10, 13, 16, 50, 218ff. Fournier, Colin ∫ 18 Franken Architekten ∫ 39 Fuhrimann, Andreas ∫ 83 Fuksas, Massimiliano ∫ 10f., 13, 15, 17, 19, 42 G Gabriel, Susanne ∫ 17 Galilei, Galileo ∫ 29 Gautrand, Manuelle ∫ 16 Gehry, Frank O. ∫ 10, 14f., 19 Geipel, Finn ∫ 145 Gerber Architekten ∫ 27 Giers, Stefan ∫ 17 Gilet, Guillaume ∫ 13 gmp – von Gerkan, Marg und Partner

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∫ 53, 135, 252ff., 261ff. Godsell, Sean ∫ 16f. Grimshaw, Nicolas ∫ 47 H Hächler, Gabrielle ∫ 83 Hadid, Zaha ∫ 10, 15, 18, 27, 54, 56 Haimerl, Peter ∫ 87 Haller, Fritz ∫ 135 Hamonic + Masson ∫ 97 Heatherwick Studio ∫ 169ff. Heinisch.Lembach.Huber Architekten ∫ 249ff. Helmerich, Rosemarie ∫ 159 Herzog & de Meuron ∫ 10, 12ff., 16, 18, 143, 178ff. hiendl_schieneis architekten partnerschaft ∫ 81 Hild & Kaltwasser ∫ 87 Holl, Steven ∫ 18 Hoyer Schindele Hirschmüller Architekten ∫ 139 I Isler, Heinz ∫ 30 Ito, Toyo ∫ 16 J Jakob + MacFarlane Architekten ∫ 17, 19, 185ff. Jauvion, Frederic ∫ 92 JHK Architecten ∫ 15 Jourawski, Dimitrii J. ∫ 30 K Kahn, Albert ∫ 141 Kapoor, Anish ∫ 102 Kerez, Christian ∫ 135 Kohn Pedersen Fox Associates ∫ 221ff. Königer, Otto ∫ 154 Koolhaas, Rem ∫ 14, 152 Kuma, Kengo ∫ 76 L Lacaton & Vassal ∫ 15 Lalvani, Haresh ∫ 65 Leibniz, Gottfried Wilhelm ∫ 29 Libeskind, Daniel ∫ 10 LIN ∫ 145 Lissitzky, El ∫ 14 M m. schneider a. hillebrandt architektur ∫ 135 Machuca, Luis ∫ 135 Mandrelli, Doriana ∫ 13, 19 Marks Barfield Architects ∫ 18 Marks, David ∫ 50 mecanoo architecten ∫ 230ff. METRA & Associés ∫ 85, 208f. MGM Arquitectos ∫ 76 Michelin, Nicolas ∫ 13 Mimram, Marc ∫ 18f. Miralle /Tagliabue – EMBT ∫ 10, 14, 18 Morel, Jean-Paul ∫ 17 Morphosis ∫ 14 MRJ Architects ∫ 13 Murphy /Jahn ∫ 47, 50 MVRDV ∫ 13f. N Neutelings Riedijk Architects ∫ 14 Newton, Isaac ∫ 29 Nicolau, Alberto ∫ 15 Nieto Sobejano Arquitectos ∫ 188ff. Nishizawa, Ryue ∫ 37 Nouvel, Jean ∫ 11, 13ff., 16 O O2 Architecture ∫ 101 OMA ∫ 10, 14 OTH Ontwerpgroep Trude Hooykaas ∫ 15, 146, 200ff. Otto, Frei ∫ 30

P Paxton, Joseph ∫ 140 Pei, I. M. ∫ 65 Perrault, Dominique ∫ 11, 13, 17, 65, 81, 146 Pfaffendorf, Ludwig ∫ 163 phalt architekten ∫ 65 Piano, Renzo ∫ 10, 12, 15ff., 71 PTW Architects ∫ 12f., 58 R RCR Arquitectes ∫ 16f. Reichel Architekten ∫ 78 Renzo Piano Building Workshop ∫ 49, 226ff. Richard Meier & Partners ∫ 85 Richard Rogers Partnership ∫ 204ff., 238ff. Ritter, August ∫ 30 Rogers, Richard ∫ 10, 12, 17, 71 S SANAA ∫ 14, 37, 182ff. Santiago Calatrava ∫ 242ff. Sarger, René ∫ 13 Sauerbruch Hutton ∫ 17 Schaudt Architekten ∫ 133 Scheren, Ole ∫ 14 Schlaich Bergermann und Partner ∫ 29, 41 Schneider + Schumacher ∫ 49 Schwedler, Karl Wilhelm ∫ 30 Search ∫ 15 Sejima, Kazuyo ∫ 37 Skidmore, Owings & Merrill ∫ 16, 30 Slawik Architekten ∫ 126 Sloterdijk, Peter ∫ 19 SNCF/DAAB ∫ 234ff. Snøhetta ∫ 16 soma ∫ 60 Sou Fujimoto Architects ∫ 193ff. spillmann echsle ∫ 10 Störmer, Jan ∫ 47 Studio Paralelo ∫ 198ff. Sullivan, Louis Henry ∫ 11 T terrain: loenhart&mayr architekten und landschaftsarchitekten ∫ 256ff. Tschumi, Bernard ∫ 17 U UNStudio ∫ 10f., 14 V Vasconi, Claude ∫ 148 VICENS + RAMOS ∫ 62 W Wallraff, Michael ∫ 60 Wandel Hoefer Lorch + Hirsch ∫ 16, 18 Waterkeyn, André ∫ 13 Weiwei, Ai ∫ 12f. Whipple, Squire ∫ 30 X X-Tu

∫ 15

Z Zieta, Oskar ∫ 65