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German Pages 449 Year 1996
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EN WIRTSCHAFI'SWISSENSCHAFTLICHES SEMINAR OTTOBEUR Band 25
ARBEITSLOSIGKEIT UND MOGLICHKEITEN IHRER UBERWINDUNG
Herausgegeben von BERNI-IARD GAI-[LEN
HELMUT HESSE und
HANS JURGEN RAMSER
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1996
Vorwort
IV
immer mit auBergcwéhnlichem Engagement und groBer Sorgfalt die Schreibarbeiten dmch. ‘ Dabei wurde sie unterstiitzt von Frau Sandra Hausmann und Frau Brita Evertz. lhnen gilt
ebenfalls unser Dank. Augsburg, Hannover, Konstanz
Bernhard Gahlen Helmut Hesse
Hans Jiirgen Ramser
Teilnehmerliste
Prof. Dr. Dres. h.c. Horst Albach
Prof. Dr. Nildaus Blattner Prof. Dr. Reinhard Blurn Prof. Dr. Dres. h.c. Gottfried Bombach Prof. Michael C. Burda, Ph.D.
Dr. Karen Cabos PD Dr. Horst Entorf
Prof. Dr. Gebhard Flaig Prof. Dr. Wolfgang Franz Prof. Dr. Bernhard Gahlen Prof. Dr. Harald Hagemann Prof. Dr. Ernst Helmstfidter Prof. Dr.Dr. h.c. Helmut Hesse
Prof. Dr. Reinhard Hujer Prof. Dr. Gerhard Illing Prof. Dr. Klaus Jaeger Prof. Dr. Kirchgfissner Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Kloten Prof. Dr. Dres. h.c. Wilhelm Krelle Prof. Dr. Jfirgen Kromphardt Prof. Dr. Hans-Jiirgen Krupp
Prof. Dr. Oliver Landmann PD Dr. Jfirgen Meckl Prof. Dr. Hans Jfirgen Ramser Prof. Dr. Dres. h.c. Kurt W. Rothschild Prof. Dr. Heidi Schelbert Dr. Hilmar Schneider PD Dr. George Sheldon Prof. Dr. Manfred Stadler Prof. Dr. Winfried Vogt PD Dr. Helmut Zink
Das Wirtschaftswissenschaftliche Seminar Ottobeuren ist mit der Zielsetzung gegrfindet worden, Experten einer Spezialrichtung der Wirtschafts— und Sozialwissenschaften den gegenwartigen Stand der Forschung analysieren und neue Anséitze erértern zu lassen. Die
Referate und Diskussionszusammenfassungen werden in der Schriftenreihe des Seminars veréffentlicht. Die Organisation der Tagungen liegt bei der Universitat Augsburg.
Die Deutsche Bibliothek — CIP-Einheitsaufnahme Arbeitslosigkeit zmd Mb'glichkeiten ihrer Uberwindzmg/ hrsg. von Bernhard Gahlen . . . — Tfibingen: Mohr. 1996 (Wirtschaftswissenschaftliches Seminar Ottobeuren: Bd. 25)
ISBN 3-16-146665-9 NE: Gahlen, Bernhard [Hrsg.]; Wirtschaftswissenschaftliches Seminar < Ottobeuren ) : Wirtschaftswissenschaftliches Seminar Ottobeuren
© 1996 J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) Tiibingen.
Das Werk einschlieBIich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschiitzt. Jede Verwertung auBerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulassig und strafbar. Das gilt insbesondere fijr Vervielféiltigungen. Ubersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Das Buch wurde von Gulde-Druck in Tiibingen auf archivfahiges Werkdruckpapier der Papierfabrik Niefern gedruckt und von der GroBbuchbinderei Heinr. Koch in Tiibingen
gebunden.
ISSN 0340-7187
Vorwort
Hicrmit werden die Referate und Korreferate des 25. Wirtschafiswissenschaftlichen Seminars Ottobeuren zum Thema "Arbeitslosigkeit und Moglichkeit ihrer Uberwindung" vom 10. bis 14. September 1995 vorgelegt. Damit erscheint der 25. Band dieser Schriftenreihe, der gleichzeitig
auch der Jubilfiumsband zum 25j§hrigen Bestehen des Seminars ist. Das Winschafiswissenschaftliche Seminar Ottobeuren hat nun schon Tradition und im Bereich der Wirtschaftswissenschafien einen festen Platz gefunden. Im Herbst eines jeden Jahres laden die Unterzeichner einen kleinen Kreis von Experten einer Spezialrichtung des jeweiligen Fachgebietes zu einem Wochenseminar ein. In diesem Seminar wird das Thema von mehreren Seiten beleuchtet: Der empirische Befund wird diskutiert, neuere theoretische Ansatze stehen zur
Debatte, wirtschaflspolitische SchluBfolgerungen werden erortert. So gehért die themenspezifische Zusammenarbeit von Wirtschafiswissenschafilem, die eher der Empirie, Theorie Oder Poli-
tik zuneigen, zum Charakteristikum dieses Seminars. Dem Werkstattcharakter entsprechend wird
der Diskussion im kleinen Kreis viel Zeit eingerfiumt. Dieses Seminar wurde finanziell getbrdert vom Landkreis Unterallgau und dem Markt Ottobeuren sowie der Gesellschafl der Freunde der Universitat Augsburg e.V. Fur die groBzflgige Unterstfitzung bedanken wir uns herzlich. Weiterhin sind wir zahlreichen Reprasentanten und Bfirgem
des Marktes Ottobeuren zu Dank verpflichtet, die uns wie in all den vergangenen Jahren geholfen haben, das Seminar in der besonders angenehmen Atmosphare dieses Ortes durchzufiihren. Stellvertretend wollen wir ganz besonders Herrn Altbfirgermeister Frehner und Herm Biirgermeister Heil nennen. Die Seminarteilnehmer durften bei einem Empfang auf SchloB Kronburg darfiber hinaus die Gastfreundschaft des Landkreises Unterallgau erfahren. Dafiir danken wir insbesondere Baron Vequel-Westemach und Herrn Landrat Dr. Haisch.
Durch die groflziigige Unterstfitzung der Industrie- und Handelskammer (IHK) fijr Augsburg und Schwaben konnte eine Festveranstaltung im Kaisersaal der Benediktinerabtei ausgerichtet werden. Die Festvortrage wurden von Frau IHK-Prasidentin Hannelore Leimer, Herrn Bundesminister der Finanzen Dr. Theo Waigel und dem langjahrigen wissenschaftlichen Leiter des Seminars, Herrn Prof. Dr. Dres. h.c. Gottfried Bombach, gehalten. Allen, die zum Gelingen
dieser Veranstaltung beigetragen haben, sagen wir ganz herzlichen Dank.
Die Organisation des Seminars und die Redaktion der Schrifienreihe hatte zum letzten Mal Gebhard Flaig inne. Ihm gilt im besonderen MaBe unser Dank und unsere Anerkennung fiir die vielen Jahre, in denen er das Ottobeurer Seminar vemauensvoll und sachkundig organisiert und
die Herausgabe der Tagungsbande redakfionell betreut hat. Frau Christel Schaible fiihrte wie
Inhaltsverzeichnis
I. Zur aktuellen Situation
Theoretische Ansiitze zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit: Wo stehen Referat von Wolfgang Franz
wir 1995?
47
Korreferat zum Referat W. Franz Michael C. Burda
it in WestInstitutionelle und strukturelle Determinanten der Arbeitslosigke aten Paneld deutschland: Eine mikroiikonometrische Analyse mit Referat von Reinhard Huj er und Hilmar Schneider Korreferat zum Referat R. Hujer and H. Schneider Gebhard Flaig
53
77
II. Arbeitslosigkeit als Problem des Arbeitsmarktes
Die Beschiiftigungsentscheidung der Unternehmungen Arbeitslosigkeit aus betriebswirtschaftlicher Sieht Referat von Horst Albach
83
Korreferat zum Referat H. Albach Wilhelm Krelle
131
Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland: Mismatch, Mobilitit und technischer Wandel Referat von Horst Entorf
Korreferat zum Referat H. Entorf
139
.
George Sheldon
I 171
Gewerkschaftsverhalten und Arbeitslosigkeit Referat von Klaus Jaeger
179
Technischer Fortschritt und Arbeitslosigkeit Referat von Niklaus Blattner
211
Korreferat zum Referat N. Blatlner Ernst Helmstfidter
229
VIII
Inhaltsvelzeichnis
III. Arbeitslosigkeit als gesamtwirtschaflliches Phfinomen Uberlegungen zur makroiikonomischen Modellbildung Referat von Winfried Vogt
237
Korreferat zum Referat W. Vogt Helmut Zink
271
Arbeitslosigkeit aus Sicht der Neuen Keynesianischen Makroiikonomie
Referat von Gerhard Illing
275
Korreferat zum Referat G. Illing Hans Jfirgen Ramser
303
Elemente und Funktionsweise des strukturalistischen Ansatzes
zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit Referat von Manfred Stadler
307
Korreferat zum Referat M. Stadler
Heidi Schelbert
327
Internationale Konkurrenz: Ursache von Arbeitslosigkeit und Lohnungleichheit? Referat von Helmut Hesse
331
Korreferat zum Referat H. Hesse
Jfirgen Meckl
359
Geldpolitik und Beschfiftigung Referat von Hans-Jfirgen Krupp und Karen Cabos
363
Korreferat zum Referat H.-J. Krupp und K. Cabos Gottfried Bombach
389
Bewuflt erzeugte und duldend hingenommene Arbeitslosigkeit: Zum Problem der Arbeitslosigkeit aus der Sicht der Neuen Politischen Okonomie
Referat von Gebhard Kirchgfissner Korreferat zum Referat G. Kirchgéissner Oliver Landmann
I. Zur aktuellen Situation
Theoretische Ansfitze zur Erkliirung der Arbeitslosigkeit: Wo stehen wir 1995?
Referat von Wolfgang Franz. Arbeit ist des Burgers Zierde Friedrich van Schiller Arbeitslosigkeit ist das Leiden aller Leiden Ma’rtin Walser
l. Einfiihrung ng von Arbeitslosigkeit mufi mit der Die Aufarbeitung der Literatur zur theoretischen Erklfltu en Aspekten zur Ursachenanalyse einer Feststellung beginnen, daB zwar eine Ffille von einzeln ssenen, in sich konsistenten und womégUnterbeschfifiigung diskutiert wird, von einem geschlo keine Rede sein kann. lich auch noch allgemein akzeptierten Modell indessen (noch) ondere dann nicht, wenn von vomNicht immer wird dies als ein Mangel empfimden, insbes
nun einmal der einzige Hebel seien, den wir herein feststeht, daB die L6hne und die Lohnstruktur
zfigliehe Einsicht bei einigen Verhaben, um die Arbeitslosigkeit zu bekfimpfen. Da die diesbe bleibt abschlieflend lediglich noch die antwortlichen offenkundig noch gesteigert werden muB,
sind erforderlich, bis die Lohnpolitik so weit Frage zu klfiren: ,,Wie viele schwere Rezessionen
tigen Kurs beibehfilt“ (Lehment 1995). ist, daB sie auch bei guter Konjunkturlage einen vorsich Das wfir‘s dann. gebfihrend selektiver Wahrnehmung Die Crux solcher Aussagen liegt darin, daB sie sich bei .1 In der Tat benétigen die meisten auf Erkenntnisse der 6konomischen Theorie berufen ktinnen der Lohn- und Preisanpassung, um instheoretischen Ansfitze in irgendeiner Form Trfigheiten bei tragen zu kfinnen. Wenn jedoch diese besondere der Persistenz von Arbeitslosigkeit Rechnung lns der betreffenden Wirtschafts— Rigiditfiten Ausdruck eines 6konomisch rationalen Hande alitfit zu Lohnsenkungen veranlafit subjekte sind, wie sollen diese dann entgegen ihrer Ration L6hnen wird hfiuflg fibersehen. werden? Anders formuliert: Der endogene Charakter von folgenden Ausfiihrungen bestehen Unbeschadet dieser notwendigen Rechtfertigung flit die erwiihnt - darin, die zahlreichen und die Schwierigkeiten eines solchen Vorhabens - wie bereits Arbeitslosigkeit in einen Analyseunterschiedlich motivierten Einzelaspekte zur Theorie der
r Verantwortung des Autors liegt. Ich danke T. Bunner, Es versteht sich von selbst, daB der Beitrag in alleinige fllr wertvolle Unterstlltzung und den Teilnehmem des B. Fitzenberger, H. Prey, E. Schrbder and W. Smolny tare. Kommen e hilfreich flir Seminars durchaus einen guten Uberblick fiber einige Aspekte So bietet der zitiene Zeitungsartikel von Lehment (1995) der ,,Neuen Beschflfiigungstheofie".
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Franz, Theoretische Ansatze zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit
rahmen zu stellen, der cine slrukturierte Diskussion ermiiglicht, ohne indessen allzu sehr den Charakter eines Prokrustesbettes anzunehmen. Bei Durchsicht der neueren Literatur verfestigt
sich dabei der Eindruck, daB bei allen Vorbehalten cin Modell einer quasi—gleichgewichtigen Arbeitslosigkeit einen niitzlichen Referenzrahmen zu liefem imstande ist, welcher dariiber hinaus den Vorzug besitzt, in neueren Arbeiten zu diesem Thema verwendet zu werden, so daB Ver-
weise auf einschlfigige Quellen, Modifikationen und Erweiterungen leicht mdglich und filr den Leser nachvollziehbar sind. Dieser Vorteil Wiegt umso schwerer, als angesichts der Seitenrestriktion hier nur skizzenhaft einige Hinweise auf Argmnentationslinien gegeben werden
kfinnen, von einer formalen Aushreitung einzelner Theorien erst gar nicht zu reden. Der Beitrag ist wie folgt gegliedert. In Kapitel 2 wird der erwfihnte Modellrahmen einer quasi-gleichgewichtigen Arbeitslosigkeit vorgestellt, wobei unter Verzicht auf wichtige Einzelaspekte auf eine moglichst hohe Ubersichtlichkeit Wert gelegt wird. In Abschnitt 3 werden dann einige dieser Einzelaspekte aufgegriffen. Der Frage, wie sich Storungen auf dem Giltermarkt auf den Arbeitsmarkt fibertragen, geht Abschnitt 4 nach. Im Mittelpunkt des darauffolgen— den Abschnitts steht das wichtige Problem der Persistenz von Arbeitslosigkeit. Einige SchluBbemerkungen beenden den Beitrag. 2. Ein makroi‘ikonomischer Analyserahmen In diesem Abschm'tt wird ein theoretischer Analyserahmen skizziert, der trotz einiger Vorbehalte
eine strukturierte Einordnung und Diskussion der einzelnen Beitrfige zur Theorie der Arbeitslosigkeit erméglicht. Das Modell wird von den einzelnen Autoren in unterschiedlicher Weise formuliezrt und begrfindet, so daB es sich hier um einen Prototyp einer Vielfalt von Ansfitzen handelt.
Mit dem Modell sollen hauptsfichliche Ursachen der Entstehung und Persistenz von Arbeitslosigkeit erkléirt werden. Als Minimalanforderung muB der Analyserahmen mithin Aussagen ilber Arbeitsangebot und Arbeitsnachfrage sowie iiber den LohnbildungsprozeB einschlieBlich allfallliger Rigiditfiten enthalten. Abbildung 2.1 illustriert diese drei Elemente des theoretischen Ansatzes in einem traditionellen Preis-Mengen-Diagramm, wobei als Preis der reale Produktlohn3 und als Menge die Arbeit in Personen dienen.4 Mit Hilfe einer (Skonomisch fimdierten
Intuition lassen sich die Zusammenhfinge zunfichst wie folgt begriinden.
Ohne Anspruch auf Vollstandigkeit wiren in diesem Zusnmmenhang folgende Autoren zu nennen: Alogoskoufis und Manning (1988 a,b), Bean (1994 8.1)), Blanchard (1990), Layard, Nickel] und Jackman (1991), Lindbeck (1993), Manning (1992).
Der reale Produktlohn umfafit alle mit dem Einsatz des Faktors Arbeit verbundenen Kosten und wird mit dem Outputpreis deflationiert. Sein Gegenstiick ist der reale Konsumlohn als dem Nettoentgelt filr geleistete Arbeit deflationiert mit einem Konsumentenpreisindex. Damit bleiben Aspekte der Arbeitszeit zunéichst auBer Betracht.
5
Franz, Theoretische Ansfltze zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit
Abbildung 2.1: Das theoretische Referenzmodell Realer Produkt— lohn w
LS
WE "’3
WA
E0 Symbolik:
EB
E0 Arbeit (Personen)
WD = Arbeitsnachfrage- bzw. Preissetzungskurve WS = Lohnsetzungs- bzw. kollektive Arbeitsangebotskurve LS = aggregiertes individuelles Arbeitsangebot
t die WD-Kurve (i) Je nach Annahme fiber die Marktform auf den Produktméirkten reflektier alten der ungsverh Preissetz das entweder die traditionelle Arbeitsnachfragefimktion oder Konkurrenz auf Untemehmen. 1m ersten Fall wird Gewinnmaximierung unter vollstéindiger ngsverzégeAbsatz- und Beschaffimgsméixkten bei Vemachlfissigung von zeitlichen Anpassu in Abchfrage rungen unterstellt; dann gibt die WD-Kurve die gewinnmaximale Arbeitsna ve die abneh— hfingigkeit des realen Produktlohnes an, wobei in der Steigung der WD-Kur umfaBt alle lohn Produkt Der mende Grenzproduktivitfit der Arbeit zum Ausdruck kommt. genauer spezifimit dem Einsatz des Faktors Arbeit anfallenden Kosten, sie werden spiter auf dem erhaltens npasserv Mengena eines e ziert. Der zweite Fall nimmt von der Annahm auf dem nz Produknnarkt Abstand. In diesen Ansfitzen erfolgt bei unvollstfindiger Konklme auf die der Arbeit), Produktmaxkt cine Zuschlagskalkulation auf die Grenzkosten (u.a. auch igungsentwicklung Beschfifi der wobei der Zuschlagsfaktor positiv mit der Output— und damit von Fix-men in korreliert ist.5 M.a.W. jetzt spiegelt die WD-Kurve das Preissetzungsverhalten Abschnitt 4.2. Diese Hypothese ist allerdings nicht unumsu'itten, vgl. waiter unten
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Franz, Theoretische Ansatze zur Erklirung der Arbeitslpsigkeit
Abhéingigkeit des Arbeitseinsatzes wider: Eine h6here Beschfifiigung fiihrt zu hfiheren Preisen und damit bei gegebenem Nominallohn zu einem niedrigeren Reallohn. (ii) Das Arbeitsangebot LS wird der Einfachheit halber als exogen angenommen, insbesondere ist es nicht vom Reallohn abhéingig.6 Als Rechtfertigung kann auf die empirisch ermittelte, meistens geringe Reallohnelastizitfit des Arbeitsangebotes verwiesen werden.7 (iii) Die WS-Kurve reprisentiert das Lohnsetzungsverhalten oder das ,,kollektive Arbeitsan gebot“ im Gegensatz zum ,,individuellen Arbeitsangebot“, welches der LS-Kurve zugrundeliegt (vgl. Wyplosz 1994). Lohne, die fiber kollektive Lohnverhandlungen erzielt werden, liegen vermutlich hoher als es bei individuellen Lohnverhandlungen der Fall ware. Folglich befindet sich die WS-Kurve links von der LS-Kurve (bzw. oberhalb einer positiv verlaufenden LS-Kurve). Ihre ,,normale“ positive Steigung erklart sich beispielsweise mit der sub-keren Verhandlungsmacht der Gewerkschafien bei einer gfinstigeren Beschfifiigungssituation oder mit einem Rfickgriff auf Elemente einer Effizienzlohntheorie, nach der Unternehmen bei guter Arbeitsmarktlage noch hohere Lohne zahlen, um cine unerwflnschte Fluktuation
oder Drflckebergerei zu vermeiden. Auf diese und andere Begrundungen wird spater nfiher eingegangen. Nicht unwichtig ist indessen bereits jetzt der Hinweis, daB in vielen zur Rede
stehenden Modellen die WD- und WS-Kurve nicht unabhangig voneinander sind. Eine verbindende Variable stellt beispielsweise die Produktivitfit dar. Sie findet in der WD-Kurve ihre Berflcksichtigung dutch cine geeignet spezifizierte Produktionsfimktion. Legt man flit die theoretische Begrfindung der WS-Kurve beispielsweise das Modell einer Monopolgewerkschaft zugrunde, so reprisentiert die WS-Kurve den Expansionspfad des Lohnes flit
unterschiedliche Arbeitsnachfragekurven, die ihrerseits durch die Produktivitfitsentwicklung beeinfluBt werden.
Punkt A in Abbildung 2.1 reproduziert zunfichst das Gleichgewicht auf dem Arbeitsmarkt, wie es typischerweise als Ausgangspunkt in einer makrofikonomischen Grundstudiumsveranstaltung gewahlt wird. Hier gibt es keine Arbeitslosigkeit, wofiir bei voller Reallohnflexibilitfit die Fiktion eines Walrasianischen Auktionators sorgt. Welche Verdienste dieser Mann auch immer haben mag, auf real existierenden Arbeitsmfirkten 11'itt er nicht in Erscheinung. Eher der Wirklichkeit entsprechen kollektive Lohnverhandlungen mit dem Resultat einer Arbeitslosi gkeit in
Hohe der Strecke EBEO und eines Lohnsatzes WB anstelle von WADie mit 15-313.; einhergehende Arbeitslosenquote wird in der Literatur als quasi-gleichgewichtige Arbeitslosenquote (,,QERU“) bezeichnet, weil sie Konsistenz des Preissetzun gs-
verhaltens (oder der Arbeitsnachfrage) mit dem Lohnsetzungsverhalten gewéihrleistet - dahcr die Bezeichnung ,,gleichgewichtig“. Da die WD-Kurve den ,mark-up“ der Preise auf die Lohne und
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Hierbei ist zu beachten, daB beim Arbeitsangebot der Konsumlohn die relevante Erklanmgsgrofle ist. Hierbei kompensieren sich teilweise unterschiedliche Reaktionen der Arbeitsanbieter nach Geschlecht Llnd Familienstand. Vgl. dazu die einschlfigigen Aufsfitze im Handbook of Labor Economics (Ashenfelter Imd Layard 1986).
i
Franz Theoretische Anséitze zur Erklarung der Arbeitslosigkeit
7
die WS-Kurve den der L6hne auf die Preise beschreibt, kann der Punkt B auch als das Ergebnis eines ,,battle over mark-ups“ (Layard und Nickell 1986, 146) interpretiert werden. Dieses Gleich-
gewicht ist anderseits mit einem ArbeitsangebotsfiberschuB verbunden - es ist nicht-walrasianisch, deshalb der Zusatz ,,quasi“. Wenig fruchtbar ist die Diskussion der Frage, ob E—BEB nun als freiwillige oder unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu bezeichnen ist: Einerseits wollen ESE—0' Personen beim herrschenden Lohnsatz arbeiten, das wfirdc ,,Unfreiwilligkeit“ nahelegen; ande-
rerseits miissen sich eben diese Arbeitslosen fi'agen lassen, warum sie nicht qua Lohnkonzessionen die begehnen Arbeitsplfitze crhalten (k6nnen); dies lieBe dann eher ,,Freiwilligkeit“ vermuten.
Ergiebiger ist dann schon der Hinweis auf den ,,su'ukturellen“ Charakter der QERU (vgl. Wyplosz 1994). Sie ist das Resultat — des Preissetzungsverhaltens, der Technologie, der produktiven Kapazitfiten, der Unternehmensbesteuerung und etwaiger Regulierungen des AIbeitseinsatzes (fiber die WD-Kurve), — institutioneller Regelungen und sozialer Arrangements (fiber die WS-Kurve), — individueller Prfiferenzen und der direkten und indirekten Besteuerung der Einkommen (fiber cine elastische LS-Kurve). Diese und weitere Aspekte, die in den nichsten Abschnitten genauer herausgearbeitet werden, verbergen sich hinter der hziufig verwendeten Bezeichnung ,,strukturelle Arbeitslosigkeit“. Dieser Begriff wird mittlerweile in der Literatur und erst recht in der Offentlichkeit teilweise sehr einseitig, teilweise auBerordentlich extensiv interpretiert, so dafl er nahezu inhaltsleer geworden ist.8 Die tatsfichlich beobachtete Arbeitslosigkeit entspricht nicht notwendigerweise der QERU. Wie im Abschnitt 4.2 néher erlfiutert wcrden wird, kann ein konjunkturell bedingtes Nachfrage-
defizit zu einer Linksverschiebung der WD-Kurve filhren, etwa zu WD' in Abbildung 2.1. Bei Rigiditfit des Reallohnes WB ergibt sich zumindest kurzfn'stig eine Arbeitslosigkeit insgesamt von m, wovon Tic—E}: hfiufig als konjunkturell, weil von einem gesamtwirtschaftlichen Nachfragedefizit verursacht, und ‘EC—E-o als gleichgewichtig (,,strukturell“) bezeichnet werden. Hier wird emeut die Problematik einer Komponentenzerlegung in ,,konjunkturelle“ versus ,,strukturelle“ Arbeitslosigkeit, abet natflrlich auch eine Schwfiche des QERU-Modells deutlich,
weil prinzipiell die Lage der WD-Kurve nicht unabhingig von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage und es nicht einfach (aber andererseits auch nicht aussichtslos) ist, eine ,,konjunktu.r-
bereinigte WD-Kurve“ zu bestimmen. Anders ausgedrfickt: Zwa: ist das gesamtwirtschafiliche Nachfragedefizit der auslfisende Faktor und eine solche Arbeitslosigkeit kann - zumindest in der
So definieren beispielsweise Berthold und Fehn (1994, 314), daB strukturelle Arbeitslosigkeit bei einem Angebotsilberhang auf einem Teilarbeitsmarkt nicht auf einen Mangel an gesamtwirtschafilicher Nachfrage zuriickzufiihren ist. Daraus folgt dann: ,,Die Arbeitslosigkeit ist smkmrell in dem Sinne, daB die realen Lohnstuckkosten nur in diesem Sektor gesenkt werden mussen, um wieder sektorale Vollbeschfifiigung hermstellen“. Wieso wird diese Arbeitslosigkeit dann nicht gleich als ,Jeallohnverursacht“ klassifiziert?
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Franz, Theoretische Ansfitze zur Erkliinmg der Arbeits losigkeit
Theorie - durch eine geeignete Stabilisierungspoli tik beseitigt werden, aber die QERU kann auch durch eine Rechtsverschiebung der WS-Kurve (bis zum Punkt D) wieder erreicht werden, d.h. die Tarifverlragsparteien wiren gefordert, die Reallohnrigiditfit bei WB zu beseitigen. Abgesehen
von der bereits erwéihnten Frage, wie sie dazu gebrac ht werden sollen, wenn eben diese Rigiditfit okonomisch rational ist, beleuchtet dieser Fall schein werferartig, warum es so einfach ist, Alleinvertretungsansprfiche fiber ,,die“ Ursache der Arbeit slosigkeit, namlich die Entlohnung, zu predigen.
Das Konzept der QERU ist eng mit dem der inflationsstab ilen Arbeitslosenquote (,,NAIRU“) verwandt. Der wesentliche Unterschied zwischen beiden Quoten liegt darin, daB die QERU die Gleicheit von Lohn- und Preissteigerungsraten und damit einen konstanten Reallohn beinhaltet, wahrend die NAIRU zusfitzlich noch die Konstanz beider Raten einschlieBt. Dieser Aspekt wirfi die Frage nach der Stabilitfit der QERU auf. Eine Arbeit slosigkeit grbBer als ECEO (also beispielsweise in einer durch den Punkt E in Abbildung 2.1 gekennzeichneten Situation) macht eine Reallohnsenkung erforderlich and vice versa. Im Punkt E ist der Lohn beispielsweise unnotig
hoch, um im Sinne cler Effizienzlohntheorie Abwan derungen oder Bummelantentum zu verhindem. Oder anders herum argumentiert, die Lohna mbitionen der Arbeitsanbieter bzw. der
Gewerkschaften sind mit der in Punkt E vorherrschenden Arbeitslosigkeit zu wenig nachhaltig,
um den Produktlohn WE auf Dauer aufi'echtzuerhalten. Die fiir eine Stabilitfit der QERU not-
wendige Reallohnsenkung fiber Nominallohn- und Preisan derungen9 wird in der Literatur in der Regel fiber ad hoc-Annahmen einer einschlfigigen Dynam ik in Abhangigkeit der entsprechenden Uberschufimengen eingefilhit, ganz analog zur Phillipskurve ndynamk, auf die sich die meisten
Autoren - zumindest zu Vergleichszwecken - bezieh en.lo Dabei wird zwar eingerfiumt, daB die
,,microeconomic foundations for all types of price and wage dynamics, including Phillips curve
dynamics, are quite weak“, jedoch wird im gleiche n Atemzug beschworend darauf hingewiesen, daB ,,we should not deny what we see only because we do not understand it - or because existing
microeconomic theories cannot explain it“ (Lindbeck 1993, 70). Bei aller Sympathie fiir diese Offenbarung wire dies der spateste Zeitpunkt, um mit der Aufstellung einer Forschungsagenda zu beginnen. Dabei konnte als Anregung filr die eingefo rdexte Mikrofundierung der Beitrag von Manning (1992) dienen. Dort wird die Abhangigkeit der Reallohnentwicklung von der Arbeitslosenquote, also der Phillipskurvenzusammenhang, fiber ein Lohnverhandlungsmodell mit einer Nash-Losung theoretisch hergeleitet: In den Nutzen der Gewerkschaften geht u.a. die Beschiifligungswahrscheinlichkeit eines Arbeitslosen - genauer: die Wahrscheinlichkeit, daB ein Arbeitsloser in der nachsten Zeitperiode wiederum arbeitslos ist - ein. Diese wird von dem Verhliltnis von offenen Stellen zu Arbeitslosen beeinfluBt.
Nach dieser kursorischen Darstellung des Modellrahme ns soll nun der grundlegende Gedankengang skizziert werden, mit dem die Entwicklung der Arbeitslosigkeit in Westdeutschland aus theoretischer Sicht erklfirt werden kann. \ 0
D.h. der Nominallohn muB um weniger steigen (um mehr fallen) als das Preisniveau. So beispielsweise Layard, Nickell und Jackman (I991), 370ff. oder Lindbeck (1993), 68ff.
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Franz, Theoretische Ansfitze zur Erkléirung der Arbeitslosigkeit
Im wesentlichen besteht der Analyserahmen aus den folgenden vier miteinander verbundenen
Hypothesen:
(i) Es existielt cine quasi-gleichgewichtige Unterbeschéiftigung (QERU), weil das Gleich— gewicht auf dem Arbeitsmarkt nicht isoliert dutch Arbeitsangebot und -nachfrage bestimmt wird, sondern ebenfalls durch institutionelle Regelungen und Praktiken des Lohnbildungsprozesses sowie durch Anreizwirkungen, ein Arbeitsplatzangebot - so vorhanden - zu akzeptieren. Dabei lassen sich diese zuséitzlichen EinfluBfaktoren 6konomisch rational begrfinden,
es ist daher nicht damit getan, nach Lohnkorrekturen zu rufen, wenn nicht gleichzeitig dar— gelegt wird, wie rational handelnde Beteiligte entgegen eben dieser Rationalitfit dazu gebracht werden sollen. (ii) Die QERU ist im Zeitablauf gestiegen, d.h. in der Abbildung 2.1 haben sich die WS-Kurve und/oder die WD-Kurve nach links verschoben (und ggf. ihre Steigung verindert).11 Verantwortlich dafilr sind natiirlich Ver‘alnderungen der Variablen, welche die Lage und Steigung der Kurven bestimmen. Beispielsweise konnen aus theoretischer Sicht eine verschlechterte Position im intemationalen Standortwettbewerb (zu hohe Stiickkosten, wenig marktt‘éhige Produkte u.a.) oder grdBere Unsicherheiten in der Einschfitzung der zukflnftigen Gfitemach— frage zu einer dauerhaften Linksverschiebung der WD-Kurve und damit ceteris paribus zu einem Anstieg der QERU filhren. Mogliche Linksverschiebungen der WS-Kurve vermag diese Theorie beispielsweise mit einer gréBeren Generositfit der Arbeitslosenunterstfitzung
oder dutch zunehmende Heterogenitét in Form eines gestiegenen Mismatch in Verbindung mit Mobilitfitshemmnissen zu begrfinden. Die Theorie muB allerdings sicherstellen, dafi sfikulare Trendentwicklungen wie z.B. ein technischer Fortschritt die QERU nicht fiber alle
Grenzen wachsen lassen. (iii) Die tatsfichliche Arbeitslosigkeit weicht nicht nur auf Grund einer friktionellen Komponente von der QERU ab, sondem vor allem deshalb, weil das System durch Schocks auf den Gfiterméirkten und ein verfindertes Arbeitsangebot gestort wird. Typische Beispiele fiir solche Schocks sind konjunkturell bedingte gesamtwirtschaftliche Nachfragedefizite oder Importpreis- bzw. Technologieschocks. Die entscheidende Frage lautet dann: Wie reagiert eine Volkswirtschafi auf solche Schocks? Dieser Aspekt betrifft gleichfalls den Anstieg des Arbeitsangebots, wie er in Westdeutschland 2.3. in den achtziger Jahren zu beobachten war.
Anders herum und bezogen auf das Arbeitsangebot formuliert: Die Feststellung, das Arbeitsangebot sei gestiegen, ist im Hinblick auf eine Erklé'rung der Arbeitslosigkeit ungeniigend; entscheidend ist vielmehr die Beantwortung der Frage, warum die zusfitzlichen Arbeitsanbieter keine Arbeit gefunden haben. Deshalb verschleiern Begriffe wie ,,bev61kerungsbedingte Arbeitslosigkeit“ mehr als sie erhellen, abgesehen davon, dal3 die ausltisende
Stomng bei endogenem Arbeitsangebot moglicherweise nicht korrekt identifiziert wurde. 1l
.
ln Abbildung 2.1 wird eine mégllche Trendentwicklung der QERU nicht dargestellt: Ein (exogener) techmsoher Fortschritt fiihrt zu Verschiebungen der WD- und WS-Kurven nach oben und der Reallohn steigt im Zeitablauf, vgl. auch Abschnitt 4.3.
lO
Franz, Theoretische Ansatze zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit l
(iv) Abweichungen der tatséichlichen Arbeitslosigkeit von der QERU kfinnen langandaue mde Effekte haben und auf die QERU selbst zurfickwirken. Es ist daher unzulz'issig, die Entwick—
lung der QERU einerscits und Fluktuation um die QERU anderseits getrennt zu untersuchen und die jeweiligen Resultate zu addieren. Mechanismen, die eine an sich temporéir bedingte Unterbeschfiftigung in persistente Arbeitslosigkeit urnwandeln, sind u.a. ,Hysteresis-Phano-
mene“, wie beispielsweise cine arbeitslosigkeitsbedingte h6here Abschreibungsrate des Humankapitals, Entmutigungs- und Stigmatisierungsefl'ekte sowie das Unvermégen der Arbeitslosen als den AuBenseitem auf dem Arbeitsmarkt, in den Lohnbildungsprozefl einzugreifen oder Lohnunterbietung zu betreiben. Uber solche und andere Transmissionsmechanismen ensteht ein Teufelskreis: Arbeitslosigkeit emugt Arbeitslosigkeit. Mit groBem Nachdruck muB nochmals auf die Interdependenz der aufgefiihrten Effekte verwiesen werden. Wie groB die Versuchung auch immer sein mag, aus ,,didaktischen“ Erwagungen trendmafiige und zyklische Bewegungen der Arbeitslosigkeit separat zu behandeln, dies stellt eine analytisch riskante Strategie dar. Ebenso wie es sich bei den makrofikonomischen Modellen
zur Erklirung von Outputentwicklungen als unbefiiedigend, wenn nicht sogar irrefiihrend, erwiesen hat, ,,Konjunktur“ und ,.Wachstum“ auseinanderzuhalten, so ist vielleicht in der
Arbeitsrnarktékonomik die gedankliche Trennung in eine ,matiirliche“ Arbeitslosigkeit gleich welcher Provenienz und Abweichungen von dieser Grfifle zu intensiv betrieben worden. Davon abgesehen war indessen von einem zeitinvarianten Wert der ,,natural rate“ bei Untersuchungen fiber westeurop'alische Arbeitsmarkte, wenn fiberhaupt, seit lingerer Zeit keine Rede mehr, im Gegensatz zu den USA, flir die eine konstante NAIRU (als Approximation der unbeobachtbaren natfirlichen Arbeitslosenquote) in H6he von rund 6 v.H. nach wie vor einen plausiblen Wert darstellen mag. 12 Spfitestens in den folgenden Abschnitten sollte deutlich werden, daB ein Teil dieses Modellrahmens Forschungsprogrammatik darstellt. Es erscheint indessen nicht von vorneherein aussichtslos, zahlreiche nfitzliche Bausteinc zur Erklfirung von Arbeitslosigkeit kohfirent und mit
den Fakten vereinbar in einen solchen Gesamtzusammenhang zu stellen.
3. Einige Bestimmungsfaktoren der QERU: Ein zweiter Blick Um die Darstellung der QERU im vorangegangenen Abschnitt nicht zu fiberfrachten, wurden einige wichtige Determinanten der H6he der QERU nur angedeutet. Dies betriffi zum einen die theoretische Analyse zur Erkléirung der Verhaltensweisen, die hinter der WD- bzw. WS-Kurve stehen, zurn anderen abet auch die Heterogenitfit von Arbeitsln'éifien und -pléitzen, welche ein ,,Matching“ erschwert.
12 Vgl. Gordon (1993). So betrachtet rennt das stark beachtete Buch von Phelps (1994) unbeschadet aller Verdienste offene Tfiren ein.
Franz, 'I‘heoretische Ansfitze zur Erklfirung der Arbeitslosigkeit
l1
Einige dieser Aspekte sollen in diesem Abschnitt etwas eingehender thematisiert werden, wobei hier ebenfalls die Seitenrestriktion Versuchungen, Vollstfindigkeit erreichen zu wollen, im Keim erstickt. Mehr noch, eine Darstellung verschiedener Hypothesen des der WD-Kurve zugrundeliegenden Preissetzungsverhaltens der Firmen muB ausgeblendet werden. Weiterhin
werden Variablen, welche als angebots- und nachfrageseitige Schocks zumindest partiell zur Erklfirung eines méglichen Anstiegs der QERU beitragen k6nnen, im nichsten Abschnitt einer Betrachtung unterzogen.
3.1 Kollektive Lohnverhandlungen Wenn die Frage diskutiert wird, warum Reallbhne nicht kompetitiv, also nicht ”marktr’ciumend“
festgesetzt werden, erfreuen sich einseitige Schuldzuweisungen an gewerkschaftliches Verhalten grfiflter Beliebtheit, so als ob Gewerkschaften unilateral die Realléhne diktierten. Abgesehen davon, daB es dann schon eher die Nominallfihne wfixen, die zur Rede stehen, bleibt bei dieser
Sichtweise die Realitfit von Tarifverhandlungen in Deutschland in fréhlicher Unbekflmmertheit ausgeblendet. Es sind nun einmal kollektive Tarifverhandlungen, welche fiber die Tariflohnentwicklung entscheiden, d.h. wenn es schon um Schuldzuweisungen geht, dann verdienen auch die Arbeitgeberverbfinde ihre gebfihrende Beachtung, wovon beispielsweise die TaIifverhandlungen in der bayerischen Metallindusttie Anfang 1995 beredt Zeugnis ablegen, um es einmal freundlich zu artikulieren. Wie dem auch immer sein mag, festzuhalten bleibt, dafl eine im Ver-
gleich zum Gewerkschaftsverhalten fihnlich umfangreiche Theorie der Arbeitgeberverbéinde
nicht existiert.
Prinzipiell kann der Aspekt Lohnverhandlungen und Arbeitslosigkeit von zwei Seiten analysiert werden, die sich dutch die Kausalitfitsrichtung unterscheiden. Zum einen kann gefragt werden, inwieweit die Tarifparteien einer bestehenden Arbeitslosigkeit Rechnung tragen, d.h. ob die
Arbeitsplatzbesitzer in erster Linie Beschfifiigungssicherung betreiben oder zur Schaffung neuer, wettbewerbsfzihiger Arbeitspléitze beitragen. Prominente Modelle fiir diese Fragestellung sind u.a. die Insider-Outsider-Theorie (Abschnitt 5.1) und die Effizienzlohntheorie (Abschnitt 3.2). Dieser Abschnitt beschéiftigt sich mit der anderen Kausalitfit, nfimlich warum dutch kollektive Verhandlungen L6hne oberhalb eines kompetitiven Gleichgewichtslohnes vereinbart werden.
LaBt man das Modell einer Monopolgewerkschaft wegen allzu grofier Realitfitsferne aufler Betracht, so beherrschen einmal der ,,Right-to-manage“-Ansatz (RTM) und zum anderen das Modell effizienter Verhandlungen (EB) die Szene. Im RTM-Modell wird zwar der Lohn
zwischen den Tarifvertragsparteien ausgehandelt, jedoch wird die Beschfiftigung einseitig von den Untemehmen bestimmt. Im EB-Modell verhandeln die Gewerkschaften sowohl fiber die Lohnhiihe wie auch fiber die Beschfiftigung. M6gliche Verhandlungsergebnisse liegen auf einer Kontraktkurve, die den geometn'schen Ort aller Tangentialpunkte zwischen den Indifferenzkurven der Gewerkschaften und den Isogewinnkurven der Untemehmen reprisentiert. Je nach der konkreten Form der gewerkschafilichen Prfiferenzen fiir Lohn bzw. Beschéiftigung kann die Kontraktkurve in einem Lohn-Beschfifiigungsdiagramm eine positive oder negative Steigung
12
Franz, Theoretische Ansfitze zur Erklirung der Arbeitglosigkeit i
annehmen.13 Der positive Verlauf der WS—Kurve im QERU— Modell ergibt sich dann, wenn Gewerkschaften bei giinstiger Konjunktursituation nicht nur eine hc'ihere Indifferenzkurve errei— chen konnen (weil sich die lsogewinnlinien verfindem), sondern auf einer Indifi'erenzkurve bei
einer solchen gfinstigen Situation dem Lohn ein grofleres Gewicht beimesse n als in einer Lage, wo es eher um Bescha'ftigungssicherung geht.l4 Die Unterschiede zwischen dem RTM-Modell und dem EB-Modell werden haufig dahingehend zusammengefaBt, daB das Verhandlungsergebnis im EB-Modell effizient sei, nicht aber im RTM-Modell, und daB die Beschfifiigung im EB-
Modell in der Regel hoher sei als im RTM-Modell. Der erste Unterschied scheint bereits intuitiv plausibel, weil sich im EB-Modell keine Partei verbessern kann, ohne daB sich die Gegenseite
verschlechtert, wfihrend es im RTM-Modell méglich ist, daB die Unternehmung - graphisch verdeutlicht - auf ihrer Isogewinnkurve bleibt, wahrend die Gewerkschafi durch eine andere Kombination von Lohn und Beschfifiigung eine hohere Indifferenzkurve erreichen kann. Diese Argumentation hat in der Okonomie zwar eine lange Tradition, die bei Leontief (1946) beginnt und u.a. von McDonald und Solow (1981) wieder aufgegn'ffen wurde, ist jedoch in ihrer Allgemeinheit nicht unbestritten geblieben. So weist beispielsweise Manning (1994) auf die geringe Robustheit der EB— bzw. RTM-Modelle bei vergleichsweise geringen Anderung en der Annah— men fiber die Produktionstechnologie hin, wéhrend Layard, Nickell und Jackman (1991, 112ff) die teilweise restriktiven Annahmen des McDonald-Solow-Ansatzes kritisiere n (unbegrenzte Betriebszugehorigkeit, keine Neueinstellungen etc.) und zu dem Resultat gelangen, daB bei einer natfirlichen Fluktuation von Arbeitskrfifien die McDonald-Solow—Bedingunge n ,,would be
grossly inefficient, and both parties could do better by ignoring them - which is why they do so“ (112).
Der zweite Unterschied - die hohere Beschfifiigung im EB-Modell - ist ebenfalls nicht unbestritten geblieben, ein Tatbestand, der fiir den hier zur Rede stehenden Zusammenhang von
mindestens ebenso groBer Wichtigkeit ist. In einer partiellen Gleichgewichtsanaly se ist die Behanptung wohl zutreffend (vgl. Manning 1994, 43]), jedoch nicht mehr zwangslfi ufig bei einer allgemeinen Gleichgewichtsbetrachtung. Als Gegenargument ffihren Layard und Nickell (1990) an, daB ein Verhandeln fiber die Beschfifiigung die Macht der Gewerkschaft erhéhe, weil die
Gefahr von Arbeitsplatzverlusten nun geringer werde; als Konsequenz ergfiben sich generelle Lohnsteigerungen mit negativen Beschfiftigungseffekten. Beiden Modellen ist der grundsfitzliche Zielkonflikt zwischen Entlohnung und Beschfiftig ung in der gewerkschaftlichen Nutzenfunktion gemeinsam. Die zahlreichen Beitrfige in der Literatur differieren u.a. in der Spezifikation der Zielfunktion, die beispielsweise auf einem strategischen
13 Im Model] von McDonald und Solow (1981), welches haufig als Referenzmo dell client, kann die Kontraktkurve keine negative Steigung annehmen. 1m Regelfall ist sie positiv geneigt. Der Spezialfall einer vertikalen Kontraktkurve kommt dann zustande, wenn die Nutzenfimktion U(w) der Gewerkscha fien linear ist, sie also risiko—
14
neutral sind. Vgl. dazu nahere Erlauterungen z.B. bei Farber (1986), 1066.
Vgl. dazu die Darstellung in Carlin und Soskice ( 1990), 397fl'.
13
Franz, Theoretische Ansitze zur Erklirung der Arbeitslosigkeit
Ansatz in Anlehnung an Binmore, Rubinstein und Wolinsky (1986) basiert und eine Reihe von Funktionalformen annehmen kann.15 Manning (1987) entwickelt ein sequentielles Verhandlungsmodell, welches das RTM-, EB— und Monopolgewerkschaftsmodell als Spezialfdlle enthfilt. Als im Hinblick auf die te der QERU cum grano salis gemeinsames Ergebnis dieser Ansfitze ergibt sich eine umso hfihere QERU, je h6her die Verhandlungsmacht der Gewerkschaften und
die Arbeitslosenunterstiitzung und umso geringer die Risikoaversion der Arbeiter bzw. der Gewerkschaften und die absolute Elastizitfit der Arbeitsnachfrage in bezug auf den Reallohn sind (vgl. Nickel] 1990, 415f.). Letztlich sind dies wenig fiberraschende Resultate. Emeiterungen die-
-
ser Modelle beziehen sich in jiingerer Zeit auf die simultane Bestimmung von Lohnverhandlungen und freiwilliger Gewerkschafismitgliedschaftl6 ein Tatbestand der gerade fiir deutsche Verhfiltnisse Aufmerksamkeit verdient - und auf die Frage, ob Gewerkschaften fiber eine Innovationsfeindlichkeit die Entstehung von Arbeitslosigkeit begiinstigen. Was den zuletzt genannten Aspekt anbelangt, so kommt Ramser (1992) in einer Partialanalyse zwar grundsfitzlich zu einer bejahenden Antwort, weist freilich mit Nachdruck auf die eingeschréinkte Robustheit der theore-
tischen Resultate hin, die durch entsprechend widerspn‘lchliche empirische Studien erhfirtet wird. Altere Studien dagegen befassen sich u.a. mit dem Problem, inwieweit Lohnkontrakte - ggf. implizit - Versicherungskomponenten enthalten, etwa in der Form, daB risikoneutrale Unternehmen risikoscheuen Arbeitnehmem ein verstetigtes Einkommen anbieten, welches bei guter
(schlechter) Konjunkturlage unterhalb (oberhalb) des Wertgrenzproduktes liegt. Diese Modelle geh6ren mittlerweile zur Lehrbuchliteratur und werden hier aus Platzgrfinden nicht weiter diskutiert. Die damit einhergehende geringere Variabilitéit von Realléhnen im Konjunkturverlauf kann zur Erklfirung einer Persistenz der Arbeitslosigkeit beitragen (vgl. Abschnitt 5). Einen mehr institutionell bedingten Parameter, der gleichwohl im Einfluflbereich der Tarifvertragsparteien liegt, stellt die Entscheidung darilber dar, auf welcher Ebene die Lohnverhandlungen gefiihn werden sollen. Dazu hat sich in den letzten Jahren eine beachtliche Literatur entwickelt, die beispielsweise von Calmfors (1993) und Fitzenberger (1995) kompetent zusammengefaflt wird. Die Frage nach dem optimalen Zennalisierungsgrad von Lohnverhandlungen ist
nicht nur vor dem Hintergrund der Diskussion in Deutschland ilber den Flfichentaxifvertrag von Interesse, sondem besitzt darilber hinaus einen unmittelbaren Zusammenhang zum Thema
Arbeitslosigkeit. GemiB des theoretischen Standardmodells von Calmfors und Driffill (1988) weisen nfimlich vfillig dezentralisiert oder rein zentral gefllhrte Lohnverhandlungen den héchsten Effizienzgrad in dem Sinne auf, daB dann die Reallfihne das niedrigste und damit die Beschfiftigung das h6chste Niveau erreichen, vorausgesetzt natl‘u'lich den eindeutig negativen Zusammen-
hang zwischen Reallohn und Beschfifiigung, der in dieser Allgemeinheit nicht zulfissig ist. Grob vereinfacht lautet die Begrfindung, daB einerseits auf der betrieblichen Ebene Gewerkschaften
15 Vgl. Farber (1986) und Jfiger (1995) fllr Ubersichten. 16 Vgl. Booth und Chatterji (1995) und flir Deutschland Schnabel (1989).
‘1 l4
Franz, Theoretische Ansfitze zur Erklllrung der Arbeitslosigkeit
zur Lohnzuriickhaltung neigen, wenn der AbsaIzmarkt kompetitiv ist. Diese Politik iindert sich,
wenn auf Branchenebene Oder auf der gesamtwirtschafilichen Ebene verhandelt wird, weil dann der Konkurrenzdruck schwindet. Andererseits ergibt sich ein gegenléiufiger Efi‘ekt, weil die Wahrscheinlichkeit, daB Gewerkschafien die Wirkungen von Lohnerhfihungen auf das gesamt-
Wirtschaftliche (Konsumgfiter—)Preisniveau berficksichtigen, umso mehr steigt, je zentralisierter die Lohnverhandlungen stattfinden, denn bei betn'eblichen Lohnabschliissen sind die Effekte auf das (fiir die Arbeitnehmer relevante) Preisniveau vernachlfissigbar gering. Beide Hypothesen zusammengefaBt ergeben den hfiufig zitierten Zusammenhang zwischen Reallohn und Zentralisie— rungsgrad in Form eines auf dem Kopf stehenden U's. Erweiterungen dieses Ansatzes beziehen sich u.a. auf offene Volkswirtschaften.l7
Das Verdienst der genannten Autoren, das Problem eines optimalen Zentralisienmgsgrades auf eine theoretische Grundlage zu stellen, steht (bisher jedenfalls) in umgekehrten Verhfiltnis zum diesbezfiglichen Erfolg an der empirischen ,,Front“. Dort werden - letztlich wohl aussichts—
lose - Schlachten geschlagen, das institutionelle Rahmenwerk von Tarifvertragsebenen in eine international vergleichbare Skala zu pressen. Geeigneter scheint dann der u.a. von Fitzenberger
(1995) untemommene Versuch zu sein, einige Implikationen solcher Modelle zu testen. 3.2 Effizienzliihne
Die positive Steigung der WS-Kurve wird in der Literatur haufig unter Riickgriff auf Effizienz— lohntheorien gerechtfertigt. In Zeiten eines hohen Beschiftigungsstandes versuchen Unternehmen, beispielsweise einer grfiBeren Fluktuation oder einer nachlassenden Arbeitsintensitfit durch noch hohere Lohnzahlungen entgegenzuwirken, um um zwei Beispiele zu nennen.
Im Gegensatz zu Insider-Outsider-Modellen (n. Abschnitt 5.1) sind es in Effizienzlohnmodellen Unternehmen (und nicht Gewerkschafien), fiir die es mit gewinnmaximierendem Verhalten vereinbar sein kann, einen héheren als den marktrfiumenden Lohn zu zahlen, weil L6hne nicht nur einen Kostenfaktor darstellen, sondem auch cine geMnnerhohende Anreizfunktion filr
die Beschéfiigten haben konnen. Diese Ambivalenz des Lohnes in bezug auf den Gewinn ist der Kemgedanke der Effizienzlohntheorien, die sich in ihrer Vielfalt darin unterscheiden, welche aus
der Sicht der Firma profitablen Effekte von einem h6heren Lohnsatz ausgchcn k6nnen: Erhohung der Leistungsintensitfit, Verminderung der Fluktuation und Auslesefunktion bei der Begutachtung von Bewerbem. Diese Argumente sollen kurz erlfiutert werden,18 wobei vorab hervorgehoben werden mull, daB nicht behauptet wird, Effizienzlohne wfirden flfichcndeckend fiir die gesamte Volkswirtschafi gezahlt. Burda (1988b) hat jedoch emcut darauf aufmerksam gemacht,
dafl ,,wait unemployment“ entstehen kann, wenn Arbeitslose in Erwartung eines Arbeitsplatz17
Vgl. dazu z.B. Driffill und van der Ploeg (1993).
18 Eine Gegenuberstellung der Arguments fllr und gegen die Effizienzlohntheorie bieten die Aufsatze von Lang und Kahn (1990) einerseits und Carmichael (1990) andererseits. Filr Ubersichten vgl. Rothschild (1988) und filr eine Integration mit Such— und Matchingmodellen MacLeod, Malcomson und Gomme (1994).
Franz, Theoretische Ansiitze zur Erklirung der Arbeitslosigkeit
15
angebotes im Effizienzlohnsektor lieber eine lfingere Arbeitslosigkeit in Kauf nehmen, als ein entsprechendes Angebot aus dem kompetitiven Sektor zu akzeptieren. Ausgangspunkt der Argumentation ist, daB die Beschflftigten hfiufig die Méglichkeit haben, ihre Anstrengungen innerhalb bestimmter Grenzen zu vaxiieren, ohne eine Entdeckung (und damit die Entlassung) fih'chten zu mfissen, sci es, weil ein Arbeitsvertrag nicht alle Einzelheiten
der Verpfliehtungen eines Arbeitnehmers bis ins letzte Detail regeln kann, oder weil es fiir die Fix-men mit hohen Kosten verbunden ist, die Leisumgsintensitat ihrer Beschaftigten standig zu kontrollieren (,,Monitoring“). Folglich mufl den Arbeitnehmem ein Ameiz geboten werden, auch gerei“ ohne Uberwachung bzw. ohne exakt spezifizierten Arbeitsvertrag keine ,,Drfickeber
(,,Shirking“) zu betreiben. In den Shirking-Ansatzen ist es der h6here Lohn, der eine mdgliche Leistungseinschrfinkung verhindert, indem er die Beschéiftigten nicht nur zu grfifieren Anstrengungen anspomt, sondem auch die Strafl(t))=Si(t)=ex —Ixi(r)dc]=flex —I}\.ij(‘r)d‘t] 0
J
0
Hujer und Schneider, Institutionelle und slmkturelle Determinanten der Arbeiislosigkeit
59
Die Uberlebensfunktion gibt an, mit welcher Wahrscheinlichkeit sich eine Untersuchungs— einheit nach einer Verweildauer t noch immer im Ausgangszustand befindet. Sic kann auch als Produkt von zielzustandsspezifischen Uberlebensfimktionen interpretiert werden:
(3.4)
Si(t) = usiju) J mit Sum = ex J kij(t)dt]
Wenn die Verweildauer t — wie im Erwerbsstatuskalendarimn des Sozio-ékonomischen Panels — in Monaten erfaBt wird, dann lflBt sich die Dauer nicht mehr in kontinuierlicher Zeit,
sondern nur noch in diskreten Monatsintervallen beobachten. Zudem ergibt sich eine Vereinfaehung der Zusammenhfinge dadurch, daB sich die Kovariaten in der Regel ebenfalls nu: in diskreten Abstfinden findem. Unter der Annahme, dafl Monatsintervalle als Einheitsintervalle dafilr
eine hinreichend genaue Datierung erlauben, geniigt start einer zeitkontinuierlichen Betrachtung eine Betrachtung in den Intervallen d 6 {1,2,...} in den Grenzen d-l bis d. Ffir die
Uberlebensfunktion ergibt sich daraus:
d—l k+l Si(d)=nex -Z I’vij(1)dt] j k=0 k
= ”“°[' j
.1k +1
D.
(3-5)
I Raj-(t) exp(xijkflj)exp(€ij)dt]
0
k
k
(14
k+l
= Hex;{—exp(eij) 2exp(xijkfij) [Koj(t)d1:]
j
k=0
k
d-l
= Hexp[—exp(eij)k§0 exp(xijkflj + yjk )] J k+1
mit yjk =l
Ikoj(t)d1: k
Dutch die Diskretisierung reduziert sich das Problem der Bestimmung der Basisilbergangs— rate auf die Schitzung einer endlichen Zahl von y-Parametem. Ein y-Parameter kennzeichnet die logan'thmierte durchschnittliche Basisfibergangsrate in einem Einheitsintervall. Aus den y-Parametem lfiBt sich direkt auf das zeitliche Verlaufsmuster der Basisfibergangsrate schliefien. Hfiufig wird zur Modellvereinfachung cine parametrische Spezifikation der Basisfibergangs— rate eingeflihrt, was jedoch zu Fehlspeziflkationen fiihren kann. Aus diesem Grund wird fih‘ die Schfltzungen eine flexiblere, ,Jiicht-parametrische“ Speziflkation in Form von zeitspezifischen
Konstanten verwendet. _Vbllige Flexibilitfit laflt sich allerdings auch dadurch nicht verwirklichen.
1 60
Hujer und Schneider, Institutionelle und sn'ukturelle Determinanten der Arbeitslosigkeit
Aus Identifikationsgriinden ist es erforderlich, Restriktionen auf die y—Parameter einzufiihren
(Z-B- Yil = Viz = Ya)In der obigen Form setzt die Bestimmung der Uberlebensfunktion die Kenntnis von sij oder seiner Verteilung voraus. Im einfachsten Fall ist sij cine Konstante mit dem Wert 0. Unter dieser Voraussetzung resultiert ein Extremwertmodell der Form: d—]
(3.6)
Si(d)=H {Io exp(—exp(xijkl3j+yjk)) J =
Das Extremwertmodell als diskreter Ansatz entspricht dem Piecewise-Exponential—Modell, d.h. einern Ubergangsratenmodell in kontinuierlicher Zeit mit abschnittsweise konstanter Basisfibergangsrate. Altemativ zu dem Extremwertmodell werden in empirischen Studien oftmals Logit- bzw. Probitmodelle verwendet (beispielsweise in Han/Hausman (1990); Narendranathan/
Stewart (1993); Steiner (1994)). Realistischer als die Annahme aij = 0 ist die Annahme einer zuflillig verteilten Stérgréfie sij. Hier hat es sich bewfihrt, von einer Gammaverteilung fiir uij=exp(ai,-) auszugehen (vgl. Tuma/Hannan ( 1984); Meyer (1990)). In einer empirischen Studie zur Arbeitslosigkeitsdauer weisen Heckman/Singer (1984) nach, daB die Schéitzung der Modellparameter sensitiv im Hinblick auf die Verteilungsannahmen beziiglich si ist. Daher haben Heckman/Singer (1984) vorgeschlagen, die Verteilung von 8; mit Hilfe einer nicht-parametrischen, diskreten Verteilung
zu approximieren. Diese schéitztechnisch sehr aufiavendige Methode verwenden beispielsweise Hujer/Schneider (1989), Narendranathan/Stewart (1993) und Steiner (1994). Die bisherigen Erfahrungen haben jedoch gezeigt, daB zumindest im Rahmen der hier vorgestellten Modelle cine Kontrolle von unbeobachteter Heterogenitfit durch die Annahme einer gammaverteilten StfirnBe hinreichend ist. Weiterhin hat sich gezeigt, dafl es einen trade-off zwischen einer
detaillierten Spezifikation der Basisiibergangsrate und der Beriicksichtigung unbeobachteter Heterogenitit gibt. Je differenzierter die Spezifikation der Basisfibergangsrate gewfihlt wird, desto geringer ist tendenziell die geschfitzte Streuung von sij. Unter der zusitzlichen Annahme stochastischer Unabhia'ngigkeit zwischen sij und aim (i at m) lz'iBt sich eij aus dem Ausdruck fiir die Uberlebensfunktion herausintegrieren (Lancaster (1979),
Meyer (1990)): no
(3.7)
d—l
Si(d) =11 I ex —uijkzo exp(xijk[5j +yjk)]f(uij)duij J
0
d—l = . J
1+012E0exp(xijkl3j+yjk) =
1—2
Hujer und Schneider, lnstitutionelle und strukturelle Determinanten der Arbeitslosigkeit
61
mit 612 = v AR(exp(3
ij)) 72
d—1 ’ 2 and Sij(d)= 1+oj Z eXP(Xijkl3j+7ijk)]_q
Die Uberlebensfimktion entspricht damit einer Variante der standardisierten Log-F-Verteilung (Kalbfleisch/Prentice 1980). Zur Formulierung des Maximmn-Likelihood-Ansatzes ist neben der Uberlebensfunktion noch die Wahrscheinlichkeit des Ubergangs in einen bestimmten Zielzustand relevant. Dabei ist nicht nur die Inzidenz dieses Ubergangs, sondem auch die Reihenfolge zu berficksichtigen, da immer nu: der erste eintretende Ubergang beobachtet werden kann. Die entsprechende Wahrscheinlichkeit ergibt sich als Produkt aus der Ubergangswahrscheinlichkeit in den Zielzustand j im Intervall d und den fibrigen zielzustandsspezifischen
Uberlebensflmktionen: P(d-lSTij 1
1971)
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1971‘
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I
191(1) Jahr
-|-
1
1982
i—t-r
1911-1
1
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1986
-¢—~r»—t.—[
191111
1990
Albach, Arbeitslosigkeit aus beh-iebswirtschafilicher Sicht
1 18
E. SchluBfolgerung
eidung. Wer im Die Beschfifligungsentscheidung des Unternehmens ist eine Investitionsentsch men erhéilt, hat gute Zusammenhang mit einer lnvestition einen Arbeitsplatz in einem Untemeh se (hire andfire) sind Chancen, eine Dauerbeschiifiigung zu haben. Kurzfristige Arbeitsverhfiltnis onen heute eher die wegen hoher Transaktionskosten und limitationaler Produktionsfimkfi erwaneten Pfad der Ausnahme. Kurzfristige und als solche erkennbare Abweichungen vom igungsentscheidung des Personalkosten haben (praktisch) keine Auswirkung auf die Beschifi
Untemehmens. dung. Fiir sie ist Die Beschfiftigungsentscheidung des Untemehmens ist eine Standortentschei e hat mogTarifrund letzte Die die langfristige Entwicklung der Personalkosten entscheidend. chaften bei den Unterlicherweise das Vertrauen in eine maolle Tarifpolitik der Gewerks tscheidung der Unternehmen zersttsrt. Das hat drei Konsequenzen filr die Beschifiigungsen
nehmen: gewinnen. Dies 1. Die Untemehmen versuchen, Kontrolle fiber die Lohnentwicklung zurfickzu wertrfigen. Kollekti auBen sich in den zunehmenden Zweifeln an der Vorteilhafiigkeit von die sie unabhfingiger 2. Die Untemehmen investieren in Deutschland nur noch in Technologien, sich in der werden Zukunft In vom Risiko nachteiliger Lohnentwicklungen machen. pro Beschifiigten kosten deutschen Industrie nur noch lnvestitionen lohnen, die 375.000 DM
n. Die neuen und eine Produktivitfit von 300.000 DM Umsatz pro Mitarbeiter aufweise Bundeslfinder exerzieren diese hohe Kapitalintensitfit vor. Flexibilisierung der 3. Die Unternehmen werden verstfirkt versuchen, die Kapitalintensitfit durch Arbeitszeit niedriger zu halten. Verkfirzung der 4. Wenn sich zeigt, daB die hohe Produktivitfit der Mitarbeiter bei weiterer chafien gegen Gewerks der nd Arbeitszeit in Deutschland und bei weiterem Widersta men verstfirkt im kostenneutrale Flexibilisienmg nicht erreichbar ist, werden die Unterneh in einem interAusland investieren und in Deutschland nut noch Beschfiftigungsinseln als Folge der ist nationalen Produktionsverbund aufrechterhalten“. Diese Entwicklung Konsequenz aus Wfihrungsturbulenzen bei GroBuntemehmen schon lange im Gange. Als Wirtschaft dischen mittelstfin der in Lohndruck und Uberregulierung hat sie inzwischen auch eingesetzt. n wird, dann kann das 5. Wenn Deutschland wieder ein attraktiver Standort fin Investore
Sicht ist die BotProblem der Arbeitslosigkeit gelost werden. Aus betriebswirtschafilicher verbunden. schaft eindeutig: lnvestitionen sind mit der Einstellung von Mitarbeitem Daher ist es aus titigen. Welt 6. Die Untemehmen kfinnen heute Innovationen fiberall in der erbsfiihigkeit von betriebswirtschafilicher Sicht falsch, die Verbesserung der Wettbew merischen Arbeitspléitzen in Deutschland vorwiegend oder gar einseitig von untemeh
54 Kohl 1980, 304-307.
‘1
“' Albach, Arbeitslosigkeit aus betriebswirtschafilicher Sicht
119
1 Innovationen zu erwarten. Entscheidend ist aus betdebswirtschaftlicher Sicht die Hfihe der user costs oflabor. Hier mfissen Gesetzgeber und Tarifparteien ansetzen.
Albach, Arbeitslosigkeit aus betliebswirtschafllicher Sicht
120
Anhang 1 Fiir die Schfitzung benutzte Firmen (1968 - 1991): ELEKTROINDUSTRIE:
BBC AG SIEMENS AG
AEG AG HARTMANN & BRAUN AG
SEL AG
GROSSE CHEMIE: BASF AG BAYER AG HOECHST AG
KLEINE CHEMIE: BEIERSDORF AG CASSELA AG
GOLDSCHMIDT AG GUANO-WERKE AG
KALICHEMIE AG RIEDEL DE HAEN AG
SUDCHEMIE AG
‘9 Albach, Arbeitslosigkeit ans betriebswirtschaftlicher Sicht
I Anhang 2 Fiir die Schfitzungen benutzte 80 Firmen (1968 - 1991): CHEMISCHE INDUSTRIE BASF AG BEIERSDORF AG CASELLA AG BAYER AG HOECHST AG GOLDSCHMIDT, TH. AG RIEDEL-DE HAEN AG RUETGERSWERKE AG SCHERING AG SUED-CHEMIE AG KOEPP AG CHEMISCHE WERKE BROCKHUES AG
HERSTELLUNG VON CHEMIEFASERN AKZO FASER AG KUNSTSTOFFVERARBEITUNG DLW AG
GUMMI- UND ASBESTVERARBEITUNG CONTINENTAL GUMMI-WERKE AG PHOENIX AG NEW-YORK HAMBURGER GUMMl-WAREN COMPAGNIE
ALLERTHAL-WERKE AG GEWINNUNG UND VERARBEITUNG VON STEINEN UND ERZEN
DIDIER-WERKE AG VEREINIGTE SCHMIRGEL— UND MASCHINENFABRIKEN AG
ERLUS BAUSTOFFWERKE AG HERSTELLUNG VON ZEMENT
DYCKERHOFF AG
121
Albach, Arbeitslosigkeit aus betriebswirtschafilicher Sicht
122
FEINKERAMIK
KERAMAG KERAMISCHE WERKE AG PORZELLANFABRIK WALDSASSEN BAREUTHER & CO. AG
HERSTELLUNG UND VERARBEITUNG VON GLAS GERRESHEIMER GLAS AG DEUTSCHE SPEZIALGLAS AG
FLACHGLAS AG EISEN- UND STAHLERZEUGUNG
ROESLER DRAHT AG
HINDRJCHS-AUFFERMANN AG
NE-METALLERZEUGUNG, GIESSEREI
HUE'ITENWERKE KAYSER AG LEONISCHE DRAHTWERKE AG
SCHLENK, CARL AG STAHL— UND LEICHTMETALLBAU BALCKE-DUERR AG
MASCHINENBAU
RIETER FNGOLSTADT SPINNEREIMASCHI'NENBAU AG
LINDE AG SCHIESS AG KSB KLEIN, SCHANZLIN & BECKER AG
0 & K ORENSTEIN & KOPPEL AG AG KUEHNLE, KOPP & KAUSCH
KRAUSS-MAFFEI AG MASCHINENFABRIK ESTERER AG
MA SCHINENFABRIK MUELLER-WEINGARTEN AG
DUEWAG AG
ZAH'NRAEDERFABRIK RENK AG ALEXANDERWERK AG REMSCHEID
ALLWEILER AG BRAUNSCHWEIGISCHE MASCHINENBAUANSTALT
Albach, Arbeitslosigkeit aus betriebswirtschafilicher Sicht
1 STRASSEN— UND LUFI‘FAHRZEUGBAU BAYERISCHE MOTORENWERKE AG FORD-WERKE AG AUDI AG
"
VOLKSWAGENWERK AG ELEKTROTECHNIK
SIEMENS AG AEG-AKTIENGESELLSCHAFT HARTMANN & BMW AG ALCATEL SEL AG HOLZBE- UND VERARBEITUNG WESTAG & GETALIT AG
ZELLSTOFF-, PAPIER- UND PAPPERZEUGUNG
KNOECKEL, SCHMIDT & CIE. PAPIERFABRIKEN AG NIEDERMAYR PAPIERWARENFABRIK AG PAPIERVERARBEITUNG, DRUCKEREI UNIVERSITAETSDRUCKEREI H. STUERTZ AG
LEDERVERARBEITUNG SALAMANDER AG
TEXTILG EWERBE AUGSBURGER KAMMGARN-SPINNEREI AG ERBA AG NEUE BAUMWOLL—SPINNEREI UND WEBEREI HOF AG VEREINIGTE FILZFABRIKEN GIENGEN AG KOLB & SCHUELE AG ACKERMANN-GOEGGINGEN VERMOEGENSVERWALTUNGS AG BSU TEXTIL AG WOLLDECKENFABRIK WEIL DER STADT AG BAUMWOLLSPINNEREI GRONAU CALWER DECKEN- U. TUCHFABRIKEN AG
123
Albach, Arbeitslosigkeit aus ben'iebswirtschafilicher Sicht
124
MAHL- UND SCHAELMUEHLEN
MUEHLE RUENINGEN AG BM BAECKERMUEHLEN AG
BRAUEREI UND MAELZEREI HOLSTEN BRAUEREI AG
KULMBACHER REICHELBRAEU AG
STUTTGARTER HOFBRAEU AG BAVARlA- ST. PAULI-BRAUEREI SEKTKELLEREIEN KUPFERBERG, CHR., ADALBERT + C0. KGAA
SEKTKELLEREI SCHLOSS WACHENHEIM AG
UEBRIGES NAHRUNGS— UND GENUSSMITTELGEWERBE
SINALCO AG OELMUEHLE HAMBURG AG
V
t:
Albach, Arbeitslosigkeit aus beniebswirtschafilicher Sicht
125
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Korreferat zum Referat von H. Albach Wilhelm Krelle
Ein Referat von Horst Albach zu koreferieren ist immer cine Freude. Leider hatte ich nicht sehr vie] Zeit, mich mit dem Referat zu befassen, da ich es erst sehr kulzfristig erhielt. Aber vielleieht kannst Du, lieber Horst, aus meinen Bemerkungen einige Anregungen enmehmen, in welcher Richtung man weiterarbeiten kfinnte, und ebenso Anregungen dariiber, was noch - jedenfalls fiir Nicht—Betriebswirtschaftler - klarer und verstfindlieher dargestellt werden konnte. Das Referat ist in vier Teile gegliedert: eine Einleitung (Teil A), einen Abschnitt fiber die Problemstellung (B), eine Ubersicht fiber die betriebswirtschafiliche Behandlung des Problems
(C) und schlieBlich den entscheidenden Abschnitt (D), "Die Beschfiftigungsentscheidung des Untemehmens als Investitionsentscheidung". Dieser Abschnitt ist wiederum in drei Unter— abschnitte eingeteilt. Entsprechend gliedere ich auch meine Kommentare. In der Einleitung (Teil A) beschriinkt Horst Albach sein Thema zunfichst auf Beschfiftigungsentscheidungen der Untemehrnen als Investitionsentscheidungen des Untamehmens. Da, wie er im AnschluB an Sadowsky feststellt, eine betriebswirtschafiliche Arbcitsmarkttheorie nicht existiert. ist diese Konzentn'erung auf die bedeutendsten Fella von Beschfiftigungsentscheidungen
sicher sachgemfiB. 1m Teil B (Problemstellung) folgen dann nach einigen begrifflichen Erlfiuterungen Beispiele aus dem groflen Schatz der praktisehen Erfahnmg von Horst Albach fiir Besch‘ziftigungsentscheidungen grofler und mittlerer Untemehmen - ein Anschauungsmatefial, sozusagen das Fleisch um das Knochengerfist der Theorie, die spiter folgt, oder besser: Beispiele fiir das, was die Theorie erkléiren soll. Diese Linie wird im Teil C fortgesetzt, wobei die wichtig-
slen betriebswirtschaftlichen Arbeiten zu diesern Thema kurz vorgestellt werden. Mit dem Teil D (Die Beschfifligungsentscheidung des Unternehmens als Investitionsentscheidung) kommen wir dam in das Zentrum der Arbeit. Dieser Teil der Arbeit nimmt auch umfangmé'Big den griiflten Raum ein. In diesem Teil werden drei Modelle betriebswirschaftlicher Beechéifligungsentschei— dungen vorgestellt, die als Investitionsentscheidungen zu behandeln sind.
[m ersten Model] (Absehnitt D. II) wird eine spezielle Investition (z.B. der Kauf einer Anlage und die Einstellung des zu ihrer Bedienung notwendigen Personals) untersueht. Der Praxis ent-
sprechend wird der Kapitalwert dieser Investition, die cine endliche Lebensdauer hat, in Abhflngigkeit von den Personalkosten errechnet. Je naehdem, ob dieser Kapitalwert positiv oder negativ ist, wird die Investition vorgenornrnen oder nicht. Dabei wird angenommen, daB eine bestimmte Anfangsinvestition, gerechnet zu Anschaffungskosten, eine bestimmte Personaleinstellung mit sich bringt. Mit der Entscheidung fin- die Investition ist also aueh die Einstellungsentscheidung getroffen. Eine Entlassung erfolgt, wenn es eine neue Investition gibt, deren Kapitalwert hoher ist als derjenige der alten. Gleichung (S) ist die fibliehe Beziehung fiir die Err-echnung des Kapitalwettes, wobei allerdings die Lohnkosten aus dem cash flow herausgenommen
132
Krelle, Korreferat
sind. Von entseheidender Bedeutung fiir den Kapitalwert bei diesem Ansatz sind dann einerseits die user cost of labour, die sich aus dem geltenden Tariflohn, den Lohnnebenkosten, der Obsolenzrate. der Fluktuation und den erwarte’ten Veriinderungen der Tarifltihne zusammensetzt (Gleichung 12) und die von der "Lernrate" I3 abhfingt (Gleichung 3). Hiernach kann die gleiehe
Anlage im Laufe der Zeit mit immer weniger Arbeit betrieben werden. Andererseits ist fiir den positiven oder negativen Kapitalwert der lnvestition die Mtigliehkeit der Uberwéilzung von
gestiegenen Lohnkosten auf die Preise entscheidend. Hier kommt es darauf an, 0b die Preisstei— gerungen die Lohnsteigemngen auffangen kfinnen. Dies aber hangt wiederum von der gesamt— wirtsehaftlichen Geldpolitik ab. Begrenzt die Zentralbank die lnflationshfihe, so ist aueh der Uberwfilzungsmfiglichkeit von Lohnkosten eine enge Grenze gesetzt. Auf diesen Zusammenhang sollte hier noch hingewiesen werden. In der Anmerkung 43 weist Horst Albaeh auf cine friihere Arbeit von ihm bin, in der der Ausdruck P in Gleichung (7) erkliirt wird. Er ist eine Parametrisierung mtiglicher zukfinftiger
Verlalufe des cash flow von t = 1 bis t = NH (dem Ende der Lebensdauer der Anlage),wobei der Parameter P in den Grenzen 0 < P < 1 liegen sollte. Das hier als Parameter benutzte P bestimmt die "Intensitéit des erwarteten Wettbewerbs“. (In der Originalarbeit, siehe Anmerkung 45, werden als Bestimmungsgriinde von P auBer "Konkurrenz" auch technisehe Abnutzung und technische
Uberholung genannt.) Die graphisehe Darstellung der Funktion (7) (AbbJ) illustriert, dafl fiir 0< P < 1/2 der cash flow zunfichst sehr stark, spater, auf niedrigem Niveau, nur noch schwach sinkt;
der cash flow CFt ist also konvex. Fur 1/2 < P < 1 sinkt CFt mit t erst schwach, dann gegen Ende der Lebensdauer sehr stark: CFt ist also konkav. Der Parameter P mufl offensichtlich jeweils gesondert gesehéitzt werden. wie, bleibt hier
offen. Eine grdflere Wettbewerbsintensitat verringert den cash flow schnell. Somit ist 1 - P ein Mal} fiir die Wettbewerbsintcnsitéit.
Die Auswertung von Gleichung (10) bzw. (11) fiir die betriebswirtschafiliche Beschafiigungstheorie ist interessant und aufschluflreich. Ubrigens ist auch eine andere Umwandlung der Gleichung (10) interessant: BOWo S CFO 'S(P,N) + LNq
—N
— a0
DU. LB) Diese Ungleichung gibt eine Obergrenze fiir die Lohnkosten am, his zu der die betrachtete Investition noch vorgenommen wird. Sehr instruktiv sind die numerischen und graphischen Illustrationen der Ergebnisse der Aus-
wertungen dieses Modells, die zugleich als Sensitivitéitsanalyse dienen. Man muB sich allerdings erst mit den Bezeichnungen und den Voraussetzungen vertraut machen (was nicht ganz leieht ist), um die lllustrationen wirklich zu verstehen. Manehes bleibt aber doch offen: 2.3. was ist ein "operativer cash flow"? Dies ist wohl ein spezifiseher Ausdruek der Betriebswirtschaftslehre,
abet arme Volkswirte wie ich sollten das doch auch verstehen. Sind in diesem cash flow die
Krelle. Korreferat
133
1 Lohnkosten beriicksichtigt oder (wie im Ausdruek CF) nicht? Bei den Abb. 1 und 2 scheint mir die mit 45° ansteigende Linie die Einnahmen anzugeben. Dann stimmt abet die Bezeichnung nicht mit der Erléiuterung uberein (Kreuze in der Figur, einfache senkrechte Striche in der Erlfiu—
terung).
Nach diesen Ergebnissen ist das Model] wegen Stabilitéitsproblemen nicht abzulehnen: kleine Fehlschfitzungen filhren nur zu kleinen Andenmgen des Kapitalwerts der Investition. Allerdings
mufl man auch mit korrelierten Fehlschéitzungen rechnen, und da mag das Stabilitéitsproblem emster sein. Ein oder zwei Rechnungen in dieser Richtung wfiren sicher illustrativ. Den Schluflfolgenmgen von Horst Alhach stimme ich voll zu, was das bisher besprochene Model] anlangt. Letztlich sind die user cost of labour entscheidend fiir die Beschéifiigung. Im II]. Teil des Abschnitts D wird das Beschfiftigungsproblem der Firma irn dynamischen Kontext eines Wachstumsmodells behandelt. Horst Albach nennt dies: Entseheidung fiber Inve-
stitionsbudgets im Going Concern. Hierbei legt er ein Optimierungsmodell von Epstein und Denny (Econometrica 51, 1983, 647 ff.) zugrunde. Sie gehen von einer Produktionsfunktion y = F(Z,K.l) aus, wobei Z der Vektor der perfekt variablen Faktoren (wie Energie, Rohstoffe usw.) und K der Vektor der quasi-fixen Faktoren bedeutenl. Unter Ietzterem werden Kapital und Arbeit verstanden, weil die betrachtete Firma (oder Branche) auBer den Faktorpreisen und der Nachfrage auch fur die laufende Periode den Bestand an Kapital und Arbcit als gegeben annimmt. Die Bestéinde findern sich natilrlieh im Laufe der Zeit. I bedeutet die Bruttoinvestition und sol] die Anpassungskosten reflektieren.
Horst Albach fomluliert das primale Problem in den Gleichungen (13) bis (22). Epstein und Denny gehen nun gleich zur dualen variablen Kostenfunktion fiber: e(y,K,I,w) = min w'Z : y S F(Z,K,l), Z
w = Preise der variablen Faktoren. Mit ihrer Hilfe wird die optimale Entwicklung der Kapitalund Arbeitsrnengen durch Minimierung der diskontierten Gesamtkosten fiber einen unendlichen Zeithorizont bestimmt: m
‘ [$210 l:!'[C(y, K, I )+ p I K]e —rt dt,
wobei p= Preis der quasi-fixen Faktoren, r= Diskontsatz, mit K=I-5 K, K(0)=Ko>0, K(t)>0. Unter gewissen Voraussetzungen existiert nun cine Wertfimktion (value function) J(Ko,y,p), die die notwendigen Eigenschafien, als Liisung ffir das Minimienmgsproblem zu fimgieren. erfiillt. Epstein 11nd Denny fiigen noch einen Term fiir Hicks-neutralcn technischen Fortschritt
I
Horst Albach bezeichnet sic als fixe Produktionsfaktoren. Besser ware wohl die Bezeiehnung "quasi-fixe" Faktoren oder in der Terminologie von Claflen: "relativ-fixe" Faktoren.
Krelle, Korreferat
134
und einen additiven Stfirtenn ein und kornmen so zu dem Ausdruck (23) im Referat von Horst Albach, der auch bei Clafien benutzt wird (S. 111), vgl. Epstein 1111:] Denny, Gl.(9) S. 655. Mir scheint es gut, die Fundierung der Gleichung (23), die ja die Grundlage fl): die spfiteren
Berechnungen und Schfitzungen ist, genauer anzugeben. Tatsfichlich ist eben die funktionale Form fiir die Wertfunktion J, die Epstein und Denny frei vorgcben (natfirlich so, dais die notwendigen Nebenbedingungen erfijllt sind), ganz entscheidend. Hier kann man vielleicht Ergéinzungen anbringen. Das Ausland, der Staat, die Finanzierungsseite fehlen (jede optimale Investition kann im jetzigen Model] finanziert werden).
Einige weitere Bemerkungen zur Gleichung (23) sind noch am Platze. Was die Modelliemng des technischen Fortschritts angeht, so wird angenommen, dafi er gleichméiflig auf die Reduktion
von Kapital- und Arbeitskoeffizient einwirkt, jedenfalls dann, wenn sich die realen user cost of capital und user cost of labour in gleicher Richtung entwickeln. Meines Erachtens ist der arbeitsSparende technische Fortschritt vorherrschend in der Wirtschaft, und man sollte nicht arbeits—
und kapitalsparenden technischen Fortsehritt als gleichgewichtig ansehen. Doch dies ist natiirlich eine empirische Frage. Eine zweite Bemerkung ist vielleicht wichtiger. Wenn man von den Kon-ekturtennen, die
durch Autokorrelation, Zufallsterrn 11nd firmenindividuelle Sonderverhfiltnisse herbeigefiiln’t
werden, absieht und t nach unendlich gehen lfiflt, so handelt es sich beim Model] der Gleichung (23) um ein inhomogenes lineares Differenzengleichungssystem erster Ordnung mit zwei
Gleichungen: [K/X]—[]+M”
L/x _
M2]
M12
1+M22
)[K_l/X)+[H1/X]
L_1/x
Hzlx
Die charakteristischen Wurzeln oder Eigenwerte sind abzuschfitzen, wenn man die Elemente
der 2x2-Anpassungsmatrix M kennt. Diese sind in Tabelle 4 angegeben, ebenso die Eigenwerte Von M. Man sieht, daB die charaktcristischen Wurzeln reel] sind und irn Absolutwert kleiner als eins, was bedeutet, dafl Kapital- und Arbeitskoeffizienten zu einem fasten Wert konvergieren.
Nun sind solche Konvergenzwerte sicher fiil' die Benutzung des Modells zur Analyse der gegenwfirtigen Situation nicht besonders interessant, aber sie zeigen meinES Erachtens doch, daB man an dem Model] noch etwas tun sollte. Meine Vorstellungen gehen jedenfalls dahin, daB der Arbeitskoeffizient waiter sinken wird, wii'hrend der KapitalkOeffizient etwa in der gleichen
GrtSBenordnung bleibt, also durchaus auch einmal steigen konnte. Der gewfihlte Ansatz fiihrt dazu. dafl Arbeit und Kapital als komplementfire Faktoren erscheinen. Die Faktorsubstitution ist, obwoh] im Model] der Gleichung (23) nicht verboten, doch weitgehend ausgeschaltet. Das fiihrt zu dem Ergebnis, daB jede Erhfihung des Sachkapitalbestandes stets mit einer Erhfihung der Beschfiftigung verbunden ist. Das ist sicher kurzfiistig richtig, aber
meines Erachtens nicht langfristig.
r
H
Krelle, Korreferat
135
I Fiir jede Branche gibt es eine Obergrenze der Nachfi'age und damit der Produktion. Die Automobilproduktion in einem Land kann nicht laufend vergrfiflert werden, und dasselbe gilt fii: alle Produktionen. Wenn der technische Fortschritt weitergeht bzw. die Konkun'enz von Niedrig— lohnlfindem sich bemerkbar macht, so wird man die gleiche Produktionsmenge mit weniger Arbeitskraft herstellen mflssen, um sich im Markt behaupten zu kfinnen. Das heiBt aber, daB die Kapital/Arbeits—Relation stets steigt, oder anders ausgedriickt: dafl man mehr Kapital einsetzen muB, abet laufend weniger Arbeit. Das Model] gibt in dieSer Hinsicht nu: die kulzfristigen Wirkungen wieder: eine neue Anlage muB mit Personal besetzt Werden, 11nd wenn dafiir keine alte Anlage stillgelegt wird, so erhfiht das eben die Beschfiftigung. Deswegen leisten ja die Gewerkschaften Unternehmensentscheidungen, die 21] meh: Investitionen fiihren, keinen Widerstand, im
Gegenteil. Aber langfristig verhalten sich hier die Dinge woh] anders. Man braucht neue Produkte und neue Produktionszweige (z.B. im Dienstleisttmgssektor), die die bei der herkfimmlichen Produktion nicht mehr benotigten Arbeitskra'fte aufnehmen, zumindest wenn der reale
Lohnstandard aufrechterhalten bleiben sol]. Vielleicht kann dieser Gesichtspunkt noch in dem Model] ben'icksiehtigt werden. Jedenfalls ware die Beseitigung der Arbeitslosigkeit sehr einfach, wenn eine Erhbhung des Sachkapitalbestandes urn DM 150000 jeweils die Einstellung eines
neuen Mitarbeiters auf Dauer zur Folge hatte (ohne Entlassung anderer Mitarbeiter). Es ist sicher richtig, dafi man fiir einen Arbeitsplatz einen Sachkapitalbcstand in dieser Groflenordnung benfitigt. Aber das gilt nut in Sektoren, bei denen eine Ausweitung der Produktion zu bisherigen Preisen auch moglich ist. Im Model] sollte also die Substitutivita't von Kapital und Arbeit meh: in den Bliekpunkt kommen gegenilber der Komplementaritiit, und das heiflt hier, dafi auch die Entlassung von Arbeitem aus ausrangierten Anlagen beriicksichtigt wird. Wie immer beschréinkt sich Horst Albach nicht auf theoretische Ableinmgen, sondern fiber-
priift sie auch anhand statistiseher Daten und praktischer Kenntnisse. Die Schfitzung der Funktion (23) ergibt Werte, die ich a priori so nicht erwartet hatte. DaB M” und M22 negativ sind, kann man web] so erkléiren, dafi hier die Abschreibungen miterfaflt sind. Ich hitte erwanet, dafl
M” and M22 positiv sind, wei] wir uns insgesamt in einer wachsenden Wittschaft befinden, wfihrend M12 and M2l negativ sein wiirden, um die Substitutivitfit von Kapital und Arbeit auszudrficken. Dies ist zwar in der Automobilindustrie der Fall (diese Ergebnisse sind hier nicht wiedergegeben), aber nicht in den fibrigen untersuchten Branchen. Dort hat man positive M12
und M21, was Komplementaritat von Kapital und Arbeit impliziert. So muB ich meine Vorstellungen korrigieren.
Die empirische Uberprflfung des Modells zeigt nach Tabelle 5 und Abbildung 5, daB das Model] die Realitia't sehr gut wiederzugeben vermag. Aus dem Model] leitet Horst Albach ab, wie lange es dauert, bis das jeweils optimale Niveau dcr Beschfifiigung emeicht ist. Hier wundert man sich, dafi die Zeitdauer nicht von den Anfangsbedingungen abhangen sol]. Wenn man weiter vom optimalen Arbeitseinsatz entfemt ist, wird es doch sehr wahrscheinlich Ringer dauern, his man den optimalen Endpunkt erreicht hat, abgesehen davon, daB es sich ja um ein Model] handelt, bei dem der optimale Zustand nu:
Krelle, Koneferet
136
asymptotisch erreicht wird. Also wird man das ,,Erreichen des optimalen Niveaus der Beschiiftigung“ so interpretieren mfissen, daB dieses Niveau zu etwa 95 Prozent oder irgendeiner anderen Prozentzahl kleiner 3.15 100 erreicht ist. Die Rate dies technischen Fortschritts in der GroBchemie von 10,5 Prozent erscheint mir sehr
hoeh, dagegen der technisehe Fortsehritt bei den kleineren Chemieunternehmen (in der Grtiflenordnung von 1,7 Prozent) sehr klein. Es gibt Verdffentlichungen, in denen behauptet wird, daB der technische Fortschritt im wesentlichen von den kleinen Untemehmen ausgeht. Das muB man nun glauben oder nieht, aber dieser Unterschied ist dann doeh sehr groB. Horst Albach akzeptiert
ihn, ich habe da kein eigenes Urteil, mechte aber doch ein Fragezeichen anbringen.
Das f'Ltt dann auch gleich zu der Frage, ob das Model] richtig spezifiziert ist bzw. ob das 6konometrische Schfitzverfahren angemessen ist. Vielleicht sollte man mehrere Schfltzverfahren anwenden und die erhaltenen Parameterwerte dann vergleichen. Horst Albach ist auch an der Humboldt-Universitat tfltig, we in einem Sonderforsehungsbereich parameterfreie Modelle untersucht werden. Vielleicht ware es gut, Experten auf diesem Gebiet heranzuziehen, um fest-
zustellen, ob, wenn man die parameterfrei erhaltenen Ergebnisse parametrisiert, etwa das Modell der Gleichung (23) entsteht. Wenn die Zahl der Daten dies erlaubt, wire eine Untersuchung in
dieser Richtung sicher sehr interessant. Horst Albach hat mit den beiden vorgestellten Modellen und den damn anschIieBenden
empirischen Untersuchungen gezeigt, daIS die Einstellung von Arbeitskréiften eng mit der Hiihe der Investitionen verbunden ist. Nun werden abet Arbeiter entlassen, wenn alte Anlagen aus-
rangien werden, und so ist filr die Beschfifiigung als Ganzes auch die Altersverteilung der Anlagen von Bedeutung. Horst Albaeh ist auf diesen Aspekt in den letzten beiden Abschnitten D II 3 und 4 seiner Arbeit eingegangen, in denen er ein “neoklassisches vintage-Modell“ und daneben ein "betriebswirtschaftliches vintage—Model!" entwickelt und beide Modelle anhand von aggre-
gierten Firmendaten fiberprfift. Die Sehfitzergebnisse fiir das neoklassische vintage-Model] (gewonnen aus Daten von 80 bersennotierten Industrieaktiengesellschafien) sind bemerkenswert gut (siehe Tabelle 6 bis 8 und Abbildung 7 und 8). Die stfirkeren Schwankungen der Schfitzwerte gegeniiber den Istwerten sollten sich dutch Verwendung gleitender Durchschnitte von L und K beseitigen lassen.
Das
"betriebswirtschafiliche
vintage-Model!"
(34)
unterscheidet
sich
von
dem
"neoklassischen" Modell (30) im wesentlichen durch eine andere Kapitaldefinition und dadurch,
dafl die Nutzungsdauer N nicht mehr explizit aufiritt. Die Schfitzergebnisse sind beim Output etwa gleich gut (vergleiche Abb. 7 und 9); bezfiglich der Arbeit ist bei der “neoklassischen” vintage-Funktion die Anpassung beim Faktor Arbeit besser, beim Kapital schlechter (vgl. Abb. 8 und 10). Allerdings ist die Datenbasis bei beiden Schiitzungen nicht die gleiche (vergleiche z.B. die Istwerte fiir Arbeit in den Tabellen 8 mid 11 und deren graphische Darstellungen in den Figuren 8 und 10. Auch fiir das Kapital sind die Zeitreihen verschieden). Wenn ich die Ausfiihrungen hierzu richtig interpretiere, so wurden fiir die Schfilzung der "neoklassischen" Funktion reale
r
1
Krelle, Knrreferat
l3?
1 KapitalgrfiBen, fijr die Schéitzung der "betriebswirtschaftlichen" Funktion nominale Kapital— grfifien benutzt. Warum? Hie: wire eine Erlfiuterung angebracht.
Mit der Interpretation der Ergebnisse dutch Horst Albach bin ich einverstanden, bis auf
einen Punkt. Horst Albach schreibt: "Der Rationalisierungseffekt von Investitionen ist offenbar bisher nicht dominant gewesen". Legt man abet die in Tabelle 11 angegebenen Kapital- und Arbeitswerte zugrunde, so erhfilt man filr die Kapitalintensitfit der Arbeit im Trend steigende Ziffern, néimlich Jab:
1970
1980
1990
Kapitalintensiu‘it der Arbeit
1,08
1,1 1
1,19
Die Kapitalintensitfit ist also gestiegen, warm auch nach den von Horst Albaoh benutzten Daten nur relativ gering. Vielleicht ist in den Arbeitswerten die Verringerung der Jahresarbeitszeit nicht genfigend berficksichtigt? Die Schluflfolgerungen von Horst Albach sind fiir den "Standort Deutschland" nicht ermutigend. Leider muB man ihm beipflichten, wenn wir alles so weiterlaufen lassen wie bisher. Aber das sollten wir eben nicht, sondem dieses Ergebnis zum Anlafl nehmen, um cine wirkliche
Wende auf dem Arbeitsmarkt zustande zu bringen.
l Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland: Mismatch, Mobilitfit und technologischer Wandel *
Referat von Horst Entorf
Zusummenfassung: Die ublichen zur Analyse stmktureller Arbeitslosigkeit verwendeten Mismatch-lndikatoren erzeugen widersprfichliche Ergebnisse. Angesichts der Gefahr von Scheinresultaten konventioneller Mismatch-Mafle werden alternative Vorgehensweisen aufgezeigt, die ZB. in der Endogenisiemng der zeitvariablen Matching-Effizienz von PanelMatching—Funktionen bestehen. Als Ergebnis wird eine deutliche Erhfihung des Mismatch-
niveaus seit den siebziger Jahren sichtbar, das insbesnndere auf erhéhten qualifikatorischen Mismatch hindeutet. Das Ergebnis ist konsistent mit einer mikrofikonometrischen Uberpriifung von Mobilitfitsentscheidungen sowie mit einer makmfikonometxischen Schiitzung von Faktor— nachfragefimktionen, in denen zwischen qualifizierter uncl nicht-qualifizierter Arbeit unter— schieden wird.
l. Einleitung Ein wesentlicher Bestandteil der persistent hohen Arbeitslosigkeit ist nach fibereinstimmender Ansicht vieler Gkonomen und Wirtschafispolitiker "struktureller" Art. Da mit dem Begriff
"strukturelle Arbeitslosigkeit" verschiedene Inhalte assoziiert warden, kfinnen bei der Diskussion fiber dieses Thema leicht Miflverstfindnisse auftreten. Es sei darum schon an dieser Stella gesagt,
dafl in diesem Aufsatz das Thema auf drei Aspekte reduziert wird, niimlich auf "Mismatch",
"Mobilitfit" nnd technologisch bedingte Substitution geringer qualifizierter Arbeit ("skill—biased technical change").
Wfihrend sich ein (ofi'ensichtlieh immer kleiner werdender) Teil der Arbeitslosigkeit bei nachhaltigen Konjunkturaufschwfingen zurfickbildet, bleibt "strukturelle" Arbeitslosigkeit wegen - wie es der Sachverstfindigenrat ausdr‘tickt - "Funktionsstt'irungen des Arbeitsmarktes" (SVR, 1994, 248) dauerhafi bestehen. Diese Funktionsstfirungen beruhen auf einem mange]-
haficn Zusammenspiel Von Arbeitskriifieangebot 11nd -nachfrage. Neue Arbeitsplfitze erfordem anderc Berufe und Qualifikationen, als sie die Bewerber aufweisen. Femer sind Arbeitskl’fifte
suchcnde Firmen regional anders verteilt als das zm- Verfiigung stehende Arbeitsangebot. Solche DiskJ-epanzen von Arbeitskrfifleangebot und Arbeitskrfiftenachfi'age warden als "Mismatch"
bezeichnet. Wirtschafispolitisch von grofler Wichtigkeit ist die Einschfltzung der Bedeutung von Mismatch. Zunehmender Mismatch wfirdc z.B. die Forderung nach Mobilitéitsbeihilfen, Um*
lch danke Michael Lechner (Mannheim), Friedhelrn PfeiiTer und Viktor Steiner (ZEW, Mannheim) filr hilfreiche Anregungen sowie K. Kommesser, M. Muller und H. Spengler (Mannheim) flit kompenente Assistenz.
140
Entorf. Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
schulungs- und Weiterbildungsinitiativen unterstreichen. Leider ergeben Untersuchungen zur Mismatch-Arbeitslosigkeit kein eindeutiges Resultat. Aussagen zur allgemeinen zeitlichen Entwicklung sind widersprfichlich, wie sich nach einem Studium der einschlfigigen Literatur zeigt. Eine in diesem Zusammenhang ofi zitierte Aufsatzsammiung ist Padoa-Schioppa (1991). Die Autoren prasentieren Methoden zur Konstruktion von Mismatch—Indikatoren und wenden diesc im Rahmen von nationalen Studien an. Manchen dieser Mafle zufolge ist Mismatch in den 80er
und 90er Jahren deutlich niedriger als in den 70er Jahren, andere Indikatoren zeigen genau das Gegenteil an (siehe dazu Abschnitt 2). In seiner Fallstudie fiir Deutschland bedauert Franz (1991)
die mangelnde Eindeutigkeit and gelangt zu dem SchluB "... this study tries to marshall the empirical evidence for or against the mismatch hypotheses. The outcome of this analysis is fairly mixed." (Franz 1991.130).
Angesichts der wenig tiberzeugenden empirischen Evidenz und motiviert dutch die hohe wirtschaftspolitische Relevanz versucht dieser Aufsatz, Probleme der Mismatch—Messung zu ergriinden. Einen Schwerpunkt bildet dabei das Verhalten von Mismatch-Indikatoren, wenn die allgemeine Arbeitsmarktdynamik von dauerhat't wachsenden GrtiBen gekennzeichnet ist.
Abschnitt 3 zeigt, dafl im Falle solcher trendbehafieter Zeitreihen besondere Vorsicht bei der Interpretation geboten ist. Zwei alternative Mfiglichkeiten der Mismatch-Messung setzen bei qualifikatorischem und
beruflichem Mismatch an (siehe Abschnjtt 4). Die Berechnung des qualifikatorischen Mismatch geht fiber die einseitige Betrachtung der Verteilung der Arbeitslosen auf Berufe, Regionen usw. hinaus. Der vorgestellte Indikator erlaubt, die sich vertindemden Beschtifligungsperspektiven zu quantifizieren, die sich ergeben, wenn die Faktornachfrage nach qualifizierter Arbeit schneller
witchst als die entsprechende Zusammensetzung des Angebots. Es zeigt sich zunehmender qualifikatorischer Mismatch.
Der zweite Ansatz besteht in einer Weiterverfolgung der Idee aggregierter Matching—Funktionen (Blanchard und Diamond, 1989), in denen untersucht wird, mit welcher Effizienz die vor-
handenen Arbeitslosen mit den vorhandenen offenen Stellen zusammengefiilu't ("gematcht") werden, so daB daraus Neueinstellungen entstehen. Diese Vorgehensweise, die auf ciner Analyse von Panel-Daten beruht, erlaubt eine Schfitzung der im Laufe der Zeit schwankenden Matching-
Effizienz. Das Ergebnis offenbart eine nachlassende Flexibilitat des Arbeitsmarktes. Die Analyse von Mismatch sollte sich nicht auf die Makro-Ebene beschrfinken. Die Datenqualitfit Von offenen Stellen und Arbeitslosigkeit aber auch Aggregationsproblemel erfordem
cine zusfitzliche Uberprilfung der Konsistenz der Ergebnisse anhand von Mikro—Daten. Zu die-
Mismatch-lndikatoren analysicren i.d.R. die Verteilung van Berufen Oder Regionen. Bei Betrachtung eines tiefer disaggregierten lndikators t‘ur Berufe um! Regional: lassen sieh Beispiele konstruieren, in denen die Mismatch-
lndikamren bei gleichen Daten auf aggregierter Ebene perfekten ,,Match", auf disaggregierter Ebenen abet vollkommenen ,,Mismatch“ erzeugen (siehe Entorf I994. I99Sb).
V
1
Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
141
l
sem Zweck werden drei Querschnitte aus den Jahren 1979, 1985/86 und 1991/92 untersucht, die
Sehluflfolgerungen fiber regionale und bemfliche Mobilitélt zulassen. Die Ergebnisse (Abschnitt 5) weisen auf eine in den 80er Jahren deutlich gefallene (berufliche) Mobilitfit hin. Das Ergebnis der qualifikatorischen Mismatch-Analyse zeigt, dais sich Strukturprobleme auf den Teil der Erwerbspersonen mit geringerer Qualifikation konzentrieren. Dafilr dfirften im wesentlichen drei Problembereiche verantwortlich sein (Dreze und Sneessens, 1994): Deindu—
strialisierung, die Konkurrenz der Billiglohn—Lfinder ("outsourcing") und die verstfirkte Nachfrage nach Arbeit im Bereieh "Neuer Teehnologien”. Die letzte Vermutung wird fiir die Bundesrepublik Deutschland fiberprlifi. Es werden Faktomaehfragefimktionen geschéitzt, die zwischen qualifizierter 11nd nicht-qualifizierter Arbeit unterscheiden. Die Beriicksichtigung von nicht—neutralem technischen Fortschritt erlaubt die Uberpn’ifung der Hypothese, daB techniseher Fortschritt, der geringer qualifizierte Arbeit einspart, qualifikatorischen Mismatch hervorruft. Die
Ergebnisse in Kapitel 6 bestfitigen dies. Die Arbeit ist wie folgt organisiert. Nach einer Vorstellung der fiblichen Mismatch-Indikato— ren in Abschnitt 2 macht Abschnitt 3 auf Schwierigkeiten bei der Interpretation der Indikatoren aufmerksam, die bei Vorliegen von trendbehafieten Zeitreihen auftreten. Abschnitt 4 prfisentiert alternative Schfltzungen von Mismatch-Trends. In Abschnitt 5 werden die Ergebnisse hinsichtlich ihrer Konsistenz mit Mikrodaten fiberprflfi, und Kapitel 6 beinhaltet die Analyse der Substitution von qualifizierter und nicht-qualifizierter Arbeit. Kapitel 7 faflt zusammen uncl zieht einige wirtschaflspolitische Schluflfolgerungen.
2. Herkiimmliehe Mismatch-Indikatoren und daraus abgeleitete Evidenz 2.1. Herkijmmliche Mismatch-Indikatoren Eine der aufschluflreichsten Sammlungen von Mismatch-Analysen dfirfie Padoa-Schioppa (I991) sein, wobei der Ubersiehtsartikel von Abraham (1991) hilfreich bei der Auswertung der zahlreiehen Landerstudien ist. In Ubereinstimmung mit der Bewertung Abrahams werden hier
die Indikatoren von Jackman 11nd Roper (1987), sowie von Jackman, Layard und Savouri (I991) vorgestellt. Ein alternatives Mal} - Lamberts (1988) rho - wurde durch das "European Unemployment Programme" (siehe Dréze und Bean, 1990) bekannt.
In extremer Form liegt (beruflicher) Mismatch darm vor, wenn Arbeitslose in einer beruflichen Richtung ausgebildet sind (2.3. in handwerklichen Berufen), wfihrend die offenen Stellen eine andere, davon abweichende Berufsausbildung (z.B. im Bereich "Neuer Technologien") voraussetzen. Jackman und Roper (1987) verfolgen eine direkte Umsetzung dieser ldee von
Mismatch, d.h. es wird - bei gegebenen offenen Stellen und bei gegebener Gesarntzahl von Arbeitslosen - cine bzgl. einer moglichst hohen Anzahl von Neueinstellungen optimale Umverteilung der bestehenden Arbeitslosen auf die verschiedenen Berufe gesucht. Jacki-nan und Roper (1987) zeigen, daB dies dann der Fall ist, werm filr alle Berufe die relative Arbeitslosen—
-_;a
Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutsehllmd
zahl identisch mit der relativen Zahl von offenen Stellen ist. Damit ergiht sich Jackman und Ropers (1987) Indikator in der Form (2.1)
MM1=Elzi|ui—Vi{,
wobei u; =(Ui / ZiUi) und Ui die Anzahl der Arbeitslosen in Beruf i ist. Analog gilt
vi =(Vi / ZiVi), wobei Vi die Anzahl der offenen Stellen in Beruf i ist. In obiger Extremsituation mit vollstfindig aneinander vorbeilaufenden Angebots- und Nachfrageprofilen wire MM, also 1, bei perfektem "Match" wfire MM] 0. In analoger Form lfiBt sich ein Indikator fill“ regionalen Mismatch herleiten.
Jackman und Roper (1987) stellen einen zweiten Indikator vor, der analog zu jenem in (2.1) hergeleitet wird. Der Unterschicd besteht darin, daB anstatt einer additiven Verknfipfimg der relativen Arbeitslosenzahlen “i und der relativen Zahl der offenen Stellen vi cine multiplikative: Verkniipfung vorgenommen wird:
(2.2) MM; =1—zi(uivi)”2 Beide lndikatoren sind in Entorf (1994) fur 40 Berufsgruppen und fiir die zeitliche Perioder 1951—1992 berechnet warden. Schaubild 1 zeigt fallenden Mismatch, sieht man von der Periodee 1967/68 und dem Anfang der 9061' Jahre einmal ab.
Abbildung 1: Die zeitliche Entwicklung von Mismatch, 1951-1992 m U a a \
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Quelle: Entorf 1994. Die Daten entstammen verschiedenen Quellen der Bundesanstalt fiir Arbeit (Leupoldt und Ermann 1973, Ermann 1984, Ermann 1988, Amtliche Nachrichten der
BA).
H I
Entorf, Strukturelle Arbeilslusigkeit in Deutschland
I43
1 Winschafispolitisch lieISe sich aus diesem Bild eine nachlassende Notwendigkeit zur Intervention auf dem Arbeitsmarkt ableiten. Dies ware allerdings eine zu voreiiige Schlufifolgerung, wie angesichts der Problematik mit trendenden Zeitreihen noch gezeigt werden wird. Das dritte vonustellende Mali ist jenes von Jackman, Layard und Savouri ( 1991). [m Unterschied zu dem Ansatz von Jackman und Roper (I987) basien dieser Ansaxz auf einer
Aggregation individuallen Marktverhaltens. Jackman, Layard und Savouri (1991) gehen von einem Model] monopolistischer Konkurrenz aus, in das die Idee inflationsstabiler Arbeits-
losigkeit (NAIRU = "non-accelerating Inflation rate of unemployment") integriert wird. Die Autoren zeigen, dafl in einem solchen Rahmen das Mismatch-Mali
(2.3) MM3 = Var(uri lur) hergeleitet werden kann, wobei uri die disaggregierte und ur die aggregierte Arbeitslosenquote sind. Wenn also die Arbeitsloseuquoten fiir alle Bereiehe gleich sind, dann wird die Varianz und
damit MM3 Null. Der viene vorzustellende Indikator, Lamberts rho, ist ein wesentlicher Baustein des Sneessens—Dréze-Modells (1986), das fiir die meisten westeuropaischen Lander und flir die USA
gesehatz‘t wurde. Lambert (1988) hat gezeigt, daB die Aggregation nicht-geréiumter Mikroma'rkte (also von Mfirkten, auf denen die Anzahl der offene Stellen ungleich der Anmhl der Arbeitslosen ist) im Aggregat zu einer Beschfiftigungsfunktion Fuhrt, deren einziger Parameter rho ist. rho hat die sehr wflnschenswerte Eigenschaft, dafl es vom Mismatch auf den Mikromarkten abhiingt: Wenn viele Mikromfirkte nicht-geraumt sind (wenn also der Mismatch hoch ist), dann wird rho
klein sein, umgekehrt hahen homogene Mikmma'rkte ein hohes rho zur Folge.
Eine unmittelbare Interpretation erfiihrt Lamberts rho in einer von Sneessens und Dréze (1986) entwickelten Formel fiir strukturelle Arbeitslosigkeit."Strukturelle Arbeitslosigkeit" ist hierbei jenes Mal} an Arbeitslosigkeit, das allein auf Grund von Mismatch auf den Mikroma'rkten
entsteht. Dies gelingt (lurch die Betrachtung einer hypothetischen Situation, in der zwar im Aggregat die Arbei’rsnachfrage identisch mit dem Arbeitsangebot ist, was aber nicht heifien mufi, dafl auch alle Mikromfirkte geriiumt sind. Inwiefem Mismatch dies verhindert hat1 laflt sich in der Formal fiir strukturelle Arbeitslosigkeit, SURE ("structural unemployment rate at equilibrium") ablesen:
(2.4) SURE = 1— 2‘”p Falls Lamberts p sehr groli wird, dann ist SURE sehr klein; umgekehrt bedeutet ein kleines p hohe strukturelle Arbeitslosigkeit. Die Schfitzungen von SURE fiir Deutschland (siehe Entorf, Franz, Kénig und Smolny, 1990)
ergaben einen steigenden Verlauf. Maximal zeigt SURE 4.6% am Ende des Beobachtungszeitraums (1986) an.
144
Enwrf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
2.2. Mismatch-Trends - Eine Literaturilbersicht
Die Widerspn'ichlichkeit 11nd Unsicherheit bei der Bestimmung von Mismatch-Trends kommt in der crsichtstabelle 1 zum Ausdruck. Sie faflt die Erkenntnisse aus der Berechnung der Indika-
toren von Jackman, Layard 11nd Savouri (JLS), Jackman und Roper (JR) und Lambert, Sneessens 11nd Dréze (LSD) hinsichtlich erkennbarer Mismatch-Trends zuammen. Zwar ist in regionaler Tabelle 1: Trends in den Mismatch-Indikatoren: Eine Literaturfibersicht
Gewihlter lndikator Land
Deutsch[and
Jackman, Layard, Sabouri
Jackman, Roper
Lambert, Sneessens, Dréze
Jackman. Layard, Savouri (1991):
l) Franz, Kdnig (1986)": a) regional, 1976-88: kein
1) Emarfi Franz, Ktinig, Smolny {1990):
a) regional, 1977-86: kein Trend erkennbar, b) beruflich, 1976-85
Trend erkennbar, b)ben.1flich, 1976-88: fallender Trend
Arbeitsmarkt-Mimnalch, 1960-86: steigender Trend (SURE: von 1.9% in 1960 auf
(Ifiekenhaft, nur 6 Beobach-
2) Schettkat (1992):
4.6% in 1936)
tangen): Index ist in den 80er a) beruflich, 1976—88: fallenJahren hiiher, aber seit 1982 der Trend
2) Kdnig, Enlmgf (1990): Arbeitsmarkt-Mismatch,
fallend
1960-35: steigender Trend
b) Branchenspezifische Beschfifiignng, 1976-88: fallen-
der Trend A11dere
1) Jackman, Layard, Savouri
1) Bean, Filmer-ides (1991),
1) Dréze, Bean (Hug, 1990),
Lander
(1991), GB: a) regional, 1977-86:
GB: a) regional, 1963-84; fallen—
Linderstudien: Arbeitsmarkt—Mismatch,
fallenderTrende b) beruf‘lich, 1974-35; kein
derTmnds b) beruflieh, 1963-84: kein
Trend erkennbar 2) Brunella (1991). Japan:
1960-1986: steigender Trend (SURE) in Ostereich (you 0%
Trend erkennbar in 1960 auf3.6% in 1986, 2) Christ! (1992), Osterrelch: Belgien (von 35% auf 4.7%),
regional, 1975-87; kein Trend erkennbar
a) regional, 1966-89: fallender Trend,
Dinemark (1.7%-7.l%), Frankreich (0%_3.3%),
3) Benmfiia. Dniaa'o (1991)
b) beruflich, 1966-89: kein
1ta1ien(2.9%—9%), Spanien
Spanien: regional, 1962-89: fallender Trend
eindeutiger Trend, fallend ab 1983
(0.9%—3 5%) und USA (4.1%-5.3%), konstantes SURE in den Niederlanden (2.2%) 2) Bentolila, Dolado (1991), Spanien: Arbeitsmarkt-Mismatch, 1962-89: steigender Trend (SURE: von 3.5% in 1962 auf 9.5% in 1989)
Anmerkungen:
a) Z.B. ,,regional, 1962-89" heiBt, dafl es sieh um eine Anwendung des Mismatch-Indikaxors auf regionalen Mismatch handelt, wobei die Analyse auf Daten des Zeitraums 1962 his 1989 beruht. [n analoger Weise bezieht sieh ,,beruflich“ auf berufliehen Mismatch; b) SURE: Siehe die Erkliirungen im Text;
1) Die Indikator—Zeitreihen wurden in (Franz 1991) verliingert. 2)Que11e: Bean und Dréze 1990, 27.
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Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
145
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Abgrcn/ung kein Trend erkennbar, jedoch deuten fii: Deutschland JR und JLS zumindest bei beruillchem Mismatch auf fallenden Mismatch hin (siehe Abbildung 1), wflhrend entsprechend dem LSD-Konzept eindeutig steigender Mismatch zu verzeichnen ist. Schettkat (1992) berechnet zusfitzlich mit Hilfe des JR-lndikators die Dispersion der Arbeitslosigkeit in sektoraler bzw. industrieller Abgrenzung und kommt ebenfalls zu einem fallenden Mismatch-Trend.
Auf intemalionaler Ebene bieten vor allem die von Padoa—Schioppa (1991) und Dréze und Bean (1990) herausgegebenen Binds eine Vielzahl von Ergebnissen. Auch hier zeigt sieh das gleiche Bild. JLS— und JR-Indikatoren sind fallend oder zumindest nicht ansteigend, wiihrend fast alle LSD—Indikatoren zunehmenden Mismatch suggerieren. 3. Mismatch-Messung und trendbehaftete Zeitreihen
Mismatch-Indikatoren sollten auf Angaben fiir Arbeitsangebot und Arbeitsnachfiage beruhen. Offizielle Arbeitslosenzahlen und offene Stellen beinhalten lediglich cine Annfiherung. Die sich daraus ergebenden Probleme sind an anderer Stelle ausf'lihrlieh erlfiutert worden (siehe z.B.
Franz, 1994, zu Mfiglichkeiten der Korrektur der Zahl der offiziellen offenen Stellen und zur Frage der Messung von Arbeitslosigkeit, Reyer et al 1990, zur Abhfingigkeit des Einsehaltungs—
grades von Qualifikation, Sektor etc. and Entorf 1994, 1995b, zur Problematik der Aggregation, z.B. von Berufen und Regionen). An dieser Stelle soll auf die Mfiglicllkcit von Fehlinterpretationen hingewiesen warden, die auf der simplcn Eigenschaft Gkonomischer Zeitrcihen beruhen, einen trendenden Verlauf zu haben. Auf die sich aus dem Wachstumsverhalten 6konomischer Zeitrcihen crgebenden HysteresisProbleme wird insbesondere seit dem Erscheinen des Aufsatzes von Nelson und Plosser (1982)
immer wieder hingewiesen. In ihren theoretischen Fundierungen sind Mismatch-Indikatoren eigentlich fiir statische Volkswirtschafien konzipiert worden. Es ist daher wichtig, die lndikatoren mit dem eher realistischen Umfeld nieht—stationéirer Zeitreihen zu konfrontieren. Entorf (1994) zeigt, daB das Vorliegen nicht—stationéirer Zeitreihen bei der Interpretation aller in Kapitel 2 vorgestellten Mismatch-Indikatoren eine Rolle Spielt. So kann bewiesen werden, dafl zuf‘éllig und unabhiingig voneinander wachsende Zahlen von Arbeitslosigkeit und offenen Stellen zu fallenden Jackman-Roper-Indikatoren filhren ktjnnen - obwohl keine Berufsgruppe oder Region relativ zu den anderen verindert wird, d.h. obwohl sich kein Anlafl zum Anzeigen
einer Strukurverfinderung ergibt. Analoges gilt bei globalen Aufwfirtstrends filr den Jackman— Layard-Savouri-Index. Das umgekchrte Phinomen lfifit sich fiir Lamberts rho bzw. fiir das daraus abgeleitete SURE naehweisen. Rein zufallig wachsende Arbeitsangebot- und Arbeitsnachfragezeitreihen der Mikromfirkle ergfiben ein steigendes SURE.
Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
I46
In ausfilhrlicherer Form beruhen diese SchluBfolgerungen auf dem folgenden Satz: Satz:
a) Falls die Zahl der Arbeitslosen in Kategorie i (z.B. Beruf i) zum Zeitpunkt I U“ und die Zahl der offenen Stellen V“ sich wie unabhfingige "Random Walks mit Drifi" Uit = 8 + Ui.t-I + eh und vi: = Vi“ + 0 + “it verhalten, wobei E (5%) = cfii und E(vi2t) = ”3i , damn konvergieren ‘
die JR—Indikatoren (in Wabrscheinlichkeit) gegen Null.
-
b) Falls die Arbeitslosenzahl U; in Kategorie i sich fiil' alle i um das Nik :1 nach oben verschiebt, dann Fallt der JLS-Indikator.
c) Falls sich die (logarithmierten) Angebots— und Nachfragekomponenten der Mikromfirkte wie unabhlingige "Random Walks" (mit ode: ohne Drift) verhalten, dann konvergiert SURE m: wachsende t gegen 100%. Beweis: (Siehe Entorf 1994, Entorf 1995a) Abbildung 2 demonstriert das Verhalten der drei Indikatoren MM], MM3 imd SURE in einer Simulationsstudiez. Die Schaubilder geben die kumulierten 5%—, 50% und 9S‘Vo—Perzentile von
3000 Replikationcn wieder. Trotz der Abschwéichung der Annahmen (wachsende Varianz der Residuen) wird das im Satz beschriebene Verhalten deutlich. JR- und JLS-Indikatoren fallen im Zeitablauf, wh'hrend SURE ansteigt. Bei SURE entdeckt man zwar auseinanderklafi'ende Perzentile, dennoch offenbaren sowohl das obere als auch das untere Perzentil cine deutliche
Aufwflrtsbewegung. Die zeitreihenanalytischen Erkenntnisse lassen die bisherigen Ergebnisse in neuem Licht erscheinen. Die in Abschnitt 2 prfisentiette Evidenz - fallende Jackman-Roper—Indikatoren bei gleichzeitig steigendem SURE - kiinnte (lurch die Problematik trendbehafteter Zeitreihen verursacht sein. Die widersprfichlichen Ergebnisse sind eventuell als Scheinresultate zu interpretieren.
2
Zur Abschwflchung der Annahmen dm obigen Satzes wird die "Random Walk"~Annahme dutch eine zeitabhingige Anpassung des "Signal-Noise—Ratios" erganzt. Hiennit wird der Tatsache Rechnung geuagen, dull bei
wachsenden Zeitreihen in der Regal auch die “Noise"-Terme E(vlzt) und E("i2t) wachsen. So nimmt der Versuchsaufbau helm JR-lndikalor ein Wachstum der Arbeitslosigkeit (analog filr offene Stellen) entsprechend der Regal U“ = 1: + ULH+ an an, wobei die Varianz van e“ durch die Vorschrifl E(ei2,) = to: mit waehsendem t,
wachst. Ferner wird unterstelll, M as sich um 40 Sektoren (LB. Bel-11f: nder "MikromHJ-kte") handelt. Kurze Zeitreihen mi! je 20 Zeitpunkten warden hetrachtet. Der Mismatch-Indikator jedes Zeitpunktes wird 3000 mil
simuliert.
N! Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
I47
! Abbildung 2: a) Jackmann und Roper (1987)
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b) Jackmann, Layard und Savouri (1991)
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c) Lambert (1988), Sneessens und Dréze (I986) , SURE
Anmerkung: Die Simulationen beruhen auf 3000 Replikationen bei folgend- Annahmen: a), b) Arbeitslosenzahlen
und offene Stellen (JR) sowie Arbeitslosenquolen (JLS) wachsen entsprechend "it = c + ciJ-l + aft, , x = U, V, ur, i = l....40, wobei c = l(z.B. cine Million oder l Prozant) und E (53:2) = 0.1 t. Startwert: x“ ~ N(l,0.l). c) Die
lnnovationen der mikrookonomischen Arbeilsangebots- und Nachfi'agepmzesse e; und ea warden aus einer bivariaten Normalverteilung mit p = 0.5 gezogen. Die Prozesse entwickeln sich als "Random Walk“ mit wachsender
Varinnz: log x“ 1 log “Ll-1 + 5;: , x "- s. d. wobei E(el?§) = 0.1:. Startwen: xfl ~ N(l,0.l).
Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
143
4. Mismatch-Trends - alternative Vorgehensweisen 4.1. Qualifikations-Mismatch in Rationierungsmodellen Die Diskussion von struktureller Arbeitslosigkeit setzt als selbstverstflndlich voraus, daB von
einer persistent hohen Anzahl von Arbeitslosen auf dem deutschen Arbeitsmarkt auszugehen ist. Bei einem solchen Hintergrund stellt sich die Frags, inwiefern eine van neoklassischen Gleich-
gewichtsannahmen gepréigte Sichtweise sinnvolle Schluflfolgerungen liefem kannj. So muB aus dem Ansatz von Jackman, Layard 11nd Savouri (1991) geschlossen werden, daB cine unveriinderte Verteilung der Arbeitslosigkeit auf die betrachteten Qualifikationen, Berufe, Regionen usw.
auch unverfinderten Mismatch bedeutet. Dies ist eine einseitige und statische Sichtweise, da sie voraussetzt, daB auch die Struktur der Erwerbstfitigen konstant bleibt. So bedeuten LB. gleichbleibende Anteile von nicht-qualifizierten Arbeitem an der Gesamtarbeitslosigkeit verschlech— terte Beschfiftigungschancen, wenn gleichzeitig der Anteil der nicht—qualifizienen Arbeiter an der
Gesamtheit aller Erwerbstiitigen sinkt. Abbiidung 3 kfinnte so auf den crsten Blick eine Verbesserung der Situation der Arbeitslosen ohne Berufsausbildung nahelegen. 1hr Anteil an alien Arbeitslosen fiel von knapp 60% im Jahre
Abbildung 3: Anteil von Arbeitslosen ohne Berufsausbildung 62.5
50.0 4-7.5 -
45.0,... 78 76 74
..,...... 9492 90 88 86 8482 BO
Quelle: Bundesanstalt flh‘ Arbeit 1994.
3
Heckman und MaCurdy (I985, 235) drllicken das deutlich hinsichtlich der Relevanz statistischer Tests aus: "if the market clearing view is an irrefictable tauraiagy, worker heterogeneity is viewed as empirically relevant, and test against it have no power".
N 1 Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
149
1 1975 auf ca. 46% im Jahre 1994. Gleichzeitig fie] jedoch der Anteil der Erwerbstfitigen ohne Berufsabschufl von 34.4% in 1976 auf 28.4% in 1991 (Quelle: Statistisches Bundesamt). Diese beiden gegenlfiufigen Entwicklungen verlangen einen Indikator, der beide Verfinderungen integriertEin Indikator in diesem Sinne wurde von Sneessens und Shadman—Mehta (1994) (kurz SSM) vorgeschlagen. Er setzt bei Lamberts (1988) "smoothing-by-aggregation" an, also bei der Aggregation von nicht-gerfiumten Mikromfirkten“. Denmach setzt sich die realisierte Besehéiftiguug auf Mikromarkt 1 Li aus der Summe von qualifizierter und nicht-qualifizierter
Arbeit zusammen: Li = Lqi + Lui. Bei Verwendung der technischen Koeflizienten a = Li/Yi, wobei Yi der Output von i ist, wird der Anteil van qualifizierter Arbeit an der Beschfiftigung dutch Lqi/Li = aq/a ausgedrfickt, wobei aq = Lqi/Yi die Mange von qualifizierter Arbeit ist, die
fiir die Produktiou einer Outputeinheit notwendig ist. Wegen a = aq + :1H ergibt sich
(4.1) Li =[1+:~:)Lqi Femer wird realistischerweise angenommen, daB die Nachfi‘age nach qualifizierter Arbeit von
Rationierung beeintrfichtigt wirds, wfihrend geringer quaiifizierte Arbeitskrfifie in ausreichendem MaBe zur Verfilgung stehen. Es wird demnach angenommen, dafl
(4.2) Lqi = min(Li,LSqi) wobei Li und LSqi Nachfrage und Angebot von qualifizierter Arbeit rcptfisentieren. Die Anwendung von Lamberts (1988) Theorem,
_ _ -1/p Lq = (Lq +qP)
und die Aggregation von (4.1) ergeben -1]
(4.3) L = [Ha—“km? + LSE") 9, aq wobei LDq und q aggregierte Nachfi'age- und Angebotsgrfiflen sind. Wegen aq = LDq/YD und a = LD/ YD folgt
)-p)‘”i” (4-4) L = (LD‘p + (pLs wobei (45)
4
1 L IL l—ur “q=_=_‘1_=;1' LSq/LS 1—ur
Vorwegnehmend sci gesagt, dafl die in Abschnitt 3 erlautenen Fehlinterpremtionen bier auswchlieflen 51nd. dn der SSM-Indikator Lamberts rho unberllcksichtigt 15m. Diese Aussage lflflt sich durch cine Analyse der im Satz unterstellten “Random Walk" Prozesse belegen.
Dafllr sprechen die Antwonen auf Fragen nach einer etwaigen Produktionsbeschrflnkung dutch Facharbeitermange] im Rahmen cles lfu-Konjunkturtests (siehe LB. Von Rnsenbladt, I990).
. ._..s._
Entorf, Strukturcllc Arbeitslosigkeit in Deutschland
150
ersonen pq crfaBt Verfinderungcn in dcr qualifikatorischen Zusammensetzung dcr Erwerbsp gBcschiifti ten und der tats‘ichlich Beschfiftigten. So fiihrt z.B. ein hfiherer Antcil der qualifizicr unverfindcrtem ten (cine Verschlechterung dcr Position der nicht-qualifizicrten Arbciter) bei vcrwendcn liq (1994) Nemer zu ciner Erhiihung des Bmches. Snccsscns und Shadman-Mchta so eincn sprungdaher als Indikator fiir qualifikatorischcn Mismatch. Ffir Frankreich wcisen sic
hafien Anstieg der Mismatch—Arbcitslosigkeit nach 1973 nach.
analogc Die Vcrwendung von qualifikationsspezifischen Arbeitsloscnquoten erlaubt cine veroffent (1993) Tcssaring Lind Buttlcr Analyse filr den Bereich der (alten) Bundesrepublik. ildung", Lehrausb lichen die Quotcn fiir die Kategoricn "ohne Ausbildung", "abgcschlosscne als Arbeitsman Wenn (UNI). itfit" "Univers "Fachschulc" (FS), "Fachhochschule" (Fl-1) und hschul- und Fachhoc losenquote urcI wahlweise die Quoten der Personcn mit Lei-ire, Fachschul-, . Der qualifiUniversitfitsabschlufl betrachtet, erhfilt man die in Schaubild 4 clargestellte Situation ab, um wioder dann fallt an, katorische Mismatch stcigt insbcsondere scit Beginn dcr 80cr Jahre filr die Absolab 1992 wiedcr anzusteigcn. Eine besonders starkc Position crgibt sich demnach und 1985 die 1980 zwischcn sticg ng vcntcn dcr Fachschulcn. Entsprcchcnd diescr Abgrenzu von ca. 1.01 auf Diskrepanz in dcr Zusammcnsetzung von Arbcitsnachfragc und Arbcitsangcbot 1.06, also um ca. 5%6.
Abbildung 4: Qualifikatorischer Mismatch a la Sneesscns/Shadman—Mctha, pq 1.07
1.06 -
1,05. 1.04 1.03-
1.02-
1.01m
1.00
_ '76
. . . 80 7B
82
. 84
. 86
, - . 90 BB
. - . 9492
auszuschlieBcn‘ Der Verlauf der Indikatoren dcutet daraufliin, daB zyklische Effekte nicht rtcn Krlificn qualifizic an sind. Offensichtlich wird in konjunkturell schlcchten Situationcn der konjunkturcllen festgchaltcn, so dafi sich ihre relative Position verbesscrt. Abgesehen von tbar. bcobach h Mismatc r torische Komponcntc ist abet ein gcncrcll zunehmendcr qualifika sabsolvcntcn relauv zu den Fach- 11nd: lnlcrcssant ist die Bcobachtung, daB stch dlc Situation der Unwersflfit Fachhochschulcm verschlcchcn hat.
‘l Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutsehland
151
4.2. MatchinguFunktionen und Mismatch-Trends: Eine Analyse von Paneldaten Eine interessante Alternative zur Berechnung von Indikatoren ist die Schéitzung von sogenannten Matching-Funktionen. Sie sind im Rahmen der Beveridge-Kurven-Theorie (Blanchard und Diamond, 1989, I990) popular geworden. Ublieherweise werden Matching-Furflctionen in einfaeher Cobb-Douglas-Spezifikation und fiir aggregierte Zeitreihen formuliert (siehe z.B. Buttler Lmd Cramer, 199], oder die intemationalen Vergleiehe in Burda und Wyplosz, 1994). In diesen Anséitzen wird von mikrofikonomisehen Aspekten abstrahiert. Es interessiert lediglich die auf der Makroebene meBbare Effizienz, d.h. welche Anzahl von Neueinstellungen wird aus den gegebenen Bestétnden von Arbeitslosigkeit und offenen Stellen "produziert" (in der Tat ist das Vorgehen analog zu dem Vorgehen bei der Schfitzung von Produktionsfimktionen, in denen untersucht wird, mit welcher Produktivitéit neue Produkte aus der Transformation von z.B. Arbeit
und Kapital entstehen). Die Vermittlungs-Effizienz variiert im Zeitablauf. Wfirde der Mismatch im Zeitablauf wirklich fallen, dann wfirde das bedeuten, dafl bei unveranderter Arbeitslosigkeit und bei unverfinderten Vakanzen mehr Neueinstellungen mfiglieh sind. ln einer Matching-Funktion
werden diese Zusammenhange wie folgt fonnalisiert:
(4.6) H[ = mtf(Ut,Vt) Die Vermittlungen zum Zeitpunkt t, Ht, hangen von den Bestfinden an Arbeitslosen und offenen Stellen ab, wobei die Funktion f in der Regel die Cobb-Douglas—Form hat. Wichtig ist an dieser Stelle die mit der Zeit verinderbare "Matching-Effizienz" mt. Sie wird meistens durch einen simplen Zeittrend reprisentiert, wobei hfiufig negative Trends festgestellt werden. In Entorf (1995b) wird ein altemativer Weg verfolgt, der bei der Idee ansetzt, mfiglichst tief
gegliederte lnformationen zu verwenden. Hierzu werden Paneldaten benutzt. Es warden 40 Berufsgruppen fiber die Zeit 1972 his 1992 verfolgt (21*40=840 Beobachtungen).
Die relativ groBe Zahl von Beobaehtungen erlaubt die Anwendung von komplexeren Techniken (z.B. Fixed-Effekt—Schiitzungen), die wiedemm erlauben, das Mafl fiir die MatchingEffizlenz In1 zu endogenisieren. Das bedeutet, daB 6konomische Faktoren stellvertretend fiir mt in die Gleichung eingefiihrt werden, von denen vermutet wird, daB sie fiir Mismatch-Problems: verantwonlich sind“.
7 Als nggregiene erklflrende Variable wurden die Variablen "Anzahl der nieht-arbeitslosen Arbeitssuchenden", "Partizipalionsrate der Manner", "Partizipationsrate der Frauen". "Verhaltnis der Lbhne von ungelemten Arbei-
tern zu gelemlen Arbeitern", "Anteil der llber Sthrigen Arbeitslosen", "Kapazitmsauslastung", "Reallfihne"
und "Arbeitslosigkeitsniveau" verwandet. Das Nivenu der Arbeitslusigkeit reprflsentien hierbei eine Proxy filr die "Dichle" des Arbeitsmarktes ("thick markets") im Sinne von Diamond (1982). Trotz der Vorbehalte gegen die offiziellen Zahlen filr Arbeitslosigkeit und offene Stellen wird an offiziellen Zahlen festgehalten. Dafllr sprieht einmal die Vergleichbarkeit mit bisherigen Resultaten. Zum anderen geht es um generelle Trends. Wie abet cine visuelle lnspektion der Zeitreihen in Franz (I994) neigt, ergeben sich var
allem zyklisch bedingte Unterschiede zwisehen offiziellen und korrigierten Daten, so daB der langfristige Effekt
unverflllseht erfaflt werden snllte. Schliefllich spricht simpler und pragmmischerweise fllr die offiziellen Zahlen, dafl die Konektur nuf disaggregiener Ebene nur sehr sehwer durchfllhrbar ist.
Enlorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschlan
152
Abbildung 5 zeigt die Matchingeflizicnz mt, wie sic sich nach der Endogenisierung durch
6konomische Faktoren crgibt. Abgesehen von kurzzeitigen Fluktuationen ist mt im Zeitablauf
Abbildung 5 bestéitigt die Ergebnisse des SSM-Indikators. Qualifikatorischer und beruflicher Mismatch sind demnach zunehmend wichtige Problems in Deutschiand. Zwei Punkte sollten‘ geklfirt warden, bevor wirtschaftspolitische Schluflfolgenmgen gezogen warden kdnnen: a) Sind und die makroiskonomisch hergeleiteten Resultate konsistent mit mikrofikonomischer Evidenz,
b) was erklfirt die Verschlechterung der Arbeitsmaxktposition der geringer qualifizierten Arbeitskrflfte. Beiden Fragen wird im Rahmen der Untersuchungen von Mobilitfit (Abschnitt 5) und von qualifikationsabhfingigem technischen Fortschritt (Abschnitt 6) nachgegangen.
Abbildung 5: Die Entwicklung der Matching-Effizienz Int JO
1
filr cine erhebliche Reduktion der Vermittlungen verantwortlich. Berechnungen zeigen, 112113 2.13. der Rfickgang der Matching-Eifizienz zwischen 1979 und 1982 ceteris paribus, also unter der Annahme, dafl die Niveaus von offenen Stellen 11nd Arbeitslosigkeit wiihrend dieser Zeit unveriindert geblieben wa‘rcn, einen Riickgang der Vermittlungen um 19% verursacht hiitte.
20
1
I deutlich fallendg. Die nachlassende Matching-Effizienz, bzw. der zunehmende "Mis-Match", ist
I £
i I
7 Cl
741
7B
52
BE
90
9‘
5. Strukturprobleme dun-ch nachlassende Mobilitiit? Mikroiikonometrische Evidenz bots— un Strukturelle Arbeitsmarktprobleme entstehen bei auseinanderklaffcnden Arbeitsange
Arbeitsnachfrageprofilen Je ausgeprfigter cine solche Mismatch-Situation ist, desto dringend ist der Bedarf nach einer ausgleichenden Mobilitfit auf dem Arbeitsmarkt. Entsprechend der in und nachi Abschnitt 4 geschilderten Situation wfichst die Diskrepanz zwischen angebotznen die ‘ gefragten Profilen. Geht man davon ans, daB der Arbeitsmarkt flexibel reagiert, dann sollte beseitig ewicht Ungleichg das "Nachfi'age" nach Mobilitiit Mobilitfitsprozesse freisetzen, die
9
wird (fill-:1 Die Immunitat dar Fixed-Effekt—Regressionen gegentiber potentiallen "Nonsense"-cressionen hier vorliegenden Panaldaten) in Entorf (I994) nachgewiesen.
l11 Entorf. Strukturelle Arbeilslosigkeit in Deutschland
153
1
Falls dies nicht der Fall ist, so hfitte eine mangelhafte Mobilitéit ihrerseits die Diskrepanz von Angebots— und Nachfrageprofilcn verursacht oder zumindest verstéirktm.
Wenn man die deutsche Mobilitfit aus der intemationalen Perspektive beleuchtet, so offenbaren sich relativ niedrige Zahlen. Biirsch-Supan (1990) weist auf einschléigige Studien hin. Insbesondere Vergleiche mit den Vercinigten Staaten sind beeindruckend. In den USA ziehen z.B. jfihrlich 9% der Hauseigentfimer und 37.8% der Mieter um, wfihrend die hlesigen Zahlen bei nur 1.8% bzw. 13.6% liegen. Anderc Quellen bestfitigen die verringerte Mobilitat. Daten des Bundesinstituts fur Bildungs-
und Berufsforschung zeigen, daB zwischen 1979 um! 1985/86 die Anzahl der Erwerbstfitigen mit einem Beruswechsel von 36% auf 29% zurfickgegangen ist (siehe dazu Pfeiffer/Blechinger, 1995. sowic BlBB, 1995). Noch deutlicher wird der Rfickgang der Mobilitfit anhand der regionalen Mobilitfit (siehe
dazu die Auswertungen in IAB, 1990). Wielhrend 1970 noch 16% der Beschfiftigten angaben, in den letzten 15 Jahren ans beruflichen Grfinden umgezogen zu sein, so sind es 1985/86 nur noch
9%, was einen Rfickgang von ca. 44% bedeutet. Der Riickgang geht durch alle Qualifikationsgruppen, wobei die Mobilitfitsbereitschafi mit der Qualifikation steigt. Erwcrbstiitige Frauen sind
deutlich weniger mobil als erwerbstfitige Manner. Beschfiftigte mit Arbeitslosigkeitserfahrung ziehen hfiufiger um als jene mit permanenter Beschéftigungsvergangenheit (IAB. 1990). Aber auch fi'ir Arbeitslose hat die regionale Mobilitfitsneigung im Zeitablauf abgenommen. Vergleicht man diese Entwicklung mit dem generell ansteigenden Mismatch-Trend, so scheint die Mobilitéitsbereitschafi mit den Mobilitfitserfordernissen der sich umstrukturierenden Volkswirtschafi nicht Schritt gehalten zu haben. Die angefiihrte Evidenz bezieht sich auf aggregierte Daten. Da sich die Struktur des Aggre— gats im Zeitablauf findert, sagen Makro-Zahlen nicht unbedingt etwas fiber die Verinderung der individuellen Mobilitfit aus. Seit den siebziger Jahren hat sich die Berufsstruktur verindert. Es gibt weniger Facharbeiter im lndustriebereich. dafiir mehr Angestellte im Handel— und Dienst—
leistungsgewerbe. Wenn die Mobilitiitsneigung berufsabhéingig ist, wovon auszugehen ist, dann
kfinnten Verschiebungen in der Berufsstruktur filr Verénderungen in der gesmntwirtschaftlichen Mobilitfit sorgen. Ahnliche Konsequenzen haben Veré'mderungen in der Alters-, Bildungs-, und Einkommensstruktur, um nur die wichtigsten Kriterien zu nennen. 1n diesem Abschnitt soll versucht warden, von Strukturverfindenmgen zu abstrahieren, so dafl
Aussagen fiber die Mobilitatsswahrscheinlichkeit reprisentativer Individuen getroffen werden kfinnen. Hierzu werden mit Hilfe von zu drei versehiedenen Zeiten (1979, 1985/86, 1991/92)
0 Ein weilerer Grund fllr zunehmende "Nachfrage nach Mobilitat" is! die abnehmenrle Verwenbarkeit der Ausbildung. Pfeiffer und Blechinger (1995) weisen daraufl1in, daB die einmal erfahrene Bemfsausbildung immer weniger geeignet ist, den Anforderungen des sich wandelnden Berufslebens zu genugen. Konsequentenveise mfiflte dieses Defizit dureh mehr Berufswechsel ausgeglichen werden.
Entorf. Snukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
154
erhobenen Datensfitzen (BIBB/IAB) und mit Hilfe von Probit-Modellen Mobilitéitswalnschein— lichkeiten berechnet. Die Sehfitzkoefiizienten der Modelle warden benutzt, um fiir "typische" Arbeitnehmer/Innen und Angestellte (mit zeitlich konstanten Charakteristika) die Mobilitfits—
wahrscheinlichkeit zn bestimmen. Die Daten
Als Grundlage dienen gemeinsam vom Bundesinstitut fi'u' Berufsbildung (BIBB) und vom Institut fii: Arbeitsmarkt— und Berufsforschung (IAB) erhobene Daten. Es handelt sich um die Individualdaten zum Projekt "Qualifikation nnd Berufsverlauf" der Jahre 1979 und 1985/86 sowie um die Daten des Projektes "Erwerb und Verwertung bemflicher Qualifikationen" 1991/92. Die Daten wurden vom Zentraiarchiv fllr empirische Sozialforschung (ZA) bereitgestellt. Aggregierte Zusammenfassungen der Erhebungen sind vom Zentralarehiv (1979, 1986) sowie vorn Bundesinstitut fiir Berufsbildung (1995) verfiffentlicht won-den1 1. In den Untersuchungen wurden Erwerbstéitige u.a. zu Qualifikationsprofil, Ausbildung, Fortbildung, Mobilit'ait, Einkommen und Arbeitsbedingungen befragt (siehe z.B. Jansen und Stoofi. 1993, 1994). In der ersten Welle des Jahres 1979 waren dies ca. 30000 Personen und 1985/86
(die Erhebung erstreckte sich auf zwei Jahre) ea. 26.000 Personen. 1991/92 wurden Erwerbstfitige in den alten (ca. 24.000) und neuen Bundeslfindern (ca. 10.000) befragt. Abweichungen von den vorherigen Stichproben ergeben sich auch dadurch, dafl in den neuen Liindem zuséitzlie
Arbeitslose aufgenommen werden und 1m Westen erstmals Ausléinder befmgt wurden.
Die folgende Analyse orientiert sich an den Gegebenheiten der filteren Datensfitze, d.h. werden deutsche Erwerbstz‘ltige in Westdeutschland betraehtet. Zur Analyse van Mobilitfit biet sich die Antworten zu zwei Surveyfragen an: 1) Bemfsmobilitfit: "Hat sieh seit Abschlufl IhIer Schul- bzw. Berufsausbildung Ihre beruflic Tatigkeit ein- oder mehrmais so gefindert, daB man von einem Berufswechscl sprechen kann?‘
2) Regionale Mobilitfit: “Sind Sie im Laufe des Berufslebens ein- oder mehxmals umgczoge weil Sie an einem anderen Ort eine Arbeit aufgenommen haben?"
a.._
4
.
Die Auswahl van mikrafikonomischen Mobilitiitsfaktaren Die Frage zur Berufsmobilitfit wurde in alien Erhebungen gestellt, die Umzugsfrage leider nur ' 1985/86 und in 1991/92. Das hier gewa‘ihlte Vorgehen ist weitgehend deskriptiv und aus dem makrofikonomischen Erklfirungsbedarf heraus motiviert, jedoch setzt die Endogenisierung ' mikrotheoretischen Erkliirungen von Mobilitéit an. Die rneisten Beih‘iige gehen von eine Arbeitsplatzweehsel ("job mobility") aus (LB. Kbnig, 1979, Mince: und Jovanovic, 1981), nu: vereinzelt wird aueh berufliche Mobilitfit betrachtet (Velling und Bender, 1994). Die wichtigst
l
. . . . . . I Weder die genannlen Institute nnch das ZA tragen lrgendeme Verantwortung flir die Analyse Oder Interpretatl in diesem Beitrag.
H I
Entorf, Stlukmrelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
155
1
Detenninanten sind in beiden Fallen die Einflilsse des Humankapitals (Becker, 1975, Mincer, 1974). Dieses wird dutch die Proxies "Alter", "Einkommen", "Schulbildung" und "berufliche Stellung" erfaBt. Daneben spielen sektorspezifische Faktoren (z.B. konjunkturelle Sunderbewegungen) eine Rolle. Auch die BetriebsgrfiBe geht als erklfirende Variable ein, da erwamet wird, daB Arbeitnehmer in kleineren Betriebe cine dauerhafiere Bindung an ihr Untemehmen haben. Alle Daten beziehen sich auf die jeweils vorliegende Situation, also nicht darauf, was vor einer evenmellen Mobilitfitsentscheidung gewesen ist. Das ist dann ein Nachteil, wenn
Kontrollvariablen wie Sektor- oder Berufsgruppenzugehfirigkeit ins Leere laufen, weil Wechsel zwisehen Branchen Oder zwischen Berufsgruppen stattgefimden haben. Probib‘chfitzungen Die Antworten 2.1.1 den Mobilitfitsfi'agen liegen in dichotomer Form vor: "Mob" = 1 werm Mobili—
tit vorliegt, "Mob" = 0 sonst. Als fikonometrischer Ansatz kommt somit cine Probit—Schfitzung in Frage (siehe LB. Greene, 1993). Im Probit—Ansatz wird die Mobilitfitswahrscheinlichkeit cndogenisiert1 d.h. es wird die Wahrscheinlichkeit fiir das Vorliegen von Mobilitéit des Individuums i, P("Mob"i = I) , in Abhéingigkeit erklfirender Faktoren Xi beschricben:
(5.1)
pi e P("Mob"i= 1) = F(0L'Xi)
F ist die Verteilungsfimktion der Standard-Nomalverteilung.
Zum besseren Verstflndnis wird irn Anhang cine exemplarische Probit-Schfitzung mit dem Datensatz von 1985/86 prisentien. Er ist besonders gecignet, weil er erlaubt, den Einflufl interessanter zusfitzlicher Variablen zu testen. So ist fur die regionale Mobilitfit wichtig, ob Erwerbstfitige als Mieter Oder als Eigentfimer wohnen. Im allgemeinen wird erwartet, dafl
Immobilienbesitz die regionale Mobilitfit einschréinkt. Bover, Muellbauer und Murphy (1990) sprechen diesbezfiglich von einer "Mobilitfitsfalle" ("mobility trap"). Femer kann fiir eine
Vielzahl von arbeitsplalzspezifischen Faktoren kontrolliert warden. Z.B. Arbeitsplfitze im Bereich "Neuer Technologien" sind stetigem Wechsel unterworfen, so dafl hier ein anderes Verhalten zu erwarten ist 2115 im Bereich traditioneller Jobs. Schliefllich erlaubt dcr Datensatz,
neben scktorspczifischen Faktoren auch regionale Sonderbewegungen zu erfassen, womit regionale Strukturprobleme in der Schfitzung ber‘ucksichtigt werden kfinnenlz.
‘2 Ausfllhrlichere Tabellcn und eine detaillierte Diskussion der Resultate 5i in Entorf (l996) zugflnglich. An dieser Stelle kdnnen nur einige Ergebnisse aufgezflhlt warden. So gibt cs 2.3. Evidenz fllr die Bestfitigung der "MobiIitalsfallenhypothese", (was bei dem beobachteten Anstieg des Verbfilmissa von "Eigentumswohnungen. -hHusern" zu "Mietwuhnungen" einen negativer Einflufl auf die Mobilitat hat), und Evidenz. dafllr, daB Karrieren im Bercich "Neuer Technologien" mit hfiherer regionaler und beruflichcr Mobilitflt verbunden sind, Ferner erfahren nicht—qualifizierten Emerbstfltige haufige Berufswechsel, aber untenjehen sich nur selten einem
Ortswenhsel, Wain-end Hochqualifiziertc hflufiger umziehen.
156
Entorf, Srrukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschlmd‘
Die Mobilitdt "typischer" Arbet'mehmer im Zeitablauf
Das eigentliche Ziel ist, die Mobilitfitsneigung "typischer" Erwerbstfitiger im Zeitablauf zu beschreiben. Der einfachste Weg zur Erreichung dieses Ziels wéire eine direkte statistische Auswertung, d.h. z.B. eine Erfassung aller mfirmlichen Faeharbeiter in der Industrie im Alter von 30 Jahren mit genau definierten Merkmalen. Leider wird selbst bei grolSen Datensfitzen wie den hier vorliegenden schon bei einer wenig prfizis gefaflten Beschreibung des "reprfisentativen" Erwerbst'atigen die Fallzahl so klein (ca. 50 his 100 Personen), daB eine statistisch abgesicherte Aussage nicht mfiglieh wird. l-lier wird eine alternative Vorgehensweise verfolgt. Mit Hilfe von Probit-Sehiitzungen wird der Einflufl cler einzelnen Variablen quantifiziert, so dafl bei Verwendung der Schfitzkoeffizienten und bci Einsetzen von alternativen ("reprfisentativen") Charakteristika eine Bestimmung der Mobilitéitswahrscheinlichkeit (als "fitted value") ermfig-
licht wird. Ausgangspunkt ist die Probit-Gleichung (5.1). Die erklfirenden Variablen des Individuums i, Xi, werden unterteilt in X! und Xiz. X} enthalte die wichtigsten Charakteristika "Alter", "Einkommen". "Beruf" und "Sektor". Xiz enthalte die restliehen Kontrollvariablen. Bei Ver-
wendung der geschéitzten Koeffizienten lassen sich so geschfitzte Wahrscheinlichkeiten berechnen:
(5.2) fii = F(&‘=X{.ézix}~’). Daraus lassen sich Fur "typische" Individuen mit festgelegten Kriterien X} = X" mittlere Mobilitfitswahrseheinlichkeiten berechnen (n ist die Anzahl der Individuen mit den AusPrfigun1'! gen X ) :
(5.3) E = l 2F[&"x”,&2-x?). 11
Die Tabelle 2 zeigt die Mobilitéitswahrscheinlichkeiten getrennt fiir Minner und Frauen”. Es werden Industriefacharbeiterfinnen) und Dienstleistungsangestellte betrachtet, die zwischen 38 und 42 Jahre alt sind. Zusfitzlich wird bei den Mfinnem die Mobilitfit einer jfingeren Kohorte
untersucht, und zwar die der Altersgruppe 28 bis 32. Bei den Frauen wird ferner untersucht, ob sich die Mobilitfit einkommensabhfingig verfindert (Tabelle 2b, Féille 2 und 3). Die Ergebnisse bestfitigen die Vermutung einer sich in den 80c: Jahren deutlich verringernden berufliehen Mobilitéit. Anfang der 90er Jahre steigen die Wahrseheinlichkeiten leicht an, ohne das Niveau von 1979 zu erreichen. Dieser Mobilitéitstrend ist konsistent mit dem zunehmenden Qualifikationsmismatch in Abbildung 4 (die dort dokumentierten Qualifikationslfieken kfinnten auf eine mangelnde Bereitschaft zur Umschulung bzw. zum Berufswechsel zurfiek-
gefiihrt werden) und mit der Schiitzung der abnehmenden Matching-Effizienz in Abbildung 5.
]
3
Tabelle B im Appendix zeigt die Anzahl der Individuen und das Pseudo-R2 der Schatzungen.
Entorf, Strukturelle Albeitslosigkeit in Deutschlnnd
157
1 Tabelle 2 a): Mobilitfitswahrscheinlichkeiten: Mfinner Charakteristia
Berufliche Mobilitfit
1979
1985/86
Regionale Mobilitfit
1991192
1985/86
1991/82
Industrie-Fachkrafi”, zwischen
0.39
0.21
0.27
0.17
0.28
38 und 42 Jahre alt, mittleres
((3-20)
(0-03)
(0-09)
(0-04)
(0-05)
Einkommenz)
Angestellter im Handels— und
Diensueistungssektor”,
0.56
(0.19)
0.42
0.40
(0.14)
(0.16)
0.23
(0.06)
0.32
(0.08)
zwischen 38 und 42 Jahre alt, mittleres Einkommenz)
Angestellter im Handels— and
0.36
0.26
0.28
0.18
029
Dienstleistungsscktor”, zwischen 28 und 32 Jahre alt, mittleres Einkommenz)
(0.16)
(0.13)
(0.15)
(0.07)
(0.08)
b) MobiIitéitswahJ-scheinlichkciten: Frauen
Charakteri stika
Berufliche Mobilitttt
Regionale Mobilitéit
Industfie-Fachkrafi”, zwischen
1979 0.48
1985/86 0.16
1991/92 0.19
1985/86 0.15
1991/92 0.32
38 und 42 game alt, mittleres
(0-18)
(0.13)
(0.12)
(0.01)
(0.05)
Einkommen‘)
Angestellte im Handels- und
Dienstleistuugssektor”,
0.40
0.32
0.28
0.21
(0.12)
0.30
(0.09)
(0.08)
(0.09)
(0.06)
zwischen 38 und 421Jah1'e alt, mittlercs Einkommen“) Angestellte im Handels— und
Dienstleistungssektor3 ),
0.37
0.26
0.30
0.27
0.33
(0.10)
(0.07)
(0.09)
(0.09)
(0.07)
zwischen 38 und 42 Jahre alt, Einkommen wie mittleres Mtinner—Einkommen“ Anmerkungen: Die Tabclle zeigt Mobilitiitswahrscheinlichkeiten entsprechend Gleichung (5.3) mit Standardfehlern in Klammern. 1) "Fachkraft" 2 Facharbeiler(in)/Gesell(1n). Vorarbeiterfin) oder Meisterfin). "lndustrie" ohne Bergbau. aber {1101. Handwerk. 2) Median-Einkommen. Auf Grund der kategoriellen Erfassung des Einkommens bedeutet dies ca. die Einkommcn zwischen dcm 45%- 11nd dcm 55%—Pcr1.cnti1 der auf die Manner/Frauen beschrfinkten Stichprobe. 3) Dienstleistungcn (incl. Banken und Versicherungen) ohne Bahn, Post und Eiffentliche Verwaltung. 4) Es warden die in Tabs] 11: 2a) zugrundegelegten hfiheren Median-Einkommen der Manner vorgegeben.
158
Enlorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
torischen und berufsEine zu niedrige Mobilitfitsneigung dfirfte cine Verbesserung der qualifika bedingten Mismatch-Situation verhindert habenl4 eine drastiscbe Bei genauerem Hinsehen zeigt sich insbesondere filr industrielle Facharbeiter Facharbeiterfin) einen Reduktion. Wiihrend 1979 die Wahrscheinlichkeit dafiir, dafl ein(e)
der Kohorte von 1985/86 nur ‘ Berufswechsel hinter sich hat, bei 39% (48%) liegt, so sind es bei
sse haben deutlich héhere noch 21% (16%). Angestellte der gleichen Einkommens- und Alterskla Facharbeitem ergeben Wechselwahrscheinlichkeiten. 1m Gegensatz zum zeitliehen Profil bei den
mfimlichen und 40%, 32% and sich permanent fallende Zahlen: 56% ,42% und 40% bei den
sind im fibrigen auch 28% bei den weiblichen Angestellten. Die Wahrscheinlichkeiten fijr Frauen ns das hfihere inkomme Frauene dann kleiner als die dcr Manner, wenn anstatt des mittleren ntierten allgemeinen Mfinnereinkommen zugrundelegt wird. Der Vergleich mit dem dokume dafl der "wahre" RiickMobilitfitsrfickgang um 7% von 36% in 1979 auf 29% in 1985/86 zeigt, en Facharbeiter und gang wesentlich hfiher ist. Bei den betrachteten Kohorten der mannlich Grund fiir die 1m VerAngestellten sind Rfickgfinge von 18% bzw. 14% zu verzeichnen. Der stmkturellen Umbruch 1m gleich dazu relativ kleine aggregierte Verfinderung liegt offensichtlich Berufsfeldem ist die hin zu einer mehr dienstleistungsorientierten Volkswirtschafi. In deren Mobilitfit traditionell grfifier, wie'aus obigen Vergleichen ersichtlich ist.
ung von regiona- ‘ Die Datensfitze erlauben nur eine unvollstfindige Beschreibung der Entwickl h von 1985/86 und 1 ler Mobilitfit: Es gibt keinen Vergleich mit den 70er Jahren. Der Vergleic hkeiten: Bei den mann1991/92 zeigt aber einen deutlichen Anstieg der Mobilitfitswahrscheinlic (15% auf 32%) und bei lichen (weiblichen) Facharbeitern (38 bis 42 Jahre) von 17% auf 28% auf 30%). Bei der jungen 1 den 38— bis 42-jahrigen Angestellten von 23% auf 32% (Frauen: 21% ‘ nenls. Kohorte der 28- bis 32-jfihrigen ist ein Anstieg von 18% auf 29% zu verzeich llten altemativen Zusammenfassend ist eine Konsistenz mit den in Absehnitt 4 vorgcste demnach ein wichtiger Mismatch-Indikatoren festzustellen. Die zurfickgehende Mobilitfit kfinnte den 80er Jahren sein. in n Grund fiir das Auseinanderklaffen von Angebots- und Nachfrageprofile
keit der Bestflnde van Arbeitslosigkeit und affener M Da die Vermittlungen in der Malching-Funktion in Abhflngig daB die Entwicklung der Mobilitatsneigung bei ‘1 voraus, Steilen geschrieben werden, setzt dies strenggenommen e zuruck-
ts der auch fllr Arbeitslos den Arbeitslosen emsprechend der der Erwerbstatigen verlflufi. Angesich ngen" als scheint diese Annahrne plausibel zu sein. Femer enthalten "Vermittlu
gehenden Mobilitat (IAB. 1990) ler, so dafl ein Anstieg der Matching-Effiendogene Variable in Matching-Funktionen auch Iob—zu-Job-Wechs t wird. zienz auch durch das Verhalten beschufiigter Berufswechsler beeinflufl
ist ein wahrend dieser Zeit erfolgter starker l5 Bei dem Vergleich der Zahlen von 1985/86 mit denen van 1991/92 Durch den DDR-Exodus und durch beachten. zu % ca. um igen Erwerbstm chen Anstieg der Zahl der westdeuts und auf deutsche Staatsangeehland Westdeuts auf nng Aussiedler ist selbst bei der hier erfelglen Beschrfink vonstatten gegangen. Die Nettoerhfihung bei hfirige cine erhebliche Umstrukturierung der jfingeren Kohorten
daher niedriger liegen. Einen den schon vor der Wende in Westdeutschland beschflfiigten "Altbeswnden" durfte n mannlichen, berechnete Mohilitatsswahrscheinlichkeit von 55- bis 60j5hrige Anhaltspunkl mag die zusatzlich um: sich 19l5/86 eine 22-prozentige UmzugnFachkraften mit mittlerem Einkommen geben. Fur diese Gruppe 60jfihrigen Facharbeiter in 1991/92, so ist" wahrscheinlichkeit berechnen. Betrachtet man diesen Typ der 55- bis n Anstieg hindeutet. niedrigere deutlich nufeinen was 28%, inlichkeil wahrsche die Mobilitats
Emorf. Strukturelle Arbeitslosigreit in Deutschland
[59
Der Mobilitfitsrfickgang ist auf Mikroebene sugar noch grfifler als er bei aggregiertem Meflniveau erscheint. Der generalle Strukturwandel hin zu einer Dienstleisttmgsgesellschafl verschleiert
individuelle Verfinderungen, da die Zusammensetzung der Erwerbspersonen in den 80er und 90er Jahren einen grfifleren Anteil von (mobileren) Angestellten aufweist. 6. Qualifikatorische und technologiebedingte Strukturprobleme
Qualifikationsbedingte Stmkturprobleme sind fiir die USA ausfiihrlich untersucht worden, wfihrend fiir europiiische und deutsche Daten nu: wenige Studien vorliegen. In den USA gibt es eindeutige Evidenz dafiir, daB die Lohmmterschiede zwischen College-Absolventen und nicht-
qualifizierter Arbeit im Laufe der 80er Jahre stark zugenommen haben (Bound und Johnson, 1992, Murphy und Welch, 1992). Ffir die Spreizung der Lohnstruktur wird in der Regel die stark
computerorientiene Nachfrage nach hochqualifizierter Arbeit verantwortlich gemacht (Krueger, 1993). In Deutschland scheint die verstfirkte Nachfrage nach Erwerbstéitigen i111 Bereich "Neuer Technologien" keine nachhaltigc Verfinderung cler Lohnstruktur ausgeliist zu haben, wie empiri-
sche Analysen in Abraham und Houseman (1994) und in Fitzenberger, Hujer, MaCurdy und Schnabel (1995) zeigen. Dréze und Sneessens (1994) stellen die These auf, daB der Unterschied
in der Reaktion auf die technologischen Verfinderung darin besteht, dafl in den USA cine Veranderung der Lohnstmktur hervorgerufen wurde, wélhrend sich in Europa die Beschaftigtenstruktur zum Nachteil von
weniger qualifizierter Arbeit verfindert hat. Da fur geringer
qualifizierte Arbeit schlechte Wiederbeschfiftigungschancen bestehen, auBert sich der Technologiewandel in hoher und persistenter AIbeitslosigkeit.
Nicht nur technologisch bedingtcr Wendel, auch die generelle "Deindustrialisienmg" unseter Volkswirtschafi erfordert cine Neuorientierung vieler Erwerbstéitiger. So ist der Anteil der Beschéiftigen irn Bereich der Dienstleistungen in Europa von 43.3% irn Jahre 1965 auf 61.4% in
1989 gestiegen, wobei (West-)Deutschland mit nur ca. 56% Dienstleistungsanteil fiberdurch-
schnittlich industriell geblieben is! (CBC, 1991). Gleichzeitig ist der Anteil der Arbeiter von 50.2% im Jahre 1960 auf 36.7% im Jahre 1992 gefallen, wfihrend der Anteil der Angestellten in dieser Zeitspanne von 22.6% auf 44.7% gestiegen ist (Ostdeutschland: 42.7% Arbeiter und
49.8% Angestellte). Genau wie beim Einflufl "Neuer Technologien" sind auch hier industrielle Arbeiter mit geringer Qualifikation am stiirksten vom strukturellen Wandel betroffen. In diesern Abschnitt wird versucht, das Ausmafi der strukturellen Verfinderungen zu quantifi-
zieren. Etwaige Substitutionseffekte zwischen qualifizierter und nicht-qualifizierter Arbeit werden untersucht. Die Schfitzung von nicht—neutralem technischen Fortschritt client der Uberprfifung der Hypothese, dafl technologische Verfinderungen fiir den Abbau von gering qualifizierter Arbeit verantwortlich sind ("skill-biased technical change"). Die Daten erlauben auch die Untersuchung spezieller Rezessionsphasen. Entsprechend Blanchard und Diamond (1990) werden konjunkturelle Schwankungen genutzt, um die Zusammensetzung der Belegschaft
an Marktgegebenheiten anzupassen ("cleaning-up"). Demnach gibt es einen Abbau von konven-
Entorf, Suukturclle Arbcitslosigkeit in Deutschlnmd
I60
Rezessionsphase, tionellen Arbeitspltitzen mit niedrigen Qualifikationsanfordemngen in der tze genutzt wiihrend die Aufschwungphasen zur Vermehrung des Anteils modemer Arbeitsplfi werden.
r Arbeit Theorefische Uberlegungen zur Substitution van qualifizierrer and nichl—qualgfiziene , wie man as in ‘ Die Untersuchung basiert auf einem einfachen neoklassischen Produktionsmodell produziert ihren fihnlicher Form z.B. bei Hamermesh (I986) findetm. Eine reprfisentative Firma Arbeit alifiziertc "nicht-qu Lq, Arbeit", Output bei Verwendung der drai Faktoren "qualifizierte Annahme der Lu, und Kapital, K. Faktorpreise seien fiir die Firma exogen gegeben. Unter ktion Kostenfim konstanter Skalenertrfige betrachten wir die (Stitch)
(6.1) c = C(Pq,Pu,Pk). Arbeit uud wobei Pq den Faktorprcis fiir qualifizierte Arbeit, Pu den Preis ffir nicht—qualifizierte sich in ergibt Lemma s Shephard Pk den Preis fur Kapital bezeichnen. Unter Verwendung von t log-linearisierter Form (6.2)
loga; = cst.+0'iqsq 10g Pq +oiusu logPu +Giksk lon , i = q,u,k,
ist eine Konstante. wobei 3i = XiIY und Xie{Lq, L", K} - Y bezeichnet den Output und cst Faktoren i und j und Femer bezeichnet Uij die Hicks-Allen-Subsitutionselastizitfit zwischen den u'iktion cijsj = 0 sj ist der Kostenanteil des Faktors j. Auf Gnmd der fiblichen Homogenitfitsres lfiBt sich (6.2) schreiben als
(6.3) log ai = cst.+o‘iqsq log(Pq IP) + sins“ 16g(Pu IP) + Uiksk log(Pk IP). wobei P der Outputpreis ist.
nut cine unvollKapitalnutzungskosten sind in der Regal schwer zu bestimmcn und kéuneu 1986). Eine alternative stindige Bcschreibung der wahren Kosten darstellen (Hamermesh, tzungskosten als Vorgehensweise wird von Risager (1993) vorgeschlagen, der die Kapitalnu einem langfi‘isfig konstanFunktion der anderen Faktorpreise betrachtet. Risager geht hierzu von
ten Markup aus, der auf die Faktorkostcn aufgeschlagen wird, so dafl
(6.4) P = cst.(Pq + PULL. + PkK). Nach Log-Linearisierung wird daraus
(6.5) 5k 10g(Pk r p) = cst — sq log(Pq IP) — su log(Pu 1p). Anwenduugen auf ArbeitsnachfragcSiehe Risager (1993) und SneessenslShndman-Mehta (1994) filr ncuere der Bundesrepublik van Schulte zur Bereich den fur wurden Studien Ahnliche Arbeit. modellc mit heterogener nur letztere durch Berflcksichtigung wobei hrt, durchgefll (I939) Surlage (I985) und Kugler, Mflller und Sheldon ungswirkung "Neuer Technologien" des nichtneutralen technischen Fortschritts Aussagen fiber die Beschfifiig erlauben.
4
——ra.
r——
Entarf, Strukturelle Arbeitslesigkeit in Deutschland
i
[61
Einsetzen in (6.3), Eliminierung der Kapitalgleiehung sowie die Annahme der Separabilitfit der Produktionsfunktion in Arbeit und Kapital, ”uk = c, ergeben folgende schéitzbare GleiChung, in der das Verhfiltnis von qualifizierter und nicht—qualifizierter Arbeit durch die zugehérigcn Relativliihne erkléirt wirdl7: (6.6)
log5 = cst.—clogP—”,
Lq
Pq
wobei a E (auq —('q)sll = (aqu ‘q)5q'
Der Koeffizient a ist folglich eine Kombination der Elastizitfiten und Kreu7elastizitfiten cu“ (bzw.0'qq) und cuq (oder aqu). Wegen O'uu s 0 und q S 0 ist o positiv solange cuq positiv ist, d.h. solange eine Erhfihung der Lfihne von nicht-qualifizierter Arbeit durch Mehreinsatz von
qualifizierter Arbeit ausgeglichen wird (und umgekehrt)”. In der empirischen Anwendung werden die Schfitzgleichungen durch die Berfieksichtigung des technischen Fortschritts vervollstfindigt. Die Daren
Die Unterscheidung zwischen "qualifizierter" 11nd "nicht-qualifizierter" Arbeit wird dureh die vom Statistischen Bundesamt (Fachserie 16) vorgenommene Aufgliedenmg in Leistungsgruppen
ermfiglicht. Leistungsgruppe l enthéilt die Anzahl der Faeharbeiter, Vorarbeiter und Meister, Leistungsgruppe 2 beinhaltet "angeIernte Arbeiter" wéihrend in Leistungsgruppe 3 die sogenannten
"Hilfsarbeiter" zusammengcfaflt sind (jeweils Industrie). ,,Qualifizierte Arbeit“ besteht hier aus der Leistungsgruppe 1 und ,,nicht qualifizierte Arbeit“ aus den Gruppen 2 und 3. '9 Der Verdienst
umfafit den "Brutto-monatsverdienst", das ist der tariflich vereinbarte Lohn fi'ir effektiv geleisteten Stunden zuziiglich bezahlter Ausfallstunden (Klankheit, Urlaub, Feiettage) und auflertariflicher Leistungs- oder Sozialzulagenzo.
l7 Siehe die ansflihrliche Herleitung in Entorf 1996. 18
Die gleiehe Schfitzgleichung ergibt sich naturlich auch bei einer CES-Produktionsfunktion mit den zwei
Fakloren L und 111' Das hier gewfihlle Vurgehen bietet wegen des allgemeineren Vorgehens zuséltzliche Teshnéglieh eiten. l9 , . . . . . Zlel der Untersuchung Ist, etwaige Verinderungen In der Zusammensetzung des Substlmtlonsprozesses zu untersuchen. Die Unterscheidung in "qualifiziene" und "nicht-qualifizierte" Arbeit erfolgte daher naeh einer Vorunlersuchung der Kategorien. Es wurden jcne Leistungsgruppen zusammengefaflt, die zeitlich ahnliche Entwicklungsverlfiufe aufweisen.
Eine fihnliehe Untergliedenmg fllr Angestellle wird in Entorf 1996 durehgefilhrL Hier unterscheidet man zwischen den Leistungsgruppen ll (Angestellte in verantwartlieher Tatigkeit), III (Angestellte mit Faehkennmissen, aber ohne Vemntwortung fllr die Tatigkeil anderer), IV (gelemle Angestellte ohne eigene Entscheidungsbefugnisse) und V (einfaehe Tatigkeiten. ohne Berufsausbildung). (Eine Leistungsgruppe l ist in den Daten nicht vorhanden).
v—Ihu‘
Enturf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
'
162
Die Daten liegen als vierteljfihrliche Zeitreihen fiir den Zeitraum 1964.11 bis 1991.1V vor. Zur i zusfitzlichen Uberprfifung zyklischer Effekte client der lfo—Auslastungsgrad.
Resultate einer Koimegrationsanabise
Die Schfitzung setzt die Uberprfifimg des Integrationsgrades voraus. Die Ergebgisse zeigen starke Evidenz filr das Vorliegen von integrierten Prozesse der Ordnung 1 (1(1)) . Es gibt keine Anzeichen fiir [(2).
‘
Angesichts der einfaehen Gleichungsstruktm- in (6.6) und wegen der oft schwierig zu interpretierenden Ergebnisse bei Anwendung von Johansens ML-sedur wird hier das zweistufige Verfahren von Engle und Granger (1987) zur Schz'itzung von Kointegrationsbeziehungen angewendet. Tabelle 3 zeigt sowohl die kointegrierenden Gleichungen als auch zugehfirige Fehler-
Korrekturdarstellungen (ECM)22. Die Nullhypothese der Nicht-Kointegration wird fibeipriifi dutch CRDW-, DF- und ADP-Tests. Letztere deuten in allen Ffillen auf das Vorliegen von Kointcgration hin. Die Gfite der ECM-Darstellung wird erfaBt durch die DW-Statistik und durch den standardmfifligen F-Test der Hypothese, dafl alle Regressoren (auBer dei- Konstanten) einen Erkliirungsbeitrag liefern. Tabelle 3 weist die zugehfirige Ablehnungswahrscheinlichkeit P(F) BUS .
Die Relativlfihne als erklfirendc Variablen werden ergéinzt durch Trendpolynome, wobei ein zusiitzlicher im Jahre 1974 einsetzender Trend T74 fiberprfifen soll, ob mit dem Dlpreisschock
eine verfinderte Geschwindigkeit des technologischen Anpassungsprozesses assoziiert ist. R268, R275, und R282 priifen die Hypothese, ob in den Rezessionen der Jahre 1967/68, 1974-1976 und 1981-1986 eine Umschichtung der Erwerbstfitigen stattgefunden hatzs. Die Ergebnisse der (superkonsistenten) langfristigen Kointegrationsgleichlmgen zeigen Substitutionselastizitfiten zwischen qualifizierter und nicht-qualifizierter Arbeit, die in der Niihe der
Cobb-Douglas-Elastizitfit von 1 liegen. Das Trendpolynom deutet auf nicht-neutralen technischen Fortschrirt hin, wobei ab 1974 deutlich mehr nicht-qualifizierte Arbeiter durch qualifiziertere Krélfte ersetzt wurden. Allerdings verlangsamt sich die Substitutionsgeschwindigkeit im Laufe der 80er Jahre wieder, wenn die Rolle des quadratischen Trends berficksichtigt wird. Im Dmchschnitt ergibt sich cine dureh nichtneutralen technischen Fortschritt verursachte
21 Die detaillienen Ergebnisse in Entorf ([996, Tabelle C, Appendix) informieren fiber Dickey-Fuller (DF) und Augmented-Dickey-FuHer-Tests (ADP-Tests). 2 Die t-ce in der statischen Regression sind wegen niehtzutrefl'ender t-Verteilung als deskriptive Statistiken zu 13 verstehen.
“ Genaue Definitionen: R268 ist 1 1111- die Zeit 1967.11 bis 19611.11, R275 ist l filr die Periode 1974.! his 1976.“! and R282 ist l 1111' 1981.11 bis 1986.1V. Die Dummyvarinblen nehmen ansonsten den Wert 0 an.
‘1 Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
163
1 Umstmkturierung von 0.3% pro Quartz], also von ca. 1.2% pro Jal‘u'. Spalte (2) van-fit, daB bis 1974 die Verfindemng nur ca. 0.5% pro Jahr betrug, danach aber 1.7% pro Jahr. Tabelle 3: Substitutionsbeziehungen zwischen qualifizierter und nicht-qualifizierter Arbeit
(l) Erkliirende Variable
(2)
Kointegr. Regression
ECM
logLu f Lq
AlogLu I‘Lq
Kointegr. Regression logLu q
(3) ECM
Kointegr. Regression
ECM
AloghI q
lugLll {Lq
AlogLu ILq
104mm”
-1.09
(2-5)
(2.6)
(4.0)
trend
-0.003
-0.00l
-0.001
(8.06)
(3.4)
(4.0)
R263
-0.003 (6.2) -0.06
0.00004 (4.6) -0.008 (8.0) -0.02
(4.6)
(2.6)
R275
~0.03
-0.02
(3.0)
(24)
R282
-0.05
-0.00
(7-1 )
(0.0)
trend—quardr. T74
-1.08
0.00006 (7.7) -0.0] 0 (9.1)
-1.18
log(DUC)
0.44
(7-5) EG-resid‘I
-0.08
-0.07
-0.40"‘
Alog(Lu {Lq)_,
(1.7) -0.58* (2.4)
(L3) ~0.Sl"‘ (2.1)
(5.4) -0.42* (1.9)
022*
0.19*
A!ig(DUC)_4) Konstame CRDW/DW
0.16 (3.0)
-0.003* (2.0)
0.32
1.89
DF
-3.11*
ADF(4)
-5.34‘r
P(F-Stat.)
0.17 (3.1)
(3 .0) -0.003* (2.1)
0.40““
1.99
-3.32*
(2.9) -0.003* (2.5)
084*
1.88
-5.35*
—4.34*
0.01
-I .81 (6.6)
-5.02*
0.00
0.00
Schfitzzeitraum: 1964.11bis 1991.1V. *) Signifikant bei 5% Irrtumswahrscheinlichkeit. t-Werte in Klammem (Kointegrationsgleichungen: nur deskriptive Information). Rezessionen dienen tatsfichlich der Umstrukturierung der Belegschaft. In den drei erfaliten
Rezessionen wurde das Verhfiltnis von nicht-qualifizierter Arbeit zu qualifizierter Arbeit um 3% bis 6% dezimiert. In Spalte (3) wird zusfitzlich die Kapazitfitsauslastung DUC eingefiihrt. Sic zeigt, daB cine einprozentige Einbufie der Kapazitéitsauslasrung zu einer Einsparung des relativen Antcils der geringer qualifizierten Arbeiter von 0.4% fiihrt. Dermoch verbleiben zusfitzliche EinbuBen von ca. 2% fit die Rezessionen von 1967788 und 1974/76.
164
Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
Die Kapazitfitsauslastung spielt auch eine wichtige Rolle bei der kurzfi'istigen ECM-Anpassung, wobei hier die Kapazitatsauslastung des Voxjahres signifikant ist. was LB. auf eine verzfigerte Anpassung auf Grund der Abwehrreaktion der "Insider", also auf gewerkschafilich organisiertem Widcrstand zurfickzufiihren sein diirfte“. Zusammenfassend lfiBt sich festhallen, daB der technische Fortschritt zum Nachteil der Beschiifiigten mit geringer Qualifikation wirkt. Arbeit hfiherer und niedrigerer Qualifikation dicnen als Substitutezs. Rezessionen fiihren zum Abbau von nicht—qualifizierter Arbeit: Die R0116 der Kapazitiitsauslastung legt den SchluB nahe, daB hohe Turnover-Kosten zum Horten von qualifizierter Arbeit in guten konjunkturellen Zeitcn fiihren, wohingegen Nicht-Fachkréifie schnellcr . entlassen werden. Eine zusfitzliche "C1eaning—Up"-Funktion von Rezessionen wird bestfitigtzé 7. Schluflfolgerungen
ller" Die Messung von "Mismatch'I ist fiir die wirtschaftspolitische Einschfitzung von "strukture ErgebArbcitslosigkeit von grofler Bedeutung. U111 50 enttiiuschender sind die widcrspriichlichen nisse, die sich beim Studium der empirisch orientierten Literatur ergeben.
Probleme Dieser Aufsatz stellt hiiufig verwendete Mismatch-Indikatoren vor und thematisiert Daten zu bei der Umsetzung der theoretischen Konzepte. Es zeigt sich, dafi trendbehaftcte "Schein"-Trends in Mismatch-Indikatoren fiihren kfinnen. Zwei Alternativen werden diskutiert. Zum einen wird ein Indikator fiir qualifikatorischen von Rationie— Mismatch vorgestellt (Sneessens und Shadman-Mehta, 1994), der im Ralunen
ebot rungsmodellen Diskrepanzen in der Zusammensetzung von Arbeitsnachfrage und Arbeitsang Vorbisherigcn der von g Abweichun in n erfaBt. Zum anderen warden Matching-Funktione und gehensweisc mit I-lilfe von Panel-Daten geschfitzt, was cine flexible Endogenisierung Schfitzung der zeitvariablen Matching-Effizienz von Matching-Funktionen erlaubt. In beiden Féillen wird eine deutliche Erhiihung des Mismatch—Niveaus seit den siebziger Jahren sichtbar. Dieses Resultat ist konsistent mit einer mikrofikonometrischen Mobilitfitsanalyse. Demnach geht fiir ausgewiihlte Kohorten mit wohldefinierten soziofikonomischen Charakteristika die
jedoch ist das Ergeb4 Bei den Angestellten (Enlorf, 1996) ergibl sich zwar cine positive Substitutionselastizitfit, Bezflglich der technologienis nicht sehr robust und die Koeffizienten schwanken zwischen 0.5 und 1.5. Einsparung bei den weniger bedingten Umstrukturierung der Belegschafl zeigt sich eine deutlich grfiflere danach. Anders als bei den 2.8% ca, um! 1974 vor Jahr pro 4.4% ca. um zwar qualifizicnen Angestelltcn, und insgesarnt dennoch wcit hdher Arbeitern zeigt sich cine Vcrlangsamung nnch 1974. wobei die Geschwindigkeit die hier unklar ist ist. Ein weiterer Unlerschied liegt in der durch die Dummies erfafiten Rezessionsabhfingigkeit, abet die Rolle des Kunbesliitigt slastung Kapnzitfitsau der vor Koeffizient Der Vorzeichen). (wcchselnde Arbeit, Rezessicms» junkturzyklus: Gute konjunkturelle Phasen filhren m einem Auflmu nicht-qualifizierter phasen zu ihrem Abbau. sgleichungen gewonnenen ' Diese Ergebnisse besliltigen im wesentlichen die dutch Schfltzung van Kostenanteil Ergehnisse auf zwei Ergebnisse von Kugler. Muller und Sheldon (1939). Die Autoren basieren allerdings ihre 1984. his 1970 und 1981 his 1960 Perioden der Datensfitze verschiedenc disaggregierte eine Untersuchung des ‘6 Rezessionzn fiihren auch zur Verringerung dcs Verhfiltnisses ArbeiterlAngestellte, wie zcigt. (1996) Substitutionsprozesses zwischen Arbeitem und Angestellten in Entarf
I
i
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i Entorf, Strukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschlzmd
165
1
Mobilitét in den 80er Jahren deutlich zurfick. Diese Ergebnisse belegen den Bedarf fiil' eine aktive, die Mobilitfitsdefizitc verringemde Arbeitsmarktpolitik, also z.B. nach Umsehulu ngs- und Qualifizierungsmaflnahmen.
Die Analyse des qualifikatorischen Mismatch zeigt zunehmende Strukturprobleme im Bereich nicht-qualifizierter Arbeit auf. Eine Kointegrationsanalyse von relativen Falctomach frageentscheidungen offenbart die technologiseh bedingte Einsparung von Arbcit mit niedriger Qualifikation, die gegen besser qualifizierte Arbeit substituiert wird (bei Arbeitem durchschnittlich 1.2% pro Jahr, bei Angestellten 3-4 Prozent pro Jahr).
Das Problem der strukturellen Arbeitslosigkeit konzentriert sich auf den TeiI der Erwerbspersonen mit schwacher Qualifikation. Wirtsehaflspolitische Empfchlungen gestalten sich aber insbesondere wegen der Konkurrenz durch die Billiglohnlé'mder als schwierig. Eine bessere Ausbildung allein wfirde zwar einige der Arbeitslosen an den Anfang der Warteschlange bringen, abet nicht unbedingt die Hinge der Schlange beeinflussen, wenn nicht Arbeitsplz'itze in international konkurrenzffihigen Bereichen geschaffen werden (siehe dazu Calmfors, 1994). Die - wie die Sché'itzungen dicses Aufsatzes zeigen - positiven Substitutionselastizitéilen legen eine Spreizung der Lohnstruktur nahe, doch es diirfte aussichtslos sein, auf Lohne allein setzen zu wollen. Diese mfifiten dann nfimlich konsequenterweise unter das Auslandsniveau gesenkt werden, was den "sozialen Konsens" in zu starkem Mafia beschneiden wfirde. Andererseits ist eine Abschottung ausléindischer Arbeitskrafte im Rahmen eines liberalisienen europfiischen Binnenmarktes wenig wfinschenswert.
Angesichts dieses Dilemmas sind z.B. die Vorschlfige im Sinne von Dréze, Malinvaud et. al (1994) diskutierbar, die u.a einc Verringerung der Steuerlast bei allen Lfihnen unterhalb des Medians Oder Lohnsubventionen von gering qualifizierter Arbeit vorschlagen. Simulationen in Sneessens und Shadman—Mehta (1994) zeigen, dal3 eine Reduktion der Abgaben auf nicht-qualiflzierte Arbeit in Hfihe von 1% des BIP (bei unverfindertem Budgetdefizit) auf mittlere Sieht 2% mehr Beschéiftigung schafft, was bei einem 30% Anteil von nicht-qualifizicrter Arbeit 6.6% der nicht-qualifizierten Erwerbspersonen bedeuten wfirde. Vorsicht ist bei solchen Maflnahmen dann gebotcn, wenn eine relative Verteuerung der qualifizierten Arbeit den Anreiz der Firmen reduziert, in die Ausbildung der besser qualifizierten Arbeit zu investieren. Wegen des in dieser Arbeit aufgezeigten robusten nicht-neutralen technisehen Fortschritts ist eine solche Gefahr aber genng.
Enturf, Su’ukturelle Arbeitslosigkeit in Deutschland
I66
Appendix Tabelle A: Probitschfitzungen 21.1 Mobilitfitsentscheidung Berufliche Mobilitfit Frauen Minner Variable Konstante
Alter
-3.76 (0.71)
0.082 (0.007)
-3.36 (0.17)
-3.15 (0.27)
0.100 (0.009) 0.034 (0.003) 0.083 (0.010)
-0.0008
-0.0011
-0.0007
-0.0009
(0.00008)
(0.0001)
(0.00009)
(0.0001)
004* (0.03)
-0.06* (0.04)
-0.36 (0.03)
-0.32 (0.04)
Alter-quad.
Wohnen als Bigentilmer
-3.15 (0.27)
Regionale Mobilitfit Frauen Minner
Bruttoeinkommen, Perzentile (Referenz: Kleinste Einkommensklasse), Minuet (Frauen):
0.07 (0.03)
a) 25-45 (22-43)
0.16 (0.03)
b) 46-70 (44-64)
-013 (0.05)
004* (0.05)
-0.06 (0.03)
-0.08 (0.05)
-0.06 (0.03)
-0.1 6 (0.05)
-0.03"' (0.05)
c) 81-89 (65-80)
0.09 (0.04)
-0.l2 (0.05)
0.02" (0.04)
d) 90100 (111.100)
003* (0.05)
-0.15 (0.05)
0.12 (0.05)
002* (0.05)
a) Keiner
0.24 (0.08)
-0.01* (0.10)
-0.32 (0.09)
-0.28* (0.15)
b) Volks— Oder Hauptschule
0.55 (0.05)
0.45 (0.07)
-0.23 (0.05)
-0.11* (0.07)
c) Mittlere Rcife
0.18 (0.05)
0.28 (0.07)
-0.10 (0.05)
007* (0.06)
d) FH—Reife
0.21 (0.07)
0.39 (0.10)
-0.08* (0.07)
016* (0.09)
e) FH-Abschlufl
0.19 (0.06)
0.40 (0.10)
0.29 (0.06)
0.29 (0.10)
-0.28 (0.06)
0.30 (0.09)
0.09” (0.06)
0.18 (0.08)
0.07 (0.03)
003* (0.04)
SchulabschluB (Referenz: Abitur):
f) Uni-Abschlufl
Arbeirsplatupeziflsche Einfliisse:
,,Neue Technologie“
0.10 (0.03)
0.09 (0.04)
(Arbeit mit Computer, PC. EDV-Listen. Video, Terminal. Bildschirm, Film) Arbeitszeit. Std/Woehe
0.008 (0.001) -0.003* (.002) 0.007 (0.001) 0.006 (0.001) ter): Berufliche Stellung, 20 Gruppcn. ausgewiihlte Ergebnisse (Referenz: Facharbei -0.00* (0.04) -0.04* (0.09) 0.43 (0.08) 0.84 (0.04) :1) Un— und angelernte Arbeiter 0.12 (0.09) 0.17 (0.07) 0.21 (0.09) 0.46 (0.06) b) Angestellte mit einfacher T'altigkeit 0.48 (0.18) 0.37 (0.09) 0.44 (0.18) 0.43 (0.09) c) Leitende Angestellte 0.37(0.13) (0.08) 0.26 -0.51 (0.15) d) Beamle im gehobenen ~0.05* (0.08) Dienst
e) Selbstfindige Handwerker
«0.48 (0.09)
0.34 (0.22)
—0.00"‘ (0.08)
-0.00"‘ (0.21)
Sanstige Kontrollvarlablen: ummies (alte Betriebsgrfifle (7 Kategorien). Branchenzugehfirigkeit (41 Sektoren), 11 Regionald Bundtsliinder), 7 Gemeindegrfifienklassen 9066 16790 9053 16759 Anzahl der Beobachtungen
Pseudo-R2
0. 134
0.1 12
0.097
Standardfehler in Klammem, *): insignifikant bei 5% Signifikanmiveau.
0.079
1
r
F
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'
1 Korreferat zum Referat H. Entorf
George Sheldon Entorf behandelt eine arbeitsmarktpolitisch wichtige Frage, indem er untersucht, inwie fem die Mismatch-Arbeitslosigkeit in Deutschland vor dem Hintergrund sich scheinbar widersprechend er Mismatch-Messziffern tatsflchlich angestiege n ist. Mismatch—Arbeitslosigkeit ergibt sich, wie der Name sagt, aus einer Profildiskrepanz zwisc hen Arbeitskréifienachfi‘age und Arbeitskraftean ge-
bot, die den Allokationsprozess auf dem Arbeitsmarkt auflfilt. Lielle sich der Nachweis erbringen, dal} ein Groflteil der Arbeitslos igkeit auf einen Mismatch zurfickfiihren ist, so hitte man
die Gewiflheit, daB MaBnahmen zur Erhiihung der Mobilittit die erfolgsversprechendste Strate gic zur Bekéimpfung der Unterbeschiiftigung wfiren .
Entorf liefert eine originalle Erklfirung fijr den scheinbaren Widerspruch der MismatchIndikatoren: Er sieht die Ursache der Ungereimt heit in einer mtiglichen Nichtstationaritét der den Indikalorberechnungen zugrundeliegenden Zeitreihen. Messziffem, die diesem Bias offenbar nicht ausgesetzt sind und die Entorf als Alter native anbietet, weisen eindeutig auf cinen stcigenden Mismatch bin. Als Ursachen filr den wachsenden Mismatch werden im Papier eine abnehmende Mobilitfit der Arbeitnehmer und ein humankapitalnutzender Bias des technische n Fortschritts ausgemacht.
Am Ansatz von Entorf ist nichts auszusetze n. Der Autor geht sorgfiiltig und methodisch vor, wendct eine Reihe moderner 6konometrisch er Methoden kompetent an und erzielt eine Film: interessanter Ergebnisse. Meine kritischen Beme rkungen beziehen sich vielmehr auf die Interp retation der gewonnenen Resultate bzw. auf die daraus abgeleiteten Schluflfolgerungen. Den Ausgangspunkt der Arbeit bildet die Beobachtung, dafl der Mismatch-Indikator MMl von Jackman/Roper(1987) in einer Vielzahl von Léindem auf einen relativ konstanten regio nalen uncl cinen eindeutig fallenden beruflichen Mismatch hinweist, wohingegen die auf Lambert (1988) zurfickgehende SURE ("structural unem ployment rate at equilibrium") auf einen allgemeincn Anstieg der Mismatch—Arbeitslosigkeit hindeutet. Diese Beobachtung gilt filr eine Reihe von Lz'indem, neben Deutschland - im fibrig en — aueh fiir die Schweizl.
Als Erklfirung fiir die scheinbar widersprii chliche Entwicklung beider Indikatoren verw eist Entorf auf eine mégliche Nichtstationarité lt der teilmarktlichen Zeitreihen, auf die sich diese Masse stfitzen. Er zeigt, daB bei Nichtstatio naritéit MM] gegen null und SURE gege n eins tendiert. Daraus schlieBt er, dall trendbehafiete Daten zu "Schein"-Trends von Mism atch-Indiu-
toren flihren kfinnen.
——___E_ l
Vgl. zu MMI Sheldon (I 993) und zu SURE Stalder (I989).
Sheldon, Korreferat
172
Wamm von "Schein"-Trends die Rede ist, blcibt indes unklar. Was den Indikator SURE anbetriffi, so fiberrascht es nicht, dafl die Allokationseffizienz des Arbeitsmarktes abm'mmt, wenn
sich die teilmfirktlichen Arbeitskréiftcangebote und Arbeitskrfifienachfi'agen stochastisch unabhfingig und ohne das Korrektiv eines Lohnmechanismusses entwickeln. Was 5011 damn als Schein gelten?
1m Hinblick auf den MMl-Indikator ist hingegen anzumerken, dafl im Unterschied zu Seheinkorrelationen, die Wirkungszusammenhfinge bekanntlich vortfiuschen, die steigende Profiliihnlichkeit, die der fallende Wert fiir MMl in den Simulationen anzeigt, keine Tfiuschung darstellt. Die Aussagekraft von MMl bleibt Irotz trendbehafteter Reihen stets gfiltig. Der lndikator gibt an, welcher Anteil der Arbeitslosen bzw. Vakanzen umgeschichtet werden mfiflte, um eine Gleichheit zwischen den relativen Verteilungen von Erwerbslosen und offenen Stellen auf die betrachteten Teilmfirkte herzustellen. Im Unterschied dazu kann man bei einer Scheinkorrelation die gemessene Beziehung m‘cht instrumental einsetzen, um ein bestimmtes Ergebnis zu erzeugen. Nach Aussagen des Modells von Entorf ware ein solches Unterfangen ohnehin miiBig, da sich eine vorhandene Profildiskrepanz unter den von ihm getroffenen Modellannahmen fiber kurz Oder lang von selbst auflfist. Dieses Resultat ist das eigentlich Brisante an seinen Modellergeb— nissen. Es impliziert, dafl arbeitsmarktpolitische Hilfsrnassnahmen fiberflfissig wfiren. Es wfire
deshalb wichtig zu wissen, ob sich bspw. die Zahl der offenen Stellen - was Entorf lediglich an— nimmt - in allen Teilméirkten tatséichlich mit einem einheitlichen Drifl entwickelt. Der spite: im Papier festgestellte humankapitalnutzende Bias des technischen Fortschritts spricht jedenfalls
gegen diese These. M.E. gibt es einen vieI einfacheren Grund dafiir, dafl trendbehafie teilmarktspezifische Reihen zu unterschiedlichen zeitlichen Entwicklungen der von Entorf betrachteten "Mismawh"-Indikatorcn fiihren. Die Ursache liegt schlicht und ergreifend darin, dafl die Indikaxoren Unterschiedliches messen.
MMl miBt die Profilfihnlichkeit zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen. Sie gibt die abso lute Differenz zwischen den relativen Verteilungen von Arbeitslosen und ofi'enen Stellen auf ei~ ner gegebenen Anzahl von Teilmfirkten wieder. Dementsprechend ist die Bezjehung zwischen‘
MM] und dem Ausmafl der Mismatch-Arbei'slosigkeit eng. SURE hingegen gibt die Arbeitslosenquote an, die sich bei einem ausgeglichenen Arbeitsmarkt bzw. bei einer Gleichheit der gesamten Zahl der offcnen Stellen und Arbeitslosen ergibt. Hohe Werte von SURE implizieren, dafl sich cine hohe und gleich grofie Anzahl von Arbeitslosen und offenen Stellen scheinbar unvereinbar gegenfibersteht, was auf eine niedrige Alloka-_ tionseffizienz des Arbeitsmarktes schlieBen lzifit. Eine tiefe Aliokationseffizienz kfinnte zwar eine
Folge hoher Mismatch—Arbeitslosigkeit sein, sie kfinnte aber auch aus einer mangelnden Mal-kttransparenz, einer fehlenden Konjunkturreagibilitfit der Erwerbsqunte, einem fiberzogenen, womfiglich arbeitslosenversicherungsinduzienen Anspruchsverhalten der Marktteilnehmer un
V l
l
Sheldon, Korreferat
173
dergleichen mehr resultieren. Demzufolge lifit sich von der Hfihe von SURE nicht unmittelbar auf das Ausmafi der Mismatch-Arbeitslosigkeit schlieBen. Bel dem von Sneessens und Shadman-Mehta (1994) entwickelten Mal} 1/11, das Entorf als Alternative zu MM] und SURE vorschlz'igt, besteht ebenfalls cin nur indirckter Zusammenhang mit
der Mismatch-Arbeitslosigkeit. Das Mali 1/}; zeigt an, ob Erwerbspersonen ciner bestimmten Merkmalskategorie unter den Beschéiftigten bzw. den Arbeitslosen relativ fiber— Oder untervertreten sind. Bei einer fiberproportionalen Prfisenz unter den Arbeitslosen liegt der Wart des Mafles unter eins, im umgekehrten Fall darflber. Allerdings kfinnen Personen einer gegebenen Merkmalskategorie aus zwei
Griinden unter den
Arbeitslosen fibervertrcten sein: Das Risiko dcr betreffenden Erwerbsp ersonen, in einem gegebe—
nen Zeitraum arbeitslos zu warden, kfinnte fiberdurchschnittlich hoch sein, und/oder die Dauer ihres Verbleibs im Arbeitslosenbestand kiinnte fiberdurchschnittlich lang ausfallen . Nur im zweiten Fall besteht jedoch cine Beziehung zur Mismatch-Arbeitslosigkeit, und zwar in der Hinsicht, daB die Uberwindung von Mismatch-Arbeitslosigkeit Mobilitfitsprozess e erfordett, die erfah— rungsgcmfifi linger ablaufen als bspw. Suchprozessc zur Herstellung Von Markttran sparenzz. Das Mall 1/}; hat demnach eincn noch weniger engen Bezug zur Mismatch-Arbeit slosigkcit. Dali trendbchafiete Zeitreihen auf ganz natflrliche Wcise zu unterschiedlichen Entwicklungen der drei lndikatoren fiihren kfinnen, 15131 sich am folgenden Zahlenb eispiel (Tabelle I) illustric-
ren. Tabelle 1: Zahlenbeispiel Periode
Teilmarkt 1
Teilmarkt 2
U
V
E
1
6
4
95
2
I1
9
1 15
l
Gesamtmaxkt
U
V
E
U
V
E
4
6
95
l0
10
190
9
l1
l 15
20
20
230
In Tabelle ] betrachtcn wir zwei Perioden 0 und 1 sowie zwei hypothetische Tcilmfirkte l
und 2, die zusammen den gesamten Arbeitsmarkt bilden. In beiden Perioden befindct sich der globale Arbeitsmarkt in dem Sinne im Gleichgewicht, dall die Summe der Beschfiftigten (E) und Arbeitslosen (U) der Summe der Beschéiftigten und offenen Stellen (V) entspricht bzw. das Ar-
beitskréifieangebot (E + U) der Arbeitskrfifienachfrage (E + V) gleicht.
Alle Zahlen in der Tabelle nehmen von Periode 0 zu Periode l 211, sind mithin trendbehafiet.
lnfolge dessen stehen sich im Gleichgewicht in Periode 1 mehr offene Stellen und Arbeitslose gcgenfiber als in Periods 0, was fu': einen Rfickgang der Allokationseffizie nz des Arbeitsmarktes
0
‘ So 2.13. Egle (1979, I37 m).
I74
Sheldon, Korret‘
spricht. Andererseits nimmt der Unterschied zwischen den relativen Verteilungen der Arbeitsll sen und offenen Stellen fiber beide Teilmfirkte hinweg ab, was auf einen niedrigeren Grad d‘ Mismatches hinweist. Gleichzeitig bleiben aber die Anteile der Emerbspersonen der beidd Merkmalskategorien 1 und 2 am Bestand der Arbeitslosen bzw. Erwerbstéitigen unverfindert. 4
Diesen Sachverhalt geben die drei betrachteten Indikatoren eindeutig und unverzerrt wieder:
‘
- Im Einklang mit der grfifler gewordenen Ahnliehkeit der relativen Verteilungen von Arbeij losen 11nd offenen Stellen auf die zwei Teilmarkte nimmt der Wen des Mismatch-Indikat
MM] von 0,2 [= {(0,6-0,4) +(0,6-0,4)}/2] auf 0,1 [= {(0,55-0,45) + (0,55-0,45)}/2] ab.
1
- Geméifi der grfifler gewordenen Gleichgewichtsarbeitslosigkeit steigt SURE von 0,05 I 10/(10+190)] auf 0,08 [= 20/(20+230)] an. Nach Gleichung (2.4)'11'11 Papier von Entorf impl ziert dieser Anstieg, dafl p von 13, 86 auf 8,66 mm.
- SchlieBlich bleibt 1111- wie zu erwanen - unverfindert bei 0,99 (Teilmarkt l) bzw. 1, (Teilmarkt 2). Das bedeutet,da13 Erwerbspersonen der Merkmalskategorie 1 unter den 4 beitslosen (Beschfiftigten) fibervertreten (untervertreten) sind. Von "Schein" Oder Widersprueh karm trotz der untersehiedlichen Bewegungsxichtungen xi 1 drei Indikatoren indes kaum die Rede sein. Neben dem Mafl 1/11 empfiehlt Entorf die zeitliche Verschiebung der Konstanten mt der M1 ching-Funktion (4.6) 3.15 geeignetes Mal} zur Messung der Mismatch-Arbeitslosigkeit. Im Grun! entspricht das Mali mt dem Indikator SURE, da beide die allgemeine Allokationseffizienz d1
Arbeitsmarktes messen. SURE tut dies, indem sie die Arbcitslosenquote beim ausgeglichene Arbeitsmarkt berechnet. Die Matching-Funktion hingegen bewerkstelligt dies, indem sie eir Beziehung zwischen den Abgfingen (Vermittlungen) ans den Best‘alnden der Arbeitslosen und (1: offenen Stellen einerseits und den 1—16t derselben Bestfinde andererseits herstellt. Aus der BI standsemeuenmgstheorie ist bekannt, daB das Bindeglied zwisehen Bestands~ und FluBgrfifie die durchschnittliche Verbleibzeit im Bestand bildeta. Demzufolge miBt die zeitliche Verschic b1mg van ml - grob gesprochen - die Ver'fmderung der durchschnittliehen Verbleibzeit (161' A
beitslosen und der offenen Stellen in ihremjeweiligen Bestand im Zeitablauf. Das geschfitzte nu gative Vorzeichen fi'ur mt impliziert folglich, daB die Vennittlungsdauer von Arbeitslosen und 0 fenen Stellen trendmfiflig zunahm, was filr cine abnehmendc Allokationseffizienz spricht. De! entsprechend erbringen Schiitzungen von SURE und mt fiir Deutschland das qualitativ gleiol
Ergebnis.
‘
Allerdings geben weder SURE noch mt AufschluB daruber, welcher Faktor fiir ihxe Verfinci
rung verantwortlich 1st. Um'1m Hinblick auf 1111t diesbeziigliche Informationen zu erhalten, ersq Entorf die Trendvariable fi'u' mt dutch eine Reihe potentialler Erklfimngsgrfifien. Bin sale
3
111 1:1a Bestandsgleichgewicht gilt Bestand = Strom - durehschnittliche Dauer. Vgl. hierzu bspw. Rica: (1
29).
i-
r.
175
Sheldon, Koneferat
1
Vorgehen, obwohl naheliegend, ist nicht unproblematisch: Da die ersetzte Variable definitionsgemfifi trendbehafiet ist, dfirfie jede trennende Variable die Trendentwicklung der Aliokationseffizienz statistiseh erklfiren kfinnen. Verfiihrt man, wie Entorf, trotzdem 50, wire es im Hinblick
auf die im Vordergrund stehende Fragestellung nfitzlich, auch Mismatch-Indikatoren im engeren Sinne (MMl, MMZ) als Ersatzvariablen in die Schfitzgleichung aufzunehmen. Dal} Entorf dies nicht tut, ist verstéindlich. da er solche Indikatoren fur verzerrt halt. Angesichts des negativen Trends von MMl und MM2 we're ohnehin nicht zu erwarten, dafl sie den trendmfifligen Anstieg der Allokationsineffizienz auf dem Arbeitsmarkt erklfiren kiinnten.
Es sei noch angemerkt, daB der positive Einflufl, den Entorf von der ailgemeinen Hfihe der Arbeitslosigkeit auf die Zahl cler Vermittlungen erwartet (FuBnote 7), nicht notwendigerweise als Zeichcn von "thick market externalities" zu werten ist. 1m Gegenteil: Wie die bekannte Bcziehung zwischen Bestand, Strom und durchschnit’clicher Dauer zeigt, kann die Zahl der Vermitt—
lungen zunehmen und trotzdem die durehschnittliche Dauer einer Arbeitsvermittlung steigen, d.h. die Allokalionseffizienz des Arbeilsmarktes sinken, wenn - wie in vielen Lindem zu beo‘b-
aehten ist4 - das Niveau der Arbeitslosigkeit relativ stiirker ansteigt als die durchschnittliche Verbleibdauer.
In einem weiteren Schritt prfift Entorf, ob eine gesunkene Mobilitfitsbereitschafl‘ der Arbeitnehmer als Erkléirung fflr die nach Ansicht des Autors gestiegene Mismatch-Arbeitslosigkcit dienen kann. Ais Datenbasis stehen ihm drei Quersehnitte aus den Jahren 1979, 1985/86 und 1991/92 zur Verfligung. Leider bieten diese Daten allerdings cine denkbar ungflnstige Grundlage
fiir eine solche Untersuchung:
- Zum einen geben die Zahlen lediglich an, ob eine Befragte irgendwann in der Vergangenheit einen oder mehrere Berufs- bzw. Wohnortwechsel vollzog. Zudem geht der Zeitpunkt eines allf‘zilligen Kategorienwechsels aus den Daten nieht hervor. Folglich lessen sich die Verfinde— rungen der Mobilitfitshc‘iufigkei! im Zeitablauf kaum nachzeichnen.
- Ferner bescbxeiben die Daten das Merkmalsprofil der Befragten zurn Zeitpunkt der Querschnittserhebung, d.h. zu einern Zeitpunkt nach einem ailf‘filligen Berufs- bzw. Wohnortwech— sei. Infolgedessen kiinnen - bis auf das Alter, das Geschlecht und den Schulabschlufl - alle er-
hobenen persfinlichen Merkmale zugleich Ursache als auch Foige eines Mobilitiitsentscheids sein (Endogenitéitsproblem).
e-
- Angaben fiber die Personen bzw. die herrschenden Umstia'nde zum Zeitpunkt einer Mobilitfitsentscheidung fehlen im Datensatz. Demzufolge lassen sich Aussagen betreffend die Mobilitfitsbereitschafi, verstanden als die Reagibilitfit von Personen auf variierende Mobilitfitsanreize, auf der Basis der vorhandenen Daten kaum treffen.
16,
Vgl. Sheldon (1993, 99) fur die Schweiz und Abowd (1994, 1317) fili- andere Lander. Dabei ist zu beachten, dass die durchsehnittliche Dnuer dem Kehrwert der mittleren Abgangsrate in etwa entspricht. Auf letztere beziehen sich die hier genannten Arbeiten.
176
Sheldon, Korreferat
- Ein beruflicher oder regionaler Kategorienraster, an welchen sich ein Mobilitfitsfall objektiv messen liefie, wurcle bei der Befragung nicht angewandt. Vielmehr batten die Befragten selbst
zu entschciden, ob sic in der Vergangenheit jemals cinen Berufs— bzw. Wohnortwechsel vollzogen hanen. 1m Hinblick auf den Wohnortwechsel ist die Selbsteinschatzung velmutlich unproblematisch. Aber bezfiglich der beruflichen Mobilitfit kann sich die Selbstdeklarierung als
sehr subjektiv erweisens. Da in Zeiten starken technologischen Wandels die individuelle . Wahrnehmung eines Berufswechsels - weil zunehmend alltfiglich — vermutlich abnimmt, bestehl die Mo'glichkeit, daB gemessene Rfickgfingc selbstempfundener Mobilitfit lediglich Veriinderungen subjektiver Einstellungen erfassen. Trotz dieser ungfinstigen Voraussetzungen lassen die Daten immerhin erkennen, dafl ein deutlich grfiflerer Anteil der Personen, die 1979 befragt wurden, einen Oder mehrere Berufswechsel wahrgenommen hat als bei den Befragungen 1985/86 bzw. 1991/92. Hinsichtlich der regiona-
ien Mobilitéit werdcn neben den drei Querschnitten offensichtlich auch andere Datenquellen herangezogen. Diese weisen ebenfalls auf einen Rfickgang der erlebten Mobilitéit hin. Aber ohne
Angaben fiber den Zeitpunkt der Wechsel und das Ausmafi von Mehrfachwechseln bleibt auch hier ungewifl, ob die Zahl der Mobilitfitsifille pro Periode, d.h. die Mobilitfitshfiufigkeit - von Mobilitfitsbereitschafi ganz zu sohweigen - tatséichlich abgenommen hat. Die drei Querschnitte lassen im Hinblick auf eine tiefer gehende empirische Analyse lediglich einen Inter— oder lntrakohortenvergleich zu. Entorf bcschrfinkt sich auf einen Interkohortenvergleich. Dabei versucht er, mit Hilfe einer Probitschfitzung fiir mogliche Unterschiede in der
Zusammensetzung (Struktureffekt) dcr verglichenen Geburtskohorten zu kontrollieren. 1m Hinblick auf die Frage nach den Ursachen eines angeblichen gestiegenen Mismatches ist die Probitschfitzung wenig informativ, da es in diesem Zusammenhang zweitrangig ist, ob cine rfickgéingi— ge Mobilitiit auf eine verinderte Zusammensetzung nachrfickender Kohorten zurtickzufiihren ist: ‘ Am AusmaB der Mobilitfit bzw. des verbleibenden Mismatches findert dies nichts. Zudern eignen sich die moisten persfinlichen Merkmale ohnehin nicht als Kontrollvariablen, da sie endogen,
d.h. ein Ergebnis des Kategorienwechsels sein kfirmen. Ihre Berficksichtigung fiihrt lediglich dazu, dafl die verbleibenden kohortenspezifischcn Mobilitfitsunterschiede durch den Verlust an Freiheitsgraden statistisch insignifikant werden (vgl. Tabelle 5 und 6 bei Entorf). Es bleibt also letztlich ungewiB, ob nachrflckende Generationen tatséichlich weniger mobil sind.
Sieht man von der mangelnden Schfitzprllzision eimnal ab und stfltzt man sich nur auf die Punktschfitzungen, so ist dennoch zu konstatieren, dafl jungere Generationen scheinbar lediglich in beruflicher Hinsicht immobiler sind. Angesichts des gemfifl MMl abnehmenden beruflichen Mismatches (vgl. Schaubild I bei Entorfl, ist eine abnehmende berufliche Mobilitéit der Arbeitnehmer jedoch nur folgerichtig. lnfolgedessen erscheint das veréinderte Ausmafi der Mobiltfit
S
Evidenz dafflr, dass selblsempfundene Berufswechsel von dutch Dritten gemessenen stark abweiehen kfinnen, prisentiert Sheldon (1985, 113 ff.).
Sheldon, Konefemt
177
l nicht - wie Entorf nahelegt - als Ursache, sondem vielmehr als Folge der veréinderten Héhe der Mismatch-Arbeitslosigkeit.
Auf der Basis des MaBes 1/11 stellt Entorf ferner fest (Schaubild 4), daB Ungelernte unter den Arbeitslosen fibervertreten sind. Als Erkliirung verweist er auf den von ihm ermittelten humankapitalnutzenden Bias des technischen Fortschritts. Um den Folgen des Bias entgegenzutreten, empfiehlt Entorf Maflnahmen, die auf eine Verinderung der relativen LohnkOSten zum Vorteil niedrig qualifizierter Arbeit bzw. zum Nachteil hiiher qualifizierter Arbeit hinwirken. Eine solche Empfehlung ist indes nicht unproblcmatisch. Zum einen ist darauf hinzuweisen, dafi andere, von Entorf beachtete 6konometrische Unter-
suchungen der Substitutionsbeziehungen zwischen Produktionsfaktoren in Deutschland feststel1e11, dafl Sachkapital und Humankapital komplementéir zueinander stehen, was Entorf nicht fiberpn‘jfi. Bei einer Komplementiirbeziehung zwischcn Sach— 11nd Humankapital hitte cine Lohnkostenpolitik zum Nachteil von Humankapital eine hemmende Wirkung auf Investitionen. Zum a11deren ist darauf zu verweisen, daB der von Entorf ermittelte humankapitalnutzende Bias des technischen Fortschritts zugleich die Faktorpreisabhfingigkeit der Geschwindigkeit des techni-
schen Fortschritts miBt. Demzufolge wfirde die von Entorf propagierte Lohnpolitik auch den technischen Fortschritt verlangsamen, da sie den infoige des Bias verstéirkt nachgefragten Produktionsfaktor Humankapital relativ verteuern wflrde. Die Folge beider Wirkungen wiire eine
Vcrlangsamung der Entwickiung der Arbeitsproduktivitéit in Deutschland und damit ein Ruckgang der intemationalen Wettbewerbsflihigkeit seiner Wirtschafi.
Vor diesem Hintergrund dfirfien Qualifizierungsmaflnahmen die erfolgsversprechendere Arbeitsmarktpolitik darstellen. Sie wfirden das Angebot an hfiher qualifizierter Arbeit erhfihen und ihren relativen Preis dadurch senken. Aufgrund der Komplementiiritiitsbeziehung zwischcn Human— und Sachkapital und infolge der Faktorpreisabhfingigkeit der Rate des technischen Fortschritts héitte eine solche Politik den Vorteil, die Arbeitsmarktchancen der vom Bias des techni-
schen Wandels Betroffenen zu heben, ohne jedoch die internationale Konkurrenzfdhigkeil Deutschlands zu schwiichen.
Dies zeigt sich, wenn man die Kostenfunktiun (6.1) unter Einschluss eines Tenns fill- den technologische n Stand nach letzterem ableitet. Vg] hierzu Jnrgenson (I986).
178
Sheldon, Korrefemt
Literati] nemeichnil
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1 Gewerksehaftsverhalten und Arbeitslosigkeit
Referat von Klaus Jaeger 1. Einige einleitende and abgrenzende Bemerkungen Angesichts der doch reeht unterschiedlichen institutionallen Gegcbenheiten und Zielsetzungen der Gewerkschafien in den westlichen Industriegesellschafien sind allgemeingiiltige Erkléirungs— versuche fiber die Interdependenzen von Gewerkschaftsverhalten und Arbeitslosigkeit einerseits nut sehr eingeschréinkt erfolgreich und andererseits auf dem begrenzt zur Verfiigung stehenden Raum kaum erschfipfend mfiglich. Deshalb werden die folgenden Uberlegungen auf Deutsehland und dart wegen der doch sehr auflergewdhnlichen Situation im Osten im wesentlichen auf WestDeutschland (alte Bundeslfinder) eingeengt.
Da weiterhin der technologische Wendel ebenso wie die Auswirkungen des internationalen Wettbewerbs auf die Arbeitslosigkeit thematische Schwerptmkte anderer Rein-age in diesem Band sind (vgl. die Beitrfige van N. Blattner und H. Hesse), konzentrieren sich die weiteren Ausfiihrungen - zumindest im theoretischen Teil - ausschliefllich auf die kurze bis mittlere Frist einer geschlossenen Volkswirtschaft. Schon aus diesen Grfinden sind die Ergebnisse und Scldufi— folgerungen mit gewissen Vorbehalten zu versehen. Die Gewerkschaften sind in Deutschland eine gesellschafiliche (lntermesenJGl-uppierung mit
einem nieht unerheblichen politisehen Einflufi. lnsofern kfinnte die gestellte Thematik auch unter der sehr weit gefaflten Fragestellung abgehandelt warden: Inwiefem und auf welche Weise
beeinflussen die Gewerkschafien einerseits fiber den parteipolitisehen Willensbildungsprozefi die Gesetzgebung reSp. das allgemeine wirtschafispolitische Handeln der Eiffentlichen Hand in Deutschland und damit wiederum die Arbeitslosigkeit und welche Rfickwirkungen ergeben sich andererseits von einer Verfinderung der Arbeitslosigkeit auf die in dieser Weise sehr weitgefaflten gewerkschaftlichen Aktivitéiten'? Ein soleher Inehr polit-(‘ikonomischer Ansatz wird hier nicht verfolgt (vgl. dazu den Beitrag von G. Kirchgfissner in diesem Band). Vielmehr steht im Mittelpunkt der folgenden Uberlegungen die Frags naeh den Interdependenzen zwischen gewerksehafilichen Aktionsparametem, die die Lolmfindung unmittelba:
bestimmten
beelnflussen, und der Arbeitslosigkeit. Die diesbeziigliche Realitéit in Deutschland ist dutch einige simple Tatbestfinde gekenn-
zeichnet: — Lfihne (ob real oder nominal) werden nicht von den Gewerksehafien diktiert, sondem in Verhandlungen zwischen Arbeitgeberverbéinden (Firmen) 11nd Gewerkschafien festgelegt. Damit scheidet der sog. Monopol-Ansatz als theoretischer Erklfirungsversuch aus. Relevant kann -
Wenn fiberhaupt - nur der sog. "Verhandlungsansatz" ("wage—bargain") in seinen unterschjedlichen Ausprfigungen sein. Impliziert ist damit nattlrlieh, dafl eine einseitige Schuldzuweisung ("Gewerksehaften verursachen durch fiberzogene Lfihne hohe und eventuell sugar steigende
Arbeitslosigkeit") im wesentlichen an der Realitfit vorbeigeht.
180
Jaeger, Gewerkschaflsverhalten und Arbeitslosigkeit
— In Deutschland wird (noch) nicht in breitem Umfang auch fiber die Beschfifligung verhandelt. Damit scheiden ebenfalls die sog. "efficient-bargain" Ansfitze, bei denen Lohnsatz and ‘ Beschafiigung in Verhandlungen festgelegt wen-den, aus der Betrachtung aus. Wegen der Kompetenz der Firmen, die Beschfiftigung weitgehend naeh ihren Vorstellungen zu gestalten, verbleiben die sog. "right-to-manage" Anstitze als theoretisehe tnbildungsmodelle. — Dureh die in Deutschland (bisher noch) weitgehend fibliche Praxis, ausgehandelte Tariflfihne als allgemein verbindlieh zu erklé'rcn, sind alle Versuche, einen mfigliehen GewerkschafiseinfluB auf die Arbeitslosigkeit durch eine direkte vergleichende (theoretische wie empirische) Analyse, z.B. der Besehfifiigungsentwicklung oder Arbeitslosemate in (Starker) gewerkschaft— lich und nicht oder nu: gering gewerkschaftlich organisierten Sektoren der Wirtschaft auf-
zeigen zu wollen, zum Scheitem vemrteilt. Anders in den USA und England, we entsprechende Untersuchungen zu dem Ergebnis kommen, dais die Besehfifiigungsentwicklung in gewerk5chaftlich organisierten Wirtschaftssektoren im Vergleieh zu nicht oder nur gering organisierten zwisehen 2-4 Prozentpunkten p.21. niedriger liegt (Blanchflower/Millward/ Oswald (1989) fiir England) bzw. die Arbeitslosenrate um 1% hfiher ausfeillt (Freemanl
Medoff (1984) fiir die USA) Oder die Beschfiftigungswahrscheinlichkeit bei einer 10%igen Erhfihung des gewerkschaftliehen Organisationsgrades um 0,2% sinkt (Montgomery (1989) En die USA). Schliefllieh ermitteln Layard/Nickell (1986) fiir England, dafl die Differenz (mark up) der Lohnsfitze zwischen gewerkschafilich und nicht gewerkschaftlich organisierten
Wirtschaftsbereichen mit ungefaihr 2 Prozentpunkten zum Gesamtanstieg der Arbeitslosenrate irn Umfang von 10 Prozentpunkten zwischen 1967-74 and 1980-83 beigetragen hat. Abgesehen davon. dafl bei einem solchen Ansatz die Interdependenzen zwischen den beiden Wirtschaflsbereichen explizit analysiert warden mflflten, stellt Bean (1994) dazu lapidar fest, daB es nach der Entmachtung der Gewerksehnften durch die Thatcher Regienmg keinen signifikant gfinstigeren Effekt auf Beschéiftigung und (Differenz der) Lohnsfitze in England gegeben babe. Alles in allem sind dies vergleichsweise geringfilgige und letztlich wenig fiberzeugende Ergebnisse. Hinzu kommt, daB frfihere empirische Analysen auch bezfiglich England und den USA keine eindeutige Evidenz fi'n eine gewerkschafilich verursachte hohe Arbeitslosigkeit liefem (Oswald (1988), Freeman (1988), Blanchflower/Millward (1988)). — Ein Aktionsparameter der Gewerkschaften kfinnte der Zentralisierungsgrad der Lohnverhand- i lungen sein. Abgesehen davon, dafl es in Deutsehland in dieser Hinsieht in der Vergangenheit ‘ kaum Verfinderungen gegeben hat, kommen Fitzenberger/Franz (1994) in einer vergleichenden Studie von Deutschland und 6 weiteren EG-Léindem zn dem Ergebnis, dafl der Zena-alisierungsgrad zumindest im Zeitraum 1963/65 - 88/89 in keinern Land - insbesondcrc auch in Deutschland nicht - einen spezifischen Einflufl auf die (sektoralen) Waehstumsraten der Lohnsfitze (und damit eventuell auf die Arbeitslosenquote) ausgefibt hat.
Nach diesen Vorbemerkungen scheint es fiir Deutschland legitim zu sein, sieh bei den folgenden Uberlegungen zux Thematik auf die gewerkschafilichen Aktionsparameter: Lohn, Arbeitszeit, Arbeitszeitflexibilisierung, Form and Parameter der gewerksehaftliehen Zielfunktion, Mit-
gliedemahl/Organisationsgrad sowie Strategic (Sheik, Warnstreik, Dienst naeh Vorschrift etc.)
r
H i
Jaeger, Gewerkschaflsverhalten und Arbeitslosigkeit
181
im Rahmen einer weitgehend einheitlich gewerkschaftiich durchorganisierten Wirtschafi mit tarifvern'aglich festgelegten Mindestlfihnen 211 konzentrieren. (Offimngs- und Héirteklauseln gelten in. W. vereinzeit nur fiir die neuen Bundeslfinder, sind umstritten und nur unter strengen Auflagen sowie Uberwindung hoher bfirokratischer Hemnmisse durehsetzbar). Auf Fragen der
(sektoralen) Lohndifferenzierung und Lohnflexibilisienmg wird kurz im Abschnitt fiber einige empirische Befunde eingegangen. Festzuhalten bleibt, dafl bei dem hier simivolierweise gewfihlten Verhandlungsansatz nicht
F
11111 die Lohnséitze, sondem auch die Arbeitslosenquote als endogene Grfiflen von allen exogenen Parametem der gewerkschafilichen Zielfimktion, den firmenspezifischen Profitfimktionen and
i
denjenigen der gesamtwirtschaftlichen Nachfragefunktion abhfingen. Das weitere Vorgehen ist wie folgt gegliedert. [m nichsten 2. Abschnitt wird die Preis-
gleiehung dargestellt, und im 3. Abschnitt wird die Lohngleiehung mit unterschiedlichen Parameterkonstellationen der gewerkschaftliehen Zieifunktion abgeleitct. Gesamtwirtschaftliehe Betrachtungen werden im 4. Abschnitt angestellt. 1111 5. Abschnitt wird ein altemativer Ansatz diskutiert und versucht, die Lohndrift resp. die Lohnspanne theoretisch zu erkléiren sowie ihnlich wie im 4. Abschnitt - die Auswirkungen verschiedener gewerkschafilicher Aktions— parameter zu analysieren. Im 6. Abschnitt werden einige empirische Befunde zu: Thematik referielt. Zusammenfassende Schlufibemerkungen sind im 7. Abschnitt dargesteilt.
2. Die Preisgleichung (Preis-Beschiiftigungsfunktion).
In der betrachteten Winschafi tritt eine grfiflere Zahl Q symmetrischer Untemehmen als AIbeitsnaehfrager auf (McDonald/Soiow (1981), Nickel] (1990), Layarlickell/Jackman (1991) Manning (1993), Bean (1994)), die als Monopolisten auf verschiedenen Absatzméirkten mit jeweils identischen Nachfiagefiinktionen konfrontiert sind. Die Produktionstechnologie der i-ten Firma. (i=1” ,-,.. .,Q)
sei
der
Einfachheit
halber
dutch
eine
Cobb-Douglas
Funktion
Y =(Ti'N)“(K51 oLbeschrieben. (Y :=Output; N :=Beschéifiigung;KI:=(rexogener) Kapitaleinsatz; T :=exogener erbeitsvennehrender technischer Niveaufaktor). Die fmnenspezifische Nachfrage— fimktion sei +lP/P=P (Y,Y/Y+) mit P [0 sowie P :=firmenspezifischer Preis; P: =Preis—
niveau; Y/‘YJr :=gesamtwirtschafilicher Auslastungsgrad; Y+ :=(TL)aKl agesamtwirtschaftlicher Kapazitfitsoutput mit L,K,T:=gesamtwirtschaftliches (exogenes) Albeits-, Kapitalangebot, technologisches Niveau; Y=Y(M1’P,I):= gesamtwirtschafiliehe Nachfrage mit Y],Y2>0 and M/P:=reale Geldmenge; Iz=fiskalpolitischer (Naehfrage-)Indikator. Der firmenSpezifisch zu zahlende (Nominal-)Lohnsatz sei Wi+=Wi(1+S) mit S.=prozentuale Abgabenbeiastutlig 1111:! W': =Nettolohnsatz. Die firmenspezifische Preiselastizitfit der Nachfi'age sei 11) (>1) und H :=¢|1 i1/011- l)>1. Die Maximierung des Gewinns Gi (mit YiPi:=Ri(') Erliis der i—ten Firma)
(1)
G=Y:'iP/P-wl+NilP= =RH,1,(TNKi,Y.+-iY)/PW +i=N/P~«iiG(W +,i/PN,i,i,,,+KTM/PIY)
182
Jaeger, Gewerkschafisverhalten und Arbeitslosigkeit ‘
bezfiglich Ni liefert dann bei Konstanz von ¢i
(2)
(1(Ki/TiNi)1'mPifP=HiWi+/P'l"i
i
Im symetrischen Gleichgewicht gilt: Pi=P, wi+=w+, Ti=T, QNi=N und H‘=H. Somit liiflt sich (2) in log-linearisierter Form wie folgt schreiben (Kleinbuchstaben sind Logarithmen):
(3)
n-k=const.+a0(p-w+-h)+a0t
a0:=ll(1-a)
Der gesamtwirtschaflliche Auslasmngsgrad YIY+ ist log-linearisicrt dutch y-y+=u(n-l)‘ gegeben. Unterstellt man mit Layard/NickelllJackman (1991) eine Abhfingigkeit der Preiselastizitiit (I: vom Auslastungsgrad derart, daB h=ho-h](y-y+)=h0-ah](n-l) ist (h10 (hl0
Die Gleichungen (3) und (4) sind ihrer Struktur nach (sehr einfache) gesamtwirtschafiliche
Albeitsnachfragefunktionen. Definiert man die (log) Arbeitslosenquote als u:=l-n, dann lassen sick (3) und (4) - aufgelfist
nach p—wJr - als sog. Preisgleichungcn oder Preis-Besehfifiigungsfimktionen wie folgt schreiben:
p-W+=p-w-s=const.-(l-a.)u+h-t—(1-u.)(k-l)
(3') bzw.
(4')
p-w+=p-w-s=const.-(l-aohlaxl-(x)u-t-(]-ot)(k-I)
wobei in (3') bzw. (4') iog(1+S)=s gesetzt wurde. Der Unterschied zwischen (3') und (4') liegt faktisch nu: in den verschiedenai'tigen Koeffizienlen von u.
Ist h1>0(1(m-p)+(D2i-[a(l+t)+(l-a)k]
Mittels der Gleichung (5) und einer der Gleichungen (3') Oder (4') k6nnen von den drei endogenen Variablen p, u und w+ (resp. w) zwei bestimmt warden. Trotz der extremen Vereinfachungen Iassen sich aus diesem Ansatz einige Schluflfolgemngen ziehen, die mutatis
mutandis auch fiir komplexere Versionen zulreffen (ieweils fiir konstantes Arbeitsangebot 1):
a) Solange sich die Firmen auf ihren Arbeitsmarkmachfragekurven befinden, fiihren ceteris paribus expansive geld- undloder fiskalpolitische Maflnahmen zu einem Abbau der Arbeits-
losigkeit (Reduktion von u) nur bei sinkendem ReallohnsatZ. Eine solche inverse Beziehung
l Jaeger, Gewerkschafisverhalten und Arheitslosigkeit
183
zwischen Reallohnsatz nnd Besehiiftigung wird durch empirische Untersuchungen gestfitzt. Bean (1994) stellt dazu lapidar fest, dafi es saga: schwierig sei, flit OECD-Lfinder bei korrekter Spezifikation [wine solche negative Relation zu ermitteln. Natfirlich ergeben sich dabei dutch eventuelle t— und k-Veriinderungen (technischer Fortschritt und Kapitalakkmnulation) ebenso wie durch Anderungen des Monopolisierungsgrades entspreehende Modifikationen. b) Solange die Preise flexibel sind, fiihrt cine (z.B. durch erhiihte "Militanz" der Gewerkschaften bewirkte) Erhfihung des Nominallohnsatzes ceteris paribus wegen dc: Reduktion der realen Geldmenge in komparativ-statischer Betrachnmg zu einem Anstieg der Arbeitslosenquote und des Reallohnsatzes (and vice versa).
Die Punkte a) mid b) sind Implikationen einer klassischen Unterbesehfiftigung. c) Sind Preisniveau und Lohnsatz exogen gegeben, kfinnen in (3') resp. (4') oder (5) Ungleieh—
heitszeichen auflreten. Gelten in (3') resp. (4') Grfilfierzeichen (p-W+=p-W—S>) und in (5) ein Gleichheitszeichen, handelt es sich um keynesianische Unterbeschfifiigung (nachfrage-
restringiertes "Gleichgewicht"), die durch Erhéihung det exogenen Nachfragekomponenten m nnd/ oder i reduziert werden kb‘nnte. Nominallohnéinderungen haben in dieser Situation
(natfirlich) keinen Beschfifiigungseffekt. Arbeitslosigkeit bei zurllckgestauter Inflation liegt entsprechend vor, wenn in (3') resp. (4') Gleichheitszeichen und in (5) ein Kleineizeichen (-au=y~y+0 Pcrsistenz, bei a12=0.a13>0 Hysteresis und bei a12>0,a]3=0 cine Art PhillipsKurveneffekt (p-u Beziehung bei gegebenem w+) vor. Die Gleichung (6), die zusammen mit einer Erwartungsbildungshypothese aber meist ohne
die Variablen t und k-l in empirisehen Untersuchungen, die nicht nur eine Lohnfunktion schéit— zen, verwendet wird (Layardickell/Jackman (1991)) und die Gleichung (5) sowie die im folgenden zu diskutierende Lohngleiehung oder Lohn-Besch’ciftigungsfunktion bilden das Gesamtmodel], in dem dann die Interdependenzen von Gewerksehaftsverhalten und Unterbeschiifiigung analysiert werden kfinnen.
3. Die Lohngleichung (Lobn—Beschiiftigungsfunktion). Das im folgenden dargestellte Modell, in dem die (reprisentative) Firma i mil: der Gewerksehaft bzw. deren Vertreter fiber den (nominalen) Nettolohn verhandelt und die Finna die Besehéiftigung ihrer Zielfunktion entsprechend festlegt, ist Grundlage einer ganzen Reihe neuerer theoretiseher wie empirischer Untersuehungen (McDonald (1989), Layard/Bean (1989), Nickell (1990),
Nickell/Wadhwam' (1990), Layard/Nickellr‘laekman (1991), Creedy/McDonald (1991), Mdller (1992), Manning (1993)). Der Ansatz ist zwar vergleichsweise allgemein und beinhaltet damit
eine ganze Reihc in der Literatur abgehandelter Spezialfiille, doch selbstversténdlieh nicht alle. Gleichwohl wird er von Blanehflower/OswaldJGan'et (1990) als neues "Konscnsmodell" bezeiehnet. Bei alien Ubereinstimrnungen ist aber die Frage nach der "riehtigen" gewerkschaftliChen Nutzenfunktion keineswegs abschlieflend beantwortet. 1m allgemeinen wird unterstellt, dafi
Jaeger, Gewerkschaflsverhalten 11nd Arbeitslosigkeit
186
die Gewerkschaft den Erwartungsnutzcn eines reprfisentativen Mitglieds maximiert, wobei fiir verschiedene Varianten entscheidend ist, ob sic im Interesse alle: Beschéifligten oder nut im lnteresse ihrer (beschfifiigten) Mitglieder handelt. 1m letzten Fall handelt es sich urn den sog. [—0(Insider-Outsider)—Ansatz, der selbst wiederum in unterschiedlichen Varianten in der Literatur diskutiert wird (Nickell (1990), McDonald (1989), (1991), Greedy/McDonald (1991)). Unterstellt wird zunachst im folgenden eine im Vergleich zu Mfiller (1992) 11nd Manning (1993) etwas modifizierte Version2 einer fiir einperiodige Lohnverhandlungen geltende intertemporale gewerkschaftliche Nutzenfunktion der Art
ri=Min[1,(NixNi_1)‘](vi-va)
(7)
05151
mit Viz=MaB fiir den Wert eines Arbeitsplatzes in der Firma i; Vaz=MaB in: den Wert einer Alternative auflerhalb der Firma i. Fur Vl sei unterstellt:
V'=W‘/P+aE1q+11v+1)“+(1-q+.)v+11
(8)
mit 6:=Diskontfaktor; E:=Erwartungsoperator; q+lz=WahrscheinlichkeiL daB ein heute in der i-
ten Firma Beschfifiigter in der Folgeperiode (Periode +1) arbeitslos wird; (V+l)":=Mal3 filr den Wert einer Arbeitslosigkeit'1n der Folgeperiode; V+1 :=MaB fi'n' den Wert einer anderweitigen Beschh'f'tigung (aulierhalb der Firma i) in der Folgeperiode (VH: —(V+1)-(W+1)/P+1+W+1/P+]
wobei W der Lohnsatz bei anderweitiger Beschiifiigung ist). Weiterhin gilt:
Vu=AlP+5E[x+l(V+1)u+(l-x+1)V+1]
(9)
mit: A:=Lohnersatzleistung (AN _1
sehreiben, wobei r:=Beschéifiigungswahrseheinlichkeit fiir die laufende Periode eines (gewerk— sehaftlich organisienen) Arbeiters - eines "Insiders" - in der Firma i und NIez=die fiir die laufende Periode (nach den Lohnverhandlungen) erwarlete Beschéiftigung in der Firma i bezeiehnen. Werden anstehende Entlassungen wiederum nach einer Zufallsauswahl vorgenommen, dann
gibt die gewerkschafliiche Zielfunktion (11) den erwarteten intertemporalen Nutzen eines reprfisentativen Mitglieds an.
Die indifferenzkurven der Zielfunktion (7) (analog die von (11)) sind 1m WII/P-N -Diagramm gelknickt: Fiir N N _1 sind sie waagerecht, da filr die Gewerksehafi die laufende Beschfifiigungswahrscheinlichkeit keine Rolle mehr Spielt. Damit lassen sich die folgenden Varianten des I-O-Ansatzes in die Ziclfimktionen (7) resp. (11) hineininterpretieren: 3.) Das''normale" lnsider-Modell, bei dem- wie oben beschrieben- die identisehen Insider die
g1eiche(zufl:illige) Entlassungswahrseheinlichkeithaben (NINi_1 in (7) oder dem "Insider dominierten" Ansatz, welcher auch bei Verwendung von (1 l) mit r=l folgt. Weiterhin ist aus (13) zu ersehen, daB aus gewerkschaftli-
cher Sicht cine Beeinflussung des ausgehandelten Reallohnsatzes "nur" fiber cine Anderung der Grfifle C erfolgen kann. Hierzu stehen bei gegebenem EN und 56 direkt ausschlielllieh die Parameter 1 und B zur Verfiigung. Auf der polit-fikonomischen Ebene konnten natfirlich auch S
und Va beeinfluBt werden. Die weitere Diskussion der Gleichung (I3) kann auf' zumindest drei verschiedene Alter] weitergcfiihrt werden:
:1) Der in der Literatur am weitesten verbreitete Ansatz ist der atemporale, d.h. 8:0. Setzt man unter dieser Bedingung (9) in (10) und dcs Resultat zusammen mit (8) in (13) ein, erhfilt man unter der Symmetrie-Bedingung W'=W, V1=Vz
(14)
W/P=C(l—z)[C(l-z)—1]'lA/P mit:C(]-z)>l
Aus (13) um] (14) folgt - nicht fiberraschend - 5(W/P)/5l3>0, 5(W/P)/8-r0 11nd
5(WlP)/SS1 ist das Vorzeiehen van B a priori unbestim tzquote F wird c.p. eher B>((0 fiir alle Perioden unterstellt. Eine fiberschlfi (H=11); B=0,5 und zeigt, dafl dies nicht ganz unrealistisch ist. Fiir Wene von: 12:1; u=0,7; ¢=1,1 weitere Restriktion S=0,3 erhéilt man z.B. C=3.42. B>0 folgt darm fiir F=0,6 und z>0,27. Die zu beaehten, dafl die C(l-z)>1 erfordert z0 reagiett w-p in (22) negativ auf log6_‘ sowie e_1 uncl positiv auf 10324 bzw. issigung eines Beachtung dcr erwh'hnten Abhfingigkeiten der Grime logz und unter Vemachli mfiglichen Einflusses von 11 auf EG erhfilt man dann D(w-p) = c0nst.-log5_l-b4ologt_1+b4llog1 -b4zs_l+b43s-
(23)
-b44Du_1-b45u_l+b46logB_l-b47logfl WachsDie Koeffizienten b44 und 1345 geben den Effekt von Du_1 resp. u_1 fiber z_i auf die die 3 keinen, enquote tumsrate des Reallohns an. Bei Konstanz von [3 haben die laufende Arbeitslos positiven Einverzbgcrte einen negativen sowie die zweifach verzfigerte Arbeitsloscnquote einen der von ihm . einer in u.a. flufl auf D(w-p)7. Ein solcher Zusammenhang wird von Mfiller (1992) ist fiir Deutschland im Zeitraum 1965-1991 getesteten Variante empirisch ermittelt. Zu beachten folgt: (23) ans [5 iii: nten Determina jedoch femer, dafl bei Berficksichtigung der genannten (24)
D(w-p) = consl.-log5_1-b4ologt_l+b4llogt-b4zs_]+b43s-(b44+b51)Du,1-
“(1345’rbu)“-1+b53Du+bs4u+bssmg-1'bsemg resp. ‘ Die Koeffizienten 1351 his 1’56 geben in (24) den Einflufl der endogenisicrten Gn'ifle B_1 . I5 auf D(w—p) an. Aus (24) is: ersichtlich, (i) (11:13 selbst bei mg_l=mg der gewerkschafiliche Orga1 und s wie iihnlich nisationsgrad keinen eindeutigen Effekt auf D(w—p) ausilbt (b55-b562((0 unterstellt. 1m fibrigen gelte wie bisher b600). Bezfiglich der Arbeitslosenquole zeigen (l6) und (28) qualitativ identische Effekte, d.h. in beiden Fiilien wirken u negativ und u_] positiv auf w—p, mit der Konsequenz. dafi z.B. ein An-
stieg von 11 kurzl‘ristig cinen stia'rkeren (negativen) Einflufl auf den Reallohn ausiibt als langfri-
Jaeger, Gewerkschafisverhalten und Arbeitslosigkeit
194
stig. Bei Konstanz von [3 Sim! in (23) Oder (24) ganz iihnliche Zusammenhfinge rcsp. Vomichenmuster feststellbar - dort jedoch bezfiglich der jeweils um zwei weitere Perioden verzfigerten Arbeitslosenquote (u_2, u.3), wenn (w-p)_1 als zusfitzlicher Regressor berficksichtigt wird. Dies: Persistenzen resultieren also - wie gezeigt - keineswegs ausschlieBlich aus dem l—O—Ansatz. Sie sind vielmehr vergleichsweise einfach aus LB. nicht ganz unplausiblen Annahmen bezilglich der Wiederbeschfifiigungswahrscheinlichkeit gegenwirtig Arbeitsloser ableitbar. Andere Ursachen wie physischer Kapitalmangel undloder Theorien fiber Humankapital sind natfirlich gleichfalls
denkbar, in dem hier zu behandelnden Zusammenhang jedoch weniger relevant. Als weiteres Ergebnis lia'flt sich bei einern Vergleich von (16) und (27) festhalten, dafl eine Variation von 1
qualitativ den gleichen Einflufl auf w-p ausiibt wie eine der Zahl der Insider bzw. cine der um eine Periode velzfigerten Arbeitslosenquote. Analoges gilt fi‘u' die Griifien s, 11: und [3 in (16) und (27) resp. (28). Wegen der in (28) zusfitzlich enthaltenen Variablen 1:v-pe sowie t. die in (16) resp. (23) oder (24) nu: durch Zusatzannahmen integriert bzw. explizit gemaeht warden kfinnten, wer-
den diese Variante in der folgenden Analyse nicht betrachtet. 4. Einige makrotheoretische Zusammenhfinge
Die Gleichungen (5), (6) und (28) stellen das bier zu diskutierende (sch: einfache) Gesamtmodell in den Variablen p, w und u dar. Bezflglich pe lassen sich verschiedene Hypothesen integrieren. Bci rationalen Erwartungen kann p-pe natilrlich dutch den Zufallsterm 5 substituiert werden mit der Konsequenz, (13113 n aus (6) um] (28) bestimmbar wird und (5) "nur" noch das Preisniveau festlegt. Alternativ kfinnte unterstellt werden, dafl die Inflationsrate einem random walk folgt
(Dp=Dp_] plus Zufallsvariable) und daB das erwartete Preisniveau dann dutch pe=p_1+Dp_1 gegeben ist. In diesem Fall gilt: p-pe=D2p, d.h. Preisfiberraschungen sind gleichbedeutend mit Inflationsverdnderungen. Solche nicht modell-konsistenten (nicht rationalen) Erwartungen werden in einigen empirischen Analysen verwendet (z..B. Layardickell/Jackman (1991)), um das
Ausmafl eventueller nominaler (im Gegensatz zu realen) Preis-(Lohn-)Trfigheiten ode: -Rigiditfi-
ten als Ursache der Arbeitslosigkeit zu testen. Aus (6) und (28) folgt zunéichst fiir die Arbeitslosenquote (29)
u=C0nSt./eo+eolU_1+60210gfl+e031T+8045'eos(p-pe)+eoél‘eo'7k mit: 80 [i=(b62+b65+313)/60( o ,a(1)> 0.
Hicrbei ist W ein Reservationslohn. a beschreibt einen Aufschlag auf diesen Reservationslohn, der mit der Hfihe des Beschéifiigungsgrades zunimmt und bei Vollbeschéifiigung positiv ist.
In der folgenden Abbildung sind die beiden Gleichungen als Beziehungen zwischen Reallohn W/P und Beschflfiigungsrate b=NlND abgetragen. Die Kurve der Preisgleichung gibt an, welchen Reallohn eine reprisentative Untemehmung mit ihrer Preispolitik bei einer bestimmten Beschfif-
tigungsrate durchsetzen mijchte, wean Arbeitsangebot, Kapitalangebot uud Aufschlagssatz gege- ‘ ben sind. Ware der Aufschlagssatz “=0, so wfirde die Kurve der Grenzproduktivitfit der Arbeit f‘(bna) entsprechen. Fiir “>0 ist der Reallohn bei jedem Beschfifligungsgrad niedriger. Die Lohn— kurve der Gleichung (WfP) gibt an, welchen Reallohn ein reprisentativer Arbeitnehmer bei alternativen Beschiiftigungsraten durchsetzen mfichte. lm klassischen Makromodell ohne Marktunvollkommenheiten ergéibe sich als Gleichgewichtslfisung Vollbcschafiigung bei der Beschfifiigungsrate 13:1 und beim Reallohn WIP=f(na).
Dagegen wird hier unterstellt, daB sich cine Gleichgewichtsrate der Beschfiftigung b*=(NlNa)* ,
im Schnittpunkt von Preis- und Lohnkurve ergibt, und dafl dabei die Inkonsistcnzbedingung ([K)
W + «1(1) >
Nb) 1+ p.
gilt. Lohn- und Prcisgleichung sind nur konsistent im Reallohn-Gleichgewicht (WP)*, das durch die Gleichung
(WP)"
(W/P)* = W +a(b*) =
f' (b * 110) 1+“.
Vagt, Malcrofikonomische Modellbildung
24!
1 Abbildung l ‘
W/P
2 |
(WIP)*
bestimmt ist. Dabei ist b*1 die mngliche Grundlage eines Inflationsprozesses: Wei] das Preisniveau unterschfitzt worden ist, kfinnle man auf die Idee kommen, die Erwartung nach oben zu konigieren. Aber cine solche adaptive Erwartungsbildung pant nicht
in das Konzept einer Theorie rationaler Erwartungen, in der "irn Durchschnitt" PIEP=1 gilt. Das Ergebnis ist, daB man dutch unerwartete Datenéinderungen zwar aus dem RealiohnGleichgewicht herauskommt. Die monetfire Nachfrage kann Beschfifiigungsfinderungen in gleiCher Richtung nach sich ziehen und so etwas wie "Inflationsliicken" erzeugen. Aber daraus ergibt sich auch bei hoher Beschiifiigung keine akzelerierende Inflation. Femer handelt es sich nur um
vorfibergehende Abweichungen vom Gleiehgewicht, weil rationale Erwammgen die Entwiok»
lung immer wieder dorthin zurl'ickziehen. Ffir einen dauerhaften EinfluB der monetfiren Naehfrage auf die Beschéifiigung brfiuchte man stark autokon'elierte Schocks (z.B. einen random walk) in den Daten. Dar-nit ist man abet wieder beim alten Problem der Gleichgewichtsanalyse: Man fiihrt empirisch beobachtbare Beschfifiigungssehwankungen auf regelmfiflige Bewegungen der Daten zun’lck, die man selbst nicht erklfiren kann.
Es ist fiblich, diese Uberlegungen an log-linemen Modellen zu demonstrieren. Diese erlauben cine einfache Berechnung Von Erwanungswerten. Sie haben auBerdem die angenehme Eigenschafl, dafl bei Abwesenheit von Schocks die Gleichgewichtswerte der Variablen ihren Erwar-
252
Vogt, Makrofikonumische Modellbildun;
tungswerten entsprechen. Dies ist in nicht~linearen Modeller: im allgerneinen nicht der Fall. Don kr'innte z.B. gelten, daB im Reallohn-nGleichgewicht ohne Sehocks sowohl Beschfifiigungsrate als auch Preisniveau hfiher sind als ihre Erwartungswertelz. Man kfinnte untersuchen, welche Folgen ein solches Erwartungsungleiehgewicht fiir Besehéiftigung und Preisniveau hatte - wiirde
sieh damit LB. ein Inflationsprozefi im Reallohn—Gleichgewicht begrfinden lassen? Vor einer solchen Untersuchung ist es aber sinnvoll zu bedenken, dafl die Bildung rationaler Erwartungen in einem nieht—linearen Modell eine sehr komplexe und aufwendige Angelegenheit ist. Die entsprechenden "Optimierungskosten" kiinnten rationale Individuen veranlassen, sieh mit
adaptiven Erwartungen zu begnfigen. Welche Konsequenzen dies fiir die Entwicklung von Beschflftigung und Preisniveau innerhalb und auflerhalb des Reallohn-GleichgeMchts him, is! kaum untersueht”. 3.3 Nominellc als Folgc von realen Rigiditiiten In der Literatur ist mehrfach gezeigt worden, daB reale Rigiditfiten nominelle Rigiditfiten zur Folge haben kiinnen (Einen guten zusammenfassenden Uberblick bietet Andersen 1994). In einer neuen Umersuchung dieser These wird z.B. nachgewiesen, dafi eine Monopolgewerkschaft ihren
Geldlohn bei Unsicherheit unter Umstéinden nicht voll an Sehwankungen des Preisniveaus anpaBt, so dafl zu der von ihr verursachten Reallohn-Rigiditéit eine nominelle Rigiditfit , hinzukommt (Bénassy 1995). Die ldee liBt sich mit I-lilfe des hier verwendeten Makmrnodells skizzieren (Bénassy argumentiert in dem fibliehen log-linemen Mode-ll). Es wird dem bekannten Muster folgend unterstellt, dafl die Preisgleichung (P/W) (bei Bénassy als Wettbewerbs— gleichung, d.h. mit LIFO) dureh Technologieschocks und die Geldgleiehung (M) dutch
Geldschocks gestfirt wird. Die Gewerkschafien, die den Geldlohn festsetzen, kfinnen diese Schoeks nieht identifizieren und deshalb den Lohn nicht darauf konditionieren. Sie kiinnen aber das Preisniveau beobaehten und den Lohn davon abhéingig maeherr. Dafi‘rr verwenden sie die folgende Lohnfunktion:
W_[ +fl if“? "m EPD
P
Dabei ergibt sich EWO und EPu aus der Preis- und Geldgleichung fiir das VollbesehfiftigungsGleichgewieht b=1. Die Gewerkschafien gehen also zunfichst von dem Reallohn aus, der sich
'2 Fur y=y"+(p—Ep) und [Fm-y2 folgt: Ey = Ey*, aber Ep - El'n-Ey2 = Em-(Ey*)2-Vary.
Die Kurven y=Ey*+(p-Ep) und p=Em-y2 sehneiden sich rechts oberhalb von (Ep,Ey*).
‘3 SethilFranke (1995) beschafiigen sich mit der Frage, warm as fllr lndividuen rational sein kann, auf die kostspie— lige Berechnung rationaler Erwartungsgleichgewichte zu verzichten und sich stattdessen auf adaptive Erwartungen zu stutzen. Sic zeigen, deli es in einer Okonomie ein evolutionfires Gieichgewicht geben kann. in dem ein Teil der lndividuen rationale, ein anderer adaptive Erwartungen bilder. Erstere kfinnen uberleben, weil sic ihre Optimierungskusten durch bessere Prognosen decken kbrmen, letztere, weil sie keine Optimiemngs— kosten haben. Im Gleiehgewicht sind die Nettoertrfige beider Typen gleich.
Vogt, Makrobkonomisehe Modellbildung l
253
unter Wettbewerbsbedingungen bei Vollbeschaftigung ergeben wfirde. Auf diesen Reallohn wiihlen sie einen Aufschlag co. Dazu kommt ein Korrekturfaktor 6 fiir den Fall, dafl das Preisniveau
vom Erwartungswert bei Vollbeschiiftigung abweicht. Der Aufschlagssatz a) und der Korrekturfaktor 6 werden so festgesetzt, dafl eine gewerkschaftliche Zielfimktion maximiert wird, bei BENASSY der Erwartungswert der realen Lohnsumme (in Logarithmen). Dabei zeigt sich, daB
unter bestirnrnten Bedingungen 6b* realisiert warden ist? Bei dieser Besehéiftigung kann der Giitermarkt im Gleichgewicht scin, denn das entsprechende Angebot sehafft sich seine Nachfrage (Saysches Gesetz). Der Zinssalz bringt Kapitalangebot und -nachfrage ins Gleichgewicht. Die Art der Lohnbildung verhindert (wie bei allen anderen
Beschfiftigungsraten), dafl sich auf dem Arbeitsmarkt irgend etwas bewegt. Warum sollten die Wirtschaftssubjektc dann b* crwarten, wenn doch l5 auf allen Mh'rkten bestfitigt wird? Das Problem ist die Inkonsistenz dcr Lohn- und Preisbildung bei b¢b*. Da die Preisgleichung (P/W)
und die Lohngleichung (W/P) fiir b>b* nicht gleichzeitig gelten kijnnen. kann die Konsistenz der
Prcis- und Lolmbildung nur dutch falsche Erwartungen fiber Preise oder Liihne wicder hergestcllt Worden. Anstelle der Lohngleichung (W/P) gilt dann z.B. die Lohngleichung (W/EP), in der die vcreinbarten Lfihne vorn erwarteten Preisnivcau EP abhfingen. Aus (P/W) 11nd (W/EP) folgt: i P/EP )
w + (1(b) EP
P = (1+P) “— f'(bno)
.
Vogt, Makrotikonomische Modellbiidunfi
254
Ffir S>b* impliziert dies P>EP. Wenn die Buchafiigung hfiher ist als irn Reallohn-Gleichge— wieht, darm wird die jeweilige Hfihe des Preisniveaus systematisch unterschatzt. Die Wirtschafis- ' ‘ subjekte sind nicht mehr in der Lage, das Preisniveau richtig zu prognostizieren, weil dieses durch jede Prognose systematisch so beeinfluflt wird, dall es von ihr abweicht. Wenn fiir cine rationale Prognose keine Gleichgewichtslésung zur Verfiigung steht, reduzicn sich die verwendbare Information auf die Erfahrung fiber die bisherige Entwicklung. In dieser Situation ist es rational, adaptive Erwartungen zu bilden. Die allgemeine Form der adaptiven Erwar‘
tungsbildung lautet:
(EP)
dEP/dt = MP—EP) bzw.
dEP / dt EP =
P E- I],
wobei 1 sin positiver Anpassungsparameter ist. Fiir B>b* ist P/EP>1 , somit steigt die erwartete ‘ und mit ihr die tatsachliche Inflationsrate. Da letztere stfindig unterschiitzt wird, werden die Wittsehafissubjekte ihre Erwartungen nach oben korrigieren, d.h. den Parameter It heraufsetzen. Dadurch ergibt sich eine akzelerierende Inflation. Das entspricht der bekannten Analyse von Friedman (1968), in der gezeigt wurde, dafi man mit einer zunehmenden Inflation rochnen muB,‘ wenn man cine "zu hohe" Beschaftigungsrate anstrebt. I-Iier ist nun allerdings die Geldgleichung (M) 211 beachten, die einen Zusammenhang zwischen der Beschfiftigungsrate und der Realkasse beschreibt. Sie zeigt, dafl die Beschfiftigungsrate E beibehalten werden kann, wenn sich die Geldmenge an alle Verfinderungen des Preisniveaus so anpaBt, dafl die Realkasse konstant bleibt Da sich fiir F>b* ein Inflationsprozefl ergibt, mfifite
also die Geldrnenge entsprechend ausgedehnt werden. Das ware gewfihrleistet bei einem vollkomrnen elastischen Geldangebot, das sich der monetfiren Nachfrage jederzeit anpaflt, entweder weil sich das Geldangebot ohnedies endogcn entwickelt, oder weil die monetaren [nstanzen eine akkomodierende Geldpolitik betreiben. Wiihrend eine solche Geldpolitik im Model] von Friedman als irrational erscheinen muBte, weil sic Beschaftigungsraten ilber dem Gleichgewicht bei Vollbeschfiftigung zu stabilisieren suchte, ist sie viel eher verstandlich, wenn sic dazu bei-
triigt eine unfreiwillige Arbeitslosigkeit zu veningern. Die Erfahrung zeigt jedenfalls, dall Inflationsprozesse nicht immer sofort unterbrochen, sondem unter Umstétnden auch [angere Zeit
toleriert warden. Eine Beschafligungsrate b>b* k6nnte unter dieser Bedingung als ein temporares Beschafiigungs-Gleichgewicht betrachtet warden, das eine gewisse Persistenz bwitz't und das deshalb von den Wirtschafissubjekten anch emartct wird, obwohl es mit Inflation verbunden ist. 2. Aber wfirde eine solche Inflation nicht automatisch zu einer Reduktion der Beschfiftigung ffihren, bis das Reallohn-Gleichgewicht wieder en'eicht ist? In dem bisher unterstellten Modell monopolistiseher Konkurrenz ist das in der Tat zu erwarten. Die Lohnbildung kann hier zutref fend mit der Lohngleichung (WIEP) beschriebcn werden, weil sich die Lohnvereinbarungen : Preisniveau orientieren, das sich erst aus dem gesamtwirtschaftlichen Prozefl der Lohn- un
Preisbildung ergibt. Die Preisbildung kann dutch die Preisgleichung (P/W) wiedergegeben wer den. Dabei bezeichnet W die Lohnkosten der jeweiligen Unternehmung, auf' welche diese mi
Vogt. Mahookonmnische Modellbildung
255
ihrer Preissetzung reagiert. Sie orientiert sich dabei an der Nachfrage m: ihr Produkt, die durch die oben schon eingefilhrte Nachfragefimktion
d = d(p)y , d(1)=1, d'EP ist. Dies ist so
zu verstehen, dafl jede Untemehmung ihren Preis fiber das erwartete Preisniveau anhebt. Aus (Ed) folgt damn d < y. Das bedeutet, daB jede Untemehmung weniger produziert als der Nachfrage entsprfiche, die sieh bei der 211 d gehfirenden Beschfiftigung ergibt, also bei B weniger als 7. Dadurch sinkt aber die Beschafiigungsrate unter F ab. Dieser ProzeB setzt sieh fort, solange P>EP ist, d.h. solange b>b* ist. (Dabei ist vorausgesetzt, daB M/P weiterhin endogen an die jeweils herrschende Beschfiflgungshohe angepaflt wird). Bei rationalen Erwartungen und ohne Anpassungskosten wiirde man sogar sofort in das Reallohn—Gleichgewicht springen. Das hiefle aber, dafl man ein stabiles Beschéiftigungs-Gleichgewicht anBerhalb des Reallohn-Gleich—
gewichts doch nicht begn‘inden kfinnte.
4. Besehfiftignngs-Gleichgewichte auflerhalb des ReaI}alln-Gleiehgewiclltsl4 4.1 Korrekte Preiserwartungen und Lohninflatian
1. Die eben geschilderte Instabilitat eines Beschfifijgungs-Gleichgewichts bei b>b* ergab sich daraus, dafl die Inkonsistenz der Lohn- und Preisgleiehung dutch P>EP behoben wurde. Der destabilisiereinde Efl'ekt wiirde nicht auftreten, wenn das Preisniveau korrelct erwartet werden
wijrde, also EP=P wire. Es ist klar, daB auBerhalb vom Reallohn-Gleiehgewicht Lfihne und Preise nicht gleichzeitig korrekt erwartet werden kfinnen, weil Preis- und Lohngleichung nut in diesem Gleichgewicht konsistent sind. Bei der eben dargestellten Uberlegung war vorausgesetzt worden, dafl die Lohnerwartungen richtig sind, die Preiserwartungen infolgedessen nicht. Das Argument war, daB sich die Untemehmungen bei ihrer Preisbildung an den tatséichlich zu zahlenden Liihnen orientieren kfinnen. Stattdessen kann man auch annehmen, daB sich die
Preisbildung auf erwartete Lohne stfitzt, also die Preisgleichung (PIW) dutch
‘4 Genauere Darstellungen der folgenden Uberlegungen finden sich in Vogt ([995: und b). Eine wiehtige Alter—
native fllr die Begrundung multipler Beschafiigungs—Gleichgewichte, die hier nicht verfolgl wird, liefert die Theorie von Such- und Nachfrageextemalitfiten, siehe z.B. llling (I992).
256
'
(PIEW)
Vogt, Makrobkonomische Modellbildung “xx
p = (”NEX—
«lml
ersetzt wird. Wenn alle das gleiche Lohnniveau emanen, ist EP=P. Gleichzcitig hangt die Lohnbildung gemiiB (W/EP) von EP ab. Wenn alle das gleiche Preisniveau erwarten, ist auch EW=W. Korrekte Erwartungen beider Variabler konnen aber bei einer Beschiiftigung auBerhalb des RealIohn-Gleichgewichts nicht auftreten, weil die beiden Gleichungen inkonsistent sind. Wenn beide Erwartungen falseh sind, dann ist es aueh die Preiserwartung, und damit ist man wieder im eben schon geschilderten Fall. Es ist deshalb zu fiberlegen, ob die Preiserwartung richtig, die Lohnerwartung abet falsch sein kénnte. In diesem Falle ergabe sich aus (W/EP)
( W/EW )
v—v+a(b) w= ( 1+ u) —— f'lbno) EW,
und fur b>b* will-dc W>EW folgcn. Die lnkonsistenz wfirde sich nun also darin ausdrflcken, dafl zwar das Preisniveau richtig erwartet, abet das Lohnniveau stats untersehatzt wird. Diese Fehleinsch'atzung ware nicht korrigierbar; denn die Lohne werden gerade so gebildet, daB sie bei
'
jedem geschiitzten Lohnniveau von diesem abweichen. Wenn keine konsistente Lfisung existien, auf die sich rationale Erwartungen richten konnten, ist es rational, bei den Lohnerwartungen die
bisherigen Erfahrungen heranzuziehen, also adaptive Erwartungen zu bilden. Die allgemeine Regel dafiir Iautet:
(EW)
w d’t— w 1], dEW/dt=5(w-EW)bzw.9E— EW ‘E_w“
wobei 8 der entsprechende Anpassungsparameter ist. Bei W>EW folgl, daB das erwartete Lohnniveau steigt, mit ihm auch das tatsz‘ichliche Lohnniveau und damit ebenfalls das Preisniveau
(unabhéingig davon, ob die Preisgleichung (P/W) oder (P/EW) Iautet). Da das tatsiichliche Lohnniveau standig systematisch unterschatzt wird, werden die Wirtschafissubjektc versuchen, ihre
Erwartungen nach oben zu korrigieren. Dies driickt sich in einem Ansticg dcs Anpassungsparameters 8 aus, der eine akzelerierende Inflation zur Folge hat.
Die alternative Hypothese findert also nichts an der Feststellung, dafi bei einer Beschfifti-
gungsrate E>b* oberhalb des Reallohn-Gleichgewichts eine steigende Inflation zu erwarten ist. Dagegen entkriiftet sie den Einwand, daB eine solche Besehaftigungsrate instabi] ware, weil sich nun bei P=EP gemfiB (Ed) d=37 ergibt, d.h. die Untemehmungen aufgrund ihres Nachfrage-
kalkflls an der Beschfiftigung F festhalten. Die falschen Lohnprognosen iindern daran nichts. 2. Die entseheidende Frage ist somit, ob und wie sich start der Hypothese W=EW, die P>EP im-
piiziert. die alternative Hypothese P=EP mit W>EW begrijnden liiflt. [m ersten Fall geht man davon nus, dafl die Wirtschaftssubjekte ihre Lohn- und Preisentscheidungen in jeder Periode in erster Linie am erwarteten gesamtwirtschafilichen Preisniveau EP orientieren. Das gilt vor allem
aueh fih‘ die Lohnbildung. so (1213 von der Lohngleichung (W/EP) auszugehen ist. Auf der Grund-
lage der so gebildeten Lfihne werden die Preise festgesetzt, die dann ebenfalls von EP abhfingig
“
*l Vogt, Makrofikonomische Modellbildung
257
l
sind, so dafl (P/EP) gilt. Da das gesamtwirtschaftliche Preisniveau einheitlich in Htihe von EP etwartet wird, kann man das Lohnniveau, das sich daran orientiert, erschlieflen, so dafi W=EW ist.
Aber wegen der vorgegebenen Preiserwarnmg EP ist P¢EP méglich. Bei der altemativen Hypothese geht man dagegen davon ans, dafl die Wirtschaftssubjekte ihre Entscheidungen in jeder Periode in erster Linie am crwarteten gesamtwirtschaftlichen Lohnniveau EW orientieren. Das gilt vor allem f'ur die Preisbildung, so daB man von der Preisgleichung (P/EW) ausgehen mufi. Die Lohnbildung ihrerseits orientiert sich an diesen Preisen, so (1213 (W/EW) gilt. Da das gesamtwirt— schaftliche Lohnniveau einheitlich in Hijhe von EW erwartet wird, kann man das Preisniveau,
das davon abhfingt, korrekt erschlicflen, so dall P=EP angenornmen werden karm. Aber wegen der vorgegebenen Lohnerwartung ist nun W¢EW mfiglich.
Es gibt offensichtlich keinen logisch zwingenden Grund die eine oder andere Hypothese zu bevorzugen1 sondern nur Plausibilitfiten. Im Modell monopolistischer Konkun‘enz erscheint die erste Hypothese plausibel: Da Geldlfilme vom erwarteten Preisniveau bestimmt werden, gilt dies
aueh ffir die Preise. Die alternative Hypothese erscheint plausibel, wenn sich die Untemehmungen bei ihrer Preisbildung nicht an ihren eigenen Lohnkosten, sondem an den erwarteten gesamtwinschafilichen Lohnkosten ausrichten. Dann hangt das Preisniveau von den erwarteten Liihnen ab. und das gilt dann auch f'L'lr die Lohnbildung selbst, weil diese sich am Preisniveau orienliert. 4.2 Preisbildung im beschriinkten Monopol Nach diesen Uberlegungen liegt der Schlfissel fiir ein Verstfindnis wichtiger makrofikonomischer Prozesse in der Armahme der Preisgleichung (P/EW), die zusammen mit der Lohngleichung die
Beziehung (W/EW) und damit die Mfiglichkeit WaéEW impliziert. Wie lfiBt sich (P/EW) mikrofikonomisch begrfinden?
Die Preisgleichung (P/EW) unterstellt, daB Untemehmungen ihre Preise in erster Linie an den Kosten von bereits vorhandenen oder potentiallen Konkurrenten orientieren. Das entspricht in der Tat auch verbreiteten empirisehen Beobachtungen. Unternehmungen pflegen Kostensteigerungen erst zu fiberwéilzen, wenn das Kostenniveau allgemein steigt. Sie sichern dadurch ihren
Markt gegen mfigliche Konkurrenten ab, die in der Lage waren, das gleiehe Produkt oder doch ein sehr enges Substitut herzustellen. Insofem erscheint ein Model] mit potentieller Konkurrenz ffir das jeweilige Produkt eher angebracht als das heute vorwiegend verwendete Model] der
monopolislischen Konkurrenz. Eine extreme Annahme in dieser Richtung wflre vollkommener Wettbewerb odcr perfektc Wettbewerbsflihigkeit (contestability). Diese wflrde allerdings (ebenso wic ein Chamberlin-Gleichgewicht bei monopolistischer Konkurrenz) Nullprofite implizieren. Dagegen spricht, daB eine solche Form der Konkurrenz empirisch kaum belegbar erscheint. Sie wflrde auflerdem Lohnverhandlungen ausschliefien, die sich gerade auf einc Urnverteilung von
Unternchmungsgewinnen richten. Schlielllich gibt es gute Begrfindungen fiir die Annahme, dafl sich Untcmehmungen durch spezifische [nvestitionen einen eigenen Markt fi'u' ihr Produkt auf— bauen und dadurch cine gewisse Monopolmacht gewinnen kfinnen. Potentielle Konkurrenten
258
Vogt, Makrofikonomische Modellbil
bleiben dcm Markt fern, weil sie nur mit entspreehenden Investitionen konkurrenzfllhig wilten, diese abet bei einem Konkurrenzkampf mit etablierten Untemehmungen nicht mehr amortisieren kiinnten. Abe: dadurch wird potentialle Konkurrenz nicht viillig ausgesehlossen, sondem nut solche zu gleiehen Bedingungen. Spezifisehe Investitionen sind im allgemeinen keine notwendige Voraussetzung fib- die Herstellung eines bestimmten Produkts, sie bieten dafiir nu: die
kostengilnstigste Mfiglichkeit . Das schlieBt nicht aus, dafl sie aueh zur Produktion anderer Pmdukte verwendet werden kfinnen, fiir die sie allerdings nicht so kostengiinstig sind. Mit ihren spezifischen Anlagen kfinnte cine Unternehmung bei Inkaufnalnne entsprechender Wettbewerbs— nachteile grundsiitzlich aueh fi‘ir andere Ma'airkte produzieren, olme irreversible Investitionen tfitigen zu miissen. Natfirlich wird sie es vorziehen, ihren eigenen Markt zu beliefem, fiir den sie
am effizientesten produziert. Sie wfirde fiir einen anderen Markt dann und nur dann zuséitzlich produzieren, wenn sie dort einen Preis erzielen k6nnte, der mindestens ihre zuslitzlichen Kosten
deckt Dureh diese Kosten wird dann abet fiir die spezialisierte Untemehmung ein Grenzpreis (limit price) definiert, den sie nicht fiberschreiten kann ohne ihren eigenen Mal-kt zu geféihrden. Da dieser Grenzpreis fiber ihren eigenen Kosten liegt, gewfihrleistet er eine gewisse Monopolrente, die dureh potentielle Konkunenz nicht tangiert wird. Man kann diese Marktform, in der
Unternehmungen in gewissen Grenzen var potentieller Konkurrenz geschfitzt sind, als
beschrdnktes Monapol bezeichnen'S. 4.3 Preise, Llihne und Nachfrage
In der Preisgleichung (P/W), die sich aus dem Model! der monopolistischen Konkurrenz ergibt, wird cler Preis durch einen Aufschlag p auf die Kosten W/f‘ des monopolistischen Anbieters gebildet. Ein durch potentielle Konkurrenz beschriinktcr Monopolist setzt standessen seinen Preis in Abhfingigkeit von der Hfihe der emaneten Kosten potentieller Konkurrenten fest, also p=(l+p)E(Wff‘). Dabei bezeichnet p nun nicht mehr die Elastizitéit der Nachfrage, sondem die relative Kostendifi‘erenz zur potentiellen Konkurrenz und damit den relativen Monopolvorsprung der Spezialisierten Unternehmung. Wenn im Modell identischer Unternehmungen fiberell die gleiche Arbeitsintensitfit N/K gewfihlt wird, kann f‘(N/K) als allgemein bekannt vorausgesetzt warden. Dann ergibt sieh als Preis des beschrfinkten Monopols der Ausdruek (1+p)EW/i‘, und damit die Preisgleichung (P/EW). EW ist hierbei das erwartete Lohnnivcau bei potentiellen
Konkurrenten oder allgemein das erwartete gesamtwirtschafiliche Lol'mniveau.
Damil ist der Preis unabhlingig von den eigenen Kosten der Untemehmung, so dafl innerhalb gewisser Grenzen eine Entkoppelung der Bachfiftigung von der Kostenenmicklung, insbesondere von der Lohnentwicklung, vorliegt. Dies entspricht dem empirischen Befund, dafl die Arbeiisnachfrage kurz- bis mittelfristig relativ lohnunelastisch ist (vgl. Bean 1994, 599). Lohnerhfihungen bedeuten damn cine Umverteilung von Unternehmungsrenten bei gleichbleibender Be-
'5 In der Literatur benutzt man fur diesen Fall gelegentlich ebenfalls den Begrifl' "monopolistische Konkurrenz", vgl. z.B. Matsuyama (I995, 703 ft).
‘i Vogt, Makrobknnomische Modellbildung l
259
schiifiigung. Die sich ergebende Lohnbestimmung dutch (W/BW) mit W>EW flit b>b* lfiflt sich folgendennafien erkliiren: Ffir die Lohnvereinbarungen ist das erwartete Lohnniveau EW eine wichtige Orientierungsgrfifle, weil es eine Auflenoption darstellt. [m Reallohn-Gleichgewicht ist der Konkurrenzdruck durch die Arbeitslosen so stark, daB sich Lfihne fiber dem erwarteten Lohn-
niveau nicht durchsetzen lessen. Aber bei hfiheren Beschfifligungssraten ist der Konkurrenzdruck geringer, so dab das crwartete Lohnniveau fiberboten werden kann. Lohnerhfihungen werden erst fibemfilzt, wenn die Untemehmung erwaItet, dafi auch das all-
gemeine Lohnniveau entsprechend steigt. Aber wenn dies der Fall ist (and wenn von der
Geldseite die Finanzierung der monetfiren Ausweitung gesichert ist), dann sind alle nominellen Einkommen gleichermaflen gestiegen, so dafl trotz der hfiheren Preise die reale Nachfi'age gleich bleibt.
Aus der Perspektive der einzelnen Untemehmung léiflt sich unter diesen Voraussetzungen These (2), daB die Beschiftigung von der Nachfrage bestimmt wird, unmittelbar bestiitigen. Die Nachfragefimktion fiir das Produkt einer Unternehmung kann dabei recht beliebig sein, so dafl
man bei ihrer Ableitung aus der Nutzenmaximierung der Haushalte keine besonderen Restriktionen zu beachten hat. Es mufl lediglich gesichert sein, dafl der Grenzpreis des beschrfinkten Monopols unterhalb vom Monopolpreis Iiegt, der sich ohne potentielle Konkurrenz ergfibe. Das bedeutet, daB beim Grenzpreis der Grenzumsatz nicht hfiher sein darf als die Grenzkosten, was sich durch die wohl nicht sch: starke Bedingung ausdrficken liBt, daB die Preiselastizitfit der
Nachfrage beim Grcnzpreis nicht grfifler sein darf als der Quotient ans Grenzpreis und der Differenz von Grenzpreis und Grenzkosten. [m fiblichen Monopolmodell lantet die Bedingung, dafl die Preiselastizitfit der Nachfrage beim Monopolpreis grfifler sein mufl als eins. In den Modellen monopolistischer Konkurrenz wird dies von vomherein durch die Annahme gesichert, dafi die Substitutionselastizitfit der konkurrierenden Gfiter entsprechend hoch ist. Beim beschrfinkten Monopol ist das nicht notwendig. Die Preiselastizitfit der Nachfrage kann griiBer, aber auch klei-
ner sein als eins. Sie darf nur beim Grenzpreis nicht zu hoch sein. Diese Bedingung kfinnte z.B. bei engen Substitute innerhalb einer Produktgruppe oder "Industrie" verletzt sein. Dann kann aber der Wettbewerb zwischen den Industrien bzw. Branchen die Form des beschrfinkten Monopols annehmen. Voraussetzung dafiir ist erstens, daB es innerhalb einer Industriegruppe mit
engen Substituten eine optimale Zahl von Untemehmungen mit spezifischen lnvestitionen gibt, die nicht dutch den Zutritt weiterer Unternehmungen dieser Art gefiihrdet sind, sondern nur mit dcr grunds’altzlich unterlegenen potentiellen Konkun'enz anderer Industrien zu rechnen haben, und zweitens, daB diese Untemehmungen stillschweigend Oder offen gemeinsame Gewinnmaximierung betreiben. Dann werden sie fibereinstimmend den filr ihre lndustrie relevanten Grenzpreis setzen, wenn dieser unter dem Monopolpreis der Industrienachfi’age liegtm. Damit
'5 Bei einem von auflen gegbenen Grenzpreis dtirfle ein Zusammensnhlufl sugar leichter fallen. als beim ublichen monopolistischen Wettbewerb.
260
Vogt, Makrobkonomische Modellbildung
kann abet gerechnet werden, weil die Substitutionselastizitfit zwischen den lndustriegruppen niedriger ist als innerhalb einer Industrie. 5. Rolle und Modellierung der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage 5.1 Rfickkehr zum ISLM-Model]?
Ein Beschfifiigungs—Gleichgewicht beschreibt also eine Beschéifligungsrate, die sich auch fiir bqhb" gewissermallen selbst bestéitigt, solange die in der Geldgleichung (M) ausgedriickte Finanzierungsbedingung erffillt ist. Wodurch wird die Hiihe einer solchen gleichgcwichtigen
Beschfiftigungsrate dann aber bestimmt? Wie eben schon festgestellt wurde, ist es aus der Perspektive der einzelnen Unternehmung die Nachfrage, an der sich die Beschafiigung ausrichtet. In gesamtwirtschaftlicher Betrachtung hangt aber die Nachfrage (fiber das Gesetz von Say) aueh von der Beschfifiignng ab, die in den Untemehmungen festgelegt wird. Nach dieser Betrach-
tungsweise gfibe es multiple Beschéiftigungs-Gleichgewichte, jede Beschfiftigungsrate wfire ein Kandidat. Der empirische Eindruck bestéirkt aber eher die Bedeutung der gesamtwirtschaftlichen
Nachfrage als Bestimmungsgrund der Beschfiftigung und damit die alte Keynesianische Siehtweise, nach der diese Nachfrage im Zentrum einer makrofikonornischen Analyse stehen sollle. [m Reallohn-Gleichgewicht hatte sic diese Rolle verloren. Dart dominieren Angebotsfaktoren, fiir die nur die Nachfragestruktur relevant ist, nicht aber die Hfihe der Gesamtnachfrage. Das erkléht, warum die Nachfrageseite in den Modellen, die sich auf das Reallohn-Gleichgewicht konzentrieren, eine so untergeordnete Rolle spielt oder sogar ganz vemachlfissigt wird. Bei der
Bestimmung van Beschifiigungs-Gleichgewichten auflerhalb vom Reallohn-Glcichgewicht kénnte sic ihre urspriingliche Bedeutung wieder erlangen und damit zu einer Renaissance des alten Keynesianismus in einern neuen Rahmen fiihren1 7. Es liegt nahc, dabei auf das ISLM-Modell zurfickzugreifen, weil dieses ja immer Beschfifiigungsleichgewichte mit Hilfe der gesmntwirtschaftlichen Nachfrage erklfirt hat. Dabei wiirde
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die Investition in der IS-Gleichung nicht als Restgrfille, wie in der Wachstumstheorie, aufizreten,
sondern als jene selbstfindige Nachfragcgrfiflc, dic sic in ISLM immer gewesen ist. Die GeldgleiChung (M) wfire nichts anderes als die reduzierte Form von ISLM. Die dahinter liegende Modellwelt héitte als zentrales Element einen Kapitalmarkt, auf dem Kredite nachgefragt werden fiir die Beschaffung von Kapitalg'utern zur laufenden Produktion (KN) und aus der laufenden Produktion (l) sowie filr Geldanlagen (L), und aufdem Kredite angeboten werden im Wert des Kapitalgfiterbestands (KA), dcr laufenden Erspamis (S) und des Geldbestandes (M). Bestands- und Strfi-
mungsgleichgewichte (KN=KI‘, I=S und L=M) wfirden einerseits fiber den Zinsmechanismus, andererseits aber eben auch fiber die te der Beschfifiigung hergestellt.
‘7 Eine solche Renaissance istja in den letzten Jahren immer wieder von Okonomen wie Blinder (vgl. z.B. Blinder I992) geforden warden, vgll auch Thirlwall (I993) oder Blanchard (1992, 132), der die Uberzeugung auBert, dafl die Keynesiansiche Makroilkonomik urn 1970 auf soliden Grundlagen basierte und gnmdsmzfich richtig war, auch wenn eine methodisch befriedigende Begrllndung fehlte.
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26]
I
Wenn diese Modellwelt so in Miredit geraten konnte, so iiegt das nicht nu: daran, daB sie im Reallohn-Gleichgewicht keine groBe Rolle spielt, sondem auch daran, dafi cine mikro6konomische Begri'mdung ihrer zentralen Behauptungen in einem konsistenten Makromodeli als auflerordentlich schwierig, wenn nicht gar aussichtslos erscheint. Zwar gibt es elaborierte Theo-
rien der Konsum-, Investitions- und Liquiditfitsnachfrage. Abcr dabei handelt es sich um Partialtheorien. dcren Zusammenhang und innere Konsistenz nach wie vor nicht ganz geklfirt ist. Den Regeln dcr herrschenden Methodologie folgend, mfiflte man Spar-, Investitions— und Liquiditéitsplfinc simultan ans einem dynamischen und stochastischen Optimierungskalkfil eines reprisentativen Haushalts herleiten. Bedenkt man dabci, daB Geldhaltung nach modemer Auffas—
sung mit asymmetrischen Inforrnationen (fiber Eigenschafien und Handlungen potentieller Kreditnehmcr) begrfindet werden kannlB, dann gehen in das Kalkfil vielleicht auch noch strategischc Uberlegungcn mit ein. Nun ist aber schon ein relativ einfaches dynamisches Opfimie—
rungsproblem bei plausiblen Nutzenfunktionen analytisch nicht mehr lfisbar, so dafi man kaum
annehmen kann, daB es realcn Iiaushaltsentscheidungcn zu Grunde liegtl". Aus dieser Einsicht lassen sich unterschiedliche Konsequenzen ziehen. Man kfinnte z.B. das ehrgeizige Projekt einer einhcitlichen Mikrofundierung von Konsum-, Investitions— und Liquidit’zitsnachfrage aufgeben und, wie bisher, mit nu: partiell begrfindeten Funktionen mbeiten. Eine
solche heuristische Vorgehensweise erscheint gar nicht so abwegig, wcnn man bedenkt, daB eine konsistente Mikrofundierung des ISLM-Modells deshalb so vordringlich erschien, weil zunfichst ganz unklar war, warum eine Beschfifiigungsrate, die sich aus ISLM ergibt, fiberhaupt stabil sein solltc. Wenn aber cine Begrfindung stabiler Beschifiigungs-Glcichgewichte dutch cine fundierte Theorie der Lohn- und Preisbildung gelingt, kann man leichter auf cine geschlosscne Mikrofundierung von ISLM verzichtenzo. Man konnte aber auch den SchluB ziehen, daB Haushalte ihre Entscheidungen nicht auf der
Grundlagc unlfisbarer Optimicmngskalkfile treffen, sondcm unter Berficksichtigung von Optimicrungskostenz', oder auf andere Weise. Eine alternative, wesentlich einfachere Konsum— Lmd Sparentscheidung wfirde sich z.B. ergeben, wenn die Annahme zutrefi'end wa're, dafi ein Haushalt seinen Konsum wie fiblich in Abhfingigkeit von seinem permanenten Einkommen wiihlt, abet dabei statt ihn lediglich zeitlich zu glitten von vomherein einen konstanten
Periodenkonsum festlegt. Darin wfirde sich so etwas wie ein "Konsumstil" ausdrficken, auf den sich der Haushalt so einstellt, daB ihm Abweichungen, insbesondere nach unten, Nutzenverluste
verursachen. Solche Abweichungen konnen aufireten, wenn das permanente Einkommen e eine
'8 In ncueren Arbeiten zu den Grundlngen der Geldlheorie deuten sich sulche Ideen an, vgl.z.B. Smith (1986), Williamson ( 1987) um] Williamson/Wright ( l 994).
19 Die ist in ubelzeugender Weise dargelegt worden in Pcmbenon (1993). 20 Damit kfime man auch cler mehrfach gefiuflerten Kritik an der "quasi-religious insistence on micro foundations" (Blanchard 1992, 126) entgegen. 31 wie sic in dem oben schon erwahntcn Aufsalz von Sethi/Franke (1995) vorgwchlagen warden.
E
Vogt, Makrobkonomische Modellbildung‘
262
unsichere Grbfle ist, beschreibbar etwa dutch die Verteilungsfunktion F(e) mit der Dichtefimktion f(e). Der Haushalt entscheidet sich dann flit einen Konsum c“ mit dem Nutun ‘ u(c*)>0. Unterstellt man der Einfachheit halber den Extremfall u(c)=u(c*) fiir cac" and u(c)=0 W , fiir cW gilt, weil sonst die Erspamis dutch geringere Lohnkosten die Reduktion dcs Marktanteils nicht wettmacht. Gleichzeitig wird der Lohndruck der Belegschafi durch die Profitbedingung 5(ND)vM-WN020 beschréinkt. Auf dies: Weise kfinnte Vollbeschiiftigung bei stabilen Preisen gesichert warden. Es ist aber klar, dafl dafiir eine Produktionsweise vorherrschen mfiBte, die bisher nur ansatzweise verwirklicht ist25. Jedoch deuten solche Uberlegungen darauf hin, daB es sinnvoll sein kénnte, bei der maluofikonomischen >. Modeflbildung nicht nur die Erkenntnisse der Industriefikonomie, sondem auch dcr Theorie der Unternehmungsorganisation im Auge zu haben.
26 Vgl. zum Zusamrnenhang von Produktionsweise und Beschflfiigungsrate Levine/Parkin (1994).
‘l Vogt, Makrohkunnmische Modellbildung
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Korrei‘erat zum Referat W. Vogt Helmut Zink
Ziel der Arbeit von Vogt ist es, Enmicklungstendenzen der modemen Makroc'ikonomik herauszuarbeiten. Als Rcferenz entwickelt er dazu unter anderem ein Modell mit den folgenden Haupteigenschafien: - Arbeitslosigkeit ist unfreiwillig — Schwankungen der gesamhzvirtschafilichen Gfltemachfragc fiihren zu gleichgerichteten Schwankungcn der Beschéiftigung
— hohe Beschfifiigungsraten sind mit hoher Inflation verbunden. Dieses Modell unterscheidet sich von den gegenwfirtigen Standard-Lehrbuch-Modellen der Makrofikonomik von Dombusch/Fischer und Hall/1‘aylor vor allem wie folgt: \
- die Lohnbildung ergibt sich ans einem Verhandlungsmodell
— die Preisbildung ergibt sich aus einem Modell mit potentialler Konkurrenz
— fiir Anpassungsvorgflnge warden adaptive Erwartmgen angenommen. Im Zentrum der Arbeit steht nicht die formale Herleitung des Modells, sondem eher die lite-
raturmfiflige Einordnung der einzelnen Modellelemente und die Diskussion alternativer Modellversionen und mfiglicher Weiterentwicklungen. Insbesondere geht Vogt dabei ein auf unorthodoxe Vorschléige zur Geldpolitik. lch mfichte hier nur einzelne Modellelemente und wirtschaftspolitische Schluflfolgerungen
kommentieren. 1. Unfreiwilligkeit der Arheitslosigkeit An der neoklassischen Vorstellung vom Arbeitsmarkt miBfaillt vielen Gkonomen, daB nach dicser Konzepfion genau diejenigen Arbeitseinheiten beschfiftigungslos bleiben, deren FreizeitGrenznutzen grfiflcr ist als der Grenzuutzen dcs dadurch entgangenen Mehrkonsums. Arbeitslosigkcit is: dort also mit keiner unmittelbaren Ineffizienz verbunden.
[ch mfichte zeigen, in welcher Weise auch Vogt's Verhandlungsrnodell unfreiwilliger Arbeitslosigkeit mit dem neoklassischen AIbeitsmarktmodell verwandt ist. In dem von Vogt skinierten Arbeitsmarkunodell ist die Einstellung eines jcden Arbeitslosen mit Einstellungskosten verbunden. Der Lohnsatz wird so ausgehandelt, dafl die Firma auBer dem Reservationslohn des Arbeiters noch einen Aufschlag zahlt. Dieser Aufschlag ist ein Anteil an denjenigen Einstellungskosten, die die Firma bei einer Kiindigung des Arbeiters dutch Neueinstellung aufwenden mfiBte. Die Konsequenz ist, dafl ein Arbeitsloser selbst,bei einem Lohn
knapp unterhalb des Gleichgewichtslohnes arbeiten wollen wfirde. Er wfirde abet beim Gleich-
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Zink, Korreferi!
gewichtslohn freiwillig auf Beschfifiigung verzjchten, wenn er seine Einstellungskosten selbst tragen miiBte.
in Ergfinzung der Ausfilhrungen von Vogt kfinnten wir annehmen, daB Arbeitslose unterschiedliche Einstellungskosten erzeugen, sich jede Fix-ma jedoch nur an den durchschnittlichen Einstellungskosten aller Arbeitslosen orientieren kann. Dam-1 géibe es einige Arbeitslose, die gem zum Gleichgewichtslohn arbeiten wflrden, selbst wenn sie ihre relativ kleinen Einsteliungskosten selbst tragen mfiBten. Entscheidend wéire in dieser Situation, wie die Arbeitslosen glaubhafi signalisieren konnen, daB sie relativ geringe Einstellungskosten haben. ‘1‘
2. Preishildung Die Preisbildung ergibt sich bei Vogt aus einem einfachcn Model] potentiellen Wettbewerbs. Dazu muB angenommen werden, daB jede Firma viele verschiedene G‘Liter herstellen kann, dafl es fiir jedes Gut aber nur eine Firma gibt, die dieses Produkt bosonders gi'mstig herstellen kaIm. Alle andercn Firmen haben um einen bestimmten exogenen Faktor erhfihte Grenzkosten.
In dieser Situation wird (bei gcnflgend kleiner Preiselastizitfit der Nachfrage) nur diese ausgczcichnete Firma das betrachtete Gut produzieren, denn diese Firma verlangt den hiichstmfiglichen Preis, bei dem alle anderen Firmen Veriuste machen wfirde.
Dies ist ein Ansalz von bestcchender Einfachheit. Welches sind seine mfiglichen Nachteile? a) Der Ansatz steht nicht im Einklang mit der Beobachtung, daB es fiir die meisten Produkte
mehrere Anbieter gibt. b) [n Vogt's Modell des potentiellen Wettbewerbs machen Firmen Gewinne. Es ist nicht klar,
welche Auswirkungen sich ergeben, wenn infolge dieser Gewinne weitere Firmen mit neuen Produkten in den Markl eintretcn.
c) Es wird unterstellt, daB bei einem Preis oberhalb des Gleichgewichtspreises sofort und unwiderrufbar weitere Firmen in den Markt eintreten und dafl dann Bertrand Wettbewerb stattfindct.
Es ist zum einem nicht klar, warum potential] hinzutretende Firmen nicht schon allein durch die Erwartung dieses Bertrand-Wettbewerbs von einem Marktzutritt abgehalten warden
kfinnen, unabhiingig von dem aktuellen Preis der bereits produzierenden Firma. Dies wfire dann der Fall, wenn das Modell explizit als Zwei-Stufen-Spiel modelliert wird. Es ist zum andercn nicht klar, wie ein Marktzutritt verhindert werden kiinnte, wenn
andere Wettbewerbsbedingungen gegeben wfiren.
d) Der Preisaufschlag ist gieich dem exogen vorgegebenen Produktivitfitsvorteil der jeweils betrachteten aktiven Finna. In Modellen der monopolistischen Konkun'enz ist er dagegen endogen hergeleitet, er kann mit der Nachfrage korrelieren oder von wirtschaftspolitisch beeinfluflbaren Parmetem abhingen. Tatsfichlich wurde zum Beispiel nachgewiesen, daB die Preisaufschléige kontrazyklisch mit der Beschiiftigung schwanken (Bils, AER 1987).
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Zink, Korreferat
273
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3. Adaptive Erwartungen und Geldpolitik
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Vogt entwickelt zwei Modellversionen zur Beurteilung der Geldpolitik, die er beide unter bestimmten Bedingungen fi'ir realistisch hilt.
Mit der ersten Version (mach der sieh die Preisbildung auf das erwartete Lohnniveau stfitzt) behauptet Vogt, daB dutch akkomodierende Geldpolitik die Beschz'iftigung dauerhaft fiber der infl ationsstabilen Beschfifiigung gehalten werden kann. Diese Ansicht basiert auf der Annahme, daB die Wirtschaftsteilnehmer bei akzelerierender
Inflation ihre Erwartungen fiber die zukfinftige Preisentwicklung in adaptiver Weise vornehmen, obgleich dabei die Firmen dauerhaft und systematisch Erwartungsfehler machen (das Lohnniveau wird unterschiitzt). Vogt rfiumt zwar selbst ein, daB der entsprechende Adaptionskoeffizient bei zunchmenden lnflationserwartungen anwachsen wird. Mit vielen Okonomen der monetfiren Makrofikonomik vermute ieh jedoch, dafi bei einer solchen Politik der Notenbank das Publikum die Art der Erwartungsbildung so anpassen wird, dafl der Erwanungsfehler im Mittel verschwindet. In diesem Fall geht die Beschéifiigung aber im Mittel auf ihr inflationsstabiles Niveau zurfick. In der zweiten Version (nach der sich die Lohnbildung auf die Preiserwartung stiitzt) ist eine solehe Stabilisierung der Beschéiftigung oberhalb der NAIRU nicht mfiglich, weil die einher— gehende Unterschfitzung des Preisniveaus zu einem Riickgang der gesamtwirtschaftliehen
Nachfrage fiihrt. In diesem Falle hiirte Vogt also die neoklassische Ineffektivitiitsproposition systematischer Geldpolitik auf den Bercich der potentiellen Konkurrenz erweilert.
4. Vogt's Vorschlag zur Verringerung der inflationsstabilen Arbeitslosenrate ln Clem von Vogt verwendeten Arbeitsmarktmodel] ergibt sich der Gleichgewichtslohnsatz aus
dem Reservationslohn der Arbeiter und einem Anteil an den Einstellungskosten, die bei Kijndigung anfallcn wfirden. Vogt argumentiert nun - zusammen mit anderen (")konomen wie Schlicht und Bean - dafi die Einstellungskosten eines Arbeitslosen mit zunehmender Dauer seiner Arbeitslosigkeit steigen. Damit verschiebt sich die Arbeitsangebotskurve nach oben und die
Arbeitsnachfragekurve nach unten, so dafi die gleichgewichtige inflationsstabile Arbeitslosenrate zummmt. Vogt entwickelt aus dieser Uberlegung die Vermutung, dab es vorteilhaft sein kfinnte, wenn die Geldpolitik bewufit in geeigneter stochastischer Weise kurzfristige Expansionen herbeifiihrt. Dadurch wiirde die mittlere Arbeitslosendauer dcr Langzeitarbeitslosen verringert 11nd somit der Wettbewerbsdruck der Arbeitslosen verstfirkt warden. Vogt fragt, ob bei geeigneten stochastischen monetfiren Schwankungen im Mittel eine héhere Beschéifiigungsrate herauskommen
wurde. Ich bin in bezug auf ein solehes Programm skeptiseh. Eine solche Politik wfirde neben
Expansionen auch zu RezessiOnen ffihren, durch die zusiitzliches Humankapital zerstért wfirde. 1m Endeffekt gfibe es in jedem Fall eine wesentlich hfihere Unsicherheit fiber die zukfinfiige
274
Zink, Korref
Preis- und Zinsentwicklung, was langfristigc Investitionsplanungen erschweren win-dc. Me' Meinung nach ist es also besser, die Geldmenge auf dem Niveau 2n stabilisieren, welches
inflationsstabilcr Beschéifiigung und konstantem Preisniveau nachgefragt werden wfirde. Hervorheben mfichte ich abschlieflend die beeindruckende Einfachheit der Modellbaus ' mit denen Vogt dieses Thema in interessanter Weise behandelt.
t Arbeitslosigkeit aus Sicht der Neuen Keynesianischen Makrofikonomie
Referat von Gerhard Illing.
l. Einleitlng ékonomische Aktivitfiten lessen sich reibungslos koordinieren, wenn Preise und Lfihne flexibel an das Gleichgewichtsniveau angepaflt werden - so lautet eine zentrale Botsehafi sowohl der Partialmasktbetrachtung a la Marshall als auch der allgemeinen Gleichgewiehtsanalyse 51 1a Walras. Aus Sicht dieser Theorien kann Arbeitslosigkeit demnach allein auf der Marktmacht von Gewerkschafien beruhen, die fiberhfihte Realliihne durchsetzen. John Maynard Keynes (urspn'inglich aufgewaehsen in der Marshallschen Tradition) wandte sich vehement gegen diese Sicht. Eine der Kemthesen in seiner ,,General Theory“ (1936) besteht darin, daB Arbeitslosigkeit
gerade nicht auf stane Liihne zurfickzufiihren sein muB: ,, .. a decline in employment, although necessarily associated with labour '5 receiving a wage equal in value to a larger quantity ofwage-goods, is not necessarily due to labour-'5 demanding a larger quantity of wage-goods; and a willingness on the part of labour to
accept lower money-wages is not necessarily a remedyjbr unemployment. " (Keynes 1936, 18)
Keynes lieferte fiir seine Aussagen kein nfiksofikonomisch fimdiertes Modell. Generationen von Keynesianern unterschiedlichster Jahrgfinge mflhten sich ab, das Phlinomen keynesianischer Arbeitslosigkeit zu begriinden. Ziel keynesiauischer Anséitze ist es, insbesondere fiir folgende reale Phfinomene cine theoretische Begriindung zu liefern:
1)
Auf dem Arbeitsmarkt ist hfiufig ein Uberschuflangebot zu beobaehten, das auch Ringer— fristig nur schwer abgebaut wird. Die Tatsache, daB arbeitswillige Arbeitskriifie unfreiwillig unbeschfifiigt bleiben, bedeutet eine Verschwendung produktiver Ressourcen.
2)
Aggregierte GriiBen wie Output und Beschiifiigung sind starken Schwankungen im Konjunkturverlauf unterworfen.
3)
Die klassische Dichotomie zwischen realem und monetiirem Sektor liefert keine adfiquate Beschreibung der Realitiit; vielmehr haben Anderungen nominaler Grijfien (zumindest kurz— fristig) reale Effekte; es besteht ein Phillips-Kmen-Trade-Ofl‘. In den 60er Jahren was der lS/LM-Anmtz weltweit das vorherrschende Paradigma der Makro-
theorie. Im Zuge der Revolution ,,rationa1er Erwartungen“ sah er sich dann abet in den 70er
Iahren angesichts unzureichender mikxofikonomischer Fundienmg diskreditiert. Wilhrend er auch heme noch in vielen Lehrbuchem eine prominente Rnlle einnimmt, wurde er in der Forsehung
II
Fur wenvolle Anregungen dank: ieh Hans Jun-gen Ramser and Winfi'iecl Vogt.
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filing, Arbeitslosigkeit aus der Sicht der , I
zunfichst vfillig von der Neuen Klassischen Makraa‘konomie verdrfingt. Sie beschréinkte sich -
Charakterisierung von Gleichgewichtszustfinden auf die Lfisung der Optimierungsprobleme ei reprfisentativen Individuums und schloB damit von vorneherein jedes Koordinationsproblem 2 der Betrachtung ans. Eine Phillipskurven-Relation kann sich dam nur dutch bewuflte Tfiuschun des reprisentativen Wirtschafissubjektes dutch die Politiker ergeben.
Fischer (1977) und Taylor (1979) wiesen in ihrem Ansatz der staggered contracts freili nach, dafl selbst bci rationalen Erwartungen keynesianische Aussagen gfiltig bleiben, wenn .' Wirtschafissubjekte auf dem Arbeitsmarkt Kontrakte mit starren Nominallfihnen abschliefle Zur gleichen Zeit versuchten vor allem franzfisische Okonomen (vgl. Malinvaud (1977)
Benassy (1991)), im Rahmen von Fixpreismodellen keyinesianische Aussagen mit Hilfe d‘ Methoden der allgemeinen Gleichgewichtsanalyse abzuleiten. Ausgehend von der Uberlegun dafi sich Mengen schneller anpassen als Preise, wurden dork die Preise einfach als gegeben : genommen. Dabei gelang es, nachzuweisen, daB ganz unterschiedliche Regimes (mit klassisch-
bzw. keynesianischer Arbeitslosigkeit oder unterdrfickter Inflation) auftreten kc‘innen. Angesich starrer Praise kann cine Rationierung durch mangelnde effektive Gfitemachfi'age fiber Spillov Effekte auf andere Mfirkte cine unzureichende Nachfrage nach Arbeit hervorrufen. Doch auch die Faszination an diesem Jahrgang lieB rasch nach: Weil nicht begriindet
' .
wieso sich gerade cine bestimmte Kombination von Preisen ergeben sollte, sind beliebig vie Gleichgewichte denkbar. Die UngleichgeWichtsanalysc erschfipft sich somit darin, ein K011 nuum von Rationierungsgleichgewichlen abzuleitcn. Zwar lfifit sich der Ansatz durchaus u
dynamische Anpassungsmechanismen erweitem. Solange aber unterstellt wird, dafl die einzeluWirtschaflssubjekte sich als Mengenanpasser verhaiten, erfolgen solche Anpassungen nicht n I 6konomischen Kriterien, sie laufen vielmehr rein mechanisch ab. Das Grundproblem aller Ansfitze, die die Auswirkung von Preisrigiditiiten in einem komp I tiven Rahmen untersuchen, liegt freilich darin, daB Mengenanpasserverhalteu gar nicht kons stent sein kann mit der Erfahrung, rationiert zu werden: Ein Arbeitnehmer, dcr damit konfrontie
wird, zum herrschenden Lohnsatz keine Arbeit finden zu kfirmen, muB schmerzlich erkenne daB er keiner unendlich elastischen Nachfrage gegenfibersteht. Sobald er aber signalisiert, daB ‘ ‘ bereit wire, auch zu einem geringffigig niedrigeren Lol-msatz zu arbciten, wiirde er unter Bedi gungen perfekter Mfirkte von jedem Untemehmer sofort eingestellt. Fixpreismodelle unterstell aber, dafl er diese Gelegenheit nicht ergreifi. Die Winschaftssubjekte lassen in solchen Modell also die beriihmlen [00 $-Scheine achtlos auf der SlraBe liegen. Eine Grundilberzeugung keynesianischer Ansfitze besteht nun gerade darin, dafl Anpassun mechanismen zum Abbau von Unglcichgewichten dutch Friktionen bzw. Koordinationsproble - ‘ erschwert Oder gar unmfiglich gemacht werden: Sic verhindem etwa, daB der ralionierte Arbei nehmer erfolgreich seine Bereitschaft signalisieren kann, auch zu einem niedrigeren Lohn
arbeiten. Die Frage, welche Friktioncn fiir das Versagen effektiver Nachfrage verantwortlich se kbnnte, wird jedoch im Rahmen der Fixpreismodelle erst gar nicht untersucht.
t: llling, Arheilslosigkeit aus der Sieht der NKM
277
Diesen Mange! versucht einc neue Generation von Makromodellen, die sogenann te Neue Keynesianische Makrookonomie, zu beheben. Sic setzt sich zum Ziel, explizit die Friktionen zu
erfassen, die fiir Koordinationsprobleme verantwortlich sein kfinnen. Mittlerwe ile schmficken sich eine Vielzahl ganz unterschiedlicher Ansfitze mit diesem Etikelt. Grub lessen sie sich in zwei Richtungen unterteilen: Die eine Gruppe betrachtet Preisrigiditdten in Kombinat ion mit Markrmacht als hauptverantwortlich fiir Friktionen in der Ckonomie. Dabei versucht sie zu begrfinden, wieso es bei rationalem Verhalten der Wirtschafissubjekte, die in eigener Entscheidung Gfiter— bzw. Faktorpreise festsetzen, zu solchen Rigiditéiten kommen kann. Die andere (weit heterogenere) Gruppe befaBt sich mit realm Friktionen verschiedenster Ausprfigu ng, wie unvollkommener Information, unvollsttindigen Kontrakten oder Suchexternalitfiten, die fiir Koordinationsversagen auf dem Arbeitsmarkt verantwortlich sein ktinnen.
Im folgenden soll untersucht werden, inwieweit es den beiden Modellanséitze gelingt, die drei eingangs angef‘flluten Aussagen theoretisch zu fimdieren, Der nachste Abschnitt befafit sich mit Ansiitzen, die die Konsequenzen nominaler Rigiditfiten in Modellen unvollkommener Konkur— renz untersuchen. Modelle mit Preisrigiditéiten (im folgenden als Menfikostenansatz bezeichne t) 5i am engsten mit den Anséitzen der staggered contracts von Fischer/Ta ylor verwandt.
Wéihrend letztere sich aber nicht vom Paradigma kompetitiver Markte lc'isen, wird nun der Tatsache Rechnung getragen, daB die Analyse von Preissetzungsverhalten explizit cine Beriicksich — tigung monopolistischer Elemente (und damit einen Ansatz mit unvollkommener Konkurrenz) erfordert. Fischer und Taylor gehen von Preisn'giditfiten im Bereich des Arbeitsma rktes ans; damit liegt (fihnlich wie bei den Klassikern) die Ursache fiir Koordinationsprobleme in starren Lohnen. {m Gegensatz dazu konzentrieren sich die neuen Ansfitze auf die makrotjko nomischen Implikationen von Preisstarrheiten auf seiten der Unternehmen. Trotz dieser Unterschiede weist die formale Struktur der Ansiitze jedoch starke Gemeinsarnkeiten auf. Auch zu den Aussagen der Fixpreisrnodelle bestehen starke Analogien. Ansiitze unvollkommener Konkurrenz mit nominalen Rigiditéiten liefem damit den Nachweis, daB sich
die Aussagen keynesianischer Modelle in einem explizit mikrofundierten Ansatz ableiten lassen. Dies bietet quasi eine Rechtfertigung dafi'ir, die einfachen Modellaussagen starrer Lbhne bei kompetitivem Verhalten als eine Art reduzierter Form 211 verstehen, die darauf verzichtet, die
komplexe, dahinter verborgene mikroiikomische Struktur exakt abzubilden.
Democh vermag der Menfikostenansatz, der allein auf Preisrigiditfiten und unvollkommener Konkurrenz basiert, nicht zu fiberzeugen: Ihm gelingt es ebensowenig wie den Ansfitzen der Neuen Klassischen Makroiikonomie, zentrale keynesianische Phfinome unter empirisch plausiblen Bedingungen zu begrfinden. Eine erfolgreiche Modellierung mufl zuséitflich reale Friktionen erfassen. Abschnitt 3 betrachtet verschiedene Beispiele solcher realer Rigiditfiten.
llling, Arbeitslosigkeit aus der Sicht der NKM
278
2. Unvollkommene Konkurrenz und Preisanpassungskosten
2.1 Basismodell Die Frage nach den Anreizen zu Preisflnderungen lfiflt sich nut in einem Rahmen analysieren, der den Akteuren einen monopolistischen Preissetzungsspielraum einrfiumt. Wo Marktmacht vor- ‘l liegt, spielen abet Absatzerwanungen LmCl strategisches Verhalten cine mafigebliche Rolle. Dabei liegt die Vermutung nahe, deli die strategischen Interaktionen heterogener Akteure mit
Reibungsverlusten verbunden sind. Die Erwartung fehlender Nachfrage in einem Sektor mag ‘ etwa zu Produktionseinschriinkungen fiihren, die die Nachfrage und damit die Produktion in anderen Sektoren reduziert. Wenn dabei fiber Feed-Back-Meehanismen wiederum die Nachfrage irn eigenen Sektor reduziert wird, wfirden sich die urspri‘mglichen pessimistischen Absatz- ' erwartungen von selbst bestfitigen.
Der Ansatz unvollkommener Konkurrenz bietet sich somit als vielversprechender Rahmen an, um Koordinationsprobleme zwischen versehiedenen Akteuren zu erfassen. Nun liefert die Industrieb'konomie freilich eine Vielzahl unterschiedlichster Ansfitze zur Modellierung von Mark!macht. Sie gelangen dabei zu zum Teil recht kontrfiren Aussagen. Auf Makroebene weisen aber die verschiedenen Ansiitze inleressanterweise durchaus eine gemeinsame Struktur auf - ganz unabhfingig von der konkreten Modellierung. Monopolistisches Verhalten generiert auf r, makrofikonomischer Ebene Nachfrageextemalitfiten, die mit Ineffizienzen verbunden sind. Im }
folgenden soil ein einfacher, sehr spezieller makrodkonomischer Rnhmen prasentiert werden, in I. Fl den sich aber die meisten gfingigen Modelle einordnen lassen. FfiI ein Modell, das Koordinationsversagen auf Makroebene untersuehen will, sind folgende
Elemente wesentlich: Einerseits mull es eine Vielzahl von heterogenen Akteuren mit lakaler Marktmacht erfassen, andererseits sollten die Handlungen eines einzelnen Akteurs keinen fiihl-
baren EinfluB auf die Gesamtfikonomie haben. Zudem sollte die Struktur auf aggregierter Ebene einfach handhabbar sein. Das einfachste Vorgehen besteht darin, cine Okonomie mit monopolistischer Konkun'enz mit einer Vielzahl vfillig symmetrischer Sektoren zu betrachten. Die Symmetrieannaiune gewihrleistet, daB sich im Gleiehgewicht die Akteure aller Sektoren gleich verhalten. Dadurch kann die Analyse auf das Verhalten eines reprisentativen Akteurs in einem
Sektor reduziert werden. Das Paradigma eines repréisentativen Wirtsehaftssubjektes, das zunfichst bei der Analyse von Koordinationsversagen als vfillig verfehlt erseheint, erweist sich so wieder als hilfreich - nun allerdings erweitert um exteme Effekte, die von den Aktivitfiten der anderen, ,1,
nicht mehr explizit zu modellierenden Wirtschaftssubjekte ausgchen. Betrachtet wird eine 0konomie mit n Sektoren. Zur Vereinfachung sei unterstellt, daB jedei
Gut i von genau einem Untemehmen produziert wird. Die Produktionsfunktion fiir das Unternehmen im Sektori laute:
1
(2.1) xi = —N%‘ a
4
filing, Arbeitslusigkeit aus der Sicht der NKM
I
279
Die Haushalte ziehen Nutzen aus dem Konsum des Gfiterbflndels X der in alien n Sektoren produzierten Gilter, der Realgeidhaltung M/p sowie der Freizeit. Die Prfiferenzen eines Haushalts seicn dutch folgende Nutzenfunktion beschrieben:
M"c 1 (2.2) U=[u(X)]°[;] -EN" 00, :2 0
fiihrt, die ausschliefllich und positiv von der Beschfiftigungsquote (l-u) abhfingen. Dieser funktionulc Zusammenhang entsprichl einer modifizierten equililibrium wage curve, wobei lediglich an die Stellc des Reallohns w* die fijr die Unternehmen relevanten efl'ektiven Lohnstfickkosten g treten. Hohe Arbeitslosigkeit bewirkt eine Disziplinierung der Bmchfifiigten, die um ihren Arbeitsplatz bangen. Die damit einhergehende verstfirkte Arbeitsleistung senkt den [.ohnkosten-
druck der Untemehmen und erhb‘ht somit (antizyklisch) ihre Gewinnspanne. lm zweiten Schritt werden die optimalen Prcisentschcidungen auf dem Gfitermarkt ermittelt,
womit dann gleichzeitig fiber die Nachfragefilnktion die Produktion und fiber die Produktionsfunktion die Beschiifiigung bestirnmt sind. Die Untemehmen slellen zwar ein
homogenes Gut her. democh besteht aufgrund einer unvollkommenen Information der Haushalte fiber die Preise aller Unternehmen im Markt ein gewisser Preissetzungsspielraum in Form einer
dynamischen monopolistischen Konkurrenz. Aus statischer Sicht wird diese dutch die inverse Nachfragefunklion
(Pi/P)=¢(Yi/y) mit ¢'§mn_5.u€(
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