Archäometrische Untersuchungen


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Archäometrische Untersuchungen

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Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte Schleswig, Schloß Gottorf

BERICHTE ÜBER DIE AUSGRABUNGEN IN HAITHABU BERICHT 18 Herausgegeben von Kurt Schietzel

Archäometrische Untersuchungen mit Beiträgen von Bärbel Borth-Hoffmann, Paul K. Hörmann, Hans-Michael Kiefmann, Hans-Otto Nielsen, Jerzy Piaskowski, Rademir Pleiner, Albrecht Richter, Harald Stümpel und TommUtecht

1983

KARL WACHHOLTZ VERLAG NEUMÜNSTER

Anschriften der Verfasser Dipl.-Geophys. Bärbel Borth-Hoffmann Christian-Albrechts-Universität Kiel Institut für Geophysik Gishausenstraße 40-60, 2300 Kiel Prof. Dr. Paul K. Hörmann Christian-Albrech ts-U niversi tä t Kiel Mineralogisch-Petrographisches Institut und Museum Gishausenstraße 40-60, 2300 Kiel Dr. Hans-Michael Kiefmann Grevenkamp 20 2300 Kiel-Altenholz Dipl.-Phys. Hans-Gtto Nielsen Schleswig-Holsteinisches Landesmuseum für Vor- und Frühgeschichte Schloß Gottorf, 2380 Schleswig Prof. Dr. Jerzy Piaskowski ul. Zywiecka 40 m 12 PL 30-427 Krakow

Doz. Dr. Radornir Pleiner Ceskoslovenska Akademie ved Archeologicky ustav pracoviste Praha Letenska 4 CSSR 118 01 Praha 1-Mala Strana

Dr. Albrecht Richter Christian-Albrechts-Universität Kiel Mineralogisch- Petrogra phisches Ins ti tut und Museum Gishausenstraße 40-60, 2300 Kiel

Dipl.-Geophys. Harald Stümpel Christian-Albrechts-Universität Kiel Institut für Geophysik Gishausenstraße 40-60, 2300 Kiel

Dipl.-Geophys. Tomm Utecht Christian-Albrechts-Universität Kiel Institut für Geophysik Gishausenstraße 40-60, 2300 Kiel

Redaktion: Christian Radtke M. A. ISSN 0525-5791 ISBN 3 529 1918 6 Vorbereitet und gedruckt mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft, Bonn-Bad Codesberg Alle Rechte, auch die des auszugsweisen Nachdrucks, der photomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung, vorbehalten Kar! Wachholtz Verlag, Neumünster 1983

VORWORT Der vorliegende 18. Bericht faßt naturwissenschaftliche Untersuchungsergebnisse zusammen, die am archäologischen Fundmaterial von Haithabu gewonnen wurden. Damit knüpft er an den 5. (1971) und den 11. (1977) Bericht an und unterstreicht die Bedeutung naturwissenschaftlicher Arbeitsmethoden für die kulturgeschichtliche Analyse. Mit den gut ausgerüsteten Archäologischen Zentralwerkstätten steht dem Projekt Haithabu inzwischen eine Einrichtung zur Verfügung, die neben allen Konservierungsund Restaurierungsarbeiten auch Voraussetzungen für archäometrische Untersuchungen bietet. Eine erste Arbeit, die sich dieser Möglichkeit bedient, ist die von H.-0. Nielsen mit röntgenologischen und rechnerischen Mitteln vorgenommene Untersuchung zweier im Hafen von Haithabu (1979/1980) geborgener Gewichtssätze, die einen Beitrag zur umstrittenen Metrik wikingerzeitlicher Gewichtssysteme leistet. Die Ausgrabungen im Hafen von Haithabu wurden vorbereitet und begleitet von seeseismischen Untersuchungen des Instituts für Geophysik der Universität Kiel. Es galt dabei, ein in der Geophysik erprobtes Verfahren weiterzuentwickeln und unter den Boden- und Wasserverhältnissen des Haddebyer Noores auf seine Brauchbarkeit für die Archäologie zu testen. Den Bearbeitern H. Stümpel und B. Borth-Hoffmann sind dabei weiterführende Einblicke in die Unterwassertopographie des Hafenbereiches gelungen. Danach ist der Hafen mit einem differenzierten System hölzerner Bauten - wie Brücken und Palisaden - ausgerüstet gewesen. Die Methode der zerstörungsfreien Unterwasserexploration archäologischer Befunde dürfte auch für andere Fundplätze von Interesse sein. Mit Hilfe geomagnetischer Sondierungen haben T. Utecht und H. Stümpel in ausgewählten Testflächen neben archäologisch gesicherte Befunde korrespondierende topographische Merkmale stellen können. Diesem und vergleichbaren Verfahren wird für zukünftige Prospektierungen eine wachsende Bedeutung zukommen. Untersuchungen von H.-M. Kiefmann reihen Haithabu in die mittlerweile große Anzahl von Siedlungsplätzen ein, die mit Hilfe der Phosphatmethode in ihren Ausdehnungen oder ihrer Lage erfaßt wurden. Das hier vorgelegte Arbeitsergebnis stellt eindrucksvoll Möglichkeiten und Grenzen dieses Verfahrens für die Interpretation unseres Siedlungsplatzes dar. Die Herkunft der Basaltlavamühlen in Haithabu aus den Abbaugebieten der Eifel steht seit langem fest. Die detaillierten Analysen von P. Hörmann und A. Richter machen es jetzt möglich, einige Mahlsteine punktgenau Lavafeldern südlich des Mayener Bell-Berges und nördlich von Mendig zuzuordnen. Der Verlust, den die Forschung auf diesem Gebiet durch den Tod von J. Röder, Koblenz, erfahren hat, kann damit jedoch nicht ausgeglichen werden. Zwei Beiträge von J. Piaskowski und R. Pleiner zur Eisentechnologie sind Bausteine zu einer Geschichte der Metallverarbeitung im frühen Mittelalter. Im Rahmen der umfassenden Bearbeitung eiserner Gerätschaften der Siedlung durch M. Müller-Wille und der Bearbeitung der Gußformen, Modeln, Tieget Herde und Schlacken durch H. Drescher bilden diese Untersuchungen zur Eisen- und Stahltechnologie (J. Pias-

kowski) und zur Herstellung von Messerklingen (R. Pleiner) wichtige Detailstudien. Eine fundierte Erörterung der handwerklichen Produkte sowie der Gewerbestruktur in Haithabu wird auf solche spezialisierten Untersuchungen nicht verzichten können. Der Herausgeber spricht allen Autoren .seinen Dank für ihre Beiträge aus, einigen außerdem für die geübte Geduld in der Zeit zwischen der Abgabe des Manuskriptes und der Veröffentlichung . Die graphischen, photographischen und anderen technischen Arbeiten am Text und an den Abbildungen oblagen Frau R. Sörensen, Frau E. Tams sowie den Herren H .-J. Mocka, R . Dyring und A. Schröder, die hier dankend genannt werden. Dem Dank an diese Mitarbeiter des Hauses folge der Dank an den Karl Wachholtz Verlag, Neumünster, insbesondere an Herrn N. Brey, der die Drucklegung engagiert und umsichtig betrieben hat. Den beteiligten Universitätsinstituten, der Stiftung Volkswagenwerk und dem Land Schleswig-Holstein gebührt der Dank für organisatorische und finanzielle Förderung der wissenschaftlichen Untersuchungen, der Deutschen Forschungsgemeinschaft, insbesondere ihren Gutachtern, Dank für die Bereitstellung der Druckkosten. Schleswig, Oktober 1983

Kurt Schietzel

INHALTSVERZEICHNIS

Harald Stümpel und Bärbel Borth-Hoffmann Seismische Untersuchungen im Hafen von Haithabu

9

Tomm Utecht und Harald Stümpel Magnetische Sondierungen in Haithabu .

29

Hans-Michael Kielmann Phosphatkartierung in Haithabu

39

ferzy Piaskowski Metallographische Untersuchungen zur Eisen- und Stahltechnologie in Haithabu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

Radomir Pleiner Zur Technik von Messerklingen aus Haithabu

63

Paul K. Hörmann und Albrecht Richter Vergleichende mineralogisch-petrographische Untersuchungen an Mühlsteinresten aus Haithabu und Bruchsteinproben aus der Eifel . . . . . . . . . . .

93

Hans-Otto Nielsen Röntgenologische und metrische Untersuchungen an zwei Gewichtssätzen aus Haithabu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

109

.Seismische Untersuchungen im Hafen von Haithabu Von Harald Stümpel und Bärbel Borth-Hoffmann, Kiel

Einleitung Reflexionsseismische Messungen Meßtechnik und Datenregistrierung Seismogrammontagen Meßergebnisse Tauchuntersuchungen Zusammenfassung Anmerkungen Literaturnachweis 1. 2. 2.1 2 .2 2 .3 3. 4.

1. EINLEITUNG

Im Hafengebiet der wikingerzeitlichen Siedlung Haithabu bot sich die Möglichkeit, das aus der angewandten Geophysik her bekannte seeseismische Reflexionsverfahren für archäologische Ortungsaufgaben weiterzuentwickeln und zu testen1 . Bei diesem Verfahren erzeugt eine Schallquelle seismische Wellen, die sich im Untergrund mit unterschiedlicher Geschwindigkeit ausbreiten. Schichtgrenzen, an denen sich sprunghaft die Dichte oder die Geschwindigkeit gegenüber dem umliegenden Medium ändern, reflektieren einen Teil des Signales, das nun wieder zur Oberfläche zurückläuft. Hier wandeln empfindliche Aufnehmer die Bodenbewegung an Land oder die Druckänderungen im Wasser in elektrische Signale um, die von einer Registrierapparatur aufgezeichnet werden und so für eine spätere Auswertung bereitstehen. Aus der gemessenen Laufzeit, also der Zeit, die zwischen Anregen und Eintreffen des Impulses am Aufnehmer vergeht, wird bei bekannter Ausbreitungsgeschwindigkeit die Tiefe des reflektierenden Horizontes bestimmt. Je nach Aufgabenstellung werden zwei verschiedene Systeme eingesetzt. Soll nur die Morphologie des Seebodens vermessen werden, benutzt man ein Echolot oder noch besser ein Side-Scan-Sonar (Hansen und Tychsen 1979; Hansen 1980). Beide Geräte arbeiten mit sehr hochfrequenten seismischen Signalen, die nicht in den Untergrund eindringen, sondern nur vom Seeboden Reflexionen erzeugen. Das Side-Scan-Sonar strahlt gegenüber dem Echolot nicht nur Energie senkrecht nach unten ab, sondern auch unter einem breiten Winkel nach beiden Seiten der Signalquelle und kann die reflektierten Signale richtungsabhängig in modernen computerisierten Anlagen sogar entzerrt aufzeichnen. Das Ergebnis ist ein flächenhaftes Bild des Untergrundes. 9

Dieses Verfahren liefert aber nur dort positive Ergebnisse, wo die gesuchten archäologischen Objekte noch aus dem Seeboden herausragen und nicht vollständig zusedimentiert sind. Ist dagegen keine Korrelation zwischen Morphologie und archäologischem Objekt zu erwarten, benutzt man niederfrequente Signalguellen, deren Wellen tiefer in den Untergrund eindringen und an dort eingebetteten Körpern reflektiert werden (Edgerton und Scoufopoulos 1972). Da mit diesem System jedoch nur Profillinien vermessen werden können, müssen für eine flächenhafte Kartierung möglichst viele eng liegende Parallelprofile gefahren werden. Die flächenhafte Vermessung ist häufig erst Voraussetzung für eine archäologische Interpretation der geophysikalischen Meßdaten. Die isolierten Meßwerte eines Profils können nur etwas aussagen über die Existenz und Größe der erfaßten Anomalien, nichts dagegen über deren Entstehung. Erst die nicht mehr zufällige Verteilung solcher Anomalien schließt oft eine geologisch bedingte Entstehung aus. Bei früheren Taucharbeiten waren im Haddebyer Noor ein wikingerzeitliches Schiffswrack (Crurnlin-Pedersen 1969), hölzerne Pfahlgruppen und eine Reihe von Einzelfunden geortet und teilweise geborgen worden (Hingst und Kersten 1955) . Anhand dieser bekannten Pfahlansammlungen sollte das seismische Verfahren zunächst überprüft werden. Archäologische Ausgrabungsarbeiten in den Jahren 1979 und 1980 boten dann auch die Möglichkeit, die geophysikalischen Ergebnisse mit dem tatsächlichen archäologischen Befund vergleichen zu können. Zusätzlich wurden eigene Tauchuntersuchungen durchgeführt, um die seismischen Daten besser interpretieren zu können.

2. REFLEXIONSSEISMISCHE MESSUNGEN

2.1 Meßtechnik und Datenregistrierung Die seismischen Arbeiten erfolgten von einem 6 m langen und2mbreiten Boot aus, auf dem die Registrierapparatur, die Stromversorgung und die Steuerung des Pingers untergebracht sind. Der Pinger selbst wird seitwärts am Boot geschleppt (Abb. 1) . Bei der flächenhaften Untersuchung des Hafenbereiches wurde das Gebiet mit Parallelprofilen im Abstand zwischen 0,5 m und 2 m überdeckt. Auf den Profilen selbst beträgt der mittlere Abstand zwischen zwei seismischen Registrierungen etwa 0,1 m. Für die spätere archäologische Interpretation der Meßdaten muß der genaue Standort jeder einzelnen seismischen Registrierung exakt bestimmbar sein. Diese Navigationsaufgabe konnte hier mit einfachen Mitteln befriedigend gelöst werden (Abb. 2). Während der kontinuierlichen reflexionsseismischen Vermessung fährt das Boot möglichst mit konstanter Geschwindigkeit auf einem vorgegebenen Profil von See in Richtung auf das Ufer, wo ein im sichtbaren Rotbereich arbeitendes Laserleitstrahlgerät den Festpunkt des Profils markiert. Während der Profilfahrt hält der Steuermann den Leitstrahl auf einem Kontrollschirm zwischen zwei vorgegebenen Fehlerbalken. 10

Abb. 2 Blockbild zur Standortbestimmung der seismischen Registrierungen mit Laserleitstrahl und Laserentfernungsrnessung.

Eine maximale seitliche Abweichung hält sich auf diese Weise innerhalb der Grenzen von 0,5 m. Als zweite Koordinate des Standortes wird die Entfernung vom Schiff zum Ufer mit einem Laserentfernungsmeßgerät bestimmt und zusammen mit den seismischen Daten auf Magnetband gespeichert. Der Fehler dieser Entfernungsbestimmung beträgt maximal 0,2 m. Da die Geländebedingungen zur Aufstellung des Laserleitstrahlgeräts am Ufer teilweise sehr ungünstig sind und im Sommer ein sehr hoher Schilfwuchs die Sicht auf den Leitstrahl verdeckt, wurden Laser und Reflektorwand zeitweise auf einem Schwimmponton installiert. Die Insel wurde nach jeder Profilfahrt versetzt und durch Hubbeine fest auf den Seeboden verankert. Nach dem Umbau der Insel wurde der Laserstrahl durch Anpeilen einer Landmarke auf die neue Profilrichtung ausgerichtet. Als Standlinie diente ein exakt in Profilabständen eingeschlagenes System von Eisen pfählen. Die Auflösung der seismischen Registrierung wird durch die Wellenlänge eines seismischen Impulses bestimmt. Signale hoher Frequenz und somit kleiner Wellenlänge lösen kleinräumige Strukturen auf. Die Absorption dieser Signale im Untergrund ist aber sehr hoch, so daß nur geringe Eindringtiefen von wenigen Metern erzielt werden können. 12

Aus früheren Arbeiten 2 war bekannt, daß der Seeboden im Haddebyer Noor unter einer Wassertiefe von ungefähr 2m mit Faulschlamm bedeckt ist, der einen hohen Anteil an ungelösten Methan- und Schwefelwasserstoffgasen enthält. Hochfrequente seismische Signale im kHz-Bereich werden an diesen Gasbläschen gestreut und dringen nur wenige Zentimeter in den Untergrund ein (Brink 1980) . Anders liegen die Verhältnisse im ufernahen Bereich: Hier bilden gestörte holozäne Ablagerungen aus Torfmudden mit Sand und Kiesbestandteilen den Seeboden. Die Absorption für hochfrequente Signale ist hier wesentlich geringer. Bei der Wahl einer geeigneten Schallquelle muß also ein Kompromiß zwischen einer möglichst hohen Auflösung und der erforderlichen Eindringtiefe geschlossen werden. Bei den reflexionsseismischen Messungen im Haddebyer Noor hat sich ein Pinger mit 5 kHz als Schallquelle überall dort bewährt, wo die Überdeckung des archäologischen Fundmaterials mit gashaitigern Faulschlamm nicht mehr als 0,5 m beträgt. Der Pinger besteht aus vier elektromagnetischen Lautsprechersystemen, die durch Kondensatorentladung zur Impulsabgabe angeregt werden. Die Schallenergie wird dabei gebündelt und in Keulenform nach unten zum Seeboden abgestrahlt. Bei einem 5 kHz-Signal beträgt die Wellenlänge im Wasser 30 cm. In der Regel kann man erwarten, daß Schichtpakete noch im Bereich einer viertel Wellenlänge durch konstruktive Interferenz aufzulösen sind. Die seismische Registrierapparatur muß eine hohe Auflösung der Zeitachse und Signalamplitude erlauben3 . Die Mindestauflösung der Zeitachse wird durch die höchsten Frequenzanteile im Seismogramm bestimmt. Für die Auflösung der Signalamplitude ist das Verhältnis zwischen der Energie des schwächsten Nutzsignales und den stärksten Signalanteilen im Seismogramm entscheidend. So reflektiert zum Beispiel der Seeboden wesentlich mehr Energie des seismischen Impulses als kleine, eingebettete Störkörper. Die bei den seismischen Messungen in Haithabu eingesetzte digitale Datenerfassungsanlage wird beiden Anforderungen gerecht. Das Zentrum der Anlage bildet ein Minicomputer, dessen Software die Peripheriegeräte steuert und zusätzlich eine digitale Bearbeitung der Meßdaten erlaubt. Die gleiche Apparatur ermöglicht die graphische Darstellung der seismischen Profile. 2.2 Seismogrammentagen Bei den wichtigsten Laufwegen des seismischen Signales (Abb. 3.1) unterscheidet man zwischen Nutzsignalen (b- c) und Störsignalen (a, d- e). Neben der eigentlichen Reflexion an Störkörpern (c) soll auch die Seebodenreflexion (b) als Nutzsignal zählen, da man in einigen Fällen zumindest im ufernahen Bereich auch eine Korrelation zwischen der Morphologie des Seebodens und archäologischen Objekten vermuten kann . Störsignale sind die direkte Welle zwischen Schallquelle und Hydrophon sowie alle multiplen Reflexionen, die durch mehrfache Laufwege zwischen Seeboden und Seeoberfläche entstehen. Das direkte Signal überlagert sich im Tiefenbereich von 0 - 1m der Seebodenreflexion. Während der digitalen Bearbeitungsphase kann man das direkte Signal vom Seismogramm subtrahieren und damit die Störung aus der 13

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Abb. 3 Laufwege seismischer Nutzsignale (b-c) und Störsignale (a, d-e ; 1) . Dars tellung einzelner seismischer Spuren als Seismogrammentage (2).

weiteren Auswertung aussondern. Geistreflexionen entstehen, wenn der Empfänger (Hydrophon) nicht an der Seeoberfläche schwimmt, sondern, wie bei den Messungen im Haddebyer Noor, in 0,5 m Tiefe liegt. Neben der Reflexion, die direkt zum Hydrophon läuft (a), beobachtet man noch einen etwas später folgenden Einsatz der gleichen Reflexion, die das Hydrophon über den Umweg der Seeoberfläche erreicht (d). Die zeitliche Trennung beider Einsätze ist möglich, wenn das Hydrophon in ausreichender Tiefe schwimmt. In der graphischen Darstellung von drei seismischen Registrierungen in Linienschrift ist eine Halbwelle zur besseren Korrelation der Einsätze jeweils schwarz ausgefüllt (Abb. 3.2). Die Seebodenreflexion trifft hier beispielsweise nach drei Millisekunden (msec) ein. Das entspricht bei einer Ausbreitungsgeschwindigkeit der seismischen Welle von 1.500 m /s im Wasser einer Seebodentiefe von 2,25 m. Bei dem 14

vorgegebenen Schußpunktabstand von 0,1 m bestehen100m seismisches Profil aus 1000 solchen Einzelregistrierungen. Um in der Seismogrammontage eines Profiles trotzdem noch Einsätze auch über größere Entfernungen miteinander korrelieren zu können, benutzt man nur die schwarz ausgefüllte Signalhälfte zur Darstellung und zeichnet die Spuren sehr eng zusammen (Abb. 3.2 rechts) . In einem Seismogramm liegen die Reflexionseinsätze kleiner Störkörper auf einer "Diffraktionshyperbel" (Abb. 4) . Das seismische Profil verläuft hier genau über eine Styroporkugel, die in 2m Was sertiefe hängt. Da die Signalquelle nicht nur senkrecht nach unten, sondern in Keulenform auch schräg zur Seite Energie abstrahlt, registriert man schon ein reflektiertes Signal, bevor sich der Pinger unmittelbar über dem Körper befindet. Der Laufweg und damit die Laufzeit der Reflexion ist aus seitlicher Position größer als über der Kugel. Aus der Geometrie der Laufwege ergibt sich eine hyperbelförmige Gestalt der Reflexionseinsätze. Kleinräumige Körper geben sich in den Seismogrammontagen folglich als D iffraktionshyperbeln zu erkennen. Legt man

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Abb. 4 Entstehung einer Diffrak tion sh yperbel an ei ner Styroporkugel mit 0,3 m D urchmesser in 2 m Wassertiefe.

15

zur besseren Interpretation der Reflexionseinsätze mehrere benachbarte Profile nebeneinander (vgl. Abb. 8), so ist eine einfache Korrelation zusammenhängender diffraktierender Gebiete möglich. Der Profilabstand beträgt im Beispiel 0,5 m, die gesamte Montage zeigt einen 3,5 m breiten Streifen. Die geschilderte Methode der Korrelation benachbarter Diffraktionshyperbeln ist aber nur dann anwendbar, wenn alle Seismogrammontagen im gleichen Entfernungsmaßstab geplottet sind. Da das Meßboot nicht mit konstanter Geschwindigkeit fahren kann, schwanken die Abstände zwischen den Einzelregistrierungen auf verschiedenen Profilen um ± 5 cm. Aber auch innerhalb desselben Profiles können noch ähnlich große Abweichungen auftreten. Um diese Unterschiede auszugleichen, liest der Computer zunächst die Entfernungswerte jeder einzelnen Registrierung vom Magnetband und überprüft sie auf ihre Gültigkeit. Nachdem fehlerhafte Werte ausgeglichen wurden, berechnet ein weiterer Bearbeitungsschritt den Abstand zwischen zwei aufeinanderfolgenden Registrierungen. Dieser Wert bestimmt anschließend während des Plottens der Seismogrammontage die Spurbreite des einzelnen Seismogrammes . Auf diese Weise wird auf allen geplotteten Profilen ein konstanter Entfernungsmaßstab eingehalten. 2.3 Meßergebnisse Im Hafengebiet von Haithabu konnte das seismische Ortungsverfahren an einer 11 ha großen Fläche überprüft werden (Abb. 5). Im Teilgebiet A (vermessen 1978) lagen die Profilabstände streckenweise bei 0,5 m, um Testwerte dafür zu erhalten, wie gut diffraktierende Gebiete lateral zu korrelieren und abzugrenzen sind. Der übliche Profilabstand betrug demgegenüber 1m und in den Gebieten B (1979) und C (1980) 2m. Die Auswertung zeigt, daß die seismischen Messungen in drei Gruppen mit unterschiedlichem Reflexionsbild des oberen Seebodenbereiches unterteilt werden können: Gruppe 1: einzelne Diffraktionen, die aber von Reflexionen an geologischen Strukturen überlagert werden Gruppe 2: Gebiete mit schwachen und diffusen, stark interferierenden Diffraktionen Gruppe 3: klare Diffraktionen, die eindeutig archäologischen Objekten zugeordnet werden können. Der Seeboden des ufernahen Flachwasserbereiches bis zu einer Wassertiefe von etwa 2m und der einer weit in das Noor hineinreichenden Landzunge wird von holozänen Sedimenten oder pleistozänen Geschiebemergeln gebildet 4 . Seismogramme aus diesem Gebiet gehören zur Gruppe 1. Das seismische Signal dringt hier tiefer als in den anderen Gebieten in den Untergrund ein. Neben der Seebodenreflexion ist stellenweise noch eine glaziale Erosionsrinne zu erkennen (Abb. 6), die später wieder mit söhlig abgelagerten Sedimenten gefüllt wurde. In dieser Rinne liegen oberflächennahe Diffraktionshyperbeln, denen nach Tauchuntersuchungen Pfahlgruppen zugeordnet werden konnten. Insgesamt ist dieses Gebiet lateralsehr inhomogen aufgebaut. Stark diffraktierende Bereiche, die wahrscheinlich aus Torf bestehen, lösen sich scharf 16

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Abb. 5 Reflexionsseismisch vermes senes Gebiet im Hafen von Haithabu (A - C) und Lage der seismischen Profile Abb. 6-8 (I- III) .

begrenzt mit ungestört gelagerten Sedimenten ab. Die Lesbarkeit der Seismogramme wird durch oberflächennahe kleinräumige Schichtung zusätzlich erschwert. Unter diesen geologischen Voraussetzungen sind den Diffraktionshyperbeln nicht immer eindeutig archäologische Objekte zuzuordnen. Hier kann die Interpretation der reflexionsseismischen Messungen wirksam nur durch zusätzliche digitale Bearbeitungsprozesse, wie Dekonvolution und Migration, verbessert werden5 . Im tieferen Seebereich, unterhalb einer Wassertiefe von etwa 2 m, wird der Seeboden aus Faulschlamm gebildet, der stark mit Methan- und Schwefelwasserstoffgasen angereichert ist. Dieser Faulschlamm gibt sich in den Seismogrammen als scharfer, über weite Strecken gleichförmiger Impuls großer Amplitude zu erkennen, dem ein indifferentes Rauschsignal nachfolgt. Ein weiteres Merkmal des Faulschlamms ist der negative Reflexionskoeffizient. Das Signal erfährt am Seeboden eine Phasendrehung um 180°, und die Seismogramme zeigen den Ersteinsatz des Faulschlammseebodens 17

Abb. 6 Reflexionsseismisches Profil aus dem Meßgebiet C. Lateral gestörte geologische Strukturen erschweren die Ortung archäologischer Objekte.

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Abb. 7 Pingerregistrierung aus dem Meßgebiet B. Eine über 1 m mächtige Faulschlammschicht überdeckt Hafenbauwerke, die deshalb nicht mehr geortet werden können.

als weiß auf, das heißt mit entgegengesetzter Schwingungsrichtung zur schwarz erscheinenden direkten Welle. Im sandigen Material zeigen dagegen beide Einsätze die gleiche Ausschlagrichtung. Der Übergang vom sandigen Material am Uferhang zum Faulschlamm bei größeren Wassertiefen ist in allen Seismogrammen deutlich zu kartieren. Kennzeichnend für den Sockel des Uferhanges ist überdies eine kleine Aufwölbung, die durch abrutschendes Material, insbesondere von abgestorbenen Schilfresten, gebildet wird. Im mittleren Bereich des Meßgebietes B und im nördlichen Bereich des Gebietes C lassen sich keine klaren und über mehrere Profile korrelierbaren Diffraktionseinsätze beobachten. Seismogramme aus diesem Gebiet gehören in die Gruppe 2. Sie zeigen gleichförmig über den gesamten Faulschlammbereich schwache, diffus wirkende Diffraktionen (Abb. 7). Taucher konnten aber auch in diesem Gebiet Pfahlgruppen nachweisen, die von einer Faulschlammschicht von mindestens 1m Mächtigkeit überdeckt waren. Das relativ hochfrequente 5 kHz-Pingersignal vermag diese überlagernde Schicht nicht mehr zu durchdringen und Diffraktionssignale an den Pfählen zu erzeugen. Um dennoch in diesem Gebiet Hafenbauwerke seismisch kartieren zu können, müßte mit einer niederfrequenteren Signalquelle gearbeitet werden; ein Verfahren, das dann allerdings mit einer geringeren Auflösung verbunden wäre. Andersliegen die Verhältnisse in den übrigen Bereichen. Da hier nahezu die gesamte Signalenergie am Seeboden reflektiert wird, beträgt die Eindringtiefe nur wenige 18

Dezimeter. Dennoch lassen sich deutliche Diffraktionen beobachten, da der Faulschlamm sehr homogen abgelagert ist und deshalb im Seismogramm keine störenden Strukturen auftreten (Abb. 8) . Die günstigsten Voraussetzungen zur angestrebten archäologischen Interpretation der Meßdaten bieten naturgemäß diese Seismogramme der Gruppe 3. Sie wurden in großen Teilen des Bereiches A und teilweise auch in den Gebieten B und C gemessen. Der Vergleich mit Tauchuntersuchungen bestätigt, daß diese Diffraktionen an eingerammten Holzpfählen entstanden sind, deren noch erhaltener Teil in Faulschlamm steht und bis dicht an die Wassergrenze reicht. Die Diffraktionen in den Seismogrammen zeigen fast immer verzerrte Hyperbelformen, die durch Interferenz mehrerer Einzeldiffraktionen entstehen, und die nicht mehr voneinander getrennt werden können 6 . So ertasteten Taucher an diesen Stellen keine Einzelpfähle, sondern immer ganze Pfahlgruppen. Die zusammenfassende Darstellung aller seismischer Daten des untersuchten Hafenareals lieferte eine Karte, die sämtliche beobachteten Diffraktionen lagegetreu aufzeigt, hier vereinfacht und im Ausschnitt dargestellt (Abb. 9). Die Berücksichtigung unterschiedlicher Reflexionscharakteristika (Einzel- beziehungsweise Mehrfachhyperbeln) und unterschiedlicher Entstehungstiefe der Diffraktionen - der Störkörper kann über den Seeboden herausragen oder bis in etwa 1 m Tiefe hinabreichen - unterstützt die laterale Korrelation über größere Strecken. In dem gewählten Ausschnitt betrugen die Abstände zwischen den Profilen 0,5 m und 2m. Es zeigt sich deutlich, daß bei Profilabständen von 0,5 m die sicherste Korrelation möglich ist. So sind nördlich und südlich über den gezeigten Bereich (vgl. Abb. 8) hinaus, also auf über mehr als 10m Ausdehnung, klar voneinander abgegrenzte Hyperbelhäufungen zu erkennen. Diese Konzentrationen konnten nicht mehr zufällig sein; Taucher entdeckten dort erwartungsgemäß Reste der gesuchten Hafenanlage. Nach Norden geht dieser Bereich klarer Einzeldiffraktionen in eine Zone über, die sich durch nicht mehr einzeln auflösbare Hyperbeln auszeichnet. Diese Hyperbeln werden größtenteils durch Bauwerkreste erzeugt. Nur am Sockel des Uferhanges dürften die Diffraktionen geologischen Ursprungs sein; der Abfall der Sandbank ist relativ steil, so daß es zu gestörten Lagerungsverhältnissen durch Hangrutschungen kommt. Die Korrelation von Hyperbelhäufigkeit mit dem Uferhang, dargestellt durch den Wechsel des Reflexionskoeffizienten, ist in dem gesamten Meßgebiet zu beobachten (Abb . 10). Diese Darstellung zeigt die Verteilung der auf eine Einheitsfläche bezogenen Anzahl von Diffraktionshyperbeln. Dabei sind Diffraktionen, die längs des Profils in Gruppen auftreten und nicht mehr einzeln aufgelöst werden können, gegenüber Einzeldiffraktionen mehrfach gewertet worden. Aufgrund ähnlicher Hyperbeldichte wird eine Fortsetzung der bei Grabungen im Bergebauwerk aufgedeckten Hafenbauwerke um etwa 100 m nach Osten, also in das Noor hinein, und nach Norden, also auf der Sandbank liegend, angenommen. In tieferen Gewässern konnte diese Annahme durch Tauchgänge bestätigt werden. Eine weitere Konzentration ist im nördlichen Teil der Sandbank zu erkennen. Sie wird teilweise durch Funde früherer Taucharbeiten (Hingst und Kersten 1955) erklärt. Diese Struktur setzt sich im 19

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