Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz [1 ed.] 3433033617, 9783433033616

Ein Schwerpunkt des Stahlbau-Kalenders 2022 ist der Brandschutz, der existenziell für die Stahlbauweise ist. Die ganzhei

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German Pages 768 [750] Year 2022

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Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz [1 ed.]
 3433033617, 9783433033616

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2022 Türme und Maste Brandschutz

Herausgegeben von Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann

24. Jahrgang

Hinweis des Verlages Die Recherche zum Stahlbau-Kalender ab Jahrgang 1999 steht im Internet zur Verfügung unter www.ernst-und-sohn.de

Titelfoto: Killesbergturm, Stuttgart Fotografin: Lena Stempniewski, Universität Stuttgart Beteiligte/Ausführende: schlaich bergermann partner, Stuttgart (Planung und Bauüberwachung); Roleff GmbH & Co. KG, Esslingen (Stahlbau, Fertigung und Montage) Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. © 2022 Ernst & Sohn GmbH, Rotherstraße 21, 10245 Berlin, Germany Alle Rechte, insbesondere die der Übersetzung in andere Sprachen, vorbehalten. Kein Teil dieses Buches darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder irgendein anderes Verfahren – reproduziert oder in eine von Maschinen, insbesondere von Datenverarbeitungsmaschinen, verwendbare Sprache übertragen oder übersetzt werden. All rights reserved (including those of translation into other languages). No part of this book may be reproduced in any form – by photoprinting, microfilm, or any other means – nor transmitted or translated into a machine language without written permission from the publisher. Die Wiedergabe von Warenbezeichnungen, Handelsnamen oder sonstigen Kennzeichen in diesem Buch berechtigt nicht zu der Annahme, dass diese von jedermann frei benutzt werden dürfen. Vielmehr kann es sich auch dann um eingetragene Warenzeichen oder sonstige gesetzlich geschützte Kennzeichen handeln, wenn sie als solche nicht eigens markiert sind. Umschlaggestaltung: Sonja Frank, Berlin Herstellung: HillerMedien, Berlin Satz: Alexa Glanzner GmbH, Viernheim Druck und Bindung: CPI Germany Printed in the Federal Republic of Germany. Gedruckt auf säurefreiem Papier. ISSN 1438-1192 Print ISBN: 978-3-433-03361-6 ePDF ISBN: 978-3-433-61110-4 ePub ISBN: 978-3-433-61112-8 oBook ISBN: 978-3-433-61111-1

Vorwort

III

Vorwort Türme und Maste sind filigrane Ingenieurtragwerke, die sehr sensibel auf klimatische Einwirkungen wie Wind reagieren. Gleichzeitig haben sich bestimmte typische Konstruktionsformen wie Fachwerke aus Winkelprofilen für diese Tragwerke bewährt. In dem ersten Schwerpunkt des Stahlbau-Kalenders 2022 werden in den zugehörigen Beiträgen nicht nur die Grundlagen, sondern auch die neuen Entwicklungen im Hinblick auf die neue Eurocode-Generation dargestellt. Die neuen Eurocode-Regelungen sind auch Hauptgegenstand der zum zweiten Themenschwerpunkt Brandschutz gehörenden Beiträge. Gleichzeitig geht es darum, wie heute in der Praxis für Stahl- und Verbundtragwerke konkrete Lösungen zum Brandschutz gefunden werden. Mit dem Abdruck der Grundnorm DIN EN 1993-1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau mit Nationalem Anhang sowie ergänzenden, an den jeweiligen Stellen aktualisierten Kommentaren von Ulrike Kuhlmann und Fabian Jörg, Universität Stuttgart wird den Anwender:innen eine verlässliche Basis für ihre tägliche Arbeit gegeben. Diese regelmäßige Überarbeitung ermöglicht es, auf aktuell entstandene Fragen oder Klärungsbedarf bzw. neue Erkenntnisse durch die zurzeit laufende Überarbeitung der Norm für die zweite Generation der Eurocodes einzugehen. Karsten Kathage und Christoph Ortmann, Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Berlin erläutern in ihrem Beitrag Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Normen und Bescheide im Stahlbau die zur Zeit der Beitragsbearbeitung noch aktuelle Version MVV TB 2020∕22 im Hinblick auf den Stahlbau. Die überarbeitete Version MVV TB 2021∕1 der Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen wurde im Januar 2022 veröffentlicht. Zusätzlich werden die aktuellen Normen und Richtlinien für den Stahlbau aufgelistet und eine Zusammenstellung der für den Stahl- und Verbundbau relevanten Bescheide des Deutschen Instituts für Bautechnik DIBt (Stand: September 2021) gegeben. Über Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020 berichten Markus Knobloch, Sara Uszball, Lukas Schaper, Ruhr-Universität Bochum und Martin Mensinger, Technische Universität München. Vor dem Hintergrund der Entwicklung der zweiten Generation der Eurocodes wurde eine Entwurfsfassung von prEN19931-2 „Allgemeine Regeln – Tragwerksbemessung für den Brandfall“ ausgearbeitet, die aktuell zur finalen Abstimmung in Europa vorbereitet wird. In diesem Beitrag werden die Weiterentwicklungen von prEN19931-2 gegenüber der derzeitigen Norm erläutert und die Anwender:innen frühzeitig mit den wesentlichen strukturellen und technischen Änderungen vertraut gemacht. Die Autor:innen waren unmittelbar an der Ausarbeitung des neuen Normentextes beteiligt, was eine kompetente Vermittlung der Intentionen und Hinter-

gründe der Änderungen im neuen Normentext ermöglicht. Der englische Originaltext wurde auszugsweise von den Verfasser:innen des Beitrags ins Deutsche übersetzt und ist den Erläuterungen vorangestellt. Im Beitrag Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton geben Peter Schaumann, Maximilian Mund, Leibniz Universität Hannover und Inka Pehrs, Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Hannover einen aktuellen Überblick über die heute geltenden normativen Regelungen zur brandschutztechnischen Bemessung von Stahlverbundtragwerken. Gravierende Neuerungen in den zurzeit in der Bearbeitung befindlichen neuen Eurocodes werden aufgezeigt. Zunächst wird der aktuelle bauaufsichtliche Rahmen für Regelbauten beschrieben. Es folgt die Erläuterung der thermischen und mechanischen Einwirkungen sowie der temperaturabhängigen Materialkennwerte von Beton, Bau- und Bewehrungsstahl. Des Weiteren werden die tabellarischen und vereinfachten Bemessungsverfahren nach DIN EN 19941-2 vorgestellt. Der Ermittlung der Bauteilwiderstände und den entsprechend den erhöhten Bauteiltemperaturen veränderten Materialeigenschaften kommt dabei besondere Bedeutung zu. Aufgrund der zunehmenden praktischen Bedeutung wird ein gesonderter Abschnitt den computergestützten Bemessungsverfahren gewidmet. Zuletzt werden einige Beispiele detailliert ausgearbeitet. Im Beitrag Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1 von Jochen Zehfuß, Technische Universität Braunschweig werden die Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1 vorgestellt. Der Brandfall als außergewöhnliche Bemessungssituation ist durch thermische Einwirkungen im Hochtemperaturbereich gekennzeichnet, die eine Auswirkung hinsichtlich thermischer Dehnungen und Zwangskräfte sowie eine temperaturbedingte Reduzierung der Festigkeiten und Steifigkeiten der Bau­ stoffe zur Folge hat. Die thermischen Einwirkungen hängen wesentlich vom Bemessungsbrand ab. Eurocode 1 ermöglicht neben der klassischen Vorgehensweise des Ansatzes mit nominellen Temperaturzeitkurven wie der Einheits-Temperaturzeitkurve auch eine leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen mittels Naturbrandszenarien. Die Anwendung von vereinfachten und erweiterten Naturbrandmodellen, deren Anwendungsbereich und Randbedingungen werden beschrieben und die Anwendung exemplarisch für das Brandszenario eines vollentwickelten Raumbrandes sowie eines lokalen Brandes in Beispielen gezeigt. Im Beitrag werden die absehbaren Neuerungen des in Überarbeitung befindlichen Eurocodes 1 angesprochen und im Beispiel dargestellt. In ihrem Beitrag zu Reaktiven Brandschutzsystemen erläutern Sascha Hothan und Dustin Häßler, Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Berlin neueste Erkenntnisse zu reaktiven Brandschutz-

IV Vorwort systemen (RBS). Ihre Wirkungsweise basiert auf der Bildung einer thermischen Schutzschicht infolge Reaktion der Bestandteile mittels thermischer Aktivierung durch den Brand selbst. Die so entstehende, schaumartige Schutzschicht verlangsamt die Erwärmung der beschichteten Konstruktion. Der vorliegende Beitrag konzentriert sich auf die Verwendung von RBS auf Stahlkonstruktionen. Neben einer umfassenden Darstellung der aktuellen nationalen und europäischen Regelungen zu RBS werden technologische Besonderheiten und deren Einfluss auf den Regelungsinhalt im Beitrag thematisiert. Dabei werden neben sich abzeichnenden Neuerungen auch die entsprechenden wissenschaftlich-technologischen Grundlagen dargelegt. Eine allgemeine Darstellung von Exposition und Schädigungsmechanismen sowie die Behandlung der Nachweise für die Dauerhaftigkeit soll sachlich informieren und Problemlösungen aufzeigen. Dabei wird insbesondere die Frage nach Nutzungsdauern weit jenseits von 10 Jahren aufgegriffen. Mit dem Thema Praxisbeispiele zu erfolgreichen Brandschutzlösungen beschäftigten sich Jochen Zehfuß, Technische Universität Braunschweig, Jörg Sothmann, ­Michael Winkler, hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Hamburg, Georg Spennes, BFT Cognos GmbH, Aachen, Jens Upmeyer, Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Kleve und Olga Molochnikova, Ingenieure für Brandschutz GmbH, Hamburg. Anhand von 3 Praxisbeispielen werden erfolgreiche Brandschutzlösungen vorgestellt. In einem ersten Beispiel wird der Nachweis für die Konstruktion einer 100-jährigen Stahlkonstruktion eines ehemaligen Gewerbegebäudes gezeigt, das nun als Theater genutzt wird. In einem zweiten Beispiel wird dargestellt, dass das stählerne Tragwerk einer offenen Parkgarage ohne Brandschutzmaßnahmen ausgeführt werden kann, sofern der Nachweis unter Berücksichtigung der thermischen Einwirkung auf der Grundlage von Naturbrandszenarien erfolgt. Im dritten Beispiel wird ein Brandschutznachweis für ein Raumzellengebäude aus Containern ohne Brandschutzbekleidung von außen gezeigt. Im Beitrag Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen behandeln Richard Stroetmann, Technische Universität Dresden, Lars Sieber, Thomas Riedel, Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden (HTW) und Andreas Taras, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich (ETH) unter Mitarbeit von Dipl.-­ Ing. Jürgen Anders, Institut für Schweißtechnik und Ingenieurbüro Dr. Möll GmbH, Darmstadt und Prof. Dr.-Ing. Gerd Kuscher, Gesellschaft für Schweißtechnik International mbH, Hannover die Grundlagen zu Altstahlkonstruktionen, die für deren Bewertung, Modernisierung und Instandsetzung von Interesse sind. Nach einer Beschreibung der zeitlichen Entwicklung der Herstellungsverfahren und der frühen Normung für Baustähle wird auf die metallurgischen Besonderheiten aus der Herstellung, die chemische Zusammensetzung und die mechanischen Eigenschaften alter Baustähle

eingegangen. Eine häufig bei Altstahlkonstruktionen anzutreffende Verbindungstechnik stellen Nietverbindungen dar, die hier vorgestellt werden. Ein wichtiger Aspekt ist die Bewertung der Sprödbruchneigung genieteter Stahlkonstruktionen aus Flussstahl. Bei der Beurteilung der Sicherheit bestehender Konstruktionen und der Entscheidung über notwendige Instandsetzungs- und Verstärkungsmaßnahmen ist der Nachweis ausreichender Werkstoffzähigkeit von wesentlicher Bedeutung. Schließlich rundet ein Abschnitt zur Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Altstahlkonstruktionen den Beitrag ab. Neu ist dabei ein Abschnitt, in dem die Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen behandelt wird. Winkelprofile gehören zu den beliebtesten Profiltypen im Bausektor, besonders im Mast- und Turmbau. Über den Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen berichten André Beyer, CTICM, Frankreich, Marios-Zois Bezas, und Jean-Pierre Jaspart, Université de Liège, Belgien sowie Ioannis Vayas, National Technical University of Athens, Griechenland. Im Beitrag werden auf der Grundlage der Ergebnisse des europäischen Forschungsprojekts ANGELHY Bemessungskonzepte erläutert, die den Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen der Querschnittsklassen 1 bis 4 für einzelne und kombinierte Schnittgrößen erlauben. Bei mehrteiligen Querschnitten erlauben sie eine einfache Erfassung der Abstände zwischen Verbindungen und geben die Möglichkeit Konfigurationen zu behandeln, die aktuell nicht im Eurocode erfasst sind. Diese Regeln sind sowohl für den allgemeinen Gebrauch als auch speziell für Türme und Maste anwendbar und wurden somit für einen Anhang F in der neuen prEN 1993-3 vorgeschlagen. In diesem Beitrag werden die Regeln vorgestellt und ihre Herleitung und Validierung erläutert. Hervorzuheben ist, dass die Nachweise auch sehr konkret an typischen Anwendungsbeispielen gezeigt werden. Mit dem Thema Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung haben sich Rüdiger Höffer, Ruhr-Universität Bochum, Klaus Thiele, Technische Universität Braunschweig, Francesca Lupi, Ulf Winkelmann, Ruhr-Universität Bochum, Wolfgang Hubert, Niemann Ingenieure GbR, Bochum, Cornelia Kalender, Ruhr-Universität Bochum, Roland Wüchner und Cong Chen, Technische Universität Braunschweig beschäftigt. Zur quantitativen Beschreibung der Windwirkung sind Modelle der Bauwerksaerodynamik erforderlich, deren Qualität direkt das Ergebnis beeinflusst. In jedem Fall ist es von großer Bedeutung, die Voraussetzungen und Geltungsgrenzen der verwendeten Modelle zu kennen. Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken sind ebenso ein Schwerpunktthema des Beitrags wie wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten. Hinweise werden auch zur Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand gegeben, einem

Vorwort

in jüngster Zeit intensiv diskutierten Problem. Für diese und andere Themen des Windingenieurwesens werden Modelle dargestellt und erläutert. Dabei wird auch die aktuelle Weiterführung der europäischen Normung berücksichtigt. Türme und Maste sind funktionale, schlanke Ingenieurtragwerke und wichtiger Teil unserer modernen Infrastruktur. Frank Kemper, Markus Feldmann, Mirko Friehe, alle Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule Aachen (RWTH), Klaus Thiele, Technische Universität Braunschweig und Dieter Ungermann, Alena Patschin und Bettina Brune, alle Technische Universität Dortmund beleuchten in diesem Beitrag einige Besonderheiten, die für die Planung von Turm- und Mastbauwerken relevant sind, wie Lastansätze (Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte), Bemessungsmodelle und Nachweiskriterien. Hierbei werden gezielt auch strittige Regelungen aufgegriffen und, soweit möglich, hierzu Stellung genommen, indem aktuelle Forschungsarbeiten des Institutes für Stahlbau sowie des Centers for Wind and Earthquake Engineering (CWE) der RWTH ­Aachen herangezogen werden. Auf die europäischen Regeln für Türme, Maste und Schornsteine (Eurocode 3-3-1 bzw. 3-3-2) wird an den passenden Stellen Bezug genommen. Für die verschiedenen Einsatzgebiete von Masten, wie zum Beispiel für Windkraftanlagen oder

V

für Freileitungen, gibt es zum Teil parallele Normungsregelungen und spezielle technische Anforderungen aus der Nutzung. Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf die kommende Normengeneration prEN 1993-3 und deren Änderungen gegenüber den gültigen Regelungen. Ich darf mich im Namen des Verlags Ernst & Sohn bei allen Autoren ganz herzlich für ihre qualitativ hochwertige Arbeit bedanken. Den Mitarbeitern des Verlags und im Institut danke ich besonders für ihren großen Einsatz, der trotz aller Schwierigkeiten ein pünktliches Erscheinen des Kalenders möglich macht. Damit bietet der Kalender wieder einen hervorragenden Überblick zu den Schwerpunktthemen Türme und Maste und Brandschutz. Am Freitag, 24. Juni 2022 wird der diesjährige Stahlbau-Kalender-Tag in Stuttgart stattfinden, zu dem wir alle Interessierten herzlich einladen. Auch wenn sich gezeigt hat, dass eine Online-Veranstaltung möglich und gut ist, hoffen wir doch sehr, in diesem Jahr wieder in Präsenz tagen zu können. In jedem Fall werden die Autoren dieser Ausgabe zu ihren Themen live vortragen und für Diskussionen zur Verfügung stehen. Stuttgart, Februar 2022 Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann

Inhaltsübersicht

Inhaltsübersicht

1 Stahlbaunormen DIN EN 1993-1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau  1 Ulrike Kuhlmann, Fabian Jörg 2

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Normen und Bescheide im Stahlbau  87 Karsten Kathage, Christoph Ortmann

3

Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020  203 Markus Knobloch, Sara Uszball, Lukas Schaper, Martin Mensinger

4

Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton  279 Peter Schaumann, Maximilian Mund, Inka Pehrs

5

Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1  345 Jochen Zehfuß

6

Reaktive Brandschutzsysteme  367 Sascha Hothan, Dustin Häßler

7

Praxisbeispiele zu erfolgreichen Brandschutzlösungen  401 Jochen Zehfuß, Jörg Sothmann, Georg Spennes, Jens Upmeyer, Michael Winkler, Olga Molochnikova

8

Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen  427 Richard Stroetmann, Lars Sieber, Andreas Taras, Thomas Riedel unter Mitarbeit von Jürgen Anders, Gerd Kuscher

9

Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen  527 André Beyer, Marios-Zois Bezas, Jean-Pierre Jaspart, Ioannis Vayas

10

Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung  577 Rüdiger Höffer, Klaus Thiele, Francesca Lupi, Ulf Winkelmann, Wolfgang Hubert, Cornelia Kalender, Roland Wüchner, Cong Chen

11

Türme und Maste  641 Frank Kemper, Markus Feldmann, Mirko Friehe, Klaus Thiele, Dieter Ungermann, Alena Patschin, Bettina Brune

Stichwortverzeichnis 709

VII

Inhaltsverzeichnis

IX

Inhaltsverzeichnis

Vorwort  III Autor:innenverzeichnis  XXI 1

Stahlbaunormen DIN EN 1993-1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau 1 Ulrike Kuhlmann, Fabian Jörg

Anmerkung zum Abdruck von DIN EN 1993-1-1 5 Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau 5 Nationales Vorwort 5 Hintergrund des Eurocode-Programms 5 Status und Gültigkeitsbereich der Eurocodes 6 Nationale Fassungen der Eurocodes 6 Verbindung zwischen den Eurocodes und den harmonisierten Technischen Spezifikationen für Bauprodukte (EN und ETAZ) 7 Besondere Hinweise zu EN 1993-1 7 Nationaler Anhang zu EN 1993-1-1 7 1 Allgemeines 8 1.1 Anwendungsbereich 8 1.1.1 Anwendungsbereich von Eurocode 3 8 1.1.2 Anwendungsbereich von Eurocode 3 Teil 1-1 9 1.2 Normative Verweisungen 10 1.2.1 Allgemeine normative Verweisungen 10 1.2.2 Normative Verweisungen zu schweißgeeigneten Baustählen 10 1.3 Annahmen 10 1.4 Unterscheidung nach Grundsätzen und Anwendungsregeln 10 1.5 Begriffe 10 1.5.1 Tragwerk 10 1.5.2 Teiltragwerke 10 1.5.3 Art des Tragwerks 10 1.5.4 Tragwerksberechnung 11 1.5.5 Systemlänge 11 1.5.6 Knicklänge 11 1.5.7 mittragende Breite 11 1.5.8 Kapazitätsbemessung 11 1.5.9 Bauteil mit konstantem Querschnitt 11 1.6 Formelzeichen 11 1.7 Definition der Bauteilachsen 15 2 Grundlagen für die Tragwerksplanung 16 2.1 Anforderungen 16 2.1.1 Grundlegende Anforderungen 16 2.1.2 Behandlung der Zuverlässigkeit 17 2.1.3 Nutzungsdauer, Dauerhaftigkeit und Robustheit 17

2.2

Grundsätzliches zur Bemessung mit Grenzzuständen 17 2.3 Basisvariable 18 2.3.1 Einwirkungen und Umgebungseinflüsse 18 2.3.2 Werkstoff- und Produkteigenschaften 18 2.4 Nachweisverfahren mit Teilsicherheitsbeiwerten 18 2.4.1 Bemessungswerte von Werkstoffeigenschaften 18 2.4.2 Bemessungswerte der geometrischen Größen 18 2.4.3 Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit 18 2.4.4 Nachweis der Lagesicherheit (EQU) 19 2.5 Bemessung mit Hilfe von Versuchen 19 3 Werkstoffe 19 3.1 Allgemeines 19 3.2 Baustahl 20 3.2.1 Werkstoffeigenschaften 20 3.2.2 Anforderungen an die Duktilität 22 3.2.3 Bruchzähigkeit 22 3.2.4 Eigenschaften in Dickenrichtung 22 3.2.5 Toleranzen 23 3.2.6 Bemessungswerte der Materialkonstanten 23 3.3 Verbindungsmittel 23 3.3.1 Schrauben, Bolzen, Nieten 23 3.3.2 Schweißwerkstoffe 23 3.4 Andere vorgefertigte Produkte im Hochbau 23 4 Dauerhaftigkeit 23 5 Tragwerksberechnung 24 5.1 Statische Systeme 24 5.1.1 Grundlegende Annahmen 24 5.1.2 Berechnungsmodelle für Anschlüsse 25 5.1.3 Bauwerks-Boden-Interaktion 25 5.2 Untersuchung von Gesamttragwerken 25 5.2.1 Einflüsse der Tragwerksverformung 25 5.2.2 Stabilität von Tragwerken 27 5.3 Imperfektionen 29 5.3.1 Grundlagen 29 5.3.2 Imperfektionen für die Tragwerksberechnung 29

X Inhaltsverzeichnis 5.3.3

Imperfektionen zur Berechnung aussteifender Systeme 33 5.3.4 Bauteilimperfektionen 34 5.4 Berechnungsmethoden 35 5.4.1 Allgemeines 35 5.4.2 Elastische Tragwerksberechnung 35 5.4.3 Plastische Tragwerksberechnung 36 5.5 Klassifizierung von Querschnitten 36 5.5.1 Grundlagen 36 5.5.2 Klassifizierung 36 5.6 Anforderungen an Querschnittsformen und Aussteifungen am Ort der Fließgelenkbildung 37 6 Grenzzustände der Tragfähigkeit 41 6.1 Allgemeines 41 6.2 Beanspruchbarkeit von Querschnitten 41 6.2.1 Allgemeines 41 6.2.2 Querschnittswerte 43 6.2.3 Zugbeanspruchung 44 6.2.4 Druckbeanspruchung 45 6.2.5 Biegebeanspruchung 45 6.2.6 Querkraftbeanspruchung 45 6.2.7 Torsionsbeanspruchung 47 6.2.8 Beanspruchung aus Biegung und Querkraft 48 6.2.9 Beanspruchung aus Biegung und Normalkraft 48 6.2.10 Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Normalkraft 50 6.3 Stabilitätsnachweise für Bauteile 51 6.3.1 Gleichförmige Bauteile mit planmäßig zentrischem Druck 51 6.3.2 Gleichförmige Bauteile mit Biegung um die Hauptachse 54 6.3.3 Auf Biegung und Druck beanspruchte gleichförmige Bauteile 59 6.3.4 Allgemeines Verfahren für Knick- und Biegedrillknicknachweise für Bauteile 61 6.3.5 Biegedrillknicken von Bauteilen mit Fließgelenken 63 6.4 Mehrteilige Bauteile 64 6.4.1 Allgemeines 64 6.4.2 Gitterstützen 67 6.4.3 Stützen mit Bindeblechen (Rahmenstützen) 67 6.4.4 Mehrteilige Bauteile mit geringer Spreizung 68 7

Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit 69 7.1 Allgemeines 69

7.2 7.2.1 7.2.2 7.2.3

Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit für den Hochbau 69 Vertikale Durchbiegung 69 Horizontale Verformungen 69 Dynamische Einflüsse 69

Anhang A (informativ) 70 Verfahren 1: Interaktionsbeiwerte kij für die Interaktionsformel in 6.3.3(4) 70 Anhang B (informativ) 72 Verfahren 2: Interaktionsbeiwerte kij für die Interaktionsformel in 6.3.3(4) 72 Anhang AB (informativ) 73 Zusätzliche Bemessungsregeln 73 AB.1 Statische Berechnung unter Berücksichtigung von WerkstoffNichtlinearitäten 73 AB.2 Vereinfachte Belastungsanordnung für durchlaufende Decken 73 Anhang BB (informativ) 73 Knicken von Bauteilen in Tragwerken des Hochbaus 73 BB.1 Biegeknicken von Bauteilen von Fachwerken oder Verbänden 73 BB.1.1 Allgemeines 73 BB.1.2 Gitterstäbe aus Winkelprofilen 74 BB.1.3 Bauteile mit Hohlprofilen 75 BB.2 Kontinuierliche seitliche Abstützungen 75 BB.2.1 Kontinuierliche seitliche Stützung 75 BB.2.2 Kontinuierliche Drehbehinderung 75 BB.3 Größtabstände bei Abstützmaßnahmen für Bauteile mit Fließgelenken gegen Knicken aus der Ebene 77 BB.3.1 Gleichförmige Bauteile aus Walzprofilen oder vergleichbaren geschweißten I-Profilen 77 BB.3.2 Voutenförmige Bauteile, die aus Walzprofilen oder vergleichbaren, geschweißten I-Profilen bestehen 79 BB.3.3 Modifikationsfaktor für den Momentenverlauf 80 Anhang C (normativ) 82 Auswahl der Ausführungsklasse 82 C.1 Allgemeines 82 C.1.1 Grundanforderungen 82 C.1.2 Ausführungsklasse 82 C.2 Auswahlverfahren 83 C.2.1 Maßgebende Faktoren 83 C.2.2 Auswahl 83 Literatur zu den Kommentaren 85

Inhaltsverzeichnis

2

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Normen und Bescheide im Stahlbau 87 Karsten Kathage, Christoph Ortmann

1

Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) 89

3.1.1 3.1.2

2

Normen und Richtlinien für den Stahlbau 138

3.1.3

3

Bescheide des Deutschen Instituts für Bautechnik DIBt (Stand: November 2021) 144 Allgemeine bauaufsichtliche Zulassungen∕​ allgemeine Bauartgenehmigungen 144

3.1 3

3.1.4 3.2

Verzeichnis Sachgebiet Verbundbau 144 Verzeichnis Sachgebiet Metallbau – Werkstoffe 146 Verzeichnis Sachgebiet Metallbau und Metallbauarten 149 Verzeichnis Sachgebiet Gerüste 179 Europäische Technische Bewertungen 191

Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020 203 Markus Knobloch, Sara Uszball, Lukas Schaper, Martin Mensinger

1 Einleitung 205 1.1 Zur brandschutztechnischen Bemessung von Stahlkonstruktionen 205 1.2 Entstehung der neuen Normengeneration 207 1.3 Überblick über die Änderungen 209 2 Werkstoffeigenschaften 210 2.1 Neuer Normentext 210 2.2 Hintergrund der Änderung 212 2.2.1 Allgemeines 212 2.2.2 Erweiterung der Anwendungsgrenzen 212 3

Emissivität feuerverzinkter Stahlbauteile 215 3.1 Neuer Normentext 215 3.2 Hintergrund der Überarbeitung 215 3.2.1 Allgemeines 215 3.2.2 Emissivität 215 3.2.3 Feuerverzinkung 216 3.2.4 Emissivität feuerverzinkter Stahlkonstruktionen 216 3.2.5 Versuche an der TUM 216 3.2.5.1 Kleinbrandversuche 216 3.2.5.2 Großbrandversuche 217 3.2.6 Zweistufiges Emissionsgrad-Konzept 218 3.2.7 Nachweisführung feuerverzinkter Stahlbauteile im Brandfall 218 4 4.1 4.2

XI

Vereinfachte Bemessungsverfahren 219 Neuer Normentext 219 Allgemeines zur vereinfachten Brandbemessung von stabilitätsgefährdeten Bauteilen 226 4.3 Vereinfachte Bemessung von Klasse-4Querschnitten 227 4.3.1 Allgemeines 227 4.3.2 Wirksame Querschnittswerte 228 4.3.3 Imperfektionsbeiwert für Stützen und Träger mit Querschnitten der Klasse 4 228

4.3.4

Kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung bei Bauteilen mit Querschnitten der Klasse 4 229 4.4 Aktuelle Forschungen 231 4.4.1 Stahlbauteile unter Druck und Biegung 231 4.4.1.1 Grundlage der Untersuchungen 231 4.4.1.2 Anpassung der Abminderungsfaktoren für Biegeknicken und Biegedrillknicken 231 4.4.1.3 Anpassung der Interaktionsfaktoren 233 4.4.1.4 Statistische Auswertung 235 4.4.1.5 Fazit 235 4.4.2 Biegedrillknicken als Knicken des Druckgurts 235 4.4.2.1 Einleitung 235 4.4.2.2 Methodik 236 4.4.2.3 Überarbeitung des Verfahrens 237 4.4.2.4 Statistische Auswertung 238 4.4.2.5 Fazit 239 5 5.1 5.2

Erweiterte Bemessungsverfahren 239 Neuer Normentext 239 Brandbemessung mit erweiterten Bemessungsverfahren 240

6 Anhang C Nichtrostender Stahl 242 6.1 Neuer Normentext 242 6.2 Allgemeines 251 6.3 Thermische Werkstoffeigenschaften 252 6.3.1 Wärmeleitfähigkeit von nichtrostendem Stahl 252 6.3.2 Spezifische Wärmekapazität von nichtrostendem Stahl 253 6.4 Mechanische Werkstoffeigenschaften 254 6.4.1 Spannungs-Dehnungs-Beziehung von nichtrostendem Stahl bei erhöhten Temperaturen 254 6.4.2 Thermische Dehnung von nichtrostendem Stahl 255 6.5 Vereinfachtes Bemessungsverfahren 256 6.5.1 Allgemeines 256 6.5.2 Querschnittsklassifizierung 256

XII Inhaltsverzeichnis 6.5.3

Beanspruchbarkeit von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl nach vereinfachtem Bemessungsverfahren für den Brandfall 258 6.5.3.1 Biegeknicken 258 6.5.3.2 Biegedrillknicken 260 6.5.3.3 Kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung 260 7 Anhang D Verbindungen 262 7.1 Neuer Normentext 262 7.2 Allgemeines 263 7.3 Temperaturen von Verbindungen im Brandfall 263 4

Geschweißte Hohlprofile 264

8

Anhang E Träger mit großen Stegöffnungen 267 8.1 Neuer Normentext 267 8.2 Träger mit großen Stegöffnungen 270 8.2.1 Allgemeines 270 8.2.2 Definitionen nach prEN 1993‑1‑13 270 8.3 Thermisches Verhalten 270 8.4 Mechanisches Verhalten 271 9

Zusammenfassung und Ausblick 272

10 Literatur 272

Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton 279 Peter Schaumann, Maximilian Mund, Inka Pehrs

1 Einleitung 281 2 Brandschutztechnische Anforderungen 282 2.1 Allgemeines 282 2.2 Regelbau 283 2.3 Sonderbau 283 3 Einwirkungen 285 3.1 Allgemeines 285 3.2 Thermische Einwirkungen 285 3.2.1 Wärmetransportmechanismen 285 3.2.2 Nominelle Temperaturzeitkurven 287 3.2.3 Naturbrandszenarien 287 3.3 Mechanische Einwirkungen 288 4

Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen 289 4.1 Allgemeines 289 4.2 Thermische Materialkennwerte 290 4.2.1 Wärmeleitfähigkeit 290 4.2.2 Wärmekapazität 291 4.2.3 Thermische Dehnung 291 4.2.4 Thermische Materialeigenschaften von Brandschutzmaterialien 292 4.3 Mechanische Materialkennwerte 293 4.3.1 Allgemeines 293 4.3.2 Bau- und Betonstahl 293 4.3.3 Beton 294 4.4 Aufbereitung in der Numerik 294 5 Bemessung nach DIN EN 1994-1-2 296 5.1 Allgemeines 296 5.2 Bemessungstabellen 296 5.3 Vereinfachte Bemessungsverfahren 297 5.3.1 Allgemeines 297 5.3.2 Verbunddecken 297 5.3.3 Verbundträger 299 5.3.4 Verbundstützen 301 6

7.4

Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken 304 6.1 Allgemeines 304

6.2

Bemessungstools für die Anwendung vereinfachter Bemessungsverfahren 305 6.3 Allgemeine Berechnungsverfahren 305 6.4 Software-Validierung nach DIN EN 1991-1-2∕​NA, Anhang CC 308 6.4.1 Allgemeines 308 6.4.2 SAFIR 309 6.4.3 Zusammenfassung 312 7

Zusammenfassung und Ausblick 312

8 Literatur 313 8.1 Normen und Richtlinien 313 8.2 Veröffentlichungen 314 8.3 Software 315 9

Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2 316 9.1 Aufgabenstellung 316 9.2 Einwirkungen im Brandfall 316 9.3 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 317 9.4 Kriterium des Raumabschlusses „E“ 317 9.5 Wärmedämmkriterium „I“ 317 9.6 Tragfähigkeitskriterium „R“ – Momententragfähigkeit 318 9.6.1 Allgemeines 318 9.6.2 Temperaturen im Querschnitt 319 9.6.3 Ermittlung der plastische Momententragfähigkeit Mfi,Rd  321 9.7 Tragfähigkeitskriterium „R“ – Längsschubtragfähigkeit 322 9.8 Ergebnis 324 10

Beispielrechnung 2: Bemessung eines Verbundträgers nach DIN EN 1994-1-2 324 10.1 Aufgabenstellung 324 10.2 Nachweis nach EC4-1-2 – Bemessungstabellen 325 10.3 Nachweis mittels vereinfachter Bemessungsverfahren 327 10.3.1 Allgemeines 327

Inhaltsverzeichnis

10.3.2 10.3.3

Bestimmung von Mpl,Rd für den Brandfall 328 Nachweis der Querkrafttragfähigkeit 333

11

Beispielrechnung 3: Bemessung einer betongefüllten Stahlhohlprofilstütze nach DIN EN 1994-1-2, Anhang F* 334 11.1 Aufgabenstellung 334 11.2 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 335 11.3 Ermittlung der äquivalenten Temperaturen der Querschnittsteile 335 11.4 Axiale Bemessungslast bei erhöhten Temperaturen 336 11.4.1 Ermittlung des Bemessungswertes des plastischen Widerstands 336 5

2.3

Einwirkungen im Lastfall Brand 347 Allgemeine Grundlagen 347 Thermische Einwirkungen durch Wärmeübergang 348 Mechanische Einwirkungen 349

3 Bemessungsbrände 350 3.1 Allgemeines 350 3.2 Nominelle Temperaturzeitkurven 353 3.3 Naturbrandmodelle 353 4

Leistungsorientierte Festlegung der Brandeinwirkungen 353 4.1 Vorbemerkung 353 4.2 Vereinfachtes Naturbrandmodell für vollentwickelte Raumbrände 354 4.3 Brandeinwirkungen auf außenliegende Bauteile 355 6

Ermittlung der effektiven Biegesteifigkeit im Brandfall 337 11.5 Ermittlung des Bemessungswertes der Knicklast im Brandfall 338 11.6 Nachweis 338 12

Beispielrechnung 4: Bemessung eines Flachdeckenträgers nach DIN EN 1994-1-2, Anhang H* 338 12.1 Aufgabenstellung 338 12.2 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 339 12.3 Ermittlung der äquivalenten Temperaturen der Querschnittsteile 340 12.4 Plastische Momententragfähigkeit im Feld 341 12.5 Nachweis 344

4.4

Bestimmung der Brandeinwirkungen lokaler Brände 356 4.4.1 Allgemeines 356 4.4.2 Berechnung der Brandeinwirkungen für Bauteile außerhalb des Brandherds 356 4.5 Erweiterte Brandmodelle 358 4.6 Anwendung von Naturbrandmodellen 359 4.6.1 Allgemeines 359 4.6.2 Bestimmung der Wärmefreisetzungsrate 359 4.6.3 Ermittlung der Bemessungswerte 360 5 Anwendungsbeispiele 363 5.1 Beispiel 1: Vollentwickelter Raumbrand 363 5.2 Beispiel 2: Lokaler Brand mit Stütze außerhalb des Plumes 364 6 Literatur 366

Reaktive Brandschutzsysteme 367 Sascha Hothan, Dustin Häßler

1 Einleitung 369 2 Technologische Grundlagen 369 2.1 Grundlagen und Wirkungsweise 369 2.2 Typen und Chemie 370 2.3 Applikation 370 3

11.4.2

Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1 345 Jochen Zehfuß

1 Einführung 347 2 2.1 2.2

XIII

Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit 371 3.1 Bauteilgeometrie 371 3.2 Mechanische Beanspruchung 373 3.3 Mehrdimensionale Beanspruchung 373 3.4 Einbaulage 375 3.5 Trockenschichtdicke 375 3.6 Einwirkende Temperatur-Zeit-Kurve 375

4 Regelungen 376 4.1 Nationale und europäische Zulassungen 376 4.2 Anwendung auf Grundlage bauaufsichtlicher Regelungen und Zulassungen 377 4.2.1 Biegebeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil 378 4.2.2 Druckbeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil 379 4.2.3 Zugbeanspruchte Bauteile mit offenem oder rechteckigem geschlossenem Profil 379 4.2.4 Zugbeanspruchte Bauteile mit Vollprofil oder kreisrundem geschlossenem Profil 380 4.2.5 Bauteile mit kombinierter mechanischer Beanspruchung 382

XIV Inhaltsverzeichnis 5 5.1

Novellierungen im Normenwerk 382 Allgemeines zur Normenreihe EN 13381 und zur Gremienzuständigkeit 382 5.2 Träger und Stützen aus Stahl – EN 13381-8 382 5.3 Zugglieder aus Stahlvollprofilen – EN 13381-10 und neuer Normenteil zu EN 13381 383 5.4 Bauteile aus Aluminium 384 5.5 Produktnorm 384 6 Dauerhaftigkeit 385 6.1 Exposition und Schädigungsmechanismen 385 6.2 Nachweise der Dauerhaftigkeit 385 6.2.1 Allgemeines 385 6.2.2 Europäisches Verfahren nach EAD 386 6.2.3 Verfahren nach nationalen Zulassungsgrundsätzen des DIBt 388 6.2.4 Vergleich und Bewertung 388 7

Sanierung und Ausbesserung 389 Zustandsermittlung und Ertüchtigungsmaßnahmen 389

7 Aus der Forschung 390 7.1 Allgemeines 390 7.2 Abgeschlossene Forschung 390 7.2.1 Verwendung auf Zugstabsystemen und Anschlusskonstruktionen 390 7.2.2 Einfluss unterschiedlicher Temperatur-ZeitKurven 391 7.2.3 Einfluss der Oberflächenkrümmung 393 7.2.4 Alterungs- und Witterungsbeständigkeit 393 7.3 Laufende Forschung 394 7.3.1 Prüfnorm für Stahlzugglieder 394 7.3.2 Dauerhaftigkeit und Feuerwiderstand 395 7.3.3 In-situ-Prüfverfahren 396 7.4 Ausblick 397 8 Literatur 398

Praxisbeispiele zu erfolgreichen Brandschutzlösungen 401 Jochen Zehfuß, Jörg Sothmann, Georg Spennes, Jens Upmeyer, Michael Winkler, Olga Molochnikova

1 Überblick 403 2

Theater Wiesendamm in Hamburg – Brandschutznachweis für eine 100-jährige Stahlkonstruktion 403 2.1 Projektbeschreibung 403 2.2 Beschreibung der besonderen brandschutztechnischen Fragestellung 404 2.3 Brandszenarien 405 2.3.1 Brandszenario der Stützengruppe G2 – Foyer 405 2.3.2 Brandszenario der Stützengruppe G3 – notwendiger Flur 405 2.4 Thermische Einwirkungen im Brandfall 405 2.4.1 Stützengruppe G2 – Foyer 405 2.4.2 Stützengruppe G3 – notwendiger Flur 407 2.5 Nachweis des Feuerwiderstands 407 2.5.1 Allgemeines 407 2.5.2 Versuchsdurchführung 407 2.5.3 Versuchsauswertung (erhöhte Temperaturen) 408 2.6 Ausführung (Stahlbau) 408 2.7 Zusammenfassung 409 3

6.3 6.4

Neubau eines Parkhauses in Stahl- und Stahlverbundbauweise 409 3.1 Projektbeschreibung 409 3.2 Beschreibung der besonderen brandschutztechnischen Fragestellung 410 3.3 Brandszenarien 410

3.4

Thermische Einwirkungen im Brandfall 411 3.5 Nachweis des Feuerwiderstands 414 3.6 Ausführung 415 3.7 Zusammenfassung 416 4

Brandschutznachweis für Raumzellengebäude in Stahlkonstruktion 416 4.1 Projektbeschreibung 416 4.2 Beschreibung der besonderen brandschutztechnischen Fragestellung 417 4.2.1 Allgemeines 417 4.2.2 Nutzung∕​Nutzerzahl 417 4.2.3 Bauordnungsrechtliche Einordnung 418 4.2.4 Schutzziel 419 4.2.5 Angewandte Berechnungsverfahren und Simulationen 419 4.2.6 Schutzzielorientierter Nachweis für Tragwerk und Raumabschluss 419 4.2.7 Konstruktionsmerkmale 419 4.3 Baurechtlicher Abgleich ∕​ Erleichterungen 419 4.4 Nachweis des Feuerwiderstands 421 4.4.1 Allgemeines 421 4.4.2 Thermische Bauteilanalyse 421 4.4.3 Mechanische Bauteilanalyse 424 4.5 Raumabschluss 424 4.6 Zusammenfassung 424 5 Literatur 424

Inhaltsverzeichnis

8

XV

Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen 427 Richard Stroetmann, Lars Sieber, Andreas Taras, Thomas Riedel unter Mitarbeit von Jürgen Anders, Gerd Kuscher

1 Allgemeines 431 2

Verfahren zur Stahlherstellung und Entwicklung der Normung 434 2.1 Roheisenerzeugung und Verwendung von Koks 434 2.2 Industrielle Stahlerzeugung mit dem Puddelverfahren 437 2.3 Flussstahlerzeugung nach dem BessemerVerfahren 438 2.4 Flussstahlerzeugung nach dem ThomasVerfahren 439 2.5 Siemens-Martin-Verfahren 439 2.6 Linz-Donawitz-Verfahren 441 2.7 Verfahrensanteile der Stahlproduktion 441 2.7.1 Weltstahlproduktion 441 2.7.2 Deutschland vor dem 2. Weltkrieg 441 2.7.3 Das geteilte Deutschland nach dem 2. Weltkrieg 442 2.8 Entwicklung der Normung für Baustähle in Deutschland 443 3

Werkstoffeigenschaften alter Baustähle 444 3.1 Metallurgische Besonderheiten aus dem Herstellungsverfahren 444 3.2 Chemische Zusammensetzung 445 3.3 Mechanisch-technologische Kennwerte 447 4 Verbindungstechnik 451 4.1 Nietverbindungen 451 4.1.1 Allgemeines 451 4.1.2 Normen und Stahlsorten für Niete 452 4.1.3 Abmessungen genormter Niete 454 4.1.4 Nachweis von Nietverbindungen 457 4.1.5 Herstellen der Nietverbindungen 457 4.1.6 Arbeits- und Verfahrensprüfungen an ein- und mehrschnittigen Verbindungen 459 4.1.7 Inspektion und Abnahme von Nietverbindungen 461 4.1.8 Alternativen zur Niettechnik 462 4.2 Schweißen alter Baustähle 463 4.2.1 Schweißbarkeit 463 4.2.2 Schweißeignung 464 4.2.3 Schweißen von Kehlnähten 465 4.2.4 Schweißen von Stumpfnähten 466 4.2.5 Empfohlene Werkstoffanalysen zur Bewertung der Schweißeignung 469 4.2.6 Empfehlungen zur Vorbereitung und Ausführung der Schweißarbeiten 470 4.2.7 Anwendungsbeispiele 471

5

Bewertung der Sprödbruchneigung genieteter Stahlkonstruktionen aus Flussstahl 473 5.1 Einführung 473 5.2 Sprödbruchsicherheit von Bauteilen 474 5.2.1 Wahl der Stahlgütegruppe nach der DASt-Richtlinie 009 von 1973 474 5.2.2 Sprödbruchsicherheit nach EN 1993-1-10 474 5.2.3 Bewertung der Sprödbruchneigung von Bauteilen in StahlgitterFreileitungsmasten 475 5.3 Bruchmechanische Sicherheitsanalyse 476 5.3.1 Grundlagen bruchmechanischer Nachweiskonzepte 476 5.3.2 Spannungsintensitätsfaktoren für Lochstäbe 477 5.3.3 Plastische Grenzlasten von Bauteilen mit Querschnittsschwächungen durch Risse 480 5.3.4 Annahme eines rissartigen Fehlers in alten Stahlkonstruktionen 480 5.4 Bruchzähigkeit alter Baustähle 481 5.4.1 Bruchmechanische Zähigkeit – Referenztemperatur nach dem Master-Curve-Konzept 482 5.4.2 Vergleich mit Werkstoffdaten früherer Untersuchungen 483 5.4.3 Zusammenhang zwischen Werkstoffzähigkeit und Stahlgüte 483 5.4.4 Korrelationen der Werkstoffzähigkeit 484 5.5 Anwendungsbeispiele 486 5.5.1 Allgemeines 486 5.5.2 Anschlüsse in einem Stahlgittermast 486 5.5.3 Geschweißter Anschluss des Zuggurts eines Fachwerkträgers 487 6

Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile 491 6.1 Allgemeines und Inhalt des Abschnitts 491 6.2 Gleitwiderstand genieteter Verbindungen 492 6.3 Ermüdungsfestigkeit genieteter Bauteile 494 6.3.1 Einflussfaktoren 494 6.3.2 Versuchsergebnisse und statistische Auswertung 496 6.3.3 Statistische Auswertung 498 6.3.4 Kerbfallkatalog 499 6.4 Vorgehensweise bei der Ermittlung der Restlebensdauer auf Basis des Kerbfallkatalogs 501 6.4.1 Grundlegendes 501

XVI Inhaltsverzeichnis 6.4.2 6.4.3

Schadensäquivalentes Schadensspiel E – Anwendungsfall Eisenbahnbrücken 502 Nachweisformat und Berechnungsschritte 505

7

Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstums­ berechnungen 506 7.1 Einführung 506 7.2 Risswachstum unter zyklischen Beanspruchungen 507 7.3 Bruchmechanische Materialparameter von Altstahl 508 7.3.1 Literaturwerte 508 7.3.2 Neuere, experimentell bestimmte Rissfortschrittskennwerte für Flussstahl 509

7.3.2.1

Korrelation und Verteilung der ParisParameter 510 7.3.2.2 Abhängigkeit bruchmechanischer Materialkennwerte vom Verhältnis ​R   ​K​ min​​  ∕​ ​K​ max​​​ 512 7.4 Zyklische Beanspruchung von Eisenbahnbrücken 513 7.5 Risswachstum in Nietverbindungen 514 7.5.1 Einflussfaktor Verkehrslast 515 7.5.2 Einfluss der bruchmechanischen Materialparameter 515 7.5.3 Einflussfaktor Konstruktionsdetail 516 7.6 Anwendung 517 7.6.1 Anwendungsbeispiel 517 7.6.2 Betriebszeitintervallnachweis nach DB-Richtlinie 805.202 520 8 Literatur 520

9

Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen 527 André Beyer, Marios-Zois Bezas, Jean-Pierre Jaspart, Ioannis Vayas

1 Einleitung 531 2

Formelzeichen – Querschnittseigenschaften 535

3 Klassifizierung von Querschnitten 537 3.1 Bemessungsvorschlag 537 3.2 Herleitung und Validierung der c∕t-Grenzwerte für die Querschnittsklassen 537 3.2.1 Allgemeines 537 3.2.2 Klassifizierung unter Drucknormalkraft 537 3.2.3 Klassifizierung unter Biegung Mu um die starke Achse 538 3.2.4 Klassifizierung auf Biegung Mv um die schwache Achse 539 3.2.4.1 Schenkelspitze unter Druck 540 3.2.4.2 Schenkelspitze unter Zug 540 4 Beanspruchbarkeit der Querschnitte 541 4.1 Allgemeines 541 4.2 Druckbeanspruchung 541 4.2.1 Bemessungsvorschlag für die Druckbeanspruchbarkeit 541 4.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 541 4.3 Biegung um die starke Achse 542 4.3.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse 542 4.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 542 4.4 Biegung um die schwache Achse 543 4.4.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse 543 4.4.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 543

5

Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen 544 5.1 Allgemeines 544 5.2 Planmäßig zentrischer Druck 544 5.2.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegeknicken 544 5.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 545 5.2.2.1 Experimentelle Validierung – Labortests der Tsinghua University 545 5.2.2.2 Experimentelle Validierung – Labortests der Université de Liège 546 5.2.2.3 Numerische Validierung 546 5.3 Biegedrillknicken unter Momentenbelastung 547 5.3.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegedrillknicken 547 5.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 548 5.4 Auf Biegung und Druck beanspruchte Stäbe 549 5.4.1 Allgemeines 549 5.4.2 Nachweisbeziehungen 549 5.4.3 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 550 5.4.3.1 Experimentelle Validierung – Labortests der NTUA 550 5.4.3.2 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Braunschweig 551 5.4.3.3 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Graz 551 5.4.3.4 Numerische Validierung 552 6

Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung 553 6.1 Allgemeines 553 6.2 Biegeknicken von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung 554

Inhaltsverzeichnis

6.2.1 6.2.2 6.2.3 6.3 6.3.1 6.3.2 6.3.3

Ermittlung der Beanspruchbarkeit für Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel 554 Ermittlung der Beanspruchbarkeit bei übereck gestellten Doppelwinkeln 554 Beanspruchbarkeit der Verbindungen 555 Validierung des Bemessungsvorschlags 555 Numerisches Modell 555 Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel 556 Übereck gestellte Doppelwinkel 558

7

Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe 562 7.1 Vorgang nach prEN 1993-3 und andere Normen 562 7.2 Vorgehen nach prEN 1993-3, Anhang F 563 7.3 Anwendungsbeispiel 1 564 7.3.1 Allgemeine Angaben 564 7.3.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 565 7.3.2.1 Allgemeines 565 7.3.2.2 Nachweis des Diagonalstabs 566 7.3.2.3 Nachweis des Stiels 566 7.3.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 567 7.3.3.1 Nachweis des Diagonalstabs L90   90   9 567 7.3.3.2 Nachweis des Stiels L160   160   15 568 10

7.3.3.3 7.4 7.4.1 7.4.2 7.4.2.1 7.4.2.2 7.4.3 7.4.3.1 7.4.3.2 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.2.1 7.5.2.2 7.5.3 7.5.3.1 7.5.3.2 7.6 8 8.1 8.2

XVII

Nachweis des Segments 569 Anwendungsbeispiel 2 570 Allgemeine Angaben 570 Nachweis nach EN 1993-3-1 570 Nachweis des Diagonalstabs 570 Nachweis des Stiels 571 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 571 Nachweis des Diagonalstabs 571 Nachweis des Stiels 571 Anwendungsbeispiel 3 571 Allgemeine Angaben 571 Nachweis nach EN 1993-3-1 571 Nachweis des Diagonalstabs 571 Nachweis des Stiels 572 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 572 Nachweis des Diagonalstabs 572 Nachweis des Stiels 572 Zusammenfassung der Anwendungsbeispiele 572 Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für mehrteilige Stäbe mit geringer Spreizung 573 Allgemeine Angaben 573 Nachweis der Diagonalen 573

9 Literatur 575

Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung 577 Rüdiger Höffer, Klaus Thiele, Francesca Lupi, Ulf Winkelmann, Wolfgang Hubert, Cornelia Kalender, Roland Wüchner, Cong Chen

1 Einleitung 579

2.3

2 2.1

3

Windmodelle und lokale Windfelder 580 Modellierungsgrößen der atmosphärischen Grenzschichtströmung 580 2.1.1 Basiswindgeschwindigkeit 580 2.1.2 Wind- und Turbulenzprofile sowie Spitzendruck 580 2.1.3 Modellfortschreibung im Entwurf der zur Verabschiedung anstehenden Vornorm prEN 1991-1-4:2020 582 2.2 Windfeldverhältnisse am Bauwerksstandort 583 2.2.1 Regionale charakteristische Windgeschwindigkeiten 583 2.2.2 Einfluss von Bodenrauigkeit und Topografie auf die standortspezifischen Windprofile am Beispiel eines exponierten Bauwerks in stark strukturiertem Gelände 585 2.2.2.1 Charakteristische Windgeschwindigkeiten am Bauwerksstandort 585 2.2.2.2 Standortspezifischer Einfluss der Bodenrauigkeit auf die Böenwindgeschwindigkeiten 585 2.2.2.3 Untersuchungen zur Orografie 586

Bemessungswindstärke für die Bauphase 589

Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken 590 3.1 Anregungstypen 590 3.2 Bauwerksschwingungen durch die Windböigkeit 591 3.3 Aeroelastische Instabilitäten 591 3.3.1 Aerodynamische Dämpfung 591 3.3.2 Galloping 592 3.3.3 Interaktion Galloping und wirbelerregte Schwingung 595 3.3.3.1 Phänomene 595 3.3.3.2 Wake-Oscillator-Modell 596 3.3.4 Regen-Wind-induzierte Schwingungen 598 3.3.5 Divergenz 599 3.3.6 Flattern 599 4 4.1 4.2 4.2.1

Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten 601 Prozess der Wirbelablösung 601 Berechnung der wirbelerregten Querschwingungsamplitude 602 Verfahren 1 – Resonanzverfahren 603

XVIII Inhaltsverzeichnis 4.2.2 4.2.3 4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.3 4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4

Verfahren 2 – Spektralmethode 604 Ausblick: Modellierung der Wirbelerregung im Eurocode der zweiten Generation 606 Grundlegende Parameter 607 Beanspruchungen durch wirbelerregte Querschwingungen 609 Ermittlung der Spannungsschwing­ spiele N 609 Beispiele und Bewertung 609 Anwendung für Türme in Gruppenanordnung 613 Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand 615 Stahlverbundbrücken im Taktschiebeverfahren 615 Hochmoselbrücke bei Ürzig 616 Aftetalbrücke bei Bad Wünnenberg 619 Modifikation des Vorbauschnabels zur Unterdrückung der Anregung 622

6 6.1 6.2 6.3 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.6 6.7

Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis 623 Grundlagen zur numerischen Modellierung und Simulation der Windströmung 623 Fehler und Unsicherheiten der eingesetzten Modelle 625 Aktuelle Situation der CFD im Windingenieurwesen 626 Überlegungen zur Qualitätssicherung von CFD Berechnungen 627 CFD-Anwendung Beispiel I: Westturm Schloss Friedenstein 628 Details der numerischen Simulation 628 Validierung der Oberflächendruckbeiwerte 630 CFD-Anwendung Beispiel II: Brücke Rheinquerung 632 Fazit und Ausblick 635

7 Danksagungen 635 8 Literatur 635 8.1 Referenzen 635

11

Türme und Maste 641 Frank Kemper, Markus Feldmann, Mirko Friehe, Klaus Thiele, Dieter Ungermann, Alena Patschin, Bettina Brune

1 Einleitung 643 2

Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche 643 2.1 Allgemeines 643 2.2 Regelwerke 644 2.3 Verkehrsinfrastruktur 644 2.4 Industrieller Bedarf 644 2.5 Kommunikationsinfrastruktur 644 2.6 Energieversorgung 645 2.6.1 Freileitungen 645 2.6.1.1 Allgemeines 645 2.6.1.2 Bestandteile einer Freileitung 646 2.6.2 Windenergieanlagen 646 3 Konstruktionsformen 648 3.1 Gittertürme und -maste 648 3.1.1 Allgemeines 648 3.1.2 Türme für Windenergieanlagen 649 3.1.3 Maste für Freileitungen 649 3.1.3.1 Bauarten von Freileitungsmasten 649 3.1.3.2 Stromtrassen 650 3.1.3.3 Mastbilder 651 3.1.3.4 Tragwerke von Freileitungsmasten 653 3.1.3.5 Freileitungen 657 3.1.3.6 Verbindungselemente von Freileitungen und Freileitungsmasten 660 3.2 Rohrtürme und -maste 661 3.2.1 Allgemeines 661 3.2.2 Verbindungen der Sektionen 661 3.2.3 Türme für Windenergieanlagen 662 3.2.4 Maste für Freileitungen 663 3.2.4.1 Freileitungsmaste für die Energiewende 663

3.2.4.2 3.2.4.3 3.3 4

Neue Rohrmaste für Freileitungen 663 Raumoptimierte Freileitungsmaste 671 Abgespannte Maste 672

Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte 672 4.1 Klimatische Einwirkungsgrößen am Bauwerksstandort 672 4.1.1 Basiswindgeschwindigkeit aus meteorologischen Daten 672 4.1.1.1 Allgemeines 672 4.1.1.2 Extreme Windgeschwindigkeit 672 4.1.1.3 Einfluss der Umgebungsrauigkeit 674 4.1.2 Modellierung der Vereisung 676 4.1.2.1 Vereisungsszenarien 676 4.1.2.2 Klimatische Randbedingungen für Vereisung 677 4.1.2.3 Bewertung auf Basis der Schneelastnorm 678 4.1.2.4 Bewertung auf Basis meteorologischer Daten 678 4.2 Aerodynamische Beiwerte 679 4.2.1 Kraftbeiwerte für Gittermaste 679 4.2.1.1 Stand der Normung 679 4.2.1.2 Windkanaluntersuchungen an unterschiedlichen Gittermasten 681 4.2.2 Kraftbeiwerte für Rohrtürme 682 4.2.3 Kraftbeiwerte für Anbauten an Maste 683 4.3 Böenerregte Schwingungen 685 4.4 Wirbelerregte Querschwingungen 685 4.4.1 Beschreibung des Phänomens 685

Inhaltsverzeichnis

4.4.2

Aktuelle Diskussion zu den Verfahren zur Berechnung der Querschwingamplitude 686 4.5 Ermüdungsnachweise für windinduzierte Schwingungen 686 4.5.1 Böenerregte Schwingungen 686 4.5.2 Wirbelerregte Schwingungen 687 4.6 Maßnahmen zur Reduktion von winderregten Schwingungen 687 4.7 Lasteinwirkungen aus Betrieb 688 4.7.1 Betriebszustände von Windkraftanlagen 688 4.7.2 Seilzug bei Freileitungsmasten 689 4.8 Einwirkungen und Einwirkungskombinationen nach DIN EN 50341 VDE 0210 690 4.8.1 Allgemeines 690 4.8.2 Einwirkungen 690 4.8.3 Lastfälle nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 693 Stichwortverzeichnis 709

5

XIX

Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge 693 5.1 Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte in unterschiedlichen Normenwerken 693 5.2 Vollständig probabilistische Bemessung 694 5.2.1 Allgemeines 694 5.2.2 Geforderte Zuverlässigkeit 695 5.2.3 Beispiel 695 5.3 Typische Grenzzustände von Gittermaststrukturen 699 5.4 Modellierung der Einwirkungsseite 700 5.5 Modellierung der Widerstandsseite 700 6

Ausblick auf die kommende Normengeneration 701

7 Zusammenfassung 703 8 Literatur 704

Autor:innenverzeichnis

XXI

Autor:innenverzeichnis

Bezas, Marios-Zois, M.Sc.

Feldmann, Markus, Prof. Dr.-Ing.

2010–2015 Diplom in Bauingenieurwesen an der AUTH (Aristotle University of Thessaloniki), 2016– 2017 M.Sc. in Erdbebeningenieurwesen und seismischer Auslegung von Bauwerken an der AUTH, seit 2017 Doktorand und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der NTUA und Université de Liège.

1986–1991 Bauingenieurstudium RWTH Aachen, 1991–1992 Tragwerksplaner in der Industrie, 1992– 1994 Promotion Lehrstuhl für Stahlbau, RWTH Aachen, 1992–1998 wiss. Mitarbeiter, Lehrstuhl für Stahlbau, RWTH Aachen, zuletzt als Oberingenieur, seit 1999 Geschäftsführender Gesellschafter Ingenieurbüro F W GmbH, Aachen und Stuttgart, 2001–2004 Inhaber des Lehrstuhls für Stahlbau der TU Kaiserslautern, seit 2005 Inhaber des Lehrstuhls für Stahlbau und Leichtmetallbau der RWTH Aachen, Leiter des Instituts für Stahlbau der RWTH Aachen.

Institute of Steel Structures, National Technical University of Athens, Iroon Polytechniou Str. 9, 15780 Athen, Griechenland Université de Liège, Départment ArGEnCo, Quartier Polytech 1, Allée de la Découverte 9 B52/3, 4000 Lüttich∕​Belgien Beyer, André, Dr. 2005–2011 Bauingenieurstudium TU Dresden und ESTP Paris, 2012 Schweißfachingenieur SLV Halle, 2017 externe Promotion Université de Lorraine, seit 2011 CTICM – derzeit Projektdirektor Forschung und Entwicklung, seit 2019 externer Dozent für Stahlbau an der Université de Lorraine. CTICM, L’orme des merisiers, 91193 Saint-Aubin∕​Frankreich Brune, Bettina, apl. Prof. Dr.-Ing. habil. Bauingenieurstudium Universität Dortmund, 1990– 2001 wissenschaftliche Mitarbeiterin an der TU Dortmund, 1994 Promotion und 2001 Habilitation am Lehrstuhl für Stahlbau der TU Dortmund, seit 2001 TU Dortmund Lehrstuhl Stahlbau, seit 2001 (freiberuflich) PSP Aachen/Dortmund, seit 2012 Ingenieurgemeinschaft für Stahlforschung GbR. Technische Universität Dortmund, Lehrstuhl ­Stahlbau, August-Schmidt-Str. 6, 44227 Dortmund Chen, Cong, Dr.-Ing Bachelorstudium Bauingenieurwesen Tianjin Universität (China), Masterstudium Bauingenieurwesen Tongji Universität (China), 2015–2021 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stahlbau der TU-Braunschweig, 2017–2021 Teilnehmer „International Doctorate Program with Università degli Studi di Firenze“, 2021 Promotion am Institut für Stahlbau TU-Braunschweig, seit 2021 Postdoc am Institut für Stahlbau der TU Braunschweig. Technische Universität Braunschweig, Institut für Stahlbau, Beethovenstr. 51, 38106 Braunschweig

RWTH Aachen, Institut für Stahlbau, Mies-van-der-Rohe-Str. 1, 52074 Aachen Friehe, Mirko, Dipl.-Ing. Bauingenieurstudium RWTH-Aachen, 2008–2013 Ingenieurbüro Feldmann Weynand GmbH, 2013–2016 Projektleiter Ingenieurbüro Kempen Krause GmbH, seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der RWTH-­ Aachen. RWTH Aachen University, Institut für Stahlbau und Lehrstuhl für Stahlbau und Leichtmetallbau, Mies-van-der-Rohe-Str. 1, 52074 Aachen Häßler, Dustin, Dr.-Ing. Bauingenieurstudium an der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus sowie der Technischen Universität Prag und der Universität von Minho, seit 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der BAM, 2016 Promotion am Institut für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover, seit 2019 stellvertretender Leiter des Fachbereichs 7.3 Brandingenieurwesen an der BAM, seit 2012 Sachverständiger für Schäden im konstruktiven Ingenieurbau (EIPOS), seit 2017 Fachplaner für vorbeugenden Brandschutz (EIPOS) Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Stellv. Leiter des Fachbereichs 7.3 Brand­ ingenieurwesen, Unter den Eichen 87, 12205 Berlin Höffer, Rüdiger, Prof. Dr.-Ing. Diplombauingenieurstudium und 1996 Promotion an der Ruhr-Universität Bochum, 1995–1997 Stipendiat im europäischen Forschungsrahmenprogramm am Danish Maritime Inst., Kopenhagen, und an der Univ. Florenz, 1997–2003 ltd. Tragwerksplaner in der Ing.-­ gesellschaft für Bautechnik in Düsseldorf, seit 2009 Gesellschafter ebenda, seit 2003 Professur für Wind­ ingenieurwesen an der RUB, seit 2009 Prüfingenieur für Baustatik, seit 2011 Mitglied im europäischen Normen-

XXII Autor:innenverzeichnis ausschuss zum EC1 und im nationalen Spiegelausschuss.

Konstruktion und Entwurf der Universität Stuttgart, Fachgebiet Stabilität im Stahlbau.

Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, AG Windingenieurwesen und Strömungsmechanik, Universitätsstr. 150, 44801 Bochum

Institut für Konstruktion und Entwurf, ­Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart

Hothan, Sascha, Dr.-Ing. Studium des Bauingenieurwesens an der Leibniz Universität Hannover (LUH) und anschließende Promotion am Institut für Stahlbau der LUH, nach Tätigkeiten in einem Ingenieurbüro für Brandschutzfachplanung und für das Deutsche Institut für Bautechnik (DIBt) seit 2008 Arbeitsgruppenleiter an der BAM, seit 2013 Leiter des Fachbereichs 7.3 Brandingenieurwesen der BAM, Mitarbeiter in Sachverständigenausschüssen des DIBt sowie in nationalen und internationalen Normungsgremien. Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM), Leiter des Fachbereichs 7.3 Brand­ ingenieurwesen, Unter den Eichen 87, 12205 Berlin

Kalender, Cornelia, Dr.-Ing. Diplomstudiengang Umwelttechnik und Ressourcenmanagement Ruhr-Universität Bochum (RUB), seit 2008 wissenschaftliche Mitarbeiterin in Forschung und Lehre an der RUB, 2015 Promotion in der Arbeitsgruppe Windingenieurwesen und Strömungsmechanik der RUB, seit 2021 Geschäftsführerin Ingenieurbüro KalWin Engineering. Ruhr-Universität Bochum, Windingenieurwesen und Strömungsmechanik, Universitätsstr. 150, 44081 Bochum KalWin Engineering, Bergerstr. 10, 58452 Witten Kathage, Karsten, Dr.-Ing.

Bauingenieurstudium an der Ruhr-Universität Bochum, 1999–2007 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum, seit 2008 Angestellter im Ingenieurbüro Niemann & Partner GbR (seit 2021 Niemann Ingenieure GbR), Gutachtentätigkeit in den Bereichen Windingenieurwesen und Baudynamik u. a. zu zahlreichen Brückenbauwerken.

Studium des Bauingenieurwesens an der Ruhr-Universität Bochum und Promotion mit einem „Beitrag zur plastischen Bemessung durchlaufender Verbundträger mit Verbundanschlüssen“, seit 1995 tätig beim DIBt, ab 2005 Leitung des Referats „Metallbau, Verbundbau, Sonderbauten, Lager und Glaskonstruktionen“, seit 2011 Vizepräsident des DIBt und zudem Leiter der Präsidialabteilung. Mitglied in nationalen und europäischen Fachgremien und im Geschäftsführenden Ausschuss (Executive Board) der Europäischen Organisation für Technische Bewertung (EOTA).

Niemann Ingenieure GbR, Technologiezentrum Ruhr, Universitätsstr. 142, 44799 Bochum

Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Kolonnenstraße 30 B, 10829 Berlin

Jaspart, Jean-Pierre, Prof. Dr.-Ing und Aggregation für die Hochschulbildung

Kemper, Frank, Prof. Dr.-Ing.

Hubert, Wolfgang, Dipl.-Ing.

1985 Diplom des Bauingenieurwesens, 1991 Promotion und Aggregation für die Hochschulbildung, 1997 verliehen von der Université de Liège, seit 1995 Université de Liège, Direktor des Labors für Materialwissenschaften und Strukturen Université de Liège, Honorarforschungsdirektor des Belgischen Forschungsfonds (Fonds National de la Recherche Scientifique – FNRS), aktiv in Forschung, Hochschulausbildung, europäische Normung und Assistenz der Industrie. Université de Liège, Abteilung ArGEnCo, Quartier Polytech 1, Allée de la Découverte 9 B52/3, 4000 Lüttich∕​Belgien Jörg, Fabian, M.Sc. Bauingenieurstudium Universität Stuttgart 2011–2016, seit 2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für

1998–2004 Bauingenieurstudium RWTH Aachen, 2004–2009 Projektingenieur und Projektleiter in der Industrie, 2009–2016 wissenschaftlicher Mitarbeiter und 2013 Promotion Institut für Stahlbau, RWTH Aachen. Seit 2016 Professor für konstruktiver Ingenieurbau, TH Lübeck sowie Lehrbeauftragter und Geschäftsführer des Centers for Wind and Earthquake Engineering, RWTH Aachen. RWTH Aachen, Center for Wind and Earthquake Engineering, Mies-van-der-Rohe-Str. 1, 52070 Aachen Knobloch, Markus, Univ. Prof. Dr. sc. techn. Bauingenieurstudium an der TU Darmstadt, 2007 Promotion an der ETH Zürich, 2008–2010 Projektleiter für Stahl- und Verbundbau bei der Tuchschmid AG, Frauenfeld; 2010–2014 Professor für Stahl- und Verbundbau an der Fachhochschule Nordwestschweiz, Muttenz; 2014 Habilitation an der ETH Zürich, seit 2014 Profes-

Autor:innenverzeichnis

XXIII

sor für Stahl-, Leicht- und Verbundbau an der Ruhr-Universität Bochum.

der Eisenbahnen des Bundes (Fachrichtung Metallbau und Verbundbau).

Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau, Universitätsstr. 150, 44801 Bochum

TU München, Lehrstuhl für Metallbau, Theresienstr. 90, 80333 München

Kuhlmann, Ulrike, Prof. Dr.-Ing. Professorin für Stahlbau, Holzbau und Verbundbau, Leiterin des Instituts für Konstruktion und Entwurf an der Universität Stuttgart nach 7 Jahren Tätigkeit in der Industrie. Seit 1998 Partnerin in der Bürogemeinschaft Kuhlmann-Gerold-Eisele-Zipperlen in Ostfildern, Nellingen. Seit 1999 Herausgeberin des Stahlbau-Kalenders. Als Mitglied in zahlreichen Ausschüssen und Gremien aktiv in der deutschen und europäischen Normungsarbeit, Vorsitzende von TC 250/SC 3 „Design of Steel Structures“. Forschungsthemen u.  a. Stabilität, Ermüdung und alle Arten von Verbindungen und Anschlüssen. Institut für Konstruktion und Entwurf, Pfaffenwaldring 7, 70569 Stuttgart Lupi, Francesca, Dr.-Ing. Bauingenieurstudium an der Universität Florenz (Italien), 2013 Promotion im Rahmen eines internationalen Graduiertenkollegs (Universität Florenz und Technische Universität Braunschweig), 2016–2017 Stipendiatin der Alexander von Humboldt Stiftung an der Ruhr-Universität Bochum (RUB), seit 2019 Projektleiterin eines DFG-Forschungsprojekts über wirbelerregte Schwingungen an der RUB, seit 2021 Gesellschafterin bei der Niemann Ingenieure GbR, Bochum. Ruhr-Universität Bochum, Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften, Windingenieurwesen und Strömungsmechanik, Universitätsstr. 150, 44801 Bochum Niemann Ingenieure GbR, Technologiezentrum, Universitätsstr. 142, 44799 Bochum Mensinger, Martin, Univ. Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt.-Ing. Bauingenieurstudium an der TU Karlsruhe; 1994–1996 Tragwerksplaner bei der Philipp Holzmann AG, Neu-Isenburg; 1999 Promotion an der TU Kaiserslautern; 1996–2001 Tragwerksplaner beim Ingenieurbüro Voss & Kamb, Kaiserslautern; 2001–2006 Mitgl. d. GF bei H. Wetter AG, Stetten; 2003–2006 Dozent an der HTA Luzern; seit 2006 Professor am Lehrstuhl für Metallbau an der TU München; seit 2007 Inh. der M. Mensinger GmbH, Dintikon; seit 2014 Partner der Mensinger Stadler Ingenieurpartnerschaft, München, Prien, Kaiserslautern; Prüfingenieur für Standsichersicherheit (Metallbau), Prüfsachverständiger im Bereich

Molochnikova, Olga, M.Sc. Bauingenieurstudium Leibniz Universität Hannover, seit 2011 Mitarbeiterin im Ingenieurbüro hhpberlin. hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Kurze Mühren 20, 20095 Hamburg Mund, Maximilian, M.Sc. 2012–2018 Bauingenieurstudium Leibniz Universität Hannover, seit 2018 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Leibniz Universität Hannover am Institut für Stahlbau. Leibniz Universität Hannover, Institut für Stahlbau, Appelstr. 9A, 30167 Hannover Ortmann, Christoph, Dipl. Ing. 1993–1995 Berufsausbildung zum Zimmerer, 1995– 2003 Bauingenieurstudium Universität Rostock, 2003 Mitarbeiter im Bauplanungsbüro, seit 2003 Technischer Referent im DIBt. Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Kolonnenstraße 30 B, 10829 Berlin Patschin, Alena, Dipl.-Ing. Bauingenieurstudium TU Dortmund, 2010–2019 wissenschaftliche Mitarbeiterin TU Dortmund, seit 2020 Mitarbeiterin bei PSP Professor Sedlacek & Partner in Dortmund. PSP Professor Sedlacek & Partner, Stockumer Str. 475, 44227 Dortmund Pehrs, Inka, Dr.-Ing. Bauingenieurstudium und Promotion an der Leibniz Universität Hannover 2018, seit 2017 Büroleitung Standort Hannover und fachliche Leitung „Ingenieurmethoden im Brandschutz“ bei Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz. Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Lange Laube 19, 30159 Hannover Riedel, Thomas, Dipl.-Ing.(FH) Bauingenieurstudium HTW Dresden, 1997–2004 Planungsingenieur/Projektleiter Konstruktiver Ingenieurbau bei der DB Netz AG, seit 2004 Fachverantwortlicher Brückenbelastbarkeit DB Netz AG Region Süd-

XXIV Autor:innenverzeichnis ost, 2018–2020 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HTW Dresden. Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Labor Konstruktiver Ingenieurbau, Friedrich-ListPlatz 1, 01069 Dresden Schaper, Lukas, Dipl.-Ing. 2004–2010 Bauingenieurstudium an der Ruhr-Universität Bochum, 2010–2014 Dipl.-Ing. bei der Ingenieursozietät Schürmann, Kindmann und Partner GbR, Dortmund; seit 2015 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau der Ruhr-Universität Bochum. Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau, Universitätsstr. 150, 44801 Bochum Schaumann, Peter, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bauingenieurstudium und Promotion an der Ruhr Universität Bochum, seit 1996 Universitätsprofessur und Leiter des Instituts für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover, , seit 2009 Geschäftsführender Gesellschafter der SKI Ingenieurgesellschaft in Hannover, seit 2010 Standortleiter Hannover des Fraunhofer Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES), 2014 geschäftsführender Leiter des Testzentrums Tragstrukturen Hannover (TTH), Leibniz Universität Hannover, Institut für Stahlbau, Appelstr. 9A, 30167 Hannover Sieber, Lars, Dr.-Ing. (SFI) 1995–2000 Bauingenieurstudium an der TU Dresden, 2001–2007 Tragwerksplaner bei der GMG Ingenieur­ gesellschaft mbH Dresden, 2007–2017 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Dresden, 2017 Promotion am Institut für Stahl- und Holzbau der TU Dresden, seit 2017 Leitender F&E-Ingenieur im Konstruktiven Ingenieurbau an der HTW Dresden. Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden, Labor Konstruktiver Ingenieurbau, Friedrich-ListPlatz 1, 01069 Dresden Sothmann, Jörg, Dr.-Ing. Bauingenieurstudium Leibniz Universität Hannover, 2008–2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover, 2013 Promotion am Institut für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover, seit 2013 Mitarbeiter im Ingenieurbüro hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, seit 2019 öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für das Sachgebiet „Vorbeugender Brandschutz“. hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Kurze Mühren 20, 20095 Hamburg

Spennes, Georg, Dipl.-Ing. 1977–1982 Bauingenieurstudium an der Fachhochschule Aachen, Schwerpunkt Konstruktiver Ingenieurbau, 1982 Ingenieur im Prüfstatikbüro Flett und Breuer, 1994 Ingenieur bei der BFT Planung GmbH und seit 1998 Geschäftsführender Gesellschafter in diesem Unternehmen, seit 1996 Sachverständiger und Fachplaner für den baulichen Brandschutz und Sachverständiger für Schall und Wärmeschutz, seit 2000 Geschäftsführender Gesellschafter bei BFT Cognos GmbH und Dozent für Brandschutz an der FH Aachen, seit 2004 Dozent für Brandschutz an der TH Köln, seit 2009 Mitglied in den Normenausschüssen DIN 18230-1, DIN 18230-4, DIN 18009, seit 2013 Mitglied im Arbeitsausschuss „Brandschutzleitfaden des Bundes“, 2017 Stellvertretender Vorstand der Stiftung Smart Building, seit 2018 Lehrbeauftragter für Brandschutz an der RWTH Aachen, seit 2019 Qualifizierter Tragwerksplaner, seit 2020 Vorstandsvorsitzender der Stiftung Smart Building und seit 2021 Vertreter des Prüfungsausschusses Brandschutz der Architektenkammer und Prüfingenieur für Brandschutz. BFT Cognos GmbH, Im Süsterfeld 1, 52072 Aachen Stroetmann, Richard, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bauingenieurstudium in Aachen, Darmstadt, Kaiserslautern, 1987–1994 Tragwerksplaner und Projektleiter in den Ingenieurbüros Gillessen und Partner Aachen und Voss & Kamb und Partner Kaiserslautern, 1994–1999 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Darmstadt, 1999 Promotion, Wechsel zu KREBS KIEFER Ingenieure GmbH, 1999–2001 Projektleiter, seit 2001 Geschäftsführer und Gesellschafter, 2005 Ruf zum Professor für Stahlbau, seit 2006 Direktor des Instituts für Stahl- und Holzbau und seit 2016 Prodekan der Fakultät Bauingenieurwesen der TU Dresden, 2011 Anerkennung als Prüfingenieur für Standsicherheit, Mitglied und Mitarbeit in nationalen und internationalen Ausschüssen, u.a. VBI, VPI, DASt, DSTV, DIBt, NABau, DIN, CEN, IIW, IABSE, CEDICT, ECCS, HPSSRC Technische Universität Dresden, Fakultät ­Bauingenieurwesen, Institut für Stahl- und Holzbau, Professur für Stahlbau, 01062 Dresden Taras, Andreas, Prof. Dr. Bauingenieurstudium in Wien und Graz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Stahl- und Rohbau der TU Graz, 2011 Promotion, seit 2006 auch beratender Ingenieur und Experte für Stahl- und Verbundkonstruktionen, 2011 Berufung zum Assistenzprofessor, 2016 Ruf zum Professor für Stahlbau an die Universität der Bundeswehr in München, seit Oktober 2019 ordentlicher Professor für Stahlbau und Composite Structures an der ETH Zürich, Mitglied in verschiedenen Normungsgremien und Verbänden auf nationaler

Autor:innenverzeichnis

und internationaler Ebene, darunter SIA, DIN, ASI, CEN und die European Convention for Constructional Steelwork. ETH Zürich – Departement BAUG, Institut für Baustatik und Konstruktion (IBK), Professur für Stahlbau und Verbundbau, Stefano-Franscini-Platz 5, 8093 Zürich/Schweiz Thiele, Klaus, Univ.-Prof. Dr. sc. techn. 1989–1994 Bauingenieurstudium Dipl.-Ing. TH Darmstadt, 1994–1996 M. E. Sc. Univ. of Western Ontario, London, Kanada, 1996–2001 wissenschaftlicher Mitarbeiter ETH Zürich, 2001 Promotion am ibt der ETHZ, 2001–2012 Techn. Büro Max Bögl Stahl- und Anlagenbau, ab 2002 Leiter des TB, seit 2012 Univ.Prof., Leiter Institut für Stahlbau und komm. Leiter Institut für Bauwerkserhaltung und Tragwerk, TU Braunschweig. Technische Universität Braunschweig, Institut für Stahlbau, Beethovenstr. 51, 38106 Braunschweig Ungermann, Dieter, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Bauingenieurstudium RWTH Aachen, 1984–1990 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der RWTH Aachen, 1990 Promotion am Lehrstuhl für Stahlbau der RWTH Aachen, seit 2001 Univ.-Prof. für Stahlbau an der TU Dortmund, seit 1999 Prüfingenieur für Baustatik, seit 2003 Prüfer für bautechnische Nachweise im Eisenbahnbau. Technische Universität Dortmund, Lehrstuhl Stahlbau, August-Schmidt-Str. 6, 44227 Dortmund Upmeyer, Jens, Dr.-Ing. Studium des Bauingenieurwesens und Promotion 2001 im Themengebiet des konstruktiven baulichen Brandschutzes an der LU Hannover, 1993–1996 Tätigkeit in der Tragwerksplanung im Hochbau, 2006 Lehrauftrag „Brandschutz im Stahlbau“ an der LU Hannover, Mitglied in verschiedenen Brandschutz-Gremien sowie in NA zum Industriebau DIN 18230 und den Brandschutz-Eurocodes DIN EN 199x-1-2, 2007 öbuv SV für vorbeugenden Brandschutz, 2008 Prüfingenieur für Brandschutz, 2011 Gesellschafter der Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz, 2014 Partner der Hagen und Partner – Prüfingenieure für Brandschutz, 2016 Prüfer für Bautechnische Nachweise des Eisenbahn-Bundesamtes. Hagen Ingenieurgesellschaft für Brandschutz mbH, Keekener Str. 98A, 47533 Kleve Uszball, Sara, M.Sc. Bauingenieurstudium an der Ruhr-Universität Bochum, seit 2020 wissenschaftliche Mitarbeiterin am

XXV

Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau der Ruhr-Universität Bochum. Ruhr-Universität Bochum, Lehrstuhl für Stahl-, Leicht- und Verbundbau, Universitätsstr. 150, 44801 Bochum Vayas, Ioannis, Prof. Dr.-Ing., Dr.h.c. 1971 Abitur an der Deutschen Schule Athen, 1976 Diplom im Bauingenieurwesen NTUA, 1981 Promotion TU Braunschweig, 1980 Schweißfachingenieur SLV Hannover, Ehrendoktor der TU Cluj-Napoca, Rumänien, seit 1987 Institut für Stahlbau NTUA, die letzten 10 Jahre als Leiter, seit 45 Jahren aktiv in Lehre, Forschung, Normung und Beratung. Institute of Steel Structures, National Technical University of Athens, Iroon Polytechniou Str. 9, 15780 Athen∕​Griechenland Winkelmann, Ulf, Dr.-Ing. Diplomstudiengang Umwelttechnik und Ressourcenmanagement Ruhr-Universität Bochum (RUB), seit 2012 wissenschaftlicher Mitarbeiter in Forschung und Lehre an der RUB, 2021 Promotion in der Arbeitsgruppe Windingenieurwesen und Strömungsmechanik der RUB, seit 2021 Geschäftsführer Ingenieurbüro KalWin Engineering Ruhr-Universität Bochum, Windingenieurwesen und Strömungsmechanik, Universitätsstr. 150, 44081 Bochum KalWin Engineering, Bergerstr. 10, 58452 Witten Winkler, Michael, M.Sc. International Master in Science in Fire Safety Engineering an den Universitäten Ghent University, Lund University und University of Edinburgh, seit 2016 Fachplaner für Brandschutz im Ingenieurbüro hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH. hhpberlin Ingenieure für Brandschutz GmbH, Kurze Mühren 20, 20095 Hamburg Wüchner, Roland, Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. 1995–2000 Bauingenieurstudium Dipl.-Ing. TU München, 2000–2006 wissenschaftlicher Assistent, Lehrstuhl für Statik, TU München, 2006 Promotion TU München, 2006–2011 Akad. Rat, Lehrstuhl für Statik, TU München, 2011–2021 Akad. Oberrat, Lehrstuhl für Statik, TU München, seit 2021 W3-Professor und Institutsleiter, Institut für Statik und Dynamik, TU Braunschweig, seit 2021 Visiting Research Professor, CIMNE, Barcelona. Technische Universität Braunschweig, Institut für Statik und Dynamik, Beethovenstr. 51, 38106 Braunschweig

XXVI Autor:innenverzeichnis Zehfuß, Jochen, Univ.-Prof. Dr.-Ing. 1991–1997 Bauingenieurstudium TU Braunschweig, 1998–2004 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der TU Braunschweig, 2004 Promotion am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig, 2004–2013 Wissenschaftlicher Leiter hhpberlin Ingenieure für Brandschutz in Berlin, 2008–2013 Niederlassungsleiter hhpberlin Ingenieure für Brandschutz in Hamburg, seit 2011 Mitglied der Geschäftsführung hhpberlin Ingenieure für Brandschutz, seit 2012 Prüfingenieur für Brandschutz, seit 2013 W3-Professor für Brandschutz am Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig, seit 2017 Wissenschaftlicher Vorstand MPA Braunschweig, seit 2020 Sprecher Forschungszentrum für Brandschutz (ZeBra) der TU Braunschweig. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, Beethovenstr. 52, 38106 Braunschweig

Herausgeberin

Verlag

Prof. Dr.-Ing. Ulrike Kuhlmann Universität Stuttgart Institut für Konstruktion und Entwurf Pfaffenwaldring 7 70569 Stuttgart

Ernst & Sohn GmbH Rotherstraße 21, 10245 Berlin Tel. (030) 47031-200 E-Mail: [email protected] www.ernst-und-sohn.de

1 Stahlbaunormen

DIN EN 1993-1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau Ulrike Kuhlmann und Fabian Jörg

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

2

1   Stahlbaunormen

Inhaltsverzeichnis Anmerkung zum Abdruck von DIN EN 1993-1-1 5

2.4.3

Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau 5 Nationales Vorwort 5 Hintergrund des Eurocode-Programms 5 Status und Gültigkeitsbereich der Eurocodes 6 Nationale Fassungen der Eurocodes 6 Verbindung zwischen den Eurocodes und den harmonisierten Technischen Spezifikationen für Bauprodukte (EN und ETAZ) 7 Besondere Hinweise zu EN 1993-1 7 Nationaler Anhang zu EN 1993-1-1 7

2.4.4 2.5

1 Allgemeines 8 1.1 Anwendungsbereich 8 1.1.1 Anwendungsbereich von Eurocode 3 8 1.1.2 Anwendungsbereich von Eurocode 3 Teil 1-1 9 1.2 Normative Verweisungen 10 1.2.1 Allgemeine normative Verweisungen 10 1.2.2 Normative Verweisungen zu schweißgeeigneten Baustählen 10 1.3 Annahmen 10 1.4 Unterscheidung nach Grundsätzen und Anwendungsregeln 10 1.5 Begriffe 10 1.5.1 Tragwerk 10 1.5.2 Teiltragwerke 10 1.5.3 Art des Tragwerks 10 1.5.4 Tragwerksberechnung 11 1.5.5 Systemlänge 11 1.5.6 Knicklänge 11 1.5.7 mittragende Breite 11 1.5.8 Kapazitätsbemessung 11 1.5.9 Bauteil mit konstantem Querschnitt 11 1.6 Formelzeichen 11 1.7 Definition der Bauteilachsen 15 2 Grundlagen für die Tragwerksplanung 16 2.1 Anforderungen 16 2.1.1 Grundlegende Anforderungen 16 2.1.2 Behandlung der Zuverlässigkeit 17 2.1.3 Nutzungsdauer, Dauerhaftigkeit und Robustheit 17 2.2 Grundsätzliches zur Bemessung mit Grenzzuständen 17 2.3 Basisvariable 18 2.3.1 Einwirkungen und Umgebungseinflüsse 18 2.3.2 Werkstoff- und Produkteigenschaften 18 2.4 Nachweisverfahren mit Teilsicherheitsbeiwerten 18 2.4.1 Bemessungswerte von Werkstoffeigenschaften 18 2.4.2 Bemessungswerte der geometrischen Größen 18

Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit 18 Nachweis der Lagesicherheit (EQU) 19 Bemessung mit Hilfe von Versuchen 19

3 Werkstoffe 19 3.1 Allgemeines 19 3.2 Baustahl 20 3.2.1 Werkstoffeigenschaften 20 3.2.2 Anforderungen an die Duktilität 22 3.2.3 Bruchzähigkeit 22 3.2.4 Eigenschaften in Dickenrichtung 22 3.2.5 Toleranzen 23 3.2.6 Bemessungswerte der Materialkonstanten 23 3.3 Verbindungsmittel 23 3.3.1 Schrauben, Bolzen, Nieten 23 3.3.2 Schweißwerkstoffe 23 3.4 Andere vorgefertigte Produkte im Hochbau 23 4 Dauerhaftigkeit 23 5 Tragwerksberechnung 24 5.1 Statische Systeme 24 5.1.1 Grundlegende Annahmen 24 5.1.2 Berechnungsmodelle für Anschlüsse 25 5.1.3 Bauwerks-Boden-Interaktion 25 5.2 Untersuchung von Gesamttragwerken 25 5.2.1 Einflüsse der Tragwerksverformung 25 5.2.2 Stabilität von Tragwerken 27 5.3 Imperfektionen 29 5.3.1 Grundlagen 29 5.3.2 Imperfektionen für die Tragwerksberechnung 29 5.3.3 Imperfektionen zur Berechnung aussteifender Systeme 33 5.3.4 Bauteilimperfektionen 34 5.4 Berechnungsmethoden 35 5.4.1 Allgemeines 35 5.4.2 Elastische Tragwerksberechnung 35 5.4.3 Plastische Tragwerksberechnung 36 5.5 Klassifizierung von Querschnitten 36 5.5.1 Grundlagen 36 5.5.2 Klassifizierung 36 5.6 Anforderungen an Querschnittsformen und Aussteifungen am Ort der Fließgelenkbildung 37 6 Grenzzustände der Tragfähigkeit 41 6.1 Allgemeines 41 6.2 Beanspruchbarkeit von Querschnitten 41 6.2.1 Allgemeines 41 6.2.2 Querschnittswerte 43 6.2.3 Zugbeanspruchung 44 6.2.4 Druckbeanspruchung 45 6.2.5 Biegebeanspruchung 45

Inhaltsverzeichnis

6.2.6 Querkraftbeanspruchung 45 6.2.7 Torsionsbeanspruchung 47 6.2.8 Beanspruchung aus Biegung und Querkraft 48 6.2.9 Beanspruchung aus Biegung und Normalkraft 48 6.2.10 Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Normalkraft 50 6.3 Stabilitätsnachweise für Bauteile 51 6.3.1 Gleichförmige Bauteile mit planmäßig zentrischem Druck 51 6.3.2 Gleichförmige Bauteile mit Biegung um die Hauptachse 54 6.3.3 Auf Biegung und Druck beanspruchte gleichförmige Bauteile 59 6.3.4 Allgemeines Verfahren für Knick- und Biegedrillknicknachweise für Bauteile 61 6.3.5 Biegedrillknicken von Bauteilen mit Fließgelenken 63 6.4 Mehrteilige Bauteile 64 6.4.1 Allgemeines 64 6.4.2 Gitterstützen 67 6.4.3 Stützen mit Bindeblechen (Rahmenstützen) 67 6.4.4 Mehrteilige Bauteile mit geringer Spreizung 68 7

Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit 69 7.1 Allgemeines 69 7.2 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit für den Hochbau 69 7.2.1 Vertikale Durchbiegung 69 7.2.2 Horizontale Verformungen 69 7.2.3 Dynamische Einflüsse 69 Anhang A (informativ) 70 Verfahren 1: Interaktionsbeiwerte kij für die Interaktionsformel in 6.3.3(4) 70 Anhang B (informativ) 72 Verfahren 2: Interaktionsbeiwerte kij für die Interaktionsformel in 6.3.3(4) 72

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Anhang AB (informativ) 73 Zusätzliche Bemessungsregeln 73 AB.1 Statische Berechnung unter Berücksichtigung von WerkstoffNichtlinearitäten 73 AB.2 Vereinfachte Belastungsanordnung für durchlaufende Decken 73 Anhang BB (informativ) 73 Knicken von Bauteilen in Tragwerken des Hochbaus 73 BB.1 Biegeknicken von Bauteilen von Fachwerken oder Verbänden 73 BB.1.1 Allgemeines 73 BB.1.2 Gitterstäbe aus Winkelprofilen 74 BB.1.3 Bauteile mit Hohlprofilen 75 BB.2 Kontinuierliche seitliche Abstützungen 75 BB.2.1 Kontinuierliche seitliche Stützung 75 BB.2.2 Kontinuierliche Drehbehinderung 75 BB.3 Größtabstände bei Abstützmaßnahmen für Bauteile mit Fließgelenken gegen Knicken aus der Ebene 77 BB.3.1 Gleichförmige Bauteile aus Walzprofilen oder vergleichbaren geschweißten I-Profilen 77 BB.3.2 Voutenförmige Bauteile, die aus Walzprofilen oder vergleichbaren, geschweißten I-Profilen bestehen 79 BB.3.3 Modifikationsfaktor für den Momentenverlauf 80 Anhang C (normativ) 82 Auswahl der Ausführungsklasse 82 C.1 Allgemeines 82 C.1.1 Grundanforderungen 82 C.1.2 Ausführungsklasse 82 C.2 Auswahlverfahren 83 C.2.1 Maßgebende Faktoren 83 C.2.2 Auswahl 83 Literatur zu den Kommentaren 85

Vorworte

Anmerkung zum Abdruck von DIN EN 1993-1-1 Auf den folgenden Seiten wird der Normentext von DIN EN 1993-1-1:2010-12 in zweispaltiger Darstellung wiedergegeben. In den Normentext von DIN EN 19931-1:2010-12 sind die Änderungen gemäß DIN EN 1993-1-1∕​A1:2014-07 eingearbeitet. Zusätzlich wird der aktualisierte Nationale Anhang DIN EN 1993-1-1∕​ NA:2018-12 an den jeweiligen Stellen im Normentext zitiert. Um einen guten Lesefluss zu garantieren, wurde für die Darstellungsart Folgendes festgelegt. Der Normentext wird zweispaltig und durchgehend dargestellt. Auf eine besondere Kennzeichnung der Berichtigungen wird verzichtet. Textstellen aus dem Nationalen Anhang werden durch einen zur Blattmitte hin offenen, grauen Rahmen gekennzeichnet. Links oben befindet sich dabei die Bezeichnung NDP (Nationally Determined Parameters) für national festgelegte Parameter und NCI (Non-contradictory Complementary Information) für ergänzende nicht widersprechende Angaben zur Anwendung von DIN EN 1993-1-1. Kommentare zum Normentext werden in einem grauen Kasten im unteren Bereich der rechten Spalte in serifenloser Schrift abgedruckt.

DIN EN 1993-1-1 Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau ICS 91.010.30; 91.080.10 Eurocode 3: Design of steel structures – Part 1-1: General rules and rules for buildings Eurocode 3: Calcul des structures en acier – Partie 1-1: Règles générales et règles pour les bâtiments Diese Europäische Norm wurde vom CEN am 16. April 2004 angenommen. Die CEN-Mitglieder sind gehalten, die CEN∕​CEN­ ELEC-Geschäftsordnung zu erfüllen, in der die Bedingungen festgelegt sind, unter denen dieser Europäischen Norm ohne jede Änderung der Status einer nationalen Norm zu geben ist. Auf dem letzten Stand befindliche Listen dieser nationalen Normen mit ihren bibliographischen Angaben sind beim Management-Zentrum des CEN oder bei jedem CEN-Mitglied auf Anfrage erhältlich. Diese Europäische Norm besteht in drei offiziellen Fassungen (Deutsch, Englisch, Französisch). Eine Fassung in einer anderen Sprache,die von einem CEN-Mitglied in eigener Verantwortung durch Übersetzung in seine Landessprache gemacht und dem Management-Zentrum mitgeteilt worden ist, hat den gleichen Status wie die offiziellen Fassungen.

5

CEN-Mitglieder sind die nationalen Normungsinstitute von Belgien, Bulgarien, Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Irland, Island, Italien, Lettland, Litauen, Luxemburg, Malta, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, Polen, Portugal, Rumänien, Schweden, der Schweiz, der Slowakei, Slowenien, Spanien, der Tschechischen Republik, Ungarn, dem Vereinigten Königreich und Zypern. Dieses Dokument ersetzt ENV 1993-1-1:1992.

Nationales Vorwort Dieses Dokument wurde vom Technischen Komitee CEN∕​TC 250 „Eurocodes für den konstruktiven Ingenieurbau“ erarbeitet, dessen Sekretariat vom BSI (Vereinigtes Königreich) gehalten wird. Die Arbeiten auf nationaler Ebene wurden durch die Experten des NABau-Spiegelausschusses NA 005-0816 AA „Tragwerksbemessung (Sp CEN∕​TC 250∕​SC 3)“ begleitet. Diese Europäische Norm wurde vom CEN am 16. April 2005 angenommen. Die Norm ist Bestandteil einer Reihe von Einwirkungsund Bemessungsnormen, deren Anwendung nur im Paket sinnvoll ist. Dieser Tatsache wird durch das Leitpapier L der Kommission der Europäischen Gemeinschaft für die Anwendung der Eurocodes Rechnung getragen, indem Übergangsfristen für die verbindliche Umsetzung der Eurocodes in den Mitgliedstaaten vorgesehen sind. Die Übergangsfristen sind im Vorwort dieser Norm angegeben. Die Anwendung dieser Norm gilt in Deutschland in Verbindung mit dem Nationalen Anhang. Es wird auf die Möglichkeit hingewiesen, dass einige Texte dieses Dokuments Patentrechte berühren können. Das DIN [und∕​oder die DKE] sind nicht dafür verantwortlich, einige oder alle diesbezüglichen Patentrechte zu identifizieren.

Hintergrund des Eurocode-Programms 1975 beschloss die Kommission der Europäischen Gemeinschaften, für das Bauwesen ein Programm auf der Grundlage des Artikels 95 der Römischen Verträge durchzuführen. Das Ziel des Programms war die Beseitigung technischer Handelshemmnisse und die Harmonisierung technischer Normen. Im Rahmen dieses Programms leitete die Kommission die Bearbeitung von harmonisierten technischen Regelwerken für die Tragwerksplanung von Bauwerken ein, die im ersten Schritt als Alternative zu den in den Mitgliedsländern geltenden Regeln dienen und sie schließlich ersetzen sollten. 15 Jahre lang leitete die Kommission mit Hilfe eines Steuerkomitees mit Repräsentanten der Mitgliedsländer die Entwicklung des Eurocode-Programms, das zu der ersten Eurocode-Generation in den 80er Jahren führte.

6

1   Stahlbaunormen

Im Jahre 1989 entschieden sich die Kommission und die Mitgliedsländer der Europäischen Union und der EFTA, die Entwicklung und Veröffentlichung der Eurocodes über eine Reihe von Mandaten an CEN zu übertragen, damit diese den Status von Europäischen Normen (EN) erhielten. Grundlage war eine Vereinbarung1) zwischen der Kommission und CEN. Dieser Schritt verknüpft die Eurocodes de facto mit den Regelungen der Ratsrichtlinien und Kommissionsentscheidungen, die die Europäischen Normen behandeln (z. B. die Ratsrichtlinie 89∕​106∕​EWG zu Bauprodukten, die Bauproduktenrichtlinie, die Ratsrichtlinien 93∕​37∕​ EWG, 92∕​50∕​EWG und 89∕​440∕​EWG zur Vergabe öffentlicher Aufträge und Dienstleistungen und die entsprechenden EFTA-Richtlinien, die zur Einrichtung des Binnenmarktes eingeleitet wurden). Das Eurocode-Programm umfasst die folgenden Normen, die in der Regel aus mehreren Teilen bestehen: EN 1990, Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung; EN 1991, Eurocode 1: Einwirkung auf Tragwerke; EN 1992, Eurocode 2: Bemessung und Konstruktion von Stahlbetonbauten; EN 1993, Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten; EN 1994, Eurocode 4: Bemessung und Konstruktion von Stahl-Beton-Verbundbauten; EN 1995, Eurocode 5: Bemessung und Konstruktion von Holzbauten; EN 1996, Eurocode 6: Bemessung und Konstruktion von Mauerwerksbauten; EN 1997, Eurocode 7: Entwurf, Berechnung und Bemessung in der Geotechnik; EN 1998, Eurocode 8: Auslegung von Bauwerken gegen Erdbeben; EN 1999, Eurocode 9: Bemessung und Konstruktion von Aluminiumkonstruktionen. Die Europäischen Normen berücksichtigen die Verantwortlichkeit der Bauaufsichtsorgane in den Mitgliedsländern und haben deren Recht zur nationalen Festlegung sicherheitsbezogener Werte berücksichtigt, so dass diese Werte von Land zu Land unterschiedlich bleiben können.

Status und Gültigkeitsbereich der Eurocodes Die Mitgliedsländer der EU und von EFTA betrachten die Eurocodes als Bezugsdokumente für folgende ­Zwecke: – als Mittel zum Nachweis der Übereinstimmung der Hoch- und Ingenieurbauten mit den wesentlichen Anforderungen der Richtlinie 89∕​106∕​EWG, besonders mit der wesentlichen Anforderung Nr. 1: Mechanischer Festigkeit und Standsicherheit und der wesentlichen Anforderung Nr. 2: Brandschutz; 1) Vereinbarung zwischen der Kommission der Europäischen Gemeinschaft und dem Europäischen Komitee für Normung (CEN) zur Bearbeitung der Eurocodes für die Tragwerksplanung von Hochbauten und Ingenieurbauwerken (BC/CEN/03/89).

– als Grundlage für die Spezifizierung von Verträgen für die Ausführung von Bauwerken und dazu erforderlichen Ingenieurleistungen; – als Rahmenbedingung für die Herstellung harmonisierter, technischer Spezifikationen für Bauprodukte (ENs und ETAs) Die Eurocodes haben, da sie sich auf Bauwerke beziehen, eine direkte Verbindung zu den Grundlagendokumenten2), auf die in Artikel 12 der Bauproduktenrichtlinie hingewiesen wird, wenn sie auch anderer Art sind als die harmonisierten Produktnormen3). Daher sind die technischen Gesichtspunkte, die sich aus den Eurocodes ergeben, von den Technischen Komitees von CEN und den Arbeitsgruppen von EOTA, die an Produktnormen arbeiten, zu beachten, damit diese Produktnormen mit den Eurocodes vollständig kompatibel sind. Die Eurocodes liefern Regelungen für den Entwurf, die Berechnung und Bemessung von kompletten Tragwerken und Baukomponenten, die sich für die tägliche Anwendung eignen. Sie gehen auf traditionelle Bauweisen und Aspekte innovativer Anwendungen ein, liefern aber keine vollständigen Regelungen für ungewöhnliche Baulösungen und Entwurfsbedingungen, wofür Spezialistenbeiträge erforderlich sein können.

Nationale Fassungen der Eurocodes Die Nationale Fassung eines Eurocodes enthält den vollständigen Text des Eurocodes (einschließlich aller Anhänge), so wie von CEN veröffentlicht, mit möglicherweise einer nationalen Titelseite und einem nationalen Vorwort sowie einem Nationalen Anhang. Zu Hintergrund des Eurocode-Programms Die Bauproduktenrichtlinie 89∕​106∕​EWG aus dem Jahr 1989 wurde inzwischen überarbeitet und im Jahr 2013 vollumfänglich durch die Europäische Bauproduktenverordnung BauPVO ersetzt. 2) Entsprechend Artikel 3.3 der Bauproduktenrichtlinie sind die wesentlichen Angaben in Grundlagendokumenten zu konkretisieren, um damit die notwendigen Verbindungen zwischen den wesentlichen Anforderungen und den Mandaten für die Erstellung harmonisierter Europäischer Normen und Richtlinien für die Europäische Zulassungen selbst zu schaffen. 3) Nach Artikel 12 der Bauproduktenrichtlinie hat das Grundlagendokument a) die wesentliche Anforderung zu konkretisieren, in dem die Begriffe und, soweit erforderlich, die technische Grundlage für Klassen und Anforderungshöhen vereinheitlicht werden, b) die Methode zur Verbindung dieser Klasse oder Anforderungshöhen mit technischen Spezifikationen anzugeben, z. B. rechnerische oder Testverfahren, Entwurfsregeln, c) als Bezugsdokument für die Erstellung harmonisierter Normen oder Richtlinien für Europäische Technische Zulassungen zu dienen. Die Eurocodes spielen de facto eine ähnliche Rolle für die wesentliche Anforderung Nr. 1 und einen Teil der wesentlichen Anforderung Nr. 2.

Vorworte

Der Nationale Anhang darf nur Hinweise zu den Parametern geben, die im Eurocode für nationale Entscheidungen offen gelassen wurden. Diese national festzulegenden Parameter (NDP) gelten für die Tragwerksplanung von Hochbauten und Ingenieurbauten in dem Land, in dem sie erstellt werden. Sie umfassen: – Zahlenwerte für γ-Faktoren und∕​oder Klassen, wo die Eurocodes Alternativen eröffnen; – Zahlenwerte, wo die Eurocodes nur Symbole angeben; – landesspezifische, geographische und klimatische Daten, die nur für ein Mitgliedsland gelten, z. B. Schneekarten; – Vorgehensweise, wenn die Eurocodes mehrere zur Wahl anbieten; – Verweise zur Anwendung des Eurocodes, soweit diese ergänzen und nicht widersprechen.

Verbindung zwischen den Eurocodes und den harmonisierten Technischen Spezifikationen für Bauprodukte (EN und ETAZ) Die harmonisierten Technischen Spezifikationen für Bauprodukte und die technischen Regelungen für die Tragwerksplanung4) müssen konsistent sein. Insbesondere sollten die Hinweise, die mit den CE-Zeichen an den Bauprodukten verbunden sind und die die Eurocodes in Bezug nehmen, klar erkennen lassen, welche national festzulegenden Parameter (NDP) zugrunde liegen.

Besondere Hinweise zu EN 1993-1 Es ist vorgesehen, EN 1993 gemeinsam mit den Eurocodes EN 1990, Grundlagen der Tragwerksplanung, EN 1991, Einwirkungen auf Tragwerke sowie EN 1992 bis EN 1999, soweit hierin auf Tragwerke aus Stahl oder Bauteile aus Stahl Bezug genommen wird, anzuwenden. EN 1993-1 ist der erste von insgesamt sechs Teilen von EN 1993, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten. In diesem ersten Teil sind Grundregeln für Stabtragwerke und zusätzliche Anwendungsregeln für den Hochbau enthalten. Die Grundregeln finden auch gemeinsam mit den weiteren Teilen EN 1993-2 bis EN 1993-6 Anwendung. EN 1993-1 besteht aus zwölf Teilen EN 1993-1-1 bis EN 1993-1-12, die jeweils spezielle Stahlbauteile, Grenzzustände oder Werkstoffe behandeln. EN 1993-1 darf auch für Bemessungssituationen außerhalb des Geltungsbereichs der Eurocodes angewendet werden (andere Tragwerke, andere Belastungen, andere Werkstoffe). EN 1993-1 kann dann als Bezugsdokument für andere CEN∕​TCs (Technische Komitees), die mit Tragwerksbemessung befasst sind, dienen. 4) Siehe Artikel 3.3 und Art. 12 der Bauproduktenrichtlinie, ebenso wie 4.2, 4.3.1, 4.3.2 und 5.2 des Grundlagendokumentes Nr. 1

7

Die Anwendung von EN 1993-1 ist gedacht für: – Komitees zur Erstellung von Spezifikationen für Bauprodukte, Normen für Prüfverfahren sowie Normen für die Bauausführung; – Auftraggeber (z. B. zur Formulierung spezieller Anforderungen); – Tragwerksplaner und Bauausführende; – zuständige Behörden. Die Zahlenwerte für γ-Faktoren und andere Parameter, die die Zuverlässigkeit festlegen, gelten als Empfehlungen, mit denen ein akzeptables Zuverlässigkeitsniveau erreicht werden soll. Bei ihrer Festlegung wurde vorausgesetzt, dass ein angemessenes Niveau der Ausführungsqualität und Qualitätsprüfung vorhanden ist.

Nationaler Anhang zu EN 1993-1-1 Diese Norm enthält alternative Methoden, Zahlenangaben und Empfehlungen in Verbindung mit Anmerkungen, die darauf hinweisen, wo nationale Festlegungen getroffen werden können. EN 1993-1-1 wird bei der nationalen Einführung einen Nationalen Anhang enthalten, der alle national festzulegenden Parameter enthält, die für die Bemessung und Konstruktion von Stahl- und Tiefbauten im jeweiligen Land erforderlich sind. Nationale Festlegungen sind bei folgenden Regelungen vorgesehen: – 2.3.1(1); – 3.1(2); – 3.2.1(1); – 3.2.2(1); – 3.2.3(1)P; – 3.2.3(3)B; – 3.2.4(1); – 5.2.1(3); – 5.2.2(8); – 5.3.2(3); – 5.3.2(11); – 5.3.4(3); – 6.1(1); – 6.3.2.2(2); – 6.3.2.3(1); – 6.3.2.3(2); – 6.3.2.4(1)B; – 6.3.2.4(2)B; – 6.3.3(5); – 6.3.4(1); – 7.2.1(1)B; – 7.2.2(1)B; – 7.2.3(1)B; – BB.1.3(3)B; – C.2.2(3); – C.2.2(4). Darüber hinaus enthält NA 2.2 ergänzende, nicht widersprechende Angaben zur Anwendung von DIN EN 1993-1-1:2010-12 und DIN EN 1993-1-1/A1:2014-07. Diese sind durch ein vorangestelltes „NCI“ (en: non-contradictory complementary information) gekennzeichnet.

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1   Stahlbaunormen

1 Allgemeines 1.1 Anwendungsbereich 1.1.1 Anwendungsbereich von Eurocode 3 (1) Eurocode 3 gilt für den Entwurf, die Berechnung und die Bemessung von Bauwerken aus Stahl. Eurocode 3 entspricht den Grundsätzen und Anforderungen an die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken sowie den Grundlagen für ihre Bemessung und Nachweise, die in EN 1990, Grundlagen der Tragwerksplanung, enthalten sind. (2) Eurocode 3 behandelt ausschließlich Anforderungen an die Tragfähigkeit, die Gebrauchstauglichkeit, die Dauerhaftigkeit und den Feuerwiderstand von Tragwerken aus Stahl. Andere Anforderungen, wie z. B. Wärmeschutz oder Schallschutz, werden nicht berücksichtigt. (3) Eurocode 3 gilt in Verbindung mit folgenden Regelwerken: – EN 1990, Grundlagen der Tragwerksplanung; – EN 1991, Einwirkungen auf Tragwerke; – ENs, ETAGs und ETAs für Bauprodukte, die für Stahlbauten Verwendung finden; – EN 1090-1, Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 1: Konformitätsnachweisverfahren für tragende Bauteile – EN 1090-2, Ausführung von Stahltragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 2: Technische Regeln für die Ausführung von Stahltragwerken – EN 1992 bis EN 1999, soweit auf Stahltragwerke oder Stahlbaukomponenten Bezug genommen wird.

NCI DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 1.1.1(3) DIN EN 1990:2010-12, Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung; Deutsche Fassung EN 1990:2002 DIN EN 1991 (alle Teile), Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke DIN EN 1993-1-1:2010-12, Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau; Deutsche Fassung EN 1993-1-1:2005 DIN EN 1993-1-10∕​NA:2010-12 Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-10: Stahlsortenauswahl im Hinblick auf Bruchzähigkeit und Eigenschaften in Dickenrichtung DIN EN 1993-1-12: Eurocode 3: Bemessung und Kon­ struktion von Stahlbauten – Teil 1-12: Zusätzliche Regeln zur Erweiterung von EN 1993 auf Stahlsorten bis S 700 SEP 1390, STAHL-EISEN-Prüfblatt des Vereins Deutscher Eisenhüttenleute EN 10164:2004, Stahlerzeugnisse mit verbesserten Verformungseigenschaften senkrecht zur Erzeugnisoberfläche – Technische Lieferbedingungen

DIN EN 10210-1:2006, Warmgefertigte Hohlprofile für den Stahlbau aus unlegierten Baustählen und aus Feinkornbaustählen – Teil 1: Technische Lieferbedingungen DIN EN 10219-1:2006, Kaltgefertigte geschweißte Hohlprofile für den Stahlbau aus unlegierten Baustählen und aus Feinkornbaustählen – Teil 1: Technische Lieferbedingungen

(4) Eurocode 3 ist in folgende Teile unterteilt: EN 1993-1, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau; EN 1993-2, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Teil 2: Stahlbrücken; EN 1993-3, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Teil 3: Türme, Maste und Schornsteine; EN 1993-4, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Teil 4: Tank- und Silobauwerke und Rohrleitungen; EN 1993-5, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Teil 5: Spundwände und Pfähle aus Stahl; EN 1993-6, Bemessung und Konstruktion von Stahl­ bauten – Teil 6: Kranbahnträger.

Zu 1.1.1(1) Diese Norm gilt nicht nur für Bauwerke aus Stahl, sondern auch für stählerne Bauteile anderer Tragkonstruktionen. Der Ausdruck Entwurf, Berechnung und Bemessung versucht den englischen Begriff „design“ wiederzugeben, der sowohl Bemessung wie Konstruktion umfasst. Zu 1.1.1(3) Es gilt generell das Mischungsverbot, das heißt, dass europäische Normen nur im Zusammenhang mit den jeweils anderen europäischen Normen verwandt werden dürfen und nicht mit Normen wie z. B. der inzwischen zurückgezogenen nationalen Normenreihe DIN 18800. Das gilt insbesondere auch für DIN 18800-7 Ausführung und Herstellerqualifikation, die durch EN 1090-1 bzw. EN 1090-2 ersetzt wurde. Zu EN 1090 stellt die aktuelle Änderung DIN EN 1993-1-1∕​A1:2014-07 den Verweis auf die jetzt gültigen Fassungen richtig. Zu NCI zu 1.1.1(3) Als NCI (National Non-Contradictory Complementary Information) sind spezifische Normen genannt, auf die im Nationalen Anhang DIN EN 1993-1-1∕​NA:2015-08 besonders verwiesen wird. Zu 1.1.1(4) Die genaue Bezeichnung der Normenreihe, die häufig einfach „Eurocode 3“ genannt wird, ist EN 1993. Hierbei handelt es sich um ein europäisches Dokument, das für Deutschland als Normenreihe DIN EN 1993 und für Österreich als Normenreihe ÖNORM EN 1993 usw. veröffentlicht wurde. Für undatierte Normen gelten jeweils ihre aktuell gültigen Fassungen, Normenangaben mit Datum wie im NCI zu 1.1.1(3) beziehen sich immer nur auf die genannte Fassung, vgl. 1.2.

Allgemeines

(5) Teile EN 1993-2 bis EN 1993-6 nehmen auf die Grundregeln von EN 1993-1 Bezug, die Regelungen in EN 1993-2 bis EN 1993-6 sind Ergänzungen zu den Grundregeln in EN 1993-1. (6) EN 1993-1, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau beinhaltet: EN 1993-1-1, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau; EN 1993-1-2, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-2: Baulicher Brandschutz; EN 1993-1-3, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-3: Kaltgeformte Bauteile und Bleche; EN 1993-1-4, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-4: Nichtrostender Stahl; EN 1993-1-5, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-5: Bauteile aus ebenen Blechen mit Beanspruchungen in der Blechebene; EN 1993-1-6, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-6: Festigkeit und Stabilität von Schalentragwerken; EN 1993-1-7, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-7: Ergänzende Regeln zu ebenen Blechfeldern mit Querbelastung; EN 1993-1-8, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-8: Bemessung und Konstruktion von Anschlüssen und Verbindungen; EN 1993-1-9, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-9: Ermüdung; EN 1993-1-10, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-10: Auswahl der Stahlsorten im Hinblick auf Bruchzähigkeit und Eigenschaften in Dickenrichtung; EN 1993-1-11, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-11: Bemessung und Konstruktion von Tragwerken mit stählernen Zugelementen; EN 1993-1-12, Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-12: Zusätzliche Regeln zur Erweiterung von EN 1993 auf Stahlgüten bis S 700.

1.1.2 Anwendungsbereich von Eurocode 3 Teil 1-1 (1) EN 1993-1-1 enthält Regeln für den Entwurf, die Berechnung und Bemessung von Tragwerken aus Stahl mit Blechdicken t 3 mm. Zusätzlich werden Anwendungsregeln für den Hochbau angegeben. Diese Anwendungsregeln sind durch die Abschnittsnummerierung ( )B gekennzeichnet. Anmerkung: Für kaltgeformte Bauteile und Bleche siehe EN 1993-1-3. (2) EN 1993-1-1 enthält folgende Abschnitte: Abschnitt 1: Einführung; Abschnitt 2: Grundlagen für die Tragwerkplanung; Abschnitt 3: Werkstoffe; Abschnitt 4: Dauerhaftigkeit; Abschnitt 5: Tragwerksberechnung; Abschnitt 6: Grenzzustände der Tragfähigkeit; Abschnitt 7: Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit.

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(3) Abschnitte 1 und 2 enthalten zusätzliche Regelungen zu EN 1990, Grundlagen der Tragwerksplanung. (4) Abschnitt 3 behandelt die Werkstoffeigenschaften der aus niedrig legiertem Baustahl gefertigten Stahlprodukte. (5) Abschnitt 4 legt grundlegende Anforderungen an die Dauerhaftigkeit fest.

Zu 1.1.2 Anmerkung Der Gültigkeitsbereich mit Blechdicke t ≥ 3  mm ist leider nicht ganz stimmig mit den übrigen Teilen von EN 1993. Zur Harmonisierung wurde mit der A1-Änderung eine entsprechende Anpassung von EN 1993-1-1 vorgenommen. Man unterscheidet darin zwischen der Nennblechdicke tnom, also der Blechdicke einschließlich des Zinküberzugs oder anderer metallischer Überzüge nach dem Kaltwalzen entsprechend den Herstellerangaben, und der Bemessungsdicke td, der Stahlkerndicke, die bei der rechnerischen Bemessung zur Verwendung kommt. Der jetzt gültige Normentext wird um eine Regel für Bleche mit Dicken < 3 mm und ≥ 1,5 mm ergänzt. Während für Nennblechdicken bis 3 mm die Bemessungsdicke td der Nennblechdicke tnom entspricht, wird für dünnere Bleche die Toleranz mitberücksichtigt. Die Bemessungsdicke td bestimmt sich dann aus der Stahlkerndicke tcor, also der Nennblechdicke ohne Metallüberzug, und der unteren Toleranzgrenze tol wie folgt: td = tcor, wenn tol ≤ 5 % bzw. td = tcor (100-tol  )∕​95 wenn tol > 5 % mit tcor = tnom – tmetalliccoatings und tol als untere Toleranzgrenze in %. Der ursprüngliche Titel von EN 1993-1-3 war Kaltgeformte dünnwandige Bauteile und Bleche, auf die Einschränkung „dünnwandige“ wurde inzwischen im Titel verzichtet, auch wenn nach wie vor im Wesentlichen dünne Bleche behandelt werden. Dünnwandige Hohlprofile dagegen werden meist nach EN 1993-1-1 bemessen, so dass es notwendig schien, eine entsprechend harmonisierte Blechdickenregel für Bleche < 3  mm einzuführen. Theoretisch könnte wie in EN 1993-1-1 die Bemessungsdicke nun auf 0,45 mm herabgesetzt werden, was aber sicher nicht sinnvoll ist, da EN 1993-1-1 nur Stabbemessung enthält. Deshalb hat man die Anwendungsgrenze auf 1,5 mm gelegt hat. Die Blechdickenregelungen in EN 1993-1-3 und auch in EN 1993-1-8 werden in der Überarbeitung entsprechend angepasst. In EN 1993-1-8 liegt die Regelung für Hohlprofile in 7.1.1(5) bei 2,5 mm. Dies hängt von den zugrunde liegenden Versuchsreihen ab, kann aber wahrscheinlich auf 1,5 mm heruntergesetzt werden. Für das Schweißen von Blechen wird zurzeit in EN 1993-1-8, 4.1(1) generell 4 mm als Grenzdicke genannt. Für kleinere Dicken wird auf EN 1993-1-3 verwiesen. Auch hier muss eine Anpassung erfolgen. Die Abkürzung ( )B steht für „buildings“, also im weiteren Sinne der Bereich des gewöhnlichen Hochbaus. Leider ist dieser Anwendungsbereich nicht weiter spezifiziert, man muss also selbst entscheiden, ob diese gekennzeichneten zusätzlichen Anwendungsregeln und Vereinfachungen für den betrachteten Fall auch anwendbar sind. Die im Text verwendete Abkürzung (  )P bedeutet „principle" – diese Regel ist also in jedem Falle einzuhalten.

10

1   Stahlbaunormen

(6) Abschnitt 5 bezieht sich auf die Tragwerksberechnung von Stabtragwerken, die mit einer ausreichenden Genauigkeit aus stabförmigen Bauteilen zusammengesetzt werden können. (7) Abschnitt 6 enthält detaillierte Regeln zur Bemessung von Querschnitten und Bauteilen im Grenzzustand der Tragfähigkeit. (8) Abschnitt 7 enthält die Anforderungen für die Gebrauchstauglichkeit.

1.2

Normative Verweisungen

Die folgenden zitierten Dokumente sind für die Anwendung dieses Dokuments erforderlich. Bei datierten Verweisungen gilt nur die in Bezug genommene Ausgabe. Bei undatierten Verweisungen gilt die letzte Ausgabe des in Bezug genommenen Dokuments (einschließlich aller Änderungen).

1.2.1 Allgemeine normative Verweisungen EN 1090, Herstellung und Errichtung von Stahlbauten – Technische Anforderungen EN ISO 12944, Beschichtungsstoffe – Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme EN ISO 1461, Durch Feuerverzinken auf Stahl aufgebrachte Zinküberzüge (Stückverzinken) – Anforderungen und Prüfungen

1.2.2 Normative Verweisungen zu schweißgeeigneten Baustählen EN 10025-1:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 1: Allgemeine technische Lieferbedingungen EN 10025-2:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 2: Technische Lieferbedingungen für unlegierte Baustähle EN 10025-3:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 3: Technische Lieferbedingungen für normalgeglühte∕​normalisierend gewalzte schweißgeeignete Feinkornbaustähle EN 10025-4:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 4: Technische Lieferbedingungen für thermomechanisch gewalzte schweißgeeignete Feinkornbaustähle EN 10025-5:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 5: Technische Lieferbedingungen für wetterfeste Baustähle EN 10025-6:2004, Warmgewalzte Erzeugnisse aus Baustählen – Teil 6: Technische Lieferbedingungen für Flach­ erzeugnisse aus Stählen mit höherer Streckgrenze im vergüteten Zustand EN 10164:1993, Stahlerzeugnisse mit verbesserten Verformungseigenschaften senkrecht zur Erzeugnisoberfläche – Technische Lieferbedingungen EN 10210-1:1994, Warmgefertigte Hohlprofile für den Stahlbau aus unlegierten Baustählen und aus Feinkornbaustählen – Teil 1: Technische Lieferbedingungen

EN 10219-1:1997, Kaltgefertigte geschweißte Hohlprofile für den Stahlbau aus unlegierten Baustählen und aus Feinkornbaustählen – Teil 1: Technische Lieferbedingungen

1.3 Annahmen (1) Zusätzlich zu den Grundlagen von EN 1990 wird vorausgesetzt, dass Herstellung und Errichtung von Stahlbauten nach EN 1090 erfolgen.

1.4

Unterscheidung nach Grundsätzen und Anwendungsregeln

(1) Es gelten die Regelungen nach EN 1990, 1.4.

1.5 Begriffe (1) Es gelten die Begriffe von EN 1990, 1.5. (2) Nachstehende Begriffe werden in EN 1993-1-1 mit folgender Bedeutung verwendet:

1.5.1 Tragwerk tragende Bauteile und Verbindungen zur Abtragung von Lasten; der Begriff umfasst Stabtragwerke wie Rahmentragwerke oder Fachwerktragwerke; es gibt ebene und räumliche Tragwerke

1.5.2 Teiltragwerke Teil eines größeren Tragwerks, das jedoch als eigenständiges Tragwerk in der statischen Berechnung behandelt werden darf

1.5.3 Art des Tragwerks zur Unterscheidung von Tragwerken werden folgende Begriffe verwendet:

Zu 1.3 (1) DIN 18800-7 Stahlbauten – Teil 7 : Ausführung und Herstellerqualifikation [K3] wurde inzwischen durch EN 1090 Teil 1 und Teil 2 ersetzt. Die Koexistenzphase beider Normen ist zum 1. Juli 2014 ausgelaufen, das heißt, die Anwendung von EN 1090 ist verpflichtend. Bis zu diesem Datum war die Anwendung von DIN 18800-7 und der Nachweis nach alter Herstellerqualifikation noch möglich, setzte aber dann zwingend eine Bemessung nach DIN 18800 :2008 [K1, K2] voraus. Zu 1.5.3 Für Tragwerke mit verformbaren Anschlüssen ist ggf. bei der Schnittgrößen- und Verformungsberechnung der Tragwerke auch die Steifigkeit der Anschlüsse selber zu berücksichtigen, Hinweise dazu sind zum Beispiel in EN 1993-1-8 Kapitel 5 gegeben. Gelenktragwerke sind auch solche Tragwerke, bei denen rechnerisch ein Gelenk, also keine Übertragung von Momenten, angenommen wird.

Allgemeines

– Tragwerke mit verformbaren Anschlüssen, bei denen die wesentlichen Eigenschaften der zu verbindenden Bauteile und ihrer Anschlüsse in der statischen Berechnung berücksichtigt werden müssen; – Tragwerke mit steifen Anschlüssen, bei denen nur die Eigenschaften der Bauteile in der statischen Berechnung berücksichtigt werden müssen; – Gelenktragwerke, in denen die Anschlüsse nicht in der Lage sind, Momente zu übertragen

1.5.4 Tragwerksberechnung die Bestimmung der Schnittgrößen und Verformungen des Tragwerks, die im Gleichgewicht mit den Einwirkungen stehen

1.5.5 Systemlänge Abstand zweier benachbarter Punkte eines Bauteils in einer vorgegebenen Ebene, an denen das Bauteil gegen Verschiebungen in der Ebene gehalten ist, oder Abstand zwischen einem solchen Punkt und dem Ende des Bauteils

1.5.6 Knicklänge Länge des an beiden Enden gelenkig gelagerten Druckstabes, der die gleiche ideale Verzweigungslast hat wie der Druckstab mit seinen realen Lagerungsbedingungen im System

1.5.7 mittragende Breite reduzierte Flanschbreite für den Sicherheitsnachweis von Trägern mit breiten Gurtscheiben zur Berücksichtigung ungleichmäßiger Spannungsverteilung infolge von Scheibenverformungen

1.5.8 Kapazitätsbemessung Bemessung eines Bauteils und seiner Anschlüsse derart, dass bei eingeprägten Verformungen planmäßige plastische Fließverformungen im Bauteil durch gezielte Überfestigkeit der Verbindungen und Anschlussteile sichergestellt werden

1.5.9 Bauteil mit konstantem Querschnitt Bauteil mit konstantem Querschnitt entlang der Bau­ teil­achse

1.6 Formelzeichen (1) Folgende Formelzeichen werden im Sinne dieser Norm verwandt. (2) Weitere Formelzeichen werden im Text definiert. Anmerkung: Die Formelzeichen sind in der Reihenfolge ihrer Verwendung in EN 1993-1-1 aufgelistet. Ein Formelzeichen kann unterschiedliche Bedeutungen haben.

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Abschnitt 1 x-x Längsachse eines Bauteils; y-y Querschnittsachse; z-z Querschnittsachse; u-u starke Querschnittshauptachse (falls diese nicht mit der y-y-Achse übereinstimmt); v-v schwache Querschnittshauptachse (falls diese nicht mit der z-z-Achse übereinstimmt); b Querschnittsbreite; h Querschnittshöhe; d Höhe des geraden Stegteils; tw Stegdicke; tf Flanschdicke; r Ausrundungsradius; r1 Ausrundungsradius; r2 Abrundungsradius; t Dicke.

Abschnitt 2 Pk

Nennwert einer während der Errichtung aufgebrachten Vorspannkraft; Gk Nennwert einer ständigen Einwirkung; Xk charakteristischer Wert einer Werkstoffeigenschaft; Xn Nennwert einer Werkstoffeigenschaft; Rd Bemessungswert einer Beanspruchbarkeit; Rk charakteristischer Wert einer Beanspruchbarkeit; γM Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruchbarkeit; γMi Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruchbarkeit für die Versagensform i; γMf Teilsicherheitsbeiwert für die Ermüdungsbeanspruchbarkeit; η Umrechnungsfaktor; ad Bemessungswert einer geometrischen Größe.

Abschnitt 3 fy Streckgrenze; fu Zugfestigkeit; ReH Streckgrenze nach Produktnorm; Rm Zugfestigkeit nach Produktnorm; A0 Anfangsquerschnittsfläche; εy Fließdehnung; Zu 1.6 Einige Formelzeichen stimmen nicht mit den aus der deutschen Normung gewohnten Zeichen überein. Beispiele sind: ​tw​  ​​​statt ​ts​  ​​​ Stegdicke ​t​ f​​​statt ​tg​  ​​​ Gurtdicke ​d​statt ​h   2c​ Höhe des geraden Stegteils ​χ​statt ​κ​ Abminderungsbeiwert entsprechend der maßgebenden Knicklinie ​χ​  LT​​​statt ​κ​  M​​​ Abminderungsbeiwert für Biegedrillknicken ​CϑR,k ​  ​​​statt ​c​ ϑ,k​​​ Rotationssteifigkeit statt Drehbettung ​Lcr​  ​​​statt ​s​ k​​​ Knicklänge

12

1   Stahlbaunormen

εu Gleichmaßdehnung; ZEd erforderlicher Z-Wert des Werkstoffs aus Dehnungsbeanspruchung in Blechdickenrichtung; ZRd verfügbarer Z-Wert des Werkstoffs in Blech­ dickenrichtung; E Elastizitätsmodul; G Schubmodul; ν Poissonsche Zahl, Querkontraktionszahl; α Wärmeausdehnungskoeffizient.

Abschnitt 5 αcr

Vergrößerungsbeiwert für die Einwirkungen, um die ideale Verzweigungslast zu erreichen; FEd Bemessungswert der Einwirkungen auf das Tragwerk; Fcr ideale Verzweigungslast auf der Basis elastischer Anfangssteifigkeiten; HEd Bemessungswert der gesamten horizontalen Last, einschließlich der vom Stockwerk übertragenen äquivalenten Kräfte (Stockwerksschub); VEd Bemessungswert der gesamten vertikalen vom Stockwerk (Stockwerksdruck) übertragenen Last am Tragwerk; Horizontalverschiebung der oberen Knoten H,Ed gegenüber den unteren Knoten eines Stockwerks infolge HEd; h Stockwerkshöhe; ​​  λ ̅ ​​ Schlankheitsgrad; NEd Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft (Druck); ϕ Anfangsschiefstellung; ϕ0 Ausgangswert der Anfangsschiefstellung; αh Abminderungsfaktor in Abhängigkeit der Stützenhöhe h; h Tragwerkshöhe; αm Abminderungsfaktor in Abhängigkeit von der Anzahl der Stützen in einer Reihe; m Anzahl der Stützen in einer Reihe; e0 Amplitude einer Bauteilimperfektion; L Bauteillänge; ηinit Form der geometrischen Vorimperfektion aus der Eigenfunktion ηcr bei der niedrigsten Verzweigungslast; ηcr Eigenfunktion (Modale) für die Verschiebungen η bei Erreichen der niedrigsten Verzweigungslast; e0,d Bemessungswert der Amplitude einer Bauteil­ imperfektion; MRk charakteristischer Wert der Momententrag­ fähigkeit eines Querschnitts; NRk charakteristischer Wert der Normalkrafttragfähigkeit eines Querschnitts; α Imperfektionsbeiwert; EI ​​​η″   ​​ cr​​​ Eigenfunktion (Modale) der Biegemomente EI ​η″  ​​ bei Erreichen der niedrigsten Verzweigungslast;

χ

Abminderungsbeiwert entsprechend der maßgebenden Knicklinie; αult,k Kleinster Vergrößerungsfaktor für die Bemessungswerte der Belastung, mit dem die charakteristische Tragfähigkeit der Bauteile mit Verformungen in der Tragwerksebene erreicht wird, ohne dass Knicken oder Biegedrillknicken aus der Ebene berücksichtigt wird. Dabei werden, wo erforderlich, alle Effekte aus Imperfektionen und Theorie 2. Ordnung in der Tragwerksebene berücksichtigt. In der Regel wird αult,k durch den Querschnittsnachweis am ungünstigsten Querschnitt des Tragwerks oder Teiltragwerks bestimmt. αcr Vergrößerungsbeiwert für die Einwirkungen, um die ideale Verzweigungslast bei Ausweichen aus der Ebene (siehe αult,k) zu erreichen; q Ersatzkraft pro Längeneinheit auf ein stabilisierendes System äquivalent zur Wirkung von Imperfektionen; δq Durchbiegung des stabilisierenden Systems unter der Ersatzkraft q; qd Bemessungswert der Ersatzkraft q pro Längen­einheit; MEd Bemessungswert des einwirkenden Biege­ moments; k Beiwert für e0,d; ε Dehnung; σ Normalspannung; σcom,Ed Bemessungswert der einwirkenden Druck­ spannung in einem Querschnittsteil; ℓ Länge; ε Faktor in Abhängigkeit von fy; c Breite oder Höhe eines Querschnittsteils; α Anteil eines Querschnittsteils unter Druck­ beanspruchung; ψ Spannungs- oder Dehnungsverhältnis; k Beulfaktor; d Außendurchmesser runder Hohlquerschnitte.

Abschnitt 6 γM0 γM1 γM2 σx,Ed σz,Ed τEd NEd

Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruchbarkeit von Querschnitten (bei Anwendung von Querschnittsnachweisen); Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruchbarkeit von Bauteilen bei Stabilitätsversagen (bei Anwendung von Bauteilnachweisen); Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruchbarkeit von Querschnitten bei Bruchversagen infolge Zugbeanspruchung; Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung in Längsrichtung; Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung in Querrichtung; Bemessungswert der einwirkenden Schub­ spannung; Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft;

Allgemeines

My,Ed Bemessungswert des einwirkenden Momentes um die y-y-Achse; Mz,Ed Bemessungswert des einwirkenden Momentes um die z-z-Achse; NRd Bemessungswert der Normalkrafttragfähigkeit; My,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit um die y-y-Achse; Mz,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit um die z-z-Achse; s Lochabstand bei versetzten Löchern gemessen als Abstand der Lochachsen in der Projektion parallel zur Bauteilachse; p Lochabstand bei versetzten Löchern gemessen als Abstand der Lochachsen in der Projektion senkrecht zur Bauteilachse; n Anzahl der Löcher längs einer kritischen Risslinie (in einer Diagonalen oder Zickzack­ linie), die sich über den Querschnitt oder über Querschnittsteile erstreckt; d0 Lochdurchmesser; eN Verschiebung der Hauptachse des wirksamen Querschnitts mit der Fläche Aeff bezogen auf die Hauptachse des Bruttoquerschnitts mit der Fläche A; MEd Bemessungswert eines zusätzlichen einwirkenden Momentes infolge der Verschiebung eN; Aeff wirksame Querschnittsfläche; Nt,Rd Bemessungswert der Zugtragfähigkeit; Npl,Rd Bemessungswert der plastischen Normalkrafttragfähigkeit des Bruttoquerschnitts; Nu,Rd Bemessungswert der Zugtragfähigkeit des Nettoquerschnitts längs der kritischen Risslinie durch die Löcher; Anet Nettoquerschnittsfläche; Nnet,Rd Bemessungswert der plastischen Normalkrafttragfähigkeit des Nettoquerschnitts; Nc,Rd Bemessungswert der Normalkrafttragfähigkeit bei Druck; Mc,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit bei Berücksichtigung von Löchern; Wpl plastisches Widerstandsmoment; Wel,min kleinstes elastisches Widerstandsmoment; Weff,min kleinstes wirksames elastisches Widerstandsmoment; Af Fläche des zugbeanspruchten Flansches; Af,net Nettofläche des zugbeanspruchten Flansches; VEd Bemessungswert der einwirkenden Querkraft; Vc,Rd Bemessungswert der Querkrafttragfähigkeit; Vpl,Rd Bemessungswert der plastischen Querkrafttragfähigkeit; Av wirksame Schubfläche; η Beiwert für die wirksame Schubfläche; S Statisches Flächenmoment; I Flächenträgheitsmoment des Gesamtquerschnitts; A Querschnittsfläche; Aw Fläche des Stegbleches; Af Fläche eines Flansches;

TEd

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Bemessungswert des einwirkenden Torsionsmomentes; TRd Bemessungswert der Torsionstragfähigkeit; Tt,Ed Bemessungswert des einwirkenden St. Venant’schen Torsionsmoments; Tw,Ed Bemessungswert des einwirkenden Wölb­ torsionsmoments; τt,Ed Bemessungswert der einwirkenden Schubspannung infolge St. Venant’scher (primärer) Torsion; τw,Ed Bemessungswert der einwirkenden Schubspannung infolge Wölbkrafttorsion; σw,Ed Bemessungswert der einwirkenden Normalspannungen infolge des Bimomentes BEd; BEd Bemessungswert des einwirkenden Bimoments; Vpl,T,Rd Bemessungswert der Querkrafttragfägkeit abgemindert infolge TEd; ρ Abminderungsbeiwert zur Bestimmung des Bemessungswerts der Momententragfähigkeit unter Berücksichtigung von VEd; MV,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit abgemindert infolge VEd; MN,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit abgemindert infolge NEd; n Verhältnis von NEd zu Npl,Rd; a Verhältnis der Stegfläche zur Bruttoquerschnittsfläche; α Parameter für den Querschnittsnachweis bei Biegung um beide Hauptachsen; β Parameter für den Querschnittsnachweis bei Biegung um beide Hauptachsen; eN,y Verschiebung der Hauptachse y-y des wirksamen Querschnitts mit der Fläche Aeff bezogen auf die Hauptachse des Bruttoquerschnitts mit der Fläche A; eN,z Verschiebung der Hauptachse z-z des wirksamen Querschnitts mit der Fläche Aeff bezogen auf die Hauptachse des Bruttoquerschnitts mit der Fläche A; Weff,min kleinstes wirksames elastisches Widerstandsmoment; Nb,Rd Bemessungswert der Biegeknicktragfähigkeit von Bauteilen unter planmäßig zentrischem Druck; χ Abminderungsbeiwert entsprechend der maßgebenden Knickkurve; Φ Funktion zur Bestimmung des Abminderungsbeiwertes χ; a0, a, b, c, d Klassenbezeichnungen der Knicklinien; Ncr ideale Verzweigungslast für den maßgebenden Knickfall bezogen auf den Bruttoquerschnitt; i Trägheitsradius für die maßgebende Knick­ ebene bezogen auf den Bruttoquerschnitt; λ1 Schlankheit zur Bestimmung des Schlankheitsgrads; ​​​  λ ̅​​  T​​​ Schlankheitsgrad für Drillknicken oder Biegedrillknicken;

14

1   Stahlbaunormen

Ncr,TF ideale Verzweigungslast für Biegedrillknicken; Ncr,T ideale Verzweigungslast für Drillknicken; Mb,Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit bei Biegedrillknicken; χLT Abminderungsbeiwert für Biegedrillknicken; ΦLT Funktion zur Bestimmung des Abminderungsbeiwertes χLT; αLT Imperfektionsbeiwert für die maßgebende Biegedrillknicklinie; ​​​  λ ̅​​  LT​​​ Schlankheitsgrad für Biegedrillknicken; Mcr ideales Verzweigungsmoment bei Biege­ drillknicken; ​​​  λ ̅​​  LT,0​​​ Plateaulänge der Biegedrillknicklinie für gewalzte und geschweißte Querschnitte; β Korrekturfaktor der Biegedrillknicklinie für gewalzte und geschweißte Querschnitte; χLT,mod modifizierter Abminderungsbeiwert für Biegedrillknicken; f Modifikationsfaktor für χLT; kc Korrekturbeiwert zur Berücksichtigung der Momentenverteilung; ψ Momentenverhältnis in einem Bauteil­ abschnitt; Lc Abstand zwischen seitlichen Stützpunkten; ​​​  λ ̅​​  f​​​ Schlankheitsgrad des druckbeanspruchten Flansches; if,z Trägheitsradius des druckbeanspruchten Flansches um die schwache Querschnitts­ achse; Ieff,f wirksames Flächenträgheitsmoment des druckbeanspruchten Flansches um die ­schwache Querschnittsachse; Aeff,f wirksame Fläche des druckbeanspruchten Flansches; Aeff, w,c wirksame Fläche des druckbeanspruchten Teils des Stegblechs; ​​​ λ ̅​​  c0​​​ Grenzschlankheitsgrad; kf Anpassungsfaktor; My,Ed Momente infolge Verschiebung eNy der Querschnittsachsen; Mz,Ed Momente infolge Verschiebung eNz der Querschnittsachsen; χy Abminderungsbeiwert für Biegeknicken (y-y-Achse); χz Abminderungsbeiwert für Biegeknicken (z-z-Achse); kyy Interaktionsfaktor; kyz Interaktionsfaktor; kzy Interaktionsfaktor; kzz Interaktionsfaktor; ​​​  λ ̅​​  op​​​ globaler Schlankheitsgrad eines Bauteils oder einer Bauteilkomponente zur Berücksichtigung von Stabilitätsverhalten aus der Ebene; χop Abminderungsbeiwert in Abhängigkeit von ​​​  λ ̅​​  op​​​; αult,k Vergrößerungsbeiwert für die Einwirkungen, um den charakteristischen Wert der Tragfähigkeit bei Unterdrückung von Verformungen aus der Ebene zu erreichen;

αcr,op

Vergrößerungsbeiwert für die Einwirkungen, um die Verzweigungslast bei Ausweichen aus der Ebene (siehe αult,k) zu erreichen; NRk charakteristischer Wert der Normalkrafttragfähigkeit; My,Rk charakteristischer Wert der Momententrag­ fähigkeit (y-y-Achse); Mz,Rk charakteristischer Wert der Momententrag­ fähigkeit (z-z-Achse); Qm lokale Ersatzkraft auf stabilisierende Bauteile im Bereich von Fließgelenken; Lstable Mindestabstand von Abstützmaßnahmen; Lch Knicklänge eines Gurtstabs; h0 Abstand zwischen den Schwerachsen der Gurtstäbe; a Bindeblechabstand; α Winkel zwischen den Schwerachsen von Gitterstäben und Gurtstäben; imin kleinster Trägheitsradius von Einzelwinkeln; Ach Querschnittsfläche eines Gurtstabes; Nch,Ed Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft im Gurtstab eines mehrteiligen Bauteils; ​​M​  IEd  ​​ ​  Bemessungswert des maximal einwirkenden Moments für ein mehrteiliges Bauteils; Ieff effektives Flächenträgheitsmoment eines mehrteiligen Bauteils; Sv Schubsteifigkeit infolge der Verformungen der Gitterstäbe und Bindebleche; n Anzahl der Ebenen der Gitterstäbe oder Bindebleche; Ad Querschnittsfläche eines Gitterstabes einer Gitterstütze; d Länge eines Gitterstabes einer Gitterstütze; AV Querschnittsfläche eines Bindeblechs (oder horizontalen Bauteils) einer Gitterstütze; Ich Flächenträgheitsmoment eines Gurtstabes in der Nachweisebene; Ib Flächenträgheitsmoment eines Bindebleches in der Nachweisebene; μ Wirkungsgrad; iy Trägheitsradius (y-y-Achse).

Anhang A Cmy äquivalenter Momentenbeiwert; Cmz äquivalenter Momentenbeiwert; CmLT äquivalenter Momentenbeiwert; μy Beiwert; μz Beiwert; Ncr,y ideale Verzweigungslast für Knicken um die y-y-Achse; Ncr,z ideale Verzweigungslast für Knicken um die z-z-Achse; Cyy Beiwert; Cyz Beiwert; Czy Beiwert; Czz Beiwert; wy Beiwert; wz Beiwert;

Allgemeines

npl Beiwert; ​​​  λ ̅​​  max​​​ maximaler Wert von ​​​  λ ̅​​  y​​​ und ​​​  λ ̅​​  z​​​; bLT Beiwert; cLT Beiwert; dLT Beiwert; eLT Beiwert; ψy Verhältnis der Endmomente (y-y-Achse); Cmy,0 Beiwert; Cmz,0 Beiwert; aLT Beiwert; IT St. Venant’sche Torsionssteifigkeit; Iy Flächenträgheitsmoment um die y-y-Achse; C1 Verhältnis von kritischem Biegemoment (größter Wert unter den Bauteilen) und dem kritischen konstanten Biegemoment für ein Bauteil mit gelenkiger Lagerung. Mi,Ed(x) Größtwert von My,Ed und Mz,Ed; |δx| größte Verformung entlang des Bauteils.

Anhang B αs αh Cm

Beiwert, s Durchbiegung (en:sagging); Beiwert, h Aufbiegung (en:hogging); äquivalenter Momentenbeiwert.

Anhang AB γG Gk γQ Qk

Teilsicherheitsbeiwert für ständige Einwirkungen; charakteristischer Wert der ständigen Einwirkung G; Teilsicherheitsbeiwert für veränderliche Einwirkungen; charakteristischer Wert der veränderlichen Einwirkung Q.

Anhang BB ​​​  λ ̅​​  eff,v​​​

effektiver Schlankheitsgrad für Knicken um die v-v-Achse; ​​​ λ ̅​​  eff,y​​​ effektiver Schlankheitsgrad für Knicken um die y-y-Achse; ​​​  λ ̅​​  eff,z​​​ effektiver Schlankheitsgrad für Knicken um die z-z-Achse; L Systemlänge; Lcr Knicklänge; S Schubsteifigkeit der Bleche im Hinblick auf die Verformungen des Trägers in der Blech­ ebene; Iw Wölbflächenmoment des Trägers; C ,k Rotationssteifigkeit, die durch das stabilisierende Bauteil und die Verbindung mit dem Träger bewirkt wird; K Beiwert zur Berücksichtigung der Art der Berechnung; K Faktor zur Berücksichtigung des Momentenverlaufs und der Möglichkeit der seitlichen Verschiebung des gegen Verdrehen gestützten Trägers;

Rotationssteifigkeit des stabilisierenden Bauteils bei Annahme einer steifen Verbindung mit dem Träger; C C,k Rotationssteifigkeit der Verbindung zwischen dem Träger und dem stabilisierenden Bauteil; C D,k Rotationssteifigkeit infolge von Querschnittsverformungen des Trägers; Lm Mindestabstand zwischen seitlichen Stützungen; Lk Mindestabstand zwischen Verdrehbehinderungen; Ls Mindestabstand zwischen einem plastischen Gelenk und einer benachbarten Verdrehbehinderungen; C1 Modifikationsfaktor zur Berücksichtigung des Momentenverlaufs; Cm Modifikationsfaktor zur Berücksichtigung eines linearen Momentenverlaufs; Cn Modifikationsfaktor zur Berücksichtigung eines nichtlinearen Momentenverlaufs; a Abstand zwischen der Achse des Bauteils mit Fließgelenk und der Achse der Abstützung der aussteifenden Bauteile; B0 Beiwert; B1 Beiwert; B2 Beiwert; η ideales Verhältnis von NcrE zu NcrT; is auf die Schwerlinie des aussteifenden Bauteils bezogener Trägheitsradius; βt Verhältnis des kleinsten zum größten Endmoment; R1 Moment an einem Ort im Bauteil; R2 Moment an einem Ort im Bauteil; R3 Moment an einem Ort im Bauteil; R4 Moment an einem Ort im Bauteil; R5 Moment an einem Ort im Bauteil; RE maximaler Wert von R1 oder R5; Rs maximaler Wert des Biegemoments innerhalb der Länge Ly; c Voutenfaktor; hh zusätzliche Querschnittshöhe infolge der Voute; hmax maximale Querschnittshöhe innerhalb der Länge Ly; hmin minimale Querschnittshöhe innerhalb der Länge Ly; hs Höhe des Querschnitts ohne Voute; Lh Länge der Voute innerhalb der Länge Ly; Ly Abstand zwischen seitlichen Abstützungen.

C

R,k

15

1.7

Definition der Bauteilachsen

(1) Die Bauteilachsen werden wie folgt definiert: – x-x längs des Bauteils; – y-y Querschnittsachse; – z-z Querschnittsachse.

16

1   Stahlbaunormen

(2) Die Querschnittsachsen von Stahlbauteilen werden wie folgt definiert: – Allgemein: y-y Querschnittsachse parallel zu den Flanschen; z-z Querschnittsachse rechtwinklig zu den Flanschen. – für Winkelprofile: y-y Achse parallel zum kleineren Schenkel; z-z Achse rechtwinklig zum kleineren Schenkel. – wenn erforderlich: u-u  Hauptachse (wenn sie nicht mit der y-y-Achse übereinstimmt); v-v  Nebenachse (wenn sie nicht mit der z-z-Achse übereinstimmt). (3) Die Symbole für die Abmessungen und Achsen gewalzter Stahlprofile sind in Bild 1.1 angegeben. (4) Die Vereinbarung für Indizes zur Bezeichnung der Achsen von Momenten lautet: „Es gilt die Achse, um die das Moment wirkt.“ Anmerkung: Alle Regeln dieses Eurocodes beziehen sich auf die Eigenschaften in den Hauptachsenrichtungen, welche im Allgemeinen als y-y-Achse und z-zAchse für symmetrische Querschnitte und u-u-Achse und v-v-Achse für unsymmetrische Querschnitte, wie z. B. Winkel, festgelegt sind.

2

Grundlagen für die Tragwerksplanung

2.1 Anforderungen 2.1.1 Grundlegende Anforderungen (1)P Für die Tragwerksplanung von Stahlbauten gelten die Grundlagen von EN 1990. (2) Für Stahlbauten gelten darüber hinaus in der Regel die in diesem Abschnitt angegebenen Regelungen. (3) Die grundlegenden Anforderungen von EN 1990, Abschnitt 2 gelten in der Regel als erfüllt, wenn der Entwurf, die Berechnung und die Bemessung mit Grenzzuständen in Verbindung mit Einwirkungen nach EN 1991 und Teilsicherheitsbeiwerten und Lastkombinationen entsprechend EN 1990 durchgeführt wird. (4) Die Bemessungsregeln für die Grenzzustände der Tragfähigkeit, Gebrauchstauglichkeit und für die Dauerhaftigkeit in den verschiedenen Teilen von EN 1993 sind in der Regel für die jeweiligen Anwendungsbereiche maßgebend.

Bild 1.1. Abmessungen und Achsen von Profilquerschnitten



2.1.2 Behandlung der Zuverlässigkeit (1)P  In Bezug auf die Anwendung von EN 1090-1 und EN 1090-2 sind die Ausführungsklassen nach Anhang C dieser Norm zu wählen. (2)  Falls eine andere als die in dieser Norm empfohlene Zuverlässigkeit gefordert wird, sollte diese vorzugsweise durch entsprechende Gütesicherung bei der Tragwerksplanung und der Ausführung nach EN 1990:2010, Anhang B und Anhang C, sowie EN 1090 erreicht werden.

2.1.3 Nutzungsdauer, Dauerhaftigkeit und Robustheit 2.1.3.1 Allgemeines (1)P Abhängig von der Art der Einwirkungen, die die Dauerhaftigkeit und Nutzungsdauer (siehe EN 1990) beeinflussen, ist bei Stahltragwerken in der Regel Folgendes zu beachten: – Korrosionsgerechte Gestaltung gegebenenfalls mit: • geeignetem Schutz der Oberfläche (siehe EN ISO 12944); • Einsatz von wetterfestem Stahl; • Einsatz von nichtrostendem Stahl (siehe EN 1993-1-4). – Konstruktive Gestaltung im Hinblick auf ausreichende Ermüdungssicherheit (siehe EN 1993-1-9); – Berücksichtigung der Auswirkung von Verschleiß beim Entwurf; – Bemessung für außergewöhnliche Einwirkungen (siehe EN 1991-1-7); – Sicherstellung von Inspektions- und Wartungsmaßnahmen.

2.1.3.2 Nutzungsdauer bei Hochbauten (1)P,B Als Nutzungsdauer ist in der Regel der Zeitraum festzulegen, in der ein Hochbau nach seiner vorgesehenen Funktion genutzt werden soll. (2)B Zur Festlegung der Lebensdauer von Hochbauten siehe EN 1990, Tabelle 2.1. (3)B Für Bauteile, die nicht für die gesamte Nutzungsdauer von Hochbauten bemessen werden können, siehe 2.1.3.3(3)B.

2.1.3.3 Dauerhaftigkeit von Hochbauten (1)P,B Um die Dauerhaftigkeit von Hochbauten zu sichern, sind in der Regel die Tragwerke entweder gegen schädliche Umwelteinwirkungen und, wo notwendig, auf Ermüdungseinwirkungen zu bemessen oder auf andere Art vor diesen zu schützen. (2)P,B Können Materialverschleiß, Korrosion oder Ermüdung maßgebend werden, müssen geeignete Werkstoffwahl, nach EN 1993-1-4 und EN 1993-1-10, geeignete Gestaltung der Konstruktion nach EN 1993-1-9, strukturelle Redundanz (z. B. statische Unbestimmtheit des Systems) und geeigneter Korrosionsschutz berücksichtigt werden.

Grundlagen für die Tragwerksplanung

17

(3)B Falls bei einem Bauwerk Bauteile austauschbar sein sollen (z. B. Lager bei Bodensetzungen), ist in der Regel der sichere Austausch als vorübergehende Bemessungssituation nachzuweisen.

2.2

Grundsätzliches zur Bemessung mit Grenzzuständen

(1) Die in diesem Eurocode 3 festgelegten Beanspruchbarkeiten für Querschnitte und Bauteile für den Grenzzustand der Tragfähigkeit, nach Abschnitt 3.3 der EN 1990, sind aus Versuchen abgeleitet, bei denen der Werkstoff eine ausreichende Duktilität aufwies, so dass daraus vereinfachte Bemessungsmodelle abgeleitet werden konnten. (2) Die in diesem Teil des Eurocodes festgelegten Beanspruchbarkeiten dürfen nur verwendet werden, wenn die Bedingungen für den Werkstoff nach Abschnitt 3 erfüllt sind.

Zu 2.1.2(1)P Gemäß Änderung EN 1993-1-1∕​A1:2014-07 wird der bisherige Unterabschnitt 2.1.2 durch eine Bezugnahme auf die Anwendung von EN 1090 ergänzt. Seit Juli 2014 ersetzt ein neuer Anhang C zu EN 1993-1-1 den nur informativen Anhang B von EN 1090-2, der bisher die Zuordnung der Ausführungsklassen EXC1 bis EXC4 zu Schadensfolgeklassen (CC) gemäß DIN EN 1990, Tabelle B.1 enthielt. Zu 2.1.2(2) Das semi-probabilistische Sicherheitskonzept von EN 1990 verfolgt nach [K39] den Ansatz, mit der Definition eines für Deutschland einheitlichen Zielwertes für den Zuverlässigkeitsindex, im Bauwesen ein bauart- und nutzungsunabhängiges Zuverlässigkeitsniveau zu erreichen. Die Bemessung nach EN 1990 mit den Teilsicherheitsbeiwerten nach Anhang A bzw. nach EN 1991 bis EN 1999 führt nach [K39] in der Regel zu einem Tragwerk mit einer Mindestzuverlässigkeit von β ≥ 3,8 für einen Bezugszeitraum von 50 Jahren. Abweichungen davon, wie sie hier mit dem Verweis auf EN 1990, Anhang C angesprochen werden, sind Ausnahmen und erfordern eine Absprache mit der zuständigen Baurechtsbehörde. Die Anhänge B und C von EN 1990, die allgemeine Regeln zur Zuverlässigkeitsanalyse und zur Grundlage der Bemessung mit Teilsicherheitsbeiwerten behandeln, sind bauaufsichtlich nicht eingeführt.

18

1   Stahlbaunormen

2.3 Basisvariable 2.3.1 Einwirkungen und Umgebungseinflüsse (1) Einwirkungen für die Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten sind in der Regel nach EN 1991 zu ermitteln. Für die Kombination von Einwirkungen und die Teilsicherheitsbeiwerte siehe EN 1990, Anhang A. Anmerkung 1: Der Nationale Anhang kann Einwirkungen für besondere örtliche oder klimatische oder außergewöhnliche Einwirkungen festlegen.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 2.3.1(1) Anmerkung 1 Es werden keine zusätzlichen Festlegungen getroffen.

Anmerkung 2B: Zur proportionalen Erhöhung von Lasten bei inkrementellen Berechnungen, siehe Anhang AB.1. Anmerkung 3B: Zu vereinfachter Anordnung der Belastung, siehe Anhang AB.2. (2) Für die Festlegung der Einwirkungen während der Bauzustände wird die Anwendung von EN 1991-1-6 empfohlen. (3) Auswirkungen absehbarer Setzungen und Setzungsunterschiede sind in der Regel auf der Grundlage realistischer Annahmen zu berücksichtigen. (4) Einflüsse aus ungleichmäßigen Setzungen, eingeprägten Verformungen oder anderen Formen von Vorspannungen während der Montage sind in der Regel durch ihren Nennwert Pk als ständige Einwirkung zu berücksichtigen. Sie werden mit den anderen ständi­ gen  Lasten Gk zu einer ständigen Gesamteinwirkung (Gk Pk) zusammengefasst. (5) Einwirkungen, die zu Ermüdungsbeanspruchungen führen und nicht in EN 1991 festgelegt sind, sollten nach EN 1993-1-9, Anhang A ermittelt werden.

2.3.2 Werkstoff- und Produkteigenschaften (1) Werkstoffeigenschaften für Stahl und andere Bauprodukte und geometrische Größen für die Bemessung sind in der Regel den entsprechenden ENs, ETAGs oder ETAs zu entnehmen, sofern in dieser Norm keine andere Regelung vorgesehen ist.

2.4

Nachweisverfahren mit Teilsicherheitsbeiwerten

2.4.1 Bemessungswerte von Werkstoffeigenschaften (1)P Für die Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten sind die charakteristischen Werte Xk oder die Nennwerte Xn der Werkstoffeigenschaft nach diesem Eurocode anzusetzen.

2.4.2 Bemessungswerte der geometrischen Größen (1) Geometrische Größen für die Querschnitte und Abmessungen des Tragwerks dürfen den harmonisierten Produktnormen oder den Zeichnungen für die Ausführung nach EN 1090 entnommen werden. Sie sind als Nennwerte zu behandeln. (2) Die in dieser Norm festgelegten Bemessungswerte der geometrischen Ersatzimperfektionen enthalten: – Einflüsse aus geometrischen Imperfektionen von Bauteilen, die durch geometrische Toleranzen in den Produktnormen oder Ausführungsnormen begrenzt sind; – Einflüsse struktureller Imperfektionen infolge Herstellung und Bauausführung; – Eigenspannungen; – Ungleichmäßige Verteilung der Streckgrenze.

2.4.3 Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit (1) Für Tragwerke aus Stahl gilt die folgende Definition nach EN 1990, Gleichung (6.6c) bzw. (6.6d): 1 ​R​  ​​ ​​Rd​  ​​   ​  ___k  ​   ​ ___   ​  ​Rk​  ​​ (​ ​η​ 1​​ ​Xk1 ​  ​​  ; ​η​ i​​ ​Xki ​  ​​  ; ​a​  d)​​ ​​ (2.1) ​γ​ M​​ ​γ​ M​​ Dabei ist Rk der charakteristische Wert einer Beanspruchbarkeit, der mit den charakteristischen Werten oder Nennwerten der Werkstoffeigenschaften und Abmessungen ermittelt wurde; γM der globale Teilsicherheitsbeiwert für diese ­Beanspruchbarkeit. Anmerkung: Zur Definition von η1, η2, Xk,1, Xk,i und ad siehe EN 1990.

Zu 2.3.1(4) Die Behandlung von vorgespannten Systemen, wie durch Seile oder Zugstangen unter- bzw. überspannte Träger, unterscheidet sich grundsätzlich im reinen Stahlbau und im Verbundbau bzw. im  Massivbau. Im Stahlbau geht man davon aus, dass die Vor­ spannung kontrolliert unter Eigengewichtswirkung aufgebracht wird, so dass keine unabhängige Behandlung mit einem eigenen Teilsicherheitsbeiwert erforderlich ist, sondern Vorspannung und Eigengewicht quasi als eine ständige Last zusammengefasst werden können. Im Verbundbau zum Beispiel wird die Vorspannwirkung gemäß EN 1994-1-1, 2.4.1.1. mit einem eigenen Teilsicherheitsbeiwert versehen.

Werkstoffe

2.4.4 Nachweis der Lagesicherheit (EQU) (1) Das Nachweisformat beim Nachweis der Lagesicherheit (EQU) nach EN 1990, Anhang A, Tabelle 1.2 (A) gilt auch für Bemessungszustände mit ähnlichen Voraussetzungen wie bei (EQU), z. B. für die Bemessung von Verankerungen oder den Nachweis gegen das Abheben von Lagern bei Durchlaufträgern.

2.5

19

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 3.1(2) Anmerkung Die Anwendung der DIN EN 1993-1-1 ist auf Stahlsorten und Stahlprodukte nach DIN EN 1993-1-1: 2010-12, Tabelle 3.1 beschränkt. Die Anwendung weiterer Stahlsorten ist in DIN EN 1993-1-12 geregelt. Andere als die oben genannten Stahlsorten dürfen nur verwendet werden, wenn

Bemessung mit Hilfe von Versuchen

(1) Die charakteristischen Beanspruchbarkeiten Rk dieser Norm wurden auf der Grundlage von EN 1990, Anhang D ermittelt. (2) Um für Empfehlungen von Teilsicherheitsbeiwerten Gruppen (z. B. für verschiedene Schlankheitsbereiche) mit konstanten Zahlenwerten γMi zu erreichen, wurden die charakteristischen Werte Rk bestimmt aus: ​​Rk​  ​​   ​Rd​  ​​ ​γ​ Mi​​​

(2.2)

Dabei sind Rd die Bemessungswerte nach EN 1990, Anhang D; γMi die empfohlenen Teilsicherheitsbeiwerte. Anmerkung 1: Die empfohlenen Zahlenwerte für die Teilsicherheitsbeiwerte γMi wurden so berechnet, dass Rk ungefähr der 5%-Fraktile einer Verteilung aus einer unendlichen Anzahl von Versuchsergebnissen entspricht. Anmerkung 2: Zu den charakteristischen Bemessungswerten der Ermüdungsfestigkeit und zu den Teilsicherheitsbeiwerten γMf für die Ermüdungsnachweise siehe EN 1993-1-9. Anmerkung 3: Zu den charakteristischen Bemessungswerten der Bauteilzähigkeit und den Sicherheitselementen für den Zähigkeitsnachweis siehe EN 1993-1-10. (3) Für den Fall, dass bei Fertigteilen der Bemessungswert der Beanspruchbarkeit Rd nur aus Versuchen ermittelt wird, werden die charakteristischen Werte für die Beanspruchbarkeit Rk in der Regel nach (2) ermittelt.

3 Werkstoffe 3.1 Allgemeines (1) Die in diesem Abschnitt angegebenen Nennwerte der Werkstoffeigenschaften sind in der Regel als charakteristische Werte bei der Bemessung anzunehmen. (2) Die Entwurfs- und Bemessungsregeln dieses Teils von EN 1993 gelten für Tragwerke aus Stahl entsprechend den in Tabelle 3.1 aufgelisteten Stahlsorten. Anmerkung: Der Nationale Anhang gibt Hinweise zur Anwendung von Stahlsorten und Stahlprodukten.

Zu 2.5 Für die Anwendung von Festigkeitswerten aus Versuchen bedarf es in Deutschland, auch wenn das an dieser Stelle nicht explizit ausgeschlossen ist, im Allgemeinen eines bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweises (Europäische technische Zulassung, allgemeine bauaufsichtliche Zulassung, Zustimmung im Einzelfall oder allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis). Zu NDP zu 3.1(2) Anmerkung Während DIN EN 1993-1-1, Tabelle 3.1 Stahlsorten bis S460 enthält, wird nach DIN EN 1993-1-12 die Anwendung auf höherfeste Stahlsorten bis S700 erweitert. Die „Öffnungsklausel“ für andere als die genannten Stahlsorten entspricht der bisherigen Vorgehensweise in DIN 18800-1, Element (402) [K1]. Für Produkte, an denen geschweißt wird und bei denen die Schweißnähte in auf Zug oder Biegezug beanspruchten Bereichen liegen, gab es in DIN 18800-7 [K3] eine Regelung, die nicht in EN 1090 vorhanden ist, und deshalb hier durch den Nationalen Anhang DIN EN 1993-1-1∕​NA:2018-12 ergänzt wird. In DIN 18800-7 wurde für Blechdicken > 30 mm der Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 gefordert bzw. in der Ausgabe DIN 18800-7:2008 die Einhaltung des Äquivalenzkriteriums für den Aufschweißbiegeversuch nach Tabelle 100, DIN 18800-7:2008, vgl. Tabelle NA.1. Dieses Äquivalenzkriterium hat bisher keinen Eingang in die europäische Normung (mit Ausnahme von EN 1993-2 für Stahlbrücken) gefunden. Gemäß [K40] und [K41] wird durch den Nachweis nach EN 1993-1-10:2010 der Nachweis im Temperatur-Übergangsbereich des Temperatur-Zähigkeits-Diagramms geführt, während das Äquivalenzkriterium bzw. der Aufschweißbiegeversuch einen Nachweis im sogenannten Hochlagenbereich darstellt, also durchaus eine notwendige zusätzliche Qualitätsanforderung ist. Diese Anforderung wird im Moment durch den Nationalen Anhang zu EN 1993-1-1 analog zur alten Regelung aus DIN 18800-7 als vorläufige Regel ergänzt, bis genauere Nachweise zur Verfügung stehen. In der Anmerkung zu diesem Absatz ist die Prüfung nach SEP 1390 nur für Flacherzeugnisse und Formstahl eingeschränkt. Die Anmerkung soll die Randbedingungen einer Aufschweißbiegeprüfung präzisieren. Es sollen Stahlerzeugnisse, bei denen sich Proben nach SEP 1390 nicht entnehmen lassen, ausgeschlossen werden. Dazu gehören z. B. Rundstäbe und Hohlprofile mit kreisförmigem Querschnitt. Die Proben müssen im bemessungsrelevanten Bereich entnommen werden. Somit sind eigentlich auch kaltgefertigte Hohlprofile mit rechteckigem Querschnitt ausgeschlossen.

20

1   Stahlbaunormen

– die chemische Zusammensetzung, die mechanischen Eigenschaften und die Schweißeignung in den Lieferbedingungen des Stahlherstellers festgelegt sind und diese Eigenschaften einer der oben genannten Stahlsorten zugeordnet werden können, oder – sie in Fachnormen vollständig beschrieben und hinsichtlich ihrer Verwendung geregelt sind, oder – ihre Verwendbarkeit durch einen bauaufsichtlichen Verwendbarkeitsnachweis (z. B. allgemeine bauaufsichtliche Zulassung oder Zustimmung im Einzelfall) nachgewiesen worden ist. Zusätzlich sind für die Produkte mit Streckgrenzen bis zu 355 N∕​mm², an denen geschweißt wird und bei de-

nen die Schweißnähte in auf Zug oder Biegezug beanspruchten Bereichen liegen, die Bedingungen nach Tabelle NA.1 einzuhalten. Alternativ hierzu darf die Eignung der Stähle durch einen Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 nachgewiesen werden. Für Bauteile aus Stahlsorten nach DIN EN 10025-5 mit Dicken 30 mm muss die Eignung durch den Aufschweißbiegeversuch nach SEP 1390 nachgewiesen werden. Anmerkung: Die Anforderung für die Prüfung nach SEP 1390 gilt nur für Flacherzeugnisse und Formstahl. Somit sind Rundmaterialien als Vollquerschnittmaterial und Hohlprofile (quadratisch und kreisförmig) ausgeschlossen.

Tabelle NA.1. Äquivalenzkriterium Stahlsorte

Dicke t

S355

t ≤ 30 mm

t > 30 mm bis ≤ 80 mm

t > 80 mm

keine besonderen Anforderungen

Feinkornbaustahl Güte N bzw. M nach DIN EN 10025-3 bzw. DIN EN 10025-4, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1

Feinkornbaustahl Güte NL bzw. ML nach DIN EN 10025-3 bzw. DIN EN 10025-4, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1

S275

keine besonderen Anforderungen

Feinkornbaustahl Güte N bzw. M nach DIN EN 10025-3 bzw. DIN EN 10025-4, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1

Feinkornbaustahl Güte NL bzw. ML nach DIN EN 10025-3 bzw. DIN EN 10025-4, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1

S235

keine besonderen Anforderungen

Güte +N oder +M nach DIN EN 10025-2

3.2 Baustahl 3.2.1 Werkstoffeigenschaften (1) Die Nennwerte der Streckgrenze fy und der Zugfestigkeit fu für Baustahl sind in der Regel: a) entweder direkt als Werte fy ReH und fu Rm aus der Produktnorm, oder b) vereinfacht der Tabelle 3.1 zu entnehmen. Anmerkung: Der Nationale Anhang kann zu a) oder b) eine Festlegung treffen.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 3.2.1(1) Anmerkung Die Werte für fy und fu dürfen sowohl den entsprechenden Produktnormen (DIN EN 10025-2 bis DIN EN 10025-6, DIN EN 10210-1 und DIN EN 10219-1) als auch DIN EN 1993-1-1:2010-12, Tabelle 3.1 entnommen werden.

Zu NDP zu 3.2.1(1) Anmerkung Die Zahlenwerte in Tabelle 3.1 entsprechen den international ­vereinbarten Werten, sie unterscheiden sich in der Regel von den Werten der deutschen Norm DIN  18800-1. So gilt für S235 bei Blechdicken ≤ 40 mm ein Wert ​​fy,k ​  ​​​= 235 N∕​mm2 statt 240 N∕​mm2. In Deutschland wurde seinerzeit im Unterschied zum Eurocode bei der Umstellung auf das SI-System vor mehr als zwanzig Jahren entschieden, die Umstellung bei der Streckgrenze vereinfachend nicht mit dem korrekten Wert 9,81, sondern mit dem Faktor 10 vorzunehmen, da auch die Lasten (Einwirkungen) mit dem Faktor 10 umgerechnet wurden, vgl. [K6]. Dieser Unterschied ergab sich bei der Umstellung auf das SI-System durch die Umrechnung mit ​g​= 9,81 m∕​s2 statt 10 m∕​s2. Bei den Lasten hat man aus Vereinfachungsgründen diese Anpassung mit​ g​= 10 m∕​s2 statt 9,81 m∕​s2 vorgenommen, [K6]. Bei der Ermittlung der Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit werden in der Regel die Nennwerte der Streckgrenze ​fy​  ​​​und der Zugfestigkeit ​fu​  ​​​anstelle der charakteristischen Werte verwendet. Die Nennwerte entsprechend DIN EN 1993-1-1, Tabelle 3.1 stellen hierbei eine Vereinfachung gegenüber den Werten der Produktnormen dar. Sie gestatten aufgrund der im Vergleich zu den Produktnormen gröberen Abstufung in Abhängigkeit der Blechdicke teilweise sogar höhere Festigkeitsansätze.

Werkstoffe Tabelle 3.1. Nennwerte der Streckgrenze ƒy und der Zugfestigkeit ƒu für warmgewalzten Baustahl Erzeugnisdicke t mm

Werkstoffnorm und Stahlsorte

t ≤ 40 mm

40 mm < t ≤ 80 mm

ƒy N∕​mm2

ƒu N∕​mm2

ƒy N∕​mm2

ƒu N∕​mm2

EN 10025-2 S 235 S 275 S 355 S 450

235 275 355 440

360 430 490 550

215 255 335 410

360 410 470 550

EN 10025-3 S 275 N∕​NL S 355 N∕​NL S 420 N∕​NL S 460 N∕​NL

275 355 420 460

390 490 520 540

255 335 390 430

370 470 520 540

EN 10025-4 S 275 M∕​ML S 355 M∕​ML S 420 M∕​ML S 460 M∕​ML

275 355 420 460

370 470 520 540

255 335 390 430

360 450 500 530

EN 10025-5 S 235 W S 355 W

235 355

360 490

215 335

340 490

EN 10025-6 S 460 Q∕​QL∕​QL1

460

570

440

550

EN 10210-1 S 235 H S 275 H S 355 H S 275 NH∕​NLH S 355 NH∕​NLH S 420 NH∕​NLH S 460 NH∕​NLH

235 275 355 275 355 420 460

360 430 510 390 490 540 560

215 255 335 255 335 390 430

340 410 490 370 470 520 550

EN 10219-1 S 235 H S 275 H S 355 H S 275 NH∕​NLH S 355 NH∕​NLH S 460 NH∕​NLH S 275 MH∕​MLH S 355 MH∕​MLH S 420 MH∕​MLH S 460 MH∕​MLH

235 275 355 275 355 460 275 355 420 460

360 430 510 370 470 550 360 470 500 530

21

22

1   Stahlbaunormen

3.2.2 Anforderungen an die Duktilität (1) Für Stahl ist eine Mindestduktilität erforderlich, die durch Grenzwerte für folgende Kennwerte definiert sind: – das Verhältnis fu∕​fy des spezifizierten Mindestwertes der Zugfestigkeit fu zu dem spezifizierten Mindestwert der Streckgrenze fy; ____ – die auf eine Messlänge von 5,65 ​​ √ A​​​  0 ​​ ​​ bezogene Bruchdehnung (wobei A0 die Ausgangsquerschnittsfläche ist); – die Gleichmaßdehnung εu, wobei εu der Zugfestigkeit fu zugeordnet ist. Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die Grenz­ werte für das fu∕​fy-Verhältnis, die Bruchdehnung und die Gleichmaßdehnung εu festlegen. Folgende Werte werden empfohlen: – fu∕​fy 1,10; – Bruchdehnung mindestens 15 %; ​ƒ​  y​​ – εu 15 εy, dabei ist ​​ε​ y​​   ​  __ ​​  die Fließdehnung. E

NDP zu 3.2.2(1) Anmerkung Es gelten die Empfehlungen.

DIN EN 1993-1-1∕​NA

(2) Bei Erzeugnissen aus Stahlsorten nach Tabelle 3.1 darf vorausgesetzt werden, dass sie die aufgeführten Anforderungen erfüllen.

3.2.3 Bruchzähigkeit (1)P Ausreichende Bruchzähigkeit des Werkstoffs ist Voraussetzung für die Vermeidung von Sprödbruchversagen bei zugbeanspruchten Bauteilen. Der Bemessung liegt die voraussichtlich niedrigste Betriebstemperatur über die geplante Nutzungsdauer zugrunde. Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die für die Bemessung anzunehmende niedrigste Betriebstemperatur angeben.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 3.2.3(1)P Anmerkung Die für die Bemessung anzunehmenden niedrigsten Betriebstemperaturen sind in DIN EN 1993-1-10∕​NA: 2010-12, Anhang A angegeben. (2) Weitere Nachweise gegen Sprödbruchversagen sind nicht erforderlich, wenn die Anforderungen in EN 1993-1-10 für die niedrigste Temperatur erfüllt sind. (3)B Für druckbeanspruchte Bauteile des Hochbaus sollte ein Mindestwert der Zähigkeit gewählt werden. Anmerkung B: Der Nationale Anhang kann Informationen zur Wahl der Zähigkeit für druckbeanspruchte Bauteile geben. Es wird empfohlen, in diesem Fall EN 1993-1-10, Tabelle 2.1 für σEd 0,25 fy(t) anzuwenden.

NDP zu 3.2.3(3)B Anmerkung B Es gilt die Empfehlung.

DIN EN 1993-1-1∕​NA

(4) Zur Auswahl geeigneter Stähle für feuerverzinkte Bauteile ist EN ISO 1461 zu beachten.

3.2.4 Eigenschaften in Dickenrichtung (1) Wenn Stahlerzeugnisse mit verbesserten Eigenschaften in Dickenrichtung nach EN 1993-1-10 erforderlich sind, so sind diese in der Regel nach den Qualitätsklassen in EN 10164 auszuwählen. Anmerkung 1: EN 1993-1-10 gibt eine Anleitung zur Wahl der Eigenschaften in Dickenrichtung. Anmerkung 2B: Besondere Beachtung sollte geschweißten Träger-Stützen-Verbindungen sowie angeschweißten Kopfplatten mit Zug in der Dickenrichtung geschenkt werden. Anmerkung 3B: Der Nationale Anhang kann die maßgebende Zuordnung der Sollwerte ZEd nach EN 19931-10, 3.2(2) zu den Qualitätsklassen von EN 10164 angeben. Für Hochbauten wird eine Zuordnung nach Tabelle 3.2 empfohlen.

NDP zu 3.2.4(1) Anmerkung 3B Es gilt die Empfehlung.

DIN EN 1993-1-1∕​NA

Zu 3.2.2 Es darf davon ausgegangen werden, dass die Stahlsorten nach Tabelle 3.1 die Duktilitätskriterien nach EN 1993-1-1, Abschnitt 3.2.2 erfüllen, obwohl die in der Tabelle 3.1 aufgeführten rechnerischen Nennwerte von Streckgrenze und Zugfestigkeit die Kriterien zum Teil nominell nicht erfüllen. Nur für nicht in Tabelle 3.1 geregelte Baustähle sind die Duktilitätskriterien wie z. B. das Verhältnis ​fu​  ​​  ∕​ ​fy​  ​​​ ≥ 1,10 gesondert nachzuweisen. Dies ist insofern von Bedeutung, da die Duktilitätskriterien z. B. auf die Gleichmaßdehnung ​εu​  ​​​ abgestellt sind, die nicht wie die Bruchdehnung eine nachzuweisende mechanische Eigenschaft nach den Produktnormen ist. Im neuesten Entwurf zu EN 1993-1-1 [K55] wurde nach Bestätigung in jüngeren Forschungen auf die 3. Bedingung zur Gleichmaßdehnung verzichtet. Zu 3.2.3 und 3.2.4 Hinsichtlich der Stahlsortenwahl mit Blick auf Sprödbruchsicherheit und die Eigenschaft in Blechdickenrichtung (Gefahr des Terrassenbruchs) wird auf EN 1993-1-10 verwiesen, deren Regelungen mit DASt-Richtlinie 009 [K4] vergleichbar sind. Zu 3.2.3(4) Ausgelöst durch Schadensfälle und die daran sich anschließenden Untersuchungen wurde inzwischen DASt-Richtlinie 022  :2016 „Feuerverzinken von tragenden Stahlbauteilen“ [K42] entwickelt, die seit Dezember 2009 mit ihrer Aufnahme in die Bauregelliste A zusätzlich gilt. Erläuterungen hierzu sind in [K43] zu finden.

Dauerhaftigkeit

4 Dauerhaftigkeit

Tabelle 3.2. Stahlgütewahl nach EN 10164 Sollwert von ZEd nach EN 1993-1-10

Erforderliche Qualität ZRd nach den Z-Werten nach EN 10164

ZEd ≤ 10



10 < ZEd ≤ 20

Z 15

20 < ZEd ≤ 30

Z 25

ZEd > 30

Z 35

3.2.5 Toleranzen (1) Die Toleranzen für Abmessungen und Massen von gewalzten Profilen, Hohlprofilen und Blechen haben in der Regel der maßgebenden Produktnorm, ETAG oder ETA zu entsprechen, sofern nicht strengere Toleranzforderungen bestehen. (2) Bei geschweißten Bauteilen sind in der Regel die Toleranzen nach EN 1090 einzuhalten. (3) Für die Tragwerksberechnung und die Bemessung sind in der Regel die Nennwerte der Abmessungen zu verwenden.

3.2.6 Bemessungswerte der Materialkonstanten (1) Für die in diesem Teil des Eurocodes 3 geregelten Baustähle sind in der Regel folgende Werte für die Berechnung anzunehmen: – Elastizitätsmodul E 210 000  N∕​mm2; E    ​  ​ 81  000  N∕​mm2; – Schubmodul G ​​ ______ 2​(1   ν)​ – Poissonsche Zahl ν 0,3; – Wärmeausdehnungskoeffizient α 12 10–6 je K (für T 100 °C). Anmerkung: Für die Berechnung von Zwängungen infolge ungleicher Temperatureinwirkung in Beton- und Stahlteilen von Stahlverbundbauwerken nach EN 1994 kann der Wärmeausdehnungskoeffizient α mit α 10 10–6 je K angenommen werden.

3.3 Verbindungsmittel 3.3.1 Schrauben, Bolzen, Nieten (1) Die Anforderungen sind in EN 1993-1-8 angegeben.

3.3.2 Schweißwerkstoffe (1) Die Anforderungen an die Schweißwerkstoffe sind in EN 1993-1-8 angegeben.

3.4

23

Andere vorgefertigte Produkte im Hochbau

(1)B Teilvorgefertigte oder komplett vorgefertigte Produkte jeder Art, die im Hochbau verwendet werden, haben in der Regel der maßgebenden Produktnorm, der ETAG oder ETA zu entsprechen.

(1) Grundlegende Anforderungen an die Dauerhaftigkeit sind in EN 1990 festgelegt. (2)P Das Aufbringen des Korrosionsschutzes im Werk oder auf der Baustelle erfolgt in der Regel nach EN 1090. Anmerkung: In EN 1090 sind die bei der Herstellung bzw. Montage zu beachtenden Einflussfaktoren aufgelistet, die bei Entwurf und Bemessung zu beachten sind. (3) Bauteile, die anfällig sind gegen Korrosion, mechanische Abnutzung oder Ermüdung, sind in der Regel so zu konstruieren, dass die Bauwerksinspektion, Wartung und Instandsetzung in geeigneter Form möglich ist und Zugang für Inspektion und Wartung besteht. (4)B Normalerweise sind für Hochbauten keine Ermüdungsnachweise erforderlich, außer für Bauteile mit Beanspruchungen aus:

Zu 3.2.6 Die Bemessungswerte für die Materialkennwerte E-Modul, Schubmodul, Querdehnzahl und Wärmeausdehnungskoeffizient für Stahl werden als konstante Werte festgelegt und müssen nicht durch einen Teilsicherheitsbeiwert abgemindert werden. Der Ansatz von Mittelwerten für die Steifigkeiten entspricht der Empfehlung in EN 1990, Abs. 4.2 (8). Bei den wenig streuenden Werten des Elastizitätsmoduls etc. würde eine solche Abminderung vor allem den variablen geometrischen Abmessungen und Steifigkeiten Rechnung tragen, die gemäß Abs. 3.2.5 auch nur mit Nennwerten anzusetzen sind, bei denen aber sehr konkrete Streuungen auftreten. Hier ist im Einzelfall der Tragwerksplaner gefragt, in den wenigen dafür empfindlichen Fällen (zum Beispiel bei einem unterspannten Rahmentragwerk) für die Schnittgrößenermittlung ggf. auch eine Berechnung mit oberen und unteren Grenzwerten durchzuführen. Zu 4(4)B Während hier der Ermüdungsnachweis explizit für Kranbahnen und ähnliche Tragwerke des Hochbaus gefordert wird, kennt DIN 18800-1 Element (741) [K1] mit Gleichung (25) und (26) konkrete Abgrenzungskriterien, wann auf einen Ermüdungsnachweis verzichtet werden kann. Dabei wird zum einen ​ σ   max σ   min σ​ die Spannungsschwingbreite in N∕​mm2 unter den Bemessungswerten der veränderlichen Einwirkungen für den Tragsicher­ heitsnachweis auf weniger als 26 N∕​mm2 begrenzt. Während ­alternativ auch die Anzahl der Spannungsspiele ​n​weniger als 5 ⋅ 105 ⋅ (26∕​​ σ​)3 sein sollte. Diese Bedingungen orientieren sich am Ermüdungsnachweis für den ungünstigsten vorgesehenen Kerbfall und volles Einstufenkollektiv. Sie erfassen den ungünstigen Fall, in dem das für den Kerbfall maßgebende Bauteil für Überwachung und Instandhaltung schlecht zugänglich ist und sein Ermüdungsversagen den katastrophalen Zusammenbruch des Tragsystems zur Folge haben kann. Da in den Bedingungen – abweichend von den Regelungen für Ermüdungsnachweise – die Spannungen ​σ​ des Tragsicherheitsnachweises verwendet werden, liegen sie auf der sicheren Seite und können auch im Zusammenhang mit EN 1993 als Kriterium genutzt werden.

24

1   Stahlbaunormen

a) Hebevorrichtungen oder rollenden Lasten; b) wiederholten Spannungswechseln durch Maschinenschwingungen; c) windinduzierten Schwingungen; d) Schwingungen aus rhythmischer Bewegung von Personengruppen. (5)P Für Bauteile, die nicht inspiziert werden können, sind geeignete dauerhafte Korrosionsschutzmaßnahmen zu ergreifen. (6)B Tragwerke innerhalb einer Gebäudehülle brauchen nicht mit einem Korrosionsschutz versehen zu werden, wenn die relative Luftfeuchtigkeit 80 % nicht überschreitet.

5 Tragwerksberechnung 5.1

Statische Systeme

5.1.1 Grundlegende Annahmen (1)P Die statische Berechnung ist mit einem Berechnungsmodell zu führen, das für den zu betrachtenden Grenzzustand geeignet ist. (2) Das Berechnungsmodell und die grundlegenden Annahmen für die Berechnung sind in der Regel so zu wählen, dass sie das Tragwerksverhalten im betrachteten Grenzzustand mit ausreichender Genauigkeit wiedergeben und dem erwarteten Verhalten der Querschnitte, der Bauteile, der Anschlüsse und der Lagerungen entsprechen. (3)P Das Berechnungsverfahren muss den Bemessungs­ annahmen entsprechen. (4)B Zu Berechnungsverfahren und grundlegenden Annahmen für Bauteile von Hochbauten siehe auch EN 1993-1-5 und EN 1993-1-11.

NCI DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.1 Statische Systeme Auflagerkräfte von Durchlaufträgern Unter der Voraussetzung einer gleichmäßig verteilten Last dürfen die Auflagerkräfte für die Stützweitenverhältnisse min l 0,8 max l – mit Ausnahme des Zweifeldträgers – wie für Träger auf zwei Stützen berechnet werden. zu 5.1.1 Grundlegende Annahmen Wenn für einen Nachweis eine Erhöhung der Streckgrenze zu einer Erhöhung der Beanspruchung führt, die nicht gleichzeitig zu einer proportionalen Erhöhung der zugeordneten Beanspruchbarkeit führt, ist für die Streckgrenze auch ein oberer Grenzwert fyoben

1,3 fy

(NA.1)

anzunehmen. Bei durch- oder gegengeschweißten Nähten kann die Erhöhung der Beanspruchbarkeit unterstellt werden. Bei üblichen Tragwerken darf die Erhöhung von Auflagerkräften infolge der Annahme des oberen Grenzwertes der Streckgrenze unberücksichtigt bleiben.

Zu 5.1.1 Die Berechnung der Stabkräfte von Fachwerkträgern darf nach DIN 18801 [K12] im Abschnitt 6.1.3 unter der Annahme reibungsfreier Gelenke in den Knotenpunkten stattfinden. Dabei sind Biegespannungen aus Lasten, die zwischen den Fachwerkknoten angreifen, zu erfassen. Biegespannungen aus Wind auf den Stabflächen und das Eigengewicht bei Zugstäben brauchen im Allgemeinen für den Einzelstab nicht berücksichtigt zu werden. Diese vereinfachenden Regelungen können auch für eine Tragwerksberechnung nach DIN EN 1993-1-1 als selbstverständliche Übereinkunft verwendet werden. Zu 5.1.1(4)B Zur unmittelbaren Lagerung von auf Biegung beanspruchten vollwandigen Tragwerksteilen auf Mauerwerk oder Beton regelt DIN 18801 [K12] im Abschnitt 6.1.2.1, dass als Stützweite die um 1∕​20 mindestens aber um die Auflagertiefe von 12 cm vergrößerte lichte Weite angenommen werden darf. Diese Regelung kann sicher auch als Anwendungsregel für den Hochbau für eine Tragwerksberechnung nach DIN EN 1993-1-1 als gültig angenommen werden. Zu NCI zu 5.1 Diese Regelung entspricht DIN 18801, 6.1.2.2 [K12] und ist nach jüngster Beratung im Ausschuss auf der Grundlage des Dokuments [K56] auch auf heutige Tragwerke übertragbar, denn die Anwendung der Bemessungsregel beschränkte sich von Anbeginn an nicht nur auf Durchlaufträger mit plastischem Verformungsvermögen, sondern war allgemeiner gefasst. Das Schutzziel der Regel ist nicht der lastbringende Durchlaufträger. Die Begrenzung auf Durchlaufträger mit drei und mehr Feldern dient ausschließlich dem Schutz der unterstützenden Bauteile, die durch die Auflagerkräfte des Durchlaufträgers belastet werden. Die Bemessungsregel hat nicht den Versagenszeitpunkt des Durchlaufträgers (ggf. plastischen Zustand) als kritischen Zustand im Fokus. Die Bemessungsregel versucht vielmehr Beanspruchungszustände abzudecken, zu denen sich der lastbringende Durchlaufträger noch elastisch verhält. Aus diesem Grund ist es für die Bemessungsregel nicht erforderlich, dass der Durchlaufträger ausreichendes plastisches Verformungsvermögen besitzt. Tatsächlich stellt die Vernachlässigung der Durchlaufwirkung formal eine Unterschätzung der Beanspruchung dar. Im Lichte der sonstigen konservativen Rechenannahmen kann jedoch dieser „Fehler“ als tolerierbar angesehen werden. Zu diesen konservativen Rechenannahmen zählt z. B. die Annahme von starren Vertikalauflagern bei der Tragwerksberechnung von statisch unbestimmten Durchlaufträgern. Der Einfluss der Verformung des unterstützenden Bauteils auf die Verteilung der Auflagerkräfte von Durchlaufträgern wird in der Regel auf der sicheren Seite liegend vernachlässigt. Zu NCI zu 5.1.1 Überfestigkeiten des Stahls sind planmäßig nur zu berücksichtigen, wenn es hierdurch zum Beispiel in Anschlüssen zu Überbeanspruchungen kommen kann. Weiterhin könnten Überbeanspruchungen in nachgelagerten Bauteilen aus Holz oder ähnlichen Materialien, die nicht über ein ausreichendes Plastizierungsvermögen verfügen, auftreten.

Tragwerksberechnung

25

durch Verformung der zunehmenden Beanspruchung entziehen können, kann die Berücksichtigung der oberen Grenzwerte der Streckgrenzen bemessungsbestimmend werden. Dies ist bei Verbindungen ohne ausreichende Rotationskapazität möglich.

5.1.2 Berechnungsmodelle für Anschlüsse

Legende a Beanspruchung für Streckgrenze = fy (unterer Grenzwert) b Beanspruchung für Streckgrenze fy(oben) (oberer Grenzwert) c Beanspruchung bei Berechnung nach der Elastizitätstheorie d unter Berücksichtigung der gleichzeitig wirkenden Querkraft e Stoß Anmerkung : Wenn |​​​MB​  ​  c ​|​< 1,3 Mpl wird Fall c maßgebend. Bild NA.1. Beispiel zur Berücksichtigung des oberen Grenzwertes der Streckgrenze

(1) Die Einflüsse der Last-Verformungen der Anschlüsse auf die Schnittgrößenverteilung und auf die Gesamtverformung des Tragwerks dürfen im Allgemeinen vernachlässigt werden. Sie sind jedoch in der Regel zu berücksichtigen, wenn sie, wie z. B. bei verformbaren Anschlüssen, maßgebend werden können, siehe EN 1993-1-8. (2) Um festzustellen, ob Einflüsse aus dem Verhalten von Anschlüssen bei der Berechnung berücksichtigt werden müssen, darf zwischen folgenden drei Anschlussmodellen unterschieden werden, siehe EN 19931-8, 5.1.1: – gelenkige Anschlüsse, wenn angenommen werden darf, dass der Anschluss keine Biegemomente überträgt; – biegesteife Anschlüsse, wenn die Steifigkeit und∕​ oder die Tragfähigkeit des Anschlusses die Annahme biegesteif verbundener Bauteile in der Berechnung erlaubt; – verformbare Anschlüsse, wenn das Verformungsverhalten der Anschlüsse bei der Bemessung berücksichtigt werden muss. (3) Die Anforderungen an die verschiedenen Anschlusstypen sind in EN 1993-1-8 festgelegt.

5.1.3 Bauwerks-Boden-Interaktion Auf die Berücksichtigung des oberen Grenzwertes der Streckgrenze darf verzichtet werden, wenn für die Beanspruchungen aller Verbindungen die 1,2fachen Grenzschnittgrößen im plastischen Zustand der durch sie verbundenen Teile angesetzt werden und die Stäbe konstanten Querschnitt über die Stablänge haben. Anmerkung 1: Beim Zweifeldträger mit über die Länge konstantem Querschnitt unter konstanter Gleichlast erhöht sich die Auflagerkraft an der Innenstütze vom Grenzzustand nach dem Verfahren Plastisch-Plastisch infolge der Annahme des oberen Grenzwertes der Streckgrenze nur um rund 4 %. Anmerkung 2: Bei Anwendung der Fließgelenktheorie werden in den Fließgelenken die Schnittgrößen auf die Grenzschnittgrößen im plastischen Zustand begrenzt. Nimmt die Streckgrenze in der Umgebung eines Fließgelenkes einen höheren Wert an als die Grenznormalspannung σRd (dieser Wert ist ein unterer Grenzwert), dann wird die am Fließgelenk auftretende Schnittgröße (Beanspruchung) größer als die untere Grenzschnittgröße. Für den Stab selbst bedeutet dies keine Gefährdung, da ja auch die Beanspruchbarkeit im selben Maße zunimmt. Für Verbindungen, die sich nicht

(1) Falls notwendig, sind die Verformungseigenschaften der Fundamente zu berücksichtigen. Anmerkung: EN 1997 enthält Verfahren zur Berechnung der Bauwerks-Boden-Interaktion.

5.2

Untersuchung von Gesamttragwerken

5.2.1 Einflüsse der Tragwerksverformung (1) Die Schnittgrößen können im Allgemeinen entweder nach: – Theorie I. Ordnung, unter Ansatz der Ausgangsgeometrie des Tragwerks, oder nach – Theorie II. Ordnung, unter Berücksichtigung der Einflüsse aus der Tragwerksverformung berechnet werden. (2) Die Einflüsse der Tragwerksverformungen (Einflüsse aus Theorie II. Ordnung) sind in der Regel zu berücksichtigen, wenn die daraus resultierende Vergrößerung der Schnittgrößen nicht mehr vernachlässigt werden darf oder das Tragverhalten maßgeblich beeinflusst wird.

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1   Stahlbaunormen

(3) Die Berechnung nach Theorie I. Ordnung ist zulässig, wenn die durch Verformungen hervorgerufene Erhöhung der maßgebenden Schnittgrößen oder andere Änderungen des Tragverhaltens vernachlässigt werden können. Diese Anforderung darf als erfüllt angesehen werden, wenn die folgende Gleichung erfüllt ist: ​Fcr​  ​​ ​​α​ cr​​   ​  ____    ​   10​für die elastische Berechnung ​FEd ​  ​​

δH,Ed

(5.1)

​Fcr​  ​​    ​   15​für die plastische Berechnung ​​α​ cr​​   ​  ___ ​FEd ​  ​​

h

Dabei ist αcr der Faktor, mit dem die Bemessungswerte der Belastung erhöht werden müssten, um die ideale Verzweigungslast des Gesamttragwerks zu erreichen; FEd der Bemessungswert der Einwirkungen auf das Tragwerk; Fcr die ideale Verzweigungslast des Gesamttragwerks. Bei der Berechnung von Fcr ist von den elastischen Anfangssteifigkeiten auszugehen. Anmerkung: Für die plastische Berechnung ist in Gleichung (5.1) ein höherer Grenzwert für αcr festgelegt, da der Einfluss nichtlinearen Werkstoffverhaltens auf das Tragverhalten im Grenzzustand der Tragfähigkeit erheblich sein kann (z. B. bei Tragwerken mit Fließgelenken und Momentenumlagerung oder Einfluss nichtlinearer Verformungen von verformbaren Anschlüssen). Im Nationalen Anhang dürfen kleinere Werte für αcr bei bestimmten Rahmentragwerken festgelegt werden, wenn diese durch genauere Ansätze begründet sind.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.2.1(3) Anmerkung Bei Anwendung der plastischen Berechnung ist für die Abfrage von Gleichung (5.1) das statische System unmittelbar vor Ausbildung des letzten Fließgelenks zugrunde zu legen oder es ist jedes einzelne Teilsystem der Fließgelenkkette zu untersuchen. Der Grenzwert ist dann mit 10 statt mit 15 anzunehmen.

(4)B Hallenrahmen mit geringer Dachneigung sowie Rahmentragwerke des Geschossbaus dürfen gegen Versagen mit seitlichem Ausweichen nach Theorie I. Ordnung nachgewiesen werden, wenn die Bedingung in Gleichung (5.1) für jedes Stockwerk eingehalten ist. Bei diesen Tragwerken sollte αcr nach folgender Näherung berechnet werden, wenn die Auswirkung der Normalkräfte in den Trägern oder Riegeln vernachlässigbar ist: ​HEd ​  ​​ h ​​α​ cr​​   ​ ​  ____  ​ ​​ _____  ​ ​​   ​      ( ​VEd ​  ​​ )( ​δH,Ed ​  ​​ )

VEd

(5.2)

Dabei ist HEd Bemessungswert der gesamten horizontalen Last, einschließlich der vom Stockwerk über-

tragenen äquivalenten Kräfte (Stockwerksschub), siehe 5.3.2(7); Bemessungswert der gesamten vertikalen Last, einschließlich der vom Stockwerk übertragenen äquivalenten Kräfte (Stockwerksschub); die Horizontalverschiebung der oberen Stockwerksknoten gegenüber den unteren Stockwerksknoten infolge horizontaler Lasten (z. B. Wind) und horizontalen Ersatzlasten, die am Gesamtrahmentragwerk angreifen; die Stockwerkshöhe.

Zu 5.2.1(3) Der Grenzwert für die elastische Tragwerksberechnung nach Gleichung (5.1) entspricht der alten 10%-Regel nach DIN 18800 Teil 1 [K1], Element (739), Bedingung (a). Entsprechend sind auch die alternativen gleichwertigen Regeln (b) und (c) anwendbar : Eine Berechnung nach Theorie II. Ordnung ist danach nicht erforderlich, wenn___ die bezogenen Schlankheitsgrade ​​​  λ ​​ ̅ K​​​nicht größer als ​___ fyd ​  ​​ ​ 0,3 ​   ​      ​   ​sind ​σ​ N​​   ___ N ​λ__ ​  ​​ ​s__ ​ K​​ E K __ mit ​σ​ N​​   ​   ​ ​, ​​​  λ ​​ ̅ K​​   ​    ​​, ​​λK ​  ​​   ​   ​  ​, ​​λa​  ​​     ​   ​ __   ​   ​    ​ A ​λa​  ​​ ​fyk ​  ​​ i (dies entspricht Gleichung (5.3) in EN 1993-1-1) oder die mit dem Knicklängenbeiwert ​β   ​s​ k​​  ∕​ i​multiplizierten Stabkennzahlen ______ N ______  ​    ​aller ​ Stäbe nicht größer als 1,0 sind.    ​ε   l ​   ​  ​(E   I  )​  d​​ Bei veränderlichen Querschnitten oder Normalkräften sind ​(E   I)​​, ​NKi ​  ​​​und ​s​ K​​​für die Stelle zu ermitteln, für die der Tragsicherheitsnachweis geführt wird. Im Zweifelsfall sind mehrere Stellen zu untersuchen. In den Bedingungen ist die Normalkraft ​N​als Druckkraft positiv anzusetzen.







Zu 5.2.1(3) Anmerkung und NDP zu 5.2.1(3) Anmerkung Die bisherige liberale Regel, für ​α​ cr​​​den Wert 15 anstelle von 10 bei plastischer Tragwerksberechnung zuzulassen, kann zu gravierenden Fehleinschätzungen führen. Die Anfangssteifigkeit ist kein hinreichendes Kriterium für die Unempfindlichkeit der gesamten Fließgelenkkette für Effekte Theorie II. Ordnung. Unter Umständen kann sich wegen Stabilitätsversagen in einem Teilsystem die endgültige Kette auch gar nicht ausbilden. Für weitere Erläuterungen wird auf [K44] verwiesen. Zu 5.2.1(4)B Für verschiebliche Rahmensysteme des Hochbaus, d. h. für Hallenrahmen mit geringer Dachneigung (< 26°) und Rahmentragwerke des Geschossbaus, gestattet EN 1993-1-1 eine vereinfachte Ermittlung von ​αcr ​  ​​​nach Gl. (5.2) und Bild 5.1. Gl. (5.2) geht dabei auf das sog. P-​ ​-Verfahren zurück, das ​α​ cr​​   ​Fcr​  ​​  ∕​ ​FEd ​  ​​   ​über das Verhältnis von Verformungsmoment ​ M   ​VEd ​  ​​   ​δH,Ed ​  ​​​zum Lastmoment ​MEd ​  ​​   ​HEd ​  ​​   h​nach Theorie I. Ordnung annähert. Mit Gleichung (5.3) in Anmerkung 2B wird überprüft, ob die Normalkraft bzw. Druckkraft im Riegel eine Rolle spielt. Diese Gleichung entspricht genau der Bedingung b) nach DIN 18800-1, Element (739), bzw. Gleichung (5.1), nur mit umgekehrtem Ungleichheitszeichen. Die Riegeldruckkraft muss also berücksichtigt werden, wenn Gleichung (5.3) erfüllt ist, und sie darf vernachlässigt werden, wenn Gleichung (5.1) zutrifft.

Tragwerksberechnung

Bild 5.1. Bezeichnungen zu 5.2.1(4)

Anmerkung 1B: Als geringe Dachneigung darf bei der Anwendung von (4)B eine maximale Neigung von 1:2 (26°) angenommen werden. Anmerkung 2B: Die Auswirkung der Druckkraft sollte bei der Anwendung von (4)B berücksichtigt werden, wenn der Schlankheitsgrad ​​ λ  ̅​ in den Trägern oder Riegeln unter Annahme gelenkiger Lagerung an den Enden folgende Gleichung erfüllt: _____



_ A ​fy​  ​​ ​​      0, 3 ​  ​  _____   ​   ​​ λ ​  ​NEd ​  ​​

(5.3)

Dabei ist NEd der Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft (Druck); ​​  λ ̅​​ der Schlankheitsgrad in der Ebene. Träger oder Riegel werden unter Ansatz der Systemlänge als gelenkig gelagert angenommen. (5) Mittragende Breiten und wirksame Breiten aus örtlichem Beulen sind in der Regel zu berücksichtigen, falls sie die globale Tragwerksberechnung beeinflussen, siehe EN 1993-1-5.

27

a) beide Einflüsse vollständig im Rahmen der Berechnung des Gesamttragwerkes; b) teilweise durch Berechnung des Gesamttragwerkes und teilweise durch Stabilitätsnachweise einzelner Bauteile nach 6.3; c) in einfachen Fällen durch Ersatzstabnachweise nach 6.3, wobei Knicklängen entsprechend der Knickfigur bzw. Eigenform des Gesamttragwerks verwendet werden. (4) Einflüsse aus Theorie II. Ordnung können durch Anwendung eines für das Tragwerk geeigneten Berechnungsverfahrens ermittelt werden. Dies kann ein schrittweises oder iteratives Verfahren sein. Bei Rahmen, bei denen das seitliche Ausweichen die maßgebliche Knickfigur darstellt, darf eine elastische Berechnung nach Theorie I. Ordnung durchgeführt werden, bei der die Schnittgrößen (z. B. Biegemomente) und Verformungen durch geeignete Faktoren vergrößert werden. (5)B Einflüsse aus Theorie II. Ordnung auf die seitliche Verformung einstöckiger Rahmen, die nach der Elastizitätstheorie berechnet werden, darf durch Vergrößerung der horizontalen Einwirkungen HEd (z. B. Wind) und der horizontalen Ersatzlasten VEd ϕ infolge Imperfektionen, siehe 5.3.2(7), sowie weiterer möglicher Schiefstellung erfasst werden, wobei der Faktor: 1 ​​ _____      ​​ 1 1   ​ ___   ​ ​α​ cr​​ beträgt, vorausgesetzt, dass gilt: αcr

(5.4) 3,0.

Hierbei darf αcr nach Gleichung (5.2) in 5.2.1(4)B berechnet werden, wenn die Dachneigung gering ist und die Druckkraft in den Trägern oder Riegel vernachlässigt werden darf, siehe 5.2.1(4)B.

Anmerkung: Bei gewalzten Profilen und geschweißten Profilen mit walzprofilähnlichen Abmessungen kann der Einfluss der mittragenden Breite vernachlässigt werden.

Anmerkung B: Für αcr 3,0 ist eine genauere Berechnung nach Theorie II. Ordnung erforderlich.

(6) Der Schlupf in Schraubenlöchern oder ähnliche Verformungen infolge Schlupf bei Kopfbolzendübeln oder Ankerbolzen sind in der Regel bei der Tragwerksberechnung zu berücksichtigen, falls maßgebend.

Zu 5.2.1(5) Die effektiven Querschnittswerte sind nach EN 1993-1-5 zu bestimmen, EN 1993-1-5, 2.2 nennt Randbedingungen für die Berücksichtigung dieser gegenüber den Brutto-Querschnittswerten reduzierten Steifigkeitswerte bei der Tragwerksberechnung. Dabei bezeichnet „mittragende Breite“ die Wirkung der ungleichförmigen Spannungsverteilung aus Schubverzerrung und „wirksame Breite“ die Wirkung von örtlichem Plattenbeulen.

5.2.2 Stabilität von Tragwerken (1) Wenn der Einfluss der Verformung des Tragwerks nach 5.2.1 berücksichtigt werden muss, sind in der Regel (2) bis (6) zu beachten, um die Stabilität des Tragwerks nachzuweisen. (2) Beim Nachweis der Stabilität von Tragwerken oder Tragwerksteilen sind in der Regel Imperfektionen und Einflüsse aus Theorie II. Ordnung zu berücksichtigen. (3) Je nach Art des Tragwerks und der Tragwerksberechnung können die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung und Imperfektionen nach einer der folgenden Methoden berücksichtigt werden:

Zu 5.2.2(3) Je nach Umfang der Berücksichtigung von Vorverformungen (Imperfektionen) und Tragwerksverformungen unter Belastung (Theorie II. Ordnung) werden drei Methoden a), b), und c) unterschieden, die wahlweise eingesetzt werden können. Für Methode a) und b) vgl. 5.2.2(7), für das Ersatzstabverfahren nach Methode c) vgl. 5.2.2(8) und NDP zu 5.2.2 (8). Siehe auch Erläuterungen in [K5] und [K11] und [K44].

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1   Stahlbaunormen

(6)B Bei mehrstöckigen Rahmentragwerken dürfen Einflüsse aus der Theorie II. Ordnung auf die seitliche Verformung mit dem Verfahren nach 5.2.2(5)B erfasst werden, wenn alle Stockwerke eine ähnliche Verteilung – der vertikalen Einwirkungen und – der horizontalen Einwirkungen und – der Rahmensteifigkeiten im Hinblick auf die Verteilung der Stockwerksschubkräfte haben. Anmerkung B: Zur Einschränkung des Verfahrens siehe auch 5.2.1(4)B. (7) Nach (3) ist die Stabilität der einzelnen Bauteile in der Regel wie folgt nachzuweisen: a) Wenn die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung in Einzelbauteilen und die maßgebenden Bauteilimperfektionen, siehe 5.3.4, vollständig in der Berechnung des Gesamttragwerkes berücksichtigt werden, sind keine weiteren Stabilitätsnachweise der einzelnen Bauteile nach 6.3 erforderlich. b) Wenn die Einflüsse aus Theorie II. Ordnung in Einzelbauteilen oder bestimmte Bauteilimperfektionen (z. B. Bauteilimperfektionen für Biegeknicken oder Biegedrillknicken, siehe 5.3.4) nicht vollständig in der Berechnung des Gesamttragwerkes berücksichZu 5.2.2(7) Methode a) sieht eine ggf. räumliche Tragwerksberechnung nach Theorie II. Ordnung mit räumlichem Ansatz von globalen und lokalen Imperfektionen vor. In diesem Fall sind nur Querschnittsnachweise erforderlich, da durch die nach Theorie II. Ordnung unter Berücksichtigung aller globalen und lokalen Imperfektionen ermittelten Schnittgrößen alle Stabilitätseffekte erfasst sind. Um das Biegedrillknicken in der räumlichen Tragwerksberechnung mit abzubilden, bedarf es ggf. einer Schnittgrößenermittlung nach geometrisch nichtlinearer Biegetorsionstheorie unter Berücksichtigung der Wölbkrafttorsion. Die Methode b) kann auf zwei Arten angewendet werden, vgl. [K5] und [K11], bzw. [K44]. Beschränkt man den Ansatz der globalen und lokalen Imperfektionen auf die Tragwerksebene (Methode b1)), so ist das Biegeknicken in der Tragwerksebene durch die Querschnittsnachweise mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung abgedeckt. Lediglich für das Biegeknicken aus der Tragwerksebene und das Biegedrillknicken bedarf es dann eines Bauteilnachweises nach Abschnitt 6.3 mit Stabendschnittgrößen aus der Tragwerksberechnung nach Theorie II. Ordnung. Dieses Vorgehen ist zu empfehlen, wenn sich die Lagerungsbedingungen für Ausweichen in und aus der Tragwerksebene unterscheiden, also unterschiedliche statische Systeme für beide Richtungen vorliegen. Bei Methode b2) wird i. Allg. nur die globale Imperfektion, z.  B. die Schiefstellung eines Rahmens, angesetzt und die Schnittgrößen werden nach Theorie II. Ordnung berechnet. Die Nachweise für die Stabilität am Einzelstab erfolgen sowohl in als auch aus der Tragwerksebene als Bauteilnachweise nach Abschnitt 6.3. Der Verzicht auf den Ansatz der lokalen Imperfektionen bei der Schnittgrößenermittlung nach Methode b2) ist zulässig, da diese vom Bauteilnachweis nach Abschnitt 6.3 berücksichtigt werden. In diesen Fällen sollte aber auf eine Berücksichtigung einer Knicklänge in der Ebene kleiner als die Systemhöhe ver-

tigt werden, ist in der Regel die Stabilität der Einzelbauteile, die nicht in der globalen Tragwerksberechnung enthalten ist, unter Verwendung der maßgebenden Kriterien nach 6.3 zusätzlich nachzuweisen. Bei diesem Nachweis sind in der Regel die Randmomente und Kräfte des Einzelbauteils aus der Berechnung des Gesamttragwerkes einschließlich der Einflüsse aus Theorie II. Ordnung und globalen Imperfektionen, siehe 5.3.2, zu berücksichtigen. Darüber hinaus darf als Knicklänge des Einzelbauteils die Systemlänge angesetzt werden. (8) Wird die Stabilität von Tragwerken durch einen Ersatzstabnachweis nach 6.3 nachgewiesen, ist die Knicklänge aus der Knickfigur des Gesamttragwerks zu ermitteln; dabei sind die Steifigkeit der Bauteile und Verbindungen, das Ausbilden von Fließgelenken sowie die Verteilung der Druckkräfte mit den Bemessungswerten der Einwirkungen zu berücksichtigen. In diesem Fall können die Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung ohne Ansatz von Imperfektionen ermittelt werden. Anmerkung: Der Nationale Anhang darf den Anwendungsbereich festlegen.

zichtet werden, da schon die Ermittlung der globalen Schnittgrößen am Tragwerk in der Ebene gewisse Einspanneffekte berücksichtigt. Das Modalverb „darf“ ist hier missverständlich. Auch kann gemäß 5.3.2(6) in Einzelfällen der Ansatz lokaler Imperfektionen (Stabvorkrümmungen) in der Berechnung des Gesamttragwerks erforderlich sein, wenn die Größe der Schnittgrößen am Stabende durch den Ansatz einer zusätzlichen Vorkrümmung im Gesamtsystem signifikant verändert wird. Das tritt ein, wenn Gl. (5.8) erfüllt ist, die im Grunde der Abfrage gemäß DIN 18800-2, Element (207) nach einer Stabkennzahl ε > 1,6 entspricht. Zu 5.2.2(8) mit NDP dazu Die Methode (c) entspricht dem klassischen Ersatzstabnachweis, bei dem die Knicklängen des Einzelstabes in und aus der Ebene für die maßgebende Druckkraftverteilung aus den Knickfiguren des Gesamtsystems abgeleitet werden. Dabei kann der Nachweis gemäß dem Bauteilnachweis in Abschnitt 6.3 mit den Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung, die am idealen Tragwerk ohne Ansatz von Imperfektionen ermittelt wurden, geführt werden, da durch die Berücksichtigung der Systemknicklänge indirekt bereits der Momentenzuwachs nach Theorie II. Ordnung und infolge der Imperfektionen erfasst ist. Für den Nachweis aus der Bauteilebene sind allerdings auch bei dieser Methode die Stabendschnittgrößen nach Theorie II. Ordnung erforderlich, die ggf. abgeschätzt werden müssen. Diese Momente nach Theorie II. Ordnung können berechnet werden, indem die Momente nach Theorie I. Ordnung mit dem Vergrößerungsfaktor nach Gl. (5.4) vergrößert werden. Auch für den Fall, wenn Biegedrillknicken ausgeschlossen ist, müssen hier beim Nachweis aus der Ebene Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung berechnet werden, um den P- -Effekt eines verschieblichen Systems auf die Stabendschnittgrößen zu berücksichtigen.

Tragwerksberechnung

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.2.2(8) Anmerkung Stabilitätsnachweise dürfen nach dem Ersatzstabverfahren nach DIN EN 1993-1-1:2010-12, 6.3 geführt werden, wenn die Konsequenzen für die Anschlüsse und die angeschlossenen Bauteile berücksichtigt werden. Typische Konsequenzen sind: a) Bei der Bemessung von biegesteifen Verbindungen ist statt des vorhandenen Biegemomentes MEd das vollplastische Moment Mpl,Rd zu berücksichtigen, sofern kein genauerer Nachweis geführt wird. b) Bei verschieblichen Systemen mit angeschlossenen Pendelstützen muss eine zusätzliche Ersatzbelastung V0 entsprechend der nachfolgenden Gleichung zur Berücksichtigung der Vorverdrehungen der Pendelstützen bei der Ermittlung der Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung angesetzt werden: ​​V0​  ​​   ​∑(​​​ ​Pi​  ​​  ϕ)​​​

(NA.2)

mit Pi Normalkraft der Pendelstütze i ​ϕ​nach DIN EN 1993-1-1:2010-12, 5.3.2(3) a)

5.3 Imperfektionen 5.3.1 Grundlagen (1) Bei der Tragwerksberechnung sind in der Regel geeignete Ansätze zu wählen, um die Wirkungen von Imperfektionen zu erfassen. Diese berücksichtigen insbesondere Eigenspannungen und geometrische Imperfektionen wie Schiefstellung und Abweichungen von der Geradheit, Ebenheit und Passung sowie Exzentrizitäten, die größer als die grundlegenden Toleranzen nach EN 1090-2 sind, die in den Verbindungen des unbelasteten Tragwerks auftreten. (2) In den Berechnungen sollten äquivalente geometrische Ersatzimperfektionen, siehe 5.3.2 und 5.3.3, verwendet werden, deren Werte die möglichen Wirkungen aller Imperfektionen abdecken, es sei denn, diese Wirkungen werden in den Gleichungen für die Beanspruchbarkeit von Bauteilen indirekt erfasst, siehe 5.3.4. (3) Folgende Imperfektionen sind in der Regel anzusetzen: a) Imperfektionen für Gesamttragwerke und aussteifende Systeme; b) örtliche Imperfektionen für einzelne Bauteile.

5.3.2 Imperfektionen für die Tragwerksberechnung (1) Die anzunehmende Form der Imperfektionen eines Gesamttragwerkes und örtlicher Imperfektionen eines Tragwerks kann aus der Form der maßgebenden Eigenform in der betrachteten Ebene hergeleitet werden. (2) Knicken, sowohl in als auch aus der Ebene, einschließlich Drillknicken mit symmetrischen und antimetrischen Knickfiguren ist in der Regel in der ungünstigsten Richtung und Form zu berücksichtigen.

29

(3) Bei Tragwerken, deren Eigenform durch eine seitliche Verschiebung charakterisiert ist, können in der Regel die Einflüsse der Imperfektionen bei der Berechnung durch eine äquivalente Ersatzvorverformung in Form einer Anfangsschiefstellung des Tragwerks und der Vorkrümmung der einzelnen Bauteile berücksichtigt werden. Die Imperfektionen sind dann wie folgt zu ermitteln:

Zu 5.3.1(1) Die in den Imperfektionsannahmen berücksichtigten geometrischen Abweichungen sollten die zulässigen Toleranzen nach EN 1090-2 abdecken, insbesondere die als wesentliche oder auch als grundlegende Toleranzen bezeichneten Grenzwerte (unverzichtbar für die Standsicherheit), so dass nur, wenn es in der Praxis Abweichungen davon gibt, ggf. Zusatznachweise erforderlich werden, vgl. EN 1090-2, Abschnitt 11.2.1. Zu 5.3.1(2) Vergleichbar mit der Vorgehensweise in DIN 18800 sind bei der Tragwerksberechnung sowohl strukturelle Imperfektionen (z. B. Eigenspannungen, ungleichmäßige Verteilung der Streckgrenze etc.) als auch geometrische Imperfektionen (z. B. Schiefstellungen, Vorkrümmungen, Toleranzen) zu berücksichtigen. Da sich die geometrischen Imperfektionen einfacher in einer Stabwerksberechnung abbilden lassen als z. B. Walzeigenspannungen, werden die geometrischen und strukturellen Imperfektionen in der Regel zu äquivalenten geometrischen Ersatzimperfektionen umgewandelt, die als globale Imperfektionen (Schiefstellung) für das Gesamttragwerk oder das betrachtete aussteifende System oder als lokale Imperfektionen (Schiefstellung einzelner Tragglieder, Stabkrümmungen) für ein einzelnes Bauteil anzusetzen sind. Diese Ansätze dienen dazu, unvermeidbare „Ungenauigkeiten“ zu berücksichtigen. Echte Fehler der Konstruktion oder der Herstellung (z. B. Verwechslung von Materialstärken oder Materialgüten) werden damit nicht abgedeckt und können insofern auch nicht durch die Imperfektionen „entschuldigt“ werden. Die Imperfektionen sind in erster Linie in Hinblick auf die Anwendung der Fließgelenktheorie definiert. So erfassen i. Allg. die Imperfektionen für die plastische Bemessung auch die Ausbildung von Fließzonen und die dadurch vergrößerten Verformungen. Andererseits sind aber Einflüsse von nachgiebigen Verbindungen und Anschlüssen, vgl. EN 1993-1-8, Abs. 6.3, Schubverformungen oder auch Fundamentsetzungen u. Ä., wenn sie eine relevante Größenordnung haben, gesondert zu berücksichtigen. Zu 5.3.2(1) und (2) Die Annahme der Imperfektion in Anlehnung an die zum kleinsten Eigenwert gehörende Knickfigur führt im Regelfall (nicht immer, vgl. [K6]) zur ungünstigsten Beanspruchung. Die Annahme der Biegeverformung als Imperfektionsform kann dagegen zu unsicheren Ergebnissen führen, vgl. Hinweise zum „Spannungsproblem mit Verzweigungspunkt“ in [K7]. Es muss jeweils nur eine Imperfektion in einer Richtung angesetzt werden.

30

1   Stahlbaunormen

Anmerkung: Die Werte e0∕​L können dem Nationalen Anhang entnommen werden. Empfohlene Werte sind in Tabelle 5.1 aufgeführt.

Bild 5.2. Äquivalente Stützenschiefstellung

a) globale Anfangsschiefstellung, siehe Bild 5.2: ​ϕ   ​ϕ0​  ​​ ​α​ h​​ ​α​ m​​​

(5.5)

Dabei ist ​​ϕ0​  ​​​ der Ausgangswert: ​​ϕ0​  ​​​ 1∕​200; αh der Abminderungsfaktor für die Höhe h von Stützen: 2 2 ​​   ​    ​α​ h​​    1, 0​ ​​α​ h​​   ​ ____   ​​ jedoch __ 3 ​√ h ​  h αm

die Höhe des Tragwerks, in m; der Abminderungsfaktor für die Anzahl der



1    1   ​ __  ​  ​ ​​ Stützen in einer Reihe: ​​α​ m​​  = ​  0, 5​

m

_________



(

m)

Anzahl der Stützen in einer Reihe, unter ausschließlicher Betrachtung der Stützen, die eine Vertikalbelastung größer 50  % der durchschnittlichen Stützenlast in der betrachteten vertikalen Richtung übernehmen.

b) eingeprägte Vorkrümmung von Bauteilen ​​e​ 0​​  ∕​ L​

(5.6)

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.3.2(3) Anmerkung Die Empfehlungen dürfen angewendet werden. Falls die Ermittlung der Schnittgrößen des Gesamtsystems nach der Elastizitätstheorie erfolgt und ein Querschnittsnachweis mit einer linearen Querschnittsinteraktion geführt wird, dürfen auch die Werte nach Tabelle NA.2 verwendet werden. Die angegebenen Bemessungswerte der Vorkrümmung e0∕​L dürfen die zulässigen Toleranzen der Produktnormen nicht unterschreiten. Tabelle NA.2. Vorkrümmung e0∕​L von Bauteilen Knicklinie nach DIN EN 1993-1-1 : 2010-08, Tabelle 6.1

elastische Querschnitts­ ausnutzung e0∕​L

plastische Querschnitts­ ausnutzung e0∕​L

a0

1∕​600

a

1∕​550

b

1∕​350

c

1∕​250

wie bei elastischer Querschnitts­ ausnutzung, ​Mpl,k ​  ​​  ​​-fach jedoch ​​  ____  ​Mel,k ​  ​​

d

1∕​150

(4)B Für Hochbauten dürfen Anfangsschiefstellungen vernachlässigt werden, wenn

Dabei ist L die Bauteillänge.

​​HEd ​  ​​    0, 15 ​V​ Ed​​​

Zu 5.3.2(3) a) Gl. (5.5) und Bild 5.2 Die Schiefstellung ist ungünstig anzusetzen, dabei kann sich die Höhe ​h​auf die Tragwerkshöhe, aber auch auf den Einzelstab beziehen. Erläuterungen dazu sind z. B. [K2] Bild 6 zu entnehmen. Die Begrenzung von 2∕​3 für ​α​ h​​​führt bei hohen Tragwerken, z. B. Kesselhäusern, zu sehr ungünstigen Werten, die weit über vergleichenden Werten aus Messungen liegen, [K6], Abschnitt 4.5. Hinweise zum Hintergrund und zur Anwendung sind auch in [K44] gegeben.

Zu NDP zu 5.3.2(3) Anmerkung Für den Fall einer Tragwerksberechnung nach der Elastizitätstheorie und linearer Querschnittsinteraktion gemäß Gl. (6.2) erlaubt der Nationale Anhang für den Ansatz der Vorkrümmungen eine abweichende Regelung gemäß Tabelle NA.2. Die Abweichungen im Vergleich zu Tabelle 5.1 beruhen auf einem Vergleich zwischen den Ergebnissen des Bauteilnachweises nach Abschnitt 6 auf Basis der Knickspannungslinien und den erzielbaren Ergebnissen bei einer Berechnung nach Theorie II. Ordnung am rein gelenkigen Druckstab bei Annahme einer linearen Querschnittsinteraktion und der Affinität von Verformung und Schnittgröße. Außerdem wurde der Vergleich im Bereich eines bezogenen Schlankheitsgrades ​​  λ ​̅ ​von etwa 1 geführt, da in diesem Bereich der größte Effekt der Imperfektionen vorhanden ist. Jüngste Vergleichsrechnungen zeigen jedoch, dass die Werte gemäß der ursprünglichen Tabelle zum Teil unsichere Ergebnisse im Vergleich zu den Knickspannungslinien liefern. Die neue Tabelle NA.2 ist entsprechend korrigiert, siehe auch [K44].

Zu 5.3.2(3) b) und Tabelle 5.1 Die Größe der eingeprägten Vorkrümmung ​e​ ​ 0​​​von Bauteilen ist dabei nur von der Bauteillänge L ​ ​(nicht der Knicklänge!) und der dem Querschnitt des Bauteils gemäß Tabelle 6.2 zuzuordnenden Knicklinie abhängig. Mit elastischer bzw. plastischer Berechnung ist hier die elastische bzw. plastische Querschnittsausnutzung gemeint. Tatsächlich ist die Größe der Ersatzimperfektionen auch von der Größe des bezogenen Schlankheitsgrades abhängig, wie es in der ENV vorgesehen war. Beispiele dafür finden sich z. B. in [K18].

(5.7)

Tragwerksberechnung Tabelle 5.1. Bemessungswerte der Vorkrümmung e0∕​L von Bauteilen Knicklinie nach Tabelle 6.2

elastische Berechnung e0∕​L

plastische Berechnung e0∕​L

a0

1∕​350

1∕​300

a

1∕​300

1∕​250

b

1∕​250

1∕​200

c

1∕​200

1∕​150

d

1∕​150

1∕​100

(5)B Für die Bestimmung der horizontalen Kräfte auf aussteifende Deckenscheiben ist in der Regel die Anordnung der Imperfektionen nach Bild 5.3 zu verwenden, dabei ist ϕ die mit Gleichung (5.5) ermittelte Anfangsschiefstellung eines Stockwerks mit der Höhe h, siehe (3) a). (6) Für die Berechnung der Schnittgrößen an Enden von Bauteilen für den Bauteilnachweis nach 6.3 dürfen in der Regel lokale Vorkrümmungen vernachlässigt werden. Bei Tragwerken, die empfindlich auf Verformungen reagieren, siehe 5.2.1(3), sind in der Regel für jedes Bauteil mit Druckbeanspruchung zusätzlich lokale Vorkrümmungen anzusetzen, wenn folgende Bedingungen gelten: – mindestens ein Bauteilende ist eingespannt bzw. biegesteif verbunden; _____ A ​fy​  ​​ – ​​ λ  ​̅    0, 5 ​  ​  _____  ​    ​​ (5.8)   ​NEd ​  ​​ Dabei ist NEd der Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft (Druck); ​​  λ ̅​​ der Schlankheitsgrad des Bauteils in der betrachteten Ebene, der mit der Annahme beidseitig gelenkiger Lagerung ermittelt wird.



Bild 5.3. Anordnung der Anfangsschiefstellung ϕ für ­Horizontalkräfte auf aussteifende Deckenscheiben

31

Anmerkung: Lokale Vorkrümmungen sind bereits in den Gleichungen für Bauteilnachweise berücksichtigt, siehe 5.2.2(3) und 5.3.4. (7) Die Wirkungen der Anfangsschiefstellungen und Bauteilvorkrümmungen dürfen durch Systeme äquivalenter horizontaler Ersatzlasten an jeder Stütze ersetzt werden, siehe Bild 5.3 und Bild 5.4. (8) Diese Vorverformungen sind in der Regel jeweils in allen maßgebenden Richtungen zu untersuchen, brauchen aber nur in einer Richtung gleichzeitig betrachtet zu werden. (9)B Bei mehrstöckigen Rahmentragwerken mit Trägern und Stützen sind in der Regel die äquivalenten Ersatzkräfte für jedes Stockwerk und das Dach anzusetzen. (10) Die möglichen Einflüsse aus Torsion infolge gleichzeitig auftretender anti-metrischer Verschiebungen auf zwei gegenüberliegenden Seiten sind in der Regel zu beachten, siehe Bild 5.5.

Zu 5.3.2(4)B Diese Regelung greift die Erfahrung bei üblichen Hochbauten wie Rahmentragwerken auf, dass bei überwiegender planmäßiger Horizontalbeanspruchung der Einfluss der Schiefstellung gering ist. Zu 5.3.2(5)B Für unterschiedliche Geschosshöhen resultieren auch unterschiedliche Schiefstellungen in den jeweiligen Stäben. Es wird zwar nach wie vor eine gesamte Winkeländerung von angesetzt, die aber aufgrund der unterschiedlichen Geschosshöhen für beide Stäbe verschieden groß ist. Die anzusetzende horizontale Ersatzlast ergibt sich somit aus der entsprechenden Normalkraft und Schiefstellung im jeweiligen Stab. Zu 5.3.2(6) Gleichung (5.8) Das Kriterium nach Gleichung (5.8) entspricht näherungsweise für​ s​ k​​   L​dem Stabkennzahl-Kriterium Gl. (11) aus DIN 18800-2, Element (207) [K2], das festlegt, wann zusätzlich zu einer Schiefstellung auch noch eine lokale Stab-Vorkrümmung anzusetzen ist. Ähnlich wie in der bisherigen Praxis trifft das auch hier nur auf sehr schlanke Einzelstäbe zu. Während nach DIN  18800-1, Element (729)ff auch eine (reduzierte) Anfangsschiefstellung für Tragwerke, die auf der Basis von Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung zu bemessen sind, anzunehmen war, ist dies in EN 1993-1-1 nicht gefordert. Darüber hinaus weist DIN 18800-1 in Element (732) auf Stabwerke mit geringer Horizontallast hin, sogenannte Haus-in-Haus-Konstruktionen zum Beispiel, die keiner Windbelastung ausgesetzt sind und deshalb mit erhöhter Anfangsschiefstellung zu berechnen sind. In diesen Fällen sollte man, selbst wenn das Tragwerk gemäß EN 1993-1-1, Abs. 5.2.1 (3) und Kriterium nach Gleichung (5.1) nicht stabilitätsgefährdet ist, auch bei der Berechnung nach EN 19931-1 die Anfangsschiefstellung nach Gleichung (5.5) berücksichtigen. Dabei bleibt es natürlich trotzdem bei einer Schnittgrößenermittlung nach Theorie I. Ordnung und dem entsprechenden Querschnittsnachweis.

32

1   Stahlbaunormen

Bild 5.4. Ersatz der Vorver­ formungen durch äquivalente horizontale Ersatzlasten

(11) Alternativ zu (3) und (6) darf die Form der maßgebenden Eigenfigur ηcr für das gesamte Tragwerk als Imperfektionsfigur angesetzt werden. Die maximale Amplitude dieser Imperfektionsfigur darf wie folgt ermittelt werden: ​  ​​ ​Ncr​  ​​ ​e​  ​​ ​NRk ​​η​ init​​   ​e​ 0​​ ​  __________        (5.9)  ​ ​η​  ​​   ​  ___0 2 ​​  __________  ​ ​η​  ​​​ EI ​​|​η​ cr'' ​|​  ​​  max​​ cr ​​  λ ​​​ ̅ ​​​  ​​ EI ​​|​η​ cr'' ​|​  ​​  max​​ cr mit

χ ​​  λ ​​​ ̅ ​​​  ​​    1   ​  ____   ​ ​M ​  ​​ ​γ​ M1​​ Rk _______ ​​e​ 0​​   α​(​  λ ​ ̅   0, 2)​ ​  ____ ​   ​    ​​ für ​​ λ ​ ̅    0,  2​ ​NRk ​  ​​ 1   χ ​​  λ ​​​ ̅ ​​​  2​​ und

2

(5.10)

_____



​α​ ult,k​​ ​​  λ ​ ̅   ​  ​  ____ ​    ​​   ​α​ cr​​

(5.11)

Dabei ist ​​  λ ​​ ̅  der Schlankheitsgrad des Tragwerks;

α

der Imperfektionsbeiwert der zutreffenden Knicklinie, siehe Tabelle 6.1 und Tabelle 6.2; χ der Abminderungsfaktor der zutreffenden Knicklinie abhängig vom maßgebenden Querschnitt, siehe 6.3.1; ​​α​ ult,k​​​ der kleinstmögliche Vergrößerungsfaktor der Normalkräfte NEd in den Bauteilen, um den chakteristischen Widerstand NRk des maximal beanspruchten Querschnitts zu erreichen, ohne jedoch das Knicken selbst zu berücksichtigen; αcr der kleinstmögliche Vergrößerungsfaktor der Normalkräfte NEd, um ideale Verzweigungslast zu erreichen; MRk die charakteristische Momententragfähigkeit des kritischen Querschnitts, z. B. Mel,Rk oder Mpl,Rk; NRk die charakteristische Normalkrafttragfähigkeit des kritischen Querschnitts, z. B. Npl,Rk; ηcr die Form der Knickfigur; ​EI ​​|​η​ cr'' ​|​  ​​  max​​​ das Biegemoment infolge ηcr am kritischen Querschnitt. Anmerkung 1: Für die Berechnung der Vergrößerungsfaktoren αult,k und αcr kann davon ausgegangen werden, dass die Bauteile des Tragwerks ausschließlich durch axiale Kräfte NEd beansprucht werden. NEd sind dabei die nach Theorie I. Ordnung berechneten Kräfte für den betrachteten Lastfall. Biegemomente können vernachlässigt werden. Für die elastische Tragwerksberechnung und plastische Querschnittsprüfung sollte die lineare Gleichung

a) Seiten A-A und B-B verschieben sich symmetrisch

b) Seiten A-A und B-B verschieben sich antimetrisch

Legende: 1 Verschiebung 2 Verdrehung Bild 5.5. Verschiebungsmöglichkeiten und Einflüsse aus Torsion (Draufsicht)

​N​  Ed​​ ​M​  Ed​​ ​​  _____  ​   1​   ​   ​  _____    ​N​  pl,Rd​​ ​M​  pl,Rd​​ angewendet werden. Anmerkung 2: Der Nationale Anhang kann Informationen zum Anwendungsbereich von (11) geben.

Tragwerksberechnung

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.3.2(11) Anmerkung 2 Das allgemeine Verfahren zur Ermittlung der maßgebenden Eigenfigur und deren maximale Amplitude der geometrischen Ersatzimperfektion darf angewendet werden. Falls unter Verwendung der nach Gleichung (5.9) ermittelten Imperfektionen die Ermittlung der Schnittgrößen des Gesamtsystems nach der Elastizitätstheorie erfolgt und ein Querschnittsnachweis unter Berücksichtigung der plastischen Tragfähigkeit geführt wird, dann muss der Querschnittsnachweis mit einer linearen Querschnittsinteraktion erfolgen.

5.3.3 Imperfektionen zur Berechnung aussteifender Systeme

​​e​ 0​​   ​α​ m​​  L ∕​  500​

33 (5.12)

Dabei ist L die Spannweite des aussteifenden Systems; _________

1 ​​αm ​  ​​   ​  0, 5​    1   ​ __  ​  ​ ​​ ( m)



der Abminderungsfaktor;

m die Anzahl der auszusteifenden Bauteile. (2) Zur Vereinfachung darf der Einfluss der Vorkrümmung der durch das aussteifende System stabilisierten Bauteile durch äquivalente stabilisierende Ersatzkräfte nach Bild 5.6 ersetzt werden: ​ ​e​ 0​​   ​δq​  ​​ ​q   ​∑ ​ ​  ​  N​ Ed​​  8 ​  ______ ​​ (5.13)      ​ ​L​​  2​ ​

(1) Bei der Berechnung aussteifender Systeme, die zur seitlichen Stabilisierung von Trägern oder druckbeanspruchter Bauteile benötigt werden, ist in der Regel der Einfluss der Imperfektionen der abgestützten Bauteile durch äquivalente geometrische Ersatzimperfektionen in Form von Vorkrümmungen zu berücksichtigen:

Dabei ist die Durchbiegung des aussteifenden Systems in δq seiner Ebene infolge q und weiterer äußerer Einwirkungen gerechnet nach Theorie I. Ordnung.

Zu 5.3.2(11) mit NDP Hier wird anstelle von auf die Stablänge bezogener pauschaler Schiefstellung und Vorkrümmung zusätzlich die Möglichkeit eröffnet, die maßgebende mit e0 skalierte Eigenform als Imperfektion anzusetzen. Der Ansatz der rechnerisch ermittelten Vorkrümmung e0 muss unter Berücksichtigung der Randbedingungen und somit der Schlankheit des betrachteten Systems erfolgen. Die Ermittlung der Imperfektionen aus der Eigenform wird z. B. im Leitfaden zum DIN-Fachbericht 103, Abs. II-X.4.3.2 bzw. Abs. 6.4.4 [K8] ausführlich beschrieben. Hinweise sind auch in [K5] gegeben. Der Nachweis darf so nur für elastische Tragwerksberechnung und lineare Querschnittsinteraktion geführt werden.

In Bild K1 ist beispielhaft der Ansatz bei einem gelenkigen und einem beidseitig eingespannten Stab dargestellt. Da sich die Vorkrümmung auf die Knicklänge bezieht (Bild K1 (b)), ergibt sich bei dem beidseitig eingespannten Stab der Gesamtstich der Imperfektionsfigur zu ​​η​ max​​​= 2 · e0. Es sei an dieser Stelle noch einmal darauf hingewiesen, dass e0 – anders als für den Pauschalansatz – hier von der Schlankheit des Systems abhängt und somit für die beiden dargestellten Fälle in Bild K1 betragsmäßig unterschiedlich ist.

Bild K1. Ansatz der Imperfektionen bei einem gelenkig gelagerten Stab (a) und beidseitig eingespannten Stab (b) (nur qualitativer Vergleich)

Zu 5.3.3 Leider erfolgt die Zuordnung von Stabilisierungskräften und Imperfektionen für aussteifende Tragwerksteile zu den verschiedenen Abschnitten in EN 1993-1-1, Kapitel 5.3 Imperfektionen nicht eindeutig. Grundsätzlich kann man unterscheiden zwischen vertikalen Aussteifungssystemen, die zum Beispiel in Form von vertikalen Fachwerkscheiben oder auch Massivwänden und Treppenhauskernen dafür sorgen, dass die übrige Stahl- bzw. Verbund­ rahmenkonstruktion als „unverschieblich“ charakterisiert werden kann, hierfür gilt 5.3.2(7) bis 5.3.2(10), und Horizontalaus­ steifungssysteme, die zum Beispiel als Dachverband bei Hallen sowohl Windlasten wie auch Abtriebskräfte zur Stabilisierung der Binder abtragen und in 5.3.3(1) bis 5.3.3(3) behandelt werden. In DIN  18801 [K12] Abschnitt 6.1.4 wird der Hinweis gegeben, dass auch Bauteile aus einem anderen Werkstoff als Stahl (z. B. Mauerwerkswände, Holzpfetten) zur Aussteifung von Stahlbauten herangezogen werden dürfen und diese dann ggf. auch für entsprechende Imperfektionen der auszusteifenden Bauwerksteile zu dimensionieren sind. Diese Regelung ist sicher auch auf eine Tragwerksberechnung nach EN 1993-1-1 zu übertragen.

34

1   Stahlbaunormen

NEd

NEd

eo

NEd NEd

qd

1 2 NEd

1

2

Φ = αm Φ0 : Φ0 = 1∕​200 2 ΦNEd = αm NEd∕​100

L

Legende e0 Imperfektion qd äquivalente Kräfte pro Längeneinheit 1 aussteifendes System

NEd

Die Kraft NEd wird innerhalb der Spannweite L des aussteifenden Systems als konstant angenommen. Für nicht konstante Kräfte ist die Annahme leicht konservativ.

Bild 5.7. Lokale Ersatzkräfte an Stößen in druckbeanspruchten Bauteilen

NEd

Legende 1 Stoß 2 aussteifendes System

Bild 5.6. Äquivalente stabilisierende Ersatzkräfte

5.3.4 Bauteilimperfektionen Anmerkung: δq darf 0 gesetzt werden, falls nach Theorie II. Ordnung gerechnet wird. (3) Wird das aussteifende System zur Stabilisierung des druckbeanspruchten Flansches eines Trägers mit kon­ stanter Höhe eingesetzt, kann die Kraft NEd in Bild 5.6 wie folgt ermittelt werden: ​​NEd ​  ​​   ​MEd ​  ​​  ∕​ h​

(5.14)

Dabei ist MEd das maximale einwirkende Biegemoment des Trägers; h die Gesamthöhe des Trägers. Anmerkung: Im Falle eines durch eine zusätzliche Drucknormalkraft beanspruchten Trägers enthält NEd auch einen Teil der Beanspruchung aus der einwirkenden Normalkraft. (4) An Stößen von Trägern oder von druckbeanspruchten Bauteilen ist zusätzlich nachzuweisen, dass das aussteifende System eine am Stoßpunkt angreifende lokale Kraft von αm NEd∕​100 von jedem Träger oder druckbeanspruchten Bauteil aufnehmen kann, welcher am gleichen Punkt gestoßen ist. Die Weiterleitung dieser Kräfte zu den nächsten Haltepunkten der Träger oder druckbeanspruchten Bauteile ist ebenfalls nachzuweisen, siehe Bild 5.7. (5) Bei dem Nachweis der lokalen Kräfte nach (4) sind auch alle anderen äußeren Kräfte zu berücksichtigen, die auf das aussteifende System wirken, wobei die Kräfte aus dem Einfluss der Imperfektion aus (1) vernachlässigt werden dürfen.

(1) Die Einflüsse von Bauteilimperfektionen sind in den Gleichungen für die Stabilitätsnachweise von Bauteilen nach 6.3 enthalten. (2) Wenn die Stabilitätsnachweise von Bauteilen nach Theorie II. Ordnung entsprechend 5.2.2(7) a) geführt werden, ist die Imperfektion für druckbeanspruchte Bauteile e0 in der Regel nach 5.3.2(3) b), 5.3.2(5) oder 5.3.2(6) zu berücksichtigen. (3) Bei einem Biegedrillknicknachweis von biegebeanspruchten Bauteilen nach Theorie II. Ordnung darf die Imperfektion mit k · e0 angenommen werden, wobei e0 die äquivalente Vorkrümmung um die schwache Achse des betrachteten Profils ist. Im Allgemeinen braucht keine weitere Torsionsimperfektion betrachtet zu werden. Anmerkung: Der Nationale Anhang kann den Wert von k festlegen. Der Wert von k 0,5 wird empfohlen.

Zu 5.3.3(2) Die Ersatzlast, wenn das aussteifende System sich nicht selbst auch verformt, kann durch die Umsetzung in eine äquivalente Gleichstreckenlast über die angenommene Parabelform gemäß Gl. (5.13) erfolgen. Daraus ergibt sich für ​e​ 0​​   ​α​ m​​   L ∕​ 500​  : ​NEd ​  ​​    ​​  ​q   ​α​ m​​   ​∑​  ​ ​​ ​  _______ 62, 5   L Diese Ersatzlasten gelten nur, wenn das aussteifende System sich nicht selbst auch verformt. ​δq​  ​​​beschreibt in Gleichung (5.13) die Verformung des aussteifenden Systems infolge der Imperfektion und weiterer äußerer Lasten. Wenn ​δq​  ​​​ausreichend klein ist, kann man diesen Effekt vernachlässigen. Hierfür gibt es in der Vornorm ENV 1993-1-1 [K45] das folgende Kriterium : ​δq​  ​​​ ≤ L∕​2500.

Tragwerksberechnung

35

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 5.3.4(3) Anmerkung Die Imperfektion ist anstelle von (k · e0) mit den Werten der Tabelle NA.3 anzunehmen. Diese Werte sind im Bereich 0,7 ​​​  λ ̅​​  LT​​​ 1,3 zu verdoppeln.

a) die Schnittgrößen des Tragwerks mit den äußeren Einwirkungen im Gleichgewicht stehen; b) alle Bauteile, bei denen die Momente abgemindert werden, Querschnitte der Klasse 1 oder 2 (siehe 5.5) aufweisen; c) Biegedrillknicken verhindert ist.

Tabelle NA.3. Äquivalente Vorkrümmungen e0∕​L

5.4.2 Elastische Tragwerksberechnung

Querschnitt

Abmessungen

elastische Querschnittsausnutzung e0∕​L

plastische Querschnittsausnutzung e0∕​L

(1) Bei einer elastischen Tragwerksberechnung ist in der Regel davon auszugehen, dass die Spannungs-Dehnungsbeziehung des Materials in jedem Spannungszustand linear verläuft.

gewalzte I-Profile

h∕​b ≤ 2,0

1∕​500

1∕​400

Anmerkung: Bei der Wahl des Modells für verformbare Anschlüsse siehe 5.1.2.

h∕​b > 2,0

1∕​400

1∕​300

h∕​b ≤ 2,0

1∕​400

1∕​300

h∕​b > 2,0

1∕​300

1∕​200

geschweißte I-Profile

5.4 Berechnungsmethoden 5.4.1 Allgemeines (1) Die Schnittgrößen können nach einer der beiden folgenden Methoden ermittelt werden: a) elastische Tragwerksberechnung; b) plastische Tragwerksberechnung. Anmerkung: Zu Finite Element (FEM)-Berechnungen siehe EN 1993-1-5. (2) Die elastische Tragwerksberechnung darf in allen Fällen angewendet werden. (3) Eine plastische Tragwerksberechnung darf nur dann durchgeführt werden, wenn das Tragwerk über ausreichende Rotationskapazität an den Stellen verfügt, an denen sich die plastischen Gelenke bilden, sei es in Bauteilen oder in Anschlüssen. An den Stellen plastischer Gelenke in Bauteilen sollte der Bauteilquerschnitt doppelt-symmetrisch oder einfach-symmetrisch mit einer Symmetrieebene in der Rotationsebene des plastischen Gelenkes sein und zusätzlich den in 5.6 festgelegten Anforderungen entsprechen. Tritt ein plastisches Gelenk an einem Anschluss auf, sollte der Anschluss entweder ausreichende Festigkeit haben, damit sich das plastische Gelenk im Bauteil bildet, oder er sollte seine plastische Festigkeit über eine ausreichende Rotation beibehalten können, siehe EN 1993-1-8. (4)B Vereinfachend darf bei nach Elastizitätstheorie berechneten Durchlaufträgern eine begrenzte plastische Momentenumlagerung berücksichtigt werden, wenn die Stützmomente die plastische Momententragfähigkeit um weniger als 15 % überschreiten. Die überschreitenden Momentenspitzen müssen dann umgelagert werden, vorausgesetzt dass:

Zu 5.3.4(3) und NDP Die Imperfektionen für die Tragwerksberechnung nach Theorie II. Ordnung aus der Rahmenebene heraus, also für das Biegedrill­ knicken, sind abweichend von den ursprünglichen Empfehlungen nach EN 1993-1-1 gemäß der Tabelle NA.3 anzunehmen. Im Gegensatz zum Biegeknicken, bei dem sich Stäbe mit großem ​h ∕​ b​-Verhältnis günstiger verhalten als solche mit kleinem ​h ∕​ b​Verhältnis, ist es beim Biegedrillknicken anders. Beim Biege­ drillknicken verhalten sich I-Profile mit ​h ∕​ b​> 2,0 ungünstiger als solche mit ​h ∕​ b​< 2,0. Untersuchungen haben gezeigt, dass die reduzierten Werte der Imperfektionen im mittleren Schlankheitsbereich (0,7 < ​​ ​λ ​​ ̅ LT​​​< 1,3) nicht angewendet werden dürfen, sondern zu verdoppeln sind, vgl. [K11, K28]. Zu 5.4 Leider enthält DIN EN 1993-1-1 eine Anzahl von Begriffen, die missverständlich oder sprachlich nicht korrekt sind. Dazu zählen insbesondere: „elastische Tragwerksberechnung“ und „elastische Berechnung“ statt „Berechnung nach der Elastizitätstheorie“, „plastische Tragwerksberechnung“ und „plastische Berechnung“ statt „Berechnung nach der Plastizitätstheorie“. Ähnliches gilt auch für „elastische Spannungsverteilung“ statt „Spannungsverteilung nach der Elastizitätstheorie“ oder „plastische Querschnitts­ tragfähigkeit“ statt „Tragfähigkeit nach der Plastizitätstheorie“ usw. Zum Wiedererkennen behalten die Kommentare die Begriffe der Norm bei. Zu 5.4.1(3) Der Begriff der Rotationsebene ist an dieser Stelle leider etwas unglücklich gewählt. Eigentlich ist hier die Rotationsachse des plastischen Gelenks gemeint. Eine plastische Tragwerksberechnung ist nur für doppeltsymmetrische oder einfachsymmetrische Bauteilquerschnitte mit einer Symmetrieebene parallel zur Rotationsachse des plastischen Gelenks anzuwenden. Hintergrund hierfür ist die Annahme einer vollplastischen Spannungsverteilung, die möglichst nahe am wahren Spannungs-Dehnungsverhalten bleiben soll und nicht zu einem Verschieben der „plastischen Nulllinie“ führt. Dementsprechend ist die Anwendung einer plastischen Tragwerksbemessung für U-Profile um die starke Achse erlaubt und für T-Profile um die starke Achse ausgeschlossen.

36

1   Stahlbaunormen

(2) Schnittgrößen dürfen mit elastischen Berechnungsverfahren ermittelt werden, auch wenn die Querschnittsbeanspruchbarkeiten plastisch ermittelt sind, siehe 6.2. (3) Eine elastische Tragwerksberechnung darf auch für Querschnitte verwendet werden, deren Beanspruchbarkeit durch lokales Beulen begrenzt wird, siehe 6.2.

5.4.3 Plastische Tragwerksberechnung (1) Die plastische Tragwerksberechnung berücksichtigt die Einflüsse aus nichtlinearem Werkstoffverhalten bei der Ermittlung der Schnittgrößen. Die Tragwerksberechnung sollte nach einer der folgenden Methoden erfolgen: – durch das elastisch-plastische Fließgelenkverfahren mit voll plastizierten Querschnitten in den Fließgelenken und∕​oder Anschlüssen, die als Fließgelenke wirken; – durch eine nichtlineare plastische Berechnung, die Teilplastizierung von Bauteilen in Fließzonen berücksichtigt; – durch das starr-plastische Fließgelenkverfahren, das das elastische Verhalten zwischen den Fließgelenken vernachlässigt. (2) Eine plastische Tragwerksberechnung darf durchgeführt werden, wenn die Bauteile in der Lage sind, genügende Rotationskapazität zu entwickeln, um die erforderliche Momentenumlagerung durchzuführen, siehe 5.5 und 5.6. (3) Eine plastische Tragwerksberechnung sollte nur durchgeführt werden, wenn die Stabilität der Bauteile an plastischen Gelenken gesichert ist, siehe 6.3.5. (4) Für die plastische Berechnung darf die bi-lineare Spannungs-Dehnungsbeziehung nach Bild 5.8 für alle in Abschnitt 3 spezifizierten Stahlgüten verwendet werden. Alternativ darf eine genauere Beziehung angenommen werden, siehe EN 1993-1-5. (5) Das starr-plastische Fließgelenkverfahren darf angewendet werden, wenn keine Einflüsse aus dem verformten System (z. B. Einflüsse der Theorie II. Ordnung) berücksichtigt werden müssen. In diesem Falle werden die Anschlüsse nur nach ihrer Festigkeit klassifiziert, siehe EN 1993-1-8.

fy

d =E d

Bild 5.8. Bi-lineare Spannungs-Dehnungsbeziehung

(6) Die Einflüsse des verformten Systems und die Stabilität des Tragwerks sind in der Regel nach den Grundsätzen in 5.2 nachzuweisen. Anmerkung: Die maximale Tragfähigkeit kann bei verformungsempfindlichen Tragwerken bereits erreicht werden, bevor sich die vollständige Fließgelenkkette nach Theorie I. Ordnung gebildet hat.

5.5

Klassifizierung von Querschnitten

5.5.1 Grundlagen (1) Mit der Klassifizierung von Querschnitten soll die Begrenzung der Beanspruchbarkeit und Rotationskapazität durch lokales Beulen von Querschnittsteilen festgestellt werden.

5.5.2 Klassifizierung (1) Es werden vier Querschnittsklassen definiert: – Querschnitte der Klasse 1 können plastische Gelenke oder Fließzonen mit ausreichender plastischer Momententragfähigkeit und Rotationskapazität für die plastischen Berechnung ausbilden; – Querschnitte der Klasse 2 können die plastische Momententragfähigkeit entwickeln, haben aber aufgrund örtlichen Beulens nur eine begrenzte Rotationskapazität; – Querschnitte der Klasse 3 erreichen für eine elastische Spannungsverteilung die Streckgrenze in der

Zu 5.4.3 Anders als in DIN 18800-1 [K1] werden einerseits neben den Bauteilen auch jeweils das Trag- und Verformungsverhalten der Knoten mit in die Betrachtung einbezogen und werden andererseits die plastischen Verfahren stärker differenziert. So werden zwischen einem elastisch-plastischen Verfahren, das Fließgelenke in plastizierten Stabquerschnitten oder Knoten annimmt, einem nichtlinear-plastischen Verfahren, das die Teilplastizierung von Stabquerschnitten in plastischen Zonen verfolgt (Fließzonentheorie), und einem sogenannten starr-plastischen Verfahren, das der üblichen Fließgelenktheorie Theorie I. Ordnung entspricht, aber das elastische Verhalten zwischen den Fließgelenken vernachlässigt, unterschieden. Es besteht also die Möglichkeit nach der Fließzonentheorie unter Einsatz von FE-Modellen genauere Ansätze zu wählen, siehe hierzu z. B. Anhang C in EN 1993-1-5. Die Zuordnung der Tragwerksknoten und ihre Modellierung zu den Berechnungsmethoden erfolgen nach EN 1993-1-8, Kap. 5, vgl. auch [K9, K10]. Beim starr-plastischen Verfahren wird nur betrachtet, ob der gewählte plastische Schnittgrößenzustand im System im Gleichgewicht ist, ohne die plastische Beanspruchbarkeit von Stabquerschnitten und Knoten zu verletzen. Die Steifigkeit auch von verformbaren Knoten interessiert nicht. Dieses Verfahren ist natürlich nur dann anwendbar, wenn Verformungen keine Rolle spielen, d. h. auch kein Nachweis nach Theorie II. Ordnung oder Biegeknicknachweis zu führen ist.

Tragwerksberechnung

ungünstigsten Querschnittsfaser, können aber wegen örtlichen Beulens die plastische Momententragfähigkeit nicht entwickeln; – Querschnitte der Klasse 4 sind solche, bei denen örtliches Beulen vor Erreichen der Streckgrenze in einem oder mehreren Teilen des Querschnitts auftritt. (2) Bei Querschnitten der Klasse 4 dürfen effektive Breiten verwendet werden, um die Abminderung der Beanspruchbarkeit infolge lokalen Beulens zu berücksichtigen, siehe EN 1993-1-5, 4.4. (3) Die Klassifizierung eines Querschnittes ist vom c∕​t-Verhältnis seiner druckbeanspruchten Teile abhängig. (4) Druckbeanspruchte Querschnittsteile können entweder vollständig oder teilweise unter der zu untersuchenden Einwirkungskombination Druckspannungen aufweisen. (5) Die verschiedenen druckbeanspruchten Querschnittsteile (wie z. B. Steg oder Flansch) können im Allgemeinen verschiedenen Querschnittsklassen zugeordnet werden. (6) Ein Querschnitt wird durch die höchste (ungünstigste) Klasse seiner druckbeanspruchten Querschnittsteile klassifiziert. Ausnahmen sind in 6.2.1(10) und 6.2.2.4(1) angegeben. (7) Alternativ ist es zulässig, die Klasse eines Querschnitts durch Klassifizierung der Flansche sowie des Steges festzulegen. (8) Die Grenzabmessungen druckbeanspruchter Querschnittsteile für die Klassen 1, 2, und 3 können der Tabelle 5.2 entnommen werden. Querschnittsteile, die die Anforderungen der Querschnittsklasse 3 nicht erfüllen, sollten in Querschnittsklasse 4 eingestuft werden. (9) Mit Ausnahme der Fälle in (10) ist es möglich, Querschnitte der Klasse 4 wie Querschnitte der Klasse 3 zu behandeln, falls das c∕​t-Verhältnis, das nach Tabelle 5.2

5.6

37

Anforderungen an Querschnittsformen und Aussteifungen am Ort der Fließgelenkbildung

(1) An Stellen, an denen sich Fließgelenke ausbilden können, müssen die Querschnitte des Bauteils in der Regel eine entsprechende Rotationskapazität aufweisen. (2) Die Momenten-Rotationskapazität kann bei Bauteilen mit konstantem Querschnitt als ausreichend angenommen werden, wenn folgende Anforderungen erfüllt sind:

Zu 5.5.2 Maßgebend für die Querschnittsklassifizierung sind die druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts. Die Dehnung im Zugbereich kann zum Beispiel bei Klasse-3-Querschnitte die Fließdehnung durchaus überschreiten, solange der Druckbereich nur elastisch bis zur um den Teilsicherheitsbeiwert reduzierten Streckgrenze ausgenutzt ist. Einschränkungen infolge Beulgefährdung durch Schub sind gesondert zu behandeln, vgl. EN 1993-1-1, 6.2.6 (6). Auch werden jeweils nur einzelne unausgesteifte Blechfelder betrachtet. Es kann also sein, dass, auch wenn die Einzelfelder eines durch Längssteifen ausgesteiften Blechfeldes jedes für sich die Kriterien für Klasse-3-Querschnittsteile erfüllen, also für sich nicht beulgefährdet sind, trotzdem ein Nachweis für das Beulen des Gesamtfeldes nach EN 1993-1-5, Abs. 4.5 erforderlich ist. Für beidseitig gestützte druckbeanspruchte Querschnittsteile zeigt [K34], dass um Konsistenz zu den anderen Normenteilen EN 19931-5 und EN 1993-1-3 zu erreichen, bei dem vorgegebenen Sicherheitsniveau die Grenzwerte c∕​t kleiner werden müssen. Die empfohlene Grenze zwischen den Querschnittsklassen 3 und 4 sieht einen Wert von 38 (statt 42) vor und zwischen den Querschnittsklassen 2 und 3 einen Wert von 34 (statt 38).

______



​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ mit einer Erhöhung von ε um ​​    ​  ______   ​      ​​ermittelt wird,   ​σ​ com,Ed​​ kleiner als die Grenze für Klasse 3 ist. Dabei ist σcom,Ed der größte Bemessungswert der einwirkenden Druck­ spannung im Querschnittsteil, die nach Theorie I. Ordnung oder, falls notwendig, nach Theorie II. Ordnung ermittelt wird. (10) Es sollten jedoch für Stabilitätsnachweise eines Bauteils nach 6.3 immer die Grenzabmessungen der Klasse 3 Tabelle 5.2 ohne Erhöhung von ε verwendet werden. (11) Querschnitte mit Klasse-3-Steg und Klasse-1- oder Klasse-2-Gurten dürfen als Klasse-2-Querschnitte mit einem wirksamen Steg nach 6.2.2.4 eingestuft werden. (12) Wenn der Steg nur für die Schubkraftübertragung vorgesehen ist und nicht zur Abtragung von Biegemomenten und Normalkräften eingesetzt wird, darf der Querschnitt alleine abhängig von der Einstufung der Gurte den Klassen 2, 3 oder 4 zugeordnet werden. Anmerkung: Zu flanschinduziertem Stegbeulen, siehe EN 1993-1-5.

Zu 5.5.2(9) und 5.5.2(10) Wenn die Spannungsausnutzung im Querschnitt geringer als die Streckgrenze ​fyd ​  ​​​ist, kann es sich lohnen, die Grenzabmessungen nach Tabelle 5.2 mit dem entsprechenden im Verhältnis von ​fyd ​  ​​​ zur einwirkenden Druckspannung ​​σ​ com,Ed​​​modifizierten ​ε​-Wert zu bestimmen. Die Ermittlung von ​​σ​ com,Ed​​​erfolgt dann ggf. über eine iterative Berechnung für den Gesamtzustand ​( ​NEd ​  ​​   ​My,Ed ​  ​​   ​Mz,Ed ​  ​​  )​. Das Verfahren nach 5.5.2 (9) gilt nicht für Stabilitätsnachweise eines Bauteils nach Abs. 6.3. Hierfür sind die Grenzabmessungen​ c ∕​ t​nach Klasse 3 in Tabelle 5.2 ohne Erhöhung von ​ε​zu bestimmen, da für das Ersatzstabverfahren nach EN 1993-1-1, Abs. 5.2.2 (8) u. U. Schnittgrößen nach Theorie I. Ordnung verwendet werden und somit möglicherweise die wahren Spannungen unterschätzt werden. Die Formulierung ist etwas missverständlich, weil auch im Rahmen von Methode b), siehe EN 1993-1-1, Abs. 5.2.2 (7) der Einzelstabnachweis nach EN 1993-1-1, Abs. 6.3 geführt wird, aber hier dann Stabschnittgrößen nach Theorie II. Ordnung vorliegen. Dann ist es also durchaus möglich, die einzelnen Querschnittsteile oder Einzelbeulfelder gemäß den Grenzabmessungen in Tabelle 5.2 unter Berücksichtigung der mit ​σ​ com,Ed​​​erhöhten ε​ ​-Werte zuzuordnen.

38

1   Stahlbaunormen

Tabelle 5.2. Maximales c∕​t-Verhältnis druckbeanspruchter Querschnittsteile

Tragwerksberechnung

39

Tabelle 5.2. Maximales c∕​t-Verhältnis druckbeanspruchter Querschnittsteile (Fortsetzung)

Zu Tabelle 5.2 Eigentlich müssten die Grenzwerte c∕​t für die Klasse-3-Querschnittsteile nach EN 1993-1-1, Tabelle 5.2 genau mit den Grenz­ werten übereinstimmen, die gemäß EN 1993-1-5 zu Reduktionsfaktor ρ = 1,0 führen, denn dann braucht die Bruttofläche nicht reduziert zu werden – lokales Beulen spielt keine Rolle und der Querschnitt ist voll wirksam. Leider trifft das nicht für alle Fälle zu. Im Rahmen eines europäischen Forschungsprojekts wurden Vorschläge entwickelt, für beidseitig gestützte Querschnittsteile die Grenzwerte anzupassen, und zwar nicht nur für die Grenzen zwischen den Klassen 3 und 4, sondern auch für die übrigen Grenz­ werte der Klassen 1 und 2. Dieser Vorschlag, der z. T. zu ungünstigeren Grenzwerten führt, siehe auch Kommentar zu 5.5.2, wird

in der Überarbeitung von EN 1993-1-1 Berücksichtigung finden. Er ist in [K44] beschrieben. In Tabelle 5.2 gibt es einen eigenen Bereich für die Querschnittsklassifizierung von Winkelquerschnitten. Zusätzlich ist darin ein Verweis auf die Klassifizierung einseitig gestützter Flansche in Tabelle 5.2 angegeben. Die beiden Klassifizierungen führen für manche Winkelquerschnitte zu unterschiedlichen Ergebnissen und stehen somit im Widerspruch zueinander. Die Klassifizierung für Winkelprofile sollte unseres Erachtens ungeachtet der Bemerkung nach dem Tabellenabschnitt für Winkelprofile erfolgen. Jüngste Untersuchungen [K33] zeigen, dass lokales Beulen im baupraktischen Bereich für Winkelprofile eher nicht vorkommt. Trotzdem kann das Einhalten des Kriteriums sinnvoll sein, da dadurch Drillknickversagen vorgebeugt wird.

40

1   Stahlbaunormen

Tabelle 5.2. Maximales c∕​t-Verhältnis druckbeanspruchter Querschnittsteile (Fortsetzung)

a) das Bauteil weist an den Stellen der Fließgelenke einen Querschnitt der Klasse 1 auf; b) wirken an den Fließgelenken innerhalb eines Bereichs von h∕​2 Einzellasten quer zur Trägerachse, so sind im Abstand von maximal h∕​2 vom Fließgelenk Stegsteifen anzuordnen, wenn die Einzellasten 10 % der Schubtragfähigkeit des Querschnitts überschreiten, siehe 6.2.6; h ist die Querschnittshöhe. (3) Falls sich der Querschnitt des Bauteils entlang seiner Längsachse verändert, sind in der Regel folgende zusätzliche Anforderungen zu erfüllen: a) Im Bereich eines Fließgelenks darf die Dicke des Steges in einer Entfernung von mindestens 2d in beide Richtungen vom Fließgelenk nicht reduziert werden, wobei d die lichte Steghöhe am Fließgelenk ist;

b) Im Bereich eines Fließgelenks muss der druckbeanspruchte Gurt der Querschnittsklasse 1 angehören. Als maßgebende Entfernung ist der größere der folgenden Werte zu verwenden: – 2d, wobei d wie in (3)a) definiert ist; – der Abstand bis zu dem Punkt, an dem das Moment auf den 0,8-fachen Wert der plastischen Momententragfähigkeit am Fließgelenk gesunken ist. c) Außerhalb der Fließgelenkbereiche eines Bauteils müssen die druckbeanspruchten Gurte der Querschnittsklasse 1 oder 2 und die Stege der Querschnittsklasse 1, 2 oder 3 entsprechen. (4) Angrenzend an ein Fließgelenk müssen die Löcher in zugbeanspruchten Trägerflanschen innerhalb eines Abstands nach (3)b) in jeder Richtung vom Fließgelenk den Anforderungen nach 6.2.5(4) entsprechen.



Grenzzustände der Tragfähigkeit

41

(5) Falls eine plastische Bemessung eines Rahmens unter Beachtung der Querschnittsanforderungen durchgeführt wird, darf das plastische Umlagerungsvermögen als ausreichend angenommen werden, wenn die Anforderungen nach (2) bis (4) für alle Bauteile, in denen Fließgelenke unter den Bemessungswerten der Einwirkungen auftreten können, erfüllt sind. (6) Falls eine plastische Tragwerksberechnung durchgeführt wird, welche das tatsächliche Spannungs- und Dehnungsverhalten entlang der Längsachse des Bauteils einschließlich lokalem Beulen und globalem Knicken des Bauteils und des Tragwerks berücksichtigt, ist es nicht erforderlich die Anforderung (2) bis (5) zu erfüllen.

Bei Stabilitätsnachweisen in Form von Querschnittsnachweisen mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung (siehe 5.2) ist bei der Ermittlung der Beanspruchbarkeit von Querschnitten statt γM0 der Wert γM1 1,1 anzusetzen. Die Teilsicherheitswerte γMi sind für außergewöhnliche Bemessungssituationen wie folgt festgelegt: – γM0 1,0; – γM1 1,0; – γM2 1,15.

6

(1)P Der Bemessungswert der Beanspruchung darf in keinem Querschnitt den zugehörigen Bemessungswert der Beanspruchbarkeit überschreiten. Falls mehrere Beanspruchungsarten gleichzeitig auftreten, gilt diese For-

Grenzzustände der Tragfähigkeit

6.1 Allgemeines (1) Die charakteristischen Werte der Beanspruchbarkeit, die in diesem Abschnitt angegeben werden, werden mit den in 2.4.3 definierten Teilsicherheitsbeiwerten γM wie folgt abgemindert: – die Beanspruchbarkeit von Querschnitten (unabhängig von der Querschnittsklasse): γM0 – die Beanspruchbarkeit von Bauteilen bei Stabilitätsversagen (bei Anwendung von Bauteilnachweisen): γM1 – die Beanspruchbarkeit von Querschnitten bei Bruchversagen infolge Zugbeanspruchung: γM2 – die Beanspruchbarkeit von Anschlüssen: siehe EN 1993-1-8 Anmerkung 1: Weitere Empfehlungen für Zahlenwerte sind in EN 1993-2 bis EN 1993-6 zu finden. Teilsicherheitsbeiwerte γMi für Tragwerke, die nicht durch EN 1993-2 bis EN 1993-6 erfasst werden, sind im Nationalen Anhang festgelegt; es wird die Verwendung der Teilsicherheitsbeiwerte γMi nach EN 1993-2 empfohlen.

NDP zu 6.1(1) Anmerkung 1 Es gilt die Empfehlung.

DIN EN 1993-1-1∕​NA

Anmerkung 2B: Der Nationale Anhang kann die Teilsicherheitsbeiwerte γMi für Hochbauten festlegen. Folgende Zahlenwerte werden empfohlen: γM0 1,00; γM1 1,00; γM2 1,25.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 6.1(1) Anmerkung 2B Die Teilsicherheitswerte γMi für Hochbauten sind wie folgt festgelegt: – γM0 1,0; – γM1 1,1; – γM2 1,25.

6.2

Beanspruchbarkeit von Querschnitten

6.2.1 Allgemeines

Zu 6.1(1) und NDP zu 6.1(1) Anmerkung 2B Es werden zwei unterschiedliche Teilsicherheitsbeiwerte definiert :​ γ​ M0​​​für die Querschnittsnachweise nach Abs. 6.2 für alle Querschnittsklassen (also auch für beulgefährdete Querschnitte der Klasse 4) und ​​γ​ M1​​​für Stabilitätsnachweise von Bauteilen nach Abs. 6.3. Diese Unterscheidung war für die ursprüngliche Empfehlung in EN 1993-1-1 unerheblich, weil beide Werte darin zu 1,0 empfohlen wurden. Der deutsche Nationale Anhang ist aber nicht der Empfehlung gefolgt, sondern hat für die beiden Teilsicherheitsbeiwerte unterschiedliche Werte, nämlich ​γ​ M0​​​zu 1,0 und ​γ​ M1​​​ zu 1,1 gewählt, zu den Argumenten siehe [K44]. Wegen der oben erläuterten Differenzierung, die sich mit dem Begriff „Bauteilnachweis“ eigentlich nur auf die Nachweise nach Abs. 6.3 bezieht und theoretisch nicht auf die Querschnittsnachweise mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung, wird im Text des NDP klargestellt, dass auch Querschnittsnachweise mit Schnittgrößen nach Theorie II. Ordnung als Stabilitätsnachweise zu verstehen sind und hierfür der erhöhte Teilsicherheitsbeiwert ​γ​ M1​​​ gilt. Ähnlich folgt der Nationale Anhang für EN 1993-2 Stahlbrücken auch nicht der Empfehlung bezüglich der Behandlung von beulgefährdeten Querschnitten der Klasse 4, sondern legt fest, dass bei Anwendung von ​γ​ M0​​​in EN 1993-1-5 ein Wert von 1,1 anzusetzen ist. Entsprechend verschiedener Quellen, siehe [K44], ist hier dringend zu empfehlen, bei entsprechenden schlanken Klasse-4-Querschnitten anderer Anwendungsbereiche, wie zum Beispiel bei Kranbahnen dem Brückenbau mit ​γ​ ​ M0​​​von 1,1 in allen Nachweisen nach EN 1993-1-5 zu folgen. Zu 6.1(7) Die Übersetzung „wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten in Abhängigkeit von der Querschnittsklasse unter möglicher Berücksichtigung mittragender Breiten sind, siehe 6.2.8.“ ist nicht korrekt. Gemeint ist nach dem englischen Normentext „wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten abhängig von der Querschnittsklasse und unter Berücksichtigung des Querkrafteinflusses nach 6.2.8 sind.“

42

1   Stahlbaunormen

derung auch für die Kombination dieser Beanspruchungen. (2) Dabei sind in der Regel die mittragende Breite und die mitwirkende Breite infolge lokalen Beulens nach EN 1993-1-5 zu berücksichtigen. Ferner sollte Schubbeulen nach EN 1993-1-5 betrachtet werden. (3) Die Bemessungswerte der Beanspruchbarkeit hängen von der Querschnittsklassifizierung ab. (4) Ein Nachweis nach Elastizitätstheorie entsprechend der elastischen Beanspruchbarkeit ist für alle Querschnittsklassen möglich, sofern für Querschnitte der Klasse 4 die wirksamen Querschnittswerte angesetzt werden. (5) Für den Nachweis nach Elastizitätstheorie darf das folgende Fließkriterium für den kritischen Punkt eines Querschnitts verwendet werden, wenn nicht andere Interaktionsformeln vorgezogen werden, siehe 6.2.8 bis 6.2.10. ​σ​ x,Ed​​ ​σ​ z,Ed​​ ​​​ ​  ______   ​ ​​​  ​   ​​ ​  ______   ​ ​​​  ​  ( ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ ) ( ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ ) 2

2

​σ​ x,Ed​​ ​σ​ z,Ed​​ ​τ​ Ed​​  ​ ​  ______   ​ ​​ ​  ______   ​ ​    3 ​​ ​  ______    ​ ​​​  ​    1​ ( ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ )( ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ ) ( ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ ) 2

(6.1)

Dabei ist σx,Ed der Bemessungswert der einwirkenden ­Normalspannung in Längsrichtung am betrachteten Punkt; σz,Ed der Bemessungswert der einwirkenden ­Normalspannung in Querrichtung am ­betrachteten Punkt; τEd der Bemessungswert der einwirkenden ­Schubspannung am betrachteten Punkt. Anmerkung: Die Nachweisführung nach (5) kann konservativ sein, da sie die teilweise plastischen Spannungsumlagerungen, welche in der elastischen Bemessung erlaubt sind, nicht berücksichtigt. Deshalb sollte sie nur angewendet werden, wenn die Interaktion auf der Grundlage der Beanspruchbarkeitswerte NRd, MRd, VRd nicht verwendbar ist. (6) Die plastische Querschnittstragfähigkeit ist in der Regel durch eine zu den plastischen Verformungen passende Spannungsverteilung zu bestimmen, die mit den inneren Kräften im Gleichgewicht steht, ohne dass die Streckgrenze überschritten wird. (7) Als konservative Näherung darf für alle Querschnittsklassen eine lineare Addition der Ausnutzungsgrade für alle Schnittgrößen angewendet werden. Für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3, die durch eine Kombination von NEd, My,Ed und Mz,Ed beansprucht werden, führt diese Regelung zu folgendem Kriterium: ​My,Ed ​  ​​ ​M ​  ​​ ​NEd ​  ​​ _____ z,Ed ​​  ____  ​   ​  _____   ​    1​ (6.2)   ​   ​    ​NRd ​  ​​ ​My,Rd ​  ​​ ​Mz,Rd ​  ​​ wobei NRd, My,Rd und Mz,Rd die Bemessungswerte der Tragfähigkeiten in Abhängigkeit von der Querschnittsklasse unter möglicher Berücksichtigung mittragender Breiten sind, siehe 6.2.8.

Anmerkung: Bei Querschnitten der Klasse 4, siehe 6.2.9.3(2). (8) Gehören alle druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts zur Querschnittsklasse 1 oder 2, dann darf für den Querschnitt die volle plastische Momententragfähigkeit angesetzt werden. (9) Sind alle druckbeanspruchten Teile eines Querschnitts der Querschnittsklasse 3 zuzuordnen, so sollte die Beanspruchbarkeit auf der Grundlage einer elastischen Dehnungsverteilung über den Querschnitt ermittelt werden. Für die Klassifizierung, siehe Tabelle 5.2, sollten Druckspannungen durch Erreichen der StreckZu 6.2.1(2) „Mittragende Breite“ bezeichnet die Wirkung der ungleichförmigen Spannungsverteilung aus Schubverzerrung und „wirksame Breite“ die Wirkung von örtlichem Plattenbeulen. Mittragende Breiten zur Berücksichtigung der Schubverzerrungen bei elastischem Werkstoffverhalten sind in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.2 gegeben. Wirksame Breiten zur Berücksichtigung der Wirkung des örtlichen Plattenbeulens oder „wirksame Querschnittswerte“ werden nach EN 1993-1-5, Kap. 4 ermittelt. Die gemeinsame Wirkung ist in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.3 geregelt. Im Grenzzustand der Tragfähigkeit kann unter Voraussetzung elastisch-plastischen Werkstoffverhaltens und gleichzeitiger Berücksichtigung von Schubverzerrung und Plattenbeulen die wirksame Fläche des Druckgurtes durch den Abminderungsfaktor gemäß Gleichung (3.5) in EN 1993-1-5, Abschnitt 3.3 verringert werden. Nachweise für Schubbeulen dünner Bleche sind in EN 1993-1-5, Kap. 5 gegeben, für die Nachweise zu Beulen unter lokaler Querbelastung enthält EN 1993-1-5, Kap. 6 Regeln, für die Interaktion dieser verschiedenen Beulphänomene gilt EN 1993-1-5, Kap.7. Als Alternative zu den genannten Beulnachweisen enthält EN 1993-1-5 in Kap.10 auch Nachweise mit Bruttoquerschnittswerten und reduzierten Spannungen. Weitere Erläuterungen zu den Beulnachweisen sind in [K13, K14, K15] zu finden. Für kaltgeformte Bleche und Profile gelten die Regeln in EN 19931-3, siehe hierzu [K46]. Zu 6.2.1(4) und (5) Während plastische Querschnittsausnutzung nur für Querschnitte der Klasse 1 und 2 möglich ist, vgl. Definition der Querschnittsklassen in Abschnitt 5.5, können elastische Spannungsnachweise für Querschnitte aller Klassen geführt werden. Während für gewisse Querschnittstypen wie I- oder H-Querschnitte in den folgenden Abschnitten zum Teil sehr vorteilhafte, vereinfachte Nachweise genannt sind, stellt das Fließkriterium nach Gleichung (6.1) einen immer gültigen konservativen Grenzspannungsnachweis dar. Zu 6.2.1(7) und Gleichung (6.2) In die konservative lineare Interaktionsbeziehung nach Gleichung (6.2) können für Querschnitte der Klassen 1 und 2 plastische Querschnittswerte oder Grenzschnittgrößen, für Querschnitte der Klasse 3 elastische Grenzschnittgrößen eingesetzt werden. Zusätzlich sind die Effekte aus Querkraft nach 6.2.6 und Torsion nach 6.2.7 zu berücksichtigen.



Grenzzustände der Tragfähigkeit

43

grenze an den äußersten Querschnittsfasern begrenzt werden. Anmerkung: Tragsicherheitsnachweise dürfen in der Mittelebene von Gurten geführt werden. Zu Ermüdungsnachweisen siehe EN 1993-1-9. (10) Tritt Fließen als Erstes auf der Zugseite des Querschnitts auf, so dürfen bei der Ermittlung der Beanspruchbarkeit von Klasse-3-Querschnitten die plastischen Reserven auf der Zugseite der neutralen Achse durch den Ansatz einer Teilplastizierung ausgenutzt werden.

p

Bild 6.2. Winkel mit Löchern in beiden Schenkeln

6.2.2 Querschnittswerte 6.2.2.1 Bruttoquerschnitte (1) Die Bruttoquerschnittswerte sind in der Regel mit den Nennwerten der Abmessungen zu ermitteln. Löcher für Verbindungsmittel brauchen nicht abgezogen zu werden, jedoch sind andere größere Öffnungen in der Regel zu berücksichtigen. Lose Futterbleche dürfen in der Regel nicht angesetzt werden.

6.2.2.2 Nettofläche (1) Die Nettofläche eines Querschnitts ist in der Regel aus der Bruttoquerschnittsfläche durch geeigneten Abzug aller Löcher und anderer Öffnungen zu bestimmen. (2) Bei der Berechnung der Nettofläche ist der Lochabzug für ein einzelnes Loch die Bruttoquerschnittsfläche des Loches an der Stelle der Lochachse. Bei Löchern für Senkschrauben ist die Fase entsprechend zu berücksichtigen. (3) Bei nicht versetzten Löchern ist die kritische Lochabzugsfläche der Größtwert der Summen Risslinie 2 in Bild 6.1. Anmerkung: Der Größtwert kennzeichnet die kritische Risslinie. (4) Sind die Löcher für Verbindungsmittel versetzt angeordnet, ist als kritische Lochabzugsfläche in der Regel der Größtwert folgender Werte anzunehmen: a) der Lochabzug wie bei nicht versetzt angeordneten Löchern nach (3); ​ ​s​​  2​ b) ​t​ n ​d0​  ​​   ​∑ ​ ​  ​  ___  ​ ​ ​​  ( ​ 4p )

(6.3)

1

p

s

2

s

Bild 6.1. Versetzte Löcher und kritische Risslinien 1 und 2

Dabei ist s der versetzte Lochabstand, d. h. der Abstand der Lochachsen zweier aufeinander folgender Löcher gemessen in Richtung der Bauteilachse; p der Lochabstand derselben Lochachsen gemessen senkrecht zur Bauteilachse; t die Blechdicke; n die Anzahl der Löcher längs einer Diagonalen oder Zickzacklinie (kritische Risslinie), die sich über den Querschnitt oder über Querschnittsteile erstreckt, siehe Bild 6.1; d0 der Lochdurchmesser. (5) Bei Winkeln oder anderen Bauteilen mit Löchern in mehreren Ebenen ist der Lochabstand p in der Regel entlang der Profilmittellinie zu messen, siehe Bild 6.2.

6.2.2.3 Mittragende Breite (1) Die Ermittlung der mittragenden Breite ist in EN 1993-1-5 geregelt. (2) Bei Querschnitten der Klasse 4 ist in der Regel die Interaktion zwischen der mittragenden Breite und der mitwirkenden Breite infolge lokalen Beulens nach EN 1993-1-5 zu berücksichtigen. Anmerkung: Bei kaltgeformten Blechen siehe EN 1993-1-3.

6.2.2.4 Wirksame Querschnittswerte bei Querschnitten mit Klasse-3-Stegen und Klasse-1- oder Klasse-2-Gurten bei Momentenbeanspruchung My (1) Wenn Querschnitte mit Klasse-3-Steg und Klasse-1oder Klasse-2-Gurten als Klasse-2-Querschnitte eingestuft werden, siehe 5.5.2(11), wird die gedrückte Fläche des Steges entsprechend Bild 6.3 in einen Anteil mit der wirksamen Breite 20 ε tw am Druckgurt und einen weiteren Anteil mit der wirksamen Breite 20 ε tw an der neutralen Achse der plastischen Spannungsverteilung des Querschnitts aufgeteilt.

Zu 6.2.2.3 Vgl. Hinweise zu 6.2.1(2)

44

1   Stahlbaunormen

Legende 1 Druck 2 Zug 3 plastische Nulllinie (des wirksamen Querschnitts) 4 nicht wirksame Fläche Bild 6.3. Wirksame Stegfläche für Klasse-2-Querschnitte

6.2.2.5 Wirksame Querschnittswerte für Querschnitte der Klasse 4

A ​fy​  ​​ ​​Npl,Rd ​  ​​   ​  _____ ​​   ​γ​ M0​​

(1) Die wirksamen Querschnittswerte für Querschnitte der Klasse 4 sind in der Regel mit den wirksamen Breiten der druckbeanspruchten Querschnittsteile zu ermitteln. (2) Bei kaltgeformten Querschnitten siehe 1.1.2(1) und EN 1993-1-3. (3) Die wirksame Breite für ebene druckbeanspruchte Querschnittsteile ist in der Regel nach EN 1993-1-5 zu ermitteln. (4) Wenn ein Querschnitt der Klasse 4 durch eine Druckkraft beansprucht ist, kommt das in EN 1993-1-5 genannte Verfahren zur Anwendung, um die mögliche Verschiebung eN der Hauptachse der wirksamen Querschnittsfläche Aeff bezogen auf die Hauptachse des Bruttoquerschnitts A, sowie das sich daraus ergebende Zusatzmoment:

b) der Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit des Nettoquerschnitts längs der kritischen Risslinie durch die Löcher: 0, 9 ​Anet ​  ​​ ​fu​  ​​ ​​Nu,Rd ​  ​​   ​  _________  ​​   (6.7)   ​γ​ M2​​

​  ​MEd ​  ​​   ​NEd ​  ​​ ​e​ N​​​

(6.4)

zu bestimmen. Anmerkung: Das Vorzeichen des Zusatzmoments ist vom Zusammenwirken der maßgebenden Schnittgrößen abhängig, siehe 6.2.9.3(2). (5) Bei Rundhohlprofilen der Querschnittsklasse 4 siehe EN 1993-1-6.

6.2.3 Zugbeanspruchung (1)P Für den Bemessungswert der einwirkenden Zugkraft NEd ist an jedem Querschnitt folgender Nachweis zu erfüllen: ​NEd ​  ​​ ​​  _____  ​    1,  0​ (6.5)    ​Nt,Rd ​  ​​ (2) Als Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit Nt,Rd eines Querschnittes mit Löchern ist in der Regel der kleinere der folgenden Werte anzusetzen: a) der Bemessungswert der plastischen Beanspruchbarkeit des Bruttoquerschnitts:

(6.6)

Zu 6.2.2.5(4) und Gleichung (6.4) Für Querschnitte der Klasse 4 wird nach EN 1993-1-5, Abschnitt 4.3 in der Regel die wirksame Querschnittsfläche vereinfachend unter der Annahme einer reinen Druckkraft ermittelt. Das heißt, bei einem doppeltsymmetrischen Querschnitt kommt es nicht zu einer Hauptachsenverschiebung, auch dann nicht, wenn zusätzlich zu der Druckkraft noch ein Biegemoment vorhanden ist. Dies weicht von der Regelung in DIN 18800-2, El. (709), Bilder 41 und 42 [K2] ab. Nur bei unsymmetrischen Querschnitten kann man unter Annahme von konstanter Druckspannung im Querschnitt einen Versatz der Schwerachse ermitteln. Da man davon ausgeht, dass die Druckkraft aber im Schwerpunkt des Bruttoquerschnitts verbleibt, entsteht infolgedessen am reduzierten Querschnitt ​Aeff ​  ​​​ ein Versatzmoment nach Gleichung (6.4). Zu 6.2.2.5(5) Gemeint ist hier, dass bei Rundhohlprofilen der Querschnittsklasse 4 ein Beulnachweis nach EN 1993-1-6 geführt werden soll. EN 1993-1-6 kann nicht für die Bestimmung wirksamer Querschnittswerte genutzt werden. Zu 6.2.3(3) Um im Sinne der Kapazitätsbemessung nach EN 1998-1 sicherzustellen, dass ein Zugstab durch Plastizieren unter großen Verformungen versagt und damit in geeigneter Weise zur Energiedissipation beiträgt, während für die anderen Teile, insbesondere die Anschlüsse, eine ausreichende Festigkeit vorliegt, damit die gewählten Energiedissipationsmechanismen auch eintreten, reicht das Einhalten der Bedingung Npl,Rd < Nu,Rd nicht. So fordert zum Beispiel EN 1998-1, 6.2(3) zusätzlich für die Streckgrenze einen Maximalwert unter Berücksichtigung eines Überfestigkeitsbeiwerts ​γ​ OV​​​ anzunehmen.



Grenzzustände der Tragfähigkeit

(3) Wird eine Kapazitätsbemessung gefordert, siehe EN 1998, muss der Bemessungswert der plastischen Zugbeanspruchbarkeit Npl,Rd nach 6.2.3(2) a) kleiner als der Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit des Nettoquerschnitts Nu,Rd längs der kritischen Risslinie durch die Löcher nach 6.2.3(2) b) sein. (4) Bei Schraubverbindungen der Kategorie C, siehe EN 1993-1-8, 3.4.1(1) ist in der Regel für den Bemessungswert der Zugbeanspruchbarkeit Nt,Rd in 6.2.3(1) der Wert für den Nettoquerschnitt längs der kritischen Risslinie durch die Löcher Nnet,Rd zu verwenden: ​Anet ​  ​​ ​fy​  ​​ (6.8) ​​   ​  ______ ​​     ​​Nnet,Rd ​  ​γ​ M0​​ (5) Bei Anschlüssen von Winkeln über nur einen Schenkel siehe auch EN 1993-1-8, 3.10.3. Ähnliche Regeln gelten auch für Anschlüsse anderer Querschnitte über Schenkel.

6.2.4 Druckbeanspruchung (1)P Für den Bemessungswert der einwirkenden Druckkraft NEd ist an jedem Querschnitt folgender Nachweis zu erfüllen: ​NEd ​  ​​ ​​  _____  ​    1,  0​ (6.9)    ​Nc,Rd ​  ​​ (2) Als Bemessungswert der Druckbeanspruchbarkeit Nc,Rd eines Querschnitts ist in der Regel anzusetzen: A ​fy​  ​​ (6.10) ​​Nc,Rd ​  ​​   ​  _____ ​​   ​γ​ M0​​ für Querschnitte der Klasse 1, 2 oder 3; ​Aeff ​  ​​ ​fy​  ​​ ​​Nc,Rd ​  ​​   ​  ______ ​​     ​γ​ M0​​

(6.11)

für Querschnitte der Klasse 4. (3) Außer bei übergroßen Löchern oder Langlöchern nach EN 1090 müssen Löcher für Verbindungsmittel bei druckbeanspruchten Bauteilen nicht abgezogen werden, wenn sie mit den Verbindungsmitteln gefüllt sind. (4) Bei unsymmetrischen Querschnitten der Klasse 4 kommt das Verfahren nach 6.2.9.3 zur Anwendung, um das Zusatzmoment MEd infolge der Verschiebung der Hauptachse des wirksamen Querschnitts, siehe 6.2.2.5(4), zu berücksichtigen.

6.2.5 Biegebeanspruchung (1)P Für den Bemessungswert der einwirkenden Biegemomente MEd ist an jedem Querschnitt folgender Nachweis zu erfüllen: ​MEd ​  ​​ ​​  _____  ​    1,  0​ (6.12)    ​Mc,Rd ​  ​​ wobei Mc,Rd unter Berücksichtigung der Löcher für Verbindungsmittel ermittelt wird, siehe (4) bis (6).

45

(2) Der Bemessungswert der Biegebeanspruchbarkeit eines mit einachsiger Biegung belasteten Querschnitts wird wie folgt ermittelt: ​Wpl ​  ​​ ​fy​  ​​ ​​Mc,Rd ​  ​​   ​Mpl,Rd (6.13) ​  ​​   ​  ______ ​​     ​γ​ M0​​ für Querschnitte der Klasse 1 oder 2; ​Wel,min ​  ​​ ​fy​  ​​  ​​   ​​Mc,Rd ​  ​​   ​Mel,Rd ​  ​​   ​  _________   ​γ​ M0​​ für Querschnitte der Klasse 3; ​Weff,min ​  ​​ ​fy​  ​​  ​​   ​​Mc,Rd ​  ​​   ​  _________   ​γ​ M0​​

(6.14)

(6.15)

für Querschnitte der Klasse 4. Wobei sich Wel,min und Weff,min auf die Querschnittsfaser mit der maximalen Normalspannung bezieht. (3) Bei zweiachsiger Biegung ist in der Regel das in 6.2.9 angegebene Verfahren anzuwenden. (4) Löcher für Verbindungsmittel dürfen im zugbeanspruchten Flansch vernachlässigt werden, wenn folgende Gleichung für den Flansch eingehalten wird: ​Af,net ​  ​​  0,  9 ​f​ u​​ ​A f​  ​​ ​fy​  ​​ ​​  __________  ​   (6.16)   ​  _____ ​​   ​γ​ M2​​ ​γ​ M0​​ wobei Af die Fläche des zugbeanspruchten Flansches ist. Anmerkung: Das in (4) gestellte Kriterium entspricht der Kapazitätsbemessung, siehe 1.5.8. (5) Ein Lochabzug im Zugbereich von Stegblechen ist nicht notwendig, wenn die Bedingung (4) für die gesamte Zugzone, die sich aus Zugflansch und Zugbereich des Stegbleches zusammensetzt, sinngemäß erfüllt wird. (6) Außer bei übergroßen Löchern oder Langlöchern müssen Löcher in der Druckzone von Querschnitten nicht abgezogen werden, wenn sie mit den Verbindungsmitteln gefüllt sind.

6.2.6 Querkraftbeanspruchung (1)P Für den Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd ist an jedem Querschnitt folgender Nachweis zu erfüllen: ​VEd ​  ​​ ​​  _____  ​    1,  0​ (6.17)    ​Vc,Rd ​  ​​

Zu 6.2.3(4) Bei den Schraubverbindungen der Kategorie C nach EN 1993-1-8, 3.4.1(1) handelt es sich um schubbeanspruchte Schraubverbindungen mit hochfesten vorgespannten Schrauben der Festigkeitsklassen 8.8 und 10.9, bei denen im Grenzzustand der Tragfähigkeit kein Gleiten auftreten darf. Für diese Verbindungen ist zusätzlich gefordert, dass unter Zugbeanspruchung im Querschnitt der Bemessungswert des plastischen Widerstands des Nettoquerschnitts im kritischen Schnitt durch die Schraubenlöcher ​Nnet,Rd ​  ​​​(vgl. Gleichung (6.8)) nicht überschritten werden.

46

1   Stahlbaunormen

wobei Vc,Rd der Bemessungswert der Querkraftbeanspruchbarkeit ist. Für eine plastische Bemessung ist der Bemessungswert der plastischen Querkraftbeanspruchbarkeit Vc,Rd in (2) angegeben. Für eine elastische Bemessung ist der Bemessungswert der elastischen Querkraftbeanspruchbarkeit in (4) und (5) angegeben. (2) Liegt keine Torsion vor, so lautet der Bemessungswert der plastischen Querkraftbeanspruchbarkeit: __

   ​Av​  ​​​( ​fy​  ​​  ∕​ ​√ 3   ​ )​ ​​ pl,Rd V ​   ​​   ​​   ​  ________   ​γ​ M0​​

(6.18)

wobei Av die wirksame Schubfläche ist. (3) Die wirksame Schubfläche darf wie folgt ermittelt werden: a) gewalzte Profile mit I- und H-Querschnitten, Lastrichtung parallel zum Steg: ​A   2b ​tf​  ​​   ​(​tw​  ​​   2r)​ ​tf​  ​​​ aber mindestens ​η ​hw​  ​​ ​tw​  ​​​ b) gewalzte Profile mit U-Querschnitten, Lastrichtung parallel zum Steg: ​A   2b ​t​ f​​   ​(​tw​  ​​   r)​ ​t​ f​​​ c) gewalzte Profile mit T-Querschnitten, Lastrichtung parallel zum Steg  – für gewalzte Profile mit T-Querschnitten: ​t​  ​​ ​​Av​  ​​   A   b ​t​ f​​   ( ​tw​  ​​   2r ) ​ __f  ​​ 2 – für geschweißte Profile mit T-Querschnitten: ​t​  ​​ ​​Av​  ​​   ​tw​  ​​ ​ h   ​  __f  ​ ​​ ( 2) d) geschweißte Profile mit I-, H- und Kastenquerschnitten, Lastrichtung parallel zum Steg: ​

​η ​∑ ​ ​  (​  ​hw​  ​​ ​tw​  ​​)​​​ ​

e) geschweißte Profile mit I-, H-, U- und Kastenquerschnitten, Lastrichtung parallel zum Flansch: ​

​A   ​∑ ​ ​  (​  ​hw​  ​​ ​tw​  ​​)​​​ ​

f) gewalzte Rechteckhohlquerschnitte mit gleichförmiger Blechdicke: Belastung parallel zur Trägerhöhe: Ah∕​(b h) Belastung parallel zur Trägerbreite: Ab∕​(b h) g) Rundhohlquerschnitte und Rohre mit gleichförmiger Blechdicke: 2A∕​π Dabei ist A die Querschnittsfläche; b die Gesamtbreite; h die Gesamthöhe; hw die Stegblechhöhe; r der Ausrundungsradius; tf die Flanschdicke; tw die Stegdicke (Bei veränderlicher Stegdicke sollte die kleinste Dicke für tw verwendet werden.); η siehe EN 1993-1-5. Anmerkung: η darf auf der sicheren Seite mit 1,0 angenommen werden. (4) Für die Bestimmung des Bemessungswertes der elastischen Querkraftbeanspruchbarkeit Vc,Rd darf die fol-

gende Grenzbedingung für den kritischen Querschnittspunkt verwendet werden, wenn nicht der Beulnachweis nach EN 1993-1-5, Abschnitt 5 maßgebend wird: ​τ​ Ed​​ __     ​​  _________  ​    1,  0​ (6.19) ​fy​  ​​  ∕​​(√ ​  3  ​ ​ γ​ M0​​)​ 

Dabei darf τEd wie folgt ermittelt werden: ​VEd ​  ​​  S  ​​     ​​τ​ Ed​​   ​  ______ I t

(6.20)

Dabei ist VEd der Bemessungswert der Querkraft; S das statische Flächenmoment; I das Flächenträgheitsmoment des Gesamtquerschnitts; t die Blechdicke am Nachweispunkt.

Zu 6.2.6(3) d), 6.2.6(6) und Anmerkung Im genehmigten Änderungsvorschlag für die Neufassung von EN 1993-1-1 wird die Schubfläche Av für gewalzte I- und H-Querschnitte, Lastrichtung parallel zu den Flanschen mit 2btf angegeben. Nach EN 1993-1-5, 5.1 und 5.2 darf die plastische Grenztragfähigkeit der Querkraft bei Beanspruchung parallel zum Steg von Blechträgern um den Faktor η​ ​erhöht werden. Unter Berücksichtigung des deutschen Nationalen Anhangs darf η​ ​im Hochbau für Stahlsorten bis S460 mit 1,20 angenommen werden. Für Stahlsorten höher als S460 bzw. für den Brückenbau und vergleichbare Anwendungsbereiche ist ​η​= 1,0. Der Wert ​η​wurde eingeführt, da festgestellt worden war, dass für gedrungene Bleche die Schubbeanspruchbarkeit den 0,7- bis 0,8-fachen Wert der in Zugversuchen ermittelten Streckgrenze erreichen kann. Diese liegt ca. 20 % über der Schubfließspannung. Die größere Ausnutzbarkeit ist hauptsächlich auf die Stahlverfestigung und eine gewisse Verankerung in den beiden Flanschen zurückzuführen. Diese höhere Ausnutzung kann zugelassen werden, da sie nicht zu übermäßig großen Verformungen führt. Experimentell abgesicherte Werte liegen für Stahlsorten bis S460 vor, vgl. [K13]. Die Anmerkung in 6.2.6 (3) ​η​= 1,0 auf der sicheren Seite für die Tragfähigkeit anzunehmen, war nur als Vereinfachung gedacht, sollte dem Anwender den Blick in EN 1993-1-5 ersparen. Die gleiche Anmerkung in 6.2.6 (6) in Bezug auf das Abgrenzungskriterium in Gleichung (6.22) führt aber zu nicht immer konservativen Schlussfolgerungen. Man sollte also an dieser Stelle besser direkt in EN 1993-1-5 nachsehen. Theoretisch könnte auf der sicheren Seite ​η​= 1,0 für die Ermittlung der Tragfähigkeit nach 6.2.6 (3) und ​η​= 1,2 für das Abgrenzungskriterium nach 6.2.6 (6) eingesetzt werden. Zu beachten ist dabei auch, dass in EN 1993-1-5 mit hw die lichte Höhe zwischen den Flanschen bezeichnet wird. Diese Klarstellung fehlt in der Liste der Parameter unter 6.2.6 (3).



Grenzzustände der Tragfähigkeit

Anmerkung: Die Nachweisführung (4) ist konservativ, da sie eine teilweise plastische Querkraftumlagerung, welche in der elastischen Bemessung erlaubt ist, siehe (5), nicht berücksichtigt. Deshalb sollte sie nur angewendet werden, wenn der Nachweis nicht auf der Grundlage von Vc,Rd nach Gleichung (6.17) geführt werden kann. (5) Bei I- oder H-Querschnitten darf die einwirkende Schubspannung im Steg wie folgt angenommen werden: ​VEd ​  ​​ ​​τ​ Ed​​   ​  ____  ​ falls ​ Af​  ​​  ∕​ ​Aw​  ​​    0,  6​   (6.21) ​Aw​  ​​ Dabei ist Af die Fläche eines Flansches; Aw die Fläche des Stegbleches: Aw

hw tw.

(6) Zusätzlich ist in der Regel der Nachweis gegen Schubbeulen für unausgesteifte Stegbleche nach EN 1993-1-5, Abschnitt 5, zu führen, wenn ​hw​  ​​ ε ​​  ___   ​    72 ​ __  ​​ (6.22) ​tw​  ​​ η Für η siehe EN 1993-1-5, Abschnitt 5. Anmerkung: Als Näherung darf η ren Seite angewendet werden.

1,0 auf der siche-

(7) Außer in Fällen von Verbindungen nach EN 19931-8 brauchen beim Nachweis der Querkrafttragfähigkeit die Löcher für Verbindungsmittel nicht abgezogen zu werden. (8) Wenn Querkraftbeanspruchungen und Torsionsbeanspruchungen kombiniert auftreten, ist in der Regel die plastische Querkrafttragfähigkeit Vpl,Rd nach 6.2.7(9) abzumindern.

6.2.7 Torsionsbeanspruchung (1) Für torsionsbeanspruchte Bauteile, bei denen die Querschnittsverformungen vernachlässigt werden können, ist in der Regel der Bemessungswert des einwirkenden Torsionsmoments TEd an jedem Querschnitt wie folgt nachzuweisen: ​TEd ​  ​​ ​​  ____ (6.23)   ​    1,  0​ ​TRd ​  ​​ wobei TRd der Bemessungswert der Torsionsbeanspruchbarkeit des Querschnitts ist. (2) Das gesamte einwirkende Torsionsmoment TEd an einem Querschnitt setzt sich aus zwei Schnittgrößen zusammen: ​​TEd ​  ​​   ​Tt,Ed ​  ​​   ​Tw,Ed ​  ​​​

(6.24)

Dabei ist Tt,Ed der Bemessungswert des einwirkenden St. Venant’schen Torsionsmoments (primäres Torsionsmoment); Tw,Ed der Bemessungswert des einwirkenden Wölbtorsionsmoments (sekundäres Torsionsmoment).

47

(3) Die Bemessungswerte Tt,Ed und Tw,Ed können mit den entsprechenden Querschnittswerten, den Zwängungsbedingungen an den Auflagern und der Lastverteilung längs des Bauteils mit einer elastischen Berechnung ermittelt werden. (4) Folgende Spannungen infolge Torsionsbeanspruchung sind in der Regel in Betracht zu ziehen: – einwirkende Schubspannung τt,Ed infolge St. Venant’scher Torsion Tt,Ed; – einwirkende Normalspannungen σw,Ed infolge des Bimomentes BEd und Schubspannungen τw,Ed infolge Wölbkrafttorsion Tw,Ed. (5) Beim elastischen Nachweis darf das Fließkriterium in 6.2.1(5) verwendet werden. (6) Bei gleichzeitiger Beanspruchung durch Biegung und Torsion brauchen bei der Ermittlung der plastischen Biegemomentenbeanspruchbarkeit eines Querschnitts als Torsionsschnittgrößen BEd nur jene berücksichtigt zu werden, die sich aus der elastischen Berechnung ergeben, siehe (3). (7) Bei geschlossenen Hohlquerschnitten darf vereinfachend angenommen werden, dass der Einfluss aus der Wölbtorsion vernachlässigt werden kann. Weiterhin darf vereinfachend bei offenen Querschnitten, wie zum Beispiel I- oder H-Querschnitten der Einfluss der St. Vernant’schen Torsion vernachlässigt werden. (8) Der Bemessungswert der Torsionsbeanspruchbarkeit TRd eines geschlossenen Hohlprofils kann aus den Bemessungswerten der Schubtragfähigkeiten der einzelnen Teilstücke des Querschnitts nach EN 1993-1-5 zusammengesetzt werden. (9) Bei kombinierter Beanspruchung aus Querkraft und Torsion ist in der Regel die plastische Querkrafttragfähigkeit Vpl,Rd nach 6.2.6(2) auf den Wert Vpl,T,Rd abzumindern. Für den Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd muss in jedem Querschnitt folgender Nachweis erfüllt werden: ​VEd ​  ​​ ​​  _______ (6.25)   ​    1,  0​ ​Vpl,T,Rd ​  ​​

Zu 6.2.7 Der Nachweis gemäß Gleichung (6.23) wird in dieser Form als Nachweis der Schnittgrößen so gut wie nie so geführt, er ist auch unvollständig, weil er das Bimoment aus Wölbkrafttorsion nicht aufführt. In der Regel werden Torsionseffekte im Querschnitt aufgrund einer elastischen Schnittgrößenberechnung auf Spannungsebene nachgewiesen, vgl. 6.2.7(5). Hinweise zur Ermittlung der Spannungen aus Torsion sind in verschiedenen Lehrbüchern gegeben, wie z. B. [K47], [K48] oder [K49]. Die Vereinfachung gemäß 6.2.7(7) führt zum Teil zu sehr konservativen Ansätzen, ist aber in der Praxis üblich. Bei einem vereinfachten plastischen Nachweis kann Gleichung (6.2) um den Term BEd∕​BRd für das Bimoment aus Wölbkrafttorsion ergänzt werden und das Torsionsmoment entsprechend 6.2.7(9) berücksichtigt werden. Hinweise zur genaueren Ermittlung der plastischen Grenztragfähigkeit werden z. B. in [K17] gegeben.

48

1   Stahlbaunormen

ρ ​​Aw​  ​​​​  2​  ​ ​  ​​   ​  _____  ​ ​f​  ​​    ​ ​Wpl,y [ 4 ​tw​  ​​ ] y ​​My,V,Rd ​   ​   ​​  ​  _____________    ​γ​ M0​​

wobei Vpl,T,Rd wie folgt ermittelt wird: – für I- oder H-Querschnitte:

________________



​τ​ t,Ed​​ __  ​     ​ ​V​ pl,Rd​​  ;​ ​​   ​  1      ​  _____________      ​​Vpl,T,Rd ​  1, 25​(​fy​  ​​  ∕​ ​√ 3 ​ )​∕​ ​γ​ M0​​  

(6.26)

​​Vpl,T,Rd ​  ​​ 



τ​ ​ t,Ed​​ __  ​     ​      ​  _____________       ​ ​  1  [ 1, 25​(​fy​  ​​  ∕​ ​√ 3 ​ )​∕​ ​γ​ M0​​  

(6.30)

Dabei ist ​​My,c,Rd ​  ​​​ siehe 6.2.5(2); ​​Aw​  ​​   ​hw​  ​​ ​tw​  ​​​.

– für U-Querschnitte: ________________

​​   ​My,c,Rd ​  ​​​ aber ​ My,V,Rd ​ 

τ​ ​ w,Ed​​ __    ​ ​ ​V​ pl,Rd​​  ;​  ​  _________    ​(​fy​  ​​  ∕​ ​√ 3   ​ )​∕​ ​γ​ M0​​ ]

(6) Zur Interaktion der Beanspruchungen aus Biegung, Querkraft und Querbelastung siehe EN 1993-1-5, Abschnitt 7.

(6.27)

6.2.9 Beanspruchung aus Biegung und Normalkraft

– für Hohlprofile:

6.2.9.1 Querschnitte der Klasse 1 und 2

τ​ ​ t,Ed​​ __    ​ ​ ​V​ pl,Rd​​  .​ ​​ pl,T,Rd V ​  ​​   ​ 1   ​  _________    [ (​ ​fy​  ​​  ∕​ ​√ 3 ​ )​∕​ ​γ​ M0​​  ]

(6.28)

6.2.8 Beanspruchung aus Biegung und Querkraft (1) Bei Biegung mit Querkraftbeanspruchung ist in der Regel der Einfluss der Querkraft auf die Momentenbeanspruchbarkeit zu berücksichtigen. (2) Unterschreitet der Bemessungswert der Querkraft die Hälfte des Bemessungswertes der plastischen Querkraftbeanspruchbarkeit, dann kann die Abminderung des Bemessungswertes der Momententragfähigkeit vernachlässigt werden, außer wenn die Querschnittstragfähigkeit durch Schubbeulen reduziert wird, siehe EN 1993-1-5. (3) In anderen Fällen ist die Abminderung des Bemessungswertes der Momententragfähigkeit in der Regel dadurch zu berücksichtigen, dass für die schubbeanspruchten Querschnittsteile die abgeminderte Streckgrenze wie folgt angesetzt wird: ​​(1   ρ)​ ​fy​  ​​​

(6.29)

2 ​VEd ​  ​​  ​   1 ​​​  ​​ und Vpl,Rd nach 6.2.6(2) anzuwobei ​ρ   ​​ ​  _____     ( ​Vpl,Rd ) ​  ​​ 2

setzen ist. Anmerkung: Siehe auch 6.2.10(3). (4) Bei gleichzeitig wirkender Torsionsbeanspruchung gilt: 2 2 ​VEd ​  ​​   ​   1 ​​​  ​​ ​ρ   ​​ ​  ______ ( ​Vpl,T,Rd ) ​  ​​ ​  ​​​ gilt ​ρ    0​. siehe 6.2.7. Für ​​V​ Ed​​    0, 5 ​Vpl,T,Rd (5) Bei I-Querschnitten mit gleichen Flanschen und ein achsiger Biegung um die Hauptachse darf die Abminderung des Bemessungswertes der plastischen Momententragfähigkeit infolge der Querkraftbeanspruchung auch wie folgt ermittelt werden:

(1) Bei gleichzeitiger Beanspruchung durch Biegung und Normalkraft ist in der Regel der Einfluss der einwirkenden Normalkraft auf die plastische Momentenbeanspruchbarkeit zu berücksichtigen. (2)P Bei Querschnitten der Klassen 1 und 2 ist die folgende Gleichung einzuhalten: ​​MEd ​  ​​   ​MN,Rd ​  ​​​

(6.31)

wobei MN,Rd der durch den Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft NEd abgeminderte Bemessungswert der plastischen Momentenbeanspruchbarkeit ist. (3) Bei rechteckigen Vollquerschnitten ohne Schraubenlöcher MN,Rd wird in der Regel wie folgt ermittelt: ​  ​​​[1   ​​(​NEd ​  ​​  ∕​ ​Npl,Rd ​  ​​)​​​  ​]​​ ​​MN,Rd ​  ​​   ​Mpl,Rd 2

(6.32)

Zu 6.2.8 Die Interaktion zwischen Querkraft und Biegung wird indirekt über die Abminderung der Steckgrenze (oder Fläche) angegeben. Sie wird erst für Querkräfte größer als 0,5 ​​Vpl,Rd ​  ​​​wirksam. Ein negativer Wert der Klammer zur Ermittlung von ρ ​ ​ist zu 0 zu setzen. Für die gleichzeitige Wirkung von Biegung und Querkraft sind in DIN  18800-1, Tabelle 16 und 17 [K1] für doppeltsymmetrische I-Querschnitte mit Schnittgrößen ​N​, ​​My​  ​​​, ​​Vz​  ​​​bzw. ​N​, ​​Mz​  ​​​, ​​Vy​  ​​​ Interaktionsbeziehungen geregelt, die dort Querkrafteinfluss bereits ab 0,3 ​​Vpl ​  ​​​bzw. 0,25 ​​Vpl ​  ​​​berücksichtigen. Gegen die Anwendung dieser bekannten Regeln auch im Rahmen von EN 1993-1-1 spricht nichts. Zu 6.2.9.1 Basierend auf der technischen Mechanik gibt es für einachsige Biegung mit Normalkraft auch genaue Lösungen, für die für feste Querschnittsabmessungen (z. B. von Walzprofilen) auch Auswertungen vorliegen [K6]. Allgemeine Näherungslösungen liegen für einfachsymmetrische Profile z. B. durch [K30] oder [K50] vor. Vereinfachte Interaktionsgleichungen für doppeltsymmetrische I-Querschnitte bietet auch DIN 18800-1 in Tabelle 16 und 17 [K1] an. Gegen die Anwendung der genannten Lösungen bestehen keine Bedenken. Insbesondere für die Gleichung (6.36) wird zurzeit in den europäischen Gremien diskutiert, eine genauere Formulierung als die bisherige zu verwenden.



Grenzzustände der Tragfähigkeit

(4) Bei doppelt-symmetrischen I- und H-Querschnitten, oder anderen Querschnitten mit Gurten, braucht der Einfluss der Normalkraft auf die plastische Momentenbeanspruchbarkeit um die y-y-Achse nicht berücksichtigt zu werden, wenn die beiden folgenden Bedingungen erfüllt sind: ​​NEd ​  ​​    0, 25 ​Npl,Rd ​  ​​​

(6.33)

und 0, 5 ​hw​  ​​ ​tw​  ​​ ​fy​  ​​  ​​     ​​ Ed N ​  ​​   ​  ____________ ​γ​ M0​​

(6.34)

Bei doppelt-symmetrischen I- und H-Querschnitten braucht der Einfluss der einwirkenden Normalkraft auf die plastische Momentenbeanspruchbarkeit um die z-zAchse nicht berücksichtigt zu werden, wenn:  ​hw​  ​​ ​tw​  ​​ ​fy​  ​​ ​​NEd ​  ​​   ​  _________  ​​   (6.35)   ​γ​ M0​​ (5) Bei gewalzten I- oder H-Querschnitten nach den Liefernormen und bei geschweißten I- oder H-Querschnitten mit gleichen Flanschen darf, wenn keine Schraubenlöcher zu berücksichtigen sind, folgende Näherung angewendet werden: ​​MN,y,Rd ​  ​​   ​Mpl,y,Rd ​  ​​​(1   n)​∕​​(1   0, 5a)​​

a​​ ​ f​​   ​(A   2ht)​∕​ A​ jedoch a​​ ​  f​​   0,5​für Hohlquerschnitte; ​​a​ f​​   ​(A   2h ​tw​  ​​)​∕​ A​ jedoch a​​ ​  f​​   0,5​für Kastenquerschnitte. (6) Bei zweiachsiger Biegung mit Normalkraft darf folgendes Kriterium verwendet werden: α

β

​My,Ed ​  ​​ ​Mz,Ed ​  ​​ ​​​ ​  _______   ​   ​ ​​​  ​    1​ ​​​  ​   ​​ ​  _______   [ ​MN,y,Rd ​  ​​ ] [ ​MN,z,Rd ​  ​​ ]

(6.41)

wobei ​α​und ​β​Konstanten sind, die konservativ mit 1 oder wie folgt festgelegt werden können: – I- und H-Querschnitte: ​α    2​; ​β   5n​jedoch ​β    1​; – Runde Hohlquerschnitte: ​α    2​; ​β    2​; ​​MN,y,Rd ​  ​​   ​MN,z,Rd ​  ​​   ​Mpl,Rd ​  ​​ ​(1   ​n​​  1,7​)​​ – Rechteckige Hohlquerschnitte: 1, 66 ​α   β   ​ _________     ​​ jedoch ​α   β    6​. 1   1, 13 ​n​​  2​ ​  ​​​ Dabei ist ​n   ​NEd ​  ​​  ∕​ ​Npl,Rd

6.2.9.2 Querschnitte der Klasse 3

jedoch ​​MN,y,Rd ​  ​​       ​Mpl,y,Rd ​  ​​​

(6.36)

​  ​​   ​Mpl,z,Rd ​  ​​​ für ​n    a​: ​​MN,z,Rd

(6.37)

n   a für ​n    a​: ​​MN,z,Rd ​  ​​   ​Mpl,z,Rd ​  ​​​ 1   ​​ ____ ​​​  ​ ​​ [ (​  1   a ​  )] wobei 2

(6.38)

(1)P Für Querschnitte der Klasse 3 ohne Querkraftbeanspruchung muss die größte einwirkende Normalspannung folgende Gleichung erfüllen: ​fy​  ​​ ​​σ​ x,Ed​​   ​  ____    ​​ (6.42) ​γ​ M0​​ Dabei ist σx,Ed der Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung aus Biegung und Normalkraft gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Schraubenlöchern, siehe 6.2.3, 6.2.4 und 6.2.5.

​  ​​​; ​n      ​NEd ​  ​​  ∕​ ​Npl,Rd

a​    (A   2b ​t​ f​​  )  ∕​ A​jedoch a​     0, 5​ Bei rechteckigen Hohlquerschnitten mit konstanter Blechdicke und bei geschweißten Kastenquerschnitten mit gleichen Flanschen und gleichen Stegen darf, wenn keine Schraubenlöcher zu berücksichtigen sind, folgende Näherung angewendet werden: ​​MN,y,Rd ​  ​​   ​Mpl,y,Rd ​  ​​​(1   n)​∕​​(1   0, 5 ​a​  w​​)​​ jedoch ​​MN,y,Rd ​  ​​   ​Mpl,y,Rd ​  ​​​

49

6.2.9.3 Querschnitte der Klasse 4 (1)P Für Querschnitte der Klasse 4 ohne Querkraftbeanspruchung muss die einwirkende Normalspannung σx,Ed, die mit wirksamen Querschnittswerten ermittelt wurde, siehe 5.5.2(2), folgende Gleichung erfüllen: ​fy​  ​​ ​​σ​ x,Ed​​   ​  ____    ​​ (6.43) ​γ​ M0​​

(6.39)

(​​​ 1   n)​∕(​​ 1   0, 5 ​a​  f​​)​​ ​​   ​Mpl,z,Rd ​  ​​MN,z,Rd ​  jedoch ​​MN,z,Rd ​  ​​   ​Mpl,z,Rd ​  ​​​ wobei

a​​ w​  ​​   ​(A   2bt)​∕​ A​ jedoch a​​ ​  w​​   0,5​für Hohlquerschnitte; ​​aw​  ​​   ​(A   2b ​t​ f​​)​∕​ A​ jedoch a​​ ​  w​​   0,5​für Kastenquerschnitte;

(6.40)

Zu 6.2.9.1(6) Auch für zweiachsige Biegung mit Normalkraft liegen weitere Lösungen vor, z. B. DIN  18800-1, Bild 19 [K1, K17]. Im Hochbau darf i. d. R. auf die gleichzeitige Berücksichtigung eines Wölb­ bimomentes verzichtet werden [K6], Abschn. 3.5. Für runde Hohlprofile ist keine Gleichung für ​​Mpl,N ​  ​​​ angegeben. Sie kann näherungsweise gemäß österreichischem Nationalen Anhang [K32] mit ​​MN,y,Rd ​  ​​   ​MN,z,Rd ​  ​​   ​Mpl,Rd ​  ​​  (1   ​n​​  1,7​  )​ angesetzt werden.

50

1   Stahlbaunormen

Dabei ist σx,Ed der Bemessungswert der einwirkenden Normalspannung aus Biegung und Normalkraft gegebenenfalls unter Berücksichtigung von Schraubenlöchern, siehe 6.2.3, 6.2.4 und 6.2.5. (2) Alternativ zur Gleichung (6.43) kann folgende vereinfachte Gleichung verwendet werden:

(3) Falls VEd die Hälfte von Vpl,Rd überschreitet, ist in der Regel die Tragfähigkeit des Querschnittes für Biegung und Normalkraft mit einer abgeminderten Streckgrenze:

​My,Ed ​  ​​   ​NEd ​  ​​ ​e​ Ny​​ ​NEd ​  ​​ ​​  __________  ​   ​  ______________        ​  ​Aeff ​  ​​ ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​ ​Weff,y,min ​  ​​ ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​

Zu 6.2.9.3(2) und Gleichung (6.44) Für Querschnitte der Klasse 4 wird die wirksame Querschnittsfläche nach EN 1993-1-5, Abschnitt 4.3 in der Regel unter der Annahme einer reinen Druckkraft ermittelt. Das heißt, bei einem symmetrischen Querschnitt kommt es nicht zu einer Hauptachsenverschiebung. Nur bei unsymmetrischen Querschnitten kann man unter Annahme von konstanter Druckspannung im Querschnitt einen Versatz der Schwerachse ​e​ N​​​ermitteln. Da man davon ausgeht, dass die Druckkraft aber im Schwerpunkt des Bruttoquerschnitts verbleibt, entsteht infolgedessen am reduzierten Querschnitt ​​Aeff ​  ​​​ein Versatzmoment, vgl. auch Gleichung (6.4). Die Bezeichnungen ​​e​ Ny​​​für einen Versatz in z-Richtung und ​​e​ Nz​​​ für einen Versatz in y-Richtung in Gleichung (6.44) sind leider nicht ganz logisch gewählt. Für die Ermittlung der wirksamen Widerstandsmomente werden die reduzierten Querschnitte nach EN 1993-1-5, Abschnitt 4.3 infolge reiner Biegung durch ​My​  ​​​oder ​Mz​  ​​​ zugrunde gelegt. Gl. (6.44) ist gegebenenfalls um Anteile aus Wölbkrafttorsion zu erweitern Als Querschnittsnachweis darf hier, obwohl es sich eigentlich um einen Beulnachweis handelt, für den Teilsicherheitsbeiwert ​​γ​ M0​​​ verwendet werden, vgl. auch 6.1(1). Dies ist in Übereinstimmung mit EN 1993-1-5. Allerdings legt der Nationale Anhang für EN 1993-2 Stahlbrücken bezüglich der Behandlung von beulgefährdeten Querschnitten der Klasse 4 fest, dass bei Anwendung von​ γ​ M0​​​in DIN EN 1993-1-5 ein Wert von 1,1 anzusetzen ist. Dies gilt dann sinngemäß auch für die Anwendung von Gleichung (6.44) für Stahlbrücken und wäre ggf. auf schlanke Querschnitte anderer Anwendungsbereiche wie zum Beispiel bei Kranbahnen zu übertragen.

​M ​  ​​   ​NEd ​  ​​ ​e​ Nz​​ z,Ed ______________  ​      ​    1​ ​Weff,z,min ​  ​​ ​fy​  ​​  ∕​ ​γ​ M0​​

(6.44)

Dabei ist Aeff die wirksame Querschnittsfläche bei gleich­ mäßiger Druckbeanspruchung; Weff,min das wirksame Widerstandsmoment eines ausschließlich auf Biegung um die maß­ gebende Achse beanspruchten Querschnitts; eN die Verschiebung der maßgebenden Hauptachse eines unter reinem Druck beanspruchten Querschnitts, siehe 6.2.2.5(4). Anmerkung: Die Vorzeichen von NEd, My,Ed, Mz,Ed und Mi NEd · eNi sind vom Zusammenwirken der maßgebenden einwirkenden Schnittgrößen abhängig.

6.2.10 Beanspruchung aus Biegung, Querkraft und Normalkraft (1) Bei gleichzeitiger Beanspruchung durch Biegung, Querkraft und Normalkraft ist in der Regel der Einfluss der Querkraft und Normalkraft auf die plastische Momentenbeanspruchbarkeit zu berücksichtigen. (2) Wenn der Bemessungswert der einwirkenden Querkraft VEd die Hälfte des Bemessungswertes der plastischen Querkrafttragfähigkeit Vpl,Rd nicht überschreitet, braucht keine Abminderung der Beanspruchbarkeit von auf Biegung und Normalkraft beanspruchten Querschnitten in 6.2.9 durchgeführt werden, es sei denn Schubbeulen vermindert die Querschnittstragfähigkeit, siehe EN 1993-1-5. (3) Falls VEd die Hälfte von Vpl,Rd überschreitet, ist in der Regel die Momententragfähigkeit für auf Biegung und Normalkraft beanspruchte Querschnitte mit einer abgeminderten Streckgrenze:

(​​ 1   ρ)​ ​fy​  ​​​

(6.45)

für die wirksamen Schubflächen zu ermitteln, ​  ​​  ∕​ ​Vpl,Rd ​  ​​   1)​​​  ​​ und ​​Vpl,Rd ​  ​​​ aus 6.2.6(2) wobei ​ρ   ​​(2 ​VEd ermittelt wird. 2

Anmerkung: Anstelle der Abminderung der Streckgrenze kann auch eine Abminderung der Blechdicke der maßgebenden Querschnittsteile vorgenommen werden.

NCI DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 6.2.10(3) Die Übersetzung des ersten Satzes in 6.2.10(3) in DIN EN 1993-1-1:2010-12 ist folgendermaßen anzupassen:

Zu 6.2.10 und Anmerkung Bei einer Querkraftausnutzung von über 50 % Vpl,Rd ist zu beachten, dass ein Einfluss auf die Momenten- und Normalkrafttragfähigkeit durch eine Reduktion der Streckgrenze für die wirksamen Schubflächen (Asteg z. B.) oder gemäß Anmerkung eine Reduktion der Blechdicke der für die Querkraft maßgebenden Querschnittsteile wie dem Steg zu berücksichtigen ist. Der „Restquerschnitt“ steht dann zur Aufnahme der Biegung und Normalkraft zur Verfügung. So ist mithin ebenfalls bei der Berechnung der Momententragfähigkeit für I- und H-Querschnitte nach 6.2.9.1(5) für die Ermittlung des Faktors a in Gl. (6.36) bis (6.38) die reduzierte Querschnittsfläche Ared statt der Bruttofläche A anzusetzen. Dies führt im konkreten Fall zu: ​Ared ​  ​​   2b ​t​ f​​   ​(A   2b ​t​ f)​​ ​   ​(1   ρ)​ ​NV,Rd ​  ​​ 

 ​Ared ​  ​​   ​fyd ​  ​​​

​​  ​MV,y,Rd ​ 

 ​Wpl,y,red ​  ​​   ​fyd ​  ​​ 

​hw​  ​​  ​  ​   ​f​  ​​​  ​​Wpl,y ​  ​​   ρ   ​(A   2b ​t​ f​​)​   ​  ___ [ 4 ] yd

​  ​​​ ​n   ​NEd ​  ​​  ∕​     ​NV,Rd ​a   ​(​Ared ​  ​​   2b ​t​ f​​)​∕​ ​Ared ​  ​​​ ​MN,V, y,Rd ​  ​​ 

 ​MV,y,Rd ​  ​​   ​(1   n)​∕(​​ 1   0, 5a)​



6.3

51

Grenzzustände der Tragfähigkeit Tabelle 6.1. Imperfektionsbeiwerte der Knicklinien

Stabilitätsnachweise für Bauteile

6.3.1 Gleichförmige Bauteile mit planmäßig zentrischem Druck 6.3.1.1 Biegeknicken (1) Für planmäßig zentrisch belastete Druckstäbe ist in der Regel folgender Nachweis gegen Biegeknicken zu führen: ​NEd ​  ​​ ​​  _____  ​    1,  0​ (6.46)    ​Nb,Rd ​  ​​ Dabei ist ​​NEd ​  ​​​ der Bemessungswert der einwirkenden Druckkraft; ​​Nb,Rd ​  ​​​ der Bemessungswert der Biegeknickbeanspruchbarkeit von druckbeanspruchten Bauteilen.

NCI DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 6.3.1.1(1) Für den Nachweis des Biegeknickens darf Gleichung (6.46) auch bei Stäben mit veränderlichen Querschnitten und∕​oder veränderlichen Normalkräften NEd angewendet werden. Der Nachweis ist für alle maßgebenden Querschnitte mit den jeweils zugehörigen Querschnittswerten und der zugehörigen Normalkraft Ncr an der betreffenden Stelle zu führen.

(2) Bei unsymmetrischen Querschnitten der Klasse 4 ist in der Regel das Zusatzmoment MEd infolge der verschobenen Hauptachse des wirksamen Querschnitts, siehe auch 6.2.2.5(4) zu berücksichtigen. Dieses Zusatzmoment macht einen Interaktionsnachweis erforderlich, siehe 6.3.3 oder 6.3.4. (3) Der Bemessungswert der Beanspruchbarkeit auf Biegeknicken von Druckstäben ist in der Regel wie folgt anzunehmen:  χ A ​fy​  ​​ ​​Nb,Rd ​  ​​   ​  _______  ​​    ​γ​ M1​​ für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3;

(6.47)

a0

a

b

c

d

0,13

0,21

0,34

0,49

0,76

6.3.1.2 Knicklinien (1) Für planmäßig zentrisch belastete Druckstäbe ist der Wert χ mit dem Schlankheitsgrad ​​ λ  ̅​aus der maßgebenden Knicklinie in der Regel nach folgender Gleichung zu ermitteln: 1 ______ ​χ   ​ _________  ​​ ​χ    1,  0​ (6.49)      2 aber ​​   ​   Φ   ​√ ​Φ​​  2​   ​​  λ ​​​ ̅ ​​​    Dabei ist ​Φ    0, 5​[1   α​(​  λ ​ ̅   0, 2)​   ​​  λ ​​​ ̅ ​​​  ​​]​​; _____ A ​fy​  ​​    für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3; ​​  λ ​ ̅   ​  ​  _____ ​   ​​ ​Ncr​  ​​ 2

√ √

______

 ​Aeff ​  ​​  ​fy​  ​​ ​​  λ ​ ̅   ​  ​  ______  ​   ​​      für Querschnitte der Klasse 4; ​Ncr​  ​​ ​α​

der Imperfektionsbeiwert für die maßgebende Knicklinie; die ideale Verzweigungslast für den maßgebenden Knickfall gerechnet mit den Abmessungen des Bruttoquerschnitts.

​​Ncr​  ​​​

(2) Der Imperfektionsbeiwert α sollte der Tabelle 6.1 und Tabelle 6.2 entnommen werden. (3) Die Werte des Abminderungsfaktors χ dürfen für den Schlankheitsgrad ​​  λ ̅​ auch mit Hilfe von Bild 6.4 ermittelt werden. ​NEd ​  ​​ (4) Bei Schlankheitsgraden ​​ λ  ̅​    0,  2​ oder für ​​  ____  ​     0,  04​ ​Ncr​  ​​ darf der Biegeknicknachweis entfallen, und es sind ausschließlich Querschnittsnachweise zu führen.

6.3.1.3 Schlankheitsgrad für Biegeknicken (1) Der Schlankheitsgrad ​​ λ  ̅​ ist wie folgt zu bestimmen: _____ A ​ f ​Lcr​  ​​ __ 1 y​  ​​  ​ ​      ​​    ​  ___ ​​  λ ​ ̅   ​  ​  _____ ​   ​  ​Ncr​  ​​ i ​λ1​  ​​



für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3;

  χ A ​ ​  eff​​ ​fy​  ​​ ​​Nb,Rd ​  ​​   ​  ________  ​​    ​γ​ M1​​ für Querschnitte der Klasse 4;

Knicklinie Imperfektionsbeiwert α

____

(6.48)

wobei ​χ​den Abminderungsfaktor für die maßgebende Biegeknickrichtung darstellt. Anmerkung: Bei Bauteilen mit veränderlichem Querschnitt oder ungleichmäßiger Druckbelastung kann eine Berechnung nach Theorie 2. Ordnung nach 5.3.4(2) erfolgen. Bei Biegeknicken aus der Ebene siehe 6.3.4. (4) Bei der Berechnung von A und Aeff können Löcher für Verbindungsmittel an den Stützenenden vernachlässigt werden.

(6.50)



A ​ ​  eff​​ ______  ​  ​  ​  ​  ____  ​______ Aeff ​  ​​  ​fy​  ​​ ​L A ​  ​​ cr ____ ​​  λ ​ ̅   ​  ​   ​   ​   ​ ​    ​​         ​  ___   ​Ncr​  ​​ i ​λ1​  ​​



für Querschnitte der Klasse 4.

(6.51)

Zu NCI zu 6.3.1.1(1) und Anmerkung zu 6.3.1.1(3) Entsprechend der Erfahrung mit dem Ersatzstabnachweis nach Element (305) in DIN 18800 Teil 2 [K2] wird im Fall von veränderlicher Druckkraft nicht gleich ein Nachweis nach Theorie II. Ordnung oder nach dem „Allgemeinen Verfahren“ nach 6.3.4 erforderlich, sondern der gewöhnliche Knicknachweis darf für die korrespondierende Knicklast unter veränderliche Normalkraft geführt werden.

52

1   Stahlbaunormen

Tabelle 6.2. Auswahl der Knicklinie eines Querschnitts



Grenzzustände der Tragfähigkeit

Dabei ist Lcr die Knicklänge in der betrachteten ­Knick­ebene; i der Trägheitsradius für die maßgebende Knickebene, der unter Verwendung der Abmessungen des Bruttoquerschnitts ermittelt wird; __



E ​​λ1​  ​​     ​  __ ​    ​  ​     93, 9ε​; ​fy​  ​​

____



235 ​   ​  ​    ​ε   ​  ____ ​fy​  ​​

​fy in N∕​mm2.

Anmerkung B: Zu Biegeknicken im Hochbau siehe ­Anhang BB. (2) Die für das Biegeknicken maßgebende Knicklinie ist in der Regel aus Tabelle*) 6.2 zu entnehmen. *) Zuweisung korrigiert: Tabelle 6.2 ist korrekt

Zu NCI zu 6.3.1.3(2) Die neue Übersetzung von 6.3.1.3(2) stellt die Verbindlichkeit der Zuordnung der Knicklinie nach Tabelle 6.2 sicher. Der Bezug auf Tabelle 2 ist falsch und durch Tabelle 6.2 zu ersetzen. Zu 6.3.1.3 und Anmerkung Für die Ermittlung der Knicklängen stehen in der Literatur vielerlei Hilfsmittel z. B. [K7], DIN 18800-2 Bilder 27 und 29 [K2], [2] in NCI Literaturliste und Software zur Verfügung. Zusätzlich enthält der informative Anhang BB im Kapitel BB.1 eine vereinfachte Bestimmung von Knicklängen von Fachwerken oder Verbänden im Hochbau. Zu Tabelle 6.2 Mit kleinen Ausnahmen entspricht die Zuordnung der Knicklinien nach Tabelle 6.2 zu den Querschnitten den Zuordnungen nach DIN  18800-2 [K2]. Allerdings trifft das nicht zu für gewalzte I-Querschnitte aus Stahl der Güte S460 mit kleinen Flanschdicken (tf ≤ 40 mm für h∕​b > 1,2 und tf ≤ 100 mm für h∕​b ≤ 1,2), wo jeweils für das Knicken um die schwache Achse dieselbe günstige

Knicklinie wie um die starke Achse verwendet werden darf, während normalerweise für das Knicken um die schwache Achse die Zuordnung jeweils ungünstiger ist. Wie in [K44] gezeigt, widerspricht diese Zuordnung älteren Veröffentlichungen zu Versuchen und auch entsprechenden Stichproben von Traglastrechnungen. Um eine konsistente Zuordnung der Knicklinie und ein gleichmäßiges Sicherheitsniveau zu erreichen, wurde im zuständigen europäischen Komitee ein Beschluss [K51] zu einer entsprechenden Anpassung getroffen, die dann auch in den zukünftigen Eurocode eingearbeitet wird. Vom gleichen Gremium wurde aufgrund neuerer Erkenntnisse eine Verbesserung der Zuordnung für gewalzte I-Querschnitte mit dicken Flanschen beschlossen [K54]. Die entsprechenden Zeilen in Tabelle 6.2 sehen dann wie in Tabelle K1 dargestellt aus. Die Zuordnung der Knicklinien bei Winkeln sieht eigentlich nur gewalzte Profile vor. Tatsächlich werden auch geschweißte Winkel hergestellt. Auch können gewalzte Profile aus S460 günstiger eingeordnet werden. Im zuständigen europäischen Komitee wurde eine Änderung für den zukünftigen Eurocode beschlossen [K53], die für Winkelprofile Tabelle K2 vorsieht.

Tabelle K1. Zuordnung Knicklinien für gewalzte I-Querschnitte Querschnitt Gewalzte Querschnitte

Begrenzungen

h∕​b > 1,2

Ausweichen rechtwinklig zu Achse

tf ≤ 40 mm 40 mm < tf ≤ 100 mm

tf > 100 mm h∕​b ≤ 1,2

40 mm < tf ≤ 100 mm

tf > 100 mm

Knicklinie S235, S275 S355, S420

S460

y-y

a

a0

z-z

b

a

y-y

b

a

z-z

c

b

y-y

b

a

z-z

c

b

y-y

b

a

z-z

c

b

y-y

d

c

z-z

d

c

Ausweichen rechtwinklig zu Achse

Knicklinie S235, S275 S355, S420

S460

jede

b

a

c

c

Tabelle K2. Zuordnung Knicklinien für Winkel Querschnitt L-Querschnitte

53

Begrenzungen Gewalzte Querschnitte Geschweißte Querschnitte tf ≤ 40 mm

54

1   Stahlbaunormen

Bild 6.4. Knicklinien

6.3.1.4 Schlankheitsgrad für Drillknicken oder Biegedrillknicken

6.3.2 Gleichförmige Bauteile mit Biegung um die Hauptachse

(1) Bei Bauteilen mit offenen Querschnitten ist in der Regel zu beachten, dass der Widerstand des Bauteils gegen Drillknicken oder Biegedrillknicken möglicherweise kleiner als sein Widerstand gegen Biegeknicken ist. (2) Der Schlankheitsgrad ​​​ λ ̅​​  T​​​für Drillknicken oder Biegedrillknicken ist wie folgt anzunehmen:

6.3.2.1 Biegedrillknicken

_____



A ​fy​  ​​ ​​​  λ ​​ ̅ T​​   ​  ​  _____ ​   ​​   ​Ncr​  ​​ für Querschnitte der Klasse 1, 2 und 3; ______

(6.52)



​ eff A ​  ​​ ​fy​  ​​ ​​​  λ ​​ ̅ T​​   ​  ​  ______ ​   ​​     ​Ncr​  ​​ für Querschnitte der Klasse 4.

(6.53)

Dabei ist ​​Ncr​  ​​   ​Ncr,TF ​  ​​​ jedoch ​​Ncr​  ​​   ​Ncr,TF ​  ​​​; Ncr,TF die ideale Verzweigungslast für Biegedrill­ knicken; Ncr,T die ideale Verzweigungslast für Drillknicken. (3) Bei Drillknicken oder Biegedrillknicken kann die maßgebende Knicklinie der Tabelle 6.2 entnommen werden, wobei die Linien für die z-Achse gelten.

(1) Für einen seitlich nicht durchgehend am Druckgurt gehaltenen Träger, der auf Biegung um die Hauptachse beansprucht wird, ist in der Regel folgender Nachweis gegen Biegedrillknickversagen zu erbringen: ​MEd ​  ​​ ​​  ______  ​    1,  0​ (6.54)    ​Mb,Rd ​  ​​ Dabei ist MEd der Bemessungswert des einwirkenden ­Biegemomentes; Mb,Rd der Bemessungswert der Biegedrillknick­ beanspruchbarkeit. (2) Träger, bei denen der gedrückte Flansch ausreichend gegen seitliches Ausweichen gehalten ist, sind gegen Biegedrillknickversagen unempfindlich. Außerdem sind Träger mit bestimmten Querschnitten, wie rechteckige oder runde Hohlquerschnitte, geschweißte Rohrquerschnitte oder Kastenquerschnitte, nicht biegedrillknickgefährdet. (3) Der Bemessungswert der Biegedrillknickbeanspruchbarkeit eines seitlich nicht gehaltenen Trägers ist in der Regel wie folgt zu ermitteln: ​fy​  ​​ ​​Mb,Rd ​  ​​   ​χ​ LT​​ ​Wy​  ​​ ​  ____    ​​ (6.55) ​γ​ M1​​ wobei Wy das maßgebende Widerstandsmoment mit folgender Bedeutung ist:



Grenzzustände der Tragfähigkeit

– Wy Wpl,y für Querschnitte der Klasse 1 oder 2; – Wy Wel,y für Querschnitte der Klasse 3; – Wy Weff,y für Querschnitte der Klasse 4; ​​χ​ LT​​​ ist der Abminderungsfaktor für das ­Biegedrillknicken. Anmerkung 1: Für die Ermittlung des Bemessungswertes der Biegedrillknickbeanspruchbarkeit von Trägern mit veränderlichem Querschnitt darf eine Berechnung

55

nach Theorie 2. Ordnung nach 5.3.4(3) durchgeführt werden. Bei Knicken aus der Ebene siehe 6.3.4. Anmerkung 2B: Zu biegedrillknickgefährdeten Bauteilen im Hochbau siehe auch Anhang BB. (4) Bei der Berechnung von Wy können Löcher für Verbindungsmittel an Stellen mit geringer Momentenbeanspruchung (z. B. an den Trägerenden) vernachlässigt werden.

Zu 6.3.1.4(1) Ersatzstab : nach 6.3.2.1 als Abminderung der MomentenbeanDrillknicken oder Biegedrillknicken unter zentrischem Druck tritt spruchbarkeit mit ​ ​χ​ LT​​​in Abhängigkeit von einer bezogenen nur bei besonderen Querschnitten mit sehr kleinem Wölb- oder Schlankheit ​​​  λ ​​ ̅ LT​​​, die sich auf das ideale Biegedrillknickmoment​​ Torsionswiderstand auf, wie zum Beispiel dem dünnwandigen M​ cr​​​bezieht, nach 6.3.2.4 als Knicknachweis des Druckgurtes und Kreuzquerschnitt oder Winkelprofilen mit geringen Schlankheitsnach 6.3.4 als Abminderung der Systemtragfähigkeit in Abhängiggraden. [K6] und [K18] enthalten Hinweise, u. a. auch zu einem keit von einem Schlankheitsgrad ​​​  λ ​​ ̅ op​​​, der vom VergrößerungsfakAbgrenzungskriterium für gabelgelagerte Einfeldträger mit punkttor des ideal elastischen kritischen Verzweigungszustandes des bzw. doppeltsymmetrischem Querschnitt, das angibt, ab wann Systems ​α​ cr,op​​​abhängt. Die drei Verfahren stellen Alternativen dar, Drillknicken unter zentrischem Druck eventuell eintreten kann : die nicht immer zum gleichen Ergebnis führen, da sie unterschied​Iy​  ​​   ​Iz​  ​​ ( ​_______________ I​  ​​   0, 039   ​L​​  2​   ​IT​  ​​  )  ​    ​ ​  liche Vereinfachungen enthalten, die je nach vorliegender Situa   c²   ​     polarer Trägheitsradius ​iP​  ​​  ²   ​  ____ A ​Iz​  ​​ tion mehr oder weniger konservativ sind. Der nationale Anhang in Österreich [K32] gibt folgende Regeln zur Berechnung von ​​​  λ ​​ ̅ T​​​für gabelgelagerte Stäbe mit doppeltsymmeZu 6.3.2.1(1) trischen Querschnitten und ​​​  λ ​​ ̅ TF​​​für gabelgelagerte Stäbe mit einIn Mb,Rd geht bei einem Klasse-1-Querschnitt das vollplastische fachsymmetrischen Querschnitten vor : Moment Mpl,Rd ein, vgl. Gleichung (6.55) und Erläuterungen. Zu – einfachsymmetrische Querschnitte : beachten ist, dass hier keine Abminderung der Biegemomenten_________________ _________





4 ​c​​  2​ ​i ​  2p ​​  ​c​​  2​   ​i ​  20​​  ​​​  λ ​​ ̅ TF​​   ​​ λ  ​​ ̅ z​​ ​      ​  _____   1   ​  1      ​  ______     ​​   ​     ​ ​       ​​ 2 2 ​c​​  ​ ( ​​(​c​​  2​   ​i ​  20​)​  ​​​  2​   ) mit :

__

_____

​ip​  ​​   ​√

 ​i ​  2y​ ​ 

 ​i ​  2z​  ​  ​  ​ ​iy​  ​​ 

 ​

√ √

I​ ​  ​​ A

(K.1)

__

√ A  ​

​I​  ​​ ​lt​  ​​ y  ​  ​  __  ​  ​  ​ ​iz​  ​​   ​  ​  __z  ​  ​  ​ ​​  λ ​​ ̅ z​​   ​  ___     ​​

 ​

___________

​iz​  ​​ ​λ1​  ​​

_____ ​  I​ t​​ ​l ​  2T ​​  ​I__​  ​​  ​     ​ ​i0​  ​​   ​√ ​i ​  20​ ​   ​z ​  20​  ​​   ​ ​c   ​  ​      ​    0,  039 ​  ___     ​ ​Iz​  ​​ ​Iz​  ​​

​z​ 0​​​ Abstand zwischen Schwerpunkt und Schubmittelpunkt ​lT​  ​​​ Knicklänge für Biegedrillknicken ​I​  ​​​ Wölbwiderstand ​It​  ​​​ Torsionswiderstand – doppeltsymmetrische Querschnitte : ​ip​  ​​ (K.2) ​​ ​λ ​​ ̅ T​​   ​​ λ  ​​ ̅ z​​​ ​  __ ​  ​  oder ​​  λ ​​ ̅ z​​​ ( c) Für die häufig auftretenden Fälle von L-förmigen und T-förmigen Querschnitten darf nach [K32], falls kein genauerer Nachweis geführt wird, folgende Regel zur Bestimmung von ​​​  λ ​​ ̅ TF​​​ verwendet werden : – L-förmige Querschnitte : wenn ​​​  λ ​​ ̅ v​​    5, 3(h ∕​ t )​wird ​​​  λ ​​ ̅ TF​​​maßgebend : ​​​  λ ​​ ̅ TF​​    5, 3(h ∕​ t  ) ​​  λ ​​ ̅ v​​​ stellt die Stabschlankheit um die Achse v-v dar – T-förmige Querschnitte : wenn ​​​  λ ​​ ̅ z​​    6, 5(h ∕​ t )​wird ​​​  λ ​​ ̅ TF​​​maßgebend : der Nachweis ist wie für einfachsymmetrische Querschnitte mit ​I​  ​​   0​zu führen. Zu 6.3.2 Für den Nachweis gegen Biegedrillknicken bei reiner Biegung enthält die Norm drei unterschiedliche Nachweismöglichkeiten am

tragfähigkeit durch ggf. vorhandene Querkräfte V erfolgt, siehe auch [K44]. Der Effekt der gleichzeitigen Wirkung von Biegemoment und Querkraft wird durch den stets zusätzlich zu führenden Querschnittsnachweis erfasst, vgl. 6.3.3(2). Zu 6.3.2.1(2) und Anmerkung 2B Wenn durch die Wahl eines torsionssteifen Querschnitts oder durch eine Stützung des Druckgurtes verhindert ist, dass der Träger seitlich unter Verdrehung aus seiner Haupttragebene ausweicht, tritt auch kein Biegedrillknickversagen auf und braucht ein entsprechender Nachweis nicht geführt zu werden. Stäbe mit Hohlquerschnitten (gewalzt oder geschweißt) weisen in der Regel eine so große St. Venant'sche Torsionssteifigkeit IT auf, dass keine Stabverdrehung auftritt und damit kein Biegedrillknicken möglich ist. Das bezieht sich auf übliche gewalzte Profile oder gleichartige geschweißte Querschnitte. Bei dünnwandigen kaltgeformten Profilen, die in den Bereich von EN 1993-1-3 fallen, gibt es hohe sehr schlanke Sonderprofile, deren Torsionssteifigkeit trotzdem relativ klein ist, sodass die Empfindlichkeit gegenüber Biegedrillknicken ggf. zu überprüfen ist, siehe auch [K44]. Der Anhang BB2 „Kontinuierliche seitliche Stützungen“ enthält zu DIN  18800-2 [K2], Abs. 3.3.2 analoge Regeln. In der bisherigen Praxis konnte mithilfe der Regelung aus DIN  18807-3 :1987-06 [K26], die weiterhin in Kraft bleibt, in der Regel auf einen aufwendigen Stabilitätsnachweis für Dachpfetten im Hallenbau verzichtet werden. Diese Regelung besagt, dass stählerne Träger mit I-förmigem Querschnitt bis 200 mm Höhe als durch die Profiltafeln hinreichend ausgesteift gelten, wenn diese mit dem gedrückten Gurt verbunden sind. Diese Regelung kann sicher auch für eine Tragwerksberechnung nach EN 1993-1-1 als weiterhin gültig angenommen werden.

56

1   Stahlbaunormen

6.3.2.2 Knicklinien für das Biegedrillknicken – Allgemeiner Fall (1) Außer für die Fälle in 6.3.2.3 ist für biegebeanspruchte Bauteile mit gleichförmigen Querschnitten der Wert χLT mit dem Schlankheitsgrads ​​​ λ  ̅​​  LT​​​ aus der maßgebenden Biegedrillknicklinie in der Regel nach folgender Gleichung zu ermitteln: 1 ________ ​​χ​ LT​​   ​ _____________  ​​      2 ​   ​Φ​  LT​​   ​√ ​Φ​  2LT ​ ​   ​​  λ ​​ ̅ ​​​  LT  ​   ​   ​  jedoch ​​χ​ LT​​    1,  0​ (6.56)

αLT

Imperfektionsbeiwert für Biegedrillknicken nach DIN EN 1993-1-1:2010-12, Tabelle 6.3.

(3) Der Wert des Abminderungsfaktors χLT für den Schlankheitsgrad ​​​ λ ̅​​  LT​​​darf auch aus Bild 6.4 entnommen werden. (4) Bei Schlankheitsgraden ​​​  λ ̅​​  LT​​   ​​ λ  ̅​​  LT,0​​​ (siehe 6.3.2.3) ​MEd ​  ​​  ​   ​​ λ  ̅​​  2 ​​(siehe 6.3.2.3) darf der Biegeoder für ​​  ____  LT,0  ​  ​Mcr ​  ​​ drillknicknachweis entfallen, und es sind ausschließlich Querschnittsnachweise zu führen.

Dabei ist ​ ​ ​ ]​​ ​​Φ​  LT​​    0, 5​[1   ​α​ LT​​​(​​  λ ​​ ̅ LT​​   0, 2)​   ​​  λ ​​ ​​​ ̅  LT 2

αLT

der Imperfektionsbeiwert für die maßgebende Knicklinie für das Biegedrillknicken; _____ ​W y​  ​​  ​fy​  ​​ ​​​  λ ​​ ̅ LT​​   ​  ​  _____ ​   ​​     ​Mcr​  ​​ Mcr das ideale Biegedrillknickmoment.



(2) Mcr ist in der Regel mit den Abmessungen des Bruttoquerschnitts und unter Berücksichtigung des Belastungszustands, der tatsächlichen Momentenverteilung und der seitlichen Lagerungen zu berechnen. Anmerkung 1: Der Nationale Anhang kann die Imperfektionsbeiwerte αLT festlegen. Die empfohlenen Werte von αLT sind Tabelle 6.3 zu entnehmen. Die empfohlene Zuordnung ist Tabelle 6.4 zu entnehmen.

NDP

DIN EN 1993-1-1∕​NA

zu 6.3.2.2(2) Anmerkung 1 Es gilt die Empfehlung, einschließlich der Tabellen 6.3 und 6.4. Der in DIN EN 1993-1-1:2010-12, 6.3.2.3(2) angegebene Faktor f darf auch zur Modifizierung von χLT nach DIN EN 1993-1-1:2010-12, 6.3.2.2(1) angewendet werden. Anstelle der Beiwerte αLT dürfen alternativ die folgenden Imperfektionsbeiwerte ​​α​ LT ​​​ in Gleichung (6.56) verwendet werden: ​α​ crit  ​ ​  ​​α​ LT ​ ​   ​  ____ (NA.3)    ​  α​ ​α​ crit​​ Dabei ist α der Imperfektionsbeiwert für Ausweichen rechtwinklig zur z-z-Achse nach Tabelle 6.2; ​​α​ crit  ​​ ​  der kleinste Vergrößerungsfaktor für die Bemessungswerte der Belastung, mit dem die ideale Verzweigungslast mit Verformungen aus der Hauptragwerksebene erreicht und die Torsionssteifigkeit vernachlässigt wird; αcrit der kleinste Vergrößerungsfaktor für die Bemessungswerte der Belastung, mit dem die ideale Verzweigungslast mit Verformungen aus der Hauptragwerksebene erreicht und die Torsionssteifigkeit vernachlässigt wird;

Zu 6.3.2.2 Für den sogenannten „Allgemeinen Fall“ ist im Unterschied zum Fall von Walzprofilen und gleichartigen geschweißten Querschnitten (mit günstigeren Regeln gemäß 6.3.2.3) der Abminderungsfaktor der Momentenbeanspruchbarkeit ​χ​ LT​​​in Abhängigkeit von einer bezogenen Schlankheit ​​​  λ ​​ ̅ LT​​​analog zu den Knicklinien von Druckstäben (vgl. 6.3.1.2) nach Tabelle 6.3 zu wählen. Maßgebend für die Auswahl der Linien ist aber im Unterschied zum Knicken der Druckstäbe neben der Herstellungsart (gewalzt∕​geschweißt) das Verhältnis von Höhe zu Breite der Profile entsprechend der Zuordnung in Tabelle 6.4. Der „Allgemeine Fall“ erfasst im Unterschied zum Fall von Walzprofilen und gleichartigen geschweißten Querschnitten nach 6.3.2.3 hohe Träger mit schmalen Gurten, bei denen das Biegedrillknicken im Wesentlichen wie das seitliche Biegeknicken des gedrückten Gurtes erfolgt. Zu 6.3.2.2(2) Für die Ermittlung des idealen Biegedrillknickmomentes Mcr wird auf Software bzw. auf einschlägige Literatur [K7, K21] verwiesen. Auch DIN 18800-2 [K2] enthält mit Gleichung (19) und Tabelle 10 eine vereinfachte Berechnungsmöglichkeit für gleichbleibenden doppeltsymmetrischen Querschnitt. Auch in der Vornorm DIN V ENV 1993-1-1 :1993-04 [K45] waren im informativen Anhang F noch Angaben zur Ermittlung von Mcr enthalten. Nachträglich hat sich dann aber herausgestellt, dass die Angaben zum Teil fehlerhaft waren, sodass die dort angegebenen Werte nicht verwendet werden sollten. Hinweise hierzu und auch zur Berücksichtigung verschiedener Randbedingungen bei der Ermittlung von Mcr sind in [K44] gegeben. Zu NDP zu 6.3.2.2(2) Anmerkung 1 Der Nationale Anhang enthält an dieser Stelle zwei voneinander unabhängige, völlig unterschiedliche Hinweise. a) Für ​χ​ LT​​​nach 6.3.2.2(1), Gleichung (6.56) gemäß Tabelle 6.3 und Tabelle 6.4 wird auch eine Abminderung gemäß Gleichung (6.58) durch die Division mit ​f​in Abhängigkeit von der Form der Momentenfläche gestattet. Hierdurch wird berücksichtigt, dass bei Trägern mit vom konstanten Verlauf abweichenden Momentenverteilungen sonst sehr konservative Ergebnisse erzielt werden, siehe [K11]. b) Es wird eine alternative Bestimmung des Abminderungsfaktors​ * ​ χ​ LT​​​zugelassen, die ​α​ LT ​ in Gleichung (6.56) einführt, einen Faktor, der sich aus dem „Allgemeinen Verfahren für Knick- und Biege­ drillknicknachweise“ gemäß 6.3.4 herleitet, vgl. [K19].



Grenzzustände der Tragfähigkeit

Tabelle 6.3. Empfohlene Imperfektionsbeiwerte der Knicklinien für das Biegedrillknicken Knicklinie

a

b

c

d

Imperfektionsbeiwert αLT

0,21

0,34

0,49

0,76

Tabelle 6.4. Empfohlene Knicklinien für das Biegedrillknicken nach Gleichung (6.56) Querschnitt

Grenzen

Knicklinien

gewalztes I-Profil

h∕​b ≤ 2 h∕​b > 2

a b

geschweißtes I-Profil

h∕​b ≤ 2 h∕​b > 2

c d



d

andere Querschnitte

6.3.2.3 Biegedrillknicklinien gewalzter Querschnitte oder gleichartiger geschweißter Querschnitte (1) Für gewalzte oder gleichartige geschweißte Querschnitte unter Biegebeanspruchung werden die Werte χLT mit dem Schlankheitsgrad ​​​ λ  ̅​​  LT​​​ aus der maßgebenden Biegedrillknicklinie nach folgender Gleichung ermittelt: ⎧ ​χ​ LT​​    1, 0 ⎪ 1 ______________ __________ 1  ⎨ ​​χ​ LT​​   ​      ​​ ​​  ​     jedoch   ​  ​​​ (6.57) ⎪ ​ ​​​ ​ ​   ​    χ​ LT​​   ​ ____      ​ ​ΦLT ​  ​​   ​√ ​ΦLT ​  2 ​ ​   β ​​  λ ​​ 2​̅ LT ​   ​​  λ ​​ ̅ 2​LT​​​ ​ ​  ​  ⎩ ​​Φ​  LT​​    0, 5​[1   ​α​ LT​​​(​​  λ ​​ ̅ LT​​   ​​  λ ​​ ̅ LT,0​​)​   β ​​  λ ​​ ̅ 2​LT​​​ ​ ​​ ]​​  

Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die Parameter ​​​ λ ̅​​  LT,0​​​ und β festlegen. Die folgenden Werte werden für gewalzte Profile oder gleichartige geschweißte Querschnitte empfohlen: ​​​ λ ̅​​  LT,0​​​ 0,4 (Höchstwert); β 0,75 (Mindestwert). Die empfohlene Zuordnung ist der Tabelle 6.5 zu entnehmen.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 6.3.2.3(1) Anmerkung Es gilt die Empfehlung, einschließlich Tabelle 6.5.

Tabelle 6.5. Empfohlene Biegedrillknicklinien nach Gleichung (6.57) Querschnitt

Grenzen

Biegedrillknicklinien

gewalztes I-Profil

h∕​b ≤ 2 h∕​b > 2

b c

geschweißtes I-Profil

h∕​b ≤ 2 h∕​b > 2

c d

57

(2) Um die Momentenverteilung zwischen den seitlichen Lagerungen von Bauteilen zu berücksichtigen, darf der Abminderungsfaktor χLT wie folgt modifiziert werden: ⎧ ​χ​ LT,mod​​   1 ⎪ ​χ​ LT​​ ____ ⎨ 1​ ​​​ (6.58) ​​χ​ LT,mod​​   ​   ​​  jedoch ​​  ​   ⎪ ​ f χ​ LT,mod​​   ​ ____     ​ ​​  λ ​​ ̅ 2LT ​  ​  ⎩ Anmerkung: Der Nationale Anhang kann die Werte f festlegen. Folgende Mindestwerte werden empfohlen:

f​    1   0, 5​(1   ​kc​  ​​)​​[1   2, 0 ​​(​​  λ ​​ ̅ LT​​   0, 8)​​​  ​]​​ jedoch ​f    1, 0​ 2

Dabei ist kc ist ein Korrekturbeiwert nach Tabelle 6.6.

NDP DIN EN 1993-1-1∕​NA zu 6.3.2.3(2) Anmerkung Es gilt die Empfehlung, einschließlich Tabelle 6.6.

Zu 6.3.2.3 Für gewalzte und gleichartige geschweißte Querschnitte dürfen gegenüber dem allgemeinen Fall nach 6.3.2.2 in Abhängigkeit von einer bezogenen Schlankheit ​​​  λ ​​ ̅ LT​​​ vorteilhaftere Abminderungsfaktoren der Momentenbeanspruchbarkeit ​​χ​ LT​​​gemäß Gleichung (6.57) genutzt werden. Die Zuordnung von ​α​ LT​​​gemäß Tabelle 6.3 erfolgt nach Tabelle 6.5. Die günstige Wirkung der Beziehung, vgl. [K11], beruht u. a. auf der Verlängerung des Plateaus für ​χ​ LT​​​ = 1,0 von ​​​  λ ​​ ̅ LT,0​​​ = 0,2 auf ​​​  λ ​​ ̅ LT,0​​​ = 0,4. Für Schlankheiten kleiner als 0,4 ist also kein Biegedrillknicknachweis erforderlich. Diese Regel entspricht dem Grenzwert nach DIN 18800 Teil 2, [K2], Abschnitt 3.3.4 Element (311), der in der Praxis zu einer Reihe von Anwendungsregeln geführt hat [K18], vgl. auch 6.3.2.1(2) und Anhang BB, die einen expliziten Biegedrillknicknachweis überflüssig machen. Allerdings setzt diese günstigere Regel seitliche Abstützungen in Form von Gabellagerungen voraus, vgl. Anmerkungen dazu in [K55]. Neu ist darüber hinaus die Möglichkeit, nach Gleichung (6.58) den Abminderungsfaktor in Abhängigkeit von der Form der Momentenfläche mit ​f​noch zusätzlich zu reduzieren. Neben der Möglichkeit eine gegenüber dem konstanten Moment günstigere Momentenfläche bei der Ermittlung des idealen Biegedrillknickmomentes Mcr für ​​​  λ ​​ ̅ LT​​​anzusetzen, wird so ein zusätzlich günstiger Effekt bei der Tragwirkung selber erfasst. Es sei darauf hingewiesen, dass die empfohlenen Korrekturbeiwerte kc für betragsmäßig gleich große Stütz- und Feldmomente hergeleitet wurden. Für andere Verteilungen darf dieser nach Gl. (NA.4) berechnet werden. Für die Ermittlung der Biegedrillknickmomente wird auf Software bzw. auf einschlägige Literatur [K18, K23] verwiesen. In [K22] sind Angaben zur Übertragung des Nachweisverfahrens auf einfachsymmetrische Querschnitte gemacht, die den Regelungen in [K32] zugrunde liegen. Diese sind für den Fall Druck und Biegung um die starke Achse bei einfachsymmetrischen I-, HQuerschnitten und rechteckigen Hohlprofilen in den Hinweisen zu 6.3.3 angegeben. [K23] vergleicht die verschiedenen Verfahren zum Biegeknicken und Biegedrillknicken, erläutert Hintergründe zur Herleitung und zeigt Wege zur Weiterentwicklung auf.

58

1   Stahlbaunormen

Tabelle 6.6. Empfohlene Korrekturbeiwerte kc Momentenverteilung

if,z

kc 1,0

=1 –1
 0,5 +  ​√ 0,085 

einseitig gestützte Bauteile

​  = 1,0 für  ​​  ​​ ̅ p​​     0,748​ ​​  ​​ ̅ p​​   0,188    ​    für  ​​  ​​ ̅ p​​   > 0,748​ ​  = ​  _ 2 (​​ ​​  ​​ ̅ p)​​ ​​​  ​

0,26 ​  ​​​  ​   0,055​(3 +  )​ ​​ ​​  ​​ ̅ p​​  +  0,9   ​ _  ( )  ​  1,0​         ​  =  ​  ____________________________ 3 0,26 ​  ​​​  ​ ​​ ​​  ​​ ̅ p​​   + 0,9   ​ _  ( ) 1,5

0,52 ​​ ​​  ​​ ̅ p ​​  + 1,1   ​ _  ​  ​​​  ​   0,188 ( )  ​     1,0​ ​  =  ​  ________________________        2,4 0,52 ​  ​​​  ​ ​​ ​​  ​​ ̅ p​​   + 1,1   ​ _  ( ) 1,2



Vereinfachte Bemessungsverfahren

229

oder 0,75 ersetzt wird. Die Wahl des Imperfektionsfaktors erfolgt dabei auf der Grundlage des Verhältnisses des wirksamen Widerstandsmoments – zu bestimmen mit Netto-Querschnittswerten – zum elastischen Widerstandsmoment unter Berücksichtigung der Brutto-­ Querschnittswerte Weff,y∕​Wel,y. Aus den drei verschiedenen Imperfektionsbeiwerten resultieren drei Biege­ drillknicklinien, welche mit L1 für Weff,y∕​Wel,y 0,9, L2 für Weff,y∕​Wel,y 0,9 und L3 für Weff,y∕​Wel,y 0,8 bezeichnet werden. Bild 12 vergleicht die drei Biegedrillknicklinien für Bauteile mit Klasse-4-Querschnitten mit derjenigen für Querschnitte der Klassen 1 bis 3.

4.3.4 Kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung bei Bauteilen mit Querschnitten der Klasse 4

Bild 12. Biegedrillknicklinien nach prEN 1993-1-2:2020

_

Imperfektionsbeiwerts von ​​​  LT​​    0,65 ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​ für Querschnitte der Klassen 1 bis 3 wird für Bauteile mit Querschnitten der Klasse 4 Biegedrillknicken zutreffender prognostiziert, wenn der Faktor 0,65 durch 1,25, 1,0

Der Stabilitätsnachweis für Bauteile mit Querschnitten der Klasse  4 unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung unterscheidet sich von demjenigen für Querschnitte der Klassen 1 bis 3 durch die Verwendung wirksamer Querschnittswerte und die Berücksichtigung des Zusatzmoments Mi,fi,Ed, welches aus der Verschiebung der Schwerelinie des Querschnitts infolge Druckbeanspruchung resultiert. Weitere Unterschiede liegen bei der Bestimmung der Interaktionsfaktoren vor. Insbesondere unterscheiden sich die Formeln zur Berechnung des Ausnutzungsgrads i und der Momentenbeiwert M. In Tabelle 5 sind die Angaben zur Bestimmung

Tabelle 5.  Vergleich der Interaktionsfaktoren für kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung für Querschnittsklasse 1 bis 3 und Klasse 4 Klasse 1 bis 3

Klasse 4

​μ​  LT​​ ​N​  fi,Ed​​ ​​k​  LT​​   = 1   ​  _  ​  = 1   ​μ​  LT​​ ​n​  z​​     1,0​    ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​Ak​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​μ​  LT​​ ​N​  fi,Ed​​ ​​k​  LT​​   = 1   ​  ____________       ​  = 1   ​μ​  LT​​ ​n​  z​​     1,0​ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​​μ​  LT​​   = 0,15 ​​  ​​ ̅ z, ​​ ​ ​  M,LT​​   0,15   0,9​

​​μ​  LT​​  = 0,45 ​​  ​​ ̅ z, ​​ ​ ​  M,LT​​   + 0,2   0,7​

​μ​  y​​ ​N​  fi,Ed​​  ​  = 1   ​μ​  y​​ ​n​  y​​  3,0​    ​​k​  y​​  = 1   ​  _ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​Ak​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​μ​  y​​ ​N​  fi,Ed​​ ​​k​  y​​  = 1   ​  ____________       ​  = 1   ​μ​  y​​ ​n​  y​​     3,0​ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​​μ​  y​​  = min​[​(​2 ​  M,y​​   5)​ ​​  ​​ ̅ y, ​​ ​  + 0,44 ​  M,y​​  + 0,29; 0,8]​ ​

​​μ​  y​​  = min​[​(​2 ​  M,y,1​​   5)​ ​​  ​​ ̅ y, ​​ ​  + 0,44 ​  M,y,2​​  +0,7; 0,6]​ ​

​μ​  z​​ ​N​  fi,Ed​​  ​  = 1   ​μ​  z​​ ​n​  z​​     3,0​    ​​k​  z​​   = 1   ​  _ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​Ak​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​μ​  z​​ ​N​  fi,Ed​​ ​​k​  z​​   = 1   ​  ____________       ​  = 1   ​μ​  z​​ ​n​  z​​     3,0​ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  y, ​​ ​  _   ​  ​ ​  M,fi​​

​​μ​  z​​  = min​[​(​1,2 ​  M,z​​   3)​ ​​  ​​ ̅ z, ​​ ​  + 0,71 ​  M,z​​   + 0,29; 0,8]​​

​​μ​  z​​  = min​[(​ ​1,2 ​  M,z​​   3)​ ​​  ​​ ̅ z, ​​ ​  + 0,71 ​  M,z​​   + 0,29; 0,8]​​

für ​​​  ​​ ̅ y,20 °C​​     1,1​

für ​​​  ​​ ̅ y,20 °C​​     1,1​

230

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Bild 13. Interaktionsfaktoren für kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung im Brandfall



Vereinfachte Bemessungsverfahren

der Interaktionsfaktoren für Querschnitte der Klassen  1 bis 3 sowie Klasse  4 einander gegenübergestellt. Eine Übersicht zur Ermittlung des Momentenbeiwerts M für die einzelnen Querschnittsklassen sowie für diverse Momentenverläufe zeigt Tabelle 7.3 des Normentextes. Zur Verdeutlichung der Unterschiede hinsichtlich der Interaktionsfaktoren, welche aus den Momentenbeiwerten M für die Querschnittsklassen 1 bis 3 bzw. Klasse 4 resultieren, sind in Bild 13 die Interaktionsfaktoren ky, kz und kLT für eine kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung in Abhängigkeit des Schlank­ heitsgrads im Brandfall ​​​  ​​ ̅ i, ​​​ sowie verschiedener Normalkraftausnutzungsgrade exemplarisch für ein Bauteil   nter konstanter Momenten­ beanspruchung  My und  gleichzeitig wirkender Drucknormalkraft dargestellt. Insbesondere der Interaktionsfaktor kLT für Querschnitte der Klasse  4 unterscheidet sich markant von demjenigen für Querschnitte der Klassen 1 bis 3. Mit steigender Normalkraftausnutzung wird my My,Ed∕​My,Rd insbesondere bei großen Bauteilschlankheiten im Fall von Klasse-4-Querschnitten stärker abgemindert.

4.4

Aktuelle Forschungen

4.4.1 Stahlbauteile unter Druck und Biegung 4.4.1.1 Grundlage der Untersuchungen Während seit dem Entwurf des Eurocodes 3 die Nachweismodelle für normale Temperaturen in den letzten 30 Jahren stetig überarbeitet wurden, ist die Nachweisführung für den Brandfall im Wesentlichen unverändert geblieben. Dies führte zu der bereits erwähnten abweichenden Methodik für die Stabilitätsbemessung bei normalen und erhöhten Temperaturen und somit zu einer unnötigen Komplexität der Brandbemessung für die Ingenieurpraxis. Die Harmonisierung der Nachweisführung für normale Temperaturen und für den Brandfall wird angestrebt, weswegen in den letzten Jahren diesbezüglich Untersuchungen zum Stabilitätsverhalten von Stahlbauteilen im Brandfall durchgeführt wurden. Im Rahmen des Forschungsprojekts Stahlbauteile unter Druck und Biegung – Konsistente Nachweise für den Brandfall [90] wurde das Tragverhalten von Stahlbauteilen unter Druck und Biegung bei erhöhten Temperaturen untersucht. Grundlage der Untersuchungen bildeten numerische Simulationen. In deren Rahmen wurden die Beanspruchbarkeiten von fünf gewalzten und zwei geschweißten repräsentativen I-Querschnitten sowie einem Rechteckhohlquerschnitt mit Stahlgüten von S235 bis S690 und Temperaturen von 20 °C bis 900 °C bestimmt. Anhand der erarbeiteten Datenbasis wurden Abminderungsfaktoren für Biegeknicken und Biege­ drillknicken sowie die Interaktionsfaktoren für die Beanspruchung durch mehrere Schnittgrößen überprüft und eine zu normalen Temperaturen konsistente Formulierung für den Brandfall entwickelt.

231

4.4.1.2 Anpassung der Abminderungsfaktoren für Biegeknicken und Biegedrillknicken Biegeknicken Die Abminderungsfaktoren für das Biegeknicken im Brandfall gehen auf Untersuchungen von Franssen, Schleich, Cajot und Azipiazu [91] zurück. Hierfür wurden numerisch und experimentell ermittelte Traglasten von Stützen aus Baustahl S235 und S355 mit Versagens­ temperaturen zwischen 232 °C und 868 °C ausgewertet. In Bild 14a sind die Traglasten aus verschiedenen Versuchsreihen zusammengestellt. Die Beschreibung der Knicklinie für erhöhte Temperaturen mit einem Plateau ist nicht zielführend, da bereits bei kleinen bezogenen Schlankheitsgraden der Tragwiderstand, berechnet als Produkt der Querschnittsfläche und der effektiven Fließgrenze bei 2 % Gesamtdehnung, nicht erreicht wird. Im Gegensatz zu normalen Temperaturen wurde bei erhöhten Temperaturen auf eine querschnittsabhängige Beschreibung der Imperfektion verzichtet, da allgemein davon ausgegangen wird, dass Eigenspannungen im Brandfall nur einen geringen Einfluss auf die Beanspruchbarkeit haben. Der Imperfektionsbeiwert _ von ​    0,65  ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​bildet den Mittelwert der Traglasten ab, während _ mit einem Imperfektionsbeiwert von​    1,20   ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​ca. 88 % der Versuchsergebnisse konservativ prognostiziert werden. Nach Empfehlung von Franssen, Schleich, Cajot und Azipiazu ist die Abbildung des Mittelwertes zu wählen, um das durch die Versuche ermittelte Tragverhalten realitätsgetreu zu berücksichtigen und erforderliche konservative Ansätze für die Bemessung bei der Ermittlung der Temperatur und Systemidealisierung vorhanden seien. Den Empfehlungen wurde in EN 1993‑1‑2 nachgekommen. Numerische Untersuchungen [84] haben gezeigt, dass unter Berücksichtigung idealer, in Ofenversuchen in der Regel nicht vorliegender, mechanischer und thermischer Randbedingungen die Bemessung zu nichtkonservativen Ergebnissen führen kann. In Bild 14b sind exemplarisch die Abminderungsbeiwerte für druckbeanspruchte Stäbe aus S355 mit unterschiedlichen Querschnitten bei einer Temperatur von     550 °C dargestellt. Der Querschnitt hat keinen wesentlichen Einfluss auf die numerisch bestimmten Abminderungsfaktoren, jedoch zeigt_ sich, dass ein Imperfektionsbeiwert von ​    1,20   ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​ die Simulationsergebnisse zutreffender abbildet. Bild  15a zeigt exemplarisch die numerisch ermittelten Abminderungsfaktoren für druckbeanspruchte Stäbe mit einem Querschnitt HEB 200 aus S355 in Abhängigkeit von dem bezogen Schlankheitsgrad und der Temperatur. Die Temperatur hat einen signifikanten Einfluss auf den Abminderungsfaktor. Die Abminderungsfaktoren werden maßgeblich vom temperaturabhängigen Spannungs-Dehnungsverhalten und den Verhältnissen von Steifigkeit und Festigkeit beeinflusst. In Bild  15b ist für eine Stütze mit einem bezogenen Schlankheitsgrad von ​​​  ​​ ̅ y, ​​     1,0​das Verhält-

232

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Bild 14. a) Untersuchungen zum Biegeknicken bei erhöhten Temperaturen aus [91] und b) numerische Abminderungsbeiwerte für das Biegeknicken um die starke Querschnittsachse bei 550 °C [84]

Bild 15. a) Abminderungsfaktoren für das Biegeknicken um die starke Achse abhängig von der Temperatur und b) Vergleich des temperaturabhängigen Einflusses für das Biegeknicken und den Reduktionsfaktoren der Werkstoffeigenschaften im Brandfall

nis der Abminderungsfaktoren bei erhöhten Temperaturen zu demjenigen bei 20 °C dem Quotienten der Reduktionsfaktoren für den Elastizitätsmodul und der effektiven Fließgrenze gegenübergestellt. Um eine zutreffende Prognose des Tragwiderstands druckbeanspruchter Bauteile zu erzielen, erscheint eine Berücksichtigung der temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren bei der Ermittlung des Imperfektionsbeiwerts gemäß Gl. (1) sinnvoll. ​k​  y, ​​ _ ​    0,65   ​  _  ​   ​√ ​235∕​f​  y  ​​ ​​ (1) ​k​  E, ​​

Biegedrillknicken Der Imperfektionsbeiwert LT für Biegedrillknicken wurde auf Grundlage von numerischen Traglastsimulationen von Vila Real et al. [92] entwickelt. An Trägern mit dem Querschnitt IPE 220 aus S235 und S355 wurden Untersuchungen mit verschiedenen Branddauern durchgeführt. Für die untersuchten Fälle wurde, in Anlehnung an die Untersuchungen in [91] für das_ Biegeknicken, der Imperfektionsbeiwert ​​ ​  LT​​     0,65   ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​ für das Biegedrillknicken bestätigt und in EN 1993‑1‑2 aufgenommen.



Die Untersuchungen zum Biegedrillknicktragverhalten im Brandfall wurden von Vila Real, Lopes, Simões da Silva und Franssen fortgeführt und in [93] vorgestellt. In einer numerischen Parameterstudie wurde das Biegedrillknicktragverhalten unter Berücksichtigung variierender Querschnitte, Stahlgüten und Belastungen untersucht. Hieraus wurde ein Vorschlag zur Bemessung erarbeitet, der unter anderem auch Anpassungen für den Imperfektionsbeiwert vorsah. Analog zu den Zuordnungen der Querschnitte bei normalen Temperaturen wurden für erhöhte Temperaturen verschiedene Faktoren zwischen 0,65 und 0,85 vorgeschlagen. In Bild 16a sind neue im Rahmen des o. g. Forschungsvorhabens [84] numerisch ermittelte Abminderungsbeiwerte für das Biegedrillknicken für unterschiedliche Querschnitte dargestellt. Für gedrungene Querschnitte sind die Abminderungsfaktoren größer als für schlanke Querschnitte. Dies ist auf das unterschiedliche Verhältnis von Torsions- und Biegesteifigkeit der jeweiligen Querschnitte und den damit einhergehenden Unterschied des anteiligen Lastabtrags zurückzuführen. Somit wird die Schlussfolgerung aus [93] bestätigt, dass eine Differenzierung abhängig von der Querschnittsgeometrie für eine präzise Prognose der Beanspruchbarkeit sinnvoll ist. Für den Entwurf prEN 1993‑1-1 [76] wurde die Formulierung für den Abminderungsfaktor LT auf Grundlage von Untersuchungen von Taras, Greiner und Unterweger [78, 80, 81, 94] überarbeitet. Bei der Ermittlung des Abminderungsfaktors fließen sowohl der bezogene Schlankheitsgrad für Biegedrillknicken ​​​  ​​ ̅ LT​​​ als auch der bezogene Schlankheitsgrad für Biegeknicken um die schwache Querschnittsachse ​​​  ​​ ̅ z​​​ ein. Durch diese Formulierung werden für jeden Querschnitt individuelle Knicklinien ermittelt. Die Adaption für den Brandfall mit temperaturabhängigen bezogenen

Vereinfachte Bemessungsverfahren

233

Schlankheitsgraden ​​​  ​​ ̅ i, ​​​ist grundsätzlich möglich und bildet das Tragverhalten der jeweiligen Querschnitte zutreffend ab, jedoch ist eine Anpassung des Imperfektionsbeiwerts mit einem Faktor von 0,85 statt 0,65 erforderlich. In Bild 16b sind Abminderungsfaktoren für einen Träger mit einem Querschnitt HEB 200 bei unterschiedlichen Temperaturen dargestellt. Ebenso wie beim Biegeknicken sind Einflüsse der Temperatur auf die ermittelten Abminderungsfaktoren zu erkennen. Die Staffelung der temperaturabhängigen Abminderungsfaktoren ist ähnlich zu der Staffelung für das Biegeknicken (Bild 15a) und lässt sich dementsprechend über die Reduktionsfaktoren für Steifigkeit und effektive Fließgrenze beschreiben. Durch eine Formulierung des Abminderungsbeiwerts analog zu prEN  1993‑1‑1 und Berücksichtigung des temperaturabhängigen Tragverhaltens für das Biege­ drillknicken ergibt sich der Abminderungsbeiwert für Biegedrillknicken im Brandfall einschließlich des Imperfektionsbeiwerts wie folgt: 1 _ ​​ ​  LT, ​​      ​  _______________       ​        ​ ​ 2 ​ ​  LT, ​​      ​  ​ ​  2LT,  ​  ​ –  ​​  ​​ ̅ LT,  ​ ​  ​ 



​​  ​​ ̅ LT, ​​ 2 ​mit  ​ ​  LT, ​​     0,5  ​ 1  ​​ ​  _ ​  ​​​  ​ ​ ​  LT​​ ​​  ​​ ̅ z, ​​      ​​  ​​ ̅ LT,  ​ ​   ​​ [ ( ​​  ​​ ̅ z, ​​ ) ]

(2)

​k​  y, ​​ ​ _    ​  ​235∕​f​  y  ​​ ​​ ​​ ​  LT​​     0,85   ​  _  ​     ​k​  E, ​​ √

(3)

2

4.4.1.3 Anpassung der Interaktionsfaktoren Sowohl prEN  1993‑1‑1 als auch prEN  1993‑1‑2 beinhalten Interaktionsfaktoren, um den Einfluss einer Drucknormalkraftbeanspruchung auf die Biegemo-

Bild 16. a) Abminderungsbeiwerte für das Biegedrillknicken abhängig vom Querschnitt und b) abhängig von der Temperatur

234

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

mente um die starke und schwache Achse zu berücksichtigen. Hierbei unterscheiden sich die Verfahren für normale und erhöhte Temperaturen. Für die Nachweisführung bei Normaltemperatur sind abhängig von der Versagensrichtung, Momentenbeanspruchung und der Biegedrillknickgefährdung der Querschnitte vier von Greiner und Lindner [72, 73] entwickelte Interaktionsfaktoren zu bestimmen. Diese Interaktionsfaktoren bilden mit bilinearen Funktionen die Veränderung der Biegemomente infolge Druckbeanspruchung ab. Für den Brandfall sind, basierend auf Untersuchungen von Talamona et al. [68], drei Interaktionsfaktoren zu bestimmen. Die Interaktionsfaktoren für den Brandfall werden ebenfalls als Geradengleichung abgebildet, welche zum Teil durch Grenzwerte limitiert sind. Auf der Grundlage von numerischen Untersuchungen wurden die Interaktionsfaktoren für den Brandfall untersucht. Die Stabilitätsfälle Biegeknicken und Biege­ drillknicken für die Schnittgrößenkombinationen N-My, N-Mz sowie N-My-Mz wurden getrennt ausgewertet. Hierbei wurde die über die Stabschlankheit normalkraftabhängige Entwicklung der Biegemomente

analysiert und durch Geradengleichungen analog zu prEN 1993‑1‑1 abgebildet. Die Steigungen und Achsenschnittpunkte wurden für den Brandfall angepasst. In prEN 1993‑1‑1, Anhang B, wurden zudem Regelungen für semi-kompakte Querschnitte (Querschnitte der Klasse 3 mit begrenztem Plastizierungsvermögen) eingeführt. Die Regelungen gehen auf Untersuchungen von Lechner [95] sowie Kettler, Lechner und Greiner [96] zurück. Die Regelung berücksichtigt, dass innerhalb der Querschnittsklasse  3 die Querschnittswiderstände nicht sprunghaft, sondern graduell von plastischen zu elastischen Querschnittswiderständen abnehmen. Für die Überarbeitung des Bemessungsmodells für erhöhte Temperaturen wurden ebenfalls semi-kompakte Querschnittswerte nach prEN 1993‑1‑1, Anhang B, berücksichtigt. Der Bemessungsvorschlag für auf Biegung und Druck beanspruchte Bauteile der Querschnittsklassen 1, 2 oder 3 ist in den Gln. (4) und (5) dargestellt. Die darin enthaltenen Interaktionsfaktoren können Tabelle 6 und Tabelle 7 entnommen werden.

​M​  y,fi,Ed​​ ​N​  fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​​ _____________       ​ ​   k​  yy,fi​​      ​  _______________       ​ ​   k​  yz,fi​​      ​  ___________      ​     1,0​ ​ ​  y,fi​​   ​N​  ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  LT,fi​​   ​M​  y, ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​ ​M​  z, ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​

(4)

​M​  y,fi,Ed​​ ​N​  fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​​ _____________       ​ ​   k​  zy,fi​​      ​  _______________       ​ ​  k​  zz,fi​​      ​  ___________      ​     1,0​ ​ ​  z,fi​​   ​N​  ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  LT,fi​​   ​M​  y, ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​ ​M​  z, ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​

(5)

Tabelle 6.  Interaktionsfaktoren kyy,fi und kyz,fi für Gl. (4) – maßgebliches Stabilitätsversagen um die y-y-Achse Plastische Querschnittseigenschaften für Querschnitts­ klassen 1, 2 und 3 (mit ​​W​ pl​​​)

Elastische Querschnittseigenschaften für Querschnittsklasse 3 (mit ​​W​  el​​​)

kyy,fi

​​k​  yy,fi​​   ​C​  my​​   ​[1   ​(​​  ​​ ̅ y, ​​   0,2)​   2,0   ​n​  y,fi​​]​   3,0​

​​k​  yy,fi​​   ​C​  my​​   ​[1   ​​  ​​ ̅ y, ​​   1,2   ​n​  y,fi​​]​   3,0​

kyz,fi

​​k​  yz,fi​​   0,5   ​k​  zz,fi​​​ (s. Tabelle 7)

​​k​  yz,fi​​   0,8   ​k​  zz,fi​​​ (s. Tabelle 7)

Tabelle 7.  Interaktionsfaktoren kzy,fi und kzz,fi für Gl. (5) – maßgebliches Stabilitätsversagen um die z-z-Achse

kzy,fi

Plastische Querschnittseigenschaften für Querschnittsklassen 1, 2 und 3 (mit ​​W​ ep​​​)

Elastische Querschnittseigenschaften für Querschnittsklasse 3 (mit ​​W​  el​​​)

Nicht biegedrill­ knickgefährdete Bauteile

​​k​  zy,fi​​   0,5   ​k​  yy,fi​​​ (s. Tabelle 6)

​​k​  zy,fi​​   0,8   ​k​  yy,fi​​​ (s. Tabelle 6)

Biegedrillknickgefährdete Bauteile

​​​  ​​ ̅ z, ​​   1,0 :​ 0,2   ​​  ​​ ̅ z, ​​   ​n​  z,fi​​ aber ​​k​  zy,fi​​   0,6   ​​  ​​ ̅ z, ​​​ für ​​​  ​​ ̅ z, ​​   0,4​    ​​,  ​​k​  zy,fi​​   1   ​  ___________ ​C​  mLT​​   0,25 ​​​  ​​ ̅ z, ​​   1,0 :​ 0,2   ​n​  z,fi​​  ​​     ​​k​  zy,fi​​   1   ​  _ ​C​  mLT​​   0,25

kzz,fi

I-Querschnitte

​​k​  zz,fi​​   ​C​  mz​​   ​[1   ​(​​  ​​ ̅ z, ​​   0,2)​   1,4   ​n​  z,fi​​]​   3,0​

​​k​  zz,fi​​   ​C​  mz​​   ​[1   ​(​​  ​​ ̅ z, ​​   0,4)​   1,8   ​n​  z,fi​​]​   3,0​

Rechteck­ querschnitte

​​k​  zz,fi​​   ​C​  mz​​   ​[1   ​(​​  ​​ ̅ z, ​​   0,2)​   2,0   ​n​  z,fi​​]​   3,0​

​​k​  zz,fi​​   ​C​  mz​​   ​[1   ​​  ​​ ̅ z, ​​   1,2   ​n​  z,fi​​]​   3,0​



Vereinfachte Bemessungsverfahren

Die in Tabelle  6 und Tabelle  7 verwendeten Faktoren ny,fi und nz,fi sollten wie folgt bestimmt werden: ​N​  fi,Ed​​ (6)       ​​ ​​n​  y,fi​​   ​ ______________ ​ ​  y,fi​​   ​N​  ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​ ​N​  fi,Ed​​       ​​ ​​n​  z,fi​​   ​ ______________ ​ ​  z,fi​​   ​N​  ,Rk​​  ∕​ ​ ​  M,fi​​

(7)

4.4.1.4 Statistische Auswertung Zur Beurteilung des Nachweisverfahrens wurde der Bemessungsvorschlag und das Bemessungsmodell nach dem Entwurf prEN 1993‑1‑2 [8] statistisch ausgewertet und die Ergebnisse gegenübergestellt. Hierzu wurden die relativen Abweichungen der für den Stabilitätsfall maßgeblichen Beanspruchungen ausgewertet und auf den Widerstand im Stabilitätsfall bezogen. Im Fall von Biegeknicken wurde die Differenz zwischen numerisch ermittelter maximaler Normalkraft und maximal aufnehmbarer Normalkraft nach dem jeweiligen Bemessungsmodell ermittelt und ins Verhältnis zum Biegeknickwiderstand bei reiner Normalkraftbeanspruchung gesetzt (siehe Gl. (8)). Sekundärbeanspruchungen wurden in gleicher Größe für die numerische und analytische Berechnung als Eingangsparameter verwendet. Ein analoges Vorgehen wurde für das Biegedrillknicken mit Verwendung von Biegemomenten um die starke Achse angewendet (siehe Gl.  (9)). Für Abweichungen größer null resultieren größere Beanspruchbarkeiten aus der numerischen Simulation als aus den Bemessungsmodellen, wodurch konservative Bemessungsergebnisse erzielt werden. Abweichungen kleiner null stellen dementsprechend nichtkonservative Bemessungsergebnisse dar. max ​N​  numerisch​​    max ​N​  analytisch ​​ ​​ ​  BK​​   ​  __________________________  ​​ (8)        ​N​  b,fi,t,Rk​​ max ​M​  y,numerisch​​    max ​M​  y,analytisch ​​  ​​        ​​ ​  BDK​​   ​ ____________________________ ​M​  b,fi,t,Rk​​

(9)

Der Brandfall stellt eine außergewöhnliche Bemessungssituation dar. Das von Franssen, Schleich, Cajot und Azipiazu in [91] empfohlene Vorgehen zur Abbildung des Mittelwerts für den Brandfall hat sich etabliert. Die Kalibrierung des Bemessungsvorschlags orientiert sich hieran. In Bild 17 sind die Ergebnisse der statistischen Auswertung für Biegeknicken und Biegedrillknicken bei alleiniger Einwirkung der Hauptbeanspruchung (oben) und für N-My-Mz-Interaktionen (unten) grafisch dargestellt. Hierbei ist die normierte Häufigkeit der Abweichungen für den Bemessungsvorschlag mit einer Schrittweite von 1 % sowie, basierend auf den statistischen Kenngrößen, die Normalverteilung für den Bemessungsvorschlag und das Verfahren nach prEN 1993‑1‑2 illustriert. Sowohl für Biegeknicken als auch für Biegedrillknicken wird das Tragverhalten bei alleiniger Wirkung der Hauptbeanspruchung mit einem Mittelwert mit ​​ x ​ ̅    1,6  %​ bzw. ​​ x ​ ̅   1,0 %​und einer Standardabweichung von ​s    8,3  %​ bzw. ​s   9,1 %​gut abge-

235

bildet. Die Ergebnisse des Bemessungsvorschlages weisen eine geringere Streuung als das Verfahren gemäß prEN  1993‑1‑2 auf. Für die N-My-Mz-Interaktion (Bild 17, unten) kann der Bemessungsvorschlag die Beanspruchbarkeit zutreffender beschreiben als das Verfahren des Normenentwurfs. Der Mittelwert der Abweichungen beträgt ​​ x ​ ̅    4,1  %​ bzw. ​​ x ​ ̅    7,9  %​. Aufgrund der großen Variation an Belastungszuständen und dem damit verbundenen Tragverhalten nimmt die Streuung der Abweichungen mit Standardabweichungen von​ s    12,4  %​ bzw. ​s   17,9 %​zu. Die Streuung des Verfahrens nach prEN 1993‑1‑2 ist signifikant größer.

4.4.1.5 Fazit Das Nachweisverfahren von druck- und biegebeanspruchten Stahlbauteilen bei erhöhten Temperaturen wurde überarbeitet. Das überarbeitete Verfahren bildet das temperaturabhängige Stabilitätsverhalten zutreffend ab und wurde analog zu den aktuellen Stabilitätsnachweisen für normale Temperaturen entworfen. Der Praxis wird somit ein effizientes und einheitliches Bemessungsmodell für normale und erhöhte Temperaturen zur Verfügung gestellt. Die Implementierung der Verfahren in der zweiten Generation des Teils 1-2 von Eurocode 3 vor dessen bauaufsichtlicher Einführung wird angestrebt.

4.4.2 Biegedrillknicken als Knicken des Druckgurts 4.4.2.1 Einleitung Das Modell des knickenden Druckgurts wird zur Überprüfung der Biegedrillknicktragfähigkeit von Stahlquerschnitten mit druckbeanspruchten Flanschen eingesetzt. Hierbei wird der Widerstand gegen Biege­ drillknicken und die damit verbundene Rotation des Querschnitts überprüft, indem der Widerstand des druckbeanspruchten Flansches gegen seitliches Ausweichen in Form von Biegeknicken nachgewiesen wird (s.  Bild  18). Durch das einfach verständliche Modell und durch die einfache Anwendung wird dieses Verfahren bereits seit den 1950er-Jahren eingesetzt. Das in EN 1993-1‑1:2005 [69] geregelte Modell des knickenden Druckgurts basiert auf den Biegedrillknickkurven der DIN 18800-2:1990 [97]. Da die Nachweise für das Biegedrillknicken in EN 1993‑1‑1:2005 [69] und nachfolgend auch in prEN  1993‑1‑1:2020 [77] überarbeitet wurden, besteht keine stringente Konsistenz der Stabilitätsnachweise. Weiterhin haben Bureau und Beyer [98] herausgestellt, dass das Verfahren zu nichtkonservativen Bemessungsergebnissen führen kann, während Thiébaud und Lebet [99] gezeigt haben, dass das Modell insbesondere für Querschnitte mit dicken Flanschblechen zu deutlich unwirtschaftlichen Ergebnissen führen kann. Im Rahmen des Forschungsvorhabens Biegedrillknicken als Knicken des Druckgurtes – Konsistente Nachweise für geschweißte Träger im Kalt- und Warmzustand [100] wurde das Modell des knickenden Druckgurts

236

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Bild 17. Statistische Auswertung des Bemessungsvorschlags

den Stabilitätsnachweisen der prEN 1993‑1‑1 angepasst und sowohl für normale Temperaturen als auch für den Brandfall weiterentwickelt. Details sind in [101] dargestellt. Das Modell des knickenden Druckgurts für normale Temperaturen wurde bereits in prEN  1993‑1‑1 aufgenommen (siehe auch Stahlbaukalender 2020 [20]). Im Folgenden werden die Grundlagen sowie die Untersuchungen für das Modell des knickenden Druckgurts für den Brandfall vorgestellt.

4.4.2.2 Methodik Das überarbeitete Modell des knickenden Druckgurts basiert auf experimentellen und theoretischen Untersuchungen. Die analytische Herleitung des bestehenden

Verfahrens wurde kritisch untersucht und die Adaption auf den aktuellen Stand der Technik überprüft. Anhand von Eigenspannungsmessungen und Biege­ drillknickversuchen bei normalen Temperaturen [101] sowie Ergebnissen für den Brandfall aus der Literatur (bspw. [74, 93]) wurde ein numerisches Modell entwickelt und validiert. Mit diesem numerischen Modell wurde eine umfangreiche Simulationsstudie biege­ drillknickgefährdeter Träger durchgeführt. Das Tragverhalten wurde für normale und erhöhte Temperaturen analysiert und das Modell des knickenden Druckgurts durch einfach anwendbare analytische Ausdrücke angepasst.



Vereinfachte Bemessungsverfahren

237

Bild 18. Das Modell des knickenden Druckgurts

Bild 19. Fläche des äquivalenten Druckgurts, abhängig von dem Lastangriffspunkt

4.4.2.3 Überarbeitung des Verfahrens Bei der Überarbeitung des bestehenden Modells des knickenden Druckgurts wurde das Verfahren den in prEN  1993‑1‑1 enthaltenen Stabilitätsnachweisen und den zugehörigen Biegedrillknicklinien angepasst. Ausgangspunkt der Bemessung ist die Bestimmung des äquivalenten Druckgurts. Die Fläche des äquivalenten Druckgurts berücksichtigt erstmalig den Lastangriffspunkt und ist unterteilt für eine Lasteinleitung am Druckgurt, im Schubmittelpunkt oder am Zuggurt (s.  Bild  19). Durch die differenzierte Wahl des Ersatzquerschnitts werden mögliche abtreibende Effekte des Lastangriffspunkts berücksichtigt, um konservative Bemessungsergebnisse zu erzielen. Der Widerstand gegen Biegedrillknicken bei normalen Temperaturen ist durch den Abminderungsbeiwert für Biegeknicken des Druckgurts und den Querschnittswiderstand bei Biegung um die starke Querschnittsachse

zu ermitteln (siehe Gl. (10)). Die gleiche Methode kann für den Brandfall angewendet werden, wobei die Abminderungsbeiwerte für das Biegeknicken und die ­effektive Fließgrenze für erhöhte Temperaturen zu ermitteln sind (siehe Gl.  (14)). Zur Ermittlung der Abminderungsbeiwerte ist zunächst der bezogene Schlankheitsgrad für das Biegeknicken des äquivalenten Druckgurts zu bestimmen (Gl.  (11)). Nachfolgend ist der modifizierte bezogene Schlankheitsgrad entsprechend Gln.  (12) und (13) für normale Temperaturen oder Gln.  (15) und (16) für erhöhte Temperaturen zu bestimmen. Die Modifikation stellt eine Anpassung des bezogenen Schlankheitsgrades unter Berücksichtigung des Lastabtrags über Torsionswirkung dar. Durch die bei der Ermittlung des Beiwertes c, enthaltenen Reduktionsfaktoren für die effektive Fließgrenze und den Elastizitätsmodul kann direkt der modifizierte bezogene Schlankheitsgrad für erhöhte Temperaturen ermittelt werden.

238

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Beanspruchbarkeit gegen Biegedrillknicken für normale Temperaturen: ​f​  y​​ ​​M​  b,Rd​​   ​ ​  c,z​​   ​W​  y​​   ​  _  ​​   (10) ​ ​  M1​​ _



​A​  c​​   ​f​  y​​ ​​​  ​​ ̅ c,z​​   ​  ​  _ ​ ​​     ​N​  cr,c,z​​

(11)

​​​  ​​ ̅ c,z,mod​​   ​k​  c​​   ​ ​  c​​   ​​  ​​ ̅ c,z​​​

(12)

_



h    ​  0,06   ​ _ ​t​  max​​ _ ​​ ​  c​​   ​  ​     ​ ​    1,0​ ​t​  max​​  ​  ​​  ​​ ̅ c,z​​   ​  _ ​t​  min​​

(13)

Beanspruchbarkeit gegen Biegedrillknicken im Brandfall: ​f​  y, ​​ ​​M​  b, ,Rd​​   ​ ​  c, ,z​​   ​W​  y​​   ​  _  ​​   (14) ​ ​  M,fi​​ ​​​  ​​ ̅ c,

,z,mod​​ 

 ​k​  c​​   ​ ​  c, ​​   ​​  ​​ ̅ c,z​​​

(15)

______________



h _    ​  0,06   ​ _ ​k​  y, ​​ t ​ ​  ​​ max _____________ ​​ ​  c, ​​   ​  ​           ​ ​   ​ _  ​    ​ ​      2,0​ ​t​  max​​ ​ ​  E, ​​ k _  ​    1,2 ​​  ​​ ̅ c,z​​   ​  ​t​  min​​



(16)

In Bild 20 ist das Verfahren des knickenden Druckgurts für den Brandfall numerischen Berechnungsergebnissen gegenübergestellt. Auf der linken Seite sind die Auswertungen bei 550 °C für einen Einfeldträger mit Querschnitten HEB 200 und IPE 600 aus Baustahl S355 zu sehen. Das Modell des knickenden Druckgurts führt für beide Querschnitte zu konservativen Bemessungsergebnissen. Durch die Berücksichtigung der Torsions-

steifigkeit wird das Biegedrillknicktragverhalten sowohl für den schlanken als auch für den gedrungenen Querschnitt zutreffend abgebildet. In Bild  20b sind die Ergebnisse für einen einfachsymmetrischen Querschnitt bei 550 °C und 700 °C dargestellt. Das Modell des knickenden Druckgurts beschreibt bei beiden Temperaturen das Tragverhalten zutreffend. Insbesondere für den einfachsymmetrischen Querschnitt sind keine aufwendigen Querschnittswerte zu bestimmen, und es kann eine schnelle Bemessung im Brandfall durchgeführt werden.

4.4.2.4 Statistische Auswertung Das Modell des knickenden Druckgurts für erhöhte Temperaturen wurde statistisch ausgewertet. Hierzu wurden die Abweichungen der Abminderungsfaktoren für das Bemessungsmodell zu numerischen Simulationen bestimmt (siehe Gl. (17)). ​    1   ​ ​  c,z, ​​  ∕​ ​ ​  LT,

,FE​​​

(17)

In Bild 21b sind die absoluten Häufigkeiten der Abweichungen der durchgeführten Simulationen für erhöhte Temperaturen dargestellt. Insgesamt wurden 3122 Traglastsimulationen durchgeführt, die für das Bemessungsmodell zu einer mittleren Abweichung von 16,6 % mit einer Standardabweichung von 12,7 % führen. Zum Vergleich sind in Bild 21a, die Auswertungen von 1996 Traglastsimulationen bei normalen Temperaturen dargestellt. Der Mittelwert der Abweichungen beträgt 18,9 % und die Standardabweichung 10,6 %. Es werden somit vergleichbare Bemessungsergebnisse für das Modell des knickenden Druckgurts bei normalen und erhöhten Temperaturen erzielt.

Bild 20. a) Vergleich des Bemessungsmodells des knickenden Druckgurts mit numerischen Abminderungsfaktoren für verschiedene Querschnitte und b) unterschiedliche Temperaturen



Erweiterte Bemessungsverfahren

239

Bild 21. Absolute Häufigkeit der Abweichungen zwischen den Abminderungsbeiwerten nach dem Modell des knickenden Druckgurts zu numerisch ermittelten Abminderungsbeiwerten für a) normale Temperaturen und b) erhöhte Temperaturen

4.4.2.5 Fazit Das Modell des knickenden Druckgurts eignet sich für eine einfache und schnelle Bemessung biegedrillknickgefährdeter Stahlträger. Das überarbeitete Nachweisverfahren ist konsistent anwendbar für normale und

5

Erweiterte Bemessungsverfahren

5.1

Neuer Normentext

8 Erweiterte Bemessungsverfahren 8.1 Allgemeines (1) Erweiterte Bemessungsverfahren müssen auf grundlegenden physikalischen Gesetzmäßigkeiten beruhen, unter Verwendung lokaler Gleichgewichtsbedingungen, die an jedem Punkt der Struktur erfüllt sind. Anmerkung: Die Berechnungen werden mit numerischen Modellen auf der Grundlage von Finite-Elemente-Analysen oder anderen geeigneten fortgeschrittenen Verfahren durchgeführt. Die Lösung der Gleichungen eines erweiterten Bemessungsverfahrens führt zu der Bestimmung einer Größe in einer großen Anzahl von Punkten oder Knoten: z. B. den Temperaturen in einem Querschnitt, den Verschiebungen entlang eines Bauteils. (2) Alle möglichen Versagensarten, die durch das erweiterte Bemessungsverfahren nicht erfasst werden (z. B. lokales Beulen und Schubversagen), müssen durch entsprechende Maßnahmen ausgeschlossen werden. (3) Erweiterte Bemessungsverfahren dürfen separate Berechnungsmodelle beinhalten für die Bestimmung

erhöhte Temperaturen. Insbesondere der Tragwiderstand von Trägern mit einfachsymmetrischen Querschnitten kann aufgrund der Betrachtung eines äquivalenten Druckgurts zeitsparend und effizient ermittelt werden.

– der Entwicklung und Verteilung der Temperaturen in den Bauteilen (thermisches Verhaltensmodell) und – des mechanischen Verhaltens des Tragwerks oder Teilen davon (mechanisches Verhaltensmodell). (4) Erweiterte Bemessungsverfahren dürfen in Verbindung mit jeder thermischen Einwirkung angewendet werden, sofern die Werkstoffeigenschaften für die maßgebenden Temperaturentwicklungen bekannt sind. (5) Erweiterte Bemessungsverfahren dürfen auf jeden Querschnittstyp angewendet werden. (6) Erweiterte Bemessungsverfahren dürfen angewendet werden, wenn Informationen über die Spannungsund Dehnungsentwicklung, zu Verformungen und∕​ oder Temperaturfeldern erforderlich sind. 8.2 Thermische Analyse (1) Erweiterte Berechnungsmodelle für die thermische Analyse müssen auf anerkannten Prinzipien und Annahmen der Theorie der Wärmeübertragung beruhen. (2) Das thermische Verhaltensmodell muss berücksichtigen:

240

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

– die maßgebenden thermischen Einwirkungen nach EN 1991-1-2; – die temperaturabhängigen thermischen Werkstoffkennwerte, siehe 5.2. (3) Die Auswirkungen ungleichmäßiger Temperatureinwirkung und der Wärmeübertragung in angrenzende Bauteile dürfen gegebenenfalls berücksichtigt werden. (4) Die Einflüsse des Feuchtegehalts und des Feuchtigkeitstransports im [Anm. d. Verf. Brandschutz]material dürfen auf der sicheren Seite liegend vernachlässigt werden. 8.3 Mechanische Analyse (1) Erweiterte Berechnungsmodelle für die mechanische Analyse müssen auf anerkannten Prinzipien und Annahmen der technischen Mechanik beruhen. (2) Das mechanische Verhaltensmodell muss berücksichtigen: – die nach 8.2 berechneten Werkstofftemperaturen; – die temperaturabhängigen mechanischen Werkstoff­ eigenschaften, siehe 5.3. (3) Der Einfluss von thermisch bedingten Zwängungen und Spannungen infolge von Erwärmung und Temperaturgradienten sollte berücksichtigt werden. (4) Das mechanische Verhaltensmodell sollte zusätzlich erfassen: – geometrische Imperfektionen; – Einflüsse aus geometrischen Nichtlinearitäten; – nichtlineares Werkstoffverhalten, einschließlich der Auswirkung von Be- und Entlastung auf die Tragwerkssteifigkeit.

5.2

Brandbemessung mit erweiterten Bemessungsverfahren

Im Rahmen von erweiterten Bemessungsverfahren, sog. Level-3-Verfahren, werden computergestützte und überwiegend finite-elemente-basierte Strukturanalysen durchgeführt, mit welchen eine Beurteilung des Brandverhaltens von Tragwerken erfolgen kann. Da zur Simulation von Konstruktionen bei verschiedenen Brandszenarien gegenwärtig immer leistungsstärkere Software-Lösungen und Tools entwickelt werden respektive bereits zur Verfügung stehen, gewinnen diese Verfahren in der Ingenieurpraxis zunehmend an Bedeutung. Aus diesem Grund wurde entschieden, im Entwurf prEN 1993‑1‑2:2020 [8] ein eigenständiges Kapitel für erweiterte Bemessungsverfahren aufzunehmen. Die Änderungen gegenüber dem aktuellen Inhalt in Abschnitt  4.3 von EN  1993‑1‑2 [9] beschränken sich auf die Struktur und Reihenfolge. Inhaltliche Anpassungen wurden nicht vorgenommen. Bild  22 zeigt schematisch die grundlegenden Schritte erweiterter Bemessungsverfahren zur Prognose des Brandverhaltens. Neben dem Strukturmodell zur Berechnung von Kraft- und Verformungsgrößen sowie Feuerwiderständen beinhaltet es ein Brandmodell und ein thermisches Modell. Die drei Modelle sind im We-

(5) Die Kompatibilität zwischen allen Teilen des Tragwerks muss durch das Berechnungsverfahren berücksichtigt werden. (6) Die mit dem Berechnungsverfahren bestimmten Verformungen dürfen kein Versagen durch Verlust der Auflagerung einzelner Bauteile verursachen. (7) Unter der Voraussetzung, dass die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen nach 5.3 verwendet werden, kann das thermische Kriechen vernachlässigt werden. (8) Falls in entsprechenden Produktnormen nicht anders geregelt, muss für die Analyse von Einzelbauteilen eine sinusförmige Anfangsimperfektion mit einem Maximalwert von L∕​1000 in Bauteilmitte angesetzt werden, wobei L die Länge des Bauteils ist. 8.4 Überprüfung erweiterter Bemessungsverfahren (1) Erweiterte Berechnungsmodelle sollten anhand entsprechender Versuchsergebnisse auf ihre Genauigkeit untersucht werden. (2) Berechnungsergebnisse dürfen sich auf Temperaturen, Verformungen und Feuerwiderstandsdauern beziehen. (3) Um sicherzustellen, dass das Modell die grundsätzlichen Anforderungen erfüllt, sollten die Werte der kritischen Parameter durch Sensitivitätsanalysen geprüft werden. Anmerkung: Kritische Parameter können z. B. Knicklängen, Abmessungen und Lastniveaus sein.

sentlichen und für die meisten Anwendungsfälle entkoppelt. Eine Vielzahl von Eingangsparametern sind allerdings zeit-, temperatur- und∕​oder ratenabhängig und variieren über die Branddauer. Ergänzende Angaben für erweiterte Strukturanalysen (strukturmechanisches Modell) mit computergestützten Verfahren sind zukünftig im neuen Teil 1‑14 des Eurocodes  3 enthalten. Der Normenentwurf prEN 1993‑1‑14: Design assisted by finite element analysis wurde von der Working Group CEN∕​TC  250∕​ SC 3∕​WG 22 ausgearbeitet und lag zum Entstehungszeitpunkt dieses Beitrages als „Final Draft“ Version [14] vor. Der Entwurf dieses neuen Eurocode-Teils enthält erweiterte Informationen und Regelungen für die Anwendung fortgeschrittener numerischer Simulationen. Für eine realitätsnahe Simulation von Beanspruchungsszenarien sind numerische Modelle essenziell, welche das Tragverhalten zutreffend abbilden. Der zusätzliche Teil 1‑14 des Eurocodes soll Anwender:innen u. a. Hinweise zur Modellbildung geben. Der Inhalt von prEN 1993‑1‑14 ist in Tabelle 8 zusammengefasst. Der Aufbau des Normenteils orientiert sich dabei im Hinblick auf die angestrebte strukturelle Harmonisierung aller Eurocode-Teile an den bereits überarbeiteten Teilen. Auf Empfehlung der für die Brandbemessung



Erweiterte Bemessungsverfahren

241

Bild 22. Schematischer Ablauf von erweiterten Bemessungsverfahren

Tabelle 8.  Aufbau von prEN 1993‑1‑14 Europäisches Vorwort Einleitung 1

Anwendungsbereich

2

Normative Verweise

3

Begriffe, Definitionen und Symbole

4

Grundlagen der Bemessung und Modellierung

5

Modellierung

6

Analyse

7

Validierung und Verifizierung

8

Bemessungsmethoden

9

Dokumentation

10

Literaturverzeichnis

Anhang A

Berechnung des Modellfaktors ( FE)

Anhang B

Spannungskonzentrationen

Anhang C

Grenzwerte für die maximale Dehnung von Balkenelementen

verantwortlichen Arbeitsgruppe hat die Kommission CEN∕​TC 250∕​SC 3 entschieden, die brandschutzspezifischen Aspekte und Regelungen, z. B. die temperaturabhängigen Werkstoffeigenschaften, in prEN 1993‑1‑2 zu belassen.

242

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

6

Anhang C Nichtrostender Stahl

6.1

Neuer Normentext

Anhang C (normativ) Nichtrostender Stahl C.1 Allgemeines (1) Die thermischen und mechanischen Werkstoffeigenschaften von austenitischen, austenitisch-ferritischen (Duplex) und ferritischen nichtrostenden Stählen sind in diesem Anhang angegeben. Anmerkung: Austenitisch-ferritischer nichtrostender Stahl wird allgemein als Duplex-Stahl bezeichnet. Der Begriff Duplex-Stahl wird in diesem Anhang verwendet. (2) Die in diesem Anhang angegebenen Werte der mechanischen Werkstoffeigenschaften sollten als charakteristische Werte betrachtet werden. (3) Die mechanischen Werkstoffeigenschaften von nichtrostendem Stahl bei 20 °C sollten EN 1993-1-4 für die Bemessung bei Normaltemperatur entnommen werden. C.2 Thermische Werkstoffeigenschaften C.2.1 Emissivität (1) Die Emissivität einer Oberfläche aus nichtrostendem Stahl sollte zu m 0,4 angenommen werden. C.2.2 Wärmeleitfähigkeit (1) Die Wärmeleitfähigkeit von nichtrostendem Stahl darf wie folgt bestimmt werden: Für austenitischen und Duplex-Stahl:

a

​​ ​  a​​     14,6   1,27   ​  10​​  2​ ​ ​  a​​​ W∕​(mK) (C.1) Für ferritischen Stahl:

C.3 Mechanische Werkstoffeigenschaften C.3.1 Spannungs-Dehnungs-Beziehung (1) Die Spannungs-Dehnungs-Beziehung von nichtrostendem Stahl bei erhöhten Temperaturen sollte wie folgt beschrieben werden: ​n​  ​​ ​ ​  ​​ ​ ​  ​​ ​​ ​  ​​      ​  _  ​     0,002 ​​ ​  _  ​ ​​​  ​​ ​​für  ​  ​​     ​ f​​  p,0.2, ​​​    (C.5) ​E​  a, ​​ [​f​  p,0.2, ​​ ] ​ ​  ​​   ​f​  p,0.2, ​​ ​f​  u, ​​   ​f​  p,0.2, ​​  ​      ​ ​ ​  u, ​​   ​ ​  p,0.2, ​​   ​  _  ​ ​​ ​  ​​      ​  _      ​  ​E​  p,0.2, ​​ ​E​  p,0.2, ​​ ) ( ​ ​  ​​   ​f​  p,0.2, ​​  ​ ​​​  ​ ​   ​  p,0.2, ​​    ​   ​​ ​  _  ( ​f​  u, ​​   ​f​  p,0.2, ​​ ) ​m​  ​​

​​für f​  p,0.2, ​​ ​    ​  ​​ ​   f ​  u, ​​​

Dabei ist die Spannung bei der Temperatur a die Dehnung bei der Temperatur a Ea, die Steigung im elastischen Bereich bei der Temperatur a fp,0.2, die Fließspannung bei 0,2 % plastischer Dehnung p,0.2, die zu fp,0.2, gehörige Gesamtdehnung Ep,0.2, der Tangentenmodul bei fp,0.2, , definiert als: ​E​  a, ​​  ​​ (C.7)      ​​E​  p,0.2, ​​   ​  ________________ ​E​  a, ​​  ​ ​1   0,002 n​   ​​ ​  _   ​f​  p,0.2, ​​ die zur Zugfestigkeit fu, gehörige Dehnung (​0,02   ​ ​  u, ​​   ​ ​  u​​​) ​f​  2, ​​ ​​ ​  u, ​​     1   ​  _  ​​ ​f​  u, ​​ u,



für austenitische und Duplex-Stähle

​​ ​  a​​     20,4   2,28   ​  10​​  ​  a​​   1,54   ​  10​​  W∕​(mK) (C.2)

​f​  2, ​​ ​​ ​  u, ​​     0,6   ​ 1   ​  _  ​ ​ ​ [ ​f​  u, ​​ ]

Dabei ist a die Stahltemperatur [°C].

für ferritische Stähle

2​ ​

5​ ​ ​  2​​​  a

C.2.3 Spezifische Wärmekapazität (1) Die spezifische Wärmekapazität von nichtrostendem Stahl ca darf wie folgt ermittelt werden: Für austenitischen und Duplex-Stahl: ​​c​  a​​     450   0,28   ​ ​  a​​   2,91   ​  10​​  4​ ​ ​  2a​ ​     1,34   ​  10​​  7​ ​ ​  3a​​​  J∕​(kgK) (C.3) Für ferritischen Stahl: ​​c​  a​​     430   0,26   ​ ​  a​​​ J∕​(kgK) (C.4) Dabei ist a die Stahltemperatur [°C].

(C.6)

(C.8)

(C.9)

Dabei ist f2, die Spannung bei 2 % Gesamtdehnung bei der Temperatur a n , m Exponenten zur Definition des Grades der Nichtlinearität des Materials bei der Temperatur a







​f​  2, ​​   ​f​  p,0.2, ​​ ⎞  ​     ​ 0,02   ​ ​  p,0.2, ​​   ​ ​  _ [ ​E​  p,0.2, ​​ ] ln ​ ​   ________________________         ​​  ​f​  u, ​​   ​f​  p,0.2, ​​  ​ ​ ​  u, ​​   ​ ​  p, ​​   ​ ​  _     ​ [ ​E​  p,0.2, ​​ ] ⎠ ⎝ ​​ ​  ​​     ​  ____________________________ m          ​​ ​f​  2, ​​   ​f​  p,0.2, ​​  ​ ​ ln ​ ​  _  ( ​f​  u, ​​   ​f​  p,0.2, ​​ )

jedoch: ​1,5   ​m​​   ​​   5​für alle nichtrostenden Stähle (C.10)



Anhang C Nichtrostender Stahl

Für n können die Werte der Bemessung bei Normaltemperatur verwendet werden: n 7 für austenitische Stähle n 8 für Duplex-Stähle n 14 für ferritische Stähle (2) Die Spannungs-Dehnungs-Beziehung aus (1) sollte für die Berechnung der Tragfähigkeiten bei Zug‑, Druck-, Momenten- und Schubbeanspruchung verwendet werden. (3) Bei Erwärmungsgeschwindigkeiten zwischen 2  K∕min und 50  K∕​min sollten in den Gleichungen (C.5) und (C.6) die Abminderungsfaktoren für die Festigkeits- und Steifigkeitseigenschaften aus Tabelle  C.1 für die maßgebende Gruppe der nichtrostenden Stählen verwendet werden. Diese Abminderungsfaktoren sind wie folgt definiert: kp0.2, ist der Abminderungsfaktor für die Fließspannung bei 0,2 % plastischer Dehnung 20 °C bei der Temperatur , d. h.: ​​k​  p0.2, ​​ ​   f ​  p0.2, ​​ ​∕​f​  y​​​

(C.11)

k2, ist der Abminderungsfaktor für die effektive Fließspannung bei 2 % Gesamtdehnung bei der Temperatur , d. h.:

​​k​  2, ​​ ​    f​  2, ​​  ∕​ ​ f​  y​​​ jedoch fp0.2, f2,

243

fu, (C.12)

ku, ist der Abminderungsfaktor für die Zugfestigkeit bei der Temperatur , d. h.: ​​k​  u, ​​ ​    f​  u, ​​  ∕​ ​ f​  u​​​

(C.13)

kE, ist der Abminderungsfaktor für die Steigung im linear-elastischen Bereich bei der Temperatur , d. h.: ​​k​  E, ​​ ​   E​  a, ​​ ​∕​E​  a​​​

(C.14)

Dabei ist Ea der Elastizitätsmodul bei Normaltemperatur ( 200 103 N∕​mm2); fy die Streckgrenze (Fließspannung bei 0,2 % plastischer Dehnung) bei Normaltemperatur; fu die Zugfestigkeit bei Normaltemperatur. (4) Für kaltverformte Werkstoffe oder für Werkstoffe mit erhöhter Festigkeit infolge von Kaltumformung bei der Herstellung des Profils sollten die folgenden Abminderungsfaktoren für Erwärmungsgeschwindigkeiten zwischen 2  K∕​min und 50  K∕​min verwendet werden:

​​k​  p0.2, ,CF​​ ​   k​  p0.2, ​​​ ​200       700   C​ ​​k​  p0.2, ,CF​​     0,8   ​k​​  p0.2, ​​​ ​    800   C​ ​​ ​  2, ,CF​​ ​   k​  2, ​​​ ​200       700   C​ ​​k​  2, ,CF ​​   0,9   ​k​​  2, ​​​ ​    800   C​ k ​​k​  u, ,CF ​​ ​  k​  u, ​​​ für alle Temperaturen ​​k​  E, ,CF​​ ​   k​  E, ​​​ für alle Temperaturen Dabei steht der Index CF für kaltverformte Werkstoffe (Englisch: Cold Formed). Tabelle C.1. Abminderungsfaktoren für Festigkeit und Steifigkeit bei erhöhten Temperaturen Temperatur [°C]

Abminderungs­faktor kp0,2,

Abminderungs­faktor k2,

Abminderungs­faktor ku,

Abminderungs­faktor kE,

Austenitisch I 1.4301, 1.4307, 1.4318 20

1,00

1,31

1,00

1,00

100

0,78

1,02

0,81

0,96

200

0,65

0,88

0,72

0,92

300

0,60

0,82

0,68

0,88

400

0,55

0,78

0,66

0,84

500

0,50

0,73

0,61

0,80

600

0,46

0,68

0,54

0,76

700

0,38

0,54

0,40

0,71

800

0,25

0,35

0,25

0,63

900

0,15

0,18

0,13

0,45

1000

0,07

0,08

0,08

0,20

1100

0,05

0,06

0,05

0,10

244

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Austenitisch II 1.4401, 1.4404, 1.4541 20

1,00

1,19

1,00

1,00

100

0,86

1,13

0,87

0,96

200

0,72

0,98

0,80

0,92

300

0,67

0,92

0,78

0,88

400

0,62

0,85

0,77

0,84

500

0,60

0,82

0,74

0,80

600

0,56

0,75

0,67

0,76

700

0,50

0,68

0,51

0,71

800

0,41

0,50

0,34

0,63

900

0,22

0,26

0,19

0,45

1000

0,14



0,10

0,20

1100

0,07



0,07

0,10

20

1,00

1,31

1,00

1,00

100

0,89

1,16

0,88

0,96

200

0,82

1,07

0,81

0,92

300

0,77

1,01

0,79

0,88

400

0,72

0,95

0,79

0,84

500

0,69

0,91

0,77

0,80

600

0,65

0,85

0,71

0,76

700

0,59

0,76

0,57

0,71

800

0,51

0,63

0,38

0,63

900

0,29

0,38

0,23

0,45

1000

0,15

0,18

0,10

0,20

Austenitisch III 1.4571

Duplex I 1.4362, 1.4062, 1.4482 20

1,00

1,15

1,00

1,00

100

0,83

0,94

0,94

0,96

200

0,75

0,82

0,87

0,92

300

0,69

0,77

0,79

0,88

400

0,58

0,70

0,70

0,84

500

0,43

0,59

0,59

0,80

600

0,27

0,45

0,47

0,76

700

0,14

0,28

0,33

0,71

800

0,07

0,14

0,20

0,63

900

0,04

0,05

0,09

0,45



Anhang C Nichtrostender Stahl

Duplex II 1.4462, 1.4162, 1.4662 20

1,00

1,12

1,00

1,00

100

0,82

0,96

0,96

0,96

200

0,70

0,86

0,91

0,92

300

0,65

0,82

0,88

0,88

400

0,60

0,76

0,82

0,84

500

0,53

0,67

0,71

0,80

600

0,42

0,55

0,56

0,76

700

0,27

0,37

0,38

0,71

800

0,15

0,21

0,22

0,63

900

0,07

0,11

0,14

0,45

1000

0,01

0,03

0,06

0,20

Ferritisch I 1.4509, 1.4521, 1.4621 20

1,00

1,12

1,00

1,00

100

0,88

1,01

0,93

0,98

200

0,83

0,99

0,91

0,95

300

0,78

0,92

0,88

0,92

400

0,73

0,90

0,82

0,86

500

0,66

0,86

0,78

0,81

600

0,53

0,71

0,64

0,75

700

0,39

0,48

0,41

0,54

800

0,10

0,13

0,11

0,33

900

0,04

0,04

0,03

0,21

1000

0,02

0,02

0,01

0,09

20

1,00

1,19

1,00

1,00

100

0,93

1,12

0,93

0,98

200

0,91

1,09

0,89

0,95

300

0,89

1,07

0,87

0,92

400

0,87

1,05

0,84

0,86

500

0,75

1,01

0,82

0,81

600

0,43

0,48

0,33

0,75

700

0,16

0,18

0,13

0,54

800

0,10

0,12

0,09

0,33

900

0,06

0,09

0,07

0,21

1000

0,04

0,06

0,05

0,09

Ferritisch II 1.4003, 1.4016

245

246

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

C.3.2 Thermische Dehnung (1) Die thermische Dehnung von nichtrostendem Stahl L∕​L für den Temperaturbereich von 20 °C bis 1000 °C sollte wie folgt bestimmt werden: Austenitische nichtrostende Stähle: L (​ 16,54   3,58   ​  10​​  3​ ​ ​  a)​​ ​   ​   ( ​  a​​   20) _ ​​   ​    ​  _____________________________         ​​ (C.15) L ​10​​  6​ Duplex-Stähle: L (​ 12,98   4,14   ​  10​​  3​ ​ ​  a)​​ ​   ​   ( ​  a​​   20)         ​​ (C.16) ​   ​  _ ​    ​  _____________________________ L ​10​​  6​ Austenitische nichtrostende Stähle: 9,87   3,89   ​  10​​  3​ ​ ​  a)​​ ​   ​   ( ​  a​​   20) L (​____________________________     ​​ (C.17) ​   ​  _ ​    ​      L ​10​​  6​ Dabei ist L die Länge bei 20 °C; L die temperaturbedingte Längenänderung; die Stahltemperatur (°C). a C.3.3 Rohdichte (1) Es darf angenommen werden, dass die Rohdichte von nichtrostendem Stahl a unabhängig von der Temperatur ist. Der folgende Wert darf verwendet werden: ​​ ​  a​​   7850 ​kg∕​m​​  3​​ Anmerkung: Genauere Werte für die Rohdichte einzelner Stahlsorten enthält EN 10088‑1. C.4 Vereinfachte Bemessungsverfahren C.4.1 Allgemeines (1) Sofern nicht anders angegeben, gelten Angaben für Kohlenstoffstahl aus 7 mit Ausnahme der nachstehenden Angaben. Als charakteristische Werkstofffestigkeit ist die Festigkeit bei 2 % Gesamtdehnung, f2, , für alle Querschnittsklassen anzusetzen. C.4.2 Querschnittsklassifizierung C.4.2.1 Klassifizierung druckbeanspruchter Querschnittsteile (1) Druckbeanspruchte Teile eines Querschnitts sollten abhängig vom bezogenen Beulschlankheitsgrad für erhöhte Temperaturen ​​  ​​̅p, nach C.4.2.2(1) als gedrungen (d. h. voll wirksam) oder schlank eingestuft werden. Der bezogene Beulschlankheitsgrad für erhöhte Temperaturen _ ist dabei definiert als: ​f​  y​​ ​b ​̅ ∕   ​ t ​​​  ​​ ̅ p, ​​ ​    ​  ​​ ​  ​  _   ​ ​      ​  ___________  ​​ (C.18)  _  ​ ​  cr​​ 28,4   ​ ​  fi​​ ​√ ​k​  ​​ ​ 



Dabei_ ist ​​ ​  ​​   ​√ ​k​  2, ​​  ∕​ ​k​  E,   ​​ ​​ der Faktor zur Berücksichtigung erhöhter Temperaturen; t die relevante Bauteildicke; k der Beulbeiwert in Abhängigkeit vom Spannungsverhältnis und den Randbedingungen nach EN 1993‑1‑5:2022, Tabelle 4.1 oder Tabelle 4.2; _ ​​   b​​ die wirksame Breite.

235 ​​ ​  fi​​     ​​ _ ​   ​   ​​​  ​ ​∕​ ​  ​​​ [ ​f​  y​​ ] 2

(C.19)

(2) Alternativ dürfen die folgenden konstanten Werte für verwendet werden: ​​ ​  ​​     1,00​ für austenitischen Stahl I und II, Duplex Stahl I und II, ferritischen Stahl I; ​​ ​  ​​     1,10​ für austenitischen Stahl III und ferritischen Stahl II. (3) Druckbeanspruchte Querschnittsteile mit ​​​  ​​ ̅ p, ​​      ​​  ​​ ̅ p,0, ​​​ sollten als gedrungen klassifiziert werden. Druckbeanspruchte Querschnittsteile, welche das Kriterium für gedrungen nicht erfüllen (d. h. ​​​  ​​ ̅ p,   ​​   ​​  ​​ ̅ p,0, ​​​) sollten als schlank klassifiziert werden. Dabei sollte ​​​  ​​ ̅ p,0, ​​​ nach C.4.2.2(1) bestimmt werden. (4) Ein Querschnitt sollte als schlank klassifiziert werden, wenn eines der druckbeanspruchten Querschnittsteile als schlank einzustufen ist. Ein Querschnitt sollte nur dann als gedrungen klassifiziert werden, sofern alle Querschnittsteile als gedrungen einzustufen sind. (5) Zur Ermittlung des Bemessungswertes der Tragfähigkeit sollten die Querschnittswerte nach Tabelle C.2 in Abhängigkeit von der Querschnittsklasse verwendet werden. Aeff und Weff sind die wirksame Querschnittsfläche und das wirksame Widerstandsmoment und sind für schlanke Querschnitte mit wirksamen Breiten nach C.4.2.2 zu bestimmen. Tabelle C.2. Querschnittswerte zur Berechnung des Bemessungswiderstands Querschnittsklasse

gedrungen

schlank

Querschnittsfläche Ai

A

Aeff

Widerstandsmoment Wy

Wpl,y

Weff,y

Widerstandsmoment Wz

Wpl,z

Weff,z

C.4.2.2 Wirksame Breiten bei schlanken Querschnitten (1) Bei schlanken Querschnitten dürfen die wirksamen Breiten verwendet werden, um die erforderlichen Abminderungen der Tragfähigkeit durch lokales Beulen nach EN 1993-1-5:2022, 4.4(1) bis (5) zu berücksichtigen, jedoch sollten die folgenden Abminderungsfaktoren verwendet werden: Beidseitig gestützte Druckelemente: Austenitisch ​    1,0​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​ 0,54 0,015(3    ) _ _       ​         ​  ___________    ​     ​  ___________  ​​ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  0,75​ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  1,5​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​

(C.20) _______________

_

0,0279     0,015  ​ ​)​​  1,33​ ​√ ​ ​  ​​ ​​   mit ​​​  ​​ ̅ p0, ​​     (0,27    ​√   

(C.21)



Duplex und Ferritisch

C.4.3.2 Druckbeanspruchte Bauteile (1) Der Bemessungswert der Biegeknickbeanspruchbarkeit Nb,fi,t,Rd zum Zeitpunkt t eines druckbeanspruchten Bauteils mit gleichmäßiger Temperatur a sollte ermittelt werden mit:

​    1,0​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​ 0,6 0,015(3    ) ___________ _ _       ​         ​     ​     ​  ___________  ​​ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  0,75​ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  1,5​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​

(C.22) ______________

_

     0,015  ​ ​)​​  1,33​ ​√ ​ ​  ​​ ​​   mit ​​​  ​​ ̅ p0, ​​     (0,3    ​√ 0,045  

(C.23)

Einseitig gestützte Druckelemente: austenitisch

0,6 0,075 _ _   ​​       ​         ​  ___________    ​     ​  ___________ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  0,6​ ( ​​  ​​ ̅ p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  1,2​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​

(C.24) _

mit ​​​  ​​ ̅ p0, ​​     0,237 ​√ ​ ​  ​​ ​​  

(C.25)

Duplex und ferritisch ​    1,0​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​ 0,67 0,075 _ _   ​​       ​         ​  ___________    ​     ​  ___________ 0,6 ̅ ̅ ( ​​  ​​  p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  ​ ( ​​  ​​  p, ​​  ∕​ ​√ ​ ​  ​​ ​ ​ )​​  1,2​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​

(C.26) _

mit ​​​  ​​ ̅ p0, ​​     0,344 ​√ ​ ​  ​​ ​​  

(C.27)

C.4.3 Widerstand C.4.3.1 Zugglieder (1) Der Bemessungswert der Tragfähigkeit Nfi, ,Rd oder Nfi,t,Rd eines auf Zug beanspruchten Bauteils sollte nach Gleichung (7.5) oder (7.6) berechnet werden, wobei ky, durch k2, zu ersetzen ist. Die folgende Bedingung sollte darüber hinaus eingehalten sein: ,Rd  ​​ 

 ​N​​  t,Rd​​ ​  oder N​  fi,t,Rd​​     ​N​​  t,Rd​​​

  ​ ​  fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​ f​  y​​ ​​N​  b,fi,t,Rd​​     ​  _  ​      ​N​​  t,Rd​​​   ​ ​  M,fi​​ für gedrungene Querschnitte ​ ​  fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​ f​  y​​  ​      ​N​​  t,Rd​​​ ​​N​  b,fi,t,Rd​​      ​  _   ​ ​  M,fi​​

0

und

(C.30)

Dabei ist k2, der Abminderungsfaktor der Festigkeit bei der Temperatur a nach Tabelle C.1; der Abminderungsfaktor für das Biegeknicken fi im Brandfall nach C.4.3.2(2); Aeff die wirksame Querschnittsfläche berechnet in Übereinstimmung mit C.4.2.2. (2) Für den Wert fi sollte der kleinere der beiden Werte y,fi and z,fi unter Berücksichtigung von Biegeknicken, Drillknicken und Biegedrillknicken unter Normalkraft verwendet werden. Der Wert fi sollte bestimmt werden nach: 1 _ ​​ ​  fi​​   ​ _______________       ​​ (C.31) 2 ​ ​  ​​      ​  ​ ​  2 ​  ​     ​​  ​​ ̅    ​ ​​ 



mit

​​ ​  ​​   0,5​[1

 ​​  ​​ ̅ ​​     ​​  ​​ ̅  ​]​  ​​ 2

(C.32)

Dabei ist definiert in Tabelle C.3; der Imperfektionsbeiwert für erhöhte Temperaturen, welcher wie folgt berechnet werden kann: ​​      ​  0​​ ​∕​ ​  ​​​

(C.33)

mit

(C.28)

0 0

Tabelle C.3 Werte für

(C.29)

für schlanke Querschnitte

​    1,0​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​     ​​  ​​ ̅ p0, ​​​

​​N​  fi,

247

Anhang C Nichtrostender Stahl





nach Tabelle C.3; Beiwert für erhöhte Temperaturen nach C.4.2.1(1).

für Biegeknicken, Drillknicken und Biegedrillknicken unter Normalkraft

Querschnitt

Achse

Austenitisch

warmgewalzte und kalt­ geformte Hohlquerschnitte

beide

0,80

0,75

0,60

0,80

0,40

1,00

geschweißte oder warm­ gewalzte offene Querschnitte

stark

0,90

1,00

0,55

1,00

0,55

1,00

schwach

0,90

1,50

0,55

1,50

0,55

1,50

andere Querschnitte

beide

1,00

1,50

1,00

1,50

1,00

1,50

0

Duplex

Ferritisch

0

0

248

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

_ Der angepasste bezogene Schlankheitsgrad ​​​  ​​  ​​​ für die Temperatur a sollte berechnet werden nach: _ _ ​​​  ​​  ​​   ​ ​  ​​ ​ ​​  für alle Querschnittsklassen (C.34) _ Dabei ist der bezogene Schlankheitsgrad ​​  ​​gegeben mit: _

​​  ​̅



​Af​  y​​  ​  ​  _   ​ ​​ ​N​  cr​​

für gedrungene Querschnitte

für gedrungene Querschnitte

(C.35)

_



​A​  eff​​ ​ f​  y​​ ​​  ​̅  ​  ​  _ ​ ​​    ​N​  cr​​ (C.36)

Dabei ist Ncr die ideale Verzweigungslast für den maßgebenden Stabilitätsfall gerechnet mit den Abmessungen des Bruttoquerschnitts unter Verwendung der Knicklänge für den Brandfall. (3) Wenn die Temperatur des Bauteils ungleichmäßig ist, kann die Beanspruchbarkeit unter Druck konservativ bestimmt werden, indem eine gleichmäßige Temperatur angenommen wird, die der maximalen Temperatur im Bauteil entspricht. C.4.3.3 Träger (1) Die Bemessungswerte der Momententragfähigkeit Mfi, ,Rd oder Mfi,t,Rd eines Querschnitts sollten für alle Querschnittsklassen nach Gleichung (7.15) oder (7.16) ermittelt werden, wobei ky, durch k2, für alle Querschnittsklassen zu ersetzen ist. Dabei sollte folgende Bedingung erfüllt sein: ,Rd

Mc,Rd und Mfi,t,Rd

Mc,Rd (C.37)

(2) Alternativ kann der Bemessungswert der Momententragfähigkeit Mfi,t,Rd zum Zeitpunkt t für ein Bauteil mit ungleichmäßiger Temperaturverteilung für alle Tabelle C.4. Werte von

(C.38)

​ ​  LT,fi​​ ​W​  eff​​ ​k​  2, ,com​​ ​ f​  y​​  ​      ​M​​  c,Rd​​​    ​​M​  b,fi,t,Rd​​      ​  _______________ ​ ​  M,fi​​ für schlanke Querschnitte

für schlanke Querschnitte

Mfi,

Querschnittsklassen nach 7.4.3(3) bestimmt werden, jedoch mit Mfi, ,Rd gemäß C.4.3.3(1). (3) Der Bemessungswert der Biegedrillknickbeanspruchbarkeit Mb,fi,t,Rd zum Zeitpunkt t eines seitlich nicht gehaltenen Trägers sollte berechnet werden mit: ​ ​  LT,fi​​ ​W​  pl,y​​ ​k​  2, ,com​​ ​ f​  y​​ ​​M​  b,fi,t,Rd​​      ​  ________________  ​      ​M​​  c,Rd​​​    ​ ​  M,fi​​

LT,0 für

(C.39)

Dabei ist LT,fi der Abminderungsfaktor für Biegedrillknicken im Brandfall nach C.4.3.3(4); k2, ,com der Abminderungsfaktor der Festigkeit für erhöhte Temperaturen im Druckflansch a,com nach Tabelle C.1. (4) Der Wert von LT,fi sollte nach folgenden Gleichungen berechnet werden: 1 ___________________________ _________________  ​​ ​​ ​  LT,fi​​    ​         2 2 ​ ​  LT, ,com​​    ​     ​ ​  LT,  ​   –  ​​  ​​ ̅ LT,  ​    ​ ,com​  ,com​ 



aber

LT,fi

1

(C.40)

mit ​​ ​  LT,

,com​​ ​

 0,5 [1    ​  LT​​ ​​  ​​ ̅ LT,

,com​​   

2

  ​​  ​​ ̅ LT,  ​  ]​ ,com​ 

(C.41)

LT ist der Imperfektionsbeiwert für Biegedrillknicken bei erhöhten Temperaturen, welcher wie folgt bestimmt wird: LT

LT,0∕​ ,com (C.42)

Dabei ist LT,0 definiert in Tabelle C.4.; ,com der temperaturabhängige Beiwert nach C.4.2.1(1) für die maximale Stahltemperatur im Druckflansch a,com zum Zeitpunkt t.

Biegedrillknicken

Querschnitt

Austenitisch

Duplex

Ferritisch

LT,0

LT,0

LT,0

geschweißte oder warmgewalzte offene Querschnitte

0,64

0,45

0,40

warmgefertigte oder kaltverformte ­Hohlquerschnitte

0,34

0,34

0,34

andere Querschnitte

0,76

0,76

0,76



Anhang C Nichtrostender Stahl

Der bezogene Schlankheitsgrad für das Biegedrillknicken ​​​  ​​ ̅ LT, ​​​ bei der Stahltemperatur a ist gegeben durch: ​​​  ​​ ̅ LT,

,com​​ ​

  ​ 

,com​​ ​​  ​​ ̅ LT​​​

für alle Querschnittsklassen

(C.43)

Der bezogene Schlankheitsgrad für das Biegedrillknicken ​​​  ​​ ̅ LT​​​ ist gegeben durch: _



​W​  pl,y​​ ​ f​  y​​ ​​​  ​​ ̅ LT​​    ​  ​  _  ​ ​​    ​M​  cr​​ für gedrungene Querschnitte _



(C.44)

​W​  eff,y​​ ​ f​  y​​  ​ ​​  ​​​  ​​ ̅ LT​​    ​  ​  _   ​M​  cr​​ für schlanke Querschnitte

(C.45)

Dabei ist Mcr das ideale Biegedrillknickmoment, gerechnet mit den Abmessungen des Bruttoquerschnitts und unter Berücksichtigung der Belastungssituation, der tatsächlichen Momentenverteilung und seitlicher Halterungen. (5) Um die Auswirkungen der Momentenverteilung zwischen seitlichen Halterungen zu berücksichtigen, darf der Abminderungsfaktor LT,fi wie folgt angepasst werden: ⎧ ​ ​  LT,fi,mod​​     1,0 ⎪ ​ ​  LT,fi​​ _ 1 ​ ​​​ (C.46) ​​ ​  LT,fi,mod​​    ​   ​​  ​​ ​       jedoch ⎨ _  ​ f ⎪​ ​  LT,fi,mod​​      ​  2     ​​  ​​ ̅ LT,  ​ ⎩ ,com​ 

Die folgenden Gleichungen sollten zur Bestimmung von f verwendet werden: austenitisch: ​f   1   0,83 (​ 1   ​k​  c​​)​   0,67​

(C.47)

Duplex: ​f   1   0,67 (​ 1   ​k​  c​​)​   0,73​

(C.48)

ferritisch: ​f   1   0,60 (​ 1   ​k​  c​​)​   0,76​

(C.49)

wobei kc der nach prEN 1993-1-1:2020, Tabelle 8.6 ermittelte Korrekturfaktor ist. (6) Der Bemessungswert der Schubbeanspruchbarkeit eines Querschnitts Vfi,t,Rd zum Zeitpunkt t sollte nach Gleichung (7.25) bestimmt werden, wobei ky, ,web durch k2, ,web für alle Querschnittsklassen zu ersetzen ist. C.4.3.4 Auf Biegung und Druck beanspruchte Bauteile (1) Der Bemessungswert der Beanspruchbarkeit Rfi,d,t eines stabilitätsgefährdeten Bauteils zum Zeitpunkt t bei gleichzeitiger Beanspruchung durch Biegung und Druck sollte unter Verwendung der Gleichungen (C.50) und (C.51) für ein Bauteil mit gedrungenem Querschnitt oder Gleichungen (C.52) und (C.53) für ein Bauteil mit schlankem Querschnitt ermittelt werden.

​M​  y,fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​N​  fi.Ed​​ ​​ ____________       ​ ​  k​  yy​​ ​ ___________       ​ ​  k​  yz​​ ​ ___________       ​     1​ ​_ f​  y​​ ​_ f​  y​​ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​     ​  ​W​  pl,y​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​W​  pl,z​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​M​  y,fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​N​  fi.Ed​​ _______________ ​​ ____________       ​ ​  k​  zy​​ ​        ​ ​  k​  zz​​ ​ ___________       ​     1​ ​_ f​  y​​ ​_ f​  y​​ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​     ​  ​ ​  LT,fi​​ ​W​  pl,y​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​W​  pl,z​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​M​  y,fi,Ed​​ ​    M​  y,fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​    M​  z,fi,Ed​​ ​N​  fi.Ed​​ ​​ _____________       ​ ​  k​  yy​​ ​ ________________              ​ ​  k​  yz​​ ​ ________________  ​     1​ ​_ f​  y​​ ​_ f​  y​​ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​W​  eff,y​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​W​  eff,z​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​M​  y,fi,Ed​​ ​    M​  y,fi,Ed​​ ​M​  z,fi,Ed​​ ​    M​  z,fi,Ed​​ ​N​  fi.Ed​​ ________________ ________________ ​​ _____________       ​ ​  k​  zy​​ ​        ​ ​  k​  zz​​ ​     ​     1​ ​_ f​  y​​ ​_ f​  y​​ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​ ​  LT,fi​​ ​W​  eff,y​​ ​k​  2, ​​ ​     ​  ​W​  eff,z​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ ​ ​  M,fi​​ mit y,fi,

249

(C.50)

(C.51)

(C.52)

(C.53)

die Abminderungsfaktoren für Biegeknicken, Drillknicken oder Biegedrillknicken unter Normalkraft nach C.4.3.2; LT,fi der Abminderungsfaktor für Biegedrillknicken nach C.4.3.3; My,fi,Ed, Mz,fi,Ed die Zusatzmomente aus der Verschiebung der Schwerpunktachse nach C.4.2.2 für schlanke Querschnitte; kyy, kyz, kzy, kzz die Interaktionsfaktoren, siehe (3). z,fi

250

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

(2) Für den Reduktionsfaktor für das Knicken um die z-z-Achse z,fi sollte der niedrigste Wert der unter Berücksichtigung von Biegeknicken um die z-z-Achse, Drillknicken und Biegedrillknicken ermittelten Werte verwendet werden. (3) Die Interaktionsfaktoren kyy, kyz, kzy, kzz, die in den Gleichungen (C.50), (C.51), (C.52) und (C.53) für Bauteile mit doppeltsymmetrischen Querschnitten zu verwenden sind, dürfen den Tabellen C.5, C.6 und C.7 unter Verwendung der folgenden Parameter entnommen werden: ​N​  fi,Ed​​ ​​n​  y​​      ​  ____________       ​​ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​

​N​  fi,Ed​​       ​​ und ​​n​  z​​      ​  ____________ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​

​N​  fi,Ed​​       ​​ ​​n​  y​​      ​  _____________ ​f​  y​​ ​ ​  y,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​

​N​  fi,Ed​​       ​​ und ​​n​  z​​      ​  _____________ ​f​  y​​ ​ ​  z,fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​  _    ​  ​ ​  M,fi​​

für gedrungene Querschnitte

für schlanke Querschnitte

Anmerkung: Die Faktoren in Tabelle C.6 unterscheiden zwischen biegedrillknickgefährdeten ( biegedrillknickgefährdeten ( LT,fi,mod 1) Bauteilen.

LT,fi,mod

1) und nicht

Tabelle C.5. Interaktionsfaktoren für Gleichungen (C.50) und (C.51) – Knicken um die y-y-Achse maßgebend Für ​​​  ​​ ̅ y, ​​ ​  D​  3,y​​​

​​k​  yy​​ ​   C​  my​​​[​1   D​  1,y​​​(​​  ​​ ̅ y, ​​   ​D​  2,y​​)​ ​n​  y​​]​​

Für ​​​  ​​ ̅ y, ​​     ​D​​  3,y​​​

​​k​  yy​​ ​   C​  my​​​[​1   D​  1,y​​​(​D​  3,y​​   ​D​  2,y​​)​ ​n​  y​​]​​

kyz

kzz (für kzz siehe Tabelle C.6)

Tabelle C.6. Interaktionsfaktoren für Gleichungen (C.52) und (C.53) – Knicken um die z-z-Achse maßgebend kzy

kzz

Querschnitt

Interaktionsfaktor

nicht biegedrill­knickgefährdet

​​k​  zy​​ ​   0,8k​  yy​​​ (für kyy siehe Tabelle C.5)

biegedrill­knickgefährdet

für ​​​  ​​ ̅ z, ​​ ​   D​  3,LT​​​

​D​  1,LT​​ ​​  ​​ ̅ z, ​​ ​n​  z​​        ​​ ​​k​  zy​​     1   ​  _____________ ​C​  mLT​​      ​D​​  2,LT​​

für ​​​  ​​ ̅ z, ​​     ​D​​  3,LT​​​

​D​  1,LT​​ ​D​  3,LT​​ ​n​  z​​     ​​ ​​k​  zy​​     1   ​  ____________ ​C​  mLT ​​   ​D​​  2,LT​​

für ​​​  ​​ ̅ z, ​​ ​   D​  3,z​​​

​​k​  zz​​ ​   C​  mz​​​[​1   D​  1,z​​​(​​  ​​ ̅ z, ​​      ​D​​  2,z​​)​ ​n​  z​​]​​

für ​​​  ​​ ̅ z, ​​     ​D​​  3,z​​​

​​k​  zz​​ ​   C​  mz​​​[​1   D​  1,z​​​(​D​  3,z ​​   ​D​  2,z​​)​ ​n​  z​​]​​

alle Querschnitte

Tabelle C.7. Werte für die Hilfskoeffizienten Dy, Dz und DLT Querschnitt

Koeffizient

Austenitisch

Duplex und Ferritisch

alle Querschnitte

D1,y

2,5

2,0

D2,y

0,2

0,3

D3,y

1,4

1,6

D1,z

3,0

2,5

D2,z

0,2

0,4

D3,z

1,4

1,8

D1,LT

0,10

D2,LT

0,27

D3,LT

1,00

biegedrillknickgefährdet

Anmerkung: Für die äquivalenten Momentenbeiwerte Cmy, Cmz und CmLT siehe prEN 1993‑1‑1:2020, Tabelle 8.9.



6.2

Anhang C Nichtrostender Stahl

Allgemeines

Nichtrostende Stähle lassen sich aufgrund unterschiedlicher Mikrostrukturen in vier Hauptgruppen einteilen: austenitische nichtrostende Stähle, ferritische nicht­ rostende Stähle sowie die sog. Duplex-Stähle mit an­ nähernd gleichen Anteilen von Austenit- und Ferritphasen in der Gefügestruktur und martensitische nichtrostende Stähle [102]. Die verschiedenen Mikrostrukturen führen zu Unterschieden im Werkstoff- und Tragverhalten von Bauteilen aus Stählen dieser Gruppierungen. Demzufolge sind für eine Bemessung häufig Unterscheidungen nach der initialen Mikrostruktur des verwendeten nichtrostenden Stahls erforderlich. Anhang C der aktuellen EN 1993‑1‑2 [9] beinhaltet bereits Angaben zur Bemessung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall. Im Rahmen der Weiterentwicklung der Norm wurde der Anhang auf der Basis von aktuellen Forschungsergebnissen [89, 103, 111] vollständig überarbeitet, inhaltlich erweitert und mit einer stringenten Struktur versehen. Das für den Eurocode 3 zuständige Gremium, das Sub-Committee 3 von CEN∕​TC  250, entschied im Rahmen dieses Prozesses die Brandbemessung nicht in den Teil 1-4 [112] mit den sonstigen Regelungen für die Bemessung von Tragwerken aus nichtrostenden Stählen zu verschieben, sondern im Teil 1-2 zu belassen. Die gesamte Brandbemessung von Stahltragwerken verbleibt somit weiterhin in einem Teil von Eurocode 3. Die Überarbeitung von Anhang C der EN 1993‑1‑2 ist maßgeblich von der Differenzierung zwischen Stahlsorten mit unterschiedlicher initialer Mikrostruktur geprägt. Am häufigsten werden in der Baupraxis austenitische und ferritische nichtrostende Stähle verwendet sowie in jüngerer Zeit vermehrt auch Duplex-Stähle. Die höchstfesten martensitischen Stähle werden im Bauwesen aufgrund hoher Kosten und geringer Schweißbarkeit für gewöhnlich nicht eingesetzt. Ihr Anwendungsbereich beläuft sich auf wenige Spezialfälle, welche individuell zu beurteilen sind. Demzufolge werden martensitische nichtrostende Stähle auch nicht bei  der Neugestaltung von prEN  1993‑1‑2:2020, An-

251

hang C [8] berücksichtigt, sondern es sind nur Angaben zu austenitischem, ferritischem und Duplex-Stahl enthalten. Auf der Basis von experimentellen Studien zum Werkstoffverhalten von Edelstahlsorten mit austenitischem, ferritischem und Duplex-Gefüge sowie zum Tragverhalten von aus ihnen gefertigten Bauteilen wurden die Unterschiede aufgrund der verschiedenen Mi­ krostrukturen herausgearbeitet und diese mithilfe neuer Berechnungsgleichungen und Formulierungen in den Normenentwurf integriert. Die einzelnen inhaltlichen sowie strukturellen Neuerungen werden im Folgenden näher erläutert. In Tabelle  9 und Tabelle  10 ist der Aufbau von Anhang C nach derzeit geltender Norm sowie neuem Entwurf dargestellt. In Anlehnung an den Aufbau des Haupttextes von prEN 1993‑1‑2:2020 ist der Anhang C in Allgemeines, thermische Werkstoffeigenschaften, mechanische Werkstoffeigenschaften und vereinfachte Bemessungsverfahren aufgeteilt. Die Reihenfolge der Abschnitte ist dabei analog zum Haupttext gewählt, daher sind die Abschnitte C.2 und C.3 zu thermischen respektive mechanischen Werkstoffeigenschaften von nichtrostendem Stahl im Vergleich zu Anhang C nach EN 1993‑1‑2 vertauscht. Des Weiteren ist zu erkennen, dass die Angaben zur spezifischen Wärmekapazität von nichtrostendem Stahl nun den thermischen Eigenschaften anstelle der mechanischen Eigenschaften zugeordnet sind. Außerdem sind bisher nicht vorhandene Angaben zur Emissivität von nichtrostendem Stahl in Abschnitt  C.2.1 ergänzt. Die auffälligste strukturelle Neuerung betrifft jedoch Abschnitt  C.4. Dieser Abschnitt wurde gänzlich neu hinzugefügt und beinhaltet Angaben zur vereinfachten Bemessung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall. Das Bemessungsverfahren ist dabei gemäß Abschnitt  4 von EN 1993‑1‑2 [9] bzw. Abschnitt 7 von prEN 1993‑1‑2:2020 [8]

Tabelle 10.  Aufbau von prEN 1993-1-2:2021: Anhang C C.1

Allgemeines

C.2

Thermische Werkstoffeigenschaften

C.2.1

Emissivität

Tabelle 9.  Aufbau von EN 1993-1-2:2010: Anhang C

C.2.2

Wärmeleitfähigkeit

C.1

Allgemeines

C.2.3

Spezifische Wärmekapazität

C.2

Mechanische Eigenschaften von nichtrostendem Stahl

C.3

Mechanische Werkstoffeigenschaften

C.2.1

Festigkeits- und Verformungseigenschaften

C.3.1

Spannungs-Dehnungs-Beziehung

C.2.2

Rohdichte

C.3.2

Thermische Dehnung

C.2.3

Spezifische Wärmekapazität

C.3.3

Rohdichte

C.3

Thermische Materialeigenschaften

C.4

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

C.3.1

Thermische Dehnung

C.4.1

Grundlagen

C.3.2

Spezifische Wärmekapazität

C.4.2

Querschnittsklassifizierung

C.3.3

Wärmeleitfähigkeit

C.4.3

Bauteilwiderstand

252

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

(s. Abschnitt 4 dieses Beitrags) des Haupttextes formuliert. Die Ergänzungen umfassen dabei Angaben zur Querschnittsklassifizierung sowie die Entwicklung neuer Knicklinien für Bauteile aus nichtrostendem Stahl und werden nachfolgend in Abschnitt 6.5 dieses Beitrags vorgestellt.

6.3

Thermische Werkstoffeigenschaften

Für die Bemessung von Bauteilen im Brandfall und die Bestimmung des Feuerwiderstands ist die Temperaturentwicklung entscheidend. Dabei ist zwischen der Temperatur in der Umgebung, der sog. Brandraumtemperatur, und der Bauteiltemperatur zu unterscheiden. Die Bauteiltemperatur und ihre zeitliche Entwicklung während eines Brandes wird maßgeblich durch die thermischen Eigenschaften, insbesondere die spezifische Wärmekapazität c, die Wärmeleitfähigkeit und die Rohdichte , der verwendeten Werkstoffe gekennzeichnet. Diese thermischen Werkstoffeigenschaften sind stoffspezifisch und temperaturabhängig. Allgemein definieren Sie das Vermögen eines Stoffs thermisch induzierte Energie zu speichern und zu verwerten. Über die Beziehung ​ (​ )​    (​ )​   c​( )​    ​( )​​ mit ( ) ( ) c( ) ( )

(18)

temperaturabhängige Wärmeleitfähigkeit [W∕​mK] temperaturabhängige Rohdichte [kg∕​m3] temperaturabhängige spezifische Wärme­ kapazität [J∕​kgK] Temperaturleitfähigkeit [m2∕​s]

sind die thermischen Werkstoffeigenschaften unmittelbar voneinander abhängig. Die Temperaturleitfähigkeit und die Rohdichte können im Rahmen der Brandbemessung dabei für nichtrostenden Stahl vereinfachend als konstant für alle Temperaturen angenommen werden. Die spezifische Wärmekapazität c und somit auch die Wärmeleitfähigkeit sind hingegen in Abhängigkeit von der Temperatur veränderlich. Die temperaturbedingten Entwicklungen dieser beiden Werkstoffkenngrößen können mithilfe von temperaturabhängigen Polynomfunktionen näherungsweise beschrieben werden. Für die Bestimmung der spezifischen Wärmekapazität und der Wärmeleitfähigkeit von nichtrostendem Stahl war dementsprechend bisher jeweils eine Gleichung (EN 1993‑1‑2 (C.2) und (C.3)) angegeben, welche für alle Edelstahlsorten einheitlich angewandt werden konnte. Untersuchungen an nichtrostenden Stählen mit unterschiedlichen initialen Gefügearten (austenitisch, ferritisch und Duplex) [113, 114] haben jedoch gezeigt, dass die thermischen Eigenschaften von ferritischem nichtrostendem Stahl nicht mit denjenigen anderer nichtrostender Stahlsorten übereinstimmen und somit für ferritischen nichtrostenden Stahl abweichende Formulierungen erforderlich sind, um das thermische Werkstoffverhalten

zutreffend zu beschreiben. Auf der Basis von experimentellen Versuchsdaten wurden dementsprechend die neuen Polynomfunktionen prEN  1993‑1‑2:2020 (C.2) für die Wärmeleitfähigkeit und (C.4) zur Berechnung der spezifischen Wärmekapazität von ferritischem nichtrostendem Stahl entwickelt. Die ursprünglichen Terme für die Berechnung der Wärmeleitfähigkeit und der spezifischen Wärmekapazität gelten weiterhin für austenitischen und Duplex-Stahl und entsprechen in prEN 1993‑1‑2:2020 den Gleichungen (C.1) und (C.3).

6.3.1 Wärmeleitfähigkeit von nichtrostendem Stahl Die Wärmeleitfähigkeit von nichtrostendem Baustahl nimmt im Brandfall mit steigenden Temperaturen zu. In Bild 23 sind die Graphen der Funktionen (C.1) und (C.2) mit ​​ ​  a​​     14,6   1,27   ​10​​  2​ ​ ​  a​​​ [W∕​(mK)] (C.1)

(19)

und ​​ ​  a​​     20,4   2,28   ​10​​  2​ ​ ​  a​​   1,54   ​10​​  5​ ​​ ​  a​​​​  2​​ [W∕​(mK)] (C.2)

(20)

in Abhängigkeit der Stahltemperatur a  [°C] aus prEN  1993‑1‑2 für die Wärmeleitfähigkeit sowie Vergleichsdaten aus experimentellen Versuchen [113, 114] an austenitischem, ferritischem und Duplex-Stahl dargestellt. Der direkte Vergleich verdeutlicht, dass die temperaturabhängige Änderung der Wärmeleitfähigkeit von ferritischem Stahl sich von derjenigen von austenitischem bzw. Duplex-Stahl unterscheidet. Die Wärmeleitfähigkeit von ferritischem nichtrostendem Stahl ist sowohl bei Normaltemperatur als auch bei erhöhten Temperaturen im Brandfall signifikant höher als von anderen Edelstahlsorten. Die markanten Unterschiede können unmittelbar auf die verschiedenen Mikrostrukturen zurückgeführt werden. Die Struktur von ferritischen Stählen ist grobkörniger im Vergleich zu austenitischem bzw. Duplex-Stahl. Für grobkörnige Strukturen ist die Wärmeleitfähigkeit aufgrund der größeren zur Verfügung stehenden Fläche im Allgemeinen höher als für sehr feinkörnige Materialien, wie beispielsweise austenitischen nichtrostenden Stahl [115]. Dementsprechend ist in Bild 23 ebenfalls zu erkennen, dass sich die Werte von ferritischem und austenitischem nichtrostendem Stahl nach Überschreiten der Phasenumwandlungstemperatur zunehmend annähern und die Wärmeleitfähigkeit initial ferritischer Stähle infolge der temperaturbedingten Phasenumwandlung zu einer vermehrt austenitischen Mikrostruktur sinkt. Die experimentell ermittelten Werte der Wärmeleitfähigkeit von austenitischem und Duplex-Stahl hingegen zeigen auch im Temperaturbereich unterhalb der A1-Temperatur eine hohe Übereinstimmung zueinander sowie auch zur normativen Kurve nach EN 1993‑1‑2 [9]. Aus diesem Grund wurde entschieden, die ursprünglich für austenitischen Stahl entwickelte lineare



Anhang C Nichtrostender Stahl

253

Bild 23. Vergleich der Wärmeleitfähigkeit [113, 114]

Bild 24. Spezifische Wärmekapazität von nichtrostendem Stahl

Funktion zur Beschreibung der temperaturabhängigen Entwicklung der Wärmeleitfähigkeit im neuen Normen­ entwurf sowohl für austenitischen als auch für Duplex-­ Stahl anzuwenden. Für ferritische nichtrostende Stähle wurde eine angepasste Kurve auf Basis einer quadratischen Polynomfunktion in Abhängigkeit von der Bemessungstemperatur entwickelt und in prEN 1993‑1‑2:­ 2020, Anhang  C eingefügt, welche nahezu deckungsgleich mit den entsprechenden Versuchsdaten ist.

raturen zu. In Bild 24 sind die Graphen der Funktionen (C.3) für austenitischen und Duplex-Stahl und (C.4) für ferritischen Stahl nach prEN 1993‑1‑2:2020 zur Berechnung der spezifischen Wärmekapazität in Abhängigkeit der Stahltemperatur a mit

6.3.2 Spezifische Wärmekapazität von nichtrostendem Stahl Die spezifische Wärmekapazität eines Stoffs gibt an, wie viel Energie benötigt wird, um 1 kg des Stoffs um 1 K zu erwärmen. Sie ergibt sich aus der Gleichung für die innere Energie in Abhängigkeit von den thermischen Zustandsgrößen Temperatur und Volumen v auf der Grundlage des 1. Hauptsatzes der Thermodynamik, wonach eine Änderung der zugeführten Wärmeenergie der Änderung der inneren Energie u eines Stoffs entspricht, zu: u ​c​(v, )​   ​​ _ ​   ​  ​​  ​​​ (21) ( ) v

c v u

spezifische Wärmekapazität [J∕​(kgK)] Volumen [m3] innere Energie [J] Temperatur [K]

Dabei gibt der Index „v“ an, dass es sich bei dem Volumen v um eine für das Differenzieren konstant zu haltende Veränderliche handelt [116]. Im Allgemeinen, und so auch im Fall von nichtrostenden Stählen, nimmt die spezifische Wärmekapazität mit steigenden Tempe-

​​c​  a​​     450   0,28   ​ ​  a​​   2,91   ​10​​  4​     ​ ​  2a​ ​   1,34   ​10​​  7​     ​ ​  3a​​​  [J∕​(kgK)] (C.3)

(22)

und ​​c​  a​​     430   0,26   ​ ​  a​​​ [J∕​(kgK)] (C.4)

(23)

sowie diesen vergleichend gegenübergestellt Versuchsergebnisse zur Messung der temperaturabhängigen spezifischen Wärmekapazität von ferritischem nichtrostendem Stahl [113, 114] dargestellt. Die experimentell ermittelten Werte der spezifischen Wärmekapazität von ferritischem nichtrostendem Stahl sind geringfügig kleiner als die nach EN 1993‑1‑2 [9] ursprünglich festgelegten und in der Überarbeitung auch für austenitischen und Duplex-Stahl reglementierten Kurve. Entsprechend dieser Erkenntnis wurde mit der Gleichung (C.4) (Gl. (23) dieses Beitrags) für ferritischen Stahl eine lineare Funktion zur Beschreibung der spezifischen Wärmekapazität adaptiert, welche gut mit den Ver­ suchs­ergebnissen übereinstimmt und dementsprechend eine annähernd zutreffende Beschreibung des Werkstoffverhaltens darstellt.

254

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

6.4

Mechanische Werkstoffeigenschaften

und

6.4.1 Spannungs-Dehnungs-Beziehung von nichtrostendem Stahl bei erhöhten Temperaturen

​​ ​  c,  ​​   ​​f​  0,2p, ​​∕​E​  a, ​​​   0,002​

Nichtrostender Stahl zeichnet sich neben seiner Korrosionsbeständigkeit auch durch vorteilhafte mechanische Werkstoffeigenschaften, insbesondere eine hohe Festigkeit und Duktilität aus [102]. Das Spannungs-­ Dehnungs-Verhalten ist dabei unabhängig von der initialen Mikrostruktur sowohl bei Normaltemperatur als auch unter erhöhten Temperaturen bereits bei kleinen Dehnungen nichtlinear. Für die Beschreibung des Spannungs-Dehnungs-Verhaltens von nichtrostendem Stahl bei Normaltemperatur hat sich eine RambergOsgood-Formulierung [116] unter Berücksichtigung der Werkstoffverfestigung mit n ⎧ _  ​     0,002 ​​ _  ​ ​    ​​​  ​   für     ​ f​​  y​​ ​  ⎪ (​f​  y​​ ) E ​  ⎨ ​ ​       ​​​ m​    ​f​  y​​    ​f​  y​​ ⎪ 0,002   ​ ​f_​  y​​  ​      ​  _ _  ​ ​    ​ ​​​  ​ ​  für f​  y​​       ​ f​​  u​​     ​  u​​ ​​ ​      ​E​  y​​ E ( ​f​  u​​   ​f​  y​​ ) ⎩

(1   ​ ​  c, ​​ ​E​  ct, ​​ ​∕​f​  0,2p, ​​ ​)E​  a, ​​ ​ ​  c, ​​    _______________________     ​​ ​b   ​      ​E​  a, ​​ ​ ​  c, ​​ ​ ​  _ ​   1 ​ ​ f​  0,2p, ​​ ( ​f​  0,2p, ​​ )

(24) wobei gilt: n Koeffizient mit: ln​(20)​       ​​ ​n   ​ ___________ ln​(​f​  y​​  ∕​ ​R​  p0.01)​​ ​

aus Tabellen oder gemessenen SpannungsDehnungs-Linien Rp0.01 Festigkeit bei 0,01 % plastischer Dehnung Ey Tangentenmodul der Spannungs-DehnungsLinie bei Erreichen der Streckgrenze: E  ​​ ​​E​  y​​   ​ ______________      1   0,002n  ​E∕​f​  y​​​ Maximaldehnung zugehörig zur Zugfestigkeit u fu, näherungsweise zu bestimmen mit: ​f​  y​​ ​​ ​  u​​  1   ​  _  ​​  A mit A als die Bruchdehnung ​f​  u​​ m Koeffizient mit: ​f​  y​​ ​m   1   3,5 ​  _  ​​ ​f​  u​​ als geeignet erwiesen. Dieses ist auch in EN 1993‑1‑4, Anhang C [112] als Bemessungsgrundlage enthalten. In der von CEN∕​TC  250∕​SC  3∕​WG  2 beschlossenen neuen Formulierung der Spannungs-Dehnungs-Beziehung von nichtrostendem Stahl unter erhöhten Temperaturen wird ebenfalls ein Ramberg-Osgood-Modell verwendet und ersetzt damit die alte Formulierung, welche sich, ähnlich der Spannungs-Dehnungs-Kurve für Baustahl aus Abschnitt 3 der EN 1993‑1‑2, mit ⎧ E    _  für     ​ ​  c, ​​   ​   ​  ⎪ 1   a   ​ ​​  b​ ​  ⎨ ​ ​      ​​​ ____________ ​ 2 ⎪ 2​   ​​ ​ ​  ​​    ​​​  ​ ​ ​  für  ​  ​​         ​ ​  ​​ ​ f ​  ​​   e   ​ d  ∕   ​ c ​ ​   c ​    ​​  ( ) ( u, ) c, u, ⎩ 0.2p,



(25)

​E_____________ ​  a, ​​ ​ ​  c, ​​   ​f​  0,2p, ​​ ​a   ​      ​​  ​f​  0,2p, ​​ ​ ​  2c, ​​ 

e    ​  ​​ ​​c​​  2 ​   ​(​ ​  u, ​​   ​ ​  c, )​​ ​​ ​ ​  u, ​​   ​ ​  c, ​​     ​ _ ( ​E​  ct, ​​ ) ​​d​​  2​   e​(​ ​  u, ​​   ​ ​  c, ​​)​ ​E​  ct,  ​​ ​  e​​  2​​

0,2p, ) ( u, ___________________________ e​     ​          ​​

​​ ​f​  ​​   ​f​ 

2

​​ ​​​  ​

​(​ ​  u, ​​   ​ ​  c, ​​)​ ​E​  ct, ​​   2​(​f​  u, ​​   ​f​  0,2p, ​​)​

aus einem linearen und elliptischen Bereich zusammensetzte. Seit der Veröffentlichung der EN  1993‑1‑2  [9] wurden vermehrt Untersuchungen zum Werkstoffverhalten verschiedener nichtrostender Stähle unter Temperatureinwirkung durchgeführt [103–106, 108, 118]. Die Formulierung mithilfe eines zweistufigen Ramberg-Osgood-Gesetzes hat sich dabei als geeignet erwiesen, um das experimentell ermittelte mechanische Werkstoffverhalten zutreffend zu beschreiben. Darüber hinaus ist der Ansatz konsistent gegenüber dem Modell für eine Bemessung bei Normaltemperatur nach EN  1993‑1‑4, sodass die Handhabung von prEN 1993‑1‑2:2020 durch die Anwendung eines bekannten Modells vereinfacht wird. In Bild 25 sind experimentell ermittelte Spannungs-Dehnungs-Kurven aus [104] den Modellen nach derzeit gel-

Bild 25. Vergleich von experimentell ermittelten SpannungsDehnungs-Kurven [104] und dem Ramberg-Osgood-Modell nach prEN 1993‑1‑2:2020



Anhang C Nichtrostender Stahl

tender EN 1993‑1‑2 [9] sowie der neuen Formulierung nach (C.5) und (C.6) aus prEN 1993‑1‑2:2020 [8] gegenübergestellt. Die Gegenüberstellung belegt, dass das experimentell ermittelte Werkstoffverhalten durch die Gleichungen (C.5) und (C.6) zutreffender beschrieben wird als mit Gl. (25). Somit wird künftig durch die Anwendung des Ramberg-Osgood-Werkstoffgesetzes eine realitätsnähere Prognose des temperaturabhängigen mechanischen Verhaltens von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl ermöglicht. Das Ramberg-Osgood-Gesetz beruht auf der Verwendung von Abminderungsfaktor-Temperatur-Beziehungen für die Beschreibung der temperaturabhängigen Degradation der Werkstoffkenngrößen analog zum Werkstoffgesetz für normalfesten Baustahl im Brandfall (s. Abschnitt 2 dieses Beitrags). Für nichtrostenden Stahl wird bei der Angabe der Abminderungsfaktoren kE, , k2, , kp,0.2, und ku, zwischen initial ferritischen, austenitischen und Duplex-Stählen differenziert. Anhang C enthält die Abminderungsfaktoren für die diversen herkömmlich verwendeten nichtrostenden Stahlsorten in tabellarischer Form. Die tabellierten Werte der Abminderungsfaktoren enthalten ebenfalls zum Teil angepasste Werte gegenüber EN 1993‑1‑2 [9], womit eine bessere Übereinstimmung mit den experimentell ermittelten Parametern der o. g. Forschungen erzielt wurde. Aus der Angabe der Abminderungsfaktor-Temperatur-Beziehung ergibt sich neben einer Anwendung zur Bestimmung des Spannungs-Dehnungs-Verlaufs bei erhöhten Temperaturen neu auch die vorteilhafte Möglichkeit einer direkten Bestimmung der effektiven Fließspannung bei 2 % Gesamtdehnung mithilfe von ​​f​  y,2.0, ​​ ​   k​  2.0​​ ​ f​  y,20 °C​​​

(26)

255

L ​​ ​  th​​   ​ _ ​   L 16   4,79   ​  10​​  3​ ​ ​  a​​   1,243   ​  10​​  6​ ​ ​  2a​)​  ​   ​   ( ​  a​​   20) (​________________________________________      ​​  ​       ​10​​  6​ (27) th a

thermische Dehnung [–] Stahltemperatur [°C]

wird nach EN 1993‑1‑2 die proportionale Abhängigkeit der thermischen Dehnung von nichtrostendem Stahl zur Temperaturänderung beschrieben. Dabei ist Gl. (27) bisher allgemeingültig für austenitischen, ferritischen und Duplex-Stahl. In der Überarbeitung durch CEN∕​ TC 250∕​SC 3∕​WG 2 wurden auch hier neue Formulierungen hinzugefügt, welche die Expansion von ferritischen und Duplex-Stählen betreffen (prEN 1993‑1‑2:­ 2020 (C.16) und (C.17)). Die ursprüngliche Gleichung behält ihre Gültigkeit für austenitischen Edelstahl und wird nun mit (C.15) beziffert. Die neuen Formulierungen basieren, wie auch im Fall der spezifischen Wärmekapazität und der Wärmeleitfähigkeit, auf Versuchsdaten und wurden mithilfe von Regressionsanalysen ermittelt. Als Referenzwerte dienten im Fall von austenitischen und ferritischen Stählen Daten aus der deutschen Norm DIN SEW 310:1992-08 [120] und im Fall der Duplex Stähle wurden Mittelwerte gemessener Expansionskoeffizienten der Stahlsorten 1.4462, 1.4410 und 1.4362 [114] als Grundlage und für die Entwicklung des neuen Terms (C.16) verwendet, um ein möglichst breites Spektrum der am häufigsten verwendeten Duplex-Stähle abzudecken. In Bild 26 sind die experimentell ermittelten Referenzdaten [114, 120] und die neuen Formulierungen aus prEN 1993‑1‑2:2020 gegenübergestellt. Anhand der Darstellung werden die Un-

fy,2.0, effektive Fließspannung bei 2 % Gesamtdehnung für erhöhte Temperaturen [N∕​mm2] k2.0 temperaturabhängiger Abminderungsfaktor für die effektive Fließspannung von nicht­ rostendem Stahl [–] fy,20 °C Streckgrenze (Fließspannung bei 0,2 % ­plastischer Dehnung) bei Normaltemperatur [N∕​mm2] Zwecks Konsistenz der Brandbemessung basieren die vereinfachten Bemessungsverfahren auch für Bauteile aus nichtrostendem Stahl auf der effektiven Fließspannung bei 2 % Gesamtdehnung. Sie unterscheiden sich somit von den Verfahren für die Bemessung bei Normaltemperatur, welche auch zukünftig i. d. R. auf der (Nenn-)Festigkeit bei 0,2 % plastischer Dehnung basieren [119].

6.4.2 Thermische Dehnung von nichtrostendem Stahl Mit steigenden Temperaturen nimmt die thermische Dehnung von nichtrostendem Stahl zu. Über die Beziehung Bild 26. Thermische Dehnung von nichtrostendem Stahl

256

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

terschiede im thermischen Dehnungsverhalten von nichtrostenden Stählen mit verschiedenen Gefügestrukturen und somit der Vorteil einer Erweiterung der entsprechenden mathematischen Beschreibung in den Bemessungsvorschriften deutlich.

6.5

Vereinfachtes Bemessungsverfahren

6.5.1 Allgemeines Für den Entwurf prEN  1993‑1‑2:2020 wurde die vereinfachte Bemessung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall des Abschnitts  C.4 neu erarbeitet. Die aktuelle DIN EN 1993‑1‑2 enthält hier keine separaten Angaben, welche nur für nichtrostenden Stahl angewendet werden, sondern die Bemessung mithilfe vereinfachter Bemessungsverfahren erfolgte nach den Angaben des Haupttextes in Abschnitt 4 von EN  1993‑1‑2, beispielsweise unter Verwendung der Knicklinien für den Brandfall nach (4.6). Umfangreiche numerische Simulationen, sogenannte GMNIA-Untersuchungen ( Geometrisch und Materiell Nichtlineare Analysen mit Berücksichtigung von Imperfektionen) an Bauteilen aus nichtrostendem Stahl mit Berücksichtigung verschiedener Stahlsorten, Abmessungen und Querschnittswerte, Lastfälle sowie Temperaturbereiche [107, 109] haben ergeben, dass die aktuellen Bemessungsvorschriften und hier insbesondere die Annahmen bezüglich der Querschnittsklassifizierung und die Zuordnung zu den Knicklinien aus dem Hauptteil von EN  1993‑1‑2 zu Überschätzungen der Tragfähigkeit von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall führen können. In Bild 27 sind exemplarisch die Ergebnisse numerischer Untersuchungen zum Biegeknicken um die schwache Achse von druckbelas-

teten Stützen aus austenitischem Stahl mit einem I-Querschnitt, welcher in seinen Abmessungen einem Profil HEM  100 entspricht sowie zum Biegedrillknicken von Einfeldträgern mit einem Profil IPE  500 infolge einer Belastung mit Randmomenten, der jeweiligen Knicklinie für Baustahl im Brandfall gegenübergestellt. Hier zeigt sich, dass insbesondere für Stützen im mittleren Schlankheitsbereich die aktuellen Knicklinien sowohl im Fall des Biegeknickens (Bild  27a) als auch für das Biegedrillknicken (Bild 27b) zu einer Tragfähigkeitsüberschätzung in der Bemessung führen. Auf der Grundlage der Ergebnisse der numerischen Untersuchungen wurde daher in Anhang C ein neuer Abschnitt aufgenommen, in welchem das vereinfachte Bemessungsverfahren im Brandfall speziell für Bauteile aus nichtrostendem Stahl konkretisiert wird. Die folgenden Punkte sind im neuen Abschnitt C.4 der prEN 1993‑1‑2:2020 enthalten und werden nachfolgend näher erläutert: – Querschnitte aus nichtrostendem Stahl können in schlanke und gedrungene Querschnitte eingeteilt werden. – Neue Knicklinien für das Biegeknicken und Biege­ drillknicken von stabilitätsgefährdeten Bauteilen aus nichtrostendem Stahl mit Berücksichtigung von Imperfektionsbeiwerten in Abhängigkeit von der Stahlsorte bzw. der Mikrostruktur. – Überarbeiteter Nachweis für kombinierte Normalkraft- und Biegebeanspruchung.

6.5.2 Querschnittsklassifizierung In der aktuellen Version von EN 1993‑1‑2 sind in Anhang C für nichtrostenden Stahl keine gesonderten Angaben zur Klassifizierung von Querschnitten im Brand-

Bild 27. Ergebnisse von GMNIA-Untersuchungen [110] zum a) Biegeknicken und b) Biegedrillknicken von Bauteilen aus nichtrostendem austenitischem Stahl im Brandfall



Anhang C Nichtrostender Stahl

fall enthalten. Stattdessen erfolgt die Querschnitts­ klassifizierung nach den Vorgaben für Baustahl im Haupttext einschließlich der Anpassung des Werkstoff_ parameters ​    0,85 ​√ 235 ∕​ ​ f​  y  ​​ ​​ zur vereinfachten Berücksichtigung des Verhältnisses der Abminderungsfaktoren für den Elastizitätsmodul und die effektive Fließspannung im Bereich üblicher kritischer Temperaturen. Dies führt den∕​die Anwender:in im Fall von nichtrostendem Stahl bisher zu EN 1993‑1‑4, 5.2 [112] und den dort enthaltenen Vorschriften zur Querschnittsklassifizierung druckbeanspruchter Querschnittsteile. Die Klassifizierung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl für Normaltemperaturen nach [112] führt bei der Bemessung für den Brandfall jedoch zu Ungenauigkeiten und Unsicherheiten, da die Beanspruchbarkeit überschätzt und der Beuleinfluss im Brandfall zum Teil signifikant unterschätzt wird. Für den Entwurf wird daher jetzt nach Abschnitt  C.4.2 auf die übliche Klassifizierung mit der Zuordnung zu den Bemessungsverfahren „plastisch-plastisch“, „elastisch-plastisch“ „elastisch-elastisch“ und „elastisch-elastisch-reduziert“ verzichtet und nur zwischen zwei Querschnittsklassen für die Bemessung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall unterschieden. Druckbeanspruchte Querschnittskomponenten werden demnach zukünftig als „schlank“ oder „gedrungen“ klassifiziert. Im Einzelnen werden die folgenden Neuerungen zur Querschnittsklassifizierung aufgenommen: – Druckbeanspruchte Querschnittsteile sind aufgrund ihres bezogenen Plattenschlankheitsgrads bei erhöhten Temperaturen ​​  ​​̅ p, als „schlank“ und „gedrungen“, d. h. vollständig wirksam, zu klassifizieren. – Druckbeanspruchte Querschnittsteile, die das Kriterium ​​​  ​​ ̅ p,   ​​   ​​  ​​ ̅ p,0, ​​​erfüllen, gelten demnach als „gedrungen“ und druckbeanspruchte Teile, für die ​​​  ​​ ̅ p, ​​      ​​  ​​ ̅ p,0, ​​​gilt, sind als „schlank“ einzustufen. – Ein Querschnitt ist insgesamt als „schlank“ zu klassifizieren, sofern mindestens ein druckbeanspruchtes Querschnittsteil als „schlank“ eingestuft wird. Ein Querschnitt darf nur dann als „gedrungen“ angesehen werden, falls alle Querschnittsteile als „gedrungen“ gelten. – Für schlanke Querschnitte erfolgt die Bemessung mit wirksamen Querschnittswerten nach C.4.2.2 und in Übereinstimmung mit EN 1993‑1‑5 [22]. Die Einzelbleche eines Querschnitts aus nichtrostendem Stahl werden nach prEN 1993‑1‑2:2020, C.4.2 wie allgemein üblich jeweils getrennt als plattenförmige Querschnittsteile betrachtet und die Einstufung in „schlanke“ und „gedrungene“ Bauteile erfolgt über den bezogenen Plattenschlankheitsgrad für den Brandfall ​​  ​​̅p, : _



​f​  y​​ ​b ​̅ ∕   ​ t _   ​​ ​​​  ​​ ̅ p, ​​ ​    ​  ​​ ​  ​  _   ​ ​   ​ _   ​ ​  cr​​ ​28,4 ​  fi​​ ​√ ​k​  ​​ ​ 

(28)

Als Kriterium für die Klassifizierung ist   ​​  ​​ ̅ p,0, ​​  , gedrungen ​​​  ​​ ̅ p, ​​    ​ ​     ​​​​ {   ​​  ​​ ̅ p,0, ​​  , schlank

(29)

mit

______________ 1,33 _

​​​  ​​ ̅ p,0, ​​      ​​ (0,27  ​√ 0,0279      0,015  ​)​​​ 

​ ​√ ​ ​  ​​ ​​  

257

(30)

gegeben. _ Der Faktor ​​​  ​​   ​√ ​k​  2. ​​  ∕​ ​k​  E,   ​​ ​​ entspricht dem Verhältnis der Festigkeits- zu Steifigkeitsreduktion für erhöhte Temperaturen. Über die Abminderungsfaktoren k2, für die effektive Fließgrenze bei 2 % Gesamtdehnung und kE, für den Elastizitätsmodul werden bei der Ermittlung des bezogenen Plattenschlankheitsgrads somit die Einflüsse verschiedener Stahlsorten mit unterschiedlichen Mikrostrukturen berücksichtigt, da die Abminderungsfaktoren für initial hinsichtlich der Mikrostruktur verschiedene nichtrostende Stähle getrennt angegeben sind (s. Abschnitt 6.4 dieses Beitrags). Abhängig von der Querschnittsklassifizierung („schlank“ oder „gedrungen“) sind für eine vereinfachte Bemessung von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall nach prEN 1993‑1‑2:2020, Abs. C.4.2 die Querschnittswerte für die Berechnung der Tragfähigkeit zu bestimmen. Für schlanke Bauteile sind dabei zukünftig nach Tabelle C.2 Querschnittswerte unter Berücksichtigung von wirksamen Breiten zu verwenden. Die wirksamen Querschnittswerte sind dabei formal analog zur Bemessung unter Berücksichtigung von Einflüssen des lokalen Beulens bei Normaltemperatur nach EN  1993‑1‑5  [87] zu bestimmen. Neu sind in prEN 1993‑1‑2:2020, C.4.2 jedoch die Angaben zur Berechnung des Abminderungsbeiwerts für den Brandfall. Der Abminderungsfaktor ist, vergleichbar zum Beulnachweis bei Normaltemperatur, abhängig von den vorliegenden Randbedingungen der betrachteten Einzelbleche nach (C.24) bis (C.27) für einseitig oder nach (C.20) bis (C.23) für beidseitig gestützte Bauteile zu bestimmen. Dabei ist auch hier jeweils erneut hinsichtlich der initialen Mikrostruktur zwischen austenitischen, ferritischen und Duplex-Stählen zu differenzieren. Die geschilderten Regelungen zur Bestimmung der wirksamen Breite und des Plattenschlankheitsgrades basieren auf einer großen Anzahl an Ergebnissen aus GMNIA-Untersuchungen. Es wurden dabei verschiedene Plattenschlankheiten, Temperaturbereiche, Belastungssituationen sowie das Werkstoffverhalten von nichtrostenden Stählen mit unterschiedlichen initialen Mikrostrukturen berücksichtigt. In Bild 28 sind exemplarische Ergebnisse der Tragfähigkeitsuntersuchungen im Vergleich zu aktuell geltenden (a) und neu entwickelten (b) Bemessungsvorschriften am Beispiel von beidseitig gestützten druckbelasteten Bauteilen aus austenitischem nichtrostendem Stahl dargestellt. Die Gegenüberstellung deutet auf den Bedarf der Überarbeitung der Bemessungsvorschriften hin, da zu erkennen ist, dass die bisher verwendeten Formulierungen mitunter zu Überschätzungen der Tragfähigkeit im Brandfall führen.

258

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Bild 28. Vergleich der Ergebnisse von numerischen Tragfähigkeitsuntersuchungen mit den Bemessungsvorschriften nach a) EN 1993‑1‑2 und b) prEN 1993‑1‑2:2020 für beidseitig gestützte, druckbelastete plattenförmige Bauteile aus austenitischem nichtrostendem Stahl im Brandfall

6.5.3 Beanspruchbarkeit von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl nach vereinfachtem Bemessungsverfahren für den Brandfall 6.5.3.1 Biegeknicken Die numerischen Untersuchungen (Bild  27a) zeigen, dass die Verwendung der Knicklinie nach EN 1993‑1‑2 zur Überschätzung des Tragwiderstands von stabilitäts‑ gefährdeten Bauteilen aus nichtrostendem Stahl führen kann. Diese Unsicherheit nimmt mit steigenden Tem‑ peraturen zu. Ein Grund für die Abweichungen der normativen zu den numerisch bestimmten Knicklinien ist, dass die Knicklinien des Haupttextes von EN  1993‑1‑2 ursprünglich für Baustahl mit weniger ausgeprägt nichtlinearem Spannungs-Dehnungs-Ver‑ halten entwickelt wurden. Während das Werkstoffver‑ halten von Baustahl auch bei erhöhten Temperaturen einen linear-elastischen Anfangsbereich aufweist, ist das Spannungs-Dehnungs-Verhalten von nichtrosten‑ dem Stahl bereits bei kleinen Dehnungen nichtlinear. Die Steifigkeit nimmt somit sowohl mit zunehmenden Temperaturen als auch Stauchungen ab und beeinflusst den Knickwiderstand. Ein weiterer Grund für die Ab‑ weichungen ist durch die unterschiedliche Basis der Knicklinien gegeben. Die Knicklinie der EN  1993‑1‑2 wurde aus den Ergebnissen von Brandversuchen abge‑ leitet. Dabei repräsentiert die Knicklinie den Mittelwert der Versuchsergebnisse [91] und beinhaltet implizit die in Stützenöfen vorherrschenden, meist imperfekten, thermischen und mechanischen Randbedingungen (vgl. Abschnitt 4 dieses Beitrags). Die numerischen Berech‑ nungen wurden hingegen mit über die Stützenlänge (und den Querschnitt) einheitlichen Temperaturen und

idealen Lagerungsbedingungen, d. h. gelenkige Lage‑ rung bzw. Einspannung, durchgeführt. Ob und inwie‑ fern zukünftig die Knicklinie auch für die Brandbemes‑ sung von Stützen aus Baustahl angepasst werden sollte, ist gegenwärtig Gegenstand der Diskussion (s. Ab‑ schnitt  4.4 dieses Beitrags) [84, 93]. Dabei gilt es glei‑ chermaßen, das Interesse an einer präzisen Beschrei‑ bung der Knicklinie und der ihr zugrunde liegenden Berechnungs- und Versuchsergebnisse und das Funda‑ ment der Brandbemessung mit Brandversuchen an Bauteilen zu berücksichtigen. Die Abweichungen zwischen Baustahl und nichtrosten‑ dem Stahl resultieren insbesondere aus der Verwendung des temperaturabhängigen Imperfektionsbeiwerts mit: _ 235 ​​ ​  ​​     0,65 ​  ​ _ ​ ​​    (31) ​f​  y​​



Der Imperfektionsbeiwert berücksichtigt dabei strukturelle und geometrische Bauteilimperfektionen, wie beispielsweise die fertigungsbedingte Vorverfor‑ mung, von stabilitätsgefährdeten Bauteilen. Für die Bemessung nach der Elastizitätstheorie unter Verwen‑ dung des Fließkriteriums werden Abweichungen von der idealen Tragwerksgeometrie von Einzelbauteilen mit Imperfektionen in Form von Vorkrümmungen be‑ rücksichtigt. Vorkrümmungen werden dabei für ge‑ wöhnlich affin zur Knickfigur mit dem maximalen Wert an der Stelle der größten Verformung angenommen. Mit dem Maximalwert der Vorkrümmung e0 kann die Stützenimperfektion abhängig von der Bauteilschlank‑ heit über den Faktor wie folgt ausgedrückt werden: ​​ ​  ​​ ​    ​  ​​   ​​  ​​ ̅ ​​     A   ​e​​  0​​ ​∕​W​  el​​​

(32)



Anhang C Nichtrostender Stahl

Durch Umformung der Gl. (32) ergibt sich die Vorverformung einer Stütze abhängig von der bezogenen Schlankheit für erhöhte Temperaturen und der Querschnittsgeometrie zu: _ 235   ​W​  el​​ ​​e​  0​​     0,65 ​  _  ​​   (33) ​   ​ ​ ​​    ​​ ̅ ​​     ​  _   ​f​  y​​ A



Wird diese Vorverformung ins Verhältnis zur Bauteillänge gesetzt, so zeigt sich im Fall von nichtrostendem Stahl, dass mit steigenden Temperaturen infolge der anzusetzenden Abminderungsbeiwerte für die Werkstoffeigenschaften das Verhältnis e0∕​L geringer wird. Dies widerspricht jedoch den realen Bauteilbedingungen im Brandfall, da der geometrische Anteil der Vorkrümmungen unter Temperaturbeanspruchung nicht kleiner wird und der Einfluss von Eigenspannungen im Brandfall ohnehin im Allgemeinen als vernachlässigbar klein angesehen wird. Für Baustahl hingegen nimmt der Wert e0∕​L mit steigenden Temperaturen zu und liefert damit konservative Ergebnisse. Der Entwurf prEN 1993‑1‑2 beinhaltet eine neue Gleichung für die Bestimmung des Faktors . Für Bauteile aus nichtrostendem Stahl kann demzufolge ​​  ​​ ̅ ​​ ​​  ​​ ̅ ​​ _ ​​ ​  * ​ ​​      ​  0​​ ​  _  ​ ​    ​  0​​ ​  _     (34)  ​ ​   ​  0​​​  ​​ ̅ ​ ​  ​​    ​√ ​k​  ​​  ∕​ ​k​    ​​ ​ 2,

E,

mit ​​​  ​​ ̅ ​​     ​  ​̅   ​ ​  ​​​

(35)

abhängig vom beangenommen werden. Damit ist zogenen Schlankheitsgrad bei Normaltemperatur und allgemeingültig für alle Temperaturbereiche. Für 0 sind außerdem konstante Werte abhängig von der Stahlsorte sowie der Querschnittsform (offene oder

259

geschlossene Profile) in tabellarischer Form gegeben. Entgegen den Angaben für Bauteile der Querschnittsklassen  1 bis 3 aus Baustahl wird für nichtrostenden Stahl nicht der Wert 0,65 als Mittelwert von Versuchsergebnissen [91] gewählt, sondern es werden Imperfektionsbeiwerte im Bereich von 0,8 bis 1,0 für austenitischen nichtrostenden Stahl, 0,55 bis 1,0 für Duplex-Stahl sowie 0,4 bis 1,0 für ferritischen nichtrostenden Stahl vorgegeben. Auf der Basis der differenzierten Imperfektionsbeiwerte ergeben sich neue Knicklinien für nichtrostenden Stahl im Brandfall. Diese sind in Bild 29 exemplarisch für austenitischen Stahl dargestellt. Die Ermittlung der Beanspruchbarkeit erfolgt dabei nach (C.29) und (C30) mit: ​ ​  fi​​ ​Ak​  2, ​​ ​ f​  y​​ ​​N​  b,fi,t,Rd​​      ​  _  ​      ​N​​  t,Rd​​​   ​ ​  M,fi​​ für gedrungene Querschnitte

(36)

​ ​  fi​​ ​A​  eff​​ ​k​  2, ​​ ​ f​  y​​  ​      ​N​​  t,Rd​​​   ​​N​  b,fi,t,Rd​​      ​  _ ​ ​  M,fi​​ für schlanke Querschnitte

(37)

Der Abminderungsfaktor für Biegeknicken von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall fi wird dabei anhand von Gleichung (C.31) mit: 1 _ ​​ ​  fi​​   ​ ____________       ​ ​  aber  ​  fi​​     1​ 2 ​ ​  ​​   ​  ​ ​  2 ​ ​     ​​  ​​ ̅    ​ ​​ 



und der Hilfswert

(38)

nach (C.32) mit: 2

​​ ​  ​​   0,5 [1     ​​  ​​ ̅ ​​       ​​  ​​ ̅  ​ ​  ]​

a) b) Bild 29. Knicklinien nach prEN 1993‑1‑2, Anhang C für druckbelastete Bauteile aus austenitischem nichtrostendem Stahl für a) Biegeknicken um die starke Achse und b) Biegeknicken um die schwache Achse

(39)

260

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

bestimmt. Für den Wert fi sollte der kleinste der beiden Werte y,fi and z,fi genommen werden, abhängig davon, ob das Biegeknicken um die starke oder schwache Querschnittsachse maßgebend wird. Demnach ist die Berechnung des Abminderungsfaktors für nichtrostenden Stahl formal analog zur Bemessung von Bauteilen aus Baustahl. Die Plateaulänge der Knicklinie ist für nichtrostenden Stahl mit b    0 ebenfalls übereinstimmend zur Bemessung von Karbonstahl gewählt. Als zusätzliche Erweiterung bzw. Anpassung der Knicklinie für nichtrostenden Stahl findet sich in Anhang  C von prEN 1993‑1‑2 jedoch der Beiwert  . Dieser führt insbesondere im mittleren Schlankheitsbereich zu einer Anpassung der Form der Knicklinie. Somit wird berücksichtigt, dass insbesondere bei mittleren Bauteilschlankheiten die Tragfähigkeit von stabilitätsgefähr­ deten Bauteilen aus nichtrostendem Stahl bei einer Bemessung nach EN 1993‑1‑2 respektive dem vereinfachten Verfahren für Baustahl bisher überschätzt wurde. Der Beiwert  ist für Stähle mit initial unterschiedlicher Mikrostruktur tabellarisch angegeben und es wird zusätzlich auch hier nach Fertigungsweise und Querschnittsgeometrie zwischen warmgewalzten oder kaltgefertigten sowie offenen Querschnitten oder Hohlprofilen unterschieden.

6.5.3.2 Biegedrillknicken Analog zum Stabilitätsfall Biegeknicken infolge einer Drucknormalkraft zeigen die GMNIA‑Untersuchungen an Bauteilen aus nichtrostendem Stahl auch für den Fall des Biegedrillknickens eines Trägers unter Momentenbeanspruchung signifikante Abweichungen auf, sofern für Bauteile aus nichtrostendem Stahl die Bemes-

sungsregeln nach EN  1993‑1‑2 angewendet werden (s.  Bild  27b). Auch für das Biegedrillknicken sind die Vorgaben der aktuellen Norm EN 1993‑1‑2 für die Anwendung auf Karbonstahl ausgelegt und das von diesem verschiedene Werkstoffverhalten nichtrostender Stähle bei Temperaturbeanspruchungen infolge eines Brandfalls wird unzureichend abgebildet. Als maßgebendes Element für eine allfällige Anpassung der Bemessungsregeln hat sich hier ebenfalls der Faktor ergeben. Die bisher temperaturabhängige Formulierung wird abgeändert zu einer Formulierung in Abhängigkeit von der bezogenen Bauteilschlankheit bei Normaltemperatur sowie dem Imperfektionsbeiwert LT,0, sodass der Effekt einer verringerten Vorkrümmung eines Trägers bei steigenden Temperaturen für nichtrostenden Stahl, genau wie im Fall des Biegeknickens, eliminiert wird. Der Faktor LT, für das Biegedrillknicken von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall kann demnach für alle Temperaturbereiche wie folgt ermittelt werden: ​​  ​​ ̅ LT, ,com​​ ​​ *​  LT,  ​ ​ ​    ​  LT,0 ​​ ​  _   ​ ​  ​ ​  LT, ,com​​ ​​  ​​ ̅ LT, ,com​​ _____________        ​ ​    ​  LT,0​​ ​​  ​​ ̅ LT​​​   ​  LT,0 ​​ ​  ______________ ​√    ​k​  2, ,com​​  ∕​ ​k​  E, ,com​​ ​

(40)

Dabei sind k2, ,com und kE, ,com die Abminderungsfaktoren der Werkstofffestigkeit und -steifigkeit unter Berücksichtigung der Maximaltemperatur am Druckflansch. Der Imperfektionsbeiwert LT,0 ist in tabellarischer Form abhängig von der initialen Mikrostruktur des Stahls sowie der Querschnittsgeometrie mit Werten zwischen 0,34 und 0,76 gegeben. Mit dem Ansatz der neuen Imperfektionsbeiwerte ergeben sich ebenfalls neue Biegedrillknicklinien für Bauteile aus nichtrostendem Stahl. Diese sind exemplarisch für austenitischen nichtrostenden Stahl in Bild 30 dargestellt.

6.5.3.3 Kombinierte Druck- und Biegebeanspruchung

Bild 30. Biegedrillknicklinien nach prEN 1993‑1‑2 für austenitischen nichtrostenden Stahl

Ausgehend von den Überarbeitungen der Knicklinien bzw. der Biegedrillknicklinien für Bauteile aus nichtrostendem Stahl unter alleiniger Druck- oder Biegebeanspruchung ist auch die Interaktion von Normalkraftund Momenteneinwirkung in Anhang C, Abs. C.4.3.4 des Normenentwurfs für Bauteile aus nichtrostendem Stahl im Brandfall adaptiert. Der Ansatz der Interak­ tionsbeziehung nach dem bisher für nichtrostenden Stahl gültigen vereinfachten Bemessungsverfahren des Haupttextes von EN 1993‑1‑2 führt laut dem Vergleich mit Ergebnissen aus GMNIA-Untersuchungen insbesondere bei kleinen Bauteilschlankheiten zu nicht konservativen Abweichungen. In der Überarbeitung wurde ein Ansatz gewählt, welcher konsistent zur Bemessung nach EN  1993‑1‑1 für Normaltemperaturen ist. Danach sind vier Kombinationsbeiwerte kij zu bestimmen, um die Interaktion von Normalkraft- und ein- oder



Anhang C Nichtrostender Stahl

261

zweiachsiger Biegebeanspruchung in zwei Nachweisgleichungen zu berücksichtigen: (I) ​​n​  y, ​​ ​   k​  yy​​     ​m​​  y, ​​ ​   k​  yz​​     ​m​​  z, ​​     1,0​

(41)

(II) ​​n​  z, ​​ ​   k​  zy​​     ​m​​  y, ​​ ​   k​  zz​​     ​m​​  z, ​​     1,0​

(42)

Für die Berechnung der Kombinationsbeiwerte kij werden zusätzliche Hilfskoeffizienten Di eingeführt, welche Tabelle  C.7 für austenitischen bzw. ferritischen oder Duplex-Stahl entnommen werden können. Die resultierenden Kombinationsbeiwerte für die diversen Beanspruchungskombinationen von Bauteilen aus nichtrostendem Stahl im Brandfall sind in Bild 31 exemplarisch für austenitischen nichtrostenden Stahl unter konstanter Biegebeanspruchung mit My bei gleichzeitig wirkenden verschiedenen Normalkraftausnutzungen dargestellt. Für die Interaktionsfaktoren zur Anwendung auf Bauteile aus nichtrostendem Stahl wurden in Anlehnung an das Nachweisformat der Bemessung von Bauteilen aus Karbonstahl bei Raumtemperatur bilineare Funktionen gewählt.

Bild 31. Interaktionsfaktoren für Bauteile aus nichtrostendem Stahl unter kombinierter Druck- und Biegebeanspruchung

262

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

7

Anhang D Verbindungen

7.1

Neuer Normentext

D.3 Temperaturen von Verbindungen im Brandfall D.3.1 Allgemeines (1) Die Temperatur einer Verbindung darf unter Verwendung des lokalen A∕​V-Verhältnisses der Bestandteile der Verbindung bestimmt werden. Für ungeschützte Verbindungen darf das lokale A∕​V-Verhältnis mit 2∕​t berechnet werden, wobei „t“ die Gesamtdicke der verbundenen Stahlbleche (z. B. Kopfplatte∕​Stützenflansch, Rippe∕​Trägersteg) an der dünnsten Stelle der Verbindung ist. (2) Alternativ darf die Temperatur einer ungeschützten Verbindung vereinfachend als die Maximaltemperatur der verbundenen ungeschützten Stahlbauteile angenommen werden. (3) Für geschützte Verbindungen sollte die Temperatur der Verbindung als die Maximaltemperatur der geschützten verbundenen Stahlbauteile angenommen werden. D.4 Geschweißte Hohlprofilverbindungen D.4.1 Allgemeines (1) D.4 ist nur für ebene Verbindungen gültig. (2) Die Temperatur ( ) in einer geschweißten Hohlprofilverbindung sollte als die höchste Temperatur der angeschlossenen Bauteile angenommen werden.

(3) Die Beanspruchbarkeit einer Verbindung bei erhöhter Temperatur sollte durch Multiplikation der Beanspruchbarkeit bei normaler Temperatur mit ky, ermittelt werden, mit Ausnahme der Fälle in D.4.2 und D.4.3. D.4.2 Geschweißte Hohlprofilverbindungen mit axialem Druck in den Streben (1) Bei T-, Y- und X-förmigen, rechteckigen, quadratischen und elliptischen Hohlprofilverbindungen, bei denen die Strebe mit der breiten Seite des Gurtes verbunden ist, und wenn die Verbindung durch Plastizieren des Gurtstegs versagt, sollte die Beanspruchbarkeit der Verbindung bei erhöhter Temperatur durch Multiplikation ihrer Beanspruchbarkeit bei normaler Temperatur mit dem Faktor kc1, , gemäß Tabelle D.2, ermittelt werden. D.4.3 Geschweißte Hohlprofilverbindungen mit Biegemoment in den Streben (1) Die Beanspruchbarkeit einer Verbindung bei erhöhten Temperaturen, die durch Plastizieren des Gurtstegs versagt, sollte durch Multiplikation der Beanspruchbarkeit bei Normaltemperatur mit einem Faktor kc2, , gemäß Tabelle D.2, ermittelt werden.

Tabelle D.2 Multiplikationsfaktoren für geschweißte Hohlprofilverbindungen Stahltemperatur

Modifikationsfaktor kc1,

Modifikationsfaktor kc2,

20 °C

1,000

1,000

100 °C

1,000

1,000

200 °C

0,900

0,950

300 °C

0,800

0,900

400 °C

0,700

0,850

500 °C

0,600

0,690

600 °C

0,310

0,390

700 °C

0,130

0,180

800 °C

0,090

0,100

900 °C

0,0675

0,064

1000 °C

0,0450

0,042

1100 °C

0,0225

0,021

1200 °C

0,0000

0,000

Anmerkung: Zwischenwerte dürfen linear interpoliert werden.



7.2

Anhang D Verbindungen

Allgemeines

Das Thema einer detaillierten Betrachtung von Verbindungen zwischen Stahlbauteilen im Brandfall und deren Berücksichtigung in ganzheitlichen Brandschutzkonzepten erlangte in den letzten Jahren zunehmende Aufmerksamkeit. In der europäischen Vornorm EN V 1993‑1‑2 [67] aus dem Jahr 1995 wurden Verbindungen im Brandfall weitestgehend nicht gesondert betrachtet. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass diese i. d. R. massiv und robust ausgeführt wären, die Temperatur im Verbindungsbereich niedriger als in den anschließenden Bauteilen, die Ausnutzung der Verbindung kleiner als die maximale Ausnutzung der angeschlossenen Bauteile ist und ein Versagen vornehmlich im Bauteil selbst, jedoch nicht in den Verbindungsmitteln zu finden sei. Brandversuche [12, 121, 122] haben jedoch gezeigt, dass Stahlverbindungen und hier insbesondere zugbeanspruchte Verbindungskomponenten (Schrauben, Kopfplatten) aufgrund der Verformungen der angeschlossenen Bauteile und der daraus entstehenden Spannungen unter Brandbedingungen versagen können und somit für die Beurteilung der Tragfähigkeit einer Gesamtkonstruktion im Brandfall relevant sein können [123]. Durch die veränderlichen Einwirkungen infolge der Temperaturentwicklung und dem Verhalten der angeschlossenen Bauteile treten in den Verbindungen zwischen Bauteilen im Verlauf eines Brandes unterschiedliche Belastungssituationen auf und die Verbindungsmittel (Schrauben, Schweißgut, …) werden bisweilen stark beansprucht, mitunter auch gerade in der Abkühlphase von realen Brandereignissen. Bei der Weiterentwicklung der europäischen Vornorm zur aktuellen Norm EN  1993‑1‑2  [9] wurden erste Regeln für die rechnerische Brandbemessung von ­ Stahlverbindungen in den informativen Anhang D aufgenommen. Dieser beinhaltet ein vereinfachtes Be­ messungsverfahren für die Beurteilung der temperaturabhängigen Änderung der Tragfähigkeit von geschweißten und geschraubten Verbindungen im Vergleich zur Betrachtung bei Normaltemperatur sowie zur Ermittlung der Bemessungstemperatur in Stahlverbindungen. Das Nachweiskonzept nach EN  1993  1‑2, Anhang  D beruht für die Bemessung von Schraubverbindungen unter Schub- sowie Zugbeanspruchung und von Schweißnähten in Form von Stumpf- und Kehlnähten maßgeblich darauf, die Widerstände bei Normaltemperaturen, welche nach EN 1993‑1‑8 [124] zu bestimmen sind, mit temperaturabhängigen Faktoren ki, zu multiplizieren, um die entsprechenden Widerstandsgrößen für eine Bemessung im Brandfall zu erhalten und diese dann den Einwirkungen bei erhöhten Temperaturen gegenüberzustellen. Die Faktoren ki, sind abhängig von der Bemessungstemperatur der Verbindung zu bestimmen, sodass diese Temperatur die maßgebende Einflussgröße für die Bemessung ist. Der informative Anhang  D wurde im deutschsprachigen Raum in der Vergangenheit nur selten für die

263

Brandbemessung durch die Ingenieurpraxis angewendet und europaweit wurde durch Wissenschaft und Normungsgremien auf dessen Mängel hingewiesen. Daher wurde Anhang D basierend auf experimentellen und numerischen Studien der letzten Jahre [125–127] für den Entwurf prEN  1993‑1‑2:2020 erweitert. Die Überarbeitungen umfassen dabei die folgenden Punkte: – Die Temperatur einer Verbindung ist über die Höhe der verbundenen Bauteile als konstant zu bestimmen. Der Absatz EN 1993‑1‑2, D.3.1(4), wonach die Bemessungstemperatur auf Höhe der verwendeten Verbindungsmittel berechnet werden kann, entfällt. – Der Anhang D wird um einen weiteren Teil D.4 ergänzt, welcher Angaben zur Temperaturberechnung und Bemessung von geschweißten Hohlprofilverbindungen enthält. – Anhang  D ist zukünftig als normativ gekennzeichnet.

7.3

Temperaturen von Verbindungen im Brandfall

Für die Brandbemessung und die Berechnung des Feuerwiderstands von Stahlverbindungen ist die Stahltemperatur der Verbindungskomponenten und angeschlossenen Bauteile entscheidend. Für gegebene Temperatur-Zeit-Verläufe im Brandraum hängt sie von den thermischen Werkstoffeigenschaften und der Geome­ trie des Bauteils bzw. der Verbindung ab. Die vereinfachten Bemessungsverfahren gehen dabei i. Allg. von gleichmäßigen Temperaturverteilungen aus. Zur Erfassung der geometrischen Randbedingungen bei der Ermittlung der Stahltemperatur zu einem bestimmten Zeitpunkt t wird das Verhältnis A∕​V, der sogenannte Profilfaktor, verwendet. Dieser beschreibt das Verhältnis der brandbeanspruchten Oberfläche zum Volumen des Stahlbauteils bzw. der Verbindung. Dabei wird zwischen ungeschützten und geschützten Stahlbauteilen mit Brandschutzverkleidungen unterschieden. Im Fall eines ungeschützten Stahlbauteils entspricht Am dem Umfang des Bauteils, welcher unmittelbar dem Feuer ausgesetzt ist und bei einem geschützten Stahlbauteil ist Ap der innere dem Stahlbauteil zugewandte Umfang der Brandschutzverkleidung. V ist in beiden Fällen die Fläche des Stahlquerschnitts [128]. Die Entwicklung der Stahltemperatur wird im Brandfall unmittelbar über ​A​  m​​  ∕​ V ​​ ​  a,t​​ ​   k​  sh​​ ​  _  ​ ​h​      ​​  t​ ​c​  a​​ ​ ​  a​​ net,d für ungeschützte Stahlbauteile

(43)

bzw. ​​

  ​​  ​​ ̅ p​​ ​A​  p​​  ∕​ ​V( ​  g,t​​   ​ ​  a,t​​  )  ​ ​ t(e​​  ​  a,t​​     ​  _________________       ​c​  a​​ ​ ​  a​​ ​d​  p​​

für geschützte Stahlbauteile

∕​10​ 

 1)​ (44)

mit ​c​  p​​ ​ ​  p​​  ​    ​d​  ​​ ​A​  ​​  ∕​ V​ ​     ​  _  ​c​  a​​ ​ ​  a​​ p p

(45)

264

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

vom Profilfaktor beeinflusst. Dabei gilt, je größer der Profilfaktor eines Bauteils ist, umso schneller erwärmt sich dieses. Unter Verwendung dieses seit vielen Jahren etablierten Verfahrens darf nach Abschnitt D.3.1(4) der aktuellen Norm EN  1993‑1‑2  [9] für Träger-Stützen- und Träger-Träger-Verbindungen die Temperatur als nicht konstant über den gesamten Bereich der Verbindung betrachtet, sondern für die einzelnen Verbindungsmittel abhängig von ihrer Lage im Querschnitt separat ermittelt werden. Die Temperaturverteilung über die Höhe eines Trägers wird dabei abhängig von der Trägertemperatur im Unterflansch und der Gesamtträgerhöhe bestimmt. Da diese Vorgaben jedoch auf wenigen Forschungsergebnissen beruhen und umstritten sind, hat die zuständige Arbeitsgruppe CEN∕​TC  250∕​SC  3∕​ WG  2 beschlossen, dass der Abschnitt nicht für den Normenentwurf prEN 1993‑1‑2 überarbeitet wird, sondern vollständig entfällt. Für Verbindungen zwischen Stahlbauteilen erfolgt daher die Bestimmung der Bemessungstemperatur für eine Brandbemessung nach prEN  1993‑1‑2:2020 Anhang  D zukünftig abhängig vom Profilfaktor der verbundenen Bauteile. Dabei ist das maximale A∕​V-Verhältnis der angeschlossenen Bauteile als maßgebend für die gesamte Verbindung anzusehen, da dies zur rechnerisch ungünstigsten, d. h. zur schnellsten, Temperaturentwicklung führt. Dies gilt sowohl für geschützte als auch für ungeschützte Konstruktionen. Für Verbindungen ohne Brandschutzverkleidungen ist im Entwurf prEN 1993‑1‑2 zudem eine alternative Möglichkeit der Bestimmung des lokalen A∕​V-Verhältnisses einer Verbindung gegeben. Es können nach D.3.1(1) miteinander verbundene Bleche, z. B. Kopfplatte-Stützenflansch, Fahnenblech-Trägersteg, als Blechpakete betrachtet werden und der Profilfaktor mit A∕​V 2∕​t berechnet werden, wobei t die Dicke des Blechpakets darstellt. Dieser Profilfaktor entspricht demjenigen für ein Bauteil in Form ungeschützten Flachstahls. Maßgebend wird das dünnste Blechpaket der Verbindung.

7.4

sind als für Vollquerschnitte, liegen hier aufgrund der rascheren Erwärmung oftmals höhere Temperaturen im Brandfall vor, sodass die kritische Stahltemperatur nach kürzerer Zeit erreicht wird. Die Prognose des Verhaltens der Verbindungen zwischen Hohlprofilen unter Brandeinwirkung ist dementsprechend ein wichtiger Bestandteil der Brandbemessung und das Thema erlangte in der Forschung zunehmende Aufmerksamkeit. Zur Untersuchung des Brandverhaltens von Hohlprofil-Verbindungen wurden unter anderem in den letzten Jahren zwei umfangreiche Forschungsprojekte durchgeführt [129, 130], im Rahmen derer numerische Simulationen geschweißter Hohlprofilverbindungen unter Temperaturbeanspruchung mit der Finite-Elemente-Software ABAQUS durchgeführt und mit experimentellen Versuchsergebnissen validiert wurden. Die Ergebnisse dieser Forschungsvorhaben stellen die Basis für einen neuen Abschnitt D.4 im Entwurf prEN 1993‑1‑2:2020 dar. Die Ergänzungen im Rahmen dieses Abschnittes beinhalten im Wesentlichen die Angabe, dass die Temperatur in einer geschweißten Hohlprofilverbindung als die Maximaltemperatur der verbundenen Elemente angenommen werden kann. Des Weiteren werden zwei neue Abminderungsfaktoren kc1, und kc2, für die temperaturabhängige Reduktion der Steifigkeit und Festigkeit der Verbindung eingeführt, die bei der Ermittlung des Tragwiderstands einer geschweißten Hohlprofilverbindung zu berücksichtigen sind. Die Angaben nach prEN  1993‑1‑2, Abs.  D.4 können dabei für ebene Verbände aus Hohlprofilen angewendet werden, welche sich aus Gurtelementen, als Haupttrag­ elemente, und einer oder mehreren angeschlossenen Streben zusammensetzen. In Bild  33 sind schematisch verschiedene typische Formen von Verbänden darge-

Geschweißte Hohlprofile

Hohlprofile werden u. a. für Fachwerkträger im Hochund Brückenbau verwendet, da sie sich durch ein ansprechendes filigranes Äußeres und geringes Gewicht bei gleichzeitig hohen Tragfähigkeiten auszeichnen. Üblicherweise werden einzelne Stäbe mit runden, rechteckigen oder ovalen Hohlquerschnitten miteinander verschweißt, um Träger mit vielfältigen architektonischen und geometrischen Möglichkeiten zu realisieren (Bild 32). Für eine Bemessung der geschweißten Verbindungen zwischen Hohlprofilen unter Brandbeanspruchung sind, aufgrund der wenigen zum Entstehungszeitpunkt der aktuellen Norm vorliegenden Forschungsergebnisse auf diesem Themengebiet, keine Angaben in der DIN  EN  1993‑1‑2  [9] enthalten. Da die Querschnittsabmessungen von Hohlprofilen jedoch häufig geringer

Bild 32. Fachwerkträger aus miteinander verschweißten Stahlhohlprofilen



stellt, für welche prEN  1993‑1‑2, Abs.  D.4 Gültigkeit besitzt. Für die Verbindungen von Hohlprofilen können je nach Belastungssituation und Form des Verbands verschiedene Versagensfälle maßgebend werden. Es kann dabei grundsätzlich zwischen dem Versagen der Schweißnaht oder dem Versagen der angeschlossenen Stäbe unterschieden werden.

Bild 33. Typische Formen von Fachwerkverbänden aus Hohlprofilen

Anhang D Verbindungen

265

Das Versagen einer geschweißten Verbindung wird durch die temperaturabhängige Werkstofffestigkeit des Stahls beeinflusst. Aus diesem Grund besagt D.4.1(3), dass zur Ermittlung des Tragwiderstands einer geschweißten Verbindung von Hohlprofilen bei erhöhten Temperaturen der Widerstand bei Normaltemperatur nach EN 1993‑1‑8 [124] mit dem Abminderungsbeiwert ky, für die effektive Fließgrenze multipliziert werden

266

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

kann, da dieser der Degradation der Werkstofffestigkeit entspricht. Ausnahmen stellen Verbände mit planmäßig druck- oder biegebeanspruchten Stäben dar, in welchen nicht das Versagen der Schweißnaht, sondern die Plastizierung der Wandungen der angeschlossenen Gurte maßgebend werden kann. Für den Fall einer Verbindung zwischen einer Druckstrebe und einem Gurtelement in einem T-, Yoder X-Verband wird der Gurt ebenfalls auf Druck beansprucht. Effekte aus der Theorie II. Ordnung reduzieren dann aufgrund der Verformbarkeit des Gurtes die Tragfähigkeit (s. Bild 34). Da die Verformbarkeit unmittelbar von der Steifigkeit des Werkstoffs abhängig ist, entspricht die Reduktion der Tragfähigkeit derjenigen des Elastizitätsmoduls von Stahl bei erhöhten Temperaturen. Dementsprechend wird der Widerstand der Verbindung bei Normaltemperatur mit dem Abminderungsfaktor für den Elastizi-

tätsmodul multipliziert, um den Widerstand für eine Bemessung im Brandfall zu erhalten. Die Werte des hierfür in D.4.3(1) angegebenen Abminderungsbeiwerts kc1, entsprechen den Werten von kE, aus Abschnitt 5.3 des Haupttextes, d. h., es gilt: ​​R​  Rd, ​​ ​   k​  E, ​​     ​R​​  Rd​​ ​   k​  cl, ​​     ​R​​  Rd​​​

(46)

Aus Gründen der Übersichtlichkeit und um Missverständnisse in der Anwendung zu vermeiden, wurde in Anhang D mit kc1, jedoch eine eigene Bezeichnung für den Abminderungsfaktor gewählt. Bei biegebeanspruchten Streben sind ebenfalls Effekte aus der Theorie II. Ordnung zu berücksichtigen. Da hier die Gurtfläche sowohl auf Zug als auch auf Druck beansprucht wird, hat sowohl die verminderte Steifigkeit des Werkstoffs als auch die geringere Festigkeit einen Einfluss auf die Tragfähigkeit der Schweißverbindung und somit sind die Abminderungsfaktoren ky,

Bild 34. Einfluss der Gurtverformung nach Theorie II. Ordnung auf die Schweißnahtbeanspruchung

a) b) Bild 35. Vergleich numerisch ermittelter Traglasten mit Abminderungsfaktoren für Elektrizitätsmodul und Streckgrenze; a) druckbeanspruchte Streben und b) zugbeanspruchte Streben

Anhang E Träger mit großen Stegöffnungen

und kE, zu berücksichtigen. Für die Bemessung im Brandfall ist hier in Abschnitt D.4.3(1) stellvertretend der Abminderungsfaktor kc2, gegeben, welcher der durchschnittlichen Abminderung von Elektrizitätsmodul und Streckgrenze entspricht:   k E,    k y, k c2,   _ (47) 2 In Bild  35 sind numerisch ermittelte Tragwiderstände von geschweißten Hohlprofilverbindungen für Druckund Zugglieder aus [126] dargestellt. Den Ergebnissen der Simulationen sind die Abminderungsfaktoren für die Werkstofffestigkeit und -steifigkeit im Brandfall aus dem Haupttext von prEN  1993-1-2, Abs.  5.3 gegenübergestellt. Anhand des Vergleichs wird deutlich, dass die Traglastreduktion für druckbeanspruchte Streben

267

nahezu deckungsgleich mit der normativ gegebenen Degradation der Steifigkeit verläuft, während für zugbeanspruchte Streben die Verminderung der Festigkeit einen maßgebenden Einfluss auf die Tragfähigkeit der Verbindung hat. Als konservative Annahme wurde für den Entwurf prEN 1993-1-2:2020 beschlossen, dass für eine Brandbemessung die Temperatur einer Verbindung von geschweißten Hohlprofilen unabhängig von der initialen Lastsituation und der Verbandsgeometrie stets als die Maximaltemperatur der verbundenen Bauteile angenommen werden soll. Dementsprechend sind die Temperaturen für den Gurt und die Strebe(n) separat zu bestimmen und der Maximalwert aller berechneten Temperaturen der Einzelbauteile für die Bemessung der Schweißnähte anzusetzen.

8

Anhang E Träger mit großen Stegöffnungen

8.1

Neuer Normentext

Anhang E (normativ) Träger mit großen Stegöffnungen E.1 Allgemeines (1) Dieser Anhang gilt für Stahlträger mit großen Stegöffnungen im Anwendungsbereich von EN 1993-1-13. E.2 Thermisches Verhalten (1) Die Temperaturentwicklung darf mit Gleichung (7.58) berechnet werden, wobei ein Profilfaktor zu verwenden ist, der davon abhängt, ob ein Ansatz mit gleichmäßiger oder ungleichmäßiger Temperaturverteilung angewendet wird. (2) Bei einem Ansatz mit gleichmäßiger Temperaturverteilung sollten die Profilfaktoren für die verschiedenen Versagensarten wie folgt berechnet werden: – Biegebeanspruchung im Bruttoquerschnitt (keine Öffnung): nach Fall (1) in Tabelle E.1; – Biegebeanspruchung im Nettoquerschnitt (mit einer Öffnung) nach Fall (2) in Tabelle E.1; – Vierendeel-Biegung nach Fall (3) in Tabelle E.1 für den Obergurt oder (4) für den Untergurt; – Stegblechbeulen: nach Fall (5) in Tabelle E.1 für den Obergurt oder (6) für den Untergurt; – horizontale Schubbeanspruchung des Steges oder der Schweißnaht am Knotenpunkt der Gurte: nach Fall (7) in Tabelle E.1; – vertikale Schubbeanspruchung des Steges: nach Fall (8) in Tabelle E.1.

Bild E.1. Maßgebende Querschnitte eines Trägers mit großen Stegöffnungen

Bild E.2. Bruttoquerschnitt (links) und Nettoquerschnitt (rechts) eines Trägers mit großen Stegöffnungen

268

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

Tabelle E.1. Ansatz einer gleichmäßigen Temperaturverteilung: Profilfaktoren für die verschiedenen Versagensarten eines Trägers mit großen Stegöffnungen Versagens­ modus

Brand­ einwirkung

Profilfaktor

Biegung im Brutto­ querschnitt (1)

3-seitig

2​(​h​  top​​ ​    b​  bott​​ ​    h​  bott)​​ ​ ​   b​  top​​   ​t​  w,top​​   ​t​  w,bott​​ ________________________________________________ ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  1,3-seitig​​   ​               ​​ ​b​  top​​ ​t​  f,top​​  (​ ​h​  top​​   ​t​  f,top​​)​ ​t​  w,top​​ ​   b​  bott​​ ​t​  f,bott​​ ​   (h​  bott​​   ​t​  f,bott​​ ​)  t​  w,bott​​

4-seitig

2​(​h​  top​​ ​   b​  bott​​ ​   b​  top​​ ​   h​  bott​​)​   ​t​  w,top​​   ​t​  w,bott​​ ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  1,4-seitig​​   ​  ________________________________________________              ​​ ​b​  top​​ ​t​  f,top​​  (​ ​h​  top​​   ​t​  f,top)​​ ​ ​t​  w,top​​ ​   b​  bott​​ ​t​  f,bott​​ ​   (h​  bott​​   ​t​  f,bott​​ ​)  t​  w,bott​​

3-seitig

2​(​h​  top​​ ​   b​  bott​​ ​   h​  bott​​   ​a​  0)​​ ​ ​   b​  top​​ ____________________________________ ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  2,3-seitig​​   ​             ​​ ​b​  top​​ ​t​  f,top​​ ​   h​  w,top​​ ​t​  w,top​​ ​   b​  bott​​ ​t​  f,bott​​ ​   h​  w,bott​​ ​t​  w,bott​​

4-seitig

​h​  top​​ ​   b​  top​​ ​   b​  bott​​ ​   h​  bott​​    ​a​  0​​ ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  2,4-seitig​​  2 ​  ____________________________________           ​​ ​b​  top​​ ​t​  f,top​​ ​   h​  w,top​​ ​t​  w,top​​ ​   b​  bott​​ ​t​  f,bott​​ ​   h​  w,bott​​ ​t​  w,bott​​

3-seitig

​h​  w,top​​ ​a​  0​​ 1 ​     ​   1 ​   ​ _   ​   ​t​  ​​ ​ ​ ​  top​​   2​ ​  _ ​​  _ b ) cos ​ ​  top​​ f,top] 2 ( cos ​ ​  top​​ [ (​​ A​  m​​  ∕​ ​V)​  2,3-seitig​​   ​  __________________________________________             ​​ ​h​  w,top​​ ​a​  ​​ 1 ​b​  top​​ ​t​  f,top​​  ​ ​  _0 ​​  _ ​     ​   1 ​   ​ _   ​   ​t​  ​​ ​ ​t​  ​​ [ 2 ( cos ​ ​  top​​ ) cos ​ ​  top​​ f,top] w,top

4-seitig

​h​  w,top​​ ​a​  0​​ 1 ​     ​   1 ​   ​ _   ​   ​t​  ​​ ​ 2​ ​b​  top​​   ​  _ ​​  _ ) cos ​ ​  top​​ f,top] 2 ( cos ​ ​  top​​ [ _____________________________________       ​​ (​​ A​  m​​  ∕​ ​V)​  3,4-seitig​​   ​       ​h​  w,top​​ ​a​  ​​ 1 ​b​  top​​ ​t​  f,top​​  ​ ​  _0 ​​  _ ​     ​   1 ​   ​ _   ​  ​ ​t​  ​​ [ 2 ( cos ​ ​  top​​ ) cos ​ ​  top​​ ] w,top

VierendeelBiegung im Untergurt (4)

4-seitig

​h​  w,bott​​ ​a​  0​​ 1  ​   ​t​  ​     ​   1 ​   ​ _   ​​ ​ 2​ ​b​  bott​​   ​  _ ​​  _ ( cos ​ ​  bott​​ ) cos ​ ​  bott​​ f,bott] [ 2 (​​ A​  m​​  ∕​ ​V)​  4,4-seitig​​   ​  _______________________________________            ​​ ​h​  w,bott​​ ​a​  ​​ 1  ​  ​b​  bott​​ ​t​  f,bott​​  ​ ​  _0 ​​  _ ​     ​   1 ​   ​ _   ​ ​t​  ​​ ) cos ​ ​  bott​​ ] w,bott [ 2 ( cos ​ ​  bott​​

Stegbeulen im Obergurt



2  ​    ​   ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  5​​     ​ _ ​t​  w,top​​

Stegbeulen im Untergurt



2    ​​  ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  6​​     ​ _ ​t​  w,bott​​

horizontaler Schub im Steg oder in der Schweißnaht (7)



2 ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  7​​     ​ ______________  ​​      ​min(t​  w,top​​  ; ​t​  w,bott​​  )

vertikaler Schub im Steg (8)



2 ​​(A​  m​​  ∕​ ​V)​  8​​   ​ ______________  ​​      ​min(t​  w,top​​  ; ​t​  w,bott​​  )

Biegung im Netto­ querschnitt (2)

VierendeelBiegung im Obergurt (3)

(3) Für das Versagen bei Vierendeel-Biegung kann der Profilfaktor des geneigten und abgeschrägten T-Querschnitts berücksichtigt werden, der zu einer gleich­ mäßigen Temperaturverteilung im T-Querschnitt führt [Anm. d. Verf. (vgl. Linie (1) in Bild E.3)].

(4) Bei einem Ansatz mit ungleichmäßiger Temperaturverteilung sollten die Profilfaktoren nach Tabelle E.2 für den Oberflansch, Unterflansch und Steg verwendet werden.

Anhang E Träger mit großen Stegöffnungen

269

eine Funktion der Breite des Stegbereichs zwischen den Öffnungen ist. Dieser berücksichtigt den Unterschied in der Erwärmungsrate zwischen der Stegfläche im Zwischenbereich von Öffnungen und einem durchgängigen Stegquerschnitt.

Legende 1 Für die Berechnung des Profilfaktors verwendeter Querschnitt 2 Für die Tragfähigkeitsberechnung verwendeter Querschnitt Bild E.3. Definition der für den Profilfaktor und für die Vierendeel-Biegung verwendeten Querschnitte des Obergurts (oben) und des Untergurts (unten) Tabelle E.2. Ansatz einer ungleichmäßigen Temperaturverteilung: Profilfaktoren für die Flansche und den Steg Element

Brandeinwirkung Profilfaktor, A∕V

Oberflansch

3-seitig

b top 2t f,top _ b top t f,top

4-seitig

b top 2t f,top 2_ b top t f,top

Unterflansch

4-seitig

b bott 2t f,bott 2 ___________ b bott t f,bott

Steg



4 _ t w,top t w,top

(5) Bei geschützten Trägern mit regelmäßigen Öffnungen sollte die Dicke des Brandschutzmaterials nach EN 13381-4 oder EN 13381-8 auf der Grundlage des in (4) definierten Profilfaktors und der für die verschiedenen Versagensarten ermittelten kritischen Temperaturen bestimmt werden. (6) Zusätzlich zu (5) sollte die kritische Temperatur von Trägern, die durch reaktive Beschichtungen geschützt sind, für Versagen des Steges oder Stabilitätsversagen gemäß EN 13381-9 reduziert werden. Anmerkung: In EN  13381-9 ist ein Modifikationsbeiwert für den Steg gegeben, der produktspezifisch und

E.3 Mechanisches Verhalten (1) Die Klassifizierung von Querschnitten, T-Querschnitten und Längssteifen sollte jeweils nach EN 1993-1-13:2022, 7.4, 7.5 und 7.6 erfolgen, wobei ein reduzierter Wert für gemäß Gleichung (7.2) zu verwenden ist. (2) Der Bemessungswert des Widerstands der Elemente an der Öffnung bei einer Temperatur sollte nach EN 1993-1-13 ermittelt werden, wobei fy durch fy, , Ea durch Ea, und M0, M1, M2 durch M,fi zu ersetzen sind. (3) Das Stegbeulen in der Nähe von weit auseinander liegenden Öffnungen und das Beulen des Stegbereichs zwischen Öffnungen sollten nach EN  1993-1-13 unter Berücksichtigung des Abminderungsfaktors für Biegeknicken im Brandfall fi nach Gleichung (7.7) berechnet werden. (4) Thermisch induzierte Spannungen sollten an der Steg-Flansch-Verbindung von geschweißten Trägern berücksichtigt werden, außer wenn Steg und Flansch durch – eine voll durchgeschweißte Naht – oder zwei durchgehende Kehlnähte mit einer effektiven Kehlnahtdicke, die größer oder gleich der Hälfte der maximalen Blechdicke der verbundenen Bleche ist, verbunden sind. (5) Zusätzlich zu (1) bis (4) gelten (6) bis (8) für Träger mit sinusförmigen Öffnungen. (6) Der Verlauf der Momenten-Normalkraft-Interaktion eines T-Querschnitts (EN  1993-1-13:2020, Gleichung (8.62)) sollte linear sein. Der Wert von v sollte 1 betragen. (7) Für die Beanspruchbarkeit des Stegbereichs unter Längsschubbeanspruchung (8.11.1(4) in EN 1993-1-13) sollte kein zusätzlicher Faktor für den Schubwiderstand berücksichtigt werden. (8) Die Höhe des T-Querschnitts ist wie folgt zu berechnen, – Bei Öffnungen der Klasse 1 (CwT  1) ist der Querschnitt voll wirksam: hEff,i  ht (E.1) – Für andere Querschnitte ist die Höhe reduziert: hEff,i (E.2) h ht Dabei ist der Abminderungsfaktor h wie folgt zu ermitteln: h

 max(hTCI1∕ht ;

mit: hTCI1

tf

tc

h,min)

(E.3)

9 fitw

(E.4)

und fi nach Gleichung (7.2) und für h,min sollte ein Wert von 0,8 verwendet werden. (9) Für den Nachweis von Schweißnähten gilt D.2.

270

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

8.2

Träger mit großen Stegöffnungen

Tabelle 11.  Aufbau von prEN 1993‑1‑2, Anhang E

8.2.1 Allgemeines

Anhang E

Im Hoch- und Industriebau ist es an vielen Stellen erforderlich, horizontale Installationen unterhalb von Geschossdecken zu verlegen. Bei Decken mit Stahlträgern als Unterzüge bietet es sich dabei oftmals an, die Träger mit Stegöffnungen zu versehen und die Installationen dort hindurchzuführen, um die Raumhöhe nicht zusätzlich zu reduzieren. Durch eine kraftflussaffine Form und Anordnung der Aussparungen können außerdem Träger mit verringertem Gewicht im Vergleich zu Trägern ohne Stegöffnungen realisiert werden. Dabei ergibt sich jedoch stets das Problem, dass im Bereich der Stegöffnungen ein zum Teil erheblich verkleinerter Trägerquerschnitt vorliegt, was zusätzliche Untersuchungen im Hinblick auf die Tragfähigkeit und den Feuerwiderstand erfordert. Für die Bemessung von Trägern mit großen Stegöffnungen waren bisher weder für Normaltemperaturen noch für den Brandfall normative Vorgaben vorhanden. Im Rahmen der Überarbeitung der Eurocodes wurde nun der Entwurf von prEN  1993‑1‑13:2020  [131] in einer Sitzung von WG 20 als zuständige Arbeitsgruppe von CEN∕​TC  250∕​SC  3 verabschiedet, welcher Bemessungsregeln für Träger mit großen Stegöffnungen bei Normaltemperaturen beinhaltet. Auf der Basis von Großversuchen und numerischen Untersuchungen [132–134] wurden die in prEN  1993‑1‑13 festgelegten Regeln außerdem für eine Anwendung auf den Brandfall angepasst und in Anhang  E von prEN  1993‑1‑2 aufgenommen. Der Anhang ist in drei Abschnitte gegliedert, welche allgemeine Vorgaben sowie Angaben zum thermischen und mechanischen Verhalten von Trägern mit großen Stegöffnungen beinhalten (s. Tabelle 11). Im Folgenden werden die Inhalte der einzelnen Abschnitte des Anhangs erläutert.

E.1

Allgemeines

E.2

Thermisches Verhalten

E.3

Mechanisches Verhalten

8.2.2 Definitionen nach prEN 1993‑1‑13 Die Grundlage für den neuen Anhang  E von prEN 1993‑1‑2 bildet der Entwurf des ebenfalls neuen Teils  1‑13 von Eurocode  3 – prEN  1993‑1‑13: Ergänzende Regeln für Träger mit großen Stegöffnungen [131]. Zum Zeitpunkt der Entstehung dieses Beitrags lag die von CEN∕​TC 250∕​SC 3∕​WG 20 verabschiedete Version 02-2020 dieses neuen Normenteils vor. Im Folgenden werden einzelne Definitionen und Begrifflichkeiten erläutert, welche in prEN  1993‑1‑13 festgelegt wurden und für das Verständnis der Angaben des ergänzenden Anhangs E von prEN 1993‑1‑2 zur Brandbemessung von Stahlträgern mit großen Stegöffnungen benötigt werden. Unterschiedliche Geometrien werden für Öffnungen im Stegbereich von Stahlträgern in der Ingenieurpraxis verwendet. Die Entwürfe prEN  1993‑1‑13 und prEN 1993‑1‑2, Anhang E können zukünftig für runde, elliptische, rechteckige und sinusförmige Stegaussparungen angewendet werden. Die nachfolgenden Dar-

Bild 36. Definitionen der Trägerkomponenten nach prEN 1993‑1‑13

stellungen und Erläuterungen beschränken sich auf runde Stegausschnitte. Für die Bemessung kann ein Träger mit Stegöffnungen maßgeblich in drei Abschnitte in vertikaler Richtung aufgeteilt werden: (1) oberer T-Querschnitt, (2) unterer T-Querschnitt und (3) Öffnungsbereich. Die drei Bereiche sind in Bild  36 abgebildet. Der obere bzw. untere T-Querschnitt wird jeweils aus dem Flanschblech und dem Anteil des Stegbleches über respektive unter den Öffnungen gebildet. Des Weiteren sind in Bild  36 im Bereich der Trägeröffnungen die über die Gesamtträgerlänge verschiedenen Abschnitte des Steges definiert. Es wird zwischen dem Stegabschnitt am Trägerende – im Folgenden als „End-Pfosten“ bezeichnet – und den Stegabschnitten im Zwischenbereich von Öffnungen – nachfolgend „Mittel-Pfosten“ genannt – unterschieden.

8.3

Thermisches Verhalten

Abschnitt E.2 von prEN 1993‑1‑2 beinhaltet Angaben zur Berechnung der Temperaturentwicklung von Trägern mit Stegöffnungen im Brandfall. Demnach kann die Bestimmung der Temperatur eines Trägers zum Bemessungszeitpunkt t nach Gleichung (7.58) des Haupttextes (Gl. (43) dieses Beitrags) erfolgen, mit welcher die Entwicklung der Temperatur ungeschützter Stahlbauteile berechnet werden kann. Hier geht als maßgebende Einflussgröße für die Temperaturentwicklung – wie in Abschnitt 7.3 dieses Beitrags erläutert – die Geometrie des Trägers über den Profilfaktor A∕​V ein. Für Träger mit großen Stegöffnungen werden lokale A∕V-Verhältnisse anhand von Teilquerschnitten des



Trägers verwendet. Dabei kann entweder eine gleichmäßige oder eine ungleichmäßige Temperaturverteilung im Querschnitt angesetzt werden. Abhängig von dem gewählten Ansatz ist der Profilfaktor entweder nach Tabelle E.1 oder Tabelle E.2 zu bestimmen. Im Fall einer gleichmäßigen Temperaturverteilung ist nach E.2(2) weiterhin zwischen verschiedenen maßgebenden Versagensfällen zu differenzieren. Es wird unterschieden zwischen Biegung im Brutto- bzw. Netto-Querschnitt eines Trägers mit großen Stegöffnungen sowie Schubversagen und Biegung bei einem Vierendeel-­ Träger. Bild  E1 in prEN  1993‑1‑2 zeigt schematisch, welche Teilquerschnitte eines Gesamtträgers jeweils zur Ermittlung des A∕​V-Verhältnisses bei den einzelnen Versagensmodi zu verwenden sind. Außer für den Fall der Biegung im Bruttoquerschnitt zwischen den Öffnungen wird jeweils der Nettoquerschnitt oder Teile davon verwendet, um die Temperatur für den Bemessungszeitpunkt im Brandfall zu ermitteln. Dazu kann ein Träger mit Stegöffnungen auf Höhe der horizontalen Mittellinie der Öffnungen in Ober- und Untergurt geteilt werden. Die geometrischen Abmessungen von Ober- und Untergurt müssen dabei nicht zwingend identisch sein, sondern können sich in Breite, Höhe sowie Blechdicken voneinander unterscheiden. In prEN 1993‑1‑2, Bild E.2 sind zur Erläuterung der verwendeten Bezeichnungen für die Querschnittskomponenten schematisch der Ober- und Untergurt eines Trägers mit Stegöffnungen als Brutto- und Nettoquerschnitt dargestellt. Sofern die Biegung des Trägers als Versagensmodus maßgebend wird, ist zudem zu entscheiden, ob der Träger im Brandfall als 3-seitig oder allseitig beflammt angesehen werden kann, da eine einseitige Abschirmung des Obergurts zu einer langsameren Erwärmung im Brandfall und ggf. einem größeren Feuerwiderstand des Gesamtträgers führt. Entsprechend wird für eine dreiseitige Beflammung die abgeschirmte obere Seite des Obergurts nicht für die Berechnung des Profilfaktors berücksichtigt.

Anhang E Träger mit großen Stegöffnungen

271

Eine Besonderheit bei Trägern mit Stegöffnungen besteht neben der globalen Reduktion der Querkraft- und Biegetragfähigkeit infolge der verringerten Stegfläche in lokalen Effekten in unmittelbarer Umgebung der Aussparungen. Infolge der Umverteilung der Querkräfte im Bereich der Öffnungen entstehen lokal hohe Biegebeanspruchungen in den Eckpunkten, welche dort zum Plastizieren des Stegblechs führen können. Dieser Mechanismus wird i. Allg. als Vierendeel-Biegung bezeichnet. Im Fall von Vierendeel-Biegung werden nach prEN  1993‑1‑2, Abbildung  E.3 zwei unterschiedliche Querschnitte für die Berechnung des Profilfaktors A∕​V zur Bestimmung der Bemessungstemperatur und für die Berechnung des Tragwiderstands im Brandfall als maßgebend angesehen. Es wird dabei jeweils ein Abschnitt zwischen den vertikalen Mittellinien zweier Öffnungen betrachtet. Zwischen dem Mittelpunkt einer Stegöffnung und der Ober- bzw. Unterkante des Trägers an der Symmetrieachse des betrachteten Abschnitts ergibt sich ein Winkel . Als maßgebenden Querschnitt erhält man einen T-Querschnitt entlang der Wirkungslinie dieses Winkels. Für die Berechnung des Tragwiderstands wird der T-Querschnitt bis zum oberen bzw. unteren Trägerrand entlang der Wirkungslinie gewählt, während für die Ermittlung des Profilfaktors A∕​V der obere bzw. untere Flansch senkrecht an der Stelle geschnitten wird, an welcher die Wirkungslinie von auf die Unterkante des Oberflansches respektive die Oberkante des Unterflansches trifft. Die Temperaturverteilung wird dann vereinfachend als gleichmäßig über den T-Querschnitt berücksichtigt. Die maßgebenden Schnitte für einen Vierendeel-Träger sind am Beispiel des Obergurts in Bild 37 dargestellt.

8.4

Mechanisches Verhalten

Für die Berechnung des Tragwiderstands eines Trägers mit großen Stegöffnungen wird in prEN 1993‑1‑2, Anhang E auf prEN 1993‑1‑13 und damit auf die Bestimmung der Widerstände bei Normaltemperatur verwie-

Bild 37. Maßgebende Querschnitte für (1) die Tragfähigkeitsermittlung und (2) die Bestimmung des Profilfaktors für den Versagensmodus der Vierendeel-Biegung

272

3  Neue Entwicklungen in prEN 1993-1-2:2020

sen. Demnach ist ein Träger zunächst einer Querschnittsklasse zuzuordnen. Ein Träger mit großen Stegöffnungen kann sowohl für Normaltemperatur als auch im Fall einer Heißbemessung nach den Abschnitten 7.4, 7.5 und 7.6 von prEN  1993‑1‑13 klassifiziert werden. Dabei ist Abs. 7.4 für Biegeträger und Abs. 7.5 für den Fall der Vierendeel-Biegung gültig und Abs. 7.6 ist für die Klassifizierung von allfälligen Längssteifen anzuwenden. In jedem Fall ist nach prEN  1993‑1‑2, E.3(1) jedoch, wie für die Klassifizierung im Brandfall üblich, ein reduzierter Wert für den Werkstoffparameter mit _



235 ​​ ​  fi​​     0,85 ​  _ ​   ​ ​​    ​f​  y​​

(48)

anzusetzen. Die weitere Bemessung erfolgt analog zur Tragfähigkeitsanalyse für Normaltemperatur, jedoch sind die Werkstoffparameter durch die reduzierten Werkstoffeigenschaften für erhöhte Temperaturen fy, , Ea, und fp, zu ersetzen und es ist der Teilsicherheitsbeiwert für den Brandfall fi zu verwenden.

9

Zusammenfassung und Ausblick

Der vorliegende Beitrag stellt die Weiterentwicklungen des Teils 1-2 von Eurocode 3 vor und macht dessen Anwender:innen mit den wesentlichen Änderungen für die Bemessung von Stahltragwerken für den Brandfall vertraut. Diese beabsichtigen die Anwenderfreundlichkeit zu verbessern, die Regelungen sowohl innerhalb des Eurocodes  3 sowie der Brandteile aller Eurocodes als auch mit den verwandten Normen zu harmonisieren und neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung zu integrieren. Gleichzeitig werden in der Ingenieurpraxis etablierte Ansätze und Methoden fortgeführt. Dies stärkt die Wirtschaftlichkeit von Stahlkonstruk­ tionen, die Effizienz ihres Entwurfs und ihrer Bemessung sowie den verantwortungsbewussten Umgang mit Ressourcen. Zum Entstehungszeitpunkt dieses Beitrags lag der Entwurf prEN 1993‑1‑2 in der Fassung für die CEN-Enquiry vor. Diese sechszehnwöchige Umfrage startet im Frühjahr 2022 und erfragt die Zustimmung zum Normenentwurf durch die verschiedenen Länder. Gleichzeitig haben diese auch nochmals die Möglichkeit, Kommentare zum Entwurf abzugeben. Die Kommentare und Änderungswünsche sind dann nochmals vom SC3 zu bearbeiten. Das Komitee erstellt auf dieser Basis einen abschließenden Entwurf für den sog. Formal Vote, bei dem es nur noch um Zustimmung oder Ablehnung des Entwurfs durch die Länder geht. Das Formal Vote soll nach gegenwärtiger Planung im Oktober 2023 beginnen und wird 8 Wochen dauern. Nach einer letzten editorischen Phase wird der Entwurf den nationalen Normungsinstituten übergeben. Bis dann national tatsächlich die Einführung und die Zurückziehung der bestehenden Norm erfolgen, hängt u. a. davon ab, ob

bis dahin schon ein nationaler Anhang zum neuen Normenentwurf existiert. Betrachtet man diese doch recht lange Zeitschiene, stellt sich die Frage, ob einige der neuen Erkenntnisse, die Eingang in den neuen Entwurf gefunden haben, nicht schon vorher genutzt werden können. Grundsätzlich sollte dies möglich sein, weil ja durch den beschriebenen Prozess eine sorgfältige technische Prüfung erfolgt ist. Allerdings liegt dies dann in der individuellen Verantwortung der Anwender:innen und möglicherweise der Bauherr:innen bzw. Prüfer:innen. Diese Phase eröffnet aber auch die Möglichkeit, durch entsprechende Kommentare und Beispielrechnungen, sich mit der Norm weiter vertraut zu machen, und so die Umstellung tatsächlich zu vereinfachen. Zeitgleich sollen die genannten Forschungsergebnisse zum Werkstoffverhalten höherfester Baustähle in der Abklingphase von Naturbrandszenarien und zum Stabilitätsverhalten im Rahmen sog. Early Amendments noch Eingang in die Norm finden, um deren Konsistenz und Anwenderfreundlichkeit weiter zu erhöhen. Äußerungen und Reaktionen der in den europäischen Gremien und nationalen Spiegelausschüssen engagierten Ingenieur:innen aus der Praxis bestätigen, dass den Anwender:innen eine zukunftstaugliche Tragwerksnorm für die Brandbemessung zur Verfügung stehen wird und die vorgestellten Neuerungen maßgeblich zur Erfüllung der gesteckten Ziele beitragen. Die zukünftige Tragwerksnorm ist weiterhin auf gut ausgebildete Planer:innen und ausführende Ingenieur:innen ausgerichtet und bietet praxisnahe Bemessungsansätze unterschiedlichen Detaillierungs- und Komplexitätsgrades. Dabei richtet sie sich gleichermaßen an nur gelegentlich und permanent mit Brandschutzaspekten befasste Ingenieur:innen und fördert verantwortungsvolle Innovationen. Die Autor:innen sind überzeugt, dass die zweite Generation der EN 1993-1-2 den „Praxistest“ erfolgreich bestehen wird und der vorliegende Beitrag zur schnellen und reibungslosen Umstellung beiträgt.

10

Literatur

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273

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277

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4

Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton Peter Schaumann, Maximilian Mund und Inka Pehrs

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

280

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 281 2 Brandschutztechnische Anforderungen 282 2.1 Allgemeines 282 2.2 Regelbau 283 2.3 Sonderbau 283 3 Einwirkungen 285 3.1 Allgemeines 285 3.2 Thermische Einwirkungen 285 3.2.1 Wärmetransportmechanismen 285 3.2.2 Nominelle Temperaturzeitkurven 287 3.2.3 Naturbrandszenarien 287 3.3 Mechanische Einwirkungen 288 4

Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen 289 4.1 Allgemeines 289 4.2 Thermische Materialkennwerte 290 4.2.1 Wärmeleitfähigkeit 290 4.2.2 Wärmekapazität 291 4.2.3 Thermische Dehnung 291 4.2.4 Thermische Materialeigenschaften von Brandschutzmaterialien 292 4.3 Mechanische Materialkennwerte 293 4.3.1 Allgemeines 293 4.3.2 Bau- und Betonstahl 293 4.3.3 Beton 294 4.4 Aufbereitung in der Numerik 294 5 Bemessung nach DIN EN 1994-1-2 296 5.1 Allgemeines 296 5.2 Bemessungstabellen 296 5.3 Vereinfachte Bemessungsverfahren 297 5.3.1 Allgemeines 297 5.3.2 Verbunddecken 297 5.3.3 Verbundträger 299 5.3.4 Verbundstützen 301 6

Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken 304 6.1 Allgemeines 304 6.2 Bemessungstools für die Anwendung vereinfachter Bemessungsverfahren 305 6.3 Allgemeine Berechnungsverfahren 305 6.4 Software-Validierung nach DIN EN 1991-1-2∕​NA, Anhang CC 308 6.4.1 Allgemeines 308 6.4.2 SAFIR 309 6.4.3 Zusammenfassung 312 7

Zusammenfassung und Ausblick 312

8 Literatur 313 8.1 Normen und Richtlinien 313 8.2 Veröffentlichungen 314 8.3 Software 315

9

Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2 316 9.1 Aufgabenstellung 316 9.2 Einwirkungen im Brandfall 316 9.3 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 317 9.4 Kriterium des Raumabschlusses „E“ 317 9.5 Wärmedämmkriterium „I“ 317 9.6 Tragfähigkeitskriterium „R“ – Momententragfähigkeit 318 9.6.1 Allgemeines 318 9.6.2 Temperaturen im Querschnitt 319 9.6.3 Ermittlung der plastische Momententragfähigkeit Mfi,Rd  321 9.7 Tragfähigkeitskriterium „R“ – Längsschubtragfähigkeit 322 9.8 Ergebnis 324 10

Beispielrechnung 2: Bemessung eines Verbundträgers nach DIN EN 19941-2 324 10.1 Aufgabenstellung 324 10.2 Nachweis nach EC4-1-2 – Bemessungstabellen 325 10.3 Nachweis mittels vereinfachter Bemessungsverfahren 327 10.3.1 Allgemeines 327 10.3.2 Bestimmung von Mpl,Rd für den Brandfall 328 10.3.3 Nachweis der Querkrafttragfähigkeit 333 11

Beispielrechnung 3: Bemessung einer betongefüllten Stahlhohlprofilstütze nach DIN EN 1994-1-2, Anhang F* 334 11.1 Aufgabenstellung 334 11.2 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 335 11.3 Ermittlung der äquivalenten Temperaturen der Querschnittsteile 335 11.4 Axiale Bemessungslast bei erhöhten Temperaturen 336 11.4.1 Ermittlung des Bemessungswertes des plastischen Widerstands 336 11.4.2 Ermittlung der effektiven Biegesteifigkeit im Brandfall 337 11.5 Ermittlung des Bemessungswertes der Knicklast im Brandfall 338 11.6 Nachweis 338 12

Beispielrechnung 4: Bemessung eines Flachdeckenträgers nach DIN EN 1994-1-2, Anhang H* 338 12.1 Aufgabenstellung 338 12.2 Überprüfung der Anwendungsgrenzen 339 12.3 Ermittlung der äquivalenten Temperaturen der Querschnittsteile 340 12.4 Plastische Momententragfähigkeit im Feld 341 12.5 Nachweis 344

Einleitung

1

Einleitung

Der konstruktive bauliche Brandschutz entwickelt sich kontinuierlich weiter. Die Entwicklung beruht dabei auf mehreren Effekten: Konsequente Forschungen im Bereich des Brandschutzes führen zu neuen Erkenntnissen über die auftretende Temperaturverteilung im Brandraum, die temperaturabhängigen Materialeigenschaften und das Tragverhalten von Gesamttragwerken im Brandfall. Auf Grundlage des jeweils aktuellen Forschungsstands erfolgt eine fortlaufende Anpassung der Normung hinsichtlich der brandschutztechnischen Bemessung. In diesem Zuge wurden im Juli 2011 die sogenannten „heißen Eurocodes“ als europäische Regelwerke in Deutschland für die Bemessung im Brandfall bauaufsichtlich eingeführt. Für Stahlverbundtragwerke im Hoch- und Ingenieurbau sind zwei Regelwerke samt der zugehörigen Nationalen Anhänge von Bedeutung. Die Einwirkungen im Brandfall werden in DIN EN 1991-1-2 [1] geregelt. Die Regelungen zur brandschutztechnischen Tragwerksbemessung für Verbundtragwerke aus Stahl und Beton sind in DIN EN 1994-1-2 [7] enthalten. Mit dem Mandat M∕​515 wurde im Dezember 2012 die Überarbeitung der Eurocodes ausgelöst. Dabei wurde nicht gleichzeitig mit der Überarbeitung aller Teile begonnen, sondern die Arbeit der sogenannten Project Teams in verschiedene Phasen gegliedert. In der Phase 2 (2017–2020) wurden schon einige Neuerungen für DIN EN 1994-1-2 erarbeitet. Allerdings wurde mit der eigentlichen Neufassung erst in der Phase 3 (2018–2022) begonnen, sodass dieser Teil noch nicht endgültig aktualisiert ist. Für diesen Normenteil liegt ein finaler Entwurf des Project Teams vom April 2021 [9] vor. Dieser Normenentwurf ist noch nicht veröffentlicht und liegt zurzeit nur in den jeweiligen Normengremien zur Information vor. Die Arbeit des Project Teams, dessen Mitglied die Drittautorin ist, wird 2022 abgeschlossen sein. Gleichwohl wird sich der Zeitpunkt, an dem die neuen Eurocodes eingeführt und die alten zurückgezogen werden, noch bis mindestens Mitte dieses Jahrzehnts hinziehen. Auf einige der zukünftig zu erwartenden Neuerungen in DIN EN 1994-1-2 wird in diesem Beitrag bereits eingegangen. Die Forschungsarbeiten im Verbundbau haben in den 1980er- und 90er-Jahren maßgeblich dazu beigetragen, dass numerische Methoden zum Nachweis des Feuerwiderstands entwickelt wurden. Großangelegte Verbund-Forschungsprojekte haben gerade in Deutschland, aber auch in ganz Europa ihren Beitrag dazu geleistet. Im Verbundbau wurde dabei insbesondere der positive Effekt ausgenutzt, dass die hohe Tragfähigkeit bei kleinen Querschnittsabmessungen des Baustahlanteils mit der für den Brandschutz förderlichen thermischen Schutzwirkung des umgebenden Betons kombiniert werden kann. Die Verbundbauweise kann durch gezielte Querschnittsgestaltung eine wirtschaftlich optimierte Bauform darstellen, mit der sich leicht hohe Feuerwi-

281

derstandsklassen von R 90 und mehr erreichen lassen. Die isolierende Wirkung des Betons wird bei dieser Bauweise gezielt eingesetzt. Bei der Querschnittsgestaltung ist sicherzustellen, dass der Stahlanteil möglichst zum Mittelpunkt hin angeordnet wird, wo sich im Brandfall kühlere Zonen einstellen. Die im Beton langsamer fortschreitende Erwärmung schirmt den Stahlanteil im Inneren des Querschnitts ab, sodass die Reduzierung der Tragfähigkeit zeitlich verzögert wird. Im Rückblick sind die beiden letzten Jahrzehnte des vergangenen Jahrtausends die Blütezeit des Stahlverbundbaus. Die Bedeutung ist in diesem Jahrtausend durch verschiedene Entwicklungen zurückgegangen. Insbesondere die deutliche Verbreitung der Fertigteilbauweise im Stahlbetonbau hat nach Auffassung der Autoren dazu beigetragen. Aktuelle Forschungsarbeiten widmen sich der Anwendung höchstfester Stähle (bis S960) im Verbundbau, insbesondere bei Verbundstützen. Weitere Forschungen zielen auf die Entwicklung schlanker Decken- und Trägersysteme wie beispielsweise Flachdeckenträger und Träger mit Verbunddübelleisten ab. Es bleibt abzuwarten, ob die daraus erwachsenden Optionen eine Trendumkehr bewirken können. Neben den Fortschritten auf wissenschaftlicher Ebene tragen zudem Entwicklungen in der Computertechnik wesentlich zur Weiterentwicklung der brandschutztechnischen Bemessung bei. Mit der heutigen Computerleistung ist es möglich, komplexe Tragstrukturen im Brandfall abzubilden und dynamische Vorgänge bei der Temperatur- und Rauchentwicklung im Brandraum in akzeptabler Rechenzeit zu simulieren. Damit eröffnen sich für die brandschutztechnische Bemessung neue Möglichkeiten. Zum einen können reale Brandverläufe simuliert werden. Zum anderen können Gesamttragwerke analysiert und die gegenseitige Beeinflussung benachbarter Tragwerkselemente berücksichtigt werden. Dadurch ist eine deutliche Entwicklung weg von der Bemessung einzelner Bauteile unter nomineller Brandbeanspruchung hin zur Bemessung des Gesamttragwerks unter realer Brandeinwirkung zu verzeichnen. Letzteres wird häufig mit dem Begriff der schutzzielorientierten Bemessung bzw. des Performance Based Fire Design betitelt. Gerade dem Stahlverbundbau kommt diese Entwicklung zugute. Der Ansatz einer thermischen Beanspruchung entsprechend der Einheits-Temperaturzeitkurve (ETK) – so wie er bis zur Einführung der Eurocodes ausschließlich möglich war – ist gegenüber dem Ansatz realer Brandszenarien im Allgemeinen sehr konservativ. Ungeschützte Stahlquerschnittsteile eines Verbundträgers oder einer Verbundstütze konnten auf Grundlage der vorherigen Bemessungsnormen nur in Tragwerken eingesetzt werden, an die keine oder geringe Anforderungen im Brandfall gestellt wurden. Lediglich im Rahmen von Brandschutzkonzepten für Sonderbauten wurden bereits vor der Einführung der Eurocodes Bemessungen auf Grundlage von realen Brandverläufen durchgeführt. Neuartige Bemessungsmethoden im bau-

282

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

bis 12). Diese zeigen die Anwendung der vereinfachten Bemessungsverfahren für eine Verbunddecke und einen Verbundträger nach DIN EN 1994-1-2 sowie für eine ausbetonierte Hohlprofilstütze und einen Flachdeckenträger nach dem Entwurf der DIN EN 1994-1-2 [9].

Bild 1. Verbundtragwerk der Adidas-Arena in Herzogenaurach (© Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover)

lichen Brandschutz von Verbundbauteilen wurden vom Erstautor z. B. beim Bau der Adidas-Arena in Herzogenaurach angewendet (s. Bild 1). Um die Entwicklungen der vergangenen Jahre in der brandschutztechnischen Bemessung von Stahlverbundtragwerken gezielt aufzubereiten, werden die heute geltenden normativen Regelungen in diesem Beitrag zusammengetragen und wesentliche Neuerungen der zurzeit in der Bearbeitung befindlichen neuen Eurocodes hinsichtlich der Bemessung aufgezeigt. Dabei wird zunächst der aktuelle bauaufsichtliche Rahmen für Regelbauten beschrieben. Analog zum Aufbau der Normen erfolgt ferner die Beschreibung der thermischen und mechanischen Einwirkungen sowie der temperaturabhängigen Materialkennwerte von Beton, Bau- und Bewehrungsstahl. Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang die Abkühlphase von Naturbrandszenarien. Des Weiteren werden in diesem Beitrag die tabellarischen und vereinfachten Bemessungsverfahren nach DIN EN 1994-1-2 [7] vorgestellt. Auch die vereinfachten Verfahren, die in der zukünftigen Fassung der DIN EN 1994-1-2 enthalten sein werden, werden beschrieben. Der Ermittlung der Bauteilwiderstände auf Grundlage einer vorgegebenen Geometrie und der entsprechend der im Brandfall erhöhten Bauteiltemperaturen veränderten Materialeigenschaften kommt dabei besondere Bedeutung zu. Aufgrund der zunehmenden praktischen Bedeutung wird ein gesonderter Abschnitt den computergestützten Bemessungsverfahren gewidmet. Darin erfolgt zunächst die Beschreibung anerkannter Programme des Brandschutzingenieurwesens sowie deren Grundlagen und Einsatzmöglichkeiten. Des Weiteren wird die Validierung des brandschutzspezifischen Finite-Elemente-­ Programms SAFIR [56] für die thermische und mechanische Simulation von Tragwerken im Brandfall auf Grundlage des Nationalen Anhangs DIN EN 19911-2∕NA [2] detailliert beschrieben. Der Übersichtlichkeit halber sind am Ende des Beitrags vier Anwendungsbeispiele abgedruckt (s. Abschnitt 9

2

Brandschutztechnische Anforderungen

2.1

Allgemeines

Bevor die brandschutztechnische Bemessung eines Bauteils oder eines Tragwerks erfolgen kann, müssen zunächst die Anforderungen entsprechend der jeweiligen Bau- oder Sonderbauordnung ermittelt werden. Unter anderem bestehen Anforderungen an tragende und aussteifende sowie raumabschließende Bauteile. Dabei werden an identische Bauteile bei unterschiedlicher Gebäudenutzung u. U. verschiedene Anforderungen gestellt. Als Grundlage für die im Verlauf dieses Beitrags dargestellten Bemessungsverfahren werden an dieser Stelle die entsprechend dem aktuellen Baurecht definierten brandschutztechnischen Anforderungen wiedergegeben. Die Anforderungen an den Feuerwiderstand von Bauteilen ergeben sich aus der Musterbauordnung (MBO) [11] und den korrespondierenden Bauordnungen (LBO) und Sonderbauordnungen der Länder. Die jeweiligen Regelwerke werden über die Verwaltungsvorschrift der Technischen Baubestimmungen (VV TB) des jeweiligen Bundeslandes eingeführt. Das oberste Schutzziel der Bauordnungen ist der Schutz von Personen, Tieren und Sachwerten. Dieser Grundsatz ist in § 14 der MBO niedergeschrieben: Bauliche Anlagen sind so anzuordnen, zu errichten, zu ändern und instand zu halten, dass der Entstehung eines Brandes und der Ausbreitung von Feuer und Rauch (Brandausbreitung) vorgebeugt wird und bei einem Brand die Rettung von Menschen und Tieren sowie wirksame Löscharbeiten möglich sind. Die MBO und LBO widmen sich in erster Linie den Gebäuden normaler Art und Nutzung, also vorrangig Wohnungsbauten. Die Regelungen zum vorbeugenden baulichen Brandschutz betreffen dabei Anforderungen an Flucht- und Rettungswege, die Begrenzung der Brandausbreitung durch räumliche Trennung und Anforderungen an Baustoffe und Bauteile. Die Einordnung von Bauteilen in Feuerwiderstandsklassen erfolgt unter definierten mechanischen Einwirkungen sowie einer thermischen Einwirkung nach der ETK. Sofern die Feuerwiderstandsfähigkeit des Bauteils über die der jeweiligen Feuerwiderstandsklasse zugeordnete Dauer nachgewiesen werden kann, erfolgt eine Einstufung des Bauteils nach der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) entsprechend Tabelle 1. In der MVV TB werden die Kriterien zum Nachweis der Standsicherheit sowie des Raumabschlusses gesondert beschrieben und den baurechtlichen Begriffen feu-



Brandschutztechnische Anforderungen

283

Tabelle 1.  Feuerwiderstandsklassen nach MVV TB [10]

2.2

Feuerwiderstandsklasse

Feuerwiderstandsdauer [min]

F 30

≥ 30

F 60

≥ 60

F 90

≥ 90

F 120

≥ 120

F 180

≥ 180

Die Anforderungen an den Feuerwiderstand tragender, aussteifender und raumabschließender Bauteile hängen u. a. von der Gebäudeart und -nutzung ab. Für Regelbauten werden in der MBO fünf Gebäudeklassen definiert. Die Einteilung in die Gebäudeklassen erfolgt auf Grundlage der Gebäudehöhe sowie der Anzahl und Abmessungen der Nutzungseinheiten, wobei diese in unmittelbarem Zusammenhang mit der Reichweite der Rettungsgeräte der Feuerwehr stehen. Die definierten maximalen Höhen kennzeichnen dabei die Höhe der Fußbodenoberkante des höchstgelegenen Aufenthaltsraums über der Geländeoberkante. Gebäude der Gebäudeklassen 1 bis 3 haben eine entsprechende maximale Höhe von 7  m. Die tragenden und aussteifenden Bauteile dieser Gebäudeklassen müssen in der Regel die Anforderungen an die Feuerwiderstandklasse R 30 („feuerhemmend“) erfüllen. Lediglich an Bauteile in freistehenden Gebäuden der Gebäudeklasse 1 werden keine Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt. Gebäude der Gebäudeklasse 4 dürfen eine Höhe von 13 m aufweisen und erfordern in der Regel die Feuerwiderstandsklasse R 60 („hochfeuerhemmend“). Gebäude der Gebäudeklasse 5 sind durch eine maximale Höhe von 22 m begrenzt. Bei Gebäuden dieser Kategorie sind die Bauteile in der Feuerwiderstandsklasse R 90 auszuführen. Gebäude, die die Höhenbegrenzung der Klasse 5 überschreiten, werden im Allgemeinen als Hochhäuser deklariert. Diese gelten als Sonderbauten und sind nach der Hochhausrichtlinie [15] zu errichten.

erhemmend, hochfeuerhemmend feuerbeständig zu­ geordnet. Auch in den Eurocodes wurden einzelne Kriterien zur Klassifizierung eingeführt, die die Funktionalität der Bauteile im Brandfall näher beschreiben. Das Tragfähigkeitskriterium („R“) ist erfüllt, sofern die Standsicherheit über die geforderte Branddauer nachweisbar ist. Für die Erfüllung des Raumabschlusskriteriums („E“) muss konstruktiv sichergestellt werden, dass keine heißen Rauchgase oder Flammen aus dem definierten Brandabschnitt austreten. Das Isolationskriterium („I“) ist erfüllt, sofern die mittlere Temperaturerhöhung auf der brandabgewandten Seite des Bauteils geringer als 140 K sowie die maximale Temperaturerhöhung geringer als 180  K ist. Raumabschließende Bauteile müssen die Anforderungen an den Raum­abschluss und die thermische Isolation über die jeweils geforderte Branddauer erfüllen. Brandwände müssen zudem einer definierten mechanischen Beanspruchung standhalten (Kriterium „M“). Die Bezeichnungen sowie die Zuordnung der Feuerwiderstands­ klassen nach den Eurocodes zu den Feuerwiderstandsklassen der MVV TB bzw. den bauaufsicht­li­ chen  Anforderungen können Tabelle  2 entnommen werden.

2.3

Regelbau

Sonderbau

Neben der MBO [11] als Regelwerk für Gebäude regulärer Art und Nutzung gibt es in Deutschland eine Vielzahl von Richtlinien, die den Bau und Betrieb von Son-

Tabelle 2.  Zuordnung der Feuerwiderstandsklassen nach den Eurocodes und der MVV TB zu den bauaufsichtlichen Anforderungen Bauaufsichtliche Anforderung

Tragende Bauteile ohne Raumabschluss

Tragende Bauteile mit Raumabschluss

Nichttragende Bauteile mit Raumabschluss

feuerhemmend

R 30 StSi 30 min

REI 30 StSi + RaAb 30 min

EI 30 RaAb 30 min

hochfeuerhemmend

R 60 StSi 60 min

REI 60 StSi + RaAb 60 min

EI 60 RaAb 60 min

feuerbeständig

R 90 StSi 90 min

REI 90 StSi + RaAb 90 min

EI 90 RaAb 90 min

Brandwand



REI-M StSi + RaAb + MeBe

EI-M –

Es bedeuten: E I R M

Raumabschluss Wärmedämmung Tragfähigkeit Widerstand gegen mechanische Beanspruchung

StSi Standsicherheit RaAb Raumabschluss MeBe Mechanische Belastung

284

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Tabelle 3.  Brandschutzanforderungen an tragende und aussteifende Bauteile in Regelgeschossen [11–20] auf Grundlage der MBO und Sonderbauordnungen Gebäudetyp

Bauteil

Regelbauten

Mittel- und Großgaragen

Versammlungsstätten Kranken­ häuser

Rechtsgrundlage

Brandschutzanforderung

MBO (09∕​2019)

Gebäudeklasse gemäß § 2 (3) GK 1

GK 2

GK 3

GK 4

GK 5

Wände, Stützen, Decken

§ 27 (1), § 31 (1)

keine

R(EI) 30

R(EI) 30

R(EI) 60

R(EI) 90

Wände, Stützen, Decken in Kellergeschossen

§ 27 (2), § 31 (2)

R(EI) 30

R(EI) 30

R(EI) 90

R(EI) 90

R(EI) 90

MGarVO (05∕​2008)

offene 1)

geschlossene 1)

§ 6 (1) generell (2) h ≤ 22 m (3) eingeschossig

R(EI) 90 A R(EI) 30 oder A

R(EI) 90 R(EI) 30 – A R(EI) 30 oder A

MVStättVO (07∕​2014)

eingeschossig

mehrgeschossig

Tragende und aussteifende Bauteile

§ 3 (1)

R(EI) 30

R(EI) 90

KhBauVO (02∕​2000)

eingeschossig

mehrgeschossig

Wände, Pfeiler, Stützen

§ 7 (1) + (2)

R 30 – A

R 90 3)

Tragende und aussteifende Bauteile

2)

Decken, Träger und Dächer

§ 8 (1) + (2)

REI 30 – A

REI 90

Dachtragwerke

§ 8 (3)

R 30

R 90

GastBauVO (02∕​2004)

eingeschossig

mehrgeschossig

Gaststätten Wände, Pfeiler, Stützen

§ 6

R 30

R 90

Decken, Träger

§ 7

REI 30 – A

REI 90 – AB 4)

MSchulbauR (04∕​2009)

Gebäudehöhe

Schulen Tragende Bauteile Verkaufs­ stätten

h ≤ 7 m

7 m < h ≤ 22 m

2.1 (1)

R 30

R 90

2.1 (2)

R 60 für h ≤ 13 m und A ≤ 400 m2

VkVO (07∕​2014)

eingeschossig

mehrgeschossig

ohne Sprinkler

mit Sprinkler

ohne Sprinkler

mit Sprinkler

Wände, Pfeiler, Stützen

§ 3

R 30

keine

R 90

R 90

Decken, Träger

§ 7

REI 30 – A

A

REI 90–A 5)

REI 90–A 6)

HochHR (02∕​2012)

Gebäudehöhe

Hochhäuser

h ≤ 60 m

h > 60 m

Tragende und aussteifende Bauteile

3.1

R 90 – A

R 120 – A

Raumab­schließende Bauteile

3.2

F 90 – B

F 90 – B

Anmerkungen: 1) § 2 Abs. 3 GarVO, offene Mittel- und Großgaragen sind Garagen, die unmittelbar ins Freie führende, unverschließbare Öffnungen in einer Größe von insgesamt mindestens einem Drittel der Gesamtfläche der Umfassungswände haben, bei denen mindestens zwei gegenüberliegende Umfassungswände mit den ins Freie führenden Öffnungen nicht mehr als 70 m voneinander entfernt sind und bei denen eine ständige Querlüftung vorhanden ist. Offene Garagen sind auch Stellplätze mit Schutzdächern (überdachte Stellplätze). 2) Ausnahme: keine Anforderungen für erdgeschossige Gebäude mit Sprinkleranlage. 3) Wände mit brennbaren Baustoffen können gestattet werden, wenn der Feuerwiderstand dieser Wände mindestens dem von feuerbeständigen Wänden entspricht und keine Bedenken wegen des Brandschutzes bestehen. 4) Wenn sich darüber Aufenthaltsräume befinden. 5) Öffnungen sind unzulässig, Ausnahme bilden nicht notwendige Treppen. 6) Öffnungen sind zulässig zwischen Verkaufsräumen, Verkaufsräumen und Ladenstraßen sowie Ladenstraßen.

Einwirkungen

derbauten regeln. Verglichen mit Regelbauten ergeben sich für Sonderbauten häufig andere Anforderungen an den Brandschutz. Dies ist auf die typischen Charakteristika der Sonderbauten in Hinblick auf ihre Ausstattung und Nutzung sowie in den Gebäuden vorhandene brandschutztechnische Infrastruktur zurückzuführen. Beispielsweise sind Krankenhäuser zu nennen, in denen sich typischerweise Menschen befinden, die nur eingeschränkt mobil sind und im Falle eines Brandes nicht eigenständig flüchten können. Andere Sonderbauten, wie zum Beispiel Versammlungsstätten oder Verkaufsstätten sind durch das Vorhandensein großer, zumeist ortsunkundiger Menschenmassen gekennzeichnet. Bei diesen Sonderbauten kommt den Evakuierungsmöglichkeiten und der Fluchtweggestaltung besondere Bedeutung zu. Auch an Tragwerke in Beherbergungsstätten werden aufgrund der hohen Brandlasten in Kombination mit zumeist ortsunkundigen, schlafenden Menschen hohe Anforderungen an den Feuerwiderstand gestellt, um die Rettung der Personen im Brandfall gewährleisten zu können. Aus brandschutztechnischer Sicht nehmen auch die Sonderbauten der offenen, oberirdischen Parkhäuser, deren Einstellplätze nicht mehr als 22 m über der Geländeoberfläche liegen, eine besondere Stellung ein. Bei diesem Gebäudetyp werden in Deutschland aktuell keine Anforderungen an den Feuerwiderstand der Bauteile gestellt, sondern lediglich der Einsatz nicht brennbarer Materialien gefordert (vgl. [13]). Eine Folge dieser Festlegung ist die eindrucksvolle Entwicklung des Marktanteils von Stahlverbundbauten im Marktsegment des Parkhausbaus. Dies zeigt, dass ein wesentlicher Einflussfaktor auf die Wirtschaftlichkeit der Stahlverbundbauweise in der brandschutztechnischen Bemessung liegt. Sofern es gelingt, die Anforderungen an den Feuerwiderstand der Bauteile zu erfüllen, ohne aufwendige Brandschutzmaßnahmen durchzuführen, ist die genannte Bauweise wettbewerbsfähig. Demgegenüber stehen erhebliche Mehrkosten für Brandschutzbekleidungen in der Größenordnung der Materialkosten des Baustahls, falls die geforderte Feuerwiderstandsdauer nur unter Einsatz von Brandschutzmaterialien erreicht werden kann. Eine aktuelle Übersicht der nutzungsabhängigen Anforderungen an den Feuerwiderstand tragender Bauteile – ausgedrückt in erforderlichen Feuerwiderstandsklassen – für Regel- und Sonderbauten sind in Tabelle  3 zusammengefasst. Grundlage dafür sind die MBO [11] und die Muster-Sonderbauordnungen [12– 20]. Die Verfasser müssen an dieser Stelle darauf hinweisen, dass in der MGarVO [13] möglicherweise kurzfristig Änderungen bevorstehen. Die Regelungen zum baulichen Brandschutz im Industriebau sind in Deutschland im internationalen Vergleich sehr fortschrittlich. Da sie aber auch recht umfangreich sind, wird an dieser Stelle auf die einschlägige Literatur verwiesen [40].

3

Einwirkungen

3.1

Allgemeines

285

Generell können die Einwirkungen im Brandfall in thermische und mechanische Einwirkungen unterschieden werden. Dabei rufen thermische Einwirkungen eine Bauteilerwärmung hervor, die auf Grundlage der Gesetzmäßigkeiten der Thermomechanik bestimmt werden kann. Die erhöhte Temperatur wirkt sich unmittelbar auf die Tragfähigkeit des Bauteils im Brandfall aus. Die mechanischen Einwirkungen werden für den Brandfall entsprechend der außergewöhnlichen Bemessungssituation aus den charakteristischen Lasten berechnet. Die Kenntnis der thermischen Einwirkungen sowie der daraus resultierenden Bauteiltemperaturen ist für den Nachweis eines Bauteils oder Tragwerks auf Grundlage der Eurocodes ebenso erforderlich wie die Bestimmung der im Brandfall anzusetzenden mechanischen Lasten. Daher werden in diesem Abschnitt die Grundlagen für die Berechnung der thermischen und mechanischen Einwirkungen aufgezeigt.

3.2

Thermische Einwirkungen

3.2.1 Wärmetransportmechanismen Die thermischen Einwirkungen werden durch den auf das Bauteil einwirkenden Wärmestrom ​​​h  ​​ ̇ net​​​ beschrieben. Im Allgemeinen setzt sich der Wärmestrom aus einem Strahlungsanteil ​​​h ​​ ̇   net,r​​​ sowie einem konvektiven Anteil ​​​h ​​ ̇  net,c​​​ zusammen: ​​​h ​​ ̇  net​​   ​​h ​​ ̇  net,r​​   ​​h ​​ ̇  net,c​​​

(1)

Der konvektive Anteil des Netto-Wärmestroms berücksichtigt den Wärmeübergangskoeffizienten c am Übergang zwischen dem strömenden Fluid (im Allgemeinen Luft) und dem Bauteil. Folgt die Gastemperatur der ETK, so ist dieser nach DIN EN 1991-1-2 [1] mit 2 c    25  W∕​m K anzusetzen. Für die Berechnung des Erwärmungsverhaltens von Bauteilen infolge von Naturbrandszenarien wird er mit c    35  W∕​m2K angenommen. ​​​h ​​ ̇   net,c​​   ​ ​  c​​   ​(​ ​  g​​   ​ ​  m​​)​​

(2)

mit c Wärmeübergangskoeffizient für Konvektion [W∕​m2K] g Gastemperatur in der Umgebung des beanspruchten Bauteils [°C] m Oberflächentemperatur des Bauteils [°C] Der Anteil der Wärmestrahlung am Netto-Wärmestrom wird maßgeblich dadurch charakterisiert, dass die Gas- und Bauteiltemperaturen jeweils in der vierten Potenz in die Berechnung eingehen (siehe Gl. (3)). Dies führt dazu, dass der Anteil infolge Strahlung am Gesamt-Netto-Wärmestrom mit steigenden Temperaturen überproportional gegenüber dem Anteil infolge Kon-

286

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

vektion zunimmt. Neben den Gas- und Bauteiltemperaturen gehen die Emissionsgrade der Flamme sowie des Bauteils in die Berechnung ein. Der Emissionsgrad der Flamme f ist in DIN EN 1991-1-2 [1] mit f 1,0 angegeben. Nach DIN EN 1991-1-2 darf der Emissionsgrad des Bauteils m im Allgemeinen zu 0,8 gesetzt werden. Dies wird jedoch für Stahl- und Stahlverbundtragwerke nach DIN EN 1993-1-2 [5] und DIN EN 1994-1-2 [7] auf den Wert 0,7 vereinheitlicht. Über den Konfigurationsfaktor können Positions- oder Abschattungseffekte berücksichtigt werden. Der Faktor lässt sich nach Anhang G der DIN EN 1991-1-2 [1] bestimmen oder kann vereinfacht zu 1,0 gesetzt werden. Dies führt zu konservativen Ergebnissen in Form überschätzter resultierender Bauteiltemperaturen. ​​​h ​​ ̇   net,r​​       ​ ​  m​​   ​ ​  f​​       ​(​​(​ ​  r​​   273)​​​  4​   ​​(​ ​  m​​   273)​​​  4​)​​

(3)

mit Konfigurationsfaktor [–] m Emissivität der Bauteiloberfläche [–] f Emissivität der Flamme [–] Stephan-Boltzmann-Konstante, 5,67 10 8 [W∕​m2K4] r wirksame Strahlungstemperatur des Brandes [°C] m Oberflächentemperatur des Bauteils [°C] Eine sowohl für den Stahlbau als auch den Verbundbau wesentliche Neuerung wird sich in der zukünftigen Fassung der DIN EN 1994-1-2 durch neu definierte Emissionsbeiwerte für feuerverzinkte Stahlbauteile ergeben. Diese Neuerung ist insbesondere auf Forschungsarbeiten von Mensinger et al. [41, 42] zurückzuführen. Um diese Regelung möglichst schnell in die Anwendung zu bekommen, hat der Deutsche Ausschuss für Stahlbau (DASt) beschlossen, diese Regelung in Deutschland als DASt-Richtlinie 027 [43] zu veröffentlichen. Zurzeit wird die Aufnahme in die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmung (MVV TB) [10] vorbereitet. Technisch wirkt sich diese Neuerung auf die Berechnung des Wärmestroms (siehe Gln. (1) bis (3)) und damit auf die Erwärmung ungeschützter Stahlbauteile im Brandfall aus. In den Strahlungsanteil geht die Emissivität der Bauteiloberfläche m ein. Für normale Bau­ stahloberflächen gilt m 0,7, für Edelstahl m 0,4. In der DASt-Richtlinie 027 [43] werden die in Tabelle  4 aufgeführten Werte bezüglich des Emissionsbeiwertes m für feuerverzinkte Stahlbauteile festgelegt.

Tabelle 4.  Emissivität feuerverzinkter Bauteile in Abhängigkeit von der Bauteiltemperatur nach DASt-Richtlinie 027 [43] Stahlzusammensetzung nach DIN EN ISO 14713-2, Tab. 2 [25]

(≤ 500 °C)

(> 500 °C)

Kategorie A und B

0,35

0,7

Kategorie C und D

0,7

0,7

m

m

Damit wird die Emissivität der Oberfläche für Stähle nach Kategorie A und B im Bereich von Raumtemperatur bis 500 °C auf m 0,35 reduziert. Die Kategorien unterscheiden sich insbesondere hinsichtlich des Siliziumgehalts. Diese m-Werte dürfen bei den brandschutztechnischen Nachweisen nach Einführung der DASt-Richtlinie 027 in die Liste der Technischen Baubestimmungen zusammen mit der jetzt gültigen DIN EN 1994-1-2 schon angewendet werden. Zusätzlich dazu regelt die DASt-Richtlinie 027 [43]: – Die Ausführung der Feuerverzinkung erfolgt im Normaltemperaturbereich (435 bis 465 °C) nach DASt-Richtlinie 022 inklusiver der werkseigenen Produktionskontrolle und Fremdüberwachung. Ausbesserungen an den feuerverzinkten Oberflächen gemäß DIN EN ISO 1461 sind zulässig. – Bei Einsatz feuerverzinkter Bauteile mit Stahlzusammensetzungen nach Kategorien A und B gemäß DIN EN ISO 14713-2, Tabelle 1 [25] erfolgen der Nachweis und die Dokumentation der Übereinstimmung der Stahlzusammensetzung durch die Vorlage von 3.1-Zeugnissen nach DIN EN 10204 im Rahmen der werkseigenen Produktionskontrolle der Stahlbaufertigung nach DIN EN 1090-2. – Die feuerverzinkten Bauteile dürfen nicht mit einer zusätzlichen organischen Beschichtung versehen werden. Den wesentlichen Eingangsparameter für die Berechnung des Netto-Wärmestroms im Brandfall stellt die Temperaturdifferenz zwischen der Gas- und Bauteiltemperatur dar. Die Temperatur im Bauteil erhöht sich infolge des einwirkenden Wärmestroms unter Berücksichtigung der Wärmeleitfähigkeit und der Wärmespeicherkapazität des verwendeten Materials. Der auf makroskopischer Ebene zu beobachtende Wärmetransportmechanismus der Wärmeleitung basiert mikroskopisch auf Molekülschwingungen, bei denen die Wärme in Form von kinetischer Energie übertragen wird. Des Weiteren kann Energie im Material gespeichert werden, was zu einer Erhöhung der Bauteiltemperatur führt. Die Beschreibung dieser Wärmetransportmechanismen in festen Stoffen kann über die Fourier’sche Differenzialgleichung erfolgen: d ​div  ​(grad  )​   ​Q  ​ ̇      c   ​ _ ​​   (4) dt mit Wärmeleitfähigkeit [W∕​(m K)] Dichte [kg∕​m3] c spezifische Wärmekapazität [J∕​(kg K)] ​​Q ​​ ̇   Wärmequellen und -senken [W∕​m3] Temperatur [°C] t Zeit [s] Da das Erwärmungsverhalten eines Bauteils maßgeblich vom verwendeten Material abhängt, wird dies für die Baustoffe Stahl und Beton detailliert in Abschnitt 4 betrachtet. Die einer Bemessung zugrunde zu legenden Gastemperaturen werden in DIN EN 1991-1-2 in Form von Tem-

Einwirkungen

287

peraturzeitkurven g(t) definiert. Sie gehen als Brand­ raumtemperatur in die Berechnung des Wärmestroms ein. Neben dem Ansatz nomineller Temperaturzeitkurven wird generell auch die Anwendung von Naturbrandkurven erlaubt.

3.2.2 Nominelle Temperaturzeitkurven In DIN EN 1991-1-2 [1] werden drei nominelle Brandkurven definiert. In der Regel findet die ETK in der Praxis Anwendung: ​​ ​  g​​   20   345   ​log​  10​​  (8  t    1) ​

(5)

Die ETK entspricht der Standardkurve der internationalen Norm ISO 834 [26]. Sie bildet die Basis für einheitliche Prüfbedingungen von Bauteilen, auf deren Grundlage eine Klassifizierung in Feuerwiderstandsklassen erfolgt. In den meisten Fällen führt die Annahme der ETK als Brandraumtemperatur zu konservativen Ergebnissen, da diese durch kontinuierlich ansteigende Temperaturen charakterisiert ist. Eine Abklingphase des Brandes wird nicht berücksichtigt. Auch die beiden weiteren in DIN EN 1991-1-2 definierten nominellen Brandkurven – die Hydrokarbon-Brandkurve und die externe Brandkurve – sehen keine Abklingphase des Brandes vor und sind durch stetig zunehmende bzw. konstant bleibende Gastemperaturen gekennzeichnet. Die Hydrokarbon-Brandkurve ist durch eine höhere Wärmefreisetzungsrate und damit einen stärkeren Temperaturanstieg zu Beginn des Brandes verglichen mit der ETK charakterisiert. Die externe Brandkurve entspricht der „abgeminderten Einheits-Temperaturzeitkurve“ wie sie nach DIN 4102-3 [22] z. B. zum Nachweis von Brüstungen Anwendung findet. In Bild  2 ist der Temperatur-Zeit-Verlauf der drei Normbrandkurven dargestellt. Die Beispielrechnung in Bild  3 zeigt, wie sich die im vorigen Abschnitt angesprochene geänderte Emissivität der Bauteiloberfläche verzinkter Stahlbauteile in der Erwärmung unter einer ETK-Beflammung auswirkt. Berechnet wurde die Erwärmung von zwei dreiseitig beflammten Stahlträgerquerschnitten. Dabei ist ein Querschnitt schlank (IPE 450) und ein Querschnitt massig (HEM 450). Entsprechend unterschiedlich sind die Profilfaktoren A∕​V. Werden die erreichten Stahltemperaturen nach 30  min ETK-Beflammung verglichen, so zeigt sich, dass bei dem schlanken Profil lediglich marginale Unterschiede zwischen dem verzinkten und unverzinkten Profil zu erkennen sind. Bei dem gedrungenen Profil hingegen ergibt sich ein signifikanter Temperaturunterschied von in diesem Fall etwa 150 °C. Diese Differenz kann sich bei der brandschutztechnischen Bemessung durchaus positiv auswirken.

3.2.3 Naturbrandszenarien Der charakteristische Verlauf eines natürlichen Brandes besteht aus vier Phasen: Schwelbrand-, Entwicklungs-, Vollbrand- und Abklingphase. Ferner kennzeichnet der sogenannte Flashover den Übergang von

Bild 2. Verlauf der nominellen Temperaturzeitkurven nach DIN EN 1991-1-2 [1]

a)

b) Bild 3. Stahltemperaturen dreiseitig beflammter verzinkter und unverzinkter I-Profile in Abhängigkeit der ETK-Branddauer; a) schlankes Profil IPE 450, b) massiges Profil HEM 450

der Entwicklungs- zur Vollbrandphase, bei der sich schlagartig alle brennbaren Materialien im Brandraum entzünden. Ob ein Flashover eintritt, hängt maßgeblich von den Abmessungen des Brandraums ab. Für eine genaue Beschreibung des Brandverlaufs wird hier auf das Stahlbau Brandschutz Handbuch [30] verwiesen. Soll eine Bauteilbemessung auf Grundlage einer Naturbrandbeanspruchung erfolgen, so wird die thermische Einwirkung entsprechend der Brandgastemperatur in der Vollbrand- und Abklingphase angesetzt. Die Schwelbrand- und Entwicklungsphase werden hingegen vernachlässigt.

288

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Die Ermittlung einer Temperaturzeitkurve für einen Naturbrand erfolgt anhand gebäudespezifischer physikalischer Parameter sowie der vorhandenen Brandlast. Unter Einbeziehung der gegebenen Randbedingungen, wie z. B. den Ventilationsbedingungen, können realitätsnahe Wärmefreisetzungsraten und Brandkurven ermittelt werden. In DIN EN 1991-1-2 [1] wird ein Verfahren zur Ermittlung sogenannter parametrisierter Temperaturzeitkurven zur Verfügung gestellt. Die Anwendung dieses Verfahrens wird im deutschen nationalen Anhang jedoch ausgeschlossen. Stattdessen ist in DIN EN 1991-1-2∕​NA [2] ein alternatives Naturbrandmodell für vollentwickelte Raumbrände enthalten, das auf Arbeiten von Zehfuß [39] zurückgeht. Sowohl das Verfahren nach DIN EN 1991-1-2 als auch das Verfahren nach DIN EN 1991-1-2∕​NA berücksichtigen die wesentlichen physikalischen Größen, die die Dauer und Intensität des Naturbrands beeinflussen: die geometrischen Raummaße, die Ventilationsbedingungen und die bauphysikalischen Eigenschaften der Umfassungsbauteile. Des Weiteren setzen sie die Berechnung der anzusetzenden Bemessungsbrandlastdichte voraus. Ihre Ermittlung erfolgt auf Grundlage der vorhandenen brennbaren Stoffe, der Gebäudenutzung, der Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes und den Lösch- und Rettungsmaßnahmen durch die Feuerwehr. Basierend auf dem Sicherheitskonzept kann die Bemessungsbrandlast als wesentliche Eingangsgröße für die Ermittlung der Wärmefreisetzungsrate und der darauf basierenden Temperaturzeitkurve bestimmt werden. In DIN EN 1991-1-2 und DIN EN 1991-1-2∕​NA sind unterschiedliche Verfahren zur Berechnung der Bemessungsbrandlast vorgesehen. Diese können wiederum nur für die Ermittlung der Temperaturzeitkurve auf Grundlage derselben Norm genutzt werden. Die Anwendung von Naturbrandkurven zur Bemessung von Bauteilen und Tragwerken ist grundsätzlich national zugelassen, da die DIN EN 1991-1-2 inklusive des zugehörigen Nationalen Anhangs in die MVV TB aufgenommen wurde. Jedoch werden für den Nachweis von Bauteilen auf Grundlage von Naturbrandszenarien zusätzliche Anforderungen gestellt. Dies bedeutet explizit, dass eine Anwendung nicht uneingeschränkt durch die Bauaufsicht akzeptiert wird. Wird eine brandschutztechnische Bemessung auf Grundlage von Naturbrandszenarien der zuständigen Behörde vorgelegt, so bedarf es in der Regel der Zulassung einer Abweichung. Dadurch fällt zusätzlicher Aufwand an, der in der Projektplanung zu berücksichtigen ist. Der wesentliche Vorteil der Anwendung von Naturbrandszenarien für den Stahl- und Stahlverbundbau liegt darin, dass die berechneten maximalen Bauteiltemperaturen über die Branddauer in den meisten Fällen deutlich geringer ausfallen als bei einer Berechnung auf Grundlage der ETK. Zwar können die Gastemperaturen bei Naturbränden auch zeitweise oberhalb derer der ETK liegen, jedoch nehmen sie nach der Verbrennung des Großteils der brennbaren Stoffe wieder ab, sodass die Bauteile nur für eine kurze Zeit-

dauer hohen Temperaturen ausgesetzt sind. Da die Bauteiltemperatur in der Regel verzögert gegenüber der Brandraumtemperatur ansteigt, kühlt der Brandraum in den meisten Fällen bereits ab, bevor die Bauteile die Heißgastemperaturen annehmen. In dem bereits abkühlenden Brandraum erreichen die Bauteile nicht mehr die Maximalwerte der Gastemperatur, sodass die Temperaturspitzen in den Bauteilen deutlich geringer ausfallen. Dies ist bei der Temperaturberechnung mit der ETK aufgrund der stetig zunehmenden Gastemperatur nicht der Fall. Die Bauteiltemperaturen steigen ebenfalls stetig und nähern sich mit zunehmender Zeitdauer dem Verlauf der ETK an. Dies führt im Allgemeinen zu konservativen Bauteiltemperaturen.

3.3

Mechanische Einwirkungen

Die rechnerischen mechanischen Einwirkungen auf ein System oder Bauteil im Brandfall unterscheiden sich von denen bei Raumtemperatur. Beim Brandfall handelt es sich um ein außergewöhnliches Ereignis, sodass die Kombinationsregeln für außerge­wöhnliche Einwirkungen gemäß DIN EN 1991-1-2 [1] gelten: ​∑​​​ ​  GA​​   ​G​  k​​​   ​A​  d​​   ​(​ ​  1,1​​  oder ​ ​  2,1​​)​   ​Q​  k,1​​ ​​E​  dA​​   E​ ​      ​​ ​​   [  ​∑(​​​ ​ ​  2,i​​   ​Q​  k,i​​)​ ] (6) Das Sicherheitskonzept der Eurocodes sieht auf der Einwirkungsseite sowohl Teilsicherheitsbeiwerte als auch Kombinationsbeiwerte vor. Der Teilsicherheitsbeiwert für ständige Einwirkungen in der außergewöhnlichen Bemessungssituation GA ist dabei zu 1,0 zu setzen. Die Kombinationsbeiwerte berücksichtigen die gleichzeitige Auftretenswahrscheinlichkeit der veränderlichen Einwirkungen. Gemäß DIN EN 1991-1-2∕​ NA [2] wird für die außergewöhnliche Bemessungssituation der Kombinationsbeiwert für die quasi-ständige Situation 2,1 für die vorherrschende veränderliche Einwirkung vorgesehen. Nur bei Wind als vorherrschende veränderliche Einwirkung ist der Kombinationsbeiwert für die häufige Situation ( 1,1) zu verwenden. Damit ergibt sich, dass eine veränderliche Nutzlast im Brandfall auf 30 bis 60 % ihres charakteristischen Wertes abgemindert wird (ausgenommen Lagerflächen). Windlasten werden nur berücksichtigt, sofern diese die Leiteinwirkung darstellen. In diesem Fall werden sie mit 20 % des charakteristischen Wertes angesetzt. Schneelasten entfallen in der außergewöhnlichen Bemessungssituation für Orte, die weniger als 1000  m über NN liegen. Aufgrund der unterschiedlichen Teilsicherheitsbeiwerte ergibt sich, dass für gleiche charakteristische Lasten der Bemessungswert der Einwirkungen in der außergewöhnlichen Bemessungssituation des Brandfalls geringer ist als in der ständigen Bemessungssituation bei Raumtemperatur. Meist erfolgt die brandschutztechnische Bemessung, nachdem bereits eine Bemessung für Normaltemperaturbedingungen durchgeführt wurde.



Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen

Die Einwirkungen wurden daher meist für diese Bemessungssituation vorher ermittelt. Auf dieser Grundlage können die Bemessungslasten für den Brandfall unmittelbar durch Ersetzen der Teilsicherheits- und Kombinationsbeiwerte berechnet werden. Alternativ darf der Bemessungswert der Einwirkungen im Brandfall vereinfachend wie folgt aus dem ent­sprechenden Wert der Bemessung bei Normaltemperatur ermittelt werden: ​​E​  fi,d,t​​   ​ ​  fi​​   ​E​  d​​​

(7)

Dabei ist Ed die Einwirkung bei Raumtemperatur und Efi,d,t die Einwirkung im Brandfall. Die Ermittlung des Abminderungsfaktors fi in Abhängigkeit des Kombinationsbeiwerts bzw. der Lastart und dem Verhältnis von ständigen zu veränderlichen Lasten kann für eine veränderliche Last nach Gl. (8) erfolgen. Eine Auswertung dieser Formel zeigt Bild 4. ​G​  k​​​(1,0   ​(​ ​  1,1​​  oder ​ ​  2,1​​)​    )​ ​E​  fi,d​​ _________________________ ​​ ​  fi​​   ​ _ ​         ​      ​ ​E​  d​​ ​G​  k(​​​ 1,35   1,5    )​ 1,0   ​(​ ​  1,1​​  oder ​ ​  2,1​​)​            ​  _____________________  ​​ 1,35   1,5   

(8)

​mit 

​Q​  k,1​​    ​  _ ​​  ​G​  k​​

Vereinfacht kann fi nach DIN EN 1994-1-2 [7] zu 0,65 gesetzt werden, wenn die Einwirkungen nicht genauer ermittelt werden. Wie Bild  4 zeigt, ist dies mit Ausnahme sehr geringer Anteile der ständigen Lasten an den Gesamtlasten – wie es im Hochbau eher unüblich ist – konservativ. Neben den zuvor ermittelten äußeren Einwirkungen sind auch die durch thermische Zwängungen entstehenden inneren Spannungen im Rahmen einer Bemessung zu berücksichtigen. Diese treten auf, wenn die thermisch induzierten Dehnungen von Bauteilen z. B. durch umgebende kältere Elemente gehindert werden. In DIN EN 1991-1-2 werden allgemeine Hinweise gegeben, welche Zwangsbeanspruchungen dabei zu berücksichtigen sind und wann eine Berücksichtigung entfallen kann. Die Verwendung von computergestützten Bemessun-

Bild 4. Lastniveau fi in Abhängigkeit von Qk,1∕​Gk für verschiedene Kombinationsbeiwerte

289

gen, z. B. mittels Finite-Elemente-Programmen, impliziert diese Effekte in der Regel und führt daher gegenüber einer Bemessung einzelner, aus einem Tragwerk herausgelöster Bauteile zu einer realistischeren Tragwerksbemessung.

4

Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen

4.1

Allgemeines

Um einen Nachweis im Brandfall führen zu können, müssen neben den Einwirkungen auch die Bauteil- bzw. Tragwerkswiderstände unter Berücksichtigung des vorhandenen Temperaturfelds bekannt sein. Zur Ermittlung des Temperaturfelds bedarf es der Kenntnis der temperaturabhängigen thermischen Materialeigenschaften der Wärmeleitfähigkeit , spezifischen Wärmekapazität cp und Dichte  . Sind diese Parameter bekannt, kann eine Auswertung der Fourier’schen Differenzialgleichung (vgl. Abschnitt 3.2.1, Gl. (4)) erfolgen. Die Tragwiderstände berechnen sich darauf aufbauend unter Berücksichtigung der temperaturabhängigen mechanischen Materialeigenschaften. In diesem Abschnitt werden die thermischen und mechanischen Materialkennwerte von Stahl und Beton entsprechend den Eurocodes wiedergegeben. Neuerungen, die in der zukünftigen Version des Eurocodes enthalten sein werden, werden ebenfalls vorgestellt. Da die Anwendung von computergestützten Verfahren in der brandschutztechnischen Bemessung stetig zunimmt, wird auch die Umsetzung der normativen Materialkennwerte in der Numerik betrachtet. Im Allgemeinen handelt es sich bei Beton sowie Bauund Betonstahl um nichtbrennbare Baustoffe. Ihre Materialeigenschaften verändern sich zwar mit steigender Temperatur, was jedoch im Gegensatz zu brennbaren Stoffen ohne eine einhergehende Querschnittsreduzierung abläuft. Aufgrund der hohen Wärmeleitfähigkeit und zumeist filigranen Bauweise verlieren Stahlbauteile im Brandfall schnell ihre Tragfähigkeit. Betonbauteile hingegen verfügen über eine geringere Wärmeleitfähigkeit und zudem meist eine größere Massigkeit, sodass sich die Tragfähigkeit in der Regel erst nach längerer Brandeinwirkung maßgeblich reduziert. Aufgrund der erwärmungsverzögernden Wirkung wird Beton in Verbundbauteilen als konstruktiver Brandschutz für den Stahl verwendet. Grundlage für die Berechnung der Bauteilwiderstände im Brandfall bilden die temperaturabhängigen mechanischen Materialeigenschaften. Sie werden im Rahmen des Sicherheitskonzepts mit Teilsicherheitsbeiwerten abgemindert, die sich grundsätzlich je nach Material unterscheiden können. In DIN EN 1994-1-2 [7] werden die Teilsicherheitsbeiwerte für die Materialkennwerte von Stahl und Beton im Brandfall zu c    a    s   1,0 gesetzt. Zur Ermittlung des Bauteilwiderstands gegen mechanische Einwirkungen sind die Materialeigen-

290

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

schaften, die die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen ( - -Beziehung) der Baustoffe beeinflussen, von Bedeutung. Für Verbundtragwerke aus Stahl und Beton handelt es sich dabei um das Elastizitätsmodul, die Druckund Zugfestigkeit von Beton bzw. die Proportionalitätsund Streckgrenze von Stahl. In einigen vereinfachten Bemessungsverfahren sind die temperaturabhängigen Materialeigenschaften implizit enthalten (z. B. Bemessungstabellen). Für andere Verfahren wird eine temperaturabhängige Definition der Parameter vorausgesetzt. Die thermischen und mechanischen Materialeigenschaften sind in den baustoffbezogenen Eurocodes temperaturabhängig definiert. Die darin niedergeschriebenen Materialeigenschaften beziehen sich generell auf Aufheizgeschwindigkeiten von 2 bis 50  K∕​min. Für Bau- und Betonstahl wird in DIN EN 1994-1-2 festgelegt, dass die für die Aufheizphase angegebenen Kennwerte für die Spannungs-Dehnungs-Beziehung als hinreichend genaue Näherung ebenfalls für die Abkühlphase eines Brandes genutzt werden dürfen. Hingegen wird für Beton eine Modifizierung des mathematischen Modells gefordert, da die Ausgangsfestigkeit nach erfolgter Aufheizung und anschließender Abkühlung nicht wieder erreicht wird. Einen entsprechenden Ansatz enthält Anhang C, der nach Nationalem Anhang anwendbar ist [7]. Bisher erfolgt in den Eurocodes hingegen keine Berücksichtigung der veränderten thermischen Materialkennwerte in der Abkühlphase – weder für Stahl noch für Beton. Für keinen der definierten Kennwerte wird eine Aussage getroffen, ob dieser zur Beschreibung eines Abkühlungsprozesses modifiziert werden muss oder nicht. Eine allgemeine Annahme der gleichen Pfade für die Abkühl- wie für die Aufheizphase erscheint physikalisch jedoch nicht sinnvoll. Dies wird insbesondere bei der Betrachtung der spezifischen Wärmekapazität von Beton deutlich, die in der Aufheizphase einen Peak im Bereich um 115 °C aufweist, die auf die Verdampfung von Porenwasser zurückzuführen ist. Hier kann die Annahme gleicher thermischer Materialkennwerte in der Abkühlphase nicht die Realität widerspiegeln. Für die bisher übliche Bauteilbemessung auf Grundlage einer thermischen Beanspruchung nach der ETK stellen die aktuellen Regelungen keine Begrenzung dar. Bei Berechnungen auf Grundlage von Naturbrandszenarien reicht die Beschreibung des Materialverhaltens jedoch nicht aus. Hier zeigt sich eine Lücke in den Eurocodes, die im Zuge der Überarbeitung durch die Project Teams nach Möglichkeit geschlossen werden und damit an den Stand der Technik und an die technischen Möglichkeiten in Hinblick auf die Simulation von realen Bränden angepasst werden soll.

4.2

angegeben, so wie sie in DIN EN 1993-1-2 [5] bzw. DIN EN 1992-1-2 [3] und DIN EN 1994-1-2 [7] derzeit definiert sind. Für Betonstahl kann der gleiche Verlauf der Wärmeleitfähigkeit wie für Baustahl angesetzt werden. Der Baustoff Beton ist inhomogen und unterliegt stark streuenden Materialeigenschaften, die u. a. von der verwendeten Gesteinskörnung, dem Wasser-Zement-Gehalt, der Porengröße und -anzahl sowie dem verwendeten Zement und Zusätzen abhängt. Dieser Streuung wird in DIN EN 1994-1-2 durch die Definition einer oberen und einer unteren Grenzkurve der Wärmeleitfähigkeit Rechnung getragen. Bei Betrachtung von Bild  5 wird ersichtlich, dass die Wärmeleitfähigkeit von Beton deutlich unter der von Stahl liegt. Durch die hohe Wärmeleitfähigkeit von Baustahl kann wesentlich mehr Wärmeenergie ins Bauteilinnere geleitet werden. Des Weiteren bedingt die hohe Wärmeleitfähigkeit eine deutlich gleichmäßigere Temperaturverteilung in Stahlbauteilen als in Betonbauteilen. Durch die ausgeprägte Wärmeleitung im Bauteilinneren treten somit wesentlich geringere thermische Gradienten in Stahlelementen auf. In DIN EN 1994-1-2 wird diesem Phänomen Rechnung getragen, indem für die vereinfachten Bemessungsverfahren z. B.

Bild 5. Wärmeleitfähigkeit von Stahl und Beton unter erhöhten Temperaturen

Thermische Materialkennwerte

4.2.1 Wärmeleitfähigkeit In Bild 5 sind die Wärmeleitfähigkeiten a und c von Baustahl bzw. Beton in Abhängigkeit der Temperatur

Bild 6. Wärmeleitfähigkeit von Normalbeton in Abhängigkeit von der Temperatur (Vergleich der gültigen Regelung mit der geplanten Änderung)



in Abschnitt 4.3.4.2 gleichförmige Temperaturen in den jeweiligen Teilquerschnitten des Stahlquerschnitts unterstellt werden. Im Nationalen Anhang zu DIN EN 1994-1-2 [8] wird für die Wärmeleitfähigkeit von Normalbeton geregelt, dass der obere Grenzwert anzunehmen ist. Diese Regelung wird in der zukünftigen Fassung des Eurocodes geändert werden; s. dazu Bild 6. Zukünftig soll ein Verlauf gelten, der ab 100 °C von dem oberen auf den unteren Grenzwert springt. Physikalisch lässt sich das mit dem Verdampfen der Betonfeuchtigkeit begründen. Dieser neue rechnerische Verlauf wird die Erwärmung von Verbundquerschnitten etwas verzögern und damit die rechnerisch ermittelten Feuerwiderstandsdauern von Verbundbauteilen erhöhen. Wenn dieser günstige Effekt zukünftig in rechnerischen Nachweisen berücksichtigt werden soll, müssen die Berechnungsprogramme für die allgemeinen Nachweisverfahren entsprechend angepasst werden.

Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen

291

Bild 7. Spezifische Wärmekapazität von Stahl und Beton unter erhöhten Temperaturen

4.2.2 Wärmekapazität Die Wärmekapazität gibt an, wie viel Energie notwendig ist, um die Temperatur eines definierten Volumens eines Materials um eine bestimmte Temperatur zu erhöhen. Die Wärmekapazität wird in den Eurocodes für Stahl und Beton als spezifische Wärmekapazität definiert. Diese Definition kann im Allgemeinen entweder volumenabhängig oder masseabhängig erfolgen. In den Eurocodes bezieht sie sich auf die Masse des Baustoffs. Aus diesem Grund ist die Dichte der Materialien in die Fourier-Gleichung (vgl. Abschnitt 3.2.1) einzubeziehen. Sie ist in DIN EN 1994-1-2 angegeben. Für Bau- und Betonstahl wird die Dichte temperaturunabhängig angenommen, wohingegen die Dichte von Beton mit steigender Temperatur leicht abnimmt. Die spezifische Wärmekapazität von Stahl ist durch einen deutlich ausgeprägten Peak im Bereich von 735 °C charakterisiert (s. Bild 7). In diesem Temperaturbereich finden im Stahl zwei Prozesse statt: die ∕​ -Gefügeumwandlung und die Entmagnetisierung. Die für diese Prozesse benötigte Energie spiegelt sich in einer Erhöhung der Wärmekapazität wider. Die spezifische Wärmekapazität von Beton wird durch einen Peak bei ca. 115 °C charakterisiert. Dieser ist auf die Verdunstung des in den Poren gebundenen Wassers zurückzuführen. Der Betrag des Maximalwerts hängt dabei von der Betonfeuchte ab. Für einen Feuchtegehalt von 3 % beträgt dieser 2020 J∕​kgK. Für betongefüllte Stahlhohlprofile wird ein Feuchtegehalt von 10 % angenommen und der Peak-Wert auf 5600  J∕​kgK erhöht. Es ist zu berücksichtigen, dass sich die Formulierungen der spezifischen Wärmekapazität in der DIN EN 1992-1-2 und DIN EN 1994-1-2 leicht in der Definition des Peaks im Bereich zwischen 100 °C und 115 °C unterscheiden. Im Zuge der Überarbeitung der Eurocodes wird eine Vereinheitlichung angestrebt. In Bild  7 ist die spezifische Wärmekapazität entsprechend den Definitionen in Eurocode 4 dargestellt. Wird

Bild 8. Wärmekapazität von Stahl und Beton unter erhöhten Temperaturen

sie mit der entsprechenden temperaturabhängigen Dichte von Stahl bzw. Beton multipliziert, so ergeben sich die Kurven der Wärmekapazitäten in Bild 8. Es ist zu erkennen, dass die Wärmekapazität von Stahl ungleich höher ist als die von Beton, jedoch ist der Unterschied deutlich geringer als bei der Wärmeleitfähigkeit. Der Einfluss der höheren Wärmeleitfähigkeit von Stahl überwiegt daher in der Fourier-Gleichung und führt zu der üblicherweise zu beobachtenden schnelleren und gleichmäßigeren Erwärmung von Stahlbauteilen. Die filigrane Bauweise im Stahlbau unterstützt diese Effekte maßgeblich.

4.2.3 Thermische Dehnung Neben den zuvor beschriebenen Materialkennwerten , und cp deklariert der Eurocode auch die thermische Dehnung als thermischen Materialkennwert. Diese Definition war inkonsequent und wird in der zukünftigen Version der Eurocodes für alle Materialien als mechanischer Kennwert geführt. Die thermische Dehnung spielt bei der Betrachtung von Gesamttragwerken eine maßgebende Rolle, da infolge der thermisch induzierten Ausdehnung bzw. vor allem einer Behinderung der freien Ausdehnung Zwängungen im Tragwerk auftreten. Diese können sogar ein Ausmaß annehmen, das

292

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

zum Versagen der Konstruktion führt. Für die Tragwerksbemessung ist die Berücksichtigung der thermischen Dehnung daher unumgänglich. In den Eurocodes werden Formeln zur Beschreibung der thermisch induzierten Längenänderung ∆l bezogen auf die Ausgangslänge  l eines Bauteils zur Verfügung gestellt. Wird diese durch die Temperaturdifferenz dividiert, ergibt sich der temperaturabhängige Wärmeausdehnungskoeffizient t (siehe Gl.  (9)). Die meisten Computerprogramme verwenden diesen Koeffizienten anstelle der bezogenen Längenänderung als Parameter zur Beschreibung der thermischen Dehnung. In diesen Programmen ist weiterhin die Referenztemperatur von 20 °C zu definieren. l ​​ ​  th​​   ​ _ ​    ​ ​  t​​   ​(​ ​  m​​   20   C)​ l l 1       ​​  ​ ​  t​​   ​ _ ​    ​ ___________ l (​ ​ ​  m​​   20   C)​

Bild 9. Wärmeausdehnungskoeffizient von Stahl und Beton bei erhöhten Temperaturen

(9)

Der Verlauf des Wärmeausdehnungskoeffizienten ist in Bild  9 in Abhängigkeit der Temperatur für Baustahl und Beton dargestellt. Der Koeffizient liegt für beide Baustoffe in derselben Größenordnung. Dies ist von Vorteil für die Verbundbauweise, da sich die Querschnittsteile im Falle einer Erwärmung nicht aufgrund unterschiedlicher thermischer Ausdehnungen separieren, sondern als Gesamtquerschnitt wirken.

4.2.4 Thermische Materialeigenschaften von Brandschutzmaterialien

Bild 10. Aufbau eines reaktiven Brandschutzsystems (© Rudolf Hensel GmbH)

Sofern Anforderungen an den Feuerwiderstand von Bauteilen zu erfüllen sind, werden häufig Brandschutzmaßnahmen in Form von Bekleidungen und Beschichtungen gegen die schnelle Erwärmung von Stahl- und Verbundquerschnitten appliziert. Diese Brandschutzprodukte unterliegen traditionell allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassungen durch Prüfung autorisierter Prüfanstalten. Die Angaben der Hersteller werden daher exklusiv für ihr Produkt ermittelt. Sie beziehen sich meist auf Mindestdicken der Bekleidungen, zugeordnet zur gewünschten Feuerwiderstandsklasse. Aufgrund der Produktabhängigkeit sind in DIN EN 1993-1-2 [5] keine Angaben zu thermischen Materialkennwerten für Bekleidungen oder Beschichtungen geregelt. Anstelle dessen wird auf Prüfvorschriften verwiesen. Als Folge fehlen wesentliche Parameter für die Berechnung der Erwärmungskurven geschützter Stahlbauteile. Die deutsche Bauaufsicht hat diesen Mangel erkannt und für die bisher nach DIN 4102-4 [23] geregelten Brandschutzmaterialien entsprechende Angaben im Nationalen Anhang DIN EN 1993-1-2∕​NA [8] niedergeschrieben. Weitere Angaben für Brandschutzmaterialien sind beispielsweise in [28] und [33] zu finden. Auf die Hersteller kommt die Aufgabe zu, solche Materialkennwerte aus vorhandenen oder neuen Prüfergebnissen zu ermitteln und bereitzustellen. Das Verfahren für die Ermittlung ist auf europäischer Ebene bereits beschrieben [29].

Neben den im Nationalen Anhang aufgeführten Putzund Plattenbekleidungen werden in jüngerer Zeit immer häufiger reaktive Brandschutzsysteme zum thermischen Schutz des Stahls verwendet. Reaktive Brandschutzsysteme sind Beschichtungen, die in der Regel aus einer Grundierung, einer reaktiven Komponente und einem Decklack bestehen (vgl. Bild 10). Diese Brandschutzsysteme bilden ihre Schutzwirkung erst unter Temperatureinwirkung aus. Systeme mit einem Dämmschichtbildner als reaktive Komponente bieten im Vergleich zu herkömmlichen Bekleidungen den Vorteil, einerseits Anforderungen an die Feuerwiderstandsdauer von Bauteilen zu erfüllen und andererseits die Sichtbarkeit der filigranen Stahlkonstruktion aufrechtzuerhalten. Es ist leicht ersichtlich, dass sich die Eigenschaften des dämmschichtbildenden Materials im Zuge des Aufschäumvorgangs maßgeblich verändern. Untersuchungen zu den thermischen Materialkennwerten in Abhängigkeit der Temperatur werden fortlaufend am Institut für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover durchgeführt. Beginnend mit Untersuchungen zu den thermischen Materialkennwerten unter Einwirkung der ETK [49] wurden zwischenzeitlich auch Kennwerte unter Naturbrandeinwirkung ermittelt [50]. Bisher waren diese gänzlich unbekannt, wodurch auch die Simula-



Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen

tion von Stahlbauteilen, die mit dämmschichtbildenden Brandschutzsystemen geschützt sind, nur unter vereinfachten Annahmen möglich war. Die explizite Simulation des Aufschäumvorgangs wurde im Zuge des Forschungsvorhabens am Institut für Stahlbau zur realitätsnahen Simulation des Erwärmungsverhaltens beschichteter Stahlbauteile entwickelt [37, 38]. Neueste Untersuchungen zielen auf die Ermittlung der Dauerhaftigkeit von reaktiven Brandschutzsystemen im Forschungsprojekt IGF 20470N ab.

4.3

Mechanische Materialkennwerte

4.3.1 Allgemeines Für die Anwendung von vereinfachten Bemessungsverfahren reicht im Allgemeinen die temperaturabhängige Reduzierung der Streckgrenze von Stahl bzw. der Druckfestigkeit von Beton aus. Die entsprechenden Abminderungsfaktoren bezogen auf die Tragfähigkeiten bei 20 °C sind in den entsprechenden Eurocodes tabellarisch festgehalten. Auf eine detailliertere Beschreibung der - -Beziehung im Brandfall kann für die vereinfachten Bemessungsverfahren in der Regel verzichtet werden. Für die Anwendung von allgemeinen Bemessungsverfahren ist es jedoch notwendig, die gesamte Spannungs-Dehnungs-Beziehung zu beschreiben. Im Gegensatz zu vereinfachten Bemessungsverfahren, bei denen die Zugfestigkeit von Beton grundsätzlich vernachlässigt wird, sollte diese für die Anwendung von FE-Programmen, nicht zuletzt für die numerische Stabilität der Berechnung, definiert werden.

293

zwischen 2 % und 4 % Dehnung aus und bleibt danach bis zum Erreichen von au, konstant. Unter Berücksichtigung der Verfestigung ergibt sich der Faktor a, ∕​fay zu maximal 1,25. – Bereich IV der - -Beziehung wird durch einen linearen Abfall auf a,    0 bei ae,    0,20 definiert. In DIN EN 1993-1-2 und DIN EN 1994-1-2 sind sämtliche Bereiche des Materialmodells durch mathematische Formulierungen definiert. Für die erforderlichen Kennwerte der Proportionalitätsgrenze, Streckgrenze und des E-Moduls zur Beschreibung der - -Beziehung werden tabellarisch temperaturabhängige Abminderungsfaktoren in DIN EN 1993-1-2 [5] und DIN EN 1994-1-2 [7] angegeben. In Bild 12 sind die temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren dieser Eingangswerte grafisch dargestellt. Dadurch, dass sich sowohl die Proportionalitätsgrenze als auch der E-Modul bereits ab 100 °C reduzieren, bildet sich schon bei kleinen Dehnungen der Bereich II als elliptische Ausrundung aus (vgl. Bild 13). Die Steigung der - -Beziehung in Bereich II ist signifikant geringer als in der vereinfachten linear-elastisch∕​ideal-plastischen Beschreibung bei Raumtemperatur. Dies geht mit

4.3.2 Bau- und Betonstahl Die Spannungs-Dehnungs-Beziehung ( - -Beziehung) von Bau- und Betonstahl im Brandfall unterscheidet sich im Bereich geringer Dehnungen maßgeblich vom Verhalten bei Raumtemperatur. Diese Erkenntnis beruht maßgeblich auf Versuchen aus den 1980er-Jahren und den vom Verfasser 1984 [36] veröffentlichten analytischen Zusammenhängen, auf deren Grundlage die Formulierungen des heutigen Eurocodes entstanden sind. Demnach kann die Spannungs-Dehnungs-Beziehung, wie in Bild 11 gezeigt, in vier Bereiche unterteilt werden: – Bereich I kennzeichnet den linear-elastischen Bereich. Hier wird die Steigung durch das temperaturabhängige Elastizitätsmodul beschrieben. Der Bereich I endet mit Erreichen der Proportionalitätsgrenze fap, . – Bereich II wird durch einen elliptischen Übergang zwischen der Proportionalitätsgrenze und der Streckgrenze beschrieben. Die Fließgrenze wird bei einer Dehnung ay,    0,02 erreicht. – Bereich III stellt das plastische Materialverhalten bis zur Dehnung au,     0,15 dar. Hier ergibt sich im Brandfall die Besonderheit, dass für Temperaturen unter 400 °C eine Verfestigung des Materials berücksichtigt werden darf. Die Verfestigung bildet sich

Bild 11. Schematische - -Beziehung von Stahl unter erhöhten Temperaturen

Bild 12. Temperaturabhängige Reduktionsfaktoren für Baustahl nach [5]

294

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 13. Grafische Darstellung der - -Beziehungen von Baustahl bei erhöhten Temperaturen nach [7]

Bild 14. Grafische Darstellung der - -Beziehungen im Druckbereich von quarzitischem Beton bei erhöhten Temperaturen nach [7]

großen Tragwerksverformungen bei vergleichsweise geringen Temperaturen einher. Für kaltverformten Bewehrungsstahl gelten bei gleichen mathematischen Zusammenhängen leicht abweichende Reduktionsfaktoren nach DIN EN 1994-1-2 [7].

4.3.3 Beton Ähnlich dem Materialmodell für Stahl wurden auch für Beton Formelsätze ermittelt, mit denen die - -Beziehung sowohl für den Druck- als auch für den Zugbereich beschrieben werden können. Die Eingangsparameter des Modells für den Druckbereich stellen die temperaturabhängige Druckfestigkeit fc, und die zugehörige Betonstauchung cu, dar. Analog zur Notation für Stahl wird auch für Beton ein Reduktionsfaktor der Druckfestigkeit in Abhängigkeit der Temperatur angegeben. Eine Auswertung der bereitgestellten Formeln der Druckfestigkeit ist in Bild 14 dargestellt. Die aufnehmbaren Zugspannungen des Betons können näherungsweise zu null gesetzt werden. Da es sich als numerisch instabil herausgestellt hat, ohne Ansatz der Betonzugfestigkeit zu rechnen, ist es jedoch erlaubt, in allgemeinen Rechenverfahren eine Festigkeit im Zugbereich anzusetzen. Dabei dürfen die Grenzwerte für den temperaturabhängigen charakteristischen Wert der

Bild 15. Grafische Darstellung der - -Beziehung von Beton im Zugbereich bei erhöhten Temperaturen nach [31]

Zugfestigkeit fck,t( ) nach DIN EN 1992-1-2 nicht überschritten werden. Zum Verlauf der - -Beziehung von Normalbeton im Zugbereich werden in DIN EN 19921-2 bzw. DIN EN 1994-1-2 jedoch keine Angaben gemacht. Ein möglicher Ansatz für den Verlauf, wie er beispielsweise in [31] verwendet wird, ist in Bild 15 dargestellt. Bei Verwendung dieses Ansatzes steigt die Zugspannung mit zunehmender Dehnung zunächst stark an. Bei Erreichen der Zugfestigkeit beginnt die Entfestigung, d. h. der Bereich abnehmender Zugspannungen. Dieser ist in diesem Ansatz bilinear approximiert. Einen Überblick über verschiedene Ansätze der Spannungs-Dehnungs-Beziehungen für Normalbeton im Zugbereich liefert [34]. Hier sind auch die zur Herleitung der gezeigten Spannungs-Dehnungs-Beziehung benötigten temperaturabhängigen Variablen detailliert beschrieben.

4.4

Aufbereitung in der Numerik

Alle thermischen Materialkennwerte von Beton, Bauund Betonstahl sind für die Erwärmungsphase normativ erfasst und können somit lückenlos Computerprogrammen als Eingangsparameter für Erwärmungssimulationen zur Verfügung gestellt werden. Die thermische Dehnung muss unter Umständen, wie in Abschnitt 4.2.3 beschrieben, in den Wärmeausdehnungskoeffizienten t umgerechnet werden. Aufgrund der zum Teil maßgeblichen Beeinflussung durch innere Zwangszustände und daraus resultierenden inneren Schnittgrößen, ist die thermische Dehnung in numerischen Tragwerksberechnungen, vor allem in statisch unbestimmten Tragwerken, unbedingt zu berücksichtigen. Für die Anwendung von allgemeinen Berechnungsverfahren ist die alleinige Abminderung von Festigkeiten zur Beschreibung des mechanischen Hochtemperaturverhaltens nicht ausreichend. Hier ist es notwendig, die gesamte Spannungs-Dehnungs-Beziehung in Abhängigkeit der Temperatur zu definieren. Zur numerischen Umsetzung der - -Beziehung bedarf es in den meisten Programmen der Definition eines Elastizitätsmoduls für den ersten, linear-elastischen Be-



Materialeigenschaften unter erhöhten Temperaturen

reich. Weder in DIN EN 1992-1-2 [3] noch in DIN EN 1994-1-2 [7] wird dieser für Beton temperaturabhängig angegeben. Dies ist unter anderem darauf zurückzuführen, dass die Definition des E-Moduls nicht einheitlich beschrieben wird. So wird der E-Modul in DIN EN 1992-1-1 [6] als Sekantenmodul zwischen c  0 N∕​mm2 und c   0,4   fcm angegeben. Die Definition geht also auf die mittlere Betonfestigkeit zurück. Für den Zusammenhang im Brandfall werden in der korrespondierenden Norm DIN EN 1992-1-2 keine Angaben gemacht. In Anlehnung an die Beschreibung bei Raumtemperatur ist eine Definition zwischen c, 0 N∕​mm2 und c, 0,4   fcm, für jede Temperatur denkbar. Demgegenüber basiert die Beschreibung der - -Beziehung von Beton im Brandfall nach DIN EN 1994-1-2 auf der charakteristischen Betondruckfestigkeit fc:





⎤ ​ ​  c, ​​ 3   ​  _  ​  ​ ​  cu, ​​ ​​ ​  c, ​​   ​f​  c, ​​   ​ ​  ___________  ​ ​​        3 ​ ​  c, ​​ _ 2   ​​ ​    ​  ​​​  ​ ( ​ ​  cu, ​​ ) ⎦ ⎣ ⎡

(10)

Eine Auswertung dieser Formel für c, 0,4   fc, liefert die in Tabelle 5 aufgelisteten temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren für den Elastizitätsmodul. Es ist jedoch zu beachten, dass diese auf Grundlage der charakteristischen Werte der Betondruckfestigkeit ermittelt wurden. Bild  16 zeigt den Verlauf des temperaturabhängigen Reduktionsfaktors. Bedingt durch die Unstimmigkeit hinsichtlich der Definition des E-Moduls in den Eurocodes kommt es zu unterschiedlichen Auslegungen der Regelungen durch die Tragwerksplaner. Diesem Zustand sollte durch deTabelle 5.  Reduktionsfaktoren für den E-Modul von Beton unter erhöhten Temperaturen  [°C]

taillierte Benennung der Reduktionsfaktoren sowie einheitliche Definitionen des E-Moduls in neuen Fassungen der Eurocodes Abhilfe geschafft werden. Mittels der in DIN EN 1994-1-2 gegebenen Verfahren auf Basis von Abminderungsfaktoren für Streckgrenze, E-Modul und Proportionalitätsgrenze bzw. Druckfestigkeit und Betonstauchung lassen sich die - -Beziehungen für Stahl und für Beton im Druckbereich entwickeln. Sollen die mechanischen Eigenschaften in computergestützten Verfahren genutzt werden, so ist auf die zu verwendende Notation zu achten. Zum einen benötigen einige Programme eine getrennte Definition des elastischen und des plastischen Bereichs, sodass entsprechend der Anteil der elastischen Dehnungen an den Gesamtdehnungen zu ermitteln ist. Zum anderen rechnen einige Programme, z. B. Abaqus [52], mit wahren Spannungen und wahren Dehnungen. Das bedeutet, dass die Spannungen und Dehnungen auf den jeweils augenblicklichen Querschnitt bezogen sind (Momentankonfiguration). Die Betrachtung von wahren Spannungen und Dehnungen führt bei einer Querschnitts­ einschnürung zu stark anwachsenden Spannungen (vgl. Bild 17).

Bild 16. Grafische Darstellung des Reduktionsfaktors für den E-Modul von Beton bei erhöhten Temperaturen

kE,c,

20

1,0

100

0,625

200

0,432

300

0,304

400

0,188

500

0,100

600

0,045

700

0,030

800

0,015

900

0,008

1000

0,004

1100

0,001

1200

0

295

Bild 17. Veranschaulichung des Unterschieds zwischen nominellen und wahren Spannungen

296

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Die Umrechnung von nominellen Spannungen und Dehnungen in wahre Spannungen und Dehnungen kann für Stahl und Beton wie in den Gln. (11) bis (13) gezeigt erfolgen. ​​ ​  wahr​​   ​ ​  nom​​   ​(1   ​ ​  nom​​)​​

(11)

​​ ​  wahr​​   ln​(1   ​ ​  nom​​)​​

(12)

​ ​  wahr​​  ​​   (13)   ​​ ​  pl,wahr​​   ​ ​  wahr​​   ​ _ E Die Bedeutung des Effekts für Stahlelemente ist dabei weit ausgeprägter als für Betonelemente, da der Einfluss erst bei höheren Dehnungen zu verzeichnen ist, die im Beton selten auftreten.

5

Bemessung nach DIN EN 1994-1-2

5.1

Allgemeines

Die brandschutztechnische Bemessung von Verbundbauteilen stellt im Allgemeinen eine größere Herausforderung dar als die von Stahlbauteilen. Während im Stahlbau die Temperaturen häufig über den Querschnitt als konstant angenommen werden können, ist die Temperaturverteilung in Verbundbauteilen inhomogen. Diese inhomogene Erwärmung im Brandfall wird zum Teil gezielt bei der Querschnittsgestaltung der Verbundbauteile eingeplant, um eine hohe Feuerwiderstands­ klasse zu erreichen. Aufgrund der stark unterschiedlichen Wärmeleitfähigkeit von Stahl und Beton stellt sich ein Temperaturfeld ein, das Sekundärbeanspruchungen im Querschnitt in Form von thermisch bedingten Zwängungen hervorrufen kann. Analog zu den Bemessungsebenen für Stahlbauteile kann nach DIN EN 1994-1-2 [7] die Bemessung von Verbundbauteilen auf Grundlage von – Bemessungstabellen (Level 1), – vereinfachten Bemessungsverfahren (Level 2) und – allgemeinen Bemessungsverfahren (Level 3) erfolgen. Auch für die Bemessung von Verbundbauteilen gilt dabei der Grundsatz der Eurocodes, nach dem mit zunehmender Komplexität des Bemessungsverfahrens wirtschaftlichere Ergebnisse erzielt werden. Die Bemessung mittels Bemessungstabellen beruht auf einer thermischen Beanspruchung entsprechend der ETK. Die Regelungen für die vereinfachte Bemessung beinhalten teilweise allgemeine Ansätze, die für beliebige Brandbeanspruchungen gelten, und teilweise typenspezifische Verfahren, die auf eine Brandbeanspruchung infolge der ETK beschränkt sind. In sich geschlossen anwendbare, typenspezifische Verfahren werden insbesondere in den Anhängen aufgeführt. Generell sind die Level-1- und Level-2-Verfahren ausschließlich für aus dem Gesamttragwerk herausgelöste Einzelelemente anwendbar. Nur das allgemeine Nachweisverfahren kann für die Bemessung von Gesamttragwerken unter beliebiger Brandbeanspruchung angewendet werden.

5.2

Bemessungstabellen

In DIN EN 1994-1-2 [7] sind Bemessungstabellen für Verbundträger und -stützen enthalten. Verbunddecken sind aufgrund der Tatsache, dass die verwendeten Trapezbleche herstellerabhängigen Produktzulassungen unterliegen, nicht in Form von Bemessungstabellen in der Norm erfasst. Konkret können die in Bild  18 gezeigten Querschnitte auf Grundlage von Tabellen nach DIN EN 1994-1-2 für den Brandfall bemessen werden. Diese sind im Einzelnen: – kammerbetonierte Verbundträger, – vollständig einbetonierte Verbundträger, – Verbundstützen mit vollständig einbetonierten Stahlprofilen, – Verbundstützen mit Kammerbeton, – quadratische und kreisrunde Verbundstützen aus betongefüllten Hohlprofilen Die Bemessungstabellen der DIN EN 1994-1-2 basieren auf Brandversuchen bei ETK-Beanspruchung und wurden anhand numerischer Untersuchungen verfeinert und im Anwendungsbereich erweitert. Die Tabellen enthalten Mindestwerte für die geometrischen Abmessungen der Bauteilquerschnitte. Konkret handelt es sich dabei um Außenmaße, Betondeckungen und Bewehrungsanteile. Das tabellarische Verfahren lässt sich generell auf zwei unterschiedliche Arten anwenden: – Variante A: Bestimmung der erreichten Feuerwiderstandsklasse anhand gegebener Geometrie und Lastausnutzung, – Variante B: Bestimmung der Bauteildimensionen anhand festgelegter Feuerwiderstandsklasse sowie des vorgesehenen Lastausnutzungsgrades. Bei gegebener Bauteilgeometrie und Belastung (Variante A) kann die Feuerwiderstandsklasse ermittelt und nachgewiesen werden. Voraussetzung für dieses Vorgehen ist, dass das Bauteil bereits für Raumtemperaturbedingungen dimensioniert ist. Somit ist der Bauteilwiderstand bei Raumtemperatur Rd bekannt. Mithilfe der im Brandfall einwirkenden Last Efi,d lässt sich der Ausnutzungsgrad fi berechnen. Mit den ebenfalls aus der

Bild 18. Anwendungsbereich der Bemessungstabellen der DIN EN 1994-1-2 [7]



Bemessung nach DIN EN 1994-1-2

Bild 19. Anwendungsvarianten der Bemessungstabellen nach DIN EN 1994-1-2 [7]

Bemessung bei Raumtemperatur bekannten Querschnittsabmessungen lässt sich schließlich unter Zuhilfenahme der jeweiligen Tabelle die erreichte Feuerwiderstandsklasse bestimmen. Umgekehrt ist es auch möglich, ein Verbundbauteil auf Basis einer vorgegebenen Feuerwiderstandsklasse und einer zu erwartenden Belastung zu bemessen und erst nach der Bemessung für den Brandfall das Bauteil bei Raumtemperatur nachzuweisen (Variante B). In diesem Fall lässt sich der Ausnutzungsgrad fi über die einwirkenden Lasten Ed und Efi,d bei Raumtemperatur bzw. im Brandfall bestimmen. Zusammen mit der geforderten Feuerwiderstandsdauer lassen sich über die Bemessungstabellen die minimalen Abmessungen für das Bauteil bestimmen. Erst danach wird das auf diese Weise vorbemessene Bauteil für die Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit bei Raumtemperatur nachgewiesen. Bild 19 zeigt das Vorgehen der beiden alternativen Anwendungen.

5.3

Vereinfachte Bemessungsverfahren

5.3.1 Allgemeines Ebenso wie bei der Bemessung von Stahlbauteilen, ist auch bei Verbundbauteilen der vereinfachte Nachweis im Brandfall eng an die Bemessung bei Raumtemperatur angelehnt. Die vereinfachten Bemessungsverfahren können gegenüber den Bemessungstabellen auf eine größere Auswahl von Querschnitten angewendet werden. Neben Verbundträgern und -stützen können auch Verbunddecken bemessen werden. Generell kann die vereinfachte Bemessung nur für Bauteile in ausgesteiften Tragwerken angewendet werden, bei denen lokale Instabilitäten ausgeschlossen sind. Die Level-2-Verfahren enthalten implizit oder explizit eine vereinfachte Temperaturfeldberechnung, auf deren Grundlage Querschnittsteile gleicher Temperatur identifiziert und ihre Festigkeiten mit den entsprechenden

297

temperaturabhängigen Reduktionsfaktoren abgemindert werden. Generell erfolgt die vereinfachte Bemessung von Verbundtragwerken auf Grundlage von Gleichgewichtsberechnungen. Es wird dabei unterstellt, dass eine gleichförmige Temperaturverteilung entlang des betrachteten Bauteils vorherrscht. Für Verbundträger und -decken werden gleichermaßen geltende Formeln zur Ermittlung der Querschnittstragfähigkeit angegeben. Die Berechnung der Biegemomententragfähigkeit (Kriterium „R“) erfolgt dabei sowohl beim positiven als auch beim negativen Grenztragmoment pro Sicke des Verbundprofilblechs der Decke bzw. pro effektiver Breite des Verbundträgers. Die Formeln sind allgemeingültig und können für beliebige thermische Einwirkungen angewendet werden. Der Bemessungswert der Biegemomententragfähigkeit ist dabei mithilfe der vollplastischen Spannungsverteilung zu ermitteln. Die Lage der plastischen Nulllinie wird dabei aus dem Kräftegleichgewicht mit der folgenden Gleichung berechnet: n m ​f​  y,i​​ ​f​  c,j​​ ​​∑ ​​ ​​   A​  i​​ ​k​  y, ,i​​ ​  _ (14)    ​ ​   ​  slab​​ ​∑ ​​ ​​   A​  j​​ ​k​  c, ,j​​ ​  _   ​   0​ ​ ​  M,fi,a​​ ​ ​  M,fi,c​​ i 1 j 1 Der Faktor slab berücksichtigt darin den Übergang von einer parabelförmigen Spannungsverteilung in der Betondruckzone zum vereinfachten rechteckigen Spannungsblock und wird mit slab    0,85 angegeben. Kraftanteile aus den Stahlquerschnitten werden auf der Druckseite der plastischen Nulllinie positiv und auf der Zugseite negativ angenommen. Zugbeanspruchte Teilflächen aus Beton werden vernachlässigt. Die plastische Momententragfähigkeit Mfi,t,Rd im Brandfall ergibt sich damit zu: n m ​f​  y,i​​ ​f​  c,j​​ ​​M​  fi,t,Rd​​     ​∑ ​​ ​​   A​  i​​ ​z​  i​​ ​k​  y, ,i​​ ​  _  ​ ​    ​  slab​​ ​∑ ​​ ​​   A​  j​​ ​z​  j​​ ​k​  c, ,j​​ ​  _  ​​  (15) ​ ​  ​​ ​ ​  M,fi​​ i 1 j 1 M,fi Dabei geben zi und zj die Schwerpunktabstände der Teilflächen Ai bzw. Aj zur plastischen Nulllinie an.

5.3.2 Verbunddecken Die Besonderheit von Verbunddecken gegenüber Trägern und Stützen besteht darin, dass sie als Flächenbauteile neben dem Tragfähigkeitskriterium auch Ansprüche an den Raumabschluss sowie die Isolation (Erwärmung auf der brandabgewandten Seite des Bauteils) erfüllen müssen. Verbunddecken werden demnach mit REI-Klassifizierungen ausgezeichnet. Der Nachweis von Verbunddecken im Brandfall darf nach DIN EN 1994-1-2 unter Zuhilfenahme der plastisch ermittelten Querschnittstragfähigkeit erfolgen. In Anhang D der DIN EN 1994-1-2 sind detaillierte Verfahren zum Nachweis der „R“- und „I“-Kriterien enthalten. Für das Raumabschluss-Kriterium „E“ wird angenommen, dass es von Verbunddecken, die auf Grundlage der DIN EN 1994-1-2 bemessen werden, erfüllt wird und nicht gesondert nachzuweisen ist. Das Verfahren des Anhangs D basiert im Wesentlichen auf der Disserta-

298

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 20. Verbunddecken mit hinterschnittener Stahlprofilblechgeometrie

tion von Both [44] und wurde in seinem Anwendungsbereich auf hinterschnittene Profilgeometrien erweitert (s. Bild 20). Ferner ist das Verfahren auch für Verbunddecken mit Leicht­beton anwendbar (Anmerkung: Hier ist zu beachten, dass es zu einem Übersetzungsfehler in DIN EN 1994-1-2, 1.1(15) gegenüber der englischen Fassung gekommen ist, wodurch der Einsatz von Leichtbeton in der deutschen Fassung fälschlicherweise ausgeschlossen wird). Annahmen und Anwendungsvoraussetzungen für das Verfahren nach Anhang D sind in DIN EN 1994-1-2 angegeben. Danach ist das Berechnungsverfahren für die Bestimmung der Feuerwiderstands­klasse bei folgenden Voraussetzungen anwendbar: – ungeschützte Verbunddecken, – Verbunddecken mit bewehrten Stahlprofilblechen, – einfeldrige und durchlaufende Decken, – Beflammung von unten entsprechend der ETK. Die möglichen Auswirkungen von Längsdehnungsbehinderungen auf die Feuerwiderstandsdauer bleiben bei der Anwendung dieses Bemessungsverfahrens unberücksichtigt. Die Querschnittstemperaturen werden im Verfahren nach Anhang D getrennt für Untergurt, Steg und Obergurt des Profilblechs sowie die Bewehrungsstäbe in Abhängigkeit der verwendeten Betonart (Normal-, Leichtbeton) und der geforderten Feuerwiderstandsklasse über Näherungslösungen berechnet. Der Temperatur­ einfluss auf das Bauteil wird durch entsprechend reduzierte Materialfestigkeiten bei der Berechnung der Biegemomententragfähigkeit berücksichtigt. Anhand einfacher Berechnungsbeispiele zeigt sich, dass das Profilblech bereits nach kurzer Brandeinwirkung hohe Temperaturen annimmt und damit eine erhebliche Tragfähigkeitsreduktion erfährt. Da der Beton in der Zugzone nicht berücksichtigt wird, ergibt sich folglich die Notwendigkeit, zusätzliche Bewehrungsstäbe in den Rippen der Verbunddecke anzuordnen, die im Brandfall die Zugkomponente des zu übertragenden Biegemoments ausbilden. Unter Raumtemperatur wird diese Komponente vom Profilblech übernommen. Entscheidend für die Tragfähigkeit im Brandfall ist demnach die Temperatur in den Bewehrungsstäben, die maßgeblich von der geometrischen Lage in der Rippe abhängt (vgl. Bild 21). Zur Berechnung der im Beton aufnehmbaren Druckkräfte sieht das Verfahren zunächst eine Umrechnung

Bild 21. Definition der Position der Längsbewehrung in einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2 [7]

Bild 22. Klemmwirkung im Brandfall bei hinterschnittener Trapezprofilgeometrie

der tatsächlichen Deckengeometrie in eine effektive, durchgängige Dicke ohne Sicken vor. In regelmäßigen Abständen über die effektive Deckendicke werden in Abhängigkeit der Brandeinwirkungsdauer Betontemperaturen angegeben, auf deren Grundlage die Berechnung der übertragbaren Kräfte erfolgt. Ein Nachweis der Längsschubtragfähigkeit zwischen Profilblech und Betonplatte, wie er bei der Bemessung im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei Raumtemperatur obligatorisch ist, wird in DIN EN 1994-1-2 für den Brandfall zwar gefordert, aber nicht geregelt. Die Tragfähigkeit des Blechs ist bei erhöhten Temperaturen so gering, dass in der Regel eine Betonstahlbewehrung für den Brandfall erforderlich ist. Bei hinterschnittenen Profilen kann jedoch aufgrund der gegenüber der Betonplatte höheren Blechtemperatur in den Sicken eine Klemmwirkung auftreten (s. Bild 22), die im Brandfall einen gewissen Reibungsverbund bewirkt und die Schubtragfähigkeit gegenüber offenen Profilen erhöht. Der Nationale Anhang DIN EN 1994-1-2∕​NA [8] verweist für diesen Fall darauf, dass das Profilblech bei der Berechnung nach Anhang D nur berücksichtigt werden darf, sofern die Längsschubtragfähigkeit für den jeweiligen Lastanteil nachgewiesen werden kann. Für Decken mit – duktilem Verbundverhalten bei Normaltemperatur, – hinterschnittener Profilgeometrie und – mechanischer Verdübelung im Bereich des Oberflansches ist ein Ansatz zur Berechnung der Längsschubtragfähigkeit im Nationalen Anhang enthalten. Der Bemessungswert der Längsschubtragfähigkeit bei Normaltemperatur ist dabei mit dem 0,7-Fachen des temperaturabhängigen Abminderungsfaktors für die



Bemessung nach DIN EN 1994-1-2

299

Streckgrenze des Profilblechs im Oberflansch zu multiplizieren: 1 ​​ ​  fi,Rd​​     0,7   ​k​​  y, ,OFL​​   ​ ​  u,Rk​​      ​  _ (16)    ​​   ​ ​  M,fi​​ Der Faktor 0,7 ergibt sich daraus, dass im Brandfall nur der mechanische Flächenverbund sowie die Klemmwirkung im Obergurtbereich aktiviert werden. Diese Anteile liefern bei Raumtemperatur etwa 70 % der Verbundwirkung. Das Isolationskriterium „I“ einer Verbunddecke ist erfüllt, sofern die mittlere Temperaturerhöhung auf der brandabgewandten Seite des Bauteils geringer als 140 K sowie die maximale Temperaturerhöhung geringer als 180 K ist. Anhand einer in Anhang D bereitgestellten, empirisch ermittelten Gleichung kann der Zeitpunkt bestimmt werden, bis zu dem diese Kriterien erfüllt sind. Eingangswerte für diese Formel sind die geometrischen Abmessungen der Verbunddecke und sich daraus ableitende Größen zur Berücksichtigung der Abschattungseffekte. Die Bemessung einer Verbunddecke wird exemplarisch in Abschnitt 9 am Beispiel einer hinterschnittenen Verbunddecke dargestellt. Der Normenentwurf für den zukünftigen Eurocode 4 Teil 1-2 [9] wird zudem ein vereinfachtes Bemessungsverfahren für Verbunddecken im Zustand einer Membrantragwirkung beinhalten. Das Verfahren wird voraussichtlich als normativer Anhang aufgenommen und geht auf Bailey [45] zurück. Unter Anwendung dieser Bemessungsmethode können auch Tragzustände, in denen sich die Verbunddecke stark verformt und sekundäre Träger ausfallen, berücksichtigt werden. Dies ermöglicht eine besonders wirtschaftliche Bauweise von Verbunddecken. Der Tragzustand der Membrantragwirkung zeichnet sich dadurch aus, dass im Brandfall die inneren Träger eines Deckenfelds aufgrund der thermischen Einwirkung versagen. Die Decke erfährt dadurch eine signifikante zweiachsige Durchbiegung und die umgebenden Träger hängen sich ein. Im Bereich der durchgebogenen Decke stellen sich dabei Zugspannungen ein, die durch die Bewehrung der Decke aufgenommen werden. Diese stehen in einem Gleichgewicht mit Druckspannungen, die sich in den das Deckenfeld umfassenden primären Trägern aufbauen. Die primären Träger müssen dabei als geschützte oder kammerbetonierte Stahl- oder Verbundträger ausgeführt werden. Die Verbunddecken müssen zur Aktivierung der Membrantragwirkung mit mechanischen Verbundmitteln mit den Trägern verbunden sein. Bei der Anwendung des vereinfachten Verfahrens wird die Decke in einzelne Deckenfelder unterteilt, in denen sich jeweils ein Membranzustand einstellen kann. Dabei ist die Anwendung des Verfahrens an bestimmte geometrische Abmessungen gebunden. Unter anderem werden Öffnungen in dem Deckenfeld (z. B. für Leitungsdurchführungen) limitiert. Das Verfahren ist für beliebige thermische Einwirkungen anwendbar.

1 zu bemessendes Deckenfeld 2 Randträger: Stahl- oder Verbundträger, geschützt oder kammerbetoniert 3 sekundäre∕​innere Träger: ungeschützte Träger 4 primäre∕​äußere Träger: Stahl- oder Verbundträger, geschützt oder kammerbetoniert Bild 23. Einteilung der Verbunddecke in Bemessungszonen nach Anhang G* der finalen Draftversion der DIN EN 1994-1-2 [9] (* voraussichtlicher Ort in zukünftiger Norm)

Die Tragfähigkeit des Deckensystems ergibt sich aus der Addition der Tragfähigkeit der Verbunddecke im Membrantragzustand und der Tragfähigkeit der ungeschützten sekundären Träger unter Biegung, die analytisch bestimmt werden können. Zudem werden die umgebenden Träger hinsichtlich der in ihnen aufgrund der Membranwirkung auftretenden höheren Spannungen nachgewiesen. Ergänzend werden Angaben zu erforderlichen Konstruktionsdetails angegeben. Insbesondere werden Anforderungen an die Bewehrung, die mechanische Verdübelung sowie die Ausführung der Anschlüsse an geschützte Träger gestellt, da diese maßgeblich für die Aktivierung des Tragzustands sind.

5.3.3 Verbundträger Generell können, wie in Bild 24 dargestellt, zwei Typen von Verbundträgern für die vereinfachte Bemessung im Brandfall unterschieden werden: Verbundträger – mit Betonüberdeckung des Stahlquerschnitts und – ohne Betonüberdeckung des Stahlquerschnitts.

Bild 24. Verbundträgerquerschnitte für das vereinfachte Bemessungsverfahren nach DIN EN 1994-1-2 [7]

300

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Die Ermittlung der plastischen Momententragfähigkeit von Verbundträgern setzt voraus, dass die Temperaturen im Unterflansch, Steg und Oberflansch des Stahlträgers, der Betondecke sowie ggf. des Kammerbetons und der Bewehrungsstäbe bekannt sind. Die Berechnung der plastischen Momententragfähigkeit basiert dabei auf der Bestimmung der plastischen Nulllinie, die sich aus dem inneren Kräftegleichgewicht im Querschnitt ergibt. Im Nationalen Anhang DIN EN 1994__________________ 1-2∕​NA wird ferner die Anwendung der in den Anhän2 2 ​e___________________________________ ​  1​​ ​  e​  2 ​​ ​  0,5 b​  1​​      ​√ ​h    ​  w ​ ​     0,25 ​​(​b​  1  ​​   ​b​​  2​​)​​​  ​ ​ gen E und F angegebenen Verfahren zur Berechnung ​​k​  shadow​​   0,9​ ​       ​     ​​ ​h​  w​​ ​   b​  1​​ ​  0,5b​  2​​ ​   e​  1​​ ​   e​  2​​ ​   e​  w​​ ( ) der positiven und negativen Momententragfähigkeit von Verbundträgern mit und ohne Betonüberdeckung (17) des Stahlträgers erlaubt. Für kammerbetonierte Verbundträger ist im vereinDie Variablen stellen geometrische Abmessungen des fachten Bemessungsverfahren nach Anhang F keine Trägers dar und sind in Bild 25 definiert. Nachteil der explizite Berechnung der Querschnittstemperaturen Temperaturberechnung ist, dass diese inkrementell, vorgesehen. Sie ist jedoch implizit in den angegebenen also in jedem Zeitschritt, zu erfolgen hat. Da die Formel Abminderungsfaktoren enthalten. Somit ergibt sich, für Verbundträger zudem für jeden Querschnittsteil dass das Verfahren ausschließlich für eine Brandbean(Oberflansch, Steg, Unterflansch) separat mit dem zuspruchung entsprechend der ETK zulässig ist. gehörigen A∕​V-Verhältnis des Teilquerschnitts auszuBei Verwendung des Verfahrens werden die aufnehmwerten ist, ist dieses Verfahren relativ aufwendig. Vorbaren Kräfte der einzelnen Querschnittsteile des Kamteilhaft ist jedoch, dass dieses vereinfachte Verfahren merbetonträgers in Abhängigkeit der geforderten Feufür beliebige thermische Einwirkungen – also auch für erwiderstandsdauer reduziert. Dabei erfolgt die RedukNaturbrandszenarien – angewendet werden kann. Im tion für die Betondecke und den Oberflansch, indem die letzteren Fall ist dann beim Wärmeübergang der erBereiche hoher Temperatureinwirkung vernachlässigt höhte Wärmeübergangskoeffizient aus Konvektion 2 werden (vgl. bfi und hc,fi in Bild 26), wobei die verbleic   35 W∕​m K anzusetzen (vgl. Abschnitt 3). Neben der Bemessung auf Temperaturebene können benden Bereiche keine Festigkeitsreduktion erfahren. Verbundträger auch auf Tragfähigkeitsebene bemessen Alle weiteren Querschnittsteile werden über ihre Festigwerden. Dieses Verfahren kann auf beide Verbundträkeiten abgemindert, wobei sich die Reduktionsfaktoren gertypen nach Bild 24 angewendet werden. Für die Träkr und ka für die Bewehrungsstäbe bzw. den Baustahl ger müssen die Nachweise der von den üblicherweise genutzten ky, -Werten unterschei– Biegemomententragfähigkeit, den und im Zuge des Verfahrens zu berechnen sind. – Querkrafttragfähigkeit und Auf die Darstellung der Tabellen zur Ermittlung der – Längsschubtragfähigkeit Abminderungsfaktoren für die Streckgrenze und Baugeführt werden. Die Bemessung von Verbundträgern teilabmessungen wird an dieser Stelle verzichtet und unter Biegebeanspruchung darf nach DIN EN 1994auf DIN EN 1994-1-2 [7] verwiesen. 1-2 – ausgenommen Querschnitte der QuerschnittsFür beide Verbundträgertypen gilt gleichermaßen, dass klasse 4 – vollplastisch durchgeführt werden. Generell die Momententragfähigkeit auf Grundlage der tempewird die Querkrafttragfähigkeit einzig infolge des Beiraturreduzierten Festigkeiten und Querschnittsabmestrags des Stahlquerschnitts nachgewiesen. Für die Besungen bestimmt wird, wobei zunächst die Lage der rechnung der Bemessungsschubkräfte im Brandfall zum Nachweis der Längsschubtragfähigkeit sind mathematische Gleichungen in DIN EN 1994-1-2 angegeben. Einzig für Verbundträger ohne Betonüberdeckung ist ein Nachweis auf Temperaturebene vorgesehen. In diesem Fall wird der Stahlträger unabhängig von der Verbunddecke nachgewiesen. Die Ermittlung der Stahltemperatur erfolgt dabei analog zum Vorgehen in DIN EN 1993-1-2 [5] und kann für ungeschützte und geschützte Träger durchgeführt werden. Lediglich die Bestimmung des Abschattungseffekts kshadow unterscheidet sich aufgrund der aufgelegten Betonplatte:

Bild 25. Definition der geometrischen Eingabewerte eines Verbundträgers ohne Kammerbeton

Bild 26. Definition der Querschnitts- und Festigkeitsreduktion für einen kammerbetonierten Verbundträger [7]



plastischen Nulllinie zu ermitteln ist. Diese ergibt sich aus dem resultierenden Kräftegleichgewicht im Querschnitt. Die Bemessung eines Verbundträgers wird exemplarisch in Abschnitt 10 am Beispiel eines kammerbetonierten Verbundträgers nach DIN EN 1994-1-2, Anhang F dargestellt. Der Normenentwurf für den zukünftigen Eurocode 4 Teil 1-2 [9] wird zudem ein vereinfachtes Bemessungsverfahren für die Momententragfähigkeit von Flachdeckenträgern beinhalten. Die Bauweise von Flachdeckenträgern zeichnet sich durch eine besonders schlanke Konstruktion der Decke aus, bei der die Deckenplatte auf den Unterflansch bzw. eine unter den Unterflansch geschweißte Stahlplatte aufgelegt wird und eine nahezu bündige Unteransicht darstellt. Flachdeckenträger werden in der zukünftigen Fassung der Eurocodes sowohl in DIN EN 1994-1-1 als auch DIN EN 1994-1-2 aufgenommen. Für zwei gängige Querschnittsformen wird zudem ein geschlossenes, vereinfachtes Bemessungsverfahren im Anhang H* geregelt (s. Bild 27). Unter Berücksichtigung des Anwendungsbereichs kann die Tragfähigkeit der integrierten Träger im plastischen Zustand ermittelt werden. Das vereinfachte Verfahren beinhaltet dabei gegenüber dem allgemeingültigen Verfahren zur Bestimmung der plastischen Nulllinie und der Momententragfähigkeit von Verbundträgern Anpassungsfaktoren, die die Besonderheiten der Bauweise berücksichtigen. Das Bemessungsverfahren ist ganzheitlich anwendbar und enthält analytische Formeln zur Bestimmung der Temperaturen in den einzelnen Querschnittskomponenten in Abhängigkeit der geometrischen Abmessungen und der Feuerwiderstandsdauer.

Bemessung nach DIN EN 1994-1-2

301

Das Verfahren ist nur für eine thermische Einwirkung entsprechend der ETK anwendbar. Die Bemessung eines Flachdeckenträgers wird exemplarisch in Abschnitt 12 am Beispiel eines Flachdeckenträgers nach DIN EN 1994-1-2, Anhang H* (erst in der kommenden Version) [9] dargestellt. Ferner wird der Normenentwurf für den zukünftigen Eurocode 4 Teil 1-2 einen Anhang enthalten, in dem Grundsätze für die Bemessung von Verbundträgern mit großen Stegöffnungen im Brandfall definiert werden. Regelungen für die Bemessung von Verbundträgern mit großen Stegöffnungen werden zukünftig sowohl in der Normenreihe für den Stahlbau als auch den Verbundbau enthalten sein. Der Anhang wird Angaben zur Ermittlung der Temperatur der Querschnittskomponenten beinhalten. Zudem wird festgelegt, wie die mechanischen Eigenschaften der Querschnittskomponenten im Brandfall zu berücksichtigen und wie die Nachweise unter Berücksichtigung aller internen Kräfte zu führen sind.

5.3.4 Verbundstützen Das allgemeingültige Level-2-Verfahren für Verbundstützen im Brandfall nach DIN EN 1994-1-2 [7] ist generell für alle Querschnittstypen, die im Anwendungsbereich der DIN EN 1994-1-2 liegen, anwendbar. Die Bemessung erfolgt auf Grundlage des Ersatzstabverfahrens nach DIN EN 1993-1-1 [4] und den darin beschriebenen Europäischen Knickspannungslinien. Folglich wird ein Stabilitätsversagen der Stützen im Nachweis berücksichtigt. Das Verfahren ist so aufbereitet, dass eine vorherige Temperaturfeldermittlung un-

1 Ortbeton 2 Verbunddecke, vorgefertigte Decke, Ortbeton oder Hohlraum 3 Längsbewehrung Bild 27. Übersicht über die zwei ­Querschnittstypen für die Bemessung von Flachdeckenträgern [9]

302

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

umgänglich ist. Es ist erneut eng an den Nachweis bei Raumtemperatur angelehnt. Dabei wird der Bemessungswert der plastischen Grenznormalkraft im Brandfall Nfi,pl,Rd mit dem Reduktionsfaktor nach DIN EN 1993-1-1 abgemindert. ​​N​  fi,Rd ​​       ​N​​  fi,pl,Rd​​​

(18)

Der Reduktionsfaktor bestimmt sich in Abhängigkeit des bezogenen Schlankheitsgrades im Brandfall . Es ist jedoch zu beachten, dass keine Unterscheidung hinsichtlich der Querschnittstypen vorgenommen wird, sondern in jedem Fall die Knickspannungslinie c anzusetzen ist. In die Ermittlung des bezogenen Schlankheitsgrades geht zum einen die plastische Normalkrafttragfähigkeit Nfi,pl,Rd und zum anderen die Euler-Knicklast im Brandfall Nfi,cr ein: _ ​_ N​  fi,pl,Rd​​  ​ ​​   (19)     ​​  ​ ̅  ​  ​  ​N​  fi,cr​​



Zur Berechnung dieser Bauteilparameter muss das Temperaturfeld bekannt sein, um die Festigkeiten und Steifigkeiten entsprechend abmindern zu können (vgl. Gln. (20) und (21)). Ferner muss die Knicklänge im Brandfall bestimmt werden. Dies erfolgt analog zu dem Vorgehen für Stahlstützen und beinhaltet unter Einhaltung diverser Randbedingungen eine deutliche Reduktion auf das 0,5-Fache bzw. das 0,7-Fache der Knicklänge bei Raumtemperaturbedingungen. ​A​  a, ​​   ​ f​  ay, ​​ ​A​  s, ​​   ​ f​  sy, ​​ ​A​  c, ​​   ​ f​  cy, ​​ ​​N​  fi,pl,Rd​​     ​∑​ ​​ ​   _  ​      ​∑​ ​​ ​   _  ​    ​​       ​∑​ ​​ ​   _   (20) ​ ​  M,fi,a​​ ​ ​  M,fi,s​​ ​ ​  M,fi,c​​ m k j ​ ​​  2​   ​(EI)​  fi,eff​​ ​​N​  fi,cr​​      ​  _    ​​   ​l​  2 ​​ 

(21)

Es ist weiterhin vorgesehen, dass in der Berechnung der effektiven Biegesteifigkeit EIfi,eff von Verbundstützen Reduktionskoeffizienten zur Erfassung temperaturbedingter Zwängungsspannungen zu berücksichtigen sind. Ein Vorgehen zur Bestimmung dieser Faktoren ist jedoch nicht angegeben. Generell ist die Anwendung der zuvor dargestellten Formeln nach den Regeln der DIN EN 1994-1-2 sowohl für Beanspruchungen entsprechend der ETK als auch jeder anderen Temperaturzeitkurve möglich. Eine gesonderte Temperaturfeldberechnung ist jedoch für die Anwendung erforderlich. Neben dem allgemeingültigen Verfahren sind zwei weitere typenspezifische Verfahren in den Anhängen G (kammerbetonierte Stützen) und H (ausbetonierte Hohlprofilstützen) enthalten. Aktuell ist lediglich die Anwendung des Verfahrens in Anhang G für kammerbetonierte Stützen durch den Nationalen Anhang erlaubt. Die Anwendung des Verfahrens für ausbetonierte Hohlprofilstützen ist hingegen nicht zulässig. In der zukünftigen Version des Eurocodes 4 Teil 1-2 [9] wird ein neues Verfahren für die vereinfachte Bemessung von ausbetonierten Hohlprofilstützen enthalten sein. Zwischenzeitlich besteht für die Bemessung von ausbetonierten Hohlprofilstützen die Möglichkeit,

diese nach DIN EN 1992-1-2 unter Vernachlässigung des außenliegenden Stahlrohrs nachzuweisen. Das Verfahren für kammerbetonierte Verbundstützen in Anhang G enthält eine explizite Temperaturermittlung für einzelne Querschnittsteile (Flansche des Stahlprofils und Kammerbeton) und ist daher auf thermische Einwirkungen gemäß der ETK beschränkt. In Anlehnung an das Vorgehen bei kammerbetonierten Verbundträgern werden in Abhängigkeit der Feuerwiderstandsklasse Reduktionen von Querschnittsflächen und Festigkeiten der einzelnen Querschnittskomponenten vorgenommen (vgl. Bild 28). Wie bereits erwähnt, wird in der zukünftigen Version der DIN EN 1994-1-2 [9] in einem Anhang ein neues Verfahren für die vereinfachte Bemessung von betongefüllten Stahlhohlprofilen enthalten sein. Das Verfahren ist für runde, elliptische, quadratische und rechteckige Querschnitte der Verbundstützen anwendbar. Da vereinfachte Formeln für die Ermittlung der Querschnitts­ temperaturen angegeben sein werden, ist das Verfahren ausschließlich für eine Beanspruchung gemäß ETK zulässig. Bei dem Verfahren wird die Verbundstütze in ihre drei Querschnittsteile – Stahlrohr, Betonkern und Bewehrungsstäbe – unterteilt. Für die jeweiligen Querschnittsteile wird eine äquivalente Temperatur anhand empi­ rischer Formeln errechnet (vgl. Bild  29). Die äquiva­ lenten Temperaturen sind von der zu erzielenden Feuerwiderstandsdauer, dem Profilfaktor A∕​V sowie der Betonüberdeckung der Bewehrungsstäbe us abhängig. Mithilfe dieser vereinfachten, über den Querschnittsteil konstanten äquivalenten Temperaturen kann die Reduktion der jeweiligen Festigkeit bestimmt

Bild 28. Reduktion der Abmessungen der Stahl- und Betonquerschnittsteile einer Kammerbetonstütze im Brandfall

Bild 29. Äquivalente Temperaturen je Querschnittsteil für betongefüllte Stahlhohlprofilstützen



werden und die plastische Normalkraftfähigkeit nach Gl. (20) berechnet werden. Neben empirischen Formeln zur Ermittlung einer äquivalenten Temperatur sind in dem Verfahren die Reduktionskoeffizienten zur Berücksichtigung der thermischen Zwängungsspannungen, die in die Ermittlung der effektiven Biegesteifigkeit der Verbundstützen einfließen, gegeben. Für die verschiedenen Querschnittsteile sind in Abhängigkeit der Querschnittsform die Reduktionskoeffizienten definiert. Anschließend ist die relative Schlankheit sowie der Reduktionsfaktor zu ermitteln, um den Bemessungswert der plastischen Grenznormalkraft zu berechnen. Im Falle einer exzentrischen Last sind in dem Verfahren Korrektur- bzw. Kalibrierungsfaktoren definiert, die in die effektive Biegesteifigkeit einfließen. Das Verfahren ist bereits veröffentlicht [27] und wird zukünftig voraussichtlich normativ sein. Allgemein stellt die Ummantelung einer Stahlstütze mit Beton eine besonders wirtschaftliche Anwendung der Verbundbauweise dar. Im Brandfall ist die gegenüber Brandeinwirkungen empfindliche Stahlstütze dabei durch den umliegenden Beton thermisch geschützt. Die Verringerung der Tragfähigkeit des Betons durch die erhöhten Bauteiltemperaturen hat lediglich geringe Auswirkungen, da dieser in der Regel ohnehin nur einen verhältnismäßig kleinen Anteil zur Gesamttragfähigkeit der Stütze beiträgt. Um ferner die Bauzeit zu optimieren und eine ansprechende Bauteiloberfläche zu erhalten, ist es weiterhin denkbar, die beschriebene Stütze um ein außenliegendes Stahlrohr zu erweitern. Obgleich dieses im Brandfall bereits nach wenigen Minuten eine starke Festigkeitsreduktion erleidet, trägt es im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei Raumtemperatur zum Lastabtrag bei und erleichtert zugleich den Betoniervorgang, da keine zusätzliche Schalung erforderlich ist. Diese Querschnittsoptimierung hat in jüngerer Zeit neuartige Stützentypen hervorgebracht, die aus ausbe-

Bemessung nach DIN EN 1994-1-2

303

tonierten Stahlhohlprofilen mit eingestellten Stahlprofilen oder massiven Stahlkernen bestehen. Die zentrische Anordnung eines massiven Stahlkerns bewirkt einen optimalen Schutz vor hohen Temperaturen bei gleichzeitig hohem Stahlanteil im Querschnitt. Gegenüber einbetonierten Walzprofilen werden so besonders hohe Tragfähigkeiten erreicht. Generell ist die Bemessung dieses Stützentyps nach DIN EN 1994-1-2 zulässig. Ein vereinfachtes Verfahren, das die Anwendung erleichtert, ist jedoch in der derzeitigen Fassung des Eurocodes nicht enthalten. In [32] wird für diesen Stützentyp ein vereinfachtes Verfahren beschrieben. Der entwickelte Bemessungsvorschlag für den Brandfall sieht im Detail vor, dass das Stahlhohlprofil in der Berechnung gänzlich vernachlässigt wird. Aufgrund der unmittelbaren thermischen Einwirkung erreicht das Stahlhohlprofil bei baupraktisch relevanten Feuerwiderstandsdauern von mindestens 90 Minuten Temperaturen im Bereich von ca. 1000 °C und weist somit keinen nennenswerten Anteil an der verbleibenden Tragfähigkeit auf. Ferner wird der den Stahlkern umgebende Beton in dem Bemessungsansatz lediglich als thermischer Schutz des Stahlkerns in der Berechnung der Stahlkerntemperatur berücksichtigt. Hingegen wird er in der Berechnung der Tragfähigkeit gänzlich vernachlässigt, sodass der Beton im Brandfall weder einen Beitrag zur Tragfähigkeit liefert noch hinsichtlich der Schlankheit der Stahlkernstütze berücksichtigt wird. Um einen ganzheitlichen Bemessungsansatz bereitzustellen, wurde in [32] auf Grundlage numerischer Modelle die Stahlkerntemperatur in Abhängigkeit des Stahlkerndurchmessers, der Betondeckung sowie der Dauer der thermischen Einwirkung entsprechend der ETK ermittelt und analytisch beschrieben (vgl. Gln. (22) bis (25) und Bild 30). Dabei weist die ermittelte Stahlkerntemperatur eine parabelförmige Abhängigkeit von der Betondeckung c und eine kubische Abhängigkeit vom Stahlkerndurchmesser dKern auf.

Bild 30. Stahltemperaturen in ausbetonierten Stahlhohlprofilstützen mit Stahlkern bei thermischer Einwirkung nach ETK in Abhängigkeit der Querschnittsabmessungen [32]

304

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Stahlkerntemperatur nach 30 min ETK: ​​ ​  Kern​​     736   ​2,72d​  Kern ​​   13,89c   4,84   ​  10​​  3​ ​​d​  Kern​​​​  2​​ ​  3,19   ​  10​​  2​ ​d​  Kern​​  c   7,62   ​  10​​  2​ ​c​​  2​    3,04   ​  10​​  6​ ​​d​  Kern​​​​  3​​ ​  2,50   ​  10​​  5​ ​​d​  Kern​​​​  2​  c    1,03   ​  10​​  4​ ​d​  Kern​​  c2​

(22)

Stahlkerntemperatur nach 60 min ETK: ​​ ​  Kern​​     1104   ​3,86d​  Kern​​   14,92c   7,32   ​  10​​  3​ ​​d​  Kern​​​​  2​​ ​  2,69   ​  10​​  2​ ​d​  Kern​​  c   6,14   ​  10​​  2​ ​c​​  2​   5,00   ​  10​​  6​ ​​d​  Kern​​​​  3​​ ​  2,41   ​  10​​  5​ ​​d​  Kern​​​​  2​  c    3,30   ​  10​​  5​ ​d​  Kern​​  c2​

(23)

Stahlkerntemperatur nach 90 min ETK: ​​ ​  Kern​​     1197   ​3,62d​  Kern​​   12,18c   7,07   ​  10​​  3​ ​​d​  Kern​​​​  2​​ ​  9,94   ​  10​​  3​ ​d​  Kern​​  c   3,99   ​  10​​  2​ ​c​​  2​   5,16   ​  10​​  6​ ​​d​  Kern​​​​  3​​ ​  0,01   ​  10​​  5​ ​​d​  Kern​​​​  2​  c   3,80   ​  10​​  5​ ​d​  Kern​​  c2​

(24)

Stahlkerntemperatur nach 120 min ETK: ​​ ​  Kern​​     1245    ​3,33d​  Kern​​      10,12c   6,71   ​  10​​  3​ ​​d​  Kern​​​​  2​​ ​  1,61   ​  10​​  -3​ ​d​  Kern​​  c   2,76   ​  10​​  2​ ​c​​  2​   5,16   ​  10​​  6​ ​​d​  Kern​​​​  3​​ ​  8,53   ​  10​​  7​ ​​d​  Kern​​​​  2​  c   7,82   ​  10​​  5​ ​d​  Kern​​  c2​

(25)

(mit c und dKern in mm) Für eine Vielzahl der praxisrelevanten Querschnittsabmessungen, Stützenlängen und Feuerwiderstandsdauern kann in [32] gezeigt werden, dass die Tragfähigkeit von ausbetonierten Hohlprofilstützen mit massivem Stahlkern im Brandfall vereinfacht als erwärmte Stahlkernstützen auf Grundlage des vereinfachten Nachweisverfahrens nach DIN EN 1993-1-2 sowie der Temperaturberechnung nach den Gln. (22) bis (25) nachgewiesen werden kann, ohne dass eine Einschränkung des Lastausnutzungsgrads notwendig ist. Weitere Stützenabmessungen können durch eine detaillierte Betrachtung der für den Brandfall zugrunde zu legenden, mechanischen Belastung nachgewiesen werden.

6

Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken

6.1

Allgemeines

Vereinfachte Bemessungsverfahren (Level 2) sind grundsätzlich so konzipiert, dass sie mithilfe eines Taschenrechners angewendet werden können. Jedoch ergibt sich selbst für diese Verfahren schnell ein recht hoher Berechnungsumfang, wie beispielsweise bei der Ermittlung der Stahltemperatur nach DIN EN 1993-­ 1-2, für die eine inkrementelle Berechnung notwendig ist. Ohne Tabellenkalkulationsprogramme ist dies nur unter hohem Zeitaufwand realisierbar. Um eine schnelle und damit wirtschaftliche Berechnung auf Grundlage der Eurocode-Regelungen durchführen zu können, ist eine Vielzahl von Tools entwickelt worden, die die Bemessungsvorschriften der Eurocodes umsetzen. Einige dieser Tools werden in Abschnitt 6.2 exemplarisch vorgestellt. Allgemeine Berechnungsverfahren sind im Gegensatz zu vereinfachten und tabellarischen Verfahren zur schutzzielorientierten Bemessung – dem Performance Based Fire Design – auf Grundlage von Naturbrand­

szenarien und für die Bemessung zusammenhängender Tragwerkskonstruktionen geeignet. Bei Verwendung der allgemeinen Bemessungsverfahren kann der Planer projektorientiert entscheiden, ob eine Modellierung von Einzelbauteilen, Teiltragwerken oder Gesamttragwerken erforderlich ist. Dem Vorteil des großen Anwendungsbereichs stellt sich der Nachteil des großen Mehraufwands in der Berechnung gegenüber. Die Verwendung von Level-3-Verfahren ist zeitintensiv und bedarf Rechenkapazität sowie Erfahrung im Umgang mit den Möglichkeiten und Risiken der Modellierung. Bei der computergestützten Tragwerkssimulation muss das mechanische Tragverhalten basierend auf den Gesetzmäßigkeiten der Mechanik abgebildet werden. Ferner ist darauf zu achten, dass die verwendeten Materialeigenschaften für die vorgegebene Brandbelastung gültig und damit anwendbar sind (vgl. Abschnitt 4.4). Alle potenziellen Versagensfälle, die durch das allgemeine Berechnungsverfahren nicht berücksichtigt werden (z. B. lokales Beulen oder Schubversagen), sind durch geeignete Hilfsmittel in der Konstruktion auszuschließen. Die Auswirkungen von temperaturinduzierten Spannungen und Dehnungen aufgrund von erhöhten Bauteiltemperaturen und Temperaturgradienten müssen ebenfalls in der Simulation berücksichtigt werden. Je nach Anwendung kann es zusätzlich notwendig sein, weitere Effekte und Einflüsse zu beachten. Ein Beispiel hierfür sind nichtlineare Werkstoffeigenschaften, welche durch Be- und Entlastung eines Bauteils ungünstig beeinflusst werden können. Aufgrund der hohen Komplexität – gerade bei der mechanischen Simulation von Bauteilen im Brandfall – werden allgemeine Rechenverfahren häufig mit vereinfachten Verfahren kombiniert. Beispielsweise gibt es derzeit kein vereinfachtes Verfahren zur Bestimmung des transienten Temperaturfelds in beliebigen Verbundquerschnitten. Daher wird dieser Berechnungsteil häufig mit allgemeinen Berechnungsverfahren durchgeführt. Auf Grundlage der Temperaturfeldberechnung



Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken

lassen sich Zonen gleicher Temperatur ermitteln, in denen die Festigkeiten und Steifigkeiten mittels Abminderungsfaktoren verringert werden können. Mit diesen abgeminderten Materialkennwerten lässt sich z. B. analog zu den in Abschnitt 5.3 vorgestellten vereinfachten Verfahren die plastische Querschnittstragfähigkeit oder die Knicklast im Brandfall ermitteln. Die allgemeinen Verfahren der Ebene 3 setzen die Verwendung von numerischen Berechnungsprogrammen voraus. Da diese Programme lediglich den physikalischen und mechanischen Gesetzmäßigkeiten folgen und nicht normspezifisch sind, stehen dem Anwender verschiedene Programme zur Verfügung. Generell gibt es einerseits CFD-basierte Programme, um Brandsimulationen durchzuführen und andererseits strukturmechanische Finite-Elemente-Programme (FE-Programme), die zur brandschutztechnischen Bauteilbemessung verwendet werden. Weitere Programme ermöglichen zudem beispielsweise die Bestimmung der erforderlichen Feuerwiderstandsdauer, indem eine Evakuierung simuliert und die Evakuierungszeit ermittelt wird. Eine Auswahl von Programmen, die häufig zur brandschutztechnischen Bauteilbemessung eingesetzt werden, ist in den Abschnitten 6.2 und 6.3 beschrieben. Des Weiteren wird in Abschnitt 6.4 die Validierung des Programms SAFIR [56] auf Grundlage des Verfahrens nach Anhang CC der DIN EN 1991-1-2∕​NA [2] durchgeführt.

6.2

Bemessungstools für die Anwendung vereinfachter Bemessungsverfahren

Es existiert eine Vielzahl kommerzieller Programme, die für die brandschutztechnische Bemessung von Verbundbauteilen angeboten werden. Die in diesem Abschnitt vorgestellten Software-Tools werden poten­ ziellen Nutzern kostenfrei zur Verfügung gestellt und erleichtern die Bemessung von Stahl- und Verbundbauteilen auf Grundlage der vereinfachten Bemessungsverfahren der Eurocodes. Bei Anwendung dieser Programme obliegt es dem Anwender sicherzustellen, dass die Grundlagen für eine Bemessung auf Level-2-Ebene erfüllt sind. Beide Programme stehen auf der Internet-Seite https:∕​∕​constructalia.arcelormittal.com∕​de∕​ arbeitshilfen∕​bemessungsprogramme zur Verfügung. ABC (ArcelorMittal Beams Calculator) [53] Die Weiterentwicklung des früheren Programms AFCB stellt ein umfangreiches Tool zur Vorbemessung von Stahlträgern, Verbundträgern, Flachdeckenträger sowie integrierten Trägern der Typen A und B dar. Dabei kann sowohl eine Bemessung bei Raumtemperatur als auch für den Brandfall vorgenommen werden. Sämtliche Berechnungen basieren dabei auf der EN-Fassung der Eurocodes. Die integrierte Schnittgrößenberechnung erlaubt es dem Anwender ferner, mit wenig Aufwand zu einer Vordimensionierung zu gelangen, die individuell entsprechend national festgelegter Teilsicherheitsbeiwerte erfolgen kann. Auch für die Betrach-

305

tung von Bauzuständen kann das Tool genutzt werden. In der Ausgabedatei erhält der Anwender eine detaillierte Auflistung der Schnittgrößen, Verformungen sowie der Nachweise bei Raumtemperatur und im Brandfall. Das Programm kann für die Bemessung im Brandfall zum einen genutzt werden, um anhand festgelegter Brandschutzmaßnahmen eine Feuerwiderstandsklasse zu berechnen oder zum anderen, um für das Erreichen einer festgelegten Feuerwiderstandsklasse die notwendige Ausführung der Brandschutzmaßnahmen zu bestimmen. A3C (ArcelorMittal-CTICM Columns Calculator) [51] Mit A3C können Stahlstützen, kammerbetonierte Stützen sowie vollständig einbetonierte Stahlprofilstützen bemessen werden. Auch in A3C ist eine Schnittgrößen­ ermittlung integriert, sodass ein geschlossener Nachweis erfolgen kann. Neben dem Nachweis im Brandfall wird zusätzlich der Nachweis bei Raumtemperatur geführt. Effekte nach Theorie II. Ordnung werden ebenso berücksichtigt wie eine Schnittgrößeninteraktion. Als Ausgabe kann sich der Anwender eine Zusammenstellung aller Nachweise sowie der Interaktionsdiagramme anzeigen oder eine detaillierte Beschreibung des Berechnungsgangs ausgeben lassen. Ein Anwendungsbeispiel der Software A3C ist in Bild 31 für eine Stütze mit vollständig einbetoniertem Stahlprofil dargestellt. Als Ergebnis sind die M-N-Interaktionskurven für beide Querschnittsachsen abgebildet. Das Programm bietet auch die Berechnung betongefüllter Hohlprofile an. Hier ist darauf hinzuweisen, dass das Verfahren in der DIN EN 1994-1-2 Anhang H für die brandschutztechnische Bemessung in vielen Ländern – so auch in Deutschland – nicht angewendet werden darf. Es wird in der zukünftigen DIN EN 1994-1-2 ersetzt.

6.3

Allgemeine Berechnungsverfahren

Zur Bemessung von Tragwerken auf Basis zuvor ermittelter oder normativ angesetzter Brandszenarien steht eine große Anzahl an numerischen Programmen zur Verfügung, die auf der Methode der Finiten Elemente basieren. Mithilfe der FE-Programme kann eine thermische sowie eine mechanische Analyse eines Bauteils, eines Teiltragwerks oder eines Gesamttragwerks vor­ genommen werden. Zum Teil besteht auch die Mög­ lichkeit, thermisch-mechanisch-gekoppelte Analysen durchzuführen, die zwar sehr rechenzeitintensiv sind, jedoch für bestimmte Simulationen – wie zum Beispiel den Aufschäumvorgang von reaktiven Brandschutzsystemen – unumgänglich sind. Im modernen Brandschutzingenieurwesen werden allgemeine Berechnungsverfahren immer häufiger genutzt, da sich eine Vielzahl von Vorteilen durch die Verwendung der numerischen Verfahren ergibt. Beispielsweise bietet sich unter Anwendung der allgemeinen Berechnungsverfahren die Möglichkeit, auf Grundlage von Naturbrandszenarien zu bemessen. Generell

306

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 31. Beispielanwendung der Software A3C [51]

können Level-3-Nachweise auf Zeit-, Tragfähigkeitsoder Temperaturebene erfolgen. Die Programme können in allgemeine und speziell für den Brandfall entwickelte FE-Programme unterteilt werden. Allgemeine FE-Programme sind für eine Vielzahl von Problemstellungen anwendbar und nicht explizit auf die brandschutztechnische Bemessung von Bauwerken ausgelegt. International anerkannte allgemeine FE-Programmpakete sind zum Beispiel Abaqus [52] und Ansys [54]. Diese Programme werden aufgrund ihrer vielfältigen Möglichkeiten häufig in der Forschung eingesetzt. Eine Verwendung in der Baupraxis ist in der Regel auf Sonderfälle beschränkt, da der Bedienungsaufwand und die Kosten erheblich sind. Die Nutzung nimmt jedoch auch in den Ingenieurbüros stetig zu. Für die Tragwerksberechnung im Brandfall gibt es weitere Programme, die einen spezielleren Anwendungsbereich aufweisen und leichter in der Handhabung sind. Abaqus [52] Abaqus ist ein allgemeines FE-Programm, das sowohl für Strukturanalysen als auch für CFD-Analysen geeignet ist. Es verfügt über eine interaktive grafische Nutzeroberfläche, über die die meisten Funktionen aufgerufen werden können. Zudem besteht die Möglichkeit, über nutzerspezifische Subroutinen zusätzliche Funktionen im Programm zu nutzen. Aufgrund des breiten Anwendungsbereichs gibt es keine vordefinierten Einstellungen in Abaqus. So sind u. a. alle thermischen und mechanischen Materialeigenschaften sowie die Temperaturzeitkurven dem Programm zu übergeben.

Hinsichtlich der Simulation von Tragwerken im Brandfall stellt Abaqus eine große Bandbreite von Funktionen zur Verfügung. Neben der Möglichkeit einer sequenziellen Berechnung der thermischen und mechanischen Analyse können auch gekoppelte Analysen erfolgen. Für die Simulationen können diverse unterschiedliche Elementtypen, darunter auch Stab-, Schalen- und Volumenelemente, verwendet werden. Abaqus besticht durch seinen weiten Anwendungsbereich und die Vielzahl an Funktionen in den Analysen. Andererseits ist die Handhabung sehr komplex und birgt dadurch viele Fehlerquellen. Die Anwendung zur Bemessung von Tragwerken sollte daher nur von geschultem Personal durchgeführt werden. Bild  32 zeigt das Temperaturfeld eines in Abaqus modellierten dreidimensionalen Stahlbauanschlusses. Abaqus wird von der Dassault Systems Gruppe vertrieben. Ansys [54] Die Software Ansys gehört ebenfalls zu den allgemeinen FE-Programmen und kann nicht nur im Bereich des Brandschutzingenieurwesens, sondern allgemein für einen breiten Anwendungsbereich genutzt werden. Auch mit der Software Ansys ist es möglich, neben der Tragwerksberechnung im Brandfall auch das Brandszenario sowie die Rauchgassimulation durchzuführen. Eingebettete Modelle von Verbrennungsvorgängen in verschiedenen Materialien liefern die Basis für die Ermittlung der Temperatur- und Rauchgasentwicklung. Wie auch in Abaqus, können die im Zuge einer brandschutztechnischen Bemessung notwendigen thermischen und mechanischen Simulationen sowohl sequen-



Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken

307

Bild 33. Simulation mit SAFIR [56] und Versuchsaufbau eines Rahmentragwerks unter Normbrandbeanspruchung Bild 32. Ermittlung des Temperaturfelds eines Stahlbau­ anschlusses in Abaqus [52] unter Ausnutzung der Symmetrie

ziell gekoppelt als auch vollgekoppelt durchgeführt werden. Es steht eine Vielzahl unterschiedlicher Elementtypen, Analyseoptionen sowie die Möglichkeit benutzerdefinierter Parameter für die Simulation bereit. Ansys wird weltweit von Ansys Inc. vertrieben. SAFIR [56] Die Software SAFIR wurde an der Universität Liège entwickelt und stellt ein explizit für die Ingenieurmethoden im Brandfall entwickeltes Programm dar. Mit SAFIR kann das thermische und mechanische Verhalten von Bauteilen und Tragwerken im Brandfall simuliert werden. Die Analysen laufen dabei sequenziell gekoppelt ab. Es können sowohl 2D- als auch 3D-Analysen durchgeführt werden. Für die mechanischen Analysen stehen Stab-, Schalen-, Fachwerk- und Volumen­ elemente zur Verfügung. SAFIR verfügt über vordefinierte Materialien, die die temperaturabhängigen thermischen und mechanischen Eigenschaften entsprechend den Eurocode-Regelungen abbilden. Weiterhin ist es möglich, nutzerspezifische Materialien zu definieren. Für die Temperaturfeldermittlung sind ferner bereits die nominellen Temperaturzeitkurven als Funktionen im Programm hinterlegt. Sie können jedoch auch durch beliebige Temperaturzeitkurven ersetzt werden. Die Betrachtung von lokalen Bränden nach DIN EN 1991-1-2, Anhang C [1] ist ebenfalls möglich. Zudem können definierte Brand­ szenarien wie das nach Hasemi oder aber sogenannte travelling fires berücksichtigt werden. Die Software SAFIR an sich verfügt über keine grafische Nutzeroberfläche. Jedoch gibt es korrespondierende Pre- und Post-Prozessoren, die eine grafische Eingabe bzw. Auswertung ermöglichen. Als Preprozessor ist insbesondere das Programm GiD geeignet. Die Auswertung kann ebenfalls in GiD erfolgen. Alternativ kann auch der Postprozessor Diamond genutzt werden. Bild  33 zeigt die mechanische Simulation eines Rahmentragwerks in SAFIR, das im Zuge des Forschungs-

Bild 34. Simulation lokaler Instabilitäten mit SAFIR [46]

projekts UCoSiF [40] unter ETK-Beanspruchung getestet wurde. In Bild 34 wird ferner die Simulation des lokalen Stegbeulens in einem Träger mit großen Stegöffnungen unter Zuhilfenahme von Schalenelementen gezeigt. Das Programm SAFIR wird von der Universität Liège vertrieben. Die Software SAFIR wurde explizit für die Bemessung von Tragwerken im Brandfall entwickelt. Die Entwickler haben ferner eine Schnittstelle zu der Brandsimulationssoftware FDS [55] implementiert, um den Nutzen für die Praxis zu erhöhen. Die Schnittstelle zwischen den Programmen FDS und SAFIR bewirkt, dass im Zuge der Brandsimulation in FDS eine Datei erzeugt wird, die einen automatischen Ergebnistransfer zur FE-Software SAFIR ermöglicht. Bei der Kopplung von FDS und SAFIR handelt es sich um eine schwache Kopplung, bei der die Brandgastemperaturen , die Konvektionsfaktoren c und die richtungsabhängige Strahlungsintensität eines zuvor definierten Bereichs innerhalb des Modells in einem Transfer-File ge­ speichert werden und für die weitere Verwendung in

308

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

SAFIR genutzt werden können. Der Bereich des Transfer-Files ist entsprechend der in der Tragwerksanalyse zu betrachtenden Bauteile zu definieren. Im Folgenden kann in SAFIR für die jeweiligen Bauteile automatisiert eine Vielzahl von thermischen Analysen durchgeführt werden, in denen auf Grundlage des Transfer-Files die richtungsabhängige Strahlungsintensität sowie die Ausrichtung und die Position des Querschnitts in Bezug auf die Brandquelle berücksichtigt werden. Somit werden Temperaturgradienten in Querund Längsrichtung des Querschnitts bzw. des Tragsystems berechnet. Wesentliche Bedingung für die korrekte Übertragung der thermischen Einwirkungen auf die Bauteile ist die Definition desselben Koordinatensystems und -ursprungs für die Modelle in FDS und SAFIR. Im Anschluss an die multiplen thermischen Analysen werden die zuvor bereichsweise ermittelten Bauteiltemperaturen in das mechanische Modell übertragen. Unter Berücksichtigung der mechanischen Einwirkungen wird somit das Tragverhalten im Brandfall realitätsnah abgebildet. Der schematische Ablauf der Kopplung von FDS und SAFIR ist in Bild 35 skizziert. Die Anwendung eignet sich besonders für Gebäude und Bauteile, bei denen

von einem lokalen Brandereignis auszugehen ist, welches die Konstruktion nur lokal schwächt und Kraftumlagerungen auf andere Bereiche möglich sind. Somit ist eine besonders wirtschaftliche Bemessung der Tragkonstruktionen bei verringertem Rechen- bzw. Simulationsaufwand in der praktischen Anwendung realisierbar.

6.4

Software-Validierung nach DIN EN 1991-1-2∕​NA, Anhang CC

6.4.1 Allgemeines Die Verwendung von FE-Programmen zur brandschutztechnischen Bemessung hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Da die Ergebnisse der Simulationen jedoch nicht ohne Weiteres nachprüfbar sind, muss der Anwender geschult sein, um sie richtig zu deuten und mögliche Fehler zu erkennen. Es ist zudem sinnvoll, die Rechenprogramme zunächst anhand einfacher und nachprüfbarer Beispiele einer Validierung zu unterziehen, um ihre Anwendbarkeit für die jeweilige Problematik abzusichern. Im Nationalen Anhang der DIN EN 1991-1-2 [2] sind zu diesem Zweck elf Beispiele angegeben, anhand derer ein FE-Programm auf seine Fähigkeit, eine Simulation

Bild 35. Schematischer Ablauf der Kopplung von FDS und SAFIR [47]



Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken

von Tragwerken unter erhöhten Temperaturen durchzuführen, sukzessive getestet werden kann. Die Beispiele reichen dabei von zweidimensionalen thermischen Analysen über die Ermittlung von Zwangsspannungen infolge thermischer Dehnungen bis hin zu Tragfähigkeitsanalysen von Verbundbauteilen. Die meisten der Beispiele greifen auf die Materialkennwerte der derzeit gültigen Eurocodes zurück, einzelne gehen jedoch von fiktiven Werten aus, die keinem realen Material entsprechen. In Tabelle 6 ist ein stichpunktartiger Überblick über die einzelnen Validierungsbeispiele dargestellt. Damit ein Programm für eine entsprechende Problematik als validiert angesehen werden kann, müssen die Simulationsergebnisse definierte absolute sowie prozentuale Grenzabweichungen zu den gegebenen Ergebnissen einhalten. Die Validierung wird im Folgenden für das brandschutzspezifische Programm SAFIR gezeigt, um die Anwendbarkeit dieses FE-Programms für die brandschutztechnische Bemessung nachzuweisen. Die Validierung erfolgt anhand der Software Version SAFIR 2019. Die Softwareentwickler der Universität Liège haben SAFIR ebenfalls anhand dieser Beispiele validiert und dies in [48] dokumentiert. Die dort beschriebene Validierung umfasst zum Teil mehrere für das jeweilige Beispiel anwendbare Elementtypen, Vernetzungen und Modellierungsansätze und stellt somit eine umfassende Dokumentation dar. Im vorliegenden Bei-

Tabelle 6.  Übersicht über die Validierungsbeispiele nach DIN EN 1991-1-2∕​NA [2] Nr.

Beschreibung

1

Wärmeübertragung (Abkühlprozess)

2

Wärmeübertragung (Erwärmungsprozess)

3

Wärmedurchgang eines mehrschichtigen Aufbaus ­(Stahlhohlquerschnitt mit Füllung)

4

Freie thermische Ausdehnung von Baustahl

5

Thermische Dehnung von Baustahl und Beton unter Lasteinwirkung

6

Grenztragfähigkeit von erwärmten Baustahl- und ­Betonkörpern

7

Thermisch induzierte Zwangsschnittgrößen in einem statisch unbestimmt gelagertem Stab

8

Tragfähigkeit eines schwach bewehrten Stahlbeton-­ Biegebalkens

9

Tragfähigkeit eines stark bewehrten Stahlbeton-­ Biegebalkens

10

Feuerwiderstandsdauer und Verformung einer Stahlbeton-­ Kragstütze

11

Feuerwiderstandsdauer und Verformung einer Verbundstütze mit Kammerbeton

309

trag wird jeweils nur ein Modellierungsansatz zur Validierung der Software dargestellt. Es dient einer von den Softwareentwicklern unabhängigen Überprüfung der Validierungsergebnisse für das Programm.

6.4.2 SAFIR Für die Berechnung von Tragwerken im Brandfall verfügt SAFIR über vordefinierte Einstellungen, die die Handhabung einfach und schnell machen. So kann u. a. auf die Definition von thermischen und mechanischen Materialkennwerten für Stahl und Beton verzichtet werden, da diese auf Basis der Eurocodes bereits vorimplementiert sind. Die Auswahl der vordefinierten Materialmodelle wurde in den vergangenen Jahren stetig erweitert und von den Entwicklern umfassend dokumentiert. Im Folgenden werden die Materialkennwerte entsprechend den gültigen Eurocodes zugrunde gelegt, obwohl bereits – wie zuvor beschrieben – bekannt ist, dass diese zukünftig zum Teil neu definiert werden. Für die Validierung sind jedoch die zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Beispiele geltenden Materialkennwerte maßgebend. An dieser Stelle sei dabei auch explizit darauf hingewiesen, dass die Regelungen des Nationalen Anhangs DIN EN 1991-1-2∕​NA [2] anzuwenden sind, um den vorgegebenen Ergebnissen innerhalb der zulässigen Grenzwerte zu entsprechen. Dies betrifft u. a. die Definition der Wärmeleitfähigkeit von Beton. Für das Validierungsbeispiel 1 wird eine zweidimensionale thermische Simulation des abzubildenden Abkühlvorgangs durchgeführt. Das 1  m breite Quadrat wird mit jeweils 20 Elementen entlang den Kanten diskretisiert. Bei der Modellierung wird das Materialmodell INSULATION mit den vorgegebenen thermischen Materialkennwerten eines fiktiven Materials verwendet. Dabei ist zu beachten, dass die in DIN EN 1991-1-2∕​ NA [2] definierte spezifische Wärmekapazität in J∕​kgK angegeben ist. Im Handbuch von SAFIR wird für die spezifische Wärme jedoch die Einheit J∕​m3K gefordert. Für das Validierungsbeispiel wird SAFIR daher der Wert 1 J∕​m3K übergeben. Die Referenzgröße stellt die Temperatur in einem definierten Punkt gegenüber der abkühlenden Quadratseite dar. Als Ergebnis liefert ­SAFIR für alle betrachteten Zeitpunkte im Maximum eine prozentuale Abweichung von 0,47 % bzw. eine maximale absolute Abweichung von 1,47  K. Dies liegt deutlich unterhalb der zulässigen Abweichungen von 1 % bzw. 5 K. Die Softwareentwickler führen zu diesem Beispiel in [48] umfassende Studien bezüglich der Zeitschrittweiten, Elementgrößen und Elementtypen bzw. Vernetzung durch. Auch das zweite Beispiel dient der Softwarevalidierung für thermische Analysen in Form einer zweidimensionalen Erwärmungssimulation. Dabei wird das Materialmodell USER 1 in SAFIR genutzt, um die vorgegebenen temperaturabhängigen Materialkennwerte dem Programm zu übergeben. Es wird eine feine Diskretisierung des Modells mit 40 Elementen entlang der Kan-

310

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

tenlänge von 0,2  m gewählt. Der Rechenzeitaufwand für diese Rechnung beträgt dennoch nur wenige Sekunden. SAFIR liefert für die Referenztemperatur im Mittelpunkt des Quadrats erneut Ergebnisse, die im Rahmen der zulässigen Abweichungen liegen. Die maximale Abweichung im Bereich t   60 Minuten berechnet sich zu 3,3  K gegenüber einem zulässigen Wert von 5  K. Für längere Branddauern liegt die höchste berechnete Abweichung bei 0,78 % und somit innerhalb des zulässigen Grenzwerts von 3 %. Damit kann ­SAFIR für die Anwendung von thermischen Analysen unter Berücksichtigung temperaturabhängiger Materialkennwerte als validiert angesehen werden. Auch zu diesem Beispiel sind in [48] umfassende Studien bezüglich der Zeitschrittweiten, Elementgrößen und Elementtypen bzw. Vernetzung aufgeführt. Für das dritte Validierungsbeispiel kommt zum ersten Mal das voreingestellte Material STEELEC3EN auf Grundlage der DIN EN 1993-1-2 [5] für das Stahlrohr zum Einsatz. Für das Füllmaterial wird das Materialmodell INSULATION genutzt. Die Diskretisierung des Füllmaterials wird ebenfalls mit 40 Elementen entlang der Kantenlänge vorgenommen. Das äußere Stahlrohr wird mit nur einem Element über die Wanddicke diskretisiert. Die Vernetzung ist in Bild 36 dargestellt. Die Erwärmung erfolgt allseitig auf das Stahlhohlprofil. Die Referenzgröße stellt die Temperatur in der Mitte des Quadrats zu definierten Zeitpunkten dar. Erneut liefert SAFIR sehr gute Übereinstimmungen mit den Referenzwerten der DIN EN 1991-1-2∕​NA. Die maximal berechneten Abweichungen betragen hier 0,38 % bzw. 2,5 K im Vergleich zu den zulässigen Werten von 1 % bzw. 5 K. SAFIR ist daher geeignet, um thermische Analysen von mehrschichtigen Bauteilen auf Grundlage der Eurocodes durchzuführen. Als erstes Validierungsbeispiel für die mechanische Analyse wird in Beispiel 4 die freie thermische Dehnung eines würfelförmigen Stahlkörpers simuliert. Der Körper wird mit 20 Elementen entlang den Kanten diskretisiert. Die temperaturabhängigen Materialkennwerte werden entsprechend dem Eurocode mit dem Materialmodell STEELEC3EN berücksichtigt. Die Abmessungen des Körpers sind mit 100 mm vergleichsweise klein, sodass auch die thermischen Ausdehnungen, die die Referenzgröße darstellen, folgerichtig sehr kleine Werte annehmen. Für     300 °C wird die zulässige Abweichung von 0,05  mm mit einem Wert von -0,002  mm unterschritten. Für höhere Temperaturen wird auch die zulässige prozentuale Abweichung von 1 % mit einer maximal berechneten Abweichung von 0,02 % eingehalten. In [48] werden neben 2D-Stabelementen auch 3D-Stabelemente sowie Truss-Elemente, Schalenelemente und Volumenelemente für die Modellierung des Stahlkörpers verwendet. Neben dem Material Baustahl wird im Validierungs­ beispiel 5 auch Beton nach DIN EN 1992-1-2 als Material zur Validierung herangezogen. Ein entsprechendes Materialmodell für die thermischen und mechanischen Kennwerte ist in SAFIR unter dem Namen

Bild 36. Simulation des Validierungsbeispiels 3 nach DIN EN 1991-1-2∕​NA mit SAFIR

SILCONC_EN vorimplementiert. Bezüglich der Wärmeleitfähigkeit von Beton wird an dieser Stelle entsprechend DIN EN 1992-1-2 die obere Grenzkurve berücksichtigt. Die belasteten quaderförmigen Stahlkörper des Validierungsbeispiels haben Abmessungen von 10 mm 10 mm 100 mm. Der Betonquader ist mit etwas größeren Abmessungen von 31,6 mm 31,6 mm 100 mm zu modellieren. Die Quader werden jeweils mit drei verschiedenen mechanischen Belastungen und fünf homogenen Zieltemperaturen berechnet. Die Längenänderung im Zuge der Erwärmung unter gleichzeitiger Last stellt die Referenzgröße dar. Für die Berechnung werden in SAFIR zunächst zweidimensionale thermische Simulationen der Querschnitte bis zum Erreichen einer homogenen Temperatur durchgeführt. Anschließend wird der Quader mittels Stabelementen modelliert, um das mechanische Verhalten zu simulieren. Die Grenzabweichung von 3 % wird in Bezug auf das Stahlbauteil mit einer maximalen Abweichung von 2,6 % eingehalten. In Bezug auf das Betonbauteil beträgt die maximale Abweichung 2,5 %, wobei ebenfalls eine Grenzabweichung von 3 % zulässig ist. Generell ist festzuhalten, dass SAFIR geeignet ist, um die Spannungs-Dehnungs-Beziehungen von Baustahl und Beton abzubilden. In Beispiel 6 werden die zu Beispiel 5 zugehörigen Grenztragfähigkeiten der Stahl- und Betonquader bei jeder der fünf Zieltemperaturen berechnet. Die Berechnung führt für den Körper aus Baustahl zu einer prozentualen Abweichung von 0,1 % (zulässige Abweichung 3 %) sowie 0,015  kN (zulässige Abweichung



0,5 kN). Für den Betonkörper ergeben sich die Abweichungen zu 0,17 % und 0,029 kN bei zulässigen Werten von 3 % und 0,5 kN. Beispiel 7 zielt auf die Simulation temperaturinduzierter Zwangsschnittgrößen in statisch unbestimmten Systemen ab. Die vorgegebene homogene bzw. lineare Temperaturverteilung wird dem Querschnitt unmittelbar in der *.tem-Datei des Querschnitts übergeben. Der zu berechnende Stahlstab wird mit 11 Elementen über die Längsachse modelliert. Die homogene Querschnittserwärmung in Beispiel 7 (I) erzeugt in der Simulation in SAFIR eine Zwangsnormalkraft, die genau mit der angegebenen Referenznormalkraft von 2585 kN übereinstimmt. Entsprechend stimmen auch die Zwangsspannungen am unteren Rand überein. Die Beispielrechnung desselben Stahlstabs mit einer linearen Temperaturverteilung über die Stabhöhe (II) ergibt ebenfalls eine nahezu mit der Referenznormalkraft von 2511 kN übereinstimmende Zwangsnormalkraft von 2510,5 kN. Die Abweichung beträgt damit 0,02 %, wobei die zulässige Grenzabweichung 1 % beträgt. Des Weiteren ergibt sich eine genaue Übereinstimmung des berechneten mit dem vorgegebenen Zwangsmoment sowie eine um 2,9 % abweichende Spannung am unteren Rand (zulässig 5 %). Anhand der Simulationen der Beispiele 5 bis 7 kann gezeigt werden, dass SAFIR geeignet ist, um die temperaturabhängigen mechanischen Materialkennwerte von Baustahl und Beton entsprechend den Eurocodes abzubilden und mechanische Analysen von Bauteilen unter thermischer Einwirkung durchzuführen. In den Beispielen 8 und 9 werden ein schwach und ein stark bewehrter Stahlbeton-Biegebalken unter einer 90-minütigen thermischen Einwirkung entsprechend der ETK sowie einer mechanischen Belastung simuliert. Der erforderliche Bewehrungsanteil stellt dabei die zu ermittelnde Größe dar. Die Querschnitte werden aus ca. 1750 Elementen aufgebaut (vgl. Bild 37). Der Balken wird mit 30 Elementen entlang der Stabachse modelliert. Der Verbund sowie der Wärmeübergang zwischen den Bewehrungsstäben und dem Beton wird in SAFIR generell als ideal unterstellt. Es werden die Materialmodelle SILCONC_EN sowie STEELEC2EN mit den vorgegebenen Materialfestigkeiten verwendet. Für den schwach bewehrten Biegebalken ergibt sich die erforderliche Bewehrungsfläche zu ca. 3,63  cm2, was einen prozentualen Unterschied von 1,9 % zum Referenzwert ausmacht. Für den stark bewehrten Biegebalken ergibt sich mit einer errechneten erforderlichen Querschnittsfläche von 8,97 cm2 eine Abweichung von 8,1 %, die damit unter der zulässigen Abweichung von 10 % liegt. Anhand der beiden Beispiele kann gezeigt werden, dass SAFIR geeignet ist, um eine brandschutztechnische Analyse von Stahlbeton-Biegebalken durchzuführen. In [48] wird der Einfluss zur Durchführung einer statischen bzw. einer dynamischen Analyse zu der vorgegebenen Problemstellung beschrieben. Dabei werden ferner diverse Lösungsalgorithmen, Zeitschrittweiten sowie Elementgrößen berücksichtigt.

Computergestützte Bemessung von Verbundtragwerken

311

Bild 37. Temperaturfeldberechnung und Verformungsfigur nach 90 Minuten mit SAFIR für das Validierungsbeispiel 9 nach DIN EN 1991-1-2∕​NA

Die allseitig beflammte Stahlbeton-Kragstütze in Beispiel 10 wird zunächst mit 750 Elementen im Querschnitt für eine thermische Analyse abgebildet (vgl. Bild 38). Die Stütze wird subsequent mit zweidimensionalen Stabelementen modelliert, wobei die Lastausmitte und die vorgegebene Windeinwirkung berücksichtigt werden. Als Referenzwerte sind die Versagenszeit sowie die horizontale Verformung am Stützenkopf und das Moment am Stützenfuß nach 90-minütiger thermischer Einwirkung zu berechnen. Die Versagenszeit weicht mit 95,5 Minuten gegenüber dem Referenz­ wert von 93 Minuten um 2,5 % (zulässig 3 %) ab. Auch das Biegemoment am Stützenfuß nach 90-minütiger Brandbeanspruchung liegt mit einer Abweichung von 2,4 % innerhalb der zulässigen Grenzabweichung von 5 %. Die horizontale Verformung am Stützenkopf weicht um 5,1 % gegenüber dem Vergleichswert ab und liegt innerhalb der zulässigen Grenze von 15 %. Einzig das letzte Validierungsbeispiel einer kammerbetonierten Verbundstütze ist mit SAFIR nicht gänzlich in den entsprechend zulässigen Grenzen nachweisbar. Der Querschnitt der Stütze wird mit 1240 Elementen diskretisiert. Dabei werden die Ausrundungsradien des HE-B300-Profils geometrisch nicht exakt abgebildet (vgl. Bild  39). Die Stütze wird mit zweidimensionalen Stabelementen dargestellt. Als Versagenszeitpunkt wird genau der als Referenzwert angegebene Wert von 92  Minuten ermittelt. Auch die horizontalen Verformungen in Stützenmitte nach 30 Minuten Brandeinwirkung liegt mit 1,5 % Abweichung im Rahmen der zulässigen Abweichung von 5 %. Lediglich die horizontale Verformung nach 60 Minuten überschreitet die zulässige Grenzabweichung von 5 % mit 7,95 %. SAFIR ist dennoch generell dazu geeignet, das strukturmechani-

312

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 38. Temperaturfeld und Verformungsfigur des Validierungsbeispiels 10 nach DIN EN 1991-1-2∕​NA mit SAFIR nach 90 Minuten Simulationszeit

Der Aufwand der Berechnungen in SAFIR ist vergleichsweise gering. Selbst ohne einen Preprozessor können die Beispiele innerhalb kurzer Zeit als Input-Dateien generiert werden. Der Rechenzeitaufwand der Beispiele ist selbst bei einer feinen Diskretisierung sehr gering. Einzelne Rechnungen beanspruchen lediglich einige Sekunden bis hin zu wenigen Minuten. Dadurch, dass in SAFIR bereits viele Parameter für den Brandfall voreingestellt sind, ist die Handhabung des Programms für die brandschutztechnische Bemessung verglichen mit allgemeinen FE-Programmen schnell und einfach. Demgegenüber stehen einige vereinfachend angenommene Einschränkungen wie z. B. die Definition des Verbundes zwischen zwei Materialien sowie der Materialmodellierung von Beton. Dies kann in allgemeinen FE-Programmen deutlich detaillierter betrachtet werden. Hier ist eine Abwägung in Hinblick auf die notwendige Genauigkeit dieser Details und ihrer Auswirkungen auf das Berechnungsergebnis durch den Anwender notwendig. Die Entscheidung, welche Art von FE-Programmen für eine Analyse besser geeignet ist, kann nur problemorientiert beantwortet werden. Spezielle Programme für die brandschutztechnische Bemessung verfügen über für den Brandschutz übliche Voreinstellungen, die die Handhabung vereinfachen. Auf der anderen Seite können mit allgemeinen FE-Programmen Detailbetrachtungen erfolgen, die mit Programmen, die auf spezielle Anwendungen ausgelegt sind, zum Teil nicht möglich sind. Die Nutzung von SAFIR für thermische und strukturmechanische Berechnungen bietet ferner wie in Abschnitt 6.3 beschrieben den Vorteil, dass sie direkt einer Brandsimulation mit FDS nachgeschaltet werden können und über diese Kopplung die thermischen Einwirkungen auf das Tragwerk realitätsnah berücksichtigt werden können.

7 Bild 39. Temperaturfeld und Verformungsfigur des Validierungsbeispiels 11 nach DIN EN 1991-1-2∕​NA mit SAFIR nach 92 Minuten Simulationszeit

sche Verhalten von kammerbetonierten Verbundstützen im Brandfall zu simulieren.

6.4.3 Zusammenfassung Anhand der Simulationen der Validierungsbeispiele der DIN EN 1991-1-2∕​NA [2] konnte gezeigt werden, dass SAFIR als brandschutzspezifisches Berechnungsprogramm für jede Art der Analysen im Brandfall geeignet ist. Demzufolge können sowohl thermische als auch mechanische Analysen von Stahl-, Beton- und Verbundtragwerken mit SAFIR durchgeführt werden.

Zusammenfassung und Ausblick

Die Weiterentwicklung von Computerprogrammen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass sich auch die brandschutztechnische Bemessung weiterentwickelt hat. In zunehmender Zahl kommen computergestützte Bemessungen nicht mehr nur in der Forschung, sondern auch in der alltäglichen Praxis zum Einsatz. Unter Zuhilfenahme der Computerleistung ist es heutzutage möglich, eine schutzzielorientierte Bemessung auf Grundlage realer Brände und realer Tragstrukturen durchzuführen. Die Bemessung ist dabei nicht nur wirtschaftlicher, sondern lässt auch Konstruktionen zu, die auf Grundlage der Bemessung mit vereinfachten Methoden nicht umsetzbar sind. Gerade für den Stahl- und Verbundbau ergeben sich damit Möglichkeiten, die ohne die Anwendung allgemeiner Bemessungsverfahren verwehrt blieben. Im vorliegenden Beitrag werden in erster Linie die normativen Grundlagen des für die brandschutztechnische

Literatur

Bemessung von Verbundkonstruktionen aus Stahl und Beton nach dem einschlägigen Eurocode beschrieben. Darüber hinaus werden die aktuellen Entwicklungen aufgezeigt und ein Überblick über die derzeit möglichen Formen der Bemessung gegeben. Grundlage für die Bemessung stellen die brandschutztechnischen Anforderungen der Bauordnungen dar, die zunächst sowohl für Regelbauten als auch für Sonderbauten zusammengefasst werden. Die brandschutztechnische Bemessung von Verbundbauteilen beruht im Grenzzustand der Tragfähigkeit grundsätzlich auf dem Vergleich der Einwirkungen und der Widerstände. Die Annahmen für thermische und mechanische Einwirkungen werden im vorliegenden Beitrag auf Grundlage der aktuellen Normung wiedergegeben. Neben der Beschreibung der nominellen Temperaturzeitkurven wird dabei auch das Verfahren zur Ermittlung von Naturbrandkurven auf Basis der DIN EN 1991-1-2∕​NA vorgestellt. Zudem werden die Wärmetransportmechanismen, die zu einer Bauteilerwärmung im Brandraum führen, erläutert. Für die Temperaturfeldberechnung innerhalb eines brandbeanspruchten Bauteils ist ferner die Kenntnis der thermischen Materialkennwerte notwendig. Diese werden ebenso wie die mechanischen Materialkennwerte in diesem Beitrag auf Grundlage der Eurocodes beschrieben. In diesem Zuge werden diese Definitionen sowohl vor dem Hintergrund der Bemessung auf Grundlage von Naturbrandszenarien als auch im Hinblick auf die Implementierung in numerischen Simulationen diskutiert. Aufbauend auf den zuvor beschriebenen Einwirkungen und Materialeigenschaften wird die Bemessung von Verbundbauteilen auf Grundlage der Bemessungstabellen und vereinfachten Bemessungsverfahren nach DIN EN 1994-1-2 vorgestellt. Dabei werden neben der Beschreibung des jeweiligen Verfahrens auch seine Anwendungsgrenzen und die implizierten Vereinfachungen benannt. Aufgrund der zunehmenden Bedeutung werden im letzten Abschnitt computergestützte Bemessungsverfahren betrachtet. Dabei werden zunächst Softwaretools vorgestellt, die die vereinfachten Bemessungsverfahren auf Grundlage der Eurocodes umsetzen. Des Weiteren werden Finite-Elemente-Programme beschrieben, die eine Bemessung auf Grundlage allgemeiner Bemessungsverfahren zulassen. Anhand des brandschutzspezifischen Programms SAFIR wird die Validierung eines FE-Programms auf Grundlage der DIN EN 1991-1-2∕​NA im Detail beschrieben. Dabei werden die Möglichkeiten und die Risiken, die eine Bemessung mit allgemeinen Bemessungsverfahren mit sich bringt, betrachtet. Die jüngeren Entwicklungen in der brandschutztechnischen Bemessung stellen einen großen Fortschritt gegenüber früheren Bemessungsmethoden dar. Sie sind einerseits maßgeblich durch zunehmende Computerleistungen geprägt. Andererseits beruhen die neuen Erkenntnisse auf stetigen Forschungsarbeiten, im Zuge derer auch Brandversuche einen wichtigen Stellenwert

313

einnehmen. Auch in Zukunft sollte weiterhin Forschung auf dem Gebiet des Brandschutzes im Stahlund Verbundbau betrieben werden, damit die Tragwerksbemessung noch wirtschaftlicher und gleichzeitig sicher erfolgen kann. Aufgrund der hohen Bedeutung für die Sicherheit der Gebäudenutzer stellt der Brandschutz einen wichtigen Teil der Tragwerksbemessung dar. Dabei birgt die brandschutztechnische Bemessung heutzutage noch Optimierungspotenziale, die durch gezielte Forschungen genutzt werden können. Aktuelle Forschungsprojekte untersuchen z. B. im Detail die Eigenschaften von dämmschichtbildenden Brandschutzsystemen auf Stahlquerschnitten oder höchstfeste Stähle. Ein Beispiel für die Notwendigkeit kontinuierlicher Forschungen im Bereich des Verbundbaus ist die Aufdeckung der Sicherheitslücke im Verfahren des Anhangs H der DIN EN 1994-1-2 für schlanke Stützen. Erst durch Brandversuche im Rahmen laufender Forschungsprojekt konnte diese Lücke erkannt werden. Um sie zu schließen, bedurfte es neuer Forschungsergebnisse, auf deren Grundlage neue Regelungen entwickelt werden konnten. Zusammenfassend ist zu erwarten, dass sich die Rahmenbedingungen für den Verbundbau in Zukunft durch die zunehmende Anwendung computergestützter Verfahren und der Bemessung auf Grundlage von Naturbrandszenarien positiv entwickeln. Ferner werden – nicht zuletzt basierend auf aktuellen Forschungsergebnissen – Brandschutzprodukte wie z. B. Dämmschichtbildner hinsichtlich ihrer Anwendbarkeit und dem erreichten Feuerwiderstand optimiert. Dadurch werden die Bauart des Verbundbaus auch für Tragwerke, an die Anforderungen im Brandfall gestellt werden, zukünftig wirtschaftlicher.

8

Literatur

8.1

Normen und Richtlinien

[1]  DIN EN 1991-1-2:2010-12 (2012) Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Deutsche Fas­sung EN 1991-1-2:2002 AC:2009, Beuth Verlag, Berlin. [2]  DIN EN 1991-1-2∕​NA:2015-09 (2015) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter, Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen – Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth Verlag, Berlin. [3]  DIN EN 1992-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 2: Bemes­ sung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil 1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerks­bemessung für den Brandfall, Deutsche Fas­sung EN 1992-1-2:2004 AC:2008, Beuth Verlag, Berlin. [4]  DIN EN 1993-1-1:2010-12 (2010) Eurocode 3: Bemessung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil 1-1: Allgemeine Bemessungsregeln und Regeln für den Hochbau, Beuth Verlag, Berlin.

314

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

[5]  DIN EN 1993-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 3: Bemes­ sung und Konstruktion von Stahlbauten – Teil  1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerks­ bemessung für den Brandfall, Deutsche Fas­sung EN 1993-1-2:2005 AC:2009, Beuth Verlag, Berlin.

[17]  IS-ARGEBAU (2014) Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Beherbergungsstätten (Muster-Beherbergungsstättenverordnung MBeVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung Dezember 2000, zuletzt geändert im Mai 2014, www.is-argebau.de.

[6]  DIN EN 1992-1-12011-01 (2011) Eurocode  2: Bemes­ sung und Konstruktion von Stahlbeton- und Spannbetontragwerken – Teil  1-1: Allgemeine Bemessungsregeln für den Hochbau, Beuth Verlag, Berlin.

[18]  IS-ARGEBAU (2014) Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Verkaufsstätten (Muster-Verkaufsstättenverordnung MVKVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung September 1995, zuletzt geändert im Juli 2014, www.is-argebau.de.

[7]  DIN EN 1994-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 4: Bemes­ sung und Konstruktion von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton – Teil  1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerks­ bemessung für den Brandfall, Deutsche Fas­sung EN 19941-2:2005 AC:2008, Beuth Verlag, Berlin. [8]  DIN EN 1994-1-2∕​NA:2010-12 (2010) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter, Eurocode 4: Bemes­ sung und Konstruktion von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton – Teil  1-2: Allgemeine Regeln – Tragwerks­ bemessung für den Brandfall, Beuth Verlag, Berlin. [9]  EN 1994-1-2:2021 (E) (2021) Eurocode 4 – Design of composite steel and concrete structures – Part 1-2: General – Structural fire design. Final draft prepared by the Project Team SC4.T7, 30.03.2021, unveröffentlicht.

[19]  IS-ARGEBAU (1976) Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Krankenhäusern (Krankenhausbauverordnung – KhBauVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung Dezember 1976, www. is-argebau.de. [20]  IS-ARGEBAU (1982) Muster-Verordnung über den Bau und Betrieb von Gaststätten (Gaststättenbauverordnung – GastBauVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung Juni 1982, www.is-argebau.de. [21]  DIN 4102-2:1977-09 (1977) Brandverhalten von Bau­ stof­fen und Bauteilen– Teil 2: Bauteile, Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth Verlag, Berlin.

[10]  DIBt (2020) Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Deutsches Institut für Bautechnik, Ausgabe 2020∕​1, www.dibt.de.

[22]  DIN 4102-3:1977-09 (1977) Brandverhalten von Bau­ stof­fen und Bauteilen – Teil 3: Brandwände und nichttragende Außenwände; Begriffe, Anforderungen und Prüfungen, Beuth Verlag, Berlin.

[11]  IS-ARGEBAU (2019) Musterbauordnung – MBO, Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung November 2002, zuletzt geändert am 27.09.2019, www.is-argebau.de.

[23]  DIN 4102-4:2016-05 (2016) Brandverhalten von Bau­ stoffen und Bauteilen – Teil 4: Zusammenstellung und Anwendung klassifizierter Baustoffe, Bauteile und Sonderbauteile, Beuth Verlag, Berlin.

[12]  IS-ARGEBAU (2019) Muster-Richtlinie über den baulichen Brandschutz im Industriebau (Muster-Industriebau-Richtlinie – MIndBauRL), Fachkommission Bau­ aufsicht der Bauministerkonferenz, Mai 2019, www.is-­ argebau.de.

[24]  DIN 18230-1:2010-09 (2010) Baulicher Brandschutz im Industriebau – Teil 1: Rechnerisch erforderliche Feuerwiderstandsdauer, Beuth Verlag, Berlin.

[13]  IS-ARGEBAU (2008) Muster einer Verordnung über den Bau und Betrieb von Garagen (Muster-Garagenverordnung M-GarVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung Juni 2006, zuletzt geändert am 30.05.2008, www.is-argebau.de. [14]  IS-ARGEBAU (2014) Musterverordnung über den Bau und Betrieb von Versammlungsstätten (Muster-Versammlungsstättenverordnung MVStättVO), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung Mai 1993, zuletzt geändert im Juli 2014, www.is-argebau.de. [15]  IS-ARGEBAU (2012) Muster-Richtlinie über den Bau und Betrieb von Hochhäusern (Muster-Hochhaus-Richtlinie MHHR), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung April 2008, zuletzt geändert im Februar 2012, www.is-argebau.de. [16]  IS-ARGEBAU (2009) Muster-Richtlinie über bauaufsichtliche Anforderungen an Schulen (Muster-Schulbau-Richtlinie MSchulbauR), Fachkommission Bauaufsicht der Bauministerkonferenz, Fassung April 2009, www. is-argebau.de.

[25]  DIN EN ISO 14713-2:2009-05 (2009) Zinküberzüge – Leitfäden und Empfehlungen zum Schutz von Eisen- und Stahlkonstruktionen vor Korrosion – Teil 2: Feuerverzinken, Beuth Verlag, Berlin. [26]  ISO 834-1:1999-09 (1999) Feuerwiderstandsprüfungen – Bauteile – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Beuth Verlag, Berlin.

8.2

Veröffentlichungen

[27]  Albero, V.; Espinós, A.; Romero, M. L.; Wang, Y. C.; Renaud, C.; Schaumann, P.; Nigro, E. (2018) Interaction diagram based method for fire resistance design of eccentrically loaded concrete-filled steel tubular columns, Thin-Walled Structures 130, 641–651. [28]  EKS N°89 (1995) Feuerwiderstand von Bauteilen aus Stahl (Euro-Nomogramm). [29]  EKS N°92 (1996) Explanary Document for ECCS N°89 „Euro-Nomogramm“ Fire Resistance of Steel Structures, Brüssel. [30]  Hass, R.; Meyer-Ottens, C.; Richter, E. (1993) Stahlbau Brandschutz Handbuch, Ernst & Sohn, Berlin.

Literatur [31]  Hothan, S. (2004) Zur dreidimensionalen Simulation von Deckenträgern im Brandfall, Dissertation am Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover, Shaker Verlag, Aachen. [32]  Kleibömer, I. (2018) Zum Verbundverhalten ausbetonierter Hohlprofilstützen mit massivem Stahlkern im Brandfall, Dissertation am Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover. [33]  Ridurit-Feuerschutzplatten – Thermische Werkstoffkennwerte von Ridurit-Feuerschutzplatten für die brandschutztechnische Bemessung nach DIN EN 1993-1-2: Gutachterliche Stellungnahme des Instituts für Stahlbau der Leibniz Universität Hannover für die Rigips GmbH, Okt. 2000. [34]  Pardey, A. (1994) Physikalisch nichtlineare Berechnung von Stahlbetonplatten im Vergleich zur Bruchlinientheorie, Heft 441, Deutscher Ausschuss für Stahlbeton, Beuth Verlag, Berlin. [35]  Schaumann, P.; Tabeling, F.; Kirsch, T. (2021) Brandschutztechnische Bemessung im Stahl- und Stahlverbundbau nach Eurocode 3 und 4, in Bauphysik-Kalender 2021 (Hrsg. N. A. Fouad), Ernst & Sohn, Berlin, S. 217–255.

315

[44]  Both, C. (1998) The fire Resistance of Composite Steel-Concrete Slabs, Dissertation an der Technischen Universität Delft, 1998. [45]  Bailey, C. G. (2004) Membrane action of slab∕​ beam composite floor systems in fire, Engineering Structures (26), 1691–1703. [46]  Franssen, J. M. (2013) SAFIR-Training – A software for modelling the behaviour of structures subjected to fire, Secure with Steel Network, Nov. 2013. [47]  Kleibömer, I.; Veenker, K.; Munaretto, L.; Meyer, P. (2019) Kopplung von CFD- und FE-Modellen zur realitätsnahen Tragwerkssimulation am Beispiel eines Parkhauses, 6th Symposium Structural Fire Engineering, TU Braunschweig. [48]  Ferreira, J.; Franssen, J.-M.; Gernay, T.; Gamba, A. (2018) Validation of SAFIR through DIN EN 1992-1-2 NA – Comparison of the results for examples presented in Annex CC, University of Liège, März 2018. [49]  Tabeling, F. (2014) Zum Hochtemperaturverhalten dämmschichtbildener Brandschutzsysteme auf Stahlbauteilen, Dissertation am Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover.

[36]  Schaumann, P. (1984) Zur Berechnung stählerner Bauteile und Rahmentragwerke unter Brandbeanspruchung, Dissertation am Institut für Konstruktiven Ingenieurbau, Ruhr-Universität Bochum, Mitteilung Nr. 84-4, Bochum.

[50]  Weisheim, W. (2021) Intumescent Coatings on Steel Structures Exposed to Natural Fires, Dissertation am Institut für Stahlbau, Leibniz Universität Hannover.

[37]  Mensinger, M.; Schaumann, P.; Kraus, P.; Tabeling, F. (2014) Optimierter Einsatz intumeszierender Anstriche im Stahlbau, Abschlussbericht IGF-Vorhaben 17200N.

8.3

[38]  Zehfuß, J.; Schaumann, P.; Sander, L.; Weisheim, W. (2018) Prüfverfahren für thermische Materialkennwerte von Brandschutzbekleidungen und reaktiven Brandschutzsystemen für die Bemessung von Stahltragwerken bei Naturbränden, Abschlussbericht IGF-Vorhaben 19176N. [39]  Zehfuß, J. (2004) Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung, Dissertation am iBMB der Technischen Universität Carolo-Wilhelmina zu Braunschweig, Braunschweig. [40]  Schaumann, P.; Bar, O.; Zhao, B.; Renaud, C.; Virdi, K.; Chica, J. A.; Barcenilla, S. P.; Dürr, A.; Henker, A. (2013) Unbraced composite structures in fire (UCoSiF), Final Report RFSR-CT-2007-00044. [41]  Mensinger, M., Gaigl, C. (2019) Feuerwiderstand verzinkter Stahlkonstruktionen: R30 – ungeschützt, Stahlbau 88 (1), 3–10. doi: 10.1002∕​stab.201800034. [42]  Mensinger, M., Gaigl, C. (2019) R30 mit feuerverzinkten Stahl- und Verbundkonstruktionen – Bemessungshilfen, Stahlbau 88 (12), 1160–1166. doi: 10.002∕​ stab.201900074. [43]  DASt-Richtlinie 027 (2020) Ermittlung der Bauteiltemperatur feuerverzinkter Stahlbauteile im Brandfall, Ausgabe 11.2020, Stahlbau Verlags- und Service GmbH, ISBN-Nr. 9783941687325.

Software

[51]  A3C ArcelorMittal-CTICM Columns Calculator: Bemessungshilfe von Stahl- und Verbundstützen. Verfügbar unter: https:∕​∕​constructalia.arcelormittal.com∕​de∕​arbeitshilfen∕​bemessungsprogramme. [52]  Abaqus 2020, Dassault Systems Simulia, Verfügbar unter: www.abaqus.com. [53]  ABC ArcelorMittal Beams Calculator: Bemessung von Stahl- und Verbundträgern, Verfügbar unter: https:∕​∕​ constructalia.arcelormittal.com∕​de∕​arbeitshilfen∕​bemessungsprogramme. [54]  Ansys Version 2020R1, Ansys Inc., Verfügbar unter: www.ansys.com. [55]  FDS Fire Dynamics Simulator, McGrattan, K., Forney, G., NIST, 2002, Verfügbar unter: www.pages.nist.gov∕​ fds-smv∕​. [56]  SAFIR, Franssen, J. M., Gernay, T., Universität Lüttich, 1990, verfügbar unter: www.uee.uliege.be∕​cms∕​ c_6331644∕​en∕​safir.

316

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

9

Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2

9.1

Aufgabenstellung

Die Verbunddecke in einer mehrgeschossigen Verkaufsstätte soll für den Brandfall nachgewiesen werden. Nach Muster-Verkaufsstättenverordnung (MVkVO) [18] müssen Decken für mehrgeschossige Gebäude feuerbeständig sein und somit einer 90-minütigen Brandeinwirkung entsprechend der ETK widerstehen. Neben dem Tragfähigkeitskriterium („R“) werden an Decken zusätzlich Bedingungen an den Raumabschluss („E“) und die Wärmedämmung („I“) angrenzender Räume gestellt. Insgesamt ergibt sich die Anforderung REI-90 für die betrachtete Verbunddecke. Die drei Kriterien werden im Folgenden auf Grundlage der DIN EN 1994-1-2 nachgewiesen. Das statische System der einachsig spannenden Verbunddecke stellt eine Kette von Einfeldträgern mit der Feldlänge L 4,80 m dar. Die Decke besteht aus einem hinterschnittenen Stahlprofilblech, einer Ortbetonschicht sowie einer Brandschutzbewehrung von einem Stab pro Rippe. Die geometrischen Abmessungen können Bild  40 entnommen werden, wo sie entsprechend den Definitionen in DIN EN 1994-1-2 dargestellt sind. Die Angaben zu den verwendeten Materialien werden im Folgenden aufgelistet: Beton: C25∕​30 Stahlprofilblech: S 350 GD Z275 gemäß DIN 10147 fyp 350 N∕​mm2 280 N∕​mm2 u,Rd Bewehrung: BSt 500

Bild 40. Geometrische Abmessungen der Verbunddecke

9.2

Einwirkungen im Brandfall

Es wird angenommen, dass die Einwirkungen aus der Bemessung bei Raumtem­ peratur  bereits bekannt sind. Der Bemessungswert der einwirkenden Flächenlast wurde dabei zu qEd 10,0  kN∕​m2 ermittelt. Damit beträgt das maximale Feldmoment  unter Raumtemperaturbedingungen bezogen auf einen Meter Deckenbreite MEd 28,8 kNm∕​m. Nach DIN EN 1994-1-2 darf die Ermittlung der Einwirkungen im Brandfall basierend auf den Einwirkungen bei Raumtemperatur erfolgen, wobei vereinfacht der Abminderungsfaktor fi zu 0,65 gesetzt werden kann. Damit ergibt sich für die nachzuweisende Verbunddecke das maßgebende Biegemoment im Brandfall zu: ​​M​  fi,Ed​​     0,65   28,8 kNm∕​m   18,7 kNm∕​m​ Sofern die Tragfähigkeit unter Berücksichtigung der vereinfacht ermittelten Einwirkung nicht nachgewiesen werden kann, kann die Einwirkung genauer und unter Einbeziehung der ständigen und veränderlichen Lasten ermittelt werden. Diese Betrachtung führt in der Regel zu deutlich geringeren Einwirkungen im Brandfall.



9.3

Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2

Überprüfung der Anwendungsgrenzen

Die Verbunddecke wird nach DIN EN 1994-1-2, Abschnitt 4.3 in Verbindung mit Anhang D nachgewiesen. Zunächst wird geprüft, ob die Anwendungsgrenzen des Verfahrens nach Anhang D eingehalten werden. Für hinterschnittene Profile müssen die folgenden Bedingungen erfüllt sein: 77,0 mm l1 135,0 mm hier: 114,5 mm  110,0 mm l2 150,0 mm hier: 140,0 mm  38,5 mm l3 97,5 mm hier: 38,0 mm  50,0 mm h1 130,0 mm hier: 89,0 mm  30,0 mm h2 60,0 mm hier: 51,0 mm 

Anm.: Zukünftig wird dieses Verfahren in Anhang B der DIN EN 1994-1-2 dargestellt.

Das Verfahren nach Anhang D darf genutzt werden.

9.4

Kriterium des Raumabschlusses „E“

Bezüglich der Rauch- und Feuerdichtigkeit wird für Verbunddecken nach DIN EN 1994-1-2, Satz 4.3.2 (6) im Allgemeinen unterstellt, dass das Raumabschluss-Kriterium „E“ eingehalten wird.

9.5

317

Wärmedämmkriterium „I“

Das Nachweiskriterium „I“ quantifiziert die Fähigkeit des Bauteils, einen übermäßigen Wärmetransport zur brandabgewandten Bauteilseite zu verhindern. Die Temperatur auf der brandabgewandten Seite der Decke darf zum betrachteten Zeitpunkt im Mittel nicht mehr als 140 K und maximal nicht mehr als 180 K über der Anfangstemperatur liegen. Der Zeitpunkt ti, bis zu dem das Bauteil das Kriterium „I“ erfüllt, errechnet sich nach folgender Gleichung: A 1 ​​t​  i ​​ ​  a​  0 ​​ ​  a​  1​​     ​h​​  1​​ ​   a​  2​​     ​    a​  3​​      ​  _  ​ ​    a​  4​​      ​  _  ​ ​   a​  5 ​​  ​L​  r​​ ​l​  3​​

A 1   ​  _  ​      ​  _  ​​ ​L​  r​​ ​l​  3​​

Gl. (D.1)

mit ai h1

Konstanten nach DIN EN 1994-1-2, Tabelle D.1 kleinstes Maß der Betondicke im Verbundquerschnitt [mm] Konfigurationsfaktor∕​Sichtfaktor des oberen Flansches A∕​Lr Rippengeometriefaktor [mm] l3 Breite des Oberflansches [mm] Über den Rippengeometriefaktor A∕​Lr (s. Bild 41) wird berücksichtigt, dass die Erwärmung der Decke in Abhängigkeit des Verhältnisses von brandbeanspruchter Oberfläche zur Fläche der Rippen erfolgt. Der Rippengeometriefaktor stellt damit das Pendant zum Profilfaktor (A∕​V-Verhältnis) bei Trägern dar und wird wie folgt ermittelt: ​l​  1​​ ​   l​  2​​ 114,5   140  ​  ​    ​ ​     ​ ​h​  2​​     ​ ​  _ 51  ​ ___________ ( ) ( ) 2 2 A _ _____________  ​   ​  _____________________________ ____________________  ​     26,5 mm​ ​​    ​    ​  _____________________                2 2 ​L​  r​​ ​l​  1​​   ​l​  2​​ 114,5    140 ___________  ​  ​ ​l​  2​​     2    ​     ​h​  22  ​ ​    ​​ ​  _     ​​​  ​ ​ 140   2    ​     ​51​​  2​      ​​    ​   ​​​  ​ ​ ( 2 ) ( ) 2





Gl. (D.2)

318

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 41. Definition des Rippengeometriefaktors A∕​Lr

Der Konfigurationsfaktor oder Sichtfaktor  des oberen Flansches ist ein Maß dafür, wie sehr der obere Flansch von der Rippe abgeschirmt wird. Bei hinterschnittenen Profilen wirken sich die Abschattungseffekte naturgemäß deutlicher auf die Temperaturverteilung in der Decke aus als bei offenen Profilen. Die Berechnung des Sichtfaktors erfolgt nach folgender Gleichung: _______________



____________



​l​  1​​   ​l​  2​​ l​ ​  1​​   ​l​  2​​ ​      ​  ​     ​​​  ​ ​   ​     ​h​  22​ ​   ​​ ​  _     ​​​  ​ ​ ​h​  22​ ​   ​​ ​l​  3​​   ​  _ ( ( 2 ) 2 ) ​    ​  _______________________________  ​​​             ​l​  3​​ 2

________________

2

_____________

​51​​  2​   ​​(38   12,75)​​​  2​ ​   ​√    ​51​​  2​   ​​(  12,75)​​​  2​ ​ √​      ​  ________________________________  ​   0,114​         38 Die Konstanten ai sind Werte, die aus einer Regressionsanalyse ermittelt wurden und im Anhang D der DIN EN 1994-1-2 angegeben sind. Für Normalbeton nehmen sie folgende Wert an: a0 28,8 min a1 1,55 min∕​mm a2 12,6 min a3 0,33 min∕​mm a4 735 min mm a5 48,0 min Werden alle ermittelten Parameter in obige Gleichung eingesetzt, ergibt sich der Zeitpunkt, bis zu dem das Wärmedämmkriterium erfüllt ist: 1 1 ​​t​  i​​     28,8   1,55   89   ​(  12,6)​   0,114   0,33   26,5 ​​ (​  735)​   ​ _  ​    48   26,5   ​ _  ​   38 38 130,6 min​ Das Wärmedämmkriterium „I“ ist demnach für 130 Minuten eingehalten. Die Ver­ bunddecke erfüllt somit die Anforderung nach MVkVO [18] hinsichtlich diesem Kriterium.

9.6

Tragfähigkeitskriterium „R“ – Momententragfähigkeit

9.6.1 Allgemeines Der Nachweis der Tragfähigkeit der Decke wird über die Einhaltung der Biegemomententragfähigkeit im Feld geführt. Dabei wird die Grenztragfähigkeit plastisch ermittelt. Es ist jedoch darauf zu achten, dass diese bei einer verringerten Längsschubtragfähigkeit unter Umständen abgemindert werden muss. Dies wird in Abschnitt 9.7 näher betrachtet.

Gl. (D.3)

Tab. D1



Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2

Die plastische Momententragfähigkeit berechnet sich unter Ansatz des rechteckigen Spannungsblocks in der Betondruckzone wie folgt: n m ​f​  y,i​​ ​f​  c,j​​ ​​M​  fi,t,Rd​​     ​∑ ​​ ​​   A​  i​​ ​z​  i​​ ​k​  y, ,i​​ ​  _     ​  slab​​ ​∑ ​​ ​​   A​  j​​ ​z​  j​​ ​k​  c, ,j​​ ​  _    ​ ​    ​​  ​ ​  M,fi,a​​ ​ ​  M,fi,c​​ i 1 j 1

Gl. (4.3)

Die Lage der plastischen Nulllinie wird dabei nach folgender Gleichung bestimmt: n m ​f​  y,i​​ ​f​  c,j​​     ​  slab​​ ​∑ ​​ ​​   A​  j​​ ​k​  c, ,j​​ ​  _ ​​∑ ​​ ​​   A​  i​​ ​k​  y, ,i​​ ​  _    ​ ​    ​    0​ ​ ​  M,fi,a​​ ​ ​  M,fi,c​​ i 1 j 1

Gl. (4.2)

mit zi, zj Abstand der Flächenschwerpunkte von der Nulllinie Ai, Aj Teilquerschnittsflächen 0,85 Beiwert zur Berücksichtigung der Annahme eines rechteckigen slab ­Spannungsblocks in der Betondruckzone fy,i charakteristischer Wert der Streckgrenze der Stahlkomponenten fc,j charakteristischer Wert der Druckfestigkeit des Betons k Reduktionsfaktor in Abhängigkeit der Temperatur 1,0 Teilsicherheitsbeiwert des Verbundblechs im Brandfall M,fi,a 1,0 Teilsicherheitsbeiwert des Betons im Brandfall M,fi,c

9.6.2 Temperaturen im Querschnitt Temperatur im Stahlprofilblech In die Berechnung der Momententragfähigkeit fließen die Anteile des oberen Flansches, Stegs und unteren Flansches des Stahlprofilblechs getrennt ein. Entsprechend werden auch die in den jeweiligen Querschnittsteilen vorherrschenden Temperaturen berücksichtigt. Dazu wird die folgende Gleichung jeweils für den entsprechenden Querschnittsteil ausgewertet: 1 A ​​ ​  a​​ ​   b​  0​​ ​   b​  1​​      ​  _  ​ ​   b​  2​​      ​  _  ​ ​    b​  3​​       ​   b​  4 ​​    ​L​  r​​ ​l​  3​​

2​

Gl. (D.4)

Die Beiwerte bi sind ebenfalls mittels einer Regressionsanalyse ermittelt worden und in DIN EN 1994-1-2, Tabelle D.2 zusammengefasst. Für die Feuerwiderstandsklasse R 90 ergeben sich die in Tabelle 7 abgedruckten Werte. Die weiteren Parameter, die in o. g. Gleichung eingehen, entsprechen den bereits ermittelten Werten: A∕​Lr 26,5 mm 0,114 l3 38 mm Tabelle 7.  Koeffizienten bi zur Bestimmung der Temperatur der Teilflächen des Stahlprofilblechs für normalfesten Beton und 90 Minuten Feuerwiderstandsdauer [2] Teil des Profilsblechs

b0 [°C]

b1 [°C mm]

b2 [°C mm]

b3 [°C]

b4 [°C]

Unterflansch

1018

−839

−1,55

65,1

−108,1

Steg

816

−959

−2,21

464,9

−340,2

Oberflansch

618

−2786

−1,79

767,9

−472,0

Die Temperaturen des Stahlprofilblechs berechnen sich somit zu: 1 ​​ ​  a,Unterflansch​​     1018   (   839)   ​ _  ​    (   1,55)   26,47   65,1   0,114​ 38 ​  (   108,1)   0,1142   961 °C​ 1 ​​ ​ a,Steg​​     816   ​(  959)​    ​ _  ​    (​  2,21)​   26,47   464,9   0,114​​   ​(  340,2)​   0,1142   781 °C​ 38 1 ​​ ​ a,Oberflansch​​     618   ​(  2786)​    ​ _  ​    (​  1,79)​   26,47   767,9   0,114​​   ​(  472,0)​   0,1142   579 °C​ 38

319

320

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Temperaturen in den Bewehrungsstäben Da das Stahlprofilblech im Brandfall unmittelbar beflammt wird und daher schnell hohe Temperaturen annimmt, muss die Zugkomponente des Biegemoments von den zusätzlichen Bewehrungsstäben, die in den Rippen angeordnet werden, aufgenommen werden. Dazu wird je Sicke ein Bewehrungsstab mit einem Durchmesser von 10 mm als sogenannte Brandschutzbewehrung eingelegt. Die Temperatur, die die Bewehrungsstäbe im Laufe der Brandeinwirkung annehmen, ist maßgeblich von ihrer Lage im Querschnitt abhängig. Diese wird entsprechend Bild 42 über die drei Faktoren u1, u2 und u3 bestimmt, welche den Achsabstand der Bewehrung zum Untergurt bzw. zu den seitlichen Stegen beschreiben.

Bild 42. Definition der Abstände ui der Bewehrungsstäbe in der Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2 [7]

Die Erwärmung des Bewehrungsstabs wird wie folgt berechnet: ​u​  ​​ A ​​ ​  s​​ ​   c​  0 ​​ ​  c​  1​​      ​  _3  ​ ​  c​  2​​     ​z   c​  3​​     ​ _  ​ ​    c​  4​​     ​    c​  5 ​​  ​h​  2​​ ​L​  r​​

1   ​  _  ​​ ​l​  3​​

Gl. (D.5)

mit u3 Achsabstand der Bewehrung zum Untergurt des Profilblechs Winkel des Stegs des Profilblechs zur Horizontalen ci Beiwerte nach DIN EN 1994-1-2, Tabelle D.3 1 _ 1 1 1 _ _ _  ​​  ​   ​  _  ​   ​  _          ​​   ​    ​ _

Gl. (D.6)

z ​√ ​u​  1​​ ​  ​√ ​u​  2​​ ​  ​√ ​u​  3​​ ​ 

Die Achsabstände betragen im vorliegenden Beispiel: _



______________



​l​  ​​ 114,5 ​​u​  1​​     ​u​​  2​​     ​  ​​ ​  _1 ​  ​​​  ​ ​  10​​  2  ​ ​     ​     ​​ _ ​   ​     ​​​  ​ ​  10​​  2​    ​   58,11 mm​ ( 2) ( 2 ) 2

2

​​u​  3​​ ​   h​  2​​   10   41 mm​ Damit berechnet sich der z-Faktor wie folgt: 1 1 _ 1 _ 1 1 1 1 _ _ _ _  ​   ​  _  ​   ​  _  ​   ​  _             ​   ​ _    ​   ​ _    ​    0,419​ ​​ _ ​    ​ _ z ​√ ​u​  1​​ ​  √ ​   58,11 ​   ​   58,11 ​   ​   41 ​ √ √   ​  ​u​  2​​ ​  ​√ ​u​  3​​ ​  √ 1 ​z    ​  _    2,39​    ​   0,419 Der Winkel der Profilblechsicken beträgt im vorliegenden Beispiel: 180°

76°

104°

Für die Feuerwiderstandsklasse R 90 ergeben sich unter Verwendung von Normalbeton die folgenden Werte für die Koeffizienten c0 bis c5: c0 1342 °C c1 256 °C c2 235 °C∕​mm0,5 c3 5,30 °C∕​mm c4 1,39 °C∕​° c5 1267 °C mm Tab. D.3

Damit berechnet sich die Temperatur in der Bewehrung wie folgt: 41 ​​ ​  s​​     1342  (​  256)​    ​  _ ​     ​(  235)​   2,39   ​(  5,30)​   26,47   1,39   104   ​(  1267)​  51 ​  545 °C​

1  ​ _  ​​   38



Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2

9.6.3 Ermittlung der plastische Momententragfähigkeit Mfi,Rd Zunächst wird die durch das Stahlprofilblech und die Bewehrungsstäbe aufnehmbare Zugkomponente ermittelt. In Abhängigkeit der Temperatur werden die Reduktionsfaktoren für die Festigkeit von Bau- und Betonstahl nach DIN EN 1994-1-2, Tabelle 3.2 und 3.4 bestimmt. Für das Trapezblech werden dabei dieselben Abminderungsfaktoren wie für Baustahl angesetzt. In Tabelle 8 sind die Teilflächen, Reduktionsfaktoren und aufnehmbaren Zugkräfte in den Querschnittskomponenten nach 90-minütiger Brandeinwirkung dargestellt. Tabelle 8.  Temperaturabhängige Reduktionsfaktoren und resultierende Tragfähigkeiten im Stahl­ profilblech und den Bewehrungsstäben einer Sicke Temperatur i [°C]

Reduktionsfaktor ky,

Teilfläche Ai [cm2]

fyi [kN∕​cm2]

Zi [kN]

Unterer Flansch

961

0,048

1,204

35

2,02

Steg

781

0,133

0,904

35

4,21

Oberer Flansch

579

0,535

0,327

35

6,12

Bewehrung

545

0,549

0,79

50

21,69



34,04

Zur Berechnung der plastischen Momententragfähigkeit wird zunächst von einem idealen Verbund zwischen Stahlprofilblech und Beton ausgegangen. Aus der Bedingung, dass sich die Normalkräfte im Querschnitt im plastischen Grenzzustand egalisieren, entspricht die durch den Beton aufzunehmende Druckkraft der Summe der Zugkräfte in den Stahlquerschnitten. In die Berechnung der plastischen Nulllinie fließt dabei auch der temperaturabhängige Reduktionsfaktor der Betonfestigkeit ein. Zur Ermittlung dieses Faktors wird zunächst die effektive Höhe der Verbunddecke heff nach DIN EN 1994-1-2, Abschnitt D.4 bestimmt: ​l​  1​​ ​   l​  2​​ 114,5   140 ​​h​  eff​​ ​   h​  1​​     0,5   ​h​​  2 ​​  ​ ​  _  ​ ​  89   0,5   51 ​ ___________  ​    ​  ​  131,6 mm ​ ( ​l​  1​​ ​   l​  3​​ ) ( 114,5   38 )

Gl. (D.15a)

In DIN EN 1994-1-2, Tabelle D.5 sind Betontemperaturen über die Deckendicke einer massiven Decke bei unterschiedlichen Branddauern tabelliert. Für eine 90-minütige Brandbeanspruchung ergibt sich danach in einer Tiefe von 100 mm ab der Deckenunterseite eine Temperatur von 160 °C. Bei dieser Temperatur muss die Betonfestigkeit nicht abgemindert werden. Es wird daher im Folgenden geprüft, ob die plastische Nulllinie oberhalb dieser Temperaturlinie liegt und somit keine Festigkeitsreduktion des Betons erfolgt. Der Abstand der plastischen Nulllinie ausgehend von der Oberseite der Decke darf in diesem Fall zpl,max (131,6 – 100) 31,6 mm nicht überschreiten. Zur Berechnung der Lage der plastischen Nulllinie wird die folgende Gleichung für eine Rippenbreite, also 0,1525 m, ausgewertet, wobei kc, zu 1,0 gesetzt wird. n m ​f​  y,i​​ ​f​  c,j​​    ​   ​  slab​​ ​∑ ​​ ​​   A​  j​​ ​k​  c, ,j​​ ​  _    ​     ​    0​ ​​∑ ​​ ​​   A​  i​​ ​k​  y, ,i​​ ​  _ ​ ​  M,fi,a​​ ​ ​  M,fi,c​​ i 1 j 1

Gl. (4.2)

n ​f​  c,k​​ ​​∑ ​​ ​​   Z​  i​​    ​   ​  slab ​​ ​(l​  1 ​​ ​  l​  3​​ ​) z​  pl​​ ​k​  c, ​​ ​  _   ​   0​ ​ ​  M,fi,c​​ i 1

Gl. (7.1)

34040 N ​∑​  ​ ​​ ​Z​  i​​ _________________________________ ​​z​  pl​​      ​  _____________       ​   ​          ​   10,50 mm​ ​ ​  slab​​ ​(l​  1​​ ​   l​  3​​ ​)f​  c,k​​ 0,85   ​(114,5 mm   38 mm)​   25 N ∕​ mm2 zpl ist deutlich geringer als 31,6 mm. Die plastische Nulllinie liegt damit in einem Bereich der Decke, der nur einen geringen Temperaturanstieg erfährt. Eine Abminderung der Betonfestigkeit ist somit nicht notwendig. Des Weiteren liegt die plastische Null­

321

322

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

linie im Bereich der durchgängigen Decke, in dem die Rippengeometrie noch keinen Einfluss auf die Betonquerschnittsfläche hat. Unter Einbeziehung der plastischen Nulllinie lässt sich die positive Momententragfähigkeit wie in Abschnitt 9.6.1 gezeigt berechnen. In Tabelle 9 werden die Teilkräfte, die zugehörigen Abstände zur plastischen Nulllinie sowie die resultierenden Beiträge zur Momententragfähigkeit zusammengefasst. Tabelle 9.  Tabellarische Auswertung der plastischen Teilquerschnitts-Tragfähigkeiten Fi [kN]

zi [mm]

Mi [kNcm]

Unterflansch

2,02

89 + 51 − 10,5 = 129,5

26,16

Steg

4,21

89 + 51∕​2 − 10,5 = 104,0

43,78

Oberflansch

6,12

89 − 10,5 = 78,5

48,04

Bewehrung

21,69

89 + 10 − 10,5 = 88,5

191,96

Beton

34,04

10,5∕​2 = 5,25

17,87 Σ

327,81

Die plastische Momententragfähigkeit je Rippe der Verbunddecke unter Ansatz von idealem Verbundverhalten zwischen dem Profilblech und Beton beträgt somit Mfi,Rd,Sicke

327,81 kNcm

Wird dies auf 1 m Deckenbreite umgerechnet, ergibt sich die Momententragfähigkeit zu: 1    21,5 kNm∕​m​ ​​M​  ​fi,Rd​​  ​​​     327,81    ​  _    ​   0,1525 Die eingangs ermittelte Einwirkung bei Raumtemperatur beträgt 18,7 kNm∕​m. Damit kann der Nachweis wie folgt geführt werden: Mfi,d

9.7

18,7 kNm∕​m

Mfi,Rd

21,5 kNm∕​m

Tragfähigkeitskriterium „R“ – Längsschubtragfähigkeit

Nach DIN EN 1994-1-2∕​NA darf das Verfahren nach DIN EN 1994-1-2, Anhang D angewendet werden. Dabei darf bei der Ermittlung der Biegemomententragfähigkeit das Stahlprofil jedoch nur dann berücksichtigt werden, wenn für den entsprechenden Kraftanteil der Nachweis der Längsschubtragfähigkeit erbracht wird. Bei der Berechnung wurde bisher von idealem Verbund zwischen Stahlprofilblech und Beton ausgegangen. Für Decken mit duktilem Verbundverhalten bei Normaltemperatur, hinterschnittener Profilblechgeometrie und mechanischer Verdübelung im Bereich des Oberflansches darf der Flächenverbund im Brandfall wie folgt ermittelt werden: Der Bemessungswert der Verbundfestigkeit bei Normaltemperatur wird mit dem 0,7-Fachen des temperaturabhängigen Abminderungsfaktors für die Streckgrenze des Profilblechs im Oberflansch multipliziert: ​​ ​  fi,Rd​​     0,7   ​k​​  y,

,OFL​​   

1 1  ​ ​  u,Rk ​​    ​  _    ​     0,7   0,535   280   ​ _   ​   104,86 kN∕​m2​ ​ ​  M,fi​​ 1,0

mit fi,Rd

Bemessungswert der Längsschubtragfähigkeit zwischen Stahlprofil und Betondecke im Brandfall Längsschubtragfähigkeit zwischen Stahlprofil und Betondecke bei Raum­ u,Rk temperatur ky, ,OFL Abminderungsfaktor für die Streckgrenze des Oberflansches des Profilblechs (vgl. Tabelle 8)



Beispielrechnung 1: Bemessung einer Verbunddecke nach DIN EN 1994-1-2

Mit der Kenntnis der Längsschubtragfähigkeit lässt sich die geometrische Länge berechnen, die notwendig ist, um die volle Verbundwirkung zu erreichen. Diese ist erreicht, sobald die Längsschubtragfähigkeit in der Verbundfuge ausreicht, um die durch das Profilblech aufnehmbaren Normalkräfte zu übertragen. Die Länge lässt sich wie nachfolgend gezeigt berechnen: 1 ​     ​ ​ 12,35  ​ _ ( ) 0,1525 N ​ ​  ​​ cf ​​L​  sf​​      ​  _     ​  _______________  ​     0,772 m​    ​         b   ​ ​  fi,Rd​​ 1,0   104,86 mit fi,Rd

b Ncf

Längsschubtragfähigkeit zwischen Stahlprofil und Betondecke im Brandfall Breite der Verbundfuge (hier bezogen auf 1,0 m) bei voller Verdübelung maximal zu übertragende Längsschubkraft (vgl. Tabelle 8)

Die Annahme des idealen Verbundes in Feldmitte ist korrekt, da gilt: L ​​L​  sf​​     0,772 m   ​ _ ​   2,4 m​ 2 Zusätzlich ist sicherzustellen, dass das einwirkende Moment an jeder Stelle über die Feldlänge geringer ist als die Momententragfähigkeit. Da sich die Momententragfähigkeit vom Auflager bis zu einer Länge von 0,772 m aufbaut und somit in den äußeren Bereichen nicht der vollen Tragfähigkeit in Feldmitte entspricht, ist der Nachweis grundsätzlich an jeder Stelle über die Feldlänge zu führen. Im Folgenden wird dies grafisch durchgeführt. Dabei wird davon ausgegangen, dass der Anteil der Momententragfähigkeit infolge der Zusatzbewehrung bereits am Deckenrand vorhanden ist. Es muss dafür sichergestellt sein, dass die Bewehrung ausreichend verankert ist. Die reduzierte Momententragfähigkeit in diesem Bereich berechnet sich unter Ansatz einer der Zugkraft in der Bewehrung äquivalenten Betondruckkraft wie nachstehend gezeigt. Dabei beträgt der Abstand der plastischen Nulllinie von der Oberkante der Decke zpl,Bew 6,69 mm. ​​M​  fi,Rd,Bew​​ ​  F​  y,Bew, ​​     ​z​​  pl,Bew​​ ​   F​  c, ​​     ​z​​  c​​  21,69   8,85   21,69   0,525   203,3 kNcm∕​Sicke​ mit Fy,bew, Zugkraft in der Bewehrung Fc, Druckkraft in der Betonplatte zi Abstand zwischen Lastangriffspunkt und plastischer Nulllinie Die Umrechnung der auf eine Sickenbreite bezogenen Momententragfähigkeit auf die Tragfähigkeit pro laufenden Deckenmeter ergibt: Mfi,Rd,Bew

13,5 kNm∕​m

Aus den berechneten Werten für die Momententragfähigkeit am Deckenrand und in Feldmitte lässt sich konservativ durch lineare Verbindung die Momententragfähigkeit über die gesamte Feldlänge beschreiben. In Bild 43 wird der Verlauf des einwirkenden Moments über die Feldlänge dem Widerstand gegenübergestellt. Wie dort zu erkennen ist, ist die Längsschubtragfähigkeit für die untersuchte Decke stets ausreichend.

DIN EN 1994-1-1, Gl. (9.8)

323

324

4   Brandschutztechnische Bemessung von Verbundtragwerken aus Stahl und Beton

Bild 43. Gegenüberstellung des einwirkenden Moments mit der Momententragfähigkeit über die Feldlänge

9.8

Ergebnis

Somit sind alle Nachweise erfüllt, die nach DIN EN 1994-1-2 und DIN EN 1994-1-2∕​ NA für die hinterschnittene Verbunddecke gefordert werden. Die Verbunddecke kann unter den gegebenen Belastungen in die Feuerwiderstandsklasse REI-90 eingeordnet werden.

10

Beispielrechnung 2: Bemessung eines Verbundträgers nach DIN EN 1994-1-2

10.1

Aufgabenstellung

Ein kammerbetonierter Verbundträger soll für den Brandfall nachgewiesen werden. Der Träger befindet sich innerhalb eines unterirdischen Parkhauses. Nach [13] muss er daher die Anforderungen der Feuerwiderstandsklasse R 90 erfüllen. Das statische System des Trägers ist ein Einfeldträger mit einer Länge von 16 m und einer Lasteinzugsbreite von 2,5 m. Der Verbundträger besteht aus einem Profil IPE 500 der Stahlgüte S355. Die Deckenplatte hat eine Höhe von 120  mm und besteht aus Beton der Festigkeitsklasse C30∕​37. Die Kammern des Stahlträgers sind mit Beton derselben Festigkeitsklasse vollständig ausbetoniert. Zusätzlich ist eine Brandschutzbewehrung von je einem Stab pro Kammer mit einem Durchmesser von 20 mm vorgesehen (vgl. Bild 44). Die einwirkende Bemessungsstreckenlast im Grenzzustand der Tragfähigkeit bei Raumtemperatur beträgt qEd 35 kN∕​m. Unter Verwendung des vereinfachten Ansatzes zur Berechnung der Einwirkungen im Brandfall nach DIN EN 1994-1-2 ( fi 0,65, s. a. Abschnitt 3.3 dieses Beitrags) ergibt sich eine einwirkende Streckenlast von qEd,fi 0,65 · 35 kN∕​m 22,75 kN∕​m für den Brandfall. Der Verbundträger wird im Folgenden zunächst auf Grundlage der Bemessungstabellen nach DIN EN 1994-1-2 nachgewiesen. Anschließend wird die Momententragfähigkeit mittels des in DIN EN 1994-1-2, Anhang F bereitgestellten Verfahrens nachgewiesen. Abschließend erfolgt der Nachweis der Querkrafttragfähigkeit.



Beispielrechnung 2: Bemessung eines Verbundträgers nach DIN EN 1994-1-2

Bild 44. Querschnitt des kammerbetonierten Verbundträgers

10.2

Nachweis nach EC4-1-2 – Bemessungstabellen

Zunächst bedarf es der Überprüfung der Einhaltung der Anwendungsgrenzen für die Bemessung auf Grundlage von Bemessungstabellen. Diese sind entsprechend DIN EN 1994-1-2, 4.2.2 einzuhalten und werden in Tabelle 10 überprüft. Alle Anwendungsgrenzen sind eingehalten, sodass die Bemessung unter Zuhilfenahme der Bemessungstabellen erfolgen kann. Für kammerbetonierte Träger erfolgt die Bemessung auf Grundlage der Tabellen 4.1 und 4.2 der DIN EN 1994-1-2. Tabelle 10.  Überprüfung der Anwendungsgrenzen der Bemessungstabelle nach DIN EN 1994-1-2 für kammerbetonierte Träger Voraussetzung nach DIN EN 1994-1-2 [7]

Beispielrechnung

Bemessung als Einfeldträger



b ​​e​  w​​   ​ _  ​​  15

200 ​10,2   ​ _ ​    13,33​ 15



​​e​  f​​   2   ​e​  w​​​

​16   2   10,2   20,4​



hc ≥ 120 mm

hc = 120 mm



​A​  s​​    ​   0,05​ ​​  _ ​(​A​  c​​   ​A​  s​​)​

22 2   π   ​ _ ​  4      ​   0,0071   0,05​ ​​ ____________ (​50   20   116)​

beff  20 min

0,2 0,5

2 2a 2b

Betriebsfeuerwehr mit Vornahmezeit a) < 10 min (vier Staffeln) < 10 min (zwei Staffeln)

0,02 0,05

3

Automatische Löschanlage Sprinkleranlage nach VdS∕​CEA Standard in anderen Fällen Sonstige Wasserlöschanlage Gaslöschanlage

3a 3b 3c 3d a)

0,02 0,05 0,1 0,1

Automatische Brandmeldung und Alarmierung werden vorausgesetzt.

mit

MVV TB [3] ist die Ausfallwahrscheinlichkeit der Feuerwehr grundsätzlich zu p2,2 0,5 zu setzen. Die Ausfallwahrscheinlichkeit einer Löschanlage hängt von der Art und Auslegung der Anlage ab. Entsprechende Werte für p3 können ebenfalls Tabelle 5 entnommen werden. Aus der für alle Bauteile und alle Lastfälle geltenden zulässigen Versagenswahrscheinlichkeit pf und der ermittelten Auftretenswahrscheinlichkeit eines Vollbrandes pfi ergibt sich eine bedingte Versagenswahrscheinlichkeit im Brandfall pf,fi. Für den damit verknüpften Zuverlässigkeitsindex fi gilt: fi

1(p ) f,fi

Tabelle 6.  Richtwerte für den Zuverlässigkeitsindex Zeile

​p​  ​​ ​​p​  f,fi​​   ​ _f  ​​   ​p​  fi​​ pf

)

[2] (BB.12)

Umkehrfunktion der Standard-Normalverteilung

Werte für pf und können je nach Nutzung und Schadenfolgen Tabelle 6 entnommen werden. Im Allgemeinen ist von einer mittleren Schadenfolge auszugehen. Abschließend können die Teilsicherheitsbeiwerte für die Brandlastdichte und die maximale Wärmefreisetzungsrate aus Bild 10 abgelesen werden.

[2] (BB.14)

fi

( 1()

[2] (BB.13)

und die Versagenswahrscheinlichkeit pf (EC 1-1-2∕​NA [2], Tab. BB.5)

Nutzung

Schadensfolgen hoch

mittel pf

pf 1

Wohngebäude, Bürogebäude und vergleichbare Nutzungen

gering pf

1a

1b

2a

2b

3a

3b

4,7

1,3E-6

4,2

1,3E-5

3,7

1,1E-4

Gebäudeklassen nach MBO

4+5

2+3

2 3 4 5 6 7

Krankenhaus, Pflegeheim Beherbergungsstätte, Hotel Schule Verkaufsstätte Versammlungsstätte Hochhaus

5,2

1,0E-7

4,7

1,3E-6

4,2

1,3E-5

8

Landwirtschaftlich genutzte Gebäude





4,2

1,3E-5

3,7

1,1E-4

Anwendungsbeispiele

363

Bild 10. Teilsicherheitsbeiwerte für die Einflussgrößen eines Naturbrandes (EC 1-1-2∕​NA [2], Bild BB.2)

5

Anwendungsbeispiele

5.1

Beispiel 1: Vollentwickelter Raumbrand

Es soll mithilfe des vereinfachten Naturbrandmodells nach Anhang AA des EC  1-1-2∕​NA [2] die Temperaturentwicklung in einem Büroraum ermittelt werden. Der Büroraum hat eine Grundfläche von Af   4,47 m 14,47  m 20  m2, die Höhe beträgt H    3,0  m. Die Fensterflächen betragen AW    7,65  m2, die gemittelte Höhe der Fenster beträgt hW   2,40 m [17]. Zunächst sind die Bemessungswerte für die Brandlastdichte und die Wärmefreisetzungsrate zu bestimmen. Das Büro verfügt über keine anlagentechnischen Brandschutzmaßnahmen, die Feuerwehr wird mit einer Anfahrtszeit von maximal 15 Minuten berücksichtigt. Der charakteristische Wert der Brandlastdichte wird aus Tabelle BB.1 als 90%-Quantil entnommen. Aus Tabelle  4 werden nutzungsabhängig die Brandausbreitungsgeschwindigkeit sowie die flächenbezogene Wärmefreisetzungsrate entnommen. Somit ergeben sich folgende charakteristische Brandparameter: Brandlastdichte: qk   584 MJ∕​m2 Flächenbezogene Wärmefreisetzungsrate: RHRf   0,25 MW∕​m2 Brandentwicklungsdauer (mittel): t 300 s (bis 1 MW)

Die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Brandes in der Büronutzung wird nach Tabelle 1 angenommen mit p1

6,9 10

3

1∕​a

Die Ausfallwahrscheinlichkeit der manuellen Brandbekämpfung durch die Nutzer beträgt nach Anhang BB.5.1 des EC 1-1-2∕​NA p2,1   0,5. Für die öffentliche Feuerwehr wird nach Tabelle 5 eine Ausfallwahrscheinlichkeit von p2,2   0,2 (Eingreifzeit  15 min) angesetzt. p2

p2,1 p2,2

0,5 0,2

0,1

[2] (BB.11)

Eine Löschanlage ist nicht vorhanden: p3

0,1

Somit ergibt sich die jährliche Auftretenswahrscheinlichkeit eines Schadenfeuers zu: pfi

p1 p2 p3

6,9 10

3

0,1 1,0

6,9 10 4 1∕​a [2] (BB.9)

Für das Bürogebäude werden mittlere Schadenfolgen im Falle eines Vollbrandes unterstellt. Es ergibt sich nach Tabelle  6 eine akzeptierte Versagenswahrscheinlichkeit pf    1,3    10 5. Daraus folgt für die zulässige bedingte Versagenswahrscheinlichkeit im Brandfall: ​p​  ​​ 1,3   ​10​​  5​ ​​p​  f,fi​​   ​ _f  ​    ​ _4 ​      0,0187​ [2] (BB.13) ​p​  fi​​ 6,9   ​10​​  ​

364

5   Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1

Der zugehörige Zuverlässigkeitsindex fi kann mithilfe der Umkehrfunktion der Standard-Normalverteilung 1 ermittelt werden 1(p ) f,fi

fi

[2] (BB.14)

oder näherungsweise aus der Tabelle in Bild 10 abgelesen werden. Es ergibt sich fi

2,10

qf,d

qf,k

fi,q

584 0,8 0,99

[2] (BB.1) 463 MJ∕​m2

Die Gesamtfläche der umfassenden Bauteile einschließlich der Öffnungsflächen beträgt: At

93,7 m2

√​​

 ​300​​  2​ 

4,95 ​​     667 s

 24000 · k   20

At – Aw

86,0 m2

[2] (AA.14) [2] (AA.15)

 33000 · k   20

852 °C

0,3 · 26000

[2] (AA.16) 7800 MJ

t3   121 min 3,f 

[2] (AA.13)

17101 MJ

t2   69 min

 16000 · k   20

[2] (AA.17) 423 °C

[2] (AA.18)

Für die Bemessungs-Brandlastdichte von qx,d  463 MJ∕​m2 ermittelt sich: Q1   1101 MJ t2,x   29 min

[2] (AA.20)

 751 °C

[2] (AA.21)

t3,x   48 min

[2] (AA.25)

3,x 

Der Öffnungsfaktor ist:

11 min

625 °C

​  ​3t​  2 ​​​​  Q2   0,7 · Qref,d   ​​​t​  31​∕

2,x 

Die Umfassungsfläche ohne Öffnungsflächen beträgt: AT

t1   

[2] (AA.19)

_

Q3   0,3 · Qref,d

0,99

Der Bemessungswert der Brandlastdichte ergibt sich damit zu qf,d

0,0252

2,f 

0,99

fi,RHR

k    1,f 

Damit können die Teilsicherheitsbeiwerte für die Brandlastdichte und die maximale Wärmefreisetzungsrate aus Bild 10 abgelesen werden: fi,q

Flashover muss nicht berücksichtigt ​​​Q ​​ ̇   fo​​​ Qmax,d werden. Berechnung des Temperaturzeitverlaufs: Dabei ist

 343 °C

[2] (AA.24)

In Bild 11 ist der Verlauf der parametrischen Temperaturzeitkurve im Vergleich zur ETK dargestellt, aus dem sich bei der Bemessung mit dem Naturbrandmodell geringere thermische Einwirkungen ergeben.

_

​A​  w​​   ​√ ​h​  w​​ ​   ​​    ​    ​  _ O ​A​  t​​ _

7,65   ​√ 2,40 ​  ​O   ​ ___________  ​​   0,127 m0,5 93,7

5.2

Die Gesamtbrandlast innerhalb des Büros beträgt:

Beispiel 2: Lokaler Brand mit Stütze außerhalb des Plumes

Überprüfen, ob ein Flashover auftritt:

Eine Stahlstütze (HEB 300) soll für eine lokale Brandbeanspruchung bemessen werden. Der Abstand der Stütze zum äußeren Rand des Brandherds (Plumes) beträgt dabei 0,50  m und zur Plumemittelachse d   2,5 m. Der Brandherd weist einen Durchmesser von ̇ ​​ Dfire    4  m und eine Wärmefreisetzung von ​​ Q  1000  kW∕​m2 auf [18]. Aufgrund der großen Deckenhöhe des Brandraumes bildet sich keine Heißgasschicht im Deckenbereich. Vereinfacht wird der lokale Brand als Kegel abgebildet, der sich aus Zylindern und Ringen zusammensetzt (Bild 12a). Die Anwendung des in Abschnitt 4.4.1 beschriebenen Bemessungsverfahrens wird exemplarisch an einem Zylinder der virtuellen Flamme (lokaler Brand) und in einer Höhe von 1 m der Stahlstütze dargestellt. In einem ersten Schritt wird die Flammenlänge Lf der virtuellen Flamme (Kegel) gemäß EC  1-1-2 berechnet zu:

​​​Q ​​ ̇  fo​​   0,0078   ​A​  t​​   0,378   ​A​  w​​   ​√ ​h​  w​​ ​​ 

​​L​  f​​     1,02 ​D​  fire​​    0,0148 Q ​​(t)​​​  0,4​    ​[m]​​

Q

q Af

Q463

463 20

9250 MJ

Das Wärmespeicher­vermögen der Umfassungsbauteile beträgt näherungsweise b   1500 J∕​(m2s0,5K). Wärmefreisetzungsrate nach Abschnitt BB.7: ​​​Q ​​ ̇   max,k​​​  MIN (​​​Q ​​ ̇  max,v,k​​​; ​​​Q ​​ ̇  max,f,k​​​) _

MIN (1,21 ​​A​  w​​ ​√ ​h​  w​​ ​​ ; 0,25· Af)

(14,34; 5,0)

5,0 MW ​​​Q ​​ ̇   max,d​​​

fi ·

​​​Q ​​ ̇  max,k​​​   0,99 · 5,0   4,95 MW

Es liegt ein brandlastgesteuerter Brand mit der maximalen Wärmefreisetzungsrate vor. Für die Referenzbrandlastdichte von q 1300 MJ∕​m2 ergibt sich: Qref,d q · Af 26000 MJ. _

​​​Q ​​ ̇  fo​​​

0,0078 · 93,7

_

0,378 · ​7,65 ​√ 2,40 ​​    5,21 MW [2] (AA.30)

Anwendungsbeispiele

365

Bild 11. Vergleich Temperaturzeitkurve Vereinfachtes Naturbrandmodell nach EC 1-1-2∕​NA [2], Anhang AA mit ETK für einen Büroraum mit Af = 20 m2

​​L​  f​​     1,02   4 m   0,0148   0,4

kW 4 m  ​​ 1000 ​ _ ​   ​     ​​​  ​    ​   ​10​​  3​ ​​​  ​   6,15 ​[m]​​  ​   ​ ​​ _ ​m​​  2​ (( 2 ) ) ( ) 2

mit Lf Q(t)

Flammenlänge [m] Wärmefreisetzungsrate [W]

Zur Berechnung der Temperaturen der virtuellen Flamme wird eine Bereichseinteilung mit b    0,50  m gewählt, sodass 12 Zylinder mit einer Breite von 0,50 m und jeweils zugehörige Ringe an der Oberseite der Zylinder entstehen (Bild  12b). Die Differenz von 6,15  m zu 6,00  m von 0,15  m wird dabei vernachlässigt. Der sich reduzierende Radius der jeweiligen Bereiche zj über die Flammenlänge wird gemäß der folgenden Verhältnisformel berechnet: ​z​  ​​ ​​D​  fire,i​​   ​D​  fire​​​ 1   ​  _i  ​  ​ ​[m]​​ ( ​L​  f​​ ) mit Dfire,i Durchmesser eines Bereiches bj (Zylinder) [m] Dfire Durchmesser des Brandherdes (lokaler Brand) [m] zi mittlere Höhe eines Bereiches bj (Zylinder) [m] Lf Flammenhöhe [m] Der erste Zylinder (zj 0 m) weist einen Durchmesser von Dfire,1 4 m und eine Temperatur von 900 °C auf. Für den zweiten Zylinder (zj 0,5 m) kann der Durch0,5 messer zu Dfire,1    ​4  m​ 1   ​ _  ​  ​​ 3,67  m und die ( 6,15 ) Temperatur von 900 °C berechnet werden. Die 10 weiteren Zylinder werden entsprechend berechnet. Im nächsten Schritt wird der Konfigurationsfaktor „view factor“ gemäß EC 1-1-2 Anhang G berechnet, der die Sichtbarkeit der Flächen (Seite 1, 2 und 4) der Stahlstütze zur virtuellen Flamme (lokaler Brand) in Bezug zueinander setzt. Für die Seiten 2 und 4 reduzieren sich folglich die Zylinderradien, da Teile der virtuellen Flamme nicht im sichtbaren Bereich der Stahl-

stütze liegen (Bild 12c). Die thermische Einwirkung von Seite 3 der Stahlstütze wird vernachlässigt. Bei der Berechnung muss berücksichtigt werden, dass die Bestimmung des Konfigurationsfaktors für den Mittelpunkt jeder Seite der Stahlstütze durchgeführt werden muss. Ferner wird der Konfigurationsfaktor für jeden Zylinder Zylinder_zi und Ring Ring_zi der 12 Zylinder berechnet. Nach EC 1-1-2 Anhang G ergibt sich aufgrund der geometrischen Zusammenhänge der virtuellen Flamme und der Stahlstütze für den ersten Zylinder Zylinder_zi 0,2365 und Ring_zi 0,0555 für Seite 1. Unter Berücksichtigung der reduzierten Radien der Zylinder ergeben sich reduzierte Konfigurationsfaktoren von Zylinder_zi 0,0192 und Ring_zi 0,006 für Seite 2. Die Wärmestrahlung der Stahlstütze (HEB 300) in 1 m Höhe beträgt entsprechend für Seite 1: ​​h ​ ̇    5,67   ​10​​  8​   0,7   1,0   ​[​​(900   273,15)​​​  4​   ​293​​  4​]​   0,2365   5,67   ​10​​  8​   0,7   1,0   ​[​​(900   273,15)​​​  4​   ​293​​  4​]​   0,0555  ​[W   ​m​​  2]​​​ ​​h ​ ̇    21.866 ​[W   ​m​​  2​]​ ​ für Seite 2 und Seite 4: ​​h ​ ̇    5,67   ​10​​  8​   0,7   1,0   ​[​​(900   273,15)​​​  4​   ​293​​  4​]​   0,0192   5,67   ​10​​  8​   0,7   1,0   ​[​​(900   273,15)​​​  4​   ​293​​  4​]​   0,006  ​[W   ​m​​  2]​​​ ​​h ​ ̇    1887 ​[W   ​m​​  2​]​ ​ Die Wärmestrahlung muss entsprechend für alle zwölf Zylinder und Ringe der virtuellen Flamme berechnet und anschließend summiert werden. Für die Seite 1 ergibt sich rechnerisch eine Wärmestrahlung von ​​h   ​​̇ 53,534  kW∕​m2. Für Seite 2 der Stahlstütze ermittelt sich die Wärmestrahlung zu ​​h  ​​̇ 5,98 kW∕​m2, die auch der Seite 4 entspricht. Unter Berücksichtigung der Stützenbreite (HEB 300) von 0,30  m berechnet sich die Wärmestrahlung des Bereichs der Stütze bei einem 1 m zu:

366

5   Einwirkungen im Brandfall nach Eurocode 1 [5]  Zehfuß, J.; Schaumann, P.; Sander, L.; Meyer, P.; Gößwein, L. (2019) Bewertung von neuen Sicherheitsfaktoren zur Ermittlung der Brandlastdichte im Zuge der Novellierung von EN 1991-1-2 Anhang E, Abschlussbericht, DIBt-Forschungsvorhaben Nr. P 52-5-4.206, TU, Braunschweig und Leibniz-Universität Hannover. [6]  Hosser, D. (2010) Was ändert sich mit der Einführung der Eurocode-Brandschutzteile in Deutschland? In: Tagungsband Braunschweiger Brandschutz-Tage 2010. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), TU Braunschweig, Heft 210, September, S. 141–170. [7]  Zehfuß, J. (2021) Grundlagen nach Eurocode 1, in Bauphysik-Kalender 2021 (Hrsg. Fouad, N. A.), Ernst & Sohn, Berlin, S. 157–181. [8]  Mensinger, M.; Gaigl, C. (2018) Feuerwiderstand von feuerverzinkten, tragenden Stahlkonstruktionen im Brandfall, Schlussbericht zu IGF-Vorhaben Nr. 18887 N. München, 27.11.2018. [9]  DIN EN 1990:2010-12 (2010) Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin. [10]  DIN EN 1990∕​NA:2010-12 (2010) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode: Grundlagen der Tragwerksplanung, Beuth, Berlin.

Bild 12. Stahlstütze unter lokaler Brandbeanspruchung; a) Vereinfachung des lokalen Brandes als Kegel aus 12 Zylindern und Ringen, b) mit einem Abstand d zur Stahlstütze (HEB 300), c) unter Berücksichtigung der Sichtverhältnisse der vier Seiten eines Abschnitts der Stahlstütze [18]

​​​h ​​ ̇  ​section z​ 1,total​​ ​​   53,5     0,3    5,98     0,3     0,00     0,3     5,98     0,3 _______________________________________________  ​        ​      

0,3     0,3     0,3     0,3   16,37 ​[kW   ​m​​  2]​​​

Mit der Wärmestrahlung kann die Stahltemperatur der Stütze nach EC 1-1-2 berechnet werden [18].

6

Literatur

[1]  DIN EN 1991-1-2:2010-12 (2010) Eurocode 1 – Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen; Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [2]  DIN EN 1991-1-2∕​NA:2015-09 (2015) Nationaler Anhang – National festgelegte Parameter – Eurocode 1: Einwirkungen auf Tragwerke; Teil 1-2: Allgemeine Einwirkungen –Brandeinwirkungen auf Tragwerke, Beuth, Berlin. [3]  Deutsches Institut für Bautechnik (2021) Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB), Ausgabe 2020∕​1, www.is-argebau.de, DIBt, Berlin. [4]  Zehfuß, J.; Sander, L. (2019) Bewertung von neuen Berechnungsansätzen für lokale Brände im Zuge der Novellierung von EN 1991-1-2 Anhang C. Abschlussbericht, DIBt-Forschungsvorhaben Nr. P 52-5-4.203, TU Braunschweig.

[11]  Kordina, K.; Meyer-Ottens, C. (1981) Beton Brandschutz Handbuch, Beton-Verlag, Düsseldorf. [12]  Zehfuß, J. (2004) Bemessung von Tragsystemen mehrgeschossiger Gebäude in Stahlbauweise für realistische Brandbeanspruchung. Dissertation TU Braunschweig, Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz (iBMB), Heft 175, August 2004. [13]  Zehfuß, J.; Hosser, D. (2005) Vereinfachtes Naturbrandmodell für die Brandschutzbemessung von Bauteilen und Tragwerken, Bauphysik 27 (2), 79–86. [14]  Zehfuß, J.; Sander, L. (2021) Eurocode 1-1-2 Brandeinwirkungen – Was wird neu? In: Braunschweiger Brandschutz-Tage 2021: 35. Fachtagung Brandschutz Forschung und Praxis, 15. und 16. September 2021; Tagungsband. Braunschweig: iBMB, 2021. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig; Heft 241, S. 251–270. [15]  prEN 1991-1-2 (2021) Eurocode 1 – Actions on Structures, Part 1-2: General Actions – Actions on structures exposed to fire, Draft version September 2021. [16]  Zehfuß, J. (Hrsg.) (2020) Leitfaden Ingenieurmethoden des Brandschutzes, Technischer Bericht vfdb TB 04-01, 4. Auflage März 2020. Münster, Braunschweig: Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. (vfdb). [17]  Zehfuß, J.; Hosser D. (Hrsg.) (2017) Brandschutz in Europa. Bemessung nach Eurocodes, Erläuterungen und Anwendungen zu den Brandschutzteilen der Eurocodes 1 bis 6, 3. Auflage, Beuth Verlag, Berlin. [18]  Zehfuß, J.; Sander, L. (2019) Vereinfachtes Bemessungsverfahren für thermische Einwirkungen von Stützen in Stahlbauweise, Stahlbau 88 (12), 1144–1150.

6

Reaktive Brandschutzsysteme Sascha Hothan und Dustin Häßler

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

368

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 369 2 Technologische Grundlagen 369 2.1 Grundlagen und Wirkungsweise 369 2.2 Typen und Chemie 370 2.3 Applikation 370 3

Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit 371 3.1 Bauteilgeometrie 371 3.2 Mechanische Beanspruchung 373 3.3 Mehrdimensionale Beanspruchung 373 3.4 Einbaulage 375 3.5 Trockenschichtdicke 375 3.6 Einwirkende Temperatur-Zeit-Kurve 375 4 Regelungen 376 4.1 Nationale und europäische Zulassungen 376 4.2 Anwendung auf Grundlage bauaufsichtlicher Regelungen und Zulassungen 377 4.2.1 Biegebeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil 378 4.2.2 Druckbeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil 379 4.2.3 Zugbeanspruchte Bauteile mit offenem oder rechteckigem geschlossenem Profil 379 4.2.4 Zugbeanspruchte Bauteile mit Vollprofil oder kreisrundem geschlossenem Profil 380 4.2.5 Bauteile mit kombinierter mechanischer Beanspruchung 382 5 5.1

Novellierungen im Normenwerk 382 Allgemeines zur Normenreihe EN 13381 und zur Gremienzuständigkeit 382

5.2

Träger und Stützen aus Stahl – EN 13381-8 382 5.3 Zugglieder aus Stahlvollprofilen – EN 13381-10 und neuer Normenteil zu EN 13381 383 5.4 Bauteile aus Aluminium 384 5.5 Produktnorm 384 6 Dauerhaftigkeit 385 6.1 Exposition und Schädigungsmechanismen 385 6.2 Nachweise der Dauerhaftigkeit 385 6.2.1 Allgemeines 385 6.2.2 Europäisches Verfahren nach EAD 386 6.2.3 Verfahren nach nationalen Zulassungsgrundsätzen des DIBt 388 6.2.4 Vergleich und Bewertung 388 6.3 Sanierung und Ausbesserung 389 6.4 Zustandsermittlung und Ertüchtigungsmaßnahmen 389 7 Aus der Forschung 390 7.1 Allgemeines 390 7.2 Abgeschlossene Forschung 390 7.2.1 Verwendung auf Zugstabsystemen und Anschlusskonstruktionen 390 7.2.2 Einfluss unterschiedlicher Temperatur-ZeitKurven 391 7.2.3 Einfluss der Oberflächenkrümmung 393 7.2.4 Alterungs- und Witterungsbeständigkeit 393 7.3 Laufende Forschung 394 7.3.1 Prüfnorm für Stahlzugglieder 394 7.3.2 Dauerhaftigkeit und Feuerwiderstand 395 7.3.3 In-situ-Prüfverfahren 396 7.4 Ausblick 397 8 Literatur 398



1

Technologische Grundlagen

Einleitung

Reaktive Brandschutzsysteme (RBS) werden mittlerweile über Jahrzehnte im konstruktiven baulichen Brandschutz erfolgreich eingesetzt und sind als wirksame Maßnahme zur Gewährleistung des Feuerwiderstands von Stahlkonstruktionen etabliert. Es existiert eine Vielfalt von Produkten unterschiedlicher Technologie und Zusammensetzung. Ihre Wirkungsweise basiert auf der Bildung einer thermischen Schutzschicht infolge Reaktion der Bestandteile mittels thermischer Aktivierung durch den Brand selbst. Die so entstehende, schaumartige Schutzschicht verlangsamt die Erwärmung der beschichteten Konstruktion. Der dadurch bewirkte Zeitvorteil lässt sich bei der Einstufung in eine Feuerwiderstandsklasse nutzen. Im Vergleich zu passiven Brandschutzbekleidungen benötigen RBS eine erheblich geringere Auftragsmenge und verursachen demzufolge ein deutlich geringeres Zusatzgewicht. In Verbindung mit der profilfolgenden Applikation hat sich die Anwendung insbesondere auf Konstruktionen mit gestalterischen Ansprüchen durchgesetzt. Dieser Vorteil zeigt sich sowohl bei Bauten mit repräsentativem Anspruch als auch bei der Sanierung und brandschutztechnischen Ertüchtigung von historisch wertvoller Bausubstanz. Ferner bieten RBS auch bei Neubauten Vorteile, wie die Möglichkeit der Werksbeschichtung. Als Beispiel dafür sei der Neubau der Adidas Arena genannt (s. Bild 1). Hier kam ein Produkt auf Basis von Epoxidharz zum Einsatz, das einen hohen Widerstand gegenüber mechanischer Beanspruchung und eine geringe Empfindlichkeit bei der Einwirkung von Feuchtigkeit aufweist. Dies ist wegen des Transports auf die Baustelle und der Montage sowie der nicht auszuschließenden Witterungseinflüsse erforderlich. Anschlüsse sind nach dem Zusammenbau auf der Baustelle zu beschichten. Wiederum andere Produkte eignen sich besonders gut für die Applikation vor Ort auf der Baustelle, was den Vorteil einer durchgehenden Beschichtung einschließlich der Anschlüsse bietet. Auch existieren Produkte, die besonders gut für den Innenbereich geeignet sind, da sie keine Lösungsmittel enthalten, beispielsweise auf Wasserbasis. Der vorliegende Beitrag befasst sich mit allen Aspekten der Auswahl und Anwendung von RBS. Beginnend mit

369

den technologischen Grundlagen werden nachfolgend die Einflussgrößen auf die Wirksamkeit von RBS benannt und ausführlich dargelegt. Ein Abschnitt über die Regelungen zu RBS thematisiert die für die Anwendbarkeit erforderlichen Dokumente und zeigt die nach Bauteilen und Beanspruchungsarten gegliederten Anwendungsmöglichkeiten von RBS. Da sich das Normenwerk zu RBS in Überarbeitung befindet, befasst sich ein Abschnitt mit der Normung. Dabei werden neben den sich abzeichnenden Normungsänderungen auch die entsprechenden wissenschaftlich-technologischen Grundlagen dargelegt. Auch der Dauerhaftigkeit ist ein eigener Abschnitt gewidmet. Dieser Aspekt von RBS ist in der jüngeren Vergangenheit oft und auch kontrovers diskutiert worden. Eine allgemeine Darstellung von Exposition und Schädigungsmechanismen sowie die Behandlung der Nachweise für die Dauerhaftigkeit soll sachlich informieren und Problemlösungen aufzeigen. Dabei wird insbesondere die Frage nach Nutzungsdauern weit jenseits von 10 Jahren aufgegriffen. Dem Thema der Dauerhaftigkeit kommt nicht ausschließlich im Hinblick auf die Sicherheit, sondern auch bezüglich Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit eine besondere Bedeutung zu. Der letzte Abschnitt befasst sich mit Forschung zu RBS. Aufbauend auf den Erkenntnissen bereits abgeschlossener Vorhaben werden neuste Ergebnisse vorgestellt und weiterer Forschungsbedarf herausgearbeitet. Dabei werden neue Anforderungen aus der Praxis ebenso wie die Erweiterung des Anwendungsbereichs von RBS berücksichtigt.

2

Technologische Grundlagen

2.1

Grundlagen und Wirkungsweise

Allgemein werden Brandschutzbeschichtungen nach der Art ihrer chemischen Reaktion im Brandfall in dämmschichtbildende Materialien und Ablationsprodukte eingeteilt [1]. Bei den dämmschichtbildenden Materialien bildet sich thermisch angeregt durch Intumeszenz, d. h. Aufschäumen, eine dämmende Schutzschicht aus Kohlenstoffschaum. Diese intumeszierenden Materialien bilden den wesentlichen Bestandteil von RBS. Die Bezeichnung RBS wird im Zulassungs-

Bild 1. Einsatz von RBS beim Neubau der Adidas Arena; a) Applikation RBS im Werk auf Innenstützen, b) Innenstützen vor der Montage, c) Tragwerk nach der Hubmontage und vor dem Absetzen auf die V-Stützen (alle Bilder © Arge Stahlbau WOS (Züblin Stahlbau / stahl + verbundbau))

370

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Bild 2. Prinzipieller Schichtaufbau eines RBS auf einem Stahlbauteil

wesen verwendet und verdeutlicht den Systemcharakter. Die Wirkungsweise von Ablationsbeschichtungen basiert auf endothermen Reaktionen wie Verdampfen, Sublimieren oder Schmelzen, welche durch Erwärmung in Gang gesetzt werden und eine kühlende Wirkung entfalten. RBS bestehen im Allgemeinen aus einer Grundierung, die nach entsprechender Oberflächenbehandlung auf die Stahloberfläche aufgetragen wird. Neben dem Korrosionsschutz dient die Grundierung auch als Haftvermittler (s. Bild 2). Darüber befinden sich eine oder mehrere Schichten intumeszierenden Materials, wodurch die eigentliche Brandschutzwirkung erzielt wird. Abschließend kann ein Decklack zum Schutz vor Witterungseinflüssen oder aus ästhetischen Gründen zur Farbgestaltung appliziert werden. Je nach System und Anwendung kann es vorkommen, dass, abgesehen vom intumeszierenden Material, nicht alle genannten unterschiedlichen Schichten vorhanden sind.

2.2

Typen und Chemie

Derzeit kann zwischen lösemittelhaltigen, wasserbasierten und epoxidharzbasierten Systemen unterschieden werden. Eine Übersicht mit Zusammenstellung wesentlicher Merkmale findet sich in Tabelle 1. Bereits in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts begann die Entwicklung lösemittelhaltiger Systeme. Mit zunehmendem Bewusstsein für Umwelt- und Gesundheitsschutz wurde die Entwicklung von wasserbasierten Produkten vorangetrieben. Um die Vorteile der im Stahlbau üblichen Vorfertigung auch für die Applikation von RBS zu nutzen, entstand der Bedarf für Systeme mit entsprechenden Eigenschaften. Dies führte zur Entwicklung von epoxidharzbasierten Systemen, welche unempfindlicher gegenüber mechanischen Beanspruchungen aus Transport und Montage sind sowie kürzere Aushärtungszeiten aufweisen. Das intumeszierende Material als Bestandteil eines RBS besteht aus drei grundlegenden Komponenten: einem Kohlenstofflieferanten, einem Säurespender und

einem Gasbildner. Die drei Komponenten werden mit einem Bindemittel zusammengehalten, welches seinerseits wiederum als Kohlenstofflieferant fungieren kann. In einigen Fällen werden die genannten Bestandteile durch anorganische Stoffe, sogenannte Additive ergänzt, welche die späteren Eigenschaften des entstehenden Schaumgerüsts mit beeinflussen [3]. Dies eröffnet weitere Möglichkeiten, um RBS für unterschiedliche Anwendungsfälle zu optimieren. Eine bei wasserbasierten Produkten häufig anzutreffende Zusammenstellung besteht aus Pentaerythrit (PER) als Kohlenstoffspender, Ammoniumpolyphosphat (APP) als Säurespender und Melamin (MEL) als Gasbildner sowie Polyvinylacetat (PVAC) als Bindemittel und zusätzliche Kohlenstoffquelle. In der genannten Kombination ist auch häufig Titandioxid als anorganischer Füllstoff und Schaumstabilisator anzutreffen. Allgemein wird durch die Zuführung von Energie in Form von Wärme ab ca. 200 °C der Reaktionsprozess in Gang gesetzt [1]. An der Oberfläche beginnend erweicht zunächst das Bindemittel. Es wird dann vom Gasbildner zu einem Schaum aufgebläht. Dieser Schaum stabilisiert sich bei weiterer Temperaturerhöhung und bildet eine thermische Schutzschicht. Für eine detaillierte Beschreibung der bei Temperaturerhöhung ablaufenden chemischen Reaktionen sei hier auf [3] verwiesen. Eine umfassende Beschreibung der chemischen Grundlagen zur Intumeszenz und des Einflusses der stofflichen Eigenschaften auf die Leistungsfähigkeit findet sich in [4]. Für jüngere Untersuchungen zum leistungsbasierten Vergleich unterschiedlicher RBS wird auf [5] verwiesen. Dabei wurde auf Erwärmungsversuche mittels elektrisch beheiztem Spezialofen sowie auf spezielle Methoden für die Rückstandsanalyse zurückgegriffen. Umgebungseinflüsse, die über längere Zeiträume auf das RBS einwirken, beeinflussen die Leistungs­fähigkeit der Produkte. Die Auswirkungen werden im Abschnitt 6 thematisiert.

2.3

Applikation

Die Applikation von RBS kann im Werk oder auf der Baustelle erfolgen. Dabei können das Airless-Spritzverfahren sowie Pinsel oder Rollen zum Einsatz kommen. Bei einer Baustellenbeschichtung ist darauf zu achten, dass die Bauteile bis zur Fertigstellung aller Schichten vor Witterungseinflüssen geschützt sind und eine ausreichende Belüftung sichergestellt ist. Da die komplette Konstruktion einschließlich der Schraub- und Schweißverbindungen beschichtet wird, entsteht ein einheitlicher Gesamteindruck der Beschichtung. Erfolgt eine Werksbeschichtung, so müssen die beschichteten Bauteile bei Transport und Lagerung vor Beschädigungen geschützt werden. Nach erfolgter Montage der Bauteile ist eine nachträgliche Beschichtung der Verbindungsmittel sowie eine Ausbesserung möglicher Transportoder Montageschäden erforderlich. Vorteilhaft sind bei einer Werksbeschichtung die kontrollierten klimati-



Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit

371

Tabelle 1.  Wesentliche Merkmale von lösemittelhaltigen, wasserbasierten und epoxid­harz­basierten RBS Merkmale VOC-Anteile

1-Komponenten­systeme 1)

2-Komponenten­systeme

lösemittelhaltig

wasserbasiert

hoch

gering bis keine

epoxidharzbasiert 2)

gering bis keine 2)

Bindemittelanteil

niedriger Anteil an Arcylaten oder Acrylatdispersionen

hoher Anteil an Epoxy bzw. Amin

Anteil an Brand­schutz-Additiven

hoch

gering

Grundierung

erforderlich (maßgebend für Korrosionsbeständigkeit)

kann ggf. entfallen (Grundierung erhöht Korrosionsbeständigkeit)

Decklack

i. d. R. zur Gewährleistung der Dauerhaftigkeit und zur Farbgestaltung erforderlich

zur Farbgestaltung sowie zum Farberhalt erforderlich

Trockenschichtdicke

gering (Dünnschichtsystem)

hoch (Dickschichtsystem)

Materialauftrag pro Arbeitsgang

moderat

hoch

Aushärtungszeit

langsam

schnell

Beständigkeit gegen mechanische Beschädigungen

gering

hoch

Chemikalien-, Bewitterungs­ beständigkeit 3)

moderat bis hoch

gering bis moderat

hoch

1) VOC, engl. Volatile Organic Compounds, flüchtige organische Verbindungen. 2) Nach ISO 11890-2 beträgt die Nachweisgrenze < 1 g/l. 3) Beständigkeit ist maßgeblich vom Decklack abhängig.

schen Bedingungen, die guten Ausführungs- und Überwachungsbedingungen, der hohe Durchsatz sowie die aus der Vorfertigung für den Projektablauf resultierende Zeitersparnis. Für weitere Information siehe [6]. In Bezug auf die Oberflächenqualität von RBS werden von der „Interessen­gemeinschaft Stahl-Brandschutzbeschichtung (IGSB)“ drei verschiedene Abstufungen empfohlen [7]: – Qualitätsstufe 1 – technischer Anstrich Es bestehen keine Anforderungen an die optische Erscheinung. – Qualitätsstufe 2 – Standard-Ausführung Unregelmäßigkeiten der Oberfläche dürfen aus 5 m Entfernung nicht mehr wahrnehmbar sein. – Qualitätsstufe 3 – dekorative Beschichtung Unregelmäßigkeiten der Oberfläche dürfen aus 3 m Entfernung nicht wahrnehmbar sein. Das Anfertigen einer Musterfläche wird empfohlen.

3

Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit

Die erforderliche Trockenschichtdicke (TSD) des RBS wird in den für die Anwendung relevanten bauaufsichtlichen Dokumenten, siehe dazu bitte Abschnitt 4.1, in Abhängigkeit der zu erzielenden Feuerwiderstandsklasse, der Profilart, dem Profilfaktor, der mechanischen Beanspruchungsart sowie ggf. der Einbaulage und des Lastausnutzungsgrads im Brandfall angegeben.

Die Leistungsfähigkeit von RBS ist produktspezifisch. Unterschiede sind dabei nicht nur zwischen lösemittelhaltigen, wasserbasierten und epoxidharzbasierten Systemen, sondern aufgrund der unterschiedlichen chemischen Zusammensetzung auch innerhalb einer Produktgruppe vorhanden. Darüber hinaus wird die thermische Schutzwirkung von RBS durch zahlreiche Faktoren beeinflusst. Zu den wichtigsten Faktoren gehören die Bauteilgeometrie, die räumliche Anordnung der Bauteile, die TSD, die Art und Höhe der mechanischen Belastung und die einwirkende Temperatur-­ZeitKurve. Die genannten Größen werden im Folgenden dargestellt und diskutiert.

3.1

Bauteilgeometrie

Um die Abhängigkeit des RBS gegenüber geometrischen Einflüssen zu erfassen, wird in der Regel auf den Profilfaktor Am/V zurückgegriffen. Dieser Wert beschreibt das Verhältnis zwischen der beflammten Oberfläche des Bauteils Am und dem Bauteilvolumen V. Der Profilfaktor berücksichtigt die Massigkeit und Feingliedrigkeit des Bauteils sowie die dem Brand ausgesetzte Bauteiloberfläche und schafft dadurch eine Vergleichbarkeit zwischen verschiedenen Bauteilgeometrien. Ein hoher Profilfaktor lässt in der Regel auf ein filigranes Bauteil und ein niedriger Wert auf ein massiges und kompaktes Bauteil schließen. Da sich schlanke Profile in der Regel schneller erwärmen als gedrungene Querschnitte, sind mit ansteigendem Profilfaktor meist höhere Brandschutzmaterialdicken erforderlich.

372

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Bild 3. Übersicht der im Stahlhochbau üblicherweise zum Einsatz kommenden Profilarten

Bei RBS ist die alleinige Fokussierung auf den Profilfaktor für die Bestimmung der für einen Feuerwiderstand eines Stahlbauteils erforderlichen TSD nicht ausreichend. Die Leistungsfähigkeit von RBS wird auch durch die spezifische Querschnittsform (z. B. gerade oder gekrümmte Oberfläche) und geometrischen Besonderheiten (z. B. Kanten) des Stahlbauteils beeinflusst, da sich dies auf die Schaumhöhe und die Bildung von Rissen im Schaum auswirken kann. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, ist es erforderlich, auch die Profilart bei der Beurteilung der thermischen Schutzwirkung des RBS mit zu berücksichtigen. Bild 3 zeigt eine Übersicht der im Stahlhochbau üblicherweise zum Einsatz kommenden Profilarten. Unterschieden wird dabei zwischen offenen und geschlossenen Profilen sowie Vollprofilen. Zudem muss gegebenenfalls bei geschlossenen Profilen und Vollprofilen auch nach kreisrund und rechteckig differenziert werden. Sowohl die nationalen Zulassungen als auch die europäischen Bewertungsdokumente weisen daher für die verschiedenen Profilarten (Profilfamilien) jeweils eigene TSD-Tabellen aus. Die in der jeweiligen Tabelle angegeben TSD können auch bei identischem Profilfaktor in der Regel nicht auf ein Bauteil einer anderen Profilart übertragen werden. Dieser Grundsatz gilt ebenso in Bezug auf die Art der mechanischen Beanspruchung eines Bauteils. Da die Aufschäumung des RBS vornehmlich senkrecht zur Bauteiloberfläche erfolgt, d. h. in Dickenrichtung der Beschichtung, und das seitliche Expansionsvermögen vergleichsweise begrenzt ist, stellen Bauteilkanten und konvex gekrümmte Oberflächen eine besondere Herausforderung für RBS dar. Diese geometrischen Besonderheiten der Bauteile führen häufig zu einer stärkeren Beanspruchung des RBS und zu einer verminderten Schaumhöhe oder intensiveren Rissbildung im Schaum, wodurch die thermische Schutzwirkung verringert wird (s. Bild 4). Zur Beurteilung des Einflusses der Oberflächenkrümmung auf die Leistungsfähigkeit von RBS wurden im Rahmen des Projektes „Novel Tasks“ [8, 9] Brandversuche an beschichteten Tankböden [10] sowie kleinformatigen Hohlkugeln und -zylindern [11] durchgeführt. Eine detaillierte Darstellung der Untersuchungen an den kleinformatigen Bauteilen und

der wesentlichen Ergebnisse erfolgt in Abschnitt 7.2.3. Der in Bild  6 dargestellte Vergleich zwischen den an einem Halbkugel- bzw. Klöpperboden gemessen Stahltemperaturen mit denen einer ebenen Stahlplatte zeigt deutlich, dass sich die thermische Schutzwirkung von RBS durch eine gekrümmte Oberfläche erheblich verringert. Dies ist unter anderem auf die infolge der Oberflächenkrümmung zunehmende Rissbildung zurückzuführen (s. Bild 5). Der Vergleich untermauert die Aussage, dass eine Übertragung der erforderlichen TSD

Bild 4. Auftreten von Rissen im Schaum des RBS an mechanisch belasteten Stützen (L = 3,6 m) mit Kreishohlprofil bzw. Quadrathohlprofil



Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit

Bild 5. Einfluss der Oberflächenkrümmung auf das Aufschäumund Rissverhalten von RBS (oben: Probekörper vor dem Brandversuch; unten: Probekörper nach dem Brandversuch; Bauteile mit einem Durchmesser/einer Kantenlänge von 500 mm, einer Wandstärke von 5 mm und TSD von 2 mm)

Bild 6. Einfluss der Oberflächenkrümmung auf die Erwärmung der Probekörper aus Bild 3 (H = Halbkugelboden; K = Klöpperboden; P = ebene Platte)

zwischen Bauteilen mit gleichem Profilfaktor, aber unterschiedlicher Profilart in der Regel nicht möglich ist. Dies bestätigen auch die Untersuchungen in [12, 13], welche gezeigt haben, dass zum Erreichen der gleichen Feuerwiderstandsdauer und bei identischem Profilfaktor für Zugglieder mit Kreisvollprofil wesentlich höhere TSD erforderlich sind als für Stahlzugglieder mit I-Profil. Zur Verdeutlichung des Phänomens sei auf die in Bild 7 dargestellten Zusammenhänge und die entsprechenden Erklärungen verwiesen.

3.2

Mechanische Beanspruchung

Zusätzlich zur Bauteilgeometrie wird die Leistungsfähigkeit von RBS auch von der auf das Bauteil einwirkenden mechanischen Beanspruchung beeinflusst. Sowohl die Art der Beanspruchung, d. h. Biegung, Druck oder Zug, als auch die Beanspruchungshöhe können die Leistungsfähigkeit des RBS verändern. Insbesondere um die Haftfähigkeit von RBS nachzuweisen, sind

373

in Deutschland Brandprüfungen an mechanisch belasteten Bauteilen obligatorisch. Die mechanische Belastung des Stahlbauteils führt in der Regel zu einer höheren Beanspruchung des RBS und begünstigt dadurch eine Rissbildung im Schaum sowie eine reduzierte Haftfähigkeit. RBS zeigen daher auf mechanisch beanspruchten Bauteilen meist eine schlechtere thermische Schutzwirkung, sodass bei der Beurteilung von unbelastet geprüften Bauteilen in der Regel eine entsprechende Korrektur vorzunehmen ist. Untersuchungen zum Einfluss der Beanspruchungsart und -höhe auf die Haftfähigkeit und die thermische Schutzwirkung von RBS wurden in [14] und [13] am Beispiel von Stahlzuggliedern durchgeführt. Darüber hinaus weisen auch die nach DIN EN 13381-8 [15] ermittelten TSD-Tabellen von am Markt befindlichen RBS bei gleicher Feuerwiderstandsdauer, Profilart, Profilfaktor und Bemessungstemperatur, aber Verwendung als Träger (Biegung) oder Stütze (Druck) jeweils unterschiedlich hohe Werte für die erforderliche TSD aus. Des Weiteren kann auch der Zeitpunkt der Lastaufbringung auf das zu prüfende belastete Bauteil die Leistungsfähigkeit des RBS beeinflussen. Erfolgt das Aufbringen der mechanischen Beanspruchung nach der Applikation und Aushärtung des RBS im Rahmen einer Werksbeschichtung, so werden die daraus für das Bauteil resultierenden Dehnungen auch auf die Brandschutzbeschichtung übertragen. Insbesondere bei zugbeanspruchten Bauteilen ist es denkbar, dass dadurch Mikrorisse in der Beschichtung entstehen, welche sich negativ auf die Leistungsfähigkeit des RBS auswirken können, z. B. durch eine erhöhte Rissbildung beim Aufschäumen. Erfolgt das Aufbringen der mechanischen Beanspruchung vor der Applikation des RBS im Rahmen einer Baustellenbeschichtung, so ist die Beschichtung, bis auf Beanspruchungen aus den weiteren Ausbaulasten, spannungslos und es ergeben sich eventuell günstigere Ergebnisse [16]. Eine wissenschaftliche Untersuchung hierzu steht allerdings noch aus.

3.3

Mehrdimensionale Beanspruchung

Die beschriebenen geometrischen Einflüsse und die auf ein Bauteil einwirkende mechanische Belastung können zu einer mehrdimensionalen Beanspruchung des RBS führen (s. Bild 7). Die Beanspruchung kann ein-, zwei oder dreidimensional ausfallen. Werden Bauteile durch eine mechanische Einwirkung auf Biegung oder Zug belastet, entsteht aufgrund der damit verbundenen Zugspannungen in Bauteillängsrichtung eine zusätzliche Beanspruchungsdimension für das RBS. Infolgedessen kann es im Schaum des RBS zur Bildung von Rissen in Bauteilquerrichtung kommen. Unter Ausblendung des Pränomens der Rissbildung des Schaums auf scharfen Profilkanten, bezeichnet als Kantenproblematik, siehe beispielsweise [17], ergibt sich für unbelastete Profile mit vorwiegend ebener Bauteiloberfläche, z. B. bei I-Profilen, eine 1D-Beanspruchung des RBS. Da das Aufschäumen des RBS vorwie-

374

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Bild 7. Mehrdimensionale Beanspruchung des RBS als Folge der Probekörpergeometrie und ggf. zusätzlicher mechanischer Bauteilbeanspruchungen

gend in Dickenrichtung stattfindet, d. h. senkrecht zur Bauteiloberfläche, stellt diese Beanspruchung meist keine besondere Anforderung für die Systeme dar (s. Bild 7a). Infolge einer mechanischen Belastung auf Biegung oder Zug (s. Bild 7d) und der daraus resultierenden Dehnung des Bauteils erfährt das RBS eine zusätzliche Beanspruchung in Bauteillängsrichtung, d. h., es ergibt sich eine 2D-Beanspruchung. Um eine Querrissbildung im Schaum zu verhindern, ist daher ein seitliches Expansionsvermögen des RBS erforderlich. Für Profile mit einer einfach konvex gekrümmten Oberfläche, z. B. Kreisvoll- (KVP) und Kreishohlprofile (KHP) sowie für Zylinderschalen, kommt es bereits ohne eine mechanische Belastung zu einer 2D-Beanspruchung des RBS (s. Bild 7b und 7c). Durch die aus dem Aufschäumprozess resultierende Volumen- und Umfangszunahme des Schaums ist ein Aufschäumen des RBS nicht nur senkrecht zur Bauteiloberfläche, sondern auch in Umfangsrichtung erforderlich. Da das seitliche Expansionsvermögen von RBS begrenzt ist, können radial verlaufende Zugspannungen im Schaum auftreten. Übersteigen diese Spannungen die Festigkeit des Schaums, kommt es zur Bildung von Rissen in Stablängsrichtung, wodurch meist eine Reduzierung ­ der thermischen Schutzwirkung resultiert. Erfolgt zusätzlich eine Belastung des Bauteils auf Zug (s. Bild 7e), so ist das RBS einer weiteren Beanspruchung in Bau-

teillängsrichtung ausgesetzt, d. h., es ergibt sich eine 3D-Beanspruchung. Eine 3D-Beanspruchung tritt auch bei unbelasteten Profilen mit einer zweifach konvex gekrümmten Oberfläche auf, beispielsweise bei einer Halbkugel (s. Bild 7f). Durch Wirkung einer zusätzlichen mechanischen Belastung erfolgt keine weitere Erhöhung der Beanspruchungsdimension, sondern eine Verstärkung einzelner aus der Bauteilgeometrie resultierender Beanspruchungsanteile. Generell stellen mehrdimensionale Beanspruchungen, insbesondere 3D-Beanspruchungen, aufgrund der Begünstigung einer Rissbildung besonders hohe Anforderungen an RBS. Mithilfe der beschriebenen theoretischen Ausführungen zur Beanspruchung von RBS lassen sich qualitative Aussagen zur möglichen Rissbildung und ein qualitativer Vergleich zwischen verschiedenen Bauteilen treffen. Da das Aufschäumverhalten und die Rissbildung auch von der Höhe der mechanischen Beanspruchung und Oberflächenkrümmung sowie weiteren Faktoren abhängen, ist eine Vorhersage zur thermischen Schutzwirkung schwer möglich. Für präzise Aussagen sind Brandversuche unverzichtbar, da sie die realen Gegebenheiten der Bauteile am besten abbilden. Die Tatsache, dass beispielsweise ein 3D-Beanspruchungszustand des RBS sowohl bei einer Halbkugel (s. Bild 7f) als auch bei einem Zugstab mit Kreisprofil



Einflussgrößen auf die Leistungsfähigkeit

(s. Bild 7e) auftritt, legt Vergleiche der aus solchen Versuchen gewonnenen Ergebnisse nahe. Da Brandversuche mit mechanischer Beanspruchung häufig mit höherem Aufwand verbunden sind als solche ohne, kann möglicherweise ein wirtschaftlicher Vorteil genutzt werden. Dies ist dann der Fall, wenn es gelingt, eine Korrelation der Ergebnisse zwischen beiden Versuchskon­ stella­tionen herzustellen. Untersuchungen zur möglichen Übertragbarkeit der Versuchsergebnisse von RBS mit mehrdimensionaler Beanspruchung aus mechanisch unbelasteten Bauteilen mit zweifach gekrümmten Oberflächen auf solche mit mehrdimensionaler Beanspruchung aufgrund von Oberflächenkrümmung und mechanischer Beanspruchung stehen derzeit noch aus. Dennoch wurden, als mögliche Vorstufe dazu, bereits Untersuchungen an unbelasteten, kleinformatigen Prüfkörpern mit mehrsinniger Oberflächenkrümmung durchgeführt. Weitere Informationen zu den Untersuchungen sind Abschnitt 7.2.3 zu entnehmen.

3.4

Einbaulage

Zusätzlich zu den bereits beschriebenen Einflussgrößen wird die Leistungsfähigkeit von RBS auch von der räumlichen Anordnung des beschichteten Bauteils beeinflusst. In der Baupraxis werden insbesondere für Druck- und Zugglieder unterschiedliche Einbaulagen verwendet, d. h. vertikal, horizontal oder geneigt. Die räumliche Anordnung der Bauteile kann sich auf die Haftfähigkeit, Rissbildung und Gestalt des Schaumkörpers auswirken. Entsprechende Untersuchungen an Zuggliedern mit KVP und KHP [13, 18, 19] haben dies bestätigt. Die Entwicklung eines Anpassungsfaktors zur Berücksichtigung des Einflusses der Einbaulage ist Gegenstand aktueller Forschungen [20] (s. Abschnitt 7.2.1). Der Neigungseinfluss auf die Wirksamkeit des RBS wird derzeit untersucht und ein Vorschlag für eine Normprüfanordnung erarbeitet (s. Abschnitt 5.3). Der Anwendungsbereich laut allgemeiner Bauartgenehmigung (aBG) beschränkt sich daher bisher auf die Einbaulage, mit der auch die mechanisch belasteten Brandversuche durchgeführt wurden. Kann durch Brandprüfungen die Eignung eines RBS auf Bauteilen mit horizontaler und vertikaler Anordnung nachgewiesen werden, so ergeben sich keine Einschränkungen hinsichtlich der Einbaulage. Dabei ist die jeweils größere der sich aus den Fällen horizontaler und vertikaler Anordnung ergebende Trockenschichtdicke (TSD) auf den Fall mit geneigter Stabachse anzuwenden. Da die Brandprüfungen für [21] auf horizontal getesteten Prüfkörpern basieren, darf das RBS auf horizontal und bis zu 30° von der Horizontalen geneigt eingebauten Zuggliedern verwendet werden.

3.5

Trockenschichtdicke

Ein weiterer wesentlicher Einfluss auf die Leistungsfähigkeit von RBS ist die TSD. Generell gilt, je größer die TSD, desto besser die thermische Schutzwirkung des

375

Bild 8. Einfluss der TSD auf die Erwärmung von Zuggliedern [13]

RBS. Eine verbesserte thermische Schutzwirkung wird dabei sowohl im nicht aufgeschäumten Zustand als auch durch meist größere Schaumhöhen im aufgeschäumten Zustand erreicht. Ferner begünstigen große TSD das Rissheilungsvermögen des RBS [12, 13]. Da sich während der Aufschäumphase infolge der großen Volumenzunahme des RBS Risse im Schaum bilden können, die durch noch nicht vollständig reagiertes Beschichtungsmaterial teilweise oder sogar wieder ganz geschlossen werden, bleibt die thermische Schutzwirkung aufrechterhalten. Als Folge wird meist auch die Streuung der Prüfergebnisse reduziert. Die mit zunehmender TSD meist größer werdende Schaumhöhe kann sich jedoch auch negativ auf die Haftfähigkeit des RBS auswirken. Ferner haben die Untersuchungen in [13] gezeigt, dass sich die Erhöhung der TSD unterproportional zur Verbesserung der thermischen Schutzwirkung verhält (s. Bild 8). Aus wirtschaftlicher Sicht ist es daher sinnvoll, neben einer Erhöhung der TSD auch weitere Maßnahmen wie z. B. eine Vergrößerung der Profilgeometrie bzw. Verringerung des Lastausnutzungsgrads in Betracht zu ziehen.

3.6

Einwirkende Temperatur-Zeit-Kurve

Da der Aufschäumprozess von RBS und die dabei ablaufenden chemischen Reaktionen temperaturabhängig sind, siehe Ausführungen in Abschnitt 2, werden das Verhalten und die thermische Schutzwirkung der Systeme auch von der einwirkenden Temperatur-Zeit-Kurve beeinflusst. Entscheidende Faktoren sind hierbei die Höhe der Brandraumtemperatur und die Aufheiz­ geschwindigkeit. Generell gilt, je langsamer die Er­ wärmung, desto langsamer erfolgt die Reaktion bzw. Aufschäumung des RBS. Eine Untersuchung zur Leistungsfähigkeit von RBS bei gegenüber der Einheits-­ Temperaturzeitkurve (ETK) abweichenden Temperaturkurven ist insbesondere vor dem Hintergrund der zunehmenden Anwendung von Naturbrandszenarien erforderlich. Die Ergebnisse klein­maßstäblicher Untersuchungen zum Einfluss unterschiedlicher Aufheizgeschwindigkeiten auf das Expansionsverhalten und die

376

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Bild 9. Einfluss unterschiedlicher Temperaturkurven auf die Entwicklung der Stahltemperaturen und das Aufschäumverhalten eines wasserbasierten RBS mit einer TSD von 1 mm

thermische Schutzwirkung von RBS wurden bereits in [22] veröffentlicht. Ferner wurde im Rahmen eines BAM-Projekts [8, 23] untersucht, inwieweit sich bei gleicher Endtemperatur, aber unterschiedlicher Aufheizgeschwindigkeit das Aufschäumverhalten und die thermische Schutzwirkung von RBS verändern (s. Bild 9). Aus den Temperaturmessdaten in Bild  9 lässt sich erkennen, dass trotz unterschiedlicher Aufheizgeschwindigkeiten des Brandraums bei annähernd gleicher Endtemperatur, nach 90 Minuten Erwärmungsdauer, in etwa gleiche Stahltemperaturen erreicht werden. Die thermische Schutzwirkung des RBS entwickelt sich gewissermaßen „bedarfsgerecht“ entsprechend der einwirkenden Brandraumtemperatur. Auffällig ist jedoch, dass sich deutlich unterschiedliche Schaumhöhen eingestellt haben. Die Schaumhöhe bei der rampenförmigen Brandraumtemperaturkurve fällt deutlich geringer aus als beim ETK-Verlauf. Dies ist folgerichtig, da die Temperaturrampe über die gesamte Erwärmungsdauer unterhalb der ETK verläuft und die Fläche unter der jeweiligen Brandraumtemperatur-Zeit-Kurve als Maß für die einwirkende Energiemenge angesehen werden kann. Voraussetzung für die Vergleichbarkeit ist selbstverständlich die Durchführung beider Versuche unter denselben Randbedingungen mit Ausnahme des Brand­ raumtemperatur-Zeit-Verlaufs. Die Dämmwirkung des sich ausbildenden Schaumkörpers ist nicht allein von der Höhe des Schaums abhängig, sondern in erheblichem Maße auch von der Gestalt der Poren wie auch der Oberflächenbeschaffenheit des Schaumkörpers, siehe dazu auch Abschnitt 7.2.2 sowie [5]. Die genannten Eigenschaften werden durch die einwirkende Brand­raumtemperatur-Zeit-Kurve beeinflusst.

4

Regelungen

4.1

Nationale und europäische Zulassungen

Da es sich bei RBS um nicht geregelte Bauprodukte handelt, ist deren Anwendung im Allgemeinen durch

Zulassungen geregelt. Bei der zulassungsbasierten Anwendung von RBS ist zwischen nationalen und europäischen Dokumenten zu unterscheiden. Die europäischen Bewertungsdokumente, d. h. Europäische Technische Bewertung (engl. ETA – European Technical Assessment), erlauben das Inverkehrbringen der Produkte innerhalb Europas. Die Bewertung von RBS erfolgt seit September 2017 auf Basis des europäischen Bewertungsdokuments EAD 350402-00-1106 [24]. Nach Abschnitt 14.2.2 der Musterverwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen MVV TB [25] ist in Deutschland für die Verwendung von RBS auf Basis einer ETA eine aBG erforderlich. Differenzierte Hinweise zur Auslegung der zur ETA führenden Normen haben bisher keinen Eingang in die MVV TB gefunden, sind jedoch im Rahmen zukünftiger Überarbeitungen zu erwarten. Eine aBG wird vom Deutschen Institut für Bautechnik (DIBt) erteilt und stellt sicher, dass bei Verwendung des Produkts auch die an das Bauwerk gestellten Anforderungen erfüllt werden. Bei der nationalen Zulassung (abZ) handelt es sich in der Regel um einen Verwendbarkeitsnachweis. In dem Dokument befanden sich bisher Informationen bezüglich der Produkteigenschaften und des Anwendungsbereichs des RBS auf Stahlbauteilen. Für die Erteilung einer allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung (abZ) sind bei RBS die Zulassungsgrundsätze des DIBt [26] anzuwenden. Der Zulassungsprozess stellt dabei sicher, dass bei Verwendung des Produkts auch die an das Bauwerk gestellten Anforderungen erfüllt werden. Es ist zu beachten, dass für RBS auch spezielle abZ mit der Anfangsbezeichnung „Z-200“ existieren, welche ergänzend zu einer bereits vorhandenen ETA lediglich eine Emissionsbewertung des Bauprodukts vornehmen. Die im vorliegenden Beitrag beschriebenen Ausführungen zu den abZ beziehen sich nicht auf solche mit der o. g. Bezeichnung. Ist eine Anwendung von RBS im Rahmen der Zulassung nicht möglich, so kann in Deutschland eine vorhabenbezogene Bauartgenehmigung (vBG) für Bauarten bzw. eine Zustimmung im Einzelfall (ZiE) für Bauprodukte beantragt werden. Hierfür sind in der Regel

Regelungen

377

Bild 10. Anwendbarkeitsnachweis: bauaufsichtliche Dokumente

eine gutachterliche Stellungnahme sowie üblicherweise auch Brandprüfungen erforderlich. Ferner wird mit diesem Verfahren lediglich eine projektbezogene Gültigkeit erreicht. Laut Mitteilung des DIBt vom 7. Juli 2017 [27] erfolgt eine restriktivere Abgrenzung zwischen Anforderungen an Bauprodukte und Regelungen für das Zusammenfügen von Bauprodukten zu baulichen Anlagen, sogenannten Bauarten. Hintergrund dieser Entwicklung ist das vom Europäischen Gerichtshof getroffene Urteil C-100/13. Demnach ist es unzulässig, an Bauprodukte mit CE-Kennzeichnung zusätzlich nationale Produktanforderungen zu stellen. Für Bauarten wird statt der abZ oder ZiE eine aBG oder vBG verwendet. Die Erteilung einer aBG behandelt die Kombination des Bauprodukts mit einem Bauteil, was im Ergebnis als Bauart anzusehen ist. Dies führt dann entsprechend der in Bild  10 dargestellten Kombinationen zu einem Anwendbarkeitsnachweis. Im Antragsverfahren werden diesbezüglich drei Fälle unterschieden: – bauproduktbezogene Aspekte (Fall 1), – bauproduktbezogene und bauartbezogene Aspekte (Fall 2), – bauartbezogene Aspekte (Fall 3). Im Fall 1 wird weiterhin eine abZ erteilt. Für den Fall 3 wird die abZ durch eine aBG ersetzt. Im Fall 2 wird aus der bisherigen abZ ein kombiniertes abZ- und aBG-Dokument. Dieser Kombibescheid hat nur eine Nummer und umfasst sowohl Informationen zum Bauprodukt als auch zur Bauart. Die zunehmende Variabilität und Kombinationsmöglichkeiten der Zulassungen sowie die draus resultierende Komplexität macht es für die Zukunft erforderlich, die Dokumente genau zu studieren und hinsichtlich des geplanten Verwendungszwecks der Produkte bzw. Anwendungsbereichs der Bauart eingehend zu überprüfen. Eine schematische Darstellung der Dokumente und Kombinationsmöglichkeiten zeigt Bild 10.

4.2

Anwendung auf Grundlage bauaufsichtlicher Regelungen und Zulassungen

Der zulassungsbasierte Einsatz von RBS ist auf warmgewalzten Baustahl (Kennzeichnung S) nach der Normenreihe DIN EN 10025 möglich. Da eine Heißbemessung auf Basis der Verfahren und temperaturabhängigen Abminderungsfaktoren nach DIN EN 1993-1-2 [28] derzeit ausschließlich für Baustähle der Festigkeitsklasse S235, S275, S355, S420 und S460 durchgeführt werden kann, sind die in DIN EN 10025-2 [29] genannten Baustähle der Festigkeitsklassen S185 und S500 für die Anwendung von RBS ausgeschlossen. Ein Überblick zu den im Rahmen von bestehenden Zulassungen möglichen Anwendungsbereichen von RBS findet sich in [30–33]. Der vorliegende Beitrag ergänzt die Übersichten um weiterführende Betrachtungen im Hinblick auf die Unterschiede zwischen den nationalen Zulassungen und europäischen Bewertungs­ dokumenten. Ferner wird auch auf Änderungen gegenüber dem Stand von 2018 Bezug genommen. Die Beurteilung der Leistungsfähigkeit von RBS und der sich daraus ergebende Beitrag zur Erhöhung der Feuerwiderstandsdauer für auf Biegung, Druck oder Zug beanspruchte Stahlbauteile erfolgt im Allgemeinen anhand von mechanisch belasteten und unbelasteten Brandprüfungen. In der Regel werden hierfür Träger und/oder Stützen unter dem Einfluss der ETK getestet. Die Durchführung der Brandprüfungen sowie die Beurteilung der Prüfergebnisse erfolgen national anhand der Zulassungsgrundsätze des DIBt [26] und auf europäischer Ebene auf Grundlage der DIN  EN  13381-8 [15]. Der in den bauaufsichtlichen Dokumenten angegebene Anwendungsbereich eines RBS hängt maßgeblich vom getesteten Prüfumfang ab. Für die im Bauwesen häufig vorkommenden Stahlprofile ist in Tabelle 2 eine Übersicht des derzeit im Rahmen von nationalen Zulassungen sowie europäischen Bewertungsdokumenten möglichen Anwendungsbereichs für RBS angegeben.

378

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Tabelle 2.  Übersicht der derzeit möglichen zulassungsbasierten Anwendung von RBS auf Stahlbauteilen Profilart

Beanspruchung

National (abZ) 1)

Europäisch (ETA) 1)

Quelle (abZ / ETA + aBG)

I-Profil

Biegung





[26] / [24, 15]

Druck





[26] / [24, 15]

Zug



(✓) 3)

[14, 34] / –

Biegung



(✓) 3)

[26] / –

Druck



(✓) 3)

[26] / –

Zug



(✓)

[34] / –

Biegung 2)

✓ 6)

✓ 6)

[26] / [15]

Druck





[26] / [24, 15]

Zug





[12, 13, 35, 36] / –





L-, T- und U-Profil

Hohlprofil

Vollprofil

4)

3)

Biegung 2)



Druck







✓ 4)

– 5)

[12, 13, 35, 36] / –

Zug

2)

1) Gemäß MVV TB [25] ist in Deutschland zusätzlich eine aBG erforderlich. 2) Die Verwendung ist unüblich und daher i. d. R. nicht Bestandteil des zulassungsbasierten Anwendungsbereichs. 3) Der Anwendungsbereich der ETA kann durch das DIBt mittels aBG auf Grundlage gutachterlicher Stellungnahme einer kompetenten Stelle erweitert werden. 4) Es existiert bislang lediglich eine aBG [21]. 5) Normative Regelungen zur Prüfung dieser Bauteile befinden sich derzeit in Arbeit (CEN/TC127/WG1). 6) Die Aussage gilt für RHP und QHP. Für KHP ist diese Verwendung unüblich und daher i. d. R. nicht Bestandteil des zulassungsbasierten Anwendungsbereichs.

Anhand von Bild 11 werden am Beispiel eines fiktiven Mustertragwerks die prinzipiellen Einsatzmöglichkeiten von RBS für im Stahlbau häufig vorkommende Anwendungsfälle vorgestellt. Entsprechend der verschiedenen mechanischen Beanspruchungsarten, d. h. Biegung, Druck und Zug, sind die typischerweise eingesetzten Profilarten angegeben. Dabei sind die Ausführungen in Abschnitt 4.2 zu beachten, da nicht jede beliebige Kombination von Beanspruchungsart und Profilform nach Darstellung in Bild  11 für jedes Produkt im zulassungsbasierten Anwendungsbereich liegt. Im Vorfeld der Anwendung sollte daher durch den Planer sowie den Applikateur für das zum Einsatz kommende RBS eine Überprüfung erfolgen.

4.2.1 Biegebeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil Aufgrund der in den Zulassungsgrundsätzen des DIBt [26] und DIN EN 13381-8 [15] festgelegten Prüfsystematik ist die Anwendung von RBS auf biegebeanspruchten Bauteilen mit offenem1) Profil im Allgemeinen im Rahmen der abZ bzw. ETA in Verbindung mit einer aBG möglich. Die Beurteilung der thermischen Schutzwirkung des RBS erfolgt dabei anhand von Brandprüfungen an mechanisch belasteten Trägern sowie an unbelasteten Bauteilabschnitten. Die Bauteile werden hierbei, entsprechend der üblichen Einbausitu-

1) I-, T-, U- und L-förmige Walz- und zusammengesetzte ­Profile

Regelungen

379

wendungsfälle handelt. Für die Anwendung von RBS auf geschraubten Anschlusskonstruktionen von Trägern an Stützen wird auf [37] verwiesen.

4.2.2 Druckbeanspruchte Bauteile mit offenem oder geschlossenem Profil

Bild 11. Fiktives Mustertragwerk mit Unterteilung nach der Beanspruchungsart und den jeweils typischerweise eingesetzten Profilarten

ation von Trägern, in horizontaler Einbaulage und mit einer dreiseitigen Brandbeanspruchung getestet. Grundlage für die Anwendung auf den als Einzelstab oder für zusammengesetzte Querschnitte verwendeten L-, T- und U-Profilen bilden die an I-Profilen bestimmten Ergebnisse. Eine Anwendung auf Trägern mit geschlossenem Profil, d. h. rechteckige (RHP) und quadratische Hohlprofile (QHP), ist ebenfalls möglich. Voraussetzung hierfür sind, analog zur Prüfsystematik für offene Profile, entsprechende mechanisch belastete und unbelastete Brandprüfungen mit dieser Profilart. Die Prüfung von RBS auf Trägern mit KHP oder Vollprofilen ist in der Prüfsystematik nicht vorgesehen. Dies ist auch nicht nötig, da es sich hierbei um unübliche An-

Die Prüfung von druckbeanspruchten Bauteilen mit offenem oder geschlossenem Profil erfolgt ebenfalls auf der in [26] und [15] festgelegten Prüfsystematik. Eine Anwendung von RBS auf diesen Bauteilen ist daher im Rahmen der abZ bzw. ETA in Verbindung mit einer aBG grundsätzlich möglich. Die thermische Schutzwirkung des RBS wird anhand von Brandprüfungen an mechanisch belasteten Stützen und unbelasteten Bauteilabschnitten beurteilt. Entsprechend der üblichen Einbausituation von Stützen erfolgen die Brandversuche in vertikaler Einbaulage und mit einer vierseitigen (allseitigen) Brandbeanspruchung. Bei druckbeanspruchten Bauteilen mit geschlossenem Profil muss im Allgemeinen eine gesonderte Beurteilung von kreisförmigen und rechteckigen/quadratischen Hohlprofilen erfolgen. Folglich sind für beide Querschnittsformen eigene Brandprüfungen erforderlich, wodurch sich unterschiedliche TSD-Tabellen ergeben. Alternativ kann nach [15] anhand einer Vergleichsprüfung die für das RBS kritischere Querschnittsform identifiziert werden. Die für diese Querschnittsform ermittelten TSD-Tabellen können dann auch auf die jeweils andere Profilform angewendet werden. Diese Vorgehensweise reduziert den Prüfaufwand, allerdings sind dann für die weniger kritische Form des Hohlprofils die höheren TSD zu verwenden. Analog zu den biegebeanspruchten Bauteilen sind auch bei druckbeanspruchten Bauteilen Vollprofile von der Prüfsystematik ausgeschlossen, da es sich hierbei um einen unüblichen Anwendungsfall handelt. Im Allgemeinen sind bei druckbeanspruchten Bauteilen keine Einschränkungen hinsichtlich der Einbaulage vorhanden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das RBS in der Regel sowohl auf biegebeanspruchten (horizontal) als auch auf druckbeanspruchten (vertikal) Bauteilabschnitten getestet wird, vergleiche dazu auch Abschnitt 5.3.

4.2.3 Zugbeanspruchte Bauteile mit offenem oder rechteckigem geschlossenem Profil Unabhängig von der verwendeten Profilart ist die Anwendung von RBS auf zugbeanspruchten Bauteilen bisher nur unzureichend durch die bestehende Prüfsystematik abgebildet. Folglich sind Stahlzugglieder nicht ohne Weiteres Bestandteil des zulassungs­basierten Anwendungsbereichs von RBS. Seitens der Bauwirtschaft, Planer und Beschichtungshersteller bestand in Deutschland ein Interesse, basierend auf nationalen Zulassungen, RBS auch auf den häufig für Stahlfachwerke eingesetzten Zuggliedern mit offenem Profil zu verwenden. Ausgehend von den im nationalen Zulassungsverfahren vorgesehenen Brandprüfungen an biegebeanspruchten Bauteilen mit I-Profil wurde anhand von numerischen

380

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Vergleichsrechnungen untersucht, inwieweit sich diese Ergebnisse auf zugbeanspruchte Bauteile übertragen lassen. Die Beurteilung erfolgte im Hinblick auf die Haftfähigkeit des RBS durch eine Gegenüberstellung der an einem Zugglied sowie in der Biegezugzone eines Trägers auftretenden Dehnungen. Der Vergleich setzt voraus, dass beide Bauteile die gleiche Querschnittsgeometrie aufweisen. Im Rahmen des an der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) durchgeführten Forschungsvorhabens [14] konnte nachgewiesen werden, dass eine Erweiterung des in der abZ angegeben Anwendungs­bereichs auf Zugglieder mit I-Profil möglich ist. Dies wurde durch spätere Untersuchungen [38] untermauert. Voraussetzung für die Übertragbarkeit ist, dass das RBS das in [26] beschriebene Prüfprozedere erfolgreich durchlaufen hat und entsprechende Brandversuche an mechanisch belasteten Trägern durchgeführt wurden. Darüber hinaus ist der für diese Zugglieder maximal mögliche Lastausnutzungs­grad im Brandfall auf fi 0,5 zu begrenzen. Ferner ist zu beachten, dass ein Träger in der Regel einer dreiseitigen und ein Zugglied einer vierseitigen Brandbeanspruchung ausgesetzt ist. Dies führt dazu, dass, auch bei identischem Bauteilquerschnitt, der Profilfaktor zunimmt und sich infolgedessen höhere TSD ergeben. Eine entsprechende Anpassung des in den abZ angegebenen Anwendungsbereichs ist im Jahr 2011 erfolgt [34]. Da die Prüfsystematik in [26] und [15] in der Regel Brandprüfungen sowohl an biegebeanspruchten (horizontal) als auch druckbeanspruchten (vertikal) Bauteilen mit I-Profil-Querschnitt umfasst, besteht bei Zuggliedern mit offenem Profil keine Einschränkung hinsichtlich der Einbaulage. Aufgrund der geometrischen Ähnlichkeit mit I-Profilen ist es nach [34] möglich, diese Regelung ohne zusätzliche Brandprüfungen auf L-, T- und U-Profile zu übertragen. Im Rahmen der Zulassungsanpassung wurde auch eine Präzisierung der Bauteil­bezeichnungen vorgenommen. Statt der Bezeichnung Träger, Stütze oder Fachwerkstab erfolgt seit 2011 eine Unterteilung nach der statischen Beanspruchung, d. h. Träger, Druckglied oder Zugglied. Um den Anwendungsbereich der ETA äquivalent zur abZ auf zugbeanspruchte Bauteile mit offenem Profil zu erweitern, ist eine gutachterliche Stellungnahme einer kompetenten Stelle sowie eine daraus durch das DIBt erteilte aBG erforderlich. Dabei wird überprüft, ob die im Rahmen der ETA durchgeführten Brandprüfungen an biegebeanspruchten Bauteilen mit I-Profil mit einem mindestens genau so hohen Lastausnutzungsgrad im Brandfall ( fi) durch­geführt wurden wie beim nationalen Zulassungsverfahren. Die in Deutschland, auf Basis von Brandprüfungen an mechanisch belasteten Trägern mit I-Profil, mögliche Erweiterung des zulassungsbasierten Anwendungs­ bereichs auf Zugglieder mit offenem Profil ist prinzipiell auch für rechteckige und quadratische Hohlprofile möglich. Wichtigste Voraussetzung ist das Vorhanden-

sein einer Brandprüfung an einem mechanisch belasteten Träger mit einem solchen Querschnitt. Da üblicherweise keine Brandversuche an mechanisch belasteten Trägern mit KHP oder Vollprofil durchgeführt werden, sind für die Anwendung von RBS auf Zuggliedern mit diesen Profilformen eigenständige Brandversuche unter reiner Zugbeanspruchung erforderlich. Hierauf wird im nächsten Abschnitt detailliert eingegangen.

4.2.4 Zugbeanspruchte Bauteile mit Vollprofil oder kreisrundem geschlossenem Profil Im Rahmen der abZ bzw. aBG ist in Deutschland eine Erweiterung auf zugbeanspruchte Bauteile mit Vollprofil oder Hohlprofil möglich. Hierzu sind Brandversuche an mechanisch belasteten Zuggliedern sowie gegebenenfalls an weiteren unbelasteten Bauteilabschnitten erforderlich. Die entsprechenden wissenschaftlichen Grundlagen wurden mit den Untersuchungen in [12, 13, 35] geschaffen (s. Bild 12). Ferner wurde darauf aufbauend durch eine aus dem nationalen DIN-Normenausschuss (NA 005-52-02 AA) heraus gebildete Expertengruppe für RBS (s. a. Abschnitt 5), die vom Erstautor des vorliegenden Beitrags koordiniert wird, in Abstimmung mit dem DIBt ein Vorschlag [36] für ein entsprechendes Prüf- und Bewertungsverfahren erar-

Bild 12. Aufschäumung eines wasserbasierten RBS an einem Stahlzugglied (oben: Querschnitt eines KVP D20 mm mit einer TSD von 2,5 mm vor dem Brandversuch; unten: Querschnitt nach dem Brandversuch mit einer Schaumhöhe von ca. 25 mm)

Regelungen

beitet. Der Prüfvorschlag sieht vor, dass für die Beurteilung der Leistungsfähigkeit des RBS Brandprüfungen an mechanisch zugbeanspruchten Bauteilen durch­ zuführen sind. Für die Anwendung von RBS auf den o. g. Bauteilen ist dieser Prüfvorschlag Bestandteil der Vorgehensweise, die vom DIBt für die Erteilung einer abZ bzw. aBG angewendet wird. Diese bereits in Deutschland etablierte Vorgehensweise dient mitunter als Erfahrungsgrundlage für die entsprechenden europäischen Normungsbemühungen, siehe hierzu Abschnitt 5.3 und 7.3.1. Für die spezielle Anwendung eines RBS auf Stahl­ zuggliedern mit KVP und KHP wurde die erste und bislang einzige aBG [21] (zuvor abZ [39]) durch das DIBt auf der Grundlage von an der BAM durch­geführten Brandprüfungen erteilt. Da die in der Zulassung angegebenen Werte für die TSD ausschließlich auf mechanisch belasteten Brandprüfungen basieren, sind je nach Höhe des Lastausnutzungsgrads im Brandfall unterschiedliche TSD-Tabellen ausgewiesen. Neben dem Abgleich des vorhandenen Lastaus­ nutzungsgrads im Brandfall ist durch eine statische Berechnung nachzuweisen, dass die Standsicherheit der Gesamtkonstruktion infolge der auftretenden Verformungen des Zugglieds für die gesamte Feuerwiderstandsdauer gewährleistet ist, vergleiche dazu auch Abschnitt 5.3. Ein solcher Nachweis ist daher unerlässlich und kann ggf. dazu führen, dass eine niedrigere Bemessungstemperatur für das RBS gewählt werden muss, als bei alleiniger Betrachtung der Tragfähigkeit des Einzelbauteils erforderlich wäre. Dies war beispielsweise in der „Alten Aktienspinnerei“ in Chemnitz der Fall (s. Bild 13). Um ein Durchschlagen der Gewölbedecken im Brandfall zu verhindern, war die Begrenzung der Stahltemperatur und der sich daraus ergebenden Längsverformung der Zuggliedunterspannungen entscheidend. Generell muss beachtet werden, dass sich aufgrund der Wirkungsweise von RBS eine signifikante Verlangsa-

381

mung der Erwärmung des Stahlbauteils in der Regel erst ab Stahltemperaturen von mehr als 200 °C einstellt. Bei vorgespannten Zuggliedern kann infolge der thermischen Ausdehnung ein Verlust der Vorspannung auftreten, was zu erhöhten Verformungen führt. Zugglieder mit Kreisvollprofil, insbesondere Zugstabsysteme, werden häufig für Unterspannungen, Abhängungen sowie für Aussteifungsverbände im Dach- und Wandbereich eingesetzt. Aufgrund des filigranen Querschnitts und der ausgeprägten Oberflächenkrümmung stellen die Kreisvollprofile eine besondere Herausforderung für RBS dar. Daher sind bei gleich hoher Feuerwiderstandsdauer meist höhere TSD erforderlich als bei üblichen Träger- oder Stützenprofilen. Wie bereits bei den druckbeanspruchten geschlossenen Profilen muss auch bei den zugbeanspruchten Voll- und Hohlprofilen eine gesonderte Beurteilung von kreisförmigen und rechteckigen/quadratischen Querschnitten erfolgen. Im Rahmen des Forschungsprojekts „FIRESTEMIC“ [20] wird aktuell an der BAM untersucht, inwieweit sich Ergebnisse von Zuggliedern mit Kreisvollprofil auf rechteckige/quadratische Vollprofile übertragen lassen, siehe hierzu Abschnitt 7.3.1. Ferner wird untersucht, wie der Einfluss unterschiedlicher Einbaulagen auf die Wirksamkeit des RBS berücksichtigt werden kann. Die Orientierung der Bauteile ist dabei variabel, d. h. horizontal, vertikal oder geneigt. Neben den Zuggliedern selbst werden derzeit auch die in den Anschlussbereichen verwendeten Spezialbauteile (z. B. Gabelköpfe, Ringscheiben, Knotenbleche usw.) in der nationalen und europäischen Prüfsystematik nicht betrachtet. Um die Feuerwiderstandsfähigkeit eines Zugstabsystems zu gewährleisten, müssen jedoch auch diese Bereiche gegen eine zu schnelle Erwärmung im Brandfall und einen damit verbundenen Festigkeitsverlust geschützt werden. Eine Untersuchung der Fragestellung erfolgte in einem Forschungsvorhaben, dessen Ergebnisse im Abschnitt 7.2.1 dargestellt werden.

Bild 13. „Alte Aktienspinnerei“ in Chemnitz (aktuelle Nutzung des Gebäudes als Bibliothek). Basierend auf einem Naturbrandszenario wurde eine Feuerwiderstandsdauer von 60 Minuten für die Zuggliedunterspannungen der Gewölbedecken durch den Einsatz eines RBS erreicht; a) Entkernung Westflügel, b) Westflügel nach Sanierung (Fotograf: Till Schuster; Bauherr: Freistaat Sachsen Sächsisches Staatministerium der Finanzen, vertreten durch den Staatsbetrieb Sächsisches Immobilien- und Baumanagement Niederlassung Chemnitz)

382

6   Reaktive Brandschutzsysteme

4.2.5 Bauteile mit kombinierter mechanischer Beanspruchung Ist die Verwendung von RBS auf einem Bauteil mit einer kombinierten Beanspruchung vorgesehen, so ist dies bei der Bestimmung der erforderlichen TSD zu beachten. Sofern keine weitergehenden Unter­suchungen durchgeführt werden, sollte für den Bereich mit kombinierter Beanspruchung, unter Berücksichtigung des Profilfaktors, jeweils die größere der sich aus den unterschiedlichen Beanspruchungsarten ergebenden TSD gewählt werden.

5

Novellierungen im Normenwerk

5.1

Allgemeines zur Normenreihe EN 13381 und zur Gremienzuständigkeit

Für die Prüfung von RBS und die Bestimmung erforderlicher TSD auf Basis der Auswertung von Brandversuchen, bezeichnet als Assessment, wird auf die europäische Prüfnormenreihe EN 13381 – Prüfverfahren zur Bestimmung des Beitrages zum Feuerwiderstand von tragenden Bauteilen – zurückgegriffen. Zuständig für die Bearbeitung der Normenteile ist CEN/TC 127/ WG 1, im Folgenden als WG  1 bezeichnet. Da dieses Gremium mit einer Vielzahl von Prüfnormen des Brandschutzes unterschiedlichster Art betraut ist, findet die Detailarbeit in Untergruppen, den Task Groups (TGs) statt. Für Deutschland national gespiegelt wird die Arbeit der WG 1 durch den DIN-Normenausschuss NA 005-52-02 (AA). Die deutschen Vertreter in der WG 1 sind aus diesem nationalen Spiegelausschuss entsandt. Für die Vorbereitung von Aktivitäten zu den RBS hat sich aus dem Spiegelausschuss eine Gruppe von Experten gebildet, die durch den Erstautor des Beitrags koordiniert wird. Diese Gruppe hat bereits die nationale Vorgehensweise zur Bewertung von RBS auf Stahlzuggliedern erarbeitet (s. Abschnitt 5.3) und wird für Beratungen im Zusammenhang mit neuen Normungsprojekten (siehe z. B. Abschnitt 5.4) einbezogen. Die Normenreihe EN 13381 existiert aktuell in 10 Teilen. Die Teile 1 und 2 behandeln horizontal und vertikal angeordnete Brandschutzbekleidungen. Teil 3 bezieht sich auf Brandschutzmaßnahmen für Betonbauteile und Teil 4 auf passive Bekleidungsmaßnahmen für Stahlbauteile. In den Teilen 5 bis 7 werden Brandschutzbekleidungen auf Stahlblech/Beton-Verbundkonstruktionen, Stahlverbundstützen und Holzbauteilen behandelt. Reaktive Bekleidungsmaßnahmen für Stahlbauteile werden in Teil 8 adressiert. Die Unterscheidung bei den Normteilen für Stahlbauteile in passive und reaktive Bekleidungsmaßnahmen offenbart, dass es deutliche Unterschiede zwischen passiven und reaktiven Brandschutzbekleidungen zu berücksichtigen gilt. Eine solche Unterscheidung wird bei den anderen Substraten bzw. Bauweisen bisher nicht vorgenommen, was damit zu erklären ist, dass der Hauptanwendungsbereich von RBS bisher bei Stahlkonstruktionen zu

finden ist. Dennoch können RBS auch auf Stahlbetonoder Holztragwerken zum Einsatz kommen, was hier jedoch nicht weiter behandelt wird. Teil 9 adressiert Stahlträger mit Stegöffnungen und Teil 10 Stahlstäbe mit Vollquerschnitt für zugbeanspruchte Anwendungung. Hier wird im Normentitel neben dem Substrat Stahl auch die Beanspruchungsart in Bezug genommen. Bemerkenswerterweise sind im Teil 10 keine mechanisch belasteten Prüfungen an entsprechenden Bauteilen vorgeschrieben. Dies führte dazu, dass dieser Normenteil für die Anwendung in Deutschland ausgeschlossen ist, siehe dazu auch Abschnitt 5.3, da nach Abschnitt 6.2.2.6 von DIN 4102-2 [40], welche diesbezüglich das nationale Sicherheitsniveau definiert, für mechanisch beanspruchte Bauteile auch Brandprüfungen unter mechanischer Beanspruchung durchzuführen sind. Ferner existieren Forschungsergebnisse, die eine Abhängigkeit der Wirksamkeit der RBS von der Höhe der Zugbeanspruchung belegen (s. Abschnitt 5.3). Die Erstellung zwei weiterer Teile von EN 13381 befindet sich momentan in Bearbeitung. Zum einen wurde durch den Ausschluss der Verwendung des Teils 10 in Deutschland ein Normenteil für die Verwendung von RBS auf Stahlzuggliedern erforderlich, der auf Brandprüfungen mit mechanischer Beanspruchung aufbaut. Des Weiteren wird ein Normenteil für die Verwendung von RBS auf biege- und druckbeanspruchten Aluminiumbauteilen erarbeitet. Im Folgenden werden ausschließlich die Arbeiten zur Aktualisierung der Normenteile behandelt, die einen Bezug zu RBS auf Stahlbauteilen aufweisen.

5.2

Träger und Stützen aus Stahl – EN 13381-8

Die Verwendung von RBS auf Trägern und Stützen, also auf Bauteilen mit den Beanspruchungsarten Biegung und Druck, ist in EN 13381 Teil 8 [15] geregelt. Die Bearbeitung obliegt WG 1/TG 5. Die TG 5 ist ebenso für die Überarbeitung von Teil 4 zuständig, der sich auf passive Bekleidungsmaßnahmen bezieht. Vor der Erstellung von Teil 8 enthielt Teil 4 Regelungen zu passiven und reaktiven Brandschutzmaterialien. Beide Normenteile weisen daher, zumindest im Aufbau, erhebliche Parallelen auf. Neben einer redaktionellen Überarbeitung umfasst die derzeitige Novellierung einige wichtige inhaltliche Aspekte. Zwar ist derzeit noch keine offizielle Abstimmung dazu erfolgt, dennoch erscheint es als wahrscheinlich, dass diese Änderungen in Zukunft greifen werden. Konkret ist dies die Verwendung der aktuellen, d. h. gemessenen Querschnittswerte der für die Prüfung verwendeten Stahlprofile bei der Bestimmung der Prüflast. Die Verwendung der aktuellen Festigkeitswerte des Stahls ist bereits in der Fassung von August 2013 eingeführt worden. Ferner enthält die aktuelle Fassung von EN 13381-8 [15] insgesamt vier Assessmentmethoden, die im Anhang E der Norm beschrieben sind. Diese sind ein grafisches Verfahren, ein Analyseverfahren mit der Differenzialgleichung mit variablem sowie



Novellierungen im Normenwerk

eines mit konstantem als auch eine numerische Regressionsanalyse. Dabei zeigte sich, dass mit den unterschiedlichen Verfahren bei derselben Datengrundlage unterschiedliche Ergebnisse für die erforderliche Trockenschichtdicke erzeugt werden. Zur Vereinheitlichung und zur Vereinfachung soll deshalb eine Reduzierung auf maximal zwei Verfahren vorgenommen werden. Aus einer durch die TG  5 initiierten und von der WG  1 durchgeführten europaweiten Umfrage bei notifizierten Stellen und TAB-Stellen (engl. Technical Assessment Body) über die nationalen Spiegelgremien ergab, dass in praktischen Anwendungsfällen am häufigsten das grafische Verfahren und die Regressionsanalyse angewendet werden, weshalb geplant ist, diese Verfahren in der Norm zu belassen. Bei dem grafischen Verfahren tritt allgemein eine Abhängigkeit der Ergebnisse von der anwendenden Person auf, hingegen bringt die Regressionsanalyse einen höheren mathematischen Aufwand mit sich. Als weitere Neuerung wird in Zukunft neben Mantelthermoelementen auch standardmäßig die Anwendung von Thermoelementen aus Rollenware zur Messung der Stahltemperaturen während der Brandversuche erlaubt sein.

5.3

Zugglieder aus Stahlvollprofilen – EN 1338110 und neuer Normenteil zu EN 13381

Da mittels EN 13381-8 [15] ausschließlich die Anwendung von RBS auf Stahlbauteilen aus I- und Hohlprofilen mit Biege- sowie Druckbeanspruchung möglich ist, jedoch aus der Anwendungspraxis ein wachsender Bedarf für RBS auf zugbeanspruchten Stahlbauteilen erkennbar ist, wurde mit EN 13381-10 [41] ein entsprechender Normenteil geschaffen. Die Erstellung erfolgte durch WG  1/TG  5. Der Arbeitsauftrag umfasste die Erstellung einer Prüfnorm zur Ermittlung der Wirksamkeit von Brandschutzbekleidungen auf Stahlbauteilen mit Vollquerschnitt unter Zugbeanspruchung. Hier wird bereits deutlich, dass die mit den Normenteilen 4 und 8 vorgenommene Trennung zwischen passiven und reaktiven Brandschutzbekleidungen aufgegeben wurde. Mit Teil 10 ist vorgesehen, dass die Leistungsfähigkeit von RBS auf der Basis von mechanisch unbelasteten Probeköpern ermittelt wird. Auf der Grundlage von wissenschaftlichen Untersuchungen der BAM [12, 13], welche einen Einfluss der mechanischen Zugbeanspruchung auf die Leistungsfähigkeit des RBS belegen, wurde von deutscher Seite angeregt Brandprüfungen an mechanisch belasteten Zuggliedern als obligatorisch in das Prüfprozedere aufzunehmen. Dies fand im Rahmen der Beratungen in der WG 1 keinen Konsens, sodass für die genannten Bauteile nur in Ausnahmefällen Brandprüfungen mit mechanischer Zugbeanspruchung erforderlich sind. In Deutschland sind, wie bereits unter Abschnitt 5.1 ausgeführt, Brandprüfungen zur Ermittlung des Feuerwiderstands tragender Bauteile grundsätzlich an belasteten Prüfkörpern durchzuführen. Aufgrund dieser Regelung, welche durch die Forschungsergebnisse bestätigt wurde, er-

383

folgte zur Wahrung des nationalen Sicherheitsniveaus die Beantragung einer sogenannten A-Abweichung. Damit ist eine Anwendung der Norm in Deutschland ausgeschlossen. Das CEN/TC 127 hat dem Antrag zugestimmt und darüber hinaus ein Mandat für einen weiteren Teil der Normenreihe EN  13381 erteilt, welcher die Leistungsfähigkeit von RBS auf Stahlzuggliedern mit Vollprofil anhand eines Prüf- und Bewertungsverfahrens basierend auf mechanisch belasteten Brandprüfungen regeln soll. Die hierfür im Normenausschuss CEN/TC  127/WG  1 eingerichtete Unterarbeitsgruppe TG  17 wird von deutscher Seite geleitet und hat ihre Arbeit im Februar 2019 aufgenommen. Die TG 17 besteht derzeit aus Vertretern der Spiegelgremien aus Polen, den Niederlanden, Frankreich und Deutschland sowie Großbritannien. Zwar ist Großbritannien nach dem Austritt aus der EU nicht mehr Teil des gemeinsamen Binnenmarkts, dennoch ist es weiterhin Mitglied bei CEN in einem Sonderstatus, der jedoch weitestgehend die bisherigen Rechte und Pflichten eines Vollmitglieds beinhaltet. Neben den Vertretern, die hauptberuflich für notifizierte Prüfinstitute tätig sind, finden sich in der TG 17 auch Vertreter aus der Herstellerindustrie sowie mit Bezug zur Bauaufsicht bzw. staatlichen Institutionen. Daraus lässt sich ablesen, dass das Interesse an Brandprüfungen von RBS auf mechanisch belasteten Stahlzuggliedern nicht auf Deutschland begrenzt ist. Wie auch Teil 10 soll der neue Normenteil sowohl für passive als auch für reaktive Brandschutzbekleidungen anwendbar sein. Der wesentlichste Unterschied in der Konzeption des Normenteils im Vergleich zum Teil 10 ist die obligatorische Durchführung von mechanisch belasteten Brandversuchen und die damit verbundene Möglichkeit, den Feuerwiderstand direkt aus den Versuchsdaten ohne eine nachgeschaltete Heißbemessung zu bestimmen. Dies vereinfacht die praktische Anwendung eines RBS, da lediglich der Lastausnutzungsgrad im Brandfall bekannt sein muss. Nach Teil 10, ebenso wie nach Teil 8 für Träger und Stützen, werden lediglich Temperaturdaten bestimmt und daraus Tabellen für die erforderliche TSD ermittelt. Für den Nachweis des Feuerwiderstands ist, basierend auf den Tabellenwerten, eine Heißbemessung durchzuführen. In allen Fällen besteht weiterhin das Erfordernis der Bestimmung der Verformungen unter Berücksichtigung der entsprechenden Bemessungstemperatur im Brandfall. Dafür wird auch der neue Normenteil entsprechende Temperaturdaten liefern, die dann in die Bewertungsdokumente, früher als Zulassungen bezeichnet, einfließen sollen. Dem Nachweis der Verformungen bei erhöhten Temperaturen kommt insbesondere bei Zuggliedern eine entscheidende Bedeutung zu, da dieser Nachweis in einigen Anwendungen maßgebend für die Auslegung der Brandschutzmaßnahme wird, wie das Beispiel der Aktienspinnerei Chemnitz in Abschnitt 4.2.4 zeigt. Gegenüber Teil 10, in dem ein Prüfprogramm mit einer Vielzahl von unbelasteten Prüfkörpern festzulegen ist, wird im neuen Normenteil bereits

384

6   Reaktive Brandschutzsysteme

mit einem belastet geprüften Zugglied und einer Wiederholungsprüfung eine entsprechende Anwendung ermöglicht. Bei bestandener Prüfung können mit der gleichen TSD auch Zugglieder mit einem geringerem Profilfaktor, d. h. größerem Querschnitt, ebenfalls in den Anwendungsbereich mit aufgenommen werden. Gleiches gilt bei einer Verringerung des Lastausnutzungsgrads im Brandfall. Zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit kann das Prüfprogramm durch weitere, mechanisch belastete Brandprüfungen erweitert werden. Dies kann auch nachträglich erfolgen. Damit haben Hersteller die Option, je nach Bedarf und Marktlage den Anwendungsbereich durch gezielte Auswahl zusätzlicher belasteter Prüfungen zu vergrößern. Für Brandprüfungen an mechanisch belasteten Zuggliedern steht an der BAM ein entsprechender Prüfstand zur Verfügung (s. Bild 23). Der neue Normenteil wird eine Beschreibung der erforderlichen Prüftechnik und Spezifikationen für die Messtechnik enthalten, die es zukünftig ermöglichen, weitere Prüfstände normkonform zu errichten. Aus früheren Untersuchungen [12, 13] ist bekannt, dass die Wirksamkeit von RBS auf Zuggliedern mit Vollprofil auch von der Einbaulage, also der Stabneigung beeinflusst wird. Dieses Phänomen ist auch bei Anwendungen entsprechend Teil 8 bekannt und wird dort berücksichtigt, da Stützen in vertikaler Einbaulage und Träger horizontal geprüft werden. Da es einen unrealistischen Aufwand darstellen würde, eine Prüfeinrichtung für mechanisch belastete Zugglieder mit beliebig einstellbarer Neigung des Bauteils herzustellen, wird in der Norm davon ausgegangen, dass die Prüfungen standardmäßig in horizontaler Einbaulage erfolgen. Für die Anwendung der Ergebnisse auf geneigte bis hin zu vertikalen Einbaulagen wird eine Vergleichsprüfung an unbelasteten Prüfkörpern unterschiedlicher Neigung notwendig. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Unterschiede der Wirksamkeit zwischen den verschiedenen Einbaulagen bzw. Neigungen im selben Verhältnis auf mechanisch beanspruchte Zugglieder übertragen lassen. Die Entwicklung einer entsprechenden Normprüfanordnung erfolgt derzeit in einem WIPANO-­ Forschungsvorhaben. Details dazu finden sich im Abschnitt 7.3.1 [20].

5.4

Bauteile aus Aluminium

Für die Bewertung von RBS auf Aluminiumbauteilen soll ein zusätzlicher Teil von EN 13381 erstellt werden. Der Anwendungsbereich bezieht sich, analog Teil 8, auf Träger und Stützen. Zugglieder sind nicht Bestandteil des geplanten Anwendungsbereichs. Die Bearbeitung erfolgt durch die neue Task Group TG 16, die aus der WG 1 gebildet wurde. Die Diskussionen im Gremium beziehen sich derzeit auf die Frage, ob die aus Prüfungen nach Teil 8 von Stahlbauteilen gewonnenen Erkenntnisse ohne weitere Brandprüfungen an mechanisch belasteten Aliminiumbauteilen auf eben diese Anwendung übertragen werden können. Aus Sicht der

Autoren bestehen hier erhebliche Zweifel. Diese Zweifel ergeben sich aus technologischen Aspekten der Wirkungsweise von RBS und aus dem gravierend unterschiedlichen thermomechanischen Verhalten der hier zu vergleichenden Substrate Stahl und Aluminium. Bei den derzeit bekannten RBS beginnt die Aufschäumreaktion ab ca. 200 °C Oberflächentemperatur der Beschichtung, was für Stahlkonstruktionen kein Problem darstellt, da deren Versagenstemperatur, selbst bei hohem Lastausnutzungsgrad, jenseits von 500  °C Stahltemperatur liegt. Demnach kann davon ausgegangen werden, dass zum Zeitpunkt des Versagens einer Stahlkonstruktion ein voll durchreagiertes und damit komplett aufgeschäumtes RBS vorliegt. Bei Aluminiumkonstruktionen hingegen ist ein Versagen bereits bei Bauteiltemperaturen zu erwarten, bei denen sich ein RBS noch im Aufschäumvorgang befindet, d. h. erhebliche Anteile der aufgebrachten TSD noch nicht durchreagiert sind, vgl. dazu die Ausführungen zur Wirkungsweise von RBS in Abschnitt 2. Die Brandschutzwirkung würde hier also nicht durch den eigentlichen Wirkmechanismus von RBS, dem Entstehen einer wärmedämmenden Schaumschicht, sondern vielmehr durch die vorhandene Auftragsdicke des nicht reagierten Materials, also vergleichbar mit passiven Brandschutzmaterialien, erzielt. Ferner liegen derzeit kaum Prüfergebnisse von RBS auf Aluminiumbauteilen vor, insbesondere von Brandprüfungen an mechanisch belasteten Prüfkörpern, die für die Normungsarbeit als Basis dienen könnten. Weitere Fragen in Bezug auf die vielfältigen Querschnittsformen von Aluminiumprofilen sind ebenfalls noch zu klären. Es ist davon auszugehen, dass es deutlich schwieriger sein wird, repräsentative Querschnittsformen für Brandprüfungen zu finden. Neben den im Stahlbau üblichen offenen und geschlossenen Querschnittsformen kommen beim Aluminium auch Kombinationen aus diesen beiden Grundformen vor. Es ist daher noch offen, wie im Assessment und den daraus abgeleiteten TSD-Tabellen das bisherige Konzept von Profilarten und Profilfaktoren umgesetzt werden kann. Die weitere Entwicklung dieses Normenteils lässt sich aufgrund der noch ungeklärten, grundsätzlichen Fragen derzeit schwer abschätzen.

5.5

Produktnorm

Voraussetzung für die Erstellung einer harmonisierten Produktnorm ist die Erteilung eines entsprechenden Mandats durch die EU-Kommission. Zwar existiert mit DIN EN 16623 [42] seit 2015 eine Norm für das Produkt RBS, dennoch kann diese Norm nicht als Produktnorm im Sinne einer harmonisierten europäischen Norm angesehen werden, da sie nicht im Amtsblatt der EU veröffentlicht wurde. Als Gründe können hier beispielsweise das Fehlen eines Mandats oder Diskrepanzen mit dem in einem Mandat vorgesehenen Inhalt und der vorliegenden Norm vermutet werden. Für die Norm zuständig ist CEN/TC 139/WG 13, welche in Deutschland durch den NA 002-00-15-04 AK Be-

Dauerhaftigkeit

schichtungsstoffe und Beschichtungen (NAB), Arbeitskreis Brandschutzbeschichtungen gespiegelt wird. Aktuell zeichnet sich ab, dass die WG 13 beim TC 139 den Auftrag zur Überarbeitung von EN 16623 erbitten wird. Dies stützt sich auf eine Umfrage der WG 13 bei den interessierten Kreisen sowie bereits eingegangenen Kommentaren für die Überarbeitung der Norm. Der weitere Fortgang lässt sich aktuell schwer einschätzen. Die formale Vorgehensweise bei Existenz eines Mandats und einer Befürwortung der Überarbeitung durch das TC 139 wäre die Erstellung eines Entwurfs durch die WG 13 und eine spätere Vorlage des Entwurfs bei einem von der EU-Kommission eingesetzten Harmonised Standards-Consultant (HAS-Consultant). Einem HAS-Consultant obliegt die Überprüfung der Übereinstimmung eines Normenentwurfs mit dem zugehörigen Mandat.

6

Dauerhaftigkeit

6.1

Exposition und Schädigungsmechanismen

Die Alterung von RBS wird durch klimatische Einflussfaktoren hervorgerufen. Die Systeme sind, abgesehen von Substanzen aus Umweltkontamination, in Abhängigkeit vom jeweiligen Verwendungsort Temperaturänderungen sowie Wasser und Licht in unterschiedlicher Intensität und Ausprägung ausgesetzt. Mechanische Beschädigungen werden im Folgenden nicht im Detail behandelt. Diese Exposition führt zu einer Veränderung der für die Intumeszenz erforderlichen Substanzen oder deren Verlust infolge Austragung aus dem RBS und somit zu einer Verminderung der Leistungsfähigkeit des Systems. Die unterschiedlichen Einflussgrößen sind in Bild 14 symbolisch zusammengefasst. Untersuchungen auf der Basis künstlicher Bewitterung [3, 43] identifizieren beispielsweise für wasserbasierte Systeme zwei wesentliche Schädigungsmechanismen. Der erste Mechanismus beschreibt das Austreten von

Bild 14. Mögliche Exposition einer mit RBS beschichteten Stahlkonstruktion

385

Melamin (MEL), Pentaerythrit (PER) und Ammoniumpolyphosphat (APP) aus der Beschichtung an die Oberfläche, wo sie im Brandfall zu einer Aufschäumung nicht mehr beitragen können. Der zweite Mechanismus ist die durch Wasser verursachte chemische Reaktion von MEL und APP innerhalb der Beschichtung. Zusammenfassend wird daraus gefolgert, dass die Einwirkung von Feuchtigkeit die dominierende Einflussgröße bei der Alterung darstellt. Die chemische Reaktion von MEL und APP lässt sich durch die Verwendung von modifiziertem (gekapseltem) APP zumindest hinaus­ zögern. Für weitere Details sei auf Abschnitt 7.2.4 verwiesen.

6.2

Nachweise der Dauerhaftigkeit

6.2.1 Allgemeines Für die Prüfung und Bewertung der Dauerhaftigkeit von RBS stehen das nationale Verfahren im Rahmen der Erteilung und Gültigkeitsverlängerung der abZ bzw. aBG und das europäische Verfahren im Rahmen der Erteilung der ETA zur Verfügung. Die Verfahrensweisen basieren auf unterschiedlichen Grundideen, weshalb sie nicht unmittelbar miteinander vergleichbar sind und insbesondere hinsichtlich der Interpretationen der daraus gewonnenen Aussagen nicht miteinander vermengt werden sollten. Das europäische Verfahren fußt auf einer Kurzzeitbewitterung, was einer beschleunigten künstlichen Alterung der Systeme gleichzusetzen ist. Im nationalen Verfahren werden sowohl Kurzzeitbewitterungsversuche herangezogen als auch Langzeitbewitterungsversuche, die sich über die ersten zehn Jahre der Gültigkeitsdauer einer abZ erstrecken. Beide Verfahrensweisen werden im Folgenden getrennt von­ einander in den wesentlichen Punkten dargestellt und diskutiert. Eine Übersicht über die jeweiligen Beanspruchungskollektive für die künstliche Bewitterung kann den Tabellen 3 und 5 entnommen werden. Für weitere Informationen zu den Prüfverfahren sei hier auf [1, 30, 32, 44] verwiesen. Jüngste Untersuchungen zum Alterungsverhalten von RBS finden derzeit in einem IGF-Forschungsvorhaben statt. Eine detaillierte Darstellung dazu enthält Abschnitt 7.3.2. Unabhängig davon, welches Verfahren für den Nachweis der Dauerhaftigkeit herangezogen wird, basieren die Regelungen auf festgelegten Annahmen hinsichtlich der Umwelteinflüsse. Daher besteht die Notwendigkeit zur Überprüfung, ob während der Nutzung eines Bauwerks Änderungen gegenüber den ursprünglichen Annahmen eingetreten sind. Diese können durch geplante Umbauten bzw. Umnutzungen wie auch ungeplante Einflüsse aus extremen Wetterlagen, Unfällen oder Katastrophen resultieren. Empfehlungen für Sichtprüfungen, die einer Kontrolle dienen können, werden in [45] vor­geschlagen. Ein neuartiges Verfahren zur In-situ-­ Überprüfung für Stahlkonstruktionen mit gealterten RBS wird im Rahmen eines vom DIBt geförderten Forschungsvorhabens erarbeitet (s. Abschnitt 7.3.3). Ein

386

6   Reaktive Brandschutzsysteme

Ausblick darauf findet sich im Abschnitt 7.3.3. Dabei wird die Aussagekraft einer Sichtprüfung, bei der lediglich Beschädigungen gesucht und ansonsten Indizien für die Wirksamkeit eines gealterten RBS gesammelt werden, durch eine quantitative Aussage über den noch vorhandenen Grad der Wirksamkeit der Beschichtung und den daraus abgeleiteten Feuerwiderstand der Konstruktion ergänzt.

6.2.2 Europäisches Verfahren nach EAD Das Verfahren basiert auf dem europäischen Bewertungsdokument (engl. European Assessment Document) EAD 350402-00-1106 [24]. Das EAD ging aus der Zusammenfassung der Teile  1 und 2 der mittlerweile zurückgezogenen ETAG 018 [46, 47] hervor. Dabei wurde der Inhalt der beiden Vorgängerdokumente im Wesentlichen übernommen und um Bewertungsmethoden der Freisetzung gefährlicher Substanzen ergänzt. Letzteres erfolgte allgemein bei der Überführung von ETAGs in EADs und ist somit kein Spezifikum der RBS. Das im Rahmen der Kurzzeitbewitterung zu prüfende Beanspruchungskollektiv richtet sich nach dem Anwendungsort des RBS und wird in den Nutzungskategorien Z2, Z1, Y und X ausgerückt. Dabei steigt die Beanspruchung in der genannten Reihenfolge von der Innenan-

wendung mit geringer Temperaturänderung und geringer Änderung der Luftfeuchte bis zur Außenanwendung bei großer Temperaturänderung einschließlich Frost und Änderung der Luftfeuchte sowie Beanspruchung mit UV-Strahlung und Sprühwasser. Eine zusammenfassende Übersicht ist Tabelle 3 zu entnehmen. Im Bild 15 sind die unterschiedlichen Nutzungskategorien durch Symbole anschaulich dargestellt. Auswirkungen aus Kontamination der Umwelt sind laut EAD Abschnitt 1.2.3 durch zusätzliche Betrachtungen im Rahmen der Erteilung einer ETA vorzunehmen. Die Bewertung der Dauerhaftigkeit erfolgt anhand des Vergleichs der thermischen Schutzwirkung bewitterter und unbewitterter Proben. Als Vergleichsgröße wird die Zeit bis zum Erreichen einer Stahltemperatur von 500 °C (t500) herangezogen. Diese wird an Probekörpern mit Mindestabmessungen von 200  mm 300  mm 5  mm ermittelt, welche in Kleinbrandversuchen unter ETK nach DIN EN 1363-1 [48] geprüft werden. Die Dauerhaftigkeit gilt als nachgewiesen, wenn t500 der bewitterten Proben im Mittel nicht weniger als 0,85 t500 der unbewitterten Proben (Erstprüfung) und t500 keiner einzelnen bewitterten Probe weniger als 0,8 t500 aus der Erstprüfung beträgt. Nach Abschnitt 1.2.4 des EAD liegt den Beanspruchungskollektiven eine angenommene Lebensdauer des

Tabelle 3.  Beanspruchungsbedingungen für Kurzzeitbewitterungsversuche nach [24] Anwendung

Typ

Min/Max. Temp. | RH

Dauer

innen

Z2

5 °C/40 °C | 50–80 %

21 Tage

innen (hohe Luftfeuchtigkeit)

Z1

23 °C/40 °C | 50–100 %

21 Tage

halbexponiert

Y

−20 °C/70 °C | 20–95 %

14 Tage

außen / sämtliche Bedingungen

X

50 °C | 15 Niete

15 kN

Kniehebelpresse

25 kN

sen werden kann. Dies ist im Sinne eines einfachen Nachweises für ein Bauteil, bei dem die Gleitkraft nicht überwunden wurde und daher eine günstigere Bemessungs-Wöhlerlinie für die Ermüdungsfestigkeit verwendet werden kann. Für Niete aus St44 sollten die Werte aus Tabelle 24 pauschal um 1∕​3 abgemindert werden, um den Anmerkungen bezüglich der geringeren Gleitkräfte solcher Niete Rechnung zu tragen. Bei Handnietung bzw. bei unbekanntem Nietverfahren (ein in der Praxis wohl oft zu erwartender Fall) sollte eine genauere Untersuchung der Qualität der Nietung durchgeführt werden. Dies sollte zumindest eine visuelle Begutachtung inklusive Abklopfen der Niete in kritischen Bereichen umfassen. Bei Zweifeln an der Qualität der Nietung sollte kein Gleitwiderstand in Rechnung gestellt werden. Für Niete aus St44 (Grundwerkstoff St52) mit Anstrich der Kontaktflächen sollte ebenfalls kein Gleitwiderstand in Rechnung gestellt werden.

6.3

Ermüdungsfestigkeit genieteter Bauteile

6.3.1 Einflussfaktoren Eine zielgerichtete Untersuchung und Kategorisierung der Vielzahl an publizierten Versuchsergebnissen erfordert eine vertiefte Studie der möglichen Einflussfaktoren auf die Ermüdungsfestigkeit genieteter Bauteile. Die wichtigsten Faktoren, welche die Ermüdungsfestigkeit genieteter Bauteile beeinflussen, können demnach wie folgt aufgelistet werden.

Höhe des Lochleibungsdrucks Insbesondere ist von Bedeutung, ob überhaupt ein Lochleibungsdruck vorhanden ist oder ob die Übertragung der Kräfte von einem Blech zum anderen ausschließlich über Reibungskräfte erfolgen kann. Aus diesem Grund war die Bestimmung unterer Grenzwerte des Gleitwiderstands im vorangegangenen Abschnitt von Bedeutung. Nachfolgend wird angenommen, dass die Überwindung des Gleitwiderstands eine Klassifizierung in eine andere (niedrigere) Kerbfallkategorie erzwingt. Für eine an und für sich wünschenswerte Aufteilung der Versuchsergebnisse nach verschiedenen Niveaus des Lochleibungsdrucks reichen die vorhandenen Daten nicht aus. Versuche, bei denen die in früheren Normen



Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

üblichen Verhältnisse von ​​ ​  LL​​    :      2,0  : 1,0​ überschritten waren, wurden für die statistische Auswertung getrennt betrachtet.

Höhe des Spannungsverhältnisses ​    ​ ​  min​​   ∕​  ​ ​  max​​​

​​

​  c, ​​   f​( )​   ​ ​  c,0​​​

(54)

Nachfolgend werden einige publizierte Zusammenhänge zwischen Spannungsverhältnis ​ ​und dem Modi( )​​ dargefikationsfaktor der Ermüdungsfestigkeit ​ f​ stellt. Bild 78a zeigt oben angeführten Zusammenhang laut der österreichischen Norm ÖN B4600-3 aus dem Jahr 1979 sowie nach DIN EN 1993-1-9. Die Gerade auf der Seite ​    0​bei der Linie für ÖNORM B 4600-3 ergibt sich aus der Begrenzung der Oberspannung durch die damals gültige zulässige Spannung. Laut EC3 kann bei nichtgeschweißten bzw. spannungsarmgeglühten Bauteilen eine Reduktion der auf der Beanspruchungsseite anzusetzenden Spannungsamplitude ​ ​ durch Abminderung der Druckspannungen auf 60 % berücksichtigt werden. Wenn man diese Regelung so umformt, dass sich wiederum obige Modifikation der Widerstandsseite ergibt, erhält man für den Bereich​    0​die Beziehung (55): ​f(​ )​   ​(1    )​∕(​​ 1   0,6    )​​

Tabelle 25.  Angesetzte Abhängigkeit der Ermüdungsfestigkeit vom Spannungsverhältnis ​    ​ ​  min​​  ∕​ ​ ​  max​​​ Schweißeisen und Flusseisen vor 1900 ​    0​

Bis zur aktuellen Normengeneration der Eurocodes bzw. der letzten, bereits an die Eurocodes angelehnten DIN-Normen und ÖNormen, wurde der Ermüdungsnachweis – unter anderem und insbesondere der genieteten Konstruktionen – stets unter Berücksichtigung des Einflusses des Spannungsverhältnisses geführt. Wenn man die Ermüdungsfestigkeit für ein Spannungsverhältnis ​    0​, d. h. für die Ursprungsfestigkeit, als Bezugswert ​​ ​  c,0​​​der Ermüdungsfestigkeit (z. B. für​​ N​  c​​   2​Millionen Lastwechsel) betrachtet, so kann man ganz allgemein für jeden Wert von ​ ​den Wert der Ermüdungsfestigkeit ​​ ​  c​​​( )​​durch Multiplikation mit dem Faktor ​f​( )​​ermitteln, entsprechend Gl. (54):

(55)

Richtlinie 805 [135] der Deutschen Bahn (DB) zur Tragsicherheit bestehender Eisenbahnbrücken enthält zwei unterschiedliche Wöhlerlinien für genietete Bauteile, einerseits für neuere Stähle, andererseits für Schweißeisen und Flusseisen, welches vor 1900 einge-

495

1    ​f​( )​   ​ _    ​​  1   0,70   

​    0​ 1    ​f(​ )​   ​ _    ​​  1   0,75   

Flussstahl, St37, St48, St52 usw. ​    0​ 1    ​f(​ )​   ​ _    ​​  1   0,40   

​    0​ 1    ​f(​ )​   ​ _    ​​  1   0,60   

baut wurde. Beide Linien sind vom Spannungsverhältnis ​ ​abhängig. Wenn man wiederum den Faktor ​f​( )​​ als Verhältnis der für einen bestimmten Wert von ​ ​ vorhandenen Ermüdungsfestigkeit zu jener bei ​    0​ definiert, können die in Bild  78b dargestellten Linien aufgetragen werden. In Bild 78b sind zudem die in Tabelle 25 enthaltenen formelmäßigen Annäherungen der Angaben von Richtlinie 805 wiedergegeben. Den Formeln aus Tabelle 25 kam bei der hier vorgestellten statistischen Untersuchung eine besondere Bedeutung zu. Diese wurden auf die betrachteten Versuchsergebnisse angewandt, um den Einfluss der Mittelspannung auf die Versuchsergebnisse aus der Literatur rechnerisch zu eliminieren. Die bei den jeweiligen Versuchen gemessenen oder errechneten Spannungen wurden demnach durch den Faktor f​ (​ )​​auf den Wert ​     0​ normiert. Aufgrund des für Ermüdungsversuche typischen, sehr großen statistischen Streubands der Versuchsergebnisse und der durch den Aufwand bedingten relativ geringen Anzahl an Bauteilversuchen, können die Formeln aus Tabelle 25 nicht vollständig durch Versuche belegt werden. Allerdings werden im ORE-Bericht DT 176 [137] statistische Auswertungen für Versuche getrennt nach Spannungsverhältnis ​​durchgeführt. Wenn man die Ergebnisse dieser Untersuchung zum Einfluss der Mittelspannung in die Darstellungsform nach Gl. (54) umformt, ergibt sich der Zusammenhang in Bild 78c. Im

Bild 78. Einfluss des Spannungsverhältnisses ​    ​ ​  min​​  ∕​ ​ ​  max​​​auf die Ermüdungsfestigkeit (Modifikationsfaktor ​f(​ )​​)

496

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

ORE-Bericht wird in Bezug auf dieses Ergebnis angemerkt, dass sehr große statistische Unsicherheiten vorliegen. Die sehr hohe Steigerung der Ermüdungsfestigkeit bei ​      1,0​kann sicherlich auf die geringe Anzahl von Versuchen auf diesem Niveau zurückgeführt werden. Allerdings ist die Tendenz, wonach bei steigendem​ ​die ertragene Lastspielzahl für eine bestimmte Spannungsdifferenz ​ ​abnimmt, auch aus diesen Versuchen klar ersichtlich. Aus diesem Grund wurde bei der vorliegenden Untersuchung, in Ermangelung einer versuchsmäßig besser belegten Grundlage, der formelmäßige Zusammenhang nach Tabelle 25 als gültig vorausgesetzt.

Lage des betroffenen Bauteils im Querschnitt Es ist aufgrund des unterschiedlichen Beanspruchungszustands sinnvoll, so weit wie möglich zwischen Ermüdungsbrüchen in mittigen und außenliegenden Querschnittsteilen zu unterscheiden. Konkret bedeutet dies, z. B. bei Biegeträgern zwischen dem Versagen des Stegblechs und dem Versagen des Flanschwinkels oder der Verstärkungslamellen zu unterscheiden und diese getrennt zu betrachten. Andererseits können Ermüdungsrisse in Mittelblechen von einfachen Zugstößen gemeinsam mit Rissen in Stegblechen von Biegeträgern behandelt werden. Es zeigte sich, dass die außenliegenden Bauteile einem niedrigeren Kerbfall zuzuordnen sind.

Das vorhandene Material und das Herstellungsjahr In Richtlinie 805 der Deutschen Bahn wird Schweißeisen und altes Flusseisen (vor 1900 eingebaut) als wesentlich kerbempfindlicher eingestuft als Flussstahl und alle nachfolgenden neueren Stähle. Die Gültigkeit dieser Annahme aufgrund der vorliegenden Ermüdungsversuche an Bauteilen wurde ebenfalls untersucht.

Die mögliche Vorschädigung der Versuchskörper Die Vorschädigung ist insbesondere dann möglich, wenn der Träger in Betrieb stand. Sämtliche Verfasser der im Abschnitt 6.3.2 dargestellten Versuchsberichte stuften die Wahrscheinlichkeit einer Vorschädigung der von ihnen untersuchten Träger als sehr gering ein oder schlossen diese ganz aus. Die meisten Versuche an gewöhnlichen überlappten Zugstößen sowie einige Versuche an Großbauteilen wurden an niemals im Betrieb gestandenen Bauteilen durchgeführt. Eine große Anzahl von Versuchen wurde jedoch an Großbauteilen durchgeführt, welche über viele Jahrzehnte im Bahnoder Straßenverkehr belastet wurden.

6.3.2 Versuchsergebnisse und statistische Auswertung In der Fachliteratur wurden zahlreiche Versuche zur Ermüdungsfestigkeit genieteter Bauteile dokumentiert. Um eine möglichst einheitliche statistische Auswertung dieser Versuche durchführen zu können, war eine sorgfältige Auswahl der für eine statistische Auswertung

betrachteten Ergebnisse nach bestimmten Kriterien erforderlich. Diese Kriterien werden nachfolgend dargestellt: – Es wurden nur Versuche berücksichtigt, bei denen eine über den gesamten Versuchsverlauf konstante Belastung aufgebracht wurde. Nur in einem einzigen Fall wurde ein Versuch berücksichtigt, bei welchem eine Vorbelastung mit Spannungsdifferenzen von unter 50 N∕​mm2 im Nettoquerschnitt 100 Mio. mal aufgebracht wurde. Diese Spannungsdifferenz wird von den meisten Autoren als Wert der Dauerfestigkeit für Nietkonstruktionen betrachtet. – Versuche, welche mit Oberspannungen von über​​ f​  y,nominal​​  ∕​  1,15​, d.  h. ​240  ∕​ 1,15    208​  N∕​mm2 für Flussstahl und St37 und 3​ 60 ∕​ 1,15    310​ N∕​mm2 für St52 durchgeführt wurden, sind in der Zusammenstellung nicht berücksichtigt. Ein evtl. ausgedehntes Fließen des Grundwerkstoffs kann damit ausgeschlossen werden. Höhere Spannungen sind zudem für Ermüdungsnachweise nicht relevant. – Es wurde versucht, eine möglichst einheitliche Definition des Versagens eines Versuchskörpers festzulegen. Diese wird von den Versuchen von Kulak et al. [150, 151, 153] übernommen. Als Bauteilversagen zusammengesetzter genieteter Bauteile durch Ermüdung wird jener Zustand definiert, bei dem gleichzeitig sowohl ein kompletter Bruch (Durchtrennung) einer Querschnittskomponente als auch ein weiterer Riss an anderer Stelle oder in einer weiteren Querschnittskomponente vorliegt. Bei nicht zusammengesetzten Querschnitten wie Flachstählen wurde sinngemäß das Versagen der einzigen Querschnittskomponente als Versagenskriterium festgelegt. Bedauerlicherweise wurden bei den in der Literatur dokumentierten Versuchen deutlich unterschiedliche Versagensdefinitionen verwendet, wodurch nicht bei jedem Versuch ein solches Kriterium erreicht wurde. In solchen Fällen wurde die Lastspielzahl bei der maximal erreichten Schädigung in die Ergebnisse aufgenommen und die Art der Schädigung in [156] dokumentiert. – In der Literatur findet man eine Vielzahl von Versuchen an zusammengesetzten Bauteilen, bei denen nach Entdeckung eines ersten Risses eine Reparatur vorgenommen und der Versuch fortgeführt wurde. Am reparierten Bauteil wurden weitere Lastwechsel erzielt. Eine solche Vorgehensweise bewirkt jedoch eine Verfälschung der statistischen Auswertung der Versuchsergebnisse. Ein durch Reparatur oder durch Verwendung eines Reststücks des Bauteils erzieltes Ergebnis stellt ein Zufallsereignis dar, das nicht unabhängig vom vorhergehenden mit der obigen Definition von Versagen vermischt werden kann. Bei dieser Vorgehensweise werden somit Ergebnisse bedingter Wahrscheinlichkeit erzielt, da das Versuchs­ ergebnis nach Reparatur natürlich nur dann erzielt werden kann, nachdem ein erster Versagensfall aufgetreten ist. Das Versuchsergebnis liegt damit zwangsläufig oberhalb des Versuchsergebnisses bei



Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

erstem Bauteilversagen, das den Ingenieur jedoch hauptsächlich interessiert. Versuchsergebnisse dieser Art blieben daher in nachfolgender Zusammenstellung unberücksichtigt. – Versuchsergebnisse, die durch Risse an stark korrodierten Querschnitten sowie an zusätzlich aufgeschweißten Winkeln und Blechen erzielt wurden, sind in der nachfolgenden Zusammenstellung ebenfalls ausgeschlossen.

Gesamtheit der ausgewählten und ausgewerteten Versuche Unter Berücksichtigung der in den vorangegangenen Absätzen beschriebenen Kriterien wurde eine Auswahl an Versuchsergebnissen aus den Publikationen [139– 155] zusammengestellt. Diese Versuchsergebnisse sind in Bild 79 dargestellt. Die genauen Versuchsergebnisse, die dieser Auswertung zugrunde liegen, sind in [156] zusammengestellt und dokumentiert. Anhand von Bild  79 wird ersichtlich, weshalb in verschiedensten Publikationen (z. B. [144, 153]) sowie Richtlinien [136] für den Betriebsfestigkeitsund Restlebensdauernachweis genieteter Konstruktionen eine Bemessungs-Wöhlerlinie analog der Linie 71 des Eurocode 3, Teil 1-9 vorgeschlagen wird. Ohne weitere Untersuchungen im statistischen Sinne ist ersichtlich, dass diese Wöhlerlinie (in der modifizierten, eigentlich für Mehrstufenkollektive gültigen Variante mit Neigungswechsel bei ​ N   5   ​10​​  5​​ Lastwechsel) bei in weiten Bereichen eine untere Umhüllende der vorhandenen Versuchsergebnisse darstellt. Tatsächlich sind die vorhandenen Streuungen bei gemeinsamer Betrachtung sämtlicher in Bild  79 dargestellter Versuchsergebnisse so groß, dass eine Regressionsanalyse mit Bestimmung einer gemeinsamen 95 % Überlebenslinie unbefriedigende Ergebnisse liefern würde. Die Linie 100 mit m ​     5​ hingegen, welche laut Richtlinie 805 der DB [135] für genietete Bauteile aus Baustahl nach 1900 und ​     0​ anzuwenden ist, befindet sich weit oberhalb vieler Ergebnisse von Bauteilversuchen und kann dementsprechend ohne weitere Untersuchungen nicht als ausrei-

497

chend sicher betrachtet werden. Dem gegenüber könnte auf den ersten Blick die Wahl der Linie 71 laut Eurocode 3, Teil 1-9 für die Führung der Betriebsfestigkeitsnachweise genieteter Bauteile als ausreichend sicher angesehen werden. Allerdings ergeben sich bei dieser Vorgehensweise folgende Problemstellungen: – Die Linie 71 des Eurocode 3, Teil 1-9 (bzw. ähnliche Linien aus entsprechenden internationalen Richtlinien, s. [153]) wurde prinzipiell für geschweißte Bauteile mit hohem Eigenspannungsniveau ermittelt. Für derartige Bauteile und Konstruktionsdetails zeigte sich zum einen, dass eine Neigung der Wöhlerlinie von ​m   3​im Bereich niedriger Lastspielzahlen zutreffend ist und zum anderen, dass der Einfluss der Mittelspannung nicht relevant ist. Diese beiden Sachverhalte sind bei Nietverbindungen nicht belegt. – Diese Vorgehensweise setzt implizit voraus, dass sämtliche genietete Konstruktionsdetails, unabhängig von der Lage im Bauteil oder vom Beanspruchungszustand, der gleichen Kerbfallkategorie zuzuordnen sind. Dem gegenüber steht z. B. bei geschweißten Konstruktionen der sehr große Detaillierungsgrad der Kerbfalltabelle nach Eurocode 3 Teil 1-9. Eine ähnliche Kategorisierung der vorhandenen Versuchsergebnisse für genietete Bauteile erscheint daher sinnvoll. Nachfolgend werden die Versuchsergebnisse in verschiedene Kategorien unterteilt und getrennt statistisch ausgewertet (s. Abschnitt 6.3.3). Die folgenden, bereits bei der Beschreibung von Bild 76 eingeführten Kategorien wurden dabei berücksichtigt.

Kategorie 1 Bauteile mit Ermüdungsbrüchen in außenliegenden Querschnittsteilen mit keinem oder nur geringem Schub in den Scherfugen der Niete (Reibkräfte infolge der Klemmwirkung der Niete wurden mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überwunden). Zu dieser Kategorie wurden Versuche an folgenden Bauteiltypen gezählt:

Bild 79. Gesamtheit der betrachteten Ver­ suchs­ergebnisse für die statistische Auswertung

498

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

– Vollwandträger – durchgehende Nietreihe zur Fügung von Flanschwinkel und Stegblech, Bruch eines Flansches im Bereich konstanten Moments oder geringen Schubs. – Vollwandträger – Bruch an Nietlöchern zur Befestigung von Gurtlamellen im Bereich konstanten Moments bzw. in Bereichen geringen Schubs. – Zusammengesetzter Gitterstab unter Zug- bzw. Druckbeanspruchung, Risse im Bereich der durchgehenden Heftniete, kein Schub in den Nieten (Heftniete).

Kategorie 2 Bauteile mit Ermüdungsrissen in außenliegenden Querschnittsteilen mit großem Schub in den Scherfugen der Niete (Reibkräfte infolge der Klemmwirkung der Niete wurden mit Sicherheit überwunden). Zu dieser Kategorie wurden Anschlüsse von Fachwerkstäben oder Knoten in zusammengesetzten Gitter-Biegeträgern mit Rissen in den Gurtprofilen gezählt.

Kategorie 3 Bauteile mit Ermüdungsrissen in zentrisch beanspruchten innenliegenden Querschnittsteilen, insbesondere zweischnittige Zugstöße usw., mit großem Schub in den Scherfugen der Niete. Die Reibkräfte infolge der Klemmwirkung der Niete wurden mit Sicherheit überwunden. Die Daten zu dieser Kategorie stammen aus den Versuchen an 2-schnittigen Zugstößen (keine Großbauteil-Versuche).

Kategorie 4 Bauteile mit Ermüdungsrissen in außenliegenden Querschnittsteilen und in Bereichen, für die keine klare Aussage bezüglich des Lochleibungsdrucks gemacht werden kann. Zu dieser Kategorie wurden Versuche mit Rissentstehung in folgenden Bereichen gezählt: – Kategorie 4a: Bereiche am Zuggurt von Biegeträgern, bei denen ein Stab des unteren Verbands oder Querverbands angeschlossen wurde. Die Auswertung der Versuchsergebnisse zeigte eine große Streuung der Ergebnisse für diese Art von Details; bei den besonders geringen Lebensdauern wird eine mögliche Vorschädigung in den Untergurten durch möglicherweise große Querbeanspruchungen durch den Verbandsstab vermutet. – Kategorie 4b: Bereiche der Endverankerung von Gurtlamellen. In diesen Bereichen hängt die Höhe der Schubkräfte in den Scherfugen der Niete sehr stark von der Versuchskonfiguration ab. Eine allgemeine Aussage kann nicht getroffen werden, dementsprechend hoch ist auch die Streuung der Ergebnisse.

6.3.3 Statistische Auswertung Die statistische Auswertung der im vorhergehenden Abschnitt ausgewählten und kategorisierten Versuchs­

ergebnisse erfolgte generell als Regressionsanalyse. Diese wurde in [156] nach den klassischen Verfahren durchgeführt, wie sie z. B. in [157, 158] erläutert werden. Auf eine Darstellung der verwendeten Formeln wird demnach hier verzichtet. Es soll allerdings auf eine Besonderheit der in [156] durchgeführten statistischen Berechnungen eingegangen werden: Bei der klassischen Regressionsanalyse nach [157] bleiben nämlich jene Versuchsergebnisse unberücksichtigt, bei welchen der Versuch vor Entstehung eines Bruchs abgebrochen wurde (Durchläufer). Durchläufer stellen im statistischen Sinn eine besondere Art von Daten dar, genannt zensierte – also abgeschnittene – Daten. Es stellt sich die Frage, wie die Information, die ein abgebrochener Versuch beinhaltet (nämlich, dass eine gewisse Anzahl Lastwechsel ohne Schaden überlebt wurde) in die Regressionsanalyse eingehen kann. Die Problematik der Regressionsanalyse mit zensierten Daten tritt sehr häufig bei allen Lebensdaueruntersuchungen auf, ob sie nun aus dem technischen oder aus dem medizinischen und biologischen Bereich stammen. Die Statistik bietet daher auch ein geeignetes Verfahren an, um eine Regressionsanalyse mit zensierten Daten durchführen zu können, die sogenannte Maximum ­Likelihood Estimation (MLE). Bei diesem Verfahren wird – anders als bei der gewöhnlichen Regressionsanalyse – durch eine Parametervariation z. B. der Steigung und Lage der Regressionsgeraden sowie der Standardabweichung jene Gerade ermittelt, welche die Wahrscheinlichkeit (engl. Likelihood, zu unterscheiden von Probability) maximiert, dass die Ergebnisse der Lebensdauerversuche genauso ausgefallen wären, wie sie es tatsächlich sind. Man kann die Likelihood eines Ereignisses nun einerseits als die Ordinate einer Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auffassen, welche am Erwartungswert (Wert an der Regressionsgerade) zentriert ist, falls das betrachtete Ergebnis von einem Versuch mit Bruch stammt. Andererseits kann man die Likelihood eines Ereignisses auch als die Fläche rechts unterhalb derselben Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion auffassen, falls der Versuch zu einem Durchläufer geführt hat. Die Gesamtheit der Likelihoods wird bei der MLE maximiert. Bei Anwendung dieses Verfahrens auf einen Datensatz ohne Durchläufer ergibt die MLE das gleiche Ergebnis wie die klassische Regressionsanalyse. Eine genaue Beschreibung einer möglichen Anwendung der MLE auf Daten aus Ermüdungsversuchen erfolgte in [159]. In dieser Publikation wurden 5 Parameter verwendet, um aus einem Datensatz mit Durchläufern eine Regressionskurve mit amplitudenabhängiger Standardabweichung und der Berücksichtigung der Dauerfestigkeit zu ermitteln. Anstelle der Likelihood-Funktion wird in dieser Publikation die Log-Likelihood-Funktion maximiert, bei der durch Logarithmieren der Likelihood-Funktion eine Serie von Produkten in eine Summe verwandelt wird. Die Log-Likelihood-Funktion für ein einzelnes Versuchsergebnis hat folgende Form:



​​ ​  i​​  (​_​) 

Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

 ​ ​  i​​   ​{log​[ ( ​z​  i​​  )]​ – log​[s   ​N​  i​​]​}​ ​(1 –  ​ ​  i​​)​log​[1 –  ( ​z​  i​​  )]​​ (56)

mit ​​z​  i​​  [​ log( ​N​  i​​  )  –  ​y​  regr​​]​∕​s​ 1 für Bruch         ​ ​    ​​​​ ​​ ​  i​​  { 0 für Durchläufer ​ ( ​z​  i​​  ) Wahrscheinlichkeitsdichte von  ​z​  i​​​ ​ ( ​z​  i​​  ) Summenhäufigkeitsfunktion von  ​z​  i​​​ _​ ​​   Vektor der gewählten Parameter​ Die Wahrscheinlichkeitsdichte und die Summenhäufigkeit sollen der Normalverteilung entsprechen. Generell wurden bei den nachfolgenden Untersuchungen nach der Maximum-Likelihood-Methode die drei Parameter ​m​, ​b​ und ​s​ berücksichtigt. Bei eindeutigem Überwiegen von Versuchen mit Bruch wurden im Rahmen dieser Untersuchung die Parameter auf zwei reduziert, und zwar auf die Neigung ​m​und die Ordinate am Schnittpunkt ​ b​der Regressionsgerade. Die Standardabweichung ​s​wurde für jede Kombination von Parametern nur aus den Versuchen mit Bruch bestimmt. Bei dem hier vorliegenden Überwiegen von Ergebnissen mit Bruch stellt diese Vorgehensweise eine gerechtfertigte Reduktion des Rechenaufwands dar.

6.3.4 Kerbfallkatalog Nachfolgend werden exemplarisch die statistische Auswertung und die entsprechenden Ergebnisse für die oben beschriebene Kerbfallkategorie 1 dargestellt. Das Ergebnis der Auswertung nach der MLE-Methode für die Gesamtheit der auf ​    0​normierten Versuchsergebnisse für diese Gruppe ist in Bild 80a in Form der

499

Regressionsgeraden mit einer Unterschreitungswahrscheinlichkeit ​​P​  u​​​von 50 % (Mittelwert) und 5 % dargestellt. Entsprechend Bild 80a hat die Regressionsgerade mit ​​P​  u​​  ​5 % eine Neigung von ​m   4,01​und weist im doppeltlogarithmischen ​ ​-​N​ Diagramm bei ​N    2   ​10​​  6​​Lastwechseln einen Wert von ​     87,3​ N∕​mm2 auf. Die ermittelte Regressionsgerade mit ​​P​ u​​   5 %​liegt im zentralen Bereich zwischen ​    90​bis 130 N∕​mm2 relativ nahe an den Versuchsergebnissen mit der geringsten Zeitfestigkeit, während sie sich bei höheren und niedrigeren Spannungsamplituden zunehmend von den Versuchsergebnissen entfernt. Generell scheint demnach die Tendenz vorzuliegen, wonach bei niedrigeren Werten von ​ ​ein höherer Wert als ​m   4,01​, bei höheren Werten ein niedrigerer Wert zutreffend ist. Zur Überprüfung dieser Annahme wurden die vorhandenen Versuchsergebnisse nochmals unterteilt; es wurde eine statistische Auswertung mit Versuchen durchgeführt, welche mit ​     90​  N∕​mm2 durchgeführt wurden, und eine zweite Auswertung mit Versuchen, bei denen ​     130​  N∕​mm2 betrug. Der vermutete Übergangsbereich zwischen 90 und 130 N∕​mm2 wurde also bei beiden Auswertungen inkludiert. Das Ergebnis dieser Auswertung ist in Bild 80b dargestellt. Es ergibt sich somit eine Regressionsgerade mit ​​P​ u​​    5  %​ für die Versuche mit ​     130​  N∕​mm2 mit ​m    4,72​ und einem Wert von ​     86,7​  N∕​mm2 bei ​N   2   ​10​​  6​​ Lastwechseln. Die Auswertung für die Versuche mit​    90  N ∕​​mm2 ergibt eine Regressionsgerade mit​​ P​  u​​    5  %​ mit ​m   3,09​und ​     78,9​  N∕​mm2 bei​ N   2   ​10​​  6​​ Lastwechseln.

Bild 80. Statistische Auswertung der Ermüdungsversuche für Kategorie 1; a) gemeinsame Auswertung der Versuche für alle erreichten Lastspielzahlen, b) getrennte Auswertung der Versuche für zwei Kategorien der Beanspruchungshöhe

500

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Tabelle 26.  Kerbfallkatalog für genietete Bauteile Kerbfall C

90 m=5

C

85 m=5

C

85 m=5 C

71 m=5

C

71 m=5

C

71 m=5

C

71 m=5

Konstruktionsdetail

Beschreibung

Anforderungen

Beidseitig überlaschter Stoß von Blechen – Mittelbleche in 2-schnittigen Stößen sind mit C = 90 nachzuweisen. – Laschenbleche mit 2 tL ≤ 1,12 t sind mit C = 80 nachzuweisen, bei 2 tL > 1,12 t entfällt der Nachweis der Laschen.

Das Verhältnis Lochleibung zu NettoQS muss kleiner als 2 sein. Für Niete aus St44 und höherer Festigkeit dürfen die Kontaktflächen der Bleche nicht mit einem Korrosions-Schutzanstrich versehen worden sein. Wird eine dieser Anforderungen nicht erfüllt, ist mit C = 80 zu rechnen.

Kontinuierliche Verbindung zwischen Flanschwinkel und Stegblech in zusammengesetzten Biegeträgern. Bestimmung von C an den Halsnieten.

Die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft muss an der Bemessungsstelle geringer als der untere Grenzwert der Gleitkraft sein.

Kontinuierliche Verbindung zwischen Verstärkungslamelle und Flanschwinkel in zusammengesetzten Biegeträgern. Bestimmung von C an den Kopfnieten.

Die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft muss an der Bemessungsstelle geringer als der untere Grenzwert der Gleitkraft sein.

Zusammengesetzte Gitterstäbe unter Zug- bzw. Druckbeanspruchung.

In den Scherfugen der Niete dürfen planmäßig keine Schubkräfte übertragen werden.

Einseitig überlaschter Stoß von Blechen.

Ist die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft an der Bemessungsstelle kleiner als der untere Grenz­ wert der Gleitkraft, kann mit C  = 85 gerechnet werden.

Alle Kerbfälle mit C = 85, falls die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft an der Bemessungsstelle höher als der Grenzwert der Gleitkraft ist.

Die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft ist an der Bemessungsstelle höher als der untere Grenzwert der Gleitkraft sein.

Bereich des Anschlusses eines Verbandes an den Zuggurt eines Biegeträgers.

Falls die ungewollte Beanspruchung quer zur Trägerachse rechnerisch berücksichtigt wird, darf mit c = 85 gerechnet werden.

Bereich der Endverankerung einer Verstärkungslamelle.

Falls die pro Scherfuge der Niete wirksame Kraft kleiner als der untere Grenzwert der Gleitkraft ist, darf mit c = 85 gerechnet werden.



Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

Im Hinblick auf die Bemessungspraxis kann davon ausgegangen werden, dass der niedrigere Spannungsbereich von größerer praktischer Bedeutung sein wird. Für diesen liegt die tatsächliche Neigung der Wöhlerlinie mit 90 % Wahrscheinlichkeit zwischen m ​     3,84​ und​ m   5,63​, siehe hierzu [156]. Für die praktische Anwendung erscheint daher die Wahl einer Wöhlerlinie mit​ m   5​und ​     85​  N∕​mm2 bei ​N   2   ​10​​  6​​ Lastwechseln als angebracht. Ab einer Lastspielzahl von​ N   800.000​kann die unterschiedliche Neigung der Wöhlerlinie im Bereich höherer Spannungen durch eine Fortführung der Wöhlerlinie mit einer Neigung von​ m   3​berücksichtigt werden. Die eben dargestellte Vorgehensweise für die Kerbfall-Kategorie 1 wurden für die Erstellung der Richtlinie ONR 24008 für die weiteren, in Abschnitt 6.3.2 beschriebenen Kategorien durchgeführt. Das Ergebnis dieser Auswertungen ist der in Tabelle  26 wiedergegebene Kerbfallkatalog. Dabei gibt der Wert ​​ ​  c​​​ wie üblich den Wert der ertragbaren Spannungsschwankung in  N∕​mm2 bei ​N   2   ​10​​  6​​Lastwechseln an. Die Neigung aller Wöhlerlinien kann mit m ​     5​ angenommen werden. Die in Tabelle  26 erwähnten Grenzwerte der Gleitkräfte in den Scherfugen der Niete sind Tabelle 24 aus Abschnitt 6.2 zu entnehmen. Die angegeben Werte von ​​ ​  c​​​gelten für ein Spannungsverhältnis ​    0​. Bei davon abweichendem Spannungsverhältnis sollte ​​ ​  c​​​( )​​nach Gl.  (54) verwendet werden. Die Festlegung einer Neigung von ​m   5​für die Wöhlerlinien erfolgte einerseits, weil dieser Wert im zentralen Bereich des 90%-Konfidenzintervalls für die am besten versuchsmäßig abgedeckten Bauteile der Gruppe 1 und 2 vorliegt. Andererseits bietet die Wahl von Linien der Neigung ​m   5​im Hinblick auf die Anwendbarkeit des in Tabelle 26 vorgeschlagenen Kerbfallkatalogs den entscheidenden Vorteil, die gleiche Neigung ​m​ aufzuweisen wie die Wöhlerlinien in der Richtlinie 805 der DB [135]. Dadurch kann der in Richtlinie 805 angegebene längenabhängige „Betriebslastfaktor“ der Vergangenheit ​ ​und die Schadensberechnung in Abhängigkeit der jährlichen Strecken-Bruttotonnage, deren Grundlagen in umfangreichen Untersuchungen von Quoos, Geißler et al. [160, 161] erarbeitet wurden, unverändert in Kombination mit Tabelle  26 verwendet werden. Die Anwendung des hier wiedergegebenen Kerbfallkatalogs steht also keinesfalls im Widerspruch zur Richtlinie 805 der DB, sondern ergänzt diese beim wichtigen Punkt der anzusetzenden Ermüdungsfestigkeiten unter Berücksichtigung der in der internationalen Fachliteratur dokumentierten Bauteilversuche.

6.4

Vorgehensweise bei der Ermittlung der Restlebensdauer auf Basis des Kerbfallkatalogs

Hinsichtlich der Einschätzung des weiteren Betriebs eines Bestandstragwerks ist die Ermittlung der rechnerischen Restnutzungsdauer von großer Bedeutung.

501

Nachfolgend werden praktische Nachweismethoden der Restlebensdauer genieteter Konstruktionen dargestellt, die mit vertretbarem Aufwand eine Beurteilung bestehender Tragwerke gestatten. Diese Vorgehensweise wurde in [163] im Auftrag der ÖBB erarbeitet und publiziert. Es soll an dieser Stelle jedoch nochmals an die in Abschnitt 6.1 angeführten Anmerkungen zur korrekten Einordnung der rechnerischen Restlebensdauerbestimmung als einem wichtigen, aber trotzdem beschränkten Baustein bei der Beurteilung der tatsächlichen verbliebenen Nutzungsdauer eines genieteten Bestandstragwerks erinnert werden.

6.4.1 Grundlegendes Neuere Normen und Regelwerke erfassen den Ermüdungsnachweis von wechselnd beanspruchten ermüdungsgefährdeten Bauteilen in Form des sogenannten Betriebsfestigkeitsnachweises. Dies bedeutet, dass die im Betrieb auftretenden Beanspruchungsspiele (Belastungskollektiv) erfasst werden. Dies erfolgt durch Betriebsfaktoren, die zum schadensäquivalenten Beanspruchungsspiel ​​ ​  E​​​führen. Im aktuell gültigen Eurocode 3 (DIN EN 1993-1-9 sowie, für Brücken, DIN EN 1993-2), wird folgendes, grundlegendes Nachweisformat verwendet, um die Betriebsfestigkeit innerhalb der rechnerischen Nutzungsdauer zu gewährleisten:  ​ ​  ​​ ​​ ​  Ff​​     ​ ​  E​​   ​  _c ​​   (57) ​ ​  Mf​​ mit ​  ​ ​  c​​​

​​

​  E​​​ ​​ ​  Ff​​​ ​​ ​  Mf​​​

Ermüdungsfestigkeit bei 2 · 106 Lastwechseln, entsprechend dem ausgeführten Konstruktionsdetail in Abstimmung mit dem Kerbfallkatalog; der Kerbfallkatalog aus Abschnitt 6.3.4 und die darin angegebenen Werte von ​​ ​  c​​​, eventuell modifiziert um den Faktor f​​( )​​, finden hier Anwendung. Schadensäquivalentes Spannungsspiel (Doppelamplitude) für 2  ·  106 Lastwechsel, siehe Abschnitt 6.4.2. Lastseitiger Teilsicherheitsbeiwert für Ermüdungs- und Betriebsfestigkeitsnachweise; dieser Wert wird üblicherweise mit 1,0 angenommen. Teilsicherheitsbeiwert auf der Widerstandsseite für Ermüdungs- und Betriebsfestigkeitsnachweise; entsprechend der Definition im Eurocode wird dieser Faktor in Abhängigkeit der Schadensfolge und der Möglichkeit zur Schadensdetektion definiert. Im Eurocode DIN EN 1993-1-9 nimmt dieser Teilsicherheitsbeiwert in Abhängigkeit der Inspektionsmöglichkeit des betrachteten Konstruktionsdetails Werte von 1,00, 1,15 oder 1,35 an.

Grundlage der obigen Nachweisformel sind zum einen das Wöhlerlinienkonzept, zum anderen die lineare Schadensakkumulations-Hypothese von Palmgren∕​Miner, die das Belastungskollektiv in das schadensäquiva-

502

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

lente Einstufenkollektiv umwandelt (s. Bild 81). Alternativ dazu kann die Formel auch umgeformt werden, um den rechnerischen Schaden ​D​zu ermitteln, der am Ende der aktuellen Betriebsdauer akkumuliert wurde. Dadurch ergibt sich die folgende Gl.  (58) zur Bestimmung des Schadens ​D​als Funktion der lastseitigen Größe ​​ ​  E​​​ und der Widerstandsgröße ​​ ​  c​​​. Der vollen Ausnutzung in Gl. (58) entspricht eine Schadenssumme​ D    1,0​. m  ​ ​  E​​ ​D   ​​(​ ​  Ff​​   ​ ​  Mf)​​ ​​​  m​   ​​ ​  _  ​  ​​​  ​    1,0​ (58) (  ​ ​  c​​ ) Dabei ist m ​ ​die Neigung der zugrunde liegenden ​ ​​N​-­Kurve (Wöhlerlinie). Die Schädigung ​D​stellt auch die Basis dar, um die Restnutzungsdauer abzuschätzen. Ergibt sich beispielsweise für ein Bestandstragwerk nach 65 Betriebsjahren eine Schädigung D ​    0,5​so wäre – bei gleichem Verkehrsaufkommen – noch eine Restnutzungsdauer von ​(1   D)​ (​ 1   0,5)​ ​65   ​ _  ​    ​      65   ​ _   65​Jahren möglich. D 0,5 Tatsächlich muss jedoch beim Nachweis der Restnutzungsdauer die gegenüber der Vergangenheit erhöhte Betriebsbelastung mit berücksichtigt werden, sodass eine geringere Restlebensdauer vorliegt.

6.4.2 Schadensäquivalentes Schadensspiel – Anwendungsfall Eisenbahnbrücken

Die Beanspruchung ​​ ​  E​​​in der Grundgleichung (57) für den Ermüdungs- bzw. Betriebsfestigkeitsnachweis wird allgemein über die folgende Beziehung – Gl. (59) – bestimmt: ​  ​ ​  E​​         ​ ​  ref​​         ​ ​  UIC​​    ​

(59)

Dabei ist ​ ​der Schadensäquivalenzfaktor, der das Betriebskollektiv in ein Einstufenkollektiv mit 2 · 106 Lastwechsel überführt. Die Beanspruchung ​​ ​  ref​​​ ist das Referenzspannungsspiel für ein definiertes Bezugslastmodell. Für den in der Praxis besonders relevanten Fall von Eisenbahnbrücken wird dabei als Bezugslastmodell, wie beim Tragsicherheitsnachweis, das Lastmodell UIC 71 (identisch mit dem Lastmodell LM 71 in Eurocode 1 – DIN EN 1991-2), einschließlich der dynamischen Wirkung verwendet. Die Größe ​​ ​  ref​​​ ist somit gleich dem Wert ​​ ​  UIC​​    ​, d. h. dem Spannungsspiel infolge „Überfahrt“ des in Bild 82a dargestellten Lastmodells UIC 71, multipliziert mit dem zugehörigen dynamischen Beiwert ​ ​aus DIN EN 1991-2. Zu beachten ist dabei, dass dieses Lastmodell entsprechend dem Einflusslinienverlauf für ein bestimmtes, untersuchtes Detail „m“ unterschiedlich aufzustellen ist, um die jeweils größte und kleinste Spannung (max​​ ​  m​​​ und min ​​ ​  m​​​) an dieser Stelle und damit die Spannungsdifferenz zu bestimmen (s. Bild  82b). Der Schadensäquivalenzfaktor ​ ​ist die Größe, welche die Ergebnisse eines Betriebsfestigkeits- oder Restlebensdauernachweises am direktesten beeinflusst. In den meisten Bemessungsnormen, so auch in Eurocode 3 – EN 1993-2 und der Richtlinie der Deutschen Bahn RiL 805 [135] wird der Faktor ​ ​in vier verschiedene Teilfaktoren aufgeteilt: ​    ​ ​  1​​   ​ ​  2​​   ​ ​  3​​   ​ ​  4​​​

Bild 81. Zusammenhänge beim Betriebsfestigkeitsnachweis

E

(60)

​​ ​  1​​​stellt dabei den eigentlichen Betriebsfaktor dar. Er beinhaltet bereits den größten Anteil an Informationen über das angenommene, zugrunde liegende Ver-

a) b) Bild 82. a) Lastmodell UIC 71, b) Laststellung entsprechend der Einflusslinie zur Ermittlung von ​​ ​  ref​​​für die Diagonale einer Fachwerkbrücke



Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

kehrslastkollektiv. Dies schließt die für die Betriebsfestigkeit maßgebenden Einflüsse der Achslasten und -abstände aus den „tatsächlich“ fahrenden Zügen ein. Basis für die Ermittlung der Betriebskollektive sind fiktive Betriebslastenzüge, die jedoch für tatsächliche Züge repräsentativ sind. Vorausgesetzt sind aber zunächst standardisierte Bezugswerte für die tatsächlich die Brücke passierende Streckenbelastung (jährliche Bruttotonnage), eine zugrunde gelegte Nutzungsdauer von 100 Jahren und eine eingleisige Brücke. Die weiteren Faktoren (​​ ​  2​​​ bis ​​ ​  4​​​) berücksichtigen eventuelle Abweichungen von diesen Grundannahmen und sind wie folgt definiert: – ​​ ​  2​​​berücksichtigt die tatsächlich die Brücke passierende Streckenbelastung, dies entspricht der jährlichen Bruttotonnage. Sowohl im Eurocode 3 – DIN EN 1993-2 als auch in der DB-Richtlinie 805 wurde für die Berechnung des Grundfaktors ​​ ​  1​​​ ein Bezugswert von 25 · 106 t je Jahr und Gleis berücksichtigt. Diese Annahme kann mittels dem Faktor ​​ ​  2​​​ korrigiert werden: 1∕​m SB [Mio to∕​Jahr] ___________________ ​​ ​  2​​   ​​ ​        (61)  ​ ​​​  ​​ 6 ( 25   ​10​​  ​  [Mio to∕​Jahr] ) wobei ​SB​die Streckenbelastung – als jährliches Verkehrsvolumen in Millionen t∕​Gleis – und m ​ ​die relevante Neigung der Wöhlerkurve ist. Letztere wird (vereinfachend) bei der Anwendung von Kollektivbeiwerten ​ ​mit konstantem Wert ​m    5​ angenommen. – ​​ ​  3​​​berücksichtigt die tatsächliche Nutzungsdauer der Brücke, welche bei Neubauten eine durch die Normen bedingte Vorgabe ist, während sich bei Bestandsbrücken die aktuelle Nutzungsdauer aus dem Baujahr ergibt. Bei Neubauten wird gewöhnlich eine Bezugs-Nutzungsdauer von 100 Jahren vorausgesetzt. Diese fließt bei neuen Brücken auch in die Berechnung des Grundfaktors ​​ ​  1​​​ein. In diesem Fall kann bei abweichender Bemessungs-Nutzungsdauer​ ND​in Jahren [a] der Faktor ​​ ​  3​​​ entsprechend folgender Gleichung berechnet werden: 1∕​m ND [a] ​​ ​  3​​   ​​ ​  _ ​ ​​​  ​​ (62) ( 100 [a] ) wobei wieder ​m   5​angesetzt wird. Bei bestehenden Brücken wird auch für den Verkehr der Vergangenheit eine Vorschädigung bzw. ein Betriebsfaktor ​​ ​  1​​​ermittelt. Dabei wurden – als Basis für die DB Richtlinie 805 – unterschiedliche Betriebs­ zugmischungen in einzelnen Zeitperioden der Vergangenheit angesetzt. Die aufbereitete Vorschädigung bzw. der ableitbare Betriebsfaktor ​​ ​  1​​​ bezieht sich dabei immer auf die gesamte Betriebsbelastung seit dem Jahr 1876 bis zum Jahr 1996. Deshalb wurde der in Bild  83 dargestellte Faktor​​ ​  3,alt​​​zusätzlich eingeführt, um die gesamte Betriebsbelastung der Vergangenheit auch für jüngere Brückentragwerke (Baujahr zwischen 1876 und 1996) angeben zu können. Der stark nichtlineare Verlauf

503

von ​​ ​  3,alt​​​in Bild 83 rührt aus der vergleichsweise sehr geringen Betriebsbelastung bis etwa 1940, die erst ab 1980 heutige Verhältnisse erreichte. In DB-Richtlinie 805 wird eine andere Bezeichnung sowie eine etwas andere Darstellungsform und Definition der Kollektivbeiwerte ​​ ​  1​​​…​​ ​  4​​​ verwendet, die dort die Bezeichnungen ​​​  1​​​…​​ ​  4​​​ tragen. Die obige Darstellung stellt eine äquivalente Umformung des entsprechenden Faktors ​​ ​  3​​​in DB-Richtlinie 805 dar. – ​​ ​  4​​​dient schließlich der Berücksichtigung der Beanspruchungen aus einem zweiten Gleis bei zwei- oder mehrgleisigen Brücken unter Berücksichtigung der tatsächlichen Begegnungshäufigkeit n ​ ​. Der Wert ​​ ​  4​​​ wird mit folgender Gleichung berechnet: m

_____________________

​​ ​  4​​   ​√  n       ​(1   n)​​(​a​​  m​   ​(1    a)​​  m​)​ ​​

(63)

Dabei wird wieder ​m   5​angesetzt. Der Wert ​a   ​ ​  1​​  ∕​ ​ ​  1 2​​​ist das Verhältnis zwischen den maximalen Spannungsspielen bei Überfahrt des Lastmodells UIC 71 auf einem bzw. zwei Gleisen. Diesbezüglich können auch die Ordinaten der Querverteilungs­ einflusslinie beider Gleise angesetzt werden: ​ a    ​ ​  1​​  ∕​(​ ​ ​  1​​   ​ ​  2)​​ ​​. ​n​ist die gemessene oder angenommene Begegnungshäufigkeit auf der Brücke. Zu beachten ist jedoch, dass bei zwei- und mehrgleisigen Brücken das Beanspruchungsspiel ​​ ​  ref​​​ bzw. ​​ ​  UIC​​​ für eine Belastung des Lastmodells UIC 71 auf zwei Gleisen zu ermitteln ist. Wie erläutert stellt der Faktor ​​ ​  1​​​ den eigentlichen Betriebsfaktor dar. Er ist in hohem Maße abhängig von der Stützweite bzw. der äquivalenten Länge ​​L​​ *​​, bedingt durch die unterschiedlichen Kollektive, die bei einer Betriebszugüberfahrt entstehen. Der Faktor ​​​  1​​​ ist grundsätzlich einer Mischung von festgelegten, repräsentativen Betriebslastenzügen zugeordnet, deren Überfahrt simuliert und deren äquivalente Schadensauswirkung – auf Basis der errechneten Lastkollektive – in den tabellierten Werten ​​ ​  1​​​ dem Anwender bereitgestellt werden. Die Faktoren ​​​  1​​​ in DIN EN

Bild 83. Faktor ​​ ​  3,alt​​​zur Berücksichtigung des Verkehrs der Vergangenheit und des tatsächlichen Baujahrs entsprechend DB-Richtlinie 805

504

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

1993-2, dargestellt in Bild  84, beziehen sich dabei auf einen in der Gegenwart bzw. Zukunft auf europäischen Hauptstrecken zu erwartenden Zugmix und sind bei Neubauten anzuwenden. Für Bestandsbrücken sind die Verhältnisse komplexer. Der im Eurocode definierte Faktor ​​ ​  1​​​ mit dem festgelegten zukünftigen Zugmix gilt nur für die aktuelle und zukünftige Nutzung (festgelegt mit Jahr 1996 in DB-Richtlinie 805 bzw. im Jahr 2000 in der SBB Richtlinie [136]). Dieser Wert ​​ ​  1​​​bestimmt damit auch die Restlebensdauer. Diese Restlebensdauer ist jedoch auch von der aktuellen Schädigung am Bestandstragwerk abhängig – bestimmt durch den Betrieb in der Vergangenheit. In Forschungsprojekten [160, 161] wurden – als Basis für die Richtlinie 805 und die SBB-Richtlinie – auch für die Vergangenheit (zurück bis zum Jahr 1876 bzw. 1890) fiktive Betriebszugsmischungen festgelegt, daraus Spannungskollektive sowie Schädigungen ermittelt und für den Anwender aufbereitet. Zu beachten ist, dass für einzelne Zeitperioden unterschiedliche Betriebszugmischungen und unterschiedliche Streckenbelastungen (Mio. t∕​Jahr) festgelegt wurden – auch differenziert hinsichtlich Haupt- und Nebenstrecken sowie der Streckencharakteristik (Güter-, Misch-, Personenverkehr). Aus der Integration über alle Zeitperioden wurde die Vorschädigung aufbereitet und es ist auch ein resultierender Betriebsfaktor ​​ ​  1,alt​​​ für den Betrieb in der Vergangenheit ableitbar. Bild  84a zeigt einen Vergleich der Werte ​​ ​  1​​​  nach verschiedenen Normen und Richtlinien: DIN EN 1993-2 für den aktuellen und zukünftigen Verkehr, DB-Richtlinie 805 und für die schweizerische Richtlinie SBB I-AM 08∕​02 [136], die den Verkehr der Vergangenheit abdecken (​​ ​  1,alt​​​). Anzumerken ist, dass eigentlich nur

der Eurocode die Bezeichnung „​​ ​  1​​​“ verwendet, während die Faktoren für die anderen beiden Richtlinien äquivalent rückgerechnet wurden. Zudem muss betont werden, dass die in Bild  84a dargestellten Linien nur qualitativ verglichen werden können, da sie auch für unterschiedliche Zeitspannen gelten. Weitere Unterschiede ergeben sich in Bezug auf die zugrunde liegenden unterschiedlichen jährlichen Bruttotonnagen und Betriebszugmischungen. Zu beachten sind auch unterschiedliche Definitionen der „kritischen Länge der Einflusslinie ​​L​​  *​​, die im Eurocode und in DB-Richtlinie 805 sehr vereinfachend für eine Vielzahl an statischen Systemen (Einfeld- oder Durchlaufträger, Feld- oder Auflagerbereich usw.) geregelt sind, während die SBB-Richtlinie genauer auf die einzelnen Systeme eingeht. Trotz der oben erwähnten Unterschiede kann festgestellt werden, dass die betrachteten Regelwerke ähnliche Werte für ​​ ​  1​​​ bzw. ​​ ​  1,alt​​​ vorschreiben. Die größten Unterschiede entstehen naturgemäß im Bereich kleinerer Spannweiten ​​L​​  *​​, wo die hohen Achslasten der (gegenwärtigen) Eurocode-Verkehrslastmodelle zu vergleichsweise hohen Werten des in DIN EN 1993-2 angegebenen Faktors ​​ ​  1​​​führen. Für längere Bauteile sind die Werte in allen Regelwerken sehr ähnlich, wobei hier die DB-Richtlinie 805 die höchsten Werte – vereinfacht unabhängig von ​​L​​  *​​– aufweist. In den der DB-Richtlinie 805 zugrunde liegenden Studien [160] wird gezeigt, dass der konstante Verlauf des Faktors ​​ ​  1,alt​​​ bei größeren Längen ​​L​​  *​​sehr konservativ ist. Für die Anwendung in Deutschland und Österreich wird aus diesem Grund in [163] sowie in diesem Beitrag der in Bild  84b dargestellte Verlauf für ​​ ​  1,alt​​​ in Bezug auf den Verkehr der Vergangenheit vorgeschlagen. Er beruht grundsätzlich auf den in DB-Richtlinie 805 getroffenen, oben erwähnten Regelungen von Quoos,

a) b) Bild 84. a) Vergleich der Werte ​​ ​  1​​​in drei verschiedenen Regelwerken, b) empfohlene Werte des Faktors ​​ ​  1,alt​​​ des Verkehrs der Vergangenheit für Anwendungen in Deutschland und Österreich



Ermüdungsfestigkeit und Restlebensdauer genieteter Bauteile

Geißler et al., wurde jedoch im Bereich größerer Bauteillängen dem von den gleichen Autoren angegebenen, realistisch abfallenden Verlauf der „tatsächlichen“ Werte ​​ ​  1,alt​​​angepasst und deckt im Bereich kürzerer Spannweiten auch „ungünstigere“ statische Systeme und Achsabstände besser ab. Die vorgeschlagene ​​ ​  1,alt​​​Linie weist einen konstanten Wert von ​​ ​  1,alt​​    1,1​ bis zu​​ L​​  *​   2​ m auf, fällt danach bis 5  m auf ​​ ​  1,alt​​    0,7​ ab, und weist dann einen leicht absteigenden Verlauf bis zum Wert ​​​  1,alt​​    0,6​ bei ​​L​​  *​   100​   m auf. Von der DB-Richtlinie 805 wurde der zugrunde liegende Bezugs-Zeitraum von 1876 bis 1996 übernommen. Diese Festlegung erlaubt es auch den Faktor ​​ ​  3,alt​​​ aus Bild 83 unverändert zu übernehmen.

6.4.3 Nachweisformat und Berechnungsschritte Aufgrund der in Abschnitt 6.4.2 vorgenommenen Unterscheidung zwischen der Schädigung der (entfernten) Vergangenheit und der gegenwärtigen bzw. zukünftigen Schädigung ist, bei einem Nachweis der Restlebensdauer genieteter (Brücken-)Bauteile unter Verwendung des Kerbfalls aus Abschnitt 6.3.4, eine Berücksichtigung der Betriebsbelastungen der Vergangenheit in Kombination mit den normengemäß (d. h. laut Eurocode) anzunehmenden Betriebslasten für die Gegenwart und Zukunft erforderlich. Aufgrund der damit notwendigen Unterscheidung zwischen Betriebslasten der Vergangenheit und der Gegenwart∕​Zukunft gliedert sich die Vorgehensweise in diesem Fall zwangsläufig in unterschiedliche Einzelschritte. Diese werden nachfolgend im Sinne einer empfohlenen Regelung beschrieben, die als Anleitung für die Berechnung der Restlebensdauer dienen soll. Für jedes Bauteil bzw. jeden maßgebenden Bauteilquerschnitt gilt:

Schritt 1 Festlegung des gewünschten Sicherheitsniveaus – in Zusammenarbeit und Übereinstimmung mit dem Betreiber der Brücke – wobei dieses mithilfe der Teilsicherheitsfaktoren ​​ ​  Ff​​​ und ​​ ​  Mf​​​erfolgt, siehe auch Gl.  (57). Während der Faktor ​​​  Ff​​​normalerweise mit 1,0 angenommen wird, sollte man bei der Festlegung des Faktors ​​ ​  Mf​​​Sorgfalt walten lassen. Die Wahl dieses Teilsicherheitsfaktors auf der Widerstandsseite beeinflusst die erzielten Ergebnisse (ausgedrückt in Jahren Restlebensdauer) in gravierendem Maße. Die Wahl von ​​​  Mf​​​ hängt unter anderem von der Inspizierbarkeit des untersuchten Bauteils ab. Da diese bei genieteten Brücken im Allgemeinen gegeben ist, kann hier von einem niedrigeren Wert ausgegangen werden. Zudem sind genietete Bauteile oft innerlich redundant, da sie oft aus mehreren, durch Niete schubfest verbundenen, aber für eine Rissfortpflanzung nicht unmittelbar passierbaren Einzelblechen und Winkeln bestehen. Werte von ​​​  Mf​​​ zwischen 1,00 bis zu einem Maximalwert von 1,15 sind daher in diesen Fällen als ausreichend anzusehen. ONR 24008 [54] empfiehlt einen Wert von 1,10, der jedoch den jeweiligen Umständen entsprechend nur als Basis

505

für die Vereinbarung zwischen Ingenieur und Betreiber anzusehen ist.

Schritt 2 Bestimmung des Bezugswertes des lastseitigen Spannungsspiels ​​ ​  ref​​       ​ ​  UIC​​​ am untersuchten Detailpunkt, das sich aus den jeweils ungünstigsten Stellungen (für maximale bzw. minimale Spannungen ​​ ​  UIC​​​) des UIC 71 Lastmodells ergibt. Diese Spannungen sind erforderlichenfalls am untersuchten Nietloch als balkentheoretische Nettospannungen zu berechnen. Die Berechnung der Schnittkräfte soll dabei in der Regel mithilfe eines detaillierten numerischen Modells erfolgen, das die axialen und Biegesteifigkeiten der einzelnen Elemente und Knoten möglichst realitätsnah berücksichtigt. Dies gilt auch für Hauptträger in Fachwerkbauweise. Meist ist eine Berechnung mit Balkenelementen dabei ausreichend genau.

Schritt 3 Berechnung des Schadensäquivalenzfaktors ​​​ alt​​    ​ ​  1,alt​​   ​ ​  3,alt​​   ​ ​  4​​​der Vergangenheit unter Verwendung von Bild 84b für ​​ ​  1,alt​​​, Bild 83 für ​​ ​  3,alt​​​ und u.  U. Gl. (63) für ​​ ​  4​​​(bei Mehrgleisigkeit). Falls die Brücke vor 1876 errichtet wurde, kann die erhöhte Schädigung vereinfachend mithilfe der Gl. (64) abgeschätzt werden: 1996-Baujahr [a] _______________  ​   ​​​  ​​ 1876​​   ​​ ​     ( ) 120 [a] 1∕​m

​​ ​  3,alt

Beispiel: Baujahr

(64)

1996   1860  ​  ​​ ___________ ​      ​​​  ​   1,025​ ( ) 120 1∕​5

1860; ​​ ​  3,alt

1876​​ 

Der Schadensäquivalenzfaktor ​​ ​  alt​​​bezieht sich auf die Ermüdungsschädigung aus dem Betrieb bis zum Jahr 1996.

Schritt 4 Klassifikation des untersuchten Details mithilfe des Kerbfallkatalogs aus Abschnitt 6.3.4 und Entnahme des entsprechenden Wertes von ​​ ​  c​​​. Ein gewisser Grad an Abstraktionsvermögen ist hier erforderlich, da naturgemäß ein tatsächliches Konstruktionsdetail nur in den seltensten Fällen genau der Darstellung in Tabelle 26 entsprechen wird. Zudem wird in gewissen Fällen überhaupt keine eindeutige Zuordnung möglich sein. In diesen Fällen sollte – als konservativer Ansatz – stets der niedrigste Wert in den Tabellen angesetzt werden, d. h. ​​ ​  c​​    71​  N∕​mm2. Nachdem der Grundwert ​​ ​  c​​​ ermittelt wurde, sollte dieser mithilfe des Faktors ​f​( )​​aus Tabelle 25 modifiziert werden, um die gesuchte Ermüdungsfestigkeit ​​ ​  c​​​ ( )​​zu erhalten. Dabei kann vereinfachend das Spannungsverhältnis ​​ ​  min​​     : ​ ​  max​​​infolge der alleinigen Laststellungen des Lastmodells UIC 71 und entsprechender Addition der Spannungen aus ständiger Last der Berechnung von ​ ​zugrunde gelegt werden.

506

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Schritt 5 Berechnung des zwischen dem Baujahr und dem Jahr 1996 akkumulierten Schadens aus dem Betrieb mittels folgender Gleichung ​_____________ ​  alt​​         ​ ​  UIC​​ ​​D​  1996​​   ​​(​ ​  Ff​​   ​ ​  Mf​​)​​​  m​   ​​ ​      ​   ​​​  ​​ ( )  ​ ​  c​​  ( ) m

(65)

und der Wöhlerlinienneigung ​m   5​. Ergibt sich ein Wert ​​D​  1996​​    1,0​ist rechnerisch keine Restlebensdauer – über das Jahr 1996 hinaus – gegeben. Der entsprechend der linearen Schadensakkumulation noch für den Betrieb verbleibende „Restschaden“ im Jahr 1996 kann damit sehr einfach berechnet werden zu: ​​D​  rest​​   1   ​D​  1996​​​

​D​  rest​​ ​RLD   ​  _   ​     (Z ​P​  ber​​    1996 )   ​D​  Jahr,neu​​ 1   ​D​  1996​​  ​(Z ​P​  ber​​   1996)​​  ​  _ ​   ​D​  Jahr,neu​​

wobei ​​ZP​  ber​​​das Jahr der Berechnung ist, wodurch obige Formel den Unterschied zwischen dem Bezugsjahr 1996 und dem Berechnungszeitpunkt kompensiert. Negative Ergebnisse (​RLD   0​) bedeuten, dass die rechnerische Lebensdauer zum Zeitpunkt der Berechnung bereits erschöpft ist.

7

Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

7.1

Einführung

(66)

Schritt 6 Berechnung des Schadens, der in einem Jahr der Gegenwart bzw. Zukunft „neu“ akkumuliert wird. Dies erfolgt unter Annahme des Schadensäquivalenzfaktors ​ ​ aus dem Eurocode – EN 1993-2 und setzt damit indirekt voraus, dass diese Betriebsbelastung bereits ab 1996 auf dem Tragwerk wirkte. Dies führt zu: ​  neu​​         ​ ​  UIC​​ (​​ ​ ​  Ff​​   ​ ​  Mf)​​ ​​​  m​ ​______________ ​​D​  Jahr,neu​​   ​  _  ​    ​​ ​      ​     ​​​  ​​ ( ) 100  ​ ​  c​​  ( ) m

(67)

mit Wöhlerlinienneigung ​m    5​ und ​​ ​  neu​​   ​ ​  1​​   ​ ​  2​​   ​ ​  4​​​. Der Schadensäquivalenzfaktor ​​ ​  neu​​​ wird entsprechend Eurocode 3 und einer Bezugsnutzungsdauer von 100 Jahren, basierend auf der auch für Neubauten auf der gleichen Strecke angesetzten Streckenbelastung der Zukunft berechnet.

Schritt 7 Bestimmung der verbleibenden, rechnerischen Restlebensdauer ​RLD​in Jahren mittels der folgenden Gleichung:

Bild 85. Ermüdungsriss im Flansch des Querträgers einer Eisenbahnbrücke

(68)

Zyklisch beanspruchte Konstruktionen unterliegen einer Ermüdungsbeanspruchung. Das Phänomen der Materialermüdung ist gekennzeichnet durch Initiierung von Ermüdungsrissen, durch Risswachstum infolge zeitabhängig veränderlicher Belastung und schließlich durch das Versagen des durch Risse geschwächten Konstruktionsdetails. In Abschnitt 5 wurde das Versagensverhalten rissbehafteter Bauteile ausführlich diskutiert. Für die Bewertung der Sicherheit gegen Ermüdungsversagen stehen verschiedene rechnerische Methoden zur Verfügung. Die am häufigsten verwendete Methode, das Nennspannungskonzept, ist, in der Anwendung auf genietete Konstruktionsdetails von Eisen­bahn­brücken, Inhalt des Abschnitts 6. Bei dieser Methode wird die gesamte Nutzungsdauer der ermüdungsgefährdeten Konstruktion von der Inbetriebnahme bis zu einem möglichen Versagen betrachtet. Der überwiegende Teil dieser Zeitdauer entfällt auf die Rissentstehungsphase. Diese endet mit dem Vorhandensein eines technischen Anrisses, der in der Regel mit einer Risslänge von einem Millimeter angenommen wird [164]. Mithilfe des bruchmechanischen Konzepts kann das Risswachstum beschrieben werden. Unter Risswachstum ist dabei die Änderung der Rissgeometrie (meistens wird ausschließlich die Risstiefe betrachtet) in Abhängigkeit der Häufigkeit und der Intensität der zyklischen Beanspruchung zu verstehen. Die Phase des Risswachstums ist der wesentlich kürzere Teil des Nutzungszeitraums der Kon­ struktion und führt, wenn keine Gegenmaßnahmen getroffen werden, zum Versagen des Bauteils. Infrastrukturbetreiber sind dazu verpflichtet, den sicheren Betrieb ihrer Anlagen zu gewährleisten. Neben der rechnerischen Bewertung von Tragsicherheit und Ermüdungssicherheit von Ingenieurbauwerken gehört dazu die regelmäßige Inspektion der Bauwerke. In den dafür einschlägigen Vorschriften, der DIN 1076 [55] für Straßenbaulastträger und der Richtlinie 804 [165] für Brücken der Eisenbahnen des Bundes, sind unter anderem die Inspektionsfristen, die Prüfumfänge und die anzuwendenden Prüfmethoden geregelt. Bild  85 zeigt



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

den während einer Inspektion einer Eisenbahnbrücke gefundenen Riss zwischen Nietloch- und Bauteilrand im Flanschwinkel des Querträgers. Der Eurocode 3 [166] definiert die anzusetzenden Teilsicherheitsbeiwerte beim Nachweis der Ermüdungssicherheit in Abhängigkeit der während der Nutzung durchzuführenden Bauwerksinspektionen und führt damit das Konzept der Schadenstoleranz ein. Das heißt, wenn durch regelmäßige Inspektionen sichergestellt ist, dass ein potenzieller Ermüdungsriss entdeckt wird, bevor er zum Versagen des Bauteils führt, kann dieser „Schaden“ toleriert werden [167]. Eine noch direktere Verknüpfung von rechnerischer Bewertung der ermüdungsgefährdeten Konstruktion und Bauteilin­ spektion ist mit der Richtlinie 805 der DB Netz AG „Tragsicherheit bestehender Eisenbahnbrücken“ [53] möglich. Mithilfe des Betriebszeitintervallnachweises im Modul 805.201, Anhang 7 der genannten Richtlinie lässt sich die Inspektionsfrist betroffener Bauteile direkt in Abhängigkeit von Bauteilauslastung, Konstruktionsdetail und Häufigkeit der Lastwechsel bestimmen.

7.2

Risswachstum unter zyklischen Beanspruchungen

In Abschnitt 5.3 wird ausführlich auf die Anwendung der Technischen Bruchmechanik zur Beurteilung der Tragsicherheit von Stahlkonstruktionen eingegangen. Auf der Beanspruchungsseite werden dabei statische Bemessungslasten berücksichtigt. Zyklische Beanspruchungen, wie sie z. B. aus Eisenbahnverkehr resultieren, sind um ein Vielfaches geringer und verursachen die Initiierung und das Wachstum von Ermüdungsrissen. Wesentliche Grundsätze der Bruchmechanik gelten für die statische Beanspruchung gerissener Bauteile und für das Phänomen des Risswachstums gleichermaßen. Bei Anwendung der linear-elastischen Bruchmechanik (LEBM) ist die wesentliche Beanspruchungsgröße des gerissenen Bauteils der Spannungsintensitätsfaktor ​​K​ I​​​ (in diesem Abschnitt wird ausschließlich der Rissöffnungsmodus I berücksichtigt vgl. Bild 58 [95]). Wie aus den Gln. (64) und (65) hervorgeht, ist K​  ​​ I​​​ abhängig von der Bruttospannung des Bauteils, der Risstiefe und der Bauteilgeometrie. Nach der Theorie der LEBM ist der Spannungsintensitätsfaktor ein Parameter, der das elastische Spannungsfeld vor der Rissspitze beschreibt. Die Rissspitze entspricht einer Kerbe mit einem Radius​ R   0​, an deren Stelle eine Spannungssingularität besteht. In metallischen Werkstoffen bildet sich in der Realität an der Rissspitze eine plastische Zone aus. Die Anwendung der LEBM auf die Risswachstumsberechnung von Stahlkonstruktionen ist an die Voraussetzung gekoppelt, dass die plastische Zone hinreichend klein gegenüber der Risstiefe ist. Die nachfolgend beschriebenen Gesetzmäßigkeiten des Risswachstums gelten also nur für Langrisse (oder Makrorisse). Entsprechend [164] ist diese Voraussetzung mit der Größenordnung von 1  mm erfüllt. Eine ausführliche Darstellung der Phasen der Rissausbreitung findet sich in [168].

507

Bild 86 enthält eine schematische Risswiderstandskurve mit den Bereichen I, II, und III. Der Bereich II ist die Phase des stabilen Risswachstums. In der logarithmischen Darstellung ist er durch die sogenannte Paris-Gerade gekennzeichnet. Diese lässt sich mit dem Risswachstumsgesetz von Paris∕​Erdogan beschreiben [169]. da ​​ _  ​    C   ​ K​​  m​​ (69) dN Die linke Seite der Gleichung beschreibt die Änderung der Risstiefe ​a​über die Lastwechselzahl ​N​und entspricht damit der Risswachstumsgeschwindigkeit bzw. Rissfortschrittsrate. Für ​N   1​ergibt sich die Risstiefenänderung ​ a​für einen Lastwechsel ​ N​. Die rechte Seite enthält für den bereits beschriebenen Spannungsintensitätsfaktor ​​K​  I​​​die Differenz für einen Beanspruchungswechsel. ​ K   ​K​  max​​   ​K​  min​​​

(70)

​ ​und ​m​sind Materialparameter und kennzeichnen die C Lage und Neigung der Paris-Geraden. Die Einheit _ für​ K​wird üblicherweise entweder mit ​MPa   ​√ mm ​​ oder _ mit ​MPa   ​√ m ​   ​angegeben. Der Parameter ​C​wird meistens dimensionslos angegeben, er ist jedoch von den Einheiten der anderen Größen der Gl.  (69) abhängig. Der Umrechnungsfaktor für ​C​zwischen den beiden Einheitensystemen für ​ K​, wenn ​ a ∕​  N​ in [​​ mm ∕​ LW]​​ angegeben ist, beträgt ​​10​​  1,5m​​Der Anstieg der Paris-Geraden ​m​ist einheitenunabhängig. Der Bereich I der Risswiderstandskurve ist der Schwellenwertbereich. Der bruchmechanische Schwellenwert​​ K​  th​​​(Tresholdwert) ist die untere Grenze der zyklischen Rissspitzenbeanspruchung, für die eine Rissausbreitung erfolgen kann. Das heißt, nur für Lastwechsel mit ​ K   ​ K​  th​​​vergrößert sich die Risslänge. Im Bereich III nähert sich die Risswiderstandskurve der Riss­ zähigkeit ​​K​  c​​​ an. Die Risswachstumsgeschwindigkeit steigt progressiv an, was durch ein sprödes Versagen des Bauteils gekennzeichnet ist.

Bild 86. Schematische Darstellung der Risswiderstandskurve

508

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Sowohl der Schwellenwert ​​ K​  th​​​als auch die Risswachstumsparameter ​C​und ​m​werden vom Beanspruchungsverhältnis ​R   ​K​  min​​  ∕​ ​K​  max​​​ beeinflusst.

7.3

Bruchmechanische Materialparameter von Altstahl

Um Risswachstumsberechnungen nach den Gesetzmäßigkeiten des vorangegangenen Abschnitts durchzuführen, sind bruchmechanische Werkstoffkennwerte erforderlich. Im Einzelnen sind das die Kenngrößen der Paris-Geraden im Bereich II der Risswachstumskurve (s. Bild 86): C ​ ​und ​m​, der bruchmechanische Schwellenwert ​​ K​  th​​​, und die Risszähigkeit ​​K​  c​​  .​ Auf die Riss­ zähigkeit als Widerstandswert gegen sprödes Versagen eines rissbehafteten Bauteils wurde umfassend im Abschnitt 5 eingegangen. Im folgenden Abschnitt wird ein Überblick über die in der Fachliteratur verfügbaren Versuchsdaten zu den anderen genannten Werkstoffkennwerten gegeben. Außerdem werden die Ergebnisse eines Forschungsvorhabens vorgestellt, das die Ermittlung einer breiten Datenbasis von Rissfortschrittskennwerten für alte Flussstähle zum Ziel hatte.

7.3.1 Literaturwerte Im Abschnitt 3 wurde dargestellt, dass die Werkstoffeigenschaften von Altstahl vom Herstellungsverfahren des Materials abhängen. Die Unterscheidung zwischen Stahl, der nach dem Puddelverfahren hergestellt wurde, und Flussstahl ist für die Kennwerte des Risswachstums ebenfalls zu treffen. Der Versuchsumfang von Untersuchungen verschiedener Autoren umfasst wenige Bauwerke, in manchen Fällen nur ein einzelnes Bauwerk, sodass keine verallgemeinerte Aussage auf die Materialgruppen Flussstahl bzw. Puddelstahl getroffen werden konnte. Eine gemeinsame statistische Auswertung der Ergebnisse ist wegen der oftmals unzureichend dokumentierten Versuchsrandbedingungen und wegen des insgesamt geringen Datenumfangs nicht möglich. Wittmann [170] veröffentlichte 1993 Daten zu Rissfortschrittsversuchen für Puddelstahl, Flussstahl und modernen Baustahl. Eine Auswertung und Ermittlung der Paris-Parameter ist jedoch nicht dokumentiert. Der untersuchte Flussstahl stammte von der Heubachbrücke. Die Versuchsergebnisse wurden exemplarisch u. a. im Stahlbau-Handbuch [171] publiziert. Tabelle 27 enthält die Paris-Parameter, die aus der linearen Regression der ​log(da ∕​ dN )    log​( K)​​Kurve auf Basis digitalisierter Daten bestimmt wurden. Han [172] untersuchte für verschiedene Materialien das Schwellenwertverhalten und den zyklischen Rissfortschritt und ging dabei auch auf die Unterschiede von Flussstahl und Puddelstahl ein. Für die Untersuchungen standen Fluss- und Puddelstahlproben aus jeweils einem Bauwerk zur Verfügung. Die ermittelten Daten wurden als Referenz­ werte in die FKM-Richtlinie Bruchmechanischer Festigkeitsnachweis [173] aufgenommen. An der Bundesan-

stalt für Materialforschung und -prüfung (BAM) ist eine Vielzahl von Riss­fortschritts­versuchen an alten Stählen aus mehreren Bauwerken durchgeführt worden. Die in [7] dokumentierten Ergebnisse stammen ausschließlich von Puddelstählen. Ein sehr umfangreiches Untersuchungsprogramm an Probenmaterial aus fünf unterschiedlichen Brückenbauwerken wurde im Rahmen der Forschungsarbeiten von de  Jesus et.al. [174] durchgeführt. Anhand der Baujahre und der chemischen Zusammensetzung wurde das Material von drei Bauwerken als Puddelstahl∕​Schweißeisen und das zwei weiterer als Flussstahl charakterisiert. Bucak führte im Rahmen eines Gutachtens [175] mehrere Rissfortschrittsversuche durch. Den Autoren stand die Ergebnisdokumentation nicht vollständig zur Verfügung; nur zweifelsfrei erkennbare Daten wurden übernommen. In den Tabellen 27 und 28 sind die recherchierten bruchmechanischen Rissfortschrittskennwerte zusammengestellt. Aus den umfangreichen Versuchsdaten von Helmerich [7] wurden je Bauwerk der Maximal- und Minimalwert in die Zusammenstellung übernommen. Als bruchmechanischer Schwellenwert wurde jeweils nur der kleinste je Bauwerk angegebene Wert aufgenommen. Die Werte für Flussstahl sind ebenfalls in Bild 90 dargestellt. Im JRC-Report [86] werden die Werte ​m    3,0​ und​ C   1,27E   8​für alte Stähle empfohlen. Barsom [176] gibt als Referenzwerte ​m    3,0​ und ​C   6,96E    9​ für ferritisch perlitische Stähle an. Bild 87 zeigt eine Auswahl dokumentierter Risswachstumsparameter für modernen Baustahl, Flussstahl und Puddelstahl. Die durchgezogenen Linien gelten für Flussstahl, die gepunkteten Linien am unteren Rand charakterisieren Puddelstahl. Es muss erwähnt werden, dass die Werte für Puddelstahl in allen Versuchen deutlich größere Streuungen innerhalb eines Versuchs aufweisen als für Flussstahl. Die Werte für Baustahl sind der FKM-Richtlinie [173] entnommen.

Bild 87. Vergleich von Risswachstumsparametern im Bereich II der Risswachstumskurve von Puddelstahl, Flussstahl und modernem Baustahl



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

509

Tabelle 27.  Risswachstumswerte für Flussstahl Autor∕​Lit.

Bauwerk

Bruchmechanische Kenngrößen für ​da ∕​ dN  ​[mm ∕​ LW]​​ _

Wittmann [170]

Heubach Brücke

Han [172] de Jesus [174] Bucak [175]

_

​C​ (für ​ K​ in [​​ MPa ​√ m ​] ​)​

​m​

​​ K​  th​​   ​[MPa ​√ m ​] ​​

7,84E-10

3,62



3,23E-10

3,96

4,4 (R = 0,8)

Pinhão Bridge

7,85E-10

3,62



Trezói Bridge

1,04E-09

3,575



Leipziger Brücken

2,95E-10

min:

4,22

1.12E-14

max:

6,51

Tabelle 28.  Risswachstumswerte für Puddelstahl Autor∕​Lit.

Bauwerk

Bruchmechanische Kenngrößen für ​da ∕​ dN  ​[mm ∕​ LW]​​ _

​m​

​​ K​  th​​   ​[MPa ​√ m ​] ​​

6,93E-11

4,48

6,0 (R = 0,7)

Eiffel Bridge

2,64E-11

4,69



Luiz Bridge

5,14E-12

5,50



Fão Bridge

8,39E-10

4,03



Elbe-Br.

5,14E-11

min:

4,65

6,36 (R = 0,5)

2,44E-16

max:

9,62

8,94E-11

min:

4,84

3,02E-14

max:

6,26

2,09E-12

min:

3,8

2,09E-08

max:

4,75

Han [172] de Jesus [174]

Helmerich [7]

_

​C​ (für ​ K​ in [​​ MPa ​√ m ​] ​)​

Kieler Str. Spree-Brücke

Ab einer zyklischen Rissspitzenbeanspruchung von​ _ K    20  MPa ​√ m ​​   sind die Risswachstumsraten von Puddel- und Flussstählen größer als die der modernen Stähle. Demnach verursacht ein gröberes Korngefüge einen steileren Anstieg der Paris-Geraden des Risswachstumsgesetzes. Die in [86] für Brücken aus Altstahl empfohlenen Werte können als Hüllkurve interpretiert werden.

7.3.2 Neuere, experimentell bestimmte Rissfortschrittskennwerte für Flussstahl Von 2018 bis 2020 wurden an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Dresden in Zusammenarbeit mit der Hochschule Mittweida im Rahmen eines Forschungsvorhabens weitere Daten für die bruchmechanischen Risswachstumsparameter des Flussstahls erhoben und mit dem bereits bekannten Datenmaterial verglichen. Der Versuchs­umfang ermöglichte statistische Auswertungen sowie verallgemeinerte Angaben für Flussstähle.

8,73 (R = 0,1) 7,09 (R = 0,3)

Für die experimentellen Untersuchungen stand Probenmaterial aus sechs Bauwerken, die zurückgebaut bzw. instand gesetzt wurden, zur Verfügung. Tabelle 29 enthält Angaben zur Herkunft des Probenmaterials. Bild  88 zeigt das noch in Betrieb befindliche Markersbacher Viadukt. Das Probenmaterial von diesem Bauwerk wurde im Zuge von Instandsetzungsarbeiten gewonnen. Zur Charakterisierung des Materials wurden Zugversuche und chemische Analysen durchgeführt. Unter Anwendung der in Abschnitt 3 erläuterten Kriterien wurde das Probenmaterial aller sechs Bauwerke als unberuhigt vergossene Flussstähle klassifiziert. Die Durchführung der Risswachstumsversuche erfolgte an 3-Punkt-Biegeproben mit SENB-Geometrie entsprechend ASTM E1820 [177], wobei die Proben jeweils aus den Seigerungszonen der ursprünglichen Querschnitte entnommen wurden. Für jedes Probenmaterial wurden die ​R​-Verhältnisse ​R   0,1;   0,3  und  0,5​in je drei Versuchen getestet. Die Schwellenwertermittlung erfolgte an zwei Proben und die Paris-Parameterbestim-

510

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Tabelle 29.  Probenmaterial für die Bestimmung bruchmechanischer Materialkennwerte Bauwerk

Kurzbez.

Baujahr

Bauteil

Walzprodukt

Eisenbahnbrücke über den Fährsee in Dessau∕​Roßlau

FD

1929

Hauptträger Stegblech

Grobblech

Eisenbahnbrücke über die Großenhainer Straße in Dresden

GDD

1889 ∕​  1899

Hauptträger Obergurt Blechlamelle

Flachstahl

Eisenbahnbrücke über die Hamburger Straße in Dresden

HAM

1906

Hauptträger Untergurt Winkelprofil

Profilstahl

Markersbacher Viadukt

MV

1888

Bauteil nicht bekannt, Blech­lamelle

Flachstahl

Schleuse Calbe

SC

1939 ∕​  1940

Stauwand, Aufhängung

Grobblech

Eisenbahnbrücke über die Tunnelstraße in Frankfurt ∕​O.

TFT

ca. 1920

Bauteil nicht bekannt, I 475-Profil

Profilstahl

Bild 88. Ansicht Markersbacher Viadukt

mung an einer Probe. Die Versuche wurden den ASTM-­ Regelungen [178] gemäß durchgeführt. Für die Bestimmung des bruchmechanischen Schwellenwerts muss die plastische Zone vor der Rissspitze während der Versuchs­durchführung möglichst klein gehalten werden, um den niedrigsten und damit maßgebenden Schwellenwert zu erhalten. Dies wurde im Teilversuch 1 durch eine kontinuierliche Absenkung von ​​K​ max​​​ erreicht. Die Bestimmung der Paris-Gerade im Bereich II erfolgte unter konstanter Probenbeanspruchung im Teilversuch  2. Da die Riss­spitzenbeanspruchung, wie unter Abschnitt 7.2 erläutert, von der Risslänge abhängt, nimmt ​​K​  max​​​ mit zunehmender Lastwechselzahl und damit wachsender Risslänge zu. Diese Beanspruchung entspricht näherungsweise der Bauteilbeanspruchung für Konstruktionsdetails von Eisenbahnbrücken unter der Voraussetzung, dass über den betrachten Zeitraum keine wesentliche Veränderung der Eisenbahnverkehrslasten erfolgt, z. B. durch Änderung der zulässigen Streckenklasse.

Bild  89 zeigt die experimentell bestimmten Risswiderstandskurven eines Bauwerks (Eisenbahnbrücke über den _ Fährsee). Die Datenpunkte für ca. ​ K    14  MPa ​ √ m ​​   resultieren aus dem Teilversuch zur Bestimmung der Risswachstumsparameter. Die Datenpunkte für ca.​ _ K    14  MPa ​√ m ​    ​liefert der Teilversuch zur Bestimmung des Schwellenwerts. In der Darstellung ist sehr deutlich der Einfluss des Beanspruchungsverhältnisses​ R​auf das Schwellenwertverhalten und auf den Anstieg der Paris-Geraden zu erkennen. Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse des Forschungsvorhabens vorgestellt. Eine ausführliche Ergebnisdarstellung befindet sich in [179].

7.3.2.1 Korrelation und Verteilung der ParisParameter Die Abhängigkeit zwischen den Paris-Parametern ​C​ und ​m​wurde u. a. von Tanaka [179] mit folgender Beziehung beschrieben:



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

Bild 90. Korrelation der Paris-Parameter

Bild 89. Experimentell bestimmte Risswiderstandskurven

​C   A   ​​ K​  0​​​​  m​​

511

(71)

Eine Übersicht über die Korrelationsparameter ​A​und​​ K​  0​​​aus verschiedenen Untersuchungen wird in [100] gegeben. Mehrere Arbeiten verfolgten das Ziel, eine große Bandbreite unterschiedlicher Materialien in eine solche Korrelationsgleichung einzubeziehen. Aufgrund des logarithmischen Zusammenhangs von C und m reagieren die Ergebnisse von Rissfortschrittsberechnungen sehr empfindlich auf Eingangsparameter, die einer großen Streuung unterliegen. Es wurden deshalb Korrelations­ parameter speziell für den Werkstoff „Flussstahl“ auf Basis der Ergebnisse der oben beschriebenen Versuche ermittelt. Die Ergebnisse sind in  Bild  90 den Paris-Parametern aus den Arbeiten ­anderer Autoren (siehe Tabelle  27) gegenübergestellt. Die Parameter der Korrelationsgeraden wurden zu​ A   1,695E    05​ und ​​ K​  0​​   14,87​bestimmt. Neben der Korrelationsbeziehung ist die Streuung des Geradenanstiegs ​m​zur Beschreibung des Risswachstumsverhaltens von Flussstahl von Interesse. Bild  91 zeigt die Häufigkeitsverteilung der experimentell bestimmten und auf ​R    0​ korrigierten ​m​-Werte. Üblicherweise werden den cha­rakteristischen Bauteilwiderständen die 5%-Quantilwerte der entsprechenden Materialeigenschaft zugrunde gelegt. Betrachtet man die korrelierten Paris-Parameter als solche, sind die daraus resultierenden Widerstandsgrößen lastabhängig. Die Streuung des Paris-Exponenten m ​ ​verursacht ein Geradenbündel mit einem Schnittbereich um den Punkt ​​ K​  0​​​(s. Bild 92). Dieser aus der Korrelationsbeziehung nach Gl. (71) resultierende Zusammenhang hat entscheidende Auswirkungen auf die bruchmechanische Bauteilbewertung. Für Rissspitzenbeanspruchungen ​ K   ​ K​  0​​​ verursachen geringere Anstiege ​m​ größere Rissfortschrittsraten d ​ a ∕​ dN.​Oberhalb von ​​ K​  0​​​ resultieren aus steileren Anstiegen von m größere Rissfortschrittsraten. Die in Bild 92 dargestellte Hüllkurve über alle Versuchsergebnisse wurde deshalb aus dem 5%-Quantilwert der in Bild 91 gezeigten Verteilung von​ m​für ​ K   ​ K​  0​​​und aus dem 95%-Quantilwert für​

Bild 91. Verteilung der Paris-Geradenanstiege

K   ​ K​  0​​​ermittelt. Die entsprechenden Wertepaare sind in Tabelle 30 enthalten. Die Versuchsergebnisse sind den Empfehlungen des JRC-Reports [86] gegenübergestellt. Die dort angegebene Risswiderstandskurve_ liegt bis zu einer Beanspruchung von ​ K    20 MPa ​√ m ​​ auf der sicheren Seite. Da Eisenbahnverkehrslasten immer mehrstufige Beanspruchungskollektive verursachen, ist bei der alleinigen Betrachtung der Risswiderstandskurven keine Einschätzung möglich, welche Seite der Verteilungsfunktion von​ Tabelle 30.  Experimentell bestimmte Risswachstumsparameter für Flussstahl Bruchmechanische Kenngröße ​C​

​m​

5%-Quantilwert

1,31E-09

3,575

Mittelwert

4,04E-10

4,011

95%-Quantilwert

1,08E-10

4,501

512

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Bild 92. Streuung der korrelierten Rissfortschrittsparameter

Bild 93. Bruchmechanische Schwellenwerte der untersuchten Flussstähle

m​(Bild  91) das Ergebnis von Rissfortschrittsberechnungen günstig bzw. ungünstig beeinflusst. Bei den in Tabelle  30 angegebenen Werten wurde der Parameter ​C​mithilfe von Gl.  (71) in allen Fällen für den 95%-Quantilwert des Parameters ​A​bestimmt.

7.3.2.2 Abhängigkeit bruchmechanischer Materialkennwerte vom Verhältnis ​R   ​K​  min​​  ∕​ ​K​  max​​​ Unter der Voraussetzung der Gültigkeit der linear-elastischen Bruchmechanik (siehe Abschnitt 7.2) tritt dann Risswachstum ein, wenn die zyklische Rissspitzenbeanspruchung ​ K​größer ist als der bruchmechanische Schwellenwert ​​ K​  th​​​. Dieser setzt sich aus einem extrinsischen und einem intrinsischen Anteil zusammen [181]. Der intrinsische Schwellenwert ist belastungsunabhängig und damit ein reiner Materialkennwert. Der extrinsische Schwellenwert ist im Wesentlichen vom Rissschließeffekt abhängig. Erstmals ausführlich beschrieben wurde der Effekt des Rissschließens von Elber [182]. Das vorzeitige Rissschließen ist auf verschiedene Ursachen zurückzuführen. Das plastizitätsinduzierte Rissschließen als wichtigste Ursache wird durch plastische Dehnungen an der Rissspitze und den anschließenden Flankenbereichen verursacht. Aufgrund der irreversiblen Verformungen treffen die Rissflanken beim Schließen aufeinander, bevor der untere Umkehrpunkt der Beanspruchung erreicht ist. Weitere Ursachen sind das rauigkeitsinduzierte und oxidinduzierte Rissschließen. Der Effekt des Rissschließens hängt sehr stark vom Beanspruchungsverhältnis ab. Das Ziel des Forschungsvorhabens war die Bestimmung von Werkstoffkennwerten für die Lebens­dauerberechnung von Komponenten von Eisenbahnbrücken. Die relevanten Beanspruchungskollektive enthalten in den meisten Fällen Spektren von ​R​-Verhältnissen zwischen 0 und 0,6. Für die experimentelle Bestimmung von rissschließfreien,

Bild 94. Abhängigkeit des Paris-Geraden­anstiegs vom ­Beanspruchungsverhältnis

intrinsischen Schwellenwerten sind nach [183] Beanspruchungsverhältnisse ​R   0,8​erforderlich. Infolge der gewählten Werte für den Versuchsparameter R ​ ​von 0,1; 0,3 und 0,5 enthalten die ermittelten Schwellenwerte sowohl den intrinsischen als auch den rissschließbedingten Anteil. Die Versuchsergebnisse sind damit auf Bauteilbeanspruchungen übertragbar. Bild 93 zeigt die bestimmten Schwellenwerte der untersuchten Flussstähle in Abhängigkeit des ​R​-Verhältnisses. Die Risswachstumsparameter des Bereiches II hängen ebenfalls signifikant vom Beanspruchungsverhältnis ab. Mit zunehmendem ​R​-Verhältnis wird der Geraden-Anstieg steiler, wie in Bild  94 gut zu erkennen ist. Die Streuung der Ergebnisse ist bei großen R ​ ​-Verhältnissen kleiner. Dieser Effekt ist auch bei den Schwellenwerten (Bild 93) zu beobachten. Er ist auf den abnehmenden Einfluss des Rissschließens bei zunehmendem ​R​-Verhältnis zurückzuführen.



7.4

Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

Zyklische Beanspruchung von Eisenbahnbrücken

Zyklische Beanspruchungen aus Eisenbahnverkehr können Werkstoffermüdung verursachen und in rissbehafteten Bauteilen zum Risswachstum führen. Die auftretenden Spannungskollektive aus den veränderlichen Verkehrslasten bilden die Grundlage für die Berechnung der zyklischen Spannungsintensitäten am Riss nach Gl.  (70). Durch Simulation von Zugüberfahrten an einem Tragwerksmodell werden Spannungs-Zeit-Verläufe der Bruttonennspannungen im zu untersuchenden Bauteil ermittelt. Durch die Anwendung eines geeigneten Zählverfahrens, z. B. des Rainflow-Algorithmus [190], werden Spannungsspiele bestimmt, klassiert und in Spannungskollektive überführt. Gemäß dem Risswachstumsgesetz nach Paris∕​Erdogan (siehe Gl.  (69)) besteht ein exponentieller Zusammenhang zwischen der Rissspitzenbeanspruchung und der Risswachstumsgeschwindigkeit. Dementsprechend ist ein signifikanter Einfluss des tatsächlichen Beanspruchungskollektivs auf das Ergebnis von Rissfortschrittsberechnungen zu erwarten. Ermüdungsrelevante Eisenbahnverkehrslasten werden im Eurocode 1 [191] durch 12 Typenzüge definiert. Es sind Achslasten, Achsabstände und die Geschwindigkeit der Züge vorgegeben. Vier der Typenzüge repräsentieren Reisezugverkehr, davon wiederum zwei den Hochgeschwindigkeitsverkehr. Vier weitere charakterisieren die typische Achskonfiguration von Güterzügen. Jeweils ein Typenzug beschreibt einen S-Bahn-Triebwagenzug und einen U-Bahn-Triebwagenzug und zwei Typenzüge stehen für Schwerverkehr mit Achslasten von 25  t. Der Eurocode 1 definiert außerdem die drei verschiedenen Verkehrsmischungen Regelverkehr (EC Mix nach [192]), Schwerverkehr und Nahverkehr. Für jede Verkehrsmischung ist die Häufigkeit der Zugüberfahrten je Zugtyp angegeben, wobei das Gesamtverkehrsvolumen auf 25 Mio. t∕​Jahr normiert ist. Für das Beispiel eines Einfeldträgers mit einer Stützweite von 4 m sind die aus den simulierten Zugüberfahrten eines Jahres ermittelten Spannungskollektive in Bild  95 beispielhaft dargestellt.

Bild 95. Spannungskollektive für verschiedene Verkehrsmischungen

513

Bild 96 zeigt das Ergebnis einer Datenauswertung zur Zusammensetzung des Schienenverkehrs auf dem Gleisnetz der Deutschen Bahn AG im Jahr 2017. Dabei wurden 58.300 km und damit 96 % des Gleisnetzes berücksichtigt. Es ist der Güterverkehrsanteil mit einem durchschnittlichen Zuggewicht 1000 t und der zugehörige Anteil des Streckennetzes als Summenlinie dargestellt. Für die Nahverkehrsmischung aus [191] beträgt der Güterverkehrsanteil ca. 6 %, für die Ver­ kehrsmischung Regelverkehr ca. 59 % und für den Schwerverkehr 100 %. Aus der Darstellung geht hervor, dass auf ca. 33 % des Gleisnetzes kein Güterverkehr stattfindet, auf 38 % ist der Anteil kleiner als in der Nahverkehrsmischung. Auf 41 % des Gleisnetzes ist der Güterverkehrsanteil größer als der des EC-Mix. Der Datenauswertung lagen die Anzahl der Züge und die Jahrestonnage je Verkehrsart zugrunde, nicht jedoch konkrete Achslasten. Die Gegenüberstellung ist aus diesem Grund eine Abschätzung. Auch für den Fall, dass der Güterverkehrsanteil 0 % beträgt, kann die Nahverkehrsmischung Ergebnisse liefern, die nicht auf der sicheren Seite liegen. Das ergab z. B. eine Auswertung für die S-Bahnen in Dresden. Deren Züge verkehren als lokgezogene Doppelstockwagen auf einer eigenen Gleistrasse. Die Züge sind zwar dem Nahverkehr zuzuordnen, bei allen untersuchten Stützweiten liegen die ermittelten Beanspruchungen jedoch über denen, die aus der normierten Nahverkehrsmischung resultieren. Detaillierte Angaben über gegenwärtige und zukünftige Verkehrsbelastungen liegen bei Infrastrukturbetreibern in der Regel vor. Für die Anwendung der Methode der Bruchmechanik zur Beurteilung der Sicherheit gegen Ermüdungsversagen ist das ein großer Vorteil, da nur diese Beanspruchungen berücksichtigt werden müssen. Bei der Schadensakkumulation des Nennspannungskonzepts müssen hingegen alle Betriebsbeanspruchungen ab der Inbetriebnahme des Bauwerks berücksichtigt werden. Da über weit in der Vergangenheit liegende Verkehrsbelastungen oftmals keine oder nur ungenügende Angaben vorliegen, müssen dafür sehr konservative Schätzungen vorgenommen werden.

514

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

sowohl sprödes als auch duktiles Versagen, also das Fließen des Restquerschnitts, berücksichtigt. Bild  104 veranschaulicht für eine Beispielberechnung die Bestimmung der kritischen Rissgröße. 2. Schritt: Risslängenzuwachs für ein Tageskollektiv Durch Einsetzen der Gln. (5) und (70) in (69) erhält man folgende Gleichung für den Rissfortschritt: _ da ​​ _  ​    C   ​​(    ​√      a ​   F​(a))​ ​​​  m​​ (72) dN

Bild 96. Verkehrszusammensetzung auf dem Gleisnetz der Deutschen Bahn AG

7.5

Risswachstum in Nietverbindungen

Die Gewährleistung der Sicherheit gegen Ermüdungsversagen von genieteten Konstruktionen mithilfe der Bruchmechanik basiert auf der Festlegung von Inspektionsintervallen. Diese werden aus Zeitintervallen für stabiles Risswachstum aus Rissfortschrittsberechnungen abgeleitet. Die Bestimmung der Zeitintervalle für ermüdungsgefährdete Konstruktionsdetails von Eisenbahnbrücken kann in folgenden Schritten durchgeführt werden: 1. Schritt: Festlegung der Anfangsrisslänge und Ermittlung der kritischen Risslänge Für den Fall, dass bei einer Inspektion keine Risse gefunden werden, entspricht die Anfangsrisslänge ​​a​ 0​​   ​ der Rissgröße, die bei einer Inspektion gerade übersehen werden kann. Sie entspricht damit der Detektionsgrenze des angewendeten Prüfverfahrens. Die routinemäßige Bauwerksprüfung von Brückenbauwerken erfolgt in der Regel durch Sichtprüfung. Tabelle 21 enthält Angaben zur Größe von erkennbaren Rissen. Für die visuelle Prüfung ist eine sichtbare Rissausdehnung auf der Oberfläche zwischen 4 und 8  mm angegeben. Da in genieteten Konstruktionen die Position der größten Kerbspannungen, der Nietlochrand, vom Nietkopf verdeckt ist, definiert die Richtlinie 805 [53] bei Anwendung des bruchmechanischen Betriebszeitintervallnachweises die Anfangsrisslänge als Nietkopfüberstand 5 mm. Dieser Wert sollte nur bei Anwendung anderer ZfP-Methoden unterschritten werden. Werden bei Inspektionen Risse gefunden, dann sind diese mit ihrer tatsächlichen Größe bei der Berechnung anzusetzen. Die kritische Rissgröße ​​a​  crit​​​ wird iterativ mithilfe bruchmechanischer Berechnungen, z. B. im Failure-Assessment-Diagramm (Bild  59) bestimmt. Dabei wird diejenige Rissgröße ermittelt, bei der eine rissbehaftete Tragwerkskomponente unter der maßgebenden Beanspruchung keine ausreichende Sicherheit gegen Versagen mehr aufweist. Bei der Anwendung des in Abschnitt 5.3.2 beschriebenen Nachweiskonzepts wird

Diese Gleichung ist nicht geschlossen integrierbar, da ​a​ sowohl als unabhängige als auch als abhängige Variable enthalten ist. Es wird für diskrete Werte von ​a​im Intervall ​​a​  0​​   a   ​a​  crit​​​ der Risslängenzuwachs ​​ a​  d​​​ für das Spannungskollektiv, welches aus dem Zugverkehr eines Tages resultiert, bestimmt. Für die Anzahl der Lastwechsel gilt dabei ​dN    N​ ≙ ​1  d​. Die Berechnung erfolgt iterativ. Das heißt, zugweise wird ein Spannungskollektiv ermittelt und lastwechselweise mit den Gln.  (5) und (70) die Rissspitzenbeanspruchung ​ K​ sowie daraus ​​ a​  i​​​bestimmt. Der nächste Risslängenzuwachs wird mit der neuen Risslänge ​a   ​ a​  i​​​ berechnet. Der Schwellenwert findet Berüksichtigung, indem für​ K   ​ K​  th​​​ der Zuwachs ​​ a​  i​​   0​beträgt. Da ​​ K​  th​​​ vom Beanspruchungsverhältnis ​ R​abhängt (s. Abschnitt 7.3.2.2), sind bei der Bestimmung der Spannungskollektive die Mittelspannungen zu erfassen. 3. Schritt: Bestimmung der Zeitperiode für das stabile Risswachstum durch numerische Integration Die diskreten Werte von ​ N ∕​ ​ a​  d​​​ (bzw. ​1 ∕​ ​ a​  d​​​) können mit Polynomfunktionen angenähert werden. Bei einer ausreichenden Anzahl diskreter Punkte von ​a​sind auch Polygonzüge möglich. Der Einfluss von ​​ K​  th​​​ verursacht Unstetigkeitsstellen, deshalb muss die Funktionsbeschreibung abschnittsweise erfolgen. Die Gesamtdauer entspricht dem Integral über das Risswachstumsintervall: ​a​  crit​​ dN ​N   ​  ∫ ​  ​​​ _ ​   ​  ​​ (73) ​a​  0​​ ( da ) Die Integration erfolgt numerisch. Bild  97 enthält​ dN ∕​ da​-Kurven für verschiedene Verkehrsmischungen. Das Risswachstum in genieteten Verbindungen unter zyklischer Beanspruchung ist von einer Vielzahl unterschiedlicher Einflussfaktoren abhängig. Anhand von Beispielrechnungen sollen diese Faktoren veranschaulicht werden. Alle Beispielrechnungen wurden am Bauwerksmodell eines Einfeldträgers für die Momentenbeanspruchung in Feldmitte durchgeführt. Bei Annahme eines genieteten Trägeruntergurts diente die ebene Blechscheibe mit mittigem Loch, symmetrischem Riss und konstanter Zugspannung entsprechend Bild 61 als Rissmodell. In allen Beispielen wurden die Spannungs-Zeitverläufe für längsverteilte Achslasten nach [190] ermittelt. Die Bestimmung der kritischen Risslänge erfolgte mit den Werkstoffkennwerten nach [53] für Flussstahl, hergestellt nach 1900. Für den Einfluss der Querschnittsauslastung wurde ein Auslastungsgrad ​ ​wie folgt definiert. Der Auslastungs-



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

grad ​    1​entspricht einer Bruttospannungsauslastung von 75 % für Bemessungslasten aus Verkehrsbeanspruchung mit Lastmodell LM71. Das Widerstandsmoment bei Biegebeanspruchungen ergibt sich damit zu​​ W​  1​​   ​M​  LM71​​   ​ ​  LM71​​   ​ ​  F​​  ∕​ ​ ​  Rd​​    0,75​ und ​​W​  ​​   ​ W​  1​​   1 ∕​  ​. Der Schwingbeiwert für Betriebslasten wurde entsprechend [190] Anhang D berücksichtigt. Die Geschwindigkeit wurde für alle Zugtypen mit 120 km∕​h angesetzt.

7.5.1 Einflussfaktor Verkehrslast Aus der Betriebsbeanspruchung zyklisch beanspruchter Konstruktionen lassen sich drei Einflussgrößen ableiten. Der erste Einflussparameter ist die Form des Beanspruchungskollektivs. Die Bildung von Beanspruchungskollektiven für Eisenbahnverkehrslasten wurde in Abschnitt 7.4 erläutert. Weiterhin spielt die Auslastung des Bruttoquerschnitts, also letztlich die Amplitudengröße der Spannungsspiele eine Rolle. Die Verkehrsstärke, die für Eisenbahnbrücken als Jahrestonnage angegeben wird, wirkt sich nicht physikalisch auf den Risswachstumsprozess aus, sondern dient lediglich

Bild 97. Reziprokwert der Risswachstumsgeschwindigkeit in Abhängigkeit der Risstiefe

a)

515

dazu, Häufigkeiten (von Lastwechseln oder Zugüberfahrten) in Zeiteinheiten (Risswachstumsintervalle) umzurechnen. Bild  97 zeigt den Verlauf der ​dN ∕​ da​-Kurve für verschiedene Beanspruchungskollektive und Beanspruchungsgrade. Das in Gl. (73) eingeführte Integral entspricht dem Flächeninhalt unter den dargestellten Kurven in dem Bereich ​​a​ 0​​​ bis ​​a​  crit​​​. Für die erläuterte Beispielrechnung sind die ermittelten Risswachstumsintervalle in Bild  98a bis c für unterschiedliche Auslastungsgrade und Stützweiten dargestellt. Als Materialparameter liegen den Simulationen die Werte des JRC-Reports [86] zugrunde. Für die gewählten Beispielparameter unterscheiden sich die Risswachstumszeiten für den EC-Mix und die Nahverkehrsmischung etwa um den Faktor 2,5. Der Schwerverkehr unterscheidet sich nur geringfügig vom EC-Mix.

7.5.2 Einfluss der bruchmechanischen Materialparameter In Abschnitt 7.3 wurden die das Risswachstum beeinflussenden Materialparameter einschließlich ihrer Streuungen beschrieben. Ihre konkreten Auswirkungen werden anhand einer Parameterstudie für einen Einfeldträger mit 10  m Stützweite veranschaulicht. Steile Anstiege der Paris-Geraden wirken sich günstig bei kleinen Rissspitzenbeanspruchungen aus und flache Geradenanstiege verursachen längere Risswachstums­ zeiten bei hohen Beanspruchungen. Dieser prinzipielle Zusammenhang, der aus Bild 92 hervorgeht, lässt sich sehr gut anhand der Berechnungsergebnisse im Bild 99 zeigen. Bei den Beanspruchungen aus Nahverkehrsmischung mit einem sehr hohen Anteil kleiner Spannungsamplituden ​ ​(vgl. Bild  95) unterscheiden sich die Ergebnisse der Risswachstumsberechnung bei geringer Querschnittsauslastung etwa um den Faktor 5 (s. Bild 99b). Mit zunehmender Auslastung sinkt der Einfluss unterschiedlicher Geradenanstiege ​ m​auf die ermittelte Risswachstumszeit. Für die durch höhere Spann­ ­ ungsschwingbreiten geprägten Verkehrsmischungen

b) c)

Bild 98. Zeitintervall für stabiles Risswachstum für verschiedene Auslastungsgrade und Stützweiten; a) Verkehrsmischung EC-Mix, b) Nahverkehrsmischung, c) Schwerverkehr

516

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

a)

b) c)

Bild 99. Zeitintervall für stabiles Risswachstum für verschiedene Auslastungsgrade und verschiedene Paris-Geradenanstiege m; a) Verkehrsmischung EC-Mix, b) Nahverkehrsmischung, c) Schwerverkehr

(Bild 99a und c) verhält es sich umgekehrt. Flache Geradenanstiege verursachen längere Risswachstumszeiten und mit zunehmender Querschnittsauslastung wird der Einfluss von ​m​auf die Risswachstumszeiten größer. Die Risszähigkeit ​​K​  C​​​wirkt sich indirekt über die Abhängigkeit der kritischen Risslänge auf das Risswachstumsintervall aus. Aus der Darstellung in Bild  97 ist erkennbar, dass die Änderung der oberen Grenze des Integrationsbereiches einen verhältnismäßig kleinen Einfluss hat gegenüber einer Verschiebung und Streckung der gesamten Kurve, wie sie infolge unterschiedlicher Beanspruchungskollektive verursacht wird. Wird der Schwellenwert ​​ K​  th​​​ in der Rissfortschrittsberechnung berücksichtigt, ist das Risswachstum abhängig von der Reihenfolge der auftretenden Spannungsspiele, wenn das betrachtete Kollektiv auch Kollektivstufen enthält, die kleiner als ​​K​  th​​​ sind. Da die Berechnung gewöhnlich zugweise durchgeführt wird, hat sich für die praktische Berechnung bewährt, je Zug die Beanspruchung mit absteigender Größe zu berücksichtigen und die Züge je Tageskollektiv in zufälliger Reihenfolge zu mischen. Der Einfluss des Schwellenwerts ​​ K​  th​​​ auf das Wachstum eines Risses ist umso größer, je größer der Anteil kleiner Spannungsamplituden am gesamten Lastkollektiv ist und je kürzer der im Bauteil angenommene Anfangsriss ist. Zweites kann beispielsweise dadurch erreicht werden, dass zerstörungsfreie Prüfverfahren bei der Bauwerksprüfung eingesetzt werden.

7.5.3 Einflussfaktor Konstruktionsdetail Niete im konstruktiven Stahlbau werden entsprechend ihrer Funktion in Kraftniete und Heftniete unterschieden. Für Letztere lautet die Definition nach [184]: „Konstruktiv angeordnete Niete ohne Kraftübernahme für den Zusammenschluss einzelner Bauteile zu einem Gesamtbauteil und zur Reduzierung der Spaltmaße“. Für bruchmechanische Untersuchungen solcher genieteten Konstruktionsdetails werden Rissmodelle verwendet, die durch eine konstante Bruttonormalspannung an beiden Querschnittsrändern in Kraftrichtung gekennzeichnet sind (Bild 61). Die Zuordnung von ty-

pischen Details genieteter Eisenbahnbrücken zu diesen Rissmodellen wurde in [78] vorgenommen und mit der Anwendung des Betriebszeitintervallnachweises in die Richtlinie 805 [53] übernommen. Von den Heftnieten zu unterscheiden sind Niete, die über Scher-Lochleibungsbeanspruchung planmäßig Kräfte übertragen. Diese Verbindungen können z. B. ein- oder mehrschnittig ausgeführt werden. Eine sehr umfangreiche Systematisierung enthält [185]. Für alle Kraftniete ist typisch, dass die Beanspruchung konzentriert am Lochrand über Lochleibungsdruck in das angeschlossene Bauteil eingetragen wird. Rissmodelle für diese Beanspruchungsverteilung sind in Abschnitt 5.3.2 ausführlich beschrieben (Bild 62). In Abschnitt 4.1.4 wird die Technologie bei der Herstellung von Nietverbindungen erläutert. Bei der Abkühlung der heiß eingebauten Niete verkürzt sich der Nietschaft in Achsrichtung. Durch den Formschluss des Nietkopfes mit den verbundenen Blechen wird die Schrumpfung behindert. Bis zur vollständigen Abkühlung entsteht ein Eigenspannungszustand, der im Wesentlichen aus einem Druckspannungsfeld in Blechdickenrichtung um das Nietloch und Zugspannungen im Nietschaft besteht. Die Nietklemmspannung und die dadurch zwischen den Querschnittsteilen aktivierten Reibungskräfte wirken sich positiv auf das Ermüdungsverhalten von genieteten Bauteilen aus. Bei Anwendung des Nennspannungskonzepts wird dieser Effekt durch eine entsprechende Kerbfallzuordnung berücksichtigt (vgl. Abschnitt 6, Tabelle 26). Die bisher beschriebenen bruchmechanischen Rissmodelle berücksichtigen diesen positiven Effekt nicht. Die Quantifizierung der Nietklemmspannung und deren Einfluss auf das Risswachstumsverhalten in zyklisch beanspruchten genieteten Bauteilen ist Gegenstand verschiedener aktueller Forschungsarbeiten [186–189, 192, 193]. Der Einfluss der unterschiedlichen Beanspruchungsart in den Nietdetails auf die Zeitintervalle stabilen Risswachstums soll anhand der in Bild  100 dargestellten Nietdetails gezeigt werden. Das Modell im Bild  100b entspricht dem Rissmodell in den vorangegangenen Beispielrechnungen. Für den in Bild 100a dargestellten



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

Bild 100. Nietmodell; a) Kraftniet, b) Heftniet

a) b)

a)

517

b) c)

Bild 101. Zeitintervall für stabiles Risswachstum für verschiedene Auslastungsgrade und konstruktive Nietanschlüsse; a) Verkehrs­ mischung EC-Mix, b) Nahverkehrsmischung, c) Schwerverkehr

Anschluss wird der Ermüdungsriss am ersten Nietloch des mittleren Blechs angenommen. Bei der Berechnung wird davon ausgegangen, dass sich die Anschlusskraft gleichmäßig auf die drei Verbindungsniete verteilt. An jedem Nietloch teilt sich die Gesamtanschlusskraft in einen Anteil ​​P​ F​​​, der durch den jeweiligen Niet übertragen wird, und in einen Anteil P​  ​​ BP​​​ , der am Niet vorbei zu den dahinter liegenden Verbindungsmitteln geleitet wird. Diese Vorgehensweise geht auf die Untersuchungen von Ball [108] zurück. Für den ersten Niet des mittleren Bleches ist ​​ P​ F​​  ∕​​(​P​  F​​   ​P​  BP​​)​  1 ∕​ 3​ und ​​P​  BP​​  ∕​​(​P​  F​​   ​P​  BP​​)​   2 ∕​ 3​. Die Anteile des Spannungsintensitätsfaktors können, da die LEBM gilt, addiert werden, also ​​K​  I​​   ​K​  I​​​(​P​  F​​)​   ​K​  I​​​(​P​  BP​​)​​. Der Anteil​​ K​  I(​​​ ​P​  BP)​​ ​​wird entsprechend Gln. (5) und (11) bestimmt. Der Anteil ​​K​  I​​​(​P​  F​​)​​nach den Gln. (12) bis (18). Die aus den unterschiedlichen Modellen für die Ermittlung der Rissspitzenbeanspruchung resultierenden Intervalle für das stabile Risswachstum sind in Bild  101 gegenübergestellt. Die Ergebnisse für die beiden Modelle unterscheiden sich etwa um den Faktor 4. Dieses Verhältnis wird vom Auslastungsgrad und der Verkehrsmischung nicht beeinflusst. Die Ergebnisse scheinen zunächst im Widerspruch zur Kerbfalleinstufung der Konstruktionsdetails nach Abschnitt 6.3.4, Tabelle  26 zu stehen. Demnach ist das Detail nach Bild  100a (Kerbklasse 90) weniger ermüdungskritisch als der Einzelniet gem. Bild 100b (Kerbklasse 85). Jedoch ist zu beachten, dass die bruchmechanische Betrachtung analytisch erfolgt. Die Ermittlung der Wöhlerlinien basiert dagegen auf der Auswertung einer Vielzahl durchgeführter Versuche an Originalbauteilen. Der positive Effekt der Gleitkräfte

zwischen den Querschnittsteilen ist in den Versuchsergebnissen enthalten und offensichtlich bei dem Detail nach Bild  100a stärker ausgeprägt als im Detail nach Bild 100b. Eine weitere Einflussgröße ist die Anfangsrisslänge a​  ​​ 0​​​. Sie ist abhängig von der Art der durchgeführten Inspektion. Ihren Einfluss veranschaulicht das Diagramm in Bild  97. Bei einer kleineren erkennbaren Risslänge beginnt der Integrationsbereich weiter links. Der dazu gewonnene Flächenanteil und damit die zusätzliche Risswachstumszeit sind sehr viel größer als bei einer „Verlängerung“ des Integrationsbereichs, was einer Vergrößerung der kritischen Risslänge entspricht.

7.6

Anwendung

Auf Basis bruchmechanischer Rissfortschrittsberechnungen ist es möglich, Inspektionsintervalle für zyklisch beanspruchte Konstruktionen festzulegen. Die praktische Anwendung soll am Beispiel einer Eisenbahnbrücke veranschaulicht werden. Anschließend wird der in Richtlinie 805 der Deutschen Bahn AG [53] enthaltene Betriebszeitintervallnachweis erläutert, der ebenfalls auf der Grundlage bruchmechanischer Rissfortschrittsberechnungen entwickelt wurde.

7.6.1 Anwendungsbeispiel Die gewählte Brücke wurde 1913 als genietete Stahlkonstruktion aus Flussstahl errichtet. Der stählerne Überbau ist in den Bildern 102 und 103 dargestellt. Das Bauwerk überführt eine eingleisige Eisenbahnstrecke über den Fluss Elster in der Nähe von Plauen im Vogt-

518

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

Bild 102. Horizontalschnitt und Vertikalschnitte des Stahlüberbaus der Elsterbrücke bei Plauen

Bild 103. Elsterbrücke bei Plauen

Bild 104. Bestimmung der kritischen Risslänge im FAD

land. Das Haupttragwerk besteht aus zwei Strebenfachwerkträgern konstanter Bauhöhe, deren Stäbe als offene Profile konstruiert sind. Die Stützweite beträgt 42,8 m. Die Hauptträger sind längs gegeneinander versetzt, sodass ein schiefwinkliger Brückenabschluss entsteht. Die Hauptträger sind in der Untergurtebene aller 4,3  m durch Querträger verbunden. Die Querträger nehmen als Teil der Fahrbahnkonstruktion die Lasten

aus den Längsträgern auf. Sie besitzen einen Doppel-T-Querschnitt bestehend aus Stegblech, je zwei Ober- und Untergurtwinkeln (2   L100   100   14) und jeweils einer Ober- und Untergurtlamelle aus Flachstahl Fl240 12. Im Rahmen der statischen Nachrechnung des Brückenüberbaus nach Richtlinie 805 wurden die Querträgeruntergurte im Bereich maximaler Biegebeanspruchung als ein ermüdungskritisches Detail



Ermittlung von Inspektionsintervallen auf Basis von Risswachstumsberechnungen

519

Tabelle 31.  Repräsentative Verkehrsmischung der für das Bauwerk prognostizierten Verkehrsbelastung Typenzug nach DIN EN 1991 Anh. D

Art

Anzahl∕​ Tag

Tonnage∕​ Zug [t]

Tonnage∕​ Jahr [Mio. t]

Typ 1

lokgezogener Reisezug

41

663

9,95

Typ 2

lokgezogener Reisezug

41

530

7,95

Typ 6

lokgezogener Güterzug

1

1431

0,52

Typ 7

lokgezogener Güterzug

1

1035

0,38

Typ 8

lokgezogener Güterzug

1

1035

0,38

Typ 9

S-Bahn-Triebwagenzug

54

296

5,92

Summe:

25,09

identifiziert. Die Nietverbindung zwischen Gurtwinkel und Lamelle überträgt nur eine minimale Schubbeanspruchung infolge Querträgerbiegung. Damit ist es gerechtfertigt, für eine Risswachstumsberechnung den Untergurt als Heftniet-Verbindung entsprechend Bild  100b mit beidseitig symmetrischem Anriss am Nietlochrand zu modellieren. Entsprechend den Empfehlungen in Richtlinie 805 (analog in [78]) wird die halbe Gurtbreite als Modellbreite (120 mm) verwendet. Für eine maximale Zugbeanspruchung der Untergurtlamelle von ​​ ​  max​​   125  MPa​und unter Ansatz der Werkstoffkennwerte nach [53] _ ​​R​  el​​   0,95   ​R​  eH​​    223  MPa​ und ​​K​  c​​    1750  MPa   ​√ mm ​​ wird die kritische Risslänge bestimmt. Entsprechend der in Abschnitt 5.3 beschriebenen Vorgehensweise werden die Interaktionsparameter ​​L​  r​​​ und ​​K​  R​​​ für unterschiedliche Risslängen berechnet und in das FAD (Bild 104) eingetragen. Der Nachweispunkt kurz unterhalb der Grenzkurve gehört zur kritischen Risslänge ​​a​ crit​​    32 mm​. Die Risstiefe a ist ausgehend vom Nietlochrand definiert. Unter der Voraussetzung, dass bei einer Bauwerksprüfung handnahe visuelle Inspektionen der betreffenden Querträger erfolgen, wird die Anfangsrisslänge für die Risswachstumsberechnung mit ​​a​  0​​   ​(D   d)​∕​ 2    5  mm​ (Nietkopfdurchmesser ​D​, Nietschaftdurchmesser ​d​) festgelegt. Dabei wird angenommen, dass ein Riss, der 5 mm über den Nietkopfrand gewachsen ist, mit Sicherheit erkannt werden kann. Der Verkehr auf der überführten Strecke hat ein jährliches Gesamtvolumen von ​   5 Mio.t​​. Der Güterverkehrsanteil beträgt ​ 4   % .​Von dieser tatsächlichen Verkehrsbelastung ausgehend wird eine Verkehrsmischung entsprechen Tabelle 31 festgelegt. Wie auch die in [190] enthalten Verkehrsmischungen ist diese auf 25  Mio.  t normiert. Da die Zeitintervallermittlung tageweise durchgeführt wird, ist die Normierung auf 25  Mio.  t erforderlich, da andernfalls die selten verkehrenden Züge nicht abgebildet werden könnten. Die Anpassung der Ergebnisse für das tatsächliche Verkehrsvolumen erfolgt über den Faktor: ​25 Mio. t ∕​  5 Mio. t​​. Bauwerksspezifische bruchmechanische Materialkennwerte wurden nicht bestimmt. Da, wie in den vorangegangenen Abschnitten dargelegt, von vornherein nicht

erkennbar ist, welche Seite der Verteilungsfunktion der Materialeigenschaften ungünstige und welche günstige Werte liefert, sondern eine Abhängigkeit zur Belastung besteht, werden Risswachstumsberechnungen für die Varianten 5%-Quantilwert, 95%-Quantilwert und die Parameterkombination aus [86] durchgeführt und verglichen. Es wurde jeweils der ​R​-abhängige Schwellenwert nach [86] berücksichtigt. Mit den festgelegten Eingangsparametern wird die Rissfortschrittsberechnung nach der in Abschnitt 7.5 erläuterten Vorgehensweise durchgeführt. Die Ergebnisse für die ermittelten Zeitintervalle des stabilen Risswachstums sind in Tabelle 32 zusammengefasst. Die Berechnung mit den in [86] empfohlenen Werten liefern die ungünstigsten Ergebnisse und liegen damit auf der sicheren Seite. Die kleinste ermittelte Zeitperiode für das sichere Risswachstum von 3350 Tagen ist größer als die Regelinspektionsfrist für Eisenbahnbrücken von 6 Jahren. Damit besteht für das betrachtete Konstruktionsdetail ausreichende Sicherheit gegen Ermüdungsversagen, da bei sorgfältig durchgeführten Inspektionen ein Ermüdungsriss entdeckt werden würde, bevor ein versagenskritischer Zustand eintreten kann. Bei einer derartigen Nachweisführung ist es unbedingt erforderlich, die Bauwerksprüfer für den Sachverhalt zu sensibilisieren, um eventuelle vorbereitende Maßnahmen, z. B. die Reinigung der betreffenden Bauteilbereiche, veranlassen zu können. Tabelle 32.  Ergebnisse der Risswachstumsberechnung 5%-Quantil

95%-Quantil

Literatur [86]

​m  ​ 3,575

4,5

3

​C  ​ 1,313E-09

1,078E-10

1,27E-8

[Tage]

[Tage]

[Tage]

bezogen auf 25 Mio. t

1393

1306

670

bezogen auf Streckentonnage 5 Mio. t

6965

6530

3350

520

8  Bewertung und Instandsetzung von Altstahlkonstruktionen

8

7.6.2 Betriebszeitintervallnachweis nach DBRichtlinie 805.202 Die Bestimmung von Inspektionsintervallen mithilfe bruchmechanischer Berechnungen findet auch in der Richtlinie 805 [53], Modul 805.0201, Anhang 7 Anwendung in Form des Betriebszeitintervallnachweises. Die Berechnung des Inspektionsintervalls erfolgt mit folgender Gleichung: _

​I 

​​    ​max ​  UIC​​   ​√ ​a​  0​​ ​ )​​​  ​   ​ ​  BM​​ (  ​  _________________________  ​​        1,5   T

3



(74)

Das Nachweisformat basiert auf einer Vielzahl durchgeführter Rissfortschrittsberechnungen [194] mit der praxis­relevante Kombinationen der Einflussparameter erfasst werden sollen. Es wurden die drei Rissmodelle SECT, DECT, CCT entsprechend Bild 60 berücksichtigt. Die Zuordnung der Rissmodelle zu konkreten Konstruktionsdetails erfolgt auf der Grundlage der Empfehlungen von [78]. Der Nachweisformel liegt der Gedanke zu Grunde, dass für eine konkrete Stützweite und Bauteilgeo­ metrie  eine lineare Abhängigkeit zwischen dem _ 3 Term ​​​(    ​max ​  UIC​​   ​√ ​a​  0 ​​ ​)​​​  ​​und dem berechneten Zeitintervall besteht. Dieser Term stellt eine Bezugsgröße dar und ist durch die Einflussparameter Querschnittsauslastung (in Form der größten Spannungsamplitude aus dem Bemessungslastbild) und Anfangsrisslänge gekennzeichnet. Dabei ist zu beachten, dass die Anfangsrisslänge ​​a​  0​​​in dieser Nachweismethode als Abstand zwischen Nietmittelpunkt und Rissspitze definiert ist. Der Exponent ist auf den in den Simulationsrechnungen verwendeten Paris-Exponenten ​m    3​ zurückzuführen. Der Proportionalitätsfaktor ​​ ​  BM​​​ wird in Abhängigkeit der Stützweite, des zu verwendenden Rissmodells und der Modellbreite durch Tabellen und Diagramme zur Verfügung gestellt. Aktuell findet eine Überarbeitung der Richtlinie 805 statt [195]. In diesem Zusammenhang wird auch der Betriebszeitintervallnachweis für bestehende Stahlbrücken angepasst. Der Betriebszeitintervallnachweis nach [53] bietet den Vorteil, dass weder bruchmechanische Kenntnisse des Anwenders noch kommerzielle Software-Programme für die Berechnung erforderlich sind und somit ein einfach anzuwendendes Werkzeug für die schnelle Bewertung zur Verfügung steht. Der Aufwand, der bei einer detaillierten bruchmechanischen Untersuchung mit der Berücksichtigung bauwerksspezifischer Beanspruchungs- und Materialparameter geführt werden muss, ist sehr viel größer. Die zutreffende Bewertung der Ermüdungssicherheit bestehender Stahlbrücken hat jedoch sowohl vom baukulturellen als auch vom wirtschaftlichen Standpunkt eine sehr große Bedeutung und lässt damit auch in vielen Fällen einen entsprechend hohen Bewertungsaufwand gerechtfertigt erscheinen.

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Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen André Beyer, Marios-Zois Bezas, Jean-Pierre Jaspart und Ioannis Vayas

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

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9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 531 2

Formelzeichen – Querschnittseigenschaften 535

3 Klassifizierung von Querschnitten 537 3.1 Bemessungsvorschlag 537 3.2 Herleitung und Validierung der c∕t-Grenzwerte für die Querschnittsklassen 537 3.2.1 Allgemeines 537 3.2.2 Klassifizierung unter Drucknormalkraft 537 3.2.3 Klassifizierung unter Biegung Mu um die starke Achse 538 3.2.4 Klassifizierung auf Biegung Mv um die schwache Achse 539 3.2.4.1 Schenkelspitze unter Druck 540 3.2.4.2 Schenkelspitze unter Zug 540 4 Beanspruchbarkeit der Querschnitte 541 4.1 Allgemeines 541 4.2 Druckbeanspruchung 541 4.2.1 Bemessungsvorschlag für die Druckbeanspruchbarkeit 541 4.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 541 4.3 Biegung um die starke Achse 542 4.3.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse 542 4.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 542 4.4 Biegung um die schwache Achse 543 4.4.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse 543 4.4.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 543 5

Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen 544 5.1 Allgemeines 544 5.2 Planmäßig zentrischer Druck 544 5.2.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegeknicken 544 5.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 545 5.2.2.1 Experimentelle Validierung – Labortests der Tsinghua University 545 5.2.2.2 Experimentelle Validierung – Labortests der Université de Liège 546 5.2.2.3 Numerische Validierung 546 5.3 Biegedrillknicken unter Momentenbelastung 547 5.3.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegedrillknicken 547 5.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 548

5.4

Auf Biegung und Druck beanspruchte Stäbe 549 5.4.1 Allgemeines 549 5.4.2 Nachweisbeziehungen 549 5.4.3 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 550 5.4.3.1 Experimentelle Validierung – Labortests der NTUA 550 5.4.3.2 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Braunschweig 551 5.4.3.3 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Graz 551 5.4.3.4 Numerische Validierung 552 6

Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung 553 6.1 Allgemeines 553 6.2 Biegeknicken von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung 554 6.2.1 Ermittlung der Beanspruchbarkeit für Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel 554 6.2.2 Ermittlung der Beanspruchbarkeit bei übereck gestellten Doppelwinkeln 554 6.2.3 Beanspruchbarkeit der Verbindungen 555 6.3 Validierung des Bemessungsvorschlags 555 6.3.1 Numerisches Modell 555 6.3.2 Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel 556 6.3.3 Übereck gestellte Doppelwinkel 558 7

Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe 562 7.1 Vorgang nach prEN 1993-3 und andere Normen 562 7.2 Vorgehen nach prEN 1993-3, Anhang F 563 7.3 Anwendungsbeispiel 1 564 7.3.1 Allgemeine Angaben 564 7.3.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 565 7.3.2.1 Allgemeines 565 7.3.2.2 Nachweis des Diagonalstabs 566 7.3.2.3 Nachweis des Stiels 566 7.3.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 567 7.3.3.1 Nachweis des Diagonalstabs L90   90   9 567 7.3.3.2 Nachweis des Stiels L160   160   15 568 7.3.3.3 Nachweis des Segments 569 7.4 Anwendungsbeispiel 2 570 7.4.1 Allgemeine Angaben 570 7.4.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 570 7.4.2.1 Nachweis des Diagonalstabs 570 7.4.2.2 Nachweis des Stiels 571 7.4.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 571 7.4.3.1 Nachweis des Diagonalstabs 571

Inhaltsverzeichnis

7.4.3.2 7.5 7.5.1 7.5.2 7.5.2.1 7.5.2.2 7.5.3 7.5.3.1 7.5.3.2 7.6 8 8.1 8.2

Nachweis des Stiels 571 Anwendungsbeispiel 3 571 Allgemeine Angaben 571 Nachweis nach EN 1993-3-1 571 Nachweis des Diagonalstabs 571 Nachweis des Stiels 572 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F 572 Nachweis des Diagonalstabs 572 Nachweis des Stiels 572 Zusammenfassung der Anwendungsbeispiele 572 Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für mehrteilige Stäbe mit geringer Spreizung 573 Allgemeine Angaben 573 Nachweis der Diagonalen 573

9 Literatur 575

529

Einleitung

1

Einleitung

Winkelprofile gehören zu den beliebtesten Profiltypen im Bausektor, besonders im Mast- und Turmbau. Durch ihre einfache Herstellung und den einfachen Transport, im Zusammenhang mit der ausgezeichneten Anschlussfähigkeit, unterscheiden sie sich von anderen Profilen. Sie sind erhältlich in einer breiten Palette bezogen auf: – den Herstellungsprozess: als Walz- oder kaltgeformte Produkte, – die Querschnittformen: als gleich- oder ungleichschenklige Profile, – die Stahlgüten: bis S460, – die Schenkellänge: von 20 mm bis 300 mm. Sie werden als Einzel- oder zusammengesetzte mehrteilige Profile, letztere mit parallelen oder übereck gestellten Schenkeln, eingesetzt. Dank einfacher Montagemöglichkeiten durch eine geschraubte Verbindung mit einem Schenkel an Knotenbleche werden vorteilhafte Anwendungen in Fachwerks- oder Verbandstäben des Hochbaus, Brückenbaus oder anderer Bauwerke des Konstruktiven Ingenieurbaus ermöglicht. Die angeführten Vorteile spielen aber eine größere Rolle bei Türmen für Telekommunikationszwecke oder Freileitungsmasten, die oft in abgelegenen Gegenden eingesetzt werden und bei denen der Transport schwerer, langer Einheiten und der Einsatz schwerer Baugeräte begrenzt ist. Aus diesem Grund stellen Fachwerktürme aus Winkelprofilen eine übliche Konstruktionsart von Masten dar (Bild 1). Winkelprofile besitzen spezielle Eigenschaften, die sie von anderen gebräuchlichen Profilen des Stahlbaus unterscheiden. Zu erwähnen sind im Besonderen die folgenden Eigenschaften:

Bild 1. Fachwerktürme aus Winkelprofilen mit Antennen­ bestückung

531

a) Es handelt sich um offene Profile mit sehr geringer Torsionssteifigkeit und vernachlässigbar kleiner Wölbsteifigkeit. b) Sie sind monosymmetrische Querschnitte mit Symmetrie um die starke Hauptachse. c) Sie besitzen geometrische Achsen parallel zu den Schenkeln und Hauptachsen, die um 45° dazu gedreht sind (s. Bild 6). d) Die zwei Hauptachsen unterscheiden sich stark hinsichtlich der Biegetragfähigkeit und der Trägheitsradien. e) Die plastischen Momente sind wesentlich größer als die elastischen Momente. f) Aufgrund des oft exzentrischen Anschlusses an nur einem Schenkel sind sie zusätzlich zur Normalkraft durch Biegemomente (hauptsächlich um die starke Achse) belastet. Diese Punkte zeigen, dass die im Eurocode 3, EN 19931-1 [1], angegebenen Beziehungen, die im Wesentlichen für doppeltsymmetrische Querschnitte hergeleitet wurden, nicht ohne Weiteres auf Winkelprofile angewendet werden sollten. Dies wurde in Nordamerika früh erkannt, was zu der Ausgabe einer speziellen Norm [2] führte, die den Nachweis von Stäben aus Winkelprofilen der Querschnittsklassen 1 bis 4 infolge Einwirkung aus Axialkraft und doppelachsiger Biegung regelt. In Europa sind solche Regeln in mehreren Teilen der Eurocodes verstreut. So enthält EN 1993-1-1 Regeln für die Klassifizierung von Winkelprofilen und schlägt Knickspannungslinien für zentrisch gedrückte Stäbe vor. Bei Einwirkung von Endmomenten, wie sie aus den exzentrischen Schraubenanschlüssen entstehen, muss ein Nachweis nach Theorie II. Ordnung geführt werden. Da Winkel wichtige Profiltypen für Türme und Maste sind, gibt auch EN 1993-3-1 [3] Regeln zum Knicknachweis von Gurt- und Füllstäben solcher Tragwerke an. Da der Anschluss dieser Stäbe generell exzentrisch über den Schenkel erfolgt, werden in EN  19931-1 und in prEN  1993-3 [4] spezielle Regeln für die Bestimmung der Knickschlankheit vorgeschlagen. Der Schlankheitsgrad wird über einen Beiwert auf einen effektiven Schlankheitsgrad modifiziert, der für Gurtstäbe die Ausfachungsart und für Füllstabe sowohl die Exzentrizität als auch die Steifigkeit des Anschlusses pauschal berücksichtigt. Bei Gurtstäben bewegt sich der Beiwert zwischen 0,9 und 1,0 bei symmetrischer sowie zwischen 1,08 und 1,2 bei unsymmetrischer Ausfachung (s. Tabellen 6 und 7). Im Allgemeinen muss dann ein Knicknachweis um die schwache Achse bzw. um die schwache und die geometrische Achse geführt werden. Der entsprechende Nachweis der Füllstäbe auf Zug wird über EN 1993-1-8 [5], ebenfalls durch indirekte Berücksichtigung der Biegemomente aus der Exzentrizität geregelt, die im Nachweis nicht erscheinen. Der Knicknachweis beulgefährdeter Winkelquerschnitte der Klasse 4 wird in EN 1993-1-5 [6] geregelt. Letztendlich gelten für Freileitungsmaste die Bestimmungen von EN 50341-1 [7], die sich in mehreren Punkten von denen der Eurocodes unterscheiden. Die Inter-

532

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

aktion von Biegemomenten und Normalkräften wird allerdings auch nicht in der EN  50341-1 behandelt. Zusammenfassend kann man somit erkennen, dass in Europa die (unvollständigen) Regeln zum Nachweis von Winkelprofilen in vier Teilen des Eurocode 3 (und zusätzlich in der EN 50341-1) angegeben sind, während in den USA in einem Dokument alle Informationen enthalten sind, inklusive Regeln zur Berücksichtigung der Interaktion aus Biegemomenten und Normalkraft. Die Normregelungen (der Eurocodes wie auch der nordamerikanischen Normen) stützen sich auf umfangreiche experimentelle Untersuchungen an gewalzten gleichschenkligen Profilen, wie sie im Turmbau üblich sind. Eine Auswahl dieser Untersuchungen wird im Folgenden vorgestellt. Erste Druckversuche (170) zur Untersuchung der Knickfestigkeit von Stäben aus Winkelprofilen mit Lagerungsbedingungen, wie sie bei Freileitungsmasten vorkommen, wurden 1917 in den USA durchgeführt. Dort wurde der abmindernde Einfluss des exzentrischen Schraubenanschlusses festgestellt [8]. Weitere Versuche wurden 1974 im Rahmen der CIGRE durchgeführt [9]. Die Versuchskörper waren dabei keine Einzelstäbe, sondern Turmabschnitte mit sich kreuzenden Diagonalen (Bild 2). Die Druckkraft wurde an einem Ende zentrisch und am anderen Ende exzentrisch eingeleitet, was zu einem Verhältnis der Endmomente von 0 führte. Zahlreiche Versuche wurden ebenfalls an der Universität Windsor, Kanada, in den 1990er-Jahren durchgeführt. Der diagonal stehende Testkörper (Winkelprofil) wurde in diesen Versuchen an zwei stärkere, im rechten Winkel stehende Winkelprofile an einem Schenkel angeschlossen. Bei 105 Versuchen [11] wurde der Anschluss mit zwei

und bei 16 Versuchen [10] mit einer Schraube realisiert. Weitere Versuchsparameter waren die Schenkellänge und -dicke, sowie der Vorspanngrad der Schrauben. Weitere 40 Knickversuche an Einzelwinkeln mit Ein-Schauben-Anschluss wurden 2005 an der TU Braunschweig durchgeführt [12]. Deren Ergebnisse wurden nach den Bestimmungen der DIN 18800-2 [13] und der EN  1993-3-1 [3] nachgerechnet. An der TU Graz wurden ebenfalls 27 Versuche mit Ein- und Zwei‐ Schrauben-Anschlüssen für 3 unterschiedliche Lagerungsbedingungen – Einspannung, Scharnierlagerung, gelenkige Lagerung – getestet und die Ergebnisse mit den Bestimmungen der Normen verglichen [14]. An der NTU Athen wurden 31 Versuche unter zentrischer und exzentrischer Belastung bei genau definierten gelenkigen Lagerungsbedingungen durchgeführt [15]. In der letzten Zeit wurden auch Winkel aus hochfestem Stahl experimentell untersucht. Dies betrifft zunächst 66 zentrisch gedrückte gelenkig gelagerte Versuche von Winkeln der Größen L125   125   8 bis L200   200   14 aus Stahl S420 der Tsinghua University in Beijing [16], sowie die 12 Versuche mit den zz. größten verfügbaren Winkelprofilen L150   150   18 bzw. L200   200   16 aus S460M, die an der Université de Liège (Lüttich) mit gelenkiger Lagerung unter zentrischer und exzentrischer Belastung durchgeführt wurden [17]. Neben den erwähnten experimentellen Studien wurden ebenfalls umfangreiche analytische und numerische Untersuchungen dem Tragverhalten von Winkeln aus Walzprofilen als Einzelstab oder als Teil von Türmen und Masten gewidmet. Viele dieser Untersuchungen vergleichen die Ergebnisse numerischer oder experimenteller Studien mit den Normbestimmungen und geben Empfehlungen für die Praxis an. So führten die

Bild 2. Versuchsanordnung; a) bei den CIGRE-Versuchen [9], b) bei den Versuchen der Universität Windsor [10]

Einleitung

Nachrechnungen in [12] zu dem Schluss, dass die Bemessung nach den Formeln des Eurocodes [3] weit auf der unsicheren Seite liegt, während die Berechnung nach Theorie II. Ordnung mit anschließendem Querschnittsnachweis entsprechend der DIN 18800-2 [13] sichere Ergebnisse liefert. Die Untersuchungen nach [18] bestätigen die unsichere Bemessung nach [3] und die Notwendigkeit einer Berechnung nach Theorie II. Ordnung bei Ein-Schrauben-Verbindungen. Allerdings können die aktuellen Bestimmunen der EN 1993-1-1 [1] und EN 1993-3-1 [3] in bestimmten Fällen auch weit auf der sicheren Seite liegen: Die Auswertung der Versuchsergebnisse von [16] zeigten für zentrisch gedrückte Stäbe aus Winkelprofilen der Klasse 4 und hochfesten Stählen, dass die aktuellen Regeln sehr konservativ sind. Schillo et al. erweitern in [19] diese Feststellung auf die Querschnittsklasse 3, durch Vergleiche experimenteller Untersuchungen mit den zwei obigen Normenbestimmungen. Jedoch stellen sie fest, dass FE-Berechnungen ebenfalls zu konservativen Ergebnissen führen. Die Querschnittstragfähigkeit von Winkelprofilen wurde unter anderem von Trahair untersucht. In [20] widmet sich dieser Autor der Doppelbiegung von Winkelquerschnitten der Klasse 1 bis 4 und in [21] werden diese Ergebnisse auf gleichzeitige Wirkung von Biegung, Querkraft, Torsion und der lokalen Lasteinleitung ausgeweitet. Letztlich untersucht Trahair in [22] das Biegedrillknicken von Trägern aus Winkelprofilen. Vayas et al. [23] geben plastische Interaktionsbeziehungen von Winkelprofilen unter Normalkraft und Doppelbiegung an, die von Charalampakis in [24] unter Berücksichtigung der Schenkeldicke ausgeweitet werden. Analytische Beziehungen der plastischen Widerstandsmomente gewalzter Winkelprofile um die zwei Hauptachsen werden in [18] und [24] angegeben. Die Eigenspannungen von großen Winkelprofilen wurden von Moze et al. [25] experimentell gemessen und Vorschläge ihrer Verteilung zur Anwendung bei rechnerischen Untersuchungen unterbreitet. Neben Einzelwinkeln werden im Turm- und Mastbau häufig ebenfalls zusammengesetzte Querschnitte aus zwei Winkelprofilen eingesetzt. Im Bild 3 ist als Beispiel die Verstärkungsmaßnahme an dem Gurtstab eines Fachwerkturms wiedergegeben. Für Diagonalen kommt ebenfalls eine Verstärkung durch einen zweiten Winkel in Betracht. Allerdings werden in diesem Fall die Winkel nicht übereck, sondern „Rücken an Rücken“ ausgeführt. Diese Art von Querschnitten mit geringer Spreizung wird ebenfalls häufig im allgemeinen Hochbau in Fachwerkträgern verwendet. Generell ist es möglich, 3 Konfigurationen von Doppelwinkelprofilen mit enger Spreizung zu unterscheiden. Diese sind in Bild  4 angegeben. Für das Knicken um die Stoffachsen (Achse y-y bei Doppelwinkeln „Rücken an Rücken“ und Achse v-v bei übereck gestellten Doppelwinkeln) kann der Querschnitt wie ein einteiliger Druckstab behandelt werden. Für das Knicken um die stofffreie Achse gilt dies nur, wenn der Abstand a zwi-

533

Bild 3. Verstärkung von Masten mit übereck gestellten Winkeln in geringer Spreizung

Bild 4. Mehrteilige Stäbe aus Doppelwinkeln mit geringer Spreizung; a) Rücken an Rücken, b) übereck mit gleichen Profilen, c) übereck mit unterschiedlichen Profilen

schen den Futterblechen (für Konfiguration a) im Bild 4) bzw. zwischen den Bindeblechen (für Konfigurationen b) und c) im Bild  4) bestimmte Grenzwerte nicht übersteigt. Diese Grenzwerte sind nach [1] und [13] gleich: ​a    15 ​i​​  min​​​für Doppelwinkel Rücken an Rücken, ​a    70 ​i​​  min​​​für übereck gestellte Doppelwinkel. Dabei entspricht imin dem kleineren Trägheitsradius des Einzelwinkels (imin   iv). Der Abstand zwischen den Verbindungen bei mehrteiligen Druckstäben mit geringer Spreizung kann nach Bild 5 angesetzt werden. Dieses Bild zeigt ebenfalls die typische Ausführung der Verbindungen. Bei Rücken an Rücken gestellten Doppelwinkeln wird im Allgemeinen die Verbindung mit Futterblechen und einer Schraube ausgeführt. Die Verbindung von übereck gestellten Winkeln wird mit jeweils zwei Bindeblechen und vier Schrauben pro Verbindung hergestellt. Somit ergibt sich eine höhere Verbindungssteifigkeit bei übereck gestellten Winkeln. Die größere Verbindungssteifigkeit ist der maßgebende Grund für die Möglichkeit, übereck gestellte Winkel bis zu einem Grenzwert von 70 imin als einteilige Druckstäbe zu betrachten.

534

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Bild 5. Abstand zwischen den Verbindungen bei Doppelwinkeln mit geringer Spreizung; a) Rücken an Rücken – Abstand zwischen den Schwerpunkten h0 und zwischen den Futterblechen a, b) übereck – Abstand zwischen den Schwerpunkten h0 und zwischen den Futterblechen a

Besonders der Grenzwert für Rücken an Rücken gestellte Winkel ist allerdings sehr konservativ im Vergleich zu konstruktiven Anforderungen, die vor Einführung der Eurocodes in einigen europäischen Ländern galten. So gab die frühere französische Norm CM66 [26] einen Grenzwert von 50 imin an. Aus ökonomischer Sicht ist es vorteilhaft, die Anzahl der Verbindung so weit wie möglich zu begrenzen. Allerdings gibt die aktuelle Version der EN  1993-1-1 [1] keine Bemessungshinweise, falls die angegebenen Grenzwerte nicht eingehalten werden. Im Revisionsvorschlag prEN  1993-1-1 [27] wird auf die allgemeine Bemessungsmethode für mehrteilige Stäbe hingewiesen. Alternativ kann auch „jede andere geeignete Methode“ angewendet werden. Eine Möglichkeit wäre somit die Anwendung der Bemessungsmethode, die in EN 50341-1 [7] vorgeschlagen wird. Dabei wird eine effektive Schlankheit berechnet: _

​​ ​  zi​​   ​√ ​ ​  2z​  ​   ​ ​  21  ​ ​ ​​ mit z Schlankheit des Stabs ohne Berücksichtigung der Schubsteifigkeit 1 Schlankheit eines Winkels zwischen den Verbindungen ( a∕​imin) In der US-Norm AISC360-16 [28] wird eine ähnliche Gleichung angegeben. Jedoch wird die Schlankheit 1 noch mit einem querschnittsspezifischen Faktor Ki multipliziert. Für Doppelwinkel, die Rücken an Rücken gestellt sind, gilt ein Wert Ki   0,5 und für übereck gestellte Winkel kann ein Wert von Ki   0,86 angewendet werden (0,86 gilt „für alle anderen Fälle“). Der Vorschlag eine modifizierte Schlankheit zu verwenden, geht auf die Arbeiten von Timoshenko und Gere [29] sowie Engesser [30] zurück. Eine Erweiterung dieser Arbeiten kann in [31] gefunden werden. Diesen drei Referenzen ist allerdings gemein, dass die analytischen Ansätze für mehrteilige Druckstäbe mit großer Spreizung hergeleitet wurden. Die Besonderheiten einer Verbindung über Futter- bzw. Bindebleche werden dabei nicht erfasst. Experimentelle Untersuchungen zur Beanspruchbarkeit von mehrteiligen Druckstäben mit geringer Spreizung werden zum Beispiel in den Referenzen [32–34] vorgestellt. In der Referenz [33] werden Versuchsergebnisse ausgewertet. Aus diesen Auswertungen haben Sato und Uang den in der AISC360-16 enthaltenen

Bemessungsvorschlag abgeleitet (siehe oben). Allerdings wurden nur Doppelwinkel „Rücken an Rücken“ betrachtet. Da die Verbindung von übereck gestellten Winkeln deutlich steifer ist, kann vermutet werden, dass der pauschale Wert Ki   0,86 konservativ in diesem speziellen Fall ist. Letztendlich sind die Versuche aus [34] und [35] von besonderem Interesse. In diesen Arbeiten wurden die Gurtstäbe eines Turmabschnitts über eine bestimmte Länge mittels eines zweiten Winkelprofils verstärkt. Daraufhin wurden die untersuchten Turmabschnitte belastet und der Lastübertragungsmechanismus zwischen unverstärkten und verstärkten Gurtstäben untersucht. Der genaue Einfluss des Abstands a zwischen den Bindeblechen wurde jedoch nicht als Parameter berücksichtigt. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die aktuellen Regeln des Eurocode  3 Lücken aufweisen. Dies gilt im Besonderen für die allgemeinen Beanspruchungen von Winkelprofilen und die Bemessung von Doppelwinkeln. Die existierenden Regeln sind zudem in mehreren Teilen verstreut, die oft untereinander inkonsistent, unwirtschaftlich bzw. zu konservativ sind. Allerdings wurde auch gezeigt, dass eine breite Basis von wissenschaftlichen Untersuchungen existiert, die Verbesserungen der Regeln ermöglichen können. Diese Basis wurde in den letzten Jahren durch das RFCS mitfinanzierte Projekt ANGELHY erweitert. Auf der Grundlage experimenteller, analytischer und numerischer Untersuchungen wurden in diesem Projekt Eurocode 3 konforme Bemessungskonzepte entwickelt [36]. Sie regeln den Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen der Querschnittsklassen 1 bis 4 für einzelne und kombinierte Schnittgrößen. Bei mehrteiligen Querschnitten erlauben sie eine einfache Erfassung der Abstände zwischen Verbindungen und geben die Möglichkeit Konfigurationen zu behandeln, die aktuell nicht im Eurocode erfasst sind. Diese Regeln sind sowohl für den allgemeinen Gebrauch als auch speziell für Türme und Maste anwendbar und wurden somit für einen Anhang F in der neuen prEN 1993-3 [4] vorgeschlagen. In diesem Beitrag werden die Regeln vorgestellt und ihre Herleitung und Validierung wird erläutert.



2

Formelzeichen – Querschnittseigenschaften

Formelzeichen – Querschnittseigenschaften

Die Bezeichnungen und Formelzeichen folgen den Bestimmungen vom Eurocode 3. Achsen x Längsachse eines Bauteils u starke Querschnittshauptachse v schwache Querschnittshauptachse Allgemeine Formelzeichen für Schnittgrößen M Biegemoment N Normalkraft V Querkraft Große Buchstaben A Querschnittsfläche, Querschnittsfläche des Gesamtquerschnitts Aeff wirksame Querschnittsfläche Cu , Cv äquivalente Momentenbeiwerte Elastizitätsmodul G Schubmodul, Schwerpunkt H Höhe Ieff Flächenträgheitsmoment des wirksamen Querschnitts Ip Flächenträgheitsmoment einer Platte, Flächen­trägheitsmoment einer Steife It St. Venant’sche Torsionssteifigkeit Iw Wölbflächenmoment Trägheitsmoment um die starke Achse u Iv Trägheitsmoment um die schwache Achse Iy , Iz Trägheitsmoment um die geometrische Achse KT Federkonstante des Modells der Segment­ stabilität L Länge, Spannweite, Längskraft Mcr Verzweigungsmoment elastisches Moment des Querschnitts el Mpl plastisches Moment des Querschnitts Mu.Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit eines Winkels um die starke Achse Mv.Rd Bemessungswert der Momententragfähigkeit eines Winkels um die schwache Achse MRd Bemessungswert der Momententragfähigkeit Nb,Rd Bemessungswert der Biegeknicktragfähigkeit Ncr ideale Verzweigungslast Ncr,T ideale Verzweigungslast für Drillknicken Ncr,FT ideale Verzweigungslast für Biegedrillknicken unter Normalkraft Ncr,u ideale Verzweigungslast für Biegeknicken um die starke Achse Ncr,v ideale Verzweigungslast für Biegeknicken um die schwache Achse Nc,Rd Bemessungswert der Normalkrafttragfähigkeit auf Druck NEd Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft Npl plastische Normaltkrafttragfähigkeit des Querschnitts P Last, Kraft Pu Traglast

Weff

535

elastisches Widerstandsmoment des wirk­ samen Querschnitts Wel,u elastisches Widerstandsmoment um die starke Achse Wel,v elastisches Widerstandsmoment um die schwache Achse Wpl plastisches Widerstandsmoment Wpl.u plastisches Widerstandsmoment um die starke Achse Wpl.v plastisches Widerstandsmoment um die schwache Achse Funktion zur Bestimmung des Abminderungsbeiwerts Funktion zur Bestimmung des AbmindeLT rungsbeiwerts LT Kleine lateinische Buchstaben b Breite c ausstehende Schenkellänge d Abstand e Lastexzentrizität, Koordinaten des Schwerpunkts ep Koordinaten der plastischen Nulllinie fy Streckgrenze h Schenkellänge h h – t Schenkellänge des Zwei-Blech-Querschnitts i Index, Trägheitsradius iM polarer Trägheitsradius in Bezug auf den Schubmittelpunkt ip polarer Trägheitsradius k Beiwert für den effektiven Schlankheitsgrad k Beulwert r Radius t Dicke ug Abstand des Schwerpunkts von der Winkelkante, in Richtung der starken Achse w, w1, w2 Abstand der Schraubenmittellinie von der Winkelkante, in Richtung der geometrischen Achse Kleine griechische Buchstaben Imperfektionsbeiwert, Vergrößerungsbeiwert Vergrößerungsbeiwert für die Einwirkungen, cr um die Gleichgewichtsverzweigung zu ­erreichen Imperfektionsbeiwert für Biegedrillknicken LT Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruch­ barkeit Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruch­ 0 barkeit auf Fließen Teilsicherheitsbeiwert für die Beanspruch­ 1 barkeit auf Stabilität Dehnung, Beiwert in Abhängigkeit von fy y Fließdehnung Schlankheit ​​  ​​̅  Schlankheitsgrad für Biegeknicken ​​​  ​​ ̅ LT​​​ Schlankheitsgrad für Biegedrillknicken ​​​  ​​ ̅ p​​​ Schlankheitsgrad für Plattenbeulen ​​​  ​​ ̅ u​​​ Schlankheitsgrad für Biegeknicken um die starke Achse

536

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

​​​  ​​ ̅ v​​​

Schlankheitsgrad für Biegeknicken um die schwache Achse Querkontraktionszahl (Poissonzahl) Interaktionsbeiwert abhängig von der Querschnittsklasse Abminderungsbeiwert für Plattenbeulen Normalspannung cr Verzweigungsspannung Abminderungsbeiwert für Biegeknicken Abminderungsbeiwert für Biegedrillknicken LT Abminderungsbeiwert für Biegeknicken um u die starke Achse Abminderungsbeiwert für Biegeknicken um v die schwache Achse Spannungsverhältnis, Momentenverhältnis in einem Bauteilabschnitt

Bild 6. Bezeichnungen für Winkelprofile

Bild 6 gibt die geometrischen Eigenschaften des Profils an. Im gleichen Bild werden die schenkelparallelen, geometrischen Achsen und die Hauptachsen dargestellt. Zur Vereinfachung kann der Querschnitt als Zwei-Blech-Profil idealisiert werden (Bild 7). Die Querschnittseigenschaften können aus Tabellen der Hersteller entnommen werden. Alternativ können analytische Formeln für verschiedene Idealisierungsstufen des Querschnitts verwendet werden. Tabelle 1 gibt die Formeln nach [24] und [23] wieder. Die Formeln des Zwei-Blech Profils sind wesentlich einfacher, mit maximalen Abweichungen gegenüber den genauen Formeln von 3 % und Mittelwerte im Bereich von 1 %.

Bild 7. Idealisierung des Winkels als Zwei-Blech-Profil

Tabelle 1.  Querschnittseigenschaften des Winkel- und des Zwei-Blech-Profils Winkelprofil, Bild 6 [24] mit r = r2

Zwei-BlechProfil, Bild 7 [23]

Fläche A

π 2ht-​​t​​  2​   ​ 2   ​ _ ​  ​ ​r​​  2​​ ( 2)

Lage des Schwerpunkts e

50 ​6​ ​ _ ​   ​    5π ​ ​r​​  3​   ​ 2  ) ( (( 3

Lage der plastischen Hauptachse ep

3​(π   4)​ ​r​​  2​   4ht    6 ​t​​  2​  ​​  ​​  _________________    16t

Plastisches Widerstandsmoment; starke Achse Wpl,u

48 ​r​​  ​   3​(π   4)​​(h   t)​ ​r​​  ​    6 ​ht​​  ​    6 ​h​​  ​  t    2 ​t​​  ​)​ ​√ 2 ​  (​______________________________________

16  ​   ​ _ ​ ​ r​​  3​​ ​​          12 3

Plastisches Widerstandsmoment; schwache Achse Wpl,v

√​  2 ​  ​​ _  ​​(   27 ​​(π   4)​​​  2​ ​r​​  4​   96​(3π   10)​ ​r​​  3​  t   12​(π   4)​ ​r​​  2​​(2h   11t)​t    4 ​t​​  2​​(12 ​h​​  2​   12ht    13 ​t​​  2​)​)​​ 192t

A​h′   ​ _  ​​  ​​ _ 4 ​√ 2 ​ 

St. Venant‘sche Torsionssteifigkeit It

​2(​ h   t ∕​ 2)​ ​t​​  3​  ∕​ 3​

​2​h′   ​ ​t​​  3​  ∕​ 3​

Wölbflächenmoment Iw

1 (​​ h   t ∕​ 2)​​​  ​ ​t​​  ​ _  ​​  ​​     ​  ​  _  

3

π  ​ _ ​  ​​(    3t)​ ​r​​  2​   ​(​h​​  2​   ht   ​t​​  2​)​t ​∕(​​(24   6π)​ ​r​​  2​   24ht    12 ​t​​  2​)​​ ) 2)

2

_

3 3

1   ​ ​​  2​

​2​h′   ​t​

18

_

​​h′   ​∕​ ​√ 2 ​​ 

_

​​h′   ​∕​ ​√ 2 ​​  2

2

3

_

A​h′   ​ _  ​​  ​​ _ 2 ​√ 2 ​ 

0



Klassifizierung von Querschnitten

3

Klassifizierung von Querschnitten

3.1

Bemessungsvorschlag

Für den Anhang F der prEN 1993-3 [4] wurden die folgenden Grenzen für die Querschnittsklassen vorgeschlagen (s. Tabelle 2). Im Fall von kombinierten Beanspruchungen (zum Beispiel Normalkraft und Biegemoment) können die Querschnittsklassen und Beanspruchbarkeiten (s. Abschnitt 4) für jede einzelne Schnittgröße separat bestimmt werden. Die Herleitung und Validierung der in Tabelle 2 angegebenen Grenzen wird im Folgenden beschrieben.

3.2

Herleitung und Validierung der c∕t-Grenzwerte für die Querschnittsklassen

3.2.1 Allgemeines Die Klassifizierung von Querschnitten ist von Bedeutung, um zu entscheiden, ob elastische oder plastische Querschnittseigenschaften verwendet werden können bzw. ob lokales Beulen berücksichtigt werden muss. Dazu werden die gedrückten Querschnittswände isoliert betrachtet und getrennt klassifiziert, während der gesamte Querschnitt der Klasse der ungünstigen Wand zugeordnet wird. Zur rigorosen Anwendung dieser Regel müsste der Querschnitt für den Spannungszustand jeder Schnittkräftekombination getrennt klassifiziert werden. Da dies unpraktisch ist, wird ein einfacherer Weg vorgeschlagen, bei dem der Querschnitt getrennt für Druckkraft und für Biegung um die starke bzw. schwache Achse klassifiziert wird. Ferner werden bei Biegung um die schwache Achse die Fälle, bei dem die Schenkelspitze unter Druck- oder Zugspannungen steht, getrennt behandelt. Dies entspricht dem Vorgehen für ausstehende Plattenteile in den Teilen 1-1 und 1-5 des Eurocode  3. Zur Herleitung der Klassifizierungsregeln wurden analytische und numerische Methoden herangezogen [37]. Die numerischen Untersuchungen erfolgten an gelenkig gelagerten Stäben durch Idealisierung mithilfe von dreidimensionalen FE-Modellen in der ABAQUS-Software [38]. Dabei wurden mindestens drei Volumenelemente über die Wanddicke verwendet, während die Randbedingungen durch Ein-

537

Bild 8. Dreidimensionales Modell der numerischen Unter­ suchungen

führung fiktiver Kopfplatten realisiert werden konnten (Bild 8). Die numerischen Modelle wurden durch Vergleich mit experimentellen Untersuchungen validiert [17]. Es wurden GMNIA-Berechnungen unter Zugrundelegung lokaler und globaler geometrischer Imperfektionen durchgeführt. Die globalen Imperfektionen wurden affin zur ersten Eigenform aus einer elastischen Eigenwertanalyse gewählt, während die lokalen Imperfektionen aus den in EN 10026-2 [39] vorgesehenen Toleranzen abgeleitet wurden: h∕​100 (h Schenkellänge nach Bild 6). Das Materialgesetz war linear elastisch – vollplastisch ohne Berücksichtigung der Verfestigung [27].

3.2.2 Klassifizierung unter Drucknormalkraft Bei Druckkraft ist nur eine Unterscheidung zwischen den Querschnittsklassen 1 bis 3 und Querschnittsklasse 4 notwendig, da die ersten drei durch Fließen und die letzte durch Plattenbeulen versagt. Zur Untersuchung des lokalen Beulens bei Querschnitten der Klasse 4 werden die Querschnittswände als gedrückte Plattenteile der Breite ​​b ​​̅   betrachtet, deren kritische Beulspannung t 189800​​​ ​ _  ​  ​​​  ​​(in MPa) ermittelt ( ​b ​̅  ) 2

aus

cr

k

e

k

wird. Dadurch ergibt sich der Schlankheitsgrad der Wände aus:

Tabelle 2.  Maximale Breite-zu-Dicke-Verhältnisse gedrückter Schenkel gewalzter Winkelprofile Querschnitt unter Druckkraft

Querschnitt unter Biegemoment um die starke Achse Mu

Querschnitt unter Biegemoment um die schwache Achse Mv – Schenkelspitze unter Druck

Querschnitt unter Biegemoment um die schwache Achse Mv – Schenkelspitze unter Zug

Klassen 1 und 2



c _ ​​   ​    16  ​ t

c ​​ _ ​    14  ​ t

c ​​ _ ​    30  ​ t

Klasse 3

c _ ​​   ​    14,0  ​

c ​​ _ ​    26,3  ​ t

c ​​ _ ​    26,9  ​ t



t

​c   h   t   ​r​  1​​​ (Bild 6)

538

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen _



​f​  y​​ ​b ​̅ ∕   ​ t _   ​​ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​  ​  _   ​ ​   ​ _   ​ ​  cr​​ 28,4   ​√ ​k​  ​​ ​  _

(

​​ ​​ – fy in MPa) √​​  235 ∕​ ​ f​  y 

(1)

Bei Beanspruchung von Winkelprofilen durch eine Drucknormalkraft sind ihre Schenkel auf gleichförmigen Druck beanspruchte ausstehende Plattenteile (Bild  9). Damit lässt sich ihr Schlankheitsgrad durch Einsetzen des Beulwerts k 0,43 in Gl. (1) berechnen: ​b ​̅ ∕   ​ t ​b ​̅ ∕   ​ t _ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​ ___________       ​   ​ _   ​​   28,4   ​√ 0,43 ​  18,6 

(2)

Plattenbeulen ist nicht maßgebend, solange der Abminderungsfaktor 1 ist. Damit lässt sich durch Anwendung der entsprechenden Beulkurve nach EN 1993-1-5 [6] die Grenzschlankheit (Plateaulänge) zu ​​​  ​​ ̅ p​​    0,748​ und nach Einsetzen in Gl.  (1) das Grenzverhältnis ​b ​̅   zu ​​ _ ​    13,9  ​ ermitteln. t Die Plattenbreite ​​b ​​̅   ist beim Zwei-Blech-Profil eindeutig die Schenkelbreite h (Bild  7). Für das reale Profil (Bild 6) ist sie jedoch nicht eindeutig angegeben. In den Teilen 1-1 und 1-5 der EN 1993 [1] wird ebenfalls die Schenkelbreite h verwendet. Im Gegensatz dazu wird im Teil 3-1 der EN 1993 eine reduzierte Breite ​​b   ​​̅ (h – 2 t) angenommen. Aus diesem Grund wurden numerische Untersuchungen an kurzen Profilstücken durchgeführt, um sowohl das zu verwendende Grenzverhältnis ​​b ​̅ ∕   ​ t​als auch die geeignete Breite b  ​​  ​​̅ zu ermitteln. Der Schlankheitsgrad der untersuchten Winkel wurde auf ​​  ​​̅  0,2 begrenzt, um Knickerscheinungen auszuschließen. Daraus ergab sich eine Begrenzung der Länge der Testkörper auf 18,5  · imin. Um ein breites Spektrum von Plattenschlankheiten zu erhalten, wurden mehrere Profiltypen und verschiedene Stahlgüten untersucht. Die Bilder 10 und 11 stellen das Verhältnis der numerisch ermittelten Grenzlast, Nult, zur plastischen Normalkraft der Profile, Npl A  ·  fy, in Abhängigkeit der h∕​ t- bzw. der c∕​ t-Verhältnisse dar. Werte der Ordinate kleiner als 1,0 weisen auf lokales Beulen und Klasse-4-Profile hin. Man erkennt, dass die Streuung zwischen den Profilen wesentlich kleiner ist, wenn man das c∕​ t-Verhältnis verwendet, sodass die Anwendung von c geeigneter als h zur Definition der Breite ​​b  ​​̅ ist. Ferner sieht man, dass eine Begrenzung auf den oben aufgeführten theoretischen Wert 13,9  sehr gut den Grenzbereich zwischen der Querschnittsklasse 4 und den Querschnittsklassen 1 bis 3 beschreiben. Dieser Wert ist sehr nahe dem Wert 14  der in EN 1993-1-1, Tabelle 5.2, Teil 2 [1] für ausstehende Plattenteile vorgesehen ist. Daher wird in prEN 1993-3, Anhang F [4], für gewalzte gleichschenklige Winkelprofile unter Drucknormalkraft folgende Bedingung zur Unterscheidung zwischen Querschnittsklasse 3 und Querschnittsklasse 4 verwendet: c∕​t

14  (3)

Bild 9. Spannungsverteilung des Zwei-Blech-Querschnitts im elastischen und plastischen Zustand infolge N, Mu, Mv

Bild 10. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischer plastischer Druckkraft in Abhängigkeit des h∕​ t-Verhältnisses

Bild 11. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischer plastischer Druckkraft in Abhängigkeit des c∕​ t-Verhältnisses

3.2.3 Klassifizierung unter Biegung Mu um die starke Achse Bei Biegebeanspruchung um die starke Achse bezieht sich die Klassifizierung auf den einen Schenkel der unter Druckspannungen steht, während der andere auf Zug beansprucht wird (Bild 9). Im plastischen Zustand wird nach Vayas∕​Prycharis [32] die Plattenschlankheit



Klassifizierung von Querschnitten

dehnungsorientiert beschrieben, sodass bei einer eingeprägten Dehnung, die größer als die Fließdehnung ist ( y,) in Anlehnung an Gl. (1) gilt: _________________

[​ ​ ​  y​​   0,5 ​(    ​ ​  y)​​ ]​ ​ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​      ​ ​​  ​  _________________    ​ ​  cr​​



____________

​b ​̅ ∕   ​ t y) ( _   ​ ​     ​  ​  _  ​ ​​    ​  ____________



0,5 ​     ​ ​  ​​ ​ ​ ​  y​​ 28,4    ​√ ​k​  ​​ ​ 

(4)

Klasse-2-Querschnitte, die das plastische Moment erreichen, besitzen eine gleichförmige Spannungsverteilung mit dem Randspannungsverhältnis     1. Hier sind aber die Lagerungsbedingungen näher zu betrachten, weil bei Biegung um die starke Achse, anders als bei einer Drucknormalkraft, der zweite Schenkel unter Zugspannungen steht und den gedrückten Schenkel elastisch stützt. Daher bewegen sich die Lagerungsbedingungen zwischen gelenkig und eingespannt; der entsprechende Beulwert liegt somit zwischen 0,43 nach [5] und 1,25 nach [40]. Die Plattenschlankheit liegt also je nach angesetzten Randbedingungen zwischen: ____________

​  ​̅ ∕ b   ​ t 0,5 ​ (     ​ ​  y)​​ ​ ____________ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​ _  ​ ​​ und   ​ ​  ​    18,6  ​ ​  y​​

√ √

____________

​b ​̅ ∕   ​ t ____________ y) ( ​​​  ​​ ̅ p​​   ​ _  ​ ​​    ​ ​  ​    32,0 

0,5 ​     ​ ​  ​​ ​ ​ ​  y​​

(5)

Bei Ansatz der maßgebenden Breite als b  ​​  ​​̅ c, wie bei Druckkraft, und einer Grenzdehnung von 1,5  y ergeben sich aus einer Grenzschlankheit ​​​  ​​ ̅ p​​   ​ 0,60 für Klasse 2 Breiten-Dicken-Verhältnisse der Schenkel nach Gl.  (6). Der erste Wert, 10  , stimmt mit dem Grenzwert nach [1] für ausstehende Plattenteile der Klasse 2 unter konstantem Druck überein. c c _ ​​   ​    10  ​bzw. _ ​​   ​    17,0  ​ (6) t t Bei elastischem Verhalten, das die Klasse-3-Querschnitte charakterisiert, ist das Randspannungsverhälth   c  ​   nis des ausstehenden Plattenteils ​    ​ _     0,15​ und h die entsprechenden Beulwerte für gelenkige Lagerung k 0,54 nach [5] und für Einspannung k 1,57 nach

539

[40]. Durch Einsetzen dieser Werte in Gl.  (1) und der Grenzschlankheit ​​​  ​​ ̅ p​​​ 0,748 ergeben sich damit folgende Breiten-Dicken-Verhältnisse für Winkelprofile der Klasse 3: c c ​​ _ ​    15,6  ​bzw. _ ​​   ​    26,6  ​ (7) t t Welche der oberen analytisch bestimmten Grenzwerte zwischen den Klassen 2 und 3 bzw. 3 und 4 gelten, wird durch numerische Analysen bestimmt. Dazu werden kurze Biegeträger mit ​​​  ​​ ̅ LT​​   ​ 0,4 untersucht, sodass kein Versagen infolge von Biegedrillknicken zu befürchten ist (siehe auch Abschnitt 5.3). Es werden wieder mehrere Profiltypen aus verschiedenen Stahlgüten untersucht und die Ergebnisse als Verhältnis des maximalen numerisch ermittelten Moments Mult,u zum plastischen Moment Mpl,u in Bild 12 aufgetragen. Die Abgrenzung zwischen den Klassen 2 und 3 ist dort, wo das maximale Moment kleiner als Mpl ist. Im Gegensatz dazu liegt die Grenze zwischen Querschnitten der Klasse 3 und 4 dort, wo das elastische Moment Mel unterschritten wird. Die entsprechenden Ordinatenwerte im Bild  12 sind 1,0 und 1∕​1,5 0,66, da für den gleichschenkligen Winkelquerschnitt Mpl,u 1,5 Mel,u, wie für den ZweiBlech-Querschnitt, angesetzt wurde. Für die üblichen Walzprofile gilt jedoch Mpl,u 1,5 1,62  Mel,u, sodass in Bild  12 größere Ordinaten als 1,0 erreicht wurden, obwohl die Materialverfestigung vernachlässigt wurde. Die Schnittpunkte dieser Ordinatenwerte mit der numerischen Kurve ergeben die im Bild  12 aufgezeichneten c∕​t-Grenzwerte. Sie sind in guter Annäherung zu den analytisch ermittelten Werten und wurden in prEN 1993-3 Anhang F [4] angegeben: Zur Klasse 2 unter Biegemoment um die starke Achse gehören Querschnitte, bei denen gilt: c∕​t

16  (8)

und zur Klasse 4 gehören Querschnitte bei denen gilt: c∕​t

27  (9)

3.2.4 Klassifizierung auf Biegung Mv um die schwache Achse Die Klassifizierung für Biegung um die schwache Achse betrifft beide Schenkel, die identisch teilweise auf

Bild 12. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischem plastischen Moment in Abhängigkeit des c∕​ t-Verhältnisses

540

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Druck beansprucht werden (Bild  9). Es werden zwei Fälle unterschieden, je nachdem ob die Schenkelspitze unter Druck oder Zug steht.

c 10  10  berechnen: ​​ _ ​    ​  _  ​      ​  _ ​    16,6  ​. Dieser Wert ist a 0,6 t größer als der Grenzwert zwischen den Klassen 3 und 4 nach Gl. (10). Dies liegt an einer Unstimmigkeit im 3.2.4.1 Schenkelspitze unter Druck mechanischen Modell des Eurocode 3, der ein unverschiebliches Gelenk am Anfang des gedrückten aussteBei elastischer Spannungsverteilung ist das Grenzspanhenden Querschnittsteils voraussetzt. nungsverhältnis des Zwei-Blech-Querschnitts 0 (vgl. Bild  9). Bei gewalzten Winkelprofilen ist​ Welche der oberen analytisch bestimmten Grenzwerte ​ ​  ​​ e   ​(h   c)​ zwischen den Klassen 2 und 3 bzw. 3 und 4 gelten,    ​  _2  ​     ​  _  ​    ​ 0, und somit etwas günstiger   wurde erneut durch numerische Analysen bestimmt. ​ ​  1​​ h   e Dazu wurden Biegeträger untersucht, deren Längen (Bild  13). Für 0 und gelenkiger Lagerung ist k sich zwischen 4 h und 8 h bewegen, sodass sich die Deh0,57; bei Einspannung ist k 1,65. Damit lassen sich nungen frei entwickeln können und damit die Biegedie Grenzen zwischen den Querschnittsklassen 3 und 4 tragfähigkeit nicht von der Trägerlänge beeinflusst aus Gl. (1), im Zusammenhang mit der Grenzschlank_ c wird. Die Ergebnisse sind als Verhältnis des maximalen heit ​​​  ​​ ̅ p​​    0,748​ bestimmen: ​​ _ ​    0,748   28,4  ​√ ​k​  ​​ ​​ . Durch numerisch ermittelten Moments Mult,v zum plastischen t Moment Mpl,v in Bild 14 aufgetragen. Die Grenze zwiEinsetzen der obigen Beulwerte ergibt sich damit: schen den Klassen 2 und 3 wird bei c∕​t 14  gezogen. bei Annahme gelenkiger Lagerung c∕​t 16  (10) Bei diesem Wert wird das plastische Moment mit einer Abweichung von maximal 3 % erreicht. Diese Unterbei Annahme einer Einspannung c∕​t 26,9  (11) schreitung wurde zugelassen, weil die MaterialverfestiBei plastischer Spannungsverteilung ergibt sich eine regung vernachlässigt wurde und, anders als zuvor bei lative Breite des Druckspannungsbereichs im Schenkel Momenten Mu, der genaue Wert des plastischen Mo​e_ ​  p​​    t    ​r​​  1​​ ments jedes Profils als Referenzwert verwendet wurde.  ​​ (Bild 9). Für übliche gewalzte   von ​    1   ​  h     t    ​r​​  1​​ Die Grenze zwischen den Klassen 3 und 4 wird bei Profile kann in guter Näherung ein Wert    0,6 angec∕​t 26,9  gezogen, in Übereinstimmung mit dem thenommen werden. Damit lässt sich die Grenze zwischen oretischen Wert nach Gl. (11). Querschnitten der Klasse 2 und 3 nach EN 1993-1-1 [1]

3.2.4.2 Schenkelspitze unter Zug

Bild 13. Grenzspannungsverhältnis L300 bei Schenkelspitze unter Druck

für Winkelprofile L70 bis

Bei plastischer Spannungsverteilung ergibt sich hier eine relative Breite des Druckspannungsbereichs von​ ​e​  p​​       t    ​r​​  1​​ (Bild 9). Für übliche gewalzte Profile     ​  ___________ ​​  h     t    ​r​​  1​​ ergibt sich somit ein Wert von    0,4 ( 1 0,6). Mit diesem Wert kann erneut die Grenze zwischen Querschnitten der Klasse 2 und 3 nach EN 1993-1-1 [1] bec 10  10  _ _ rechnet werden: ​​ _ ​    ​  _  ​   39,52  ​. Die  ​   ​  _       t    ​√   ​  0,4   ​√ 0,4 ​  Ergebnisse der numerischen Untersuchungen (in Bild  15 abgebildet), führen zu einem etwas kleineren Wert von c∕​t   30  . Diese Bedingung wird jedoch von fast allen gewalzten Profilen erfüllt, sodass bei Biegung um die schwache Achse und Zugspannungen an der Schenkelspitze praktisch immer mit dem plastischen Moment gerechnet werden kann.

Bild 14. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischem plastischen Moment um die schwache Achse – Schenkelspitze unter Druck



Beanspruchbarkeit der Querschnitte

4.2

541

Druckbeanspruchung

4.2.1 Bemessungsvorschlag für die Druckbeanspruchbarkeit

Bild 15. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischem plastischen Moment um die schwache Achse – Schenkelspitze unter Zug

Die Beanspruchbarkeit von gleichschenkligen Winkelquerschnitten unter einer Drucknormalkraft lässt sich aus Gl. (12) ermitteln. ⎧ ​Af​  y​​ _ ⎪ ​  ​ ​  M0  ​​​   für Querschnitte der Klasse 1 bis 3  ​​​​ ​  ​  ​N​  c,Rd​​ ⎨      ​  eff​​ ​ f​  y​​ ⎪ ​  ​_  ​   für Querschnitte der Klasse 4 ⎩ ​ ​  M0​​ (12) ​ mit 0

Aeff

4

Beanspruchbarkeit der Querschnitte

4.1

Allgemeines

Die Definition von Querschnittsklassen erlaubt die Ermittlung der Beanspruchbarkeiten von Querschnitten nach elastischen oder plastischen Methoden. Querschnitte der Klasse 3 und 4 werden elastisch nachgewiesen, wobei mit dem wirksamen Querschnitt im Falle der Klasse 4 gerechnet werden muss. Der Übergang zwischen diesen zwei Klassen ist kontinuierlich, da sich der wirksame Querschnitt graduell mit Erhöhung des c∕​t-­ Verhältnisses reduziert. Dagegen ist bei Biegung der Übergang zwischen Querschnitten der Klasse 2 und 3 unstetig, da die ersten gegen das plastische und die zweiten gegen das elastische Moment nachgewiesen werden. Der Sprung ist bei Winkelprofilen wegen des hohen Formfaktors pl Wpl∕​Wel noch größer als z. B. bei I- oder H-Walzprofilen. Daher wird in Anlehnung an das europäische Forschungsprojekt SEMI-COMP [41], in der neuen Version des Teils 1-1 des Eurocode 3 [27] für solche und andere doppeltsymmetrische Profile der Übergang durch eine quasi lineare Interpolation der Beanspruchbarkeiten geglättet. Das Grenzmoment liegt zwischen dem plastischen und dem elastischen Moment, je nachdem wie weit das Breite-Dicke-Verhältnis der Querschnittswände von den Grenzwerten der jeweiligen Klassen entfernt ist. Dieser Weg wird auch für die hier behandelten einfachsymmetrischen Winkelprofile verfolgt und im Anhang F der prEN 1993-3 vorgesehen. In diesem Absatz werden die Bemessungsvorschläge vorgestellt. Weiterhin werden ebenfalls die notwendigen Hintergrundinformationen zur Herleitung und Validierung dieser Vorschläge präsentiert.

1,0 Teilsicherheitsbeiwert nach [1] Fläche des wirksamen Querschnitts aus Gl. (13):

​​A​  eff​​   A   2 ct​(1    )​​ Abminderungsfaktor Gl. (14): ⎧1,0



(13) für

Plattenbeulen

aus

  für   ​​  ​​ ̅ p​​   0,748

​​____________  ​​ ̅ p​​  ​   0,188 ​  ​    ​⎨​      ​​​​     für   ​​  ​​ ̅ p​​   0,748  ​ ⎪ ​  2 ​​  ​​ ̅ p ​​  ⎩

(14)

Der Abminderungsfaktor wird in Abhängigkeit der Plattenschlankheit nach Gl. (15) bestimmt: _ c ∕​ t ​_ ​  com​​ _  ​ ​    ​  (15) ​​​  ​​ ̅ p​​   ​  ​    ​​   ​ ​  cr​​ 18,6 



4.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags Die obigen Beziehungen ähneln den aktuellen Regeln des Eurocode 3. Der wesentliche Unterschied liegt in _ der Definition der Bezugsbreite ​​ b​​  (Notation der EN 1993-1-5 [6]). Es wird hier vorgeschlagen, die freie Schenkellänge c zu benutzen. Wie bereits für die Querschnittsklassen ergibt sich somit ein Unterschied zur EN 1993-1-5, die die Gesamtbreite h für die Ermittlung des Schlankheitsgrads ansetzt. In der aktuellen Version des Teils 3-1 des Eurocode 3 wird für die Bezugsbreite c der Wert h – 2  t angegeben. Für die meisten in der Praxis verwendeten Winkelprofile ist dieser Wert auf der sicheren Seite bezogen auf c h – t r1. Allerdings kann die freie Schenkellänge c für die größeren Profile (ab einer Schenkellänge von 200 mm) und für die größten verfügbaren Dicken leicht unterschätzt werden, wenn die aktuellen EN  1993-3-1 Regeln angewendet werden. Die Unterschiede in der Definition von c sind aber aus der Sicht der Praxis als gering einzuschätzen. Bild 16 stellt das Verhältnis zwischen der numerischen (Nult) und der analytischen (Nc,Rk Nc,Rd) Beanspruchbarkeit auf Drucknormalkraft für eine große Parametervariation dar. Die analytischen Ergebnisse wurden sowohl nach den vorhandenen Bestimmungen aus der EN 1993-1-1 [1] als auch nach den neuen Regeln aus

542

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

4.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags

Bild 16. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischer Beanspruchbarkeit auf Drucknormalkraft in Abhängigkeit des c∕​ t-Verhältnisses

dem Anhang F der prEN 1993-3 [4] ermittelt. Man erkennt, dass die neuen Bestimmungen zu weniger konservativen Ergebnissen für Klasse-4-Querschnitte führen.

4.3

Biegung um die starke Achse

4.3.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse Die Beanspruchbarkeit von Winkelquerschnitten auf Biegung um die starke Achse wird durch die folgende Beziehung beschrieben: ​f​  y​​ ​​M​  u,Rd​​   ​W​  u​​ ​  _  ​​  (16) ​ ​  M0​​ mit 0

1,0

Wu

Widerstandsmoment des Profils um die starke Achse u-u:

​​W​  u​​   ​ ​  i,u​​ ​W​  el,u​​​, i

2, 3, 4

(17)

mit 1,5 2,u für Querschnitte der Klasse 1 oder 2

(18)

26,3     c ∕​ t ​​ 1   0,5   ​ ​ ___________       ​ ​ ​​ ( 26,3     16  )] [

3,u

für Querschnitte der Klasse 3

(19)

2 Weff,u∕​Wel,u 4,u u für Querschnitte der Klasse 4

(20)

mit u

Bei Winkelprofilen der Klasse 4 ist der wirksame Querschnitt bei Biegung um die starke Achse unsymmetrisch, weil nur der eine Schenkel unter Druckspannungen steht und reduziert werden muss. Dadurch ändert sich die Lage des Schwerpunkts, die Orientierung der Hauptachsen und alle Querschnittseigenschaften. Die obigen Regeln nehmen vereinfacht eine gleichmäßige Reduzierung der Breite beider Schenkel an. Dies liegt auf der sicheren Seite und führt vor allem zu einer maßgeblichen Vereinfachung der Berechnung, da der wirksame Querschnitt seine Symmetrie beibehält. Bild 17 stellt das Verhältnis zwischen der numerischen (Mult,u) und der analytischen (Mu,Rd) Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse dar. Die Kurven wurden für eine große Zahl von Parametern in Bezug auf Querschnittsabmessungen, Schenkeldicken und Stahlgüten ermittelt. Die analytischen Werte wurden nach EN 1993-1-1 [1] und nach den Vorschlägen des Anhang F der prEN  1993-3 [4] berechnet. In diesem Diagramm werden auch die c∕​ t-Werte der Grenzen zwischen den Klassen 2 und 3 und den Klassen 3 und 4 nach den zwei Bestimmungen angegeben. Folgende Sachverhalte können beobachtet werden: a) Die Klassengrenzen der neuen Bestimmungen, die für gleichschenklige Winkelprofile Gültigkeit haben, sind gegenüber den Bestimmungen der EN 1993-1-1, gültig für alle Profile, nach rechts verschoben und dementsprechend wesentlich günstiger. b) Die Kurve nach den vorhandenen Bestimmungen erfährt einen Sprung an der Klassengrenze 2 zu 3 aufgrund der Diskontinuität zwischen dem plastischen und dem elastischen Moment. c) Die Kurve der neuen Bestimmungen besitzt einen kontinuierlichen Verlauf wegen der Interpolation der Biegemomententragfähigkeit für Querschnitte der Klasse 3 (siehe Gl. (19)). d) Die Bemessungsvorschläge sind für Querschnitte der Klasse 4 sehr genau trotz der im vorigen Abschnitt erwähnten Vereinfachungen.

Abminderungsfaktor für Plattenbeulen aus Gl. (14)

Zur Ermittlung des Abminderungsfaktors Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ p​​​ mit Gl. (21) bestimmt.

u

wird der

_

c ∕​ t ​ ​  com​​ _ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​  ​  _  ​ ​    ​     ​​  ​ ​  cr​​ 35,58 



(21)

Bild 17. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischer Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse in Abhängigkeit des c∕​ t-Verhältnisses



Beanspruchbarkeit der Querschnitte

e) Die Bemessungsvorschläge liefern über das gesamte Spektrum der c∕​ t-Verhältnisse wesentlich bessere Ergebnisse verglichen zu den vorhandenen Bestimmungen.

4.4

Biegung um die schwache Achse

4.4.1 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse Die Beanspruchbarkeit von Winkelquerschnitten auf Biegung um die schwache Achse mit der Schenkelspitze unter Druck kann mit der folgenden Beziehung bestimmt werden: ​f​  y​​ ​​M​  v,Rd​​   ​W​  v​​ ​  _  ​​  (22) ​ ​  M0​​ mit 0

1,0

Wv

Widerstandsmoment des Profils um die schwache Achse v-v:

​​W​  v​​   ​ ​  i,v​​ ​W​  el,v​​​, i

2, 3, 4

(23)

mit

Wpl,v∕​Wel,v 2,v für Klasse 1 oder 2 3,v

(24)

543

Bild 15 lässt erkennen, dass bei Biegung um die schwache Achse, bei der die Schenkelspitze unter Zug steht, praktisch immer das plastische Moment erreicht werden kann. Für diesen Belastungsfall können gewalzte gleichschenklige Winkelprofile somit immer den Querschnittsklassen 1 bzw. 2 zugeordnet werden. Wie bereits im Abschnitt 3.1 dargestellt, müssen die Querschnittsklassen im Fall einer Belastung auf Biegung um die schwache Achse mit Druckspannungen an der Winkelspitze unterschieden werden. Für Winkelprofile der Klassen 1 und 2 kann das plastische Moment angesetzt werden. Falls Winkelprofile unter dieser Beanspruchung der Klasse 4 zugeordnet werden müssen, kann die Beanspruchbarkeit mittels Abminderungsfaktor v und Gl. (26) bestimmt werden. Der entsprechende Beiwert 4,v ist für eine große Zahl von Winkelprofilen numerisch ermittelt worden und in Bild 18 über die Profilgröße dargestellt. Diese Auswertung führte zu dem vorgeschlagenen Wert nach Gl. (26). Bild 19 stellt das Verhältnis zwischen der numerischen (Mult,v) und der analytischen (Mu,Rd) Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse – Schenkelspitze auf Druck – dar. Die Kurven wurden erneut für eine große Zahl von Parametern in Bezug auf Querschnittsabmessungen, Schenkeldicken und Stahlgüten ermittelt. Die analytischen Werte wurden nach EN 1993-1-1

26,9     c ∕​ t ___________ ​​ 1   ​ ​       ​ ​   ​ ​ ​  ​​      1)​ ​​ [ ( 26,9     14  ) ( 2,v ]

für Klasse 3 Weff,v∕​Wel,v für Klasse 4 4,v

mit v

(25) 0,94·

2 v

(26)

Abminderungsfaktor für Plattenbeulen aus Gl. (14)

Zur Ermittlung des Abminderungsfaktors Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ p​​​ mit Gl. (27) bestimmt. _ c ∕​ t ​_ ​  com​​ _  ​ ​    ​     ​​  ​​​  ​​ ̅ p​​   ​  ​  ​ ​  cr​​ 36,48 



v

wird der (27)

Bild 18. Verhältnis zwischen elastischen Widerstandsmomenten des vollen und des wirksamen Querschnitts bei Biegung um die schwache Achse

Die Beanspruchbarkeit von Winkelquerschnitten auf Biegung um die schwache Achse mit der Schenkelspitze unter Zug kann mit der folgenden Beziehung bestimmt werden: ​f​  y​​ ​​M​  v,Rd​​   ​W​  pl,v​​ ​  _  ​​  (28) ​ ​  M0​​

4.4.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags Für das plastische Widerstandsmoment um die schwache Achse gilt für übliche Winkelprofile Wpl,v   (1,65 ~ 1,95) · minWel,v . Damit kann der plastische Formbeiwert schätzungsweise zu 2,v   1,75 angesetzt werden.

Bild 19. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischer Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse – Schenkelspitze unter Druck – in Abhängigkeit des c∕​ t-Verhältnisses

544

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

[1] und nach den vorgeschlagenen Bestimmungen des Anhang F der prEN 1993-3 [4] berechnet. Im gleichen Diagramm werden die c∕​ t-Werte der Grenzen zwischen den Klassen 2 und 3 und den Klassen 3 und 4 nach den untersuchten Bemessungsbestimmungen angegeben. Folgende Sachverhalte können beobachtet werden: a) Die Klassengrenzen der neuen Bestimmungen, gültig für gleichschenklige Winkelprofile, sind gegenüber den aktuellen Regeln weiter auseinander und dementsprechend (leicht) ungünstiger beim Übergang zwischen den Klassen 2 und 3 und weitaus gün­ stiger beim Übergang zwischen den Klassen 3 und 4. b) Die Ergebnisse nach den vorhandenen Bestimmungen erfahren einen Sprung an der Klassengrenze 2 zu 3 wegen der Diskontinuität zwischen dem plastischen und dem elastischen Moment. c) Die Ergebnisse, die mittels der neuen Bemessungsvorschläge ermittelt wurden, zeigen einen kontinuierlichen Verlauf dank der Interpolation der Biegemomententragfähigkeit. d) Die neuen Bemessungsvorschläge liefern wesentlich bessere Ergebnisse gegenüber den vorhandenen Regeln über das gesamte Spektrum der c∕​ t-Verhältnisse.

5

Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen

5.1

Allgemeines

Die aktuelle [1] wie auch die zukünftige [27] Version der EN 1993-1-1 enthalten Beziehungen für Stabilitätsnachweise von Stäben, deren Parameter in vielen Fällen im Detail nur für doppeltsymmetrische I-, H- oder Hohlprofile angegeben werden. Angesichts der monosymmetrischen Form und der speziellen Geometrie der Winkelprofile fehlen bis jetzt in den Eurocodes spezielle Anwendungsregeln für Bauteile aus solchen Profilen. Es wird lediglich der Fall des planmäßig zentrischen Drucks durch Angabe der geeigneten Knicklinie für Winkel abgedeckt. Im Rahmen von ANGELHY [36] wurden geeignete Beziehungen für gewalzte gleichschenklige Winkelprofile entwickelt, die ebenfalls im Anhang F in [4] übernommen wurden. Diese Bemessungsvorschläge gehen über den Stabilitätsnachweis von Stäben auf zentrischen Druck hinaus. Im Folgenden werden die Bemessungsvorschläge des ANGELHY-­ Projekts vorgestellt und deren Herleitung und Validierung wird präsentiert.

5.2

Planmäßig zentrischer Druck

5.2.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegeknicken Die Beanspruchbarkeit auf Knicken infolge Drucknormalkraft kann mithilfe der Gl. (29) ermittelt werden:

​N​  b,Rd​​ 





​Af​  ​​

_y ⎪  ​ ​  min​​ ​  ​ ​  M1  ​​​   für Querschnitte der Klasse 1 bis 3

⎨ ​  ​   ​​​​ ​​ ​       

​  eff​​ ​ f​  y​​ ⎪ ​ ​  ​​ ​  ​_  ​   für Querschnitte der Klasse 4 min



​ ​  M1​​

(29) mit 1 Teilsicherheitsbeiwert:

A fy

1,0 wie nach [1] 1 empfohlen Querschnittsfläche Streckgrenze des Stahls Abminderungsfaktor für Biegeknicken (klein­ ster Wert aus u und v) Fläche des wirksamen Querschnitts



min

Aeff

​​A​  eff​​   A   2ct​(1    )​​

(30)

Der Abminderungsfaktor für Plattenbeulen kann mithilfe der Beulkurve der EN 1993-1-5 [6] für ausstehende Plattenteile berechnet werden (s. Abschnitt 4.2.1): ⎧1,0

  für   ​​  ​​ ̅ p​​   0,748



​​____________  ​​ ̅ p​​  ​   0,188      ​  ​    ​⎨​      ​​​​  für   ​​  ​​ ̅ p​​   0,748  ​ ⎪ ​     2 ​​  ​​ ̅ p ​​  ⎩

(31)

Beim Versagen erreichen die Spannungen im Querschnitt nicht in jeder Faser gleichmäßig die Streckgrenze. Aus diesem Grund kann die Berechnung der Beulschlankheit mit einer reduzierten Spannung durchgeführt werden. Die Beulschlankheit kann somit mit Gl. (32) berechnet werden: c _ _ _ _ ​   ​  _ ​f​  y​​ ​ ​  com​​ ​ ​  com​​ _ t _ _ _ ​​​  ​​ ̅ p​​   ​  ​   ​ ​    ​  ​   ​ ​ ​  (32)    ​     ​ ​   ​√ ​ ​  min​​ ​  ​     ​​  ​ ​  cr​​ ​f​  y​​ ​ ​  cr​​ 18,6



√ √

Der Abminderungsfaktor für Biegeknicken _ min ergibt sich aus dem Schlankheitsgrad des Stabs ​​  ​​. In Abhängigkeit der Randbedingungen kann Knicken um die starke Achse (u-u) oder um die schwache Achse (v-v) maßgebend werden: ​​ ​  min​​   ​{​ ​  u​​  ; ​ ​  v​​}​​

(33) _   mit Gl. (34) bestimmt: Der Schlankheitsgrad ​​  ​​wird _

_ ​Af​  y​​ ​​  ​    ​  ​  _   ​ ​​ ​N​  cr​​



mit Ncr

(34)

ideale Verzweigungslast für Biegeknicken (berechnet mit den Eigenschaften des Brutto-­ Querschnitts aus Ncr min{Ncr,u;Ncr,v}) Ncr,u ideale Verzweigungslast für Biegeknicken um die starke Achse u-u, die zu ​​​  ​​ ̅ u​​​ führt Ncr,v ideale Verzweigungslast für Biegeknicken um die schwache Achse v-v, die zu ​​​  ​​ ̅ v​​   ​führt

545



Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen

Die Abminderungsfaktoren ​​ ​  u​​  ,​ ​  v​​​ können in Abhängigkeit der Schlankheitsgrade ​​​  ​​ ̅ u​​​, ​​​  ​​ ̅ v​​​ aus der Knicklinie b für Stahlgüten S235–S420 und der Knicklinie a für höhere Stahlgüten ( S460) bestimmt werden. Man erkennt, dass bei zentrischem Druck lediglich Biegeknicken relevant ist, wie im Folgenden gezeigt wird. Drillund Biegedrillknicken unter Normalkraftbeanspruchung muss nicht berücksichtigt werden.

und Material berechnet. Der Teilsicherheitsfaktor wurde dabei mit einem Wert 1 1,0 angewendet. Bild  20 vergleicht die experimentellen Traglasten der Tsinghua Tests [16] zu den nach Gl. (29) [4] berechneten Traglasten in Abhängigkeit der Schlankheit um die schwache Hauptachse v. In diesen Versuchen wurden die Längen für die unterschiedlichen Profile abgestimmt, um für einen Wert der Schlankheit v mehrere Ergebnisse zu erhalten. Man erkennt, dass die errechneten Grenzlasten, mit Ausnahme einiger Tests bei denen die experimentelle Last gering unterschritten wurde, auf der sicheren Seite liegen. Bild 21 gibt die Mittelwerte und die Mittelwerte minus einer Standardabweichung des Verhältnisses zwischen den experimentellen Grenzlasten und den analytisch bestimmten Beanspruchbarkeiten an (berechnet mit prEN 1993-1-1 [27] – bezeichnet mit „Mittel-EC3-1-1“ bzw. „(Mittel-s)-EC3-1-1“ – und mit prEN 1993-3, Anhang F [4] – bezeichnet mit „Mittel-Vorschlag“ bzw. „(Mittel-s)-Vorschlag“). Nach den Bestimmungen von [27] wird der Schlankheitsgrad aus Gl.  (34) ermittelt. Dabei ist Ncr die ideale Verzweigungslast des maßgebenden Knickfalls. Aufgrund der Lagerungsbedingungen war in diesen Versuchen die ideale Verzweigungslast für Biegedrillknicken unter Normalkraftbeanspruchung Ncr,TF kleiner als die kritische Normalkraft für Biegeknicken über die schwache Achse Ncr,v. Somit muss nach prEN 1993-1-1 die Annahme getroffen werden, dass Biegedrillknicken maßgebend ist. Die ideale Verzweigungslast für Biegedrillknicken Ncr,TF kann mit Gl. (35) bestimmt werden.

5.2.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 5.2.2.1 Experimentelle Validierung – Labortests der Tsinghua University [16] Zur experimentellen Validierung werden zwei aktuelle Versuchsreihen an axial gedrückten, gelenkig gelagerten Stützen mit Walzprofilen aus hochfestem Stahl herangezogen. Es handelt sich um 66 Versuche der Tsinghua University [16] mit Winkelprofilen L125   125   8 bis L200   200   14 aus S420. Alle Querschnitte waren der Klasse 4 zuzuordnen. Weiterhin werden 6 Versuche der Universität Liège aus den größten zurzeit vorhandenen Walzprofilen L150   150   18 und L200   200   16 aus hochfestem Stahl (S420 bzw. S460) herangezogen [17]. Bei allen Versuchen wurden die Traglasten analytisch nach EN 1993-1-1 [1] (s. Bild 21) und mit Gl. (29) (s. Bilder 20 und 21) unter Anwendung der tatsächlichen Eigenschaften bezüglich Geometrie

​​ ​  cr,TF​​   

_________________________

1 2 ​N​  cr,u​​   ​N​  cr,T​​)​​​  ​    4 ​ N​  cr,u​​ ​N​  cr, ​​ ​]​​ ​ _  ​​ [​(​N​  cr,u​​   ​N​  cr,T​​)​   ​  ​​(    2 (35)



1 ​​N​  cr,T​​   ​ _   ​ ​ GI​  ​​​ ​i​  2M ​​  t

Bild 20. Verhältnis zwischen experimenteller Grenzlast und analytischer Beanspruchbarkeit nach Gl. (29) [4] in Abhängigkeit der Schlankheit um die schwache Achse, Tsinghua Tests [16]

(36)

mit Ncr,u ideale Verzweigungslast für Biegeknicken um die starke Achse Ncr,T ideale Verzweigungslast für Drillknicken ​​i​  2M ​ ​   ​i​  2p ​ ​    2 ​e​​  2​​polarer Trägheitsradius in Bezug auf den Schubmittelpunkt

Bild 21. Verhältnis zwischen experimenteller Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten nach prEN 1993-1-1 [27] und Vorschlag (prEN 1993-3, Anhang F) [4] in Abhängigkeit der Schlankheit um die schwache Achse, Tsinghua Tests [16]

546

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

​​i​  p2 ​ ​   ​i​  u2 ​ ​   ​i​  v2​ ​​polarer Trägheitsradius des Winkelquerschnittes e Abstand zwischen Schwerpunkt und Schubmittelpunkt entlang der u-u-Achse (nach Tabelle 1) 2 e ​    1   ​​ _ ​    ​  ​​​  ​​ ( ​i​  p​​ ) Man erkennt, dass die Berechnung der Beanspruchbarkeit basierend auf der idealen Biegedrillknicklast zu sehr konservativen Ergebnissen führt. Wenn nur der Versagensfall des Biegeknickens berücksichtigt wird, ergeben sich sehr gute Ergebnisse im Vergleich zu den Laborversuchen.

5.2.2.2 Experimentelle Validierung – Labortests der Université de Liège [17] Wie eingangs erwähnt, wurden an der Université de Liège 6 zentrisch belastete Versuche an den zurzeit größten vorhandenen Winkelprofilen aus hochfestem Stahl durchgeführt. Tabelle  3 gibt das Verhältnis der experimentellen zu den analytischen Traglasten, berechnet nach den Bestimmungen von [27] und [4], wieder. Bei diesen Versuchen war Biegeknicken die kritische Verzweigungsform, sodass die der Berechnung zugrunde liegende Stabschlankheit nach beiden Bemessungsansätzen gleich war. Dementsprechend sind die Ergebnisse der Klasse 1 Querschnitte identisch nach den zwei Normen. Unterschiede gibt es bei den Klasse 4 Querschnitten, weil nach [4] die Plattenschlankheit _ der Schenkel ​​​  ​​ ̅ p​​​nach Gl.  (32) mit dem Faktor ​​√ ​ ​  min  ​​ ​​ reduziert wird, sodass ein größerer wirksamer Querschnitt angesetzt werden kann. In diesen Fällen sind die nach [4] ermittelten Lasten sehr nahe an den experimentellen Lasten, während sich nach [27] deutlich kleinere Traglasten ergeben.

5.2.2.3 Numerische Validierung Neben den Vergleichen zwischen Laborversuchen und dem Bemessungsvorschlag, wurden ebenfalls numerische Untersuchungen durchgeführt, um den untersuchten Parameterbereich zu komplettieren. Die numerischen Simulationen erfolgten mit dem in Abschnitt 3.2.1 vorgestellten ABAQUS Modell (Bild  8). Dabei wird erneut eine große Anzahl von Parametern bezüglich Querschnittsabmessungen, Längen und Stahlgüten berücksichtigt. Diese Parameter wurden gewählt, um typische Winkelprofile im Bereich des Turm- und Mastbaus abzudecken. Die numerischen Simulationen (GMNIA-­Berechnungen) wurden mit folgenden Imperfektionen durchgeführt: – Globale Stabimperfektionen mit einem Stich von L∕​1000 in Form der kleinsten Knickeigenform. Dieser Ansatz entspricht den Empfehlungen des zukünftigen Teils 1-14 des Eurocode 3 (prEN 1993-1-14 [42]). – Walzeigenspannungen nach Bild 22, die im Rahmen vorheriger Untersuchungen [25, 45] bestimmt wur-

Tabelle 3.  Verhältnis zwischen experimenteller Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten, berechnet nach prEN 1993-1-1 [27] bzw. prEN 1993-3, Anhang F [4]. Zentrisch belastete Versuche der Université de Liège [17] Klasse

Nexp∕​Nb,Rd [27]

Nexp∕​Nb,Rd [4]

1,31

1

1,13

1,13

Sp13

1,56

1

1,04

1,04

3

Sp15

1,81

1

1,04

1,04

4

Sp21

1,12

4

1,12

1,06

5

Sp23

1,30

4

1,02

0,99

6

Sp25

1,48

4

1,08

1,05

Nr.

Versuchskörper

1

Sp11

2

v

den. Diese Untersuchungen zeigten, dass die Größe der Eigenspannungen unabhängig von der Stahlgüte ist. So wurden Eigenspannungen mit Verteilung nach Bild 22 und maximaler Amplitude von 70 MPa ( 0,3 235) berücksichtigt. Die Eigenspannungen wurden jedoch nicht explizit in das numerische ABAQUS-Modell implementiert. Vielmehr wurden sie in äquivalente geometrische Imperfektionen umgewandelt. Mithilfe von Untersuchungen, die mit der Software FINELG [44] durchgeführt wurden, konnte gezeigt werden, dass eine äquivalente geometrische Imperfektion von L∕​700 den kombinierten Einfluss der Eigenspannungen und der eigentlichen geometrischen Imperfektion (L∕​1000) abdeckt. Wie schon in Abschnitt 5.2.1 dargestellt, kann bei Stahlgüten ab S460 die Knicklinie a verwendet werden. Dies entspricht ebenfalls den Bestimmungen der zukünftigen Version der EN 1993-1-1 [27], während die aktuelle Version der EN 1993-1-1 in jedem Fall die Knicklinie b für Winkelprofile vorsieht. Die für den Teil 3 des Eurocode 3 vorgeschlagenen Regeln für den Knicknachweis von Winkelprofilen unterscheiden sich jedoch auch von den allgemeinen Regeln für den Knicknachweis von Stahlprofilen: Für die Berechnung der Knickschlankheit muss nur das Biegeknicken berücksichtig werden ([4], Anhang F und Abschnitt 5.2.1), was sich bereits aus den experimentellen Unter-

Bild 22. Eigenspannungsverteilung nach [25, 45]

547



Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen

suchungen der Tsinghua University ergeben hat. Im Gegensatz dazu muss nach EN 1993-1-1 generell Biegedrillknicken berücksichtigt werden, falls die entsprechende ideale Verzweigungslast Ncr,TF kleiner als die kritische Last für Biegeknicken ist (Drillknicken ist bei einem axial gedrücktes Winkelprofil nach [45] ausgeschlossen). Um diesen Befund für Winkelprofile weiter zu bestätigen, wurde eine große Anzahl von Fällen untersucht, bei denen die kleinsten Verzweigungslasten sowohl Biegeknick- als auch Biegedrillknickeigenformen aufweisen. Bei den letzteren wurden die Berechnungen mit drei unterschiedlichen geometrischen Imperfektionsformen durchgeführt: a) Geometrische Imperfektionen e0 affin zur ersten Verzweigungsform (der Biegedrillknickform). Die maximal errechnete Last wird mit Nult(a) bezeichnet. b) Geometrische Imperfektionen e0 affin zur kleinsten Biegeknickeigenform. Die maximal errechnete Last wird mit Nult(b) bezeichnet. c) Geometrische Imperfektionen e0 e0,FT e0,F; e0,FT affin zur ersten Verzweigungsform (der Biegedrill­ knickform). Da die Torsionskomponente in diesen Fällen meistens dominiert, wird eine zweite Komponente entsprechend der Biegeknickeigenform e0,F hinzuaddiert. Die maximal errechnete Last wird mit Nult(c) bezeichnet. Die Unterschiede zwischen Nult(b) und Nult(c) waren vernachlässigbar (weniger als 0,5 %), aber im Fall der Berechnung mit der Imperfektionsform c) wurden Verdrehungen des Querschnitts zusätzlich zu den Verschiebungen beobachtet. In Bild  23 werden die Ergebnisse der Simulationen zusammen mit den Knicklinien a und b aufgetragen. Der Abminderungsfaktor der numerischen Simulationen wird aus num Nnum∕​Npl, mit Nnum min{Nult(b), Nult(c)} berechnet. Die entsprechende Stabschlankheit wird mit Gl. (34) berechnet. Die Ergebnisse der Untersuchungen, bei denen die geometrische Imperfektion affin zu den BDK-Eigenformen berücksichtigt wurden, werden getrennt aufgetragen. Folgendes kann festgestellt werden: a) Die Verwendung der Knicklinie b für Stahlgüten S355 wird bestätigt. b) Ebenso wird die Verwendung der Knicklinie a für Stahlgüten S460, mit einer maximalen Unterschreitung von 2 %, bestätigt.

c) Es wird gezeigt, dass die Berücksichtigung geometrischer Imperfektionen affin zur BDK-Eigenform immer zu Traglasten führt, die über der Kurve a liegen. Noch wichtiger ist, dass die mit dieser Imperfektion ermittelten Traglasten höher sind, als die Traglasten, die sich aus einem reinen Biegeknicken ergeben, auch wenn die ideale Verzweigungslast Ncr,TF kleiner als Ncr,v ist. Somit bestätigen auch die numerischen Untersuchungen, dass Biegedrillknicken unter Normalkraft für gewalzte Winkelprofile nicht berücksichtigt werden muss und dass die Bestimmung des Schlankheitsgrads nach Gl.  (34) mit den Verzweigungslasten für Biegeknicken erfolgen kann.

5.3

Biegedrillknicken unter Momentenbelastung

5.3.1 Beanspruchbarkeit gegenüber Biegedrillknicken Die Beanspruchbarkeit von seitlich ungestützten Trägern aus Winkelprofilen, die durch ein Biegemoment um die starke Achse u-u belastet werden, kann mit Gl. (37) bestimmt werden. Diese Gleichung erlaubt einen kontinuierlichen Übergang zwischen den Querschnittsklassen dank der Definition des Widerstandsmoments Wu nach Gl. (38). ​f​  y​​ (37) ​​M​  u,b,Rd​​   ​ ​  LT​​ ​W​  u​​ ​  _  ​​  ​ ​  M1​​ mit Abminderungsfaktor für Biegedrillknicken LT Wu Widerstandsmoment des Trägers um die starke Achse nach Gl. (38) ​​W​  u​​   ​ ​  i,u​​ ​W​  el,u​​​, i

2, 3, 4

(38)

mit 1,5 2,u für Klasse 1 oder 2 3,u

(39)

26,3     c ∕​ t ​​ 1   0,5   ​ ​ ___________       ​ ​ ​​ ( 26,3     16  )] [

für Klasse 3 Weff,u ∕​Wel,u 4,u für Klasse 4

(40) 2 u

(41)

Bild 23. Vergleich der numerischen Simulationen zentrisch gedrückter Stützen aus Winkelprofilen mit den Knicklinien a und b

548

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Tabelle 4.  Ermittlung des Cb-Faktors für BDK nach [2] Allgemein: 12,5 ​M​  max​​  ​   1,5​        ​​C​  b​​   ​  ________________________ 2,5 ​M​  max​​    3 ​M​  A​​    4 ​M​  B​​    3 ​M​  C​​

Für lineare Momentenverteilung: ​M​  ​​ 12,5 ​​ mit ​  1       ​  _2  ​    1​    ​​C​  b​​   ​ _ 7,5   5 ​M​  1​​

mit u

Abminderungsfaktor für Plattenbeulen nach Gl. (31)

Der Abminderungsfaktor u kann mit der abgeminderten Plattenschlankheit nach Gl. (42) ermittelt werden: c _ ​   ​  _ t ​​​  ​​ ̅ p​​   ​√ ​ ​  LT​​ ​ ​  _ (42)    ​​  35,58  Der Abminderungsfaktor für Biegedrillknicken LT _ wird in Abhängigkeit des Schlankheitsgrads ​​​  ​​ LT​​    ​bestimmt: 1 _ ​​ ​  LT​​   ​ _______________       ​​ (43) 2 ​ ​  LT​​   ​  ​ ​  2LT ​ ​   ​​  ​​ ̅ LT ​ ​  ​ 



​​ ​  LT​​   0,5​[1   ​ ​  LT​​​(​​  ​​ ̅ LT​​   ​​  ​​ ̅ LT,0​​)​   ​​  ​​ ̅ LT ​]​  ​​ 2

(44)

_



​W​  u​​ ​ f​  y​​   ​​​  ​​ ̅ LT​​   ​  ​  _ ​ ​​  ​M​  cr​​

(45)

Der Imperfektionsbeiwert LT ist entsprechend der Knicklinie a mit 0,21 anzusetzen. Für gewalzte gleichschenklige Winkelprofile wird ein Wert von 0,4 für die Plateaulänge ​​​  ​​ ̅ LT,0​​​empfohlen. Somit kann Biegedrill­ knicken in den folgenden Fällen vernachlässigt werden ( LT 1,0): ​​​  ​​ ̅ LT​​   ​​  ​​ ̅ LT,0​​​ (mit ​​​  ​​ ̅ LT,0​​   0,4​)

(46)

​M​  Ed​​ 2  ​    ​​​  ​​ ̅ LT,0​​​​  ​​ ​​  _ ​M​  cr​​

(47)

5.3.2 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags Die vorgeschlagenen Regeln wurden durch ausführliche numerische Simulationen geprüft. Es wurden GMNIA-­ Berechnungen mit ABAQUS mithilfe des im Abschnitt 3.2.1 dargestellten Modells (Bild  8) durchgeführt. Die geometrischen Imperfektionen sind affin zur ersten Knickeigenform und haben einen Stich von L∕​700 (um den Einfluss der Eigenspannungen implizit zu berücksichtigen). Die Eigenform entspricht einer Kombination aus Verschiebung entlang der v-v-Achse und einer Verdrehung um die Längsachse, wie aus dem Bild  24 ersichtlich ist. Die Ergebnisse der numerischen Untersuchungen werden zusammen mit den Knicklinien a0 und a in Form des Abminderungsfaktors LT,num in Bild 25 dargestellt. Dieser Faktor entspricht dem Verhältnis LT,num Mnum,u∕​Wufy zwischen dem maximal erreichten Biegemoment jeder numerischen Berechnung und der entsprechenden Beanspruchbarkeit des Querschnitts. Man erkennt, dass die numerischen Abminderungsfaktoren zwischen den Kurven a0 und a liegen, sodass die Annahme der Kurve a für den Nachweis berechtigt ist. Einige numerische Ergebnisse liegen sogar über der Kurve a0, weil, wie vorher erwähnt, die plastische Momententragfähigkeit mit einem festen Wert des Formfaktors, gleich 1,5, berechnet wurde, der für einige Winkel konservativ ist. Allerdings wird an der Begrenzung

Das ideale Verzweigungsmoment für Biegedrillknicken Mcr kann mithilfe von Gl. (48) nach [2] ermittelt werden. Diese vereinfachte Bestimmungsgleichung wurde mit Erfolg numerisch überprüft [36]. 0,46   E   ​h​​  2​   ​t​​  2​ ​​ ​  cr​​   ​C​  b​​ ​  _____________  ​​  (48)    L Der Beiwert Cb berücksichtigt die Momentenverteilung und kann mit der Tabelle 4 bestimmt werden. Bild 24. Form der geometrischen Imperfektionen im numerischen Modell bei Biegung um die starke Achse



Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen

549

Bild 25. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit den Biegedrillknicklinien für Biegung um die starke Achse

des Formfaktors festgehalten, um zu große Dehnungen zu verhindern.

5.4

Auf Biegung und Druck beanspruchte Stäbe

5.4.1 Allgemeines In Abwesenheit analytischer Lösungen, die für allgemeine Anwendungen geeignet sind, verwenden inter­ nationale Normen Näherungsbeziehungen für die ­Stabilitätsnachweise von Stäben unter allgemeiner Beanspruchung. Wichtig ist dabei, dass die Bemessungsgleichungen einen kontinuierlichen Übergang zu speziellen Fällen, wie z. B. zentrischen Druck oder Biege­ drillknicken von Trägern unter Biegung, besitzen. In EN 1993-1-1 [1] und [27] sind Formeln enthalten, deren Parameter durch geeignete Kalibrierung mit numerischen Methoden festgelegt wurden. Die Parameter, und daher die entsprechenden Beziehungen, gelten allerdings lediglich für doppeltsymmetrische I- und H- bzw. Hohlprofile und nicht für einfachsymmetrische Winkelprofile. Ferner ist es nach [46] wünschenswert, dass Bemessungsregeln zur Anwendung in der Praxis transparent (d. h. jeder Parameter hat einen klaren physikalischen Hintergrund) und einfach in der Anwendung sind. Das hat den Vorteil, dass die Anfälligkeit gegenüber groben Fehlern geringer wird, wenn z. B. Nachweise „mit der Hand“ kontrolliert werden. Ein gewisser Nachteil in der Wirtschaftlichkeit kann dann akzeptiert werden, wenn genauere Gleichungen zu einer in der Praxis nicht akzeptierbaren Komplexität führen würden. Genauere Ergebnisse können in jedem Fall mittels geometrisch nichtlinearer Berechnungen (elastisch oder plastisch) erzielt werden. Aus solchen und zusätzlichen Überlegungen wurden in [36] Interaktionsbeziehungen für Stabilitätsnachweise von gleichschenkligen Winkelprofilen hergeleitet. Diese Nachweisbeziehungen sollten: a) den entsprechenden Beziehungen von EN 1993-1-1 [1, 27] möglichst ähnlich sein, b) einen kontinuierlichen Übergang zu den zuvor beschriebenen Stabilitätsfällen bei getrennter Beanspruchung durch N und M aufweisen, c) einen kontinuierlichen Übergang bei geringer Schlankheit zu den Querschnittsnachweisen aufweisen,

d) nicht mit allzu vielen Parametern beladen sein, um eine einfache Anwendung zu ermöglichen. Nach Auffassung der Autoren erfüllen die im nächsten Abschnitt vorgestellten Beziehungen diese Anforderungen. Der kontinuierliche Übergang zu den Querschnittsnachweisen wurde durch die Anwendung der in [23] hergeleiteten plastischen Interaktionsbeziehungen (N-Mu-Mv) für Winkelprofile der Klassen 1 und 2 sichergestellt. In [24] wurde gezeigt, dass die Interaktionsbeziehungen auf der sicheren Seite liegen. Für Querschnitte der Klasse 3 sind die Nachweise elastisch. Die Interaktionsfaktoren kij wurden ferner in Anlehnung an die elastische Stabilitätstheorie so einfach wie möglich gehalten.

5.4.2 Nachweisbeziehungen In Anlehnung an EN 1993-1-1 [1] und prEN 1993-1-1 [27], wird der Knicksicherheitsnachweis von auf Druck und Doppelbiegung beanspruchten Winkelprofilen durch folgende Beziehungen geführt: Nachweis um die starke Achse ​M​  u,Ed​​ ​M​  v,Ed​​ ​N​  Ed​​ ​​​ ​  _  ​ ​​​  ​   ​k​  uv​​ ​ _   ​   1​   ​   ​k​  uu​​ ​  _  ( ​N​  bu,Rd​​ ​M​  u,b,Rd​​ ) ​ ​  v,Rd​​ M

(49)

Nachweis um die schwache Achse ​M​  u,Ed​​ ​M​  v,Ed​​ ​N​  Ed​​ ​​​ ​  _  ​ ​​​  ​   ​k​  vv​​ ​ _   ​   1​   ​   ​k​  vu​​ ​  _  ( ​N​  bv,Rd​​ ​M​  u,b,Rd​​ ) ​ ​  v,Rd​​ M

(50)

mit kij Interaktionsfaktoren nach Tabelle 5 Übergangsexponent der Querschnittsklassen Der Exponent drückt die plastische, teilplastische und elastische Interaktion aus und kann mit Gl. (51), (52) und (53) bestimmt werden: c∕​t

16 :

16

c∕​t

c∕​t

26,3 :

26,3 :

2

⎢ ⎜ ⎡

⎟⎥

(51)

c ⎞⎤ 26,3     ​ _ ​  t ​​ 1   ​ ​  ​​      ​ ​  ___________      26,3     16  ⎠⎦ ⎣ ⎝

(52)

1

(53)



550

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Tabelle 5.  Bestimmung der kij Faktoren kij Faktoren ​C​  u​​    ​​  ​​k​  uu​​   ​  _ ​N​  Ed​​ 1   ​  _   ​  ​N​  cr,u​​

​C​  v​​ ​​k​  vv​​   ​  _    ​​  ​N​  Ed​​ 1   ​  _   ​  ​N​  cr,v​​

​​k​  vu​​   ​C​  u​​​

Cu = 0,6 + 0,4 −1 ≤

u =​   ​ 

​​k​  uv​​   ​C​  v​​​

u ≥ 0,4

​M​  2u​​ _   ​​ ≤ 1 ​M​  1u​​

Cv = 0,6 + 0,4 −1 ≤

v =​   ​ 

v ≥ 0,4

​M​  2v​​ _   ​   ​≤ 1 ​M​  1v​​

5.4.3 Herleitung und Validierung des Bemessungsvorschlags 5.4.3.1 Experimentelle Validierung – Labortests der NTUA [15] Zur experimentellen Validierung werden zunächst die an der NTUA durchgeführten Versuche an 33 exzen­ trisch gedrückten Winkelprofilen L70   70   7 aus S275 [15] herangezogen. Die Lasteinleitung ließ freie Endver-

Bild 26. Verhältnis zwischen experimenteller Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten nach Vorschlag (prEN 1993-3, Anhang F) [4] – Versuche der NTUA [15]

drehungen zu, sodass gelenkige Lagerungsbedingungen realisiert wurden. Als Ergebnis wurde eine experimentell ermittelte Traglast (Nexp) bestimmt und mit der analytischen (Nanal) Beanspruchbarkeit verglichen. Die analytische Traglast wurde mit den beiden Nachweisbedingungen (49) und (50) bestimmt. Um eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zu gewährleisten, wird Nanal mit den gemessenen Eigenschaften bezüglich Geometrie und Material ermittelt. Dies gilt auch für alle weiteren Auswertungen, die in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Bild 26 stellt die Ergebnisse in Form der Quotienten (Nexp∕​Nanal) jedes einzelnen Versuchs dar. Die Ergebnisse werden in Abhängigkeit des Schlankheitsgrades um die schwache Achse angegeben, da sich für alle Bauteilversuche bei Bestimmung der analytischen Traglast Gl.  (50) als maßgebend herausgestellt hat. Die einzelnen Punkte entsprechen Versuchen mit verschiedenen Lastexzentrizitäten. Man erkennt, dass die experimentellen Traglasten bei allen Versuchen höher als die Bemessungslasten nach [4] sind. Es sei nur anzumerken, dass ein Versuchskörper ohne Lastexzentrizität bei dem das Verhältnis (Nexp∕​Nanal)   3,75 nicht ausgewertet wurde, weil die experimentelle Last höher als die ideale Verzweigungslast war. Dieses erstaunliche Ergebnis wurde beobachtet, da die Versagensform aufgrund von möglichen Lastexzentrizitäten nicht der kleinsten Knickeigenform entsprach. Bild 27 stellt eine statistische Auswertung des Verhältnisses (Nexp∕​Nanal) dar, bei der Nanal nach den Bestimmungen von prEN 1993-1-1, Anhang C und den hier vorgestellten Beziehungen [4] berechnet wurde. Hier kann angemerkt werden, dass der Anhang C der prEN 1993-1-1 explizit auch für einfachsymmetrische Querschnitte angewendet werden kann; allerdings mit der Einschränkung, dass nur I, H und geschweißte Kastenträger abgedeckt sind. Bild 27 zeigt, dass die Nachweisbeziehungen von [4] auf der sicheren Seite liegen und zusätzlich wesentlich besser die experimentellen Ergebnisse abbilden als die Interaktionsgleichung nach [27]. Die Streuung, die sich aus den Interaktionsgleichungen (50) und (51) ergibt, ist ebenfalls geringer als für die Ergebnisse nach [27]. Jedoch ist nochmal angemerkt, dass der Anhang C der prEN 1993-1-1 nicht für Winkelprofile entwickelt wurde.

Bild 27. Mittelwert und Mittelwert minus Standardabweichung des Verhältnisses zwischen den experimentellen und den analytischen Traglasten nach [4] (Vorschlag) und [27] – Versuche NTUA [15]

551



Stabilitätsnachweis für Stäbe aus Einzelwinkelprofilen

5.4.3.2 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Braunschweig [12]

der Lastexzentrizität und der elastischen Endeinspannung berücksichtigt, durchgeführt. Bei Ein-Schauben-Verbindungen wird die wirksame Schlankheit von Füllstäben nach [3] folgendermaßen bestimmt:

An der TU Braunschweig wurden 40 Druckversuche an Winkelprofilen L50   50   5 aus S355 in 4 verschiedenen Längen, 300 bis 1500 mm, durchgeführt [12]. Die Last wirkte exzentrisch durch den Anschluss des Winkels an einem Schenkel mit einer Schraube M12. Die Lagerung war gelenkig bzw. eingespannt. Für alle Versuche wurde die analytische Last Nanal nach den oben vorgestellten Beziehungen bestimmt. Bild  28 stellt den Quotienten (Nexp∕​Nanal) aller Versuche, in Abhängigkeit des Schlankheitsgrades um die schwache Achse dar. Man erkennt, dass mit Ausnahme von geringen Unterschreitungen von etwa 4 % bei einigen Versuchen die experimentellen Traglasten höher als die Bemessungslasten nach [4] sind. Bei der eingespannten Lagerung waren alle experimentell erreichten Lasten (teilweise wesentlich) größer als die Grenzlasten im Falle einer gelenkigen Lagerung. Die realen Lagerungsbedingungen bei Masten liegen zwischen den zwei Extremfällen, gelenkig-eingespannt, sodass hier auch die Voraussagen von [4] auf der sicheren Seite liegen. Die Versuche wurden ferner mit den Bestimmungen der vorhandenen Norm für Türme und Maste, EN  19933-1 [3], ausgewertet. Dort wird der Nachweis unter Einführung einer wirksamen Schlankheit, die die Effekte

​​​  ​​ ̅ eff,v​​   0,35   0,7   ​​  ​​ ̅ v​​​

(54)

​​​  ​​ ̅ eff,y​​   0,58   0,7    ​​  ​​ ̅ y​​​

(55)

Die Beanspruchbarkeit wird mit Gl. (56) bestimmt: ​ Af​  y​​ ​​N​  b,Rd​​   0,8 ·  ​ _ ​​  (56) ​ ​  M1​​ mit min{ v, y} Bei allen Versuchen wurde die analytische Traglast Nanal sowohl nach [3] (Gl. (54) bis (56)) als auch nach den hier angegebenen Beziehungen der prEN 1993-3 [4] bestimmt. Bild  29 stellt den Mittelwert minus Standardabweichung des Quotienten (Nexp∕​Nanal) in Abhängigkeit des Schlankheitsgrades um die schwache Achse dar. Man erkennt, dass die Beziehungen von [4] immer auf der sicheren Seite liegen. Im Gegensatz dazu führen die Regeln von [3] teilweise zu sehr unsicheren Ergebnissen. Daher ist die Schlussfolgerung der Verfasser in [15] berechtigt. Bei einem beidseitigen Anschluss von Winkeln durch Ein-Schrauben-Verbindungen: „Die vereinfachte Nachweismethode wie sie in EC 1993-3-1 vorgesehen ist, führt im Vergleich … [zu] den experimentell ermittelten Traglasten, zu einer erheblichen Überschätzung der Traglast und sollte so nicht angewandt werden“ [15].

5.4.3.3 Experimentelle Validierung – Labortests der TU Graz [14]

Bild 28. Verhältnis zwischen experimenteller Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten nach Vorschlag (prEN 1993-3, Anhang F) [4] – Versuche TU Braunschweig [12]

An der TU Graz wurden 24 Druckversuche an Win­ kelprofilen L80  80    8 und 3 an Winkelprofilen L120   120   12 aus S275 durchgeführt [14]. Die Last wirkte exzentrisch durch den Anschluss der Winkel an einem Schenkel mit einer bzw. zwei Schrauben. Die Lagerungsbedingungen variierten zwischen eingespannt (Reihe BC1), gelenkig in der Lastebene (Reihe BC2) bzw. allseitig gelenkig (Reihe BC3). Für diese Versuche wurden die analytische Last Nanal für Doppelbiegung

Bild 29. Mittelwert und Mittelwert minus Standardabweichung des Verhältnisses der experimentellen zu den analytischen Traglasten nach [4] und [3] – Versuche der TU Braunschweig mit Ein-Schrauben-Verbindungen [15]

552

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

und Druck nach den oben vorgestellten Beziehungen [4] bestimmt. Die Knicklänge wurde für alle Versuche gleich der Systemlänge LSYS angesetzt. Ausgenommen davon sind die Versuche der Reihe BC1 und Anschluss mit 2 Schrauben, bei denen die Knicklänge gleich LSYS∕2 angesetzt wurde. Ferner wurde die analytische Last nach EN 1993-3-1 [3] durch Ansatz einer wirksamen Schlankheit bestimmt. Für den Ein-Schrauben-­ Anschluss erfolgte der Nachweis wie oben nach Abschnitt 5.4.3.2 (Gl. (54) bis (56)). Bei Zwei-Schauben-Verbindungen wird die wirksame Schlankheit von Füllstäben nach [3] folgendermaßen bestimmt: ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   0,35   0,7   ​​  ​​ ̅ v​​​

(57)

​​​  ​​ ̅ eff,y​​   0,40   0,7   ​​  ​​ ̅ y​​​

(58)

Die Beanspruchbarkeit wird wie folgt bestimmt: ​ Af​  y​​ ​​N​  b,Rd​​   ​  _ ​​  ​ ​  M1​​ mit min{ v, y}

(59)

Die Bilder 30 und 31 stellen die Quotienten (Nexp∕​Nanal) der Versuche mit Zwei- und Ein-Schrauben-Anschluss dar. Eingetragen sind die Werte der einzelnen Versuche und die Mittelwerte minus Standardabweichung aller Versuche. Es zeigt sich, dass die Anwendung der Bestimmungen von [4] zur sicheren Abschätzung der experimentellen Traglast führen. Umgekehrt sind die vorhandenen Bestimmungen von [3] weit auf der unsiche-

ren Seite und damit sind die Schlussfolgerungen von [14] bestätigt.

5.4.3.4 Numerische Validierung Die vorgeschlagenen Beziehungen wurden durch umfangreiche numerische Berechnungen an exzentrisch gedrückten Stäben geprüft. Dabei wurden die Querschnittsabmessungen, die Stablängen, die Stahlsorten und die Lastexzentrizität variiert. Geometrische Imperfektionen wurden affin zur ersten Eigenform angesetzt. Es wurden verschiedene Fälle der Lastexzentrizität untersucht, um unterschiedliche Schnittgrößenkombinationen (N Mv), (N Mu), (N Mu Mv) zu erzeugen. Die Exzentrizität wurde so gewählt, dass sie den geschraubten Anschlüssen von Winkeln an einem Schenkel entsprechen, wie es bei Türmen und Masten üblich ist. Somit lag der Angriffspunkt der Last bei der Kombination (N Mu) am Schnittpunkt der Achse v-v mit der Mittellinie des einen Schenkels und bei der Kombination (N Mu Mv) am Schenkelmittelpunkt. Beide Stellen sind sehr nahe an den empfohlenen Lochpositionen von Winkelprofilen. Als Ergebnis wurde eine numerisch ermittelte Traglast (Nnum) bestimmt und mit den analytischen (Nanal) Beanspruchbarkeiten verglichen. Diese Beanspruchbarkeiten ergeben sich, wenn die erste der beiden Nachweisbedingungen (49) und (50) gerade den Wert 1,0 erreicht. Die Bilder 32 bis 34 stellen die Ergebnisse dar. Die Punkte geben den Quotienten (Nnum∕​Nanal) jeder einzelnen Berechnung in Abhängigkeit des Schlankheits­

Bild 30. Auswertung der Versuche der TU Graz mit Zwei-Schrauben-Verbindungen [14] nach Vorschlag (prEN 1993-3, Anhang F) [4] und EN 1993-3-1 [3]

Bild 31. Auswertung der Versuche der TU Graz mit Ein-Schrauben-Verbindungen [14] nach Vorschlag (prEN 1993-3, Anhang F) [4] und EN 1993-3-1 [3]



Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

553

Bild 32. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten für N + Mv

Bild 33. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten für N + Mu

Bild 34. Verhältnis zwischen numerischer Grenzlast und analytischen Beanspruchbarkeiten für N + Mu + Mv

grades um die schwache Achse an, da Gl. (50) immer bemessungsrelevant war. Zusätzlich werden der Mittelwert (Mittel) und der Mittelwert minus Standard­ abweichung (Mittel-s) als Linien dargestellt. Man erkennt, dass die vorgestellten Beziehungen, ausgenommen von wenigen Fällen mit geringer Unterschreitung, den Knicknachweis mit ausreichender Genauigkeit und Sicherheit führen. So sind die Mittelwerte immer größer als 1,0, während die (Mittel-s-)Werte den Wert 1,0 um etwa 1 % unterschreiten.

6

Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

6.1

Allgemeines

Die im Folgenden vorgestellten Bemessungsregeln wurden, wie die in den Abschnitten 3, 4 und 5 beschriebe-

nen Regeln für Einzelwinkel, für einen Anhang F der prEN 1993-3 [4] vorgeschlagen. Für Doppelwinkel, die Rücken an Rücken gestellt sind, wurde ausschließlich ein Bemessungskonzept für die Normalkraftbeanspruchbarkeit ausgearbeitet. Für übereck gestellte Winkelprofile werden ebenfalls Bemessungsregeln für die Interaktion zwischen Normalkraft und zweiachsiger Biegung angegeben. Die Biegung bei übereck gestellten Doppelwinkeln kann sich aus ihrer Funktion als Stiel in Türmen und Masten bzw. allgemeinen Fachwerken ergeben, falls sie als kontinuierliche Stäbe modelliert werden. Neben den eigentlichen Bemessungsvorschlägen werden auch deren Herleitung und Validierung vorgestellt.

554

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

6.2

Biegeknicken von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

6.2.1 Ermittlung der Beanspruchbarkeit für Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel Mehrteilige Stäbe aus gleichschenkligen warmgewalzten Winkelprofilen mit geringer Spreizung können für Knicken über die Stoffachse als einteilige Druckstäbe (als integrale Doppelwinkel ohne Berücksichtigung der Schubsteifigkeit) berechnet werden. Für die Bestimmung des Abminderungsfaktors kann die Knicklinie b angewendet werden. Der Einfluss der Verbindungssteifigkeit muss allerdings für das Knicken über die stofffreie Achse berücksichtigt werden. Dafür wird eine effektive kritische Last Ncr,Sv nach Gl. (60) ermittelt: 1 ​​N​  cr,Sv​​   ​ _      ​​ (60) 1 1 _ ​     ​    ​ _  ​  ​N​  cr​​ ​S​  v​​ mit Ncr ideale Verzweigungslast des integralen mehrteiligen

​     ​  ​​​  ​​ Stabs: ​​N​  cr​​    EI ​​ _ ( ​L​  cr​​ ) Sv Schubsteifigkeit des zusammengesetzten Querschnitts 2

Die Schubsteifigkeit kann in Abhängigkeit von der Verbindungsart mit den folgenden Gleichungen bestimmt werden:

tp Dicke des Futter-∕​Bindeblechs d0 Lochdurchmesser Der Abminderungsfaktor für Knicken über die stofffreie Achse kann mit Knicklinie b und dem Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ Sv​​​ bestimmt werden: _



​A f​  y​​  ​ ​​   ​​​  ​​ ̅ Sv​​   ​  ​  _  ​N​  cr,Sv​​

(61)

Für nicht voll vorgespannte Schraubenverbindungen kann die Schubsteifigkeit Sv ebenfalls mit Sv2 angesetzt werden, falls der Gleitwiderstand Fs,Rd größer ist als die Schubkraft, die über die Schrauben übertragen werden muss (s. Abschnitt 6.2.3).

6.2.2 Ermittlung der Beanspruchbarkeit bei übereck gestellten Doppelwinkeln Die folgenden Regeln können für übereck gestellte mehrteilige Stäbe aus warmgewalzten Winkelprofilen mit Querschnittsklasse 1 und 2 angewendet werden. Bei diesen Stäben muss die Festigkeit gegenüber Biegedrill­ knicken bei Belastung durch ein Biegemoment Mu (um  die starke Achse wirkend) nachgewiesen werden. Die Beanspruchbarkeit kann dabei mithilfe des Schlankheitsgrads ​​​  ​​ ̅ LT​​​nach Gl. (62) und der Knicklinie a bestimmt werden (s. Abschnitt 8.3.2.3 der prEN 19931-1). _



0,9 ​W​  u​​ ​ f​  y​​ ​​​  ​​ ̅ LT​​   ​  ​  _  ​ ​​     ​M​  cr​​

(62)

1 ​​S​  v​​   ​S​  v1​​   ​ _    ​​   ​a​​  2​ _ ​     ​  24 ​EI​  v,ch​​

mit Wu

für Verbindungen mit Passschrauben

Der Faktor 0,9 in der Gleichung des Schlankheitsgrads berücksichtigt vereinfacht die Querschnittsreduzierung, die sich aus dem Loch für die Schraubenverbindung ergibt. Das ideale Verzweigungsmoment kann für den Doppelwinkel mit Gl. (63) bestimmt werden.

1 ​​S​  v​​   ​S​  v2​​   ​ __________________  ​​      2​ ​ah​  0​​ a ​ ​​         ​  _ ​  _    ​      ​  24 ​EI​  v,ch​​ 12 ​EI​  pp​​ für Verbindungen mit vorgespannten Schrauben mit Iv,ch a h0 Ipp

Flächenträgheitsmoment über die v-v-Achse des Einzelwinkels Abstand zwischen den Verbindungen (s. Bild 5) Abstand zwischen den Schwerpunkten der Einzelwinkel (s. Bild 5) effektives Flächenträgheitsmoment der Futter-∕​Bindebleche

  ​​ (B   2 t   ​t​​  p)​​ ​​​  ​   ​  d​  40​​  _____________________ ​​I​  pp​​   ​      ​​    64 für Futterbleche (Doppelwinkel „Rücken an Rücken“) 4

p) 0 ( ____________________ ​​I​  pp​​   ​      ​​    4

B t

  ​​ B   2t   ​t​​  ​​ ​​​  ​   ​  d​  4​​  32 für Bindebleche (Doppelwinkel übereck) Durchmesser des Schraubenkopfes (bezeichnet mit s in der EN 14399 [47]) Dicke des Winkelprofils

plastisches Widerstandsmoment des Doppelwinkels um die starke Achse (Achse u-u)

_

​​M​  cr​​   ​C​  b​​   ​  mit Cb Iv It

 ​EI​  v​​ ​GI​  t  ​​ ​ √​_

 ​​     L

(63)

Momentenbeiwert (s. Tabelle 4) Flächenträgheitsmoment des integralen Doppelwinkels über seine schwache (v-v) Achse Saint Venant’sche Torsionssteifigkeit des inte­ gralen Doppelwinkels

Die Interaktion zwischen (Druck-)Normalkraft und zweiachsiger Biegung kann mithilfe der Interaktionsgleichungen (64) und (65) nachgewiesen werden. Das Format ist identisch zu den Interaktionsgleichungen, die in Abschnitt 5.4 für Einzelwinkel vorgestellt wurden. Die Besonderheiten von mehrteiligen Stäben müssen allerdings berücksichtigt werden: a) Die ideale Verzweigungslast Ncr,Sv muss für die Bestimmung des Abminderungsfaktors u und des Interaktionsfaktors kuu berücksichtig werden.



Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

b) Das Loch für die Schraubenverbindung muss bei der Ermittlung der plastischen Momententragfähigkeiten berücksichtigt werden. Dies kann über den Faktor 0,9 erfolgen: Mu,Rk   0,9Wufy und Mv,Rk   0,9Wvfy. c) Für den Exponenten ist für Doppelwinkel mit ­gleichen Winkelprofilen ein Wert von 1,5 anzusetzen:​  ​ 1,5. d) Für den Exponenten ist für Doppelwinkel mit zwei verschiedenen Winkelprofilen ein Wert von 1,1 anzusetzen: ​ ​ 1,1.













​M​  u,Ed​​ ​M​  v,Ed​​ ​N​  Ed​​ ​​​ ​  _  ​ ​​​   ​   ​k​  uv​​ ​ _   ​    1​        ​   ​k​  uu​​ ​  _ ​_ N​  Rk​​ ​_ M​  u,Rk​​ ​_ M​  v,Rk​​  ​  ​ ​  u​​ ​   ​  ​ ​ ​  LT​​ ​      ​      ​ ​  M1​​ ⎠ ​ ​  M1​​ ⎝ ​ ​  M1​​ ⎞ ​​ M ​ ​  ​M​  v,Ed​​ N ​ ​  ​​ u,Ed Ed  ​ ​​​   ​   ​k​  vv​​ ​ _   ​    1​        ​   ​k​  vu​​ ​  _ ​​​ ​  _ ​N​  Rk​​ ​M​  u,Rk​​ ​M​  v,Rk​​ _ _ _  ​  ​ ​  v​​ ​   ​  ​ ​ ​  LT​​ ​      ​      ​ ​  M1​​ ⎠ ​ ​  M1​​ ⎝ ​ ​  M1​​ ⎛

555

Bild 35. Modellierung von Rücken an Rücken gestellten Doppelwinkeln – Detail des Stabendes

(64)

(65)

6.2.3 Beanspruchbarkeit der Verbindungen Die Verbindungen zwischen den Einzelwinkeln übertragen eine Schubkraft. Diese Schubkraft kann mit Gl. (66) bestimmt werden. Auf der Basis dieser Schubkraft kann dann der Nachweis der Beanspruchbarkeit der Verbindung mit EN 1993-1-8 erfolgen. a ​​V​  Ed​​   ​ ​V​  IEd (66)  ​ ​   ​ _ ​​(  ​M​  Ed​​   ​M​  IEd  ​   ​​   )​  ​]​ ​ _ [ L ​h​  0​​ mit

L     ​M​​  IEd    ​     ​ ​  ​N​  Ed​​ ​ _  200 _______________ ​​M​  Ed​​   ​         ​​ ​N​  Ed​​ 1      ​  _   ​  ​N​  cr,Sv​​ ​​V​  IEd  ​​ ​  ​​ ​  IEd M  ​​ ​ 

maximale Schubkraft im mehrteiligen Stab Biegemoment im mehrteiligen Stab

6.3

Validierung des Bemessungsvorschlags

6.3.1 Numerisches Modell Die im vorigen Abschnitt vorgestellten Bemessungsvorschläge wurden im Rahmen des Projektes ANGELHY entwickelt und validiert [36]. Dabei wurden experimentelle Untersuchungen an der Université de Liège durchgeführt [49] und mittels numerischer Untersuchungen komplettiert [48]. Die Genauigkeit des numerischen Modells wurde mit den Labortests aus dem ANGELHY-­ Projekt sowie mit weiteren in der Vergangenheit [50] durchgeführten Tests geprüft. Im Folgenden werden das numerische Modell sowie eine Auswahl der numerischen Ergebnisse vorgestellt. Die mehrteiligen Stäbe wurden mit dem finite Elemente Programm ANSYS modelliert. Dabei wurde die Geometrie mittels Volumen Elementen abgebildet (SOLID186-Elemente – siehe Bilder 35 und 36). Die Futter-

Bild 36. Modellierung von übereck gestellten Doppelwinkeln – Querschnitt

und Bindebleche sowie die Schrauben wurden ebenfalls explizit modelliert. Weiterhin wurden die Kontaktregionen mithilfe von „CONTA174“ und „TARGE170“ Elementen abgebildet. Die Schraubenvorspannung wurde mit einem äquivalenten Temperaturlastfall für die Schrauben erzeugt. In Bild 37 sind die modellierten Kontaktflächen für Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel dargestellt. Für übereck gestellte Winkelprofile wurde in gleicher Weise vorgegangen. Das numerische Modell wurde verwendet, um Referenz­ ergebnisse zu ermitteln, die dann ihrerseits zur Validierung des vereinfachten Bemessungsmodells verwendet wurden. Die numerische Simulation berücksichtigt dabei: – geometrische Nichtlinearitäten (Kontaktnichtlinearität und Effekte aus Theorie II. Ordnung), – ein elastisch (quasi) vollplastisches Materialverhalten ohne Berücksichtigung des Verfestigungsbereichs (s. Bild 38), – Eigenspannungen nach Bild 22, – eine geometrische Imperfektion entsprechend einer Sinushalbwelle mit einem Stich von L∕​1000. Für übereck gestellte Winkelprofile wurden verschiedene Imperfektionsrichtungen untersucht (um die schwache Achse, um die starke Achse und um die Geometrieachse) und der kleinste Wert der Beanspruchbar-

556

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Bild 37. Modellierte Kontaktflächen

​​F​  p,c​​    0,7 ​A​  s​​ ​ f​  ub​​​

(67)

mit As Spannungsquerschnitt der Schraube fub Zugfestigkeit

Bild 38. Materialverhalten für die numerischen Unter­suchungen

keit wurde zur Validierung des Bemessungsmodells berücksichtigt. Bei Rücken an Rücken gestellten Profilen war vor allem Knicken über die stofffreie Achse von Interesse. Somit wurde die Imperfektion nur über die z-z-Achse eingeführt. Die Parameterstudien wurden entsprechend den Tabellen 6 und 7 durchgeführt. In den Tabellen 6 und 7 wird auf die nominelle Vorspannkraft Fp,c Bezug genommen. Diese kann nach EN  1993-1-8 entsprechend Gl.  (67) bestimmt werden. In den numerischen Untersuchungen wurden Schrauben der Festigkeitsklasse 10.9 angenommen.

Wenn im Folgenden der Begriff „voll vorgespannte Schrauben“ verwendet wird, sind dies Schrauben bei denen die Vorspannkraft den Wert Fp,c erreicht. Teilweise vorgespannte Schrauben wurden mit einer Vorspannkraft kleiner als Fp,c angenommen (z. B. 10 % von Fp,c). Die Schubverformbarkeit, die sich aus der Verbindung ergibt, hängt von der Vorspannkraft Fp,c und der Reibungszahl µ ab. In den numerischen Untersuchungen wurde ein Wert von µ 0,2 angesetzt.

6.3.2 Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel Die numerischen Ergebnisse werden in diesem Abschnitt für Rücken an Rücken gestellte Doppelwinkel dargestellt. Für diese Typologie von mehrteiligen Stäben ist im Wesentlichen das Knickverhalten über die stofffreie (starke, z-z) Achse von Interesse. Damit sich dieser Versagensfall einstellen kann, werden die Stäbe über die starke Achse einfach gelagert (die Verdrehung über die z-z-Achse ist frei) und über die schwache Achse eingespannt (die Verdrehung über die y-y-Achse

Tabelle 6.  Parameterbereich für Doppelwinkel – Rücken an Rücken Parameter Profil

L70 × 70 × 7 L150 × 150 × 15

Dicke des Futterblechs

= Dicke des Winkelprofils

Abstand zwischen 2 Verbindungen

15 imin, 30 imin, 50 imin, 75 imin

Schlankheitsgrad des mehrteiligen Stabs

0,4 – 2,0 (5 Werte)

Schraubenvorspannung

0, 10 % und 100 % der nominellen Vorspannung (Fp,c) nach EN 1993-1-8

Schraubendurchmesser

entsprechend den Empfehlungen für die Profile

Verbindung

Passschrauben, nicht vorgespannte Verbindungen (SL-Verbindung), vorgespannte Verbindungen

Stahlsorte

S235, S355, S460

Belastung

Drucknormalkraft



Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

557

Tabelle 7.  Parameterbereich für Doppelwinkel – übereck Parameter Profil

2L70 × 70 × 7 (SBE70) 2L150 × 150 × 15 (SBE150) L90 × 90 × 9 + L60 × 60 × 6 (SBU90+60) L150 × 150 × 15 + L80 × 80 × 8 (SBU150+80)

Dicke des Futterblechs

= Dicke des (kleineren) Winkelprofils

Abstand zwischen 2 Verbindungen

30 imin, 50 imin, 70 imin, 90 imin

Schlankheitsgrad des mehrteiligen Stabs

0,4 – 2,0 (5 Werte)

Schraubenvorspannung

0, 10 % und 100 % der nominellen Vorspannung (Fp,c) nach EN 1993-1-8

Schraubendurchmesser

entsprechend den Empfehlungen für die Profile

Verbindung

Passschrauben, nicht vorgespannte Verbindungen (SL-Verbindung), vorgespannte Verbindungen

Stahlsorte

S235, S355, S460

Belastung

Drucknormalkraft, Drucknormalkraft und zweiachsige Biegung (10 Kombinationen)

ist verhindert). Die Normalkraft wird am Stabende über die Futterbleche in die Winkelprofile eingeleitet. Die folgenden Bilder zeigen eine Auswahl der numerischen Ergebnisse. Zur einfacheren Darstellung der Ergebnisse wurden ausschließlich Berechnungen, die am Doppelwinkel aus L70   70   7 Profilen durchgeführt wurden, dargestellt. Die Profildimensionen haben allerdings keinen Einfluss auf die Ergebnisse, wie in [36] und [48] gezeigt wurde. In den Bildern 39 und 40 sind die Ergebnisse für Doppelwinkel mit Passschrauben bzw. voll vorgespannten Schrauben angegeben. Der Schlankheitsgrad wurde dabei mit den in Abschnitt 6.2.1 angegebenen Beziehungen berechnet. Die numerischen Ergebnisse zeigen, dass die Knicklinie b geeignet ist, um die Knickbeanspruchbarkeit der Doppelwinkel zu bestimmen. Bild 41 vergleicht die numerischen Ergebnisse für 3 Verbindungsarten: Passschrauben, nicht vorgespannte Schrauben mit einem Lochspiel von 2  mm und voll

vorgespannte Schrauben. In diesem Diagramm sind die Ergebnisse in Abhängigkeit der Stablänge angegeben und nicht in Bezug auf den Schlankheitsgrad, da dieser für den gleichen Stab in Abhängigkeit der Verbindungsart unterschiedliche Werte annimmt. Im Bild  41 wird ersichtlich, dass die Nutzung von Passschrauben zu einer höheren Beanspruchbarkeit für die mehrteiligen Stäbe führt. Allerdings ist der Unterschied zu voll vorgespannten Schrauben relativ gering und rechtfertigt nicht die Verwendung einer günstigeren Knicklinie. Die Verwendung nicht vorgespannter Schrauben zur Verbindung der Doppelwinkel führt zu einem unteren Grenzwert der Tragfähigkeit. Die Abminderung der Tragfähigkeit ist allerdings ebenfalls gering. Im Turmbau werden im Allgemeinen mindestens teilweise vorgespannte Schrauben verwendet, um eine Lockerung der Verbindung zu verhindern. Für diese Verbindung darf ebenfalls der Wert Sv2 für die Schubsteifigkeit benutzt werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Teilvor-

Bild 39. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit der ­Knick­linie b – Doppelwinkel Rücken an Rücken mit Pass­ schrauben

Bild 40. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit der ­Knick­linie b – Doppelwinkel Rücken an Rücken mit voll vor­ gespannten Schrauben

558

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Bild 41. Vergleich der numerischen Ergebnisse für verschiedene Arten der Schraubenverbindung

Bild 43. Vergleich der numerischen Ergebnisse für Knicken über die schwache Achse mit Knicklinie b – übereck gestellte Winkel mit gleichem Profil (SBE70)

Bild 42. Vergleich der numerischen Ergebnisse für verschiedene Stahlsorten

Bild 44. Vergleich der numerischen Ergebnisse für Knicken über die starke Achse mit Knicklinie b – übereck gestellte Winkel mit unterschiedlichen Profilen (SBU90+60)

spannung das Gleiten der Schrauben verhindert. Die numerischen Untersuchungen haben gezeigt, dass dies der Fall ist, wenn mindestens 15 bis 20 % der vollen Vorspannung aufgebracht werden. Letztendlich zeigt Bild  42 den Einfluss der Stahlsorte auf die Tragfähigkeit der mehrteiligen Stäbe. Die numerischen Ergebnisse zeigen einen positiven Einfluss von höheren Stahlgüten. Allerdings ist der Einfluss zu gering, um die Verwendung der Knicklinie a mit dem vorgestellten Bemessungsmodell zu rechtfertigen.

pelwinkeln mit gleichem Profil – SBE70 dargestellt. Die numerischen Ergebnisse, die in Bild 43 unter der Knicklinie b liegen, wurden für mehrteilige Stäbe mit nur einer Verbindung zwischen den Stabenden ermittelt. Somit kann der Doppelwinkel bis zu einem Abstand a zwischen den Verbindungen von 90  imin als integraler einteiliger Druckstab behandelt werden, wenn mindestens zwei Verbindungen gleichmäßig entlang des Stabs angebracht wurden (Feldanzahl 3). Die Ergebnisse für Doppelwinkel mit unterschiedlichem Profil sind hier nicht dargestellt, allerdings ergeben sich praktisch keine Unterschiede für Knicken über die schwache Achse. In Bild 44 sind die numerischen Ergebnisse für Knicken über die starke Achse von übereck gestellten Doppelwinkeln mit unterschiedlichen Profilen – SBU90 60 dargestellt. Für diesen Versagensfall wird die ideale Knicklast unter Berücksichtigung der Schubsteifigkeit (nach Gl.  (60)) bestimmt. Erneut sind die Ergebnisse auf der sicheren Seite im Vergleich zur Knicklinie b. Die Ergebnisse für Doppelwinkel mit gleichen Profilen sind sehr ähnlich und werden hier nicht weiter dargestellt. Die Bilder 45 bis 47 zeigen die Ergebnisse für übereck gestellte Doppelwinkel unter verschiedenen Beanspru-

6.3.3 Übereck gestellte Doppelwinkel In diesem Abschnitt wird eine repräsentative Auswahl an numerischen Ergebnissen zu übereck gestellten Winkelprofilen präsentiert. Die kompletten Ergebnisse sind in [48] dargestellt. Im Folgenden werden nur die Ergebnisse von Passschraubenverbindungen angegeben. Der Einfluss des Verbindungstyps kann über die Berechnung der Schubsteifigkeit erfasst werden (s. Abschnitt 6.2.2). In Bild 43 sind die numerischen Ergebnisse für Knicken über die schwache Achse von übereck gestellten Dop-



Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

chungen. Die Ergebnisse werden als Quotient zwischen dem numerischen Ergebnis (Faktor RGMNIA) und dem Lastfaktor (RModell), der mit dem Bemessungsmodell aus Abschnitt 6.2.2 bestimmt wurde, angegeben. Weiterhin geben die folgenden Bilder ebenfalls den Mittelwert des Quotienten RGMNIA∕​RModell sowie den Mittelwert abzüglich einer Standardabweichung des Quotienten RGMNIA∕​RModell an. Dieser letzte Wert gibt einen ersten Eindruck von der Zuverlässigkeit des Bemes-

559

sungsmodells. In [48] werden genauere Zuverlässigkeitsuntersuchungen vorgestellt, die zu einem Teilsicherheitsbeiwert von 1,0 für das vorgeschlagene Bemessungsmodell führen. Die Bilder 45 bis 47 zeigen, dass das Bemessungsmodell ausreichend genau ist. Aufgrund der größeren Komplexität der Konfiguration „Doppelwinkel mit unterschiedlichen Profilen“ ist die Streuung der Ergebnisse etwas höher für diese Stäbe.

Bild 45. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit dem Bemessungsmodell bei Interaktion zwischen Normalkraft und Biegemoment Mu

Bild 46. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit dem Bemessungsmodell bei Interaktion zwischen Normalkraft und Biegemoment Mv

Bild 47. Vergleich der numerischen Ergebnisse mit dem Bemessungsmodell bei Interaktion zwischen Normalkraft und zweiachsiger Biegung

560

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Tabelle 8.  Beiwert k für den effektiven Schlankheitsgrad für Füllstäbe nach europäischen Normen EN 1993-3-1 und prEN 1993-3

DIN 18800-2 [13]

EN 50341-1 [7]

Knicklinie b a (für S460–S700 nach [27])

Kurve a0, wenn die Tragsicherheit durch Großversuche abgedeckt ist, sonst Kurve b

c

Kurve c nach EN 50341-2-4 [51] Beiwert k: ​​  ​​ ̅ eff​​  ​​  ​k   ​  _ ​ ̅ ​ Knicken um die schwache Achse v-v Anschluss mit einer Schraube: Nachweis nach Theorie II. Ordnung, unter Berücksichtigung des exzentrischen Anschlusses

_

​​​  ​​ ̅ v​​   ​√ 2 ​​ 

Lastexzentrizität an einem Ende: 0,25 ​k   0,82   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ v​​ Lastexzentrizität an beiden Enden: 0,5 ​k   0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ v​​

Anschluss mit zwei Schrauben an beiden Enden: _

​​​  ​​ ̅ v​​   ​√ 2 ​    ​:

_

​​​  ​​ ̅ v​​   ​√ 2 ​  ​: ​k   1​ für:

0,35 ​k   0,75   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ v​​ _

​​√ 2 ​    ​​  ​​ ̅ v​​    3​: 0,5 ​k   0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ v​​ 0,35 ​k   0,7   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ v​​

0,5 k​    0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ für:





Stabilitätsnachweis von mehrteiligen Stäben mit geringer Spreizung

Tabelle 8.  Beiwert k für den effektiven Schlankheitsgrad für Füllstäbe nach europäischen Normen (Fortsetzung) EN 1993-3-1 und prEN 1993-3

DIN 18800-2 [13]

EN 50341-1 [7]

Knicken um die Geometrieachsen y-y∕​z-z Anschluss mit einer Schraube an beiden Enden: 0,58 ​k   0,7   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ Anschluss mit zwei Schrauben an einem oder an beiden Enden: 0,4 ​k   0,7   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​



_

​​​  ​​ ̅ y​​   ​√ 2 ​  ​: Lastexzentrizität an einem Ende: 0,5 ​k   0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ Lastexzentrizität an beiden Enden: 0,71 ​k   0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ _

​​​  ​​ ̅ y​​   ​√ 2 ​  ​: ​k   1​ für:

0,4 ​k   0,86   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ für:

0,5 ​k   0,65   ​ _ ​​  ​​  ​​ ̅ y​​ für:

561

562

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

7

Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

Konstantinos Vlachakis, M. Sc. NTUA wird für seine Mitwirkung bei den Beispielen gedankt.

7.1

Vorgang nach prEN 1993-3 [4] und andere Normen

Wie bereits erwähnt, behandeln vorhandene europäische Normen Türme und Maste im Allgemeinen als Fachwerke, deren Stäbe nur durch Normalkräfte beansprucht werden. Dadurch entfallen die Einflüsse der Exzentrizität der Schraubenverbindungen, der elasti-

schen Einspannung der Anschlüsse und der Durchlaufwirkung der Gurtstäbe. Die Annahme einer Fach­ werkstruktur bei der Durchführung der globalen Tragwerksberechnung ist aufgrund der geometrischen Abmessungen der Türme berechtigt: Das große Höhe-Breite-Verhältnis des Turms führt zu geringen Momenten und die verwendeten Profile, Winkel oder Kreishohlprofile, besitzen nur kleine Biegesteifigkeiten und ziehen somit nur kleine Momente an. Die in der globalen Berechnung vernachlässigte Exzentrizität und die elastische Einspannung der Anschlüsse sowie die Durchlaufwirkung werden nach den gängigen Vorschriften implizit in den entsprechenden Knicknachweisen der Stäbe, die auf Biegenknicken aus planmäßig

Tabelle 9.  Effektiver Schlankheitsgrad für Gurtstäbe nach europäischen Normen EN 1993-3-1 und prEN 1993-3

DIN 18800-2 [13]

EN 50341-1 [7]

c

Kurve a0, wenn die Tragsicherheit durch Großversuche abgedeckt ist, sonst Kurve b

Knicklinie b a (für S460–S700 nach [27])

(Kurve c nach EN 50341-2-4 [51]) Beiwert k: ​​  ​​ ̅ eff​​  ​​  ​k   ​  _ ​ ̅ ​ Knicken um die schwache Achse v-v symmetrischer Verband: ​k   0,8   0,1​  ​̅ ​ aber: ​0,9   k   1​ für: primäre Ausfachung an beiden Enden primäre Ausfachung an einem Ende und sekundäre am anderen sekundäre Ausfachung an beiden Enden

​k   1​ unterschiedliche Knicklängen in der Fachwerkebene und rechtwinklig zur Fachwerkebene

unsymmetrischer Verband: nur für ungleichschenklige Winkelprofile maßgebend

symmetrischer Verband: ​k   1​ für: primäre Ausfachung an beiden Enden primäre Ausfachung an einem Ende und sekundäre am anderen

unsymmetrischer Verband: nicht maßgebend

Knicken um die Geometrieachsen y-y∕​z-z symmetrischer Verband: nicht maßgebend unsymmetrischer Verband: ​k   0,8   0,1​  ​̅ ​ aber: ​0,9   k   1​ für: primäre Ausfachung an beiden Enden mit unsymmetrischem Sekundärverband ​k   1,2​(0,8   0,1​  ​̅  )​​ aber: ​1,08   k   1,2​ für: primäre versetzte Ausfachung an beiden Enden Verbindung zu Horizontalen am oberen Ende des Turms

​k   1​ unterschiedliche Knicklängen in der Fachwerkebene und rechtwinklig zur Fachwerkebene

symmetrischer Verband: nicht maßgebend unsymmetrischer Verband: ​k   1​ für: primäre Ausfachung an beiden Enden mit unsymmetrischem Sekundärverband ​k   1,2​ für: primäre versetzte Ausfachung an beiden Enden



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

563

Der Nachweis erfolgt dann unter Anwendung der Beziehungen (49) und (50). Dabei ist nur ein Nachweis um die Hauptachsen erforderlich. Für die Knicklängen wurden keine Angaben gemacht, da Anhang F allgemein für Nachweise von Einzelwinkeln gilt. Dementsprechend sind die Knicklängen von

Stäben in Türmen und Masten nach Anhang  C in [4] anzusetzen. Jedoch werden für Einzelstäbe von Türmen und Masten ohne sekundäre Ausfachung folgende Werte empfohlen: – Stiele: Lcr 0,9 L, mit L Systemlänge zwischen den Knoten – Diagonalstäbe • Anschluss mit einer Schraube: Lcr 0,85 L • Anschluss mit zwei Schrauben: Lcr 0,70 L Eine konservativere Alternative dazu ist: • Anschluss mit einer Schraube: Lcr Lnet, mit Lnet Abstand der Schrauben • Anschluss mit zwei Schrauben: Lcr 0,85 Lnet, mit Lnet Abstand der inneren Schrauben Im Rahmen von ANGELHY wurden zusätzliche Beziehungen für einen Nachweis gegen Segmentversagen entwickelt. Ein Segment besteht aus Stielen und Diagonalstäben, die durch ein sekundäres System von Horizontalstäben miteinander verbunden sind. Im Fall, dass alle Stäbe des Primärsystems durch Druck belastet sind, z. B. bei schiefer Windbelastung, kann das Gesamtsystem ausknicken (Bild 49). Da bei diesem Lastfall zwei benachbarte Hauptdiagonalen durch Druck beansprucht sind, ist die Mittelabstützung durch die Sekundärausfachung nicht mehr voll wirksam und es besteht somit die Gefahr des gemeinschaftlichen Knickens beider Hauptdiagonalen. Dabei erfahren die Diagonalstäbe eine Verschiebung parallel zu einem Schenkel und der Stiel eine Verdrillung um seine Längsachse, während die Verbindungsstäbe des Sekundärsystems dieser Translation folgen, aber keine Beanspruchung erfahren. Zum Nachweis wurden zwei Rechenmodelle vorgeschlagen, die sich in der Ermittlung der idealen Verzweigungslast unterscheiden. Beim ersten, einfachen, Modell wird die ideale Verzweigungslast aus dem Knicken beider Diagonalen um die geometrische Achse bestimmt. Dementsprechend ist: 2 ​ ​​  2​ ​EI​  y​​ ​​N​  cr​​   ​  _    ​​  (72) ​L​​  2​ mit Flächenträgheitsmoment einer Diagonalen um Iy die geometrische Achse y-y L (Knick-)Länge der Diagonale

Bild 48. Geometrische Angaben für die Lastexzentrizität bei Schraubenanschluss an einem Schenkel

Bild 49. Knickeigenform eines Segments (links) und Verformungsfigur in einem Horizontalschnitt (rechts)

mittigen Druck nachgewiesen werden, durch einen Beiwert k berücksichtigt. Der Beiwert k, in Tabelle 8 angegeben, besitzt einen additiven und einen multiplikativen Term, die die zwei Effekte Lastexzentrizität und elastische Einspannung abdecken sollen. Die vorgeschlagenen Formeln resultieren nicht aus theoretischen Überlegungen. Es handelt sich vielmehr um eine Anpassung an experimentelle Ergebnisse. Dabei ist anzumerken, dass sich die jeweilige Bemessungsnorm auf unterschiedliche Versuche bezieht, sodass es zu unterschiedlichen Zahlenwerten kommt. Jedoch ist immer bei kurzen Stäben der Einfluss der Exzentrizität und bei langen Stäben der Einfluss der elastischen Einspannung maßgebend. Für Gurtstäbe wird ebenfalls ein effektiver Schlankheitsgrad bestimmt, der sich in engeren Grenzen bewegt und in Tabelle 9 angegeben ist.

7.2

Vorgehen nach prEN 1993-3, Anhang F [4]

Die in Anhang F von [4] angegebenen Beziehungen erlauben es, die Biegemomente direkt in den Knicknachweis einzubeziehen und die Bestimmung eines effektiven Schlankheitsgrads zu vermeiden. So ergeben sich für einen Schraubenanschluss an einem Schenkel und den geometrischen Angaben nach Bild 48 folgende Exzentrizitäten um die Hauptachsen: _

​​e​  v​​   ​(w   t ∕​ 2)​∕​ ​√ 2  ​​  _

_

​​e​  u​​   ​(w   t ∕​ 2)​∕​ ​√ 2  ​    ​(​u​  g​​   t ∕​ ​√ 2 ​ )​​

(68) (69)

Daraus resultieren folgende Momente: Mu,Ed

NEd ev

(70)

Mv,Ed

NEd ev

(71)

mit NEd Bemessungswert der einwirkenden Normalkraft

564

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Beim zweiten, erweiterten, Modell wird die TorsionsG steifigkeit ​​GI​  t​​   ​ _ ​   · 2 · (​ h   0,5t)​ ​t​​  3​   ​des Stiels (Tabelle 1) 3 berücksichtigt, die zu einer mittleren elastischen Federung der Translationsverformung führt: 3 ​GI​  ​​ 1 n 1 ​​R​  mean​​   ​  _t ​  ·  ​ _  ​ ​∑ ​​ ​ ​   _2  ​​   (73) 2 ​L​​  s​​ n i 1 ​d​  i​  ​ mit GIt Ls di

Torsionssteifigkeit des Stiels die Länge des Stiels die (System-)Länge der horizontalen Verbindungsstäbe zwischen den Schwerpunkten des Stiels und der Diagonalen (Bild 49)

Die Federkonstante der Verdrillung wird wie folgt bestimmt: 4 ​​K​  T​​   ​ _ 2 ​ (​ 2 ​R​​  mean)​​ ​​ (74) ​m​​  ​ mit m

Anzahl der Abschnitte, in denen der Stiel durch die Horizontalstäbe unterteilt wird: mit m 6

Die ideale Verzweigungslast wird dann mithilfe von Gl.  (72) bestimmt, die durch Erweiterung mit einem additiven Term ergänzt wird: 2 ​ ​​  2​ ​EI​  y​​ _ 3 ​​N​  cr​​   ​  _    ​    ​ ​ K​  T​​  L​ (75)  ​   16 ​L​​  2​ Der Schlankheitsgrad des Segments ergibt sich aus: _ 2 ​ N ​  ​​ pl (76) ​​​  ​​ ̅ seg​​   ​  ​  _ ​ ​​  ​N​  cr​​



mit Ncr Npl

ideale Verzweigungslast aus Gl. (72) oder (75) plastische Normalkraft einer Diagonale

Der Nachweis der Segmentstabilität wird schließlich mithilfe der Beziehung (77) geführt:

​​N​  Ed,tot​​   ​N​  b,Rd​​​

(77)

mit NEd,tot Summe der Druckkräfte beider Diagonalen Nb,Rd Bemessungskraft auf Knicken beider Diagonalen aus Knicklinie d in Abhängigkeit von ​​​  ​​ ̅ seg​​​ An dieser Stelle kann angemerkt werden, dass der Revisionsvorschlag der prEN-1993-3-Regeln, die auf dem vereinfachten Bemessungsmodell basieren, im Anhang C berücksichtig wird (K-Verband). Weiterhin ist zu erwähnen, dass die alte EN 1993-3-1 ein ähnliches Modell für den X-Verband vorsah.

7.3

Anwendungsbeispiel 1

7.3.1 Allgemeine Angaben Für einen 42 m hohen Mast für Telekommunikationszwecke nach Bild  50 sind der untere Stiel aus L160   160    15 und der untere Diagonalstab aus L90   90   9 nachzuweisen. Die Stahlgüte ist S275. Der Stiel ist durchlaufend, der Diagonalstab wird an einem Schenkel durch zwei Schrauben angeschlossen (am oberen Ende an ein Knotenblech und am unteren Ende direkt an den Stiel). Bei der globalen Berechnung wurde der Turm als ideales Fachwerk modelliert. Die Systemlängen zwischen den Knoten und die maximal berechneten Druckkräfte für die bemessungsrelevante Lastkombination aus Windlastrichtung 45° sind: Diagonalstab: L 2,056 m max NEd 61,0 kN Stiel: L 1,506 m max NEd 932,4 kN Die Querschnittseigenschaften, wie sie in Profiltabellen angegeben werden, sind _ in Tabelle 10 zusammengefasst. Für Stahl S275 ist ​    ​√ 235 ∕​ 275 ​    0,924​. Im Folgenden werden die Nachweise für die Diagonalen und Stiele nach EN 1993-3-1 und nach den Regeln, die für den Anhang F der prEN 1993-3 vorgeschlagen wurden, durchgeführt. Dabei werden die Kommentare und Erklärungen auf das Nötigste begrenzt.

Tabelle 10.  Profileigenschaften Bauteil

Querschnitt

h (mm)

t (mm)

A (cm2)

r1 (mm)

Iu (cm4)

Iv (cm4)

It (cm4)

Iw (cm6)

Diagonale

L 90.9

90

9

15,52

11,0

183,8

47,90

4,5

25,31

Iy = Iz (cm4)

io2

ug (mm)

w1 (mm)

115,80

23,83

0,626

35,9

50

h (mm)

t (mm)

A (cm2)

r1 (mm)

Iu (cm4)

Iv (cm4)

It (cm4)

Iw (cm4)

160

15

46,06

17,0

1745,1

452,60

36,5

664,98

Iy = Iz (cm4)

io2

ug (mm)

w1 (mm)

w2 (mm)

1098,8

76,18

63,5

60

115

Stiel

L 160.15

(cm2)

(cm2) 0,626



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

565

Bild 50. 42 m hoher Mast für Telekommunikationszwecke – Anwendungsbeispiel 1; a) Geometrie, b) Detail A, c) Stiel im Grundriss

7.3.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 [3] 7.3.2.1 Allgemeines Querschnittsklassen Für Winkelprofile dient als Kriterium zur Klassifizierung nach [1], Tabelle 5.2 das c∕​t-Verhältnis, mit c h – 2 t nach [3], § 6.2.1. Stiel: c 160 – 2 15 130 mm, c∕​t 130∕​15 8,67 10  9,24 Klasse 2

Diagonale: c 90 – 2 9 9  8,32 Klasse 1

72 mm, c∕​t

72∕​9

8,0

Beanspruchbarkeit auf Druck Die Beanspruchbarkeit auf Druck ist nach [3], Abschnitt G.1 (1) und (3) für Querschnitte der Klasse 1 bis 3 gleich:        ​f​​  y​​ ​​N​  b,Rd​​       ​  _  ​​    ​ ​  1​​

566

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Knicklängen Die Knicklängen werden nach [3], Abschnitt H.2 für Eckstiele und Abschnitt H.3 für Füllstäbe bestimmt und in Tabelle 11 wiedergegeben.

0,40 0,40 ​​k​  y​​   0,7      ​  _ ​    0,7      ​  _  ​   0,931  ​ 1,734 ​  ​̅y  Effektiver Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   ​k​  v​​   ​​  ​​ ̅ v​​​ 0,960 1,348 1,294 ​​​  ​​ ̅ eff,y​​   ​k​  y​​   ​​  ​​ ̅ y​​​ 0,931 1,734 1,614 (maßgebend, weil 1,294)

Beiwert k für den effektiven Schlankheitsgrad Der Beiwert wird nach [3], Tabelle G.1 für Gurtstäbe (Eckstiele) und Tabelle G.2 für Füllstäbe bestimmt und in den Tabellen 8 und 9 wiedergegeben.

Beanspruchbarkeit auf Druck Für Winkelprofile muss nach Abschnitt G.1 (1) von [3] und Abschnitt 6.3.1.2 Tabelle 6.1 von [38] die Knicklinie b ( 0,34) angewendet werden.

Für einen Anschluss mit 2 Schrauben an beiden Enden ist der Abminderungsbeiwert ​  ​ 1.

7.3.2.2 Nachweis des Diagonalstabs Knicklängen Lcr,v 205,6 cm Lcr,y 2 205,6 cm

 0,5   ​[1   0,34   ​(1,614    0,2)​    1,​614​​  2​]​   2,043​ 1 1 ______________________ _ ______________  ​   0,303 ​ ​    ​ _____________           ​   ​    2 2,043   ​   2,​    0 √ 43​​  2​    1,​614​​  2​ ​    ​  ​ ​​  2​   ​​​  ​​ ̅ eff​​​​    ​ ​

411,2 cm



Ideale Verzweigungslasten ​ ​​  2​   E   ​I​  v​​ ________________ ​ ​​  2​   21000   47,90   ​     ​​N​  cr,v​​   ​  _  ​    ​    235 kN​ ​​L​  cr,v​​​​  2​ 205,​6​​  2​

       ​f​​  y​​ 0,303   15,52    27,5  ​    ​     1,00   ​ __________________    ​​N​  b,Rd​​       ​  _ ​ ​  1​​ 1,00

​ ​​  2​   E   ​I​  y​​ _________________ ​ ​​  2​   21000   115,80   ​        ​​N​  cr,y​​   ​  _  ​    ​   142 kN​ 2 ​​L​  cr,y​​​​  ​ 411,​2​​  2​

 129 kN ​ Knicknachweis ​​N​  d​​  ∕​ ​N​  b,Rd​​   61,00 ∕​ 129    0,471​

Schlankheitsgrad _

√ √

___________



A   ​f​  y​​ 15,52   27,5  ​ ​    1,348​ ​​​  ​​ ̅ v​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  ___________ ​      ​N​  cr,v​​ 235 _

​    0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ eff​​      0,2)​   ​​  ​​ ̅ eff​​ ​  ​​  2​]​ 

1

7.3.2.3 Nachweis des Stiels Knicklängen Lcr,v 150,6 cm Lcr,y 150,6 cm

___________



A   ​f​  y​​ 15,52   27,5  ​ ​    1,734​ ​      ​​​  ​​ ̅ y​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  ___________ ​N​  cr,y​​ 142

Ideale Verzweigungslasten

Beiwert k (Tabelle 8) 0,35 0,35 ​​k​  v​​   0,7      ​  _ ​    0,7   ​ _  ​   0,960​ 1,348 ​  ​̅v 

​ ​​  2​   E   ​I​  v​​ _________________ ​ ​​  2​   21000   452,60 ​​N​  cr,v​​   ​  _   ​         ​    ​   4136 kN​ ​​L​  cr,v​​​​  2​ 150,​6​​  2​

Tabelle 11.  Knicklängen für Eckstiele und Füllstäbe Eckstiele

Füllstäbe

Lcr = L

Lcr = Ld1, um die schwache Achse v-v Lcr = Ld2 = 2 Ld1 um die Geometrieachsen y-y∕​z-z



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

​ ​​  2​   E   ​I​  y​​ __________________ ​ ​​  2​   21000   1098,80 ​​N​  cr,y​​   ​  _   ​         ​    ​   10041 kN​ 2 ​​L​  cr,y​​​​  ​ 150,​6​​  2​ Schlankheitsgrad _

√ √

____________

√ A   ​f​  ​​ 46,06   27,5  ​ ​    ​  ​   ​ ​    0,355​  ​  ​      ​N​  ​​ √ 10041

A    ​f​​  y​​ 46,06     27,5  ​ ​   0,553​    ​  ​​​  ​​ ̅ v​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  ____________ ​N​  cr,v​​ 4136 ​​​  ​​ ̅ y​​ 

_

___________

_y

___________

_

_

Gl. (68): ​​e​  v​​   ​(​w​  1​​   t ∕​ 2)​∕​ ​√ 2  ​    ​(50   9 ∕​ 2)​∕​ ​√ 2  ​    32,2 mm​ Gl. (70): ​​ ​  u,Ed​​   ​e​  v​​   ​N​  Ed​​  _  0,0322   61,0 _  1,96 kNm ​ Gl. (69): ​​e​  u​​   ​(​w​  1​​   t ∕​ 2)​∕​ ​√ 2  ​   _ ​(​u​  g​​   t ∕​ ​√ 2   ​ )​   32,2   ​(35,9   9 ∕​ ​√ 2   ​ )​   2,7 mm​ Gl. (71): ​​ ​  v,Ed​​   ​e​  u​​   ​N​  Ed​​   0,0027   61,0    0,165 kNm​, Schenkelspitze in Druck

Beiwert k (Tabelle 9)

Knicklängen Lcr,u L 205,6 cm Lcr,v L 205,6 cm

0,553 ​  ​̅v  ​​k​  v​​   0,8      ​  _ ​    0,8      ​  _  ​      0,855 10 10 Es gilt jedoch :   0,9   k   1   ​k​​  v​​    0,90​.

Ideale Verzweigungslasten ​ ​​  2​   E   ​I​  u​​ __________________ ​ ​​  2​      21000   183,80   ​        ​​N​  cr,u​​   ​  _  ​    ​   901 kN ​ ​​L​  cr,u​​​​  2​ 205,​6​​  2​

cr,y

​​k​  y​​   1,00  ​

​ ​​  2​   E   ​I​  v​​ ________________ ​ ​​  2​   21000   47,90   ​     ​​N​  cr,v​​   ​  _  ​    ​    235 kN​ 2 ​​L​  cr,v​​​​  ​ 205,​6​​  2​

Effektiver Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   ​k​  v​​   ​​  ​​ ̅ v​​​ 0,90 0,533 0,480 (maßgebend, weil 0,355) ​​​  ​​ ̅ eff,y​​   ​k​  y​​   ​​  ​​ ̅ y​​​ 1,0 0,355

Schlankheitsgrad

Beanspruchbarkeit auf Druck Wie für die Diagonale wird die Knicklinie b ( angewendet.

_

___________

_

___________

_y

___________

√ √

√ A   ​f​  ​​ 15,52   27,5  ​ ​    ​  ​   ​ ​    1,348​  ​  ​      ​N​  ​​ √ 235

   ​f​  y​​ 15,52   27,5  ​ ​    0,688​ ​​​  ​​ ̅ u​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  ___________ ​      ​N​  cr,u​​ 901

0,355 0,34)

​    0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ eff​​    0,2)​   ​​​  ​​ ̅ eff​​​​  ​]​  2

 0,5   ​[1   0,34   ​(0,480   0,2)​    0,​480​​  2​]​   0,663​

​​​  ​​ ̅ v​​ 

cr,v

Beanspruchbarkeit auf Druck Für S275 kann nach Abschnitt 5.2.1 Knicklinie b ( 0,34) angewendet werden.

1 1 ______________________ _ ______________  ​   0,893 ​ ​    ​ _____________           ​   ​    2 0,663   ​   0,​    6 63​​  2​    0,​480​​  2​ ​ 2 √    ​  ​ ​​  ​   ​​​  ​​ ̅ eff​​​​    ​ ​

​​ ​  u​​   0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ u​​      0,2)​   ​​​  ​​ ̅ u​​​​  ​]​ 

       ​f​​  y​​ 0,893   46,06    27,5  ​    ​     1,00   ​ __________________    ​​N​  b,Rd​​       ​  _ ​ ​  1​​ 1,00

​​ ​  v​​   0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ v​​      0,2)​   ​​​  ​​ ̅ v​​​​  ​]​ 



2

 0,5   ​[1   0,34   ​(0,688    0,2)​    0,​688​​  2​]​   0,820​ 2

 0,5   ​[1   0,34   ​(1,348    0,2)​    1,​348​​  2​]​   1,604​

 1131 kN ​ Knicknachweis ​​N​  d​​  ∕​ ​N​  b,Rd​​   932,40 ∕​ 1131    0,824​

567

1

7.3.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F [4] 7.3.3.1 Nachweis des Diagonalstabs L90   90   9 Querschnittsklasse ​c   h   t   ​r​  1​​   90   9   11   70 mm​ N: Tabelle 2: c∕​t 70∕​9 7,78 14  12,94 Klasse 3 (Querschnittsklasse 1–3 werden bei Winkelprofilen unter Drucknormalkraft nicht im Bemessungsvorschlag unterschieden, da sie zur gleichen Tragfähigkeit führen.) Mu: Tabelle 2, (Tabelle F.1 [4]): c∕​t 70∕​9 7,78 16 14,8 Klasse 2 Mv Schenkelspitze in Druck: Tabelle 2, (Tabelle F.1 [4]): c∕​t 70∕​9 7,78 14 12,9 Klasse 2 Biegemomente aus Exzentrizität Die Biegemomente können vereinfacht aus der Anschlussexzentrizität bestimmt werden:

1 _      ​​ ​  u​​   ​ ______________  ​  2 ​ ​  u​​   ​  ​​ ​  u​​​​  2​   ​​​  ​​ ̅ u​​​​    ​ ​



1 ______________  ​   0,790 ​         ​ ______________________ 0,820   ​√ 0,​    820​​  2​    0,​688​​  2​ ​ 1 _       ​  ​​ ​  v​​   ​ _____________ 2 ​ ​  v​​   ​  ​​ ​  v​​​​  2​   ​​​  ​​ ̅ v​​​​    ​ ​



1 ______________________ ______________  ​   0,404​      ​    1,604   ​√ 1,​    604​​  2​    1,​348​​  2​ ​ ​ ​  u​​       ​f​​  y​​ __________________ 0,790   15,52    27,5  ​    ​    337,17 kN ​   ​    ​​N​  bu,Rd​​   ​  _ ​ ​  1​​ 1,00 ​ ​  v​​       ​f​​  y​​ __________________ 0,404   15,52    27,5  ​    ​    172,43 kN​   ​    ​​N​  bv,Rd​​   ​  _ ​ ​  1​​ 1,00 Beanspruchbarkeit auf Biegung um die starke Achse Mu 183,80 ​I​  u​​ _ ​    ​ _   28,88 ​  cm​​  3​​ ​​W​  el.u​​    ​  _   _ ​     0,5   h   ​√ 2 ​  0,5   9   ​√ 2   ​

568

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Das Winkelprofil kann in Querschnittsklasse 2 für Mu eingeordnet werden Gl. (39): 2,u 1,5 Gl. (38), (Gl. F.2 nach [4]): ​​W​  u​​   ​ ​  2,u​​   ​W​​  el.u​​   1,5   28,88    43,32 ​  cm​​  3​   ​ Gl. (Gl. F.2 nach [4]): ​f​  y​​  27,5 ​​M​  u,Rd​​   ​W​​  u​​ ​  _  ​     43,32 ​ _ ​    1191 kNcm  ​ ​  0​​ 1,00  11,91 kNm​ Verzweigungsmoment für Biegedrillknicken, Gl. (44): 0,46   21000   ​9​​  2​    0,​9​​  2​ 0,46   E   ​h​​  2​   ​t​​  2​ ​​M​  cr​​   ​C​​  b​​   ​  _____________  ​   1,0   ​  ___________________  ​           L 205,6  3082,6 kNcm   30,83 kNm​ 12,5 mit ​​C​  b​​    ​ _ ​    1​    7,5   5 1 (das Biegemoment ist aus Tabelle 4 mit 2∕​ 1 konstant) Schlankheitsgrad für BDK, Gl. (43), (§F.2.2 (4) in [4]): _ ___________ ​W ​  ​​   ​f ​  ​​ 43,32   27,5 u y ​​​  ​​ ̅ LT​​   ​  ​  _  ​ ​    ​ ​    0,622​    ​  ___________ ​      ​M​  cr​​ 3082,6





Der Nachweis gegenüber Biegedrillknicken ist nicht notwendig, wenn (F.2.2 (4) in [4]): Gl. (47): ​​​  ​​ ̅ LT​​    ​​  ​​ ̅ LT,0​​   0,4​ ist hier nicht erfüllt 1,96 ​M​  Ed​​ _ 2  ​    ​    ​   0,064    ​​​  ​​ ̅ LT,0​​​​  ​    0,​4​​  2​   0,16​ Gl. (48): ​​ _ ​M​  cr​​ 30,83 ist hier erfüllt Damit darf Biegedrillknicken vernachlässigt werden und ​​ ​  LT​​    1,00​. Beanspruchbarkeit auf Biegung um die schwache Achse Mv Für Biegung um die schwache Achse ist der Querschnitt erneut der Klasse 2 zuzuordnen: Tabelle 1: ​​W​  pl,v​​    23,58 ​  cm​​  3​​ Gl. (23) (Gl. F.6 nach [4]) ​​W​ v​​   ​ ​  i,v​​ ​W​  el,v​​​ , i 2, 3, 4 Gl. (24), 2,v Wpl,v ∕​Wel,v für Klasse 2 ​f​  y​​ ​f​  y​​ Gl. (22) (Gl. F.5 nach [4]): M​  ​​ v,Rd​​   ​W​  v​​ ​  _  ​​  ​​W​  pl,v​​ ​  _  ​   ​ ​  ​​ ​ ​  M0​​ M0  27,5  23,58   ​ _ ​    648,45 kNcm   6,48 kNm​ 1,00 Interaktionsfaktoren C, kij und ξ nach Tabelle 5 (Tabelle F.2 in [4]) c 70 _ 2 ​​   ​    ​ _ ​    7,78   16   ​ 9 t Die äquivalenten Momentenbeiwerte Cu und Cv ergeben sich zu 1,0, weil die Diagonalen durch konstante Biegemomente beansprucht werden: ​​C​  u​​   0,6   0,4   ​ ​  u​​   0,6   0,4   1    1,0​ für 1 2u∕​M1u ​​C​  v​​   0,6   0,4   ​ ​  v​​   0,6   0,4   1    1,0​ für 1 2v∕​M1v ​C​  u​​ 1,00    ​    ​ _    ​   ​​k​  uu​​   ​  _  1,073​ ​N​  Ed​​ 61,00 _  ​  1   ​ _   ​  1   ​    ​N​  cr,u​​ 901,19 ​​k​  uv​​   ​C​  v​​   1,00​ ​​k​  vu​​   ​C​  u​​   1,00​

​C​  v​​ 1,00    ​   ​ _    ​    1,351​ ​​k​  vv​​   ​  _ ​_ N​  Ed​​ 61,00  ​  1   ​ _   ​  1   ​    ​N​  cr,v​​ 234,86 Nachweise Gl. (49) (Gl. F11 in [4]: 1,96 61,00 0,165  ​   1,073   ​ _  ​ ​​​  ​    1,00   ​ _ ​    0.153   1​ ​    ​​​ _ ( 337,17 11,91 ) 6,48 2

Gl. (50) (Gl. F12 in [4]: 1,96 61,00 0,165  ​   1,00   ​ _  ​ ​​​  ​    1,351   ​ _ ​    0,303   1​ ​​​ _ ​    ( 172,43 11,91 ) 6,48 2

7.3.3.2 Nachweis des Stiels L160   160   15 Querschnittsklasse ​c   h   t   ​r​  1​​   160   15   17   128 mm​ N: Tabelle 2, c∕​t 128∕​15 8,53 14,0 12,94 Klasse 3 Mu: Tabelle 2, (Tabelle F.1 [4]), c∕​t 128∕​15 8,53 16  14,8 Klasse 2 Mv Schenkelspitze in Druck: Tabelle 2, (Tabelle F.1 [4]), 128∕​15 8,53 14 12,9 Klasse 2 Biegemomente aus Exzentrizität Die Normalkraft des Stiels im zweiten Schuss bei der bemessungsrelevanten Kombination ist N2 860,0 kN. Diese Last wird zentrisch im untersten Schuss eingeleitet. Die Differenz der Normalkräfte der zwei Schüsse​    ​N​  Ed​​   ​N​  2​​   932,4   860,0   72,4  kN​wird über die Normalkräfte der zwei Diagonalen abgeleitet. Diese Kräfte sind wegen der Windlastrichtung 45° gleich. Wegen der gleichen Kräfte und des symmetrischen Anschlusses der zwei Diagonalen (Bild  50c) ergeben sich die Exzentrizität ev und das Biegemoment um die starke Achse Mu zu null. Mit Gl. (69) kann die Exzentrizität um die starke Achse ermittelt werden, dabei ist w (w1 w2)∕​2 (wegen des Anschlusses der Diagonalen durch 2 Schrauben am Schenkel – Bild 50b): ​w​  1​​   ​w​  2​​ _t  ​      ​    ​  ​  _ t 2 2 _ ​   _   ​  ​  Gl. (69): ​​e​  u​​   ​  _   ​ ​u​  g​​   ​ _ (  ​ ) √​  2  ​  √​  2  15 60    115 _  ​     ​   ​  ​ _

(

​√ 2 ​  )

15 2 2 _____________ _ ​   _  ​ ​   3,7 mm​  ​ 63,5   ​ _  ​     ​√ 2  ​ 

Gl. (71): ​​ ​  v,Ed​​   ​e​  u​​       0,0037   72,4    0,27 kNm​, Schenkelspitze in Druck Am Fuß sind die Momente gleich null wegen der gelenkigen Lagerung des Stiels. Knicklängen Lcr,u Lcr,v 150,6 cm Ideale Verzweigungslasten ​ ​​  2​   E   ​I​  u​​ __________________ ​ ​​  2​   21000   1745,10 ​​N​  cr,u​​   ​  _   ​         ​    ​   15947,38 kN​ ​​L​  cr,u​​​​  2​ 150,​6​​  2​



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

​ ​​  2​   E   ​I​  v​​ _________________ ​ ​​  2​   21000   452,60 ​​N​  cr,v​​   ​  _   ​         ​    ​   4136,03 kN​ 2 ​​L​  cr,v​​​​  ​ 150,​6​​  2​ Schlankheitsgrad _ ___________    ​f​  y​​ 46,06   27,5 _  ​ ​    ​  ___________  ​ ​    0,282​ ​      ​​​  ​​ ̅ u​​   ​  ​  ​N​  cr,u​​ 15947.38 ​​​  ​​ ̅ v​​ 

√ √

√ A   ​f​  ​​ 46,06   27,5  ​ ​    ​  ​   ​ ​    0,553​  ​  ​      ​N​  ​​ √ 4136,03 _

___________

_y

___________

cr,v

Beanspruchbarkeit auf Druck Für die Stahlgüte S275 kann nach Abschnitt 5.2.1 Knicklinie b angewendet werden ( 0,34): ​​ ​  u​​   0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ u​​    0,2)​   ​​​  ​​ ̅ u​​​​  ​]​ 

569

​C​  v​​ 0,6    ​   ​ ___________    ​    0,775​ ​​k​  vv​​   ​  _ ​_ N​  Ed​​ 932,4  ​  1   ​ _ 1   ​      ​  ​N​  cr,v​​ 4136,03 Nachweise Gl. (49) (Gl. F.11 in [4]: 932,4 0,27 ​    ​ ​​​  ​    0,6   ​ _  ​   0,581   1​ ​​​ _ ( 1228,65 ) 34,31 2

Gl (50) (Gl. F.12 in [4]: 932,4 0,27 ​​​ _ ​    ​ ​​​  ​    0,775   ​ _  ​   0,739   1​ ( 1089,32 ) 34,31 2

2

 0,5   ​[1   0,34   ​(0,282   0,2)​    0,​282​​  2​]​   0,554​ ​​ ​  v​​   0,5   ​[1       ​(​​  ​​ ̅ v​​    0,2)​   ​​​  ​​ ̅ v​​​​  ​]​  2

 0,5   ​[1   0,34   ​(0,553   0,2)​    0,​553​​  2​]​   0,713​ 1 _      ​​ ​  u​​   ​ ______________  ​  2 ​ ​  u​​   ​  ​​ ​  u​​​​  2​   ​​​  ​​ ̅ u​​​​    ​ ​



1 ______________  ​   0,970 ​         ​ ______________________ 0,554   ​√ 0,​    554​​  2​    0,​282​​  2​ ​ 1 _       ​  ​​ ​  v​​   ​ _____________ 2 ​ ​  v​​   ​  ​​ ​  v​​​​  2​   ​​​  ​​ ̅ v​​​​    ​ ​



1 ______________________ ______________  ​   0,860​      ​    0,713   ​√ 0,​    713​​  2​    0,​553​​  2​ ​ ​ ​  u​​       ​f​​  y​​ __________________ 0,970   46,06    27,5  ​    ​    1228,65 kN ​ ​​N​  bu,Rd​​   ​  _   ​    ​ ​  1​​ 1,00 ​ ​  v​​       ​f​​  y​​ __________________ 0,860   46,06    27,5  ​    ​    1089,32 kN​   ​    ​​N​  bv,Rd​​   ​  _ ​ ​  1​​ 1,00 Beanspruchbarkeit auf Mv Querschnittsklasse 2 für Mv Tabelle 1: ​​W​  pl,v​​    124,78 ​  cm​​  3​​ Gl. (23) (Gl. F.6 nach [4]) ​​W​ v​​   ​ ​  i,v​​ ​W​  el,v​​​, i 2, 3, 4 Gl. (24), 2,v Wpl,v ∕​Wel,v für Klasse 2 ​f​  y​​ ​f​  y​​ Gl. (22) (Gl. F.5 nach [4]):​​  M​  v,Rd​​   ​W​  v​​ ​  _  ​​  ​​W​  pl,v​​ ​  _  ​   ​ ​  ​​ ​ ​  M0​​ M0  27,5  124,78   ​ _ ​    3431,45 kNcm   34,31 kNm​ 1,00 Interaktionsfaktoren C, kij und ξ nach Tabelle 5 (Tabelle F.2 in [4]) ​c ∕​ t   70 ∕​ 9   7.78   16 ​ 2 Das Biegemoment ist Null am Fußpunkt und über die Stiellänge linear verteilt. Somit ergibt sich der äquivalente Momentenbeiwert zu 0,6: ​​C​  v​​   0,6   0,4   ​ ​  v​​   0,6   0,4   0    0,6​ für 0 2v∕​M1v Da das Biegemoment um die starke Achse gleich null ist, werden nur die Interaktionsfaktoren kuv und kvv benötigt: ​​k​  uv​​   ​C​  v​​   0,6​

7.3.3.3 Nachweis des Segments In der aktuellen Version der EN 1993-3-1 ist ein Nachweis der Gesamtstabilität nur für X-Verbände vorgesehen. Der Revisionsvorschlag prEN 1993-3 enthält Regeln für die Gesamtstabilität, die auf dem vereinfachten Bemessungsmodell basieren. Dieses wird hier angewendet und darauffolgend wird auch ein Nachweis mit dem genaueren Modell durchgeführt. Vereinfachtes Modell Ideale Verzweigungslast Gl. (72): 2 ​ ​​​​  2​   ​EI​  y​​ _______________________ 2 ​ ​​  2​       210000  ·  1158000 ​​N​  cr​​   ​  _    ​          ​    ​  · ​10​​  3​  2 ​L​​  ​ ​4112​​  2​  283,9 kN​ Plastische Normalkraft einer Diagonale: Npl A fy 1552 · 275 426,8 kN Segmentschlankheitsgrad, Gl. (76): _



_



2 ​N​​  pl​​ 2426,8 ​​​  ​​ ̅ seg​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  _  ​ ​​  ​    1,734 ​N​  cr​​ 283,9 Abminderungsfaktor aus Knicklinie a: 0,281 Bemessungswert der Biegeknicktragfähigkeit beider Diagonalen: Nb,Rd

0,222     15,52     27,5 ___________________  ​   189,5 kN​ 2  ​   ​        1,00

Summe der Druckkräfte beider Diagonalen NEd,tot 98,5 kN Nachweis, Gl. (77): 98,5∕​189,5 0,52 Erweitertes Modell Torsionssteifigkeit, Tabelle 1: 80769 ​​GI​  t​​   ​ _  ​    · 2 ·​(160   0,5 · 15)​   ​15​​  3​  3   2,77138 ·  ​10​​  10​ ​  Nmm​​  2​​ Gl. (73): 3 ​GI​  ​​ 1 n ​​R​  mean​​   ​  _t ​  ·  ​ _  ​ ​∑ ​​ ​    2 ​L​​  s​​ n i 1 1 _________________ 1 1 3  ·  2,77138  ·   ​10​​ 10​ _  ​ _2  ​ ​      ​  · ​   ​​  _    ​     ​ ​  2 · 3012 1 ( ​1306​​  2​) ​d​  i​  ​  8,092 N ∕​ mm​

570

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Federkonstante, Gl. (74): 4 4 ​​K​  T​​   ​ _ 2 ​ (​ 2 ​R​​  mean​​)​   ​ _2  ​ (​ 16,184)​   16,184 N ∕​ mm​ ​m​​  ​ 2​ ​​  ​ Ideale Verzweigungslast Gl. (75): 3 3 ​​N​  cr​​   283,9   ​ _  ​ ​ K​  T​​  L   283,9   ​ _  ​  16,184  ·  4112· ​10​​  3​  16 16  296,4 kN​ Das weitere Vorgehen ist das gleiche wie beim vereinfachten Bemessungsmodell. Die entsprechenden Werte sind: ​​​  ​​ ̅ seg​​    1,697​ Nb,Rd 195,9 kN und NEd,tot 98,5 kN Nachweis Gl. (77) 98,5∕​195,9 0,50

7.4

Anwendungsbeispiel 2

7.4.1 Allgemeine Angaben Alle Eingangsdaten sind identisch zum Anwendungsbeispiel 1, mit dem einzigen Unterschied, dass keine sekundäre Ausfachung vorhanden ist. Die Diagonalstäbe werden, wie im Anwendungsbeispiel 1, an beiden Enden durch zwei Schrauben angeschlossen.

7.4.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 [3] Knicklängen Durch die Abwesenheit der sekundären Ausfachung ändern sich die Knicklängen, die nach [3], Abschnitt H.2 und Abschnitt H.3 für Füllstäbe bestimmt und in Tabelle  12 wiedergegeben werden. Ferner soll die Schlankheit der Stiele 120 und der Diagonalstäbe 180 sein.

7.4.2.1 Nachweis des Diagonalstabs Knicklängen Lcr,v Lcr,y 411,2 cm

Ideale Verzweigungslasten ​ ​​  2​   21000   47,90 ​​N​  cr,v​​   ​  ________________     ​    58,71 kN​ 411,​2​​  2​ 2 ​ ​​  ​   21000   115,80        ​   142 kN​ ​​N​  cr,y​​   ​  _________________ 411,​2​​  2​ Schlankheit ​ ​  cr​​ _ L ​L​  cr​​ _ 411,2  ​    ​  _    ​   ​  _   ​   234,06   180​, ​​ ​  v​​   ​  _ ​i​  v​​ I_ ​ ​  v​​ 47,90  ​ ​  ​  ​    ​ ​  ​  _ ​    A 15,52 also ist die Anforderung nach .3.1 (3) in [3] nicht erfüllt. Das Anwendungsbeispiel wird jedoch trotzdem weiter vorgerechnet.

√ √

Schlankheitsgrad

___________

√ 15,52   27,5  1,734​  ​  ​      √ 142 ​ ​  

15,52   27,5 ​​​  ​​ ̅ v​​   ​  ___________  ​ ​    2,696​ ​      58,71 ___________

​​​  ​​ ̅ y​​ 

___________

Beiwert k (Tabelle 8) 0,35 0,35 ​​k​  v​​   0,7    ​ _ ​    0,7   ​ _  ​   0,830​ 2,696 ​  ​̅v  0,40 0,40 ​​k​  y​​   0,7    ​ _ ​    0,7    ​ _  ​   0,931​ 1,734 ​  ​̅y  Effektiver Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   ​k​  v​​   ​​  ​​ ̅ v​​​ 0,830 2,696 2,238 (maßgebend) 0,171 ​​​  ​​ ̅ eff,y​​   ​k​  y​​   ​​  ​​ ̅ y​​​ 0,931 1,734 1,614 Beanspruchbarkeit auf Druck        ​f​​  y​​ 0,171   15,52    27,5  ​    ​     1,00   ​ __________________    ​​N​  b,Rd​​       ​  _ ​ ​  1​​ 1,00  73,0 kN ​ Knicknachweis ​​N​  d​​  ∕​ ​N​  b,Rd​​   61,00 ∕​ 73    0,863​

Tabelle 12.  Knicklängen für Eckstiele und Füllstäbe Eckstiele

Füllstäbe

Lcr = L

Lcr = Ld, für alle Achsen

1



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für Einzelstäbe

7.4.2.2 Nachweis des Stiels

Wie im Anwendungsbeispiel 1 ist ​​ ​  LT​​   1,00​und ​​M​  u,Rd​​    11,91 kNm​ ​​M​  v,Rd​​   6,48 kNm​ ​​k​  uu​​   1,153​ ​​k​ uv​​    1,00​ ​​k​  vu​​   1,00​ ​​k​ vv​​   2,039​

Knicklängen Lcr,v Lcr,y 301,2 cm Ideale Verzweigungslasten ​ ​​  2​   21000   452,60       ​​N​  cr,v​​   ​  _________________  ​   1034 kN​ 301,​2​​  2​ ​ ​​  2​   21000   1098,80        ​   2510 kN​ ​​N​  cr,y​​   ​  __________________ 301,​2​​  2​ Schlankheitsgrad _

___________

_

___________

_y

___________

√ √

√ A   ​f​  ​​ 46,06   27,5  ​ ​    ​  ​   ​ ​    0,710 ​  ​  ​      ​N​  ​​ √ 2510

A   ​f​  y​​ 46,06   27,5 ​​​  ​​ ̅ v​​   ​  ​  _ ​ ​    ​  ___________  ​ ​    1,107​ ​      ​N​  cr,v​​ 1034 ​​​  ​​ ̅ y​​ 

cr,y

Beiwert k (Tabelle 9) 1,107 ​  ​̅v   ​       0,911​ ​​k​  y​​   1,00​ ​​k​  v​​   0,8      ​  _ ​    0,8      ​  _ 10 10 Schlankheit ​ ​  cr​​ _ ​L​  cr​​ L 301,2 _     ​   96,09    120​,  ​   ​  _ ​​ ​  v​​   ​  _ ​    ​  _ ​i​  v​​ I_ ​ ​  v​​ 452,60 _  ​ ​  ​  ​    ​ ​  ​  ​    A 46,06 also ist die Anforderung nach .3.1 (3) in [3] erfüllt.

√ √

Effektiver Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   ​k​  v​​   ​​  ​​ ̅ v​​​ 0,911 1,107 1,008 (maßgebend, weil 0,710) 0,594 ​​​  ​​ ̅ eff,y​​   ​k​  y​​   ​​  ​​ ̅ y​​​ 1,0 0,710 0,710 Beanspruchbarkeit auf Druck        ​f​​  y​​ 0,594   46,06    27,5  ​    ​     1,00   ​ __________________    ​​N​  b,Rd​​       ​  _ ​ ​  1​​ 1,00  752 kN ​ Knicknachweis ​​N​  d​​  ∕​ ​N​  b,Rd​​   932,40 ∕​ 752    1,239​ Nachweis nicht erfüllt.

571

1

7.4.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F [4] 7.4.3.1 Nachweis des Diagonalstabs Alles ist gleich wie im Anwendungsbeispiel 1, Abschnitt 7.3.3.1, mit der Ausnahme der Knicklänge. Da es sich um einen durch zwei Schrauben angeschlossenen Einzelstab handelt, wird die Knicklänge mit 0,85 Lnet angenommen. Dabei ist Lnet der Abstand der inneren Schrauben, siehe Empfehlung im Abschnitt 7.2. Dementsprechend ist: Lcr,v Lcr,u ​0,7   L   0,7   411,2   287,8 cm​ (oder alternativ Lcr,v Lcr,u ​0,85   ​L​​  net​​   0,85   355    301,75 cm​) ​​N​  cr,u​​    459,45 kN ​ ​​N​  cr,v​​   98,99 kN​ ​​​  ​​ ̅ u​​   0,964​ ​ ​​  ​​ ̅ v​​   1,888​ ​​ ​  u​​    0,620 ​ ​​ ​  v​​   0,232​ ​​N​  bu,Rd​​    264,67 kN ​ ​​N​  bv,Rd​​   98,99 kN​

Nachweise Gl. (49) (Gl. F.11 in [4]: 1,96 61,00 0,165  ​   1,153   ​ _  ​ ​​​  ​    1,00   ​ _ ​    0,202   1​ ​​​ _ ​    ( 264,67 11,91 ) 6,48 2

Gl. (50) (Gl. F.12 in [4]: 1,96 61,00 0,165  ​   1,00   ​ _  ​ ​​​  ​    2,039   ​ _ ​    0,662   1​ ​​​ _ ​  ( 98,99 11,91 ) 6,48 2

7.4.3.2 Nachweis des Stiels Knicklängen Erneut ist alles identisch zum Anwendungsbeispiel 1 (Abschnitt 7.3.3.2) mit der Ausnahme der Knicklänge, die nach der Empfehlung aus dem Abschnitt 7.2 zu 0,9 L angesetzt wird. Dementsprechend ist: Lcr,v Lcr,u ​0,9   L   0,9   301,2   271 cm​ ​​N​  cr,u​​    4922 kN ​ ​​N​  cr,v​​   1276 kN​ ​​​  ​​ ̅ u​​   0,507​ ​ ​​  ​​ ̅ v​​   0,996​ ​​ ​  u​​    0,881 ​ ​​ ​  v​​   0,600​ ​​N​  bu,Rd​​    1116 kN ​ ​​N​  bv,Rd​​   760 kN​ ​​M​  v,Rd​​   34,31 kNm​ ​​k​  uv​​   0,6​ ​​k​ vv​​   2,228​ Nachweise Gl. (49) (Gl. F.11 in [4]: 932,4 0,27 ​​​ _ ​    ​ ​​​  ​    0,6   ​ _  ​   0,703   1​ ( 1115,92 ) 34,31 2

Gl. (50) (Gl. F.12 in [4]: 932,4 0,27  ​ ​​​  ​   2,228   ​ _  ​   1,523   1​ ​​​ _ ​    ( 759,99 ) 34,31 2

7.5

Anwendungsbeispiel 3

7.5.1 Allgemeine Angaben Wiederum sind alle Eingangsdaten zum Anwendungsbeispiel 2 identisch. Allerdings sind die Diagonalstäbe nun an beiden Enden durch eine Schraube angeschlossen.

7.5.2 Nachweis nach EN 1993-3-1 [3] 7.5.2.1 Nachweis des Diagonalstabs Knicklängen, ideale Verzweigungslasten, Schlankheit, Schlankheitsgrad sind identisch zum Anwendungsbeispiel 2. Beiwert k (Tabelle 8) 0,35 0,35 ​​k​  v​​   0,7    ​ _ ​    0,7   ​ _  ​   0,830​ 2,696 ​  ​̅v  0,58 0,58 ​​k​  y​​   0,7    ​ _ ​    0,7    ​ _  ​   1,034  ​ 1,734 ​  ​̅y 

572

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Effektiver Schlankheitsgrad ​​​  ​​ ̅ eff,v​​   ​k​  v​​   ​​  ​​ ̅ v​​​ 0,830 2,696 0,171 ​​​  ​​ ̅ eff,y​​   ​k​  y​​   ​​  ​​ ̅ y​​​ 1,034 1,734

2,238 (maßgebend)

Nachweise Gl. (49) (Gl. F.11 in [4]: 1,96 61,00 0,165 ​​​ ​ _ ​   1,242   ​ _  ​ ​​​  ​    1,00   ​ _ ​    0,269   1​ ( 211 11,91 ) 6,48 2

1,793

Beanspruchbarkeit auf Druck        ​f​​  y​​ 0,171   15,52    27,5  ​    ​     0,8   ​ __________________    ​​N​  b,Rd​​       ​  _ ​ ​  1​​ 1,00  58,39 kN ​ Knicknachweis ​​N​  d​​  ∕​ ​N​  b,Rd​​   61,00 ∕​ 58,39    1,045​ Nachweis nicht erfüllt

Gl (50) (Gl. F. 1,96 61,00 0,165  ​   1,00   ​ _  ​ ​​​  ​    4,022   ​ _ ​   12 in [4]: ​​​ _ ​  ( 69,87 11,91 ) 6,48 2

 1,179   1​Nachweis nicht erfüllt 1

7.5.3.2 Nachweis des Stiels Der Nachweis für den Stiel wird nicht weiterverfolgt.

7.5.2.2 Nachweis des Stiels Der Nachweis ist identisch zum Anwendungsbeispiel 2 und wird somit nicht angegeben.

7.5.3 Nachweis nach prEN 1993-3, Anhang F [4] 7.5.3.1 Nachweis des Diagonalstabs Alles ist identisch zum Anwendungsbeispiel 2 (Abschnitt 7.3.3.1) mit Ausnahme der Knicklänge. Da der Stab an beiden Enden mit einer Schraube angeschlossen ist, ist die Knicklänge gleich dem Abstand der Schrauben, Lnet. Dementsprechend ist: Lcr,v Lcr,u ​​L​  net​​   373 cm​ (oder alternativ Lcr,v Lcr,u 0,85 L​    349 cm​) ​​N​  cr,u​​   311,5 kN ​ ​​N​  cr,v​​   69,9 kN​ ​​​  ​​ ̅ u​​   1,171​ ​​​  ​​ ̅  v​​   2,293​ ​​ ​  u​​    0,494 ​ ​​ ​  v​​   0,164​ ​​N​  bu,Rd​​    211 kN ​ ​​N​  bv,Rd​​   68,87 kN​ Wie im Anwendungsbeispiel 1 ist ​​ ​  LT​​   1,00​und ​​M​  u,Rd​​    11,91 kNm​ ​​M​  v,Rd​​   6,48 kNm​ ​​k​  uu​​   1,243​ ​​k​ uv​​    1,00​ ​​k​  vu​​   1,00​ ​​k​ vv​​   4,022​

7.6

Zusammenfassung der Anwendungsbeispiele

Aus den Anwendungsbeispielen erkennt man, dass keine Unterschiede zwischen den alten und neuen Regelungen nach Anhang F bezüglich der Berechnungsmethoden existieren. Die Türme werden nach wie vor als ideale Fachwerke modelliert. Die resultierenden Schnittgrößen der Stäbe sind Zug- oder Drucknormalkräfte. Die Unterschiede liegen lediglich bei den Nachweisen. Während nach den alten Regelungen die Exzentrizität der Anschlüsse und die Anzahl der Schrauben über eine fiktive Knicklänge berücksichtigt werden, gehen diese Einflüsse nach dem neuen Vorschlag direkt in den Nachweisen ein und die Stäbe werden auf Normalkraft und Biegung bemessen. Die Nachweisergebnisse der Anwendungsbeispiele werden in Tabelle  13 zusammengefasst. Verständlicherweise sind die resultierenden Ausnutzungsgrade mehr oder weniger unterschiedlich. Größere Unterschiede sind bei den Anschlüssen der Diagonalen mit einer Schraube zu erkennen. Hier führen die neuen Vor-

Tabelle 13.  Verhältnisse Ed∕​Rd der Nachweise für die 3 Anwendungsbeispiele EN 1993-3-1 [3]

prEN 1993-3, Anhang F [4]

Anwendungsbeispiel 1 Diagonale L90.9

0,471

0,303

Stiel L160.15

0,877

0,739

Segment



0,50 (im Anhang C der prEN 1993-3)

Anwendungsbeispiel 2 wie 1, ohne sekundäre Ausfachung Diagonale L90.9

0,836 (Schlankheit größer als 120)

0,662

Stiel L160.15

1,239

1,523

Anwendungsbeispiel 3 wie 1, Anschluss mit einer Schraube Diagonale L90.9

1,045 (Schlankheit größer als 120)

1,179

Stiel L160.15

1,239

1,523



Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für mehrteilige Stäbe mit geringer Spreizung

schläge zu wesentlich höherer Ausnutzung und korrigieren eventuelle Unsicherheiten der alten Regelungen.

8

Anwendungsbeispiele des Turmbaus – Nachweise für mehrteilige Stäbe mit geringer Spreizung

8.1

Allgemeine Angaben

Im folgenden Abschnitt wird ein Anwendungsbeispiel für mehrteilige Stäbe mit geringer Spreizung präsentiert. Der untersuchte Fachwerkturm ist in Bild 51 dargestellt. Die Stiele wurden bis zu einer Höhe von 24 m mit Einzelwinkeln L160   15 ausgeführt. Ab 24 m Höhe wurden Einzelwinkel 120.12 für die Stiele verwendet. Die Hauptdiagonalen wurden im Wesentlichen aus Einzelwinkeln L70   7 hergestellt. Alle Profile wurden in Stahl S275 ausgeführt.

573

An diesen Turm sollen neue Antennen angebracht werden und eine Voruntersuchung hat gezeigt, dass mehrere Stielabschnitte und Diagonalen verstärkt werden müssen. Im folgenden Beispiel werden die verstärkten Diagonalen des unteren Abschnitts (zwischen 0 m und 3  m) nachgewiesen. Es wird allerdings auf die detaillierte Berechnung der Lasten und der Schrittgrößen verzichtet.

8.2

Nachweis der Diagonalen

Die Diagonale besitzt eine Länge von 425 cm. Die Sekundärausfachung führt zu einer Halbierung der Knicklänge für Knicken über die schwache Achse (Stoffachse, y-y-Achse). Die Knicklänge über die starke Achse (stofffreie Achse, z-z-Achse) wird allerdings nicht reduziert. Somit wird Knicken über die starke Achse maßgebend. Die Eingangswerte für die Berechnung sind in Tabelle 14 angegeben.

Berechnung der Beanspruchbarkeit nach prEN 1993-3 Anhang F Bestimmung der idealen Verzweigungslast des mehrteiligen Stabs ohne Berücksichtigung der Schubsteifigkeit:

​​N​  cr​​   ​EI​  z​​ ​​ _ ​     ​  ​​​  ​   21000   190,5   ​​ _ ​     ​  ​​​  ​   218,6 kN​ ( ​L​  cr​​ ) ( 425 ) 2

2

Bestimmung der Schubsteifigkeit: Die Schraubenverbindung wurden mit vorgespannten Schrauben der Klasse 10.9 hergestellt.  ​​(B   2t   ​t​​  p​​)​​​  ​   ​ d​  40​​  ​​I​  pp​​   ​  ___________________  ​      64 4

 ​​(2,2   2   0,7    0,8)​​​  4​        1,​8​​  4​  ​    17,88 ​  cm​​  4​​         ​  ____________________________ 64 1 ​​S​  v​​   ​S​  v2​​   ​ ________________  ​       2​ ​ah​  0​​ a ​ ​​  ​  _    ​   ​  _   ​  24 ​EI​  v,ch​​ 12 ​EI​  pp​​ 1  ​   1565 kN​  ​ ________________________________         70,8   4,47 70,​8​​  2​ _______________ _______________ ​        ​   ​       ​ 24   21000   17,49 12   21000   17,88 Bestimmung der effektiven kritischen Last des Stabs unter Berücksichtigung der Schubsteifigkeit: 1 1 ​​N​  cr,Sv​​   ​ _           ​   191,8​  ​   ​ ____________ 1 1 1 1 ​ _    ​    ​ _  ​  ​ _    ​   ​ _    ​  ​N​  cr​​ ​S​  v​​ 218,6 1565 Bestimmung des Schlankheitsgrades und des Abminderungsfaktors Knicklinie b: _ mit_ A   ​f ​  ​​ 18,8   27,5 y ​​​  ​​ ̅ Sv​​   ​  ​  _   ​ ​   ​  _  ​ ​    1,64​ ​      ​N​  cr,Sv​​ 191,8





​    0,5​(1    (​ ​​  ​​ ̅ Sv​​   0,2)​   ​​  ​​ ̅ Sv ​​ )​  2

 0,5​(1   0,34​(1,64   0,2)​    1,​64​​  2​)​   2,09​ Bild 51. 51 m hoher Fachwerkturm

574

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

Tabelle 14.  Eingangswerte für die Bemessung der verstärkten Diagonalen

Eingangswerte für das Profil L70 × 70 × 7 Stahl

S275

Querschnittsfläche A

9,40 cm2

Flächenträgheitsmoment über die schwache Achse Iv

17,49 cm4

Flächenträgheitsmoment über die Geometrieachse Iy (bezogen auf den Schwerpunkt des Einzelwinkels)

42,25 cm4

Trägheitsradius über die schwache Achse iv

1,36 cm

Eingangswerte für den mehrteiligen Stab: 2 L70 × 70 × 7 Dicke des Futterblechs tpp

8 mm

Abstand zwischen den Schwerpunkten der Winkelprofile h0

4,47 cm

Querschnittsfläche A

18,80 cm2

Flächenträgheitsmoment über die schwache Achse Iy

84,50 cm4

Flächenträgheitsmoment über die starke Achse Iz (ohne Berücksichtigung der Schubsteifigkeit)

190,05 cm4

Trägheitsradius des mehrteiligen Stabs iz

3,18 cm

Lochdurchmesser d0

18 mm (M16)

Durchmesser des Schraubenkopfes B

22 mm

Abstand zwischen den Futterblechen a

70,8 cm (≈ 52 imin)

1 1 _ ____________ ​    ​ ____________            ​   ​ ___________________  ​   0,295​ 2 2,09   ​   2,​    2 √ 09​​  2​    1,​64​​  2​ ​    ​  ​ ​​  ​   ​​  ​​ ̅ Sv ​ ​  ​ 



Bestimmung der Beanspruchbarkeit ​Af​  y​​ 18,8   27,5  ​   0,295   ​ _  ​     152,5 kN​ ​​N​  b,Rd​​     ​  _  ​ ​  M1​​ 1,0

Berechnung der Beanspruchbarkeit nach einer alternativen Methode Wie bereits in den Abschnitten 1 und 6 dargestellt, gibt die derzeitige Version der EN 1993-1-1 [1] keine explizite Möglichkeit für die Nachweisführung an, falls der Abstand zwischen der Verbindung größer als 15 imin ist. EN  50341-1 [7] gibt eine Nachweismethode an, die ebenfalls auf der Bestimmung einer äquivalenten Schlankheit für den mehrteiligen Stab basiert. Diese Methode wird im Folgenden angewendet. Bestimmung der Schlankheit des mehrteiligen Stabs ohne Berücksichtigung der Schubsteifigkeit: ​L​  cr​​ _ 425 ​    ​  _  ​    ​    ​    133,6​ 3,18 ​i​  z​​ Bestimmung der Schlankheit des Einzelwinkels zwischen den Verbindungen:

a ​​ ​  1,ch​​   ​ _  ​  ​i​  v​​

70,8  ​ _ ​    52,05​ 1,36

Bestimmung der Gesamtschlankheit des mehrteiligen Stabs: _

______________

​​ ​  z​​   ​√ ​ ​​  2​   ​ ​  21,ch  ​ ​   ​   ​√ 133,​    6​​  2​    52,​05​​  2​ ​   143,4​ Bestimmung des Schlankheitsgrads und des Abminderungsfaktors mit Knicklinie b (an dieser Stelle wird Knicklinie b verwendet, wie in EN 50341-1 [7] empfohlen. Siehe auch EN 50341-2-4 für nationale Regeln für Deutschland): _ _ E 21000 _ ​​ ​  1​​     ​  ​     ​ ​     ​  _  ​ ​   ​    86,8​ ​f​  y​​ 27,5





​ ​  ​​ 143,4 ​​​  ​​ ̅ z​​   ​  _z  ​   ​ _ ​    1,65​ ​ ​  1​​ 86,8 ​    0,5​(1     ​(​​  ​​ ̅ z​​   0,2)​   ​​  ​​ ̅ z​  ​)​  2

 0,5 ​(1   0,34 ​(1,65   0,2)​    1,​65​​  2​)​   2,11​ 1 1 _ ____________       ​   ​ ___________________      ​    ​ ___________  ​   0,292​ 2    11​​  2​    1,​65​​  2​ ​    ​  ​ ​​  2​   ​​  ​​ ̅ z​   ​ ​ 2,11   ​√ 2,​



Literatur

Bestimmung der Beanspruchbarkeit A   ​f​  y​​ 18,8   27,5  ​     151,0kN​ ​​N​  b,Rd​​     ​  _ ​    0,292   ​ _ ​ ​  M1​​ 1,0

Zusammenfassung der Ergebnisse Beide hier angewendeten Methoden führen zu nahezu gleichen Ergebnissen. Dies ist allerdings nicht überraschend für den Fall von vorgespannten Schrauben, weil die Herleitung der Methode des Anhang F der prEN 1993-3 und der Methode der EN 50341-1 auf der gleichen theoretischen Basis erfolgte. Im Fall von Passschrauben würde sich eine leicht höhere Beanspruchbarkeit nach prEN  1993-3 ergeben, da die Steifigkeit der Verbindung höher ist und dieser Effekt in der prEN  1993-3 berücksichtigt wurde. Allerdings ist der Herstellungsaufwand bei Passschraubenverbindungen wesentlich höher.

9

Literatur

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575

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576

9   Nachweis von Einzel- und mehrteiligen Stäben aus gewalzten gleichschenkligen Winkelprofilen

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10

Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung Rüdiger Höffer, Klaus Thiele, Francesca Lupi, Ulf Winkelmann, Wolfgang Hubert, Cornelia Kalender, Roland Wüchner und Cong Chen

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

578

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 579

4.2

2 2.1

Windmodelle und lokale Windfelder 580 Modellierungsgrößen der atmosphärischen Grenzschichtströmung 580 2.1.1 Basiswindgeschwindigkeit 580 2.1.2 Wind- und Turbulenzprofile sowie Spitzendruck 580 2.1.3 Modellfortschreibung im Entwurf der zur Verabschiedung anstehenden Vornorm prEN 1991-1-4:2020 582 2.2 Windfeldverhältnisse am Bauwerksstandort 583 2.2.1 Regionale charakteristische Windgeschwindigkeiten 583 2.2.2 Einfluss von Bodenrauigkeit und Topografie auf die standortspezifischen Windprofile am Beispiel eines exponierten Bauwerks in stark strukturiertem Gelände 585 2.2.2.1 Charakteristische Windgeschwindigkeiten am Bauwerksstandort 585 2.2.2.2 Standortspezifischer Einfluss der Bodenrauigkeit auf die Böenwindgeschwindigkeiten 585 2.2.2.3 Untersuchungen zur Orografie 586 2.3 Bemessungswindstärke für die Bauphase 589

4.2.1 4.2.2 4.2.3

3

Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken 590 3.1 Anregungstypen 590 3.2 Bauwerksschwingungen durch die Windböigkeit 591 3.3 Aeroelastische Instabilitäten 591 3.3.1 Aerodynamische Dämpfung 591 3.3.2 Galloping 592 3.3.3 Interaktion Galloping und wirbelerregte Schwingung 595 3.3.3.1 Phänomene 595 3.3.3.2 Wake-Oscillator-Modell 596 3.3.4 Regen-Wind-induzierte Schwingungen 598 3.3.5 Divergenz 599 3.3.6 Flattern 599

6.2

4

8 Literatur 635 8.1 Referenzen 635

4.1

Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten 601 Prozess der Wirbelablösung 601

4.2.4 4.2.5 4.2.6 4.3 4.4 5 5.1 5.2 5.3 5.4 6 6.1

6.3 6.4 6.5 6.5.1 6.5.2 6.6 6.7

Berechnung der wirbelerregten Querschwingungsamplitude 602 Verfahren 1 – Resonanzverfahren 603 Verfahren 2 – Spektralmethode 604 Ausblick: Modellierung der Wirbelerregung im Eurocode der zweiten Generation 606 Grundlegende Parameter 607 Beanspruchungen durch wirbelerregte Querschwingungen 609 Ermittlung der Spannungsschwing­ spiele N 609 Beispiele und Bewertung 609 Anwendung für Türme in Gruppenanordnung 613 Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand 615 Stahlverbundbrücken im Taktschiebeverfahren 615 Hochmoselbrücke bei Ürzig 616 Aftetalbrücke bei Bad Wünnenberg 619 Modifikation des Vorbauschnabels zur Unterdrückung der Anregung 622 Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis 623 Grundlagen zur numerischen Modellierung und Simulation der Windströmung 623 Fehler und Unsicherheiten der eingesetzten Modelle 625 Aktuelle Situation der CFD im Windingenieurwesen 626 Überlegungen zur Qualitätssicherung von CFD Berechnungen 627 CFD-Anwendung Beispiel I: Westturm Schloss Friedenstein 628 Details der numerischen Simulation 628 Validierung der Oberflächendruckbeiwerte 630 CFD-Anwendung Beispiel II: Brücke Rheinquerung 632 Fazit und Ausblick 635

7 Danksagungen 635

Einleitung

1

Einleitung

Am Beginn einer jeden Nachweisaufgabe in der Bauwerksaerodynamik steht die quantitative Beschreibung der Windwirkung. Hierfür sind, wie in jedem Bereich der Bemessung, Modelle erforderlich, deren Qualität direkt das Ergebnis beeinflusst. In jedem Fall ist es von immenser Bedeutung, die Voraussetzungen und Geltungsgrenzen der verwendeten Modelle zu kennen. In der Bauwerksaerodynamik können diese Modelle wegen der Eigenschaften des Windes äußerst komplex werden. Oft geben Schadensfälle erst den Startpunkt für die Modellentwicklung zu speziellen aerodynamischen Effekten. Für einige Schwerpunkte im Windingenieurwesen sollen solche Modelle dargestellt und erläutert werden. Dabei wird auch die aktuelle Weiterführung der europäischen Normung berücksichtigt. Zudem werden die einzelnen Aspekte durch Anwendungsbeispiele veranschaulicht. In Abschnitt 2 wird die Beschreibung des lokalen Windfeldes anhand von Parametern, wie dem Grundwert der Basisgeschwindigkeit, der Geländekategorie einschließlich lokaler topografischer Einflüsse, z. B. einer Kuppenlage, oder möglicher Interferenzwirkungen durch vorgelagerte Bebauung gezeigt. Dabei werden einige aktuelle Regelungen in Ausschnitten aufgezeigt und einige im Rahmen der laufenden europäischen Normenfortschreibung zukünftig vorgesehenen Möglichkeiten zur Zuschärfung von Windprofilen genannt. Als weiterer Schwerpunkt dieses Abschnitts wird erläutert, wie eine direkte Ermittlung der prinzipiell auch windrichtungsverteilten Basiswindgeschwindigkeit an Bauwerksstandorten vor dem Hintergrund der dort vorliegenden mikroklimatischen und topografischen Situation vorgenommen werden kann und welche Möglichkeiten die Norm zur Nutzung der Daten langjährig betriebener Messstationen sowie zur datenbankgestützten Rauigkeitsauswertung der Geländeoberflächen bietet. Abschnitt 3 stellt die Modelle zur Beschreibung resonanter und aeroelastischer Bauwerksantworten dar. Der Dynamikfaktor cd als Teil des Strukturbeiwerts wird kurz dargestellt. Das Modell für die aerodynamische Dämpfung wird beschrieben sowie verschiedene Mechanismen aerodynamischer Instabilität wie Galloping, Regen-Wind-induzierte Schwingungen, Divergenz und Flattern. Der Schwerpunkt liegt dabei, auch im Zusammenspiel mit den Anwendungsbeispielen in Abschnitt 5, auf dem Galloping (Formanregung) sowie auf der Interaktion zwischen Galloping und Wirbelerregung inklusive aktueller Entwicklungen auf diesem Gebiet. Abschnitt 4 führt in die Entstehung, Wirkung und Modellierung von wirbelerregten Schwingungen ein. Für die Berechnung der wirbelerregten Querschwingungsamplitude haben sich zwei verschiedene Modelle etabliert – das Resonanzverfahren und die Spektralmethode. Die beiden Modelle und die jeweiligen Voraus-

579

setzungen, Annahmen und Geltungsgrenzen werden dargestellt. Die Anwendung der Modelle in der laufenden europäischen Normenentwicklung wird aufgezeigt. Auf Basis der ermittelten Querschwingungsamplitude wird dann die Bemessung der Struktur dargestellt, hierfür beinhaltet Abschnitt 4 auch Angaben zu Parameter­ ermittlungen. Windinduzierte Schwingungsphänomene ließen im 19.∕​20. Jahrhundert einige der filigraner werdenden Brückenkonstruktionen einstürzen, was damals zu der Erkenntnis führte, dass bei ihrer Auslegung nicht nur statische Windlasten, sondern auch dynamische Wirkungen des Windes berücksichtigt werden müssen – dies gilt heute aufgrund stetig leichter und schlanker werdender Brückenbauwerke mit wachsenden Spannweiten besonders. Die Standsicherheit ist dabei sowohl für die fertiggestellte Brücke als auch während des Bauzustands zu gewährleisten. Dazu ist es vor dem Bau größerer Brücken inzwischen gebräuchlich, die Windwirkungen an einem Modell der Brücke im Windkanal zu messen. Neben der Profilgeometrie sind es vor allem zwei strukturelle Parameter, die eine Schwingungsanfälligkeit beeinflussen: die zu einer Schwingungsform gehörende Eigenfrequenz und die bei dieser Schwingung aktivierte Bauwerksdämpfung. Die wie oben beschrieben tendenziell steigenden Spannweiten bei Balkenbrücken lassen die Eigenfrequenzen auch im Bauzustand während des Verschubs abfallen. Zudem weisen der heute häufig geschobene Stahlhohlkasten sowie der Vorbauschnabel am vorderen Kragarmbereich eine vergleichsweise geringe Strukturdämpfung auf. So können sich ungünstige Verschubzustände ergeben, die hinsichtlich der dynamischen Reaktion auf die Windeinwirkung beurteilt werden müssen. Abschnitt 5 stellt diese und andere wesentliche, windinduzierte Schwingungsphänomene bei Brücken und ihre Erfassung durch Windkanalversuche exemplarisch für zwei vor kurzem fertiggestellte Balkenbrücken, u. a. für die Hochmoselquerung, vor. Neben der Modellbildung durch Ingenieurmodelle und im Windkanal spielt die numerische Simulation eine wachsende Rolle. Es gibt bereits Lösermodule in kommerziellen Statikprogrammen, die eine automatisierte Simulation der Windeinwirkungen in die Tragwerks­ analyse einbinden sollen. Die Normenfortschreibung hat diese Entwicklung aufgegriffen, setzt in einem speziellen Anhang (Annex K) der in Kürze erscheinenden Vornorm prEN 1991-1-4 hier zunächst strenge Anwendungsgrenzen, bleibt aber explizit offen für den Einsatz der Methode. Abschnitt 6 führt in die Aspekte der Modelle zur numerischen Strömungsmechanik ein. Ein aktueller Arbeits- und Anwendungsstand wird im Beitrag beschrieben, dabei werden Aspekte der numerischen Fehler, der Turbulenzmodellierung und der Qualitätssicherung diskutiert. Schließlich wird anhand von zwei Beispielen das Potenzial aufgezeigt. Die verwendete Nomenklatur im gesamten Beitrag orientiert sich hauptsächlich an den Konventionen im übersetzten, eingeführten Eurocode DIN EN 1991-­

580

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

1-4:­2010-12 und dem Nationalen Anhang. Wegen des Einflusses weiterer Fachrichtungen sind im Beitrag Anleihen aus der Nomenklatur insbesondere der Meteorologie und der numerischen Strömungsmechanik enthalten. Dies ist auch deshalb unvermeidlich, da wichtige benötigte Größen, wie etwa die Lateral- und Vertikalkomponente der Geschwindigkeit in der turbulenten Grenzschichtströmung, im Eurocode nicht besetzt sind. Der Beitrag endet mit Danksagungen und den Verzeichnissen der verwendeten und weiterführender Literatur. Die Autoren des Beitrags sind Wissenschaftler und Ingenieure der Arbeitsgruppe Windingenieurwesen und Strömungsmechanik an der Fakultät für Bau- und Umweltingenieurwissenschaften der Ruhr-Universität Bochum, der Institute für Stahlbau sowie für Statik und Dynamik an der Technischen Universität Braunschweig und des Ingenieurbüros Niemann Ingenieure GbR, Bochum. An den beteiligten Standorten werden Grenzschichtwindkanäle betrieben und Methoden der numerischen Strömungsmechanik entwickelt.

2

Windmodelle und lokale Windfelder

2.1

Modellierungsgrößen der atmosphärischen Grenzschichtströmung

2.1.1 Basiswindgeschwindigkeit Die Windgeschwindigkeiten werden in den Regionen Europas als 10-Minuten-Mittelwerte angegeben, die in 10  m Höhe über einer Geländekategorie II (niedriger Bewuchs oder Bebauung, Hindernisabstand mehr als 20  m) gelten. Der Eurocode bezeichnet dies als den Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit ​​v​  b,0​​​. Die Basiswindgeschwindigkeit ​​v​  b​​​wird aus dem Produkt des Grundwerts ​​v​  b,0​​​ mit einem Richtungsfaktor​​ c​  dir​​​ und einem Jahreszeitenbeiwert ​​c​  season​​​, des Weiteren mit einem Probabilistikbeiwert ​​c​  prob​​​ zur Einstellung einer anderen als der mittleren Wiederkehrperiode von 50 Jahren des charakteristischen Windgeschwindigkeitswerts sowie einem Einflussparameter ​​c​ alt​​​ bezüglich der geodätischen Höhe über Meereshöhe errechnet, vgl. [1], Gl. 4.1. Die bereits aus [3] bekannte Windzonenkarte gibt die Basisgeschwindigkeiten für ​​c​  dir​​   ​c​  season​​   ​c​  alt​​   1,0​an. Der Nationale Anhang [2] regelt außerdem die hinterlegte Extremwertverteilung mittels der Parameter Formbeiwert K   0,1 und Exponent n   1. Mit p   0,02 wird der Wahrscheinlichkeitsfaktor ​​c​  prob​​​zu 1,0, es sei denn, aufgrund kürzerer Nutzungsdauern sind höhere Werte gerechtfertigt (vgl. NDP zu 4.2(2), Anmerkung 5, [2]). Nach [2] ist eine genauere Berücksichtigung des Wind­ richtungseinflusses gestattet, wenn dazu ausreichend gesicherte, statistische Erkenntnisse, z. B. aus meteorologischen Beobachtungen des Deutschen Wetterdienstes, vorliegen, um eine Rauigkeitsrose für das regionale Starkwindklima (s. Bild 1) aufstellen zu können. Ein

Bild 1. Windrichtungsabhängigkeit des regionalen Starkwind­ klimas, abgeleitet aus der Gebietsmeteorologie, GK II

weiterer Schritt ist die Analyse des topografischen Wind­richtungseinflusses. Er entsteht infolge der Verteilung der Geländerauigkeit in einem Umkreis um das betrachtete Bauwerk. Dazu müssen die Geländerauigkeiten sektorweise analysiert und klassifiziert werden (siehe z. B. Bild 2). Diesen Schritt schließt die Berücksichtigung der Orografie (z. B. exponierte Kuppenlage oder geschützte Tallage) ab, die auch windrichtungsabhängig sein kann. Der Durchmesser des Untersuchungsgebiets liegt im einstelligen Kilometerbereich. Dazu werden oft Geoinformationssysteme verwendet und das CORINE-Kataster der Flächennutzung [4] herangezogen. Bei der Behandlung eines Windrichtungseinflusses muss insbesondere beachtet werden, dass die Gesamtversagenswahrscheinlichkeit ​​P​  f​​​ des Tragwerks den festgesetzten Höchstwert im Bezugszeitraum nicht überschreitet [5].

2.1.2 Wind- und Turbulenzprofile sowie Spitzendruck Die mittlere Windgeschwindigkeit ​​v​  m​​​(z)​​in einer Höhe z über dem Gelände hängt nach [1] von der Geländerauigkeit und der Orografie sowie von der Basiswindgeschwindigkeit ​​v​  b​​​ ab, siehe Gl. (1). ​​v​  m​​​(z)​   ​c​  r​​​(z)​   ​c​  o​​​(z)​   ​v​  b​​​

(1)

mit dem Rauigkeitsfaktor ​​c​  r​​​(z)​​und einem Orografiefaktor ​​c​  o​​​(z)​​, der sich für Regelfälle zu 1,0 ergibt; c​  ​​ r​​​(z)​​ wird vom Eurocode mittels der Gleichungen (4.3) bis (4.5), [1], nach dem logarithmischen Gesetz modelliert: z ​​c​  r(​​​ z)​   ​k​  r​​   ln​ ​ _  ​  ​​ für ​​z​  min​​   z   ​z​  max​​​ (2) ( ​z​  0​​ )



Windmodelle und lokale Windfelder

581

Bild 2. Windrichtungseinfluss am Bauwerksstandort infolge der windrichtungsveränderlichen Geländerauigkeit

sowie ​​c​  r​​​(z)​   ​c​  r​​​(​z​  min​​)​​ für ​z   ​z​  min​​​

(3)

Die verwendeten Parameter sind die Rauigkeitslänge ​​z​ 0​​​ entsprechend der Geländekategorie und der davon abhängige Geländefaktor ​z​  0​​ ​​k​  r​​   0,19   ​​ ​  _   ​  ​​​  ( ​z​  0,II​​ )

0,07

​​

(4)

mit der Referenzrauigkeitslänge ​​z​  0,II​​    0,05 m​. Weitere Einzelheiten können [1] entnommen werden. Das gezeigte Modell beinhaltet eine Linearisierung gegenüber einer vollständigeren, wissenschaftlichen Version, welche zusätzlich über ein empirisch bestimmtes Korrekturglied verfügt, s. [7]. Der Empfehlung der o. a. Gleichungen wird im Nationalen Anhang nicht gefolgt. Stattdessen wird das ­Hellmann-Potenzprofil verwendet. Gleichung (5) gibt dessen Grundform an, in der die Einflüsse der Geländerauigkeit auf den Höhenverlauf mittels des Profilexponenten modelliert werden. z ​​v​  m​​​(z)​   ​v​  b,0​​   ​​ ​ _   ​  ​​​  ​​ ( ​z​  ref​​ )

(5)

Damit lassen sich die Höhenbereiche oberhalb 200  m bis 300  m über Grund zutreffender abbilden. Es wird möglich, den Anwendungsbereich der Europäischen Norm an den der DIN 1055-4 [3] für die Berechnung von Hochbauten bis in eine Höhe von 300 m anzugleichen. Das Höhenprofil der Turbulenzintensität der Longitudinalrichtung Iv wird durch Kalibrierung der

Grundform bezüglich der Standardabweichung der Longitudinalschwankungen v abgebildet, siehe Gl. (6). ​ ​  v​​  ​​ (6)    ​​I​  v(​​​ z)​   ​  _ ​v​  m(​​​ z)​ Grundlegende, herleitende Angaben zu den Werten von v in einer Grenzschichtströmung sind z. B. in [7] zusammengefasst. Oberhalb einer Höhe von 300 m über Grund muss damit gerechnet werden, dass man die Prandtl-Schicht mit den dort angenommenen konstanten Schubspannungen verlässt, und v selbst ebenfalls in der anschließenden Ekman-Schicht mit der Höhe abnimmt. Es werden in [2] rechnerische Zusammenhänge angegeben, um die Rauigkeitsparameter für das logarithmische Profilgesetz, die Rauigkeitslänge z0, bzw. für das Hellmann-Profil (s. [2], Zeile 3, Tabelle NA.B.2), den Profilexponenten , wechselseitig zu überführen. Dabei wird die in [1] eingeschlossene Geländekategorie 0 für die Anwendung in der Bundesrepublik nicht übernommen. Stationäre, einphasige Grenzschichtprofile nach Gl. (5) werden über sehr weitflächigen Gebieten mit sehr homogener Rauigkeitsverteilung gemessen. Im westlichen Europa und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland passt sich die atmosphärische Grenzschichtströmung mit mehrphasigen Profilen der mittleren Geschwindigkeit und der Turbulenzintensität an die sich hierorts ständig verändernden Rauigkeiten der überstrichenen Geländeoberflächen an. Die Übergänge zwischen den Geländekategorien bilden sich zuerst in Bodennähe aus. Die neuen Profilphasen wachsen dann

582

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bild 3. Entwicklung eines zweiphasigen Grenzschichtprofils aufgrund eines Rauigkeitswechsels von glatt auf rau (das Binnenlandprofil gilt für einen Rauigkeitswechsel von Geländekategorie II auf III)

Bild 4. Mischprofile von vp(z) im Vergleich zu den Profilen nach Geländekategorie

von unten nach oben mit zunehmender Lauflänge der Strömung über gleichbleibender Rauigkeit. Für das Gebiet der Bundesrepublik ist es daher sinnvoll, geeignet ausgewertete Mischprofile als Regelprofile im küstennahen Gebiet und im Binnenland anzugeben, die in den meisten, praktisch vorkommenden Fällen die Effekte von Windprofilen unter dem Einfluss der ständig veränderlichen Rauigkeiten hinreichend abbilden. Der Böengeschwindigkeitsdruck als Spitzendruck ist wegen der o. g. spezifischen Windprofile nicht einfach nach Gleichung (4.9) in [1] bestimmbar. Daher werden die Höhenprofile des Spitzendrucks im normativen Anhang NA mit den Gleichungen NA.B.1 bis NA.B.8, [2], direkt angegeben.

2.1.3 Modellfortschreibung im Entwurf der zur Verabschiedung anstehenden Vornorm prEN 1991-1-4:2020 Die Vornorm prEN 1991-1-4:2020 [6] wird zwei Windmodelle enthalten. Das erste Modell berücksichtigt das standardisierte logarithmische mittlere Windprofil, das

für eine maximale Höhe von 200  m über dem Boden gilt (im deutschen Nationalen Anhang ersetzt durch das Hellmann-Profil bis 300  m über dem Boden) mit dem üblichen Ansatz der konstanten Standardabweichung der longitudinalen Turbulenz über der Höhe und dem daraus resultierenden Profil der Turbulenzintensität reziprok zum mittleren Windgeschwindigkeitsprofil. Der Spitzengeschwindigkeitsdruck ergibt sich dann proportional zu dem Quadrat der Spitzenwindgeschwindigkeit. Dieses Modell unterscheidet sich geringfügig von dem in DIN EN 1991-1-4:2010-12 und NA, wo dieselben Gleichungen für das mittlere Windprofil und für die Turbulenzintensität angegeben sind, der Spitzengeschwindigkeitsdruck jedoch durch Linearisierung des Quadrats der Spitzenwindgeschwindigkeit ermittelt wird. Eine Kritik am theoretisch korrekten quadratischen Zusammenhang zwischen Spitzengeschwindigkeit und Böeneschwindigkeitsdruck verweist auf den statistischen Charakter der Spitzengeschwindigkeit mit einer Rückkehrperiode von 50 Jahren, die unter Ansatz eines verteilungsabhängigen Statistikfaktors aus dem 10-Minuten-Mittel abgeleitet wird. Diesen Verteilungsfaktor entsprechend dem neuen Entwurf zur Ermittlung des Spitzendrucks zu quadrieren, führt zu einer Extremwertverteilung des Spitzendrucks, der empirisch bislang nicht belegt ist, was nahezu zwangsläufig die damit eingestellten Zuverlässigkeitswerte ändern kann. Das ist ebenfalls bislang noch nicht bewertet worden. Das zweite Windmodell ist eine linearisierte Näherung an das Modell für die atmosphärischen Grenzschicht von Deaves und Harris, das bis in eine Höhe von 300 m über dem Boden gilt. z ​    ​  ​   5,75   a ​ ​ ln​ _ ( ​z​  0​​ ) [_________________ ] ​​c​  r(​​​ z)​   ​c​  x​​.​      ​​ für ​​z​  min​​   z   ​z​  max​​​    ln​(10 ∕​ ​z​  0)​​ ​ ​​c​  r(​​​ z)​   ​c​  r​​​(​z​  min​​)​​ für ​z   ​z​  min​​​ mit den folgenden Parametern: ​a   z ∕​ ​z​  g​​​

(7)



​​c​  x​​​ z​​ ​  0​​​ ​​z​  min​​​ z​​ ​  max​​​ ​​z​  g​​​

Windmodelle und lokale Windfelder

Expositionsbeiwert Rauigkeitslänge des anstehenden Geländes eine geeignete Minimalhöhe über Grund für die Anwendung des gezeigten Modells 300 m Gradientenhöhe, zu ermitteln aus ​​z​  g​​   ​k​  r​​   ​v​  b​​  ∕​(​ 15   f)​​mit dem CoriolisParameter ​f    1,454   ​10​​  4​   sin ​, ​ ​ist der Breitengrad des Standorts in Grad

Das vollständige Modell nach Deaves und Harris kann z. B. [8] entnommen werden und folgt der Grundgleichung (8): ​u​​  *​ z z _ ​​v​  m​​​(z)​   ​  _ ​​  ln​ _ [ (​  ​z​  0  ​​​ )​   5,75   ​(​  h  ​ )​ 

z z z ​    ​  ​​​  ​   1,33   ​​ _ ​    ​  ​​​  ​   0,25   ​​ _ ​    ​  ​​​  ​ ​​  1,88   ​​ _ (h) (h) (h) ] 2

3

für ​z   ​z​  min​​​ mit ​​u​​  *​​ ​h   ​u​​  *​  ∕​​(6f)​​ ​    0,4​

4

(8)

Schubspannungsgeschwindigkeit Gleichgewichtsgrenzschichthöhe von Kármán-Konstante

Neben der Abhängigkeit von der Basiswindgeschwindigkeit und der Rauigkeitslänge hängen somit sowohl die mittlere Windgeschwindigkeit als auch die Turbulenzintensität von der Gradientenhöhe bzw. der Gleichgewichtsgrenzschichthöhe des atmosphärischen Windes ab, in deren Berechnung u. a. die geografische Breite eingeht. Der Spitzengeschwindigkeitsdruck wird wiederum wie im ersten Modell ermittelt. Für Strukturen bis zu 200 m ist die Wahl zwischen den beiden Modellen vom Modellierungsanspruch her frei. Für die Anwendung sollte man deshalb erwarten, dass sie ähnliche Ergebnisse liefern, was jedoch nicht der Fall ist. Im Vergleich der mittleren Geschwindigkeiten, die für die vier Geländekategorien unter Verwendung des Potenzprofils nach DIN EN 1991-1-4∕​NA und des linearisierten Deaves&Harris-Modells, das auf die beiden Grenzwerte der geostrophischen Höhe von 2800 m und 4000 m angewendet wird, zeigt sich, dass die zwei Modelle für die Geländekategorie IV sehr ähnliche Ergebnisse für z 100 m und ähnliche Ergebnisse für 50 m z 100 m liefern, sich für z 50 m ein nicht vernachlässigbarer Unterschied zwischen den Modellergebnissen ergibt. Für die Geländekategorien 0 (in der Bundesrepublik nicht eingeführt), I, II und III hingegen ist der Unterschied zwischen den Ergebnissen der beiden verschiedenen Modelle relativ groß. Das linearisierte Deaves&Harris-Modell liefert stets kleinere Werte für die mittlere Geschwindigkeit als das Standardmodell der aktuellen Norm [1]. Als größter Unterschied der berechneten mittleren Geschwindigkeiten kann ca. 15 % erwartet werden, was eine Verringerung des mittleren Staudrucks um bis zu 27 % bedeuten kann. Mit diesen Unterschieden sind u. U. auch Sprünge im Höhenprofil des Spitzendrucks verbunden. Aus den oben genannten Gründen wurde in einer der letzten Normenausschuss-

583

sitzungen beschlossen, die Anwendung des linearisierten Deaves&Harris-Modells nur auf Bauwerke mit einer Höhe zwischen 200 m und 300 m zu beschränken, wobei ein zukünftiger nationaler Anhang Leitlinien für die Anwendung des Modells für Bauwerke mit einer Höhe von weniger als 200 m enthalten darf. Letzteres ist von Bedeutung, da schon in der aktuell eingeführten technischen Baubestimmung der Nationale Anhang [2], mit dem anzuwendenden Hellmann-Profil für große Höhen realistischere Werte für das mittlere Windgeschwindigkeitsprofil liefert als das linearisierte logarithmische Profil nach [1]. Cook zeigt in [7], dass das Hellman-Profil – dort „Power-law“ genannt – und das vollständige Deaves&Harris-Modell nach Gl. (8) über den gesamten Höhenbereich bis weit über 300 m hinaus für hohe Windgeschwindigkeiten sehr gut übereinstimmen, was für das logarithmische Modell nicht zutrifft. Die Lösung für den zukünftigen nationalen Anhang in der Bundesrepublik wird dies berücksichtigen.

2.2

Windfeldverhältnisse am Bauwerksstandort

2.2.1 Regionale charakteristische Windgeschwindigkeiten In den einschlägigen Normen zur Ermittlung der auf Bauwerke anzusetzenden Windlasten werden Vorgehensweisen dargestellt, die die bauortspezifischen Windfeldverhältnisse möglichst breit abdecken. Dazu erfolgt eine Aufteilung des Geltungsbereichs der jeweiligen Normung in Zonen mit ähnlichen Windstärken, die als Windzonen deklariert werden. Für die Windzonen werden Grundwerte der Basiswindgeschwindigkeit angegeben, womit (Zitat aus [1], Abschnitt 1.6.1) „die mittlere 10-minütige Windgeschwindigkeit mit einer jährlichen Auftretenswahrscheinlichkeit von 2 % unabhängig von der Windrichtung, bezogen auf eine Höhe von 10 m über flachem offenem Gelände unter Berücksichtigung der Meereshöhe (falls erforderlich)“ gemeint ist. Aus ihr wird „der modifizierte Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit zur Berücksichtigung der Richtung des betrachteten Windes und der Jahreszeit (falls erforderlich)“ gebildet, der die meteorologische Grundlage für die Bestimmung der Windeinwirkung darstellt. Windzonen mit jeweils einheitlichen Grundwerten der Basisgeschwindigkeit sind in den europäischen Flächenländern durch eine große regionale Ausdehnung gekennzeichnet, obwohl bekannt ist, dass in derartigen überregional definierten Windzonen durchaus auch kleinräumige Bereiche eingelagert sein können, die geringere und unterschiedlich richtungsverteilte Windstärken aufweisen. Auch nimmt man an den Grenzen der regionalen Windzonen Sprünge in den anzusetzenden Windstärken in Kauf und bemisst als Folge auch örtlich nah beieinanderliegende, gleichartige Tragwerke unterschiedlich. Zudem liegen auch Sprünge an den innereuropäischen Grenzen vor (Bild 5). Damit geht natürlich eine nicht optimal ökonomische, jedoch auf der siche-

584

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

ren Seite liegende Vereinfachung bei der Beschreibung des örtlichen Windklimas einher. Eine realistische, örtlich am Bauwerksstandort zutreffende Windstärke sowie spezielle Fragen, wie der meteorologische Wind­ richtungseinfluss oder die Wirkung von Abschattungen, werden i. d. R. auf Sonderfälle beschränkt. Bei Neubaumaßnahmen besteht i. d. R. die Möglichkeit, das Bauwerk mit einer größeren Sicherheit auszubilden, auch wenn nach diesem Vorgehen bei besonderen Bauwerken oftmals keine optimal wirtschaftlich günstige Lösungen entstehen. Problematischer können sich aber Baumaßnahmen im Bestand erweisen, wenn die nach der eingeführten ­technischen Baubestimmung zu berücksichtigenden Windverhältnisse den Standsicherheitsnachweis des Bauwerks bei Nachrechnungen nicht ermöglichen. Gründe dafür können vielfältig sein und reichen von einer in Vorgängerbestimmungen schlichtweg zu gering angegebenen Windstärke – Beispiele hierfür finden sich in der DIN 1055­-4:1986-­08 [3] und früheren Ausgaben – bis hin zur Notwendigkeit, Einwirkungen genauer zu fassen, um den Abtrag geplanter Zusatzlasten ohne Tragwerkseingriff nachweisen zu können. Neben der Option Neubau oder Ertüchtigung sollte man in solchen Fällen versuchen, wenn es aussichtsreich erscheint, die standortspezifischen Windverhältnisse detaillierter zu beschreiben und in der Nachrechnung zu berücksichtigen. In der Regel folgen Normen dem konservativen Ansatz, umfangsverteilt die gleiche Wahrscheinlichkeit einer extremen Windgeschwindigkeit für alle Windrichtungen

anzunehmen. Meteorologische Beobachtungen zeigen jedoch, dass die Intensität eines Sturms auch stark mit seiner Windrichtung verbunden ist. Die Wahrscheinlichkeit einer ersten Überschreitung des gleichen Schwellenwerts kann für verschiedene Windrichtungssektoren stark unterschiedlich sein. Das bedeutet, dass auch die Gefahr einer starken, windbedingten Beanspruchung einer Tragwerkskomponente zwischen den Windrichtungen variiert. Oft ist es daher realistischer und auch wirtschaftlicher, wenn die Auswirkungen der Windrichtung berücksichtigt werden. Dies kann durch die Verwendung von Richtungsfaktoren cdir für die Bestimmung der Basiswindgeschwindigkeiten geschehen, durch die in jedem vorgewählten Sektor einer Häufigkeits-Stärke-Windrose (Stärkewindrose) bei zusätzlicher Berücksichtigung der Geländekategorie die charakteristische Geschwindigkeit angegeben wird. Der Richtungsfaktor cdir wird i. d. R. aus meteorologischen Messungen bestimmt. Ein solches Verfahren wird im Eurocode [1] in Abschnitt 4.2 mit Gleichung (4.1) angegeben. Der Nationale Anhang [2] regelt in einem national zu bestimmenden Parameter (NDP) für die Regelanwendung, „die Windlast ist unabhängig von der Himmelsrichtung mit dem vollen Rechenwert des Geschwindigkeitsdruckes wirkend zu berechnen“. Jedoch wird ergänzt: „Eine genauere Berücksichtigung des Einflusses der Windrichtung ist zulässig, wenn hierüber ausreichend gesicherte statistische Erkenntnisse vorliegen.“ (NDP zu 4.2 (2)P, s. [2]).

Bild 5. Windzonen in der Bundesrepublik und Sprünge an einigen Grenzen zu Nach­ barländern (entnommen aus einem internen Diskussionspapier des Nationalen Spiegelaus­ schusses, NA005-51-02AA, Unterausschuss Wind, Autor Prof. Dr.-Ing. habil. Hans-Jürgen Niemann)



2.2.2 Einfluss von Bodenrauigkeit und Topografie auf die standortspezifischen Windprofile am Beispiel eines exponierten Bauwerks in stark strukturiertem Gelände Vorbereitend und zur Verwendung bei baustatischen Nachweisen ist das Windklima an einem Bauwerksstandort zu untersuchen. Maßgebend für die Windbelastung eines Bauwerks ist die Windstärke in einem extremen Sturm. Hierfür charakteristisch ist der 50-Jahres-Sturms. Die zugehörige mittlere Windgeschwindigkeit wird normgemäß durch den Grundwert der Basiswindgeschwindigkeit festgelegt. Diese ist regional unterschiedlich und ist Grundlage der Windzonierung innerhalb von Deutschland. Eingebettet in einer Windzone liegen jedoch auch kleinere Bereiche mit bestimmten klimatischen und∕​oder topografischen Eigenschaften vor, in denen möglicherweise eine real geringere 50-Jahres-Geschwindigkeit vorliegt. Bei guter Kenntnis des betreffenden lokalen Windklimas, z. B. auf der Grundlage einer zuverlässigen Datenbasis, können derartige Sonderbedingungen angesetzt werden. Zu diesem Zwecke enthält die DIN EN 1991-1-4 [1] in Verbindung mit dem Nationalen Anhang [2] eine Öffnungsklausel. Typischerweise treten die stärksten Stürme bei südwestlicher Richtung auf, Stürme aus östlicher Richtung fallen demgegenüber deutlich schwächer aus. Die Richtungsabhängigkeit der Windstärke kann bei der Bemessung baulicher Anlagen vorteilhaft mit angesetzt werden. Außerdem können unveränderliche orografische Einflüsse, wie Bergzüge u. Ä., zu größeren Windabschattungen von einzelnen Bauwerken oder Bauwerksgruppen führen, während eine Kuppenlage eines Bauwerks oft zu Geschwindigkeitsüberhöhungen führen kann, die durch einen Beiwert ​​c​ o(​​​ z)​​(Index o vom engl. orography) in der Bemessungsdruckermittlung zu berücksichtigen ist. Derartige Effekte liegen in der Regel ebenfalls richtungsabhängig vor und gehen dann in die aus zwölf Sektoren mit einem Winkelbereich von je 30° bestehende Windrose ein. Bei dem als Beispielanwendung betrachteten Bauwerk handelt es sich um das Schloss Friedenstein in Gotha∕​ Thüringen, für welches im Rahmen von Erhaltungsarbeiten auch Tragwerksertüchtigungen anstehen und

Windmodelle und lokale Windfelder

585

Nachrechnungen der Turmdachtragwerke durchzuführen sind. Der Bauwerksstandort ist der Windzone 2 zugeordnet, befindet sich aber in Grenznähe zur weniger stark bewindeten Windzone 1. Das Sturmgeschehen in der Region um Gotha soll daher anhand amtlicher und historischer Wetteraufzeichnungen nachvollzogen und die für den Standort charakteristische Windgeschwindigkeit festgestellt werden. Dabei wird mit in die Betrachtungen einbezogen, dass die örtliche Windstärke von der Windrichtung, aus der der Sturm aufläuft, beeinflusst ist.

2.2.2.1 Charakteristische Windgeschwindigkeiten am Bauwerksstandort Zunächst werden die Grundwerte der Basisgeschwindigkeit ​​v​  b,0​​​als Stärkewindrose sowie im Vergleich sektorunabhängig ermittelt. Als Datengrundlage diente die DWD-Station 1270 am Flughafen in Erfurt-Bindersleben. Sie ist die nächstgelegene zum Schlossstandort (Distanz 18,4  km, s. Bild  6) und ist seit 48 Jahren in Betrieb. Topografieeffekte in der Nähe der Station sind ebenfalls auszuschließen. Der sektorunabhängige ​​v​  b,0​​​-Wert liegt bei 25,216 m∕​s, ausgewertet aus einer mittels drei Parametern angepassten Extremwertverteilung vom Gumbel-Typ mit oberer Schranke („ProGumbel“), s. Bild 7. Der Normwert zur Windzone 2 wird nur sehr geringfügig überschritten, der Standort ist in die Windzone 2 einzuordnen. Die windrichtungsabhängige Verteilung der 50-Jahres-Geschwindigkeit sowie die meteorologischen Richtungsfaktoren sind ebenfalls mitangegeben (s. Bild 8). Die gestrichelte Kurve berücksichtigt einen gewittersturmabdeckenden Minimalwert von 70 % der richtungsunabhängigen, charakteristischen Geschwindigkeit, was einem Beiwert von 0,7 entspricht. Tabelle  1 fasst die Ergebnisse zusammen.

2.2.2.2 Standortspezifischer Einfluss der Bodenrauigkeit auf die Böenwindgeschwindigkeiten Im Hinblick auf eine statistische Beschreibung der ex­ tremen Windverhältnisse am Bauwerksstandort ist der

Bild 6. Regionales Luftbild mit Bau­ werksstandort und Wetterstation, unter Ver­wendung von Google-Kartendaten, © GeoBasis-DE∕​BKG 2009, URL: http:∕​∕​www.google.com∕​earth

586

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

lage hierfür bilden die Flächennutzungen in einem Umkreis von 3000 m um das Bauwerk. Sie stehen über das CORINE-Kataster [4] georeferenziert in einer ausreichend feinen Rasterung zur Verfügung. Die jeweiligen Flächennutzungen werden dabei ent­ sprechend ihrer Oberflächenrauigkeit in insgesamt 9 Klassen, s. Tabelle 2, differenziert. Jeder Klasse ist eine Rauigkeitslänge z​  ​​ 0​​​ zuge­ordnet, die den aerodynamischen Effekt auf die Windprofile in pau­ schaler Weise charakterisiert. Für den Standort werden auf dieser Grundlage die Flächennutzungen in  einer 30°-Sektoreinteilung erfasst und softwaregestützt in eine sektorgemittelte Rauigkeits­ länge ​​ z​  0, ​​​ überführt. Die für den Gebäudestandort mithilfe des o. g. CORINE-Katasters ausgewerteten Rauigkeitslängen sind in Tabelle 3 zusammengestellt.

2.2.2.3 Untersuchungen zur Orografie Das Gesamtbauwerk befindet sich auf einer leichten Anhöhe in städtischer Umgebung. Ein Eindruck wird in Bild 9 wiedergegeben. Die Geländeanstiege können lokal Übergeschwindigkeiten verursachen. Bild  10 gibt die Reliefstruktur des Geländes in einem Umkreis von ca. 3,0 km um den Schlossstandort wieder. Die linke Grafik stellt hierzu einerseits Geländeschnitte in äquidistanten Winkelschritten von 30° zusammen. Darüber hinaus sind die Geländebewegungen in Form einer Höhenschichtlinie illustriert. Die Darstellung oben rechts zeigt schließlich die bezüglich des Standorts resultierenden Steigungen des Geländes in Abhängigkeit der Windrichtung auf. Entsprechend der Windlastnorm DIN EN 1991-1-4 [1] kann ein Einfluss

Bild 7. Mittels drei Parametern angepasste Extremwert­ verteilung vom Gumbel-Typ mit oberer Schranke („ProGumbel“)

Einfluss der örtlichen Oberflächenstruktur auf die Windströmung festzustellen. Die spezifischen, lokal vorliegenden Rauigkeiten wirken sich dabei sowohl auf die absolute Größe der Windgeschwindigkeiten als auch ihre Entwicklung über die Höhe aus. Zur Erfassung ihrer aerodynamischen Wirkungen auf das Windprofil werden die Bewuchs- und Bebauungsverhältnisse am Bauwerksstandort bewertet. Grund-

Tabelle 1.  Zusammenstellung der Stärkewindrose am Bauwerksstandort und Richtungsfaktoren in tabellarischer Form Sektor

Sektormitte

Sektorunter- und -obergrenze

aus Daten cDIR,50

aus Daten vm,50

Untergrenze Gewitter cDIR,50

Untergrenze Gewitter vm,50

[–]

[°]

[°]

[°]

[–]

[m∕​s]

[–]

[m∕​s]

1

30

15

45

0,52

13,04

0,70

17,65

2

60

45

75

0,53

13,39

0,70

17,65

3

90

75

105

0,49

12,24

0,70

17,65

4

120

105

135

0,43

10,73

0,70

17,65

5

150

135

165

0,53

13,45

0,70

17,65

6

180

165

195

0,75

18,89

0,75

18,89

7

210

195

225

0,83

20,96

0,83

20,96

8

240

225

255

0,97

24,44

0,97

24,44

9

270

255

285

0,98

24,63

0,98

24,63

10

300

285

315

0,86

21,65

0,86

21,65

11

330

315

345

0,67

16,91

0,70

17,65

12

360

345

15

0,54

13,52

0,70

17,65

1,00

25,22

1,00

25,22

sektorunabhängig



Windmodelle und lokale Windfelder

587

a) b) Bild 8. a) Stärkewindrose am Bauwerksstandort und b) Richtungsfaktoren c​  ​​ DIR,50​​​

Tabelle 2.  z0-Werte in Anlehnung an normgemäße Gelände­ kategorien

Tabelle 3.  ​​z​  0,Φ​​​-Werte in Anlehnung an normgemäße Gelände­ kategorien

Landnutzungsklassen

z0 in m

Sektor

Sektormitte

Rauigkeitslängen z0

durchgängig städtische Prägung

1,00

[–]

[°]

[–]

Laub- und Mischwälder

0,20

1

30

0,2853

Industrie- und Gewerbeflächen, Nadelwälder, nicht durchgängig städtische Prägung

0,30

2

60

0,147

3

90

0,2028

Hafengebiete, Wald-Strauch-Übergangsstadien

0,20

4

120

0,1357

Landwirtschaft und natürliche Bodenbedeckung, komplexe Parzellenstrukturen

0,15

5

150

0,2256

nichtbewässertes Ackerland, Abbau­flächen

0,08

6

180

0,1209

Flächen mit spärlicher Vegetation Wiesen und Weiden, Gewässerläufe

0,05

7

210

0,1155

8

240

0,2277

Wasserflächen

0,01

9

270

0,2015

Flughäfen, Sümpfe, Torfmoore

0,09

10

300

0,1988

11

330

0,1372

12

360

0,1371

der Geländeorografie auf das örtliche Windklima ausgeschlossen werden, wenn die Geländesteigungen unterhalb von 5 % liegen. Das Grenzkriterium ist über die roten Linien in die Grafik aufgenommen. Das Schloss Friedenstein erhebt sich in exponierter Lage auf dem ca.  330  m hohen Schlossberg über der Altstadt von Gotha. Der Höhenverlauf um den Ostturm des Schlosses zeigt aus westlicher bis nordöstlicher Windrichtung (Sektoren 1, 2, 9, 10, 11 und 12) eine leichte Überschreitung des Grenzkriteriums, Bild  10 und Tabelle  4. Im Ergebnis kann damit festgehalten werden, dass geschwindigkeitsüberhöhende Effekte aus der örtlichen Orografie zu erwarten sind. Da es sich beim Schlossberg um eine isolierte Geländeerhebung handelt und die Topografiefaktoren durch das Normmodell gut zu erfassen sind, kann auf

sektorunabhängig

0,1723

eine aufwendige CFD-Untersuchung des Geländes verzichtet werden. Mithilfe der ermittelten und gezeigten Werte lassen sich die erforderlichen Wind- und Druckprofile nach den in [1] in Verbindung mit [2] angegebenen Verfahren ermitteln. Ein weiteres, ausführliches Beispiel zur Verwendung von meteorologischen Messdaten bei der Bestimmung von richtungsabhängigen Böenstaudrücken an einem Bauwerksstandort zur Verwendung bei baustatischen Nachweisen am Beispiel des seilverspannten Tribünendachs des Stadions der Freundschaft in Gera∕​Thüringen findet sich in [9].

588

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bild 9. Luftbilddokumentation der topografischen Situation am Bauwerksstandort, unter Verwendung von Google-Kartendaten, © GeoBasis-DE∕​BKG 2009, URL: http:∕​∕​www.google.com∕​earth

Bild 10. Geländebewegungen der nahen Schlossumgebung – Ostturm, Kartenmaterial unter Verwendung von [4]



Windmodelle und lokale Windfelder

Tabelle 4.  Sektorspezifische Geländesteigung und Orografie­ faktoren ​​c​  ​v​ m​​​(​​ Φ)​​ für mittlere Geschwindigkeit und ​​c​  ​v​ p​​​(​​ Φ)​​ für Böengeschwindigkeit bei z =10 m Sektor Nr. [–]

m

[°]

Steigung in %

​​c​  ​v​ m(​​​​​ Φ)​​

​​c​  ​v​ p​​​​​(Φ)​​

[–]

[–]

[–]

1

30

5,73

1,113

1,081

2

60

5,33

1,105

1,075

3

90

3,98

1

1

4

120

4,47

1

1

5

150

3,10

1

1

6

180

2,86

1

1

7

210

2,44

1

1

8

240

4,44

1

1

9

270

5,45

1,077

1,055

10

300

5,83

1,114

1,081

11

330

5,07

1,100

1,071

12

360

5,43

1,074

1,052

2.3

Bemessungswindstärke für die Bauphase

vorübergehenden Zustands nicht geringer ist, als im planmäßigen Zustand. Aus dieser Bedingung ergibt sich das Verhältnis der charakteristischen Windgeschwindigkeit ​​v​  N​​​für eine beliebige Dauer von N Jahren zum 50-Jahres-Wind ​​v​  ref​​​ zu

​v​  N​​ 1   K   ln​(  ln​(​F​  1​​​(  ​v​  N​​)​)​)​  ​     ​c​  prob​​​        ​​  _  ​    ​  ______________________ ​v​  ref​​ 1   K   ln​(  ln​(0,98))​ ​

Der Nachweis baulicher Konstruktionen gegenüber den veränderlichen Einwirkungen aus Wind erfolgt auf der Grundlage der aktuellen Normengeneration mit einer charakteristischen Windlast, die mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 % in einem Bezugszeitraum von einem Jahr nicht überschritten wird. Entsprechend ist die charakteristische Windgeschwindigkeit für einen Bauwerksstandort für eine mittlere Wiederkehrperiode von 50 Jahren zu bestimmen. Die Referenzwindgeschwindigkeit ​​v​  ref​​​in Windzonenkarten gibt den 50-Jahres-Wind als 10‑Minuten-Mittelwert in 10 m Höhe über Grund in ebenem offenem Gelände an. Die Zonierung erfasst regionale Unterschiede des Windes, die sich durch Geografie und Klimatologie begründen. Für eine geplante Lebensdauer L 50  Jahre ergibt sich die Wahrscheinlichkeit, dass die Windlast in jedem der L Jahre kleiner bleibt als der charakteristische Wert, zu ​​F​  L​​​(  ​v​  k​​)​   ​​(​F​  1​​​(  ​v​  k​​)​)​​​  L​    0,​98​​  50​    0,364​

589

(9)

Diese Wahrscheinlichkeit kennzeichnet in Verbindung mit dem Teilsicherheitsbeiwert für die Windlast von​    1,5​das in der Lebensdauer angestrebte operative Sicherheitsniveau. In der vergleichsweise kurzen Bauphase eines Bauwerks ist jedoch die Auftretenswahrscheinlichkeit extremer Starkwinde geringer für die planmäßige Gesamtlebensdauer des errichteten Bauwerks. Für solche vorübergehenden Zustände darf die Windlast so weit vermindert werden, dass das Sicherheitsniveau gegenüber dem Risiko Wind während des

(10)

Der Nationale Anhang der DIN EN 1991-1-4 [2] definiert für das Windklima in Deutschland den Formbeiwert K mit 0,1. Er kann jedoch für einen Bauwerksstandort weiter zugeschärft werden, falls langjährige Windmesswerte einer benachbarten Messstation vorliegen. Die Windgeschwindigkeit ​​v​  N​​​ wird dann bestimmt, in dem die beobachteten Häufigkeiten der Jahresex­ tremwerte der Windgeschwindigkeit durch eine Wahrscheinlichkeitsverteilung abgebildet werden. Hierzu wird im Allgemeinen eine Extremwertverteilung vom Gumbel-Typ (Typ-I) benutzt. Sofern ein ausreichend abgesichertes Kollektiv extremer Windgeschwindigkeiten vorliegt, kann die Gumbelverteilung aus dem Mittelwert ​​m​  v​​​und der (biaskorrigierten) Standardabweichung ​​ ​  v​​​der Extremwerte festgelegt werden. Die Form der Verteilung bestimmt dann die Abhängigkeit des Abminderungsfaktors für die Windlast ​​ c​  q​​ ​​(​v​  N​​  ∕​ ​v​  ref​​)​​​  2​​von der Nicht-Überschreitenswahrscheinlichkeit ​​F​  1(​​​  ​v​​  N)​​ ​​. Bild  11 zeigt exemplarisch für einen vorübergehenden Zustand bis zu einem Jahr, dass der in DIN EN 1991-1-4∕​NA angegebene Faktor ​​c​  q​​    0,6​ insoweit auf sicherer Seite liegt, als dass diesem ein höherer Formbeiwert von ​K   13,45​bzw. eine größere Wiederkehrperiode von ​L   2,18​zugrunde gelegt ist. Gumbelverteilung:

​​F​  1​​  (    v )    exp​(  exp​(  a(​ ​v​  N​​   b)​)​)​​

(11)

Streumaß: _      ​​ ​a   ​ _  ​   ​ ​  v​​ √​  6 

(12)

Modalwert: ​b   ​m​  v​​   E ∕​ a​

(13)

Formparameter: ​a   b​ Formbeiwert: 1    ​​   ​K   ​ _ a   b

(14)

(15)

Vorgaben zur Abminderung der Windlast bei der Untersuchung vorübergehender Zustände finden sich in verschiedenen Regelwerken. Erfasst werden dabei auch zeitlich begrenzte Bauabschnitte von wenigen Tagen oder Monaten. Tabelle  5 stellt Wiederkehrperioden ​L​ sowie Abminderungsfaktoren ​​c​  prob​​​ für die Windgeschwindigkeit und ​​c​  q​​​ für den Geschwindigkeitsdruck gegenüber. Aus dem DIN-Fachbericht 101 [11] sind die Vorgaben bei Balkenbrücken für die zusammengefasste Windzone 1 2 eingetragen.

590

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Für Hebe- und Verschiebearbeiten von kurzer Dauer empfiehlt die DIN EN 1991-1-6 [10], eine maximale zulässige Windgeschwindigkeit festzulegen. Die Verschubgeschwindigkeit beim Taktschieben von Balkenbrückensegmenten kann kurzzeitig 15  m∕​Std. erreichen, als Mittel einer Verschubphase aber auch nur 15  m∕​Tag. Wird ein kritischer Verschubabschnitt in kurzer Zeit durchlaufen, ist die Festlegung einer maximal zulässigen Windgeschwindigkeit denkbar. Dann kann sich jedoch der Verschubfortschritt wetterbedingt verzögern. Auch wären Vorkehrungen für den Fall eines plötzlichen Ausfalls eines Verschublagers zu treffen.

Bild 11. Abminderungsfaktoren des Geschwindigkeitsdrucks ​​c​  q​​​ für unterschiedliche Wahrscheinlichkeitsniveaus ​​F​  1​​​(​v​  N​​)​​ und Formbeiwerte ​K​

Nach DIN EN 1991-1-4∕​NA sind weitere Erleichterungen möglich, wenn das Bauwerk z. B. durch Abspannungen zusätzlich gesichert wird. Dann ist die verstärkte Konstruktion einschließlich der ergriffenen Sicherungsmaßnahmen mit dem Windlastniveau für den Bauzustand nach Tabelle  5 nachzuweisen. Für die Nachweise der unverstärkten Konstruktion ist ein geringerer Geschwindigkeitsdruck angegeben. Sinn dieser zusätzlichen Regelung ist es, bei normaler Witterung ohne störende Sicherungsmaßnahmen arbeiten zu können. Voraussetzung für ein solches Vorgehen sind allerdings qualifizierte Wetterbeobachtungen, um bei aufkommendem Sturm rechtzeitig die Sicherungsmaßnahmen ergreifen zu können.

3

Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

3.1

Anregungstypen

Die Böigkeit des Windes kann ein Bauwerk zu Schwingungen vorwiegend in Windrichtung anregen. Die Strukturantwort lässt sich aufspalten in einen quasistatischen Anteil, der die Böenwindlast erfasst, und einen Resonanzanteil, der wesentlich von den Struktureigenschaften abhängt. Böenresonanz tritt auf, wenn die maßgebenden Erregerfrequenzen aus der Windböigkeit mit den Eigenfrequenzen des Bauwerks übereinstimmen. Je kleiner die Eigenfrequenz und je kleiner die strukturelle Dämpfung, umso größer ist die Tendenz zur Schwingungsanfälligkeit. Das Ausmaß der Resonanzeffekte ist dabei für jede Bewegungsart verschieden und darüber hinaus abhängig von der Größe der Last­ einzugsfläche. Der Einfluss der Böenerregung auf die Tragwerksbeanspruchung wird im Allgemeinen lastseitig erfasst: die Resonanzreaktion durch den Dynamikfaktor ​​c​  d​​​, der Korrelationseffekt durch den Größenfaktor ​​c​  s​​​. Der Überbau von Balkenbrücken ist häufig nicht nur beim Verschub, sondern auch im Endzustand ge-

Tabelle 5.  Abgemindertes Windniveau bei vorübergehenden Zuständen (K = 0,1) Regelwerk

Art der Angabe

Zustandsdauer

L in a

cprob

cq

DIN EN 1991-1-4, Nationaler Anhang, Dezember 2010

Abminderungsfaktor für den Geschwindig­ keitsdruck

≤ 2 Jahre ≤ 1 Jahr ≤ 3 Mon. (Mai–Aug) ≤ 3 Tage

5,16 2,18 0,85 0,85

0,837 0,775 0,707 0,707

0,7 0,6 0,5 0,5

DIN EN 1991-1-6, Dezember 2010

Wiederkehrperiode charakteristischer Wind­ geschwindigkeiten

> 1 Jahr ≤ 1 Jahr ≤ 3 Monate ≤ 3 Tage

50 10 5 2

1,0 0,884 0,834 0,769

1,0 0,782 0,696 0,591

zum Vergleich: DIN-Fachbericht 101, Kap. IV, Anhang N, März 2009 (zurückgezogen)

Abminderungsfaktor für den Geschwindig­ keitsdruck

≤ 7 Tage ≤ 1 Tag

11,52 1,38

0,894 0,742

0,8 0,55



Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

genüber der Böenerregung schwingungsanfällig. Im Bauzustand kann dies zudem für die als Kragbauwerke einzeln stehenden Brückenpfeiler zutreffen. Ein Anwendungsbeispiel wird in Abschnitt 5 gezeigt. Bei der Queranströmung prismatischer Körper können weiterhin sogenannte aeroelastische Instabilitäten auftreten. Die anregenden Kräfte werden in diesem Fall im Wesentlichen durch die strukturellen Verformungen gesteuert, weswegen hierbei auch von einer Selbsterregung gesprochen wird. Dabei können ein oder mehrere Freiheitsgrade beteiligt sein. Abgesehen von dem statischen Problem des Auskippens (Torsionsdivergenz) sind für die Bauwerksaerodynamik zu unterscheiden: 1. ungekoppelte Einfreiheitsgradschwingungen in der Biegeschwingungsform quer zur Anströmung (Galloping, Biegegalloping), 2. ungekoppelte Einfreiheitsgradschwingungen in der Torsionsschwingungsform (Torsionsflattern, Torsionsgalloping), 3. gekoppelte Biegetorsionsschwingungen (klassisches Flattern, Brückenflattern). Diesen Instabilitäten ist gemein, dass die Schwing­ amplituden derart groß sind, dass ein Versagen des Bauwerks oder Bauteils zu erwarten ist.

3.2

Bauwerksschwingungen durch die Windböigkeit

Die Schwingungsanfälligkeit einer Konstruktion ist grundsätzlich an eine bestimmte Reaktionsgröße S gebunden. Der Spitzenwert ​​S​  p​​​wird dazu aufgespalten in die mittlere Reaktion ​​S​  m​​​ und ihre Standardabweichung​​ ​  S​​​. Die Gesamtvarianz ​​ ​  S2 ​​​  setzt sich aus der quasi­ 2 ​​ statischen Varianz ​​ ​  SB ​  und der Varianz infolge Resonanz ​​ ​  2SR  ​​​ wie folgt zusammen: _

​​S​  p​​   ​S​  m​​   ​k​  p​​   ​ ​  S​​   ​S​  m​​   ​k​  p​​   ​√ ​

​  2SB ​ ​ 

 ​

​  2SR  ​ ​​   ​ 

(16)

Der Dynamikfaktor spiegelt dann das Verhältnis der Tragwerksreaktion mit und ohne Resonanz wider: _

​S_________________ ​  m​​   ​k​  p​​   ​√ ​ ​  2SB ​ ​   ​ ​  2SR  ​ ​  ​  ​​c​  d​​   ​      ​     ​S​  m​​   ​k​  pQ​​   ​ ​  SB​​

mittlung von Dynamikbeiwert ​​c​  d​​​ und Größenbeiwert ​​c​  s​​​ direkt anwendbar. Für andere Einwirkungen, die Querwindkraft und das Windmoment, trifft dies nicht zu. Das Berechnungsverfahren muss daher so angepasst werden, dass die Kraftwirkung der Grundströmung und der Windturbulenz separat eingebunden werden. Dynamikbeiwert und Größenfaktor werden daher einzeln anhand der Ergebnisse der Windkanalversuche bestimmt. Eine ausführliche Darstellung zu diesem Vorgehen ist in [69] angegeben.

3.3

Aeroelastische Instabilitäten

3.3.1 Aerodynamische Dämpfung In der Bewegungsgleichung der Schwingung eines Einmassenschwingers ​m ​y¨ ​ ​​   ​c​  s​​​y ​ ̇   ky   F​(t)​​

(17)

Für lineares Tragverhalten erhält man den entsprechenden Zusammenhang für die jeweilige Windeinwirkung. Der Dynamikbeiwert kann dann gleichwertig aus den im Windkanal gemessenen Kraftgrößen abgeleitet werden. Im Anwendungsbeispiel in Anschnitt 5 werden hierfür die zur Überbauauskragung abgeleiteten körperfesten Windkraftgrößen ​​F​  x​​​ und ​​F​  z​​​ sowie das Torsionsmoment ​​M​  T​​​ herangezogen. Im Anhang B der DIN EN 1991-1-4 [1] ist ein Verfahren angegeben, mit dem Böengrundanteil ​​B​​ 2​​ und Resonanzanteil ​​R​​  2​​bestimmt werden können. Es nutzt dabei aus, dass die Intensität der Windkräfte praktisch proportional zur Intensität der Windturbulenz ist. Insofern ist es nur für die Windkraft in Windrichtung zur Er-

(18)

beschreibt der Parameter ​​c​  s​​​ die Dämpfung. Mit ​​c​  s​​​ 0 wäre die Schwingung ungedämpft, eine einmal gestartete Schwingung würde über die Zeit unverändert weiterlaufen. Einflüsse wie z. B. Reibung sorgen immer für eine Dämpfung der Schwingung, also für ein ​​c​ s​​​ 0. Die Dämpfung ​​c​  s​​​ist nichtlinear, Messungen zeigen üblicherweise, dass bei großen Schwingungsamplituden der Wert für ​​c​  s​​​größer ist als bei kleinen Amplituden. Dennoch wird die Dämpfung in Modellen meist linear angesetzt, also mit konstantem ​​c​ s​​​. Die Dämpfung wird in (19) über das logarithmische Dekrement ​ ​ beschrieben ​c​  s​​ ​    ​  _ (19)    ​​  2   m   ​n​  y​​ mit der Eigenfrequenz ​​n​  y​​​ Für Bauwerke im Wind sind zwei Einflüsse auf die Dämpfung vorherrschend. Zu der immer vorhandenen Strukturdämpfung ​​ ​  s​​​ der schwingenden Konstruktion kommt die aerodynamische Dämpfung ​​ ​  a​​​ aus der Bewegung in viskoser Luft. ​​ ​  ges​​   ​ ​  s​​   ​ ​  a​​​

_

​S​  m​​   ​k​  p​​   ​ ​  SB​​   ​√ 1   ​R​​  2​  ∕​ ​B​​  2  ​ ​  ​​  ​  ______________________        ​S​  m​​   ​k​  pQ​​   ​ ​  SB​​

591

(20)

Für die Erläuterung der Effekte bei aerodynamischer Instabilität ist Bild  12 hilfreich. Ein Körper, beispielsweise von rechteckiger Querschnittsform, schwingt in horizontalem Wind, dargestellt durch den Windgeschwindigkeitsvektor ​​v​  Wind​​​. Beispielhaft kann im Moment, in dem der Brückenträger eine Bewegung nach unten mit der Geschwindigkeit​ v​ausführt, die Umströmung als äquivalent zu einer schrägen Anströmung bewertet werden (Bild 13).

vWind Schwingung Bild 12. Querschwingung eines Biegeträgers

592

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Fy

vWind . y

L

vWind

Bild 13. Schräge Anströmung als Resultat einer Querbewegung

Der rückstellende Effekt des Windes wird durch die aus Windgeschwindigkeit und Bauwerksgeschwindigkeit resultierende, um geneigte Anströmung deutlich. Dabei ist ​y ​̇  ​tan     ​ _ (21)    ​​  ​v​  Wind​​ Diese geschwindigkeitsabhängige rückstellende Wirkung wird durch die Dämpfung repräsentiert, daher wird sie als aerodynamische Dämpfung bezeichnet. Zusätzlich zur Richtung der Windeinwirkung ändert sich aber auch noch die Druckverteilung um den Querschnitt durch die Neigung der Anströmung. Aus einer symmetrischen Druckverteilung wird eine unsymmetrische Druckverteilung. Je nach Geometrie des Querschnitts kann dadurch der dämpfende Effekt nichtlinear verstärkt oder reduziert werden. Bei dem gezeigten Rechteckprofil, aber auch bei U-, L- und T-förmigen Querschnitten kann die Gesamtdämpfung dadurch sogar einen negativen Wert annehmen. Die Schwingung nimmt im Wind zu und das System wird aerodynamisch instabil. Diese Instabilität kann wie gezeigt bei Biegeschwingungen auftreten (Galloping), aber auch bei Torsionsschwingung (Torsionsgalloping) oder bei gekoppelter Biegetorsionsschwingung (Flattern). Die Gesamtdämpfung wird negativ, das System also instabil, wenn der Betrag der negativen aerodynamischen Dämpfung größer wird als der Betrag der immer positiven Strukturdämpfung, siehe Gl. (20). Hierfür ist, neben den entsprechenden aerodynamischen Eigenschaften des Querschnitts, eine Mindestwindgeschwindigkeit erforderlich, die sogenannte Einsetzgeschwindigkeit. Die Herleitung zeigt, dass kreisförmige Querschnitte nicht gefährdet bezüglich Galloping sind. Die Wirkung des Windes ist für alle Winkel gleich. Dies kann sich aber ändern, sobald der Querschnitt durch Eisbesatz oder sogar herabrinnendes Wasser verändert wird, es besteht die Möglichkeit von Eis-Wind- und Regen-Wind-induzierten Schwingungen.

3.3.2 Galloping Die auf den im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen im Wind schwingenden Träger einwirkenden Kräfte werden in Bild 14 veranschaulicht. In Bild  14 wird die horizontale Windanströmung mit​​ v​  Wind​​​bezeichnet, die infolge der Bewegung des Körpers sich ergebende relative Windanströmung mit ​​v​ Wind,rel​​​. Die für die Querschwingung relevante Kraft in y-Richtung ist mit ​​F​  y​​​bezeichnet. Die aus der schrägen Anströmung resultierenden Kräfte werden in Richtung der

D

vWind

Fx

v Wind,rel

x

y

Bild 14. Aerodynamische Kräfte in einem schräg angeströmten Querschnitt

schrägen Anströmung (mit D bezeichnet, englisch „drag“) und quer dazu (mit L bezeichnet, englisch „lift“) angegeben und können z. B. aus Windkanalversuchen ermittelt werden. Gleichung (22) beschreibt den Zusammenhang zwischen ​​F​  y​​​, D und L, wobei ​​F​  y​​​ negativ bezüglich der Koordinate y eingetragen ist. ​​F​  y​​   D   sin     L   cos  ​

(22)

Dabei sind die Kräfte in dieser ebenen Betrachtung pro Längeneinheit zu sehen. Je schneller sich der Körper nach unten in positiver y-Richtung bewegt, siehe Bild 14, umso größer wird ​ ​. Wenn mit wachsendem Winkel ​ ​ die Kraft ​​F​  y​​​ wächst, so wird die Bewegung stärker gebremst. Die rückstellende Kraft hängt also von der Geschwindigkeit des Körpers ab, die Schwingung des Körpers wird gedämpft. Wenn aber die Kraft ​​F​ y​​​kleiner wird mit wachsendem ​ ​, so wird der Wert für die Dämpfung negativ. Aerodynamische Instabilität kann also entstehen, wenn ​dF​  y​​ ​​  _ ​    0​ d

(23)

Mit Gl. (22) folgt über die Kettenregel: ​dF​  y​​ ​​  _ ​   d

dL dD  ​ _ ​    cos     L   sin     ​ _ ​   sin     D   cos  ​ (24) d d

Und mit der Annahme kleiner Winkel ​ ​und damit sin ​ ​ 0 und cos ​ ​ 1, also einer Linearisierung der Gleichung um ​     0 ​(analog Glauert-Den Hartog-Kriterium): ​dF​  y​​ dL ​​  _ ​    ​ _ ​    D   0​ d d

(25)

Die Kraft D in Windrichtung ist immer positiv, daher muss auf alle Fälle dL _ ​​   ​    0​ d

(26)

sein, damit aerodynamische Instabilität entstehen kann. Der Wert für die Ableitung der Auftriebskraft L über den Winkel kann aus Windkanalversuchen ermittelt werden. Dabei wird die Auftriebskraft für den Querschnitt bei verschiedenen Winkeln gemessen. Ein typisches Ergebnis ist in Bild 15 dargestellt, die Messungen für L im Bildteil (b).



Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

593

a) b) Bild 15. Ergebnisse eines Windkanalversuchs an der TU Braunschweig für einen Brückenquerschnitt während der Montage; a) die Werte für D, b) die Werte für L [22]

Die Auftriebskraft wurde dabei durch den dimensionslosen Kraftbeiwert ​​c​  L​​​ repräsentiert. ​L   q   h   ​c​  L​​​

(27)

Dabei sind q der Staudruck und h eine zu definierende Abmessung des Bauwerks, üblicherweise die Dicke des Bauwerks senkrecht zur Anströmrichtung. 1 ​q   ​ _ ​      ​​v​  Wind​​​​  2​​ 2

(28)

und ​    1,25 kg ∕​ ​m​​  3​   ​(Luftdichte)​​

(29)

In Bild 15 ist die Steigung des Auftriebsbeiwerts im Bereich um ​    0 ​negativ. Damit besteht die Gefahr von Galloping. Charakterisiert wird dies durch den Stabilitätsbeiwert, in [1] bezeichnet mit ​​a​ G​​​, der der negativen Steigung der Kurve bei 0° entspricht: ​d​  ​C​ Fy​​​​ (30) ​​a​  G​​     ​  _ ​   bei     0 ​ d Zur Berechnung der Einsetzgeschwindigkeit, also der Windgeschwindigkeit bei der die vorhandene Systemdämpfung durch die negative aerodynamische Dämpfung aufgehoben wird, wird die Kraft ​​F​ y​​​(t)​​ benötigt.

|

|

​dF​  y​​ ​ c​  Fy​​ d ​​F​  y​​​(t)​     ​​​  _ ​ ​​  ​​         ​​​  _ ​ ​​  ​​       q   h  d d 0

0

​y ​̇     ​   ​ _ ​    ​​v​  ​​​​  2​   h   ​y  ​ ̇  ​a​  G​​   ​ _ ​    ​v​  Wind​​   h​  ​a​  G​​   ​ _ ​v​  Wind​​ 2 Wind 2

(31)

Mit den entsprechenden Ausdrücken für und q. Gleichung (31) drückt die aerodynamische Kraft in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Schwingung ​​y ̇ ​​ aus. Einsetzen von ​​F​  y​​​auf der rechten Seite von Gl. (18) und Zusammenfassen aller Koeffizienten von ​​y  ​​̇ ergibt:

​m ​y¨ ​ ​​   ​ ​c​  s​​   ​a​  G​​   ​ _ ​    ​v​  Wind​​   h ​​y ​ ̇   ky   0​ ( ) 2

(32)

Anzumerken ist, dass es sich hier um eine ebene Betrachtung und es sich daher bei m, c​  ​​ s​​​und k um Angaben pro Längeneinheit handelt. Ist der Koeffizient von​​ y  ​​̇ kleiner als 0 entsteht eine aerodynamische Instabilität. Die Windgeschwindigkeit, bei der der Koeffizient 0 wird, wird als Einsetzgeschwindigkeit ​​v​ CG​​​ bezeichnet. ​​c​  s​​   ​a​  G​​   ​ _ ​    ​v​  CG​​   h   0​ 2

(33)

Daraus folgt 4   ​m​  e​​   ​n​  y​​   ​ ​  s​​ 2   ​c​  s​​ ____________  ​​     ​   ​     ​​v​  CG​​   ​  _ ​a​  G​​       h ​a​  G​​       h

(34)

Üblicherweise wird die Einsetzgeschwindigkeit mittels Scrutonzahl Sc als dimensionslose Systemdämpfung beschrieben 2   ​ ​  s​​   ​m​  e​​ ​Sc   ​  _    ​​      ​h​​  2​

(35)

Mit der Masse pro Längeneinheit me und der Breite h des Querschnitts. Daraus ergibt sich für die Einsetzgeschwindigkeit 2   Sc   ​n​  y​​   h ​​v​  CG​​   ​  ___________  ​​      ​a​  G​​

(36)

Die Ursache der Instabilität begründet sich also durch eine negative Quertriebscharakteristik ​​c​  ​F​ y​​​(​​ )​​ des Querschnittsprofils. Ist dies der Fall, ruft eine Bewegung des Körpers eine aerodynamische Kraftwirkung in der Bewegungsrichtung hervor und wirkt damit anfachend. Der Ansatz quasistationären Verhaltens der aeroelastischen Kräfte ist dabei hinreichend genau, solange die Schwingfrequenz klein ist. Einflüsse der Schwing­ frequenz auf die aeroelastischen Kräfte und damit instationäre Sekundäreffekte werden als vernach­ ­ lässigbar angesehen, falls die reduzierte Frequenz

594

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

​​k​  red​​   ​(B   n)​∕​ ​u​  ​​​unterhalb 0,05 liegt. Dies ist bei Galloping-Schwingungen im baupraktischen Bereich häufig der Fall. Wird die Strömung dann in jedem Augenblick als stationäre Relativströmung zum Körper angesehen, kann die daraus resultierende Veränderlichkeit der einwirkenden Quertriebskraft ​​c​  ​F​ y​​​​​( )​​ durch stationäre Windkanalmessungen mit Variation des Windangriffswinkels ermittelt werden. Parkinson und Smith stellten 1963 ein Verfahren vor, bei dem die nichtlineare Charakteristik c​  ​​ ​F​ y(​​​​​ )​​ durch einen Reihenansatz erfasst wird. Die Lösung der Bewegungsgleichung ermöglicht es dann, die spezifische Galloping-Amplitudenkurve zu ermitteln. Hierbei wird die Amplitude der stationären Galloping-Schwingung als Funktion der Anströmgeschwindigkeit U dargestellt. Für das Quadratprofil in turbulenzarmer Strömung wurde die gemessene Charakteristik ​​c​ ​F​ y​​(​​​ )​​ im Bereich​    16 ​durch ein Polynom 7. Ordnung mit nur ungeraden Ordnungsnummern angepasst (Bild  16a). Das Derivativ ​​dc​  ​F​ y​​ ​​ ∕​ d ​ist erst ab Windangriffswinkeln größer als 13° positiv, bei ​    0 ​beträgt es –2,69. Die ermittelte Galloping-Amplitudenkurve zeigt ausgehend von der Einsetzgeschwindigkeit ​​U​  0​​​ ab ​​​Y ​​  ̅ s​​​   0 bei Steigerung von U Eigenschaften von Verzweigung und Hysterese (Bild 16b). Diese Amplituden-Charakteristik wurde von Parkinson und Smith durch dynamische Experimente freier Schwingungen mit vier verschiedenen Dämpfungsgraden bestätigt [70]. Im Bild und in den unmittelbar nachfolgenden Erörterungen steht U für vwind. Das Glauert-Den Hartog-Kriterium für das Einsetzen von Galloping-Schwingungen basiert auf einer negativen Steigung von ​​c​  ​F​ y​​​​​ bei ​    0 ​. In diesem Fall erfolgt ein Einsetzen aus der Ruhe heraus. Auf der theoreti-

schen Grundlage von Parkinson und Smith und durch Experimente konnte gezeigt werden, dass Galloping-Schwingungen auch dann möglich sind, wenn der Derivativ-Verlauf erst bei größeren Windangriffswinkeln negativ wird. Dann wird lediglich eine ausreichend große Anfangsstörung ​​​Y ​​  ̅ s​​​(vgl. Bild  16) benötigt, um Galloping-Schwingungen auszulösen. Die DIN EN 1991-1-4 [1] definiert hierzu einen querschnittsabhängigen Stabilitätsbeiwert ​​a​  G​​​. Typische Werte für ​​a​  G​​​sind in Tabelle 3.1 aus [1] angegeben. Insbesondere die hohen Werte für Kreisprofile mit Eisansatz sind bemerkenswert, da Kreisprofile ohne Eisbesatz nicht anfällig für Galloping sind. DIN EN 1991-1-4 beschreibt in der als final draft veröffentlichten Neufassung [6] in Anhang H.4 (informativ) die Bemessung gegen Galloping. Für den Nachweis wird gefordert, dass ​​v​  CG​​   1,25   ​v​  m​​​

(37)

ist, wobei ​​v​  m​​​die mittlere Windgeschwindigkeit an der Stelle der größten Schwingungsamplitude der Struktur ist. Weiterhin wird, um eine Interaktion zwischen Wirbelerregung und Galloping zu vermeiden, ein ausreichender Abstand zur kritischen Geschwindigkeit der Wirbelerregung ​​v​  crit​​​ gefordert. ​v​  CG​​ ​0,7   ​  _ ​    1,5​ ​v​  crit​​

(38)

Ist die Bedingung nicht eingehalten, besteht das Risiko der Interaktion beider Mechanismen und eine genauere Untersuchung wird erforderlich. Die Ursache der Instabilität zu ungekoppelten Schwingungen im Torsionsfreiheitsgrad, im Folgenden als Tor-

a) b) Bild 16. Quertriebscharakteristik ​​c​  ​F​ y​​​(​​ α)​​ und Galloping-Amplitudenkurve ​​​Y ​​ ̅ s​​​(U)​​für das Quadratprofil nach Parkinson und Smith [70], vgl. auch [108]



Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

sionsgalloping bezeichnet, ist zwar grundsätzlich ähnlich zum Biegegalloping. Relativgeschwindigkeit und aerodynamisches Moment hängen allerdings zusätzlich auch von der augenblicklichen Winkelposition ab. Für kleine Veränderungen des Winkels um seine Gleichgewichtsposition kann das einwirkende Windmoment​​ c​  M​​​( , ​  ​̇ )  ​​durch das Derivativ des statischen aerodynamischen Momentenbeiwerts ​​c​  M​​​(​ ​  s​​)​​und den augenblicklichen, effektiven Windangriffswinkel ​​ ​  eff​​​ des um seinen Drehpol schwingenden Körpers angenähert werden: ​​c​  M​​​(

 ​ ​  s​​ (

 ​c​  M​​  ​c​  M​​ ,​  ​̇ )  ​   ​  _  ​   ​ ​  eff​​​( ,​  ​̇ )  ​   ​  _ ​   ​  ​ ​  s​​

U)

B​  ​̇        ​ _ ​  ​​

(39)

Das Längenmaß ​ B​charakterisiert den Abstand des aerodynamischen Zentrums vom Drehpol, an dem der effektive Windangriffswinkel ausgewertet wird, vgl. Bild 17. Der dimensionslose Faktor ​ ​wird dabei meist als Exzentrizitätsparameter bezeichnet. Grundsätzlich ergibt sich auch beim Torsionsgalloping das Instabilitätskriterium durch eine Gegenüberstellung von aerodynamischer und der durch die Scrutonzahl beschriebenen strukturellen Dämpfung:  ​dc​  M​​ 1 u ​​Sc​  ​​  ​ _ ​    ​ _  ​      ​     ​  _    0​ d 2 ​n​  ​​   B

(40)

Die Scrutonzahl für die Torsionsschwingung 2       ​ ​  ​​ ​​ c​  ​​   ​  _ S    ​​      ​B​​  4​

(41)

dient in diesem Zusammenhang auch dazu, die Ähnlichkeit zwischen der realen Struktur und der Modell­ umsetzung im Windkanal zu gewährleisten. ​ ​steht hier für die Drehmasse. Das Problem eines quasistationären Ansatzes zur Aufstellung einer Einsetzbedingung für das Torsionsgalloping besteht also vor allem darin, dass der Windangriffswinkel ​​ ​  eff​​​von der Position ​ B​abhängt. Der Exzentrizitätsparameter ​ ​ist jedoch nicht durch stationäre Windkanalmessungen mit Variation des Windangriffswinkels ​ ​ermittelbar. Unter der Annahme, dass das aerodynamische Zentrum luvseits gelegen ist, ist zwar eine negative Momentencharakteristik ​ ​c​  M​​  ∕​         0​ eine notwendige Bedingung für ein mögliches Einsetzen von Torsionsgallopingschwingungen. Ohne geeignete Versuche muss man aber zwangsläufig den Exzentrizi-

Bild 17. Exzentrizitätsparameter zur Erfassung der Lage des aerodynamischen Zentrums bei Drehschwingungen [108]

595

tätsparameter ​ ​schätzen, um eine kritische Einsetzgeschwindigkeit zu ermitteln. Eine Analogie zu nicht abgelösten Strömungen wie beispielsweise um Tragflügelprofile ist dabei nicht statthaft. Jüngste Untersuchungen weisen zudem darauf hin, dass der Parameter ​​ bei abgelösten Strömungen um beliebig gestaltete Brückenprofile auch kaum systematisierbar ist [71].

3.3.3 Interaktion Galloping und wirbelerregte Schwingung 3.3.3.1 Phänomene Wirbelerregte Schwingungen entstehen aus Resonanz der harmonischen Kräfte aus Wirbelablösung mit der Eigenfrequenz der Konstruktion, siehe Abschnitt 4. Bei einer Windgeschwindigkeit unterhalb oder oberhalb des Bereichs der kritischen Windgeschwindigkeit findet keine Anregung statt. Wirbelinduzierte Schwingungen sind nach DIN  EN 1991-1-4 dagegen nicht zu untersuchen, wenn die kritische Windgeschwindigkeit mit ausreichender Sicherheit oberhalb der für den Standort charakteristischen Bemessungssturmstärke in der Referenzhöhe z​  ​​ e​​​ des untersuchten Bauwerks oder Bauteils liegt: ​​v​  crit​​     1,25   ​v​  m​​​(​z​  e​​)​​

(42)

Ist dies nicht zu erreichen, können die Beanspruchungen im Resonanzfall berechnet werden, indem die Massenträgheitskräfte des harmonisch mit der Amplitude​​ y​  max​​​schwingenden Bauwerks statisch angesetzt werden (s. Abschnitt 4). Im Gegensatz dazu startet Galloping bei der Einsetzgeschwindigkeit und wird stärker, je höher die Windgeschwindigkeit ist. Dieser Zusammenhang wird in Bild 18 veranschaulicht. Meist ist die Einsetzgeschwindigkeit für Galloping, wie in Bild  18 mit der durchgezogenen Linie dargestellt, deutlich höher als die kritische Windgeschwindigkeit für Wirbelerregung. Liegen die beiden jedoch, wie in Bild 18 mit der gestrichelten Linie dargestellt, nahe beieinander, kann die Wirbelanregung für ein Einsetzen von Galloping bei einer Windgeschwindigkeit niedriger als ​​v​  CG​​​bewirken. Die entsprechenden Modelle sind dann nicht mehr gültig, eine genauere Untersuchung beispielsweise im Windkanal wird erforderlich. Im Gegensatz zur wirbelerregten Schwingung wächst die Amplitude bei Galloping mit zunehmender Windgeschwindigkeit. Die quasistationäre Theorie (QS) gilt

Bild 18. Zusammenhang Wirbelerregung und Galloping

596

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

als klassischer Ansatz zur Modellierung des Gallopings quer zum Wind. Ihre Gültigkeit wurde für verschiedene Querschnittstypen, sowohl bei laminarer als auch bei turbulenter Strömung, unter der Voraussetzung einer hinreichend hohen Windgeschwindigkeit ​​v​  red​​​ bestätigt und in vielen Bemessungsvorschriften, z. B. [6], weitgehend übernommen. Dennoch ist in der Regel ein hoher Wert des Massendämpfungsparameters, bekannt als Scrutonzahl, erforderlich, um sicherzustellen, dass das Modell Galloping in einem hohen reduzierten Windgeschwindigkeitsbereich korrekt vorhersagt. Andernfalls werden die instationären Effekte aufgrund von Wirbelschleppen und fluid memory bei niedrigen reduzierten Windgeschwindigkeiten nicht vernachlässigbar, was die quasistationäre Vorhersage erheblich entwertet. Ein Galloping, das bei niedrigen reduzierten Windgeschwindigkeiten auftritt, wird üblicherweise als „instationäres Galloping“ bezeichnet, im Gegensatz zum quasistationären Galloping bei hohen reduzierten Windgeschwindigkeiten. Die Interaktion des Galloping mit der wirbelerregten Schwingung stellt eine typische Form des instationären Galoppings dar. Wenn die wirbelerregte Schwingung nicht deutlich vom Galloping getrennt ist, können die beiden Phänomene miteinander interagieren und gemeinsam kompliziertere, teilweise sogar eigentümliche aeroelastische Verhaltensweisen hervorrufen. Insbesondere kann sich die gemäß quasistationärer Theorie erwartete Wirbelerregung bei der kritischen Windgeschwindigkeit ​​v​  crit​​​bei niedrigen Scrutonzahlen in ein amplitudenunbeschränktes Galloping verwandeln. In einigen anderen Fällen kann das tatsächliche Galloping bei einer reduzierten Windgeschwindigkeit auftreten, die unter der quasistationären Vorhersage ​​v​ CG​​​ liegt. Bild  19 zeigt in einem Amplituden-Geschwindigkeits-Diagramm eine schematische Darstellung der Wechselwirkung zwischen Galloping und wirbelerregter Schwingung.

Zur Betrachtung der Interaktion zwischen Wirbelerregung und Galloping empfiehlt der Eurocode [1] besondere Untersuchungen, wenn die nach der quasistationären Theorie vorhergesagte Einsetzgeschwindigkeit im folgenden Geschwindigkeitsbereich liegt (siehe auch Gl. (38)) ​0,7   ​v​  crit​​   ​v​  CG​​   1,5   ​v​  crit​​​

(43)

Die Obergrenze wird jedoch nicht immer [20–22] als ausreichend empfunden, um Interaktion zwischen beiden Anregungsmechanismen zu vermeiden, sodass die Vorhersagen möglicherweise nicht auf der sicheren Seite liegen. ISO 4354 [23] und die japanische Norm AIJ 1993 [24] verfolgen einen anderen Ansatz für die Bewertung von Galloping von Strukturen mit rechteckigem Querschnitt. In Abhängigkeit vom b∕​d-Verhältnis und der Turbulenzintensität wird die Einsetzgeschwindigkeit für Galloping als Funktion des Massendämpfungspara­ meters angegeben. Für einen rechteckigen Zylinder mit b∕​d 2 stellte [21] fest, dass diese Vorschriften besser mit den Experimenten übereinstimmen als das quasistationäre Modell.

3.3.3.2 Wake-Oscillator-Modell Die in [22] dargestellte Modellierung der Wechselwirkung zwischen Wirbelerregung und Galloping basiert auf dem nichtlinearen wake-oscillator von Tamura [24–26]. Bild  20a zeigt eine schematische Darstellung des Wake-Oscillator-Modells in seiner ersten Anwendung für ein Brückendeck mit offenem Querschnitt. Nach Kalibrierung der aerodynamischen Parameter war das Wake-Oscillator-Modell in der Lage, zufriedenstellende Vorhersagen für verschiedene Scrutonzahlen zu liefern, sogar für das untersuchte Brückendeck mit komplexem offenem Querschnitt. Für praktische Zwecke ist zum einen von Interesse, dass das mathematische

Bild 19. Schematische Amplituden-Geschwindigkeits-Diagramme für Interaktion und Nicht-Interaktion zwischen Galloping und Wirbelerregung [18]



Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

Modell korrekt voraussagt, bis zu welcher Scrutonzahl das Galloping bei der kritischen Windgeschwindigkeit für Wirbelerregung einsetzt. Zum anderen kann das mathematische Modell für höhere Scrutonzahlen (die aber immer noch nicht hoch genug sind, um die Anforderungen für die Anwendung der quasistationären Theorie zu erfüllen) die separaten Antworten auf Wirbelerregung korrekt vorhersagen. Darüber hinaus wird die Windgeschwindigkeit, bei der das Galloping einsetzt, etwas genauer vorhergesagt als bei der quasistationären Theorie. Bild 20b–c zeigt beispielhaft den Vergleich zwischen den Lösungen des Wake-Oscillator-Modells und den Windkanalversuchen. Die physikalischen Überlegungen für das Wake-Oscillator-Modell basierten ursprünglich auf einem kreisförmigen Zylinder [25]. Bei der Prüfung des Modells und seiner Weiterentwicklungen auf die Gültigkeit für die Brückenquerschnitte, ergab sich der Bedarf zur Anpassung. Insbesondere war eine Korrektur des Drehpunkts O des wake-oscillators erforderlich. Daraufhin wurde

597

eine verbesserte Version des Wake-Oscillator-Modells vorgeschlagen [28, 29]. Bild  21 zeigt die signifikante Verbesserung der physikalischen Darstellung der Nachlaufparameter an rechteckigen Querschnitten mit zwei verschiedenen Seitenverhältnissen. Darüber hinaus ist in [19] einen weiteren Ansatz zur Anwendung des Wake-Oscillator-Modells auf ein kontinuierliches System mit ungleichmäßigen Modenformen. Dieser Ansatz basiert auf der Kopplung mehrerer diskreter wake-oscillators mit dem kontinuierlichen System, das durch die Finite-Elemente-Methode beschrieben wird (s. schematische Darstellung in Bild 22). Nach der Validierung dieses Ansatzes wurde eine Stahlverbundbrücke während des Verschubs als Fallstudie für das Interaktionsproblem zwischen wirbelerregter Schwingung und Galloping verwendet. Die Auswirkungen der Modenform und der Synchronität zwischen diskreten wake-oscillators und der schwingenden Struktur konnten damit analysiert werden.

a)

b) c) Bild 20. Prinzipskizze des für das Brückendeck implementierten Wake-Oscillator-Modells und zwei Beispiele für Vorhersagen. Die Lösungen mit der durchgezogenen Linie entsprechen kleinen Anfangsauslenkungen für das Wake-Oscillator-Modell, während die gepunktete Linie die Lösungen darstellt, die bei großen Anfangsauslenkungen erreicht werden. In b) liegt der Beginn des Gallopings nach der quasistationären-Theorie in der Nähe von V∕​Vr = 3. V = U∕​(2πnd) ist die Windgeschwindigkeit, Vr = 1∕​(2πSt) die kritische Windgeschwindigkeit, jeweils in reduzierter Form.

598

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bild 21. Vergleich zwischen den vorhergesagten und den gemessenen Parametern der Nachlaufzeit für zwei verschiedene Quer­ schnitte. Dabei entsprechen „TM-1987“ dem Modell aus [26], „TM-1987“ dem Modell aus [27] sowie „TM-Present“ dem Modell aus [28].

Bild 22. Schematische Darstellung der diskreten wake-oscillators, die an eine mit der Finite-Elemente-Methode beschriebene Struktur gekoppelt sind

3.3.4 Regen-Wind-induzierte Schwingungen Die gelegentlich beobachteten Regen-Wind-induzierten Schwingungen stellen einen Sonderfall des Galloping dar. Die eine aerodynamische Instabilität erzeugende Veränderung der Umströmung des Bauteils wird nicht durch die Bauteilgeometrie hervorgerufen, sondern durch ein bewegliches Wasserrinnsal auf einem kreisrunden Querschnitt, meist einem Seil. Bild 23 zeigt, wie bei einem Seilquerschnitt durch Einwirkung seitlichen Windes und der Schwerkraft eine Position mit Gleichgewicht zwischen nach unten wirkender Schwerkraft und nach oben wirkender Windkraft existiert. Voraussetzung dafür ist, dass Seil­ neigung, Windrichtung, Windgeschwindigkeit und Wassermenge in einem passenden Verhältnis zueinanderstehen. An diesem Punkt des Seilumfangs wird dann das Wasser als Rinnsal am Seil entlang herabfließen. Je nach Konstellation kann es auch weitere Gleichgewichtspositionen auf der Seiloberfläche geben.

Beginnt nun das Seil, quer oder längs zur Windrichtung, zu schwingen, wird das Wasserrinnsal aufgrund der Trägheit in der Frequenz der Seilschwingung auf der Oberfläche oszillieren. Der veränderliche Einfluss, den das Rinnsal durch seine Bewegung auf die Umströmung des Seils nimmt, kann die Kraftbeiwerte oszillierend so verändern, dass die aerodynamische Dämpfung negativ wird. Ein Aufschwingen ist nur möglich, wenn insbesondere Regenmenge, Windrichtung und Windgeschwindigkeit über hinreichend Zeit im schwingungserzeugenden Bereich liegen. Maßnahmen gegen diesen Anregungsmechanismus sind einerseits das in Bild 24 dargestellte Profilieren der Seiloberfläche z. B. durch umlaufende Wendel, sodass das Wasser abtropft und die Ausbildung eines Rinnsals unterbunden wird. Zudem kann durch externe zusätzliche Dämpfung diese Schwingung gedämpft werden. Hierzu kommen hydraulische Dämpfer, Flüssigkeitstil-



Turbulenzinduzierte Schwingungen und aeroelastische Instabilitäten von Bauwerken

599

Bild 23. Prinzipskizze Entstehung des Wasserrinnsals

grund der aeroelastischen Einwirkung ein zusätzliches Torsionsmoment, das wiederum zu größerer Rotation führt. In analoger Weise wird eine eingespannte Stütze unter Last instabil, wenn die aus vorhandener Exzentrizität entstehende Abtriebswirkung divergent wächst. Die Herleitung ist entsprechend, siehe Gl. (45). __________



Bild 24. Wendel zur Vermeidung Regen-Wind-induzierter Schwingungen

ger oder Seilverspannungen zur Störung der Schwingung zum Einsatz. Basierend auf [13] kann zur Überschlagsberechnung die kritische Windgeschwindigkeit mit Gl. (44) berechnet werden. Dabei sind ein ungünstiger Neigungswinkel des Seils von ca. 40° bis 50° sowie die ungünstige Konstellation der weiteren Wind- und Regenparameter berücksichtigt worden. _



Y ​​v​  crit​​   n   d   ​  _ ​   ​    20    Sc ​​  d mit ​n​ ​d​ ​Y ∕​ d​ ​Sc​

(44)

Eigenfrequenz Seildurchmesser akzeptable Amplitude Y, bezogen auf den Seildurchmesser Scrutonzahl, siehe Gl. (35)

Genauere Bemessungshinweise finden sich z. B. in [6].

3.3.5 Divergenz Divergenz ist eine statische aerodynamische Instabilität, die im Bauwesen kaum beobachtet wird. Betroffen können Plattenstreifen sein, deren Torsionssteifigkeit sehr gering ist oder deren Lagerung wenig Steifigkeit gegen Rotation aufweist. Sollte bei hinreichender Windgeschwindigkeit eine geringe Torsion oder Rotation vorliegen, dann entsteht bei divergentem Verhalten auf-

2   ​k​  ​​ ​​v​  div​​   ​  ​  _     ​ ​​ (45) ​dc​  M​​  ​     ​d​​  2​   ​  _ d mit ​​k​  ​​​ Torsionssteifigkeit ​d​ Breite der Struktur ​dc​  M​​ _ ​​   ​​   Ableitung des aeroelastischen Momenten­ d beiwerts über den Rotationswinkel an der Gleichgewichtslage Der Nachweis erfolgt dann über hinreichenden Abstand zur mittleren Windgeschwindigkeit in der effektiven Höhe ​​v​  m(​​​ ​z​  s)​​ ​​. ​​v​  div​​   2   ​v​  m​​​(​z​  s​​)​​

(46)

3.3.6 Flattern Beim klassischen Flatter-Phänomen liegt eine Kopplung der beiden Freiheitsgrade Biegung und Torsion vor. Eine Flatterschwingung kann deshalb als eine neue Schwingungsform verstanden werden, zu der die beiden Freiheitsgrade Biegung und Torsion in einem festen Verhältnis beitragen. Beide Freiheitsgrade fachen sich wechselseitig an. Die Energieaufnahme erfolgt bei der Phasenbeziehung von 90° kontinuierlich. Das bedeutet, dass nach dem Einsetzen selbst bei konstanter Windgeschwindigkeit die Amplituden theoretisch stetig wachsen. Eine Anfälligkeit zu Flatter-Schwingungen kann vorliegen, selbst wenn Stabilität gegenüber ungekoppelten Galloping-Schwingungen vorliegt. Die Frequenz der Flatterschwingung liegt zwischen den Frequenzen der beiden beteiligten Eigenschwingungen. Eine wesentliche Rolle spielt daher das Verhältnis der beiden Eigenfrequenzen, besonders ungünstig ist eine etwa 10 bis 20 % größere Torsionseigenfrequenz verglichen mit

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

der Biegeeigenfrequenz. Ebenso eine Rolle spielen die absoluten Größen der Eigenfrequenzen, aber auch die Lage der Torsionsachse im Querschnitt. Die Ermittlung der kritische Flatterwindgeschwin­ digkeit ​​v​  m,c​​​erfolgt in [6] über die bezogene kritische Flatterwindgeschwindigkeit ​​v​  m,c,red​​​ einer Platte (s. Bild 25). ​​v​  m,c​​   ​v​  m,c,red​​   ​n​  y​​   d​

(47)

mit der Biegeeigenfrequenz n, hier zur besseren Unterscheidung von der Torsionseigenfrequenz ​​n​ ​​​ mit ​​n​  y​​​ bezeichnet: Die Eingangswerte sind dabei: ​n​  ​​ ​​ ​  n​​   ​  _ ​​  Frequenzverhältnis Torsions- zu Biege­ ​n​  y​​ eigenfrequenz ​m​  e​​ _ ​​ ​  m​​   ​    ​​  bezogene wirksame Masse pro Längen­    ​d​​  2​ einheit ​m​  e​​ _   ​​  bezogene wirksame Rotationsträgheit pro ​​ ​  m​​   ​     ​d​​  2​ Längeneinheit ​d​ Breite der Platte Die kritische Flatterwindgeschwindigkeit der Platte wird schließlich über einen Reduktionsfaktor ​ ​für den jeweils betrachteten Querschnitt umgerechnet. Dieser Faktor ist ​    1​für die Platte, bei realen Querschnitten z. B. von Brücken wird ​ ​kleiner. Die Flatteranfälligkeit ist in besonderem Maße von der Profilform abhängig und im Falle abgelöster Strömungen sehr komplex. Für Brücken wird daher zumeist der Ansatz verfolgt, basierend auf den Strukturdaten zunächst die kritische Flattergeschwindigkeit mittels der analytischen, potenzialtheoretischen Lösung der umströmten, ebenen Platte zu bestimmen und diese anschließend querschnittsspezifisch zu korrigieren. Aerodynamisch günstige Querschnitte liegen bei ​    0,6     0,8​, ungünstigere Querschnitte wie der H-förmige Querschnitt liegen deutlich niedriger, etwa ​    0,2   0,4​. Die Werte für ​ ​können in Windkanalversuchen ermittelt werden oder liegen Sammlungen experimentell ermittelter Korrekturbeiwerte vor. 1971 veröffentlichten Scanlan und Tomko [72] ein Lastmodell, das unter Verwendung von frequenzabhängigen aeroelastischen Beiwerten, den sogenannten Scanlan- oder Flatterderivativen, eine Abschätzung der Windgeschwindigkeit für das Einsetzen aeroelastischer Schwingungen erlaubt. Damit wurde eine experimentell identifizierbare Form geschaffen, die als Grundlage für aeroelastische Untersuchungen an stumpfen Profilen wie beispielsweise Brücken genutzt werden kann. Die Bewegungsgleichungen im Zweifreiheitsgradsystem mit Querbiegung h und Drehung lauten dann:

Red. krit. Windgeschwindigkeit [1]

600

40 s

=0%

30 20

= 10, = 30, m = 10, m = 30,

10 0

1

1,5

=2 =2 I= 6 I= 6

m

I

m

I

2

Frequenzverhältnis

2,5 n

3

[1]

Bild 25. Ermittlung der kritischen Flatterwindgeschwindigkeit für eine Platte, in Anlehnung an [6]

Das Derivativ ​​A​  2*​ ​​, das mit der Winkelgeschwindigkeit verbunden ist, spielt eine wesentliche Rolle, sowohl für das Flattern als auch für das Torsionsgalloping im ungekoppelten Fall. Matsumoto et al. [73] untersuchten Rechteckquerschnitte verschiedener Abmessungen​ B ∕​ D​in turbulenzarmer Strömung. Die Kräfte wurden aus Druckmessungen integriert. In Bild 26 ist das Derivativ ​​A​  2*​ ​​über der dimensionslosen, reduzierten Geschwindigkeit ​​v​  red​​   U ∕(​​ ​n​  ​​   B)​​ aufgetragen. Ein Ergebnis dieser Untersuchung ist, dass bis zu einem Seitenverhältnis B∕​D   12 das Derivativ ​​A​  *2​​​  negativ bleibt und damit eine Anfälligkeit zu ungekoppelten Torsionsschwingungen (Torsional flutter) gegeben ist. Erst darüber hinaus wird eine Flatteranfälligkeit (Coupled flutter) eminent. Das Gleichungssystem (48, 49) ist prinzipiell noch zu erweitern um die horizontale Bewegungskomponente. In diesem Fall werden 18 Flatterderivative benötigt, um die Luftkräfte vollständig zu beschreiben. Im Rahmen einer Forschungsarbeit [74] wurde am Grenzschichtwindkanal der Ruhr-Universität Bochum ein Versuchstand eingerichtet, der auf der Grundlage geführter Bewegungen in den drei Freiheitsgraden eine experimentelle Ermittlung dieser 18 Flatterderivative ermöglicht. Hiermit können für einen spezifischen Brückenquerschnitt alle genannten aeroelastischen Instabilitäten beurteilt werden. Abschließend sei in diesem Zusammenhang erwähnt, dass die DIN EN 1991-1-4 den Begriff Galloping ausschließlich für die selbsterregte Schwingung in der Biegeschwingungsform verwendet. Darüber hinaus wird lediglich das gekoppelte Flatterphänomen als ein Problem plattenähnlicher Tragwerke angesprochen. Aufgrund seiner Komplexität wird hierzu nur ein Kriteri-

​h ​​̇(  t)​ ​  ​​̇ (  t)​ h​(t)​ ​m ​h¨ ​​(​​  t)​   ​c​  h​​​h ​​̇(  t)​   ​k​  h​​  h​(t)​   qB​ ​KH​  *1​​(​  K)​ ​  _ ​    ​KH​  *2​​(​  K)​ ​  _ ​    ​K​​  2​ ​H​  *3​​(​  K)​ ​(t)​   ​K​​  2​ ​H​  *4​​(​  K)​ ​ _ ​     ​​ (48) [ U U B ] ​h ​​̇(  t)​ ​  ​​̇ (  t)​ h​(t)​     ​​ (49) ​  ​ ¨ ​​(​​  t)​   ​c​  ​​​  ​​̇ (  t)​   ​k​  ​​  ​(t)​   qB​ ​KA​  *1​​(​  K)​ ​  _ ​    ​KA​  *2​​(​  K)​ ​  _ ​    ​K​​  2​ ​A​  *3​​(​  K)​ ​(t)​   ​K​​  2​ ​A​  *4​​(​  K)​ ​ _ ​ [ U U B ]

601



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

A2* 150

Querwindschwingungen erfahren, wenn sich Wirbel abwechselnd von den Seiten des Bauwerks in den Wirbelstrom hinter dem Bauwerk ablösen und eine Wirbelstraße bilden. Die Wirbelablösefrequenz verhält sich bei konstanter Strouhalzahl und starrem, umströmten Körper proportional zur Anströmgeschwindigkeit. Der Wert der Strouhalzahl ist hierbei von der Körperform abhängig. Das Bauwerk kann insbesondere dann zu Schwingungen angeregt werden, wenn die Frequenz der Wirbelablösung gleich einer Bauwerks- bzw. Bauteileigenfrequenz ist. Diese Bedingung ist erfüllt, wenn die Windgeschwindigkeit einer von der Strouhalzahl abhängigen, kritischen Windgeschwindigkeit entspricht. Oft liegt die kritische Windgeschwindigkeit erheblich unter der Auslegungsgeschwindigkeit und kann daher eine häufig auftretende Geschwindigkeit sein, sodass die Anzahl der Spannungsschwingspiele hoch und eine daraus entstehende Ermüdungsbeanspruchungen bemessungsrelevant werden kann. Werden schlanke Bauwerke (z. B. Fernmeldeanlagen, Masten, Brückenpylone und Türme im Bauzustand, Schornsteine etc.) oder schlanke Bauteile (Anbauten, Abspannungselemente, wie z. B. Seile, Funkantennen, stabartige Verbindungselemente) dem natürlichen Wind ausgesetzt, so können sich im Strömungsnachlauf zwei stationäre Wirbel mit entgegengesetzter Drehung ausbilden. Der dabei auf den umströmten schlanken Körper wechselseitig einwirkende Sog verursacht ebene Quertriebskräfte, die den Baukörper im Rhythmus der harmonischen (sinusartigen) Wirbelablösung zu Schwingungen quer zur Windrichtung anregen können. Inwieweit eine regelmäßige Strömungsablösung vorliegen kann, hängt dabei u. a. von der Reynoldszahl, der Rauigkeit der Körperoberfläche und der Windturbulenz ab. Nach dem Birkhoff-Ansatz [33] kann die Nachlaufströmung hinter einem stationären Zylinder als eine ruderartige Lamelle modelliert werden, die eine Winkelverschiebung erfährt, die aus der momentanen Schwankung des Ablösepunkts um seine mittlere Position während eines Wirbelablösungszyklus resultiert. Auf dieser Grundlage wurden zahlreiche Modelle von Nachlaufoszillatoren zur Wirbelerregung entwickelt, beginnend im Jahr 1970 mit der Pionierarbeit von ­Hartlen und Currie. Der Schlüsselaspekt von Nachlaufoszillatormodellen ist die Modellierung der Kräfte, um die Wechselwirkung zwischen Fluid und Struktur darzustellen. Eine solche Fluid-Struktur-Interaktion bildet ein positives Rückkopplungssystem mit Erzeugung aeroelastischer Kräfte. Daher wiesen die wirbelinduzierten Schwingungen selbsterregte Eigenschaften auf. Eine weitere Besonderheit der selbstinduzierten Schwingungen bei der Wirbelresonanz ist ihr selbstbegrenzter Charakter. Aus diesem Grund wird der Van-der-Pol-Oszillator – ein typisches Beispiel für ein physikalisches System, das einen Grenzzyklus aufweist – häufig im Zusammenhang mit wirbelinduzierten Schwingungen verwendet.

100

B/D = 5

50

Torsional Flutter

8 10

0

12,5 15

Coupled Flutter

-50

0

10

20

20

U/fB

Bild 26. Derivativ ​​A​  *2​ ​​für Rechteckquerschnitte verschiedener Abmessungen B∕​D in turbulenzarmer Strömung (aus [73])

enkatalog genannt, mit dem die Notwendigkeit einer genaueren Untersuchung beurteilt werden kann. Eine kritische Betrachtung dieses Kriterienkatalogs ist in [75] zu finden. Der Fall der Selbsterregung zur ungekoppelten Torsionsschwingungsform wird letztlich in der Norm nicht adressiert. Im Jahr 1940 ereignete sich der spektakuläre und häufig diskutierte Schadensfall der ersten Tacoma-Narrows-Brücke. Die Hängebrücke, die als H-förmiger Querschnitt mit einem Verhältnis Breite∕​Höhe   5 erbaut war, kollabierte bei einer Windgeschwindigkeit von rd. 19 m∕​s infolge einer Torsionsschwingung von etwa 0,2 Hz mit einer Amplitude von ca. 35°. Nicht zuletzt durch die Untersuchungen von Scanlan und Tomko ist ein ungekoppeltes Torsionsgalloping als Versagensmechanismus nachgewiesen. Allgemein sind selbsterregte Torsionsschwingungen für die größte Anzahl der Katastrophenfälle insbesondere an Hängebrücken im 19. und 20. Jahrhundert verantwortlich. Vor diesem Hintergrund ist die Nichtbehandlung dieses Phänomens in der DIN EN 1991-1-4 unverständlich.

4

Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

4.1

Prozess der Wirbelablösung

Im Jahr 1911 arbeitete Theodor von Kármán in Ludwig Prandtls Labor für Strömungsmechanik in Göttingen. Sein Kollege Hiemenz untersuchte Kreiszylinder in einer Wasserströmung, beobachtete die Wirbelstraße und versuchte erfolglos, ihre Entstehung zu verhindern. Stattdessen entwickelte von Kármán eine Theorie zu ihrer Entstehung, die seither nach ihm benannt ist. Die Implikationen der wirbelinduzierten Schwingungen von schlanken Strukturen sind auch heute noch eine große Herausforderung im Windingenieurwesen. Ein schlankes Bauwerk, das dem Wind ausgesetzt ist, kann

602

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Der selbstinduzierte Charakter von wirbelinduzierten Schwingungen wird durch die in das System eingebrachte Energie als negative Dämpfung beschrieben. Nach dem Tamura-Modell von 1979 [54] wird angenommen, dass die negative Dämpfung die Wirkung der ablösenden Wirbel darstellt. Der selbstbegrenzte Charakter der wirbelinduzierten Schwingungen hängt mit der Nichtlinearität der aerodynamischen Dämpfung zusammen. Eine Möglichkeit, die Nichtlinearität der aerodynamischen Dämpfung zu berücksichtigen, bietet das von Tamura vorgeschlagene Nachlaufoszillatormodell mit variabler Länge [54]. Dies liegt daran, dass die Länge der frühen Nachlaufwirbelregion nicht fest ist, sondern innerhalb eines Zyklus der Wirbelablösung zeitlich variiert. Vickery hat 1983 das Konzept in ein Berechnungsverfahren für schlanke Baustrukturen übertragen. Das Modell von Vickery und Basu [32, 64] besteht aus einer einzigen Gleichung, nämlich der Bewegungsgleichung für die Struktur. Die Auftriebskraft auf der rechten Seite der Gleichung drückt die Wirbelablösekraft durch eine schmalbandige stochastische Kraft aus, die um die Strouhal-Frequenz zentriert ist. Aus diesem Grund wird das Modell auch als Spektralmethode bezeichnet. Anstatt das Fluid in der Wirbelstraße explizit durch eine gekoppelte Wirbelschleppengleichung zu modellieren, wie es bei Nachlaufoszillatormodellen der Fall ist, bezieht Vickery die Fluid-Struktur-Wechselwirkung in die Bewegungsgleichung der Struktur ein, indem er eine zusätzliche Kraft mit einer Komponente in Phase mit der Bewegung (aerodynamische Steifigkeit) und einer Komponente in Phase mit der Bewegungsgeschwindigkeit (aerodynamische Dämpfung) einfügt. Er greift auf den von Scruton [53] formulierten theoretischen Hintergrund zurück, wonach die phasenverschobene Komponente der wirbelinduzierten Kraft der dominierende Parameter bei Resonanz ist. Die Spektralmethode wird in vielen Bauvorschriften weltweit verwendet, einschließlich der Europäischen Norm ([1], Anhang E). Außer der Spektralmethode – die in der Europäischen Norm als Methode 2 bezeichnet wird – enthält der Anhang E noch eine weitere Methode – die von Ruscheweyh [51] entwickelte Resonanzmethode, die auch als Verfahren 1 in der Norm bezeichnet wird. Der Ansatz basiert auf dem experimentellen Nachweis, dass die Lastkorrelation der Wirbelablösungskraft bei Wirbelresonanz mit der Amplitude der Schwingung zunimmt. Beide in der Europäischen Norm [1] vorgestellten Verfahren sind in sich geschlossen. Sie verwenden unterschiedliche Eingangsvariablen, sodass eine Mischung bei der Berechnung nicht gestattet ist. Die ermittelten Amplituden stellen jeweils die Eingangsgröße für den Nachweis der Betriebsfestigkeit dar. Beide Verfahren sind international etabliert und in verschiedenen Normenwerken weltweit eingeführt. Normativ geregelt wird im Nationalen Anhang [2] für die Bundesrepublik Deutschland nur das Verfahren 1 (Resonanzverfahren). Die beiden Verfahren (Resonanzverfahren und Spek­ tralverfahren) werden im folgenden Abschnitt beschrie-

ben und auf 27 in der Literatur beschriebene Schornsteine in Originalgröße angewendet. Die Anwendung der Normverfahren auf die Schornsteine zeigt erhebliche Unterschiede in den Vorhersagen und Diskrepanzen zu den Messungen im Originalmaßstab. Verfahren 2 (Spektralverfahren) ist im Allgemeinen sehr konservativ und neigt dazu, die Resonanzschwingung zu überschätzen, was oft zu weniger realistischen Ergebnissen führt. Verfahren 1 ermöglicht realistischere Vorhersagen. Es kann in einigen Fällen unsicher sein, z. B. bei sehr geringer Turbulenz, mit der Folge, dass selbst eine vollständig korrelierte Auftriebskraft auf der gesamten Höhe der Struktur nicht immer ausreicht, um starke wirbelinduzierte Schwingungen zu reproduzieren. Eine Modifikation der Vickery&Basu-Methode wurde von Lupi et al. [46–48] vorgeschlagen und besteht in der Anwendung einer neuen Funktion zur Beschreibung der Beziehung zwischen der aeroelastischen Dämpfung und der Schwingungsamplitude, die auf experimentellen Daten aus Windkanalversuchen basiert. Die neue Funktion unterscheidet sich in einigen Punkten, der offensichtlichste ist ihre positive Krümmung. Wendet man die neue Kurve zur Vorhersage der Daten in Originalgröße an, so sind die Ergebnisse vielversprechend: Die Übereinstimmung von berechneten und beobachteten Daten in Originalgröße wird verbessert und die Tendenz zur Überschätzung der Amplituden wird vermieden. Das Konzept wurde auch im Hinblick auf den Eurocode der zweiten Generation erörtert. Die Besonderheit des neuen Eurocodes ([6], Anhang H) ist die Einführung eines Parameters, der die Krümmung der aerodynamischen Dämpfungsfunktion bestimmt.

4.2

Berechnung der wirbelerregten Querschwingungsamplitude

Als Ausgangsgröße beider Normverfahren (Verfahren 1 und Verfahren 2) wird die maximale Amplitude y​  ​​ max​​​ für den eingeschwungenen Resonanzfall eines Systems berechnet. Die Berechnung erfolgt auf der Abbildung des Bauwerks als Einmassenschwinger mit einem Feder-Dämpfer-System. Die Steifigkeit des Bauwerks wird durch die Federungseigenschaften erfasst, während die Strukturdämpfung durch einen viskosen Dämpfer abgebildet wird. Die folgende dynamische Bewegungsgleichung beschreibt die Querwindschwingung ​y(​ t)​​einer Struktur in ihrer i-ten transversalen Eigenform unter Wirbelerregung. ​F​  L,i(​​​ t)​  ​​   ​​y¨ ​​​​ (t)​   2   ​ ​  i​​   ​ ​  i​​   ​y  ​​̇(t)​   ​ ​  2i​  ​   y​(t)​   ​  _   ​M​  i​​

(50)

Verfahren 1 und Verfahren 2 unterscheiden sich in der Abbildung der Quertriebskraft. Scruton [53] formulierte den theoretischen Hintergrund für ein Berechnungsmodell für Wirbelerregung, das die phasenverschobene Komponente der wirbelinduzierten Kraft als den dominierenden Parameter bei Resonanz identifiziert. Das Verfahren 2 stützt sich auf diese Idee. Darüber hinaus wird die Wirbelerregung in Anlehnung



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

603

Tabelle 6.  Verfahren zur Berechnung der maximalen Querschwingungsamplituden Verfahren 1

Verfahren 2 ​​y​  max​​   ​ ​​  y​​   ​k​  p​​​ _ Sc    ​ ​​​  ​ ​​ mit: ​​k​  p​​   ​√ 2 ​    ​ 1   1,2    arctan ​​ 0,75   ​ _ { ( 4 ​πK​  a0​​ ) } 4

1 ​y​  max​​ _ 1  ​       ​   2 ​         ​  _  ​       K    ​K​  W ​​   ​c​  lat​​​ ​​  _ b ​St​​  ​ Sc

_





Parameterliste siehe [1], E.1.5.2∕​E.7



Parameterliste siehe [1], E.1.5.3∕​E.13, E.14

an Vickery [62] als stochastische Schwingung betrachtet und dementsprechend die Spektralmethode angewandt, um die Antwortamplituden in Form ihrer Standardabweichung zu bestimmen. Andererseits sind bei der Berechnung der Schwingamplitude nach Verfahren 1 die Querschnittsform über den aerodynamischen Erregerkraftbeiwert ​​ c​ lat,0​​​ sowie die Art der Schwingungsform und die Wirklänge mit den entsprechenden Faktoren K und ​​K​ w​​​ erfasst. Die Wirklänge berücksichtigt dabei die Phasenverschiebung der ablösenden Wirbel entlang der Bauwerks­ achse und gibt damit das Maß für die zeitgleich einwirkenden Kräfte auf das Bauwerk vor. Da sich mit zunehmender Schwingung nicht nur die Lastkorrelation ändert, sondern auch der Charakter der Antwort variiert (bei großen Schwingungen dominiert zunehmend der harmonische Charakter der Antwort gegenüber der stochastischen Komponente), wird zusätzlich ein amplitudenabhängiger Spitzenfaktor in die Definition der effektiven Korrelationslänge einbezogen. Tabelle 6 stellt die Berechnungsformeln für beide vorgestellten Verfahren gegenüber, die der Ermittlung der maximalen Queramplituden zugrunde liegen. Die Experimente zeigen, dass das Verhalten der aerodynamischen Dämpfung in Abhängigkeit von der Schwingungsamplitude (bzw. deren Standardabweichung) einer Kurve mit positiver Krümmung folgt. Dieses Ergebnis steht im Gegensatz zu Vickerys Annahme einer parabolischen Kurve (Gl.  (65)), stimmt aber mit früheren Ergebnissen von Scruton [53] sowie Cheung und Melbourne [34] überein. Das Konzept findet auch in weiteren neueren Studien anderer Autoren Unterstützung und Bestätigung (vgl. [30, 41, 68]).

4.2.1 Verfahren 1 – Resonanzverfahren Die Quertriebskraft ​​F​  L,i​​​in Gl.  (52) wird in Resonanz durch eine harmonische Funktion mit der i-ten Schwingungsform modelliert: ​​F​  L,i​​   ​​F ​​ ̂  L,i​​   cos​(​ ​  i​​  t)​​

_

​σ​  y​​ 1 ​C​  c​​ ρ   ​b​​  2​ b ​​  _ ​     ​ _ 2 ​         ​  ________________________  ​    ​         ​  ​  _           ​   ​ ​   _  ​ ​​ _ 2 ​m​  e​​ b ​St​​  ​ h ​​ σ ​ ​  Sc y ​  _ ​    ​    ​K​​  a​​ ​   ​ 1   ​​ ​  _    ​  ​​​  ​ ​ 4π ( ( b   ​a​  L​​ ) )

(51)

Das Modell berechnet die Resonanzantwort y​  ​​ max​​​ in Querrichtung für die i-te Eigenform:

​F​  L,i​​ ​​y​  max​​   ​  _     ​   ​ _  ​​  ​ ​  2i​  ​   ​M​  i​​ ​ ​  s,i​​

(52)

Der Faktor ​  ∕​ ​ ​  s,i​​​entspricht der dynamischen Verstärkung bei Resonanz. ​​ ​  i​​   2    ​n​  i​​​ ist die Kreisfrequenz für die i-te Eigenform. ​​ ​  s,i​​​ist die Strukturdämpfung für die i-te Eigenform. ​​M​  i​​​ ist die Modale Masse, während​​ m​  e​​​der äquivalenten Masse in kg∕​m entspricht: ​​M​  i​​   ​m​  e​​   ​ ∫ ​ ​​ ​ ​  2i​  ​​(z)​   dz​ h

Die idealisierte harmonische Kraft der Wirbelerregung in Resonanz (​v   ​v​  crit​​​) wirkt entlang der Achse der Struktur im Bereich der maximalen modalen Amplituden:  ​ ​     ​v​  2crit,i ​​​F ​​ ̂  L,i​​   ​  _  ​     b   ​ ∫ ​ ​​ ​c​  y(​​​ z)​   ​ ​  i(​​​ z)​   dz​ (53) 2 h ​ ​ist die Breite der Bauwerke in der Querwindrichtung. b Die Belastungsintensität basiert auf dem Effektivwert der Auftriebskraft, die auf einen starren Zylinder wirkt. Sie wird als Querkraftkoeffizient ​​c​ lat​​​ eingeführt, der nicht die Kraftamplitude, sondern deren Standardabweichung darstellt: ​​  ∫​ ​​ ​ c​  y​​​(z)​   ​ ​  i​​​(z)​   dz   ​ ​  ​c​ L​​​​   ​k​  p​​   ​  ∫ ​​​ ​ ​  i​​​(z)​   dz 

h

2​L​​  *​

 ​c​  lat​​   ​  ∫ ​​​​|​ ​  i​​​(z)​|​   dz​ ​L​  eff​​

(54)

In Gl. (54) drückt das Produkt ​​ ​  ​c​ L​​​​   ​k​  p​​​ die Amplitude des Auftriebskoeffizienten aus. ​​L​​  *​​ist die Lastkorrelationslänge, die als Integration der räumlichen Korrelation der Kräfte ​​F​  L​​​(​z​  k​​)​​ und ​​F​  L​​​(​z​  j​​)​​ auf verschiedenen Ebenen ​​z​  k​​​ und ​​z​  j​​​, die entlang der Achse der Struktur variieren, berechnet wird. Der Faktor 2 in ​2 ​L​​ *​​ bedeutet, dass die Integration sowohl nach oben als auch nach unten erfolgt. Die effektive Belastung erstreckt sich über die sogenannte effektive Länge ​​L​  eff​​​(siehe Gl. (55)). Dieser Parameter ist das Kernstück der Methode. Er trägt verschiedenen Effekten Rechnung: Bei kleinen Amplituden ist die Schwingung stochastisch und die Korrelationslänge nimmt den relativ kleinen Wert an, den sie am stationären Zylinder hat ( 1,5 bis 2b).

604

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Gleichzeitig ist der Spitzenfaktor für die stochastische Reaktion groß, typischerweise 3 bis 4. Daraus ergibt sich ein Wert für die effektive Länge von L​  ​​ eff​​  ∕​ b    6​. Mit zunehmender Amplitude nimmt die Schwingungsbandbreite ab und wird periodischer, der Spitzenfaktor sinkt und die Korrelationslänge nimmt zu. Die beiden letztgenannten Effekte kompensieren sich bis etwa ​y ∕​ b    0,1​, und der Wert ​​L​  Eff​​   6b​kann für ​y ∕​ b    0,1​ verwendet werden. Bei größeren Amplituden tritt eine starke aeroelastische Wechselwirkung auf: die Korrelationslänge nimmt immer mehr zu, während der Spitzenfaktor seinen kleinsten Wert von 2 erreicht. Für diese Situation führt die Methode einen Grenzwert von​​ L​  eff​​  ∕​ b   12​ein, der für große Amplituden ​y ∕​ b    0,6​ gilt. Nach [51] gelten diese Werte in dem Bereich, der für Türme von praktischem Interesse ist, d. h. typische Windturbulenz, glatte Zylinder, transkritische Rey­ nolds­zahlen. Der Vorteil der Methode ist, dass sie auf viele Strukturformen und beliebige Modenformen anwendbar ist.  ​ ​     ​v​  2crit,i ​​​F ​​ ̂   L,i​​   ​  _  ​     b   ​c​  lat​​   ​  ∫ ​​​​|​ ​  i​​​(z)​|​   dz​ 2 ​L​  eff​​

(55)

Die Methode kann auf zweckmäßige Weise in dimensionslosen Begriffen ausgedrückt werden. Diese Formulierung eignet sich sehr gut für die Anwendung von Normen und wird von DIN EN 1991-1-4 [1] empfohlen: ​v​  2crit,i  ​ ​  ​y​  max​​ _    ​b​​  2​ ​​  _  ​  _    ​      ​    ​    ​   ​c​  ​​  b 2   ​m​  e,i​​   ​ ​  s,i​​ ​b​​  2​   ​n​  2i​  ​ lat ∫​ Leff   ​ ​​​|​ ​  i​​​(z)​|​   dz ​∫0 h​   ​​ ​ ​  i(​​​ z)​   dz  ​   ​  ____________             ​​  ​  ______________ 4    ​∫0 h​   ​​ ​ ​  2i​  (​​ z)​   dz ​∫0 h​   ​​ ​ ​  i​​​(z)​   dz

(56)

Es ergibt sich: 1 1 ​y​  max​​ _  ​   ​​  _    ​    ​    ​ _ 2 ​    ​c​  lat​​   K   ​K​  W​​​ b Sc ​St​​  ​

(57)

Die Scrutonzahl Sc ist in Gl. (35) bereits eingeführt und wird in Gl.  (58) an die hier verwendete Geometrienomenklatur angepasst: 2   ​ ​  s​​   ​m​  e​​ ​Sc   ​  _    ​​      ​b​​  2​

(58)

Der Koeffizient ​K​hängt von der Eigenform ab. Im Falle eines freitragenden Trägers in seiner ersten Schwingungsform ist ​K    0,13​. ​∫0 h​   ​​ ​ ​  i(​​​ z)​   dz ​K   ​  ______________  ​​       4    ​∫0 h​   ​​ ​ ​  2i​  (​​ z)​   dz

(59)

Der Koeffizient ​​K​  W​​​beinhaltet die aeroelastischen Effekte und hängt von der effektiven Korrelationslänge und damit von der Schwingung ab. Aus mathematischer  Sicht kann ​​K​  W​​​je nach Schlankheit des Turms Werte kleiner oder gleich 1 annehmen. Ein Grenzwert für seinen Wert wird jedoch auf ​​K​ W​​​ 0,6 festgelegt [51]. ​∫Leff   ​ ​​​|​ ​  i(​​​ z)|​​   dz ​​K​  W​​   ​  ____________       ​​ ​∫0 h​   ​​​|​ ​  i(​​​ z)|​​   dz

(60)

Es ist bekannt, dass die Bandbreite des Belastungsspektrums mit abnehmender Turbulenzintensität abnimmt, was wiederum die Schwingungsamplitude erhöht. Typische kritische Windgeschwindigkeiten liegen weit unter den Windgeschwindigkeiten, die für extreme Windlasten gelten. Bei kleinen Windgeschwindigkeiten streuen die Windturbulenzen sehr stark, wie bei den Messungen im Maßstab 1:1 am Gartow-Turm beobachtet wurde [55]. Um mit kleinen Turbulenzen innerhalb des Korrelationslängenmodells umzugehen, schlugen Clobes et al. [37] vor, diesen Effekt in einem zweiten Lastfall „Seltenes Ereignis“ durch Erhöhung der effektiven Länge zu berücksichtigen. Die vorgeschlagenen Werte reichen von ​​L​  eff​​  ∕​ b   12​für Amplituden ​ y  ∕​ b    0,05​ bis​​ L​  eff​​  ∕​ b   30​für ​y ∕​ b    0,2​.

4.2.2

Verfahren 2 – Spektralmethode

Die Spektralmethode – entwickelt von Vickery und Basu [64] – löst Gl. (52) im Frequenzbereich. Die spektrale Dichte der Wirbelablösung wird in der i-ten Mode definiert (​​S​  L,i​​​) und die Resonanzantwort wird nach der Theorie der stochastischen Schwingungen berechnet: ​S​  L,i(​​​ ​ ​  i)​​ ​ ​ ​​ 2​  y,i ​ ​   ​  _   ​∫ ​​ ​​​  |​H​  i​( )​​|​​​​  2​   d    ​   ​K​  2i​  ​ ​S​  L,i​​​(​n​  i​​)​ ​S​  L,i(​​​ ​ ​  i)​​ ​ _    ​ ​  i​​ ____________  ​    ​       ​     ​​  ​  _  ​   4   ​ ​  i​​ 8   ​ ​  3i​  ​   ​M​  2i​  ​   ​ ​  i​​ ​K​  2i​  ​

(61)

​​H​  i​​​( )​​ist die mechanische Übertragungsfunktion der Struktur für die i-te Eigenform, K​  ​​ i​​​ist die modale Steifigkeit für die i-te Mode (​​K​ i​​   ​ ​  2i​  ​   ​M​  i​​​). Die aeroelastische Interaktion wird durch das Dämpfungsverhältnis​​ ​  i​​​eingeführt, das die Summe der Strukturdämpfung ​​ ​  s​​​ und der negativen aerodynamischen Dämpfung ​​ ​  a​​    0​ ist. Die Strukturdämpfung wird zweckmäßigerweise in Kombination mit der äquivalenten Masse durch die Scrutonzahl S ​ c​ausgedrückt. In ähnlicher Weise kann die negative aerodynamische Dämpfung durch den aerodynamischen Dämpfungsparameter ​​K​  a​​​ ausgedrückt werden. Letzterer ist eine nichtlineare Funktion der Schwingung.    ​b​​  2​ _ Sc ​​ ​  i​​   ​ ​  s​​   ​ ​  a​​   ​  _  ​     ​ ​    ​   ​K​  a​​​(y)​ ​​ } ​m​  e​​ { 4

(62)

Die Parameter in den Gln. (61) und (62) lassen sich in strukturelle, Belastungs- und aeroelastische Parameter unterteilen. Die strukturellen Parameter sind die Kreisfrequenz (​​ ​  i​​​), die modale und die äquivalente Masse (​​M​  i​​​ und ​​m​  e​​​), die strukturelle Dämpfung, d. h. die Scrutonzahl. Der Belastungsparameter wird durch die Spektraldichte ​​S​  L,i​​​dargestellt, die außerdem von der Strouhalzahl, der Belastungskorrelation und dem fluktuierenden Auftriebskoeffizienten abhängt. Der aero­ elastische Parameter ist die negative aerodynamische Dämpfung ​​K​  a​​​, die durch die Fluid-Struktur-Interaktion entsteht und sich mit der Schwingung y ändert. Der entscheidende Punkt ist die Linearisierung der Fluid-Struktur-Interaktion, sodass die negative aerodynamische Dämpfung nicht von y​ ​(t)​​, sondern nur von

605



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

dessen Standardabweichung abhängt. Vickery beschreibt die Dämpfungskraft durch den klassischen Van-der-Pol-Oszillator und ergibt eine linearisierte, parabolische Kurve der negativen aerodynamischen Dämpfung mit negativer Krümmung:

Das Kreuzspektrum hängt mit der Kohärenz der spektralen Dichten der Auftriebskräfte in verschiedenen Höhen zusammen (Gl. (67)). Die Kohärenz der Wirbel­ abwurfbelastung ist in der Nähe der Strouhal-Frequenz​​ n​  s​​​ nahezu eins.

​ ​  y​​ ​​K​  a​​   ​K​  a0​​   ​ 1   ​​ ​  _    ​ ​​​  ​ ​​ ( ( ​a​  L​​   b ) ) 2

(63)

​​K​  a0​​​ist der lineare Teil, die sogenannte aerodynamische Dämpfung für kleine Schwingungsamplituden. a​  ​​ L​​​ ist der dimensionslose Effektivwert der Grenzschwingung. Diese Modellierung geht auf das Konzept der Grenzzyklen von Rayleigh und Van der Pol zurück [31, 49]. Guo et al. [41] haben jedoch gezeigt, dass durch Linearisierung des verallgemeinerten Van-der-Pol-Oszillators prinzipiell auch ein ganz anderer Verlauf mit positiver Krümmung möglich ist. Die Besonderheit des Vickery-Modells besteht darin, dass es den aeroelastischen Effekt (Gln. (62) und (63)) mit der Theorie der stochastischen Schwingungen (Spektralanalyse, Gl. (61)) verbindet. Es gibt verschiedene Formen des ursprünglichen Vickery-Modells. Die wichtigsten Diskussionen betreffen die Modellierung des Spektrums der Auftriebskraft und ihrer Korrelationslänge, die Einbeziehung der Höhenabhängigkeit des Durchmessers (bei Schornsteinen mit komplizierter Form) und des Windprofils, die Abhängigkeit der Schwingungsamplitude vom Verhältnis ​v ∕​ ​v​  cr​​​, die Verallgemeinerung auf beliebige Schwingungsformen und den Einfluss der Turbulenzintensität. Vickery und Clark [61] waren die ersten, die das Spektrum des schwankenden Auftriebskoeffizienten durch eine Gaußfunktion approximierten, die auf der Ablösungsfrequenz ​​n​  s​​​zentriert ist und eine Bandbreite ​B​ hat, die von der Turbulenz der einströmenden Strömung abhängt: 2 ​S​  ​C​ L​​​(​​ z,n)​ _____________ 1   n ∕​ ​n​  s(​​​ z)​ 1 _ _ ​​  _  ​           ​​ ​      ​​​  ​ ​​ (64)  ​  exp​  ​   ​  √ B​(z)​ ) ] ​    ​    B​(z)​   ​n​  s(​​​ z)​ [ ( ​ ​  2cL ​​ 

Die Modellierung der Beziehung zwischen der spektralen Bandbreite ​B​und der Turbulenzintensität I​  ​​ u​​​ wird in vielen Veröffentlichungen behandelt [32, 58, 62, 63, 66]. Eine vereinfachte Form (​B   0,1   ​I​  v​​   0,35​) wird im CICIND-Modell [35, 36] bereitgestellt. ​​ ​  2cL ​​​ ist die Varianz des schwankenden Auftriebskoeffizienten. Die Auftriebskraft auf der Ebene z kann dann wie folgt ausgedrückt werden: 1 ​​S​  L(​​​ n,z)​   ​​ _ ​   ​       v ​​(z)​​​  2​ ​​​  ​    b ​​(z)​​​  2​   ​S​  cL​​​(n,z)​​ (2 ) 2

(65)

Die modale spektrale Last ​​S​ L,i​​​(n)​​ für die i-te Eigenform​​ ​  i(​​​ z)​​auf eine linienförmige Struktur ergibt sich aus der Kenntnis der Kreuzspektren ​​S​  ​L​ k​​,​L​ j​​​​​ der Kräfte auf verschiedenen Ebenen ​​z​  k​​​ und ​​z​  j​​​, die entlang der Achse variieren. ​​S​  L,i​​​(n)​   ​ ∫ ​  ​​ ​ ∫​    ​​ ​S​  ​L​ k​​,​L​ j​​​(​​ ​z​  k​​  ,​z​  j​​  , n)​   ​ ​  i​​​(​z​  k​​)​   ​ ​  i​​​(​z​  j​​)​   ​dz​  k​​   ​dz​  j​​​ 0 0 (66) h h

_

_

​ ​   ​Coh​​  2​​(n,​z​  k​​  ,​z​  j​​)​   ​√ ​S​  L​​​(n,​z​  j​​)  ​ ​​ ​​S​  ​L​ k​​,​L​ j​​​​​(​z​  k​​  ,​z​  j​​  , n)​   ​√ ​S​  L​​​(n,​z​  k​​) 



(67)

[39] vereinfacht jedoch das Problem der Gl. (66), indem von einem doppelten Integral zu einem einfachen Integral übergegangen wird, da eine Korrelationslängenfunktion betrachtet wird, die nur von der Entfernung zwischen zwei Orten abhängt. Dabei handelt es sich um  die Korrelation der Wirbelablösungslast, die um die  Wirbelablösungsfrequenz gefiltert werden soll, um den Effekt der turbulenten Querwindschwankungen zu entfernen. [39] schlägt vor, eine konstante Korrelationslänge von einem Durchmesser zu berücksichtigen. Dieser Wert ist auch vom CICIND-Verfahren [35, 36] übernommen worden. Auf diese Weise kann das ­modale Spektrum der Last durch Kenntnis des Auftriebsspektrums im Querschnitt und der Korrelationslänge in Spannweitenrichtung ausgedrückt werden (Gl. (68)). h

​​S​  L,i​​​(n)​   2       b   ​ ∫ ​  ​​ ​S​  L​​​(n,z)​   ​ ​  2i​  ​​(z)​   dz​ 0

(68)

Eine weitere Vereinfachung besteht in der Vernachlässigung der Höhenabhängigkeit des Durchmessers der Struktur und des Windprofils sowie der Abhängigkeit der Schwingungsamplitude von ​v ∕​ ​v​  crit​​​. 1 ​ ​  2cL ​​  _ ​   ​   v ​​(z)​​​  2​ ​​​  ​   ​  _____________       ​  ​​S​  L,i​​​(​n​  i​​)​   2       ​b​​  3​   ​​ _ (2 ) √ ​    ​    B​(z)​   ​n​  i(​​​ z)​ 2

h

 ​ ∫ ​  ​​ ​ ​  2i​  ​​(z)​   dz​ 0

(69)

In diesem Sinne schlagen Vickery und Basu [65] einen vereinfachten Ansatz für die Bewertung des Querwindverhaltens von Schornsteinen vor, der hauptsächlich für den Fall kleiner Schwingungen gilt. Die CICIND-Leitlinien schlagen sowohl eine vereinfachte Methode [35] (die nur die Eigenform und die Auswirkung der Turbulenzintensität beibehält) als auch eine vollständige Formulierung [36] (die auch die Höhenabhängigkeit des Durchmessers und des Windprofils sowie die Abhängigkeit der Schwingungsamplitude von v​  ∕​ ​v​  crit​​​ berücksichtigt) vor. Die Methode 2 des Eurocodes [1] hingegen bezieht sich nur auf den konservativen Fall der Turbulenzintensität Null und auf die erste Eigenform eines freitragenden Trägers mit konstantem Durchmesser und kombiniert die spektrale Last, ihre Bandbreite und ihre Korrelationslänge in einem Reynoldszahl-abhängigen Faktor. Gleichung (69) kann in Gl. (61) eingesetzt werden, und die gesamte aerodynamische Dämpfung ​​​  n​​​ kann als Funktion der Scrutonzahl und des aerodynamischen Dämpfungsparameters angegeben werden (Gl.  (62)). Außerdem gilt in Resonanz bei der kritischen Ge-

606

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

schwindigkeit, dass ​St   ​n​  i​​   b ∕​ ​v​  crit​​​ ist. Daraus ergibt sich Gl. (70).

Die Methode für wirbelinduzierte Schwingungen unterscheidet sich in einigen Punkten von Gl. (72):

​ ​  ​​

1 b   d    b ​C​  c​​ y _ ​​  _ ​    ​ _ 2 ​    ​  ___________  ​ ​    ​ ​      ​       _  ​ ​​  ​   ​  _ b ​St​​  ​ ​Sc​  G​​ ​m​  e​​ ​l​  e​​ ​  ​  _ ​    ​K​    ​​ ​

_

1 √​  C ​  y _ ​​  _ ​    ​ _ 2 ​    ​ _     ​​ b ​St​​  ​ Sc ​  _ ​    ​   ​K​  ​​ ​ 

√4

(70)

a

C ist ein Lastparameter, der in Gl. (71) definiert ist. Er hängt vom schwankenden Auftriebskoeffizienten und von der spektralen Bandbreite B ab, die wiederum von der Turbulenzintensität abhängt (​B   0,1   ​I​  u​​​, aber weniger als 0,35 nach [35]). Die Korrelationslänge kann mit 1 Durchmesser angenommen werden, wie bei einem nicht schwingenden Zylinder [35]. ​​K​ a​​​ ist der aerodynamische Dämpfungsparameter, definiert durch Gl. (63). ​ ​  2cL ​​  ​b​​  3​  ​C   1,42   ​10​​  4​   ​  _ ​       ​  _  ​   ​M​  i​​ B ​ ​  2cL ​​  ​b​​  3​     ​​    1,42   ​10​​  4​   ​  _____________       ​       ​  _ h 2 B ​m​  e​​   ​∫0 ​   ​​ ​ ​  i​  (​​ z)​dz

(71)

Die Formulierung des Eurocodes weicht in einigen Punkten von der allgemeinen Form der Gl. (70) ab und hat die folgende Form: _



_



​ ​  y​​ 1 ​b​​  2​    b ​C​  C​​ _ ​​  _ ​    ​ _ 2 ​    ​  _      _ ​ ​​    ​   ​  ​  _ ​ ​   ​ ​  b ​St​​  ​ Sc ​m​  eq​​ h ​  _ ​    ​   ​K​  a​​ ​  4



(72)

_



​ ​  ​​

√4



_ ​C​  C​​ 1 ​ ​  2cL ​​  _ _ ​    ​√ 1,42   ​10​​  4​ ​   ​​  _  ​​  ​ ​    ​  _  ​      ​  _     B h √​  h ​  ​√ ​∫0 ​   ​​ ​ ​  2i​  ​​(z)​dz ​ 

(73)

Gleichung (70) bzw. (72) liefert den rms-Wert der Antwort (in dimensionslosen Begriffen). Daten in Originalgröße geben jedoch in der Regel die maximale Amplitude der Schwingung an, die für die Auslegung von Interesse ist. Daher ist ein Spitzenfaktor (​​k​ p​​​) auf den rms-Wert ​​ ​  y​​​ anzuwenden, um ​​y​  max​​​ zu berechnen: ​​y​  max​​   ​k​  p​​   ​ ​  y​​​

(74)

Ist die Lock-in-Antwort harmonisch mit langsam variierender Amplitude (d. h. ​Sc ≪  4 ​ K​  a0​​​), so tendiert der Spitzenfaktor gegen ​  2​. Für große Scrutonzahlen hingegen ist die Antwort intermittierend, und daher soll der Spitzenfaktor einen Wert um 4 annehmen, wie es für einen stochastischen Prozess typisch ist. Der folgende Ausdruck für den Spitzenfaktor k​  ​​ p​​​ wird in [35] und [6] empfohlen: _ Sc ​​k​  p​​   ​√ 2   ​   ​ 1   1.2   arctan​ 0.75   ​​ _ ​     ​ ​​​  ​ ​ ​​ (75) ( 4 ​ K​  a0​​ ) )} ( { 4

4.2.3 Ausblick: Modellierung der Wirbelerregung im Eurocode der zweiten Generation Der Anhang H der zweiten Eurocode-Generation [6] befasst sich mit dem dynamischen und aeroelastischen Verhalten schlanker Tragwerke in Querwindrichtung.

(76)

aG

   ​ ​  s​​   ​m​  e​​ b 2   ​ ​  s​​   ​m​  e​​ 4_  ​   ​   ​    Sc   ​ _ ​​  ​​Sc​  G​​   ​  _      b   d    b   d d

(77)

In ähnlicher Weise lässt sich ableiten, dass ​​K​ aG​​​ der verallgemeinerte aerodynamische Dämpfungsparameter ist, der die bewegungsinduzierten Windlasten angibt. Für die kreisförmigen und quadratischen Querschnitte ergibt sich: ​Sc   ​Sc​  G​​​ und ​​K​  a​​   ​K​  aG​​​. Im Gegensatz zur Gl. (72) ist ​​l​ e​​​nicht die Höhe, sondern die effektive Länge der Struktur: h

​​l​  e​​    ​ ∫ ​  ​​ ​ ​  2i​  ​​(z)​    dz​

(78)

0

Die Eigenform der Struktur ​​ ​  i​​​wird an dem Punkt mit der größten Verschiebung auf 1 normiert. Daraus folgt, dass _



​ ​  2cL ​​  ​​C​  C​​   ​√ 1,42   ​10​​  4​ ​    ​ ​​     ​      ​  _ B

_



Zunächst wird die Definition einer verallgemeinerten Scrutonzahl ​​Sc​  G​​​(s. [43]) anstelle der in Gl. (58) definierten Scrutonzahl eingeführt:

_

Die Gln. (70) und (72) sind äquivalent, vorausgesetzt, dass:

_

(79)

Der aerodynamische Dämpfungsparameter ​​K​  a​​​ ist im Eurocode-Entwurf [6] als Funktion der Standardabweichung der Schwingung definiert: ​ ​  y​​ ​​K​  a​​   ​K​  a0​​   ​ 1   ​​ ​  _    ​ ​​​  ​ ​​ ( ( b   ​a​  L​​ ) )

(80)

Ähnlich wie in Gl. (63) sind ​​K​ a0​​​ und ​​a​  L​​​ bekannte Parameter für wirbelinduzierte Schwingungen, die aus dem Vickery&Basu-Modell [64] abgeleitet sind. Sie beziehen sich auf den linearen Teil der negativen aerodynamischen Dämpfung für kleine Schwingungen und auf den rms-Wert der Grenzschwingung. Darüber hinaus erlaubt der neue Eurocode auch die Berücksichtigung der Auswirkungen der Turbulenzintensität durch Anwendung eines Reduktionsfaktors auf die negative aerodynamische Dämpfung: ​​K​  a0​​   ​K​  a,max​​   h​(​I​  u​​)​​

(81)

h​ ​h​(​I​  u​​)​​wird bestimmt aus ​ (​I​  u​​)​   1   3   ​I​  u​​​ für ​0   ​ I​  u​​    0,25​ und ​h​(​I​  u​​)​    0,25​ für ​​I​  u​​   0,25​. Die Turbulenzintensität ​​I​  v​​​wird in der Höhe über dem Boden mit der größten Bewegung der Struktur bestimmt. K​  ​​ a,max​​​ entspricht dem aerodynamischen Dämpfungsparameter für ​​I​  v​​    0​. Eine weitere Besonderheit von Gl.  (80) besteht in der Einführung des Exponenten ​ ​, der die Krümmung der aerodynamischen Dämpfungsfunktion bestimmt. Unter Berücksichtigung von Gl.  (80) ist die aerodynamische Dämpfungskurve parabolisch mit negativer Krümmung für ​    2​. Dies stimmt mit dem Modell von

607



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

Vickery und Basu [64] überein. Ändert man den Wert des Exponenten ​ ​, so wird die Funktion für ​     1​ zu einer Geraden und sie hat für ​0       1​eine positive Krümmung. Die nationalen Anhänge können genauere Informationen über den Exponenten liefern. Die Verwendung einer Funktion mit positiver Krümmung (​    2​) für die aerodynamische Dämpfung steht im Einklang mit der in [46] beschriebenen Änderung der Spektralmethode.

det die auftretenden Massenkräfte der Struktur mit den Trägheitskräften des Fluids. Neben der Dämpfung, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Größe der Amplitude im Querschwingungsfall darstellt, wird auch die modale Masse in Form einer Generalisierung bezogen auf eine Längeneinheit mitberücksichtigt. Die Scrutonzahl (Gl. (58)) enthält auch die Strukturdämpfung, ausgedrückt durch das logarithmische Dämpfungsdekrement, ​ ​ist die Dichte der Luft (der Wert für die Luftdichte gehört zu den national bestimmbaren Parametern (NDP) und kann im Nationalen Anhang gesondert angegeben werden; der empfohlene Wert liegt bei ​    1,25 kg ∕​ ​m​​  3​​), ​​m​  e,i​​​ist die äquivalente Masse je Längeneinheit nach [1], Gleichung (F.14), und b ist die Bezugsbreite des Querschnitts an der Stelle, an der wirbelerregte Schwingungen auftreten. In realen Strukturen ist es oft der Fall, dass die strukturelle Dämpfung nicht von der linearen viskosen Form ist, wie im 1-Freiheitsgrad-Modell angenommen. Infolgedessen ist das Dämpfungsverhältnis amplitudenabhängig: Dann führen aufeinanderfolgende Zyklen in einem früheren Abschnitt der Freischwingungsantwort mit hoher Amplitude zu einem anderen Dämpfungsverhältnis als aufeinanderfolgende Zyklen in einer späteren Phase mit viel geringerer Amplitude. Bei der Verwendung von amplitudenabhängigen Dämpfungsverhältnissen zur Vorhersage des dynamischen Verhaltens ist besondere Vorsicht geboten. Ein weiterer wichtiger aerodynamischer Parameter der Wirbelresonanz ist der Auftriebskoeffizient. In [51] ist eine Sammlung von experimentellen Werten für die Standardabweichung des Auftriebsbeiwerts (​​ ​  cL​​​) dargestellt. Die Werte sind gestreut, insbesondere im unterkritischen Bereich der Reynoldszahl (​Re   ​10​​  5​​), wo der gemessene Bereich zwischen 0,4 und 0,7 liegt. Ruscheweyh [51] schlägt eine Hüllkurve auf der sicheren Seite dieser experimentellen Werte vor (​​ ​  cL​​    0,7​ für ​Re   ​ 10​​  5​​, ​​ ​  cL​​    0,2​ für ​5   ​10​​  5​   Re   5   ​10​​  5​​ und ​​ ​  cL​​    0,3​ für ​Re   ​10​​  7​​), die in den Eurocode [1] als Parameter ​​c​ lat​​​ aufgenommen wurde. Verfahren 2 bezieht den Auftriebsbeiwert in den Parameter ​​C​ c​​​ ein (vgl. Gl. (73)). Die aeroelastischen Parameter der Spektralmethode sind ​​K​  a0​​​, d. h. der aerodynamische Dämpfungsparameter für kleine Schwingungen und a​  ​​ L​​​, der dimensionslose rms-Wert der Grenzschwingung (vgl. (63)). Die experimentelle Ermittlung dieser Werte ist schwierig. a​  ​​ L​​​ entspricht idealerweise dem größten Grenzzyklus, den eine Struktur mit einer Scrutonzahl nahe null bei wirbelinduzierten Schwingungen erfahren würde. Sein Wert ist unbekannt und die Diskussion über seine Existenz ist in der wissenschaftlichen Gemeinschaft noch offen. Der Wert ​​a​  L​​   0,4​wird in [1, 31, 35, 36] für Kreiszylinder empfohlen. Der Parameter ​​K​  a0​​​ wurde von Vickery [62] und Basu [31] auf der Grundlage einer Zusammenstellung von Windkanaldaten in glatter Strömung geschätzt. Darauf aufbauend empfiehlt der Eurocode​​ K​  a,max​​   2,0​im unterkritischen Bereich der Reynoldszahl (​Re   ​10​​  5​​), ​​K​  a,max​​   0,5​für die kritische Reynolds­ zahl (​Re  5   ​10​​  5​​), ​​K​  a,max​​   1,0​für den transkritischen

4.2.4 Grundlegende Parameter Nähert sich die Windgeschwindigkeit einem Bereich, in dem die Wirbelablösefrequenz einer Eigenfrequenz (Schwingungsform i) des Bauteils entspricht, wird Resonanz hervorgerufen. Dieser Fall tritt erwartungsgemäß bei Erreichen einer speziellen kritischen Windgeschwindigkeit ​​v​  crit,i​​   b   ​n​  i,y​​  ∕​ St​ein, in der b die maßgebende Breite des Querschnitts im Bereich der Wirbelerregung ist, an dem die maximale modale Auslenkung der Bauwerksstruktur (oder eines Teilbereichs) auftritt (bei Kreiszylindern ist die maßgebende Breite gleich dem äußeren Durchmesser), ​​n​ i,y​​​ ist die Eigenfrequenz der i-ten Schwingungsform für Schwingungen quer zur Windrichtung, St ist die Strouhalzahl. Die Strouhalzahl (St) ist ein dimensionsloser aerodynamischer Parameter, der die Frequenz der Wirbelablösung ​​n​  s​​​ angibt (​St   ​n​  s​​   b ∕​ v​). Manchmal wird angenommen, dass ihr Wert mit dem Kehrwert der reduzierten Geschwindigkeit übereinstimmt, bei der die maximale Resonanzschwingung auftritt. Bei kreisförmigen Zylindern hängt die Wirbelablösungsfrequenz wegen der wandernden Ablösestellen noch stärker von der Reynoldszahl Re, berechnet mit dem Wert der kritischen Windgeschwindigkeit ​​v​  crit,i​​​, ab. Die kritische Reynoldszahl Re(​​v​  crit,i​​​), die aus der kritischen Anströmgeschwindigkeit ​​v​  crit,i​​​, einer charakteristischen Körperabmessung ​b​und der kinematischen Viskosität ​ ​ der umströmenden Luft gebildet wird, stellt das Verhältnis von Trägheits- zu Zähigkeitskräften dar. Die Abhängigkeit der Strouhalzahl von der Reynoldszahl wird jedoch in der Praxis normalerweise vernachlässigt. Für einen Kreiszylinder nimmt der Eurocode [1] ​St    0,18​ an, während die CICIND [35] ​ St   0,20​empfiehlt. Die neue Eurocode-Generation führt eine Reynoldszahl-Abhängigkeit der Strouhalzahl nur im transkritischen Bereich der Reynoldszahl ein. Für Rechteckquerschnitte ist die Strouhalzahl in Bezug auf das Breitenzu Längenverhältnis (​ d  ∕​  b​ ) angegeben. Für die Anwendung der Norm stehen für verschiedene Querschnitte tabellierte Werte zur Verfügung (vgl. Tabelle E.1 und Bild E.1 in [1]). Wie empfindlich ein Bauwerk auf eine Wirbelerregung reagiert, wird wesentlich durch seine strukturmechanischen Eigenschaften bestimmt. Anhand der dimensionslosen Scrutonzahl Sc (Gl.  (58)), des Massendämpfungsparameters, kann beurteilt werden, wie stark eine dynamische Reaktion eines Tragwerks auf die Einwirkung durch Wirbelerregung zu erwarten ist. Sie verbin-

608

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bereich der Reynoldszahl (​Re   5   ​10​​  6​​), wobei ​​K​  a,max​​   ​ K​  a0​​​im Falle einer laminaren Strömung ist. In [58] wird empfohlen, die Windkanalergebnisse von Basu im unterkritischen Re-Bereich um 40 % zu erhöhen, da sie an einem Zylinder mit kleiner Schlankheit gemessen wurden. Diese Empfehlung wird auch in [35] übernommen. Aus experimenteller Sicht bieten die in [47] beschriebenen Windkanalversuche in geführter Bewegung eine Möglichkeit, die aerodynamische Dämpfung eines Systems experimentell zu bestimmen. Es wird ein System mit geführter Fußanregung ​​y​  s(​​​ t)​​betrachtet. Die Information über die Dämpfung ist in der Phasenverschie(t)​​ und der bung zwischen der Modellschwingung ​ y​

Messung der elastischen Kraft enthalten. Da die Experimente nicht im Vakuum durchgeführt werden, kann die reine Strukturdämpfung nicht bestimmt werden. Stattdessen können die Strukturdämpfung und die Luftdämpfung in ruhender Luft bestimmt werden. Durch Wiederholung desselben Experiments unter der korrelierten Wirkung der Wirbel in Resonanz ändert sich die Gesamtdämpfung des Systems aufgrund der phasenverschobenen Komponente der Kraft. Christopher Scruton hat bereits 1963 einen hyperbolischen Verlauf für ​​K​  a​​​ vorgeschlagen. Die vorgenannten aeroelastischen Versuche im Grenzschichtwindkanal der Ruhr-Universität Bochum haben diese Vorstellung

Bild 27. Experimentelle Bestimmung der Dämpfung durch Windkanalversuche in geführter Bewegung an der Ruhr-Universität Bochum [47]

Bild 28. Aerodynamischer Dämpfungsparameter Ka in der Norm und Literatur [34, 47, 53, 64]

609



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

experimentell hinterlegt. Anhand der Versuche wurde ein Vorschlag für den Verlauf von Ka entwickelt, der in Bild 28 dargestellt ist. Die Experimente zeigen, dass der aerodynamische Dämpfungsparameter schon bei kleinen Amplituden erheblich abnimmt. Außerdem folgt das Verhalten der aerodynamischen Dämpfung in Abhängigkeit von der Schwingungsamplitude (bzw. deren Standardabweichung) einer Kurve mit positiver Krümmung. Das Konzept wird auch von anderen Autoren anerkannt (vgl. [30, 34, 41, 67, 68]). Der Einfluss der Turbulenzintensität wurde erstmals in [64, 65] beobachtet. Wie auch in [42] beschrieben, kann die Wirkung der Turbulenzintensität auf den aerodynamischen Dämpfungsparameter hauptsächlich der großräumigen Turbulenz zugeschrieben werden, die dann als langsam variierende mittlere Windgeschwindigkeit interpretiert werden kann. Der Effekt variiert in der Lock-in-Region. Das CICIND [36] berichtet über Variationskurven. Eine gute Annäherung, die eine Vorhersage der maximalen Reaktion im Lock-in-Bereich ermöglicht, ist die Modellierung der Wirkung der Tur­ bulenzintensität durch einen reduzierenden Faktor auf ​​ K​  a​​​. Der CICIND Model Code [35] verwendet den Reduktionsfaktor (​1    3 ​I​  u​​​), jedoch nicht weniger als 0,25. Dies wird auch in der neuen Eurocode-Generation angewendet. Dieser Faktor ist im Eurocode [1], der sich nur auf die konservative Situation ​​I​  u​​​    0 bezieht, nicht enthalten, wurde aber in die neue Eurocode-Generation aufgenommen.

4.2.6 Ermittlung der Spannungsschwingspiele N

4.2.5 Beanspruchungen durch wirbelerregte Querschwingungen Die Beanspruchungen einer Struktur infolge wirbelinduzierter Querschwingungen sind auf die Massenträgheitskräfte des in Resonanz schwingenden Systems zurückzuführen. Die Massenträgheitskräfte an einer Stelle s, die quer zur Windrichtung auf die Struktur einwirken, können mit Gl. (82) bzw. (E.6) nach [1] berechnet werden. Die Schwankungen der resultierenden Kraft in Strömungsrichtung sind im Vergleich zu Querschwingungen, ausgelöst durch Wirbelerregung, eher gering. Eine Integration des Druckfelds ergibt den dynamischen Quertrieb im Falle einer regelmäßigen und harmonischen Wirbelablösung mit annähernd sinusartigem Zeitverlauf. Die Kraft quer zur Windrichtung lässt sich wie folgt berechnen (Auszug aus [1]): ​​F​  w​​​(z)​   m​(z)​       ​(2         ​n​  i,y​​  )​​  2 ​   ​ ​  i,y​​​(z)​   ​y​  max​​​ mit ​m​(z)​​

(82)

längenbezogene schwingende Masse der Bauwerksstruktur [kg∕​m] ​​n​  i,y​​​ Eigenfrequenz der i-ten Schwingungsform des Bauwerks ​​ ​  i,y​​​(z) Schwingungsform i des Bauwerks normiert am Punkt mit der größten Schwingwegamplitude ​​y​  max​​​ maximale Schwingwegamplitude an der Stelle mit ​​ ​  i,y​​​(z) 1, siehe E 1.5 [1]

Für einen Nachweis der Betriebsfestigkeit ist die Anzahl der Spannungsschwingspiele zu berechnen, die durch Wirbelerregung ausgelöst werden. Mit der Europäischen Norm [1] wird eine Gleichung eingeführt, (E.10), die die Berechnung der Spannungsschwingspielzahl N erlaubt, siehe Gl. (83) bzw. (E.10): ​v​  crit​​ ​v​  crit​​ ​N   2   T    ​n​  y,i​​         ​ϵ​  0​​         ​​ ​  _  ​    ​​​  ​   exp​      ​​ ​  _  ​  ​​​  ​ ​​ ( ​v​  0​​ ) ( ( ​v​  0​​ ) ) 2



2

(83)

Die Anzahl der Spannungsschwingspiele ist abhängig von der geplanten Lebensdauer (E.10), von der Eigenfrequenz der Bauwerks (E.10), von der zugehörigen kritischen Windgeschwindigkeit (s. Abschnitt E.1.3.1) und von dem lokalen Windklima (E.10) am Bauwerksstandort, bei dem der Modalwert der vorliegenden mittleren Windgeschwindigkeit, sowie der Bandbreitenfaktor der Windgeschwindigkeit in die Berechnung mit einbezogen wird. Den Empfehlungen nach [1], E.1.5.2.6, Anmerkung 3, folgend wird der Bandbreitenfaktor zu 0,3 gesetzt, wie dies bereits in der DIN 1055-4:2005-03 [3] geregelt war. Eine untere Grenze N wird nicht mehr angegeben. Eine direkte Berechnungsvorschrift zum Betriebsfestigkeitsnachweis wird in [1] nicht vorgegeben. Hierzu sind geeignete Vorschriften heranzuziehen.

4.3

Beispiele und Bewertung

Dieser Abschnitt gibt einen Überblick über die wichtigsten Literatursammlungen von Daten zu wirbelinduzierten Schwingungen von Stahlschornsteinen in Originalgröße, die die Grundlage für die Entwicklung der Normverfahren bildeten. Dazu gehören: – Pritchards Sammlung von 64 Stahlschornsteinen, veröffentlicht 1984 [50]. Diese Liste von Schornsteinen ist auch in Daly [38] zu finden. Sie bildete die Grundlage für die Entwicklung des Modells von ­Vickery und Basu [64]. – Svend Ole Hansens Sammlung von 35 Schornsteinen, die in [39] und in [42] veröffentlicht wurden; 18 davon sind bereits in der oben erwähnten Pritchard-­ Liste enthalten. – Ruscheweyhs Daten von deutschen Schornsteinen in Originalgröße, beschrieben in [44, 45, 51, 52, 58, 60]. – andere Veröffentlichungen, z. B. [56] und [57]. Insgesamt wurde eine Liste von 96 Schornsteinen zusammengestellt. Für diese Arbeit wurden jedoch nur die Schornsteine ausgewählt, die zuverlässig überwacht und in Veröffentlichungen ausführlich dokumentiert worden sind. Alle Fälle mit unsicheren Parametern und∕​oder Vorhandensein von Interferenzen aufgrund von Gruppenanordnungen wurden verworfen. Die Liste der 27 Schornsteine, die für diese Untersuchung verwendet wurden, ist in Tabelle  7 aufgeführt. Unter ihnen ist die Gruppe der 8 dänischen Schornsteine, die in [39] und [42] aufgeführt sind, von besonderer Bedeutung. Es handelt sich um die Nummern 7–14 in Ta-

610

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

belle  7. Einige dieser Schornsteine (Nr. 7–11) wurden bereits mehrere Jahre zuvor von Frandsen [40] überwacht, und keiner von ihnen zeigte während des langjährigen Betriebs signifikante Schwingungen. Dann, im Winter 1995, traten bei 4 dieser dänischen Schornsteine (Nr. 11–14 in Tabelle 7) sehr starke Schwingungen auf, wie in [39] und [42] dokumentiert. Der extrem kalte Winter und die Stabilität der Atmosphäre während der Nacht bei niedrigen Temperaturen verursachten sicherlich eine sehr geringe Turbulenzintensität. Diese unerwarteten und nicht vorhergesagten Lock-in-Ereignisse erforderten eine Überarbeitung der Berechnungsmethoden und warfen mehrere Fragen auf, die auch heute noch offen sind. Das CICIND – International Committee on Industrial Construction – hat eine konservative Methode zur Vorhersage von Seitenwindschwingungen entwickelt (s. [36]), die die Eurocode-Methode 2 in [1] für unterschiedliche Turbulenzintensitäten erweitert, in Übereinstimmung mit [42]. Das Ergebnis ist jedoch für die Auslegung vieler Schornsteine, die häufigen Lock-in-Ereignissen mit kleinen Schwingungen ausgesetzt sind, äußerst konservativ. Leider wurden die großen Schwingungen der 4 dänischen Schornsteine Nr. 11–14 in Tabelle 7 nur mit dem Auge beobachtet und für die Amplitude wurden Richtwerte wie 0,5 m oder 1,0 m geschätzt. Trotz der Unsicherheit dieser Werte im Originalmaßstab und wegen der Bedeutung der Vorhersage zuverlässiger und realistischer Schwingungen für diese dänischen Schornsteine sind sie in Tabelle 7 enthalten und werden in dieser Arbeit ausnahmsweise berücksichtigt. In Übereinstimmung mit den Literaturangaben wird die Amplitude der Schwingung an der Spitze jedes

Schornsteins als ​​y​  max​​​bezeichnet. In Bild 29 sind die dimensionslosen Schwingungsamplituden (​​y​  max​​  ∕​ b​, wobei b der Durchmesser des Schornsteins ist) der 27 ausgewählten, in Tabelle 7 aufgeführten Schornsteine in Abhängigkeit von der Scrutonzahl dargestellt. Die Scrutonzahl beherrscht die Größe der Amplitude und die Form des Resonanzdurchlaufs bei Lock-in. Jedoch haben weitere Parameter wesentlichen Einfluss auf die Maximalamplituden. Feldbeobachtungen von wirbelerregten Schornsteinschwingungen machen dieses deutlich. Bei gleicher Scrutonzahl unterscheiden sich die Amplituden häufig um ein Vielfaches. Eine Ursache ist die unvermeidliche Unschärfe bei Bestimmung der Strukturdämpfung, die im konkreten Fall durch die Abstrahldämpfung in den Baugrund vergrößert wird. Zusammenstellungen gemessener Dämpfungsdekremente ​ ​finden sich in den bautechnischen Normen. Sie gelten für die Grundbiegeeigenform. Die kleinsten Werte in der Windlastnorm findet man für geschweißte Stahlschornsteine mit ​​ ​  s​​   0,012​. Messwerte [59] ergaben ​​ ​  s​​   0,009​. Es empfiehlt sich, bei kritischem Ermüdungsnachweis unter das Normniveau zu gehen, um die konkrete Auswirkung der Dämpfung auf die Ermüdungslebensdauer zu bewerten. Weiterhin vermindert geringe Windturbulenz die Bandbreite der Wirbelerregung und erhöht dadurch die Amplituden bei Wirbelresonanz. Die Spektralmethode (Gl. (72) bzw. (76)) und die Resonanzmethode (Gl. (57)) werden auf die 27 Schornsteine in Tabelle 7 angewandt. Die für jeden Schornstein vorhergesagten Ergebnisse werden mit den entsprechenden Werten in Originalgröße verglichen und in den Bildern 30 bis 32 dargestellt. Die durchgehende Linie in den

Bild 29. Dimensionslose Schwingungsamplituden der 27 Schornsteine im Originalmaßstab (Nummerierung gemäß Tabelle 7) in Abhängigkeit von der Scrutonzahl. Die quadratischen Markierungen stehen für die mit dem Auge beobachteten Werte. Die kreisförmi­ gen Markierungen stellen gemessene Werte dar (Bild aus [46]).

611



Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

Abbildungen ist die genaue Vorhersage und stellt die Grenze zwischen konservativen und nicht konservativen Vorhersagen dar. Die Vorhersagen sind konservativ, wenn die Marker zum oberen Dreieck gehören ​​​(​y​  max​​  ∕​ b)​​  Natur​​   ​​(​y​  max​​  ∕​ b)​​  Vorhersage​​​ ), nicht konservativ, wenn die Marker zum unteren Dreieck gehö-

ren ​​​(​y​  max​​  ∕​ b)​​  Natur​​   ​​(​y​  max​​  ∕​ b)​​  Vorhersage​​​. In der Tat ist es vernünftig, eine Toleranz von 20 % (gestrichelte Linien) zu berücksichtigen, innerhalb derer die Vorhersage noch als sehr gut übereinstimmend angesehen werden kann.

Bild 30. Mit dem Spektralverfahren vorhergesagte dimensionslose Schwingungsamplituden bei glatter Strömung (​​I​ u​​   0​) für die 27 Schornsteine. Nummerierung gemäß Tabelle 7. Die quadratischen Markierungen stehen für die mit dem Auge beobachteten Werte. Die kreisförmigen Markierungen stellen gemessene Werte dar.

Bild 31. Mit dem Spektralverfahren vorhergesagte dimensionslose Schwingungsamplituden bei turbulenter Strömung (​0   ​I​  u​​    0,15​, variierend für die 27 Schornsteine). Nummerierung gemäß Tabelle 7. Die quadratischen Markierungen stehen für die mit dem Auge beobachteten Werte. Die kreisförmigen Markierungen stellen gemessene Werte dar.

Bezeich­nung des Schorn­ steins

Mitzuschima (Japan)

Chiba (Japan)

Wakayama (Japan)

TNO (Netherlands)

TNO mod (Netherlands)

UK

Himmelev RISO (Denmark)

Nykøbing RISO (Denmark)

Skjern RISO (Denmark)

Brovst RISO (Denmark)

Thyborøn RISO (Denmark)

Aarhus (Denmark)

Odense (Denmark)

Herning (Denmark)

Distillation column (Canada)

Pirna (Germany)

Pirna with damper (Germany)

RWTH Aachen (Germany)

Recklinghausen (Germany)

Nr.

1

2

3

4

5

6

7

8

9

10

11 (*)

12 (*)

13 (*)

14 (*)

15

16

17

18

19

38

28

60

60

80

56

75

56

64

54

45

50

45

55

60

60

83

91,5

90

1,016

0,914

2

2

3,96

1,8

2,4

2,2

2,8

2,2

1,1

2,2

1,26

2,14

1

1,58

4,1

5,13

5,1

37,40

30,63

30,00

30,00

20,20

31,11

31,25

25,45

22,86

24,55

40,91

22,73

35,71

25,70

60,00

37,97

20,24

17,84

17,65

230

89

344

340

5090

386

490

593

1085

834

258

945

341

323

148

233

1360

2010

2090

[kg∕​m]

[m]

[m]

[–]

me

b

h

h∕​b

Masse

Geometrie

1750

499

4128

4080

81440

4327

7344

6640

13888

9007

2322

9450

3069

3553

1776

2796

22576

36783

37620

[kg]

M1

0,0300

0,0150

0,1250

0,0120

0,0160

0,0250

0,0300

0,0300

0,0140

0,0590

0,0340

0,0140

0,0480

0,0150

0,0130

0,0150

0,0377

0,0280

0,0314

[–]

s

Dämp­fung log-dekr.

10,71

2,56

17,20

1,63

8,31

4,77

4,08

5,88

3,10

16,27

11,60

4,37

16,50

1,69

3,08

2,24

4,88

3,42

4,04

[–]

Sc

Scruton­zahl

0,68

1,72

0,77

0,802

0,53

0,49

0,37

0,62

0,578

0,61

0,629

0,919

0,642

1,12

1,375

0,5

1,15

0,68

0,75

[Hz]

f1

Eigen­ frequenz

0,073

0,153

0,025

0,280

0,174

0,278

0,417

0,227

0,357

0,012

0,025

0,016

0,013

0,180

0,400

0,250

0,063

0,057

0,062

[–]

ymax∕​b

0,074

0,140

0,049

0,049

0,690

0,500

1,000

0,500

1,000

0,026

0,028

0,035

0,016

0,385

0,400

0,395

0,258

0,292

0,316

[m]

ymax

Schwing­amplitude

Tabelle 7.  Auswahl von zuverlässig überwachten Schornsteinen in Originalgröße aus Literatursammlungen. (*) Ausnahme: Die Amplitude der Schwingung wird mit dem Auge beobachtet und nicht gemessen. Stattdessen wird in allen anderen Fällen die Schwingung gemessen.

3,50

7,90

7,70

8,00

10,50

4,40

4,40

6,80

8,40

6,70

3,50

10,10

4,04

12,00

6,90

3,95

23,60

17,30

20,00

[m∕​s]

Windge­schwin­dig­ keit bei ymax

612 10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

n∕​a 0,090 0,124 0,52 14,00 1082 155

0,0300

18,30 0,800 0,133 0,61 3,06 32786 1639

0,0420

n∕​a

n∕​a 1,200

0,760 0,290

0,200 0,51

0,55 1,87

1,92

8151 535

0,0150

40320 1440

0,0300

n∕​a 0,071 0,070 1,3 8,65 1904 328

0,0170

9,00 0,380 0,089 0,425 3,25 60538 3057

0,0120

0,600 0,122 0,49 2,90 58024 2418

0,0180

0,500 0,250 0,75 1,63 3532 340

0,0120

12,00

Wirbelerregte Schwingungen bei Türmen und Masten

8,00



613

Bild 30 zeigt die Vorhersagen der Spektralmethode für eine glatte Strömung, d. h. für den Idealfall ​​I​ u​​    0​, der dem ursprünglichen Spektralverfahren in [1] entspricht. Die Vorhersagen sind weitgehend konservativ. Obwohl das in [6] empfohlene Spektralverfahren die Berücksichtigung der Turbulenzintensität erlaubt, bleiben die Vorhersagen für die meisten Schornsteine sehr konservativ, selbst wenn die Strömung turbulent ist (​ 0   ​ I​  u​​   0,15​, Bild 31). In Bild 31 variiert der Wert von ​​I​ u​​​ in dem Bereich ​0   0,15​für jeden Schornstein, um die beste Übereinstimmung mit dem Schwingamplitude in Originalgröße zu erzielen. Bild  32 zeigt die Anwendung der Resonanzmethode auf Schornsteine im Originalmaßstab. Die Resonanzmethode ist in den meisten Fällen realistisch, aber in 25 % der Fälle ist sie zu unsicher. Insbesondere die Vorhersagen für die Schornsteine 5, 11, 12, 13, 14 und 15 sind untergeschätzt. Wie bereits erwähnt, wird der aeroelastische Effekt bei dieser Methode durch den Faktor ​​K​  w​​​berücksichtigt. Sein tatsächlicher Wert muss durch Iteration berechnet werden und ist per Definition kleiner oder gleich 1, obwohl er im Eurocode auf die Obergrenze von 0,6 begrenzt ist. Dennoch würden die Schwingungen dieser Schornsteine selbst dann zu gering bleiben, wenn in Gl. (56) der höchste Wert ​​K​ W​​    0,6​ (oder sogar 1) angenommen würde. Dies bedeutet, dass der Faktor ​​K​  w​​​nicht immer ausreicht, um die aeroelastischen Effekte zu modellieren. Bild 33 zeigt die Hochrechnung der maximalen Schwingungsamplituden der 27 Schornsteine nach der Spek­ tralmethode mit der vorgeschlagenen neuen Kurve nach Gl.  (80) und (81). Die Parameter und insbesondere der Exponent ​ ​, der die Krümmung der Funktion bestimmt, werden aus den Experimenten in [47] auf der sicheren Seite ermittelt. Es werden die folgenden Werte verwendet:

48,08 0,728

16,67 6

23,33

29,08 2,62

6

28,54 1,016

23,29 4,25

24,49 4,9

2

26,00

​​K​  a,max​​   5​ ​​a​  L​​    0,4​ ​    0,1​ Bild 33 zeigt, dass die Überschätzung durch die parabolische Kurve beseitigt ist.

Varberg (Sweden) 27

35

Cypern 26

100

Pittsburg (USA) 25

76,2

Duisburg (Germany) 24

140

RWTH Aachen (Germany) 23

29

Example 3 in Ruscheweyh 95 22

99

Thyssen (Germany) 21

120

Example 1 in Ruscheweyh 95

52

4.4

20

(84)

Anwendung für Türme in Gruppenanordnung

Wirbelinduzierte Schwingungen sind auch für Türme in Gruppenkonfigurationen von Bedeutung. Der Eurocode berücksichtigt die Interferenzeffekte von wirbelinduzierten Schwingungen für Türme in Gruppenanordnung durch Verringerung der Strouhalzahl und Erhöhung des Auftriebskoeffizienten. Türme in engen Gruppenanordnungen können ebenfalls für Interferenzschwingungen anfällig sein. Der Eurocode enthält eine Gleichung zur Berechnung der Einsetzgeschwindigkeit für Interferenzgalloping, die auf dem Abstand zwischen den Türmen, der Scrutonzahl und einem Instabilitätsparameter basiert (s. [1], E.3).

614

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bild 32. Mit dem Resonanzverfahren vorhergesagte dimensionslose Schwingungsamplituden bei turbulenter Strömung. Nummerie­ rung gemäß Tabelle 7. Die quadratischen Markierungen stehen für die mit dem Auge beobachteten Werte. Die kreisförmigen Markie­ rungen stellen gemessene Werte dar.

Bild 33. Dimensionslose Schwingungsamplituden, vorhergesagt durch die Spektralmethode unter Verwendung einer positiven Krümmung des aerodynamischen Dämpfungsparameters (​0   ​I​  u​​   0,15​, variierend für die 27 Schornsteine). Nummerierung gemäß Tabelle 7. Die quadratischen Markierungen stellen nach Augenmaß beobachtete Werte dar. Die kreisförmigen Markierungen stellen gemessene Werte dar.

Eine praktische Regel zur Behandlung des Problems des Interferenzgallopings bei Schornsteinen in Gruppenanordnung besteht darin, sie zu koppeln. Das Interferenzgalloping kann durch eine geeignete Kopplung

zwischen den Zylindern unterdrückt werden. Andererseits kann es zu klassischem Galoppieren kommen. Diesem kann durch eine Erhöhung der Dämpfung begegnet werden.



Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand

Die derzeitige steigende Nachfrage der Windkraftindustrie, insbesondere nach dem Transport von Türmen für Offshore-Windkraftanlagen, hat jedoch in letzter Zeit darauf hingewiesen, das Thema zu vertiefen. Die Lösung, die Türme miteinander zu koppeln, um das Interferenzgalloping zu unterdrücken, ist für die Trag­ strukturen von Offshore-Windturbinen nicht praktikabel, wenn sie auf dem Meer transportiert werden, da es schwierig ist, sie während der Installation wieder abzutrennen. Daher bleibt die Erhöhung der Scrutonzahl durch externe Dämpfer das einzige Mittel, um das Auftreten von Interferenzgalloping zwar nicht zu unterdrücken, aber zumindest bei ausreichend hohen reduzierten Geschwindigkeiten zu verzögern. Aufgrund der relativ kleinen Eigenfrequenzen, die für Stahltürme typisch sind, und der Notwendigkeit, Türme unter Berücksichtigung aller möglichen Wetterszenarien, einschließlich hoher Windgeschwindigkeiten, zu planen, bedeutet dies eine Extrapolation des derzeitigen Eurocode-Ansatzes für Interferenzgalloping bei sehr hohen reduzierten Geschwindigkeiten und hohen Scrutonzahlen. Dieser Anwendungsbereich ist weitaus umfangreicher als der übliche Bereich, der für den Entwurf von Stahlschornsteinen von Interesse ist. Darüber hinaus müssen viel mehr Konfigurationen von Türmen in Gruppenanordnungen berücksichtigt werden. Bei Türmen mit kleinen Abständen (​a ∕​ b    2,5​, wobei ​a​ der Achsenabstand ist) können sich die beiden Phänomene der wirbelinduzierten Schwingungen und des Interferenzgallopings weiter überlagern. Dies kann die Schwingung weiter verstärken. Durch Erhöhung der Scrutonzahl wird das Einsetzen des Interferenzgallopings bei höheren reduzierten Geschwindigkeiten verzögert, die viel höher sind als die kritische Geschwindigkeit der Wirbelresonanz. Andererseits ist auch zu berücksichtigen, dass bei Türmen, die in geringem Abstand zueinanderstehen, mehrere Wirbelfrequenzen auftreten können. Die kleinste Strouhalzahl kann auch kleiner als 0,1 werden. Je kleiner die Strouhalzahl ist, desto höher muss die Einsetzgeschwindigkeit des Interferenzgallopings sein, um eine Interferenz zwischen den beiden Phänomenen zu vermeiden. Diese Bedürfnisse und Herausforderungen erfordern die Entwicklung fortschrittlicher Anwendungsmethoden in naher Zukunft.

5

Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand

5.1

Stahlverbundbrücken im Taktschiebeverfahren

Die Balkenbrücke hat sich bis heute hinsichtlich Eignung und Wirtschaftlichkeit bei kleineren bis mittleren Spannweiten als Haupttragwerk, zur Überbrückung größerer Entfernungen als mehrfeldriger Durchlaufträger bewährt. Stahl- und Stahlverbundbauweisen gewin-

615

nen hierbei aufgrund ihres gegenüber Massivbrücken geringeren Eigengewichts wieder an Bedeutung, da sie größere Stützweiten ermöglichen. Balkenbrücken sind gekennzeichnet durch eine deutliche Trennung von Überbau, dem Brückenträger, und Unterbau, den Pfeilern und Widerlagern, was sich besonders auch bei ihrer Errichtung widerspiegelt. Hierzu hat das in der Mitte der 1960er-Jahre entwickelte Taktschiebeverfahren eine breite Anwendung für die Montage von Stahlverbundbrücken gefunden, um eine Brücke über schwer zugängliche Hindernisse, wie tiefe Täler, ökologisch sensible oder historisch geschützte Gebiete, zu bauen. Dabei wird der Überbau in Abschnitte geeigneter Länge eingeteilt, die nach ihrer Fertigstellung auf dem Vormontageplatz jeweils mittels spezieller Verschubanlagen über den zuvor hergestellten Pfeilern eingeschoben werden. Um Durchbiegungen und Beanspruchungen beim Verschub auf erträglichem Niveau zu halten, wird häufig ein Vorbauschnabel eingesetzt oder auch der vordere Kragarmbereich noch ohne Fahrbahnplatte ausgestattet. Während des Einschiebens tritt für begrenzte Zeit der Zustand auf, dass der auskragende Brückenträger kurz vor Erreichen des nächsten Pfeilers eine maximale Kraglänge erreicht, wie in Bild 34 dargestellt. Aus aerodynamischer Sicht handelt es sich um einen aus zwei Gründen besonders ungünstigen Zustand. Die Grundfrequenz des gesamten Tragwerksystems wird durch den langen Kragarm erheblich verringert. Zum Beispiel erreichte die erste Biegefrequenz bei der Talbrücke Nuttlar in dieser Phase etwa 0,34 Hz, nach Erreichen des Pfeilers erhöhte sich die Eigenfrequenz wieder auf etwa 0,9 Hz [14]. Bei einer anderen Brücke, der Aftetalbrücke, ebenfalls in Deutschland, liegt die niedrigste erste Biegefrequenz während der Einschubphase bei etwa 0,4 Hz [15]. Die Folge der deutlich verringerten Eigenfrequenz des Systems ist die erhöhte Anfälligkeit für Schwingungsanregung durch Wind. Einerseits hat die Turbulenz des natürlichen Windes mehr Energie im niedrigen Frequenzbereich verteilt (siehe z. B. die von Davenport [17] gemessenen Turbulenzspektren), sodass Strukturen mit niedrigeren Eigenfrequenzen im Allgemeinen empfindlicher auf denselben einfallenden Wind reagieren. Von höherer Bedeutung ist die Folge der niedrigeren Eigenfrequenz für aeroelastische Phänomene. Für die Brücke Nuttlar ergab der Windkanalversuch im Montagezustand eine Strouhalzahl St 0,07 in turbulenter Strömung [14]. Bei einer Höhe des Brückendecks von 5 m ergibt sich eine kritische Windgeschwindigkeit für wirbelinduzierte Schwingungen von ​​v​  crit​​   24 m ∕​ s​kurz vor Erreichen des Pfeilers und v​  ​​ crit​​   64 m ∕​ s​nach Aufsetzen auf den Pfeiler. Die Bemessungswindgeschwindigkeit für das Nuttlar-Viadukt beträgt 33 m∕​s. Offensichtlich ist die dynamische Erregung durch natürlichen Wind relevant und sollte bei Brücken im Taktschiebeverfahren berücksichtigt werden. Zudem ist der verschobene Querschnitt in den genannten Fällen ein offener Querschnitt, da aus Gewichts-

616

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

(Angaben in m) Bild 34. Aftetalbrücke, Taktschiebeverfahren, unter Verwendung von Projektunterlagen (vgl. auch [16])

gründen die Betonplatte nicht mitgeschoben wird (s. Bild 35a und b). In der Regel ist der offene Querschnitt anfälliger für aeroelastische Instabilitäten, insbesondere für Galloping. Um einen aerodynamisch günstigeren Querschnitt zu erzeugen und damit Galloping zu vermeiden, wurde die aerodynamische Kontur der Aftetalbrücke über die vorderen 90  m während der Bauphase mit einer temporären Holz- und Folienverkleidung vollständig verändert (Bild 35c) [16]. Während des Taktschiebeverfahrens können wirbelerregte Schwingungen und Galloping gleichzeitig auftreten. Eine wesentliche Rolle bei der weiteren Betrachtung dazu spielt die Scrutonzahl, die eine dimensionslose Repräsentation der Strukturdämpfung ist. Anhand mehrerer Beispiele von Stahlverbundbrücken, die im Taktschiebeverfahren errichtet wurden, ist in Tabelle 8 eine Übersicht typischer Scrutonzahlen gezeigt. Die Sammlung beschränkt sich auf Fälle mit sehr großen Hauptspannweiten und kastenförmigen Querschnitten. Ohne die Betonplatte hat der Überbau in der Regel die Form eines rechteckigen oder trapezförmigen Kastens. In einigen Fällen ist die Oberseite des Stahlkastens offen, was typisch ist für Verbundbrücken. Das Seitenverhältnis b∕​d, hier definiert als Gesamtbreite zu Höhe des Querschnitts, liegt in einem Bereich von 1,6 bis 2,9 (mit Ausnahme des Vaux-Viadukts). In diesem Bereich kann Galloping auftreten (bei rechteckigen Querschnitten ist Galloping bei einem Seitenverhältnis von etwa 0,75 b∕​d 3,0 möglich [18]). Darüber hinaus wurde das Massenverhältnis m* der Brückenträger während des Taktschiebens zwischen 500 und 815 ermittelt, (​​m​​ *​  m ∕(​​ 0,5       ​d​​  2)​ ​​, wobei m die Masse des Trägers pro Me-

ter ist und die Luftdichte). Die Angaben zur Dämpfung sind für diese Brücken jedoch nur schwer zu erheben. Daher wird hier für alle Fälle eine logarithmische Dämpfung ​​ ​  0​​   0,03​angenommen. Für geschweißte Stahlkonstruktionen ist dieser Wert angemessen. Die so ermittelten Werte für die Scrutonzahl S ​ c   ​ ​  0​​ ​m​​  *​​ für diese Brücken liegt bei etwa 15 bis 25. Da zudem das Massenverhältnis durch „​​d​​  2​ "​und nicht durch „​bd​“ definiert ist, ist die hier ermittelte Scrutonzahl tatsächlich recht niedrig. Dies bedeutet, dass die Interaktion von Galloping mit Wirbelerregung für Stahlverbundbrücken im Taktschiebeverfahren wahrscheinlich sehr relevant ist.

5.2

Hochmoselbrücke bei Ürzig

Mit der Hochmoselbrücke ist vor Kurzem eines der größten Brückenbauprojekte in Mitteleuropa fertiggestellt worden. Sie ist Teil der neuen B50, die das Autobahnkreuz A60∕​A1 bei Wittlich mit der A61 bei Rheinböllen autobahnähnlich verbinden soll. Sie quert im Bereich der großen Moselschleife zwischen Traben-Trarbach und Bernkastel-Kues das bis zu 200 m tiefe Moseltal. Ein Planungsziel für den Bauwerksentwurf war es, den optischen Eingriff in das Landschaftsbild so dezent wie möglich zu halten, weswegen eine vergleichsweise schlichte Balkenbrücke aus Stahl gewählt wurde. Mit elf Feldern und Stützweiten zwischen 105  m und 210  m (vgl. Bild  36) wird eine Gesamtlänge von rund 1,7  km überbrückt. Im Grundriss verläuft die Brücke ungefähr von Westnordwest nach Ostsüdost gerade über das Moseltal in einer Höhe von rd. 160  m über Mittelwasser. Die Überbauhöhe variiert zwischen

Bild 35. Querschnitte der Aftetalbrücke; a) vollständiger Verbundquerschnitt im Endzustand, b) offener Stahl-Trapezquerschnitt im Taktschiebeverfahren ohne Fahrbahndecke, noch ohne Modifikation, c) aerodynamisch modifizierter Stahl-Trapezquerschnitt mit temporären Verkleidungen während der Einschubphase, unter Verwendung von Projektunterlagen (vgl. auch [16])



Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand

617

Tabelle 8.  Beispiele für Stahlverbundbrücken, die im Taktschiebeverfahren errichtet wurden [19] Built year

Section type a)

Main span

d

b∕​d

m

m*

0

[m]

[m]

[–]

[ton∕​m]

[–]

[–]

[–]

Vallsundet Bridge

1998

Trap. (open)

80

2,8

1,8





0,03



Vaux Viaduct

1999

Rect.

130

3,5–6,5

1,0–1,8

5,2

674

"

20,2

Verrières Viaduct

2002

Rect.

144

4,5

1,6

8,6

680

"

20,4

Haseltal Bridge

2006

Trap.

175

4,7

1,7

11,4

815

"

24,5

b)

c)

Sc d)

Loehkov R l Bridge

2010

Trap. (open)

99

4,8

2,8

11,1

767

"

23,0

Jiubao Bridge

2012

Trap. (open)

85

4,5

2,9

8,4

663

"

20,0

Nuttlar Viaduct

2017

Trap.

115

5,0

2,5

11,0

704

"

21,2

Heidingsfeld Viaduct

2020

Trap.

120

4,6

2,0

7,5

571

"

17,2

Aftetal Bridge

2020

Trap. (open)

119,5

5,0

2,0

7,7

500

"

14,8

Querschnitt während des Verschubs. „Trap.“ Ist ein trapezförmiger, und „Rect.“ ein rechteckiger Querschnitt. Mit „(open)“ wird zusätzlich ein offener Querschnitt gekennzeichnet. gemittelter Wert c) Annahme a)

b)

5,63  m und 8,15  m. Die relativ schlanken Stahlbetonpfeiler weisen Höhen von 20,78  m bis zu immerhin 150,72 m auf. Die Montage des Überbaus der Hochmoselbrücke erfolgt im Taktschiebeverfahren vom östlichen Widerlager aus. Aus statischen Erwägungen werden die ersten vier Schüsse von rd. 95  m Länge ohne die seitlichen Ausleger als Kastenquerschnitt belassen. Je nach Verschubposition kragt damit entweder ein reiner Kastenquerschnitt oder der Kasten gefolgt um einige Schüsse mit seitlichen Auslegern frei aus. Die Verschubwege in den insgesamt 14 Verschubphasen bedingen sich wesentlich aus den Stützweiten der Pfeiler und liegen zwischen 91 m bis maximal 183 m. Die größte Auskragung in einer Anbauphase beträgt rd. 92 m. Die ARGE Hochmoselquerung hatte auf Grundlage von Untersuchungen zum Verhalten des vorderen rechteckförmigen Kragträgers den Überbau beim Verschub als anfällig gegenüber Biegegallopingschwingungen eingestuft. Zudem wurde eine erhöhte Querschwingungsanfälligkeit infolge Wirbelerregung ermittelt. Beide Einschätzungen gründeten sich auf rechnerischen

Bild 36. Hauptfeldlängen der Hochmoselbrücke

Betrachtungen unter konservativen, literaturgestützten Grundannahmen. Aufgabe der Windkanaluntersuchung im Grenzschichtwindkanal der Ruhr-Universität Bochum war es daher, die Windwirkungen in den Montagezuständen experimentell zu bestimmen und gegebenenfalls Abhilfemaßnahmen zu entwickeln. Die Windkanalversuche erfolgten an starren Abschnittsmodellen im geometrischen Maßstab 1:120. Die Bauhöhe des modellierten Kastens betrug b    48  mm (5,76  m), die Deckbreite ohne Ausleger d    92  mm (11,04 m). Dokumentierte Messungen an einem Rechteckquerschnitt mit einem Verhältnis Tiefe∕​Breite von 2,0 ließen erwarten, dass die Anströmturbulenz die Anfälligkeit zum Biegegalloping heilt (Bild  37a). Vergleichsmessungen bestätigten diese Charakteristik (Bild 37b). Weitere Untersuchungen inklusive der Voute sowie mit Modellvarianten dreidimensionaler Strömung, d. h. mit freiem Ende des Kragträgers und mit abgestuftem Überbau, ließen insgesamt den Schluss zu, dass mit dem zu erwartenden Windturbulenzniveau unter Starkwindbedingungen keine Biegegallopingproblematik vorliegt.

618

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

a) b) Bild 37. a) Kraftbeiwerteverläufe ​​c​  ​F​ y(​​​​​ α)​​in Abhängigkeit der Anströmturbulenz für den Rechteckquerschnitt; b​  ∕​ h   2​aus [76], b) Messungen mit ​d ∕​ b   1,92​im Grenzschichtwindkanal der Ruhr-Universität Bochum [108]

Es bestätigte sich jedoch, dass der rechteckige Kastenträger eine vergleichsweise schmalbandige Wirbelablösung zeigt (mit St   0,073 beschriftete Kurve in Bild 38). Die dazugehörigen, kritischen Windgeschwindigkeiten werden am Standort häufig erreicht. Von daher war zu erwarten, dass die verschiedenen Montagezustände ohne weitere Zusatzmaßnahmen von zum Teil erheblichen Resonanzschwingungen quer zum Wind beeinträchtigt sind. Für kreiszylindrische Strukturen sind verschiedene Abhilfemaßnahmen bekannt, z. B. Scruton-Wendeln oder aufgesetzte Störstreifen, die den Wirbelerregungsprozess sehr wirkungsvoll stören. Bei diesem scharfkantigen Rechteckquerschnitt zeigten viele ähnliche Ansätze, die technisch machbar sind, jedoch kaum Wirkung. Als sinnvolle Abhilfemaßnahme konnte letztlich ein asymmetrischer Vorsatzkeil empfohlen werden, der einerseits die Erregerfrequenzen günstig verschiebt und dabei auch die Erregerkraft reduziert (mit St1    0,04 und St2    0,181 beschriftete Kurve in Bild  38). Auf diese Weise waren Schwing­ amplituden und resultierende Massenträgheitskräfte auf ein erträgliches Maß reduzierbar. Zudem zeigte der Querschnitt so auch ein insgesamt günstiges Galloping-Verhalten. Die bis zu rd. 150  m hohen Pfeiler stehen nach ihrer Fertigstellung zunächst als Kragarm. Den windinduzierten Zusatzbelastungen aus Böenerregung und Wirbelerregung halten sie so stand. Die zur Herstellung eingesetzte Kletterschalung musste jedoch infolge der Veränderlichkeiten der Pfeilergeometrie sehr variabel gestaltet werden. Hiermit einher gingen erhöhte Restriktionen gegenüber Beschleunigungen des Pfeilers, die bei den eingeschätzten Resonanzschwingungen aus Wirbelerregung in jedem Fall übertroffen würden. Die Pfeilergeometrie ist vom Kopf aus nach unten konstruiert. In Brückenquerrichtung betrachtet weiten sich die Pfeiler ausgehend von einer Breite von 3,9 m am Kopf

mit einem linearen Anzug von 80:1 auf. In Brückenlängsrichtung betrachtet liegt eine annähernd hyperbolische Form vor mit einer Abmessung von 13,4 m am Pfeilerkopf sowie einer geringsten Breite in der Taille von 9,5  m. Diese liegt bei den längeren Pfeilern bei 47,5 m unterhalb des Pfeilerkopfes. Es wurde erwartet, dass sich die veränderliche Pfeilerform in gewissem Umfang günstig, d. h. lastmindernd, auf die Wirbelerregerkräfte auswirkt. Zur Klärung und gegebenenfalls Entwicklung von Abhilfemaßnahmen wurden weitere experimentelle Versuche angestrengt. Für die Windkanaluntersuchung ist vom Pfeiler 4 ein im geometrischen Maßstab 1:150 verkleinertes, starres Modell erstellt worden. In insgesamt 12 Messquerschnitten wurde die Windeinwirkung in Form von wind­ induzierten Oberflächendrücken erfasst. Eine spek­trale Auswertung der daraus integrierten Kräfte quer zur Windrichtung zeigte, dass unterhalb einer gestörten Kopfüberströmung in jedem Fall Bereiche korrelierter Wirbelablösung entstehen, bei Anströmung auf die breite Seite zudem auch sehr schmalbandig. Bild 39 zeigt den Verlauf der mit der projizierten Breite b ermittelten Strouhalzahl entlang eines Quadranten der doppeltsymmetrischen Geometrie. Die Wirbelerregung blieb auch in den Messungen inklusive der oben aufgesetzten, maßstäblichen Kletterschalung fast unverändert erhalten. Bedingt durch die hohen Restriktionen gegenüber Wirbelresonanzschwingungen mussten damit für die höheren Pfeiler in den Achsen 2 bis 8 Zusatzmaßnahmen ergriffen werden. Der Einsatz von Schwingungsdämpfern zeigte sich dabei nicht als zielführend, sodass erneut die Störung der Wirbelerregung in den Fokus geriet. Die Problematik scharfkantiger Rechteckquerschnitte wurde in diesem Fall noch ergänzt durch die allseitige Anströmbarkeit der vertikal stehenden Pfeiler. In Zusammenarbeit mit dem Schalungshersteller wurde



Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand

619

Bild 38. Veränderung des Wirbelerregungsspektrums durch Vorsatzkeile [108]

Bild 39. Im Bochumer Grenzschichtwindkanal gemessene Wirbelablösefrequenzen und Strouhalzahlen in Abhängigkeit der Anström­ richtung für einen Rechteckquerschnitt mit ​​b​ x​​  ∕​ ​b​  y​​   1,87​[108]

letztlich eine praktisch umsetzbare Lösung gefunden, die den Wirbelerregungsprozess sehr wirkungsvoll stört. In optimaler Anordnung der vorgehängten, wechselseitig um die Ecke laufenden Gerüstkuben zeigte sich in den Spektren der gemessenen Liftkraft eine fast vollständige Auslöschung periodischer Krafterregung (Bild 40).

5.3

Aftetalbrücke bei Bad Wünnenberg

Die Aftetalbrücke überführt die Bundesstraße B480 in einer neuen Ortsumgehung westlich der Stadt Bad Wünnenberg. Sie überspannt das Aftetal in nordsüdlicher Richtung in einem Bogen von ca. 1,5 km Radius bis zu einer Höhe von ca. 72  m über Talgrund. Die 850 m lange Balkenbrücke ist auf insgesamt 6 Pfeilern abgelegt. Die Feldweiten variieren zwischen 94 m in den kürzeren Randfeldern und 119,5  m in den Hauptfel-

dern (Bild 34). Der tragende Überbau in Stahlverbundbauweise ist für die vierspurig angelegte Strecke 16,35 m breit (Bild 41). Bei der Überbaumontage im Taktschiebeverfahren, vom nördlichen Widerlager beginnend, sollte lediglich der Stahlüberbau ohne die Stahlbetonfahrbahnplatte vorgeschoben werden. Der in Bild 41 dargestellte Querschnitt ist damit nach oben offen und mit einem Seitenverhältnis von mittlerer Deckhöhe b   5,0 m zu mittlerer Decktiefe d    9,575  m relativ gedrungen. Die Hauptträgerstege des stählernen U-Querschnitts sind um ca. 14° aus der Lotrechten geneigt und längs der Brücke am horizontalen Bodenblech sowie dem äußeren Obergurtblech voutenförmig abgeschlossen. Das leichte Quergefälle nach Westen von konstant 3 % wird durch unterschiedliche Höhen der Stege erreicht. In den bis zu zwei Monate andauernden Anbauphasen kragt der Überbau nicht weiter als ca. 60 m aus. Insbe-

620

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

a) b) Bild 40. a) Verminderung des Wirbelerregungsprozesses beim Klettern der Pfeiler durch vorgehängte Gerüstkuben, b) Messergebnisse am Modell im Bochumer Grenzschichtwindkanal [108]

Bild 41. Stahlverbundquerschnitt der Aftetalbrücke, unter Verwendung von Projektunterlagen [108]



Minderung der Schwingungen von Brückenüberbauten im Bauzustand

sondere bei den typischerweise mehrere Tage andauernden Verschubphasen mit maximaler Auskragung von bis zu 119,5 m inklusive eines ca. 30 m langen Vorbauschnabels ist eine erhöhte Anfälligkeit der Überbaus gegenüber winddynamischen Effekten gegeben. Für den maßgebenden Verschubzustand wurden die Eigenfrequenzen der ersten Biege- und Torsionseigenform des Kragarms zu 0,405  Hz bzw. 0,694  Hz ermittelt. Beide Werte sind damit nicht nur vergleichsweise niedrig, sondern mit einem Verhältnis von 1,71 auch recht nah beieinander. Rechnerische Voruntersuchungen ließen sehr niedrige Einsetzgeschwindigkeiten für Biegegalloping erwarten. Neben der Feststellung möglicher Zusatzbeanspruchungen durch wirbelerregte Querschwingungen lag der Fokus der Windkanalversuche daher besonders auch auf der Überprüfung aeroelastischer Instabilitäten. Im ersten Schritt wurden im Bochumer Grenzschichtwindkanal stationäre Messungen der Windeinwirkungen an einem starren Holzmodell im geometrischen Maßstab 1:75 durchgeführt. Die dreidimensionale Kopfüberströmung wurde inklusive des maßstäblich abgebildeten Vorbauschnabels erfasst. In mehreren Messquerschnitten wurde die Windeinwirkung als Druck gemessen und zu den Windkräften und zum Windmoment bezüglich des Drehpols integriert. Die Beiwerte sind bezogen auf die mittlere Tiefe ​​d​ m​​​. Auffällig zeigte sich erneut der starke Einfluss der Windturbulenz, aber auch die Asymmetrie der Schenkel bei Anströmung aus Westen oder Osten (Bild 42).

621

Für die Querkraft zeigen sich um die Horizontalstellung     0° durchweg negative Steigungen, was eine Biegegalloping-Anfälligkeit bedeutet. Bei turbulenter Windanströmung ergibt sich eine sehr geringe Einsetzgeschwindigkeit für Biegegallopingschwingungen, die in einer Höhe von ca. 72  m über Talgrund in keinem Fall auszuschließen ist: 2   1,745 ​​v​  CG,y​​     ​ _  ​     9,575   0,405     8,0 m ∕​ s​ 1,6

(85)

Die grundsätzliche Charakteristik des Windmoments​​ dc​  M​​  ∕​ ​d ​  0 ​​    0​ließ auch eine Anfälligkeit für Torsionsgalloping erwarten. Zur Ermittlung der Einsetzgeschwindigkeit für Torsionsschwingungen wurden dynamische Versuche vollzogen. Der genutzte Freischwingversuchsstand (Bild  43a) lässt die zwei Freiheitsgrade Biegung und Torsion zu, deren Frequenzen sich jeweils getrennt über entsprechende Federn einstellen lassen. Die Bewegungsamplituden der beiden Freiheitsgrade werden über laseroptische Wegmess-Systeme aufgezeichnet. Das speziell für diesen Versuchsstand hergestellte Abschnittsmodell des Brückenüberbaus ist im Maßstab 1:75 hergestellt und hat eine Länge von 80 cm. Die Modellachse im Versuchsstand liegt im Drehpol des Querschnitts. Messungen erfolgen jeweils mit konstanter Anströmgeschwindigkeit, die gesteigert wird, bis gegebenenfalls stabile Galloping-Schwin­gungen einsetzen. Die Zeitreihen der Torsionsschwingung werden dann statistisch ausgewertet sowie auch jeweils das Gesamtdämpfungsmaß ​​ ​  a​​   ​ ​  s​​​ ermittelt. Bild  43b zeigt

Bild 42. Veränderung von Querkraft- und Momentenbeiwert, ​​c​ Fy​​​(α)​​ bzw. ​​c​  M​​​(α)​​, für den oben offenen Stahlhohlkasten der Aftetal­ brücke bei Queranströmung aus Westen bzw. Osten mit unterschiedlicher Windturbulenz [108]

622

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

a) b) Bild 43. Prüfung der Torsionsgalloping-Anfälligkeit im Freischwingversuchsstand des Bochumer Grenzschichtwindkanals [108]

Ergebnisse für die etwas ungünstigere Anströmung aus Osten, aufgetragen über ​​u​  red, ​​   v ∕​​(​n​  ​​   ​d​  m​​)​​. Grundsätzlich bestätigten die Versuche, dass sich bei diesem Querschnitt die Windturbulenz hinsichtlich Torsionsgalloping negativ auswirkt, im Gegensatz zum Biegegalloping. Mit der beobachteten Einsetzgeschwindigkeit lässt sich der Exzentrizitätsparameter ermitteln zu

frequenz auf einen signifikant höheren Wert von​​ n​  1, ​​   1,695 Hz​verschiebt, und 2. eine Verbesserung der Anfälligkeit gegenüber winddynamischen Effekten durch beidseitig angeordnete, aerodynamische Verkleidungen, deren Wirksamkeit in ergänzenden Windkanalversuchen getestet wurde.

2   ​Sc​  ​​ 1 _ ​ (​ ​I​  u​​    5 %)​    ​ _  ​     0,3​    ​ ​      ​u​  red, ​​  ​dc​  M​​  ∕​ d

(86)

5.4

2   ​Sc​  ​​ 1 ​ (​ ​I​  u​​    12 %)​     ​ _  ​     0,4​    ​   ​  _    ​u​  red, ​​  ​dc​  M​​  ∕​ d

(87)

Damit sind im maßgebenden Verschubstand der Aftetalbrücke beim Verschub mit einem oben offenen Stahlhohlkasten in turbulenter Windanströmung auch Torsionsgallopingschwingungen bei vergleichsweise niedriger Windgeschwindigkeit zu erwarten: 2   0,418 ​​v​  CG, ​​    ​ _ ​    9,575   0,694     13,9 m ∕​ s​ 0,4   1,0

(88)

Zwei Maßnahmen wurden letztlich vorgesehen, um den Überbau beim Verschub zu sichern: 1. konstruktiv ein in der Obergurtebene angeordneter, fachwerkartiger Horizontalverband, der die Torsionssteifigkeit des offenen Trapezkastens erhöht und damit die Torsionseigen-

Modifikation des Vorbauschnabels zur Unterdrückung der Anregung

Es wurde auch untersucht, wie die kombinierte Wirbel­ erregung-Galloping-Instabilität auf effiziente Weise unterdrückt werden kann. Insbesondere die aerodynamischen Optimierungen am Vorbauschnabel könnten genutzt werden. Die aerodynamischen Eigenschaften eines Vorbauschnabels in verschiedenen Ausführungen wurden im Windkanal untersucht (s. Bild 44). Die Ergebnisse wurden in die in Bild 44 dargestellten Opimierungsstufen integriert [29]. Es zeigt sich, dass der Vorbauschnabel durch seine großen Schwingungsamplituden an der Spitze des Verschubs wesentlichen Einfluss auf die aerodynamische Anregung hat. Eine Modifikation des Vorbauschnabels durch das in Bild 44 gezeigte Schließen der oberen (c) oder der oberen und unteren (d) Ebene kann bereits die Anregung wesentlich positiv beeinflussen.



Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

623

a) b)

c) d) Bild 44. a, b Versuch im Braunschweiger Windkanal an einem Vorbauschnabel; c, d aerodynamische Optimierung des Vorbau­ schnabels [29]

6

Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

6.1

Grundlagen zur numerischen Modellierung und Simulation der Windströmung

Die grundlegenden strömungsmechanischen Erhaltungsgleichungen, die Navier-Stokes-Gleichungen, bestehend aus Transportgleichungen für Masse und Impuls, beschreiben einen Strömungsvorgang vollständig in Raum und Zeit. Dieses System aus nichtlinearen, gekoppelten Differenzialgleichungen zweiten Grades ist jedoch derzeit nicht analytisch lösbar [78]. Die Annäherungen an die Lösung dieser Gleichungen mithilfe von Diskretisierungsverfahren, die für den Computer lösbare algebraische Gleichungssysteme auf der Basis eines Rechengitters (also eine Unterteilung des Strömungsgebiets in Teilgebiete mit endlicher Ausdehnung) erstellen, werden als numerische Strömungsmechanik (engl. Computational Fluid Dynamics oder CFD) bezeichnet. Hierbei gibt es verschiedene Diskretisierungsverfahren und Lösungstechniken, die jeweils spezifische Eigenschaften haben. Zur numerischen Lösung der Strömungsproblemstellungen können beispielsweise die Finite-Elemente-Methode (FEM) (siehe z. B. [79–81]), die Finite-Differenzen-Methode (FDM), die Finite-Volumen-Methode (FVM) [82, 83] oder auch Partikelmethoden wie die Lattice-Boltzmann-Methode (LBM) (siehe z. B. [81, 84]) zum Einsatz kommen. Aufgrund der sehr unterschiedlichen Eigenschaften und

Umsetzungen ist es schwierig, eine generelle Aussage über die bestgeeignete Methode zu treffen. Bei den im Folgenden dargestellten numerischen Beispielen wurde die FVM eingesetzt, weswegen in diesem Abschnitt tendenziell etwas mehr spezifische Informationen für diese Herangehensweise gegeben werden. Bei der Verwendung einer Finite-Volumen-Methode (FVM) für die räumliche Diskretisierung erfolgt die Bilanzierung von Flüssen über Volumenoberflächen, was den physikalischen Charakter einer Strömung erhält. Die verwendeten Volumen stellen das sogenannte Rechengitter dar. Im Rahmen der Diskretisierungstechniken werden verschiedene mathematische Verfahren, wie numerische Integration und numerische Interpolation verwendet. Diese Operationen führen i. d. R. zu Approximationen, also Näherungen, der analytischen Lösung mittels diskreter Werte, wodurch numerische Fehler in den Simulationsergebnissen enthalten sind. Diese Fehler können zur Folge haben, dass die i. d. R. visuell sehr gut aufbereiteten Simulationsergebnisse von geringer physikalischer Aussagekraft sind und deren Verwendung in der Praxis zu falschen Bewertungen des Strömungsgeschehens führen. Die verantwortungsvolle Durchführung und Interpretation von numerischen Strömungssimulationen erfordern fundierte Kenntnisse und Erfahrung sowohl aus der Strömungsmechanik als auch besonders aus der Numerik. Bei der Modellierung der Windströmung spielt die Turbulenz eine der wichtigsten Rollen, da sie die Eigen-

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10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

schaften des Windes und seine Wirkung auf die Bauwerke charakterisiert. Wind ist eine hochgradig instationäre, dreidimensionale Grenzschichtströmung und beinhaltet Wirbelstrukturen mit unterschiedlichen Größen, Zeitskalen und Energiegehalten. Dies zu modellieren ist sowohl in der numerischen Simulation als auch im physikalischen Experiment von großer Bedeutung. Es gibt unterschiedliche Methoden, die turbulente Strömung numerisch zu modellieren. Grundsätzlich wird hierbei zwischen transienten bzw. instationären und stationären Ansätzen unterschieden. Eine allgemeine Erläuterung der drei grundsätzlichen Methoden der Turbulenzbehandlung im Rahmen der CFD ist in Bild 45 nach [82] dargestellt. Hier wird eine fiktive Zeitreihe einer Strömungsgeschwindigkeit u an einem festen Ort über die Zeit t verfolgt, wobei ​​u  ​​̅ den zeitlichen Mittelwert und ​u'​die Fluktuationen der Geschwindigkeit repräsentieren. In Bild  45a stellt die durchgezogene Linie eine zu erhaltene Zeitreihe aus einer direkten numerischen Simulation dar (engl.: Direct Numerical Simulation oder DNS). Diese direkte numerische Simulation löst die Grundgleichungen, ohne dass die Turbulenz der Strömung modelliert wird. Alle Skalen der Turbulenz werden (bei hinreichend feiner Zeit- und Raumdiskretisierung) aufgelöst, sodass das Ergebnis die fluktuierenden Zeitreihen wie bei der natürlichen Strömung wiedergibt. Die durch die gestrichelte Linie in Bild  45a gezeigte Grobstruktursimulation (engl. Large Eddy Simulation oder LES) berechnet die wichtigsten, größten Skalen der Turbulenz für die Bestimmung von Windlasten in der Bauwerkaerodynamik und modelliert lediglich die kleinsten Wirbel der turbulenten Strömung. Im Vergleich zur DNS werden die grundlegenden Schwankungen der Geschwindigkeit durch die Turbulenz der Strömung erfasst, hochfrequente Schwankungen durch die kleinsten Skalen der Turbulenz werden modelliert und sind nicht in der Zeitreihe zu erkennen. Bei diesem Verfahren ist die Größe der numerischen Zellen des Rechengitters entscheidend, da nur Wirbel, die größer als die verwendeten Zellen sind, aufgelöst und berechnet werden können. In Bild 45b und c sind die zu erhaltenen Ergebnisse aus Reynolds-Averaged Navier-Stokes (RANS) Simulatio-

nen und Unsteady Reynolds-Averaged Navier-Stokes (URANS) Simulationen zu sehen. RANS-Simulationen versuchen die natürliche instationäre und turbulente Strömung in eine stationäre Lösung zu zwingen, um Ergebnisse zu liefern, die als zeitlich gemittelte Werte anzusehen sind. Hierbei werden alle Skalen der Turbulenz mathematisch modelliert. Der grundlegende Unterschied zwischen einer RANSund URANS-Simulation ist, dass URANS-Simulationen die zeitlichen Ableitungen in den Grundgleichungen berücksichtigen und diskretisieren. Hierdurch können URANS-Simulationen niedrigfrequente und großskalige Strömungsphänomene wie zum Beispiel körperinduzierte, periodisch ablösende Wirbel, die zu einer Wirbelstraße im Nachlauf führen, bei hinreichend feiner Diskretisierung auflösen. Die Modellierung der Turbulenz in der Strömung erfolgt durch sogenannte Turbulenzmodelle. Diese sind für LES- und RANS-Simulationen grundlegend unterschiedlich. Umfangreiche Beschreibung der Modellierungsmöglichkeiten sind in [85–87] nachzulesen. Wünschenswert wäre, alle Skalen der Turbulenz möglichst fein mithilfe einer DNS aufzulösen. Diese Simulationsstrategie benötigt jedoch selbst für simple turbulente Strömungssituationen enorme Rechenkapazitäten, die im Allgemeinen nicht für industrielle Projekte zur Verfügung stehen. LES reduziert diesen Aufwand durch die Modellierung der kleinsten turbulenten Skalen bereits signifikant, bei gleichzeitig möglicher hoher physikalischer Aussagekraft. Die meistverwendete Simulationsart, insbesondere bei kommerziellen Softwareprodukten, ist jedoch die RANS- bzw. URANS-Simulation, die bereits nach wenigen Stunden auf herkömmlichen Laptops und PCs konvergierte Lösungen liefern können. Aufgrund der hierbei signifikant großen Modellierungsannahmen sind die Ergebnisse sorgfältig hinsichtlich Plausibilität und physikalischer Aussagekraft sowie der Eignung für den konkreten Anwendungsfall zu prüfen. Ansonsten besteht die Gefahr einer Fehleinschätzung des Strömungsgeschehens mit beispielsweise komplett falschen Belastungsszenarien auf das Tragwerk.

Bild 45. Zu erhaltene Zeitreihen für unterschiedliche Simulationsarten, leicht verändert nach [82]



6.2

Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

Fehler und Unsicherheiten der eingesetzten Modelle

Ein Modell ist unabhängig von seiner Art immer nur ein vereinfachtes Abbild der Realität unter Einhaltung physikalischer Grundprinzipien und beinhaltet daher Unsicherheiten bzw. Fehler [88]. Bei der Verwendung von Simulationsmodellen kann ein Fehler allgemein als der Unterschied zwischen der unbekannten „exakten“ Lösung und dem Simulationsergebnis verstanden werden. Das Wort „Fehler“ ist hier nicht als „Falschheit“, sondern als Abweichung zu verstehen, derer man sich beim prädiktiven Einsatz der Simulation unbedingt bewusst sein muss. Die Ursachen für eine solche Diskrepanz sind vielfältig und führen weit über den Inhalt dieses Beitrags hinaus. An dieser Stelle ist zu betonen, dass auch bei der Quantifizierung von Windphänomenen im physikalischen Modell (Windkanal) inhärent Fehler enthalten sind. In Bild  46 sind hierzu die Zusammenhänge zwischen den genutzten Modellen (numerisch sowie physikalisch) grafisch dargestellt. Für einen Vergleich der Modelle ist es notwendig, im Vorfeld die verschiedenen Einflussfaktoren auf die gewählten Modelle und die Unsicherheiten der jeweiligen Ergebnisse zu betrachten. Wie in Bild 46 dargestellt, ist die Grundlage des numerischen Modells zunächst eine mathematisch-theoretische Abbildung der physikalischen Realität mittels Modellgleichungen. Dies ist das konzeptionelle Modell der Realität. Da die direkte Lösung der typischerweise im Windingenieurwesen relevanten Navier-Stokes-Gleichungen nicht möglich ist, werden weitere Vereinfachungen und Approximationen benötigt, die zu ge­ näherten Modellgleichungen und somit zu einem unvollständigen Abbild der Realität führen. Dieser kombinierte Modell- und numerische Approximationsfehler muss nicht zwangsläufig von Nachteil sein, da nicht alle Eigenschaften und Details für eine spezifische technische Fragestellung notwendig sind. Mögliche Vereinfachungen sind z. B. die zuvor beschriebene Nut-

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zung von Turbulenzmodellen, die Vernachlässigung der Kompressibilität der Luft, Reduzierung des Detailgrads der Geometrie des Ingenieurbauwerks oder die notwendige Begrenzung des numerischen Untersuchungsraums. Neben den Modellfehlern und vermeidbaren Anwendungsfehlern spielt der systematische numerische Fehler eine große Rolle bei der Fehlerbetrachtung. Er sollte immer vor der Bewertung der physikalischen Plausibilität einer Berechnung möglichst minimiert werden. Nach [90] besteht der numerische Fehler aus drei Komponenten: dem Diskretisierungsfehler, dem maschinell bedingten Rundungsfehler und dem Iterationsfehler (vgl.  Bild  46). Zur Abschätzung des Diskretisierungsfehlers wird untersucht, inwieweit die Simulationsergebnisse durch das gewählte Gitter und ggf. den Zeitschritt beeinflusst sind. Das Ziel ist, diesen Fehler so gering wie möglich zu halten. Rundungsfehler sind generell gering in modernen CFD-Anwendungen und Iterationsfehler werden durch hinreichende Wahl des Abbruchkriteriums kontrolliert. Wenn der numerische Fehler minimiert und sichergestellt ist, dass die Ergebnisse gegen eine weitestgehend gitterunabhängige Lösung konvergieren, kann im Rahmen der sogenannten Validierung auch ein Vergleich mit physikalischen Messwerten erfolgen. Es kann passieren, dass sich Diskretisierungsfehler und Modellfehler gegenseitig aufheben, sodass Simulationsergebnisse auf eigentlich ungeeigneten und zu groben Gittern besser zu physikalischen Messwerten passen als numerische Ergebnisse auf einem feinen Gitter [82]. Es können Kriterien definiert werden, die eine qualitativ hochwertige Simulation im Hinblick auf die Lösung des konzeptionellen Modells sicherstellen. Jedoch können diese Qualitätskriterien keine Sicherheit bzgl. der Abbildungsvollständigkeit in Bezug zur Realität liefern, da die Abbildung des physikalischen Vorgangs von dem gewählten Modell selbst abhängt. Das heißt, dass eine qualitativ hochwertige Simulation nicht zwangsläufig

Bild 46. Zusammenhänge zwischen Modellen, Fehlern und Methoden [89]

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10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

auch gute Ergebnisse im Hinblick auf die Zielgrößen, wie z. B. Geschwindigkeiten und Oberflächendrücke liefert. Dies zu beurteilen, erfolgt durch Validierung, indem die Modellergebnisse mit Referenzdaten durch erfahrene Anwender verglichen werden. Es sei hier besonders darauf hingewiesen, dass Windkanalversuche häufig zur Generierung von Validierungsdaten dienen. Diese Daten werden häufig als „Wahrheit“ angesehen. Werden Ergebnisse aus Windkanalversuchen jedoch genauer betrachtet, so unterliegen auch diese Ergebnisse einer gewissen Unsicherheit [90]. Hier spielen unter anderem die Unsicherheiten der Messinstrumente und die Variation von Zielgrößen bei Messwiederholungen eine Rolle. Es muss zudem berücksichtig werden, dass ähnliche Windkanalversuche in unterschiedlichen Einrichtungen zu signifikanten Unterschieden der erhaltenen Zielgrößen führen können [91,92]. Letztlich dient die Simulation der Quantifizierung des Windgeschehens um das reale Bauwerk, weshalb die Qualität der numerischen Berechnung streng genommen immer im Vergleich zur Situation im Realmaßstab zu bewerten ist.

6.3

Aktuelle Situation der CFD im Windingenieurwesen

Die aktive Nutzung der numerischen Strömungsmechanik in gutachterlichen und praktischen Anwendungen ist zunächst einmal nichts Neues. In zahlreichen Bereichen des Maschinenbaus, wie z. B. in der Luftfahrttechnik, der Automobilindustrie, in der Turbomaschinentechnik oder auch bei Innenströmungen von Bauteilen und Reaktoren, werden CFD-Methoden in der Entwicklung verwendet. Auch im Bereich der Brand- und Lüftungsmodellierung in Gebäuden sowie bei der Ausbreitungsmodellierung nach TA-Luft [93] sind CFD Modelle in der Praxis im Einsatz. Die Anwendung von CFD im Windingenieurwesen und insbesondere in der Bauwerksaerodynamik ist hingegen noch nicht Stand der Technik. Für die grundlegende Berücksichtigung von Wind als Lasteinwirkung werden Modelle und Ansätze nach DIN EN 1991-1-4:2010-12 [1] verwendet, die für eine Reihe häufig eingesetzter Geometrien im Bauwesen die Berechnung von Windlasten durch experimentell ermittelte Oberflächendruck- und Kraftbeiwerte zur Verfügung stellt. Bei Fragestellungen und Anforderungen, die darüber hinaus gehen, werden üblicherweise spezialisierte experimentelle Untersuchungen in Grenzschichtwindkanälen durchgeführt. Der turbulente Wind ist eine komplexe Grenzschichtströmung und das physikalische Verständnis der Phänomenologie und Interaktion zwischen Wind und bebauter Umwelt ist ein  Spezialgebiet des Umwelt- und Bauingenieurwesens. Die Berücksichtigung von Wind über die normativen Modelle hinaus ist dadurch als fachliche Expertise im Bauingenieurwesen eine Disziplin, die sich auf wenige Ingenieurbüros und universitäre Einrichtungen aufteilt.

Neben dem fachlichen Knowhow zum Thema Wind spielt besonders die Sicherheit der Bauwerke und damit die Sicherheit von Personen eine sehr wichtige Rolle. Im Maschinenbau werden in der Regel die mit CFD-Methoden entwickelten Prototypen in nachgeführten Tests und Experimenten auf Sicherheit und Wirksamkeit überprüft, bevor sie zum Einsatz kommen. Dies ist für Untersuchungen und Anwendungen im Bau- und Umweltingenieurwesen oft nicht möglich, sodass die Sicherheit und die monetären Aspekte bei der Haftung im Fall von Schäden immer eine Rolle spielen. Experimentelle Windkanaluntersuchungen sind aktuell die anerkannte und bewährte Methode, die erfolgreich und verlässlich Daten liefert, sodass CFD bisher in dem Themenfeld eine untergeordnete Rolle gespielt hat. Daraus resultiert auch, dass das Verständnis und das Wissen im Windingenieurwesen über numerische Strömungsmodelle nicht sehr verbreitet ist und CFD meist nur im Bereich der Forschung eingesetzt wird. Dies führt dazu, dass fachlich ausgewiesene CFD-Anwender selten Wissen und Erfahrungen im Windingenieurwesen haben und andersherum Fachleute des Windingenieurwesens kaum Wissen und Erfahrung mit CFD-Methoden haben. Die Entwicklung der CFD in den letzten 10 Jahren hat hingegen durch die rasante Weiterentwicklung der Simulationstools bis hin zu leistungsstarken Multi-Physik-Modellen und der stetigen Steigerung von Rechnerleistungen und -kapazitäten zu einer deutlich erhöhten Präsenz und Nutzung geführt. Es findet sich heutzutage eine Vielzahl an Softwareprogrammen, kommerziell zu erwerben oder frei verfügbar im Internet. Jeder Interessierte hat Zugang zu CFD-Software. Die Hürden, diese einfach zu testen, sind deutlich niedriger als bei einem physikalischen Windkanal. Es wird jedoch Expertise in den Grundlagen der numerischen Strömungsmechanik, der windspezifischen Modellbildung und der Anwendung der CFD-Software benötigt, um akkurate CFD-Ergebnisse zu erhalten. Unweigerlich stellt sie die Frage: Wie belastbar sind die Simulationsergebnisse und wovon hängen sie ab? Anfragen von Auftraggeberseite zu CFD-Untersuchungen als mögliche kostengünstigere Alternative zu Windkanalversuchen sind im Bereich der Bauwerksumströmung nach Kenntnisstand der Autoren in den letzten Jahren gestiegen. Auch bringen Softwarehersteller vereinfachte Tools und Online-Applikationen für den unerfahrenen Anwender auf den Markt. Zwischen Euphorie und Skepsis entwickelt sich ein Markt, in dem nach den bisherigen Erfahrungen der Autoren noch viel Unsicherheit und Unwissen herrscht. Die Nutzung von numerischer Strömungssimulation erfordert umfangreiche Kenntnisse in den Bereichen der numerischen Methoden und in der theoretischen Strömungsmechanik. Das Verständnis der Algorithmen, der verwendeten Modelle und der genutzten Einstellungen ist für die Beurteilung und die Qualität der Simulationsergebnisse unabdingbar. Besonders das Thema Validierung der Modelle spielt eine große Rolle. Auch wenn CFD in



Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

zahlreichen anderen Anwendungsbereichen erfolgreich eingesetzt wird, müssen ihre Anwendbarkeit und insbesondere ihre Grenzen klar sein und für das Windingenieurwesen weiter untersucht und verstanden werden. Der Nachfolger der DIN EN 1991-1-4:2010-12 [6] enthält einen informativen Anhang K, der Hilfestellung bei der Verwendung von Windkanalversuchen und CFD-Simulationen zur Windlastbestimmung gibt. Dieser Anhang unterstreicht den möglichen wirtschaftlichen Vorteil und mögliche Verbesserung der Sicherheit von Ingenieurbauwerken durch Verwendung von CFD-Simulationen und Windkanalversuchen. Hierbei wird ein mögliches Zusammenspiel beider Methoden im Rahmen ihrer Anwendungsmöglichkeiten vorgeschlagen. Die jeweilige Adäquatheit und Genauigkeit der Anwendung der Methoden muss aber vom Nutzer für den jeweiligen Anwendungsfall gezeigt werden. Der Anhang weist explizit darauf hin, dass sowohl der Windkanalversuch als auch die numerische CFD-Simulation von Experten durchgeführt werden sollen. Für den Windkanal ist dieses Kriterium fast immer gegeben, da Grenzschichtwindkanäle allgemein nur von Experten an Universitäten oder sehr versierten Einrichtungen betrieben werden. Für die Anwendung von CFD-Simulationen fällt diese „natürliche“ Qualitätssicherung aufgrund der allgemeinen Verfügbarkeit von CFD-Softwares weg. Aus diesem Grund muss gerade bei CFD-Simulationen im Windingenieurwesen auf die korrekte Anwendung der Software und Interpretation der Ergebnisse durch Experten geachtet werden. Ein Experte wird im Anhang K als eine Person definiert, die sowohl im Bereich von CFD-Simulationen als auch im Bereich des Windingenieurwesen adäquates Wissen aufweist. Wie oben beschrieben, ist diese Kombination eher selten zu finden. Der Anhang K weist explizit darauf hin, dass die alleinige Fähigkeit der Anwendung einer CFD-Simulationssoftware nicht ausreicht. Zudem stellt der Anhang K die derzeitig erlaubte Anwendung von CFD-Simulationen und Windkanalversuchen für unterschiedliche Bereiche des Windingenieurwesen heraus. Während der Windkanal unter Berücksichtigung der Einhaltung von Qualitätskriterien für jede Phase eines Projekts auch für die Bestimmung finaler Bemessungswerte in Situationen wie z.  B. Fluid-Struktur-Interaktion von Brückenflattern verwendet werden darf, ist die Erstellung von Bemessungswerten durch CFD derzeit beschränkt. Im frühen Stadium eines Projekts können CFD-Simulationen für jeden Anwendungsfall genutzt werden. Die Ermittlung von finalen Bemessungswerten durch alleinige Verwendung von CFD erlaubt der Anhang K derzeit lediglich für Windkomfortanalysen und für die Ermittlung von topografischen Effekten.

6.4

Überlegungen zur Qualitätssicherung von CFD Berechnungen

Um ein Mindestmaß an Qualität der CFD-Simulationen zu gewährleisten, sind bereits informative Richtli-

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nien entworfen worden (siehe z. B. [1, 81, 95] und Nachfolger der DIN EN 1991-1-4:2010-12 [6]). Einige der wichtigsten Aspekte zur Qualitätssicherung einer CFD-Berechnung sind hierbei: a) Wahl der Simulationsart Anhand des Anwendungsfalls und der geplanten Verwendung der Ergebnisse müssen zunächst grundsätzliche Überlegungen über die Art der Simulation gemacht werden. Es muss entschieden werden, ob RANS- oder URANS-Rechnungen mit den inhärenten Modellannahmen überhaupt zulässig sind, oder ob anspruchsvollere Simulationsarten wie LES durchgeführt werden müssen. Die Modellierung der Strömungs- und Fluideigenschaften, wie die Annahme der Inkompressibilität und Vernachlässigung von Temperatureffekten, sollte im problemspezifischen Kontext immer kritisch hinterfragt werden. b) Abbildung der Geometrie Eine mögliche Vereinfachung der Geometrie des Ingenieurbauwerks durch Weglassen von Details, die nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Zielparameter hat, muss geklärt werden. Es können nur die für das Strömungsgeschehen wichtigen Details dargestellt werden, sodass Modellierungs- und Rechenaufwand minimiert werden. Es ist essenziell, dass alle für die Fragestellung wichtigen Geometriedetails vorhanden sind und der Einfluss von Umgebungsgebäuden und Topografie im konkreten Fall hinterfragt werden. c) Verwendung eines numerischen Untersuchungsraums Der Untersuchungsraum sollte geeignet gewählt werden. Er sollte nicht zu groß sein, da viele Gitterzellen zu langen Rechenzeiten führen können. Zudem kann ggf. die am Einströmrand definierte Windgrenzschicht in dem numerischen Untersuchungsgebiet stromaufwärts beim Durchlaufen großer Abstände verändert werden. Der numerische Untersuchungsraum sollte aber auch nicht zu klein gewählt werden, um ungewollte Beeinflussung des Strömungsgeschehens durch zu nahe Randbedingungen oder künstliche Beschleunigungen durch zu hohe Versperrungsgrade zu vermeiden. Der Untersuchungsraum sollte zudem ausreichend groß sein, um das Strömungsgeschehen komplett abzubilden. d) Erstellung eines numerischen Rechengitters Der Einfluss des numerischen Rechengitters auf die Zielgrößen muss mit mindestens drei verschiedenen Gitterauflösungen im Rahmen einer für den Untersuchungsfall repräsentativen Gittersensitivitätsstudie sorgfältig überprüft werden. Lokale Netzverfeinerungen insbesondere im Bereich der Gebäude mit nicht zu großen Sprüngen zwischen den Netzdichten sollten genutzt werden, um die turbulente Strömung adäquat zu bestimmen. Wandnahe Gitterzellen sollten methodenspezifische hohe Qualitätsanforderungen erfüllen, wie z. B. orthogonal ausgerichtete Zellen (z. B. durch Prismenschichten) bei der FVM und es muss geklärt werden, ob die Wandgrenzschicht aufgelöst und berechnet oder modelliert wird. Hierzu hilft die Betrachtung der dimensionslosen Wandabstände.

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10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

e) Auswahl des Zeitschritts bei instationärer Rechnung Ein kleiner Zeitschritt bei instationären Simulationen kann schnell zu sehr hohem Rechenaufwand führen. Ein zu großer Zeitschritt hingegen kann zum Crash der Simulation, zu einem erhöhten Aufwand der Kopplung der Gleichungen innerhalb des Zeitschritts oder zu mangelnder Berücksichtigung wichtiger Eigenschaften der Strömung, also zu unphysikalischen und unbrauchbaren Ergebnissen, führen. f) Definition der Randbedingungen Insbesondere die Einstrombedingung für die turbulente Windgrenzschicht ist wichtig, um sinnvolle und brauchbare Ergebnisse zu erzielen. So müssen Geschwindigkeitsprofile und Turbulenzprofile passend zum Untersuchungsfall und zum verwendeten Turbulenzmodell gewählt werden und zur Simulationsart passen. Es muss fallspezifisch entschieden werden, ob die Grenzschicht, insbesondere bei horizontalen Bauwerken wie Brücken, vernachlässigt werden kann. An Wänden mit Haftbedingungen sollten die Wandgrenzschichten durch das numerische Rechengitter passend zum gewählten Turbulenzmodell und Anwendungsfall auflöst werden oder Wandfunktionen genutzt werden, die diese modellieren. Angesetzte Oberflächenrauigkeiten können schnell im Widerspruch zur lokalen Gitterauflösung stehen. g) Einstellungen des numerischen Lösers Die Interpolationsverfahren, die z. B. im Rahmen der FVM eingesetzt werden, sollten insbesondere bei den konvektiven Termen der Grundgleichung höherer Ordnung sein. Die statistische Konvergenz der Zielgrößen muss über globale, normierte Residuen der iterativen Lösung für alle Gleichungen dokumentiert und ausreichend klein sein. Die statistische Konvergenz der Zielparameter sollte zudem mithilfe passender Verfahren überprüft werden. Hierbei muss zwischen instationären und stationären Simulationsarten unterschieden werden. Bei Fluid-Struktur-Interaktion sollte die Adäquatheit der Kopplung der Strukturgleichungen und Fluidgleichungen innerhalb eines Zeitschritts überprüft werden. h) Auswertung und Validierung der Ergebnisse Die Simulationsergebnisse sollten generell anhand von Geschwindigkeitsfeldern, Druckfeldern und möglichen anderen Zielgrößen auf Plausibilität überprüft werden. Das numerische Modell sollte anhand von veröffentlichten Daten zunächst für einen ähnlichen Fall validiert werden. i) Dokumentation der numerischen Simulation Die oben beschriebenen Aspekte der numerischen Simulation sollten nachvollziehbar und möglichst vollständig dokumentiert werden.

6.5

CFD-Anwendung Beispiel I: Westturm Schloss Friedenstein

Für das in diesem Abschnitt gezeigte Beispiel des Westturms des Schlosses Friedenstein in Gotha werden als Hauptuntersuchungsgegenstand zeitlich gemittelte Oberflächendruckbeiwerte auf dem Turmdach an 76

Druckmessstellen aus einem Windkanalexperiment [96] als Validierungsdaten für die numerische Simulation verwendet. Für alle Simulationen wurde die opensource Software OpenFOAM verwendet [97]. Das spezielle Turmdach in Form eines Pyramidenstumpfs mit aufstehender Laterne auf quadratischem Grundriss, das durch ein räumliches Balkentragwerk gestützt wird, ist in Bild 47a gezeigt. Diese spezielle Form macht eine aufwendigere Ermittlung der vorliegenden Winddrücke notwendig, da für diese Geometrie keine passenden Angaben zur Windlastermittlung in den zuständigen Fachnormen und hier insbesondere der DIN EN 1991-14:2010-12 [1] mit dem Nationalen Anhang DIN EN 1991-1-4∕​NA:2010-12 [2] zu finden sind. Der Druckbeiwert ist allgemein definiert als p   ​p​  ​​ ​​c​  p​​    ​  _    ​ ​   0,5    ​u​  2ref ​​ 

(89)

Hierbei ist ​p​ der Oberflächendruck in [Pa], ​​p​  ​​​ ist der statische Druck in der ungestörten Anströmung und der dynamische Druck im Nenner setzt sich zusammen aus der Hälfte des Produkts von Luftdichte ​ ​und der quadrierten Referenzgeschwindigkeit ​​u​  2ref ​​​  der ungestörten Anströmung in einer Referenzhöhe ​H​. Werte für die Referenzgeschwindigkeit zur Berechnung des dynamischen Drucks und den statischen Druck der Umgebung werden für alle Simulationen direkt am Einlass des Untersuchungsgebiets auf der maximalen Höhe des pyramidenstumpfförmigen Dachs H ​    0,164 m​im Modellmaßstab gewählt. Diese Wahl der Referenzhöhe entspricht dem Vorgehen der DIN EN 1991-1-4:2010-12 [1]. Unter der Berücksichtigung des geometrischen Maßstabs des Windkanalexperiments hat der Westturm eine Gesamthöhe ​​H​  max​​   0,228 m​und eine Breite von​ B   0,130 m​(ohne Kante zwischen Dach und quadratischem unteren Teil, siehe Bild 47). Basierend auf ​​H​ max​​​ und der ungestörten Anströmungsgeschwindigkeit in dieser Höhe, berechnet sich die Reynoldszahl zu​ Re    242.635​. Eine experimentelle Bestimmung von Druckbeiwerten kann durch Modelluntersuchungen im Grenzschichtwindkanal erreicht werden. Hierbei wird der Westturm als Solist unter unterschiedlichen Windströmungsrichtungen untersucht. Die direkte Anströmung senkrecht auf eine Seitenfläche des Westturms wird als Windrichtung von 0° definiert. Die Anströmung genau auf die Kante (Eckanströmung) stellt somit eine Windrichtung von 45° dar. Details der Windkanalexperimente sind [96] zu entnehmen.

6.5.1 Details der numerischen Simulation Ein Foto des Turms, das Modell im Windkanal und die Geometrie des Westturms für die numerische Simulation mit Oberflächengitter sind in Bild 47a bis c zu sehen. Das Modell für die Simulationen ist genau an das Windkanalmodell angepasst. Im Vergleich zum realen Gebäude werden Vereinfachungen der Geometrie durchgeführt. So sind z. B. die Fenster, die Kante im



Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

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Bild 47. Westturm des Schlosses Friedenstein in Gotha; a) Foto des realen Gebäudes, b) Foto des aus Holz erstellten Windkanal­ modells, c) numerisches Modell des Westturms mit feinem Oberflächengitter

unteren, quadratischen Bereich des Turms und auch die Durchströmbarkeit des obersten Abschnitts der aufgesetzten Laterne vernachlässigt worden. Zudem wurde das Modell des Westturms symmetrisch gebaut, sodass jede der vier Seiten des Turms identisch ist. Diese Vereinfachungen werden insbesondere für die Modellerstellung im Windkanal benötigt. Für die numerischen Simulationen stellt eine detaillierte Modellierung prinzipiell kein Problem dar, diese praktischen Modellbaulimitationen zu überschreiten, jedoch benötigen kleine Details der Geometrie auch kleine numerische Zellen. Hierdurch steigt die Gesamtzahl der numerischen Zellen und der Rechenaufwand wird größer. Das numerische Untersuchungsgebiet und die Randbedingungen der Simulationen sind in Bild 48 dargestellt. Die Abmessungen des numerischen Untersuchungsraums sind entsprechend nach Richtlinien für Simulationen im Windingenieurwesen gewählt [94, 95]. Gemäß diesen Vorgaben ist der numerische Untersuchungsraum von der maximalen Höhe ​​ H​  max​​​ des Westturms abhängig. Die Abstände der Grenzen des Untersuchungsgebiets zur Turmgeometrie sind ​4,5  H​ stromaufwärts, ​15 H​stromabwärts, ​5 H​nach oben und​ 5 H​zu den Seiten. In Bild  48 ist angedeutet, dass am Einstromrand das mittlere Geschwindigkeitsprofil des Windes anhand des

Bild 48. Numerisches Untersuchungsgebiet und Randbedingun­ gen der CFD-Simulationen für den Westturm Solist

logarithmischen Windprofils vorgegeben wird. Die Völligkeit des Geschwindigkeitsprofile in der atmosphärischen Grenzschicht wird hierbei durch die Rauigkeitslänge ​​z​  0​​​bestimmt (siehe z. B. Nationaler Anhang DIN EN 1991-1-4∕​NA:2010-12 [2]). Hierbei ist ​​u​​  *​​die Schubspannungsgeschwindigkeit, ​​C​  ​​​ und ​ ​sind Konstanten und z ist die Koordinate, die vom Boden nach oben zeigt. Die Windkanalversuche werden unter der Verwendung eines geometrischen Maßstabs von 1∕​200 durchgeführt. Ähnlich zum Windkanalversuch wird auf der Referenzhöhe von 0,05  m (entspricht 10  m im  Realmaßstab) eine Referenzgeschwindigkeit von 12 m∕​s angesetzt [96]. Die Rauigkeitslänge des logarithmischen Windprofils ist 0,0004 m [96]. Bei Berücksichtigung des geometrischen Maßstabs entspricht dies einer Rauigkeitslänge von 0,08 m in der Natur, was der Geländekategorie II im Nationalen Anhang DIN EN 1991-1-4∕​NA:2010-12 [2] entspricht. Das Profil der spezifischen turbulenten kinetische Energie ​k​wurde an Messungen der Turbulenzintensität ​​I​  u​​​ des Windkanals angepasst [98] und die Dissipation ϵ​ ​wird anhand der Beschreibung von [99] definiert. Der Boden des Untersuchungsgebiets wird als glatte Wand angenommen. Diese Annahme ist ähnlich zu dem glatten Drehteller im Windkanal, auf dem das Modell befestigt wird. Die Veränderung des Anströmungsprofils stromaufwärts des numerischen Untersuchungsgebiets wurde überprüft und war minimal. Da die Wände des Windkanals weit genug vom Geschehen um den Westturm entfernt sind und die Körperumströmung nicht beeinflussen, werden diese in der numerischen Simulation nicht berücksichtigt. Stattdessen wird die Symmetriebedingung an den Seiten und der Decke des numerischen Untersuchungsgebiets angesetzt. Am Ausstrom wird ein konstanter Druck angesetzt, sodass die Strömung ohne Widerstand das Untersuchungsgebiet verlassen kann. Um die Geometrie adäquat aufzulösen und eine hohe Genauigkeit der Ergebnisse zu liefern, wird ein feines numerisches Gitter an der Geometrie erstellt. Bild 47c zeigt dieses Gitter am Beispiel des Westturms als Solist. Einzelne Zellen sind aufgrund ihrer Feinheit im Bereich der Eckbereiche des Dachs und an der Laterne kaum

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10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

zu identifizieren. Der maximale dimensionslose Wandabstand auf dem pyramidenstumpfförmigen Dach ist​​ y​  max​ ​   33​ . Im Untersuchungsgebiet werden mehrere Zonen mit unterschiedlichen Verfeinerungen um die Geometrie gelegt, damit dort die turbulente Strömung und somit die Oberflächendrücke adäquat erfasst werden. Die Anzahl der Zellen für die numerischen Simulationen variieren leicht abhängig von der Windrichtung. Das verwendete numerische Gitter um den Westturm für eine Anströmung orthogonal zu einer Seitenfläche (Windrichtung von 0°) hat beispielsweise 5.386.029 Zellen. Der Einfluss des numerischen Gitters wurde anhand einer Gittersensitivitätsstudie analysiert. Hierbei wurde das Gitter in allen Bereichen des Untersuchungsraums, insbesondere im Bereich der Geometrie, verfeinert. Das feinste überprüfte Gitter besitzt 33.770.859 Zellen, also mehr als das 6-Fache des Ausgangsgitters. Die Analyse der Oberflächendruckbeiwerte zeigte nur einen geringen Einfluss der Verfeinerung des Gitters. Dies lässt darauf schließen, dass das verwendete Gitter mit 5.386.029 vorwiegend rechteckigen Zellen adäquat für diesen speziellen Fall ist. Die Simulationen verwenden das realizable ​k​-​ϵ​-Turbulenzmodell [100]. Lösung und Kopplung der Gleichungen wird in jeder Iteration durch den Semi-Implicit Method for Pressure Linked Equations-Consistent (SIMPLEC) Algorithmus sichergestellt [101, 102]. Die konvektiven Terme der Impulsgleichungen für ein inkompressibles Fluid und der Gleichung für die spezifische turbulente kinetische Energie k ​ ​und ihrer Dissipation ​ϵ​werden mit dem Upwindverfahren zweiter Ordnung diskretisiert. Die RANS-Simulationen gelten als statistisch konvergiert, wenn die globalen und normierten Residuen während des Lösungsprozesses der linearen Gleichungssysteme für ​k​, ​ϵ​, alle Komponenten des Geschwindigkeitsvektors ​​u​  x​​​, ​​u​  y​​​, ​​u​  z​​​ und des Drucks p unter ​​10​​  6​​ liegen. Es sei dabei darauf hingewiesen, dass dieses Abbruchkriterium keine direkte Allgemeingültigkeit besitzt und vom Anwendungsfall aber auch der Normierungsart der Residuen abhängig ist. Zudem werden die Lösungen der Oberflächendrücke auf Konvergenz überprüft. Diese Ergebnisse sollten sich nicht mehr signifikant mit  weiteren Iterationsschritten verändern, bevor die Simulation beendet wird. In Bild 49 sind die überprüften 76 Positionen der Oberflächendrücke auf dem Dach des Westturms entsprechend zum Windkanalexperi-

ment für eine Windrichtungen von 0° beispielhaft gezeigt. Bild  49 zeigt, dass mehr als 3000 Iterationen benötigt werden, bis die normierten, globalen Residuen das oben genannte Kriterium erreichen. Nach diesen Iterationen sind die Oberflächendruckbeiwerte konstant und weitere Iterationen verändern die Lösung nur noch geringfügig. Auch wenn viele Oberflächendrücke bereits nach 1500 Iterationen konstant sind, zeigt sich insbesondere im Sogbereich die Notwendigkeit die Simulationen vollständig konvergieren zu lassen, um die Genauigkeit der Ergebnisse zu erhöhen.

6.5.2 Validierung der Oberflächendruckbeiwerte Bild  50 zeigt die durch RANS ermittelten Druckbeiwerte auf dem Dach des Westturms in zwei unterschiedlichen Höhen für eine Windrichtung von 0°. In den Graphen sind die Ergebnisse aus Windkanalmessungen [96] für die Validierung ergänzt. Zwischen Position 0 und 1 prallt die Strömung direkt auf die Frontseite des Turms, sodass der dynamische Druck der Anströmung zu hohen positiven Oberflächendruckbeiwerten führt. An den Kanten des Pyramidenstumpfs an Position 0 und Position 1 löst die Strömung von der Oberfläche des Turms ab. Dies führt zu den hohen Sögen (negative ​​c​ p​​​) kurz hinter der Ablösung. Im weiteren Verlauf wird der Sog auf den Seitenflächen geringer. Auf der Rückseite des Turms und im Bereich der Nachlaufströmung (zwischen Position 3 und Position 4) ist ein relativ konstanter Sog erkennbar. Bild  51 zeigt eine entsprechende Visualisierung der Oberflächendruckbeiwerte für eine Anströmrichtung von 45°. Die Strömung prallt hierbei direkt auf die Kante, sodass zwischen Position 0 und 1 sowie zwischen Position 0 und 3 vorwiegend Druck herrscht. In dieser Situation löst die Strömung an Position 3 und Position 1 von der Struktur ab. Direkt hinter der Strömungsablösung bilden sich wieder die höchsten Söge. Ähnlich zur 0°-Anströmung ist auf der Rückseite des Gebäudes zwischen Position 1 und Position 3 ein relativ konstanter Sog zu erkennen. Für beide gezeigten Windrichtungen ist aus den Druckabwicklungen zu erkennen, dass das numerische Modell eine Tendenz zur Überschätzung der Drücke und einer Unterschätzung der Söge insbesondere auf der windabgewandten Seite zeigt. Diese Tendenz wird in Bild  52 durch ein Streudiagramm aller Oberflächen-

Bild 49. Konvergenzverhalten der Druckbeiwerte auf der Dachoberfläche des Westturms als Solist für eine Windrichtung von 0°



Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

631

Bild 50. Oberflächendruckbeiwerte am Dach des Westturms: Darstellung als Druckabwicklung auf unterschiedlichen Höhen für eine Anströmung von 0°. Die Positionen der horizontalen Achse sind in den Skizzen jeweils unten links dargestellt. Vergleich der RANS-Ergebnisse (Punkte) mit Windkanaldaten (Kreuze).

Bild 51. Oberflächendruckbeiwerte am Dach des Westturms: Darstellung als Druckabwicklung auf unterschiedlichen Höhen für eine Anströmung von 45° (Eckanströmung). Die Positionen der horizonta­ len Achse sind in den Skizzen jeweils unten links dargestellt. Vergleich der RANS-Ergebnisse (Punkte) mit Windkanaldaten (Kreuze).

Bild 52. Streudiagramm der Oberflächendruckbei­ werte aller Messpunkte auf dem pyramiden­ stumpfförmigen Dach des Westturms bei einer Anströmrichtung von 0° in a) und für die Eckanströ­ mung von 45° in b). Perfekte Übereinstimmung wird durch die diagonale Linie dargestellt. Der Abstand zwischen den diagonalen, gepunkteten Linien stellt einen Versatz von ​​Δc​  p​​       0,15 ​dar.

632

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

druckbeiwerte auf den 76 Messstellen des pyramidenstumpfförmigen Dachs für die Windrichtung von 0° in Bild 52a und für die Windrichtung von 45° in Bild 52b verdeutlicht. Es ist zudem zu erkennen, dass nicht alle Werte diesem Trend folgen. So sind zum Beispiel die höchsten Söge in Bild 52a in der numerischen Simulation größer als für die gemessenen Daten im Windkanal. Die Überschätzung der Drücke kann zu einer konservativeren Lastannahme führen, wohingegen die Unterschätzung der Söge zu einer Lastannahme führen kann, die nicht auf der sicheren Seite liegt. Dieser Unterschied zwischen den RANS-Ergebnissen und den Windkanalergebnissen ist auf den Modellfehler der turbulenten Umströmung des Bauwerks der Simulationen zurückzuführen, da das komplexe und instationäre Phänomen der Turbulenz der Strömung anhand der zwei Transportgleichungen der turbulenten kinetischen Energie k ​​ und ihrer Dissipation ​ϵ​zeitlich gemittelt bestimmt und somit nur angenähert wird.

6.6

CFD-Anwendung Beispiel II: Brücke Rheinquerung

Die in diesem Abschnitt untersuchte stählerne Schrägseilbrücke überquert den Rhein und verbindet die Städte Leverkusen und Köln durch eine Autobahn mit zwei Spuren in beide Richtungen. Der Querschnitt der Brücke, die im Windkanalversuch untersucht wurde, ist in Bild 53 gezeigt. Genauere Informationen des Windkanalexperiments sind [103] zu entnehmen. Der Modellquerschnitt besteht aus einem 117,5 mm weiten und​ H    33 mm​hohen Hohlkasten über die eine ​B   251 mm ​ breite Fahrbahnplatte verläuft. Die regelmäßig alle 0,04 m angeordneten Querstreben zwischen dem unteren Teil des Hohlkastens und der Fahrbahnplatte (hellgrau in Bild 53) werden im nachfolgenden numerischen Modell nicht berücksichtigt. Basierend auf der charakteristischen Dimension B berechnet sich die Reynoldszahl zu ​Re    203.514​. Der Windkanalversuch und die numerischen Simulationen untersuchen den Brückenquerschnitt für Anstell-

winkel zwischen ​  10 ​. Positive Anstellwinkel sind definiert, wenn die windzugewandte Seite der Brücke nach oben zeigt. Für diese Fälle werden die Kraftbeiwerte und der Momentenbeiwert winkelabhängig wie folgt bestimmt ​F​  d​​ ​F​  l​​ ​​c​  d​​   ​  ____________       ​  , ​c​  ​​   ​  ___________      ​  ,  0,5 ​u​  2 ​ ​    ​A​  ref​​ l  0,5 ​u​  2 ​ ​​  A​​  ref​​ ​F​  m​​       ​​ (90) ​c​  m​​   ​  _____________  0,5 ​u​  2 ​ ​​  A​​  ref​​   B Hierbei ist ​​c​  d​​​der zeitlich gemittelte Widerstandsbeiwert (engl. drag coefficient), ​​c​  l​​​der zeitlich gemittelte Auftriebskraftbeiwert (engl. lift coefficient) und der zeitlich gemittelte Momentenbeiwert ist ​​c​  m​​​ (engl. moment coefficient). Diese Beiwerte stellen die jeweiligen normierten zeitlich gemittelten Kräfte ​​F​  l​​​, ​​F​  d​​​ und Moment ​​F​  m​​​ dar. Die Normierung erfolgt über den dynamischen Druck der Anströmung ​q      0,5 ​u​  2 ​ ​    ​und die Referenzgrößen der Geometrie, wobei ​​A​  ref​​   B   L​ist und ​L​die Länge der Brücke darstellt. Der Widerstandsbeiwert ist positiv in Richtung der Hauptströmungsrichtung, der Auftriebsbeiwert ist positiv bei einer nach oben gerichteten Kraft und der Momentenbeiwert ist positiv, wenn das Moment im Uhrzeigersinn wirkt (s. a. in Bild 56c unten rechts).

Details der numerischen Simulation Die numerischen Untersuchungen werden mit sogenannten 2D Unsteady Reynolds-Averaged Navier-Stokes Simulationen (URANS) mit der open-source Software OpenFOAM durchgeführt [97]. Die zeitlichen Ableitungen der Strömungsgrößen in den Grundgleichungen werden durch ein Verfahren zweiter Ordnung diskretisiert. Die URANS-Methode erlaubt die Verwendung von 2D-Simulationen und ist in der Lage großflächige Wirbel der Strömung, wie zum Beispiel Wirbelstraßen im Nachlauf, zu erfassen und zu be­ rechnen. Die URANS-Simulationen verwenden das​ k- -SST​-Turbulenzmodell [104], das sich durch eine hohe Genauigkeit und die Möglichkeit der Diskretisierung und somit Berechnung der Wandgrenzschicht der

Bild 53. Querschnitt des Brückenmodells im Windkanal aus [103]. Längen angegeben in mm. Die Zahlen in den Rechtecken stellen die Positionen der 26 Druckmessstellen dar.



Anwendungen von numerischen Simulationen in der Baupraxis

Strömung an den Oberflächen der Brücke für verbesserte Genauigkeit auszeichnet. Das Untersuchungsgebiet wird in Abhängigkeit der charakteristischen Länge B des Brückenquerschnitts erstellt. Der Abstand zwischen den Grenzen des numerischen Untersuchungsgebiets und des Brückenquerschnitts sind hierbei 15 B stromaufwärts, 25 B stromabwärts und 15  B nach oben und unten, wie in Bild  54 dargestellt. Da es sich um eine 2D-Untersuchung handelt, erstreckt sich der Brückenquerschnitt über die gesamte Spannbreite des numerischen Untersuchungsraums. Am Einstromrand wird eine konstante Geschwindigkeit von ​​u​  ​​   12 m ∕​ s​angesetzt. Die turbulente kinetische Energie ​ k    1,5 ​( ​I​  u​​   ​|U|​)​​  2​​wurde passend zum Windkanalversuch für eine Turbulenzintensität von​​ I​  u​​   3,5 %​[103] gewählt. Die spezifische Dissipation am _

√​  k ​  _    ​​  . Am Ausstromrand des Einstromrand ist ​    ​ _ 4

​√  0,09 ​   H Untersuchungsraums wird ein konstanter Druck angesetzt und die Oberfläche der Geometrie wird als glatte Wand mit Haftbedingung definiert. Alle anderen Grenzen des Untersuchungsraums werden mit einer Symmetriebedingung versehen. Der Zeitschritt für die Simulationen des nicht bewegten Brückenquerschnitts ist variabel, sodass die maximale Courantzahl konstant bei 10 liegt. Die Courantzahl ist hierbei das Verhältnis aus Produkt der lokalen Geschwindigkeit u und Zeitschritt ​ t​zu lokaler Länge jedes Volumenelements ​x​des numerischen Gitters​ u t Co   ​ _ ​​ . Für einen Anstellwinkel von 0° ist der Zeitx schritt bei etwa ​7,5   ​10​​  5​   s​. Der Einfluss eines deutlich geringen Zeitschritts, bei dem die Courantzahl unter 1 ist, wurde getestet und stellte sich als nicht signifikant heraus. Das numerische Rechengitter besteht aus 89.658 vorwiegend rechteckigen Zellen für den Anstellwinkel

633

von 0°. Für andere Anstellwinkel verändert sich die Anzahl der Zellen nur unerheblich. Die Grenzschicht der Strömung an der Oberfläche der Brücke wurde so fein aufgelöst, dass ein maximaler dimensionsloser Wandabstand von ​​y​  max​ ​   1​erreicht wird. Im Rahmen einer Gittersensitivitätsstudie wird ein Rechengitter von 473.329 Zellen (mehr als die 5-fache Anzahl an Zellen im Vergleich zum Referenzgitter) für einen Anstellwinkel von 0° erstellt. Der Einfluss der Verfeinerung des Rechengitters auf die Zielwerte ist sehr gering, sodass das Referenzgitter für adäquat angesehen werden kann. Im Gegensatz zu einer RANS-Berechnung sind zeitliche Variationen der Strömungsgrößen zu erwarten. Für einen Anstellwinkel von ​    0 ​sind die Beiwerte in Bild 55 gezeigt. Aus diesem Grund wird die statistische Konvergenz der Zielgrößen durch Analyse der Zeitreihen durchgeführt. Für die hier dargestellten Ergebnisse sind die Beiwerte als statistisch konvergiert angenommen, wenn der Unterschied dieser Beiwerte in der ersten Hälfte der verwendeten Zeitreihe weniger als 1 % (bzw. absolute Abweichungen geringer als 0,002 für Werte im Bereich um null) im Vergleich zu den Beiwerten der gesamten Zeitreihe ist. Hierbei wird der Beginn der Simulation als Initialisierungszeit angesehen und nicht berücksichtigt.

Validierung der Kraftbeiwerte und Momentenbeiwert Bild 56 zeigt die Kraftbeiwerte und den Momentenbeiwert über die unterschiedlichen Anstellwinkel der Brücke. Die Punkte sind die Werte aus den URANS-Simulationen und die Kreuze sind die Windkanaldaten. Der Widerstandsbeiwert in Bild 56a zeigt die kleinste Variation bei Änderung des Anstellwinkels. Der größte Widerstand wird erreicht, wenn die anströmungszugewandte Seite der Brücke möglichst weit nach oben zeigt​​ (    10 )​​. Der Auftriebsbeiwert in Bild 56b zeigt eine deutlich größere Variation als der Widerstandsbeiwert. Zeigt die

Bild 54. Größe des numerischen Untersuchungs­ gebiets, generelle Darstellung der Randbedingungen und Details des numerischen Rechengitters; a) Rechen­ gitter in der Domain, b) Nahfeld um die Geometrie, c) Detailaufnahme des Rechengitters

634

10  Aktuelle Modelle und Methoden zur Windlastermittlung

Bild 55. Zeitreihe der Kraftbeiwerte und des Momentenbeiwerts für einen Anstellwinkel der Brücke von ​α   0 ​

Bild 56. Widerstandsbeiwert in a), Auftriebsbei­ wert in b) und Momentenbeiwert in c) für den Brückenquerschnitt bei unterschiedlichen Anströ­ mungswinkeln. Bitte beachten, dass die Grenzen auf der vertikalen Achse variieren.

anströmungszugewandte Seite nach unten mit ​    0 ​, so entsteht eine negative Auftriebskraft. Die Brücke wird also nach unten gedrückt. Wenn die anströmungszugewandte Seite nach oben zeigt, so wird auch die Auftriebskraft positiv. Wie bereits oben beschrieben, ist die Änderung des Auftriebsbeiwerts mit Anstellwinkel und der absolute Wert des Widerstandsbeiwerts wichtig, um nach dem Glauert-Den  Hartog-Kriterium den Brückenquerschnitt in einem quasi-statischen Verfahren auf die aeroelastische Instabilität des Gallopings zu untersuchen. Der qualitative Verlauf des Momentenbeiwerts ähnelt dem des Auftriebsbeiwerts. Wenn die anströmungszu­ gewandte Seite der Brücke deutlich nach unten zeigt (​      4 ​), dann entsteht ein negatives Moment, das per Definition entgegen dem Uhrzeigersinn wirkt. Positive Momentenbeiwerte sind bei ​    2 ​zu erwarten. Die Darstellung der Beiwerte aus CFD und Windkanal erlaubt eine qualitative Einschätzung der Genauigkeit

der numerischen Simulation. Es ist offensichtlich, dass die numerische Simulation gut in der Lage ist, den Verlauf aller Beiwerte bei unterschiedlichen Anstellwinkeln zu bestimmen. Geringe Abweichungen sind jedoch zu erkennen. Während der minimale Widerstandsbeiwert im Windkanal bei ​      6 ​liegt, deuten die numerischen Ergebnisse auf einen minimalen Widerstandsbeiwert bei ​      8 ​hin. Auch das Maximum des Momentenbeiwerts ist um ​2 ​verschoben: URANS bestimmt ein maximales Moment bei ​    4 ​, während die Ergebnisse des Windkanals das maximale Moment bei ​    6 ​ sehen. Bei dem Auftriebsbeiwert ist ein Unterschied von 4° bezogen auf den maximalen Auftriebsbeiwert zu erkennen. Die URANS-Simulationen beschreiben einen maximalen Auftrieb bei ​    4 ​, während im Windkanal­ experiment der maximale Auftrieb erst bei ​    8 ​ auftritt. Der größte absolute Unterschied des Widerstands­ beiwerts zwischen der numerischen Simulation und

Literatur

635

Windkanalergebnissen ist bei ​    4 ​zu erkennen. Hier berechnet die numerische Simulation einen mittleren Widerstandsbeiwert von ​​c​  d​​   0.150​während im Experiment ein Wert von ​​c​ d​​   0,122​ermittelt wird. Dieser Unterschied erscheint genauer betrachtet mit etwa​​ c​  d​​   0,028​gering. Der größte Unterschied des Auftriebsbeiwerts ist bei einem Anströmwinkel von ​    10 ​ zu finden. Hier entsteht eine Differenz von ​​ c​  l​​    0,187​. Der größte Unterschied des Momentenbeiwerts ist​​ c​  m​​   0,0391​bei einem Anstellwinkel von ​      4 ​. Auf Basis der Frequenz des Auftriebsbeiwerts kann die Strouhalzahl (s. Abschnitt 4.2.4), also die normierte Wirbelablösefrequenz, die für die Berücksichtigung von wirbelinduzierten Schwingungen interessant ist, berechnet werden. Für den Anstellwinkel von ​    0 ​ und der Berücksichtigung der Höhe H ist die Strouhalzahl der URANS-Simulationen S ​ t   0,122​und somit im Vergleich zu den Windkanalergebnissen mit ​St    0,135​ [103] leicht unterschätzt.

tet wird. Rüdiger Höffer, Cornelia Kalender und Ulf Winkelmann danken der Stiftung Thüringer Schlösser und Gärten und der Stiftung Schloss Friedenstein für die Unterstützung mit Dokumenten und Daten bei der Erstellung der Windfeldanalyse zum Bauwerksstandort.

6.7

[3]  DIN 1055-4:2005-03 (2005) Einwirkungen auf Tragwerke – Teil 4: Windlasten. Berlin: Beuth.

Fazit und Ausblick

Mit den dargestellten Beispielen kann gezeigt werden, dass CFD-Simulationen durchaus in der Lage sind, lokale Strömungsvorgänge in Bauwerksumgebung zufriedenstellend abzubilden. Daraus lässt sich aber keine Allgemeingültigkeit ableiten, denn die Güte der numerischen Ergebnisse hängt von einer Vielzahl an Größen ab. Hierzu wurde eine Zusammenfassung der grundlegendsten Maßnahmen für die Qualitätssicherung erstellt. Generell gilt für die Nutzung von Modellen, dass der Anwender das Modell kennen muss, weiß, was es abbilden kann und, noch viel wichtiger, genau weiß, was es nicht abbilden kann. Dies betrifft sowohl das physikalische Windkanalexperiment als auch die numerische CFD-Simulation. Es gibt Fragestellungen, die aktuell nur im physikalischen Windkanalexperiment untersucht werden können. Auch ist die Nutzung von experimentellen Ergebnissen für die Validierung von numerischen Daten nicht zu ersetzen. Andersherum gibt es im Windkanal Grenzen, z. B. durch die notwendige geometrische Skalierung oder durch oft nur punktuell zur Verfügung stehende Messdaten. Auch kommt es vor, dass interessierende Bereiche mit der Messtechnik nicht angefahren oder aufgelöst werden können. Eine hybride Nutzung, in der sich Windkanal und CFD sinnvoll ergänzen und unterstützen, ist naheliegend und wird in Zukunft zu nachhaltigeren und effizienteren Ansätzen für die Lösung der Aufgaben im Windingenieurwesen führen.

7

Danksagungen

Die Autoren Francesca Lupi und Rüdiger Höffer danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für die Förderung der Forschungsarbeiten unter der Projektnummer 426322127, über die im Abschnitt 4 berich-

8

Literatur

8.1

Referenzen

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636

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11

Türme und Maste Frank Kemper, Markus Feldmann, Mirko Friehe, Klaus Thiele, Dieter Ungermann, Alena Patschin und Bettina Brune

Stahlbau-Kalender 2022: Türme und Maste, Brandschutz. Herausgegeben von Ulrike Kuhlmann © 2022 Ernst & Sohn GmbH. Published 2022 by Ernst & Sohn GmbH.

642

11   Türme und Maste

Inhaltsverzeichnis 1 Einleitung 643 2

Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche 643 2.1 Allgemeines 643 2.2 Regelwerke 644 2.3 Verkehrsinfrastruktur 644 2.4 Industrieller Bedarf 644 2.5 Kommunikationsinfrastruktur 644 2.6 Energieversorgung 645 2.6.1 Freileitungen 645 2.6.1.1 Allgemeines 645 2.6.1.2 Bestandteile einer Freileitung 646 2.6.2 Windenergieanlagen 646 3 Konstruktionsformen 648 3.1 Gittertürme und -maste 648 3.1.1 Allgemeines 648 3.1.2 Türme für Windenergieanlagen 649 3.1.3 Maste für Freileitungen 649 3.1.3.1 Bauarten von Freileitungsmasten 649 3.1.3.2 Stromtrassen 650 3.1.3.3 Mastbilder 651 3.1.3.4 Tragwerke von Freileitungsmasten 653 3.1.3.5 Freileitungen 657 3.1.3.6 Verbindungselemente von Freileitungen und Freileitungsmasten 660 3.2 Rohrtürme und -maste 661 3.2.1 Allgemeines 661 3.2.2 Verbindungen der Sektionen 661 3.2.3 Türme für Windenergieanlagen 662 3.2.4 Maste für Freileitungen 663 3.2.4.1 Freileitungsmaste für die Energiewende 663 3.2.4.2 Neue Rohrmaste für Freileitungen 663 3.2.4.3 Raumoptimierte Freileitungsmaste 671 3.3 Abgespannte Maste 672 4

Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte 672 4.1 Klimatische Einwirkungsgrößen am Bauwerksstandort 672 4.1.1 Basiswindgeschwindigkeit aus meteorologischen Daten 672 4.1.1.1 Allgemeines 672 4.1.1.2 Extreme Windgeschwindigkeit 672 4.1.1.3 Einfluss der Umgebungsrauigkeit 674 4.1.2 Modellierung der Vereisung 676 4.1.2.1 Vereisungsszenarien 676 4.1.2.2 Klimatische Randbedingungen für Vereisung 677 4.1.2.3 Bewertung auf Basis der Schneelastnorm 678

4.1.2.4

Bewertung auf Basis meteorologischer Daten 678 4.2 Aerodynamische Beiwerte 679 4.2.1 Kraftbeiwerte für Gittermaste 679 4.2.1.1 Stand der Normung 679 4.2.1.2 Windkanaluntersuchungen an unterschiedlichen Gittermasten 681 4.2.2 Kraftbeiwerte für Rohrtürme 682 4.2.3 Kraftbeiwerte für Anbauten an Maste 683 4.3 Böenerregte Schwingungen 685 4.4 Wirbelerregte Querschwingungen 685 4.4.1 Beschreibung des Phänomens 685 4.4.2 Aktuelle Diskussion zu den Verfahren zur Berechnung der Querschwingamplitude 686 4.5 Ermüdungsnachweise für windinduzierte Schwingungen 686 4.5.1 Böenerregte Schwingungen 686 4.5.2 Wirbelerregte Schwingungen 687 4.6 Maßnahmen zur Reduktion von winderregten Schwingungen 687 4.7 Lasteinwirkungen aus Betrieb 688 4.7.1 Betriebszustände von Windkraftanlagen 688 4.7.2 Seilzug bei Freileitungsmasten 689 4.8 Einwirkungen und Einwirkungskombinationen nach DIN EN 50341 VDE 0210 690 4.8.1 Allgemeines 690 4.8.2 Einwirkungen 690 4.8.3 Lastfälle nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 693 5

Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge 693 5.1 Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte in unterschiedlichen Normenwerken 693 5.2 Vollständig probabilistische Bemessung 694 5.2.1 Allgemeines 694 5.2.2 Geforderte Zuverlässigkeit 695 5.2.3 Beispiel 695 5.3 Typische Grenzzustände von Gittermaststrukturen 699 5.4 Modellierung der Einwirkungsseite 700 5.5 Modellierung der Widerstandsseite 700 6

Ausblick auf die kommende Normengeneration 701

7 Zusammenfassung 703 8 Literatur 704



1

Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche

Einleitung

Türme und Maste sind funktionale, schlanke Tragwerke, deren Zweck in der Regel darin besteht, unterschiedliche Komponenten (z. B. Beleuchtung, Sendeeinrichtungen, Rotoren und Generatoren von Windenergieanlagen etc.) auf bestimmte Höhenlagen anzuheben, um deren Effizienz bzw. Wirksamkeit zu erhöhen. In anderen Fällen bezweckt man durch die Installation „in der Luft“ auch eine Barrierefreiheit im bodennahen Bereich oder eine Schutzwirkung durch die Entfernung zum Boden (z. B. bei stromführenden Leitungen). Die Errichtung von Türmen und Masten ist somit in aller Regel kein Selbstzweck: Stattdessen fördern diese Bauwerke zumeist der Erreichung anderer technischer Ziele. Moderne Infrastruktur, der stark dynamische Energiesektor und die hochverdichtete Telekommunikation wären ohne Turm- und Mastbauwerke undenkbar. Mit Blick auf die Marktanteile im Stahlbau ist dieser Sektor aufgrund seiner sehr vielfältigen Einsatzbereiche und der technischen Vorteile des Werkstoffs für schlanke Tragwerke von wachsender Bedeutung, was sich auch in den Absatzzahlen des deutschen Stahlbaus widerspiegelt. Dieser Beitrag soll Hintergrundinformationen und technische Beurteilungshilfen für Turm- und Mastkonstruktionen bereitstellen. Es soll auch dargelegt werden, dass es aufgrund der unterschiedlichen Nutzungsarten und Einsatzgebiete von Turm- und Mastbauwerken eine Vielzahl von Regelungen gibt, die von Relevanz für Planung und Nachweis sind. Die Regelungslage ist für die Planer häufig unübersichtlich, was durch die Novellierungen der Normen in den vergangenen Jahren eher noch verschärft denn verbessert wurde. Zum Teil herrscht auch Unverständnis mit Blick auf parallele Regelungswerke (z. B. Freileitungsbau und Antennentragwerke), da es schließlich rein technisch keine nennenswerten Unterschiede in Bezug auf die Konstruktionsformen gibt. Und obwohl die Sicherheitsanforderungen eigentlich übergeordnet definiert sein sollten, zeigen sich bei näherer Betrachtung doch Unterschiede in Abhängigkeit der Bauwerksnutzung. Im Abschnitt 2 gibt es deshalb zunächst einige generelle Verweise auf technische Regeln und es wird auf den Stand der Technik und der Normung Bezug genommen. Der vorliegende Beitrag indes möchte auch einige Besonderheiten, die für die Planung von Turm- und Mastbauwerken relevant sind, beleuchten und zur entsprechenden Diskussion anregen. Hierbei werden gezielt auch strittige Regelungen aufgegriffen und, soweit möglich, hierzu Stellung genommen, indem aktuelle Forschungsarbeiten der Forschungsstellen herangezogen werden. Möglicherweise bietet dies mit Blick auf die Normungslandschaft, die Chance dazu, die sich häufig widerstrebenden Bemühungen der Harmonisierung, Präzisierung und Vereinfachung in der einen oder anderen Weise voranzubringen. Im Abschnitt 3 werden die typischen Konstruktionsformen von Masten und Türmen dargestellt und den zuvor

643

aufgeführten Einsatzgebieten, soweit dies sinnvoll ist, zugeordnet. Es werden Türme für Windenergieanlagen in Gitter- und Rohrturmbauweise behandelt. Das Themengebiet der Freileitungsmaste bedarf einer umfassenden und speziellen Auslegung. Die Gestaltung eines Freileitungsmastes wird generell von mehreren Faktoren beeinflusst. Dafür werden ebenfalls im 3. Abschnitt erforderliche Randbedingungen erläutert und für die Gestaltung notwendige Grundlagen aufgezeigt. Die Lastmodellierung für Türme und Maste wird im Abschnitt 4 behandelt. Dabei stehen naturgemäß die Windbelastungen stark im Vordergrund. Es werden hierzu neue Erkenntnisse zu den aerodynamischen Beiwerten von sechsstieligen Gitterstrukturen vorgestellt, die im Zuge von Windkanalmessungen gewonnen wurden. Ebenfalls werden die unterschiedlichen Arten von winderregten Schwingungen thematisiert. Zum Verfahren der wirbelerregten Schwingungen wird erneut thematisiert, wie schwierig erreichbar hier eine wissenschaftlich abgesicherte Bewertung der Nachweisverfahren ist und welche neuen Ansätze und Erkenntnisse es dazu gibt. Es wird auf den Betriebsfestigkeitsnachweis für wirbelerregte Querschwingungen eingegangen und dafür eine genauere Grundlage geliefert, als dies mit der Windlastnorm möglich ist. Abschließend werden die Beanspruchungen der Freileitungsmaste aus der Freileitungsnorm aufgezeigt. Das Augenmerk gilt besonders den mechanischen Anforderungen, die aus der Belastung der Freileitung resultieren. Abschnitt 5 setzt sich dann mit Fragen der Sicherheitskonzepte auseinander. Während beispielsweise für Freileitungsmaste mittlerweile in vielen Fällen eine Nachrechnung auf vollständig probabilistischer Basis erfolgt, ist dies in den beschriebenen anderen Einsatzgebieten bis heute nicht üblich. Dies liegt zum einen an der schwachen Datenbasis, die zur Formulierung der detaillierten Wahrscheinlichkeitsverteilungen erforderlich ist – zum anderen ist der semi-probabilistische Nachweis ungleich einfacher und stringenter zu handhaben. Dennoch sollen die prinzipiellen Methoden dargestellt werden, die für eine vollständig probabilistische Nachweisführung notwendig sind.

2

Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche

2.1

Allgemeines

Die Begrifflichkeiten für „Türme“ und „Maste“ sind im deutschen Sprachgebrauch nicht klar voneinander getrennt. Technisch gesehen sind „Türme“ vertikal errichtete Tragwerke, die in sich selbst standsicher sind. „Maste“ hingegen benötigen zur Erreichung einer ausreichenden Quertragfähigkeit zusätzliche seitliche Haltungen, die in der Regel durch Abspannseile (abgespannter Mast) realisiert werden. Dennoch wird beispielsweise von Licht- und Ampelmasten gesprochen, obwohl diese natürlich in aller Regel selbsttragend sind.

644

11   Türme und Maste

Vielmehr impliziert der Sprachgebrauch nämlich auch die Schlankheit des Tragwerks, wobei ein Mast als schlanker verstanden wird als ein Turm. Da die Schlankheit bei abgespannten Konstruktionen besonders hoch ist, könnte dies auch der Grund für das begriffliche Durcheinander sein. Auch Licht- und Ampelmaste sind in der Regel durch eine sehr schlanke Bauweise gekennzeichnet, weshalb wohl hier ebenfalls von „Masten“ gesprochen wird. Es ist deshalb durchaus sinnvoll, die Begriffe „Mast“ und „Turm“ entsprechend ihrer bereits eingebürgerten Anwendung mit Blick auf die Schlankheitsverhältnisse zu verwenden und eine eventuell vorhandene Abspannung zusätzlich explizit zu benennen. So wird es zumindest in diesem Beitrag gehandhabt. Folglich gibt es beispielsweise: – (nichtabgespannte) Gittermaste (z. B. kleinere Lichtmaste), – abgespannte Gittermaste (z. B. größere Antennenträger), – Gittertürme (z. B. für Windkraftanlagen) – usw. Wobei der Übergang fließend ist und eine scharfe Abgrenzung, z. B. abhängig vom Schlankheitsgrad, kaum sinnvoll erscheint. In den folgenden Abschnitten werden typische Mast- und Turmkonstruktionen im Kontext ihrer typischen Einsatzgebiete charakterisiert. Dabei wird auch Bezug genommen auf die jeweils gültigen technischen Regelungsbereiche. Eine weitere begriffliche Abgrenzung kann durch die Berücksichtigung der Nutzungsart erfolgen. Während Maste reine Zweckbauten sind, die nur im Ausnahmefall von Personen inspiziert werden (und das mittels externer Steighilfen oder Arbeitsbühnen), ist dies bei Türmen anders: Windenergietürme, Aussichtstürme oder Hochhaustürme weisen eigene Erschließungssysteme für eine Besteigung auf. Sofern ein regulärer Aufenthalt von Personen möglich ist, ist dies für die sicherheitstheoretische Betrachtung (Stichwort Schadensfolge) relevant.

2.2

Regelwerke

Als Fachnorm zur Bemessung von (ortsfesten) Antennentragwerken galt bis Juni 2011 die DIN V 4131, als Nachfolgedokument wird hier auf DIN EN 1993-3-1 (2010-12) [1] und DIN EN 1993-3-1∕​NA (2015-11) [2] verwiesen. Parallel dazu gab es die Fachnorm zur Bemessung von Schornsteinen, die DIN 4133, als Nachfolgedokument wird hier auf DIN EN 1993-3-2 [3] und DIN EN 1993-3-2∕​NA [5] verwiesen. Die genannten DIN EN (Eurocode) Normen sind thematisch in „Türme und Maste“ (Eurocode 3, Teil 3-1) [1] und „Schornsteine“ (Eurocode 3, Teil 3-2) [3] aufgeteilt. Im Zuge der laufenden Überarbeitung ist künftig geplant, beide Teile in einem gemeinsamen Teil 3 zu vereinen. Es ist zudem beabsichtigt, die spezifischen Aspekte der Windbelastungen von Mast- und Turmbauwerken künftig in der Neufassung von Eurocode 1, Teil

1-4 (Windlasten) [5] mitzuregeln. Weitere Hinweise zur Novellierung der Normungssituation, s. Abschnitt 6. Für den Freileitungsbau ist in Deutschland die DIN 50341, Teil 1 (2013-11) [7] und Teil 2-4 (2019-09) [8], gültig. Bei den Tragsicherheitsnachweisen finden sich dort jedoch auch an mehreren Stellen Verweise auf die Stahlbau-Normenreihe DIN EN 1993-1-1 [9] (z. B. für Schweißverbindungen, Knicksicherheitsnachweis). Für landseitig installierte Windenergieanlagen (WEA) ist die 2019 erschiene Normenreihe DIN 18088 [10] relevant.

2.3

Verkehrsinfrastruktur

Die heutige Verkehrsinfrastruktur erfordert eine Vielzahl von vertikalen Tragstrukturen, so zum Beispiel Ampelmaste, Lichtmaste, Signalmaste, Maste für die Verkehrsflussüberwachung und Beschilderung, Maste im Bereich der Gleisanlagen des schienengebundenen Verkehrs, Maste für die Stromversorgung von Straßenbahnen und Oberleitungsbussen etc. Diese unzähligen Tragwerke sind Teil unseres Landschaftsbildes geworden. Ihre Standsicherheitsbewertung erfolgt zweckmäßig auf Basis von typisierten Nachweisen. Grundsätzlich gelten die bautechnisch eingeführten Normenwerke der Eurocode-Reihe für die Lastannahmen, die entsprechenden Bauweisen und das Sicherheitskonzept. Ergänzend müssen auch spezielle Regelungen wie z. B. die DIN 40-3-1 bis DIN 40-3-3 [11–13], bahneigene Regelwerke oder die Richtlinien ZTV-ING beachtet werden.

2.4

Industrieller Bedarf

In der Industrie werden neben (abgespannten) Masten für elektrotechnische Belange vor allem Schornsteine eingesetzt, die für die Führung der produktionsbedingten Abgase verwendet werden. Der Transport von Schadgasen in höhere Luftschichten führt zu einer stärkeren Durchmischung mit sauberer Umgebungsluft und damit zu einer Reduktion der Schadstoffkonzentration in der bodennahen Schicht. Die Auslegung der notwendigen Höhe hängt vom Schadstoffgehalt der Emissionen sowie den topografischen und windklimatischen Bedingungen vor Ort ab. Bei geringeren bis moderaten Bauhöhen (ca. bis zu 120  m) werden die Schornsteine in der heutigen Zeit häufig als reine Stahlkamine mit und ohne Innenrohr zur Rauchgasführung ausgeführt. Sofern es die Bauhöhe erfordert, werden bei dieser Bauart die Einzelsegmente mit Ringflanschverbindungen vor Ort zusammengesetzt. Normativ sind die Schornsteintragwerke in der Eurocode-Norm DIN EN 1993-3-2 [3] geregelt. Die national festgelegten Parameter für Deutschland wurden mit dem Dokument DIN EN 1993-3-2∕​NA:2017 [4] veröffentlicht.

2.5

Kommunikationsinfrastruktur

Der Zuwachs des übertragenen Datenvolumens im vergangenen Jahrzehnt erfolgte exponentiell. Die stetig



Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche

645

Bild 1. Prognose der Internetnutzung bis 2023 für unterschiedliche Endgeräte [14]

wachsende Vernetzung von technischen Komponenten (Internet der Dinge), von industriellen Prozessen (Industrie 4.0) und das wachsende Datenvolumen in Anwendungen (virtuelle bzw. erweiterte Realität) lassen auch in nächster Zukunft eine Konvergenz des Datenvolumens nicht erwarten. Im Bild 1 ist dargestellt, wie sich die Internetnutzung voraussichtlich in den nächsten Jahren entwickeln wird. Insbesondere die sog. M2M (machine-to-machine) Kommunikation wird deutlich zunehmen. Da ein erheblicher Teil der digitalen Kommunikation durch drahtlose Verbindungen realisiert wird (z. B. 5G-Netz), ist auch der Bedarf an stationären Sendeanlagen steigend. Bautechnisch sind es die Antennenträger, häufig Einzelmaste, die als Rohrtürme oder Gittermaste ausgeführt werden, welche zur Aufnahme der Sendetechnik verwendet werden. Der Ausbau bestehender Sendeanlagen und deren Aufrüstung mit neuen Kommunikationsstandards führt in der Praxis regelmäßig dazu, dass die Windangriffsflächen über das zulässige Maß ansteigen und so Verstärkungs- oder Neubaumaßnahmen erforderlich werden. Die Regelungen für diese Bauwerke finden sich vor allem in DIN EN 19933-1 [1]. Der zugehörige nationale Anhang für Deutschland liegt mit der Fassung DIN 1993-3-1∕​NA:2015 [2] vor. In diesem Beitrag finden sich zudem spezifische Untersuchungen für das aerodynamische Verhalten von Anbauten für Antennenbauwerke in 4.2.3.

2.6

Energieversorgung

2.6.1 Freileitungen 2.6.1.1 Allgemeines Freileitungen sind wesentliche Elemente des Stromnetzes, über das elektrische Energie von den Kraftwerken durch Übertragungs- und Verteilernetze zu den Letztverbrauchern transportiert wird. Unter Freileitungen versteht man elektrische Stromleitungen, bei denen die spannungsführenden Stromleiter im Freien durch die Luft geführt und vom Erdboden isoliert werden. Große Freileitungen im Hoch- und Höchstspannungsbereich

werden in der Regel von Freileitungsmasten getragen, an denen sie mit Isolatoren befestigt sind. In Deutschland wurden im Jahr 2020 insgesamt 874 Stromnetzbetreiber bei der Bundesnetzagentur regi­ striert [15] (Stand 1.3.2021). Die vier großen Über­ tragungsnetzbetreiber (ÜNB) 50Hertz, Amprion, ­TenneT TSO und TransnetBW sind für die überregionale Stromübertragung in zugewiesenen Regelzonen verantwortlich. Damit erfüllen sie nach § 11 des Energiewirtschaftsgesetzes den gesellschaftlichen Auftrag, „ein sicheres, zuverlässiges und leistungsfähiges Energieversorgungsnetz diskriminierungsfrei zu betreiben, zu warten und bedarfsgerecht zu optimieren, zu verstärken und auszubauen, soweit es wirtschaftlich zumutbar ist.“ [16]. Die Regelzonen der Übertragungsnetzbetreiber in Deutschland sind im Bild 2a dargestellt. In Bild 2b sind das von den ÜNB betriebene Höchstspannungsnetz und die großen, nationalen Ballungsgebiete zu erkennen. In Deutschland umfasst das Freileitungsnetz der vier Übertragungsnetzbetreiber im Höchstspannungsbereich aktuell ca. 37.000 km Leitungslänge [15] (Stand 1.3.2021). Die im Vergleich zu den ÜNB deutlich größere Zahl der Verteilungsnetzbetreiber stellt die regionale und lokale Stromversorgung bis zu den Endverbrauchern sicher [15]. Sie betreiben die weit verzweigten, regionalen Verteilernetze, die über Umspannwerke mit den überregionalen Übertragungsnetzen verbunden sind. Das Stromnetz in Westeuropa ist standardmäßig in Höchst-, Hoch- und Niederspannungsebenen eingeteilt. Im überregionalen Transportnetz der Übertragungsnetzbetreiber werden große Strommengen mit Höchstspannungen von 220 kV und 380 kV transportiert. Städte, bevölkerungsreiche Regionen und strom­ intensive Industrie werden über die regionalen Stromnetze der Verteilungsnetzbetreiber mit Energie in Hochspannungen von 60  kV und 110  kV versorgt. Zum Stromtransport in die weit verzweigten, lokalen Netze und zur Energieversorgung von mittleren Industriebetrieben, Handelsunternehmen und Kleinstädten wird in der Regel die Mittelspannung von 6 bis 30 kV genutzt.

646

11   Türme und Maste

Tabelle 1.  Nennspannungen und Spannweiten von Stromleitern in verschiedenen Spannungsebenen Spannungs­ebene

Nieder­spannung (LV)

Mittelspannung (MV)

Hoch­spannung (HV)

Höchst­spannung (EHV)

Ultra-Hochspannung (UHV)

Spannungs­bereich

< 1 kV

1–44 kV

45–299 kV

300–750 kV

> 800 kV

Nennspannung

0,23 kV, 0,40 kV

10 kV, 20 kV, 30 kV

60 kV, 110 kV

220 kV, 380 kV

Spannweite

< 100 m

50–200 m

200–350 m

350–500 m

Final dienen die Niederspannungsnetze mit Spannungen von 230 bis 400 V der Versorgung kleiner Gemeinden, Gewerbe und privaten Haushalten. Schalt- und Umspannwerke sind die Knotenpunkte des Stromnetzes, denn sie stellen die Verbindung zwischen Stromnetzen unterschiedlicher Spannungsebenen sicher, indem sie die eingehende Energie über Transformatoren auf das nächstniedrigere Spannungsniveau transformieren. In Tabelle  1 werden die unterschiedlichen Spannungs­ ebenen im deutschen Stromnetz und die zugehörigen Nennspannungen nach DIN EN 60071-1 VDE 0111-1 [19] aufgeführt. Die Spannungsebenen von Freileitungen sind in Europa weitgehend standardisiert. Der Tabelle  1 können zudem die mittleren Spannweiten der Leiterseile in Abhängigkeit der Spannungsebenen entnommen werden. Im deutschen, überregionalen Übertragungsnetz sind oberirdisch verlegte Freileitungen, gestützt von großen Freileitungsmasten, dominierend und prägen das Landschaftsbild. Alternativ werden auch unterirdische Erdkabelanlagen verbaut, bei denen die stromführenden Leiter in einem Kabelgraben von 1,5 bis 2 m Tiefe auf einer Sandschicht verlegt werden. Erdkabelanlagen im Höchstspannungsbereich (380  kV) werden nur in besonderen Fällen ausgeführt, wenn z. B. eine Höchstspannungsleitung nah an sensiblen Gebieten wie einer Großstadt vorbeigeführt werden muss. Freileitungen sind für Höchstspannungsnetze in der Regel die weitaus kostengünstigere Variante, während für Erdkabelanlagen aufwendige und kostenintensive Tiefbauarbeiten notwendig sind. In den regionalen und lokalen Verteilungsnetzen sind Erdkabelanlagen im Vergleich zu Freileitungen dagegen weitaus verbreiteter, der Anteil von Erdkabelanlagen nimmt mit abnehmender Nennspannung der Stromleiter zu. In den örtlichen Niederspannungsnetzen, insbesondere im verdichteten, innerstädtischen Raum, sind Kabelanlagen zur Stromversorgung der Endverbraucher heutzutage dominierend [20].

> 500 m

Die wichtigsten, funktionalen Komponenten einer oberirdischen Freileitung sind die stromführenden Leiter, die mithilfe von Verbindungselementen (Armaturen, Isolatoren) zwischen Stützpunkte gespannt oder an diese angebunden werden. Stützpunkte von Freileitungen im Hoch- und Höchstspannungsbereich (  220 kV) sind Freileitungsmaste, die in Deutschland traditionell als hohe Stahlgittermasten mit massiver Gründung ausgeführt werden. Diese weit verbreiteten, fachwerk­ artigen Stahlgittermasten haben sich seit vielen Jahren im Freileitungsbau hinsichtlich Lastabtrag, Tragkon­ struktion, Fertigung, Montage und Instandsetzung bewährt.

2.6.2 Windenergieanlagen Ein wesentlicher Schwerpunkt des in Deutschland eingeleiteten Konzepts zur Energiewende liegt in der regenerativen Energiegewinnung aus natürlicher Windkraft. Nach anfänglichen bautechnischen Schwierigkeiten aufgrund der hohen dynamischen Wechselbeanspruchungen, sind heutzutage die Nachweisverfahren und die technischen Realisierungswege ausreichend weiterentwickelt, als dass zuverlässige Prognosen über die zu erwartende Lebensdauer möglich geworden sind. Aus

2.6.1.2 Bestandteile einer Freileitung In Bild 3 sind die Struktur, die Komponenten und die Elemente eines Stromnetzes dargestellt. Besonders die Bestandteile von oberirdischen Freileitungen sind hier eingehender spezifiziert.

a) Bild 2. Aufteilung a) des Übertragungsnetzbetriebs [17]



Begriffe, Einsatzgebiete, Relevanz und Regelungsbereiche

b) Bild 2. Aufteilung b) des Höchstspannungsnetzes mit Netzbauvorhaben (fett gekennzeichnet) in Deutschland im Jahr 2021 [18] (Fortsetzung)

647

648

11   Türme und Maste

Bild 3. Struktur, Komponenten und Elemente des Stromnetzes

ökologischer und politischer Sicht ist der verstärkte Ausbau des durch die Windkraft eingespeisten elektrischen Stroms unabdingbar. Aufgrund der mit der Höhe über dem Gelände exponentiell ansteigenden Windgeschwindigkeit, führen höhere Anlagenausführungen zu einer deutlichen Steigerung des Ertrags und relativieren somit die höheren Baukosten. Optimale Nabenhöhen liegen derzeit im Bereich von ca. 120 bis 160 m bei landseitig installierten Anlagen. Es existieren zahlreiche bautechnische und konstruktive Realisierungsmöglichkeiten für die Errichtung von Windenergietürmen. In reiner Stahlbauweise hat sich hier vor allem die segmentierte Rohrturmbauweise am Markt durchgesetzt. Weniger häufig werden derzeit Gittermaste für Windenergieanlagen verwendet, obwohl sie aus technischer Sicht, gerade bei besonders großen Nabenhöhen, also auch jenseits der 120 m, besonders vorteilhaft sind [21]. Dies liegt daran, dass die Luftströmungen in den beiden Bereichen mitunter divergierende Strömungsrichtungen zeigen. Damit geht einher, dass der Rotor aus Effizienzgründen sinnvollerweise oberhalb der sog. Prandtl-Schicht angeordnet werden sollte. Aufgrund des geringeren Geschwindigkeitsgradienten ergibt sich beim Anlagenbetrieb in diesem Bereich auch ein deutlich kleineres über die Horizontalachse wirkendes Biegemoment auf die Windkraftanlage. Wie stark dieser Effekt im Binnenlandbereich ausfällt, zeigt folgendes Beispiel: Das Anheben der Nabenhöhe einer Windkraftanlage von 100  m auf 160 m verbessert die Energieausbeute an der Küste lediglich um 12 %, im Binnenland, z. B. in Bayern, bewirkt dies jedoch eine Effizienzsteigerung um 40 % aufgrund der dortigen Strömungsturbulenz im bodennahen Bereich [22]. Die Frage nach der optimalen Konstruktionsform für die Türme von Windenergieanlagen beschäftigt zahlreiche Unternehmen und Forschungseinrichtungen. Sie kann auch sicher nicht generell beantwortet werden, zu hoch sind die individuellen Einflüsse wie Anlagentyp, Leistungsklasse, windklimatischer Standort, Umgebungsrauigkeit, Bodenbeschaffenheit, Zugänglichkeit,

Transportmöglichkeiten etc. Die Stahlbauweise ist hier auch nicht konkurrenzlos, Türme aus Stahlbeton und Hybrid-Varianten spielen ebenfalls eine wichtige Rolle in diesem Marktsegment [23]. Eine Auseinandersetzung mit einer selbsterrichtenden Turmtechnologie findet sich in [24]. Aktuell werden im Bereich der landseitigen Windenergieanlagen Nabenhöhen von 160 bis 180 m angestrebt und Generatorleistungen von bis zu 5  MW realisiert. Durch diese Turmhöhen werden winderregte Schwingungseffekte (vgl. Abschnitte 4.3, 4.4) zunehmend stärker relevant. Es ist mittlerweile auch üblich, Schwingungsdämpfer in die hohen Türme einzubauen, die beispielsweise gezielt die erste oder (vor allem) zweite Eigenform bedämpfen.

3

Konstruktionsformen

3.1

Gittertürme und -maste

3.1.1 Allgemeines Besonders effizient können Türme und Maste in der Gitterbauweise hergestellt werden. Hier wird das Material entsprechend den statischen und strukturdynamischen Anforderungen bestmöglich platziert. Die Transparenz der Konstruktionen mag gefallen oder nicht. Im Bereich des Freileitungsbaus gilt die Bauweise in Deutschland als weitgehend akzeptiert, während im Bereich der Windkraftanlagen häufig ästhetische Gründe angeführt werden und Rohrtürme bevorzugt werden. Gitterkonstruktionen für Türme und Maste werden in der Regel stark vorgefertigt, zum Teil vormontiert und letztlich vor Ort zum Gesamttragwerk verbunden. Die einzelnen Elemente des Tragwerks lassen sich unterscheiden in die Eckstiele, die im Wesentlichen für den Lastabtrag verantwortlich sind, da sie das wirkende Biegemoment durch das zugehörige Kräftepaar abtragen. Die Querschnitte müssen dementsprechend mindestens auf die wirkende Zugnormalkraft in den jewei-

Konstruktionsformen

ligen Höhenabschnitten ausgelegt sein. Aufgrund der noch höheren Druckbeanspruchung müssen die Eck­ stiele kontinuierlich gestützt werden, damit ein Stabilitätsversagen vermieden wird. Hierzu dienen im Wesentlichen die horizontalen Ausfachungen des Gittertragwerks. Sie stellen die notwendigen Zwischenlager dar und verringern auf diese Weise die effektiven Stabschlankheiten der Eckstiele. Da neben den auftretenden Biegemomenten auch Schubkräfte abgetragen werden müssen, gibt es zudem diagonale Stabelemente, die das Tragwerk insgesamt ausfachen. Zusätzlich stabilisieren sie ebenfalls die Eckstiele, sodass in höheren Turmsektionen nur die Anordnung von Eckstielen ausreichend sein kann. Letztlich sind auch Horizontal- und Diagonalstäbe ihrerseits stabilitätsgefährdet, sodass sekundäre und tertiäre Aussteifungselemente notwendig werden können. Dies ist bei Türmen mit veränderlicher Eckstielneigung aufgrund der hohen Schlankheiten für die primäre Ausfachung insbesondere im unteren Drittel der Fall. Bei zugbeanspruchten Stabelementen kommt dem Nachweis der Nettobeanspruchbarkeit im Anschlussbereich eine maßgebende Bedeutung zu. Bei der lastabtragenden Struktur von Gittertürmen und -masten lassen sich neben den zuvor beschriebenen Bauteilen auch sog. Schüsse bzw. Sektionen unterscheiden. Die Sektionen stellen vertikale Abschnitte des Tragwerks dar. Die Sektionsgrenzen liegen jeweils dort, wo Horizontalverbände und Diagonalausfachungen an die Eckstiele anschließen. Ein Schuss kann wiederum aus mehreren Sektionen bestehen.

3.1.2 Türme für Windenergieanlagen Für die Realisierung von Windenergieanlagen mit steigenden Nabenhöhen ist die Gitterturmbauweise in vielerlei Sicht anderen Bauweisen überlegen. Insbesondere aufgrund des effizienten Materialeinsatzes, der Flexibilität der Tragwerksentwürfe und der freien Transportmöglichkeiten können neben den ökonomischen auch zahlreiche technische Vorteile im Vergleich zu klassischen Rohrtürmen benannt werden. Windenergieanlagen werden bestimmungsgemäß in hohem Maße durch den natürlichen Wind belastet. Für eine realistische Dimensionierung in den relevanten Grenzzuständen kommt deshalb einer substanziellen Kenntnis der aerodynamischen Einwirkungsgrößen, der statischen Verteilung des natürlichen, standortbezogenen Windaufkommens und dem spektralen Gehalt der Turbulenzstruktur eine besonders hohe Bedeutung zu. Der wesentliche Eintrag in die Struktur erfolgt über den Rotor, der bei heutigen Anlagen eine Fläche von 10.000 bis 15.000 m2 überstreicht. Werden höherfeste Stähle in Turmkonstruktionen eingesetzt, so verändert sich sowohl die Relation der unterschiedlichen Grenzzustandsbewertungen (Standsicherheit, Gebrauchstauglichkeit, Ermüdung) untereinander als auch die Signifikanz der einzelnen Nachweiskriterien (z. B. Querschnitts- zu Bauteilversa-

649

gen). Deswegen ist es weiterhin entscheidend, die Stahlsortenwahl unter Berücksichtigung aller genannten Grenzzustandsformulierungen und im Rahmen eines individuell optimierten Tragwerks zu bewerten. Denn höherfeste Baustähle werden so durch verbesserte Lastansätze bei entsprechend angepasster Struktur zukunftsfähig. In Anbetracht der Bedeutung der Windeinwirkung und der mitunter besonders hohen Turmausbildungen, muss eine Beleuchtung aller Grenzzustände unter Berücksichtigung des globalen dynamischen Struktur­ verhaltens infolge des Anlagenbetriebs erfolgen. Mit zunehmender Bauwerkshöhe kommt den Resonanzanteilen und den damit erhöhten extremen Strukturbeanspruchungen sowie der Häufigkeit der zyklischen Einwirkungen im Sinne des Ermüdungskonzepts eine wesentliche Bedeutung zu. Die Verwendung von Gittermasten für den Bereich der Windenergie hat sich nicht allgemein durchgesetzt. In Europa ist hier die Kostenstruktur für den Personalaufwand im Wesentlichen verantwortlich. Stattdessen dominieren Rohrtürme in reiner Stahl-, in Hybrid- oder Stahlbetonbauweise, vgl. Abschnitt 3.2.3. In Ländern mit geringeren Lohnkosten, wie beispielsweise China oder Indien, sind Stahlgittertürme für die Windenergie deutlich stärker verbreitet1).

3.1.3 Maste für Freileitungen 3.1.3.1 Bauarten von Freileitungsmasten Freileitungsmaste tragen die oberirdischen Freileitungen im Höchst- und Hochspannungsbereich. Freileitungsmaste sind statisch-konstruktiv so auszulegen, dass sie das Eigengewicht des Mastes und der Leiterseile (inkl. aller Verbindungselemente) sowie die vertikalen Lasten aus Schnee und Eis abtragen können. Zudem sind sie für die Aufnahme horizontaler Lasten aus Leiterzug und Wind auszulegen, der vornehmlich orthogonal zur Leiterachse und senkrecht auf die Mastbauteile wirken. Bei Winkeländerungen der Stromtrasse sind zusätzliche, mitunter erhebliche horizontale Lasten abzutragen, da aus der Umlenkung der Leiterzugkräfte am Freileitungsmast große Horizontalkräfte resultieren. Je nach Führung der Stromtrasse, Funktion und Beanspruchung der Gittermaste unterscheidet man verschiedene Arten von Freileitungsmasten (Bild 4). Tragmaste werden bei gerader Trassenführung eingesetzt. Sie sind vornehmlich für den Abtrag von vertikalen Lasten aus Eigengewicht des Mastes und der Leiterseile sowie zur Aufnahme von Windlasten im Spannfeld konzipiert. Die stromführenden Leiterseile werden an die Tragmaste angehängt, daher sind die Tragmaste nicht für nennenswerte horizontale Lasten aus Leiterzug dimensioniert. Tragmaste sind die konstruktiv ein-

1) Bundesverband Windenergie

650

11   Türme und Maste

Bild 4. Stahlgittermaste als a) Tragmast, b) Winkelabspannmast, c) Kreuzungsmast

fachsten, am wenigsten aufwendigen und kostengünstigsten Masttypen (Bild 4a). Bei einer Winkeländerung der Trassenführung 20° werden Winkeltragmaste oder Abspannmaste notwendig (Bild 4b). Winkeltragmaste können jedoch nur vergleichsweise geringe, horizontale Umlenkkräfte aus Leiterzug übertragen, daher werden in Deutschland bei Stromtrassen mit jedweder Winkeländerung Abspannmaste bevorzugt. Abspannmaste (Bild  4b) sind so bemessen und kon­ struiert, dass sie neben den Tragmast-Beanspruchungen zusätzlich große Leiterzugkräfte aufnehmen können. Die Leiterseile werden nicht nur an die Abspannmaste angehängt, sondern auch zugkraftschlüssig verspannt, um über Leiterseil-Vorspannung den Leiterdurchhang zu regulieren. Abspannmaste können sowohl einseitigen als auch ungleichmäßigen, horizontalen Belastungen aus Leiterzug oder Umlenkkräften standhalten. Zudem sind sie so dimensioniert, dass sie auch außergewöhnlich große horizontale Lasten, z. B. aus Leiterriss, abtragen können, die zu großer Biege- und Torsionsbeanspruchung des Mastes führen. Abspannmaste werden nicht nur bei Winkeländerung der Trasse, sondern auch bei geraden und sehr langen Trassenverläufen in definierten Abspann-Abschnitten (ca. 5 bis 10 km) [25] zwischen den Tragmasten angeordnet, um die maximale Länge der Leiterseile zu verringern und die Entstehung von Kaskadenschäden zu begrenzen. Durch die Anordnung von Abspannmasten in einer gerade geführten Stromtrasse kann beim Ausfall eines Tragmastes, der für die Aufnahme der Zugkräfte infolge Leiterriss nicht ausgelegt ist, eine Kettenreaktion und der Einsturz weiterer, naheliegender Tragmasten verhindert werden. Im Falle einer Kreuzung von Stromtrassen, auch mit unterschiedlichen Spannungsebenen, sind Abspannmaste als Kreuzungsmaste zu konzipieren (Bild  4c). Endet eine der Stromtrassen an einem Kreuzungsmast,

ist dieser unter Berücksichtigung der Horizontalkraft aus der Endverankerung des endenden Leiterseils als Abzweigmast zu bemessen und zu konstruieren. Schließt eine Stromtrasse gänzlich und ohne Kreuzungspunkt an einem Mast ab und wird im Erdkabel weitergeführt oder geht in ein Umspannwerk über, muss ein Endmast den Lastabtrag gewährleisten. Ein Endmast ist eine spezielle Art eines Abspannmastes, der bei hoher einseitiger Belastung infolge Leiterzug planmäßig stark auf Torsion und Biegung beansprucht wird. Die schematische Darstellung einer Trasse mit Anordnung der unterschiedlichen Masttypen im Trassenverlauf ist in Bild 5 dargestellt.

3.1.3.2 Stromtrassen Bei der Planung einer Stromtrasse wird die Realisierung von möglichst vielen geraden Streckenabschnitten angestrebt, um die Anzahl der hochbeanspruchten Abspannmaste zu minimieren und in der Mehrzahl die konstruktiv weniger aufwendigen, kostengünstigeren, wirtschaftlicheren Tragmaste einsetzen zu können. In Bild 6 ist die Ansicht einer Stromtrasse mit den wesentlichen Komponenten einer Freileitung dargestellt. Die Strecke einer Stromtrasse zwischen zwei Festpunkten bzw. zwei Abspannmasten wird Abspann-Abschnitt der Freileitung bezeichnet. Als Windspannweite eines Masts wird jeweils die Hälfte der Länge der angrenzenden Spannfelder definiert. Die Länge eines Abspann-Abschnitts bestimmt die Länge der Leiter, die mithilfe von Abspannisolatorketten an den Abspannmasten befestigt und zwischen die Abspannmaste gespannt werden. In den kürzeren Spannfeldern, den Abschnitten zwischen den Tragmasten, werden die Leiter mittels Hängeisolatoren an die Tragmaste angehängt, aber nicht verspannt.

Konstruktionsformen

651

Bild 5. Trassenschema mit Anordnung verschiedener Masttypen

Bild 6. Ansicht einer Stromtrasse mit Freileitungsmasten

Zum Schutz der Freileitung vor direkten Blitzeinschlägen verläuft an der Spitze des Tragmastes, auf der Erdseilstütze befestigt, ein Erdseil (Bild  6). Die Blitzeinschläge werden vom Erdseil durch den Erdungsleiter in das Erdreich abgeleitet, so wird die Zuverlässigkeit der Freileitung und die Sicherheit für Leib und Leben im Falle eines Blitzschlags gewährleistet. Bei Tragmasten wird ein erforderlicher Blitzschutzwinkel, bezogen auf den Querschnitt der Freileitungsmaste, von 30° angegeben (Bild  7). Bei sehr ausladender Mastkonstruktion kann ein Erdseil für jeden Stromkreis erforderlich werden, wozu die Mastspitze oft in ein gespreiztes Erdseilhorn aufgelöst wird. Am Querschnitt der Freileitungstrasse (Bild  7) ist der für den störungsfreien und sicheren Betrieb einer Stromleitung erforderliche Korridor zu erkennen, der schon in der Planungsphase zu berücksichtigen und für

die Realisierung freizuräumen ist. Einzuhalten sind die notwendigen Abstände des Freileitungsmastes zur Topografie, zur Bebauung oder anderen Hindernissen, auch im ausgeschwenkten Zustand des Leiterseils. Nicht zuletzt sind die Abmessungen des Leitungskorridors bzw. der Trassenbreite auch von der Konstruktion und den Abmessungen des Gittermastes selbst abhängig. Im Sinne des Umweltschutzes sind der Zustand der Umwelt beim Bau und der Montage von Freileitungen zu beachten, der Leitungskorridor möglichst klein auszuführen und Beeinträchtigungen der Umgebung zu minimieren. Auch sollte im laufenden Betrieb auf die Pflege der Freileitungstrasse geachtet werden. Alle notwendigen Abstände zu Natur und Bebauung sind kontinuierlich zu prüfen und dauerhaft zu sichern. Außerdem ist der Gestaltung von Freileitungstrassen und dem erheblich veränderten Landschaftsbild durch neue Freileitungstrassen erhöhte Aufmerksamkeit zu schenken, da diese Thematik vermehrt Diskussionen und Proteste in der Bevölkerung hervorrufen.

3.1.3.3 Mastbilder

Bild 7. Querschnitt einer Stromtrasse mit Freileitungsmast

Unter Mastbild versteht man die Form und Gestalt eines Freileitungsmastes im Querschnitt. Die Mastbilder werden vor allem durch die Anzahl und Anordnung der notwendigen Stromkreise, die elektrischen Kenngrößen und die Übertragungsfähigkeit der Leiter beeinflusst. Zudem sind die notwendigen Abstände der Seilplätze zueinander, die Abstände zu der geerdeten Konstruktion und zum Bodenprofil einzuhalten. Die Anordnung

652

11   Türme und Maste

Bild 8. Mastbilder von Freileitungsmasten

der Erdseile bestimmt in der Regel die Ausführung des Mastkopfes. Unter Berücksichtigung dieser funktionalen Vorgaben erfolgt die gestalterische, geometrische und statisch-konstruktive Auslegung von Freileitungsmasten. Trotz weitgehend standardisierter Freileitungen im europäischen Raum unterscheiden sich die Mastbilder von Freileitungsmasten im regionalen und internationalen Kontext teilweise deutlich. Im Bild 8 sind die in Deutschland verbreitetsten Mastbilder zusammengestellt. In nationalen, ländlichen Regionen mit viel Platz für große Trassenbreiten ist der konstruktiv wenig aufwendige Einebenenmast (Bild 8a) am häufigsten vertreten. Hier werden an beidseitig angeordneten Quertraversen in einer Ebene ein bzw. höchstens zwei Stromkreise mit Einebenen-Doppelleitung überführt, die übertragene Strommenge ist ausreichend für eine geringe Bevölkerungsdichte. Der Vorteil des Einebenenmasts liegt in seiner geringen Bauhöhe, weshalb er bevorzugt im Umkreis von Flugplätzen verwendet wird. Auch die Leitungsverlegung ist vorteilhaft, da es nur eine Quertraverse und keine bei der Montage störenden, in verschiedenen Ebenen angeordneten Traversen gibt. Einebenenmaste sind jedoch nur schwer erweiterbar, da keine zusätzlichen Traversen und keine weiteren Stromkreise angeordnet werden können. Daher spielen sie in Deutschland bei den zukünftigen Netzplanungen eher keine Rolle mehr. Einem gegensätzlichen Funktions- und Konstruktionsprinzip folgen die Tonnen- und die Tannenbaummaste (Bild 8b, c). Steht nur ein schmaler Landstreifen für die Errichtung einer Stromtrasse zur Verfügung, müssen schmale Mastbilder eingesetzt werden. Sowohl beim Tonnen- als auch beim Tannenbaummast erfolgt die Anordnung der Leiterseile daher übereinander, sodass die Breite der Traversen minimiert ist, die Höhe des Gittermastes jedoch im Vergleich zum Einebenenmast deutlich ansteigt. Die Länge der untersten Traverse definiert die optische Form des Mastbilds, bei großer Auskragung in der untersten Traversenebene spricht man vom Tannenbaummast, bei geringer Ausladung der unteren Traverse vom Tonnenmast. Im Gegensatz zum Einebenenmast können Tonnen- und Tannenbaummaste auf insgesamt maximal vier Stromkreise erweitert werden. Die genannten Mastbilder (Einebenenmast, Tonnenoder Tannenbaummast) entsprechen jedoch nur be-

dingt dem Anforderungsprofil eines idealen Freileitungsmastes, bei dem sowohl eine geringe Masthöhe als auch eine möglichst kleine Trassenbreite angestrebt wird. Der in Deutschland weit verbreitete Donaumast schafft hier zumindest bei der Übertragung von zwei Stromkreisen einen Kompromiss, er zeichnet sich durch eine mittlere Masthöhe bei gleichzeitig mittlerer Traversenlänge aus (Bild 8d). Der Donaumast wird daher im Zuge von Trassenneuplanungen im deutschen Höchstspannungsnetz bevorzugt, Deltamaste oder Portalmaste (Bild 8e, f) sind dagegen eher die Ausnahme. In Deutschland gibt es große regionale Unterschiede in Bezug auf Strombedarfe und Flächenverfügbarkeit. In den Ballungsgebieten Nordrhein-Westfalens mit stetig steigendem Strombedarf, aber begrenztem Platzangebot zur Erstellung von neuen Freileitungstrassen werden aktuell vermehrt kompakte, leistungsfähige Freileitungen mit bis zu vier Stromkreisen errichtet bzw. bestehende Trassen auf vier Stromkreise erweitert. Für eine Erweiterung von Freileitungen mit gleichbleibendem Spannungsniveau eignen sich vor allem Tonnenmaste. Sollten zusätzliche Stromkreise mit unterschiedlichen Spannungsebenen erforderlich werden, wird meist der Tannenbaummast eingesetzt. Im Rahmen des tragkonstruktiven Entwurfs von Freileitungsmasten müssen zunächst die relevanten Planungsparameter für die Mastfamilie festgelegt werden. Zu einer Mastfamilie zählen Strommaste, die zu einem Standort bzw. einer Stromtrasse gehören, sodass die angeschlossenen Freileitungen denselben elektrotechnischen Bedingungen genügen. Die Freileitungsmaste einer Mastfamilie unterscheiden sich jedoch in jedem Fall aufgrund der Topologie, ihrer Höhe, der möglichen Abstände zueinander, der Wind- und Leiterzugbeanspruchung und in der Folge hinsichtlich Eigengewicht und Konstruktion, sodass für jeden Freileitungsmast eine eigene statische Berechnung durchzuführen ist. Zudem ist es sinnvoll, Freileitungen und Maste bereits in der Planungsphase optional auf zukünftige Erweiterungen zu prüfen. Das Baukastenprinzip der Stahlgittermaste erfüllt die Anforderung einer flexiblen Gestaltung und Konstruktion in Hinblick auf Nachrüstbarkeit besonders gut, da bei Bedarf der stählerne Mastschaft durch zusätzliche Ausfachungsfelder ohne großen Aufwand erhöht werden kann, auch der nachträgliche Anbau von Traversen ist unkompliziert möglich.

Konstruktionsformen

3.1.3.4 Tragwerke von Freileitungsmasten Bautechnische Entwicklung Mit der Erfindung der Elektrizität und ihrer breiten Anwendung in der Industrie ab Mitte des 19. Jahrhunderts wurde die Fernübertragung von elektrischer Energie notwendig. Die heute übliche Übertragung von Dreiphasen-Wechselstrom gelang erstmals im Jahr 1891 über eine 175 km lange Freileitung [26]. Es folgte eine starke Entwicklung der Elektrizitätsversorgung, die dazu führte, dass im 20. Jahrhundert ein gewaltiger Ausbau des Übertragungsnetzes auf den überregionalen und lokalen Ebenen stattfand. In Deutschland wurde seit ca. 1920 der überwiegende Teil der Freileitungsmaste als stählerne Gittermaste errichtet [27]. Die Vorteile des Werkstoffs Stahl wurden für den Bau von Masten und Türmen bestmöglich genutzt: Stahl ist hochfest, leicht, mit großer Genauigkeit vorgefertigt und recycelbar. Stahl ermöglicht flächensparende, schlanke, dünnwandige, leichte Bauteile für Stützen- und Ausfachungselemente in Gittermasten mit hohem Vorfertigungsgrad. Vorteilhaft sind die damit verbundenen, minimalen Eigenlasten des stählernen Gittermastes, die daraus resultierenden, maximal möglichen Nutzlasten und eine einfache Montage auf dem Baufeld.

653

Vergleicht man die Entwicklung der Freileitungsmaste von ca. 1920 bis heute (Bild 9) ist festzustellen, dass ihre Gestaltung und Konstruktion über die letzten 100 Jahre nahezu unverändert geblieben sind. Wie fast alle alten, bestehenden werden auch heute noch viele neue Freileitungsmaste als Stahlgittermaste geplant, konstruiert und aus handelsüblichen, gewalzten Winkelprofilen zusammengesetzt. Geringe Unterschiede lassen sich in der Diagonalenführung ausmachen. Die Abkehr von den ursprünglich verwendeten Nieten als Verbindungsmittel hin zu den heute üblichen Schraubverbindungen ab der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beeinflusste die grundsätzliche Konstruktionsform der Freileitungsmasten nicht. Daher prägen heute sowohl alte als auch neue Stahlgittermasten das Landschaftsbild.

Konstruktion eines Freileitungsmastes mit Donaumastbild In Bild 10 ist der typische, in Deutschland weit verbreitete Stahlgittermast mit Donaumastbild, konzipiert für eine 380-kV-Hochspannungsleitung mit zwei Stromkreisen, dargestellt. Dieser Stahlgittermast wird mit nahezu identischem statisch-konstruktiven System allgemein für Hoch- und Höchstspannungsleitungen ( 220 kV) und Bauhöhen 25 m eingesetzt.

Bild 9. Entwicklung der Tragmaste für Freileitungen; a) Tragmast 1923 (50 kV – Höhe 16,2 m) [27], b) Tragmast 1964 (110 kV – Höhe 25 m) [28], c) Tragmast 2001 (110 kV – Höhe ca. 30 m) [25]

654

11   Türme und Maste

Bild 10. Konstruktion eines Stahlgittermastes mit Donaumastbild

Aus statischer Sicht ist der Mast ein Kragträger aus Stahl, eingespannt in das massive Fundament. Der Stahlgittermast besteht aus einem Mastschaft, der mit einem aufgelösten Mastfuß an den vier Eckpunkten des Gittermastes an der massiven Gründung verankert wird. Die Querschnittsform des Schaftes ist meist quadratisch, die vier Außenflächen des Mastschaftes werden als Stahlfachwerk- oder Stahlgitterkonstruktion ausgebildet. Die geometrische Form des Stahlgittermastes über die Höhe folgt dem Biegemomentenverlauf des Kragträgers, daher ist die Breite des Stahlgittermastes am Fußpunkt bzw. der Einspannung des Kragträgers am größten und verjüngt sich zur Mastspitze bzw. zum freien Ende des Kragträgers. Mit der Höhe der Gittermaste wächst die Biegemomentenbeanspruchung infolge der Windbeanspruchung, was die Aufstandsbreite des Gittermastes am Mastfuß maßgeblich beeinflusst. Während bei Masthöhen von ca. 30  m üblicherweise eine Breite der Gittermastkonstruktion von ca. 3,7 bis 4,0 m zum Lastabtrag genügt, wird bei dem 45 m hohen Gittermast mit gleichem Lastbild ein 7,0 bis 8,0 m breiter Mastschaft notwendig, was auch den Platzbedarf für die Gründung und die Stromtrassenführung insgesamt erhöht. Die Stromübertragung erfolgt über die Leiterseile, bei deren Auswahl ein Kompromiss zwischen guter elektri-

scher Leitfähigkeit und ausreichender Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit unter Berücksichtigung der Spannfeld- bzw. Abspannabschnittslängen getroffen werden muss. Zur Aufhängung der im Drehstromsystem typischen Dreileiteranordnung an den Stahlgittermast sind am Mastschaft beidseitig stählerne Querträger, auch Traversen genannt, in zwei übereinanderliegenden Ebenen angeschlossen. Auch die Traversen sind als Kragträger konzipiert und fachwerkartig aufgelöst. Die zwei Traversen einer Seite tragen beim Donaumast zusammen jeweils die drei Leiter eines Stromkreises (Bild 10). Für eine Stromtrasse mit Stahlgittermasten im Donaumastbild haben sich in Deutschland nach [29] die in Tabelle 2 aufgeführten Abmessungen und Konstruktionswerte etabliert.

Stahlquerschnitte Stahlgittermasten als Freileitungsmasten im Höchstspannungsbereich ( 220 kV) werden seit ca. 100 Jahren nach nahezu unverändertem, aus heutiger Sicht eher einfachen Konstruktionsprinzip ausgeführt. Entsprechend der Konstruktionspraxis zu Anfang des 20. Jahrhunderts wurden damals wie heute warmgewalzte Winkelprofile (heute: DIN EN 10056-1 [30]) eingesetzt. Auf dieser Basis können leicht unterschiedliche Gittermaste

Konstruktionsformen Tabelle 2.  Typische Parameter von Stahlgittermasten (380 kV) mit Donaumastbild [29] Kriterium

Einheit

Wert

Mastgewicht je Trassenlänge

t∕​km

45–65

Tragmast-Gewicht

t

14

Abspannmast-Gewicht

t

27

Trassenbreite

m

70

Spannweite

m

470

Leiterseile (Al∕​St)

mm2

4 × 265∕​35

Erdseile (Al∕​St)

mm2

105∕​75

Durchhang maximal

m

17,9

Masthöhe (ohne Erdseitstütze)

m

43

über Querschnitts- und Längenanpassungen der Winkelprofile für die verschiedensten Anforderungen (Höhe, Breite, Traversenanordnung) im Freileitungsmastbau entworfen, bemessen, konstruiert und optimiert werden. Winkelprofile in Stahlgittermasten werden einfach, in Schmetterlingsanordnung oder als Doppelwinkel verwendet. Jedes Profil wird werksseitig für die Montage durch Ablängen und Bohren oder Stanzen von Verbindungslöchern vorkonfektioniert. Für die Bauglieder wird in der Regel traditioneller Baustahl in Stahlgüten bis ~S355J2 (DIN EN 10025) verwendet. In Tabelle 3 sind beispielhaft die Querschnitte und Verbindungsmittel eines ausgeführten Stahlgittertragmastes mit einer Höhe von ca. 50 m zusammengestellt. Für die hochbelasteten Eckstiele wurden hochtragfähige Winkelprofile in Dicken bis zu ca. 15 mm eingesetzt, für die weniger beanspruchten Diagonalen- und Ausfachungs-Winkel reichen dagegen kleinere Winkelprofile mit deutlich geringerer Dicke von ca. 4 bis 8 mm.

655

Verbindungstechniken Nietverbindungen von Stahlkonstruktionen waren vor 100 Jahren die nahezu einzig verfügbare, dominierende Verbindungstechnik im Stahlbau. So wurden auch die ersten Stahlgittermaste für Freileitungen mittels hochtragfähiger Niete zusammengesetzt. Noch heute sind alte, genietete Stahlgittermaste als Freileitungsmaste der ersten Generationen in Gebrauch und voll funktionstüchtig. Durch die Weiterentwicklung der Verbindungstechniken haben die modernen Schraub- und Schweißanschlüsse die Nietverbindungen im Stahlbau inzwischen abgelöst. Heute werden die winkelförmigen Stützen und Diagonalen von Stahlgittermasten in der Regel mithilfe preisgünstiger, leicht zu montierender roher Schrauben (zumeist Werkstoff 5.6, Größen M12 bis M30) zu fachwerkartigen Gittermastkonstruktionen zusammengefügt. Die Schraubverbindungen werden typischerweise in ihrer einfachsten Form als Scher-Lochleibungs-Verbindung ausgeführt, um Fertigungs- und Montagekosten zu minimieren. Ein wesentlicher Arbeitsgang bei der Fertigung ist das Herstellen der Schraubenlöcher in den anzuschließenden Winkelprofilen, die bei Blechdicken bis ca. 12 mm gestanzt, ansonsten gebohrt werden. Aufgrund der Vielzahl von Fachwerk-∕​Gitterstäben und Schraubverbindungen ist dieser Arbeitsschritt zeitintensiv und aufwendig. Beim Stoß mehrerer Stahlquerschnitte in einem Kon­ struktionspunkt, z. B. zur Anbindung mehrerer Diagonalen an die Hauptkonstruktion, werden bevorzugt Knotenblechverbindungen ausgebildet (Bild  11). Diagonalen und Hilfsstäbe werden in der Regel direkt, nur mit einer Schraube an die Stützenprofile angeschlossen, sodass auf die Anordnung von aufwendigeren Knotenblechen verzichtet werden kann. Beim Anschluss von Winkelprofilen ist die Exzentrizität der Kraftanschlüsse in den Knotenpunkten grundsätzlich unvermeidlich, sie sollte jedoch klein gehalten werden. In jedem Fall ist die Außermittigkeit durch den exzentrischen Anschluss beim statischen Nachweis zu berücksichtigen.

Tabelle 3.  Ausgeführter Stahltragmast-Querschnitte und Verbindungsmittel (Auszug aus der Statik eines ÜNB) Mastfuß Eckstiele

Mastschaft L 160 × 15

Eckstiele

8 × M24∕​5.6

Diagonale

L 90 × 8

Erdseilstütze L 150 × 15

Eckstiele

L 140 × 13

Diagonale

Traversen L 65 × 7

Gurte

4 × M20∕​5.6

L 100 × 10 L 90 × 9

L 100 × 10

L 65 × 7

6 × M24∕​5.6

4 × M20∕​5.6

L 75 × 7

Diagonale

L 50 × 5

Diagonale

L 50 × 5

L 80 × 8

L 70 × 7

L 40 × 4

L 55 × 6

L 75 × 7

L 50 × 6

1 × M12∕​5.6

1 × M16∕​5.6

2 × M20∕​5.6

2 × M16∕​5.6

656

11   Türme und Maste

Bild 11. Anschlussdetails von Stahlgittermasten; a) Laschenstoß der Eckstützen, b) Laschenstoß∕​Knotenblechanschluss, c) Knotenblechanschluss, d) Fußpunkt

Für eine schnelle Montage auf der Baustelle werden Stahlgittermaste in Abhängigkeit von Transport- und Montagebedingungen in mehrere Schüsse unterteilt. Diese werden in der Werkstatt vorkonfektioniert, was die Ausführungsqualität der Konstruktion erhöht. In der Baupraxis haben sich eher kürzere Längen der unteren Schüsse etabliert, die die größte Ausladung und die stärksten Eckprofile aufweisen. Bei der Montage und zum Fügen der einzelnen Schüsse auf der Baustelle werden die Stützenstöße meist als konventionelle Laschenverbindungen (mehrschnittiger Stumpfstoß oder Schachtelstoß) ausgeführt.

Gründung Die Gründung von Freileitungsmasten aus Stahl wird von der Mastform, der Breite, von der Beanspruchung und den Bodenverhältnissen bestimmt. Baugrunderkundungen am Standort vor Beginn der Planungen von Freileitungsmasten sind obligatorisch. Für die Gründung kommen, wenn möglich, einfache Plattenfundamente in Dicken von 2,5 bis 3,0 m mit der Anordnung von Fundamentköpfen zum Anschluss an den Stahlgittermast zur Ausführung. Gegebenenfalls ist eine Grundwasserabsenkung erforderlich. Bei schwierigeren Baugrundverhältnissen oder großen zu übertragenden Lasten muss eine Bohrpfahlgründung (mit Einzel- oder Zwillingsbohrpfähle) mit Fundamentbalken gewählt werden. Auch hier wird über speziell ausgebildete Fundamentköpfe der Anschluss an die Stahlkonstruktion geschaffen. Durch die große Breite von Stahlgittermasten für Höchstspannungsleitungen ist der Platzbedarf für die Erstellung der Gründung enorm. Nach [31] werden für die Gründung eines Gittermastes inkl. des Platzes zur

seitlichen Lagerung des Bodens mitunter bis zu 3600 m2 Fläche benötigt.

Korrosionsschutz Zum Korrosionsschutz der Stahlgittermaste im Freileitungsbau werden heute überwiegend Stahlprofile und -querschnitte in feuerverzinkter Ausführung verwendet. In Bild  12 wird beispielhaft eine Erweiterungsmaßnahme gezeigt, bei der ein vorhandener Abspann-Gittermast durch eine zusätzliche, einseitig angeordnete Traverse aufgerüstet wird. Die neue Traverse wurde aus verzinkten Winkelprofilen zusammengesetzt und unter den vorhandenen Traversen konstruktiv ergänzt. Funktionell wurde in diesem Projekt die vorhandene, oben angeordnete 220-kV-Spannungsebene durch eine Höchstspannungsebene (380 kV) ersetzt, wobei neuartige Silikonschirm-Verbundisolatoren zur Anbindung der Leiterseile verwendet werden. Zusätzlich wurde die Trasse mit zwei 110 kV Stromkreisen erweitert, die an der neu errichteten, unteren, verzinkten Traversenkonstruktion angebunden wurden.

Montage Fertigung und Montage von Stahlgittermasten sind durch die Kleinteiligkeit der Konstruktion und die Vielzahl von vorkonfektionierten Stäben und Schraubverbindungen sehr arbeitsaufwendig, zeitintensiv und erzeugen vergleichsweise hohe Lohnkosten. In den letzten Jahren ist der Anteil der nationalen Stahlbauaktivitäten beim Freileitungsbau daher aus wirtschaftlichen Gründen deutlich gesunken. Heute werden Gittermastkonstruktionen oft im Unterauftrag von ausländischen Stahlbaufirmen gefertigt und ausgeführt [29].

Konstruktionsformen

657

Bild 12. Stromkreis- und Masterweiterung mithilfe verzinkter Traversenkonstruktion

Das Montagekonzept ist für jeden zu errichtenden oder zu erweiternden Stahlgittermast in Abhängigkeit von Standort, Mastart und -größe, Baugrundverhältnissen und Zuwegung, verfügbaren Montagehilfsmitteln und Kranen, Personaleinsatz und Bauzeit in Varianten zu prüfen und festzulegen. Wenn möglich, wird aus Kostengründen von der Errichtung einer tragfähigen Bau­ straße zum Baustandort abgesehen. Dies erfordert jedoch eine kleinteilige Montage auf der Baustelle, die zeit- und damit ihrerseits kostenintensiv ist. Alternativ werden einzelne, noch transportier- und montierbare Gitterturmsegmente als Schüsse im Werk vorgefertigt und zur Baustelle gebracht. Dies erleichtert die Montage vor Ort, erfordert aber kurzzeitig einen mobilen Kran bei der Errichtung und eine ausreichend tragfähige, ggf. kostspielige Zuwegung. Bei schlechter Verkehrsanbindung und unzugänglichen Baufeldern wird in Einzelfällen auch ein Hubschraubertransport eingesetzt. Die Baustelleneinrichtung für die Montage eines Stahlgittermastes besteht in der Regel aus einem Baulager mit festem Boden zum Lagern einzelner Mastkomponenten oder Mastschüssen sowie ausreichender, befahrbarer Fläche für Baustellenfahrzeuge (Bild  13a). Verfahren, Ausrüstungen und Geräte zum Verlegen der Leiter sind nach DIN 48207-1 zu planen [25]. Während der Leiterverlegearbeiten sind im Leitungsabschnitt die unter der Freileitung verlaufenden, kreuzenden Objekte und Straßen mit Schutzgerüsten und Kunststoffnetzen zu sichern (Bild 13b). So wird ein Herabfallen der Seile

auf diese Objekte bei Seilriss oder Bruch von Verbindungsteilen verhindert.

Bauwerksprüfungen Die regelmäßig durchzuführenden Bauwerksprüfungen von Gittermastkonstruktionen während der Nutzungszeit sind aufgrund der hohen Anzahl von zu inspizierenden Stäben und Niet-∕​Schraubverbindungen sehr aufwendig und zeitintensiv. Auf der anderen Seite ist die traditionell aufgelöste Bauart von Stahlgittermastkonstruktionen leicht besteigbar und ohne Hebezeuge oder Krane gut inspizierbar. Auch Instandsetzungsund Erweiterungsmaßnahmen sind aufgrund der fachwerkartigen, kleinteiligen, leichten Bauweise problemlos möglich. Kleinere Reparaturen oder der Austausch von einzelnen Bauteilen und Verbindungsmitteln können durchgeführt werden, ohne dass die Stromleitung dafür freigeschaltet werden muss.

3.1.3.5 Freileitungen Die wichtigsten Funktionselemente einer Freileitung sind die stromführenden Leiter zur Übertragung der elektrischen Energie im Stromnetz. Freileitungen müssen den Ansprüchen einer möglichst optimalen Übertragungsrate bei ausreichender Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit genügen. Bei kurzen Spannweiten der Leiter zwischen den Tragmasten und nur geringen Zugkräften aus der mechanischen Beanspruchung des Leiterseils werden bevorzugt

658

11   Türme und Maste

Bild 13. Baustelleneinrichtung für Montagearbeiten an Stahlgittermasten; a) Baustraße, b) Schutzgerüste

Einwerkstoffleiter aus Aluminium verwendet, da der Grundwerkstoff Aluminium wegen seiner guten elek­ trischen Leitfähigkeit und gleichzeitig kleiner Masse vorteilhaft ist. Mit größerer Spannweite des Leiterseils sinkt jedoch das Verhältnis der Seiltragfähigkeit zur Beanspruchung infolge Eigengewicht signifikant, der Einwerkstoffleiter aus Aluminium kommt daher bei größeren Spannweiten nicht mehr zum Einsatz. Bei Hochspannungsleitungen mit großen Spannweiten bestimmt weniger die Übertragungsfähigkeit, sondern vielmehr die mechanische Beanspruchung, insbesondere die großen Leiterzugkräfte, die Auswahl und Dimensionierung der Leiter. Gefordert werden Leiterseile mit hoher Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit, wofür sich Verbundleiter, ein Außengeflecht aus Aluminiumadern mit einem innenliegenden Stahlkern, gut eignen. Vorteilhaft ist, dass Verbundleiter weniger empfindlich gegen winderregte Schwingungen sind. Die Korrosionsbeständigkeit der Stahlseile wird dabei durch Verzinken und Einfetten gewährleistet. Bei sehr hohen Spannweiten der Leiter und vor allem für Erdseile werden aluminiumummantelte Stahldrähte eingesetzt [25]. Beispiele der beschriebenen Leiterquerschnitte mit annähernd gleichem Durchmesser sind in Tabelle 4 zusammengefasst. In DIN EN 50182 [32] werden Leiter aus konzentrisch verseilten runden Drähten für den Einsatz in Freileitungen spezifiziert. In der Bezeichnung der Leiter nach DIN EN 50182 (Tabelle 4) wird durch die ersten Ziffern die Querschnittsfläche des Nennquerschnitts aus Aluminium (AL) oder Stahl (ST) [in mm2], danach die Ausführung bzw. die Art∕​Güte des Materials ausgewiesen. Bei zusammengesetzten Leitern bezieht sich der erste Teil der Bezeichnung auf den Mantel, der zweite auf den innenliegenden Kern. Innerhalb der Stahldraht­ bezeichnung gibt die Ziffer die Festigkeitsklasse (1–6) wieder, der Großbuchstabe definiert die Verzinkungsklasse (A–E). Der in Tabelle  4 dargestellte Verbund­

leiter 122-AL1∕​20-ST1A ist somit ein Leiter aus ­Aluminiumdrähten AL1, verseilt um einen Kern aus Stahldrähten ST1A der Verzinkungsklasse A. Der Querschnitt der AL1-Drähte beträgt 122 mm2, der der ST1A-Drähte 20  mm2. Die charakteristischen Unterschiede der Leiter sind über den Vergleich relevanter elektrischer und mechanischer Kennwerte darstellbar. Mit steigendem Anteil an Stahldrähten steigt der praktische E-Modul und die rechnerische Bruchkraft des Leiters. Ein großer Anteil des Aluminiums beeinflusst die elektrische Leitfähigkeit und den spezifischen Leitwert günstig. Leiterseile für den Hoch- und Höchstspannungsbereich mit großen Spannweiten werden als Bündelleiter verlegt (Bild  14). Zur Reduzierung der Leitungsverluste und des Schallpegels werden Leiterseile ab einer 220-kV-Spannungsebene meistens in Zweierbündeln angeordnet. Für eine 380-kV-Leitung werden überwiegend Dreier- oder Viererbündelleiter verwendet. Leiterseile für besondere Anforderungen werden in [25] beschrieben. Dazu zählen beispielsweise Leiterseile, die höheren Betriebstemperaturen standhalten müssen oder die mit hoher selbstdämpfender Eigenschaft die winderregenden Schwingungen minimieren können. Alle Freileitungen der Hoch- und Höchstspannungs­ ebene werden mit Erdseilen ausgestattet. Diese schützen die Freileitung vor Schäden eines Blitzeinschlags, indem sie die Freileitungsmaste leitend miteinander verbinden und die Erdung des Freileitungssystems gesichert ist. Erdseile müssen hohen Anforderungen genügen. Dies betrifft insbesondere die Robustheit bei hohen Temperaturen z. B. aufgrund eines Kurzschlusses. Neben der Blitzschutzaufgabe können die Erdseile auch zur Nachrichtenübertragung aufgerüstet werden. Dazu werden Seile mit Adern aus Lichtwellenleitern für Fernmeldezwecke eingesetzt.

Konstruktionsformen Tabelle 4.  Beispiele von Leitern mit gleichem Durchmesser, Bezeichnungen nach DIN EN 50182 [32] 1. Einwerkstoff­leiter

2. Verbund­leiter

3. Bimetall­leiter

Bezeichnung

147-AL1

122-AL1∕​ 20-ST1A

147-A20SA

Anzahl Drähte

37

26 Al∕​7 St

37

Durchmesser Leiter [mm]

15,8

15,5

15,8

35,38

35,38 ∕​5,21

11,8

Rechnerische Bruchkraft [kN]

26,48

44,5

197,13

Dauerstrombelastbarkeit [A]

455

410

225

57.000

77.000

159.000

Spez. Leitwert

[m∕​Ωmm2]

Praktischer E-Modul

[N∕​mm2]

Bild 14. Leiter verlegt als Vierer- und Zweier-Leiterbündel; a) Tragmast, b) Abspannmast

659

660

11   Türme und Maste

3.1.3.6 Verbindungselemente von Freileitungen und Freileitungsmasten Isolatoren Als isolierende Verbindungselemente zwischen den spannungsführenden Leiterseilen und der geerdeten Stahlkonstruktion des Gittermastes fungieren die Isolatoren. Bei der Wahl eines Isolators sind neben den elektrischen Anforderungen auch ihre Funktion und die mechanische Beanspruchung zu berücksichtigen. Die bemessungsrelevanten elektrischen Größen sind in DIN EN IEC 60071-1 VDE 0111-1 [19] aufgeführt. Isolatoren unterscheiden sich hinsichtlich ihres Werkstoffs, ihrer Form und ihrer Funktion. In der Regel werden für Isolatoren im Freileitungsbau nichtleitende Baustoffe wie mechanisch hochfester Porzellan (Keramik) oder gehärtetes Glas verwendet. Der Werkstoff Glas kommt wegen seiner geringen mechanischen Beanspruchbarkeit nur bei kleinen Isolatoren zum Einsatz. Überwiegend werden Silikonschirm-Verbundisolatoren eingesetzt, die eine wasserabstoßende Oberfläche aufweisen und daher schmutzunempfindlicher sind [33]. Bei dieser Art von Isolatoren wird ein glasfaserverstärkter Kern von der Silikonbeschirmung ummantelt und kann mittels Stahlarmaturen an einer Traverse befestigt werden. Bei einem Langstabverbundisolator, der aus einem Stück hergestellt wird, kann im Vergleich zu konventionellen Glas- und Porzellanisolatoren auf die Verbindungselemente verzichtet werden, dies verringert das Eigengewicht dieses Isolatortyps immens. So wiegt ein Langstabverbundisolator einer 400-kV-Leitung lediglich 10 % eines vergleichbaren Porzellanlangstabs [34]. In Bezug auf die Form lassen sich die Isolatoren in Kappen- und Langstabisolatoren einteilen. Kappenisolatoren bestehen zumeist aus Porzellan oder Glas. Langstabisolatoren werden in der Regel aus Porzellan oder als Verbundisolatoren ausgeführt. Für den Nieder- und Mittelspannungsbereich werden die Isolatoren stehend und hängend ausgeführt. Bei Hoch- und Höchstspannungsebenen werden nur Hängeisolatoren verwendet, die im Höchstspannungsbereich häufig aus

mehreren Isolatoren zu einer Isolatorkette zusammengefügt werden. Typischerweise werden die Isolatorketten parallel zueinander als Doppelkette oder als V-Form-Kette ausgeführt. Dieser Aufbau gewährleistet die Sicherheit bei einem Versagen eines Kettenelements durch Umlagerung der Beanspruchungen auf die anderen Isolatoren. In der V-Form angeordnet, wird zusätzlich die Auslenkung des Seilaufhängepunkts infolge Windbelastung quer zur Leiterachse verringert. Werden zudem Verbundlangstabisolatoren verwendet, die im Vergleich zu Porzellanlangstäben eingliedrig und weniger lang sind und bei denen keine zusätzlichen Verbindungselemente benötigt werden, wird die Gesamtlänge der V-Kette deutlich reduziert. In der Folge kann die Geometrie des Mastkopfes kompakter und die Höhe des Freileitungsmastes reduziert werden. Eine weitere Differenzierung von Isolatoren erfolgt über ihre Funktion und ihren Einsatzort. Während die Tragisolatoren, die in der Regel zur Anbindung von Leitern an Tragmasten zum Einsatz kommen, nur das Gewicht der Leiterseile sowie Wind- und Schnee-∕​Eislasten tragen, müssen Abspannisolatoren an Abspannmasten zudem die hohen Leiterzugkräfte aus der halben Länge des Abspann-Abschnitts aufnehmen. Im Bild 15 wird der Unterschied der verschiedenen Isolatorketten in Abhängigkeit ihres Einsatzortes verdeutlicht. Bei der Wahl eines Isolators sollten auch das Geräuschverhalten im Betrieb und die Umweltbeeinflussung auf den Werkstoff des Isolators beachtet werden. Durch Verschmutzung und Nässe können die Isolationseigenschaften des Isolators beeinträchtigt werden. Es gehört zu den essenziellen Aufgaben der Stromtrassenpflege, stark verschmutzte Isolatoren zu reinigen und ggf. eine zusätzliche wasserabweisende Silikonschicht aufzubringen.

Armaturen Armaturen werden im Freileitungsbau zur mechanischen Verbindung der Stromleiter mit den Isolatoren benötigt. Auch Armaturen sind in Abhängigkeit von

Bild 15. Isolatoren im Freileitungsbau; a) Tragkette aus Keramik in V-Form, b) Tragkette aus Silikon in V-Form, c) Doppelabspannkette aus Keramik

Konstruktionsformen

Funktion und Beanspruchung zu differenzieren. Bei Tragmasten ist eine vertikale Unterstützung der Stromleiter erforderlich. Dafür werden Tragklemmen, passend zu den bei Tragmasten verwendeten Tragisolatoren, eingesetzt (Bild 15b). An Abspannmasten sind neben den vertikalen Kräften zusätzlich Leiterzugkräfte zu übertragen. Dies erfolgt mit Abspannklemmen, mit denen Stromleiter an den Abspannisolatoren befestigt werden. Da Abspannmaste in der Regel zwischen zwei Abspann-Abschnitten von zwei getrennten Stromleitungen angeordnet werden, sind zusätzlich Stromschlaufen zur Sicherung einer funktionstüchtigen elektrischen Verbindung notwendig. Dafür werden Abspannklemmen mit Abzweigungen verwendet (Bild 15c). Spezielle Armaturen, sogenannte Verbinder, werden zur Reparatur eines Freileitungsschadens, z. B. durch Leiterbruch, und zur Verbindung von Stromleitern untereinander verwendet. Mithilfe von Verbindern kann sowohl eine elektrische als auch eine mechanische Nahtstelle geschaffen werden. Der Einsatz von Feldabstandhaltern ist bei Bündel­ leitern, die bei Spannungsebenen größer als 220  kV verwendet werden, erforderlich, um die ausreichende Distanz von 400 mm zwischen den Teilleitern im Feldbereich des Spannfelds zu wahren. Flexible Feldabstandshalter erfüllen zudem eine dynamische Funktion, da sie die Schwingungen der Leiter dämpfen ­können. Besser geeignet zur Dämpfung von Seilschwingungen sind jedoch Schwingungsdämpfer, die an die Einzelleiter montiert werden. Sie reduzieren Schwingungen aus wechselseitiger Beanspruchung, sodass Leiterbrüche vermieden werden können.

3.2

Rohrtürme und -maste

3.2.1 Allgemeines Der mit Abstand größte Teil der errichteten Turm- und Mastbauwerke in Stahlbauweise wird mit zylindrischen Hohlprofilen oder aus speziell gefertigten Schalensegmenten als röhrenförmiges Bauwerk ausgeführt. Dies bringt viele Vorteile mit sich, da das Tragwerk somit (den meisten Anforderungen entsprechend) ideal symmetrisch ist. Die Herstellung ist effizient und erfolgt mit wenigen Ausnahmen komplett in stahlbaulichen Werkstätten, wodurch eine hohe Fertigungsqualität sichergestellt werden kann. Die Errichtungszeit auf der Baustelle ist dementsprechend in der Regel kurz, was aus Kostengründen ebenfalls sehr attraktiv ist. Nicht nur klassische kreisrunde Profile kommen zur Anwendung. So werden auch polygonale Querschnitte verwendet, da diese insbesondere bei hohen Durchmessern und fehlender Queraussteifung aus Stabilitätsgründen (Schalenbeulen) sinnvoll sind. Bei größeren Tragwerken müssen aus Transport und Montagegründen mehrere Segmente hergestellt werden, die vor Ort miteinander verbunden werden. Mit den entsprechenden Verbindungstechniken beschäftigt sich der nächste Abschnitt.

661

3.2.2 Verbindungen der Sektionen Der übliche Weg zur Verbindung von Rohrturmsektionen ist die Anordnung von Ringflanschen, die mittels hochfest vorgespannter Schrauben miteinander verbunden werden. Die Vorspannkraft erzeugt dabei einen Druckkörper in den Flanschflächen, die aufgrund der Federgesetze zu einer signifikanten Entlastung der Schrauben in Bezug auf Wechselspannungen führen, solange der Druckkörper aufrecht erhalten bleibt. Dies ist eine Grundvoraussetzung zum dauer- bzw. zeitfesten Ertragen der hohen dynamischen Wechselbeanspruchungen, die sich aufgrund von Windbelastungen oder Betriebslasten bei Windenergieanlagen (WEA) ergeben. Bei der Ausführung und bei der Dauerhaftigkeit der Anschlüsse gibt es einige technische Schwierigkeiten, die für die Sicherheit der Verbindungsform wesentlich sind. Dazu zählen die Sicherstellung der planmäßigen Vorspannkraft, der kaum vermeidbare Spannkraftverlust über die Zeit bei klassischen Schraubengarnituren sowie die vollflächige Auflagerung der Flanschflächen bei imperfekter Flanschneigung. Zu den erstgenannten Punkten haben sich mittlerweile Verbindungsmittel (Schließringbolzen, Tension Controlled Bolts u. a.) etabliert, die zum einen eine recht genaue planmäßige Vorspannung ermöglichen (z. B. durch Sollbruchkomponenten) und zum anderen aufgrund der Vermeidung der Tordierung des Schraubenkörpers (durch Gegenhalten an der Werkzeugseite) den Spannkraftverlust nachweislich minimieren [35]. Die Vorteile der Schließringbolzensysteme gegenüber klassischen Schraubenverbindungen sind entsprechend, dass die Vorspannkraft bedienerunabhängig, ohne Gegenhalten und ohne vorherige Konditionierung der Verbindungselemente (Schmierung etc.) mit äußerst geringen Streuungen von max. 5 % eingebracht werden kann. Weitere Vorteile ergeben sich bezüglich der hohen Verarbeitungsgeschwindigkeit, der Schwingfestigkeit bei Zugbeanspruchung und der simplen Inspektion der Vorspannkraft durch Sicht- oder Lehrenprüfung. Mit Blick auf die imperfekte Flanschneigung wird in der Praxis so verfahren, dass bei Bedarf Futterbleche eingelegt werden, die die Fehlstellungen kompensieren sollen. Diese müssen dazu in unterschiedlichen Dicken und Neigungen vorhanden sein. Hilfsweise kann auch eine Toleranz festgelegt werden, die mit einer planmäßigen Klaffung an der Ringflansch-Außenseite einhergeht (einseitige Winkeltoleranz). Die Größe dieser Toleranz lässt sich dabei so festlegen, dass diese durch das Aufbringen der planmäßigen Vorspannkraft auch sicher geschlossen werden kann. Die möglicherweise vorhandenen Spalte werden dann ebenfalls mit Futterblechen aufgefüttert, um eine vollständige Auflage zu ermöglichen. Im beschriebenen Fall können diese aber nun von der Dicke her konstant gehalten werden und müssen nicht zusätzlich einen Winkelfehler kompensieren. In der DIBt-Richtlinie [36] ist diese Problematik ebenfalls geregelt. Demnach darf die Druckvorspannung

662

11   Türme und Maste

der Flansche nur dann im Ermüdungsnachweis berücksichtigt werden, wenn folgende Bedingungen erfüllt sind: – Nach Abschluss der Fertigung der einzelnen Turmsegmente darf die Ebenheitsabweichung pro Flansch einen Wert von 2,0 mm über den gesamten Umfang und max. 1,0  mm über ein Segment von 30° nicht überschreiten; wobei der Bereich an der Turmwand maßgebend ist. – Es ist durch sorgfältiges Fertigen der Flansche und ihrer Schweißverbindungen sowie durch sorgfältiges Vorspannen sicherzustellen, dass die Vorspannkraft jeder einzelnen Schraube in ausreichendem Maße in lokale Druckvorspannung der Flanschkontaktflächen in ihrem anteiligen Bereich umgesetzt wird. – Die Neigungen der Flanschaußenflächen darf nach dem Vorspannen der Grenzwert 2 % nicht übersteigen. Weiterhin sieht die Richtlinie vor, dass bei Nichteinhalten der in den Ausführungsunterlagen angegebenen Grenzwerte für die Flanschklaffungen geeignete Maßnahmen zu ergreifen sind. Dazu zählt das schon beschriebene Ausfuttern der schädigungsrelevanten Klaffungshohlräume vor dem Vorspannen. Dazu können anstelle von flachen Unterlegscheiben geeignete Keilscheiben ausreichender Härte eingebaut werden. Die Tragfähigkeits- und Ermüdungsnachweise der Ringflansche im Bereich der WEA werden gemäß DIBt-Richtlinie [36] durchgeführt. Die Nachweise basieren auf dem sog. Segmentansatz. Dabei werden die Schraubenkräfte Ringflansch an herausgeschnittenen Teilsegmenten bestimmt. Im Tragfähigkeitsnachweis wird die Vorspannkraft der Schrauben nicht berücksichtigt. Die Bauteilwiderstände werden mithilfe plastischer Versagenszuständen (VZ) nach Petersen [37] und Seidel [38] ermittelt. Der Ermüdungsnachweis der Schraubverbindungen im Ringflansch wird unter Berücksichtigung der Schraubenvorspannung und mithilfe des trilinearen Modells nach Schmidt∕​Neuper [39] durchgeführt. Da dieses Modell ein vereinfachtes Berechnungsmodell darstellt, das nur Schraubennormalkräfte liefert, wird der Nachweis gegen Kerbfallklasse 36* geführt [36]. Sofern Berechnungsmethoden verwendet werden, die den Einfluss von Biegung miterfassen, kann eine höhere Einstufung (z. B. Kerbfall 50, abhängig vom Herstellprozess und dem Schraubendurchmesser) vorgenommen werden, vgl. hierzu [40, 41]. Aufgrund der Weiterentwicklungen im Bereich der Windkrafttechnik mit der einhergehenden Steigerung von Effizienz und Leistungsfähigkeit, sind zur Beherrschung der daraus resultierenden größeren Lasten größere Rohrturmdurchmesser, Blechdicken und zunehmend große Flansch- und Schraubenabmessungen zur Verbindung der Turmsektionen erforderlich. Mit letzterem geht zwangsläufig ein gestiegener Fertigungs-, Montage- und Wartungsaufwand bei Ringflanschverbindungen einher. Zusätzlich ist diese Verbindungsart, wie beschrieben, sensibel bezüglich Imperfektionen und

Vorspannkraftverlusten. Aus diesem Grund werden auch alternative Verbindungstechniken untersucht. Zur Erforschung einer solchen neuartigen Verbindung wurden deshalb beispielsweise Reibverbindungen als Ersatz für die konventionelle Ringflanschverbindung untersucht. Die untersuchte Verbindung basiert auf der Übertragung der Lasten durch eine gleitfest vorgespannte Schraubverbindung innerhalb einer gestoßenen Längsverbindung mit Langlöchern [42] und [43] und weist eine wesentlich geringere Sensibilität in Bezug auf Bauteiltoleranzen auf [44] auf. Durch den Einsatz der neuen Technik verschiebt sich das bemessungsrelevante Kriterium hin zur Stabilität der Turmschale.

3.2.3 Türme für Windenergieanlagen Windenergieanlagen werden heutzutage wasser- und landseitig errichtet (off- bzw. onshore). Ihre Tragstrukturen müssen in besonderer Weise für die hohen dynamischen Beanspruchungen ausgelegt werden, die sich aus dem Betrieb der Anlage und den einwirkenden Windverhältnissen ergeben. Für die Auswahl der geeigneten Verfahren spielen sehr unterschiedliche Parameter eine Rolle. Zum einen ist die Frage der Logistik von besonderer Wichtigkeit, zumal bei landseitig errichteten Türmen in der Regel die zu transportierenden Durchmesser aufgrund von Einschränkungen in der Verkehrsinfrastruktur nicht oberhalb von D 4,2 m liegen dürfen. Sofern die Nabenhöhen und Leistungsklasse der geplanten Anlagen höhere Durchmesser im unteren Bereich erforderlich machen, scheiden die klassischen, vorgefertigten Stahlrohrturmsegmente aus. Es gibt eine ganz Reihe von Lösungsansätzen für diese Problematik und zahlreiche Studien ringen um die bestmögliche Lösung mit Bezug auf Wirtschaftlichkeit, Zuverlässigkeit und Praktikabilität. Folgende Konstruktionsformen sind mit Blick auf die Nutzung im Bereich der Windenergietechnik schon etabliert, bzw. befinden sich derzeit noch im Forschungsstadium [45]: Reine Stahlbauweise: – soft-stiff abgestimmte Stahlrohrtürme, – soft-soft abgestimmte Stahlrohrtürme, – Stahlrohrtürme mit besonders großen Durch­ messern, – Gittertürme, – verbolzte Stahlschalentürme, – vor-Ort gefertigte Stahlschalentürme (spiral­ geschweißte konische Türme). Massivbau- und Hybridbauweise: – vollständig vorgefertigte Betontürme (große ­Schalenelemente), – vollständig vorgefertigte Betontürme (Ring­ segmente), – Türme in Ortbetonbauweise, – Hybridtürme.

Konstruktionsformen

Daneben gibt es noch Konzepte, die die Art und Weise der Errichtung vereinfachen sollen (kranlose Bauweisen): – Türme, die aufgerichtet werden können, – Türme, die mit Hebeeinrichtungen teleskopiert werden. Die Vielfalt verdeutlicht, dass die Randbedingungen einen wesentlichen Einfluss auf die Lebenszykluskosten haben, sodass es keine generell optimalen Strukturformen geben kann. Die große Herausforderung besteht darin, für das zertifizierte Serienprodukt einer WEA-Turbine, die an unterschiedlichen Standorten errichtet werden soll, trotzdem individuelle Auslegungen von Türmen zu ermöglichen. Dies ist jedoch häufig sehr schwierig, da nicht mehr alle relevanten Informationen, insbesondere die zeitbezogenen Schnittkraftverläufe, die Teil der Zertifizierung waren, für die Bemessung zur Verfügung stehen. Häufig werden auch die Türme für die Anlagentypen allgemein mit ausgelegt, sodass individuelle Standortbedingungen, die ggf. zu günstigeren Auslegungen führen könnten, gar nicht mehr einfließen können. Ähnliche Überlegungen zur optimalen Konstruktionswahl gibt es, jedoch mit ganz anderen Randbedingungen, auch für die wasserseitig errichteten Anlagen. Hier muss vor allem den Belangen des Stahlwasserbaus Rechnung getragen werden, was sehr hohe Anforderungen an die Materialzähigkeit und den Korrosionsschutz mit sich bringt. Ebenso ist die Logistik hier ein besonders herausforderndes Thema, zumal alle Komponenten mit Lasthubschraubern oder Spezialschiffen und -kränen vor Ort verbracht werden müssen. Auch die Gründungskonstruktionen haben eine erhebliche Bedeutung – hierzu stehen je nach Wassertiefe und Untergrundcharakteristik unterschiedliche Systeme zur Verfügung. Schwimmende Gründungskonstruktionen werden ebenfalls seit langer Zeit diskutiert, sind aber bis auf wenige Ausnahmen noch nicht über die Konzeptphase hinausgekommen.

3.2.4 Maste für Freileitungen 3.2.4.1 Freileitungsmaste für die Energiewende Die gesellschaftlich und politisch angestrebte Energiewende in Deutschland erfordert zahlreiche Ausbauund Verstärkungsmaßnahmen des Stromnetzes. Mit dem rasanten Anstieg des Neubaus von Windkrafträdern und großflächigen Photovoltaikanlagen wird der größte Anteil an regenerativer Stromerzeugung durch Windkraft, vor allem an den Küsten im Norden Deutschlands, und Solarenergie gewonnen. Zur Übertragung dieser Energie in alle Regionen, Städte und Orte Deutschlands sind umfangreiche, per Gesetz festgelegter Aus- und Umbauten des deutschen Stromnetzes notwendig. In Deutschland sind Stromnetz und überregionale Freileitungen zur Stromübertragung untrennbar mit den das Landschaftsbild dominierenden Stahlgittermasten verbunden. Stahlgittermaste sind in ihrer Bauform und

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Konstruktion, von ihrer Entwicklung zu Beginn des 20. Jahrhunderts bis heute, nahezu unverändert geblieben. Sie wurden und werden noch heute aus gewalzten Winkelprofilen zu fachwerk- und gitterartigen Stahlstrukturen zusammengesetzt, eine Konstruktionsform, die schon vor 100 Jahren planerisch, fertigungstechnisch und rechnerisch beherrschbar war. Heute werden Stahlgittermaste für Freileitungen zunehmend kritisch bewertet, es besteht ein spürbarer Wunsch nach Veränderung. Trotz der technischen Vorteile der traditionellen Stahlgittermaste wie ihrer leichten Bauweise, der leichten Inspizierbarkeit, der einfachen Erweiterbarkeit rücken heutzutage vermehrt ihre Nachteile in den Fokus der Diskussion. Durch die Kleinteiligkeit der Konstruktion und die Vielzahl von vorkonfektionierten Stäben und Schraubverbindungen sind Fertigung, Montage und Korrosionsschutz der Stahlgittermaste arbeitsaufwendig und erzeugen vergleichsweise hohe Lohnkosten. Das Potenzial von modernen Stählen oder Stahlbauweisen wird bei der Planung, Dimensionierung und Fertigung von Stahlgittermasten nicht genutzt, in der Folge sind die nationalen Stahlbauaktivitäten beim Freileitungsbau nur noch minimal und kein Wirtschaftsfaktor mehr. Zum anderen werden heute jegliche, mit industrieller Nutzung verbundene Bauten als Belastung der natürlichen Ressourcen und Einschränkung der Freiräume und Umwelt betrachtet. Auch werden hohe Stahlgittermaste alter Bauformen vermehrt als visuelle Störung und Beeinträchtigung der Ästhetik der Landschaft und des Ortsbildes bewertet. Für die Energiewende und zur Erreichung der Klimaziele ist es von elementarer Bedeutung, das negative Image der Freileitungsmaste vom architektonisch wenig ansprechenden, umweltzerstörenden Bauwerk zu einem sinnvollen, notwendigen, modern-technologischen und akzeptierten Teil unserer Gesellschaft zu korrigieren.

3.2.4.2 Neue Rohrmaste für Freileitungen Im Rahmen des FOSTA-Forschungsvorhabens P 1101 „Innovative Freileitungsmaste für die Energiewende unter Berücksichtigung von gestalterischen, technischen und wirtschaftlichen Aspekten“ [46], das durch die Forschungsvereinigung Stahlanwendung e. V. aus Mitteln der Stiftung Stahlanwendungsforschung gefördert wurde, wurde von Bauingenieuren und Architekten der Technischen Universität Dortmund (Lehrstuhl Stahlbau, Lehrstuhl Städtebau) in interdisziplinärer Zusammenarbeit eine neue Bauart für Freileitungsmaste als Ersatz für die traditionellen Gittermasttürme entwickelt. Die neuen großformatigen, zylindrischen Stahlrohrmaste entsprechen technisch-konstruktiv höchsten Ansprüchen und können gleichermaßen durch ihre qualitativ hochwertige, architektonische Gestalt die Zeit der Energiewende in Deutschland symbolisieren. Für Entwurf und Konstruktion der neuen Rohrmaste wurden

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11   Türme und Maste

moderne Fertigungs- und Ausführungstechnologien des Stahlbaus genutzt sowie wirtschaftliche und gestalterische Aspekte berücksichtigt. Die Forschungsarbeiten im Projekt erfolgten stufenweise. Zunächst wurde, basierend auf Analysen des zukünftigen, nationalen Bedarfs für Freileitungsmaste, der elektrotechnischen und mechanischen Anforderungen an Freileitungen bzw. Freileitungsmaste sowie verfügbarer bautechnischer Unterlagen bestehender Gittermaststrukturen, ein anwendungstypischer Referenzmast für die Neuentwicklung eines Rohrmastes im Projekt definiert. Als Referenzmast fungierte im Folgenden ein ca. 50 m hoher Tragmast mit Erdseilstütze und zwei Traversenebenen für insgesamt zwei Drehstromkreise der 380-kV-Spannungsebene (Bild 16). Die funktionalen Vorgaben entsprechen einem Donaumast, dem aktuell weit verbreitetsten Tragmast im deutschen Höchstspannungsnetz, der mithilfe der interdisziplinären Forschungsarbeiten durch einen modernen Rohrmast ersetzt werden sollte. In den Forschungen wurden die zwei maßgebenden Belegungsvarianten, (a) mit voller Belegung aller Leiterplätze und (b) mit halber Belegung, d. h. mit nur einem Stromkreis auf einer Seite des Freileitungsmastes, berücksichtigt. So konnten sowohl die Einsatzvielfalt als auch die ungünstigsten bemessungsrelevanten Beanspruchungskombinationen für den Rohrmast abgebildet werden. Die Spannweite der Freileitungen wurde

Bild 16. Geometrie des Referenzmastes für den Entwurf einer neuen Rohrmastkonstruktion [46]

anwendungstypisch mit einem Minimalwert von 300 m und einem Maximalwert von 500 m berücksichtigt, die Lastfälle wurden entsprechend variiert und maßgebende Lastkombinationen in der statischen Berechnung berücksichtigt. Die an den Mast angrenzenden Spannfelder wurden, entsprechend dem Einsatz des Rohrmastes als Tragmast, idealerweise in gleicher Größe angenommen. Für große Spannweitenunterschiede mit resultierenden, ungleichmäßigen Leiterzugkräften sind Tragmaste im Freileitungsbau grundsätzlich nicht ausgelegt. Zur Formfindung eines gleichermaßen statisch optimierten und architektonisch ansprechenden neuen Freileitungsmastes als Rohrmast wurden ingenieurtechnische und architektonische Studien für vier Mastvarianten durchgeführt (Bild 17). Als Werkstoffe des Rohrmastes wurden übereinstimmend Stahl S355 der Kerbschlaggruppe J2 ( 20  °C), in Vergleichsrechnungen auch S460, eingesetzt (Bild 17). Mithilfe von Finite-Elemente-Analysen der vier Stahlrohrmaste konnte belegt werden, dass die Variante 4 des konischen Vollwandrohrs mit Vierfußsockel statisch, konstruktiv und wirtschaftlich besonders effizient ist (Bild 18). Die Mastfußkonstruktion dieser Variante besteht aus vier Füßen und einer geschweißten Sonderkonstruktion am Übergang zum Mastschaft. Mit der geraden Anzahl von Mastfüßen parallel und senkrecht zur Leiterführung folgt die konstruktive Ausbildung am Mastfuß der maßgebenden Einwirkungskombinationen parallel und senkrecht zu den Freileitungen bzw. zum Freileitungsmast, wobei die Beanspruchung infolge der Windlast senkrecht zur Seilachse in der Regel bemessungsrelevant ist. Durch die Aufspreizung des Mastfußes in vier Auflagerpunkte konnte zur Aufnahme der Biegemomentenbeanspruchung aus Wind-, einseitiger Leiterzugbeanspruchung und Torsion ein günstiger, großer Hebelarm zwischen den Lagerpunkten erzeugt werden. Die resultierenden Lagerkräfte fallen daher bei der Variante 4 im Vergleich zu den anderen Varianten eher gering aus. Während bei den Varianten 1 bis 3 in der Regel große Flachgründungen, ähnlich wie im Gittermastbau, oder großformatige, massive Verteilerplatten mit Verpresspfählen notwendig würden, sind bei der Variante 4 deutlich kleinere Gründungsmaßnahmen, wenn auch an vier Punkten, zu ergreifen (Bild 19). Für den neuen Rohrmast der Variante 4 werden die Anforderungen für Freileitungsmaste im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit nach DIN EN 50341-2-4 [8]

Bild 17. Analysierte Rohrmastvarianten; a) Variante 1: Vollwandrohr zylindrisch, b) Variante 2: konischer Vollwandrohrmast, c) Variante 3: Gitterstrukturrohr zylindrisch, d) Variante 4: Vollwandrohr konisch-Vierfußsockel [46]

Konstruktionsformen

665

Bild 18. Statische Analysen der Variante 4; a) FE-Modell, b) Verformung GZG in mm (Erhöhungsfaktor 5), c) Ausnutzungsgrad GZT [46]

Bild 19. Gründungsvarianten des Vierfuß-Rohrmasts [46]

erfüllt. Die maximale Auslenkung ist mit knapp 1 m an der Mastspitze weit unterhalb der Grenze von 4 % der Gesamthöhe der Konstruktion, obwohl es sich bei dieser Art Mastkonstruktion mit aufgelöstem Mastfuß, strenggenommen, nicht um einen einstieligen Mast handelt bzw. nach DIN EN 50341-2-4 keine Verformungsgrenzen für derartige Konstruktion einzuhalten sind. Bezieht man sich bei der Verformungsbegrenzung alternativ nur auf die Höhe des Mastschafts (4 % von 30 m sind 1,2 m), wird die normative Anforderung auch in diesem Fall erfüllt. Parallel zu den Simulations­rechnungen wurden über architektonische Proportionsstudien Höhe und Form der Mastkonstruktionen in Varianten überprüft. Analysen zur Farbgestaltung des Freileitungsmastes im landschaftlichen Raum ergänzten die architektonischen Forschungsarbeiten. Interdisziplinär entwickelt wurde so ein filigraner, eleganter, kleinformatiger Freileitungs-

mast mit konischem Vollwandrohr, Vierfußsockel und aufgesteckten Traversen (Bild 20).

Detailausbildung der neuen Rohrmaste Für die baupraktische Realisierung des neuen Stahlrohrmastes in der Geometrie des Referenzmastes (Bild  16) wurde im Rahmen des Forschungsprojekts FOSTA P1101 [46] die statisch-konstruktive Durchbildung und Detaillierung der Anschlusspunkte vorgenommen. Insbesondere die großen lokalen Beanspruchungen mit Spannungsspitzen im Bereich der Anschlusspunkte und die Auswirkung der lokalen Verformungen auf das globale Rohrmast-System wurden mittels FE-Simulationen (ANSYS) analysiert. Eine Übersicht der neu entworfenen, optimierten Anschlusskonstruktionen ist Bild 21 zu entnehmen.

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11   Türme und Maste

Bild 20. Neuer Freileitungsmast als Vierfußmast mit Vollwandrohr (konisch), Vierfußsockel und aufgesteckter Traverse [46]

Bild 21. Vierfußmast mit untersuchten Anschlussdetails [46]

Für die Verbindung I (Anschluss Mastschaft∕​Quertraverse) wurde eine neuartige, formschlüssige, an den Mastschaft angepasste Manschettenkonstruktion aus Stahl entwickelt, die auf das konische Stahlrohr des Masts

aufgeschoben wird und somit schnell montiert werden kann (Bild 22). Die kraftschlüssige Verbindung der Traverse an der Manschette erfolgt über vertikale und horizontale Knaggen sowie über die Pressverbindung.

Konstruktionsformen

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Bild 22. Mastschaft-Traverse-Manschettenverbindung; a) Konstruktion, b) FE-Netz (ANSYS), c) von-Mises-Spannungen [46]

Bild 23. Geschweißte Mastschaft-Vierfußsockel-Verbindung; a) Konstruktion, b) FE-Simulation (ANSYS), von-Mises-Vergleichs­ spannungen [46]

Für die Verbindung II (Übergangskonstruktion Mastschaft-Vierfußsockel) wurden eine geschweißte Detailkonstruktion entwickelt, mittels FE-Simulationen in der Formgebung und in der konstruktiven Durchbildung analysiert und schrittweise hinsichtlich Tragfähigkeit und Gebrauchstauglichkeit optimiert. Die Geometrie des neuen Rohrturms am Übergang der vier Stahlstützen zum Mastschaft wurde aufgenommen, die Stützen-Ring-Konstruktion aus stählernen Blechen zusammengefügt und verschweißt. Bild 23 zeigt die isometrische Darstellung des neu entwickelten Anschlussstücks sowie die Ergebnisse der FE-Simulation unter Belastung. Die optimierte Geometrie führt zu einem nahezu verformungslosen Lastabtrag an der Anschlusskonstruktion. Sowohl die Verformung im äußeren, oberen Ring als auch im Bereich des inneren Aussteifungskreuzes ist hinreichend klein. Es verbleiben lediglich geringe, lokale seitliche Auslenkungen am oberen Rand des Rings. Alternativ zur geschweißten Mastschaft-Vierfußsockel-Verbindung aus Stahl wurde ein Gussknoten (Werkstoff G20Mn5) entwickelt und hinsichtlich seiner Topologie, Fertigung, Masse und Spannungen optimiert. Dabei wurden ebenfalls Studien zu einem reibungslosen Herstellvorgang inklusive einer gießgerechten Gestaltung des Gussbauteils nach einschlägigen

Empfehlungen und Richtlinien in die Variantenausarbeitung einbezogen [46]. Auch für den Verbindungspunkt III (Vierfußsockel∕​ Fundament) wurden zwei Konstruktionsvarianten aus Stahl (S355 J2) konzipiert und dimensioniert (Bild 24). Bei der ersten, gelenkig gelagerten Variante wurden die konischen Rohre am Fußpunkt über eine Augenstab-Bolzen-Verbindung angeschlossen, wahlweise auch an runde Fundamentköpfe. Dies erfordert ein gesichertes Einhalten von Fertigungs- und Montagetoleranzen, was mit beträchtlichem Aufwand verbunden ist. Bei der zweiten Variante wurde eine starre Verbindung der konischen Rohrquerschnitte mit der Fundamentkonstruktion ausgeführt. Dazu wurde das Rohr mit einer Kopfplatte verschweißt. Die Verbindung der Stahl- zur Fundamentkonstruktion wurde durch eine einbetonierte Anschlussbewehrungs-Konstruktion aus Gewindestäben realisiert, die aus dem Fundament herausstehend positionert wird, sodass die stählerne Fußkonstruktion des Rohrs eingefädelt und verschraubt werden kann. Durch die Ausbildung von Langlöchern in der Fußplatte wird die Möglichkeit zur Justierung bei der Montage gegeben. Zu beachten sind die nicht zu vernachlässigenden Verformungen aus Gründungsbewegung, die bei der Gründungsvariante des Großbohrpfahls 1 mit ca. 6 mm bis 6,5 mm beziffert werden können.

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Bild 24. Anschluss Fuß∕​Fundament; a) gelenkig, b) starr [46]

Neue Rohr-in-Rohr-Pressverbindung von Rohrmasten Zur zügigen Montage des neuen Rohrmastes auf dem Baufeld wurde eine neuartige Rohr-in-Rohr-Press­ verbindung, realisiert mithilfe moderner Fertigungsverfahren, in projektbegleitender Zusammenarbeit mit Stahl- und Maschinenbauunternehmen entwickelt. Die Rohr-in-Rohr-Verbindung, konisch verlaufend und geometrisch abgestimmt auf die ebenfalls konischen Rohrmaste, ist als reibschlüssige Verbindung in der Lage, Normal- und Querkräfte sowie Biege- und Torsionsmomente über Haftreibung zu übertragen. Die Verbindung wurde so optimiert, dass einerseits der Haftreibungsbeiwert nicht zu groß ist, um die Montage durch einfaches „Stecken“ und „Verpressen“ der Rohrverbindung zu ermöglichen. Andererseits sollte das statisch erforderliche Biege- und Torsionsmoment beim Einsatz eines Rohrmastes im Freileitungsbau in der Verbindung

sicher und ohne signifikante Verformungen oder Lösen der Pressverbindung übertragen werden können. So wurden für die neue Rohr-in-Rohr-Pressverbindung, wie am Demonstratorbauteil in Bild 25 dargestellt, zwei stählerne Formteile konzipiert, die an die zu verbindenden Rohre des Mastschafts im Werk verschweißt werden, sodass diese in vorkonfektionierten, transportierbaren Schüssen zur Baustelle geliefert und im Rahmen der Mastmontage verpresst werden können. Die Pressverbindung basiert auf dem Prinzip der Wellen-Naben-Verbindung und ist der Maschinenbautechnik entliehen. In der Fertigung werden die stählernen Formteile in einer CNC-Drehmaschine (Computerized Numerical Control bzw. computer-numerische Steuerung) längs-rundgedreht. Der Innendurchmesser des Außenrohrs wird nicht passgenau, sondern um das sogenannte „Übermaß“ kleiner als der Außendurchmes-

Bild 25. Demonstratorbauteil einer Pressverbindung; a) vor dem Verpressen, b) nach dem Verpressen, c) allgemeine Kenngrößen [46]

Konstruktionsformen

ser des Innenrohrs gefertigt, sodass beim Verpressen der Rohrstücke in der Fuge ein signifikanter, klar definierter Druck zwischen den Formteilen entsteht und die Reibungskraft in der Fuge aktiviert wird. Zur Sicherung des Formschlusses der Verbindung bei Torsionsbeanspruchung wurde zusätzlich eine mechanische Lagesicherungskonstruktion vorgesehen. Die neuartige Rohr-in-Rohr-Pressverbindung ist in der Lage, die maßgebenden Beanspruchungen aus der Belastung des Freileitungsmasts, wie in Bild  26 skizziert, aufzunehmen. Dabei resultiert die statisch relevante Biegebeanspruchung aus dem Lastfall A nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8]. Für die maximale Torsionsbeanspruchung ist der Lastfall K unter einseitiger Belegung maßgebend. Zur Verifizierung der neuen Rohr-in-Rohr-Pressverbindung wurde die Beanspruchbarkeit und Gebrauchstauglichkeit durch experimentelle Untersuchungen in Kleinteil- und Großbauteilversuchen bestimmt und analysiert. Alle Versuchsträger wurden entsprechend den Beanspruchungen beim Einsatz als Freileitungsmast unter drei Lastszenarien in den Versuchsserien (1) Druckversuche zur Herstellung der Pressverbindung während der Montage, (2) Torsion und (3) Biegung getestet. In der Kleinteilversuchsserie (Maßstab 1:5 bezogen auf die realen Abmessungen des Mastschafts beim Einsatz im Freileitungsbau) wurden die geometrischen Parameter der Formstücke (Konizität der Verbindung, Wanddicke der Formteile, Höhe der Verbindung bzw. Überlappungslänge der Formteile, Übermaß) variiert und optimiert. Dabei erwiesen sich die Höhe und das Übermaß der Verbindung als die relevanten Stellschrauben

669

zur Steigerung der Biegemomententragfähigkeit, der Torsionswiderstand erhöhte sich maßgeblich mit steigendem Pressdruck in der Fuge. In Großbauteilversuchen wurde der Maßstabseffekt und die Trag- und Gebrauchsfähigkeit der mithilfe der Kleinteilversuche optimierten Mastschaftverbindung (im Maßstab 1:2 bezogen auf reale Dimensionen nach statischer Berechnung) mit dem Rohrdurchmesser D 653  mm, der Rohrwanddicke ca. 45  mm und der Fugenlänge 820  mm bei 1° Kegelneigung überprüft (Bild 27). Die Auswertung der Druckversuche am Großbauteil (Versuchsserie 1) zeigte, dass zum Verpressen der Rohrin-Rohr-Verbindung mit dem Aufschubweg von etwa 13  mm eine Kraft von 1700  kN notwendig ist. Die Last-Verformungs-Kurve des Einpressversuchs zeigte im Mittel einen linearen Anstieg mit gleichmäßigen Aufschubwegen des Innenrohrs ohne Verkanten, d. h. eine zentrische Lasteinleitung. Dabei deutete sich fertigungsbedingt eine größere Rauheit der Formteiloberflächen von Großbauteilen im Vergleich zu den kleinteiligen Versuchskörpern an, der Haftbeiwert der Großteilserie wurde mit µ 0,18 bestimmt. Durch den Fügevorgang wurden an allen Messpunkten des Außenkörpers positive Umfangsdehnungen und negative Meridiandehnungen dokumentiert. Wie erwartet, wurde der Außenkörper durch das geometrische Übermaß während des Verpressvorgangs aufgeweitet. Beim Innenkörper wurden dagegen kaum Meridiandehnungen und negative Umfangsdehnungen bestimmt, was eine überwiegende Stauchung des Innenkörpers impliziert. Nach der Entlastung blieben die Dehnungen weitgehend unverändert, das Innenrohr war im Außenrohr

Bild 26. Vierfußmast; a) mit der Lage der Rohr-in-Rohr-Pressverbindung und b) mit den maßgebenden Beanspruchungen am LF A nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [46]

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Bild 27. Versuchskörper der Großbauteile; a) inneres Formteil, b) äußeres Formteil [46]

formschlüssig verpresst. Die Druckversuche belegten, dass ein vollständiges Verpressen der Formstücke und ein Formschluss der Rohr-in-Rohr-Verbindung garantiert werden kann. Für den baupraktischen Einsatz und bei der Montage der Rohr-in-Rohr-Pressverbindung auf dem Baufeld kann die notwendige Presskraft zum Formschluss der Verbindung optional über gezielte Temperaturvorbehandlungen der Formstücke deutlich reduziert werden. Hier sind im Einzelfall gesonderte Untersuchungen notwendig. In der zweiten Großbauteilversuchsserie zeigte sich, dass die neue Rohr-in-Rohr-Pressverbindung, entsprechend der Versuchsserie 1 vollständig verpresst, in der Lage ist, über die aktivierte Haftreibung Torsionsmomente von mind. 248 kNm aufzunehmen, ohne dass ein Durchrutschen der Verbindung auftrat. Die Torsionsbeanspruchbarkeit des Anschlusses war um ca. 40 % höher, als nach statischen Erfordernissen für die Kon­ struktion des Referenzmastes notwendig. Ein ausreichender Torsionswiderstand ohne Durchrutschen der Verbindung konnte belegt werden. In der dritten Großbauteil-Versuchsreihe wurde die Momententragfähigkeit der vollständig verpressten Rohr-in-Rohr-Verbindung in Vier-Punkt-Biegeversuchen überprüft (Bild 28). Als bemessungsrelevante Biegebeanspruchbarkeit wurde die elastische Momententragfähigkeit (nach Auswertung der Last-Verformungs-Kurven) definiert. Unter dieser Beanspruchung erwies sich die Rohr-in-Rohr-Pressverbindung für den

baupraktischen Einsatz als Tragmast als ausreichend trag- und gebrauchssicher, auch wenn Biegetragfähigkeit der angeschlossenen Mastrohre (als Referenz) nur zu 90 % erreicht wurde. In allen Biegeversuchen wurde die Belastung darüber hinaus bis zur Traglast gesteigert. Dabei zeigten sich im Bereich des Rohranschlusses bei sehr großen Auflasten und sehr viel größerer, für den baupraktischen Einsatz irrelevanten Momentenbeanspruchung ein „Aufklappen“ und Spaltbildung der Rohr-in-Rohr-Pressverbindung. Die Folge waren große, lokale Spannungsspitzen an den Übergängen vom Innen- zum Außenformteil und daraus folgend, örtlich irreversible plastische Verformungen (Bild 29). Nach Entlastung des Versuchsträgers und teilweisem „Zurückrutschen“ der Formteile in ihre Ursprungslage wurden irreversible Verformungen der Pressverbindung aufgrund lokaler Plastizierungen sichtbar, diese sind im baupraktischen Einsatz unzulässig und über die Einhaltung der definierten elastischen Momententragfähigkeit zu vermeiden. Für den Referenzmast und bei praxisgerechter statischer Dimensionierung erwies sich die neue Rohr-in-Rohr-Verpressverbindung auch im Biegeversuch als ausreichend tragfähig und gebrauchstauglich. Nach den planerischen, architektonischen, statisch-konstruktiven und experimentellen Analysen zur Entwicklung und Verifizierung des neuen Rohrmastes wurden die Forschungsarbeiten im Projekt FOSTA P1101 [46] um Wirtschaftlichkeitsstudien unter Berücksichtigung

Bild 28. Großbauteilversuchsserie 3: Vier-Punkt-Biegeversuche ([15] Rohr-in-Rohr-Pressverbindung) [46]

Konstruktionsformen

671

3.2.4.3 Raumoptimierte Freileitungsmaste

Bild 29. Großbauteilversuche, Biegung – Verformungen der Pressverbindung [46]

von Materialeinsatz, Konstruktionsgewicht, Fertigung und Montage ergänzt. Es wurden baubetriebliche Aspekte, Baukosten, Bauzeiten und Instandhaltungsmaßnahmen im Laufe der Betriebsdauer analysiert und die neu entwickelte Rohrmastkonstruktion mit dem konventionellen Stahlgittermast verglichen. Dabei ließ sich trotz des hohen Eigengewichts des neuen Rohrmastes und trotz der hohen Aufwendungen für die neue Rohr-in-Rohr-Pressverbindung in der Summe keine signifikante Kostendifferenz zur konventionellen Gittermastkonstruktion feststellen. Vielmehr erwies sich die neue Rohrturmvariante mit der Rohr-in-Rohr-Pressverbindung durch den hohen Vorfertigungsgrad im Werk, dem raschen Montagefortschritt und der kurzen Bauzeit als montageeffizient, im Lebenszyklus durch die geringere Anzahl der Elemente als wartungsärmer und infolge der Minimierung von mechanischen Verbindungen als dauerhafter. Der neu entwickelte Rohrtragmast bietet somit für moderne Freileitungen neben der gestalterischen Eleganz deutliche Vorteile bezüglich Statik und Konstruktion, eine optimierte Fertigung mithilfe moderner Stahl- und Maschinenbauverfahren sowie reduzierte Montageund Unterhaltungsaufwendungen. Für die Planung und Ausführung einer optisch und tragkonstruktiv einheitlichen Mastfamilie mit Abspann-, Kreuzungs- und Endmasten sind weiterführende Untersuchungen zur Optimierung und Detaillierung der Sonderkonstruktionen notwendigen, die auf der Basis der grundlegenden, im Forschungsprojekt P1101 [46] gewonnenen Bausteine leicht vorangetrieben werden können.

Die Höhe von Freileitungsmasten wird vom freizuhaltenden Schutzraum unterhalb der Freileitung und dem Durchhang der stromführenden Leiterseile bestimmt. Um den oft erheblichen Durchhang der Leiterseile bei großen Spannfeldern und in der Folge sowohl den Platzbedarf für die Freileitung als auch die Masthöhe zu reduzieren, wurden im vom BMWi geförderten Forschungsprojekt CompactLINE (2013–2019) neue, raum­ optimierte Freileitungsmaste entwickelt [47]. Dazu wurden zwischen den Freileitungsmasten zusätzliche, stark vorgespannte Tragseile angeordnet, an denen die stromführenden Leiterseile girlandenförmig aufgehängt wurden. Mit diesem Lösungsansatz können sowohl neue Freileitungen im Hoch- und Höchstspannungsbereich mit geringerem Platzbedarf gebaut als auch bestehende 120-kV-Freileitungstrassen ohne zusätzlichen Platzbedarf auf 380  kV ausgebaut werden. Um die hohen Zugkräfte aus den vorgespannten Tragseilen an den Freileitungsmasten aufnehmen zu können, wurden neue, kompakte Stahlvollwandmaste in Verbundtechnik entwickelt. Bild 30 zeigt drei Tragmastvarianten, die zum einen dem geringeren Raumbedarf und zum anderen den gestiegenen statischen Beanspruchungen Rechnung tragen. Im Rahmen des Projekts CompactLINE wurde eine neue 380-kV-Freileitung in Sachsen-Anhalt als Demonstrator der neuen raumoptimierten Freileitung mit vorgespannten Tragseilen und kompakten Tragmasten der neuen Verbundtechnik geplant, ausgeführt und im Jahr 2018 in Betrieb genommen [47]. Über das kontinuierliche Monitoring wurden wichtige Kenngrößen der Freileitung (elektrisch∕​magnetische Felder, Koronageräuschemission) gemessen, Messwerte mit numerischen Simulationen abgeglichen und Erkenntnisse über die neue Technologie gewonnen. Grenzwertüberschreitungen von Messwerten wurden nicht festgestellt, sowohl die Funktionsfähigkeit der Freileitung als auch die Trag- und Gebrauchsfähigkeit der neuen Freileitungsmaste wurden bestätigt. Zugleich belegten Umfragen in der Bevölkerung die hohe Akzeptanz, die Mehrheit der Befragten bevorzugten die neuen, raumoptimierten gegenüber den konventionellen Freileitungen. Für den ganzheitlichen Einsatz der neuen, kompakten Stahlvollwandmaste in einer Mastfamilie inkl. der höher bean-

Bild 30. Tragmastvarianten mit unterschiedlichen Stromkreisanordnungen (BMWi-Projekt CompactLINE) [47]

672

11   Türme und Maste

spruchten Abspann-, Winkelabspann- und Kreuzungsmaste sind die neuen Freileitungsmaste noch zu verifizieren.

3.3

Abgespannte Maste

Abgespannte Maste werden bevorzugt verwendet, wenn es Platzbedarf und Nutzung zulassen, da durch diese Bauweise sehr starke Materialeinsparungen möglich sind. Zur Erreichung besonders großer Höhen werden zum Teil mehrere Abspannebenen festgelegt, um die schlanken Maste an verschiedenen Stellen seitlich zu stützen. Bei der Bemessung der Strukturen ist besonders das durch die Abspannungen gegenüber ungestützten Masten veränderte Tragverhalten (Durchlaufsystem) zu beachten. Da dies insbesondere eine Frage nach der Modellierung des Windlastansatzes mit sich bringt, wurden entsprechende Regelungen in der Norm DIN EN 1993-3-1 [1] festgeschrieben. Ebenfalls stellt das geometrisch nichtlineare Tragverhalten der durchhängenden Abspannseile eine gewisse Herausforderung dar. Abgespannte Maste müssen zudem für einen schlagartigen Seilriss bemessen werden. Über die entsprechenden Regelungen wurde bereits ausführlich in einem früheren Beitrag [48] im Stahlbau Kalender berichtet, sodass in diesem Beitrag nicht vertieft darauf eingegangen werden soll.

4

Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

4.1

Klimatische Einwirkungsgrößen am Bauwerksstandort

4.1.1 Basiswindgeschwindigkeit aus meteorologischen Daten 4.1.1.1 Allgemeines Für Türme und Maste stellt die natürliche Windbelastung die entscheidende Bemessungseinwirkung dar. Generell bestehen zum einen bereits seit langer Zeit etablierte Konzepte, um die statische Windwirkung zu beschreiben, zum anderen gibt es auch Modelle, die erst in jüngerer Zeit entwickelt wurden. Die jeweils zugrunde liegenden Konzepte sind teilweise unterschiedlich und auch mit Blick auf die Modellierungsqualität gibt es Unterschiede. Die Windlasteinwirkung auf Tragwerke und die durch sie hervorgerufenen Einwirkungseffekte sind in hohem Maße instationär und stochastisch. Ihre repräsentative Abbildung für die Tragsicherheitsbewertung erfordert dementsprechend statistische Modelle und definierte Konfidenzbereiche. Grundsätzlich setzt sich die effektive Windlastwirkung aus der Kombination zweier Zufallsprozesse zusammen: der natürlichen Windströmung einerseits und der querschnittsbezogenen aerodynamischen Admittanz anderseits.

Ausgangspunkt zur Formulierung aller Windlastansätze ist die statistische Beschreibung der Windgeschwindigkeiten am projektierten Standort. Abhängig von den windklimatischen Bedingungen und der örtlichen Topografie ergeben sich standortbezogen unterschiedliche Größenordnungen für die Häufigkeit und Stärke des Windes. Zudem ist die Variabilität der Windgeschwindigkeit unterschiedlich, was für strukturdynamische Berechnungen und für die auftretenden Geschwindigkeitsspitzen von Bedeutung ist. Die Böengeschwindigkeit bzw. der Böengeschwindigkeitsdruck spiegelt das für die Anströmung maßgebende Lastniveau wider, ohne dabei die aerodynamischen Spezifika des Baukörpers zu erfassen. Er wird bestimmt auf Basis des meteorologischen Messnetzes und der über Jahrzehnte gesammelten Informationen zu den mittleren Windgeschwindigkeiten und den Böenspitzen. Mit Ausnahme von außergewöhnlichen, örtlichen Ereignissen (wie Tornados, Windhosen etc.) folgen die jährlichen Spitzenwerte allgemein einer Extremwertverteilung. Auf Basis einer ausreichenden Datenbasis, die mindestens 30 bis 50 Jahre in die Vergangenheit hineinreicht, wird der charakteristische Wert auf die 98%-Nicht-Überschreitensfraktile der Extremwertverteilung für einen Bezugszeitraum von 1 Jahr festgelegt [49]. Wesentlich ist dabei die korrekte Bewertung der Mittelungszeiten der Messdaten und eine realistische (möglichst richtungsbezogene) Einstufung der Topografie im Umfeld der Erhebungsstelle. In Standardfällen wird der Böengeschwindigkeitsdruck nach den kartierten Windlastzonen der Windlastnorm [5] und der Einschätzung der Umgebungstopografie durchgeführt. Damit lassen sich in der Regel konservative Werte des Böengeschwindigkeitsdrucks ermitteln, die den ungünstigsten Wert aus allen Windrichtungen widerspiegeln. Eine richtungsscharfe Betrachtung ist nicht möglich und für die statische Bemessung von Türmen (mit Ausnahme der Freileitungsmaste) in der Regel nicht notwendig.

4.1.1.2 Extreme Windgeschwindigkeit Für eine sichere Bauwerkwerksbemessung sind Kenntnisse über statistisch abgesicherte Extremwerte aus klimatischen Zeitreihen notwendig. Im Wesentlichen können zwei grundlegende Methoden zur Bestimmung dieser Werte unterschieden werden. Bei der Block-Maxima-Methode (BMM) werden die Maximalwerte von zeitlichen Abschnitten (z. B. Jahre, Monate, Wochen) zu einer Stichprobe zusammengefasst und nur diese an eine Extremwertverteilung angepasst. Grundsätzlich ist die Anwendung des Verfahrens bei zeitlich konstant aufgelösten Zeitreihen möglich. Die Blockgröße und die damit einhergehende Anzahl von Maximalwerten beeinflussen die Anpassung an die Extremwertverteilungsfunktion. Die Unsicherheit der Parameterschätzung wird zwar bei kleinerer Blockgröße geringer, die Abschätzung der Maximalwerte kann dennoch schlechter sein, da u. U. Daten berück-



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

sichtigt werden, die tatsächlich keine Maximalwerte darstellen bzw. nicht statistisch unabhängig sind. Im Fall von extremen Windereignissen wird üblicherweise eine Blockgröße von einem Jahr verwendet, was meteorologisch sinnvoll erscheint und nach verschiedenen Literaturangaben üblich ist (z. B. [50, 51]). Eine Erweiterung des Verfahrens ist die Verwendung mehrerer r-Maxima je Block, sodass insgesamt der Stichprobenumfang höher wird. Hierbei muss jedoch, z. B. durch die Definition eines zeitlichen Mindestabstands, die Unabhängigkeit der Sturmereignisse sichergestellt werden. Bei der Peak over Threshold (POT) Methode werden Maximalwerte anhand eines Schwellenwerts aus der Zeitreihe betrachtet und diese zur Analyse verwendet. Je nach Problemstellung wird der Schwellenwert z. B. mittels Mean Excess Plot oder Kolmogorov-Smirnov-­ Test definiert und die Stichprobe an eine Extremwertverteilung angepasst. Die Festlegung des Schwellenwerts ist augenscheinlich die Problematik bei diesem Verfahren. Da es gilt, die Unabhängigkeit der Ereignisse sicherzustellen, sind z. B. Mindestzeitabstände und∕​oder untere Schwellenwerte zu definieren. Im Fall von Wind beschreibt z. B. Cook eine Methode, bei der aus einer Windzeitreihe unabhängige Sturmereignisse aus einzelnen physikalischen Phänomenen extrahiert und analysiert werden [51]. Auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland wäre dies z. B. die Unterteilung in Gewitterstürme und Stürme infolge eines Tiefdruckgebiets (vgl. [52]). Beide Verfahren haben gemeinsam, dass die Extraktion der Maximalwerte zu einer Stichprobe führt, die an eine Verteilungsfunktion angepasst werden muss. Unter bestimmten Voraussetzungen folgt die Stichprobe der Block-Maxima-Methode einer generalisierten Extremwertverteilung (GEV). Bei gleichen Voraussetzungen bzw. ähnlichen Annahmen folgt die POT-Methode einer generalisierten Paretoverteilung [53]. Der aktuelle Entwurf von DIN EN 1991-1-4 empfiehlt die Ermittlung der Referenzwindgeschwindigkeit mithilfe der Block-Maxima-Methode und Anpassung an eine Gumbel-Verteilung. Bei einer geringen Anzahl an Messjahren (T 8 Jahre, geringer Stichprobenumfang) sollte die Anpassung mithilfe der Lieblein-Blue Methode erfolgen (BLUE: best linear unbiased estimator). Die derzeitige Windzonenkarte basiert auf der POT Methode [52]. Wissenschaftliche Artikel zur Auswer-

673

tung klimatischer Extremereignisse auf Basis der Block-Maxima sind jedoch weitverbreitet, z. B. [53]. Unabhängig vom gewählten Verfahren ist eine Anpassung der Stichprobe an eine statistische Verteilung notwendig. Gemäß [54] wird für die Block-Methode, abweichend zur genannten Regelung des Entwurfs zur DIN EN 1991-1-4 eine dreiparametrische generalisierte Extremwertverteilung empfohlen: ​​G​ 

, ,

​​   exp​{

(

1 _ ​   ​ 

) }

x       ​  ​​ 1     ​ _     ​​​  ​ ​​

Es gilt: x      ​1     ​ _  ​       0​

(1)

(2)

In Abhängigkeit des Parameters ​ ​ergeben sich aus der generalisierten Extremwertverteilung folgende, häufig in der Literatur verwendete Funktionen [55]: 1 x      Fréchet-Verteilung: ​    0 ​ für  ​ _  ​        ​ _ ​  ,   sonst 0 ​​ ( ) 1 x       ​   Weibull-Verteilung: ​    0 (für  ​ _      ​ _ ​  ,   sonst 1)​ Gumbel-Verteilung: ​   0 ​(für x   ℝ)​​ Es ist ersichtlich, dass die Gumbel-Verteilung weder nach unten noch nach oben beschränkt ist. Windgeschwindigkeiten unterhalb von 0  m∕​s sind somit genauso möglich wie unendlich hohe Windgeschwindigkeiten. Die Fréchet-Verteilung ist nach unten begrenzt und die Weibull-Verteilung nach oben. Bild 31 zeigt dies schematisch. Durch die Verwendung der generalisierten Extremwertverteilungen ist auch eine Mischform aus Fréchet- und Weibull-Verteilung möglich, sodass hier eine Funktion zur Verfügung steht, die sowohl nach oben als auch nach unten hin begrenzt ist. Rein physikalisch erscheint der Ansatz dieser Funktion daher als sinnvoll und soll im Folgenden an ausgewählten Wetterstationen für das Block-Verfahren verglichen werden. Bild 32 zeigt exemplarisch die jährlichen 10-minütigen Maximalwindgeschwindigkeiten auf jeweiliger Geberhöhe für die DWD-Station Düsseldorf. Es zeigt sich an Bild 32, dass die Anpassung der Daten an eine bestimmte Verteilungsform grundsätzlich nicht trivial ist. Insbesondere, da Prognosen auf ein seltenes

Bild 31. Schematische Darstellung unterschiedlicher Extremwertverteilungen [55]

674

11   Türme und Maste

Bild 32. Vergleich unterschiedlicher Extremwertverteilungen für den Standort Düsseldorf, Block-Maxima-Verfahren

Wiederkehrniveau erforderlich sind, bestimmt der gewählte Approximationsansatz die resultierende statistisch abgesicherte Geschwindigkeit in deutlicher Weise. Tabelle  5 fasst die ermittelten Basiswindgeschwindigkeiten (hier ohne Korrektur der Topografie in der Umgebung der Messstationen von ausgewählten Wetterstationen zusammen. Tendenziell ergibt die Anpassung an die Gumbel-Verteilung die höchsten Windgeschwindigkeiten, was auf die Extrapolation ohne obere Beschränkung zurückzuführen ist. Dies kann allerdings nicht für sämtliche Stationen pauschalisiert werden. Bei der Station Hersfeld wurden beispielsweise verhältnismäßig viele Jahresex­ tremwerte geringer Intensität gemessen, sodass hier die Kurvenanpassung der GEV im unteren Bereich zwar

Tabelle 5.  Windgeschwindigkeit in m∕​s mit einer Nicht-Überschreitenswahrscheinlichkeit von p = 0,98 für unterschiedliche Anpassung und Vergleich mit der Basiswindgeschwindigkeit nach DIN EN 1991-1-4 [5] Station (Geberhöhe)

Gumbel

Weibull

GEV

DIN EN 1991-1-4:2012 [5]

Düsseldorf (10,2 m bis 10 m)

24,86

22,11

22,54

22,5

Diepholz (10 m bis 12 m)

22,31

20,27

21,03

25,0

Emden (9,7 m)

25,53

22,00

21,66

30,0

Hersfeld (12,6 m bis 12 m)

18,29

17,38

19,63

22,5

gut den Messdaten entspricht; im besonders relevanten extrapolierten Bereich jedoch größere Fehler entstehen. Unabhängig von der Verteilung zeigt der Vergleich der gemessenen Basiswindgeschwindigkeiten mit der Normvorgabe ein Einsparpotenzial (Ausnahme: Düsseldorf, Gumbel-Verteilung). Dieses Potenzial erscheint gerade im nördlichen Teil Deutschlands besonders hoch. Bei der POT-Methode ist die Definition eines Schwellenwertes notwendig, was wiederum einen Einfluss auf die Stichprobe hat. Sowohl die statistischen Schätzparameter als auch die daraus ermittelten Referenzwindgeschwindigkeiten hängen vom gewählten Schwellenwert ab. Der Deutsche Wetterdienst definiert Sturm­ ereignisse infolge eines Tiefdruckgebiets ab einer mittleren, 10-minütigen Windgeschwindigkeit von ca.​​ v​  lim​​   17  m ∕​  s​(8 Bft.). Kasperski [52] variiert den Schwellenwert individuell – für die Station Düsseldorf  wurde beispielsweise ein Schwellenwert von​​ v​  lim​​   15 m ∕​ s​verwendet. Bild 33 zeigt eine Auswertung von unterschiedlichen statistischen Merkmalen und ihre Abhängigkeit von der Wahl des Schwellenwertes​​ v​  lim​​ .​Es zeigt sich, dass die statistische Stabilität der berechneten Werte oberhalb der gewählten Schwellenwertgeschwindigkeit recht instabil wird. Das POT-Verfahren wird daher nicht zur allgemeinen Anwendung empfohlen, insbesondere wenn keine intensivere Auseinandersetzung mit der statischen Stabilität möglich ist. Bei sorgsamer Anwendung und wenn eine manuelle Sichtung der Stationsdaten vorgenommen wird, erscheint dieses Verfahren zu vergleichbaren Ergebnissen zu führen.

4.1.1.3 Einfluss der Umgebungsrauigkeit In aktuellen Untersuchungen [56] wurde bewertet, inwiefern der Einfluss der Umgebungsrauigkeit bei der Interpretation der Messdaten von Wetterstationen zu berücksichtigen ist. Grundsätzlich ist der in [5] festge-



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

675

Bild 33. Einfluss des gewählten Schwellenwerts auf die Schätzparameter für die Station Düsseldorf am Beispiel der generalisierten Extremwertverteilung

legte Wert der Basiswindgeschwindigkeit einheitlich auf die Geländekategorie II bezogen. Dies legt nahe, dass für die Auswertung und Interpretation der Messdaten eine Umrechnung auf diese Rauigkeitsrandbedingung erforderlich ist, wenn der Erhebungsort (richtungsweise) nicht der Geländekategorie II entspricht. Es ist jedoch bekannt, dass eine solche explizite und richtungsbezogene Umrechnung bei der Erstellung der Windzonenkarte für Deutschland [52] nicht stattgefunden hat. Sofern die Rauigkeiten im Umfeld einer Wetterstation oder eines Bauwerksstandorts beurteilt werden sollen, muss dies einerseits sektorweise geschehen, damit auch richtungsbezogene Effekte berücksichtigt werden kön-

nen. Anderseits muss die Bewertung auch die Abstände zum Referenzort berücksichtigen, da eine einfache Mittelung der Rauigkeiten ggf. nicht realistisch ist. In Bild  34 ist dargestellt, wie eine entsprechende Zonierung der Anströmbereiche vorgenommen werden kann. Die Rauigkeitsanalyse selbst kann durch Satellitendaten vorgenommen werden (CORINE-Daten der Flächennutzung). Dabei ist es allerdings nicht ganz unproblematisch, die Nutzungskategorien den bestimmten Rauigkeitsklassen zuzuordnen (z. B. Wiesen und Wald, Laubwälder, Industriefläche etc.). Ohne bereits eine abschließende Bewertung vornehmen zu können: Es zeigt sich, dass eine systematische und richtungsbezogene Rauigkeitsanalyse von meteorologi-

Bild 34. Prinzipdarstellung der sektorweisen Analyse von Rauigkeiten basierend auf Satelliten- bzw. Geodaten

676

11   Türme und Maste

schen Daten einen großen Gewinn für eine genauere Bewertung der Lastbeurteilung darstellt. Es wird ebenfalls deutlich, dass eine Umrechnung auf die in der Windlastnorm [5] definierte Standard-Geländekategorie bei einer solchen Umrechnung zu erheblich abweichenden Werten der Basis-Windgeschwindigkeit führen würde. Aus Sicht der Verfasser ist der in der aktuellen Norm verfolgte Ansatz aus pragmatischen Gründen nachvollziehbar, da eine detaillierte richtungsbezogene Rauigkeitsanalyse auch nicht stattfindet, wenn auf das Bauwerk übertragen wird. Sofern dies aber gewünscht ist – was aus wirtschaftlichen Gründen deutlich sinnvoll ist – muss die Rauigkeitsbewertung sowohl bei der Wetterdateninterpretation als auch bei der Übertragung auf den Bauwerksstandort erfolgen. Diese Vorgehensweise ist Teil eines aktuellen Forschungsvorhabens, indem eine Systematisierung untersucht wird, die über örtliche Standortgutachten hinaus geht.

4.1.2 Modellierung der Vereisung 4.1.2.1 Vereisungsszenarien Das Auftreten von starken Eisablagerungen und gegebenenfalls zeitgleich auftretende hohe Windbelastungen können beim Überschreiten von kritischen Schwellenwerten zu extremen Beschädigungen an jeglichen Strukturen führen. Unterschiedliche meteorologische Rahmenbedingungen führen zu verschiedenen Arten von Eisablagerungen mit teilweise sehr starker Relevanz in der Bemessung von betroffenen Tragwerken. Exemplarisch für hohe Eislasten in Deutschland ist das Münsterländer Schneechaos von 2005 [57–59]. Infolge starken Nassschnee- und reinen Eisablagerungen in Kombination mit hohen Windgeschwindigkeiten brachen 50 Strommaste unter der Last zusammen und 250.000 Menschen mussten bis zu 4 Tage ohne Strom auskommen. Es wurden Lasten von 32,6  N∕​m bis zu 73,6 N∕​m auf Freileitungen geschätzt [57]. Bild  35 zeigt die stärkste jemals gemessene Eislast an einer solchen Freileitung. Im April 1961 bildete sich in Norwegen eine gleichmäßige Eisummantelung mit ei-

Bild 35. Vereisung einer Freileitung in Norwegen [59]

nem maximalen Durchmesser von 1,4 m, einem minimalen Durchmesser von 0,95  m und einer Masse von 305 kg∕​m [59, 60]. DIN EN 1991-1-3∕​NA:2019 [54] regelt die anzusetzenden Vereisungsklassen in Deutschland, mit denen die Vereisungsdicke und die daraus resultierenden Lasten und aerodynamischen Querschnittsänderungen modelliert werden können. Unter „Atmosphärischer Vereisung“ werden jene Prozesse verstanden, bei denen driftende oder fallende Wassertropfen, Regen, Nieselregen oder nasser Schnee in der Atmosphäre gefrieren oder an einem der Witterung ausgesetzten Objekt haften bleiben [61]. Dieses Phänomen kann unterschiedliche Entstehungsgründe haben, aber auch unterschiedliche Resultate von Eisbildungen hervorrufen. Wie in Bild  36 dargestellt, wird zwischen zwei Entstehungsarten (Wolkenvereisung und Niederschlagsvereisung) und drei Eisarten (Raueis, Klareis und nassem Schnee) unterschieden. Um den Einfluss von Vereisung auf jegliche Strukturen einschätzen zu können, ist eine Unterscheidung der Eis­ arten essenziell. Unterschieden wird grundsätzlich zwischen Klareis (glaze) und Raueis (rime). Nasser Schnee (wet snow) wird als Sonderform der Niederschlagsvereisung betrachtet. Klareis wird dabei als eine gleichmäßig verteilte und transparente Eisansammlung definiert [61] (s. Bild  37). Diese entsteht überwiegend bei gefrierendem Regen oder Nieselregen (precipitation icing) und ist nur sehr selten, bei Eisbildung innerhalb einer Wolke (in-cloud icing), zu beobachten. Als wesentliche Einflussfaktoren werden Windstärke, Lufttemperatur und die Stärke des Niederschlags genannt. Durch die sehr kg-kompakte Entstehung von Klareis wird mit einer Dichte von ​    900 kg ∕​ ​m​​  3​​ gerechnet [61]. Wenn allerdings so viel Wasser vorhanden ist, dass sich nicht sofort Klareis bilden kann, sondern das Wasser vorerst anfängt zu fließen, ist eine Bildung von Eiszapfen möglich (s. Bild 38). Die Gründe für eine derartige Eisbildung sind in Abschnitt 4.1.2.2 genauer beschrieben. Eiszapfen als solches bestehen aus Klareis und werden nachfolgend, innerhalb dieser Einordnung, weiter betrachtet. Sie können bei gefrierendem Regen einen Anteil von 46 % der gebildeten Eismasse einnehmen [59]. Durch ihre besondere Form mit einer folglich großen Oberfläche können sie, vergleichbar mit Raueisfahnen, eine enorme Wind- und Eisbelastung hervorrufen [62]. Im Gegensatz dazu wird Raueis als eine exzentrisch, gegen den Wind anwachsende, weiße Eisfahne beschrieben [61], siehe Bild  39 (roter Pfeil). Eine gleichmäßig verteilte Raueisansammlung ist möglich, aber sehr selten zu beobachten. Wenn es sich um ein lineares Objekt handelt, welches sich um seine eigene Achse drehen kann, beispielsweise eine Schnur, ist es möglich, dass sich die Eisakkretion gleichmäßig über die Mantelfläche des Objekts verteilt. Das angesammelte Eis auf der Luvseite der „Schnur“ zwingt sie zur Drehung, wenn das Gewicht des Eises ausreichend ist. In Bild 39 (blauer Pfeil) ist dies beispielhaft an einem Messstab mit Eigen-



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

677

Bild 36. Unterschiedliche Eisarten und klimatische Zuordnung

Bild 38. Bildung von Eiszapfen [59]

Bild 37. Klareisablagerung an einem Messstab

rotation dargestellt. Die stärksten Raueisansammlungen werden an exponierten Bergen, an Küsten oder im Inland erwartet, wo feuchte Luft angehoben und die Windgeschwindigkeit über den Pass erhöht wird. Wesentliche Einflussfaktoren sind auch hier die Windstärke und die Lufttemperatur, aber auch der Flüssigkeitsgehalt der Luft bzw. der Wolke und die zugehörige Verteilung der Tröpfchengröße. Die Dichte des ent­ standenen Raueises variiert, aufgrund von Lufteinschlüssen, sehr stark und wird zwischen ​     200​ bis​ 900 kg ∕​ ​m​​  3​​ angenommen.

Bild 39. Raueisansammlung bei einer Eismassenmessung in Zinnwald (elektronische Messsensoren, links mit Eigenrotation, rechts ohne Eigenrotation) [58]

4.1.2.2 Klimatische Randbedingungen für Vereisung Es besteht eine Abhängigkeit zwischen den verschiedenen Eisformen, der Windgeschwindigkeit und der Temperatur bei Wolkenvereisung. Dies wird in Bild 40 dargestellt. Mit steigender Windgeschwindigkeit nehmen die Lufteinschlüsse sehr schnell zu und die Dichte des Eises sinkt rasant [61]. Mit steigendem Liquid Water Content (LWC) und sinkenden Objektabmessungen verschieben sich die Kur-

ven aus Bild 40 nach links [61]. Daraus folgt, dass mit höherem Flüssigkeitsanteil und geringeren Objektabmessungen eine niedrigere Temperatur notwendig ist, um Eisbildung zu beobachten. Der LWC beschreibt den Anteil von Wasser in einem Luftpaket mit flüssigem Aggregatzustand. Dies ist klar zu unterscheiden von der Luftfeuchte. Dieser beschreibt den Wasseranteil mit einem gasförmigen Aggregatzustand.

678

11   Türme und Maste

Bild 40. Meteorologische Bedingungen unterschiedlicher Eisarten bei In-Cloud Icing [61]

4.1.2.3 Bewertung auf Basis der Schneelastnorm In DIN EN 1991-1-3∕​NA [54] werden Anhaltswerte zur Ermittlung der Vereisungslasten für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland für Lagen bis zu 600  m ü. NN angegeben. Aufgrund der bereits zuvor beschriebenen unterschiedlichen Vereisungsarten unterscheidet die Norm ebenfalls die Eislastarten: Klareis (G, glaze) und Raueis (R, rime). Die beiden Vereisungsklassen G und R sind je nach Lage des Bauwerks mit unterschiedlichen Abstufungen für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland versehen (G 1 und G 2 sowie R 1 bis R 3), die anhand einer Karte und abhängig von der Bauwerkshöhe definiert werden. Für Standorte, die oberhalb von H ​     600 m ü. NN​ liegen oder bei der die Lage des Bauwerks als besonders exponiert gilt, sind Fachgutachten bzw. behördliche Abstimmungen im Einzelfall erforderlich. In diesen Fällen sind auch deutliche höhere Einstufungen möglich.

Bild 41. Beispiele für Raueisfahnen bei unterschiedlichen Querschnittsformen [61]

Abhängig von den Vereisungsklassen gibt DIN EN 1991-1-3∕​NA [54] die anzusetzende Vereisungsdicke (im Falle von Klareis) bzw. das Eisgewicht in kN∕​m (im Falle von Raueis) für unterschiedliche Querschnittsformen an. Im Bild 41 ist exemplarisch dargestellt, wie sich Raueisfahnen an unterschiedlichen Querschnitten ausbilden.

4.1.2.4 Bewertung auf Basis meteorologischer Daten Für die Erstellung von Vereisungsgutachten werden stündliche und tägliche Wettermerkmale (Niederschlag, Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windgeschwindigkeit) von einer nahegelegenen Wetterstation abgerufen. Auf Basis der Wetterdaten werden die Eislastwerte für die zwei maßgebenden Eisarten Klareis (infolge Niederschlagsvereisung) und Raueis (infolge Wolkenvereisung und nassem Schnee) an einem Stab mit einem Durchmesser von ​Ø   3  cm  ​und einer Länge von ​L    1  m​ gemäß ISO 12494 [61] ermittelt. Es ist das Eislastmodell, welches das Entstehen, den Zuwachs und das Abschmelzen anhand meteorologischer Größen über den zeitlichen Verlauf bewertet. Die jährlichen extremen Eislasten können mit dem genannten transienten Anlagerungs-∕​Abschmelzmodell anhand der verfügbaren Klimadaten bestimmt werden. Die Auswertung erfolgt anschließend mittels der Ex­ tremwertmethode Typ I (Gumbel) unter Berücksichtigung des gesamten Datenzeitraums. Liegt nur eine geringe Beobachtungsdauer zugrunde, werden zur Erreichung einer statistisch abgesicherten Aussage, die sich ergebenden Eismassen in der Berechnung mit einem Datenumfangs-Faktor multipliziert. In Bild 42 ist exemplarisch dargestellt, wie eine gutachterliche Raueisanalyse statistisch ausgewertet wird. Im Rahmen aktueller Forschungsarbeiten wird untersucht, welche weiteren Verallgemeinerungen für die Eislastmodellierungen in Deutschland sich aus den verfügbaren meteorologischen Daten ableiten lassen. In Bild  43 ist eine für Deutschland flächendeckende Analyse von meteorologischen Daten dargestellt und hinsichtlich der Vereisungskriterien ausgewertet worden. Die unterschiedlichen Markierungen geben die durchschnittliche Zahl der Vereisungstage im Bundesgebiet an.



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

679

Bild 42. Exemplarische Auswertung des Raueislast­ ansatzes auf Basis der Eislastmodellierung für einen Standort mit 608 m ü. NN in Süddeutschland (CWE, RWTH Aachen)

4.2

Aerodynamische Beiwerte

Da der Baukörper für die Windströmung ein Hindernis darstellt, verändert sich die örtliche Strömungscharakteristik im Umfeld des Baukörpers. Zudem kommt es zu laminaren und turbulenten Strömungsablösungen (Körperturbulenzen), in deren Folge stochastische Druckfelder auf der Oberfläche entstehen. Diese wiederum induzieren die integralen zeitabhängigen Einwirkungen in das Tragwerk. Sofern die integrale Lastwirkung von größeren Bauteilen beschrieben werden sollen, fallen einzelne Druckschwankungen nicht mehr so stark ins Gewicht, da sie sich in Summe weitgehend aufheben bzw. aufsummieren. Es wird dann mit gemittelten aerodynamischen Größen gearbeitet, die die Summen der Lasteffekte in den jeweils relevanten Betrachtungsrichtungen bzw. -komponenten wiedergeben.

4.2.1 Kraftbeiwerte für Gittermaste 4.2.1.1 Stand der Normung Grundsätzlich ist es möglich, die Windkräfte auf jedes Profil einzeln zu bestimmen, z. B. mit den Kraftbeiwerten für Einzelbauteile nach [5]. Dies ist nicht nur aufwendig, sondern überschätzt die Windlastannahmen, da es keine Möglichkeit gibt, Verschattungen rechnerisch anzusetzen. In den Windlastnormen, die jeweils in den vergangenen Jahrzehnten gültig waren, fanden sich deshalb für spezielle für räumliche Gittermaste entsprechende Beiwerte. Dies gilt auch für die derzeit gültigen Normen. Dort wird unterschieden zwischen Gitterstrukturen mit scharfkantigen Querschnitten und solchen mit kreisrunden Profilen. Ebenfalls werden bei den räumlichen Fachwerken Beiwerte für drei- und vierstielige Konstruktionen angeben. Es gibt einen prinzipiellen Unterschied bei der Bestimmung der Kraftbeiwerte für Gitterkonstruktionen nach Eurocode 1, Teil 1-4 [5] und Eurocode 3, Teil 3-1 [1]. Das Verfahren des Eurocode 1 orientiert sich konzeptionell an der früheren Windlastnorm DIN 1055-4 [63].

Bild 43. Durchschnittliche Anzahl der Vereisungstage in Deutschland an unterschiedlichen DWD-Stationsorten

So werden zwei Anströmrichtungen für vierstielige Fachwerke angegeben: zum einen die Anströmung senkrecht auf den quadratischen Grundriss und zum anderen die Anströmung auf die Diagonale zweier ge-

680

11   Türme und Maste

genüberliegender Eckstiele. Der Anwender verwendet diese in der Regel bei Situationen, die für den jeweiligen Nachweis ungünstigste Einwirkung berücksichtigen. In der aktuellen Fassung der Norm Eurocode 3, Teil 3-1 [1] wird im informativen Teil ein offenbar ganz anderes Verfahren verwendet. Die Ermittlung des Gesamtkraftbeiwerts ​​c​  f,s,0​​​der Struktur ist deutlich diversifizierter. So lässt sich berücksichtigen, dass räumliche Fachwerke nicht ausschließlich nur aus scharfkantigen oder kreisrunden Profilen bestehen, sondern gemischte Varianten möglich sind. Dazu wird der Gesamtbeiwert entsprechend aufgespalten und nach den Flächenanteilen aus den Einzelbeiwerten für die Profilform gewichtet. Die Kraftbeiwerte für scharfkantige und kreisrunde Bauwerksanteile werden entsprechend der Grundrissform und dem Völligkeitsgrad angesetzt. Zusätzlich wird ein Windrichtungsbeiwert ​​K​  ​​​ definiert, der eine richtungsscharfe Betrachtung erlaubt. Bei quadratischen Grundrissgeometrien ist dieser Beiwert nicht nur vom Winkel abhängig, sondern wiederum auch von der Profilform und dem Völligkeitsgrad. Dies ist der Tatsache geschuldet, dass unterschiedliche Profilformen bei Umströmung unterschiedliche Quertriebseffekte zeigen. Es macht das allgemeingültig ausgelegte Verfahren jedoch recht unhandlich. Das Konzept bedient sich nach Einschätzung der Verfasser der aerodynamischen Beiwerte des Eurocode 1 für scharfkantige und kreisrunde Gittermaste. Der Vergleich der resultierenden Gesamtkraftbeiwerte stützt diesen Eindruck (vgl. Bild 44). Während im Eurocode 1 eine logarithmische Interpolation verwendet wurde, hat man die im Eurocode 3 linearisiert. Die Herkunft der Beiwerte-Niveaus ist jedoch recht offensichtlich. Im Falle des quadratischen Querschnitts bei Schräganströmung wurde die Unsicherheit, die aus möglichen zusätzlichen Wirbeleffekten entstehen, herausgenommen. Stattdessen verweist der Eurocode 3 für hohe Völlig-

keitsgrade auf die zusätzliche Untersuchung solcher Phänomene. Der Gewinn des informativen Verfahrens aus Eurocode 3 ist, dass es die Kombination von scharfkantigen und runden Querschnitten in einem Bauwerk ermöglicht. Sofern jedoch nur eine Querschnittsform eingesetzt wird, ist das Verfahren gegenüber dem Eurocode 1 aufgrund der deutlich komplexeren und dadurch auch fehleranfälligen Formulierung kaum vorteilhaft. Hier empfehlen die Verfasser die Regelung des Eurocode 1 [5]. Beide Normen befinden sich derzeit in der Überarbeitung (final draft). Gemäß dem aktuellen Diskussions­ stand wird das Beiwertekonzept für Gitterstrukturen nach Eurocode 1, Teil 1-4 [5] verworfen und durch das Verfahren nach Eurocode 3, Teil 3-1 [1] ersetzt. Ausführungen zu den Windlastansätzen für unterschiedliche Konstruktionsformen werden somit künftig stärker in Eurocode 1 konzentriert. Eine wichtige Größe zur Interpretation der Beiwerte ist der Völligkeitsgrad ​ ​. Dieser wurde zur Normierung der aerodynamischen Beiwerte bei Gitterstrukturen verwendet. Er gibt das Verhältnis der Nettofläche, die sich bei horizontaler Projektion ergibt, zur Gesamtfläche, die von der Außenkontur der Struktur umschrieben ist, an. Die DIN EN 50341-2-4 [8] gibt ebenfalls für alle Wind­ richtungen Kraftbeiwerte in Abhängigkeit der angeströmten Fläche an. Der Ansatz ist beschränkt auf quadratische Gittermastkonstruktionen. Ergänzend werden Windlastansätze auf die (Strom)Leiter, Isolatorketten und Querträger angegeben. Im Bild 44 ist vergleichend dargestellt, welche Beiwerte die drei zitierten Normen für räumliche Fachwerke mit (ausschließlich) scharfkantigen Querschnitten empfehlen.

Bild 44. Vergleich der Kraftbeiwerte ​​c​  f​​​für unterschiedliche räumliche Fachwerke und Völligkeitsgrade ​ ​nach unterschiedlichen Normen



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

Folgende Unterschiede sind festzustellen: – Bei Völligkeiten zwischen 0 ​ ​ 0,50: Die Grundkraftbeiwerte für quadratische Türme sind nach DIN EN 1991-1-4 [5] am geringsten und die der DIN EN 50341-2-4 [8] am höchsten. Der Unterschied variiert je nach Völligkeit und beträgt maximal ca. 8 %. – Für Völligkeiten ​ ​ 0,50: Bei Schräganströmung quadratischer Türme weicht DIN EN 1991-1-4 deutlich von den anderen Normempfehlungen ab. Bei einer Völligkeit von 100 %, was letztlich einem geschlossenen, scharfkantigen Körper entspricht, liegt der Kraftbeiwert bei ca.​​ c​  f​​   3​. Völligkeitsbereiche oberhalb von 50 % sind allgemeinhin für räumliche Gittertürme nicht praxisrelevant. Auch in der ESDU-Richtlinie 81027 [64] finden sich Kraftbeiwerte für räumliche Fachwerke. Aber letztlich gehen auch diese, genauso wie die zuvor detaillierter beschriebenen Ansätze auf die Untersuchungen von Flachsbart zurück, die in den Jahren 1934 und 1935 veröffentlich wurden [65, 66]. Es ist deshalb erstaunlich, warum die Beiwerte für derart häufig verwendete Strukturen weder systematisch überprüft noch nach aktuellem Stand der Technik untersucht wurden. Aus diesem Grund, und auch, weil die richtungsgetreue Bewertung von räumlichen Fachwerken mit niedrigen Völligkeitsgraden aus Sicht der Verfasser nicht genau genug erforscht ist, wurden neue Windkanaluntersuchungen durchgeführt. Hierauf wird im nächsten Abschnitt eingegangen.

4.2.1.2 Windkanaluntersuchungen an unterschiedlichen Gittermasten Gerade die geringen Völligkeitsgrade sind für die Auslegung von besonders hohen und entsprechend windanfälligen Stahltürmen wesentlich. Hier ist aber nach DIN EN 1991-1-4 [5] mit einer Unsicherheit der Beiwerte zu rechnen, was natürlich weder aus Sicherheitsnoch aus wirtschaftlichen Gründen akzeptabel ist. Die „fehlende Absicherung“ in DIN EN 1991-1-4 für Kraftbeiwerte bei sehr geringen oder sehr hohen Völligkeiten, wie entsprechend auch in Bild 44 dargestellt ist, kann auf mangelnde Daten und die Gefahr der Wirbelresonanz bei sehr hohen Völligkeiten zurückgeführt werden. Zudem gab es bislang mit Blick auf eine richtungsscharfe Betrachtung von Gittermasten keine genauen Ergebnisse. Zwar ist in der aktuellen Fassung von DIN EN 1993-3-1 [1] (s. oben) und auch in der ESDU-Richtlinie [64] ein entsprechendes Verfahren angegeben, jedoch basieren diese vielmehr auf einer vektoriellen Überlagerung der von Flachsbart [63, 64] ermittelten Einzelrichtungen, statt auf einer tatsächlich richtungsscharfen Vermessung. Es ist aber bekannt, dass die richtungsbezogene Bewertung von Tragwerken eine deutlich realistischere Bemessung ermöglicht (insbesondere bei Freileitungsmas-

681

ten aufgrund der dominanten Steifigkeitsunterschiede), da die natürliche Windanströmung sowohl hinsichtlich der Auftretensstärken als auch der -richtungen standortbezogen variiert. Mit Blick auf die Ermüdungsbewertung von Tragwerken kommt dieser Eigenschaft eine ganz wesentliche Bedeutung zu, da durch deren Berücksichtigung ein Einsparpotenzial von 50 % durchaus erreichbar ist [67]. Gerade für die Auslegung von Türmen für Windkraftanlagen wäre die Nutzung eines solchen Potenzials von erheblicher Bedeutung! Damit eine genaue richtungsscharfe Betrachtung legitim ist, kann auf eine exakte Bewertung der Windkraftbeiwerte aber nicht verzichtet werden. Es wurden deshalb im Rahmen eines Forschungsvorhabens an der RWTH Aachen entsprechende Windkanalmessungen an vierstieligen räumlichen Fachwerksstrukturen durchgeführt, um den zuvor beschriebenen Zielsetzungen gerecht zu werden. Kraftbeiwerte für vierstielige Gittermaste wurden bereits in [68] auf Basis eigener Windkanaluntersuchungen angegeben. Im Folgenden wurden die Beiwerte nun ergänzt und Ergebnisse zu sechsstielen Gittermasten bzw. -türmen hinzugefügt. Die Ergebnisse stammen aus einem Forschungsvorhaben, das ebenfalls an der RWTH Aachen an Sektionsmodellen sowohl mit runden als auch mit scharfkantigen Profilen durchgeführt wurden. Die Untersuchung aller Anströmrichtungen im Windkanal ermöglichte es, richtungsbezogene Kraftbeiwerte​​ c​  f,0​​​zu bestimmen, die dem Verständnis der DIN EN 1991-1-4 [5] entsprechen und im Rahmen der Öffnungsklausel direkt anwendbar sind. Im Zuge der Untersuchungen wurden ein K-Fachwerk und drei unterschiedliche Varianten von X-Fachwerken mit unterschiedlichen Völligkeitsgraden untersucht. Da keine alternativen Ergebnisse zu sechsstieligen Gittermasten bekannt sind, wurden die gewonnenen Ergebnisse mit den vierstieligen räumlichen Fachwerken (scharfkantige Profile) nach den bereits zitierten Normen verglichen (s. Bild 45). Der Vergleich der Beiwerte von vier- und sechsstieligen Fachwerkssektionen zeigt Folgendes: – Die Kraftbeiwerte bei Front- und Eckanströmung liegen für sechsstielige Sektionen deutlich unterhalb der Kraftbeiwerte für vierstielige Sektionen. – Die Kraftbeiwerte bei Frontanströmung liegen oberhalb der Kraftbeiwerte für dreistielige Maste bei Frontanströmung. – Die Kraftbeiwerte bei Eckanströmung sind vergleichbar mit den Kraftbeiwerten für dreistielige Maste bei Eckanströmung. Die Differenzen könnten durch die verwendete Referenzfläche sowie den Anteil an frontal angeströmter Fläche begründet werden. Verglichen mit einem quadratischen Grundriss ist der Anteil der orthogonal angeströmten Flächen geringer. Bei sechsstieligen Fachwerken ist die Hälfte der angeströmten Fläche gegenüber der Vertikalen zur Windrichtung geneigt, sodass die komponentenbezogene Windlast geringer ist. Vergli-

682

11   Türme und Maste

Bild 45. Vergleich der gemessenen Kraftbeiwerte an scharfkantigen Querschnitten mit den normativen Angaben der EN 1991-1-4

chen mit dreistieligen Grundrissen verhält es sich umgekehrt. Hier ist der senkrecht zur Windrichtung orientierte Flächenanteil höher und die nach außen geneigten Flächen werden nicht durch die vorstehende Fachwerkwand abgeschattet. Die Ergebnisse der durchgeführten Windkanalversuche beziehen sich auf konkrete Fachwerkgeometrien mit der entsprechenden Topologie und den verwendeten Profilen. Für die baupraktische Umsetzung sind daher im Rahmen des Forschungsvorhabens allgemeine Lastansätze in Abhängigkeit der Völligkeit bzw. der angeströmten Fläche mit Angaben der maximalen Belastungen und ungünstigsten Anströmwinkeln entwickelt worden. Der richtungsabhängige Grundkraftbeiwert für sechsstielige, räumliche Fachwerke wird mit einem Windrichtungsbeiwert ​​K​   ​​​ formuliert: ​​c​  f,0​​​( )​   ​c​  f,0,0 ​​  · ​K​  ​​​

(3)

Die Minima und Maxima sind aufgrund der Geometrie 60°-periodisch; verglichen zur Frontalanströmung sind die Maxima um 15° und die Minima um 30° versetzt. Daraus kann ein Windrichtungsbeiwert wie folgt abgeleitet werden: ​c​  f,0,min​​ ​​K​  ​​​( )​   1   ​sin​​  2​​(3 ·  )​​ 1   ​ _ ​ ​  ( ​c​  f,0,0 ​​ ) ​c​  f,0,max​​ 1 ​c​  f,0,min​​ 1  ​sin​​  2​​(6 ·  )​​ ​ _ ​   ​ _ ​ ​  _ ​   ​ _ ​  ​​ ( ​c​  f,0,0 ​​ 2 ​c​  f,0,0 ​​ 2 )

(4)

Durch Windkanalversuche wurden die Grundkraftwerte ​​c​  f,0,0 ​​​, ​​c​  f,0,max​​​ und ​​c​  f,0,min​​​ bestimmt, wobei defintionsgemäß ​​c​  f,0,min​​   ​c​​  f,0,0 ​​​ und ​​c​  f,0,max​​   ​c​​  f,0,0 ​​​ gilt. Für einen auf der sicheren Seite liegenden Lastansatz werden folgende Verhältnisse empfohlen: ​c​  f,0,min​​ ​​ _ ​    0,98​ ​c​  f,0,0 ​​

​c​  f,0,max​​ ​​ _ ​   1,05​ ​c​  f,0,0 ​​ In Bild 46 ist zu sehen, dass der für scharfkantige Winkelprofile entwickelte Lastansatz im Bereich der untersuchten Völligkeiten auf der sicheren Seite liegend ist.

4.2.2 Kraftbeiwerte für Rohrtürme Die aerodynamischen Beiwerte für Rohrtürme sind bestimmt von der Umströmung des Kreiszylinders. Während bei scharfkantigen Profilen die Ablösepunkte am Querschnitt durch die Kanten klar definiert sind, erfolgt die Ablösung am Kreiszylinder infolge Reibung und Druckanstieg. Durch die Querschnittsverbreiterung entsteht ein Druckanstieg, durch den die Strömung in Oberflächennähe, die aufgrund der Reibung schon verlangsamt ist, zusätzlich abgebremst wird. Die Strömung am Körper kann dadurch zum Stillstand kommen und in Gegenrichtung zurückströmen, während die Außenströmung weiter vorwärts fließt. Diese rückläufige Bewegung zwingt die Strömung zur Ablösung. Der Ort des Ablösepunktes hängt von der Reynoldszahl ​Re​ab, welche das Verhältnis von Trägheitszu Viskositätskräften des Fluids beschreibt. Baupraktisch bedeutet dies, dass die Anströmgeschwindigkeit und der Durchmesser der zylindrischen Profile einen Einfluss auf den Ablösepunkt und damit auf die Kraftbeiwerte haben. Aus diesem Grund muss die Definition der Beiwerte die unterschiedlichen Umströmungssituationen berücksichtigen. Bei der Berechnung von Beanspruchungskollektiven für dynamische Nachweisformate müssen deshalb auch unterschiedliche Beiwerte in der Berechnung erfasst werden, je nach Niveau der mittleren Windgeschwindigkeit in der jeweiligen Laststufe. Ganz ähnlich wird auch bei der Berechnung der Lastanteile von Rotorblättern von Windkraftanlagen verfahren, da auch die gekrümmten



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

683

Bild 46. Vergleich des Lastansatzes mit den durchgeführten Windkanalmessungen

4.2.3 Kraftbeiwerte für Anbauten an Maste

Bild 47. Modellaufbau zur Vermessung von Kraftbeiwerten von zylindrischen Körpern mit unterschiedlichen Rauigkeiten (CWE, RWTH Aachen)

Rotorblattquerschnitte ein signifikant von der Rey­ nolds­zahl anhängiges Verhalten zeigen. In Bild 47 ist ein Versuchsstand zur Messung der Kraftbeiwerte für zylindrische Baukörper im Grenzschichtwindkanal dargestellt. Obwohl es bereits zahlreiche Studien an zylindrischen Baukörpern in der wissenschaftlichen Literatur gibt, ist es für skalierte Modellversuche (z. B. zur experimentellen Untersuchung von WEA) notwendig, Vergleichsmessungen durchzuführen. Bedingt durch die Reynoldszahlabhängkeit dient die Applikation von Ersatzrauigkeiten dazu, eine aerodynamische Ähnlichkeit herzustellen und dabei den Strömungsablösepunkt (im Sinne einer Maßstabsanpassung) bewusst zu verschieben.

Neben den Belastungen aus der Tragwerksstruktur selbst, müssen auch die Windbelastungen aus den Anbauteilen sicher bewertet werden. Die Problematik liegt einerseits darin, dass die Kraftbeiwerte der Anbauten in der Regel nicht normativ erfasst sind und andererseits Abschattungseffekte bzw. Interferenzeffekte durch das Bauwerk oder durch weitere Anbauten in der Planungsphase kaum realistisch bewertet werden können. Bei strikter Anwendung der allgemeinen Windlastnorm DIN EN 1991-1-4 [5] bleibt dem Tragwerksplaner nichts anderes übrig, als die Einzellasten, die sich durch die Komponenten ergeben, ungünstig zu überlagern. Planerisch wird der Abschattungseffekt damit nicht berücksichtigt, was unter Umständen zu einer deutlichen Windlastüberschätzung und folglich zu einer unwirtschaftlichen Bauweise führt. In DIN 1993-3-1 [1] werden hingegen Abminderungsfaktoren für kompakte Außenanbauten (z. B. Parabol­ antennen) als auch für langgestreckte Außenanbauten (z. B. Kabelwege) aufgrund der Verschattungseffekte angeboten. Wenn die notwendigen geometrischen Randbedingungen eingehalten sind, dann können die Kraftbeiwerte der Einzelkomponenten pauschal um 20 % abgemindert werden – unabhängig davon, ob sich die Anbauten innerhalb oder außerhalb des Turmes befinden. Kraftbeiwerte für spezielle, z. B. mobilfunktypische Komponenten werden allerdings nicht angegeben. Da die Konstruktionsformen, z. B. von Mobilfunkantennen, sehr unterschiedlich sind und zudem einem steten Wandel durch neue Technologien unterworfen sind, macht eine normative Regelung der Beiwerte keinen

684

11   Türme und Maste

Sinn. Aus diesem Grund geben die Hersteller von Antennen üblicherweise Kraftbeiwerte in den bereitgestellten Datenblättern an. Bestenfalls sind diese aus (geeigneten) Windkanalversuchen entstanden. Die Art und Weise der Kraftbeiwertermittlung durch die Antennenhersteller ist jedoch nicht immer transparent. Untersuchungen haben gezeigt, dass nahezu identische Geometrien erhebliche Abweichungen in den Windlastangaben durch die Hersteller aufweisen. Aus diesem Grund wurde eine umfangreiche Windkanalstudie an der RWTH Aachen in Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis „Antennenlasten“ des Fachverbands Mobilfunkbau e. V. mit dem Ziel durchgeführt, für eine Vielzahl üblicher Antennenquerschnitte einheitliche, hersteller­ unabhängige Windlastansätze zu entwickeln. Die Untersuchungen sind in [69] veröffentlicht worden. Die marktrelevanten Mobilfunkantennen werden in der Regel als langestreckte Bauteile mit einheitlichem Querschnitt ausgebildet. Über Schellen werden die Antennen an ein Tragrohr montiert. Bei den Querschnitten handelt es sich in der Regel um an den Ecken ausgerundete Rechtecke, was im Vergleich zu scharfkantigen Querschnitten zu geringeren Windlasten führt. Die in Bild 48 dargestellte Skizze verdeutlicht beispielhaft einen typischen Antennenkörper und das zugehörige Trag­rohr. Insgesamt beeinflussen die folgenden geometrischen Kennwerte eines Querschnitts den aerodynamischen Widerstand: – Breite b, – Tiefe t, – Länge l, – Radius vorne und hinten, – Durchmesser Tragrohr, – Abstand Tragrohr zur Antenne. Aufgrund der unterschiedlichen technischen Anforderungen haben die Antennenhersteller verschiedene Serien entwickelt, sodass derzeit eine Vielzahl unterschiedlicher Antennengeometrien auf dem Markt exis-

Bild 48. Typische Antennengeometrie mit kennzeichnenden Abmessungen

tiert. Der entwickelte Lastansatz beschränkt sich auf die nach Tabelle 6 typischen Querschnittsarten, die einen wesentlichen Teil der marktüblichen Geometrien abdeckt. Auf Basis zahlreicher Windkanalversuche wurde ein für die baupraktische Umsetzung praktikabler Lastansatz in Anlehnung an DIN EN 1991-1-4 [5] entwickelt. Ausgehend von Kraftbeiwerten von endlichen, rechteckigen Querschnitten mit abgerundeten Ecken werden Kraftbeiwerte für Sendeantennen mit dahinterliegendem Halterohr auf die drei Hauptachsen wie folgt vorgeschlagen: Vorne: ​​c​  f,Vorne​​   ​k​​  red,v​​  · ​c​  f,0,Vorne​​  · ​ ​  r​​  · ​ ​  ​​​

(5)

Seite:

t ​​c​  f,Seite​​   ​k​​  red,v​​  · ​c​  f,0,Seite​​  · ​ ​  r​​  · ​ ​  ​​  · ​ _  ​    ​c​  f,Kreis​​​ b Hinten: ​​c​  f,Hinten​​   ​k​​  red,v​​  · ​c​  f,0,Hinten​​  · ​ ​  r​​  · ​ ​  ​​​

Tabelle 6.  Untersuchte typische Antennengeometrien und zugehörige Querschnittseigenschaften Gruppe 1

Gruppe 2

Gruppe 3

Gruppe 4

vorne: zweifache Ausrundung

vorne: einfache Ausrundung

vorne: einfache Ausrundung

vorne: einfache Ausrundung

hinten: zweifache Ausrundung

hinten: keine Ausrundung

hinten: einfache Ausrundung

hinten: einfache Ausrundung

vorne: gekrümmt

vorne: gerade bis leichte Krümmung

vorne: gerade

vorne: gerade bis leichte Krümmung

hinten: gerade bis leichte Krümmung

hinten: gerade

hinten: gerade

hinten: gerade bis leichte Krümmung

(6) (7)



mit ​​c​  f,Vorne​​​

​​c​  f,Seite​​​

​​c​  f,Hinten​​​

​​c​  f,Kreis​​​

​​ ​  r​​​ ​​ ​  ​​​ t​ ​ ​b​ ​​k​  red,v​​​

Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

Grundkraftbeiwert für einen scharfkantigen und unendlich schlanken Baukörper nach DIN EN 1991-1-4 infolge einer Anströmung von vorne Grundkraftbeiwert für einen scharfkantigen und unendlich schlanken Baukörper nach DIN EN 1991-1-4 infolge einer Anströmung von der Seite Grundkraftbeiwert für einen scharfkantigen und unendlich schlanken Baukörper nach DIN EN 1991-1-4 infolge einer Anströmung von hinten Kraftbeiwert eines Kreises nach DIN EN 1991-1-4 Hinweis: für Böengeschwindigkeiten bis 55 m∕​s darf pauschal 0,78 angesetzt werden Faktor zur Abminderung von quadratischen Querschnitten mit abgerundeten Ecken, siehe DIN EN 1991-1-4 Faktor zur Abminderung aufgrund von Schlankheitseffekten, nach DIN EN 1991-1-4 Tiefe der Antenne (vgl. Bild 48) Breite der Antenne (vgl. Bild 48) Reduktionsfaktor für den vereinfachten Lastansatz

Der Reduktionsfaktor für Antennen darf in Abhängigkeit der Antennengruppe wie folgt angenommen werden: ​​k​  red​​   1,0​ für alle Antennengruppe, wenn bAntenne ∕​ ØTragrohr 2 ​​k​  red​​   0,75​ für Antennengruppe 1 (vgl. Tabelle 6) ​​k​  red​​   0,85​ für Antennengruppe 2–4 (vgl. Tabelle 6)

4.3

Böenerregte Schwingungen

Generell sind mit dem Begriff der Böenreaktion die Zeitabhängigkeit der Belastung des Baukörpers und die damit einhergehende Zeitabhängigkeit der Lastwirkung verbunden. Diese zeitabhängige Belastung trifft auf ein Bauwerk mit ebenfalls zeitabhängigen (dynamischen) Eigenschaften. Das Zusammenspiel der beiden Mechanismen entscheidet über die Form und die Größenordnung der resultierenden Antworten. Mit Bezug auf die Böenantwort von Tragwerken sind also folgende Ursachen wesentlich: 1. Die Belastung ist frequenzabhängig, niedrige Lastfrequenzen gehen mit einer stark korrelierten Lastwirkung einher, während bei zunehmender Lastfrequenz kleinere Böenstrukturen auf die Oberfläche treffen, die den Baukörper nicht mehr gleichzeitig komplett belasten. Je größer die windbeaufschlagte Lasteinzugsfläche ist, desto stärker ist der ausgleichende Belastungseffekt. 2. Die Bauwerksantwort ist frequenzabhängig, die Systemantworten werden im Bereich der Eigenfrequenzen dynamisch überhöht. Besonders stark kommt

685

dieser Effekt bei niederfrequenten und gering gedämpften Strukturen zum Tragen. Für eine nähere Betrachtung der Windlasteffekte, die sich aus Böenreaktion ergeben, ist also eine detaillierte Kenntnis der dynamischen Eingangsgröße (Windfelder) und des belasteten Systems (Struktur) erforderlich. In der Windlastnormung wird mit dem Begriff der Schwingungsanfälligkeit ausschließlich die Größenordnung der winderregten Schwingbewegung in Windrichtung aufgrund der Turbulenz in der Anströmung bewertet. Eine Konstruktion gilt demnach als schwingungsanfällig, wenn die mit dynamischer Berechnung ermittelten Schwingungsamplituden infolge Böenresonanz mindestens 10 % größer sind als bei vereinfachter quasi-statischer Berechnung [6]. Vereinfachend gelten folgende Regeln, um die Schwingungsanfälligkeit auszuschließen: – niedrigste Eigenfrequenz für Gesamttragwerke liegt deutlich über 1 Hz, – niedrigste Eigenfrequenz von kleineren Einzelbauteilen und Fassaden liegt über 5 Hz. Bei gedrungenen Baukörpern (z. B. Industriehallen oder Wohngebäuden) sowie klassischen Fassaden­ konstruktionen (z. B. Pfosten-Riegel-Fassaden, Trapez­ blech­eindeckungen) ist dies in der Regel der Fall. Im Zweifelsfall müssen jedoch die Eigenfrequenzen ermittelt und eine genauere Bewertung durchgeführt werden. Ebenfalls ist das Dämpfungsverhalten einzuschätzen, dies gelingt anhand von Erfahrungswerten (aus der Literatur, z. B. [5, 70]) oder durch Schwingungsmessungen an vergleichbaren Konstruktionen.

4.4

Wirbelerregte Querschwingungen

4.4.1 Beschreibung des Phänomens Ein besonders bedeutendes Phänomen für Türme und Maste mit weitgehend geschlossener Struktur stellen die wirbelerregten Querschwingungen dar. Die Entstehungsursache für diesen dynamischen Anregungsmechanismus sind die alternierenden Kräfte, die sich infolge periodisch ablösender Wirbel quer zur Anströmrichtung einstellen. Der Prozess der harmonischen Wirbelablösung ist auf die Karman’sche Wirbelstraße zurückzuführen und ihre Stabilität hängt von einer Reihe von strömungsmechanischen Randbedingungen ab, auf die im Folgenden detaillierter eingegangen werden soll. Für querschwingungsanfällige Bauwerke müssen im Nachweis der Tragfähigkeit und im Ermüdungsnachweis die auftretenden Amplituden berücksichtigt werden. Querschwingungsanfällige Bauwerke sind: – schlank, d. h., sie weisen geringe Steifigkeiten bezogen auf die Länge auf; – schwach gedämpft; – haben einen Querschnitt, der ein Paar vertikaler Ablöselinien ermöglicht, die symmetrisch zur Anströmung liegen; wie z. B. Türme, Schornsteine, Träger, Brücken.

686

11   Türme und Maste

Der kritischste dynamische Schwingzustand eines Systems wird als Resonanzzustand bezeichnet. In diesem Fall ist die Frequenz der angreifenden äußeren Belastung gleich einer wesentlichen Eigenfrequenz des Systems. Im Resonanzfall wächst die Schwingamplitude kontinuierlich an, die Begrenzung der resultierenden Schwingungen wird in diesem Zustand allein durch die dämpfungsbedingte Energiedissipation des Systems bewerkstelligt. Aus diesem Grund ist das strukturbedingte Dämpfungsvermögen im Resonanzzustand entscheidend für die Größe der zu erwartenden Schwingamplituden.

4.4.2 Aktuelle Diskussion zu den Verfahren zur Berechnung der Querschwingamplitude Bereits im Stahlbau-Kalender 2017 [68] wurde eine Bewertung der gängigen Verfahren zur Berechnung der Querschwingamplituden durchgeführt und darauf hingewiesen, dass es aufgrund der schwierig zu fassenden Randbedingungen und eingeschränkten Möglichkeiten zur maßstäblichen Modellierung im Windkanal weiterhin kein allgemein anerkanntes Verfahren gibt. Mittlerweile wurden z. B. in [71, 72] weitere Untersuchungen vorgenommen, die eine Bewertung von Verfahren – auch nach Anpassung von Steuergrößen – besser mit Originalmessdaten in Übereinstimmung bringen sollen. Die erwähnten Anpassungen betreffen aber zurzeit nur das sog. Verfahren 2 gemäß DIN EN 19914:2012∕​NA [6]. Aus dieser Diskussion heraus wurde eine Änderung des Prognoseansatzes für die wirbelerregte Querschwingungsamplitude in die aktuellen Entwurfsfassung von DIN EN 1991-1-4 eingebracht: ​ ​  VIV​​ _ 1 ​C​  c​​ _______________________ ​​  _  ​      ​   2 ​    ​  ________________________         ​  b ​St​​  ​ ​Sc​  ​​ ​ ​  ​​ G VIV _ ​    ​K​  ​​   ​ 1   ​​ ​  _  ​  ​     ​​​  ​ ​ ​ a [ ( b   ​a​  L ​​​  )] 4



_



_

√​h​  ​​

   b   d _ b  ​ ​    ​  ​    ​ ​​  ​       ​  _ ​m​  e​​

e

(8)

Ohne auf die Details zu dieser Formel näher einzugehen: Der rechte Term unter der Wurzel im Nenner bezeichnet die sog. aerodynamische Dämpfung. Sie soll künftig mit einem Steuerparameter justiert werden. Dieser Faktor ist in der aktuell gültigen Fassung von DIN EN 1991-1-4:2012 [5] noch zu     2 festgesetzt. Durch die Flexibilisierung wird erhofft, dass eine bessere Kalibrierung des Verfahrens mit experimentellen Untersuchungen oder Originalmessungen möglich ist. Die zitierten Untersuchungen [69, 70] leisten hierzu einen Beitrag, indem die Justierung auf Basis einer Zusammenstellung von Originalmessdaten und Windkanalversuchen abgeleitet wird. Auch zu dem sog. Verfahren 1 aus [6] gab es bereits Anpassungsvorschläge, z. B. [73]. Dort wurde für den Fall einer mutmaßlichen Unterschätzung der Querschwingamplituden bei geringen Außentemperaturen entsprechende Empfehlungen gemacht. Da es insbesondere in Deutschland eine große Sympathie für dieses

Verfahren gibt, wird auch hier momentan erforscht, ob es mit gezielten Anpassungen möglich ist, zu weiteren Verbesserungen der Prognosegüte zu kommen. Weitere Ausführungen und eine Auseinandersetzung mit beiden Verfahren im Vergleich zu Originalmessungen finden sich auch in [74]. Nach aktueller Fassung von DIN EN 1991-4:2012∕​NA [6] ist lediglich das Verfahren 1 für Deutschland zugelassen. In die aktuelle Entwurfsfassung von DIN EN 1991-1-4 (Hauptdokument) wurde jedoch nur noch das im obigen Sinne modifizierte Verfahren 2 aufgenommen und Verfahren 1 gänzlich verworfen. Aus Sicht der Verfasser ist dies problematisch, solange es keinen allgemeinen Konsens bzw. Nachweis der Sicherheit gibt. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Normungssituation in dieser Frage letztlich entwickelt. Insgesamt bleibt auch aktuell festzustellen, dass es weiterhin keinen wissenschaftlichen Konsens im Bereich der Bewertung der wirbelerregten Querschwing­ amplitude gibt. Beobachtungen und Monitoring-Ergebnisse an Windenergieanlagen machen im Gegenteil weiterhin deutlich, dass es hier noch Forschungsbedarf gibt, da die bestehenden Verfahren noch nicht zu ausreichend zuverlässigen bzw. sicheren Prognosen führen.

4.5

Ermüdungsnachweise für windinduzierte Schwingungen

4.5.1 Böenerregte Schwingungen Schlanke, turmartige Bauwerke werden in besonderer Weise durch den böigen Wind beansprucht. Aufgrund der über die Höhe angreifenden, zeitlich veränderlichen Lasteinwirkungen und des durch Strukturelastizität und Dämpfung beeinflussten dynamischen Verhaltens kommt es zu fortwährender schwingender Materialbeanspruchung. Je nach struktureller und aerodynamischer Dämpfung treten im Bereich der Struktureigenfrequenzen Resonanzeffekte auf, sodass gegenüber einer starren Modellannahme mitunter nennenswerte dynamische Überhöhungsfaktoren in Ansatz gebracht werden müssen. Sowohl die dynamische Vergrößerung als auch die Häufigkeit der Spannungswechsel müssen beim Nachweis der Struktursicherheit berücksichtigt werden. Aufgrund des stochastischen Charakters der Windeinwirkung ist die Beschreibung des dynamischen Verhaltens im Frequenzbereich sinnvoll und bewährt. Dieses Konzept der stochastischen Schwingungstheorie geht für den Anwendungsbereich des Windingenieurwesens auf Untersuchungen von Davenport [75] in den 1960er-Jahren zurück. Die wesentliche Zielgröße des Verfahrens ist die spektrale Leistungsdichte der System­ antwort bzw. dessen Integral, welches die Varianz der Systemantwort darstellt. Sofern die auftretenden Schwingungsantworten als normalverteilt angenommen werden können, stellt die Varianz bzw. die Standardabweichung die wesentliche Kenngröße zur quantitativen Beschreibung des Prozesses dar.



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

In den nachfolgenden Ausführungen wird beschrieben, wie die Häufigkeit der zu erwartenden Strukturantworten (Zyklenhäufigkeiten) bei turmartigen Bauwerken auf stochastischem Wege ermittelt werden kann. Das Konzept stellt somit eine Präzisierung der in DIN EN 1991-1-4:2010 [6], Anhang B vorgeschlagenen „Anzahl der Überschreitungen von niedrigen Niveaus der Böenreaktion“ dar, auch als „Wiesbadenkurve“ bezeichnet. Die Präzisierung erfolgt insofern, als dass nun auch unterschiedliche Windstandorte sowie strukturdynamische Eigenschaften in die Verteilung der Zyklenhäufigkeiten einbezogen werden können. Unter Berücksichtigung der realistischen Verteilungen lassen sich schließlich Schadensäquivalenzfaktoren ableiten, die die Anwendungsfreundlichkeit des Verfahrens erhöhen. Bereits im Stahlbau-Kalender 2017 [68] wurde ein Verfahren vorgestellt, dass sowohl die Dauerfestigkeitsbewertung infolge Böenresonanz erlaubt als auch die Bestimmung von Ermüdungskollektiven ermöglicht, wenn ein Betriebsfestigkeitsnachweis notwendig ist. Entgegen der o. g. Eurocode-Regelung ist das in [68] vorgeschlagene Verfahren deutlich präziser und situa­ tionsangepasster. Auf eine detaillierte Wiederholung wird im Rahmen dieser Ausgabe verzichtet. Eine ak­ tuelle Darstellung des Verfahrens findet sich auch in [76].

4.5.2 Wirbelerregte Schwingungen

​v​  crit​​ ​v​  crit​​ ​N   2   T   ​n​  y​​   ​ϵ​  0​​   ​​ ​  _  ​  ​​​  ​   exp​  ​​ ​  _   ​​​  ​ ​​ [ ( ​v​  0 ​ ( ​v​  0​​ ) ​​ ) ] 2

dass sich die wirbelerregten Querschwingungen nicht allein bei exaktem Auftreten der kritischen Windgeschwindigkeit einstellen, sondern auch in einem gewissen Geschwindigkeitsband um ​​v​  crit​​​ herum (auch als lock-in effect bezeichnet). Bei analytischer Auflösung der Weibull-Beziehung zeigt sich, dass für diesen Faktor gilt: ​​ϵ​  0​​    v ∕​ ​v​  crit​​​. Dabei ist dann ​ v ​der Geschwindigkeitsbereich um den Bereich der kritischen Windgeschwindigkeit. Mit dem empfohlenen Wert von ​​ϵ​  0​​    0,3​ bedeutet dies somit, dass unterstellt wird, dass Geschwindigkeiten von ​v     0,15 ​v​​  crit​​​als kritisch für wirbelerregte Querschwingungen zu sehen sind. Bei bekannter Eigenfrequenz ​​n​  y​​​ kann somit durch obige Gleichung bestimmt werden, wie viele Schwingungszyklen zu erwarten sind. Das beschriebene Vorgehen ist sehr deutlich auf der sicheren Seite. Nicht nur, weil es einen einheitlichen Wert für den Formparameter der Weibull-Verteilung und einen großzügig angesetzten lock-in Bereich, sondern vor allem auch, weil überhaupt keine Richtungsabhängigkeit berücksichtigt wird. Insofern kann für den Fall von notwendiger Betriebsfestigkeitsprüfung (und einer nicht möglichen Nachweisführung) empfohlen werden, dass eine genauere Analyse der Windbedingungen am Standort erfolgt und gegenüber anderen Maßnahmen zur Schwingungsreduktion (s. Abschnitt 4.6) abgewogen wird.

4.6

Der Ermüdungsnachweis für Strukturen, die anfällig für wirbelerregte Querschwingungen sind, kann in einer ersten Überprüfung als Dauerfestigkeitsnachweis geführt werden. Zu beachten ist dabei, dass die errechnete Querschwingamplitude noch nicht der Doppelschwing­ amplitude entspricht, die das relevante Spannungsspiel  verursacht. Sofern der Dauerfestigkeitsnachweis gelingt, ist keine weitere Untersuchung erforderlich. Wenn ein Betriebsfestigkeitsnachweis erforderlich wird, stellt sich die Frage nach der zu erwartenden Zahl der Querschwingamplituden N innerhalb des Bemessungszeitraums (z. B. von 50 Jahren). In DIN EN 1991-1-4 [5] wird für die Berechnung der Zyklenzahl folgende Gleichung angegeben: 2

(9)

Da diese Gleichung einheitlich für alle Standorte angegeben ist, die Windbedingungen bekanntermaßen sich doch deutlich unterscheiden, lässt sich schon erkennen, dass hier eine gewisse Unschärfe vorliegt. Im Prinzip berechnet die Gleichung den anteiligen Zeitraum der kritischen Windgeschwindigkeit ​​v​  crit​​​ innerhalb des planmäßigen Bemessungszeitraums. Es wird dabei eine Weibull-Verteilung für die Windgeschwindigkeitsver­ teilung unterstellt, die einen festen Formparameter von  ​k   2​hat und deren Skalierungswert ​​v​ 0​​​ sich aus der  Basiswindgeschwindigkeit am Standort ableitet (​​v​  0​​   0,2   ​v​  b​​​). Der Bandbreitenfaktor ​​ϵ​  0​​​ berücksichtigt,

687

Maßnahmen zur Reduktion von winderregten Schwingungen

Sofern es durch Windeinwirkungen zu Schwingbewegungen des Tragwerks kommen kann, die die Standsicherheit oder Gebrauchstauglichkeit beeinflussen, können verschiedene Maßnahmen ergriffen werden. Planerisch sind folgende Ansätze denkbar: – Veränderung der Frequenzlage (Änderung von Masse oder Steifigkeit), – Veränderung der aerodynamischen Form (Änderung des Lastangriffs), – Erhöhung der Strukturdämpfung. Häufig sind die erstgenannten Maßnahmen im Planungsprozess nicht sinnvoll oder nur schwierig umsetzbar. Es wird deshalb in der Regel angestrebt, die natürliche Dämpfung der Struktur zusätzlich durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen. Hier haben sich im Bauwesen unterschiedliche Methoden etabliert, deren Anwendungsbereich sehr stark von den Randbedingungen der Struktur abhängen. Folgende passive Systeme kommen beispielsweise zur Anwendung: – Schwingungstilger (Feder-Masse-System ohne dissipatives Element), – dynamischer Schwingungsdämpfer (engl.: Tuned Mass Damper), – Flüssigkeitsdämpfer (engl.: Tuned Liquid Damper), – Flüssigkeitssäulendämpfer (engl.: Tuned Liquid Column Damper). Daneben gibt es auch semi-aktive Systeme, bei denen die dynamischen Eigenschaften entsprechend den strukturellen Randbedingungen angepasst werden kön-

688

11   Türme und Maste

nen (Viskosität, Frequenz). Damit wird ein optimales passives Dämpfungsverhalten erreicht. Schließlich werden aktive Systeme eingesetzt, bei denen die dynamischen Gegenkräfte durch einen Aktor aufgebracht werden. Somit wird die dynamische Masse des Dämpfers theoretisch frequenzunabhängig in idealer Weise entgegen der Strukturschwingung in Bewegung versetzt. Für alle genannten Systeme gibt es unterschiedliche Ausführungsvarianten, die vielfach auch von Patenten geschützt werden. Das Einsatzgebiet der Systeme ist häufig auf bestimmte Bauarten oder Einsatzbereiche beschränkt, da nur bestimmte dynamische Bereiche abgedeckt werden können. Für Türme und Maste haben sich beispielsweise die Flüssigkeitsdämpfer besonders bewährt, da sie in der Regel wartungsfrei sind. Gerade mit Blick auf die hochdynamisch beanspruchten Strukturen von Windenergieanlagen gibt es hohe technische Herausforderungen, da die zu bedämpfenden Eigenfrequenzen sehr niedrig sind und entsprechend hohe Dämpfermassen benötigt werden. Dies kann nur schwerlich mit Flüssigkeitsdämpfern realisiert werden, zumal auch die Platzverhältnisse begrenzt sind. Hier kommen daher eher Pendeldämpfer mit Stahlmassen oder aktive Dämpfersysteme zum Einsatz. Welche Methodik zur Anwendung kommt und wie hoch der Nutzen mit Blick auf die kritischen Bewertungskriterien ist, muss rechnerisch bewertet werden. In einigen Fällen sind auch begleitende aerodynamische Untersuchungen unvermeidbar, z. B. wenn es um selbsterregte Schwingungen geht. Denn dabei wird die Bewertung der zu erwartenden Tragwerksantworten besonders komplex, zumal die dynamische Lasteinwirkung vom Schwingungsverhalten des Bauwerks selbst abhängen. Man spricht in diesem Fall von einer Selbststeuerung bzw. von selbsterregten Schwingungen. Ein derartiges Verhalten kann bei schlanken Baukörpern infolge der natürlichen Windströmung auftreten. Die große Gefahr bei selbsterregten Schwingungsmechanismen liegt darin, dass infolge der Schwingungsbewegung die effektive Erregerlast stetig anwächst. Damit ist letztlich die Standsicherheit der betroffenen Struktur akut gefährdet. Ein Beispiel für diesen gefährlichen Mechanismus ist der Einsturz der Tacoma-Narrows-Brücke (bei Seattle) im Jahre 1940. Bei dieser Brücke war eine aerodynamisch ungünstige Querschnittsform in Verbindung mit dem strukturdynamischen Verhalten des Bauwerks letztlich der Grund, dass bereits bei vergleichsweise geringen Windgeschwindigkeiten von ca. 8  m∕​s die gefährlichen Flatterschwingungen (Kombination aus Torsions- und Biegeschwingung) einsetzen konnten. Erst mit diesem Schadensfall wurde der Mechanismus bekannt. Die wissenschaftliche Auseinandersetzung folgte im Anschluss. Türme und Maste sind eigentlich nicht anfällig für solche selbsterregten Schwingungseffekte, da sie in der Regel kreiszylindrische Querschnitte haben oder strömungsdurchlässig sind (Fachwerke). Im nächsten Abschnitt wird jedoch anhand eines besonderen turmarti-

gen Baukörpers gezeigt, dass auch bei bestimmten Voraussetzungen eben doch die Gefahr selbsterregter Schwingungen bestehen kann.

4.7

Lasteinwirkungen aus Betrieb

4.7.1 Betriebszustände von Windkraftanlagen Windenergieanlagen werden während ihrer gesamten Lebensdauer zahlreichen Belastungsszenarien ausgesetzt. Dabei spielen Windbelastung und Lasten aus dem WEA-Betrieb sowie deren Kombination eine wesentliche Rolle. Um sicherzustellen, dass die maßgebenden Belastungen aus allen möglichen Lastkombinationen in der Auslegung der WEA berücksichtigt werden, wird in Deutschland die DIN EN 61400-1 [77] ergänzt durch die Richtlinie für Windenergieanlagen der DIBt [36] und die neue Normenreihe DIN 18088 „Tragstrukturen für Windenergieanlagen“ [10] angewendet. In der DIN EN 61400-1 [77], die auf den Empfehlungen der Internationalen Elektrotechnischen Kommission (IEC) basiert, werden die Grundkonzepte für die Bemessung einer WEA erläutert sowie eine Mindestanzahl an zu berücksichtigenden Umweltbedingungen und Betriebssituationen aufgelistet und beschrieben, um ein ausreichendes Sicherheitsniveau bei der Auslegung zu gewährleisten. Die Windbedingungen stellen die relevantesten äußeren Einwirkungen dar und werden in der DIN EN 61400-1 [77] detailliert beschrieben. Hierbei werden normale und extreme Windbedingungen sowie Böenprofile und Turbulenzmodelle definiert und überlagert, um den auf den WEA-Rotor einwirkenden Wind zu charakterisieren. Kennwerte für Windgeschwindigkeit und Turbulenzparameter werden gemäß WEA-Klassen in Abhängigkeit des WEA-Standorts angegeben. In der DIBt-Richtlinie werden Ergänzungen und Änderungen zu den in der DIN EN 61400-1 [77] definierten Windbedingungen vorgeschlagen. Die in der Auslegung zu berücksichtigenden Lastfälle werden in der DIN EN 61400-1 [77] und in der DIBt-Richtlinie [36] durch Auslegungslastfälle (oder DLC, Design Load Case) definiert. Hier werden externe Bedingungen, wie die Windbelastung, mit den wichtigsten Betriebsbedingungen kombiniert. In den Betriebsbedingungen werden sowohl Funktionslasten, die durch Betrieb, Regelung und Steuerung der WEA entstehen, als auch besondere Situationen bei Montage, Errichtung oder Wartung berücksichtigt. Die Mindestanzahl der zu berücksichtigenden Auslegungslastfälle bzw. Betriebssituationen werden in der Tabelle 2 der DIN EN 61400-1 [77] definiert. Die Auslegungslastfälle werden mit deren entsprechender Art der Analyse bezeichnet. Hierbei werden „F“ für den Nachweis der Betriebsfestigkeit und „U“ für Nachweise der Tragfähigkeit (Festigkeits- und Stabilitätsnachweis) verwendet. Die U-Lastfälle werden zusätzlich in normal (N), anormal (A) und Transport (T) unterteilt. Diese Bezeichnungen bestimmen die in den Nachweisen anzuwendenden Teilsicherheitsbeiwerte.



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

Die Auslegungslasten werden üblicherweise durch Zeitsimulationen bestimmt. Hierfür werden zuerst Zeitverläufe von Windfeldern nach DIN EN 61400-1 [77] bzw. DIBt-Richtlinie [36] erzeugt. Nachfolgend werden gesamtdynamische bzw. Mehr-Körper-Simulationen im Zeitbereich durchgeführt, wo die generierten einwirkenden Windfelder mit den in den Normen definierten Betriebsbedingungen kombiniert werden. In diesen Simulationen kann der Turm der Windkraftanlage berücksichtigt werden, sodass seine dynamischen Eigenschaften miterfasst werden. Da manche Auslegungsfälle wegen der Windturbulenz von stochastischer Natur sind, müssen die Zeitberechnungen lang genug sein, um eine gewisse statistische Zuverlässigkeit sicherzustellen. So wird in der DIN EN 61400-1 [77] die Mindestanzahl von 600-sekundigen Simulationen für jede berücksichtigte Windgeschwindigkeit von jedem Auslegungslastfall definiert. In den meisten Fällen wird ein Minimum von 6 Simulationen für jede Windgeschwindigkeit im Betriebsbereich empfohlen, wenngleich für Auslegungslastfälle, für die eine statistische Extrapolation erforderlich ist, mindestens 15 Simulationen pro Windgeschwindigkeit empfohlen werden. Schließlich werden die generierten Auslegungslastfälle statistisch zusammengefasst. Dies erfolgt für die U-Lastfälle durch die Auswahl von Extremwerten mit den entsprechenden gleichzeitig wirkenden Schnittgrößen oder durch statistische Extrapolation der Extremwerte. Für die F-Lastfälle werden Lastkollektive oder Markov-Matrizen für die gesamte Lebensdauer der Anlage erzeugt.

4.7.2 Seilzug bei Freileitungsmasten Freileitungsmaste unterliegen während ihrer Nutzungszeit unterschiedlichen Beanspruchungsszenarien. Neben den Betriebslasten aus der Stromleitungsführung bestimmen insbesondere Wind- und Eislasten ihre Bemessung. Die Betriebszustände von Freileitungsmasten, die als Stützung der stromführenden Freileitungen dienen, können sehr unterschiedlich ausfallen und wer-

689

den durch viele Faktoren beeinflusst. Abhängig vom Trassenverlauf, der Topografie, den Abspannabschnitten, den zu überführenden Spannungsebenen, dem freizuhaltenden Schutzraum, der zulässigen Masthöhe, des gewählten Mastbildes und nicht zuletzt der Funktion der Maste (als Trag-, Abspann-, Kreuzungs-, Abzweigmaste) resultieren unterschiedliche Betriebslasten, insbesondere große Unterschiede der Seilzugkräfte, die die Dimensionierung und Konstruktion des Freileitungsmastes und seiner Gründung maßgeblich bestimmen. Tragmaste sind nicht für den Lastabtrag von großen Seilzugkräften vorgesehen, die Leiterseile werden lediglich an die Tragmaste angehängt, dort aber nicht voll zugkraftschlüssig angeschlossen. Dagegen werden die Leiterseile zwischen den Abspannmasten einer Freileitung planmäßig verspannt, daher sind Abspannmaste grundsätzlich für die Übernahme großer Seilzugkräfte aus Betriebslasten ausgelegt. Temperatureinwirkungen beeinflussen die Größe der Leiterzugkräfte; der Seilzug vergrößert sich bei Temperaturverminderung, während er sich bei Temperaturerhöhung reduziert. Wären im Idealfall alle Traversen eines Freileitungsmastes, bezogen auf seine im Trassenverlauf beidseitigen Abspannabschnitte, gleichmäßig mit gleichen Leiterseilen belegt und wären die Abspannabschnittslängen identisch, würden sich die angreifenden Leiterzugkräfte näherungsweise ausgleichen. Die Traversen dienten in diesem besonderen Fall nur zur Durchleitung der horizontalen Leiterzugkräfte. Dieser Idealfall tritt in der Baupraxis jedoch so gut wie nie auf. Nur selten gibt es zwei identisch lange Abspann­ abschnitte, Streckenabschnitte mit exakt gleicher Topografie und Höhenkoordinaten. Die Zugkräfte in den Leiterseilen angrenzender Abspannabschnitte sind daher so gut wie nie gleich, im Regelfall wirken die Leiterseile eines Abspannabschnitts mit einer höheren Zugkraft auf die Traversen als die auf der anderen Seite angeschlossenen Leiterseile. Die Traversen der Freileitungsmaste erhalten daher in der Regel große Biegemomente aus den resultierenden, horizontal angreifenden Seilzugkräften, die sie über ihre Fachwerkstruktur und,

Bild 49. Leiterzugkräfte an Traversen von Freileitungsmasten

690

11   Türme und Maste

je nach Beanspruchungsrichtung und Ausfachungsart, über Druck- oder Zugkräfte in den einzelnen Stahlprofilen zum Mastschaft abtragen. Am Mastschaft entstehen infolge der ungleichmäßigen Leiterzugkräfte ebenfalls Biegemomente um die x-Achse des Schafts, bei einseitig größerer Zugbeanspruchung einer Traverse oder ausschließlich einseitiger Seilbelegung auch Torsionsmomente um die Längsachse z-z (Bild  49). Die maximale Biegebeanspruchung entsteht in der Regel am Endmast, wenn also die Leiterseile einseitig an einem Mast enden und die Leitung nicht weitergeführt wird. Zusätzlich sind stets die Biegemomente aus Windeinwirkungen auf den Mastschaft und die Leiterseile zu überlagern. Bei Abzweigmasten entsteht am Mastschaft infolge der zusätzlich einseitig angreifenden Leiterzugkräfte ein zusätzliches Biegemoment um die y-Achse (vorausgesetzt, die Traversen der abzweigenden Leitung stehen im 90°-Winkel zu den Traversen der durchlaufenden Leitung). Den Regeln der Statik folgend, sind die Momente um die x- bzw. y-Achse am Mastfußpunkt umso größer, je größer der Abstand der lasteinleitenden Traversen zum Fußpunkt ist. Der Donaumast besitzt diesbezüglich große Vorteile, da er an der unteren Traverse beidseitig zwei Leiterseile führt, während die Leiteranordnung bei einfachen Tannenbaum- oder Tonnenmasten rein vertikal ist, was größere Masthöhen erfordert und gleichzeitig eine größere Biegemomentenbeanspruchung am Mastfuß zur Folge hat. Im außergewöhnlichen Lastfall des Seilrisses liegt stets eine einseitige Belegung des Mastes vor, die Leiterzugkräfte sind auf einer Seite der Traverse bzw. des Mastes deutlich größer. Seilrisse erzeugen ein Torsionsmoment um die Längsachse des Mastschafts, das umso größer wird, je weiter der Seilriss und die daraus resultierenden, einseitig angeschlossenen Leiterseile von der Längsachse des Mastschafts entfernt sind. Für den außergewöhnlichen Lastfall des Seilrisses ist der Tonnenmast mit seiner hohen, schlanken Bauform und seinen kurzen Traversen am geeignetsten.

4.8

Einwirkungen und Einwirkungskombinationen nach DIN EN 50341 VDE 0210

4.8.1 Allgemeines Für die Planung und Errichtung von Freileitungen über AC 1 kV gilt in Deutschland die DIN EN 50341 VDE 0210, die Norm entspricht dem europäischen Standard. DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 (Teil 1) [7] enthält allgemeine Bemessungs- und Konstruktionsregeln, sie wurde an die aktuellen Ausgaben der Eurocodes angepasst. Die im Jahr 2019 neu aufgelegte nationale DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 (Teil 2-4) [8] beschreibt nationale normative Festlegungen (NNA) mit konkreten Zahlenwerten zur Anwendung der Grundlagen aus DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 in Deutschland. Beide Normen definieren Vorgaben und Anforderungen zur Bemessung und Ausführung von Freileitungen und

Freileitungsmasten, um die Personensicherheit, die Trag- und Gebrauchssicherheit, die Instandhaltung und den Betrieb sicherzustellen. Auch ökologische Belange werden aufgegriffen. Für die Planung und Dimensionierung werden in DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 Einwirkungen für Freileitungen und Freileitungsmaste definiert. Eurocodekonform werden die Einwirkungen gemäß ihrer zeitlichen Änderung in ständige, veränderliche und außergewöhnliche Einwirkungen eingeteilt. Auch werden die Einwirkungen in relevanten Lastfallkombinationen zusammengefasst, um die maßgebende Beanspruchung für den Nachweis im Grenzzustand der Tragfähigkeit und im Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit zu bestimmen. Gemäß DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 werden dazu Standardlastfälle A bis L definiert, die in der statischen Bemessung grundsätzlich anzusetzen sind, sodass die Planungs- und Ausführungsqualität allgemeinbindend gesichert wird. Nach DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 sind bei der Planung und Dimensionierung einer Freileitung folgende, einzelne Einwirkungen zu berücksichtigen: G Eigengewicht der Leiter, Isolatoren und Stützpunkte QW Windeinwirkung QI Eiseinwirkung auf Leiter und Isolatoren inkl. Kombination von Wind- und Eis­ einwirkungen QC Leiterzugkräfte QP Einwirkung aus Errichtung und Instand­ haltung A Sondereinwirkungen

4.8.2 Einwirkungen Zu den ständigen Einwirkungen G zählen nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] das Eigengewicht der Freileitung inkl. Freileitungsmaste, Gründung, Leiter, Verbindungsteile und anderer fester Zubehörteile (z. B. Flugwarnkugel). Auch planmäßige Leiterzugkräfte aus Leitereigengewicht werden den Eigengewichtslasten zugerechnet. Wind-, Eis- und andere äußere Lasten sowie Zugkräfte in den Leitern, die durch Wind, Eis oder Temperaturänderung (gegenüber der Bezugstemperatur Jahresmitteltemperatur 10 °C) hervorgerufen werden, sind als veränderliche Einwirkungen definiert. Zu beachten ist, dass Zugkräfte aus einem möglichen Leiterriss ausschließlich von Abspannmasten abgetragen werden können. Auch Leiterzugkräfte aus Sondereinwirkungen sind nur bei der Bemessung von Abspannmasten anzusetzen. Tragmaste dagegen werden nur für sehr geringe Zugkräfte, die aufgrund von ungleichmäßigen Eisabwurf an den angeschlossenen Leiterseilen auftreten können, bemessen.

Windlasten Windlasten zählen gemäß DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 [7] zu den veränderlichen Lasten. Sie sind bei der



Lasteinwirkungen aus Wind und Eis, Betriebslasten und windbedingte Schwingungseffekte

Bemessung in verschiedenen Wirkungsrichtungen anzusetzen. Zu differenzieren sind Windbeanspruchungen senkrecht und parallel zur Leitungsrichtung sowie Windlasten übereck, bezogen auf die Freileitungsmaste, die Traversen (bzw. Querträger) und die Isolatoren. Die Größe der Windlasten in Deutschland wird gemäß DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] mit Referenz auf den nationalen Anhang der DIN EN 1991-1-4∕​NA bestimmt. Eurocodekonform wird in Abhängigkeit der vier nationalen Windzonen und der Höhe des Bauwerks über dem Gelände die Größe des Staudrucks ermittelt. Auf der Basis des Staudrucks werden nachfolgend differenzierte Windlasten, die auf die einzelnen Komponenten einer Freileitung wirken, berechnet. Windlasten für Leiterseile und Isolatoren werden nach den Berechnungsformeln in DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, Abschnitt 4.4.1 und 4.4.2, ermittelt. Die Windlast eines Leiters wird rechnerisch auf beide Stützpunkte des betrachteten Spannfeldes aufgeteilt und am Aufhängepunkt des Leiters, am sogenannten Seilpunkt, angesetzt. Hierbei ist zu beachten, dass bei Windeinwirkung rechtwinklig auf die Leiterseile maximale Zugkräfte an den Isolatoren entstehen. Bei der Windbelastung der Isolatoren überlagern sich somit die örtlichen, im Bereich der Isolatoren wirkenden Lasten aus Wind mit der resultierenden Windbeanspruchung der Leiter am Aufhängepunkt. Für die Berechnung der Windlasten auf Freileitungsmasten, die als konventionelle Gittermastkonstruktionen ausgeführt werden, wird in DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, Abschnitt 4.4.3.2, [8] ein einfaches, praxistaugliches Rechenmodell angegeben. Alternativ kann grundsätzlich ein detaillierter Berechnungsansatz der Windbeanspruchung für Türme und Maste nach DIN EN 1993-3-1 [78] erfolgen. In DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, 4.4.3.2, [8] sind die Windlasten auf den Schaft eines Stahlgittermastes vereinfacht für die einzelnen Schüsse, entsprechend der Höhe h über Gelände, zu berechnen und im Schwerpunkt des jeweiligen Mastschusses wirkend anzusetzen. In Abhängigkeit vom Winkel der Windrichtung lassen sich pro Mastschuss je zwei resultierende Windlastkomponenten QWTx und QWTy für die Haupttragrichtung des Freileitungsmastes nach Gl. (10) ermitteln. ​​Q​  Wtx​​   ​q​  p​​​(h)​   ​(1    0,2 ​sin​​  2​  2 )​ ​(​A​  t1​​ ​C​  xt1​​ ​cos​​  2​     ​A​  t2​​ ​C​  xt2​​ ​sin​​  2​  )​ cos ​ ​​Q​  Wty​​   ​q​  p​​​(h)​   ​(1    0,2 ​sin​​  2​  2 )​ ​(​A​  t1​​ ​C​  xt1​​ ​cos​​  2​     ​A​  t2​​ ​C​  xt2​​ ​sin​​  2​  )​ sin ​ mit ​​Q​  Wtx​​​ ​​Q​  Wty​​​ ​​q​  p​​​(h)​​ ​ ​

(10)

Komponente parallel zur Querträgerachse Komponente orthogonal zur Querträgerachse Staudruck Winkel zwischen der Querträgerachse und der Windrichtung

​​A​  t1​​  ,​A​  t2​​​ ​​C​  t1​​  ,​C​  t2​​​

691

die jeweils von Profilen ausgefüllte Fläche der zugehörigen Wand Widerstandsbeiwert der zugehörigen Wand in Abhängigkeit von ihrem Völligkeitsgrad; vereinfachte Annahme bei regulären Winkelstabausführungen ​​ C​  ti​​   2,8​

Auch die Windlasten auf die Querträger eines Stahlgittermastes können analog in Abhängigkeit der Höhe über dem Gelände und des Staudrucks ​q​, im Schwerpunkt des Querträgers angreifend, über die Formeln nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, 4.4.3.2, berechnet werden. In DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, 4.4.4, werden zudem Formeln zur Ermittlung der Windlasten auf einstielige Freileitungsmasten angegeben. Gleichung (11) ist im Falle des im Fosta-Forschungsprojekt P1101 [46] neu konzipierten Stahlrohrmastes bemessungsrelevant. ​​Q​  Wpol​​   1,1   ​q​  p​​​(h)​   ​A​  pol​​   ​C​  pol​​​ mit ​​A​  pol​​​ ​​C​  pol​​​

(11)

projizierte Fläche des einstieligen Mastes Windwiderstandsbeiwert; bei Rohrmasten mit kreisförmigem Querschnitt gilt nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, Tab. 4∕​DE.1: ​​ C​  pol​​   0,7​

Eislasten Eislasten entstehen an den Leitern von Freileitungen durch Ansätze von Klareis, Raueis, Raureif oder Nassschnee. Dabei werden Eislasten in Abhängigkeit ihres Entstehungsprozesses in zwei Kategorien eingeteilt: – Eisbildung aus Niederschlägen (Klareis oder Nassschnee), – Eisbildung im Nebel oder wasserhaltiger Luft (Raureif oder Raueis). Klareis tritt in kalten Luftschichten durch das Gefrieren von Regentropfen an den Leitern auf und zeichnet sich durch eine massive Eisbildung (Dichte von 700 bis 900  kg∕​m3) aus. Das Volumen des Klareisansatzes hängt vorrangig von der Dauer und Intensität des Niederschlags ab. Eis aus Nassschnee entsteht beim Schmelzen von Schneeflocken an kühlen Freileitungen in wärmeren Luftschichten. Das Eis weist zunächst ein weniger dichtes Gefüge auf, das sich jedoch bei abfallender Umgebungstemperatur unterhalb des Gefrierpunktes zu einem sehr massiven, stark haftenden Eisansatz entwickeln kann. Auch die Raueisbildung aus Nebel und Wolken ist mit einer erheblichen Eislast verbunden, wobei die in der Luft enthaltene Wassermenge direkt an den Leiterkabeln gefriert. Die Größe der Raueislast hängt vor allem von der Temperatur und Windstärke ab. In DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, 4.5, [8] wird das nationale Geltungsgebiet in vier Eislastzonen E1 bis E4 eingeteilt. Die Spezifizierung erfolgt in Abhängigkeit der klimatischen Bedingungen, der geografischen Lage und nach Erfahrungsberichten. Die Einstufung in eine

692

11   Türme und Maste

Eislastzone ist dabei nicht starr, wie bei den Windzonen nach DIN EN 1991-1-4∕​NA vorgegeben, anhand einer Gebietskarte vorzunehmen, sondern kann aufgrund von Betriebserfahrungen innerhalb von Kreis- oder Gemeindegrenzen durchaus abweichen. Zur Eislastzone 1 gehören in Deutschland besonders Gebiete in Höhen unter 400 m über dem Meeresspiegel, in denen aufgrund der klimatischen Bedingungen nur geringe Eislasten auftreten, die nach Erfahrungsberichten bislang nicht zu Schäden an Freileitungen geführt haben. In der Eislastzone E2, die sich hauptsächlich in Arealen mit Geländehöhen zwischen 400 und 600  m über NN befinden, sind höhere Eislasten anzusetzen, die gegebenenfalls Schäden an Freileitungen verursachen können. Die Eislastzone E3 ist durch häufig entstehende, hohe Eislasten und damit einhergehende, bekannte Schäden an Freileitungen gekennzeichnet. In der höchsten Eislastzone E4, in die üblicherweise Gebiete mit einer Höhe über 750  m über NN eingestuft werden, sind überaus große, nicht allgemein zu spezifizierende Eislasten zu erwarten, sodass die Höhe der Eislasten aufgrund der Erfahrung des Netzbetreibers oder durch ein Gutachten festzulegen ist. Jeder Eislastzone werden in DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, 4.5, charakteristische Werte für Eislasten in Abhängigkeit des Leiter- oder Teilleiterdurchmessers d zugeordnet (Gl. (12)). ⎧   5   0,1   d       ​(Eislastzone E1)​

⎪10   0,2   d        ​(Eislastzone E2)​ N ​​g​  I​​   ​ _ ​   ​  ​   ​⎨​         ​ ​​​  ​ [m] ⎪15   0,3   d        ​(Eislastzone E3)​

(12)

⎩ max (20   0,4    d; Gutachten E4)

mit d

Leiter- oder Teilleiterdurchmesser in [mm]

Kombination von Wind- und Eislasten Eis- und Windlasten treten an Freileitungen häufig in kombinierter Form auf. Durch die mitunter massive Eisbildung am Leiter ergibt sich eine im Vergleich zum ursprünglichen Leiter erhebliche Vergrößerung der Windangriffsfläche (Bild  50). Durch Eisbildung resultiert also eine höhere Windbeanspruchung der Leiter, die vom Eisgewicht, der Form des am Leiter ansetzenden Eises und der Windgeschwindigkeit beeinflusst wird. Nach DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 [7] ist zur Berücksichtigung des zeitgleichen Wirkens von Eis- und Windlasten ein äquivalenter Leiterdurchmesser D1 für den eisbehafteten Leiter nach Gl. (13) zu bestimmen, der als Ersatz für den Nenndurchmesser d bei der Ermittlung der Windbeanspruchung unter Eisansatz heranzuziehen ist (Bild 50). _____________

​​D​  I​​   ​√    ​d​​  2​    0,00017 ​g​  I​​ ​​ mit d ​​g​  I​​​

Leiterdurchmesser längenbezogene Eislast am Leiter nach Gl. (12) [N∕​m]

(13)

Bild 50. Leiter mit äquivalentem zylindrischem Eisansatz; D1 äquivalenter Durchmesser, d Leiterdurchmesser

Die vollständige Überlagerung von extremen Windund Eislasten tritt jedoch nur sehr selten auf. Daher werden in DIN EN 50341-1 VDE 0210-1 [7] zwei bemessungsrelevante Haupteinwirkungskombinationen bei gleichzeitig wirkender Wind- und Eislast vorgegeben. Zum einen wird die extreme Eislast I​   ​Q​  IK​​   ​ ​  I​​​ kombiniert mit einer um den Faktor ​​ ​  W​​    0,4​ abgeminderten Windlast ​​ ​  W​​   ​Q​  WK​​​. Zum anderen wird die hohe Windlast verbunden mit einer um den Faktor​​ ​  I​​   0,35​verringerten Eislast angesetzt. Die resultierende Windbeanspruchung auf die Stützpunkte der Freileitungen, die sich aufgrund des Eisansatzes an den Leitern ergeben, kann nach DIN EN 50341-1 VDE 0210-1, 4.2.4.5, ermittelt werden.

Weitere Einwirkungen Zu den weiteren, bei der Bemessung von Freileitungen zu berücksichtigenden Einwirkungen zählen nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] Personenlasten bei der Errichtung und Instandhaltung von Freileitungen, Kurzschlusslasten und andere Sonderlasten. Zur Sicherung der Montage sind begehbare Stäbe (per Definition Stäbe mit einer Neigung von weniger als 30°) für eine zusätzliche Montagelast von 1,0  kN in Feldmitte zu bemessen. Alle lotrecht wirkenden Montagelasten auf Quertraversen eines Mastes müssen mit mindestens 1,0  kN, am Mast selbst mit einer Gesamtlast von mindestens 2,0 kN, jeweils an der statisch ungünstigsten Stelle angreifend, aufgebracht werden. In DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 werden keine Kurzschlusslasten spezifiziert, da diese nach [8] in Deutschland bei der allgemeinen Bemessung von Freileitungsmasten, unabhängig von ihrer Bauart als Gittermast oder einstieliger Mast, in der Regel vernachlässigt werden können. In Feldern zwischen Schaltanlagen und Freileitungen, also den Endfeldern einer Trasse, kann die Kurzschlussbeanspruchung jedoch bemessungsrelevant werden, sodass hier im Einzelfall eine gesonderte Betrachtung notwendig wird. Im Falle von Nutzungserweiterungen einer bestehenden Freileitung ist stets eine statisch-konstruktive Überprüfung der Freileitungsmasten notwendig, die durch die neu geplanten Zusatzeinrichtungen direkt betroffen sind. Erweitert man also eine Freileitung, ohne dass die



Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge

vorgesehene, zukünftige Nutzung bereits in der ursprünglichen Statik vorgeplant und berücksichtigt wurde, so müssen die Tragfähigkeit aller betroffenen Mastbereiche erneut nachgewiesen und ggf. Ertüchtigungsmaßnahmen vorgenommen werden. Es empfiehlt sich daher, bereits bei der Planung einer neuen Stromtrasse potenzielle Erweiterungen ins Auge zu fassen, deren konstruktive Umsetzbarkeit zu untersuchen und in die bautechnische Bemessung einfließen zu lassen.

4.8.3 Lastfälle nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 Nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] sind die einzelnen Einwirkungen aus Eigengewicht, Wind-, Eisund Sonderlasten auf Freileitungen zu kombinieren, um die maßgebende Beanspruchung für den anschließenden Nachweis der Freileitungen und Maste im Grenzzustand der Tragfähigkeit und der Gebrauchstauglichkeit zu bestimmen. Dazu werden in DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4, Abschnitt 4.12, zwölf Standardlastfälle A bis L definiert, bei denen die einzelnen Einwirkungen in unterschiedlichen Einwirkungskombinationen als gleichzeitig wirkend angenommen werden. Im Terminus des Eurocodes handelt es sich bei den Standardlastfällen A bis L, strenggenommen, nicht um Lastfälle, sondern um spezielle Einwirkungskombinationen, bei denen jedoch gemäß DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 keine gesonderten Kombinationsbeiwerte berücksichtigt werden müssen bzw. stets mit dem Wert 1,0 eingeflossen sind. Die ersten sieben Lastfälle (A bis G) behandeln die Kombination von ständigen Einwirkungen und meteorologisch bedingte Belastungen wie Wind und Temperatur. In den Lastfällen A bis C wird die Windwirkung in drei Hauptrichtungen (rechtwinklig, parallel und 45° zu den Leitern) in Zusammenhang mit den Leiterzugkräften bei Temperaturen 5 °C betrachtet. In den Lastfällen D bis F ist die Windwirkung in den drei genannten Hauptrichtungen mit gleichzeitigem Eisansatz und Leiterzugkräften bei niedrigen Temperaturen von 5 °C zu berücksichtigen. Der Lastfall G behandelt die Kombination von Leiterzugkräften unter extremen Temperaturen von 20 °C und gleichzeitigem Eigengewicht, er ist bei Hochzügen ergänzend anzuwenden. Der Lastfall H definiert eine zusätzliche Lastkombination für Abspann- und Winkelabspannmaste mit großen Leiterzugkräften unter Ansatz voller und einseitiger Belegung. Montagelasten werden mit dem Lastfall I berücksichtigt. Die Ausnahmebelastungen infolge ungleichmäßiger Leiterzugkräfte in verschiedenen Varianten und mit ungleichförmigem Eisansatz oder Eisabwurf sind in den Lastfällen J bis L beschrieben. Zur Bildung der Lastfälle A bis L werden die einzelnen Beanspruchungen zuvor, entsprechend dem semi-probabilistischen Teilsicherheitskonzept des Eurocodes, durch Multiplikation mit Teilsicherheitsbeiwerten beaufschlagt. National festgesetzt werden nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] die folgenden Werte, die

693

Indizierung entspricht den Angaben in Abschnitt 4.8.1 dieses Beitrags: 1,35 G W I C für Lastfälle A bis I bei ungünstiger Wirkung 1,0 G I für Lastfälle A bis F bei günstiger Wirkung 1,0 G W I C für Lastfälle J bis L (Ausnahmelastfälle) 1,5 P für Montagelasten im Lastfall I Im Vergleich zu Stahlkonstruktionen des allgemeinen Hochbaus stellt die Zusammenstellung der bemessungsrelevanten Lasten und Einwirkungskombinationen für die Dimensionierung von Freileitungen und Freileitungsmasten unter Beachtung verschiedener Leiteranordnungen und -zugkräften, Wind-, Eis-, Temperatur- und Sonderlasten und den verschiedenen Ausfallszenarien, ggf. auch zukünftigen Erweiterungsmaßnahmen, eine sehr viel größere Herausforderung dar. Die Anzahl der im Rahmen einer statisch-konstruktiven Analyse zu untersuchenden Lastfälle und Lastkombinationen ist vergleichsweise hoch. So umfasst die Bemessung eines in Deutschland typischen Tragmasts mit Donaumastbild nach DIN EN 50341-2-4 VDE 0210-2-4 [8] oft bis zu 160 zu untersuchende Lastkombinationen.

5

Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge

5.1

Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte in unterschiedlichen Normenwerken

In Tabelle 7 werden die Teilsicherheitsbeiwerte auf der Einwirkungsseite für die Stahlbaunorm DIN EN 19931-1 [9] in Verbindung mit DIN EN 1990 [49] einerseits sowie DIN EN 1993-3-1 [1] bzw. der Freileitungsnorm DIN 50341 [8] (jeweils mit nationalen Anhängen) andererseits verglichen. Für die ständige und vorübergehende Situation stimmen die Faktoren im Wesentlichen überein, lediglich geringe Abweichungen im Ansatz der ungünstig wirkenden ständigen und veränderlichen Lasten sind festzustellen. Zu beachten ist jedoch, dass günstig veränderliche Lasten von beiden Eurocode-Reihen vernachlässigt werden, während sie in der Freileitungsnorm mit ​    1,0​angesetzt werden dürfen. In der außergewöhnlichen Bemessungssituation werden i. d. R. in allen Normen alle Lasten mit ​    1,0​ angesetzt, lediglich günstig wirkende veränderliche Lasten werden in DIN EN 1993-3-1 vernachlässigt sowie ungünstige veränderliche in DIN EN 1993-1-1. Hinsichtlich der Teilsicherheitsbeiwerte auf der Widerstandseite bietet Tabelle 8 eine Übersicht. Die Beiwerte für Verbindungen, Zugstäbe und Seile ist in allen drei Normwerken gleich. Hingegen verwenden die Europäischen Normen einen Sicherheitsbeiwert von ​     1,0​ für die Querschnittstragfähigkeit, die Freileitungsnorm bezieht sich hier auf ​     1,1​.

694

11   Türme und Maste

Tabelle 7.  Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte auf der Einwirkungsseite DIN EN 1993-3-1∕​EC 0 (NA)

DIN EN 1993-3-1 (NA.A.2)

DIN 50341

Ständige und vorübergehende Bemessungssituation ständige Lasten (günstig)

1,0

1,0

1,0

ständige Lasten (ungünstig)

1,35

1,30

1,35

veränderliche Lasten (günstig)

0,0

0,0

1,0

veränderliche Lasten (ungünstig)

1,35 (Temp.); 1,5

1,5

1,35

Vorspannung

1,0∕​1,2 – 1,0∕​0,8 (lin.∕​NL – ung.∕​günstig)

1,0

1,0

ständige Lasten (günstig)

1,0

1,0

1,0

ständige Lasten (ungünstig)

1,0

1,0

1,0

veränderliche Lasten (günstig)

1,0

0,0

1,0

veränderliche Lasten (ungünstig)

0,0

1,0

1,0

Vorspannung

1,0

1,0

1,0

Außergewöhnliche Bemessungssituation

Tabelle 8.  Vergleich der Teilsicherheitsbeiwerte auf der Widerstandsseite DIN EN 1993-1∕​-8∕​-11

DIN EN 1993-3-1 (NA)

DIN 50341

Ständige und vorübergehende Bemessungssituation Querschnittstragfähigkeit

1,0

1,0

1,1

Stabilität

1,1

1,0

1,1

Verbindungen

1,25

1,25

1,25

Zugstäbe

1,25

1,25

1,25

Stahlseile

1,5

1,5

1,65

Für Stabilitätsnachweise verwenden die Europäischen Normen einen Wert von ​   1,0​, durch den Deutschen Nationalen Anhang wird für die Anwendung von DIN EN 1993-1 jedoch ​   1,1​gesetzt. Dieser Wert wird ebenfalls im Freileitungsbau benutzt. Trotz Harmonisierungsbestrebungen sind die derzeitigen Teilsicherheitsbeiwerte innerhalb des Eurocodes-Systems unterschiedlich. Im aktuellen Entwurf von DIN EN 1993-3 wird eine Anpassung der Beiwerte auf die Sicherheiten der DIN EN 1990 [49] vorgeschlagen, vgl. Abschnitt 6.

5.2

Vollständig probabilistische Bemessung

5.2.1 Allgemeines Bauordnungsrechtlich kann eine probabilistische Bemessung mit Zustimmung des Bauherrn und der zuständigen Behörde erfolgen. Dies ist in DIN EN 1990 [49] explizit geregelt, entsprechende Verfahrenshinweise werden in dieser Norm benannt. Dennoch werden

heutzutage nur in wenigen Ausnahmefällen diese komplexeren Verfahren angewendet, was vor allem mit der notwendigen Beschreibung der statistischen Verteilungsgrößen für die beteiligten Variablen zu begründen ist. In Abschnitt 4 dieses Beitrags wurde bereits detailliert auf die Einwirkungsseite eingegangen. Für diese lässt sich auch eine recht realistische Abschätzung der statistischen Verteilungen durchführen. Dabei können die Auftretenshäufigkeiten von Windgeschwindigkeiten und -richtungen, zugehörige Kraftbeiwerte, Kombinationen mit anderen Lastfällen etc. sehr gut begründet in die statistische Betrachtung einfließen. Natürlich erfordert eine solche Vorgehensweise die Kennwerte eines konkreten Bauwerks, die Betrachtungen lassen sich schwerlich verallgemeinern. Aber auch die Widerstandsseite muss entsprechend statistisch abgebildet werden. Dies ist mit Blick auf die Modellierung der Grenzzustände weniger ein Problem, hierfür gibt es überwiegend sehr genaue stahlbauliche Bemessungsmodelle. Mit Blick auf die Materialparameter ist diese Vorgehensweise aber nicht trivial. Bei der Nachrech-



Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge

695

nung von Bestandsbauwerken muss berücksichtigt werden, welche statistischen Kenngrößen auf der Materialseite angesetzt werden können. Schließlich basiert das Sicherheitskonzept der gültigen Normenreihen auf einer Begrenzung der Versagenswahrscheinlichkeit. Zu ihrer Berechnung müssen die Unsicherheiten auf allen Ebenen der Strukturberechnung, d. h. auf Ebene der Lasten, des Lastabtrags und des Widerstands miteinander überlagert werden. Für die übliche Baupraxis ist diese Vorgehensweise allerdings aus mehreren Gründen nicht praktikabel: 1. In der Regel fehlen statistische Informationen. 2. Der erhöhte Berechnungsaufwand wird vielfach nicht durch ausreichende Materialersparnis gerechtfertigt. 3. Die Überprüfbarkeit der statischen Berechnung wird erschwert. Aus diesem Grund hat sich ein semi-probabilistisches Konzept in der Praxis bewährt, das zwar dem grundsätzlichen Gedanken des Sicherheitskonzepts Rechnung trägt, bei dem aber durch die Einführung von Teilsicherheitsbeiwerten eine Vereinfachung der statistischen Wechselwirkung zwischen Einwirkung und Widerstand vorgenommen wurde. Die vorgenannten Schwierigkeiten führen in der Baupraxis dazu, dass die Anwendung des vollständig probabilistischen Ansatzes in der Regel nur zur Nachrechnung von Bestandsbauwerken angewendet wird, zum Beispiel, wenn bei Bauwerken trotz erhöhter Belastungen eine Weiternutzung angestrebt wird. In diesem Abschnitt geht es um die grundsätzliche Vorgehensweise, die eine vollständig probabilistische Nachweisführung erfordert. Inwiefern eine vollständig-probabilistische Berechnung in der Planungsphase mit ausreichend gesicherten statistischen Kenngrößen tatsächlich durchgeführt werden kann, wird an dieser Stelle bewusst ausgeklammert.

In der Baupraxis vorkommende Versagensfälle zeigen, dass es keine 100 %ige Sicherheit gibt. DIN EN 1990 [49] definiert als Zielniveau für Neubauten Mindestwerte für den Sicherheitsindex, womit implizit eine bestimmte Versagenswahrscheinlichkeit akzeptiert wird. Die Mindestwerte werden für drei Zuverlässigkeitsklassen (RC 1 bis RC 3) angegeben, die wiederum mit einer Beschreibung von Schadensfolgen (CC 1 bis CC 3) verknüpft sind (vgl. Tabelle 10). Gemäß DIN EN 1990 [49] soll eine Mindestzuverlässigkeit bei Neubauten von ​    3,8​erreicht werden, was der Schadensfolgeklasse CC  2 entspricht. Bei Bauten im Bestand, wo möglicherweise Annahmen einiger Parameter der Nachweisführung bekannter sind als bei Neubauten, könnten sich eventuell ohne Änderungen der Zielzuverlässigkeit geringere Teilsicherheitsbeiwerte ergeben [79]. Zuverlässigkeitsanalysen von Bauwerken können z. B. mit Simulationsverfahren (Monte-Carlo-Simulation) oder mit der Zuverlässigkeitstheorie erster oder zweiter Ordnung erfolgen. Da geschlossene Lösungen bei Vorhandensein vieler Streugrößen komplex sind, müssen häufig Vereinfachungen getroffen werden, welche wiederum die Ergebnisse beeinflussen. Hierzu zählt z. B. die Linearisierung der Grenzzustandsfunktion. Auf eine detaillierte Beschreibung aller Verfahren wird aufgrund des Umfangs verzichtet. Dem interessierten Leser werden die Schriften [79–81] empfohlen. Angelehnt an die Ausführungen in [82] wird die Zuverlässigkeitsanalyse nachfolgend an einem simplen Beispiel veranschaulicht.

5.2.2 Geforderte Zuverlässigkeit

​f​  y​​ ​​f​  y,d​​   ​  _    ​   ​ ​  M,0​​

Die Sicherheit im Bauwesen wird durch die sogenannte Zuverlässigkeit quantifiziert, deren Maß wiederum durch die Versagenswahrscheinlichkeit ​​P​  f​​​ beschrieben wird. DIN EN 1990 [49] benutzt den Sicherheitsindex​ ​als äquivalenten Ausdruck für die Versagenswahrscheinlichkeit und geht von einem normalverteilten Zusammenhang aus. Für einige diskrete Punkte zeigt Tabelle  9 den Zusammenhang zwischen Versagenswahrscheinlichkeit und Sicherheitsindex. Das Ziel einer rechnerischen Zuverlässigkeitsanalyse sind Aussagen über die zu erwartende Versagenswahrscheinlichkeit zu treffen, wobei die Streuung aller Parameter berücksichtigt werden.

5.2.3 Beispiel Für einen einfachen Zugstab aus Baustahl gelten die statistischen Parameter der Tabelle 11. Die Bemessung nach DIN EN 1993-1 führt zu einer notwendigen Querschnittsfläche von: 244  ​ _ ​    244 N ∕​ mm2 ​ 1,0

​​G​  d​​   1,35 · 149,3 kN   201,6 kN​ 201600 N ​G​  ​​ ​erf.A   ​  _d  ​   ​ ___________       ​   832,4 mm2​ ​f​  y,d​​ 242 N ∕​ ​mm​​  2​ Die Zuverlässigkeitsanalyse erfolgt bei voller Ausnutzung eines fiktiven Querschnittsprofils mit der Querschnittsfläche von ​A   832,4 mm2​.

Tabelle 9.  Beziehung zwischen dem Zuverlässigkeitsindex und der Versagenswahrscheinlichkeit nach [49], Tabelle C.1 Pf

10−1

10−2

10−3

10−4

10−5

10−6

10−7

1,28

2,32

3,09

3,72

4,27

4,75

5,20

696

11   Türme und Maste

Tabelle 10.  Zuverlässigkeitsindex und Schadenfolgeklassen nach [49] a) Empfehlungen für Mindestwerte des Zuverlässigkeitsindex Zuverlässigkeitsklasse

([49] Tabelle B.2)

Mindestwert für Bezugszeitraum 1 Jahr

Bezugszeitraum 50 Jahre

RC 3

5,2

4,3

RC 2

4,7

3,8

RC 1

4,2

3,3

Anmerkung: Die Bemessung nach EN 1990 mit den Teilsicherheitsbeiwerten nach Anhang A sowie nach EN 1991 bis EN 1999 führt in der Regel zu einem Tragwerk mit einer Mindestzuverlässigkeit ≥ 3,8 für einen Bezugszeitraum von 50 Jahren. Größere Zuverlässigkeitsklassen als RC 3 werden in diesem Anhang nicht weiter betrachtet, da für die betroffenen Bauteile Sonderuntersuchungen angestellt werden müssen. b) Klassen für Schadensfolgen ([49] Tabelle B.1) Schadens­ folgeklassen

Merkmale

Beispiele im Hochbau oder bei sonstigen Ingenieurbauwerken

CC 3

hohe Folgen für Menschenleben oder sehr große wirtschaft­ liche, soziale oder umweltbeeinträchtigende Folgen

Tribünen, öffentliche Gebäude mit hohen Versagensfolgen (z. B. eine Konzerthalle)

CC 2

mittlere Folgen für Menschenleben, beeinträchtigende wirtschaftliche, soziale oder umweltbeeinträchtigende Folgen

Wohn- und Bürogebäude, öffentliche Gebäude mit mittleren Versagensfolgen (z. B. ein Bürogebäude)

CC 1

niedrige Folgen für Menschenleben und kleine oder vernachlässigbare wirtschaftliche, soziale oder umweltbeeinträchtigende Folgen

landwirtschaftliche Gebäude ohne regelmäßigen Personenverkehr (z. B. Scheunen, Gewächshäuser)

Tabelle 11.  Statistische Parameter eines Zugstabs aus Stahl

Die Basisvariable der Einwirkung X​  ​​ 2​​​ ist normalverteilt mit

Streckgrenze ​​f​  y​​​ [N∕​mm2]

Ständige Last ​G​ [kN]

Mittelwert

280

100

​​ ​  x2​​   30 kN​

Standard­ abweichung

23

30

Verteilung

normalverteilt

normalverteilt

charakteristischer Wert

242,2 (5%-Quantil)

149,3 (95%-Quantil)

Bild  51 zeigt die Höhenlinien der Verteilungsdichten ​f(​ ​x​  1​​)​·f​(​x​  2​​)​​sowie die Grenzzustandsgleichung ​g(​x)​​. Es ist ersichtlich, dass durch die perspektivische Darstellung der häufig in der Literatur beschrieben Wahrscheinlichkeitshügel nach Bild 52 entsteht. Die höchste Auftretenswahrscheinlichkeit entsteht bei der Kombination der Mittelwerte. Der Grenzzustand trennt den Überlebensbereich vom Versagensbereich. Das Maximum ​​P​​  *​​an dieser Schnittkurve wird als Bemessungspunkt definiert; das Volumen im Versagensbereich entspricht der Versagenswahrscheinlichkeit des Zugstabs. Die Transformation in den Standardraum bewirkt, dass elliptische Höhenlinien zu Kreisen werden und der Mittelpunkt in den Koordinatenursprung fällt, was die Berechnung des Zuverlässigkeitsindexes ​ ​ vereinfacht. ​x​  1​​   ​ ​  x1​​ ​​y​  1​​   ​  _  ​​    ​ ​  x1​​

Untersuchung nach der Zuverlässigkeitstheorie Die Grenze zwischen Versagen und Überleben eines Bauwerks wird hier mit der linearen Grenzzustandsfunktion beschrieben: ​g​(x)​   ​x​  2​​   ​x​  1​​   0​ Die Basisvariable der Tragfähigkeit ​​X​ 1​​​ ist normalverteilt mit ​​ ​  x1​​   832,4 · 280   233 kN ​ ​​ ​  x1​​   832,4 · 23   19,1 kN​

​​ ​  x2​​   100 kN ​

​x​  2​​   ​ ​  x2​​  ​​    ​​y​  2​​   ​  _ ​ ​  x2​​



Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge

697

Bild 51. Verteilungsdichtefunktion und Grenzzustand [82]

Bild 52. Wahrscheinlichkeitshügel [82]

Durch Einsetzen und Normierung auf die Hesse’sche Normalform ergibt sich die Gleichung zu: ​ ​  x1​​ ​ ​  x2​​ ​ ​  x2​​   ​ ​  x1​​ _ _ _  ​​y​  1​​ ​  _            ​   ​y​  2​​ ​  _  ​   ​  _  ​   0​ ​    ​    √ ​  ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​   ​    √​  ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​   √​  ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​   ​ ​  x2​​   ​ ​  x1​​ _    ​  ​y​  1​​ ​ ​  1​​   ​y​  2​​ ​ ​  2​​   ​  _  ​   0​ ​√ ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​   ​   

Gemäß Bild 53 ist der Sicherheitsindex ​ ​dann der kürzeste Abstand von der Grenzzustandsfunktion zum Ursprung und hat in diesem Fall die Länge:

​ ​  x2​​   ​ ​  x1​​ 233   100 _ _ ​    ​  _           ​   ​ ___________  ​   3,7397​ 2 2 ​  ​√ 19,​1​​  2​   ​30​​  2  ​ ​ √​  ​ ​  x1 ​ ​   ​ ​  x2 ​ ​  Daraus folgt die Versagenswahrscheinlichkeit zu ​​P​  f​​   1    (​ 3,7397)​    9,23 ​e​​  5​​ Der Bemessungspunkt ​​P​​  *​​, welcher die höchste Höhenkote besitzt, hat die Koordinaten ​​y​  *1​   ​ ​  1​​     ​ ​​y​  *2​   ​ ​  2​​     ​

698

11   Türme und Maste

Bild 53. Wahrscheinlichkeitshügel im Standardraum

Die Rücktransformation in den Originalraum ergibt sich dann zu: ​​x​  *1​   ​ ​  x1​​   ​ ​  x1​​ ​y​  1​​   ​ ​  x1​​   ​ ​  1​​       ​ ​  x1​​   ​ ​​x​  *2​   ​ ​  x2​​   ​ ​  x2​​ ​y​  2​​   ​ ​  x2​​   ​ ​  2​​       ​ ​  x2​​   ​ In diesem Fall ergeben sich die Wichtungsfaktoren bzw. Sensitivitäten zu: ​ ​  x1​​ 30 _ _ ​​ ​  1​​   ​  _           ​   0,84​  ​   ​ ____________ ​    √ ​  ​30​​  2​    19,​1​​  2  ​ ​    √​  ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​    ​ ​  x2​​  19,1 _ _          ​     0,54​ ​​ ​  2​​   ​  _  ​   ​ ____________ ​    √ ​  ​30​​  2​    19,​1​​  2  ​ ​    √​  ​ ​  2x1 ​ ​   ​ ​  2x2 ​ ​   Diese Wichtungsfaktoren können bei Definition eines Sicherheitsindex ​ ​zur Ermittlung von Teilsicherheitsbeiwerten herangezogen werden, der dann für alle Basisvariablen gilt: ​​x​  *i​  ​   ​ ​  xi​​   ​ ​  i​​       ​ ​  xi​​   ​ Durch Einsetzen der Einwirkung und Beanspruchbarkeit kann das Ergebnis überprüft werden: Einwirkung: ​​x​  *1​   100   0,84 · 3,7397 · 30   194,56 kN  ​ Beanspruchbarkeit: ​​x​  *2​   233   0,54 · 3,7397 · 19,1   194,56 kN ​ Damit ist die Kombination mit dem Maximum gefunden. Durch Einführung charakteristischer Werte gelten dann für die Beanspruchbarkeit und Einwirkungen folgende Beziehungen: Einwirkung: ​​x​  *i​  ​   ​ ​  E​​  · ​x​  i,k​​   ​ 194,56 ​x​  *i​  ​ _  ​   1,30​   ​    ​  ​  ​ ​​  E​​   ​  _ ​x​  i,k​​ 149,3

Beanspruchbarkeit: ​x​  i,k​​ ​​x​  *i​  ​   ​  _  ​​  ​ ​  M0​​ f ​  y,k​​ ________________ ​x​  i,k​​ A· ​ 832,4  ·  242,2  · ​10​​  3​  ​   1,04​    ​        ​  ​ ​​  M0​​   ​  _  ​    ​  _  ​   * * 194,56 ​x​  i​  ​ ​x​  i​  ​ Die beiden Werte würden den theoretischen Mate­ rial-  und Lastfaktor für einen Sicherheitsindex von​    3,7397​entsprechen. Das Produkt aus 1,30 und 1,04 ist mit 1,35 dem Produkt der Normwerte identisch. An den Formeln ist ersichtlich, dass das Ergebnis stark von der Streuung der Eingangsparameter abhängig ist. Bei höherer Streuung von z. B. ​​X​ 1​​​ ergeben sich höherer Lastfaktoren. Auch wenn sich z. B. die statistischen Materialparameter nicht verändern, würde dies einen kleineren Materialfaktor mit sich bringen. Beanspruchungen und Beanspruchbarkeit sind grundsätzlich nicht entkoppelt! Im Zuge baupraktischer Vereinfachungen hat man sich, um eine Entkopplung zu erzielen und damit z. B. nichtlineare Analysen zu ermöglichen, auf die Festlegung fixer Normierungsfaktoren von​​ ​  E​​   0,7​und ​​ ​  R​​       0,8​ geeinigt. Am gezeigten Beispiel wird deutlich, dass die Sensitivitäten durch die Transformation in den Standardraum ermittelt werden. Je nach Verteilungsfunktion ergeben sich daher unterschiedliche Transformationsvorschriften. normalverteilt von x nach y*: x     ​​    ​​y​​  *​   ​ _ lognormalverteilt von x nach y*: ln​(x)​   ​ ​  ln​​  ​​    ​​y​​  *​   ​  _ ​ ​  ln​​



Sicherheitskonzept und vollständig probabilistische Sicherheitsmarge

mit ​​ ​  ln​​   ln​( )​​ ​​ ​  ln​​   ​ _ ​​  gumbelverteilt von x nach y*: ​​y​​  *​   ​ ​​  1​​(​e​​ 

​e​​ 

​)​​

a​(x u)​​

mit _    ​​  ​a   ​ _ √​  6 ​   ·

​u   0,927991  ​ Nach der Transformation in den Standardraum lassen sich die Sensibilitätsfaktoren verallgemeinern zu: ​y​​  *​ ​​ ​  i​​   ​  _ ​​  An dem Beispiel wird deutlich, dass bei einer großen Anzahl von Eingangsparametern die Ermittlung der Zuverlässigkeit äußerst komplex wird. Mithilfe einer computergestützten Monte-Carlo-Simulation kann die mathematische Komplexität auf Kosten der Berechnungsdauer umgangen werden. Der Grenzzustand sowie alle Verteilungsfunktionen müssen bekannt sein. Damit wird eine große Anzahl an Zufallsexperimenten durchgeführt und die relative Versagenswahrscheinlichkeit durch simples Zählen der Kombinationen im Versagensbereich ermittelt. ​n​  Versagensfälle​​ ​​P​  rel​​   ​  _ ​​  ​n​  Experimente​​

Tabelle 12.  Mindestversuchsanzahl einer Monte-CarloSimulation Zuverlässigkeitsklasse

​​P​  f​​​ [–] 7​​

RC 1

​​10​​ 

RC 2

​​10​​  6​​

RC 3

5​​

​​10​​ 

N [–] ​≫ 10.000.000​ ​≫ 1.000.000​ ​≫ 100.000​

699

Es ist ersichtlich, dass bei ​n   unendlich​die relative Wahrscheinlichkeit ​​P​  rel​​​ in die Versagenswahrscheindlichkeit ​​P​  f​​​übergeht. Hierzu ist eine ausreichende Anzahl von Kombinationen im Versagensbereich not­ wendig. Dies ist ein großer Nachteil der reinen Monte-­ Carlo-Simulation. Wegen der geringen Versagenswahrscheinlichkeiten im Bauwesen befinden sich die „Treffer“ in den Schwänzen der Verteilungen. Naturgemäß kommt diese Simulation äußerst selten vor, sodass eine sehr große Anzahl an Experimenten bzw. Berechnungen notwendig ist. Für die nach DIN EN 1990 geforderten Versagenswahrscheinlichkeiten ergeben sich dadurch die nach Tabelle 12 angegebenen Mindestversuchsanzahlen. Bei Bauten oder Bauteilen, deren Ausnutzungsgrad nach normativer Bemessung deutlich unterhalb 100 % liegt, verringert sich die Versagenswahrscheinlichkeit und damit erhöht sich die Anzahl notwendiger Simulationen signifikant. Im Rahmen des Forschungsvorhabens [83] sind Computerroutinen zur Integration des Wahrscheinlichkeitshügels entlang der Grenzzustandsgleichung entwickelt worden. Diese werden verwendet, um den Einfluss unterschiedlicher Verteilungsfunktionen auf den Zugstab zu untersuchen. Die Ergebnisse sind in Tabelle 13 dargestellt. Zunächst wird im folgenden Abschnitt auf die Besonderheiten der Strukturnachweise von Gittermasten eingegangen. Hierzu werden die entsprechenden Grenzzustände benannt.

5.3

Typische Grenzzustände von Gittermaststrukturen

Unterschieden wird zwischen Grenzzuständen, die einmalig im Bemessungszeitraum auftreten (Extremzustände) und solchen, die langzeitige ermüdungsrelevante Zustände beschreiben. Prinzipiell wird ein Grenzzustand G ​ ​als Differenz von Widerstand ​ R​und Einwirkung ​ S​ausgedrückt:​ G   R   S​[84]. Die Forderung nach ausreichender Sicherheit wird entsprechend wie folgt formuliert:

Tabelle 13.  Ergebnisse der Zuverlässigkeitsanalyse eines Zugstabs für verschiedene Verteilungen Verteilung E|R

​A ​[mm2] ​​ ​  k​​   | ​f​​  y,k​​​ G

P​​ ​  f​​​ [–] ​ ​ [–]

​​ ​  E​​​ [–] ​​ ​  R​​​ [–]

​​ ​  E​​​N [–] ​​ ​  R​​​N [–]

Normal Normal

832,4 149,35 | 242,2

9,23e−5 3,7397

0,84 −0,54

1,30 1,04

Log Normal

913,1 163,80 | 242,2

1,36e−3 2,9983

0,95 −0,31

1,44 0,94

Normal Log

824,4 149,4 | 244,6

8,00e−5 3,7750

0,87 −0,49

1,33 1,02

Gumbel Log

904,6 162.3 | 242,2

1,55e−3 2,9569

0,95 −0,30

1,44 0,93

700

11   Türme und Maste

​G​(​a​  0​​  ,​X​  1​​  ,​X​  2​​  , 

​X​  n​​)​    0​

(14)

Dabei sind die Variablen X​  ​​ i​​​ die zu berücksichtigenden Zufallsgrößen. Bei Gittermaststrukturen ist die maßgebende Einwirkung i. d. R. die Windbelastung und die maßgebende Versagensart Biegeknicken. Bezugnehmend auf diese Situation wird die Grenzzustandsfunktion aufgestellt: ​​g​  BK​​   R​(​f​  y​​)​   E​(v)​  ​​v​​  2​​  p​​        ·  A· ​f ​  y​​   ​N​  k​​​(​q​  p,0,98​​)​· ​  _  ​   ​N​  EG​​​ ​​v​​  2​​  0,98​​ mit ​ ​ ​A​ ​​f​  y​​​ ​​N​  k(​​​ ​q​  p,0,98​​)​​ ​v ​2​  p​​​ ​v ​2​  0,98​​​ ​​ ​  EG​​​ N

(15)

Abminderungsfaktor Biegeknicken Profilfläche Streckgrenze (Zufallsvariable) char. Normalkraft Böenwindgeschwindigkeit (Zufallsvariable) 50-Jahres-Böenwindgeschwindigkeit Normalkraft infolge Eigengewichts

Da das Eigengewicht von Stahlprofilen im Vergleich zur Windlast und Streckgrenze wenig schwankt, ist es durchaus vertretbar, die Streuung der Eigengewichtsanteile zu vernachlässigen. Die Grenzzustandsfunktion ist dann so definiert, dass als Zufallsvariablen die Streckgrenze und die Böenwindgeschwindigkeit berücksichtigt werden. Da die Windgeschwindigkeit proportional zum Quadrat der Normalkraft ist, wird der Verlauf der Grenzzustandsfunktion entsprechend gekrümmt; schematisch dargestellt in Bild 54.

5.4

Modellierung der Einwirkungsseite

Grundsätzlich müssen zu allen Lasteinwirkungen statistische Informationen in Form von Verteilungen vorliegen. Im Rahmen dieses Beitrags wird ausschließlich auf die Windbelastung eingegangen. Die Windgeschwindigkeit wird üblicherweise gumbelverteilt mit einem Variationskoeffizienten von v​     0,16​ angenommen [80]. Für die vier Windzonen nach DIN EN 19911-4∕​NA [6] ergeben sich aus dieser Bedingung unter Berücksichtigung der Geländekategorie Binnenland die Parameter nach Tabelle 14.

Tabelle 14.  Statistische Parameter der Böenwindgeschwindigkeit

Bild 54. Wahrscheinlichkeitshügel mit gekrümmter Grenz­ zustandsfunktion [85]

5.5

Modellierung der Widerstandsseite

Der Strukturwiderstand wird unter Berücksichtigung der maximalen Festigkeit und der Streckgrenze des Werkstoffs Stahl mit einem Variationskoeffizienten berücksichtigt, der idealerweise auf Basis von Werkstoffprüfungen an den betreffenden Bauteilen ermittelt wird. Die stochastische Variable „Streckgrenze ​​f​ y​​​“ wird i. d. R. als rechtsschiefe Verteilung, z. B. eine Lognormalverteilung, angenommen. Gemäß [80] kann der Variationskoeffizient stark schwanken. Im besten Fall (gleiche Profile desselben Herstellers) variiert dieser zwischen 0,01 und 0,04; im ungünstigen Fall zwischen 0,06 und 0,12. Im Bereich der Freileitungsmaste werden Variationskoeffizienten in einer Größenordnung von​​ v​  f,Stahl​​   0,08​verwendet[86]. Tabelle 15 fasst die Ergebnisse von Untersuchungen aus [87] zusammen, bei denen die mechanischen Parameter an einer Vielzahl von IPE-Profilen ( 5000) bestimmt worden sind. Von den Autoren durchgeführte, stichprobenartige Berechnungen für Gittermaste haben ergeben, dass sich bei einer statischen Ausnutzung eines Druckstabs von ca. 90 % für den Lastfall Eigengewicht und einer Windlast der Zone II mit einer angenommenen Rauigkeit der Geländekategorie „Binnenland“ ein Sicherheitsindex von ​    3,8​ergibt. Hierbei ist die Windlast gumbelver-

Windzone

​​v​  p​​​ [AC-m∕​s]

​​μ​  v,p​​   ​[AC-m∕​s]

​​ ​  v,p​​​ [AC-m∕​s]

1

​29,50​

​20,85​

​3,336​

2

​32,57​

​23,02​

​3,683​

Stahlsorte

​​μ​  ​f​ y​​​​   ​[MPa]

​​ ​  ​f​ y​​​​​ [MPa]

​v​ [–]

3

​35,75​

​25,27​

​4,043​

S235

​284,5​

​21,5​

0,075

4

​39,03​

​27,59​

​4,414​

S355

​393,5​

​25,4​

0,065

Tabelle 15.  Zufallsparameter der Streckgrenze [87]



Ausblick auf die kommende Normengeneration

teilt; die Streckgrenze ist lognormalverteilt. Im Zuge der Überarbeitung von DIN EN 1990 werden die Eingangsparameter der vollprobabilistischen Berechnungen derzeit diskutiert. Bei Ansatz anderer Verteilungsfunktionen wird erwartet, dass sich die Versagenswahrscheinlichkeit deutlich ändern könnten.

6

Ausblick auf die kommende Normengeneration

Im Zuge der Überarbeitung der Eurocodes wird auch der Teil EN 1993-3 überarbeitet. Zum 30.9.2021 wurde die Version Final Draft fertiggestellt und veröffentlicht. Eines der zentralen Ziele der Überarbeitung der Eurocodes ist die Harmonisierung der einzelnen Teile sowie die Auflösung von Dopplungen innerhalb des Normenpakets. Für den neuen Teil EN 1993-3 wurden daher folgende Ziele definiert: – Verbinden der bisherigen Teile 1993-3-1 Türme und Maste und 1993-3-2 Schornsteine zu einem gemeinsamen Teil 1993-3 Türme, Maste und Schornsteine. – Harmonisierung mit anderen Normteilen. Darin inbegriffen ist die Entfernung von Angaben aus dem Teil EN 1993-3, die beispielsweise in den Teilen EN 1993-1-9 oder EN 1991-4 untergebracht werden können. – Alle für Türme, Maste und Schornsteine spezifischen Aspekte sind in EN 1993-3 zu belassen. – Für Schornsteine ist die Abgrenzung zu EN 13084 in dem Sinne durchzuführen, dass die Tragsicherheitsaspekte der Schornsteine in EN 1993-3 zu berücksichtigen sind, betriebsrelevante Regelungen in EN 13084. Diese Ziele waren die Basis für alle Anpassungen in EN 1993-3. Zudem wurden Anmerkungen aus den beteiligten Ländern im Rahmen der sog. systematic review eingearbeitet. Eine wesentliche inhaltliche Neufassung fand daher nicht statt, es wurden vor allem formale Aspekte bearbeitet. Der Final Draft beinhaltet folgende Kapitel – gemäß aktuellem Stand nur in englischer Sprache verfügbar: 1 Scope 2 Normative references 3 Terms, definitions and symbols 4 Basis of design 5 Materials 6 Durability 7 Structural analysis 8 Ultimate limit states 9 Serviceability limit states 10 Fatigue Annex A (normative) Dampers including aerodynamic measures Annex B (normative) Guys, insulators, ancillaries and other items Annex C (normative) Buckling of components of towers and masts

701

Annex D (normative) Guy rupture Annex E (normative) Execution Annex F (informative) Supplementary rules for the resistance of equal leg angle sections and built-up members Im Folgenden werden die wesentlichen Aspekte der Änderungen beschrieben. Als Titel der Kapitel werden dabei deutsche Übersetzungen verwendet. Kapitel 1 bis 3 In den ersten drei Kapiteln (1. Anwendungsbereich, 2. Normative Verweisungen und 3. Begriffe, Definitionen und Formelzeichen) spiegeln sich die Überarbeitungen der gesamten Norm wider, leichte Überarbeitungen, Klärungen und Umsortierung fanden statt. Die neue Benennung dieser Kapitel, bisher fanden sich alle drei Kapitel im ersten Kapitel Allgemeines, folgt dem harmonisierten Aufbau der Eurocodes. Kapitel 4 Grundlagen der Bemessung Die aktuelle Überarbeitung der EN 13084 wurde zur Harmonisierung der beiden Normen bezüglich der Bemessungsgrundlagen genutzt. Entsprechende Verweise wurden aufgenommen. Der Input von TC297 sowie der überarbeitete Anhang A.3 der EN 1990 wurden ebenfalls berücksichtigt. Die in diesem Kapitel vorgenommenen Änderungen bezüglich der Verkehrslasten resultieren aus den Kommentaren in der systematic review, die auf Vorschriften in den nationalen Anhängen der früheren EN 1993-3-1 und EN 1993-3-2 basierten. Diese Anhänge wurden überarbeitet und die notwendigen Änderungen bei den veränderlichen Einwirkungen wurden im Hinblick auf die Harmonisierung der Verfahren in den Ländern eingearbeitet. Dabei musste zwischen widersprüchlichen Angaben aus verschiedenen Ländern abgeglichen werden. Dies ist in Tabelle 16 dargestellt. Dabei wird darauf verwiesen, dass es sich um allgemeine Werte handelt, die nicht zur Geltung kommen, wenn spezielle Vereinbarungen für ein Bauwerk getroffen werden. Im Hinblick auf die neue EN 1991-1-9 über Eislasten wurde der entsprechende Anhang C aus EN 1993-3-1 gestrichen und ein Verweis auf die neue EN aufgenommen. Da Eislasten für die in dieser Norm angesprochenen Bauwerke eine wesentliche Rolle spielen können, sind gegenüber EN 1991-1-9 zusätzliche Angaben in EN 1993-3 enthalten. Diese betreffen die Annahme gleichmäßiger Vereisung aller Querschnitte und Querschnittsteile sowie den Hinweis auf mögliche asymmetrische Vereisung, die zusätzliche bemessungsrelevante Biegung auf Maste erzeugen kann. Die Anforderung an die Bemessung von Bauwerken, die auf zwei oder mehr Ebenen abgespannt sind und als Schadensfolgeklasse 3 (gemäß Anhang A der EN 1990) eingestuft werden, wurde präzisiert, indem vorgeschrieben wird, dass sie dem Bruch einer Abspannung standhalten müssen, ohne einzustürzen. Abschnitte, die sich auf die Dauerhaftigkeit beziehen, wurden in Kapitel 6 übertragen.

702

11   Türme und Maste

Tabelle 16.  Vergleich der nationalen Anhänge zu Verkehrslasten. Die Darstellung ist vereinfacht, teilweise vorhandene Querverweise sind nicht dargestellt. Leere Felder bedeuten, dass keine Angaben in den nationalen Anhängen waren. Die Abkürzung n.def. bedeutet, dass dieser Wert in der Norm nicht enthalten ist. Topic

Old 1993-3

Members point load [kN]

1,0

1,5

1,0

n.def.

0,5

0,5

Members horizontal point load [kN]

FI

DE

DK

FR

HR

UK

RO

IT

[kN∕​m2]

2,0

1,5

1,5

Platform point load workman [kN]

1,0

1,5

1,5

Platform point load gear [kN]

n.def.

Ladder point load [kN]

n.def.

Handrail horizontal load [kN∕​m]

0,5

Handrail horizontal point load [kN]

n.def.

Handrail vertical point load [kN]

n.def.

1,5

1,5

n.def.

Ladder horizontal load [kN]

n.def.

0,5

0,5

0,5

Wind on person [kN]

n.def.

1,0

0

0,5

0,5

**)

Platform distributed load

(wind) *)

3,0

2,5

New

2,0 1,5

3,0 1,5

3,0 1,5

*)

1,5

0

0,7

0,75

1

1

0,5 0,5

0,5 0

In Verbindung mit 1,0 kN Vertikallast auf der Plattform. Es sind 10 m∕​s Windgeschwindigkeit anzusetzen.

**)

Kapitel 5 Werkstoffe Wesentliche inhaltliche Veränderungen wurden nicht vorgenommen, die gemeinsamen Abschnitte für Bau­ stähle und nichtrostende Stähle wurden vereinheitlicht. Kapitel 6 Dauerhaftigkeit Die Empfehlung eines spezifischen Lebensdauerwerts wurde gestrichen und stattdessen wird eine Vereinbarung zwischen dem Eigentümer und dem Konstrukteur vorgeschlagen, in Übereinstimmung mit Anhang A der EN 1990. Hinsichtlich der Korrosion wurde die Kompatibilität mit EN ISO 12944 und EN 13084 berücksichtigt. Die äußeren Korrosionszuschläge statisch relevanter Bauteile wurde aus den alten Normen übernommen. Technische Details bezüglich der Dauerhaftigkeit der Abspannseile wurden aus der Norm entfernt und ein entsprechender Hinweis auf EN 1993-1-11 gegeben. Kapitel 7 Tragwerksberechnung Die Kompatibilität mit den aktuellen Versionen von EN 1993-1-1 und EN 1993-1-11 wurde sichergestellt. Insbesondere wurden Dopplungen aus der Norm entfernt. Es wurden Klarstellungen bezüglich der Modellierung von Stäben und Verbindungen, insbesondere bei dreieckigen Gittertürmen, in Verbindung mit der Lasteinleitung an den Knoten oder entlang der Stäbe, der Berechnung der Knicklänge und dem Nachweis der Stäbe aufgenommen. Zur Modellierung von Schornsteinen mit Balken- oder Schalenmodellierung werden Hinweise gegeben, die kompatibel zu den Bestimmungen des CICIND Model Codes sind.

Kapitel 8 Grenzzustand der Tragfähigkeit Die Teilsicherheitsbeiwerte der Beanspruchbarkeit Mt (alt: 2,0 – neu: 1,5) für Zugglieder und deren Verankerung sowie Mi (alt: 2,5 – neu: 2,0) für Isolatoren wurden reduziert, dabei wurde Mt mit EN 1993-1-11 harmonisiert. Der Wert für M1 wurde für Schalentragwerke zu 1,1, entsprechend der bisherigen Teilnorm für Schornsteine, und für andere Strukturen zu 1,0, entsprechend der bisherigen Teilnorm für Türme und Maste, gesetzt. Zum Biegedrillknicken bei gleichschenkligen Winkelprofilen wurde ein klärender Abschnitt eingefügt. Neuere experimentelle und numerische Untersuchungen, s. [88–90], haben gezeigt, dass das Biegedrillknicken hier vernachlässigt werden kann, da das Biegeknicken um die schwache Achse im Allgemeinen die relevante Versagensart ist. Es wurde ein Abschnitt eingefügt, der zur Ermittlung der Tragfähigkeit polygonaler Profile auf EN 1993-1-1 und EN 1993-1-5 verweist. Damit wird eine Harmonisierung mit EN 50341-1 erreicht. Bei geschraubten Flanschverbindungen war die in EN 1993-3-1 vorgesehene Methode in einigen Fällen zu konservativ, insbesondere wenn nicht vorgespannte Schrauben verwendet werden. Daher wurde eine neue Methode für die Widerstandsfähigkeit von kreisförmigen verschraubten Flanschplattenverbindungen eingeführt. Diese Methode basiert auf Untersuchungen, die in den Referenzen [91–93] veröffentlicht wurden. Die Methode wird so weit wie möglich in einem ähnlichen Format wie die in EN 1993-1-8 für Endplattenverbindungen vorgesehenen Methoden vorgeschlagen.

Zusammenfassung

Die hier dargestellten Regeln wurden explizit für Hohlflansche abgeleitet, können aber auch für eine konservative Abschätzung bei runden Flanschen ohne Mittelloch verwendet werden. Kapitel 9 Grenzzustand der Gebrauchstauglichkeit Relevante Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit, die mit dem Erscheinungsbild oder der Nutzung der Konstruktion zusammenhängen, sind in EN 1990 Anhang A 3.8 beschrieben, daher wird nun in EN 1993-3 lediglich darauf verwiesen. Grenzzustände der Gebrauchstauglichkeit treten für Tragwerke aus dieser Norm vor allem für Windlasten auf, daher wird auf EN 1991-1-4 Anhang F.8 verwiesen. Die grundlegenden Informationen wurden aus den vorangegangenen Normen übernommen. Der Übersichtlichkeit halber wurde in (1), (2) und (3) Auswirkungen, Bemessungsparameter und Ursachen getrennt. Die Gebrauchstauglichkeitsgrenzen für Türme und Masten hängen stark von der Nutzung ab. Beispielsweise basieren die Grenzwerte für Richtantennen auf einer anderen Funktionalität als die Grenzwerte für z. B. Schornsteine. Es könnte sogar neue Entwicklungen z. B. in der Antennentechnik geben, die noch strengere Grenzwerte erfordern. Je nach individuellem Bauwerk können Auswirkungen relevant werden, die in einem Regelwerk nicht berücksichtigt werden können. Das ist der Grund für die entsprechend offenen Formulierungen in den ersten Sätzen dieses Kapitels und den Hinweis auf die jeweils gebäudespezifisch festzulegenden Grenzzustände. Der Teilfaktor von 1,0 in den Anmerkungen der vorangegangenen Codes ist durch den Verweis auf EN 1990 enthalten und bedarf keiner besonderen Erwähnung. Kapitel 10 Ermüdung Das neue Kapitel zur Ermüdung resultiert aus der Zusammenführung von Kapitel 9 aus EN 1993-3-1 und EN 1993-3-2 einschließlich der in der systematic review diskutierten Änderungen. Der in EN 1993-3-2 enthaltene Anhang C wurde in EN 1993-1-9 aufgenommen. Die neue EN 1993-3 verweist diesbezüglich daher auf EN 1993-1-9. Im Rahmen der systematic review wurde über Ereignisse mit starken Seitenwindschwingungen von windgeneigten Diagonalen in Gittertürmen mit Rohrträgern berichtet, und es wurden Überlegungen zur Änderung von Abschnitt 9.2.3 in EN 1993-3-1 und der entsprechenden Anmerkung angestellt. Obwohl die Grundlage des Verfahrens zur Beurteilung der Anfälligkeit für Ermüdungsschäden durch Seitenwinderregung im Wesentlichen beibehalten wurde, wurde ein ausführlicherer Text für die Anmerkungen in Abschnitt 10.2.3 des neuen Codes eingeführt. Der verbesserte Text soll dem Konstrukteur verdeutlichen, dass selbst bei Einhaltung der Schlankheitskriterien des ehemaligen Anhangs C ∕​ neu EN 1993-1-9 die Gefahr übermäßiger Seitenwindschwingungen in Rohrdiagonalen hinter Rohrschenkeln mit größerem Durchmesser besteht, insbesondere wenn das Verhältnis von Diagonaldurchmesser zu -dicke (D∕​t) größer als 40 ist oder die Neigung der Diago-

703

nale bei horizontalem Grundriss größer als 45° ist. In solchen Fällen wird der Konstrukteur auf die in EN 1991-1-4 Anhang H angegebenen allgemeinen Verfahren verwiesen. Anhang A Dämpfer und aerodynamische Maßnahmen (normativ) Im Zuge der Harmonisierung wird an vielen Stellen auf Abschnitte der EN 1991-1-4 sowie EN 1990 A.3.8 verwiesen. Dort nicht vorhandene Abschnitte wurden aus der bisherigen EN 1993-3-2 im Wesentlichen übernommen. Anhang B Seile, Dämpfer, Isolatoren, Außenanbauten und Zusatzeinrichtungen (normativ) Die Regelungen aus EN 1993-3-1 wurden im Wesentlichen übernommen. Anhang C Knicken druckbeanspruchter Bauteile in Türmen und Masten (normativ) Im Zuge der Harmonisierung erfolgt der Hinweis auf EN 1993-1-1. Darüber hinaus werden für typische Fachwerkkonstruktionen von Türmen und Masten Hinweise zur Ermittlung der Schlankheit gegeben. Diese entsprechen im Wesentlichen den Hinweisen der alten EN 1993-3-1. Nach Hinweisen aus der systematic review wurden manche Skizzen zwecks besserer Erkennbarkeit neu gezeichnet. Anhang D Seilbruch (normativ) Die Regelungen aus EN 1993-3-1 wurden im Wesentlichen übernommen. Anhang E Seilbruch (informativ) Im Zuge der Harmonisierung erfolgt der Hinweis auf EN 1090. Nach Neufassung der EN 1090-2 unter Berücksichtigung der Regelungen in diesem Anhang E kann der Anhang entfallen. Die Regelungen aus EN 1993-3-1 und EN 1993-3-2 wurden im Wesentlichen übernommen. Anhang F Ergänzende Regeln für die Tragfähigkeit gleichschenkliger Winkelprofile und zusammengesetzter Stäbe (informativ) Der gesamte Anhang F basiert auf Regeln, die im Rahmen des RFCS-Projekts ANGELHY hergeleitet wurden. Er enthält Regeln für Winkelprofile und aus Winkelprofilen zusammengesetzte Stäbe mit Biegemomenten und Normalkräften. Wenn der Turm als reine Fachwerkstruktur modelliert wird, sollten die Regeln in Anhang F nicht angewendet werden. Die Ableitung dieser Regeln und ihre Validierung sind in den Referenzen [88, 90, 94] ausführlich beschrieben. Diese Regelungen entsprechen neuesten Forschungsergebnissen und sind noch nicht in praktischer Anwendung bewährt. Daher sind sie nicht der Stand der Technik und werden als informativer Anhang gezeigt.

7

Zusammenfassung

Türme und Maste sind Teil unserer modernen Infrastruktur. Aufgrund ihrer Bedeutung und häufigen Herstellung ist es sinnvoll, die Lastansätze, die Bemessungsmodelle und Nachweiskriterien fortlaufend zu hinter-

704

11   Türme und Maste

fragen, weiterzuentwickeln und die zugehörigen Regelungen dem aktuellen Stand der Forschung entsprechend anzupassen. Im vorliegenden Beitrag wurde Bezug genommen auf die wichtigsten Nutzungsarten und Herstellungsformen von Türmen und Masten. Es wurden Potenziale im Bereich der Lastmodellierung aufgezeigt, die zum Teil in Richtung einer Vereinfachung gehen, da die Verfasser der Ansicht sind, dass manche Verkomplizierung nicht notwendigerweise zu einer Verbesserung der Normungssituation geführt hat. Das Einwirkungsmodell für turmartige Tragwerke wurde mit besonderem Blick auf die veränderlichen Lasten aus Wind und Eis thematisiert. Es wurden Ansätze vorgestellt, wie eine standortbezogene Analyse zu einer genaueren Nachweisführung genutzt werden kann. Gleiches gilt für die Bewertung von Schwingungseffekten, auch hier wurden Beiträge zur Bewertung dargelegt, die über die derzeitige Normungslage hinausgehen und eine präzisiere Betrachtung erlauben. Die Planung von Stahlgittertürmen für Freileitungsmaste der Stromleitungsführung benötigt neben der statisch-konstruktiven Befähigung auch Kenntnisse in Bereichen der Elektrotechnik und der Stromnetzführung. Es sind dementsprechend viele Randbedingungen vorab festzulegen. Primär sind die Anforderungen an die Trassenplanung zu klären. Die Entscheidungen über die Höhe der Spannungsebene und den Verlauf der Trasse mit dem vorgegebenen Geländeprofil bestimmen sowohl die Funktion der einzelnen Maste als auch die Konstruktion des Freileitungsmastes selbst. Prinzipiell verursachen Freileitungsmaste während der Errichtung und des Betriebs Umwelteinwirkungen, die bei der Trassenplanung zu berücksichtigen sind. Es wurden Ergebnisse für zylindrische Rohrmaste für den Bereich des Freileitungsbaus präsentiert, die im Rahmen eines Forschungsvorhabens entwickelt wurden. Das Prinzip der Konstruktionsform nutzt neuartige Steckverbindungen als Anschlussdetails, für die die entsprechenden Detailnachweise und -untersuchungen vorgestellt wurden. Es wurden grundlegende Aspekte der probabilistischen Bemessung vorgestellt, die im Rahmen eines Forschungsvorhabens für den Bereich der Gittermastberechnung für Windenergieanlagen zur Anwendung kamen. Im Rahmen des Beitrags wurde an einem einfachen Beispiel auf die Herausforderungen bei dieser Art der Nachweisführung eingegangen – insbesondere auf die Bedeutung der zugrunde gelegten Verteilungsfunktionen. Obwohl die Verfasser mit diesem Beitrag kein allumfassendes Dokument zur technischen Planung von Türmen und Masten bezweckt haben, wurden wesentliche Themengebiete adressiert und mit neuen Erkenntnissen aus der Forschung und Projektbearbeitung unterlegt. Wenn hierdurch die Diskussion um die Lastannahmen, Berechnungsweisen und Widerstandsgrößen lebendig gehalten wird, ist die Zielsetzung erreicht.

8

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11   Türme und Maste

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Stichwortverzeichnis

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Stichwortverzeichnis A Abaqus ​­305 Abkühlphase ​­213 Ablationsprodukte ​­369 Abplatzung, brandinduzierte ​­397 Abspannisolator ​­660 Abspannmast ​­644, 650, 672 – Vierer-Leiterbündel ​­659 – Winkelabspannmast ​­650 – Zweier-Leiterbündel ​­659 aBG siehe allgemeine Bauart­ genehmigung abZ siehe allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Abzweigmast ​­650 aerodynamische Instabilität ​­ 590–601 aerodynamische Steifigkeit ​­602 Aftetalbrücke bei Bad Wünnenberg ​ ­619–622 allgemeine bauaufsichtliche Zulassung∕​ allgemeine Bauartgenehmigung (abZ∕​aBG) – Baustützen ​­188–190 – Gerüst ​­179–190 – Metallbau ​­149–178 – – Werkstoffe ​­146–148 – Metallbauarten ​­149–178 – Verbundbau ​­144 f. Altstahl – bruchmechanische Parameter ​ ­508–512 – Bruchzähigkeit ​­481–486 – chemische Zusammensetzung ​ ­445–447 – – Bestimmung ​­445 – Kohlenstoffgehalt ​­446 – Legierungsanteile ​­446 – mechanische Eigenschaften ​­447 – mechanisch-technologische Kennwerte ​­447–451 – metallurgische Besonderheiten ​­431, 444 f. – Referenztemperatur nach Master-Curve-Konzept ​­482 f. – Risszähigkeit ​­508 – Schweißbarkeit ​­463 f. – – Einflüsse ​­464 – Schweißeignung ​­464 – – Werkstoffanalyse ​­469 f. – Schweißen ​­463–473 – – Anwendungsbeispiele ​­471–473 – Siliziumgehalt ​­447 – Stickstoffgehalt ​­447 – Wärmeeinflusszone ​­468 – – Korngrößenverlauf ​­469 – Werkstoffeigenschaften ​­444–451 – Zugversuch ​­472 Altstahlkonstruktionen – Bewertung ​­427–526 – Instandsetzung ​­427–526 Aluminiumbauteile, reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​­384

Amplituden-GeschwindigkeitsDiagramm ​­596 f. Anschlusskonstruktion, reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​­390 f. Ansys ​­306 f. Antennenträger ​­644 Arbeitsgerüst ​­93, 129 Aufschweißbiegeversuch ​­20, 471 Auftriebskraft – Erregerkraftbeiwert ​­603 – Korrelationslänge ​­603 – Lastkorrelation der Wirbel­ ablösungskraft ​­602 Aufzug, Brandfallsteuerung ​­111 Ausführungsklassen ​­17, 82, 98 außenliegende Bauteile, Brand­ einwirkungen ​­355 Außenwand, Brandschutz­ anforderungen ​­105 f. B Balkenbrücke – Überbau, Schwingungsanfälligkeit ​ ­590 f. Barrierefreiheit ​­114 Basiswindgeschwindigkeit ​­580 – Bestimmung, Richtungsfaktoren ​ ­584 Bauartgenehmigung siehe allgemeine bauaufsichtliche Zulassung Baumannabdruck ​­445, 465 Bauregelliste (BRL) A ​­125 Baustahl – Abminderungsfaktor-TemperaturBeziehungen ​­212 – Bruchzähigkeit ​­22 – Duktilitätsanforderungen ​­22 – Eigenschaften in Dickenrichtung ​­ 22 – Festigkeitsreduzierung ​­212 – Materialkonstanten ​­23 – Normungsentwicklung ​­443 – Proportionalitätsgrenze ​­293 – Reduktionsfaktoren, temperatur­ abhängige ​­293 – schweißgeeigneter, normative Verweisungen ​­10 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung – – bilineare ​­36 – – (im) Brandfall ​­293 f. – Stahlgütewahl ​­23 – Steifigkeitsreduzierung ​­212 – Streckgrenze ​­21 – Toleranzen ​­23 – unlegierter ​­126 – Werkstoffeigenschaften ​­20 – Zugfestigkeit ​­21 Baustütze – abZ∕​aBG ​­188–190 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­129 f. Bauteile – Achsen, Definition ​­15 f.

– außenliegende, Brandeinwirkungen ​ ­355 – aussteifende, Brandschutz­ anforderungen ​­284 – Brandverhalten, Brandschutz­ anforderungen ​­101 f. – feuerverzinkte, Emissionsbeiwerte ​ ­286 – (mit) Fließgelenken – – Abstützmaßnahmen ​­77–81 – – Biegedrillknicken ​­63 f. – genietete siehe dort – (mit) konstantem Querschnitt, Definition ​­11 – rissgeschwächte – – Grenzlasten, plastische ​­480 – stabilitätsgefährdete, Brand­ bemessung  ​­226 f. – Stahlbauteile siehe dort – tragende, Brandschutzanforderungen ​ ­284 – Verbundbauteile siehe dort – Wandbauteile siehe dort Bauwerksaerodynamik, Nachweis ​­579 Bauwerks-Boden-Interaktion ​­25 Bauwerksinstabilität, aeroelastische ​ ­590–601 Bauwerksschwingungen durch Windböigkeit ​­591 – Böengrundanteil ​­591 – Dynamikfaktor ​­591 – Resonanzanteil ​­591 Behälter ​­128 f. Bemessungsbrand ​­350–353, 405 Bescheide im Stahlbau ​­144–201 – Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt) ​­144–201 Bessemer-Birne ​­438 f. – Auskleidung ​­439 Bessemer-Konverter ​­438 Bessemer-Verfahren ​­438 f., 447 Beton – Dichte, temperaturabhängige ​­291 – Druckfestigkeit, temperatur­ abhängige ​­294 – Elastizitätsmodul ​­294 f. – reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­397 – Stauchung ​­294 – thermische Dehnung ​­291 f. – Wärmeausdehnungskoeffizient ​­292 – Wärmekapazität ​­291 – Wärmeleitfähigkeit ​­290 f. – Zugfestigkeit ​­294 Betonstahl – Proportionalitätsgrenze ​­293 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung im Brandfall ​­293 f. Beulspannung, kritische ​­537 Bewehrung, Brandschutzbewehrung ​ ­320 Biegebeanspruchung, Nachweise ​­45, 48–50

710 Stichwortverzeichnis Biegedrillknicklinien nach prEN 1993-1-2:2020 ​­229 Biegeträger, Querschwingung ​­591 Blech, Geometriefaktor ​­480 Blitzschutzanlage, Brandschutz­ anforderungen ​­111 Böenwindgeschwindigkeit, Boden­ rauigkeitseinfluss ​­585–589 Böenwindgeschwindigkeitsdruck ​­582 Böenwindlast ​­590 Bolzen ​­127 f. Brand – brandlastgesteuerter ​­354 – lokaler ​­364–366 – – Brandeinwirkungen ​­356 – Raumbrand, vollentwickelter ​­363 f. – ventilationsgesteuerter ​­354 Brandbemessung ​­404, 408 – bauteilorientierter Ansatz ​­206 – Level-1-Verfahren ​­205 f. – Level-2-Verfahren ​­205 f. – Level-3-Verfahren ​­206 – schutzzielorientierter Ansatz ​­206 – stabilitätsgefährdete Bauteile ​­ 226 f. – – Abminderungsfaktoren ​­226 – – Normalkraft-MomentenInteraktion ​­226 – – Schnittgrößeninteraktion ​­227 – – Stabilitätsnachweis im Brandfall ​ ­227 – (von) Stahlkonstruktionen ​­205–207 Brandfall – Bemessung siehe Brandbemessung – Einwirkungen ​­285–289 – – (nach) Eurocode 1 ​­345–366 – – – außergewöhnliche Bemessungs­ situation ​­349 – – – Bemessungsbrand ​­350–353 – – – Kombinationsbeiwert ​­350 – – – leistungsorientierte Festlegung ​ ­353–363 – – – mechanische ​­349 f. – – – Nachweisverfahren ​­348 – – – Rechenverfahren ​­348 – – – Reduktionsfaktor ​­350 – – – thermische durch Wärme­ übergang ​­348 f. – – – Zwangskräfte ​­349 – – mechanische ​­288 f. – – thermische ​­285–288 – Ingenieurmethoden ​­307 Brandfallsteuerung von Aufzügen ​­ 111 Brandgastemperaturkurven ​­392 Brandlastdichte ​­354 Brandmodell – Ein-Zonen-Modell ​­358 – erweitertes ​­358 f. – Feld-Modell ​­358 – Naturbrandmodell siehe dort – physikalisch basiertes ​­213 – Postflashover model ​­358 – Vollbrandmodell ​­358 – Zwei-Zonen-Modell ​­358

Brandschutz – Anforderungen ​­101–111, 282–285 – – Außenwand ​­105 f. – – aussteifende Bauteile ​­284 – – Bauteilbrandverhalten ​­101 f. – – Blitzschutzanlage ​­111 – – Brandwand ​­107 f. – – Dach ​­108 f. – – Decke ​­108 – – elektrische Betriebsräume ​­110 f. – – Fahrschachtwand ​­110 – – Fahrschachttür ​­110 – – Feuerwiderstandsfähigkeit ​ ­102–104 – – Feuerwiderstandsklassen ​­283 – – Flur, notwendiger ​­110 – – Gang, offener ​­110 – – Garage ​­111 – – Installationsschacht ​­110 f. – – Installationskanal ​­110 f. – – Isolationskriterium ​­283 – – (Anlage zur) Lagerung von Sekundärstoffen aus Kunststoff ​ ­111 – – (nach) Musterbauordnung ​­282 – – Raumabschlusskriterium ​­283 – – Regelbau ​­283 – – Sonderbauten ​­111, 283, 285 – – Systemböden ​­110 f. – – technische Gebäudeausrüstung ​ ­111 – – tragende Bauteile ​­284 – – Tragfähigkeitskriterium ​­283 – – Trennwand ​­106 f. – – Treppe ​­109 – – Treppenraum, notwendiger ​­109 f. – – (nach) Verwaltungsvorschrift der Technischen Baubestimmungen ​ ­282 – – Wärmeabzugsgeräte ​­111 – baulicher ​­281 – Praxisbeispiele ​­401–425 – – Parkhausneubau, Flughafen Stansted ​­409–416 – – Raumzellengebäude aus ­Containern ​­416–424 – – Theater am Wiesendamm, Hamburg ​­403–409 Brandschutzbekleidung ​­292 – passive ​­369 Brandschutzbeschichtung ​­292, 369 Brandschutzbewehrung ​­320 Brandschutzingenieurwesen ​­282, 305 Brandschutzmaterialien, thermische Eigenschaften ​­292 f. Brandschutzsysteme, reaktive (RBS) siehe dort brandschutztechnische Bemessung – allgemeine Verfahren ​­312 – Aufbereitung in der Numerik ​­294 – Bemessungstabellen ​­296 f. – Biegemomententragfähigkeit, ­Berechnung ​­297 f. – brandschutztechnische Anforde­ rungen siehe auch dort ​­282–285

– computergestützte ​­282, 312 – (nach) DIN EN 1994-1-2 ​­296–304 – Flachdeckenträger siehe auch dort ​ ­301, 338–344 – Gesamttragwerke ​­296 – Hohlprofilstütze, betongefüllte siehe auch dort ​­302, 334–338 – Längsschubtragfähigkeit, Nachweis ​ ­298 – Materialeigenschaften ​­289–296 – mechanische Materialkennwerte ​ ­293 f. – schutzzielorientierte ​­281, 312 – Verbundbauteile ​­296 – Verbunddecke siehe auch dort ​ ­297–299, 316–324 – Verbundstütze ​­301–304 – Verbundträger ​­299 – – kammerbetonierter siehe auch unter Verbundträger ​­323–334 – Verbundtragwerk siehe dort – vereinfachte Verfahren ​­297–304 Brandsimulation ​­305, 412 Brandversuch ​­206 – Großbrandversuch ​­217 f. – Kleinbrandversuch ​­216 f. – Naturbrandversuch ​­214 Brandwand, Brandschutz­ anforderungen ​­107 f. Bruchmechanik – elastisch-plastische ​­476 – linear-elastische ​­476 – Risswachstum ​­506–520 – zyklische Beanspruchung ​­507 f. bruchmechanische Nachweiskonzepte ​ ­476 f. bruchmechanischer Schwellenwert ​ ­507 bruchmechanische Sicherheitsanalyse ​ ­476–481 Brücken – Balkenbrücke siehe dort – Eisenbahnbrücke siehe dort – Stahlverbundbrücke ​­597 Brückenensemble des WSA in Lübeck ​ ­435 Brückenüberbauten – aerodynamische Anregung ​­622 – aerodynamische Optimierung ​­ 622 – aeroelastische Phänomene ​­615 – Eigenfrequenz, verringerte ​­615 – Schwingungsminderung ​­615–623 – Vorbauschnabelmodifikation ​­ 622 f. – winderregte Schwingungen ​­615 Buckelblech, geschädigtes ​­472 C Chemnitzer Eisenbahnviadukt ​­434, 463 Computational Fluid Dynamics (CFD) ​ ­623 – aktuelle Situation im Wind­ ingenieurwesen ​­626 f.

Stichwortverzeichnis – Anwendungen – – Rheinbrücke Autobahn KölnLeverkusen ​­632–635 – – Schloss Friedenstein, Westturm ​ ­628–632 – Qualitätssicherung ​­627 f. CORINE-Kataster ​­586 D Dach, Brandschutzanforderungen ​ ­108 f. Dachbauteile ​­121 dämmschichtbildende Materialien ​ ­369 Dämmschichtbildner ​­292 DASt-Richtlinie 009 ​­474 Dauerhaftigkeit – Hochbauten ​­17 – reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­385–389, 395 f. – Stahlbauten ​­23 f. Deaves-Harris-Modell ​­583 Decken – Brandschutzanforderungen ​­108 – durchlaufende, Belastungsanordnung ​ ­73 – Verbunddecke siehe dort Deckenbauteile ​­121 Deltamast ​­652 Deutsches Institut für Bautechnik (DIBt), Bescheide ​­144–201 Deutsches Normalprofilbuch für Walzeisen zu Bau- und Schiffsbau­ zwecken ​­443 DIN 1612 ​­444 DIN EN 1991-1-4:2010-12 ​­579 DIN EN 1993 – Inhalte ​­208 – struktureller Aufbau ​­208 DIN EN 1993-1-1 ​­1–86 DIN EN 1994-1-2 ​­296–304 DIN EN 1993-1-2:2010, Gliederung ​ ­208 Direct Numerical Simulation (DNS) ​ ­624 Divergenz ​­599 Dolomit, gebrannter ​­439 Donaumast ​­652–654 – Konstruktionsschema ​­653 f. – Parameter ​­655 Doppelwinkel – Rücken an Rücken gestellte ​­533 f., 553–558 – – Modellierung ​­555 – – Parameterbereich ​­556 – übereck gestellte ​­533, 554 f., 557 f. – – Modellierung ​­555 – – Parameterbereich ​­557 Dornhammer ​­458 Druckbeanspruchung, Nachweise ​­ 45 Druckgurt – Biegedrillknicken ​­235–239 – Knicken ​­58

E Eigenform, skalierte ​­33 Einebenenmast ​­652 Einheits-Temperaturzeitkurve ​­353, 421–423 Einmassenschwinger – Schwingung, Bewegungsgleichung ​ ­591 Einzelmast ​­645 Einzelstab – Bemessungsvorschlag ​­545–549 – biegebeanspruchter ​­549–553 – Biegedrillknicken – – Abminderungsfaktor ​­548 – – (unter) Momentenbelastung ​ ­547–549 – – Verzweigungslast, ideale ​­545 – – Verzweigungsmoment, ideales ​ ­548 – Biegeknicken ​­544 f. – – Abminderungsfaktor ​­544 – – Verzweigungslast, ideale ​­544 f. – Drillknicken – – Verzweigungslast, ideale ​­545 – Druck, planmäßig zentrischer ​ ­544–547 – druckbeanspruchter ​­549–553 – Eigenspannung ​­546 – Imperfektion, globale ​­546 – Interaktionsfaktoren ​­549 – Nachweis ​­527–576 – Schlankheit, wirksame ​­551 f. – Schlankheitsgrad ​­548 – Segmentschlankheitsgrad ​­564 – Segmentversagen ​­563 – Stabilitätsnachweis ​­544–553 – Verzweigungslast, ideale ​­564 Ein-Zonen-Brandmodell ​­358 Eisenbahnbrücke, zyklische ­Beanspruchung ​­513 Eisenbahnbrücke Dessau-Roßlau ​­510 Eisenbegleiter ​­446, 464, 466–468 Eisenherstellungsverfahren ​­431 Eisenhüttenkombinat Ost bei Frankfurt∕​Oder ​­443 Eiszapfen ​­676 f. Elastizitätsmodul von Beton ​­294 f. elektrische Betriebsräume, Brand­ schutzanforderungen ​­110 f. Elektrodenhandschweißen ​­468 Elektrostahl ​­441 Elsterbrücke bei Plauen ​­518 Endmast ​­650 Erdbebengebiete ​­94 Ermüdung ​­92 Ersatzstabnachweis ​­51 ETA ​­191–201 Eurocode 1, Einwirkungen im Brandfall ​­345–366 Eurocode 3 ​­5–10 – Anwendungsbereich ​­8–10 – Formelzeichen ​­11–15 – Teilsicherheitsbeiwerte ​­41 Europäische Technische Bewertung (ETA) ​­191–201

711

F Fachwerkbauteile, Biegeknicken ​ ­73–76 Fachwerkstab, zusammengesetzter ​ ­452 Fachwerkverbände, Biegeknicken ​ ­73–76 FAD ​­474, 477, 491 Fahrschachttür, Brandschutz­ anforderungen ​­147 Fahrschachtwand, Brandschutz­ anforderungen ​­110 Failure-Assessment-Diagramm (FAD) ​ ­474, 491 – Bruchsicherheitsbewertung ​­477 Fassade, Vorhangfassade siehe dort Fassadenkonstruktionsbauteile ​­121 Feld-Brandmodell ​­358 Festigkeit, mechanische ​­91 Feuerbrücke ​­437 feuerverzinkte Oberfläche, Emissionsgrad ​­217 f. Feuerverzinkung ​­216 Feuerwiderstandsfähigkeit, Brandschutzanforderungen ​­102–104 Feuerwiderstandsklassen ​­283 Feuerwiderstandsnachweis ​­407 f., 414 f., 421–423 Flachboden-Tankbauwerk ​­93 Flachdeckenträger, brandschutztechnische Bemessung ​­301, 338–344 – Anwendungsgrenzen ​­339–341 – äquivalente Temperatur ​­340 – Momententragfähigkeit, plastische ​ ­341–344 – Nulllinie, plastische ​­341 Flammofen ​­437 Flashover ​­355 Flatterderivate ​­600 Flattern ​­599–601 Flatterwindgeschwindigkeit, kritische ​ ­600 Fliegende Bauten ​­121 Flur, notwendiger – Brandschutzanforderungen ​­110 Flüssigkeitsbehälter ​­91 Flussstahl ​­508 – Bruchdehnung ​­449 – Brucheinschnürung ​­449 – bruchmechanische Schwellenwerte ​ ­512 – chemische Zusammensetzung ​­ 446 f. – Herstellung – – (nach) Bessemer-Verfahren ​­438 f. – – (nach) Thomas-Verfahren ​­439 – mechanische Eigenschaften ​­448, 450 – Rissfortschrittskennwerte ​­509–512 – Risswachstumsparameter, ­experimentell bestimmte ​­511 – Risswachstumswerte ​­509 – Schmelzschweißbarkeit ​­444 – Schweißeignung ​­465 – – Grenzwerte ​­470

712 Stichwortverzeichnis – Sprödbruchneigung ​­473–491 – Streckgrenze ​­448, 450 – Werkstoffeigenschaften ​­444 – Zähigkeit ​­473 – Zugfestigkeit ​­449 Freileitung ​­657 f., 676 – Armaturen ​­660 f. – Bestandteile ​­647 – Doppelabspannkette ​­660 – Erdseil ​­651, 658 – Feldabstandhalter ​­661 – Isolator ​­660 – Leiter ​­659 – Leiterseil ​­658, 660 – Tragkette ​­660 – Trassenquerschnitt ​­651 – Trassenschema ​­651 – Verbindungselemente ​­660 f. – Vereisung ​­676 Freileitungsmast ​­649–661, 663–672 – Abspannmast ​­650 – Abzweigmast ​­650 – Bauarten ​­649 f. – Bauwerksprüfungen ​­657 – Einwirkungen ​­690–693 – – Kombinationen ​­690 f. – Eislast ​­691 f. – Endmast ​­650 – Gründung ​­656 – Korrosionsschutz ​­656 – Kreuzungsmast ​­650 – Lastfälle ​­693 – Leiterverlegung ​­657 – Mastbilder ​­651 f. – Montage ​­656 f. – raumoptimierter ​­671 f. – Rohrmast siehe dort – Seilzug ​­689 f. – Sprödbruchneigung ​­475 – Tragmast ​­649 f. – Tragwerk ​­653–657 – Verbindungstechniken ​­655 f. – Wind-Eislast-Kombination ​­692 – Windlast ​­690 f. – Winkelabspannmast ​­650 Funkenemissionsspektroskopie ​­ 445 G Galloping ​­592–595 – Amplitudenkurve ​­594 – Einsetzgeschwindigkeit ​­595 – instationäres ​­596 – Interaktion mit wirbelerregter Schwingung ​­595–598 – Interferenzgalloping ​­613 – Torsionsgalloping ​­595, 601 Gang – offener, Brandschutzanforderungen ​ ­110 Garage ​­111 f. Gärfuttersilo ​­93 Gebrauchstauglichkeitsgrenzzustand ​ ­69 Gelenktragwerk ​­11

genietete Bauteile – Betriebsfestigkeitsnachweis ​­497, 501 f. – Ermüdungsfestigkeit ​­433, 494–501 – Kerbfallkatalog ​­500 – Restlebensdauer ​­433, 501–506 – – Nachweis ​­497 – Rissgeometrie ​­478 – Schadensakkumulation ​­506 – Schadensäquivalenzfaktor ​­502, 505 Geometriefaktor ​­476 f., 480 Gerüst – abZ∕​aBG ​­179–190 – Arbeitsgerüst siehe dort – Schutzgerüst siehe dort – Traggerüst siehe dort Gerüstbauteile, technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​ ­129 f. Gerüstspindel, technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­ 129 Gewächshaus ​­93 Gittermast siehe auch Gitterturm ​­645, 647 – abgespannter ​­644 – Anschlüsse ​­486 f. – – Details ​­656 – Diagonalausfachung ​­649 – Eckstiele ​­649 – Grenzzustand ​­699 f. – – Einwirkungsseite, Modellierung ​ ­700 – – Tragfähigkeit ​­561 – – Widerstandsseite, Modellierung ​ ­700 f. – Horizontalverband ​­649 – Konstruktionsformen ​­648–661 – Korrosionsschutz ​­656 – Kraftbeiwerte ​­679–682 – – Normung ​­679–681 – – Völligkeitsgrad ​­680 f. – – Windkanaluntersuchungen ​­681 f. – Montage ​­656–658 – nicht abgespannter ​­644 – Querschnitt ​­648 – Sektionen ​­649 – Sektionsmodell ​­681 – Sprödbruchneigung ​­475 – (für) Windenergieanlage ​­649 Gitterstütze ​­65–67 Gitterturm siehe auch Gittermast ​­ 644 – Konstruktionsformen ​­648–661 Glauert-Den-Hartog-Kriterium ​­592, 594 Glockenturm ​­93 GMNIA-Untersuchung ​­256 f. Gradientenhöhe des atmosphärischen Windes ​­583 Grenzlast, plastische ​­489 – rissgeschwächte Bauteile ​­480 Grenzschichtprofil ​­581 f. Grenzschichtströmung ​­624 Grenzschichtwindkanal ​­600

Grenzzustand – der Gebrauchstauglichkeit ​­69 – der Tragfähigkeit ​­41–68 – Gittermast ​­699 f. – – Ermüdungsfestigkeit ​­561 – – Tragfähigkeit ​­561 Grobkornbildung ​­468 Grobkornzone ​­469 Großbrandversuch ​­217 f. Güllebehälter ​­93 Gumbelverteilung ​­589 Gurtstab – Schlankheitsgrad, effektiver ​­562 Gussstücke ​­130 Gusswerkstoffe ​­126 H Halbrundniete ​­453, 455 – Abmessungen ​­456 – Klemmlängen ​­456 Heftniet-Verbindung ​­519 Hellmann-Potenzprofil ​­581 Herdfrischverfahren ​­440 Herdofen ​­440 Herdstahl ​­440 Hochbauten ​­17 Hochmoselbrücke bei Ürzig ​­616–619 Hochofen ​­435 f. Hochspannungsnetz ​­647 Höchstspannungsnetz in Deutschland ​ ­646 höherfester Stahl ​­212 – Abkühlphase, werkstoffmechanisches Verhalten ​­213 Hohlkugel, reaktive Brandschutz­ systeme (RBS) ​­393 Hohlprofil, geschweißtes ​­264–267 Hohlprofilstütze, betongefüllte – brandschutztechnische Bemessung ​ ­302, 334–338 – – Anwendungsgrenzen ​­335 – – Biegesteifigkeit, effektive ​­337 – – Knicklast-Bemessungswert ​­338 – – plastischer Widerstand ​­336 f. – – Temperatur, äquivalente ​­335 f. Hohlprofilverbindung, geschweißte – prEN 1993-1-2:2020 ​­262 f. Hohlzylinder, reaktive Brandschutz­ systeme (RBS) ​­393 Hüttenwerk – (in) Coalbrookdale ​­435 f. – (in) Gleitwitz ​­436 – (in) Herdorf ​­436 HV-Schraube ​­463 Hybrid Fire Simulation ​­206 Hygiene ​­113 f. I Imperfektion ​­29 – Ersatzlasten ​­32 – Stahlbauten ​­27–35 – Stützenschiefstellung ​­30 – Vorkrümmung ​­30 f. Installationskanal, Brandschutz­ anforderungen ​­110 f.

Stichwortverzeichnis Installationsschacht, Brandschutz­ anforderungen ​­110 f. Interferenzgalloping ​­613 ISO-Normbrandkurve ​­212 J J-Integral-Konzept ​­476 f. K Kaltverfestigung ​­487 Kapazitätsbemessung, Definition ​­ 11 Kehlnaht, Schweißen ​­465 f. – Prozessparameter, angepasste ​­466 Kerbfallkatalog ​­434, 499–506 – genietete Bauteile ​­500 Kerbschlagbiegeversuch ​­474 f., 485 Kerbschlagübergangstemperatur ​­ 474 Kernseigerung ​­445 Klareis ​­676 f. Kleinbrandversuch ​­216 f. Knicklänge, Definition ​­11 Kohlenstoffstahl – Festigkeitseigenschaften ​­210 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung ​ ­210 – – Abminderungsfaktoren ​­211 – Steifigkeitseigenschaften ​­210 – Werkstoffeigenschaften – – mechanische ​­210 f. – – thermische ​­215 Kokshochofen ​­435 f. Kokstechnologie, Entwicklung ​­435 Koksverwendung ​­434–436 Kommunikationsinfrastruktur ​­644 f. Konvektion ​­215 Konverterstahl ​­439, 441 Kornverfeinerung ​­467 Korrosionsbeständigkeitsklassen ​­97 Korrosionsschutzstoffe ​­ 128 Kran ​­91 Kranbahn – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 – Ermüdungsnachweis ​­23 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­92 Kreuzkirche Dresden ​­431 Kreuzungsmast ​­650 Kriechdehnung ​­97 f. Kunststoffsekundärstoffe, Lagerung – Brandschutzanforderungen ​­111 Kupplung ​­130 L Large Eddy Simulation (LES) ​­624 La Samaritaine Paris ​­433 Lichtbogenofen ​­441 Lichtmast ​­644 Linsensenkniete ​­453 Linz-Donawitz-Verfahren ​­441 Lochleibungsdruck ​­494 f. Lochstab, Spannungsintensitätsfaktor ​ ­477–480

Luppen ​­437 Luppenhammer ​­437 M Mangansulfid ​­467 Markersbacher Viadukt ​­510 Martensitbildung ​­464 Mast siehe auch Turm ​­641–707 – Abspannmast siehe dort – Abzweigmast ​­650 – Anbauten, Kraftbeiwerte ​­683–685 – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 – Definition ​­643 f. – Deltamast ​­652 – Donaumast siehe dort – Einebenenmast ​­652 – Einsatzgebiete ​­643–648 – Einzelmast ​­654 – Endmast ​­650 – Freileitungsmast siehe dort – Gittermast siehe dort – industrieller Bedarf ​­644 – Kreuzungsmast ​­650 – Lasteinwirkungen ​­672–693 – Lichtmast ​­644 – Portalmast siehe dort – Regelwerke ​­644 – Relevanz ​­643–648 – Rohrmast siehe dort – Schwingungen – – böenerregte ​­685 – – – Ermüdungsnachweis ​­686 – – Querschwingungen, wirbelerregte ​ ­685 f. – – – Beschreibung ​­685 f. – – winderregte – – – Ermüdungsnachweis ​­686 f. – – – Reduktion ​­687 f. – – wirbelerregte ​­601–615 – – – Ermüdungsnachweis ​­687 – Schwingungsanfälligkeit ​­685 – Sicherheitsindex ​­698 – Sicherheitskonzept ​­693–699 – Stahlgittermast siehe Gittermast – Tannenbaummast ​­652 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­92 – Teilsicherheitsbeiwerte ​­693 f. – Tonnenmast ​­652 – Tragmast siehe dort – Vereisung siehe dort – vollständig probabilistische ­Bemessung ​­694 f. – Windlast ​­672–676 – – aerodynamische Beiwerte ​ ­679–685 – – Böengeschwindigkeit ​­672 – – Querschwingamplitude, ­Berechnung ​­686 – Winkelabspannmast ​­650 – Zuverlässigkeit ​­695–699 Master-Curve-Konzept ​­482 Masterweiterung ​­657 Mastfamilie ​­508

713

Maximilianhütte in Unterwellenborn ​ ­441 MBO ​­89 mehrteiliger Stab – (aus) Doppelwinkeln siehe auch dort ​ ­533 – (mit) geringer Spreizung – – Bemessungsvorschlag, Validierung ​ ­555–561 – – Biegedrillknicken ​­554 – – Biegedrillknickmoment, ideales ​ ­554 – – Biegeknicken ​­554 f. – – effektive kritische Last ​­554 – – Nachweis ​­573–575 – – Schlankheitsgrad ​­554 – – – effektiver ​­560 f. – – Schubsteifigkeit ​­554 – – – Bestimmung ​­573 – – Stabilitätsnachweis ​­553–561 – Nachweis ​­527–576 Metallbau – abZ∕​aBG ​­149–178 – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 f. – technische Regeln nach MVV TB Teil A ​­92 f. – Werkstoffe, abZ∕​aBG ​­146–148 Metallbauarten, abZ∕​aBG ​­149–178 Metall-Lichtbogenschweißen ​­469 Mittelspannungsnetz ​­647 mittragende Breite ​­42 f. – Definition ​­11 Musterbauordnung (MBO) ​­89 Muster-Verwaltungsvorschrift ­Technische Baubestimmungen siehe MVV TB Mutter, technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­127 f. MVV TB ​­87–201 – bauordnungsrechtliche Vorgaben ​­89 – Gliederung ​­89–91 – Struktur ​­89–91 MVV TB Teil A ​­91–120 – Anforderungen∕​Technische ­Baubestimmungen ​­91–120 – – Arbeitsgerüst ​­93 – – Barrierefreiheit ​­114 – – Erdbebengebiete ​­94 – – Ermüdung ​­92 – – Flachboden-Tankbauwerk ​­93 – – Flüssigkeitsbehälter ​­91 – – Garagen ​­112 – – Gärfuttersilo ​­93 – – Gewächshaus ​­93 – – Glockenturm ​­93 – – Güllebehälter ​­93 – – Hygiene ​­113 f. – – Kran ​­91 – – Kranbahn ​­92 – – Mast ​­92 – – mechanische Festigkeit ​­91 – – Metallbau ​­92 f. – – nichtrostender Stahl ​­92 – – Profiltafel ​­93

714 Stichwortverzeichnis – – Schalen ​­92 – – Schalentragwerk ​­93 – – Schallschutz ​­115 f. – – Schornstein ​­92 f. – – Schutzgerüst ​­93 – – Silo ​­91 f. – – Sonderbauten ​­112 – – Sonderkonstruktionen ​­93 f. – – Spundwand ​­92 – – Stahlzugglieder ​­92 – – Standsicherheit ​­91 – – Tank ​­93 f. – – Traggerüst ​­93 – – Tragwerke ​­91 – – Turm ​­92 – – Umweltschutz ​­113 f. – – Verbundbau ​­92 f. – – Verbundtragwerk ​­93 – – Wärmeschutz ​­117–121 – – Windenergieanlage ​­94 MVV TB Teil B – Anforderungen∕​Technische ­Baubestimmungen – – Dachbauteile ​­121 – – Deckenbauteile ​­121 – – Fassadenkonstruktionsbauteile ​ ­121 – – Fliegende Bauten ​­121 – – Sandwich-Elemente, selbsttragende ​ ­121 – – Sonderkonstruktionen ​­121 – – Vorhangfassade ​­121 – – Wandbauteile ​­121 MVV TB Teil C, technische ­Baubestimmungen ​­124–136 – Arbeitsgerüst ​­129 – Baustahl, unlegierter ​­126 – Baustütze ​­129 f. – Behälter ​­128 f. – Bolzen ​­127 f. – Gerüstbauteile ​­129 f. – Gerüstspindel ​­129 – Gussstücke ​­130 – Gusswerkstoffe ​­126 – Korrosionsschutzstoffe ​­128 – Kupplung ​­130 – Mutter ​­127 f. – Niet ​­127 f. – Scheibe ​­127 f. – Schraube ​­127 f. – Schweißhilfsstoffe ​­127 f. – Schweißzusätze ​­127 f. – Stahl ​­126 f. – Traggerüst ​­129 – Verbindungsmittel ​­127 f. MVV TB Teil D ​­136 f. – Bauprodukte für den Ausbau ​­137 – Bauprodukte ohne allgemein anerkannte Regeln der Technik ​­137 – Bauprodukte ohne Verwendbarkeitsnachweis ​­136 f. N Nachlaufoszillatormodell ​­601 f. – Grenzzyklus ​­601

– (nach) Tamura ​­602 – Van-der-Pol-Oszillator ​­601 Nachweise – Bauteile mit dreiflanschigen Vouten ​ ­78 – Bauteile mit zweiflanschigen Vouten ​ ­78 – Bauteile ohne Vouten ​­77 – Biegebeanspruchung ​­45, 48–50 – Druckbeanspruchung ​­45 – Normalkraftbeanspruchung ​­48–50 – Querkraftbeanspruchung ​­45–47, 50 – Querkraft-Biegungs-Interaktion ​­48 – Querschnitte der Klasse 1 ​­48 f. – Querschnitte der Klasse 2 ​­48 f. – Querschnitte der Klasse 3 ​­49 – Querschnitte der Klasse 4 ​­49 f. – Stabilität siehe Stabilitätsnachweis – Torsionsbeanspruchung ​­47 f. – Zugbeanspruchung ​­44 f. Nasspuddelprozess ​­438 Naturbrand ​­287 f., 409 f., 415 f. Naturbrandmodell ​­213, 353 – Anwendung ​­359–363 – Auftretenswahrscheinlichkeit ​­361 – Bekämpfung, Ausfallwahrscheinlichkeit ​­361 f. – Bemessungswertermittlung ​­360–363 – Einflussgrößen, Teilsicherheits­ beiwerte ​­363 – Sicherheitskonzept ​­359 – vereinfachtes für vollentwickelten Raumbrand ​­354 f. – Wärmefreisetzungsrate, Bestimmung ​ ­359 f. Naturbrandversuch ​­214 Navier-Stokes-Gleichung ​­623 Netzbauvorhaben in Deutschland ​­ 646 nichtrostender Stahl – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 – austenitischer ​­251 – Biegedrillknicken ​­260 – Biegeknicken ​­258–260 – Duplex-Stahl ​­251 – ferritischer ​­251 – kombinierte Druck- und Biege­ beanspruchung ​­260 f. – Mikrostruktur ​­251 – Plattenschlankheitsgrad ​­257 – prEN 1993-1-2:2020 ​­242–261 – Querschnittsklassifizierung ​­256–258 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung ​ ­254 f. – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­92 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­126 f. – thermische Dehnung ​­255 f. – vereinfachtes Bemessungsverfahren ​ ­246–250, 256–261 – – GMNIA-Untersuchung ​­256 f. – Wärmekapazität, spezifische ​­253 – Wärmeleitfähigkeit ​­252 f.

– Werkstoffeigenschaften – – mechanische ​­242–246, 254–256 – – thermische ​­242, 252 f. Niederspannungsnetz ​­647 Niete – Abklopfen ​­461 – Erwärmung ​­459 – Fixierung ​­459 – genormte, Abmessungen ​­454–457 – Halbrundniete siehe dort – Herausschlagen ​­458 – hohlgebrannte ​­458 – Klemmspannung ​­492 – Linsensenkniete ​­453 – Normen ​­452–454 – Rohniete ​­451 – Schraubniete ​­463 – Senkniete siehe dort – Stahlsorten ​­452–454 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­127 f. Niethammer ​­461 Nietkolonne ​­458 Nietloch – Durchmesser ​­478 – Stanzen ​­473 Nietmannschaft ​­452 Nietschaftlänge ​­462 – Ermittlung ​­456 Nietschlagen ​­451 Niettechnik ​­452 Nietverbindung ​­451–463 – Abmessungen ​­455 – Abnahme ​­461 f. – Alternativen ​­462 – Arbeitsprobe ​­460 – Blechdicke, kleinste außenliegende ​ ­454 – Durchmesser ​­455 – Formen ​­455 – Geometriedefinition ​­479 – Gleitwiderstand ​­492 – Heft-Nietverbindung ​­519 – Herstellung ​­457–459 – Inspektion ​­461 f. – mehrschnittige – – Arbeitsprüfung ​­459–461 – – Scherversuch ​­460 f. – – Verfahrensprüfung ​­459–461 – Nachweis ​­457 – Probenietung ​­462 – Risswachstum ​­514–517 – – bruchmechanische Parameter, Einfluss ​­515 f. – – Konstruktionsdetaileinfluss ​­516 f. – – Verkehrslasteinfluss ​­515 – Rohnietdurchmesser ​­454 – scherbeanspruchte ​­492 – Scher-Lochleibungsbeanspruchung ​ ­516 – Sichtprüfung ​­461 – vierschnittige ​­458 – zweischnittige, Arbeitsprobe ​­460 Nietzange, hydraulische ​­458 Nitridbildung ​­445

Stichwortverzeichnis Normalkraftbeanspruchung, Nachweise ​­48–50 Normalprofileisen ​­443 Normen – (im) Stahlbau ​­87–143 – Tragwerksnormen, europäische ​­207

– Schlackeneinschluss ​­438, 464 – Streckgrenze ​­448, 450 – Zugfestigkeit ​­449 Puddelverfahren ​­437 f. – Nasspuddelprozess ​­438 Puddler ​­437

O Oxygenstahl ​­441

Q Querkraftbeanspruchung, Nachweise ​ ­45–47, 50 Querschnittsnachweise ​­48–50 Querschnittsbeanspruchbarkeit ​ ­41–50, 541–544 – Biegebeanspruchung – – (um die) schwache Achse ​­543 f. – – (um die) starke Achse ​­542 f. – Druckbeanspruchung ​­541 f. – – Bemessungsvorschlag ​­541 f. Querschnittsklassifizierung ​­36–41, 537–541 – (unter) Biegung – – (um die) schwache Achse ​ ­539–541 – – (um die) starke Achse ​­538 f. – (unter) Drucknormalkraft ​­537 Querschnittswerte ​­43 f. Querschwingungsamplitude, wirbel­ erregte – Berechnung ​­602–609 – – Parameter ​­607–609 – – Resonanzverfahren ​­603 f. – – Spektralmethode ​­604–606 – – Wirbelerregungsmodellierung ​ ­606 f.

P Paris-Parameter ​­508–512 – Korrelationsbeziehung ​­511 Parkhausneubau, Flughafen Stansted – Brandschutz ​­409–416 Pendelstütze, angeschlossene ​­29 Performance Based Fire Design ​­281 Personenaufzug Bad Schandau ​­432, 471 Phosphor ​­464, 466 f. Pilgerschrittverfahren ​­470 Portalmast ​­652 – Anschlussdetails ​­486 – Geometrie ​­486 Postflashover model ​­358 Prandtl-Schicht ​­581 prEN 1991-1-4:2020 ​­582 f. prEN 1993-1-2:2020 – Anwenderfreundlichkeit, ­Verbesserung ​­209 – Bemessungsverfahren – – erweiterte ​­239–241 – – vereinfachte ​­219–239 – Biegedrillknicklinien ​­229 – Erweiterung ​­209 – Gliederung ​­209 – konstitutives Wirkstoffmodell ​­212 – neue Entwicklungen ​­203–277 – neue Erkenntnisse ​­209 – nichtrostender Stahl ​­242–261 – Normenentwurf ​­205 – Querschnitte der Klasse 4 – – Querschnittswerte, wirksame ​­219 – Querschnittsklassifizierung ​­219 – Träger mit großen Stegöffnungen ​ ­267–272 – Tragfähigkeit – – biegebeanspruchte Bauteile ​ ­224–226 – – druckbeanspruchte Bauteile ​ ­220 f., 224–226 – – Träger ​­221–224 – – Zugglieder ​­220 – Verbindungen ​­262–267 Produktnorm, reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​­384 f. Profiltafel ​­93 Puddelofen ​­437 Puddelstahl ​­438, 508 – Bruchdehnung ​­449 – Brucheinschnürung ​­449 – chemische Zusammensetzung ​­446 – mechanische Eigenschaften ​­448, 450 – Risswachstumswerte ​­509

R Rahmenstütze ​­67 f. Ramberg-Osgood-Modell ​­254 RANS ​­624 Raueis ​­676 f. Raumbrand, vollentwickelter ​­363 f. Raumzellengebäude aus Containern – bauordnungsrechtliche Einordnung ​ ­418 – Bauteilanalyse, mechanische ​­424 – Brandschutz ​­416–424 – Brandschutzbekleidung ​­419 – Brandschutzziel ​­419 – Feuerwiderstandsnachweis ​­421–423 – Konstruktionsmerkmale ​­419 – Nutzung ​­417 f. – Standsicherheit im Brandfall ​­421 reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­367–400 – Alterungsbeständigkeit ​­393 f. – (für) Aluminiumbauteile ​­384 – (für) Anschlusskonstruktionen ​ ­390 f. – Anwendung ​­377–382 – – biegebeanspruchte Bauteile ​­378 f. – – druckbeanspruchte Bauteile ​­379 – – kombiniert mechanisch beanspruchte Bauteile ​­382 – – zugbeanspruchte Bauteile ​ ­379–381

715

– Applikation – – (auf der) Baustelle ​­369 f. – – (im) Werk ​­369–371 – Aufbau ​­292 – aufgeschäumte ​­370 – (auf) Beton ​­397 – Chemie ​­370 – Dauerhaftigkeit ​­385–389, 395 f. – – Bewitterungsversuche – – – kurzzeitige ​­385–387 – – – langzeitige ​­385 – – Ertüchtigung ​­389 – – Nachweis ​­385–389 – – – Ausbesserung ​­389 – – – Bewertung ​­388 f. – – – (nach) EAD ​­386–388 – – – (nach) nationalen Zulassungsgrundsätzen ​­388 – – – Sanierung ​­389 – – – Vergleich ​­388 f. – – Zustandsermittlung ​­389 – Decklack ​­370 – epoxidharzbasierte ​­371 – Feuerwiderstand ​­395 f. – Forschung – – abgeschlossene ​­390–394 – – laufende ​­394–397 – Grundierung ​­370 – (für) Hohlkugeln ​­393 – (für) Hohlzylinder ​­393 – In-situ-Prüfverfahren ​­396 f. – intumeszierender Anstrich ​­370 – Lebensdauer ​­386 f. – Leistungsfähigkeit, Einflussgrößen ​ ­371–376 – – Bauteilgeometrie ​­371–373 – – Einbaulage ​­375 – – mechanische Beanspruchung ​­373 – – mehrdimensionale Beanspruchung ​ ­373–375 – – Rissheilungsvermögen ​­375 – – Temperaturzeitkurve, einwirkende ​ ­375 f. – – Trockenschichtdicke ​­375 – lösemittelhaltige ​­371 – Normenwerknovellierung ​­382–385 – Nutzungskategorien ​­386 f. – Oberflächenkrümmungseinfluss ​­ 393 – Produktnorm ​­384 f. – Regelungen ​­376–382 – Schichtaufbau ​­370 – (für) Stützen aus Stahl ​­382 f. – technologische Grundlagen ​ ­369–371 – Temperaturzeitkurveneinfluss ​ ­391–393 – (für) Träger aus Stahl ​­382 f. – Typen ​­370 – wasserbasierte ​­371 – – Aufschäumung ​­380 – Wirkungsweise ​­369 f. – Witterungsbeständigkeit ​­393 f. – (für) Zugglieder ​­394 f. – – (aus) Stahlvollprofilen ​­383 f.

716 Stichwortverzeichnis – (für) Zugstabsysteme ​­390 f. – Zulassungen ​­376 f. Reckalterung ​­487 Regenerativfeuerung ​­440 Regenerativheizung ​­439 Regenerativofen ​­440 Reynolds-Averaged Navier-Stokes (RANS) ​­624 Reynoldszahl ​­607 Rheinbrücke Autobahn KölnLeverkusen, CFD-Anwendung ​ ­632–635 Richtlinie 805 der Deutschen Bahn AG ​ ­451, 517, 520 Richtlinien im Stahlbau ​­138–143 Riss, Grundbeanspruchungsarten ​­ 476 Rissgröße, detektierbare ​­481 Rissschließeffekt ​­512 Risswachstumsgesetz von Paris∕​ Erdogan ​­507 Risswiderstandskurve ​­507 – experimentell bestimmte ​­511 Roheisenherstellung ​­434–436 Rohniete ​­451 Rohrmast siehe auch Rohrturm ​ ­661–672 – Detailausbildung ​­665 – Rohr-in-Rohr-Pressverbindung ​ ­668–671 – Varianten ​­664 – Vierfuß-Rohrmast, Gründung ​ ­665–667, 669 Rohrturm siehe auch Rohrmast ​­645, 661–672 – Kraftbeiwerte ​­682 f. – Verbindung der Sektionen ​­661 f. Rückkohlung ​­439 Rundkopf-HV-Passschraube ​­463 Rundkopfschraube ​­462 S SAFIR ​­307–312 – (zur) mechanischen Analyse ​­311 – (zur) thermischen Analyse ​­310 Sandwich-Elemente, selbsttragende ​ ­121 Sauerstoffaufblasverfahren ​­441 Schadensfolgeklasse ​­82 Schale ​­92 Schalentragwerk ​­93 Schallschutz ​­115 f. Schauhaus des Palmengartens, ­Frankfurt∕​M ​­462 Schauspielhaus Dresden ​­432 Scheibe ​­127 f. Schlackeneinschluss, Puddelstahl ​­438, 464 Schließkopf ​­453, 459, 463 Schloss Friedenstein, Westturm – CFD-Anwendung ​­628–632 Schmelzschweißbarkeit von Flussstahl ​ ­444 Schneelastnorm ​­678 Schornstein ​­92 f.

Schrauben – HV-Schraube ​­463 – Rundkopf-HV-Passschraube ​­463 – Rundkopfschraube ​­462 – Spannungs-Dehnung-Verhalten ​­ 214 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­127 f. Schraubenloch, Stanzen ​­473 Schraubniete ​­463 Schraubverbindung, Geometrie­ definition ​­479 Schutzgerüst ​­93 Schwefel ​­464, 466 Schwefelseigerung ​­445 Schweißanweisung ​­470 Schweißbadsicherung ​­470 Schweißeisen ​­438, 508 Schweißen – Altstahl siehe dort – Ausführung ​­470 f. – Einlagentechnik ​­468 – Elektrodenhandschweißen ​­468 – Kehlnaht siehe dort – Mehrlagentechnik ​­468 – Metall-Lichtbogenschweißen ​­469 – Pilgerschrittverfahren ​­470 – Stumpfnaht ​­466–469 – Vorbereitung ​­470 f. – (in) Zwangslage ​­470 Schweißhilfsstoffe ​­127 f. Schweißnaht siehe auch Schweiß­ verbindung – Kehlnaht ​­456 f. – mehrlagige, Eisenbegleiterverteilung ​ ­468 – Stumpfnaht ​­ 466–469 – Versagen ​­265 – X-Naht, Schweißeigenspannung ​ ­490 Schweißverbindung siehe auch Schweißnaht – Heißrissgefährdung ​­445 Schweißzusätze ​­127 f. Schweißzusatzwerkstoffe ​­467 Schwingungen – Bauwerksschwingungen siehe dort – Brückenüberbauten siehe dort – Dämpfung – – aerodynamische ​­591, 602, 604 – – aerodynamischer Parameter ​­ 608 – – – Exponenten ​­606 – – – Krümmung der Dämpfungsfunktion ​­606 – – logarithmisches Dekrement ​­591 – – negative ​­602 – regen-wind-induzierte ​­598 f. – turbulenzinduzierte ​­590–601 – windinduzierte ​­579 – wirbelerregte – – Interaktion mit Galloping ​­595 – – Lock-in-Antwort ​­606 – – Mast ​­601–615 – – Turm ​­601–615

Schwingungsamplitude, dimensionslose ​ ­611, 614 Scrutonzahl ​­593, 604 Seigerung ​­465 f. Seigerungsneigung ​­445 Seigerungszone ​­445 – Schliff ​­466 Senkniete ​­453 – Abmessungen ​­456 – Klemmlängen ​­456 – Linsensenkniete ​­453 Setzkopf ​­452 Sicherheitskonzept, semiprobabilistisches ​­17 Siemens-Martin-Ofen ​­440 Siemens-Martin-Stahl, chemische Analyse ​­484 Siemens-Martin-Verfahren ​­439 f., 447 Siliziumstahl ​­466 Silo ​­91–93 Sonderbauten – Brandschutzanforderungen ​­111 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­112 Sonderkonstruktionen – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­93 f. – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­93 f. – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil B ​­121–124 Spannungsebenen ​­647 Spannungsintensitätsfaktor ​­476, 507 – Ermittlung mit Gewichtsfunktion ​ ­488 – Lochstab ​­477–480 Spannungsschwingspiele ​­609 Speckschicht ​­445, 465 Spektrallast, modale – Spektraldichte ​­604 f. Spektralverfahren ​­602 Spitzenwindgeschwindigkeitsdruck ​ ­582 Sprödbruchneigung ​­433 – Stahlgitter-Freileitungsmast ​­475 f. Sprödbruchsicherheit ​­473–476 – Nachweis ​­433 – – bruchmechanische Grundlagen ​ ­475 Spundwand ​­92 Stab – Einzelstab siehe dort – Grenzschlankheit ​­538–540 – mehrteiliger siehe dort – Querschnittsbeanspruchbarkeit siehe dort – Querschnittsklassifizierung siehe dort – Schlankheit ​­534 Stabelektrode ​­467, 470 Stabilität – Interaktionsbeiwerte kij ​­70–73 – Nachweis siehe Stabilitätsnachweis ​ ­27–29 – Stahlbauten ​­51–64 – – Biegedrillknicken ​­54–59

Stichwortverzeichnis – – Biegeknicken ​­51, 53 – – Knicklinien ​­51–54 – Tragwerke ​­27–29 Stabilitätsnachweis – Biegedrillknicken – – allgemeines Bemessungsverfahren ​ ­61 f. – – Knicklinien ​­56 f. – – vereinfachtes Bemessungsverfahren ​ ­58 f. – Tragwerk ​­61 Stahl – Alterung ​­467, 473 – Altstahl siehe dort – Baustahl siehe dort – Betonstahl siehe dort – Dichte, temperaturabhängige ​­291 – Elektrostahl ​­441 – Flussstahl siehe dort – geschmiedeter, technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil C ​­126 – Herdstahl ​­440 – Herstellung – – Bessemer-Verfahren 438 f., 447 – – Entkohlung ​­437 – – Linz-Donawitz-Verfahren ​­441 – – Puddelverfahren siehe dort – – Sauerstoffaufblasverfahren ​­441 – – Siemens-Martin-Verfahren ​­439 f. – – Thomas-Verfahren ​­439, 447 – – Verfahren ​­431, 434–443 – höherfester siehe dort – Kohlenstoffstahl siehe dort – Konverterstahl ​­439, 441 – mechanische Eigenschaften nach DB-Richtlinie 805 ​­451 – nichtrostender siehe dort – Normungsentwicklung ​­443 f. – Oxygenstahl ​­441 – Produktion – – Deutschland nach dem 2. Weltkrieg ​­442 f. – – Deutschland vor dem 2. Weltkrieg ​ ­441 f. – – Verfahrensanteile ​­441–443 – – Weltstahlproduktion ​­441 – Puddelstahl siehe dort – Siemens-Martin-Stahl, chemische Analyse ​­484 – Siliziumstahl ​­466 – Spannungs-Dehnungs-Beziehung ​ ­210 – thermische Dehnung ​­291 f. – Überfestigkeit ​­24 – unberuhigt vergossener ​­467 – Wärmeausdehnungskoeffizient ​­292 – Wärmekapazität ​­291 – Wärmeleitfähigkeit ​­290 f. Stahlbau – Bescheide ​­144–201 – Normen ​­87–143 – Richtlinien ​­138–143 Stahlbauteile – biegebeanspruchte ​­231–235 – – Bemessungsvorschlag ​­234

– Biegedrillknicken im Brandfall ​ ­232 f. – Biegeknicken im Brandfall ​­231 f. – druckbeanspruchte ​­231–235 – – Bemessungsvorschlag ​­234 – feuerverzinkte – – Emissionsgrad ​­218 – – Emissivität ​­215–218 – – Nachweisführung im Brandfall ​ ­218 – unverzinkte, Emissionsgrad ​­217 Stahlbauten – Berechnungsmodelle für Anschlüsse ​ ­25 – Dauerhaftigkeit ​­23 f. – Duktilitätsanforderungen ​­22 – Errichtung ​­10 – Gitterstützen ​­65–67 – Herstellung ​­10 – Imperfektionen ​­27–35 – mehrteilige Bauteile ​­64–68 – Stabilität siehe dort – Tragwerksberechnung ​­24–41 Stahlblech, Spannungs-DehnungsVerhalten ​­214 Stahlgittermast siehe Gittermast Stahlgüte, Werkstoffzähigkeits­ zusammenhang ​­483–483 Stahlgütegruppe ​­474 Stahlkonstruktion – Brandbemessung ​­205–207 – feuerverzinkte, Emissivität ​­216 Stahlquerschnitte – Klassen ​­227 – Querschnittswerte – – effektive ​­227 – – wirksame ​­228 Stahlverbundbau ​­281 Stahlverbundbrücke ​­597 Stahlzugglieder ​­92 Standardliste für Eisen und Stahl ​­443 Standsicherheit, Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­91 Stärkewindrose ​­584 Steinkohlehochofen ​­435 Stickstoff ​­464, 466 f. Streckgrenze ​­480 – Baustahl ​­21 Stromnetz ​­645–648 – Netzbetreiber ​­645, 647 Stromtrasse mit Freileitungsmast ​­651 Strömungsmechanik, numerische ​­623 Stumpfnaht, Schweißen ​­466–469 Stütze – Baustütze siehe dort – (mit) Bindeblechen ​­67 f. – Gitterstütze ​­65–67 – Hohlprofilstütze siehe dort – Imperfektionsbeiwert ​­228 f. – Pendelstütze, angeschlossene ​­29 – Rahmenstütze ​­67 f. – reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­382 f. – thermische Beanspruchung ​ ­405–407

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– Verbundstütze siehe dort – Vorverformung ​­259 Stützung, seitliche – kontinuierliche ​­75 Systemböden, Brandschutz­ anforderungen ​­110 f. Systemlänge, Definition ​­11 T Tacoma-Narrows-Bridge WA, USA ​ ­601 Tank ​­93 f. Tannenbaummast ​­652 technische Gebäudeausrüstung, Brandschutzanforderungen ​­111 Teilsicherheitsbeiwerte ​­41 Teiltragwerk, Definition ​­10 Temperaturzeitkurve ​­356, 391–393 – Einheits-Temperaturzeitkurve ​­353, 421–423 – nominelle ​­287, 353 Terrassenbruch ​­445 Theater am Wiesendamm, Hamburg – Brandschutz ​­403–409 thermische Dehnung – Beton ​­291 – Stahl ​­291 Thomas-Konverter ​­439 Thomas-Verfahren ​­439, 447 Tonnenmast ​­652 Torsionsbeanspruchung ​­47 f. Torsionsgalloping ​­595, 601 Träger – Flachdeckenträger siehe dort – geschädigter ​­473 – (mit) großen Stegöffnungen – – A∕​V-Verhältnis, lokales ​­270 – – mechanisches Verhalten ​­269, 271 f. – – prEN 1993-1-2:2020 ​­267–272 – – thermisches Verhalten ​­267–269, 270 f. – – T-Querschnitt ​­270 – Imperfektionsbeiwert ​­228 f. – reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­382 f. – Verbundträger, (mit) großen Steg­ öffnungen ​­301 Trägergasheißextraktion ​­445 Tragfähigkeitsgrenzzustand ​­41–68 Traggerüst ​­93, 129 Tragisolator ​­660 Tragmast ​­653 – Querschnitt ​­655 – Verbindungsmittel ​­655 – Vierer-Leiterbündel ​­659 – Zweier-Leiterbündel ​­659 Tragwerk – Arten ​­10 – Bemessung für den Brandfall ​­207 – Berechnung siehe Tragwerks­ berechnung – brandschutztechnische Bemessung ​ ­296 – Definition ​­10

718 Stichwortverzeichnis – Einwirkungen ​­91 – Gelenktragwerk ​­11 – Normen, europäische ​­207 – Planung – – Anforderungen ​­16 f. – – Grundlagen ​­16–19, 91 – Schalentragwerk siehe dort – Stabilität ​­27–29 – – Nachweis ​­61 – (mit) steifen Anschlüssen ​­11 – Teiltragwerk, Definition ​­10 – Verbundtragwerk siehe dort – (mit) verformbaren Anschlüssen ​­ 11 Tragwerksberechnung ​­24–41 – Definition ​­11 – elastische ​­26, 30, 35 f. – plastische ​­26, 36, 63 – Stahlbauten ​­24–41 – (nach) Theorie I. Ordnung ​­25 f., 28 – (nach) Theorie II. Ordnung ​­25, 28 Traveling fires ​­307 Trennwand, Brandschutzanforderungen ​ ­106 f. Treppe, Brandschutzanforderungen ​ ­109 Treppenraum, notwendiger – Brandschutzanforderungen ​­109 f. Tropftülle, neu eingeschweißte ​­472 Tür – Fahrschachttür, Brandschutz­ anforderungen ​­147 Turbulenzintensität ​­609 – Stabilität der Atmosphäre ​­610 Turbulenzprofile ​­580–582 Turm siehe auch Mast ​­641–707 – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 – Betriebslast ​­690 f. – Definition ​­643 f. – Einsatzgebiete ​­643–648 – Eislast ​­691 f. – Gitterturm siehe dort – Glockenturm ​­93 – (in) Gruppenanordnung – – Schwingungen, wirbelerregte ​ ­613–615 – Lasteinwirkungen ​­672–693 – Regelwerke ​­644 – Relevanz ​­643–648 – Rohrturm siehe dort – Schwingungen – – böenerregte ​­685 – – – Ermüdungsnachweis ​­686 – – Querschwingungen, wirbelerregte ​ ­685 f. – – – Beschreibung ​­685 f. – – winderregte – – – Ermüdungsnachweis ​­686 f. – – – Reduktion ​­687 f. – – wirbelerregte ​­601–615 – – – Ermüdungsnachweis ​­687 – Schwingungsanfälligkeit ​­685 – Sicherheitsindex ​­698 – Sicherheitskonzept ​­693–699

– technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­92 – Teilsicherheitsbeiwerte ​­693 f. – Vereisung siehe dort – vollständig probabilistische ­Bemessung ​­694 f. – (für) Windenergieanlagen siehe auch dort ​­649 – Windlast ​­672–676 – – aerodynamische Beiwerte ​ ­679–685 – – Böengeschwindigkeit ​­672 – – extreme Windgeschwindigkeit ​ ­672–674 – – Extremwertverteilung ​­674 – – Querschwingamplitude, ­Berechnung ​­686 – – Umgebungsrauigkeit, Einfluss ​ ­674–676 – Zuverlässigkeit ​­695–699 U Umweltschutz ​­113 f. Unsteady Reynolds-Averaged Navier-Stokes (URANS) ​­624 V Van-der-Pol-Oszillator ​­601 Verbindungen – A∕​V-Verhältnis der angeschlossenen Bauteile ​­264 – Hohlprofilverbindung siehe dort – Nietverbindung siehe dort – prEN 1993-1-2:2020 ​­262–267 – Schraubverbindung, Geometrie­ definition ​­479 – Schweißverbindung siehe dort und Schweißnaht – Temperaturen im Brandfall ​­263 f. Verbindungsmittel ​­127 f. Verbindungstechnik ​­431, 451–473 Verbundbau – abZ∕​aBG ​­144 f. – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­92 f. – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­92 f. Verbundbauteile, brandschutz­ technische Bemessung ​­296 Verbundbrücke, Stahlverbundbrücke ​ ­597 Verbunddecke – Brandfall, Einwirkungen ​­316 f. – brandschutztechnische Bemessung ​ ­297–299, 316–324 – – Abschattungseffekte ​­318 – – Anwendungsgrenzen ​­317 – – (bei) hinterschnittenen Profilen ​ ­317 – – Konfigurationsfaktor ​­318 – – Längsschubtragfähigkeit ​­ 322–324 – – Momententragfähigkeit ​­ 318–322 – – Raumabschlusskriterium ​­317

– – Rippengeometriefaktor ​­317 – – Sichtfaktor ​­318 – – Wärmedämmkriterium ​­317 f. – Membrantragwirkung ​­299 Verbundstütze – brandschutztechnische Bemessung ​ ­301–304 – – (mit) Ersatzstabverfahren ​­301 – Grenznormalkraft ​­302 – Knickspannungslinien ​­301 Verbundträger mit großen Steg­ öffnungen ​­301 – brandschutztechnische Bemessung ​ ­299–301 – kammerbetonierter ​­300, 302 – – brandschutztechnische Bemessung ​ ­324–334 – – – Bemessungstabellen ​­325–327 – – – Momententragfähigkeit ​­327, 331–333 – – – Querkrafttragfähigkeit ​­333 f. – – – vereinfachte Verfahren ​ ­327–333 – – – Zulagebewehrung ​­327 – Längsschubtragfähigkeit ​­300 – Momententragfähigkeit, plastische ​ ­300 – Querkrafttragfähigkeit ​­300 Verbundtragwerk – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­93 – brandschutztechnische Bemessung ​ ­279–344 – – computergestützte ​­304–312 – – – allgemeine Berechnungs­ verfahren ​­306–308 – – – Software-Validierung ​­308–312 – – – vereinfachtes Verfahren, Bemessungstools ​­305 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­93 Verdrehungsbehinderung ​­63 – Größtabstand ​­79 f. – kontinuierliche ​­75 f. Vereisung – Bewertung ​­678 f. – Eiszapfen ​­676 f. – Freileitung ​­676 – Klareis ​­676 f. – klimatische Randbedingungen ​ ­677 f. – Raueis ​­676 f. – Szenarien ​­676 f. Verkehrsinfrastruktur ​­644 Verschiebungsbehinderung ​­63 Versprödung ​­467 Vierfuß-Rohrmast, Gründung ​ ­665–667, 669 Vollbrandmodell ​­358 Vollwand-Biegeträger ​­452 Vorhangfassade ​­121 Vorkrümmung, Bemessungswerte ​­ 30 Vorschlaghammer ​­458 Voutenfaktor ​­81

Stichwortverzeichnis W Wake-Oscillator-Modell ​­596–598 Wand, Brandschutzanforderungen – Außenwand ​­105 f. – Brandwand ​­107 f. – Fahrschachtwand ​­110 – Trennwand ​­106 f. Wandbauteile ​­121 Wärmeabzugsgeräte, Brandschutz­ anforderungen ​­111 Wärmeausdehnungskoeffizient ​­292 Wärmefreisetzungsrate – Bestimmung ​­359 f. – (von) Fahrzeugen ​­410 f. Wärmekapazität – Beton ​­291 – spezifische von nichtrostendem Stahl ​ ­253 – Stahl ​­291 Wärmeleitfähigkeit – Beton ​­290 f. – effektive ​­392 – Stahl ​­290 f. – – nichtrostender ​­252 Wärmeschutz ​­117–121 Wärmestrahlung ​­215 Wärmetransportmechanismen ​ ­285–287 Wärmeübergangskoeffizient, ­konvektiver ​­353 Wärmeübertragung ​­215 Warmnieten ​­458 Wasserrinnsal ​­598 f. Weltstahlproduktion ​­441 f. Wendel ​­598 f. Windenergieanlage ​­644, 647–649 – Anforderungen nach MVV TB Teil A ​­94 – Betriebszustände ​­688 f. – Grenzzustandsbewertung ​­649 – Konstruktionsformen ​­662 – – optimale ​­648 – Standortbedingungen ​­663 – technische Baubestimmungen nach MVV TB Teil A ​­94 – Tragstruktur ​­662

Windfelder – (am) Bauwerksstandort ​­583–589 – lokale ​­580–590 Windgeschwindigkeit, kritische ​­595, 607 Windkanal, Grenzschichtwindkanal ​ ­600 Windkanalversuch ​­593, 597 – (in) geführter Bewegung ​­608 Windkraftanlage siehe Windenergie­ anlage Windlastermittlung ​­577–639 – Bauwerksinstabilität, aeroelastische ​ ­590–601 – lokale Windfelder ​­580–590 – Methoden ​­577–639 – Modelle ​­577–639 – numerische Simulationen in der Baupraxis ​­623–635 – Schwingungen – – Minderung bei Brückenüberbauten ​ ­615–623 – – turbulenzinduzierte ​­590–601 – – wirbelerregte bei Türmen und Masten ​­601–615 Windmodelle ​­580–590 Windprofile ​­580–582 – Bodenrauigkeitseinfluss ​­585–589 – Topografieeinfluss ​­585–589 Windrichtungseinfluss ​­580 f. Windrose ​­585 – Stärkewindrose ​­584 Windstärken – Bemessungswindstärke für die Bauphase ​­589 f. – – Abminderungsfaktoren ​­589 – – Sicherheitsniveau, operatives ​­589 – richtungsverteilte ​­583 Windzonen ​­583 f. Winkelabspannmast ​­650 Winkelprofil – Bezeichnungen ​­536 – Eigenschaften ​­531 – Formen ​­531 – gewalztes gleichschenkeliges ​ ­527–576

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– Idealisierung ​­536 – Querschnittseigenschaften ​­536 – Schlankheitsgrad ​­531 Wirbelablösungsfrequenz ​­607 Wirbelablösungskraft ​­602 Wirbelresonanz, kritische Wind­ geschwindigkeit ​­607 Wirbelstraße – Strouhalfrequenz ​­602 – Strouhalzahl ​­601, 607 – Wirbelablösung ​­601 – Wirbelablösungsfrequenz ​­601, 607 wirksame Breite ​­42 X X-Naht, Schweißeigenspannung ​­490 Z ZIP-Verfahren ​­480 Zugbeanspruchung, Nachweise ​­44 f. Zugfestigkeit von Baustahl ​­21 Zugglied – reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​ ­394 f. – (aus) Stahl siehe Stahlzugglieder – (aus) Stahlvollprofil, reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​­383 f. Zuggurt – Anschluss an Fachwerkträger ​ ­487–491 – Eigenspannung ​­490 – Spannungsverlauf ​­489 Zugstabsystem, reaktive Brandschutzsysteme (RBS) ​­390 f. Zugstoß, überlaschter – Gleitwiderstand ​­493 Zulassung siehe allgemeine bau­ aufsichtliche Zulassung Zuverlässigkeitsklasse ​­82 Zwängung, thermische ​­289 Zwei-Blech-Profil ​­536 – Schenkelbreite ​­538 – Spannungsverteilung ​­538 Zwei-Zonen-Brandmodell ​­358

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